Heintid) Boos
Gefchichte der rheinifchen Städtekultur.
Gehhichte
rheinifchen Stadtetultur
von ihren Anfängen bis zur Begenwart
mit. befonderer Berüdfichtigung
der Stadt Worms
von
Heinrich Boos.
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eh,
Lrfter Teil.
Berlin
Verlag von 7. %, Stargarde
1897.
SA
_ Sihötenur nonden
Bintnengen biszurt
@rgemoart mit befonderer
Teak ao Wurme
erausgrgeben im Anftragvon
Berlag von I. A. Btargardt in Berlin.
Diglizedby Google
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1
Die Vorzeit , . 3
2 Die Romanifierung der Rbeinlande , , , . . . . . .. 21
3. Der Rampf um den Rhein . . . . . .» . 20... . 6
D : Dao Reich der Burgunder in Worme . © 2 2 2 2 2... BS
5. Kapitel: Des Tbriftentum und die Gründung des frdnfifhen Reiheo . 101
6. Rapitel: Die Rultur der Germanen am Abeine. . . . Be
2. Des Re Barlo & Großen. A. Mlgenrine Derbämife. . 1723
8. Das Reich Barlo des Großen. B. Die Kirche, . . . . . 187
2. Rapitel: Das Heid) Karls des Großen. C. Die Civitss . . . . . 208
10. Kapitel: Die Begründung der biidhöflihen gerrihaft . . . . . . . 215
11. Rapitel: Bifchof Burdard von Worms , . . . . . 2 2... 235
12. Kapitel: Die Pirchlihen Ordnungen Bifdof Burdarde . . . . . . 253
13. Kapitel: Die rechtlichen und wirtfdaftlichen Ordnungen Burdarde . . 291
15. Bapiel; Die Stadt ale Meet, Sodtuft mac fen. > 5 347
(Dre Ststfeibe und Die Einwehnerfände In der Sta.
Der Bompf um die Arone und die Entiehung des Mateo , . 441
fürten und Gtädte. Die srfle Nabtung. , . . . 2. + 408
: Sturm und Drang, Bifthof Landolf von Worme . . . . 48
Der grofie cheimifäpe Städtebund. . . . 2 0... . 325
x
Anmerkung
1. Bapitel.
2. Bapitel.
3. Bapitel.
4. Kapitel.
5. Bapitel.
6. Bapitel.
7. Bapitel.
8. Bapitel.
9. Bapitel.
10. Zapitel.
11. Rapitel,
12. Bapitel.
13. Zapitel.
14. Zapitel.
15. Bapitel.
18. Bapitel.
17. Bapitel.
18. Zapitel .
19. Bapitel .
®. Bapitel .
21. Bapitel .
Iadalı.
Seine
Vorwort.
Der große Brieg des Jahres 1870/71 bat der Befchichte:
f&reibung die mäcptigften Impulfe gegeben und den biftorifchen
&inn, der namentlich in den Städten am heine felbft in den
(blimmften Zeiten nationaler $Erniedrigung und der Sremberr-
(haft nie ganz erlofchen war, Fräftig belebt. YTun blühten diefe
Gemeinwoefen berelich wieder auf, aber fofort Fam man zur
$Exfenntnis, daß eo eine heilige Pflicht fei, neben der Pflege der
materiellen Woblfabet auch die geiftigen und Fünfklerifihen Inter:
effen zu fördern, indem nur dadurch der Befabr eines alles ideale
Streben überwuchernden Materialiomus begegnet werden Fönnte.
Bibliotheken und Mufeen wurden reicher dotiert als vorher, oder "
audy neu geftifter, die Archive voiffenfchaftlich geordnet und der
Sorfepung zugänglicher gemacht und die verfchiedenen wiffen-
f&baftlichen und gemeinnützigen Dereine unterfkiggt.
Audy Worms, das einft zu den angefehenften Städten des
altın Heiches geböet hatte, aber durch eine Neibe furchtbarer
und widriger Rataftrophen und Schickfalsfchläge fait vernichtet
worden war, nam an dem gewaltigen Auffehwoung ftädtifchen
Lebens teil, und gerade hier, wo man den grellen Begenfagz eines
eeft vor Furzem durchlebten Fümmerlichen Dafeins zu der glor,
zeichen Vergangenheit reicheftädtifcher Zeit bitter empfunden hatte,
xu Vorwort.
machte fi jet, da man woieder befferen Tagen entgegenging,
ein ftarfes Bedürfnis geltend, die glänzende und wechfelvolle
Befehichte der ehemaligen freien Reicheftadt beffer und gründlicher
Fennen zu lernen, als mit den bisherigen Silfsmitteln möglich
war. Denn die Arbeiten von Pauli und Lange find doc gar
zu unbedeutend, das weitfchworifige Bud von I. Sr. Morigz ift
für unfern Befhmac® ungeniebar, und das vortrefflice, in
Worms allzeit hochyefchätzte Wer? von Wilhelm Arnold be-
handelt, wie fon deffen Titel befagt, Iebiglich die Derfaffunge-
gelhichte.
$Es ift ja vollftändig richtig, wenn man fagt, daß die
Befchichtefchreibung einzig und allein der Wahrheit dienen und
Feinen anderen Zwoee® verfolgen foll. Indes, wenn ein Schrift:
fteller nicht die Rraft md Fähigkeit befügt, um mit Borthe zu
zeden, den Knthufissmus zu erwecken, den Leftr zu erwärmen
und zu begeitern, dann bat er feine Aufgabe fehlecht gelöft.
Rein Beringerer als der unvergefliche Sermann Baumgarten hat
der intenfioen Pflege ftädtifcher Befchichtsforihung warm das
Wort geredet, als dem beiten Mittel zur Hebung der Vaterlands-
tiebe, und ich Kann cs mir nicht verfagen, feine vortrefflichen
Gedanken zu wiederholen: „Die Befundheit und Kinfachheit
unferes Dafeins, die Erhaltung der fhönften Ligentümlichkeiten
unferer YTationalbildung bängt Davon ab, daß wir nicht die
unzähligen ftillen Pflegeftätten natüclichen Wachstums verfümmern
laffen, aus denen unfer Dol® in fo langen böfen Zeiten die
Wärme des Herzens, die Tiefe des Denkens und die Kraft des
Charafters gewonnen bat, von dee jedes Blatt vergangener
Tage Zeugnis giebt. Eine umferer zuoerläffigften Stützen bei
Volchem Bemühen werden aber unfere alten Reichsftädte fein, die
Vorwort. x
natürlichen Bildungsmittelpunfte leiner Mreife: nicht Fünftliche
Schöpfungen des Dampfes, fondern Beburten uralter, in
der Ylatur der Derhältmiffe und der Tüchtigkeit der Menfchen
wurzelnder Kräfte. Auch wo diefe Städte, wie ja in den
legten Dezennien Bottlob fo viel gefcheben ift, wieder mächtig
aufblähen und ihrerfeits jene bedenkliche Richtung (die Jagd
nach dem Bolde) zu verftärken feheinen, tragen fe doc) einen
ganz anderen Charakter als die über Yladıt aufgefhoffenen
Fnduftriezenteen, welche dem menfehlichen Bemit nichts bieten
als gerade Linien und glatte Slädhen, hinter denen die Wut des
fogialen Rampfes tobt. Jene binden den Menfchen an ein heil:
fames SElement der Ueberlieferung, fie führen ihn aus dem unbe
grenzten Wirbel der Fosmopolitifchen Ronfurrenz und der für
die Meiften überwältigenden und unfaßbaren Weltbewegung in
die Fleineren Breife einer felbftändigen und eigentämlichen IoFalen
$Entwoickelung. Sreilih werden fie das alles in vollem Mafe
eeft dann thum Pönnen, wenn ihr gefchichtliches Leben energilch
erneuert, wenn die biftorifche Arbeit fo weit gefördert ift, daf;
nicht nur die filr die umgebruere Mehrheit der Bürger völlig
unfaflichen mittelalterlichen Urkunden, auch nicht nur die Arten
fpäterer Zeiten, fondern auf beiden gleichmäßig ruhende gefchicht-
liche Bemälde zu dem lebenden Befchledht reden und die baftige
Gegenwart die ftille Mahnung vergangener Tage vernimmt.
In unferen Stadtgefbichten rubt ein unvergleichlicher Reim
wahrhaft populärer biftorifcper Literatur . . . Yiemals wird
unfer Dol® mit den $Einzelnheiten unferer überaus verwickelten
Ylationalgefchichte vertraut fein, wohl aber in der Belchichte
der ibm Zundchft liegenden Stadt und des zu ihr gebörenden
Gebietes woirflih zu Gaufe fein Fönnen.”
xıv Vorwort.
Derfehiedene Umftände trugen in Worms dazu bri, dafi das
hiftorifche Intereffe fi aufs ftärkfte belebte. Yirgende fonft
teden die Steine fo eindringlich von ehemaliger Pracht und der
DVergänglichfeit aller Dinge, als gerade in Worms. Die here:
lichen Denfmälee dee mittelalterlichen Baukunft waren teile der
barbarifchen Zeeftörungswut der Seanzofen zum Opfer gefallen,
teile gingen fie, weil die Mittel, fie zu erbalten, fehlten, füht-
lich dem Verfall entgegen und glichen Ruinen. Sie in ihrer
früberen Schönheit wiederberzuftellen, ift eine Sauptpflicht der
mafgebenden reife. Manches ift fon gefcheben, aber noch
vieles ift zu thun. Vor allem aber haben die an SErgebniffen
überrafchend reichen Fpftematifchen Ausgrabungen die Aufmerffam-
Feit der Bevölkerung auf fich gezogen. SEin biftorifcher Verein
wurde num (1879) gegelndet, ein biftorifches Mufeum gefchaffen
und zu diefem Zwecke eines dee dlteften und Funftbiftorifch
intereffanteften Bebäube, die &. Paulsfirche, welde nur nod
eine durch niederen profanen Gebrauch entweibte Ruine war,
woiiedig wiederbergeftellt. Das dur die fid überitürzenden
Anforderungen der YTeuzeit fchrwer belaftete Bemeinwelen war
jedody nicht in der Lage, dem idealen Drange zu folgen, fondern
was gefhab, das wurde lediglich dur die Opferwilligkeit
einer Anzabl wackerer Männer geleiftet, die teils veichliche Mittel,
teile ihr Wiffen und Können zur Verfügung ftellten.
Lornelius W. Seeibere Seyl zu Seremsheim, deffen Samilie
fü) fehon feit Generationen große Verbienfte um das Bedeiben der
Stadt Worms erworben bat, trug fi mit dem Wunfche, daß
eine Befchichte der Stadt Worms gefchrieben werden möchte,
welcye nicht, wie die bieberigen Arbeiten, fragmentarifcher Art
wäre, fondern die den Strom der ftädtifchen |Entwickelung durch
Vorwort. xv
alle Wechfelfälle der Jahrhunderte bindurchführe. SEr wollte
daduedp feine Mirbieger mit der ruhmvollen GBefhichte ihrer
Stadt vertraut machen, damit die Begenwart fi wieder um
fo enger mit der Vergangenheit verbinde und aus ihr neue
Spannfraft gewinne. Bevor jedoch an eine folde, auf wiffen-
f&aftlicher Grundlage gefpriebene Befchichte gedacht werden
durfte, mußten Zuerft die notwendigen Sundamente zu dem
Fünftigen Aufbau gelegt werden, und diefe Sundamente find ein
woblgeordnetes zugänglices Archiv und eine Publikation der
urfundlichen und erzählenden Gefchichtequellen.
Seeundfchaft führte mich im Serbfte des Jahres I880 nach
Worms. Wir befuchten das Stadtarchiv, welches damals eber
einer Raritäten und Berimpelfammer gli. Ic Fonnte nicht
umbin, meinem Unwoillen Luft zu machen, was zur Solge hatte,
daß mich die ftäbtifche Behörde um ein Butachten über eine
eventuelle YTeuordnung des Archives erfuchte. Mit diefer war
Sreibere von ‘epl wegen Benugung des Archives zur wiffen-
f&aftlichen Darftellung der Befcichte der Stadt fon vorher
in Vereinbarung getreten, fo daf wir uns auf diefem Wege
begegneten. Zwifchen der Stadt und Sreiberen von Seyl Fam
ein Vertrag zu Stande, durch welchen die Yleuordnung und
innere $Einrichtung des Archivs, zugleich aber die ungehinderte und
vorzugerveife Benugung drs Aftenmateriale fir die Darftellung der
Gefchichte dem Seriberen von Seyl überlaffen blieb. Da id) mit
diefer Arbeit betraut wurde, trat ich mit Seeiheren von Seyl in Bes
Ziehung, und im Laufe der Jahre entwickelte fich aus dem anfangs
vein gefehäftlichen Verkehr eine feitgefigte Sreundfeaft, deren
(dönftes Denfmal das vorliegende Buch ift, an deffen Entftehen
und Ausreifen Seeiherr von Geyl den intimften Anteil genommen bat.
xvı Vorwort.
Yrahdem die Orönung des Archivs im wefentlicen
(Serbft 1883) vollendet war, bearbeitete id die Wormfer
Gefchichtsquellen, welche in drei Wänden erfchienen (I. I886,
11. 5890, III. 1893). Doc) immer betrachteten woir diefe Arbeiten
(Aechivordnung und Publikation) nur als Mittel zum Zwecke.
Id Fonzentrierte meine Sauptthätigkeit auf das Studium der
Städtegefehichte, inebefondere der ehemaligen theinifchen Sreiftädte,
indem ic} mir vomabm, nad dem Vorgang von Amold die
Gefhjichte der Stadt Worms zum Mittelpunft der Darftellung
zu machen, aber dabei doch nicht die allgemeine gefehichrliche
Entwicelung aus dem Auge zu laffen. Ich ftellte mir alfo
die Aufgabe, die gefchichtliche Entwickelung der deurfchen Städte
an einem typifchen Veifpiel, aber immer mit Bezugnahme auf
die allgemeinen Krfcheinungen von den älteften Zeiten bis zur
Gegenwart, darzuftellen. Ic verbehlte mir dabei den Umftand
nicht, dafı Köln oder Straßburg viel bedeutendere Städte waren
als Worms, und daß für ihre Befchichte die Cuellen, namentlich
feit dem I4. Jahebundert, unendlich reicher fließen, als das ducch
den großen Brand des Jahres 689 ftarf reduzierte Wormfer
Archiv fie bieten Bann. Aber andererfeits genoß ich den Vorzug
der Teichteren Weberfüchtlichfeit, indem fi das Npärlichere Arten:
material des Wormfer Archivs eher bewältigen ließ, als dic
ungebeuren Papieemaffen in den Archiven von Köln und
Straßburg. Durch meine Ordnungsarbeiten war ich ja mit dem
Inhalte fämtlicer Beftände des Wormfer Archivs genau
vertraut worden, das id dann au fpäter nod wiederholt
1886, 1888, 1890, 1892, 1894 und 1896 ausgebeutet habe.
Speier und Mainz boten mir gleichfalls Material, und ich bin
namentlich Seren ©berbibliothefar Dr. Delke in Mainz herzlichen
Vormorr. xvır
Dan? (duldig für feine unermüdliche GBefälligkeit, mit der er
jederzeit meinen Winfehen entgegengefommen ift. Yiebenbri
bemierPt, ergab meine YTachforfchung im geäflih Scankenfteinfhen
Archiv in Oerftadt (bei Seiedberg in der Wetterau), wo angeblich
eine Sandfchrift der Vita Eckenberti fein follte, ein negatives
Refultat.
Im letzten Jahrzehnt erfchienen nad: und miteinander die
Urkunden und Arten von Straßburg, Urfundenbücher von Speier,
Bafel, Zürich ıc., das Wormfer Auellenwer?, die Schreinsbiicher
und die Edition der Kölner Derwaltungsaften ıc., wodurd die
Krforfchung des Städtewefens mächtig angeregt und gefördert
wurde. Die Probleme, welche dabei zur Stage Pamen, find nach
allen Seiten bin von Berufenen und Unberufenen erörtert worden.
Wenn ih in diefee Srage das Wort ergreife, fo geliebt eo,
weil ib auf diefem Gebiete feit Jahren thätig war, und ih
glaube fogar vor WManchem, der über das Städtewoefen des Mittel:
alters geichrieben hat, den Vorteil lebendiger Anfchauung zu
befigen. Man bat die Schweizer häufig wegen ihrer Yleigung
zum Radifalismus geradelt, aber wer das Dolf genauer Fennt,
weiß, dafi es treuer und zäher feine alten Ueberlieferungen und
Sitten bewahrt bat, ala die meiften anderen deutfchen Stämme.
Denn die Schweiz ift eben nie von verheerenden Rriegeftirmen
überzogen worden, und die Allmacıt einer alles nivellierenden
BYuresukratie bat bier bie vor Purzem gefehlt. Die Bontinuirdt
der $Entwictelung ift bier niemals unterbrochen worden, weshalb
Nic bier viele Minrichtungen, Sitten und Gebräuche in voller
Lebenskraft erhalten haben, deren Urfprung in ferne Zeiten zurück
zeichen und die der Siftoriter fi fonft nur dur mühfames
Studium gegenwärtig machen Fan. Zur rhärtung diefer
xvun Vorwort.
Behauptüng ‚derweife ih nur auf Das großartige Werk des
ichweigerifchen Jdiotifons oder auf die Schriften Bottfried Rellers
und Jeremias Botthelfe, die aus dem unerfhöpflichen Born eines
Feäftigen Volfelebens gefchöpft haben. Der Verwaltungs-
organismus der Städte im Mittelalter, wie ihn R. Bücher auf
der Scanffurter Siftoriferverfammlung (1895) fo vorteefflic
gefchildert hat, war nody vor zwei Jahrzehnten in der Stadt
Bafel, welche ja ebenfalls eine freie Stadt des Keiches geweien
war, in voller Sunktion, und das Bemeinwelen fuhr dabei nicht
flecht, weil diefer Organiemus auf der freiteilligen, thatkräftigen
Teilnahme aller Schichten der Bevölferung berubte. Berade in-
folge der energifchen Zufanimenfaffung aller Wräfte baben die
Städte im Mittelalter fo großartiges für die Rultur geleifter.
Mir Recht fagt daber ein gründlicher Renner diefer Verhältniffe,
Buftao von Schönberg: „Alice die Maffen und ihre Sand.
lungen find cs ja, die als foldhe in der Befchichte der Menfchbeit
unfee Intereffe ereegen, fondern die Individuen, welde auf die
höhere Entwicelung des Menfchengeiftes und des Völferlebens
einen Einfluß übten, und die Bemeinwefen, deren Befchichte den
Sortfehritt zu höheren Dafeinsformen, zu einem höheren Rultur-
leben ibrer Angehörigen zeigt.” Die Zünfte in Bafel haben
zwar jetzt ihre politifche Bedeutung und ihre gewerblichen Ber
fugniffe verloren, allein noch griftieren fie beute, befitzen Zunft:
bäufer und Kapitalien, deren Ertrag fie zu. wohlthätigen und
gefelligen Zwecken verwenden, und ihre Unterdrückung wirde
einen großen Derluft für das foziale Leben bedeuten, indem an
den alljäbrlid ftattfindenden Zunfteifen, bei welden die alten
Gebräuche getreu beachtet werden, eine Annäherung der ver:
f&icdenen Bevölferungstlaffen und Bildungsftufen ftattjinder,
Vorwort. xıx
wodurd die Schärfe der fozialm GBegenfätze gemildert wird.
Ylamentlih die Fleinen, vom Weltoerfehe nur wenig berührten
Städte der Schweiz bewahren nodh viele Züge mittelalterlichen
Stadtlebens. Durch die vortrefflichen Arbeiten des Serm
Profeffors Dr. Andreas Heusler ift mein Intereffe für diefe
Studien fehon früh gewect worden. Mag man aud nicht
allen feinen Anfichten beiftimmen, der Lefer wird fich doch immer
durch die Wärme und die filberne Mlarbeit der Daritellung
fympatbifh berübet fühlen, indem ein jeder ahnt, daf binter
den Worten ein ganzer Mann ftebt.
Da diefes Buch in fo vornehmer Ausftattung eefcheinen
Fonnte, ift das alleinige Derdienft des Seren Sreiberrn von Seyl,
der vor Feinen Opfern zuricfcheute. $Es handelte fi bier um
das Problem, wie man ein Dructwer? in wabrbaft Fünftlerifcher
Weife ausfepmücken Fönne, da von der Iandläufigen Jlluftrations,
weife bei diefem Buche, das feinen fkreng wiffenfchaftlichen
Charafter wahrt, Peine Rede fein Fonnte. Uns (hwebten jene
prachtvollen Werke der Buchdructerfunft des I6. Jahrhunderte
vor Augen, welche auszufhmücten die Runft eines A. Dürer,
eines Sans Solbein zc. nicht verihmähte. Wan bätte Diefe
febwierige Aufgabe einem Berufeneren anvertrauen Fönnen als
dem “Seren Jofepp Sattler, der auf unfere Intentionen mit
vollftem Derftändnis in wahrhaft genialer Weife eingegangen ift;
ibm gebübet unfer Dank.
Bafel, Allrbeiligentag 1996.
Prof. Dr. 5. Boos.
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3. Bapitel.
Die Vorzeit.
Jan muß fich von der allgemein verbreiteten
Vorftellung befreien, als ob Die Länder
nördlich von den Alpen vor der Broberung
@alliene und der Aheinlande de und nur
fpärlich von unkultivierren Wienfhyen ber
wohnte Wildnis gewefen fein. Ylein,
lange bevor die griechifdyen und römifcben
Schrififteller une Runde geben Über diefe
Länder und Völker, ftanden fie mit der
)) Rultur der Wittelmeerwoelt in Verbindung
und erhielten von dorther nicht nur die
Produkte der Wierall: und Thon-Induftrie, fondern auch mannigfache
Anregungen. aufleute find die erften Pioniere der Kultur; um des
Gewinnes willen wagen fie fich in die entlegenften Beenden und unter
die wildeften Völker, ertragen die fchwerften Leiden und erdulden willig
die größten Gefahren. Sie ermwedten bei den auf tieferer Stufe ftehenden
Völkern das Bedürfnis nad) Lupus und den YTachahmungerrieb.
Vliemale wird ein Volt allein aus fich beraus fich auf eine höhere
Stufe der Bivilifation fhwingen Eönnen, vielmehr gefchieht dies nur durch
äußere imwirtung, wobei es narlrlic) nicht auebleibr, daß ein Teil der
nationalen fBigenart aufgegeben werden muß. Die Völker Europas
verbarrten nicht in ihrer Jfoliertheit; felbft die abgelegenften Alpenthäler
Eonnten fidh der Einwirkung fremder Mulnreinflüffe nicht ganz ver-
febließen. Diefe waren denn auch fähon in den älteften Zeiten, in die
kein Licheftrabl febriftlicher Ueberlieferung fälle, wirkfam.
1.00, Die Autr dr hilf au 1 .
4 1. Bapiel
Die Älreften Spuren menfehlichen Dafeins find fehon in der Diluvialzeir
bemerfbar. Wir wollen hier nicht von döhlenmenfehen reden, nach von
jener Periode, die man als Steinzeit bezeichnet, weil die Wienfchen damals
fich Gerste und Waffen aus Stein und Anochen zu verfertigen verftanden.
Schon erodor Bannte die Pfahlbauten, deren reichfte Sinterlaffenfhaft
man in den Schweizerfeen finder. Die Sunde diefer Pfahlbautenkultur
wagen allenthalben denfelben Charakter. Das Material zu ihren Stein:
waffen, Yephrit und Tadeit, Eönnen fie fidy nur auf dem Zandelemwege
verfhafft baben, denn in Deutfehland ift der nächfigelegene Sundore
diefer Steine der ferlefifche Zobten. Es ift Bein Brund anzunehmen,
daß, die Wienfehen der Steinperiode in Zuropa der gleichen Kaffe an:
gebder haben, wie denn alle Vermurungen Über die Bevölkerung der
Steinzeit völlig balelos find. Wan bemerkt in den Weberreften der Pfahl:
bauten einen fterigen Rulturförefebrite; die Tecbnif der Töpferei verfeinerte
fich, und man begann das Kupfer, wenn anfangs auch nur fpärlich, zu
verwenden; Bußformen und Bußbrocten find gefunden worden, wodurch
beroiefen veird, daß die Rupfergeräte am Orte felbft angefertigt wurden,
für welche man das Warerial von ausmehrte bezog. Alle Spuren führen
nad) Ungarn; in der That ftand diefes Land fehon früh mir den Rulnır-
Ländern des Wittelmeeres in enger Jandelsverbindung. Die Donau war
die uralte grofe „andelaftraße, welche den Verkehr nad) dem Innern
Deutfehlands vermittelte. Durch des Ylecdar: und das Wainthal gelangte
man an den bein, der dann wieder einerfeits den Verkehr mir dem
Abonethal, andererfeite mit der Ylordfee verband.
Die Ruleur der Bronzezeit fielle fich als eine ziemlich einbeitliche dar.
Die Funde in Aegypten, Cypern, Wykene ıc. entfprechen folchen in
Sisilien. Yrartrlich fallen die Anfänge der Bronzezeit in der Schweis
und Deutfchland erheblich fpäter als in Jtalien. Längft batte aud) in
den Wittelmeerländern das ifen die Bronze verdrängt, als im Ylorden
das ifen erft nur fpärlich, und swwar zundchjt als Schmuc, aufjutreren
beginn.
Wan bezeichnet die Periode der jüngeren Bronzekulrur als Yalltätter-
seit, nach dem Städrchen “allftare im Salzkammergut, wo man mehr
ale caufend Bräber aufdechre. Diefe Rulrur kam von Often und Süden
und verbreitete fich langfam nördlich der Alpen. Zeitlich fiyierr man fie
zroifiben 900 bis 400 Jahre vor Ehrifti Geburt. Sie if eine überaus
glänzende, wie die Länder diesfeits der Alpen bisher Beine erlebt hatten,
Die Vor. s
und fie Fonnte fich in der Solgeseir auch Beineswege auf ihrer «höbe
erhalten. Unter diefen Sunden erwähnen wir bronsene und, felrener,
eiferne Waffen, Beräte und Schmuckfacen aus den verfchiedenften
Wietallen, mit Ausnahme des Silbers, Thongefäße der böchften Vollendung.
Sie Infipft offenbar nicht am die ältere Bronzekulrur der Pfablbauten
an, vielmehr feheint diefe untergegangen zu fein, denn neue Formen und
Ornamente ‚tweren auf, und anflart der zur Älteren Bronzezeit fblich
geiwefenen Zeichenverbrennung nebnen wir nun eine andere Beftarrungs:
weife wahr: gewaltige Brabbligel und Leidentammern, mit wahrhaft
fürftlicen Lupus ausgeftarrer. Es muß ein anderes Volt, als dasjenige
der Pfahlbaudörfer und der Brandgräber der älteren Bronzekuleur, die
serrfcbaft errungen haben, und diefes Volk kann, foweit es wenigftens
die Gebiete am Ylordfup der Alpen bereifft, Bein anderes gereefen fein
als das der Räter. Audy diefe Mulcur frnd mir der griechifihen in
engem Zufammenbang. Protoforinthifche und forinthifche Thbongefchirre
finder man in Bayern; andere Sunde führen nach Jonien als Urfprunge-
quelle. Der Eaufmännifcbe Unternebmungsgeift der Griechen it ja
betannt; er febeute nicht vor den größten Schweierigteiten und Befahren
zuric Der Dnieper war nach serodor IV, 53 bis 40 Tagereifen hinauf
den Briechen befannt. Ylamentlich begierig war man nach dem Bernftein,
der an der fernen Müfte des Ylordens vom Wicere ans Land gefplilr
wird. $Er diente niche nur ale Schmuck, auch wunderbar geheimnisvolle
Rräfte fchrieb man ihm zu. Von Volk zu Volß, von Thal zu Thal,
durch Sachfen, das Wibthal hinauf gelangte der Dernftein nach) Böhmen
und Mähren, von da in das Donaürbal, über den Balkan nad)
Griechenland, Lypern und Aegypten. Zu Beginn des 5. Tahrbunderes
erfolgte eine Abzweigung der HEIb: und Donauroute nach der Adria, und
feitdem die Griechen in Wafilia an der Abonemündung fi ein großes
Sandeleemporium gefchaffen batten, monopolifierten jie den Berti
bandel, der nun die Abein: und Mbonejtrafe benunee. Es war ein
1ebhafter Taufdbandel, in dem die Griechen gegen die Erzeugniffe ihrer
Imduftrie die Yrameprodubte der Wlordoölker: Sklaven, Pele, Selle,
Sals, Bernftein, Sinn ıc. eintaufchren. Auf diefe Weife gelangten die
koftbarften Produtte der griechifiben nduftrie nach Deuefehland.
Seir dem 6. Jahrhundert waten Die Wrruster in Bonkurrenz mir
den Griecyen, indem jie nach) ionifchen Wuftern Brongegerkre in Waffe
fabrisierten, die dann durch Vermittelung der Yiaffilioren weiter nach
s 1. Bapin.
dem Yrorden verfchleift wurden. Der berühmte, in Dürkbeim in der
„ardt gefundene, nun im Yfufenm von Speier als koftbarer Schan
aufbersahrte Dreifuß entfpricht genau folhen aus der Vletropole von
Pulci. Diefe Jabritare Bonnten fid) freilidy mir den eigentlichen griechifhen
nicht meffen, fie waren eben für den Export nach den norbifihyen Ländern
berechnet. Yamentlic geringwwertig waren bie Thonmwaren mir einfachen
roten Figuren oder Linienmufterung; aber durch den weiten Transport
erbielten fie einen ungemein hohen Liebhaberwert, „fo daß 3. D. in
Württemberg zwei im Altertum zerbrochene Schalen des 4. Jahrhunderte
v. Ebr., die wir heutzutage mit enwa 30 Sranten das Stück bezahlen
wfirden, mir Jilfe zablreidher, mit gepreßten Wiuftern fdön versiecter
Streifen aus echtem Bolde wieder vereinige und fo in dem Brabbfigel
eines Reltifcjen Broßen auf dem Mlein-Aopergle bei Ludwigsburg nieder:
gelege wurden"').
SeÜber madyre man viel Aufbebens von einem errustifchen Taufib-
bandel, indem man die Kerusfer mit ihren Wsren über die Alpenpäffe
wandern ließ. Alein einmal fand über die Alpen in worrömifcher Zeit
nur ein fpärlicher Verkehr jtart, da Diefer fich um die Alpen Sftlich und
weftlic) bervegte mit Vermeidung der hoben Päffe, und dann haben nichr
die Erruster felbft ihre Waren vertrieben, fondern böchft wabrfchein-
lid) übernahmen die betreffenden Völferftämme Diefelben zur Weiter
beförderung. Serner ging man von der fälfchen !einung aus, daß die
Bronze: und Bifenwaren, die fo maffenhaft nördlich der Alpen vor
Boimmen, famt und fonders erusfifche Erporewaren feien; indes fchon
in den Sundftärren der alten Bronzezeit werden Bußformen gefunden.
Die Meralttechnit hatte id im Laufe der Tabrhunderte außerordenelich
entwickelt, und die Bronzen, die den Gräbern der “allftartperiode und
den Deporfinden enenommen wurden, baben in der gorm und dem
©rnament nichts Gemeinfames mit den echt erruskifchen Sabrikaren.
Auch die Wehrzahl der Beramifchen Sunde erweift ich als einbeimifdhee
Produkt. Ale diefe Gräber der Yalljtatıperiode gewähren den Kindruch
einer fdon boch entwickelten Bultur. Wienfehen, die jenen Dirkbeimer
Brongedreifüß, jene prächtigen Rannen u. f. w. erwarben, Bonnten un:
möglic) wilde, unsioilifterte Barbaren fein, die ja mehr am glinernden
Tand als an wirklichen Runftfachen Eindifche Sceude haben.
Am Ende des 6. Jahrhunderts fanden neue Völkerbewegungen fbatr,
die fidh in den folgenden Jahrhunderten in verfkärktem Brade wieder:
Die Vorzeit 7
bolten. Auch die Bodenfunde geben bavon Bunde. Ueber die wunderbare
Be der jlingeren „allitarc-Epoche bat fich eine Erftarrung gelegt, die
alles umklammert. „Die Steinfenungen in den Grabbügeln und eine
Reihe von Grabgebräuden der Hallflattperiode hören auf, Die Toren
werden faft ausfdlieflich beftatter, es verfähnoinden jene fÄyönen bunc-
gemalten Urnen, an deren Stelle eine fehr monotone, fcylecht gebrannte
Thonware tritt; neu find auch die Sormen der Hifenfchiwerter, Langen,
‚Fibeln und mander anderen Schmuchgegenftände. Es find Veränderungen,
die fich miche nur durch) Verfähiebung der Zandelsbesiehungen oder all-
mäblichen Yliedergang des betreffenden Volkes erfläcen laffen. Es find
Tparfachen, die nur durch das Auftreren eines neuen Volkes mit anderer
Rufeur verftändlicdh werden“?).
ier fegt die fchriftliche Ueberlieferung der anriten «iftoriker ein,
und durch ihre Rombination mit den Mrgebniffen der vergleichenden
Spracyeiffenfäafe md der Ardfologie gewinnt man ein annäherndes
Bild von den Zuftänden im nördlichen Europa vor den inbruch
der Amer.
Mir Schaudern ersäblten die Alten von dem Lande, in dem die
Rimmerier wohnten, am Ende der Welt, am Äufieren Wieere, ein Land,
fehattig und waldreich, der Sonne wenig sugänglic) wegen der Tiefe und
Dichrigteit der Gorfte, von ungeheuren YOaffern durchzogen und überflurer.
Zweifdhen (Elbe und Weichfel ließen fid die Germanen nieder, die mit
ihren arifehen Benoffen, den Griechen, Tralitern, Relten, Zitauern und
Stawsen in unvorbenflicen Zeiten die alte ‚eimat Jran verlaffen hatten
und als Yiomaden mir Weib und Kind auf Roß und Wagen nebft
ihren gesähmten “austieren langfam nad) Voeften geogen waren. An
den Rarpathen teilten fle fich, indem die Bräfoitaliter nady Süden zogen,
die Relten donauaufiwdrre nach Weften, während den Bermanen nichts
übrig blieb, als nach dem Yorden zu wandern, eben in jenes traurige
Band, das von ben Kelten nicht begehrt wurde. Diefe befegten Böhmen,
das mittlere Deutfchland, die Abeingebiere; fie drangen dann Über den
Abein nacdy Gallien und drängten die Tberer und Liqurer zurück. Den
ersbeisebrten Ariern unterlagen allenthalben die in den Ländern Europas
ureinbeimifeben Völker, die ihre Waffen aus Stein und Anochen bildeten.
Empfänglichen Sinnes, encwichelen die neuen Broberer fich durch die
Beribrung mit den sivilifierten Rätern, Ligurern und der Rulcur der
Wireelmeerländer; vor allem war ihnen die Lifentechnik vertraut. Zn
8 1. Bapine.
der Champagne bat man ein ungebeures Bräberfeld aufgedeckt, das über
7900 Gräber zäble, in denen ein glänzend ausgeftarteres und reich
bemaffnetes VolE feine Rube fand. Yan erhält den Eindrudt, als ob
ein reifigeo, mächriges VolE von Often ber eingedrungen wäre. Die ibm
eigeneiimliche Kultur nenne man nach einem “yauptfunderte aım VTeuchäreler
Ser die La Tene-Rultur. Vielfach, zumal im Südweiten, vollsog ficb
ein feuchrbarer Auscaufe) mir der Galljtarrbulenr. fine der Antereffanteften
Stationen der Seüb-La Tene-Aulrur ift die Viederlaffung bei
Baden). Dort fand man zablreiche, forgfälrig aufkefibichrere Torenbügel,
in denen oft bis zu 13 Tote beftarter waren; Daneben, ebenfälle febichren-
weife übereinander, Brandftätten von Totenmabtgeiten und Opfern. Diet
Toren batten Schwerter und Zangen zur Seite, zuweilen die Yand am
Schwerte, noch im Tode bereit, ihre Mbre zu wahren‘).
Diefe Scib:La Tene-Aufcur gehört doch wefentlich dem Volke der
Reiten an und fälle in das Ende des 5. und in das 4. Jabrhundere v. Cbr.
Die Relten verfchmolen zum Teil mic den früberen Einwohnern. sainter
ihnen drängten aber ungeduldig die ungtinftig. iruierren Germanen. YJm
Laufe des 6. Jabrhunderts fielen die Melten in Spanien ein und ver-
wouchfen bier mir den Tberern zu einem Volke, den Beltoiberern. Um
das Jahr 40° v. Chr. machten fie unter der Führung des Bellovefus
der herefcbaft der Bigurer cin Ende und eroberten Rom. Bleichzeirig
führte Sigovefü gableeiche Scharen gegen Often, die Donau hinunter bis
in den Yorden der Batkanhalbinfel. Diefe gewaltige Berwegung harte
ihren Ausgangepimtt am Wirrelchein. $Es entftand dadurch) eine allgemeine
Verfepiebung, indem nun die Belgen bie an die Seine vorrlickten, die
vechterheinifchen Belten den Abein überfehritten und fic) des linten Abein-
ufers bemächtigten, die Weferfeleen nach Shddeurfchland vordrangen‘).
Die Kelten waren zur Zeit, da fie die Amer ‚erfchrediten, nicht das
wilde Barbarenvolf, als welches die römifchen Schriftfteller fie zu febildern
lieben. Sie befaßen vielmehr eine bedeutende Runftferrigkeit in der Werall:
technik. Aber der Relteneinbrudh in Tralien war doch von riefgreifenden,
unglücßfeligen Solgen für die nördlidy der Alpen liegenden Zänder, indem
dadurch der vormals fo Iebbafte Derfehr mir der Aulturwelt der Mirrel:
meerländer unterbrochen wurde und die Apenpäffe verödeten. Ylur
Wafftlie (Aarfeille) vermittelte noch den Kelten, welche diefe Briecbenftadt
von ihrem ägften Seinde, den Ligureen, befreit batten, Die Segnungen
iechifher Rultur. Um das Jabr 390 v. Cbr. woälsten fich neue Kelten:
Die Dorzet 9
maffen, hauptfächlicdy Tektofagen, die in Seifen und am Main gewohnt
batten, die Donau hinunter nad) Griechenland und Rleinafien. Bin
anderer Teil wanderte den Ahein binauf durch den Jura, die Ahone
binunter. @leichzeitig verlegten die Selverier, die einft zwifchen Main
und Rhein, an den Abbängen des Schwarzwaldes gefeffen, ihre Gine
mach der Schyiweis. An vielen Orten find die Spuren diefer Völker
aufgedeckt worden, namentlich if der große Sundort La Tene am LIeuen:
burger See Außerft infteuktiv. La Tene war kein Pfabldorf, fondern
ein Wafferdaftell. Der militdeifce Charakter diefes Volkes tritt une in
allen Sunden entgegen. Das Zifen überwiegt, denn nicht nur die Waffen,
fondern auch die Schmuckfachen find aus Eifen bergeftellt. Die Jormen
zeigen eine Weiterentwichelung der Srüb-La Tene-Zeit. Die Winner
liegen in ihren Gräbern in voller Mriegsrhfkung da: lange Schwerter
in eifernen Scheiden und an Bertenartigen Wehrgehängen, eiferne, mit
einem Schub) verfehene Lanzen, Schilde mit eifernen Schildbuckeln und
Wandhaben, Eleine eiferne Yieffer und Scheren finden fich, fodann eiferne
Sibeln (Spangen), bronzene Sale, Arm: und Sufringe, Glasfachen,
bume Perlen u. f. w.
Die Kelten befegten nım bleibend die fruchtbaren Slufniederungen
des Rheins und des mittleren Srantreiche, und hier entreickelten fie fic)
zu einer Vlacion mit einer Aulur, die art mir mafiliorifdem Kinfluß
geträntt war. Sreilidy zeigt diefe gallifche Rultur, wie wir den Berichten
eines fo fcharfjinnigen Beobachrers wie 7. Cdfar enmebmen können,
einerfeite Züge der Barbarei, andererfeits greifenbafter Leberreife. Die
Relten in Srantreidy ftrebten offenbar danach, fid) zu einem nationalen
Staate zu vereinigen, den fie jedoch nicht, wie die Griechen und Römer,
auf die Stadtgemeinde aufbauten, fondern auf den Bau besiebungsweife
auf bie Ylation. Aber bereits war die große Male des Volkes in
Abbängigteit eines mächtigen Adels geraten und die Widerftandetraft
‚gegenüber dem Vorbringen der Römer und Germanen geläbmt.
Denn diefes große Volk der Germanen tritt num am Ende des
2. Jahrhunderts v. Chr. in das bellere Liche der Gefchichee. Ihnen
war ein härteres Los als ihren übrigen indogermanifchen Stammesverteen
au teil erworben, indem bei der großen Verteilung der europäifchen Länder
ihnen die wald- und fümpfreichen Begenden nördlich des Wiains zwifchen
Elbe und YVeichfel zugefallen waren?) ier galt es, mit einer rauhen
Ylarur einen barten Rampf zu führen; in diefem Rampfe verloren fie
4. Don, Die Rau ve hie ach 1. .
1 3. Rapiil.
diel von der angeborenen Anmut, aber ihre Mraft wurde dadurch
aud) geftäble. Die Relten verfihloffen ihnen im Süden und Weiten
den Weg in fruchtbarere Gegenden; auf Diefe Delicen fie mir voller
Gewalt. Diefem Drude wichen um das Tahr 300 v. Ebr. die
unmittelbaren YTachbarn der Germanen, die Terofagen, und wanderten
teile nad Öften, teils nad dem Siöweflen und wiefen fomit den
Bermanen den Weg nad den fühlihen Gegenden. Die Rimbern, die
an der mittleren lbe faßen und denen fich die Teutonen und die
Frordvölter anfebloffen, brachen zuerft auf, fließen auf die Boier im
Sercynifchen Wald, d. i. Böhmen; von diefen zurüc’gewiefen, drangen fie
in die Donauebene und trafen an der Brenze von Jralien mit den Römern
3ufammen. Da ibnen bier der Weg nad) Tialien verlegt war, zogen fie
füdlich der Donau entlang nach Yeften durch das Land der Zelverier,
die fid) ihnen auf dem weiteren Zuge anfchloffen. Bei Genf‘ berraten
fie die römifche Provins; num fielen fie in Ballien ein und füchten das
Land auf das entfenlichfte beim. Schlieplidh befreite Warius Ttalien
von Der furchtbar drohenden Gefahr, indem er in zwei gewaltigen
Scyladyeen (102 und J0J v. Ebr.) die Barbaren fehlug und vernichtere.
Wenngleidy die Rimbern und Teutonen die verlorenen Rinder des großen
Volkes der Deutfchen waren, ihr Tod war Beinesmwegs vergeblich. Sie
haben den großen WOaldgirrel ihrer Jeimar durchbrochen und den anderen
die Wege geseigt, welche fie nun eifrig begingen. Ylady allen Seiten
brachen fie as ihren bisherigen Wohnflsen bervor und verbrängten die
Relten aus dem Böhmerlande und den Begenden weitlich der Fibe.
Von ihnen mögen fie mandxs angenommen baben, umd in der
Bewaffnung und Lebensweife glichen fich Belten und Germanen fo
febr, da es den Aömern bie auf 7. Cäfar fdywer war, fie zu unter
febeiden. Auch die Bräberfunde der lenten zwoei Jahrhunderte vor der
Aomaniflerung der Abeinlande laffen nicht erkennen, ob man cs mit
Relten ober Bermanen zu chun babe.
Unaufbaltfam drängten die Germanen vor, Überfchrieten den Abein,
unterjochten ceile die Gallier, teils vermifihten fie fih mit ihnen,
namentlich überwog fehließlich in den Begenden am Yliederrhein, an der
Scheide und an der iofel das germanifehe Wefen, und felbft Die
Gallier in jenen Begenden waren ftoly darauf, Bermanen beißen zu biicfen.
Die Gallier waren in ihrer Zriftenz teile durch die Römer bedroht,
teils durch die Germanen. nfolge davon entfianden Parteiungen im
Die Vorei, Pr
Lande, indem die einen fih zum Schun gegen die Römer bilfeflchend
an die Bermanen wandten, die anderen wiederum gegenüber den Einfällen
der Bermanen die Zilfe der Römer anriefen. Ylamentlic die von der
fhdlichen Aultur weniger berührten Belgen fühlten fich dem Bermanen
ftammwerwendt, während im Süden der Bermane als Darbar verachter
und: geflirchter war. Der Stamm der Sequaner, der um Befangon
wohnte, war der Gefahr ausgefent, von den Aömern vergemalrigt zu
werden, weabalb fie die Deurfchen berbeiriefen. Sie nahmen den Sueven-
Fürften Ariopift nebft 15000 Wann in ihre Dienfte. Diefer befiegte die
Sauptfeinde der Sequaner, die Zäbuer, welche rSmifch gefinnt waren,
in einer Schlacht, und infolge der Parteiwirren in Rom gefchab nichts
zu ihrer Unterftünung, ja, Rom erwies fogar dem Ariovift die Kbre, ihn
‚als befreundeten Rönig anzuerkennen. Das erböbte die Suverficht des
Germanenfürften, und er waf alle Anftalten, fidh bleibend in Gallien.
nieberzulaffen und ein deutfches Reich dafelbft zu gründen. Er erließ
einen Auf in die Zeimat, nach Gallien zu Eommen, und infolge davon
Überfehrimen über 100000 Deutfdbe den Ahein. Die Sequaner mußten
ihnen ein Deittel ihres Bandes, vermutlich das ZElfaß, abtreten. Auch
am Yliederrhein batten fid) fuevifche Stämme feftgefest, und die “elvetier,
Die bereits vor den nachdrängenden Germanen Die Bebiere zechts des
Abeins, das jerige Baden, geräumt hatten, entfchloffen fi), ihre neue
Jeimat Zoelvetien zu verlaffen und jenfeits des TJuras in Ballien beffere
Wohnflge zu firchen. Thnen fähloffen fi) die Rauraker, Refte der Boier
und andere Bleinere Stämme an. Die von den Selvetiern und Raurakern
verlaffenen Sige wären dann von den Bermanen fogleich befent und
infolge davon das gefamte germanifche Volf zur Auswanderung nach
dem Yoeften veranlaft werben. {Es war eines der großen Womente der
Woeltgefehichte. Tiene Rataftrophe, die Ueberwältigung der römifchen
Rutcurwelt durd) die Barbaren, wäre aledann 500 TIahre früber ein-
getreten, wenn nicht der größte aller römifchen Stastemänner und er
führer, €. I. Cdfar, die Gefahr erkannt und ihr vorgebeugt bitte. Er
feblug die &elvetier bei Bibracte (Autun) und zwang fie, in ihre Jeimar
surticfjuteheen, um die Brenzhut gegen die Deurfchyen am Oberrhein zu
übernehmen. Die Belten aber, welche den Ariovift berbeigerufen hatten,
waren feiner und der Deutfchen bald fart geworden und riefen den flieg:
reichen. römifchen Seldberen zu “Hilfe. Diefem trat der deutfche Volks
führer in lolyer Bhenblisrigbeit entgegen, allein die Barbaren erlagen in
12 3. Bapied
der Begend bei Belfort 58 v. Chr. der Ueberlegenbeir rSmifcher Rriege-
kunft. Die Römer erblichten nun zum erfienmal den mächtigen Ahein:
from, der Klnfrigbin die Brenze ihres Reiches bilden follte. Auch in
diefem Augenblid zeigte ic die bemwunderungswicbige Alugbeit und
Dorausficht CHfars. Er bitte ja leicht die Deucfchen auf dem linken
Abeinufer vernichten Binnen; aber dies that er nicht in der Erwägung,
daß; die Beltifchen Baue der Sequaner, der Leuker und Yiediomatriker viel
zu fehroach und unzuverläffig waren, um die Grenze gegen die Bermanen
au verteidigen; vielmehr übergab Eäfar eben jenen von Arionift herbei.
gerufenen Deurfchen die linkorheinifehen Lande, da fie mit den Belten
verfeinder und gegen ihre Landsleute auf dem rechten Abeinufer, die ibnen
ihren Befin beneideten, argwöhnifd waren, aber in ihrer foliertbeit
ein Tntereffe haben mußten, an Rom feftzubalten. YIördlich von den
Rauratern länge den Vogefen wurden Die Triboker, d. b. “ligelbersohner,
angefledelt, in der Aheinebene um Speier die YTemerer und im TOormefeld die
Dangionen, d. b. die Bewohner der Ebene. Sie alle drei werden von den
Aömern dem Volke der Sueven zugezäbhlt. Doch ift der YTame der Sueven
‚gar fein Voltename, fondern, wie der der Germanen, ein Sammelname.
Es bedurfte noch vieler Rämpfe, bie Eifar nur einigermaßen die
Unterwerfung der Ballier unter die römifche „errfehaft gefichert harte.
Um die Verbindung mit den Tnfeltelten in Britannien abzufchneiben,
unternahm er einen Zug über den Ranal, und um den freien Germanen
Befpekt vor dem römifchen Kamen einzuflößen, Überfchrirt er den Abein,
berbeigerufen durch die Ubier, weldye an der Sieg und an der Lahn
faßen und durch römerfeindliche Stämme bedränge wurden.
Doch erft dem Auguflus war es vergönnt, die von Cäfar vorbereitete
Organifarion Galliens durchzuführen, mie möglichfter Schonung der
beftehenden Ordnungen. Wohl Bam eo dabei bie und da zu Auflchnungen,
aber die Araft des gallifchen Volkes war fdhon durch die fehrecklichen
Seimfchungen der Rimbern und Teutonen und durdy die fiichterlichen
Schläge Cffars erfehlitert und gebrochen worden. Sodann hatte diefer
bereits Sorge getragen, eine römifche Partei zu gelmden und zu unter-
fügen, und Auguftus batre vor allen Dingen dem gefährlichen Binfiuß
der Druiden ein Ende gemacht. Die narionale Leidenfchaft flacterte bie
und da wieber auf, aber bereits ein Römer hat die Beobachrung gemacht,
daß die Belten zwar frech die Fünftige Gefahr berausfordern, vor der
gegenmoderigen jedod) der Wut ibnen entweicht. aupefächlich die forr-
Die Vor. Pr
febreitende Romanifierung Balliene verroifcpte mehr und mehr die nationalen
Gegenfäne des Römertums und des Reltenums, und die Ballier ftrebten
eifeig nach dem Aubme, echte Römer zu fein. Sreilidy vollzog fich diefer
Verfähmelsungsproge in den verfcpiedenen Landesteilen in verfihiedener
Weife. Während 3. B. in der Provence die Romanifierung vollftändig
gelang, fo entftand dagegen in der Belgica eine merkohrdige Wiifchkuleur,
indem das römifcbe Wefen wie ein glänsender Firnis das gallifche über:
deckte; gallifibe Sprache und gallifde Sitte behaupteren fi) in der
Wofeltandfebaft bis sum Untergange des römifchen Reiches.
L$far hatte den Rhein vom Bodenfee bis zur Windung sur Reiche:
grenze gemacht. Allein ein Zuß bilder niemals eine geficberte Grenze,
und bie Derbälmiffe waren bier um fo gefäbrlicher, feidem die Germanen
einmal in Bewegung geraten waren. Sie waren eine wilden Jäger
mehr und feine YIomaden; fon längft Bannten fie den Ackerbau. Doc)
nur notgedrungen unterwarfen fie fidh diefer harten Arbeit. Ihr Reich:
tum beftand in den “austieren, unb leicht vertaufchpten fie ihren Wohn:
fin, indem fie auf narrenden Wagen, die zur Wohnung dienten, ihre
Rinder und ihre Zabe mit id führten. Die alte raube Waldheimar
war ihnen zu enge geworden; fie drängten auf den Pfaden, welche die
Reiten und die Rimbern und Teuronen ihnen gerwiefen, nach Weften
umd Süden, um befferes Land fr die wachfende Volfsmenge zu erhalten.
Dielen war fon vor Cäfar der Uebergang fiber den Abein gegiücht,
und fie harten fi mit den Relten gemifchr; jene fperrte ihnen der große
wömifhe Imperator den Weg. Die Übier, die fid den Römern anı
gefebloffen barten, mußten mannigfäche Bedrängnis von ihren wilden
Ylachbarn erleiden, und Agrippa Ponnte ibnen nicht andere beifen, als
daß er felbft den Abein Überfehritt und fie auf das linke Rheinufer Üüber-
führte. Aber die techrerbeinifchen Sthmme der Sugambrer, Ufiperen
und Tenkterer bielten Beine Rube; fie bebandelten nicht nur die römifchen
„aändler in feindfeliger Weife, fondern drangen wiederholt über den Abein
und plünderten die gallifden Baue. Im Jahre I6 vor Chrifti Geburt
fölugen fie den Zegaten Marcus Lollius auf die fhimpflichfte Weife.
Darauf begab ji) Auguftus felbft nach Gallien, und es erfolgte dann
die Offenfive gegen die rechtsrheinifchen Germanen. Der in Rom geliebte
Stieffohn des Raifers, Drufüs, ein fehr begabter Offizier, Drang in den
nächften Jahren wiederholt tief in Bermanien ein. Im Jahre 9 v. Chr.
erreichte er fogar die Zlbe; aber auf dem Aücdzug in der Saalegegend
14 1. Bapiel.
flürzre er vom Pferde und ftarb. Sein Bruder Tiberins führte Diefe
Unternehmung weiter. Der Gedanke war offenbar, die Elbe zur
politifehen Neichsgrenze zu machen, wodurch man einerfeite erreicht hätte,
daß die Reichegrenge wefentlich verfürze worden wäre, andererfeite, daß das
römifche Brensbeer weiter von Italien hinweg verlegt werden Eonnte.
Vorläufig jedoch blieb der Mbein nod) die Grenzerteidigung. Der
mitiefeifde Sthepunkt für diefe Unternehmungen war Caftca Verera
bei Xanthen am Abein gegenüber der fchiffbaren Lippe. in zweiter
nicht minder veichtiger milicheifdyer Punkt war Woguntiscum gegenüber
der Mündung des Miains. Sier batten die Soldaten des Drufus ibrem
Seldheren ein Denkmal errichtet. Diefer hatte die Chatten gezwungen,
das rechte Abeinufer zu verlaffen, und den Taunus befeftige. Durch
Gewaltthaten aller Art wußten fich die Römer im Befls des rechten
Abeinufers feftzufesen, indem fie die deurfchen Völkerfdyaften landeinmwärts
drängten, fo die Chareen und die Wlarfer, oder auf dem gallifcpen Ufer
anfiedelten. Zur leichteren Deberrfchung des neugewonnenen Befines
wurden Straßen ımd Rande gebaut und diefe wieder durch Anlage
fefter Türme gefichere. In Alifo lagerre Das römifche Zeer geroöhnlich
im Sommer, zuweilen au) im Winter. jan bereitete ji vor, das
techterheinifehe Bermanien wie früber Ballien der römifchen Verwaltung
einzuordnen. Die Statthalter bielten die freien Germanen an, vor ihnen
Hecht zu nehmen, was naturgemäß eine tiefe rbitterung bervoreief,
Schließlich wurde in dem Zauptort der Übier, dem beutigen Röin, ein
Altar des Augufbus errichter, deffen Priefter der Cherusterfürft Segimundus,
des Segeftes Sohn, war, und der für die germanifchen Baue diefelbe
Bedeurung erhalten follte, wie der Auguftusaltar in Iyon für die Ballier.
Es gab viele unter den Bermanen, die fich dem Zauber des römifchen
Ylamens nicht entzieben Eonnten und meinten, jeder Widerftand gegen
die Römer fei nuglos und verberblich. Allein andere wieber ertrugen Die
‚Sremdberrfcyaft mit Enirfhendem Unwillen und fannen auf Das Der-
derben der Römer. Die hauptfchwierigleit war aber, die vielfach unter
fi) entzweiten Stämme zu einigen, und das gelang dem Arminius dem
Iberuster, der felbft im römifchen “eere gedient hatte und von Auguftus
mit dem römifchen Bürgerrecht und dem Ritterrange beehrt worden war.
Tiberins hate die römifchen Truppen gegen den Warkomannentönig
Warbod geführt. Zu gleidyer Beir erhoben fich in Pannonien und Tilyeien
die VSlter gegen Rom, und nur durch fehwere Rriegsarbeit gelang es,
Die Vor. 1s
den Aufftand niederzufchlagen. Der befte Teil des tömifchen Feereo und
die tlichtigften Geldherren waren in jenen Gegenden befchäftige, als in
Deurfchland die Bataftropbe ausbrach.
Am Yliederrbein befebligte P. Quintiline Warus, der fih) in Syrien
durch rpreffungen einen böfen YIamen gemacht hatte. Zn gleicher
Weife verführ er in Bermanien. Liftig tÄufehten ihn die Derfehmorenen.
As er im Spärfommer des Jahres 9 n. Chr. mit drei Zegionen von
der Wefer aufgebrochen war und auf unmwegfamen Straßen durd)
Weftfalen marfchlerte, wurde er von den Bermanen Überfällen, und er
und fein ganzes eer gingen zu Brunde. Tiberius übernahm darauf das
Kommando am Abein und ergänzte das rbeinifche Ser auf achr
Xegionen. Einen enefcpeibenden Schlag Ponte er jedoch nichr führen.
Germanicus [öfte ihn im Tabre I3 im Bommando ab, und diefer
brannte danady, die erlittene Schmady zu rächen und den zerftdrten Bau
feines Vaters wieder aufsurichten. Im Jahre 14 gelang ibm ein Vorfioß
bie rief‘ in das Bebiet der Brufrerer binein. Im folgenden Fahre
füchte er die Chatten und Cheruster beim. Doc beinabe. hätte fein
Seldhere Cäcina Das Schikfal deo Darus erlitten, aber der Raltblücigteir
des römifchen „eerführere gelang ce, der Befahr zu entgehen, denn in
einem Rampfe yweifdyen einem gefchulten &eere und einer noch fo
tapferen barbarifchen Ylation unterliegt fehließlich lenztere immer. Obgleich
Germanicus im Jahre I6 einige Erfolge errang, fo endigte auch Diefer
‚Seldzug mit fyweren Verluften. Tiberius gab endgültig den Plan der
Eroberung der Bebiere zwifchen Ahen und Elbe auf, und der Abein
und die Donau blieben fortan die Btenzen des römifihen eiches.
Freilich {ft dies nicht fo zu verftehen, als ob die Aömer das rechte
Abeinufer den Germanen preisgegeben hätten; im Begenreil, fie faben
mit Strenge darauf, daß nur mit ihrem Willen germanifde Stimme
fich dafelbft niederließen. Ja, am Lliederrbein mußten fie auch nach der
großen Maraftropbe des Varus ihren Minflup auf die Bermanen
auszudehnen.
m Abeindelta faßen die Bataver, die fehon früb dem römifchen
Weicye einverleibt worden find umd gerreue Unterhanen und tapfere
Soldaten waren. bnen gegenüber wohnten die Ranninefaten, die
gleicyfalle den Römern Jilfomannfchaften flellten, und nicht minder die
Sriefen. inige Widerwehr hatten die Chauten, ein Schiffervol® an der
Vlosdfee, dem Drufüs geleiftet. Abgefeben von diefen, Übernahmen die
18 1. Bapi
‚genannten Stämme die Verteidigung der Reichsgrenze. Vom Linfluß
der Lippe in den Abein fübaufindrts wurde eine Grensftrafe gebaut,
die milicdrifch gefcblige wurde. Zur größeren Sicherheit diefer Reiche:
grenze haben die Römer teils die Völkerfchaften auf das linke Ufer über-
geffiber, teile in das Innere zurüchgedränge. Der ganze Landfteih auf
dem rechten Ufer wourde demgemäß enrwölßert, und er diente ale Weideland
für die erden der niederrbeinifchen Armer.
Die ungemöhnlidy große, am Aheine ftationieree römifche Armee hatte
die doppelte Aufgabe, einmal die Bermanen vom Uebergange über den
Abein abzuhalten und dann den Ballien Surcht und Hefpekt einzuflößen.
Denn wohl rhhmte der Philifter in Rom, daß 1200 Mann in Lyon
im ftande wären, Ballien zu beberrfchen; die Regierung toußte dies beffer.
Der Sturz der Julifäb-Claudifchen Dynaftie erfchlitterre die Gerrfchaft
Roms auf das bedenklichfte. Die Gallier glaubten, der Tag der Sreibeit
fei angebrochen. Schlimmer war es, daß nun auc) die Bataver und
ihre Yadhbarn fic) erhoben, wodurch dann die rechterbeinifchen Germanen
gleichfalls in Bewegung gerieren; ja, fogar die gerreuen Dangionen und
Triboker wurden abtrünnig, doch fie Febrten, als Vespaftan mit fifter
Sand die Zügel der Regierung ergeiff und genügende Truppen zur Ueber»
wachung der Aufftänbigen an den Abein fehichee, in den gewohnten
Gehorfam zurüct. Der Aufftand wurde vollftändig niedergefchlagen,
und Vespafian verftand es, durch MWafhalten und Rlugbeit fefte Ver«
bäleniffe am Abeine zu begründen. Auch die freien Germanen forgten
felbft durch ihre innere Zmwierradyt daflır, daß die Römer Anlaf hatten,
fi) in ihre Angelegenheiten einsumifchen und durd» Beglinftigung der
römifch Befinnten jeder Seindfeligteit zuvorzutommen. Wir den Römern
(war nun ein dauernder Brenzfriede und Damit ein ftieblicher Verkehr
ein, und im Laufe der Zeit Tonnten die Zegionen am Aheine auf die
Sälfte vermindert werden. Banz befonders günftig geftalteren fich für
die Amer am Oberrhein die Verhätmiffe. Auch bier blieb der Ahein
immer die Verreidigungslinie; nicht eine der Legionen nahm ihr Scand»
lager auf dem echten Abeinufer. Am Wein und am Abein faßen
die Chatten, neben den Eherustern Die “aupefeinde der Amer. Ein
bartifcher Gau, die Wiartiaten (bei Wiesbaden), unterwarf fid) fon
früb den Aömern und wurde vollftändig romanifiert. Begen die
anderen Chatten hatten jedody die Mömer fortwährend zu Bämpfen,
bie es dem vielgefchmähten aifer Domirian gelang, die römifihe
Die Voryei. 1
Grenze vorzufcpieben und dauernd zu fichern. Yun wurde das untere
Wainthal in die eSmifdye Grenzlinie eingegogen und ebenfo das
gefamte Yledargebiet. Dem Domitian ift wohl die erfle Anlage des
tömifdyen Limes oder Pfablgrabens zuyufehreiben, der dann von feinen
Ylacdfolgern weiter ausgebaut wurde und fr das Schichfal des deutfchen
Volkes von auferordentlicer Bedeutung war. An Diefer römifchen
Grenzlinie wourde der Brenzverkehr fdharf überwacht und. den Germanen
die bewaffnete Ueberfchreitung der Grenze verwehrt. Die Folge davon
war, dafı die Bewegung der germanifihen Stämme zum Steben gebracht
wurde. Bei der Vermehrung der Bevölferung und zugleich bei der
Unmöglichkeit, weitere Weidepläge für das Vieh zu gewinnen, wurden
die Weftgermanen gesungen, von der faft ausfibließlichen Viebzudhr
zum Aderbau übersugeben und damit auch zu einem feßbafteren Leben.
Ylur ungern mochte fich der fähmweifende Bermane dazu verfiehen, Diefen
Uebergang vom YTomadenleben zum Bauern zu machen, doch die YIor
mabm ibn in eine harte, aber um fo nnlidere Schule. Erf jene,
feitdem er feßbafter Adterbauer geworden war, Bonnte er Die ziilifarorifähen
Elemente in ficb aufnehmen und verarbeiten‘).
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2. Rapitel,
Die Romanifierung der Rheinlande.
ulmerbaib des Limes Eonnte die römifche
Rulcur Wurzel fafen, erftarken und ich
auebreiten, nur wenig in ihrer Entwoichelung
| gebemimt Durch zeitweilige Aufftände und
Briege. Es gebört zu den größten
Aubmesthaten des römifchen Volkes, die
nörblichen Länder Europas in den Bann
Breis ihrer Rulcur gesogen zu haben. Wohl
floffen 'bei der Zroberung Balliens und
Germaniens Ströme Blutes, viel ungerechte
Bewaltehar gefeyab, allein, mag man den.
Brieg noch fo fehr verdammen, er it ein
ganz unentbehrlicher Gakror, um die Zivilifarion auszubehnen. Zum Teil
gegen ihren Willen find die Römer gezwungen worden, unaufbörlich die
Briegefahne zu fehwwingen, ein Land mad) dem anderen zu erobern; fie
haben gemiß manche fehßne Blüte geknicht, die Freiheit vieler Orte
gebrochen, fie haben aber andererfeits audy den durch innere Kriege
versofifteren und durch Parteileidenfchafe zerrlitteren Ländern des Wiirtel-
meeres Ordnung und Sicyerheit zurückgegeben. Das rSmifche Raiferrum
bat fd) durch viele Srevelthaten befledt, die ungebeuerlichften Lafter
durften die “erefcher unbeftraft verüben, weil das Berußtfein ihrer
Börtlichbeit und das Uebermaß ihrer Wacht ihre Sinne umnebelten,
doch die Alleinberrfcyaft war der damaligen YVelt unentbehrlich und
gereichte ihr zum Segen. Unter dem machtvollen Scepter der Cifaren
in Rom genoß die damalige Aulturwelt eine verhältnismäßig lange Zeit
2 2 Bapid
der Nube und eines befriedigen Dafeins. Ylicht das Genie eines
Wienfeben verbüirgee Diefen glüchfeligen Zuftand, fondern der wunderbare
Organismus der römifcben Verwaltung, eine Srucht des römifcben Geiftes.
Die Wenfdyen in den Provinzen wurden wenig davon berührt,
wenn in Rom durch biutige Palaftrevolutionen ein Raifer geftürge und
ein anderer erhoben wurde; der Bang der Vermaltung erlitt dadurch
keine Unterbrechung. Das: Lebeneibeal- des anciten Mienfehen wurde
damals in den zwei erften Jahrhunderten unferer Zeitrechnung annähernd
erreiche. Durch eigene Rraft fuchre man die Bllchfeligfeit zu erringen,
und diefe Blüchfeligteit beruhte auf dem Glauben, daß die lebel diefer
Welt dem Weifen, der dur) das Wiffen zur Krfennenis des Guten
und BSfen gelange war, wefenfos fein. Im römifchen WOeltreich waren
num fo viele Völker, die fich einft erbietert befämpft hatten, unter einer
‚erefcbaft friedlich geeinigt. Be fand ein Affimilsrionsprogeß fiat, die
nationalen Begenfäge vermifchten fich, ein VWeltbürgertum bildete fich
aus, das durch die Lehren der Pbilofopben eine böbere Weibe fand.
Zange bevor das Cbriftenum feinen Einfluß auf die Lebensanftbauung
auslibte, verfümderen die Pbilofopben die bobe Lehre, daß alle Wenfeben
Brüder feien.
Die neueren Befbichtfehreiber baben oft genug die Zeit des römifchen
Raiferrums als eine Periode des tiefjten Sierenverfalls und der entfelichften
moralifcyen Säulnis gefähildert. Allein man darf auf die Alagen der
Wioralpbilofopben und den Spore der Satiriter nichr allsugroßes Bewwicht
degen. Wobl mag die vornehme Gefellfeyaft in Nom fitrlich verderben
geiwefen fein, indes berweifen zu viele umanfechebare Zeugniffe, daß, zumal
in den Provinzen, im ganzen gefunde Zuftände berrfchten. Die Lafter,
füge Seneca richtig, find nicht ‚den Zeiten eigentümlich, fondern den
Wienfchen; fein Zeitalter ift von Schuld frei gewefen. Und Warc Aurel,
der Philofopb auf’dem Thron, erfreute fich der Vorzüge feiner Zeirgenoffen.
Trog mancher Arten des römifcben Charakters, wie die Sreude an
biutigen Tier und Wienfebenbenen, ihre Braufamfeir gegen unterworfen
Völker, begann doch das Zumanitdreibeal ih mehr und mehr zu ver
wirklichen.
Ss ift ein großer Rubmestitel des Römertums, daß es in unabläfjiger
Arbeit das Heich der Sieilifariin auedehnte, und einen nicht geringen
Anteil an diefer ultrarbeit haben die eömifchen Legionen gehabt; fie
waren in den balbbarberifchen und in den barbarifdhen Ländern die
Pie Nomanifirung der Nheinlande. 25
Träger einer höheren Rulrur. Ylue eömifde Dinger durften in den
Zegionen dienen. Aus den Provingialen und den mir Rom verbünderen
femden Völkern bildere man die Aupilisctruppen, die mir den Legionen
tombiniere wurden. Auch in ihnen berefchee eömifcher Beift und römifche
Disziplin. Der Legionar war kein gemeiner Soldat im heutigen Sinne‘).
Will man feine Stellung und feine Bedeutung für die Unterwerfüng
md Kultivierung eroberter Länder fidh vergegenimärrigen, fo muß man
erosa die englifäyen Molonieen und ihre Verwaltung zur Vergleichung
berangieben. Wie in Tindien auf einen englifchen Soldaten zehn Ein
geborene Fommen, wie dort der englifihe Soldat den Tindiern gegenüber
die höhere europifche Rulrur vertritt, fo war der römifche Soldat in
den Barbarenländern auch den tapferften tEingeborenen weit überlegen;
und der Segionar diente nicht nur als Mrieger, fondern auch ale Der-
breiter einer höheren Bultur. Teder römifche Soldat batte wie der
englifäje in Indien feine Bedienung, fo daß die Zabl der Yliche
tombarcanten die des felbtlichtigen “eeres bei weitem überftieg. Er ver-
fand forwohl die Ariegstunjt ale auch die Rünfte des Griedens, er war
Biegelbrenner und !brrelbereiter, W lauter und Zimmermann, die
Eenrurionen Ingenieure und Arhiteften. iefe wurden auch oft in der
Bivilverwoaltung verwender, und auch noch in fpäter Zeit bewoeifen fie das
‚organifatorifche Befchick, das dem Nömer von jeher innewobnte.
Die römifcyen “eere begleiteten Raufleute, die id Kühn bis in die
gefährlichften Begenden wagten und den Seldberren oft als Runbfehafter
dienten; ferner Steinmegen und +andwerker aller er, Alınftier u. f. w.
Denn ber Aömer mochte auch in den Barbarenländern des
Zurus nicht gerne entbehren. Sobald einmal die Sicherheit bergeftelit
war, entftanden Zupusbauten in den aufblühenden Städten und prächtig
ausgefchmichte Landhäufer.
Wo auch immer der Römer feten Fuß faßte, verbreitete fich feine
Stödeefultur, Inden er teils Städte neu anlegte, teils fon beftebende
Orefdpaften in Städte ummandelee. Jaft jedes römifche Lager oder
Caftrum, das längere Zeit beftand, erwuche im Laufe der Zeit zur Stadt.
Die erfte Nufgabe bei der Decupierung eines fremden Landes war
die Aerftellung eines Sreaßennenes. Wan benugte bierfür meift die durch
Die Ylatır gegebenen Lürzeften Verbindungslinien, die fdyon von den
ingeborenen begangen worden waren. Die wichrigften Zauprpuntte
wurden verbunden ımb die Strafe in möglichft gerader Linie gefübre,
2 2. Bapirel,
unbekimmert um das Terrain, über Berg und Thal, durch Wälder und
Sümpfe. Die römifchen Ingenieure verftanden es, den Straf
in beinabe unverwüftlicher WDeife berzuftellen. Dann wurden die firaregifch
wichtigften Punfte durch Anlegung von Kaftellen gefichere. War das
gefebeben, fo konnte fich das propinzielle Leben entfalten; es entftanden
aus den Kaftellen Städte, die Wälder wurden gelichter, die Stunpfe
gerrocdner, die Aecher in intenfiven Anbau genommen, Garten: und
Wiefentultur biühten auf, die Weineben grünen an den fonnigen
Bergtehnen und von den Zöhen febimmerten die fäulengerragenen Villen.
Die Broberung und Nomanifierung der Abeinlande war für die
Asmer wie fir die Bermanen von weittragender Bedeuung. Dadurch
wurde der Deflg von Gallien erft recht geficher und die Bermanen der
Schule und Zucht der Mulrur unterworfen. Die geograpbifche
Befchaffenbeit des Aheinthales hat ihm vor allen anderen Slußchälen
des ontinents eine bervorragende Wichtigkeit für den Verkehr und
die Verbreitung der Mulcur verlichen‘). Die Aheinebene ift entftanden
durch Abfenkung zwoifchen den heutigen Randgebirgen zu Beginn der
Diluviakgeit; damals ift der MAhein in die breite Spalte eingebrochen;
indem ex fein Waffer ftaute, bildete er einen weiten See, deffen Ufer der
Schwarzwald und die Vogefen waren. Diefer See Ponnte feinen
Abfluß erft dann finden, ale er, eine Spalte benunend, das Abein-
febiefergebirge Durchnagte. Als der See ausgelaufen war, blieb ein
meilenbreiter, fümpfteicher, vwlfter Slußgraben. Die sabllofen Tnfeln
‚ober Werber im Abein waren von jeher Sde Sandbinte, bis in die
Vleugeit, bevor durch das erftarfte neue deutfihe Reich die große Fluß:
Borrektion durchgeführt wurde”), ein Spiel der wilden Bewäffer des
Stromes. Demgemäß war er vorerft wenig geeignet zur friedlichen
Bommunitation der auf beiden Seiten wohnenden iienfehen; der Ackerbau
und die Anfiedelung rückten nirgends dicht an feine Ufer vor. Die frucht:
barften Strecken des Thalbodens find und waren in einiger Lntfernung
vom Aheinberte längs des Sußeo der beiberfeitigen Gebirge. +sier war das
Land für den Acerbau befondere geeignet. Jaier waren die [hönften Wein-
gelände und Obfigärten, bier für die Städte und Dörfer Sicherheit vor
Üeberflurung. Da, wo das Hochgeftade fich fiber die Lliederung erhebt,
finden wir dasfelbe befent von Yliederlaffungen uralten Urfprungs, _ Auf
folchen Spigen des Jochgeftades fiehen Speier, Worms u. f. m. An den
fruchtbaren Bebängen der Berge und auf der erhöhten Ebene des Ahein-
Die Komaniflerung der Nheinlande. 25
tbales ennwictelten fich die Anfänge der Kultur, die, wie wir gefehen haben,
in die dunkle Urzeit zurlichteicht. Lange vor der Ankunft der Römer
wurde der Boden von vielen raufenden fleifigen Anden bearbeitet und
war er überfär mit Dörfern, namentlich dicht auf dem linken Abeinufer,
in der Pfals und in Abeinbeffen”). Den Beweis für diefe Behauptung
leiften die in den legten Tabrsehnten fo bäufig gemachten Bodenfunde,
die in den Wiufeen von Speier, Worms, Darmtade, Mainz u. f. w.
aufbewahrt werden. Wefentlid aus militdrifchen Aückfichten bat
I. Cifar die Triboßer, Ylemeter und Vangionen und fpsrer Agrippa
Die Ubier auf dem linken Rheinufer angefledele. Bine Vernichtung oder
Vertreibung der alten Bevölkerung wurde Baum beabftchrigt; fie blieb im
Befln ihres Bodens und arbeitete nadı wie vor. ie neuen Anflebler,
deren Zabl Baum groß gewefen fein woicd, find wabrfcheintich an beftimmten
Punfren Eongentriert worden, um ihre neue Aufgabe der Verteidigung
des Landes gegen die Bermanen beffer erfüllen zu Lönnen. BDiefe
germanifchen Völterfchaften erhielten eine Organifarion, die der gallifdhen
entiehnt war. Gie wurden in Baue eingeordnet mir einem Vorort. Jaier
errichtete man aledann ein römifches Lager, und aus dem Vorort erwuche
allmählich durdy Verfehmelsung der verfchiedenen Bevölkerungselemente
eine römifce Stadt. Die mehr oder weniger gänfige neographifibe
Lage eines foldhen Ortes bedingte deffen Bedeurung und Entroichelung.
Böln gewinnt feit feiner Gelmdung eine ganz befonders. hervor
tagende Stellung"). Agrippa batte im Jahre 38 v. Chr. die Übier in
diefer Gegend angefiedelt; bier errichtere dann Drufüs ein Lager für
zuvel Legionen. Claubius gab dem Orte die Rechte einer Rolonie, die zu
Ehren feiner dort geborenen Bemablin Ageippins Colonia Claudia Ara
Agrippinensis genannt wurde ober meift abgekürzt Colonia Agrippinensium.
Die Legionen wurden nach dem Caftrum bei Bonn verlegt, und die
germanifchen und römifcben Bewwobner von Röln übernahmen nun felbft
die Verteidigung ihrer Stade, welche Ducch eine Bricte mir dem gegen-
den. befeftigten Divitia oder Deug verbunden war. Yroch find
viele Refte der römifchen Stadtmauer zu feben, in lenter Zeit foldhe ganz
in der Ylähe des Doms aufgededft worden, und zahlreiche Trümmer,
Grabdentmäler, Infehriften, Skulpturen, Geräte aller Art, Bläfer, Thon-
‚gefehirre ıc. zeugen von der einftigen lite römifcher Aulcur.
Beinahe nody wichtiger als Köln, wenigftene in militkrifcher “in:
fit, war Wiains am Abein, gegenüber dem Ausfluß des Maine, das
4. Den, Die Auer Der iin au .
73 2. Rapfel,
Abein- und Wiainthal weithin beberrfchend. Bevor bier Drufus das
erfte ftehende Winterlager errichtere, eriftierte bereits eine größere Beltifche
Anfiedelung, die Moguntiacum bieß, fei es nach drm lang
gallifchen Bor Mogo, fei es nady einem Perfonennamen Wogontius”).
Die Seftung war eine der größten und färkften am Abeine und ber
berbergte sei Legionen, alfo, wenn man die Aupiliartruppen surechner,
eirca 20000 Wann. +ier wurde von den Soldaten dem teliebten Selb;
deren Drufus ein Denkmal errichtet, deffen Ueberrefte in den Urkunden
mit dem YTamen Drufilet bezeichnet, vom Volte aber Eigeljtein genannt
wourden. Yloch heute ragt die Begelförmige Auine auf der Litsdelle
empor. Alljäbrli wurde vor diefem Denkmal eine Leicenparade
abgebalten. Linweit davon wurde dem Bohne dee Drufiis, Germanicus
(@eft. 19 n. Ebr.), ein Ehrenbogen mie Infebrift errichrer. Das Srefte
der uns erhaltenen Brabdenfmäler ift der Stein des Praefectus fabrum
Perronius Afellio, der unter Tiberins diente. Drufüs bar wahrfebeinlich
febon das gegenüberliegende Ufer duch Anlage von KExdmwerten gefichert.
Aber erft nad) der Broberung des Taunuslandes wurde auf dem rechten
Ufer das Castellum Mattiacum gebaut und eine fefte Brüche über den
'Abein gefeblagen"”), deren Hichenpfähle bei Belegenbeit des Brückenbaues
im Jahre 1880 geboben worden find. Ein Pfeiler der alten römifcben
Abeinbrüce ift aus diefem Waterial refonftruiere und im Jofe des erz:
bifdöflichen Schloffes in Mainz aufgeftellt. Auf dem Pfablroft war
der Pfeiler aufgemauert und über Die fteinernen Pfeiler if die bölgerne
Brückenbabn. Diefes großartige Wert wurde, wie bie Sundftüde
bemeifen, von der XIV. und XXII. Legion sur Zeit des Domitians
gebaut, um das Tahr 89 n. Chr. Die Brüde mußte jedoch, als im
3. Tabrhundere die germanifden Stämme der Alamannen und Sranten
ibre verheerenden Einfälle in das römifche Gebiet begannen, zeitweife
abgebrochen werden, und jie wurde dann unter Dioklerian erneuert. Tim
Parifer Wünztabinett wird ein in Lyon gefundenes Dleimedaillon auf:
bewahrt, das die beiden Raifer Diokletian und Wariminian, auf ihren
‚Thronen finend, darftelt, wie fie die Juldigung Untermorfener entgegen:
nehmen, mit der Tnfebrift: Saeculi Felicitas. Unten ift linke mie
Türmen und Thoren Wiains= Moguntiacum, rechts aftel= Castelflum)
zu feben, dazwoifchen der Suß: Mluvius) Rhenus und über dem giuffe
die Brücte mit drei fleinernen Runbbogen, die :Sabrbahn durch eine
Baluftrade gefhhlr. Ueber die Brüche führen unter Vorantritt eines
Die Nomaniferung der Aheinlande 27
Heinen Bnaben wori Benien den Baifer“). Yady Valentinian feine
fie serfißer worden zu fein.
Hier in Mainz refidierre der Statthalter von Öbergermanien, bier
war aud) der Sig der Verwaltung mir zahlreichen Beamten. Außerhalb
des Castrum, doch unter feinem Schune, fiedelte fich der zum Geere
gehörende Troß an: Wiarterender, Baufleure, Asandıwerker, Weiber. Die
gur Keferve entlajfenen Soldaten (dlugen ebenfalls dafelbft ihren YOobnfiz
auf und verbeirateren ji mir eingeborenen Srauen. Sie nannten fich
im Gegenfag zu den Ziviliften Vereranen. Verabfehieder erhielten fie
anfangs Land angerwiefen, fpdter wurden fie mit Beld abgelohnt und
blieben dann meift da, wo fie Den größten Teil ihres Lebens zugebracht
hatten. Someit die Bewohner Diefes Vorortes römifches Bürgerrecht
befaßten, bilberen fie eine gefehloffene Rorporarion mir einer Verfaffung,
Die derjenigen der Wlunizipien nachgebildet war. In der Solbatenfprache
bießen fie Canabenses, was man mit Barackenberoobner fiberfezen Kann“),
‚offiziell dagegen Veterani et cives Romani oder kurs audy cives Romani.
Dis zur Zeit Diokleriane Idßr fi für Wiains die Morporarion der
wömifchen Blirger nachmweifen, deren Vorftand nach einer Infebrift vom
Jahre 198 Curator eivium Romanorum bief. Daneben befland aber
Die alte einheimifcye Bemeinde fort. Sie bieß Vicus, die Kinmwohner
Vicani Moguntiscenses. Als die Bevölkerung wuche, entflanden neue
Quartiere oder Vici, deren man in Wiain nach den Infehriften vier
fennt, die zufammen eine Ortsgemeinde ausmachen. An ihrer Spine
ftand der Curator vici, daneben Kommt der Dudftor, der Abtor vor,
auch Aedilen (die Polizeibehörde) werden niche gefehlt haben. Die
Eroberung der Taumusgegend und des Ylecargebieres, forwie die Anı
egung des Limes gewährleiftete der Bemeinde Sicherheit und wachfenden
Verkehr. rft umter Diokierian, nach 293, erlangte Wlainz Stadtrecht
und wird von nun an Civitas genannt. it einer gewiffen Wahr
fbeinticjteit darf man dem Raifer Probus die Ehre erweifen, daß er
Wlainz zur Stadt erboben bat, er, der ja mit ftarker hand die römifche
Yersfchaft am Ahein gegen die Angeiffe der Germanen fcyiemee.
Yolhrend Wainz hauptfächlich als große Setung Bedeutung batte,
fo erhoben fich andere Orte noch vor ihın zur ftädrifchen Blüre. Das
Dekumatenland, jener Grensfiri am Oberrhein von Bafel bis zum
Year, ift ext dundy Defpaflan dem römifchen Beiche gewonnen worden.
Vorber arten die Mömer diefes Land wüftgelege, um die Bermanen
28 2. Bapi.
vom Rheine abzuhalten. Ver von den Ballieen, fagt Tacitus, Germ. 29,
den leichteften Wue und jene Rühnbeit befeffen habe, den die Armur
verleiht, der babe fid) Beflg in dem zweifelhaften Bebier erworben.
Später it diefes Bebier nach Antegung dee Limes idherer Befiz der
Aömer geworden. Um das Tahr 74 wurde unter Vefpaflan von dem
faiferlichen Legaten eine mit Wieilenfteinen bezeichnete Strafe gebaut,
welche die Verbindung zwifchen Straßburg und dem Schwarswald
berftellte, um das Jahr 500 baute Trajan eine andere Straße, bie von
Wainz Über Worms, Ladenburg am Yleddar nad) dem Süden führte”).
In diefer Zeit wurde auch die definitie Organifarion der theinifihen
Witiefegrenge durcbgeführe, indem fie, die bisher der Zivilverwaltung
der Provinz Belgien unterftanden batte, nun offiziell in zwei felbftändige
Provinzen, Germania superior und Germania inferior, gegliedert wurde,
deren Grensfcheide der Vinptbach war, gegenüber von Abeinbrobl, da,
mo auf dem rechten Ufer der Limes endigte. Diefer Vinstbady fhied
auch die beiden rzbisrhmer Trier und Röln.
Die auf dem cechten Abeinufer ich bildenden Volkegemeinden
wurden nun nach römifdyer Art organifiert. Es werden genannc: die
Civitas Aurelia Aquensis mit dem Vorort Aquae, das heutige Baden-
Baden; Saltus Sumolicena, das beurige Rottenburg am YIechar; die nicht
näher zu beftimmenden Civitas S. T., die Civitas Alisinensis, die Civitas
Taunensium, die Civitas Mattiacorum mit dem Vorort Aquae Mattiacae,
das heutige Wiesbaden, und die Civitss Ulpia Sueborum Nicrenum”)
mit dem Vorort Lopodunum, das beurige Ladenburg.
Die Römer achteten die biftorifeben und territorialen Verbälmiffe
der von ihnen unterworfenen Völker, forweit fi dies mit der Sicherbeit
des Neiches vereinigen ließ. Die ganze Völkerfchaft oder Civitas wurde
als eine adminiftraive ZBinbeit aufgefaßt und von einem Zentralpuntt
aus verwalter, der dadurch zum ssauptort der Völkerfchaft wurde.
Infolge davon vercaufebre diefer Sauprort feinen früberen Lokalnamen
mit dem Yramen der betreffenden Völkerfhaft, in deren Gebier er lag;
über im Volfemund erhielt fich wohl immer neben dem offisiellen Yramen
der alte im Bebrauce fort, und als die römifche “errfchaft ihr Ende
erreichte, erlangte der frühere YTame wieder die Oberband, während der
Völterfcpaftename verfhprsand. Lopodunum'“) war offenbar fäyon zur
teltifehen Zeit ein Vice gewefen, d. b. eine mit Landbefig ausgeftatrere,
‚offene Orefchaft, deren Bersohner, die Vicani, eine Forporative Verfaffung
Die Nomaniferung der Nheinlande. Pr
befaßien“). Die Verhäleniffe werden fich nicht allsufebr verändert baben,
nachdem Die Bermanen die Vieckargegend occupierten. Tin Tnfehriften
werden jie als Vleckarflieven bezeichnet; fie waren aber wohl Stamm
verwandte der auf’ dem linken Ufer figenden Vangionen. Unter Trajan
untertoorfen, wurden fie zu einer Civitas orgahiflert, deren Vorort eben
Lopodunum war. Sablreiche Funde zeugen von der einftigen Blüte
diefer Stadt. Den Grundftoc® der Bewohner bilderen bier wie überall
im römifdyen Reich die Brundbefiner, die zeiweife auf ihren Landhäufern
wohnten, fonft aber ihr Domizil in der Stadt harten. Die Kaufleute,
welche mur zuweilen“ in der Star wohnten, nahmen eine befondere
Hecbreftellung ein. In der Stadt lag eine Garnifon, die von der
XXI. Legion detachiert war. Die einbeimifche Bevölkerung wurde
wohl bald ganz romanifiert und Iebte bier fort, audy dann, als das
echtsrheinifche Bermanien fehon lÄngft den Römern entriffen war.
Zu Ladenburg fiand Worms während des YWittelalters in enger
Beziehung. Die Gefebichten beider Sehdre in römifiher Zeit Bären fich
gegenfeitig auf. VWsms it durd) die Ylatur zu einem bervorragenden
Wirrelpuntt des Verkebro beflimme worden. Das “ochgeftade tritr bier
nahezu an den bein. Zwei langgeftreckte Slußthäler, des Sisbaches
und der Pfrimm, vereinigen fich bier. Auf dem zwifchen ihnen befind-
lichen Aüchen erhebt fid) Worms, die Abeinebene beberrfehend. Die
fruchtbare nördlice Pfalz bilder das wirtfchaftliche <interland der
Stadt, nach weldyer fid) der ganze Verkehr der Gegend binziebt; das
weniger fruchtbare Ried auf dem rechten Rheinufer liefert billige Arbeits-
Erdfie. Der Ahein war und if nod) fent eine Aauptverfehreftraße fir
Worms; über den Ahein Ereust eine uralte Straße, die das Viecfarhal
mit dem Abeinchal verbinder. Die Ehroniften des Wicrelalters Lnnen
nicht genug die Fruchtbarkeit der Wormfer Landfchaft rühmen, fie war
ein wabrbaftiger „Wonnegeu“, „Bieneil alles, was der Wienfh zur
Erhaltung des Lebens von nöten hat, durdy Botres Segen in diefem
Revier häufig zu befommen ift, vornämlich an gutem Wein und fäySnem
Getreide; denn Wonne bedeuret in unferer Sprache Luft, Sreube und
Fülle.“ Daber bitten die alten deutfchen Poeten die Urfache genommen,
fo viel vom Bofengarten bei Worms zu fingen”). Peter Zamann in
der Anmerkung zu feiner Stisge der Wormfer Umgegend”) weilt mit
berechrigtem Stolz auf die herzliche Lage der Stadt bin; 508 Städtchen,
Slecfen und Dörfer liegen um fie, die alle dahin zu Warkte Eommen.
30 2. Bapie
Seth fbon haben fich hier die Wienfeben niedergelaffen. Diefer Ort
bat, mag er auch noch fo oft von feindlichen Völßern gepländert, ver:
brannt und zerftört worden fein, alle Schickfalsfchläge ftets überwunden
und fi) immer wieder von neuem zur Blüte erhoben. Ylie haben die
Wormfer felbft in den fchickfalfhwerften Jahren den Wiur verloren und
Die Arme verdroffen finden laffen.
Der Ylame Worms”) geböer unftreitig der. Felfdyen Spradye an.
Prolomäus in feinem Zandbudy der Beograpbie aue der-Beit des Railere
Anroninus Pius um die Wirte des 2. Jahrhunderts nenne Worms Boppreieere,
im Tinerarium Antonini (3. Jahrhundert) Borbitomagus, in der Tabula
Peutingeriana Borgetomagus, wobei offenbar ein Schreibfehler anyı-
nehmen ift; in_der Tnfhrift von Tongern aus dem 3. Jahrhundert
(Borb)ITOMAG. Der zweite Beftanbdeeil, magus, kommt bäufig in
gallifchen Ortsnamen vor, wie 3. B. Noviomagus, Juliomagus ıc. und
bedeutet Seid; den erften Teil, Borbeto, leiten die Renner der Eelrifcyen
Spradye von Borveto ab, dem Yiamen des Badyes, der nörblich von
Worms in den Abein münder und jest Pfrimm beißt. Beim Geo:
grapbus Kavennas erfcheine die Ylamensform Gormetia, in der yweiten
Begenfion der Notitia Galliarum aus dem 6. oder 7. Jahrhundert
Warmatia, in dem Verzeichnis des. Parifer Konzils vom Tabre 614
Uuarnacia”), in den älteften lateinifchen Urkunden Uuormatia und in
den älreften beurfchen Wormeze, Wormize und Wormze, im Ylibelungen:
lied Wormez, Wormze, Wormz.
I. Eäfar hatte die Vangionen am Oberrhein angefledelt, die fortan
als Aupilisrtruppen im vömifchen 4eere dienten. Eäfar führte fie
49 v. Ehr. zum Rampfe gegen Pompejus nad) Tralien, und ihrer
denkt der Dichter Lucanus: „Und Vangionen, Die dich Sarmare
durch weite Jofen nachabmen“*). fo unterfebieden id) die Dangionen
damals dur) ihre weiten ‚ofen von den Galliern, die enganliegende
wrugen. Tacime bar mehrfachen Anlaß, ibrer zu gedenken. Yricht nur
bieten fie am Abeine getreue Wacht; im Tabre 50 n. Chr. führte der
Legar P. Pomponius Secundus die Vangionen und YIemeter nebft
bumdesgenöffifchen Reitern Über den Rhein gegen die vÄuberifchen Chatten
und brachte den Ienteren eine Kliederlage: bei”); fondern auch außerhalb
ihrer Geimat waren fie im Dienfte Roms thätig; eine Cohors I. Van-
gionum fiand in Britannien am Grenzwall bei Chefler Grenswacht, und
felbft unter dem zur Baiferlichen Barde gebörigen Reitercorps in Rom,
Die Komaniferung der Aheinlande 3
den Equites singulares, das, weil fi diefe Truppe haupefächlich aus
den Batavern retrutierte, als Batavi oder Germani bezeichnet wurde, finden
wir Vertreter der drei germanifchpen Stämme. in einer vor zchn
Jahren in Rom gefundenen Tinfchrift aus dem 2. Jahrhundert wird
ls Stifter eines Dotiofteines ein eivis Nemens, d. b. ein aus der Volks:
gemeinde der VTemeter ftammender Wann, genannt, in einer anderen
Tnfebrift vom Tabre 147 ein WI: Antonius Ylicer und P. Aelins Vangio,
fo Leute aus der Yieckarı und Wormegegend, in einer driten Urkunde
vom TJahre 128 ein Tribocus Cl. Ara, d. b. ein Tribofer aus dem Unter:
elfaß, dem als Veteran Köln zum Wohnfig angewiefen wurde*). Lrur
einmal wantten fie in ihrer Treue, als Claubiue Civilis feine Landeleure,
die Bataver, zum Aufftand gegen den Kaifer Virellius verleitere. Die
Treirer glaubten, mit Rom fei eo su Ende, und proflamierten das
gallifcbe Reich, worauf die römifchen Begionen am Abein Bapitulierten.
Aber der neue Maifer Vefpaflan fiellte bald die Brönung wieder ber,
und auch die Vangionen Eehrren wieder zum Beborfam zurüct. Von
da an hören wir von feiner felbftändigen Willensdußerung der Dangionen
mebr. war berichter ein Panegyrikus, daß im Tabre 310 Ronflantin
der Brofie über Cherusker, Dangionen, Alamannen, Tubanten einen Sieg
errungen babe”), aber bier liegt geroiß ein Term vor.
Sehr wahrfcheinlich verwuchs diefe Eleine germanifche Völkerfchaft
rafch mit der einheimifchen Bevölkerung und leiftete mit ibr der Romani-
fierung Beinen Widerftand. In welcher Weife ibre YTiederlaffing erfolgte,
wiffen wir nicht, fie erhielt wohl Land angemiefen und ließ fi) mitten
unter den alten Bewohnern in Worms nieder. Meinesfälls wurde die
alte teltifhye Orregemeinde Borbitomagus von ihnen vernichter. Einen
Beleg hierfür Hiefern die Bodenfimde. Im Tabre 1890 find am Schild
weg im Gebier der &epPfihen Sabrit Brandgräber aufgedee worden,
die, vwoie die Befäßformen berweifen, der erften Raiferzeit angehören.
Unter den Thongefäßen fand fi eines mit Ornamenten verziert, die
fomoht auf Gefäßen der Spär-La-Töne-Beit, als auch bei frübrSmifihen
vorkommen. Alfo bar.die alcheimifebe Töpfer -Induftrie forrgedauert, als
die Vangionen fid) bier niederließen”). ie bilderen eine Baugemeinde,
deren Vorott der Vieus Borbitomagus war. Aus diefem Vicus und
dem römifchen Castrum entftand die Civitas Vangionum.
Die aus römifchen Lagern (Castra) bervorgegangenen Städte Eenn-
zeichmen fi) durch ihre einem länglichen Rechredt nabefommende Sorm
32 2. Bapiel,
und durch die rechrwinklig fidh fehneidenden Straßen. Auch für Worms
trifft Dies zu, obgleich es bis jene noch nichr gelungen ift, Ueberrefte de
Eaftrums aufiudedfen. Da erfahrungsgemäß die Bachedralticchen vielfach
auf der Stelle, wo einft das Caftrum geftanden hatte, gebaut worden
find, fo werden wir faum irce geben, wenn wir diefes Caftrum in der
Yiähe des Doms beim Luginsland fuchen, da, wo die böchfte Erhöhung
deo Bodens ift. Die frategifche Lage von Worme war bedeutend genug,
daß man diefen Orr durd) eine fländige Barnifon, wenn diefe auch nur
Hein war, zu dee winfbte. Yun wurden in Worms bis jene
14 Ziegelfteine gefunden, welche den Stempel der XXI. Legion aufı
weifen, woraus man auf die Anwefenbeit einer Abteilung diefer Legion
im Caftrum Worms gefcloffen bat.
Von biefen Ziegen tragen einige den Täpfernamen Julius Primus,
der auch auf Ziegen in YWains, Söchft, Saalburg, Yebdernbeim ıc.
vorommmt. Durch neuere feharffinnige Unterfuchungen wiffen wir fent,
daß eo große Zentralziegeleien gab, die ihre Produkte an die verfebiedenen
Baftelle verfandten”). Die mit einem Legionenftempel verfehenen Stempel
bemeifen alfo Beineswege immer, daß in dem Örte, wo die Legionen-
siegel gefunden worden find, auch wirklich die betreffende Legion
besiebungevoeife ein Detachemene von ihr garnifoniere habe. Sir Worms
wird die Frage, ob Soldaten der XXI. Legion im dortigen Lager
geftanden baben, durch das Fehlen der Grabfteine von Soldaten diefer
Legion verneine®), während Brabjteine von Soldaten aus anderen
Truppenteilen genug vorkommen. 1883 wurde an der Schillerftrafe
der Denkftein des Aurelius Diyga gefunden, der Custos armorum der
sweiten Parthifcben Legion war, die vom Raifer Septimius Severus
(193 bie 211) errichtet wurde; fie batre ibr Srandquartier in Tealien,
alfo beweift diefer Stein nichts für das Vorkommen diefer Legion am
‚bein und ebenfo wenig der Brabftein eines Tribuns der VII. Legion").
ingegen bar die XVI. Legion Spuren ihres Dafeine in Worms hinter:
laffen. Sie fand in der erften Ydlfie des 1. Jahrhunderte in Ober:
germanien, dann wurde fie unter Balba nady Yliedergermanien. verlegt.
‚Woegen ihrer Bereiligung am Aufftande des Elaudius Eivilis vourde fie
von Vefpaflan aufgelöft und als Legio XVI. Bavia neugebilder. Ihr
gebörte der Reiter Gaius Vibins Virilio, Sohn des Gais aus der
Voltinifchen Tribus, an, deffen Grabflein der bumaniftifd gebildete
Bifcpof Johann von Dalberg 1484 in die !Wlauer des Bifdofsbofe in
Die Homaniferung der Abeinlande 33
Worms einmauein ließ. Dies ift die Ältefte der in Worms gefundenen
Infepeiften”).
auptfächlich jedoch garnifonierten in Worms Abteilungen von
Aurilisrtruppen. YOkhrend wenigftens in der erften Zeit des römifchen
Baiferrums die Legionen nur aus eSmifchen Brgern rekrutiert wurden,
(0 mußteri dagegen die Provinzen nidyr nur die gefamte Reiterei, fondern
auch; eine:. große. Anzahl von- Koborten der Infanterie fielen. Teils
waren diefe Truppen nad) eömifcher Xer bervaffner: mir Yelm, Panzer, dem
Cingulum, einem mit Weralibefälägen verzirrten Ledergurt, dem Pilum,
einer WOurflange, dem kurzen Schwerte, bs ’an der rechten Seite getragen
wurde, und dem Dolch, ‚eils behielten fie ihre nationale Bewaffnung,
Bekleidung und Rampfiweife bei, wodurch ‚eine große Wiannigfalrigteit
von Truppengattungen im römifchen Aeere hervorgebracht wurde. Alle
Ylationen und alle Sprachen des römifchen Weltteiches wären im eere
vertreten. Diefe Aupiliaetruppen waren in Bohorten (das’Sufvolt) und in
Alen (bie Heiterei) eingereile, und die einzelnen Roborten und Alen erbielten
ihre Ylamen entweder von ibrer.dzerkunft oder vom Lande, in dem fie fich
ausgezeichnet hatten, oder vom Begiimder bes: berreffendeh Truppenteils.
= ‚Solgende Truppenteile tommen nun ‚in|YDorms: vor:
5. Ala Agripplana, :bezauge durch den Brabftein des Pacrus aus
Trier, des Marius @obn, Das Relief fell einen Heiter Dar,
dem. drei „Sußgänger folgen”).
‚Ala Hispanorurfi, begruge durd) dehi'Brabfkein des Ouincus
‚Earminius"ngennns, ‘$abnenträger.). Er; iR zu Pferde dar
geftelkt, mit dein Signum;-d:hi’dem:beenzeicben. ber Truppe;
unter ıfeinems Pferde: :liegen. 3eoei befingte Bermanen®); ferner
"Durch den. /Denkfteiil deoi-Licmilis,::Sohn -des: Cloffius, aus
elvetien; ‚unter dem. Pfezdeitiegt ein “Bermane®). i
3. Als Indiana, begege” ‘dundhys den‘ Denkfleiit "des. Beiteio
Atgioraltis, Sohn dis: Gmerkukicahun; aus ıbam Brbier: det
35% © Grabe Vlantes an dei LoireioDeE Räitie fine: zu Pferdeiimd
bieder mirider Hinten .dund:dab Pilum®). Diefe Al
hatıe übe, Stumbauserier in @ÖBergermanien;"won wo aus fie
v2 sotum.bası: Fahe‘'43 had” Beirinnienwerfent wurde. In
flavifchen' Zeit gebörteifie zum niedergefinanifchen. "heere und
{ft dann durch ‘adrian. wiederum nach ©bergermanien ver-
* Jegt worden. ı Der Wormfer Stein, gehört der Sclihseir-an”?).
15. Boom, Die Ant Sr ehe an. 1. ‘
»
34 2. Bapitel,
4. Ala Sebosians, begeugt: durd den Denffein des Keisers
Wareus Sempronius, Sohn des Lucius, aus Termes bei
Hrumanria?).
5. Ala I. Scubulorum, beseuge durch die WeiberInfchrift des
ats Baburius Seftue aus der Pomptinifchen Tribus aus
Arrerium (Aresso in reurien), Tribun der VII. Legion,
Präfekt der Ala Sc. Diefe Als wurde im 2. Jahrhundert
nach dern Oriente verlegt”).
$. Cohors Raetorum et Vindelicorum, bezeugt durch einen
verftämmelten Grabftein‘).
7. Cohors Raetorum, begeugt Durch den Brabftein des Deiagenus,
de Siogus Sohn, aus Monerinm in. rien‘).
8: Cohors VII. Breueum, bezeugt durch die Infchrift des
Pröfetren Lucius Oeravins Celer®).
9. Cohors I. Thracum, bezeugt Durch obige Infehrift‘).
Die Dienftzeit der Aupiliarrruppen dauerte 25 Jahre lang, aber
meift blieb der Soldat bis zur Tnvalidirde bei der Truppe. Der Bold
war niche gering, dazu Famen noch Dienftprämien und Gefbente bei
Toronbefteigungen- und fonftigen Sreubenartläffen. Sür das Alter des
Soldaten wurde geforge,' und dem Soldaten aus den Provinzen. bei den
Hilferruppen wurde, fobald. er einige. ZJabre gedient hatte, das römifche
Bürgerrecht verliehen. Bemöbnlich gefcbah dies für eine yanze Anzahl
von Soldaten aus verfapiedenen Iruppenteilen in einer Urkunde. Eine
#Erstafel, welche den Abt der- Verleibung Eundmachte, swurde zur all:
gemeinen Benntnio an dem Winerparempel (feit 86) in Rom angefchlagen.
Der auf diefe Weife: geehrr Soldat erhielt eine beglaubigte Abfehrift
auf’ zwei Krztafeln in der Bröfe eines Ouadratblattes, die durch Drähte
sufammengehalten und an denen.Die Siegel der Zeugen befeftigt waren.
in foldyes Wiliräcdiplom vom 27. Dftober 90, das im Mhein bei
Wainz gefunden wurde, bewabre Das: Paulusmufeum in Worms. Wir
erfahren Daraus, daß 'L.' Japolenus Priscus, ein bekannter Juri, im
Jahre 90 Legat in Obergermanien war und daß Damals Soldaten
folgender “ilferruppen das Zürgerrecht gefebentt erhielten: 'Ala I. Havia
gemina; Ala I. ‚Caninnefattum; Ala I. singularium; ‘Ala Seubulorum;
Cohors I. Aavia Damascenonm milliaria“); Cohors I. Biturigum;
Cohors I. Thracum; Cohors I. Aquitanorum veterana; Cohors I.
‚Asturum; Cohors II. -Aquitanorum; Cohors II. Cyrenaica; Cohors II.
Die Komanikerung der Kheinlande. 35
Raetorum; Cohors Ill. Delmatarum; Cohors III. et III. Aquitanorum;
Cohors II. Vindelicorum; Cohors V. Delmatarum; Cohors VII.
Ractorum®). Diefes Diplom beieber uns, wie bunt sufammengewürfelt
die römifcben Truppen. waren. Die römifchen Bitrger verweichlichten
sufebende und ihre Abneigung gegen den “Ariegedienft war fo febr
erfichelich, daß die Raifer im 2. Jahrhundert gesiwungen waren, auch die
Legionen auo YTichrblirgern zu refrutieren; römifche Bfirger dienten dann
überhaupt nicht mehr im “eere, denn die Soldaten, welche fich Blirger
nenmen, find ja nichts anderes als Provingialen, denen das Biirgerrecht
beim Hintrirt in den Dienft verliehen worden war. Das Satlenlaffen dee
Prinzips der allgemeinen Wehrpflicht it ein Symprom des Vliedergangs des
tömifhjen Ydefens. Die Bebilderen und Die Seädrer entzogen fidh aud) in
den Provinzen dem Kriegedienft, die.Leere erfüllten-fich mehr und mehr
‚mit den ungebildeten und robefterr Elementen der Bevölkerung, und die Folge
war, dafs das Reich der Spielball einer ungesligelren Soldatesta wurde.
Yror für das I. und 2: Tabrbundere ift die Anwefenbeit einer
Barnifon in Worms urkundlich, beseugt. As die gefährlichen Rdmpfe
‚an der Donau ausbrachen, wurden alle verfügbaren Truppen vom Rhein
an die Donau geworfen und die Mbeinsemee fehr vermindert. Wan
begnfigte fi wohl, die „auptfeftungen am Ahein mit fämsachen
Garnifonen zu befegen und baupefächlich den befeftigten Limes gegen
Angriffe der Ylachbarn zu’ ichern, während die früheren Caftra in
Worms; Speier u. f. w. von Truppen ganz entblöfie waren. Erf am
Ende bes 3. Jahrhunderts, nachdem der Limes in die Gewalt der
Vlachbarn gefallen war, wurde das linke Aheinufer wieder in befferen
Verteidigungszujtand gefent. BDiokletian und. Wiariminian werden als
Erbauer von Seftungen genannt. Zur Sicherung der vom Abein nach
Trier, der Refidenz des Cäfars Conftanrius Cblorus und der weftrömifchen
Raifer des 4. Tahrhunderrs, führenden Strafen wurden eine Anzahl
von Stationen befefigt, wie Venmagen, Dieburg, Tunterach, wobei
man fich niche feheute, die Grabmomumente früberer Benerarionen zum
Aufbau der Minen zu profänieren“).. Log die Ylonwenbigkeir vor,
Orte, die fo tief im Innern des Landes fich befanden, zu befeftigen, fo
war dies am Ahein felbft um fo dringender. Laut dem römifchen
Beamtenverzeichnis ($. TJabrbundert) fand unter dem Dur in Mainz
der Präfett der zweiten Alavifchen Schroadron in Worms”). Ans dem
Ende des $. Jahrhunderts befizen wir einen Denkftein eines Wacht
36 2. Bapitel:
foldaten Aureliüe ‚Vapinus“); ferner den Denkjtein eines Panzerreiters
Valerie Waraneius. Das Relief zeigt ihn zu Pferde mit eingelegter
Lanze). Diefes Denkmal gehört ficber der Ienten Zeit der römifchen
%erefähafe am Abein an, denn die Steinmenarbeit dofumentiert den
gänslichen Verfall der bandiwertomäfigen Bunft:
Aufo nur in den Anfängen und am Schluffe der römifchen Serrfehaft
fPielte das miirheifcbe Element eine Rolle inYOorme. Die Bedeurung diefer
Stade liege in ihrer Eigenfehaft als Vorort der Dangionen und ale Jnbuftrier
ftadt. &ier wohnten neben der alten einbeimifcben Bevölkerung die Brund-
befiner der Umgegend, römifchye Raufleute, Rünftler und Yandwerker. Die
tömifche Stadt nahm den größten Teil der beutitsen inneren Stadt ein, fowie
einen großen Teil der Speierer. Dorftadr; fie erfirecßte fid in Sorm einer
Ellipfe von Süöweften nad) LTordojten und barre eine Längenausdebnung
von 1400 m, wäbrend die Breitenausdehnung um die Jdlfte geringer war”).
Die große römifche seerftraße, die dem Abein entlang von Köln
bie Bafel lief, durchfehnirt in ibrem Sfttichen Teile die Stadt Worms;
diefe vömifche vaeerftraße liegt unter der ebemaligen Watbildenftrafe, die
fee Römerftraße beißt; andere Strafen verbanden Worme mir Pfedders:
beim, Alzei und Bingen, dannging eine ins Pfrimmthal, eite andere
über Offitein und Grünftsdt ins $Eisbacb: und Leiningerthel, eine dritte
weftlich mad Dürkheim und Yleuftadt. Diefe Ientere mündere beim
Speirerthor ein, und -die Strafe lief von hier Durd) die fenige Speirer-
firaße über den Fleumarkt und durch die Rämmererftrafe und traf beim
Waingerthor mir der großen “eerfiraße zufammen. Eine Anzahl von
Ouerftraßen find gleichfalls bei Anlap der Banalifarionsarbeiten aufgedecht
worden. Als Refulrat der fpftemarifchen Sorfbungen und zufällige
Sunde ergiebt fich, daß das römifche Srraßenneg von Worms ungefähr
dem mitrelalterlichen, besiehungswoeife dem heutigen entfpricht. Lach der
Befdyaffenbeir diefer Römerftraßen und nach den Sundftlicken Bann man
fie drei Perioden zumeifen. Die Strafen der frühbrömifchen Zeit find
febr folid gebaut, und die gefundenen Münzen find folche des Auguftus.
Die Strafen der mittleren Zeit führen über römifcbe Rulturfehichten,
Gebäuderrümmer ıc.; bier wurden Wünzen fpäterer Zeit gefunden. Die
fpäeömifdyen Straßen find fehe nachläfig gebaur; fie liegen böber ale
die frliberen Straßen und geben meift über Trümmer ssmifcher Gebäude
hinweg; in dem Schutt wurden fpätrömifche Milnzen und Scherben
fpärrömifher Gefäße gefunden. Immer aber hatten die Bewohner das
Die Aomeniferung der Abeinlande. 37
Befteeben, womöglich die Richtung der alten Straßenzhge beizubebalten
und fich wieder auf den alten “ofjtärten anzufiedeln.
Die römifche Stadt erftredite fich vom heutigen Wafferwert im
Süden der Stadt bis zum Mainzerthor; die Ofigrense lief ungefähr von
der Baubofgaffe bis zum Sifhmarkt, und die Weftgrenze fiel ungefähr
mit der mittelalterlichen Stadtmauer zufammen. Der Mittelpunkt der
Stadt lag .alfo erwa beim Pfandhaus an der großen römifdyen soeer-
fraße, denn bier wurde am 7. Dezember 1887 ein römifcher Weilenftein
gefunden, deffen Kage es wabrfcheinlich macht, daß er urfprünglich an
diefer Stelle gefianden hatte. Die aus rotem Sanbdftein bearbeitete runde
Säule Hat mit dem viereckigen Sockel eine Aöhe von 2,08 m, ohne den
Sodel 1,48 m. Der Durchmeffer beträgt oben 0,40, unten 0,43 m. Am
oberen Teil der Säule ftebr die Jnfchrift, deren Buchjtaben fcharf und
segelmäßig eingebauen find und eine Jöbe von 0,065 m haben. Sie lauter:
IMP. C Impferarori) Classari)
P. LICINIO P(ublio) Lieinio
GALLIENO Gallieno
P. F. INVICTO P(io) Ffelici) Invicto
AVG. P-M-TR Aug(usto) P(ontifici) M(aximo) Trübunicie)
POT-PP-COS Poxfestate) Patri Pfatrlae) Constull)
PROCOS. Procons(ull)
cv. Civits) Vfanglonum).
D. b.: Dem Raifer CHfar Publius Licinivo Gallienuo, dem frommen,
glücklichen unbefiegten Auguftus, dem Pontifer Warimus, im Befis der
geibunicifhhen Amtsgewalt, dem Vater des Vaterlandes, dem Ronful
und Proßonful wibmer diefen Stein die Stadt Worms‘).
Diefer Weilenftein it alfo zu Zbren des Baifers Gallienus im
Jahre feiner Thronbefteigung 253, als fein Vater Valerian ihn zum
Mitregenten ernannte, gefent worden.
Am 37. Juli 1885 bat man einen zweiten Meilenftein bei Maria
minfter gefunden, ebenfalls aus zorem Sanbftein gearbeitet, 0,69 m
hoch; der Zufs fehle. Die Tnfehrife lauter:
D-N-GALERIO Domino) N{ostro) Galerio
VALERIO. MA Valerio Ma
XIMIANO ximiano.
NOB-CAES. _ Nobfillissimo) Caesfari)
PRIN. IVV Prinleipi) luv
ENTVTIS. entutis.
VL Clivitas) Vlanglonum) L(euge) 1.
38 2. Bapiel,
D. b.: „Unferem „eren Balerius Valerüs Warimianıs, dem edlen
Cifar, dem Führer der Jugend. Won der Stadt der Vangionen eine
Leuge“®),
Da Gulerius Valerius Werimianus mir Slavins Valerire Conftanius
vom Raifer Dioklerian am I. Wärz 293 zum C4far ernannt worden war,
fo fälle die Serung Diefeo Wieilenfteines in das Jahr 293. Die Entfernung
sweifeben den Sundorten beider Steine beteiigt in der That eine Lege oder
27 Winuten. Laur diefen infebriftlichen Zeugniffen war alfo Worms eine
vömifche Stadtgemeinde, Munieiplum, mit römifdyer Stadrverfaffung, und
die Bürger der Civitas Vangionum befafen das römifche Bürgerrecht.
Der römifche Rultureinfluß war audh bier, wie überall, ftark genug,
um die fettifchen und germanifden Bersohner cafeh, wenigfiens ober:
flächich, zu romanijieren. Die Infcbriften weifen nur römifche Yramens»
formen auf, feine germanifdhen. Römifdye Sitte beberrfäte am Abein
in weit fiärferem Waße ale in der Belgica (m den Wiofelgegenden) alle
Verbälmiffe des Lebens”). Auch bier in Worms entwicelte fich ein
Lokalparriorismus, wie er den rSmifehen Wiunisipien in der guten Zeit
des Raiferreiche eigen war. Wir bejigen hierfür ein böchft wichriges
Zeugnis”), „Eaius Lucius Vicror, GBemeindevertrerer der Stadt der
Vangionen (Decurio c. V.), nachdem er alle HEhrenämter bePleider hatte,
und feine Söhne Vicrorius Slorentinus und Vicrorius Vicrorinus, ließen
aus Liebe zu ihrer Varerftadr- und ihren Ylieblirgern das Thor vollftändig
auf ibre Roften erbauen und machten es zum Befihente.“ Diefe Tnfiheift
fand auf der Außenfeite des Tbores, eine entfprecbende aber auf der
Tnnenfeite. Solche gleicylautenden Doppel-Infchriften find fonft' aud)
bezeugt; fo auf einem Altar des Wierkurs, der bei Wettenbeim an der
Aömerftraße ftand, fo daß forwobl der von Worms Eommende Reifende
als auch der von Wains Eommende die nfchrift Iefen Eonnte®). Das
Thor erhob ji böchftwabrfcheinlic an der Stelle, wo im Wiiceelalter
das Äußere Speierer Thor geitanden hatte. Solcher Römerthore giebt
«s in Deutfchland mehrere woblerbaltene, fo die Porta Nigra in Trier,
die co Lediglich ihrem unverwoüftlichen Omadermauerwerk verdankt, daß
fie nicht wie andere römifche Bauten dem Erdboden gleichgemacht
worden ift. Auch das Shdehor in Trier, deffen Grundmauern vor Burzem
aufgedeckt wurden, muß ein maffiger Bau gemefen fein; Aefte eines
Thores wurden jüngjt in Röln aufregraben; füft völlig erhalten ift
dagegen ein Thor in Regensburg.
Die Nomanifierung der Aheinlankr. 3.
Aus der Infchrift am ebemaligen Shörbor in Worms gebt hervor,
daß die Civitas Vanglonum die Derfiffung einer römifchen Wiunizipatftadt
befaß. Die Stabtverwaltung lag einem Stabrrat, Senatus oder Ordo,
ob, deffen Wiitglieder Dekurionen hießen; eben der Stifter des Srabtrhores,
Vierer, war ein folcber Dekurio; ein anderer, Quchs Romanius Nefpecrus,
weihte der Siegesgberin einen Stein”). Die Gemeindeverfaffung der
Städte in Jralien und in den Provinzen mar der von Rom nachgebilder.
Den Ronfuln entfprechen die Duumviri, die an der Spige der Ver:
walrung und der Berichrebarkeit fanden und dem Stadtrat präfidierten.
Alle fünf Jabre erbielten fie den Titel Quinquennales; aledann erfüllten
fie die Suntion der römifchen Zenforen, fäyigten die Birger ein und
gaben einem jeden den feinen Wermögensverbälmiffen entfprechenden
Bang. Unter ibnen fanden die Aedilen, die mit der Ausübung der
Polizei betraut waren; fobann die Oudftoren, d. i. die Schagmeifter und
andere Beamte. In der früheren Zeit bildern die Grädte Gelbft:
verwaltungekörper, die ibre Beamten ernannten. Die Stadt befaß
‚öffentliches Vermögen, bejichend in Brundftücten, die verpachter wurden;
fie erbob Steuern, baute die Defeftigungen, Straßen und Drücken,
Tempel und öffenclicye Gebäude, Wafferleitungen und Bäder, gründete
Schulen und fiellte Die Lehrer an, erließ Dekrere und Befene, die für
alle Bewohner verbindlich waren. Diefe römifihen Städte glichen alfo
felbftändigen Republiten, in deren Verbälmiffe die Staatsgewalt fich
nicht einmifdhte, nur daß diefe Republiten ich um auswärtige Dinge
nicht zu befühmmern batten, was auch niemand einfiel, da felbft die Römer
fid) mehr und mebr der Policit enmuöhnten und völlig sufrieden waren,
wenn fie als Privarmenfchen ibren ntereffen leben Bonnten. Doch dem
Vertreter der Staategewalt, dem Starthalter der Provinz, ftand die
Bonteolle über die Srabtverwaltung su, und sugleid war er der oberfte
Richter. Auch die Mrbebung der Reirhefienern gefäyab durch Staats»
beamte. Diefe Seidteverfaffung war-durchaus arijtofratifcher oder viel:
mehr eimokratifcher Yiazur. Denn Iediglid die Vermöglichen waren
wablfähig und die 2Aemter unentgeltlich, ja, diefe erforbderten große
Ausgaben, da es Pflicht der gewählten Beamten war, fid der ihnen
angerhanen bre durdh wohltbärige Stiftungen, durch Erbauung von
öffentlichen Gebäuden, Bädern, Altkren, Tempeln ıc., durch Spenden
fentlicper Spiele ıc. wiırdig zu.erweifen. Wand einer bar fich durch
feine Üibermäßige Sreigebigkeit ruiniert, und die Ehre wurde allmählich
% 2. Bapiee
zur Laft, die man felbft durch die Suche abzufchlirreln verfüchte. Die
maufböclichen Hinbrüche der Germanen Über die Brenzen des Reiche
feit der Witte des 2. Jahrhunderte und bie fehnweren Anforderungen der
Brenzbewachung bewirkten fdhon unter Trajan eine ftärtere Bonsentration
der Staaregewalt. Seit Diefer Zeit wurde die Derwalnung immer mehr
zentralijlert, und eo bildere fidh eine hierarchifche Bureautrarie aus, die
[bonungelos die Unrerthanen, denn zu foldyen waren auch) die römifchen
Bhirger berabgefünten, ausbeutere. Ylun war es mir der Sreibeit
der Städre aus; fie wurden zu Organen der Gtaatsverwalung und
mußten baupefächlich die Steuern erheben und die Laften des Staates
wagen. Yliche mehr aus fieier Wahl gingen die Beamten bervor,
fondern die, weldhe den fenarorifihen Senfiis barten, d. b. ein beftimmees
Vermögen, wurden infolge davon in die Lifte der Deburionen eingerragen;
zuerft wurde man alfo Dekurio, dann erft Beamter. Diefen lag in erfter
Linie die Erhebung der Steuern ob, und fie waren mit ihrem Dermögen
für die einer Stadt auferlegten Steuern haftbar. Yliemand Eonnte diefem
fürchebaren Zwange entrinnen, zumal feitdem das Dekurionat im Mannes-
fRamme erblid geworden war, fo daß man diefe Inftirurion einer Straf;
anftalt gleichachtere.
Die Aucoricht der Geadtbehörden befchräntte fich aber nicht etwa
auf den Umfang des Wlauerkreifes, fondern umfaßte den ganzen Bau
‚ober die Völterfchaft, deren Vorort eben die Stadt war. Die großen
Grundbefiger wohnten in der Stadt und bielten nur in der fehönen
Jahreszeit ihre Dilleggiarur. Jhre Güter ließen fie durch Sklaven unter
der Auffiche des Villicus und durch Pächter bebauen. Die Bleinen Bauern
dagegen, die Pagani, blieben beftändig auf dem Lande und wohnten in
Dörfern, Viei, zufammen, die eine orporative Verfaffung mie unter
geordneten Kompetenzen batten. Schon damals fah der Stäßter oder
Mitirke mit Verachtung auf: den „dummen Wauer“ herab, ja, der
Ausdruck „Paganus“ wird zur ftebenden Bezeichnung für den Siviliften”).
Wie beurzurage irömren auch“in der Römerzeit die intelligenteren Leute
vom Lande in die Stadt, diefe fauger das Land aus, und: zurüc blieb
nur noch ein Bodenfag armer umd gedrückter Bauern, die in ihren alten
Zuftänden und Anfebauungen werbarrten.
‚Selbft ein verwöhnter Römer Eonnte in einer rheinifchen Provinzial
fadr. feine gewohnten. Bedürfniffe befriedigen. :Diefe gewährte Außerlich
durchaus den Anbli einer römifchen Stadt. In rbmifcher Trace
Die Komanifierung der Aheinlande Pi
folsierre der Melte oder der Vangione einher, und er betere zu den
tömifchen Göttern. Allein biefer Derfäpmelsungeproseß ergriff nur das
Aruferlichfte der religiösen Anfchauungen, inmerlich hielt auch der
tomanifierte Bermane fejt an dem von feinen Vätern überlieferten Krbe.
Jede Stadt batte ibren Rultus, ibre Tempel und Arire und ihren
Genius loci. in mächriges Band der Anbänglichfeit an das Tulifche
Raiferhaus bildete der Bulrus des Auguftus, der dann auch auf’ die übrigen
Baifer ausgedehne wurde. Diefen Auguflustulr beforgren befonbere
Botlegien, die Seviri Augustales, zu welchen fonsobl Sreie wie Sreigelaffene
wählbar waren; fie ftanden im Range den Dekurionen zunächft. Diefe Ein
tichrung war ein von Auguftus Elug erfonnenes Wittel, um den brgeis
der Provinzislen auf billige Weife zu befriedigen. Aber es ging damit wie
mit dem Jnfticut der Defurionen; zuerft war es eine Ebre, dann eine Laft.
Sür die Civitas Vangionum it der Stand der Auguftalen infchriftlich
begeuge; er serfiel in ein Corpus Seniorum und ein Corpus Tuniorum*).
In den erften Zeiten des Maiferreidhe machte fich das eigentlidh
tömifehe Element in den rbeinifchen Städten ftärker geltend als fpäer,
nachdem fich die provinzielle Eigenart ausgebilder hatte. Dem Jupiter
wurde in Worms die bäufigfte Derebrung dargebracht, teils allein”), teils
in Verbindung mit der Tune). Alckre des Vultans, der Vitoria und
der Minerva wurden in und bei Worms gefunden.
<äufig wurde der rSmifche CTame eines Bortes mit dem entfprechenden
teitifeben verbunden, fo Apollo mit None, Wars mir Loucerius®"). Loch
häufiger aber tritt die Frfeheinung auf, daß der mir eömifchem FTamen
begeichnete Bott eigentlich eine keltifäye oder germanifce Gottheit il,
die mit der römifchen nur eine ungefähre Vermandtfchaft bat. Befonders
zahlreich find in den gallifchen und rbeinifden Landen die Alcdre und
Weibe-Infchriften des Wierkurs, der Sfters mit der Rosmerta verbunden
if®). Reches fine auf einem Lehnfubl eine mit Aermelkleid und Mantel
befleibere Seau, die in ihrer linden “and Achren ober einen Zweig bält,
ihr zur Seite ein Hleiner Eros, der auf der techten Schulter ein Süllhorn
trägt; vor der Sean flebr ein nacter Jüngling, nur mit einer Chlamys
bedeckt, die Yıber den Riicten berabfälle; er fähltrer aus einem mir beiden
änden gehaltenen Sat Bold in eine Schale, die ihm die Frau mir
der Rechten binbält. Vor dem Jüngling fliege ein Eros, der mit beiden
“inden den Caduceus (Aeroldsftab des Wierkure) träge, auf die Grau
su. Diefe Srau und der TJüngling find Rosmerta und Wierkur.
15. Duo, Die An vr ceinfhen Ga. I
2 2 Bapiel,
I. Cäfar erzähle von den Galliern, daß fie am meiften den Merkur
verehren. In der The wurden diefem Bort in allen Städten Tempel
errichtet, vor allem aber auf den Landfiraßen Eleine Rapellen. Diefelbe
Bemerkung macht aber audı Tacitus von den Germanen. Auf Infchriften
wird dem Wierfur der Beiname Viator gegeben, Denfelben Kamen
„Wanderer“ twäge jedoch auch der germanifche Bott Wodan), ber in
feinem grauen Mantel im Sturmwind einberfäbrr. 2Alfo entfpricht der
Merkur dem Woban. Aeuferft beiehrend für die fErkennenis der
germanifchen Götterlchre find die zu Rom gefundenen nfehriften der
Bardereiter®), die jid vornehmlich aus den rheinifcen Germanen
veErutierten. In den So Votiofteinen wird eine Anabl von römifchen
und germanifähen Gottheiten erwähnt, doch nur die Vlamen find
römifch, die Gortheiten aber germanifch. “sauptfächlich die Trias
Wars, Serkules und YWferkur it in den Infehriften vertreten. Yin
entfpriche Ware dem deutfihen Bott Tin, der urfprünglich der böchfte
Bort der Germanen gewefen ift, “erkules dem Ubunar, der fpärer auch
mit Jupiter ibenrifigierr wourde, und iertur dem Yodan. Tedem
Borte ift eine Göttin beigefelle:
dem Wars bie Viktoria,
dem Serkufes die Forama und
dem Wierkur die Selicitas.
Auf den rbeinifchen nfebriften findet man bäufig den Vulkan,
Gerkules und YWferkur zufammen genannt oder aud, Vulkan, Wierkue
und Winerva. Wit ganz befonberer Vorliebe verehrte man in Ober-
‚germanien eine Bruppe von vier Göttern, meift June, !Wierkur, erkulee
und YWlineros oder Juno, Wiinerve, Serkules, Wars, aber au) andere
Rombinarionen kommen vor. Diefe Viergererfteine finder man vor-
nehmlich im Gebiet der Triboker, Yiemeter und Vangionen, dann auch
bei den Lreveri, während fie fidh in Arien und Gallien mr vereinzelt
finden. hr Verbreitungsgebier fällt mir dem der Wochengötterfteine,
d. b. jenen adhtecfigen oder runden Säulenrommeln, auf’ denen Die
fieben Planetengöerer bargeftellt find, welche die einzelnen Tage der
Woche und fomit das ganze menfehliche Leben regieren und beftimmen,
und ebenfo mit den Jupiter und Gigantengeuppen im wefentlichen
sufammen.
Mit dem Soldaten und Maufinann wanderre auch der iralifihe
Steinmeg in die Provinzen. Es bildere fich bier eine Runfttecnit aus,
Die Nomeniferung der Abeinlande. 3
die fid) den antiten Traditionen anfchloß, aber audy dem. einheimifchen
Gefhpmad und Bedlfnis Rechnung mug. Ylum giebt es Neliefo
artifcher Brabdentinäter, worauf ein Heiter dargefielle ift, unter deffen
Pferd ein befiegter Seind liegt. YLady diefem Vorbild find die römifchen
Beitergrabfteine gearbeitet, die in Wlains, Worms und anderen Orten
gefunden wurden, nur daß bier am beine die Bewaffnung und
Bekleidung genau nadı der Ylanır in realififcher Weife wiedergegeben
find. Denfelben Typus tragen auch die Keiter- oder Bigantendentmäler,
welche Säulen Erönten. Der Reiter fpringe mic feinem Roß fiber den
‚Seind bin, der entweder fähon befiegt am Boden liegt oder um Gnade
flebt oder auch noch Widerftand zu leiften faheint. fine weitere
Variante zeige den Biganten, wie er das Pferd trägt, indem er dem
Keiter dienftbar gemacht worden if“). VWir befizen zahlreiche Winsen
‚aus der Raiferzeit, auf welchen der aifer als Sieger über die Barbaren
verberrlicht wird. Teile ift der übermwunbene Seind realififch dargefteke,
teile fymbolifdy in Geftalt eines wilden Tieres. Ganz fpmbolifch wurde
die Darftellung, wenn anflatt des Maifere Jupiter dargefielle wird.
Die rbeinifcpen und gallifäen Meiterdentmäler find offenbar aus den
zwei Sormen der biftorifähen umd der fpmbolifchen Auffaffung enrftanden.
Schon griechifehe md römifche Rünftler haben Sürften mit beftimmen
Bortheiten identifisiere, fo Alepander mit Zeus oder Feraklen, Auguftus
mit Jupiter ıc.; in der Provinz war vollends das fiiliftifdye Gefühl viel
weniger fein enmoickelt, umb man nahm hier feinen ZAnftand, einem
römifchen Raifer einen TJupitertopf aufsuferen. Auch die römifcyen
Weiftoriter und Dichter feiern wohl den Maifer ale einen irdifchen
Jupiter und verglichen die Seinde Roms mit Giganten. Wir dürfen
alfo in dem Neiter den Jupiter erdennen, dem diefe Denkmäler geweiht
waren. Wan bat den liegenden Wann als beifenden Dämon erklder,
viel mäber jedoch liege die Vermurung, daß es ein Überwundener Seind
if, der fpmbolifc) als Bigant dargeftellt wird. Der gigantenbezwingende
Jupiter ift alfo eine allegorifche Darftellung der Über die Barbaren
fegreichen Baifermacht, und in. den Giganten dliefen wir eine Allegorie
der von dee römifdhen Weltmacht befiegten Barbarei erblicten. Diefe
merkiofiedigen Denkmäler (ind der Ausdrudt des Stolses der Römer
über die in fo vielen Schlachten Überrwundenen Germanen. Es it Bein
Zufall, daß fie vorzüglich innerhalb der vömifden Müilinärgrenze, im
Debumarenland umb in den Bafiellen am Limes, foroie in den eheinifchen
4 2. Aapiel,
und benadpbarten gallifchen Orten vorkommen. Auch für Worms ift
das Vorbandenfein eines folden Denkmals bezeugt, leider in fiark
verftimmelrem Zuftand®). Anders freilich deurere der Bermane diefe
Denkmäler; ihm ift Jupiter fein Gott Donar und die unter ihm
liegende Sigur bedeuter einen Kiefen oder Elben).
* Der die Barbaren befegende Jupiter Erönte meift eine Säule. Tin
der Zeit dee fintenden, von Darbarenblur infizieren Aömerreicdhe genägre
dem entarteten Befebmach nichtmehr das Einfache, Zweckentfprechende.
Die Formen wurden vermannigfacht, die Verzierungen gebduft und der
Säule oder dem Pfeiler ihre Bedeurung und eigentiimliche Pbyfiognomie
geraubt. Der alte Glaube der Väter war fon längft gefchwächt und
erfehlrtert; die Götter hatten ihre alte Wacht eingebüft, und man
nahm lieber Zuflucht zu den Göttern fiemder Völker. Am Abeln
machten die Römer ihre Götter beimifch, aber auch die gallifchen und
germanifchen Götter genoffen Verehrung, und diefen legten die Römer
Yramen und sEigenfehaften ihrer Börter bei. Im römifchen ceere
waren alle YYationen vertreten, und am heine erlangen die fremden
‚Laute der verfehiedenen europäifchen, afeitanifcben und aflarifeben Sprachen.
So führten auch die aus dem Öriente flammenden Soldaten oder folche,
welche dort gedient harten, fremde Börter und ihren Rulrus mit fich.
Wit den Soldaten wanderte der Rule des perfifhyen Lichegortes Wirhras
nach der rbeinifchen Provinz, der zumal auf dem. tecrerbeinifcben
Gebiete beimifch wurde”). Die babylonifchen Planeten: oder Wochen:
görter wurden gleichfalls in den Abeinlanden vereher. Zhre Akre,
die zumeift in die Zeit der erjien dälfte des 3. TFabrbunderts fallen,
finder man im Gebiet der Ylemerer, Vangionen, Wiatiater und
Miediomatriter, in der Megel fedhe: oder adhtecdige Steine, die Teile
eines Banzen find. Diefe Steine ftanden auf einem vierechigen Poftament,
nämlid) auf dem fon erwähnten Diergörterfteine. Man zerfchmolz
eine Anzahl von Böttervorftellungen in ein Denkmal zufammen, ein
fogenanntes Panthen, entfprechend dem Befdhmache einer Zeit, in der man
fich nicht mehr mit den feften Formen der alten Bötterbilder bemügte,
fondern fehnfürchrevoll nach umfaffenden univerfaleren Ausdrücken füchre.
Eben die Jupiterfäulen mit ihrem mannigfachen figürlichen Schmucte
follten diefe Sehnfucht befriedigen. Die Bafıs bilder der Viergötrerftein.
Zwifchen die runde Säule und die Bafis wurde der fechsecfige oder
‚achtecfige Wochengötrerftein eingefchoben. Das römifche Bapitell wurde
Die Homanlferung der Abeinlande. EL
durch vier Röpfe verziert, weldye vielleiche Die Abfchnitre des menfchlicben
ebene, Die Lebensalter, Die Tahreszeiren oder Tageszeiten dazjtellen
follten, und darliber ale Arönung der Säule erhob fid das Reiter:
bild des die Giganten beämpfenden Tupitere. So trafen Religion,
Patrioriomus und Runft sufammen in dem Bejtreben, erwoas Dielgeftaltiges,
Univerfelles zu febaffen, und die auf folcye YVeife reich ausgeftarteren
Denkmäler wurden fosufagen ebenfalls Pantbea in dem Sinne, daf jie
die bedeutungsvollften Gottheiten, von Denen man glaubte, daß fie das
menfihliche Leben regierten, in fich vereinigen“). Amifcye, aftatifhe
und germanifehe religiöfe Vorftellungen floffen hierbei zufammen”).
Rräftiger, als man bis jest ahnte, bat der im römifchen Reidy
aufgenommene Bermane feine teligißfe Denfweife zu bemabren gemußt,
und die Römer fcponten Diefelbe, ja, eitneten fie fidh an. Sie verfübren
auf diefem Gebiet Ähnlich), wie fpkrer die chriftlichen Prieter; wo fie
die einheimifchen religiöfen Vorftellungen nicht durch ihre eigenen ver
drängen tonnten, haben fie eine Verfehmelzung oder Jdentifisierung berbei-
zuführen gefücht. So gefehab es mir dem Wiurter: und Marronenkule”).
Ami) ift ja (chen die Sirre, fidh von einem gemachren Bellibde durch
Errichtung eines Weihefteine oder Altars zu 1Sfen; und nicht minder
tömifch (ind die Formen und Formeln, die uns auf den Yatronenfteinen
begegnen. Dem Römer war daher die Yratur jener barbarifchen Börtinnen
icyt unbekannt, und andererfeits Bannte der Belte oder Bermane die
Vorftellungstreife, welde die Amer mit feinen CTamen und Sormen
verband. „In den Matres wurden mitrerliche Schungeifter verehrt,
deren Segen vor allem an beftimmen Oertlicykeiten bafter und von da
aus fi in die verfehiedenften Verbälmife des menfihlichen Lebens
ergießt; fie fehlinen und fehirmen den einzelnen wie die Samilie, Dörfer
md ganze Völker, fle fpenden Segen und Sruchtbarkeit der Wübe des
friedlichen Landmanmes und führen mütterlicye Obhut über den Soldaten,
der im Seide fieht umd die Brenze verteibige”"').
Der Darbar legte den Matres einen ähnlichen Wirkungskreis bei,
wie der Römer feinen Zaren und Genien. Diefer Benienkulrus bat
infolge einer Derwandefchaft mir feyon vorhandenen einheimifihen Vor«
feltungen eine große Verbreitung gefunden, jedoch mehr unter den
niedrigften Schicyten des Volkes, weshalb die Lirreranir feiner nicht
erwähnt. In diefen Vorftellungskreis gebören auch die reitenden Watronen,
von welchen mehrere Abbildungen in Worms gefunden wurden. Es
“ 2. Dept,
find Bleine Tbonfigtechen. Die Warrone fine auf der rechten Seite des
nad) Lints fdreitenden Pferdes; im Schoße hält jie ein Tier. Diefe
Terratotten find febr fähleche modelliert und gebrannt”). Gerner wurde
eine Terratotte in Worms gefunden, welche eine auf einem Stuhl figende
MWatrone darftelt, in ruhiger Zaltung mic einem Morb oder einer Schale
mit $rüdhten auf dem Schoß, der Kopf mir einer großen rurbandbnlichen
Saube beBleider. Ein Abnliches Bild fand man audy anderwirts am
Yiederrhein. Diefe Darftellung ift fodann nahe verwandt mit den am
Viederrbein häufig gefundenen Wiatronen, die in der Dreisabl dargeftelle
find. ud) die Parcae”) find Genien, Bilictsfpenderinnen, und baben
nichte mit den griechifchen Schickjalsfchrweftern zu chun. In Wie
oppenbeim bei YDorms war im Chor der nun abtebrodhenen Kirche ein
römifcher Stein eingemauert mit der Infchrift:
DEABVS Deabus
PARCIS Parels
NAESONI O)aesoniı)
IISLIBERA. (us Libera
Lis. VETI] ls. Ver.
„Den göttlichen Parzen Iöfte der Veteran Caesonius Liberalis (fein
Getübde freudig)" ").
Daß diefe Parcae identifch find mit den Matres, beweift eine Infehrift
aus Carliste: Matribus Parcis. ie Parcae find ale Spenderinnen
eines glücklichen Schiefals zu deuten. Yur aus nordifden Duellen
lernen wir die drei germanifchen Schichfalsgöteinnen kennen: Urdh,
Werdhandi und Skuld, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Daß
aber audy in Shbdeurfchland der Glaube an folde Börtinnen oder
‚Seen lebendig war, erfehen wir aus den Bußblchern des Burdyazde,
Bifdyofo von Yoorme, wo eo Buch I9 Kapitel 27 beißt”): „Aa du
geglaubt, was manche zu glauben pflegen, daß jene, Die Das gemeine
DolE Pargen nennt, eriftieren, und zu chun vermögen, was man ihnen
zutraut, d. b. wenn ein Wienfeh geboren wird, daß fie dann Mache
haben, ihn zu beftimmen, wozu fle wollen, alfo daß 3. B. jener Wenfeb,
fo oft er will, fi in einen Wolf‘ verwandeln Tann, was die richte
Menge Werwolf nennt, oder in irgend eine andere Beftaltı“
Rapitel 29. „aaft du gethan, wie manche Weiber zu geioiffen
Zeiten zu chun pflegen: daß du in deinem &aufe einen Tifeh deckteft,
und Speifen und Trant mit drei Meflern auf den Tifch fegeefß, damit,
Die Homaniferung ber Abeinlande. 47
wenn jene drei Schmeftern, weldye die Torbeit des Altertums Parzen
genannt bat, Bämen, fie fich dort erfrifähten, und baft du der göttlichen
Liebe ihre Wacht und ihren YIamen genommen und dem Teufel über:
tragen, fo daf du glaubteft, jene, die du für Schweftern bilcft, Einnten
dir jegt oder in Zukunft nügent*
Danady wurde den Parzen eine zworifäche Uhktigteit zugersiefen:
einmal beftimmen fie das Schickfal eines Wienfäyen, dann werden fie zu
beftimmten Zeiten des Jahres durdy ein Bpfer eingeladen, im Laufe
einzutehren, um den Bewohnern Blüc® zu bringen. Aus einem Briefe
des Bonifachıs an Papft Zacharias im Jahre 741”) erfahren wir,
daß foldyer Bebraud) in der Yiemjahrenache üblich war. Zei den
Angelfachfen hieß die Ebrifinacht, der altgermanifde Tahresanfang,
Mödra-necht, Wiutrernacht. Der Blaube an diefe Schicfalegsrrinnen
und @lücefpenderinnen blieb aber in Deufchland, rankreidh und
England nody lange lebendig, und feinen gefehwächten Yrieberfchlag
findet man in der Dichtung und im Märchen vom Dornröschen.
In Worms zumal fäheine fi der Blaube an die drei Grauen
lange forterhalten zu baben. Im Dom it ein Bildiwert aus dem
Anfang des I$. Jahrhunderts, das früber im St. Andreastlofter auf dem
Derg eingemauert war”), Dasfelbe fielle drei beilige Scauen dar mit
Blorienfehein und Büchern in den Yänden, welche die altdeurfchen Tiamen
mfEinbebe, Yoarbede und Willebede“ führen. Der Kultus Diefer drei
Schweftern tommt auch fonft noch vor, in Bayern und in Straßburg.
Ylady der fpären Legende follen fie zur Schar der 11000 Tungfrauen
sehder haben. Die Ylamen tragen aber ein alterrimliches Bepräge, da
fe allirterierend find. In allen drei Ylamen ftimme der zweite Teil
mbebe* überein, gleich Bitte; Diefe Drei Ylamen bezeichnen daher nicht
verfihiedene Begriffe, fondern Varianten eines Begriffes. „inbede“ if,
die einen Wunfdy bat, „WVarbede“ ift, deren Wunfch wahr wird, und
Willebede” , deren Wunfeb dem Willen entfpricht, willtommen if.
Voabrfcheintidh bat die Aieche, um den beidnifehpen Glauben unfehäbtich
zu machen, die Parzen zu drei heiligen Tjungfrauen gemacht und ihre
Legende mit der Urfuls:Legende verknüpft.
Da das mitrealterliche Worms fich über der wömifchyen Stadt
erhob, fo ift Teiche begreiflich, Daß die alte Stadt gründlich zerfisre
wurde, und daß daher mur wenige Spuren von fhädtifhen Gebäuden
efunden werben. YDenn man einer Yachrichr Glauben fehenten darf,
Pr 2. Bapirel,
fo war für den Bodenbelag nicht allein Wofaiß Ablid, fondern aud,
folcber aus gemaltem Stud‘ oder Zement. Die oberfte Schichr wurde
gefchliffen und erbiele dann einen Sarbenanfteich”). Dem nordifchen
Rlima gemäß wurden die Zimmer mit warmer Buft gebeise und waren
mit Blasfcheiben verfehen. Trümmer von äufern find ja wohl
gefunden worden, man Tann fogar den GBrundriß eines foldyen. feft-
ftellen”); alles Das ift doch zu dürftig, um fi eine Vorftellung von
dem &Ausfehen einer Straße in den theinifdyen Städten zur Amerzeir
au machen. Trier ale faiferliche Mefidenz darf doc, mir Provinzial:
ftädten, wie Worms und Speer, nicht verglichen werden, und noch
diel weniger narhrlich darf man das Bild von Pompeji ıc. auf die
nordifchen Städte übertragen. Licht eine Spur eines Tempels oder
eines Sffentlicen Gebäudes ift in Worms gefunden worden. Um fo
teicher erwoiefen fich hingegen die Bräberfunde für die Erkennmis des
Lebens in römifcher Zeit.
In alten Zeiten beanfpruchten die Toren faft ebenfo viel Raum
wie die Zebenden; außerhalb der Geäbte breiteten fid weithin bie
Torenfelder aus”), und bevor ein Wanderer die Stadt berrar, Eonnee er
aus den an den Landftrafen aufgeftellten Brabdentmälern die Kamen
der Befchlechter Bennen lernen, die dort mächtig waren oder einft
geglänge hatten. Tin einem großen “albEreis umlagerten Worms bie
Grabfelder. Das füdliche liege an der Strafe nach Speier; nördlich
davon am Bollwerk in der YIähe des ehemaligen Rlofters Rirfchgartens
wurde ein zweiter rSmifcher Riechhof aufgedeckt; durch diefen ef eine
römifche Straße nach ifenberg. Der weltliche Sriedbof begann gleich
vor dem Gt. Andreasthor und breitere fih füdlid, der Andreas: und
Algeierftraße aus. Seine Längen: und Dreitnausdehnung betragen im
Warimum je 200 Mieter. Der nördliche Friedhof lag beim St. Martins:
tbor und erftreckte fi) längs der großen römifchen Straße. Die älreften
Gräber befinden fich im Süden; fie reichen zum Teil noch in die vor
römifche Zeit binauf; die jüngften eftartungen werden dagegen im
Yorden gefunden, bei der Liebfrauenkicche; fle find riflichen Ucfprunge.
In den älteften bymnifcen Bedicyten, den Deben, Bommen bereits
die zwei während des ganzen Alterrums Üblichen Beftattungsweifen vor:
das Begraben und das Verbrennen, die fidy vornehmlich bei den Griechen
md Römern finden“). Die Jlias erzähle umftändlich die Beftatrung des
Parrokles durch Achillee. Der Scheirerhaufe wurde gefdhicheer, viel
Die Nomaniferung der Abeinlande
Scyafe und Ninder gefchlachter, mit dem Sette wird der Leichnam
umbllle, ihre Leber werden umbergelegt, Arlıge voll Zonig und Del
um die Beiche gefiel. Yun fdhlschrer man vier Pferde, zwei dem
Patroftes gehörige Zunde, zulegt zwölf‘ von Achilles zu diefem Zusech
lebendig gefängene rroifdhe Jünglinge. Alles wird mit dem Leichnam
verbrannt. Die ganze Flache bindurdy gieße Adyill duneien Wein auf
die Erde, die Pfyche des PatroPles herbeirufend. wrjt am Morgen Ihr
man mit Wein den Brand, die Bebeine des Patroßies werben gefammelt,
in einen goldenen Rrug gelegt und im ügel beigefege. Diefer Erzählung
liege die Dorfiellung zu Brunde, daß durch Ausgiefung fließenden Blutes,
durch Weinfpenden und Verbrennung menfchlicher und tierifcher Zeichen
die Pfyche eines füngft Verftorbenen erquict werden Eönne, eine Dor-
fellung, die dem Dichter an und für ich fremd it. Wober ftamme
der Bebraudy des Verbrennenot ZJaBob Grimm“) bat die Vermurung
ausgefprochen, das Verbrennen, wie es die Perfer, Briechen, Aömer,
Germanen und Slaven übten, entflamme der Zeit des YIomabenlebens.
Da man feine fefte ‚eimftäcre hatte, fei man darauf verfallen, den Leib
des geliebten Verftorbenen zu Afche zu verbrennen und im leichten
Rruge die Refte auf die weitere Wanderung mitsunehmen. Allein Dies
inme mit den überlieferten Thatfachen nicht. Und ebenfowenig ftich-
bateig it. die fernere Vermutung Brimms, daß der Brand der Leiche
eine Opferung des Beftorbenen für den Bort bedeute. Vielmehr war
der wabre Zweck diefes Bebrauches der, die möglichft fehnelle und
volltändige Scheidung der Seele vom Leibe zu bewirken. Denn die
Toten flößten den Lebenden Furcht ein, und biefer urdhe wourde man
ledig, wenn man den Leib völlig vernichtere. Das Verbrennen ift Dad,
erft eine jüngere Sitte, und die Griechen haben, wie einft die Inder,
Perfer und Germanen, ihre Toten begraben. In Wiykene und an vielen
‚anderen Orten Griechenlands hat man in den legten Tabrzebnten groß:
rtige Brabkammern aufgedeckt, Die in der Zeit ber dorifchpen Wanderung
gebaur worden find, umd in welchen die Sürften begraben wurden mit
ihren ganzen Schmud? und Eoftbaren Berdten. Auf dem Boden hatte
man zuvor Brandopfer dargebracht, umd danach auf die Brandfchicht
die Leiche geberrer und mit Sand, Lehm und Steinen zugededt. In
jener Srühzeit glaube das Vol an die Wachr der Toren, und war
überzeugt, daß die Toten fich an ihrem Befig noch in der Brabeshöhle
erfreuen Bönnten.‘ Damit die Seele des Toten nicht unberufen auf der
14. Ba0n, Die tt de hide Add. I A
se 2. Bapiı.
Oberwelt erfipeine, gab man ihm feine beften Schäge in die Brufe mit.
An diefe bochgewölbten Brabbügel Enüpft ficb ein 2okalkulmus, der ein
Abnenkule war. Wir der Wanderung erlofch diefer Abnenkult. Die
bomerifihen Griechen füchten fidh das TIenfeice möglichft fern zu halten,
fie Tebten der. beiteren Gegenwart. Allein nach dem Perferkriege machte
fi eine gefteigerte Religiofickt geltend, man befehäftigte fih mir der
Stage nadı dem anderen Leben, und man fudhre und fand Befriedigung
in der Teilnahme an den eleufinifden Wiyfterien. Die Sitte des
Verbrennene behielt man zwar bei, aber das Begraben war doch das
Ydufigere. Der Leib folle nicht fpurlos vernichtet werden, und die
freigewwordene Seele baftere an dem Hefte des Leibe, den fie einft
bewohnt hatte; ihr zum Bebrauche und zur Ergögung find in dem
Grabe der gersohnte Schmud und mandherlei Befcyirr beigefegt worden.
Die eleufinifcyen Wiyfterien haben die Phantafie der rischen mächtig
angeregt, und ihrem fielen Spiel in Ausmalung des Lebens im Tenfeins
beftimmee Nichrung genoiefen. Was der Dichter über das Totenreich
pbantafierte, das prägte fich dem Volke feft ein. YTamentlicy populär
wurde die Beftalt des FÄhrmanne, des grämlichen Breifes Charon, der alle
ficher in das dunkle Reich hinabgeleiter, aber niemanden zurhchtehren läßt.
Allgemein verbreitere id) die Sitte, bem Toten ein Kleines Belbftick zwifchen
die Zähne zu Bemmen, damit er dem Säbrmann das Fährgeld enrrichten
inne. Bis tief in das Wirtelalrer binein, auch in Deutfdjland, bat fich
Biefer Bebraudy erhalten. Ein deutfeher Aberglaube fage: Toren lege man
Geld in den Wlund, fo Bommen fie, wenn fie einen Schag verborgen haben,
nicht wieder. ler fchimmert die alte Vorftellung durch, daß man durch
die Wiiegabe eines Beldftlctes dem Verfiorbenen feinen Befis abkaufe.
Bei den Römern fyeint das DBegraben die ältere nationale Sitee
gewoefen zu fein, und erft durch das Eindringen griechifcber Anfchamüngen
bat fich die Bewsohnbeit des Leichenbrandes feftgefegt. in den rbeinifchen
Zanden äfe fich mun die Beobachtung machen, daß Die Älteren Gräber
meift Brandgräber find, in der fpäreren Maiferzeit Bam jedoch immer
mehr das Begraben auf. Wlan har dies auf die: Sumahme chriftlicher
Anfdaumgen surüchgefüber, aber man überfehder biefen Einfluß.
satidnifche Sitten. hielten fich 34h bie tief ine Wirtelalter hinein, crog
aller Verbore der Birche und Der flaatlichen Bewalt. Das
war eben weit billiger als das Verbrennen, weshalb beim Sinten bes
Wohlftandes die Abnahme des Leichenbrandes erBldrlich if.
Die Homaniferung der heinlende. |
Auf den großen Begräbnisftäten, weiche die Stadt Worme umgeben,
And die Atteften Bräber Brandgräber, die mod der erflen Baiferzeir
angehören. Man grub ein Brab, fehichtere dann in das Grab den Aolz«
MOB auf. Lieben die Leiche legte man: die Begenftände, die dem
‚Verfiorbenen im Leben lieb gewefen waren: Kleider, Schmuch, Räucher:
wert ıc. Dann zlinderen die Verwandten mir abgewenderem Beficht den
Solsfloß an. War das Seuer ausgebrannt, fo Iöfdhee man die glimmenden
Boblen mi Wein oder mit Waffer. Wlan fammelte darauf die Bebeine
und begrub fie, worauf man die vorgefehriebenen Reinigungsopfer;
wodurch die Samilie von der Berlbrung mir dem Toten gereinigt
wurde, vollsog. Die Afche liep man einige Zeir an der Luft trodnen,
dann fammelte man fie in einer Urne. Weit wurde am Grabe felbft
ein Leichenmahl gefeiert. In den Gräbern zu.Worms lag die Leiche
in der Regel in einer Urne von gebranntem Thon”). Diefe Afchenurnen
haben alle eine Ähnliche Sorm, indem fie nad) unten fpig sulaufen, meift
ohne Zentel. ie find mir Brapbit gefchreirze und ducch ein mit dem
Hade bergeftelltee Ornameneband an dem oberen Teil des Bandes
verziert, zuweilen in unanfländiger Weife. uf anderen finder fi auf
dem Bauche die robe Andeurung eines @efichte. As Afchenbehälter
muß einmal eine Blasurne dienen in Beftalt einer Sifäbglodte, öfters
wurde die Afche in einem yerbrochenen Weintrug oder in einer Ampbora,
deren sale abgefcylagen war, beigefent, ferner in thönernen eisungs:
röbren und ziemlich b&ufig in Steinkiftchen. Diefe beftehen aus smwei
gleich großen Steinwürrfeln. m unteren ift eine cylinderförmige “blung
eingehauen, worin die Afche gerhan wurde; der obere Würfel diene als
Deddel. Oder noch einfacher: man böblte in einen Stein eine Vertiefung
für die Afche aus und fehloß die Beffnung mir einem Biegelftein.
äuweilen wurde auch die Afche auf einen Biegelftein oder einen Scherben
gelegt und mit einem Scherben zugedeckt, oder Die Afche wurde bloß
uf der Erde zufammengefyarre, die primiciofie Arc der DBefkarrung,
zu welcher offenbar mur die größte Armuc zwang. Tin Trier fand man
“olstiften mit Befchlägen ale Afdyenkiften; auch diefe Korm der
Beftattung mag am Rhein vorgefommen fein. Selten find die Aftben-
behälrer aus Blei.
Der Inhalt diefer Afchenbehälter beftand aus der Afdye, Anochen-
ften und febr oft aus einer Betmifchumg von reinem Üuarsfand, der
vielleicht fpmbolifche Bedeurung hatte. Bei der Verbrennung wurde
2 2. Bapiel.
wobleiechendes Häucherwoerf verwender, baber finder man häufig Refte
von Weibraudy ıc., fodann angebrannte Hefte von Sibein, Yale, Armı
und ©breingen, von Mieffern, Münzen u. f. w.
Die Umen werben enmueber einfach in die Hrde gefege oder mir
großen Ziegeln umftell. In der Afhenkifte oder in dem von den
Ziegeln umgebenen Raum ftanden oder lagen fogenannte Thränenfläfdychen,
d. b. Balfamarien, die mir einem wohlciecenden Del gefüllt waren,
größere oder Mleinere Mrüge, Teller, Schlffein, Becher, Brablämpchen
und thönerne Leuchter, Blasgefäße der mannigfaltigften Art. Zn
Bindergräbern findet man maffenhaft Bleine Thongefäße, Brlıge, Urnen,
Schffelchen ıc., Rinderfpielzeug.
Weniger erfreulich war der aud) am Ahein vortommende Gebrauch,
Bleiräfelchen mit dem YTamen und der Verwinfhung Zebender in bie
Urne zu legen“). Yan glaube nämlich in Jralien, daß man eine
verhaßte Perfon dem Verberben weiben Pönne, wenn man ihren Klamen
mit einer Derroinfdungeformel an Orten niederlege, woo die unterirbifchen
Götter berrfchen, alfo meift in Gräbern, wo eine beftimmte Beyichung
deffen, gegen ben der Zauber gerichtet war, zu dem Begrabenen nichr
vorzuliegen brauchte, weil nach dem &Aberglauben durch die bloße
Beilegung eines folchen Bleicäfelchens in ein Brab die mit dem Ylamen
bezeichnete Perfon den Göttern der Unterwelt geweiht und in das Keich
des Todes binabgesogen wurde. Das Paulusmufeum in YOorms befigr
feche folcher Bleiräfelchen, die in Rreuznach gefunden morben find.
Kin Bteiäfeichen wurde auch in Bregenz ausgegraben. Die Übrigen
befannten ftammen alle aus den Wiirrelmerrländern: Briecyenland, Aftits
und Jralien, wo Die eigentliche Zeimar diefes Aberglaubens war.
Während die Brandgräber meift mit reichen Beigaben verfeben
waren, fo enthielten die Stelerrgräber nur weniges Gefchirr und in
fpäterer Zeit gar feine Beigaben mehr. Die Leichen wurden mir einem
Torentudh umbülle und {0 in den Sarg gelegt, worauf man ein ober
mehrere Thon: oder Glasgefäße in die Keen des Sarges fielle und
zuweilen ein Bi oder eine andere fymbolifche Babe binzufügte. Die
Armen wurden auf die bloße Erde gelegt oder auch die Leiche mic
Ziegeln umftellt. Auch olsfärge Eommen vor, aus rohen Brettern, mit
groben Yrägeln zufammengefehlagen. Das ols it meift vermodert,
aber Die Jorm hat fid) in den feuchten Boden eingedrückt, und die
lägel find nody vorhanden. Dei einem Grab in Wariamtinfter fand
ie Nomaniferung der Nbeinlande 3
man nod) den Yammmer liegen, mit dem der Sarg auf’ der Begräbnis:
fiätte zufammengenagelt worden war.
Vornehme Leute wurden in Gteinfärgen beigefent. Die meiften
diefer auf dern großen Brabfeld bei Mariamünfter gefundenen Sirge
find aus rotem, fehr porsfem Pfälserfandftein angefertigt. Die Außen:
feite it vaub bebauen, mit regelmäßiger, der Bewegung des Armes
‚enefprechender Führung dee Spigbammers. Die großen, ebenfalls aus
einem Stein beftehenden Dedel find unten flach, oben ein wenig
abgefchräge. inige find mit als Viertelsftab gebilderen Eekpolftern
verfeben. Andere Steinfärge find aus gelbem Sandftein bergeftellt,
breiter als Die eben erwähnten, und mit fähmwereren Decken. An den
vier (Eden des Deckels finen vier fehwere Steimlirfel; der Dedel ift
dachförmig nach beiden Seiten abgefchräge.
Das nördliche Brabfeld gebört der fpiteren Kaiferzeit an, einer
Beir, wo Die Ehriften fchon zahlreich waren. Bei Vieuhaufen wurde
1818 eine Anzahl von Steinfärgen ausgegraben, die fi durch die
Sorm von den oben befchriebenen unterfcpeiden. Ueber die ganse Länge
des Decels nämlich) ift ein bandartiger Streifen gelege und über diefen
find Ouerftreifen von den vier Zefen des Sarges jedesmal nad) der
Witte der gegenüberliegenden Seite gesogen; darüber endlich liegen drei
Querftreifen, die den Längsftreifen rechtwinklig fehneiden. Einmal
wurde auf den nördlichen Sriebbof ein befondere fhön gearbeiterer
Steinfarg gefunden, in dem ein zweiter Sarg aus Blei Ing. In diefen
Steinfärgen fand man die Leiche mit einer harten weißen !Maffe über
deckt, die man ale Aegalk erklärte, den man angewendet baben folle,
um die Leiche möglichft rafeh zu zerflören, weil mit der Ausbreitung
des Cbriftenmums das Verbrennen nicht mehr fiatehaft gewwefen fei.
Allein die cbemifche Analyfe ergab Bipe. Demgemäß bandelte eo ich
miche um Zerfifrung des Zeichnams, fondern im Gegenteil um feine
Ronfervierung. Yan bat den Toten mit Gips umgoffen und nur das
Beficht freigelaffen“).
Die Alten betrachteten das Brab als eine Wohnung, in welcher
der Verftorbene einzieht, um dorr eine andere, aber doch feinem früheren
Leben entfprecyende Eriftens zu beginnen. Darum werden dem Toren
Rleider ımd Schmuc, Geld, Zf- und Trintgefchirre, fowie Lebens
mircel beigegeben. {Mit der zunehmenden Verarmung feit dem Ende
des 3. Tabrhunderte beginnt man auch diefen Lupus einzufchränten und
5 2. Bapirel,
begmäge fich zulene mir der Deigabe einer Minze. Aus der mehr oder
weniger reichlichen und Poftbaren Ausftarrung der Bräber Läft fich ein
Schluß auf den Wobljtand der betreffenden Drrfchaft zieben. Steilich
vermißt man am bein jene prächtigen Brabffulpturen, die in den
Mofelgegenden fo sablreich vorkommen und die treffliche Tliuftrarion
des damaligen häuslichen und gerverblichen Lebens geben“). Banz haben
fie aber au am Aheine nicht gefehlt, wie das Wiufeum in Wiains
beiweift, mır dafi bier, namentlic) in VOorme, die fpdteren Befchlechter
bei dem Wongel an Steinbrüchen das vorhandene römifcdhye Material
aufgebraucht haben. Wurden doch römifche Steinfärge noch im Wirrel
alter wiederum zur Deifegung. von Leichen benunt, ja, man fhredkte
felbft davor nicht zurüch, für Das Brab eineo der bedeurenbften Bifchöfe
den Steindecfel eines römifchen Sarges wieder zu verwenden”).
Am reichlichften finden fih in den Gräbern Gefäße aus Thon und
Glas, di diefe der Zerftsrung am beften moiderftanden. Die mannig:
faltigften Gormen und Typen find vertreten, von den roheften einbeimifchen
Produften bis zu den feinften aus Jralien eingeführten Lurusmsren.
Wir baben ja gefeben, daß fehon in den frübeften Zeiten aus den iirtel-
‚meerländern Thonwaren nacy den rbeinifchen Ländern importiert worben
find, und ferner wifjen wir, daß febr früh fic) in unferen Gegenden eine
einheimifche TSpferinduftrie ennwickelt harte. Die Romanifterung der Abein-
Tande gab dem Jmport mie der einbeimifchen Produktion neue Tmpulfe.
Die den Römern eigenehmliche Wirefdpaftsform ift die gefchloffene
saauewirrfchaft, die bis rief in das Witelalser hinabreicht und die auf
dem Prinzip beruht, „daß der ganze Rreislauf der Wirrfchaft von der
Produtrion bis zur Ronfümtion id) im gefchloffenen Areife des “aufes
(der Samilie, deo Gefchledhre) vollzieht. Tedem Zaufe it Arc und Map
feiner Produtrion due den Bonfumtionebedarf‘ der Zausangebörigen
vorgefehrieben. Jedes Produtt durchläuft feinen ganzen Werdegang von
der Gewinnung des Robftoffs bis zur Genufreife in der gleichen Wirt:
fdraft und geht ohne Zroifihenftufe in den Ronfm Über. Gitererzeugung
und Blterverbrauch fließen ineinander über; fie bilden einen einzigen
ununterbrochenen und ununterfcheidbaren Proseß, und ebenfo it co nicht
möglich, Erwerbswirtfehaft und Jausbalt von einander zu trennen. Der
Erwerb jeder gemeinfam wirtfehaftenden Wienfehengeuppe ift eins mir
dem Produkt ihrer Arbeit, und diefes if wieder eins mit ihrer Bebarfo:
detung, ihrem Ronfum“*).
ie Komaniferung der Aheinlande. ss
In den frübefien Seiten mußten die einzelnen Jausgenoifen nicht
mr dem Boden feine SIehchte abgewinnen, fondern aud) die dazu
notwendigen Werkzeuge und Geräte felbft berftellen und ferner die Rob-
produbte in Bebrauchsprodufte ummandeln. Der alten Rulrur war die
Tnftitution der SElaverei ganz unenbehrlich”). Denn diefe ermöglichte
es, daß die gefchloffene “auswirrfchaft mir der gewohnten Arbeits
gliederung aufrecht erhalten, und daß zugleich auf dem Wege der
Erweiterung und Verfeinerung der Bedlrfniffe vorangefchrirten werden
konnte. Te zahlreicher die Sklaven im Jaufe waren, um fo mehr ließ
ficb Die Arbeit ‚fpezislifieren. m “aufe hatte der “ausvarer alle
Bewalt fowohl Über die Sklaven und “hörigen als über die Familien:
mitglieder, Sau und Rinder. Yriemalo mifdhte id) der Staar in die
inneren Verbälmiffe des “anfes. In Rom gab es Beine produfriven
Berufserten: Bauern, Zandıwerker, Raufleure, fondern nur große und
Bleine Defiger, Weiche und Arme. Der Sreie, welcher feinen Befin
verloren bat, wird entweder zum Proletarier, ber fi vom Staat
ernähren läßt, oder zum Schmaroger, er ift erwerbsunfäbig, denn eo
gab keine Jnduftrie außerhalb des gefchloffenen Haufe und fo viel wie
Beine freie Lobnarbeit, da diefer die Sklaven vernichtende Bonkurrens
machten. In der Baifergeit Bonyentrierre fid) der Befin mehr und mehr
in eingelnen Anden. Diefe reichen Grundbefiger bielten ungeheure
SHavenfihyaren, unter denen Die Arbeirsgliederung eine fo. vielfeitige
war, daß deren fErzeugniffe den einfächften wie den verwöhnteften
Gefhmack befriedigen Tonnen. Ein folder Kiefenhaushale war im
ftande, das zu leiften auf’ dem (Bebiere der induftriellen Produtcion, was
jegt nur die zahlreichen Befchäfte einer Broßftadt in Verbindung mir
den Anftalten der Bemeinden und des Staates zu rhun
Durdy eine folhhe Produktionsweife, die für den Abfag üarbeitere,
bilberen fich webrbaftige Riefenvermögen, Ähnlich wie wieder in unferen
Tagen. Sür die Bewirtfchaftung der Güter und die Beforgung des
saushaltes bedurfte der große Zerr einer grofen Anzahl von Sklaven,
wobei eine unglaubliche }ienfipenverfihwendung getrieben wurde; andere
SHaven wurden in der Landiwirtfchaft befchäftigt, bie im uroßen
betrieben wurde in Verbindung mit induftriellen Unternemungen,
Biegeleien, YOaltereien ıc.%). Die verfchiedenften Bewerte wurben bier auf
diefen großen Gütern betrieben und die handwerkefflaven auch anderen
&ruten, welche ihrer bedurften, gegen Lohn ausgelichen. Aber auch
se 2. Bapitch,
der Staat Bonnte feine Verwaltung nur durch Sklaven verrichten laffen.
Alle fubalrernen Beamten waren Sklaven oder Sreigelaffene. Zugleich
war der Staat felbfe meieder der größte Induftrielle, denn nicht nur unter
Diele er Waffenfabriten, fondern auch alle möglichen Tnduferieerzeugniffe,
namentlich Woll: und Leinentücher, ließ er in eigenen Sabriten, deren es in
jeder Provinz mehrere gab, berftellen, und zwar nicht nur für den eigenen
Bedarf der Verwaltung, fondern auch flr den Verkauf an das Publifum.
In den Provinzen waren wenigftens in den erften sıwei Jahrhunderten
der Raifergeit die Verhälmiffe noch gefünder, der Wirrelftand ned) nicht
gang befeitige woie in Rom. Aber aud) bier gab es feinen eigentlichen
freien Sandwerkerftand. ie <andıwerter, in Rorporationen gegliedert,
gehörten meife dem Stande der Sreigelaffenen an und arbeiteren nicht
für eigene Rechnung mit eigenem Berriebetapital, fondern im Lohnwert,
indem der Befteller entweber den Jandiwerker ins Auus nahm (Störarbeit)
gegen Tagelobn und Verköftigung oder ihm das Robmarerial in feine
Werkftätre fdhickte, wobei dann Grüctlohn besable wurde.
Bine der wicheigften eömifchen Broßinduftrieen waren die Töpfereien,
deren feine Produte weithin erportiere wurden. Ohne Schwvierigkeit Bann
man Erportwware und einheimifhes Produkt unterfeheiden. Jene verfehleifte
vornehmlich Die feinen rorgebrannten, mit Relief verzierten Gefäße, die unter
dem Yramen Terra sigillata betannt find”). Der Urfprungsore biefer Ihon:
indufreie üft Acesgo, wo fehon im Wicrelalter antite Täpfereien mir Wert:
seugen, Sormen und fertigen Waren entdecft worden find. Miefe sierlichen
arretinifchen roren Befäße wurden fabritmäßig für den Erporc bergeftellt.
Die Sabritate find mir Sabriffterpein bezeichnet, und zwar Fommt forwohl
ber Stempel dee betreffenden Brundbefligere oder Sabrifanten vor, als aud)
merkoirdigerweife Sfters der des SPlaven, weldyer das Stix® geforme
harte. Jeder Arbeiter hatte eine befrimmte Anzahl von Gefäßen zu
liefern, und um dies zu Boncrollieren, mußte er fie bezeichnen. Die Sklaven
find zum großen Teil griecbifdyer <erfunft gersefen, denn in Griechenland
bläbre ja befannelich diefes Runftroert feit alter Zeit, namentlich hatte
der Yame Samos einen guten Rlang, weshalb man Die aus Terra sigillata
gefertigten Gefäße auch mißbräuchlich famifche Gefäße nenne. Echte
arretinifcje Gefäße, die in der Gallia Narbonensis fehr häufig find,
werden in Bermanien nicht gefunden. Die Blüte diefer Tnduftrie fälle
eben noch in die legte vepublikanifche Zeit und fpärer verdrängren die
Produfre anderer Sabrifen die Produkte von Arco vom Erporchandel.
Dit Komanifierung der Abeinlande. 7
Sobald Gallien, Britannien und Bermanien erobert wären, ftrebten
bie iralifehen Anftedler Danach, fich möglichft behagtich in der neuen
eiinar einsucichten, und fie ließen fich aus Jeatien das. Befchier sufehichen.
ein der Transport diefer gebrechlichen Ware‘war zu‘ euer, und bald
verfuchte man: ar in ‚Ballien die. Runft, Terra” sigillam-Befäße
berzuftellen. Diefer Verfuch gelang vollftänbig, und es entfranden in
Gallien eine Anzahl von Tponfabeiken: in Arleo, YTimes, Hfontans aim
Turn, yon, Clermont- Jerrand, Bordeaup, Paris, Ylancy ic. Diefe
gaflifcyen Probufre unterfcheiben fich in Sorm und Garbe nicht von den
arrerinifcpen und irätifchen Sigillata- Gefäßen. Lentere wurden indes auch
nody ferner nadı Gallien und Bermanien eingefüber, wie die Stempel
Ateins, Baffus, Primus, Xanthus beweifen. Aber es Fommen in
Bermanien. aufer den toren Sigillata Gefäßen aud) graue, fchmarze und
helleote Befäße vor; diefe find Produkte. der alteinbeimifcyen gallifchen
Töpferei, eine Sortfegumg der Latöne-Reramit; die in. der Gallia
Narbonensis die italifdyen Produkte‘ nachahmte. -Südgallifcye Töpfer
fiedeleen :fich in der erften: Maiferkeit.-in’ der beitifchen Prowing an,
namentlic) entfrand. in ‚Trier eine bihbende Täpfer-Induftrie, die ihre
Waren am Abeine verrrieb.:. Diefe galtifehe Jnbuferie entfältere fihh derart
günftig, daß; fie bereits ,im legten Viertel des I. Jabrbumberte nad)
Fealien importieren Bonnee.: Die witefchaftliche Enrwoichelung der gallifchen
Proßinzen überflägelte bei’ weitem dag erfehöpfte Jealien. Befonders beliebt
waren in Gallien Trintgefäße mit Teintfprüchen wie: Ave, Vale, Bibe ıc.,
eine" irre, bie ‘aus Griechenland durch Unteritalien und Massilia den.
Gallien: Überhitereit- worden ift. » Anfangs abmten die galifchen Tpfer
die fealifchen :Befäße siemtich Elavifch nach, dann emmansipierten fie ich
au: voller ‚Binfelerifeher «Belbftänbigkeit iund ‚erfanden neue "$ötmen und
Verzierungsweifen. Diefe Induftrie biübe im 2. und: 3; Tabrbundete. und
gebt mit dem Verfall des eömifchen Weiche zu Grunde. in Bermanien
war in Abeinzabern eine große: Töpferei, die verzierte Sigillata- Gefäße
fabriyierte, Doc) die Aauptmaffe der in den Bräbern Bermaniens gefundenen
feinen roten Thonmwären ftamme aus Gallien. Ag neue Detorationsweife
erfcheint die Barbotine- Dekoration, d. b. der flhffige Thonfchlamm wird
auf das’ Gefäß mir'einen bornfSrmigen Trichter öber initteife eines Pinfels
aufgetragen, Ähnlidy wie der Monditor die Zucherbeforationen auf ben
Buchen: aufträge: Beficnißre Dafen find. das charakuerifrifche Befebire des
2. Jabehumderte, das noch Im:4. Jahrhundert vorkommt. Auch Stalker
1. B00, Die Anl vr nen Ga 1
ss 2 :apitel.
Gefäße werden gefunden, Die entwotder Wierallgefäße. nachabmen. wollen
ober, wwie‘3. D. tine Vafe im’ Wsoemfer- Wufeum, Blasgefäße. Berabe:dieft
gläfierten Befäße werben mit Barbotine-DeBsrarion verziert; teile find de
fine aufgefegte $äden, teile Ornamente und Tierfigtren. Au) bei Bidfern
wandte ‚man diefe.Tedhnif an. WI merkwilrdiger Vorliebe fucher: man
bie Sormen der Blaswwaren in Upon zu üiberträgen, wie 3.23. eine TAyont
Slafihe in.Worme.. Das Wormfer Mufeum befint eine Anzabl von Sigillasa-
Gefäßen, die teile au Rheinzabern, teils aus altifchen gäbriten. frammen,
datunter eine in Offftein gefündene Schöffel, aus feinftem Thon ber
gefeelt, mir dem beften Steniß Üibersogen umd den sierlichften Laubwert
gefehmücht. : Wie hoch foldye Stücke damals fchon. gefchägr muurben,
erfiehe man daraus, Dafı diefe Schliffel, da fie zerbrochen wär, von ibhrem
sömifdhen Befiger mit Bleitläminerchen weitber. zufammengebefter wurde”);
Gröbere Thonmaren, Ziegel, Befchirr sc, wurden gleichfalls entweder
eiigeführe oder an Ort ud Stelle fabrisierr. Eine der größten iralifchen
Erportfirmen war Jortie, deffen Warenman in.allen Teilen des römifchen
Reiches finder. Dod) ift eo fehr wenig wabrfcheinlich, bafı fo ganz gemöbni:
tiche Sachen (bauptfächlidh Lampen), die mit diefein Stempel beseichmer find;
aus Jtalien nach den entlegenften Begenben follten transportiert worden fein.
Wiglicyerweife haben große Jabrifen Silialen in den Provinzen ertichtet oder
auch Provinzialen. ihren‘ Sabrifftenipel; der einen Ylamen haste, verkauft,
In den Provinzen fand ein Lebbafter. gandel in Thonfabeiläten frarr.. Denit
wobl wurben an jeder Bete, woo bie. nötige IExde inörhaiben, mar, ıale
Vrebenprobuitt der Landweirtfehaft Ziegel und Thongefäße gebrannt; indes
Probugierteh beftimmtte Sabriten fpesiell nur ühnemseigenehmliche YDazen:
biähte in Böln die Töpferei und fie arbeitete fin: den Export. Auf dem Brabi
feld zu Merienmbnftr wurde in Tponfgftchen gefunden; Das dar
Niere die Infehrift eräge: LVCivs ä
FECIT AD re
CANTYN ;. »
AS NOVAS
ünd- vorn auf dem Pfeiler nochmals LVCIVS m. Lin m Eönikhen
Sigürchen fünd. fi auch in einem; LSpferofen in BSfn.‘ Die auf ver
feiebenen Bölner Thonfachen vortommende Ortsbegeichnung Ad Cantunas
novas besiebt fich alfo offenbar auf eine Lokalirt im römifchen Köln.
In Worms felbft wurde 'die Töpferei ‚fon in vorrbmifcher' Zeit
und dann auch nachher berrieben. Beim Ba der fent eingegangenen
ie Komaniüerung der Abeinlande. „9
Kiderfabrik Wotmaria: auf dem Gebiet des ehemaligen Rofiers. Birfäh-
‚garten ipurben. nach einem Bericht Töpferdfen umd eine ganze Wienge
vom: Thonigefäßen' gefunden; doch: adhrere ‚damals niemand darauf. . As
inöder Shdanlage der: Baimal angelegt wurde, flicß mat auf zahlreiche
ebimifche, Trünimer. ° Dort ftanden: römifde Töpfereien, und Nefte der
‚Oefen waren: risch sorbanben, im’ Tinneren voller Scherben. Daneben
fand -iları' eine aus 11 cm weiten und. dmechfehnittlich 50 cm Langen
Tponiöbeen ;Sonftruierse Wafferleitung, ’stoei Mhlfteine von Sandftein
und viele Gefäße 3. T./ von: feltenen «Formen. | Unmweir-davon ftir man
im einer. forife ganz zeinen Lehmfchiche auf eine cirfa 3 m tiefe, trichter-
Prmige Brube, die mir fdmwarzer Erde: und yablreichen, teile gansen, teils
gerbeochenen eömifehen Gefäßen anefülle war“). Der wertwallfte Jund wae
eine gerbrochene Theatermiante?), Die jeboth wieder‘ hergeftelle werden Bonner;
Diefe ift ausieinem gelblichtweißen Thon-gebränne, und Kefte der nefpringr
lichen Bematung find noch erkennbar: die Augenbrauen, die Rureln auf
dei, Stirn, die"Sreiche auf der YLafe und Tupfen jind.mir rorbrauner Sarbe
gemalz: 'Da’biefe Wiaste Jerbrach, wnirde fie im Die Abfallgeube gessörfin:
Wan weiß ja wie groß. die Vergnügungsfücht dee Bevökferung in
der Ratferzeitwär und mie diefer Sant. für femifehe Aufführungen aller
Aet:ancy in den Provinzen fid) verbeeitete. Lliche nur das Dolk in Rom
wollte unterhalten fein, auch in den Provinzialfläbten wat: es eine fehwer;
loftende Pfliche:ber Mägifkrare, die. Schauhuft 'der.Wierige zu befriedigen:
Köfffpielige Tozrrienneni, Eierhegen und Bhtdiatorenfpiele Bonnten naclielich
mie in großen Städten auftgeffibee werben, zu denen man aus weiter
Einferndntg zu. Koß und Wagei berbeiftrömee; in Elemesen Seädten, toie
Worins und Gpeier, begrifigte inan-fich mir ber Poffe und der Pantomime.
«is +#Eineh: weiteren Berveis, Daß in Worms die Töpferei heimifch war,
bieten die aus: Thom gebrannten Jormen zur Verzierung von denteln ete,
‚von Panstöpfen in vollenber-.fehöner Ausführung; namentlich. wichrig
war'der Fund mehrerer Sorinen won Gefichtsmasten. Zjm röniifdyen
Gräberh fand man’ thönerne‘ Brüge, „deren Zöhe weifchen 12 und 30 cm
wedyfelt. "Den Ausgang bilder ein.ais feeier dand gefonmter Feauentopf:
Das ıBefiche, wieift mir hohem: Zaarröulft, if an der Ausgußftelle dem
Yyenkei geiterüiber angebracht. "Zumeiten ift Kopf imd Hals mir weißer
Jatbe überftrichen, und‘ Aogen, ‚ast umd Lippen find bemalt; der.als
ft mit. einem gemalten Spizentragen bebeikt, und zwar find die einzeinen
Selber des'tiTufters: rörlich öber- fehroärzlich und mir weißen und fdnarzen
6 2 Baptel,
Linien eingefaßt. Die unteren: Selbe find: mir. je. drei woeißen Tupfen
verziert. Auch. in anderen: Wiafeen, in. WBains, Speier,: Trier, foroie im
Privatbefia befinden fich foldbe Gefichtsfrüge, aber nachreeislich frummen
fiz alle aus Worme, weshalb man mir. Recht fie ale Gpegialirde der
Wormfer Töpferkunt angefeben.. hat. . Die erwähnte Thonform einer
folchen Gefichtemaste beftscige .diefe Anficht. Die Wlasken wurden
befonbere geformt und an den fertigen Arug. angefeze. ‚ Ein. im Yleufan
gefundener Töpferftempel VRSIANVS FEC, Bommt nirgends fonft vor;
wir dlırfen wieleicye in ihm ‚einen Worinfer. Töpfereibefiger erdennen:
Aaochentwictelt und berühme war in der Baiferzeit auch die Blasr
Induftrie in Ballien. Saft alle.cbmifchen. Brber in Wscme Iegen berebres
Beugnis für biefe Technif ab. Bekannstich feheeibt Plinürs Die Hrfindung
des Blafeo den Phönitern zu, und Diefe haben Dann das. Blas nach dem
Weften gebracht, 'suerft zu Supusartitein verarbeiter, wie imitierte Perlen
und Schmückfecyen; feit Eiceroo Seit verbreitete fich auch der Gebrauch
von Blasgefäßen, Bechern, Slafcyen und Bannen. n der frühen Raifer:
SER fee mar nod» das Glas: gleich dem Sdelmerall; nachdem man eo
auch in TJtalien berzuftellen lernte, toide 20 genoöbnlicher und Bemeingur
ded blirgerlichen “aushalten. Bald verbreitete fich diefe Indufteie auch
in den weftlichen Provinzen, und. befondets Die gallifchen Glasfabriten
lieferten fehöne Produkse: Slafchen, Rannen, Töpfe, Ampboren, Schüffeln
und Teller, Gläfer, Trintbörner; Bampen, Trichter, Büchfen,. Salben:
läfebchen, Afebenurnen, Spielfteine, Schmucfadhen, befondere' gefärbse
Blasperten ıc. Sehr oft träge das Produkt einen Sirmenfrempel, aber co ift
meift unmöglich, zu beftimmen, ob tin Blasgefäß importierte-Ware oder
einheimifchyes Produtt ift. in Lurusarritel. blieb das Blas auch. in der
fpäreren Baiferzeit, denn die äemer ausgeftatteren (Biräber enthielten nie
las, während in den meiften ber.offenbar nur von woohlhabendeir: Leuen
verwendeten Gteinfärge fich vier bis fünf Bldfer- fanden, oft von den
KhSnften Sormen. in aueerlefenes Prachefihck ift ein in der Schilleeftraße
‚gefundenes Doppelglas von 35 em Aöhe. Aus dem Boden der Slafche fteigt
tin fehr zierliches Stäfchchen von I2.cm +oshe. Aebnliche Doppelflafchen
wurden in gel, Andernach und Blabbach gefunden: Gebr intereffane ift
eine 26 cm bobe Slafcbe, deren Bauch. in Zorm eines Tanustopfes geformt
ift; das Glas ift von der größten Seinheit und wunderbar orybierr. Die
Paulusmufeum in Worms befizt u.a. zoei gläferne TeinthSrner;:daseine;
20 cm lang, beftebt aus grünlichem Blas und {ft mit nenartig aufgegoffenen
Die Homaniferung dir Kheinlande. s
Säder won berfelben Fatbe'tiberzogen, Die Spigeibeo’Yorris mit: mehreren
paralleten. Ringen. verziert; as. iandere ‚Trinfhorn: ft‘ ein -fogenanmtes
Ahyros, d. biein Gefäß, deffen untere Spige Burchböhtr var. Wlan fing.den
Trank mir dem Winnde auf. ” Diefes, Iüfeum befise eine Anzahl-aufer-
ordenttich fehöner Blasfayalen, die in YOorme gefunden worden find: u. a.
eine mit:eingefebliffenen Ornamsenten, eine andere mit eingeristen Sigureh.
Geringer‘ ift-bie Ausbeute. der «Bräber. an iverroollen Schmuckfächen,
doch ©br: und Fingetringe, zum Teil mit Infehriften 2e;,'feblen niche.
Benug der, trocdenen Aufsählung; die einzig den. Smweck hät, nachzuweifen,
daß in den rheinifchen Städten in: der Blanzzeit des eSinifchen Imperiums
ein:geofer Wooblftand.bersfchre. Denn viele. diefer Thon und-Blangefäße
iwärden vody.bite inn. betnläxtien: Wöcrsenhfntkrenstnb le
Prunkfeiicte: gefchäe-fei. a
Wan bat fih fr de überrichenfien Voefllungen on dem Luras
der. eötmifehen Baifetzeit: gemacht, und der berühmee :WTarionalötonom
1. Bofcper: verurteilte jehen Lupus ale einen untlugen: und unflerlichen.
Allein "andere! haben. mit Recht beront, daß; „der ‚Lupus ‚deo Altertums
ficb in fehr viel engeren. Brenien, fowobl der bürgerlichen Befellfeaft,
Anenebebtlichen: angenommen har, in Beine Vergleichung: u ftellen ift“*).
Unfrhiger Lupus‘ vonede‘ eigentlich. He mir der: Wienfehencaft gerrieben:
Ks ift das eine rfcheinung, die. in allen. Ländern fich wiederholt, wo
bie Acbeirsktaft geringen Wert bat, 'toier in Rußland, im Orient. Diefe
Veefchrsendurig. von: Acbeirstraft wächte fidh [con sur Zeit. des Auguftus,
‚Denn feitberh "Seieden :berrfihte,! veröberen ‚die Sklavenmäcker,, und: die
Landwirtfchaft lier.tn fat. unerträglicher WOeife unter dem angel an
Arbeirsträften, fo- daß’ fich die Broßgrundbefiger gendeige-faben, "gleich
den: Raubrimeen des itlfitelaltere, an den Geaßen .fich. auf.die Lauer
st legen, um Yoär nicht auf Bürr; ‚wohl aber: anfıElienfehen Jagd su
machen; ‚einzufangen: und unter ibre Slave zu fiedin”):
‚Dim‘ übrigen geichmere. fich.:der. wömifche Lupus wor. dem. beueigen.
£ intenfivere
beurzueage:. Deim:“geringften Geräte jap men vor:.allen: Dingen auf”
ine. edle: Jorm, “die felbfe ‚den gemeinften Geoff, aus dem es geftrrige
62 2 Bapielı 4.
war, abelse. Das Bunfthaubeoert ner ‚außerotdehrlid: hoch enrieictes,
„ie: in die befihjeidenen Weikfrärnen des: Töpfer; Bteinmerin, ditimern
malen: reichte die MDitkurig; ben Beiftes der Phidias ind. Polpkier, det
Proagireles. und Apelleo’. (Sriedländer). "Jin "ganzen "römifchen Reich
berefdhte\ forwobl: in. Besug ‚auf Die: Technit-.swie-Nin Besiig Jaufiıden
Darftellungsinhalt: eine: gleichmäßige: Tradition, fo» daß nianıjeze meinem
öntifehen.: Bunfnsee® nicht. ‚mehr. anfehen kann, /obi eei\anm; Übel oder
in’ Afrika produgiert worden. ft.) Diergriechifebe:"Bunftı: bacre> einen
unermeflichen Scyis „On: Feen und. Formen. gefchaffen,.denmanı su
bendigen und:yıl’ erhalten; in einer’Beit, vos bir‘Bühftlerifebe: Zeugungaktaft
eifehöpft warzueifrig.beflifen- war. - Die Baife:bewsegieifich” An den: non
den trofien:ieifeerr vorgezeichneten "Bahnen und löfre ‚auch :die.neien
Aufgaben nach den alten bemährten Befegen. Ylur daditrch-Tonhteufich
die Bumfe-jabebunderrelang tüfieiher. bewunberurigsrohedigen %öhe halten.
Finn Komtifen sobieliKuinfnverte aus. allen: Ländern ders tieiechifchen
Bultursbeie gufammentebracht worden; »lind bier Bonner: die‘ Blnfrter
im.biefen, größten. aller -{ilufeen finbieren mid Anregung! fehöpfen: In
Rom var die’ bobe Schule Für“ die Bunft, umd der Ebrgeis der
Poopimialen:ıging:nichr ‚darauf‘ aus, eigenartige Schöpfüngen zu: befizen,
fondern ‚iebiglid) Artachabmungeit dee in.Kom. vorhäftbenen Bunfnwerke
zu: erheleem:. Die Prodißrionnwwac „aljo eine ‚wefentliche Brprobuktion;
oder‘ mo einfache, Wirdethofung nicht anging,«omneen- durch. Umbilbung
umd Ausbädung dir utfprünglichen $Totive meute Wendungen der Gedanken
ausgedrückt werben. .Bbmiohl.die Ausfihmäcktng eines haufes ;Durih
Hang genssbnliche: Zundiwerfer;; meift Stlaveti, gefchab;: fo: Eönneen Dieft
Boch: audy»einen. verwöhneen unfrgefäynack-befeitdigen, indem fit‘ eben
fremde: Vorbilder «näjabrnten®). “Auch ‚ar piaftifchen Schuiiche fehlte
es. niche.” 2lbgefeben wont'YTippfachen. aus Ebern, Glas,! Brote, Bbtmt-
bildern, :Tieifigunense. %);nliebte man, im Arm dts Soanfen oder in; und
vor-Ternpeln;. auf;öffehelichen:Plägen a..f..ww. Vlichahinungen. berfhmeer
Statzen aufbüftellc; meift aus billigen: Wateriak:itn Balk-ıoder, Sand
ftein; fo wurde 3.23.:in Worms:eine feßr yune; leider verfühmmelte:Aopie
eines: 2ipollos gefunden; Jumeilen audy in Wiarmot;;noierni w.. die [ehöne
Aunezche inErier. Diefe Marmorfarrden (ind. mieife: Erportware: 4
« Eben‘.birfel verebeinde: Einfluß griecbtfeber. Runft serfedtre Tich
fogar »guf” die). gewwöhnlichften (Bebrauchsgeqenfulnde: . ‚Da auch- det
+ age: md Sand "an. den herrlichften ; Wufeeen: bilder,
Die Nomaniferumg‘ Ser Nheinlande. P
veidhre? fie vb: redhnifche "Gertikeie bin; um "qure Tacrähmungen:zü
Hiefern;; umb. fo. troberre‘ gleicsfam :das "‚zandiserf eihten gebßen Teil''des
Gebiets; das..im ‚anderen Zeiten ‘der eigentlichen Rurift gehört bar; mb
ds! zikeoichelse (üb) “auf Diefem. Boden‘ ih. einem. Ulmfange;:toir'’eb.ben
mb bi indie men Boch der Before
Bedbefnis mögtichıuear"").
Sin Zen Eder fe; "oas feine Anforderung an Wohnung; Elabeung
und‘) Erankıinbertiffe,febe genhgfant.'; Tim: Elorden zwang: jedoch das
Blima zu Vorkebtungen; man: vehvabree. die:iFenfrer mir Bias, und
man heise. ‘die: Ziminer: "Durch unteriedifche Röhrinleitung. : Sie die
Dekoration des: Zaufes ‚benute ‚mais: anftrt „der: in Rom: Üblichen
Boftbartn‘ Materistien vielfach Surzogate: Sud‘, bon; Terratorrir und
Gipa. .:}Mam. begnügte fich. gern. mit dem «Schein einer heiten: Pracht
und etfreute: fich der Jarben und Bilder, die nicht viel Boftern.
Will man ‚eriva. den :Lurus der Reinfichteir tadent ' Bebantirife
ja, Daß die Verforgung der Städte mir gusem Wsffer eine Zaupeaufyabe
der Stadewdter war. " Weberall, wo zömifche. Rulcue ‚einfr‘blühee, fmdel
fi. Spuren :röinifcher. Wäfferleiniägen, dir ofr'mit'großen‘Roftin von
weither -auf':Pfeileen der Stadt zugefhber wurden; md nirgends Fehlen
bie-.öffenelichen, Bäder: für Männer und Sraten.'Bogar. die Land:
beroobner ;pfleiten. ügtich Si’ baben;” darin. ehr: Beneca: ein «Symptom
des. Gittendenfalles;; indem: man ini der giıren."alren Bee’ nür alle achr
Tage: gebader; haber Er wer freilich. ein Pbilofopb: ' Das Bedhrfnis
der-Reinlichkeit berbreiceie fi) "mir DE ämern tm. die Propingen:
Welcyen Lupus man in Babeeintichtungen entfältere, zeigen Die großartigen
Thermen St. Barbara in Trier. Diefer Lupus bat fid) bis cief in das
Wiirrelalter erbalten, und erft der Rigoriomus der Reformation bar ei
fbblimme Xenderung diefer Sirre bewirkt, Fo daß noch zu Boetbes Zeit
das Baden im Sreien für anfeößig galt.
Geroiß, jene Rulrur des abfterbenden Amerreichs war in vielen
Beziehungen eine böchft ungefunde, weil überreife, aber doch wieder eine
ungemein reiche; fie bat unzählige Srüchte gegeitige, an welchen wir uns
noch beute erfreuen.
In Gallien haben wefentlid nur.die Reichen, d. b. die großen
Grundbeflger, die rSmifihe Rulrur in fid) aufgenommen, während das
Volt forwohl feine Spradye und feinen Glauben als feine nationale
Sonderart bewahrte. Ban; anders in den Abeinlanden. “ier gab es
s 2. ap,
keine fompakre ‚Volksmaffe, fondern! Tebiglich eine‘ Ampahl!ivon Völker
fplittern, Belten und Bermanen neben: und Disrcyeinander;) obne innere
Sufammenbang: Die ftarke' militärifde Befarung;diewenigfiens"im
3: Fabrbundert, aus "Ttalienern beftand, famt. ihrem-Anbang, den Aaufi
leuten; ‚aandwerfern "und Sklaven, “hat. in gansanderen Hllafe)als:in
dem von Goldaten entblößten Gallien die Romanifierung befördert.
Widerftandofäbig Lonnte bier. Die einheimifche Belrifche Besölkerung
fein und. ebenfowvenig die! germänifchen Stämme'deriWanigiorien:id f£
Demnach ift es begreiflicy, daß‘ niche: allein dieSrädee,oföndern (aid
die Dörfer vollfeändig. romanifiert. wurdeh, und. die" Bodenfimderin den
um ‘Worms beftdtigen dies durchaus, indem derBräberinbilt
der: gleiche sift wie. in den römifchen Gräbern der wormfifchen/TTetropälel
Die erften zwei Jahthumderte des vömifchen Raiferreiche ihären eine
iberaus gihePliche Zeit, wo man, der Sorge um die SicherbeitiderPerfon
und: des Eigentums Iedig, fid) einem ftoben,' durch die-Rünfte verfehönten
Lebensgenuß . bingeben "durfte, - ein Glhicßögefühl; das zuiinald in den
Wonumenten der weinfröhlicher Wiofellandfchaft fich'swiederfpiegelt. Det
große Wartomannentrieg sur Zeit des Pbilofopbeitkaifers Marc Aurel warf
freilich fdyon feine Scharren auf’ die Eommenbde röstrige Zeit. "Damals rÜbeten
fich wieder einmal: die Cbarten, "die vomdein Statthalter Obergermaniens)
Baius: Aufidius. Vicrorinus, im’Jabre1J62 Auitfekgefchlagen wıirden!
Darauf folgte eine Zeit des Sriedens,"bis- fodann. ai "Anfang des
3. Jahrhunderts dee Arieg der Germanen wieder. begann, dir'forran mit
unauogefegten Sammerfehlägen das zömifdhe Reich in-Trümtmer:fdlagen:
lobt hatten die Römer auf ihren weitaus:
febenden Plan der Eroberung des Innern
Germaniens verzichten und fi mit dem
Abeine als Reicpegrenze begnügen mölfen;
über es war ihnen doch gelungen, den Rhein
zu einem römifchen Binnenfluß zu machen,
und durch die Anlage der römifchen Brenz
webre hielten fie die Bermanen von dem
gewalctbätigen Eindringen in das Weich
lange Zeit mit Erfolg ab. Bei den
germanifdyen Stämmen fanden aber innere
Veränderungen ftatt, über welche eo Beine Runde giebt, deren Ergebniffe
jedoch fich darin zeigen, daß an Stelle der vielen Bleinen Völkerfebaften
der taciteifihen Zeit im 3. Jahrhundert große Völferblindniffe getreten
find. Waren früber diefe VStkerfchaften Republiten getoefen, mit
Gaubduptlingen an der Spine, fo eneftanden nun große militkrifche Völker.
bündniffe, deren Leitung 'ein gewählter &erzog oder Dur hatte, fpäter ein
erblicher Stammestönig. Zu ihrem großen Schrecken follten die Römer bald
erführen, was Diefe von ihnen unbeachtete Revolurion zu bedeuten hatte.
Das tömifche Reich war nicht mehr dasfelbe Staatswefen, wie eo
einft Auguflus begründet hatte. Das augufteifcbe Prinsipar glic) fcheinbar
einem Eonftirutionellen Staate, in dem der Senat die eigentliche yefen-
gebende Behörde war, der Princeps die Erekurive befaß. Diefer Schein:
konftirutionalismus des Prinsipats entwickelte fich in träftigen Anden
zu einer wirklichen monarchifhen Gewalt. Schon unter Trajan haben
15. Dee, Die Ruine ver enfcn au. ”
ss 3. Bapitel,
die Zeirgenoffen das Gefühl gehabt, daß das Staatswefen in ihm ich
darfielle. @emeindefteiheit und Selbjtverwaltung bilden das YDefen des
antiken Stabtftaates, jedoch fon am Ende des I. Jahrhunderte werden
diefe ftark befchränkt. Die republifanifchen Tnftitueionen verfdhmwanden
mehr und mehr, und es bildere jich eine allmächrige Dureaufatie aus, an deren
Spige der Bardepräfekt ftand, der mehr als einmal dem Raifer die Bewalt
fireitig machte. Die Solge Davon waren Palaftrevolurionen; das sügellofe
‚heer erhob und entferte die Raifer nach Laune und Willkür, und immer
wieder machte der Senät den Derfuch, die frühere Gerrfthaft zurfkfsuerlangen.
Die mitirkeifhre Mache enefprad fdon lange nidyr mehr dem
Bebhrfniffe des Weiche mit feinen gewaltig ausgedehnten und meift
ungenügend gefehlisten Grenzen. Brad). an einem Ende-der Krieg
Ios, fo drangen an anderen Orten dit Barbaren Über die Brenzen, und
oft genug wurde mitten im gefährlichen Briege ein Kaifer von, ber
sügellofen Solbatrsta ermordet. Die Folge war der "Verluft ganzer
Provinzen, fogar Jralien war vor den Kinfällen der Barbaren nicht
mehr ficher; Die Folge diefer verheerenden unglchfeligen eiege und
der einreißenden Wlifregierung waren ferner die Serrheung der Finanzen
und Volfswohlfabrr, und and in “and ging. eine Verminderung der
Voltstraft und der Volkszahl. Und die Mittel, diefen. Uebeln zu
wehren, waren in ihren Wirkungen womöglich nad), verderblicher "ls
die Urfachen. Um bie Lüchen, weldye der menfehenmörderifche Yarkor
mannentrieg in die römifche Bevölkerung geriffen batte, auszuffilfen, bat
man maffenhaft die Germanen als Rolonen in Jralien, (pdter auch in
Gallien und anderen Provinzen angefledelt. Diefe Aolonen waren zwar
perfönlich frei umd Fonnen Vermögen erwerben, aber fie waren erblich
an Die Scholle gebunden. Tbre ungebrochene Braft follte dem State
die Ketruren liefern, deren man (6 dringend bedurfte. WDohl meift nur
untermoorfene Germanen raten in diefee Stoangeverhälmis ein. Andere
germanifche Voltsftämme wurden als Lären auf Öffentlichen Ländereien
angefledelt; fie durften Diefelben nicht verdußern, audy ibren WOohnfin niche
verändern und mußten Rriegedienfte leiften!). Auch ihr Verbälenis war
ein erblidhes und ihre Organifation eine Porporative. Unter dem YIamen
Gentiles verftand man im 4. Tahehundert ebenfalle auf eömifchem Boden
angefiedelte barbarifcye Truppentörper. Viele Bermanen gingen außerdem
ein fieico Dienftverhälmis ein, und mancher erflomm die lange Stufenleiter
römifcher Aemter und errang zulent den Purpur. Go erflliee fih das
er Banpf um den Ahein. s
tömifcye Heid) mit den Betmanen und mit germanifdem Beift und YDefen.
Von innen md von aufen tourde esdurch bie Zbarbaren serferstund zerfehlagen.
Die Quellen nennen: um ertenmal im Jahre 213 die Alamannen'”).
Darunter iß.nichr ein Voltename zu verfieben, fondern es handelt fid,
um einen VSlkerbund, deffen Bern die an der HElbe feßhaft gewefenen
Semnonen waren. Auf Der langen Wanderung mit Weib und Rind
und fahrender Yyabe verbanben jid) ihnen andere germanifebe Völterfchaften.
59 erfibienen fie am Anfänge des 3. Jahrhünderts am römifchen Limes,
bineer ihnen drängren. die Burgunder, „die Ylachbarn der Semnonen,
ofkwäres bie "ermunburen, mordwefllich: die Chatten. So blieb den
Alamannen Feine andere Wahl, als«den‘ Verfü zu machen, den Limes
zu durchbrechen. Am heine fanden nur noch vier Legionen: in
Germania superior VIII. Augusta und. XXI. Primigenia und in Germania
inferior I. Minervia und XXX. Ulpia, die Durdy Detachierungen und die
Befegung ber Limeskaftelle ftart gefehwächr waren. Außerdem hatten
die römifchen Truppen an Schlagfertigteit viel eingebüßt, weil die
Regierung Rüchficht auf die simehmende Unkuft der Unterebanen zum
Briegsdienft nehmen mußte und beim. WJangel an geeignetem Nekcuten-
material gesungen wurde, die Leute unvernünftig lange bei den Sahnen
zu behalten“). ‚YTamenelich mangelte den Amern die Reiterei. Die
Alamannen aber waren flinte Reiter, bie zu Pferde die römifchen Bebiete
plünderten. Der ?riegsrlchrige Raifer 11. Aurelins Antoninus, genannt
Caracalla, erfebien im Auguft des TJabres 213 am räcifchen Limes,
überfehrire Denfelben und feblug die Alamannen. Er legte neue Raftelle
an und. befefligee Die: Fleckarlinie flärter. Ta er gewann foger die
Seeimdfchaft der Alamannen und empfing ihre Befandrfchaften in
germanifdyer Tracht. Einige Zeit hielten jle Ruhe. Im Verkehr mir
den Römern wuchs ihr polirifehes Verftändnis, denm nicht mehr wie
fehber fürmten fie blindlinge auf die römifchen Linien ein, fondern
warreren Elug Die Verlegenheiten der Römer ab, in weldye der perfifche
Brieg im Jahre 233 jie verfente, und Überflureren die reichen qallifchen
2änder, woährend die Wiarkomannen gleichzeitig die Donaugegenden
verwüfteren. Matfer Aspander fam nach Wiainz. Sr hielt cs für
voreeilbafter, die Ruhe durch Geldzablung zu erkaufen, als die Alamannen
zu bekämpfen. Diefe Seigheir erbirerte die Soldaten, und fie erfchlugen
ihn 235. Sein von den Truppen gewählter Ylachfolger, der Thraker
Wariminus, errang fic) den (Ebrentitel Bermanicus. Der im Jahre 236
7” 3. Bapil:
am Abeine erfodhtene Sieg war auf lange der Iente, den. Die Asıner
bier ertämpft haben. Dadurdy wurde die Brenze wieder: gejichert.
Aber feit der Witte des 3. Tahrbunderts wuchs die Gefahr um fo
mebr, da ein Raifer nach dem anderen: geftlrse twurde uhd-die' Bermmanen
die Zerriierung der eöiifchen derrfchaft einfichrensll zu: benfizen:verftanden:
Als ein Teil der römifchen: Legiokien nach Jtalient abzog;umsibhrem Binifer
Valerian zu helfen, da durcpbraschen die Bermanen-bie-fchleche:weriwahree
römifche Brenzwehe. Am’ Tiederrbein tauchte der neue YTame der Sranten
auf), d.h. die Seien; fo nannee fich./ber. VSlferbund deriCbatren;
Brutterer, Cbamaven; "Amfivarier: und Cbartuarier, im Begenfagzuben
von Kom in Abhängigkeit lebenden Bermanen. Jbnen febloffenfichfpdter
nod) andere niederrheinifche Völkerfchaften.an, und diefer Bund-diriGeanten
seofieldann in die drei sauptggruppen der Salier, der Riptiarier, und der effen:
Baifer Balliemis)betämpfte am Oberrhein 256:-+260die/Alamannen,
Eine Schar unter ihrem Rönig. «Chrofite. drang\unrer-fehredflichen- Ver;
wüftungen bio nach. Arleo vor; wo fie den Untergang: fand;<eine andere
erfehien zum Schrecken |der/verweichlichten Ttalier "wor RavennirsiDie
Sranten durchfdyweiften ganz. Ballien und Spanien. Zu gleicher Zeit
überfluteten die Boten das Hei: Der Statthalter Balliens Poftumus
lief fich von feinen Soldaten 268 zum Raifer erheben; er fehlug feine
Vefidenz zu Trier auf und machte Wainz und Böln wieder zu Jaupt-
waffenplägen. Die Sranten und Alamannen trieb er zurüct, aber die
techterheinifeben Befisungen gingen den A&mern verloren, und man mußte
fich begnügen, die Stußhbergänge durch ftarke Jorts zu befeftigen.
Die, Alamannen waren wegen ibrer Braufambeir und wilden
Zerftörungssout befonders berüchtigt. Bei ihren Plimderungssügen werden
fie Eigentum und Leben nicht gefdhone haben, doch den befeftigeen Städten
Eonnten fie nichts anhaben. Sreilic die vechterheinifdhen Lande. innerhalb
des Limes fielen ihnen gang zum Opfer. Ucberall zeigen die ebemaligen
vömifcpen Städte, Lopodunum ıc., Spuren gemaltfamer Zerjtörung. Die
Wiünsfunde bieten einen Beleg dafür, daß zur Zeit der Antonine jeder
friedliche Verkehr aufbörte. YTachdem die wilde Zlur der Völkerbewwegungen
erwas zurlicgeflaut war, fammelten fich die erfprengten Bewohner wieder
und ließen fid) in den Trümmern ibrer Städte nieder'®). Die Algmannen,
welche die Städte mieden, mögen dies zugelaffen baben. Diefe Romanen
bewabrten aud unter der Serrfihaft der Germanen eine freilich allmäblich
serfallende Rultur; fie beerieben nad» römifher Art die Landroierfebaft
er Bampf um ben Ahein. 7
und Die Gewerbe und wurden die Lehrmeifter der Alamannen. Sie
Inlıpften, als im 4. Jahrhunderr die Zeiten wieder envas friedlidyer wurden,
ihre alten Verbindungen mit. ihren echterheinifchen Zandeleuren an und
bitberen fo die nattielichen Vermittler ztoifchen diefen und ihren neuen «herren.
Bans unbeilooll waren diefe Plünderungestge der Germanen für
die Seädre. Die Sinanzverwaltung des Reichs geriet in die grenzenlofefte
Unordnung; eine unerhörte Belönot riß ein und damit im Zufammenbang
eine große Wlnzerifis. Die Silberdenare der guren Zeit fanten rafend
im VDerte, indem immer mehr Rupfer zugefent wurde, zur Zeit des
Septimius ;Severuo 5060 Prozent; im 3. Tabrhundere berrug der
Sibergehalt nur ned) 5 Progene und unter Dioklerian war der Silber:
denar zur Bupfermlinze berabgefunten, welche Die einzige Verkehrsmünze
war. Bold und Silber verfdranden ans dem Verkehr, und man
fieuerte unaufbalefan wieder dem Spftem völliger Klaturalsoirefchaft zu,
indem Steuern und Gehälter in YTaturalien, nicht mehr in Geld
entrichter wurden"®). Diefe Sinanznor führte zum völligen Staats:
banterott. Die Bürger mußten mit: ihrem eigenen Vermögen für die
Steuerfummen, die ihren Bemeinden auferlege wurden, auftommen, und
da die Reichften, die Senatoren, fi) der Steuerpflicht durdy Verlegung
ihres Wohnfizes auf das Land zu entziehen wußren, fo fiel die ganze
Steuerlaft vornehmlich auf die mittleren Mlaffen. Das vordem fo
lebendige Bemeingefühl wurde volltändig erftit. Die Uebernahme
fädeifcher Aemter hatte nun den Ruin der Betroffenen zur Solge, aber
es gab Beine Merrung, denn der Staat zwang fdonungelos die im
Dekurionenftande Beborenen zur Erfüllung diefer Pflicht. Schon Uipian
Dig. 50, 2, I föhrieb vor, daß ausgersanderre Dekurionen vom Statt:
balter mit Gewalt in die “eimar zurbckgeführe werden follten, um ihre
Aemter zu Übernehmen. Der Begenfaz von reich und arm wurde nun
noch graffer ale zuvor. In einzelnen 4Änden fammelten fid ungeheure
Vermögen an, während das Stadtvolt verarmte und die Lndliche
Beoöiterung durdy die Barbareneinfälle, den Uebermur der Golbaten,
die Peft und Jungerenor zur Verzweiflung getrieben wurde. Es
entftanden fommuniftifche Bauernrevolutionen in Gallien, Vorläufer der
Jacquerieen; Damals nannte man fie Bagauden. Diefe Bauern eroberten
fogar das fefte Autum und verbrannten diefe Durch ihre litterarifche
Tdeigkeit berüihmre Stadt. VOobl ftellte der thchrige Baifer Aurelian
die Orönung einigermaßen wieder ber; aber er murde von feinen
72 3. Baier.
Offisieren 275 ermordet. ‘Das war ein neuer Antrieb für die Alamannen
md Sranten, den Abein zu überfebteiten. Gegen: 60 "Städte. follenöfte
gebrandfehage haben. Dir tapfere Probus trieb die Alamannien über den
Abein zurhc® und verfolgee fie bis ins Lledarthal-umd\die Schwäbifche
Alb. Uber auch er vermochte nicht die römifche \herrfebaft:saiif) dem
sechten Mheinufer wieberberzuftelien und. mußee.twieEarncdlia> fich
begnügen, Bricentöpfe am rechten Afer zu ertiihten. »4Er.ıfchlofsmit
den Bermanen Verträge, Imur denen fleiihm Soldaten fiellen’ folleen; und
viele Taufende fiedele er als olonen in Gallien‘ und» Britannien an:
‚Aber die Volfotraft der Germanen fehien unerfchöpflich, "amd forenedhreid
bebrobten fie die linerbeinifdhen Städte. ssinter.'den 2Akimannenid
Sranten drängten die Burgunder und Gachfen. Es batterden Aanfebeim,
ale ob man der $ut nimmer. Wieijter werben wiitde. “in.
Der Wiederberfteller des römifchen- Staates it Diokleriamgewefen;
eines der größten organifatorifcben Benies aller Seiten. Er hät dasin
feiner Art Blaffifche Gebäude des Staarsabfolutismus-errichter. Die
Bafis feiner Staateordnung ift die Souveränitke.des" Volkes, Dasıbem
Serrfher alle Bewalt übernäge.. Tbeorerifc) wird Biefer vom Wolke
gewählt, chatfächlich aber durch die Armer.- Gegen feinen Willen giebt
es keine Schrante; dein Die gefengebende Bebörde, Ber Senat, ift Iediglich
Parade. Das Zauptinftrument feiner Serrfchaft ift ein Staatsrar und
eine woblgeglieberte Beamtenbierarchie. Alle Beamten, vom erfien bis
zum niederften, find direkt vom Raifer gewählt und ihm veranmwortlich.
Es war eine Verwaltung, Die alle Bebiete des Öffentlichen, weirefehafktichen,
Tommunalen und religiöfen Lebens umfaßte. br war eine geborfame
freuersahlende Unterthanenfhjaft unterworfen, die jeder politifchen Rechte
entbebrre. Alle Unterfehiebe der Ylarionen find verwifcht, dem gleichen
umiformen Negimente unterworfen, die Territorien ohne Aüchichr auf
geogeapbifche und biftorifche Verbälmiffe wie ein Schachbrert eingeteilt;
ein forgfälrig angelegres Steuerkarafter, alle Fünfschn Jahre erneuert, im
gangen Staate eine offizielle Sprache, ein offizieller Aulıs, ein Befeg:
buch, vortrefflich, um die Unterehanen in Untervoizfigteit vom Staate
zu balten; die alten Bebures- und Kangftände befeirige, dafhır neue
Rangftufen, mit böfifchen Titulaturen, die jedem, felbft den geringften
Bürger, zu erflimmen möglich war, fofern er nur Talent und Blüc
batte, wodurch der perfönlicye Ehrgeiz auf das gewaltigfte angeftachelt
wurde; winfte doch in Ienter Linie dem Blücklichen der Baiferliche Purpur,
Der Banpf um den Ahein. 7
und mit diefem beBleiber war er fon zu Zebzeiten ein görtlicbes WDefen,
das audy nad) dem Tode als Bott verehrr wurde!").
Die lbrifde Verwaltung hatte fon feit Jadrian die Autonomie
verloren und diente infolge der Dioklerianifehen Staatsordmung fortan
lediglich den Booecken der Staatsverwaltung. Dereite im 3. Jahrhundert
batte die Stadtgemeinde auf die Wahl der Stadträte verzichtet; Ddiefe
ergänzten fich felbft. Sie befaßen noch eine befehhränkte Berichtebarkeir.
Im 2. Jahrhundert war ein neues Amt gefchaffen worden, der Curator
reipublicae zur Montrolle der flädeifchen Sinanzen. Diefer Rurator
wurde zum fländigen Beamten erwäblt aus der Zahl derer, welche die
fiädrificen Aemter durchlaufen baten, und vom atfer beftärigr.
Valentinian fyuf fodann 36% ein neues Amt, den Defensor civitatis'”),
deffen Aufgabe war, die unteren Stände gegen die WOillElr der Beamten
zu fählinen. Ylur ein vornehmer Wann folle zu diefer Stellung berufen
fein. Doch das Wohlmollen des Raifers vermochte den Srädten nicht
mehr aufgubelfen, da bie Anforderungen des Staates an die Steuerkraft
der Unterthanen allzu drüctend waren. Denn man richtete die Ausgaben
nicht nach den Zinnahmen, fondern erfere wurden fort und fort erhöht.
Damit Beiner der eifernen Steuerfchraube entrinnen Bonnte, wurden
MWafregeln getroffen, wie fie driicfender und verderblicher niemals in
einer Verwaltung eriftiere haben. Der Einzelne wurde mit fat unent-
tinnbaren Seffeln in den Stand gebannt, in dem er geboren war. Zahlen,
Steuern erheben, verwalten, den Laften der Verwaltung unterliegen: das
war damals das Los eines Stadtbewohnere. Die fürvere Zand des
Staates legte fih auf alles, was der Bürger nur befaß: auf fein
Dermögen, feinen Erwerb, feine Arbeitskraft. Dumpfe Bleichgäleigteit
bemächtigte fich aller, und fehließlich begrüßte man die Bermanen als
Befreier von einem unerträglich geroordenen Joche.
Dioklerian hatte in der Erwoägung, daß ein YJann in diefen fähtwierigen
deiten unmöglich ein fo großes Heid) beherrfchen Line, die Regierunge-
gewalt geteilt, indem er feinen Yoaffengefährren Wiapiminian zum Miiekaifer
ernannte und demfelben bie Verwaltung deo Woeftens übertrug. Defjen
nädhfte Aufgabe war die Cliederwerfüng des gallifdyen Aufftandes. Die
gallifcyen Bauern, namentlich die berittenen Sirten ber großen Weide
fireden, machten durch Zeimfuchung der Broßgrumdbeflger und durch
Serfißrung der Multuren ihrem Zaß und Grimm Luft. Auch die
‚Rolonen und Läten beteiligten fic) an dem Aufftande, und die Alamannen
4. Beer, ie Ruine der nen Mu, 1. Ds
74 3. Bapiel
und Sranten waren jederzeit bereit, Ballien zu überfluten. Die Bagauden
erhoben ihre Anführer Amandus und Aelianus zu Raifern. Diefe fchafften
fib in der Landfepaft weifden Seine und Wlame eine unangreifbare
Stellung; von bier überzogen fie und plünderten fie Die gallifdyen Städte;
bier bargen jte ihren Raub. Wlafiminian ftellte die Ordnung wieder ber,
aber die Quellen diefer fosialen Revolurion konnte er nicht verftopfen.
* Die Aamannen, von ben Burgundern füdrveftwärrs gedrängt, harten
fib innerhalb des Limes zwifchen Ahein md Bodenfee feftgefee. Sie
brachen mit den Burgundern 286 in Gallien ein, zugleidh erfchienen
Geruler und Ebaibonen am Abein. Die game germanifde Welt war
damals in Bewegung. YWfariminian vernichtere Die Geruler und Chaibonen,
die Alamammen und Burgunder wurden ducdy die Peft und den Zunger
aufgerieben, und Die Römer verftanden es meifterbaft, die Bermanen
gegeneinander aufsubenen. $Es gelang dem Baifer jedoch nicht, das rechte
Abeinufer zu fÄhtrmen, und am Anfänge des Jahres 287 ducchftreiften
germanifebe Plümderer das WIofeltal bio Trier, wurden indes vom Baifer
Surtickgerrieben, der im Geühjabr fogar von Wiainy aus über bie Brücke ging
und einen Teil der mittelrbeinifchen Lande jeitweife wieder gewann. Brofe
Waffen der Sranben wurden in den Gebieten der Viervier und Treverer
angefiebelt, alfo vermutlich in den jegigen reifen Jalm&dy und St. Dith,
wo die uralten fränkifchen Ortsnamen auf -lar häufig vortommen !”).
KErft als Wariminian den Conftantius Eblorus zum Cäfar annahm,
gelang eo diefem großen Staatsmann und Seldberen, Gallien wieder zu
befriedigen. Yun wurde das linkorbeinifche Land durch Erbauung von
Burgen und Befeftigung der Städte gegen die Angriffe der Germanen
gefihert. Auch der Sohn des Conftancius, Bonftantin der Große,
bar diefe Uhdeigteit forrgefene. Wlan nahm das Material für diefe
Befeftigungen, woher man eo befommen Eonnte umd fäheute fid nicht
davor, die Grabfteine felberer Befchlechter ale Duadern zu verwenden.
So befteht die Wauer in Wins (auf dem Bisgrubenwoeg) aus foldhen Denk
fieinen des ehemaligen Yyainzer Legionolagere!®*). m grofartigeren Maß:
flabe gefdyab die Verwendung fEulptierter Brabfteine bei der Erbauung der
Raftelle Noviomagus (Fteumagen), Icorigium (Junteratbh) und Bedavicus
(Bitburg) an der Aömerjtraße Trier-Röln; ebenfo in Aelon. Diefe, Durch
eiferne Rlammern verbundenen, als Sundamente der Wiauern dienenden
Ouadern enthalten die berrlichften, infteußtioften Darftellungen aus dem
bäuslichen Leben der Bewohner des Wiofellandes für das 2. Jahr:
Der Banpf um den Rhein. 7
bumdert. Achtung vor den Aunfhwerken vergangener Beiten befaß auch der
Römer nidye und nody weniger Pietdt gegenüber früheren Befchlechtern.
Waren doch diefe im ftürmifdyen Wechfel der Zeiten längft vergangen"),
Auch Trier fÄyeine im jene Zeit neu befefige worden zu fein"). Teier
war feit dem Jahre 286 Nefidenz der in Gallien refidierenden Cäfaren oder
Baifer. ser hatte Conftantius Chlorus 292 bie 305 und dann fein
Sohn Monftantin der Brofe 306 bie 312 gewohnt; ’onftanin II.
337 bio 340, Bonflans 30 bis 350, Dalentinian 364 bis 375, Bratian
375 bis 383 ıc. Monflantin und die anderen Raifer fdmüchten ihre
Refidenz mit großartigen Bauwerken. $Es eneftanden der Eaiferliche
Palaft, die Baftlite und das Sorum, das Amphitheater, die Bäder.
Die Porıa Nigra gehört hingegen einer weit früheren Bauperiode an.
Die alte Stadt hatte eine namhafte Erweiterung erfahren. Sie debnre
fid von der Porta Nigra bis zur heutigen Vorfiadt St. Matthiss aus,
und die Wofelbrüce, die noch jegt auf römifchen Pfeilern rubt, war
gerade in der irre der Stadt. Die fie fortfegende Hauprftraße teilte
die Stade in zwei “dlften; an ihr lagen die wichtigfien xömifchen
Bausoerke, die Thermen von St. Barbara, der Baiferpalaft und
das Amphithester, umweit von ihr die Bafıliia und das aus des
Präsorianertribunen Y7. Pisonius Vicroeinus"?).
Bonftantin der Große erneuerte und vervollftändigte das Werk
Diokletiane'"”). Unter ihm berefchte Ruhe und Sicherheit im Reiche,
aber die Tpronfireitigteiten und Uflwparionen unter feinen Vlacyfolgern
eröffneten den. Germanen immer von neuem den Weg in die römifchen
Provinzen. Die Zuftände waren im Jahre 355 in Ballien fo gefabr-
deohend, daß Conftancius fich enefihloß, feinen Vetter Julian, den er doch
fürchtete, zum Cäfar zu erheben und ihm ale Kegierungsbezir® Ballien
und Britannien anyumveifen.. Die Lage der rheinifchen Lande war wahrhaft
moftlos. Die zur Zeit Dipkletians- angelegte Verteidigungelinie in den
linEscheinifchen Landen war. vielfach. durchbrochen und die Baftelle
serfidet worden. Die wenigen Soldaten genbgten nicht zur Verteidigung
der Heichegeenze und des Bandes, unb die Alamannen fuhren fich auf
beiden Ufern des Abeins feftsufegen:
„Tronig auf rÖmifdjem Ufer
Tranten den Abein und ftols auf linfem und redıtem Gefilde
Bürger bier hießen und Sieger“.
finge der römifde Dichter!)
76 3. Bapire.
Die Sranten harten die Bebiete von Straßburg, Brumarh, Zabern,
Sels, die Baue der Yiemeter und Vangionen befegt, wie Tnfein vagten
die vömifchen Städte aus der Slut; denn die Barbaren vermieden fie wie
mie Dornhägen umfchloffene Gräber. Die großen “eerftzaßen waren in
ihrem Befle, und auf diefen zogen fie plündernd tief in Das gallifche Land,
‚ohne vielen Widerftand zu finden, da das römifdhe &eer in Rantonnements
weit gerfireut lag und volfftändig demoraliflert war. Die Bevölkerung
verzichtete darauf, ferner den Boden zu bebauen, da die Srucht ihrer
Arbeit entweder den Steuereinnebmern oder den Barbaren zu gute Bam.
Der junge Cäfar betrachtete feine Berufung unter diefen Umftänden
felbft als eine Verurteilung zum Purpur, denn der Raifer gab ihm keine
ausreichende militärifche Unterftügung, ımd voller Argwobn ließ er ihn
durch) Spione übermadyen. Tulian beklagte fein 206 als das eines Sklaven,
aber feine Säbigkeit und Energie waren den Schwierigkeiten vollauf
geroachfen. Er ergriff die Offenfive gegen die Alamannen, entriß den
Sranten Röln und brady fodann durch die Pforte von Zabern gegen die
Alamannen vor, die gleichzeitig von anderen germanifchyen Stämmen bedränge
wurden, fo daß fie um Srieden bitten mußten. Die Lage war 357
gleichtoohl Britifch genug, da die militdeifchen Silfemirel Tulians viel
zu gering waren. Sogar die von ben Römern in Dienft genommenen
germanifchen 2ten machten zutweilen gemeinfame Sache mit den Aaı
mannen. So mußte fich Julian in der Defenfive halten und fich zundchft damir.
begnfigen, die römifchen Maftelle wieder berzuftellen. Auch Sabern harte
er wieder aufgebaut, deffen große ftrategifcbe Bedeutung er erkannte: Bei
Straßburg flug Julian die Alamannen unter ihren Bautönigen in einer
glänzenden Schlacht aufs Saupt und vernichtere das feindliche Zeer völlig.
Ylum ging der Cffar murig vor, überfchrirt den Ahein bei Mainz
und verwüftete das Mailand. Auch am Yliederrhein ftelite er das
Uebergemwicht der römifdyen Waffen ber, und nachdem er das Land
gegen die Anfälle der Barbaren gefichert hatte, füchte er auch die Wohl:
fahrt der Unterthanen zu fördern. Allein der Baifer, von Vleid erfülle
Über die Erfolge feines Detters, fürchte ihn unfd&dlich zu madyen, indem
er verlangte, daß ihm Julian den beften Teil feiner fiegreichen Truppen
zum Rriege gegen die Perfer Überlaffen folle. Die Soldaten wollten
jedoch Gallien nicht verlaffen, wo fie geboren worden waren und wo
fie ihre Weiber und Rinder harten und riefen den Julian zum Raifer
aus. Zum Glüd farb Eonftantius und Julian wurde als Aleinherrfäher
Des Bampf um den Rhein. 17
anerfanne. Yur Burz war fein Regiment; audy fein Yladyfolger Toviarı
farb bald. Wir Valenrinian Bam ein einfichriger und träftiger Wann
an die Spige des Reiches. Er flellte eine Reihe von Mißbräuchen in
der Verwaltung ab und forgee vor allen Dingen für die Sicherheit der
Provinzen. Durch gefezlice Verordnung ließ er allenthalben an den
Stöffen neue Raftelie bauen, Burgi genannt. So entftanden 5. 2. am
‚Aein, von Bafel auftoders, eine Anzabt-folcher Burgen und Wartrlieme.
Der Ylame Burg ift deucfäpen Urfprungs und wahrfeheinlich den Boren
enelehne (baurgs””). Das Wort Fomme zuerft im Jahre 185 vor, im
$. Jahrhundert infchriftlich Sfters"“), und bedeutet urfprämglich einen
befeftigten Ort, nich zum YDohnen, fondern zum Bergen der abe.
Durch) Valentintan wurden all die Stußfbergänge, weldye die
Barbaren feir einem Jahrhundert zu Üüberfchreiten gewohnt waren, durch
Brücentöpfe und Sperrforrs ungangbar gemacht, Seine Vorgänger
hatten den Seieden mit den Alamannen durch Befchente erfauft. Allein
da die Baffen des Staates flers lerr waren, fo blieb man oft den Tribur
fehuldig, ein neuer Anreis, um die Provinzen anzugreifen. Der Alamannen-
tönig Wichitab, „Bein von Beftalt, aber Bühn und tapfer“, füchte den
Alamannenbund zu erneuern, doch Valentinian tam diefer Gefahr durch
Weudyelmord zuvor. Im Jahre 368 hatte der Alamannentönig Rando
Wiainz überfallen und geplündert. Gelt dem Jahre 36% hielt füh
Valentinian in Ballien auf, zumeift in Trier. Am 31. Juli 365 erließ er
aus der Civitas Vanglonum ein Befen. 369 zog er mir feinem Sohn
Gratian bei der Yledarmimdung über den Abein und flug die
Alamannen in einer mörderifdyen Schlacht am Year”), Aufonius
Pries den Baifer, daß er die Donauquellen entdeckt habe. Die Römer
wußten damals nicht anderes, als daß der bein die narrliche Brenze
des Hömerreicyes bilder. Wlan hatte Beine Ahnung davon, daß einft
das Dekumatenland und das Vledarthal im Befig der Amer geween
war. Der Baifer mußte darauf versichten, das redhrsrheinifche Gebiet
wieder dem Beidhe einguverleiben, co war fdon Gewinn genug, wenn
man wenigftens audy das jenfeitige Ufer in der Bewalt bare. Durdy
fein Raftellfyfiem hielt Valentinian die Bermanen im Saum. fin foldhes
Raftell war aud) Alta Ripa am Ausfluß des Yiedars in den Abein.
Gier befehligte Der Praefectus milium Martensium. fEs dauerte nachelich
Jahrelang, bie ber Seflungegtirtel vollender war, und bald da, bald Dort durch»
brachen die Alamannen die langgeftsedtte Brenzwehr. Llue durch die ver«
78 3 Bapiıl,
tirerifihen Rünfte der Diplomatie vermochte der Baifer erroas auszurichten.
Schon längft waren bie Alamannen und. Burgunder wegen des Beflnes
der Salsquellen von Schwäbifch-sall und Kiffingen bitter verfeinder.
Die Burgunder gingen daber bereinvillig ein Bimdnis mic den Römern
ein, in der "offnung, mit ihrer “ilfe die Alamannen: gatiz verdrängen
zu Ennen. So erfchien 370 ein geroaltiger. “eerbaufen. der- Burgunder,
am Abein und: verlangte vom Kaifer. bie. verfarschene. Silfe:“ Die Römer
erfehraten über die brobende Befahr und verweigerten den Burglindern
den Beiftand, worauf diefe unverrichterer Sache. fich surhefsogen:
m ganzen aber beroährte fich das neue Befeftigungsfpftem; wenn
aud) formwährend an der Brenze gefämpft werden mußte. Der Sohn des
im Jabre 375. verftorbenen Valentianus, Bratian, bat im Wiai 378 noch“
mais die Alamannen bei Argentaria (socburg bei Kolmar) entfcbeidend
gefeblagen und dadurch den Blanz der. römifchen Waffen erneuert, aber
vernichtend für Das Anfehen Roms bei den Barbaren war der Sieg der
Boten über Baifer Valens bei Adrianopel am 30. Mai 378.
Unter Dalentinian und Brarian erlebten die gallifdyen und rheinifehen
Bandfchaften einen Spätherbft des Blücde vor dem völligen Zufammen-
brudh der römifchen “errlichkeit. Wenn man aud) ber Barbaren an
der Brenge niche völlig Wieifter wurde, fo Eonnte man wenigftens das
&rgfte Unbeil verbäsen. Valentinian ließ es id) eifrig angelegen fein,
die Derwalnung zu verbeffern. Die Steuern wurden vermindert, der
Bedrüchung und Ausfaugung durdy die. Beamten gefteuere, denn Die
beftändige Amwefenbeit des Baifers hielt die freveinde Yoiliklir der Bnıreau-
tratie etwas im Zaume, und Die. Solge Diefer Tendenz war ein werbälmis:
mäßiger Wooblftand. Der Wienfdy Bann. ja, befanntlich ‚viel Eiemd und
Rummer aushalten, und in fiplimmen Zeiten if er fchon mit wenigen
sufrieden, Srankreid) und die Abeinlande Eörnen nie ganz ruiniert woerben,
Die. Seuchebarkeit . des Bodens md ‚Die Spanntraft der Bewohner
vermögen immer wieder die riftens erträglich zu machen. Zumal in
Trier und im Wiofellande Eonnte man damals eines. fo. felten gewordenen.
Glüctes genießen. Die beitere, eebenumfäumte Thallandfchaft. fiimme
noch heute jedes. reine Bemür ftöblich. Sie erwerft das Gefühl. des
Behagene und der Wohlfahrt, das. Über den YDeinländern in. der Luft
zu femeben feheint (Goethe). Der Güdländer vergaß, daß er im
unfreundlichen CTorden weilte, und. die Fubine Serönhie der Bigmd
gab der Dichrung des Aufonius einen böheren Schwung.
Der Dampf um den Kein. 79
In feiner Villa in Eonz malte und dichrere Raifer Valentinian in
feinen Whufeftunben, wäbrend fein Sohn Bratian, auch er fein gebildet,
kein größeres Vergnügen fand, als mit dem TJagdfpiefe die voilbreicyen
Gründe des Zunsehickens und der Bifel zu durchftreifen. An den Berg:
tehnen und den Ufern des Sluffes fühlmmerten prächtige Villen, aus
gefehmüctt mit herrlichen Wiofaiten und WoOandgemälden, mit fehöhen
Statuen in Wlarmor und in Bronze und. edlem Geräte, und belebt von
Wenfyen, die bie Rumft verftandenn, in edeljter Wdeife das Leben zu genießen.
Denn bochgefchäsr war in Gallien die Runft und die Litteratür, und die
Übetoren ftanden in allgemeiner (Bumft und wurden teuer bezahle. Wohl ift
diefe Lirrerarur phrafenbaft, Hohl und gedankenleer, aber zumeilen tönt uns
doch aus dem Schwwall von Redefloskeln wahrhafte Empfindung entgegen.
Sreitic) nur die Beichften waren in der Läge, das Bldl zu genießen, und
nur auf Eurze Zeit. Sonft war die Lage rrübfelig und hoffnungslos, das
‚Leiden der Bevölkerung fo entfeglich, daß der Sinn flır das allgemeine YOohl
ganz abftarb. Die Barbaren empfing man als Defreier, indem man der
Steuerpflicht ledig wurde. Der KTame eines römifchen Bürgers, einft als
Toptbares Buc begeber, galt nun für wertlos, ja fir verabfiheimgeroirdig,
und felbft vornebme Männer wollten keine Römer mehr fein. Ze graute
den Einwohnern vor einer Wiederberftellung des Reiches in fpÄterer Zeit.
Wie das Seer fich im Laufe deo 4. Jahrhunderrs vollftändig geemaniflert harte,
fo vollzog fich auf dem Lande derfelbe Prozeß. Am Knde des 4. Jabrhunderre
war ein großer Teil der Landbevölkerung am Abeine germanifchen Urfprunge.
Die Städte hingegen blieben von diefer Bermanifierung zundchft noch
unberüher, da die Betmanen die Städte, deren Beriimmel ihnen unheimlich
war, vermieden und fie cntiveber Dienfte im daeere nahmen oder ficb auf
dem Lande ale Bauern anfiedeln ließen. $E6 war aud) damals gerviß fein
Vergnügen, Bürger einer Stadt zu fein. Ver ein wenig wohlhabend wär,
wurde zur Pflicht der Steuerechebimg herangezogen; er hatte: wenigftens
den Vorteil, felbft wieder die Armen drüchen und auspreffen zu £önnen.
Den Gevoinn mußte er freilich mit den babgierigen Beamten. teilen.
Politifce Seeiheit begehrte niemand, aber fchrwer empfand man die
Schranken, Die den einzelnen einengten. in dem Stande, in welchem
man geboren war, mußte man bleiben. Die Stände waren Kaftenarrig
abgefchloffen, und faßt unmöglid, war es, diefe Seifen zu brechen.
Wit der Blüte der ftädtifchen Rultur war es vorbei, feitbem der
Beäftesufluß zu fiocden begann. Bekanntlich war im römifchen Reiche
sc 3. Bapitel,
febon lange die Zahl der Todesfälle größer ale die Bebuersziffer. Die
Volkstraft nahm zu Stadt und Land ab, und das Land Fonnte nicht mehr
an die Stadt den Ueberfebuß feiner Bevölkerung abgeben. „andel und
Verkehr beginnen zu flocden, die Induftrie flebr fill, taufende von
arbeitebegierigen “Anden bleiben unbefchäftige, denn die Grundlagen des
Lebens, die Lebensmittel, für die alle Bewerbthärigkeir Leinen. Exrfan
febaffen Tann, werden nicht. mehr in genfgender Waffe produziert; und
fo beginnen die Stäbte zu. veröden, wie vorber das Land. Die Stadt,
urfprünglidy das “auptförderungsmietel der Rulmur und die Urfache
einer gewaltigen Steigerung und Vermehrung des Woblftandes, vernichrer
febtießlichh Wohlftand und Rulrur und zulege fidh felbft“"N.
Die Buteur Behre gewiffermaßen zu den Anfängen zur. Die
primitiven Sormen dee Wirefehaftstebens erlangen wieder Das Üebergewicht,
weil eine bochenmoickelte Rulcur an ihrer Ueberreife zu Brumde geht.
Seitdem durch die Begrindung des Principats dem politifchen
Intriguenfpiel in Kom ein Ende gemacht worden war, verlor bie
Sauprflabe einen großen Teil ihres Neizes für die Senatoren und bie
reichen Leute, und fie wandten num ihr jntereffe der Landweirtfchaft
zu. $s entfianden die großen Butsweirtfchaften. Die großen Ländereien
wurden in Bauernhöfe parzelliert und auf Diefe “öfe Coloni gefest,
d. b. abhängige Landroirte, die zwoifchen Bleinen Bauern und Tage
löhnern die Mitte halten, analog dem Verhältnis des hofhörigen Baucen
im Wittelalter. Dem Staate waren die Coloni zur Leiftung von Ropfı
feuern und zur Stellung zum Nekeurendienft verpflichtet, ihrem Gute
berrn zur Zeiftung von Abgaben und Spann: und “andbienften. Der
&utebere nahm gegenüber feinen Molonen eine obrigteitliche GBerwalt in
Anfpruc. Er befaß die Polieigemalt und ließ fih) vom State die
Warktrgerechtigteit verleihen. Zwifchen ihnen und den Gtaatsorganen
tam es zu mannigfaden Streitigkeiten, indem die Butoverrwaltungen
verlangten, daß Verfolgungen von Verbrechen ıc. auf ihrem Bebiere
nur durch Requifition zu erfolgen bärten, alfo genau das, was man im
fränkifchen Reiche als Jmmunität bezeichnete: SEremeion von der flaat-
lichen Gewalt in Gerichts: und Steuerfacdyen. Die mächtige Staats:
gewalt fente fich diefer Anmaßung der Brundheren entgegen, aber fo viel
erlangten fie, daß Progeffe gegen ihre Zinterfaffen grundfäglic nur unter
Yainzuziebung der Buteberrfchaft zu verhandeln waren. Die Rekruten-
aushebung und die Steuerverwaltung gefehab durch ihre Dermittelung.
Der Kampf um den Abein. s
Der Gutsberr führte die Zenfurliften, trieb die Steuern ein und barte
ein Ereburionssedht: Als infolge der Barbareneinfälle die Scaatsgewalt
zerfiel, da war der Possessor, der: große Bursbefizer, der mächrigfte
‚Yerr, in beifen Schuge fich die verarmte ftädrifche Bevölkerung flüchtete,
Yoenig gilt Die Soeibeit, wenn Zunger und Drangfale aller Art tägliche
Bäfte find. In den Städten hatte der Markt an Bedeutung verloren,
feitdem auf den großen Bütern die Tnduftrie rarionell organifiere worden
war. Dem Großgrundbefiger lag vor allem daran, möglichft viele
Arbeitsträfte zu befommen, Diefe Arbeitskräfte vor der Aushebung zum
“eerbienft zu bewahren, überhaupt fie eriftenzfähig zu erhalten und
ihnen alfo nur aufsubinden, was fie tragen Eonnten. fan entging auf“
den Poffeffionen der finarlichen Stenerorganifarion, welche einen großen
Teil der tädeifchen Einwohnerfchaft, und gerade deren leiftungofäbigfte
iemente, wie eine Ar fiaarlicher Gubaltener dem Verwaltungs:
Organismus eingegliedert und die gewerbliche Produktion teils verfkaatlicht,
seile ihr eine Art Amtscharakter aufgeprägt und fie unter fcharfe Aufficht
geftelle hacte'”). Wer fonnte, floh der Stadt. Es Fam num oft genug
vor, dafi die Defurionen Gemälde, Möbel, YWiarmorgeräfel u. f. w. aus
ihren Stadrhäufern auf das Land führen ließen. Vergeblich fehrier die
fiaarliche Gewalt dagegen ein. Das Abbrechen von Gebäuden und das
Enrfernen des Weublemenrs aus den ftidrifchen Zäufern wurde verboten.
Wenig balf das. Das agrarifche Element befam wiederum, wie in alten
Zeiten, das Uebergewicht, und die Zukunft gehörte der Brofgrund:
berrfcyaft. in den gallifcben Städten traten nun Zuftände ein, äbnlich
denen Briecyenlands zu Anfang der Raiferzeir. Dio Cryfoftonios fehildere
die Verbälmiffe einer Rleinftadr auf Zubsa. „Saft zwei Deittel umferes
Gebiets”, fagt ein Bürger in der Volkoverfammlung, „liegen $de da, weil
wir uns nicht darum befümmern und zu wenig Bevölkerung baben. ch
felbft befine fo viele Wiorgen, wie nur irgendeiner, nicht nur in den
Bergen, fondern aud) in der Ebene, und wenn ich jemand finde, der fie
bebauen wollte, wotirde ich le ibm nicht nur umfonft geben, fondern mit
Vergnügen nody Geld dazu bezahlen.“ Er macht Vorfihläge zur Gebung
der Armut und der Befchäftigungslofigkeit. Tege beginnt die Versdung
unmittelbar vor den Thoren, „das Land ift vollfrändig Sde und bierer
einen traurigen Anbli, als läge es tief in der WOhfte und nicht vor den
Thoren einer Stadt. innerhalb der Wauern dagegen wird das frädrifche
Terrain großenteils befär und beweider. Das Bymnafium har man in
1. Deo, Die Auer de iifäen Sr. 1 “
2 3 Bapirel,
Aderland verwandelt, fo .daß.Yerakles und die anderen. Bötter: und
Saeroenftaruen im Sommer im.’Rorn verfteckt find, und auf den Warte
ld der Redner, der vor mir.gefprechen bat, jeden Wiorgen fein Vieh
treiben und vor dem Rathaus: und ‚den Amtelokalen weiden, fo daß die
‚Stemden, die zu uns fommen, die: Stadt. verlachen- oder bedauern“.
Diele Afufer freben leer, und die Bevölkerung geht offenbar zuriick.
Aud) Rom wurde menfebenleer, „die +lufer. ftlirgen. ein. und auf dem
‚Sorum und Bapitol weiden Viebberden'”). So fab es allenthalben im
vömifden Reiche vor feinem ufammenbruch aus.
Das 4. Jahrhunderr fdhloß mir einem allgemeinen Bankerort. Wiancher
Aömer harte ein ftartes Befübl von der Schmach, daß die: Barbaren im
Heiche berrfchten, und der Dichter ließ die Göttin Roma lage erheben
Über die Wacht der Barbaren. Ein junger Pbilofopb, der fpdrere Bifdof
Spnefius, meinte: „@leichnwie der Körper alle fremden Stoffe aunfebeiden
muß, wenn er gefunden will, fo gebt au) das Reich zu Brunde, wenn
es die Barbaren nicht ausfcheider. An Männern fehle es Rom nicht,
wogu alfo diefen Sremben die Waffen leihen, die fie in jedem Augenblick
‚gegen uns ehren Pönnent? ft es nicht eine Schande, die Burulifchen
Aemter diefen Pelserägern zu geben? Wlandhe sichen ja freilich Die Toga
an, wenn fie amtlidye Sandlungen vornebmen; aber zu Jaufe werfen fie
diefelbe ab und böhnen, daß man das Schwert nicht führen Eönne in
folhem Gewande”'?). Allein was balfen diefe Rlagent Wan konnte
weder die Barbaren entbebren, noch fich ihrer erwehren. Lnd die
Germanen wußten das. Barbarifche Seldherren waren eo, die das Aeich
gegen die Barbaren fehlinten und ihm die Eriftens feifteren. Bermanen
waren es, die die Rulcur vor den Junnen verteten.
Diglizedby Google
$. Bapitel,
Das Reid) der Burgunder in Worms.
icho, der Sobn eines Vandalen, hatte
unter Raifer Tbeodofius dem Großen die
böchfte WOlirde im Reiche erlangt. Als
Magister militum übernabm er die Vor:
mundfebaft über die beiden Söhne des
Tireodofins und führte die Regierung
mir großer Umficht und Mlugbeir. Im
Dabre 396 ftellte er am Abein die ARube
ber und swang die Sranken zur An-
ertennung der cömifcben "errfchaft. Da
A| brachen die Boten unter ibrem Rönig
A Aarich in Tralien ein. Stilidyo, auf die
Treue der Sranten verrrauend, zo die römifchen Truppen vom Abein
nach Tralien und fehlug den Aarich am 6. April 402 bei Pollenria.
Am Vlewjahrsrage 406 überfehritten Vandalen, Alanen und Sueven,
wabrfeheinlich bei Wang, den Abein. Es war bauprfächlic auf Raub
abgefeben und nicht auf Yliederlaffung. 409 wiederbolte ich Die
Plünderung. Dabei wurde Mainz, nad) dem Berichte des “ieronymus
einft eine berühmee Stadt, „eingenommen und zerftöre und viele taufend
Wienfchen in der Birdye gerdter, Worms nad) langer Belagerung
vernichtet, Reims, Aimiens, Tournay, Slandern, Speier, Straßburg find
deurfch) geworden, Aguitanien, Septimanien, die Lugdunensis und
Narbonensis find bis auf wenige Städte verdder, über Toulon weine
ih umd Spanien zittert“. Jieronymus batte einft in feiner Tugend in
Trier gelebt, und daher bewahrte er für diefe Begend noch ein Intereffe,
F73 4. Bapitel.
aber da er feit 386 in Berblebem wohnte, bar fein Bericht nur bedingen
Wert; er hberereibr in hetorifchper Weife. Auch nad) diefer heim:
fücung haben Mainz und Worms ale Städte fortepiftiert. Aus dem
‚Seblen der Wünzen darf fein Schluß gesogen werden, da der Wiünz:
umlauf in diefer Zeit nur ein dürftiger war. Doc) ift nicht zu leugnen,
daß 3. D. Worms in jener Seit febrecklich gelitten haben muß, denn
überall zeigten die in den Ieten Jabren aufgedeckren römifchen Bebdude
Brandfpuren, und die verbrannten “dufer feheinen vorher gründlich
auegeplüindert oder von den Bewohnern ausgeräumt worden zu fein,
denn nirgends fand jich Wermolles von edlem Wierall oder auch nur
von Bronze vor. Auch feheinen Damals die den Zeirgenoffen nach
deutlich erfennbaren Steinfarggräber geöffner und ihres Inhalts beraubt
worden zu fein. Auf dem großen Brabfeld zu Warienmünfter find von
den 85 Steinfärgen 80 vorber ausgeraubt worden '”).
Im Jahre 407 bemöchtigte fih der Ufinpator Bonftantin der
Gerrfehafe in Gallien und ging mir der Abfidr um, dem aifer
Gonorins das Heich zu entreißen. Er erbat fi die ‚ilfe der Sranten
und Alamannen jenfeite des Aheines. 411 erhoben Alanen, Burgunder,
‚Stanten und Alamannen zu YWains den TJovimis zum Raifer. 413
‚eroberten die Sranken Trier und nabmen die unterrheinifchen Begenden
bleibend in Beilg. Böln war ihnen fchon 355 vortbergebend in die Zdnde
gefallen; feit dem Anfange dee S. Jahrhunderts ging die Wierropole des
Viederrbeins für immer dem römifchen Keiche verloren. Die römifche
Bevölkerung wurde zwar nicht vertrieben, aber ihre Lage war gleichwohl
feblimm genug, denn die Römer mußten nun den Deurfchen als Sklaven
arbeiten und dienen; immerhin genoffen fie ein milberes Los, als das die
Römer den verhaften Eriegsgefängenen Stanten bereitet hatten, indem
diefe von Ronftanrin dem Grofen den wilden Tieren im Zirkus zu Trier
vorgeworfen werben waren. Alle Kinmohner verloren ihre Habe. Wer
flüchten Bonnte, flüchtete. Aber wohin? überall das gleiche Elend. Wer
niche reich und mächtig war, kam in die Gefahr, von den römifchen
Deamten als entlaufener SElave angefprochen zu werden. Vie konnte der
Yaeimatlofe beweifen, daß er von feier Geburt feir
Bundibar, der König der Burgunder, batte an den Parteiungen
der Wachthaber in Gallien teilgenommen und wurde von dem Ufurpator
Jovinus gegen den Magister militum Conftantius in den Bampf gefcbicht,
dem die Wefigoten zu “ilfe Bamen. Die germanifchen Silfooslter des
Das Ne der Burgunder in Worme. 87
Jooinus, darunser die Burgunder, wourden gefchlagen und mußten Ballien
wieber räumen. Die Burgunder waren fihon früher von den Römern
gegen die Alamannen benlige morden. Auch fee wieder fand es der
Baifer “onorius für vorteilhaft, den Sceundfehaftebund mie ihnen zu
erneuern, und er erfüllte nun den alten Wunfdh der Burgunder, indem
er ihnen auf dem linferbeinifchen Ufer Land anıwiee, und zwar in der
Gegend von Worme'®). hr Bebier wurde weftlich durch den Sumerlch
begrenzt, im Süden bildete die Lauter Die Grenze, auch Mainz muß zu
ibrem Bebier gehört haben. Buntersblum wwoifchen Worme und Oppenheim
erinnere an den Rönig Bunther. “Ein Teil des Volkes blieb aber auf dem
rechten Abeinufer zwoifihen Rhein und Wain, in der Abeinebene und am
Gdenwald, von wo die Burgunder die Alamannen nach dem Sliden
gedrängt hatten. Yiody in einer Urkunde vom TJäbre 773 beißt ein
Woaldreoier in der Gemarkung ‚eppenheim, gegenüber von 1Vormo,
Burgunthart”), umd nach dem Yribelungenlied berrfdht König Buncher
zu Worme in Burgunden zu beiden Seiten des Aheine.
Die Volkszahl der Burgunder mird bei ihrer Ueberfiedelung nach
einer freilich fehr willfirlichen Rechnung auf circa 300009 Seelen ge:
febägt. Sie waren Foederati der Römer und bauprfächlich verpflichtet,
den Römern “ailforruppen zu fellen und die rSmifhe Grenze zu ver:
teibigen, fonft aber völlig unabhängig. Die Germanen forderten feir dem
Zuge der Cimbern und Teutonen Land von den Römern, und zwar
verlangten fie fruchtbares, wohlbebautes Land, denn an Stein und
Wurgeläern wat in ihrer sbeimar Bein Wange. Seitdem fie in
gefcbloffenen Waffen das römifdhe Reich bebrängten, tonnte von der
bisher üblicyen Ueberweifungeförm, dem Rolonar, Beine Rede mebr fein,
denn nicht als Sklaven oder Dienftpflichtige wollten die Bermanen im
römifchen Reiche leben, fondern als freie Männer. Wan balf fi) num
mit dem römifchen inquartierungefsftem. Der einquartiere Soldar
durfte von dem saauseigentümer, dem er zur Binquartierung Überwoiefen
worden war, ein Drittel feines Haufe beanfpruchen; der Definer batte
das Recht, ein Drittel des ‚aufeo auszumdblen, während dann dem
Soldaten die Wabl Über die Übrigen zwei Drittel freiblieb. Verpflegung
konnte der Soldat von feinem Ouartierwitt nicht beanfpruchen; diefe
erbiele er von der Milirärverwalrung in Ylaturalien geliefert. Allein
die verlorterte Verwaltung war nun nichr mehr im ande, ihrer Pflicht
nadhgufommen, und fo fiel die Laft der Verpflegung auf’ die Unterchanen.
ss 4. Bapiıl.
Audy Pamen ja die Burgunder nicht allein als Soldaten, fondern. fie
führten Weib und Rinder mir fich, famt ihrer Zabe; fie gaben fi
alfo mit der bloßen Hinquartierung nicht zufrieden, vielmehr verlangten
und erhielten jie einen. bleibenden Anteil an dem Befin ihres Duarrier:
gebers. Die erforderliche Anzahl teilungspflichtiger Befiger wurde unter
die germanifcdyen Bäfte verloft und nicht nur das Wohnhaus mit feinen
Pertinengen wouebe ‚geteilt, fondern vom ganzen Brunbbefig eines jeden
Gausweirtes erhielten die Burgunder ein Drittel. „Wie die Gelber deo
Schachbrerres durchferten fich die Wohnfize der alten und neuen Der
wohner“!2). fo nichr in gefchloffener Wiaffe faßen die Burgunder bei
einander, vielmehr in midhe immer gumeillig ertragener Klachbarfebaft
mit den Momanen. Doch wurden diefe Dadurch der noch fehwereren
Bedrückung ihrer Beamten enrledige und oft genug priefen fie die Dar-
baren als ihre Defreier. Bald entftanden auch imtimere Besiebungen
zweifehen den inheimifden und den Eingewanderten, ein gegenfeitiger
Ausraufeb begann, und ein Ausgleich germanifdper und römifcher Lebens»
führung und Sitte vollzog fi, und gern fügten fi die Burgunder
dem bildenden Kinfluß einer böberen Rulcur.
Die Burgunder galten für weniger rob und wild als die alten
Bedränger der Römer in den Abeinlanden, die Alamannen und Franken.
Orofius fehildere fie als ein Volk von einnehmender, fanftmütiger und
barmlofer Art. Das Joch der Provinzialen war demgemäß fein zu
bartes, und es ift lediglich «hochmur, wenn Sidonius Apollinaris einem
Seeunde fcyreibr: Derfelbe meide die Barbaren, weil fie fiir böfe galten,
er felbft auch, wenn fle gut fein. Sie gehörten zu den Ofgermanen
und waren in Spradye und Sitte den bochbegabren Boten näher ver-
wande als ihren jeigen Ylachbarn, den Alamannen”®). Sie zeichneten
fi) durch hohen Wuchs aus; noch beute zählen die Wontagnards der
franzsfifchen Departements Doubs und Jura zu den größten Scansofen,
während die unvermifehten Gallo:Romanen in den Alpendepartements
die Meinften Leute find. Die Scein trugen wie die Sranten ihr Jaar
Tang, das fie mit Butter falbren.
Wir fäyeuem Zobne, womit fi» Bervunderung mifchte, machte fich
der Aömer über die bepelgten Barbaren luftig. Anfcaulich fchilbert
Sidonius Apollinaris einem Sreunde die Tracht der Burgunder: „Du,
dem häufige Derrachrung von Waffen, Bewaffnung und Bewaffneren
ergögtich it, welchen “ochgenuß (glauben wir) birteft du empfunden,
Tas Reid) der Burgunder in Worms. 173
wenn du den Rönigsfohn Sigismer, nad) Weife und Pug der Barbaren
sefhmücke, als Bräutigam oder Sreier den Palajt feines Schwieger:
vaters hätteft befüchen gefeben! in mit Zieraten aufgepugtes Pferd,
oder vielmehr Pferde, mit ftrablenden Edelfteinen beladen, gingen ihm
voraus, folgten ihm aud) nad). Doch zeigte fi dort das nody flart:
fichere Schaufpiel, daß er felbft mitten unter feinen Vorläufern und den
ihm folgenden Trabanten zu Suß einberfährier, flammend von Purpur,
fintelnd von Bold, mildweiß von Seide, fodann foldhrem Pu gleich:
farbig an Aaupthaar, Geftchrefarbe und aut. Die Geftalt aber des
Sürften und der Benoffen, die.ihn begleiteten, war felbft im Seieden
fähree®haft. Thre Süße vorerft waren mit einem borftigen Schub bis
zu den Andcyein umfchloffen, Bnie, Schienbein und Yaden waren
unbebecdt. ierzu ein an den Oberlelb anfchließendes, buntes Unrerkleib,
das Baum bie auf die bloßen Mnieehlen reichte, mit Aermeln, bie nur
die Achfeln verhülleen; grünliche, mit roten Borten eingefaßte !Wfäntel.
Die von den Schultern berabbängenden Schwerter fÄhloffen fid durdh
die berüiberlaufenden YOebrgebänge an die Seiten an, die ein mit Rnöpfen
befentes Pelwams umgab. Der Pug war ihnen zugleich Bewaffnung.
Von Wurffpießen mic WOiderhaten und von Wurfbeilen war die Rechte
voll; die Linke Seite befcharteten Schilde, deren Glanz, an den Rändern
fhneemweiß, an den Buckeln goldgelb, eben fo fehr den Rang als die Lieb»
baberei verriet. Murs, alles war derart, daß in der Sochzeirsbandlung
nicht weniger ein Aufsug des Mare ale der Venus fich darftellte‘ 7).
Die Burgunder werden als ftarte Effer gefhildere und darum waren
fie den Römern Idftige Duartiergäfte. YIocdy fpäter böbne fie Luirprand
von Tremona wegen ihrer Gefräpigteir"”). Zum Seübftlict genoffen fie
zum Abfehen römifyer Ylafen Rnoblaucd) und Zioiebeln, um fi)
rleicyterung von der allzu reichlich genoffenen tablzeit des vorigen
Tugeo zu verfihaffen. YOie es bei den Bermanen Sitte war, [0 pflegten
fie beim Wiahle des Befanges und des Saitenfpiele, aber der griesgrämige
Römer weiß wenig Löblidyes davon zu fagen.
Auf dem Lande werben fie, auch in ihren neuen YWohnfizen, nad)
alter Värerfitte gelebt haben. ie bei allen deurfchen Stämmen, fo
beruht auch bei den Burgundern die Verfaffung auf dem Gefehledyter:
verband. Große Sippfehaften waren Befiger der Dorfmart und bildeten
die Abteilungen des &eeres. Eine Anzahl folder Sippfchaften machte
ine Zunderefchaft aus und wiederum die verfchpiedenen Zzunderefchaften
15.00, Die Ant Wer igaen an. 1 ”
9% 4. Bepite,
eine Civitas oder Völkerfehaft. An der Spige der Aundertfchaft fand
der Princeps oder Sürft, der meift fein Befchledhr auf die Götter
zurhchführee. Er ift der Richter im Bau und. verreile. jährlich Die
Aedter unter die Befchledyter, denn bis jur Begründung des fränkifchen
Reiche gab es Fein Individuäleigenrum. Leichten Zersens ließ man den
Boden im Stiche, um anberwärts befferm zu erobern. Yloch- immer
bilder das Vieh die wertwollfte abe. Der. Princeps: ift-der ‚geborene
Anführer des +seeres der “underefchaft und Tann, wenn die Civitas
Seieden hätt, mit feinen GBefolgsleuten auf eigene Sauft Baubzüge
internebmen. Die Civitas felbft ift mehr ein Staatenbumd ale ein
Bundesftaat. Denn mur wenn ein Krieg auebeicht, wird ein. derzog
gewäble, und zwar von der Volkeverfammfung, die von allen waffen:
fähigen Wiännern befuche wird. Wlan Tann Diefe Verfaffung als eine
aciftoßraifcbe Republit mir menardbifher Spine beeichnen'”). Das
Bönigeum ift nichts ale die vollsiebende Behörde fire. die Befchlüffe der
fouverdnen Voltagemeinde; eo wirkt, fage Lacitus, mebr durch deh
Einfluß der Weberredung als durch befehlende Bewwalt.
Im 4. Jabrhundere ftanden an der Spine der burgundifchen Baue
önige, die Hendinos bießen, ‘gorif Kindins. Selde Bautönige
Bommen bei den Boten, Alamannen und Sranten vor. Tjhre Gewalt
war jedoch bei den Burgundern fehr befehränte, denn diefe geborchten
ihren Rönigen nur (6 lange, als biefelben die Bünftlinge der Götter
waren. Trat Rriegeunglüch oder Wiifwachs ein, fo wurde der Rönig
‚von der Baugemeinde abberufen. Andererfeire war bei den Burgundern
der Ö©berpriefter unabfegbar. Er hieß Sinistus, der Aeltefte. Lach der
Schilderung 3. Cäfars ftanden die Bermanen noch auf einer febe jungen,
unentwicfelten Rulturfiufe, fowohl in Bezug auf die ftaatlichen und
wirtfehaftlichen Verbitmiffe, als auch in geiftiger und religiöfer Be
siehung. Sie pflegen Beinen Bottesdienft, fage der alte Autor, zu den
Göttern rechnen fie nur die, welche fie feben und von denen fie offen-
bare Wohltbar empfangen: die Sonne, den Wond, das Seuer; von den
übrigen haben fie nicht einmal gehört. Es ift eine einfache Ylarur-
veligion, die wir auch in den Veden finden. Brft die Flocbgermanen,
die Standinaven, haben diefe Yrarurreligion zu einem volftändigen
mythologifehen Spftem ausgebilder, weil ihnen allein ein Ausleben ger
gönnt war, während die anderen germanifchen Stämme zu früb mit
einer tberlegenen Rulcur und dem Chriftennum in Berührung Bamen’®).
Tas Reich der Burgunder in Worms. 9
Urfprimglich verfah wabefebeinlich der Befchledhrsältefte die priefterlichen
Sunteionen. Bei Tacinıs Eommt bereits der Priefter vor. $Er machte
über die Drönung der Berichtegemeinde und fprach nad) gefälltem Urreil
die Sormel der Sriedlofigkeir über den Verbrecher aus. Aber fein in
fluß Bann niche groß gewefen fein, denn wir bören von Beinem Wider:
fand, den die beidnifchen Priefter der Annabine des neuen Glaubens
geleifter haben. . Die Rönige oder Sürften find es, welche die Entfcheidung
geben, entweder inbem fie die Chriften verfolgen oder Das Volk in der
Bekehrung nach ficb sieben.
Der Burgundertönig Bunditar, welcher mit einem Teil feines Volkes
in- den: römifchen Dienft wär und das Wormfer Gebiet als Wohnfin
angetsiefen bedam, war ein Baußönig""), dem fich wohl aud Burgunder
aus anderen Bauen bei feinen Friegerifchen Abenteueen im römifchen
Dienft ‚angefebloffen hatten. fEr if ibeneifd» mit dem Bundaharlus im
Tit, II der Lex Burgundionum'”) und mic dem Burgunderkönig
Gimeber im: Ylibelungenlied; fein Varet ift @ebika; feine Brüder
Gundemar und Bislabari.
Wie feiner Eöniglicben Bewalt vereinigte der Rönig num aud) eine
römifebe mitirkeifche Amtsgewalt, und auf dfefer Grundlage bildere fid)
datın dit fpdtet monarchifdye Gewalt bei den Germanen beraus'®). Denn
ümermefilich war der indruc, den das römifche Reich auf die Seelen
der Germanen machte. Sie griffen diefes Reich an, aber fie beugten
ficb. der Wajeftkt diefer Stastegewalt, Dadurch wurden ihre polirifchen
Anfchauungen gereift und umeftalter. Die Bedeutung der Volksgemeinde
werfhnifnder: hinter dem Wiachtbereich des Königs. Diefe abfolute
önigrlicbe Bewalt berubt einerfeito auf dern römifcben Amteritel. Als
Magister militum. und Patricius regierte der fpätere burgundifche Bönig
ber feine Votkegenoffen und über die Römer. Sodann berubt diefe
Gewalt auf dem großen fisfatifchen Brumdbefiz und einem vollen Scan.
Der Rönig, ernannte von fich aus fÄmtliche Beamte, nämlich die Brafen,
weldhe in den (Bauen: oder römifchen Civitates Richter ımd Anflhrer
des. .Aheeres waren, bis zu den Gerichtodienern, die Witiscalei (Werte:
nechee), veelche dit. gerichtlichen Bußen eiritreiben.
In ber alten Vanigionenftadt zu Worms hielt der Rönig Bumditar
20f. Im -Palaft auf dem römifchen Praetorium ober wahrfcheinlicher
in einer nach germanifcher Sitte erbauten großen hölernen “alle, dem
Saal"), fAymaufte er mir feinen Getreuen und Wannen. «ier beim
92 4. Bapitel,
karten Trunte wurden die Anfchläge beraten, die zum Verderben des
Volkes ausfielen. Lernbegierig eigneten ih der Rönig und die Vor:
nehmen römifehe Sitren und Bebräuche an. Denn bie Burgunder waren
wie die Boten überaus intelligent, bildungsfähig und höherer Aulcur
" zugänglich. Da die Berwohner der cheinifdhen Städte damals Chriften
waren, (0 bewoirkte Diefer Umftand den Entfchluß der Burgunder, gleichfalls
den cbriftlichen Glauben anzunehmen. Die Bekehrung erfolgte im Jahre
418'®), und zwar gefäyah der Lleberrirt zum Bacholifchen Blauben auf,
Anregung des Mönige und auf Brund eines Voltsbefchluffes. »Denm‘die
Beigion war eine Öffentliche Angelegenheit, eine Seaatefache, nicht Sache
des einzelnen. Diefer Blaubensswechfel entftammee auch nicht religißfen
Impulfen, fondern einzig und allein politifehen Erwägungen. Dadurch
frellten fich die Burgunder dem Römern gleich.
Die rechterbeinifchen Burgunder bingegen verbarrten im alten
Glauben bis zum Jahre 430. Da wurden ie durch die von den Gunnen
drohende Gefahr bewogen, fich ebenfalls zum Glauben an den mächtigen
Ehriftengore zu befehren.
Jn den fernen Steppen Afiens lebten zahliofe Ylomadenvölker, die
ungehindert die immenfen VVeiben des heutigen chinefifchen und ruffifchen
Reichs durchfehtweiften. Seitdem aber bins diefen Ylomaden ben
Eintritt in fein Reich durch Erneuerung und Derftärtung des chinefifchen
Wallo verfehloß'*), wandten fie ich gegen YOeften. Zu ihnen gehörten
auch die Zunnen, die um 372 zuerft die am Don und an der Wolgs
wobnenben Alanen unterwarfen und mir diefen dann die Boten. Ab»
febrectend find die Schilderungen der alten Autoren von der‘ Barbarei
diefes fürdhtbaren Heitervolkeo, deffen mächtiger "er Arcila die Beifel
Gottes genannt wurde. Alle Völker Europas vom Bautafils bis an die
Loire bebren bei dem YTamen der “unnen. YOo Artila feinen uf binfene,
floß Dlur, und alles Dafein wurde vernichtet. Den Römern galten bie
Saunen gerade fo viel als die Bermanen. Die Rraft der einen füchten
fie zu benfigen, um die Wildheit der andern im Zaume zu halten. Unter
Baifer Zonorius war im Dienfte ein Wann emporgebommen, welcher
der legte Retter des vömifchen Meiches wurde, Aörius. In früber
Jugend war er als Beifel zum Weftgotentönig Alaric, gefdyicht worden,
dann als Geifel zu den Zunnen, deren Spradye und Siere er genau
kennen gelernt barte. Seine Verbindung mit ihnen wurde ihm. überaus
wertvoll,
Da Neid) der Burgunder in Worms. 7}
Die Sunnen durchzogen ganz Deurfchland und bedrängten die
Burgunder am rechten Rheinufer. Da glaubten diefe nur-beim mächtigen
Übeiftengorte Wertung finden zu Eönmen. ie baten einen gallifcen
Bifehof (vielleicht den von Worme), fie zu taufen. Durdy Saften und
Unterricht vourde das Volf achr Tage lang vorbereitet, dann caufre der
Bifdyof das ganze Volt. m Vertrauen auf den Bor der Römer
errang das Eleine Volt der Durgunder den Sieg über den zahlreichen
‚Keind, deffen Rönig Uptar der Völlerei erlegen war.
Der felbftfüchrige Ehrgeiz der cömifchen Großen befümmerte fich
wenig um die großen Befahren, die das Reich damals bedrohten. Jeder
füchte den andern zur überwältigen. Atrins harte vor Bonifasine, dem
Starrhalter von Afrika, zu den Zumnen fliehen müffen. 432 wurde.er
wieder: zu: Baden angenommien und zum: Magister militum .in. Gallien
und Patrielus ernannt. Er fiellse die erefihaft in Gallien mit aller
Energie wieder ber, geftürst auf ein von ihm erworbenen ‚eer, das aus
Soldaten aller Väter befland; darunter. audy Sahlreiche Scharen von
Gunnen. Im Vlorden Balliens hatten ich wieder einmäl die Bauern oder
Bagauden gegen ihre Bedränger, die cömifchen Beamten, erhoben, und
im Süden griff der GBotenkönig Uheoderich ‚um fich und belagerte
Vlarbonne. Ds glaubten auch die Burgunder die günftige Belegenbeir
benügen zu miürffen, um weitere.@Bebiete zu erobern. Es galt der Belgica I
mit der Gaupeftadt Trier.
‚Zeider find wir ‚über die damaligen (Ereigniffe mur fdleche unter-
richtet. Großes gefebab, aber der große Wiomene fand ein Beines Be
febledht. Die gebildeten Romanen, dies fehreiben verftanden,
ihre Zeit und ihr Talent mit bohlem Phrafengettingel zur Befriedigung
ihrer perfönlichen Bitelkeir. Die gewaltigen Zeitereigniffe intereffierten
fie mır wenig, und fie barten nicht einmal ein Verfländnis für ihre welt-
gefdyichtliche Bedeutung. Und die Germanen waren noch lange nicht
auf der Stufe geiftiger Entroidelung angelangt, um die Wirklichkeit als
folche auffaffen. zu Binnen. Sie. flanden noch im Jugendalter geifliger
SEntweichelung, (ie befanden. id noch in jenem waumartigen Zuftande, wie
er der Rindbeit eigen it, no dis Befebebene und das Erträumee zufammen-
fließen. YOobf berichtet Sieronymus von den rbeinifchen Scanten: „Schon
febicht fich die vom „alten des Schwertgriffes fehwielige “and der
Germanen und die ffir die Shbrung der Pfeile geeigneten Singer zum
Gebraudye des Stllus und der Jeder.“ Aber die wenigen, welche veirklich
73 4. Bapltl.
Lefen und Schreiben gelernt und fich eine böbere Bildung‘. angeeignet
batten, waren völlig zu Römern gewsorden‘ und verachteren ihre ehemaligen,
Bandeleute. Die Germanen Tannen zwar die Rımenfchrift, “aber diefe
diente Lediglich ale Sauber; denn die Buchfraben befaßen nuch.der Meinung
der Germanen geheimnisvolle Bräfte, vor denen dem Schreiber felbft
graue, und fie wurden audy nur für Kurse Spräche und alien
auf Waffen und Schmuchfacden benügt. Das. Beifpiel des ‘genialen
Borenbifdofs Vulfilas, der: feinem Volke bie Bibel in gotifcher Spradie
sugänglich machte, fand bei den anderen germanifchen ‚Stämmen‘ Feine
Yradyahınung, weil jie alu (ehr im Bannkreis den römifiben Rufe ftanden.
So find die Lachrichten Über die Raraftropbe des burgundifchen
Rönigreidyes überaus: dürftig umd vieldencig.. Die Burgunder mögen
fic) Mebergeiffe. gegenhber Ihren. Wirten erlaubt «und. das Dienftverhätmis
zu Roim ale ein läftiges eifhpfunden haben; Aber der. zömifche Befehls:
baber Aerius duldere Beinen: Bigenmillen der im ‘Dienfte Romsftehenden
Bermanen. Er betrachtete den Deefisc, des Burgundetkönige Bunditat,
in.die Provinz Belgien einzubringen, als Rebellion, und er gmwang: ibn
sur Unterwerfung: und zum Srieben.
Im Jahre 436 erfüllte fd) das «Befchic ‘der Burgımder: Profper
Tiro berichter zum Jahre 436: „Ein donfwwlrdiger Arieg entbrannte
Hegen’ das Volk der Burgtindionen, indem :beinahe das ganze: Volt mit
dem Rönig (durch Atrium) vernichtet wird.” + Warlus: erzähle: „Die
Burgundionen, die rebellieet harten, werden ı von ıden Nömern ‚unter
Arius beiwungen und 'iheee 20.000 murden vertikg.“ Umb Profper
Aaniramus: ‚Die‘ Zummen ‚wernichteren ‚den Aönig Gimbitsr mit feinem
Volke und Befehleche.”
Danacı fol Artus mie. Aife- der bunndfhen Reiter, die. er im
Dienfte hatte, die Burgunder nochmals beimgefuchr baben. Aber er
hatte ihnen doch ein Tahr ‚zumor Srieden gefchente. Gollte der König
Bunditar noch einmal fo kurz nach der. erften Viederiäge winen Pebeltions-
verfudy gesagt babent oder follten die fm Dienfie des Aötiris ftebenden
Sumnen eigenmächrig über die Burguinder bergefätlen feind; sie ft ein
Rätfel, und gern möchte man es. mir ‚silfe der YTibelungenfage Iöfen,
dein der Schrecken jener Rarafrophe, im: welcher der Bushüinderkönig
mit feinem Befehlecbr durdy die'Zunnen zu. Grunde ging, ang noch
lange im Gedächtnis nad, und das: geauifame Befehsict:des‘ burgumbifchen
Bönigegefchlechrs wourbe durch das Lied verherrlicht. Yrady-der nordifehen
Das Heich der Burgunder in Worms. 9
Saffüng der Sage gab.ber Bönig der Burgunder feine Schwefter Bubrum
dem «himnentönig. zur Bemablin. Die Wöglichkeit beftände ja wobl,
daß. Arrtla‘den Bunbitär zu fich auf das ‚vechtsrheinifche Bebier eingeladen
bäkre und"baf Dann, fei.es mir. vercärerifähem Vorbedacht, fei es infolge
eines jufällig entflandenen Geeites; der Burgunderkönig mit feinem
Gefolge erfeblagen worden wäre. Dergleichen Eam in der Zeit ber
Völkerwanderung öfters vor. Aflein ses woiderfpriche den Regeln der
Brteit, swillfüchidy einen Zug der Sage für die biftorifde Derftellung
u verwerten. - Sage und Befehichte «find gefihiedene Gebiete. Von der
Bereitigung des Attila bei der Vernichtung der Burgunder ift in feiner
gleichzeitigen (Duelle die Rede.
Im Jahre. 443 wiefen die Amer den Burgundern die Sapaudia
zum ünfrigen Wohnfig an. Sapaudia umfaßte Das beutige Savoyen
und die Landfehaft an der bone. Auch diefes Wial handelte es jich
niche um Abtretung einer eömifehen Provinz an ein fremdes Volt, fondern
um Ueberweifung von Acferparzellen an die Burgunder unter römifcber
Oberhobeit. Sie biieben nach wie. vor Dienfipfliceige. Es waren
offenbar Ztweckmäßigkeitegrlmde, Die „den. cömifcben Befehlshaber in
Gallien, den Aerins, zu diefem Schritte beroogen. hre Treue gegen
Aom war durch ihren Aufftandeuerfisch verdächtig geworden. 2in der
Grenze erfähylenen fie zu gefährlich. Im Tnnern des. Reiches Eonnten
fie leichter im Saume gebalten werden, Sie follten fortan die Vormauern
ealiene, die Alpen, bewachen. Die techterheinifden Burgunder blieben
mod) einige Zeit in ihren Sinen in der Ahbeinebene und im Ddenwald,
dann mögen fie infolge des Andrängens der Alamannen und Sranten
beswoggen worden fein, ibren Volksgenoffen nachzufölgen; jedoch erhielten
diefe Vlachsügler umter ungimftigeren Bedingungen von den Aömern
Land angerwiefen.
Das bisher regierende Mönigogefchlecht war in jener Rataftropbe
imtergegangen. Erft im Jahre 456 wird wieder ein Rönig Bundiot
genannt, der nach Gregor von Tours, Hist. franc. II, 28, ein Abkömmling
des Botentönige Arhanaridy und vielleicht in weiblicher Linie mit dem
früheren burgundifcben Rönigebaufe verwandt war. fEr und feine KTach:
folger waren eifrig ish eömifchen Dienfte. Bundobab erhielt die böchfte
Würde im Weiche, das Parrisiar. In ibren nenen Sigen Eamen die
Burgunder mit den Weftgoren, denen fie nahe verwandt waren, wieder
in enge Berübrung und fie nahmen infolge Davon das arianifihe Glaubens:
” 4 Bapit,
befennenis,'anz wahrfebeinlich keenten: fi eo-dutch Dermiteelüng dep Bibel:
- überferung "Vulfilas Benhen.” Dadücdy- erhielt ihre: nationale Eigenart
eine Stärkung. Mir Eifer forfdyre ein birgumdifcyer König dem Rärfel
des wahren Glaubens nad) und disputierte darliber mit den gelebreeften.
Amern. Aber der influß des Römertime war doch zu flart, und
die Burgunder mußten fehließlid) dem Admerrum unterliegen. ö
Artila machte im Jahre #50 feinem ungesügelten. Thatendrange
wieder" Luft. Von dem Vandalentönig Beiferich wurde er eingeladen,
in Gallien einzufallen. . Er fammelte im «erbft ein “eer, zu dem
zahlreiche germanifche und flavifdye Stämme ftießen, unter anderen die
Oftgoren und Bepiden. Auch die redhrsrbeinifchen Burgunder wurden
gexwungen, dem Artila zu folgen. Im Seübjahr 453 Überfehritt er den
Ahein. Die feften Städte griffen die ünnen nicht a, fondern wie der
Surmioind brauften fie an ihnen vorbei. Der ganze Llorden Galliens
wurde von ihnen ausgepländert. ir Mühe brachte Aerius ein der
aufammen, und erft als bie Befabr ihnen drohte, fähloffen Die Yoeftgoten,
deren Kefidenz Toulonfe war, mit dem römifchen Geldberrn ein Bimbris.
Die $ranten waren gereilt. Zahlreich zogen die Burgunder dem Arius
u; um ihre Väter zu rächen. Auf den Zaralaumifihen Seldern, unmeir
von Troyes, fand im dochfommer des Tlabres 451 die Riefenfchlacht
flatt. Tapfer wurde auf beiden Seiten gekämpft, aber die Römer und
ihre germanifcjen Werbinderen behaupteren das Gchlachefelb. Attila
mußte abziehen. Mr fiel in Jralien ein und rückte vor Rom. Dody
feine Gerreuen warnten ihn: „ter fi) an Rom vergreift, der it dem
Tode verfallen. Bedente an Marice Schickfal.“ Der große Papft Leo
woußte ihn zum Aückzug zu bewegen. Bald darauf farb der furchtbare
“geld, und feine Zunnen ebrren ihn durch einen Todesgefang, worin feine
Thaten gepriefen wurden. „Er hat eine Wacht befeffen, tie nie ein
Wienfe zuvor, und inmitten diefes Blhiches ift er fymerslos vom Tode
bingoeggenommen, nicht durch das Schwert feiner Seinde, auch nicht
durch den Doldy eines von den Seinen.“
Ylur wenige der Burgunder Behrren aus diefer Schlacht gegen die
saunnen nach Zaufe surbch, und es bedurfte auferordentlicher Waßregein,
um den Beftand des Volkes aufrecht zu halten. Ungebeures harten die
Burgunder in Eurzer Zeit erlebt und das Schidtfal hatte fehrwer auf ihnen
gelafter. Aber das Gedächtnis vermochte die Kreigniffe niche in ihrem
Thatbeftand und in ihrer Zeirfolge fefizubalten; die Erinnerungen ver-
Das Heid der Burgunder in Worms, 9
wifchten fich, und bald wußte man nur noch zu ersäblen, daß König
Gunther durch Attila gefallen fei.
Schon aus ben älteften Zeiten wird von dem Befang bei den
Germanen berichret'”). Beim Wiable fang der Eunftgelbte Sänger ein
Lied Über die Ihren eines Helden. „Auf die Sänger fehauten die
Bäfte, die einen freuten fich Über die Lieder, die anderen dachten an ibre
Rämpfe und wurden begeiftere, manche aber, denen durch) die Zeit der
Leib Eraftloe geworden war und der wilde ur zur Rube geswungen,
brachen in Thränen aus.“ Vor allem die Boten baben diefe Runft
eifeig gepflegt. Die bedeurendften und beliebreften Sagenftoffe find
gotifchen Urfprungs. Von den Burgundern wiffen wir ganz beftimmt,
daß am ‚ofe nach dem MWahle beim Trunke Zeldenlieder zur zarfe
gefungen wurden. Yur Burz hatte die „errlichteit der Burgunder in
Worms gedauert, aber die Poefie bat diefer Stade eine unvergängliche
Bloriole gervoben.
Wenn ein biftorifdyes Lied einmal gefallen hatte, fo wurde es immer
wieder gefüngen. jeder Münftter chat fein Beftes, um dem Liede die
vollenderite Aunftform zu geben. YVar diefe erreicht, dann überbauekte
das Lied jeden Wechfel der Gefcmacsrichtung und erfüllte die Zerzen
der örer immer wieder mir neuem $Entgiicen und neuer Sreude. Die
beten. iftorifiben Lieder wurden Gemeingur aller Stämme, umd fie
wurden noch gefungen, nachdem die Völker, denen die gepriefenen Zelden
‚angehört hatten, längft untergegangen waren. Der biftorifche Bebalt
diefer Lieber verflüchtigee fih mit der Zeit, und an feine Stelle trat die
Sage. Aus den gefchichtlichen Yelden wuchfen hohe Tdealgeftalten heraus,
md ihnen traten ebenbüirrige Srauengeftalten zur Seite. Ylamentlic)
wichtig war es für die Entwictelung des Epos, daß fic) die bifterifchen
Grundbeftandteile der Sage mir myrhifhen lementen durchfenten.
‚Denn in naiven Zeiten nimmt man auch die mythologifden Begebenheiten
ale wirklich gefcjehene. Wiyehus und Gefchichte fließen allmählich
zufammen, fort und fort erfähre der frühere Stoff eine innere Um
wandlung: „Die Sage ift ein Lagerfaß voll edeln alten Weins; wann er
angefent worden, weiß Yliemand mebr; jeder fonnige “erbjt bringe
ihm frifchen Aufuß und vom erfien Stoffe it wohl nichts mehr vor-
handen, als der immer fortduftende Beift, draußen aber auf den grünen
Bergen tbränen und blüben die Reben, und wenn fie blühen, gärt es
auch innen im Saffe; blutrote Trauben reifen und goldhelle; die Zeiten
5.00, Dur Autor we hifäen Ber 1 D
9s 4. Rapiıl,
fleigen am Weinberge gefchäftig auf und nieder und tragen den neuen
Wein berzu; indes fließt unten rein und Elar der goldene Duell und die
Sänger find die Schenken, die das duftige Getränk berumbieren'®).”
Binnen Eurzer Zeit hatten die Germanen welrerfeblitternde reigniffe
erlebt. Die fiolge Roma war ihren Angriffen erlegen, und ihre Rönige
berefdhten in den Provinzen des einftigen großen Meicyes, das für die
Ewigkeit gegrünber zu fein fhien. Diefe grandiofen Wlachtverfihiebungen
bilden den. biftorifchen „intergrund der deurfchen: “eldenfage. In der
älteften Geftalt des Ylibelungenliede, wie fie der (Kandinavifche KLorden
feftgebalten bar, it Arrila der Urheber des Untergangs der Burgumber.
Diefe aber verfhmolgen mit einem mpthifben Ylachtgefchlechr, den
Ylibelungen, Siegfrieds Gegnern. YTach der jlingern Saffung bat nicht
Arcila, fondern Giegfrieds Wirwe, die Cbriembild, Schweiter ber
burgunbifchen Könige, den Mord angeflifter. Die verlegte Treue unter
Verwandten ift das Zauprmetio aller Verwickelungen der “elderrfage.
Der Menfd allein mit feinen Leidenfchaften teht im Vordergrunbe der
dicrerifdben Phantafie. Ylur das Wienfchliche, aber durd) mypifde
‚Sormeln gebunden, intereffierte Damals den Didyrer und den Förer,
darum ift das Wialerifche ftrenge vermieden; die Loßalirät der Yandlung
wird nur angedeuter. Diefe Rnappheit der Äußeren Darftellung war
bedinge durch die epifche Versform: die Allisrerarion. Diefe verleiht
der Dichtung eine leidenfebaftliche Beroegung; wir nehmen ein Auf: und
Abwogen der Empfindung wahr; bier ftreiende Willensatre und
Strebungen, dort freubigfte Erregung und herzdurchbohrende Trauer,
5. Bapitel.
Das Chriftentum und die Gründung
des fräntifchen Keidyes.
Pller große tömifche Seldberr Aktie harte die
| abendländifche Rulturwelt von der tödlichen
Umarmung der bunnifchen Barbaren be:
freit, aber auch ihn ereilte Das fehreckliche
| Scictfat, das damals im Keidye verderben:
RU bringend berumging. &r wurde von dem
Verbärmlichen Raifer Valentinian II. 455
ermordet, ‚er, der einzige Wlan, welcher
dem fehrvach gewordenen Römerreich noch
einen alt gewähren fonnte. Solange Akrius
2 Tebte, beftand am Abeine die römifche “err-
febaft aufrecht. ın mochte in Worms erleichtert aufgeatmer baben, ale die
Burgunder, die Iäftigen Duareiergäfte, abgesogen waren. YTun fpielte ich
wieder wie in früberer Zeit das tägliche Leben ab. Vieles batte fich geändere,
feitdem die Römer bier ihre Serrfchaft begründet hatten. Vor allen Dingen
war die Wiebrzahl der Bewohner der Abeinlande Chriften geworden”).
„Wie ein Sonnenftrabl," fage der irchenhiftoriter YEufebius,
„ieuchtere die beilbringende Lehre Über dem ganzen rdfreis.“ jn der
That, die Bevölkerung der alten Welt begrüßte das Chriftenrum als ein
des Licht, denn der Chriftenglaube gab ihr die fefte Ueberzeugung
von einer feligen Unfterblichteit, und er gewährte inmitten der Zerrüitrung
der antiten Staaten eine neue Bemeinfähaft. Bisher war der Blick auf
das Diesfeite gerichter geroefen. Zn diefer Welt ftrebte man nad) dem
102 5. Bapiıl.
Glüche, nach Glanz und Wache, um das Tenfeite befümmerte man jich
wenig; num gereiffen die alten Lebensideale, feirdem ort in Anechregeftalt
auf Erden erfchienen war, um die Sünden der Mienfchen auf fich zu
nehmen. Die Richtung auf das TJenfeitige gelangre zum Siege. „Aus
unerforfehlichen Tiefen," fage Jakob Burcthardr, „pflege folder neuen
Richrung ihre wefentliche Rraft zu Lommen, durch bloße Solgerung aus
vorbergegangenen Zutänden find fie nicht zu dedugieren“.
Lieber die Auebreisung des Chriftenrums beflgen wir feine fichere
Runde. Tirendus von Lyon, der im 2. jahrbundert lebte, nenne
Ehriftengemeinden in Tralien, Spanien, Aegypten, Libyen und bei den
Germanen, alfo in den Aömerjtädten am Abein. Die erften Chriften
werden dabin aus Jtalien gefommen fein. Denn zahlreich) waren nament:
lich in dem I. Jabrhundere der Raiferzeit die iealifchen Raufleute in
Gallien; erjt fp&ter wurde ihnen mehr und mebr durch die Juden
und Syrier Ronkurrenz gemacht. Obwohl fein Zeugnis von Tuben in
Worms fpricyt, dürfen wir doc) ibre Zriftenz dafelbit annehmen und
der alten Tradition einigen Glauben fbenken. Wir willen durch
Infehriften, da Griechen in Germanien lebten. Aus Tralien Eamen
sahlreiche Rünftler, und fdhlieflich brachten die Beamten Sklaven aus
dem Öriente mit. So bezeuge ein Brabftein in Wiainy, daß A. Junius
Paftor, Rommandant der XXI. Legion, feine Sklaven „ebyepes und
Genefia mit aus Wleinafien gebracht batte, die in Wains ihr Rind
begruben. Baufleute, Sandwerter und Sklaven find alfo wohl die
erften Ebriften in den Abeinlanden gewefen. Die Begende von der
thebaifchen Legion bat die Jorfebung zur Annahme geführt, daß das
römifche Speer Träger des Cbriftentums in Deurfihland gewefen fei.
Allein diefe Legende bat einen biftorifdben Untergrund. Der Cbrifien-
glaube galt als unvereinbar mit dem Mriegsdienft. Es wäre ja wobl
dentbar, daß auch Ebriften in den Legionen gedient bitten, wenn diefe
Zegionen fih aus den Provinsen vetruriert haben würden, in denen
sablreiche Cbriften lebren. Das war jedoch) nicht der Jall. Denn feir
dem 2. Tabrbundert dienten in den rbeinifcben Legionen feine Tealier
mebr. Das Feer refrutierte fü teils aus den im Rager geborenen
Soldarentindern, teils aus Germanen. Lentere überwogen febließlic.
Diefe Soldaten verehrten nidhr den Ebriftengort, fondern ennueber ihre
einbeimiftben Gottheiten oder, wie wir aus den techrerheinifihen Denk:
möleen wiffen, den vom Orient ber eingeführten Stiertimpfer Witbras.
Tas Cheifenrum und Sie Gründung des feänfifeen Neitben. 103
Die erfien Ebriften in den ebeinifchen Landen waren Sremde, die
wenig Berübrung mie der einbeimifchen Bevslkerung barten. Von einer
Wifonschärigkeir der Älreften chriftlichen Gemeinden ift Beine Rede. Das
Dole in Gallien und Bermanien blieb der Religion feiner Väter noch
lange getreu, wie feiner Sprache. rft als durch Ronftantin den
Broßen das Ebriftenrum zur Staatsreligion erhoben wurde, erbielt eo
eine gewaltige Verftärkung. Ylicht aus innerer Weberzeugung, fondern
aus böfifcher Befinnung und felbffücheiger Erwägung nahmen die
Reichen das Ebriftenrum an. Denn die Verfolgten wurden nun zu
Verfolgern. Die Städte wandelten fi jene in chriftliche Gemeinden
um, an deren Spige der Bifdhof' ftand. Das Landvolk hingegen verharrte
noch lange Zeit im "eidenum und berwabrte fein Volßsrum; in der Jolge
erhielt das Worc Paganus, Bauer, die Bedeurung seibe.
Das Chriftenm vermochte jedoch nichr die im Sumpfe der Sinnen-
fuft vertommene römifde Gefellfhaft zu reformierten und firlich zu
Idutern. Urog dem Cbriftenglauben blieben die GBebildeten innerl
‚eiden. Die Schriften der berühmeften chriftlichen Lirteraten, eines
Aufonius, Sidonius Apollinaris ıc., legen daflır beredres Zeugnis ab.
Wan fehmticre die Wände nad) wie vor mit Bildern aus der heibnifchen
Mythologie und rief in den Gedichten die alten Börter oder das Zarum,
das Blüch, an; unbefangen verwandte man die chriftlichen Symbole neben
den heidnifchen und citierte den Licero neben dem Auguftin. Bezeichnend
if? das Verhalten des ‚ieronymus. „Ic hate gefafter,“ erzähle er,
„und las Dann wieder Den Cicero. Tic harte die Ylachr in Thränen
und Geber sugebracht, und am !Wiorgen nahm ich wieder den Pfinine
zur ‚and. Ram ich dann zur Befinnung über mein Thun und wollte
die Propheten Iefen, fo widerte mich ihre raube und ungebildere Sprache
an.“ Er ertrankte, und im Sieberrraum war es ihm, als ob er vor den
Thron Gottes geführt wolırde. Auf die Frage, wer er fei, anımortere
er: ein Cbrift. Aber der Richter donnerre ihn an: „Du Ihgft, ein
Ciceronianer bit du, nicht ein Chrift. Denn wo dein Scham if, da if
ud) dein erz.* „hr Jungen,“ fehrieb der Bifchof Sidonins Apollinaris,
‚mlne euere Zeit und fehwelge in “oras und Cicero; wenn das Alter
komme, dann müßt ihr an Das ewige Leben denken und die alten Yeiden
ruben laffen; jest aber nünt euere Zeit"'®).
Wenn die Zochgebilderen dem Ebriftenrum fo wenig Verftändnis
entgegenbrachten und ibm fo geringen Befehmack abgesvannen, wie wollte
10% 5. Bapitl.
man Dies von den Uingebilderen verlangen! Ein am Anfang des 5. Jabr-
bunderts von Severus Sancrus, einem Ballier, verfaßtes Gedicht über
Die Kinderpeft führe mitten in das Leben ein. Der “irte Yubulcus lage
einem Seeunde, daß feine „erde von der Seuche beimgefuche werde.
Jbm begegnet ein anderer “irte, Tiryrus, der luftig und gurer Dinge
if, denn feine erde ift gefund. „YDie baft du das erreicher" fage
Bubulcus. „Ich habe den Dahyfen das Zeichen des Rreuzes an die Stirn
gemacht, das foll das Zeichen des Gottes fein, der jezt in den großen
Stödten gans allein verehrt wied, und Peiner neben ibm. Cbriftus ift
fein YTame, der einzige Sohn des ewigen Bortes. Willjt du envas von
ihm erbitten, fo baft du nur zu glauben. Opfer find unndtig. Das
reine Serz erhält ohne das alles, was es wünfche.“ Da enrfchließen fich
beide irren, Ehriften zu werden. „Denn warum follte das dem tenfehen
nicht guc fein,” meint Yegon, „was die Tiere vor der Pejt befchligre"') 4"
Ehriftus ift jenen Wienfcpen nichre als ein mächtiger Zauberer.
Ueberaus reich. it die (pdtere Legendenlirteraur Über die Auebreisung
des Ehriftenums in den Aheinlanden, dafür aber um fo ärmer die
ficbere Runde. Trier ift jedenfalls eine der &ireften Ebriftengemeinden
geiwefen, aber noch im 4. Jahrhundere war fie nie groß, denn eine
Bleine Ricche genügte dem Bedürfnis. Zrft im Anfange des 5. Jahr:
hunderte wurde eine zweite irche eingerichtet, indem ein im 4. Jahr:
hundert erbautes römifches Gebäude in eine Kirche umgewandelr wurde
(der fodtere Dom)“. Dann erbaute man unter Dalentinian III. die
fogenannte Zaurentiusticche. YIody am Ende des +. Jahrhunderre gab
es jedoch in Trier vornebme eiden. Krft der Kinbruch der Bermanen
in Ballien hat die legten Betenner des römifchen “eidenrums veranlaßt,
zum Ehriftentum überzutreten, denn die chriftliche Kirche galt fortan als
‚Vertreterin des Römerrums und Bewabrerin der römifchen Rulcur.
Die in Trier gefundenen cheiftlidhen Tnfehriften find zahlreicher ale
in den übrigen Römerftädten der Aheinlande. Sie gebören zum Teil no)
dem 4. Jahrhundert an. Oft ommr das chriftliche Wionsgeamm vor JL,
bisweilen von einem rang oder Rreus umrahmt; dann Tauben mir und ohne
Delsiweig oder eine Urne zwifchen zwei Tauben; einmal Siehe, ein hriftliches
Symbol, das in Rom feit dem Ende des 4. Jahrhunderte verfehminder. She
die Antwefenbeit orientalifcyer Cheiften in Trier zeugen mehrere griechifähe In-
febriften, dagegen fehlen Belcifche umd germanifche Ylamen bis zum 6. Jabr«
bunbert ganz, ein Berveis, Daß Trier noch lange eine römifdye Stadt war.
Tas Cheifentum und die Gründung des feäntifchen Reiche. 105
Röln war die größte Stadt am Abein und ein lebhafter Zandels-
plag. Die Ehriftengemeinde war im 4. Jahrhundert noch Bein, denn fie
batte nur ein Beberhaus. Sür Wainz ife Die Yachricht des Ammianıs
Warcellinus wichtig, der XXVII, Io erzähle, daß im Jahre 368 der
Angriff des Alamannentönige Rande auf Mainz dadurch beqüinftige wurde,
weil er an einem Sonntag gefdyab, an dem ein großer Teil der Der
völferung in der Ritche fid) befand. Als 406 die Barbaren den bein
Überfehritten, feplugen fie taufende von WienfÄhen tor, die fich in die
Rirdyen gefllchter hatten. Die Einwohner fammelten id nach dem Ab-
fluß der Flur wieder. Wlainz war jedoch durch die vielen Verwüftungen
febr beruntergetommen, und der erfte Bifchof, von dem mir fichere Bunde
haben, Sidonius, ein Zeitgenoffe des legten römifchen Dichters Denantius
‚Sorrumarus im $. Jahrhundert, hatte Arbeit genug, feine Reftdenz wieder
mohnlidy zu machen. $Er dämmte den Abein ein, reftaurierte die alten
Tempel und baute die Bafllita St. Beorgüi und ein Baprifterum.
Daß in Worms zu ebmifcher Zeit eine chriftliche Bemeinde war,
beweifen die Seiedböfe und die Infchriften. Auf den großen römifcben
Brabfeldern um YOorme fanden fid) viele römifdye Steinfärge, die völlig
unverfehrr waren und feine Beigaben enthielten. Die chriftliche Sitte
hatte alfo den Sieg Über die beidnifche bavongetragen. In den gefälfdpren
Akten des Bonzils von Röln im Jahre 346 figurierr auch ein Wormfer
Difebof Viktor. Jm Anfange des $. Jahrhunderts muß fdhon die
Mehrzahl der Bevölkerung von Worms dem dhriftlichen Blauben an-
gehangen haben, denn fäwerlic wirden fonft die Burgunder zum
Ehriftenrum übergerreten fein. Auch in dem rechrsrbeinifcyen Bermanien,
bei den unter den Deurfchen figenden Romanen, fand das Ehriftennum
Verbreitung.
In Gallien war man ftols auf den treu bewabrten Barholifchen
Glauben, und Hlartin von Tours war das allverebrte Vorbild. Unabläffig
prebigte er die Abkehr von diefer Welt und ihrer Luft, Damit man dem
ern Tefiis Cbriftus frei und ungehindert folgen Eönne. Gulpicius
Severus, fein Biograpb, erzähle, daß, als der CAfar Tulianus bei der
Stadt der Vangionen fein Jeer zum Rampfe gegen die Barbaren ver:
fommelt harte, Wiartin am Tage vor der Schlacht den Abfihied aus
dem Seere geforderr babe, weil er Chriftue’ Rrieger, und eo ihm nichr
erlaube fei, zu Bbmpfen. Weber er felbft noch fein Biograpb hatten ein
Geftihl davon, daß die Sorderung des Abfchiedes unmittelbar vor der
18.200, Die Aue er enden Mu 1 “
108 5. Bapinl.
Schlacht eine Schmach war. Denn in den frommen Rreifen verleugnere
man jede Verbindung mir der Welt und jede Linwirtung auf diefelbe.
Birrer wurden diefe askerifchen Cbriften von den lamenschriften gebaßt
und verfolge, und rroftlos it das Urreil des Sulpieitis Severus Über
den Zuftand der Rirche. Die Sitrlichteit ftand in der That auf dem
Tiefpunkt, und fe befferre fidh felbft dann nicht, als im 5. Jabrbunderr
die fürchrbaren Mataftropben über des Land hereinbrachen. Die
Bevölkerung nabm an Zahl und an Woblftand ab, und viele chriftlichen
Gemeinden wurden ganz vernichter. Die Kirchen gingen in Slammen
auf, und nur felten hören wir von Yleubauten; diefe waren zudem in
der Foaft errichtet und von geringer Dauer.
Die faarliche Ordnung löfte fich mehr und mebr auf, damit aber
auch die Bande der Sitrlichkeir. Salvian entrollt ein düfteres, aber,
mag vielleicht auch einige Webertreibung unterlaufen, dody nur zu wahres
Gemälde von den firtlichen und fozialen Zuftänden Balliens im 5. Jabr-
bundert. Obwohl er in Wiarfeille wohnte, Kannce er Llordgalfien ganz
genau; vielleicht war Trier feine Varerftabt. Diefe Stadt galt ihm
als die ausgezeichnerfte, reichfte GBalliens, und audy die Größe von
Aöln rühmr er, wo ihm eine Verwandte lebte. Schmerzlic, empfindet
er das fireliche Verderben auch bei den Ebriften: je größer ihre Sabl,
um fo böber ftieg der Unglauben. Der Bedankte an das göreliche Wirken
fehlte feinen Zeitgenoffen völlig. Allgemein war dagegen die Leberzeugung,
daß Gorr fich nice um die irdifchen Dinge befümmere. Wie heute
in den großen Sädten waren die Rirchen leer, die Uhrater voll. Die
Xeidenfebaft der romanifdben Bevölkerung für Tierbegen und Rennen
ift ja bekannt. Sie verminderte fi) nicht felbft angefichts der böchften
For. Ylad) der deitten Eroberung Triers Durd) die Sranken peritionierren
die Bürger von Trier um Binrichtung circenfifcher Spiele, ale ein Kaupt:
mietel zur debung der Stade. Die Chriften hatten nichts von dem
allgemeinen Unglück gelernt. Salvian fähildere die dhriftlichen Bemeinden
alo den Auswurf von Laftern. Während die Zerfiörung der Stadt
Trier drohte, fein Die Vornehmen bei Gaflmäblern gelegen, ohne
Gedanken an ibre Xbre, ihr Alter, ihren Stand, ihren Ylamen,
volfgefeeffen, beraufehr, brülfend wie wahnfinnig. Sin wurde von den
‚Seanten erobert während eines Belages der Großen.
Satvian läfe uns einen Dlil® chun in das grauenbafte fosiale Elend.
Dem Sklaven gegenüber ift alles erlaubt; die cheiftlichen SElavenhalter
Das Chrifentum und die Gründung des fränfifchen Neices. 107
feien fchlimmer gewvefen ale felbft die beidnifden. +Ebenfo croftlos ift
Die Lage des armen Volkes. Die rückfichrelofe Ausbeutung der Schwachen
durch die Reichen ift der Jauptgrund des fteigenden Flends. Der Eraffefte
Kgoismus mache fd) famlos geltend, und es giebt Feine Gewalt, ihm
zu fteuern. Zur Vermehrung des Hlends trug nicht wenig die ungerechre
Verteilung der Öffentlichen Laften bei. Wie in Srankreich vor der
Hevolurion, fo ruhte auch damals die Steuerlaft vorzugeweife auf den
Armen. Salvian verlangt, daf die Meinung der Steuerpflichrigen gehört
würde, daß die Verwaltung Rechnung ablege, daf eine Kontrolle über die
Anlage der Steuern und ihre Verwendung gelibt würde, Burs, er Außert
Gedanten, die erft in neuefter Zeit verwoirklicht worden jind. YTicht minder
hart tadele er die Borruption der Beamten, die fehndde Bewinnfucht
der femitifchen dndler, deren Befchäftigkeit nur von ihrer Unzuverläffigkeit
übertroffen wirde. Die Seömmigkeie wie die Sittlichteit haben allgemeinen
Bankerort erlitten, und nuc einen lichten Punkt fab er inmitten des
Verfalls: die Asteren.
Srüb fäyon bat das Wönchewefen, eigentlich eine orientalifche
Inftirueion'®), in Gallien feften Sup gefaßt. Die Mönche verwirklichten
das veligiöfe und fittliche deal des Salvian. Yrur fie lebten in der
Vlachfolge Ebeifti. Eine tiefe Aluft lag swifchen den Asketen und den
briftlichen Bemeinden, und man verfolgte fih mit gegenfeitigem affe.
Salvians Schroiegereltern vermieden jeden Verkehr mit ihm und ihrer
Tochter, feibem das Kbepsar den Entfchluß gefaßt hatte, ein mönchifches
Leben zu führen. Diefe Aeligisfen waren, wie im 18. TJabrbundert die
Pieriften, den Bindern der Welt ein Begenftand des Sportes und der
Abneigung, und fie erlitten vielfache Rrönkungen und Zurlichfezungen.
Salviane Zeitgenoffe, Sidontus Apollinarie, eine leichtlebige Ylarur,
beftfeige im ganzen die Schilderung des ernften Warfeillere. Licht die
Konte, fage er, fondern die Obrigkeit madıt das Jahr gur oder fehlecht.
In den Rirchen ging es zuweilen fehr Iuftig su; man machte Poffen
und Wie,
So rofttos diefe Zuftände auch waren, fo gab es doch !Männer,
die fic) das allgemeine Wohl angelegen fein ließen, und das waren die
Bifdyöfe. Schon längft hatte fich in der chriftlichen Gemeinde ein
Priefterftand ausgebildet, der den Laien jeden Kinflup auf Birchliche Dinge
verfagee. Das “aupt diefer Priefterfchaft war der Bifchof, der von
der Bemeinde gereähle wourde. SEr befaß eine faft unbefchräntte Disziplinar:
308 5. Bapitel.
gewalt über alle Beiftlichen, und vorzüglic) verfügte er Über das oft
febe große Rirdyenvermögen. YWeiftens gehörte in Gallien der Bifcbof‘
dem Stande der Poffefforen, d. b. der großen Brundbeflner, an, die fich
in den Zeiten der Serrltrung von der flaatlichen Gewalt fait völlig
umabbängitg gemacht batten, indem fie nichr nur die Hpefution von
Steuern und anderen Leifhungen erlangt oder ufürpiert hatten, fondern
ud) mir ihren bewaffneten Sinterfaffen den Staarebeamten swogten und
den Barbaren imponierten. Gebr oft ferten diefe Poffefloren, wenn fie
der Erben ermangelten, den Bifchof in ihre Erbfchaft ein. Zur Rettung
der Seelen vergabten Die Laien in fleigendem Waße der Kirde ibr
Vermögen. So wurde diefe zum Broßgrundbefiger und erhielt duburch
eine Wachrftellung, die fie befäbigte, in dem allgemeinen Chaos die Pflichten
der Zumanieke zu erfüllen und dem einreißenden Verderben der Unkulrur
einen Damm entgegenzufezen. Tbre Reichelimer verwendeten die Bifchöfe
zu Zwecfen der Wohlchärigteit sc, fie befaßen eine große Anzabl von
Sklaven und Rolonen, die bewaffner ihnen Nefpeft verfchafften, und
fetieplich ficberte ihnen ihre richterliche Bomperens in Sällen, welche
die Witwen und Waifen angingen, und über ihre eigenen Leute eine
möchrige Stellung. Um den Bifdpof fammelte id beim Derfalle des
Weicyes alles, was vom römifchen Wefen noch vorhanden war. Er
wurde der Wiittelpuntt der römifdhen Bevölkerung, der Repräfentant des
ömifchen Wefens. As Defensor civitatis hatte er neben feiner geiftlichen
Bervalt eine weltliche. Er war in den Zeiten, woo der Brofe den Aleinen
unterjochre, die Zuflucht der Bedrängten, und gewährte Schug gegen die
Bebrlichung. Oefters refidierre er im Prärorium, dem Gige dee che:
maligen römifchen Stattbalters. Seine Rleidbung war die der römifchen
Beamten, fein Recht und Befen das römifche, feine Sprache wiederum
die römifche. Ihe Amt fiehkte die Bifchöfe mireen in das praßtifche
Xeben, und dem Zbeale asferifcher Lebensführung konnten fie nichr
entfprechen, wollten fie anders ihre böheren Pflidyren erfüllen. Dafür
traten fie energifch für die Bedrüchten ein, Iinderten die YTot und das
Elend, und fpendeten geiftlichen und leiblichen Troft. Ja felbft die
Barbaren fahen mit adyrungevoller Scheu zu ihnen empor.
Diefe Barbaren machten nad) der Ermordung des Aerius erneute
Anftrengungen, um die fruchtbaren Ländereien Galliens in ihren Beflz
3u bringen. Denn obwohl fie lÄngft gelernt hatten, den Acker zu beftellen,
fo febeuten fie noch immer die fähmere Arbeit des Rodens; fie firebren
Das Chriftentum und die Geindung des fränfifen Neiche. 109
vielmehr nady fruchtbaren wohlbebauten Landflächen und gutem Weide:
land. Sie folgten den Wafferläufen und befegten die Uhalebenen,
während fie es verfehmähten, die bergigen Begenden und die mit Wein
und Obft bepflansten Abhänge in Bein zu nehmen. Denn von Wein:
und Obfibau verftanden fie gar nichte. Auch die Städte mieden fie
in der Regel; noch immer waren ihnen die engen Gaffen, das Bedränge
des fremden Volßes unheimlich; fie fühlten fich bier allzu ifolierr, und
zogen co vor, auf dem Lande nebeneinander in Wiartgenoffenfchaften
gegliedert zu wohnen.
Wilhelm Arnold, der hochverdiente Rechtehiftoriter, bar geglaubt,
die Ortonamen als Duelle der Zrkennnis für die Wanderungen der
deutfchen Stämme verwerten zu drfen"“). Gegen feine Wierhode find
gewichtige innxinde erhoben worden'“), aber ein Bern der Wahrheit
bleibe doch"). Gewwiß ift es unrichrig, wenn Arnold die Ortonamen,
welche auf -ingen, weil, weiler endigen, den Alamannen zufihreibt, die
auf »beim den Sranken. Vielleicht richtiger erfcheint eine andere Zyporbefe,
Daß die Derfihiedenheit der Ortebenennung auf eine Verfcjiedenheit der
Anfiedlungsrweife zurtichzuführen fei'”).
Die Endung auf +ingen ‚bedeurer ein Befüzverhälenis. Der Dativ
pluralis will fo viel befagen: wie bei den Ylachkommen bes FT. LT.
Das germanifehe Volk blieb aud) auf’ der Wanderung in feinen natürlichen
uralten Verbänden: den “underefchaften, den Sippen und Samilien.
Diefe Ortsnamen auf ;ingen £önnen als die erjten Slur- und art:
genoffenfchaften .angefeben werden, die in dem neuerworbenen Lande von
dem wanbernben Volke gegränder worden find,
Das Wort Zeim bebeurer das Faus, den Wohnfiz, das liegende
But. In der Schweiz befagt das Wort Zeim das elterliche Tiegende
Erbe‘), Als die Salier Gallien eroberten, betrachteten fich ihre Rönige
ala $Eigentlmer des eroberten Bandes, und fie fratteten ihre Mrieger
reichlich) mit Land aus. Diefe ließen die urfprünglicyen Bewohner in
ihren Dörfern; der neue fränkifche Zigenchmer fchaltere nun als Grund:
here fiber dem Dorf, das er als fein “eim bezeichnete. ,
Die wilden Alamannen, der Schredden der Römer, hatten, wie wir
wiffen, den Limes im 3. Jabrbundert überfehritten, und die fruchtbaren
Thalgeände am Main, Year, Wirte: und Oberrhein befegt. Um fie
in Schranten zu halten, wurden die Burgunder, ihre alten Rivalen, bei
Worms als Foederati angefiedelr. Tach dem Abzug der Burgunder
10 5. Rpite.
und dem Zufammenbruch der römifchen SGerrfchaft lag Das rechts
rbeinifche Land den Angriffen der Alamannen offen da. Gbne ibren
techrerheinifchen DBefiz aufugeben, bemächtigeen fie fi der Tinte:
theinifihen Mbene. Die Pfals, das Eifaß kam in ihre Gewalt"); fie
brachen durch die burgundifdhe Pforte bei Belfort und eroberten das
Bebier der Sequaner; zwoifähen Vogefen und Zardt, oifchen der “ardr
und dem unsrlic® sogen fie nach Weften in die Stußthäler der Mofel
und des Doubs, Hberall Verderben bringend. Denn fäner müffen
unter ihnen die Srädte gelitten haben. YDorms faheine mehrmals im
Zaufe des 5. Jahrhundeere gerfißrr worden zu fein; dies beseuge nicht
nur Salvian, fondern auch die Brandfpuren in den jüngeren römifchen
Bodenfeichten erklären fich auf diefe Weife. Aber die Bersohner von
Worms verzagten nicht; fo oft fie verrrieben wourden, fammelten fie fich
woieder und bauten die Stadt von neuem auf, fo gut es ging. Leber
die Trimmer der alten Gebäude hinweg führten fle die neuen Straßen,
nicht mehr fo folid und fäydn wie die alten; doch hielten fie deren
Ricyrung möglidyft inne. Xermlidyer wourde das Zeben, und die Luft
und Sähigteit des Bünfterifdyen Schaffens nahm rafh) ab, wennfchon
die bandwwertomäßige Tradition der römifchyen Technit fidy erhielt.
Das flache Land war in den Zänden der Barbaren, aber in den
Städten biele man, wie an den römifchen Sitten, fo auch an dem
Gedanken der Zugehörigkeit zum Reiche feft. Sreilid) war durch die
Invaflon der Barbaren die Organifation der Verwaltung vernichtet.
Die Erhebung der verhaften Steuern Bonnte jedenfalls nur uncegelmäßig
vorgenommen werden oder börte feir der Auflsfung der militärifchen
Adminiftrarion ganz auf. An Stelle des einftigen Stabrbeamten war
der Bifchof getreten. Aber die chriftliche Stadtgemeinde in TOorms
muß zeitweife fo sufammengefehmolzen fein, dafs nicht einmal mebr ein
Bifchyof geoählt wurde. YOenigftens ift für das ganze 5. und 6. Jahr»
hundert fein einziger Bifchofaname für YOsrme bezeugt, und erft unter
der glänzenden „errfchaft des Aönige Dagobert Bam das bifcöfliche
Ant wieder zur Geltung.
Die Alamannen ftanden in der zweiten Zälfte des 5. Jahrhunderts
auf dem „öhepuntt ihrer Wache"). An Stelle der früheren Pleinen
Gautönige war nun ein flarter Rönig getreten, der fein WolE zu
glängenden Siegen führre. Sie durchogen plündernd die Donauländer
und machren wiederholte Einfälle in Jralien. Aus der Zeit, woo Worms
Das Cheifentum und die Gründung des fedntifcgen Reiches. 11
und Wirzburg die nördlichen Grenzen ihres Neicyes bildeten, befigen
wir eine freilich dürftige Aufzeichnung des Beograpbus Aavennas, der
feine Clorisen im 7. Jahrhundert fehrieb, aber eine Vorlage aus der
Regierungszeit Tbeoderichs des Brofen benügte. Zum erftienmal kommen
bier deurfchye Ortsnamen vor: Gormetia, Sphira, Porza, Stratisburgs,
Ziwrichi ıc. Alf iR in Diefer Zeit, am Ende des 5. Jahrbunderts, der
römifehe Ylame Civitas Vangionum außer Bebraudy gekommen, und der
alte volfsciimliche YTame Borbetomagus Iebre in der verdeurfihten Sorm
Gormeria wieder auf.
Die gewaltige Ausdehnung des alamannifchyen Stammes war jedoch
von geringer Dauer, denn er barte an den Sranten einen Todfeind, der
die Bunft der Umftände ganz anders auszunfigen verftand, Kaifer Julian
hatte die Salier als Foederati in das. Reich aufgenommen'*) und fie
im Batsverlande angefiebelt. Won hier rückten fie jterig erobernb und
Bolonifierend nady Yeften bis zur Somme vor, nicht den Slußläufen
nad), fondern quer durchs Yand, weil dort Waffe und Weide überall
reichlich» vorhanden waren, und die Berge Bein “indernie bilderen. Die
üblichen Sranten befegten den linkerbeinifchen Boden von Röln aufindres,
und nannten fi) feirdem Ripuarli, d. i Uferbeiwohner. YToch zur Zeit
des Aötius eroberten fie das Miofelthal. Der Abzug der Burgunder und
der Tod des Aktie war auch für fie eine Ermunterung zur weiteren
Ausbreitung. Da berübrre fich ihre Tntereffenfpbäre hart mir der
der Alamannen, und ale Verbindere des römifchen Reicye glaubten die
‚Sranten ein befferes Anrecht auf Gallien zu haben als die Alamannen,
die von jeher Seinde des römifchen Meichs gewefen waren.
Der falifhye König Ehilderich refidierte in Tournay als fränkifcher
Voltstönig und römifcher Parteigänger. Er ftarb 481 dafelbft und
wurde mit feinem ganzen Schage begraben. hm folgte fein fünfjehn-
jbriger Sohn Chlodiwig, der dem legten Refte römifcher Serrfchaft in
Gallien ein Ende machte und feine Kefidens nach Goilfons verlegte.
De ihm die rivaliflerenden Alamannen unbequem wurden, fo ging nun
fein ganzes Trachten nacy ihrer Unterwerfung. Im Sommer 396 fand
am Öberchein yoifden Straßburg und Wormo'“) ein Zufammenftoß
swifchen den Sranten und Alamannen ftatt. Cblodroig wollte feine Seinde
iberrafchen, gerier aber felbft in die fähtwerfke Bedrängnis. Auf wunder:
base Weife fiegte er zulege über die Alamannen, deren König jich ibm
ergab und Srieden gelobre. CEblodroig gensährte diefen. Darauf Behrer
12 5. Bapiıel.
er Über Toul nad) Reims zurlich, woo er aus Dank für den bilfbereiten
Ehriftengort fein Betennmis ablegee und vom Bifchof Remigius gerauft
wurde. Schon fein Vater Childerich hatte gute Beziehungen zur Fatholifihen
Rirche in Gallien unterhalten, aber er und feine Sranten blieben noch
Szeiden. Ylacydem jedoch Edlodiwig fein Reid) bis an die Loire aus
gedehne hatte, und über Willionen von römifdyen Ebriften berrfchte,
konnte er fich der Erwägung nicht entziehen, daß feine Zerrfchaft nur
möglich) fei, wenn er und feine Scanten die Religion der unterworfenen
Beoätterung, weldye die Wiebrzabl bildere, annehme. Chriftenum und
Aömerrum waren eben in Diefer Beie völlig ideneifche Begeiffe geworden;
die Barholifhe Micche befaß eine vSllig gefchloffene Organifarion und
war eine flarke Wacht, mit der fid) der fränkifde Mönig auseinander-
fegen mußte. Und weil er allein von allen germanifcyen Rönigen den
richeigen YVeg ging und eine zielbewußte Polirit führte, fo gelang ihm
aud) allein das oft verfüichte Problem der Begrlndung eines germanifähen
Heicyes auf römifchem Boden. In Chlodreig erkannte Bifchof Avirus
von Vienne den Erben der römifcyen Welcherrfchaft, und der Baifer
Anaftaflus genoährte ihm den Tirel eines Patricius, und damit in den
Augen der römifchen Bevölkerung die Legitimation feiner Serrfchaft").
Die Alamannen fließen abermals mit den Sranten zufammen, und
zwar mit dem Rönig der Ripwarier bei Zllpich. Der entfcheidende
Schlag gegen fle fiel jedod) in den erfien Jahren des 6. Jahrhunderts.
Der AlamannenBönig batte den mit Chlodwwig gefchloffenen Vertrag nicht
gebalten, worauf‘ es zu einer für die Aamannen vernichtenden Schlacht
Bam, in welcher der Rönig und die Voltshäupter fielen und mit ihnen
ein großer Teil des alamannifdyen Volkes, während ein anderer in die
Gefangenfchaft geriet. Um fich zu retten, flob der Meft des Volkes
nach Süden, feine bisherigen Size am Main, am Yledar und am
Wirrelchein aufgebend, und fuchte beim Oftyorentönig Theoderich um
Schug und Vermittelung nach. Diefer große Germanentönig wußte durch
Verträge, seiraten und perfönlichen Kinfluß ein Prorektorar über die
germanifchen Stämme zu erwerben, und daburdy Ttalien eine sentrale
Wachrftellung im Abendlande zu erhalten. Auch Ehlodioig war ihm
verfehwägert, Aber Theoderich whnfehte nicht, daf deffen Mache zu
‚groß würde, deshalb nahm er fich der flüchrigen Alamannen an und gab
ihnen das römifdye Bebiet am Yloröhang der Alpen zur ferneren %eimat,
nämlich die helverifche bene und Yriederrätien, forwie die fehmäbifche
Tas Chrifentum und Die Orünbung des feänkifeen Neitdes. 1
Yochebene. Lach feinem Tode fant die Macht der Ofigoren rafch.
Ihr Aönig Wirigie mußte 536 mit den füdgallifchen Befigungen aud)
die Oberbobeit Über das alamannifche Volk an die Sranken abtreten.
Später erfhienen die Mamannen unter einem +erzog mehr als Derbindere,
denn ale Unterthanen der Sranten.
Die Sranten baben jene einft von den Alamannen befeffenen Gebiete
am Wain und Year, das Defumatenland und die linfsrheinifchyen
Landfchaften, die Pfalz und das Eifaß Eolonifier. in großer Teil
der alamannifchen Bevölkerung wird ausgewandert fein, ein anderer
Teil blieb unter fräntüfcher Serefchaft. Ylamentlid in den Bebieren am
Witreirbein, am unteren Year und Wlain fand eine Waffeneinwanderung
der Sranten ftart, und fie bebeckten das Land mit ihren Dorfgründungen,
deren Ylamen alle auf :beim auslaufen. Diefe Orte auf heim liegen faft
ausnahmslos in der fruchtbaren Abeinebene oder im niederen fgelland,
niemals im Gebirge, und fie zerfallen in zwei Gruppen, wo fie befonders
diche zufammentiegen: in der Gegend von Tingelbeim bis Landau mit
dem Dicbrigkeitsmopimum um eins und in der Gegend von agenau
bis Bafel mit dem Dichrigkeitsmarimum um Straßburg. Diefe fränkifche
Rofonifarion auf ebemaligem alamannifcen Boden bar erflchelic)
mitirheifdye Bebeurung; fie follre den Alamannen den Weg in die
frntifchen Gebiete verfperren und dazu dienen, die noch im Lande
lebenden Alamannen und Romanen (legrere befonders zahlreich im
Breufchthal) in Unrerwürfigteit zu halten. Die Rolonifarion war ja
noch für Karl den Großen ein Zauprmitrel, um untermorfene Völker
im Gehorfam zu halten.
Die fiegreichen Sranten richteten fid) nun in den neugewonnenen
Bebieten bäuslich ein. Das ftädifche Verwalrungsprinzip, das der
antiten Staatsverfaffung eigen ift, wurde durch die Bau- und Braffchafte-
verfaffung erfegt. Die in römifcher Zeit getrennte Militär und keine
verroaltung wurde in der Perfon des Brafen vereinige und das zahl
und gefehulte römifche Beamtentum faft ganz befeitig. Der Graf” pr
miliedrifche, adminiftrative und richterliche Zunfrionen, die er im Lramen
des Mönige, der ihn ein: und abfente, auslibre. Die römifche Sinans-
verwaltung onnte nicht mehr in ihrem ganzen Umfange aufrecht erhalten
bleiben; denn mehr und mehr drang der germanifche Brundfan, durch,
daß die freien Leute dem Staate unmittelbar und unentgeltlich zu
dienen haben.
15. Be, Die Aut ver neinfaen Sue 1. “
118 5. Rapitl,
Das ganze Land wurde in Adminiftrationebesirke: Bauc oder Braf:
fdyaften, eingereil. In Gallien bildere fortan die ebemalige Peloromanifche
Civitas den fränkifchen Bau, der nah der Stadr genannt wurde. Diefe
Civitas befaß aber noch andere Bedeutung; denn fie bildere zugleich die
Dißzefe, und der Vorort der Civitas war die Refidenz dee Difchofe. Wir
fcbon bemerkt, waren die erfen chriftlichen Gemeinden in den Städten
entftanden. Das Chrifteneum bar ducd) die Aufnahme und Verfebmelsung
aneiter Bulcurelemenre fi alfmählich vollftändig umgewandelt. Die
briftliche Dokrein, das Dogma, bildere ih unter dem Einfluß der
geiechifäyen Philofopbie und Abersrit, und die einft ebenfo einfache
ebriftliche Bemeindeverfaffung wandelte fi) um in einen tompligierten
Verwaltungsorganismus, indem man die römifche Verfaffung zum
Vorbild nahm. Die eSmifche Provinz wurde nun zugleich zur Erzdißzefe,
die Zauptftadt der Provinz Die Kejldenz des Wierropolitanbifchofee. Jede
Civitas erhielt einen Bifdpof, der in der Jauptftadt der Civitas refidieren
mußte, gemäß einer Beftimmung der Synode von Sardica vom Jahre 342.
Civitas, fräntifder Gau und Didzefe decfen fi) zuweilen, doc) find
fie feinesmoege immer ibentifch, denn es fanden im Laufe der Zeiten
Veränderungen flatt, die wir nur felten Überfeben önnen, woeil meijt die
Quellen fhroeigen. Die Didsefen bleiben in der Regel unverändert,
bingegen zerfplitterten die Baue und bäufig wurden infolge der Ver
mebrung der Bevölkerung die Unrerabteilungen der Baue, die Lentenen
oder Zunderefchaften, zu Braffehaften. In Ballien blieben die Verhälmiffe
weit (tabiler als in den rheinifchen Landfebaften, weil dort die Rulmr
tiefere YWOurzel gefchlagen batte.
Wir Bennen nun weder die genaueren Brengen des alten Dangionen:
‚gaues, noch die des fpäteren Woormagaues. Erft aus dem 8. Jabrbunderr
erhalten wir einige YIotisen bierüber. Danad) bildete die Ylabe die
Grenye ywifchen dem Worme: und Flahegau. Bingen und Wainz lagen
im Wormogau, deffen füdliche Brenze vielleicht durch die Orte Dürkheim
und Yleuftabe bezeichnet werden Bann. m 10. Jahrhundert erftreckte
fi) der Ylabegau bis gegen Wainz. MWöglicyerweife grlimder fi auf
diefe Linteilung, wonach Wainz dem Wormegau untergeordner war, die
Wormfer Tradition, daß der Hrzbifihof einft in Worms feinen Sig
gehabr bärte. Vielleicht waren auch die beiden Bischmer Mainz und
Worms zur Zeit Barl Wartells in einer Sand, unter Bifhof Gerold,
vereinigt.
Tao Ehrifennum und die Gründung des fränfifeen Reiten. 115
Welchen Umfang das Wormfer Bisum urfprünglich gehabt bar,
wiffen wir gleichfalls nicht. Einen Beweis für die gründliche Vernichtung
der römifchen Rultur auf dem rechten Rheinufer bietet der Umftand,
daß das einft fo blühende Lopodunum, die Ahauprftadt der Civitas
Suevorum Nicretum, d. b. der Yledarfueen, nicht den Rang. einer
bifeböflichen Aeftdens erhielt, fondern daß das Wormfer Bistum, freilich,
wie es feheine, nicht ohne Admpfe, aud) auf dem rechten Rheinufer
Boden faffen Fonnte. Laut dem Wormfer Synodale vom TJabre 1496
war das Bisrm Worms in folgende Detanare eingeteilt: auf dem Unten
Abeinufer: I. Serpheim oder Dirmftein; 2. Buntersblum; 3. Wefthofen
oder Dalsheim; $. Leiningen, vormals Boctenbeim; S. Sreinsbeim;
. Ylanftell, d. b. Landftuhl; auf dem rechten Rheinufer: 7. Weinheim;
8. Waibftadt; 9. Schwaigern; So. Seidelberg'*). Vielleichr wurde das
Bisrum Worms auf dem linten Abeinufer zu Bunften des Biscums
Wainz verkleinert und erbiele dafüır auf dem rechten Mheinufer Erfag.
Tedenfalls decfen fidy bier Bau umd Didzefe nicht.
Die Sranten waren eifrig bemüht, fi die römifche Bulcur an-
gueignen, forveit ihre geiftige Befähigung reiche. es war ein Ver
fehmelzungsprogeß ein; die Sranten wurden die Iernbegierigen Schüler
der Romanen, und die Romanen nahmen von den Sranten manche
Gewohnheiten an. Gewiffermaßen romanifierten fich die Scanten, und
die Romanen worden barbarifiher. YTocd Sidonins hatte unverbohlen
feine Verachtung und Abneigung gegen die Barbaren geäußert. Von
diefer Stimmung ft nad) der Eroberung nichts mehr wahrzunehmen,
denn wenn die Romanen auc) die Sranken Barbaren nannten, fo bedeutet
diefer Ausdruc® Peineswege Verachtung, fondern er bezeichnet einfach
einen Germanen, dem die Bildung mangelte oder der noch ein Seide
war. Gerne gaben die Römer ihren Kindern deurfihe Vlamen und die
‚Seanten den ihrigen römifdhe. Die Sranten behandelten die Romanen
niche fehlecht, fie galten nicht als Unterwoorfene, Winderberechtigte,
fondern für Senken wie für Romanen galt das Prinzip der Kechro-
gleichbeit. Zwar betrug das Wehrgeld der Romanen, d. b. das Sühn-
geld, das der Mörder oder feine Sippe der Sippe des Krfchlagenen
begabten mußte, nur Joo Solidi, alfo die Hälfte des Webrgeldes des
freien Sranten, und man bat dies als eine Zurlckfegung des Romanen
erflär. Allein beim Römer fiel die Wagfühne weg, da ihm der Begriff
der falifcyen Sippe unbefannt war, und fomit war fein Webhrgeld gleich
118 ‘ 5. Rapire.
groß wie das der Sranten'®). Der Römer war den gleichen Pflichten
unterworfen. wie die Sranken und genof; die gleichen Redyre. Ta, die
feäntifche Reicheverfaffung fonnte fogar als ein Sortfehrier yegenüber
dem. Wiechanismus der römifdyen angefehen werden, indem jene jede
Privilegierung befeitigt wurde. Der Stat war mie mehr wie sur
Römerzeit Selbftsweh, dem alles aufgeopfert wurde, fondern feine einzige
Aufgabe war die Aufrechterbaltung des Sriedens. Der Bönig ift der
Schirmbere aller und der Richter für jedermann.
Im Rechte: und Verfaffungsleben Üüberwoog das deurfche iement,
die Ueberlegenheit der römifcben Rulcur machre fich jedoch allenthalben
geltend.
‚hatten einft die Bermanen Scheu vor den großen Seidten gehabt,
fo war Diefe jegt fiberwunden. Sreilid, der Rönig und die Brofen
wohnten auch jene lieber auf ihren Landglitern, deren wirtfchaftliche
und fozialpolitifcbe Bedeutung in den Iezten Seiten des Römerreichs um
fo böber geftigen war, je mehr die Städte zurüchtamen. Die haupt:
majfe der fiädtifchen Beoölterung beftand, menigftens im erften Jahr
hundert der fränkifchen &errfcbaft, noch immer aus Romanen; aber audy
‚Sranten ließen fidh in den Städten nieder und bauten fich einen saof,
und je dichter die fränkifche Bevölkerung im der Umgegend einer Stadt
war, um fo mehr nahm der firänkifche Beftandteil der ftädtifchen
Beotterung zu. Das“ fränkifdye Brabfeld an der Schillerftraße in
Worms beroeift, daß in Worms freie Priegerifce Franken gelebt haben.
Diele von diefen Sranten waren noch Zeiden. Denn ron dem Uebertricte
Chlodwige verharrten die Sranten in ibrer Mehrzahl, wenigftens in den
Sftlicen Teilen des fräntifdyen Reiches, beim alten Glauben, und auch)
bei den Bekebrten faß in der Kegel der ebriftliche Blaube nicht fehr feft.
Oft genug fam es vor, daß Chriften wieder zum eibenrum zurtichfielen
‚oder unbefangen beidnifche und chrifttiche Gebräuche mifchren.
Yrahe bei der Liebftauenkicche in Werms ift 1942 'cine Anzahl
Infehriftenfteine Über frntifchen Gräbern gefunden worben’“), in welchen
die Verftorbenen mir Waffen und Schmuc‘, Berdten und Gefäßen beir
‚gefegt waren. Unterhalb der Schrift ift das Labarum abgebilder, ihm
zur Seite zwwei Tauben oder Pfauen. Afo waren die Deftatteren zwar
Ehriften, aber fie hingen noch beidnifyen Bebräuchen an. Die Infehriften
fimmen in Spradye und Buchjtabenform mir den römifchen chrüftlichen
Brabfteinen überein und gehören in die Zeit des 5. bis 7. Jahrhunderts.
Das Cheifentum und die Gründung des fräntifcen Neicbes. 7
Wandye Ylamensformen, woie Unfachlas, Aldualuhi find zweifellos deutfch,
bei anderen ift die Erklärung unficher'”). Auch in Wainz und namentlich
in Teiee find zahlreiche chrifklice Znfehriften mir deutfchen Yiamen
gefunden worden.
Die rheinifben Städte verloren mehr und mehr ihren römifchen
Charatrer"*). Die römifche YWiunisipalverfaffung war verfehreunden,
felbft in den gallifchben Städten, und wenn auch die alten Titel jtäbtifcher
Beamten noch vorkommen, fo baben diefe Beamtungen nichr mehr Die
frühere Bedeutung, denn überall find die fräntifchen Beamten an die
Stelle der römifcben getreten. Die Stadt bar im fränkifchen Reid) jede
policifdye oder abminiftrative Bedeutung verloren. in der fränkifdyen
Derfaffung haben die Stadt und das Dorf Beinen Raum, fie find lediglich
wirefhaftliche autonome Verbände, um die fi der Staat nicht ber
kümmert. Wir der derrfchaft der Stadt Über das Land war co vorbei,
nur als Sig der Bifchöfe baben die Städte noch einige Bedeutung.
Auch die Gewerbe zerfielen mit der Zeit, und die ftädeifchen Wiärkte
hatten mit denen der Broßgrunbberefchaften zu Fonkurrieren. Die Zabl
der Bevölkerung ging fichtlich zurüc®, ganze Quartiere lagen in Trümmern
unbewohne und das Bras wucherte zeifchen den Steinen. ie und da
fab man noch ein verftümmelres ötterbild, dem einzelne insgebeim
fibene Verehrung widmeren. Aber meift erging es ihnen Alimm. So
wurde eine Venus im Riechbof zu St. Matthias in Trier an Betten
aufgehängt, und die Pilger pflegten die arme abgefente Görtin mir Steinen
zu werfen, denn man bielt das Bönenbild für die Orakelgeberin der
alten beidnifihen Trierer, Die bei der Ankunft des heiligen Hucharius
verflummte'®).
Der Briegerifche Scante fcyaute auf die arbeitende feÄdrifche Bevölterung
mit Beringfdhigung berab, und ein Autor des 7. Tabrbunderts nenne
fie verdchrlich fdomuniges Befindel. Yöchft felren werden die rheinifchen
Städte in den Duellen der fräntifchen Zeit genannt, am meiften noch Röin,
das zeirweife Refidenz der ripuarifchen Rönige war, feltener lainz, und
Worms nur einmal, da die fähreckliche Brunbild diefe Stadt mir ihrem
DBefirch beehree. Sreilich, Gregor von Tours, der fränkifihe Befchichts:
febreiber, weiß nur weniges von den auftrafifchen Landfehaften zu berichten,
und nad) ihm erlifcyt die Luft, Gefcbichte zu fehreiben, faft vSllig.
{lan batte damals eine Iebhafte Empfindung von der geiftigen Tnferioritet
des Zeitalter. „Wir firhen jet,“ fage Seedegar, „im Breifenalter der
118 5. Bapitel
Welt, darum bar die Schärfe des Geiftes nachgelaffen; und niemand
vermag es in Diefer Zeit, den früheren Schriftftellern gleichsutommen.“
Immer fpärlicher fliefjen die Ylachrichten, und zeitweilig verfiegen die
Quellen ganz. Aber mag der Verfall der Rultur nody fo groß geroefen
fein, die Kontinuieke der biftorifchen Wnnwichelung wurde felbft in der
(&limmften Zeit niemals ganz zerriffen, und das ftädrifche Leben pulflerre,
wenn aud) fdwach, weiter. Die Einrichtungen und Errungenfehaften
der römifchen Baiferzei: Wänz, Waf- und Gewichefiftem, ‘die
Organifarion der ländlichen Arbeit, Technik und Runftradition, wurden
den Sranten übermittelt und dauerten bis tief in das Wictelalter hinein,
(6 daß dadurch die Rluft swifchyen Aömertum und Bermanentum, Rule
und Barbarei, überbrückt wurde.
$. Rapitel.
Die Kultur der Germanen am beine.
enge bevor die Germanen die römifchen
Provinzen eroberten, fanden fie mit der
Rultur der Wirtelmeerländer in Verbindung.
Die Produkte diefer Rulrur Bamen ihnen
auf dem VOege des Taufchbandels zu; an
diefen Produkten lernten fie ibre eigenen
Erzeugniffe, Waffen, Schmuckfadyen, Geräte
vervollfommnen. Am Anfange unferer Zeit:
wechmung ftehen fie no auf der Stufe der
La Tene-Ruleur. Dann Lamen die Yoeft:
"U germanen in unmittelbare Berhbrung mir
den: Römern. Diefer ‚Verkehr war ein feindlidyer und ein freundlicher.
Auf beiden Wegen firömten ihnen eine Waffe mächtiger Zindrücte zu,
die nicht ohne Einfluß auf ihre Entweichelung fein Ponnren. Durch den
Limes wird ihrem YWanderrrieb Stillftand geboten; fie müffen fich
bequemen, den Boden beffer aussunüzen.. Doch noch überwiegt Die
Viehzucht, und fobald fi) ihnen Gelegenheit bierer, verlaffen fle ihre
bisherigen Sige. Von den Römern erwerben oder erbeuten fie beffere
Waffen ale ihre eigenen und laffen durdy gefangene römifchye Waffen:
arbeiter felbft foldye berftellen. Schließlich befegen fie die rheinifchen
Landfehaften und Ballien und geben fid) eine flaatliye, den Verhätmiffen
angepaßte Organifation. Der fremde Boden wird möglichft gleichmäßig
unter die Sreien verteilt; mun werden fie zu Bauern, ein individuelles
Eigentum, das früher unbekannt gerefen war, bilder fi) aus. Aber
der Uebergang vom Rriegerrum zum Bauernrum gebt febr langfam von
5. B00n, Di Baur ver infaen Mr. L “
122 5. Bapitel,
ftatten; noch lange dauern die friegerifchen Yeigungen fort und Diefer
kriegerifce Charakter präge fidh fchon in ibrer Auferen Krfcheinung aus.
Die Rulrır der Germanen feir ihrer Eroberung der römifchen Pro
pinzen bis zu Rarle des Großen Zeit lernt man faft beffer aus den Bräber-
funden tennen ale aus der fehriftlicen Ueberlieferung. Beide Quellen
der }Erfennmis dienen jedoch zur gegenfeitigen Ergänzung und Aontrolle.
Seit Jahrzehnten har eine forgfältige Jorfhung Taufende und Taufende
germanifdyer Gräber aufgedeckt; diefe Sorfchung har allmählich gelernt,
die Sunde zu Elaffifizieren und wiffenfchaftlich zu verwerten. YFach' dem
großen Briege von 1870/71 nahm die nationale Gefbichrsforfdung einen
großen Auffchwung. Das neu erftandene deutfche Keich unterftünt mir
reichlichen Wirteln die Befchichte: und Alterrumsforfbung, nicht minder
tun Dies Die KEingelftaaten. Wir den ftaarlichen, Anftalten der Provinziat
mufeen woetteifern die Städte, befonders am Abein. Denn auch diefe fo
aufblühenden Gemeinwefen wollen ficb den Lurus nice verfagen,
Fünftlerifche und wiffenfchaftliche Beftrebungen nach Aräften zu unter-
fügen und zu fördern. Und dazu Bomme der Patriotismus und die
Wunifizenz einzelner reicher Bfrger. Auf foldhe Weife ift 3 2. in
Worms im Jahre 588) das Paulusmufum entjlanden. Was bie
Zufammenwirfung von Ibatkraft, Gefchic und Sreigebigleit vermag,
zeige fi) an diefem Beifpiel im glängenbften Lichte. Zwei Zwecke wurden
durch diefe Stiftung erreicht: einmal ein altes ebrwürdiges Denkmal
firchlicher Baukunft dem ficheren Derderben entriffen, dann für die zahl:
zeichen Jundobjekre ein fähöner Aufbewahrungeraum gefthaffen. Das
Pautusmufeum ift der Wirelpunkt der biftorifhen Studien fir Worme
und feinen Besirt geworden. Der Alterrumeverein bat mit geoßem Erfolg
sahlreiche Ausgrabungen in und um Worms angeftelle, deren Refultare
das Paulusmufrum bewahrt. Durdy Schenkungen und Ankäufe ift
diefeo Wiufeum beutigestags zu einer ftattlichen Sammlung angewachfen.
Die Ronfervatoren diefes Wiufeums, die herren Dr. med. Röhl und
Dr. phil. Wecerling, baben fodann die ibnen anverrrauten Schige
wiffenfchaftlich verwertet. Yriemand aber bar ji um diefe Studien
ein größeres Verdienft erworben, als der ehemalige Leiter des römifd-
germanifchen Zentralmufeums in Mainz, 2. Lindenfihmir. Er bat fid)
während vieler Tabrzehnte eingebend mir diefen Dingen befehlftige,
eine Anzahl Ausgrabungen felbft geleitet, alle Sunde, von denen
er Rennmis befam, nicht nur regiftriere, fondern aud) womöglich
Die Bulrur der Germanen am Rheine 123
tSufchend nadhgeahme und im Mufeum anegeftellt, fo daß das Wainzer
Wiufeum neben dem in St. ‚Bermainen Lay. das volltommenfte Bild
der Älteren Ruksur bierer. Wiffenfchaftlich bar er fodann diefe Sunbftliche
in feinem Were „Alteremer unferer beidnifchen Vorzeit“ behandelt und
durch vorsügliche Abbildungen erläutert, wobei ihm feine technifdyen
Benneniffe zu gute Bamen. Die Ergebniffe feiner umfaffenden Studien
bar er febließlich in feinem „Landbuch der deutfchen Alterrumetunde“ '*)
niedergelegt, worin er die ftänkifdye Periode eingehend fehildert, mir der
leider unausgeführten Abficht, von Diefer ficheren Brundlage aus rückwärts
fhreitend auch die früheren Epochen in derfelben deffriptiven Weife zu
behandeln. Wan bat fein Buch bemängele, und die. formlofe Anlage
deffelben verdient gerlge zu werden; die philologifhen Rennmiffe
Lindenfchmits halten mir feinen technifcben nicht Schritt, deffenungeachrer
ife fein Sandbuch ein wertvolles Dermächmis diefes fo befcjeidenen. und
tüchtigen Wlannes.
Der fehon betonte Eriegerifchye Charakter der germanifchen Stämme
zeige fich_ in der äußeren Ausftarrung der Gräber. Tin den germanifcyen
Reibengeäbern liegen fie langgeftreckt da, Wiänner, Srauen, Rinder, Reiche
und Aemıe, Serren und Anedhte, ungefähieden, die Reidyen angerhan mir
ihren beften Rleidern und ihrem Schmucke, die {änner mit ihren Yoaffen,
‚oft die “and am Schwertgriff, jederzeit bereit, auch im Grabe jegliche
Ungebübr zu rächen. Darin drückt fich ihre nationale Denkungsare aus.
„%denn am Worgen der “am mit dem goldenen amme die Arieger
wedht, fo erbeben fie fich und sieben in den Kampf, während die Frauen
als Waltüren das himmlifcbe Glüc der Eriegerifihen Zelden teilen.“
Die antiten Schrififteler werden nichr müde, die riefenbafte Beöfe
und die leibliche Schönbeit der Germanen zu bewundern. Auch in
fpäterer Zeit wiffen die "iftoriker von ungewöhnlich großen Männern
zu erzählen. So maß 3. 3. Barl der Große ficbenmal die Länge feines
Fußes. Andererfeits Eommen aud) ungewöhnlich Eleine Wänner felbjt
unter den “elden vor, wie Pippin oder Bonrab, genannt Aursbold, der
Abnberr des falifähen +haufe. Den Eleinen und zarten Romanen mußten
die Germanen in ungewöhnlicher Bröße erfceinen, allein die Wieffungen
der in den Gräbern rubenden Leichen haben keine andere Durchfehnitte«
größe ergeben, ale die heutige. Wenn Gidonius Apollinaris den
Burgundern eine Aörperlänge von fieben Schub beilegt, fo ift diefe
Größe durd) einzelne ausgebobene Stelerre beftärigt worden. Im
124 6. Bapiel.
allgemeinen aber meffen die Männer feche Fuß, die Srauen fünf, viele
Srauen geben indes den Winnern an Bröße wenig nach.
Die anaromifche Unterfüchung der Bebeine germanifcher Gräber
ergab Überall das Refultar gleicbareigen Rörperbaues und Schedelbildung.
Wit Recht fpricht man daber von einem germanifchen Schädel, der fich
‚von dem anderer Raffen durch das weit berausgezogene, vom Scheitel
abgefente zinterhaupt cbarakterifiert. Die Befichrebildung it eine Durdh:
aus barmonifche, und obgleidy die Römer nicht grell genug die Woitbheic
der germanifchen Barbaren fdyildern Eönnen, fo erfehienen fie ihnen doch
Beinestoegs abftoßend. Sie rühmen einftimmig ihre woelße aut, ihre blühende
Beficytefarbe, ihr blondes Zar, ihre blauen Augen. Ale Diefe Bigenfchaften
finden fich audh heute bei den LTorögermanen, den Siefen und Sachfen, und
in Begenden, die vom Verkehr abgelegen find. jn den großen Verkehrs:
‚gebieten am Rbein und an der Donau ıc. haben fich fortwährend Mifchungen
vollzogen, wwodurd) der Dunkle Typus das Uebergewvichr über den hellen bekam.
Die Germanen waren fich ihrer Schönheit und Eörperlichen Ueber:
legenbeit gegentiber den Römern wohl beroußt. Der Derfaffer des Prologs
zur Lex Salica preift das fräntifde Volt als das „berühmee, von Bore
felbft gegründete, capfer im Rampfe, feft im Sriedenebunde, rief von
inficpr, von edlem Mörper, reiner Schönbeit, herrlichem Wuchs, Eühn,
taf) und fireng“. Auch das ‘Epos erteilt feinen &elden Diefelben Bei:
: „die degen kuene unde balt, die snellen degene, die grimme
kuene man“. Papft Bregor I. rief beim Anblic® angelfächfifcher Bnaben
freubig erregt aus: „Vlichr Angeln find es, fondern Engel." Befonders
zeichneten fich die Burgunder und Alamannen durch ihre Größe aus.
Lestere nenne Ammianus Warcellinus Eräftig und ungemein hochgewachfen,
und die Anmur weiblicher Schönheit preift Aufonins entzticht in feinen
Gedicht auf die alamannifde Wagd Biffula:
Zur Katinerin zwar nun geworden, doch deutfe) mod von Antlig,
Simmelblau nod) ihr Aug’, golden ihr rötlihes Saar.
Mifcpe doch Maler wohlen die purpurme Rof und die Kilie,
Und mit der duftigen Sarbe davon dann male dies Antlig.
So war Diefeo Befchlecht von der Yarur fr den Krieg gefchaffen
und durch fietige Uebung des Mörpers hielt eo fid gefund, frifch und
träftig. bre Bampfeoluft prägte jich audy in der Ylamensgebung aus.
Mit den Woreftämmen wie: balt, ger, gunt, hilt ıc. ıc., die alle die
Grundbedeurung „Bampf” haben, find eine Waffe von Llamen gebilder.
Die Bultur der Germanen am Aheine. 225
Die germanifchen Gräber, deren Sundftlche wir für die folgende
Schilderung verwenden wollen, datieren aus ber Zeit zroifhen- dem (Ende
des $. bie zum 8. Jahrhundert. Beftände hierüber nod) ein Zweifel, fo
wiirde derfelbe durch die {Wünzen, bie man 5. 2. fräntifchen Gräbern
in Worms enmommen bat, gelSf"“).
Wie die Griedyen und Römer fo Bannten audy die Germanen die
zwoei Deftarnungsweifen: das Verbrennen und das Begraben, allein das
iegtere Bommt, wenigftens in biftorifcher Zeic, faft ausfchließlidh vor.
Dei den Sriefen und Sachfen zwifden Lime und Elbe wurde der
Xeichenbrand ale narionale Sitte noch in hiftorifcyer Zeit feftgehalten.
Auch bei den Alamannen läße fid) der Leicyenbrand nachweifen. Aus
einem Brandgrab bei Ylaffenbeuren in Oberfehwaben flammt eine Thon:
f&beibe mir Runenzeichen. indes das Begraben war bei den Sranken,
Burgundern, Alamannen, Langobarden ıc. narionale Sirre.
Aus der Urzeit datiert der Gebrauch, über ber Leiche einen Brab-
bügel aufsufchürten, ein Gebrauch, der fich zum Teil bis in die chriftliche
3eit hinein erhalten hat. Zn den Aheinlanden fand man foldhe Brabbiigel,
unter anderem in Wiefenthal, Amt Philippeburg, in Schweingen ıc.
Der Brabbligel beftehe in der Regel aus einer Erdfchlirrung. Bei den
‚Sranten und Burgundern fäheinen diefe Brabbügel nichr üblich gervefen
zu fein.
Viel häufiger find die fogenannten Keibengräber, Sriebböfe nach
beutiger Art angelegt, in welchen die Gräber in regelmäigen Reihen
geordnet waren, mit der Aidytung von Weften nach Often. Zuweilen
berrägt, namentlich in Yleufteien, die Zahl der Bräber bis zu $000; in
den überaus bäuflg vorommenden cheinlänbifcyen Keibengräbern ift die
Ansabl der Gräber geringer, 30 bis 60. Ylur in der LIähe großer Seädre,
wie Worms und Wiains, haben diefe Brabftäten größeren Umfang.
Diefen Jeiedböfen bewoies man große Pierde und fuchte fie durch
Mafregeln vor Verlegung ihres inhalt zu fühlen. So beißt es
Tit. LV der Lex Salica: „I. Wenn jemand die Leiche eines geröteten
Mannes, ehe fie zur (Erde beftatter wird, heimlich ausplimdere und deffen
überführt wird, fo foll er zur Besahlung von 2500 Pfennigen oder
63 Scyillingen verurteilt werden. 2. Wenn jemand eine fon begrabene
Leicye ausgeäbt und beraubt und deffen tberführr woird, fo foll er aus
der menfehlichen Befellfchaft ausgeftoßen fein, bis an den Tag, da er
fi) mit den Verwandten des Beftorbenen ausgleicht, und diefe follen
126 - 5. Bapitd.
für ihn bieren, daß ihm. erlaubt werde, unter Wienfcben zu Bommen ıc.“
In einer Gloffe zum Ariel I diefes Gefenes erfcbeint der Ausdrud:
thorneschales, was Jakob Grimm mit Dorngesweig, Dorngeflechr
ertlßrr. Beim Verbrennen der Leiche wourbe der gebeiligte Dornftraud,
verwendet, und ebenfo wurde er beim Zegraben auf den “hügel des
Toren gepflähse. Diefe Sitte erhielt ic in YIorbbeurfchland lange fort.
Aber man bat au das ganze Brabfeld durch einen geflochtenen Zaun
von Dorngefträuchen gefichere. Solche mir Dornhägen umfchloffene
germanifdye Gräber hatte offenbar Ammianus Wlarcellinus vor Augen,
als er von der Abneigung der Bermanen gegen die Städte fpradh
(XVI, 2, 12): „Sie fähenen Diefelben wie mit ägen umfehloifene Gräber.”
Aus folbem dichrgeflochtenen Bufchwert wurden die Landiwehren ber-
geftelle, die feyon I. Car, Bell. Gall. II, 17, kennt.
Die Zufäge zum Ti: LV der Lex Salica'®) beiehren uns ferner Über
das Ausfehen der Gräber:
2. Si. quis cheristonicam super hominem mortuum capulaverit.
Walberg Gloffe: madoalle aut selave que est ‚ponticulus sequentem
mortuum 'expoliaverit, de unoquoque de istis solldos XV culpabilis
iudicetur.
Dies erläutert die fpäeere Emendatio wie folgt: Si quis aristatonem
hoc est stapplus super mortuum missus capulaverit aut mandualem
quod est ea structura sive selave qui est ponticulus sicut mos antiquorum
faciendum fult, qui hoc distruxerit aut mortuum exinde expoliav .. .
3. Si quis basilicas expoliaverit desuper hominem mortuum. Wialb.
Gloffe: chereotasino, solidos XXX, culpabilis iudicetur.
Grimm ertlärt das YOort cheristonica oder aristato als eer: oder
Woegfäute über dem Grabe, die Blofe madoalle oder manduale als
geflochtenes Bitter, Bern als Umzsunung'“).
In Worms war bis zur frangöjifehen Revolution der Jobannesfricdbof”
niche ducch fteinerne Wauern oder hölserne Zune abgefehloffen, fondern
duech Gräben, Über welche beim Zingang ein durchlöcherten Zifen- oder
Solsgierer gelegt war, das den Wienfehen den Kintritt ermöglichte, nicht
aber den‘ ZJunden, die mit ihren Pforen in die Löcher einbrachen'“).
Das rärfelhafte Wort selave erhält eine Erklärung durch den Zufag:
qui est ponticulus. ben jene durchbrochenen Bitter Dienten als Brickchen.
Zindenfchmit verweift Dagegen auf den in Bayern und Oefterreidh noch
beute üblichen Gebraucy, den Rofegger öfters erwähnt'“), wonach die
Die Rutur der Germanen am Rheine. 127
Verfiorbenen bio zum völligen Erkalten auf‘ die Toten: oder R&-Brerter
(auch im Ylibelungenlied wird Siegfried auf das r& gelegt) gelegt werden,
die in rohen Umeiffen eine menfeblicbe. Beftalt darftellen. LIach der
Beerdigung werden fie bunt bemalt, mit dem Ylamen und Lodesrag
des. Verftorbenen bezeichnet mir Beifügung eines frommen. Sipruchen;
wie
2 Auf diefem Brette bin ich gelegen,
Was ibr feid, bin aud) ich geweien,
Und was ich bin, da werd't aud) ihr,
Geht nicht ohne Sürbitte von mir.
Und fodann „an eine Wand genagele oder am Seldrain, an einem
Wegteeize aufgeftelle oder aud am Waldrande hingelegt auf moofigen
Beund, um den Sußgebern als Steg zu dienen. Es ift gleichfam, daß
man fich auf allen Wegen und Stegen an den Tod erinnern folle; das
gebörr zur Zebenskunft, denn nie ift das Leben fo füß, als in der
Vlachbarfchaft des Todes“ (Hofegger).
Die Basilica super hominem mortuum ift eine Fleine Mapelle, die
in Sorm einer Bafllita auf dem Grabe errichtet wurde, meift wohl
von “oh.
Aber alle diefe Schug: und Zierbauten fiber den. Bräbern unferer
Vorfahren find fÄyon längft verfdhrounden, ohne eine Spur zu binterlaffen,
dagegen haben jich die Steintafeln, mit Infehriften und Symbolen ver«
siert, erhalten. Diefe Tiruli waren urfprünglich über dem Grabe auf
geftelle; fie find dann eingefünfen und von der Vegetation und der Erde
überdecßt worden. Einige diefer Denkfteine wurden auf dem- chriftlichen
Grabfeld bei der Liebfrauenkirche in Worms gefunden, andere auf. dem
uralten Sriedbof bei der Bapelle des St. Aureus in Wainz, in Bingen
und anderswo!®).
Die Germanen haben antike und chrüftliche Bildungselemente in jich
aufgenommen und mir ihren eigenen verarbeitet. Das zeige fich auch
beim Begräbniswefen. Uralt ift der Bebraudh, die Toren im bloßen
Boden zu brerdigen, der namentlidy am Ahein bäufig vorkommt. Dei
den Bayern wurde die Leiche durch ein über fie gelegtes Brett vor Ver-
Iegung durch die berabgersorfene Erde gefihbligr. Aterrimlich ift auch
die Beifegung in ausgehöbleen Baumftsmmen, die bekanntlich audy ale
Bäbne dienten. Solche Totenbäume find befonders bäufig in Miectienburg,
auf der Eimbrifden “albinfel und in HEngland gefunden worden. Bei
128 6. Rapid,
den Alamannen im heutigen Württemberg waren diefe Totenbäume das
ganze Wirrelaler hindurch üblich. Der Dedel wurde mit einer roh:
‚gefehnietenen Tierfigur gefchmict, vielleicht den ber, das heilige Tier
der Sco, darftellend. Audy das falifche Befen Eenne den Torenbsum
unter den Ylamen naucus-- navis (Schiff). “ine hierauf bestigliche
Anetdore erzählt Gregor von Tours in feiner Srantengefchichte. &erzog
Rauching befaß unter feinen börigen Leuten einen üngling und ein
Mädchen, die fid) liebren. Sie floben zufammen in eine Kirche. Der
soerzog forderte vom Priefier der Riccye die Auslieferung des Liebeepaares
mit der Zuficherung, es folle ihnen Bein Leid roiberfahren. Der Priefter
verlangte von ihm einen Libfchrour, den Rauching fdyreur: „Sie follen
‚niemals durch mich getrennt werden, fondern ich will vielmehr alles dazu
beitragen, daß ihre Verbindung beftebe.“ Burmiirig rraure der Priefter
dem Argliftigen und lieferre ihm das Pärchen aus. „Sogleich lie er
einen Baum umbauen, die Aefte abbadten, den Stamm an den Enden
durch einen Beil fpalten und ausböblen, Darauf‘ drei oder vier Fuß rief
die {Erde ausgraben und den Sarg in die Brube jenfen. Dann ließ er
das Wiädchen hineinlegen, gleid wie eine Tote, und den Mnedht über
fie; man fehloß den Dedel, füllte die Brube wieder mit Erde und begrub
fie fo lebendig. „Jc babe,‘ fagte er, ‚meinen id nicht verlegt, daß fie
in Ewigkeir nicht gerrennt werden follen.“
Auf römifchen Einfluß find bingegen die eigentlichen holsfärge mir
und obne Eifenbefchläge zurhdtjuführen. WDir willen ja bereits, daß
folche Kolsfärge röbefter Ronftruttion häufig auf den römifchen Grab:
feldern in Worms gefunden wurden. Der Srantentönig Childerich war
in einem folden *olsfarge beerdigt. Diefe DBegräbnisweife war in
YReufteien bei den Romanen und Sranten ganz allgemein üblich.
Yo das YWlaterial vorhanden war, benunte man fleinerne Gärge.
Die Platrengräber oder Plattentammern gebören erft der fpäteren Zeit
an. Sie finden fid hauptfächlid, bei den Burgundern und Sranten,
doc aud bei den Alamannen, in Abeinbeffen fehr häufig. Die
Steine, aus denen die Plattenfärge gemacht wurden, find entweder
Sindlinge oder aus dem Selfen gefprengte Tafeln. LTody bequemer war
es, wenn man zugerichtete römifche Steine oder Ziegeln benugen Eonnte.
3. 3. wurde an der Ecke der Bau: und Wierowingerftraße in Worms
ein ftäntifces Rindergrab aufttededtt, das aus römifdhen Ziegelfteinen
aufammengeftelle war. Aömifden Urfprungs find die monolitbifcyen
Die Bulrur der Bermanen am Rheine. 129
Seatonbun, die vorzüglich bei den Franken und Burgundern beliebt
an benuste am liebften alte römifche Särge, zumal in Worms,
100 das Gteinmaterial felen war. 1834 fand man auf der Stofeire
des Doms zu Worms 20 römifche Steinfärge, darunter einen mit der
Tnfebrif:
OCTAVIAE AMANDAE CONIVG
CARISSIMAE LASSONIVS FIRMINVS
RC
Der fähwere gewölbte Deckel bare drei eiferne Yinge; auf der
unteren flachen Seite ftand in Uncialfchrift:
EBBO WOLFGANG.
Auf der inneren Seitenwand eines anderen Sarges las man in
toher Uncialfdyrift: ‚WOFFLIN., auf der unteren Seite des Deckels:
FRIDEKIN.
Diefe Särge wurden zu fränkifcher Zeit Sfiers benlige und in
fämtlichen tagen mehrere Berippe, was ja chriftlicher Sitre widerfprach.
1881 fand man an der Schillerftraße eine fräntifdhe Leiche mir Beigaben
in einem römifchen Steinfarge, ferner fränkifche Plattengräber mic Reften
tömifhyer Tnfchriften auf der Schmalfeite; die Deefplatte eines fränkifchen
Plattengrabes bildete der Brabftein eines Soldaten der zweiten parthifcdyen
Legion'“). Banz befonders intereffant ift ein Steinfarg, der im fräntifdyen
Grabfeld zu Rleinwointernheim gefunden wurde und aus dem Brabftein
eines römifchen Reiters bergeftelle ift. Ale Deckel dienre der Denkftein
eines Soldaten der XIV. Legion‘).
Durchwegs liegen die Rörper von Weften nad) Often, das Anklig,
der aufigehenden Sonne zugetehet. Diefe Orientierung Eomme fähon
vereinzelt in den Gräbern der fogenannten Steinzeit, öfters in der Gall
hatt: und La Töne-Periode vor, aber erft die chriftliche Sitte bar ihr
zum Siege verholfen. Ylide mehr wie fiber fenten die chriftlich
gewordenen Sranken, Burgunder und Alamannen ihre Toten in einzelnen
igeln bei, fondern, chriftlicher Sitte fich fügend, begruben fie diefelben
auf gemeinfihaftlichen gerweibten Seiedhöfen bei Rirchen und Rapellen.
Indes das beidnifche YWefen war nicht fo leicht und fo bald zu
verdrängen. Selbft auf chriftlichen Rirchhöfen wurden in ein Brab
mehrere Tote übereinander gelegt, was die Lex Salica als chriftlicher
Sitte woiberfpredyend verbot. Marl der Broße bat wiederholt gegen die
14.2000, Di Auıur Sr iifärn Ste I ”
136 s. Bapkel,
beibnifchen Gebräuche Befene erlaffen, und feinen ernften nachbalcigen
Beftrebungen ift es vornehmlich zu verdanken, daß die chriftliche Siree
zur allgemeinen @eltung gelangte. “eibnifder Bebraudy war es, daß
man auf den Gräbern Opfermabiseiten bielt, wobei man Totenzauberlieder
(dadsisas) fang, die den Zwect hatten, den Beift des Verfrorbenen an
der Aüchtehr auf die Wrde zu verbindern. Eben das bezeichnet der
Indieulus supersttionum als Safrilegium, und noch Burdhard von
Worms kämpft gegen diefen beidnifchen Bebraudh an'”*). Yieben dem
Grabe finder man öfters Refte von Afche, Roblen und Scherben von
Tongefäßen, die mir Tierfnoden angefülle waren. Zur Zei dee
Bonifatius beteiligten fich felbfe cheiftliche Priefter an folden Toten:
mäblern auf dem Grabe. Den Toten gab man fodann Speifen und
Tranf mit, und Tiere wurden mir ihnen begraben, Pferde und Zune,
aber auch dirfehe, Kühe, Schafe und Schweine. in der tarolingifchen
Zeit hört dies auf. Länger erbielt fich die beidnifcbe Sitte, den Toren
Wängen ımter die Zunge zu legen, und bis rief in die Parolingifche Zeit
binein bewahrte man den Gebrauch, dem Toten Schmuck und Geräte
mitgugeben.
Aucy das war römifdhe Sitte gewefen; aber während man niemale
in römifchen Gräbern YOaffen findet, weil diefe Staatseigenuum waren,
fo bilden fie Dagegen den wertoollften und intereffanteften Inhalt
germanifdyer Gräber. Dem Germanen waren die Waffen das Liebfte,
und er mochte fich auch im Tode nicye von ihnen trennen, obfchon fie
außerordentlich teuer und Boftbar waren. Ylacdy dem ripusrifcen Gefe
wurde ein Schwere mit Scheide zu 7 Schilling angefent, obne Scheibe
zu 3 Schilling, Schild mit Lanze zu 2 Schilling; aber eine Rub war
mur zu I Schilling gewertet. Alfo woiırde, da eine Ruh durchfehnitrlich
300 Wark heutigen Geldes Bofter, ein Schwert mit Scheide damals
2000 Wlark heutigen Geldes gegolten haben. Sabritate hatten eben
einen fehr hoben Preiswert.
Im allgemeinen ftimmen die Arten und Sormen der Waffen bei den
Burgundern, Alamannen und Sranten überein, die Technik if Diefelbe,
doch in Kinzelbeiten bemerkt man Unterfbiede. Schleudern baben fid,
in den Gräbern nicht erhalten, Bogen febr felten, wohl aber Pfeile,
deren Spizen aus Seuerftein gefcnitten, fpäter aber ganz von Hilfen
waren. Der Gebraud) von Pfeil und Bogen ift für die Sranten und
Alamannen lrrerarifch zu gur bezeugt, als daß man auf das Schweigen des
Die Rultur der Germanen am Abeine, 131
Tacitus Gewicht legen dürfte, und zudem find Blindel von Pfeilfpizen
in vielen Gräbern, 3. DB. auch in Slonbeim, gefunden worden. Eine
nationale YVaffe fon in der Urzeir war der Speer, der als Symbol
fränkifcher "GerrfchermoCirde galt und zugleich als Symbol der Vollfreiheir.
Ein Editt Rarls des Broßen unterfagte dem “örigen den Gebrauch
der Lanze; wenn fie bei ibm gefunden würde, follte fie auf deffen
Rüden zerbrochen werben. Die Lanze wwar die verbreiterfte Waffe unter
ben Germanen und Tomme in den Gräbern in den verfehiedenjten Arten
vor. Schon Tacirus erwähnt diefe YIarionalwaffe: „Sie führen Speere,
die fie Samen (offenbar mir vram = vorwärts zufammenbängend)
nennen; diefe find von fihmalem und furzem ifen, aber fo fbarf‘
und handlich, daß fie mit derfelben Waffe, wie es die Umftände er-
fordern, fowwohl in der YLdhe wie aus der Serne Pimpfen Können.“ Die
ättefte Sorm der fränkifchen Speere ift 5. 3. im Grabe Ehilderiche I.
verrreten. Diefe einfachen Speereifen erreichen felten die Länge eines
Fußes. Säufig HR die Dlacrform, die zuweilen aus fhön raufebierrem
KEifen beftehr; der Schaft ift von Hfche; auch die Raurenform war beim
Speereifen beliebt. Der Speer diente fonmohl ale Wurfioaffe wie zum
Stechen. Eine eigeneimliche Form Deo YOurffpreres oder Bers, die bei
den Burgundern und Alamannen, zumeift aber in fränkifchen Gräbern
vortommt, ift der Ango (angel), d. b. “akenlanze, die aus einer vier
Fuß langen fifenftange befteht, auf der fich eine Furze, ftarke, vier:
Kancige, mit Widerbaken verfehene Spine befindet. YTach der Schilderung
des Agathias ift Diefe Waffe fpeziell den Sranten eigen. „Die Angonen
find micht gang Turse, aber audy nicht fehr lange Speere, zum Wurfe
tauglich, wie zum Bampfe in der Ylähe. Sie find zum größten Teil
mie $Eifen bededit, fo daß vom else nur wenig, und Baum fo viel,
als für das untere Befchläge binreicht, zu feben ift. An dem oberen
Teile des Speeres ragen jedoch auf beiden Seiten gerimmte Spigen
vor, welche hatenfSrmig zurüch- und abwärts gebogen find. m Rampfe
wirft der fränkifcye Krieger den Ango, der, fobald er den Körper trifft,
überaus rief eindringe und von dem Verwundeten nicht berausgesogen
werden Bann, wegen der Wiberbaten, die furdhtbaren und tödlichen
Schmerz verurfadyen. Sieht dies der Srante, fo fpringe er hinzu,
deheke duch einen Tritt auf den Speer mit der Laft feines Körpers
den Schild des Begners herab und eöter den nun Unbedecften mir der
Apt oder einem anderen Speer.” Das Vorbild des Ango ift das römifche
12 Rapid,
Pilum und diefes wieder eine YTachbildung des erruskifchen Kifenfpeere.
Aus dem Ango bat fid fodann in der Solge die Sarpune entwickelt.
Eine uralte, fehr einfache Waffe war die Golskeule, weldhe naclırlich
der Zerftörung im Zoden nicht enrgeben Eonnte. INdor (Eiym. XVII, 7)
nenne die YWVurfeule Cateja, Die alles zermalmt, was fle trifft. Von
‚einem Belibten geworfen, fhnellte fie, nachdem fie das Biel getroffen,
won felbfe woieder in die and desfelben zurhct. Zn der Tarolingifchen
Zeit verfÄhmeinder die Meule als Waffe des “eeres, blieb aber beim
gerichtlichen Sweitampf üblich.
Eine Wurfivaffe war ferner das Beil, bei den Sranten Francisea
genannt. Sie wurde auch im Brabe Childeriche I. gefunden. Wie
diefer furdprbaren Waffe erfehlug deffen Sohn Cplodiwig feine Denwwandten.
In der Srantengefchichte Bregors von Tours ift Überall die Francisca
die Mordiwaffe. Sie wurde allmählich durch das Schwert verdrängt.
Aus dem YWieffer, Sax genannt, ging das Murgfdyeoert hervor, das eine
durchfchnittliche Länge von 22 bis 33 cm bat. Es diente fomohl als
Stoßtwaffe wie als Wurfmeffer. Der Langfar bar eine durchfähnirrliche
Länge von $0 bie 60cm und feine Klinge eine Breite von 3 bie 4m
und wurde bauptfächlich als Stofwaffe gebraucht. Zr ift das Vorbild
für das Waidmeffer und den Sirfehfänger.
Der Seramasax, das einfehneidige Rurzfhrwert, hat eine Länge von
44 bis 76cm und Die Rlinge eine Breite von 4 bis S'rcm. Der
Nücken ft verfiärft und giebr daburdh der Waffe befondere Wucht.
Der Seramasax ift die gebräuchlichfte VOaffe des gemeinen Kriegers,
weshalb er ungemein häufig in den Bräbern gefunden wird. Der Griff
befteht meift aus “pols mit Leder überzogen oder auch aus Bein.
Das eigentliche Schlachefähiwert ift die Spatha, das ziweifchneidige
Zangfehtwert, einft die nationale Waffe der Bermanen bei ihrem erften
Auftzeren in der Befchichte. Die Römer bilderen diefe Waffe nad) und
tüfteen mit ihr die Aupiliaren aus, während die Legionen den Gladius,
das alte römifche Kursfchwere, führten. Die Spatha galt ale Symbol
des Rriegsgortes; auf ihr wurden die Hide gefchworen; fie ift das ganze
Wirtelalter hindurdy die Lieblingewaffe der Deurfchen gewefen, welche
durdy die Wucht ihrer “iebe den deurfchen YTamen bei anderen Völkern
furchtbar gemacht hat. Langfam nur feheint die Spatha zum allgemeinen
Bebraudy gekommen zu fein, denn ihre Anferrigung erforderte befonders
bobe technifehe Gefchyicklichkeit. Der WaffenfÄhmied war hoch geehre bei
Die Zulrur der Germanen am Aheine. 133
den germanifchen Stämmen, und fein Rubm erbiele fi im “eldenlied
neben dem des Volfshelden. tin vortreffliches Schwert hatte einen
febe großen Wert. Wir faft überfehmwenglichen Worten dankt der Boten:
Tönig Tbeoderich dem König der Vandalen Ihrafamund für das
Gefchent fehöner Spaten. Er rübmt übten fpiegelnden Glanz, die
Bleichmäßigkeit ihrer Schneiden, die anmurige Wirkung fraufer Schlangen»
windungen in ihrer Joblfeble und den bunten Schimmer, der fich auf
dem Teuchtenden Metall aus diefem Sarbenwoechfel ergiebr'”). Die Rlingen
waren damasciert, eine Technik, die aus Aflen ftammt. Befonders war
Regensburg als Sabrifarionsort guter Waffen berhhme. Vortreffliche
Schwerter wurden höher als Bold gefäydar ımd waren wertvolle Stücke
des Schanes. Ainzelne Schwerter genoffen eine befondere Berlibmebeit,
wie Wielands YWimung, Giegfrieds Balmung ı. Vom Schwerte
Balmung rühmt das “eldenlied:
SO starc unt auch sö scherpfel wie vreislich ez snlt,
Swä man ez sluoc Of heime! sin ecke wären guot.
Marl der Brofe trug die Spatha, von der die fhauerliche Sage
erzähle, daß an ihr die beflegten Seinde gemeflen wurden und niemand
verfehont blieb, der größer war ale das Schlachtfchwere. Dem Schwerte
wurde eine eigene Perfönlichkeit sugefehrieben, die dem Uräger desfelben
zuweilen. verderblich ward.
Seine Länge beträgt 8I bis 97 cm, die Breite 4" bie 6 cm. Die
Grifflänge entfpricht einer flarken “and. Der Griff it meilt reich
verziert, mit Boldbleh und Ebelfteinen. Die Scheide ift von Zols, mit
Leder überzogen und mir Werallbefchlägen verziert. Befondere Zierden
des Schwertes bilden das Wiundftüc und das Ortband der Scheide,
forwie der Befcylag des Wehrgehänges. Eine reichversierte Spatha Deuter
immer auf eine hervorragende Stellung des Befiners bin. fine folche
Spatha, deren Länge 89,5 cm beträgt, fand fich 3. 3. auch in dem
großartigen Brabfund zu Slonheim bei Worms; außer der Spatha lagen
in dem einen Grabe ein Ängo und eine Lanze; erfterer bat eine Länge
von I,I6 m; die Lanze von böchft zierlicher Sorm ift 62,5 cm lang.
Audy vom Schilde waren Refte vorhanden”).
In einem anderen Brabe dafelbft wurde eine Spatha gefunden, die
den Vergleich mir den anderen Rönigefähtwerrern wohl aushält. Sie
bar eine Länge von 76 cm, doch fehlen einzelne Städte der Klinge,
deren Breite 61 mm berräge. Der Griff ift aus Sols, mit einer dicfen
134 8. Bapirl,
Boldplatte belegt. Die goldene Griffplatee wird beyrense durch eine
goldene mit Almandinen eingelegte Griffleifte, gans Ähnlich dem Schwerte
des Mönige Lbilderich (Lindenfehmir, Yandbuc, Sigur 165). Die
Almandinen find mir einer Boldfolie unterlegt und in der Mitte der
Leifie zeige fich eine vofertenförmige Vertiefung. Auch das untere Ende
des Griffes, gegenüber dem Wiundfiti? der Scheide, ft mit breiten ver-
sierten Bolbleiften gefbmicht. benfo rei it die Scheide verziert
gewefen, von der einige "oolsftlche erhalten find. Das Wundftic war
aus Silber, vorn mit einer dien Boldplatte belegt. Diefe Boldplarre
ift mit runden und bersförmigen Ausfchnitten verfeben, die mir Edel
feinen ausgefüllt find. Diefer Schmuc? des Mundftüces gleicht am
meiften dem des fogenannten Schiwertes des Rönige Theoderich (im
Grabfund aus Pouan, Lindenfbmir, Fandbucb, Fiir 156). Wie
jenes bat die Stonbeimer Spatha zwei Riemenbalter auf der vorderen
Seite der Scheide. Diefelben find von Bronse, und mir ihren Spigen
in das sols der Scheide eingelaffen. Der bgelfsemige Teil Diefes
Befhlags, durch Das der Schwertriemen gesogen wurde, beftebt aus
maffivem Bold, das mir voren Steinen und in der Wire mir einer
Beinen Roferre von Elfenbein verziert ift. Der Schwverrriemen war mit
bersförmigen, maffiv goldenen Anspfen gefchmücke, die, von einem
geperiten Rande umgeben, fe einen roren Stein trugen. wEntfprechend
dem Wundfilic® der Scheide war aud) das Drrband gefbmlicht. se
befteht aus einem fülbernen Zügel mir langen Leiften, an deffen unterfter
WSIbung ein maffio filberner, mit Vergoldung, Yliello und Almandinen
verzierter, pbancaftifch geformrer Auffan angebracht ift, (mie auf den
Abbildungen von Lindenfehmite Jandbuc, 5. 235) ”).
Als vornehmfte Schugmaffe diente der Schild. Wer ihn verlor,
galt fr feige und ehrlos. Der Schild war nady der Schilderung des
Agarbias febr einfacher Ar: In der Vorbereitung zur Schlacht fdyirften
einige der Alamannen und Sranten ibre Merte und Angonen, andere ftellten
ihre zerbrochenen Schilde wieder ber, die leicht von ihnen gemacht werden
önnen, denn einfach und gering ift diefes Volkes Waffeneiiftung, fie
bedarf‘ nicht verfehiedener Wertmeifter und Fann leidr von denen, die
fie gebrauchen, wieder auegebeffert werben. Panzer und ZBeinfehienen
tennen fie nicht, die meiften fehlen ihr Zaupt garniche, und wenige
tömpfen mit dem “elme bedecit. Der Körper an Bruft und Klcen
ift nacht, umgiirtet von da ab mit leinenen oder ledernen ssofen, welche
Die Rultur der Germanen am Aheine 235
die Beine bedecten. — Die Schilde waren von “ols, mit Leder überzogen
und mir einem effernen Schildbuckel und Schildgriff. Daher ift in den
Gräbern vom Schilde nicht erhalten ale die Kifenbeftandreile. Boftbar
waren die Schilde der Sürften. Vom Schilde des Rönigsjlingling
Sigismer und feiner Begleiter leuchteren die Buckel in goldenem Schimmer,
und Waltharis Schild war reich und funftvoll verziere, mit Leder Über-
zogen und fehön bemalt; er reiste befonders die Begierde der Franken.
Die gefallenen Arieger werden auf den Schilden vom Bampfplane
weggerragen. 5 beißt eo im Ylibelungenlied:
DS die herren sahen, daz der helt was töt,
Sie leiten in Qf einen schil, der was von golde röt.
In der beidnifden Zeit gab man den Schild dem „elden mit ins
Grab, fpäter bing man ihn in der Kirche auf.
„elme, Panzer oder die Brünme und Beinfäyienen find nur von den
Fürften und Vornebmften getragen worden, und die Lex Salica gedenkr
ihrer niche, erjt die fpätere Lex Ripuaria erwähnt die Brünne und die
Beinfeyienen (Bainbergae). Auf deutfchem Boden bat man foldbe Waffen:
ffüche bis jene noch niche gefunden, mir Ausnahme eines “Helmes, der in
der Schilderftraße in-Worms ausgegraben wurde und vielleicht febr früber
Zeit angehört. Diefer feltene Gund ift eine eiferne mit Ramm verfehene
Gelmbaube, mit bewoeglichem KTactenfehieme und Wangenbändern. Spuren
urfprünglicyer Vergoldung find fichrbar'”).
Vor allen anderen Stämmen werden die Alamannen als flotte
Reiter gerübmt. Auch die Burgunder befaßen eine gute Keirerei. Der
eömifce Milirkefchrififtellee Vegetius lobt die Pferde als Eriegerüchtig
und abgebäerer. Zn den burgundifchen Gräbern wurde bis jene nur
ein Sporn in Bel-Air gefunden; bäufiger dagegen im Abeingebiet, 3. B.
in Oftbofen. ıc., und swar immer nur ein Sporn für den linken Zuß'”).
Krft dem Ende des 9. Jahrhunderts gehört ein Sporenpaar an, das bei
Tlierftein im Abeine gefunden wurde. Der Bligel beftebt aus verzierrer
Bronze, der Dorn aus Kifen”‘). YWanchmal wurden die Pferde mit:
begraben, doch häufiger begnügte man fid mit der Beigabe des Pferde:
gefihirrs. Trenfen wurden unter anderem in Selsen, „eidesbeim und
‚Slomborn gefunden. In Gräbern aus der merovingifchen Zeit hat man
bis jene nirgens Ueberrefte von Steigbiigeln aufzedecht. Dagegen fand
man foldhe in einem Grabe zu Befthely in Ungarn, das dem 4. Jahr
bundere angehöre'”). Zn einem (pdrfränkifchen Brab zu Slomborn fand
136 5. Rapiel
fi ein Sreigbügel). Sattel, und Riemenwert waren reich verziert.
Die Zierplarren haben fi auch in rbeinifehen Bräbern, zu seidesbeim
bei Tingelbeim, gefunden; fie find von vergoldereem KErze und überaus
reich und gefchmacPvoll verziert. So wenig wie die Römer befchlugen
die Deurferen ihre Pferde. rt im 9. Tabrhunderr feine der uf:
befchlag üblidy geworden zu fein. Die Pferde waren von Bleiner Kaffe,
aber febr auedauernd: Die Yauptkraft der Leere lag indes beim Sußvolt,
und auch der Reiter war gebt, zu Suße zu fechten. Ta in Zeiten der
Gefahr mußten der Rönig und die Vornehmen abfinen und mit dem
Volke zu Suße tämpfen.
Die Bermanen liebten die bunten Sarben. Wie le ihre Schilde,
ihr Gausgerkte, das Bebälk ihrer dufer gern mit brennenden Sarben
bemalten, fo bevorzugten fie auch in der Mleidung bie rief in das
Wittelalter binein das farbenreiche, während im Begenfan dazu der
moderne Wienfeh fich fehent, durch feine Äußere Zrfcheinung aufiufallen,
umd fi) daher in unfeheinbare indifferente Sarben Fleider. ron aller
inwirtung römifcher Gebräuche in den Zeiten des engen Zufammenlebens
mir den Romanen haben die Sranten doch im wefentliden ihre alte
Voltstracht bewahrt. Diefe Tracht, welche Sidonins Apollinaris mit dem
Zochmur eines Bufeurmenfchen gefchildere har, gleicht am meiften
derjenigen der Bergfehorren. Das enganliegende buntgeftreifke Aleid
Teichre bie an die Anieehle und ließ Anie und YOade bloß; die Aermel
bedecten nur den Oberarm. Ein farbiger Mantel umbüllte die Eraft:
volle Geftalt. Als LBigenchmlichfeit der Sranten bezeidhner Si
den breiten Glirtel, den enganfdhließenden Beibrocd® und die Furze bis zum
Anie reichende “oft. Bart der Broße Eleidere fich nach varerländifcher,
d. b. fränkifcyer Weife. Er mug ein leinenes Zemd und leinene Unter-
ofen, darlıber ein WOams, das mit feidenen Streifen verziert war, und
‚ofen; die Beine waren mit Binden umfehnöre, und an den Süßen
ug er Schuhe. Im Winter fehlte er ch gegen die Rälte durch
einen aus Seehunde: und Zobelpel; verfertigten Rod. Endlich ug er
einen merrgrüinen Wlantel und zu jeder Zeit das Schwert, deffen Griff
und Gebent von Gold und Silber war. Ylur bei großen Staatsatten
bequeme er ficb zur römifchen Tracht. Ylotker, der Möndy von
St. Gallen, giebt eine genaue Schilderung der fränkifchen Tracht. „Sie
beftand in Schuben, die außen mir Bold gefähmüctt und mit drei Ellen
langen Schntiren verfehen waren, fearladyenen Binden um die Beine
Die Bultur der Germanen am Abeine. 137
und darunter leinene “ofen von derfelben Sarbe, aber mir Eunftreicher
Arbeit verziert. Ueber diefe und die Binden erfireckren fid in Areuses:
form, innen und außen, vorn und binten jene langen Schnüre. Dann
tam ein Zemd von Blanzleinwand und darliber das Schwertgebänge.
Das lente Sehe ihres Anzuges wer ein grauer oder blauer Wiantel,
viereddig und doppelt, fo geformt, daß er, tiber die Schultern gelegt,
vorn und binten die Süße berübrte, an den Seiten aber Baum die Aniee
bedecPre. Dann rrugen fie in der Rechten einen Stab von einem geraden
Baumaft, mir gleichmäßigen Anoten, fan, ftart und fhredlich, mit
einem “andgriff von Bold oder Silber von fdröner erhabener Arbeit.”
Im Winter mug man Pelze. Die Römer haben fdhon früb
einzelne Teile der germanifdyen Tracht, wie die Zofen, die Pele, den
Wiantel angenommen. So vollzog fich auch auf diefem Bebiere Wifchung.
md Ausgleihung.
hr vsaar, berichte Agarhias, wird niemals gefchnitten und von
dem Rnabenalter an gepflegt, daß es, an der Stirne gefcheitele, fchön
über die Schuleer berabfälle; nicht nadı avarifhem Braudye wiijt und
verworten oder nachläffig in einen noten gefchlirse, wird es mic
verfehiedenen Salben rein gehalten und mir dem Ramme geordnet. Es
ift diefes der Schmuct umd die Auszeichnung des Eniglichen Befchlechte,
während das übrige Volk das Zaar rund abzufchneiden pflege, und
niemanden fonft geftatret it, es berabhängend zu wagen. Diefe Ientere
Bemerkung ijt indes dahin einzufdhränten, daß Die freien Sranten das
Zaar lang trugen im Begenfag zu den Eurzgefchorenen Romanen und
Unfreien. Darum galt das Scheren eine Sreien als Schimpf, und das
falifche Gefen legte eine Buße darauf. Der saarpflge widmere man
alle Sorgfalt, daher werden in den germanifdyen Gräbern fo häufig die
Rämme gefunden. Sie find aus Aolz oder Bein gefehnitten oft von der
sierlichften Arbeit. Zum Schune der Zähne wurden fie entweder in einer
Scheide von Leinwand oder Leder verwahrt, oder es waren (chließbare
Schalen angebracht. In feiner Übertreibenden Art, fehildere Sidonins
Apollinarie die Sranten ale Wilde, denen bei entblößtem Vladen vom
zörlichen Scheitel das Yaar nach der Stirne geftrichen berabbänge. Das
blaue Auge erglänge in dem glatten Geficht, und flate des Bartes durdy-
fireife der Bamm nur female Jmarbüfdye. Den Yladen bis zum
Sinterbaupt feheren fie glatt, die anderen “aare hängen ihnen über die
Wangen bis zum MWund berab und waren in der Witte gefeheitelt.
15.00, Die Aue ver ehintgden Se. L “
138 6. Bapicl.
Alamannen und Burgunder trugen jedoch ibr “mar Hırzer. Vleben dem
Bamme liege im Grabe gewwShnlid) die Zwichfchere zum Entfernen der
aare auf Wangen und unter der Ylafe. Die Haare pflegte man rot
zu färben und, um fich ein fürchebares Anfeben zu geben, vor der
Schlacht zu frduben.
Charakreriftifch für die germanifche Tracht find die langen Schub:
binden, die vom Andchel bis zum nie das Bein reusweife ummanden.
Das Ende der Binden war mit reich ormamentierten, zungenförmigen
Befchlägen verziert, aus Erz oder Silber; diefe hingen feitwäree bis an
die Waden herab als blinfender Abfchluß der farbigen Riemen. Der
Schub felbft if von größter Einfachheit, aus einem Sthe® gell oder
Leber gefbnitten und Durd» Kiemen Über dem Zuß sufammengehalten.
Viel dörftiger find wir über die Tracht der Grauen unterrichtet.
Alamanninnen und $rantinnen pflegten die blonden Zöpfe mit bunten
Bändern zu ummideln, und entweder diefe Söpfe mir einer Yladel auf“
dem Bopfe feftzuftecten oder Über den Rücken oder die Bruft berab-
fallen zu laffen. Die Tungfrauen trugen die saare frei. Thnen
eigenrhmlich war ein Branzartiges &aarband, in Barolingifcyer Zeit Vitra
genannt, welche Angilbert in einem Gedichte befingr:
gerrlih) auf Dlondem gear glänzt purpum die Binde der Gtime,
Welche von edlem Geftein hell funfelt in manderlei Reiben,
Denn das „aupt ihr umfchlingt ein Acanz aus Gold und Gemmen.
Von dem Ropfpun der Prinzeffin Bertha fage er:
Golden umwindet ein Band das gaupt von Tnuchtender Schönheit,
Goldene Säden durdhfehlingen die blonden glänzenden Jaare.
Verfhjieden von der Vitta der Jungfrau war die der Hbefrau.
Das erfte falifche Rapituler büft denjenigen, der einer rau die Vitta
aufriß, fo daß ihr Saar die Schultern berübrte, doppelt fo hoch, als
den, welcher ibr mur die Obonnis, d. b. die Haube, zur Erde warf.
Frur fpielice Hefte diefeo Aasrfehmudes find erhalten, um fo
sablreicher aber die Jaarnadeln, von Ers, Silber und Bold, die Bnöpfe
teich gefepmüct mit Ornamenten oder mit Darftellungen von Tierköpfen:
Sperber und galten.
Die Mleidung der Frauen beftand aus einem Zemd aus Wollenzeug
oder Leinwand, von einem Gürtel zufammengebalten. Die geringeren
‚Zeute begnügten fich mit diefem einfachen Rleide, während reichere einen
mantelartigen Ueberwurf‘ trugen. oftbare Stoffe baben die Germanen
Die Bultur der Germanen am Aheine 139
von den Aömern gekauft, die gewöhnlichen jedoch felbft bergeftelle.
Schon frühe, Lngft vor jeder Berüibrung mit den Römern, verftanden die
Bermanen die Runft des Spinnens und Webens. Die Serftellung der Stoffe
war Sache der Srauen und die Spindel ihr Symbol. Sogar für Rönige
töchter galt die Arbeit des Spinnens und Webens für ebrenvoll, und die
Verzierung der Mleidungsftoffe durch Stickerei war eine bevorzugte
Befcyäftigung edler rauen. Karl der Große bielt feine Töchter zum
Spinnen und Woeben an, als das befte Witrel gegen die fehlimmen
Folgen des Wüßigganges. Befondere berühmt waren die riefen als
Erzeuger bunter Mleiderftoffe, die fir weirbin verkauften. Wefte von
Zeugftücen find bin und wieder in germanifchen Gräbern gefunden
worden, felbjt Teile eines Webftubles haben fich in Bräbern erhalten.
Spindeln finden fich nur felten, häufiger dagen die Spindelfteine oder
Wirtel in orm von Regel oder Rugelfegmenten oder vielechigen Rörpern
aus Bein, Blasfluf, Duarz, Bergkryftall oder gebranntem Thon. Audy
Ylähnadeln haben ich gefunden. Zn einem Srauengrab in Algei fand
man eine f&öne Yladelbüchfe von Bold.
Ueberaus mannigfaltig find die Schmuckfachen, die man den Bräbern
umferer Dorahnen enthoben har. Wohl bezeichnen die Römer die Bermanen
als Barbaren; durdy ihren Wlangel an Reinlichkeit, ihre Befräfigteit,
Trunkfcht und andere Üble Beroohnbeiten mögen jle oft genug. ihren
tömifchen Yirten und Ylachbarn Iäftig geworden fein, aber Wilde
(Monstra), wie Sidonius Apollinaris fie famäbt, waren fie fäyon längf
niche mehr"). jn vielbunderejährigem Verkehr hatten fie von den
Römern manches gelernt und ihren angeborenen Runftfimm durch An-
eignung neuer technifcher Sertigkeiten gefteigert.
Der fehönfte und charakteriftifchfte Schmuck der germanifchen Rleidung
war der meift ungemein reichvergierte und mit Werallbefehlägen gefchmückte
Gürtel, der von Wännern und Srauen getragen wurde und den ver-
fehiebenften Zwecken diente: zur Befejtigung des Beinkleides, zum Zufammen-
balten des Bewandes, als Träger der Tafche, als Waffengürtel u. f. w.
Er war von Leder gefertigt oder aus flarkem gewirkten Zeug und bei
den Burgundern und Sranken ungemein breit. Die Ornamentierung des
Bürtels gefhab durd Kinflechrung verfehiedenfarbiger Streifen, durch
eingefteppres, eingeptefttes ober eingeflochtenes Zierwert ober durch
Gruppen und Wufter eingefchlagener Heiner merallener Bnopfftiftchen.
Schon zu römifcher Zeit liebte die einbeimifche Bevölkerung der Rhein:
1 - 8. Baplıl.
lande Abwechfelung der Sarbe, wie denn ihre Mleidung in mancher
Ssinfiche der der Bermanen fehr ähnlich war (f. Lindenfehmit, Handbuch,
6.409, Jigur 429). Die Blirtel gleichen febr denen, weldye noch heute
die Tiroler Bauern tragen. Auch bei ihnen ift, wie bei den fränkifchen
Bürteln, eine Meine gebeime Tafäye in dem Leder unter der Schnalle
angebracht. Weir toftbarer als die Ueberrefte der gefundenen Bürtel
müffen nach den Schilderungen der Schriftfteller die der Rönige und
Großen gewwefen fein, von Boldftoff, mir goldenen Buckeln und Schnallen
befent,
Vor allem die Gürrelfehnallen und die Befchläge verdienen wegen
ihrer technifchen Vollendung und ihres Hinftlerifchen Wertes einer Fr:
wähnung. Die Römer tanneen fon lngft die Schmale. Die der
meropingifchen Zeit zeige jedoch eine andere Behandlung des Schnallen:
dornes und einen von der römifchen Bunft durchaus verfehiedenen Der-
sierungegefehmad. YTamenrlich die burgundifchen Gräber in der Schioeiz
lieferten Prachrftüche, ausgeseichner durch die Bröße und durch die Schön:
beit und Eigenart der Ornameneierung. Außerdem fcmichren Riemen:
sungen und ierplarten den Blirtel. Die römifchen Legionare trugen zum
Schuge des Unrerleibs und zum Schmucke einen fepmalen Lederfchury,
der aus einer Reihe mit Wietallinspfen und Penfilien befester Riemen
gebildet war. Aebnliche Schürzen kommen auch in den burgundifchen
md fröntifcen Bräbern vor. So bewaher das Panlusmufeum in Worms
einen in Ralrenengers bei Boblenz ausgegrabenen Lederglirtel fan Jänge-
sieraten, die aus Lederftreifen befiben, welche am unteren sEnde mit
einem geftanzten Brongeblech geziert find"). 2A Glirtelfcomuc” dienten
frener Zierfeheiben von Bronze mit durchbrodpener Arbeit, Drnamenre
mit $lechtwertmoriven, Schlangen, Vögel oder phantajtifche Tiere, aud)
menfehliche Geftalten, 3. 3. in Worms eine Zierfcheibe von Bronze, die
einen Keiter und andere, Die Jioei miteinander ringende YY}änner darjtellen‘”).
Bierferten bildeten fon in der Yalljtarter Periode einen beliebten
Gürtelfcomud. Sie kommen aud) zablreidy in den Gräbern der untern
Donau vor. Zum Unterfchied von jenen beftchen die Zdngekerten der
merovingifchen Gräber nicht ausfchlieflich aus Wierallringen, fondern
meift aus Stangenketedyen, deren Glieder runde rsftibchen bilden.
Diefe Betechen waren an einer Zierplatte befeftigt, und diefe wurde
vermitrelft eines Ringes am Gürtel angehängt. Die Rerechen, meift
deei, werden Durch querlaufende Werallbänder sufammengebalten, und fie
Die Bulrur der Germanen am Rheine. 141
endigeen in angehängten, mit Bravierung verzieren, durchbrochenen
PiStechen oder auch in Beinen, Freusfdrmig überfpannten Gohlkugeln,
Seemufcheln, Scheischen aus der Arone von sirfihhern, berzähnen
‚oder durchlöcherten Wlinzen.
Am Bürtel trugen die Frauen damals, wie noch beute, den Schlüffel:
bımd. in foldyer, aus drei Schlüffeln beftebend, ift in einem Slonbeimer
Seauengrab gefunden worden”).
Von bervorragender Bebeunung find die Berwandnadeln oder Sibeln.
Auch fie zeigen wie die Schnallen einen durchaus nationalen Befhhmad..
ine Verwandefchaft mit den entfprechenden Sumden früherer Zeit it
nice nachzungeifen. Die Weralltechnit der merowingifchen Periode har
eine Sülle von Sormen produsiert und einen. Überrafchenden Reichtum
von ornamentalen Woriven. Lindenfbmir unterfiheider drei Sauprarten
der Berwandnadeln: J. fpangenförmige, 2. fcheibenförmige, 3. Sibeln in
‚Form von Tiergeftalten.
„Die Spangenfibeln find die beseichnendfte Frfcheinung unter den
Schmuckgegenftänden der deurfchen Feibkunft. Diefe Sorm ift (com von
der römifeben Befellfeaft gegen Ende des-s. Jabrhunderte bevorzuge
worden. Die vömifche Fibel ift verhäfmismäpig klein und fehr einfach,
während fpäter die Spangen immer geöfer werden und die Verzierung
weicher. Sie wurden Durch eingefente Bdelfteine oder farbige Blasflüe,
durch Yhiellierung und Vergoldung gefebmückt. Wieiftene find diefe
Spangen aus Silber gefertigt, doch aud) Fupferne und brongeartige Merall«
mifebungen Tommen vor. Die Silberfpangen find in den inneren Seldern
ihrer ornamentierten Oberflächen mit Dergoldung überzogen, die bei den
träfeig vortretenden Banten der eingefcpnittenen Verzierungen und dem,
wenn auch grofenteils barbarifchen Reichtum ihrer Sormen eine an-
fprechende Wirkung äußert, zumal bei dem Rontrafte mit den ducchlaufenden
Sitberftreifen, welche die vergelderen Räume der Spange umgeben und von
dem Rande des Oberteile über den Bügel an beiden Seiten der mittleren
Piarte, teilweife felbft über das abfchliefende Tierbaupr binablaufen. Diefe
Streifen blanten Silber erhalten ihrerfeits wieder einen befonderen
Schmuc durd) einfache Ornamente aus Schwefelfilber, LTiello, welches
eine bemerkenswerte Figenchmlichbeit diefer Schmuckgerdte bilder. . . . Die
bläutichfcpeoarze Jarbe diefer Einlagen zeige fich als Fülkung eingefehlagener
Dreiecke, in einer Zickjackbildung, feltener in einer Anzahl von Rreifen, die
ennweber vereinzelt oder durch Linienbänder zufammengereiht find... ."”).
142 6. Rapid.
Das Bichjadornament ift das vorberrfcpende und der germanifihen Kunft
eigenehmlich, da co auf römifchen Arbeiten nicht vorfommt.
Die feheibenförmigen Fibeln werden von Lindenfehmit ale Erzeugnis
fremder, d. b. 1smifeher Tnduftrie und Ueberlieferung des zanbels
bezeichnet. Sie kommen in denfelben Gräbern neben den Spangenfibeln
vor. Auf der Ereisrunden goldenen oder vergolderen Oberfläche zeigen
diefe Fibeln einen wirkfamen Schmuc? glänsender Hdelfteine oder farbiger
Glaspaften, wechfelnd mir Siligranornamenten von großeneeile fo an-
fpredyender Wirkung, daß ihnen das ganze Mittelalter hindurch ein
fortdauernder Bebraudy geficherr blieb. Die Kauprform diefer Scheiben»
fibeln wird fihen in den Bräbern der Zalljtateperiode gefunden, und fie
erbielt fi) bis in die rSmifhe Ratferzeit ununterbrochen im Bebraud).
Doch verliert fie den Zwe? einer Gewandnabel und dient mehr zum
Schmuct als Brofeye. Die Zierfheiben befteben aus feinem Bold oder
vergolderem Gilber, auch aus rs oder Rupfer, viele aus taufdhierrem
Eifen. Die ganze “erftellungsweife diefer Schmuchftücke zeige eine
überaus bochentwwichelte Renntnis der Werallrechnit. Diefe Technik erlicr
im Saufe der Raifergeit unter dem Mindringen barbarifäen Befchmaches
eine Wandelung. Die Vorliebe für gefchliffene sEbdelfteine wuche mebr
und mehr, und auch in den Zeiten der gewaltigen Ummälzung aller
Dinge dauerte die Zufuhr folder gefchliffener Sbelfteine zum Schmucte
der Woaffenbefchläge und Schnallen ungeftsre for. Durch aufgelörere
Zellen auf der Öberfläche der Scheibenfibel wurde eine geomerrifihe
Sigur hergeftelle und in diefe Zellen wurden HEdelfteine oder Blasflüffe ein:
gelaffen"®). Die Edelfteine find frrifde Granaten, Almandine und
‚oyaginthen, feltener Topafe und blaugelme Türkife. Weniger reiche
Zeure begntigten fih mir gefchliffenen Blasftücthen von rörlich-violerrer
oder tiefblauer Jarbe, auch Perimurter und ifenbein wurden wermender:
„Die Sarbenvoirkung der gefcbliffenen Kdelfteine und Blaspaften ift Durch
untergelegte Solien erböhr, welche, aus feingerippten Bold- oder Silber:
plättchen gebildet, der Zorm und Größe der Zellen entfpzecben, in weldyen
die Steine, nady der wechfelnden Beftaltung des Drnaments ennueder ver«
eingelt oder in Ponzentrifihen Reihen verteilt oder unmittelbar zufammen-
gefebloffen, die ganze Oberfläche des Zierftüctes bedecken. Vereinzelt
gruppieren [ich diefelben in Sorm eines Rranes oder eines Areuses,
während die reihenweife unmittelbar zufammengeferten Steine in einem
‚ober mebreren Ringen firablenförmig den Wirtelpunkr umgeben“).
Die Bulrue der Beemanen am Rheine. 183
Sind diefe farbenreichen, prächtigen Sibeln wohl meiftens durch den
Wandel nach den Aheinlanden gekommen, fo verfüchte man fich doch
felbftändig in der »erftellung von foldh versierten Beofdyen"®). Auf der
dünnen Silberfcheibe find die Verzierungen entweder mit verfchiedenen
Stempeln eingefeblagen oder durch förmlicye Prägung ausgeführt. Bei
diefer Aer feblen die Hinffne von Mdelfteinen oder Blaspaften und die
Verzierung mir Siligran. Das Siligeanornamene wicd bier nachgeahme
durch die Darftellung verfchlungener Perlbänder. Soldye billig berzu-
ftellenden Scheibennadeln waren wohl meiftens im Befig der ärmeren
Bevölkerung, und bei ihnen Pam der nationale Örnamentgefchmad? zur
vollen Belrung. <äufig ehrt auf foldyen Sibeln die Darftellung eines
Vogels mir zurhctgebogenem “alfe und gefrimmterm Schnabel wieder.
In einem Brabe bei Pfiffligbeim bei Worms wurde eine Sibel gefunden,
welche das in fräntijcher Zeit als Ornament beliebte myftifche Zeichen
des Triquetrum geigt, umgebilder zu einer Dogel- oder Drachengeftalt, die
fich mit weitgeöffnerem Rachen in den Schwanz beißt. Um diefe den
Wireelpuntt bildende Tiergeftale, find im Areife vier Tiere gruppiert, die
fich gegenfeitig in die Schwänze beißen. in geperlter Rranz umfchlinge
das Banze. ©bder auch das “atenkreus } dient als Leitmotiv. Diefes
tommt fon auf erojanifchen Jundftlcten vor umd bar wie das Triquetrum
myftifche Bedeutung. Auf einer in Abenheim gefundenen Bronzefibel
bilden doppelöpfige Tiere mit langen gebrimmten Schnäbeln, deren
eiber bandartig ineinander verfehlungen find, das Yalenkreus. Zumoeilen
wird aud) der eine Balken des Jakenkreuses als Ornamene benunt. Auch
römifche Wünzen wurden nachgeahmt. Der Einfluß des Ehriftenrums
zeige fih in der ornamentalen Anwendung chriftlicher Symbole, doch
vermifchen fi) bäufig chriftliche und beidnifche Symbole, wie 3. 3. auf
einer Scheibenfibel von GBundersheim bei Worms, die fomwohl das Rreuz
als auch das Triquetrum zeigt. Um das Rreuz in der Witte lAuft ein
mit einem geperlten reife abgefchloffener Sries, in welchem drei
pbantaftifche Tierköpfe dargefiellt find, deren mit Perlftäben belegte lange
Ydlfe gleichfam aus dem das Rreus bergenden, mittleren Kreife heraus:
sumwachfen feheinen. Aber auch die veine Areugesform Bommt als Ornament«
morio vor, doch ift eine genauere Zeitbeftimmung unmöglich.
Aelteren Charakter tragen die fdheibenförmigen Gewandnadeln von
Eifen, deren Oberfläche mir Einlagen von Bold, Silber und Erz verziert
ifi, mit Ringen von Zidya und Bandverfchlingungen, mit Treppen
144 9. Bapiıl,
muftern und DBonenkränzen. Diefe verzierte Vorderfeite ift gefehlt
durch vier oder fünf vorfpringende Bronzenägel oder vergoldere Buckel:
Inöpfe. Die merowingifche Taufcyierrechnit (d. b. die Örnamentierung
von Weraliflächen durch andersfarbige Metalleinlagen) Entpft unmittelbar
an die römifche Technit an; fie finder fid) nur in den gallifchen und
‚germanifchen Provinzen des Römerreiches, alfo bei den Burgundern,
Alamanmen und $ranten, nicht aber bei den anderen weftgermanifchen
Stämmen. Die $arbenwirtung der Ornamentierung wurde durch zwei
Arten des Verfährene erreicht. „Entweder find diefe Verzierungen in
einer Die Oberfläche des ifens bedecfenden Silberfehichr auegefehnirten
‚oder in vorgeftochene Linien mit Silberfäden auf das Eifen eingelegt,
Po daß fe entmeder dunkle Wiufter in hellem Brunde oder heile auf
dunklem Brunde bilden“'®).
Die Vorliebe für Taufbierung, als direfte Ueberlieferung eömifcher
Technit blieb der mersweingifehen Epoche eigencimlich und befchräntt
fih auf die Bräber des 5. bie 8. Jahrhunderte. Berwiefen wird diefe
Datierung durch die in den Bräbern gefundenen Wüngen. Trog Annahme
des Chriftentums erhielt fich, wie befannt, altheidnifihe Sitte bis in die
Barolingifche Zeit. YToch fand nach der Beftstrung ein Torenmal auf”
dem Brabe ftatt, nody wurden den Toren Meine Wilnzen unter die
Zunge gelegt, und zwar gebrauchte man fiir diefen Zroec® niemals Rupfer:
müngen, fondern Bold- und Silbermünsen, mit Vorliebe folche neuer
Prägung. So werden im Paulusmufum in Worms Bold: und Silber:
möngen aus verfcpiedenen rheinifcen Gräbern aufbewahrr, 5. 2. eine
Wiünze mit dem Wionogramme des Oftgorentänige Theoderiche des
Broßen, die auf dem Avero das Bild des Raifers Juffinus zeige, alfo
wwoifchen SI8 bis 525 gefchlagen fein muß. Won früheren Kaifern
Bomme eine Wünge deo Anaftafins (F 58) vor; bäufiger YWiünzen des
Tuftinian, die auf dem Avers entweder Das Monogramm Chrifti zeigen
der das des Theoderiche; eine andere Münze Juftinians träge den
Yramen des Arhalarich, fie ift noch ganz neu; eine Wlnze Tuftinians
wurde unter Torila geprägt, deffen Beiname Babuila auf der YWänze
ftebr; ferner merowingifche Wünzen mit barbarifchem Bepräge, ja fogar
gallifche Silbermünzen, die wohl von den Sranten im Boden gefunden
worden find und damals Baum nody Rurswert haben Eonnten'*),
Doch kebren wir zu den Gewandnadeln zurüd. Die eigentümlichfte
‚Sorm diefes Rleidungsfchmuckes find die Yladeln in Sorm von Sifdhen
Die Bulrur der Germanen am Aheine. 145
und Vögeln. Die Darftellung diefer Tiere ift Außerft rob; aber auch
diefe Art von Schmudigerkten erinnert an die freilich viel vollendereren
und mannigfaltigeren Darfiellungen von Tieren aus der fpäteren Baiferzeit.
Während aber diefe durch farbiges Schmelzwert und Yiello dargeftelle
waren, fo find die Vogel. und Sifcpbilder der meromwingifhen Bräber
durchgehend nur durch Siligeanoenamente, gefchliffene bdelfteine oder
farbiges Blas ausgefüher, weil, wie Lindenfchmir meint, die römifhe
Technit der SEmaillierung in der merowingifchen Zeit verfäneunden fei,
welche Behauptung aber nach der Beobachtung Röhls einzufchränten ift'”).
4äufig. kommt unter den Schmucknadeln der Sifch vor, ein alschriftlichen
Symbol, manchmal aus Erz, in den Srauengräbern meift aus Silber oder
Gold. Bei den in den theinifchen Bräbern gefundenen Sifchen find die
Schuppen und Stoffen aus glänzenden Almandinen dargeftelt, und das Auge
ift durch einen blintenden Silberftift begeichner, wäbrend bei den aus
burgunbifchen Bräbern ftammenden Schmudkftlichen die Rörperreile einfach
durch Siligranlinien abgereilt und die Schuppen durch Beine Ringe
angebeutet find. Wlanchmal befunden biefe Schmucfgeräre eine vorzügliche
technifche Gefchicklichkeit und fcharfe KTarurbeobachtung, andere zeigen einen
wahrhaft barbarifchen Gefcbmad. Zumeilen ift nur die Jauprform des
Tieres erkennbar, der Phantafie der freiefte Lauf gelaffen.
Befondere intereffant find die dargeftelften Vögel mit flat gefrfummtem
Schnabel. Wlan wird fie wohl als Jagdvögel: Zabichre und Salten,
bezeichnen dürfen. Denn die Sranten hatten fon früh eine Vorliebe
für die Vogelbeise und Salkenjagd. Der Tagdvogel, in der Lex Salica
accepiter, orfocla genannt, harte einen folchen YVert, dafı fid) die Volke-
rechte damit befehxiftigen’*).
Wir haben ja bereits gefeben, daß auch die Anspfe der Zaarnadeln
mit folchen Erummfchnäbeligen Jagdvögeln gesiert waren und nicht minder
die Befchläge der Bürreltafdyen. m Grabe des Rönigs Childerich wurde
der goldene Befchlag einer Bürteltafche gefunden, die mit Bold: und
Sitbermüngen angefüllt geroefen war. Auch in den Gräbern von Selsen
fand man mit Almandinen befezte Tafchenbefchläge. ZBefondere sierlich
und gur erhalten it der in Slonheim gefundene Tafdyenbefchlag von
Bold und mir Ebeifteinen befent.
Diefer Stonheimer Sund gehört zu den reichften und intereffanteften,
der fich nur mit dem Brabinhalt Childerichs 1. vergleichen läßt. in
dem Slonheimer Brabe lag ein alter Yyann, nad) den zahlreichen, Uberaus
15. Bean, Die Aue ve Keitfäm Ge. T. ”
148 8. Kapitel.
wertvollen Beigaben zu fihließen, von vornebmer “ertunft; es fänden
fich zu oberft ein Ango und eine Lanze, die wegen ihrer Bröße im
olsfarge nicht untergebracht werden Bonnten; ferner eine große Schüffel
von Bronze mit geperltem Rande, darin eine Schere von fifen, ein
beineener Ramm und Anochen eines jungen Schmweines. Yleben der
Schüffel lag ein ormamentierter gerbrochener Topf und in biefem eine
Trintfdyale von Glas, ein Seid! von feltener Schönheit. Zn die
Wandung der Schale ind fdbleifenförmig gewundene Guirlanden von
milchroeißem Glasfluffe eingefebmolgen, die von außen und innen gleich,
gut fichebar find. Auf der Witte des Oberfähenkelo lag die Art und
neben dem linten Arın die Spatha, unweit davon ein Pater Pfeilfpigen
und ein zweites in der „üftgegend. Schräg an der Tinnenwand des
Sarges lehnte der Schild. Serner fanden fidh eine Pinzerre von Bronze,
eine Ylähnadel von Bronze, ein eiferneo Wieffer, eine durchbohrte Perle
von Bernftein und Refte der Bürteltafdye. In der rechten “and lag
ein maffiver Singerring von feinem Bold, der ganz demjenigen aus dem
Grabe Childeriche 1. gleicht. Wegen feiner engen Deffnung hätte er
böchftens am Bleinen Singer getragen werden Bönnen. Vielleicht wurde
ihm pierätevoll der King feiner Bemabtin mitgegeben”).
Wertwlirdigerweife wurden die meiften Singereinge in Srauengräbern
gefunden. Sie Bommen bauptfächlid) in zwei Sormen vor: entweder
glatte gleichbreite Reifen oder Ringe mit verzieren Schildplatten. ine
deitte Art ift der Ring aus zufammengebogenem Drabt, deffen Enden
‚gegenfeiig ineinander verwicelt find. YWlanche Ringe tragen auf der
Schildplarre Auffebriften, fo 3. D. träge ein Ring im Rönigsgrab zu
Pouan die Tnfehrift “era; der Siegelring des Srantenkönigs Ehilderiche
zeigt fein Porträt mir den langen Locken und der Lanze als Symbol
der soerrfchaft; die verfeber eingefehnietene nfebrift lauter: Childerici
regis. Andere Ringe enthalten gefaßte ancite Bemmen. Die Schildplarre
ift entweder mit Ornamenten verziert oder mit bildlichen Darftellungen
ober mit chriflichen Infihriften, Honogeammen und Zeichen, bie mandjmat
ausmarken oder Greinmenzeidyen fehr Ähnlidy fehen. Boldene Ringe
find mir Einlagen von farbigen Blas oder Kbdelfteinen, mic und ohne
Tntaglio, gefhmücht. Seltener ind die Singereinge aus Silber mic
Vlielloverzierungen. Die Wehrzahl der Ringe if aus Erz oder Rupfer
gearbeitet. Das Wormfer Mufeum befizt eine ganze Sammlung fränkifcher
Singerringe, von Bold mit Jntaglio, filberne mit und ohne Steine, brongene
Die Bultur der Germanen am Rheine. 147
nit myflüfdpen Zeichen oder Rreugen gesiert, einen aus Weißmerall mit der
Infebrift: Merdi. Die Singerringe fiaten meift am vierten Singer der
inten and, alo Zeichen der Treue, da man damalo glaubte, daß jener
‚Singer durch eine befondere Bluraber mit dem Yerzen unmittelbar ver«
bunden fei.
dufig wird in den Quellen des alsringes gedacht, ein vie
begebrtes Gefchent der römifcen Maifer. In der “eldenfage fpiele er
eine große Rolle. Aber in Wiännergeäbern ift der Salsring bisher gar-
nicht gefunden worden, in Srauengräbern nur felten. «ingegen waren
die Armeinge audy nod) in der Wieromingerzeit ein beliebter Schmudh.
Kiner früheren Periode gebören die Acmringe aus Perlen von Glas und
Bernftein an, folde fanden fid aud) in rbeinifchen Bräbern 5. 2. zu
Worms erc. Tn der Kegel ift der Armring aus Bronze, bäufig von
Siber, felten von Bold. Auch da begegnet uns eine Wiannigfalcigteit
von Formen; es giebt bohle und maffive Armringe, flache und ecige,
halb» und ganzeunde. infache und unverzierre Jormen zeigen in der Negel
die goldenen Armringe, wogegen die filbernen und bronzenen oft febr
reich verziert find. Die meiften Armringe find in Srauengräbern gefunden
worden, und auch die Lex Salica Tit. XXVII, Zufas Io, erwähnt den
Armring als Scauenfhmuct, während body die fehriftlichen Zeugniffe
den Armeing ale Schmuck der Wiänner bezeichnen. Die goldenen und
fübernen Armeinge oder Yougen vertraten zuweilen die Stellen von
Bolbmüngen und wurden nicht nur zu Befchenten, fondern auch zu
Besahlungen verwendet.
Im szilbebrandelied will Aildebrand feinen Sohn Aadubrand durch
Befcyente geroinnen:
want er dö ar arme wuntan® bougd, cheisuringd gitän, so imo se
der chuniog gap, Hüned truhtin,
d.5.: „Da wand er vom Arm gewundene Ringe, aus Baifergold gefertigt,
wie fie ihm der große Mönig, der Junnen "ere, gegeben hatte.“
Wie vergolderen Armfpangen und Gürtelbefdylägen beftad) Ehlodieig
die vipuarifden Vornehmen. jn der Werkflätte YWielande wurden
goldene Ringe gefpmieder und folde in der Höhle des von Beomulf
getöteten Drachen gefunden. Der Held Walehari entführt aus dem
Zunnenlande einen Schan, in zwei Aörben voll goldener Acmeinge. Sir
den freien Abzug bot er dem Mönige Buntber Joo und 200 folder
Goldringe an, allein die Begierde nach dem ganzen Schan war allyugrof,.
148 5. Rapid.
in unenebebrlicher Srauenfehmuc® waren fodann die Obrringe, die
fib in den Gräbern in den einfachften und mannigfächften Sormen
vorfanden. Wir erwähnen aus der reichen Sammlung in Worms nur
einen aus feinem Bold gearbeiteten Obrring aus den Gräbern von
Woefihofen. Der inwenbig boble Neif' befteht aus flartem GBoldbledy,
die vieredige Berlode it mit dreiedigen Schalengranaten belege und
jede Stäche noch mit je vier auftecheftebenden vergolderen “ilfen befent,
die auf ibren Spigen weiße Perlen tragen.
Wilhelm Lipp, der glüchliche Entdecker fo vieler wertvoller Junde in
Ungaen'®), fand unter anderem in Beszthely Obrringe, die fo groß find,
dafs fie nicht am Obrlppchen, fondern an der Obrmufchel getragen werden
mußten. An den Boldringen ift mic feinem Drabt ein Esrbehenförmiges
Anhängfel befefige'”). Diefe Aörbehenohrringe ind von vollenderer, kunft:
voller Tedpnit und galten ale Frzeugniffe gotifcber Runft, da fie bis vor
urzem nirgenb anders fonft vorfamen, als eben in Ungarn. Allein aud) in
‚rbeinifchen Gräbern bar man fie gefunden und das Paulusmufeum befige
mehrere'® m),
Ylur in Srauen und Rindergräbern wurden “alsringe gefunden,
aus aneinandergereibten Perlen befiehend. Solche bunten Perlentränge,
bis auf den heutigen Tag der bevorzugte Schmuch wilder Völker, finder
man fihon in den Brabbligeln der früheren Perioden, aber erft in der
!ieroroingerzeit zeigen die Brabfunde einen foldh unermeflichen Reichrum
an Sormen, zuweilen von Flnftlerifchem Werte. Die Perten find teile
aus Bernftein gefertigt, weils aus Glas, gemaltem oder emailliertem
Thon, feltener aus Kryftall, Wufcyeln oder Eunftreicher Schmelzarbeit.
Die Hauptformen find: Rugel, Scheibe, Würfel und Trommel. Die
Verzierung ift wiederum die denkbar mannigfächfte, einfache Streifung,
Bongentrierte Rreife, Schuppen, Spiralen, Wellenlinien, Blumen und
Blattwerk, und die Sarbenzufammenftelling von der teisendften Art.
Solche Perlenkränze befteben durchfehnitrlich aus 30 Sehe. Auch
fehmüichten die Grauen ihren Yalo mir gebentelten Boldmüinzen, die zrifchen
Perlen eingereiht wurden und mit $Edelfteinen befegem Boldfchmud,
immer ein Zeichen hervorragenden Reichrums und angefehenen Befdplechre.
Entweder find diefe Boldfcheiben wirkliche Münzen, oder aber ift das
Gepräge nur nachgeahmt und oft von barbarifeber Zeichnung.
In Srauengräbern finder man zuweilen Eugel: oder eiförmig zu-
gefehliffene Bergeryftalle oder Kifenerze, die oft Eunfivoll in Bold,
Die Bulrar der Germanen am Kheine 19
Silber ober Erz gefaßt find (in Gräbern zu Algei, in Sreilaubereheim,
Stonbeim 1c); die Rugel Fommt aud» obne Saffung vor, wie 3. D. im
Grabe Childerichs I. und in einem Srauengrab in Worms. Daß biefe
gefaßten Augeln als Schmuc? am Glrtel getragen wurden, bewoeift eben
der Stonbeimer Fund, in welchem Kefte eines sierlichen fübernen Retechene
entdeckt vourben, an dem der Rauchropas hing"”). Aber die unftbeinbaren
tupferbraunen und braunfchwarzen Bifenerze Lönnen doch kaum als
Schmuck gedient haben. Immer fommen folche Fifenerze und Reyftall:
Bügeln mur in reichen Gräbern vor. Dem Rryftall fehrieb man die
Eigenfhaft zu, das Sieber zu lindern, und dem ifenerz die Stillung
des Blutes. Afo dienten fie als Amnulette.
Zum Zjnventar reicher $eauengräber gehören manchmal mit Erz
befehlagene Mäftchen. Da die Verzierung des Ersbefchlages Überall
diefelbe ift, fo muß man die Anwendung von Stempeln annehmen.
Diefe Räftchen dienten zur Aufbewahrung von LTähnadeln ıc. Sodann
gibt es zierliche Blichechen in Geftalt von Hohlkugeln und Eylindern aus
teicyvergierem Bold, Silber oder ZErs, die vermittelft eines Scharniere
fi Öffneren. Die nähere Unterfuchung des Inhalts eines diefer
Blchschen hat die Tharfache ergeben, daß es unter anderem Berolirz
nelßen. enthielt).
Den vornehmeren Toten wurden Befäße aller Art mit ine Brab
gegeben. Da finden fid) imer aus Zols mit zierlicem Lrzbefchlag.
Die döhe fehwankt zwifchen 13 bis 26 em und die Weite zwifchen
33 bie 22 cm. Das reiche $lonheimergrab enthielt einen Zimer mir
Brongebefchlag. Der Zentel it veidh mit Ornamenten verziert, die aus
größeren und Eleineren Ringen befteben””). Die “enkelanfäne gleichen
denen eines Eimers im Mainzer Wjufeum, der Henkel einem folchen im
Wiufeum zu Wicobaden'*). Zinweilen werden auch römifche Bläfer in
feänkifchen Gräbern gefunden. Die Produkte der einheimifdhen Blas-
induftrie zeigen andere Sormen als die römifcben. äufig if die Trinkfchale
tund ober der Rundform fich nähernd. Einige find durch aufigeprefire
blaue oder mildhwweiße Streifen und Punkte verziert. Andere Schalen
find langgeftreddt md unten abgerunder oder in eine Spize gezogen.
Einen fremdareigen Eindruct machen die Becher, welche von oben nach
unten gebogene Anfäne baben, die das Trinken erfÄyweren. Andere find
gerippt oder mit Bogenlinien verziert. Auch in der fränkifchen Zeit
tommr das Blashorn vor. Körner des Ur, in Silber gefaßt, waren
150 6. Bapiı.
nady Cifar die nationalen Trinkgefäße. Die alkfernen Trinkhörner find
mir eingefehmolgenen weißen Ringen und Streifen verziert, die im Begenfan,
zur gelinen Sarbe des Blasbechers dem Trinfgefäß eine anmurige YOirtung
verleihen. Zumweilen haben fie “entel zum Aufbängen.
‚Schr felten erhalten find die Yolsbecher, die mir Kunftvoll verzierrem
Ersblech überzogen find. Ein toftbaree Bremplar befize das Paulus
Mufeum. Es wurde in einem fräntifcben Brab zu VDiesoppenheim
gefunden, in welchem außerdem eine Lanze, Streitart, {ieffer, Pfeilfpigen,
Schere, Kiemenbefehläge, ein Thon: und ein Blasgefäß lagen. Der
Becher war zerbrochen, Fonnte jedoch durch das Befchic® Lindenfchmire
wieder einigermaßen zufammengefee werden. Das eine Bronzeftüch zeigt
zwei durch ein Band abgeteilee Räume; man erfennt die Darftellung des
Sindenfalls, den Baum mir der Schlange und Nefte einer Bruppe,
befiehend aus Wann, Kind und Weib. YTeben dem Yaum fteht rechte
(ADJAM, tints ET EVVA. m zweiten Geld it die Eva mit den
Budyftaben (EYVVA wiederholt, dann folge die Scene der Verleugnung
Petri; oben darüber fieht: SALVATOR — PETRVS, darunter Kefte
von Buchftaben. Das zweite Bronzebledy har vier Selber, die leider fo
fhark orydiert find, daß eine Erklfcung bis jegt noch nicht gelungen it'*).
Bronzefehlffeln werden dagegen fehr häufig in rheinifchen Gräbern
gefunden, oft von fÄhönfter Arbeit.
Von den Thongefäfen find einmal die Rochröpfe zu erwoäbnen, dann
die Gefäße in Vafenform von fehroarzer ober roter Hrde. ie weichen
in Sorm und Ornamentif ftark von römifcher Arbeit ab, wie denn der
Rüchfehrirr auf diefem Gebiet de “andwerks ein unverfennbarer it”).
Die Verzierungen, zum Teil febr gefchmadvoller Art, find entweder
eingebrücht oder aufigemalt oder erhöht, wie 3. 3. bei einem Thongefäß
aus den Gräbern von Wiesoppenheim im Wormfer ufum.
Land baten die Germanen von den Römern gefordert; aber audı
das Gold lockte fie in die füblichen Länder. Denn, wie fchon Rolumbus
fagt, ift Bold das Allervorrrefflichfte, ein Schas, deffen Befiner alles,
was er auf Diefer Welt winfeht, fid verfihaffen und Serien dem
Paradiefe zuführen Eann'*). Tin unausgefegten Zthgen plünderten die
Germanen die Provinzen des römifchen Neiches und fehleppten bie
erbeuteren Schäge in ihre Zeimat. Die Römer, um Rube vor ihnen zu
betommen, sablten den Germanen Tribut, den fie eupbemiftifch Befchente
nannten. Ylady dem Tode des Attila verlangten die Bepiben ale Erben
Die Kultur dee Germanen am Rheine. 151
der Zunnen von den Römern nur Seieden und Tjahrgelder, und gern
bewilligte das der Raifer. „Bis beute,“ erzähle Torbanes, „erhält diefes
Vote vom römifchen Baifer das berfömmlicye Befchent.” Wir fennen
folche Gefchente aus den Schanfunden. Unter den Boftbaren Süden
des Schanfundes von Szilägy-Somly6'”) befanden fihh I4 grofie Bold:
medaillons, drei von Wlarimian, zwei von Ronftantin, eines von Conftantius,
eines von Dalentinian, vier von Valens und eines von Bratian. Auf der
Rückfeite diefer Prachtmünzen ftehen die Jnfehriften: Paccatores Gentium.
Victoria Augustorum. Pietas Augustorum. Gaudium Romanorum und
auf vier Zremplaren: Gloria Romanorum. © biurige jronie! Wir
diefen Stücken, die den Ruhm, den Sieg und die Wacht der Baifer
verkünden, erfauften fie fich von den Barbaren den Seieden.
Diefe Barbaren harten aber ihren eigenen Befhmadt. Jene Bold:
mebaillons ließen fie im Gotenlande in goldene, mit BranarenfÄmuck
verzierte Rabmen mit Debren fäffen, damir fie als Beuftfcmud getragen
werden Eonnten. Ein großer Teil des erbeuteren Edelmetalle wurde zu
einheimifchen Schmuchftticfen umgearbeiter.
In den Zeiten des allgemeinen Umfturzes war nichte ficher, am
wenigften die serrfchaft Über ein Volk oder ein Land. Als die gebeime
Quelle aller Wacht galt damalo der Schan oder, wie der Bermane es
nannte, der Sort. Aber nicht nur in gemünztem Gold und Silber wourde
der Sort angelegt, fondern noch mehr liebte man Boftbare Schmuchfachen:
Spangen mit Branarenverzierungen, als: und Armringe, etren, Diademe,
Rronen, Rreuge, Becder, Schalen, Trinthörner, Arhge, Vafen, Tifcy
platten von Bbelmerall, Bürtelgehänge, Eoftbare Waffen. Der Bermane
liebte den Prumt, Poftbare, bunefarbige leider und Pelze, blinfenden
Schmud. Yliche wie der Griedye oder Nömer fehänte er vor
allem die edle Sorm, vielmehr das &uferlich Scheinende, das Pracht:
volle, Glänzende. Pfaftifcher Sinn ging ihm noch völlig ab, um fo
mehr war bei ihm das malerifche Befühl vorherefdyend. Soldye Prunt:
ftücte begehrte vor allem der Krieger, und Pflicht war es des Sürften,
milde, d. b. fteigebig, gegen feine Tannen zu fein, und ihn pries der
Sänger. 1er Über einen großen Schaz verfügte, befaß die Macht.
Jeder Fürft war ftols auf feinen Schas, und gerne rühmte er die einzelnen
Prunßftiche.. Der Srantent$nig Chilperich ließ ich einen Loftbaren Tafel:
auffa von Bold und Edelfteinen machen und fagte zu feinen Tifch-
genoffen: „Dies habe ich zu Ruhm und Glanz des Srantenvoltes
152 6. Bapitel.
verfertigen laffen, und wenn ich am Leben bleibe, werde id) nody mehr
der Act befehlen.“ So fammelte id) ein großer Schar, im meroreingifdhen
Bönigshaufe an. Beim Tode ihres füngften Sohnes ließ die Königin
Sredegunde, um jede Erinnerung an ihn auszulöfdyen, feine Rleider und
feinen Schmuc? verbrennen und einfehmelzen. Diefer Schag füllte vier
Wagen. Wit der Ausftarrung ihrer Tochter Eonnten So Kafwwagen
bepackt werben. Den um feinen Schag beforgeen Rönig tröftere
fie mit der Verficherung, daf diefer Braurfchan aus ihrem eigenen
Befigrum entnommen und der Staatsfches nicht angerübrr worden fei.
Die durch Verfhpenkungen eneftandenen Lücken wußte man durd)
Deraubung der Broßen wieder zu ergänzen. Denn ein jeder füchte fich
einen Schan zu erwerben, der dem Definer zuweilen zum Verderben
gereichte. Wir Argwobn beobachtete der Rönig den Sammeleifer feines
Sausmeiers oder anderer Großen, und um ihn zu verhindern, erwas
Böfes zu thun, beraubte er ibn des Schages. Rönig Bunchram wire
auf fein Bert bin mit den Worten: „Allee Silber, was ihr bier febt,
bat meinem treulofen Diener Wiummolus gebört, jegt ift es, dan der
Gnade Gottes, in unfere +ände gefallen. Sünfsebn Schüffeln, fo groß
wie die geößte dort, babe ih fdhon serfchlagen, und id» habe nur diefe
behalten und eine andere, die 47% Pfund fehwer ifi.“
Aud) Rirchen und Rlöfter legten ihren Schan an, der nadı der
Anfdyauung der Zeit dem heiligen der Rirche gehörte. Allein die Surchr
vor diefem “eiligen biele doch Peinesivege immer den nadı dem Schane
Lhfternen vom Aaube ab. Die Begierde nadı Gold tberwand jede
Scheu, und nur wenige Stücke lagen in der Schagkammer, an denen
nicht Blut Blebre. Unbeimliches fehwebre um den Schag, und zuweilen
wurde das Grauen fo groß, daß der Beflner fich freiwillig eines Schetee
enledigee.
Das rote Bold war ja dem Neiche finfterer {iächre entriffen worden,
und es bing an ihm ein Such. Der dem Aheine entriffene Sort wird
den Yibelungen verderblich und daber im Abeine wieder verfenkt. Die
Sage vom orte Entıpft jedenfalls an die Tharfache an, daß der Abein
Bold mir fidh führte. Die Boldwäfcherein im Ahein zwifchen Bafel
und Worms müffen in der Zeit, als die Relten die Aheinlande innebatten,
noch febr gewinnreich gemefen fein). Vor allen anderen Völkern
baben die Belten zuerft die Boldwährung gehabt. ihre Wilinzen, die
fogenannten Regenbogenfehüffelcben, werden häufig in der Pfalz, in Baiern
Die Rultur der Germanen am Rheine 183
und Böhmen gefunden. Ungebeure Schäge häuften jie in ihren Tempeln
‚an, welche die Bier der Römer reisten. Jm Jahre 106 v. Chr. plünderten
Diefe den Tempelfähag von Touloufe und fdyleppten 15000 Talente oder
nady unferem @elde 70 Millionen Wark nad) Rom. 7). Cäfar tonnte
mit dem in @allien erbeureren Bold nicht nur feine Schulden bezahlen,
fondern audy ungeheure Bauten unternehmen. LToch Drfried rübme
das Aheingold als einen Vorzug des Srankenlandes.
Flicht nur die Römer rip die Begierde nach Bold in das Verderben,
fondern audy die Germanen. Wiebr als einmal woußten die Römer durch
Gefhyente Ziwietracht unter den Bermanen zu erregen, fd daß fie ich
felbft serfleifchten. Sowohl der arme Mann wie die Rönige und Vor
nehmen träumten von großen Schänen, denn man wußte, daß im Lande
der Römer foldye vergraben lagen. Vom plöglicy Reichgewordenen
murmelte man, er babe einen Scdyaz gefunden. Der Srantentönig
Gunthram felief einft auf der Jagd ermüder ein. Da fehlüpfte aus
feinem Wunde ein Beines Tier und füchte vergebens über ein Bächlein
zu Bommen. Der Begleiter des Rönige bielt das Schwere über den
Bach, das Tier lief darüber und verfchwand in einem Loche des nahen
Berges. Ylady einiger Zeit erfdyien es wieder, wanderte Über Die eiferne
Brüce zurüch in den Wiund des Schläfers. LUnterdes träumte dem
Bönig, er gebe auf einer eifernen Brhce über einen Sluß und in einen
Berg, wo er viel Bold erblichte. Der Traum bewabrbeitete fich. Er fand
einen unermeflichen Schau, der in alter Zeit bier verborgen worden war.
Diefe Begierde nad) Bold fÄrreckte felbft vor dem Brabraube nicht
zurück. Die Gräber audy längft vergangener Befchlechter waren damals
noch fichtbarer ale feat. Gegenüber den römifdyen Brabftätten befland
felbfiverftändlich Eeinerlei Pierkt, aber fogar die Gräber der eigenen
Landsleute plünderte man. Die Befcyichtfchreiber Gregor von Tours
und Paulus Diaconus erzählen mebr ale einen Sall, aber für uns
fprecyen noch deutlicher Die in leter Zeit aufgebecften deutfchen Gräber.
Die Wehrsahl war fdyon ausgeraubt. YTur ein Beifpiel. In "ochheim
bei Worme wurde eine fänkifdhe Begeäbnipftäere aufgededt, die noch
der beidnifchen Zeit angehörte, denn 24 Gräber waren Schichtengräber.
Don den 137 unterfuchten Gräbern fanden fich 50 unverfebrte mit
Beigaben, 29 unverfehrte obne Beigaben und 58 ganz serftsrte Bräber”").
Die Volksrechte fezten fäwere Strafen auf den Brabesraub, doch erfl
in der Barolingifäen Zeit börce diefer Srevel auf.
Don, Die Mau Dr life ch. 1. ve
154 $. Kopie.
Aber nicht nur holte man die Schäge aus dem Boden, fondern
aud) ebenfo bäufig barg man fie im Boden, fähon zur Römerzeit und
noch mebr in den Zeiten des Umfkurzes. Und nid immer gelang cs
dem Befiner, feinen Schag wieder zu holen. Sür die archlologifce
Sorfeyung find aber diefe Schapfunde von der allergeößten Wichrigteit.
Die merovoingifcbe Runft lernen wir baupefächlich aus wei Brabfunden
Eennen: ndmlidy aus dem im Jahre 1653 aufgedecften Grabe des im
Jahre 48 zu Tournay geftorbenen Könige Ebilderich 1.) und aus
dem 1842 in Pouan bei Xecis.fur-2Aube eröffneren Brabe, welchen dem
451 auf den Eatalaunifchen Seldern gefallenen Weftgotenkönig Theodorich
sugefchrieben woird”®). Ale dritter Brabfund von Bedeurung reiht fich
der von Stonbeim an. Für die burgundifche Aunft Eommmen die Sunde
von Eharnay in Berrachr”), für die langobardifäye der Schas von
Wionsa und des Cavaliere Roffi, für die weftgotifche der Schar von
Guarrazar, für die oftgotifche der Schag des Attila, der Sund von
Petreofa, welcher mit dem Ylamen des Oftgorenkönigs Arhansriche
sufammengebracht wird, foroie die Boldfunde zu Llagy-SgenttTikiöe,
Ressthels, Spilägy:Somty6 u. [. w.9).
Alte diefe Fundftlcke haben einen gemeinfihaftlichen Charakter. Die
römifehen Schriftfteller pflegen die Germanen als Barbaren zu bezeichnen,
d. b. ale Wilde, die auf der unterften Stufe der Sivilifarion fteben und
feinen Refpekt vor den Werten der Rultur Eennen. Der Ylame der
Vandalen ift für den barbarifchen Zerftörungstrieb typifch geworden.
Ihnen gefcpiehr Unrecht. Bewiß haben die Germanen bei ihren
Plünderungs: und $Eroberungssügen in die Provinzen des römifchen
Reicyes wenig Aückficht auf die Werke der Rultur genommen; fie haben
Dörfer und Scädte verbrannt und dabei gemorder und zererlimmere nach
Yerzensluft. Sie thaten eben nichs anderes, als was noch heute im
Rriege gefebieht. Wir wollen garnicht von den Greueln des dreißig:
jährigen Mrieges veden, aber es ift ja befannr genug, wie die Sranzofen
in der Pfalz gebauft haben, und zwar auf ausdrücklichen Zefehl des
allerchrifttichften Aönige, der fi) vermaß, an der Spine der Zivilifarion
zu marfehieren. Ober haben eriwa die Amer bei ihren Kriegen mehr
Wenfchlichteit walten laffen oder größeren Munftfinn beroiefent Mir
nichten! Als die Bermanen in das Licht der Befchichte traten, hatten
fie die erften Stufen der Zivilifation fchon lange erjtiegen, fle waren
empfänglichen Beiftes und bildungsfähig. Sie nahmen die Elemente
Die Bulrur der Germanen am Aheine 155
der antiken Bildung in fid auf, aber ihre narionale $Eigenart opfercen
fie doch nicht, fondern fie bildeten einen Stil aus, den man mir Recht
ale Völtermwanderungfüil bezeichner hat”“). Das Eharakteriftitum diefes
Stiles ift die Zellengoldfchmiedkunft. Serbinand de Lafteprie””) hat dies
zuerft erfannt, aber, wie es oft gebt, Die Wahrbeit tieß auf WOiberfpruch.
Der Stolz des Spaniers litt es nicht, daß den veradıteten germanifcben
Barbaren eine fo grofe Runft eigen gewefen fein füllte. Don Tops
Amabdor de 100 Rioo”*) behaupter Daher, die gotifchen Eroberer Spaniens
hätten diefe Bellengoldfcomiedrednif von den latino«fpanifchen Bewohnern
übernommen. Doch er blieb den Beweis für feine Behauptung fehuldig.
I. Labore”) hielt dagegen diefe Schmuchfachen fir bysantinifche Arbeiten.
Tparles de Linas”) endlich, der fih eingehend mit diefer Technik
befhyäftige bat, fücht ihren Urfprung bei den perfifcben Saffaniden,
soas durch Die neueften Sorfehungen befkftige worden ift?").
Der Ausgangspunkt für die Verbreitung diefer Runft ift Ungarn,
„das Land der arhäolsgifihen Wunder“). Bevor die Boten in
Ungarn einwanderten, wohnten fie in den Landfchaften nördlich am
Schwarzen Wieere. Sier ennwicelte fid nod) vor der Völkerwanderung
der fyehifcbe Seil, deifen Träger die Goren waren”). Die Blütezeir
der gorifchen Rumft it das 4. und $. Jahrhundert, dem Ienteren geörr
der Sund von Verterofelde an’). Diefes mit den genialften Anlagen
ausgeftattere Wolf der Boten nahm die Fünftlerifäyen Traditionen der
Griechen und Römer in fid) auf und verarbeitere fie mit den eigenen.
Zumeilen gefebiebt dies in naiver, rober Weife, wie 3. DB. bei dem
Diademe, das 1890 in einem $elfengrabe in Wiykenä gefunden worden
if”) und das aus neun goldenen Platten verfcbiedener Größe beftebt,
die zum Teil mit eingeftempelten Siguren und Ornamenten antiter Arbeit,
wilo mit farbigem Sellenfhmuct verziere find. Zumeilen aber tragen
diefe Arbeiten ein eigenes, für die Aufnahmefäbigkeit fremden Stoffes
baratteriftifchee Bepräge, wie 3. B. die Dronzeplatten des Sundes von
Senet). Sie fiellen die vier Jahreszeiten dar, fosie eine anrikifierende
Weinlefe. Dem lesteren Thema war der Rünftler nicht gewachfen,
wäbrend die Darftellung der vier Tabreszeiten fi zwar an antike
Wufter anlehnt, aber doc) eine eigene gute YTarurbeobachtung verrät.
Die Boftime find gotifch. Für viele Begenftände des häuslichen und
triegerifchen Lebens lagen jedoch feine griechifähen Ueberlieferungen vor,
und bei der Verzierung mußte man auf die nationale Ornamentif zurlich“
156 “angtd:
greifen. Speyiell das Schlangenmotio mir Perlenverzierung ift Zigenrum
des gotifchen Stils. Daneben finden fid die anderen Yilotive der
beimifdyen germanifcen Runft in den Sundfiücten von Ungarn: Grab:
wert, Schachbrertmufter, Slecbmwer® mit Tiervertröpfung.
Befondere reich bar fid) die Tierornamentik bei den Bermanen
entwoickelt?"). Diefe Tierornameneif zerfällt in zwei Bruppen; die eine
fert die Bekanntfcheft mit den Tierfiguren der römilchen Runft voraus:
mißverftandene saippofampen, Seeböcte, Schlangen, entauren; die
andere beftebt nur aus Tier£öpfen von zoologifd> nicht beftimmbarem
Charakter mit Augen und Schnabel. Bei den Boten am Schwarzen
Wieere Bommen die Wotive der Löwen und Greifen vor. Aber zur Zeit
der Völkerwanderung verfehwinden die Plaffifchen Tierfiguren aus der
germanifcen Runft, und co entwickelt jid felbftändig eine ppig«
pbantaftifäye Tierornamentif, für welche die Trennung der Glieder
barakreriftifeb ift und die bei allen Stämmen vorfommt.
Die Fünftlerifje Enrwicelung der verfchiedenen geemanifchen
Stämme hänge auf das engfte mit dem Grade der Intenfinirde
zufammen, mit weldyer fie zu der geiechifch-römifchen Rulturwelt in
Sühlung ftanden. Je nadpdem griechifde oder römifche Linflhffe maßı
‚gebend gewefen waren, bat fi) der Stil bei den einzelnen Stämmen
enmoichelt. Die Boten und Gepiden wanderten vom Öften, wo fe mit
der migthellenifhen Rultur vertraut worden waren, nad) Weften und
ießen fidh in Siebenblirgen und Unterungarn nieder. Erft jenfeits der
Donau lernten fie römifdhe Sehdte und rSmifhe Runft kennen. Ihr
Runftftil wird charakterifiere duch das Vorkommen von Greifen und
mebr oder minder füliflerter Pflansenmotive, Blätter und Blüten”.
Vom Ylorden Bamen die Vandalen und Zangobarden, die in ihren
einbeimifchen Sigen nie in Berührung mit der römifchen Rultur
gebommen waren; in Ungarn lernten fie die gotifehbe Aunft Eennen, doch
mach furzer Zeit wanderten fle nach Jealien, wo fle die lemente der
weftrömifchen Runft in fih aufnahmen. Die Sranten, Alamannen und
Burgunder hingegen harten fehon lange Beziehungen zur römifcyen
Rulrurvoelt gehabt. Durdy die Boten fam ihnen die Bennmis der
gotifäyen Technik: die Zellengoldfehmiedkunft mit Branarenverzierung zu.
Sie verarbeiteten die verfchiedenen Elnftterifchyen Linflüffe: jene gorifche
Zellengoldfehmiedtechnif, römifche Munfttradirionen und einheimifche
tünftlerifche Zlemente (das Riemenfledhrwert und das Tierornament) zu
Die Rultur der Germanen am Rheine. 157
einem eigenartigen wefigermanifden Stil, der ich fäharf forwobl von
dem gorifhen Stil wie vom römifchen unterfcheiber.
Befonders harakreriftifch für die wefigermanifche Kunft find die
reich verzierten Gibeln, Schnallen, Obreinge, Gürrelsierate, die, fo ftark
bei ihnen auch der einbeimifebe Stilcharatter bervortritt, doch den Einfluß
der Blaflifeben Traditionen nicht verkennen Laffen. Diefe Zierftücke vercaten
eine folche Sicherbeit der technifchen Sertigkeit, eine foldhe auferordentliche
Befhyichlichkeit der hand, forvie die genauefte Rennenis aller Zandgeiffe,
daß Diefes alles mur bei der Annahme langer überlieferter Tradition
möglich erfebeine.
Alle Eräfiigen Völker verachten in ihrer Tugenbzeit die Öandarbeit.
Chur die Briegerifche Ihleigkeit bringe Ebre; wer zum Waffenhandwerk
wegen Eörperlicyer Bebrechen untauglich ift, der Bann fich, wenn er
blind if, ale Sänger, wenn er lahm ift, als Waffen: und Goldfähmieh
Anfehen erringen. Darum ift Zomer der blinde Sänger, +ephäftos
(Oultan) wird als lahmer Wann dargeftellt. Die deurfihe Heldenfage
weiß von dem funftreichen geläbmten Schmied Wieland zu erzählen.
Die Schwerter der "elden und der Goldfhmuch der Rönige find die
Arbeit der Zwerge. Soldye Arbeiten, die eine große Runftfertigteir
erfordern, werben bei einem waffenfroben Volke hoch gefchäar; daher
batten taut der Sage die Aönige den Rünftler gefangen oder ermorden
ihn gar, damit er midyt aud) anderen diene, So wird Didalos von
Winos eingefperrt. Aus der Zeit der Völkerwanderung erzähle Eugipp
in feiner Äußerft intereffanren Biographie des b. Severin einen folchen
Salt. Bifo, die Aönigin der Augier, ließ Jandwerker durch ihre Wannen
aus Noricum rauben und am anderen Ufer der Donau bei fic) anfiedeln,
wo fle die Boldfdmiede gefangen hielt, damit fie den Schmuck für fie
fertigen. Um ihre $reiheit wieder zu erlangen, bemädhtigten fie fid) des
Eleinen Sohnes der Rönigin, der ihnen neugierig zufchaure"). Bewiß
find Die barbari aurifices, von denen bier die Rebe ift, Peine Bermanen,
fondeen unfreie römifche Jandwerker. Yan darf fich nur der Barbarli
‚oder Barbaricarii erinnern, die in den römifchen Staatsfabriten Bewirke
und Waffen im barbarifdyen Befehmact anfertigen”).
Der Bermane biele jede Zandarbeit für erniedrigend, nur der Brieg
und die Jagd waren eines freien Wiannes würdige Befchfftigungen.
Als er fid endlich bequemen mußte, felbft feinen Acker zu befiellen,
erfcjlen ihm dies alo eine fchroere Laft, und er nannte den Aderbau
158 5. Bapinc,
Arbeit, d. b. Mübfal, Befänverde, Ylor. Tin feiner Grundbedeuung
che das Wort Arbeit auf das verwandte flavifde robota surf‘; rabü
beifit der leibeigene Bnechr”'). Dem Sklaven oder börigen Anechte
bfirdete man die Arbeit auf. Amifche Ariegsgefangene waren wohl die
erften Rünftler, die den Bermanen ihre Schwerter fomiederen und ibren
Schmuc verfereigten. Diefe bildeten dann Scyhler beran, und der
Schmuc der Völkerwanderungszeit ift zum größten Teil die Arbeic
germanifcper Rünftler, die fidh von der römifchen Arbeit fehr mobl
unterfeheiden 14er”). Auf deurfehen Schmuckfadhen der Wierowingerzeit
begegnen ums deutfche Adnftlernamen, wie 3. 3. auf einer Schnalle aus
dem GBrabfelde bei Dierersheim in Abeinbeffen: INGELDVS FICIT”).
Ein Reliquienkäftchen in St. Maurice im Wallis trägt die Ylamen
der Donatoren Yorbalaus und Ridylindis foroohl wie die der Rünftler
Undito und il”).
An allen germanifcyen &öfen arbeiteten folche börige Boldfehmiede
und Rünfter im Dienfte der Rönige und Kürften, und fie bilden neben
den Sängern das gewöhnliche Inventar fürfttichen "aofhaltes. Ueber
ihre fogiale Stellung laffen die Volfsrechte feinen Zweifel.
Die Arbeiten all diefer Rünftler rragen bei den Sranten, Burgundern,
Alamannen, Weftgoren und Langobarden durchaus denfelben Charakter.
Wie auf potieifepem Gebiete, fo Übernahmen and) auf Finflerifchemn Die
‚Sranten die Sührung. Bald machte fich fodann die Kirche die
Aunft Dienftbar, und eo gereichte der fogialen Stellung des Sandwerker«
ftandes, zu dem ja die Rünftler während des ganzen Wittelalters gebörten,
zur Emporhebung, daß angefehene Beiftliche felbft Bünftlerifch chätig
waren. YTody jent verehren die fransöfifchen Boldfehmiede den b. Zligius
(Saint-Eloi) ale ihren Patron. Diefer war 588 bis 659 Bifchof von YToyon.
Die Legende febreibe ihm fälfchlich die Erfindung des Emails (in
Limoufin) zu. Aber wegen feiner Vielfeitigteit Bann er als ein Vorläufer
eines Bernwards von saildesheim oder eines Benvenuto Cellini bezeichner
werden, auf allen Runftgebieten gleich gefchict und fdöpferifch. Auch
‚äußerlich erfcheint er als echte Rünftlernatur, der etwas auf feine Perfon
bielt. Sein Biograpb rühmt an ihm die Sorgfalt der Rörperpflege:
fein ftets getämmeer Dart; weiße, zarte 4nde”").
Doch wir diirfen bei diefen Dingen nicht länger verweilen, um fo
weniger, ale fat fämtlice Arbeiten dem Wefiftantenreic angehören.
Ssier bat man das römifche Erbe eifrig nugbar gemacht. Die Figuren“
Die Bultur der Bermanen am Aheine, 159
plaftit febließr fich eng an die laffifche Tradition an, fo fehr, daß man
die Reiterfigur Barlo des Großen im Mufeum Earnavaler in Pario, die
der erften „hälfte des 9. Tabrbunderts angehört, als eine Arbeit aus der
Renaiffancegeit beftimmen Eonnte”*). Die abendländifcye Runft bis zum
Je. Jahrhundert lebt vom Prbteil der Römer, dody behauptet ficdy die
germanifde Ornamentif neben der antiten, ja fie erhielt bei den Jren
und Angelfachfen nee Tmpulfe, die auch auf die fränkifche Runft
belebend surüchwirßten.. In diefer beidnifchen Tierornamentit fahen
Bonifatius und feine Gefinnungegenoffen ein ZJauptbemmnis für die
Vertiefung des hriftlichen Glaubens, und fie verlangten die Entfernung,
der Schlangenverzierungen, welche felbft in die Sdume der Kleider
eingevoirke oder eingefticht wurden”).
Deffenungeachter war der ancite Rultureinfluß auf alle Bebiete des
Xebens bei den Germanen ein überaus tarker, vielleicht am früheften
in der Sprade. Denn fon im I. Jahrhundert lernten die Bermanen
von den Römern YWorre und Sachen, wie: Wänze - monera; Pfund
= Pondo; Strafe = sırata, d.i. gepflafterrer Weg; Weile - milia (passuum),
taufend Schritt; Wein — vinum. WEnvas fpäter, ale fie auf eömifchem
Boden den Steinbau Eennen lernten, entlehnten fie der Iateinifcen Sprache
die entfprechenden technifdyen Ausdrücke, wie: Mauer — murus; Beller
= cellarium; Speicher = spicarium, „Rornbaus"; Ziegel = tegula; Kalt
aus dem Iareinifchen Akkufariv calcem: Pfeiler — e, pilarius; Pfahl
= pälus; Pfoften = postis; Pforte = porta; Rammer — camera; Küche
— coquina (eucina); Kamin — caminata; genfter = fenestra; Schindel
- scindula; Söler — sölärium; Spiegel = spögulum (speculum) ıc. ıc.
Auch in der Rochkunft waren die Germanen die gelebrigen Schüler der
Aömer; Beweis dafür find Ausdrücke wie das febon erwähnte Küche,
Roc) — coquus; Bochen = coquere; Reliner — cellenarius, cellarius;
Rufe — cöpa und daber Rüfer; Schüffel — scutula, scutella; Rachel
= cacabus oder beffer cachus; Kohl — caulis; Eppich — apium; Pfeffer
— piper; Kümmel — cuminum; Wine — mentha; Pflaume — pränum;
Birne — pirum; Rirfde — cerdsin ıc.
Seitdem die merswwingifchen Bönige die Zügel der Regierung ihren
läffigen &&nden entgleiten ließen, bört faft jede Einwirkung auf Auftrafien,
den beurfchen Teil des fränkifcben Reiches, auf; diefe Landfehaften find
fich völlig felbft überlaffen und fallen in die Barbarei zurüich. Diefer
Reaktion Bönnen fich foger die Abeinlande nicht erwebren, in denen
180 6. Bapitel.
doch die römifche Mulcur tiefe Yöurzeln gefchlaen hatte. Dafür zeigen
auch die auftrafifchen Lande weniger Symptome der fietlichen Säulnie,
die, wollte man den geiftlichen Schriftftellern glauben, das ganze Volk
der Scanten ergriffen hate. Doch darf man annehmen, daß audy in
Yleufirien nur bei den Vornehmen die Sitrenlofigkeit in fo verderblicher
Weife geberefcht bat, während auf dem Lande das Leben ein einfaches war.
Das falifhe Gefen fpiegelt die Rulcur der Älteften Zeiten nad) der
Eroberung Galliens am getreueften wieder, und zugleich Tann man aus
den verfehiedenen Redaktionen und Zufägen die weitere Entwickelung
verfolgen”). Die Iandwwirtfchaftliche Befchäftigung tritt überall hervor,
die Bewerbe haben nur nebenfächliche Bedeutung. m Dorfe fpielt fich
das Leben der Wienfehen ab, und Diefes Leben war ein fehr einfaches,
im engften Mreife id) bewegend. Das Dorf ft mit einem Zaun oder
Pallifadenwall umgeben, der einige Ausgänge bat, Die bei KTachr gefahloffen
werden. innerhalb diefer Umydunung fteben die “fe, weitiäufige Anlagen,
die ebenfalls wieder mir Zdunen umfcyloffen waren. Das Wohnhaus
war ein Yolzbau, Sala genannt, von der primitioften Bauarr, im
‚Zintergrund der “erd, der als hrenplag galt. Ebenfo primitiv war die
innere Finricyrung. Die Beten beftanden bei den Heicheren aus Leinenzeug
und Pelgen. Wort und Begriff von Riffen Eamen den Bermanen erft durch
tömifcpe Dermirrelung zu. Ylad) Plinius lieferten die Bermanen den ver-
weichlichren Römern Bänfeberden, wohl mehr der Jedern als des Steifches
balber. Slaum entfpriche dem lareinifchen plüma; Pfühl Lomme aus
dem Iateinifeben pulvinus, pulvinar, Riffen aus cussinus. Die übrige Aus:
fratrung beftand in Bänten und Srüblen. Die Worte Tifch und Tafel find
tomanifcben Lirfprunge, erfieres aus discus — Schüffel, Iegteres aus tabula.
Den Seauen fiel die Arbeit des Spinnens und Webens zu, die in
einem uneerirdifdyen Raum, der Wärme wegen, vorgenommen wurde.
Diefer Arbeiteraum der Scauen heißt in der Lex Sallca sereona — Mrd:
gemadh; fo heißt das Srauengemad) nod) in Rarls des Broßen Capitulare
de villis, cap. 49. Der screona entfpricht das mitrellateinifdye Caminata,
das fcjon im 6. Jahrhundert nachweisbar ift und heigbares Zimmer bedeutet.
In den römifdyen Provinzen harten die $ranten die &eigeinrichrungen
der Römer kennen und fdyänen gelernt. Die Deutfchen nannten das mit
einem Ramin verfehene Bemady „Kemenate“, Hbenfo einfach) wir das
Wohnhaus waren der Speicher (spicarium) und Schober (abd. scobar,
gefdhichterer Betreidehaufen) Bonfruiert, ferner die Ställe für Pferde und
Die Bultur der Germanen am Aheint. 181
Hindoieh; die Schafe und Schweine wurden gepfercht. Schon längft,
bevor fie feßhaft wurden, kannten die Bermanen die Iandteirtfchaftlichen
Geräte. Pflug, age, Senfe, Sichel find VWOärter uralten Urfprungs.
Tn der Lex salica werden nur Pflug, $Egge und der zweiräderige Barren
(aus dem Iateinifähen carrus, das keltifdyen Uefprunge ft) erwähnt. Das
ifen war eben fehr felten und ftand hoch im Preis.
Ueber den Viebftand enthalten die Volkeredhte ausführliche De-
fimmungen. Da begegnen ume die Beinen Aaustiere: Bänfe, “über,
Enten, zu deren Bewachung ein gesäbmter Storch oder Rranic) diente,
Die Bienenzudyr war wohlbefannt. Hunde gab es mandyer Arr: aus
hunde, die allerlei Runfiftüicte Lonneen, der ofbund, welcher dee FTachrs
freigelaffen vonrde, „irtenhunde und verfehiedene Arten von Tagdhunden.
Sehr beliebt waren die Jagdvögel: der zahme Sale, der Baumfalke, der
Srangenfalte und der Fausfälte, fowie der Sperber.
Wichriger für die Lanbroirrfehaft waren die eigentlichen Flugtiere:
Pferde, Rinder, Schafe, Ziegen und Schweine. Die Pferde: und Schweine:
sucht ftand auf’einer hohen Stufe der Ausbildung. Das Schweinefleifch war
während bes ganzen Wiictelaltere Die beliebtefte Volfsnahrung. Ausden Volks:
rechten geroinnt man den Eindruck, dafs die Viehzucht größere Bedeutung als
der eigentliche Börnerbau hatte. An das Dorf fchloß fich das Ackerland an,
das in gleichmäßige Bervanne geteilt war, die nach regelmäßigen Zeiträumen
in Brache lagen und dann zur Weide dienten. Die in Anbau genommenen
Gewanne wurden durch Zäune gegen das weidende Vieh gefchlnt. Jinter
dem Ackerland (ag die gemeine Weide, und den orisone umfAunte der WOald.
In den ehemals von den Romanen bewohnten Begenden wurde der
Obftbau forgfältiger gepflege. Das Bartenland war von dem Aderfeld
ausgefondere und durch Zäune umbegr. Die Bärten dienten zum Anbau
von Roblarten und Syllfenfrlichten, von Slachs, Hanf, Hopfen, felbft von
Weizen. Von Obfiforten wurden Aepfel, Birnen, Rirfben und Früfe
gesogen. Wicheiger als der Obftbau und die Bartenkulcur, ja felbft als
der Rörnerbau, war in den Weingegenden der Weinbau. Diefer fland
ganz außerhalb der Ziweinckerfeldweirefchaft.
Ueber die Weinkultur in der !ofellandfcyaft befizen wir ausführliche
febriftliche und bildliche Runde. Die Reliefs aus YIeumagen fehildern
mit Bftlichem gumor Scenen des Weinlebens, und nicht minder glänzend
und anfepaulich weiß; Aufonius der Bultur des Weinbaues beitere Seiten
abzugersinnen. Durd) die fränkifche Eroberung feheine die Weinkulrur
Don, Die Aut er een ih L Fi
162 6. Bapiıd,
nicht zurückgegangen zu fein, denn die alten Bewohner bauten den Wein
in gewohnter Weife jene für die neuen “erren, woie: fie ihn vordem für
die alten gepflanzt batren. Dreibundere Tabre nady Aufonius preift
Venanrius Sorrunarus die Poefie der Weinlandfihafr:
Rebenumkleidet erfhauert da die Sur, wohin du dich wendeft;
Weintaub fhmüct das Gehäng, leis vom Winde brivegt.
Neibe an Aeihe gedrängt, von fpigigen Selfen duchbrodsen,
Zieht fid' vom Thale binauf, Plimmt bio au (dwindeinder Göb.
Oft zeichen farrendem ‚Selo fAuf menfihlicher Steiß ihr dem Boden,
Aöuticy (himmert die Aeb grüßend aus grauem Geftein””).
Am Abein wurde der Wein vorsiglich in der Vläbe der alten
Aömerfajtelle und Städte gezogen.
Wald, Weide und Waifer waren gemeinfcbaftliches 4
Dorfgemeinde und bieß Almend. Der Wald wurde fic) felbft Überlaffen
und diente den Wienfeben in mannigfacher VWeife als Weide für das
Dieb, zur Zolzung, zur Jagd. Die Sifherei war hoch ennwicelt.
Ein jeder Bauer war fein eigener Bäcker, Zimmermann oder
Schmied. In den Volfsredhren Fommen die Ländlichen Gewerbe des
Webers, des Sattlers und dee Zimmermanns vor, namenclich bochgefchäar
war der Schmied. Selten mangelte dem Dorfe die Mühle. Vielfach
wurde noch die uralte Jandmühle benune, bei den Römern bare man
jedoch die Waffermüble tennen gelernt. Diefe Waffermüblen waren ober«
fehlächtig und fehr klein. Trog ibrer primitiver Ronftruftion waren fie
doch für Damals eine toftfpielige Eincichrung und rechtliche Vorkehrungen
zu ihrem Schune und zu ihrer Erhaltung nötig. „Daher wurde die Wähle
auf Roften der Gemeinde gebaur und erbielt Öffentlichen Charakter,
und die Bewohner wurden zur Benüsung der Wüble verpflichter.
Ungewohnt und fähwer war dem freien Bermanen die Arbeit, aber
feirdem er fich bleibend angefiedelt und die Sreiheit des Wanderns auf:
geböer barte, zwang ihm die Ylotwendigkeit dazu. Fo war ein harter
Rampf mit der Yraur. Um der wachfenden Bevölkerung Yabrung
zu feheffen, mußte der Wald geroder werden, und es entfianden zahlreiche
neue Dörfer. In diefem jabrhunderelangen Rämpfen und Ringen mit
den Ylarurgewalten wandelten fid) die Bermanen aus Rriegern langfam
zu Bauern um. Doc) liege uns die Schilderung biefer Verbätmiffe
nicht ob. Wir haben es nur mit dem Leben in der Smubr zu chun,
das fi) allerdings in diefer Zeit niche viel anders abfpielte als im Dorfe.
Die Kultur der Germanen am Rheine. 165
WII man den Deutfehen Bennen lernen, fo muß man ihn bei Speife
und Trank belaufdhen, denn von ben frübeften Zeiten bis zur Begenwart
find ihm Tafelgelage und ein rechter Wiännerrune die fiebfle Sreude’®).
„Ohne Leckereien und ohne Gewürze füillen bie Bermanen den Aunger,“
fegte Tacitus. Die allgemeine Voltenahrung beftand in Bror und Brei aus
afer, Gerfte oder Spelt, audy faure Wild und Burter. Räfe ımd
Butrerbereitung Tannten die Bermanen fäyon in ihrer alten Feimar; in
Berührung mir den Römern lernten fie mit den YTamen auch verbefferte
Arten der Bereitung. Denn das Wort Rdfe if dem Lateinifchen,
cicius oder cisius entlebne; ebenfo die Bezeichnung Butter (aus dem
geiedyifch « ffytbifcyen fire, Iateinifch butyrum, franzöfifch beurre).
Das urfprünglich deutfche Wort bar fih nur noch im fehweizerifcben
(alamannifchen) Dialekt erhalten: Anke”). Serner aß man wilde Baum
früchte, Alılfenfrüchte und Ketriche. Als der Briedye Priscus an den of
Arcilas gefandt wurde, erhielt er von den Barbaren Jirfe ftart des ihm
gewohnten Weisen, Wer fiatt Wein und feine Anechte ein Berftengerränt.
Das Pferdefleifdy war befonders bei Opferfehmäufen beliebt, weshalb
die Kirche diefe Ylahrung als beidnifch verbot. Wie fehon bemerkr,
wurde das Scyweinefleifc vor allem anderen bevorzugt, und die beigifchen
Schinten galten fogar in Rom zur Zeit des Dioklerian alo Leckerbiffen.
Die römifcpe Rüche fagte aud) den Germanen zu, und fle waren febr
gelchrigge Schüler, fo dafı felbjt ein verwöhnter römifcher Baumen, wie der
des Sidonius Apollinaris, es nicht verfchmähte, Baft eines Barbaren zu
fein. Der Saal wurde rein gefegt und mir herrlichen Teppichen und
BDebängen aller Art feftlich gefhmückt; glänzende Waffen und fehöne
Schilde hingen an den Wänden, und die Bänke waren mit fcywellenden
Polftern belegt. Kunftreiche römifche 1FÖbel zierten den Raum, und das
Teintgefchirr war von erlefener Pracht. Die Rönige prablten mit ihren
goldenen und fübernen Schüffeln und Bechern. Die $rauen waren ftolz auf
ihr glänzendes Linnenzeug, das fie felbft geferrige barten. Ya) römifcher
Siere dufteren Rofen und Lilien im Baftfaale, und felbft „die Bedyer
wurden mir Blumengewinden gefehmüctt, die den Bilanz der Edelfteine und
des Boldes auffingen und roten Schein dafür zurichjtrablten”. Doch der
arme Mann. a am vauchigen Herde aus hölzernen Schiffen feinen Brei.
In einem. vornehmen pofbalte gab es Möche, Decker und Sleifcher
und: Geflögelmäfter. Ylarhelid waren dies umfreie Leu, aber mandyer
Eönigliche Boch yalr doc) als ein bebeurfamer Mann, „der Wache erhielt
164 6. Rapkrel,
über alles, was der “here befaß“. Der eitie Dichter Denantins Sortumarıs
hatte Urfache, Über den Jochmur des Roches des Bönige Sigiberr zu Elagen.
Wan liebte damals fehon, wie das ganze Mittelalter hindurch,
die Speifen ftart gewürzt. Ale Gewürz werden in einem amtlichen
Dokumente des 7. Tabrbunderts aufgesähle: Garum, d. b. Sifchfütse,
Sonig, Effig, Del, Rümmel, Pfeffer, Sals, Roftwours, Bewlrznelten,
Lavendel, Zimmer ıc. Ueber die Rüche des Parolingifchen Sofes befigen
wir Vorfehriften. Das Capitulare de villis beftimmt die Lieferungen
der Bureböfe und fehreibr bei der Zubereiung von waren, die in
Wieiereien mit den “änden bergeftellt werben, bie größte Sauberkeit vor,
namenlic) bei der Zubereitung von Spec, Rauchfleifch, Pökelfleifch,
Sülge, Wein, Effig, Maufbeerwein, gekocheem Wein, Barum, Senf,
Räfe, Butter, Mals, Bier, Wer, honig und Webl”");
Auch SeinfÄmecter unter den Sranten gab es fhyon. Berühmt war
der “ausmeier Bogo als großer Bourmand, den feine römifchen Ahaus
freunde einen weiten pics nannten. Venantius Jortunarus war
für Tafelgenüffe fehr empfänglich, und einmal befonders entgeht über
einen Prachtfifeb, der in einer Delfauce (dywamm. Er preift die Shfigkeit
der Wiilcyereme, Prumellen und anderer guter Dinge, die er bei der
Königin Rabegunde und der Uebteffin Agnes zu often bekam. Junge
Slıbner oder Geflügel mit Exbfen waren fehr beliebte Gerichte.
Ya) Gregor von Tours wurden gewöhnlich vier Gänge aufgerifchr:
der erfie beftand aus Bemlife, der legte aus Bierkuchen, die mir Oliven
und Datreln garniert waren. Auch Rarl der Brofe begnäigte fi mie
vier Bängen, aber gegen den Rat der Aerzte, die ibm gefortenes Sleifch
empfablen, liebte er den Braten. Zum Ylachtifch nahm er Dbft und
machte dann ein Schläfchen.
Gaftfreundfehaft zu üben war alte Sitte bei den Germanen. Darlber
belehrt uns Tacitus im 25. Bapitel feiner Bermania: „Sür Baftmähler
und Bewwirtungen ift fein anderes Vol eiftiger beforgt. Es gilt fir
Sünde, irgend einem Sterblicyen fein ©bdach zu verweigern; jeder
bemirtet ihn nad) feinem Vermögen mit einem fefllicen Mahle. ft
der Vorrat erfhöpft, fo führe der, welcher forben der Wirt war, feinen
Gaft zu einer anderen gaftlicen Stätte, und ungeladen treten fie in das
nädyfte aus; das thut garnichts, mit gleicher Steundlichkeit werden
fie aufgenommen.“ Länger als drei Tage follte der Baft jedoch dem
Gaftfeeund niche zur Laft fallen. Bemerbenemwert ift, daß das burgumbifche
Die Rultne der Germanen am Aheine. 185
Befer auf die Verlegung der Baftfreundfchaft firenge Strafe fegt. Dem
antommenden Gafte bereiteten die Grauen ein Zad oder wufchen ihm
die Füße, dann wurde er zum Wiehl geladen. arte er Beine Zeit zu
verweilen, fo mußte er wenigftens einen Trimk Wein genießen. Der
brenplan war zur rechten Seite des Zausberen; Diefer mußte den Baft
öfters ermahnen, tlicbrig, zusugreifen. Vor Beginn wurde ein Tifdhgeber
gefprochen. Wieffer und Löffel waren befanne und jeder trug fie bei
Nic, nicht aber Babein; man griff Daher mir den Anden zu, und cs
war fehicktich, fi) vorher die “ände zu wachen:
Waffer ift not dem, der zum able Pommt,
in Jandtud) und holde Yiötigung.
beißt es in der Koda.
Der Rlıcyenmeifter zerlegte die Speifen, Die dann von den Dienern
herumgereicht wurden, und zwar nach der Reihenfolge des Ranges eines
jeden. Bei Yacht wurde der Saal durdh Wachsfadeln erleuchter.
Wan forberre von einem Bafte nicht nur gefunden Appetit, fondern
auch gute Laune. Schon in der Urzeit wurden zum Baitenfpiel Tafel
lieder gefüngen®®), Entweder fang ein einzelner ober alle im Chor.
Auch Sportlieber erklangen, und fehr beliebt war das Närfelfpiel. Die
Romanen pflegen fehr abfchägig Über die Befangestunft der Germanen
abyuurreilen, meiftens vergleichen fie den deurfchen Gefang mit dem
Gekreifdy Erächzender Vögel. in römifcher Beiftlicher hält die Deuefchen
für ganz unfähig zu fingen, „denn die barbarifche Wildheit der durftigen
Beble beingt, während fie fi bemüht, etwas Eunfigeredyt vorzutagen,
Töne bervor, als wenn ein Zubrwert über Stufen berabraffele.” Zu
Tacitus Zeit war der Schwertrang beliebt, der durch funge Männer
Eunftvoll ausgeführt wurde. In fpäterer Zeit forgten Poffenreifer und
Tänzerinnen für die Ergönung der Gäfte, wobei es nicht immer
anfländig zuging. Die exfe Verordnung, die wir vom Rate von Worms
befigen, it gegen die Baufler gerichtet”). Aigorofe Beiftliche wollten,
wie noch heute die Pietiften, nichts von feenifchen Darftellungen vwiffen,
womit jedoch Angilbere, einer der bervorragenbften Benoffen der Tafel:
runde Karls des Großen, nicht einverftanden war. Den Beiftlichen war
es verboten, den Schaufpielen bei Baftmählern und &ochgeiten zuzufehen;
fie follten, bevor diefe begannen, aufftehen und weggeben. Lubdrig der
Seomme, der eine Sohn feines großen Vaters, berrug fich zum Wohl:
gefallen der Beftrengen. „Wenn fogar an den höchften Sefttagen zum
166 6. Bapire.
Vergnügen des Volkeo Schaufpieler, Poffenzeißer und YWümen mit
Sängern und Bitherfpielern bei Tifd vor ibm erfdyienen und das Volt
ihr Spiel mir Lachen begleitete, zeigte er nicht einmal die weißen Zähne,“
Ein beiterer Befellfdhafter war immer willtommen, und gerne börte man
einem angenehmen Brsäbler zu. König Bunchram (F 593) war ein unter:
baltfamer WDier, der erbaulic) zu reden verftand. „Suweilen ladyre er auch
und hatte an geiftreichen Scherzen Vergnügen.“ -Barl der Große: ließ
während der Tafel „die Befchichten und Thaten der Alten lefen, auch an
den Blichern des heiligen Auguftinus hatte er Sreude, befonders an denen,
die vom Staate Botres betitelt find“, erzähle fein Biograpb Kinbart.
In der Vorzeit liebte man es, möglich frlibzeitig zu cafeln, in der
fpäteren Zeit, nachdem die Weffe aus war. Das „auptmahl fand indes
am Abend fiart und dauerte bis tief in die Vlacht. Schon Ammianıs
Warcellinus Bennt diefe Unfitte. Belegenbeiten zu großen Schmaufereien
ab es genug. in der sseibenzeit an den Seften der Götter, befonders
in den drei beiligen Zeiten: zu Anfang des Winters (Martini), in der
Witte des Winters (Leujahr) und im Sommer (Sonnenwende). Daran
nderte aud das Chriftenrum wenig. YDie vorber in den beiligen Jainen
und Tempeln, fo brachte man jegt in den heiligen Zeiten Speife und
Tran mir in die irdhe, und nach beendigter Yieffe bielt man auf dem
Rirchhof zu bren der beiligen Wiäctyrer ober Bekenner ein Wahl ab.
Bin eft ohne rüchriges Zifen und Trinken, Tanzen und Singen wäre
einem Deurfäben undenkbar gewvefen. Und ee Bam nicht darauf an, ob
ein Seftanlap fröhlicyer oder erauriger Art war. Wien fehmaufte, fang
und range an “ochzeiten und ebenfo an Leichenfeierlichkeiten. In beid-
nifcher Zeit hiele man auf dem Brabe des Toren ein Wahl ab; die Kirche
brachte es nur dahin, daß Diefes Wahl in das “aus zurichgedränge wurde.
Und bald verwandelte fi die Trauer in laute Freude).
Die Deutfchen waren aber niche nur tlchtige Eifer, fondern noch
lieber teanfen fie. Tacitus bar das affifche Dittum gefprochen: „Am
wenigften Bonnten fie Durft vertragen.” Und fie Fannten „Eaum eine
Wäßigung“. Ueber das Trinken ging ibnen niches. „Tag und, Wache
ohne Unterbredyung zu zecben, ift für fie Beine Schande. sadufige Streic-
bändel, wie fie unter Trunkenen zu entfteben pflegen, werden felten durch
Scheltworre, oft durch Torfchlag und Verwundungen abgemacht. Aber
fie beraten ficb auch Uber Belegung von Sehden, über Anüpfung von
Verwandefchaften und über die Wahl der Sürften, und endlich über
ie Rultur Ser Germanen am Rheine. 167
‚Seieden und Rrieg meiftens bei Belagen, als ob zu feiner anderen Zeit
der Geift für einfache Ueberlegung offener oder für große Lnefchlüffe
entsiindlicher wehrte.” Diefes tief eingewurzelte YTationallafter erregte
natlırlid) die Spoteluft der nüchternen Römer, die unter Umftänden die
Truntficht der Bermanen politifc auszunugen verftanden. Tacitus meiit,
daß die Bermanen, „wenn man ihrer Trumtfüche willfahren und berbei-
f&baffen wiirde, foviel fie gierig winfehen, nicht weniger leiche dem Lafter
erlägen, als den römifchen Waffen“. Die ärgften Säufer müffen die
seruler gewefen fein. Der Byzantiner Prokop fagt von ihnen; „es galtals ein
wahres Wunder, wenn ein Aeruler nicht creulos und dem rumte ergeben
war.“ Auch die Alamannen genoffen eines böfen Rufes, ber fic) in der Yıeu-
zeit niche gebeffert bat. Dagegen erteilt Bonifatius den Scanten das Lob,
daß fie „nicht fo fehr dem Lafter der Trunkfischt ergeben feien, woie die Angel,
fachfen.“ Venantius Sortunatus ift von Enefegen erfüllt „über die Unmäßig-
teit Diefer Barbaren, die hinter ibren aus Aborn gefertigten Arügen dafigen,
zum lange der Zither Lieder fingen und unfinnig, wie Rafende, drauf’ los-
winken. Ver nicht mitehue, der werde fir verrlcht gehalten, und man Eönne
vom Glücke reden, wenn man aus folchem Teinten Tebendig davontomme"”®).
Wehr als einer trank fidh zu Tod oder wurde im Sreeite erfclagen.
Das vornehmfte Betränt in der Urzeit war der füße Wer, aus gegorenem
Sonig bereitet. Wer iftein gemein germanifches, ja gemein indogermanifches
Wort. Audy das Bier, aus Berfte oder “ufer gebraur, haben fie fehon früb
gekannt”). Die Oftgermanen würzten ihr Bier mit Hopfen, der aber erft feir
dem 9. Jahrhundert allgemeinere Verwendung fand. Tacirus lobt das Bier,
indem er es ein weinäbnliches Berränt nennt, den Raifer Julian erinnerte
jedoch der Duft des Diereo an den eines Ziegenbockes. Plinius meint, der
Schaum des Dieres vermöge den Teint der Srauen zu Eonfervieren. Das Dier
war das Betränk der Ärmeren Bevölkerung, aber felbft Weinliebhaber ver-
adyteten es nicht, woenn der Wein fehlte. Ta eogab Bierfanatiker, die aus Jap
gegen die Romanen den Wein verfehmäbten. Auch MIoft wurde getrunken.
Den Wein batten die Germanen durch römifchye Kaufleute Bennen
gelernt, nicht gerade zur Seeube einfichtiger Winner. Die Sueven verboten
geradesu die YWeineinfubr, weil der Weingenuß nad) ihrer einung
verweichliche und unf&big mache, Anftrengungen zu ertragen. Die Sranten
bevorzugten vor allen Weinen die fehrweren Sorten, den Salerner und den
Wein aus Baza. Der leichte einheimifche Wein wurde mir Bewürzen verfent,
mie onig, Ylelten u. «., und am Seuer oder der Sonne gekocht und gefläre.
168 8. Rapid,
Die Trinkfirten veicyen bis tief in die Urzeit zurück. Alte Sitte
war eo, daß man nad) der Abdechung des Tifcyes auf den Bänten figen
blieb und weiterzechte. Das Zutrinten it uralt. Ausführlich fehildere
Priscus das Trink: und Tifchseremoniell am 4ofe Arcilas. Der Wirt
‚oder die Gausfrau oder die Tochter tranken den Bäften zu, und diefe
mußten den überreichten Becher austrinten. Das war die Einleitung
zum Trinfgelage. Genug batten die Schenten zu thun, um die Becher,
die wahrlich nicht allzuklein waren, zu füllen. jn jedem vornehmen
soausbalte gab cs einen Wiundfebenten; auch Mädchen wurben zu diefem
Dienft verwende. In der Walballs reihen die Walküiren den feligen
“eiden den Trunf. Das Trinthorn ging im Rreife berum; wer den
angebotenen Becher zurüchftieß, beging eine törliche Beleidigung. Te
mebe einer trinken tonnte, um fo beliebter war er. Yan forderte ein.
ander gegenfeirig zum Wertrrunfe auf, und man trank bis zur völligen
Derußrlofigkeit. Gewöhnlich endigten foldhe Belage mir der völligen
Berruntenbeit von ’erren und Dienern. Zur Yeidenzeit „tranE man den
Vollbecyer feiner Blutsfreunde, folcher, die preifenswoert gervefen waren,
und das nannte man Minne‘. Zur Cbrifiengeit wurde nice mehr die
* Teufelominne gercunten, fondern die Winne Cbrijti und feiner Seiligen.
Dod) es kam vor, daß das Volk aufer der Winne Chrijti auch noch die
Winne der "eidengötter want. Wan dachte: doppelt genäht bälc beffer.
Seftliche Belage wurden gewöhnlich mit dem Winnerrune gefchloffen.
be man den Wiinnebecber austrane, Büßte man ihn, man umarmte fich
und Büßte fid und forderte fid) gegenfeitig auf, den Becher zu Teeren.
‚Diefe mit der beidnifchen Bötrerverebrung zufammenhängende Trinkluft
bat dem Cbriftentum den meiften Widerftand geleifter. Es gab Vereine
zu religisfen Swechen, Bilden genannt, d. b. Trinfgelage”). Der b.
Tolumban überrafipte einmal am Bodenfee einen folden Verein in feiner
Tätigkeit. n feiner Witte ftand eine große Rufe, mit Bier gefüllt.
Auf feine Scage, was fie damit wollten, antworteren fie, fie brächren
ihrem Gore Wodan ein Opfer.
Die Genoffen oder Brüder diefer Bilden waren einander eiblich
verbunden und zu gegenfeiciger “ilfe in allen YTorlagen des Lebens
verpflichtet. Vergebene fämpfte die Mirche gegen diefe Gilden an.
Jeder Täufling mußte geloben, nicht nur dem alten Glauben zu entfagen,
fondern auch „allum diobelgeldae“, allen Teufelsgilden. Die Unter:
drüchung der Gilden gelang der Kirche zwar nicht, wohl aber ihre
Die Auftur Ser Germanen am Aheine. 169
Ummandlung in chriftliche Brüderfchaften, die den Zwec? hatten, das
Seelenheil zu fördern. Tros der chriftlichen Verbrämung ging es in Diefen
riftlichen Bruderfchaften nicht andere zu, als vormals in den beibnifähen
Gilden: man tran® eben. Karl der Broße bat wiederholt die fränkifchen
Gilden verboten, f6 779, 789. Das in diefem Tahre erlaffene Befen
tichter fih) gegen die Trunkfucht, der in den Bilden gefröne wurde,
intmar, Erzbifdyof von Reime, verbot 852 feinen Beiftlichen die Teil-
nahme an diefen Trinfgelagen. jn diefer Verordnung it „die Bede von
eichenfeften am 7. und 33. Tag, forwie von Anniverfarien, bei denen der
Winnerrunk für die Seiligen und die Geeln der Verfiorbenen aus:
gebracht, Sagen und Lieder vorgetragen, Beluftigungen mit einem Bären
und QTänserinnen getrieben, teuflifdye WIasten gerragen wurben“””).
$Enblos mühre fidh die Rirche in diefem Rampfe gegen die Trunkfüche
ab. Sie ftellte diefes Lafter als eine Yauptfünde dar, welches die Wenfchen
in das ewige Verderben reife. Die Bußordnungen fegten fÄhmwere Bufen
auf das Saufen und Wertreinken. Wenn fd) nur die Priefter felbft
mehr diefes Laftere enthalten hätten! Das war leider nicht der Gall. Mir
aller Schärfe ging Barl der Große dem deurfchen YTationallafter, das
er aufs äuferfte verabfcheute, zu Leibe. Vielleicht als die furdhtbarfte
Strafe erfäyien dem Trinter des grofien Rönige Gebot: „WDenn einer im
“geere beraufcht gefunden werde, follte er in der Weife geächtet werden,
daß er nur WOaffer zu trinken befommen folle, bis er fidh zum Bekenntnis
berablaffe, daß er Uebles gehan babe.“ Geholfen bat eo aud) nichts.
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7. Bapitel,
Das Reid) Rarls des Großen.
A. Allgemeine Derbälmiffe.
Worms als Refidenz Sränkifcher Könige.
hurch stigeltofe Ausfcpwoeifüng und grauen-
hafte Selbftzerfleifhyung entartere das Be:
fählecht der langlocdigen Könige. Zwar
wurden die Wierominger von Sranten und
Bomanenals.erzen anerkannt; fie reflbierten.
auf ihren mit eömifchem Romfort aus:
geftatteren Villen und führen auf ihren
Odyfenwwagen im Lande herum, fie empfingen
die Befandten fremder Mächte und fagten
auswendig gelernte Worte ber, in ihrem
ramen wurden die Urkunden ausgeftellt,
aber das war alles nur Schein, denn die eigentliche Yacht befaßen nicht die
fehwachfinnigen Rönige, fondern ihre Jausmeier aus dem Parolingifchen
Geflecht, deren Seimat in Auftraften, dem Bernfränkifchen Lande, lag. Die
Werswinger hatten fich Baum um die auftrafifchen Landfchaften beklimmert
und daber waren die deurfichen Lande woieder in völlig heidnifche Barbarei
zurfckgefünken, da die gallifcye Kirche gleichfalls verfumpft woar und beinahe
teine Wifjionsthätigkeit entfaltere. Auch in den linkerheinifchen Ländern
onnte in jener Zeit von einem Sorefdpritt der Rultur Beine Rede fein. $Erft
unter den %ausmeien Barl Martell und Pippin wurde die Miffions-
arbeit wieder aufgenommen und mit $Energie durchgeführt. Den
Beftrebungen des Bonifatius, der an Pippin einen Rückhalt fand, gelang
374 7. Bapirel
eo niche nur, die Birchliche Organifation in Deuefchland durcguführen,
fondern auch die fränkifche Micche felbft aus ihrer Verweltlichung zu
reißen. Die Gründung des Erzbistums Mainz war eine überaus fehwere
Arbeir. Bonifarius wäre am liebften Erabifchof von Köln geworden,
da das Bisrum Röln feinem Miffionsgebier am nächften lag, aber Papft
Bacyarias Überwies ihm die Leitung des Biscums Wainz, und er durfre
dem Papfte, dem er fich fieitoillig untergeordner hatte, den Behorfam
nicht verfügen. Laur einem Befchluß der fränifchen Synode im Jahre 751
wurde Mainz zum Erzbisrum erhoben und ihm die Sehdre Tongern,
Röln, Worms, Speier und Utrecht, fowie alle neubekehrten germanifchen
Gebiete uncergeordner, doch zundcyft hatte Diefer Befchluß feine Folge
und erft 780 wurde Wiainz zum Erbisrum erhoben und ihm die
Bisrimer Augsburg, Chur, Licftäde, Ronftanz, Bafel, Straßburg,
Speier, Worms, Verden und Würzburg zugeteilt. Von diefem Zeitpunkt
an nehmen wir eine größere Stärigkeit in der Aufeinanderfolge der
Bifchöfe wahr und die Ueberlieferung fließt num auch wieder reicher.
Durdy feinen Sieg über die Araber rertere Rack Wiartell die abend:
1öndifche Rulcur und erwarb dadurch feinem Gefchlecht ein Anrecht auf den
fränkifchen Thron. Die Dinge waren endlidy unter Rarls Sohn fo weit
gereift, daß Diefer die Sand nad) der Mrone ausfirecten durfte. ie 3
fimmung des Papftes wourde er von der fräntifchen Reichsverfammlung 751
au Soiffons zum Rönig der Sranten erhoben und der Terre merowwingifche
Rönig Ehitderich III. in ein Rlofter geftecft. Erft Pippin unterwarf wieder
die deutfchen Stämme dem fräntifchen Zinfluß und sog die Sügel ftraffer
an. Er ift der Kleubegründer des fräntifcyen Reiches, und fein größerer
Sohn Rarl hat mur das vollendet, was jener erjtrebt hatte. Die rheinifihen
Lande wurden nun das Zentrum der fräntifchen Keichsverwalrung und
Worms der biftorifce Schauplag großer weltbewegender Kreigniffe.
Das fräntifde Rönigeum, wie eo fi auf gallifchem Boden ger
bilder hatte, war Bein Abfolutismus. YOenn auch die Eönigliche Gewalt
fi) gefteigert hatte, fd waren ihr doch gefenlide Schranken gezogen,
die freilich nicht binderten, daß der König zuweilen Akte der Willkür
beging. Der Rönig befaß die Banngewalt, d. b. das Hecht bei Strafe zu
‚gebieten oder zu verbieten. Die Banngewalt war die rechtliche Brunblage
feiner Regierungsgewalt. Die Untertbanen fehulderen dem König Treue,
aber ihren Willen Fonnten fie auf den Volfsverfammlungen geltend machen.
Die Volkeverfammlungen der germanifchen Urzeit hatten einen maß
Tas Neid) Barla des Broßem: A. Allgemeine Verbältniffe 175
gebenden Zinfluß ausgehbt, allein je böher die Wacht des Rönigrums
geftiegen war, um fo tiefer fan die Bedeutung der Volksverfammlung
im fräntifcen Reich. Die Scanten traten nicht mehr aus eigenem Heche
zufammen, fondern auf Befehl des Könige. Aber noch wurde die Fiktion
auftecht erhalten, daß das “herr das Dolf fei, und der König füchte beim
seere um die Zuftimmung fr feine Enefchliffe nach. Im März wurde
die Arerfehau abgehalten und die Zeeresverfammlung beißt darum das
Wiärsfeld, Campus Martius. YTady Eblodwigs Tode Kam das Märsfeld
in Vreuftrien und Burgund außer Gebrauch, doc) in Auftrafien dauerte
es fort. Die Rarolinger haben fodann das Märsfeld zu einer Tnftiturion
für das ganze Reid) gemacht. Pippin verlegte die Verfammlung in den
Mat, der leichteren Verpflegung wegen, weil jet die Reiterei den Bern
des Jaeeres bildere. Seitdem beißt die Verfammlung das Maifeld, und
diefer YTame erhält fi) auch dann, als Rarl der Brofe das &eer erft im
Sommer einberief. Seit Ludroig I. verfähminder das Mirzfeld, weil
unterdeffen fidy das “eer feudaliflerr hatte.
Dem seere wurden die Befchlüffe des Könige mitgereilt und cs
acclamierte fie, hatte aber fonft Beinen Zinfluß auf die Politik des Rönige.
An die Stelle der Volksverfammlungen waren die Hoftage getreten,
denen die Broßen des Reiche, welche entweder fich beftändig am Zofe
aufbielten ober dorthin eingeladen wurden, beimohnten. YOaren biefe
sooftage zahleeid) befucht, fo erhielten fie die Bedeurung eines Reiche:
tages und wurben der Reim fändiger und parlamentarifcyer Vertretung:
®örper. Gern vereinigte man folche Reichstage mit der Verfammlung der
Beiftlichkeit und Sfters bielten die Rarolingifchen Könige den Reichstag
in Verbindung mit dem Märsfelde ab, Dann bildere fich der Brauch
aus, daß jährlich zwei Softage abgehalten wurden. Der größere Tag fiel
in das Srhbjahr; an ibm nahmen die geiftlichen und weltlichen Größen
teil zur Berarung und Ordnung der Angelegenheiten des Reiches. Zum
Pleineren Softage wurden dagegen mur die verrrauteften Mäce zugezogen,
um dringlide Befdäfte zu erledigen und unter dem Siegel der Ver:
fehhroiegenheit die Aneräge zu beraten, welche im nächften Srübjahr der
Beicheverfammlung vorgelegt werden follten. Der Keichsragsdienft war
Rönige: oder Hofdienft, alfo eine Pflicht. Dazu berufen wurden die
Bifcyöfe, Aebte, hersöge, Grafen, die hoben Kofbeamten und die Bönig-
lichen Vafallen. Die Derfammlung zerflel in eine geiftliche und eine welt:
liche Murie; fie hatte nur über die vorgelegten Sragen zu beraten und
176
befaß Beine Jniriative. Die Befchläffe wurden dem umftehenden Volke
mirgeteilt. Die Verfaffung verpflichtete den König nicht zur Berufung
der Reichstage, aber fie wurde feftfiehende Sitre.
Im Jahre 76% hielt Aönig Pippin su Worms ein Märsfeld ab,
um über den Krieg gegen Aquitanien und Baiern zu beraten. Karl
der Große bevorzugte Worms vor anderen Städten. Er wurde am
2. April 742 geboren. Um die Zhre feiner Beburreftätte (reiten fich
Aachen, Ingelheim und Lüttich. Doch fchon Einbarc wußte darlıber
nichte mitzuteilen. Die Spradwwiffenfehaft bar indes fefigeftellt, daß Rarle
des Broßen Wiurrerfprache der rbeinfränkifche Dialekt war”); wabr-
fbeinlich ftand die Wiege des großen Volkstönige im Süden des rbein-
fräntifchen Gebiers. In Worms war ein Anigliches Palatium, die
einzige Civitas aufer Poitiers, die zugleich eine Pönigliche Pfalz war”).
Röniglicyer Brundbefig in Worms ift urfundlid) bezeugt. In Mainz
dagegen fo wenig als in Speier gab es ein Königtiches Palatium.
Kür die Wahrfheinlichteit, daß Marl der Große in diefer Begend
beimif) war, fprichr aud) fein Verhältnis zum Mlofter Lorfc), wo noch
im 9. Jabrhunderr der Beburterag des großen Rönigs treu im Gedächtnis
bewahrt wurde”). Das Rlofter Lorfch wurde im Jahre 76% gegründer,
wobei Ebrodegang, Bifebof von Wien, der bedeutendfte unter den Bifchöfen
zur Zeit Pippins, mitwirkte”®). Willeswinda faßte mie Zuftimmung ihres
Sohnes, des Brafen im Aheingau, den Entfehluß, an der Wefchnis, auf
ihrem Zandgure Lauriffa, ein Rlofter zu gründen. Sie erbaute zu Ehren
des Apoftels Perrus eine Kirche und auf ihren Wunfe fdyickte ihr
Verwandter, der Bifcyof Chrodegang, einige Wiönche des Rlofters Borze
bei Men. Er felbft war der erfte Abt diefes nachmals fo berühmten
Mlofters. Da jedoch Chrodegang durdy feine Gefchäfte an den hof
Pippins gefeffelt war, fo fibertrug er feinem Bruder Bundeland die
Zeitung der neuen Stiftung, dem er fechsehn Mönde aus Borze,
Wiänner reifen Alters und Geiftes, mitgab., Das Rlofter erhielt den
eib des b. Ylagarins zum Gefihent, der am IL. Tuli 765 feierlichft
beigefege wurde. Sortan hieß eo Monasterium s. Nazarii. Marl der
Große nahm das Rlofter durch eine am 29. März 772 in der Pfalz zu
‚Zeriftal ausgeftellte Urkunde gegen die Rechtsanfprliche dzeimericye, Sohnes
des verftorbenen Grafen im Abeingau, in Schua”“), und im ai desfelben
Jahres verlieh er dem Rlofter die Tmmunirdt?®). 773 fehlte er dasfelbe
gegen die Uebergriffe des Diösefanbifchofs und anderer und verlieh ihm bie
Tas Neid) Rarlo deo Großen; A. Allgemeine Verhältnife. Im
freie Abrewahl?“). Auch fehentte er demfelben die Villa Geppenbeim im
Aheingau?”). Das junge Rlofter gedieb, und fo sablreidh war der Zulauf,
daß die Kirche die Waffen der Walfahrer nicht faffen Eonnee, weshalb
Abt Gundeland fid entfchloß, ein zweites Mlofter auf dem Aligel zu
Zorfich zu grimden. Auf Bitte des Abtes wohnte Karl der Brofe mir
feiner Bemahlin Yildegard und feinen Söhnen Barl und Pippin famt
vielen Brofen der Rirchwoeibe des neuen Rlofers bei”), dem er am
2. September 774 zu Worms die Dilla Oppenheim im Wormegau am Abein
fbentre?9). 777 vergabte er dem Rlofter die Sifdherei zu Bodenowa (bei
Wannbeim) mir dem Rechte, aus dem zur Villa saohftatt gebörigen Yoald
ein Wehr zu bauen, Straßen und Brücken anzulegen“). Auch der Entel
Rarls, Ludwig der Deurfibe, erfiheine ale Woblchärer des 5. Ylazarius:
Blofters. Auf feinen ausdrlcklichen Wounfeb wurde er am 29. Auguft 876
in Lorfd begraben. Sein Sohn Ludwig fand am 20. Januar 882
neben dem Vater im Riofter Lorfch die lezte Rubeftätre, und ebenfo Zuge,
Ludreigs des Jüngern Sohn, der am 2. Sebruar 880 im Rampfe mir
den Yormannen gefallen war. Von aller Pracht diefes Rlofters ft nicyte
mehr erhalten als der buntfarbige Thorbau der Larolingifchen Bafllica”).
Die Sranten waren eifrig bemübr, fich das antike Erbe zu eigen zu
machen, wenn fie es auch nicht im ganzen Umfänge erfaffen Eonnten. Rarl
der Große bedeutet einen Wendepunkt in der Rulturgefchichte. Er füchte von
den Ueberzeften der römifchen Rultur fo viel ale möglich zu retten, um feine
Deuefehen aus Barbaren in ein gefitteres VolE umzuwandeln. Er hat
das Chaos gemeiftert, und er wurde der Begründer der romano-germanifchen
Völterfamilie, deren berechtigeeo Sonderleben er gegenüber den Beftrebungen
der Bysanriner, Araber und Slaven idherte. Er ift der Abfchluß einer
untergebenden Rulturwelt, und mit ihm hebr ie neue Zeic an, die man Wirel:
alter nennt. Jbn verehrre das Wirrelalter ale Das Jdeal eines Ferefihers,
der geiftliche und welcliche Würde in fich vereinigte. Als Träger der mittel-
alterlichen Weltordnung ftellt Mbrecht Dürer den großen Kaifer dar, in
majeftätifäyer Pracht mic langmwallendem Barte, die Beftalt vom pruntvollen
Brönungsmantel umfloffen. Den wirklichen Rarl vergegenwärtige uns
jedoch eine Heine Neiterftarue, die noch dem 9. Tabrhundert angehört.
Auf‘ dem Roß fin der. fräntifche Serrfeher in der Vollfraft feiner Jahre
dargeftellt. Rurz gedrungen fft der Klacken; unter der fharfgebogenen
Yrafe ein Eräftiger Schnurzbart; der ganze Mopf armer die Energie einco
Wiannes, der zu becefchen gewohnt ift. eine Rleidung enefpricht der
4. Ben, Die Ra or een Ah. I 0
178 7. Rapid,
Befebreibung Einbarts von der nationalen Tracht. Kdelfteine fÄhmücten Die
Schube, und die Beine find mit Ereugweis gelegten Binden ummunben. $Ein
Wianrel umbüllt die geoße Beftalt, und das locPige Zwar wird von. einem
mit Edelfteinen und Perlen gefhmücten Boldreif sufammengebalten®").
Wie die merowingifchen Rönige, fo zog auch Karl der Brofe in der
exften Zeit feiner Regierung von Pfalz zu Pfalz. Oft weilte er in Worms,
Im April 770 fand bier eine Reicheverfammlung ftart, auf der eine Anzahl
wichtiger Gefeze befchloffen wurde®"). Er verföhnte :fich mir-feinem
Bruder Rarlmann auf den Wunfch feiner Wucrer, der Rönigin, Berta,
und vermähte fid mir der Defiderara, Tochter des Langobardenkönigs
Defiderius. Da er aber den erhofften policifchen Geroinn aus diefer.“eirat
nicht erzielte, [0 verjtieß er im folgenden Jahre feine Bemablin und beirarere
die «gildegard, eine Enkelin des Mamannenberzoge Gottfried; das gefthab
am Ende des Jahres 77J. m April diefes Jahres hatte er vorübergebend
in Worms geweilt®). m Sommer 772 hielt er wieder in Worms eine
Beicheverfammlung ab, auf weldyer der Mrieg gegen die Gachfen
befchloffen wurde. Im Sommer 773 unternahm er eine veeresfaber gegen
die Langobarden, und ein volles Jahr wurde er in Jtalien feftgehalten; im
Auguft 774 finden woir ihn in Lorfd und am 2. September in Worms.
776 mußte er wiederum nady Jralien sieben; er eroberte die auffkändigen
Städte und kehrte dann im Sommer 776 nady Scancien zurhct. Auf einem
in Worms gehaltenen Reichstage wurde der Mrieg gegen die Sachfen
befebloffen”‘). +sier war auch der berühmte Gefcbichtsfchreiber der
Langobarden, Paulus Diaconus, anwefend, um von Rarl die Sreilaffung
feines Bruders Aricyie zu erbitten. Weihnachten 779 feierte der König
in Worme®), auch im Spärfommer 780 wohnte er hier, von wo er
dann nady Tralien aufbrach, feine Söhne Pippin und Rarl zurücHlaffend”*).
Diesmal lernte er in Tiealien die höhere Rultur Tennen und fehägen, und
ee befchloß, feinen Sranten den Segen der Bildung zu gute tommen zu
taffen. Erf im Sommer 78] kehrte er nad) Worms zurhck, wo eine
Reicheverfammlung gehalten wurde und wo der Baiernberzog Taffilo fich
demüigee”). Am 30. April 783 ftarb in Diedenbofen feine geliebte Gemahlin,
die milde “aildegard, aber fhon im Sommer vermählte er fich von neuem zu
Worme”* mit der Saftrada, aus fräntifchem Befchlecht, deren bochfahrender
Stolz und Braufamkeit eine Verfchwörung thiringifcher Edler hervorrief.
Die Beicyoverfammlung zu VWorms 78% befehloß einen Winterfelbsug
gegen die Sachfen””). Längere Zeit redierte der Rönig im Spärfommer
Das Kit Ran
de Großen: A. Allgemeine Verhälmiffe. 179
des Jahres 786 in Worms, wo wiederum eine Reiceverfammlung
abgebalten wurbe*%); dam brach Rarl nach ralien auf, und erjt im
Sommer 787 Bebrre er nach Worms zurlict, wo er mit feiner Bemablin
aufammentwaf. Dem bier einberufenen Heicyeage erftartere ex Bericht
über die eerfahrt nach Ttalien und das verräterifche Benehmen des
Baiernbersoge Taffilo, gegen den der Krieg befchloffen wurde*"). LTachdem
fi) Taffilo unterworfen hatte, tehrre Rarl aus Baiern nach Worms
yuric®®). Weihnachten 789 feierte er in WDorms, wo er bis Juni 790
verweilte und im Sommer einen wichtigen Weidhsrag abbielt. ter
erfebien auch eine Befandefchaft der Ungarn”“). Lac) Eurzer Abmwefenheit
teflbierte der Aönig im “erbft woieder in WOorme, wo er den Winter über
bie Oftern 79 zubrachte. VWoährend diefes Aufenthaltes brannte ein Teil
der Pfalz ab), was zur Solge batte, daß Marl feltener mehr in Worms
wohnte, indem er nun mit Vorliebe in Aachen refidierte, bauptfächlich
der warmen Bäder halber. Ende des Tjahres 803 verweilte der zum
Raifer gebrönte Bönig sum Ientenmal in Worme. Sein frommer Sohn
Zudroig hatte fid) hier mit feinem Vater und feinem Bruder Pippin im
Jahre 790 aufiehalten. Raifer Ludroig refidierte faft immer in Machen, nach
Worms Eam er nur felten; am 6. KTovember 822 urfunder er bier), für
den Sommer 823 ift feine Anwefenheit in Worms bezeugt”), ebenfo für
das Jahr 828%). Im Auguft 829 fand in Worms einer der wichtigften
Reichorage ftatt; bier erfcpienen viele Befandefchaften aus den verfchiedenen
2ändern, und es wurde bier eine Anzahl von Befezen erlaflen. Der
Raifer übertrug feinem jüngften Sohne Rarl Alamannien?*). 833 weilte
der ungticfliche Baifer vom Sebruar bie Juni in Worms”), von wo
aus er mir feinen ungetreuen Söhnen verhandelte. Auf dem Lügenfeld
bei Rolmar wurde er verraten und abgefegt, aber 834 erlangte er durch
feine Söhne Ludtwig den Deurfchen und Pippin wieder die "errfchaft.
Ludwig der Deurfehe urfunder am 30. September 835 in Worms”). m
September 836 fand eine Reichsverfammlung in Worms ftatt, an welcher der
Baifer und feine Söhne Ludroig und Pippin teilnahmen, während Lorhar
fi) feenhielt””). Erf am 30. Wai 839 verföhnee fich diefer zu Worms
mit feinem Vater. Bine neue Teilung des Reiches wourde hier vorgenommen
und Lothar mit reichen Befdenten und der Ermahnung, die gefätworenen
$Eide zu halten, entlaffen””). Dagegen war jene Ludroig der Deutfche feinem
Vater feindlih und wourde zur Strafe bei der Teilung auf Baier
befehräntt. Am 20. Jumi 840 fiarb Ludioig der Sromme in Ingelheim.
180 7. Bapirl,
Zorhar erhob Anfpruch auf die Alleinherrfebaft und zwang im Juli die
von Ludwig dem Deutfhen in Worms zurtckgelaffene Befanung zur
Stuche”), Er ging Über den Abein und z0g gegen Srankfurt. Vor
Wein; trafen die feindlichen Brüder zufammen, obne daß cs zur Schlacht
kam. Im Wiles 841 bielr Ludwig‘ der Deuefhe das linke Rheinufer
von Wein bis Worms befent und binderte den Raifer Lothar lange
am Uebergange des Aheins; diefer Ponte im April erfolgen”), und
Ludroig wurde jene eingefcbloffen und zum Aüchuge genötigt. Lenterer
flug am 13. Wai im Nies das’ Baiferliche <eer und vereinigte fü, mir
Rarl dem Rablen bei Chälons. Am 25. Juni fiegten jie bei Fontenay
über Lothar, worauf fich diefer nach Aachen zurüichzog. zier fammelte
er neue Aräfte, rlichte den Ahein hinauf und feierte im Auguft in Worms
die Vermäblung feiner Tochter”). Am 14. Sebruar 842 vereinigten fich
Audoig der Deurfeye und Karl der Rable mit ihren &eeren in Strap:
burg und fehrouren einander, der erftere in romanifcher Sprache, der
lentere in deuefiber, Treue. Diefe Vereinigung wurde durch Rampffpiele
‚gefeiert, dann sorgen fie gerrenne den Abein aufiwders und famen Ende
Sebruar in Worms zufammen, wo fie Rarlımann, den älteften Sohn
Ludwigs, mit Verftärkung enwarteren””). Auch im Oftober weilten
die beiden beftennderen Brüder in Worme””). Endlich 843 kam man
zum Ziel. Durch den Vertrag von Derdun wurde das Erbe Rarlo des
Großen unrer feine Entel aufgeteilt. Lubreig der Deuefche erhielt die
techterheinifeben Länder mit Ausnahme von Srieeland, ferner die Baue
von Speier, Worms und Mains, Lorhar Tralien und einen Landftric)
von der Wiündung’ des Abeins bis zu der der Abone (das Lorharingifcbe
Reich) und Karl der Rable das weptfränkifche Reich. Im März 857
hielt Ludroig der Deurfche einen Reichstag in Worms”), Bald
entfpannen fidh neue Gtreitigteiten zoifcyen ibm und Rarl dem Rahlen.
Don den unzufriedenen weitfränfifden Großen eingeladen, unternahm
Zudroig einen Zeerzug nad) Gallien und fammelte zu diefem Zioece im
Auguft 858 ein “eer in Worms‘). Den Rückzug nahm er über Worms,
anfangs 859, wo er auch im Juni verweilte”). Im Sommer 862 bielt
er einen Reichetag in Worms ab=).
Es waren unglüchfelige Zeiten, das Reich durch Zwierracht zerrücter
und von den Ylormannen, Ungarn und Slaven beimgefucht. Von einer
Zufammenkunft Ludwigs des Deurfchen mit Rarl dem Rablen in Köln
(865) reifte der Lrftere nach Worms”). Ludwig mußte unausgefezt
Tas Neich Barlo des Großen: A. Allgemeine Verbälmifle, 185
gegen die fremden Seinde Brieg führen, und dazu machten ihm feine
Söhne Sorge. Im Llovember 866 föhnte er fich zu Worms mir
feinem Sobn Ludwig aus. in Aufftand der «interfaffen der Mainzer
Rirche wurde mir blutiger Strenge unterdrüct”). Auch im Mai 868
biefe fih) Ludsoig der Deutfche mehrere Wochen in Worms auf, wo
eine Spnode abgehalten wurde). Endlich Eonnre am 3. Auguft 870
durch den Vertrag von Wieerfen ein bleibender Zuftand gefchaffen werden,
nachdem man fid) fo lange über das Hrbe Lorhare geftritten harte.
Audwig der Deurfche erhielt den nördlichen Teil Lothringens bis zur
Wace, den Öberlauf der Mofel, fowie das Kifaß. Die Ylormannen
befääftigten unausgefegt die Barolingifden Bönige. Auf einer Reiche
verfammlung zu Blirftadt bei Worms im April 873 wurde mir dem
Dinentönig Sigfried Friede gefchloffen.
Worms ijt in diefer Zeit midhr mehr fo bäufig wie früher der
Schauplag der Keichsrage. Infolge der innern Wirren und der Rriege,
infolge der Tinvafionen fremder räuberifcber Völker: Ungern, Staven
und YIormannen, ging die Rultur mit rafchen Schritten rüchwärts.
Diele Landftridhe veröderen, und der Verkehr nahm mehr und mehr ab.
Obwohl der Ahein eine Zauptader des Zandelsverfehrs war, fo wurde
diefer durch die YTormannen, die fih an feiner Mündung feftgefent
batren, gehemmt. Das Geld fpielte gar Beine Rolle mehr im ande;
Diefer war wieder Lediglich Taufchhandel. Berreide und Wein wurden
in der gefegneten oberrbeinifchen Tiefebene in Alle gepflanzt, und Wein
amd Getreide waren die Jauptgegenftände des Jandels, die gegen Stoffe
und Geefifepe umgeraufche wurden. Den Verkehr vermittelten in diefer
Zeit die Juden und die Sriefen. Deucfchland war ein völlig agearifcbes
Land geworden, in weldhem die Städte Beine Bedeurung mebr barten.
Viel wichtiger ale fie für die Bönigliche Verwaltung waren die Burohöfe.
Srankfurt am Main wurde von Ludwig dem Deutfchen fehr bevorzugt.
£r legte nidyt weit davon, in dem Winkel zwifden YWain und Ahein,
den Rönigshof Tribur an, wo er und fein Sohn oft refidierren und wo
im Laufe des Jo. und IJ. Jahrhunderte die wichtigften Begebenheiten
vorfielen. Denn Teibur lag unweit der großen Wafferfraßen und an dem
Rnotenpunfte der beiden Banbjtraßen, die von Oppenheim und Mainz nach
‚Srantfürt führten. YTach foldyen Pöniglichen «öfen wurden fegt gern
die Keichsverfammlungen gelegt: nach Scankfurr, Tribur, Bürftadt,
‚Sorchheim u. f. w., weil diefe großen Büter die Verpflegung erleichterten.
1s2 7. Bapi,
Doch ad) die fpäteren Barolingifchen Rönige vernachläffigten YOorms
nicht ganz. Im Auguft 880 war Ludwig der Jüngere bier anıvefend”®).
Barl der Dicke weilte J4 Tage bier”) und bielt einen Heicheag ab,
um fiber die Witrel zur Abwehr der YTormannen zu beraten, tiber welche
war am 3. Auguft 881 der weftfrÄnkifche König Ludeoig bei Saucourt
einen Sieg davongerragen hatte, der aber nicht enefcheibend war.
Immerhin machte diefes Wreignis einen großen inbruc® auf die Zeit:
‚genoffen, und ein Dichter aus der Gegend von Wiainz bat diefen Sieg
in feinem Ludwigslied in oberftänkifdyer Sprache verberrlicht. Dem
Bart dem Dicken huldigten 882 die wejtfräntifchen Broßen, und fämtliche
Länder des Barolingifchen Reiches waren in feiner Yand vereinigt. Leider
war er nichr der Wann, wie ibn die Zeit brauchte. $Er unternahm im
Juli 882 einen Geldsug gegen die YTormannen und fihloß diefe in !Eisloo
ein, aber anftarr fie, was möglich gewefen wäre, zu vernichten, ließ er
fid) durch feinen Kanzler verleiten, ihnen Seieden zu gewähren. Er Eehrte
nach Worms zurlich, wo er am J. Ylovember 882 einen Reichstag biele”®).
Darauf ging er nach Jralien und überließ Deurfchland feinem Schidfal.
Ylac) Deurfcyland zurücigetommen, hielt er im Yjai 884 wiederum einen
Reichorag in Worms”) wegen der YTormannennor. saier verfammelte er im
YVlovember 885 die weftfränkifchen Großen, von denen er wenig Erfreuliches
erfuhr und welchen er geringen Troft in ihren LTren zu fpenden wußte.
Durch Empsrung gegen feinen ©beim, den Eranten Raifer Rarl,
tam Arnulf auf den deurfhen Thron, und er bat wenigftens feinen
Verrat in fofern gefühnt, als er alle Anftrengungen machte, das Reich
gegen die von allen Seiten drobenden Gefahren zu fdirmen. Der
Wirelpuntt feiner Regierung war Bayern, in Regensburg bielt er am
meiften Sof. Sodann weilte er Sfters in Sorchbeim in Sranten und
am Wiitrelthein zu Scankfurr, Tribur und Worms, von wo aus er mit
dem weftfräntifchen Serefcher verhandelte. Der Kirche von Worms
erwies er fic) freigebiger als irgend ein anderer früherer König.
Zundcyft hatte die Abferung Mario des Diden zu Tribur zur Golge,
daß das Karolingifche Reich fich in fünf Teilreide auflöte: Deurfchland
unter Arnulf, Srankreicd unter ©do, Tralien unter Berengar von Seianf
und Buido von Spoleto, Zochburgund unter Rudolf und Shöburgumd
unter Zudroig. Arnulf betrachtete fih aber als den wahren Hrben des
ganzen Reiches, und er forderte do zu einer Zufammenkunft mit ibm auf.
©dos Stellung war viel zu unfiher, als daß er hätte wagen dürfen,
Das Heid) Rarlo des Großen: A. Allgemeine Verhälmife. 183
Arnulf zu beleidigen. Am feftgefegten Tage fand diefe Zufammentunft
im Juli oder Auguft 888 in Worme far”). Beide fehieden als Seeunde.
Die weftfeäntifdhen Broßen ftellten aber dem Rönig ©do den jungen Rarl
‚aus Barolingifebem Stamme entgegen, der am 28. Januar 893 in Reims
gekrönt wurde. Arnulf nahm fich feines jungen Verters an. Wegen
diefer Angelegenbeit bielt er im ai 894 eine Reicheverfammlung in
Worms”). Seine sailfe nünte indes dem Marl wenig. Die tiefjte
Berrfierung des Weftfrantenveichs war die Folge des Thronftreites, und
um die Ordnung berzuftellen, befahl Arnulf den beiden Mönigen, vor
ihm zu erfeheinen. do folgte der Aufforderung und traf im Wai 895
in Worms ein, wo ihn der deutfche Aönig inmitten einer glänzenden
Derfammlung ebrenvoll empfing”). sier in Worms wurde auch fein
Ältefter Sohn Zmwentibold unter Zuftimmung der Großen zum Rönig von
Lothringen und Burgund gefalbt. Doch diefer war zur Regierung wenig
befähigt. m Wei 897 befchied ihm Arnulf nach Worme und bewog
ibn, id) mit feinen Jeinden zu verföhnen”®). "hier ließ auch Raifer Arnulf,
niemandem trauend, die Brofen des Reiches feinem vierjährigen Sohn
Zudroig den Zid der Treue [hmsören, um dadurch die Thronfolge ficher
su fiellen. Zum lentenmal fah er die theinifchen Gegenden. Er ftarb am
8. Dezember 899 zu Regensburg. Sein Tod war ein fÄhweres Verhängnis
für das Land, denn ein Rind follte in ftürmifcher Zeit die Regierung
eines Reiches Übernehmen. Der Barolingifcye Stamm war verdorre und
mit Seineich beftieg ein neuen, Eräftiges Gefeblecht den deurfehen Thron.
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8. Bapitel.
Das Reid) Karls des Großen.
B. Die Kirche.
|'> die Seanten Gattien eroberten, fanden fe
| eine Rirchenorganifation vor, die fich als
rein eömifche Tnftirution bis ins 7. Jahr»
hundert erbielt, indem die höheren Kirchen»
‚meer vornehmlich) aus den alten römifchen
7. Jahrhundert traten auch vornehme
Ü Sranten in den Rircyendienft, aber noch
lange blieb der niedere Rlerus römifcher
Abkunft. Das fränkifche Rönigeum gewann
si = in der Tatholifchen Sierarchie den beften
Bundesgenoffen, der ihm in der Defeftigung feiner serrfchaft behilflich
war. Denn die Rircye bedurfte des Beiftandes der fräntifchen Bönige,
fo lange nody der Arianismus eine Befahr war. Dann wurden die fich
geltend machenden Serrfchaftsgelüfte der gallifchen Wirdye durch das
%ervordrängen des Jelams gedämpft. Barl Wiartell fdylug die Sarazenen
und wertete die Rinde. Die Solge war, daf diefe nun in völlige
Abhängigkeit vom fiegreichen Staat geriet. Diefer verfügte unbefchränte
über das Ricchengur ımd gab Dasfelbe zu Leben aus, um ein fcylagfertiges
cer auosurüften. Seitdem bildet der Eischlicye Brundbefin die Stonomifihe
Grundlage des fäntifden Seerwefens. Dadurch wurden Staat und
Rirche unldobar aneinander gekettet, ihre Tntereffen gingen zufammen,
und Diefes Sreundfchafteverbämis fand feine Rrönung in der Wieder:
berftellung des Raiferrums”‘).
1. Do, Die Aut er ebenen She I u
188 8. Bapiid
Die fräntifche Rirche war zur Zeit der Merorwinger eine von Rom
unabhängige Landeskirche. Yoohl wurde aud) in Ballien der römifche
Bifchof als Primus der fatholifchen Rieche anerfanne, aber er befaß
feine Oberbobeit in Rirchenfachen, und cs fand nicht einmal ein lebbafter
Verkehr zwifdyen Rom und der gallifcpen Rirche flat. Diefe war dem
König völlig unterworfen. Die YIarionalkonzilien galten als das Drgan
der irchlichen Befengebung. Sie wurden vom König einberufen, und
ihre Befehllife bedurften der Löniglichen Benebmigung. Auch übte der
Aönig in allen Eirdyenpolitifchen Angelegenheiten ein Befengebungsrechr
aus. Das Eanonifche Recht fehrieb zwar vor, daß der Bifdof durch
Mlerus und Volt gewählt werden follte, jedoch der Wille des Rönigs
war auch bier maßgebend. “häufig defignierre er einen Wann für einen
erledigten Bifchofsfis, und die Wahl bare nur formelle Bedentung; oft
ernannte er furzeoeg den Bifchof, ja Marl Warrell verlieh Rirchenftellen
felbft Laien. Ylady dem Rircyenredhr durfte ein Bifchof nur durch eine
Synode entfert werden. Daran hiele fid der Mönig nidhr gebunden,
welche Wille fich jedoch die Ricche mir allen Mitteln wehrre.
Die Bifdpfe gehörten zu den Großen des Reiches, zur Ariftokratie,
und waren zum Sof: und Staatebienft verpflichter. Da fie die höchfte
Bildung befaßen und die Blaffifchen Traditionen in ihnen noch lebendig
waren, Eonnte der König ihrer nicht entbebren. Allein die entfenliche
Berrüittung des meroroingifchen Reiches harte aud) die Kieche in dasfelbe
Derderben geriffen, und Bari Wfartell betrachtete fie allzu febr ale Witrel
zum Siecke, als daß fie fi) von felbft härte aufraffen Bönnen. Erf durch
die Beftrebungen des Bonifarius und durch die Thatkraft Pippins wurde
eine Reform und zugleich eine engere Verbindung der fränkifden Kirche
mit Rom angebahnt. Schon regte fich der Ebrgeis des Papftes, indes er
war auf die “ilfe Pippins angemwiefen und mußte fid daber feinem Willen
fügen. Die von Bonifaius angeregten Reformen wurden nun durchgefübrr,
aber der Jmpuls dazu ging nicht von Rom, fondern vom Rönig aus. Diefe
Birchlichen Reformen wurden durchaus den Bebrfniffen der fräntifchen
Rirche angepaßt und durch den König und das tpiffopat ins Werk
gefegt. Pippin duldere Feinen unmitrelbaren Verkehr des Papftes mir
feinen Bifchöfen; er allein vermittelte ihn. Unrer ihm wurden die Grund»
slıge Deo Eirchlichen Syftems feftgeftelle, das bio zur Reformation in ganz
Europa geberefcht har”). Das große Verdienft Pippins it, daß er die
Gedanken des Bonifatius den nationalen Vorftellungen anzupaffen wußte.
Das Keilh Maclo des Brofen: B. Tie Birdx. 189
£s find zwei Brundgüge diefes neuen Rirchenfpftems: I. ft der
Rlerus eines Gebiets dem Bifchof der Bau: oder Yauptftadt (Civitas) des
Gebietes untergeordnet und 2. bilden die Bifdhöfe einer Provinz eine
Rörperfchaft, deren Oberbaupr der Bifchof der Zaupftadr der Provinz ift.
Dem Bifdpof find die Presbyter feiner Didsefe zum Behorfam verpflichter;
jeder Priefter muß einmal im Jabre fi feinem Bifchof vorftellen, und
der Bifdpof' ift verpflichtet, einmal im Jahre jede Presbyterkicche zu
tevidieren. Das Wefen des Bifcbofsamtes befand urfprünglic, in der
Verwaltung der Eucyariftie und des Rirchengute®). Der Bifchof' ift der
Ysirte, der Die Bemeinde mir dem YOorte Bottes weider, Er verwaltet das
Rirchengur zum Beften der Armen. fr ift allein im ftande, das Bort
woblgefällige ®pfer darzubringen. Im Laufe der Zeit batte die fon
früb in den chriftlichen Gemeinden vorbandene monarchifche Tendenz den
Sieg davongerragen. Der Bifchof leiter und ridhter feine Bemeinde
an Chrifti ftar, während er von der Gemeinde nicht "gerichtet werden
Bann. Der Bifchof bar darüber zu wachen, daß Peine bärerifchen
Gebräuche auftommen. Er vifitierr alljährlich die Gemeinden und predigt.
Denn er, nichr der Presbyter, war der Sitte, der Geelforger. hm,
dem Bifchof, allein fam das Neche der Bonfirmarion zu. Bei der
Aufnahme eines neuen Chriften nahm urfprünglich die ganze Bemeinde
teil in Anmmwefenheit des Öberbirten der Gemeinde. in Wittelitalien,
wo die Didgefen Bein und zablreich waren, wurde die Taufe immer in
der Bifcbofstirhe vollyogen. Aber dies war in Deurfchland unmöglich,
da die Diösefen groß und die Bemeinden zerftreur und ifoliert waren
und zum Teil obne vollfommene Organifation. Es ging nicht wohl
an, dafı die Vleubekebrten zu Oftern die weite Pilgerreife in die Bifcyofo-
ade macren. Daber zerfiel jent der Taufakt, der aus der Taufe, der
Ronfirmation und der Kommunion befiebt, in verfebiedene Abfehnirre.
Die eigentliche Taufe wurde in einer Tauf: oder Parodhialtische durch
den Presbyter ober Diakon vorgenommen. Die Konfirmation oder
Ganbauflegung mußte vom Bifchof vollzogen werden, und zu diefem
Brvecke befuchre er alljährlich Die Gemeinden. Der Bifchof it aber auch der
‚oberfte Richter in allen Blaubensfacyen. jn den lerzten Zeiten des Römer:
teiches war der Difchof' der alleinige Sort und Befchüger der Armen und
Bedrängten gewefen. Sehr oft vereinigte er mit feinem geiftlichen Amte
die Sunteion eines Defensor civitatis. Audy zu Marls des Großen
Briten war die Berichtegewalt der Bifcpöfe eine doppelte; er war der
390 8. Bapire
erfte Beamte der Mircde und machte Über die Birchlicht Zucht, und er
mar zugleich Beamter des Staates. Marl der Große batte die
Anordnung getroffen, daß gewöhnlich zwei Missi oder Rönigeboren die
Amesführung der Grafen tontrollieren follten: ein weltlicher und ein
geiftlicher Missus. Dei feinen Viftationereifen handelte der Bifchof als
Bommiffar der Regierung. hm war in Sällen von Mord, Ebebruch,
Wudher ıc. die Unterfuchung übertragen. Ylamenrlich follte er die
Ueberrefte des seidennums vertilgen und ihnen nachfpüren. Teder, der
flagranter Unfirtlichteit oder beidnifdper Gebräuche überführt woar, wurde
erfommunisiert, das heißt aus der Bemeinfchaft der Ehriften ausgefchloffen.
Wenn notwendig, mußte der weltliche Arın dem Bifchof beifteben, um
den Ungehorfamen zu zwingen.
Die Rirchenverfaffung von Weftenropa ift das KErgebnis langjähriger
Eneidelung und vieler Arbeit. Die Betehrung der Belcifchen und
deuefihen Sehmme ging nicht fo fehnell oder fo glarr von fiarten, wie
man wohl glaubt. Auf die Anregung eines Volfsfönigs trat oft ein
ganger Stamm mit einemmal zum Cbriftenum über, aber die Volke:
genoffen blieben seiden nach wie vor. Yur die Gebilderen waren
eigentlich im ftande, die hohe Lehre des Ebriftentums zu erfaffen, und
ein Bebilderer war nur der, welcher die Lareinifche Spradye und Litterarur
Tanne. Römerrum und Cbriftenrum galten daber für idencifch, während
die YIaffe des Volkes z&h an feinen beidnifchen Bebräuchen hing. Die
Bitdniffe und Tdole der alten Götter ftanden nody allenthalben in
GBermanien aufrecht und wurden verehrt, und häufig rief man die
beidnifcpen Börter und Chriftus zugleich an. Aömifcher, Eeleifcher und
deuefeher Aberglaube zerfhmolsen zufammen, ımd er nahm um fo mebr
au, je mehr die Blaffifche Bildung zurlickging. Das war aber der Sall,
feitdem immer jahlreicher einheimifche Elemente, Releen und Deutfehe,
in den Rlerus eindrangen. Diefe Eannten oft Baum die lareinifchen
Buchftaben und ftanden auf Beinem böberen geiftigen und firtlichen
Yliveau, ale ihre Landsleute. Die geifliche Zuchr verlotterte, und niche
minder zerfiel die Birchliche Ordnung. Me enrfland das Inftirue der
Chorbifchöfe, das beißt Bebilfen der Bifhöfe, welche in den Landgemeinden
die Disciplin der Rleriter überwoachen follren. Allein fie felbft enwouchfen
Mur zu oft jeder Zucht und wanderten ale Landftreicher herum.
Wandernde Ehorbifcyöfe ordinierren wandernde Mleriter, und beide
fügten fich teiner Ordnung. Dem machten die Befeze Pippins ein
Das Neid) Barlo des Großen: B. Die Birde. 191
Ende. Auc) die frühere voilifürliche Prapis der Staatsgerwalt in Bezug
auf die Verfügung über das Rircyengur wurde nun abgeftellt und der
Bicchliche Befig gefichere. Infolge all diefer Waßregeln gelangte man
zu einer größeren Stabilicät der Birchlidyen Verhälmiffe, und die
Bifchofsliften weifen feir Pippin feine folche Haffenden Lücken auf wie
vorher.
Worms war fehon zu römifcher Zeit ein Bisrum, aber bis zum
7. Jahrhundert ift fein Ylame eines Bifdyofs ficher begeugt. Der erfie
urkundlid) bekannte Wormfer Bifchof beißt Berbrulfiis, der 614 an
einer Parifer Synode teilnahm”). Am 21. September 627 erteilte
Mönig Dagobert 1. der Kirche S. Peter und Paul, deren Vorficher
der DBifdof Amandus war, ein Privileg. Dagoberr war einer der
befferen Rönige des merswingifcyen GBefchledts. 622 übertrug ibm
fein Vater Chlotar die Regierung des Sftlichen Teils Auftrafiens. Seine
vornehmften Ratgeber waren Arnulf von Wien und Pippin, die Stamm
diter des Barolingifchen Befchlechtes. Die Sage bat das Andenken an
diefen guten König feftgehalten, befonders in der Pfals und im Eifaß
führte man alle Tnftirutionen und die Stiftungen von Rlöftern auf ibn
zuelich. Der pfälzifche Dichter Aug. Becker finge von ihm:
„Diet Sürften find geftorbn am Rheine feit der Zeit,
Man dat ihr Grab mit Waffer — mit Tpränen nicht geweiht,
in einz'ger bleibet ewig den Pfälger Bauern wert:
Das if der gute Zönig, der alte Dagobert."®),
Zur Zeit des Rönige Cbildeberts II. (695s—7II) amtierte Bifchof”
Rupert in Worms”), Er ftammte aus vornehmen Befdhlere und
cübmte fich der Verwandefejaft mir den merowingifeben Rönigen. Zn
einer Zeit, wo die fränkifche Kirche ganz verwelrlicht war, zeichnete er
fi dur feine Amteführung aus und zog den Did des “herzoge
Theodo von Baiern auf füdh, der ihn 696 mach Regensburg einlud, um
die Birchliche Brdmumg Baierns zu regeln. Rupert fand indeffen die
größten Schroierigkeiten, denn die Baiern waren ein beidnifches Baueen-
vol, das jeder Bildung abhold war. Die einzige Stadt war Regensburg,
deren von den Römern erbaute gewaltige Seftung die Bersunderung des
Volkes erregee. Als Hupert die Donau abmärts fübr, fab er die alte
Bifdpofoftadt Lord) in Trümmern liegen. Auf feiner ferneren Reife
gelangte er in das Salyfammergut, wo ihn die zomanifche Bevölkerung
gur aufnahm. Wan erzählte ibm von der alten Römerjiadt Juvavium
1223 8. Bapird,
(Salzburg), die jet ebenfalls ein Auinenbaufen war; dorthin begab er
fich und entfchloß fich, bier ein Bistum zu gründen. Er baute Kirchen
und Rlöfter und bevölkerte diefe mir aus Worms gebolten Prieftern und
Wiönchen. Er farb am 27. März 718 in Salzburg. Die Rirche bar
die. Verdienfte des Apoftels der Baiern anerfanne und ihn der Schar
der soeiligen beigefellt. Auch in Worms ehrre man fein Andenken,
indem man einer der Pfürrkirdhen feinen Yiamen gab.
Pippin und Barl der Brofe ernannten aus eigener Mache:
volltommenbeit die Bifchöfe, ganz ebenfo, wie jie die Brafen einfenten,
umd trafen eine forgfältige Auswahl. $Es Bam nun nicht mehr vor, daß
‚mehrere Bisrhimer in einer Yand vereinigt wurden, doch die Vereinigung
der bifdhöflichen Wfrde mit der eine Abteo ließ der Rönig zu. So
war Erembere”") zugleich Bifhof von Worms und Abt des berühmten
Mlofters S. Perer und Paul zu Weißenburg im Eifaß. Urkundlich
kommt er feit 764 vor und farb 793. Im Tabre 769 nahm er an
der Bateranfpnode reil. Seine YLachfol Dernbar und Solcwicus
waren ebenfalls zugleich Aebre von Weißenburg. Bernbar”") wurde
von Rarl dem Brofen öfters in diplomatifchen Wiffionen verwendet,
unter anberm im Jahre 790 nach) Rom gefebickt, um die Anklagen gegen
den Papft Leo III. zu uncerfüchen. Zulent ift er urfundlich 825 erwähnt.
Seine Scywefter Jmma war die Gemahlin des berühmten Befchichte-
febreibere Minhart”). Jolenicus””) tomme urkundlich als Bifchof
swoifeben 826 und 830 vor, als Abt von Weißenburg zwifchen 81] und 825.
Thm folgte Samnel®), der im berühmten Blofter Gulda erzogen worden
war. Sein Abt Harger fdhite ihn mir zwei andern Wiibrüdern
Sraban und Jyatto der böberen Ausbildung wegen nad) Tours, der
berühmeeften Schule des fränkifhen Meidyes, wo der Abt Alkuin eine
glänzende Thätigkeit entfalcete. Ihm rief fpäter varaban zu: „Was einft
der Meifter Alkuin lehrte, das bewabre dein “ers”. Tin Fulda lehrte er
als Bebilfe “rabans, wurde dann 838 Abt von Lorfc) und 841 Bifchof
von Worms. Wie fein Lehrer und Freund Jraban, bing er Kaifer
Lothar an und war ein Begner Ludwigs des Deutfchen, obwohl diefer
fich als ein Woblthärer des Rloftere Lorfd bewiefen hate. {Er weihte
841 die Kirche in Yleuhaufen an der Mainzer Straße, eine halbe Stunde
vor Worms gelegen, wo nach der Vieberlieferung eine Bönigliche Pfalz
geftanden und wo Aönig Dagobert eine den heiligen Dionyfius gewibmere
Bafılita gebaut haben foll. Urkundlich ift diefe &. Dionyfiuskicdhe
Das Neich Barlo dio Großen: B. Die Birche- 193
febon 823 erwähnt”). Tinfolge der Translation der Bebeine des heiligen
LCyristus bieß fie fortan 5. Eyriakkirche. 858 fehenkte ihr ein Wunibald
Grundftüce in der Bemarkung Dallau) und am 8. Tuli 867 König
Zudvoig der Deurfche Brundbefiz in den Warten Störsheim, Abisheim
und Mauchenbeim’”). Diefe Schenkungen erlebte Sammel nicht mehr,
denn er farb am 7. Sebruar 855 und wurde in Lorfch begraben.
3273 ließ DBifcbof Wberbard feine Gebeine erbeben und mach der
&. Eyriattiece in Yleuhaufen überführen. As 1460 diefe Kirche im
Wriege verbrannt wurde, fand man fprer beim Auftdumen des Schurtes
den bleiernen Sarg Samuels.
Don feinem Ylachfolger Gunzo ift nur weriges befanne”), Br
komme urkundlich zwifden 858 und 872 vor, war 858 Rönigebore und
farb am 18. Vrovember 872. DBifchof Adelhelm””) wird 874 in einer
gefälfehten Urkunde Ludwigs des Deutfchen erwähnte; er nahm 888
an einer Synode in Mainz teil und farb am I7. Januar 890 (1).
Thietelah") urtunder zum erfienmal am Jo. Sebruar 897, nahm im
Wei 891 an einer Synode in Tribur teil, die eine Stärkung der
bifdyöflidyen Bemwalt gegenüber der welcliden &Ariftokratie anftrebte.
Er fell am J. September 914 in Ylemweiler geftorben fein.
Bifchof Richgewo”') erhielt an der zu obenaltheim im Nies am
20. September 9I6 tagenden Synode den Auftcag, eine Unterfüchung
über die Blendung des Bifchofs Zinbart von Speier anzuftellen. Er
farb 949.
Bar der Broße erkannte in der Ricche die wichrigfte Schze fr
die Ausbreitung der Rufeur, und drum füchte er fie auf alle Ydeife zu
fördern, namentlich dadurch, daß er dem Epiftopar die leitende Stellung
in der Didgefe verfcbaffte und alle ned) vorhandenen Refte Ponturrierender
Linflüffe, wie die Chorbifchöfe, befeirigee. Die Kirche follte ein dienendes
Glied im Rahmen des ftaatlichen Organismus fein und vorzäglich folche
Aufgaben erfüllen, die fonft dem Staate fern lagen, nämlich die Pflege
der Sierlichkeit und der Bildung. Damit die Rirche diefes Eönne, follte
fie mögtichft umabhängig von Öfonomifehen Sorgen fein, und Karl Eargte
nicht mit Scyentungen. Neid) waren die bifchöflichen Kirchen in der
Earolingifeben Zeit Beineswegs. Die großen Verlufte, die fie durch die
Maßeegeln Bart Wartelle und Pippins erlitten hatten, waren noch nicht
ausgeglichen, und fie Eonnten fid an Neichtum des Befines mit den
Alöftern wie Fulda ıc. nicht im entfernteften meffen. Yramenelich die
15. Be, Die Autir er enden sih, 1 “
19% 8. Raplıd.
oberrheinifäyen Bisrhmer Ehur, Ronftans, Bafel, Speier und Worms
waren fehr dirftig ausgeftarter, und aus diefem Grunde vornehmlich
geftattere der Rönig die Vereinigung bifchöflicher Yolirde mir der eines
Abres, um das Hinfommen der Bifchöfe zu erhöhen.
Die Begierde nady Befig war auch im geiftlichen Stande groß.
Bonnee man nicht auf ebrlichem Wege dazu gelangen, fo that man cs
auf unebelidyem. Die firtliche Empfindung war im ganzen Wiirtelalter
nicht fehr flark entwichelt und der Wahrbeitsfinn außerordentlich fehnwach.
Die Rirche ann nicht vom Vorwurf‘ freigefprochen werden, daß fie,
die Yoächterin über das fiteliche Leben, am meiften gefündige hat. Die
römifdye Rirdhe ift durch Zug und Trug su ihrer Wacht gelangt. Die
techrliche Grundlage ihrer Wacht beruht auf Poloffalen Sälfhungen, die
zwar von ihr nicht direkt ausgegangen ober veranlaßt, aber auch nicht
von der Yand gewviefen worden find. Durch Urkunbenfälfdungen aller
Arc füchten die Ricchen und Rlöfter ihren Befln zu mehren, und foldhen
Weg des Berrugs bat auch die Wormfer Ricche eingefhlagen. Saft
alle Urtunden aus der fränkifchen Zeie find Sälfcyungen oder interpoliert.
Als das wichrigfte Privileg berrachteren die Rirdyen die Pönigliche
Verleihung der Immunitde"). Diefe Jmmunitkt, auf deutfch Sreiung,
ift urfprünglich ein römifches Aechteinftirut und bedeutet Freiheit von
Steuern und öffentlichen Sconden. Als Freiheit von öffentlichen Abgaben
und Leiftungen erfcheint die Jmmunität auch im fränkifchen Reich, aber
hier erfährt diefe Jnftitucion eine Ummvandelung. Anfangs genoß nur
das Bönigegur die Immunickr, fpäter erhielten auch Rirchen und Laien
Befreiung von Steuern und öffentlichen Dienftleiftungen, aber in der
meromwingifeben Zeit galt immer nod) der Rechtefan, daß die auf immunen
Büren angefiedelten Leute der Sffentlidyen Gerichtsbarkeit unterworfen
bleiben. An diefem Punkte fegte die Weiterentroickelung ein. Der Rönig
verbot den öffentlichen Beamten, Arntehandlungen auf’ den gefteiten Büitern
vorzunehmen, alfo auf ihnen Berichtetage abzuhalten, Sriebensgelder
einzugieben und Bürgen ftellen zu laffen, ferner wurde ihnen verboten,
öffentliche Zeiftungen zu fordern oder zu erzwingen, wie die Auferlegung
von Kinquartierungen, Srondienften ıc. Die Immunickt fchloß jede
unmittelbare Vorladung der mmunirdeeleute, die Zwangevollftreung
und das richterliche Winlager aus. Sie enthob aber Eeineswege die
sainterfaffen des immunen Gebiers des “eeres: und YWachebienftes, der
Pflicht der TJabresabgaben und entlaftere nicht von Zöllen, die außerhalb
Das Hei Aaclo des Großen: B. Die Rick. 195
des gefteiten Gebiete erhoben wurden. Zu diefen Öffentlichen Pflichten
wourden die mmunicktsleuee durch Vermittelung des Tmmunicksberen
beziehungswoeife feiner Beamten angehalten. Durd) die Verleihung eines
Immumnirkteprivilegs versichrer der Fisfus auf’die Krhebung von Sriedens:
geldern und anderen Leiftungen auf dem gefteiten Bure; diefe fallen nun
dem Tmmunitktsberen zu. Der Tmmunirde war urfprünglich der
Begriff eines befonderen Seiedens fremd. Allein da das meifte Kirchen:
gut früher Rrongur gewvefen war, genoöbnten fich die Böniglichen Beamten,
foldyes Gut ale Ligenum des Fiskus oder als Amtegur zu betrachten,
um dasfelbe zur Gewinnung von Vafallen zu verwenden, unter dem
Dorgeben, im ntereffe des Bönige zu bandeln. Eben um diefen
Uebergriffen der Beamten zu webren, erbielt die Jmmunitdt einen böberen
‚Seieden, der duch die Androhung einer Buße von 600 Solidi gefchligr
wurde. Die weitere Wirkung diefes Rechreinftiturs war nun, daß der
Immmitätebere Gerichtsbarkeit über feine Zinterfaffen erhielt. Diefe
Sinrerfeffen find dem %eren Mithio fchuldig, das heiße fie ind verpflichter,
fi vor ihm zu verannworten. Die Tmmumnirkesgerichtebarkeit erjirect
fich jedoch nur foweir, als die öffentliche Gerichtsbarkeit finanziellen
Charakter hat; fie gile nur für den Bereich der Rechtefälle, in denen
Sriedensgelder oder Bannbufen bezahlt werden. Sür das Bebier der
Reiminalgerichtsbarteit it fie ausgefchloffen. Diefe Tmmunirkes-
gerichtsbarkeit befehräntt fi im wefentlichen auf den Umfang der dem
Vikar oder Centenar zufiebenden Rompetenz oder, um in unferer beueigen
Sprache zu reden, fie besog fid nur auf Zivilfachen, niche auf riminal-
fadyen, die immer dem Öffentlichen Richter, dem Grafen, vorbehalten
blieben. Zur Ausübung Diefer mmunitätsgerichtsbarfeit war ein
befonderer Beamter nötig, der Advocatus oder Vogt, deffen Ernennung
an die Zuftimmung des Grafen genüpft war, denn der Staat hatte ein
Intereffe an der Einferung diefes Beamten, indem diefer die ftaatlichen
Rechte in dem Tmmunirätebesie® zu wahren hatte. in der Solge führte
diefe Jnftiturion in Verbindung mit der Vafallitke und dem Benefizial:
wefen zur Berfeung des Staates.
Audy die Wormfer Rirche rlihmre fich des Beflzes der Immunirke.
TIedes Bisrum hat feinen Mittelpunkt in der Zauptfirche der Bifchofs-
ftadt, die Eursweg Kirche oder Ecelesia malor beißt. Ihr wurden die
Schenkungen gemacht, ihr die Privilegien. erteilt, die dem ganzen Büsum
besiehungeweife dem Bifchof zu gute Famen. Diefe Kirche befaß
196 8. Bapitel,
juriftifche Perfönlichkeit, aber nach der finnlichen Auffaffung des Mittel
alters har man an Stelle der jurijtifcben Abftrakrion eine Iebendige
Perfönlichkeit gefent, den Rirchenbeiligen oder Patron ber Kirche”).
Scyon im Alterrum nannte das Volk die Bortheit ale Zigeneimerin des
Tempelgures. Ya derfelben Anfchanung gale der Seilige, dem die
Rirche geweiht war, als der Kigenrimer. Jbm that man eine Wohlthat,
wenn man die Rirdye befbenkte, ihm beleidigte man, wenn man die
Rirche beraubte, Diefer Seilige war eine lebendige Wacht, welche
Wunder verrichtere, belohnte oder beftrafte, je mach den Werten der
Wienfeben.
Die Rarbedraltircye von Worme war urfprünglich den Apoftelfüicften
Peter und Paul geweiht”). Als dann Bifchof Burchard die S. Pauls-
kirche gründete, bieß die Domtirche fortan S. Petersficche. BZweifellos
ggiftierte fon in römifcher Zeit eine Kirche in Worms, aber fie ik
fpurlos untergegangen. 872 fehlug der Din in den alten Dom und
zündere, fo daß faft die Wauern einfthezeen”“). Aus jener Zeit vernehmen
wir öfters von folcyen Rirchenbränden. Denn die flachgedeckten Baftliten
mir ihrem maffenbaftigen sol: und Sparrenwert waren eine leichte Beure
des Feuers. Die Säulen zerbarften in der Glut, und die von ihnen
getragenen Wauern fthrzeen zufammen.
Die der Wormfer Rirdye von den fräntifchen Rönigen erteilen
Immunicktsprivilegien find, wie gefage, fämrlich gefälfche, doc) liegen
diefen Säufhyungen ecyre Urkunden zu Brunde. pn der mmunicdrs-
urkunde des Rönige Dagobert I. vom 21. September 627°) ift die
Immunitätsformel durchaus Eorreft und einer echten Urkunde entnommen,
während alles andere erfunden ift, und zwar in febr leichtfertiger Weife
erfunden. $Ebenfo verhält es fi) mit dem Diplome Pippins””). Aud)
diefer Sälfcyung lag ein echtes Privileg zu Brunde, während die Stellen
über die Verleihung des Zolles und die Ausfcbliefung der gräflicen
Gericyrebarkeit interpoliere find. Zudem it diefes Diplom in’ fehr
verderbrem Zuftande überliefert. Marl der Brofe bat der Wormfer
Riccye die Immuniehe beftscige, und zwar wahrfeheinlich in einer
Urkunde, die in dem Zeitraum von 774 und 775 ausgeftellt wurde”).
Die jene vom Juli 798 darierte vorbandene Urkunde if (tar interpoliert.
Als Tharfache darf man ihr die Lroriz enmehmen, daß auch König
Ehilpericy II. der Wormfer Rirchye das Tmmunirdesprivileg Dagoberte
erneuert hatte. Dagegen ift das Privileg Ludwigs des Srommen vom
Was Reich Maris des Broßen: B. Die Acc. 197
3. September 814 Aachen durchaus echt”). Danach legte Bifcbof
Bernbar dem Kaifer die Jmmunieärebriefe der früheren Könige vor, und
der Raifer erneuerte auf feine Bitre die Tmmunitsteverleibung; zugleich
befreite er die Sinrerfaffen der Wormfer Rirche von der Verpflichtung
zur saeerfaher, außer wenn der Bifchof felbft zu Selde zu sieben babe.
Zudwwig der Seomme war befanntlic Bein Wiehrer des Reichen, vielmehr
gab er die Rechte des Staates zu Bunften der Rirche leichefinnig preis.
Am felben Tage verlieh er der Rirche von Worms, die immer unter
Rönigefchuz geftanden hatte, das Recht, nach Birchlider Sarung den
Bifäyof aus dem eigenen Rierus zu wählen, fo lange fih unter ihm
eine geeignere Perfon finde”),
Der Befig der Wormfer Kirche it in Barolingifcher Zeit nicht
groß gewefen, denn es Bann feine Rede davon fein, daß Bönig Dagobert
ihr im Tahre 627 den Lobdengau gefchentt habe. Sie hat jene ver-
meintlichen Schenkungen des Lobdengaues und von Wimpfen, von denen
in den gefälfehten Diplomen die Rede ift, erft viel fpäter, und zwar auf“
unrebliche Weife, erworben. Auch in Worms felbft befaßp der Bifchof
teineswege den gefamten Grund und Boden, fondern der Rönig, fowie
die Blöfter Lorfch, Zulda und Yleubaufen und einzelne Sreie teilten fich
mit ihm in den Defin, i
Man bat nun behauptet, daß die Immunität von dem zerfkreut
liegenden Rirchengut allmählich Üiber den dazwifchen liegenden Befin anderer
$Eigenttimer ausgedehnt worden fei, und in dem alfo abgerundeten Bezirk
babe der Kirche, als dem Grundberen, die Berichrebarkeit sugeftanden.
Demgemäß fei_ das Stadtgebiet ein eremter Beridytebesirf geworden, und
auf diefem Brunde fei dann die Gtadrfreibeit ermachfen”). Allein
durd) die Quellen Bann diefe Deduttion nicht bewiefen werden. Selbft
vorausgefent, daß die zwei Urkunden Ludwigs des Deuefchen vom
Jahre 856”), auf die man fich fügt, echt wären, fo fagen fie doch
nicht das, was man aus ihnen berausgelefen bat, fondern in der erften
Urkunde handelt es fi um Schenkung fistalifcyer Linkmfte und in
der zweiten um die Öffentlicher Berecyrfame im Lobdengau und im
Odenwald.
Der Umfang des immunen Gebietes in Worms ift uns genau
befannt; er wird vom Dom, dem Bifchofshof und der S. Stephanstirche
umgrenze und fehliefie den Durch Diefe Bebdube umrahmten Plan
ein. Bis zur franzöfifchen Revolution war diefes gefreite Gebiet, das
198 8. Rapirel,
Wundar oder die Seeiheit genannt, ducch Wiarkfteine bezeichnet, die auf
der inneren Seite das bifchöfliche Wappen, auf der Äußeren bas
Mädrifche trugen”).
Die Rönige fäyentten den Rirchen nicht nur Land und Leute, fondern
auch Regalrechte, ohne zu bedenten, Daß fie dadurch ihre eigene Wacht
fehwächten und ohne Ahnung davon, daß diefe Sreigebigfeit in Ver-
Außerung ftaatlicher Nechte die Aufiöfung des Staates herbeiführen
mußre. Am II. September 829 beftätigten zu Worms Lubroig der
Sromme und Lothar I. auf Bitte des Bifchofs Solawic der Wormfer
Rircye den von Karl und Pippin gefcbentten Zoll von den nach Worms
tommenden Kaufleuten, Jandwerkern und Sriefen®). Schon die
Srantentönige Dagobert, Gigebert und Cbilperich follen diefen Zoll
gefehenkt haben, wwao den damaligen Verhälmiffen nicht entfpricht. Zudem
enhäte diefe Urkunde eine interpoliere Stelle, fo daß man ihr nur
‚geringen Wert beilegen darf. YFicht minder eine freche Zälfähung ift
die Urkunde Ludwigs des Deurfeben vom 20. Tanmır 856%), Tauc
welcher der König auf Bitte des Bifchofs Samuel der Wormfer Rirche
die ganze Münze und das Rönigemaf, genannt Stuofehorn, gefcbentt
haben foll; er beftäcige ihr von neuem alle Zölle, die an den Fiskus zu
zahlenden Bufen und Siefalabgaben in und aufer der Stadt, die fortan
dem Vogt der Kirche gleich einem Föniglichen Beamten in vollem, gefen-
lichen Berrage zu entrichten feien. Diefe angebliche Urkunde it formell
und inhaltlich unzuläfiig. % Tan feheine es auch fpäter nidhe mehr gewagt
zu haben, fie der Eöniglichen Kanzlei vorzulegen. Krft Raifer Arnulf
febentte in freigebigfter Weife der Kirche von Worms Güter und Regal:
sechte. Wir wiffen ja, daß er fi öfter in Worms aufgehalten bat,
wobei Bifcpof Thietelah die Gelegenheit benugt bat, fih vom Rönig
Gnadenbeweife geben zu laffen. Am 8. Juni 897 fehenkte der Kaifer
Arnulf der Wormfer Rieche 27 Aufen in (Wie) Oppenheim, “orchbeim.
und Weinsheim, forwie die liter, welche er dem der Wormfer Kirche an
‚gebörigen Rleriker Willolf gegeben batte, die in den Warken (WVies:) Oppen-
beim und &orchheim gelegen finb”*). Da diefe gefebenkren Zufen Aönige-
bufen waren und jede Rönigehufe 60 Worgen maß, fo bandelt es fich um ein
ganz anfehnliches Bebier von 1620 Morgen. Am 7. Auguft 897 febenkte er
ihr I2 Sistalinen, die dem Sistus Zugpferde ftellen mußten, mirfamr ihren
Söhnen und ihrem Befinde””). Siebilderen eine boftechrliche Benoffenfchaft,
societas parafridorum. Diefe Einrichtung führe uns wieder in die
Was Heid) Bazla des Großen: B. Die Kirche. 199
zömifche Zeit zur. Damals beftand ein Poftbienft für die Zwecke der
Staats: und namentlich der Wilirkeverwalung”®). Ylur der Baifer,
die Offisiere und höheren Beamten durften die Poft benusen, die Lnter-
thanen dagegen mußten fie unterhalten, und diefe Unterhaltungspflicht
sÄhlte zu den LÄftigften Zürden. Teder, der die Poft zu benunen berechrige
war, durfte von den Unterthanen Pferde fordern (veredi), im YTorfälle
‚aud) Beipferde (paraveredi, woraus unfer deurfches Wort Pferd enıftanden
if). Diefer Poftdienft bat fich auch im fräntifden Weich erhalten.
Alle die, weldye im Dienfte des Könige reiften, batten Anfpruch auf“
Beförderung und Verpflegung. Die Untertanen waren bei Strafe des
Rönigebannes zu diefer Leiftung verpflichtet, und es war Gadye des
Grafen, diefe Bußen einzurreiben. Auch Borendienfte zu Pferde und zu
Suß mußten fie leiften. Die großen Brundbefiger birdeten diefe öffent
lichen Leiftungen ibren „interfaffen auf. Solche Zinterfaffen, die des
Aönige, waren die obengenannten Sisfalinen, die Dur) ihre Derfchentung
an den Bifchof nun diefem die Botendienfte leiften mußten. Außerdem
vergabre Arnulf’ der Ricche noch feche Miinifterialen mit ihren Befigungen;
es waren das offenbar die Verwalter der Eöniglichen Bliter, die nad)
Woftecht Land erhalten hatten.
Am felben Tage lich Baifer Aenulf eine andere Urkunde zu Bunften
des Eyriakftiftes in Yleubaufen ausftellen“”). Der Raifer fchenkte dem
Stift die Befigungen von fünf Wiinifterialen, die in der vorigen Schenkung
am die Wormfer Riccye nicht inbegriffen waren. Die Minifterialen
felbft wurden dem Stifte nicht gefehente, fie gehörten ja der Wormfer
Rirche. Diefe Befigungen lagen innerhalb der Stadt. Drei diefer
Winifterialen, welche ibre Güter Eraft Böniglicher Verleihung auf Lebenszeit
befaßen, follten fie behalten dürfen, und erft ihre Erben wwurben verpflichten,
dem beiligen Cyriatus fhrlidy eine Unze (Silbere) zu besablen. Die
beiden andern aber, welche eine foldye Verglinftigung nicht genoffen, follten
famt ihren Ylacptommen dem Stift zinfen.
Endlic, fegte der Raifer feiner Sreigebigkeit die Arone auf, indem
er am J4. Oktober 898 dem DBifchof Thierelah die Münze, den Zoll,
das Rönigemaß, genannt Stuofchorn, und alle übrigen fiefalifden
Einkünfte und Dienfte in der Stadt fehenkte”), alfo gerade das, was
die gefälfchte Urkunde Ludwigs des Deutfchen antisipiert bat. Ludreig
das Rind und Bonrad 1. beftäcigten diefe Schenkungen in den Jahren
964°") und 918%). Wan darf wohl die Dermurung ausfprechen, dafs
200 8. Bapitel,
diefe fikalifeben Befinungen, von welchen die Urkunde Arnulfs fpricht,
Pertinenzen der föniglichen Pfalz waren. Einen Teil der Errrägniffe
von dem Eöniglichen But in Worms hatte Rarl der Dicke am 2. Degember 882
der Föniglicen Rapelle in Srankfurt am Wiain vergabt®).
Die Bönige versichteren auf die YTunniefung ihrer Befigungen und
fistalifchen rerägniffe in der Pfalz zu Worms; daftır waren fortan
die Bifcyöfe verpflichter, den König und feinen of gaftfreundlich
aufsunebmen und zu verpflegen. Schon lange galten die Bifchöfe als
vornehme und mächtige Seren im Reiche. Durd) die Bunft der Rönige
und die Schenkungen der um ihr ‚Seelenheil beforgten Laien wurden
fie reich, zulene erhielten fie Böniglice Sistalrechte, und damit waren die
Grundlagen für ihre weltliche “Gerrfchaft gegeben.
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9. Bapitel,
Das Reid) Karls des Großen.
C. Die Civitas.
In Ballien bedeuter das Wort Civitas®*“) fowwohl
das Völkerfchaftegebiet, den Bau, als auch) den
Vorort des Baues und endlich die Diözefe,
welche mit dem Bau zufammenfiel. Auf
deutfehem Boden ift dies nicht der Sall, ein
Gau Eannı bier mehreren Dißzefen angehören,
wie 3.8. der Wormfer Bau, und eine Dissefe
kann in mebreren Bauen liegen, woie wiederum.
die Wormfer Diözefe. Die Civitas ift bier
nicht ideneifcy mit der Didzefe und Ientere
beißt niemals Civitas, fondern Dioecesis
ober Parrochia®®). Zjn der Barolingifchen Zeit
begeichner der Ausdruck Civitas auf deutfehem Boden enrweber bIos die
ummauerte Stadt oder auc) die Stadrmark. Die Stadt hat im fräntifchen
Weich Teine Sffentlid rechtliche Stellung, fie ift lediglich eine Priv
genoffenfihaft und zwar eine Wirtfcbaftegemeinfchaft, genau wie die
Landgemeinde”). Wie die Landgemeinde, befigt auch die Stadtgemeinde
eine gemeine Mark, die Almende””). Der überbaute Gtadrteil bildere
mur einen verfehwindenden Teil des gefamten Stadrgebieres. Innerhalb
der Stabrmauern gab es Aecker, Wiefen und Weinberge®) und ringe um
die Stade dehnen fi) Aecker, Wiefen und Weingärten oder audy sde
Gründe. Die Mark ift ein feftbeftimmter gefchloffener Bezirk, welcher
der fiädrifchen Wiartgenoffenfchaft gehörte. ür Worms ift das
Vorbandenfein der Mark fehon für das 8. Jahrhundert bezeugt”), und
15. Bee, Die Au ver ehentfäen She. 1 Po
208 9. Bapiiel,
wir fennen audy die Brenzen der Bemarkung, denn im Mittelalter find
foldye Verhätniffe außerordenrlich ftabil. Zn der Urkunde Sriedriche I.
vom Jahre I56) werden die Brenzen des Seiedkreifes von Worms,
der mit der Wlark zufammenfällt, befhrieben wie folge: fie erftrecden fich
bis zu den Äußerften Grenzen der Weinberge und bis zu den Bärten
!WMecelins und zu den Grenzen der Bürgerweide und zu der Pfrimm, bis
wo fie in den Ahein fließt. In der Thar bildere der Zinlauf der
Pfrimm in den Abein bis zur franzöfifchen Revolution die Brenze des
fouveränen Stadtgebieres®"), Ylody jene fleben einzelne Bemarkungsfteine
aus dem 16. Jahrhundert, und mir yilfe der Slurfarten aus dem vorigen
Jahrhundert und der Pörtelbücher Ir fich der Umfang der Gemarkung
genau feftftellen.
Veftero lieft man in den Urkunden den Ausbruc® Suburbium, der
bald einen engeren, bald einen weiteren Sinn bat; im erfteren Sall handele
es fi um %nfiedelungen vor den Wiauern der Stadt, au denen dann
die Vorftädte erwuchfen, im Ienteren Sal bedeurer Suburbium die
Umgegend der Stadr.
Die römifchen Städte waren ummauert, und reiche Bürger fenten
es fich zur bre, einzelne Thore auf ihre Roften zu erbauen (f. oben).
Diefe Wauern Lonnten freilich fähließlich nicht die Einwohner vor den
Barbaren retten. Sie zerfielen, die Thore wurden niedergeriffen und bie
‚Steine fonft verwendet, es fei denn, daß der folide Bau aller Zerftörungetuft
gefporter hätte, voie die aus gewaltigen Buadern Eonftruierte Porta Nigra
in Trier. Sobald wieder geordnerere Verbälmiffe bergeftellt waren,
begann man die Stadtmauern in Stand zu fegen mir Benugung der
vömifeben Ueberrefte®‘); in Worms find folche auf der Weftfeite fichtbar.
In der Urkunde Arnulfo vom Jahre 897°%) ift von der Wormfer Grabt-
mauer die Rede. Die römifde Stadt hatte einen weit größeren Umfang als
die mittelalterliche. infolge von Seuchen, “ungerensten und Kriegen
muß die fhädrifce Bevölkerung jtart zufammengefähmolzen fein. TOobl
liefen fich auch Sranten in der Stadt nieder, aber jedenfalls nur in
Bleiner Anzahl, da die Deurfchen lieber auf dem Lande lebten als in der
Stadt. Die ganzen Verbälniffe waren in fränkifcher Zeit dem fkdrifchen
Yefen und feiner Enneictung böcft unglnftig. Erfahrungsgemäß
Kann eine Stadt ohne dauernden Zufluß vom Lande nicht eriftieren").
Yhun war bei ber Landaufteilung nach der Eroberung der Abeinlande
durch die Franken der Minzelne (6 reichlich bedacht worden, daß die
Tas Neid) Rarlo des Großen: C. Die Civitas. 205
Sufunft einer Familie auf lange Zeit gefichere und eine Llorwendigkeit,
fi in der Stadt durd) „anderbeit eine Eriftenz zu genden, bis zu
Rarls des Großen Zeit felten vorlag. Die ftädrifche Bevölkerung nahm
daher wenig an Zahl zu, der alte Wauerring war demgemäß viel zu groß;
man ücte näher zufammen. Den Kern und Wittelpunt der Stadt
bildeten der Dom und die Eönigliche Pfalz, die infolge der Schenkung
der Sisfalgliter fortan dem Bifdyof zur Refidenz diente.
Außerhalb der Stadt lagen die Rlöfter. Das lebhafte Befühl der
Simöhaftigkeit trieb die Wienfehen in die Mlöfter. Gallien war das
gelobte Land der Wlönche und Ylonnen, bier wirkte namentlich das
‚Vorbild des heiligen }larrin von Tours nach, dem zu Ehren man in Scank-
veich fowwohl wie am Abeine taufende von Kirchen weihre”“). Wan
Eonnte fih) in Stiftung von Ridftern und ihrer Befchenkung nicht genug
tbun. Geringer war in Auftrafien der Lifer. $Erft im 8. und 9. Jabr«
bundert entftand im iainzer Sprengel eine Anzahl löfter. Im
Bistum Speier wurde unter anderem das berühmte Mlofter S. Peter
und Paul in Weißenburg fehon im 7. Tabrbundert geftifter. sier
dichrere zur Zeit König Ludwwige des Deurfchen Brfried, ein Zögling
der Suldaer Schule, feine Bvangelien in oberfräntifcher Sprache. Er
ift ein Mönch, aber audy ein Patriot, ftols auf den Ruhm der Sranten.
Am geringften war der Drang zum lofterleben im Bistum Worms.
Die Sciftung des S. Cyriatustlofters in Yleubaufen fälle erft in die
Zeit Ludwigs des Srommen. Schon früh beftand zwifchen den Rlöftern
und den Bifcysfen ein eiferflichtiger Begenfag. Lentere beanfpruchten
ein Vifitationsrecht über die Rlöfter, und diefe fuchten fic) der bifchöflichen
Autoriede zu entziehen. Daher ging man einander gerne aus dem Wege,
und die Riöfter fiedeleen fich am liebften außerhalb der Städte in
einfamer, weltverborgener Gegend an. indes die Srauenklöfter zogen
es vor, in einer Vorftabt unter dem Schune der Stadtmauer fich an-
zubauen. YTach einer niche ficher verblirgeen Tradition foll Baifer
Audroig der Fromme das Srauenklofter YTonnenmlinfter geftifter haben’).
Diefe Stiftung mag noch in das 9. Jahrhunderr zurückgeben, Bebeucung
erhielt das Rlofter erft durch Bifchof Burchard.
Die Stadt bildere nur einen einzigen Pfärrbezick, und es gab nur
eine Pfarrkirche, den Dom &. Peter und Paul,
ine Stadt ohne einen Markt it ganz undenkbar. Die Städte
find ja die Wirrelpunkte des Verkehre. saier firdme Das Landvolk
206 9. Bapiel.
sufammmen, um feine Zandeoprodubte gegen die Produkte des fiddrifihen
Geiwerbes und des Wiarktes auszutaufdben. Wir Recht hat man daher
den Wärkten eine große Bedeutung für die Entwicelung der Seädre
sugefehrieben. Aber man ging zu weit, wenn man von den Yidrkren
die Enefiebung der Städte ableitere®”).
£s bat in alten und neuen Zeiten Wlärkre gegeben, ohne daß aus
ibnen eine Stadt erwachfen wire. ch erinnere an die Jahrmärkte und
Weffen, die am Jahrestage eines Rirchenbeiligen abgehalten wurben und
noch werden. Schon die römifchen Poffefforen haben auf ihren Bütern
Mirkre abhalten lafjen’") und dadurch dem ftädeifchen YTarkt merklichen
Abbruch getban?”). Die Rirchen harten ein großes Tntereffe an diefen
Wirken, und darum bemühren fie fid) eiftig, von den Aönigen Privilegien
zur Errichtung von Wiärkten zu erlangen“). Denn die Verleihung des
Warkreedyres war Phnigliches Recht. Es gewährte einen höheren Scieden
während der Warktzeit und die ZErlaubnis zur “andhabung des Zoll:
banneechres. In Sachen deo Warknwefens übte der Graf die Öffeneliche
Gewalt aus, «0 fei denn, daß der Markt auf mmunicstogebier ab-
gebalten wurde. Buweilen wird ein befonberer Wiarkteichter, Judex fori,
genannt, der wohl ein Unterbeamter des Brafin oder des Tmmunitdes:
beren war. Von den Waren wurden Abgaben erhoben und, wie in
römifcher Zeit, ein Standgeld für die Verkaufspläge. Solange der
Markt dauerte, fand auf demfelben ein Rreus, das Symbol des Markt:
friedens”). In den Pfalzorten war natlırlich der Rönig der Warktberr.
Aber von dem Momente an, woo der Bifchof die fiskalifchen Einkhnfte
vom Bönig gefehentt bekommen harte, erhielt er auch das Warktrecht.
Die Stadr als foldye hat mir dem Markte nichts zu thun; diefer diente
in erfter Linie der Zrderung der fiskalifchen Intereffen des Bifdhofe”).
Selbftverftändlich genoffen audy die Bürger die Vorteile des Marktes.
Der Wartt lag in der Regel in der Ylähe der Domticche”), in
Worms unterhalb des Ofichores. Am Oftchor ift das Yormalmapı für
die Elle angebracht, damit die Waftäbe der Verkäufer gemeffen und
tontrolliert werden Eonnten. Zuerft gab es mir Tahrmärkte, dann auch)
Wochenmärkte, und zulegt wurde die Stade ftändiger täglicher Wiark.
Ueber die topographifcdyen Verbältniffe der Städte zur Barolingifchen
Zeit wiffen wir nur wenig. Die Straßenzüge ind in Worms diefelben
wie in römifcher Zeit, nur war die Zahl der Kdufer viel geringer. Der
größte Teil des ehemals mit Zdufern überbauten Bodens diente nun zu
Was Heid) Barlo des Großen: C. Wie Civitas, 207
lanbwwirtfehaftlichen Zwecken; denn die Landreirtfchaft war damals und
auf lange Zeit bin die “aupebefchäftigung und Jaupmabrung auch der
Scädrer. Darum glichen in den mirtelalterlichen Städten die meijten
Aufer ländlichen “fen mit Scheunen und Ställen, die einen großen
Sof umfehloffen.
Straßen: und Zäufernamen find uns fr Worms aus diefer Zeir
nicht überliefert. Bewöhnlicd) wird die Lage der Brundftüche durch
Ylennung der Befiger der benachbarten Brundftücte begeichner. fo
waren damals die Slurnamen noch nicht gebräuchlich.
Die Sadtgemarkung erfiredte fich bis an den Rhein. Das tief:
gelegene Ufergelände war fumpfig und von häufigen Ueberfchwemmungen
des Rheins heimgefücht. Das Land blieb daher völlig unbebaut, und erft
mach und nady wurde es zum Teil in Wiefen umgewandelt. Yoahr-
fheinlicy führte von der Stadt zum Ahbein ein erhöhter Damm. Der
Dertehr über den Abein wurde durch eine Sähre vermittelt, und vom
Kofengarten lief eine fon in eSmifiher Zeit gebaute Straße über Lorfch
nach Ladenburg, dem alten Lopodunum, und eidelberg. Zum Schug
gegen Wind und Wilbwvaffer war am linken Ufer des Aheins ein <afen
gebaut worden. Am 18. Wikrz 858 verlieh Rönig Ludiwig der Deurfche
dem Miofter Lorfch auf Bitte des Abres Ligilbert und der Wöndye
Solffeeiheit für ein Schiff auf dem Ahein und beim Anlaufen des
Gafene von Worme*).
Die Kinwohner. Bebannrermaßen bar R. W. Llinfch”) die Ent
febung der Stadtverfaffung aus dem Loftechr abgeleitet, indem er
annahm, daß die Einwohner der Städte Unfreie gewefen fein, während
Arnold“) und Zeufler”) den Urfprung der Stadtverfaffung in der altı
eingefeffenen feeien Gemeinde fahen. Arnold ftlst feine dyporbefe auf
den in den Urkunden vortommenden Ausdruck Civitas public, Tin
diefen Civitates publicae fei der Rönig der alleinige Stabtherr gewefen;
die Ausdrüiche Civitas publica oder actum civitate publica bezeichnen das
Dingen auf freiem Boden vor einer freien Berichtegemeinde, deuten auf”
eine freie Berichtegemeinde bin. Diefe Dedukrion it jedoch zurlch-
Anveifen“). m ganzen fräntifden Reich gab es Überhaupt mur zwei
Städte, bie in Rönigsurkunden civitas publica genannt werden: Poitiere
und Yorms. Beide waren zugleich Bönigliche Pfalsftädte, während alle
anderen Pfalzen entwoeder in Raftellen oder in Dörfern lagen oder, wie zum
Beifpiel Tribur, befeftigte inzelgehöfte waren. Civitas publica bedeuter
208 9. Bapirl,
nichts anderes als die Pfalsftadt, und diefer Ausdruck beweift gar nichte
für das Vorkommen einer fein Gemeinde. Aber ebenfo wenig die
‚ormel Actum civitate public. Damit ift blos gefagt, daß vor einem
öffentlichen Bericht eine Rechtefache verhandelt worden war; die freien
Leute, die an diefer Rechteverhandlung teilnahmen, Bönnen ganz wo
anders wohnhaft gerwefen fein, als am betreffenden Gerichtsort. Aber in
der That bat cs in den Städten am Ahein Sreie gegeben. Zn den
Jmmunitktsurfunden werden zuweilen die Ingenui, Sreie, genannt; nun
brauchen diefe Freien allerdings nicht gerade in der Stadt geroohnt zu
haben, indes durch die Trabitioneurfunden wird die riftenz von freien
Leuten in der Stade ganz ficher bezeugt. Wir erfahren aus diefen
Urkunden, daß freier Grundbefig in der Stadt lag und daß freie
Leute ihren Belin an Rlöfter übertrugen. YIamenelich für Wains find die
Belege sableeich, doch auch für Worms fehlen fie nicht. So zum Beifpiel
febenkte TTI die Witwe Bloa dem S. Yosariustiofter in Lorfe
einen Mansus, d. b. ein »ofgut, in der Stadt der Vangionen, die
Worms genannt wird, und im gleichen Jahr vergabt fie noch einmal
einen Mansus, der in der Stadt gelegen ift. Am I7. September 771
fbentt vor der Geridhtsgemeinde in. Pfeddersbeim iledigernus dem
Miofter Lorfdy einen Mansus in der Stabr Worms famt Jaus und
Stall und in der YWsrmfer Gemarkung Aderland. Die Lage diefer
Grundftücße wird genau bezeichnet ıc.). Ziweifelloe wohnten die
Schenker diefer Brundftücke in der Stadt, denn in der Aegel befaß
der einfache Sreie nur an feinem Wobnfig Grund und Boden. fEbenfo
ann für andere Städte und Maftelle die FEpiftenz von Sreien nadhgewiefen
werden®®). YOobl find in Farolingifeher Zei viele Sreie durd) die Ungunft
der Verhältniffe gezwungen worden, ihre Sreiheit aufzugeben, um ihre
materielle Epiften; zu retten, aber noch immer bildeten die Freien die
Wehrzahl der Bevölkerung. Diefe Sreien waren wie auf dem Lande, fo
aud) in der Stadt genoffenfehaftlicy organifierr. Sie bilden Mark
genoffenfäjaften. Diefe Warkgenoffenfdyaft ftellte den Wircfdyaftsplan
auf, an deren Befchlüffe der einzelne in Bezug auf die Zeit und die
Arc der Geldbeftellung und der Brnte gebunden war. Gie regelte die
Amendbenugung umd fie gab die Erlaubnie sur Anteilnahme an dem
Benunungsrechte der Almend, wenn neue Bürger in die Benoffenfhyaft
aufgenommen wurden. Die fteien Bürger diefer MWarkgenoffenfchaft
hießen “eimgereiden®"), und ihren Wohnort, die Stabt, bießen fie den
Das Heid) Marla des Drofen: C. Die Civitas. 209
Seimgarten”®). Diefe freien Benoffenfcjaften der Seimgereiden hatten
richterlice und polizeiliche Rompetenz in Sälen, weldye die Benoffen-
f&baft angingen, alfo vor allen Dingen baten fie über Seldfrevel zu
richten, Über Verlegungen der wirtfehaftlichen Ordnung, Mißbrauch der
Almend 1c.%). Thre Beamten find die Zeimburgen (fiehe unten). Lange
bevor die Srabtverfaffung fich ausbildere, gab cs alfo eine freie Gemeinde,
die jedoch wie die Dorfgemeinde außerhalb des ftaatlichen Organismus
fand. Die Aufgabe des Staates im Wirtelalter war in erfier Linie,
den Seieden im Tnnern und nach aufen zu wahren; um die wirtfchaft:
lichen Verhälmiffe beffimmerte er id wenig, das war Sadye der Be
‚meinden und anderer Rorporationen. Gerade weil der Staat feinen Thärig:
teitetreis fo fehr befchräntte, gewann das Rorporations: oder Kinungs:
wefen im Mittelalter eine (0 große, fat fehrankenlofe Bedeurung‘*‘).
Außer den $reien befaß der König in der Stadt Brund und Boden,
die Pfalz und ihre Pertinengen, die in den Befiz des Bifchofs Übergingen.
Der größte Brundbefiger wwar geroiß der Bifchef, besiehungeweife die
Rirche, doch) befinen wir Beine pofleiven Angaben, da die Bifchofskicchen
am Abein feine Gürerverzeichniffe anlegten, wie die Kiöfter Weißenburg,
Lorfcy, Fulda ıc. Die Rlöfter S. Cyriat, Lorfch, Fulda, Weißenburg ıc.
befaßen ebenfalls Brundftücke in der Stadrgemarkung, Lorfeb allein
I7X Morgen Aderfeld ale Salland und viele Wiefen.
Geld hatte damals wenig Bedeurung, nur der Befln von Grund
und Boden verlich dem Inhaber eine fosiale Stellung, Macht und
Einfluß. Srei im wahren Sinne des Wortes Ponnte nur der fein,
welcher Brundbefiz hatte. Der Landlofe Eonnte feine Sreiheit nicht be:
wahren. Solche ergaben ic meift einem großen Brundberen zu eigen, in
dem fie ihre Sreibeit gegen ein Eleines Bauerngur eintaufthten, oder aber fie
sogen in die Städte, um hier als Yandwerter ihre Rraft zu verwerten.
Wie woir gefeben haben, erhielt fid) die Weralltechnik bis in die Farolingifche
Zeit auf ihrer Göbe; auch Steinhauer, Maurer ıc;bewabrten noch die
alten Traditionen). YOohl füchte die damalige fehr vereinfachte Wirt
Schaft womöglich alles im saufe felbft zu erzeugen, allein die Produkte,
die eine gelernte Technik erforderten, wurden auch jegt von gefchulten
andiwerern bergeftelle, die zum Teil freier Zerfunft waren’). Ihr
Streben ging dahin, fo viel zu erwerben, daß le ein Stück Land Taufen
tonnten, um ein Bleines /aus darauf zu bauen und ein Sthch Aeker zu
bewirefhjaften, denn aud) für den Jandiwerfer war die Landreirefcheft
4. Beon Die Rutvae vr titan Be ”
210 2. Rapiie.
die vornehmfie Duelle der Ylabrung. Das if noch beute in Bleinen
Städten der Salt, wo die Sandwerker ihre Zeit zeifcben der Befhiftigung
mit ihrem Gewerbe und der Landroierfchaft (und fagen wir leider dem
Wirrsbausbocken) reifen. Gefibictte Zandwerker baufierten mit ihrer
Runft (Steinmegen und Wiaurer zogen dabin, wo gebaut wurde) und
bandelten felbft mir ihren Waren auf den Märkten. Einen eigentlichen
Baufimanneftand gab es Damals noch nicht. Bezeichnend hierfür ift das
eurfebe Wort Raufinann, das vom Verbum Faufen abzuleiten it, alfo ber
deutet Kaufmann einen, der Baufe”). Tin der Ihar werden in mitrelalterlichen
Urkunden oft genug die Binkäufer (Ronfmenten) Kaufleute genannt.
In der fehon erwähnten Urkunde Ludwigs des Srommen und Lothars
vom Jahre 829°), deren inhalt von Btro 1. und Drro II. beftsrige
wurde”), it von Raufleuten, Zandwerfern und riefen (negotiatores
vel artifices seu et Frisiones) die Rede; alle drei Ausdrüche werden
frnonym gebraucht. In Sriesland batte fich die Tuchinduftrie fehon früh
entwickelt. Die friefifchen Weber verfrachteren ihre Waren felbft, führten
fle den Abein binauf und nahmen zum Taufeh für ibre verfauften Tücher
Wein mir nad “aus.
In dem von Krmoldus Yligellus auf Rönig Pippin gedichteren
Lobgefang beißt es:
„Werlih, eo frommte der Rat: an Sriefen und Männer am Merre
Wein zu verfaufen und dann Beffereo zu Faufen daflc,
Bleider befdheer ich den Männern, gefärbt mit verfchiedenen Sarben,
Weldre du, Waogau, wohl nie hättef? mit Augen gefehen“%).
In Mainz und Worms wohnten fie in eigenen Duartieren.
Zu den Seien gehörte fehließlich der Alerus, doc) war diefer in
tarolingifcher Zeit noch wenig zahlreich.
Die Unfreien zerfielen in mannigfade Abftufungen. Am böchten
fanden die Unfreien des Könige, Siecalini genanne”). Diefe wurden
von Raifer Aenulf der Rirche von Worms und dem Stift in Yleubaufen
gefebentt. Die Kirche befaß außerdem eine große Anzahl von Unfreien,
die das Land der Rirche bebauten. Im Jahre 862 raufhpte der Bifchof
Kolewic von Worms mir Dagulf Sörige aus und diefer Taufch wurde
durch Ludwig den Srommen und Lothar I. genehmigt”). Der Wormfer
Riccye gebörten in und außer der Stadt grofe Sronböfe mit vielen
Unfreien. ir die Organifation diefer Wirefehaft wurde auf lange
Zeit die Verordnung Barls des Broßen Über die Eöniglicyen Landgüırer
Das Neid) Rarls des Großen: C. ie Civitas. 21
maßgebend, deren Vorbild die Verwaltungsorganifarion der römifchen
Großgrundwirtfehaft war”).
Den Mittelpunkt der Butswirtfehaft bilder der Salbof, der durch
Iyörige bebaut wird, welche in den Hofgeb&uben Wohnung und Unterhalt
empfangen und teils in der Landwirrfehaft befhäftige, teils in der
bandwerklichen Verwertung der von ihr erzielten Produkte oder auch zu
perfönlichen Dienftteiftungen herangezogen werden. Das Salland liege
im Gemenge mit den Köfen oder Schuppoffen grundhöriger Bauern,
von denen jeder felbjtändig feinen 5of bebaut, zugleich audy mit dem
Salland Benunungsrecht an der Almend bat (Wunne und WVeid). Teder
grundhörige Bauer war überdies zu gewiffen bejtimmt bemeffenen Dienften
und Ylatwalzinfen an den Galhof verpflichtet, alfo zum Pflligen,
Mäben, Ernten ıc. oder zu Arbeiten in den Werkftitten des Bureo; die
Weiber wurden ine Scauenhaus (genicia aus rmamie) gefördert, um
dort eine beftimmte Zeit zu fpinnen, weben, näben, baden ıc. Teber
Bauernhof ift umzdunt, und ebenfo it das bebaute Land von der Almend
durch Zäune abgefbloffen. Diefe Umgsumungen in ftand zu balten,
it wiederum Pfliche der börigen Bauern. Sie müffen ferner Wacht:
dienfte leiften, Borengänge und Sradhefübren übernehmen ıc. Die an
den Zetrenbof zu Teiftenden KTaruralzinfen befiehen in Berreide aller Art,
Wein, Wolle, Sladhe, Zonig, Wachs, Bro: und Rleinvieh, “lbnern
und Rapaunen, Enten und Bänfen; enblid) muß er im Wiarkwald Solz
fällen und diefes zu Bau- und Brennholz, Weinbergepfählen, Schindeln,
Rienfpänen zur Beleucyrung, Saftauben, Reifen ıc. verarbeiten; ferner
find an den Salhof die ZBrzeugniffe des gewerblichen <ausfleifes
abguliefern: Tücher, Schuhe, Tonnen, Teller, Schhffeln, Becher, land-
und hauswirtfchaftliche Geräte :c., Bier, Brotsc. Auch if muf der börige
Bauer auf das Geld des sherrenhofes führen, deffen Dich überwintern,
Gäfte des "eren bewirten xc. Der Serr nahm fich dagegen feiner börigen
Beute in Ylotfällen und fehweren Tagen an, lieferte ihnen in Zeiten der
Wipernte die Saar ıc., unterftügte die Wirefehaft feiner Bauern durch
das “alten von Safelvieh, durch erftellung von ühlen, Bacröfen für
den gemeinen Gebrauch, Teiftere ihnen Schug gegen Angriffe und vertrat
fie vor Gerichte. Alle hörigen eines Gutes werden unter dem Ausdruck
Samilie zufammengefaßt, und fie alle bilden eine Wirtfchaftsgemeinde. Am
zahlreichften war naturgemäß die Samilie des Bifchofs, aber aud) jedes
Riofter foroie die reicheren Sreien hatten ihre Samitien. Es gab alfo
212 9. Bapitel.
in der Stadt eine Anzahl von wirefehaftlichen Genoffenfehaften neben
einander, die in Eeiner Beziehung zu einander fanden: einmal die
freie Stadtgemeinde oder die Zeimgereiden, dann die Benoffenfchaften
des Bifcyofe und der Klöfter, fowoie einzelner freier Butebefiger. Sür
die verfaffungsgefchichtliche Entwictelung der Stadt Lommt einzig und
allein die fteie Gemeinde in Berradyt. Diefe freie Gemeinde bildete in
der Barolingifhyen Zeit noch Beinen eremten Berichtebezirk, fondern der
Graf hielt bier, aber aud) an anderen ren”), Bericht. Vor den
‚Landgemeinden bat die Stadt immerhin den Vorzug, daß fie zugleich eine
Burg ift und als folche einen höheren Srieden genießt. Denn theorerifcy
geböre jede Burg dem Mönig, da der Burgenbau Eönigliches Hegel
war; alles, was aber dem Mönig gehörte, genof einen höheren Srieden””).
Aud) ift die Civitas zugleich Bifchofofig und Enigliche Refidenz (fiehe
oben). An großen Keicyoverfammlungen drängte fid das Volk in den
engen @Baffen. Wenn die Stadt aud) berunrergelommen ift, in folchen
Momenten großer Tage mochte man fi an die alte serzlichkeit
erinnern, und mit Stolz nennen die Barolingifchen %errfcher die Stadt
Worms wieder mit ihrem alten eömifcyen Kamen: Civitas Vangionum®“).
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10. Rapitel.
Die Begründung der bifhöflichen
Herrfchaft.
jart der Brofe batte den Derfüch gemacht,
| fein Volt auf eine höhere Aulrurftufe zu
heben. YOobl fäyien ihm dies anfangs zu
gelingen, aber in der Tiefe fchlummerten
Aräfte, die allmählich übermächtig wurden
und, indem fie offen zu Tage traten, den
| ganzen ftolsen Aufbau der Larolingifchen
Recbrs: und Gefellfcafteordnung unter»
woüblten und umfthirsten. Der große Rönig
hatte wohl die Schäden, die fich feinem
Wirten und Wollen enrgegenfegten, wahr:
genommen; fd groß aber fonft feine Einfiche und feine Znergie war,
bier blieb er obnmächtig. Unaufbaltfem vollzog fich der Proseß der
Zerfegung des Farolingifchen Staates, und das Nefülcar Diefes Prozeffes
war der Seudalftaat des Mittelalters”).
Vlacdy der Sroberung Galliens durch die fränkifdyen Rönige
betrachteten fich Diefe als die derren des Landes, und fie fähenkten Büter
an ihre Berreuen”). Goldye Schenkungen begründeten aber Beineswege
ein unbefähränttes FEigennum, fondern der Schenker bebielt gewiffermapen
ein Obereigentum an dem Befchent, und er Eonnte dasfelbe surhickfördern,
im Salle der Befhyenkte undankbar gegen den Schenker war oder wenn
er Beine Rinder oder gefesmäßige Ylachtommen hatte. Denn jede
Schentung bewirkte nad) altgermanifder Anfcheuung ein Verhältnis
der Dankbarkeit des Befcyenkren gegenüber dem Schenker”). Diefe
218 10. Rapid.
Auffaffung it noch) beure Rindern geläufig. Ylur mit Erlaubnis des
Bönigs Eonnte ein folches gefchenktes But verdufere werden, und die
fräntifcyen Rönige haben die Schenkungen ihrer Vorfahren gelegentlich
beftäcigt. Eine zweite Periode zahlreicher und großartiger Land-
febenkungen erfolgte unter Rarl YWartell. n den fordauernden inneren
Briegen der merowoingifchen Rönige wurde nicht mehr wie früher der
eerbann aufigeboten, fondern die Mönige, die Fausmeier und andere
Große des Keidyes rüfteren ihre eigenen Friegetlichrigen Leute aus. Der
Reiterdienft verdrängte das Sufvolk. Um eine leiftungsfäbige Reiterei zu
febaffen, fab fid) Barl Wiartell gendtige, das Rirchengur anzugreifen, da
das Rrongut erfchöpft war. Er 308 alle Rirchengüter ein und verfchenkte
diefe an feine Anhänger mit der Verpflichtung, fo und fo viele Reiter
su flellen. Gegen diefe Beraubung der Rirche erhoben fich viele Stimmen,
namentlic) fuchte Bonifatius die völlig encarrere gallifdhe Kirche zu
teformieren, denn die willkhrliche Art, wie Rarl Wlactell bei der Befenung
der RirchenÄmter vorgegangen war, batte zur vollftändigen Auflsfung
der Rirchenzuche geführt. Barlmann und Pippin erkannten num
prinzipiell das Figenrum der Ritchen an den ihnen entfembeten Bern
an, aber die Verhäftniffe ließen eine völlige Aücfgabe nicht zu, und bie
tarolingifcen <ausmeier gaben nur das Verfprecyen, daß den Rirchen
das Yrorblirftige zu ihrem Unterhalte zurlictgegeben, von dem übrigen
Rirchengute ihnen aber ein Leihesins bezahlt werden follte. Doc) audy diefes
Verfpredyen Eonnte nicht eingelöft werden. Pippin ließ 750—75I ein
Verzeichnis des Eirchlichen Brundbefiges aufnehmen, und dann machte
er eine Teilung in dem Sinne, daß einzelnen Kirchen ein Teil ihres
entftemdeten Eigentums zurückgegeben, anderen aber, was fie von ihrem
Grundbefig entbehren Bonnten, zu „änden des Staates genommen wurde.
lady dem Barholifdyen Zirchenrechr ift jedoch das Zigenum am
Rircengur unveräuferlich. Deshalb wird der Rirche ihr Kigenrum
an dem verliehenen Rirchengut gewabrt, und der Empfänger erhält nur
ein Beiherecht, Rein igenumsrecht, an dem ihm gefchenkten But.
Diefes Recht des Inhabers von Ricchengütern hieß Beneficum, Wohltbat.
Der Ausdruc® Beneficium wurde dann auch auf Schenkungen aus dem
Rrongur ausgedehnt. Der nhaber eines Beneficums Eonnte dasfelbe
entweder ganz oder teihweife anderen zu Afterleihe geben; denn die ganze
Tnfiturion war ja nur aus milirkcifcyen Rüchfichren erwachfen. Der
Grundherr verlieh Gfirer an Vafallen, damit diefe fi reitermäig
Die Begründung der Kiföflichen Zerrfebft 217
ausrhften Ponnten. Die Leibe eines folhen Butes oder Benefisins
harte die Bedeurung einer Grundrenre anftart einer jährlichen Dar
befoldung. Sie galt daher nur für die Lebenszeit des Empfängers, und
nach feinem Tode fiel das Benefisium wieder an den Verleiber zurück,
der es, wenn cs ihm pafite, an den Sohn des Verjtorbenen verleihen
konnte. Auch wenn der Verleiher farb, wurde das Benefizium ledig, weil
wweifchen dem Verleiber und dem Empfänger ein Verrragsverhälmis
beftand, das durch den Tod des Hinen oder des Anderen auftteboben
wurde. Selbftverjtändlic büfee der Belicbene das Benefisum ein, wenn
er die Treue brach oder die milirkeifcben Pflichten nicbr erfüllte. Aber nicht
nur Brundfttche wurden zu Venefisien ausgerban, fondern auch Kirchen
und Rdfter und fehlichlich foger die ReicheÄmter. Meift waren ja die
Beamten Vafallen des Bönige. Die Beamten, Brafen ıc., wurden wie die
Soldaten nicht mir Geld bezahlt, fondern mir einer Brundtente, das beißt,
fie erhielten als Amtsgehalt ein Amtegur. Diefes Amregur wurde als ein
dem Amtsinhaber verlichenes DBeneftzium angefeben. Seit der zweiten
Hälfte des 9. Tabrhunderes ale das Ame felbft, die Braffchaft, als
ein Eönigliches Benefisium, und der Ausdruc® honor, der Amt bedeurer
batte, wurde nun im Sinne von Denefizinm, Leben, gebraucht. Damit im
ufammenhang machte fidh das Beftreben der Mrblichfeit der Benefizien
bemerfbar. Selten wurden die Benefizien beim Thronfälle eingezogen,
fondern der neue Aönig beließ den Inhabern ihre Denefisien. Saft
immer folgte der Sohn oder der nächft berechtigte Erbe im Benuf des
ebene. n Weftftancien war die Erblichteit der Benefisin fühon feir
dem Ende des 9. Jabrhumderes Rechregewohnbei
Im engften Zufammenbang mit der Entwicelung des Benefizial:
wefens fiehr die Vafallirkt. Bekanntlich beridhter Tacitus von der alt:
germanifeben Sitte, dap die Sürften ein Friegerifihes Gefolge batten.
In meromingifeher Zeit Fomme die Lönigliche Gefolglhaft unter dem
Ausdrud® Antruftionen vor. Aus ihnen nahm der König feine Beamten,
fie beiehnee er mir Land und aus ihnen erwuche ein Stand bevor
rechteter Grundbefizer. Auch andere Sreie Eonnten ein Gefolge baben.
Diefes Gefolge bie Gafindi (unfer Gefinde) oder ‚omines. Aus
folcben Gafindi wurden die ritterlichen +eere gebilder, mit denen
Barl Wareell feine Schlachten flug. Seit dem 8. Tabrbunderr
tomme der Ausbruch Daffi oder Daffalli auf. Vaffus beife urfprüinglic,
ein höherer Bnecht, der im saufe, in der Umgebung des „errn
15 Deo, Die Aue ver ehimifden Ss. “
218 19. Bapitel,
dient. Schon in der teten Zeit der römifchen “erefchaft pflegten
die großen Grundbefiger Privarfolbaten auszurhften, um ihr Gur
gegen die Aäuber und auffländigen Bauern zu fehligen. Galle:
römifche Tnftiture verfpmolsen mit germanifcben. Die Vafallirke it
das Produkt einer foldhen Verfhmelsung. Das Lniglicye Gefolge, die
Antruftionen, war zu vornehm für den Dienft geworden; an ihre Stelle
traten die Vaffalli, die aus der eigentlichen Zausbienerfihaft hervor«
gegangen find. Die Vafallirkt ift ein Schugverhälmis. Der Ser
fnlder den Vafallen Schun, er verreite fie vor Bericht, rädhr ihren
Tod. War der Vafall ein freier Wann, (o hatte er feinen Berichteftand
vor dem Grafen; für den unfreien Vafall haftere der Serr wie für
andere unfreie Leute. Der ’ere mußte fr den Unterhalt der Dafallen
forgen. Anfänglich diente und lebte der Vafall im +aufe deo “ern,
fpäter erhielt er ein Benefisium zum Lebensunterhalt. Sie waren zum
Beiterdienft verpflichtet, und Diefe belebnten und berittenen Vafallen
bildeten den Mern der fränkifchen „eere. Der Vafall it dem dern
Treue fehuldig und fdwodrr ihm einen Treueid. Die Begründung der
Vafallirk beruht auf dem Abfehluß eines Vererage. Der Vafall
ommendierr fich dem Seren, indem er feine gefalteren “ände in die
9änbe des Zeren lege; dann überreicht ihm der Fern eine Babe, und
fehlielih febwört der Vafall dem Herrn Treue. Das Verbilmis war
ein lebenslängliches und unauffimdbares.
Jm Srantenreiche bildere fi eine Ariftofratie aus, deren Machr
auf ihrem Reichum an Grund und Boden berubte. Diefe Broßgrund:
befiger waren zugleich) die böchften Beamten des Staates und der Rirche,
wodurch ihre Wacht verftärkt wurde, und fie führten zahlreiche Vafallen
ins Geld, fei cs für die Sache des Mönige oder für ibre eigenen
Tntereffen.” Ueber feine „interfaffen befaß der Brundberr eine grund-
herrliche Gerichtebarfeit. Diefe Großgrundbefiner bedrohten den freien
Wann in feiner materiellen Zpiftens, der ohnehin fehon durch die
Anforderungen des Staates, der Zeeres: und der Berichtepflicht, bedrückt
wurde. Diefen Bedrlichungen und Anforderungen entzogen fie fich,
indem fie ihr But und ihre Perfon einem Seren, am liebften einer Ricche,
aufgaben und erfteree dann gegen Zinsleiftung zurlcferbielten. Dadurch
erlangten fie den Schu des “ern und wurden der Öffentlichen Pflichten
enthoben; wenig befümmerte es fie, daß fie ihre Vollfteiheit verloren;
das tägliche Bror war ihnen lieber. Sür den Staat bedeutete jebod) jeder
Die Begründung der bifepsflilten Seerfihaft. 219
Uebertritt eines Seien in den Schug eines Grundherrn einen Verluft,
denn er verlor mehr und mehr die unmittelbare Verfügung über die
Voltstraft, die Unterehanen, und an Stelle der Unterchanenfchaft tar
die Vafalliekt. Die Großgrundbefiger oder, wie man fie jene gewöhnlich
nannte: Seniores, die oft zugleihh Beamte waren oder wir die Bifcöfe
önigliche Regalrechte befaßen, nahmen narhrlic zuerft ihren eigenen
Vorteil wahr; fie wurden groß und mächtig, während der Staat fpwach
und fehreächer wurde.
Die Iezten Eranken Earolingifchen Rönige Bonnten die Pnigliche
Gewalt nicht mehr in ihrem vollen Umfang aushben und auch nicht
auf die Unterftügung und Treue der Großen des Reiches redynen. Rarl
der Brofe hatte feiner Eöniglichen Pflicht das weitefte, ibealjte Ziel gefent:
Pflege der Rufcur. Seine Ylachfolger vermochren nicht einmal den
‚Seieden im Tinnern zu wahren und den Staat gegen die Äußeren Feinde
zu fehligen. Von allen Seiten fluteten diefe am Ende des 9. und Anfange
des 10. TJabrhunderts Über die Brenzen des Reiches: YTormannen, Slaven,
Ungarn, Sarasenen, und verwiifteten das Land bis tief ins Tnnere.
‚sauptfächlich harten fie es auf die reichen, im Laufe der Zeit gefammelten
Schäge abgefehen. Die fräntifcben Rönige weren nicht im flande, der
lot zu wehren; fie paftierten mit den Seinden, zahlen ihnen Teibur
und überließen ihnen die Btensgebiere. Das nahm ihnen vollends allen
Bredit. Wellen das Rönigrum nicht mehr fähig war, das nahmen mun
die Brofen des Reiches in die Zand. Sie wurden die Schliner des
Volkes; fie erbauten die Burgen zum Schirm gegen die Seinde, und
dadurch wurden fie bauprfächlidy die "erren des Landes”).
Das Reich löfte fich in feine narhclichen Beftandreile auf: Srankreich,
Burgund, Jealien und Deuefehland; in allen diefen Ländern wählten die
Großen Rönige; der Zufammenhang der Wonardyie Rarls des Brofen
hörte auf, und jedes diefer Linder entwickelte fi) nach der ihm gemäßen
Art und Weife.
In Deurfchland war der Aückfchlag größer als in den anderen
Ländern. Durd) die Eroberung .und Linffigung der deurfihen Stämme
in den fräntifcyen Staateorganismus war ihr Sonderleben gebrochen
und eine Ausgleichung der verfcjiedenen Voltsftimme angebahnt worden.
Tegt, da es feinen mächtigen und ftarten Rönig mehr gab, erwachte
wieder das Sondergefühl der Stämme gewalcig, und der Partikularismus
f&huf fich) in den Stammeshersögen eine Sührung. Liner diefer Stammes:
220 39. Bapitel,
berzöge, Bontad von Sranten, wurde Rönig der Deurfcben. Vergebene
unternahm er den Rampf' gegen das “erzogeum, um die Bönigliche
Gewalt in alter Weife aushiben zu Eönnen. Er unterlag, obfhen ihn
die Bifchöfe unterjtüsten. Sein YTachfolger, Heinrich 1., blieb auch
ale König immer fächfifcber »ersog. Exit deffen Sohn, Orro I., wollte
wieder ein Aönig fein. hm gelang es, das „erzogrum dem Rönigeum
unterzuordnen. Seine Regierungspolici® ftlnte fid auf die geiftliche
Ariftokrarie gegenfiber der weltlichen. Auf die Beamten, "erzöge und
Grafen, Eonnte er fidh nicht mehr verlaffen, feitem das Aıne ich in
Leben verwandelt hatte. Aber die Bifchsfe waren feine willfährigen
Diener und die Fräftigften Sthnen feiner Serrfchaft). Von feinem
Willen hing die Wahl der Bifchöfe ab; meilt ernannte er fie, gang
wie die früheren fräntifchen Rönige, ohne Rücfidr auf das Rirchen:
techt. Aber Orro ging noch weiter. Auch in Farolingifiher Zeit harten
die Bifchöfe in weltlichen Angelegenheiten den Königen gedient, doch
galten damals die geiftlichen Pflichten als die Hauptfache. Jene bin.
gegen wurde die politifche Thäeigkeit der Bifchöfe zur sauprfäche, der
liche Charakter tritt oft zürich. Weto machte die Bifchöfe zu
‚Sürften und ftellte fie den welrlichen Großen gleich. Der Bifdof mußte
jederzeit dem Winte des Rönigs gehorden und mit feiner Perfon wie
mit feinem Rirdyengur dem König dienen. Der König übertrug dem
gewählten Bifchof das Amt, indem er ihm den Bifchofoftab Überreichte.
Das bifchöfliche Amt wurde num ebenfälle als Leben unter dem GBeflchro«
punkte einer Böniglichen Zigenficche aufgefaße”), und der Eid, den der
Bifcbof dem Rönig zu fehmoören hatte, war ein Treueid, der zur Leiftung
von Wiannfcpaft verpflichtere. Daß diefe Belebnung der Bifdsfe mir
ibrem Amte durch den Rönig mit dem römifchen Bircpenrecht nicht
übereinftimmte, empfand man im Jo. Tahrhundere noch nicht, weil die
germanifche dee von der Zigenkirche in das allgemeine Rechrsbewußrfein
aud) der Beiftlicen eingedrungen war. Sobald n&mlich die Germanen
fid dem Ebriftenrum unterworfen hatten, drängten fie auch ihre Rechte
anfehamıngen dem römifchen Ricchenrecht auf. Durch die Brindung
einer Kirche erhielt der Bermane nad) feiner Rechtsauffaffung ein
Ligentumsrecht an diefer Rirche. Sie darf zwar ihrer Beftimmung
nicht entfremder werden, aber dem Kigentlimer gehörte die volle privar-
rechtliche Gerefhaft über die Rirche und ihr Vermögen; er kann fie
verfaufen, verraufcyen, verfihenken, zu Lehen geben u. f. w. Er fer
Die Begeöndung der bifsflihen gerefäelt. 21
den Geiftlicben ein und ab. Vergebene kämpfte das Epiffopat gegen
diefe feine Wacht befebräntende germanifce Anfchauung an, fie errang
am Anfang des 8. Jabrbunderrs den Sieg, der die Wacht der Grund:
herren wefenelich verfiäehte. Erjt das IT. TJahrhunderr Bam zur vollen
Erfennnis der großen Gefahr, die der römifben Rirche durch die
Tnftirucion der Kigentiecbe drobte, und es ift das unvergeliche Verdienft
Gregors VII, daß er diefe Gefahr mit bewunderungswürdiger Rlarbeit
durchfcpante.
Durch die Tinveftitur hatte der König die Hrnennung der Bifchöfe
in feiner Sand, und deshalb Eonnte er es wagen, die bifchöflichen Ricchen
freigebig auszuftatten. Denn das bifchöfliche Rircengur gale als Reichs:
gut oder, beffer gefage, die bifchöflichen Riechen waren zu Bigenficchen
des Könige geworden’®). Bei den Bifchöfen fiel die Furcht vor der
Lrblichkeit der Leben von felbft weg. Durch die Verftsrtung der
bifeböflichen Wache wollte Orro die Pönigliche Macht ftärten.
Wir haben gefeben, daß zu Barls des Großen Zeit die rheinifcen
Rirchen nichr reich waren und daß erjt fein Sohn und feine Entel fie
mit Land und Eöniglichen GBerechefamen fteigebig ausgeftarrer haben.
Auch) die Laien wetteiferen mit den Rönigen in der Sreigebigkeit gegen:
über den Kirchen. Seit der Witte des 9. TJahrbundere werden die
Schentungen an die Kirchen feltener, und vornehmlid) König seinrich I.
biele hierin Waß. Es enefpricht diefer Zug feiner ganzen Stellung zur
Rirdye. So lehnte er die Salbung ab und überließ die Kirchen in
Schwaben und Baiern den “erzögen. Seine Kauprebätigkeit richtere
fich auf die Verreidigung Sachfene gegen die Staven und Ungarn. Der
weiifräntifche Rönig Rarl der Linfälrige glaubte mit leichter Mühe
die linksrheinifcben Lande erobern zu Eönnen. 920 fiel er ins Elfaß ein
und drang bis nach Pfedderaheim bei Worms vor”). Als aber “eincich
Wiene madyre, ihm entgegen zu rücten, ging er zurück. Im Jahre 925
309 “eineich I. von Worms aus nady Lorbringen®'*). Doch die größte
Gefahr drohte von den Ungarn. Saft alljährlich fielen diefe in Deuefcb:
land ein und durchzogen es raubend und fengend bis an den Abein.
926 plündereen fie das Mlofter S. Gallen, sogen dann den Ahein
binunter und wurden bei Säcingen vom Grafen Liutfried angegriffen;
fie errangen zwar den Sieg, aber der deutfche Boden war ihnen zu beiß
geworden, und [o wandten fie fich dem Weftreiche zu. Um der Ungarnnor
zu fteuern, hielt Rönig Zeinridy im YIovember 926 in Worms eine
222 30. Rapid,
Reicheverfammlung”"). Doch erft feinem Sohn Orro gelang es, diefe
Gefahr zu befeitigen.
Der Thronmechfel (2. Juli 936) ermurigte die Ungarn im Fahre
937, wieder einmal in Deuefdhland einzubredyen. Sie erfihienen am
Rhein und Überfchritten ihn bei Worms. Bönig Oreo I. verfolgte
fie bie nady Wien. Surchrbar verwlfteren fie das Elfaß, Lothringen
und Weftfrancien. Zundcyft wurde Mönig Dero durd) den Ausbruch
des Bürgerfrieges von der energifchen Verfolgung der Ungarn abgehalten.
950 verlieh er zu Worms feinem Sohn Liubolf’ das “ersogrum Schwaben.
So folgte dann 954 der erfte Zug Über die Alpen und die Empdrung der
Gersöge Lindolf von Schwaben und Konrad von Franken, fowie des
Erzbifchofs Sriedrich von Wins, alle feine nächften Verwandten. Der
innere Brieg vief die Ungarn 954 von neuem ine Land. Am 59. März
fegten fle bei Worms fiber den Abein; die Stadt mußte die Plünderung
durch Bold und Silber abkaufen und Dienfte Teiften”). erzog Aonrad,
der bier zu Zaufe war, hatte fid) mit ihnen verblinder; er führte fie
mach Lothringen. Durch Burgund und Tralien Tehrren die Ungarn,
nachdem fie alle diefe Länder entfezlich heimgefucht hatten, an die
Donau zurteh. Die Llor der Ungarneinfätle brachte die abgefällenen
Baiern zur Befinnung. Endlich verföbnten fid) die Sührer des
Aufftandes mit dem König, und alle Pimpften nun vereint gegen die
Ungarn und fehlugen fie am Jo. Auguft 955 auf dem Lechfeld bei
Augeburg blutig aufs Jaupt. Der tapfere “ersog Konrad fühnte feine
Empörung gegen den König mir dem glorreiden eldentod auf dem
Schlachrfelde. Sein Leichnam wurde auf des Aönige Befehl mic allen
Ebren aufgenommen und nad) YOorms übergeführt. sier wurde der
rubmreiche “eld, dem Lein geiftiger und Eörperlicher Vorsug mangelte,
beftattet, beweint und beflage von allen Franken. (Widueind.)
Diefer Sieg befreite das dhriftlidye Abendland von der drobenden
“erefchaft der heidnifchyen Barbaren. Won num an bewege fi) Drros
Laufbahn in auffteigender Linie. Wie ai 96 kam er nach Worms,
wobin er einen Reichstag berufen batre. ier wurde fein Sohn Drro
zum Rönig gewählt und der Romzug befehloffen””). Am 2. Februar 962
Erönte ihn der Papft Tobannes XI. zum Raifer. Ein Aufftand der
Römer gegen ihren Papft Jobannes XII. veranlaßte den Raifer, 966
zum drittenmal nach Ttalien zu ziehen. Er beftrafte die Empsrer und
fd dann feinen Sohn Gero II. nady Rom ein. Diefer hielt 967 in
Die Begründung der bifhöflien Zerefihat. 223
Worms einen Reichstag ab, um fid zum Romzug zu tüften. In Rom
trönte ihn der Papft Tobannes XII. am 25. Dezember zum Raifer.
Oro II. hat fi mur noch einmal längere Zeit in Worms aufgehalten,
37.,bis 28. Juni, als er im Jahre 973 feinen Umrite machte”).
Wiehr als irgend ein anderer König har ©rto 1. für das Bisrum
Worms gerhan. Am 22. Ottober 942 fehenkte er auf Bitten des
Grafen Ronrad von Worms (auch Yersog von Sranken oder Lothringen
genannt) dem Bifchof Richgowo von Worms mehrere zöfe und örige
im Yrahegau, die dem genannten Brafen ale Lehen gehörten”).
Auf den 949 geftorbenen Bifchof Richgowo folgee Anno”), Wönd
des Rlofters S. Warimin bei Trier, dann Abr des S. Wiorigkloftere in
Magdeburg, der bis zu feinem Tode 979 als Bifchof von Worms
regierte und bäufig in der Umgebung des Rönigs war. Jhm und dem
Priefter GBerob beftärigre Otto I. am 26. Juni 952 die von dem
ersog Ronrab von Worms zum Seelenbeil der Liurgard, Tochter des
Bönige und Gemahlin des genannten „erzogs, gefchentten Befizungen
in Deidesheim. ”). Am 13. Januar 953 fhyenkte er der Kirche S. Peter
in Worms ein Drittel des Zolles in der Burg Ladenburg und beftdtigre
ihr den Befirz der zwei andern von feinen Vorgängern verliehenen Drittel”).
Am 10. April 970 entfchied Baifer ©rro 1. zu Ravenna einen Streit der
Wormfer Rirdye mir dem Rlofter Lorfcp Über Ylunungsrechte im Oden»
wald zu Bunften der erfieren und beftktigee ihr zugleich die von dem
Bifdyof Anno vorgelegten Urkunden feiner Vorgänger”). Diefe Urkunde
1äßr den Bifdof Anno in einem fehr zweifelhaften Lichte erfcheinen.
Anno batte im S. Wiorigklofter zu Magdeburg an der Ausbildung
Böniglicher YTotare teilgenommen und dann als Bifchof von Worms im
Jahre 950 eine Ranzleifchule gegründet, aus welcher unter anderem
Bifcpof Sildebald, der Ranzler Orros II. und ©rtos III, hervorging”).
Anno mipbraudyte num feine Beziehungen zur Böniglichen Ranslei, indem
er durch einen aus Yorme fammenden Eöniglichen Banzliften. ein
Dokument berfiellen ließ, das ihm im Streit mit dem Klofter Lorfdy
über Defigungen im Ödenwald eine urkundliche Grundlage fehaffen
follte. Das obige Diplom vom Jahre 970 fehließt fib nämlich im
Wortlaute an die Urkunden Dagoberre, Rarls des Großen und Ludwige
des Deutfeben an”), wonad) jene Rönige der Wormfer Ricche Befigungen
und Rechte im Lobdengau und Odenwald gefebentt haben follen. Diefe
drei Urkunden find, wie wir bereits wiffen (fiehe oben), gefäffehr und
224 19. Bapitel
zwar wabrfebeinlich auf den Wounfcb Annos, nur Furze Seit vor der
Ausfertigung der Urkunde Ortos I. vom Jahre 97° gemadhr worden.
Denn in der Abfehrift des Diploms Dres 1. vom Tahre 937°”), die
derfelde Wormfer febrieb, der die obige Urkunde vom Tahre 970 reditiert
bar, kommen die Worte teloneum et in praedicta civitate et in castellis
Lobedunburg et Uinpina, welche in die Urkunde Ludrvige des Deuefihen
vom 11. September 829 bineininterpoliere worden jind””), noch niche
vor. Die Wormfer Rirche machte Anfprlicbe auf die Wunungsrechte
in Ladenburg und Wimpfen und auf eine Waldmarf im Odenwald.
Eben wegen lenterer Bamen Worms und Lorfh in Ronflitt mir einander.
Denn König Barl der Brofe batte 773 dem Rlojter die Villa Seppen:
beim an der Bergfirafe mir der S. Perersfirche dafelbjt und jene
Waldimark gefcbenft. Auf Befehl des Königs foll im Tahre 795 eine
genaue Grengbeftimmung vorgenommen worden fein, und ale Worms nicht
nachgab, ließ der Abt von Lorfh eine Steintafel in der Turmballe zu
Saeppenbeim einmaucen, die eine genaue Angabe der sur Pfarrei Sseppen:
beim gehörigen Brrfebaften enrbält und angeblich von 805 datiert ift, aber
aus palograpbifcben Gründen in die Beit der Ortonen gefegt werden muf.
Mic diefer Infebrift fteben die beiden Warfbefhreibungen von 773
und 795 in Zufammenbang, indem beide erfunden worden find, um
ale Yoaffe gegen die Wormfer FÄfbungen zu dienen”). Um den
Anfpruch auf Wimpfen zu begrnden, ließ der Difcbof von Worms eine
Urkunde fabrizieren, welche angeblich) Rönig Ludwig der Deurfebe am
2°. Auguft 856 zu Scanffüre der Wormfer Kirche gegeben haben foll,
wonach der Rönig auf die Rlage des Bifcbofs Samuel, dap die Ehnie
lichen Beamten und Grafen ibm auf den Rircbengüreen bei Wimpfen
viel Ungelegenbeiten gemacht hätten, der Kirche von Worms bie
Immunirde für den Kirchenbefin bei Wimpfen verlieben habe”).
Tndes war damals Bifchof Samuel bereits ein halbes Jahr lang ror!
Am 27. Yovember 965 Lie fid Bilchof Anno vom Kaifer Oro 1.
die Immunität für die Rircben von Worms, Ladenburg und Wimpfen
beftärigen®”). Tin Worms fihien man alfo feiner Sache fiher zu fein,
und im Tabre 970 feblug man einen Angriff der Lorfdher mir sailfe
des Meifers ab. Aber Lorfcp berubigee fid bei der Enrfbeidung
Oreos I. nice und ging foger zu Tsclichteiten hber. Seinrich 11.
überrrug am 9. Wei III dem Bifchof Burchard den Lobdengau
und füllee am 18. Auguft 1012 einen neuen WBnefeheid zu Bunften
Die Begründung der BiphSFlichen Serrfaft. 225
der Wormfer Kirche. Da das Mlofter Lorfeh feine Anfprüche auf
den Odenwald mit Bewalt geltend zu machen verfuchte, produsierte
Bifdyof Burchard vor den Näcen des Königs die gefälfchren Urkunden
Dagoberts, Pippins, Warle des Broßen, Ludwigs und Bros. Es
wurde ein Augenfdein der Brensen der fireitigen Bemarkung vor-
genommen und dann dem Bifcyof Durch Eöniglichen Spruch der
Befin zuerfanne“). 1023 mußte der Maifer nochmals in diefer Sache
einfehreiren (fiebe unten).
Am 15. Ylovember 976 febentte Raifer Brro II. der Wormfer
Rirdye die Abtei Mosbady nebft Zubehör, n&mlidy nicht weniger als
23 Dörfer”). DBifchof Anno war 979 geftorben, und ibm folgte der ihm
befreundete „ildebald “*), welcher aus der von Anno geftifteten WOormfer
Schule hervorgegangen war. 977 wurde er mit der Zeitung der
töniglichen Banzlei Orros IE. berraur®). Er fand in befonderer Bunft
des Raifere, der ihm am 8. Sebruar 979 die an der Wefffeite der Pfalz
zu Srantfure a. 17. gelegene alle und den anftoßenden Brund fehenkre,
um darauf ein Gebäude zu errichten, das dem Jaildebald und feinen
Vladyfolgern als Wohnung dienen follte‘”). In diefem Diplom wird
er zum erftenmal Bifchof‘ genannt. Unter ©rro I. galt das Ame eines "
Banzlero für unvereinbar mir der bifchöflichen Wolrde®). Deo II.
dagegen behielt den Yildebald als deurfchen Ranzter, obfchon er zum
Bifcof gewählt wurde. Auch unter Otto III. Eonnte er fi als
Banzter behaupten bis zu feinem Tode, den 4. Auguft 998. In den
Ienten Zabren fbeint er jedoch am “oft feinen früheren Einfluß verloren zu
haben. Otto II. war zu fehr in Ttalien befebäftige, als daß er fich
viel um die deutfchen Bierimer biete befümmern Eönnen. Gero III, der
983 unter vormmdfchaftlicyer Leitung die Regierung antrar, feentre
der Wormfer Kirche am 28. März 985 feinen Befin zu Bppingen”)
mb am Js. Juni 990 fein Bur Scaleia im Breisgau‘); am gleichen
Tage verlich er ihr den von Neginold zu Lehen befeffenen Defin in der
Graffchaft Chriftane und im Bau Tredhiron‘”), am 24. April 993 die
Abrei Weilburg nebft Zubehör, namentlich die Kirche zu Boppard und
den Ort Pippinesdorf "); am 13. Juni 995 die dem Rleriter Wicilin
gerichtlich abgefprochenen acht Aufen in Bornheim“); am 27. Dftober 993
das nad dem Tode der Sreigelaffenen Accola durch gerichtlichen Entfcheid
in feinen Defin übergegangene But in Vlenterode"?). “einrich II.
beftäeigte die Privilegien feiner Vorfahren und füchte bauptfächlich den
15. D00, Die Aut deren Ge I. ”
226 30. Bapitel,
Befig der Wormfer Kirche ficher zu fiellen‘®). ron all diefer
Schenkungen onnte die Wormfer Kirche fid) jedoch mit vielen anderen
an Reichrum und Ausdehnung des Befines nicht meffen, ein Umftand,
der für das Aufjtreben der Bürgerfchaft nur von Vorteil war.
Diefer wachfende Reichtum der bifchöflichen Rirche Bam auch der
Yauptjtabt des Bistums zu gute, denn der Hofhalt der Bifcäfe wurde
Wnpueiöfer und der Verdienft der Bevölkerung größer. Dazu erbielt
nun audy der Bifchof' Sobeitsrechte, wodurd) er zum Kerrn der Stadt
wurde. Ylady der fränkifchen Beridhteverfäffung war das ganze Land
in Bericyrebesirke eingereilt, die Zunderefehaften, welche Unterabeeilungen
der Graffehaften bildern. Doc unterlagen diefe «sunderefhaften
forwohl wie die Braffcbaften im Laufe der Zeit manchen Veränderungen,
indem beide gereilt und zerkleinert wurden, wohl eine Solge der
zunehmenden Vermehrung der Bevölkerung und des Sortfehrittes der
Befiedelung des Landes. Die Erteilung von mmunickteprivilegien
fehuf eine Anzahl immumner Gebiete, die fi) zwifchen Die Öffentlichen
Gerichrebesirke einfehoben, und fchließlich entzogen die fächfifchen Rönige
den bisherigen öffentlichen Beamten die Gerichtsbarkeit in beftimmten
Bezirken und übertrugen fie den Bifchöfen, die von fi) aus Beamte
beftellten. Diefe Vorgänge waren für die ftädrifche Ennwicelung nicht
ohne Bedeutung‘). Gerade das “eramwachfen der Städte zur Zeit der
Ortonen bar dabin geführt, für fie eigene Gerichtsbezirke zu bilden.
war, wie fehon bemerkt, Politik der Rönige feit Drro I., die Regierungs-
gewalt in foldyen Gerichtebesirfen den Bifchöfen zu hbertragen, weil
diefe zuverläffigere Grünen der Pöniglichen Wlacht waren als die zu
erblichen Lehnerrägern gewordenen Beamten, die Zerzoge und Grafen.
Schon längft befaß die Wormfer Kirche die Ymmunickt für ihre
Defigungen, wonad) die auf dem immunen @Bebiete wohnenben Leute
des Bifcyofs der öffentlichen Berichtebarkeit entzogen und dem richterlichen
Beamten des Bifchofs unterftelle waren. Zn der Stadr felbjt bildete
das immune Land nur einen Eleinen Teil des jtädrifchen Areals: die
Umgebung des Doms. Die Freien in der Stadt hatten nady wie vor
ihren Gerichteftand vor dem öffentlichen Nichter, dem Grafen umd
Scyultheißen. Gero 1. befttigte am 27. Ylowember 965 dem Bifchof
Anno die Immumirdr"). Diefe Urkunde it eine faft wörtliche Wieder-
bolung des Privilege Ludwigs des Srommen vom 3. September 814.
Auch) die Urkunde Drros 11. vom I. Juli 973%) ift eine Wiederholung
Die Begründung der bifsflichen Serefäaft. 227
äierer Privilegien; nur daß anftatt der in der Urkunde Ludwigs des
Deurfcyen vom Jahre 856 ausdrüclid) genannten Wilinze und Königs:
maß diefe hier unter dem allgemeinen Ausdruc® Ylugungen (utllitates)
zufammengefaßt find und daß in der Urkunde Orros II. unter den
Gerichtefällen außer den Bußen, Wetten und Sriedensgeldern der
Pfenningbann genannt wird, worunter ein Medht auf Abgaben vom
Verkehr zu verfteben ift (fiebe unten).
Der Bifcpof befaß alfo außer der Jmimmirdt eine Anzahl fiskalifcher
Einkünfte, aber “gerr der Stadt, das beifit Jnhaber der Berichtebarkeir,
war er Beineonwege, fondern der Graf fbte diefe aus. Der Wormegau
zerfiel in mehrere Braffihaften, über deren Abgrenzungen wir jedoch
nichts wiffen. Solgende Brafen werben urkundlich genannt"):
756 Seidrat comes de Wormacinse, 765 comes de Pingia;
756 Uloro comes; 756 “atto bis 802; 779 Cunibert; 779 Ulftod;
821 Uoro; 858 Megingaub, Braf der Baue Wormsfeld und
Maienfeld, einer der angefebenften Männer unter Arnulf. Er wurde
am 28. Auguft 892 zu Netel von Alberich, einem der Spießgefellen
Zuges, Sohnes Lorhars I, ermorber‘).
Zu gleicher Zeit mir Megingaud amtierte Walado, Graf in
Wormofelde, Speiergau und TEnsgau, Laienabt des Rlofters Jornbach.
Deffen Sohn Burdyard beiratee 90 Die Witwe des ermordeten
Wegingaub, Bifela.
Aber audy das Befchlecht der Ronradiner war in den rheinifchen
Landen reich begürert. Jhr Ahnberr war der von Ludwig dem Srommen
begünftigee Bebhard, Graf im Lahngan“”); auch König Arnulf war
den Monradinern hold gefinnt. Der ältefte des Befchlechts Konrad
war Graf in Seffen, das beifit im ©berlabngau und im „effengau
fowie im Gosfelde und im Wormegau (906 in pago Wormaz:
felde; 907 in pago Wormatiense). Yernber, Graf‘ von Lobdengau
(836-877) gehörte vielleicht ebenfalls diefem Befchlechte an. in
anderer Braf Wernber war der Vater Monrads des Roten. Diefer
Bonrad, wahrfheinlich ein Vetter des Aönigs Ronrad T.,”) war reich
begtitere im YTabe-, YOsrms- und Speiergau und eine der bedeutendften
Perfönticjkeiten des Neichee“”). fan nannte ihn “erzog der Sranten
oder andy Jerzog von YWorme, denn bier war der Stammfig der
Samilie”). 944 erhielt er von König ©rto T. das "erzogrum Lothringen,
umd 947 vermählte er fich mit Orros I. Tochter Linrgard. Seine Macht:
228 30 Bapirel,
fiellung berubte auf zwvei Grundlagen: einmal aufgroßem Brundbefls, AUIsd
und Leben, der ihm die SHaltung zahlreicher Friegerifcher Mannfchaften
ermöglichte; dann auf feiner gräflichen oder berzoglichen Amrogemwalc.
Als Graf“) befaß er den Berichte: und “eerbann und viele fiskalifche Kin.
fünfte. Wan erfichr den Umfang der Rechte Aonrads in Speier aus einer
Taufchurkunde vom Jahre 946), wonach ‚erzog Bonrad, des Grafen
Wernbers Sohn, auf Bitten und in Gegenwart Richgowos, Bifchofs
von Worms, diefe Rechte im Taufc) gegen Grundftüche im Wormagau
an Bifdof Aeginbold von Speier abyab. Laur diefer Urkunde befaß
Ronrad in Speier: I. Brundbefig und „örige; 2. ale Inhaber der
geäflichen Gewalt die Poligeigewalt gegen Diebe mit Anrecht auf ge:
foblenes But; 3. die Wihmze und die Jälfe des Zolles; die andere
Yaälfie gehörte dem Bifcbof; 4. fietalifche Abgaben vom Salz = salz-
fennine; vom Pech — steinfennine“”); der Aichtifenninc, das beißt
eine Abgabe von verfchiedenen Waren; amfennine, das ift eine Abgabe
vom Wein, der in den Zandel Fam. Denn dem Grafen oder dem
Inhaber der gräflichen Rechte ftand es zu, die Erlaubnis zum Verkaufe
‚an Sremde und zur Ausfuhr durch Kinheimifche zu geben (fiehe unten)“”).
Da alle diefe Redhre Pertinenzen der gräflichen Gewalt waren, fo mußte
der Rönig zu der Uebertragung feine Zuftimmung gewähren. Dies gefchab
am 4. Oftober 969, indem Kaifer Drro I. dem Bifchof Orefar von
Speier die weltliche Berichtebarkeit in der Stadt und im Dorfe Speier
verlich®),
Rarl der Große hatte den Verfuch gemacht, ein Gleichgewicht
zwifchen der geiftlichen und welclichen Ariftokratie berzuftellen; unter
feinem Sohn Ludreig errang die Rirche eine Stellung, die den Staat
gefäbrbete; gegen die Rirdye erhob fi am Ende des 9. Jahrhunderts
die Laiemwele und machte ihrem Born in Gewaltehaten gegen Die
Birchlichen Würdenträger Luft. Ihiermar, Bifchof von Wierfeburg, der
Gefchichtefchreiber, Bann fich im Alagen Über die Anmafung und Bor
Iofigfeit der Laien nicht genug chun, und vortrefflich bringt er bie
Stimmung der geiflihen Meeife zum Ausdeucd®). DBifchof und Braf
verrrugen fich felren gue zufammen. Sie blieben am beften Sreunde,
wenn fie fich möglichft wenig fahen.
Auf Bitten des Bifchofe Hildebald von Worms fehenkte Kaifer
©rto II. am JJ. Auguft 979 der Wormfer Kirche das bisher feinem
Vieffen Otto gehörige Drierel der Zoll: und Banneinkhnfte in Worms.
Die Begründung der biföflien Serrftbaft. 229
Alle diefe YTunungen in der Stadt, in der Vorftabr und in dem dazu“
gebörigen Dorfe Worms follen an den Bifchof fallen und niemand darf
in der Stadt Gerichtsgewalt ausüben, als der vom Bifdyof beftelte
Voge). Zur weiteren Begründung diefer Vergebung wird auf das
Beifpiel der Erzbifchöfe von Wiainz und Röln verwiefen; gleichwie biefe,
fo fol auch der Bifdof von Worms Zoll: und Bannredht in Stadt
und Vorftadr haben, und Beine andere Berichtsperfon foll in der Sradt
Gewalt ausüben, als der Bifcbof oder fein Vogt. YTun fiehr diefe
Urkunde febeinbar in Wiberfpruch zu früheren Diplomen, wonach der
Wormfer Kirche bereits die Pöniglichen inthnfte Iberwiefen worden
waren, während nach der Urkumde ©reos II. fie nur zwei Drittel befeffen
bitte. Allein diefer Widerfpruch Iöft fich leicht”). YLach der fräntifchen
Amtsordnung erhiele der Siokus von allen Geridyrebufien zwei Teile, der
Graf einen Teil‘). Der dem Siskus gehörige Teil war der Wormfer
Kirche bereits zugefallen; das legte Deitteil blieb dem Grafen, fo lange
er die Amogeralt befaf. Der Baifer übertrug num 979 dem Bifcyof
auch diefe Berichtegewalt und Damit auch den Ienten Anteil des Grafen
an den fistalifcyen Einkünften in der Stadt.
Diefe Uebertragung von Graffihaftsrechten oder auch ganzer Graf:
febaften mie ihren Gerechtfamen an Bifdhöfe*) darf nicht mir der
Verleihung der Immunirkt auf eine Linie geftellt werden. Denn bie
Immunirde gewäbrre dem serrn des immunen Bebiets nur eine befehränkte
Gerichrebarkeit; durch die Ueberrragung der gräflicen Gerichtsbarkeit
wite dagegen der Bifdhof an die Stelle des Grafen, und das Gebier der
Stadt wird zu einem eremten @erichtegebiet innerhalb der Braffihaft.
Diefes Gerichtogebiet umfaßte in Worms (und aud) in Speier) die
Aleftadr, die Yleuftadt und wahrfcheinlich die dazugehörige Gemarkung.
‚Für die ftädtifiche Einoichelung war diefe Uebertragung der Berichtebarkeit
an den Bifchyof von großer Bedeutung”), weil Dadurch der Befahr einer
dauernden “erefehaft eines mächtigen Grafengefehlechte über die Stadt
vorgebeugt wurde. Die Grafen gingen darauf aus, ihre Mache zu
verftärten, aber für die Zigenart der Seldte und ihre Bedhrfniffe
hatten fie weit weniger Verftindnis als die auf höherer Bildungsftufe
fiebenden Bifdyöfe, in deren Tntereffe eo ja lag, die Wohlfahrt der
Stade zu fördern, weil dadurch auch ibre Kinnahmen fich fteigerten.
‚Sreilich, fobald die Stadtgemeinde erftarkt war, mußten beider Tncereffen
?ollibieren, und es Bam dann zum Rampfe zwoifchen Bifcbof und Stadt.
230 10. Baplıel,
Tener Orr, der alfo um feine Rechte in Worme verkürzt wiirde,
war der Sohn des Yerzoge Ronrads des Roten von Worms und der
Linrgard®), alfo ein Enkel Raifer Ortos I. Vielleicht war er zu diefem
Verzichte auf die gräflichen Einkünfte in Worms durch die Furz vorber
gefehebene Derleibung des Serzogeums Bärnten bewogen worden. Baifer
Orro III. beftleigee am 29. April 985 die Urkunde Drive IL,*) und
Otto von Worme wird neben der Raiferin-Wurter Theophano und
Willigifis, Ersbifhof von Wains, ale Sürbitter beim Rönig genannt.
Wan wird nicht vergeffen dürfen, daß Bifchof Hildebald damals
Wirglied der vormundfeheftlicen Regierung war.
Die Stadt mit ihrer nächften Umgebung bildete nun einen von der
übrigen Graffebaft eremten @Berichtebeziet). Das Gtadtgericdhr war,
wie das daundertfchaftegericht, das zuftändige echte oder ungebotene Ding,
und die Organifarion des Stabrgerichts unerfihied fich in nichts von
der des Landgerichts. CBerichraftätte war mabrfceinlich der Warte
unter der Linde; gerichtpflichtig alle freien Brundbefiger. Da die
Pflicht, die Berichterage zu befuchen, hauprfächlich zur Bedrlickung der
‚Srein und zur Verminderung ihres Standes beigerragen hatte, fo
fehaffte Barl der Große ihnen dadurdy Wrleichterung, daß er die
Dingpflicht auf drei Berichtsrage im Jahre befchräntte. Wan nannte
Diefe Gerichte Das echte oder ungebotene Ding. Zu allen andern Berichts:
figungen follten fortan num noch die Parteien, die Richter und die dazu
eigens geladenen Zeugen aufgeboren werben. Darum biefen diefe Berichte
das gebotene Ding. YYad) der uralten germanifchen Gerichtsverfaffung
erbielt die vom Wicprer gefundene AEntfcheidung erft durch die
Beiftimmung der verfammelten Gerichtagemeinde Rechrstraft. infolge
der Heform Karls des Großen fiel der Gerichtsumftand bei dem
gebotenen Dinge weg, und bie Urteilfindung wurde den Schöffen
Übeercagen.
Das echte Ding, weldyes in der Negel drei Tage dauerte, war
Bomperent in peinlichen Sachen über Sreiheit und Leben, echtes Eigen,
wogu die Immobilien und die Unfreien gehörten; es wwar aber nicht nur
für die Zunderefhaft, in der es gehalten wurde, fondern für die ganze
Graffcyaft zuftändig. Der Graf bielr dasfelbe unter Rönigsbann. An
feine Stelle trat im Stadtgericht der Vogt. infolge der Eremtion dee
Mädrifchen GBerichtobezirkes aus der Brafichaft it das Stadrgericht nur
noch für feinen Gerichtebesir® Bompetent, nicht mebr für die ganze
Die Begründung der bif@sflichen Serrfaft 231
Graffchaft. Tin der Regel war der Vogt des Tmmunitktsgebieres nun
audy der oberfte Richter im Stadrgerichte.
Das geborene Ding war Eomperent im Rlagen um Schuld und
Mobitien und in Poligeifachen. Es umfaßte alfo die niedere Berichts:
barkeit. Der Vorfteher diefes Berichtes war der Braf oder fein Stell:
vertreter, der Centenar oder Schultheif, das heißt, der, welcher die Schuld
eintreibt. Diefer ift der eigentliche Richter im geborenen Ding, und da
das geborene Ding in einer Stadt vorzüglich von Bedeurung war,
tann der Schulcheiß als der eigentliche Stadtrichter bezeichnet werden.
Das Stadtgericht blieb auch jet nach Verleihung der Oetonifchen
Privitegien Öffentliches Bericht, und diefe Verleihung der Berichtebarkeit
an den Bifdyof fehloß Peineswegs eine Wiinderung der Sreibeit der
Stadebüirger in fich, wie viele Sorfcher meinen. Der Rönig belich den
vom Bifdpof ernannten Vogt mit dem Blurbann; er war alfo, wie vorher
der Graf, ein Eöniglicher Beamter.
Allein nicht ohne Kämpfe follte der Bifchof von Worms zum
vollen Genuß der ihm von den Rönigen verliebenen Rechte gelangen, denn
saerzog ©ero, der auf Rärnten verzichten mußte und nad) feiner “eimat
surüchfehree (983), machte dem Bifchof von Worms feine Rechte ftreitig.
xft ein fol) energifcyer Mann wie Burchard Eonnte eine endgilcige
Entfcheidung Über diefe und andere Scagen berbeiführen.
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II. Bapirel,
Bifhof Burhard von Worms.
lad) langem Verfall erfebre die Rircye unter
den fächfifchen Raifern einen großen Auf:
fbwung. Diefe förderten diefelbe nicht
nur durd) reiche Vergabungen, fondern
fie verfianden es audh, Die richtigen Männer
an den rechten Plag zu fezen. An der
Politit der Rönige nahmen die Bifchöfe
attiven Anteil; fie gewannen in diefem
Dienfte foroohl manderlei Bunftberveife
von feiten der önige, als auch, was noch
IN fchwerer wog, fie lernten auf den %of: und
J zeerfahrten nach Jralien ein höheres
Buttueleben Bennen. Die Anfdauung antiker und bysaneinifdyer Runft-
werte regte aud) die Aunftthätigteit in Deurfchland an; am Hofe der
Raifer verkehrten Gelehrte von böchftem Wiffen und Ruhme. Von
Eluny in Burgund und von Lothringen aus verbreitete fidy eine mächtige
geiftig s religisfe Bewegung, die eine Erneuerung der möndhifchen
Sucht und eine Vertiefung des religißfen Lebens bewirkte. fine Reihe
bervorragender Bifchöfe trat in diefem Zeitraum auf, welche die KTeu-
begründer Birchlidyen Lebens und Träger einer höheren Rultur wurden.
Unter ihnen ragt Burchard von Worms“) durdh die Dielfeitigteir feiner
Tntereffen hervor. Die Anforderungen an den bifchöflidyen Stand hatten
fi) gefteigere. Yan verlangte von den Bifchöfen nicht nur priefterliche
Tugenden, wie eifrige Teilnahme am Gotteodienfte, weue Seelforge,
Meißige Predigt, unabläfigee Grubium der beiligen Schriften, man
1. Beon, Die Aut dee eeinifäen Bass I.
236 II. Bapiel,
rühmte an ibnen nicht nur ihre Srömmigkeit, Beufchbeir, Mäßigkeir,
Barmberzigkeit, fondern man forderte jent von ihnen, dafs fie fich auch
eifig und verftindnisvoll den weltlichen Pflichten widmeten, die ihre
Stellung ale Shrften des Reiches ihnen auferlegte, voie: Treue gegen den
Bönig, Tapferkeit in dee Jeldfchlacht, Sorge für die Schulen, für den
Bau und die Ausfchmücung der Bortabäufer u. f. w.”).
Burchard von Worms bat einen Biograpben gefunden, der ihm im
Zeben mabe fand“). !Wöglicherweife war cs Bobo, Manonitus in
Worms und Schulmeifter an der Domfchpule. Zu feiner Arbeit wurde er
durch eine Schrift Alperte, de diversitate temporum, angeregt; Diefer
Apert war Möndy des Mloftere S. Symphorian im Wiener Sprengel,
der dann nad) dem durch den Bifchof Ansfried geftifteren Rlofter bei
Amerefoort im Bistum Lürric verfent wurde. bier fihrieb er J022
das erwähnte Buch Über den Wechfel der Zeiten, eine Sammlung von
allerlei gefehichtlichen Vorgängen jener Begend in bunter !Wiannigfalcigteit
und locferer Zeiefolge*"). Diefes Werk überfandte er dem Bifchof Burchard
von Worms, bei weldyem fein Bruder Immo war, der dem litterarifchen
Breifen im Lürticer Biscum nahe ftand. Der Diograph unferes
Bifcpofo war id der Schwierigkeit feiner Aufgabe voll bewußt; mit
der größten Demut fpricht er von feinen geringen Sähigteiten, nicht
aus Webermur habe er das Leben Burcyarde gefihrieben, fondern nur
um den Müßiggang zu meiden und um das Andenken an das Leben
jenes Wannes zu befeftigen. „Ic armer dummer Wenfih“, rief er
aus, „lege weifen Wiännern hiermit meine Pländyen vor, wie fie mein
derer und dlirftender Beift noch eben hat zufammenreimen Eönnen.”
Er gehörte eben jener firengen Reformrichtung an, die ihren Faupefig,
in Borze in Lorhringen hatte”) und die auch im fibrigen Deutfchland
begeifterte Verehrer fand. LTum war die geiftige Begabung des Derfäffers
der Vita Burchardi niche fo gering, wie er fie felbft hinftellr. Seeilich
bar er aus Alperts Büchlein jtarke Enelebnungen gemacht; indes daran
nahm damals niemand Anftoß, und die Biographie Burchards gehört
zu den beften der mittelalterlichen Lirreratur. Seine Arbeit widmere er
dem Bifcyof Walter von Speier, Burcharde intimftem Sceund, der aus
der S. Galler Schule hervorgegangen war und au, als Schrififteller
einen YIamen batre‘®). So überaus werwoll nun auch diefe Lebene-
befchreibung für uns ift, fo febr bedarf es bei ihrer Benugung aller
Vorficht. Denn der Verfaffer bat im Vorfar das Leben feines Selden
Bildoof Burdard von Worms. 237
möglichft inbaltreich und rubmvoll zu geftalten, ihm manches zugefchrieben,
was eber als Verbienft feinen Vorgängern anzurechnen wäre, und er bar
vieles übertrieben. Darum ftellt er die Zuftände in Worms vor der
Regierung Burchards fo Eläglicy ale möglich dar.
Burcard ftamme aus vornehmen Gefchlechte, dem „Haufe der
Grafen von eidenbach « Ziegenbain. Seine rbgfrer lagen bei
Srantenberg an der Mdder in Oberbeffen. Geboren wurde er wahr:
f&beinlich um 965. Wie fein Bruder Sranto wurde er zum geiftlichen
Stande beftimme. Seine Eltern fibergaben ihn dem Benedikeiner:
Hlofter &. Storin in Boblens zur Erziehung. Darm fludieree er
an verfchiedenen Orten; namentlich wichtig war für ihn, daß er in
Olbert von Lobbes (Laubad) im Lirticher Sprengel einen aus:
geseichneten Lehrer fand. Olbert war in Srankreihh (Paris, Troyeo und
Ehartres) ausgebilder worden. hm blieb Burdpard das ganze Leben
in Dankbarkeit verbunden. Als er im Jahre Looo zum Bifchof von
Worms erhoben wurde, ließ er ihn zum Leiter der Domfchule nach
Worms Eommen, und wohl auf feine Empfehlung ift Olbert dann zum
Abr von Gemblour und des S. Tafobstloftere ernannt worden).
Durch feine feine Bildung und rugendbafte Lebensführung gewann fidh
Burchard die Bunft der Mächrigen. Mönig Oro, der eben volljährig
geworden war, fehenfte ihm am 27. September 994 eine Zufe in Dier«
münden und zwei “örige nebft ihren Samilien““). n YWlainz fand er
bei dem Ersbifchof Willigifis Die befte Aufnahme. ier erhielt Burchard
die verfchiedenen geiftlichen Grade und wurde am Jo. März 997 vom
#Erzbifchof zum Priefter gewoeiht. Willigifis, der einer der auegegeichnetften
Männer des Reiches war, wurde ihm durdy Lehre und Wandel fein
erlauchres Vorbild. Trondem daß der ZErzbifchef durch die weltlichen
Gefejäfte flart in Anfpruc) genommen war, vernachläffigte er doch
teineswoege die geiftlichen Pflichten. YWYir feinen Vertrauten unterzog er
ich einer firengen mönchifchen Lebensordnung, fiudierte, [o viel ihm die
Gefäjäfte Wuße ließen, die beiligen Schriften und übte fich in der
astetifchen Enthaltfamteit. Ylamenclid) feine Mäßigteit im Trinken
wird von den Zeitgenoffen gelobr‘*), denn der Trinkluft Ponnten nur
wenige wiberjteben. Auf einem vor den YW lauern der Stabr Mainz
gelegenen Johgel fand ein dem heiligen Victor geweibtes Rirchlein, in
dem Burchard den Dienft verfah. $Er bewog feinen ern, an Stelle
der Rapelle ein Scifr zu errichten, und er beförderte das neue Rlofter
238 11. Bapirel,
durch reiche Sceigebigteit, und färon am 5. Juni 995 Eonnte das
&. Victorftift in Gegenwart König Ortos geweiht werden"). Burcherd
leitete als Propft diefes Stift.
Aber audy die welclichen Befchäfte follte Burchard Eennen lernen.
Der Erzbifchof batte die Berichtebarkeit und die fistalifehen Einkünfte
vom König erhalten und war fomit Stadtberr von Wiainz geworden,
deffen “sandel fdyon Damals bedeutend war. Produkte aller Art wurden
bier zu Warkt gebracht, die Erzeugniffe des Bodens und des Zausfleißes,
tofibare ausländifcye Stoffe, wie Seide und Sammer und die viel
begehrten indifhyen Beroirze, wie Pfeffer, Ingwer, Berofirznelten u. f. wo.
Diele fremde Baufleuce erfchienen in Wainz mir ihren Waren, die
Seiefen mit Tüchern, die Juden mit Rleinodien, Eoftbaren Stoffen,
Gewoiiezen und Sklaven, ja foger die Araber, die hauptfächlich Slaven-
handel trieben“). Arabifcbe Wiünzen neben denen des Königs liefen
bier um,“”) und der Erzbifchof felbft ließ Wünzen prägen, die fein
Bildnis zeigten. Sin arabifcber Auror des Jo. Jabrbunderrs“*) fehildert
Weainz als „eine fehr große Stadt, von der ein Teil bewohnt und der
eft befär ift. Sie liege im Lande der Franken an einem $luffe, der
Rin genannt wird, und ift reich an Weisen, Gerfte, Roggen, Weinbergen
und Obft. Dort giebt es Dichems aus der Samarfander Münze vom
Tabre 305 und 302... Serner ift es auffällig, daß es dort Bewlrze
‚giebt, die nur im fernen Worgenlande vortommen, während die Stadt
Wainz im fernften Abendlande liegt . . ." Mer wErzbifchof ernannte
den DBurcyerd zum Stadrkämmerer oder Primas der Stadt. Der
Stadrkämmerer®") war das „aupt der Dlrgerfihaft, der Vertreter des
Ersbifchofs in deffen Beziehungen zur Stadt. Diefes Amt war überaus
angefeben, und mehr ale einer von den Grabttämmerern von Wainz ift
fpdter zur bifchöflichen Würde aufgeftiegen, wie 3. B. Burchard von
Worms, Burcyard von Bafel u. f. w.
Die Art, wie Burchard zur bifchöflichen Würde gelangte, machte
großen Eindrud® auf feine Zeitgenoffen, die mir ibm glaubten, daß Bott
ihn zum Werkzeug auserfeben babe. YTadı dem dainfcheiden +sildebalds am
4. Auguft 998 wurde Sranto®), der Ältere Bruder Burchards, zum Bifchof
von Worms ernannt. Ylachdem diefer die Angelegenheiten in Worms
geordnet hatte, begab er fid nach Jralien zum Raifer ®rro IIL., deffen
größtes Derrrauen er genoß und durch den er in alle Befchäfte eingeweiht
wurde. „Mir allen“, fage der Biograph Burcharde, dem wir diefe LTorisen
Difdof Burdard von Worme. 239
enelebnen, „war er freundlich, mit allen gütig, und bei allen erwarb er
fi großen Ruhm durch feine Sreigebigkeit. Deshalb behandelten ihn
alle mit der größten Ebrerbierung und Liebe; fie abnten in ihm
gleidhfam feon den Zeiligen”. Audy mit dem Papfte Siloefter 11.
hand Sranto im befien Zinvernebmen. Bekanntlich war der junge
Raifer von der damaligen geifiig:religisfen Stömung tief ergriffen
worden. Er gab fidy myftifch gefärbrer Askefe mir Leidenfchaft bin,
pilgerte zum beiligen Wichael auf dem Monte Bargano und befüchte
dann den heiligen Ylilus in Baeta, der ihm ins Beweiffen redete, auch
er, der Raifer, fei ein terblicher Wenfd und mäiffe vor dem Welttichter
einft Rechenfehaft ablegen“). Wit feinem Sreunde Sranto von Worms
verbarg fid) der Raifer vierzehn Tage in einer Grotte bei San Ciemente
bei Rom. Ylad dem Vorbilde des heiligen Yilus Bleideren fie fih in
Gewoänder von Ziegenhaaren und gingen barfuß; fie uncerbielten fid)
mit ftommen Gefprächen und fafteiten fich durch Wachen und Saften.
Den Bifchyof Übertam eine Ahnung frhhen Todes, und er teilte dies dem
Baifer mit, worauf ibn diefer unter Thränen fragte, wen er zum
Ylachfolger haben wollte. Sranko antwortete: „Id babe einen Bruder;
wenn es Bott gefallen hätte, würde ich ihn zum YTachfolger winfdhen.
Aber von alledem abgefeben, möge Bott den einen erwäblen, an dem
er Gefallen finder.” Der Raifer war damit einverftanden, und um fich
beffer an fein Verfprechen erinnern zu fönnen, lief er fid) von Scanto
einen Bieebrief Über diefe Sache geben, den er in ein Säctchen zu feinem
Teftament lege. In der Thar, Sranto flarb am 4. September 999
md wurde zu Nom mit großen Zhren begraben. Die Ylachricht von
feinem Tode befümmerre fehr die Baiferin Adelheid, die Broßmurter
Orros, weil fie den frühen Tod ihres Entels abnee®*).
Ylady dem Tode Jrantos bewerben fic) viele beim Raifer um die
bifchöfliche Vohrde. Diefer, feines dem Sranto gegebenen Verfprechens
meingedent, verlieh fie einem KErpho, der aber fchon am dritten Tage ftarb.
Wieder befttirmren den Baifer viele, und Razo, der fid) am eifrigften
bemüht und das meifte Geld verfprocyen hatte, erhielt das Wormfer
Bisrum. Sogleicy brad) er nad) Deurfcpland auf, doc) erreichte er nur
Thur, wo er farb. Seine Begleiter Eehrten nach Rom zuric® und
überbrachten dem Raifer den Stab des Verftorbenen. TIent erft erinnerte
ib Oro IN. Burdyarde und befehloß, mit der Wahl abzuwarten, bie
er wieder in Deurfchland fei. Tief erfählitterr durch den Tod feiner
240 11. Bapitel,
Broßmurter Adelheid (16. Dezember 999) Eebrte Grro III. Ende des
Tabres 999 nach Deurfdhland zuric® mir der Abfiche, die berlibmteften
Seäeten, vor allen Dingen das Grab feines Sreundes, des beiligen
Abdelberte in Bnefen, und die Gruft Rarls des Großen in Aachen zu
befüchen. Vor feiner Reife nady Bnefen tam er in Kirchberg bei Jena
im Sebruar J000 mit dem Ersbifchof von Wiains zufammen. Der
Baifer erzählte diefem von dem wunderbaren Tode der beiden Bifchöfe
von Worms. Zufällig blickte er durch das Senfter und fah den Burchard.
$Er wintte ihm, gab ihm die Sand und berichtete ihm ausführlich, was
fein Bruder Sranto fhr ihm erbeten hatte. Darauf zeigte er ihm den
Birebrief Srankos und bor ihm die bifchöfliche Wfirde an. Ylachden
Burchard, wie eo damals die Sitte erbeifchre, fidh gefträubr batte, indem
er fi) dazu für unmolirdig hielt, wurde er fehlieflic vom Raifer mit
Gewalt zur Anmabme gedrängt und Burchard fügte fich dem Befehl
feines “eren. Allen Anmefenden ftürsten die Ihränen aus den Augen.
Ibm, als dem Würdigften und Verdienfvollften, wurde darauf der
Sietenftab übergeben. Einige Tage darauf begab fi) Burdard mir
dem AErsbifchof nady “eiligenftadt, wo ihm diefer zum Bifchof weibte.
Der Baifer war wieder nad) Rom zurcgelchrt. Von bier aus
meinte er in trauter Eintracht mit dem Papfte die Welt regieren zu
£Snnen, aber zu feinem großen Schmerze mußte er erleben, daß feine
lieben Aömer, undenkbar der genoffenen Wobltharen, fi) gegen ihn
erhoben. Audy in Deurfdhland war man fehr verftimme über die
undeurfee Policit des Raifere. Ylamentlidy der Erzbifchof von Mainz
fühlee id) fähwer beleidigt, und er gebordhte weder dem aifer ned)
dem Papfte. Ylur wenige der deurfihen Bifchöfe leifteren dem Befehl
des Raifers, mit ihren Rontingeneen nad) Rom zu sieben, Jolge, unter
ihnen Burchard von Worms, der feinem %eren und Gönner diefen
Dienft nicyt verweigern durfte. An der Gpine eines großen Aufgebors
308 er mit dem Difchof von Würzburg und dem Abte von Fulda, forwie
den eifigen des Mainzer Ersbifchofee nach Tealien. As fie im
April J002 in Tuscien antamen, vernahm Burchard die traurige unde,
da der Raifer (am 24. Januar 1002 zu Paterno) verfchieden fei. Die
Getreuen des Raifers mußten die Leiche mit den Waffen gegen die
aufftändifdpe Bevölkerung febügen, und unter unaufbörlichen Rämpfen
erreichten fie Deurfchland. Auch der Aüchzug Burdyarde vollsog fich
unter großen Gefahren. Zn biefen Gefechten zeichnete fidh ein Winifteriale
Bifcpof Burddars von Worme. 24
des Bifcofo aus, Thiermar“), ein enefhloffener, in jeder Tugend
bervorragender Wann, der in WOorme für den ticheigften Krieger galt.
Der Bifdyof bat ihn, da die Einwohner von Lucca den Wormfern den
Weg verfpereren, den Streit zu beenden mit möglichfter Schonung von
Wenfpenleben. Durdy ein gefehiet ausgeführtes Wianoeuore gelang ihm
dies. Burdhard brach in Thränen aus, als er das Wiorden wahrnahm,
und bot den Seinden Beld an, um gleidhfam bie Bluechat zu fühnen.
Wir Bortes Zilfe gelangten er und die Seinigen glücklich in die Jeimar.
lady dem Tode Örros III. feritren fich verfehiedene Berverber um
die Krone.) Das beftbegründere Recht bärte Orto von Worme gehabt,
der Enkel Raifer Orros 1., deffen Ahme Monrab bereits die deutfihe
Brone gerragen hatte. Oro II. und Orro III. batte er nabegeftanden;
fein Sohn Bruno war von Orro III. zum Papfte (Bregsr V., + 999)
erhoben worden. Gero war, als der Maifer lab, nice mehr jung,
erwas bequem und ohne Ebrgeis. Mir ihm verfiändigee fich Serzog
Seinrih von Baiern, der Sntel “eineiche, des jüngeren Bruders
O©reos I. Tin diefem Gefchlechte der Heinriche pulfierte die Leidenfchaft
nad) der Serrfchaft gewaltig. “einrich bemächrigte fich der Eöniglichen
Infignien, aber alo in Aachen nad) der Beifegung der Leiche Drros III.
die Sürften über die Thronfolge verhandelten, fand «einrich keinen
Antlang, vielmehr neigte man fich “ermann, dem Gerzog von Schwaben,
zu, der ebenfalls der Ronradiner Sippe angehörte und durdy feine
Gemahlin dem fäcyfifdyen Zaufe verwandt war. Diefer trat dem
“eineic) mir berwaffnerer Land entgegen, doc) der Baier war dem
Schwaben an Lift und Bewandtheit überlegen. Alles kam auf die
Stellung des Ersbifchofe von Mainz an, denn diefer war der erfle und
mäcjtigfte Sürft des Aeiches, und ihm fand das Privileg zu, den neuen
Saeerfcher zu falben. Am rechten Ufer des Rheins, auf den Wiefen zu
Bhheftadt, unweit Worme, Lam „einricy mic Willigifis von Mainz und
Burdyard von Worms zufammen. Vortrefflicd verftand fich Heinrich
auf Stimmentauf und Stimmenhandel. Durdy Derfprechungen gewann
er Die beiden “erren. Die Üeberfehreitung des hochgefchwollenen Sluffee
verhinderten die Reifigen des "erzoge von Schwaben, dody wurden fie
überlifter, und bei Wains feste “einrich mit Willigifis über den Abein.
ler wurde der serzog von Baiern von den Baiern, Sranken und
Oberlorbeingern zum König gewählt und am 7. Juni J002 von Willigifis
gekröne und gefalbt. Wenige Tage darauf, am Jo. Juni, verweilte der
15. Boos, Bi Aulor de lefaen Sub. 1. u“
232 HI. Bapirel,
Bönig in Worms, worauf er nady Schwaben ritt, um den Begen-
Eandidaren zur Zrgebung zu zwingen. einer bat für die Wormfer
Rirche mehr gethan als Rönig “einrich II. lady Worms felbft kam
ex, wie es febeine, nur noch einmal, im Juni 1018 zur Domweibe,
Doch fo oft er fich in der Yläbe aufbielt, auf den Löniglichen +öfen
und Pfalgen, in Teibur, Wiörfelden u. f. w., befchte ihn der Bifchof‘
von Worms und felren ohne Erfolg. Auf dem zweiten Romzug 1013
begleitete ihn diefer.
Die Beziehungen Burcyards von Worms zu Rönig Ronrad II.
waren noch inrimerer Art als die zu den früheren Rönigen. Grro,
"erzog von Märnen, hatte vier Söhne, von denen zwei, Bruno und
Wilhelm, dem geiftlichen Stande beftimmt wurden, zwei, Seineich md
Bonrad, den Stamm forrpflanzten. «einridh hatte ji mir Adelheid
aus dem aufe der Grafen des $Elfaß vermäble, deren Sohn Ronrad
der fpätere Bönig war. Seinrich farb noch vor feinem Varer Oro,
allein deffen geoße Befigungen und Wieden fielen nice dem rechtmäßigen
Erben, feinem Sobne, zu, fondern feinem ihn überlebenden jüngeren
Bruder Bonrad, der feinen Lleffen Boncad auf alle Weife benachreiligte.
Yur bei Burchard fand der Verftofene Schug und Troft. Der Bifchof
nahm ihn in fein aus auf und forgee für fein Woblbebagen und feine
Erziehung und liebre ihn wie einen angenommenen Sohn, weil er einen
feften Beift in ihm wabrnahm. Auch Baifer Zeinricy I]. war Ronrad
nicht hold, deffenungeachrer erlangte diefer auf jenem denkiwlrdigen
Woahlrag zu Bamba am heine im September 3024 die Mehrheit
der Wablftimmen und wurde am 3. September zu Mainz vom
Ersbifchof Aribo von Mainz gekrönt. Ob Burchard bei diefer Wahl
‚mitgeroirkt hat, wiffen wir nicht. Yrach feiner Wahl begann Aonrad II.
den feir “einrich II. üblich gewordenen Rönigeritt. Im Sommer 1025
kehrte er nach feiner eimar zurüc. Am J4. und IS. Juli weilte er
in Speier. Don bier aus ließ er dem Bifchof Burchard feinen Befuch
anfagen. Diefer lag jedoch [ywwer Eran darnieder, und es fäpmerzte ihn
febr, daß er den König feiner Arankheit wegen nicht wolcdig empfangen
konnte. Audy jegt gab ihm fein bewährtes Trofmistel, inftändiges be
barrliches Gebet, die nomvendige Spannkraft. Zum fErftaunen feiner
Umgebung fäbien er wieder gefind zu werden. So lange der Rönig in
Worms bei ihm zu Befuch weilte (18. bis 24. Jul), war Burchard fo
träftig, als ob ihm Gott neue Keift gegeben babe. Ja, er begleitete
Bifcbof Burchard von Worms. 23
feinen ehemaligen Zögling nach Tribur und blieb drei Tage dafelbft.
Burüchgeteber, überfiel ihn die Ruhr. Gefaßt und mit feinem Eelöfer
verföhne, fah er dem Tode entgegen. Allen Schuldigen vergab er ihre
Dergebungen gegen ihn, fprach die los, welche er mit dem Kirchenbann
und Anarhem beftraft harte und erteilte jedem der Anmwefenden fehrift:
liche Abfolurion. Seine Angehörigen, die Diener und Aörigen, tröftere
er mit frommen Worten. Aber felbft die Yajeftit des Todes zügelte
nicht die Zabgier der Großen. Es war Sitte, daß der Vogt des
Stiftes und andere mächtige VWeltliche hand auf die Ainterlaffenfchaft
eines Bifdyofs legten. Das nannte man das Spolienrecht”). Schon
Gregor von Tours erzähle in feiner Srankengefchichre VI, II einen
foichen Gall. Theodorus, Bifchof von Warfeille, geriet in die Gefangen:
febaft des Rönige Bunthram. Voller Freude und in der Wleinung,
ihr Bifdof' würde nimmer zurlcktchren, „nahm die Beiftlicheit die
Rirchengebäude in Befchlag, fie verzeichneten die Rirchengefäße, öffneten
die Schreine, plünderten die Vorratetammern und fielen fiber alle
Rirchenfachen ber, gleich als ob der Bifchof fehon tor wäre”. Da
Burdyard noch in der Agonie des Todes lag, drangen die Vornehmen
in feine Schagtammer und in fein Simmer, durchwoühlten alle Schreine,
die mit Bhchern angefüllt waren, durchftöberten vergebens jeden Winkel
nad) Geld. Außer dem Kirchenfehas fanden fle nur drei Denare in
feinem %andfehub, alles hbrige hatte er den Armen gegeben.
Seine Scywefter, die Aebeiffin Wathilde, wachte gerreu an feinem
Lager und berete. hr harte Burchard einen Schlüffel zu einem Schrein
gegeben, Damit fie, was fie darin finde, als liebevolles Andenken an fein
Leben bemwahre. Yleugierig Öffnere fie den Schrein nady dem Tode
ihres Bruders in Gegenwart von einigen Prieftern; aber co fand fich
nur ein bärenes “emd und eine eiferne Bette, die auf der inneren Seite
durdy vielen Bebraudy abgefchenert war. Unabläffig berere Burcard
mir erhobenen %änden, doch die Worte Eonnten die Anwefenden nicht
verfteben. Dann legte er fidh auf fein Bere zurück, ergriff die Sand
feiner Schwefter und fagte: „Ich febe fdon, was ich zu fehen wünfhte.“
Dreimal fprady er: „Der "er fei mit eudy“, dann enteilte feine Seele
am 20. Auguft 1025 in die bimmlifchen Gefilde. Im &. Laurentiuscher
wurde er beigefent.
Der anonyme Biograpb fdildert Burcyard mit Vorliebe als
Askeren: „Wenn er nicht durch Krankheit gefchmächt oder die dringende
244 14. Kapinl.
Wonwendigkeit ihn nich zu andern Speifen swang, friftete er fein Leben
nur mit Brot, Rüben und Aepfeln. Während man glaubte, er trinke
Wein, erfrifcbte er fid mit Waffer. Oft ging er um die dritte ober
vierte Wade, dns beißt, Ylachre am frühen Morgen, mit einem
Vertrauten, dem er fireng verbot, jemanbem erwas davon zu fägen,
ferweigend durch die Straßen der Stadt und durchfpäbte jeden Winkel
und jede Grube; wo er Arme und Mranfe fünd, fpendete er ihnen mir
feeigebiger Hand Almofen. Täglid) fchloß er fich vor Tagesgrauen in
feinem Berfaal ein und blieb dort bis zur erften Stunde des Tages; mas
der gerechte Wann dere char, it nicht une, fondern nur ort allein
befannt, Er ftand nicht ab, in täglichen Weffedienft mir unermüplichem
Geifte für Verftorbene und Lebende Opfer darzubringen. Die Armen
iebten ihn woie einen Vater: von weirher Bamen fie häufig zu ihm, und
feinen entließ er ungerröftet. So oft aber ein plönlicher Todesfall oder
der Schreden vor dem Schwerte ımd der Wur der Seinde oder ein
anderes Ungic® drohte, rief er fofort alle Brüder zufammen und
wendete es durch ftanbhaftes Beten und Saften ab. Sürwahr, bei Bott
und feinen Engeln, ic) fehreibe nichte als die Wahrheit”.
Alle Züge des Seiligenlebens Eehren auch bier wieder: faften, beten,
wachen, fic) Bafteien, Anfechrungen dee Teufels ıc. Aber Burchard war
niche blos ein frommer lann, der fid von den Dingen diefer Welt
abtehrre, er war auch ein ann der That, der mit Mlarem Dlice das
von ihm erkannte Ziel verfolgte: er wollte feine Birche von jeder weltlichen
Abhängigkeit befreien und die Firchliche Zucht und Ordnung mieber
berftelten. YOobl befaß die Wormfer Rirche dank der Sreigebigkeit der
fächfifchen Rönige fämtliche “obeitsrechte: die fiskalifchen Zinkinfte von
Zoll, Wünze, Markt ıc. und die Gerichtsbarkeit in der Stadt. Aber
[6 lange das mächtige Befchledht der Monrabiner feinen Sig in der
Stadt harte, war fein Bifdof in der Ausıbung feiner weltlichen und
geiftlichen Rechte ficher, und Ronflitte mancher Arc zwoifchen den Bifchofe-
mannen und den Leuten der Ronradiner Tonnten nidyr ausbleiben, da die
Laienariftofratie und ihre Eriegerifde Umgebung damals fehr unkichlich
gefinne waren. Wir grellen Sarben fehildert der Anonymus die Zuftände
in Worme, als Burchard zum erftenmal im Scübfahr des Jahres Iooo
nad) diefer Stadt kam. „Er fand fie verwüfter und faft veröder. Licht
mehr zu menfeblichen Wohnungen, fondern als Schlupfiointel wilder Tiere
und befonders der YOSIfe war fie geeignet. Denn die zerftörten Gräben
Difbof Burdard von Worms, 245
und Wauern boren den Aäubern ımd Tieren einen leichten Kingang.
Wan erzählte fi, daß die Wölfe oft vor aller Augen das Vieh
verfehlungen bitten, und die Wenfchen, welche es verhindern wollten,
bitten fie mit andauernden Eühnen Angriffen surhichgefehreckt; fehließlich
feien fie, wenn man fie gemeinfam verfolge babe, unverfeher enefloben.
Die Räuber aber rühmten diefen Det als fehr geeignet zur Ausführung
ihrer frevelhaften Pläne, weil weder Wallbefeftigungen noch bindernde
Mauern ihren Zugang erfewerten. Wenn jedoch ein Bürger ihnen
Wiberftand leiftere, fuchten fie ihm in nächtlidem MWeberfälle heim,
febleppten alle feine abe als Raub davon und ließen ihn tor ober
balbtot liegen. Das war der Friede und die Sicherheit, das der Schug
und Schirm, unter dem die Biirger von Worms in jenen Tagen lebten.
Zulegt verließen die Bürger die zerfiörte Stade ganz und bauren außer:
balb der Wauern ufer und Wohnungen, wie es ibr Lebensunterhalt
erforderte, und fehlisten fich und ihre Angehörigen mit 34unen, Planten
und anderem Folzwer® gegen Räuber und Tiere.”
Wie großem Schmerze fab Bifchof Burchard die Verddung der
Stadt. Ar berier fi) mit den Seinen; dann z0g er ringe um die
Stadt einen feften Wall; Überall flellte er die Stadtmauern wieder ber
und forderte die Blirger auf, ihre Zäufer innerhalb der Wiauern wieder
aufubauen und zu bewohnen. &o rief er in einem Zeitraum von Baum
fünf Jahren die vertriebenen Bürger in die Stabr zurück, forgte in
diefer Gegend für Sicyerbeit und erneuerte die zerftörte Stadt wieder
von Grund auf. Aber bei diefem fegensreichen Werke war ihm allein
der folgende Umftand binderlich: “ersog Otto und fein Sohn Ronrad
hatten in der Stadt eine Burg, die mir Themen und mannigfächen
Bauten wohl befeftige war. Zn diefer Burg fanden die Räuber und
Diebe und alle, die fich gegen den Bifchof vergangen hatten, eine fichere
Zuflucht. Wenn fich jemand gegen den Bifchof und feine Berreuen durch
Wort und Ther enwas hatte zu Schulden Tommen laffen, fo 308 er fich
fofort dorthin zurfic; und deshalb Pam es von beiden Seiten oft zu
Word und Torfchlag. Diefen fpmacpvollen Zuftand, diefes harte Elend
errrug der Bottesmann lange Zeit. Doc) leiftere er auch mit unerfehrockenem
Wute jenen frecyen Anmaßungen jederzeit Wiberftand. So kam es, daß
dem Gorresmanne jene Wienfchyen mit jedem Tage feines Lebens verbafter
wurden und daß er alle gleich wie Rirdyenräuber von fid) abmwehrte.
Da der Bifdyof einfah, daß er andere der Rraft jener Mächtigen nicht
246 BI. Bapirel
wiberfiehen Fonnte, fo umgab er feinen Sof und auch die Stadt gleid)
einem Boftell mit einer Wauer und verlich ibm im nnern hinreichende
Seftigkeit, indem er Türme und andere geeignere Bauwerke zum Bampfe
eilig aufführen ließ; diefe Werke ließ er fo fejt als möglich bauen.
Ylachdem er fo ein feften Bollwerk gefcbaffen, wiberftand er tapfer den
verwegenen Angriffen feiner Seinde und vermehrte die Zuverficht der
Seinen. Oft aud) fehreckte er feine Jeinbe durch feine eigenen fürchtlofen
Thaten und Worte.“
Diefe Darftellung des Anonymus enrftellt die Tharfacyen in der
tendenziöfeften Weife. Yan beruft fich zur Rechtfertigung diefer Schilderung
darauf, daß Worme wiederholt Durdy die YTormannen und Ungarn und
durch Brandunglüic® beimgefücht worden fei“). Yun berichtet aber
teine einzige Quelle mie ausdrücklichen Worten von einer Seimfchung
der Stade Worms. Die Ylormannen find überhaupt nicht fo weit
theinaufmwärte gedrungen“”), und die Ungarn waren nicht im ftande, eine
ummauerre Stadt zu belagern und einzunehmen, weshalb ja eben Rönig
Geineich I. den Burgenbau in Sachfen anordnere. m jener fhon
erwähnten Llacprichr Widutinds beißt cs blos, daß die Ungarn zu Yoorme
Sffentlich bewirtet und mit Bold und Silber befebenkt worden feien.
Worms war, wie wir aus der Urkunde Arnulfo vom Jahre 897 wiffen, um»
mauert. Denn dadurdh eben unterfehieden fic) die Städte von den Dörfern,
daß erftere ummawert und alfo Burgen oder Seftungen waren, lerztere
aber blos durch einen Zaun gefhlige wurden. Die vor ber Stadt liegende
Anfiedelung oder Vorftadt war dagegen offen und beift daher in YOorms
und in Speier Villa, der technifche Ausdruck? für eine offene Anfiedelung‘“).
Die Tnftandbaltung der Wiauern erforderte große Sorgfalt und befondere
Wiafregeln. Denn eine Burg diente in jenen von Unruben und Beroalt:
thaten erfüllten Zeiten nicht nur den inwohnern zum Schune, fondern
auch der ganzen Landfchaft als Zufluchtsorr. Darum waren die benach-
barten Dörfer zum Wauerbau verpflichter. Damit ftehr jene bekannte,
vielbefprochene Stelle Widutinds I, 35 in Beziehung“). Die Geerbann«
pflichtigen mußten die von "einrich I. erbauten Burgen verproviantieren
und verteidigen. Für Wlainz befigen wir eine alte Bauordnung, worin
eine Anzahl von Dörfern um Wiainz jede mit einer beftimmten Anzahl
von Wauersinnen verzeichner find, die fie mit dem enefprechenden Stück
der Stadtmauer berjtellen und unterhalten mußten, wofür ihnen der
zollfreie Kauf und Verkauf in der Stadt geftarter war”). Einige diefer
Bildof Yurdard von Worms, 247
Zinnenfteine find erhalten. Yan benunte hierfür eömife Infchriften:
fieine*“). Auch ein Zinnenftein der Stadtmauer von Speier mit der Infehrift:
MVDERST
AT. PINNAS. Si
Bl, QINAS. VEn
DICAT. ISTAS.
eriftierte®). Die Schrift diefer Steine ftanıme aus dem I3. Jahr:
hundert. Der gleiche Brauch it für Weißenburg, Boblenz, Bingen,
Saarburg u. f. mw. bezeugt.
Die Ütrefte Mauerbauordnung ift flr Worms Überliefer®). Eo
bat thatfächlidy wenig zu bedeuten, ob man fie in die Zeit des Bifchofs
Tietelahe (am Ende des 9. Jahrhunderte) oder in die Burcharde fegt.
Wady diefer Ordnung find die Sriefen verpflichtet, das Sthek der Stab:
mauer im ftande zu balten, welches von der Sriefenfpira (das heißt
Spige‘%t), in der YTähe des fpäteren Jubenthores) bis zum Abeine gebt.
Die Dörfer Rudelsheim, Bimbsbeim, Zich, Jamm, Tbersheim, Ahein-
Dürctheim, Alsheim und Wiettenbeim, die [Ämtlich zwifchen Oppenheim
und Worms gelegen find, beforgen das Wauerftic® von der Sriefenfpira
bis zur Abeinfpira, alfo die Ofifeite der Mauer; die Samilie, das heißt
die hörigen Leute des S. Leodegarsftiftes (in Wurbachr), bat auf diefer
Seite ein Thor zu unterhalten (fpäter Brorpforte genanne); darauf
beforgen die Blirger, welde seimgereiden beißen, das Gtüc® bis zur
Pfauenpforte (am jenigen Sifchmarkt). Von bier ‚bis zur füdlichen
Ede haben die Dörfer Bobenheim, Ligrieheim, Rorheim, Oggersbeim
und Zemmingesbeim ben Bau zu unterhalten. Die Allfre der Bewohner
de Dorfes Rucpeim und alle die, welche in der Aheinebene bie Rarlbad)
wohnen, unterbalten die Wauer bis zur weftlichen Ede, Die auf
beiden Seiten des Raribadyes wohnenden bis Mirchheim an der Eck
beforgen das Sthek bio zum S. Andreasthor. Von da bis zum Wiartino-
tbor übernehmen die Unterhaltung der YWauer die Bewohner auf beiden
Seiten des Kisbaches bis nach Mertesheim bei Brünftadt, und von da bis
sur Sriefenfpica alle, die auf beiden Seiten der Pfrimm wohnen, bis da,
wo der Wühlbach in die Dfrimm fließt. Ueberdieo follen die Bewohner
von Wionzeenheim bis nad Dienbeim, alle, die innerhalb des UmEreifes
der genannten Bäche und Dörfer wohnen, zum Bau der Stadtmauer
beitragen. Schugpflicht der Stadt und Baupflidyt der umliegenden
Dörfer hängen aber auf das engfte zufammen. Die Stadt if nicht
248 MT. Bapisel,
mur das wirtfchaftliche Zentrum fie die umliegende Landfdyaft, fondern
auch der politifdpe Wittelpunkt. Zn Tralien und zum Teil in der Schweiz
erreiche diefe Enmwicelung ihren &öhepunkt, indem bier Stadrgewalc
und Territorialberefchaft verfchmelzen, während es in Deurfchland nur
wenigen Städten gelang, eine foldye Landesberefchaft zu erwerben. Aber
diefe Schugverbände dauern zum Beifpiel in Srankfurt bis ins 16. Jahr:
bundere*®®). YDie lange in Worme diefe Baupflicht der Dörfer fich erhalten
bat, veiffen woir nicht; vielleicht bis zur Zeit, wo die Stadt die Auronomie
erlangte und die genannten Dörfer in den Befiz verfchiedener “erren Eamen.
Wiöglicherwoeife datiert von ihr ber das von den umliegenden Dörfern mit
10 vieler garmäcigteit behauptete Vunungerecht an der Wormfer Aimende.
Wir jener teüben Schilderung des Anonymus fimme nun auch
nicht die Thatfache, daß im Jahre 979 von einer Yleufadt und einer
Alrftadr die Hede ift). Die Bevölkerung ift alfo nicht, wie man,
wollte man dem Lobredner Burchards Blauben fehenten, annehmen müßte,
zurhefgegangen, fondern gewachfen. n der Regel Läße man fid) viel zu
febr von der Anfdyauung leiten, als ob das Io. Jahrhundert ein Zeitalter
des Derfalls gerwefen fei, während eo im Gegenteil eine Periode gährender
und fehöpferifcher Bräfte war. Gerade die Zeit der Orronen weift, wie
wir gefehen haben, eine Anzahl tlchtiger Bifdyöfe in Worms auf, und
Ysildebald, der zugleidh Manzler zweier Rönige war, hätte ganz gewiß
feinen Zinfluß benuge, um mir Jilfe des Aönige geordnete Zuftände zu
fehaffen, wenn die Leute des Herzogs Oro es fo getrieben hätten, wie
es der Krzähler draftifch genug fehildere. Oder man müßte denn
annehmen, daß die Wandelung zum Schlimmen erft in der Zeit des
bifchöflichen nterregnums (4. Auguft 998 bis Srühjahr Jooo) ein
getreten wäre. Der rafch aufeinander folgende Tod von vier Bifcfen
mag ja wohl zur Locerung der Zucht und Ordnung beigetragen
baben. Wlan war damals rafdy zu jeder GBewaltthat bereit, wog
Hecht und Unrecht nicht fo genau ab, benugte feinen Vorteil auf
Koften der Schwächeren. Der Verfaffer der Vita ift voller Animoficke
gegen “erzog ©rro. Daß Burdyard fich fo eifrig Ronrade angenommen
bat, feheint ihm Die Seindfehaft von deifen Großvarr und Obeim
zugezogen zu baben. Ueber Bewaltthaten der Laien Elagten damals alle
geiftlichen Schriftfteller. Aber nicht nur die Leute des “erzogs verhbten
Gewalcthaten, fondern audy die Bauern und !Wlannen des Bifchofe
felbft trieben ee nicht beffer; 35 +örige der Rirdye S. Peter in Yoorms
Difof Zurdard von Worme. 249
wurden in einem Tabre in Raufhändeln erfchlagen, und die Jehden der
bifehöftihen Benoffenfehaft mir den Leuten des Rlofters Korfch erfüllten
die Umgegend von Worms mit wilden Berlmmel,
In jedem Kalle Übertreibt Burchards Diograph. Er läßt den
Bifchof Befeftigungen ausführen, die viele Jahre erfordert hätten. Dem
fei nun, woie ihm wolle, genug, im Jahre J002 Lam Burchard in Defli
der Burg der Monradiner, und dadurch wurde er Herr der Stadt.
Damit börten auch die Streitigkeiten mit den falifchhen Aersögen von
feloft auf.
Wir haben geböet, wie Burchard im Kinklang mir Willigifie von
Waing die Tpronkandidatur Yeinside von Baiern unterftligee und bei
diefer Belegenbeit feinen Vorteil wahrzunehmen wußte, indem er fi) von
‚eineich das Verfpredyen ablegen lief, die Burg Öttos zu erwerben
und in feine Zände zu Hbertagen. So fehlimm muß jener verläfterre
ersog Dero doch nicht gewefen fein, denn auf feine Sürbitre bin gab
Rönig Seinrich II., als er unmittelbar nach der Rrönung in Mainz am
30. Juni J002 nady Worms tam, der Wormfer Rirdye den Königlichen
Yoitdbann im Sorfte Sorehahi”). Ohne die freiveillige Zuftimmung Orros
wäre Burchard doch Baum zu feinem Ziele gelangt. Der König fehenkte dem
Serzog den Eöniglichen “of in Bruchfal und einige andere Büter. Er, der
fonft nicyr im Rufe der Sreigebigteit jtand, thar dies in der Erwägung,
daß ihm der Bifchof von Worms eine treuere Stüge fein werde als das
Geflecht der Ronradiner, das fo nahe dem Pöniglichen Thron geftanden
batte und durch ihn zurhichgedränge worden war. Auch der Bifchof von
Worms verftand fich zu einem Opfer und zahlte dem Ferzog eine Beld-
fümme, worauf diefer die Burg in Worms mit aller Zubebör und allen
sobtigen, ausgenommen drei Wiinifterialen mit ihren Samilien, an
“eineich II. abtrat, der dann zu Bruchfal jenes Allod am 3. Oktober
1002 dem Bifchof Burchard Überrrug“). Diefer wußte nun nichte
eiligeres zu thun, als die ihm fo verhaßte Burg zu befeitigen. An dem
felben Tage, an welchem der Zerzog aus der Burg abzog, ergriff der
Bifcyof in deffen Gegenwart und in Anwefenheit vieler Zeugen Bejlz
von ihr und ließ fie bis auf die Sundamente niederbredyen. Dann
erbaute er mit demfelben Wiaterial eine Kirche zu Mbren des heiligen
Pautus, des Apoftelfürften, mit der Widmung: „Diefe Rische it zur
Erinnerung an die Befreiung der Stade erbaut worden.“ Kr fegte
20 Brüder in das neugefliftere Mlofter. „Auf diefe Weife hatte der
4. Deo, Die Au
eitipaen sure ”
250 11. Bapirl
Bottesmann das Erieggerifche Saus in eine Rirdye Chrifti verwandelt; und
aus dem Haufe des Bampfes war ein Zaus der Verföhnung geworden,
in dem unferem orte Tag und Llacht Lob und Dank dargebracht wird.“
Durd diefe That fühlte fi Burchard von dem Druce, der bisher
auf ihm gelafter hatte, befreit. Tent war er der einzige Zerr in der
Stadt, und jent erft konnte er fie völlig der Bewalt des heiligen Petrus
unterwerfen. Auch die eitgenoffen faben in diefem Vorgange einen Akt
der Befreiung, den Thiermar von Wierfeburg befang:
„dent aud) erfreut fih Worme der neuerhaltenen Seeibeit,
‚Deren bieper fie entbeprte, den Serzogen pflichtig des Landes,
Unter den Großen des „Gern fühlt herzliche Sceude nun Bucdhard,
@x, der Biftiof von Worme, daß durd) Die Güte des Serrfdhere,
Weit entrüdt feinen Geinden, er ihre YIAh" nicht zu (heu'n hat.
Und des Sergoge Sof If wahrlid) vor allen jegt Cprifti
Sig und Wohnung zu nennen, dort fleucht vor des Beiflichen Machtwort
Weltticer Rider veränderlidh Seer, Dies alles hat Seinrid
Glüpend in criftlichem Mifer bewirkt, er nahm von dem eignen
Gut und Löfe die Aicche und widmete wieder dem Seren fir,
Allem nun pflitete bei der gerzog Orto, der fromme,
Sorgend fofort, daß des Aönige GefchenE reihtekräftig bezrugt ward.“
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12. Kapitel.
Die kirchlichen Ordnungen Bifhof
Burdards.
längft hatte, die Ricdye die Sorderung
aufgeftellt, daß ein Bifdof nur in‘ einer
bedeutenden Stadt refibieren folle. -sEben
deshalb fheure Burcyard Feine übe und
fein Opfer, um Worms zu verfdhönern
und zu einem würdigen Sin des Bistums
zu machen“). Mir Stolz fab er fich als den
Vreubegelimder‘ der Stadt an und nenne fich
felbft- in’ einer Urkunde: „Ich, Burchard,
Bifchof der "Stadt Worms, die ich mit
meinem «But und Geld größtenteils vom
Gerzog Orro zurlihgekauft habe”).“ Lac)
feiner Meinung follte der Bifchof der
saiete‘ feiner Gemeinde, und die chrifkliche ‘Lehre und Sitte follte lfen
Bewöhnern des Bistums vertraut fein.‘ Das war num Feincemwege der
Hall. Die Belehrung "der deurfehen Stämme war. ein umendlic)
Tangfamer ‚Progeß, ünd wenn man genau zufleht, fo it das Cbriftenrum
bis tief ins Witrelalter nur ein dimner Firnif gewefen. Erf am Ende
des 8. oder im 9. Jahrhundert ift die Terminologie der Iateinifchen
Rirchenfprache in den ‚YOortfcan der weftgermanifchen Dialekte auf:
genommen worden, wie zum Deifpiel Abt, Priefter, Prediger, Propft,
Rüfter, Breus, Wünfter, Möndy ıc., während der Ältefte Befland der
religiös. hriftlichen Lehnworte, wie Rirche, Pfaffe, Pfingften, Engel,
Teufel ıc. ducch arianifch-gorifche Vermittelung unferem Spracfchane
254 12. Bapitel,
zugeführt worden if"). An fifer fehlte es nicht, den neuen geiftigen
Erwerb audy dem Dolte zugänglich zu machen; diefes ferte jedoch
foldyen Beftrebungen einen pafliven, 3&ben Wiberftand entgegen. Die
Leute beteren und fäylugen das Mreus, doch in ihrer Denk: ımd Anı
fbauungsweife blieben fie eiden. Sreilich, das "eidennum als Religion
war, wenigftens am Ahein, fdyon Ängft vernichter, aber das “eidennm
Vebre als Aberglauben fort, und faft ein jeder glaubte an den Linfluß
und an die Wacht der alten Götter. Im erfeburger Sauberfprucy,
der im Io. Jahrhundert aufgeseichner wurde”), werden Balder und
Wuodan, Sindgund und Sonne, Srija und Volla nebeneinander genannt,
freilich mit fürdhtfamer Schyen. Die Rirdye felbft beförderte durch
ihre Lehre vom Satan und den Dämonen den Aberglauben. „Entfägeft
du den Unholdeny“ fragte die Kirche den Täufling. Diefe Unholde
waren aber eben die zu Dämonen gewordenen alten Bötter. Vergebens
hatten Barl der Große und feine geiftlichen Wiitarbeiter gegen diefen
Aberglauben angelämpft. Tin der Zeit des Küıckfalles in die Unkulrur
am $Ende des 9. Jahrhunderte hatte er fich verftärkt und neue Mache
über die Better gewonnen. Burdhard von Worms war ein fdharfer
Beobachter; er verftand es, das Vol zu belaufen, und feine Wie
teilungen Über den zu feiner eit am beine berrfchenden Aberglauben find
ffir uns von größtem Werte. Die beibnifchen Vorjiellungen, fagt er, pflanzen
fic) gleichfam ducch Erbrecht von Vater auf Sohn fort. ndes bie Rirche
bürere fidh, auf geroaltfame YOeife gegen Diefes tief eingefleifchte Uebel
vorzugehen. Zwar zollt Thiermar von Mierfeburg der Bekehrungsweife des
Serzogs Boleslaro von Polen alle Anerkennung, der denen, welche die Saften-
gebore Üibertraten, die Zähne einfdhlagen ließ. Bei den Deurfchen wäre diefes
Zuchrmittel dody erroas gefährlich gewefen. Defler war eo jedenfalls, die
Vorfeyrift Bregore des Großen zu befolgen, der verlangte, man folle fehrict.
weife vorgeben und fich den beibnifchen Bebräuchen anpaffen, indem man
ihnen eine dhriftlice Färbung gäbe. Das hat die Rieche nur all fehr
gethan. Sie enmahm nicht nur dem beidnifcy-römifchen Staate ibre
Organifarion, dem Griedentum ihre Philofopbie, fondern auch dem
griechifcy-römifchen „eidentum eine große Anzahl von Gebräuchen, wie zum
Beifpiel den Reliquienkule ıc.). In ihrem Rampfe gegen die heidnifchen
Gebräuche und den Aberglauben bat die Kirche wenige Triumpbe erfochten.
Wir den heidnifcyen Vorftellungen erhielten fich audy die beibnifdhen
Gebräuche, und das tÄgliche Leben war von denfelben umfponnen. Jeder
Die firdlidden Ordnungen Bifcef Burbarde. 255
glaubte an das unabwendbare Schickfal, und diefer Blaube führte zum
Achten auf Vorzeichen. Eben aus der Surcht vor den unbolden
Mächten entfproß der Glaube an die Wlacht des Zaubere; von ihm
fühle man fidy zu jeder Zeit bedroht, und man füchte fid gegen ihn
zu fÄhligen, indem man zum Zauber Zuflucht nahm.
Der beidnifdye Rultus war indes auch im II. Tahrhundere noch
nicht ganz befeitigt. Den Böttern wurden Gpfer dargebracht, ich
erinnere nur an den Rultus der drei Parzen in VWoorme (fiehe oben);
befonders der Donnerstag war dem Tupiter oder Thor heilig, Sonne
und Mond wurden angebeter und bei ihnen ide geleifte. Dem Yond-
wechfel lege man ganz befondere Bedenrung bei. Die Verfinfterung
von Sonne und Mond erflte feroeilen die Wienfden mit abergläubifdyer
Surdht, und durch Gefchrei fuchte man das Unheil abzuwehren. Auch
das Brauen vor dem Tode meinte man durdy tollen Spuß befeitigen zu
Bönnen. Bäume und Steine wurden verehrt, und mit Scheu betrat man
heilige Zaine. Auch Quellen galten für beilig.
Die Seier der Winterfonnenwende war allentbalben üblich. Wien
308 an biefem Tage in Tiermasten verkleidet ale Zirfd) oder Rub
umber oder auch in Srauenkleidern. Schon damals Tiebten es Die
Deurfchen, fi an diefem Tage zu befchenten. Vor den Kirchen, ja auf
den Bottesädern tanzte man den eigen nady beidnifdyer Art. Die
Rirche verbot firenge das Deuten von Zeichen aus dem Sluge der
Vögel u. f w. Da nahm man zur heiligen Schrift die Zuflucht und
weisfagte aus den zufällig aufgefehlagenen Stellen. Die Stillen im Lande
üben noch heute Diefen Brauch. Strenge beftrafte die Rirche das
Wettermacyen oder die Zaubermittel für die Brankheiten von Menfcy
und Dieb; die gleichen Wiittel dienen nody heute. Befonders das Weib
galt der Kirche als das Gefäß alter Bosheit, ihm fdyrieb man sauberifche
Gewalt zu. In der Thar haben die Frauen die alten Sitten säber
bewabrt als die Männer, ihr Bemüt ift fr den Aberglauben empfänglicher.
Schwer haben fie diefe Zigenfehaft fpärer büßen müffen. Durch Zauber»
wänte und allerlei nidyr gerade appetitliche Wiittel wußten fie fich
beftändige Liebe zu fihern. Beim Yeben raunsen fie beidnifcye Sprüche.
Sie waren "eilfpenderinnen und verftanden fi) auf die volksrümlicye
Seilfunde; fie fammelten beilträftige Bräurer unter leifen Befchwörungen.
Die Mutter lege das fieberfrante Rind auf den „erd oder das Dach;
der Vater Erodh, um ihm zu belfen, durd) ein Erdloch, das er dann
256 12. Rapiel
mit Dornen verfehlof. lan band fü Amulere um, die mit beidnifchen
Kımen oder auch mic chriftlichen Schriftftellen befchrieben waren. Auch
im Torenfultus lebte, wie wir wiffen, das Alcheidnifche for.
Der Kirche gelang es nicht, die acht des Aberglaubens zu brechen;
er lebt zum Teil noch bis auf den heutigen Tag fort. Wehr Erfolg harte
fie dagegen mir ihren Beftrebungen, das Volk auf eine böbere firtliche
Stufe zu heben. Das Mittel dazu war die Seelforge und die Bufzucht.
In den altcbeiftlichen Gemeinden wurde der Yladpdruct auf die fieliche
Reinbeit eines jeden Ebriften gelegt, und die Bemeinde Eonnte einen
Sünder von der Bemeinfbaft ausfchließen. Die altchriftliche Bußzucht
war jedoch in den Wirren des 7. Jahrhunderte außer Gebrauch gefommen.
Racl der Brofe bemühte fich, fie wieder einzuführen. Als Grundfag
galt, daß Sffentlidye Sünden audy Sffentlich gebüft werden mußten.
Seüber hatte die Rirchenbuße den Charakter der Bemeindesucht gehabt,
jene diente fie zur Verfebärfung der ftaatlich verhängeen Strafe, denn
der Verbrecher wurde einmal zur Zahlung des Webrgeldes und dann zur
Zeiftung der Riechenbuße verurteilt, er wurde alfo doppelt beftraft, was
den Widerwillen der Bevölkerung erregee. Wan füchte fich auf
andere WVeife zu helfen, indem man fid bemübre, die Beichte zu einem
allgemeinen Inftitut zu machen. Licht mur die Wiönche, fondern jeder:
mann, Wann und Srau, Tung und Alt, follte beichten. Die Sorm der
Beichthendlung war einfach: fie begann mit einem Geber deo Prieftere
und des Beichttindes, dann legte Ienteres das Stndenbefennmis ab, cs
mußte das Glaubenobefenntnis fprechen, denen vergeben, die an ihm
gefündige haben, und Befferung geloben. Darauf beftimmte der Priefter
die Bußzeit, berere dann die fieben Bußpfalmen, und fchließlich abfolwierte
er den Bhißer. She die Beftimmung der Bußzeit benugre man die feir
Rolumba in der fränkifdyen Kirche verbreiteten Bußbücher. Ihrer gab
es eine ganze Wenge von unbekannten Autoren, und das Schlimme war,
daß die Bußanfäge nicht Üübereinftimmten. Im Laufe des 9. ahr:
hunderte fegte fich) die Sitte der Beichte feft. Yleben der Predige war
fie, wie gefagt, ein “auptmittel der feelforgerifchen Linwirtung des
Priefters auf die Bemeindeglieder. Der Pfärrer lud bei Beginn der
Saftenzeit zur Beichte ein. Während aber früher der Beichtende fein
Sündenbetennmis frei abgelegt hatte, nur zuweilen durch Scagen des
Pfarrers unterftlgt, fo war jene im 9. Jahrhundert die Srageftellung
des Pricfters die “anptfache; fir jede gebeichtere Sünde wurde eine
Die Hicclichen Ordnungen Bifihof Burchards. 257
‚Seift als Bußzeit beftimm, und während diefer Bußzeit war der Sünder
zu gewiffen Bußleiftungen verpflichter. Zn Deuefebland bedienee man
Nic der deuefchen Sprache, Sündenbefennmis, Abfolurion, Glaube und
Vaterunfer wurden deucfich gefprochen”). Wlan hat fehon damals das
Bedenktiche diefer Beichre nicht verkannt: das Kindringen in die inrimften
Geheimniffe des Lebens, die Gefahr, daß durch die Fragen nach Stnden
Wandyer zur Begehung der Sünde gereist werde u. f. w. Die Parifer
Synode vom Tahre 829 legte es den Prieftern ans Zerz, daß fie in
verftändiger Weife nach den Sünden forfehen follten. Allein die Miehr-
zahl der Priefter ftand geiftig und firlid) nicht hoch genug, um eine
folche vernünftige Forderung erfüllen zu Eönnen; fie hielten jich eben an
die Bufibücher. Von diefen aber wollte die erwähnte Parifer Synode freilich
nichte wiffen; fie verlangte von den Bifchöfen, daß diefe ihre Rleriter
über das fanonifche Wa der Buße unterrichten föllten. Doch diefe
fanonifden Beftimmungen waren in einer Wlenge von Synodal:
befehlüffen und Väterftellen zerftreut. ine Sammlung diefer Stellen
oder ein aus anerkannten Quellen zufammengeftelltes Bußbud wäre alfo
böchft notwendig oder ermünftht gewefen. ron verfchiedener Anldufe
Bam eo nicht dazu. $Ee entftanden neue Sammlungen, die nicht beffer
waren als die alten. Die Verwirrung wurde immer größer.
Die Art, wie diefe Rirchensucht gelbe würde, wirkte geradesu
fbldlich. Der Pfarrer wurde zum Richter, und man geroöhnte fich an
die Vorftellung, die Bußleiftung als Genugebuung für das Unreche zu
berrachten. Wlan Teiftere alfo die Buße, behielt aber zum Beifpiel das mir
Unrecht erworbene But, oder. man erfegte die Pönitenz durch Beld-
sahlung, ja fogar, man lief fle durch einen Dritten ableiften. Die Straf:
gewwalt des Bifchofe ergänzte die Bußgewalt des Priefters. Alle Jahre
follte der Bifchof feine Diöcefe vificieren. hm ging der Archipresbyrer
oder Archidiston voraus, verfammelte in einer Bemeinde das Volk, ver:
tindigee die Ankunft des Bifdofs und Iud alle bei Strafe der
£rfommunifation ein, vor dem Bifchof zu erfeheinen. Die geringeren
Sachen erledigte er mit dem Örtepfarrer, die wichtigeren waren dem
Sendgericht des Bifchofe vorbehalten. Der Bifchof forderte das Volk
beim ide auf, Seugnis fiber die Priefter abzulegen, und diefe hatten dann
über den Zuftand der Bemeinde zu berichten. Darauf biele der Bifchof
Gericht. Am Ende des 9. Tahrhunderes Bam das nftitur der Send:
zugen auf").
5. Bean, Die Aue er ehrt
258 12. Bapisel,
Das Sendgeriche wurde im Io. Jahrhundert folgendermaßen ge:
halten: Der Bifchof eröffnete die Verhandlungen mie einer Anfprache an
das Volß und berief dann aus der Wlitte der Bemeinde jieben an:
‚gefehene Wärmer als Sendzeugen. Auf die Reliquien fdyvouren fie, alles,
was in der Pfarrei gegen Bort und das Chriftenrum gefehehen fei, ohne
Surchr und Bunft zu fagen. Der Bifcpof forfähte fie dann über die
Verbrechen wider das Leben, die Ehe, den DBefiz, die Öffentliche Treue,
über heidnifcyen Aberglauben und Ungeborfam gegen die Einrichrungen
der Rirche und ihre Diener aus. Vice der Rläger hatte feine Anklage
zu beweifen, fondern der Angeklagte mußte feine Unfchuld darchun und
war, war er ein Sreier, durch den $Eid, war er ein Unfreier, Durdy das
Gortesgericht. Bemeinfam mit den Prieftern fand der Bifdyof das
Urreil. Der Seblbare wurde zu Öffentlicher Buße verurteilt. Unterwarf
er fih) dem Urreil des Sendgeridytes nicht, fo verfiel er nach der dritten
Mahnung der Erfommunitarion. Vor verfammelter Gemeinde bielt der
Bifdyof, umgeben von zwSlf Priefteen, welche brennende Sackeln in der
Sand trugen, eine Anfpracdhe, worin er die Pflicht, tote Glieder vom
Leibe der Rirdhe zu fondern, betonte. Darauf fprach er, während die
Priefter die Berzen zu Boden warfen und ausläfdhren, den Bannfluch
fiber den Ungehorfamen aus: er fähieb ihn won der heiligen Kirche und
jeder Gemeinfjaft der Chriften für Zeit und KEwoigkeit. Verflucht foll
er fein in der Stade und verfluchr auf dem Lande; verflucht fein $Ein:
gang und verfluche fein Ausgang. Bein Ebrift foll ihn grüßen, fein
Priefter ihm die Wieffe Iefen, niemand mit im Verkehr oder Bemein.
febaft pflegen, es fei denn, daf er umkchre und Buße tue.
&> ift die Seelforge völlig in das Bericht umgefchlagen, und die
Rirche hat fic) durch ihre Gerichrogeiwalt oft genug die Bemliter entfrember.
Aber diefe Fortbildung der Kirchenzucht war desbalb möglich, ja
notwendig, weil die fiaatliche Gewalt ihre Aufgaben nur ungenügend
löfte. Die Rirche war eben noch immer ein weit ftärkerer Saßtor der Rulrur
als der Staat. Diefer Eimmerte fi) um die Verbrechen wenig. Jeder
Sreie fehaffte fich durd) Selbfthitfe Benugehuung, und mit ihm vereine feine
Samilie und Sippe. Die faatliche Befengebung regelte Iediglich die Sorm
diefes Bampfes, gab die Bedingungen an, unter denen fich der Verbrecher
von der Rache des Verlegten befreien Eonnte. Das gefchah durch Geld:
sahlung, je nach der Arc und Bröße der Wiffechar. Das Verbrechen fand
bier Beine Sühne, und eben deshalb mußte die Rirche ergänzend eintreten.
Die Fieclichen Ordmungen Bifthof Burcbarde. 259
Die weltliche und geiftliche Befengebung Barle des Großen
umfpannte alle Gebiete des öffentlichen Lebens. Sie erftrechte fi auf
die Gerichte: und “eezesverfaffung, auf die Eirchliche Drganifation, aber
auch auf das Unterrichrewefen und die Landiwirrfchaft. Seit dem
allgemein einreifenden Derfall verlor die Gefengebung ihre Bedeutung.
Die Laien lernten nicht mehr Iefen und fehreiben, für fie hatte alfo
die fehriftliche Befengebung feinen Wert. Aber auch mit der Bildung
des Mierus fand es febr fcblimm. Eben deswegen verlangte Wipo,
der Biograph Ronrads II., die Wiederberfiellung des allgemeinen Schul:
unrerrichtee, um den Befegen wieder allgemeine Geltung zu verfchaffen.
Auch die Bicchliche Disziplin hatte fich gelocerr. Die niedere Beiftlichkeit
füchte, geftlige auf jene beircifihen und irifchen Pönitenziatblcher, ihre
Autorität in der Bemeinde zu wahren; aber forohl die Verfchiedenheir
diefer Bußordnumgen als auch der Umftand, da diefe Buforbnungen
nidye mehr mit den Zeitverbäfmiffen im Zintlang fianden, erzeugte eine
allgemeine Verwirrung und Unficherheit. Berade dies beroog den Bifchof
Burchard von Wsrme, diefer Verwirrung dich eine neue Sammlung
der Bußordmungen umd der Eirdjlichen Vorfchriften ein Ende zu
machen. Zunächyft war er darauf bedacht, für feine bifchöfliche Gewalt
eine würdige Stätte zu febaffen, gemäß der Jorderung der Kirche, daß
ein Bifebof nur in einer größeren Stadt refidieren folle. Darum fuchre
er den ftädtifchen Verkehr zu heben, die Rechtoficherheit wieber berzuftellen,
dur Bauen aller Arc die Stadt zu verfhönern und in feiner and
alle Bewalt zu vereinigen. $E6 war gewiffermaßen eine Reaktion gegen
die durch die Bermanen zum Sieg gebrachte Vorberrfchaft des platten
Landes; der Stadt wollte er wieder Die ihr geblihrende Stellung verfhaffen.
Der Bifcof follee für die geiftlichen wie für die weltlichen
Kinwobner der Diöcefen der wirkliche WMitrelpuntt fein und die Rathedral«
tirche gleichfam der böchfte Rontrollbof. Am erften Saftenfonntag und
am Gründonnersrag harten fidh die Sffenclich Büßenden des Bisrums
mit ihren Detanen und Presbyrern in dem Dom zu beftimmren geiftlichen
Uebungen vor dem Bifcyof und feinem Rlerus einzufinden. Burchard
verlangte noch mehr. Alle ermachfenen Chriften der Dibcefe follten die
drei hoben Sefte am Sine des Bifchofs mit ihren Pfarren begeben.
Alles durfte nur mir inwilligung des Bifchofs gefcheben, fo die
Gründung neuer Kirchen, die Weibung neuer Altdre, die Verehrung
neuer Feiligen u. [. w. Diefem Zwecke diente eben fein neues Bußbuch,
280 12. Bapil
Die alten Pönitiatblicher waren auf die Schwächen und Lafter
einer den Deurfchen fremden Bildung berechner getvefen und darum bei
ihnen wirkungslos. Burchard ging darauf aus, nicht nur die Thärigkeic
der Geifilichen neu zu ordnen, fondern auch durch Berlichfichrigung der
wirklichen Verhäteniffe wirkfem zu machen. Er biele den Brundfaz
aufrecht, daß für ein Öffentliches Verbrechen eine Öffentliche Bufie
gehöre. Die Büfenden follten in Sad und Afche vor ibrem Bifdof
in feiner Barhedrale erfcheinen. Dem Büßer wird nach Vollendung der
Buße der weltliche Mriegsdienft verboten. Das ganze Öffentliche und
Private Leben füchte die neu reformieree Kirche zu umfaffen und auch
den Vornehmen und Mächtigen ihrer Disziplin zu unterwerfen.
Die von Burchard veranftaltete Sammlung: Deeretorum libri XX.
fälle in die Jahre Io12—1023. Das Werk ift dem Wormfer Dom-
propft Brumicho gewidmet, der neben Walter, Bifchof von Speier, und
Olbert, dem Lehrer Burcharde, Wiitarbeiter war. Den Hauptinhalt des
Wertes bilden die Bußvorfibriften; das XIX. Buch, der fogenannte
Corrector et Medicus, bat einen eigenrünmlichen Charakter; denn während
die andern Blcher aus Älteren Bußbüchern Eompiliert find, febeine
Burchard bier direkt aus dem Volksleben gefchöpft zu baben. Die
Ueberrefte heidnifchen Aberglaubens zu bekämpfen, war ein Sauprzwedh
diefes Buches. Ein anderer Teil feines Werkes enchäle Beftimmungen
über die Rirchenverfaffung, alfo fiber den Bifchof, feine Wahl, die
verfchiedenen GBebiere feiner Thdeigteit u. f. w., das Verbältmis des
Bifchofs zur Beiftlichtei und zu den weltlichen Bewalten, den Riedyen-
dienft, die Lehre u. [. m.)
Eine Beform des Birchlichen Lebens wollte Burchard anbahnen
und zugleich den gegenwärtigen Rechtesuftand mir den früheren Rechro«
vorfehriften in Uebereinftiimmung bringen. In biefem Sinne bar
er sum Deifpiel die Bapitularien Borrigiert und alle Stellen, wo bei
feinem Vorgänger Regine die weltlichen Gewalten (die WIN) erwähne
werden, getilgt. Dann fuchte er die bifchöfliche lacht gegenüber den
Riöftern zu erböben. Er berübrte fich mit ähnlichen Tendenzen der
Korbringifchen Bifcyöfe””). Weil die Wönche frommer waren, als die
Weltgeiftlichen, genoffen fie beim Volke ein größeres Anfehen. Darum
füchte Burchard nun audy die Weltgeiftlichfeit möndyifcher Zucht zu
unterwerfen. Das auptlafter war die Völlerei im Zifen und Trinken,
und Überdies gab fich der geiftliche Stand gefchlechtlichen Ausfchweifungen
Die Hirclicden Ordnungen Bifchof Burcbards. 261
bin. Viele drängten fich zu diefem Stande obne flerlichen Beruf, denn
er genäbrte nicht nur Anfeben, fondern audy ein gutes Auskommen
obme große Arbeit. Da gab es Mieriker, die „handel: und Wrcher-
gefchäfte wieben, die mit Zunden und Salten jagten, Srauen und Rinder
batten. Verordnungen wurden nomwendig gegen folce, welche die
Schenten befuchten und dort bie Wlirternadht weilten; andere taumelten
bei der Derrichtung ihres Amtes in der Rirdye vor Trunfenheit. Gegen
diefe Ausfehweifungen haben zuerft die Winde ihre eifernde Stimme
erboben und fehließlich haben Staat und Kirche zufammengewirkt, um
eine Befferung des geiftlichen Standes zu erzielen. Das wurde baducd)
erreicht, daß man ihn aus der biirgerlichen Befellfchaft auofcyied und
ihm eine gemeinfame Regel der Disziplin auferlegte. $Es entwickelte fich
der Begriff der Banonifchen Regel”).
Im Capitulare Aquisgranense vom jahre 802 twird das, was
‚man von foldhen, die das Eanonifche Leben führen, verlangte, aufgezählt:
Geftattet ihnen nicht, aus den Thlren berauszutreten, fondern laßt fie
in einem volltommenen Bewabrfam leben; nicht follen fie fehmunigem
Gewinn ergeben fein, nicht unkeufch, Beine Diebe, Mörder, Räuber,
Seeeirflchtige, Zornige, Aufgeblafene, Truntenbolde, fondern Beufch im
Gerzen und am Leibe, demitig, befdbeiden, nldhtern, freundlich, fanft:
müig, Söhne Gottes, die des heiligen Standes, zu dem fie erhoben
wurden, würdig find, und die nicht ein Leben der Schwelgerei oder
Unteufchbeit oder anderer Arten von Laftern auf den Dörfern oder in
den bei Rirchen. gelegenen „äufern führen, ohne Bontrolle der Disziplin.
Diefe Gorderung mußte öfters wiederholt werden. Die Kirche
verlange, daß in den Geädten der Bifdof und fein Rierus und auf
den Dörfern der Oberpresbyter und der jüngere Rlerus zufammen unter
einem Dadhe, und zwar nad) einer gemeinfamen Kegel, wohnen follten.
Ehrodegang, Bifdyof von Wien, der dem Blöfterlichen Leben fehr geneigt
war, hatte die Wöndyoregel des heiligen Benedikt fo umgerwanbelt, daß
fie den Bedingungen des Bleritalen Lebens an Stelle des möndhifchen
enefprady. Ludwig der Sromme nahm 816 auf der Synode zu
Aadyen diefe Kegel an, mit einigen Wodifitationen, und er wolnfchte,
da} ihre Beachtung allgemein fei. Das Blerushaus follte nur eine Thhr
zum Sin. und Ausgang baben, einen Schlafraum, ein Befecrorium ıc.
Speife und Trank follte jeder Bruber in vorgefchriebenen Portionen
erhalten, &rmere aud) die Mleidung. Durch diefe Inftitution wurde
282 12. Bapirel.
in der Tat die Sitelichteit des geiftlihen Standeo gehoben und das religiöfe
Leben vertieft. Die Tages: und Yladrftunden wurden nun eingeteilt”);
dem Gebet und der Lektüre war ein großer Zeitraum gewidmet.
Siebenmal in 24 Stunden wurden bie Beiftlichen zum Geber und zur
Pfalmenesitation aufgerufen. Man unterfchied das Officium nocturnum,
beftehend aus der Warurin nebft den dazu gebörigen YIocrurnen, umd das
Officium diurnum: prima, tertia, sexta, nona, vespera und completorium.
Die MWarurin fiel in das 3. Viertel der Yacht, die Prime in die Zeit des
Sonnenaufgangs, die Tertia in die Wirte des Vormittags, die Serra
war am Mittag, die Yon am Vlachmirrag, die Vesper eine Stunde
vor Sonnenuntergang, und mit dem Complerorium fehloß der Tag.
Alle diefe fieben /oren wurden dur Blockenfdyläge angezeigt, und auch
das bfirgerliche Leben vegelte fid nach diefer Einteilung des Tages, fo
lange, bis die Stundenfehlaguhren auffamen.
Die Rleriker Eamen täglich zur Geier der Wieffe zufammen und
ebenfo eÄglich zur Lekrhre eines biblifchyen Abfchnirtes oder der Banonifcben
Regeln, von Traktaten oder Zomilien. Dadurd) wurde der Unwiffenbeit
des Rlerus gefteuert. Die Älteren Rleriter harten die Pflicht, die jüngeren
zu unterridpten. Am Domftift wurde ein befonderer Beamter, ber
Scolafticus, mit der Ueberwachung des Unterrichts berraut. Schon
vor Burchard gab es in Worms eine Schule; ihr follen unter
anderen als Schliler Bruno, der Sohn Brtos von Worms, der fpärere
Papft Gregor V., umd seribert, Hrzbifchof von Böln, angehört haben.
Unter Burcyard gewann fie neue Blüte). Karl der Große batte den
Verfudy gemacht, den Schulswang für das ganze Volf durchzuführen.
Diefer Verfuch fcheiterte, aber die Pfarrfchulen erhielten fich da und dort,
und Burcyard von Worms erinnerte in feiner Dekrerenfommlung die
Pfarrer ausdrücklich an ihre Pflicht, Schule zu halten und die Gemeinde
mitglieder zu veranlaffen, daß fie ihre Söhne in die Schule fehicen“").
Zugleidh erneuerte er die Barolingifcen Vorfchriften Über die Bildung der
Beiftlichen. Bein lliteratus Darf zu den YVeben zugelaffen werben,
fondern jeder muß das tießbuch, die Peritopen, den Taufritus, die
Rircyengeitrechnung, die Bußordnung, den Pfalter und die “omilien
für die Sonn: und Sefttage vollftändig inne baben. Wer das nicht
wiffe, verdiene nicht den Kamen eines Priefters und folle von feinem
Amte entferne werben. Auch forderte er von jedem Pfarrer die Rennnis
der für fein Amr nörigen Ranones, und jeder, der die höheren Weihen
Die Fielichen Ordnungen Bifbof Burdards. 283
befine, fol in den Eischlichen Befegen wohl bewanbert fein“). Burchard
ließ es aber nicht blos bei Vorfchriften bewenden, er war felbft feinen
Schülern ein getreuer Lehrer, fab ihre fchriftlichen Arbeiten durch und
korrigierte fie felbft. „Strenge achtere er darauf”, erzähle der Anonymus,
„daß ihm tägtich ein Jeder nach dem Yfafe feiner Sähigkeit auffagte und
vorzeitte, was er gelernt und fähriftlich gearbeiter harte. Weil fie alle
von feiner Liebe zum Studium, feiner Schrifttennmis und von der Sülle
feines Wiffens überzeugt waren, trugen fie au Bein Bedenken, ihre
ausgearbeiteten Reden, Briefe und verfchiedene gelehrte Unterfuchungen
ihm vorzulegen. &6 war einer unter ihnen, der unter anderen auch
Thefen über das Saften des Mofes und faias aufgeftellt harte und fie
ibm bei paffender Gelegenheit tiberreichte. Schon nach drei Tagen
erhielt er die Arbeit mit Morrefturen verfeben wieder zuchc"®). Die
Wormfer Brieffammlung giebt uns Über den Geift diefer lange Zeit
biäihenden Domfchule den beften Einblid").
Der Bifchof war das wirkliche Jaupt des Alerus. An der gemein-
fehaftlichen Tafel führte er den Vorfig, er wies den einzelnen Beiftlicyen
ihre Suntrionen zu, verteilte die Stipendien und Rleidungsftücke und
wachte über die Disziplin. Auf den Bifcof folge im Nange der
Archibiaton. Die Wleriter führten ein mönchifhes Leben, aber im
Unterfehied von den Mönchen brauchten fie das Belibde der Armut
nicht abzulegen, fondern onnten igentum erwerben und fich ein
Vermögen fammeln“®).
Urfprämglic) verfügte der Bifchof frei und unbefchräntt über das
Einkommen und Vermögen der Kirche. Dann bildete fi) der Braudy
aus, daß der Bifchof das Kinkommen in drei Teile fdhied, von welchen
ein Teil ihm, ein zweiter dem Rlerus und ein dritter den Armen zu gute
Bommen follte. Immer waren aber die Bifcyöfe zu Lebergriffen geneigt,
und die Klagen Üiber ihre Habfucht hörten niche auf. Um der Willkür
des Bifdofs vorzubeugen, wurden die verfchiedenen Teile feftgelegt.
Unter den Einfluß der Bigenkirchenidee wurde das frühere Zenrralifarions:
fpftem befeicige, und man fehied nun das arhedralgur in bifähöfliches
Tafelgut und in Rapitelqur. Das Bifchofsbaus, das früher zugleich
als Wohnung der leriter, als Spital und “erberge gedient hatte,
wurde nun die bifchöfliche Aefidens, und von ihm gerrenne, doch in
unmittelbarer Wlachbarfchaft, ftand das Rlofterhaus der anoniter und
das "pofpital. infolge der Scheidung und der Ausftatrung der Mleriter
264 32. Bapitel,
mit eigenem Vermögen erhielten fie einen Eorporativen Charakter, und in
weiterer Solge erlangten fie eine faft völlige Unabhängigkeit vom Bifchof
und eine bevorzugte Stellung vor dem übrigen lerus der Dissefe.
Während früber der Bifchof nach Belieben die Zahl feiner Rlerifer
vermebren Bonnte, machten die Ranoniter oder Domberren, feirdem fie
eine Vermögenskorporation waren, die Zuleffung eines neuen WMicgliedes
von ihrer Zuftimmung abhängig. Die weitere Entwickelung ging dabin,
daß man das Rapitelgut in eine Anzahl von Kintommenquoten oder
Pfründen gerlegre‘®). Die Domberren gaben das gemeinfame Leben auf,
indem forran jeder in einem eitrenen <aufe Tebre, und nur jährlich einmal
fpeiften fie gemeinfam.
Aud) die Organifarion des Domkapitels bildere fi) nun aus. Laur
der Megel Ehrodegangs war der Ardhidiaton der Reprffenane des
Bifchofs; nach den Beftimmungen der Aachener Synode hieß das aupr
des Rlerusbaufes Präpofinns oder Propft. Den Vorfig beim GBottesdienft
führre der Archipresbpter oder Dekan. Zieifcben Propft und Dekan
eneftanden häufig Rang: und Romperensftreitigkeiten. ihnen reihte fich
im Range der Kantor an, welcher in früherer Zeit unter dem Llamen
Primicerius Die Aufficht über Die niederen Grade des Alerus (Subdiakonen,
Abolyeben und Lektoren) hatte. Auf den Rantor folgte der Scholafticus
ober Schulbere. Zr ernannte einen Behilfen, den rector scholarum oder
magister scholarum‘“). Der Euftos oder Sacrifta hatte die Aufficht
über den Rircpenbienft und der Thefaurarius die Auffichr über die
beiligen Berdte und Lichter. Die Benannten waren die eigentlichen
Würdenträger oder Prälaten. Die Übrigen Ranoniter unterfchieden fich
in alte und junge.
Urfprünglich befaß die ganze Bemeinde das Wahlrecht. Zunächft
am es zu einer Unterfeheidung von Stadt: und Landgeiftlichteit. Leicht
erflärlich ift es, daß die, welche fortwährend um den Bifcyof waren,
einen bedeutenderen Einfluß erhielten, ale die Landgeiftlichen. Die
erfteren bildeten das beftändige Concilium des Bifcpofs, während die
Landgeiftlichen nur alle Jahre ein oder zweimal in die Stadt famen.
Zufammen mit der Stadtgeiftlichleit bilderen fie die große Synode.
Diefe Synode fente fidh aus den verfchiedenen Elementen böberer und
niederer Mleriter und Laien zufammen, und fie flellte in der Theorie das
vor, was früher die erften organifierten chriftlichen Gemeinden gewefen
waren. Bis zum 13. Jahrhundert batte fie weitreichende Rompetenzen,
ie Firclichen Ordnungen Bifebof Durcarbe, 285
dann fant fie zur Bedeurungslofigteit hinab. An der Wabl des Bifchofe
nahmen Rierus und Laien teil, ümd in der Theorie blieb ihnen diefes
Recht gewahrt, wenn auch in der Praris der Rönig und feir dem
33. Jahrhundert der Papft in den meiften Sällen den Bifcof ernannte.
Aber audy dann, wenn die Wahl freiftand, fo übten felbffverftändlic)
die Vornebmften der Geiftlichen in der Stadt und der Laien einen maß:
gebenden Einfluß auf die Wahl. Lady dem Wormfer Rontordat wurde
das Laienelement mebr und mebr zurhcfgedrängt, und fehließlich erhielt
im 13. Jahrhundere das Domkapitel das ausfebließliche Wablrecht‘”).
Aufer dem Domkapitel gab es jedoch in der Stabt noch andere
Hleritale Morporationen, die in Elöfterlicber Bemeinfchaft lebten, ohne
doch das Gellibde der Armut abgelege zu haben. Das find die Rollegiar:
kirchen oder Stifte. Auch ihr Zaupt war der Bifchof, aber er wurde
durch den Präpofinus oder Propft vertreten. Ihre Enwidelung und
Organifarion war der des Domfapitels analog")
Die Vermehrung der Rlerierhäufer führte zu einer fehdrferen
Unterfeheidung des Mlerus von den Laien“). fan verlangte von dem
Rleriter, daß er eine von den Laien verfehiedene Tracht trage. Diefe
Tracht wer die römifche, nämlich die mir weiter Rapuze verfehene Robe
des römifchen Provinzialen. Die Rapitularien verbieten wiederholt den
Rleritern das Tragen von Laienkleidern. Ebenfo wurde mit großem
YVlachdruc® die Tdee der Heiligkeit deo Kirchengebäudes und des Altaro
betont und verboten, an anderen Orten als an den geweibten Stätten Wieffe
zu feiern. Diefe zunebmende Vorftellung von einer befonderen Seiligkeit der
Rirdye und des Altars führte zu einer Scheidung von Rlerus und Laien
in den Ritcyen. Zn der alten Kirche hatten die Laien freien Zuteier
zum Altar. Yun feir dem 8. Tahrbundere Eamen zwei einfLhneidende
Aenderungen auf, indem den Laien der Zugang zum Altar und der
Zugang zum Cbor verfehloffen wurde. Die Lehre von der Trans:
fubftantiarion verbreitere Das Beflibl einer heiligen Scheu gegenüber den
Tonfefrierenden Zlementen, die ungeweihte Perfonen davon ferne hielt,
id) ihnen zu nähern. Zauptfäclich wirkte auf die Trennung des Rlerus
von den Laien die Ausbildung des Banonifchen Spftems ein. Denn
häufig hielten die Ranoniter Botteedienft, an dem nur der Alerus fich
bereiligte. Da nun der Mlerus fid) vermehrte, bedurfte er auch mehr
Raum für fich; die Folge diefes Bedirfniffes war eine veränderte
Dispofirion der baulichen Anlage der Kirche. Der Chor und das Dir:
1.00, Die tue er seiten Bu I “
286 12. Bapite.
(ebiff wurden nun verlänger. Der Bifchof batte in der Rarhedraltirche
feinen Sin in der Apfis. Bei feiner bäufigen Abwefenbeit blieb fein
Sig leer, und er durfte auch niche vom “aupre des Rleriterbaufes, dem
Präpofitus, eingenommen werden. Sür diefen wourde der Ebrenfig am
Eingang zu dem verlängerten Chor aufgeftelle und für die Ranoniter
Sigreihen längft den Seitenmauern des Ebors angebracht, die Ehorftühle.
Den Chor felbft, der ausfchlieflich vom Alerus benunt wurde, fehlofe,
man durch ein Alrargeländer von der Übrigen Rirche ab. Der Altar
blieb an feiner bisherigen Stelle außerhalb des Geländers, und für den
Rlerus wurde in der Apfis ein neuer Altar errichter. Später fiel dann
der Laienalrar ganz weg. Zum Scune gegen die Rälte führte man
zuweilen fteinerne dauern um den inneren Chor auf, und fo eneftand
eine Rirche innerhalb der Rirche, von Wauern umfebloffen, nur durch
ein gewöbnlich verfebloffenes Gitter zu betreten umd in der Regel nur
für foldye zugänglich, die eine befondere Tracht trugen”).
Denn die Ranoniter unterfebieden fih vom übrigen Mlerus durd)
die Tracht. Die Räte befimpfte man im Wiirrelalrer weniger durch
tünftliche Erwärmung der Gebäude, als durch warme Rleider. Tedermann
trug Pelze, auch die Rleriter und Mönche. YTum durfte aber der Mönch
feine Leinwand ragen, fondern blos feine Wollturre; der Ranoniter
hingegen z0g ein leinenes Yemd Über den Pelseoch und unterfchied fich
dadurch vom Mönch. Diefes Gemd hieß das Chorhemd, und es wurde
von allen denen gerragen, welche berechtigt waren, den Chor zu berreten.
Bifebof Burchard verlangte von feinen Mieritern ein fierlich
möndhifches Leben, und fein eigener Lebenswandel wirkte als belebendes
Beifpiel. Die Kirchen follten wirdige Stätten der Verehrung Gottes
fein. Darum war er allegeit bemüht, die vorbandenen Kirchen zu
verfehönern und neue zu bauen. “auptfächlic lag ihm der Dombau
am sergen. Schon in römifcher Zeit gab es zu Worms eine den
Apofielfürften Perer und Paul geweihte Bifcbofsticche”). Db in
fränkifcher Zeit ein Yleubau ftarrgefunden bat, miffen wir nicht.
872 fehlug der Big in den Dom, fo daß die Mauern faft zufammen:
ftörzeen. Der Biograpb Burchards erzähle, daß er, weil die Rirdhe
des beiligen Pereus zu Elein gewefen fei, fie abbrechen ließ und den
Grund legte zu einer neuen Kirche von wunderbarer Bröfe. Schon
in zwei Jahren fei der Bau faft zur Vollendung gedieben, fo daf das
Bortesbaus nicht nad) und nach, fondern wie dui in Wunder plöglich
Die fechlichen Ordnungen Bifchof Burcharde. 267
entftanden zu fein febien. Als Raifer Seinrich II. 1018 nach Burgund
308, Fam er im Juni nad) Worms. Da er den Dom faft vollender
fab, bar er den Bifchof‘ dringend, daß er ihn in feiner Gegenwart
weibe. Ye mit Widerfizeben fügte fid Burchard dem Wunfche des
Raifers. Ylacdem der Baufcpurt weggerFumt worden war, weihte er
die Rirche am 9. Juni”) in Gegenwart des Raifers und vieler Bifchöfe
und unter großen Seierlichteiten des Alerus und des Volkes ein. Doc)
fon nad) zwei Jahren flirzre die Weftfeire zufammen, worliber der
Wann Gottes fehr erfchrat. Seine Schliler tröfteren ibn mit den
Troftfprüchen, die er fie felbft gelehre hatte. Darauf heilte fich die
traurige YWiene des Bifchofe auf, und er dankte ihnen fir ihren Troft
und ihre Zrmahnung auf das freundlichfte. Pr erzählte ihnen von einer
Ahnung diefes Unglücs. Der Teufel fei ihm in Geftalt eines Bärtners
erfehienen und habe ihm gedroht. in der folgenden Kracht fei dann
der Binfturs erfolge. Wurig begann er von neuem den Bau, ließ den
Schutt wegräumen, legte ein Fundament und führte in zwei Jahren
einen flarten Bau auf bis zur früheren +öbe. Die Rapitelle der
Säulen und der vieredfigen Steinpfeiler, die in der Kirche ringeum
aufgeftellt waren, vergoldere er und fÄpmiichte die Rirche mit dem ver-
f&iedenften Zierat. Wollen wir überhaupt diefem Bericht einigen Glauben
beimeffen, fo Eönnen wir ihn uns nur dann verftändlid, machen, wenn
wir uns £urz die baulichen Zuftände in Burgund und Frankreich nach
dem geitgenöffifchen Bericht des Radulfus Blaber vergegenwärtigen"").
In jenen Zeiten der YIormannen: und Ungarnnor ging eine große
Anzahl von Rirchen in Slammen auf, und zudem erforderte der veränderte
Rircendienft andere Dispofirionen des Grundriffee. Darum war am
Ende des Jo. und Anfang des II. Jahrhunderts die Baurbärigkeir
‚außerordentlich groß. Aber man baute fehr baftig und leichrfertig, indem
man altes Baumaterial benuste und häufig die Ruinen der verfallenen
Aömerftädre ausplünderte. in großer Teil der neuen Kirchen wurde
aus Zolz gebaur, doch begann man allmählich die flachen “olsdecken
durch Tonnengewölbe zu erfenen. Allein da jede Erfahrung in der
Wölbekunft fehlte, fo waren damals Einftürze von Rirchen fehr häufig").
Audy auf dem Gebiete der Runft zeigt die Barolingifche Zeit, wie
in allen übrigen Ausftrömungen der Aultur, ein Tanusgeficht: einerfeite
ein Anlehnen an die Anrike, andererfeits eine freiere felbftändige Richtung”).
{an nenne jenen Runftfil, der in der Barolingifchen Zeit zuerjt auftriee
268 12. Bapitel.
und bis zur Ausbildung der Borif fich erbielt, den romanifchen Stil.
Aber nicht auf eigentlich romanifdem Boden bat diefer Stil fidh
entwickelt, fondern auf deurfdhem Boden, zumal in den Abeinlanden und
in ordfrankreich, der Vlormandie und England, Burgund und in der
Lombardei, „in jenen mit germanifdhem Blure verjüngten, mit germanifcbem
Geift und Wefen allefame, wenn auch in ungleiche Brade, durchfenten
Gebieten“. Der romanifde Stil Bann ich an logifeher Solgerichtigkeic
mit dem gorifehen nicht meffen; er entbehrt eigentlich eines Spftems
und gebt vielmehr auf malerifdyen Reiz aus. Die Entwicelung diefes
Stiles hänge aufs engfte mir der oben gefchilderten Rirchenverfaffung
sufammen. Das Bedürfnis größerer abgerunderer Räume für den Dienft
des. genoffenfcbafttich organiflerten Welrklerus bedingte die Bildung dee
Grundriffes. Der Brundriß der alcchriftlichen Bafilita erweitert fich
zur Beftale des chriftlichen Mreuzes: zwei Chöre, zwei Ouerfcbiffe,
Erfeung der Säule durd den Pfeiler oder alternierende Abrwechfelung
von Säule und Pfeiler, Krypten und GBlocfentürme, das find die den
romanifchen Stil dyaratterifierenden Wiotive der fpätkarolingifchen und
‚ortonifeben Zeit. Das fränkifche Abeinland ift die Wiege der Kreuz
bafilika; in Sulde, Röln, “ersfeld, Werden am Abein finden fich die
vollendeten Typen diefes Bauftils fon im 9. Jahrbundere. Die Anlage
von Doppeldyören war durch das Bedürfnis des Rulrus bervorgerufen,
denm die Wöndhe oder Kanoniter Eonnten nicht mebr alle in dem einen
Ofidyor untergebrache werden. Dazu Bam der bierarchifche Zug der
dei. Aus der Schar der igen winfebte man einen, der fich der
Riccpe befondere wunderrhärig erwiefen harte, an die Spige zu ftellen.
Die Reliquien des Seiligen wurden in der Brypra beigefege, und im
Woeftcher erhob fid der Altar diefee “heiligen. Der Weftcher erhielt vor
dem Oficher ein Uebergewicht, weshalb zuweilen nur dem Weftchor ein
Duerfchiff angefügt wurde. So fehlte dem durch Willigifis erbauten
und durch Bardo (1036) erneuerren Wlainzer Dom das öfttiche Duerfchiff.
Bei der engen Sreundfepaft Burcharde mir Willigifis ift es wahrfeheinlich,
daß die Brundeißform des Wormfer Doms der des Meiner Doms nach:
gebilder war. Bei Gelegenheit von Ausgrabungen im Wefichor des
Wormfer Doms im Tahre 1886 durdy Zerem Dompropft Sehr) wurde
das undament des Burchardfeben Baus aufgededht. Der damalige
Weftchor fchloß demnach nicht polygen, fondern halbkreisförmig. Diefer
Woeftchor war dem heiligen Laurentius geweiht, unter deflen Altar
Die Firlichen Ordnungen Bifchof Burards, 269
Burcbard feine Aubeftkere fand. Teile des Burchards-Baues finden
fieb, abgefehen von den Sundamenten der Apfis, in dem Unterbau der
Wefirlirme. Auf den @waderfbeinen dafelbft bemerft man jenen
ornamentierten Jammerfeblag, der auch in Straßburg, Limburg in der
“ardt und an andern romanifchen Bauten Eonftatiere worden ift und fich
als Sortpflanzung römifcher Tradition erweift‘”). Der Ausbau und Umbau
des Wormfer Doms fälle in das 12. und I3. Tahrbunderr. Burchard
erlebte die Vollendung des Doms offenbar nicht, fondern feine Krachfolger
baben das Werk weitergeführt, freilich nicht ohne zeitweife Längere Unter
brechungen“®). Wir Eönnen uns von dem Ausfeben des Burchards:Baucs
nur durch das ‚ilfemittel der Analogie eine Vorfiellung machen.
Obfchon zur Zeit der Salier die Päpfte die böchfte Machrfiufe
erreichten, fo baben nicht fie, fondern die beurfchen Könige auf die
Birchliche Bautunft feböpferifch eingewirft. Das Rönigrum war mir
der deurfeben Kirche auf das innigfte verbunden. Die Bifcböfe wurden
in der Föniglicen Ranzlei ausgebilder und blieben im intimften Verkehr
mir dem "ofe. Sie waren die Träger der Reichseinbeit. Sie bauren
auch im Auftrage der Rönige die Kirchen. Die Beiftlichen befaßen ein
gewiffes allgemeines Bauverftändnis; fie ennwarfen die Pläne und leiteren
den Bau, auch forgeen fie für die Jerbeifbaffung der materiellen Wirtel;
aber der Architekt war in der Regel ein fachmännifch ausgebilderer Laie”)
und die Waurer und Steinhauer Laienbandwerker, die zuweilen aus
Gallien und der Lombardei herbeigesogen wurden. Es gab wandernde
Bauführer, die den Dilerrantifch gebilderen geiftlichen Bauherren hilfreich
sur Seite jtanden, aber meift in der Dunkelheit verhareren. Die technifche
Renntnis war aud) bei ihnen niche über jeden Zweifel erhaben. Llac-
Wffigkeiten und Ungleichheiten der Abmeffungen, mangelbafte, leichtfertige
Jundamentierung u. f. w. verurfachten oft genug Sentungen und Ein-
fiörse. Andererfeits wäre aber obne eine fo weit ausgebreitere pratifcbe
Teilnahme am Baumwefen eine fo gewaltige Leifhing der Volfsphantafte,
wie die Erfchaffung der neuen romanifchyen Sormenfpradye, niemals
möglich geworden. Denn die Riöfter und Domftifte, was man nicht
überfehen darf, fammelten ihre Jnfaffen aus allen Ständen, eine Auslefe
der beften geiftigen Meäfte der Ylarion. Diefe Runft ift, febr im
Unterfchiede von der frühchriftlichen wie von der fpäemittelalterlichen,
fern von Routine und leerer Ronvention. So einfadh und gleichförmig
ihre Grundelemente jind, liege in der Behandlung der einzelnen Werke
275 12. Bapirl
immer perfönliche Beftimmtbeit und feelifche Wärme, und man hat das
Gefühl, daß der Priefter wie die Bemeinde fidh gleichmäßig wohl fühlten
in diefen fehlichten, aber weihevollen R&umen®”).
Yrod) immer bielr man im 15. Jabrhundert an dem Typus der
tarolingifchen Bafilita feft, nur daf, wie gefagt, der Grundriß dem
Iareinifchen Rreuze nachgebilder ift. YWlan unterfehied die reine Säulen:
bafılifa, die reine Pfeilerbafilita und die fihgenwechfelnde Baftlita. Die
Ssalle war mit einer flachen “olsdee eingedecht, das Dad, mit Blei
wie in Lorfc) oder meift mit Schinden”). Die Senfter wurden durch
Tücher oder hölzerne Läden gefchloffen.
in gewaltiger Sorefehritr vollsog fd im IJ. Jahrhundert, indem
man zum Bewölbebau überging. Das Grundrißfyftem der flachgedechten
Bafllifa wurde beibehalten, aber diefe Brundrißform führte zum Areus:
gewölbe. Die Heimat der Bewölbebafilits find die Aheinkande; bier
lebten die römifchen Traditionen fort. Zn den Rirchen von Otrmarsbeim
und S. Marie im Rapirol in Röln beflgen wir frühzeitige Beifpiele
der rheinifchen VoSlbetunft. <ier und da begann man auch die Seiten:
febiffe einzuwölben; ebenfo übte man beim Bau der Rrypten diefe Runft.
Dann fehritr man in der Rühnften Weife zur Linwölbung der Saupt-
febiffe. Zu gleicher Zeit verfüchte man ich in den drei großen Strom:
ehälern des Po, der Abone und des Aheines an diefer, und zwar ganz
unabhängig von einander. Die Rirche S. Michel in Pavis, die Rirche
in Eluny und die Dome zu Speier und Wlains find die glänzendften
Beifpiele der romanifcben Baukunft. Die Ausführung diefer Bauten
fälle in eine Zeit, wo die Rirche die böchfte Machtftellung erreiche hatte.
Aber merfwohrdig genug, der Impuls zu diefen großartigen Kirchen:
bauten ging in Deuefchland von zwei Männern aus, die durchaus
weltlic) gefinne waren, wie Ronrad II, oder dem Papfttum feindfelig
gegenüberftanden, wie “einrich IV.
Bonrad II. wählte fi die Rirche zu Speier zur Brabftäete feines
Geflechtes, das ja in Diefer Gegend, im Worms: und im Speiergan,
beimifch war. Der Bau begann um 1030 und fand unter “eineich III.
um J060 feinen Abfchluß. ine Senkung des vom Aheine unterfphlten
Ofichores gab Anlaß zu einem umfaffenden KTeubau, der unter Geinrich IV.
durch den berühmteften Bautechniter feiner Zeit, Benno von Denabrüc,
und feir 1097 unter der Überleitung des Eöniglichen Ranzlers ©rro
vollendet wurde. „Weinzidy IV. befchlo den Benölbebau als den
Die Fedlichen Ordnungen Bifebof Burdards. 2m
böchften Ausdruc® des Mionumencalen, ımd der Bedankte ift verloctend,
daß er damit gleihfam ein Trup-Cluny habe binftellen wollen.“ Dehio.)
In der zweiten Zälfte des 12. Tabrhunderes unternahm man nochmals
einen Umbau. In Wainz war der Dom eine flachgededhte Bafilika, die
J08J verbrannt. “einrich IV. wird von feinem anonymen Biograpben
als der Frbauer der neuen gewölbten Baftlifa gepriefen: „O Wainz,
welche Zierde haft du verloren, da dir der Eunftreiche Wicderherfieller
deines Wlnfters eneriffen ift! «dere er erlebt, an dein Wilnfter, das er
begonnen hatte, nody die Iente Sand zu legen, fo wiirde diefes wahrlich
mit dem von Speier wetteifern, das er von Brund aus erneuert, deffen
Baumaffen und Ausfhmickung er fertig bingeftellt bat, fo daß es Über
alle VDerte der alten Rönige des Lobes und der Bewunderung were
if"). Vollender wurde der Mainzer Dom unter Erzbifchof Adelbert I.,
der 1137 geftorben if. Die zu fämachen Bewölbe wurden um 1200
durch die noch jent befiehenden erfegt. m der dritten Yauperiode, von
3200 bis 1243, wurde das weitliche Querhaus mit dem grandiofen
Wartinschor hinzugefügt, an Stelle der uralten Wartinsticche.
Die Dome von Wainz und Speier find yiemlid) zur gleichen Zeit
entftanden und „beide zeigen auch, daß das Fühne Wollen dem Wiffen
vorausgeeilt war." Sie „bezeichnen einen Wendepunkt in der deuefchen
Baugefpichre. Pflege gemeinhin ein YTeues diefer Aer unfeheinber und
balbbersuße nur feine erften Neuferungen zu tbun, fo tritt eo bier fogleich
mit aller Wacht hervor. Und enwas von der hoben Stimmung, welche
die Erbauer erfüllt haben muß, fpriche noch beute zu uns mit gebeimnis-
voller Bewalt aus diefen wahrhaft Pöniglichen Bauten, die, ob auch im
einzelnen noch vielfach unbebolfen und raub, im ganzen doch fo echte
Monumenralität atmen, die von keinem Werke des jüngern verfeinerten
Stiles wieder erreicht wird").
Der Bau Burchards von Worms erforberre jedenfalls im Laufe
des II. Jahrhunderte mandye Reparaturen. Die Duellen laffen uns
bierhber im Stidye. Burchards Ylachfolger Azecho bar die Mauririus:
Kapelle im Rreusgange erbauc®). Bifchof Arnold baure um I055 bie
©. Stephanstapelle‘®), weldye gegenüber dem Dom, an der Vlordfeire
des Bifchofohofes lag; Daher beißt fie auch Capella pallacii sive aule
Wormaeiensis. Sie feheine eine allenkicche gewefen zu fein, wie foldhe
im 35. Jahrhundert oft gebaut weurden. Auch die S. Vlitolaustapelle
errichtete Bifpof Arnold und weihte fie am 30. September 1058”).
a7 12. Rapiel.
Sie wurde im I3. Jabrhundere im gorifchpen Stile umgebaur. Wahr:
febeinlich ift im I1. Tabrbundere auch das ZJauprfchiff des Domes ein-
gewölbr worden. Die Einweihung fand am 6. Juni IJJO in Gegenwart
‚önig ‚eineiche V. durdy den Erzbifchof Bruno von Trier ftar””).
Bifdyof Bonrad II. unternahm fodann einen volltändigen YTeubau, unter
Beibehaltung des Brundplanes Burchards. YTur die zwei Weftrürme
wurden vom alten Bate beibebalten. Diefe neue Kirche wurde am
2. Mai 1181 durch Bifdof Arnold von Trier, in Gegenwart der
Bifeböfe Ronrad von Worms, Zermann von Wünfter und Ulrich von
Speier eingeweiht”). Doch war das Langfebiff damals noch nicht
vollender, und bis in das 13. Tabrbunderr binein wurde forrgebaur.
Diefer legten Bauperiode im romanifchen Stile gebört die Weftpartic
an: die Vierungstuppel und der fo überaus ftimmungsvolle Weftchor
mit der fehönen Hofe. Leider verfübr man bei der Sundamentierung
febr leichtfinnig, fo daß in der Solge ein Schub der Wefttuppel gegen
den Weftchor ftatrfand; es entftanden Kiffe und Sprünge, welche den Bau
ernftlich gefährden. Der Wormfer Dom beftehr aus einem Langfehiff und
zwei Seitenfchiffen, dem Sftlichen Ouerfcbiff mir Ruppel, dem geradlinig
‚abfchließenden ©fichor, dem weftlichen Duerfchiff mic Ruppel und dem
polsgon abfchließenden Welcher. Dem oder den Baumeiftern ftand der
Dom von Speier vor Augen. „Der Wieifter dee Speierer Domes hatte einen
großartigen Abyehmus, ebenfo logifch Blar in feiner (pmbolifchen Besiehung
auf das Struktive, wie fön in der linearen Proportion angefchlagen.“
Wie in Speier, fo ift aud) beim Dom von Worms zwifchen den Senftern
und Arkaden ein Zmifcbengefchoß von Blendnifchen eingefdhalter.
Ver die Erbauer des Wormfer Doms gewefen find, voiffen voir nicht.
Aus dem Anfange des 12. Jabrbunderts wird ein Baumeifter Kanne”)
genannt, der unter dem Bifcbof Ebbo (1090) das Jundament gelegt
babe. Am zweiroberfin Stockwerk des füblichen Oftturmes ftebr in
Spiegelfchrift der Yame erite””), der möglicherweife der Baumeifter
diefes Teiles fein kann.
An Reicheum der Skulpturwerke Eönnen fid) die rheinifchen Dome
mit den franzöfifcyen nicht meffen. Das dekorative Element ift fogar
febr fparfam angewendet worden. Wlan bemerkt bie und da Wufter
von romanifchen Ornamenten, als ob der Steinmen dem Bauherrn
babe zeigen wollen, wie man es machen folle, wenn man Geld hätte.
Die tomanifcyen Skulpturen des Wormfer Doms gebören alle erft dem
Die Hirclichen Ordnungen Bifchof Burchards. 23
33. Jabrhundere an, obfhon fie zum Teil einen archaiftifihen Charakter
tragen. n der “she der Weftwand der S. Annakapelle ift eine Skulptur
aus rorem Sandftein befeftige: die Lönvengrube. m unteren Teile des
Bildrwertes figt Daniel ımter einem von Säulen getragenen Bogen, auf“
welchem die Infehrift ftebr:
DANIEL .IN LACV |LEONVM.
Im anderen Bogen liegen Löten, wovon der eine dem Propberen die Jand,
der andere das Gewand echt; andere Lörven blicten ihn drobend an. Auf’
dem Rücken des einen Löwen ftebt: ADELB.ME.EM. Ueber Daniel
kommt ein Engel berbeigeflogen, der an den Zaaren den mit einem Aruge
und einem über die rechte Schulter gebängten Brotfack beladenen Sabakut
zu Daniel binabläßt. Sale‘) weift mit Recht auf ähnliche Darftellungen
auf burgundifehen Gürtelblechen bin’). Das Tulisnabild befindet fid,
am nordioeftlicben Zefpfeiler des Altarbaufes im Tnnern des Ofichores.
Auf dem Teufel fiebt eine weibliche Sigur; lints von ihr ein Engel, der
mit der linden sand das ‚aar des böfen Seindes packt und mir der rechten
ein Schwert oder eine Lanze in den Machen des Ungerims zu ftoßen
feine. Ueber dem Bild fiehen in Wiajustelfchrift die Worte:
IV|LIAINA
into oben: OTTO | ME| FECIT
tete: AD|EL|BR|AHT|MO|NE|TA|RI| VS.
Otto ift alfo der Rünftler; Adelbrabt, der Winzer, der Befteller. Von
der Juliana erzähle die Legende, daf fie im Jahre 304 gemartert und
wegen Verweigerung der Ebefehliefung mie dem “eiden Eleufis ins
Gefängnis geworfen fei, wo ihr der Teufel erfchien und die Erlaubtbeir
der Ehe darzuehun fuchee.
An der Rüchfeire des Südportales hängt eine Skulptur, die Maicstas
Domini darftellend: der chronende Chriftus, umgeben von Wlaria, Derrus
und mehreren Bifdyöfen. Der Zeiland bat in der Linken ein Buch, auf
dem die YDorte fieben: EGO SVM VIA VERITAS ET VITA. £s
war das Tympanum eines Portales.
Spuren von Malereien aus der romanifähen Zeit find mehrfad)
fichebar. Am beten erhalten find die Überlebensgroßen Bilder S. Peter
md Paul auf den dem Ylorbportal gegenüberftehenden Pfeilern. „Beide
Apoftel find von edelm und frengem Ausdruc‘, von tiefer Auffaffung; ihr
bärriges und ernftes Beficht legt Zeugnis ab von der Blaubeneriefe der
Beit, welcher fie ihre Entftehung verdanken, in der auch die Rumft die
14. oo, Die Aut ur einigen San I ”
274 12. Bapiel
volle “aingebung an den göttlichen Beruf, weldhe jede individuelle
Empfindung ausfehloß, als höchftes deal zur Darfkellung brachte‘.
Im mördlichen uerbau des Ofichore if das Roloffalbild des
Ehriftopborus. Wan glaube im Wirtelalter, Daß man an dem Tage,
wo man diefen Seiligen fehaue, nicht eines jäben Todes flerbe. Darum
wurde das Bild an einer möglichft fichebaren Stelle angebracht. Unter
dem Bilde fieben die Verfe:
Per te strena datur morbi genus omne fugatur
Arra fames pestis Christi Christofore testis.
Walter, Bifcbof von Speier, der Sreund Burchards, hatte die
Tbaten Cbriftophorus’ in Verfen befungen®") und dadurch jedenfalls zur
Verbreitung diefes Rulto beigerragen.
Ylachdem Burchard den Dombau vollendet hatte, erneuerte er das
Nleriterbaus, das, wie der Biograph erzähle, vor allzu geoßem Alter
fehon verfallen und ganz vernachläffige war. „Er ordinierre alle Brüder
nach der Fanonifcyen Regel und befahl ihnen allen, der Regel gemäß zu
!brem eäglichen Unterhalt fid) gemeinfam im Refektorium zu erquicen.“
Diefes Mleriker- oder Rapitelbaus war unmittelbar am weftlidhen Ende
des füdlichen Seitenfdhiffes angebaut: eine zweißtschige Anlage. Yan
bemerkt noch jene vier Aundbogen neben einander. Die Zellen waren ge:
wölbr. Durch zwei jet vermauerre Thliren im erften Stod fonnte man
in den Dom gelangen. Diefer Bau des Bapitelbaufes gefdyah wohl
gleichzeitig mit dem der Rirche und gebört noch dem I2. Jahrhundert
an. Wan nimmt noch Kefte von Wandmalereien wahr, fowwie Infihriften
wie Johannes . Perrer „Johannes. Isye und Buchftaben A BC 1c.t).
Burchard foll auch die Taufticche S. Johannes begonnen baben.
Uerfprünglic war ja die Rathebrale die eingige Kirche, in welcher gerauft
werben durfte. Als dann zur Zeit der Auflöfung des merowingifcpen
Beiches die Micche entartete und ganz willEhelich die Taufe an jedem
beliebigen Orte zu jeder Zeit vorgenommen wurde, da fteuersen bie
fränkifchen Rönige diefer Unordnung, und nun wurde beftimmt, daß es
Baptifterien nur an foldyen Orten geben follte, wo der Bifchof co
angeordnet habe. sEin anderes Rapitular verfügte, daß in allen Pfarreien
Taufkirchen zu errichten fein. Sür diefe Baptifterien wählte man gern
das Syftem des Zentralbaues mit fechs:, acht: oder sebnecbigen Rorunden.
Die S. Tobanniskicche‘") in Worms ftand füblid an der Offeite des
Domes, und ihr vollftindiger Ausbau fällt in das J3. Tahrbundert.
Die Hrhlidgen Ordnungen Bifdof Burcards. 275
Der Grundriß bildere ein Behned. Das zweite Stockwerk fprang zurück
und fhloß oben mic einer sierlichen Ballerie ab. Den Umgang dedften
einfache Rreusgewölbe und den inneren Raum ein Ruppelgewölbe mir
Rippen. Im Ofien fprang ein Chor vor mit fechsecfigem Abfchiuf.
Audy von einer Rrypra ft die Rede’). Sin befonderer Schmuck
diefer fdhönen Kirche war ein Altarfligelbil® aus dem Anfang des
33. Jahrhunderte. Der eine Stügel ftellt auf der Vorderfeite den heiligen
Petrus dar, auf der Rückfeite den heiligen Stephan, der andere den
S. Paul und einen Bifcpof. Die Siguren find auf Boldgrund gemale'”),
Siolidy von der S. Jobanniskicche ftand der viereclige Glockenturm,
der vier Stockwerke hatte und mit einem fpinen “elm abfehlof. Diefe
Bampanilen werden erft feit dem 8. Jabehunder Mode”). Wabrfcheinlich
ft der Urfprung der Rirchelieme im Orient zu füchen. Sie haben ja
diefelbe Bedeutung wie die Winarers der Wohamebaner, indem von ihrer
doöbe, fei es durch die menfehliche Stimme, fei es durdy den Rlang der
Gloden, den Gläubigen die Stunde des Gebers verkündet werden foll.
Glocen waren nod) im Io. Jahrhundert in Deuefehland febr felten. Die
ifotierten Blodenthrme bilden ein Charakreriftitum der füdlicen Land-
febaft, während in Deurfchland fie feit der Larolingifchen Epoche faft ganz
verfchtwinden. An ihre Stelle traten bier die Treppentlirme, und zwar paarı
weife je zwei auf der Öfi- und Weftfeite, deren urfprünglicher Zweck die
Beförderung der Baumaterialien war. Gerade diefe reichen Turmgruppen
verleihen den Domen von Worme und Yfainz ihren eigenen malerifchen Reis.
Diefe ganze Baugruppe: der Dom mit dem Bapitelhaus und dem
Breusgange, die S. Tohannistische auf der Südfeite, der Bifdofsbof
und die &. Stepbansticche auf der Ylordfeite gewährte nach ihrer
Vollendung geroiß einen ftimmungsvollen malerifden Eindruc.
Burdyard war ein wirklich frommer Wann, der fid) bis zur
Krfeöpfung der Mräfte feinen asberifchen Fleigungen bingab. Aber
deffenungeachter fehloß er id fo wenig als fein Sreund Willigifis von
!Waing””) der Eluniacenfifen Richtung an. Als feine Rleriter, vom
Zuge der Zeit ergriffen, das Wöndhegemand anziehen wollten, da biele er
ibnen eindringlich ihre Pflicht vor: „Ihr fol wiffen, meine Brüder,
daß jeder, der Bot fürchtet und recht thue, ihm angenehm ift; niche
allein der Mönch, fondern auch der Weltgeiftliche und auch der Laie.
Denn es ift nicht gur, daß alle am Steuer und Beiner am Auder oder
alle am Auder und Beiner am Steuer if. Ks ift rarfamer, daß ein
276 12. Bapiel,
Steuermann beftimmt werde und jeder feine Arbeit verrichte, daf die
einen rudern, die andern die Tiefe des Waffers meifen, andere, wenn
nöcig, den Ylaft befteigen, wieder andere das Bodenwafer ausfchöpfen;
fo werben fie das Schiff ficber beimbeingen. Aehnlic müffen auch
wir einfeben, ihr Brüder, daß wir nicht alle das Bleicye chun Lönnen.
Denn wenn alle Möndye oder Beiftliche find, wo bleiben die Baient
Wer foll dann den Mönchen zur and fein, wer den Weltgeiftlichen
dienen! Wenn aber alle Laien wären, wo bliebe da der Preis und die
Verehrung Gore! Verfehjieden it der Beruf in dem aufe Bortes:
es giebt nicht allein Wiöndye, fondern auch Weltgeiftliche und auch
gläubige Laien, und fie bedirfen alle der Bnade Bortes. Wer alfo ein
Weirgeiftlicher ift, der gebe nicht ohne Erlaubnis aus dem Stifte des
Mönchslebens wegen, fondern arbeite zufammen mit feinen Brüdern.
Und wenn er ein firengeres Leben zu führen wünfht, fo verrichte er
feinen Dienft in feinem Stift mit gotegefälligen Werken und enthalte fich
des Schledyten und fiebe nidye ab, immer Opfer auf dem Altare des
verborgenen “erzens Bott barzubringen“.
Burchard bat wie Willigifis nur Rollegiatftifte und Peine eigentlichen
Rlöfter gegründet. Wir haben bereits der Bründung der S. Paulstirche
gedacht. In einer Urkunde vom 29. Juni 1016“) giebt Burdard
ausführlichen Bericht über feine Stiftung, welche die Zuftimmung des
Bönigs "einrich II. und des Wierropolitans Willigifis fand. Alles, was
früher zum Aaufe des "erzoge Orro gehört hatte, das fehenkre Burchard
der Rirche S. Paul, und er ordnere an, daß zwanzig Manoniter bier
Bott dienen folten. Außerdem vergabte er ihr eine Anzahl von Blirern,
Aeckern, Weinbergen, Wäldern und Wüblen. Er verlieh der Kirche
die Jmmunitdt mic der näheren Beftimmung, daf der Stadtgraf innerhalb
des umfhriebenen Jmmunirärebesirte feine Amtshandlung vornehmen
dürfe. Am felben Tage fügte er zu diefer Schenkung noch eine foldhe
von zwei Mühlen am Bisbadye foroie das Wafferrechr). Im Laufe
der Zeit erhielt das S. Paulsftift eine anfehnlihe Vermehrung feines
Befines. Von dem Baue Burcyazds ift nichts erhalten, höchftens rühren
allenfalls die beiden Stiegenelirme an der Weftfeite von jenem Baue
ber®?). Denn fie gewähren einen böchft alterrümlichen Eindruc und
fimmen in Kinzelheiten mit den runden Stiegenrürmen am Mainzer Dom
überein, deren Bauzeit in die Regierung des Willigifis fälle. Der febr
f&böne in Duadern ausgeführte Ebor mit fünffeicigem Abfdyluffe gebört
Die Hirclicden Ordnungen Bifebof Yurdrde. 277
dem Beginne des 13. Jahrhunderts an. Wabrfeheintich ift um diefelbe
Zeit das Schiff erneuert worden, während die Dorballe und der Buerbau
an der Wefifeite erft am Ende des 13. Jahrhunderts erbaur fein Bönnen.
„Das Kiofter und das Stift des beiligen Andreas”, ersäble der
Biograpb Burchards, „das außerhalb der MWiaueen lag und das durch
Vernachläffigung zerfallen war, verlegte er in die Stadt; dann ordnete
er die Banonifcben Regeln zum Bebraudy der Brüder und eichtere zum
Dreife und Rubme Gottes ein geregeltes Leben ein”. Der Propft Diefer
Rirce, Brunicho, „ging in fid) und begann ein möndhifches Leben.
Flady dem Deifpiele des Gottesnechtes überwand er den Teufel und
bemüibte fich mie gernirfehtem &ersen und demiitigem Sinne Bott allein
zu gefallen.“ Demgemäß beftand fdyom vor Burdyards Zeit eine Klöfterliche
Anfiedelung, die dem beiligen Andreas geweiht war und vor der Stadt
auf einem Zügel lag. Diefe S. Andreaskicche auf dem Berge blieb auch
foäter im Befine des S. Andressftiftes. Das Stift fibeine anfangs mit
Widerwärcigteiten zu Bimpfen gehabt zu haben, denn 1068 mußte Bifcof“
Abdelberr eingreifen und die Ordnung wieder berfiellen”®). Von dem
erften Bau der Rirche ift feine Spur mehr vorhanden”). Die Kirche
war eine dreifchiffige flachgedectre Pfeilerbafilits. Der Chor fhliefr
geradlinig ab. Die Untergefhoffe der zwei Türme haben Breusgewölbe.
Auch der weitlice Teil des romanifden Mreusganges ift noch erhalten.
Dnfolge der großen Stabebrände im 13. Jahrhundert fand ein Umbau ftart.
In feinen Ienten Lebensjahren gründete Burchard das vierre
Bollegiarftift in Worms, die S. Wartinetirde. „Aber als er die
Wiauern fon zum Teil vollender harte, Eonnte er es wegen der häufigen
Dienfte am Rönigebofe, verfehiedener anderer Zinderniffe und vor allem
wegen feiner anhaltenden Rörperfehwäche leider nicht vollenden. Und
fo“, febliegt der Anonymus feinen Bericht, „ftebr jenes Stift bis auf den
beutigen Tag nur balb vollendet da”. Aus der Älteften Seit haben fich
nur wenige urfimdliche KTachrichten erhalten. Im Tabre 106 muß
das Stift bereits beftanden haben“®), ja böchft wahrfebeinlich, erifierre
an diefer Stelle, wo dann das Stift errichtet wurde, fehon längft eine
dem beiligen Martin von Tours geweihte Rapelle oder Ricche, da diefer ja
einft in Worms gewefen war. (Siehe oben.) Die Kirche, wie fie jene
daftehe”), ftamme aus der erften Zlfte des 13. Jahrhunderts und wurde
am 6. September 1265 durdy Bifchof Eberhard eingeweiht. Sie ift ein
dreifchiffiger Bewölbebau mir erhöhtem Wiirrelfchiff und einfehiffigem
278 12. Bapitel.
Chor mir geadlinigem Abfchluf. Von den zwei Wefttürmen ift nur der
mördliche vollender, während der fühliche blos bis zur Zöhe des Mittel:
febiffes geführt und mit einem Giebel gekrönt ift.
In Worms wurde zur Zeit der “errfchaft des romanifchen Stils
außerordentlich viel gebaut, fo daß diefer Seil der Stadt ihren Charakter
verliehen bat. YTeben einander wurden der Dom, &. Paul, S. Wiartin,
S. Andreas, S. Johannes, S. Magnus, die Synagoge und anderes
gebaut. Die Wormfer Baufchule bar naturgemäß aud einen mafı
gebenden Zinfluß auf die ganze Landfchaft ausgeibt”). Yder möchte
dies bei den Turmbauten von Sochbeim und Dalsheim leugnen, oder gar
bei_ jenen eigenartigen, mit Euppelfsrmigen Greinpelmen gefchloffenen
Türmen zu GBuntersblum, Alsbeim und Dittelsbeim, deren enge Der-
wandrfchaft mit den Türmen von S. Paul vor Augen liege. Der Rei
tum an romanifchen Bauten war in früheren Zeiten noch größer als
jent, wo eine große Anzahl von Baumerken der Zerftsrungsluft unter:
legen ift, noch zulegt die Barholifche Kirche in Wies-Öppenbeim””).
Aud von der S. Eyriaklircde in Yleuhaufen bei Worms if
nichts mehr erhalten”). Diefem Stifte bat Burchard gleichfalls Liebende
Sorgfalt zugesandt. Sein Biograph erzähle, daß durch Unachtfamkeit
gegen die Aäuber die &. Lpriaklicche fat serfiee worden fei.
Burchard befahl den Brüdern gemeinfame Wiahlzeiten. „Alle Baulicy
feiten, die dazu gebörten und die durch das Alter faft serfisrt worden
waren, flellte er mit wunderbarem @eifte wieder ber und verfah fie mit
Wiauern und den verfchiebenften Gebäuden in hervorragendem Maße.”
nSwei Wieilen von Worms,“ berichtet der Anonymus, „liegt ein Wald,
an Tannen red) und auf der einen Seite von einem Sumpfe um:
floffen. In der Witte des Waldes erhebr fd ein wunberfÄhöner
ügel, zu dem der Bottesmann fid) öfters begab. Weil er den Lärm
der Welt meiden wollte, ließ er die Bäume und bie andern Bemwächfe
umbauen und machte fo den Zügel Babl. Dann baute er einen Derfaal
und andere Räume und ein herrliches lofter. Dorthin zog er fich nach
den Beratungen, nach Verhandlungen mit dem Könige, nach feinen
Sorgen um die geiftliche Berichtebarkeit und dem Beräufdy der Yele
zurüc. Dort wandte er den weltlichen Befchäften den Rüden und
widmere fih ganz den görtliden Dingen.“ Saft mit den gleichen
Worten erzähle dies Alperrus von dem Lüreicher Bifcyof. In unmittel:
barer Ylhe von Worms gab cs keinen Wald.
ie Firdlichen Ordnungen Bifbof Burdiacds, 279
In Worms beftand nur ein Scauenelofter, das der Jungfrau Maria
geweiht war md außerhalb der Mauern im Süden der Stadt lag,
Warienmünfter oder KTonnenmünfter genannt. Ludwig der Scomme foll
«9 gefüfter haben, deffen Jahrzeit im Mlofier begangen wurde. Die
Yronnen oder Ranoniffen lebten unter Leitung einer Aebtiflin nach der
Hegel des heiligen Benebitt in Tanonifcher Weife. Leber diefes Mlofter
berichter nun der Anonymus wie folgt:
„In diefer Zeir vief Burchard feine Schwefter mit Kamen Mathilde,
ein Mädchen von ehrbarem Wandel und alles Rubmes wert, zu ficb und
begte fie mit brberlicher Liebe. Sie war in allen weiblicyen Arbeiten gefchicht
und batte fdyon andere Frauen in den verfihiedenen Webearbeiten unter:
eichter und viele in der Verfertigung Eofibarer Gewwänder übertroffen.”
„Da gefdyab es, daß die Aebriffin des Scauenklofters die Tage ihres
gorgefälligen Lebens befähloß. Ylac) ihrem Tode baten alle Scheitern
einftimmig. den Bifchof, er möge ihnen feine Schwefter als Acbriffin
geben und ihr die Weberwachung des Rlofters anvertrauen. Er war
damit. einverftanden und rief feine Schwefter zu fi. YTach einigen
infeirungeworten fprach er folgendermaßen zu ihr: „„Weine geliebte
Schwefter! Du fiehft, wie vergänglich und mangelhaft die Dinge der
Welt find, wie voll jeglicher Ungerechrigkeit. Denn Bold und Silber
und Edelftein, die uns wermoll feheinen, gelten bei Bott für
nidyte anderes, ale Staub. Wir handeln darin nicht andere, als daß
wir aus Begier nad) irdifchen Dingen unfere (mwachen Seelen. ber
trügen. Wohin wir auch geben, immer folgt uns der Schatten des
Todes. Blüchlih) aber, wer den Pfab des rechten Weges wandelr,
wer den Ruhm diefer WDelt verachtet und Bott in ein reines "erz ein»
fließt. Deshalb volinfchpe ic), geliebte Schwefter, daß du die Arm-
fpangen, Ohrringe und oftbaren Bewoänder ablegeft, das gebeiligte Gewand
annimmft und dich mit dem Könige des Jimmels vermäbleft.""
„Als feine Schwefter das hörte, erfchrat fie febr und fagte böchft
erftaune: „„Weißt du denn nicht, verehrungswoiirdiger "err, daß ich
mich alle Zeit meines Lebens weltlichen Dingen hingegeben babe und daß
ich für jenes Ame ganz unerfahren bin? Denn mir Ausnahme des Pfalters
tenne id) gar Beine Bücher”). ch verftehe nicht dies Ame auszufüllen.
Wie Eönnte id denn in diefem Rebeneberuf ohne Anfioß Iebent““
„Jhr erwiderte der Bortesmann: „„Nede nichts weiter mehr und erfüille
‚ohne Auffehub meine Mahnung, fo fehnell du kannt. Was ftehr dir
280 12. Kapitel,
bindernd im Weget Es ift der glüchfeligfte Taufch: die vergänglichen
Dinge verlaffen und die ewwigen Schäne und das erwige Leben erwerben.“
„Durd) diefe und andere zahlreiche Ermahnungen übermwand er feine
Schmefter fo, daß fie gelobte, alles zu chun, was er wollte! Als der
Anecht Bortes das hörte, jübelte er und dankte Bott von ganzem
Serzen. Er befahl ihr, fogleid die Panonifche Hegel, den Eirchlichen
Raelender, das Leben der Vfter, den Dialogus und andere Blicher, die
für ein folches Leben paffend waren, zu lernen. Sie aber war eifrig
bemübt, allen, was er befahl, zu Iernen umd zu hun. Ale aber der
Gotteemann fab, welchen guten Willen und ftommen Kifer diefe Wagd
Gottes befeelte, legte er ihr das Ordenskleid an und weihte fie zum
Dienfte Gottes. Er verfammelte die Schweftern und übertrug ihr das
Amt einer Aebtifjin und die Sorge fir die Schweftern. Ylachdem fie
das Ordenskleid empfangen batte, ragre fie unter allen an Tugenden und
ebrbaren Sitten berrlih bervor und gab, gleich als ob fie ihr ganzes
Leben nach der Regel erzogen worden wäre, allen ein göttlichen Beifpiel.
Sie wollte fid) nicht bedienen Laffen, fondern felbft dienen; fie erhob fidh
nicht, weie es fonft Vorfteherinnen zu chun pflegen, tiber die anderen,
fondern liebte und Iehrte alle wie eine utter. $Es war wunderbar,
daß diefer rau des Laienftandes der Dienjt Feine Stunde zu fehwer
wurde; er machte ihe nur Sreude.“
„Auch fähenkre fie alles But, das jle erworben hatte, der Kirche,
welcher fie vorfand. Außerdem fiellee fie nach dem Hate und mir
Hailfe ihres Bruders das Rlofter und das Stift, das faft zerftöre war,
nicht nur wieder ber, fondern baure es volljkfndig wieder auf und ließ
es weihen. Sie verbarrte im Dienfte Gottes mit den ihr anvertrauten
Schweftern Tag und Yacht mit ftandbaftem “erzen und Geifte und
tegelte unter dem Beiftande ihres Bruders das Leben derfelben, wie es
die Banonifche Ordnung vorfchreibt.”
Diefer intereffante Bericht wird durdy die Urkunde Burcharde vom
29. Juni 1016°') vollkommen beftstige und ergänzt. Darnadh fbenkte
Burdard dem Rlofter S. Wiaris, außerhalb der Wiauern von Worms
‚gelegen, fein Zigengue im “effengau mit allem Zubebör, ausgenommen
fechs börige Frauen, die er mit ihren Rindern der Kirche S. Peter in
Worms vermachte. Alle andern. börigen Leute hibergab er zu feinem
und feiner Schwefter Seelenheil dem genannten Riofter unter genauer
Beftimmung der Abgaben, weldhe jene “örigen zu Teiften haben. Am
Die firclicden Ordnungen Difchof Burcharde. 281
gleichen Tage fähentte er Überdies dem Rlofter eine Mühle am Eiebad)
und ein Wafferrechr”®).
Die firenge Zucht des Miofters genügte aber dem frommen Ueber-
drange mancher Wienfchen in jener Zeit nicht, vielmehr rrieb fie ihe
Sündenbersuftfein und die Seelenangft hinaus in die $Einfamkeir’®).
Die Männer fuchten die Verfdbnung mir Bott im Urwald. Sern von
jedem menfeblichen Verkehr, in unwegfamer Wildnis, Baum bekleiber,
lebten fie dahin, den Hunger beftiedigeen fie fpärlich mit den rauhen
Srüchten des Waldes. Laut ertönte im nächtlichen Dunkel ihr Pfalmen-
gefang oder hallte der Schlag der Beifel. Wiandhen trieb die Verzweiflung
iber fein Seelenbeil in den Tod, Die Srauen ließen fich, wie die beilige
Wiborad im Steinachthale, in einer Zelle einmauern; da Bafteiren fie fich
oft Desennien lang, bis daß die aut fchlorternd um die Anochen hing;
der Did wurde flier und Iebloe. Diefe Alaufnerinnen leben von
Waldbeeren, wilden Aepfeln und den milden Gaben guter Leute, und fie
hielten es fir Sünde, fi zu wafchen. In allen Gegenden Deutfdylands
gab es damals foldhe Beifpiele geiftiger Verirrung.
„ngefporne durch das Vorbild und die Lehre der Warhilde", erzähle
wiederum der Anonymus, „verlangte eine gottergebene Schmwefter mit
Ylamen Caritas von dem Bifchof noch größere und härtere Prüfungen.
Und als ihr jener verficherte, daß der Wille Gottes in einem foldhen
Zeben mit guten Werken fehr wohl erfüllt werden Lönne, forderte die
Gortesjungfrau mir unaufbörlichen Bitten, da er fie, weil fie Aöheres
vollbeingen wolle, von allem VOeltlichen abfchließe. Endlich) gab der
Bottesmann nad) und fegte einen Tag feft, an dem fie eingemauert
werden follte. An dem Tage, an weldem der Wunfdy der Gortes-
dienerin erfüllt werden follte, Bam der Bifehof mit allen Bridern sum
Yrommentfofter. Als fie fich dort verfammelt hatten, ftellte er die Jung:
frau in die Wirre und fagte: „„Seber diefe Jungfrau, teuere Brüder,
wie fie von der Liebe zu Bott und von Bortesfürdyr zugleich ergriffen
ift; woie fie den vergänglidyen Sreuden diefer Yoelt zu entfagen und Borr
zu gefallen begeber. Sie bar die Lebre.deo Evangeliums nichr mit tauben
Ohren geböer, fle bar Vater und Wurter, Verwandte und Jeeunde, das
und &of verlaffen und Gore allein nadhzufolgen befehloffen. Mrräter, ihr
Greife und ihr Tünglinge, die ihr midhte Abnlidyes chur! Yoarum
fänweige ihrY_ Was erftrebt ihr mit euerem Frröten? Sehr diefe zarte
Jungfrau, wie fie euch mir erbabener ‚Sahne fürchtlos serangee um und nicht
282 12. Bapitel,
surtichfchredt, gegen Die geiftige Trägheie zu £impfen. Geber fie, die, mi
dem Panzer des Blaubens und dem velm deo Seile bewaffnet, unerfchroctenen
Geiftes gegen den böfen Seind zu Bmpfen bereit ift. Wenn ibr fle daher
nicht fibertreffen oder mit ihr wetteifern Eönnt, fo firebt doch wenigftene
darnach, ibr in Ebnlicyen Beifpielen der Srömmigteit zu folgen.“
„YTadh diefen göttlichen Worten und nadydem die Seier der Wieffe
vereichter war, fehloß er fie in eine Zelle ein. And da fie in beiliger
Berfniefchung für alles Jedifche cor war, empfahl er fie, wie eine Tore,
Gore. Dafelbft lebte fie im Dienfte Bottes ein engelgleiches Leben, von
den. verfehiedenften Leiden beimgefucht, und gab fchließlich ihre gans
geläuterre Seele ihrem Schöpfer zurück, damic Bott in allem verberrlicht
werde, der in feinen Zeiligen immer bewounbernewere it.”
Schließlich gebt auf Burdyards organifarorifche Thärigkeir die Fin:
teilung der Stadt in vier Kirdhgemeinden zur”). Solange es nur
wenige Cbriften in den Aömerftädten gab, genügte die bifchöflidhe
Rirche ale Pfarrticche, und der Bifcpof war der einzige Pfarrer, dem
die anderen Geiftlichen als Gehilfen untergeordnet waren. Als das
Thrifteneum fid ausbreitere, da wurden meijt von Privaten, den Brof:
geundbefigern, Kirchen erbaut, die an diefen Wirchen nach germanifeher
Aechtsanfchauung ein KEigenrum batten; fle fegten den Priefter ein,
md der Ueberfchuß der Kinnahmen floß in ihre Tafche. Die Solge
war die Degentralifarion der Eirchlichen Verwaltung und die weitere Solge
Zoderung der Disziplin und Verwilderung deo Mlerus. Allmähtic
wurde die Rirche durch die Unterftigung der fränkifhen Bönige der
Unordnung serr. Der Gedanke der Figenkicche blieb zwar flegeeich,
aber die Befengebung wahre energifä) die Rechte des Bifchofe. Das
Bistum gerfiel in eine Anzahl von Archipresbyterate oder Dekanien und
diefe wieder in eine Anzahl von Kirchfpielen. Wit der Zunahme der
Beoötterung bielt die Vermehrung der Birdhgemeinden Schritt. m
30. Jahrhundert war die Didzefan« und Pfarrgemeindeneinteilung überall
in Deutfdyland durchgeführt, ein außerordentlicher Segen für das Volke
leben, denn erft feitdem jedermann am einen beftimmten Priefter oder
Seelforger gewiefen war, fonnte fi) jenes Bewußefein ausbilden, von
dem Orfeiedb von Weißenburg fprichr: „Wie viel voert ift eo, daß Bortes
Ssieten uns leiten.“ Der Pfarrer unterfihied ih) vom Laien ducdy feine
vegelmäfig getragene priefterliche Mleidung, und er genoß ale Wirglied
des geiftlicen Standes ein höheres Anfeben und manche Vorzüge. Er
Die Fiedlichen Ordnungen Bidet Burharbe, 283
wohnte in der Yähe feiner Kirche. Täglich) um 9 Ubr fang er die
Weffe und war verpflichtet, die Ranonifcyen Geberfhnden einzubalten
und durdy das Läuten der Blocke das Volk an fie zu erinnern. Er
follte regelmäßig predigen, das beißt nachdem der Lektor das Evangelium
oder die Epiftel gelefen, den Wortfinn erklären. Er mußte das Volk
an die chriftliche Ordnung gewöhnen, namentlich ihm die Pflicht der
Sonntagsruhe einprägen. Am Afchermitewoch forderte er die Gemeinde
zur Beichte auf, an den drei hoben Sefttagen, Weihnachten, Oftern und
Pfingften Ind er die Bemeindeglieder zur Teilnahme am heiligen Abend»
mable ein; er Elindigte die “eiligenfefte an und Die vier Sronfaften.
Mir feiner Bemeinde feierte er die Bitrgänge und andere Progeffionen.
Sür das Seetenheil feiner Pfarrtinder war er verannwortlich. Er
batte alfo darüber zu wachen, daß die Kinder getauft und zu
techter Zeit gefirme wurden. Er mußte Zinderlebre halten im
Anfdluß an das Vaterunfer umd das Glaubensbefenntnis. Die
verlorenen Schafe folle er auf den tedhren YOeg zurlckleiten.
An ihn wendere man fihh um Hat in leiblicher umd feelifcher YIot;
‚Seemde und Arme baten ihn um Jilfe; er mußte fie an feinem Tifche
fpeifen. Vornebmlich die Rranten waren feiner geiftlichen Sürforge
empfoblen. Alles dies galt als feine Pflicht, und urfprünglich durfte er
dafür Beine Bezahlung fordern. Schließlich follte er fir die Inftand-
haltung der Kirche beforge fein. Als Befoldung diente die Pfründe des
Pfarrgutes, doch follte er fich nicht auf often besfelben bereichern. Yrum
wurden freilich diefe Pflichten nicht immer erfüllt. e gab Pfarrer, die
febr ungeiftlich Iebten, auf die Jagd und in die Wircshäufer gingen, und
die daher Anlaß zu gerechtem Tadel gaben. Doch im allgemeinen werden
die Pfärrer damals wie noch beure ihre Pflicht erfüllt haben, namentlich
wenn fle wußten, daß ein firenger "err über ihnen wache.
Seitdem der Bifchof Beamter des Rönige war und als folcher
vielfach von feiner Didzefe abwefend fein mußte, Eonnte er die Pflichten
des Pfarramtes mit dem befien Willen nicht mehr erfüllen, und bei der
Zunahme der Beölferung war eine Einteilung der Stadt in mehrere
Rirchfpiele ein unabmweisbares Bedhrfnis. Daß Burchard fich zu einer
Einceilung der Stadt in mehrere Pfarrgemeinden veranlaft fah, beweift
eben bie Vermehrung der Bevölkerung der Stadt Worms und bie
Darftellung des Anonymus, ale ob die Einwohner WOorme’ fich vor feinem
Regierungsantritt zerftreur und erjt durch ibn woieder fic) in der Stadt ver-
284 12. Rapirel.
fammelt bitten, ift ganz unhalcber. Die Erneuerung und Bründung der
vier Bollegiarftifte hänge offenbar mir diefer Einteilung in vier Pfarreien
sufammen, indem einem jeden Stifte eine Pfarrgemeinde zugemwiefen wurde.
Man bat der Barbolifchen Kirche viele und fünwere Vorwürfe
‚gemacht, den fehwerften Vorwurf, daß fie ibre Dienfte und Wobleharen
fid) von den Gläubigen reuer bezahlen laffe. Allein hierin erweift fie fich
volttändig unfehuldig, denn erjt unter der Einwirkung des germanifchen
Hechrebegriffes des Bigenms if auch die Pfarrkirche unter den
Gefichespunt des Eigentums gebracht worden). Die Pfarrkirche
einem &eren; der Beiftliche Diefer Birche wer fein Beamter.
Der &err der Rirdye forderte von jenen, welche die Rirche benlizeen,
einen Beitrag zu dem Unterhalt der Wircye und des Prieftere. hm
genügeen die freiwilligen Leiftungen, die Schenkungen und Oblarionen
nicht, er verlangte gerabesu für die Dienfte des Priefters beftimmte
Gebühren, Begräbnifgelder und Stolgebühren fir die Taufe, die
infegnung der Ehe, das Abendmabt, die Beichte und die Iete Oelung.
Jmmer bat die Rirche dies als einen Verkauf geiftlicher Amtshandlungen,
ale Gimonie verurtbeilt, allein fie war gegenlber dem Egoismus der
großen Grundberren obnmächtig, und innocens II. war febließlich
genörige, auf dem vierten Zaterankonzil im Tahre 1215 die Krbebung
der Stolgebühren als eine lobenswerte Bewobnbeit befteben zu laffen.
Serbftverftändlic hat die Rirdye als Broßgrunbbefizer fich Diefe
innahmen nicht entgeben laffen, und der Befiz einer Pfarrkirche wurde
wie ein anderes YTugungsrecht finanziell ausgebeuter.
Indem Bifdof Burchard den vier Stiften je eine Pfarrei zunvies,
wollte er ihre Zinnahmen dabucd) vermehren. In der Urkunde vom
29. Juni 1016 wird die S. Paulstirche ale die vierte Pfarrkirche
begeichner®), und im Jahre 1080 erklärte Bifdyof Abdelbert, daß die
Stadt Worms von feinen Vorgängern Burchard und Arnold in vier
Pfärreien eingeteilt worden fei”). Die Pfarrei &. Paul wird in der
obengenannten Urkunde von Jahre 1080 folgendermaßen räumlich
umfihrieben: Sie reicht von der S. WMartinspforre bis zur Judenpforte
‚oder bis zur Seifonenfpize und dann aufwärts gegen den Rhein bis zur
Brorpforte (jeze Sifcherpförtchen) durch die Brotgaffe bis zum Haufe
Ebos und von da zurlie® durch die mittlere Strafe der Stade (Rämmerer:
‚gaffe) bis zur S. Wartinepforte. Yähere LTachrichten Über die Abgrenzung
der drei anderen Pfacrgemeinden feblen aus diefer Zeit. Die Stiftskirchen
Die Heiden Ordnungen ifhof Burharbe. 285
dienten lange Zeit zugleich als Pfarrdirden. Te mehr fih indes die
vornehmen Ehorberren von dem Volke abfonderten, um fo weniger mochten
fie geneigt fein, der Bemeinde auch ferner ihre Rische einzuräumen und
felbft den Pfartdienft zu verfehen. &o wurden denn im 13. Jahrhundert
neben den Stiftefirchen eigene Pfarrkirchen gebaut und diefe mit einer
Dos oder einem Pfarrgut ausgeftattet, und zwar gefebab der Bau wie die
Ausftatrung der Pfarrkirchen durch die Opfermwilligkeit der Gemeinden,
weshalb diefen auch ein Anteil an der Verwaltung eingerfumt werden
mußte. Jede Gemeinde wählte drei oder vier Rirchengefchworene oder
Juract®). Diefe vier Pfarreien waren den vier Stiften intorporiert.
Der Hauptteil der Kinfünfte aus ihrem Kircengur und den Sol:
geblihren Bam fomie den Stiften zu Bute, und der vom Stift dem
Archibiaton präfentierre Leutpriefter mußte fi mir einer geringen
Pfelinde begnügen. So fland zum DBeifpiel das Parronatsredyr der
&. TJohannesticche dem Buftos des Dome zu. 1263 übertrug diefer fein
Redyr dem Dekan und dem Bapitel des Domftiftes”). Sür das
Jahr I200 ift urkundlich ein magister Heinricus als Leutpriefter der
&. Jobannestirche beyeugt””). YLoch beffer find wir über die Pfarrei
©. Buprede unterrichter. Am 3. April 1140 beftkeigee Bifchof”
Burchard II. (Buggo) die von feinen Vorgängern getroffenen An:
‚orbnungen über die S. Paulstirdye. Da ift denn zum erfienmal von
der S. Auprechteticche die Rede"), deren Patronaterecht dem Buftoe
des &. Paulsftifte zugebörte. eber diefes Parronatsrecht entftand ein
Streit zwifchen dem Propft und dem Kuftos der S. Paulskircye. Der
KErsbifchof Konrad von Wainz entfchied am 25. April 1194 auf Grund
der vorgelegten Urfunden und bes Zeugenverhörs biefe Sache zu Bunften
des Buftos Zeinrich"®). Diefer feyenkte darauf am 19. März 1197 in
Anberracht, daß die Einnahmen der Rirdye S. Paul due) die Laien,
namentlich die Minifterialen, weiche die feftgefenten Taren der Kirche
nicht bezahlen, vermindert und daß die Präbenden der Brüder fonwohl
infolge der bäufigen Weberfehwemmungen des Aheines als auch infolge
der Derfänvendung Bösroilliger verkürzt worden fein, das Patronate:
recht der &. Aupredhesticche dem Stifte S. Paul, weldes dann den
Pfarzdienft einem Bruder oder irgend einem Priefter überrrug. Bifcbof”
Zupold genehmigte diefe Schenkung in Begenwart vieler anfehnlicher
Perfonen geiftlichen und weltlichen Standes”®), und am 17. Mlkrz 1239
beftätigte fie Bifdyof Landolf*). Der sum Leurpriefter ernannte Bruder
286 52. Bapiel.
des 6. Paulsftiftes oder irgend ein anderer Beiftlicher folL mir feiner ihm
sugewiefenen Pfründe zufrieden fein und den Ueberfchußs der Einnahmen dem
Stifte überwoeifen. Auch foll der Leurpriefter einen geiftlichen Bebilfen und
einen Schüler haben, die im Ebor der S. Paulstirche mirfingen. Um die
Witte des 13. Tahrhunderte brannte es in der Stadr Worms wiederholt,
fo daß ganze Quartiere eingeäfchert wurden‘®), Damals erlitten die
©. Pauls» und S. Auprechtsficche foldhe Schädigungen, daß fie von
Grund auf neu gebaut werden mußten. Bifchof Eberbard von Bonftanz
gewäbree daher am 2. Mai 126J den beiden Kirchen einen Ablafbrief").
Zum S. Wareinsftifte gehörte die S. Lambertitizche. Im Jahre 1233
beftärigee der Erzbifdof Siegfried von Mainz diefem Stifte die In
torporation der Pfarrei S. Lambert mit Zuftimmung des Propfies der
genannten Rirche und des Bifchofs Lupold von Worms. Der Dekan
zu S. Marrin foll zugleich) Leurpriefter zu S. Lambert fein. Diefe
Pfarrei wird in diefer Urkunde als die vierte innerhalb der Yauern der
Stadt bezeichner””). Außer dem Leurpriefter werden ein viceplebanus‘“)
und vier Priefter, die in der Pfarrkirche celebriezen, erwähne””).
Der S. Andreaslirde war die S. Wiagmiekirde inkorporiere
(1143), und das Patronatsrecht fand dem Propft zu, der es am
28. Dezember 1238 mit Genehmigung des Bifchofs Landolf dem Stifte
abtrac®"). Yoährend die übrigen Pfarrkircben am Anfang des 19. Jahr:
bunderts dem Boden gleich gemadhr worden find (G. TJobann 1817,
&. Aupredyt 1843), entging die S. Magnuskirdye bdiefem Schicfal,
weil fie als proteflaneifehe Rirche ununterbrochen benugt wurde. Sie
ift im romanifeen Stile erbaut“) und zwar wahrfeheinlich nach dem
großen Stadtbrand von J242, eine dreifchiffige Anlage mit erhöhtem
Wirreifebiff und geradlinig abgefcbloffenem Eher. Der Brundriß it
merkrotrdig unregelmäßig.
Als fih vor den Thoren Vorftädee bildeten, die freilich ausgeprägt
ländlichen Charakter trugen”®), da ftellte fich das Bedürfnis ein, daß fie,
die früher zu den ftädeifchen Pfarreien gehörten, zu felbftändigen Birch
fpielen erhoben weurden. Die Riedye S. Amand vor dem S. Wiartinsthor
wird fehon in einer Urkunde “einriche II. erwähnt, aber die betreffende
Stelle erweift fi ale Einfeiebfel”®). Laut einer Urkunde vom
Tate 1234 befaß der Dompropft das Patronatsrecht biefer Pfarrkirche”).
Am 31. Oktober 1283 wurde durch fähiedsgerichtlichen Spruch den
ronnen von Zochbeim die Pfarrei S. Amand gegen KEnefehädigung
Die Helicien Ordnungen Bifcof Burcbarbe, 287
der Dompropftei sugerwiefen“), und am J3. Klovember des gleichen
Jahres beftktigte dies der Bifdof Simon“”).
Die Rirche S. Andreas auf dem Berge gehörte von Anfang an dem
S. Andreasift““). 1243 beftscigee Bifchof Landolf’die von Gerhard, Propft
au &. Andreas, den blifenden Schweftern gemachte Schenkung der in der
Dorftadt auf dem Berge gelegenen Pfarrkirche S. Andreas. Der von den
Srauen gewählte Propft follte der Pfarrer der genannten Gemeinde fein und der
Ricchhofdafelbft auch der S. agnusgemeinde als lezrer Rubeplag dienen”)
Dem Flonnentlofter Warienmünfter war die Rirche S. Caecilia in der
Vorftade intorporiere”“). Die. Wicyaelsticche wird am Ende des 2. Jahr-
hunderte erwähnt"), 3300 treten die Rirchengefchmworenen diefer Pfarr:
‚gemeinde vechtehandelnd auf. Der Dekan des Domfapitels fehenkre der Be-
meinde mit Zuftimmung des Rapitels zur Erweiterung ihres Bottesachers, ber
wegen des Anmwachfens der Gemeinde nicht mehr ausreichte, einen Barten’“).
Schließlich befand fih in der Miainger Vorfadt die Pfarrei
&. Remigivs, worüber 1207 zwifchen den Stiften S. Peter und
S. Lyriscus ein Steeit ausbrad, der erft I283 endgilcig entfchieden
wurde”). Ungeachtet diefer Vermehrung der Pfarrgemeinden behielten
die vier innerftädeifdyen Bemeinden immer eine geöfere Bebeurung ale
die vorftäßtifchen. Vie in fo vielen andern Städten, dienten fie aud,
den Verwaltungsswedten der Stadtgemeinde (fibe unten). Wenn aber
neuere Sorfcher behaupten, daß aus der Verfehmelsung von Sonder:
gemeinden die mitrelalterlichen Städte entftanden feien, fo muß man diefe
Behauptung wenigftens fin Worms ablehnen“).
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33. Bapitel.
Die redhtlidyen und wirtfchaftlichen
Ordnungen Burdhards.
jeben den geiftlichen Verbältniffen behielt
Burdyard unausgefent audy die weltlichen
f&barf im Auge. Denn er war ja niche
nur der geiftliche dere der Stadt, fondern
‚auch der weltliche, feitdem ihm der Rönig die
fistalifcyen Rechte und die Berichtebarkeie
übertragen hatte. Serner war der Bifdof
} ER N besichungsweife die Rirche S. Peter Groß:
dB N al ES) grundbefiger in und außer der Stadt, dem
N} EI Na sablreiche SSrige in mannigfachen rechtlichen
EN Abfiufungen geborchten, und fehließlic)
ftanden ihm über die freie Bemeinde Gobeitsrechte zu. Allee das bedurfte
der Regelung. Seitdem die deutfchen Rönige darauf hatten verzichten
müffen, durch eine regelmäßig arbeitende fchriftliche Befengebung den
Gang der techrlichen und wirtfchaftlichen Entwoictelung zu beftimmen,
bitbere fih das Hedır lediglich als Berwohnheitsrecht weiter. Das alte
Volks: oder Stammesrecht wurde, nachdem die deutfyen Stämme
dauernd fefte Wobnfige gewonnen baten, zum Landrecht”®). Diefee
Landrecht ift fein neu gearteres Recht, aber das alte Volksrecht bar fich
doch vielfach modifiziert, und größere oder Bleinere Gebiere find ihm
entfremdet worden. Zumal in den Städten entwicelten fi) rafcher als
auf dem Lande neue wirefchaftliche Zuftände und damie im Zufammen-
bang ein ftädtifden Bewohnbeiterecht, das fi einfach als eine Sort:
15. Boos, Die Autcu er chntfäen Same. 1. m
292 13. Bapiıel.
bildung des Landrechtes erweift. Das Stadtrecht bebält den Charakter
eines Öffentlichen Rechtes, und das Stabtgericht bleibt wie das Land-
gericht ein Organ der Staatsgewalt und der Sffentlichen Berichts:
verfaffung.
Banz anders verhält es fich hingegen mit dem Koftecht, Dienft-
und Lehnrecht. Diefe entftammen privatrechtlicher Bewalt, realifieren
nicht das dem Staatezwecte inbärente Recht, fondern eine aus Privat
gewalt eneftandene “errfähaft. (U. Heusler.)
Ein großer Teil des deurfdben Volkes war feit der Zeit Rarle des
Großen der Unfteiheir verfallen. As Unfreie hatten fie Beinen Anceil
mehr am Öffentlidyen Bericht, fondern ihr “err richtete Über fie und
ihre Steitigteiten nach Willkür. She den Unfteien baftete der Lerr,
und fir ibn durfte er vor dem Volksgericht Sühne fordern. Der durch
die Erpreffung der Öffentlichen Beamten oder durch die Bedrängniffe
feiner dirftigen Vircfchaft sur Verzweiflung gerriebene leinbauer mußte
sulegt frob fein, wenn er überhaupt feine Eriftenz retten Tonne. Dbne
langes Wlarkten unterwarf‘ er fi der Serrfehaft eines Brundbern und
verzichtete gern auf feine Sreibeitsrechte: die Teilnahme am Voltsrecht
umd Voltsgericht und auf die Waffenfähigteit. Te mehr aber die Freien
den großen Brundherefihaften zufrmeen, um fo flärter ftellte fich die
Ylomvendigteit ein, die rechtlichen und wirtfehaftlichen Bedärfniffe diefer
Brundholden zu zegeln. Das Prinzip der Affogiarion machte fid) auch
bier geltend, und fo gefebah es denn, daß es zu einer Vereinigung der
“interfaffen einer Grundherrfdyaft Bam, zu einer Kechtegenoffenfihaft
md damit einer Berichtegemeinde zum Zwecke der Beurteilung der
internen Angelegenheiten der %ofgenoffen, das beift, der Besiebungen
zweifehen Brundheren und "ofleuten und zwifchen den Zofleuten unter:
einander. So bildere fih das Hofigeridt und aus deffen Praris das
Hofrecht“"). Völlig wurden die Förigen dadurdy dem öffentlichen Bericht
nicht entzogen. Denn für Vergeben und Verbreden, die fie außerhalb
der “oftgenoffenfchaft begangen oder die je von außerhalb ber erlitten
batten, waren fie immer dem Landgericht zuftfndig. Berade diefe Ent:
wicfelung hat das deutfche Volk vor einer großen unbeifoollen Rataftropbe
bewahrt. Der deurfche Bauer, der im 9. Jahrhundert in Befahr war,
sum ländlichen Proletarier berabzufinten, rettere durch den Kintrirt in
die Sofgenoffenfehaft und das “oftecht feine materielle Lpiftenz. Im
Laufe der Zeit Eonnte er fogar wieder volles Eigenum erlangen.
Die reclicden und wirtfeaftlihen Ordnungen Burdjardo, 295
Burcyard von Worms bat num wiederholt die Autorirdt des Raifers
Geincich II. in Anfpruch genommen, damit diefer durch Berichtefprudh
fireitige Rechreverhältmiffe der börigen Rlaffe regele, und frz vor feinem
Tode har der umfichtige Bifcyof ein Weisrum finden laffen, das eines
der wichtigften Dokumente für die Extenntnis diefer Verbätniffe it.
Durch die Immunitäteverleihungen der Rönige erhielt der Bifchof
die niedere Gerichtebarkeit auf dem immunen Gebiet, die er einem Vogt
der Rirdye überrrug. Die “interfaffen umterftanden in allen peinlichen
Sachen dem Ding des Landgerichts. Baifer Otto II. hatte dem
Bifchof außer den fiskalifben Linkiinften auch die gräfliche Berichtebarkeir
übereragen, und infolge der Tntervention Könige %einrich II. batre
Gerzog Örro, der bisherige Inhaber der Graffchaftsgewalt, auf feinen
Befin in Worms zu Bunften des Bifchofo verzichte. Dadurch erbiele
Burchard völlig freie Sand. Er Überrrug nun dem Vogt der Ricche
aud) die Berichtebarteit im Gerichrebezirt Worms. Denn nach kirchlicher
Anfihauung durfte der Bifchef den Blutbann nicht befizen, weil ihm
das Blutvergießen verboten war”). Dem Vogt verlieh der Rönig den
Blurbann. Demgemäp blieb diefer Vogt Eöniglicher Beamter, und die
Stellung der Sreien wurde durch die Uebertragung der Berichtsgewalr
an den Bifchof in Beiner Weife geändert. Der König galt nach wie
vor als der eigentliche „err der bifchöflichen Städte. Er ernannte ja
die Bifchöfe, die feine Beamten waren, und er bebielt auch einen Zinfluß
auf die Stadtwögte. Wir werden feben, wie fpärer der Rönig in die
Derhätmiffe der Bifchofsftddre mir ftarter Hand eingreift, und wie die
Bürger an ihm einen Eräftigen Schun gegen die Uebergriffe der Bifchöfe
finden. Worms wird noch immer, wie in Barolingifcher Zeit, eine
öffeneliche oder Eönigliche Stadt genannt, obgleich die önigliche Pfalz
fon längft in Defig des Bifdofe übergegangen war, denn die Stadt
ift eine Reicheburg, die einen höheren Srieden als das Land genießt“).
In drei Urkunden aus dem Jahre 1016°%) erfcpeine in der Zeugenlifte
als erfter unter den Laien Folemarus advocatus. Das ift eben der
Vogt, den der Bifhof nach Ueberrragung der gräflichen Berichtebarkeir
durch die Otronen eingefege batte, und er ijt aud) wohl identifd» mir
dem Comes civitatis, dem Burdhard 1016 jede Amtahandlung innerhalb
der Immunität der neu begelinderen 5. Paulsticche unterfagee””). Die
Vögte oder Grafen füchten naturgemäß ihre nterejfen geltend zu
machen, und wir Bernen die fornwÄhrenden Alagen der Bifchöfe und
294 13. Bapirl
Aebre über die “abgier und den igenwillen biefer weltlichen Richter,
über deren Befchwoägigkeic auch unfer Burchard erboft war”).
Burchard brachte nun im YIamen fämtlicher Bifchöfe und Aebte
der Provinz vor dem Raifer Zeinrich II. lage vor, daß won aller
Immuniekrsprivilegien die Grafen immer die Beridhrebuße von fechsig
Schillingen forderten, wenn jemand von den Leuten der Kirche eines
Diebftabls, einer Fehde oder irgend einer Rriminalfache fcyuldig befunden
würde”). “einrich II. fprach am 29. Juli 1054 zu MWörfelden Recht.
Der König beftäeige der Wormfer Rirche die Immunirde und teiffe
Beftimmungen über Vergeben der Leute des Bifcofs. Alle Perfonen,
die zur Samilie (über diefen Begriff fiehe unten) des Bifchofe gebören,
follen für innerhalb der Samilie verhbte Verbrechen nur dem Vogte im
Framen des Bifchofe Buße leiften; bei Vergeben gegen Auswärtige
möffen fie vom Vogte vor dem Grafen vertreten werden. Der gräfliche
Bann wurde auf fünf Schilling feftgefene. Die Grafen follen über die
Leute der Samilie Beine Bewalt haben, außer wenn fie im ehren Ding
vor den Schöffen und durd) das Zeugnis von Freien Überwiefen werden.
Wenn einer auf bandfefter That ergriffen wird, foll er in der daft des
Grafen verwahrt werden, bis im Bericht durch die Schöffen über ihn
geurreilt wird. „Jene fechzig Schillinge aber, welche die Grafen bis
fest in ungerechrer Weife genommen haben, verbieten wir ihnen, außer
in den öffentlichen Städten.“ Wer dawider bandelt, der zahlt, wenn er
ein Sreier it, drei Pfund Bold in die Eönigliche Rammer; ift er ein
Unfreier, fo wird er an “aut und „aaren gefhoren.
Ylady der fräntifchen Berichteverfaffung urteilte der Braf mit einem
Bann von fünfiebn Schillingen, und nur unter befonderen Umftänden
befaßen fie den Rönigebann von fechsig Schillingen, der erft im Zeit:
aleer der Staufer auch für die Grafen allgemein galt”). In der Stadt
war die wirtfchaftliche und darum aud) die rechtliche Ennwictelung vor-
gefebritten. Deshalb galt hier der Sechsig.Schillingbann fäyon zu einer
Zeit, wo er auf dem Lande noch nicht zuläffig war, weil durch diefe
bobe Buße die materielle FEriftenz der Bauern allyufehr bedrobt worden
wire. Die Brafen füchten ihn aus igennug auch auf dem Lande ein:
zuführen, wogegen fi eben Burchard im Kamen der andern geiftlichen
Grundberren verwahrre. Weil diefer Sechsig-Schillingbann in der Stadt
galt, fo beißt er aud, Burgbann””), denn die Stadt ift, wie fehon
wieberhoft bemerkt, eine Burg des Rönige und genießt als foldye einen
böheren Srieden als das Dorf”).
Die eröslien und wierfänflilien Ordnungen Burcharde, 295
Das wird num audy durdy das “oftecht Burchards””) beftätige.
Arcifel 20 beftimmt, daß wer in der Stadt Worms im gerichtlichen
iweilampf unterliegt, 6 Schillinge besablen muß, während, wenn dies
außerhalb der Stadt innerhalb der Jamilie vortomme, der Unterlegene
dem Bifchof den Bann (5 Schillinge) zu bezahlen bar, dem Vogt
20 Schilling und dem Gegner das dreifache Wehrgelb”). Denn durch
die höhere Steafandrohung wollte der Bifchof den gerichtlichen Zwei:
tampf in der Stadt befchränten. Die gleiche Buße von 60 Schillingen foll
ferner der bezahlen, welcher in der Stade gegen einen andern das Schwert
gexhicht oder den Bogen gefpannt und den Pfeil auf die Sehne gelegt oder
Die Lanze zum Stoße erhoben hat (Artifel 28) und ebenfoviel, wer in der
Stadt einen zu Boden gefchlagen bat (Art. 27). YIody immer wollten fic) die
Wienfehen damals nicht der Zuche und Ordnung fügen, und fie ließen ihren
Leidenfchaften die Zügel fehießen. Saft alle Jahre vourden in den Sehden der
börigen Benoffenfihaften Leute erfehlagen (Artitel 30). Um dem vorzubeugen,
fente man eine fäywere törperlide Strafe auf foldye Vergeben gegen das
Leben (Artibel 30). Der Sechsig-Schillingbann galt eben alo Stadtrecht, das
ich im Begenfan zum Landrecht berauebildere. Denn wenn eine Stade
gedeihen foll, fo muß innerhalb der Wauern der Seieden gewahrt fein.
Auf feiner Brundberrfihaft außerhalb der Stadt fuchre der Bifdhof die
Gewalt des Brafen einzufchränten, in der Stadt jedoch erhielt der Brafum
fo größere Bedeurung, da hier eine Gemeinde freier Männer vorhanden war.
Bwar wird von verfihiedenen Seiten behauptet, Daß die Freiheit der
Bürger von Worms fi, unter Bifchof Burchard vermindert babe und
daß alle Bürger dem Softecht unterworfen gervefen wären"). Auch
Andreas “eusler, der die Eriftenz freier Kinwohner in den Gtädten
annimmt, meint, fämtliche Rlaffen der Stadteinmwohner feien einer privarı
techtlichen Abhängigeir vom Bifchof unterlegen; doch fei der Zufammen-
bang zwifchen öffentlicher Gewalt und der Einwohnerfchaft ungefchmälerr
geblieben, weil diefe id durch die beftändige Erneuerung ihrer fteien
Zlemente von dem Lande auf der Höhe erbalten babe”). Man bar
auch geglaubt, daß zu irgend einer Zeit der gefamte Grund und Boden
in den Deflz des Stadtheren, das ift des Bifchofs und der Stifter und
Riöfter übergegangen fei und daß die Einwohner ihn wieder gegen Zins
zurticdempfangen brten, wodurd) eben eine Verminderung der Seeibeit
eingerreen fei?”). Allein dies alles Bann man durdy die Quellen niche
beweifen. Im Gegenteil, aus den freilidh nur fpärlih vorhandenen
296 13. Bapitel,
Urkunden erfiebr man, daß es in den Städten Sreie aud) in diefer Zei
noch gegeben bat. In der vorbin erwähnten Urkunde “einriche II.
som Jabre J0J4 ift ausdrücklich von Freien die Aede’*). J033 übertrug
Bifchof Asecho von Worms der Ruftodei: des Domftifte das Lauptrechr
(capitalis Justicia), das ijt den Sterbefall derjenigen Zinspflicheigen der Birche
5. Peter in Worms, welche wibrend der Dauer feines Kpiffopars
entweder freiwillig fich der Sreibeit entäußerten oder foldher Unfreien,
die freigelaffen und dem beiligen Petrus übergeben worden waren“).
‚Sreitidy handelt es fich in beiden Zällen um Auswärtige. Aber befannter-
maßen waren die Derhälmiffe in der Stadt der Sreibeit viel günftiger als
auf dem Lande. Uebrigens ift für YWorms die freie Gemeinde bezeugt.
Ihre Wirgtieder, die Ucbani, bilden nach der uns befannten Yormfer Bau:
sronung eine Benoffenfihaft, “eimgereiden genannt (fiehe oben). Yoohl
ift ein großer Teil des Grund und Bodens in den Befiz der Kirche
gelangt, indem die religiöfe Zeitftrömung und die Bründung oder Erneuerung
‚von Stiften und Rlöftern mandyen $reien veranlafr haben mochten, fein
Eigentum den irchen zu vermachen, aber immer noch gab es in der
Stadt freies Ligen. Obfchon der Bifdyof die Gerichtsbarkeit in der
Stade erlangt hatte, blieb dadurdy die rechtliche Ylarır des Brundbefiges
völlig unberhbrr; was echtes Ligen war, blieb echtes Kigen, und mas
sinebar war, blieb yinebar““).
Die freie Stadtgemeinde bat in diefer Zeit noch genau diefelbe
Zunttion wie die Landgemeinde‘®). Sie ftebr außerhalb des fiaatlichen
Organismus“) und ift bauptfächlich eine Wiarfgenoffenfchaft; die Regelung
diefer Verbälmiffe war die “auptaufzabe der Stadtgemeinde wie der
Landgemeinde. Wiitglieder der Stadtgemeinde find die, welche Brund:
befig haben. Die Gemeinde ift vollftändig autonom und befigt Selbft-
beftimmungsrecht, das aber freilich durch den Stabtherrn, den Bifchof,
vertümmert werden Bann. Diefes Selbftbeftimmungsrecht bezieht fich
auf ihre wirefchaftlichen und polizeilichen Angelegenheiten, und zur
Wahrnehmung ihrer Tntereffen beftelle die Stadrgemeinde Beamte: die
seimburger. Das Bebier der Selbftverrwaltung war jedoch zur Zeit der
bifcyöflichen Stadtherrfebaft eingefchräntt worden, indem der Stadtberr
außer der Berichteverwaltung aud) die Verwaltung von Angelegenbeiten
übernahm begiehungsweife durch feine Organe beforgen lief, die eigenelich
Sadye der Stadtgemeinde gewefen wäre. Wit einigem Rechte Eonnten
fpäter im 15. Jahrhundere die Wormfer lagen, daß ihre Bemeinde
Die vedlichen und wirtfchaftlidien Orönungen Burdarde. 297
einft fiei gewefen fei und daß der Bifcof fd) die Rechte fiber die
Stadt ufurpiere habe’). Eben um fid der vom Bifchof angemaßten
Stabtherrfcyaft zu entziehen, feploß fidy die Stadtgemeinde dem König
an, und mit defjen Zilfe erlangte fie wieder die Sreibeit.
Der oberfte Beamte des Bifchofe war der Rirchenvoge, dem der
Bifcyof auch die Gerichtsbarkeit im Stadtbezirk übertragen harte. Die
Stadt war aber zugleich Burg oder Seftung, und daher erhielt der Stadr-
graf zu feinen gerichtlichen Sunttionen auch mitiräeifebe. Ihm ift die
Verteidigung der Srabt anvertraut, und deshalb heißt er Burggraf oder
Stadepräfekt”®). Diefer Titel erinnert an den Stadtpräfetten in Rom.
Sier wie in fo vielen anderen $ällen ift der Ylame dem römifchen Titel:
fsftem entlehne worden®”); aber mur der Yrame ift römifch, die Sache
üft ehe deurfeb. Sein Amtobezirf heiße Prefectura, und diefer umfape
mur das Bebier der Stade”). Er ifk der oberfte Richter, vom Rönig
mit dem Bann belebnt. Vor feinem Gericht find die Sceien suftändig.
Den Ertrag der Gericytebußen teilt er mit dem Bifdof, und zwar
empfängt lenterer zwei Teile, der Braf einen”). Da er zugleich Stadt:
Bommandanr if, fo ehr ibm auch die Baupolisei zu. Von Zeit zu Zeit
ließ er einen Vertreter durch die Stadt reiten, der in feinen Armen
wagerecht eine Stange hielt. Diefer hatte das Recht, alle Vorbauten
und fonftigen Beengungen der Straßen befeitigen zu laffen; Das nannte man
das Stangentecht oder „uberzimbere“”®). Auch für Regensburg, Adln,
Straßburg, Yamur, Dinant ıc. ift von einem folchen Recht des Brafen
die Rede. Lrad) dem erfien Straßburger Stadtrecht”) ift der Burggraf
der Beamte fir die Verwaltung der inneren Stadt, indem ihm die Sorge
fiir die Unterhaltung der Stadtbefeftigung, die Sreihaltung der Straßen
von Dorbaucen und die Jnftandhalung der Brücken in der Aldtadt auf:
getragen war. Wüblen dürfen nur mit feiner und der Bhrger Zuftimmung
gebaut werden. Er Übe die Bewerbepolizei aus und fent die Wieifter faft
aller Zlnfre ein; audy erhebt er Abgaben vom Rleinverfauf in der Stadt.
Saft in einer jeden Stadt find die Sunktionen des Burggrafen
verfhieden””). Tin Trier, Straßburg und Augsburg war der Burggraf
ein Winifteriale und daher feine Abhängigkeit vom Bifcbof eine gröfere
als da, wo die Burggrafen Wüirglieder angefebener Befrlechter waren,
wie zum Beifpiel in Mainz“) und in Worms.
Ueber die Wormfer Burggafen im 11. Jahrhundert wiffen wir
garnichts. rft in einer Urkunde vom Jahre 1106‘) Fommr der KTame
18. Deo. Die Ruin er sheindfäm San. ”
298 13. Rapitel,
des Burggrafen vor, und zwar in der Beugenlifte unmittelbar nach dem
Bifdyof und vor dem Propfte. Im felben Tabre errichrere der Bifchof”
auf Dirten des Grafen Wernber und auf den Rat ber vornehmften
Leute in Worms eine Benoffenfcyaft von Sifehhändlern. III6 erfcheine
derfelbe Wernherus comes huius eivitatis als Zeuge in einer Urkunde
Weinriche V.®). 1123 ift er ohne Erben geftorben, weshalb Bifchof”
Bucco deijen Zehen einzog”). Diefer Wernher nun war Graf von
Vledarau und Waden, fowwie Befiner der Burg Acalm; auch befaß er
die Vogtei über das Stift Srinlar und das Alofter Raufungen”),
1143, 1159, 1165 und 1166”) exfcheint als Burggraf von Worms Simon
Graf von Saarbrücken. Deflen Vater Seiedrich foll die Burggraffehaft
durdy feine Ehe mir der Gifela, Erbtochter jenes 1123 verjiorbenen
DBurggrafen Wernher, ererbt haben”). 1380 farb Simon, aber fein
Ylame wird von II66 an nide mehr genannt, daber man vermutet
bat, Simon babe auf die Burggraflchaft verzichte"). Das ift aber nicht
der Gall. Im Jahre 1261 erhob Graf Zeinrich von Zweibräicken als
Rechrenachfolger der Brafen von Saarbrücken Anfpruch auf die Wormfer
Burggraflihaft, indem er behauptere, er fei Burggeaf, und daber geblibre
ihm das Stangenrecht. Sein Sohn verfolgte nach deffen Tod mir Zartı
näcfigteit feinen Rechtsanfpruch, und durch ein Schiedegericht wurde ihm
eine jäbrliche Zinnabme von I2 Pfund Wormfer Münze zugefprochen,
welche der Stadtgreve, der an die Stelle des ehemaligen Durggrafen getreten
war, nachdem diefer fi) nicht mehr um fein Amt befümmere hate“), ihm
ausrichten follte. Auch follte die Stadt dem Grafen &einrich ein Jaus bei
©. Rilian geben). Exft 1379 entfagten die Brafen von Zweibrücken völlig
ihrem Anfpruc”®). Sie follen fortan kein Recht haben, eine Stange durch
die Stadt zu führen, da es ihnen von Alters ber abgefprochen worden fei.
Unter dem Burggeafen ftand der Schultheif, der Untereichter des
Grafen, dem Centenar der fränkifcyen Berichteverfaffung enefprechend.
In den Wormfer Urkunden Eomme er erft im Jahre 1165 vor®), allein
das ift lediglich Zufall®). In Wlains gehören die Schulcheißen, die
zuweilen auch Villicus, Centurio oder Tribunus plebis beißen, im II. und
12. Jahrhundert dem Wiinifterialenftande an. Als folcher wird audy in
Worms der Schultheiß Richizo II65 begeichner®). Die Befchaffenbeit
diefeo Amtes war in Worms die gleidye wie Überall fonft®”).
Im Prolog zur Lex familise S. Petri) wird neben dem Vogt,
das ift dem Burggrafen, und dem inifterialis (fiehe unten), aud) des
Die seögeicden und wirefebaftliden Ordnungen Burdards. 29
Vicedominus gedacht, der wie jene geneige it, voill£rliche LTeuerungen
einzufühcen. Der Dicedominus oder Visum war in fräntifcher Zeit ein
Wirtfdpaftebeameer, der aber auch Berichtebarteit befaß‘”). Vefters
nahm er gerabesu die Stellung eines Birchlichen Vogtes ein. Urfprünglich
gebörte der Vicedominus der Geiftlichteit an, fpäter verfab meift ein
Winifteriale diefes wichtige Amt. In Worms Eomme zuerft 1068 ein
Chuno als Minifierial in diefer Stellung vor“); 1127 Auigerus"),
II37—114] Bumperrus“), I152—1160 Flibelungus®), 1I6I—1365
Sigfridus"), 1I73—1184 Burcardus“?) ıc. Der Visum fiebr an der
Spige der minifterialifden Stadtbeamten““), und wenn er mit dem
Burggrafen zufammen erwähnt wird, fo folgt er im Range unmittelbar
auf diefen“”). Offenbar bar der Distum in Worms den Burggrafen
allmählich aus feiner Stellung verbränge‘).
In der bifchöflichen Verwaltung war ferner der Camerarlus,
Aämmerer, von großer Bedeutung. Am fränkifchen Hofe verfah er den
Dienft eines Schatmeifters‘”). Zr gehört zu den vier altgermanifchen
»ofämtern: Truchfeß, Warfchalt, Schenk und Römmerer, und auch das
Befez Burchards von Worms, Tit. 29, nennt den Rämmerer neben den
andern drei Nemtern. in Mainz waren die Bämmerer die vornehmften
Stabtbeamten und Beiftlichen, die fpdter zu den böchften Yolirden empor-
fiegen; Burchard von Worms, Burdyard, Bifchof von Bafel, Wegingaud,
Ergbifehof von Trier, Ronrab, Bifchof von Utrecht, "Hartwig, Ersbifcbof
von Magdeburg, hatten diefeo Amt, das eine gure Vorfchule für ibren
künftigen Beruf ale $hrften des Heiches war, innegebabt“). Die Ein:
fesung diefes Amtes hängt vielleicht mit dem Uebergang der Stadtherrfchaft
auf den Bifchof in der Ortonenzeit zufammen. Der Rämmerer war der
Stellvertrerer des Bifchofs in feinen Besiebungen zur Stadt. Oefters
verfah ein Propft diefes Amt, fo auch in Worms 016 der Propft
Emicho®). Zäufig wurde indes dem geiftlichen Rämmerer zur Beforgung
der Befcyäfte ein welrlicher aus dem Stande der Winifterialen beigegeben,
Pin Waing”) und in Worme“”). Der Kämmerer verwaltete die
bifchöflichen Finkünfte und harte, wie das im Wiirrelalter fo oft vorkommt,
ad) furisdiktionelle Befugniffe. ben aus diefem Verbälmie leiten fich
deifen Besiehungen zu den Juden ber. Diefe landen in feinem Schuge,
und nur durch ihn durften fle vor das bifchöfliche Gericht geladen
werden. #Er hielt Bericht über die Juden und ftellte ihnen bei “ochzeits-
und. Leichenfeieen feine Diener“*), Bifchof Burdard hatte 1016 dem
300 13. Bapitl,
Brafen das Betreen der Immunität der S. Paulstische zur Vornahme
von Amtshandlungen verboten”). Auch im Gebiet der bifchöflichen
Jmmunitdt (Mundart) durfte der Burggraf Beine Derhaftungen vornehmen,
fondern nur der Rämmerer“*). Wer in die Benoffenfhyaft der Yünzer
aufgenommen wurde, mußte außer an den Bifchof und den Yykınzmeifter
aud) an den Rdmmerer eine Abgabe besablen“”). Denn wabrfceinlich
batte der Rämmerer den Vorfig im Dienftgericht. Serner Bommen fr
die Verwaltung die Zöllner und Wlünzer in Berradhr, doch wollen wir
diefe Aemter in einem anderen Zufammenbang behandeln.
Leider fließen die Quellen im II. Jahrhundert nicht fo reichlich,
daß man den Verwaltungsorganismus im Detail erfennen Bönnte, allein
fo viel ift ficher, daß die Verwalrung der ftädrifchen Aemter durdy
bifchöftiche Minifteriale beforge wurde. Weldyes fodann die Leiflungen
der Bürger an den Bifchof waren, wiffen woir ebenfalls nich; fie waren
wohl ähnlicher Art wie in Straßburg”). Daß aber die Blirger in
feiner unehrenvollen Stellung zum Bifdyof ftanden, beroeift der Umftand,
daß beinahe zu allen wichtigen Jandlungen, die der Bifdyof' vornahm,
außer den vornehmen @eiftlichen und den minifierialifdyen Beamten
auch die angefebenften Bürger zugezogen wurden; fo zum Beifpiel bei
der Beurtundung der großen Schenkung für das Rlofter Kionnenmünfter
fat alle Bürger (pene omnes urbani‘“).
Die Stabrgemeinde felbft hatte nur untergeordnete Organe fir ihre
Selbfiverwaltung, die &eimburger und feine fländige Vertretung der
Gemeinde. Von einem Bar Tann marllicher YWeife im II. Tabe:
bundere noch feine Aede fein. Alle Wirglieder der freien Stadrgemeinde
(Universitas) nahmen an den Beratungen der Bemeindeangelegenbeiten
teil, was um fo eber möglich war, da ihre Anzahl nicht groß fein
Bonnte®),
Eine befondere Welt für fid bildere die Jamilie der bifdyöflichen
Rircye, wozu im weiteren Sinne der gefamte Alerus, die Winifterialen
und die igenleute des Bifchofs gehörten), im engeren aber nur die
Unfreien®). Diefe bildern eine bofredhtliche Genoffenfchaft.
Jm Mittelalter wurden in der Regel Befene und Rechrogerohnbeiten
erft dann aufhefehrieben, wenn Zweifel über befichende Rechtesuftände,
Pflichten und Leiftungen entftanden. Jedes Gefer it ein Weisrum.
Denn das Rede wurde nicht gemacht wie beurzurage, fondern das Hechr
wurde bezeugt ober gefunden. &o find denm die „Weistämer nichts
Die vedlicden und wirtfhaftliten Ordnungen Burcarde, 305
anderes als Bezeugungen des bergebrachten echtes und eingerourzelter
wirtfehaftlicher Bervohnbeiren“®. Yrur felten beftebr die Abfidhe einer
fsftematifehen erfehöpfenden Bearbeitung des gefamten Stoffes, fondern
meift Tommen mus die Punkte zur Verhandlung und fehriftlicyer
Sigierung, welche irgendreie zweifelhaft waren. Bifchof Burchard ließ
auf den Rat des Rlerus, der Winifterialen Und der ganzen Samilie Die
Gfene der Hofgenoffenfihaft des heiligen Petrus niederfehreiben, damit
die Wiirglieder Diefer Samile vor Webergeiffen der Beamten gefchligt
feien. Sr die Samitie foll fortan ein und dasfelbe Befer gelten, dem
Armen wie dem Reichen”). Be handelt fidh faßt lediglich um Kegelung
der hofrechrlichen, das ift privatrechtlichen Verbälmiffe, daher berhbrr
diefes Gefen Die freien Blirger der Stadt Worms, die dem öffentlichen
Bericht unterftanden, in Reiner Weife. Der größte Teil des Inhalte
berrifft ftraftechtliche, progeßrechtliche und vermögensrechtliche Be:
fimmungen“®). Vieles, was man in einem bofrechtlichen YOelsrum
füchen wolirde, alfo Beftimmungen über Abgaben und Dienfte, fehle bier,
und ebenfo fehle Diefem Weisrum die reiche Symbolik, welche den fpäteren
Weistümern einen fo großen poetifchen Heiz verleiht).
Die Angebörigen der Familie zerfallen in verfchiedene Rlaffen.
Auf der unterften Stufe ftanden die Dagewarden“®), ein YTame, der ibre
Stelkung gut bezeichnet, denn nicht wie die Brundhörigen hatten. fie
Bine zu leiften, fondern Dienfte, und zwar Tat für Tag. Sie mußten
teil im “aufe arbeiten ale Yanblanger und Handiverker, teils auf den
Seonfeldern. bren Unterhalt erhielten fie vom Sofgur. Sie waren
Zeibeigene wie die alten SElaven oder Maneipia, galten Daher Iebiglich
ale Sadye und Eonnten verkauft werden (Tir. 2 und II). br Wehrgeld
fiel ganz an die Ricche. Doch bat fich ihre Stellung im II. Jahr:
Hundert woefentlich gebeffert, indem ihre She techrlich anerfannt wurde
und fie audy ZBigeneum erwerben Eonnten.
Thnen folgten die fiscales oder Aiscalini“”). $Es find das urfprünglich
die „örigen des Fiskus oder des Könige, die auf den Pfalsgütern faßen
und zu Sof: und Rriegebienften verpflichter waren. Wir haben gefehen
(fiebe oben), daß Maifer Arnulf eine Anzahl foldyer Siscalinen der
Wormfer Rirche gefchentt hatte und daß biefe Fiscalini eine Societas
paraveredorum bilderen. Won ihrem Webrgeld fielen s Pfund an- die
Rammer des Bifchofs und 24, Pfund an ihre Sippe (Tir. 9). Sie
waren zu den ehrenvollen “ofdienften eines Mämmerere, Schenken,
302 13. Bapitel,
Truchfeflen und Wiarfchalten oder eines Wiinifterialen verpflidyter; aber
auch von diefen Dienftverpflichrungen Ponnten fie fid durch, eine jährliche
Steuer von 4 Denaren (Silberpfennigen) für den Eöniglichen Dienft und
eine Briegefteuer von 6 Denaren losfaufen. Tjeboch mußten fie die drei
echten Dinge befucyen (Tir. 29). YWOurde ein Siscaline als Dagerard
angefprochen, fo bewegte fich der Prozeß in den Gormen des Farölingifchen
‚Sreibeirsproseffes (Tir. 22).
Auf gleicher fozialer Stufe wie die Siscalini landen die Cenfiales,
die urfprünglich Sreie gewefen waren und in das “oftedht eingerreren
find. Durdy ihren freien Stand find fie fhyarf von den Dagemwarden
gefehieden, denn hen zwifchen Lenfualen und Dagewarben galten als
unebenbürcig, und die Rinder folgten der Ärgeren Fand (Lit. 16), das if,
fie werden ebenfalle unfrei. Aber wenig wollte Diefe Freiheit bedeuten,
denn durch den Eintritt in das “oftecht verlor der Sreie feine Sreisigigkeit.
Xs war nicht fchrwer, in die Sofgemeinfchaft aufgenommen zu werden,
da Eräftige Arme gefchdar wurden, aber um fo fdhwerer, ja faft unmöglich
war es dagegen, wieder binauszußommen. Die Vor des Lebens zwang
manchen Steien, feine Sreibeit um des täglichen Brores willen zu verkaufen.
Kr erbiele alsdann ein Stüd Land, mandmal fein eigenen, gegen Bine:
Pflicht. WOie der Dagewarde zahlte er eine Ropffteuer, und von feinem
Erbreil fälle dem Seren das befte Sthe? Vieh zu, eine Erbfteuer, die in
Worme und Speier Bureil genann wurde”). Er unterlag ferner wie
der Dageward Seirarsbefchräntungen durch den “ern. Dies war eben
wiederum durch das Wefen der “örigkeit und der Foftechtverfaffung
bedingt, da es unmöglich einem Wlirgliede der Hhofgenoffenfchaft erlaube
fein durfte, außerhalb Diefer Benoffenfihaft zu heiraten, weil er damit
aus ibr gefchieden und dem "Serrn fein Anrecht an ibn und feine
Ylacytommenfehaft verloren gegangen wire. hen Eonnten daher mur
wwifchen den Angehörigen derfelben Grundberrfchaft gefchloffen werden.
Das Wormfer Fofrechr war in diefer Beziehung bereite müder. ‘Ehen
zweifchen Ungenoffen wurden geflattet unter Wahrung der Kedhte der
Ricdje, der zwei Drittel der “interlaffenfchaft zufielen.
Allmäblich fand eine Verfchmelsung zwifcyen den unfreien und freien
“ofgenoffen ftatt, indem der urfprünglich perfönlice Charakter des
Ständerechts auf’ das dingliche Gebier verpflanze wurde”). Die Abgaben
waren früher nach der Perfon des freien, balbftein oder unfreien
Bauern gemeffen gewefen; fie wurden num auf das von ihm
Die eetnlicen und wierf@afelicen Ordnungen Burarbe. 303
bebaure Land gelegt. Yan unrerfehied freie Juben, Litenhufen, Rnechte-
bufen, und je nachdem ein Bauer einen folcben Aber erhielt, sale er
Abgaben, die mit der Sreiheit verträglich oder Zeichen der Unfteibeit
waren. Später, im Jo. Tabrbunderr, wurde diefe Unterfcheidung nicht
mebr feftgebalten. Sreie erhielten Rnechtshufen und Unfreie freie Aecker,
fomit verwifchten fich die Ständeunterfchiede. Die Unfteien hoben fich
und die Sreien fanten herunter.
In der fogialen Gliederung der Stände nehmen die Minifteristen
oder Dienfleure eine befonders bedeutfame Stellung ein“). Schon in
der fränkifchen Zeit find unter Diefem YTamen unfreie Diener am
Eöniglidyen ofe verftanden, welche teile “ofdienfte, teile Dienfte zu
Pferde leifteren. Später nannte man mit diefem YTamen unfreie
Dienftleure des Bönigs oder der Großen, die unter Befreiung von
anderen Dienftleiftungen und Abgaben im ofdienft oder als Reifige zu
Boten: und Geleitedienften, auf der Jagd oder im Mriege, oder auch
in der Verwaltung ale Maier, Zörfter, Zöllner zc. verwendet wurden.
Das nahe perfönliche Verhätmis zum Seren und die Fhre des Reiter
dienftes hob diefen Stand weit ber die fonftigen Benoffen des SHoftechtes.
As Entgelung für ihren Dienft erhielten fie entweder im errenbofe
felbft Woohnung und Unterhalt oder aber es befam der Dienftmann eine
Brundrente, die auf ein Lehengur angesiefen war. Der Beliehene foll
nicht erwoa den Acer felbft bebauen, das gefchiehr durch Mnechte oder
sainterfaffen, fondern er foll durch den rtrag des Lehens in den Stand
gefest fein, feinem Jeren die geforderten Dienfte zu leiften‘“). Diefes
inogur beißt in fränkifcher Zeir Precarium. Auch in Worms erhielt
ein jeder Dienfmann (serviens oder miles) ein folches Precarium‘”).
Im hofteche Burcharde wird der Minifteriale fomohl im Prolog,
als in den Titeln 2, 12, 14, 24, 25, 29 und 30 erwähnt. Denn co if
nicht zu bezweifeln, daß der in den Titeln 2, 12, 24 und 25 vorkommende
minister oder magister loci idenrifh) if? mit dem ministerialis. Diefer
minister ober magister loci it niemand anderer als der Waier, der
forwobl adminiftrative als furisbiftionelle Befugniffe bar“9. Lach
Tirel 2 foll der minister loci, wenn femand fein KBrbgur norgedrungen
verkaufen muß und es feiner feiner Blntefkeunde erfiehen will, die
Zumeifung des YWlanfüs an irgend einen anderen Samiliengenoffen
besirten. Sollte aber gegen den neuen mhaber nach zwei oder drei
der mehr Jahren einer auftreten, welcher umterbeffen in der Sremde
304 13. Rapirel,
gewefen war, und fagen: „Jch bin der Hrbe, ich wer arm und eine
Waife und batte nichts, womit ich mich ernährte, deehalb bin ich in
die Scemde gegangen und babe mich bis jent durch meine Arbeir
erhalten,“ und will mic einem Zeugen jenen, der auf Befebl des Bifdbofs
eingefent worden ift und den Wlanfis wohl bebaur und geblingt bat,
ausrreiben, fo darf der vom minister loci eingeferte “interfaffe nichr
ohne gerechte Urfadhe vertrieben werden. Denn warum ift jener, wenn
er Erbe war, weggegangen, und ift nicht zu “aufe geblieben, um fein
Erbe zu wahren
Zur Vermeidung von tieineiden foll der minister loci den Jall
ohne Eidesableiftung entfcheiden, wenn gemiffe leidhtere, befonders
agrarifche Vergeben vorliegen (Tir. J2). Wenn jemand ein beim
minister loei abgelegtes Schuldgeftändnis am nädhften Tage widerruft
und der Wiinifter Zeugen für das Bekenntnis har, fo {ft die Ableugnung
ul und nichrig (Tit. 2%). $Ebenfo foll, wenn ein Hechesfall auf ein
echtes Ding verfchjoben werden mußte, eine andere widerfprechende Aus-
fage ungiltig fein, wenn ibn dafelbft der Wlinifter zeugengemäß eines
vorbergegangenen Schuldbefenntniffes überführen Bann (Tir. 25). Ylach
einer um das Jahr J000 von Bifchof Burchard gegebenen Urkunde
mußten die Wiinifterialen, das beißt eben die Wiaier, die Hrhebung des
Woebrgeldes beforgen*“).
Diefer minister loci oder Maier war der grundberrlicye Berichte:
beamte, der mit Beifand feiner Benoffen (coneives) urreile (Tir. 12).
Unter dem YTamen socii ober coneives find die Miirglieder der “of:
genoffenfejaft zu verfiehen und nicht die Altfteien®). Das grund-
herrliche Gericht war ganz nach dem Vorbild des Volksgerichts
organifiert. $Es beftand neben dem Gerichtsberen, dem Bifdof und
dem Vorfigenden, dem Maier, ein Umftand und ein Schöffenftuhl als
Urteiler‘‘). Der Umftand wurde aus den socii oder concives gebilder.
Jhnen wurden aud) die Schöffen entnommen und zwar ennweder Duech
Wahl oder durch Ernennung von feiten des Herrn. Diefe Schöffen
werden ausdrüdlich im Aerikel 17, aber auch 7, I2, 24 und 25
erwähnte. Wenn jemand in der Berichteverbandlung fich ungebübrlich
aufführr oder zur Berichtsverhandlung nidhr erfcbeint, fo foll er nicht
fchwören, fondern durch das Zeugnis der Schöffen überwiefen werden.
Die Winifierialen genoffen eine beffere Rechtsftellung als die anderen
Mitglieder der "ofitenoffenfchaft, und fie mußten daber nach deurfcher
Die redrliden und wierfehafilidgen Ordnungen Burchards. 305
Bechtsanfdyauung durdh ihre eigenen Benoffen im Bericht des Bifdofe
überwoiefen werben. Zaut einem Urteil aifer Seinrihe II. vom
2. Desember 3023 foll der Seiebensbrecher an Gau und aaren (das
beißt die Haut wird gepeitfcht und das Haar gefchoren)‘”) und überdies
mit Brandmarkung auf beiden Wangen beftraft werden“). Sr Die
servientes wird indes die Wilderung feftgefeat, daß es ihnen mit Erlaubnis
ihres “eren geftatter fein foll, fid) von diefer encehrenden Strafe mit
10 Pfund Pfenningen loszubaufen. Daß bdiefe servientes gleichbedeutend
find mic den Wiinifterialen des Wormfer Hofredyres, erhellt aus einem
andern Usreil Seinrice II. für Sulda vom 9. März J024”), wo an
der entfprechenden Stelle von kamerarii atque pincernae aliique honorati
utrorumque abbatum servitores die Rede ift. Zu den Aemtern eines
Bämmerers oder Schenken waren, wie wir aus dem Softecht Burcharde
wiffen, ja eben die Yiinifterinien verpflichter, besiehungsweife die
Siscalinen, voelche infolge der Leiftung diefer Dienfte Wiinifterialen wurden.
Das Consilium nostrorum fidelium, von dem in Lit. 30 des "ofrechte
gefprochen wird, entfpricht dem Consilium militum im Prolog des
Gefenes. Die Winifierialen oder servientes leifieten riegedienfte zu Pferde
und bießen daher Wilites, fo fehon im 9. Jahrhundert bei Fintmar von
Reims de ordine palatli. Sie bilden die beftändige Umgebung des
Bifcyofs, wie der Biograph Burcyarbe wiederholt erzähle, und fie ben
bei der Bifchofswahl einen großen Linfluß aus“). LToch bilderen fie
zur Zeit Burcharde Beinen eigenen Beburtaftand, aber die Tendenz zur
Erblichkeit war bereits vorhanden. Sie befleideten alle höheren Aemter, und
das gab ihnen Ehre und Anfeben. Obwohl fie unfreier gerkunft waren,
tiefen fie docdy bald den freien Bürgern den Rang ab. Aus dem
Winifteriafenftande ift dann in der Folge der niebere Abel hervorgegangen.
Das eifrige Beftreben Burchards von Worms ging dahin, die wilde
Zaienwoelt durch Unterwerfung unter feine geiftlichen und weltlichen Gefee
zu bändigen. Der alte Eriegerifäye Beift der Germanen war ned) nicht
gebrochen, wondem ein großer Teil den Volkes feine Vollfreibeit eingeblißt
hatte. Die reifigen Wiannfdyaften der Grafen, der Rirden und Aldfter
befebderen fihh unaufbörlich; noch eriftierre das Tnftinut der Blurrache,
welche unausgefent Anlaß zu Ueberfällen und zum Blurvergiefen gab.
in Jeder griff beim geringften Anlafı zur Selbfihilfe und forgee wenig
um Strafe, denn der Rönig war in der Regel weit weg, mit anderm
befehäftige und die ftaatlichen Organe, die Sersöge und Grafen gierige
15. Deo, Die Aulr reinen ae, ”
306 13. Bapitel,
VOäLfe. Am meiften litten unter diefen Sehden die Bauern, deren Aecker
zerrreten und deren &fufer verbranne wurden. od) fie waren Dies
gewöhnt und liefen folche Ungiüctefälle über fich ergeben, wie Weber:
feoroemmungen und Öungerendre.
Aus dem “ofrecht Burcharde erfahren wir, daß einmal im Kaufe
eines Tabres 35 “ofttenoffen der Kirche S. Peter erfchlagen worden
find. Und das Schlimmfte war, daß die Mörder, anflatt Reue zu
beseigen, ficb ihrer Tharen rühmten. Die häufigen Torfebläge erfolgten
aus wilber, durch Völlerei gefteigerter Raufluft. Denn diefen “ofleuren
der Rirche ging es gur, fie batten ein geficherres, wohlfundiertes Bin:
kommen. Wer einmal ein Zinegur erlangt harte, Bonnte nicht fo leicht
davon vertrieben werden. Wurde doch auch der börige Zinsbauer in
feinem Recht gefehhge. ft wenn er drei Tabre mir dem Zins
eückjtändig geblieben ift und während drei Jahren die drei echten Dinge
verf&umt bar und dann feiner Schuldigteit doch nicht nachtomm, dann
erft Bann ihm das sinspflichtige Brundftüch aberfanne werden (Titel 26)°).
Wir hören ferner von wilden Sehen, die zwifchen den ofleuten
der Kirchen von Worms und Lorfch cobren. Es war zu häufigen
Bämpfen mir Mord und Torfählag gekommen, die in ihren Jolgen den
beiden Kirchen zu unfäglichem Schaden gereichten. Auch in anderen
Gegenden von Deurfcpland berefchren folde Zuftände, und der Kaifer,
dem es ja nicht möglich war, an allen Orten des Reiche perfönlich
feines Amtes als oberfier Richter zu walten, füchte bald da, bald dort
den ausbrechenden Brand zu löfchen und zu erftichen.
Zweimal griff er in die Streitigkeiten der Dienftmannen der Kirchen
ein; einmal fÄylichtete er den Zeoift zwoifchen den Leuten der Kirche
©. Peter in Worms und der Abtei Lorfp am 2. Dezember 1023 und
dann den Streit der Vafallen und Dienftleure der Abreien Sulda und
Serefeld durch Urteil vom 9. März J024. Die beiden Urkunden
ftimmen in ihrer Tendenz überein. Der Kaifer ift darauf bedacht, für
die vor feinem $Einfchreiten bereits verübten revel das rechtliche Ver:
fahren nacheräglidy einereten zu Laffen“”). Er fandte eigene Wiachtboten
mad) dem Ahein, die den Kirchenvögten von Worms und Lorfdy bei
ibrer richterlichen Thätigkeit beiftehen follten. Sodann foll für die Zu-
funft der Wiederkehr Abnlidyer Vorkommniffe vorgebeugt werden. Die
amgedrohten Strafen find dem Geifte der Zeit gemäß überaus fireng und
vob; die Abficht war, daß fie vor dem Verbrechen zurlichfhrechen follten.
Die vecrlicen und wirtfcefrliden Ordnungen Burdhards, 307
Wer einen andern mit bewaffnerer Sand anfällt, foll mit Beifehing, und
wenn ein Torfäylag verbbt worden ift, mit Brandmarkung beftraft
werden. Ebenfo erleiden feine “elferehelfer die Strafe der Eörperlichen
Züchrigung und Brandmarkung. Außerdem muß der Widder dem
soeren des Ermordeten das Wehrgeld besablen. Die ganze Schwere der
Strafe erifft fteilic nur die unteren Schichten der Hofgenoffenfchaft,
denn die YWinifterialen Eonnten fih mit Benehmigung ihres «eren durch
Geldbuße von der entebrenden Strafe Iostaufen. Schließlich fuchte der
Raifer die Momperenz der Rirchenvögre zur Verfolgung der vor:
tommenden Wifferhaten zu regeln. Tbnen wird, falls fie fich beftechen
oder vom MWiirleid haben bewegen laffen und in der Krfüllung ihrer
Pflichten fihh fdumig zeigen, mir dem Verluft der kaiferlichen Gnade
und ihres Amtes gedroht, fofeen fie nichr eidlich ihre Unfchuld erweifen.
Den beteiligten Prälaten wird jede Veränderung der Verfügung des
Baifers bei Strafe von zwei Pfund Boldes unterfagt.
And) Burchard von Worms fürchte durch firenge Straf beftimmungen:
Beißelung, Scherung und Brandmartung auf’ beiden Wangen, die Sehdeluft
feiner Beute einzufchränten. Aber völlig das Sehderecht unterdrücken
tonnte er nicht“). Die Privatradye der Verwandten eines Exfdrlagenen
war erlaubt, jedoch nur unter Zusiehung von “elfern aus dem Rreife
der Ylichtverwandten des Torfchlägers oder des Betöteten. Der gerichtliche
Zweitampf‘) ift ein anerkanntes Necyreinftinut, und zwar in folder
Allgemeinheit, daß in dem Gefen Burdyards (Titel 19) ausdrücklich des
Salles gedacht wird, daf jemand von einem Unebenbürtigen zum Rampfe
angefprochen wird. Dann darf der “öberfichende einen Stellvertreter
für fich fämpfen laffen. Der Sweilampf war das übliche Wirrel des
Beroeisverfahrens. Die Ricche fuchre den gerichtlichen Zweikampf durch
den Eid zu verdrängen. Das veranlafte aber wieder neue Mißbräuche,
indem die häufige Anwendung diefes Zerveismirtels im weltlichen und
geiftlichen Proseß zur Degünftigung des WJeineides führte. Die Synode
von Seligenftadt, welche am 3. Auguft J023 durch Erabifchof Aribo
von Mainz in Anmwefenheit der Bifchöfe von YOorms, Straßburg,
Augsburg, Bamberg und Yohrzburg ıc. eröffnet wurde®), zog das
Gottesurteil dem Eid ale Beweismittel vor. Ob nun Burchard die
Befcylüffe diefer Spnode veranlaft bat, woie man behaupter“*), ift nicht zu
erwrifen. Aber auch er fah fic) genstige, aus urcht vor WMieineiden das
Deweisverfabren durch den Zweikampf zu begünftigen. (Tit. 30, 31, 32.)
308 12. Rapitel,
Gumane chriftliche Anfcyauung leitere ihn bei der Abfaffung feines
Gefenes. Dabin gehöre die Beftimmung, daß Diebftahl aus LIor ftraf:
frei blieb. Aus derfelben Gefinnung fließt es, wenn er an Stelle der
Blurracye die Beldbuße, an Stelle des Hides den Zeugenberoeis oder
das GBottesurteil: Zweitampf, die eflelprobe oder fBifenprobe, fent,
obfAyon die Rirche anfänglidy fid) gegen diefe altgermanifche Tnftirueion
ablehnend verhalten hatte. Sreilich, für den ftädtifchen Rechreverkehr
war der Zweitampf als 2Beweioverfahren im Prozeß gan ungeeignet,
und überall in Tealien, Srankreich, Standern, England und Deutfchland
fuchten die aufftrebenden fädrifchen Bemeinden ben Ziweitampf als
Deweisverfabren zu befeitigen®”).
Indem Burchard den Zweitampf” begünftigee, machte er vielleicht
unbewußt dem germanifchpen Beift eine Bonzeffion. Im “ofrecht werden
die Waffen genannt, welche die Leute der Wormfer Rirche im Rampfe
gebrauchten: nämlich Schwert, Lanze und Bogen, als Schupwaffe den
Schild. „Wer mit gewaffnerer Yand in ein Yaus einbringt”, heißt es
im Tir. 23, „und eine Jungfrau raube, der foll jedes Rleidungeftüc,
das die Frau im Augenblid des Waubes anharte, Sehe? für Sl
dreimal dem Vater oder dem Vormunde vergüten, dem Bifchof aber den
Bann fo oft bezahlen, als Die Zahl der Mieidungsftirde berug und
außerdem noch dem Vater dreimal den Bifchofebann und fahließlic den
Sippen der geraubten Jungfrau zwölf Schilde, zwölf Lanzen und ein
Pfund Pfenninge.” Als Grad der Befundbeit, die nötig ift, um rechts:
gileige lentwillige Verfügungen treffen zu Zönnen, voird zuerft das Befteigen
des Roffes erwähnt (Ti. II). Das war altgermanifche Rechtsanfchauung,
welche Beinen andern YJafftab gelten ließ, als den, der fich auf Jandbabung
des Koffes und der Waffen besog: „ungebabt und ungeflabt” foll man
reiten oder fteben ?önnen, Iauter die alte Kechtsformel®). Alfo waren
diefe Leute der Wormfer Rirdye überaus wehrbafte, fireicluftige Männer,
jeden“2lugenbli® geneigt, zu den Waffen zu greifen, um Ungebühr
auszuüben oder Ungebübr zu rächen. Daber muß die Erzählung des
Biograpben Burcyards als eine durdy und durch tendenziöfe bezeichnet
werden, aenn er die Dinge fo darflellt, als ob nur die Leute des erzogs
Orto Gewaltthaten verbr bärten. YTicht minder ift es Ueberrreibung,
wenn er den Bifchof als Yleubegründer der Stadt YOorms bezeichnet.
Denn Burcyard bat ja mur auf dem Brund fortgebaut, den feine
Vorgänger und die Aönige gelege harten. Aber feine Verdienfte follen
Die vehrliden und wirtfhaftliben Ordnungen Durcbarde, 309
deshalb keineswegs gefihmälert werden. $Er verdient vollauf das Lob,
das man ihm zu feinen Lebzeiten“”) und nach feinem Tode gezollt har.
Durch feine geiftlichen und weltlichen Sazungen bar er geordnete
Zufßände in Worms hergeftellt, und mit Recht bezeichnen fpdtere Quellen
den Stabrfrieden, welchen er begrlndete, als S. Peters: oder Bortes«
frieden, als eine Pax Dei“). ndirett hat Burchard das ftädrifche
Leben mächtig gefördere. Ein Späterer drückt dies mit der feinen
Wendung aus: „Die Stadt ift am Bistum aufgewachfen wie der Epbeu
an einer Wauer““). Aus vollem +erzen Lönnen wir dem Lobe zuftimmen,
das der Wormfer magister scholarum +ermann, welchem wir die fdpöne
Abfehriftenfammlung der älteften Wormfer Urkunden verdanken“), dem
Bifeof Bucchard gewidmer bar“). In der That, Damals war unter dem
Rrummftab gut wohnen.
* Digitizedby Google
34. Rapitel.
Das Zeitalter der falifhen Kaifer.
Inter Bonrad II. entfältere das deutfche
Al Bönigeum die größte Macht. Er, der
Schüler Burdyards, war zwar ein frommer
Wann, eifeig um fein und feiner Angehörigen
Seelenbeil beforgt, freigebig gegenüber der
Rircye, doch ohne jedes Verftindnis für
ibre idealen Aufgaben, ein Laie im vollften
Sinne des Wortes, ohne wifenfehafkliche
Bildung, aber mir einem feharfen Verftande
begabt. Er erreichte eo, Sere der Spierarchie
zu werden. Webe dem, der ihm entgegen
ne. Aribo von Mainz, der ihm doch zur
Rrone verholfen hatte, mußte, ein gebrochener Wann, nach Rom pilgern.
Den Erzbifchof Burdjard von Lyon behandelte er wie einen gemeinen
Verbrecher. Ariberr von Mailand, dem er die italifche Mrone verdantte,
wurde auf den bloßen Verdacht feindfeliger Abfichten bin gefangen
genommen. Die Rirche madyre er durchaus feinen Zwecken dienftbar,
verfügte eigenherrifch über die Bischmer und Abteien und beutete diefe
finanziell aus. Kifrig erfüllte Ronrad die Rönigspflicht, Recht und
‚Srieden zu wahren. Succhtbar war fein Zorn, und unnachfichtlic) ftrafte
ex die Sriedenebrecher. Die Eriegerifche Araft des Volkes fuchre er zu
heben. Yramentlid dem aufftrebenden Stande der Wiinifterialen wandte
er feine Sorge zu und trat fir die Erblichkeit ihrer Leben ein. Dadurdy
gab er ihnen eine gewoiffe Selbftändigkeit ihren “Herren gegenüber und
verpflichtete fie zur Dankbarkeit gegenhber dem Rönig. Er war ihnen
15. Due, Die Butt der cent Be. 1 *
314 14. Baplıel,
ein Süeft nach ihrem Serzen, eine durch und durch ritterliche Exfeheinung,
tübn und verfehlagen im Rare, unermüdlich und fehnell in der Ausführung
des Befcbloffenen, von beldenmüciger Tapferkeit. Sonft fparfam mit
dem Neichegute, fargee er ihnen gegenüber nicht, und er wußte ibre
Stellung durch Exlaffung rechrlicher Ordnungen zu beffern“). Sür
Worms, feine seimat, batte er immer ein warmes „erz. m S. Peters:
dome Tagen die Abnen feinee "aufee befkatter. ihrer gedenkt er in einer
Urkunde vom 30. Januar J034 zu Worms“). Zum Seelenheil feines
Urabns, des Herzog Monrad, feiner Großmutter Tubirh, feines Vaters
Weinvich, feine Obeims Monrad und dejfen Gemahlin Marhilde und
feiner Schwefter Judirb, und zum Gedächemis an fi, feine gelicbre
Gemahlin, die Raiferin Bifela, an feinen Sobn, den König “einrich, und
feine Tochter Veatrig fehenfte er dem heiligen Perrus in Worms auf
Wunfd> und wegen der fortgefeten Dienfte des ehrwofirdigen Azecho,
Bifdyofe dafelbft, ein in der Werreran im Baue des Brafen Otto zu
Affalderbach“*) gelegenes Eigengur, unter der Bedingung, daß an dem
in diefem Dome, wo die Leichname oben Benannter ruben, aus frommem
Antriebe errichteten und zu bren des heiligen Rreuzes geweihten Alareo
für die Seelen täglich eine Wieffe gelefen und derfelbe immer durch ein
Liche erleuchter werde. Seines Vaters „Heinrich Sterberag foll jährlich
mit Digilien, Almofen und Weffen ins Bebfcyenie zurlictgerufen werden.
Bemerkenswert ift, daß er feines Broßvaters Orro nicht gedenkt. Die
Derftimmung gegen denfelben war alfa eine nachhaltige, Über den Tod
binausreichende. Die Veranlaffung zu diefer Schentung war der Tod
der in Worms geftorbenen jüngeren Tochter des Raifere, der fdhönen
Wathilde, die im TJabre 1033 mit Rönig seinridy von Srankreich verlobt
worden war“), Auch ein Sohn Konrads, Wolfram, von dem fonft
nichts befannt ift, lag im Dom begraben“),
Die fehmerzliche Munde von dem Tode feines geliebten Lehrers,
Burchard von Worms, rief den Rönig nach Worms, um den erledigeen
Stuhl wieder zu befenen. Unter Witroiefung des Mlerus, der Dienfb
mannen und Stiftleure erroählte er den Azecho“”) aus edlem Befchlechte,
einen ögling der Wormfer Schule und Stiftegeiftlichen, der dem Föniglichen
Waufe nahe geftanden haben muß, denn wiederholt wird er von Rönit
Ronrad der Betreuefte genannt, und zu der Bemahlin Zeinrichs III., der.
fanften dänifchen Rönigstocher Bunbild, ftand er in vertraulicher Besiebung.
Er befchentre fie mit Mandeln und tröftere das in der neuen Umgebung
Tao Zeitalter der falihen Baifer. 315
verfehlichterte traurige Rind mir geiftlichem Zufprudy, fo daß fie febr
berrübt war, ale er nach der “ochgeitsfeier im Juni J036 den Hof von
Yiymwegen wieder verließ. Die Ernennung Azedyos zum Bifdof war
in Abwefenheit und ohne Yiffen des Wetropolitans Aribo von Mainz
gefeheben, was der febr leidenfehaftliche Wann als eine birrere Rränkung
empfand. Zn einem Schreiben an den Wormfer Rierus, die Dienft:
mannen und die Samilie der Mirche von Worme beklagte er fich
böchlichft über das Vorgehen des Rönige, das er als ein ungeheures
und faft unglaubliches bezeichner, weil er den Wormfern ohne des Zry:
bifcyofs Rat und Zuftimmung einen Bifcof gegeben habe. Er behält
fich vor, mit feinen Amtebrübern Über das, was zu chun fe, Rats zu
pflegen”). Allein er wagte es doch nicht, dem Rönig zu tronen, und in
Tribur, wo der Bönig am $. Dezember 1025 weilte, weihte er den
Asecho zum Bifchof”).
Asecho ift aus der von Burchard erneuerten Schule hervorgegangen,
und er pflegte Danfbaren Sinnes das Andenken feines großen Vorgängers.
3033 fliftete er auf dem Miechbofe beim Dome die 5. Wauricius
Eapelle und. fehenkre ihr den Behnten der Weinberge, welche swifdhen
Wiarienmänfter und dem SEisbache lagen, fowie einen WManfus in
Wachenbeim mit der Beftimmung, daß, wer die äufer, welche an der
Bapelle angebaut find, bewohne, jenen Zehnten und Wanfüs befinen und
am Tjabresrage der Ordination des Bifchofe Asedyo Bortesbienft halten
foll. Stiebt Agecyo, fo foll diefer Bortesdienft an feinem Bedädhmisrag
fattfinden, und am Bedächrnistag des feligen Burchard foll eine Weffe
gelefen und in gewiffen Ylächten vor dem Altar der Bapelle Licht
angeslindet und den in der Mapelle begrabenen Brüdern Wieffe gefungen
werden®").
Im Sebruar J026 bielt der Rönig einen Reichstag in Augsburg.
soier beftimmte er mit Zinwilligung. der Shrften feinen Sohn %einrich
zu feinem Ylachfolger, und die Romfahrt wurde befchloffen. Am
14. Sebruar beftdeigee Monrad II. dem Bifchof Ayedo die reichen
Schenkungen, die deflen Vorgänger Burchard von Rönig Zeineich II.
erbalten hatte”). Am gleichen Tage begabte der Bönig das S. Eyriat-
ff in Fleubaufen und das Domftifl, Schon von Ronrads Eltern
war beiden Stiften ein But in Siörsbeim gefchenet worden. Dazu
fügte nun der Rönig die zum Gute gehörenden Leute, mit Ausnahme
je eines Sobnes aus der Samilie, die das But Dürkheim inne haben,
316 I. Bapitel,
unter der Bedingung, daß das Domflift zwei Dritteile des Gefchenkes
erbalten, das S. Eyriatftift ein Drittel, und daß die Brüder diefer Stifte
jährlich am Reönungsrage Ronrabe fein, feiner Bemablin Bifela und
feines Sobnes “einriche Gedächtnis mit Almofen und Geber feiern‘).
Azecho begleitere den Rönig nicht auf feinem Zuge nach Tralien,
wir finden ihn vielmehr 1026 auf der Synode in Seligenftadt. Die
Abwefenheit Ronrads II. benuneen Serzog Welf von Baiern und Herzog
Ernft von Schwaben, des Könige Srieffohn, um Unruhen zu erregen.
Der Raifer wurde jedoch der Seinde Weiter, und er errang einen
weiteren großen Erfolg, indem auf einer Zufammenfunft zu YWiurtenz
bei Dafel Mönig Rudolf von Burgund ihm die Vlachfolge in feinem
Weiche übertrug (1027). Zu Schiff fuhr dann der Raifer von Bafel
den Rhein hinunter und nahm Anfangs September feine Befidens in
Worms, wo fein Vetter, der jüngere Monrad, der fih gleichfalle der
Einpörung angefchloffen batte, Verzeihung erlangte. YIocy im September
biele der Baifer eine große Neicheverfammlung in Srankfürt ab,
an der auch Aecho teilnahm und an welcher hauptfäclich geiftliche
Angelegenheiten verhandelt wurden. Aud) nad) Teibur, wo der Baifer
im serbfte of biele, begleitere ihn Agecho. Jm Juni 103J weilte der
Baifer wiederum in Worms, wo auch der junge König Seinrich
eingetroffen war. Der ftolze Erzbifchof Aribo war am 6. April in Como
geftorben. Auf die Bitte der Raiferin errodblre Ronrad ihren Verwandten
Bardo, Abr von "ersfeld, zum Erzbifcbof von Wainz, ein frommer, aber
fehr unbedeutender err, der weder feinen Suffzaganen noch dem Baifer
Schwierigkeiten bereitere. Ende Januar 103% hatte Azecho wiederum
das Vergnügen, den Raifer bewirten zu dürfen. Das war ja wohl mir
dielen Umftänden und often verbunden, aber der Maifer belohnte auch
jeden Dienft reichlich. ben damals faentte Konrad II. der Kirche
S. Peter das Bur Affalderbady in der Wetterau. An der Zochzeit
Weinriche mit der Bunbilde nahm Azecho teil. Von Viymwegen brach
der Baifer nad den Sflichen Brenzen auf, um die Lintisen zu bekämpfen.
Der Bifcyof von Worms machte diefen Seldsug mit. In einem Briefe
an den Ersbifchof Basdo bitter er diefen, er möge für den glücklichen
Erfolg der Reife beren‘®). Aecho nahm an dem dentwlirbigen zweiten
Romzug 1036 nicht von Anfang an teil. Er Borrefpondierte fleißig mie
Immo, Bifdyof von Aresso, den wir als Schüler Burchards bereits
£ennen gelernt haben. Diefer befaß eine Pfehnde am S. Martinsftift
Das Jeiralter der falifchen Baifer. 317
in Worms, wurde dann Dieton und Eam durch feinen Bönner Burchard
an den 4of Bonrads Il. sauptfächlic mir dem Schulmeifter Ebbo
in Worms war Jmmo befreunder. Vom soft des Zaifere aus
(mad 1027) erfuchte ex feinen Greund, fich beim Bifdof von Worms
dafür zu verwenden, daß ibm die fehon lange verfprochene Propftei
Wosbach verliehen werde, und er verfprach, dafür dem Bifchof ein
halbes Pfund Gold oder auch mehr geben zu wollen”). Das ift
begeichnend für die Birchlichen Zuftände unter Ronrab, und wir begreifen
vollftändig die große Bewegung gegen die Simone, die eben durch den
ganz offen zu Tage tretenden Wißbrauch des Verkaufes geiftlicher
Würden hervorgerufen wurde. Immo hoffte aber auch auf ein Dierum,
und er gelobre, wenn er ein foldyes erlange, beftändige Pryebenheit und
treue Vergeltung. Sein YWunfc) follte im Sommer 5036 in Erfüllung
geben; als er mit dem aifer in Deucfchland weilte, wurde er zum
Bifchof von Arezo defigniert. Aber auch als Bifchof blieb er mir
feinen Yoormfer Seunden in fehrifklicher Verbindung. seco kam im
Seübjahr 5038 nach Jtalien an den Hof des Maifers. YIady Oftern
wwennten fih der Maifer und die Baiferin. Sie ging in Begleirung
Immos nady Rom zurück, der Raifer aber begab fi nad) Unteritalien,
und Diefen eldsug machte audy der Wormfer Bifchof mit.
Yrur allzu früh erlag der Raifer am 4. Juni 1039 einer Rrankheir
unerwoarter in Utrecht. Jedermann fühlte die Schwere diefes Todesfalles,
und groß war der Schmerz des Volkes und die Trauer um den geftorbenen
Raifer. Seine inneren Rörperteile wurden in der S. Wartinstirche in
Utrecht beigefegt, der Leichnam felbft wurde forgfältig einbalfamiert und
eingekleiber und von der Raiferin, dvem Rönig Zeineich und den Sürften
nach Röln gebracht. Das ganze Beleite zog mit der Leiche durch alle
Rircyen der Stadt; ebenfo gefchah es in Mainz und in Worms, unter
großem Zulauf des Volkes, welches feine Trauer teils durch eifrige Bebere,
teils durch fromme, dem Seelenheil des Baifers gewsidmere Stiftungen
tundgab. Dann wourde der Raifer am 12. Juli in der bereits vollendeten
Reypta dee von ihm zu Speier erbauten Domes beigefent.
Seineich III. trat, ohne Widerfprudy zu finden, die Regierung an.
Scyon feit dem Jahre 3033 hatte er einen, wenn auch befehräntten,
Anteil an der Regierung genommen. YDie das fo oft vorfomme, fand
der Rönigefohn in feinen politifcyen und Biechlichen Anfdyauungen fon
früh in einem Begenfag zu feinem Vater, ein Begenfag, der ih laut
318 14. Baplıl.
einem Briefe des leritero B. an Bifhof Azedyo von Worms auf dem
Weicherag zu Bamberg im Sommer J035 grell offenbare”). Der
Raifer hatte einen tiefen Groll gegen den Yerzog Adalbero von Rdrnten
gefaßt und verlangte mın von den Sürften, daf fie den "ersog zum
Verluft feiner Reichsimter und Neichelehen verurreilen follten. Diefe
forderten dagegen, dafs önig Seinsich fi an diefem Bericht bereiligen
möffe. einrich weigerte fi deffen bebarrlich, und trog aller Bitten
und Drohungen Eonnte der Raifer den Willen feines Sohnes nicht beugen.
Darüber geriet Konrad in foldye Aufregung, daf er obnmächrig zu Boden
fant. Clachdem er fi) einigermaßen wieder erholt hatte, erneuerte er die
Biere, ja beugte fogar vor dem Sobne die Aniee, fo daß diefer nichr
mehr länger widerftehen Tonnte.
Bifcyof Asecho hatte unter Seinric, weniger Einfluß als unter dem
verftorbenen Baifer, was fi vielleicht daher erklären läßt, daß Heinrich
fich feltener am Rheine aufbiele (in Worms zum Beifpiel am 14. Mai 1047),
weil er den Wirrelpunkt feiner Regierung nady Sachfen verlegte, wo er
in Boslar eine neue Refidens gründere. Am I7. Januar I044 ftarb
Bifchof Azeche, und fein Vlachfolger wurde der von “Heinrich III. boch-
gefchänte Adalger°*), der vorber Rapellan und feit dem 5. Januar 1043
Ranzler war. fr erhielt vom Mönig die feltene Vergünftigung, auch
als Bifcyof fein Ransleramt beibehalten zu dürfen, und als foldher geböer
er zu den verrrauteften Räten “einriche II. Am 2. Sebruar Io44 harte
diefer ihm in Anerkennung feiner befonders treuen und eiftigen Dienfte
auf die Fürbitee der Rönigin Agnes einen in effen gelegenen Rompler
von Rircyen und Brundftlichen gefchentt”). Us der Rönig fi 1044
zum Ungarntriege rüftere, lieb er vom Bifchof Adalger von Worms
zwanzig Pfind Boldes und zweihundert Mark Silbers und verpfändere
ihm dafür am I6. Juni ein But in Ylordehüringen. Zudern beftdeigee
der Bönig am gleichen Tage der Rirche von Worms alle von den früheren
Bönigen erhaltenen Privilegien”). Adalger [tab jedoch fon am
20. Juli 1044. jn der Eurzen Zeit feines Pontifitats Bonnte er nur
wenig für feine Rirde und die Stadt chun, zumal er als Eöniglicher
Banzler viel von Worms abroefend fein mußte.
Tom folgee Arnold“), Röniglicher Raplan, dem der König am
38. Januar 5043 ein But in Tringebaufen im &effengau gefchenkr
hatte, und zwar zum Andenken an die Baiferin Rumigunde, die am
3. Wär 1033 im lofter Raufungen geftorben war. Lambert von
Des Jeitalter der falifchen Ralfer. 319
Werofelb fehildere diefen Arnold als einen Wlann von bifchöflidhen
Tugenden. Den König begleitete er 1046 auf deffen Romzug und nahm
im ©ftober an der Synode in Pavia teil. Kin wichtiger Reichsrag fand
Ende Flovember 1048 in Worms jtatt, denn bier wurde unter Zu
ffimmung der eömifchen Befandten und der Broßen des Reiches Bruno,
Bifchof von Toul, zum Papft (Leo IX.) gewählt. Diefer war ein naher
Verwandter des Böniglicben Saufes, vornebm und reich, von unge
wöbnlicher Begabung, wie der Raifer ein begeifterrer Anhänger der vom
Wlofter Eiuny ausgehenden Reform des Eirchlichen Lebens”). In
Worms lernte er den Mönch syildebrand, den fpteren Papft Gregor VIL.,
tennen, der feinen eren, den abgefegten Papft Gregor VI., nad) Deuefch-
land in die Verbannung begleirer und fi am Abein dem Studium des
Rircyentechte bingegeben hate. Leo IX. nahm ihn in Dienft. Von
diefem Moment an ift die Erhebung der römifchen Kirche zu datieren,
infolge welcher bald das deurfche Rönigrum von Stufe zu Stufe fant.
Burz nach Auflöfung des Wormfer Reicherages am 3. Dezember 1048
beftärigte der Maifer dem Bifchof Arnold von Worms zum Dank fr
feine Dewoirrung den Defis des Wildbannes bei Wimpfen und
Tauberbifchofsbeim"®). Auch einen Aufenthalt des Baifere im be:
nachbarten Speier März Ie5I benugte der Bifchof von Worms, um
fid) von ihm jenes der Rirche von Worms verpfändere But in Thliringen
zum Migeneum fehenken zu laffen“®).
Der neue Papft Leo IX. wirkte mir dem Raifer eifrig an der
Zerftellung einer befferen Ordnung der Rirche zufammen und unter:
frügte ihn auch in der auswärtigen Politit. Bemeinfam feierten Papft
und aifer das Weibnachtefeft 1052 in Worme. Aber gerade bier
offenbarten fidh tiefgehende Differenzen zieifchen den beiden “erren der
Welt. Im “erbft 1053 hielt fi) Seineich III. wiederum in Worms
auf; kurz darauf fand in Tribur ein Neichsrag fatt, auf dem die
deuefchen Sürften den dreijährigen Heinrich zum König definierten und
verfprachen, ihm nach dem Tode des Kaifers gehorfam zu fein, doch
unter dem ausdrücklichen Vorbehalt, falls er dereinft ein gerechter “errfcher
fein werde). Denn die rüctfichrslofe Strenge des Baifers harte unter
dem Laienadel eine große Unzufriedenheit und Bäbrung erzeugt. Auf
einem im Juli 1056 zu Wsrme gehaltenen <oftag füchte er die
Unzufriedenen zu befchwichtigen. Bei diefer Gelegenheit beftäcigte er
am 7. Juli dem Bifchof Arnold das Privileg "einrichs II. zum Schuge
320 14. Bapitl.
der Wormfer Rieche gegen die Anmaßungen der Grafen“). Tron aller
Anftrengungen tonnte “eineich III. weder im Innern noch nad) Außen
den Sricden berftellen. Am Jo. September 056 wurde der fächfifche
seerbann an der “avel von den Liutigen vernichtet. Der Raifer
empfing auf der Burg DBorfeld am +arz biefe nieberfchmerternde
Vachricht. Die allenthalben auf ihn eindringenden Sorgen warfen ihn
auf das Mrankenlager. Denn Überall herrfähte im Heide Jungerenor;
Armut und Elend griffen um fich und damit der Gang zum Verbrechen.
Der Raifer bat alle, denen er Untecht gethan, um Verzeihung, voie aud)
er allen verzieb, die fi gegen ihn vergangen hatten. In Gegenwart
des Papftes Viktor II. und zahlreicher Bifchöfe und Beiftlicher hauchre
saeineicb III. am 5. Oktober 1056 den Grift aus. Seine Bebeine
wurden am 28. Ofrober in der Samiliengruft zu Speier beigefegt. Die
Raiferin Agnes übernahm aldann die Shhrung der Reichsregierung für
ihren unmündigen Sohn “einrich IV").
Selten bat fid) in Deurfchland der Uebergang von einem Ferrfiher
zum andern obne Störung vollzogen. ent lagen die Verbätmiffe
befondere ungfnftig. Der bohe Adel war durch die Uebergriffe und
maßlofe Strenge Zeineiche I. fehwer gereist, die Beiflichteit durch,
die religisfe Strömung aufgeregt und in ihrer Salrung unflcher geworden,
die Regenin ein fdmaches bigorres Weib, der König ein Spielball und
Werkeng in den “Anden ehrgeisiger und eigennüniger Wagnacen. Bei
einer folchen Erziehung, wie fie Zeineich IV. empfing, mußte der Bnabe
einen guten Sonde befigen, um nicht völlig verderben zu werden. Und
in der That, er war Bein gewöhnlicher Menfh. Immer bat er fein
politifches Ziel feftgebalten: Yiiederhaltung und Befchräntung der Wacht
der Fürften, Ausdehnung der Böniglichen Gewalt. Er wurde ja oft
genug zum YTachgeben gezwungen, aber fein reich beweglicher Beift fand
immer vwoieder neue Wirte. Auch er wie fein Vater refldierte mit
Vorliebe in Boslar, wo die reichen Krerägniffe der Silberminen des
Jaarzes ihm die Wlitrel boten, feine policifdyen Pläne durchzufenen. Aber
aud) er war durch die Verbälmiffe gendtigt, wie die früheren Rönige
von Bifchofftade zu Bifchofftadt, von Pfals zu Pfals berumzuziehen.
che allein veirtfehaftliche Grimde zwangen die deurfähen Rönige zu
diefem Wanbderleben, fondern noch mebr politifche. Denn nur durd)
die periodifehe Anmwefenheit des Mönigs in allen Teilen des Neiches
tonnte feine Aurorirde aufrecht erhalten werden. Gerade unter Zeinrich IV.
Das Seitalter der falifchen Raifer. 321
erlangten die rheinifchen Lande wieder erhöhte Bedeutung, und Worms
befonders tritt mehr ale einmal in den Wiitrelpuntt der Lreigniffe.
Ende März 1057 Bam der junge Rönig nad) Worms und feierte
bier ©ftern (30. März). Sier fanden fi u. a. Liurpold, Erzbifchof
von Mainz, Anno, Erzbifchof von Röln, die Bifchöfe Arnold von
Worms und Ronrad von Speier, die “Herzöge Brro von Schwaben
umd Konrad von Rärnten am %ofe ein. Dann reifte der Mönig den
Abein hinmter, aber fdyon im Auguft wer er wieder am Wlittelrhein,
in Tribur und Speier, wo aud, Bifchef Arnold von Worms erfchien.
Am 30. Auguft 1060 wurde das Zoflager in Worms aufgefchlagen,
und Weihnachten feierte der Rönig in Mainz. Yodhrend befonders die
Rircye von Speier die öniglicen Bunftbezeugungen genof, wurde die
Yoormfer Kirche nur fpärlid bedacht, denn Bifdjof Arnold erhielt
lediglid) eine Beftätigung der Urkunde Yeineiche I. vom Jahre I014
besiehungswweife der Urkunde “einriche III. vom Tahre 1058 (7. Auguft
106J, Elten“®). Am 25. Sebruar J062 beftätigte Heinrich IV. auf Arnolds
Bitte einen Gterraufdy zwoifcen der Kirche von Worms und der
S. Sercuriustirche der Abrei Bleidenftade“”). Rurz darauf bemächrigee
fi Wrzbifchof Anno von Röin der Perfon des jungen Aönigs und
der Reicheinfignien. Die Wurrer Heinriche war durch diefe Bewalcthat
tief erfchüttere, aber fie char einen Schritt, um das Befchehene rüc-
gengig zu machen, fondern zog fid von allen weltlichen Befchäften
zurüch. n den leten Tagen des Januare 063 weilte der Hof in
Worms, wo eine größere Derfammlung ftattfand. YLody wichtiger war
für Zeineich IV. der Wormfer Aufenthalt zu Oftern J065. Erzbifcof
Abelbert von Bremen batte bei dem jungen König feinen Rivalen Anno
von Möln ausgeftochen und die Leirung der Politit in feine dände
genommen. Am Palmfonnteg wurden der Rönig und Krzbifchof‘
Adelbert in der Abtei Lorfh vom Abt und den MWöndyen feierlich
empfangen, worauf fich der %of nach dem naben Worms begab. +ier
feierte man Oftern, und der ZErzbifcyof hielt felbft die Predigt. Am
darauffolgenden Dienstag, den 29. März, fand die feierliche Schwere:
umgürrung Seinrichs IV. art, woburd) der mın fünfehnjäbrige Rönig
nad) altem ripuarifchen Recht für müindig erfider wurde. Den Lirchlichen
Segen erteilte Eberhard, Erzbifcyof von Trier; derzog Gottfried von
Lothringen verfah Dabei das Amt eines Schilbrrägere. Daß biefe
wichtige “andlung gerade in Worms vollzogen wurde, ift nicht ohne
5. Be0n, Die Kae dr httfäen Gi. 1 “
32 34. Baplı
Grund gefcheben. Wir Eennen ja die inrimen Begiehungen des falifchen
»aufes zu diefer Stadt. “hier im Dom lagen die Ahnen des Könige
begraben. saier wurde auch über den Romzug verhandelt, der fchlieplich
sum Ungthc® für den Rönig an der eigenfüchrigen Rivalitkt der beiden
‚großen Rirchenfürften von Röln und Bremen febeiterte.
Am I. Mai J06$ ftarb Bifchof Arnold von Worms. Aus Alicfichr
auf feinen Schwager, “erzog Audolf von Schwaben, ernannte der
Rönig deffen Bruder Adalbero”), Wiönch von S. Ballen, zum Bifdof”
von Worms. Diefer wurde am 22. September orbinier. Ylad) der
gromesten Schilderung Qamberte von sersfeld war Adalbero ein
Wann von großer Leibeoftärke, von unerfärrlicher Efluft und von fo
gewaltiger Dicte, daß, wer ihn anfab, darüber mehr Schauder als
Verwunderung empfand; fa felbft der hundertarmige Bigant (dovas,
Carm. II, ©d. 37, I4; III, ©d. 4, 69) oder jedes andere Ungeheuer
des Altertums, wenn es der Unterwelt entftiegen wäre, würde nicht in
fo hohem Maße die Augen umb die Aufmerkfamkeit des ftaunenden Volkes
auf fidh gesogen haben. Sr foll in feinem eigenen Sette erfticht fein.
Die Abneigung der Rlofterbrüber gegen die Bifhöfe, welche aus
diefer Ueberereibung füchtlich bervorteitt, erkläre fi aus der raubgierigen
Doliti® Abelberts von Bremen, der den König veranlaßt hatte, die
Weichsabteien unter die geiftlichen und weltlichen Sürften zu verteilen.
ie fäyon früher bemerkt, geiff die Kigenkirchenibee immer weiter um
fid); man vergaß den eigentlichen Ztoec der Ridfter und Bisrümer und
betrachtete fie nur nod) als Yugungsobfett. In Scankreich war cs am
Anfang des IJ. Jahrhunderts bereite fo weit gefommen, daß Bisrhmer
als Wicrum verfehenkt wurden”). Doch gelang es dem Abelbert von
Bremen nicht feinen Raub, das Miofter Lorfch, in Sicyerbeit zu beingen.
Ungeheuer war der Zaß, den fich Adelbere zugezogen hatte, und im
Januar 1066 brach auf dem Sürftentag zu Tribur das Bewitter über ihn
108. Die Sürften verlangten deffen augenblickliche Entlaffung. Dem König
blieb nichts übrig, ale fi) zu fügen. Der Einigliche Jof war im Sebruar
mady Worms verlege worden und von hier nady Nachen und Utrecht,
im Wachtbereich des Ersbifchofe Anno von Röln. In Sriglar war
der Rönig im Wiai 1066 fo fdhwer erkrankt, daß die Sürften fchon
über die Yladyfolge verhandelten, indes, feine Benefung vereitelte Diefe
Pläne. Burz darauf vermählte fich der Rönig mic der ihm fdhyon längft
anverlobten Braut Dercha von Sapoyen, Die Hochzeit fand zu Teibur
Das Zeitalter der falifihen Reife. 323
flatt. Anfangs war das Verhäimis der WBhegatten ein gutes, dann
aber Üiberkam den fungen Rönig „eine ungesogene Laune“, und zu Yoorms
kurz nach Pfingften 1069 trug “eineich IV. den Sürfien vor, daß er
fich zu feiner Gemahlin nicye mehr fäyiche und wolinfcye von ihr gefehieden
zu werden. Sie erfchraßen Über diefe Zumurung, da aber der Krzbifchof
Siegfried von Mainz aus egoiftifchen Gründen geneige war, dem Rönig
zu willfahren, fo wurde die MBnrfcheidung einer Synode vorbehalten.
Die Sache ift dann beigelegt worden, und die Zbe war fortan eine
glückliche.
Der diche Bifchof von Worms Adalbero flarb am 6. Auguft 1069,
und an feine Stelle tar Adelbert, Über deffen <erkunft und Perfon wir
nichte wiffen”). Erft zu Weihnachten 3071 biele “einrich wieder in
Worms of, umgeben von feiner Bemablin, den beiden Rivalen Anno
von Röln ımd Adelbert von Bremen und vielen DBifchöfen und
weltlichen Großen. Dann brach der Rönig gegen die Ungarn auf.
Die Wipftimmung der Broßen gegen die Kegierung “einriche wurde
von Tag zu Tag größer, und eine vortreffliche zeitgenöffifche Quelle
offenbart uns die Urfache diefer Wißftimmung: „Während langer Zeit
fcbon,“ erzähle der MWöndy von Fliederaltaich, „begann der Aönig alle
Mächtigen zu verachten, dagegen die Beringeren durch Reichrämer und
Silfomitrel emporzubeben, und nad) der Ieyteren Rat verwaltete er, was
zu verrichten war; von den Vornebmen aber lief er felten einen zu feinen
gebeimen Dingen zu. Und weil vieles in ungeordneter Weife gefibah,
entzogen fich die Bifchöfe, die “ersöge und andere Broße des Reiches
den Angelegenheiten des Könige.” Ylamentlich fein Schwager, der
4ersog Rudolf von Rheinfelden, war darüber erboft, daß der König,
anftatt ihm zu Hate zu sieben, Winner untergeordneten Standes,
Winifterialen, zumeift aus Scywaben geblirtig, zu feinen Verrrauten
madyre. Diefe Winifterialen bildeten die ftetige Begleitung des Rönigs;
aus ihnen wurden die Defarungen der Pöniglicyen Burgen genommen;
fie waren feine Hof: und Staarsbeamten.
Im Juli 1072 verlegte "einrich die Zofbalnung von Sachfen nad)
Worms. Sier erfebien, und zwar auf Befehl des Papftes Alsrander IL.,
sseineiche Wlutter Agnes, die ihren Sohn feit dem Jahre I067 nicht
mehr gefeben hatte. Sie follte den verireren TJüngling auf den Weg
des Behorfams gegen die Rirche zurlicführen und zugleich ihn mit Serzog
Audolf verföbnen. Auch der Abt Hugo von Tluny, der Taufpate
324 14. Bapitel,
Geineicye, gefellte fich in Worms der Raiferin bei. So gelang ihnen,
den Rönig mit feinem Schwager zu verföhnen, doch war diefe Derfobnung
nicht von Dauer, und im Jahre 1073 Lam es zur Pntfceidung. Die
Sadyfen, um ihre Sreibeit beforgt, erheben fich in hellem Auftubr, der
Bönig mußte aus der “arzburg fliehen, umb bald ftand er völlig
verlaffen da. Gegen Ende des Jahres 1073 begab er fich nach Kaden-
burg am Yledar, einer Beflgung der Wormfer Rirche. ier murde er
infolge der Aufregungen auf das Arankenlager geworfen, und fehon
triumpbierten feine Seinde, da raffte der noch fehmwache König fich auf
und zog nach Worme, wo ihn die Bürger mit großer Pracht empfingen.
Auch Bifcyof Adelbert hatte fid) zu den Geinden des Rönigs gefchlagen
und ibm, als er trank zu Ladenburg lag, die fehuldigen Leiftungen an
den “of verweigert. Die bifchöfliche Dienftmannfchaft in WDorms
rüftere fich auf Befehl des Bifchofs, dem König den Eintritt in die
Stade zu webren, aber die Bürger hielten ihm die Treue beffer, fie
vertrieben die Dienftmannen aus den lauern der Stadt, und der
Bifäjof wäre ergriffen und als Gefangener dem Rönig ausgeliefert
worden, wenn er nicht rechtzeitig fich geflüchtet hätte. Lebendig ersähle
Lambert von „erefeld in feinen Annalen diefe Scenen. So mißgänftig
er fonft dem Rönig gefinne ift, bier gebt ihm doch das &erz auf, und
auch bei fpäterer Gelegenheit preift er die Rönigerreue der Woormfer,
infolge woeldyer der YTame Worms bei allen Menfihen berühmt geworden
fei. „Bei der Ankunft dee Könige Bamen die Bürger ihm bewaffnet und
gerhftet entgegen, nicht um Gewalt zu tiben, fondern um durdy den
Anbli® ihrer Menge, durch ihre Woehrhaftigkeit, durch die Zahl ihrer
Tampfbereiten jungen Ylannfehaft ihm bemerBlich zu machen, wie große
»offnung er in feinem Wißgefchicte auf fie fegen follte. ihre Dienfte
verfpredhen fie ihm willig, verpflichten (ic) ihm eidlich, erbieten fich, Die
Roften der Rriegsführung ein jeder aus feinem Vermögen nad) feinem
Anteile darzubringen, und beteuern ihm, daß fie Zeit ihres Lebens für feine
Ehre mit Jingebung reiten würden. So gewann der Rönig diefe fo
fefe Seadt, und fie war für ihn von nun an der Waffenplag des
Reieges, die Burg des Reiches und, wie audy die Sadyen ausfallen
möchten, der ficherfte Zufluchtsort, weil fie fehr volkreich, durch die
Seftigkeit ihrer Wiauern unbezwinglich, durch die Sruchtbarkeir der
umliegenden Gegenden fehr reich und mit allen Ariegebebhirfniffen
bie zum Ueberfluffe verfeben war.“ Der Rönig felbft Bargee niche mir
Das Jeialter see falfähen Baifer. 325
feinem Lobe. Während andere Städte ihm ihre Thore zugefperre harten,
Sffneren ibn die Wormfer nidyr nur die ihren, fondern boren ihm @elb
und die Rraft ihrer Arme dar. „Es war in diefem Momente, ale
febrte das deutfehe Rönigeum, welches einft hier in dem Sruchrgarten
zwoifchen <ardegebirge, Üdenwald, am Ahein und Wein feine erfien
Pfalzen gebaut, in feine alte Seimat zurch, nachdem es daran gefcheirert
war, fi) fern von ihr eine neue zu begrlimden. Aber daß fich ihm bier
fofort freiwillig eine Gülle von Rräften und Wilrteln zur Verfügung
ftelfte, welche es dem fächfifchen Boden vergeblich abzuringen gefcht,
diefe wunderbare KErfheinung beruht auf der Tharfache, daß Diefe Rück:
wanderung des önigeume in demjenigen Zeirpunkte erfolgte, wo zum
erftenmal gerabe hier ein neuer Saktor unferes Öffentlichen Lebens, die
frädrifche Bürgerfchaft, in einer fpontanen Bewegung ihre Schranken
durchbrach und bei der böchften Reichogewalt um Schus und Anerkennung
ihrer Tntereffen warb“). Jmmer hatte Seineich IV. eine befondere
Vorliebe für Worms gehabt, wo feine Wihndigkeitserklärung erfolge war.
Im böchften Blanze ftrahle feitdem der Ylame diefer Stadt.
Durdy die Hilfe der Wormfer erfolgte denn auch ein Umfchlag zu
Bunften Zeinciche. Der Wainzer gürftentag, der Über ihn Bericht
halten follte, wurde dadurch vereitelt, und in Ruhe Bonnte der Rönig
in Worms Weihnachten feiern. In der bifchöflichen Pfalz, wo der
Bönig Wohnung genommen hatte, fiellten fih einige Sürften ein:
Krsbifchof Liemar von Bremen, die Bifchöfe Kberhard von Kraum-
burg, Theodorich von Verdun, “ermann von Bamberg, Burdyard
von Bafel und andere Betreue. Zwar bemängelt Lambert von
@ersfeld bämifch den Glanz der Eöniglichen Hofhaluung. „Denn
woeder wurde ihm aus den Rammergltern etwas an Dienften dargebracht,
mod» audy leifteren die Difchöfe oder Aebte oder andere Wärdenträger
des Staates ihm die gewöhnlichen Schuldigteiten, fondern alles, was
zum täglichen Bedarf’ erforderlich war, wurde für ihn um geringen Preis
eingebauft. Doch befanden fid) einige von den Slrften bei ihm, aber
diefe waren weder mit der Zurhftung für den Unterhalt des Lofee
(servitiorum apparatu), noch mit fo zahlreichem Gefolge von Aittern
und Dienern, wie fle fonft pflegten, fondern mit wenigen und faft ohne
alle Zeichen der fürftlichen WOhrde gekommen, um ihn zu begrüßen, damit
fie nicht bes offenbaren Abfalle gesiehen volicden, wenn fie, obwohl berufen,
an dem Soflager zu erfcheinen fich weigerten. Doch erlaubte jener ihnen
326 14. Bapire,
auf‘ Beine Woeife, ihn woieder zu verlaffen, in der Erwoigung, daß fle ibm
freitich wenig wirkliche ilfe brächten, aber doc) die Seinde fehr in
Schredten fegen würden, wenn diefe hörten, daß fo erlauchte Yölirden:
träger des Reichs fich gegen fle verfammele bicten“*).
Allerdings Liemar von Bremen und Bberhard von Klaumburg
weilten ale heimatlofe Stächtlinge am Eöniglichen “Hofe, aber die anderen
waren freiwillig getommen, um dem Rönig zu belfen, und diefer Bonnre
nach Vertreibung des Wormfer Bifchofs auf das bifchöfliche But greifen,
und subem ftand ibm das ausgut des falifchen Befchlecdhes zur
Verfügung. Der König dlrfere danach, Vergeltung an den verräterifcyen
Sadhfen zu üben, und er verfammelre in Worme ein anfehnlices Aeer.
Don überall ber zogen die Böniglichen Dienftmannfchaften beran; auch
einige Bifchöfe führten ihm ibre Roneingente zu, und die Wormfer
werden nicht zurlekgeblieben fein.
Ehe »einrich mach Sachfen aufbrad, vollog er noch am
18. Januar J074 einen Abt der Dankbarkeit gegenüber den Bewohnern
von Worms. Der Ranzleibeamte (Adalbero)'”), der diefe Urkunde verfaßte,
mochte fühlen, daß es fich in diefem Zalle um erwas Außerordentliches
bandle, es alfo niche am Plane fei, fi an die gewohnte Schablone zu
halten. Daber nahm er fich ganz befondere zufammen, und der Schroung
feiner Ditrion enefpridhe der gehobenen Danfbaren Gefinnung feines
Eöniglichen &eren. Der großen Wichtigkeit diefer Urkunde halber fegen
wir fle ganz biecher, doch foll die Eeldurerung des Inhalts erft im
folgenden Bapirel folgen:
„Im Yamen der heiligen und ungeteilten Dreifaltigkeit. eincich,
von Gottes Gnaden Bönig. Der Eöniglichen Wache und Gnade gesiemt
e&, treuen Dienft jedem mit entfprechenden Wohlthaten zu belohnen, auf
daß die, welche ficb in der Zrfüllung des fchuldigen Dienftes duch
größeren Eifer auszeichnen, zu ihrer Sreude feben, daß le aud) in der
Belohnung ibrer Dienfte befonders geehrr werden. Linter diefen baben
wir aber die Bewohner der Stadt Worms als wirdig nicht der
Bleinften, fondern der größten und befonderen WDiedervergeltung, fa
wofirbiger, denn alle Bürger irgend einer Stadt beurteilt, da wir fie
Tennen geleene haben, wie fie bei der größten Bewegung im Reich und
mit febr großer und befonderer Treue die Anbängtichkeit bewiefen haben,
obfehon wir weder Durch einen mündlichen noch durch einen fehriftlichen
Befehl, weder durch uns felbft, mod) durdh einen Boten oder durch
Tas Seiralter der falifhen Raifer 327
irgend eine Stimme zu diefer fo ausgezeichneten Treue ben Anlap ge
geben haben. Diefe aber haben wir deshalb eine fo ausgezeidhnere
‚genannt, weil, wäbrend die fämtlichen Sürften des Reiches ımter Der-
nachläffigung der heiligen Pflichten der Treue gegen uns wüteren, diefe
allein, gleichfam in den Tod fiürzend, gegen aller Willen uns eu
geblieben find. Denn als einzelne Städte gleichfam abfichrlich zu unferer
Ankunft fi zufchloffen, während die Wachen von Aufpaffern ab-
wechfelnd verteilt und bei Tag und Ylachr, damit fie mir Mundvorrar
und Yoaffengeroalt bewahrt werden £önnten, in der Runde begangen
wurden, da wurde das einzige Worme durdy die gemeinfame Bunft der
Bürger, indem man die Stadr mit Waffen von allerlei Arr feft machte,
für unfere Ankunft bewaher. Mögen daher die Wormfer in der
Belohnung des Dienftes die erften fein, fie, die nicht als Die Ienten in
der YWOibmung des Dienftes erfbienen find; fie mögen allen in der
gebübrenden Vergelung des Dienftes zum Deifpiel dienen, fie, die
allen in der bewahren Pflicht der Treue voranftehen; es mögen
die Bewohner aller Städte durch die Zoffnung auf Sreigebigkeit,
wie folche die Woormfer in Wirklichkeit jeae erlangt haben, erfreut fein;
fie mögen alle lernen, in deren Yrachabmung dem Rönig die Treue zu
bewahren, die fie nunmehr in dem Worms gegönnten Bewinn, die
Gücigkeit des Rönigs dargelegt fehen! Diefe erwoiefene Sörderung Life
fid) zwar in wenige Worte zufammenfaffen, aber in der Erwägung der
Wormfer felbft wird fie nicht als eine leichte, fonbern als eine erwlnfchte
und ebrenvolle Sache in Rechnung gezogen. Die Abgabe nämlich, Zoll
wird fie in der deutfchen Sprache genannt, welche die Juden und die
anderen Bewohner von Worms in den Eöniglichen Zoliftärten in Srankfurt,
Boppart, /ammerftein, Doremund, Boslar und Enger bei ihrem Durch
gang su besahlen verpflichtet find, haben wir den Wormfern für die
Zutunft erlaffen, und wir haben dies in Gegenwart unferer Sürften, des
Ersbifchofes Lirmar von Zamburg und der Bifhöfe Ebbo (das ift
Eberhard) von Ylaumburg, Dietrich von Verbun, ermann von Bamberg,
Burchard von Bafel und anderer gerreuen Diener in Chrifto beträftige.
Wir wollen, daß Eeiner der uns nachfolgenden Rönige und Raifer diefen
unferen Zollerlaf; wieder aufbebe, und verpflichten einen jeden darauf, fo
gewiß ale er feinen eigenen Anordnungen Beftändigkeic wünfchr. YOer,
wo @ott vor fei, in irgend einem Punkte unfere Anordnung mindert,
fol erwarten, daß andy feine Wacht und feine Anordnungen gemindert
328 14. Bapitel,
werden. Diefe Deftdeigung haben wir deshalb, wie unten zu feben ift,
mit eigener and auf diefe auf unfern Befehl gefereigte Urkunde
gefehrieben, durch unfer aufgedrüchees Siegel beflegelt und der Aennmis
fowohl der gegenwärtigen als auch der künftigen Beneration anheimgegeben.
soandzeichen des "eren einrich IV. des demütigen umd unbefig:
baren Bönige.
Id) Abalbero Banzler bezeuge die Wahrheit an Stelle des Erz.
Ranztere Siegfried.
Gegeben am 8. Januar im Tahre deo Yeile 1074, im 19. Jahre
des Rönigeums, im I7. der Regierung des "eren Seincich IV.
Gefdyehen zu Worms im YTamen Gottes. Amen.“
Zum ewigen Bebächmis an Diefes Bönigliche Befehent ließ die Stadt
fpäter an der Abeinpforte das Bild des Raifere machen mit der Infchrift:
DIVO . HEINRICO . III. ROM . REGI.. AVG . VANGIONES
GRATIAS.. IMMORTALES . DEBERE.
NVLLO.SAECVLO .. NEGABVNT.
sseinrich IV., dem erlauchten römifchen Aönig, bekennen die Dangionen
eroigen Dank zu fdhulden.
In dem damals auebrechenden Monflitt zweifchen. Rönigrum und
Sürfienrum erwachte die Stadt Worms zum felbftändigen Leben.
Scheinbar war zu Gerftungen am 2. Sebruar 1074 eine Verföhnung
der Sachfen mit dem Mönig eingeleitet worden, und der Mönig Eehrte
daher wieder nach YOorms zurück, das num feine beftändige Hefidenz zu
werden fÄhien. Da vergingen fich- die fächfifchen Bauern arg gegen den
Rönig, indem fie in geimmer Zerftsrungsluft nicht nur die Wauern der
aryburg bradyen, fondern aud) Die Kirche anzlinderen, den Rirchenfchan
plünderten, die Blocen zerfiseten und die Rönigsgräber fjänderen. In
Worms vernabm „einrich diefen Srevel, und er färeur, Rache an den
Gorresfchändern zu nehmen.
Rurz nady Ofteen 5074 brad) au) in Böln die tädtifche Be:
wegung os. Möln wird von Lambert von +herefeld ale das Zaupt und
die Führerin der deurfhen Städte gerlihme, überaus volßsreich, das
Emporium des Jandels, aber derfelbe Autor tabelt an den Rölnern ihr
ppiges Leben, die prablerifäye Selbftüberbebung bei Weingelagen und
Schmaufereien. Der herrifde Stolz des Krsbifdofes Anno gab den
Bhrgeen Urfache genug, zu Blagen. Wegen eines geringfügigen Anlaffes
empdrten ficy die Bürger gegen ihren Stadtheren. Es fam zu argen
Was Zeitalter der fellflgen Baifer 329
Ausfchreitungen, und mit EIor Ponnre fid) Anno retten. Doch wie eo
bei folchen Gelegenheiten geht, gefehab es auch bier. Gobald der Krz
bifchof mit bewaffteter Wacht vor der Stadt erfehien, fehwand den
Bölnern der Rampfeszorn. Die Ariegsleute nahmen blutige Rache, und
febreeklich mußten die Schuldigen büßen. Die Rölner Bhrger waren
durch das Beifpiel der Wormfer zu ihrer unüberlegten That verleiter
worden; da fie ftärker an Volkssahl und mit Geld und Waffen
noch beffer verfehen waren, fo bielten fie es für umviirdig, daß man
glauben Eönnee, fie finden an Rühnbeit den Wormfern nad. ls
ihre Sadye fÄhief ging, wandten fie ich bilfeflebend an den Adnig,
indem fie in ihm einen Sörderer ftädrifcher Greibeic fehen mochten. Der
Rönig brady im Juni gegen Rdn auf; in Andernach Bam KBrsbifchof”
Anno zu ihm, beide führen num nach Röfn. «ier faß der Rönig zu
Bericht, doch ftand die Sache der Rölner fo fehlecht, daß der Rönig
fie fallen Heß. Darauf there er wieder nad Worme zurlch, um von
bier gegen die Ungarn zu rüften. Diefe Brpedition flug fehl, und ,
fbon im September war der önig wieder in Worme.
Die fächfifchen Verhälmiffe ließ aber Yeinrich niemals aus den
Augen. Öfteren und Pfingften 1075 feierte er in Worms. Von bier
aus bereitete er den fächfifchen Seldgug vor. In diefen Verhandlungen
bewies er, wie aud) feine Gegner zugeftchen, eine Aiugbeit, die weit
über fein Alter hinausging. In %ersfeld® fammelre fi) im Juni das
Eönigliche Heer. Von allen Gegenden firömten die Truppen berbei, vor allen
erzog Rudolf‘ mit feinen Schwaben, dann &erzog Welf mir den Baiern,
die rbeinifhen Sranten, darunter die gerreuen Wormfer, in deren Wire
der Rönig in glänzender Aftung rite, ferner "ersog Borefried, Herzog
Theodorich von Lorbringen und fchließlich die WVeftfalen, Sriefen und
Böhmen. Der Rönig war in der Vollfraft feiner Jahre. Bei Zomburg
errang er am 9. uni über Öreo von LTordheim und die Sachfen
einen glänzenden Sieg. Aber es bedurfte noch eines zweiten Zerbft:
feldzuges, um die Unterwerfüng der Sachfen zu vollenden. einric,
kehrte nach der SEntlaffung feines “eeres nad) Worms zurlic. YIeue
Verhandlungen fanden ftatt, aber der Rönig verlangte völlige Unter-
werfung. Am 22. Oktober traf Geinric) in Berflungen ein, wo fich
die Truppen verfammeln follten. Zioar blieben die Südbeuefhen aus,
dody war die Stellung des Rönige eine Üüberlegene, und Ende Oktober
unterwarfen fich die Sachfen auf der Ebene von Spier. Die vornehmen
1. Decn, Die Arte der sent Be I “
30 14. Bapitel,
Sacfen mußten fich dem Rönig als Befangene ergeben, und er begann
von neuem feine Mache in Sachfen aufgurichten. Aber nur furz war
feine Siegesfreude, denn bald wurde er von der Zöhe in den Abgrund
geworfen.
Schon geraume Zeit bevor der Wöndy Hildebrand Papft gervorden
war, batte er ideen ausgebildet, welche die in Deutfähland beftebenden
fiaatlichen und ficchlichen Ordnungen vollftändig erfehlierern follten.
Diefer geifteogewaltige, zielbewußte Wann verteidigte die Freiheit der
Ricche; unter diefem Schlagwort verftand er jedoch Firchlicye “errfchaft.
Dem Vater Yeintiche IV. war er befreundet gewefen, zum Sohn fkand
er im Verhämis eines wohlwollenden Lebrmeiftere; da der Gchiler
aber nicht geborchen wollte, (0 entwicelte ich bald bittere Todfeindfehaft
swoifihen beiden. Gregor VII. ging vom Begriff der Simonie aus, und
unter diefem Ylamen verftand er auch die Tinvefticur der geiftlichen
Sürften durch den Rönig. Diefer folte fortan Fein Recht mehr auf die
Verleihung der Disrhmer baben, alle Laien follten von der Tinvefticur
der Rirchen auagefchloffen fein. Der Papft betämpfte eben die germanifche
Idee der Kigenkirche, die das römifche Rirchenfyftem durdyfent hatte,
und von feinem Standpunkte aus hatte er vollkommen recht. YDeil diefem
Pringipientampf eine innere Berechtigung innenoobnte, war die Rirche
fiegreich”).
Die Politit Bregors VII. gegenüber "eineich IV. war anfangs eine
vorfichrige gewefen und nicht frei von Schwankungen. rft Ende 1075
‚provogierte der Papft den Bruch, und der König nahm den bingersorfenen
sandfchub auf. Seinrich lud auf Sonntag, den 24. Januar 1076, nad)
Vsrms eine Verfammlung der geifliden und weltlichen Sürften des
Reiches ein. Es erfhpienen dafelbft die Erzbifchöfe von Wlains und
Trier und 24 Bifdysfe fowie "erzog Borefried von Lorbringen. Die
Stimmung der Verfammlung war dem Papfte durchaus feindfelig, und
ibe Befchluß ging dahin, daß fich die Bifchöfe des Gehorfams gegen-
Über Gregor VII. entbunden erachteren. Auf Grund diefes Befchluffes
erklärte dann der Rönig den Papft feiner Wöhrde verluftig. Yun folgte
Schlag auf Schlag. Am 22. Februar 1076 fehleuderte der Papft den
Bannftrabl gegen den Mönig, erklärte ihn für abgefent und feine
Unterebanen ihres Eideo gegen ihn Iedig; die Teilnehmer der Wormfer
DVerfammlung epfommunisierte er. Die Solge war, daß viele aus
Bewoiffensangft in ihrer Mönigsrreue fdhmantend wurden und zum
Das Seitalter der falifcpen Raifer. 331
Papft abfielen. $Es Bam fodann zu einem Bfindnis des lltramontanismus
mic dem deutfihen Partifularismus. Vergebene fdhrieb “einrich auf
Pfingften nady Worms eine neue Reicheverfammlung aus. Yobl
erfebien dafelbft eine Anzahl Bifchöfe, aber die welcliden Sürften
blieben aus, und bald fland der König ifoliere da. Die ürften
verfammelten fi) im Oktober zu Tribur, um über eine neue Rönige-
wahl zu verhandeln. Auf der anderen Seite des Abeins, bei Oppenbeim,
die getreue Stadt Worms im Aiicen, lagerte der Mönig mir feinen
Truppen. Die Verhandlungen, die hin und berüber gingen, drohten
jeden Augenbli® in Ihätlichkeiten umzufchlagen, als Abt Zuge von
Eluny, des Rönigs Taufpate, einen Stillftand erzielte; dem Papfie
follte die Entfcheidung zufichen und der König abgefegt fein, wenn er
niche binnen Jahr und Tag die Loslöfung vom Barne erlange. “eineic)
durchkreugte jedoch Die Abfichten feiner Seinde, indem er durch den
heroifchjen Bußgang nach Eanoffa vom Papft die bedingungslofe Auf:
bebung des Bannes ertrogte. Freilich war die Verföbnung mit dem
Papfte nur von Eurzer Dauer, und Diefer erneuerte den Bann. Die Sürften
bielten fid) vollends an die Abmachung des Mönige mir dem Papfte
nicht für gebunden, fondern fie verfammelten fi am 13. März 1077
in Sorchheim und wählten mit Zufimmung der päpftlichen Legaten
Audolf von Abeinfelden zum Mönig. Das führre zum Blirgerkrieg,
der num 30 Jahre in Deurfchland würere und unendlich viel Elend
Über das Land brachte, aber auch den aufftrebenden Aräften freien
Spielraum verfchaffte.
Von gorchheim war der Pfaffenfänig nach Wlainz gesogen, wo der
Ersbifchof Siegfried ihn am 26. März Erönte. Allein Rudolf Eonnre
fi) bier nicht behaglicher Aube bingeben, denn die Bürger von Mainz
uhoben fi), es fam zum Bampfe, und fie drohten die Pfalz in Brand
zu flecden, was der Ersbifchof nur durch das Verfprechen fehleuniger
Abreife Audolfs verhindern Eonnte. Als Slächtling verließ der Pfaffen-
tönig Mainz, und mit ihm der fchwache, treufofe Ersbifchof, von vielen
Scomähungen verfolge”),
Auch die Wormfer nahmen fogleich Stellung gegen König Rudolf.
Ihr verjageer Bifdyof' Adelberr war im Oktober 1076 wieder in die
Stadt gefommen. Denn unter den Sorderungen, weldye die im
Oktober 1076 in Tribur verfammelten Sürften an den Rönig %einrich
geftellt hatten, war eine der vornehmften gewefen, daß die Eönigliche
332 14. Bapirel,
Befagung Worme verlaffen und der verjagte Bifchof' wieder zurlichehren
follre. Darauf verließ die Befagung mir der Rönigin Worms, und der
Bifchof rückte ein”). Als nun Audolf Wiene machte, nach Worms zu
ziehen, fo erhoben fi) die Wormfer Bürger und zogen Eönigliche
Dienftleute zur Zilfe in ihre Stadt. So mußte denn der Pfaffenkönig,
ohne Voorms berreten zu Eönnen, nady Schwaben weitersichen”).
“eineich war wieder nad) Deurfehland zurlichgeeher und hatte in
Scywaben und Baiern vielen Anbang gefnden. In dem ihm freundlich
gefinnten Wainz bildete er ein Yeer, das aus Bürgern der Abeinftddte
zufammengefent war. Der dem Rönig "eineich IV. feindlid gefinnte
Sacyfe Bruno nennt diefes „eer weder anfebnlicdy noch tapfer, da der
größte Teil aus Kaufleuten beftanden habe. Unter diefen Wiercatores
find aber vorzüglich die „Handwerker zu verfieben”). Wir Eennen ja
den Priegerifchen @eift ber Wormfer Bürgerfchaft, welcher nicht
nur die waffengebten linifterialen befeelee, fondern auch die unteren
Stände.
Am Vledar nahm Seinridh eine uneinnehmbare Stellung ein. Der
Rampf 309 fich lange ohne Entfcheidung hin. Alle Rräfte wurden
darin aufgeboten. Rudolf von Aheinfelden verband fidh mir den Feinden
des Reiches, dem Rönig von Jrankreich und dem Brafen von Slandern.
Selbft die Bauern wurden bewaffner. Am 7. Auguft I077 fließen die
beiden Rönige bei Welcichftadt in Sranten zufammen, und “eineich flug
die mit Audolf verbindeten Bifchöfe, darunter auch Adelbert von Worms,
in die Sluche. Diefer Adelbert war in Rom gewefen, um gegen feine
Bebränger in Worms zu lagen, und der Papft hatte ihm Beiftand
verfprochen”®). Als er mit den anderen Bifchöfen nach Thüringen flob,
wurde er bafelbft ergriffen und dem Rönig ausgeliefert. Das Bauernheer
am Yledar war von den fehwäbifchen Rittern überwältigt worden, und
die Bauern wurden teils erfehlagen, teils entmannt. Denn von jent an
war es völlig vorbei mit dem Volksheer. m Selbe galt nur noch der
Ritter etwas, er allein beanfpruchte die YOaffenebre, und jedes enbebrliche
Sch? Land wurde nun in Lehngur umgewandelt, um zum Unterhalt
eines Ritters zu dienen.
In der für Rudolf flegeeichen Schlacht bei Hobenmölfen am
15. Öttober Jo80 wurde er fo fehmwer verwundet, daß er bald darauf
farb. Wenig frommte das Zeinric IV., denn ein anderer Begenkönig,
%ermann von Lupemburg, vourde gewäblt.
Das Seialtr dee fallen Baifer. 333
„eineid Überftieg im März Io8T die Alpen und fehlug fidh dorr
mit feinen Seinden herum. Am 31. Wär 1084 wurde er von Wibert,
Ersbifcyof von Ravenna, den die Eöniglich gefinnten Bifchöfe am
26. Mai 1080 zu Driren zum Papft (Clemens II.) erwähle hatten,
famt feiner Bemablin im S. Peter zu Rom zum Raifer gewählt.
Gregor VI. rief’ die “ilfe der LTormannen berbei, welche die evoige Stadt
plünderten und verbrannten und den Papft als Gefangenen mit fich
führten. Am 25. Mai ift diefer unfelige Wann, den ein Zeitgenoffe, Perrus
Damiani, geiftreich den „beiligen Satan“ nannte”), in Salerno geftorben.
Raifer Seinricb IV. brach im Sommer 1084 nach Deutfchland auf,
veich an Erfahrungen und voller Goffnungen. Als Seiedensfürft wollte
er Eommen, und „der Bortesfriebe 30g vor ihm her wie der orgenftern
einer neuen Zeit"). Aber der päpftliche Legart Dero von Oftia wußte
auch jet das Seuer der Swierrache zu fehüren. Zn der Ofterwoche Io85
taten bie gregorianifchen Bifchöfe, unter ihnen auch Adelbert von
Worms, in Quedlinburg zufammen und faßten Befeläffe, welche den
YWlnfeben des Zegaten enefprachen. Um den Baifer aber verfammelten
fi) im Mai 1085 zu Mainz zahlreich die antigregorianifchen Bifchyöfe.
Diefe Verfammlung konnte fi als eine vollftändige Verrrerung der
deurfehen Rirche betrachten. Tbre Abficht war, die Binheir der Kirche
wieder berzuftellen. Alle gregorianifchen Bifchöfe wurden erfommuniiert,
ührer YOlirde entfegt und auf die erledigten Stühle andere Bifchöfe erwäble.
Adelbert von Worms war, nachdem er der Befangenfcyaft entronnen,
nad) Yoorme zurückgekehrt und batte 1080 die wichtige Urkunde über
die Einteilung der Stadt in vier Pfarreien erlaffen”). Sobald aber der
Baifer wieder im Lande war, mußte der Difdof von neuem nach
Sachfen fliehen. Auf der Mainzer Derfammlung im ai 1085 wurde
auch er abgefent, und an feine Stelle wählte Seinzich IV. Diermar, der aber
bon am 29. September 1085 ftarb””). Gegen Weihnachten Bam der Raifer
wieder einmal nady Worms und rüftete Dafelbft ein ftarrlicheo See gegen die
Sachfen. Bei diefem Aufenthalt ernannte er einen neuen Bifdyof namens
Winicherus aus dem GBefchlecht der Grafen von Saarbrücken, vorher Abr
von Lorfch”*). Diefer verzichtete 1088 auf feine beiden YOhırden und 30g fich
in das Rlofter “iefchau zurück. An feine Stelle wurde in Worms Zbbo
gewählte”), der 1090 bei einer Seierlichteit in Lorfih auftritt. Von diefem
teiffen wir fat garnichts. Unter den Zeugen mehrerer Urkunden ‘einrichslV.
vom Tabre IJ0J kommt ein Kuno als Bifchof von Worms vor”).
334 14. Bapitel,
Seineich IV. ging 690 zum dritrenmal nach Jralien. sier verließ
ihn völlig das Glück, und er verlor jede hoffnung, denn alles verfdhwor
fi gegen ihn, felbft fein eigener Sohn Monrad und feine zweite
Gemahlin übten an ihm Verrat. Es war eine grauenhafte Zeit, und in
ihrer Schilderung find die Publisiften beider Parteien einig. „Die
Bifcöfe fellten ihren Dienft ein und Eehrren ihren Dißsefen den Rücken,
die ein Tummelplan der Bewaltehätigkeit und eine Stätte der Ver:
wüftung wurden. Rirche und Rlerus find gefpalten, der Krieg verwüfter
die Botteohäufer und licyrer die Reiben der Blirger, götrliches wie welr-
liches Nedhr find befeitigt, Treue und Glauben find enefehmunden,
Ungerechtigkeit und Wieineid führen das Regiment.” Wit diefen Worten
febildert ein Zeirgenoffe ergreifend das Zlend der damaligen Zeit”). Te
tiefer die Mache des aifers fant, um fo höher ftig die des Papftes.
Urban II. wurde «er der Seelen wir der Leiber, und auf feinen YOink
fenre fich 1095 der Rreussug in Bervegung, eine neue Völkerwanderung.
Die Weltanfdpauung Auguftins von der Vergänglichteit aller. iedifchen
Dinge und von der Ylorwendigkeit der Welrflucht drang fiegreid) durch,
sumal in Sranfreich, dem Hlaffifihen Lande des Wiöncyswefens, wo die
Luft an Pilgerfahreen bis zur Leibenfihaft enmoicelt war. Auch in
Deutfchland gewann die Astefe infolge der Erfchlirterungen des Bürger:
frieges, des allgemeinen Elends und der Angft um das Seelenheil viele
Anhänger, aber bier wieb der Hang zur Astefe die Wänner weniger in
den rieg, deffen hatte man genug, als in die Rlöfter. Erft fpdter bar
das Rreusgugsfieber aud) die Deurfchen gepadtt. Schon Gregor VII.
hatte im Tabre I074 einen Rreussug in das heilige Land geplant; es
follte ein wohloorbereitetes Unternehmen fein; daß ficb ihm König
%einrich IV. verfagte, Eonnte der Papft ihm nie verzeihen”).
Der Begeifterung Peters von Amiens gelang ce, die Leidenfdhaften
der niederen Wiaffen aufiwwüblen. Wo er erfhien, feharten ji in
Stankreich die Männer um ihn, wie um einen Propheten des deren,
und ordnungslos wälste fich der wilde Schwarm durd; Deutfchland
nad) Ungarn. Am Wirtelehein fammelte ein Graf Emiche (vielleicht
von Leiningen) einen folchen aufgeregten Jaufen; als graufam, tyrannifch,
wie einen andern Saul feildert ihm Elkehard von Aura. Zu ihm
fiießen die Engländer, dann Wilhelm von Yjelun und andere, gegen
34009 Wann; „bier waren der Wildheit, der Ausfhweifungen, des
Sanatismus niche Maß und Ziel mebe“”). Yun wurden die Tjuden
Tas Seitalter der falifchen Raifer. 335
die erften und vornebmften Opfer des fanatifierten Blaubensbaffes, ein
gräuliches Schaufpiel, wie ein foldyes in der Ebriftenbeit noch nicht
erlebt worden war, denn die Tuben, obwohl Ungläubige und Scemde,
genoffen als reide Kaufleute und gefchickte Aerzte großes Anfeben und
fanden im befonderen Schune des Rönige.
In Mainz war nad) dem Tode des von Zeinrich IV. eingefegten
Weilo (f 1088) Auchard fein Llachfolger geworden, gleichfalls dem
Baifer ergeben. Als die Rreusfahrer in Wainz erfchienen, bedrohten
fie die Juden, die fich mit ihren Schänen in den Bifchofsbof flüchreren””),
Aber die Jabgier verleitere den Erzbifchof zu einer gräßlichen That. Er
bemächrigee fih der Schäge der Juden und gab diefe Unglücfeligen
der Wut der Rreusfahrer preis. Gegen taufend Juden, Wänner, Srauen
und Rinder, wurden am 27. Wat 1096 bingefchlachtet”). Der Raifer
308 den rsbifchof 1098 deshalb zur Rechenfchaft und verlangte
wenigfiens die Serausgabe eines Teiles des geraubten Butes”'), werhalb
er mit ihm in Steeit geriet.
Aud) in Speier wurden die Tuben geplündert und ermordet, ob:
wohl der Bifchof fie zu fehtigen fuchte”“). Tin Worms flüchtete fich
ein Teil der Juden in den Bifchofebof. Die Behörden ficherten denen
Schu zu, die in ihren Wlauern bleiben würden. Der Raifer hatte in
feinem Judengefen für Worms auf die Ermordung eines Juden die
Strafe der Blendung und des Abbauens der “ände gefent”).
Diefe Breigniffe leireren die Aufmerkfamkeit in Deutfehland von
dem Bürgerkriege etwas ab, [6 daß, als der Raifer I097 endlich wieder
in feiner eimat “erfhpien, er nirgends auf offenen Wiberftand ftici.
Allgemeine Ermattung war eingetreten; die große Wichrheit des Volke
war des religisfen “aders fatt, und jedermann wäre des Sriedens froh
gewefen. Auf einem Sürftentag in YOorms anfangs I098 unterwarfen
Mb die Söhne Welfs, turs darauf auch Bertholb von Zähringen””)
und die meiften fdyroäbifchen Brofen. In Mainz wurde Rönig Roncad
abgefest und %einrich, des Kaifers zweiter Sohn, zum König gemwäble,
der jedoch feinem Vater fÄhrosren mußte, niemals ewas gegen fein
Leben und feine Sreibeit zu unternebmen. Aber was galt damals ein
gefepworener Eid! Auch diefer Sohn empörte fich gegen feinen Vater
und verfland es, ihn in ein Bewwebe von Tücke und Verrat zu verftrichen.
seineich V. febrieb auf Weihnachten JI04 einen Sürftentag nach
Wainz aus, bamic der &errfchaft des Maifere ein Ende gemacht werbe.
336 14. Bapitel,
Denn bier am Wiirrelchein war das Fauprzenrum der Wiachrftellung
des Raifers, geftlge auf die gerreuen Bürgerfehaften von Speier, Worms
und YW}aing. Den von dem Raifer abgefegten Erzbifchof Aurhard von
Wainz wollte der Sohn wieder einferen. &eineich IV. fammelce im
Wainger “afen eine Slorte, um feinem Sohn den Aheinhbergang zu
wochren. YTee vergebliche Verhandlungen wurden gepflogen. Darauf
begab fid) “einrich IV. mady Sranten. Man kämpfte dafelbft und an
der Donau, aber es kam zu Feiner ntfcheidung, weil die beiderfeitigen
Bräfre fich gleich ftanden und “eineichh V. fi febeute, feinem Vater
etwas anzucbun. Wiederbolt erfläcte er, er wolle Bein Watermörber
fein, und danke niemanden, der dem Vater nad) dem Leben wachte. Der
Wönig eilte im «erbfte IJS an den Ahein zurlic® und gewann durch
Verrat des Burggrafen am 3J. ©btober Speier, wo er fich der Schäue des
Vaters bemächtigte und das erledigte Bisrum dem Abte Gebhard von
Ssiefchau, einem der eifrigften Anhänger der Bregorianer, der auch die reiche
Abtei im Befirz harte, übergab. “einrich V. woimfchte nichre mehr, ale Mainz
in feine Gewalt zu befommen. Der alte Raifer weilte in Böhmen, und
niemand wußte erwas von ihm. Tin ihrer Bedrängnis fdhrieben die
Mainzer Winifterialen und Btirger (Moguntiensis ecclesiae humiles
servi F, camerarius, A. centurio cum universis ministris ac civibus”®)
ihm einen Brief, der ein glänzendes Zhrendentmal ihrer unwandelbaren
Treue it. Darin berichten fie ihm, daß die Seinde auf Micyaelis
(29. September) eine “erfahrt gegen die Stadt angefagt häkten, deshalb
fle ihn um feinen Deiftand bitten, weil fie eine Belagerung nicht aus:
balten Ernten. Doch erfüchen fie den aifer, den Wine nice zu
verlieren und melden ihm, was die Städte bereits für ibn gerhan hätten.
„Versage nicht, wenn deiner Anhänger nicht fo viel find, als du
wünfcheft. Wir wollen uns einander tröften, du an uns und wir an
dir. Denn alle HTachbarftädte zu beiden Seiten des Abeins haben mir
uns gefehworen, treu bei dir aussuharren, und wurden ihrer, Reifige und
‚Sußolt, bei zwansigraufend gesäblt. Wenn uns Bort den Sieg verleiht,
fo wirft du in Zufunft um fo fifter auf deinem Thron finen, wir aber
werden unangefochten bei unferm Rechte bleiben.“ Zunddyft wurde Mainz
nicht angegriffen, und der Raifer erfhien Ende Ofrober wieder dafelbft,
‚aber völlig entmucige, zumal da inzwifchen Speier in die Bewalt feines
Sohnes gefallen war. Sr ließ fich durch deffen argen Kar verlocken,
das fihere Mainz zu verlaffen, worauf Zeinrich V. fid) diefer Stade
Das Zeitalter der falifien Aaifer- 337
bemächtigte und den Bifchof Aurbard wieder einführt. Aafdh rrar nun
die Rataftropbe ein. Der alte Raifer geriet in die Gefangenfchaft des
Bönige, man that ibm.alle Schmad) an und zwang ibn am 31. Dezember
1405 zur Abdankung. Unter dem Vorgeben, vom Banne befreit zu
werden, brachte ihn der päpfiliche Legar dazu, ein Stndenbekenntnis
abzulegen, worauf er ihm böbnifd» fagte, er befize gar nicht vom Papfte
die Vollmacht zur Losfprehung. YIochmals griff der Raifer zu den
Waffen; da machte der Tod am 7. Auguft 1106 dem gramvollen Leben
ein Ende. Trog aller Fehler und Selbfiverfhuldung wird man diefem
Wanne menfehlidye Teilnahme nicht verfagen dürfen. Bis zum legten
Aremzuge hat er die Rechte des Rönigeums verteidigt. Ein Zeiegenoffe,
der nicht immer Bures von ihm fpricht, Ekkehard von Aura, erteilt
ihm volles Lob. „Vliemand“, fagt er von “einrich IV., „fäyien durch
Geburt, Talent, Tapferkeit und Bühnbeit, Eörperlichen Wuchs und
Schönheit geeigneter zur Baiferlichen Wolirde.”
Auf wahrhaft teuflifdye Weife bat Seinridh V. den Sieg Über
feinen Vater erlangt und die Rrone errungen; nimmermehr läßt fidy
diefes entfehuldigen. Aber im Grunde genommen verfolgte er genau
dasfelbe Ziel wie fein Vater; aud) er begründere fein Rönigrum auf das
Erbrecht; deffen Rechte er in feiner WVeife preisgeben wollte, und er war
ein Wieifter in der Runft diplomatifdyer Verbandlungen. Tmmer blieb
er Eühl und fet, bart und berrfchfüchtig. Ein Refultar des langjährigen
Bhrgerkrieges Bonnte er freilich nicht wieder rhcgängig machen: die
Unabhängigteit und die Selbftändigkeit der Sürften. So lange er lebre,
batte er mit ihnen, denen der Papfi zur Seite ftand, zu ?ämpfen.
Andererfeite Ponte er nur mir ihrer Zilfe den Srieden mit der Ricche
berftellen; das war ein Unternehmen, an dem manch’ anderer ver:
zweifelt wäre.
Flady dem Tode Seinviche IV. Eonnte Bifchof Adelbere von Worme,
der des Maifers erbitterter Begner geblieben und deshalb von Worms
ferngehalten worden war, nach feinem Bifchofafts zurlichtehren. Er
flarb am 6. Tuli 3307. Saft dreipig Jahre lang war er im Wril
gewwefen, fo daß, da die antigsegorianifchen Bifchöfe rafch wechfelten
und nur geringe Autorität genoffen, die Stadt fic) felbft überlaffen blieb
und daher in den Bemütern der Bürger das Beflhl der Unabhängigkeit
möchig erftarbte. Audy als Adelbert geftorben war, Bam es zu Beiner
definitiven kirchlichen Ordnung in YOorms, denn die einen wählten den
15. Dem, Die Aue Sr beufaen au. 5
338 14. Rapird,
Arnulf, die andern den Burchard ober Bucco””). Der erftere muß aber
bald geftorben fein, und der Ientere wurde vom Bönig nicht anerkannt.
Diefer biele fi) im Juni JJ0 in Worms auf und wohnte am 6. Juni
der durch den Prxbifchof Bruno von Trier feierlich vollzogenen Ein
weihung des Domes bei”). Dann zog er im “erbft nad) Rom, wo er
den Papft Pafihalis II. fberliftete, indem er ihn nebft den Bardindten
gefangen nabm und ihn zwang, ihm am 13. April IIII die Baiferliche
Brone aufsufegen. Er Behete hierauf nach Deurfchland zurfic® und tief
in Speier am 7. Auguft die Leiche feines Vaters im Dome beifenen:
eine fpte Sühne für die ihm angerbane Schmad) und eine unvertennbare
Provoation des Papftes. Kurz darauf, am 14. Auguft, verlieh er den
Bewohnern der Stadt Speier jenes Pojibare Privilegium, das eine
wichtige Frappe in der Entwicelungegefdichte der deurfhen Städte
bilder. Dagegen verpflichtete er fie, alljährlich am 7. Auguft mir
brennenden Rerzen zur Seelenmeffe für “eineich IV. nach dem Dome
zu geben und von jeden aufe ein Brod ale Almofen zu fpenden””).
Wir haben gefeben, daß “eineich IV. fid febr häufig in Worms
aufbielr und daß gerade bier fid die wichrigften Afte feines Lebens
abfpielten. Obwohl durch diefe häufigen Aufenthalte des Königlichen
ofes das bifchöfliche Einkommen febr belafter wurde, erfreute fich die
Rirche von Worms Feineswegs der Sreigebigkeit des Rönige, der weit
mehr feine Bunft der Speierer Rirche zumandre. Aud die Einwohner
von Worms fühlten fid) von “einrich V. ftark vernachläffige. Die
verfchiedenen Bevölterungsklaffen, zumal die böheren Schichten, hatten
fich) einander genähert, da ja ihre Tntereffen die gleichen waren. Die
bifchflichen Winifterialen baten oft genug Schulter an Schulter mit
den Raufleuren gekämpft. In ihren Zenden war die Stabtverwaltung,
und die Zöllner, Wünzmeifter u. f. w. ftanden in engfter Besiebung zum
Raufmmann. Te mehr die Stadt gedieh an YJandel und Bewerbe und
an Zahl der Bevölkerung zunahın, um fo böber fliegen auch ihre Kin:
mahmen, daher audy ihnen das Bedeihen der Stadt am serzen liegen
mußte. Schmerzlich empfanden es alle Einwohner, daß Rönig heinrich V.,
der wiederholt in Worme gewwefen war, fo geringes ntereffe für die
®önigereue Stabt bewies und ihr weder das Privileg “einriche IV.
beftärigre, noch ihr weitere Sreibeiten fchenkre. Da erwachte in ihrem
Serzen der Trog; was ihnen der Rönig nicht freiwillig geben wollte,
das gedachten fie zu erzwingen.
Das Seiralter der falifhen Baifer. 339
As der aifer anfange September JIJI von Wiainz nad)
Straßburg reifte, erkrankte er unterwegs an einem heftigen Sieber, das
ihn in Yleuhaufen bei Worms auf das Lager warf. Er und die
Seinen dachten an das Ende. Da ftürmten die Wormfer in das
Blofter, um fich der Reicysinfignien, des Rreuzes und der beiligen Lanze,
zu bemächtigen. Der Baifer befahl feinen Dienern, ihn aus dem Berte zu
eben, auf ein Pferd zu fenen und zu bewaffnen. Der Schweiß lief ihm
frommeis von den Glicdern. Deffenungeachter fihrzte er fid mir
wenigen Begleiten unter die Angreifer, bieb ihren Bannerträger nieder
und verfolgte die Empörer bis in die Stadt, wo fie erft in den Rirchen
Zuflucht fanden”). Der eigentliche Urheber Diefes Ueberfalles war
Ersbifchof Adelbert von Mainz. Diefer war feir II06 der Ranzler
Seinviche V. gewefen, ein ebenfo begabter, wie ehrgeisiger und ränter
füchtiger Wann. Der Raifer hatte ibn IJJo zum rsbifchof von
Wainz ernannt, in der offnung, an ihm eine fefte Stüme zu finden,
allein Adelbert wechfelte von diefem ioment an feine Policit, indem er
nun die Tntereffen der Kirche, die mit den feinen Üibereinftimmten, vertrat.
Offenbar wollte er feine Wachrfphäre auf Koften des Könige ausdehnen.
Die Mainzer Bhrger wußte er völlig für fih zu gewinnen, was für
ihn von großer Wichtigkeit war, denn Wains war eine mächtige Stadt
und feine inwohnerfchaft trogigen Sinnes. Tin Speier war fein
Bruder Bruno Bifchof, zu Worms batte er als Propft von Hleubaufen
Beziehungen. Yun gelang es ihm auch, fid) der feften Burgen in der
Sarde, Trifels und Marienburg (Madenburg) zu bemächtigen, fowie der
3ölle und anderer Einkünfte am Abein; mir den weltlichen Sürften
batte er verräterifdje Verbindungen, fd daß der Argwohn des Raifers
immer größer wurde. Alles, was WOibriges gefhah, maß er der Schuld
des Srzbifchofs bei, fo auch die Empörung der Wormfer. Ta
“einrich V. glaubte, er wachte nach feinem Beben. dies auch fehr
wenig wabrfebeinlich gewefen, fo war die Befahr gleichwohl fehr groß
für den Raifer, denn Adelbert war die Seele der fürftlichen ®ppofition,
und der Raifer Tannte nur zu gut die Rlugbeit, Verfehlagenbeit und
den Wagemur feines Banzlers, daher füchte er ihm smvorzufommen.
Er Ind ibn zur Verantwortung an feinen Hof. Adelbert wollte fich
nur in Worms, wo er auf’ großen Anbang säbhlee, dem Raifer fellen.
Diefer hatte bie erslirmten YOormfer dur ein Privileg vom
16. Öftober 1132”) zu verföhnen gefücht. Offenbar wollten die
340 14. Bapirel,
Wormfer die von Speier Cibererumpfen, und fie erfcblichen fidy einen
Zufag am Ende des Diploms, wonach der Kaifer die Wormfer für
würdiger als die Bürger jeder anderen Stadt erklärte.
Ende Ylovember IIJ2 bequemte fid) der Hrzbifchof von Wein,
vor dem aifer zu Worms zu erfcbeinen. Diefer verlangte die Aus-
lieferung der Wiadenburg, was jener mit Tron verweigerte. Der Raifer
febmwieg und ließ den Srechen zieben. Burz darauf nahm er Adelbere
gefangen und bielt ibn ungeachtet der Bitten des Papftes und der
Sürften drei Jahre lang in Saft”).
Wiederholt refidierre der Maifer in diefen Jahren in Worme, fo
im Wär; und April I113, im Januar JJJ$, nachdem er in Wainz mit
großer Pracht feine “ochzeir mit der Wiethilde von England gefeiere
batre. Im felben Jahre kehrte er noch zweimal in Worms ein, am
14. April und am 30. Ylovember, an welhem Lage er den Wormfern
ein neues wichtiges Privileg erteilte”®), wodurch er fie den Speierern
gleichftellee. Denn an der Bewahrung der Treue der Wormfer mochte
dem aifer ewas liegen, da Möln fid gegen ihn erboben hatte und
da infolge davon in Sachfen die Empörung von neuem ausgebrochen war.
Und zu feinem großen Schmerze verfagte nun auch das fonft fo gerreue
Wainz den Geborfam. Der Raifer hatte auf den J. Yiopember 1115
einen Yeicyerag nadı Wein geladen, aber nur wenige Sürften waren
erfehienen, (6 daß der Reichstag gar nichr zu ftande kam. Die Mainzer
Bonnten “einrid V. den an feinem Vater begangenen Verrat nicht
verzeihen. Auch fonft mag Anlaß sur Unzufriedenheit vorhanden
gewefen fein. Burggraf Arnold und andere angefebene Wlainzer baten
den Raifer um Sreilaffung ihres Bifhofs. Da diefer die Bitte abfchlug,
fo enefland ein Tumult, die Wainzer drangen in die Pfalz, ein und
forderten unter wilden Toben ihren Bifebof, fa, fie drobren die Pfalz
in einen Scyurtbaufen verwandeln zu wollen und dem Zaifer
Verderben, fo daß diefer dem Ziwange nachgeben mußte, als fich ihm
die Bürger dafür verblirgten, daß der Krzbifchof nichts mehr gegen
das Reid) unternehmen folle und daß, wenn er es doch chue, fie felbft
ibn aus der Stadt vertreiben würden. Auch sErzbifchof Bruno von
Trier fagee für die Treue Adelberre gut. Der Maifer harte eine fehwere
Vliederlage erlitten, die nun alfeitig gegen ibn ausgebeurer wurde.
Abdelbert war der erfte, der die gefehmworenen ide bradh, und da die
Stadt, wog ihrem Verfprechen, den Abfall Adelberts rächen zu wollen,
Tas Seftalter ber felifchen Balfer. 341
zubig blieb, fo mußten die von der Stadt Mainz dem Baifer geftellten
GBeißeln fehredflich büßen. Abdelbert verhängte über die dem Raifer treu
gefinnte Stadt Speier das Iinterditr, ja, den eigenen Bruder, Bifchof
Bruno von Speier, that er in den Bann. Die rheinifeben Lande vonden
in Priegerifche Bewegung gefegt. Abdelbert machre vergebliche Verfiche,
Speier in feine Berwalt zu befommen. Bifdof Bruno rühmee fich dem
Baifer gegenüber, daß er alles Volk zwifchen Worms und Straßburg
vermocht babe, einen Bund gegen die Aufjtändigen zu befehmören”®).
Auch die Wormfer waren jene wieder dem aifer fo treu gefinnt wie
zuvor. sersog riedrich von Schwaben, der Yieffe Heinrichs V., fochr
gewaltig für die Sadye des Raifers. Sr icherte allenthalben das Land,
Iegte Befagungen in die Iinkerbeinifcen Burgen und baute neue. Yan
fagre von ihm, daß er am Gchweife feines Roffes fters eine Burg mit
fi fehleife. Worms öffnete ibm feine Thore, und bier vereinigte fich
Pfalsgraf Gottfried mit ihm. Am J. Auguft 1116 legten fich die auf:
ftändigen Sürften vor Worms. Die Befazung machte einen voreiligen
Ausfall, bei dem fie fÄhmeren Verluft erlitt, und “erzog Seiedrich
geriet in folche Bedrängnis, daf er gegen Bewährung freien Abzuges
den Sürften das Verfprechen ablegen mußte, auf einem Sürtencag
in Srantfure ficb zu flellen. Doc) durd) Lift mußte er jenen
Sürftentag zu vereiten, an dem es auf die Abfegung des Baifers
abgefehen war. Seiedrid) gewann bald wieder die Oberhand, und
die Empörer füchten fich in Mainz feftzufegen. Die Mainzer waren
jedoch mit ihrem DBifchof fehr wenig, zufrieden und verjagten ihn. Der
Baifer ermahnte die Geiftlichen und Laien, Dienftienre und Bürger von
Waing, den gegen ihn und fie eidbrüdig gewordenen SErzbifchef nicht
wieder in die Stadt zu laffen”). Aber bald Eehrre Adelbere mit ftarter
“and zurlc® und befirafte feine Begner. Die Wipftimmung der Stadt
wuchs darob, und die Gefahr war nicht gering, als &erzog Seiedrich LIT
von neuem MWlains belagerte, doch ohne Erfolg. Um die !ainser
Bürgerfchaft für feine Sacye zu gewinnen, gab ibr Adelbert J118 einen
Sreibeitebrief, den die Mainzer immer als das Palladium ihrer Stadt:
freiheit angefeben haben, und damit diefe Boftbare Urkunde, deren erfte
Seile mir Goldbudhftaben gefchrieben war, nicht erwa durch einen Zufall
oder ein Wißgefhi® zu Grunde ginge oder abhanden Bime, ließen fie
diefelbe auf den vom Erzbifhof Willigifis gefifteren Brongeflügelboren
an der Liebfrauenticche in Ungialfehrift eingraben””). Die Winzer
342 14. Bapitel,
zeigten fi) bierauf ihrem Erzbifdhof willfährig und zerftörten im Verein
mit den fächfifchen Sürften das Baiferliche Schloß Oppenbeim. Als der
Baifer im Juni 1125 fi Waing näberre, fdrickten fie fih zur Ver:
weidigung an. Doc Fam eo nicht zur Belagerung, denn durch das
Whrzburger Abfommen im «erbft IIZI wurde der Zlirgerkrieg beendigt.
Es war audy böchfte Zeit dazu. Yoorms hatte durch die Belagerung
fehwer gelitten, und infolge eines Brandes war ber größte Teil der Stadt
zerftöre worden”). Schlimm genug fab es nach dem Bericht eines
Seirgenoffen, Bftehard von Aura, in Deurfhland aus. „lach sehn
Tabren inneren Sriedens wurde das Reich aufs neue gefpalten, und bei
der Abtwefenheit des Raifers (er war feir Anfang III bie Serbft 1118
in Jtalien) handelte jeder nad) feiner Willkhr. Es bilderen fih Banden
von Adubern und Wiordbrennern, die dem unterdrücften Wolke feine
abe mahmen. Weder der Bortesfriede noch duch Tide befeftigte Der-
träge werben jene noch geachtet, fondern alle wiiten untereinander mit
viebifcher Luft. Den Mieritern wird fat nur das nackte Leben gelaffen,
die Aecher liegen verwüfter, die Dörfer serftört, viele Gegenden und
Städte find völlig versder, und in mandyen Rirchen hat der Bottes-
dienft ganz aufgehört.”
Die Löfung der Birchlichen Streitfrage wurde einem Bonzil Über-
wiefen. Bis dabin follten Die Banonifc» gewweibten Bifchöfe im ungeftörten
Befige ihrer Kirchen bleiben. Burchardb war IJIS zum Bifchof von
Worms gewäble worden. Tjn einer Urkunde seinrichs V. vom
Januar IIIS, die zu Worms ausgeftelle ift, figuriert er als Zeuge”).
Allein er hatte fich der gregorisnifdhen Partei angefihloffen umb mußte
darum die Stade meift meiden. Im Tabre 1120 weibre ihn der Krzbifchof‘
von Mainz”), Durdy das Würzburger Abkommen erhielt er zwar die
geiftliche Verwaltung feines Bistums, aber die Stadt blieb bis zum
Ronzil in der GBervalt des Raifere”).
Der tampfluftigen Generation war eine friedensliebende gefolgt.
Alle Welt mit Ausnahme erlicher Sereithähne wünfchte fehnlichjt den
‚Seieden. liche in Mainz, wo Adelbert die Situation beherefcht hät,
fondern im Eaiferlich gefinnten YDorms Bamen die Väter zufammen,
ale Bevollmächtigte des Papfies Bifcof Lambert von Oftia und die
Rardindle Saro und Bregor, fodann die deuefchen Bifchöfe und Sürften.
34h hielt der Raifer an feinem Rechte feft. Es dauerte acht Tage lang,
ebe man zu einem Refultar gelangte. In zwei Urkunden verbrieften fich
Das Zeitalter ser felifehen Baife 343
Papft und Raifer gegenfeitig die gemachten Zugeftändniffe””). Das ift
das berühmte Wormfer Montordat. Sortan follten die Bifchöfe auf
Tanonifche Weife gewählt werden, und der Mönig versichtere auf die
Invefticur der gewählten Bifcyöfe mit Ring und Stab. ZAndererfeirs
geftand der Papft zu, daß in Deutfehland die Wahl der Bifdyöfe mr
in Gegenwart des Bönige ftattfinden dürfe; Bam Beine einbellige Wahl
30 frande, fo follte der Rönig mit dem Nat des Wietropolitanen die
Entfcpeidung treffen. Den Erwählten bare der König durch Lieber:
teichung des Sceptere in den Genuß der weltlichen Güirer des Bisume
einzuweifen, und erft nad) der Belehnung follte die geiftliche YOeibe
erfolgen. Es war ein Rompromif, ein VOaffenftillftand, denn die
Rircye hatte nicht alles erreicht, aber jene gab fich der Papft Ealige II.
zufrieden und erfannte den Vertrag an, während Erzbifchof Adelbert von
Mainz gerne das $riedenswerk wieber zerftöre biete. Am 23. September 1122
wurde der langerfehnte Frieden Öffentlich verfünder, und zwar gefebab dies
auf der Laubmwiefe, einer Verelichfeir, die in den Wormfer Urkunden
öfters erwähnt wird”*) und die offenbar in der Stadtgemarkung in der
Flöhe des Rlofters Warienmünfter tag”). Vor einer ungesählten
enge, welche die Stadt nicht faffen Ponte, wwurden die beiden Urkunden
verlefen und dann vom Bifcpof Lambert die Wieffe gefüngen. Der Legar
des Papfies gab dem Baifer den Sriedenekuß und das heilige Abendmahl.
Damit war er vom Banne gelöft und wieder in den Schoß der beiligen
Rirche “aufgenommen. Sreudig atmeren nun viele Taufend Wienfehen
auf, deren Gewiffen bedrüicht gewefen war. Tubelnd begrüßte die
Wenge den Srieden, jubelnd Eehrten fie beim und verbreiteren die Runde
diefer Dinge durch alle deurfeben Lande”),
Doch es erfolgte noch ein Ylachfpiel des Langjäbrigen Bürgerkriegs.
Bifchof Burchard durfte ron dem Würzburger Abkommen nicht nach
Worms kommen, felbft als das große Ronsil bier zufammentrat, mußte
er fernbfeiben. Wir finden ihn meift in der Umgebung des Erzbifchofs
Adelbert von Mainz. Von der Piniglichen Pfalz in Yreubaufen aus
wurde Worms durch Baiferlicıe Yeamte verwaltet. Bereit war der
Unabhängigkeitefinn der Wiinijterialen und Baufleure zu body entwickelt,
als daß man fich dies lange häcre gefallen laffen. 4£s enejtanden Reibungen
zweifehen den Wormfeen und den Baiferlicen, und die erfieren miß«
bandelten einige Leute des Kaifers, denen fie Schuld an den harten
Waßregeln gaben, mit denen die Wormfer bedrüctt wurden. Um den
344 34, Rapirel,
Trog der Wormfer zu bredben, baute der Maifer 1124 eine Burg in
Yleubaufen. Eben rhftere er eine Rriegefabrr gegen Srankreich, und auch
die taiferliche Befagung war abgesogen. Diefe Gelegenheit benunten die
Wormfer und zerfisrren die Burg. Die ftaufifchen Brüder Seiedrich
und Ronrad waren damals mit dem aifer zerfallen. Seiedrich, der
in Worms wohl befanne war, reiste die Wormfer, daß fie ihren Bifchof
Burchard zu Zilfe riefen. Doch der Raifer Behrre im Juli zurück, belagerte
Worms und fehlug einen Ausfall der Seldrer zurüct. Die bei diefer
Gelegenheit gemachten Befangenen wurden verftimmelt und geblender
und in Diefem Zuftande wieder in die Stade gefchict. Da die Wormfer
Yror an Proviant litten, mußten fie die made des Maifers durch
Besablung von 2000 Mark Silbers (oder 5000 Talente) erfaufen, und
Burchard mußte die Stadt wieder meiden”). Wrft nach dem Tode
soeinriche V. (23. Wai 1125) Eonnte Burchard nach Worms zurüc-
tebren, wo er bis zu feinem Tode (6. Dezember 3349) in Seieden
tegierte.
ST,
35. Bapitel,
Die Stadt als Markt.
Stadtluft macht frei.
lange das deurfche Mönigeum und die
deutfähe Rirche in Eintracht zufammen-
wirtten, tonnte die Stadtgemeinde nicht
daran denken, fich von der Serrfchaft des
Bifchofo zu befreien; denn der Bifcof
war fa Beamter des Rönige, und ihm
felbft mußte viel daran liegen, wenn feine
Befidenz aufblühte, da infolge davon feine
Einnahmen fich fleigerten. xft als die
deutfehe Rirche mit dem Rönigtum in
Rampf geriet und vom König abfiel,
fehieden fich audy die Tntereffen der Bürgerfchaft und des Bifchofs.
Erftere‘ blieb dem Rönig 'gerreu, und in dem ausbredhenden Bampfe
gewann fie“ freieren Spielraum. Yun erft Bamen ihr ihre eigenen
Tntereffen: fo febt sum DBewußtfein, daß fle fogar nicht davor surch-
fehenre, dem Rönig Tron zu bieten.
Infolge ftarter Zuwanderung und der größeren SEnmoidelung des
Verkehrs hat die Stadtgemeinde im Laufe des IJ. Jahrhunderts eine
Ummanbdelung durchgemacht: aus einer Bemeinde, deren nrereffen
urfprünglich hauptfächlidy auf agrarifchem Gebiete lagen, ift fie zu einer
Raufmannsgemeinde geworden. Durch den Yandel und die Gewerbe
wurden die Bemeinden zu Städten.
In allen Zeiten haben die Städte eine große Anziehungskraft auf
die umliegende Landfchaft ausgeübt. YDir haben gefeben, dafi; damals
15. Bew, Die Autne ver ehintfäen Gr. 1 w
348 15. Bapirel,
die Städte in erfter Linie Burgen waren, in welchen die Bewohner der
umliegenden Dörfer in Sällen des Krieges Zuflucht und Schun fanden,
wogegen fle zur Baupflicht und zur Erhaltung der Seftung verbunden
waren. Da ber Burgenbau aber Eönigliches Regal war, fo galten alle
Burgen als Enigliches Zigenrum, und fie genoffen daher eines höheren
Friedens, auf deffen Bruch die Strafe des Rönigebannes von fechzig
Schilling fland. ben diefer Sechsigfehillingbann beißt, weil er in der
Burg galt, Burgbann, und das Recht, das in der Burg oder Gtadr
gültig war, Burg: oder Blrgerrechr”), Auch nachdem der Rönig den
Bifdyöfen die Hegalrechte und die Berichrebarkeit in ihren Städten
übertragen hatte, verloren diefe ihre igenfchaft als Reicheburgen nicht.
Als fih der Bifdof von Worms gegen feinen “eren, den König
“eineich IV., auflebnte, nahm der Rönig die Stadt wieder zu feinen
‚aanden und legte eine Befagung binein, die sufammen mit der wehrbaften
Bhrgerfchaft die Stadt verreibigen follte.
Eben weil in der Stadt ein böberer Srieden galt, weil fie ein
Afyl”*) war, Iocre fie die außerhalb Wobnenden, fo vielen Unbilden
Ausgefenten mächtig an. ier fand man Schug vor Leberfällen und
Verfolgungen, hier fand man Srieden und Rechteftcherheit, indem die
Bürger vor kein auswärtiges Bericht gezogen werden durften, fondern
für fie nur das Stadtgeriche zuftändig war; nur bier fonnte der freie,
aber verarmte Dauer hoffen, eine neue, fidpere $Eriftenz fich zu begriinden,
und bier in der Stabr hatte der Unfreie allein Ausficht, fich die Freiheit
erringen zu Pönnen. Vor dem Bande harte die Stadt einen mächrigen
Vorfprung, und zwar infolge ihrer rafcheren wirefchaftlichen SEntroickelung,
die fie dem „andel und dem immer reicher fich entwickelnden Gewerbe:
leben verdantre. Wlan bar die wirtfchaftlichen Zuftände Deurfchlande
sur Zeit der Ötronen nichr primitiv genug fehildern Eönnen und fie fo
dargeftellt, als ob beim Vorwalten ausfchließlicher KTaturahvirtfchaft kein
Verkehr vorhanden gewefen fei. Zum Beweis bierfür wird auf die
gleiche Bedeutung der Worte „Taufchen“ und „Täufchen“ bingerwiefen””).
In Srantreich foll man noch im II. Jabrhundere nur im Ylorfalle
etwas verkauft haben”“). Bewiß, während des ganzen Wiicrelalters galt
es für viel angenehmer, fi) erwas fehenten zu laffen, als daß man es
getauft hätte, oder auch man fährecdre unter LUmftänden niche vor dem
Haube zurlh, um etwas Begehrenswertes in Beflg zu befommen, aber
ein Baufmännifcher Verkehr war doch vorhanden. Auch der Bauer oder
Die Stadt als Macht. Gtadeluft mat frei. 349
Butsherr verftand es, die erzielten Weberfchhffe in der Stadt gegen die
Produßte des Berverbes und des Zandels umzutaufchen.
Dem beftänbigen +andel in der Stadt gebt der Raramanen: und
Saufterhandel voraus”). Schon in den frübeften Zeiten erwachender
Rultur ducchgogen fremde Raufleute, zuerft Brieden, dann Krrusker
und Tealier, die nordifeben Länder, um gegen die Landesprodukte: Selle,
Pelswert, Bernftein ıc., die Induftrieerzeugniffe der Witrelmeerkuleur um
sutaufehen. Dann bemächrigten fich die Römer Balliens und Brittanniens
und zwangen die großen Släffe Abein und Donau unter ihre Serrfchaft.
£s enrftand nun erft ein Iebbafter Verkehr, der auch, als die Scanten
fid an die Stelle der Römer gefert hatten, nicht ganz verflegte. Diefer
Yandelsverkehr wurde gemäß dem biurfaugerifchen Sinanzwoefen der
römifcyen Baiferzeit einem tomplisiereen Befteuerungefpftem unterzogen,
das fih zum Teil bis tief in die feänkifche Zeit erhalten har: Tranfie-
und Warktabgaben aller Art”9. In der fpäteren rSmifchen Maiferzeit
war fat alles zum Staatsmonopol gemorden und fo auch der Handel.
Um der Wartefteuer willen bildee man den Wiarkrwang aus. Yrur
auf dem Wiarkte in der Stade durfte verkauft und gelauft werden.
Dafür genießt der Wiarkt das Vorrecht, daf wegen anderweitiger
Schulden auf dem Wiartte gegen den Raufinann nicht geklagt werden
durfte. Auch in fränkifcher Zeit dauert der Wiarktywang fort, eben der
Steuern wegen. Wer außerhalb der Märkte einen Jandel abfchließt,
fol zur Bezahlung der Wlarktfteuer angebalren werden”). Gerade der
finansielle Errrag des Wlarktes veranlaßte die Broßgrundberefchaften,
Stifte und Riöfter, folche Märkte zu gründen und fich vom Rönig das
Warktrecht fchenten zu laffen. Die Bauern ftrömren berbei, nicht allein
um zu Taufen und zu verkaufen, fondern aud) des Vergnügens halber,
weswegen Rarl der Broße feinen börigen Bauern verbot, auf den Wiärkren
berumguftromern”“). Auf den Jabrmärkten erfehienen die fremden SAndler,
um die Gegend mit den YOaren zu verfehen, welche hier nicht produziert
wurden. Der Großhandel war noch auf lange Zeit ausfchlieplich Wander-
oder MWeßbandel. Diefe Raufleute brachten Berolrze und Südfrlchte
auf den Warte, Tuwwelen und GBoldfähmiebearbeiten, gerrocnere und
gefalgene Sifche, Pelye, Tcher, Weine und Sklaven”).
Unter den fächfifchen Rönigen erhielt das Verkehreleben einen neuen
Auffcproung. Zahlreidh find die Warkegründungen durch die Ortonen”“).
Denn nod) immer ift das Recht, Märkte zu errichten, Kegal’”). Die
350 15. Rapinl.
Warkteinkünfte bezieht der Königliche Beamer. Die Rönige verfdyenkten
nım den Warktbann an die Bilhyöfe und Klöfter. Wiarktbann bedeuter
einerfeite den Wlarktfrieben, andererfeite die Verpflichtung zur Zahlung
der WMarkrabgaben. Wit Beridhrebarkeit bar der Wlarktbann an und
für fich nichts zu ehun, denn diefe blieb dem ordentlichen Richter vor
bebalten. Wir der Verleibung des Wiarkrregals war in der Regel auch
die Verleihung des {Wnz: und Zolltechte verbunden; immer handele es
fich dabei in erfter Linie um Verleihung von Erträgniffen. Den Kauf
leuten, das beißt allen, welche den YWFarkt befüchen, fei es um zu
verfaufen, fel es um zu Faufen, woird Sriede zugeficherr fowmohl auf der
Ssingeife zum Warkt, als aud) während fie auf dem Wlarkte weilen und
auf der Seimreife, und der Wiarkr felbft war ein Al, genoß demgemäß
einen böberen Srieden’“). Denn der Fremde war ja nach germanifcher
Anfchauung rechtlos; nur durch diefen Warktfrieden erbiele er während
der Dauer des Wiarktes vorübergehend den gleichen Rechesfchun wie die
übrigen Zinwohner. Der Kaufmann erhielt alfo in der Fremde auf
dem Warte eine Ausnabmeitellung, die aber dabinfiel, (obald er wieder
in feine “Geimat zurlchgefebre war. Zum fichebaren Zeichen, daß der
Warte eines böberen Sriedens genof, wurde ein Kreuz errichter oder
auch eine Sabne auegefiecft, fo lange als der Markt dauerte”). Der
Markt gewährte ein Mpl_fir alle auferbalb desfelben begangenen
Verbrechen und gemachren Schulden. Der Warkefriede erhöhte alfo die
Sicherheit von Perfonen und FBigenrum der Wartrbefucher. Das Markr
gericht urteilte Iediglich über !WMarkrfriebenebrüche und YWlarkrfrieden:
fereitigkeiten. \
Verftand man urfprünglich unter der Verleipung des Wartebanne
ober Wlarktrechtes nur die Schenkung der Einnahmen, welche aus dem
Warktvertehr floffen, fo ging fehließlich die Entwoichelung dahin, daß mit
dem Warkrrechte audy die Bericyrebarkeit felbft am Miarktorte gefcbentt
wurde, was dann durch das Reicheweisum vom Jahre 5218 zum
allgemeinen Reicherecht vonede.
Wir der Stadt bat der Warkt an und fr fid) nichte zu cbun. Gerade
in der Öttonenzeit ift eine große Anzahl von !Wärkten errichter worden,
in der Yläbe von Klöftern, an Surten u. f. w., die Tabrhunderte lang
gedauert baben, ohne dafı fib aus diefen YWieflen eine Stadt entwwickelt
bitte. Denn bauptfächlich unterfeheiden fi) Dadurch Stadt und Marke
von einander, daß zwar die Nechteverbälmiffe des YWlarktes fich
Die Srodr als Macht. Sradrluft mac frei. 35J
tegelmäßig wiederholende, aber doch immer mir vorhbergebende, in
der Stadt jedoch bleibende find. Bereiß, die Stadt ift ein beftändiger
Warkt, aber niemals har ih das Stadtrecht aus dem WMarktredye
entwickelt.
In der Stadt wurde nicht nur jährlich ein- oder zweimal während
acht oder vierschn Tagen Wlarke gehalten, wie auf jenen vorhin genannten
Weffen, und fie, die alten Römerftfdte, bedurften auch nicht der Privilegien
der Rönige, damit in ihnen Wiarkt ftatefinden Bonnte, fondern fie waren
Wärkte feir den Älteften Zeiten, das ganze Jahr bindurdy. Denn als
önigliche Pfalzen und Burgen, als Bifchofsfize waren fie ein narlır-
liches Zentrum des Verkehre und der Bewerbe. Sreilich gründete fich
auch bier das Anfeben und die fogiale Stellung auf die Arc und den
Umfang des Brundbefiges, aber diefer war bier in der Stadt doch nicht
mebr die alleinige Duelle des Kintommene, wie auf dem platten Lande,
fondern auch) die geiftige und Prperliche Arbeit Ponnte die Eriftenz fichern.
Die gewerbliche Arbeit erzeugte einen Weberfehuß über den Bebarf der
Stadtberwohner hinaus, ımd fo enmoickelte fid in der Stadt das Prinzip
des Angebots und der Ylacyfage und damir die Grundlage eines
taufmännifcyen Verkehrs. Vergeffen wir fhließlich nicht, daß Worms
bäufig der Schauplan großer Reicheverfammlungen war, die zur
Belebung des Verkehrs wefentlich beitrugen.
Auch in der Stadt fanden jene Tahresmeffen flatt, von denen oben
die Aede war. Diefe Wieffen oder Jahrmärkte waren baupefäclich
dem “andel der fremden Kaufleute gewidmet, und fie baben, wie fon
bemerkt, mit der fildrifchen Entwwicelung nichts zu cbun. She die
Errichrung eines Tjabrmarkres bedurfte es immer der Privilegierung des
Könige, wenn audy die betreffende Stadt Ingft fehon das Miarktreche
befaß. Der Stadt Worms bewilligee Baifer Sriebrich II. im Auguft 1243
das Recht eines Jahrmarkres, der vierzehn Tage nach Oftern beginnen
und zwei Wochen dauern follte”); am 29. Mai 1330 verlängerte
Zubreig der Baier diefe Meffe auf vier Wochen”), und am 31. Wat 1487
verlieh Baifer Sriedrich II. Worms einen vierwöchentlicyen Jahrmarkt
um Martin”). Diefe Jahrmärkte waren Sreimärkte, auf welchen für
beftimmre Zeit die fremden Maufleute größere Vorteile genoffen, als
ihnen fonft gewähee wurden, denn die regelmäßige Verkchreordnung der
Stadt wurde durch diefe Wieffen unterbrochen. Sie boten dem
Produzenten und BRonfumenten Gelegenbeit, fich mit ihren engegen-
352 15. Bapitel,
gefenten Taufchbebürfniffen einander entgegenzurreren”®) ober, wie ficb
ein Spruchgebicht aus dem I$. Jahrhundert weffend ausdrüct”):
„äls mag e3 umb Die Poufflute fin,
Dip da brengen in die fat,
Wes man darff und nicht enbad,
Und wez gu oil if darynne,
Day furen fie ug nad) inme gemynne.“
In der Stadt entwicelte fi) jedoch das Bedürfnis eines bäufigeren
Austaufches ihrer Produfte mir der des Bandes. Diefem Bedürfniffe
dienten die Wochenmärkte””), auf welche die Landleute ihre Produkte
in die Stadt brachten und mit dem Erlöfe das Ylorvendige einkauften.
‚Ste das Vorhandenfein folcher Wochenmärkte in Worms befigen wir
freilich nur ein fpätes Zeugnis, die „Wioncagsfteibeit” (1432), indem der
Rat allen, welche an einem Montag zu Warkt in die Stadt Eommen,
freies GBeleite gewäbrte®).
Der „andel vollyog fi auf dem räumlich abgegrenzeen Warte:
plane”). Ylur bei den Wieffen wurden auch die an den Wlarkt.an-
fioßenden Straßen und Gaflen zum Warkt zugesogen, und für die
fremden Baufleure errichtete man Buben, Zelte und Tifdye, die nad
Schluß des Jahr: oder Wochenmarkres wieder weggeräumt wurden.
Später, infolge der Steigerung des Verkehrs, wurden Sondermärkte
errichtet”), In Worms finden wir fehon 114 den Obermartt
urtundfich genannt”), im Begenfar zum Untermarkt am Dome, welcher
der alte Warktplag wabrfcheinlichh fchon in den Römerzeiten war und
feine Bedeutung als Zauptmarkt bis auf den heutigen Tag bewahrt bat.
Dann fommen im 3. Jahrhundert in Worms nod) folgende Spezial
märtte vor: der Rommmarkt”®), der Sifch:, Viebı, Holz: und eumarkt,
im 34. Jahrhundert: der Pferdemarkt.
Der Wiartthere, das heifit der Inhaber deo Warktbannes, harte für
die Wiarkrpoligei zu forgen, der ööllner erhob in feinem YLamen die Zölle
und andere Wiarkrabgaben, und die Wlınze des Warktheren war zugleich der.
Geldwechfel, wo die fremden Kaufleute landläufige Münze einbandelten.
Ylichr der Jahrmarkt oder die Wieffe ift der treibende Saktor der
ftödeifchen Entwicelung gewefen noch auch der WOochenmartt, fondern
das Aandıwert. Der &andwerker war aber aud) zugleich Raufmann,
und da er einer Stätte bedurfte, wo er feine Krzeugniffe verkaufen
onnte, (0 wurden ihm, fei es vom Warttheren, fei es von den Inhabern
Die Stadt ale Marke. Stadelufr mache fe 353
des Grund und Bodens, namentlich dem Domftift, Buben oder Stände
errichtet, für deren Benunung er ein Wiiergeld besablee”). Denn anfangs
befaß der YJandwerker Bein Bapital, er war vichmebr im wefentlichen
Lobnarbeiter”). Aus diefem Beblirfniffe des YJandiwerkers, feine Arbeit
zu jeder Zeit und direkt an den Runden abfenen zu Eönnen, erwwuche der
ändige Warkt in der Stadt. Wenn in den Warktprivilegien von dem
Rechre die Rede ift, einen Markt zu errichten”®), fo Bann man darunter nur
die Erbauung der Warfrbuden verfiehen. Diefe Warktbuden oder Stände
beißen in den Wormfer Urkunden Apothecae”), Macella”®), Institae,
Gades ıc. Die Stände fir je eine Art der Waren ftanden in einer Reihe
neben einander, und zwar gefchah das aus marktpoligeilichen Gründen.
Das Kedyr des Derkaufsziwanges in folhen Buben heiße Bannus macelli,
Warktbann”“), und berüiher fich rechtlich mir anderen Beterbsmonopolen,
wie dem Wählen, Backofen, Drau: oder Weinbann””), urfpräng:
ich Ausflüffe deo Regalrechtes, die aber dann zu grumbherefchaftlichen
Bechten wurden”). Der Stadtberr, in Worms alfo der Bifchof, vermietere
diefe Buben, und damit nicht feine Einnahmen verringert wolirden, verbot
er zum Beifpiel das aufieren mit Schuhen in den Baffen und “dufern
und das Verkaufen unter den Jausthliren, welches Verbot mir der
Bequemlichkeit der Räufer und Verkäufer motiviert wird”). Anfänglicy
waren folche Verkaufsbuden nur aus Brettern sufammengefchlagen, dann
errichtete man fie aud) aus fefterem Material. In Säddeutfihland, und
namentlich in der Schweis, waren die fogenannten Lauben oder Bögen
beliebt, das beißt überdeckre Bogen: oder Säulengänge längft den
%dufern, in denen die Waren zum Verkaufe ausgelegt wurden. in
Worms werden fie arcus oder Bögen genannt, und fie find auf den
ammannifdyen Zeichnungen deutlich fichtber. Ebenfalls aus markt:
polizeilichen Bründen gefchab es, daß die Kandwerker des gleichen
Berufes fih) in einer Straße anfledeln mußten. Zuerft fomme diefer
Gebrauch 835 in S. Riquier vor”). Zn Worms werden folgende Jand-
werkergaffen urkundlich erwähnt: Brotgaffe, vicus Panis, fehon J080;
inter Calcariatores, unter den Malfbrennern; vicus cerdonum —- Berber«
gaffe; vicus clericorum, Pfaffengaffe; platea frisonum, Seiefengaffe;
inter Gades, unter den Lauben; inter Gladiatores, unter den Schwert“
fegeen; vieus lane—Wollgaffe; retro coquinam, binter der Barküche;
platea Monetariorum, Wiünzergaffe, fon 1056; Galsgaffe; vicus
Romanorum; Saumergaffe; platea sellariorum — Sattlergaffe, I145;
15. Door, Die Maar vr eetifden Sn. “
354 15. Bapirel,
Tudengaffe. Dazu kommen im I4. Jahrhundert: Becherergaffe; Kepler:
geffel; inter Cyrothecarios, unter den Sandfehubern; unter den Drechslern;
vicus Piscatorum, Sifcbergaffe; Gylergaffe d. i. Bertlergaffe; Hafergaffe;
Wiegelergaffe; Schleierwoäfchergeffel; unter den Geilern; Sporergaffe;
Scyloffergaffe; vieus Clipeorum — Schildergaffe; Zeinemachergaffe.
Doch wir find in fpätere Zeiten geraten; Eehren wir daher wieder zu
den Anfängen des feädrifdyen Verkehrs zurück, woo von einem beftändigen
Wartt nocd kaum die Rede ift und das Geld Feine Rolle fpielt.
Jeder produsiert das, was er braucht, auch leider, dauegeräte u. [. w.;
mr ausnabmerweife wird eingefauft. Der eigentliche Jandel war in
fräntifcher Zeit und nod) lange darnad in den Jänden von Sremden; im
Weitfrankenreich und am Abein find es Syrer und uden, fpäter in Süd-
Deutfehland Lombarden; Daber giebt es in Bafel eine Lampartergaffe, in
Regensburg eine Walengaffe, in Worms eine Römergaffe. Am Wiirrelchein
baben lange Zeit die Sriefen im Broßbandel eine maßgebende Rolle gefpielt.
Die raube, unwirtliche Wieeresküfte der LTordfee trieb die Wenfcben
binaus, um des Bewinnes willen murig das Leben zu wagen. Welt
nad) dem FTorden bie zum eifigen Jeland führen fie mic den Erzeugniffen
Deurfcjlands, indem fie biefelben gegen Sifäye und Pelswert umtaufchren.
Die $riefen fübren von Durftede, an der legten Babelung des Aheines,
den Stuß hinauf und führten den vielbegehrten gefalgenen Wieerfifch und die
Erzeugniffe ihres Jausfleißes, grobes Wollenruch,das noch heute Sries heißr”'),
mir fi. In Duisburg, Soeft, Röln, Braunfchnweig, Mainz, Worms,
Straßburg ließen fi) die Seiefen in eigenen Onarrieren oder Strafen
nieder; in Worms find fie bis ine I2. Jahrhundert hinein nachweisbar.
Unzweifelbaft bängt der in Worme im 13. Jahrhundert vorkommende
Perfonenname $eiefe”) mit ihnen zufammen.
Jedenfalls har auch das einheimifche Berverbe von diefem Zandelo-
vertehr Vorteil gesogen. Denn die in Speier angefertigren Tücher
wurden neben denen aus Sriceland auf dem Warte in Bent zugelaffen,
während fonft alle Bewebe anderer “erfunft verboten waren). In
Worme blühte die Tucdinduftrie jedenfalls fahon im IJ. Jahrhundert.
In der Urkunde "eineidhe V. vom Tahre JIJ$ wird eines Zolkes auf
febwarze grobe wollene Tücyer erwäbne”‘). Llicht obne Grund heiße
eine der größten Strafen in Worms Wollgaffe; gerade bier werden im
mittelalterlichen Schurte zuweilen Tjnftrumente gefunden, die bei ber
Tuchfabrikation gebraucht wurden”).
Die Stadt als Marfr. Stabelufr mat feri. 355
Worms war der von der Yarur bevorzuge Sruchtgarten der ober:
tbeinifeben Tiefebene”), und die Schriftfieller alter und neuer Zeir werden
nicht müde, die berrliche fruchtbare Lage der Stadt zu rühmen. Srüb
biähte bier der Weinbau, namentlic) hatte der rote Wein einen großen
Auf. Tm Spital zu Brügge want man mit Vorliebe Wormfer or
wein, und nicht minder bevorzugte ihn im Jo. Jahrhundert der Bifdof
von Lirrich””),
Für den Handel war die natürliche Lage Worms’ eine überaus
günftige. Loch Lange bis ins J3. Jahrhundert benugte man die Römer
firaßen, die auch als Feerftraßen oder Rönigsftraßen bezeichner werden”).
Eine folche Seerftraße führte zum Deifpiel von Worms Über Alzei nad)
Bingen”), eine andere von Wlains fiber Worms nad) Speier; im
Wirrelalter hieß das Stück, das durch die Speierervorftadt gebr, Stein
firafe, lapiden strata”®). Unter dem Ausdruc® Steinftraße verftand man
immer eine Römerftraße. Bine dritte wichtige Strafe führte von
Worms über den Abein nach Lorfc und von da an die Beraftraße,
wo fie teile den Verkehr in das Yleckarthal, deifen unteres Gebiet in
Worms fein wirtfehaftliches Zenrum fand, teils in die Wlaingegend
vermittelte. Sür diefen Verkehr war die Abeinfähre von auferordentlicher
Wichtigkeit”). Das linterheinifebe Ufergelände war, wie es fcheint,
Eigentum der Stadtgemeinde von Worms, und die Wormfer Abeinfäbre
gebörte ihr ebenfalls, denn die Abeinfabrgerechrigkeit wird als Auofluß
des an den Strom grenzenden zollftein GBrundeigentums bezeichnet”).
Lichr erhält man über diefe Dinge aus einem allerdings fehr fpäten
Dokument, einer Eingabe des Rates an den Raifer Wiarimilian””). Die
Säbre, heißt es da, welche der Stade gebörr, foll 4 Schiffe baben, um
damie die Wegfertigen Über den Abein zu fahren. Diefe I4 Schiffereile
werden Schifferechte genannt, und zwar gebühren der Stadt Worms
davon 9 Schiffsredhte, dem Propft von Lorfd ein Schiffsrecht, dem
Bifcof von Worms ebenfalls ein Schiffsrecht; die übrigen 3 Schiffe
teile befigen einige Ebdelleute als Lehen des Bifchofs. Um Streitigkeiten
unter den Teilhabern zu verhiiten, fei ein Vertrag zmifcen der Stade
mit den anderen Säbrberren zu ftande gekommen, wonach fortan nur
no 7 große Schiffe und ein mirtelgrofes auf dem Ahein auf
gemeinfame often gehalten werden follten, um dem Sahr zu warten.
Der Ertrag der Sähre werde fodann alljährlich in I4 Teile geteilt und
am Rechnungsrage mit den Sährherren abgerechnet. Die Stadt beklagt
356 15. Bapirel,
fih beim Baifer, daß die andern Teilhaber wohl das Beld beanfpruchten,
aber fich weigerten, erwas zu den Koften der Unterhaltung beigurragen.
Die Stadt wünfchte daher vom Raifer zur Enefehädigung in den Deflg
des Rofengartens am rechten Aheinufer, der dem Bifchof gebörte, ein-
gewoiefen zu werden.
Ludroig der Deuefihe hatte im Jahre 858 dem Miofier Lorfc)
freie Aheinfabre mit einem Schiffe und Zollfreiheit im Wormfer Safen
gemährr”). Auf diefes Privileg gebt alfo das in der obigen Eingabe
erwähnte Schifferecht der Abtei Korfeh zuriick, m einer Urkunde des
Bifchofe Burchard II. von Worms für die S. Andreaskicche vom
Jabre 1145 ift von einem Schiffe im Wormfer Zafen die Rede, das
ale das vierzehmte bezeichner wird”). Aus allerdings fpäcen Zengniffen
erhellt, daf der Fährdienft igenrum der Stadt war und daß der Kar
die norwendigen Sahrordnungen erließ ohne Wiwoirtung des Bifchofe”).
Diefen Fährerechr wurde der Stadt freilich durch die Anmaßungen und
Uebergriffe des Bifchofs von Worms, des KErzbifchofs von Wiainz und
des Pfalsgrafen verfümmert und beeinträchtigt. Lenterer 3. B. forderte
für fich, feine Sofleute, Beamten und Reifigen freie unentgeltliche
Beförderung und Stellung von Ylacyen, damit er und feine Beute bei
Horbeim oder Aheindürkheim übergefegt würden”). Am rechterheinifchen
Bopfe der Fähre, im Rofengarten, errichtete der Bifdhof einen Zoll und
unweit davon der Rurfürft von Mainz ein Schanze mir Zollbaus, [6
daß der Verkehr doppelt beläjtige wurde.
Als die Aömerftraßen feir dem 13. Jabrbundere mebr und mebr
zu zerfallen begannen, da flieg die Bedeutung der Wafferfiraßen. Karl
der Broße hatte einfichrevoll die Verkehrshemmniffe zu befeicigen gefucht;
feine Zölle trugen daher den Ebarakter von Gebühren und nicht, wie
fpärer, als fie in den Befln der Landesherren übergegangen waren, den
fiotalifcher Ausbeurung. Sür die Verbefferung der Sußläufe und der
Erhaltung der von den Römern angelegten Beinpfade gefcbab nichte;
erft im 16. Jahrhundert trafen die vier rheinifchen Aurfürften gemeinfame
Waßregeln zur Sebung des Wafferverkehre”").
Gewerbe und Zandel Eönnen fi nur dann fietig ennwiceln, wenn
ibnen einige Sicherheit gerodbre wird. ben weil Raifer Bonrad II. mir
flarker Sand im Lande den Seieden aufredht erhiele und unnachfichrlich
die Seiedenebrecher ftrafte, enrfaltete ficb unter ihm der Verkehr in vorber
ungeabntem Maße, gefördert durch feine den Kaufleuten einzelner Städte
Die Stade als Marft. Grabeluft mad feel. 357
‚gegebenen Privilegien. iner Anzahl von geiftlichen und weltlichen Sürften
verlieh er Markt: und Wlänzrechte. Der Beldverkehr nahm gleichfalls
zu und damit das Bedlirfnis vermehrter Umlaufsmierel’”).
Im 31. Tahrbundere traten die Baufleute als befonderer Berufe
‚Rand auf; einficheige Bifchöfe fuchten folche zu bleibender Yiederlaffung zu
bergen. Der geiftige Sorisont diefer Wänner, die oft weite Reifen in
fremde Länder zu unternehmen gewwohne waren, erweiterte ich mächtig,
und fie teilten das ihnen innewobnende Selbfigefühl auch den anderen
Bewohnern der Stadt mit. Zum erfienmal Äußere fich diefes Gelbftgefühl zur
Zeit Seinriche IN. As er J047 in Tralien weilte, drobte König Heinrich 1.
von Srankreicd, mir einem Linfall in die Aheinlande”). Bifdhof Wazo
von Lürtich hielt ihm das rechtlich und moralifch Bebäffige feines Unter--
fangens vor und warnte ihn, er würde auf beftigen Wöiberftand ftoßen,
denn die Bewohner von Mainz, Böln und Lüttich fowwie vieler anderer
Städte würden ihm mit aller Rraft entgegentreren. Bifchof Theoduim
von Lüttich gab der Stadt Auy J066 einen Sreibeitsbrief. Die Bürger
(Burgenses) erhielten das Recht, nach dem Tode eines Bifchofe bis zur
Zinfegung eines neuen die Burg zu wahren; ihre Leiftungen in Ariege-
fällen wurden feftgefege und ihnen verfähiebene Rechte gewäbre””).
Indem die ftädrifche Bevölkerung militkrifche Bedeutung gewann,
wuche auch ihr Anfehen. Aus eigenem Willenerrieb erhoben ih im
Desember 1073 die Wormfer Bürger und verjagten den verrdterifihen
Bifcpof. Zur Belohnung für ihre Hilfe gersährre ihnen Rönig Yeinich IV.
eine Gnade, die, wie er felbft fagt, nicht gering, fondern werwoll und
ebrenvoll it, n&mlidy: „Die Abgabe, Zoll beift fie in beuefcher Sprache,
die an den Böniglichen Zollftätten zu Scankfurt, Boppart, Jammerftein,
Dortmund, Goslar und Enger die Juden und die übrigen YOormfer
bei der Durchführ durch diefe Städte zu besahlen verpflichter find, habe
ich den Wormfern für die Zukunft erlaffen. . .”
Yloch beure wird diefe Urkunde im Stabracchio von Worms als die
wertollfte Erinnerung an eine glorreiche Vergangenheit aufbewwahre und
vorgezeigt. Bewiß Eonnten die Wormfer Bewohner damals von dem dank:
erfüllten Bönige dasjenige fordern, was ihnen vor allem am «erzen lag, alfo
erwa Befreiung von der Gerrfchaft des Bifdhofs, Aufhebung der Sörigteit ıc.
Das lag nicht fo ganz aufer dem Gefichtekreife ftädtifcher Zinwohner.
In Srantreich hatte fich die Seudalickt zuerft entroickelt und die fiaarliche
Ordnung vollftändig durchfent und aufgelöft. Die önigliche Wache
358 35. Baplıl.
war gang außerordentlich befehräntt worden, und die Brofen des Reiches
tbaten, was ihnen gur dünkte. Allenthalben rivalifterten bie verfhiedenen
Gewalten und ftießen oft genug feindlich zufammen; fo auch in den
Städten, 10 zuweilen zwei, drei und mehr deren: der Rönig, der Bifchof,
der Braf oder irgend ein mächtiger Brundberr, Teilhaber der Wacht
waren, Die, jeder flır fih oder auch im Verein, die Einwohner bedrhchten.
Diefe mußten oft zwei und mehr Seren Dienfte leiften und fonnten von
denfelben. beliebig verfehentr und verkauft werden”). ron aller Diefer
Bedrlidungen gelangten dennoch einzelne Bürger Durch den ande zu
Wobiftand, fie erwarben fich Grundbefin, und um fid gegen die gewalt:
cbätigen Uebergeiffe der Wachthaber zu wehren, bauten fie in der Stadt
fefte Burgen, in denen fie felbft zuweilen dem Befehl des Könige und der
Gewalt zu trogen wagten. jn den franzöfifchen Städten entftand weit
früher ale in Deutfchland eine bevorrechrete Schicht der Bürgerfchaft,
ein Parrisiat. Auch die unteren Rlaffen der Stadtbeoölkerung febloffen
fich zu Bruderfchaften oder Gilden zufammen; das genoffenfcbaftliche
Gemeingefübl verlieb auch ihnen Stärke und Tron. Schließlich hatten
Parrigiat und Gilden gegenüber den feudalen Mächten, dem Bifchof,
dem Grafen und den Brundberren die gleichen Tincereffen, und um diefe
zu wahren, fbloffen fie eine Schwurgenoffenfchaft, Rommune genannt.
Befonders lebrreidh it die Gefhichte der Stabt Lambray, die
zwar zum Deurfchen Heide gebörte, deren Bevölkerung aber ganz
frangsfifch war”). Im Jahre 956 fühlte fie fich durch ihren Bifchof
Berengar bedränge. Wr war ein Deutfeher, verftandb weder Sprache
noch Sitte des ihm anvertrauten Volkes und, ftolz und fiher gemacht
durch feine Verwandtfchaft mir dem Baiferlichen Haufe, quälte er das
Volk. As er fih an den Baiferlichen of begab, verfchrwor fich Das-
felbe gegen ibn. Doch er Eebrte mit bemaffneter Hilfe des Raifere und
des Grafen von Slandern zurück und befirafte graufam diefen erfien
Verfüch des ftädtifchen Unabhängigkeitsfinnes. YTiemals vergafen dies
die Bürger von Cambray. Gegen ibre Bifdhöfe zeigten fie fters eine
feindfelige Befinnung, und Bifdof Gerard 1. legte I042 dem Zaifer
„einric III. das Geftindnis ab, daß er feir 30 Fahren unter den
Schwertern der Bewohner von Cambray gelebt babe. heimlich
organifierten fie eine Rommune, das beißt eine gefhworene Benoffen:
febaft. Ms der Bifchof Berbard 1077 abwefend war, wurde ihm
eröffner, daß er nur dann in die Stadt gelaffen wiirde, wenn er ihre
Die Stade ale Markt. Sradtuft mach fe 39
Verbindung beftdeige. Die Stadt wird als eine blühende gefdhilderr, ihre
Baufleute find überall bekannt. Die Umfände waren den Bürgern
für ibr Vorhaben günftig, denn der Burggraf, welcher durdy den
Bifdyof nach England vertrieben worden war, hatte Sreunde und
Vafallen in der Stadt, und der Mlerus war dem Bifdhof feindfelig,
weil diefer die Reformen Gregors VII. einführen wollte. Bifebof
Gerard II. erlangte vom Grafen von Sennegau Hilfe. Doch nur durch
Lift Bam er zum Biel. Er gab vor, als ob er fi in feinem Jofe mit
den Blirgern friedlich Über ihre Rommune befprecben wollte. Sobald
er in der Stadt war, fielen feine bewaffneten Begleiter über die arglofen
Bürger ber, ermordeten fie und plünderten ihre Adufer. Darauf unter
drückte der Bifchof die Rommune. Doch insgeheim blieben die Bürger
mit einander verbunden, und der Tmveftiturfkreit Bam ihrer Abficht zu
gute. Rierus und Bürger wählten nad) dem Tode Berards den
MW anaffes zum Bifchof, der jedocd, vom Raifer die Tnveftitur. nichr
erbielt, während der Papft die Wahl gutbieß. Darauf einigten fich
Klerus und Vol£ auf Baucher, der gur Faiferlich gefinnt war und daher
3093 vom aifer belehne wurde. $Es am mum zu heftigen Rämpfen
zweifehen den verfchiedenen Parteien; mir ‚ilfe “einciche IV. Tonnte
Gaudyer in die Stadt bineintommen. Da aber Graf Bobert von
Slandern das Bistum vermüftere und der Bifchof unfähig war, die
Bürger zu febligen, fab er fi) genötigt, die Bommune anzuerkennen.
Zr ftellte ihnen hierüber eine Urkunde aus. Die Bürgerfchaft firebre
im Verein mit den YWinifterialen und einem Teil des Mierus nady
völliger Unabhängigkeit vom Bifcof, und fie feloß daber mit dem
Grafen von Slandern einen Vertrag, wonady fie ihm die Stadt über:
liefern wollte, wenn der Baifer ihr nicht vor dem 8. September 1103
beifpränge. Doch wurde zwifchen “einric IV. und dem Grafen Robert
am 29. Juni IJ03 Seiede gefcbloffen und der Bifchof und die Bürger
von Eambray darin einbegriffen. Letere wollten aber nidte mehr von
Gaucher wiffen, und fie wagten ihren Ungeborfam um fo eher, da der
Graf gleichfalls fich nicht des fdyismatifchen Bifdyofs annehmen wollte.
Die Rommime vertrieb alfo Baucher ımd erwoählte zu ihrem Verteidiger
Bodeftot de Ribemont, einen Minifterialen. Doc diefem mangelte der Yhur
und die Enefeploffenbeit. Auf die Drohung des Baifere führte er den Bifchof
Gaucher wieder in feine Refidenz zurücd. Der gregorianifche Bircof
Wanaffes war inwoifdyen zum Erzbifdhof von Goiffens ernannt worden.
360 35. Bapil.
Auf Befehl des Erzbifchofs von Reims wählte die pSpftlich gefinnte
Partei den Hudes, Abt von S. Wiartin zu Tours, zum Bifdof von
Cambray, der zwar feinen Sig in der Stadt nicht einnehmen Eonnte,
aber in der Didsefe Beborfam und felbft in der Stadt Anhänger fand.
Der König gewann den Grafen von $landern, indem er ihm II06 die
serrfchaft von Tambray Überrug. Darauf vererieb der Graf den
Gaucyer und fegte den udes an feinen Plag. ls Verblinderer des
Papftes und der Kommune von Cambray frdhtete der Graf den
Mönig Seineich V. nicht, er rat ihm feindfelig entgegen und errang
den Sieg. Schlieflid) verzichtete Baucher auf fein Bistum. &einrich V.
wollte die Rommune in feiner Weife dulden, und indem er fidh gegen
fie wandte, diente er zugleich den Jntereffen des Grafen wie des Bifihofs.
Er Bam mit Aeeresmacht nad Lambray, trat firenge auf, warf der
Bürgerfchaft vor, da fie gegen die Mechte des Heiches gebandelt hätte,
serriß eigenhändig den Seibeitebrief und ließ die Bürger fehwören,
niemals voieder eine foldhe Rommune zu bilden, und die Söhne der
angefehenften Bürger fich ale Beifel ftellen.
Diefelbe Politi® gegenÜiber den Städten haben auch die fpäteren
Bönige eingefchlagen, fo Friedrich I. in Tralien, Sriebrich II. in Deurfeb-
Tand. Sie Eonnten auch gar nicht anders bandeln, da fie im Eonfervariven
Sinne die deurfce Verfaffung aufredbr erbalen wollten. In diefer
Verfaffung hatten aber die Stäbte Eeinen Raum, denn fie wie die Land:
‚gemeinden waren lediglich wirtfehaftliche Verbände, Beine politifchen.
Woht haben die deurfchen Rönige bin und wieder die wirrfchaftlichen
Tnterefjen der Städte zu fördern gefücht, aber fie hatten Beine Ahnung
davon, welch mächtige Saktoren fie im politifcyen Leben werden Eönnten.
In Srantreic) hingegen bedienten fi die Rönige eine Zeit lang der
gefehroorenen Stabrgemeinden als Stüne ihrer Rönigemadht gegenüber
den feubalen Bewalten. dgier ift die Rommune eine Bidgenoffenfehaft,
die jedoch erft durch die ihr erteilte Bönigliche Urkunde Legaliräe erhielt.
Der Inhalt diefer Urkunden handelt vom Sriedensfehune, von Abfehaffung
von Laften, wie fie Jörigen und Vogteipflichtigen oblagen, von Seftftellung
der Zeitungen an die Gtabtberren u. f. w. Sobald die Bönigliche
Wacht erftartt war, hatte die Seeibeit der Städte in Srankreic ein
Ende”). Weil umgekehrt in Deutfdyland die Zönigliche Berwalt mehr
und mehr gefäpwächt wurde, fonnten die Städte fid ungehemme
entwoiceln und völlige Auronomie erlangen.
Die Grobe ale Markt. Sradrluft macht feel. 361
Zur Zeit der falifchyen Baifer konnte davon nod) Peine Kede fein.
Die Wacht der bifcyöflichen “errfchaft war zu fept begründer. Bifchof
Burdyard hatte es verftanden, fich der Ronkurrenz der Brafen zu entiedigen,
die gräfliche Bewalt in feine ZAnde zu bedommen; durch feine Befege
batte er den Sieden zu Stadt und zu Land bergefiellt und durch feine
gefammeen Anordnungen das GBedeiben der Stadt gefördert. Seine
Yradyfolger haben fodann im gleichen Sinne geroirkt. Erft als Bifchof
Abelbert dem Rönig den Gehorfam verfagte, eneftand ein Zwiefpaie.
Sollten die Zinwohner von Worms zum Bifdof balten oder zum
Rönig+ ie entfähieden fidh rafd» entfchloffen fiir den lenteren. Denn
tbarfächlich war fa die Stadt eine Eönigliche Burg, der Rönig ihr
Gere, der Bifchof gleichfam nur Beamter des Rönigs. ls er dem Bönig
die Treue brady, da maren die Wormfer fir den Iegteren ein. Von
einer Emp$rung gegen den Difdyof darf man nicht reden, fo wenig
als von einem Zeftreben der Biirgerfchaft, die bifchöfliche Vogtei
abzufchütreln. Die Herrfchaft ging einfach an den unfprünglichen eren,
den Bönig, zuclict, ibm leifteren die Bürger den Eid der Treue. In
der Örganifarion der Verwaltung gefchab feine Veränderung; der
Burggraf, der Böliner, MWünzmeifter, Schulcheiß u. f. w. erfüllten
mach wie vor ihre Pflichten. In der Stadt ließ Geinrich IV. eine
Befanung zurüd. Die Hinwohner gewährten dem Bönig die Wittel;
fidb gegen feine Seinde zu wehren, indem jeder einzelne nach feinem
Vermögen eine Steuer aufbrachte. Auch in diefem Salle leifteren fie
dem König direkt, was fie früher indirekt geleifter hatten, indem die
Bürgerfchaft zur Besablung einer “eerftener verpflichtet war, wenn der
Bifdyof für den Bönig ins Seld 309. Diefe Steuer har immer den
Charakter einer freiwilligen Leiftung, daher wurde fie Dede genannt;
ale “eineidh IV. und %eineich V. in ihrer KRot von den Städten Gelb
verlangten, gerieten fie mir diefen in Ronflit®). In Worms erhob
der Rönig eine WVachefteuer; wabrfeheinlich als Enefchddigung für die
Befanung, welde er zur Sidyerung der Stadt in den gefährlichen
Zeiten des Blrgerkrieges bineinverlegt hatte. &eincic V. erließ am
36. Oktober III2 den Yormfer Bürgern diefen Wachtsins, indem fie
nun felbft die Verteidigung übernahmen”).
Wan bat die Erhebung der Wormfer Einwohner für den Rönig
mit einer Verfaffungsveränderung in Verbindung gebracht”“), von einem
Hate gefprochen, den der Rönig ftillfchweigend oder ausdrücklich als
15. Bom, Die Arne ver eheintfäen Gt. 1 “
382 18. Bapird. .
Obrigkeit der Stadt anerkannt habe. Ta, diefer Kat foll foger noch viel
äter fein. „UTeu“, fagt YO. Arnold, „war nur die wefentlide Teilnahme
des zweiten Standes und die felbftändige Stellung dem Bifchof gegen-
über. Während vorber in ftädtifchen Angelegenbeiten vorzugsweife
Winifterialen einen Rat des Bifcpofs bildeten, fieht nun der aus Dienfb
mannen und Altfreien gebildete Rat Eraft eigenen Rechts an der Spige
der Stadt. Bewiß hat diefelbe Behörde, welche unter seinrich IV.
mit dem Ebarakter einer fädrifhhen Obrigkeit auftrat, als bifchöfliches
Ronfilium bereits lange vorher beftanden. Schon der Ylame „Rat“
deutet darauf; ebenfo daß noch in fpdterer Zeit der Rat im aufe des
Bifcbofs gehalten werden mußte"). AU dies ift völlig unbegründet.
Wohl begegnet man Sfters in den Urkunden dem Ausdruce consilium
Adelium, consilium optimatum, consilium bonorum. Der Bifdof
befähloß felten ein wichtiges Befdift, ohne daß er die vornehmpten
Wirglieder des Blerus, der MWinifterialen und der Bürgerfchaft zu Rate
gesogen hätte, gerade wie es Sitte war, daß der Rönig die geiftlichen
und weltlichen Sürften um Nat fragte. Verpflichter dazu war weder
der eine noch der andere, aber die Fnefehliefung erhielt dadurd) eine
größere Rraft. Daraus darf man indes nicht erwva folgen, daß am Eönig:
lichen &ofe ein feft organifierter Staatsrar befanden habe. benfo wenig
bar mit diefem bifdyöflichen Ronfilium der Umftand erwas zu thun, daß
fpäter der Hat der Wormfer Stadtgemeinde bei beftimmen Gelegenheiten,
wie der Yeumsahl des Rates und der Aemter, fich auf dem Bifcbofebof
verfammeln mußte.
Im Tabre 1108 errichtete Bifchof Abelbert auf Bitte des Burg:
grafen und auf den Rat anderer Optimaren eine Sifebhändler-Jnnung in
Worms). In diefer Urkunde Eommr aud) der Ausdrud urbanorum
communi consilio vor. Darin bat man eben einen Rat der Bürger
erblicden wollen. Aber diefe urbani find die freien Bürger. Urbani
und Cives find fynonyme Ausdrücke und bedeuten die Vollbüirger, das
beißt die Miirglieder der fein Stabtgemeinde im Begenfaz zu den
“ofbörigen und Wiinifterialen des Bifchofs. Aus den Zeugenliften der
Urkunden diefer Zeit gebt hervor, daß der Bifchof die Angefehenften der
Stade aus dem Mlerus, den Winifterislen und den Blirgern je nach
Umftänden einberief, um ihren Rat einzuholen oder fich ihrer als
Urfundenzeugen zu bedienen. Einen Rat der Stadt gab es zur Zeit der
falifyen Wönige weder in YOorms, noch in irgend einer andern Stadt,
Die Stadt alo-Marft, Sradrlufr macht frei. 363
und das Verhalten “einriche IV. gegenüber Eambray zeige Märlich, daß
ex von einer Autonomie der Städte nichts vwoilfen wollte.
Lediglich eine Zörderung ihrer Eaufmännifcben Intereffen winfehten
die Einwohner von Ysrms, und indem Seineich. ihnen Zollfreibeit
gewährte, fo vollyog er einen Akt Böniglicher Sreigebigkeit, die feinen
Vorfahren nicht fremd gemefen war. Go fihente Oro II. 976 den
Poffefforen von Paffau für ihre Rönigstreue Bollfteibeit im ganzen Reiche”).
Seitdem hatten infolge der Böniglichen Dergabungen die Eöniglichen
Zolffiätten an Zahl abgenommen. Im der Urkunde “einriche IV. vom
Jahre 1074 werden nur noch fechs genanne: Boppard und Jammerjtein
liegen am Abein, Dortmund, Enger und Boslar im Gacyfenlande,
‚Srankfüre am Main. Wie Iezcerem hatte Worme am meiften Verkehr und
die Zollfreiheit dafelbft für die Wormfer Raufleute den größten Were’).
in Teil des Bopparder Zolles war fihon 991 an das S. Merrinftift
in Worms verfcpenkt worden. zeintich VI. hat 1190 diefen Zoflanteil
für das Neid) wieder zurlcherworben. Als 1314 Bönig Ludwig der
Baier die Reicheftädte Boppard und Oberwefel an Rurtrier verpfändere,
bebiele er fich doch in beiden den Aheinzoll und die Wünze vor”).
Die Burg Aammerftein, unterhalb Andernach am rechten Aheinufer
gelegen, fpiele in der Befehichte “einriche II. eine Rolle”). Als Brto
von “Jammerftein 1036 farb, ging der wichtige Plan in den Befin des
Weiche über. 1202 hob König Philipp zu Bunften von Trier den Zoll
dafelbft auf”).
Dortmund war eine bedeutende andelsftadt. Unter den Saliern
gelangte Goslar zur Bihe, denn bier verweilten „einrich III. und
%eineich IV. mit Vorliebe. Der Wiarkt dafelbft entwickelte fid) rafch,
umd Goslar wurde das Zentrum des gefamten nordöftlichen Verkehre””).
Bu den genannten Bollftätten fügte Seinrich V. IIT2 noch Frhrnberg”*).
Diefer Ort wird zuerft 1050 genanne, damals hielt Zeinrich II. einen
Landtag dafelbft ab, doch ift es wabrfeheinlich, daß Yiürnberg fon
zur Zeit Moncads II. eriftierre). In der Beftärigung der Wormfer
Sollfreiheit Durch Friedrich I. 1184 ift Vienberg nicht mehr auedrficklich
genanne®). Lautdem Sreiheitsbrief Sriedrichs II. vom 8. KTovember 1219)
find die Klürnberger vom Zoll in Worms befreit, wenn fie jährlich am
Sefte des Johannis Baprifts ein Pfund Pfeffer und zwei Zandfchuhe
geben; dem entfprechend genoffen auch die Wormfer Zollfreiheit in
Viüenberg.
=
364 15. Kapsel,
3184 befteite Maifer Sriedeich I. die Wormfer vom Zoll in
Llimmegen und Duisburg. Der Zoll von Flimmegen war jedoch damals
gar nice mehr im Define des Reiches, und er fehle auch in dem
Verzeichnis der Reicherbeinzoliftätten Ortos IV. vom Jahre 1208).
Erft Sigismund Löfte diefen Zoll I435 wieder ein“).
Geineic IV. hatte 065 den MAheinzoll zu Duisburg feinem
Vertrauten, dem frzbifchof Adelbert von Bremen, gefehenkt, doch war
er, wie aus der Urkunde Sriedriche I. für Worms 1184 hervorgeht,
wieder in den Defls des Weiche gekommen. 1248 übertrug ihn Rönig
Wilhelm dem &erzog Walram IV. von Limburg”). Auch die von
Duisburg genoffen in YWOorms Zollfteiheit gegen jährliche Bezahlung
eines Pfundes Pfeffer und zwei Gandfehuhen"“).
Aud) in Raiferswerth waren die Wormfer laut Privileg Deroo IV.
vom Jahre 1208 befreit"). Diefe Reichezollftätte datiert vom Jahre 1174.
Zum Schun derfelben ließ Sriedrich 1. eine Burg erbauen. Der Zoll
von aiferswerth war im I4. und 15. Jabrhundert der einträglichfte
Abeinzoll*9).
Röin und Aachen genoffen in YOorms Zollerleichterung”*), daher
wird Worms dafelbft die gleiche Verghnftigung gehabt haben. Biefonders
eng verbunden waren aber Worms und Speier. Leib und Sreud trugen
fie alleseic zufammen, und fie rdumten fich gegenfeitig Vorteile vor
anderen Städten ein. 1208 fehloffen fie einen Vertrag Über die gegen-
feitigen Zollabgaben, und zwar in Begenwart des Könige Philipp und
mit Einwilligung des DBifdofs Bonrad von Speier und Lupold
von Worms").
Te fehmächer die önigliche Wacht wurde, um fo böber flieg die
Bahl der Zollftätren. Am SEnde des 13. Jahrhunderts gab es am
Abeine Über 40, und der Engländer Thomas Voikes, welcher mit König
Richard 1260 nad) Deurfchland Eam, batte nicht fo fehr unrecht, wenn er
von der unfinnigen Wut der Deurfchen fprach, die den Abeinverkebr
durch ihre unerträglichen Zölle erfehweren“). Das Uebel nahm im
Laufe der Zeit zu. Der Zwe? diefer völlig verkehren Wirefcpaftspolicit
der Landesberren war foroobl, das eittene Finkommen zu verbeffern,
als aud den Ylacybar wirtfhaftlich zu ruinieren"). fine bio zur
Unerträglichteit gefteigere Prfdwerung des Verkehre waren dann die
feic dem 13. Jahrhundert immer bäufiger vorfommenden Derpfändungen
der Abeinzölle, wobei jeweilen die Zollanfäge erhöht wurden, fo daß zum
Die Stade ale Markt. Seadelufe mache frei. 365
Beifpiel weifden Bingen ımd Boblenz im I$. Jahehumderr der Zoll
66,72 Progent des. verzollten Werten betrug"). Auch Die zahlreichen
Bollbefreiungen bildeten im Brunde genommen eine rfehmwerung des
Verkehrs. Sie wären gewiß eine Wrleichterung gewefen, wenn fie
rationell durchgeführt worden wären, wenn eine ftarke, einfichtige Staats
gewalt für das Prinzip der freien Schiffahrt eingetreten wäre. Allein
die Privilegierung Bam immer nur einzelnen zu flatren, und eine
einheitliche Geftaltung des Verkehrewefens wurde mehr und mehr
unmöglich.
Obwohl der Yoormfer Zoll bereits im 9. Jahrhundert der YOormfer
Rirche gefehyenkt worden war, ift gleichwohl in einer Urkunde Heinrichs V.
vom 30. Ylovember III von einem Eöniglichen Zoll die Hede®), Der
Raifer befteite die Wormfer Bürger von dem wwange, wider ihren
Willen von den Behörden (a magistratibus, worunter narlırlich nicht ein
Stadtrat zu verftehen if"), fondern Burggeaf, Zöllner ıc) über den
Schiffezoll gefent zu werden. Damit aber die daraus dem Bönig fließende
Einnahme nicht fehtwinde, wenn niemand aus Surcht vor Schaden diefes
Amt zu übernehmen wage, fo überträgt der Baifer als Kntfchddigung
an diefes Amt den auf fehroarzes grobes Wollentuch gefegten Zoll, der
fir das Stlc® Tudy einen halben Denar berrägt. Der Bönig Eonnee
deshalb den Schiffssoll als fein Servitium, feinen Dienft bezeichnen, weil
nad) Rönigerecht Zoll und Wlinze besiebungsweife deren rträgniffe bei
feiner Anwefenbeit ihm zufielen. Diefe Annahme echäle ihre Beftätigung
durd) die Monfirmation Seiedeiche I. vom Jahre 1184, worin der
Raifer ausdrüichlid) bezeugt, daß diefer Schiffesoll dem Bifchof gehöre").
Zoll (mit Zahl verwandt) bedeutet in den Barolingifchen Urkunden
und Gefenen eine Dertehreabgabe”), fpeziell in Srantreich feir dem
30. Jahrhundert die Abgabe vom Warkwerkehr, weldye Verkäufer und
Bäufer bezahlen müffen. Diefe Abgabe datiert noch aus der römifchen
Raiferzeit her und bar fid) tief ine Wirtelalter erhalten unter mancherlel
Yramen. Die Marktzölle waren urfprimglid) auf Umfäre berechnet, die
nur periodifch und im großen flattfanden””); dann wurde auch der
Derailhandel von der Steuer ergriffen. Die Zinheimifcen waren von
diefer Steuer befreit. Diefe Verkehrsabgabe wandelt fid) dann für
die Sremden in einen Tranfizoli um. Auch die Abeinzölle waren
fewoht Schiffezölte als Warktzölle. Denn gemäß dem wirtfchaftlichen
Prinzipe des Wiittelalters ließ man Beine Ware durch eine Stadt paflieren,
366 15. Bapieel,
fondern man zwang den Raufmann, fie auf dem Yilarkre feilsubalten.
Die Scad wurde zum Stapelplar gemadye”). Weit wurden die Boll:
abgaben in Ylaturalien geleifter”'), bauprfächlic) in YOein und Sifchen.
Te nad) dem Orr der Serkunft ift die %öbe des Aheinzolles verfehieben,
md zwar zahlen die näheren Orte weniger als die entfernteren®). jn
den Zollanfägen liege eine Bapitalfeindliche Tendenz vor.
Den “auptgereinn des Zolles hatte Feinesmwegs der Stadtherr, fondern
der Zöliner. Diefer war urfpeimglich bifdpöflicher Wiinifterist. Zn
Worms werden folgende genannt”): I127 Berbodo, 11371142
doeinricus, JIS2—-J182 Wernberus; diefer ift in der Zeugenlifte der
Urkunde vom Jahre 182 unter die Cives eingereibe“”), 1208 “artungus.
Diefe Zöllner waren fehr angefebene Leute, die eo bald unter ihrer
Würde hielten, den Dienft felbit zu verfeben, und daher jemanden damit
berrauten. Zumweilen wird die Zollerhebung einer Zunft übertragen, (&
zum Beifpiel in Wen den Tuchgeroändern, in Roblens den Schuftern,
in Röln den Webern®) und fo auch in Worms.
Wollte man fein Recht auf Zollbefreiung geltend machen, fo genfigte
bierzu Beineswegs die Berufung auf Eönigliche Privilegien oder Verträge,
fondern wie jede rechtliche Sandlung im Wiirrelafter, fo gefchab dies aud)
in biefem Salle unter fymbolifihen Sormen, Rede und Gegenrede. Ylad)
einer alten Rechrsaufgeichnung””) mußten die Wormfer auf der Srankfurcer
Weile dem Schultheifen von Srankfurt einen ut im Werte eines
Schillings, ein paar Zandfchube um den gleichen Preis und ein Pfund
Pfüffer geben, dem Weibel der Stadr gleichfalls einen “ur und ein paar
andfehuhe, den Schöffen 42 Srankfurter Pfenninge. Ein eigener
Vertreter der Stadt Worms wurde nach Srankfurc gefchickr (das ift
der urkundlich wiederholt erwähnte nuncius civium)®), der enmwaige
Streitigkeiten unter den Wormfer Baufleuten zu fehlidhten und die
Vechte der Bürger zur Geltung zu bringen hatte. (jeder Wormfer,
welcher auf der Srankfirter Mieffe Befdhäfte machen wollte, mußte ihm
einen Denar geben; falls es notwendig war, ftellte der Yluncius ein
Zeugnis aus, dafı der Berreffende Wormfer Bürger fei und darum Anfpruch
auf die Zollfreibeit habe. Die Einholung der Zollfteibeit in Scankfure
wird in einer Aufgeihnung aus dem Anfänge des 16. Jahrhunderte
näber befchrieben®): „Wan foll haben einen bibernen “ur, einen bölgernen
Becher, darin ein Pfund Pfeffer, ein paar "Jandfchube und ein weißes
Stäbchen, %; Ellen lang. Bewöhnlich am Wiontag oder Sreitag, den
Die Stadt ale Markt. Gtadtlufr mad frei. 367
dritteri ober zweiten Berichtetage vor Nativitatis Mariae fol der Kantine
zu Srankfüre fein; von zwei Stadtpfeiffern und einem Bofuner begleitet
gebt der Yuneius aus feiner derberge mach dem Stadtgericht auf den
Aömer, in feinen SAnden die oben genannten Begenftände tragend.: Vor
dem Schultheißen neigte er fic) und fpradh: „brenwerte, erfame derren
Scyultheiß und Scheffen des beiligen Reichs Gericht zu Frankfurt! ch
erfeheine bier von wegen Ylirgermeifter, Rat und Gemeinde der Stadt
Yorms nach alter Gewohnheit aufsubolen die Sreiheit des Zolles bier zu
‚Srankfurt und Überantworte: biemit, wie Bewohnbeit ift, (die Symbole)
mit der Bitte, Ihr woller der Stadt Worms Blirgern und Zinvohnern
folche Zolffreibeit zugefteben und fie genießen laffen, wie fic) yeblibre und
von Alter herkommen ift.” Darauf empfing der Schultheiß Becher ıc.
und fagte: „Wan geftehe denen von Worms die Freiheit und wolle fie
derfelben genießen laffen, doch fonft niemand als die von Worme.”
Sodann pfiffen die Bofuner und die Pfeiffer auf dem Rückweg wieder
und daft erbielten fie einen Bulden zur Verzehrung.“
Diefer Schilderung entfpricht im wefentlichen die Erzählung
Goethes in Dichtung und Wahrheit I, I: „ine andere, mod) viel
feirfemere Seierlichkeit, weldye am hellen Tage das Publikum auftegee,
war das: Pfeiffergericht. Es erinnerte diefe Ceremonie an jene erften
Zeiten, wo bedeutende “andelsftfdte fich von den Zölle, welche mir
Gandel md Bewerb in gleichem Wlafe zunahmen, wo nicht zu
befreien, doch wenigftens eine Wilderung derfelben zu erlangen füchten.
Der Raifer, der ihrer bedurfte, erteilte eine foldhe Sreibeit da,
wo es von ihm abbing, gewöhnlich) aber nur auf ein Tahr, und fie
mußte daher jährlich erneuert werben. Diefes gefchab durch fymbolifche
Baben, weldye dem Baiferlichen Schulcheißen, der audy wohl gelegentlich
Oberzöliner fein Ponte, vor Kintriet der Barcholomäi-ieffe gebradhr
wurden, und zwar des Anftande wegen, wenn er mit den Schöffen zu
Gericht faß. Als der Schulcheiß fpäterhin nicht mehr vom Raifer
geferst, fonbern von der Stadt felbft gewählt wurde, behielt er doch
diefe Vorrecyte, und forohl Die Zolifreiheiten der Städte, als bie
Zeremonien, womit die Abgeorbneren von Worms, Yrürnberg und Ale
Bamberg diefe uralte Dergünftigung anerkannten, waren bis auf unfere
Zeiten gebommen. Den Tag vor Marine Geburt wurde ein öffentlicher
Gericytetag angekündigt. In dem großen Kaiferfaale, in einem um:
fehräntten Raume, faßen erhöht die Schöffen, und eine Stufe böber der
368 18. Bapitd,
Schulebeiß in ihrer Witte; Die von den Parteien bevollmächrigten
Proturatoren unten zur rechten Seite. Der Aktuarius fängt an, die auf
Diefen Tag gefparten wichtigen Urteile laut vorzulefen; die Proßuratoren
bitten um Abfehrift, appellieren, oder was fie fonft zu tun nötig finden.
Auf einmal melder eine wunderliche Mufit gleichfam die Ankunft
voriger Tabrbunderre. 2s find drei Pfeiffer, deren einer eine alte
Schalmei, der andere einen Baß, der dritte einen Pommer oder Hobor
biäft. Sie wagen blaue mit Bold verbrämte Mäntel, auf den Aermeln
die YIoten befeftigt, und baben das Jaupt bededit. So waren fie aus
ihrem Gafthaufe, die Befandten und ihre Begleiter binterdrein, Punkt
zehn ausgezogen, von fEinbeimifcyen und Seemden angeftaunt, und fo
weten fie in den Saal. Die Gericyteverhandlungen halten inne, Pfeiffer
und Begleitung bleiben vor den Schranken, der Abgefandte tritt hinein
und fteflt fi) dem Schultheißen gegenüber. Die fymbolifcen Baben,
welche auf das genauefte nad dem alten “erfommen gefordert wurden,
beftanden gewöhnlich in folchen Waren, womit die darbringende Stadt
vorzüglich zu handeln pflegte. Der Pfeffer galt gleichfam für alle Waren.
und fo bradyte auch bier der Abgefandte einen fchön gedrechfelten
bötgernen Pokal, mit Pfeffer angefüllt. Ueber demfelben lag ein Paar
Gandfcyuhe, wounderfam gefchligt, mir Seide befteppt und bequafter, als
Zeichen einer geftatteten und angenommenen Vergünftigung, deflen fidh
auch wohl der Raifer in gewiffen Sällen bediente. Daneben fah man
ein weifies Stäbchen, weldyes vormals bei gefenlidyen und gerichtlichen
Gandlungen nicht leicht feblen durfte. Es waren nod) einige Eleine
Silbermünzen binzugefügt, und die Stadt Worms brachte einen alten
izhur, den fie immer wieder einlöfte, (o daß derfelbe viele Jahre ein
Zeuge Diefer Beremonien geroefen.
Vlachdem der Gefandre feine Anrede gehalten, das Gefchent ab:
gegeben, von dem Schulcheigen die Verficyerung fortbauernder Be:
gänftigung empfangen, fo entfernte er id) aus dem gefchloffenen Brei,
bie Pfeiffer bliefen, der Zug ging ab, wir er gefommen war, das Bericht
verfolgte feine Befchäfte, bis der zweite und endlich der dritte Befandte
eingeführe wurden: denn fie Bamen erjt einige Zeit nach einander, teils,
damit das Vergnügen des Publiums länger Dauere, teils auch, weil es
immer biefelben altertämlichen Virtuofen waren, welche Yhienberg für
fic und feine Wiieftädte zu unterhalten und jedes Jahr an Ort und
Stelle zu bringen unternommen hatte ==).
Die Stedt ale Markt. Stabrluft mac frei. 369
Diefe uralte Zeremonie des Dfeiffergerichte erbiele fich in Srankfurt
bis zum Umfiurz aller Dinge (1802). Denn ohne ihre Vollsiehung wäre
die Zollfreiheit ungiltig gewefen®). Auch in Worms wurde das
Pfeiffergericht abgebalten. Am Jo. März 1506 erfchien morgens nach
neun Uhr Bartholomaeus Tiel, alter Bürgermeifter von Worms, als
Vertreter der Stabt Yhhenberg, begleitet von Wiuflfanten und einem
Bneche, der vier bölgerne Scyüffeln trug, darin zwei Pfund ungeftoßenen
Pfeffer, darauf zwei Paar Jandfehpube und zwei weiße Stäbdyen, vor
dem Rat von Worms und fpradh: „Krfame weife liebe &erren! Auf
Befehl und Bitte der erfamen "Herren Blirgermeifter und Rat zu Chin»
berg erfcheine ich bier als Befandter, um ihre Zollfreibeit aufzuholen” ;
was fodann der Rat von Worms zufagte, unter der Verwahrung, daß
feine Unterfchleife =).
Diefe Symbolik tft vollftändig Mlar). Der Aut it das Symbol
der Obergewalt zu Bericht und Zeld (Beflers Zur in der Tellfage); der
Gandfcyub Zeichen der Banngewalt, alfo in unferm Salle des Warkt:
bannes; der Stab das Zeichen der hödhften Bewalt; der Becher mit dem
Pfeffer ift das Symbol der Befreiung von den Zollabgaben.
Aber wir haben den Inhalt des berlibmten Privilegs Zeinrichs IV.
für Worms damit noch nicht erfchöpft. AHöchft bedeurfam ift es, daß
als Ylunniefier der Zollfteibeit die Juden in erfier Linie vor den
übrigen Einwohnern von Wsrme genannt werden (Judel et cocteri
Vuormatienses®). Ylidt ohne Brund. Denn die Juden bilderen ein
wichtiges, ja unentbebrliches Wlement der damaligen ftädrifchen
Bevölkerung”). Sie vor allen waren Raufleure und werden als foldye
ebenfalls in dem Privileg Baifer Ortos I. für Magdeburg vom
9. Juli 965°”) den chriftlichen Rauflenren vorangeftellt. Im 10. Jahr:
hundert galten Jude und Baufinann als fynonyme Begriffe. Perföntich
waren die Juden frei, aber ale Sremde fonnten fie zu Beinen Öffentlichen
Aemtern gelangen. So günftig ihre Stellung namentlich) zur fräntifcyen
Zeit, wo fle rechtlich den Römern gleichgefegt wurden, auch war, fo
prefär war fie andererfeits, denn von Zeit zu Zeit entflammte der
eingewsurzelte aß des chriftlichen Pöbels gegen fie; ihnen gegenüber
föien alles erlaubt zu fein, und ihre rechtliche Eriftens berubte Lediglich
auf Privilegierung; fie waren Schungenoffen des önige”). Auch die
Baufleute ftanden im Schuge des Könige, aber der chriftliche Kaufmann,
der fich bleibend in einer Stadt niederließ, verfchmols mit der übriten
1. Bo, ie Aut der ebenen See 1 ”
370 15. Bapitel.
Bevölkerung, während der Tube Eraft feiner Kaffe und Religion immer
ein Sremder blieb.
Bis zur Rreussugebewegung war ihre fogiale Stellung eine beneidens-
werte, indem die Juden ihren chriftlichen onkurrenten an Benneniffen,
Verftand und Lmfiche weit überlegen waren. Den Warenhandel,
namenelich mit dee Levante, batten fie fa ausfchließlid in <änden,
ebenfo den Stlavenhandel, der noch im Io. Jabrhundere von Bedeurung
war. Auch als Aerzte genoffen fie einen guten Auf. Vom SLafter des
Wuchers hielten fie fich frei, denn das Darleihengefchäft berrieben bie
ine 13. Jahrhundert die Kirchen und Rißfter*‘). Diefe waren die einzigen
tapitalträftigen Mächte in der Frühzeit. infolge einer langen forgfältigen
Wirefchaft harten diefe geiftlichen Jnftirure Rapiralien angefammelt, und
fie waren die Bantiers, bei denen die Mönige (fiebe oben p. 318) und die
Privaten teile gegen Pfand, teils gegen Zins Geld enrleihen Eonnten.
Ext als die Öffentliche YWfeinung das Zinsnehmen mehr und mehr
verpönte und ale Wucher brandmarkte, da mußten die Birchlicyen Jnftirure
auf folche Befchäfte verzichten, wozu noch Bam, daß feit der Witte des
33. Tabrhunderto die geiftlichen Verwaltungen in Verfall gerieten.
Die Juden füllen diefe Lücke fofort aus, fie nahmen nun das gefamte
Bantgefchäft in Befchlag und, was ihnen zum Unheil ausfchlug, dem
Wobiliarpfandgefebäft gaben fie den Vorzug. Kin folder Sall Eomme
febon im 11. Tabrhundere in Worms vor, indem laut einem Briefe
eines Abres an einen @eiftlichen in Wsrme Verpfänbung gefloblener
Ricchengewänder vermurer wird“). Gerade diefes Pfand- und das Trödel:
gefhäft bar den Juden allgemeinen “aß zugezogen, da fie Eoloffale
Gewinne machten; fälieflicd waren ihnen alle Rlaffen der Bevölkerung
zu Stadt und Land verfehulder. Tube und Wucherer wurden nun zu
identifchen Begriffen, wie früher Jude und Kaufmann.
In den rbeinifdyen Städten finden wir die Juden fhen febr früh.
Dereite für das Tabr 321 ift die Kriftenz einer füdifchen Bemeinde in
Aöln begeuge*). Am Anfänge des 11. Jahrhunderts befürchten die
Juden von Worms und Mainz die Bölner Meffe®). Der Sage nad)
follen Juden fehon vor Ehrifti Geburt in Worms gewohnt und ihre
Glaubensgenoffen in Terufalem von der Kreuzigung Cheifti abgemahnt
haben, darum das Sprichwort: „Wsrmfer Tuben, fromme Juden“).
Einzelnen Infehriften auf dem fübifdyen Friedhof vor dem S. Andreas:
thor in Worms wird ein bobe Alter sugefchrieben®“). YOie dem auch
Die Stade ale Markt. Stabrluft mad frei. 371
fei, jedenfalls beweift die im romanifden Seil monumental erbaute
Spnagoge*‘), daß in Worms eine große Judengemeinde beftanden hat.
Zaur einer bebräifchen Tnfhrift wourde die Synagoge oder die Juden
fÄhule 1060 vollender; urkundlich wird fie erft 1290 erwähnt”), aud)
fammt der jegige Bau erft aus dem J3. Jahrhundert, der Srauenbau,
der 5399 verbrannt fein foll, erft aus der gorifchen Bauperiode, und die
Rafdyifapelle ift noch fpAteren Darums.
Wie es im Wirtelalter allgemein üblich war, wohnten die Juden
in einem Quartier oder einer Baffe zufammen'“), und zwar in Worms
in der Pfarrgemeinde S. Paul. Damit der Pfarrer von S. Auprechr
(S. Paul) in feinen Einnahmen nidyr verkürzt würde, mußten die
Tuben wie die Chriften die Stolgebühren besahlen®”). Schon im
Jahre 1080 wird die Porta Judeorum erwähnt“), alfo darf man das
Zufammenwohnen der Juden nidye als eine Solge deo Judenmordes des
Tabres 1096 anfehen. Dir wiffen ja, daß die Sriefen, die Wälfehen ıc.
ebenfalls abgefondert in eigenen Quartieren wohnten“). Bei den Juden
war das Zufammenwohnen durdy ihre religiöfe Stellung bedingr.
Ganz befonbers Iebrreich ift die Urkunde, welche Bifchof Alidiger
1084 zu Bunften der Juden ausftellte). Aus früheren Urkunden ijt
uns betanne, daß außerhalb der ummauerten Altftadt Speier ein Dorf
lag, das zum @eridyrebesirf der Stadt gehörte. «ler harten fich, wie
zu Straßburg und Rötn, Raufleure, darımter audy Juden, niedergelaffen.
Der genannte Bifchof Aüdiger, der auch den YTamen Ausmann führte,
erlärte nun, daß er aus diefem Dorfe eine Stadt machen wolle, und
daß er die Ehre diefes Ortes taufendmal erhöbe, wenn er in diefer Vorftadr
die Juden anfiedele. Damit fie aber nicht durch die Unverfchdmtheit des
Pöbels geftört wlrden, will er fie mit- einer Wiauer umgeben. Das
Land zu diefer Anfiedelung bar der Bifdhof teils durch Kauf, reils
durch Taufh, teils ale Gefdent der Wiarkgenoffen erworben, und er
f&enkt es num den Juden unter der Bedingung, daß fie ihm jäbrlid)
einen Zins von 3'% Pfund Speierer Münze zu Srommen des Domftiftes
besablen follen. Zugleidy erhalten fie das Recht, innerhalb ihrer
Anftedelung in der Begend zwifden da und dem ‚afen, am Yafen und
durch die ganze Stadt frei Bold und Silber zu wechfeln, zu Baufen und
verkaufen, was fie wollen. Sie befommen ferner aus dem Rirchengure
einen Begräbnisplag zum erblichen Befig, das Recht, fremde Juden zollfrei
bei fi) zu beherbergen; ihr Archifynagogus erhält eine Gerichtsbarkeit,
o
372 15. Bapitel,
mie fie der Tribunus urbis, das beißt der Stabtfchultheis, über die Bürger
bat; in fehreierigen Sällen follen fie an den Bifdyof oder feinen Camerarius
appellieren. Wach: und Schugdienfte brauchen fie nur innerhalb ihres
Besirkes zu chun, und die Derwidigung führen fie gemeinfam mit den
Wannen des Bifdofs. Sie dlirfen audı chriftliche Ammen und Dienf-
boten mieten, und untofcheres Sleifc Binnen fie den Cbriften verkaufen.
Als böchften Brad des Woblmollens gewährt ihnen fchließlid) der
Bifcyof das befte Necht, das die Juden in irgend einer Stadt des
Beiches befiien.
Diefe neubegrlindete Judenftabt ift fpfter unter dem Ylamen der
Vorftade Alrfpeier bekannt, im Ylorden der Stadt gelegen“), Sie
wurde 1632 von ben Schweden verwüter und dem Boden gleich gemacht.
Im Jahre 1690 baten die Speierer Juden Judas, der Sohn des
Calonimus, David, der Sohn des Waffulem, und !ofeo, der Sohn des
Gutbibel, für fi und ihre Angehörigen den Baifer Heinrich IV. um
Aufnahme in feinen Schun. Sie gehörten einer berühmten Rabbiner:
familie en, die aus Lucca ftammte. Bekanntlich gerier Raifer Orte II.
nach der Sarasenenfchlacht von 982 in große Lebensgefahr, aus welcher
er durd) sailfe eines Tuben Ralonymos, Sohn des Wiefdullam, aus
Yucca gererter wurde). Der Baifer bewies ihm feine Dankbarkeit,
indem er ihn nad Deuefhland verpflanste. Diefe Jamilie war
im Defig eines Schugbriefes, den einft ein Barolingifcher König
ausgeftellt harte. Orto II. oder feine Ylachfolger harten diefes Privileg
beftärigt, und auf Brund diefer Beftdtigung ließ dann „Heinrich IV.
am 9. Sebruar 1090 zu Gpeier den obengenannten drei Juden
eine Yleuausferrigung ausftellen, und zwar in einer Saffung, die zu Bunften
des Bifcyofe Ahdiger von Speier geändert worden war“). Auch die
Wormfer Juden erhielten zur Zeit, als Salmann Judenbifhef war, von
Raifer “eineid IV. einen foldyen Schugbrief, der jedoch in manchen
Punkten vom Speierer Diplom abweicht“). m Speierer Privileg
werden dem Bifchof die Rechte vindiziert, welche das Wormfer dem
Raifer wufhreibt. Auc) ift die Stellung der Speierer Juden abhängiger
und ungünftiger ale die der Wormfer. Die Wormfer Tuben gehören
zur Rammer des Königs und ftehen unter der ausfchließlicen Berichts
barteit deofelben und ihres felbfigensählten Bifchofs. Der Rönig it für
die Juden in Worms die oberfte Berufungsinftang. Alle Bufen fallen
dem Eöniglichen Sisfue zu. Tliemand darf’ die Wormfer Juden in ihrem
Die Stodt ale Marft. Cradtluft macht fee 373
Defig, Jmmobilien und Wiobilien, ftören; wer dies Doch thur, fälle in
die Ungnade des Rönige, und wer einem Juden etwas nimmt, muß das
Doppelte erfegen. Auch foll ihnen erlaubt fein, beim Bau ihrer Wohn-
bäufer die Stadtmauer zu benfigen. jn der That finen noch heute die
säufer in der Judengaffe auf der Stadtmauer, die gerade in iefer Begend
zweifchen dem S. Wlartinschor und dem Jubenthor aus der romanifchen
Zeit flammt. Die Juden haben das Hecht, in der gansen Stabt Gelb
zu wechfeln, außer vor dem Zaufe der Wilinzer oder da, wo die Winzer
einen Geldwechfel errichtet haben“). in ganz Deutfcbland dürfen fie
freien Aandel und Wandel haben, und Bein Zoll darf‘ von ihnen abverlange
werden, noch foll ihnen irgend jemand eine Öffentliche oder private Leiftung
auferlegen“). Auch ift ihnen erlaubt, den Chriften Weine, Salben und
Arzneien zu verkaufen. Inter diefen VWeinen find offenbar fübländifche
zu verfteben, indem namentlidy die fdhrweren edlen Weine aus Mleinafien
und Griedyenland beliebt waren”). In ihren AAufern brauchen fie obne
ihre Binvoilligung Beine Binquartierung aufgunehmen. YYiemand darf
von ihnen ein Pferd zur Seerreife des Rönigs oder des Bifchofe fordern
‚oder eine Bönigliche “eerfteuer. Yenn eine geftohlene Sache bei ihnen
gefunden wird, fo fol der Jude feine Ausfage, daß er fie getauft habe,.
nad) feinem Befer befchroren und dann gegen Zurhcerftarrung des Rauf:
Preifes das geftohlene Bur dem Kigenthmer zurücigeben. Yiemand darf
ihre Rinder gegen ihren Willen taufen oder er muß zur Strafe 12 Pfund
Bold dem König bezahlen. Wer von den Tuben freiroillig geraufe zu
werden wünfcht, foll drei Tage warten, damit man erkenne, ob er es
entweder um des chriftlichen Glaubens oder erlittener Unbill willen thur,
dann aber fol er mit dem Glauben auch die Erbfehaft feiner Väter
abfeywören. hre beidnifchen Sklaven foll Beiner unter dem Vorwande,
fie im chriftlichen Glauben zu taufen, ihnen wegnehmen oder 3 Pfund
Silber zur Strafe dem Rönig bezahlen und die Sklaven wieder zurhch-
geben. Der Slave foll feinem jübifden "deren in allen Dingen geborfam
fein, ausgenommen, wenn es den chriftlichen Blauben angeht. Fe foll
ihnen erlaubt fein, chriftliche M&gde und Ammen zu haben und chrifliche
Dienftboten zur Vereichrung von Arbeiten zu mieten, es fei denn, daß
der Bifcyof ober ein Aleriker diefen an Sonn: und Sefttagen den Dienft
verbietet. (Sie dlrfen aber feine dyeifilichen Sklaven haben, Streitigkeiten
zwoifchen Chriften und Juden follen nad) dem perfönlichen Hechte beider
Teile entfdyieden werden, hingegen Streitigteiten unter den Juden von
374 15. Baplıe.
ihren Glaubensgenoffen nad) jhdifihem Rechte. Yliemand darf einen
Juden dem Gottesurteil unterwerfen, wie das glühende Kifen, die heiße
‚oder Balte Wafferprobe, oder ihn durch Prüel zum Beftändnis zwingen,
fondern der Jude fchwosre nach feinem Befene. Auch darf keiner durch
Zeugen, es fein denn zugleich Tuben und Chriften, Überroiefen werden;
ihm fieht die Appellarion an den Rönig ftei. 1er gegen diefe Beftimmungen
feble, zahle dem Raifer 3 Pfimd Bold. Ver gegen einen Juden eine
Verfchwörung macht oder ihm Klachftellungen bereitet, fo daß der Jude
dabei umtomme, fo follen beide, der Verfehmodrer wie der Torfhläger,
dem Rönig 12 Pfund Bold besablen; wenn aber der Jude mur verwwunder
wird, ein Pfund Bold. TfE es jedoc) ein “adriger, der ihn geröter oder
verwundet bar, fo büfe der „er für diefen oder beftraft ihn. Bann
der Thkter die Strafe aus Armur nicht bezahlen, fo foll er (6 beftraft
werden, wie jener, der den Juden Vivus getötet bat, nämlich mit dem
Verlufte der Augen und der rechten Yand.
Sreilic), weder der Rönig noch der Bifchof Ponnten die Juden vor
der fanatifchen Wut der Rreusfabrer und des chriftlichen Pöbels fehlinen.
In der YYor ließen fic) viele Tuben raufen. Damals, 1096, nahm fi
Rabbi Wofdyeb, Sohn des Rabbi Tefurbiel (das ift Wiofes, Sohn des
Burhihel in der Urkunde vom Jahr 1090), feiner Blaubensgenoffen in
Speier träfrig an. Durch feine Vermitrelung Bebrten die siwangemweife
Getauften wieder zum Glauben ihrer Därer zurhcd. So erwies fidh
der Schugbrief den Juden doch noch wirkfam‘®).
Die Tudenverfolgung des Jahres 1096 erfchlirterte Die ehrenvolle
Stellung der Tuben. n der Betätigung der VWormfer Sollfreibeie
durch “Heinrich V. vom 6. Oftober III2 ftehen die Juden nicht mebr
in erfter, fondern in zweiter Linie”), und in der Befkieigung Griedriche 1.
vom 3. Jannar 1184 werden fie überhaupt nicht mehr erwähnt").
Während bie zur Zeit Zeinriche V. die Juden den übrigen Kaufleuten
vorangeftellt waren, tar mun eine fharfe Scheidung zwifchen Tuben
und Ebriften ein. Die sweite Judenverfolgung vom Tahre II46 offen:
barte von neuem ihre gefährdete Lage. Ta, fogar der allfeie verehrte
Bernhard von Elairveaur erregte den Unwillen des Volkes, als er gegen
den fanatifchyen Mönch Radulf, der das Volk gegen die Juden auf:
beste, prebige®). Es ift nicht allein religißfer Sanatismus, der das
VolE wider die Tuben aufbrachte, fondern es wirkten dazu noch mehr
wirefchaftliche Worive. Wan bedurfe num, da die Srädte im Laufe des
Die Bradt ale Marft. Stastlufe mad fe 3715
31. Jahrbunderte aufgeblübt waren, der merfantilen Dormundfähaft der
Tuben nicht mehr, und ihre gefährliche Monkurrens und ihr biut-
faugerifches Breditfyfiem erregte den erbittertften Haß“). Dir Binnen
an Sand der Urkunden“) Schritt für Schrite verfolgen, woie die Juden feit
der zweiten ddlfte des 12. Tabrbumderts rechtlich beruntergedrücht wurden.
Ylur noch beim önig fanden fie Schun, den fie freilich mit fdwerem Belde
erkaufen mußten. Sriedeich I. nahm fich ihrer an. Von Worms aus erließ
ee am 6. April J1$7 ein Privileg, worin er den Schunbrief &eineiche IV.
befiätigee®). Während der Landfrieden einricys IV. vom Jahre 1103 den
für die Stellung der Tuben. maßgebenden Say ausgefprochen hatte, daß
alle Juden im Weide unter dem Srieden des Königs filnden“”), berone
Seiedrich 1. feydrfer die Unterordnung der Juden unter die Eönigliche
Gewalt. Von da ab bewegt fich die Befcyichte der Juden in abfteigender
Kinie. Der fremde Kaufmann, welcher fi) in einer Stadt niederläßt,
verfehmilge mit den übrigen Einwohnern, der Tube hingegen finke zum
töniglichen BRammertnecht herab und fondert fid) von der chrifilichen
Bevölkerung. Seiedrich II. nennt 1236 die Tuben Bammernechre:
universi Alemannie servi camere nostre®). Selbfiverfehuldung der
Juden, YIeid, Habgier und fanatifcher Blaubenebaß der Chriften erugen
dazu bei, um die Lage der Tuben immer gefährlicher zu machen. Wlan
warf den Juden den YTord von Cbriftentindern vor, und der von
keinem Glaubenesweifel beimgefüchte Raifer Griedridh II. beeilte fich, fie
von dem Verdachte völlig freisufprechen, indem er ein wiffenfcpaftliches
Gutachten über die Anklage des rituellen Chriftenmordes abfaffen und,
geftlsr darauf, ein reichsgerichtliches Urteil fällen Lie). Audy Papft
Tnnocenz IV. erhob am 5. Juli 1247 dagegen feine Stimme. Es
nügte den Juden wenig, benn bis zur heutigen Stunde berrfchr noch
in geroiffen Gegenden diefer gottesläfterliche Wahn”).
0 gab alfo in Worms unftreitig Raufleute von Beruf; deren
Aufgabe der Gütertaufh war, indem fie Waren, welche in Worms in
überfehlffiger Wienge erzeugt wurden, alfo namentlich Dein, gegen
folcye, die bier nicht produziert wurden, wie gefalzene Sifcye, Tücher,
Spezereien ıc., umtaufchten. infichtevoll fpricht, im Begenfaz zu den
berrfdpenden Anfeauungen deo Witelaltere, über den Beruf des Bauf-
manns der berühmte Bruder Derchrolt von Regeneburg: „Wir möchten
376 15. Baplıel,
der Baufleure nimmer enrbebren, denn fie führen aus einem Lande in
das andere das, was wir bedlirfen, indem in dem einen Lande das
wohlfeil it, in einem andern jenes; und von diefem “zandel follen fie
ihren Lohn zu recht haben“).
Diefe Baufleute waren zum Teil fremde: Wälfche, Sriefen, Rölner,
Juden ıc., zum Teil einheimifche. Sie waren ihrem Beburteftande nadı
frei und unfrel. So befaß, wie wir willen, das Mlofter Lorfch das
Bechr der freien Schiffahrt auf dem Aheine. Diefe Lorfdyer Raufleure
waren aber Wlirglieder der Samilie der Lorfeher Mirche, alfo sörige.
Auch) der König befaß foldye unfreie Raufleure, die Bollfreiheie
genoffen”). Alle Kaufleute, frei oder unfrei, fieben im Schune des
Rönige und genießen die Vorteile des Baufmännifden Rechtes”). Wenn
der Unfreie aber wieder in feine Geimat zurhehfam, fo unterlag er
alsdann feinem Standesrecht. Yur um ihrer Klüglichkeit willen, damit
fle ihre wirrfhaftlicben Aufgaben erfüllen Fonnten, erbielten die Kauf:
leute den Schug des Mönige und die ihnen eingerfumten Vorteile.
Aber nicht ohne Entgelt erhält der Raufinann den Rechtefihug und die
Erlaubnis zum Gefdyäfteberrieb. Wer mit feinen Waren durch eine
Stade zieht oder dafelbft “andel treiben will, muß außer dem Z0lf eine
Abgabe an den Inhaber der Braffcyaftegewalt zahlen, und diefe Abgabe
beißt Zanfa”), die meift +—-5 Pfennig berrägt. Aanfa beißt urfprümgtic,
eigentlich scara, Schar; denn der Kaufmann z0g nicht auf eigene Sauft
auf die Yandelfchaft, fondern er vereinigte fih) mit andern zum gegen:
feitigen Schun, und fie bildeten eine Schwourgenoffenfehaft. Aber nicht
nur der veifende Raufmann mußte in die ana eintreten, das heißt, fich
in die Samilie des Rönige aufnehmen laffen, wodurd er erft deilen
Schyug erbielt, und daflr die Beblihr besahlen, fondern auch der ein-
beimifcye. Damit bänge der in Speierer und YOormfer Urkunden mebr:
fach vorkommende Ausdruc® Bannpfennig zufammen”), der eben die
Geblibr für die Erlaubnis des gandels ft. Die Aufnahme in die Zanfa
beißt “sanfen, woraus dann unfer “änfeln, Verieren, geworden if”).
soänfeln bedeutete urfpringlich die Strafe für Anmaßung des Iokalen
Dertehrerechte durch Srembde, daher Unbefugee, fpäter das Ceremoniell
zur Zufaffung in die Aanfa. Der Bafeler Großhändler Andreas Arff
erzählt in feinem Reisbüchlin (1586), das Aanfen in S. Boar, folgender:
maßen”): „2m Strande fieht ein Turm, ift ein Rrahn zum As und
Einladen. An diefen Mrahnen bangen zwei “alsifen; da hats Diefen
Die Sradr als Markt. Srabrluft mat fee 377
Gebraudy: Wer nie da gewefen ift, er fei Weib oder Wiann, edel oder
unebel, befonbers aber die, fo fich in der Kaufleute Befellfchaft begeben,
die ftelle man Sffentlich an die “alsifen und tauft fie mit einem Eimer
Waffer. Der muß fin Ghrrin (Taufpatin) oder Pfertern (Paten)
nemen (wählen). Das beift man “anfen, ift alfo der Braudy unter
den Raufteuren. Wan fagt audy, Raifer Barls feliger Dechmuß babe
fi) zur Bedechrmuß auch da banfen laffen.“
In diefem Soange des Raufinanne, fidh in den Schun des Könige,
das heißt in die Zanfa, aufnehmen Laffen zu miüffen, ift der Ucfprung
des Zunftzwanges zu finden”).
Unendlidy mächtig und vielgeftaleig ift der Trieb der Benoffenfchafte
bildung. Sie it eines der wicheigften Zilfemirtel gefcjichelidhen Sort:
febrittes, deifen Sruchrbarkeit Peine Phantafle vollfkindig ausdenten
ann“). Schon in den älteften Zeiten der deutfchen Befchichte begegnen
uns foldhe Verbände, Bilden oder Brlderfdpaften. Brlder nennen fie
fi) untereinander, weil fie unlöebar aneinander gefeffelt waren, voll und
ganz dem Verbande angehörten; ihre Verbindung erfaßte den ganzen
Wenfehen und erftreckte fi) auf alle Seiten des Lebens. Durch
furdytbare ide verpflichteten fid die Mitglieder, einander in allen
Dingen bilfreidh zu fein. Die Staategewalt Bann jedoch foldye Verbände,
die den Zwwedt und die Aufgabe des Staates ignorieren ober verwerfen,
nicht dulden, darum bat fon Rarl der Broße diefe Bilden unter An-
drobung fhrverer Strafen verboten”), und audy fpäter ging die Reiche:
gewalt wiederholt gegen Diefe Verbindungen vor, wenngleich vergebens,
denn der GBenoffenfchafterrieb war zu tief eingewurzelt, und diefe
Verbände waren zudem unentbehrlich, da der Seudalfiaat noch
weniger als der moderne im ftande war, die tieferen Bedlirfniffe der
Wenfähen zu befriedigen. Das religiöfe Moment, das fa im Mittel:
alter viel ftärker, lebendiger und allfeiriger das menfchliche Leben
erfaßte und durchdrang‘®), trat bei allen diefen Bilden und Brüder
f&aften mächtig zu Tage. Urfprünglich waren die Bilden heidnifche
Opfergemeinfchaften gewefen, bis es der Kirche allmählich gelang, an
Stelle der heidnifchen Sormen cheiftliche zu fenen. Yun wählten die
Gilden einen =eiligen ale ihren Schunpatron. Die Stiftung von
Weffen, Berzen, Almofen ıc. wurde zum Vereinsswed. Eine Jaupt-
pflicht der Benoffenfchaft war, für das Begräbnis und Seelenbeil ihrer
verftorbenen Brüder zu ren, Burz, in allen Yiöten des Lebens fand
15 Deo, Die Auieue der ei “
378 15. Bapitel.
der Wenfch hier feine Zuflucht, Teoft und «ailfe, während er, allein auf
fi) geftellt, verloren gewoefen wäre.
Soiche Brüderfihaften und Bilden gab es in jeder Stadt. Leider
find wir über diefe Dinge nicht immer genügend unterrichtet, und der
vagen Vermurung oder der ungesügelten Phantafie bleibt allzu viel Spiel
raum. Eine Ueberrreibung ift es, um die Sache milde zu bezeichnen,
wenn der um die Erkennmis der deutfhen Befcichte im Mittelalter
bochwerdiente Sorfeher R. YW. Ylinfch eine Gefamtgilde nachsuweifen
gefiicht bar, welche anfangs alle an den Verkehrsintereffen beteiligten
Einwohner eines Plages vereinigt babe, dann aber in der erften Jälfte
des 13. Jahrhunderte durch eine :bisber Baum beachtere Mevolurion an
einzelnen Plägen ganz serftört, an andern zur Unkenntlichkeie abgefehroächt
worden fei”). Bein Wort will id) ber die Phantafien eines andern
Gefhpichtebaumeifters verlieren, der von einer Raufmannsgilde in Worms,
Speier und Wainz fabelt, welche fodann den Anftoß zur Eneftebung der
Stadtverfaffung gegeben habe“). Auch davon Lann Beine Rede fein,
daß fic) die eömifihen Yandiwerferzünfte bis in die fränkifche Zeit hinein
erhalten birten. Diefe Iöften ficb vielmehr infolge der germanifchen
Tnvafton auf und verfihtwanden, gerade wie auch der römifihe Ver-
waltungsorganismus befeitigt worden war.
Dagegen entftanden in Barolingifcher Zeit neue Porporative Derbende
innerhalb der Joftechrsverfaffung. Wir haben bereits die Socieras
parafredorum und die Benoffenycbaften der Jamilie Burchards in Worms
Eennen gelernt.
‚Srüb fchon finden wir die Jandiwerker in Rorporationen gegliedere”").
Wie in vömifcher Zeit, waren auch in fräntifder Zeit die meiften
Sandwerker unfteien Standes, denn die Eörperliche Arbeit wurde von
den waffenftohen Stein verachtet und Daher den niederen Ständen
überlaffen. YTur der Waffen und Boldfehmied machte eine Ausnahme.
Diele Unfteie wanderten mit oder ohne Genehmigung ibrer “erren in
die Stadt und trieben bier ein «andwvert. Auch fie wurden nach damaliger
Anfdyauung unter die Maufleute ges&hlt und genoffen die Vorteile
des Raufmannsredhtee, denn jie verkauften ihre Produkte fomobl am
Orte felbft als auch auf fremden Wiärkren““). Sie blieben aber dem
%ofredht nach wie vor unterworfen und nahmen an der freibeitlichen
Entwidelung der Stabtgemeinde einen Anteil noch fonnten fie als
Unfreie Aufnahme in die Zünfte erlangen. Denn die Einrichtung foldyer
Die Sradr ale Marft, Sredrluft made fee 379
Zlinfte war Sache der öffentlichen Gewalt. Das Zunftrecht, das heißt
die ausfehließlide Befugnis zum Bewerbeberrieb, verlieh der Inhaber
der Öffentlichen Bewalt, gerade wie er die canfa, das beißt das Recht
der &anbelfähaft, gewäbree. Und diefen Znften wurden gemwiffe
Verpflichtungen auferlegt, die Öffentlich rechrlicher Ylarır waren. So
erfahren wir zum Beifpiel aus einer Urkunde des Erzbifchofs Ruchard
von Mainz aus dem Tahre 1099, daf die Webersunft dafelbft das
Seimburgerame und das Schenkenamt verfeben mußte”). Das erftere
bacte die Auffiche über Maß und Gewicht, das lentere die Rontrolle
über den Öffentlichen Weinfchanf.
Ylacdy Analogie der Straßburger Verbäftniffe diiefen wir annehmen,
daß es auch in Worms feyon im 12. Tahrbumdere eine Anzahl von
Gewerbetorporationen gegeben haben muß, jedenfälls aber eine Weberzunft,
welche I1J4 die Pflichr übernahm, den Zoll auf grobe fÄhnarze Tcher
zu erheben (fiehe oben). Sür die riftenz einer Zunft in Worms befinen
wir jedoch ein aurbeneifches Zeugnis, den Stiftungebrief der Sifcherzunfe
vom Jahre 1106). Auf die Bitte des Burgerafen Wernber und auf
den Hat der Angefehenften der Stadt genehmige Bifchof Adelberr die
Gründung einer Sifehbändler- Innung“”), die aus 23 genannten Mitgliedern
befteht, unter der Bedingung, daf, wenn einer von ihnen ohne Erbe firbt,
auf den gemeinfamen Vorfchlag der Bürger (urbanorum communi
consilio) an des Verftorbenen Stelle ein anderer in das Amt eingefert
werden foll. benfalls auf den Vorfcblag der Blirger befiimme der
Bifäpof, daß niemand innerbalb der Orte Saulbeim und Alttipp”)
außer den 23 Erbfifchern mit Sifchen bandeln dürfe; wird einer dabei
ertappt, fo folleh die Eonfiscierten Sifche gleichmäßig unter die Bürger
verteilt werden; der nicht berechtigte Verkäufer wird vor Gericht
geftelle und zur Besablung von drei Talenten verurteilt, wovon zwei dem
Bifcyof und eines dem Grafen zufallen. Doch it den Sifehhändlern
tein unbebingree Monopol zugeftanden, fondern Dasfelbe {ft zu Bunften
der Ronfumenten infofern befchräntt, als die privilegierren Sifchbändler
nichr vor der Prime (Morgens 8 Uhr) einfaufen dürfen; vor Diefer Zeit
ift alfo der direkte Verkehr des Publifums mit den Sifähern geftatter.
Als Anerfenmung der oberhoheitlichen Gewalt mliffen die Sifchhändier
jährlich dem Bifcpof zwei Salmen, dem Grafen einen fdyenten.
Diefe Sifcher find demgemäß Kaufleute, die den Sifchbandel
im großen trieben. YVOir müffen uns dabei erinnern, daf im Witrelalter
380 15. Bapirl,
die Sifhnahrung eine weit größere Bedeutung hatte ale beurzucage.
Das Beblirfnio nach Sleifchnahrung war felbft in den nieberen Volke:
f&bichen größer und leichter zu befriedigen ale jent. Das Birchliche
Gebot des Jaftens hob die Llacyfrage nad Sifden aller Orten, und
namentlich in Städten wie Worms, wo ein zahlreicher wohlhabender
Rlerus wohnte, wurde eine unglaubliche Yiaffe von Sifcyen verzehrt.
Die &oochfeefifcherei ftand auf einer fehr hoben Stufe”). Aus den Zoll:
tarifen lernt man Die %Acren der {leerfifcye Bennen: vor allen den viel:
begehrten ering, dann Stockfifd, Laberdan, Bheling, YWiring
(Scheitfifch), Schollen, Kochen”). Aber aud) die Binnenfifiherei war
böber entwickelt als beure””). Yloch waren die Stäffe, Bäche und
Seen nicht verunteinige durch den Abfluß der Aloaten der Städte und
der tobbringenden dgenden und ftinfenden Ausiwrfe der Sabriten.
Unerfhöpflic, war der Sifdreichtum, und durch Anlegung zahlreicher
Weiber, forwie von Sifchwehren und Aeufen wurde die Sifchsuche
gefördert. Auch trafen die Tntereffenten des Abeins von Zeit zu Zeit
allgemeine fehlinende Waßregein”). YOie ergiebig zum Beifpiel die Wiofel
an verfähiedenen Sifharren war, zeigt die Aufzählung des Aufonius:
Mand, Aalcurte, Aefcbe, Alfe, Barbe, Barfch, Sorelle und Lacyoforelke,
Grändling, «echt, Lamprete, Salm, Schleie, Stör, Weißfifh”). Auch
der Abein war febe filchreich, vor allem der Salm- und Lachsfang
ergiebig, doch aud der Stör wurde in großen Bremplaren gefangen.
So zum Beifpiel fingen die YWormfer Sifdyer am 24. Juli 1504 einen
Str von 9 Schub Länge. HWinige Sifiher wollten ihn dem
Bifdyof verebren, der Mat aber enefibied, daß die Jälfte ibm sur
Derzehrung geböre, während die andere “dlfte an die Blirger ausverkauft
werden follte, das Pfind um Jo Pfennige”).
Der Bürgergemeinde gebörre das Sifchrecht (ale Tinbegriff der
Almend): daher wurde fie bei der rrichrung der Sifchersunft zugesogen;
zudem war die Sadye eine Warktangelegenbeit, die in ihre Romperenz
fiel. Aus der Beftimmung, daß die Bonfiszierten Fifche unter die Bürger
verteilt werden follten, darf man nicht fhließen, daß die Zahl der Bürger
ein gemefen fei”); denn Die Verteilung Bann ja nach irgend einem
Turnus vorgenommen worden fein. Der Burggraf, welcher der böchfte
Beamte für die Verwaltung der inneren Stadt war, hatte die Auffiche
iber die Bewoerbepoligei und fente die Wieifter der Zünfte”) ein. Eben
darum, weil dies in feine Momperenz fiel, füchte er IJ06 um die
Die Sradr als Markt. Grabtluft macht fe. 385
Genehmigung für die Brimdung der Sifebbdndler-Jnnung nach, und als
Inhaber der Banngewalt erhielt er ein Dritteil der Bußen.
So wichtig nun aud) der Jandel und das Fauftnännifche Element für
die Entwidelung des frädrifchen Lebens find, allein waren diefe Saktoren
doch nicht maßgebend. Denn die Zahl der eigentlichen Raufleure Bann
nicht groß gewefen fein, und noch immer, tron dem fkeigenden Verkehr und
der Zunahme des Geldumlaufee, war nicht der Rapiralbefig, fondern ber
Grundbefiz für die fosiale Stellung des einzelnen maßgebend. WDeit
wichtiger für das Aufblüben einer Stade ift der ftarke Zufluß feifcher
‚arbeitskräftiger Wenfchen vom Lande, und daftır waren im 12. Jahrhundert
alle Bedingungen vorhanden. {Es ift ja eine bekannte Tharfache, dap nach
jedem großen Rriege das Wacyerum der Bevölkerung ein größeres ft,
ale in normalen Zeiten, und der Benölterungeftrom ein ftärkerer. Der
lange Bürgerkrieg zur Zeit Seinriche IV. und der Areussug hatten flarte
Zücen in die Bevölkerung geriffen, die im J2. Tahrhundere mehr als
ergänyt wurden”). Wohl boten die großen Waldungen noch genügende
Gelegenheit zu Rodumgen und hinlänglichen Raum zur Anlegung neuer
Dörfer, aber ein großer Teil der überfehlffigen Landbevölkerung floß
doch bereits ferne mad) der Stadt, welche die einen durch ihre
Vergnügungen, die anderen durch ihre günftigeren Eriftensbedingungen
anlocre. Ein foldyes Lockmittel war unter anderen der "ofhalt des
Bifdofo. Eben um an diefem und feinen Seften ceilsunehmen, weilten
die in der Umgegend von Worms feßbaften edlen “erren gerne und oft
auf längere Zeit in der Stadt, voo manche von ihnen einen “of befaßen.
©efters werden in Wormfer Urkunden als Zeugen erwähnt: die Grafen
von Laufen und die freien <erren von Fobenhart, Zaufen, Steinach :c.
Auch auswärtige Rlöfter baten in YWWorms ihr Abfteigequartier oder
gar eigene Jöfe mir Rapellen, wie zum Beifpiel Schönau, Orterberg,
Lorfd) ıc. Zn den immer glänzender fich entfalrenden Stand ber
Winifterialen drängten fi) aud) die Sreigeborenen. Denn obgleid) in
diefer Zeit noch unvergeffen blieb, daß der Minifteriale ein unfteier Wann
war, der verkauft und verfchenet werden Bonnte und mit dem feine Sreie
eine ebenbürtige Ehe eingehen durfte, fo char diefe Unfreiheit ihrer fosialen
Stellung wenig Eintrag. Im Dienfte des Rönige bekleideren fie die
wichtigften Aemter, und ebenfo angefeben waren die bifchöflichen Dienft-
mannen. Indem zahlreiche Freie in die Winifterialirde eintraren, hob
fih der Stand, und mehr ale einmal kam es vor, daß, während der
382 15. Bapiıl.
Ältefte Sohn eines Sreien auf feinem Ländlichen Abnenfiz oder Burg blieb,
der jüngere der Begründer eines Wiinifterislengefihlechrs in der Stadt
wurde”).
Aus den Dörfern der Umgegend fiedeleen fich freie intelligente
Bauern in der Stadt an, Bauften bier Land und bauten fich einen “of,
um die Erträgniffe der Landwircfchaft vorteilhafter verwerten zu Eönnen.
Andere vertrieb das Unglück aus ibrem Befln auf dem Lande in die
Stadt: Mißrvache und Aungerenot, Ueberfchwernmungen””), Rriegensre,
Pilgerfabrten und Breusüge brachten manchen ins Zlend. Die landlos
Gewordenen, welche nicht die Energie hatten, fid) eine neue Eriftenz zu
fbaffen, wurden zum großen Troß der fahrenden Keure verfchlagen: den
Spielleuten und GBauflern, Scholaren und Lotterpfaffen. Gegen diefe
erließ der Rat von Worms eine frenge Verordnung”). Sie waren dem
fehbaften Leben verloren und gingen meift auf der Landftraße oder im
Spital elend zu Grunde. Andere fanden als Rriegsleute einen ebren-
vollen Dienft, und wieder andere verdienten ihr Bror mit ehrlicher Arbeit
als dandwwerker, ind von diefen gelang es vielen, in der Stadt fic) eine
neue, sufunftsfichere Eriftenz zu begründen. Vor allem lockte es den
Unfteien in die Stadt, weil er bier nicht nur fein Bror verdienen, [ondern
fid auch die Sreibeit erringen Eonnre. Denn damals trug der deurfihe
Bauer mod) flols fein Jaupr und verweigerte feinem <eren zumeilen
trogig den Dienft“).
In jenen Zeiten war nur ein Bleiner Teil der Stadeflur mit hdufern
überbaur, ein weit größerer diente den Zwecken der Landwirrfchaft.
Ylun fag es im Tinterefje des Stadrheren foroohl als der übrigen
Brundbefiger, wenn recht viele in die Stadt einwsanderten, um fich bier
bleibend niedersulaffen, dem dadurch fteigerte fi) nanirlich der Wert
der Grimdftüche. Bor man alfo den zumandernden Leuten Land zu
möglichft vorteilhaften Bedingungen an, damit fie darauf Adufer bauten,
fo mußte dies im günftigften Sinne für die Entwidelung der Stadt
wirken”), E
Das Verfiindnis für diefe Dinge it leider lange Zeit durch unrichtige
Anfchauungen und Jyporbefen getrübt worden; man bat nämlich gemeint,
daß in den deurfchen Bifchofoftäbten zu einer Zeit der gefamte Brund
und Boden in die “nde des Bifdyofs und der Kirche und dann
wieder in irgend einer Weife in Befig der Altfteien gefommen fei.
Infolge der Ortonifchen Privilegien hörten auch die Altfreien ihre volle
Die Sradr als Markt. Stadrluft mache feel. 383
Freiheit nicht bewahren Einen, fie wären zu Vogteipflichrigen geworden,
und ihr freies Zigencum hätte fid) in zinspflichtiges verwandelt. Die
Scifte bitten fodann Zörigen ihr Land zu günftigen Bedingungen über:
tragen, und allmählich fein diefe zur Seeiheit aufgeftiegen. YTamenclich
leitet man von der Zinspflichtigteit der ZJandwerker ihre “erkunft aus
dem sofrechte ab"). Wir haben die Unrichtigkeit diefer Behauptungen
in Besug auf’den Brundbeftg, der Rirche und die Wirkung der Brronifcben
Privilegien bereite bargerhan (fiebe oben). Aber auch die Ableiung des
andwerkerftandes aus der Hofbörigkeir”") fi eine grundfalfche Theorie.
Gewiß gab es börige «andwerter, wie auf dem Lande, fo auch in der
Stadt, aber mir der Ennwicelung eines freien Bürgerrums haben diefe
nichts zu ehun.
Sdtte der Bifhof die zugemwanderren Raufleure und <andiverter
auf feinem, dem “ofrechte unterworfenen Lande angefiedelt, fo wären
diefe daburdy eben dem “ofrechte unterworfen worden. Es mag diefer
‚Hall gewiß Sfters vorgefommen fein, aber niemals wäre auf diefe Weife
eine fteie Stadt eneflanden. YIur wenn der Einwanderer auf freiem
Grumd und Boden faß, Eonnte er feine Sreiheir bewahren oder diefe
erringen.
Tn den theinifchen Bifchofaftädten faßen die Bürger auf freiem
Grund und Boden, den ihre Vorfahren einft bei der Eroberung durch
das Los erhalten oder den fie fpäter erworben hatten. Sie waren zu
allerlei Abgaben und Zeifhingen an den Rönig oder den Stadtheren,
den Bifcbof, verpflichtet, aber Diefe Abgaben und Leiftungen fepmälerren
ihre Sreibeit in Beiner Weife”). Als die Einwanderung der Land:
bevölterung in die Stadt feit dem Ende des II. TFahrhunderrse in
ftärterem Maße als zuvor fich vollsog, parzellierten die Bürger ihr Land
und verliehen die Baupläge gegen mäßigen Zins. Auf diefer Landparzelle
baute nun der Einwanderer ein “aus oder einen Sof, zuerft einfach und
billig aus Sol, fpdter aus Stein”). Wollten der Bifchof oder die
Stifte und Biöfter ihren brachliegenden Brundbefir ebenfalls vorteilhaft
verwerten, fo durften jie es nicht nach dem echte der Zofhörigkeir
thun, fondern fie waren durch die Monfurrenz der freien Brundbefizer
gezwungen, den imwanderern die gleichen günftigen Bedingungen zu
sugefichen.
Kin großer Teil oder vielleicht der größte Teil der Kinwanderer war
aber unfteier “erkunft. $Entweder befimmerte fic) fein Zerr nicht um
384 35. Bapitel.
ibn. Yad) einem Aechesfäge, der fyon dem 12. Jahrhundert angehört,
bleiben folche “örige unbebellige, wenn nicht der ‚er binnen Tabr und
Tag feinen Anfpruch auf fie geltend macht. Ober er verlangte ihre
Auslieferung, oder er geftattere ihnen den Aufenthalt in der Stadt gegen
die Derpflichrung, die bisherigen Leitungen weiter an ihn zu entrichten.
Die Srädre haben im allgemeinen die Rechte der Brunbberren an ihre
unfreien Leute anerfanne oder wourden geswwungen, ie anzuerkennen. Oft
genug fchreibt das Stadtrecht vor, daß alle, welche das Bürgerrecht
erwerben wollen, fidh zuvor mit ihrem &errn auseinandergefent haben
müßten”). Der, welcher in Worms als Bürger aufgenommen zu
werden wünfehte, mußte unter anderem fhroören, daß er Beinen eigenen
Seren habe und daß er aud) feinem Jserrn zu Dienft noch zur Steuer
verbunden fei. Spricht ihn fein “herr binnen Jahr und Tag an, fo
wird er ibm ausgeliefert. In dem erften Tabre betrachtete man ihn
daher nicht als Bürger, fondern ale Ausmann”)).
Zu den Zeiftungen der Körigen gegenüber ihren Yercen gehört auch
der Sterbefall). Am heine Fommt eine Abgabe vor unter dem
Clamen Bureil”), das heißt Diebreilung. hen zoifchen Ungenoffamen,
das beißt swoifchen Angebörigen verfehiedener “öfe oder "Herrfchaften,
galten eigentlich nicht für erlaubt, aber nad) der jüngeren Kedhrs-
anfdpauung duldere man fie, mur daß der dere, im Salle eines der
Ehegatten ftarb, Anfprudy auf zwei Drittel (fo in Worms Lex familise
$ 15) oder auf die Aälfte der führenden abe (des Viebes) machte.
Wiederbolt hat man fehpon die Doppelfeitigteir im Charakter des
falifhyen sserrfcherhaufes betone: einerfeite die Yreiqung zur Aus
bildung abfolurer Bewalt, ein Zug, der namentlich bei “eineich III.
f&arf‘ hervorwitt, andererfeite eine humane Gefinnung gegenüber den
unteren Schichten des Volkes. Bonrad II. begünftigte das Auffommen
der niederen Vafalliche und %einrich IV. und Seineich V. die Städte.
Als Ienterer JIJJ aus Jralien wieder nad Deurfähland zurhcktem, ließ
er in demonfrativer YDeife die Leiche feines Vaters im Dome zu Speier
beifenen, und zur ewigen Erinnerung an diefe Seier gab er der Stadt
Speier am J4. Auguft im Kinverftändnis mit dem Bifchof Bruno eine
Urkunde”), wonach die Kinwohner verpflichtet fein follen, jährlich am
Todestag „einzichs IV. mit Lichtern in Progeffion zur Seelenmeffe zu
sieben und von jedem Zaufe den Armen ein Bror zu einem barmberzigen
Almofen zu reichen. „Alle, die in der Stab Speier jet wohnen ober
Die Stade als Markt. Srabrlufe mach frei- 385
Darnady wohnen werben, woher fle aud) kommen und welchen Standes
fie find, befreien wir fie und ihre Erben von dem verabfeheuungsmärdigen
Gebrauch, Bude genannt, wodurch bie ganze Stadt in Armur gefkhrze
worden ift; Bein Beamter, hoher oder niebriger, woeber der Vogt noch
{hr nachrlicher ee, foll von ihrer Sinrerlaffenfchaft ermwas wegnehmen,
und alle follen vollftändig freies Verfügungsrechr Über ihr Prbe haben“.
Diefe Urtunde foll, damit fie nicht in Vergeffenheir gerate, mir goldenen
Buchfiaben und dem Bildnio des Maifers in die Vorderfeire des Domes
eingegraben werben, zum Zeugnis der befonderen Liebe des Maifers für
die Bewohner von Speier.
Auf die Rlagen des Volkes von Worms bob der Baifer am
30. Ylovember I114 in der Stadt Worms ebenfalls das Bureil auf”).
„YOir befehlen, wer oder woher auch der Wann fei, weldyer feine Grau
entweder aus feiner &ofgenoffenfchaft oder aus einer anderen Familie
genommen bat oder fon verheiratet won irgendwo bierber gefommen
ift, daß Bein Vogt diefe he auflöfe und daß keine Behörde, hohe oder
niedere, beim Tode des Wlannes oder der Jrau itgend erwas ihrer
Sainterlaffenfchaft gleichfam von Rechte wegen beanfpruche, fondern ber
Überlebende arte foll die „interlaffenfÄhaft erben, und wenn beide
Ebeleute ohne Yladytommen geftorben find, fo erben die Lrädhft
berechtigten den Flachlaf.“
£s handele ich bei Diefen beiden Privilegien für Speier und
Worms Iediglich um örige””), und die Winifterialen und freien Bürger
wurden dadurch in feiner Veife berührt, denn von diefen wurde niemals
ein Buell erhoben. Aus einer Urkunde des Bifchofs Azecho vom
Tahre 3035”) erfahren wir, daß die Körigen der Wormfer Kirche
auch der Pflichr des AHaupteechtes oder Sterbefalles (auch Befthaupt,
Burmede genannt) unterworfen waren. Bann man den Buteil als
Abfeyreichung des urfpränglicen Kechtes des ern auf den ganzen
Vradhlaß feines Aörigen anfeben, fo ift der Todfall felbft wiederum eine
Abfchwächung des Buteils”), indem der Zerr aus dem Ylachlaf feines
Sörigen nur das befte Stück Bleid oder das befte Stück Vieh fordere.
Doppelt fhlimm war eo für den “örigen, wenn zugleich Bureil und
Todfall gefordert wurden. Ylun war durch “einrich V. der Buteil
aufgehoben worden, nicht aber der Todfall. Seiedrich I. bob in feiner
Beftätigung der Urkunde “einrichs V. am 3. Tanuar II84 auch in
Worms das “auptrecht (houbitrecht) wie den Bureil auf”).
15. Do0n. Die Aue we inifäen Same 1 -
386 15. Bapirel,
Auch in Speier war ein Streit zwifchen dem Bifcbof Ulrich und
den Binwohnern über die Auslegung der Urkunde einriche V. ent:
fanden, indem der Bifchof das Fauptrecht fordere, die Einwohner die
Abgabe jedoch verwweigerten mit Berufung auf die Befreiung durch
%eineich V., in der YWieinung, das “auptrecht wäre unter dem Fiamen
„Bütheil et Suppellectilis“ einbegeiffen””). Der Bifdof' ftimmte nun
der Jnterpretation des Raifers zu, daß die Einwohner auch vom Laupt:
techt befreit fein follten.
Offenbar batte der Bifcyof die auf Rirdyengut, aber nach Stade:
techr angefiedelten Keublrger al Yörige der Rirche behandeln wollen.
Tent mußte ex ihre Sreibeic anertennen. Wenn im Privileg Zeinriche V.
der Bifchof Bruno feine Zuftimmung zur Befreiung vom Bureil gab,
fo gefihah es, weil durdy diefe Waßregel er in erfier Linie berroffen
wurde. ingegen berübrte ihn das Verhältnis der Zugewanderten zu
ihren ehemaligen “erren nicht. Durch die Aufhebung der börigen Ab:
gaben in Worms und Speier griff der Mönig in die Privarrechte der
Grundberren ein. Doc) dies gefchab durchaus im Sffentlichen Intereffe.
Denn diefe börigen Abgaben waren unberechtigte Dedrüdungen der
Schwachen durch die Starten, und die davon Betroffenen fahen fie als
ein ihnen angebanes fAymeres Unrecht an. Wlir den Intereffen, der
Stadt waren fie völlig unvereinbar. YVohl lag der Stadrgemeinde viel
an der Einwanderung frifcher Arbeiteträfte, wenig aber am Zuwachs
von Leuten, die wirrfbaftlich gefehwwächt und in perfönlicher Abhängig:
keit vom DBifdbof und den Eirchlichen Stiften fanden. in der Stadt
Bonnte die Bemeinde nur Sreie gebrauchen. Eben deobalb fann man
die Privilegien Seinriche V. und Sriedrice I. ale Sreibeiten der Stadt
bezeichnen. Diefe Befteiung von Bureil und “auptrecht galt eigentlich
nur für Worms und Speier, fie war kein Reichsgefen; aber da Diefe
beiden Städte zu den vornebmften Deurfchlands gebörten, fo mußte füch
ganz von felber die Anfcyauung bilden, daß in Städten Bureil und
Yauptredht, das beifie börige Abgaben, mir ftädrifcher Entwicelung, mit
dem ganzen Wefen einer Stadt unvereinbar feien.
Serbftverftändlich fand diefer Brundfag, daß in der Stade keine
börigen Abgaben erhoben werben dlirfen, nur Anwendung auf Bärger,
nicht aber auf die Aörigen der Brundberefhaften innerhalb der Stadt.
Diefe blieben nadı wie vor dem yofrecht und feinen Laften unterworfen.
Das erhellt ganz deutlich aus der Deftdrigungsurfunde Sriedriche 1. für
Die Sradt ale Markt. Gtadıluft made frei. 387
Worms. Denn bier wird ausdrücklich der Blrger von Worms als
folcher bezeichnet, der vom Bureil und Jauptrecht befreit it”). Blirger
aber ift der, welcher nach Stadtrecht Iebr, Das heißt, welcher das volle
Blrgerrechr erworben har, wozu der Befls eines Brundfilckes geböree.
Lady einer Beftimmung des Wormfer Rats aus dem 13. Tabrbumdere
tonnte nur der Blirger in Worms werden, welcher innerhalb eines Jahres
ein Jaus oder Brundftich in der Stadt im Werte von Io Pfund fich
erwarb”'). Aber Ältere Stadtrechte beftstigen diefe Sanung””).
Oft genug ift in fifdrifchen Urkunden vom Weichbildrecht, Warte:
vecht, Burgrecht, Stadtrecht die Rede. Alle diefe Ausdrücke befagen
dusfelbe: ein Recht, das in der Stadt gilt und nicht auf dem Lande.
Ylady diefem Hecht wird das Grundeigentum erworben”). Es handelt
ch bier um die fldrifche Erbleibe. Aucd) auf dem Lande Eomme die
Erbleihe vor. Die Riöfter find mit Vorliebe mitten im Urwald
gegründet worden, und fie hatten die Aufgabe, Diefen der Rultur zu
gesinnen. Aud) dadurch, wie auf geiftigem und Pünftlerifihem Gebiete,
find fie Babnbrecher der Rulcur gewefen”“). Thre unfreien Leute reichten
zu der harten Arbeit der Urbarmadhung nice aus, dazu bedurfie
man der Tharkraft freier Bauern, welche gegen günftige Bedingungen
gewonnen wurden. Sie erhielten das von ihnen urbar gemachte
Land zu Brbleihe. Diefes Rechtsinftitur der rbleihe harte nun aud)
für die Sradt die größte Bedencung. Jier galt es nicht, zu roden,
fondern, wolle man das Land beffer verwerten, mit «dufern zu
Überbauen. Der Stadtherr, das Mlofter, der freie Brundbefiger in der
Stadt parzellierten das Land in Baupläge von ungefähr gleicher Größe;
der Bauluftige errichtete darauf ein Jaus und zahlte dafüır einen feften,
niche zu erböbenden Zins. Das durch den Jansbau gebefferee Brumdftick
befige er in rbleibe. Er kann das “aus verkaufen, mit Vorbehalt dee
Vorkaufsrechtes des „eren, ebenfo Bann er frei danonziehen; denn durch
diefes Verhältnis geriet der Belichene nicht in !perfönliche Abhängigkeit
vom Zeibeheren, die Zinssahlung chat der Sreibeit feinen Abbruch.
In Ronftans zum Beifpiel wurde das Zinseigen gemäß Stadtrecht
befeffen und begründete eben das Bürgerrecht. Der Zins Eonnte nicht
erhöht werden, und auf Säumnis der Zinssablung ftand nur eine Beld-
buße. Ausdriicklich woird als Ime? der Leibe Ueberbefferung angegeben,
alfo “ausbau. Der Higentlmer hat ein Vorkaufsrecht, auf das aus
und der Beliehene ein Vorkauferecht auf das Brundftüch, worauf das
-
388 15. Bapiteh,
aus lebt. Dem figenehmer des Brundftüces wurde bei Beflg-
veränderungen ein WPbrfchan besablt. Sonft bat der Leiber freie
Derfügung””). Auch in den anderen Städten beftanden Ähnliche Bedyrs-
verhäfeniffe. Ver in der Stadt nady Stadtrecht Grundeigentum erwarb,
wurde dadurd) frei, und daher Lam das Spridwort auf: „Stabtluft
mache frei").
Urfprünglich gab es in Deurfchland Peinen Unterfchied von Stadt
und Land; in der Stadt galt dasfelbe Hedyr wie auf dem Bande; die
Stadtgemeinde nahm Peine andere Stellung im flaatlichen Organismus
ein wie die Landgemeinde. Aber während auf dem Lande die
Verbäimiffe ftabil blieben, entwickelten fie fich in der Stadt viel
tafcher, zu Beiten tweibhausartig. Die DBedlrfniffe des Verdehre, eine
vorgefehrittenere Wirtfchaft machten fid) in der Stadt, namentlich
auf dem Gebiete des Nechtslebens, fühlbar und geltend, und fo encftand
ein Stadtrecht, das man, weil es in erfier Linie die Baufleue
bertickfichtigte, vorzugeweife ale Wiarftrecht beyeichnere. Die Stade
genießt einen böberen Srieden als das Land. n der Stade gilt der
Rönigsbann von 60 Schilling, auf dem Lande der Grafenbann von
5 Schillinge. In der Stadt werden die Einwohner von den Abgaben
der »örigkeit: DBureil und sanptrechr, befreit und DBefchränkungen
des Ehe: und Erbredhtes aufgehoben. In Besug auf das Jmmobiliar-
fadyenrechr werden für die Stadt wefentliche Erleichterungen gefebaffen;
die freiere Sorm der rbleibe, die man vorzugsweife Stabtleibe oder
Leibe nach Stadtrecht nenne, erlangt in der Stade die Aleinberrfcpaft.
Wer, beißt es in der fehon oft citierten Urkunde Seinrichs V. für Speier
vom Jahre IIIL, zaus nd Hof Jahr und Tag unbefprochen befeffen
bat, ift nachher niemandem, der darum wußte, Rechenfchaft febuldig.
Dasfelbe Privileg gewährte den Bürgern das Hecht des ausfchließlichen
Gerichtoftandes innerhalb der ftdrifdyen Bannmeile. Yriemand braucht
außerhalb der Stadt das Ding feines Vogtes zu befichen, ned) von
feinem Ligen oder feiner fahrenden Fabe auferhalb der Stadt fehuldige
Zeiftungen su entrichten. Die Befreiung der Biirger von auswärtigen
ten wurde der Stadt Mainz IJIS gewährt”), und Baifer
‚Sriedric) II. befreite 1236 die Wainzer Bürger von jedem auswärtigen
Gerichte, ausgenommen das Baiferlidıe und den Zall etwaiger Rech:
verweigerung vor dem Seabtgericht”®). Dasfelbe Privileg liefen ich
Worms und Speier 1255 vom Bardinallegaren Perrus und 1260 vom
Die Stab als Maske. Geadrluft mad frei. 389
Papfie Alerander IV. verleihen”). m Tabre 1285 verbot König
Audolf dem Königlichen “ofrichter, Riagen gegen die Blirger von Worms,
Wainz und Speier anzunehmen”). Tin den Städten bildete fc) fchon im
33. Jahrhundert ein Baufinännifches Bewwohnbeitsrecht aus. Den Blirgern
flebt Iaue dem Sreiburger Stadtrecht $ 5 das Hecht zu, im Salle fic)
ein Streit erhebt, darhıber zu entfcheiden, was rechtens ift. Auf Diefes
Raufmannerecyt wird bie und da bingemiefen, fo zum Beifpiel als in
Allenebach am Unterfee unter Raifer Otto III. ein Markt gegrhnder werben
follte, auf das Recht in Worms und Mainz”), andere male auf das Recht
in Bonftang oder Bafel®”), ganz befondere maßgebend galt das Kechr
der Rölner Raufleute”®). Die Stabreinwohner erhielten ferner eine
Anzahl von Srleichrerungen des Verkehrs und Befreiung von LÄftigen
Abgaben. Jeinrich V. befreite JIJJ die Einwohner von Speier von
allen 3öllen, die fie bisher in der Stadt entrichten mußten. Yiemand
darf die MWilnze leichter ober fähmerer madyen ohne Zuftimmung der
ZÜrger. Don denen, die ihre eigenen Waren auf eigenen oder ftemden
Schiffen führen, darf keine Abgabe erhoben werden. m Umfange des
Speierer Bisrume, foroie an allen Eöniglichen Zoltftätten, find die Bürger
von Speier zollftei. Yliemand foll in der Stadt ein Recht des Wein:
bannes ausüben ober die Schiffe der Bhrger gegen ihren Willen zum
Saeerdienft beranzieben. Die Blirger follen der Besablung der Bann-
und Schofpfennige”‘) enchoben fein, ebenfo des Pfefferzinfes, der von
den Schiffen entrichter wird, fo oft fie mit Waren den &afen der
Stadt anlaufen. Rein Beamter des Bifchofs oder eines anderen “Kern
darf von den Bädern und Wengern oder einer ähnlichen Rlaffe von
Limwohnern wiber ihren Willen irgend ein Stüc ihrer fahrenden abe
wegnehmen.
Der kaufinännifche Verkehr war zur Römerzeit mit einer Reihe von
Abgaben belafter gewefen, die zum Teil fich in der fränkifchen Periode
forrerhielten. Diefe (äftigen, den Verkehr hemmenden Abgaben wurden
nun geößtenteile aufgehoben oder vermindert.
Die Verwaltung der Stadt liegt audy in diefer Periode noch immer
in den “änden der Beamten, die vom Bifchof eingefee werden: Burg:
graf, Schulcheiß c. Diefe werden in den Urkunden als Wiagiftear der
Stabt”®) oder als die, welche die Beridytebarkeit und die Gewalt fiber
die Wormfer Bhrger haben”), begeidhner. Die Blirger wurden zu
manchen öffentlichen Gefdyäften beigesogen, im Gericht als Umftand
390 15. Bapiel.
und Schöffen; bei Angelegenheiten, welche ihre fpegiellen ntereffen
angeben, werben fie um Mar gefragt, manche Befhllffe und Ver:
fügungen nur mit ihrer Zuftimmung gefaßt; die vornehmften der
Bürger erfebeinen in den Urkunden ale Zeugen.
Zwifchen den Wiinifterialen, welche die Verwaltung im KTamen und
im Aufrcag des Bifchofs führen, und den Blrgern berrfhte die befte
Eintracht, ja aus Straßburg wiffen wir, daß die bifcbSflichen Beamten
mehr auf Seiten der Bhrger ftanden, als auf der des Bifchofe’”), denn
fie waren die natlırlichen Vertreter. der Tintereffen der Stadt, fo lange
die Btirgerfehafe noch eines autonomen Örgans entbebrte”®).
16. Rapitel,
Das Zeitalter Sciedrichs 1.
in Yloröfrankreich, den Yriederlanden und
Tralien haben fich die Städte fon frlib
der Auroricät ihrer Stadtherren: Difchöfe,
dgersöge oder Brafen, zu entzieben gefircht
und völlige Auronomie angeftrebt”). In
Deuefchland bingegen beftritten fie die
Rechte der Stadtberren nicht, und wenn
fie fich einmal erhoben, fo gefcbab es,
wie zum DBeifpiel in Röln, nur gegen
ungerechte Austibung der Bewalt. Denn
der Wipbrauch der Amrsgewalt lag für die
Bifcyöfe fehr nahe. Die Blrgerfchaften
haben aber bei den Mönigen Jilfe und Schu gefunden, wie auch diefe
bei jenen zuweilen Zuflucht fuchten, und die Bifchöfe mußten fich der
böberen Aurorität fügen. Sie fahen eigentlich der ganzen Entwwicelung
der Städte meift paffio zu, und erft ale es bereits zu fpät war, wollten
fie fidh ibe entgegenftemmen.
Erzbifchof Adelbert von Mainz blieb auch nad dem Tode
“einriche V. feiner partikulariftifchen Politik treu. Die beiden ftaufifdhen
Gebrüder Sriedrih und Ronrad erbren das falifche Jausgur. Friedrich
von Schwaben war einer der angefehenften und mächrigften Sürften des
Reicyes, fowwohl mit dem eben ausgeftorbenen falifdyen Befchlechre
verwandt, als mit den Welfen verfhhroägert. Er befaß die näcfie
Anmarrfchaft auf den Ihren. Aber Abdelbert Überliftete ihn, und auf
dem Wahltage zu Mainz, den 3. Auguft 1325, wourde nicht Sriedrich,
14. cn, Die Rute der nem »
394 18. Bapirel,
fondern “erzog Lorbar von Sachfen zum deurfchen König genoäblt.
Der Papft gab dazu feinen Segen”. Ylachdem der neue Bönig
in Aachen den I3. September gefröne worden war, fubr er den
Abein hinauf, um über Worms (den 3. YTovember) nach Regensburg
zu reiten. Seiedrich von Schwaben batte im September Lothar
gebul Da jedoch der Hegensburger Reicherag (Viovember 1125)
das falifdhe Erbe den Staufen abfprady, empörten fi die beiden
Brüder. Die rheinifchyen Srädte fymparhifierren mit ihnen, aber nur
Speier widerftand dem Mönig ernjtlich, der die Gtadt zweimal
belagerte. Porbar weilte nur noch einmal in Worms, wo er 1128
Weihnachten feierte*). Yrichr eine einzige Urkunde bat er für Worms
ausgeftellt. Der Schwerpunkt feiner Wacht und feiner ntereffen lag
überhaupt in Sadıfen.
Schließlich gelangte das faufifche Ahaus doch noch zur Könige
volisde””). Zu Moblenz kamen am 7. Wiärs 1138 Albero, KErzbifchof
von Trier, Arnold, Erzbifchof von Köln, Burchard II, Bifhof von
Worms, einige lorhringifche Fürften, die beiden Staufer und der
päpftliche Legar zufammen, und auf das Drängen Alberos wurde Bonrad
gewählt, der fogleich am Aheine als Rönig anerkannt wurde. Unter
ihm genoffen die rbeinifchyen Städte des Seiedens, der auch nicht Durch
den Rreuszug des Jahres JI47 ernftlidh geftdre wurde. Ein fanarifcher
Möndy wußte durch feine Beredtfamkeit die Wienfehen binzureifen und
namentlich zur Verfolgung der verhaßten Juden zu entflammen. Diefer
nahmen fidh der Rönig und andere Großen an; gleidywwohl wieberholten
fi) die blutigen Scenen des Jahre 1096. Abr Bernbard von Elairveaur
war mit diefem wilden Treiben nidht einverftanden. Er wänfchte einen
geordneten “eerzug und daf der deutfche Rönig fi an die Spige
des Mreussugebeeres ftelle, wie aud Ludwig VII, Mönig von
Srankreidy, das Rreuz genommen hatte. Zn der That, der feurigen
Deredtfamkeit Bernhards gelang es, Rönig Konrad zu überzeugen.
Der berühmee Ranzelredner predigee mehrmals im Dome zu Worms,
fo im Oftober 1147 und am 27. und 28. Dezember, wobei er viele
Wunder vereichtere”®),
Am 20. uni 1147 brach das franzöfifcbe eer von Men auf und
tam am 29. Juni an den Ahein. Wegen der Ueberfahrt über den
Strom brach zwifchen den Sranzofen und Wormfer Bürgern Streit
aus’), 4Erwas früher waren die Deurfchen aufgebrochen. Wan Eenne
Tas Seitalter geiebeicbe I. 395
ja die Erfolglofigkeit diefes Zuges. Shr Deutfehland hatte er den Vorteil,
daß das Land für einige Zeit des allsu großen Ueberfchuffes der Eriegerifcben
Rräfte entledige wurde. Der Miferfolg führte eine Reaktion gegen das
Uebergesichr der Birchlichen Wacht herbei, und das deuefche Rönigrum
#onnee feine alte Grellung wieder erringen.
Zange fand Bifcof Burchard II., Bucco genann, an der Spige
der Wormfer Rirche, und er nahm unter König Boncad, den er hatte
wählen belfen, Sfiere an den weltlichen Angelegenheiten teil?®). Auch
fand in diefer Zeit ein Reichstag in Worms ftarr (1140)%%). DBefonders
eifrig pflegte aber Bifchof Bucco die geiftlicben Intereffen. ben zu
feiner Zeit war die religiöfe Strömung eine febr intenftve. Die ungllich-
felige fehwächliche Regierung Ronrads III. erzeugte eine große Un-
‚sufriedenbeit in den deurfchen Bemlitern, und gerade die Beften wandten
diefer argen YWVelt den Rücken und ließen fib in die in Srankreich
eneftandenen ftrengen YWIönchsorden aufnehmen. Unter diefen neuen Orden
batte der von Citeaup die größte Bedeutung, indem er das ZJauprgersicht
auf die Arbeit legte, und zwoar auf die Seldarbeit. In wilder Einfamkeir
wurde eine Waffe von neuen Rlöftern für Wänner und Frauen gegeiimder,
welche der Kultur als Bannerträger dienten.
Bifhof Burdyard von Worms bat den beftehenden geifttichen
Stifrungen feine Shrforge zugewandt; er weihte den Dom, verfibiedene
Ardre und Wapellen, und er ift der Bründer der Ciftersienferabrei
Schönau bei “eibdelberg””), wo er auch feine Aubeftätte gefunden bat;
ferner flftete er die drei Auguftinerklöfter Zobenfeld, Zöningen und
Mühlbeim, und febließlih nahm er auch an der Grimdung der zwei
Rlöfter in Scantenchal Anteil. Diefe Rlofterfiftung ift für jene Zeie
böchft harakteriftifch.
Damals muß fi in Worms in einzelnen Zänden fehon ein berrächt-
licher Reichtum angefammelt baben. $Ein reicher Wormfer Blrger,
Linrfeid, befteite 1100 das in Bedrängnis geratene Mlofter Reichenberg,
indem er es sum Erben einfenre’*). Tin der zweiten Zälfte des II. Jahr:
bumbderrs lebte in YWorme ein MWinifteriale Reginmar, deifen Bruder
WePenbert bifdhöflicher Rämmerer war*”). LTacy ihm wurde der Sohn
des Aeginmar genannt. ine fpätere Tradition leitet won biefem
Rämmerer Ectenbert das Befchlecht der Rämmerer von Worms ber,
dem auch der heilige &eribert, Ersbifchof von Möln, angehört haben
fol. Das ift alles ganz falfch. Denn im 12. Tahrhumderr war das
396 16. Bapiıel
Amr des Mämmerers noch nicht erblich. Erf 1239 wurde Nirter
Gerhard der Jüngere erblid mir diefem Amte belehnt, und diefer ift
der Begrümder des mit der Wormfer Befebichte fo eng verbundenen
Gefählechts der Rmmerer von Worms.
Der junge Ectenbert wurde der Zucht des Abtes Stephan in Limburg
übergeben, oo er nicht nur die Elemente des hriftlichen Glaubens, fondern
auch die Grundlagen böberer Bildung Eennen lernte. Wir Kifer gab er
fih den religisfen Impulfen und dem Studium bin, fo febr, daß er das
Wipfallen feiner Eltern erregte, die aus ibm feinen Wöndh, fondern einen
Ritter machen wollten. Wr gedieb an Leib und Geift, und oft erfreute
er feine Angebörigen durch fein Saitenfpiel. Yrachdem fein Vater
‚geflorben war, warf er fich mir neuer Luft und Liebe und nun ungebindert
auf das Srubium. Seine Whurter bitte ihn gerne verheiratet, um feine
Mönchegedanten zu verfeheuchen. $Er aber hatte für alles nur caube
Obren, bis ihm eine Wagd Rilindis zu gefallen fdien. Er Baufte fie
von ihrem Seren frei, und nach dem Tode feiner Wlurter nahm er fie zu
fi und erzeugte zwei Söhne mit ihr, die beide Beiftliche wurden. Linft
geriet er mit dem Burggrafen in Streit, und diefer reiste den Zorn des
Bönigs gegen ihn, allein durd feine Srömmigteit und fein Saitenfpiel
wußre er den Rönig günftig für fich zu flimmen. YIun gefchah es, daß
die Stade Worms beinahe ganz verbrannte, fo daß nur wenige Kirchen
unverfeber blieben. In Diefer Zeit erkrankte Ectenbere auf den Tod, und
allgemein war in der Stadt die Teilnahme um ihn. Wolfram, Ruftos
zu 6. Paul, redete ihm ins Gewiffen, weil er im Bonkubinat lebte. Er
ließ fich darauf auf dem Arankenbete mir der Kilindis, der Winter
feiner Söhne, Birdylich verbinden, womit feine Verwandten nice ein-
verftanden waren. Darauf fank er in tiefe Obnmacht. Er hatte einen
foweren Traum. Es war ibm, wie wenn er vor den Kichterfhubl
gefehleppt und dort über feine Vergangenbeit inquiriert würde.
SchrecPliche Gefahren bedrohten ihn, aber eine fromme Wlatrone reichte
ihm die verende Zand. Diefe Warrone war Diza, eine Wormfer
Bürgerin, fowohl durd) die Mbrbarkeit ihrer Sitten, als die Zahl
ihrer Verwandten und die Größe ibres Reichrums überall bekannt.
Sie hatte eine Wallfahrt mac) S. Georgen im Schwarzwald gemacht
und dort den fEcfenbert dem Gebete der Mönche empfohlen. Als
Ectenbert wieder genefen war, gelobre er, mit feiner Scan fortan der
Welt zu entfagen und fid) nur der Aushbung guter Werke zu widmen.
as Seitalter geiedeide L 397
Sie taten nun Bold und Silber und die Poftbaren Mleider von fich
und machten ihr “aus zu einer Zufluchteftftte der Armen. In der
Ihe der Stadt gefimderen fie eine Zinfiedelei, wo beide abgefondert
mit anderen gleichgefinnten Benoffen dem Geber und der Wiedirarion
lebten. Er wartete nur auf einen göttlichen Fingerzeig, mo er das
Rlofter, das er zu gründen gedachte, errichten wollte. Von all feinem
Reichrum befaß er allein nody zwei “ufen im Dorfe Srantenthal. Der
‚Get eignere fich nur ducch feine ebene Lage für eine Eiöfterliche Stiftung;
die Aecker waren unfruchtbar, nirgends ein Wald oder nartırlich fließendes
Woaffer; die Gegend den Ueberfehwwenmungen des Abeines ausgefent,
wodurch die Luft verpefter und die Wiefen verfänerr wurden. Aber
gerade eine fÄhlechte ungefunde Lage reiste damalo oft genug zur Anlage
eines Riofters; ich erinnere nur an den beiligen LIorbert, den Gründer
des Prämonftratenfer-Ordens. Einige Reiter erfchienen in jener Gegend,
wo nachmalo das Mfofter errichtet wurde. Ihre Langen fünkelten im
Eimsfeuer, fo daß fie wie Jackeln leuchten. Das war für Kdtenberr
ein görtliches Zeichen. Trog aller ihm in den Weg gelegen Schwierig:
teiten fegte er feine Abficht durch. Am 25. April JII9 wurde das
Sundament zue Waria-Wagdalenenkicche gelegt und am 12. Juni 1125
von Bifchof Burchard II. von Worms eingeweiht. Aber fle war noch
lange nicht vollendet. 142 weihte Burchard die fertig gewordenen
Partien der Bafilite. Am 9. April IITI brannte das Münfter wieder
ab; fogleih begann der Yleubau, der von Bifchof Monrad II.
am 12. uni JISJ eingeweiht wurde, Die Bemablin fEctenberto,
Rilindis, erbaute das Srauenklofier S. Stephan in Srantenthal; die
Sundamentlegung fand am Jo. Wiai 1125 fiatt und die Weihe am
25. April 1339.
Im Jahre 3325 genehmigte Bifcof Burdyard II. die Gründung
Edienberts. Das neue Rlofter follee der Regel des heiligen Auguftin unter-
worfen fein. Dasfelbe wurde dem Stifte 5. Peter in Worms inforporiert,
und zum Gedächnis daran follte der Propft des Rloftere alljährlich zur
Zeit der großen Liranei swei fülberne Pfennige auf den Altar der Dom-
firche legen. Dem Alofter wird im ganzen Discum Sollfreibeit gewährt,
fowie Befreiung des Zehnten von allen Gütern innerhalb der Jmmunicde
des Rlofters. Der Bifchof nimmt es in feinen befonderen Schug.
Papft Jnnocens II. beftäeigte 1137 diefe Stiftung”). Das Männer:
Mlofter bieß beim Volt Broßftankenehal, das Srauenklofter Rleinfranken-
398 16. Bapirl.
tbal. Zuerft wählten die Brüder zu ibrem Propft Berdolf, Ranonikus
zu Springierebac. Da er aber nicht im fiande war, feine Aurorirde
aufrechr zu erhalten, fo verzichtere er auf feine Wöiirde. Denn nur auf
Edenbert börten die Brüder, mur ibn wollten fie zum Vorjteber baben.
Obgleich er ein Laie war, wurde er nun gewählt, Rilindis aber über:
nahm als erfte Wieifterin die Beiung des Srauenloftere. Bcenbert
fiarb am 24. Dezember 1132. Von überall ber firömren die Leute
aufemmen, um ihm die lente Ehre zu erweifen, und fie warfen Pfennige
in die Torenbabre. Bine $rau, die ihm zu feinen Lebzeiten einige
Schillinge geben wolle, drückte fie dem Toten in die hand.
Mir der Zeit wuche der Reichtum beider Rlöfter, mit dem Reicdy:
tum fAwend aber die Zucht. Die Zuftände im Srauenklofter wurden
febließlich im 15. Jahrhundert derart, dafı Bifchof Sriebrich es mir
Genehmigung des Papftes Eugen IV. aufbob und deifen Vermögen
dem Wiännerklofter Überwiee. Allein auch diefes zerfiel. Die finanzielle
Unordnung veranlaßte den Bifchof Aeinhard von Sickingen, den Abt
Tobannen von Ingelheim abzufegen, die entarteren Mönche in andere
Rlöfter unterzubringen und das Rlofter felbjt der Auguftinerkongregation
zu unterwerfen. Doch audy diefe Mafregel balf' niches. in Teil der
Mönche fiel der Reformation zu, und der Propft Tobannes von Ander-
nach verkaufte I568 das lofter eigenmäcbrig mit all feinen Gefällen
dem Rurfürften $riedrich II. Vergebens proteftierte Bifchof Dietrich
von Dertendorf' geren diefen Bewaltakt, Der Kurfürft bot den durch
die Spanier um ihres Glaubens willen vertriebenen Ylicberländern
Seantenchal als Afyl an. Alle Bebäulichteiten wurden ihnen überliefert.
Es entftand eine Sradt, die 1608, nichr zur Freude der Wormfer, zur
Seftung gemadhr wurde”),
Am $. Dezember 1149 farb Bifcof Burchard I, und an feine
Stelle wurde mad) dem 2. Sebruar I150 Monrad von Steinach
gewähle®), ein ann, der allzeit dem Rönig gerreu diente. Ronrab III.
farb am 15. Sebruar 1152. Ylım tar fein Yleffe Seiedrich, Sersog
von Schwaben, ale Bewerber um die Rrone auf. Ein Zeitgenoffe
Wibald, Abt von Stable, fehildere ihn ale einen Wann „lebhaften und
febarfen Beiftes, erfüllt von eigenen Gedanken in politifchen Dingen, in
bervorragender Weife beredt, Eriegseiichrig, ebrgeisig, nicht frei von
Rachfücht, aber wie gefebaffen, um Beliebtheit beim Volke fid) zu
erringen“), Am 4. WTdez I152 wählten ibn die Sürften sum Rönig,
Das Zeitalter Seiebeiche L 399
und zwar Deshalb, weil er allein im ftande war, den Zroift ywifchen
den beiden mächrigften Gamilien, den Staufern und Yelfen, zu heben;
denn er war der Sohn eines fkaufifchen Vaters und einer welfifchen
Wiurter. So verdankt er feine Wahl der Politit der Verföhnung, und
dem Weide den Srieden zu verfehaffen und ihm zu wahren, betrachtete
ex als eine Aauptaufgabe feiner Regierung. Von Deurfchland wich nun
der fÄhroere Druck, unter dem es fo lange gefeufst hatte. Drro, Bifchof
von Seeifing, hatte in fpwermliriger Stimmung eine von pbilofopbifchen
Gedanten durchrungene Weltchronit gefchrieben, hoffnungslos den Blick
auf das Jenfeits gerichtet. Tezt, ale er das gedeibliche Regiment feines
Yleffen wahrnahm, atmere er hoffnungefeubig auf und fehilderte mir
berebtem Griffel die Thaten Sriedriche. Das jtaufifche Rönigrum kann
ale eine Sorefezung des falifchen bezeichnet werden. Sriebridy 1. verfolgte
diefelben Ziele wie Seinrich V., deffen Jausgur fein Vater als nächfter
Anverwandter der Salier geerbt hatte. Der Rönig verlegte nun den
Scywerpunkt des Keidyes wieder an den Ahein; bier harten fich die
Staufer eine Machrftellung gefebaffen; bier wollte der Rönig alleiniger
Serr fein, und woehe dem, der fich ihm enrgegenftelltel
In Worms hielt Geiedridy 1. öfters Hof und verfammelte bier die
Sürften des Reichs: fo zu Pfingften I153, wo der flr fein bobes Amr
ganz unfäbige Wrsbifchof “einrich von Mainz abgefet und an deffen
Stelle Arnold geroähle wurde, der vorher Propft zu S. Peter in Wainz,
Stadetämmerer dafelbft und Manzler des Rönige gerwefen war“).
Vorüibergehend Pehre Griedrich im April 1154 in Worms ein, ale er
fi auf feinen Komzug vorbereitete. In Tralien lernte er eine andere
Welt tennen. Orro von Sreifing rühme die Lieblichteit der Tralifchpen
Zandfhaften, die Milde des Mlimas, die unerfebSpflide Sruchrbarteit
des Bodens, die geijtige Bebendigkeit der Bewohner. Was ihn aber vor
allen Dingen in Eeftaunen feren mußte, das war das hier viel weiter
ale in Deurfcpland entwickelte Stadtwefen. Die Seudalice hatte in
ralien nie fo flarte Vourzel getrieben wie im YYorden, und die Yaruralı
wirefdpaft war bier fon längft wieder der Geldwoirtfchaft geroichen.
Die Iombardifden Städte hatren fid der Aurorickt ihrer Stadeherren,
der Bifchöfe, zu entziehen gesuße und Rommunen mit Ronfulen an der
Spige errichter. ine Verfhmelsung der Stände und der Eriegerifchen
und bürgerlichen Bultur hatte fidh bier vollgogen. Diefe Enmwictelung
su verfiehen, war Seiedrid gar nicht im ftande, und fie anzuerkennen
400 16. Bapiel.
vermochte er noch weniger. Die Bologner Rechtefchule erneuerte in
diefer Zeit die Bebren des römifchyen Staatsrechtes und fprach dem
Raifer unbefehräntte Legislative Gewalt zu. Bin Ronflitt tonnre unter
diefen Umftnden nicht ausbleiben. Zwar empfing der deurfche Rönig
in Rom am 18. Juni 1155 die Raiferkrone, aber feine ‚errfcbaft in
Tralien biieb immer beftritten. YWailand verfhloß ihm die There, und
wenn er auch fpäter die Stadr Überwand und zum Teil zerftsrte, err
wurde er ihrer dennoch niemals.
Es wäre eine feltfame Sumurung an diefen König gewefen, von
ihm zu verlangen, daß er ein Förderer ftädtifcher Autonomie bärte fein
folten. Auf die Bifchöfe füge er fich, ihre Auroricde zu fehtwächen, war
nicht fein Wille. n Deurfchland bören wir nur einmal von Beftrebungen
ähnlich denen der nordfkanzsfifchen, miederländifchen und italifchen
Städte. Auch in Trier erricheere die Blirgerfebaft eine Kommune, das
beißt eine Nechteeinung yur Gicyerung des Stadtfriedens, deren
Aufhebung der Mönig fehen 1157 geboren batte und fie 1161
erswang”). Zr fo wenig als “einich V. wollte eine felbftändige
Stadrgemeinde dulden.
Die Auftehnung von Mainz hatte hingegen einen anderen Beiweg:
grund”). Der Erzbifdyof Arnold frammte aus einem im Wlainsifchen
Stadtteil Selebofen anfäffigen Winifterialengefdhlecht, das mit der
Samilie WMeinger in alter Seindfhyaft Iebre. Au) die Freunde des
abgefenten Zrzbifchofs „einricd hatte er zu Seinden. Seine Gegner
febarten fi um den Pfalsgrafen "ermann von Grahlech: das Bisrum
wurde verwoüfter und die Straßen von iainz vom lute der ftreitenben
Sakrionen gerörer. Der Raifer fam gegen Weihnachten II$$ aus Tralien
nach Worms”). dier felfte er die Befchwerung der Mainfähiffahre ab
und bielt Bericht Über die Sriedensbrecher. Schon im Jahre JI52 hatte
der Rönig ein Landfriedengefen erlaffen””). Die Grafen find mit der
Sandhabung der Tuftiz beauftragt. Totfählag wird mit Zincicheung,
Verwundung mit Verftlmmelung und onfiskaion beftraft. Der
Raufmann, weldyer des „andele wegen durch die Provinz reift, foll fein
Scywert an den Sattel binden oder auf den Wagen legen und es mır
gegen Räuber verwenden; er darf unterwegs fo viel Getreide nehmen,
ale er von der Strafe aus mit den Armen umfpannen Bann. Dem
Bauern follen die Waffen abgenommen werden. Der Braf mir fieben
Männern feines Bezirke ftelle allj&brlich nach der Ernee den Bornpreis
Das Seitalter Seirbeice I 401
FÜR, und jede Ueberrrerung diefes Warimume wird als Sriedenebruch
beftraft.
Der Pfalsgraf‘ wie der Erzbifchof von Wiaing mit Ihren Genoffen
wurden des Landfriedensbruches für febuldig gefunden. Erfterer mir
feinen Anhängern wurde zur fehimpflichen Strafe der Aurnefchare
verureili®. Barfß mußte der Pfälgraf ermann von Stahlek in
der Winterkälte eine Wieile weit einen zund am “alfe tragen, ebenfo
zehn Grafen; die niedrigeren eure hingegen einen Sattel oder ein
Pflugrad. Dem Erzbifcof erließ der Baifer in Anberracht feines
Standes und feines Alters die Strafe, Doc) feine Anhänger follten fie
büßen; als fie aber den fhimpflichen Bang antreten wollten, begnadere
fie der Raifer ebenfalls aus Rücficht auf den Erzbifchof.
Den Pfalsgrafen Sermann cwaf-diefer Schimpf fo fehwer, dap er
febon am 20. September 1156 ftarb.. Die rbeinifche Pfalsgraffchaft
verlieh der Baifer feinem Geiefbruder Roncad, der in Jealien Proben
Eriegerifcher Tüchrigeit abgelegt hatte. Diefer Berichterag zu Worms
machte einen auferordenrlichen Eindruck auf die Wienfihen. Allenthalben
ließ der Raifer die Burgen der Sriedensbrecyer zerftören und den Land:
frieden befchroören. Auch ftellte er wie in Worms, fo auch anderwärte
befondere Seiedensgefene auf und traf Waßregeln zur Aufrechrerhalrung
des Sriedens.
Das Ofterfeft I1$7 feierte der Raifer in Worms, wo er die Fürften
in großer Anzahl um fich verfammelte, damit fie den Brieg gegen
Wiailand befcplöffen”"). Der Exsbifchof Arnold von Mainz wollte nichts
als Verföhnung, aber feine Seinde fehlireen den Zaß gegen ihn. Er
forderre von den Hinwohnern von Wains, Wiinifterialen und Zlirgern,
eine Öpeerfleuer. Der Wiinifteriale Arnold der Rote verwoeigerte diefe mir
Berufung auf das Privileg Abdelberts, IIIS, und fagte, fie fein dem
Bifchyof nichte zu geben fehuldig, während doch im Privileg nur davon
Die Rede ift, dafı allein die herkömmlichen Steuern und Zölle enteichter
werden follten. Auf die lage des Ersbifchofs verurteilte der Baifer
die Steuerverweigerer zum Verlufte ihrer Zehen, bie fie die Steuer
entrichtet und dem rzbifchof Benugebuung geleifter hätten. Als der
Ersbifchof‘ in Tealien abwwefend war, errichteren feine WOiberfacher eine
Willtürherrfchaft. Zurhchgekeber, befiegte Arnold die KEmpörer, aber
durch unzeitige Wide reiste er fie zu neuem Tron. ie vermoüifteren den
bifhöflichen „of, serftörten die AHäufer der Geiftlichen und füchten die
15. Deo, Die An er ehrt a. 1. “
402 16. Bapitel.
Stadt völlig in ihre Gewalt zu befommen. Wiederum beflagte fich der
Ersbifchof beim Maifer, worauf’ diefer durd ein Schreiben an den
Rlerus, die Wiinifteristen und Bürger von Main; unbedingte Unter:
werfüng unter ihren “ern, Schadenerfar und Benugebuung forderte.
Anftate mir fdharfem Ernjt gegen die Aufrührer vorzugeben, dachte der
Krzbifchof in feiner Schwäche nur an Verfshnung. Wlan fpottere feiner.
Am S. TJobannisrage 1160 weilte er im Rlofter S. Jakob auf der
Joöhe der Stadt, als Hieingors Söhne und Anhänger in das Rlofter
fürmten, den Bruder Arnolde, Dubo, der fle um Mrbarmen für ibn
anflchen wollte, erftachen und den fi von Turm zu Turm flüichtenden
Ersbifof auf barbarifde Weife niedermadyten. Der Baifer wurde
mod) lange Zeit in Ttalien feftgebalten. Erft zu Ofen 1363 am er
ale furdtbarer Rächer nach) Wlains. Wohl die halbe Stadt war
geflohen. Die Empsrer wurden mit ewoiger Verbannung beftzaft, bie
Stadt ihrer Redpre und Privilegien beraubt; durch Zerftdrung ihrer
Mauern, Gräben und Befeftigungen fllte fie den WOSlfen und Zunden,
Dieben und Räubern preisgegeben, ihre Einwohner mit ewiger Schande
belafter fein.
In Worms waren die Verbälmiffe friedlicher, feitdem der Raifer
jenen Sriebensgefen erlaffen, von dem wir noch reden werden. Bifdhof
Ronrad I. ftarb auf einer Reife ins heilige Land am I3. April IITI
umd wurde in Tprus begraben. Zu feinem Ylachfolger ernannte der
Baifer Bonrad aus dem Befählechre der freien Zerren von Sternberg
in Scanten®). hm gab $riedrich I. den ebrenvollen Auftrag, in
Bonftantinopel mit Baifer Manuel wegen einer Samilienverbindung der
beiden “erren der Welt zu unterbandeln*Y). $Er Bonnte fid) zu YDien
dem Serzog “Heinrich dem Löwen anfchließen, der mit großem Pompe
eine Wallfahrt nach dem heiligen Lande unternahm. Don Wien aus
führen fie auf der Donau nad) Brandis, von da Dusch den Bulgasen-
wald, nicht ohne Gefahren, denn die Keifenden wurden von den Serben
angegriffen. Am Cbarfreitag, den I4. April II72, Eamen fie bis vor
Ronftantinopel, wo fie vom aifer wohl empfangen wurden. Der
serzog brach hierauf nach Tjerufalem auf, während der Erwäblte von
Worms, fo bie Boncad IL., folange er nicht vom Papfte die Beftdeigung
feiner Wahl erhalten batte, nad) Erledigung feines Auftrags beimkebrte.
Den aifer befdhäftigte fein Verhälmis zu den lombardifchen
Städten und dem mir diefen verbindeten Papft Alerander III. Auf dem
Das Sehtalter Jeideice I. 403
Reichetage zu Worms, den 26. März 1172, erhob er Öffeneliche Anklage
gegen feine Seinde, und der &eerzug wurbe befehloffen“). Zuvor mußte
er aber noch) mir Polen und Böhmen abrechnen. Oftern 1173 feierte
er zu Worms in Gegenwart vieler Sürften“), und am 29. YIopember
weilte er wiederum in Worme im reife feiner Samilie: Rönig Zeineich,
Gerzog Sriebeich, Drto, fein Bruder Bonrad. Die bedeutendften Slrften
waren antwefend, wie die Erzbifchäfe von Mainz, Aöln und Trier, die
Bifchöfe von Augsburg, Worms und Speier”“). Auch jest wieder
wurde über die Jeerfahrt nach Tealien verhandelt, denn ohne die Mir
voirtung der Bifchöfe bärte der Raifer nichts unternehmen Eönnen. Doch
dauerte eo noch bie zum Auguft des folgenden Jahres, ehe er wirklich
nad) Tralien aufbreden Eonnte. Bonrad von Worms war meift im
Dienfte des Baifers chärig; fo finden wir ihn Ende Mai J174 am
%0fe des Raifere in Baiferelautern“”), und HEnde des Jahres begleitere
er ihn nach Tralien®‘).
£o tann nich unfere Aufgabe fein, den italienifehen Selbsug zu
ersählen. Wlan weiß, daß Seiedrih am 29. Mai I176 bei Legnano
an der Olona unweit Wailand voliftändig gefchlagen wurde. Das
fädrifche Sußvolt ward Über das ritterlichhe Heer Meifter. Die Solge
diefer Yliederlage war, daß bie deutfche Rirche eine Verföhnung mit
dem Papfte herbeizuführen woimfcyte; da mußte fi denn der Raifer der
Llorwenbigteit fügen. Er fandre im Serbfte den Frzbifchof Wichmann
von Wagdeburg und den rwählten von Worms mit ausgedehnten
Vollmachten nad) Anagni”), wo der Papft refldierte. Thnen gefellte
fi Erzbifchof Chriftian von Mainz zu, deffen Teilnahme der Papft
befonders gewünfcht hatte, und Worin, Proronotar des Kaifers.
Diefer YOortwin war Propft zu ©. Andreas in Worms. Zu feinem
Gebächmis machte er feinen Brüdern zu &. Andreas eine berrächtliche
Stiftung”). Die Verhandlungen in Anagni führten zu den michtigften
Zrgebniffen. Allein die ZLombarden bereiteten große Schwierigkeiten.
Der Papft begab fid am Jo. April 1477 nady Serrara. %ier erfehienen
die Befandten des Raifers, unter anderen der Erwählte von Yosrms und
Wornvin, der Protonotar, und erklärten von neuem die Bereitwoilligkeit
ihren Seren, mit der Rinde, dem Mönig von Gisilien und den
Bombarden Sieben zu fehließen. Die weiteren Verhandlungen wurden
in Venedig gefüber, wo am 22. Juli 1177 der Seieden gefdhloffen und
am J. Auguft befchworen wurde. An diefer Zandlung nahmen zwölf
40% 16. Bapitel,
Deurfebe teil, darunter wiederum Monrad von Worme und Wortoin”').
ufterer blieb auch nach dem bergeftellten Srieden beim Baifer in Tealien
und wurde vom Papfte als Wirglieb des Schiedegerichtes gewählt, das
über die noch fehmoebenden Gtreitfragen entfheiden follte. Er feiere
Weibnachten 1577 mit dem Raifer zu Affifi und begleitete ihn nad
Deurfebland'”). Seiedrich I. fihrieb feine fihwere Fliederlage haupt:
fächlich der Schuld “einrichs des Löwen zu, an ihm wollte er fich mım
rächen. Am 13. Januar 1179 Bam er nach Worme, wo fich die Süirften
zahlreich einftellten. <ier wourden Iaure lagen über den ftolgen Welfen
berzog erboben und fein Verderben befchloffen””).
Am 5. März 1179 wurde in Rom das Iateranifche Ronzil vom
Papfte Alerander HI.’ eröffner. eber 300 Bifchöfe waren erfehienen,
darunter aud Moncab, Erwählter von Worms”). Zum Dank für
feine Verbienfte erhielt er vom Papft endlich die Weihe”).
Damals müffen in der VWormfer Dißsefe fehwere Unordnungen
vorgekommen fein, denn der Dekan und das Bapitel der Domtirche
faben fich veranlaft, beim Papft darhber Rlage zu führen, daß Angehörige
der Wormfer Diösefe, Winifterialen und andere, die Güter des Domftifte
und anderer Rlöfter mir Seier beimgefcht und beraubt, forwie die
f&buldigen Zinfen nicht entrichtet bitten. Am 28. Auguft 1178 befahl
der Papft, über die Srevler den Bann zü verbängen, wenn fie nicht nach
dreimaliger Wahnung von ihren Angriffen auf die Rirche abließen"‘).
Aus einer Urkunde vom Jahre 180° erfahren wir”), daß die Bebäulic»
Beiten des S. Andreasftiftes in Trümmer lagen. Bifihof Boncad II.
verfügte, daß, falle eine Präbende erlebige vohrde, diefe vier Jahre lang
der Sabrit der Ricche zufallen folle. Diefe Verfügung wurde nach
dem Tode Ronrads II. durdy die Rardinäte Perer und Johannes (am
6. Dezember 3395) beftätige”). Das S. Andreasftift war Überhaupt
das Schmerzenstind der Wormfer Bifcöfe. Burdhard II. erließ nicht
weniger als fünf Urfunden zu Bunften diefes Stifis””). II9L beftärigte
Bifdyof Jermann von YWlinfter die Schenkung feines Bruders Dierher,
weiland Propft zu S. Andreas und Eöniglicher Bansler, wonach Ienzterer
dem genannten Stifte 211, Morgen Aecker und Wiefen, die gelegen
find in den Gemartungen zu Pfiffligheim und Worms und in der
Zaubwiefen, vergabt hatte”). YToch im Tahre 1200 lag der Chor der
Birche in Trümmern, und die Wühle war von den Seinen dreimal
niedergebrannt worden; die Weinberge waren infolge der Bälte zu
Des Zeitalter Seitbriche I 405
Grunde gegangen und in der Verwaltung große Unordnung eingeriffen.
0 beftanden fünf Aemter: das des Dekans, dee Scholaftikus, des
Sängers, des Reliners und des Pförmere, für welche Beine befonderen
Pfeinden ausgefondert waren. Die Brüder weigerten fidh daher, diefe
Aemter zu verwalten oder wenn eo gefchab, thaten fie es in liederlicher
Weife, waren faul und febliefen. Um diefen Uebelftänden abzuhelfen,
fehied Bifcpof Lupold von den zwanzig Pfelinden, welche die S. Andreas:
Birche befaß, zwei aus, fobald fie erfedige fein wiırden, und beftimmre
die eine Pfründe für die Befoldung der genannten fünf Aemter, die
andere aber zur Verbefferung der Multur der Aecher und Weinberge
und zur Wiederherftellung der YTlıhle”").
Bifdyof Ronrad H. war auch fernehin in Dienften des Raifers
thätig, bei dem er viel galt, weshalb der Papft Alesander II. turz vor
dem Larerankonzil durch feinen Arzt einen Brief an ihm fandte, mit der
Bitte, auf den Maifer einzuroirten, damit der Griede erhalten werde”).
An den Reichsragen zu Worms, I3. Januar 1179, und Whrsburg,
Witre Januar 1180, nahm er teil, an welchen die Angelegenheit Seinriche
den Löwen beraten wurde, und ben Ariegesug gegen diefen machte er
mie”). m Wiärs 1182 finden wir ihn zu Beinhaufen am “ofe dee
Raifers, und laut Artitel 30 deo Sriedensvertrags des Baifere mit dem
Lombarbenbund zu Piacenga wird er unter denen genannt, die den
‚Srieben befänosren follten (30. April 183°). Begen Ende dee
Jahres 1183 biele der Maifer einen “oftag in Worms, wofelbft
natlırlidy auch der Bifchof Ronrad”*) war. Diefer beyleitete feinen
Zerrn im Jerbft 1184 nach alien, wo der Raifer am 19. September
in Mailand einzog, das ihn, den einft fo fehr Gebaßten, num mir
allen Ehren empfing”). Auch bei den am IS. Auguft 1187
und Ende 1188 zu Worme abgebaltenen Heidyeragen war Bifchor
Bonrad 11. chätig””).
Daß der getreie Wormfer Bifdyof an dem Blangtage des ftaufifchen
Yaufes, an dem berühmten Pfingftfejte des Jahres J184 zu Mainz, wo
die Schwertleite der beiden älteften Söhne des Raifers, Rönig Heinriche
und sserzog Seiedrichs gefeiert wurde, nicht feblen durfte, ift felbft
verftänblich”). Aus ganz Deutfcbland, Burgund, Jralien und Srantzeich
waren die Sürften und Ritter berbeigeftrömt, ihre Sahl wird übertrieben
auf 70.000 gefchäut, dazu eine unzählige fhauluftige Menge. Die Dichter
verberrlicyten diefe Tage der Luft und des Blanzes noch lange in ihren
406 36. Bapitel.
Liedern und Erzählungen. Diefes Pfingftfeft war der “öbepunke der
Wachrfiellung Sriedrich Barbaroffes, ja des Mittelalters überhaupt, und
mit Redpr durfte “einrich von Veldete in feiner Aeneide davon fingen:
Dem Raifer Sriederich
Gefhah fo viel hr,
Daß man immer mer
Wunders davon fagen mag
Bis an den jüngften Tag
Opne Zügen; ja fürwabr,
16 wird nodı über hundert Jahr
Don ihm gefaget und gefthrieben.
Ylady aufen and das Heich mächtiger als fe da. Alle Schichten
des Volkes Tonnten ungebemme ihre Beäfte entfalten. Der Bauer,
obgleich ihm das Waffenrecht verfagt blieb, hatte fid eine glänzende
wirefchaftliche Stellung errungen; feiner Arbeitsfraft, verdankt man die
Wolonifierung des flavifchen Oftene. Auf der Winifterislitkt berubte
die Briegerifche Araft des Aeiches. Diefe Dienftmannen waren zugleich
die berufenen Abminiftratoren im Reiche: und Srftenbienfte. Sie waren
aber aud) die Vertreter der idealen Jnrereffen ihrer Zeit. Bine glänzende
Periode nationaler Dichtung begann, die im fcharfen Begenfaz zu den
Tendenzen der Kirche ftand. Denn unter Sriedric Barbaroffa harte
fid) die böfifche Befellfchaft völlig vom Kinfluffe der Eirchlicyen Welt
anfhauung, deren verdüfternde Stimmung fo bitter und feharf in Otto
von Steifings Weltchronit zu Tage tritt, emansipiert. Andere Tbeale
galten jenr: man befang die Wiinne anftart der Tungfräulichkeit der
Bortesgebärerin, an die Stelle der Buße trat die „Maße und Fuge“,
das heißt die böfifche Sitte, an Stelle des Blaubens die ritterliche Treue
und an Stelle des univerfalen Wöndprumes der Rosmopolitismus des
Rireerume”),
‚Seeilidy, die Abeinlande nahmen an biefem geiftigen Auffchrounge
geringeren fähöpferifchen Anteil als andere deutfche Landfeyaften. sier
am Wittelrhein wer ja das Zentrum der ftaufifchen Wachtfiellung, der
Schauplas der großen Verhandlungen. Alle Rräfte vereinigten fich bier
auf die Tntereffen der Politit und der Verwaltung.
Dody aud) die Poefle und Runft harten am Abeine eine Pflege
fiicte. In der Bautunft blieb man Eonfervariv und hielt am romanifcen
Stile fe zu einer Zeit, wo man anderwärte fdyon gorifeh baute.
Tas Beiralter Feiebeiche I. 407
Sonft war man bier fremden Einfläffen nur allzu Leicht zugänglich,
namentlich franzöfifcben. “ier am Aheine hatten die Römer ftarke Spuren
ihres Dafeino binterlaffen und daher hatten bie Aheinlande einen großen
Vorfprung vor den andern Provinzen des Deurfehen Keiche. Schon
1043 lage Abr Siegfried von Borze Über das Eindringen franzöfifcher
Siere, das Scheren der Bärte, die kurzen, anftspigen Aleidungen ıc.
Wit den wälfden Sitren drangen au die fremden poetifchen Stoffe
ein. Die Spielleute, weldye bis ans Ende des 12. Jahrhunderts die
Träger der Poefie waren, bemächrigten fihh mit Begierde Diefer fremden
Stoffe. Sie trugen bei feftlichen Belegeneiten zur Ergönung der Bäfte
bei umd verftanden es, den Gefchmac? des niedrigen Volke forsobl wie
der Vornehmen zu befeiebigen. Vergebene bekämpfte fie die Kirche.
ine Bonkurrenz erhielten fie durch Die fahrenden Schüler und
wandernden Wleriker, die Lorterpfaffen; Vaganten und Golisrden
werden fie auch genannt. Diefe bedienten fich der Inteinifcyen Sprache
und redeten in erfter Linie zu den GBebildeen; mochte ihr lieberliches
Leben noch fo febr anfioßen, fie waren unentbehrlich als Befellfchafter
und Boten. Aber was fie fangen, war edyte Poefie. Sie fangen von
Zuft und Leid, von Liebe und Wein, und noch heute Hinge in fröhlichen
Studententreifen das Lied vom Becher, der in der Schenke fterben will.
Die Tagesereigniffe bieten ihnen reichlichen Stoff, und an Zehn
gegen Rom und bie Pfaffen fehle es nicht. Sie flellten fich getreu
auf Seite des Maifers. Diefe Vaganten find die Lehrmeifter der
Dichter gewefen, die, wie Walther von der Vogeliveide, in Eräftigen
Tönen den varerländifchen Standpunkt gegenfiber dem Ultra:
montaniomus vertreten.
Wie follten nicht auch am rebenbefränzten Ahein fröhliche Lieder
gefüngen worden fein! ben jenes Pfingftfeft in Mainz war fir die
$Entwickelung der Dicytkunft von epochemachender Bedeutung. Dem
ältefien Sohn des Baifere Yeinrich fehreibr man einige YJinnelieder zu.
Damals wurden auch zuerft die frifhen naturfreudigen Lieder Heinrichs
von Veideke befannt. Er jammt aus der Gegend von Wiaftrid und
war im Dienfte des Grafen von Loos und Kiened, der das Burg:
grafenamt in Wein bekleidere”). Am Yliederrhein hatte fih die
ritterliche Siete zuerft ausgebildet; wer fir böff gebilder gelten
wollte, gebrauchte neben franzöfifchen iodeausdrficken einige vlämifche
Phrafen wie zum Deifpiel Wieier <elmbrecht, der nicht mehr Bauer
408 16. Bapirel,
fondern ein Xitrer fein wollte. “einrich von Veldee war der ‚herold
ritterlicher Sitte und fein Beifpiel wirkte mächtig. Dem “artmann
von Aue war er das Wlufter, und der tiefjte aller mirtelalterlichen Dichter,
Wolfram von Efchenbach, berrauerte den allzu frliben Tod feines Weifters.
Seinen gauptruhm gewann er aber durch die Aeneide. Den Stoff enmahm
er einer fransöfifihen Profabearbeitung Vergils. Am Oberrhein hatte
„eineich der Blichezare fehon früher nach fransöfifeber Vorlage den
Reinete Suche bearbeitet; aber die drei großen rheinifcben Dichter find
Reinmar von Zagenau, Bortfrid von Straßburg und Sriedrid von
Saufen. Yur der lentere gebt uns näher an, denn feine Zeimar it
Worms. Seit dem Fahre 1140 erfheine in Wormfer Urkunden fowie
in foldben des aifers Sriedrich I. ein Walther von Zaufen, ein feier
Gere ale Zeuge oder Ausfteller”). 1159 vergabr er dem Mlofter
Schönau die Vogtei zu Robrbeim und JI73 wird er als Doge des
Dorfes Tbersheim (im Areife Worms) bezeichnet”. In diefer Urkunde
vom Jahre 5373 komme auch fein Sohn Sriedrich als Zeuge vor.
Diefer Sriebridy it eben unfer Dichter”). saufen Bann forwohl
Rirfdpgarrshaufen bei Lampertheim, fehräg gegenüber von Worms, fein
oder Vlectarhaufen, Stich von Mannheim. Seiedrich von Haufen war
ein Vertrauter des aifers und feines Sohnes &eincih VI. fr
begleitete IJ86 Sriedrich I. mad) Tralien, wohnte in deffen Gefolge
im Desember 1187 der Zufammentunft des Baifere mit Rönig Philipp
Auguft von Srankreich swifcen Jvois und YWiouson bei und ebenfo
dem Reichstage zu Worms, Dezember J188. Als Kreusfabrer Jeichnete
er fich durch Tapferkeit aus und fiel am 7. Wai 1190 vor Philomelium.
Allgemein war die Trauer um ihn, und der vortreffliche Kölner Cbronift
erteilt ihm volle Lob, indem er ihn einen recbtfchaffenen und edlen
Wann nennt, der fid) vor allen andern einen YTamen vorzüglicher Ausı
zeichnung und Ebrbarkeit erworben habe”).
Auch in feinen Liedern erfcheint er als ein Wlann, der feine
Zeidenfchaften zu beberrfhen weiß. Wlan möchte faft fagen, die Jorm
fei ihm wichtiger gewefen ale der Inhalt. Im Begenfar zu der älteren
volßstümlicheren Dichtung vertritt er fehon mir großer Virtuofirke die
neuere Funftvolle Richtung. Seine Gedichte find Reflerionepoefte, die
‚aber durch) die Zinflechrungen feines eigenen Lebens, die Sabrten nach
Tralien im: Dienfte des Raifere und nach dem heiligen Lande im Dienfte
Gottes, Garde und Seife erhalten. Am beften gelingen ihm bie
Das Zeitalter geiedeiche 1 409
feblichten gefühloollen Lieder, wie wenn ihm, der zu Rof in Welfd-
land babingiebt, die ferne Geliebte in den Sinn Eomme:
Id) denfe gern bieweilen,
&o id) ihr nabe wäre,
Was ich ihr wollte fagen.
Das Fürzt mir dann die Meilen,
Wenn id) ibr all das Schwere
Darf in Gedanken Flagen.
Und noch bübfcher:
In meinem Traum die ganze Yradıt
Sad ich die wunderfädne Scau,
Und leider bin id aufgemacht
Zu früb beim erften Morgengrau:
Da war fie mir entfähwunden,
Weiß nicht, wohin fie Ram
Und all die froden Stunden
Die Teure mit fih nahm.
Daran find fäyuld die Augen mein,
Der möcht idh gerne Iedig fein,
Spielt bier gehaltene seiterkeit in die zarten Befühle, fo wiegt doch
der Ernfi in “aufens Liedern vor, und bitter find die Derfe, mit denen
ex fich wider die Ritter wender, welche das Rerugzeichen auf die Schulter
gebeftet haben, dann aber unter nichtigen Vorwänden Bort die Reife
weigern
Wer's Rreuz erft nahm, zurüd dann Fehrt,
Ter wird wohl Gott zulept noch fehn,
Wenn ibm die Pforte bieibt verfpeert,
Durd) die des germ Getreue gehn").
Zur felben Zeit, als der Ratfer mir der Blüte der Ylation nad) dem
heiligen Lande 309, wurde die Sreude an der deutfcyen Seldenfage wieder
lebendig. Dis ins 8. Tabrhundert fang man am bein von Siegfried
und anderen Zelden. Die Rirdye arbeitere mi aller Braft daran, das
Andenken an die Yelden der “eidenzeis im Bedächmis des Volkes aus-
sulöfchen, und fie hatte an des großen Razl Eleinem Sohn Ludwwig dem
Srommen einen nur zu eifrigen “elfer. Aber in Sachfen lebte das
Zeidenum noch Eräftig fort. “ler fand der “eldengefang Schun und
Pflege, und es Fam ihm zu gute, daß; die Eriegerifche Araft der Sachfen
den Kubm’Barls des Großen erneuerte. Die italifchen Seldsüge der
15. Deo, Die Ruine er eher Mr. 1 n
40 16. Rapid.
fächfifhyen Baifer feifähten die Erinnerung an Mönig Theoderich den
Großen, den Diereicd von Bern: der deurfihen “eldenfage, wieder auf.
Von Sachfen gelangten die deurfhen Sagen und Lieder zu den
frandinavifcyen Völtern, nach Polen, Böhmen, Ungarn und Tralien.
An den alten Bern fegten fich neue Beftandteile. Im II. Jahrhundert
feine das Vlibelungenlied am YTiederrhein Sftere von den Spielleuten
gefüngen worden zu fein, während am Mitrelchein und in den fchro&bifchen
Landen die franzöfifäye Poefle einheimifcy wurde. Vorzüglich aber in
den bairifch-öfterreicyifchen Landfchaften fand die “eldenfage die befte
Aufnahme und die eifrigfte Pflege. Sier ift offenbar das Yibelungenlied
zuerft fehriftlich firiere worden. rft viel fpdter, im 13. TJahrbunder,
tebrre die Ylibelungenfage wieder in ihre urfprüngliche “eimat, an den
Abein, zurüc, und nun mögen noch mandye Zufäge gemacht worden
fein, woburd) das Iofale Rolorit verftärkt wurde. Yfeben der Flibelungen-
fage war am Abeine befonders die Dierricyfage berühmt. woei Bebidhre,
der Biterolf' und der Rofengarten, verlegen den Schauplan der Jandlung
mach Worms. bier meflen ih die rheinifäen “elden: Siegfried,
Buntber, Jagen ıc. mit den “Helden des Südoftens: Dierrich, Sildebrant ıc.
Bis ine I5. Tahrhundere wucherte die Sagenbilbung fort”), und zu
Wapimilians Zelt erneuerte fih das Intereffe für die deutfbe Geldenfage.
Wie Vorliebe enmahm man zu Worms der deurfchen seidenfage
die Ylamen, womit man die Kinder rief, vor allen Dingen waren die
Llamen Siegfried und Dierrih beliebt, beide bis gegen Ende bes
34. Jahrhunderte, aber fäyon am Anfange des 12. Jahrhunderte vollftändig
einheimifh”). Zn einer Urkunde vom Jahre III wird eine Bruni-
hiltwoift erroähne”®). Auch Sagen ijt fehon für das Jahr JISI bezeugt”),
und der YTame lebt bis auf den beurigen Tag in der hagenftrafe fort,
die freilich ihren. Ylamen fähwerlich mach dem geimmen “elden der
Fihbelungenfage erhalten hat. inen Anklang an den Rofengarten finder
man vielleicht in dem Seren YIorbert der Urkunde vom Jahre 129019.
Dem Raifer fdyien alles gelingen zu wollen. Wli den lombarbifchen
Soibren fäblof er einen Vergleich, wodurch er die römifche Aurie ihres
beften Aüchalteo beraubte, und nod» wichtiger war für die fhaufifcbe
Wachrfiellung die Errverbung der figilifcen Monarchie. Am 27. Januar
J186 feierte Bönig “eineich VI. mit Bonftanze, der Erbin Sisiliens
und Unreritaliens, in Wlailand die ochzeit. Das junge Paar wurde
mit der Rönigetrone von Tralien gekrönt und “einrich zum Cäfar
Das eitalter Seiebeiche I. 43
erhoben. Zwar geriet der Raifer mir dem Papfte nochmals in Streit,
und in. Deurfchland machte ihm der Tron und “ochmur des Kölner
Ersbifchofs viel zu fdyeffen, aber aud) diefen Widerftand überwand er,
und mit $rankreic, das ihn bedroht hatte, fehloß er ein Bildnis.
Aus dem heiligen Lande Bam die erfehlirrernde Runde, daß Terufalem
am 3. Öftober 1187 in die “ände Galadins gefallen fe). Ale
chriftlicdyen Länder gerieten in die geößre Aufregung, die auch jeze nieder
Rom für feine Sioecde zu benügen gedachte. Allein es kam anders.
Auch beim Raifer machte fi) die religisfe Stimmung geltend. Auf
dem Tage zu Wlainz, den 27. Widrz 1188, nahm er mie feinem Sobne,
Yaer3og Sriedeicy von Schwaben, das Kreuz und mit ihnen viele Sücften,
Grafen und Ritter. Von Wormfern wied ein Ritter zuge (de Warmatia)
genannt"), dem im Jahre 1188 Mönig Zeinrich VI. den Schun der
Gegend von Aachen übertragen hacte”®). Er zeichnete fich durch große
Tapferkeit aus. Bei der Erftüemung der flarken Seftung Dimorika
erElomm er als der Erfte mit der Sahne die Wauer (24. Yiovember JJ89)"®9),
der erfte Brenzug ein Produkt eines Überwälcigenden
veligiöfen Impulfes gewefen war, durch welchen die gerwaltigfien Volks:
maffen zu wilder Begeifterung entflamrme wurden, Die aber den bel
geführten „seerfeharen zum Verberben ausfihlug, fo wurde Diesmal der
Rreuzzug vom deutfchen Raifer in der forgfälcigfien VVeife vorbereiten;
dem eigentlichen Geldsug ging eine verveickelte diplomatifche Aktion voraus.
Ahtte das Befbict es gewollt, fo wäre dem Raifer es möglich geroefen,
das gefährliche Unternehmen zu Ende zu führen, aber am Jo. Tuni JI9O
eetrank er beim Baden im reifenden Strom Saleph. Allgemein war
die Trauer und das Gefühl, daß ein großer “Held geftorben fei.
Burz nach dem Raifer ftarb am 18. Januar 192 fein gerreuer
Diener Bifchof Ronrad II. von Worms. Er wurde im S. Laurentiuschor
des Doms begraben, und zwar im vollen bifchöflichen Ornate mit dem
Bifchofoftabe zur Seite in einem fteinernen Sarge, auf dem ein cömifcher
Sargdedel 1ag"®). Ihm folgte Heinrich"), Scholaftitus in Utredhr
und Propft zu Aadyen. Seit IJ86 war er Ylotar in der Föniglicen
Ranzlei, dann Protonotar Seiedriche I. und Seinciche VI. bis zum
3. Frovember 119). HErsbifchof Ronrad von MWiainz weihte ihn am
23. Sebruar 1192. Doch flarb er fyon am 23. Desember 1195, ohne
daß ibm Gelegenheit geboren worben wäre, in Worms eine Wickfamkeic
zu entfalten.
42 18. Bapirel,
Piel mehr von fich reden machte fein Ylachfolger Lupold"”), der
einem frhb erlofdyenen freien Gerrengefchlecht von Scheinfeld entftammıe,
das feinen Sig auf der Burg Schwarzenberg bei Oberfeheinfeld in Sranten
hatte. #£r war ein Verwandter des Speierer Bifchofs Ronrad III. von
Scharfene® und mürterlicherfeire ein Yleffe Ronrade II. von Worme.
3373 war er Propft zu Yleuhaufen, 1175 Propft zu Wimpfen, 119%
Dompropft in Worms, 1200 Abt zur Lorfch. Er muß nicht unbeglitere
geiwefen fein, denn zufammen mit feinem Bruder Sriedrich verkaufte er
dem Rlofter Schönau ein But zu Lochheim'®). Am 6. Sebruar 1196
urkunder er zum erftenmal ale Bifchof”), doch in der Urkunde “ein:
tiche VI. vom 10. Juni 1196 erfpeine er unter den Zeugen mur ale
Elecrus”®); urs darauf febeint er die Weihe erbalten zu haben’),
Als Raifer Sriebrich I. feine Areuzfahre antrat, ließ er “eincich
als Regenten zurhch'®). m YTorden ferte fih diefem seinrich der
Löwe entgegen, im Süden machte ibm der vom Papft unterfiinte
Baftard Tanred das fisilifche Mönigreich ftreitig. Wir erfierem fchloß
er einen Vertrag, und den Papft wußte er durch feine rückjichesiofe
Potitit zu zwingen, daß er ihn am 15. April 1191 zum Raifer Erönee.
seineich VI. file fi vornehmlich, auf die Reichsminifterialen, denen
er die wichtigfien Nemter ünverrraute, während er den Slrften jeden
Einfluß auf die Keichsverwalrung. verfagte. Sein Plan war; das
Papftrum dadurch lahmzulegen, daß er die Lombardei und Unteritalien
beberrfäjte. Gbne Serupel umd Aüchficht verfolge er diefe feine
Politik. Die geiftlichen Sürften verfiichte er in eine dienende Stellung
berabzudrücen, und er benugte dafür Die Bifchofewablen. Der Wahl
ftreit zu Lüttich brachte die Süeften gegen den Raifer in Bervegung.
Am 33. Januar I192 fand in diefer Sache ein Reichstag in Worms
hatt. In diefer Stadt war der Baifer beimifc. Schon als König
hatte er bier am 29. Ylovember 1173, 22. bis 31. Desember 1188,
4. April 1190 geweilt. m {Mai und Auguft 1392 hielt er bier wieder
&0f. DBefonders bedeurfam war aber der Aufenchalt einrichs im
Tuni 1193. Die Reichsfürften batten fich gegen ibn verfchworen und
planten feine Abferung. Da fiel ihm Richard Löwenberz von England,
ihr MWiitverbfinderer, in die ände. Im Worms wurde fiber das Loos
des Gefangenen verhandelt und darauf am 2. Sebruar II94 derfelbe
aus der Saft entlaffen, nachdem er fih zur Bezahlung eines hoben
25fegeldes verpflichtet und als Vafall des Kaifers ich bekannt harte.
Das Heiler Seiebriche I. 413
“eineichs VI. Traum von der Univerfalmonarchie fehien fidh verwirklichen
su wollen, als am 26. Dezember 1194 ihm feine Bemablin zu Tefi in
den Abrusgen einen Sohn, Sriebrich II., gebar. Ylacydem er die Serefchaft
in Jralien feinen Wiinifterialen anvertraut hatte, kam der Raifer im
Sommer 3195 nach Deuefchland zurhck. Die Sürften füchte er ducch
große Verfprechungen zum Verzicht auf ihr Wablrechr zu gewinnen.
Im Juli 1195 bielt er in Worms &of; einen längeren Aufenthalt
dafelbft machte er am Ende diefes Jahres (6. bis 13. Ylovember,
$. bis Jo. Degember). ier verpflichteten fi) die Sürften zur Annahme
feines Projektes, der Reform der Reichsverfaffung im Sinne einer Erb
monarchie. sier wurden auch viele Sürften durch die Predigt des
Rardinals Peter bewvogen, das Rreuz zu nehmen. Allein an der päpftlichen
und partikulariftifchen Oppofition febeiterte der Plan des Raifers, und
er erreichte nur fo viel, daf um Weihnachten 1196 fein Sobn Sriedrich
zu Scankfurt zum König gewählt wurde. Der Raifer aber eilte Über
Worms, wo er am Io. und II. Juni 1196 zum legtenmal verweilt
batte, nach Jralien und rüftere gewaltig zu einer Zeerfahrt Übers ieer.
Da machte unerwartet am 28. September 1197 zu Wieffina der Tod
feinen Träumen der Allmacht ein Ende. Es war ein Women wie
jener, ale Seinrich III. ftarb: ein WOendepunte in der deurfchen Befchichtel
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IT. Bapitel.
Der Staötfriede
und die Einwohnerftände in der Stadt.
€ böber unter den Staufern die Bönigliche
Macht ftieg, um fo tiefer fan der Einfluß
der Bifchöfe auf die inneren Angelegen-
beiten ihrer Städte. Die Verwaltung war
| völlig in den Anden der Wiinifterialen,
und feitbem deren Wachrfiellung im Dienfte
des Baifers ich gefteigert hatte, fühlten fie
fi) von der bifchöflichen Gewalt ziemlich
unabhängig. Die Rönige, nicht mehr die
Bifchöfe waren es, die im 12. Jahrhundert
fördernd in die fädtifche Ennwidelung
PD eingeiffen.
Dadurch) unterfcheider fich die mittelalterliche Rechrsentwoictelung von
der modernen, daß man damals nicht ein allgemein geltendes Hehe
febaffen wollte, fondern faft immer nur von Sall zu Gall entfdyied und
den befonderen Verhälmiffen Rechnung trug. aber erkläre fich auch
die Wannigfaltigteit der Rechtebildungen. Unter Sreibeit verftand man
nicht eine für jedermann geltende Kechtsgleichheit, fondern eine Bevor-
sugung (Privilegierung) des einen vor dem andern. %einrich IV. hatte
die Wormfer Einwohner für die würdigften vor allen anderen Städten
erflärt. Sein Sohn “eineid V. fehenkte den Gpeierer Kinwohnern
noch größere Sreiheiten, worauf die Wormfer nicht rubten, bis audy fie
vom Kaifer mit neuen Sreiheiten begabt wurden. Am 27. Mai 1182
15.2000, Die Mate ver een Muh. I ”
418 17. Bapite
beftseigee Baifer Sriedeich 1. der Stadt Speier ihre von “einrich V.
erhaltenen Sreibeiten mit einigen Abdnderungen. Licht lange darauf bat
er den Wormfern ebenfalls ihre von Seinrich IV. und einrich V. erreilten
Privilegien beftseige""®), nicht obne daß er der feitherigen Rechrsentwicelung
Rechmung trug (fiebe oben). Wir haben gefehen, daß die Speierer ihr
Privileg vom Tabre IIJI in rs gießen liefen und die Wiainzer
gleichfalls ihren Sreibeitebrief vom Tabre 1118. Auch die Wormfer
wollten darin hinter ihren VTachbarftädten nicht zurickfteben. Das Ereis:
runde Geld über dem Ylordporral des Doms zeigt noch jet Spuren
bildlicher Darjtellung, geriet und gemalt, Ebriftus und zu feinen Seiten
die zwei Apoftelfücften Perer und Paul. Um die Siguren, der Bogen
trimmung folgend, fanden fecbs in Wiajuskeln aufgemalse Verfe, von
denen die zwei Ienten erhalten find:
Digna bona laude semper Wormaria gaude
Te mihi sacravit erux, te mihi muero dicavir!a),
Ueber dem Portale ficben auf Ronfolen zwei Durch einen in der Wirte
ihrer "Höhe befindlichen Rnic® von der Wand oben abgerückte Säulen,
deren Bapitelle und reich verzierte Rämpfer bis an die auer reichen.
Das dazwoifcbenliegende MWauerfeld it emwas verrieft. Diefe Säulen
bildeten ‚die Binrabmung der in die. Mauer eingelaffenen Rupferplatte,
weldye eben jenes Privileg Sriedrichs 1. enthielt. Die Ynfehrife muß
nocd) am Anfange des 16. Jabrbumderes vorhanden gervefen fein, denn
Zorn bar eine Abfehrift von ihr gemachr, welche ftarte Abweichungen
vom Originaltert aufieeift"").
Obwohl die Duellen für die GBefchichte Friedrichs 1. siemlich
reichlich fließen, find wir doch über manches nur ungenügend unter-
richter. Es müffen damals in der Wormfer Diözefe Dinge vorgefallen
fein, von denen wir nur dunkle Bunde haben. Pfalsgeaf Bontad, der
Stiefbruber den Kaifere, hatte fich in Jtalien mit dem Erzbifdhof von
Köln überworfen, und er verfolgte fortan mit grimmem Jaffe den
mächtigen Rirchenfürften. Darüber geriet er auch mit dem Raifer in
Bwierracht, dem er wiederholt tronte; 1166 verföhnee er fich mit dem:
felben. YDie die Rölner Diözefe, fo fuchte er auch den Wormfer Sprengel
beim. Schwer bedrüicte er die Wormfer Kirche und die Rlöfter, und fie
mußten von ihm ihr igenrum zurliffaufen, das er ihnen zuvor geraubr
barre”*). Der Raifer mochte feinen Bruder, deffen Eriegerifche Tüchrigkeir
Der Sradtfeicde und Die limwohnreflände in der Gtabr. 49
er fehäsee, fhonen und nicht mir der Yärte eingreifen, die ibm fonft
eigen war. Aus Andeutungen der Urkunden geht bervor, dafi einzelne
Kirchen bedeutend gelirten haben") und. daß Äberbaupt Unordnungen
in Worms vorgefommen fein müffen, indem die Minifterinlen und andere
fib an Kirchenghtern vergriffen und bie fehuldigen Sinfe nice
begabten”), Schließlich griff der Baifer mit farter “and ein, denn
immer bare er fich zur Zaupraufgabe feiner Regierung gemacht, den
‚Srieden zu wahren und fdon 1152 einen allgemeinen Reichelandfeieden,
1179 einen Provinziallandfrieden für die Landfchaften am Abein, Main
und an der tofel erlaffen. Wohl genoß die Stadt an und für fid)
eines böberen: Sriedene als das Land, aber zuweilen machte fiberhand-
nehmende Unficherheit befondere Vorkehrungen norwendig. So ftelle
zum Beifpiel das erfie Straßburger Stadtrecht den San an die Spize,
daß in der Stadt jeder, Sremder wie Binheimifcher, zu jeder Zeit und
von allen Srieden haben follte ($ 1).
‚Leider ift der Seiedensbrief, den der Kaifer angeblid) am 20. Oktober
1156 der Stadt gab'®), in einer Sorm erhalten, welche der Sorfchung
faßt_ unldsbare Schwierigkeiten bereitet. Einige Sorfeher haben mit
großem Scharffinn und Gelebefamteit die Echtheit diefer Urkunde
befteitten'®), andere mit ebenfo großer Umficht die Echrbeit verteidige'®").
Acufere und innere Wertmale machen co zur Bewißbeit, daß diefe
Urkunde fo, wie fie uns vorliegt, nicht aus der Eöniglichen Ranzlei
bervorgegangen. fein Bann. ber andererfeits ift unzweifelhaft, daß
eine edyre Urkunde Sriedrich I. einft vorhanden gewefen fein muß, denn
dem König Bero IV. lag biefe vor, und Sriedrich II. bat fie in ihrem
Wortlaut betkrige"®). Der inhalt giebr zu Peiner Verdächtigung
Anlaß, mir das Prototoll if in vorliegender Saffung unmöglich.
Vielleicht war das Original auf irgend eine Weife befchädige
worden; die Stadt har dann eine Ropie anfertigen laffen, die von
der Böniglichen Kanzlei befiegelt und beglaubigte wurde, ohne daß
diefe Anftoß an der mangelhaften Sorm (Schreibfehler, unmögliches
Prorotolf) nahm.
Die Sorfehung hat fich durch Vorurteile und falfche Vorausfezungen
irefüheen laffen. Anftatt objektiv und umbefangen an die Duellen heran“
zutreten, bat man in ihnen nur DBeweife für vorgefaßte Weinungen
‚gefcht, namentlich aber vermutete man in den harmlofeften Ausdrücten
einen Rat der Stadt; fo fon in der Urkunde vom Tahre 1106, dann
420 17. Bapircl,
vor allem in unferer Urkunde. Laffen wir alle Phantafien beifeite und
halten wir uns an die Sache.
Der Raifer giebt den Wormfer Bürgern einen Baiferlichen Srieden,
der folgende Beftimmungen enthäle: I. Wenn jemand einen andern inner:
halb des SriedEreifes, deflen Grenzen ungefähr umfchrieben werben,
beleibige, fo muß er fid) von der Befchuldigung gegenüber dem Ankläger
ducch einen Eid reinigen; verweigert, er, zu febroßren, fo bezahlt er dem,
den er mit Worten befehimpft bat, 20 Schillinge und den Richtern der
Stadt 19 Schillinge, andy muß er Bärgfchaft leiften, daß er innert
34 Tagen die Buße besable; Tann er dies nicht wegen Armut, fo foll
er gepeitfehr und gefchoren und aus der Stadt geworfen werden, in
welche er niemals zurlichfehren darf. 2. Wenn jemand einen andern
beraubt, fcolägt oder vermunder, fo har er den Srieden verloren, und die
fehuldige Zand wird ihm abgehauen. 3. Tötet einer einen andern, fo
fol cs ibm an den “als geben. 4. Ylimme jemand einem andern fein
Gur widerechtlid oder fälle ihn innerhalb feines Gofraumes mit Beroalt
an, fo bat er den Seieden verloren. 5. Uebt jemand gegen einen andern
voillfrlich ungerechtfereigte Seindfchaft aus, indem er ihn mit nichte-
würdigen lagen bedroht und fidh weigert, von demfelben Rechtfertigung
zu empfangen, fo foll er in die Acht des Raifers fallen, und falls er fi
Überdies anmaßt, in der Stadt zu bleiben, foll er ergriffen und dem ern
Raifer zur Beftrafung übergeben werden. 6. Greift ein Blirger außer:
balb der Stadr einen anderen Bürger in irgend einem Örre des Reiche
gegen die Sagungen biefes Sriedene beunrubigend an, fo foll er fir einen
Seiedenebrecher gebalten werden, genau fo, wie wenn er es in der Stadt
gerhan hörte. 7. Will ein Blrger einen anderen wegen irgend einer
Sache belangen, fo foll er es vor den: Richtern thun und mir dem Spruche
zufrieden fein, den die Richter nadı-den Beftimmungen des Stabtrechtes
fällen ımd nicht an ein böberes Bericht appellieren. 8. Zur Berwahrung
diefes Seicdens follen auf Baiferlidyen Befehl zwölf Winifteristen und
achtundgwanzig Bürger eingefegt werden, welche die Zeugen über die
Alagen der Verleger und Derlegten verhören und nach dem Wabrheite
befund Hecht fprecben follen, und wenn die vierzig Richter in einer
Sacbe uneinig ind, fo fieht die Fnefcpeidung der Wlajoritk zu. Yen
aber einer der Richter, fei es aus Rückfichten der Derwandefchaft, fei es
durch Beftechung oder aue irgend einem anderen Brunbe, einen Schuldigen
mit böfem Gewiffen flnt oder gegen feinen id einen Unfchuldigen
Der Gtabefeiede und die AEinwsohnerflände in der Sradr. 421
zu verurteilen füche, fo foll er, wenn er deffen überwiefen wird, durch
drei Richter feines Stanbes aus der Benoffenfhaft fimpftich ansgeftoßen
werden. Ueberbies begable ein fold ungeredhrer Richter, wenn er Der:
mögen bat, zur Erhöhung feiner Strafe fieben Pfund Wormfer Münze,
nämlich drei dem Bifchofe, zwei den Kichtern und die übrigen zwei
dem Vogt (Burggrafen) und Schulcheifen und ihren Unterbeamten,
die man Amtleute nennt. 9. Auch foll keinem erlaubt fein, einen Bürger
oder Sremden zum Ziweitampf aufsufordern. Jo. Wenn ein Sremder
einen Bürger an feinem But oder feiner Perfon beläftige und der
Beläftigee ihn innerhalb der Stadt ergreift und ihn vor das Gericht
sieht und deffen Unrecht Bar darlegt, und wenn derfelbe dann durch das
Zeugnis dreier Richter Überwiefen wird, fo foll er Benugehuung Teiften.
II. Wir wollen überdies das feft beobachrer wiffen, daf, wenn einer
eurer Landoleute'”®) (das beißt, ein Angehöriger der Provins) einen
Bürger in irgend einem Orte des Heidyes angreift, beraubt, verwundet
oder törer und das Berhcht zu unferen ®bren Bommt, fo dirfen eure
Bürger ihn verfolgen und, wenn er auf der That ergriffen wird, ihn
in die Stadt bringen und bier über ihn richten, mie wenn er es in
der Stade geban hätte. Wenn er aber flicht und von den Dlrgern
nicht ergriffen werden Bann ımd er in irgend einer Stadt oder Burg
Zuflucht finder, fo dhirfen die Dinger dorthin geben und ibn von denen,
die ihn aufgenommen haben, fordern; wird er ihnen dann ausgeliefert,
Po follen fie im Seieden foregeben; wenn nicht, mögen fie, fobald
fie Gelegenheit haben, ihn mit Gewalt ergreifen, und wenn der rt
zu ftart befeftige wäre, fo daß fie feiner nicht mächtig würden, fo
follen fie ihn umlagern und Boten zu Wernber von Bolanden fchichen,
damit er ihnen. beiftebe, und wenn durch deffen Hilfe der Ort erobert
werden Bann, fo ift es gut, wenn micht, fo fol Wernber feine Boten
mit den eurigen zum aifer fchiden und beflen “ilfe anflehen.
32. Damit diefer riede in allen Teilen aufrecht erhalten werde, folle
ibr ale erfte und vorzüglice ‚elfer und Berater haben: Wernher
von Bolanden, den Visrum'®), Ridyiso, den Schultheißen, den Stadt:
grafen und die Nichter der Stadt, die euch zur Verfügung fiben
follen, und wenn etwas gegen biefen Srieden gerban wird, fo
follen jene, wie_es dem Reiche gesiemt und der Gerechrigfeit, der
Ehre und dem-Ylugen der Stadt angemeffen ift, es mir euch beffern
und firafen.
422 5 37. Ball.
Wie einft Bifchof Burchard zur Wieberberfiellung des geftsrren
‚Friedens und der Ordnung feine Befeze erlaffen hatte," fo gab jent
Friedrich I. den Wormfer Bürgern aus gleicher Urfache einen Stadt:
frieden. Der Unterfhjied der Zeiten tritt aber deurlich zu Tage. Damals;
sur Zeit “einriche II., waren die Bifchöfe die Säulen des Keicyes und
Die berufenen Befchliner des Seiedens gewefen. Unter Seiedrid I. war
die Wacht des Maifers fo gewachfen, daß er felbft die Bewahrung des
‚Sriedens in die Sand nahm und von fi atıs in den Bilchofeftädren
Waßcegeln traf, um das Recht und die Derfaffung neu zu regeln. Der
Brief Sriedrichs I. für Worms enchält bauptfächlich ftraftechrliche
Beftimmungen zur Auftechrerhaltung des Sriebens. Sinzelne find fcyon
im Gefene Burchards enthalten; aber wäbrend dort meift Beldbußen
für Sriedensbrüche feftgefeat find, fo jent Leibenftrafen. Die Straf:
gewalt des Raifers ift größer geworden. Gelbft leichtere Vergeben, die
im II. Jahrhundert noch) allgemein bios mit Geld gefühne” wurden,
werden im Wormfer Sriedenegefeg mit fdhiweren Strafen bedroht. Die
Stadr war eben gewachfen; viel Gefindel hatte fih bingesogen, und
die Sidyerheit von Leib und But war infolge davon mehr bedroht
als früber, wo ein großer Teil der Bevölkerung unter dem shoftecht
lebte und durch geregelte Arbeit und beftändige Aufficht in den
Schranken gehalten werden Bonnte. Durch die fhrweren Straf:
androhungen follte der Zügellofigteit der niederen Bevölkerung gefteuert
werden, aber audy der Raufluft der Vornehmen durch das Verbor des
Bweitampfes in der Stadt. Auch gegen das Sehde-lnwefen wurde
gleichfalls eingefchritten. Aber die Wahrung diefes Sriedens wird
nicht bIos auf die eigentliche Stadt befchräntt, fondern auf die ganse
Gemarkung ausgedehnt. Denn die Stadt mit ihrer Gemarkung it
fe, wie wir gefeben haben, ein eremter Gerichtebesirk. Diefer Gerichts:
besir® wird zuweilen auch Sriedfreis genanne. So beißt cs zum
Beifpiel in dem Sreibeirsbrief, den Mönig Rudolf am 4. Wär 1283
der Stadt Aarau gab: fo ban mir mah it bere diefe genade und
dife recht und dife vribeit gefegget und gegeben . . . zu dem erfien
male ban wir in gefeger unde zu rechte gegeben, day ie vribekreis
inanc hinnan bin iemer eweclige mardhtes recht haben fol nad) der
fiat firre unde gewonbeir"®).
mer legten die Stidre großen Were darauf, daß gegen die
Urteile ihres Berichte nichr appelliert werden dlirfte. Se war das im
Der Stabrfeiede und die inwohnerflänbe in der Grad 423
Tntereffe einer prompten Juftiz. Aber die Statuten diefes Wormfer
‚Seiedens follten nice nur im engeren und weiteren Gebiete der Stadt
gelten, fondern als perfönlicyes Recht der Blieger im ganzen Reich.
Ta, es twird fogar den Bürgern ein weitgebendes Kecbt der Selbjtbilfe
gegen ausmwäreige Seinde eingerfumt. Zur Gandbabung des Sriedens
wird ein eigenes Gericht aufgeftellt. Wer die 40 Kichrer wählt, ift
niche gefagt, jedenfalls gefchab es nichr obne Mitroirtung des Bifchofe,
dem ja audh ein Teil der Gerichtebußen zufälk. Denn der Rönig
tonnte und wollte nicht in die wohlermorbenen Rechte dee Bifchofe
eingreifen. Die Rompetenz biefes Sriedensgerichts befehräntre fich
wahrfäpeinlich auf die in der Urkunde genannten Säle. Das Stade
gericht blieb hingegen mach wie vor Tnftanz für die anderen Rechte
fechen.
Als Ricyrer follen I2 MWiinifterialen und 28 Bürger gewähle
werden. Das Zahlenverhälenis it charakterififch für die Zufammen-
feaung der Wormfer Bevölkerung. Die bifchöflichen Winifterialen
wären in Worms fehr zahlreidh, aber in voller intracht mit der
bürgerlichen Bevölkerung, während in anderen Stäbren ein Gegenfan
zweifcyen ihnen und den Dlrgern beftand. Das Sreiburger Stadtrecht
$ 16 beftimmee zum Beifpiel, daß Bein Winifteriale oder Mann des
Serzoge ohne Beroilligung der Bürger in der Gtadt wohnen oder
Bürgerrecht erwerben dürfe. Krft als die Stadt Worms die Autonomie
erftrebte, trat eine Spannung zwifcben beiden Ständen zu Tage; bie
Winifterialen wurden nun zum landfäffigen Adel und waren fortan die
geborenen geinde der Stadt").
Dem Wernber Il. von Bolanden übertrug der Raifer den Schun der
Stadt. Er geböere dem berühmten Befchlechte der Reichsminifteristen
von Bolanden an, das feinen Sig am Donnereberg harte. Auch die
Beicheminifteriaten, felbft wenn fie die bödhften und einflußreichften Sof:
umd Staateämter befleideren, galten noch im 12. Jabrbundere für unfrei,
und die Sreiheit Eonnten fie nur durch Sreilaffung erhalten. Aber viele
von ihnen, fo vor allen die Bolanden, waren weit mächtiger als manche
Grafen. Sie befaßen große Gliter am Donnereberg und anderswo, viele
Xeben, und hunderte von Xittern dienten ihnen. Aus der Hrbmaffe des
lenten Grafen von Yiheing war dem Wernher II. von Bolanden ein großer
Teil zugefallen"”). In Worms befaß er ein Saus"”), wo er abzufteigen
pflegte, und fo oft der Maifer in Worms erfähien, fand audh er ich
424 17. Bapiı.
dafelbft ein‘). Weil er neben dem Pfalsgrafen der mächtigfte “er
am Wirrelrhein und mit den Wormfer Verbäimiffen genau befannt
war, vertraute ibm der Maifer den Schug der Stade an. lach feinem
Tode folgten ibm in diefer Stellung feine Söhne Wernber III. und
Philipp"). Eigentlich) wodre es die Pflicht des Burggrafen gewefen,
den Srieden zu wahren, allein derfelbe fdyeint fid um fein me wenig
mebr befümmert zu haben. Dagegen tritt der Dicedominue mehr in den
Vordergrund. In den Urkunden des 12. Jahrhunderts folgt er regel
mäßig auf den Yurggrafen, und Sriedridh I. nenne ihm J184 zuerft
unter denen, weldye Die Berichtebarkeit und Gewalt über die Wormfer
Bürger baben'®). YTeben Wernher von Dolanden wird der Visum
ale „elfer der Stadt bezeichnet; außer diefen noch der Schultheif,
der Präfett, das beißt der Unterbeamre des Burggrafen (der fpdtere
Stadtgreve) und die Richter.
Alfo unter Raifer Sriedricy giebt es noch Beinen felbftändigen
Wat der Stadt, fondern die ordentliche Berichtebarkeit und die Der
walrung liege in den “änden bifchöflicher Beamten: des Burggrafen,
des Vizrums, des Schultheißen und der Richter. Außerdem gab es
noch ein außerorbentliches Bericht von 40 Mitgliedern, 12 Winifteriaten
und 28 Bürgern, dem die Sorge für den Gtadtfrieden oblag. Selbft
wenn man die Urfunde Sriedriche I. vom Tahre 1156 für uneche
eriäsen will, fo it die Tharfache der Eriftenz Diefeo Sriedenegerichte
gleichwohl urkundlich verblirge'®). Die Bedeurung biefer Tnftinueion
liegt darin, daß die beiden Stände, Wiinifterialen und Bürger, ein
gemeinfames Organ erbielten, das in Seiten der Unruhen die Tintereffen
der Stadt Eräftig vertreten Bonnte und das völlig unabhängig vom
Bifcyof war. Indem der Rönig der Stadt ein foldyes Sriedensgeriche
gab, war er in unmittelbare Beziehung zur Bürgerfchaft von Worms
und fchuf damit ein Verhälmis, das man fpäter mit dem Ylamen
„Beicheunmittelbarkeit” bezeichnete. Diefe Tnftiturion ft aus den
Bebticfniffen der Zeitverbäleniffe erwwachfen und audy feinesmwegs eine fo
finguläre Frfcyeinung, wie man gemeint har. YOeit früher als in Worms
find in den nordftansöfifcyen Städten foldhe Sriedensgerichte eingefere
worden, suerft in Cambray in revolutiondrer Weife, dann durdy die
franzöfifcyen Rönige in YToyon, S. Uuentin, Laon u. f. w. Diefe
Rönige, Ludwig VI. und Ludwig VII, werden mit Recht als Beförderer
des Bürgerftandes gerühmt. Den Srieden zu wahren, hielten fie als ihre
er Grodrfricbe und die Rinmohnerfände in der Stadt. 425
Saupraufgabe, aber dabei wurben alle Rechte der Stadtherren, des
Rönigs, Bifdyofe, Grafen ıc. vorbehalten"). So war aud) die Politik
‚Sriedriche I. gegenüber den Städten fowohl eine fortfchrittliche ale eine
Eonfervative.
Sehen wie uns einmal die Zinwohnerfchaft von YOorms näher
an. in einer Urkunde, welche der Bifchof "ermann von lüfter zu
Gunften des &. Andreasftiftes in Worme um 119 auoftelle'®),
werden unter den Zeugen zuerft einige vornehme aussokztige Beifliche
genannt, bierauf ein Graf, fodann folgen unter der Aubrik:
Wormaciensis quoque civitatis tam ecelesisstice quam seculares
persone zuerft die geiftlichen Perfonen, dann die weltlichen; von
diefen werden die !inifteriaten mit YTamen genannt, worauf es
beißt: alique quam plures tam clerici quam layci tam nobiles
quam de plebe cives Wormaciensis civitatis, ministeriales quoque
domini Wormaciensis extra civittem in rure habitantes: alfo
Beiftlidye und Weltliche; Ientere werden in inifterialen und Blrger
gefähieden und fehließlid find noch die auf dem Lande lebenden
Winifterialen des Bifchofe erwähnt. Anderemale werden Clerus,
Familia und Populus unterfchieden"®), wobei Familia die Winifterialicät
bedeutet. Urfprüngtich aber umfaßte der Begriff Familia forwohl die
Geiftlichen, ale die nach_dem „ofrechr lebenden Laien. Aus diefen haben
fi im 31. TJahrhundere die YWiinifterinlen al befonderer Stand aus-
gefondert. Die boftedhtliche Bevölkerung heißt concives'®). Der
tehnifdye Sinn diefes YOsrtes veränderte fich aber im Kaufe des
32. Jahrhunderte, und er bedeurer nur noch Wiitbiirger oder Derbürgerte!"®”),
oder es Bann auch in Bezug auf die geiftlichen Stifte und Riöfter
Scyungenoffen beißen. Die auf Eirchlicyem Boden nady softedht
lebenden inmohner der Stadt haben auf die ftädtifche Entwickelung
gar feinen Einfluß gebabe”*). Der Ausdruc® Civis bat eine weitere
und eine engere Bedeurung; er begreift zuweilen die Beiftlichkeie in fich,
welche äufer in der Stadt befine”), und die Wlinifterialen. &o
wird zum Deifpiel fchenbert in der Urkunde Burcharde II. vom
Tabre 3325 ausdrüclic als Bürger (hulus urbis nostre civis)
begeichner"*@), obwohl er einer Winifterialenfamilie angehörte. Aber meift
wird civis im engeren Sinne gebraucht und ift gleichbedeutend mir
burgensis. Wer nady Stadtrecht erworbenen Kigentum befint und das
Biirgerrecht erworben bar, der ift Drger.
1. Ben, Die Autnue vr ehiifäen Gt “
426 37. Bapitel,
In den Zeugenfiften werden am Anfänge des 12. Jahrbunderes
mir Kamen nur Geiftliche und Wiinifterialen aufgefüber; die Blrger find
in der Sormel alli oder ceteri quam plures de burgensibus inbegriffen'®"),
5 ift vielleicht erlaubt, anzunehmen, daß in der Zeugenlifte der Urkunde
vom Jahre 1106") auch Bürger vorkommen, aber eine Ausfcheidung
der beiden Stände zu machen, ift in diefer und auch in anderen Urkunden
unmöglich. In der zweiten &älfte des 12. Tahrhunderte werden die
Dürger Sfters als Urfundenzeugen herangezogen und ihnen eine befondere
Aubrit eingerfumt, zuerft J160, wo es fi) um einen Pachtvertrag nady
Staderechr bandelt”®). 1182 eren fie zum erfienmal in einer Baiferlichen
Urkunde als Zeugen auf"). Diefe Bürger führen wie die Winifterialen
im 12. Jahrhundert in der Regel mur einen YIamen, und zwar meift
einen deutfeben, feltener den eines seiligen. +Aufiger Eommen folgende
vor: Absecht, Arnold, Berchoid, Burchard, David, Diermar, Dietrich,
Dirolf, belinus, Eberhard, Keberr, Bdehwin, Emiche, Engelmann,
Berbobo, Gerhard, Berlad, Gernod, Gifelbert, Bodelmann, Gottbert,
Gottfried, Bogmann, Bose, Bumpert, “Herbert, Zerrich, Zesel (Rofe-
form von “einrich), Jakob, Tobannes, Liutfried, Ylibelung, YTicolaus,
Richer, Ridyeso, Rupert, Ruchard, Siegfried; Sigebodo, Sigelo, Volso,
Wilhelm, Wolfram, Zeizolf. Beliebr war der Ylame Wernber, aber
ganz auffallend häufig find die YIamen “einrid) und Ronrad. Wohl
find dies audy in anderen deurfiben Landfehaften gern gebrauchte
Tamen, aber wenn fie in Worms vor allen anderen bevorzugt wurden,
fo darf man wohl an die großen Träger diefer YTamen aus dem
falifcen Befchledhre erinnern, das fa in Worms feine “eimar hatte.
Zuft am Ende des 12. Jahrhunderte Bommen eigentliche Befehlechre:
namen auf, meift nach Örtsnamen gebildet, die Serkunft bezeichnend
oder nach ®ertlichfeiten in der Stadt, zum Deifpiel: hinter der
Garküche, vor der Wlnge, in der Wollgaffen 1c.; oder nach
Börperlichen Migenfehaften, wie: Longue, der Lange, Rufus, der
Rote ıc. Das vornehme Bürgergefchlechr Jude, welches fon am
Ende des 12. Jahrhunderts urkundlich vorfomme, it nicht enoa von
einem befehrten Juden abzuleiten; entweder ft cs ein Spigname oder
mod) wahrfeheinticyer hängt es mit dem althochbeurfchen Judo, Rrieger
(welche Wurzel auch im Srauennamen Turta, Judih enthalten if),
zufammen. Der Ylame Jude ale Befthledhrename Bomme auch in Röin
und Wainz vor").
Der Grabrfriebe und bie Einwohnerfände in der Grad 427
Die rechtliche Stellung der Winifterielen haben wir bereits berührt.
Kür die rdrifche Entwichelung hatten fie namentlich) als Beamte Bedeurung.
30 und Wine gehörten zwar als Regalrechte dem Bifchof, aber die
Stadtgemeinden haben diefe Regale verhälmismäßig [eben früb in ihre
and betommen. Zjn den Wormfer Urkunden find bis zum Tahte 1182
die Söliner unter die Yiinifterialen eingereibt, in der Zeugenlifte der Urkunde
Seiedriche I. vom Tahre 1182 hingegen unter die Bürger: Cives
Wormacienses: Wernherus thelonearlus 1c.%); ebenfo in Straßburg
120”), in Speier 1217“). Alfo muß fehon am Ende des 12. oder
Anfang des I3. Jahrhunderte in diefen drei Städten die Zollerbebung
in die 4nde der Bürger übergegangen fein. 1208 trafen Worms und
Speier mit Einoilligung der Bifhöfe Lupol® und Ronrad gemeinfchaft:
liche Anordnungen tiber die Zollfäge'“). Aus der Art der Darierung erfieht
man auch, daß das Amt des Zöliners jährlich gewechfelt haben muß.
Laut dem Straßburger erften Stadtrecht, das dem Ende des 12. Fahr:
hunderte angeböre"”®), mußte ber Zöllner alle Brücken in der Fleuftade
anlegen und unterhalten, damit jedermann mit Wagen und Saum
toffen fidyer Darıber geben Eönne; in der Altftadt Lag diefe Pflicht dem
Burggrafen ob ($ 58), der zum Entgelt dafür einen Anteil der Zoll:
einkünfte erbiel. Min Teil der Zolleinkünfte wurde demgemäß im
Öffentlichen Ylumen verwendet. Wit dem Zoll wurde im ilittelalter,
wie wir gefehen haben, fürchterlicher Mißbrauch getrieben und durch
die unfinnige Wienge der Zolfftärten, durch Die “she der Zollanfäne
foroie durch die Unüberfichtlichkeit des ganzen Bollfyftems der Verkehr
bis zur Unerträglichteit efäymert. Aber immer war man der Wieinung,
daß; der Zollererag eigentlich für die Unterhaltung der Strafen verwender
werden mügfe"®).
Dem Söliner liege aber auch, wenigfiene nad dem Straßburger
Stadtrecht $ 58, die Aichung aller Waße ob. Wie auf dem Gebiete
des Wiünzwefens, fo berrfchte auch auf dem des Maß: und Bewichte-
wefene im Wiittelalter große Zerfplitterung und Verwirrung, fo daß
mit Bedr die Streitftage aufgeworfen werden Eonnte, wer denn
eigentlich, dem Staat oder der Mirche, die Rompetenz Über Meß
und Gewicht gebühre"®). Die fräntifdyen Rönige waren die Erben
der zömifdyen Baifer. Demgemäß nahmen fie aud) die Öber-
aufficht über Maß und Gewicht in &Anfpruc. Marl der Große
berrachtere die Regelung des Waf- und Bewichtswefens als Regal, und
428 17. Ball.
wenn fehon der Schroerpunft all feiner wirrfehaftlicen Bemühungen in
der Vleuordnung des Wing: und tWierkrwefens lag, fo war flr beide
doch die Hegulirung dee Maß. und Bewichrefiftems Vorausfenung.
Denn die Grundlage der Wlänze ift ja ein fetee Eemwichtefpftem'®.
Allein eo gelang dem großen Voloßönig nicht, fein Jdeal der Wirtfchafte
polici® auch nur anndbernd zu verwirklichen umd noch weniger natlırlid,
feinen Ylachfolgern. Schon unter Ludwig dem Srommen war eine
allgemeine Unficherbeit auf dem Bebiere des Mlnzı, Maß- und Bewichte-
wefens eingetreten. Die Broßen benugten ihre Geredhtfame, um die
Schwachen zu unterbrüichen. Doch das Aönigrum hielt im Prinzip an
feinem Bechte feft. Yun beißt eo in dem Privileg Ludoige des Deurfeben
für die Wormfer Rirdye vom 29. Januar 856): Wir fehenten die
gange Wlünze, das Rönigemaß, welbes Staufchorn genannt wird ıc.
Afo wird das Waßfyftem zu den Böniglicyen Regalen gerechnet. Auf
den Eöniglichen Domänengütern wurden zur Zeit Rarls des Brofen wie
(don zur Römerzeit auf den Märkten KTormalmape und Flormalgewichre
aufgeftellt, um bei vorfommenden Streitigkeiten zur Entfcheidung benugt
zu werden”). jn Worms zum Deifpiel ift am GOftcher des Dome
durch zwei in die Mauer eingelaffene eiferne Warten das Yormalmap
der Wormfer Eile angebracht = 54 Tentimerer"®). Sr die Benunung
diefer YTormalmafe wurde eine Beblihr erboben'“), und eben diefe
Gebühr überließ, forsie die Errrägniffe von Zoll und Wlnze Rönig
Ludwoig der Deurfihe dem Bifchof von Worms. m Laufe des 9. und
0. Jahrhunderts gelangten die Röniglichen Regalcechte in den Defiz der
BirdhSfe, und diefe verfügten nun woie Über das Wlınz-, Zoll: und Markt:
wefen, fo aud) über das Maß: und Bewichtefsftem, und wie aus dem
Straßburger Stadtrecht hervorgeht, übten fie diefe Aechte durch ibre
Beamten aus. Die Negelung des Wiaß- und Bewichtsmwefene it aber,
wenigftene im Prinzip, noch immer bie in das J3. Jahrhundert lediglich
Sache der Öffentlichen Gewalt. In Wainz liege dem Wünzmeifier ob,
die Wagen, Bewichte und Ellenmaße zu prüfen, fie in Begleitung von
einem Richter und zwei Bürgern zu unterfüchen und wegen unrichtiger
Maße und Berichte zu frafen; die anderen Maße prüft der Rämmerer,
der den Aichmeifter su befellem und alljährlich den Stempel zum
inbrennen anfertigen zu laffen bat. Der MWartrmeifter mit einem
Doren des Rämmerers prüft diefelben‘”). Audy in Speier bat der
Wängmeifter die Revifion von Map und Bewidht. Später hbr der
Der Gtadrfritde und Sie Rinmohnerfänbe in ber Gtabt. 29
3öliner die Aufficht fiber die Gronwage aus, die Yeimburger Eonmollieren
die Wlaße, und der Rat ift dem Bifchof für rechtes Wiaß und Gewicht
verantwortlich. YOurde das Stabtmaß erneuert, fo fand dem Bifchof
das Recyr der Pihfung und Aicung zu). Denn der DBifchof ift
noch immer Tnbaber der böchjten Bewalt, und der Rat erfülle gerwiffer-
maßen bie Junkrion eines bifchöflicben Beamten. In Yosrms endlich
teoibierten die Zeimburger in ibren Pfarreien die Maße, und zwar im
Auftrage des Rates”). Markt, Zoll, Münze, Maß und Gewicht gehören
zufammen. Dem Bifdof waren die Regalrechte verlieben worden, aber
aus der "and des Bifchofs gleiten fie faft unmerklich in die sAnde
des Rates),
Der Bebeurung des limzwefens für die wirefchaftlichen Verhälmiffe
einer Stadt entfprechend, nimmr der Ylnzmeifter in den Bifchofsftädren
eine wichtige Stellung ein“). Auch er gehört urfprünglich dem Stande
der Winifterialen an. In den Urkunden Lomme er nicht fo häufig vor,
wie der Zßfiner: 1379 Heinricus monetarius“), 197 Sigefridus
monetarius’®), 1233 Sigelo monetarlus, der aber unter die Cives eingereiht
iR). Erft aus der Urkunde Sriedriche I. vom Jahre J365 erfahren
wir über die Wünge in Worms näheres.
Die gewaltige volfswirtfehaftliche Reaktion des Jo. Tabrhunderre
zeige fich namentlic im Wänswefen. Das VolE hatte das größte
Wißteauen gegen das gemtinzee Beld; andere Zahlungsmittel, YTarmalien,
Taufd ıc., hatten größere Bedeutung, und alle Befehle und Anftrengungen
der Aönige, das Geld im Kurs zu erhalten, niten wenig. Wiebe und
mehr 305 fich das gemlmzre Bold und Silber aus dem Verkehr surlic,
und die Hdelmeralle hatten, wie in der alegermanifehen Zeit, nur in der
Verarbeitung zu Runftwerten einige Bedeutung. In den Schantammern
der Bönige und ircyen fpeidyerte man wieber, woie in der Seldenzeit,
auf, Schalen, Becher, Ringe u. f. w.; mir diefen belohnten
die Serren einen Dienft. Wlußte man erwas bezahlen, fo zerbrach man
wobl einen goldenen Ring oder eine Merte. Gemlinztes Geld befaßen
nur wenige.
Unfere Renntnis des deutfihen Wlinsmwefens wäre fehr unvoll£ommen,
wenn wir nur auf die in Deurfchland gefundenen Wänzen angewiefen
wären; doch weit zablreichere und wichtigere Milnzfunde find auf
flavifcyem Boden gemacht worden'”®), deren Zufammenferungen böchft
intereffant find. Da finden fid friedlich zufammen römifche Denare,
430 37. Bapire.
deutfebe Wilinzen, italifche, englifcbe, Bysanciner und arabifche Wiünzen.
Diefe Sunde beftäcigen, was wir auch fonft fon wiffen, wie bedeutend
der Zandel mit dem ftavifchen Often war.
Der Minzfuß der deuefchen Münzen bis ins 12. Tabrbundere ft der
von Warl dem Großen eingeführte, wonady aus dem Pfunde Silber
(367,2 Gramm) 240 Denare gefchlagen wurden, fo daß der Denar
1,53 Gramm wiegen follte. I2 Denare gingen auf einen Schilling, der
fedoch nicht geprägt wurde, fondern nur Rechnungsminze war. Beprägt
wurden blos Silberdenare und halbe Denare. Die Technik war eine
böchft unvollfommene, fo daß das Brwicht der Denare den größten
Schwankungen unterliegt und nicht minder die Bröße der Wünzen.
Don Wormfer Münzen befigen wir aus dem Jo. und IJ. Tabrhunderr
folgende"®): Waifer: Oro II. oder IIN., “einrid II, Zeinricy TIL,
Geineich IV.; DBifdhöfe: Arnold, Adalbero, Adelberr, Eppo. Der
‚Avers seige meift einen Mopf mit Tinfchrift oder au) eine Rieche, der
Aevers ein Rreuz mit einer Mugel in jedem Winkel; feit Zeinric II.
ein Rreus mit einer Rugel in drei Winkeln, im vierten Winkel aber
ein von einem Jalbmonde umfcloffener Beil, das charakteriftifche
Bennzeichen der Wormfer Wlünzen'”).
Die Münze ift Regal, res iuris regalis heißt eo in der fchon mehrfach
erwoähnten Urkunde Ludwoige des Deutfchen'®“). Zuerft verfebentten die
Aönige den Bifdyöfen blos die fiskalifchen Lrrrägniffe der Münze, erft
fpärer, im IJ. Tabrbundert, ließen die Bifchöfe Wünzen mit ihrem
Bildnis ausprägen. Ylur auf größeren Warkepligen, zumal in den
alten Aömerftädten am beine, machte fich ein Bedhrfnis nad gemimzten
Gelde fühlbar. <ssier war die Münze ein gewinnreiches Befchäft. Der
aber auch im Beflze des Wihnzrechtee fein mochte, immer galt bis ins
32. Jahrhundert hinein der Rönig ale der Winzherr. {Er verleiht die
Minze und erläßt Verordnungen über das Wünzwefen, beftimme Beroicht
umd Bepräge. Sreilich übt er Diefe Jobeitsrechte mehr nur in der Theorie
als in der Praris aus, denn die Inhaber der Wlnzen verfübren ganz
nady Willkür, immer nur den eigenen Vorteil im Auge bebaltend, und
fo entftand jene große Verwirrung des Wlnzwefens im Witrelalter, die
ein Zauptbemmnis des Verkehrs war. jedoch hatten die Rönige fich
noch im 33. Tabrhundere das Hechr gewahrt, fo lange fie in der
Bifchofoftadr weilten, Zoll und Wlınze zu ibrem Vorteil aussubeuten,
und fle machten von ihrem Rechte Gebrauch)”,
er Stadrfriebe und bie imwohnenflände in ber Stadt. 431
" Die Aushbung des Mängrechres bot Schwierigkeiten genug: einmal
die unvoll£ommene Techniß, dann der angel an Prägemarerial. Wie viel
Gold und Silber ift nicht in den fdhlimmen Zeiten der FTormannen-
und Ungarnnor außer Land gefhleppt, und wie viele Wünzen find nicht
vergraben worden! Einen Ausfuhrhandel in gold: oder filberreiche
Länder gab es nicht; der Bergbau fkand auf fehr niedriger Stufe, und
erft feit dem II. Jahrhundert wurden die Silbergruben im ar ergiebiger
ausgebeuter””). “Unbedeutend war die Wlafle des Goldee, das im
Rheine gefehlemme wurde‘). Die berefchende Unficherheit machre
auch einen Transport von Fdelmerallen unehunlich. Da balf man fich
auf andere Woeife.
Mir dem Wilnzrecht war nämlich das Wechfelredyr verbunden.
Bein $cemder oder Einheimifcher durfte mit ungemünztem Silber Yandel
treiben, obne daß er es zuvor der Wilinze zum Kaufe angeboten hätte.
Und keiner durfte aus der Stadt Silber in Die Scembe mimehmen ohne
Erlaubnis der Wönze. Auch der Boldfehmied follte nur fo viel Silber
kaufen dlrfen, als er für fein Zandiwer® gebrauchte”), infolge des
Mangels an Edelmerallen war es vielen Wlnzinabern fattifd) unmöglich
gemachr, ihr Mlnzeecht auszuüben.
Die {Wüngen der exften meromsingifcben Rönige find den rämifchen
nachgebilder. Sie Übernahmen mit dem Münzregal und den Wilnzftätren
aud; die römifchyen Wünzer. Zu Theudeberrs Zeit Lomme auf den
Wünzen der YTame des {ionerarius vor, offenbar eine Rontrollmaßregel.
Aber erft Durdy Barlo des Großen fdyöpferifche Gefengebung komme
Ordnung in das Minzwefen. Ylun erft wird es unter ftrenge Bönigliche
Aufficht geftelle und die Thärigkeir des Wihnzers in ein Ame, Minifterium,
umgewandelt. Der Wihnzer wird zum YWinifterial dee Rönige. Er
darf nur Öffentlich und auf dem für diefen Zwec beftimmeen Plag
möngen, damit alle ibn Eontrollieren Eönnen. Der König beftimmee, daf
Die Grafen, in deren Amtsbezirk eine Wyhnsfidere fich befinder, verläffige
Minger auserofhlen follen, obne Ahdficht auf Bevorzugung und
eigene YOünfche oder eigenen Vorteil zu mebmen, bei Gefahr, Gottes
und unfere Gnade zu verlieren. Die Münzer follen fdhwören, daß fie
ihr Amt nad) befiem Yoiffen und Rönnen verfeben und feinen zu flark
verfegten ober unterwichtigen Denar ausprägen. Auch follen fie ohne
Berrhgerei und unerlaubte Munfigriffe denen, die ibnen Silber zur
Reinigung beingen, dasfelbe reinigen und ohne Berrligerei, forwohl beim
432 17. Bapiel,
Wechfel mit der YOage, als bei der Reinigung, verfahren. Der aber, welcher
gegen diefen $Eid zuwoiber gehandelt zu haben befehuldigt wird, foll fich
durdy Bortesurreil reinigen. YOird er des Vergebens überführt, fei es,
daß er fehlecdhre Minze fehlug, fei en, daß er beim Wechfel oder
Reinigen des Silbers am Silber des Neichen ober der Mirche oder der
Armen Unrerfehleife begangen hat, fo foll er wie ein Salfehmünger die
Hand verlieren und der Öffentlichen Buße nad) bifdöflichen Urteil
unterliegen”). Dadurch wourde dem Münzer eine fefte, ebrenvolle Stellung
Dem Wünzmeifter unterftand eine Anzahl Befellen, die unter
feiner Zeitung arbeiteten. Je mehr in den großen rheinifen Städten
der Verkehr ich hob, um fo höher hob fid auch die foziale Stellung
des Wünzers, und diefe wurde befeftige, als fich die Winzer einer Stadt
au einer Rorporation zufammen thaten.
Zur Zeit Rarlo des Großen überroachte und vollyog der Wlünzmeifter
noch felbft die Leitung der Wiänze in sechnifcher Beziehung, die derbeir
febaffung deo SEdelmeralles auf Rechnung des ilmzheren, die Mifchung
der Wietalle, die Prägung derfelben; iym waren handıvertemäßig gelernte
Gefellen untergeordner. Als nun der Wlarkt, Zoll und Whnze vom
König dem Bifchof gefchentt wurden, fo wurden auch die Perfonen
mitgefehenet, die mit diefen Regalrechten befdhäftige waren. Der Stand
und die Stellung des Whngers blieben diefelben veie zur Barolingerzeit,
‚aber feine Wacht nahm zu, und er gebörte num su den einflufßreichen
Stadtbeamten und den reichften Hinwohnern der Stadt. Zugleich war
der Wiünzmeifter Vorfteher der Hausgenoffenfhaft. «ausgenoffen beißen
fie, weil fie Benojfen waren, die ein “aus befaßen, die hänge!"
Diefe Lomme in Worms urkundlidy fhyon 106 vor"*). ie fand auf
dem Wiarkt, da, wo nad) dem großen Brande vom Tjabre 1689 die
Dreifaltigkeitsticche errichtet worden war. Die Mlınzer waren Minifterialen,
und in Worms wurden ihnen ihre Rechte durch das Privileg Seiedriche I.
vom 24. September II6S beftätige"*). Wenn ein Raifer oder König,
beißt es darin, nadı YOorms fomme und dem llngmeifter Silber
fbergiebt, damit er aus demfelben Pfennige präge, fo foll der Zöllner
Roblen dazu liefern und der Wilinzmeifter Werkleure mit ihrem Geräte
ficken, damit man Bildniffe auf die Pfennige madye. Bommt der
Raifer oder Rönig mit großem Gefolge nach Worms, und bat alsdann
der Bifcyof nicht Diener genug, um dem Raifer oder König aufjuwarten,
fo follen die Wnzer von der Wlinze, Die da ift eines Raifers Rammer,
Der Sradrfeiede und die Einwohnerflände in der Sradr. 435
die Stelle der Diener ausfüllen; doch foll man ihnen nur die Dienfte
eines Warfehalle, Schenten, Truchfeflen oder Rämmerers zumuten und
feine niedern'”). Auch der Erzbifcof von Wiens harte das Hecht,
im Salfe eines Rriegswuges die Zausgenoffen zur Sur feines Lebens und
feiner Rammer zu fordern”). Wer, beife es im Wormfer Privileg
weiter, in die Befellfehaft der Wormfer Gausgenoffenfcpaft aufgenommen
wird, fol eine halbe Unze Boldes geben zur Vergoldung des Bifchofs:
ftabes, ferner dem Ylnzmeifter einen goldenen Pfennig und dem Rämmerer
einen. Defist er Beine Goldpfennige, fo Tann er dafür 5 Schillinge
sablen. In MWains ift der Rämmerer die oberfte Auffichtebebörde der
Wänge. Ylad) dem vorigen Artikel fheine er in Worms die gleiche
Sur erfülle zu haben. Wan foll Beinen !Mlnzer zu einem Stadt:
amte ober zum Schöffen erwäblen, außer mit feinem Willen”). Die
Winzmeifter follen dem Bifchof an den drei hoben Sefttagen Weib:
machten, ©ftern und Pfingften drei Pfund Pfeffer geben‘).
Der Vorgefergte der “ausgenoffen ift der Wifinzmeifter, der einmal
die Aufficht über die Wiünze führre und dann eine Gerichtsbarkeit hatte.
Er foll dem Bifcbof überliefern, was in der Mlnze gewonnen wid,
und folt daffır enefpredhenden Lohn empfüngen. Befehuldige der Bifchof‘
den Weifter, daß er mehr gewonnen babe, ale er ablieferre, fo foll er
fib von diefer Anklage mir einem Bide reinigen. Bäme die Minze fo
febr herunter, daß fie feinen lugen mehr abrolirfe, fo foll der Bifdbof
Die YWlinger zufammenrufen und ein Urteil von ihnen fordern, daß man
zwei Wann, die zum Amte tauglich find, ermäble und den gefhickteften
von ihnen an eines Weifters flatt fente, der die ganze Woche bis am
Samstag zur Vesper die Wlnze, fo gut er Bann, beforge. Und was in
diefer Zeit in der Minze gewonnen wird, das foll der Weifter dem
Bifchof Überantworten, und foll der Bifchof dem YWieifter zum Lohne
drei Schillinge geben und feinem Lehrfnecht feche Pfennige.
Die ausgenoffen befaßen einen privilegierten Berichteftand für fich,
ühre Samilie und ihr Befinde. Der Wlnzmeifter ift der Richter, die ünzer
‚oder ausgenoffen find die Urteilsfinder. in Worms unterlagen aber
alle Sacyen, die Ehre oder Leib betrafen, wie Torfehlag, Verwundung,
Diebftahl und Wlnsfälfhung, dem gewöhnlichen Berichte. Tebhrlich hält
der Wiünsmeifter drei ungebotene Dinge. YWelcher Münzer die drei Dinge
verfäumt, zahle fünf Schillinge Buße. Auf diefen Berichtsragen wird
alles verfäumte Recht und alles Ungericht gerügt und gebefferr wein;
15. Beer, Die Rune vr chin a. L
434 IT. Bapieel,
was die Wünzmeifter nicht ausrichten Eönnen, follen fie an den Bifchof‘
ziehen. Die Münzer dürfen nur in bifchöfliche “Haft gefene"“') und
mir durch ihren Lebrfnecht vor das Gericht des Bifdyofs geladen
werden. Zn anderen Stäbren hatte bie Beridytebarkeit der auegenoffen
einen weiteren Umfang als in Worms, aber überall galt es als eine
ihrer wefenelichften Aufgaben, Wünzfälfbern nachzufpfiren und fie beim
ordentlichen Bericht zu verklagen. Berade wegen Diefer Aufgabe wurde
auch fpärer die Befellfehaft der Zausgenoffen geduldet, und man ließ
ihnen ihre Privilegien, volhrend fonft alle anderen jtädtifdhen Rorporationen
von Reiche wegen verpdne waren. Geit der Römerzeit war die Strafe
für Wünsfälfhung das Abfchlagen der Land. Später wurde dann
daflır das Sieden in Bel oder Waffer beliebt. Golden graufamen Tod
erlite zu Worms am Jo. Juni J493 ein junger Befell aus Erfurt, bei
dem falfche Wänzen und Wihnsftempel gefunden worden waren“).
Die Münzer befaßen das überaus gewinnreiche Privilegium, aus
feblieplich in den Städren Geld wechfeln und mir Hdelmeratlen handeln
zu dlirfen. Dei den zahlreich im Umlauf jich befindenden Wihnzforten
und der bäufigen Umprägung der Wünzen waren die YWihnzer ale
Wechsler den Baufleuten unentbehrlich. Zunweilen, voie in Worms, mußten
fie freilich mit den Juden das Privileg des Beldroechfele reilen'”®).
Baifer Sriedrich I. gewährte den Wormfer Wiimzern zudem noch auf
den Königlichen Wärkren in Ladenburg umd Wieslody das ausfchließliche
Wedhfelrecht'®).
Hauprfächlidy durch ihre Thktigkeit als Bankiers und Rapitaliften
erlangten die Wünger oder Jausgenoffen eine bevorzugte gefellfchaftliche
Stellung in vielen Städten. Sie gehörten zwar ihrem Geburtsftande
mach zu den bifchöflichen Wiinifterialen, aber infolge ihrer Befchäftigung
verwuchfen fie doc» mehr und mehr mit den reichen birgerlidhen Samilien
und wurden felbft zu privilegierten Bürgern. Audy dem Bifchof gegen:
über nahmen fie allmählich eine faft unabhängige Stellung ein. In den
Rämpfen der Bhrgerfchaft mit den Bifchöfen bielten fie freilich in der
Regel zu den Ienteren, ohne fi) indes aus der Stadt drängen zu Iaffen.
Sie bildeten den Brundftoc® der Beflechter oder des Patrigiars und
befaßen lange im Nate ein Uebergewicdht, dem erft die demofratifchen
Bewegungen des I$. Jahrhunderte ein Ende machten (fiehe unten)"®).
Kine ähnliche privilegierte Stellung wie die Mlnzer genoffen in
Worms aud) die Yölldiverker oder Rüirfähner. Wir find leider darüber
er Srabrfeicde und bie Linwohnerfände in Ser Seas. 435
nur feplechr unterrichtet und woiffen bIos, Daß auch fie eine Sausgenoffenfchaft
bildeten und daber eine befondere Rechteftellung batten'“), ähnlich wie
zum Beifpiel in Mainz die Tuchbändler, welche zu den „Alten“, das
beißt den Befchlechrern zählen”).
Im Mittelalter wurde ein ganz außerordentlicher Lupus mit Pelzwaren
getrieben. Da die “eisungseinrichtungen durchaus ungenügend waren,
fo febigte man (ich gegen die Räte durch warme Aleider und namentlich
durch Pelze. Der Pelshandel, wenigftens im Io. Jahrhundert, war in
den Zuinden der Araber'"®). Unfer deutfches Wort Rücfehner, mittel:
hochbeurfih Eicfenaere, voird vom rürkifchen Flrfei abgeleiter. CTamenttich
die vornehmen @eiftlichen und die Ritter entfalteren großen Eurus im
tofibaren Pelywert'”). in Worms feheint die Lederinduftrie fi fhon
früb auf eine hohe Stufe entwicelt zu haben, und ebenfo muß der
Pelsbandel bedeutend gewefen fein. Eben diefer Bedeutung des Rürfchner-
bandwerkes ift eo zusufchreiben, daß die Wildiwerker in Worms eine
privilegierte Jausgenoffenfchaft bildeten, wie anderwärts die Tuchfchneider.
Wegen ihrer Unentbebrlichfeit wurden fie unb die Hänger in der erfien
Bachrung vom Jahre 1233 nicht wie Die anderen Jandverkergenoffenfchaften
aufgeboben. Aber auf die Länge Ponnten fie ihre erceptionelle Stellung
doch nicht behaupten, fondern fie wwurden den übrigen Ztinften einverleibe
und zwar gleihfam zum “obne der Rangfolge nach in Iezter Linie,
wäbrend die Jauegenoffen weniufiene den erften Rang unter den Zünften
behaupten Eonnten'®). ron diefer urlichfesung muß das Alırfchner:
bandiwer® audy noch im I$. und I6. Jahrbundert einen goldenen Boden
gebabt haben. Wir befizen aus dem Jahre I5I4 das nventar eines
wegen Aufrubrs bingerichteten Mürfehners, deffen Lager in Pelswaren
zu 2000 Bulden (circa Ioo000 Mark) gefchäge wurde und der zeitwoillig
18 Rnedyre befdyäftigt hatte, alfo ein für jene Zeiten ungewöhnlich
großartiger Berrieb!”).
Yloch erceprioneller als die Stellung der Yfinifterialen innerhalb der
Stadtbevölterung war die der Beiftlichteit. Seitdem die Pfarekirdyen den
Stiften intorporiert waren umd der Pfarrbienft von unrergeordneren und
meift fehr ungebildeten Mieritern verfehen wurde, verloren diefe Pfarr:
geiftlichen mehr und mehr an Achrung und Zinfluß beim Volke. Und
vollends der vornebme lerus fdyloß fi von diefem vollftändig ab.
Kigentliche Nönchstlöfter entftanden erft im 13. Jahrhundert. Dagegen
bilderen die vier Stifte: S. Peter, S. Paul, S. Andreas und S. Wiartin
336 17. Bapitl,
eine eng untereinander verbumbene mächtige Benoffenfchaft, deren Vertreter
der Bifchof regelmäßig zu feinen Amtebandlungen beranzog'”). Diefer
Woettklerus tefrurierte fi teile aus den vornehmen Einwohnern der
Stadt, teils aus den jungen Shnen der freien Brundbeflzer auf dem
Lande. Zu Burcharde Zeit barre die Griftegeiftlichteit in Elßfterlicher
Weife zufammen gelebt; das war fihen längft nicht mehr der Galt!”“),
wenigftens beim Domftift, mo jeder fein befonderes Jaus befaß, und nur
an hoben Sefttagen bielten die Domberren im Nefektorium ein leckere
Mahl”), Zioar berieten fie oft genug gemeinfam mit den Bürgern
wichtige Angelegenheiten der Stade oder der Kirche, aber die Bürger
emancipierten fi) allmählich von der Eirchlichen Benormundung, umd es
tam wiederholt zu Bonflikten, zu deren Löfung die Autorität des Raifers
angerufen werden mußte.
Die Rechreanfdauungen des Mlerus waren andere als die der
Bürger. In triminellm Sachen unterflanden die GBeiftlichen der
Gerichtebarteit des Bifehofs und der geiftlichen Berichte, in eivilen aber
dem Stadrgericht, welchem jedoch das geiftliche Bericht ebenfalls ftarke
Ronturrens machte“). Lady dem Stadtrecht von Worms durfte auf
dem Rrantenberte, obne Zuftimmung der Erben, nur über fünf Schilling
des Ylachlaffes verfüge werden'“*). Yun gefchab es, da ein Stiftsberr
von S. Paul in Anwefenbeit mebrerer feiner Witbrüder, feiner Mutter
und Verwandten ein Teftament machte, worin er zu Bunfien von
Rirchen, feiner Wurrer und anderer Perfonen über feine Wobilien verfügte.
Aber ein Verwandter focht diefes Teftament an, indem er fi auf den
Rechtsfar berief, daß jemand auf dem rankenbette über feine Jmmobilien
und über feine Mobilien nur im Derrage von 5 Schillingen verfügen
dürfe. As Maifer Sriedrich im September 1165 in Worms weilte,
wurde diefer Rechrofall vor fein "ofgericht gebracht, und diefes enefehhied
zu Bunften des Rlerus, geftünt auf das römifche und Banonifche Necht
und auf die Rapitularien der Parolingifeben Rönige, wonach die Beift-
lichkeit volle Teftierfreibeit Über ihre Wiobilien geniepe'”). sandelte es
ib in diefem Salle um eine Rechrefrage, die fo oder andere enrfehieden
werden Eonnte, fo wurde dagegen das ftädtifche Tntereffe in einem andern
Rechreftreite viel Direkter und intenfiver berührt.
Von den falifyen Rönigen war bereits die Steuertraft der Städte
in Anfprudy genommen worden. Die Wormfer Bürger hatten zum
Beifpiel dem Aönig Seineich IV. eine freiwillige Steuer geleifter und
er Gtabrfriede und bie Minwohnerfände in der Stabt. 437
“oeineich V. den allerdings verungihckten Derfüch gemacht, die Städte zu
befteuern. Den VWormfern erließ er das Wachtgeld, wofür fie wahr:
febeinlich die Zur der Stadt felbft übernahmen. Gerade die militdeifähe
Sicherung der Stadt erforderte jährliche Beldmitrel, und laut dem Zoll:
vertrag zwifcben Worms und Speier follten die Bußen für den Stabtbau
verwendet werben'®). Außerdem erhob die Stadtgemeinde Steuern, von
welcher die Beiftlichteit und die Wiinifterialen befteit waren. Diefe
Steuern Eonnten nur mit Bewoilligung des Rönigs erhoben werden, und
fie wurden auch wefenelich in feinem Zintereffe verwendet. SE wäre
nun nicht mehr als recht und billig geroefen, daf; auch die Diener der
Geiftlichen, ihre Jandiverker und börigen Bauern die Steuern besable
bitten, da fie ja den Schun der Stadt und die Vorteile des ftädtifchen
Wiarttes mitgenoffen. Aber die Beiftlichteit wehrte fid dagegen und
brachte die Sache im Mai 182 vor das SHofgericht des Rönigs zu
Wainz'”). Ueber die Steuerpflicht der Beifllichkeit und ihrer Angehörigen
in den Städten wurde von diefem Augenbli® an durch das ganze
Wirrelalter auf das heftigfte geftritten, und erft die Inte Racytung vom
38. April 1526"®) brachte die Angelegenheit zum definitiven Austrag,
weentlich in dem Sinne, wie Raifer Sriedrich I. am 31. Mai 1182
entfehieden hatte. Flach dem Urteil der Sürften, in Gegenwart der
Vertreter der Wormfer Rirde und der Blirgerfcpaft (Wernber der
Böllner, Wignand, Bernod und David), füllte der Reifer das Urteil, daß
die Leute der Wormfer Kirche, welche täglich in eigener Perfon den
Geiftlichen und der Rircye Dienfte leifieren, fteuerftei fein follten, doch unter
der Bedingung, daß fie nicht Zandel trieben oder feilm Ware hielten
oder daß fie, blos um fid) der Steuer (nostre collecte) zu entziehen, den
Geifttichen fid) unrerwürfen. Schon damals alfo, wie auch fpäter"®),
wurde die Steuerfreibeit der Kirche in betrügerifcher Abficht benust,
um der ftäbeifchen Abgabepflichr zu encgeben, indem Bhrger ober
Sremde in den Dienft der Rirde oder eines Angehörigen derfelben
raten. Deshalb follten laut der Verfügung des Raifers nur die wirt:
lichen Diener und Untergebenen der Rirche, die Beinen “andel trieben,
das Privileg der Kirche mirgenießen dürfen.
Aufer den bejtändig in Worms niedergelaffenen eiftlichen und
ihren Angehörigen, den Wlinifterialen, Bürgern und Sremden, gab «s
aber audy Leute ohne Brundbefig, die fich jedoch durdy ZJandarbeit und
Gefhjäfte fo viel verdienten, daß fich fiber den von ihnen zu besahlenden
438 17. Rapitel,
Zehnten ein Streit zwifchen den Kirchen S. Peter und S. Cyriacus in
Creubaufen erheben Eonnte"”). Sobald foldye Leuce fidh fo viel erworben
batren, daß fie ihre Erfparniffe in Brundbefig nach Stadtrecht anlegen
Eonnten, gliederten fie fich alsdann der Dürgerfchaft ein. Diefer allein, das
erkenne man deuelich felbft aus der mangelhaften Ueberlieferung, gebörte
die Zukunft, indem fle zur Zeit Seiedrich Barbaroffas mächeig empor:
firebre. Und diefen Beftrebungen waren die nad) dem Tode Zeinriche VI.
folgenden Breigniffe nur förderlich.
38. Rapitel,
Der Kampf um die Krone
und die KEntftehung des Rates.
Etanntermaßen vollzog fich die Befchichte
des Rönigtums in Seankreich und Deurfch-
land in entgegengefegter Ydeife. Dank der
Bontinuirdt der Erbfolge bes Baperingifchen,
‚oaufes erhob fid in Srantreich das
Rönigeum mit Zilfe der Rirche langfam,
aber in fteriger ntwicelung zu immer
| größerer Wacht, während in Deurfchland
infolge mebrmaliger Unterbrechung des
Krbganges das Rönigeum mehr und
mehr gefehtwächt wurde. seinriche VI.
bochftrebende Politik, der Brone das Krb:
recht zu verfchaffen, feheiterte am Widerftande der Sürften. Der Tod
des Baifers gab ihren partifulariftifdyen Beftrebungen in Verbindung mit
dem deurfehfeindlichen Papfttum freien Spielraum, und fogleichh begann in
Deurfcyland ein leidenfchaftlicher Bampf um die Arone und zugleich
um die Zukunft der deurfdhen Verfaffung und des deurfihen Heiches‘'®).
Zwar batten die deurfchen Sürften den Sohn %einriche VI.,
‚Sriedrich, zum Rönig gewählt, aber er war noch nicht gekrönt, und
viele Anhänger der Staufer nahmen Anftoß an feiner Jugend. Die
Gegner feharten fi um Adolf, Krsbifchof von Röln. m Winter 197
auf 1198 verhandelten beide Parteien über die Thronfolge. Die flauftfdhe
Partei einigte fid) auf Philipp, den jüngften Bruder Zeinriche ML, der
15. Beer, Die Alu ve elifärn Se. 1
42 18. Rapid,
anfänglich zum Beiftlichen beftimmt gewefen war, dann aber J195 zum
sserzog von Tufcien und 1196 zum “erzog von Schwaben erhoben
wurde, eine feine, bewegliche Beftalt, wohl gebilder und liebenssoirdig,
doch in feinen Hnefähläffen und «andlungen nicht feft. Zuerft war er
für feinen YIeffen Sriedrich ein. Die rheinifen Bifcyofftädre Worms
und Speier hielten getreulidh zur ftauftfhen Sache. Philipp, “erzog
von Schwaben, fäyloß am 2I. Januar II98 einen Verrrag mit ber
Stadt Speier, wonach die Bürger von Speier ihm verfprachen, Beiftand
zu leiften mit Schiffen und feilem auf der Lebensmittel und dem
serzog den Eintritt in die Stadt zu geflatten mit 30 Nittern, jedoch
unter der Bedingung, da das dyeer dee erzogs fi) weder in der Stadt
noch in der Vorftadt einquartiere. Dagegen beftärigee der Zerzog fomohl
im Yamen des Könige als in feinem eigenen den Bürgern ihre Privilegien,
die Sreibeit von auwärtigen Gerichten und die fädtifcpe Selbftverwalnung
durch einen aus ihrer Witte gewählten Rat von ywSlf Perfonen"®).
Yichr ohme Mübe einigee fi die Begenpartei auf die Perfon des
Wolfen Orte, Brafen von Poiton. Es handelte fidh bei diefem Thron:
fireite nicht nur um bie alte Seindfchaft der Staufer und VVelfen, fondern
aud um einen Gegenfa der ober und niederrbeinifchen intereffen.
Philipp war sundchft im Vorfprung, denn er hatte die Reicyeinfignien
in Jönden und verfügte Über die oberdeurfche Wiinifterialirt. Am
6. März 1198 wurde er in Arnftddr in Thüringen zum Rönig gewäblt.
Aud) Lupold, Bifcof von Worme, war bei diefem ZAfte bereiligt.
Oftern feierte der neue Rönig in Worms; bier ging er unter der Arone
md erwirfte die Loofpredhung vom Banne. Örto dagegen wurde in
Röln von der englifdh gefinnten Bevölkerung jubelnd empfangen und
am 9. Juni J198 zum Rönig gewoählt. Er fchte die geiftlichen Fürften
durch Preisgebung der Fhniglicyen Rechre zu gewinnen. Zwifchen beiden
Bönigen begann nun ein wahrer Wertlauf, Anhänger zu gewinnen,
wobei nariclich die Macht des Aönigrums erfählrerr wurde. Zum
Ungtüc für Deutfchland faß in Rom ein Wann auf dem päpftlichen
Seuble, nnocenz III., der zu den genialften Staarsmännern der Kirche
sÄhlte und den in Deurfähland ausgebrochenen Zwoiefpalt trefflich zu
benÖgen verftand, um das tregorianifche Tdral der Rirchenberrfchaft
der Verwirklichung entgegenzuführen. Der Papft entfchied fi für
Oro und that Philipp in Dann. Die deutfchen Fürften haben felbft
dazu geholfen, dem Papft bei der Mönigewwabl einen entfeheidenden
Der Banpf um die Beone und die Knttchung des Nates, 445
Einfluß zu verfebaffen. Geftlint auf die feften Pofltionen in TWorme
und in Speier, führe Philipp den Rrieg gegen den Bifchof von
Straßburg und den Erzbifchof von Röfn. Die Bifcöfe von Worms
und Speier waren feine gerreueften Anhänger. Als der Krzbifchof
Bonrad von Mainz Ende Oktober 1200 ftarb, da mählte die ftaufifch
gefinnte Webrheit den Lupold von Worms zum fErzbifchof, während
Die Begenpartei, deren Kührer das mächtige Mlinifterialengefchlecht der
Bolanden war, den Siegfried von HEppflein erfor. Erfteren chat Der
Papft in den Bann und erkannte den lenteren an’).
Lupold war ein überaus gewalcthätiger Wann, der fid) lieber als
Beiegemann auf feinem Streitroß berummmmelte, als daß er Die
Pflichten feines geiftlichen Amtes verfehen bärte. Die zeirgensfifchen
Schriftfteller wiffen von Breueln zu ersählen, die er I198 als Baiferlicher
Zegat im VTeapolitanifdyen ausgeht haben fol®). 1199 führte er in
Verbindung mit Wernher von Bolanden und anderen einen verheerenden
Rrieg gegen den Grafen von Leiningen"”). “Ebenfo brutal benahm er
fi im Rrieg gegen Siegfried von Wainz in Wains und Bingen und
gegen den SLandgrafen Zermann von Thliringen"®). Daber ift fein
Bildnis, das der vortreffliche Caefarins von "eifterbacdh von ihm en:
wirft"), in den düfterften Sarben gebalten. Ylur dem Kamen nad) fei
er Bifcyof gerwefen. „Da er nur den SBirelteiten der Welt lebte und
weder Barmbersigteit noch Srömmigkeit befüß, fügte eines Tages fein
Bruder, ein Edelmann (Sriedrich), zu ihm: „„err Bifchof, durdy euer
Beifpiel gebt ihr uns Laien vielfach Aergernis. Bevor ihr Bifchof
geworden, habt ibr Bott nody enwas gefürchtet; jezt befümmert ihr euch
gar nicht mehr um ihn.”“ hm erwiberte der Bifchof: „„Bruder, co
waren einmal zwei Ylacybaren, von denen fich der eine, dem DBeifpiel
des anderen folgend, einem fündhaften Leben ergab. Beide ftarben und
wurden in die &ölle gefehleppt. Als fie in den höllifchen Qualen lagen,
fagte der eine zum andern: Webe die, durch dein Beifpiel verführt zur
Sünde, babe id) diefen Orr verdient. Darauf encgegnete der Angerebere:
Lieber Ylachbar, gefälle dir mein Plan beffer, fo gebe ich ihn dir, und
dur giebft mir daflır den deinigen. So fage ich dir, Bruder: Sind wir
einmal in der Öölle, und mein Sig darin erfäheine dir vorsiglicher, fo
befteige ihn nur, und idy nehme dafür den deinigen.“* — „„Ein feledhter
Troft für mich,”“ erwiderte der Bruder. Diefer Lupold war fo
diabolifcher Yratur, daf er während des Zwiefpalts unter den Rönigen
444 18. Bapirel,
Oro und Philipp, als er id), auf die MWiacht des Lenteven geftlist, des
Bistums Wainz wiberrechrlich bemächtigt hatte, in den vielen deshalb
geführten Meriegen weder Kirchen nody Rirhhöfe verfihonte; und als
einige Ritter zu ihm fagten: „„isert, es ift uns nicht erlaubt, Rirchböfe
zu berauben,”“ ihnen die Antwort gab: „„Erft wenn ihr die Bebeine der
Toren wegnehmt, beraubt ihr die Ricchhöfe ıc.”” Sreilich fpiele hierbei
der Parteibaß eine nicht geringe Aolle, denn Caefarius war ale Kölner
Rind welfifc) gefinnt. Diefer Parteihaß machte fid) damals in ateinifhen
und deutfehen Schmähgedichren Luft"),
In den Kampf der Parteien und Weinungen mifchten fich alle,
die de Ausdruckes fähig waren. Zu “einriche IV. Zeit hatten nur die
Beiftlicben das Wort ergriffen"), jene auch die Laien. Die Bildung
batte feitdem unermefliche Sortfebrirte gemacht, und diefe Bildung
befepräntte fidh nun nicht allein auf die eigentlichen Belebrten geiftlichen
Standes, fondern auch die Laien waren ihrer teilhaftig. Diefe Laien:
bitdung berubte aber nicht mehr auf einfeitiger geiftlicer Grundlage,
vielmehr auf dem Prinzip der Aumanicdt. WIiLde und Seäte find die
Toeale titrerlicher Dichtung und Bildung. Unter Wiilde verfiehen die
Dichter sunächft die Sreigebigteit, welche dem “Seren gegenüber feinen
dienenden YBannen gesiemt, aber bie Wilde begreift auch die Barmbersigkeit
gegen die Armen und Schuslofen in fi. Und Stäte it die Beharrlichkeir
im Guren. Der ritterlihe Stand it der Träger diefer Rulcur. Diefe
Rultur bat and) in den Städten ihren Sig, wie auf den Burgen der
Ritter und „erren. Grafen, Sreiberren, Winifterialen und Ritter Iajfen
ihre Saiten ertönen, und in freiefter Weife fprechen fie ihre Meinung aus.
Vor allen find es die fahrenden Sänger, welche die Sffentlicye Meinung
zum Worte Eommen laffen.
Zu diefen fahrenden Sängern gehörte auch der größte Lyriker des
Mittelalters, Walther von der Vogelmeide'"). Er war in Defterreich
daheim und am Wiener Zofe wohl angefehen. ls fein Befchlger
“erzog Seiedrih 1198 in Paldftina geftorben war, ging er auf die
Wanderfchaft. YVobl war er ritterlicyer Serfunfe, aber er hatte weder
Hab noch But. So warb er durdy feine Lieder um die Bunft der
Sürften, um Brot und Rleidung. Er fang von Liebesluft und Leid,
aber audy die Sffentlichen ntereffen find ihm ans “ers gemadyfen.
Damals war die Dichekunft eine Wacht. Sin neues Lied fand überall
Beifall und Wicderhall in den “erzen. Des Vaterlandes Fhre und
Der Bampf um bie Arone und bie Zntfchung des Haree, 445
Aubm beroegte ihm das Gemür, und die rübfelige Lage und troftfofe
Verworrenheir der Zuftände in Deutfehland nad) dem Tode Seinriche VI.
femerzee ihn cief. In fenem Wioment dichrete er fein berühmtes Lied:
3% faß auf einem Steine
Und Freuzte Bein mit Beine,
Tarauf der ıEllenbogen Nand;
@s fämiegte fi) in eine and
Das Zinn und eine Wange.
So fann id) tief und lange
Wohl über Welt und Leben nach,
Und Bein Gedanke wurde wa,
Wie man drei Dinge würbe,
Daß} Feines nicht verdtirbe
34) meine ı£hre und Gewinn,
Die fihh befehden mit hartem Sinn,
Tann Gotteo Gnade, im Vergleich,
Zu ihnen Werteo überreid.
Die wollt ic gern in einen Schrein.
Vergeblic, ach! 25 Fann nicht fein,
Daß je Gewinn und Gotteebuld
Und weltfidh ihre ohne Schuld
Im „erzen ih verbinden.
Bein Pfad if zu ergründen,
Der dabin führt. Im Jinterbalt
Untreue lauert und Gewalt,
Vermunder Recht und Srieden.
Und franfen die hienieden,
Steb’n ıZhre, Gut und Gotteofegen
Des Schugre bar auf allen Wegentin),
Wie Jubel begrüßt er die Erhebung Philipps, dem das Schichfal
die Arone beftimme habe. Walther begleitet mın die Ereigniffe mit den
Erseugniffen feiner Wufe, und er erfcpeint in feinen politifhyen Gedichten
als ein Wann, der fein deurfches Vaterland ebenfo glübend liebt, wie er
den Papft haft. Seiner Degeifterung für das Vaterland machte er in
einem feiner fhönften Lieder Luft:
Sagen follt ibe: fe willfomment
Yieueo bringt mein Sarg,
Was ihr einft durd) mich vernommen,
War nue eitel lang.
446 B 18. Bapel.
Doh wer fingt, wi aud) Gefhenke!
Dem, der guten Kohn nicht fAheut,
Sing ich, was fein „erg erfreut:
Sehet, wie man mid, bedentel
1Zud) vor alten, deutfihe Scauen,
Will id) eine Runde fagen,
Daß Ihe allen Erdengauen
Um fo beffee fol behagen,
Und zum Lohn? Ic bin befäheiden;
Wer bin id) und wer feid ihr?
Wenn ich grüße, danfet mir,
Und das macht mir taufend Freuden.
Reid) an Kändern ift die Lebe,
Deren befte ich gefhaut;
Dot vor ihnen it das werte
Vaterland mir lieb und traut.
Seht auf midy mit tiefftem „ohne,
Rümdet je des Ateme Zauch,
Daß id) liebe fremden Brauch:
Deutfejer Zucht gebührt die Aronet
Von der ı2ibe bie zum Ahein
Und zurüdt zum Ungarnland
Mögen wohl die beften fein,
Die ich auf der Erde fand.
Weiß Id) Bildung zu verflehen
Und was Scoöubeit if, fürwahr:
Yücgends dab ih eine Schar
Schyönree Sraun als bier gefehen.
Züdhtig ft der deutfehe Mann,
Deurfäpe Sraun wir Engel rein,
Und wer anders fpredjen Bann,
Der muß wohl von Sinnen fein.
geilige Minne, hohes Streben
Und tief innerfies Gemüt.
ur auf deutfher Erde blüht:
MöCht ich Tange auf ihr Iebentü,
Die Ylor des Lebens trieb ihn von einem “eren zum andern.
Yliemals aber wechfele er feine Befinnung. Yladh der fehrecklichen
Ermordung Philipps bot er feine Dienfte dem aifer Orto an, ber
Der Kampf um bie Rrone und bie Entfichung des Narts. 447
zwar anfange vom Papft unterftligt worden war, dann aber, als Otto
die Hechte des deutfchen Maifers in Jralien geltend machen wollt,
verfolge wurde. Das Volk war empört über diefen Verrat und fab
fortan im Papft den Seind jedes deuefchen Bönige. Diefer Volke
fimmung gab Walther von der Vogelmweide den vortrefflichften Ausbrudt.
Der Papft ift ibm der Diener des Teufels, der die Welt berrügen will.
Die Worte und Thaten der Pfaffen widerfprechen ich:
i£6 Lebt die Cpriftenheit noch mie fo arg dahin,
‚Die fie erziehen follten, denen fehlts an frommem Sinn.
e wär zu fhlimm, thät nur ein dummer Laie das, —
Sie aber fündgen ohne Scheu und ohne Surdt vor Gottes Gaß,
Zum „immel weifen fie und fahren felbft zur Sölle.
Sie fprehen: wer nur folgen wollte ihren Lehren,
Yücht ihrem Werk, der söge fiherfich zum Fimmel ein.
Die Pfafen follten Peufcher als die Malen fein;
In welden Buche ftehte denn und an welcher Stelle,
Daß fidh fo viele Pfaffen mühn, wie fie ein fhönes Weib entehren?“
Wit beißendem Hobne geifele er die abfürche der welfchen Pfaffen,
welche die Deurfehen ausplündern, befonders in feinem Liebe auf
den Opferftot:
Sagt an, Yerr Sto@, hat Buch der Papft bierher gefendet,
Das Jpr ihn reid macht und uns arme Deutfche (bänder?
Wenn ihm ein volle Maß beim Fommt zum Lateran,
&6 thut er einen Plugen Grif, wie er fchon früber bat gethan-
"Er fagt alobald, das Deutfche Neich fei jegt verloren,
Bio alle Pfarrer wiederum die Schäflein fein geftjoren.
Id meine, wenig von dem Silber reift in Gottes Land,
Denn niemals teilte folhen Schag der Pfaffen Zand,
gere Gtod, zu unferm Sjaden feid Tor bergefandt,
Damit Yor Kud) im deurfehen VolR die Karren fuhr und Tporen.
Und dem Papfte Tnnocenz rief er zu:
„Abi, hört Ihr, wie riftlich über uns der Papft nun lad,
Daß er zu feinen Welfchen fagt: „Das hab ich gut gemacht *
Was er da fpricht, das hätt er beffer nie gedacht!
Br fagt: „Zwei Alamannen bradjt id} unter eine Arone,
Und jegt yerflören fie ihr Reich fic) felbft zum «ohne,
Wir unterdes, wir füllen unfere Raften.
In meinen tod (af ich ihr Geld, ihr Gut ift alles mein,
Ihr deutfches Silber fährt in meinen welfhen Schrein.
Ihr Pfaffen, eßt nur gühner, trinfer Wein, und laft die Deutfihen . . . fan.“
448 18. Bapire.
YOie ein Wioderner erfcheint er uns manchmal. Doch in feiner
Begeifterung für fein Vaterland und im &aß gegen die Pfaffen fiebr er
unter den Zeftgenoffen nicht allein. Auch der Dichter Sreibant aus
Schwaben führe in feinen Sprüchen eine Eräftige Sprache"). Er wie
Welcher geißele die Zabgier der Welfdyen mit beißender Satire; der
Ablaß erfebeint ihm alo fäpnsder Mißbrauch. Ar haft aber aud) das
emporftrebende Bhrgertum. Yur drei Stände will er gelten laffen:
Bauern, Ritter und Pfaffen, während der vierte Stand, die Raufleur,
vom Teufel gefchaffen worden if. Der Zundel if ibm Tebiglich
firäfticher Voucher, eine Vorftellung, von der fih, wie bekannt, der
Abel bio ins I6. Jahrhundert nicht Iosreifen Tonne.
Baifer Otto erwies fih gegen den Dichter fehr Farg, daher wandte
fid) Walther dem neu auffieigenden Geftirn, Sriedrich II., zu, welcher
die Bedeurung und Brauchbarkeit diefes Wiannes gleich erkannte und
ihm ein nambaftes Befchent gab. Ylicht lange blieb der Unftäre bei
Seiedrid; ee wanderte von einem “oft zum andern, und er erlebte
mandherlei Schichfale, Ueberfluß und Wiangel. In feiner Zeimar geriet
er in Streit mir dem &erzog Leopold, weshalb er fie fortan meiden
mußte. Dem Rönig Seiedridh II. war indeffen mandyes gelungen,
vorzüglich aber Eonnte er es ale einen großen Triumph über den Papft
anfehen, daß diefer ihn 1220 zum Kaifer Trönen mußte. YTun tar
Walther in ein feftes Dienftverbälmis zum aifer: er wurde deffen
policifcher Agent in Deurfchland, und daflır erhieht der Dichter den lange
erfehnten Lohn. Es gab damals, abgefeben von den Stäbten, noch Bein
anderes Einkommen, ale die Brunbrente, und daher Bonnte auch geiftige
Arbeit nicht anders bezahlt werden, als mit einem Zehen. in folches
Zehngur erhielt Walther vom Raifer, und jubelnd ruft er nun aus:
3% bab mein Mehn, höre alle Welt, id) hab mein Kehn.
Yun fücht ih nicht den barten Scoft an meinen Zehen —
Und braudh bei Bargen Yeren nicht mehr zu leben.
Der edle milde Adnig dat mid) o beraten,
Daß ic) im Sommer Fühl und warm im Winter wohne.
Yun folgen mir Die Ylafbarn länger nicht mit Ihrem gobne,
Sie fehn mich nicht ale Vogelfiheuche an, wie fie jegt thaten.
Fu lange war id wider Willen an der Armut Frank
Und fo gewohnt zu fihelten, daß mein Atem ftant.
Den hat deo Adnige Zuld mir rein gemacht und dazu meinen Gang.
Der Bampf um bie Rrone und die Kntfehung Deo Karen! 449
Ylun war der Dichter zufrieden. Wir dem’ zunehmenden Alter
wird feine Stimmung refignierter, und die fehlimme VVeltlage entloctt
ibm bittere Alagen.
Ruft dreimal web, une Saufen if enteiffen
Die Luft der !Erde und des Simmels Luft;
Wir Haben Feiner Arbeit uns befliffen,
‚Da nur der Kenz zu loden uno gemuflt.
mit Mächtigen Blumen fhmückten wir die Bruft
Und horchten auf der Dögtein Putzen Gang;
Wohl dem, der nur mady ewigen Freuden rang!
Ruft dreimal web, die wir mit Grillen fangen,
Statt daß wir daditen an die Wintersgeit,
Und mit der Ameis um die Wette rangen,
Die nun genießt der Sommerennfigkeit.
5 if der alte ewige Erdrnftreit:
Der Thor veradhtet lets der Weifen Nat.
‚Dort wird man fehn, wer bier gelogen bat.
Ruft dreimal weh, wie in dem deutfchen Lande
Derftand und pre, Gold und Gilber fihwinden!
Wer diefe dat und bleibt zuräd mit Schande,
Dem wird der Kohn des gimmela ih entwinden.
@r wird nicht Zuld bei Sraun und Zngeln finden,
in armer Menfih) auf irden und vor Gott,
Muß er fi) fürchten vor der beiden Bpott.
Ruft deeimal web, eo Pommt ein Gturmesbraufen,
Don weldjem ihr fon fingen hört und fagen,
Der wird mit Grimm ducdy alle Känder faufen,
Daß laut ertönt der frommen Pilger Blagen.
Baum wird an Baum und Turm an Turm zerfchlagen,
Dem Stärkften feleudert er das Saupt berab;
© laßt une fliehen nach dem heiligen Grab!"!")
Im Tabre 1228 ift Walther von der Vogelweide nach fehwerem
Siedyrum geftorben, aber fein Ruhm als einer der ebeiften enfchen
und größten deutfchen Dichter wird ewig dauern, fo lange es treue
Deutfche giebt.
Im Gegenfage zum II. Tabrbundert Bam cs in diefem Bürgerkrieg
nie zu großen Exiegerifchen Aktionen. Die vitterlichen Yeere waren nur
15. Deo, Ele Aut der eaifben Se 1 5
450 18. Rapiel,
wenig sablreidh; nicht forsobI auf die Vernichtung des Begners Bam es
an, als vielmehr auf die Befangennahme möglichft vieler Ritter, denen
man dann ein Löfegeld erpreßte. Doch die Gegenden, wo der Rrieg
wüirere, baten fÄhmwer genug zu leiden, wor allem der Überrhein.
Philipp ermangelte der materiellen Witte, und er verlor die freie Dis:
pofition über die Neicheminifterialen. „Um feine Ritter zu befolden“,
fage Burchard von Urfperg, „fing er zuerft an, die @Büter zu ver
fehleudern, fo daß er jedem freien "ern und Dienftmann Dörfer oder
Grundftäcke, die ihm gehörten, verlieh. Und fo fam eo, daß ihm nichts
übrig blieb, als der Icere Ylame der Landesherrfchaft und die Srädte
und Dörfer, in denen Warkt gebalten voird, und wenige Burgen im
Lande." Wie febr Eontrafkiert diefe nüchterne Erkenntnis der Sachlage
mit jenem felbftbensuften Brief Philipps an den Papft, worin er fi
rhbme, daß niemand reicher, mächtiger, angefebener gewefen wäre als er"
Die zwiefpältige Bifcpofswahl in Wains war Philipp nachteilig.
$Er verlor Wiains und wurde anfangs 1201 von König Otto in Speier
belagert. Von da Eonnte er Über den Ahein entrinnen. In feinem
Dienfte war Bifchof Lupold von’ Worms thätig, der vom grimmen
affe des Papftes verfolgt wurde. Aber der gefchichten Politif Philipps
gelang es doch, Erfolge zu erringen. Sogar der Aölner Erzbifchef‘
trat zu ibm über und Erönte ibn am 6. Januar 1205 in Aachen.
Seiner Seiedensliebe mußte felbft der Papft Rechnung tragen, der ihn
im Auguft 1207 auf einem Foftag zu Worms durch zwei Legaten vom
Banne freifprecben ließ, worauf dann am I. Ylovember die Loofprehung
Zupolds erfolgte, doch unter der Bedingung, daß er fi) perfönlich am
päpftlichen <sofe elle"). Alle weiteren Beftrebungen Philipps wurden
durch feinen unerwarteten Tod vereitelt, indem ihn Orro von Witrelebach
am 2J. Juni J208 meuchlerifch ermordere.
lady mannigfachen Verhandlungen wurde Drro zu Srankfurt am
33. Wlovember 1208 von den Reichefürften zum Rönig gewählt und
der Srieden im Reiche bergeftellt. Damit war auch das Schicfal des
Bifchofe von Worms beflegelt. Ya) dem Tode Philipps Echrte
Siegfried auf feinen Sig in Mainz zurlic® und die Rolle Lupolds als
rzbifchof war fomit ausgefpielt. Auch fein Disrum mußte er meiden,
und bie Adminiftration desfelben Übernahm I2J0 der $Ersbifchof von
Wains, der fon 3209 das durdy die Ariegewur und Brand befärkdigte
Domftift begabt hatte").
Ber Bampf um bie Rrone und die Muufehung dee Kaıre. 45J
Ylun Eonnten die Srädte Worms, wo Orto IV. am 23. Ylovember 1208
verwweilt hatte, und Speier dem allfeitig anerfannten Rönig nicht länger
wiberfteben, und beibe erhielten die Beftätigung ihrer Privilegien. Am
2. Desember 1208 tonfirmierte Oro IV. den Bürgern von Worme das
‚Sriedensgefeg und die Zollfreibeic"").
Tief barre fidh Brro vor dem Papfte gedemücige und die wichrigften
Rechte des Rönigeume preisgegeben. Aber nachdem er am 4. Dftober 1209 in
Aombdie Raiferkrone empfangen batte, füchte auch er, wie die früheren Raifer,
die deurfchen “errfchaftsrechte in Jtalien geltend zu machen, worüber er
‚mit dem Papft in Zroift geriet, der ihn am 38. YTovember 12J0 in den Bann
that. Dem Papft war ja die Perfon des deurfihen Rönigs gleichgileig, diefer
war ihm nur ein Werkzeug, das er gleichmücig wegwarf, wenn eo fid)
ibm verfagte. Begen Baifer Otto IV. fpielte er den Sohn Seinriche VI.
aus, Sriedrich, Rönig von Sizilien, deffen Vormund Tnnocenz III. war.
‚Seiedrich II. wurde am 26. Degember 1194 in Jefi, in der Mark
Ancona, geboren. In feüiber Jugend verlor er Vater und Mutter; feine
nächften Verwandten onnten jidh feiner nicht annehmen, und er blieb
fremden Leuten üiberlaffen, die nur ihre eigenen ntereffen verfolgten.
Don einer Sand ging ex in die andere, und Vlicolaus de Tamfilla ver-
gleicht ihn mit einem Lamm inmitten von Wölfen. Selb fchon
lernte er die Wenfihen kennen und verachten, und er feylgte fie fortan
lediglich nach dem Werte, den fie für ihn batten. Sormwährend
von Gefahren bedroht, entwickelten fi gleidwohl feine ibm an-
‚geborenen eminenten Fähigkeiten. Sein Charakter zeige eine Wifdyung
von Liebenswürdigteit und rückfichtslofer Särre; er befaß die größte
diplomatifche Gewandebeit und unerfehlirerlide Ruhe angefichre
der Ergften Bedrohung. Die Mittel waren ihm ganz gleichgiltig,
wenn fie mur zum Biel führten. Seine ganze Tugendgeit verlebte
er in Tealien und Sigitien, wo die drei Rulruren des Mlittelmerres
sufammenjtießen, die er innerlich erfaßte und verarbeitete. Jier lernte
er zugleich das Woefen farazenifcher Stastsordnung geimblich verftehen,
und da er darauf angewoiefen war, alle Bräfte und Wiittel zu verwerten,
um fi) im Bampfe gegenüber dem Papftrum und anderen Seinden zu
behaupten, fo gründere er in Sigilien eine Selbftherefdyaft, wie eine
folche bisher in Europa unerbört gewefen war. Wit Recht hat ibn
der cieffinnigfte Siftoriter der Lleupeit, Tatob Burckhardt von Bafel,
den erften modernen Wenfchen genanne"”).
42 18. Rapirel,
Der Papft, um Oro IV. zu ftürgen, wußte die deurfchen Sürften
von ihm abmendig zu machen, indem er fie auf den von ihnen fdhon
1196 erwäblten Sriedrich binwies. Wir dem Segen des Papftes reifte
Seiedric) durch Jralien nadı Deufcbland und Bam im September 1212
in Chur an, wo ibn fogleidy der Bifchof als Rönig anerkannte. Orro IV.
eilte ibm nach Ueberlingen entgegen, um dem Prätendenten die Stadt
Ronftanz zu verfchließen, deffen Bifchof febwankte; doch Sriedrich am
ihm zuvor und darauf hatte er gewonnene Sadye. Zu Bafel wurde er
frob empfangen, und fein Anhang mebrre fic), während die Bürger von
Breifacdh ©tro verfagten. Dann z0g Sriedrid den Abein hinunter, am
3. Dezember raftere er in Worms (Guarmacia), wurde am 5. Dezember
nachmals in Srankfurt zum Rönig gewähle und am 9. Desember in
Mainz gekrönt. Sriedrich Bannte fehwerlidh die verwicelten deurfchen
Verbälmiffe fo wenig, als er die deurfche Sprache verftand, und fein
fiberrafchender Erfolg wide fich Faum erklären laffen, wenn man nicht
die irrel Bennte, durch welche er die deurfchen Sürften zu Edern wußte:
Rönig Philipp von Frankreich hatte ihm nämlich 20000 Mark (damals
eine enorme Summe) gegeben und diefen „Segen“, wie der Chronift
von S. Peter in Erfurt die frangdfifhe Subjidie nennt, harte er unter
die Sürften verteilt. Vor allen andern erhielt nun der Papft feinen Lohn.
Am 12. Juli 1213 gewährten ihm Rönig Sriedrich II. und die Sürften
auf dem Reichstag zu Eger die Abtretung der Refuperarionen (das beißt die
Landanfprliche der Rurie), die Sreibeit deurfcher Appellarionen nach Kom
und die Sreibeit zur enerverfolgung; fie verdammten das Spolienzecht und
das Regalienrechr; fie fprachen den Brundfan freier Banonifcher Wahlen
der Bifcöfe aus. Die Lrrungenfchaften des Wormfer Bonkordans
wurden gleichgileig preisgegeben. Durch diefen Vertrag war die deurfihe
Rircpe vollfändig dem Papfkum zur Ausbeutung überliefert worden.
Am 27. Juli 12J4 fiegte der mit feinen gerrenen Städten und
Bauern verblindere franzöfifche König Philipp bei Bouvines über König
Johann von England und den deutfehen Raifer Brro IV. Ylum glaubte
der Papft, dafs feine Zeit gefommen fei. Alle Aräfte der europäifchen
Tationen wollte er für die Tntereffen der Rirche verwenden. nnocenz III.
plante einen neuen gewaltigen Areugsug, und Seiebridy II. gelobre fich
ihm am 25. Juli 1215 zu Aachen, wo er noch einmal gekrönt wurde.
Bifdyof Lupold von Worms batte allezeit gerreu dem fiaufifchen
aufe angebangen und war deshalb aus feinem Bisum vertrieben
Der Bampf um die Bone und bie Kntfchung des Kate. 453
worden. Er mochte daher das ZBrfcheinen Sriedriche in Deutfehland
mit Jubel begrüßt haben. Als der junge König I2I2 den Abein
binunterzog, ging ihm 2upold bis ZJagenau entgegen, und bier erhielt
er am 5. Oktober feine Belohnung"). Der König verzichtere in
Anbetracht der aufopfernden Dienfte, die ihm fein geliebter Sreund
Zupold, Bifcof von Worms, geleifter bat, auf alle Güter, welche feine
Vorfahren im Reiche von der Wormfer Kirche und der Abtei Lorfh
zu Lehen trugen, ferner auf Yledarau, indem er noch) außerdem alle
Rechte und alle guten Bewohnbeiten, die der Bifchof in Worme, Lorfcb
und anderwärts bat, ihm ungekränkt zuläßt und ihm verfpricht, nur
durch ihn bei den Bürgern oder Tuben von Worms eine Bede (Sreuer)
einzubringen. Dir erfehen aus der Ierten Befiimmung, daß die Stade
einen erheblichen Brad der Selbftändigkeit erlangt hatte, indem fie von
fi) aus Steuern erhob"). Auch in Bafel hatte der fid, eigenmächtig
tonftiruierte Rat eine Steuer, genannt Ungeld, eingeführt, die vom
Mönig am J2. September 1258 dem Bifdof zugefprodhen wurde").
Wie in anderen Städten, fo führten au in Worms eine
Anzahl bifchöflicher Beamten: Burggraf, Schultheiß, Viztum, Zöliner,
Wänger u. f. w. die Verwaltung der Stadt und vertraten zumweilen felbft
gegentiber dem Bifchof die Tntereffen der ftäbeifchen Bevölkerung. Die
Bürger bilderen eine Rorporation, die teils ale Befamtheit (Universitas),
teile durch ihte Beamten, die Seimburger, ihre Angelegenheiten wahrnabm.
Außerdem war zur Zeit des Maifers riedrich I. ein Seiedenegericht
von 40 Perfonen, nämlich I2 Winiferialen und 28 Blrgern, eingefene
worden, das im YIamen des Kaifere die Pflicht batte, unter Ablegung
eines Kides nach Rech fonder Bunft oder Ungunft über Seiedenebredher
zu richten. Unter Zeineich VI. haben fodann die Blirger einen neuen
!niglichen Bunftbeweis erbalten"">), nämlich das Hecht der YOahl des
Schulcheifen, die alljährlih am S. Wiartinstag, nachdem die große
Glodte geläurer hatte"), vor dem Bifchofshof‘ im Klamen des Rönigs
flartfinben follte; mir dem Schultheifen follen audy feine zwei Bebilfen,
die Amrleute und die 16 "eimburger, weldye eidlich verpflichtet find,
jeder in feinem Riechfpiel, für rechtes Maß im Verkehr zu forgen,
gewählt werden. Diefe Seimburger find während ihrer Amtszeit von
jeder Abgabe an den Propft oder KErzpriefter (Dei oder Pfennige oder
anderes), befreit"”), dagegen foll ein jeder ein Pfund zahlen, woron
%, dem Schulcheißen und der Neft dem Grafen und den Amrleuten
454 18. Bayinl,
zufallen foll; ferner bat jeder der Amtleure feche Pfund zu entrichten,
wei dem Bifcpof und den Reft dem Schulcheißen. Die Tudyweberzunft
wäble jäbrlidy zwei Stadrboren oder Pebdelle.
In den Eöniglichen Pfalsftädten ftand nicht ein Durggraf oder Doge
an der Spine der Bemeinde, fondern der Schuleheiß""). einrich VI.
gab num der Stadt Worms eine analoge Stellung, wedurd das
unmittelbare Derbältmis des Rönige zur Stadtgemeinde gekräftigt wurde;
zugleich) gewährte er ihr die Wahl des Scyulcheißen, ein Recht, das der Stadt:
‚gemeinde in Sreiburg fchyon im erften Stadtrecht aus der Wirte des 12. Jabr:
hunderte gewährleifter war""”). Der Bifchof blieb aber nach wie vor von
Redyte wegen der Stabtberr, deffen fiskalifche Rechte durch diefe der Stadt:
gemeinde vom Rönig erteilten Greibeiten in Beiner Weife gefchmälere wurden.
Don einem Rate ift in Worms aud) jet nodh.feine Rede, wihrend doch
Raifer Seinrich VI. einen folchen in Speier erlaubt hatte"'”).
Schon längft wurden bei wichtigen Angelegenheiten außer den
Geiftlichen und Wiinifterialen auch die angefebenften Bhrger zur Derarung
‚oder als Urkundenzeugen beigesogen (fiebe oben). Es find faft immer
die gleichen Perfonen, deren Söhne dann fpäter in derfelben Thätigkeir und
Zigenfcyaft erfheinen. Betraf eine Angelegenheit fpesiell die ntereffen
der Stadt, fo wurden die Blrger felbftverftändlich um Rat gefragt, fo
1106 bei der Errichtung einer Sifchbändler-Jnnung (urbanorum communi
consilio). m allgemeinen wodce co ungwechmäßig geroefen, immer die
ganye Gemeinde zufammenzuberufen; es genügte, wenn ein Auofehuß,
narhrlich die Vornehmften, Reichften, die als Optimaten bezeichner
werden, mit der Vertrerung der Gemeinde beauftragt wurde. in
befondere Iebrreicyes Deifpiel bietet eine Urkunde des rzbifcofe
‚Sriedrich I. von Aöln für Remagen (IIIT)®). Die Bürger hatten
befchloffen, ein Sehe® ihrer Almend der S. Wiareinsticche zu fchenten.
Zu diefem Zwecte ordneten fie zwölf der vornebmften Blrger an den
Ersbifchof ab. Ylachdem das Befchäft vollendet war, wurde dartiber
eine Urkunde ausgeftellt, an deren Schluß eben die YTamen fener zwölf
aufgefübre find. Aus folchen Ausfchüffen bat fich bier und da der Rat
gebildet. Er eriftierr zuweilen, lange bevor er in den Urkunden genannt
wird. Ylur bei Vleugeindungen von Städten wurde ein Rat von
vornherein eingefent, fo in Freiburg i. Br.; eine Bebörde war ja nicht
zu entbebren; während in den alten Städten irgend ein wichtiges
Ereignis Anlaß zur Bildung eines Rates gab.
Der Bampf um bie Arone und bie Cntfichung des Karen. 355
Mir der Bebenrung der Seadr wuche auch ibre Selbftändigkeit
gegenüber dem Stadtherrn, und biefe Selbftändigkeit Äußere fich in
der Anmendung eines eigenen Siegels, fo 1149 in Röln, II50 in
Mainz, IT) in Trier, J180 in Men, 1198 in Worme, Straßburg 5201,
Speier 1207, Pifa 3360, Zucca 1201 u. f. w.'?. Ale Uypus des
Siegelbildes wähleen bie ftäbrifhen Behörden meift ihren Schunparron
ober auch die Darftellung des Wlauerringes mit Kirchen, Türmen und
Thoren"'*). Im älteften Wormfer Siegel ift beides Fombiniert""*). Wir
feben den Dom von zwei Stabrräemen flankiert. In einer Wlifihe fige
auf der Bathedra der heilige Perrus, in der rechten Gand den Schlüffel,
in der linken die Bibel. Die äußere Umfcpeift lautet:
+ TE- SIT. TVTA - BONO - WORMACIA - PETRE - PATRONO.
die innere Tnfpeift auf der Llifdye, in der S. Peter fine:
SEMPER - ERIS - CLYPEO : GENS - MEA « TVTA : MEO.
Der Wormfer Bhrgerfhaft Tamen die Ereigniffe nach dem Tode
"eineiche VI. febr zu flatten, indem der Bifchof Lupold in das Partei
treiben verwichele wurde. Vielfach war er in Befchäften Philipps
auswärts tbärig, und nach dem Tode Philipps wurde er Tabre lang
von Worms ferngehalten. infolge deffen erhielt die Bhrgerfchaft freien
Spielraum, und als ihre Vertrerung nach außen machte fi das
‚Sriedensgerichr geltend. Bei einem Verkaufe eines Gutes durch Bifhof
Lupold und feinen Bruder Griedrich von Scheinfeld waren die vierzig
Richter als Urfundenzeugen zugegen. Die Urkunde wird beflegelt durch
den Bifcyof, das Domftift, die S. yriakustirche und durch die
Bürger von Worms"). Zehn Jahre darauf, am 27. Mai 1208,
beurfunden die Blirger von Worms im &. Pererftift eine Schentung
der Bürgerin Gifela an die &. Andreasficche und beflegeln diefe
Urkunde), Sie befhliefen im gleidyen Jahre in Gegenwart des
Rönige Philipp einen Zollvertrag mit der Klachbarftadt Speier, wozu
die Bifchöfe beider Städte ihre Genehmigung erteilen"). Lady der
Ermordung Philipps nimmt die Stadt Worms Orro IV. auf md
erhält dafür die Beftätigung ihrer Privilegien"). Bifchof Lupold
mußte die Stadt meiden, und Siegfried, Erzbifchof von Wainz, der mit
der Abminiftration des Bistums Worms betraut war"”), Eonnte fid) wohl
taum um die ftädeifchen Angelegenheiten befiimmern. TIent wurde der
Bolloertrag swifchen Worms und Speier von beiden Städten befiegele''").
In Speier beftand bereits feit Jeinvich VI. ein Rar aus zwölf Bürgern"),
456 18. Bapil.
und Worms wird in der Mnmwickelung binter Speier Baum zurlch.
geblieben fein.
Allein die Erhebung Sriedriche IL. bildete für das Emporjireben der
deutfchen Städte eine große Gefahr. Ps ift ganz tböricht, fich darlıber
‚u freiten, ob Seiedeidh II. ein Gtädrefteund oder ein Srädtefeind geivefen
fei"®). Immer verfolgte er feine eigenen ntereffen und wäblre feine
Politik nach den Umftänden. Als er 1212 machtlos nach Deutfchland Bam,
war er an den guten Willen der Süeften gebunden, denn die Keicheqhter,
das ftaufffehe Jausgur und die Hegalrechte waren im Blirgerkrieg zum
größten Teil verfchleubert worden, und was noch fıbrig blieb, mußte
Seiedeich zur Belohnung feiner Anhänger verwenden. Ylichr fein Wille
war maßgebend, fondern der der Sürften, und zwar nad) der damaligen
Lage vorstglich der Wille der geiftlichen Sürften. Ihnen Bam die
Preisgebung der töniglichen Rechte durch die Eger EBoldbulle vom
32. Juli 3233 zundchft zu gute. Verfuche felbftändiger Zandlungen zur
Wabrung der Eöniglichen Rechte oder der Reicheintereffen wurden durch
den Wachtfpruch der Sürften öfters rlichgängig gemacht. Im Könige:
gerichte waren fie die Ulrteiler, und fie benuneen ihr Recht wiederum zu
ihrem Vorteil. ”jn den Ronflitten zwifchen den aufjtrebenden Städten
und den Bifdhöfen mußte der junge Rönig fih wohl oder übel auf die
Seite der lenteren fhlagen. Sie zwangen ihm die Kichrung feiner
Policit auf. Die DBifchöfe von Wiainz und Worms liefen fich
3232 ihre Nechre zu Wein; und Worme beftdeigen"“®), und den
Bürgern von Worms wurde ihr Kängft gebtes Steuerrecht genommen.
Der Bifcof von Srrafburg batte fi) Friedrich II. angefchloffen;
zum Dante fällt der Rönig am 7. März 1214 das Urteil, daß
niemand in Straßburg einen Mat einfenen oder Gericht halten
oder die ftädeifche Almend beugen dlirfe obne Einwilligung
des DBifcpofe"). Und doch mar der Znfpruch des Bifchofs
auf die Almend eine Vergewaltigung der Stadtgemeinde. Aud) die
umrubigen Bhrger von Lambray machten dem Rönig viel zu fehaffen.
Am 19. Juli J21$ befideigte er ihnen zu Worms ihre Sreibeiren''“).
Aber die Sürften nahmen fich des Bifdofs von Cambray an, und am
29. Juli 1215 mußte Sriedrich II. feinen ZEnefeheid wieder umftoßen,
die Deftäeigung der ftädrifcen Sreibeiten widerrufen und die Stadt
Achten"), "Am 26. September 1215 Bonfirmierte der Rönig deffen-
ungeachtet nochmals auf Bitten der Bürger von Lambray deren Rechte
Der Bampf um bie Rrone und die iEmfichung des Nates, 457
und $reiheiten, aber wiederum fab er fich gendtigt, am I2. April 1216
gemäß ergangenem Sürftenfpruch feine Urkunde für ungileig zu erflären"").
Aehnlich ging es den Dlrgern von Bafel. Der Rönig hatte den von
den Bürgern eingefenten Rat gebilligt. Darauf Mayte der Bifchof am
33. September 1218 vor dem Sürftengericht zu Ulm. Diefes enefebieb,
daß der Rönig gegen den Willen des Bifdyofs feiner Stadt feinen Rat
verleihen diiefe. Solglihh mußte der Rönig fein den Bürgern von Bafel
geebenes Privileg zurüchnehmen und ihnen für die Zukunft jede felb:
Rändige Yeuerung verbieten""®).
Wo bingegen dem König freie sand gelaffen wurde, förderte er
die fäbtifche Freiheit nad) Kräften, in Jralien fowohl wie in Deutfehland.
Den Eöniglicyen Pfalsftädten wendete er feine Bunft zu, namentlich Aachen
und Bern. Als dann durch den Tod Orros IV. feine Berwalt beffer
fundiert war, bat er einer Anzahl von Städten wichtige Privilegien
verliehen und ihren Yohlitend durdy Befreiung von Dienften und
Abgaben und durdy Erleichterung des Verkehrs zu heben gefcht. Im
Eifaß wurde eine Anzahl von Pfalsdörfern durch Ummauerung zu
Seldren erhoben umd dadurch mittelbar das Blrgerrum gebräftige.
Darum hielten die Städte getreulich zu Sriedrich II., und dankbar
bewebrten fie fein Andenken. YToch dreißig Jahre nach feinem Tode
wirkte fein Game wie ein Zauberfblag. „Die Raufleute”, fage ein
Gefdyicyrofhreiber des I3. Jahrhunderts, „liebten ihn mit großer
‚ingebung, da er die Landfiraßen und Wege fo ficher fiellte, daß fie
unbebelligt, wohin fie wollten, reiften!'®).“ So lange nicht die Tnrereffen
der Sürften durch feine Policit unmittelbar berührt wurden, Tiefen fie
ihn frei fehalten und walten. Sonft aber war ihre Auroricke größer
ale die feinige. YVie in früheren Zeiten, erfchienen die BifdhSfe wieder
biufig am “Hofe und übten einen maßgebenden Einfluß aus. Ihre
Einwilligung zur Wahl feines Sobnes sseinrich erfaufte er auf dem
Reichstage zu Srankfurt am 26. April 1220 durdy große Zugeftändniffe.
dster wurde die berühmte Confoederatio cum principibus ecclesiastieist"®)
erlaffen, woburd) die geiftlichen Sandesfüirftenrümer begelinder worden find.
Seiedeich IT. war der gelehrige Schüler des Papftes Innocenz III.
gewefen. Mr bat zulee den Schlauen doch noch überlifter. Dem
Papfie mußte er verfpredhen, das aiferreich und das Rönigreich Sizilien
nicht in einer Jand zu vereinigen, vielmehr follte er das Lehen Sizilien
feinem Sohne übergeben. Seiedrich II. hatte aber von den deuefiben
1. Bea, Die Aut de seinen Bub “
458 18. Bapiel,
Verbäteniffen „genug erfahren, um überzeugt fein zu dhrfen, daß er dort
eine entfprechende Wachtftellung auch nach einem Leben voll Wiühe und
Anftrengung Baum in fidperer Ausfichr batte, daß ee fraglich fein Bonner,
‚ob er da noch felbft Zum vollen Benuß der Srüchte gelangen, ob diefelben
nicht woefentlich erft feinen Klachfolgern zu gure Bommen vofırden“ ik),
Wir aller Sehnfucye zog eo ihn nad) feinem geliebten Sizilien zurhch;
dort war feine “eimat, deren &errlichleit er mit Begeifterung gepriefen
bat. Was war ihm Deurfchland! in Laltee raubes Land voller
Widerwärtigteiten. Der Entwidelung mußte er bier feinen Lauf laffen;
in Sistlien aber durfte er hoffen, feine Pläne ausführen zu Pönnen. m
September 1220 verließ er Deucfchland; als gereifter Mann fah er
Tralien woieder"?).
Bifchof Lupold von Worms ift gegenüber feiner Stadt weniger
fdyroff verfahren, als viele feiner Amtsgenoffen. Er wabrte zwar fein
Recht als Stabtherr, aber er erkannte füillfehmweigend die nach Selb-
fändigteir firebende Ennwidelung der Stabtgemeinde an. YOie er fehon
früher die vornehmften Bürger als Urkumdenseugen zu wichtigen Befchäften
sugesogen hatte, fo jent die YWitglieder des Rates, zum Beifpiel 1215").
Am 11. YRovember 1216 beurfundere der Rat gemeinfam mir der YOormfer
Rirche einen Baufatr"*). Der Nat wird beyeichner als Universitas
consilli et primatum eiusdem civitatis, und diefer Mar beftand, wie die
Urkunde gleichfalle ausfagt, aus 40 Witgliedern, an deren Spine der
Pisem Roncad fkebt. Diefe Urkunde liefert uns alfo den unumftöf-
lidyen Beweis, daß das Sriedensgeridht wirklich fi zum Aare um-
gebildet bat. Zu den richterlichen Befugniffen eignere fich jene zu einem
befonderen Zweche errichtete Behörde adminiftracive an und wurde die
Vertreterin der gefamten Bhrgerfchaft.
Zupolb ftarb am 17. Januar 1217, und ihm folgte “einrich, Braf
von Saarbrücken, ein Enkel des Ieten Burggrafen von Worme''s).
Diefer erfebeint urkundlich 1212 als Propft von Yleubaufen, 1216 als
Propft der Domeirche. Yegen der Wahl Bam es zu einem Zwoift. Am
24. Auguft 1217 beauftragte Papft "onorius III. Beiftliche von Wölırz:
burg die Wahl des Propftes “einrich zum Bifchof zu unterfuchen und
im Florfalle das Domtapitel zu einer neuen Wahl zu veranlaffen""“). Am
10. Juli 1218 befahl der Papft den Aebren von Eberbady und Zzemmen-
robe foroie dem Propft von "öningen eine neue Unterfuchung der Woormfer
Angelegenheit, da die Wahl Zeinriche von Berbodo, Propft von S. Paul”),
Der Bampf um die Arone und die Zmtfehung bes Haren, 49
beftrieten worden fei"®). YDie diefe Unterfüchung abgelaufen ift, wiffen wir
nicht, wohl aber, Daß der Rönig Sriebrich I. die Ereeilung der Regalien
an den erwählten Bifchof "einrich, der fid) 1217 bis I220 mehrmals
am Sof des Könige aufbielt und um deffen Bunft warb, von Bedingungen
abhängig machte. Friedrich 1. hatte fich Sfters den Stiften als Vogt auf:
geswungen oder fie zu Zebenserteilungen an die Arone veranlaße"”).
Diefes Verfahren haben aud) feine YIadfolger eingefchlagen. Der Bifdof
von Worms ließ fid) daher 1212 gleich nad) der Ankunft Seiedrichs in
Deurfehland von Biefem einen Verzicht auf die Wormfer Rircyenlehen geben.
Trogdem forderte der Rönig vom neugewählten Bifcof die Belehnung
mir Wimpfen und Zubehör. Der ermählte Bifchof ftrkubte fich lange
genug. Schlielich wwaren foroohl das Domtapitel als audy der Kat von
Worms der Weinung, daß nur durch Bewährung des Eöniglichen
Wunfeyee “eineich die Gnade des Bönige erlangen Bönne. Am
34. April 1220 gab das Domkapitel feine Einwilligung zu der Ver-
Außerung von Rirchengur'"®), und am gleichen Tage ftellten Wiinifterialen,
Räte und die Gemeinde von Worms einen gleichlautenden, mit dem Stadr-
fiegel verfebenen Willebrief aus"). Der Fall machte Auffeben, und um
fich in Zukunft gegen foldye Beeinträchrigungen zu feblinen, ließen die
Sürften in das am 26. April erlaffene Reicyegefeg einen Artikel (5) auf:
nehmen, wonach der König den Bifchöfen die freie Verfügung über ihre
Rircpenlehen zufagen mußte. hr ihre Minwirkung bei dem erwähnten
Gefcyäfte erhielten die Bürger einen Böniglichen Dank, indem Sriedrich II.
ihnen am 20. April den wörtlich angeführten Sriedensbrief Sriedricye 1.
fowwie alle Privilegien, die fie von Friedrich I. und %einrich VI. erhalten
hatten, feierlichft beftäcigte"). Als DBefchliger des Stadtfriedens find
nun die Bebrüber YOernher und Philipp von Bolanden bezeichnet, foroie
der Visum, Schultheiß, der Sradrgräfe und die iersig Wichrer. Von
einem Bat ift audy in diefem Privileg feine Rede. iußte der Rönig
doc) gerade in Diefer Zeit den geiftlichen Sürften die größten Zugeftändniffe
machen.
Wennfchon der Mönig den Kat in Worms imorierte, fo beftand
er doc), und zwar vom Bifdyof anerfannt. Diefer vollzog Sftere mir
Zuziehung des Rates Amtshandlungen, und der Rat befiegelte die Urkunden
des Bifcpofs mit"), Die Bezeichnung des Kates ift in Diefer Zeit noch
eine fdyeoankende. J208 tritt die ganze Gemeinde als Ausftellerin von
Urkunden auf: Cives Wormacienses, Cives de Wormacia'“); 1220:
466 18. Bapitel,
Ministeriales consules cum universis in Wormacia civibus'“) oder
Consules et cives W.''*) oder Ministeriales, iudices et consiliarii W."”);
1222: Consiliarii'*); 1223: Universi iuris consulti, iudices et concives in
Wormacia’”); 1224: Ministeriales et consiliarii W."*) oder consules W.");
1227: Wormacienses eiusdem dicti consules civitatis"”); 1229: Universitas
eivium''®),
Wir erfben daraus, das die Bezeichnung des Sriedensgerichres als
Judices audb für den Rat Geltung harte. Allmäbhlich brach fich der
fiolge Titel Consules mehr und mehr Bahn. Diefer Titel Eann auf
Haffifcher Reminifcenz beruben, doch noch berechtigter ift die Meinung,
daß die Deuefhen diefen Ameritel für eine ftädtifche unabbängige
Behörde in Tralien Pennen gelernt haben, wo er fdon im II. Tahr:
bundere üblich war"), Die Beziehungen zwsifeben beiden Ländern
waren ja fehr enge; eine große Anzahl von Wlinijterialen woar dor im
Dienfte des Raifere ale Starthalter von Provinzen, Legaren, Seftungs:
tommandanten u. f. w. tbätig, und viele Bürger reiften dorrbin als Rauf:
leute oder Pilger, Beijtliche in Angelegenheiten ihrer Rirhe. Das Konfuk
ame ift in Jralien wie in Deurfcbland der Ausdruck der Selbftändigkeit
der Bemeinde gegenüber dem Srabtberen.
Der Rar von Worms vermied zunäcyft jeden Bonflitt mir dem
Bifdpof, indem er deffen „obeitsrechte anerkannte"). Aber daß er
tharfächlich die Verwaltung der Stadtgemeinde führre, berveift das am
23. Auguft 3220 erlaffene Stamıe""*): Wir, die Winifterialen, Richter
und Räte von Worms haben nach fürfichtiger Beratung befchloffen,
mehrere verwerfliche Gersohnheiten abzufchaffen, welche der Stade zu
Schaden und Unehre gereichen, damit die Wirde und Sreiheit der Stadt
unter unferem Regimente feinen Abbruch erleiden. Diefer Erla gefchieht
einerfeite unter dem Vorbehalt der Rechte des Bifdyofs, andererfeite mir
der Einwilligung der Bürgergemeinde (annuente eivium universitate).
Rein $remder, er fei ein Neichsfürft, Graf, Sreiberr, Ritter, Rauf-
mann, welden Standes er auch ift, foll in den ‚erbergen durch
Gaufler oder Spieler beläftige werden. Wer von den Bürgern
Sremde beherbergt und zugleich Gaukler und Spieler aufnimmt,
zahle zum Bau der Grabe (ad fabricam eivitatis) 30 Schillinge
Buße. Wenn ein Leichenbegängnip ftarrgefunden bat, fo foll in
dem saaufe des Verftorbenen den Verwandten und Sceunden Fein Baft-
mabl gegeben werden, da die ja [don durdh die Kirche verboten wird.
Der Bampf um Be Arome und die Zniftchung dee Haree 465
Denn in einem Jaufe der Trauer ift es beffer, der Auhe-als des Schmaufes
zu pflegen. Der trogdem foldye Belage, die wohl bei einer Kodyzeir
paffend fein mögen, in feinem Aaufe oder anderswo hält, der able zum
Stabtbau 30 Schillinge. Wir verbieten audy, daß, sur Vermeidung
fäwerer und unnlger Moften, die Verwandten und Sreunde eines ab:
wefenden Blirgers während deffen Abwefenbeit in feinem Aaufe Fein
Gelage veranftalten, gleichfalle bei einer Strafe von 30 Schillingen,
Will aber Jemand vor feiner Abreife oder nach feiner Rückkehr foldyee
tbun, fo mag es ungeftraft gefdbeben. — Wir finden alfo den Rat im
Befin der Poliseigewalt. Er write energifch flr die Wahrung des
öffentlichen Anftanbes und YWoblftandes ein, indem er unnstige Gelage,
die ja alleit bei den Deutfchen beliebt waren, verbot und dem Unfig
der Gautier und Schaufpieler entgegentat. Diefe-sogen ich in Scharen
babin, wo irgend eine größere Verfammlung flattfand, vor allem in
größere Städte. Sie waren bei od) und Flieder beliebt”), und ihre
Rünfte wurden bewundert und angeftaunt. Sie tanzten auf dem Seile
oder fübeten Eunftvolle, oft fdamlofe ‚Tänze auf, überfblugen ic,
fprangen durch Reifen, fingen Beine Aepfei /mit Wieffern, abmten den
Dogelgefang nach, ließen Affen und Zunde Kımfiftice machen und
dergleichen; auch wirkten fie bei den feenifchen Darftellungen der Paffion
mit. Die weiblichen Wirglieder diefer fahrenden Schaufpielerbanden wourden
den Sremden und Bürgern gefährlich, weshalb der Rat gegen fie einfehricr.
Diefeo Srarur wurde erlaffen unter dem Bhirgermeifterum Borrfrieds
zum Maulbeerbaum (de Moro) und Gernod Lange. Zum. erftenmal
erfeeint alfo in Worms das Dhrgermeifteramt. Auch darin muß man einen
weiteren toichrigen Schritt zur völligen Unabhängigkeit der Stadtgemeinde
vom Stabtheren fehen"”). Die früheren bifchöflichen Beamten: Burg-
graf, Digrum u. f.w., werden durch den Kar verdrängt, an deffen Spige
zwei Hürgermeifter fieben. Das GBefchlecht zum Wulbaum (das beißt
Waulbeerbaum, der offenbar am Zaufe angemalt war und aud) ale
Wappen diente), gehörte zu den Winifterialen"”); wir finden am An
fang des 13. Jahrhunderts einen Lberhard de Wioro, der Ronful war,
etwas fpäter den Kiter Berbodo de Moro ıc. Das Gefehledht der
Zange (Longi)"") zählte hingegen zu den Bürgern. Dürfen wir die
Linrichrung des Blirgermeifteramtes ale eine tevoluriondre HMaßregel der
felbftändig geroordenen Büirgerfchaft auffaffen, fo blieb dennoch sundchft
die Eintracht mit dem Bifchof und den Alerus ungeftdet.
462 18. Bapitel,
Das zeigte fich, als der Papft Sonorius III. am 8. Juli 1225 den
Erzbifdyof von Wiainz aufforbderte, eine Schuld der Wormfer Rirche
beisutreiben, um die römifhen Gläubiger zu befriedigen"). Schon
vorher hatte er ihm befoblen, alle Hinkünfte der Wormfer Kirche zu
fammeln und diefelben zur Befriedigung der Gläubiger nach Troyes zu
f&bicten. Allein da diefe Einkünfte zu gering fein und es zu lange
dauere, bis die Kirche von ihrer Schuld befreit wäre, fo wird der
Ersbifchof angewiefen, durdy Verpfändung der Kircheneinfünfte und
nötigenfalls durch zu erswingende Beifteuern des Mlerus, der Bürger,
Vafallen und der Juden der Stadt und Dibsefe Worms dabin zu
wirken, daß bis nädyfte Oftern 1620 Mark aufgebracht würden. Schon
damals war Die Sinanzpraris der römifchen Burie eine fchmähliche,
indem fie privatredheliche Gorderungen durch firchliche Strafen mit
Erfolg beisutreiben verfüchte, wogegen fich aifer Sriedrich II. bitter
verwahrte"®). Allein die Wormfer: Rierus, Winifterialen, Bürger und
Juden, lehnten die Zumurung des Papftes einmütig ab, und Eebrten fich
wenig an die über fle durch den Wainzer Hrzbifchof auf päpftlichen
Befehl verhängte Hrkommunitarion‘!®), die erfte von den vielen, durd)
welche Kom die Stadt Worms zu fehreeken füchre.
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39. Bapitel.
Sürften und Städte.
Die erfte Rachtung.
ie Macht der deurfchen Bifchöfe beruhte auf den
feudalen.ı Inftiturionen. Im Gegenfan zu
ibnen waren die Städte aufgefommen; diefe
vertraten ein modernes Prinzip, und wie euer
und Waffer ftießen fih) diefe Begenfäne ab.
Ein Bampf Eonnte nicht ausbleiben, und
diefer ‚brach denn auch in Worms los, und
er war ‚von. den‘ beftigften Erfhlirrerungen
und elementaten Raraftrophen begleitet, welche
der Stadt Worms den Untergang zu bereiten
drobten. Aber der Tror und umerfehlirterlicher
Wannesmut der Wormfer Bevölkerung über:
wand alle Bedrängniffe. Tene "eldenzeit prägte fi) dem Bebächnis
der Wormfer tief und umauslöfchlid ein; aus diefem Schage der
Erinnerung fchöpften fie in fpäteren drangvollen Tagen. Berade damals,
als die Gemüter in größter Spannung waren, wurden die Wormfer zur
Aufzeichnung der Ereigniffe angerege''*), Sin Schreiber in fiäbrifchen
Dienften bar im 13. Jahrhundert Annalen aufgezeichnet, Jahr für Jahr,
gleichzeitig mit den Ereigniffen, durchaus 3uverläffig und gewiffenhaft").
Später aber, dody noch im J3. Jahrhundert, hat dann ein Beiftlicher
verfhjiedenartige Ylachrichten und Erinnerungen gefammelt und zu einer
Wormfer Ehronit umgearbeitet, die vielleicht mit der Linführung des
‚Chriftentums begann, in Burgen Zügen die Befcyichte der Bifchöfe und der
1. Bean, Die But ver seinen Mu. L
466 18. Bapitel,
Stadt bis auf Yeinridy VI. erzählte und dann in ausführlicher Darftellung -
die großen Zreigniffe des 13. Jahrhunderte fehilderte, deren Brundton
der Rampf der Stadr mit den Bifcyöfen und dem lerus bildere''*).
In der That, eo war eine Zeit, des Erzählen wert. Ein gewaltiger
Umfepwung auf allen Gebieten vollzog ih im Laufe des I3. Jahr:
bunderrs. Die flarre Bebundenheit, welche das deurfche Leben fdheinbar fo
lange harakteriflert, Löße nun nach. Auf ihren häufigen Zügen und Fahrten
mad Tralien"'”) hatten die Deutfehen eine böbere Rultur fennen gelernt;
die Pilgerreifen und Briegssüge ine beilige Land erweiterten ihren
Gefichretreis. Llicht nur fah man andere Länder und Völker und lernte
ihre Sieten Eennen, fondern man nabm audy wahr, wie man anderwärte
in anderen Sormen Gott zu dienen gewohnt war. Der geiftige Horizont
erweiterte fid) gewaltig. Aber ebenfo gewalrig war auch der marerielle
Sorefehrier. An Selle der Ylaruralwirtfchaft ewat mehr und mehr
die Geldwoirrfchaft. Waffenhaft firömre das Landvolt in die Städte,
einer neuen Völkerwanderung vergleichbar; neue Gtabtreile eneftanden,
ganze Strafenzüge wurden gebaut, und die Sden Pläge im Tnnern
der Städte verfdhwanden nun rafdh. YWir beflzen aus dem Ende des
33. Tahrhunderre eine Befähreibung des Slfäffes, die eine Anzahl
unfch£gbarer Butturbiftorifcher Züge enchält""®). Da wird erzähle, wie
dürftig in Straßburg und Bafel nody 1200 die Mauern und Kirchen
gewefen feien, wie Mein und unanfehnlich die &äufer, die von Holz
gebaur und mir Schindeln gededt waren. Der Steinbau nahm nun zu,
und man nimmt einen fleigenden Lupus wahr, forwohl in der Mleidung,
ale in Trank und Speife, indem Waren aus dem Drient und Briecyenland
importiert wwurden. Da trant man am Rheine griechifche und cyprifche
Weine, obwohl der bier wachfende Wein zu den ebelften Deutfchen
Weinen gehörte; da Eleidere man ich in die Loftbarften feidenen und
broßatenen Stoffe”). Am Anfange des I3. Jahrhunderts war das
Land noch mit dicytem Walde bededt; es gab viele wolıfle Flächen
umbebauten Landes. Yun wurden eifrig die Wälder geroder und die
wüften Ländereien fruchtbar gemacht, neue Wirtfchafremerhoden Bamen
auf; der Stügelsucht, dem Obft- und Gartenbau widmete man größere,
verftänbigere Sürforge, und ebenfo hob fidh die Technik des Jandwerkes.
Vlamenklich großartig war die Baurbärigkeit.
Die meiften Rirchen in Worms find im 13. Jahrhundert entweder
vollendet worden oder haben in biefer Zeit einen Umbau erlitten.
Sicfen und Saore. Die ee Kacrung, 467
1234 gelnbere der Rantor der Speierer Rirde und Domberr zu Worms,
Gerlach vom Brafewoeg, vier Präbenden im S. Laurentiuscher des Doms
zu Worms”). Solglidy muß dazumal der VWeftchor im wefentlichen
vollendet gewefen fein. Aber noch 1286 fpricye der Bifchof Simon von
großartigen Ausgaben und einem teuren Unternehmen, das vormals im Dome
fattgehabt habe!'”). Ebenfo müffen in der erften Zälfte des 13. Jahr:
hunderte die S. Andreas:, S. Paul und &. Wartinstirche forsie eine
Anzahl Meinerer Kirchen und Bapellen fertig gebaut worden fein. Yun ging
man auch in Worms, wo man j6 lange am romanifihen Bauftil feftgebalten
hatte, zum gotifchen Über. YDie die prachtvollen erbabenen romanifchen
Dome am Rheine der Pünftlerifchhe Ausdruc® der Machtftellung der
deurfhen Mönige im IJ. Jahrhundert find, fo die bimmelanftrebenden
gotifcyen Bathedralen der Hinftlerifche Ausdeuc® für den Auffcbrwung dee
franzöfifchen Rönigtums und der nordftanzöfifchen Städte. Denn in LIord-
frantreidy hat ich der gotifehe Stil zuerft ennwickelr, dort wurzelte das
franzöfifebe Rönigeum am ciefften, und dort regte das junge Bürgertum,
welches dem Rönig feine “ailfe angeboten hatte, die Schroingen feines feifchen
Zebens am Erfftigften. Auf nftlerifchyem wie auf wiffenfchaftlichen
Gebiet war Ylordfrankreich die tonangebende Wacht, und bald biele der
franzöfifehe Beift feinen Triumpbzug durch alle Aulturländer Furopas.
Am wenigften Eonnten fid) die Abeinlande diefer Einwirkung
entziehen. Berade bier hatte die franzöfifche böfifche Dichrkunft gute
Aufnahme gefunden. Die jungen bildungseifrigen Leute pilgerten nady
Paris, um bier an der Quelle der Wiffenfchaften zu feböpfen"”). Tim
mittelcheinifhen Bebier ift die Stiftekiccdhe zu Wimpfen im Thal zuerft
in dem neuen gorifcen Stil erbaut worden, und zwar durch einen
Weiter, der aus Paris gefommen war"). In Worms felbjt und
feiner Umgegend fpielt die Borit nur eine untergeordnere Rolle, man
biele bier an den überlieferten Gormen länger ale anderewo feit. Sie
erfchpeint zuerft beim Bau der S. Yliflaustapelle am Dom. Laut einer
Urkunde von 1289 war diefer Bau prachroolf und mir vielem Aufwand
begonnen worden!’®). $Es ift eine zweifchiffige Anlage, deren Areuze
gewoölbe von zwei Säulen getragen werden. Dody die Vollendung
diefes Banes wie auch des figurenreichen Shdportals des Domes
gehören erft dem 14. Jahrhundert an.
Aber auch die profane Baukunft fand veichliche Tätigkeit, denn
das I3. Tahrhundere ft die Zeit der grofien Gradrbrände. Am
468 19, Bapitel,
33. Juli 1223 brady am früben Worgen in dem aufe Reimars beim
Warte Seuer aus, das alle Mramläden bis zum &ofpital verzebrte;
es griff in der <agengafe und der WVollgaffe um fic), und die Stadr erlicr
dadurch unermeßlichen Schaden. Zehn Jahre darauf, wiederum im
Juli, velitete ein neuer Brand, in dem das “aus dee Ritters Ferbord
in der Brorgaffe in $lammen aufging; das Seuer verbreitete fid nach
beiden Seiten bis zur Jubenpforte und zur Pfauenpforre, und der ganze
am Abeine gelegene Stadtreil und mit ihm &. Paul brannte nieder.
Am 22. Juni 1234 entjtand im aufe des Gigilo Bosmar, das fpäter
Zum Schöne bieß, Seuer, und der ganze Stadrreil bio zur Stadtmauer
und bis zum Ende der ©. Petersgaffe am DBache wurde von dem
feindlichen sElemene gerftdrt. 1242 entftand fodann wiederum am Abend
des Palmfonntags ein großer Brand bei der S. Anbrenskirche, und
mehr als die dälfte der Stadt mit allen darin gelegenen Kirchen ging
zu Brunde. Ueber 300 Wenfchen Bamen dabei um. Am 30. April 1259
brach im “Gaufe Weinheimere Feuer aus, und wiederum verbrannte bie
Aflfie der Stade, fo daß diefe kaum noch den Anblid® einer Stadt bot.
Das Seuer volitere die ganze Klachr bindurch und richtete ungeheuren
Schaden an, der auf mehr als 550 000 Mark gefchäst wurde; und es
verbrannten der Stadt ihre Mriegmafcjinen und Waffenvorräre, bie
Pferdemliblen und dee Sahnenwagen, Standhart genannt, deffen Wert
allein auf 1000 Mark gefchdgt wurde. 1269 entftand in der Wirte der
Ylacıt bei den Predigern großes Seuer; wegen der “eftigteir des Windes
wurde faft die halbe Stade eingeäfdyert, umd fehließlic verbrannte am
3. Mai 1298 ein großer Teil der Stadr'”). Die Zäufer waren eben
meiftene leicht von “ols gebaut und mit Gchindeln bedeckt, und die
Ylachläffigteit der Wienfchen vermebrte die Gefahr. Schunvorkehrungen
und Löfcheineichtungen gab eo noch nicht. Da in der nächjten Umgegend
‚von Worms Beine Steine zu baben waren, fo griff man immer wieder zu
dem bequemen, aber gefährlichen Baumaterial, und fo erneuerten fidh von
Zeit zu Zeit die Kataftropben, in denen man Berichte Gottes fab. Der
den Deutfchen feit alter Zeit beberrfehende Saralismus, gegen welchen
fi) das firrliche Beroußtfein des Dichters Reinmar von Zwerer Eräftig
auflehnte''%), leiftete noch dem Zeichtfinn Vorfcub.
Am Anfange deo 13. Jahrhunderte war das religiäfe Gefühl aufer:
ordentlich aufgeregt, wie man aus ben Erzählungen des Cäfartus von
Geifterbach erfeben Bann. Der Rierus genoß beim Volke Lange nicht
Sücfen und Städte. Pie erfe Nachrung. 469
mehr das frühere &Anfehen. Seine Scömmigteit harte ihn reich
gemacht, der Reichtum führte aber zu Wiüfiggang und Ueppigeit
und dadurch zum Verderben!'*). Unermeflide Triumphe hatte die
römifche Kirche errungen, fie befaß die „errfchaft Über die Leiber
und über die Seelen und entfaltere eine fajt fieberbafte Thärigkeir,
um ihre Zerefhhaft zu behaupten. Diele der Srömmften nahmen
Anfioß an der Verwelslichung der Kirche, und fon Bernhard von
Elairvaur batte den Papft Eugen wegen feiner Prunkfucht fcherf‘
gerabelt: „”Jn diefen Dingen bift du Bein KTachfolger des heiligen Perrus,
fondern des Raifere Ronftantin.“ Te böber die lache der Ritcye flicg,
um fo ftärker wuchs die Oppofition, namentlich in Oberitalien und
Südfrankreich; bald verbreiteren fid» die Bener, fo nannte die Kirche
alle die, welche vom offiziellen Glauben abwichen, aud) in den rheinifihen
Zanden. Viele wollten eben von der entarteten Kirche nichts wiffen,
fondern fie fucbten ihre Zebensaufgabe in werkihiriger Pflichterfüllung
innerhalb der chriftlien Bemeinde und in der Ausübung opferwoilfiger
Yrächftenliebe. Sie wollten das altchriftliche Gemeinde: Jbeal erneuern”).
Diefe Rener nannten fid) Brüder und Schweftern oder auch „Arme
Eprifti“; eo wwaren meift arme Leute, Bauern, Jandwerker, Tagelöhner ıc.,
die ihren Lebensunterhalt durch “andarbeit verdienten. Sie machten
feinen Anfpruch auf Privilegien, fondern in füller Derborgenheit wollten
fie in der Vlachfolge Chrifti eben. Allein die Mitche duldere Feine
Setbftändigteit, Beine Abweichung von ihrer Lehre und ihrer Brdnung,
felbft das firlich matellofefte Leben fcylite nicht vor dem todbringenden
Vorwurf der Benerei, und da man ihnen feine wirklichen Lafler vor
werfen Eonnte, Dichrere man ihnen weldpe an. Ylicht durch Liebe, Ueber:
tedung und Ueberzeugung wollte die Rirdye die Jerenden auf den rechten
Weg weifen, fondern durch Seuer und Schwert fie austilgen. Selbft
einer der ebelften MW länner der Batholifhen Ritche, Bernhard von
Elairvaug, Eonnte den Ausfpruch chun: „Um Ehriti willen geröter zu
werden oder zu töten, it Bein Verbrechen, fondern böchfter Ruhm." Als
die Benerei immer mebr Verbreitung fand und das Schifflein Perri
dem Desfinten nabe war, da fand der Papft neue Kelfer im Rompfe mic
den Gegnern der Rirdpe, die Bertelmönche. Durch die Bettelorden (wozu
die Sranzistaner, Dominikaner, Sacbrüder, Wilbelmiten, Auguftiner,
Rarmeliter gehörten) ift erft das Mönchenm zu einer religiöfen Macht
geworden").
410 18. Rapirel,
Im Jahre 1209 börte Srancesco, ein Dlrgersfohn in AMif, in
Portiuncula das Evangelium vorlefen: „Ihr folle nicht Bold noch
Silber noch Er; in emerm Gürtel tragen, Beine Tafche zur Wenfabrr,
noch zwei Köche, feine Schuhe und Beinen Stab.“ — „Das iff’s, was ich
will,“ rief er aus, „das ift, was ich fuchre,“ und fofort Iöfte er die
Sandalen, vertaufchte den Blirtel mir einem Stricde und warf fogar
den Berrelfact und Stab von fidh. Franz, von tiefjter Sehnflrcht nach
dem Unfchuldezuftand der Wienfchen ergriffen, wollte die Ylachfolge
Chrifti buchftäblich erfüllen. Wöllige Armur und die Predige vom
Reiche Bortes und der Buße war fein deal und der Beruf, den fidh
Sranz von Affifi erwäble hat, geftügt auf die Worte des Evangeliums
Wareh. 19, 21: „Verkaufe alles, was du haft, dann Eomm und folge
mir nadı.“ Thn fammert das im Weleleben verfuntene Gefchlecht, und
er will co durch eigenes Beifpiel zur Buße rufen und zum Srieden
führen. Das war im Grunde genommen dasfelbe Ziel, das den Armen
Chrifti, den Waldenfern, vorfebmebte, nur mit dem Unterfchied, daf
Srany fid) nicht von der Kirche trennen wollte, wenbalb er die päpft:
liche Ermächtigung zur Bußpredige nachfüichte. Gerade in den großen
Städten fab es feblimm um die Seelforge aus. Der Pfürrklerus erfüllte
feine Pflicht nicht, und der größte Teil des Dolkeo batte id der Kirche
entfrembder. Darum war die innere Wiiffion notwendig geworben, wie
ja aud) heutzutage wieder in den Gräbten die Wiehrbeit der Bevölkerung
Birchlicy völlig indifferene öt und man nur durch außerordentliche Micrel
(Innere Wiffton, „eilsarmee ıc) auf fie eimwirfen fann. Zwar hate
das Lareranifehe Ronzil 1215 befehloffen, daß kein neuer Wißnchsorden mehr
begründet werben dürfe, aber Papft Tnnocenz III., diefer große Politiker,
erkannte fogleich die ganze Bedeutung der neuen Aräfte, die fidh ihm in
‚Sranz von Affift und Dominicus Buzman zur Verfügung anboten. ‘Er
ftelfte den religisfen Enchufisemus, die außerordentliche Beweglidykeit
und die ganze populäre Kraft diefer Benoffenfchaften in den Dienft der
Ricche, machte fie zu einer jederzeit fehlagfereigen Armee, zu einer Art
flirgender Rolonne. Ganz gegen den Willen von Sranz entwickelte ic)
der Orden, und die Weltverneinung flug gleich beim Beginn in Welt:
berefchaft um"”). Sranz dachte an ein iEremitenleben im altchriftlichen
Sinne, ftatt deffen fente fid) der Orden in den Sammelpunkzen des
großen Verkehrs, in den Städten fell. Durch populäre Wanderpredigt
wollten die Brüder des beiligen Sranziscus das Vol zur Buße und
Sürpen und Sräste. Die exe Nacrung. 41
zum $Bvangelium befehren und durdy eigenes entbebrungevolles Leben
in Arbeit und dienenber Liebe der Welt voranleuchten. Sobald jedoch
der Orden fih mit dem Papftrum einfieß, wurde er deffen Werkzeug,
um die Serefehaft der Welt zu behaupten, und er verfan® immer ciefer
in das weltliche Treiben. Deflenungeachter ift die YWirkfamkeit dee
Ordens der DBettelmönche eine unermefliche gewefen. Tbre auffällige
Tracht, ihr fremdartiges Ausfehen, ihre ganze Lebensweife und ihr
Auftreten erregten die Aufmerkfambeit des Volker. Sie waren mic die
Vögel, die nicht fäen und fammeln in Scheuern. Die Privilegien der
Päpfte verliehen ihnen eine ungebeuere Macht und Unabhängigkeit von
den Bifchöfen und dem Pfärrklerus, und die von ihnen eingeführten
Andachtswerte und Seligteiremittel, wie Ave Waria, der Hofenkranz ıc.,
eine yany außerordentliche Anziehungskraft. The Anfprucy, aller Orten
su predigen und Beichte zu hören, machte jie fähig, die beliebteften
Beicyrodter zu werden, denn dem Iandfremden wandernden Bertelmändh
vertraute man ein Beisiffenegebeimnie lieber an, als dem einheimifchen
Pfarrer, der wegen feines unfittlidhen Lebenewandele übel berüchtigt war.
Obwohl der beilige Dominicus eine grundverfchiedene Yratur von
‚Stanz war, verfolgten doch beide ein gemeinfames Ziel: fie wollten eine
Miliz Ebrifti unter den Yaien gründen und der Rezerei fteuern. Dominicus,
ein fanatifcher Spanier, dußerlic) würdig und gemeffen, innerlich von
feuriger Glur erfüllt, hatte es fich zu feiner befonderen Aufgabe gemacht,
die Beger in Srankreich, die Albigenfer, auszurorren. Diefem Beruf
ale Regerrichter unterzog fi dann der Dominifanerorbden mit nur zu
beißem Kifer.
Alein diefe veligisfe Richtung ergriff nicht nur die Männer, fondern
auch die Frauen, und fo enrftanden neue Srauenlöfter. Clara Scifi, die
fib_ dem heiligen Sranz innig angefcloffen hatte, fliftere den Rlariffen:
orden. Auch Dominicus wußte die Frauen an fich zu feffeln. Die
Seauenklöfter der Regel des beiligen Auguftin vonrden meift der Übedienz
des heiligen Dominicus umterworfen.
Die von Sranz von Affiß angefachte Bewegung blieb jedody nicht
auf die Tnfaffen der Miöfter befchränkt, vielmehr verbreitete fie fic) in
weiteren reifen des Volkes, zumal unter foldyen, welche durch perfönliche
Umftände, wie Derebelichung, abgehalten waren, in ein Rlofter zu treten.
Tron ihrem Bleiben in der Welt wollten fie dennoch ein Leben der Bufe
führen, ein Leben ftrenger Astefe und einer möglichft umfaffenden WOohl:
4m 19. Bapirel,
ehärigkeit. Daraus entftand der Orden der Tertiarier oder der dritte
Orden, Brüder und Schweftern der Buße, die gelobten, alle Bebore
Gottes zu alten. Sie follen rein von Sünde fein, dunfelfarbige Rleider
wagen, Schaufpiele, Tänze und jede Weleluft meiden. Durch diefe
Inftirution erhielt der DBertelorden eine breite volfsrümliche Grundlage
und einen enormen influß auf das gemeine Volt. Die Älteren Begbarden-
und Begbinnenvereine und die Bußbrüberfebaften gingen nun meift in
dem Dritten Orden auf. Das deal von dem irdifchen Gottesftaate, in
dem es Beine Ungleichheit des Beflgeo und des Standes geben folk,
bien fi) verwirklichen zu wollen, denn der dritte Orden umfehloß fooohl
Bönige ale Dertler.
Das Aufkommen der Bertelorden hänge aufs engfte mir dem Auf:
fbrwung dee ftädrifchen Lebens zufammen. In allen Städten fiedelten
fi die Bertelmöndhe an; fie erhielten reiche Landfdyenfungen und fie
verftanden es, den ftädrifchen Brund und Boden produftiv zu machen,
indem fie ihn in Parzellen aufteilten und an Bautuftige nach Stadtrecht
zu billigem Zins verlieben. Dadurch ftieg die Bodenrente, und fie, woelche
vollftändige Armur gelobt hatten, wurden in manchen Städten die reichften
Grundbefizer. Wir Recht konnte WO. Arnold von den Rlöftern fagen:
Sie waren für das wirefchaftliche Leben ein ebenfo nomwendiger
Durchgangspuntt wie für die Wiflenfehaften, das Unterrichtawefen
und die Aemenpflege"®). So wirkten die Sranzisfaner (Wlinoriten oder
audy DBarfüßer genannt) und nody mehr die Dominikaner (Prediger)
auf geiftigem Gebiete befreiend und aufbauend. Auf cheologifchem und
pbilofopbifcyem Gebiete begründeten fie eine neue Epoche; ihr dem
Volksleben zugewandter Sinn, ihre realiftifche Anfchauung führte ®
zu einer Gefebichtofchreibung, die auch dem Beinen Lagestreiben der
bürgerlichen Areife liebevolle Beachtung fehenkre, ja foger auf dem
Gebiete der febönen Lirteratur haben fie eine vollftändige Ummandlung
hervorgebracht. Der Prediger, der in deutfcher, dem Volke allgemein
verftändlicher Sprache zu erzen tebere, Bereholb von Regensburg,
löfte den Dichter ab und verhalf der Profa zur Gerrfhaft').
Bald nad) der Bonflituierung des Ordens begannen die Bettel:
möndye die Propaganda (1219) und gründeten allenthalben, felbft in
Eleineren Städten, bleibende Yriederlaffungen.
Im Jahre 1221) Bamen die Sranzistaner nah Worms'*®). Zuerft
erhielten fie ein «aus bei der Mapelle des heiligen Ylazarius (hinter
Sirhen und Sräte. Die ee Hadırun. 47
dem Blirgerhof); fäter fedelten fie nady der S. Perersgaffe Über).
3222 Eonnte Bruder Caefarius von Speier, der die Leitung des Ordens
in Deurfcpland übernommen batte, in Worms bereits das erfte deutfche
Provinzialfapitel abbalten, fo viele Mleriter und Laien batte er fehon
in den Orden aufgenommen. Da die Heine S. Ylasariuskapelle dem
Andrange niche genügte, fo ftellte Bifchof Zeinrich den zur Verfammlung
‚gefommenen Brüdern für die eier des beiligen Wiefopfers, die Lirch-
lichen Tageszeiten und für die Predigten den Dom zur Verfügung. Rafd)
breitere fich nun der Orden in Deutfihland aus, das in drei Provinzen
eingeteilt wurde: die fächfifche, die oberdeutfche und die Eölnifcye, und
fede Provinz wieder in eine Anzahl von Euftodisen. YWorme gehörte
mit Wyainz, Speier u. f. w. zur Custodia Rheni. An der Spine feber
Euftodie fand der Euftos; der Vorfteher des Rlofters hieß Buacdian.
Wit den Miinoriten rivalifierten die Dominikaner oder Prediger,
die 1226 nady Worms amen”®). Sie erwarben fid) das aus des
Ritters Wernber in der Satrlergaffe. Allein bald. fließen fie auf
Oppofition, indem der Bifdyof ihnen die Yliederlaffung. zu erfchweren
füchte, wogegen fie an den Bürgern. Bönner fanden. Der Papft
Gregor IX. war durchaus auf ihrer Seite, und am 24. Auguft 1229
verfpracy er allen, die den ‘von den Predigern in Worms begonnenen
Bau fördern würden, eroige Seligteir und Ablap!”), Allein die An-
feindungen hörten nicht auf, und auch die Wiinoriten hatten darüber zu
lagen; beide Orden wandten fich Blayend an den Papft und füchten
deffen Schun nad). Diefer verwies am..3. September J229%%) dem
Bifchof von Worms, daß. er in feiner Diözefe nicht bereits gegen die
Befchimpfung. der Brüder des Prediger und YWlinoritenordens ein
gefehritten fei und befahl ibn, den Unfug der Teufelstinder abzuftellen,
wibrigtenfalle er den Propfi, Dekan und Bantor der Domticde zu
Worms damit beauftragen werde. Der Widerfpruch des Bifchofe und
des Pfarrklerus ift leicht erläclich, da die Bertelorden vielfach in bie
bifchöftichen echte eingriffen und dem Pfarrklerus wirkfame Bonkurrens
in der Ausibung feelforgerifcher Sunktionen machten'””). Am 24. Januar 123]
beauftragte der. Papft die Prediger in YOorms mit der anbhabung der
Rircpensucht in Besug auf die von dem Razdinallegaten Bontad von Porto
und G. Rufina 1225 erlaffenen Ricchenftaruren"”), und am 28. Sebruac 1232
befahl er dem Prior und GSubprior der Prediger in Worms, gegen bie
in den YronnenElöftern eingeriffene Simonie einzufdhreiten"””). Der Bifcyof
4. D0en, ie Aut er otfn Ge I .
414 18. Bapirel,
brachte eo aber wirklich dahin, daß die Prediger die von ihnen 1226
erworbene Liegenfchaft verlaffen mußten, worauf jeboch der Bardinal-
legat Brro von ©. Ylicolaus in carcere Tulliano energifch flr fie ein-
trat. Am 22. März 123J befahl er dem Scholaftitus und Dekan der
Steapburger Birce, für Aufrechrerhalung des von ihm getroffenen
Abkommens zu forgen, wonach Bifchof und Bapitel von Worms bie
Rirche des heiligen Andreas auf dem Berge, vor den Mauern der Stadt,
dem Prior und den Brüdern des Predigerordens überließen, wogegen
diefe auf den Ort ibrer früheren Chiederlafjung verzichteren"”). Bo half
aber alles nichre. in fdhärfiter Weife mußte daher Papft Gregor IX.
durch den Dekan, Bantor und Scholaftitus der Rieche zu Trier den
Bifchof ermahnen lajfen, daf er von der Beldftigung der Prediger
abfiehe""). Dem Orden war ein Braf Eberbarb von Leiningen bei:
getreten, und diefer hatte fein Begräbnis bei den Prebigern angeordnet.
Der Bifcof aber ließ den Leichnam wieder ausgeaben und auf dem
Kirchhof beim Dom beifenen, aud) andere Bewaltthätigkeiren erlaubte
© fich gegen fie. Der Papft befahl nun, daß der Verftorbene nochmale
ausgegraben und auf dem Kirchhof der Prediger beerdigt werde. Diefe
Angelegenheit wurde am 2. September vor den genannten Bevoll
mächtigen des Papftes behandelt"), und es Bam endlich) zu einem
Vergleich. Den Predigern wurde die‘ S: Andreastirche auf dem Berge
angewiefen, und wegen des ZBegräbnisredhres wurde die Sache fo
geordnet, daß zwar die Prediger die, welche bei ihnen winfehten
begraben zu werben, beerdigen durften, aber der Leichnam follre zuerfk
in die Pfarekirde, zu welcher der Verftorbene gehörte, gebradyr und
dafelbft eine Weffe gefungen werden, Dann erft durfte das Begräbnis
auf dem Rirdhhof der Prediger ftarrfinden. Auch follten die Prediger
das nrerditt halten und dem Bifchof und der Mirche von Worms
geborfam fein, fowweit dem nicht die vom Papfte dem Orden gegebenen
Privilegien vwoiderttritten. Diefer Bomptomiß febeint fedod an der
Weigerung des S. Andreasjtiftes, auf die ihm intorporierre &. Andreas:
kirche auf dem Berge Verzicht zu Ieiften, gefcheitert zu fein, weshalb
der Bifdyof am 18. Tuli 1232 ein neues Abkommen mit den Predigern
fehloß”). Mr bewilligte ihnen das Recht, ein Grundftüc innerhalb der
Stadtmauern erwerben zu dürfen, um darauf eine Mirde und ein
Blofter zu bauen, überall wo fie wollten, nur mit Ausnahme des Ortes,
den fie zuerft inne gehabt hätten. Der von den Trierer Geijtlichen
Sürpen und Grädte. Die erfe Kacrung. 475
gefchloffene Vergleich fol zu Recht befteben, mit Ausnahme des Artikels,
der die S. Andeeastirche auf dem Derge berührt. Der Bifcof
verpflichtet fich ferner, die YOormfer Rirchen (Domtirche und &. Andreas:
fift) zu bewegen, daß fie bie Prediger für ihren Verzicht auf die
&. Andreasticdye auf dem Berge enrfchädigen; weigeren fie fich deffen,
P Fall ein Schiedsgericht fiber die Mnefäpldigung enrfiheiben. Am
Jo. Sebruar 1233 wenehmigte Papft Gregor IX. diefen Vergleich").
Wir Zitfe wohlchäriger, ihnen gurgefinnrer Wienfden gelang es dann
den Predigern, einen &of der Zildegundis binter der Ylinze zu erwerben,
wo fie eine bleibende Zeimftärte fanden. Der Papft wies ihnen für
ihren Bau eine Summe von 00 Wiark aus den Rreuszugsgeldern an!!").
3264 ließen fi die Auguftiner und die Sackbrüder in Worms nieder'”),
1299 die Rarmeliter!””) und die Wilhelmiten'”").
Die Alöfter waren im Witrelalter eine wirefebaftliche YTotwoendigkeit.
‚Sie allein boten die Gelegenheit, fich dem Studium zu widmen; bier fanden
die jüngeren Söhne des Adels ein anftändiges Unterommen, fie waren
für alle, die fich in der Welt niche mehr zurecht fanden, ein wohlchuendes
Afyl. Yramentlich den Grauen waren die Riöfter geradesu unentbebelich.
Denn mit dem Aufblühen der Städte entftand die Srauenfrage”"”). Das
männliche Gefchlecht war von feiner Geburt an unendlich größeren
Gefabren ausgefegt ale das weiblide, fo daß fich bald ein Ueberfchuß
der weiblichen Geburten über die männlichen ergab), und dadurd)
wurde ein Srauennotftand erzeugt. Später, im I4. und 15. Tahrbunderr,
drängten fi die Srauen in alle Berufszweige hinein, fie waren im
Gandwere thäcig, teils. als Tnbaberinnen des GBefcyäfte, teils als
Arbeiterinnen, befondere in der Terrilindufteie und dann, wie noch beure,
im Rleinhandel; wir finden Scauen als Xerztinnen, mandye in amtlichen
Stellungen, als Auffeberin der Stadtwage, kurz, auf alle Weife füchten
fie fi) den Lebensunterhalt zu verdienen. Das genligte aber nicht, fie
bedurften befonderer Vorforge, und fo entftand im 13. Jahrbundere
und in den folgenden Zeiten eine grofe Anzahl von Srauenklöftern als
DVerforgungsanftalten für die rauen. Diefe Srauenklöfter dienten alfo
nicht forsobl der Srömmigteit, fondern böchft praftifchen Zwecken; fie
erfüllten damals die Aufgaben, welche man beutzurage den Rentenanftalten
und Winventaffen zueift. In Worms gab eo bis ins J3. Jahrhundert
nur ein Srauenklofter, YTonnenmünfter genannt, weltliche Ranoniffen, Die
nach, der Regel des heiligen Auguftin lebren. Diefes Rlofter befaß zwanzig
476 18. Bapirel,
Präbenben, welde den ebenfo vielen Gtiftebamen meift vornehmer
saerkunft ausreichenden Lebensunterhalt gewäbrsen. Allein im I3. Jahr:
hundert artere die Zucht völlig aus, es kam zu fRandalöfen Scenen'*'),
weshalb auf die lage des Wormfer Bifhofe der Papft Gregor IX.
bewoogen wurde, am 20. September 1236 das Stift in ein Rlofter um-
zusvandeln. und diefes der firengen Regel von Cifters zu unterwerfen"),
Zugleich wurde die Sahl der Ylonnen auf vierzig erhöht”), indem eben
damals für die Srauen ein größeres Bedürfnis nach Verforgung vorhanden
war. Durcsfihnitrlich zeichnen fid) die Srauentlöfter vor den Männer
Uöftern durch höhere Yiirgliedezahlen aus, fo daß fie zuweilen hundert
Infaffen sählten, was eine fehr große Bedhrfnislofigteit der Einzelperfonen
zur Dorausfegung hat!=). Der Difchof erkannte jedoch die KTotwendigteit
an, das $Eintommen des Rlofters Yionnenmünfter zu erböben, was durch
Intorporarion der &. Caecilistirde gefyab'”). Papft nnocenz IV.
nahm (odann am 12. {Jet 1245 das Blofker in feinen befonderen Schun'”)).
Bleichzeitig mit der Ummandlung des Stiftes Yionnenmünfter in
ein Srauenklofter entftand das SeauenBlofter Rirfebgarten. Der bifdhöflliche
Bämmerer Richezo und feine Srau Agnes fdenkten ein Brundftüch, das
er vom Bifchof zu Zehen hatte, dem von Bifdhof "eineich
Blofter'?”), und der Bifcof Landolf beftäcigee am 3. Auguft 1237 diefe
Sciftung'”). Das neue Mlofter genoß dauernde Bunft der Päpfie,
Bönige und Laien'””), bie es im I5. Jahrbundert völliger Suchelofigkeir
verfiel, die zur Auflöfüng desfelben und zur Ummwandelung führte").
In der zweiren “älfte des I3. Jahrhunderts erfolgte fodann noch
die Brimdung von zwei dem Predigerorden untergebenen Srauenkiöftern,
aber außerhalb ber Stadt Worms, die wir mur Eur berühren wollen.
Um 1276 gab es eine Sammlung von Scauen (Inchusae) bei der Ricche
von Focpheim'”). Der eigentliche Grimder ift aber der Ritter Dirolf,
Bürger von Yorms, und feine Bemablin Agnes, die dem lofter
“aimmelskrone Coeli corona nicht weniger als 1300 Walter Korns
jäbrlicyen Zins vermachten”®), was ein Beweis großen Keicdhrumes ft.
Zur Vermehrung der Zinnabmen inkorporierte ihm Bifchof Simon am
13. Flovember 1283 die Pfarrkirche S. Amandus in der Vorftabr von
Worms’). Die Töchter des Adels und der vornehmen Blirger von
Worms fanden bier ihre Verforgung'®). ine Ende des 13. Jahr:
hunderte fällt die Stiftung des Rlofters in Liebenau”). Die Zaupt-
wohlchäter waren Engelmann und feine Srau Lieba, Wormfer Bürger”).
Fürfen und Sradee. Tie erfe Kadrung. #77
Auch die nfaffen diefes Mlofters gehörten den oberen Ständen an,
unter anderen emengard, Pfalgräfin vom Abein””).
Die Gegenfäge waren im Wictelalter womäglich noch greller,
die Mebergänge fehroffer als heutzutage. Die rollfte Ausgelaffenheit
überfehumender Lebensluft fehlug oft genug plöglid in die tieffle
Zertnirfchung der Seele um. Den größten firlicen Gefahren war
damals das weibliche Befählecht ausgefent, da die eigene Begebrlichfeir
Mb der Zudringlicheit der Wiänner nur fehwach erwehren konnte.
Yailflos war das gefüllene Weib der Schande und dem iend preis:
gegeben. Da erbarmte fich ihrer ein Beiftlicher, Rudolf von Worms,
fammelte die gefallenen Jungfrauen in “dufern und forgte für ihre geiftige
und leibliche Pflege. SS encftanden die Rlöfter der Reuerinnen'”). Am
31. Oktober 1230 nimmt der Papft Gregor IX. das Riofer S. Maria
Wagdalena in Bafel in feinen Schug'”). Demnad) ift anzunehmen,
daß die Reuerinnen in Worms fdyon?früher fi miedergelaffen haben,
obfehen erjt für das Jahr 1232 ein urfundliches Zeugnis vorliegt. Am
22. Oftober fpricht der Papft feine Seeube aus Uber die Bereinwilligkeit
und Wohlthärigteit der Wormfer Blieger bei der Aufnahme der blßenden
Schweftern, empfiehlt fie ihrem ferneren Woblwollen und gewährt allen,
die diefe Schweflern unterftügen, Ablap"). In Besiebung darauf
erteilte der Bifchof Landolf am 2I. Dezember 1238 allen Woblthätern
des Rloftero weitere Tndulgenzien *).
Kigentlicye Verforgungsanftalten find fobann die Beginnenhäufer
‚oder Sammlungen und Beine Rlöfter; denn deren infaffen wurden nie
zum geiftlichen Stande gesäble””) und brauchten das Bellbde der
Reufebheit nicht abzulegen, fondern Eonnten wieder austreten und
heiraten. Wohlhabende Bürger fehenken ein Saus zur Wohnung für
eine Anzahl rauen, die nad) der dritten Megel lebten, und beftimmte
Renten und fonftige inkünfte zu ihrem Unterhalt. In Srankfürt
zum Beifpiel find 57 folcher Beyinnenbäufer bekannt, die 300 Srauen
aufnehmen Ponnten, in Bafel gegen 40; auch in Worms müffen fie
3ahlreic) gemwefen fein. Urkundlich bezeuge find folgende: 1275 vierzig
Beginnen“); 1283 zwei Beginnen“). Am I6. Auguft 1288 fehentr
SElifabeth Brogoren ihr fleinernes “aus vierzehn Schweftern guten
Yufes und anftändigen Derragens zum Bewohnen und fügt die
Schenkung einiger Aecher hinzu, damit aus deren Krrrägnis die auf“
dem Jaufe laftenden Zinfen und die Reparanırtoften beftritten werden
478 19. Bapitel,
%nnen”®). Ylod großarriger ift die Stifrung Bubelmanns, Schult:
beißen der Domkirche, der am 22. Desember 1288 einer Sammlung
von 20 Schwefkern oder Beginnen ein Jaus hinter S. Stephan, das
er von dem verftorbenen Ritter David gekauft hatte, zum Bewobnen
febentte nebft allen feinen Hegenden und fahrenden Büteen zum Unterhalt.
Ueber die Lebensführung der Schweftern find genaue Beftimmungen
gerroffen. Außerdem dotiert er noch eine Anzahl geiflicher Stiftungen,
zum Deifpiel die Schmweftern im Jaufe Mngelmanns (das beißt in
Liebenau) und die Schwefteen im Zaufe der Srubeline'). Im
14. Jahrhundert nannte man diefe von Bubdelmann geftiftere Beginnen
fammlung den großen Eonvent!”) oder den reichen (eychen) Convene”),
woraus im 16. TJahrhunderr der Yame Richardi Eonvent eneftand,
Im 14. Jahrhundert wurde noch eine Heihe foldyer Lonvente oder
Sammlungen gegelinder, wie zum Beifpiel der Briden- (das beift
Britsiren.) Convent, der Convent zum Drubiln, zum Sauer, zum Mörlin,
zum Kebftoch, der Convent der willigen Schwoeftern zum Rindfuße, zum
‚Riefen, zum Rorhaus, zum Nofenbaum oder der Sochheimer Sof in der
Rämmerergaffe, die Beginnenklaufe neben der S. Sitvefterkapelle, die
Beginnentlaufe in der Sporergaffe””). Zum Teil fpielren diefe Beginnen:
fammlungen Diefelbe Rolle wie heute die Batholifhen und proteftanrifchen
Vereinshäufer in den großen Städten. Wirkliche Srömmigteit und
“enchelei zum Zwoecße der Ausbeurung wohlchätiger Seelen hauften fröhlich
nebeneinander.
Die wicheigfte Funktion der Rlöfter war aber, als Refervoir für
die überfehhffige Bevslkerung der Stade zu dienen.
Der Dominitanerorden hatte fih ganz befondere die Ausrorrung
der Megerei zur Aufgabe gemacht"). Aus der Morrefpondens des
Papfies Bregor IX. erficht man, daß die Renerei eine wachfende Sorge
des römifchen Stubles war; nicht nur in alien verbreitete fie fich
mebr und mehr, fondern auch in Deurfchland, und in einem Briefe an
den Ersbifchof von YWiainz drückt der Papft feinen Schmerz darliber
‚aus, daf der Blaube in Deurfchland fo rar werde (29. Ofrober 1232)"9).
Die abfeheulichften Berlicyre und Derleumdungen wurden Über die deurfchen
Beger ausgefprengt, die der Papft geglaubt zu haben feheint. Zn einem
Briefe an den Ersbifchef von Mainz, den Bifchof von Zildeeheim und
Küchen und Srädte, Die erfe Nadhrung. 419
den Wiagifter Bonrad von Marburg fehildert er die Verierungen der
Bener in Deutfcyland, die Afterverehrung des Srofdhes, des blaffen
Wannes und der Rage, ihre Ausfchweifungen im Dunkeln“) u. |. w.
Alf diefelben Vorwürfe, welche fpdter gegen die Templer gefchleubere
worden find“). Der Papft ermahne die Abreffaren, foldhe Abgefallene
der Kirche zurückzuführen oder, wenn fie fich deffen weigern wirden,
Rreugfabrer mit dem Ablafı des heiligen Landes gegen fie aufzubieren'“).
Der genannte Boncad von Warburg, der Beichtoater der heiligen Elifaberb,
war vom Papft zum enerrichter ernannt worden mit der Vollmacht,
fieb geeignete Benoffen zu wählen und mit allen Witteln, mir geiftlichem
und weltlichen Schwerte vorzugeben und alle Gläubigen zur Verrilgung
der Bener aufzurufen unter Verbeißung von Ablaß und Privilegien,
wie fie-bei-Ailfe für das beilige Land gewährt werden”). Aud) an
den Raifer Griedrich und feinen Sohn, den Rönig “einvich, erließ er
diefelbe Aufforderung, und in der That boten beide dem Papft ihre Hilfe
an zur Ausrortung der Menerei, obfhyon Seiedrich felbft ein Sreigeift
war, dem man fogar die Aurorfchaft der berlicheigten Schrift über die
drei Berrliger (Mofes, Chriftus, Wiohamer) zufiheieb'”*). Auf einem
Reichstag zu Worms am 2. Juni 3233 erließ Bönig „einrich (VII)
durch die Sürften einen Nechrsfpruch, daß von dem Ylachlaffe derer,
welche wegen Begerei zum Tode verurteilt werden, die Erbgürer an
deren Erben, die Lehnegüter an ben SLehnsheren und die fahrende
Ysabe abriger an deren &erren fallen folle'=).
Wie unerhörtem Eifer begann nun am Rheine die Begerverfoigung,
wobei “erzenshärte, Braufamteit und gemeine Zabgier zu Tage traten.
in Wormfer Beiftlicher hat ziemlich unmittelbar nach den Kreigniffen
einen Bericht darlıber abgefaßt"”); Diefer Wormfer Bericht bezeichner
diefe Begerverfolgung als ein bejammernswürdiges Elend und eine
hatte, von Bott verhängte Strafe. As Urheber derfelben nennt er einen
Bontad Dorfo, ein Laie, der dem Dominifanerorden affilier war, und
feinen Begleiter Tohannes, einen fayielenden Arhppel und felechten
Berl. Diefe forderten in den oberen Aheinlanden die Armen auf, fich
als Beger zu bekennen. Denn die Waldenfer zählten gerade unter der
arbeitenden Bevölkerung die meiten Anhänger”). Die, welche fich
lo Bezer bekannten und von ibrer Sekte nicht laffen wollten, wurden
verbrannt. Das Volk aber hing den Reserrichtern an, weil es glaubte,
daß jene den Tod verdiene hätten. Da die zwei ihren Anhang fich
480 18. Bapitel.
mehren faben, gingen fie weiter in ihrem Werke vor und fingen in jeder
Stabr oder in jedem Dorfe die, welche fie wollten, und brachten vor dem
Gericht ein anderes Zeugnis bei, als daß fie fagten, diefe find Beizer,
und fo mußren die Nichrer fie verbrennen laffen. Die Benerverfolger
hielten fich jedoch nichr an die Vorfehriften der Kirche. Darüber war
der Rlerus febr ungebalten. Weil aber die Wienge den ungerechten
Richtern überall anbing, galt ihr Wille alles. Und viele, die in der
Todesftunde unferm Seren Tef Chrifto von ganzem “erzen anbingen
und nod) im Seuer die „Hilfe Bortes und der „eiligen anflchten, ver:
adpreten ihre Peiniger”®). Als indes diefe unvolltommenen und
unbarmberzigen Yicyter einfahen, daß fie ohne Unterftägung der +erren
des Landes nicht zum Ziele gelangen vwolirden, hängten fie fi an den
Rönig Yeinrich und die Sürften und fagten ihnen: „Wir wollen viele
‚Reiche verbrennen, und ihr folle ihe Vermögen haben. In den Bifdyofs-
Mädren foll der Bifchof die Hälfte empfangen und der Bönig oder der
Gerichtehere die andere "Alfte.“ Darüber waren die "erren erfreut und
ftanden jenen eiftig bei, fie beriefen fie in ihre Städte und Dörfer und
ffürzeen fo viele ine Unglüc. Bergeftalt gingen viele Unfchuldige um
ihres Vermögens willen zu Bunde, das die Sürfien nahmen. Das
sitrernde Volk, welches fi jener erbarmee, fragte die Renerrichrer:
„Warum chur übe foldyest" worauf diefe fredy die Antwort gaben:
„Die wollen bundere Unfehuldige verbrennen, wenn auch nur ein
Schuldiger darunrer if.“ Die ganze Welt zirterte, und felbft die
Mächtigen vermocheen nichts. Um fich zu flärken, gefellten fid) jene
beide (Dorfo und Tobannes) dem Bruder Konrad von Warburg zu,
welcher der Beichtarer der heiligen Blifaberh woar und als ein Prophet
galt. Und fie fehleppren die Reger vor fein Bericht, da er ein Richter
ohne rbarmen war. Denen, welche bekannten, welt es mehrere
Unfehuldige thaten, um ihr Leben zu retten, rafierten fie die daare über
den Obren ab, damit man fiber fie herfallen Eönne, wenn es ihnen gefiel.
Die aber, welche leugneten, verbrannten fie. Und ihr WOille war allmächtig,
weil Bruder Konrad ein fehr gelehrrer Wann war. Diefe drei Elagten
viele Zerren, Zdle, Ritter und Blrger an, und viele wurden gefchoren
und viele verbrannt. Und o Wunder! inige vom Prediger und
!Winoritenorben hingen ihnen an, damit fie von ihnen Vollmadyr
erhielten, denn eine folche hatten fie vom Papfie nicht, und fie geborchten
ihnen und verbrannten wie diefe. Ta, felbft an die Vornehmfien wagten
Sürpen und Seädte. Die erfte Nacrung. 481
fie id) mit ihrer Anklage wegen Renerei. So unter anderem aud) an
den Grafen Zeinihh von Sayn, ein zeider und chriflich geflnnter
Wann, der ein ehrenbaftes Leben führte. Wegen feiner Sadye fand am
25. Juli 1233 ein von zahlreicyen Beiftlidyen befucheer Tag zu Mainz ftatr.
Der Angeklagte reinigee fi völlig vom Verbadyte der Renerei durch
das Zeugnis wolirdiger und frommer Männer, und alle Bifdhöfe und der
ganze Mierus ftimmeen diefem Zeugnis bei. Aber bei Ronrad von
Warburg fand er Beine Bnade. Alle, geängftigt, tieren dem Brafen, an
den päpftlichen Stuhl zu appellieren. Und ein Dekan von Mainz, ein
‚guter Wann, Weifter Volso, Domberr von Worms und andere Beiftliche
von Speier, Straßburg ıc. gelobten ihm, nad) Rom geben zu wollen,
um ihn, die Sürften und ganz Deurfchland gegen die Anklagen zu
verteidigen. Unverzüglidy reiften fie nad) Rom, legten dem Papft
Briefe des Rönige, der Fürften und der Städte vor und erzählten ihm
Blagend die Schandthaten jener. Als der Papft ihre Erzählung angehört
hatte, fagte er feufjend: „Wir wundern uns, daß ihr foldhe ungerechte
Gerichte fo lange bei eud) gedulder habt, ohne es ums zu melden. Wir
wollen nicht, daß dergleichen länger erlaubt fei, fondern wir heben Diefe
Gerichte auf; ein foldhes Blend Laffen weir nicht zu.“ YOdhrend dies in
Bom gefehab, erreichte die Verbrecher endlich ihr Schickfal. Auf’ der
Weimreife nach Warburg wurde Wieifter Monrad von Warburg am
30. Juli beim Löhnberg erfhlagen und mit ihm Gerbard Lünelkolb,
ein Winorit, fein Benoffe; Bruder Dorfo wurde bei Straßburg geröter und
Tobannes bei Griedberg aufgehängt. Sogleich fdyickten die Brüder vom
Predigerorden die Ylacheicht nach Kom. As der Papft diefe Runde
vernabm, foll er zu den Boten gefagt haben: „Siehe, die Deutfchen waren
immer toll, daber hatten fie aud) tolle Richter.“ Goiweit der Wormfer
Ehronift. Er ftellt die Sache fo dar, als ob der Papft die Sandlungemeife
Boncads von Warburg verurteilt hörte. Das Gegenteil ift wahr. Am
23. Oktober 1233 drückt er lebhaft fein Bedauern aus, daß Deutfcyland,
das bisher voie ein Barten geiftlicher Freuden durch frifches Grünen des
Barholifcyen Glaubens und durch Werte der Srömmigkeie zu duften pflegte,
nun angefülle zu fein feine von Aegereien und Laftern, und er fordere zur
Vertilgung der Beger auf. Allen Bifchöfen und Prälaten in Deurfch:
land befiehlt er am 23. Oftober, die Mörder Ronrads von Warburg,
für die fi Baum eine ausreichende firenge weltliche Strafe erdenten
laffe, zu epfommunicieren, und am 31. Oftober ruft er den Bester
15 Bam, Die Aula der reinen ae L
482 19. Rapitl.
von Mainz und andere auf, das Evangelium dee Areuzes in Deurfhyland
zu prebigen und verleiht allen, welde zur Ausrottung der Menerei in
eigener Perfon oder durch Belbbeiträge mitwirken, Ablaß aller Sünden
gleich den Pilgern ‚nach Terufalem'*Y. Wit Bottes zailfe, meine ferner
der Wormfer Chronift, fei Deurfchland von jenem unerhörten Bericht
befreit worden. Beiber nicht. Das Megerverbrennen hörte von jenem
Wiomente in Deutfcbland nicht mebr auf. Aber das Bute harte wenigftens
die Ermordung Boncads von Warburg und feiner Benoffen: dem Papfte
gelang es nicht, wie er gewiinfcht hatte, eine allgemeine päpftliche
Tnquifttion in Deurfchland einzuführen.
In Worms hatte man Schredliches erlebt. UnfAulbige waren wegen
angeblichen Unglaubens verbrannt worden, niemand mehr feines Lebens
und $Eigennums ficher gewwefen. Und die Rirche bemugee ihre geiftlichen
Waffen in weltlichen Angelegenheiten zur Erzwingung von Beldzablungen.
Da die Wormfer dem Maifer gerreu blieben, auch dann, als ihn der
Papft in den Bann gethan, wurden die Blirger als Meger angeklagt.
Und dody waren fie gute, gläubige Ratholiten, die mit Begeifterung den
Aufforderungen der Kreuzprediger folgten. m Wiärz des Jahres 1227
brachen mehr alo wierhumdere Wormfer mit dem reuz begeichner auf,
um übere Wieer nad) dem beiligen Lande zu fahren. Der Zug war
aber ebenfo erfolglos und menfehenmörberifch wie mancher frühere. lu
wenige fahen die eimar wieder”).
$Eine Erinnerung an Diefen oder auch an einen früheren Breuszug hat
fid) an der S. Paufsfirdye in Worms erhalten. An der Außenfeite des
Chores fiehe man zwoei Areuze eingehauen, in der Jorm, wie fie am Anfänge
des 13. Jahrhunderts üblich waren, eine YIacybildung der Alrarkreuze,
die bei Umsügen berumgetragen wurden. Golche Kreuze liefen fi) auch
die Areusprediger vortragen. Yleben dem kleineren Areuze ind zwei Über:
einander befindliche Wiufcheln abgebildet. Das Rreus war das Zeichen,
daß man die Rreuszugspflicht auf fi genommen hatte, und mit Wufcheln
benäbten die Pilger ihr langes Gewand. Serner fie man im Znnern
des Ebores an der Ylordiwand eine merkwürdige Darftellung: ein Schiff‘
und auf deffen Yauprmaft ein Rreus; das Waffer ift durch einen Sifdy
frmbolifiert. Es war damals allgemeine Site der Mreusfahrer, „ein
Beine in einem fegele" (Rudrun 487) zu führen. Diele hatten, von den
Worten des Rreusprebigers hingeriffen oder durch Das allgemeine Beifpiel
verfüher, den Breuzzug gelobt, waren aber dann gehindert worden das
Sürfen und Srädte. Die erfe Racrung. 483
Gelüibde zu erfüllen; diefe (öften fic durch andere fromme Werte, erıwa
durch Beifteuer zum Ricchenbau'”“).
Seiedrich II. harte 1220 feinem Sohne “einich die Regierung
Deutfehlands übergeben und, da der Rönig noch unmündig war, den
energifchen Ersbifchof Engelbert von BRöln zum Neicheverwefer
befelle. Die Erziehung des Bönigsfohnes leiteren der ofkanzler
Bonrad, Bifchof von Speier, und zwei Reicheminifterialen. $Es war
alfo ein Verfuch, den mafgebenden Jatroren Deurfchlands, den Pfaffen-
fürften und den Neicheminifteriaten, die Yegierung anzuperrrauen.
Dody war diefe Regierung der Lage nicht gemachfen, und die Zügel
entfehlüpften ihr mehr als einmal aus der “Hand. Das zeigte fidh
namentlich bei der dänifcyen Bataftrophe. Die Dänen hatten nad)
dem Sturze "einriche des Löwen gewalcig um fic) gegriffen. Da
balfen fid) die Sadyfen, vom Keicye verlaffen, felbft und nahmen im
Wei 1223 den Dänentönig VOaldemar gefangen. Raifer Sriedrich II.
tiep fich die Auslieferung des Gefangenen verfprechen. In die Der:
bandlungen mifchte ich jedoch die dem aifer feindlich gefinnte Rurie,
und biefe gewann den Reichsverwefer. Da fehicre der Raifer feinen
Verteauten, den Deutfhordensmeifter “ermann von Balz, der am
28. Juli 1224 einen für das Reich günftigen Vertrag fchlof "").
Indes der Rölner Ersbifchof wußte audy jene wieder die Erfüllung
des Vertrags zu verhindern. Da die Sadyfen fahen, daß fie vom
Weiche nichre zu boffen batten, fehlugen fie Ios und zwangen die
Dinen zu einem Srieden. Dadurch aber wurde die Mluft zwifchen
Vlord: und Shodeuefhyland nur moch größer, indem erfteres fi mebr
und mehr dem Neiche entfremdere.
Der Reicyeverwefer ließ fid) eben mehr von Birchlichen Tntereffen
leiten, als von denen des Heiches. Tin einem andern Galle vertrat er
einfeitig die niedertheinifche Tntereffenpoliti, die auf eine enge Sreundfehaft
mit England binzielte, während der Raifer mir Srankreihh in nähere
Verbindung treten wollte. Dem Bonflikte des Raifers mit dem Reiche:
verwefer beugte die Mrmordimg fngelberts durch deffen Lleffen, den
Grafen $riedrid) von fenburg, am 7. YIovember 1225 vor. Walcher
von der Vogelweide ließ es fich nicht nehmen, Das Lob des Krmorderen
zu fingen. Yun wollte es der Raifer mit einem Laienfürften verfuchen,
und er ernannte "erzog Luboig von Baiern zum Reicheverwefer. Doch
auch die Laienfürften dachten immer zuerft an fich. In ihrem Derhälmis
484 18. Bapin.
zu den auffirebenden Stäbren trafen fie mit den &Anfehauungen der
Pfaffenfürften zufammen.
Seiedrich II. hatte, foreit man ihm freie Hand ließ, die Städte
auf alle Weife gefördert"), Tm Juni 1226 gewährte er der Stadt
übe? große Sreibeiten, und zu gleicher Zeit beftäcigte er den Bürgern
von Oppenheim ihre Bannmeile und beroilligee ihnen eine Meffe. Ya)
jeder Stadt firömeen aus der Umgegend die börigen Bauern, um die
‚Sreiheit zu erlangen, woburd) die Brundherren allerdings fehr gefehdige
wurden. Die wirtfchaftliche Wacht der Städte wurde für die Sürften
wirklich gefahrdrohend. Vor feiner eigenen Stadt hatte SErsbifchof”
%einrich von Köln Bapirulieren müffen. Die deurfäen Städte erkannten
wie die iralifdyen Die große Debeurung der Affosiarion. Sämtliche
Stldre des Wirtelrheins, bifdöflidye, wie Wainz, Bingen, Worme
und Speier, und öniglidye, wie Scankfürt, Belnhaufen und eiedberg,
hatten einen Städtebund zur Wahrung ihrer Tntereffen gefebloffen,
den erften der Geädteblinde, welchen die deurfhe Befehichte Überhaupt
kenne. Die gewaltige Wache des Iombarbifchen Städtebundes hatte
den Raifer und die deutfchen Gürften mehr als einmal in Schreden
gefent. Die Ienteren waren entfchloffen, in Deurfdhland den Anfängen
zu wehren. Auf den Antrag des Erzbifchofe Siegfried von Mainz
erließ Rönig “einridy (VIL.) am 27. Ylovember 1226 auf dem “oftag
zu Würzburg eine Verordnung, wonady die Dienfimannen, Bürger
und andere Leute des SErzbifchofs, Die in der Stadt Dppenbeim
aufgenommen worden find, ihrem „Seren wieder zurückgegeben werden
und deffen Leute in Zußunft miche mehr dafelbft aufirenommen
werden follten. Serner werden die Bilndniffe und Side, mwodurd
fih die Geldte Mainz, Dingen, Worms, Speier, Scankfurt,
Geinhaufen und Sriedberg zum Ylachteil der Mainzer Rircdye gegen:
feitig verbanden, für null und nichtig erkläre”). Auch die trogigen
Dlirger von Cambray mußren wiederum vor ihrem Difchof zu Breuze
triechen. Durch Urteil der Sürften wurden alle ihre Paiferlichen Privilegien
tafjiert, die Bemeindeverfaffung und die Berichtebarteit der Stadt auf
gehoben, und das Wabrzeidyen bürgerlicher Greiheit, der Blocdtenrurm
imd die Rateglocke, wourden zerftört.
Der junge Bönig Geinrich war bald der Vormundfdyaft far. Im
Degember 1228 brad) er mit dem Zerzog von Bayern umd regierte von
nun an felbftändig mie ‚ilfe der freien Seren und Reichominifterialen,
Sürfen und Städte. Die echt Radrung- 485
während die Sürften von der Regierung ferngebalten wurden. Diefen
Gewaltftreich durfte "einridh wagen, da er feinen Vater fern in Aflen
wußte. Am liebften biele er fi) an den febönen Ufern des Abeins auf,
öfters in VOorms, fo zum Beifpiel am 2. Juni 1220, im Wiärz 1222,
2. Juni 1222, Januar J224, Auguft und September 1226, Januar 1229,
Desember 1230, Januar 123I, April, Wai, Juni 1231, Ylovember 1233,
Vlovember 1234 und Juli 1235.
Durch) die Geltung des Rönigs wurden die Shrfen auf die Seite
des Maifers gedrängt. Diefer bedurfte feinerfeite ebenfalls der Unter-
fögung der Sürften. Sie vermittelten ihm den Frieden von S. Bermano
Juli 1229 mit dem Papfte; von ihnen allein Ponte er auf militdrifdhe
Wilfe für feine Bämpfe in alien boffen. %einrich geriet in Be
drängnis, aus welcher er fidy durch gewicheige Bonzeflionen an die
Sürften zu veißen füchte. Die Moften aber diefer Annäherung des
Bönige an die Zürften mußten die Städte tragen. Den Anlap zu
diefem für die Entwicelung der Reicheverfaffung epochemachenden
Kreignis gab die Stadt Worms.
Diefe hatte bieber mit ihrem Bifchof in gutem Einvernehmen
gelebt. br Zintrite in den Geädtebund mag die erfte Urfache zum
Bonfitt gegeben haben. Denn Difchof Seincidh harte ebenfalls an
jenem Befchluffe zur Aufhebung des Btndniffes mitgewirkt. Um
diefe Zeit Baufte der Rath von Worms ein großes fteinernes aus
in der “agengaffe, genannt Zum Zoll, deffen Grundftüc fich bis
zur ©. Vlozariustapelle erfiredte. Sie begannen fogleich, das aus
für ihre Zwecfe umzubauen und aussufcmücken und ließen fi ihr
neues Stadthaus mebr als 2000 Wark Silbers (ca. 500.000 Neichemart
jeniger Vo&hrung) Boften. „Das fchönfte “aus der Erde” nenne
der alte Wormfer Berichterftarrer”%). Zn diefem Zaufe bielten fie
ihre Aatsverfammlungen und „fie achteren den Bifdyof für nichts“.
Aus der Gefdhichte der flandrifihen Städte weiß man, daß fi der
Rampf_ zroifchen der Stadtgemeinde und dem Stadtheren immer um
das Stadthaus (Belfroi), das Wahrzeichen ftädrifcher Sreiheit, bewegte.
Die Fliederlage der Stäbte wurde jerveilen durch die Zerfidrung ihres
Seabrhaufes markiert,
Wannigfaltige Beibungen mag es zwifdyen dem Bifchof von Worms
und der Stabt gegeben haben, Über die Winze, über die Befteuerung
des Blecus, worüber fon einmal ein Urteil des Reichsgerichts gefälle
486 19. Bapiıdl.
worden war. Weihnachten 1230 feierte der König in Worms. Der
Bifchof und das Domkapitel beklagten fih vor dem König hber
mannigfache Ungebfihr, die fie von den Wormfer Räten erleiden müßten,
worauf der Rönig am 18. Januar 123] den Kezbifchof Siegfried III.
von Mainz und den Bifchof Siegfried von Regeneburg mit der Unter:
fucbung der Wormfer Streitfache beauftragte und ihnen die Dollmacht gab,
die Ungebühr abzuftellen"”). Im Liticer Streit hatte fich der Bönig
auf die Seite der Bhrger geftellt und am 30. Juni 1230 den Rechtafpruch
gefällt, daß er, der Aönig, berechrige gerwefen fei, den Dlirgern von Lürticb,
auıy, Dinant, Joffes, S. Truden, Waftricht und Tongern deren Srieden
und inungen zu beftärigen und daß die von den genannten Bürgern zur
Erhaltung der Ehre des Reidyes und ibrer Mechre eingegangene Eid:
genoffenfchaft gefenmäßig und ehrenvoll fe"). inzwifchen baren aber
die Sürften am Röniglichen ofe das Uebergeweicht erlangt, weabalb
Mönig "einrih) am 20. Tanar 1237 zu Worms jenen Befchluß
besögtich Lürtich veiderrufen mußte”). "Die Süften begnügen fih
jedoch nicht mit der Erledigung Diefes einzelnen Salles in ihrem Sinne,
fondern le brachten auf dem Wormfer Reicyerage einen Reichebefchluß
zu ftande, der alle Städte anging: Meine Stadt, noch irgend ein
Städtchen foll befugt fein, inungen, Verordnungen, Verbindungen,
Büindniffe oder Kidgenoffenfehaften, wie fie auch genannt werden möchten,
zu machen; der Rönig darf dergleichen ohne Beiftimmung des berreffenden
äeren nicht erlauben, umd ebenfo wenig foll dies den "erren ohne
Genehmigung des Rönigs geftatret fein”). Diefer Befehlup wurde am
20. Januar für den Bifchof von Lüttich ausgeferrigt, am 23. Januar
für den Ersbifchof von Mainz und den Bifchof von Worms. Die
Sürften wollten ihre Wadyr auf often der Städte lärken, und dem:
gemäß wurde wiederum zu Worms am I. Wiai 1231 der ZErlaß des
Statue zu Bunften der Sürften promulgiert. Der Rönig foll nicht
befugt fein, eine neue Burg oder Stade zum Ylacpreil der Sürften zu
errichten. benfo follen neue Märkte den alten nice binderlich fein
und niemand geswoungen werben, einen Wlarkt wider feinen Willen zu
befüchen. Die alten Straßen follen nicht abgelenkt werden, außer mit
Willen der darauf Wandelnden. In den Städten des Reichs fol die
Bannmeite abgethan werden, ebenfo die Pfablblrger. SBigenleue der
Sürften, der Eblen, der Dienftmannen, der Rirdyen dlrfen in den
Seidren nicht mehr aufgenommen werden. Denfelben Ferrfehaften foll
Sücfen und Städte. Die eefe Nadhrung. 487
ihr @igen und Leben, was von den Reicheftädten eingezogen worden ift,
aurfihgegeben werben. Schädliche, verurteilte und geäcbtere Leute dfirfen
niche in den Weicheftidren aufgenommen werden. Diefe follen ihre
Berichrebarteit auferhalb der Stadt nicht auedehnen, wenn nicht eine
befondere Berichrebarkeit zum Neiche gehört. In den Keichsftdren fol
der Kläger dem Sorum des Beklagten folgen, außer wenn diefer gerade
amefend ift. Zum Stadtbau (das heißt Wiauerbau) dirfen nur die
techtlich Verpflichteren angehalten werden. Vogtleute in den Reiche:
fädren follen ihre alten Abgaben entrichten, aber mit neuen verfähone
bleiben. fEigenleute, Vogtleute, Zebensleute, die zu ihren „erren zurlich
tehren wollen, follen daran von den Neichebeamten nicht gehindert
werden. Derfelben Rechte follen außer den Sürften auch die Vafallen,
Dienftmannen, Leute und Städte des Keidye genießen”). Ducdy ein
weiteres Befen erhielten die Sürften das territoriale Befeftigungsrecht
und das Hehe der Gefengebung unter Zuftimmung der Ylotabeln dee
Landes‘).
Der Raifer erkannte fogleich die Tragweite Diefer Befene. Die
‚Sürften durfte er niche dur) Oppoficion vor den Ropf ofen, vielmehr
hoffte er fie vollende zu gewinnen, wenn er die Zugeftändniffe feines
Sohnes Überrrumpfte. Er fehrieb alfo einen Reichstag nady Ravenna
‚aus. Zwar verlegten die Lombarden den deurfchen Sürften Die Alpenpäffe,
aber einigen gelang es doch, burchsufommen. Ende des Tjahres 123
erließ der Baifer ein Befen gegen die Autonomie der Bifchofeftädte””).
Zr fäpmeidhelre auf alle Weife den Sürften, fagte von den Bifchöfen,
daß auf ihnen die Sülle feines Auhmes berube, daß fie mit ihm zur
Teilnahme an den Regterungsforgen berufen feien und ihrerfeite Ruhm
und Glanz von feiner dobeit empfangen. Diefes Befen enthält folgende
Beftimmungen: I. Der Raifer vernichtet und fafflerr in jeder Stadt ober
jedem Städtchen Deurfcylande die Bemeinde, den Kat, die Di
und andere Beamte, die von den Bürgern ohne Genehmigung der Erz
bifchöfe und DBifchöfe beftellt werden, wie fie auch an verfchiedenen
Orten verfähieden benannt find; 2. er vernidhter und Pafflerr die
Bruderfehjaften und Befellfchaften jedes Yandiwerkes, wie fie genannt
werden mögen; 3. er verordnet, daß in jeder Stadt, in welcher Beid
gefehlagen wird, Waren und Lebensmittel nicht nad) Silbergemicht,
fondern nur nach den Wlünzen gekauft und verfauft werden. dürfen,
die dort gemein find; $. er verordner, da auch ferner die Verwalning
488 19. Bapitel,
der Städte und aller Güter, die vom Reiche zu Lehen berrübren,
den Ersbifcsfen und Bifchöfen, foreie deren Beamten zufteben folk,
unangefeben der dagegen eingefehlichenen Mißbräuce; S. er erklärt
demgemäß für nichtig alle Privilegien, offene und gefchloffene Briefe,
die er felbft, feine Vorfabeen im Neiche, die Ersbifdhöfe und
Bifchsfe wegen Gefellfcbaften, Bemeinden oder Rarsmannfehaften
einzelnen oder Städten gegeben haben mögen; er verfünder, daß diefe
Verordnung oder Sazung nach dem Ausfpruche der Sürften mir
feinem YWOillen in @erichreweife vorgefehrieben worden fl. — So
fÄhlug fich der Kaifer auf die Seite dee Slrftenrums und gab die
Rechte des Rönigtums vollends preis. Zugleich follte der weiteren
Enneicelung der Städre ein Riegel vorgefchoben werden, ja noch
mehr, das ganze Kefultar der bisherigen nmeidelung wurde mit
einem Sederftriche befeicigt.
Der Bifdyof von Worms harte an den ftädtefeindlichen Wormfer
Befchläffen mitgeroirft. Aber durch die von MRönig Zeinrid (VIL)
ernannten Unterhändler, den Erzbifbof von Wlain; und den Bifchof
von Regensburg, war ein Vergleich zwifchen dem DBifchof und
der Stade Worms erzielt worden”). Mierus und Blrgerfcyaft
gelobten fid gegenfeitige Unterftügung gegen ihre Seinde, und der
Bifdyof verfprady, die den Blrgern von feinen Vorgängern ein-
geräumten Rechte zu belaffen und fie nicht zu fämächen. Diefer
Vergleich wurde in Gegenwart dee Difchofe vor allem Volke
verfünder, das Durch die Rateglodte auf dem Bifchofhofe sufammen-
gerufen worden war.
Doc der Sriede dauerte nice lange. Der Bifdof mar zum
Yeicyerag mad) Ravenna geladen worden und forderte für feine Reife
eine Beiftener von den Bürgern, wozu er durchaus berechtigt war. Aber
die Bürger wollten ihm die erbetene Steuer nur unter der Bedingung
‚geben, wenn er für die Verbefferung ber Rechte der Stadt wirte und
verfpreche, gleichfam ihr Vertreter beim Raifer zu fein”). Die älteren
und Elügeren Rateherren bedauerten diefen Befchluß und feplugen vor,
daß man dem Bifchof wenigftens 60 Pfund gebe, doch die Wiebrbeit
Überftimmte fie und befchloß, daß der Mar felbft Abgefandre zum
Raifer fehicte, angeblich, damit der Bifchof um fo flattlicyer auftreten
Eönne, in aller Sreundfehaft und Treue, woie der Rat fpäter in feiner
Rechrfertigung erkläre. Sr behauptete zudem, daß die Bürger vom
‚Sürhen und Grädte. Tie erfle Nadrung. 489
Baifer zum Yeidhsrag eingeladen worden fein, woron gar feine Rede
fein Eonnte, da ja damals die Städte nie und nimmer zu Neicheragen
berufen wourden. Denn in ber Reichsverfaffung batren fie feinen Raum,
noch immer galt bier die alte feudale Gliederung: König, Sürften, Sreie,
Rieter und Dauer. Der Bifchof war rief ergeimme über den igenwwillen
und Trom feiner Bürger, die ihm nicht mehr achteen, ale irgend einen
andern Bifchof, und er beklagte fich fehwer beim Zaifer über die
Wormmfer, über ihren Rat und ihr Bericht und Über die Bruberfchaften,
mwogergen er nichts vermöge. Andererfeits befchwerten fi die Bürger
ber die Ginterlift des Bifchofe, der, fo lange die Ratsboten in Ravenna
‚anwefend geiwefen feien, deren Angelegenheit dem Raifer und deffen Räten
nach Rräften empfohlen, nad) deren Abreife aber ein gegen die Stadt
gerichtetes Privileg erwirtt babe. Von diefen Umtrieben des Bifchofe
erfuhren die YWormfer durch Bönner ihrer Stadt. Als fie aber dem
Bifchof desbalb Vorwürfe machten, foll er jene als Verleumder bezeichner -
haben. Wiebe als 300 Wlar® Silbers (ca. 90 000 Reichsmark jeniger
Währung) Boftere der Stadt diefe Gefandtfebaft zum Kaifer, die rein
nichts ausridhtere: Dagegen erlangte der Bifdyof alles vom Raifer, was
er nur winfehte. Sr ließ fid) von-der Baiferlichen Ranzlei eine für ihn
beftimmte Ausfereigung des fidrefeinblichen Befeses ausftellen“”®), und
durch Reinhard, Schultheißen von Raiferslautern, fente er die Bürger
in Worms in Rennmis von den in Ravenna gefaßten Befchlüffen, was
diefe indes wenig beklmmerte. Vielmehr wandten fie fi an den Rönig.
Diefer mochte, da.er von den Sürften fich verlaffen fab, nun an den
Städten, die er doch felbft zuerft preisgegeben hatte, einen Rücbalr
füchen, und in der That, zu Augsburg gewährte er am 17. Wiärz 1232
den Wormfern ihre Bitte. Da ihm fein Vater in Deurfchland die volle
Gewalt Überlaffen babe, [6 gedente er zu verfügen, wwas ihm und feinen
Berreuen ziwechmäßig feine und geftatte Daher den Bürgern von Worms
gemäß den von feinen Vorfahren im Reidye gegebenen Privilegien, doch
mir Vorbehalt der Sreibeit der Wormfer Rirche, ihre Rechte und Sreibeiten
fowie einen Rat zu halten und nach ihrer Bewohnbeit wie bisher die
Ehre und das Wohl ihrer Stadt zu fördern”). So hatten endlich die
Wormfer erreicht, was fie fo lange erftrebr hatten: eine Eönigliche
Beftätigung ihres Rares.
Der nach Ttalien zurtichtehrende Bote Reinhard überbrachte dem
Bifdpof die Runde von dem bebarrlichen Trone feiner Bhrger. Diefer
5. Bam, Dir Ani ver einen Br, “
490 18. Bapiel,
war beim aifer geblieben und batte unter anderem auch der Zu:
fammentunft Seiedrichs II. mir feinem ungehorfamen Sohne Heinrich
in Aquileja beigerwohne (April 1232). Es fand eine Verföhmung ftart,
und der Dater beftärigte nun zu Cividale im ai die von feinem Sobne
zu Worms erlaffenen Befege mit einigen woohlerwogenen Abänberungen'”).
Wiederum lief fich der Bifchof von Worms eine befondere Ausfertigung
diefes Gefezes geben”). Um den Trog der Bürger von Worms zu
brechen, ermwirkte er vom Baifer zu Cividale im Mai eine
Ale, die zuwider den in Ravenna gefaßten Defchlüffen einen Rac in
Worms zu bilden fich unterfangen, follen laut ergangenem Rechesfpruch
der Sürften in die Reichsachr und in die auf Uebertrenung jener
Befchlüffe gefente Strafe verfallen"®). Serner beauftragte der Raifer
den Bifchof, das Rathaus in Worms niederreißen zu laffen, wobei die
Bürger auf Verlangen des Bifchofs bei Strafe Baiferlicher Ungnade mir
Sand anlegen follen'”). Grund und Boden wurden der Rirdhe von
Worms zugefprochen. Außerdem drobte der Bifchof mir dem Banne.
Darauf appellierre der Rat an den apoftolifcyen Stuhl und forderte
Weifter der Rechesgelebrfamkeit auf, gegen angemeffene Belohnung ihre
Verteidigung zu übernehmen”“). Unterdeffen war der Bifchof fiegesgewiß
nach Worms zurückgekehrt, entfehloffen, mit allen weltlidyen und
geiftlichen Mitteln den Troz der Blirgerfchaft zu brechen. Er fcheine
wirklich Bann und Tnterditt Über die Stadt verbänge zu haben; dem
Rierus befahl er, die Stadt zu verlaffen, nur die Pfarrer durften bleiben,
jedoch die Branten mir den Sterbefakramenten nur dann verfeben, wenn
fie die Zufage gaben, mach ihrer Benefng dem DBifchof in allen
Stücken geborfam fein zu wollen; die Geftorbenen durften fie aber
nicht begraben"). Der Wur der Bürger begann zu finken, da dus
Tnterdite immer fäywerer auf den Bemtern laftere und man auc,
befürchtete, daß der DBifchof feine Verwandten zu Jilfe rufen
werde. YTamentlich die Wiünzer waren mit dem jegigen Zuftande
unzufrieden. Alles dies bewog den Rat zur Vlachgiebigkeit. Auch
die Wormfer mußten, wie die Bürger von Lambray, das Wahr:
zeichen ibrer Unabhängigkeit, das Stadthaus, opfern, deffen lieder:
teißung der Maifer befohlen hatte. Durch Steinmenen ließ der Hat
die Steine berausbrechen und dann das ans anzünden; während
der Ylachr des 2. YWiai 1232 verbrannt „das fäönfte Aaus der
Welt” völlig und ftürzte in fich zufammen. Und die ganze Stadt
Küchen und Seäde. Die erie Nachrung #9
war dacob berrübt. Wenn jedoch der Wormfer Annalift bebauprer'”*),
die Wormfer hätten ihr Stadthaus verbrannt auo Jurcht, daß der
Raifer oder Bifdyof daraus eine Zwoingfefte häcre machen Bönnen, fo
ift dies eine tendenzisfe Darftellung.
Es kam nun Anfang Auguft zu Unterbandlungen zwifchen dem
Rlerus und der Bürgerfchaft, wozu ein Ausfchuß beftellt wurde,
Rönig “einridy nahm fid der Sache an. Er wollte die Stadt nicht
völlig. ihren Seinden aufopfern laffen. Darum beftstigre er am 3. Auguft
3232 zu Scankfure den gerreuen Bürgern von Worms alle Privilegien,
die fie von feinem Urgroßvater Seiedrid I., von feinem Großvater
@eineich VI. und von feinem Vater Seiedrich II. erhalten hatten, Eraft
der Bewalt, weldye ihm neulich, von feinem Vater verliehen wurde"®).
Aber dem Gebote des Kaifers und dem Drängen der Sürften mußte
Solge geleifter werden, benhalb hob er am folgenden Tage, den $. Auguft,
auf Antrag feiner Räte alle Raremannfdyaften und Druderfcyaften in
Worms auf und weilte den Blrgern mit, daß er den Erzbifdhof von
Weinz, den Wartgrafen sermann von Baden und Gerlach von Büdingen
zu ihnen fehlten werde, Damir diefe zufammen mit dem Bifchof die Der-
faffung der Stadt ordnen. Sie follten ihren Anordnungen ohne Wider:
fprudy Solge leiften"”®). Wlan bar zwifden diefen beiden Urkunden
vom 3. und 4. Auguft einen Wiberfpruc, finden wollen. Diefer ift
jedoch nicht vorhanden. Denn die erwähnten Privilegien, die der Rönig
am 3. Auguft beftätigte, taften die Serefdhaft des Bifchofs in Eeinem
Punkte an, in ihnen ift von einem Rate feine Rede. Der Bifdof
Eonnte gegen diefe Privilegien nichte einwenden. $Es handelte fd) bei
diefem echtoftreite lediglich um den Anfpruch der Bhrgerfchaft auf
die Autonomie, die ihren Ausdruc® in dem felbfigemäblten are
und ihre mächtigfte Srüge in den Morporationen der Stadt, den
Gefellfdyaften und +andwerksstnften fand. Durch die Reichegefene
war die Autonomie der Bifchofsftädre befeitige worden. Der frühere
Hechrszufiand follte mir Tgnorierung der bisherigen SEnnvicelung
der Städte wieder bergefielle werden. Das war die rechtliche Bafis
für die Unterbandlungen in Worms. Am 8. Auguft fehreibe der
Bönig den Bürgern, daß ihm eine Verftändigung zwifchen dem
Bifhyof und der Bürgerfchaft gelungen fei und fordere fie nochmals
auf, Rat und Bruderfchaften aufzulöfen und die Gerechtigkeit der
über fie verhängten Adhr bei ihm und feinem Zofrat zu befanwören!”).
6
492 19. Bapire.
Er teilt ihnen fchließlich mit, dafs er befchloffen babe, am 29. Auguft
feine Verrrauten, den Wrsbifchof von YWiainz, den Wiarkgrafen von
Baden, Berlady von Blidingen und Truchfeß Eberhard von Waldburg,
u ihnen zu febicten, indem er die “offnung ausfpricht, daß. eine
allfeitig befriedigende 2öfung zu flande Eomme und fie ermahnt,
feinen Abgefandten zu vertrauen und ihren Anordmungen zu geborchen.
Die Langwierigkeit der Unterbandlungen liege in den Umftänden
begründet. Die ganze PoliiE der Pfaffenfürjien war eine Fonfernative
und reaktiondre, indem fie fid gegen den gewaltigen gortfehrite der
Zeit anflemmten. Aber die Stäbre waren der Vormundfchaft der
Bifdyöfe entwachfen, andere ntereffen erfüllten die Bürger, und
Beine Wacht bitte die bifchöflichen Städte wieder in den frlberen
Zuftand der Unmündigkeie zurhefdrängen Binnen. YOas fie feir langer
Zeit erfirebt und am Ende des 12. Jahrhunderes errungen batten:
eine vom Bifchof unabhängige Behörde, einen Rat zu befigen, diefes
Hechr füchre nun die Stadt Worms im zähen Mampfe zu behaupten,
während der Bifcof ebenfo zäh fein Hecht als Stadtberr fefthiele.
Möglicherwoeife find auch die Verhandlungen durch die Teilnahme
des Bifdyofs einrihh von Worms an der Sebde zwifchen dem
Ersbifchof von YWlains und dem Landgrafen von Thliringen, bei
welcher der Bifchof in GBefangenfchaft gerie'”®), verzögert worden.
$Enblidy, am 27. Sebruar 1233, am ein Bompromiß zwifchen dem
Bifcyof und der Blrgerfbaft zu flande, der gleichzeitig vom König
Su Oppenheim), vom ZBifdof, vom Domfapitel und von den
Bürgern von Worms beurkunder wurde”). Der Vertrag enthält
nun folgende Beftimmungen:
J. Der Bifcyof life durch den Dompropft oder den Dean oder
Ruftos von Yreuhaufen in feine Seele den Bid fAnwören, neun angefehene
Bürger wählen zu wollen, die ihm, der irde und der Stadt die
brauchbarften zu fein fcpeinen.
2. Diefe neun Bürger wählen auf ihren id feche angefebene Ritter
in der Stade, welche fie flır id, den Bifdhof, die Rirche und die Stadt
als die geeignetften halten.
3. Diefe Sünfsehn follen fortan in Gemeinfchaft mit dem Bifchof
den Rat befizen.
4. Gebt der Bifchof außer Randeo, fo ernennt er einen tauglichen
Stellvertreter, der für ihn den Dorfin im Rate führe.
Hüchen und Srädıe. Die erfe Kadrung. 493
5. Bifchof und Rat wählen jährlich zu Wartini auf ibren id den
Schultheißen und die Amrleute, und zwar mit alleiniger Ahckficht auf
Tüchtigkeir, obne Geld für die Wahl anzunebmen oder zu verlangen,
aud) unangefeben Sreundfchaft und Seindfchaft.
6. Zur Verwaltung des Ungeldes wählen Bifchof und Rat aus
jeder Pfarrgemeinde vier Männer, mit deren Rat fie für den Lungen
der Stadt forgen follen.
7. Geht einer der Yleuner mit Tod ab, fo wählt der Bifcyof auf
feinen id einen anderen; ftirbr einer der feche Ritter, fo wählen die
nem Blirger auf ihren Eid einen anderen.
8. Wenn einer der fünfzehn Natsherren feine befdymworene Pfliche
verlegt und deffen durch zioei oder drei feiner Benoffen überführt wird,
fo foll er durch den Bifcyof aus dem Rat geftoßen und ein anderer
nad) vorgefehriebener Yeife gewählt werden.
9. JR einer der ritterlichen oder bürgerlichen Ratobersen ein Jabr
lang abivefend, fo foll entweder von den neun Bürgern ein Ritter oder
vom Bifcyof ein Bürger neu gewählt werden.
50. Verreift einer der fünfiehn Hataberren, fo nehmen bie zu deffen
Alickunft entweder die Bürger einen anderen Ritter oder der Bifchof
einen anderen Bürger in den Kat,
I. Sind die Ratsberren in irgend einer Sache zwiefpältiger
Wieinung, fo foll die Stimmenmebrbeit den Ausfblag geben.
12. Der Rönig wähle einen der neun biirgerlichen Rataberren zum
Biirgermeifter, und zwar ftebt eo ihm frei, alljäbrlidh einen neuen zu
wählen oder den gewählten fo lange im Amte zu laffen, als er will.
33. Der Bifcyof wähle aus den feche ritterlichen Rateberren den
‚anderen Bürgermeifter, und zwar jährlich einen anderen.
J4. Alle Bruberfihaften mir Ausnahme der Jausgenoffen (Kiänzer)
und Yoildiwerker find aufgehoben.
35. Abgefeben von den angeführten Beftimmungen verfpricht der
Bifcoof, alle Hedte, Privilegien und guten Gewohnheiten der Stadt
unverkümmert zu erhalten, zu fiärfen und zu beffern.
Diefe Rachrung — fo nannte man am Mittelrhein folche Verträge
‚von längerer Zeitdauer im Begenfage zu Vereinbarungen auf Einzere Zeit,
die Srieden biefen'”*) — war von mafgebendem ZBinfluß auf bie ganze
nachfolgende Ennwicelung der Stadt Worms. mmer wieder fchre
fich die Stadt der Seffein zu eneledigen, welche diefer Vertrag ihr aufs
4 38. Bapiıl,
erlegte, und andererfeite berief fich der Alerus bei jedem Verfüche der Stadt,
fi von der “errfchaft des Difchofe zu emanzipieren, eben auf diefe erfte
Bachrung. Gemäß den vom Rönig gegebenen Direktiven erfannte num der
Bifchyof alle der Stadt von den früheren Raifern und Königen gegebenen
Privilegien, alle ihre Rechre und guten Bervohnbeiten an, dagegen mußten
fämtlicye Fünfte und Gefellfdyaften aufgelöft werden, nur die Zaus-
genoffen und Wildrverker blieben befteben, weil fie bifchöflich gefinne waren.
Die gegen die Städte gerichteten Reichsgefene hatten nicht fehlechweg.
die Stadträte verboten, fondern blos foldhe, welche ohne Willen der
Bifdpöfe eingefent worden waren. Der Kar der Vierziger war zwar
fillfehweigend vom Bifchof geduldet worden, aber nachdem ihm deffen
Gefäbrlichteit zum Bewußtfein gelommen war, fegte er mit aller Energie
deffen Auflöfung durch, und gemäß der neuen Verfaffung trat nun der
Rat der Sünfgehner an die Stelle der Vierziger. Schon die Pleine Zabl
der Mitglieder diefeo neuen Rates garantierte dem Bifdhof feinen Ein-
fluß, und ebenfo bot ihm deffen Zufammenferung alle Gewähr dafür,
daß er err der Stadt bleiben werde. Denn die Ritter hatten in diefem
Sünfsehnerrar eine viel ftärkere Vertretung, als die 12 YWlinifterialen im
alten Vierzigerrat. Der Ausdrud Wiinifterialen verfdroinder nun über:
haupt in den Wormfer Urkunden; fie erfcpeinen unter dem Titel Yiilites,
Ritter. Das hänge mit der Veränderung zufammen, die fi) in den
Standesverhälmiffen vollzogen batte. Die Minifterielen waren, wie
wir wiffen, urfprimglidy eine Benoffenfebaft gewsefen unfreier Zerkunft,
die ihren &erren weils zu «ofbienften, teils zum Ariegebienfte verpflichtet
waren. Sie bildeten bei der zunehmenden Gchroächung des Lehns:
verbandes die eigentliche Grundlage des Briegsmwefens für das Neid)
fowoht, als audy für die Sürften. 2lls Entgelt für ihren Dienft erhielten
fie Lehen; dadurd) hob fid) ihre materielle Stellung; ihre fosiafe
Stellung aber hob fich durd) die Aufnahme in die Ritterfchaft. Ye
ihnen verfehmols im 33. Jahrhundert die ganze Waffe der Pleinen
Grundherren'”). &o bildete fid) der Kitterftand aus, der von Anfang
an in fähroffen GBegenfan zum Bauernftand und noch mehr zum
Bürgertum geriet. Wit der Umbildung zum niederen Adel gingen der
Winifterialicke die idealen Intereffen, die fie in der Zeit der erften Staufer
in fo großartiger VOeife vertreten hatten, verloren. Da die Ritter an der
nationalen Arbeit und an der förtfehreitenden Rulcur Beinen Teil nahmen,
wurden fie der Ylarion mehr und mehr zur Zaft und Plage.
Sürnen und Städte, Die cefle Nadrung. 495
Die Hacyrung gab ferner dem Bifhof einen maßgebenden Kinfluß
auf die Zufammenferung des Mates und, da er demfelben entweder
perföntich. oder durch einen Stellvertreter beinvohnen Tonnte, auch auf
deffen Defchtüffe. Dagegen erhielt der Aönig das Recht, einen der zwoei
ifter, und zwar, was von Wicheigteit wer, den bürgerlichen, zu
wählen. So blieb dem Königeum ein Anteil an der Stadtregierung
gewahrt; Die Stadt fäyied fomir nidhe völlig aus dem Reichsverbande
und für die Zukunft batte fie Doch immer den Troft, fich in der LIor
an den König wenden zu £önnen, wmeldyer der alleinige Binadenfpender
war. Das Auftommen des Dlirgermeifterrums haben wir als einen
tevoluriondren Akt bezeichnet. Die Stadt Fonnte es ale einen grofen
Erfolg betrachten, daß fie die Beibehalnng der beiden Blirgermeifter
durchfegen Eonnte. Dem bifchöflichen Wormfer Befebichtsfehreiber war
daher diefer Artikel, der von der Wahl der Blrgermeifter handelt, ein
Dorn im Auge, und er hat ihn beim Abbruc® in feinem Urkundenbud,
weggelaffen. Aber auch die Bemeinde erhielt eine Vertretung, indem
für den Zwee? der Steuererbebung in jeder Pfarrgemeinde vier Männer
gewählt wurden, die zufammen mit dem DBifchof und dem Rare das
Befte der Stadt wahrnehmen follten. Wit den “eimburgern, den
Beamten der alten Stadtgemeinde, haben die fechsehn Vertreter der vier
tädtifchen Pfarrgemeinden nichts zu chun!””).
Die Stade hatte eine fehwere YTiederlage erlitten, und fie mußte
zundchft die Solgen tragen. Ylacdydem der Vertrag abgefchloffen worden
war, 309 Bifchof “einrich mir dem Alerus nad) Yleuhaufen. +iecher
begab ficy die ganze Bürgerfchaft; fie fielen vor dem Bifdhof auf die
Bnie, und diefer IHfte fie vom Banne. Darauf Eehrren fie voller Sreube
nach der Stadt zurüch, und der GBortesdienft wurde wieder gefeiert.
Dann begann man die Wahl des Rates vorzunehmen. Ylachdem die
Dürger durch die Ratsglodte auf dem Bifchofebofe vor der Sreitreppe
dafelbft zufammengerufen worden waren, ernannte der Bifchof neun Bürger
zu Ratsherzen, und diefe wählten Darauf feche Ritter. Die fünfjehn Rats:
herren fänsoren fodann öffentlidy auf’ die Reliquien einen id, indem fie
gelobten, gemäß den reiten der Verfaffung mit dem Bifchofe den Rat
zu beflgen, dem Bifchof und dem Alerus creu und hold zu fein und deren
Rechte zu verteidigen, die Rechte und guten Berwohnheiten der Stadt zu
erhalten und zu mehren, Geiftlichen und Laien forsie den Juden
unparreilfch Recht zu fprechen, auf alle Umfragen nad) beftem Wiffen
4986 19. Bapiel,
au antworten, die Bebeimniffe des Rates zu heblen, den Schultbeißen
und die Amtleute obne Arglift zu wählen, Schuldige nicht in Schug zu
nehmen und Unfpuldige nicht zu verurteilen, forvie ‘in (biefen' und. ‚in
allen anderen Dingen der Stadt Ylugen obne Trug: und Gefährde mit.
gangen Bräften zu fördern, unangefeben Sreundfehaft oder Seindfehaft
oder Gefhyent oder Gefchenkesverfprechen. Der Bifchof gelobre eben
falle, der Scadt und den Bürgern treu-und bold'zu fein, ibre Sreibeiten
zu mehren und zu beifern, unparteüfeb Recht ‘zu fpredhen, die Geheim-
miffe des Nates feft zu bewahren, die Richter obne: Beftechung su
mäblen und in allen Dingen obne Arglift und ‚ohne Rücfiche auf
Sreundfehaft oder Seindfihaft verfahren zu wollen").
ERT TER
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20. Rapitel.
Sturm und Drang.
DBifhof Landolf von Worms.
ie Entftehung der Seäbte in Deuefehland
fälle mit jener großartigen wirtfchaftlichen
Revolution zufammen, die man als die Um«
Geldweirtfchaft beseichner!”). Ylachdem die
deutfehen Stämme ihre bleibenden Sie ein-
genommen batten, bildeten fie ihre fkaatliche
| und: wirtfepaftliche Orgenifarion aus, und
diefe. war die. eines Bauernvolkes. Denn aus
leidenfchaftlichen Rriegern waren die Deutfchen
im. Zaufe,,deo 5. bis sum 9. Jahrhundert
eifrige Bauern geworden, die alle anderen
Jnsereffen Diefem neuen eruf bintanfegen. _WDobl fein die Deurfehen
bei: der. Eroberung ‚römifcyer. Provinzen. auf‘ eine hocyenwictelte Städte:
Euler, allein fie, &onnten ‚mit, Diefen Städten nicht viel anfangen, und da
Biefen bie-Lebensadern, -Aaanbel und Verkehr, abgefbnitten waren, fiechten
fie .langfam, ‚dabin.... Indemiftaatlichen Organismus des fränkifchen
Reiches harten die Städte nicht mehr Bedeurung als die Landgemeinden,
beide waren lediglich wirefchaftliche Benoffenfchaften. Ylur der DBeflz
von Grund und Boden gewährte in diefem Bauernftaate dem inzelnen
Anteil am faatlichen Leben, Anfehen und Wacht; wer deffen enebehrte,
Zonnte feine Sreibeit nicht bewahren. Es gab nur eine Art des
Einkommens: die Brundrente; diefe war auch das einzige But, womit
15.001, Die Aal dr hinien Gi. I. Ey
500 20. Rapid.
der Staat feine Beamten, der Sere feine Diener belohnen Bonnee. Diefer
fichere Befig von Brund und Boden verbürgte den Befchlechtern eine
lange Dauer und bedingte eine Bleihmäfigteit der Lebensführung, fo
daß ein Wertftreit in der Entfaltung geiftiger Rräfte fo gur wie aus
gefebloffen war und daher mur wenige fich über das gewöhnliche
Vlivean geiftiger Bildung erhoben. Für den Ueberfebuß der rafch
wachfenden Bevölkerung fand fich noch auf lange Zeit genfigende
Verforgung, denn weite unbebaute Släcden und große Wälder
fkanden vielen Generationen zur freien Verfügung, und ein intenfiverer
Bodenbau, der Uebergang sur Dreifelderwirtfchaft, erhöhte nicht
unwefentlich die Produktionsmenge der Ylabrungsmittel. Arbeitefreudige
SÄnde waren alleit begehrt, und der Bandlofe brauchte nur gegen
Verzicht auf feine Sreibeit fich einem &erem zu eigen su geben, fo erbiele
er eine Aderftelle und damit fibere Yrahrung. Ueberdies Eonnten alle,
Sreie und Unfreie, in den geiftlichen Stand eintreren. Diefer erfüllte im
Wirtelalter die Sunktionen, welche beure wefentlih dem Bürgertum
zufommen. Der Geiftlide war ja nicht blos Serlforger, fondern auch
Beleheter, Erzieher, Rünftter, Arzt und Tecpniter und nicht zum aller:
learn Staatsmann. Diefe Beiftlichteir, welche in_ebelofem Stande
lebte und daher fidh immer neu aus den anderen Ständen, Abel und
Bauern, erneuern mußte, war eine Auswahl jener beiden Stände, wesbalb
ficb bei ihr das geiftige Yliveau weit Über das normale Wiaß erhob.
Dies ift der Brund, weshalb im Wirtelalrer die Beiftlichkeit die Trägerin
der intelleftuellen Kultur, die Pflegerin der Voiffenfehaften und Rüınfte war.
Die Hauptaufgabe der ftaatlichen Gewalt, des Rönigrums, war die
Sicherung des Sriedens, und diefer Pflicht gab fid) namentlid, Raifer
Bonzab II. mir Eifer hin. Die unmitrelbare golge war eine Zebung
des Verkehrs, und diefe Bam vorshglich den Städen zu gute. Die
Städte hatten bisher wefenelich nur ale Seftungen Bedeutung gehabt.
Sofnter ihre Wiauern flüchteren fc die Bauern, die deshalb auch
verpflichtet waren, die Stadtmauern bauen und unterhalten su belfen.
Yun riß die germano-romanifdyen Völfer am Ende des IJ. Jahrhunderte
das großartige Unternehmen der Aücheroberung des heiligen Landes in
‚andere Bahnen. Bonnte auch der Zwec? nicht erreicht werden, fo hatten
doch diefe Unternehmungen eine mächtige Befruchtung der Phantafie
und des Geiftes zur Jolge. Da der Rarawanenhandel durch Rußland
und die Donauftrafe bleibend gefbrt war, begannen bie Deutfchen
Srucım und Drang. Bifcbof Landoli von Worme. soI
direkt über die Alpen mit den aufblübenden italienifchen Geäbte:
tepubliten ‘einen Tebbaften &andel, indem fie die Produkte des Wiitel
meeres umb des Örientes der "eimat zuführten, und nicht nur diefe;
denn auch die Grundlagen ftfbeifcher Sreiheit lernten fie bier Eennen.
Die Rreugfahrten und Aömerzüge verfcjlangen taufende und taufende
Wienfchenleben, wodurch die Bevölkerung Europas deyimiere wurde,
und zwar fiel der bisher berrfchende Teil der Bevölkerung diefen
blutigen und aufreibenden Rriegestgen zum ©pfer: der Adel, Die
gücten wurden fogleich ausgefüllt; eine neue, noch unverbrauchte Schicht
der Bevölkerung kam nun an die Oberfläche, und das Ergebnis diefer
rafchfließenden Bevölterungsbewegung war der erfie Geiftesfrähling
Deutfchlands: der YWinnegefang und das Epos feierten ihre Triumphe).
Aber noc) immer beherrfchte das Spftem der Ylarurahwirtfähaft das
wirefchaftliche Leben des größten Teils der norbeuropäifchen Völker.
Auch für einen fo eminene begabten Dichter wie Walther von der
Vogelweide gab es noch feine andere Art des Kinkommens ale die
Grundrente. Daher der Jubel, als der Dichter vom Baifer endlich ein
Zehngur erhalten hate. ”n den Städten wurde dies jert andere. sier
batten fich der Yandel und das Yandıwert Eräftig enmicelt und waren
au einer felbftändigen Stellung gelangt, die unabhängig vom Befize von
Grund und Boden war. Parallel mir iefer Jebung des Handels und
deo andiverks ging die Rechrsentwickelung. Während auf dem Lande
die Rechreverhätrmiffe ftabil blieben, wurde in der Stadt den Bebticfniffen
de Vertehrslebens Rechnung getragen, und diefes zeitigte, man Tann
fagen, treibbausareig ein Stadtrecht, das einmal für größere Sicherheit
von Perfonen und Kigenrum Sorge trug, fodann eine Wobilifierung des
Grundbefines ermöglichte. Die Leibe nady Stadtrecht fehuf feine
wirtfchaftliche Abbängigkeit wie die nach Hofrecht, im Gegenteil, der
Belichene erlangte dadurd) die Freiheit. Zn der Stadt kam das Rechts:
fprichwort zur Geltung: „Stadtluft mache frei”, und fortan galten hörige
Dienfte und Beijtungen mit dem Wefen einer Stadt fir unvereinbar.
Bahlreic firömten Sreie und Unfteie in die Stade und ließen fich dafelbft
bleibend nieder. hr Einkommen berubte nun nicht mehr wie beim
Mierus, Adel und Bauern auf dem Bodenertrag oder auf der Brund:
zente, fondern auf der geiftigen und £örperlichen Arbeit. Jeder kann
fid) in der Stadt eine Zriftens gelinden, infofern er im Ronturrenstampf
befteht, Yeffen Vermögen nicht im Brundbefig fundiee ift, wie das der
so2 20. Bapire,
alten Stabtgefeblechter, der wird fid> rühren müffen, fonft gebt er und mir
ihm feine Samilie zu Grunde. Aber der Unterlegene it bald erfent, denn
munterbrochen fließt der Strom vom Lande in die Stabt und führe diefer
immer wieder feifcheo Blur zu’). Die Stadt gleicht einem See, der
das von den Bergen und Gehängen fließende Überfblfjige Waffer in
fi aufnimmt. Die Entftehung des Brgermums it ein volikändig
neues Element der mirtelalterlichen Staats: und Gefellfcpafteorömung
und mit diefer von Anfang an völlig unvereinbar. Darum fticß audı
diefe neue Bildung fogleih mir der alten feindfelig zufammen, und ce
kam zu Rämpfen, die Jahrhunderte lang dauerten und färließlich zum
Siege des Dürgerrums Über den Lebnftaat führten. Diefen wechfelvollen
Rampf zu ersählen, foll die Aufgabe der folgenden Blätter fein.
Bifdyof Seinrich bemühte fich, nach dem Abfchluffe der Rachrung mir
feinen Bürgern in Bintracht zu leben. YOie in alten Zeiten 30g er die
Vornehmften als Dertrauensmänner zu wichtigen Befehäften beran“”). Er
beeilee fich nun auch, einen alten Swoift zu befeitigen. Am 19. Sebruar 1234
verkaufte er den Bürgern von Worms mir Zuftimmung des Domtapitels
für Jo Jahre bie länge unter der Bedingung, daß aus einem Pfunde Sifber
30 Schillinge mit Beibehaltung des alten Geprägee gefchlagen werden
follten*). Der Befin der Wiinze war der Stadt ein großer Bewinn, indem
fie die Wiünzverfchledhrerungen, die damals allgemein von den Tnhabern
des MWünzregale in geroinnfüchtiger Weife verfibt wurden, verhindern
Bonnte. Auf die Biete der Dlirger räumte er ihnen zugleich den Bebrauch
des Markrplanes zur Abhaltung der Märkte für die gleiche Zeitdauer ein,
in derfelben Weife, woie fie denfelben fon vorher benunt hatten. Doch
beide Teile behielten fidy die Geltendmachung ihrer Rechte vor">).
Am 12. September 123% ftarb Bifchof Heinrich und wurde im Chor
des Dome beigefegt. Sein Flacyfolger war Landolf"”), aus einem auf der
Burg obenee® bei Raiferslaurern wohnenden Winifterinlengefchlechte,
das aud) in Worms zu Jaufe war. Vor feiner Exhebung war er Dekan de
=) In den Wormfer Annalen Kommen öfter Preisangaben, und war mei nad) dee
Aölner Mortrednung, vor. In beutiges Beld umgefent, hatte um die Mitte deo 13. Jahr:
Yunderrs Die Mölner Meef zu J2 Schilingen einen Wert von 43,68 Neidsmart. WII man
fe Ss Bamalien Geo, megliden mit der hemign, ade, fmulpliee man
pl. 1E,Beufe, Rölnifcoe Beldgefehichte bie 1395 in Wefdeusfche Seirfhrift,
ir 1068, p. 118 f-
Srurm uns Drang. Difßef Lanbolf von Worme, 503
Domtapirels gewefen. Gleich nach dem Tode "einriche gelobten fic) die
Dier Wormfer Stifte gegenfeitig, Beinen Bifchof wählen zu wollen, der
nicht zuvor einen Pörperlichen Eid leifte, daß er niemals auf den Klerus
eine Steuer legen und niemals bei Gläubigern aus Rom oder Jralien
‚oder anderen, die auf Urkunden auszuleiben pflegen, Schulden machen
wolle"). Diefe Waßregel war durd) die gemachten üblen Brfahrungen
(fiehe oben) und durd) das Beifpiel. des Mainzer Rlerus”") veranlaßt
worden. Auch der verftorbene Bifchof seinrich harte diefen Kid fehmoören
müffen. Alles Beld, das die Ritche und der Alerus aufbringen, follte
zur Abzahlung der bei den italienifchen Bankiere Tontrahierten Schulden
verwendet werden"®). Landolf wurde am $. Oftober gewählt und zwar,
mie es feheine, nich ohne YOiderfprudy. Darum füchte er eine Seine
in Bönig Seinrich (VII). Diefer empfand die Demütigung, die ihm von
feinem Vater auferlegt worden war, fehr bitter; anfangs fügte er ich,
dann aber 30g er die Wiinifterialen wieder an id), und im September 1234
befchloß er zu Boppard, fic) gegen feinen Vater zu empören. Er gedachte,
ic von feiner Gemahlin Wargaverhs von Defterreic, zu trennen und die
Scywefter des Böhmenkönigs zu heiraten. $Er fürdhtete feinen Vater,
und um einen Rückhalt zu haben, damit er dem Baifer den Eintritt nad)
Deurfchland wehren Eönne, füchte er die Städte feft mit fich zu verbinden
und forderte von ihnen einen Eid, ihm gegen jedermann, auch gegen feinen
Vater, beisuftehen und zur Sidyerbeit Geifeln zu fellen””). Yiur die
Yosemfer voiberftanden ihm unerfehrocken, indem fie ihm antıworteren;
daß fie zwar ibm ale Seren und Rönig gefchwworen hätten, daß fie
aber niemals einen Eid Teiften woiheden, der feinem Vater nachteilig fe.
Der Erwoäblte von Worms begab jich fogleich nach feiner Wahl
zum König nad) Zagenau. Sier erwies er ihm große Gunft. Am
I. Vlovember 1234 erteilte ihm «einrid) die befondere Bnabe, daß alle,
die in der bifchöflichen Stadt Ladenburg als Bürger wohnen wollen,
‚von der Dienftbarteit gegen jedermann befreir fein und nur dem Hrwählren
vom YWorme dienen follten, gleichviel, ob fie ihm felbft oder einem feiner
‚Sürften oder Wiinifterialen irgendtvie angehören'”). Am gleichen Tage
beustundere der Rönig die vor ihm ergangenen Rechtsfprliche, daß alle,
Die auf dem Aofe des Bifchofs, den derfeibe vom Reiche zu Lehen trage,
Yohufer errichter haben, diefelben wieder abreißen müßten. Außerdem
darf‘ der Erwählte von Worms alle von feinen Vorgängern verlichenen
Achen wieder einziehen!”®).
ss 2. Bapirel,
Gegen Ende Llovember fam der Mönig in die Gegend von
Worms und füchte die Bürger durch Verfprechungen und Drohungen
zu gewinnen; doch fie blieben feß. Dagegen ließen fich die Speierer,
welche anfänglich gemeinfähaftliche Sacye mie Worms gemacht hatten,
vom Bönig überreden und erhielten zum Dank dafür am 2J. Dezember
die Betätigung ihrer Privilegien”®). WDabefebeinlicy war Landeif
ducch die Blirger aus der Stadt Worms ausgefebloffen worden. Wir
finden ihn fortwährend in der Umgebung des Bönigs'”), der ihm
im Ylovember 1234 zu “agenau die Hegalien erteilt hatte. Don da an
beißt er in den Urkunden des Rönige Bifcpof; da er jedoch noch nicht
geweiht worden war, blieb er für den Mlerus nad) wie vor der
Erwähle. Die Wormfer baren fid in ihrer Bedrängnis an den
Baifer gewandt. Diefer belobte fie wegen ihrer Treue und namentlich
deshalb, weil fie fi weder durch Dirten noch Drohungen bewegen
liefen, den ihnen angefonnenen Schwur zu leiften, ohne Kamen. und
Ehre des Raifers dabei aussunehmen"”).
Rönig Zeineich hatte im Flovember 1234 feinen Vertsauten, den
Reicheminifterialen Anfelm von Tuftingen, nady italien gefickt, der
einen Bund mit den lombardifcen Städten zu flande brachte; mir
Aubwig IX. von Scankreich EnÜpfte der König gleichfalls Verhandlungen
an. Der Baifer parierte diefen Schachsug, indem er fich wieder dem Papfte
näherte und einen Bund mir England fdyloß, der Durch feine Verlobung
mit der englifchen Mönigerochter fabella eingeleitet wurde. +eineich
beberrfchte den Mittelrhein; um fo Ärgerlicher war ihm der Widerftand
der Wormfer. Er that die Bürger in die Acht und erlaubte jeder:
mann, fie an Leib und Bue zu fÄädigen. So brachte er ihnen durch
Raub, Brand und Plünderung großen Schaden bei. Ylady allen Rräften
füchte er ihnen Uebles anzuhun. Und fein Bürger durfte mehr wagen,
die Stadt zu verlaffen. Dennoch blieben fie ftandbaft und trugen willig
den großen, unermeflichen Schaden aus Liebe zum Baifer, und auch die
Boften, welche die Rüftungen erforderten, jeder Bürger nach) Vermögen,
fa, Bott fei Zeuge, über Vermögen. Und trogdem fie fo febr gefchädige
wurden, wankten fie nicht in ihrer Treue”). Der Baifer tröftete fie
wiederholt und ba fie, in ihrer Treue zu verharten und keinen Schaden
an Sachen und Perfonen zu febeuen, da er in Kürze perfönlich Bommen
werde, Er bedauere eo fehr, daß fein Sohn, den er fo fehr geliebt
babe, den Srieben feiner Getreuen fisre, teilt ihnen mit, wie er die
Sturm und Drang. Bifhof Lansolf won Worms. "sos
‚benachbarten $Edeln‘ und alle feine Berreuen zu ihrer Unterfthgung auf
gefordert habe, und ermahne fie, daß fie den verlangten Schwur nicht
leiften follten, auch wenn fein Sohn felbft fie dazu auffordere, da dem-
felben nur feinetwvegen und feines Befehles wegen Brborfam geblihre""‘).
Auf ein ferneres Schreiben der Wormfer wieberholt der Maifer feine
Ermabnung zum Ausbalten, da die Bedrängnis nur eine augenblicfliche
fei und bei feiner nächftbevorftehenden Ankunft verfliegen werde wie ein
vom Winde ergriffenes Blatt, worauf er ihnen dann allen erlittenen
Schaden reichlich vergliren wolke!").
Da der Rönig die Wormfer trog aller Bedrlckungen nicht anderen
Sinnes machen Ponnte, fo berief er nach Öftern 1235 feine Anhänger
nach Oppenheim. Sier fammelte er ein Seer, und am 25. April fÄyichte
er den Grafen Sriebrid) von Leiningen und den Wildgrafen mir
5000 Wlann gegen Wsrms. od) die Wsrmfer wehren unerfihrocen
den Angeiff ab, und fo vermodhren die Seinde nur erwa 30 ufer in
der Vorftadt S. Michael zu verbrennen. So fehr wurden fie von den
Bürgern durch Pfeile und Schläge bedrängt, dafs fie eiligft wieder zum
König nach Oppenheim zurficttebeten.
Den Wormfern Bam aber der Raifer zu Hilfe. Am 4. Juli biele
er mit unerbörter Pradyt feinen Einzug in Worms; zwölf Bifcböfe in
priefterlichem Ornate empfingen ibn, unter ibnen auch Landolf von
Worms. Sobald ihn der Baifer vor dem Mänfter erblicte, befahl er
ihm, aus dem Angefiche zu geben. Der Bifdof verbarg fih im
“aaufe feines Rapellans Ronftantin. Tron vieler Bitten wollte der Raifer
ibm nicht verzeihen, und er mußte außerhalb der Stadt im Rlofter
Fronnenmünfter Zuflucht füchen. In Worms feierte der Maifer feine
aochzeit mit der Schwelter des Rönigs von England, Elifaberb (Jfabelle).
ssler erfüllte fc» auch in ergreifender Yeife das tragifcbe Befehich des
ungeborfamen Rönigefobnes Zeinrich. Er war feinem Vater nady
Wimpfen entgegengesogen, um Deffen Bnade zu erlangen. Der fhwer
beleidigee Raifer ließ ihn jedoch nicht vor, fondern wies die Erledigung
diefer Angelegenheit nach Yorms. Anfangs war Zeinrich Bnade
sugefagt worden, da er aber die ibm geftellten Bedingungen nicht erfüllen
wollte, nahm ihn der Raifer in Worms gefangen, und zwar wurde er
nad der Wormfer Tradition im Turme Lugineland verwahrt, von deffen
Zinne fein Blic® weit über das fähßne fruchtbare Land fchweifen Fonnte.
Don Worme wurde fodann der unglückliche Rönigefobn nach Zeidelberg,
1. Bu0n, Die Aue der senden Se 1 “
506 20. Bapiiel,
darauf nach Alerheim im Ries und fehließlich nach Apulien gebracht.
Er farb den I2. Sebruar 1242 und wurde in Cofenza begraben.
Gegen die Anhänger und Verführer feines Sohnes woar der Raifer
tief ergeimme, und befonders Bifdyof Zandolf von Worms mußte den
Zom Seiedriche II. Über fich ergehen laffen. Die Wormfer Bifchofs:
ebronit fielle die Sache fo dar, ale ob Kandolf' durch verräterifche
Beiftlidye der Wormfer Kirche beim Baifer verlumbet worden fei und
ale ob die Wormfer Bürger den Baifer für ihn vergebens um Gnade
angeflebr bärten. Der unfchuldig verfolgte Bifchof babe fich darauf
entfebloffen, mit anderen BifdySfen, die dasfelbe Schictfal erlitten, nach
Rom zu reifen. Darliber babe der Raifer große Surchr gebabr und den
Deurfchordensmeifter an den ersürnten Papft gefchie®t, um diefen mir fich
su verfähnen, was ihm auch gelungen fei. Wit dem Deuefäyordensmeifter
feien dann die drei Bifchöfe nach Deurfchland zurlckgebehrt und bäcten
die Bnade des Raifers erlangt. Diefe durdyaus verfälfchte Darftellung
fiebr in vollem Widerfpruch zu den urkundlich beseugten Ihatfachen.
Der Papft war damals Über den Baifer nidye erstient, vielmehr hatte
er fehon am 3. März 1235 die deutfchen Sürften aufgefordert, den
aufeübrerifcben Aönig Seineihh zum Geborfam gegen feinen Vater
zurbefzuführen, und am gleichen Tage batte der Papft die Anbänger
Seinriche (VII.), die Bifhyöfe von Yohrsburg und Augsburg, forvie den
Abt von Julda zur Verantwortung nad) Rom geladen"), Am
24. September ermeuerre Gregor IX. diefen Befehl und forderre num
auch den ZErwählten von Worms auf, in Kom zur Verannworrung zu
erfcheinen”"). Alfo ft Landolf garnicht freiwillig nad) Kom gereif.
Der Deurfäpordensmeifter ging allerdings im Winter 1235 nach Jralien,
doch nicht, um den erzürnten Papft mit dem Raifer zu verföhnen, fondern
auf den Wunfch dee Papftre, um die Iombardifcben Verbälmiffe zu
orbnen'®“). Sriedeich II. dachte anfangs daran, dem noch nicht gemweibten
Bifcpof Landolf das Bistum zu entziehen und dasfelbe feinem Yiotar
Wagifter Seinrich zu geben. Doch ftand er wieder von diefer dee ab.
In Jralien hatte Landolf die Bnade des Papfies erlangt, und im Frühjahr
1238 Eonnte er wieder nad) Deurfchland zurüchtehren. Der Papft gab
am 5. Wiai 1236 dem Hrsbifcyof von Wains den Auftrag, dem Erwählten
von Worms die Weihe zu erteilen, nachdem eine auf Veranlaffung des
Baifers den Bifdyöfen von “ildesbeim und Hegenoburg über denfelben
aufgetragene Unterfüchung Bein Wefultat ergeben, er felbft aber, der
Srurm und Drang. Z@ef-Landelf von Worms. 07
bifchöflichen Bäter beraubt, beim päpftlichen Stuhl fi, eingefunden
habe'*). Allein es dauerte noch HJonate, bis der Erzbifchof den Auftrag
des Papftes erfüllen Bonnte, denn erft fpdt, gegen Ende des Jahres 1236
erlangte Landolf die Bade des Raifers'").
Da der Difchof lange Zeit außerhalb feiner Stadt war, wurde vom
Batfer die Verfaffung des Jahres 1233 aufer Mraft gefent und ein
fenroäbifiher Wiinifteriale Marquard von Scneidheim (Gneitde) unter
dem Titel eines Ricytere mit der Bewwalt über die Stadt berraut. Diefer
errichtete einen Kat, aus vier Ritrern und ache!””) Blirgern beftehend, und
er erhob von den iinifterialen der Wormfer Kirche Steuern. Doch
die Bürger feheinen mit diefer Linrichtung nicht zufrieden gewefen zu
fein, und auf ihre Vorftellungen gewährte der Raifer ihnen im MWiai 1236
zu Scankfurt die Prneuerung feines früheren Privilege vom Jahre 1220,
den Stabeftieden und bie Berichteverfaffung betreffend"). Es handele
fi) bei diefem Privileg, wie wir fyon früher dargelegt haben, nicht
um einen Rat der Stadt, ondern um eine Infticucion zur Wahrung
des Sriedene, und es entfpradh dies ganz dem Sinn des Raifere. YDie
fich die Dinge in Deurfäland geftalter hatten, befaß die Zentralgemalt
fat Beine Binvoirkung mehr auf die einzelnen Teile des Heichee, indem
die Särften in ihren Bebieten zu vollftändig fouveränen Landesherren
geworden waren. Die Pönigliche Bewalt Tonnte nur nody verfüchen,
den Seieden im Reiche durch Vereinbarung mit den Särften und durch
Aufftellung eines oberften Reichefehjiedsgerichtes zu fidern. Zn diefem
Sinne erließ Sriedrich II. auf dem Reicherage zu Mainz am $5. Auguft
3235 einen großen Landfrieden”®”), der in der Solgeselt oft wiederholt
worden ift. ls der große Sriedenoftifter lebte Die Beftalt Sriebricye II.
noch) lange im Bebächenis des deutfchen Volkes.
Bifäyof Landolftehrre nach langer Abtwefeneit am 14. Dezember 1236
nach YOorme zurück. Der Baiferliche Richter Warquard verließ num wieder
die Stadt. Der Bifdyof aber bob das Über Worms verhängte Tnterbite
auf, und mit großem Vergntigen wohnten die Bürger im Dome dem Bortes-
Dienft bei. Zugleich fiellte Landolf die Derfaffung des Jahres 1233 voieder
ber. Der Bifchof gehörte fortan zu den gerreueften Anhängern des Raifers.
Am 7. Juni 1237 las er vor dem Baifer in Speier die Wieffe und Eehrre
darauf am 9. Juni nad) Worms zurüd. Aber Ende Tuni finden wir
ibn wieber beim Baifer"®); im Auguft begab er fid) nach Augsburg,
um von da mit dem Kaifer nad) Ttalien zu ziehen"), Diefer
sos 20. Bapitel,
Zug war ihm offenbar vom Raifer als Bebingung ftir feine Begnadiging
auferlegt worden”). Wir anderen Difchyöfen verfaßte er die vom
28. Öftober 1238 Ddatierre Befchwerdefehrift des Baifere gegen den
Papft. Sür feine Dienfte ließ er fidh reichlich belohnen. Im Juni 1238
erneuerte ihm der Raifer den 1223 von den Sheften gefällten Aechre-
fpruch, daß fein Truchfeß, Schent, Rämmerer oder Wiarfchalk feinem
Seren obne deffen Beijtimmung einen Unterbeamten. beftellen dhrfe'").
Die Winifterialen, die mie diefen Jofdienften betraut waren, füchten fich
nämlich der perfonlidyen Dienftleiftung zu entziehen und gleichwohl die
damit verbundenen Leben zu behaupten. Im Ylovember 1238 zu
Eremona ließ fich Landolf ferner einen Spruch des Aofgerichtes ber
ur&unden, daß Bein geiftlicher Sürft die vom Reiche berrührenden Rechte,
ale Zoll, Wlnse, Schultheißename, weltliches Bericht u. f. mw. ohne
Kaiferlidye Erlaubnis zu Lehen geben dlirfe, indem feder Raifer, wenn
er am Bifchofofize einen “oftag angefagt babe, forwie während der
Vatanzen des bifchöflichen Stubles, diefe Rechte ungefchmälert genießen
Bönne'”). Diefer Rechtofpruch ift eine interpretation des Artikels 8
des großen Sürftenprivilege vom 26. April 1220”). Der Bifchof von
Worms wird nun durdy obiges Urteil ermächtigt, alle von feinen Vor-
gängern obne Genehmigung des Raifers verliebenen Rechte den nhabern
absuforbern. Landolf zeige fihh bier als ein forgfamer Verwalter
bifchöflicher Hedhre. Zoll, Münze, das Scyulheißenamt waren thar-
fächlid) in die Verwalnung der Stadtbebörden übergegangen. Der
Bifähof hatte id) nun ein Nechteinftrument verfcpafft, um diefe Rechte
wieder in den vollen unbefchränkten Befig der Kirche zurckzubringen.
Dadurdy erhielt er audy eine Sandhabe, die Wormfer Stadrverfaffung,
foroeit fie dem Bifdyof nachteilig war, umzuftoßen, da die Radrung
des Jahres 1233 niche vom Maifer genehmigt worden war. Daß der
Bifcyof wirklich daran dachte, diefe Verfaffung umzuftoßen, ift urfumdlich
begeuge. Denn am 6. Ylovember 3238 ließ er ih zu Eremona vom
Baifer die Vollmadye geben, in der Stadt Worms alljährlich vier
Winifterialen und acht Bürger al Hat eingufegen, die zufammen mit
dem DBifchof oder deifen Stellvertreter die Verwaltung der Stadt
führen folten'®). Yodren dem Bifchof Landolf feine Pläne gelungen,
fo würde er fid) die Stadt vollftändig unterworfen haben, denn Diefen von
ihm. eingefenten Zwölferrar bitte er ganz in feiner Bewalt gehabt.
Allein er kam über den Verfuch nicht binaus. Offenbar fand er
Sturm und Drang: Bifhof Landolf von Worme, 9
energifchen YOiderftand bei der Bhrgerfchaft. Die Bifchofschronit
erzähle den Vorgang fo, ‘ale ob die Ausfertigung diefer Urkunde ein
Werk ber Wiberfacyer bes DBifchofs gervefen wäre. ie hätten den
Baifer veranlaßt, ihn auf die Probe zu fiellen, ob er wohl feinen Eid
brechen unb die Verfaffung verlegen würde. Aber Landoif babe die
Verfuchung glänzend beftanden. Lieber, foll er gefagt haben, wolle er
fi vom Scheitel bis zur Sohle die Haur abziehen laflen, als die
geringfügigfie Beftimmung der Verfaffung verlegen.
Tros diefer Vorfommniffe feheine dann doch das Verhälmis de
Bifdyofo zur Stadtgemeinde ein leiblices gewefen zu fein, denn der
Bifcyof war fehlieplic) in den gefährlichen Zeitläuften auf die Unter:
ffügung der Bhirgerfhpaft angeroiefen, und Bifdyof und Stadt harten
mandje gemeinfamen ntereffen. Dies zeigte fich zum Beifpiel in Bezug
auf das Rlofter Yionnenmünfter. Diefes vornehme Stift, deffen Bründer
Lubroig der Sromme gewefen fein foll, war, wie fo viele geiftliche
Stiftungen völlig entartet, und der Auf feiner Sittenlofigkeit bis zum Papft
gedrungen; bdiefer hatte am I7. Wai 1233 dem Ersbifdhof von Mainz
befohlen, die Aebriffin und die KTonnen zu Ylonnenmünfter in der Dorftadr
zu Worme, die mit Zinanferung ihrer Pflichten ein fittenlofes Leben
führten, aus ihrem Riofter zu entfernen, fie in andere YTonnentlöfter unter:
subringen und in das genannte Rlofter einen anderen anerfannten Orden
einzuführen”). Bifchof “einrich hatte mit der Aeformarion des Rlofters
begonnen, Bifchof Landoif vollendete fie, nicht obne auf Widerftand von
Seiten der Stiftedamen zu loßen. Der Papft Bregor IX. bevollmächrigre
den Bifdjof am 20. September 1236, an Stelle der firtenlofen Ranoniffen,
welche durch ihre Zügellofigkeit den Ylamen Gottes eher befchimpfen
als loben, YTonnen des Cifterzienferorbens einzufegen"=®). Ale der Bifchof
in das Miofter Fam, um den Befehl des Papftes auszuführen, vergriffen
fich die Damen in fEandaldfefter WDeife an ihm, und mur durch den
Beifiand feines Warfehalls entrann er qualvoller und fchimpflicher
Wiphandtung. Zur Strafe fdyiekte er die Aebriffin, feine richte, auf
die Jeftung Stein. Die übrigen Vronnen beklagten jich beim aifer,
ale er am 7. Juni 1237 in Speier weilte, indem fie ihm fagten, daß
das Rlofter von feinen Vorfahren gegrimdet worden und daß er, der
Baifer, Baftvogt des Blofters fei. Doc) der Difdyof erzählte darauf
den ganzen Öergang: Sriedrich II. befahl den YIonnen, ihrem Bifchof
3u geboren, die Vogtei über das Mlofler übertrug er jedoch dem
510 20. Bapire,
Abeingrafen von Spiegelberg. Weber dem Bifdof noch der Stadt
tonnte es gelegen fein, wenn unmittelbar vor den Thoren von Worme
fich ein Gerr feftfente. Durch die vereinigten Bicten des Difchofe und der
Bürger von Worms gelang es dem erfteren, vom aifer die Hrlaubnis
zur Erwerbung der Vogtei zu erhalten, und die Bürger zahlen dafür
dem Abeingrafen 00 Pfund Wormfer Münze. Das Bistum war fdyon
lange fdywer verfehlder, Daher es dem Bifchof unmöglich woar, den Bürgern
ihr Darlehen zurlichyuzahlen. So entfcploß id Landolf am 25. Mrz 1242,
die Stadtgemeinde mit der Vogtei über das lofter zu belebnen!””).
Bebarelich hielt der Raifer an feinem Plane der Begründung einer
Univerfalmonarchie ft. Tealien und Burgund follten ihm die finanziellen
Witel liefern, Deutfchland die milirdeifchen Bräfte. In Unteritalien
und Gisilien war er “ere und Yieifter, es galt mur noch bie
Unterwerfung der lombardifchen Städte, die er 1237 und 3238 mit
fürchtbaren Schlägen beimfuchte. Der erfehrocene Papft Gregor IX.
fehloß am 30. Vlovember 1238 ein Bündnis mit Venedig und Genua
und erfommunisierte den Raifer am 20. und 24. {ärz 1239. Diefer aber
gedachte den Papft in feinem eigenen Gebiete heimsufüchen. Temudfehin,
der Dfeyengis-Aban, hatte ein ungeheures Reich gegründet, das China und
einen großen Teil des übrigen Aftens umfaßte. Sein Sohn und Enkel
festen das Wert fort. Die Wongolenhorden Überfehremmten ganz Auß-
land, fie fehlugen die Ungarn, und nad) Lliederwerfüng des deurfchen
Seeres bei Liegnig am 9. April 124] fehlen ihnen Deurfchland offen zu
liegen. WDie einft im 13. Jahrhundert, fo wollte auch jest wieder der Papft
fi an die Spize eines großartigen abendländifchen Rreuszuges ftellen und
den Raifer in einen Winkel drücen. Diefer aber entfaltete alle Energie.
Er eroberte eine Stadt nad der andern und verhinderte das vom Papft.
einberufene Konzil. Verzweifelt fiarb Gregor IX. am 2. Auguft 1241.
Die Tarraren abzunwehren, war Aufgabe des Rönigs Bonrad IV.,
des Sohnes Sriedriche II. aus feiner zweiten he mit der Tolantbe,
Tochter des Bönigs Johannes von Terufalem, der im Juli 1236 zum
Beicheverwefer ernannte und im Sebruar 1237 zum deutfchen König
gewählt worden war. Er hielt am 19. {Mai J24] zu Zflingen einen
%oftag, nahm dort das Mreuy, gebot die Derfammlung eines eeres
gegen die Tartaren und verordnete einen Landfrieden in ganz Deurfchland
bis auf Martini. Bo war des legte Wal, daß ein Staufer allgemein
in Deutfdpland ale König anerkannt war.
Orarm und Drang. Bifhof Lanbolf von Worms. su
Aucy in Worms erregte der Tarcareneinfall die Bemüter. Der Erz:
bifchof von Mainz befahl die Abhaltung von Progeffionen und Meffen in
feiner Provinz; allenthalben wurde der Breugug gepredigt. Wer fich mit
dem Breuz bezeichnen ließ, erlangte Derzeibung aller Stnden; die, welche
nicht perfönlich in den rieg gegen die Zeiden sieben Lonnten, follten
(&eld beifteuern, damit andere ausgerlifter werden Bönnten. Unermefliches
Geld Lam auf diefe Weife zufammen. Aber die Befabr verzog fi, in
dem das ungeheuere Yongolenreich von felbft zufammenfiel. Da verteilten
die Bifchöfe und Herren das eingefammelte Beld unter fi. Landolf von
Wormo jedoch befahl, Daf dasfelbeden Bebermwiedersurlckerftartervotiede'").
Als die deurfchen Fürften das Anfchwellen der Wacht des Raifers
wahrnahmen, fhugten fie. YToch wagten fie zwar tron der Erfommunikation
deo Baifere diefem nicht den Gehorfam zu Bünden, Am 8. April J240
richteten der rsbifchof Konrad von Köln. Landolf, Bifdhof von
Yoorms und andere Bifdöfe, am 20. April der Ersbifchof von Wiains
ein gleichlautendes Schreiben an den Papft, worin fie die Jolgen des
Steeites zwifdhen Baifer und Papft in Deurfdpland fdyildern und die
Erflärung erlaffen, daß fie, wenn feine Ausgleihhung mit dem Raifer
3u fiande Bommen follee, mit Befabr des Vermögens und der Perfon
der Rirche getreu bleiben werden, wie fie das au dem Raifer offen
gefehrieben baben; fie bitten aber den Papft inftändig, da num der Raifer
nach feiner öffentlichen Erklärung rechtlicher Entfäpeidung fid» unter
werfen wolle, dem nach Rom gefihichren Deutfchordensmeifter Ronrad,
einem friedliebenden und Birchlich gefinnten Wanne, im dinbliche auf die
erfehlitterte Lage der Kirche und auf die Verzögerung der Angelegenheit
des beiligen Landes günftigee Gehör fhenken zu wollen"). Aber die
Umtriebe der päpftlicdyen Sendboren begannen Doch zu woirken, namentlich
beste Albert, Archidiaton von Paffau, die deurfchen Sücten unermädlic,
zum Abfall und zur Yleumahl auf. Im September 1241 verband fich
der Erzbifchof Siegfried von Mainz, der als Reichsqubernator dem
jungen Rönig Ronrad IV. zur Seite ftand, mit Ronrad von Lochftaden,
Ersbifchof von Röln. Der Bürgerkrieg brach nun am Fiederchein aus
und fegte fi dann am Oberrhein fort, wo Worms die befte Stüne des
fraufifchen “aufeo war. Die großen Parteigegenfäge wurden oft genug
durch Beine gekreust. ir dem Seieden im Reich war es auf lange
Zeit vorbei, denn Beine Wacht eriftierre mehr, den Tron und die Selbft-
fücht der Großen und Rleinen zu bändigen.
sı2 20. Mapitel,
&9 entftand im «erbft 1241 eine blutige Fehde susifchen der Stadt
Worms ımd dem zu Ofthofen anfäffigen Adel"). Diefer Der liegt
nördlich von Yorms. Güdlid vom Dorf fland auf einem “gel ein
Turm. Umweit davon lag der Sriedbof mit der Kirche; der Sriedbof
felbft war, wie dies oft im Wiirrelalter der Zall war, befeftige"®). Die
Wormfer Blrger hatten von den Ofthofern mancherlei Unbill erfabren,
die fie nicht länger ertragen wollten. Sie rückten daher am 17. Oktober
mit geroaffneter Schar nach Ofibofen und mit ibnen auch ibr Bifdbof
Landolf. Sobald die Ritter und Bauern in Ofthofen das erfuhren,
warfen fie fid) hinter die Wiauern des Rirchhofes. Vergeblic) verfuchten
die Wormer, ihn zu erftirmen; wier der ihrigen verloren das Leben, und
verwirer Febrren fie unverrichrerer Gadye beim. Der “aß zmoifchen
denen von Worms und Ofthofen wurde dadurch erhöht. Da vermittelte
Wartroard, Schulcheiß von Oppenheim, den Srieden. Zr ließ fich den
Kirchhof‘ übergeben. Auch ASnig Bonrad IV. nahm fih der Sacye
an. Wit feiner Zuftimmung wurde ein Verwag zwoifchen Worms und
Ofthofen gefchloffen, wonadh der Sriedhof den Wormfern überliefert
wurde, welche die Befeftigung brachen. Die Ritter und Bauern von
Ofthofen mußten den Bürgern von Worms einen Eid leiften, daf fie
ihnen allzeit unterwürfig und zu jedem Dienft bereit fein wollten, foroie
da der Kirchhof ohne Willen der Bürger von Worms niemals wieder
befeftige werden dlirfe. Damit waren aber Wirich von Daun und
Ronrab von Wartenberg wenig zufrieden und bedrobten die TOormfer
mit neuer Sebde. Doc) der Mönig verföhnte fie. Der Ausbruch der
‚Sehde mir Ofthofen mag vielleidhe dadurch veranlaft worden fein, dafı
die Wormfer in der Gemarkung von Gfthofen Güter befaßen und die
Bauern dafelbft ihnen sinspflichtig waren. '®).
Diel gefährlicher für die Stadt war jedoch die Seindfchaft dee
Ersbifchofe von Mainz, dem die Wormfer Bürger, wie der Wormfer
Annalift glaubrohrdig erzähle, nicht im Mriege gegen den König
und aifer dienen und Lebensmittel verkaufen wollten, als er im
Sehbjahr 1242 mit vielem Volt im YWormfer Bau lag, um den
Dfalsgrafen Oro zu befriegen. Dabei verbrannte er die Rider
Mähtheim und Srantenchal. Auch fäyddigee er die Wormfer
Bürger im Werte von über caufend Mark (nach heutigem Preismwere
ca. 250 000 Mark), und nahm viele Bürger gefangen und quälte fie,
ja, einige ließ er fogar binrichten. in ihrer Bedrängnis wandten fich
Sturm und rang. Bifhof Landolf von Worme. 5
die Wormfer um Zilfe an önig Bonrad gegen den Krzbifchof, der,
obwohl er fraft der ihm übertragenen Neichogeroale fie zu fehlinen
verpflichtet wäre, fie ohne Abfage befehder und ihre Bürger auf dem
Abeinftrom, der doch Keidyoftrafe fei, gefangen nehme. Der Rönig
befahl dem SErzbifchef, von der Schädigung der Wormfer Bürger
abzufieben, da er Eraft Auftrag des Maifere zu ihrer Verteidigung
verpflichtet fei und fie, wenn fie fi) gegen ibn vergangen haben follten,
zur Genugehuung nad) rechtlicher Enefebeibung bereit feien'““). Auch
an die Bürger von Mainz fehrieben die Wormfer, indem fie fi auf
die alte Sreundfehaft beider Städte beriefen und fie erfuchten, nicht zu
dulden, daß der Ersbifchof bei der Stadt Wiainz felbft und in deren
Umgebung die Wornfer beraube und beläftige”*). Philipp von “obenfels
forderte vom Grafen Sriedrid) von Leiningen Filfe gegen den Wlainzer
Ersbifchof, da Diefer mit einem ftarken Feere alle Dörfer zwifdhen
Wainz und Straßburg, die id) nicht von ihm lostauften, zu verbrennen
drohte. Der Braf verfprady die sailfe und erfüchte den Philipp von
«oobenfele, fid zur Vereinigung mir den Truppen der Reicyeftsdte und
den feinen bereit zu halten”). Dann belagerte der Ersbifchof Baflel
und wollte diefe Sefte zerftsten, die jedod) durch Philipp von “obenfels
und Pbitipp von Saltenftein dem Raifer erhalten wurde. Der Erzbifchof
Iegte ein Lager vor Maftel und rüftere Belagerungsmafchinen. Der mit
den Wormfern eng befreundere Warquard, Schultheiß von Oppenheim,
war in Diefer Sefte eingefchloffen; fobald die von Worms feine Bedrängnis
erfuhren, rüfteren jie ihre Rriegefchiffe und fübren nach Mainz. Da
der Erzbifdhof ihnen fid) nicht gewwachfen glaubte, hob er die Belagerung
auf und verbrannte feine Ariegsmafchinen. Die Wormfer aber legten in
die Sefte Bogenfchlinen, welche mehr ale 60 Wiark Bofteren, und führen
dann fröhlich nad) Zaufe. Diefer Rriegesug Bam auf 400 !Wark zu fteben.
Für viele Städte war co überaus ftig und gefährlich, daß fic oft
unmittelbar vor den Wiauern der Stadt befeftigee Mlöfter befanden, die,
zumal bei der häufigen Spannung zwifchen Bhrgerfchaft und Rlerus,
den Seinden der Stadt willtommene Schlupfivintel boten. So war
aud) das an der Wiainzer Landfraße gelegene Stift Yleuhaufen durch
Wall und Graben und du) Wiauern befeftige'‘®). Schon in früheren
Zeiten hatten die Bürger von Worms diefe Wauern gewaltchäeig nieder:
gerifjen. Als der Ersbifchof von Wiainz die Stadt befriegte, zerflörten
fie den Wall, das Pfahlwert und einige Bebäude, um ihn an der
15. Bean, Die Air vereinten aid. “
514 20. Bapirel,
Sefifesung in Yieubaufen zu verhindern. Auf Befehl und Bitte König
Ronrads IV., der damals fich in Worms aufbielt, am am 18. Juni 1292
eine Sühne zwoifyen den Bürgern und dem Stifte zu flande, bie durch
die Bemübhung des Bifcofs Landolf von Worms und Ronrade von
Ulm, Domberen zu Bamberg und Worme, taiferlichen YTotare, vermittelt
wurde. Die Repräfentanten fAmtlicer Wormfer Stifte beträftigten
diefe Sühne ale Urkundenzeugen”).
Die Hintrache der Blrgerfchaft und des Klerus war damals
überaus notwendig, denn nicht nur mit weltlichen Waffen befämpfte fie
der Zrgbifcyof, fondern auch mir geiftlicen. Yrach dem Bericht der
alten Wormfer Chronik erfommunizierte er die Wormfer und befahl dem
Bifebof, das Tinterdift Über die Stadt zu verhängen; gehorche diefer nicht,
fo würde er alle Priefter des Beborfams gegen ihn entbinden. indes, die
Bürger und der Bifchof Füigten fidh nicht, fondern appellierten an den
Papft. Cöteftin IV. war am Io. Ylovember 124J gefiorben, und aus
Surdyr vor dem Baifer wagen die Rardindle es nicht, die Papftwahl
vorzunehmen, fo daß eine zweijährige Sedisvakanz enıftand. Da halfen fich
die Bürger felbft. Durch das geiftliche Bericht ließen fie den Befchluß
publisieren, daß Bein Pfarrer in Worms eine Erfommunitarion gegen feine
Pfarrinder erlaffen dürfe, obne Beiftimmung der Rirchengefehworenen").
Im Juli 1242 kam Rönig Ronrad nady Worms, um feine Vor-
bereitungen zu einer Feerfahre zu treffen. Zum Beweis der Dankbarkeit
für die vielen Dienfte, welche die Bürger feinem Vater und ihm geleifter
baten, befreite er fie am 27. Juli auf Sürbitte des Bifchofe Landoif
vom Zoll, genannt Ungeld, den fie bisber zu Oppenheim auf dem Aheine
zahlen mußten®"). Abgefehen vom Bifcpof von Worme, war feiner der
Beichefürften in der Umgebung des Könige, fondern außer einigen
Grafen nur Wiinifterialen; auf ihnen und den Städten berubte feine
Stärke. m Auguft unternahm Bonrad IV. eine vermüftende &eerfahrt
in das erzftiftliche Rheingau. Die YOormfer rüfteten dazu ihre Brriege:
febiffe aus und fübren mit 200 vorrrefflid GBemaffneren den Abein
binunter und dienten dem König während fecys Wochen auf ihre eigenen
Boften, die fi) auf mehr als 300 Werk beliefen. Am 8. September
kehrte er mit den Bürgern nach Worms zurüc.
Ein Jahr darauf rüftere Ronrad IV. eine sweite FEppebition gegen
den Erzbifdof von Wains. Außer den Ysrmfern leifteten ihm der
Bifchof von Augsburg und die Aebte von Bempten, Reichenau,
Srurm und Drang. Diftof Landolf von Worms. sıs
Eikwangen und S. Ballen Zilfe, weshalb fie alle vom KErsbifchof
erfommunisiert wurden. Papft innocenz IV. beftätigte am 23. Januar J244
diefe Epfommunitation”®). Da die Wormfer von der dem mainzifchen
Rlofter Lorfch gehörigen Burg Starkenburg an der Bergfiraße oft fo
febr gefchädige worden waren, daß fie ihren erlittenen Schaden auf über
500 Wark (nach unferem Belde circa 13] 000 Wiark) fehduten, richtete fidy
das Unternehmen zundchft gegen diefee Raubneft. Die hälfte der gefamten
waffenfähigen Wannfchaft rückte aus der Stadt; auf Befehl des Rönigs
fbnitten fie die Reben ab und weilten mit dem BRönig adır Tage
dafelbf, auf eigene often, die zu 200 Werk gefchdst wurden. Dann
wandte fi Roncad IV. gegen die Sefte Baftel gegenüber von Mainz,
welche durch Verrat in die Zände des KErsbifchofs gekommen war.
Bonrad nahm die Burg ein und Iegee unter dem Befehl Wiricye von Daun
eine Befanung hinein. Diefer aber erprefite von den Wlainzern, Wormfern
und anderen Städten einen fhweren Zoll. Am 2I. Desember 1244
wurde jebody Maftel zum zweitenmal durch Eberhard von Schell
verräterifhper WDeife dem Erzbifchof übergeben und num auf den aus:
drücklicyen Younfd) der Wiainzer gänzlich zerftöer. Llachdem der Rönig
Raftel im Auguft 1242 eingenommen hatte, 309 er im Aheingau nach
Aüdesheim. Von bier fdyickte er Borfdpaft zu den Wormfern, ihm zu
Gilfe zu Tommen. Sie rüfteren fogleid) ihre Briegsfchiffe und befegten
fie mit 100 ann und einigen Bogenfchünen und blieben drei Ydochen
beim Bönig. Diefer Geldsug koftere fie mehr al 200 Mark. Darauf
Sehrre Konrad IV. mit ihnen nad Worms zurict. $Er begab fich als:
dann mit dem Bifchof von Worms nad) Wienberg und Bam erfk 1246
wieder am den Mitreichein.
Der aifer aber belohnte die Wormfer reichlich für ihre ihm
besoiefene Treue. Zu Ariamum bei Benevene ftellte er ibnen im
Auguft 1243 drei Urkunden aus: I. errichtet er zu Worms als einem
dafür gelegenen Bere eine jährliche Meffe, die viersehn Tage nad Oftern
beginnen und vierzehn Tage dauern foll; er gewäbet allen Jandelsleuten,
die mit ihren Waren diefe Wieffe befuchen, ficheres Beleite und nimme
diefelben auf der Jin und Aücreife und während ihres Aufenthaltes
auf der Wieffe in feinen Schug"°); 2. befteit er die Blirger von Worms
wegen ihrer weuen Dienfte, die fie unaufböclich dem Keiche Leiften und
weil fie die Meichsrebellen fo tapfer befämpfen, vom Aheinzoll in
Oppenheim‘); 3. verfprichr er in Anberracht der maßlofen Treue und
sı6 20. Mapite,
Dienftleiftung des DBifchofs, des Mlerus und der Dlrgerfchaft von
Worms, mit der eSmifchen Murie feinen Vergleich, einzugehen, obne fie
ausdrücklich einzufchließen"”®). Diefes Verfpredhen wiederholt er in einer
aus Verona am 8. Tuli J245 erlaffenen Urkunde mir dem Beifügen,
daß er audy mit dem HErzbifchof von Wlainz feinen Srieden fließen
wolle, obne die Wormfer darin mir einzubegreifen'*%).
Sobald der König fort war, erneuerte der iErsbifchof von Mainz
feine Angriffe auf Worme und wurde von feinen Seeunden, dem Erz:
bifchof Konrad von Röln und dem “ern von ifenburg, unterftügt,
welche den Bürgern soo Wiart Schaden zufügen. Aber diefe wankten
in ihrer Treue nicht und forderten Jilfe vom Rönig Ronrad, damit
fie ficb und ihr ab und Gur wahren Eönnten, worauf Diefer ihnen Philipp
von “obenfels und Philipp von Salkenftein fchickre, die er auf eigene
Roften geworben batte; fie follten mit ihren Leuten ein Jahr lang in
Worms wohnen und den Bürgern beifen. Die beiden „erren erfehienen
am 21. September 1244 in Worms und fÄpworen, dem Bifchof und
den Blirgern gegen jedermann beisufteben.
Doch der Stern Sriedriche IL. begann zu erbleichen. Am 25. Juni
3243 wählten die Rarbinäle den Benuefen Sinibald Sieechi, Grafen von
Zavagna, zum Papft. Tnnocenz IV., fo nannte er fidy nun, war einft
der Freund des Maifers gewefen, allein zwoifchen Kaifer und Papft war
feine Sreundfehaft möglidh, denn jeder jtrebre nach der WVelcherrfchaft.
Aber der Papft war mächtiger, denn er beberrfchte die Seelen und
verfügte über die Beldtafchen im ganzen chriftlichen Zuropa. Am
35. März 1244 batte er feinen rieden mit dem Kaifer gefchloffen,
doc) bald bereute er diefen Seieden und entzog fi dem Wäachrbereiche
des Raifers durch die Stuhr nach Srankreich. Ylun ging er rhebfichreios
‚gegen den Baifer und feine Anhänger vor. Am I6. April 1244 beauf:
wagte er den Erzbifchof von Wains mir einer Unterfuchung gegen Landolf‘
von Worms, der in Verachrung der apoftolifchen IErkommunikations:
fentenz gleichwohl Bottesdienft hielt“), und am 27. April überrrug er
dem SErzbifchof die Viftrarion und Heformation der Kirchen in den
Provinzen Mainz und Trier"). Um Siegfried von }Weinz für feine im
Intereffe der Rirche gemachten Auslagen zu entfchädigen, überwies ihm
der Papft in der Wiainger Provinz; den fünften Teil der kirchlichen
Einkünfte”). Maifer Seiedrich II. befahl dagegen dem Mierus von
Worms, bei Strafe des Verluftes aller feiner Sinkünfte, dem vercäterifchen
Sturm und Trang. Difßhof Landoli von Worms. 517
Erzbifchof das vom römifchen Stubl bewilliger und zu feiner und feiner
Treuen Bekämpfung beftimmee Sünfrel nicht zu besablen, indem er ihm
Schun und Einfluß in den mir der Rirche zu machenden Srieden
zufagee. Im gleichen Sinne fahrieb er an die Bürger von Worms, die
ex wegen Ihrer unverbrüchlichen Treue Iobt und fie aufforderr, fich dem
verräterifchen KErzbifchof zu widerferen“).
Daß der Papft den Raifer verfluchee, if ja felbftwerftändlich. Die
rzbifchöfe von Mainz und Röln begaben fid) vor Ofern 1245 zum
Papft nad Lyon, wo fie gegen den Maifer benten. ie verfprachen,
einen andern Rönig zu wählen, wenn der Papft Sriedrich II. abfene.
Bifdyof Landolf von Yoorme fühlte fi) durd) die Bedrohungen des
Papfies und die Bedrängnis durch den Yfainzer Ersbifchof beunruhigt;
er hätte gerne mit der Murie feinen Srieden gemacht, aber er wolle
doch nicht dem Maifer die Treue brechen. YWlir anderen Bifchöfen
hatte er diefen gebeten, doch den Seieden wieder berzuftelln, worauf
Seiedeich II. ihn zu einem Tag nad) Verona einlub!®). Landoif folgte
im Juni 1245 diefem Aufe'®”). Allein die Flucht des Papftes vereitelte
alle Sriedensboffnungen. Landolf begab fi nadı Lyon, wo er die
Abfolurion des Papftes erhielt, der ihn fdhon am II. Mai auf:
gefordert hatte, den Erzbifdhof von Mainz wegen feiner Auslagen für
die Sadye der Kirche das ihm zugefprochene Fünftel der Eirchlichen
Einkünfte zu sablen und ihn namhaft zu unterftägen'“®). Am 17. Juli
1245 erfolgte der entfiheidende Schlag gegen den Baifer, indem der Papft,
unbetümmert um die Bedenken der Rönige von Scankreichh und England
und vieler Prälaten, den Raifer für abgefene erkläre. Zum Zeichen der
Verbammnis wurden die brennenden Rerzen umgedreht und ausgeldfcht.
Weder die Verfluchung des Baifere nod) feine Abferung erfähliterte
indes die YWOormfer Birger in ibrer Treue gegen das ftaufifche Haus,
obwohl die Lage der Stadt von Tag zu Tag moftlofer wurbe. Am
Jo. September 1245 börten alle Pfarrer und Vikare auf, die Birchlichen
Sunttionen auszuüben, mit Ausnahme Ronrads vom heiligen Arenze,
der aber gleichfalle zu Weihnachten den Gorresdienft einftellre; viele
Priefter und Wöndye verließen die Stadt. Wer jedoch die Stade verließ,
der durfte fie nicht wieder betreten, fondern er verlor fein Bürgerrecht.
Aud) erlirt die Stadt große Drangfale durdy ihren Bifchyof, welcher gern
Seiede mit der Rirche gemacht härte und beftändig vom KErsbifchof von
Wainz bebränge wourde, daß er den aifer und feinen Sohn Roncab, forvie
518 20. Baplıel
alle ihre Anhänger verfluche und, nachdem Die getweihten Lichter ausgelöfeht
worden wären, das Jnrerdikt Über die Stadt verhänge. Allein er wagte
diefes aus Furcht vor den Bürgern nicht, die dem Baifer anhingen, und
mußte durch Beftechung immer wieder Auffehub vom SErsbifchof zu
erlangen. Auch drückten diefer und der Mölner die Bürger in der
Stadt und außerhalb durch Dudlereien. Der Papft hatte die Bifchöfe
Deurfeblands aufgefordert, gegen Sriedriche II. verabfehemungswoirdige
Schlechtigteit und die fchändliche Abfichr des Raifere das Areuz preditgen
au laffen und denen, welche das Mreus annehmen weirden, diefelben
Indulgenzen zu gewäbren, wie folchen, welche ins beilige Land sögen'®),
Ale, welche dem Raifer anbingen, wurden als Reger befähimpft und
verfolgt. Viele Bhrger verarmten und verließen die Stadt als Berrler.
Ylirgende im Lande gab ee Srieden, fage traurig der alte Wormfer
Ehronift. Vormals harten die Wiinifterialen dem Neiche gebient und
namentlich als Burgmannen die Grenzen Deutfcblands gebüter. Seitdem
die Reichegewalt aufgehöre hatte, eine Autoritkt auszuüben, gab es keine
gemeinfamen Sffentlichen Tntereffen mehr; jeder that, was er wollte md
übre Selbfthilfe. ent Fam die Fehde in Slor, und die Burgen, einft
zum Schune des Jandes gegen fremde geinde erbaut, wurden num zu
gefürchreten Haubneftern'®). Auch die in den Städten lebenden
Winifterialen führten ein ritrermäßiges Leben. Durch ihre ganze Lebens-
haltung waren fle ihren Standesgenoffen auf dem Lande näher verwandt
als ihren Micblirgern. So entfand denn eine Reibe von Monflitren.
Jakob von Stein, Kitrer, Wiirglied des Rates in Worme, machte
der Stade viel zu fchaffen. Er war Befehlshaber des bifchöflichen
Schloffes Stein, auf dem rechten Rheinufer, am Ausfluß der Tefchnin,
gelegen, gewoefen. Der Bifdyof hatte ihn wegen Berrugs abyefent und
feine Leute aus der Burg entfernt. Der Ritter behauptere feine Unfehuld
und verlangte feine Wiebereinfenung, was der. Bifchof jedoch abfehlug,
worauf Jakob Gehde anhob. Als der Bifdhof in Lyon beim Papft
weilte, wollte der Ritter mit Silfe feines Bruders Albert, genannt Kape,
Domfängers zu Worme, der ein Anhänger Siegfrieds von Mainz war
und deshalb vom Bifdyof von Worms feiner Würde entfegt worden
war, fi) durch Lift der Burg Stein bemächtigen. Sie beluden zum
Schein zwei Wagen mit “aber und verftediten unter den +aber
16 GBewaffnere und Acmbruftfebligen. Bei Tbersheim ferten fie über
den Abein, und die Wagen führen dann nach Stein; ihnen folgte in
Sturm und Trang. Bifbef Lanbolf von Worme. sı9
einiger HEntfeenung der Ritter mit vielen Bervappneten. Ale die Subeleute
die Schloßbrüche überfehrieren hatten, fÄhrieen fie denen im Schloß zu,
fie follten aufmadpen und den „aber, den man ihnen fehicke, in Empfang
nehmen. Ylur wenige waren in der Burg, und Feincich von Sobened,
dem fein Bruber, der Bifchof, die Zur der Sefte anvertraut bare,
abwefend. Die Burgmannen berieten eine Weile, wie man den aber
bereinfehaffen tönne. Da meinten die Subrleute, fie fein verraten und
ergeiffen die Slucht. Nitter Jakob mußte ich begnügen, ein Gaus im
Vorhof der Burg anzuslinden, und mit Spore zog er ab. Das gefchab
am 3. Desember 1245.
Aber anfangs 1246 rächte fid) Zeinrih von «ohened® und zog
mit 35 gerhfteten Biegen aus Worms und verbrannte dem Ritter
Jakob von Stein alle feine da5fe und Jdufer zu WOefthofen und Abenheim.
Darauf verband fi) TJatob mir Philipp von Zohenfels, der im Schloffe
Gundheim haufte; diefer eilte dem von &ohened! mit 60 Keifigen nad)
bis an den Stadtgraben und nahm ibn mit vier anderen gefangen.
Da wurde in der Stadt Sturm gefchlagen, und mit YWlacht liefen
die Bürger aus der Stadt dem von Yobenfels nach bis nach Abenheim
und nahmen deffen Tochtermann, den Raugrafen Ruprecht, nebft anderen
gefangen und führten fie nach Worms. Ueber So Wann kamen in
diefem Streite um. Diefe Schde war dem König Ronrad IV., der fih
im Auguft J245 von feinem Vater, dem Kaifer, verabfebieder hatte und
anfangs 3246 wieder an den Wittelehein gelommen war, fehr unbequem,
und er bewirkte am 23. Januar 1246 zu Speier durch silfe feiner
Alte, Braft von Borberg, Bonrab Schent von lingenberg und
Walther Schyent von Limburg, einen Jrieden swifchen den Blirgern von
Worms und dem Reichsboffämmerer Philipp von Jobenfels"*). Tatob,
genannt Rape von Alzei, durch welchen die Sehde den Anfang
genommen, mußte auf fein Zehen, das Schloß Stein, und alles Recht,
das er dort hatte, und auf jede weitere Seindfeligteit gegen Bifchof
Zandolf und die Bürger von Worms verzichten. Der vorgenannte
Beichehoftämmerer fhrour mit I9 Mirgefdworenen, nämlich Rraft,
Sohn des Embriche, Ludwig von Neidyenftein, die Gebrüder Wernber,
Zeineic) und Johannes, genanne Wulfefchirzele, Wolf von Schwabsburg,
Jatob, Sohn des Rape von Alget, Dietrich von SEinfeleheim, Jakob
von Dadtenheim, Sermann von Slörsbeim, Ronrad von Eppelsbeim,
‚Rarl von Rettenheim, Heincich von Eppeleheim, Ludreig von Salkenftein,
s20 20. Baplıl.
Simon von Bundheim, Durinkhare von Wefihofen, Rune von Bundbeim,
Vlagil von Yiedenbeim und “einridh von Fppelsbeim, daß er und feine
Seeunde keine Seindfehaft gegen den Bifchof und die Btrger haben,
fondern ihre Seeunde fein und das Befhebene niche felbft rächen noch
rächen taffen wollten. Wenn aber aus diefem Srieden eine Wiißbelligbeit
eneftfnde, fo folle ein Schiedsgericht, befichend aus Rarl von Kettenbeim,
Seineich von “Heppenheim und Simon von Gundbeim von feiten
Philipps von &Hobenfels, Wolfram, Nitter, Ronrab Dirolf und
Eberhard in der Wollgaffen von feiten der Wormfer Blirger,
deffen Obmann Marquard Schultheiß von Oppenheim fei, darüber
entfepeiden. YWOfirde von Seiten Philipps diefer Sriede verlent, fo
follten er und feine 19 Wiirgefchmorenen in die Stadt Lommen und
fo lange bleiben, bis die Bürger gesiemende GBenugebuung erhalten
hätten. Wenn aber Philipp und feine Wiitgefdhworenen ihren Eid ver-
geffen und den Vertrag nicht halten würden, fo follten fie ehrios, jeden
Glaubens verluftig fein und die Blirger das Recht baben, jidh felbft
Genugehuung zu verfhpaffen. Brechen jedoch diefe den Vertrag, fo foll
der Bat fid) in das Wiundar (der Plan vor dem Bifcofohof und dem
Wünfter) begeben und nicht von diefem Ürte weichen, bis fie den
Philipp zufeiedengeftelle haben. YOenn einer der Befehmworenen ober
der Ratsberren mit Tod abgeht, fo foll er fogleid durch einen anderen
erfegt werden. Wegen der geröteren nechte darf Beine neue Sehe
angehoben und die Blutzache nicht ausgehbt werden. Die aber, welche
durch die Bürger gefangen genommen worden find, feywwören mit vier,
der Baugraf Ruprecht mir fünf Zideebelfern, daß fie die Gefangen:
nahme nicht rächen und wegen des Schadens nicht Hagen, fondern
Seeunde des Bifdyofo und der Blirger fein wollen. benfo fehwören
die, welche in der Gefangenfchaft des Rämmerers liegen. Schließlich
verfpricht Philipp, den Wormfer Blirgeen offene Briefe auszuftellen, die
durch die Gebrüder Eberhard und Greo von SEberftein, Friedrich
Grafen von-Leiningen, den Wildgrafen und feinen Sohn Embricho, die
Raugrafen “eineich und Bonrad, Wernber von Bolanden und feinen
Bruder Philipp von Salkenftein und Wernber, Truchfeß von Alzei, befiegel
find. Sollte Philipp von Zobenfels fich gegen Diefen Srieden verfeblen,
fo fehließen ihn die obgenannten aus ihrer Benoffenfchaft und Sreundfähaft
aus. Der Bönig verpflichtet fidh, Der Partei beizufteben, welche durch die
andere angegeiffen worden ift.
Sturm und Dee
- Dif@bof Landolf von Worms. s21
ine andere Jehde war nody im Tahre 1245 beigelegt worden.
Simon von Schauenburg harte einigen Bhrgern von Worms im Serbft
über dreißig Juber Weins im Dorfe Doffenheim weggenommen, voesbalb
fie mit ihren Sceunden, Philipp von Zobenfele, dem Raugrafen Boncad,
Pöiipp von Saltenftein, Wackward, Schultheißen von Oppenheim, und
von Oppenheim am 30. Oktober J245 auszogen, in Jloesheim
va Mannheim übernachteren, um am anderen lorgen Doffenbeim zu
verbrennen und die Reben abzubauen; dad) kam ihnen Simon entgegen
und begebrre Seieden, der ihm gemähre wurde. $Er verpflichtete fich, die
Stadt Worms nach beftem Vermögen beifen feblizen zu wollen und
Schabenerfag, bis Elinfrige Oftern zu leiften.
Aus Briefen (die freilich nur Stilübungen find, aber doc) woirkliche
Verbätniffe wiederfpiegeln)'"”) erficht man, wie unfidyer die damaligen
Zuftände waren, wie ein jeder zu Stadt und Land zu Bemwalcthaten
aufgelegt war. Auch die Blirger der Stadt waren ein wehrhaftes Befchlecht,
welches das riegebandwere fo erefflid verftand, wie die abligen
‚Beifigen. &o fehlte eo nicht an mandheriei Vorkommniffen, welche die
Gemüter in fteriger Aufregung bielten. Die Wormfer Chronik erzähle
nicht ganz wahrbeitegerreu wie folge: Zn einer Llachr fei ein Torfehlag
vertibt worden, wobei fi) der Ratebere Warquard Bufo beteiligt haben
foll. Wan Eonnte es ihm nicht beweifen, doch fühlten fic) die anderen
Ratsberren wegen der Blurfchuld in ihrem Bewiffen geängftigt, und um
fid) davon zu befreien, Iegten alle ihr Amt nieder, es dem Bifcbof
überlaffend, andere zu wäblen. Außer fünf ernannte er lauter neue
Ratsherren und regierte mit ihnen im Srieden. In den Urkunden Bomme
Bufo zwifdyen 1248 und 1249 allerdings als Conful nicht vor, aber nach
dem beffer unterrichteten gleichzeitigen Wormfer Annaliften. beftand der
Rat 1246 nur noch aus I2 Wlitgliedern, da drei geftorben und noch niche
erfegt worden waren. $Eo gab num eine Partei, die den alten Dierzigerrat
wieder berftellen wollte. Zu biefer Partei gehörte eben der genannte Warquard
Bufo, ferner Gerhard Wagnus, Ritter Dimarus inter Babes, Wernberus
Bitrerchen, Seineich "ellekraph, Sigelo Ligelmari, Heinrich Aufus (Roth),
Wernher Dirolf, Zerbord Naparius, Jakob Warkgraf, deinich
von Pfiffligbeim, “einrid Jude und andere. Diefe Befchlechrer waren
mit der neuen Verfafjung unzufrieden und machten dem bifcpöflichen
Bat Schwierigkeiten. Vielleicht hatten fie Runde von einer Verfügung
Sriedriche I1., der im Jahre 5245 den Bürgern von Aegmbung die
15. Ban, De Mu vr wenn ach. 1.
s22 20. Rapkıd.
Ermächtigung erteilte, im fehroffjten Widerfpruch zu dem Reichogefes
von Havenna 1231, ficb Bürgermeifter und Bar zu fegen'®). Die
Derfähworenen in Worms fanden jedoch am Bifdhof, dem Rierus und
einem Teil der Bürgerfchaft enefehloffenen Widerftand. Diefer fehien
ndmlidy ein gutes Einvernehmen mit dem Bifhiof dem YOagnis einer
neuen Revolution vorgezogen zu haben. Der eigentliche Urheber der
Verfeyroörung, der Ritter Berhard der Broße, bat die Stadt Oppenheim
um Aufnahme dafelbft, damit er der Ungnade des Bifchofe entgebe,
und erhielt entfprechende Antwoort!*”).
Am 22. Mai 1246 wählten die Erzbifchöfe von Wainz und Böln
und wenige andere Sürften zu Gochheim am YWiain auf Gebeiß de
Papfies den Seinrid Kaspe, Landgrafen von Thüringen, der vom Baifer
sum Pfleger des Reiches beftelfe worden war, zum Rönig. Ronrad 309 ihm
entgegen, und am $. Auguft Bam es an der Ylidda zur Schlacht, in der
“eineich Sieger blieb. Die Wormfer Blirger harten Bönig Konrad IV.
DBewaffnere und Zriegefchiffe zu “ilfe gefchice. Die Boften biefes
umgtücktichen Seldzuges beliefen fich für die Stadt auf 150 Bölner
W art. Weil der Bifcyof nicht auf Seite des Begentnigs übergetreren
war, wurde er vom rzbifchof Siegfried um mehr als Joo Mare
gefäpddigt.
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21. Bapitel;
Der große rheinifche Städtebund.
Pin 3. Juni 1247 farb Bifhof Landoif
g und wurde im. Rlofter YIonnenmlinfter,
um deffen ebung.er fich verdient gemacht
batte; begraben: In einer Zeit, wo ‚oft
du felbft die Beften, fdynwantten, hatte er feinem
“eren, dem: Baifer, "die Treue bewahrt.
Es war nun 'ganz narhrlic, daß. der
Papft sum -Kradhfolger. nur einen. anti:
ftanfifeh -gefinnten Ylann wäblen laffen
wollte. in folder war Ronrad von
Dürkheim, Dekan - zu MW aing, der vom
( Papft am 2, Auguft 1245. ducch Gnaden-
bewelfegrgeieierbe, noan,ümpell enienenc und. fschtios fr «den
apoftolifehen Seubk fich‘ bemübr harte”). Durch, die direkte Binmifchung
des Rardinaltegaten Petrus von S. Georg wählte das Domkapitel den
‚vom Papft fdyon am 9. Juni empfohlenen Konrad, päpftlichen Rapellan,
und am JJ. September erhielt der Legar den Befehl, ihn als Bifchot
von Worms einzufenen'®), Am 9. Oktober weibte ihn der Legar zu
Yreuß in Gegenwart des neuen Mönige, Wilbelm von “olland").
Als er auf der “Heimteife nach Lorch Lam, wurde er fehwer Erant und
farb am 30. Oftober. m Wlainzer Dom fand er feine Rubeftätte.
Darauf erwählte das Domkapitel den Propft von Fleubaufen,
Eberhard Raugrafen, der am I}. Dezember vom Erzbifchof von Mainz
geweiht wurde. Doc) fand er keine Bnade vor den Augen des Legaten,
der vielmehr den Richard von Daun, Probft zu S. Simeon in Trier,
26 AU. Bapkel,
den Bruder Wiriche des Böniglicen “sofmarfdpalls begnftigte. Der
Papft befabl am $. Auguft 1248 dem Abe zu S. Martin in Trier, den
Richard und deffen Begner vor den päpftlichen Srubl zu laden“®), und
am 38. ds 5249 enefdhieb nnocenz IV., daß er auf Dorftellung
Wiricye von Daun, Eöniglichen Softmarfchalls, deffen durch Provifion
des Legaren Perrus sum Bifchof von YOsrms ernannten Bruber Richard
der päpftlichen Gunft für würdig erachte, und er befahl dem Dropft von
©. Warie in Wien, daß er ibn bie zur Beendigung deo Wormfer Bifchofe-
fireites, bie er durch Recht oder Bnade die Wormfer Ricche erlangt haben
werde, einftweilen in den Genuß der bifchöflicen Kinklnfte einfere'®),
Der Papft durfte fic) foldyer willküirlichen Kingeiffe in das WWablrechr der
deurfchen Domkapitel erlauben. +atte er doch Eurz vorher ein Derbor an
fie ertaffen, obne päpftliche befondere Erlaubnis bei Strafe der Klichrigkeir
feine neuen Bifchöfe zu wählen"®), Dadurch fehnite er jedem deutfchen
Bönig alle Linvoirkung auf die Erwählung der Bifchöfe und Aebre ab.
Der Streit über die Wormfer Bifchofowahl 30g fich lange bin, indem vor
dem Bifcyof von S. Albano der Prosef um die Redyrmäßigkeir der
Wahl Eberharde und Kicharde geführt wurde. Am 3. April 1252 zeige
Innocenz IV. dem Bapitel der Wormfer Rirdye an, daß er die Wabl des
Propftes Eberhard Eaffiere habe. SEnefprecyende Anzeigen erhielten das
VolE der Stadt und Dibzefe Worme, der Erwählte von Mainz und der
Zegar Zuge von S. Sabina"). Eberhard bebauptere fic) aber dennoch,
und erft Durd Vertrag mit Eberhard 1256 erkaufte fich Richard deffen
Verzicht, indem er fic) verpflichtete, Diefem eine jährliche Penfion von
150 Pfund Wormfer Bervichts zu zahlen. Diefe Entfeheidung wurde am
21. Mei durch die Bardindie Zuge von S. Sabina und Pereus von
&.Beorg und ebenfo durch den Papft Alepander IV. am I. Juli beftätige"").
Aönig Zeinrich farb am 6. Februar J247 auf der Wartburg,
ohne jemals eine Autorickt erlange zu haben. Wenn ihn aud) die
Pfaffenfürften anerkannten, fo Eonnte er doc nichts ausrichten, da die
Städte meift ftaufifdy gefinnt blieben. Sreilich, Wainz war dur) einen
‚großen Sreibeitebrief des Hrzbifchofs Siegfried vom 13. Llovernber 1244
für die päpftliche Partei gewonnen worden”®). Der Papft verfügte
nach WOillkhr über die beuefche Arone; wie ein Damaliger Dichrer Blagre:
er fegget fi uf, er fegget fi abe,
nad} der habe
wirfet er fie Hin und her ale einen balı39).
Der große theinifde Sräpıebund. 27
Auf Betreiben des Legaten wählten die Sürften am 3. ©ftober 1247
einen neuen Rönig, den Brafen Wilhelm von Solland"”). Denn von
dem verfluchten @efählechre der Staufer wollte der Papft niches wiffen,
und mit allen Witteln arbeitete er an deffen Vernichtung. Dabei waren
ihm bie Bettelmöndye feine beften Bundesgenoffen.
Bönig Ronrad machte feinem Gegner Wilhelm mit Ailfe der Stadt
Worms den Oberrhein fteeitig. Im &erbft 1248 nahm er den Rampf
‚gegen den $Ersbifchof von Mainz wieder auf. Die Bürger von Worms,
Speier und Oppenheim fepicten ihm Jzilfe nach Lieresheim, und der
Ersbifchof wurde bis nady Bruchfal zurlicigerrieben. Diefer Zug koflere
Worms 200 {Mart. m Sommer 1249 drang onrab IV. bis nad)
Worme vor.
Durch die Unbefonnenbeic einiger Bürger geriet die Stadt in große
Gefabr. Am 6. Auguft 1249 weilte nämlich Lubroig, Sohn des Lerzogs
‚Orto von Bayern, im Schönauerbof, dem Abfteigequartier der Pfalsgrafen.
Da entftand zroifchen den Anechten des berzoglichen Warfchalls Zumo
und des Philipps von “obenfels ein Streit und Schlägerei. Auf den
Zr eilte das VolE herbei, lief in den Sof; fie sieben die Pferde aus
den Seällen, plündern und verwunden einige Bayern, einen anderen ehren
fe. Da Bamen einige Ratsherren hinzu und drücten dem Jerzog ihr
Bedauern über Das Gefchehene aus. Der “ersog und fein Mazfchalt
Zurno wurden in andere Quartiere geführe. Am anderen Tag ver«
fammelte fich die Bürgerfchaft, und durch die Vermittelung des Raw
geafen einrich und Philipps von %obenfels wurde ein Sübneverrrag
zwoifchen der Stadt und dem erzog gefhloffen. Der Herzog verzeibe
den Bürgern die ibm angerhane Beleidigung, fehwoset, fich nicht zu
rächen und auch nicht dulden zu wollen, daß fein Wlarfchall deshalb die
Bürger beläftige"”). Auch König Bonrad IV., forie Herzog Otto von
Bayern, der Markgraf von Baden, die Brafen $riedrich und Emich von
‚Zeiningen, Eberhard von Fberftein und deffen Sohn, der Braf' von Say,
Otto von Mberftein, der Braf von Sweibrücken, der Kaugraf Zeinzic,
Graf Johann von Spanbeim und deffen Bruder Philipp von Gobenfels
und Wiric von Daun verbirgen fidh den Wormfer Bürgern daflır, daß
Gersog Lubwig fid) nicht an ihnen rächen werde”). Zueno gab gleichfalls
eine Ähnliche urkundliche Prkldeung und felle als Bürgen Philipp von
Sobenfels, Reinhard von Lauten, Wiorfel von Dahn, Albert von Lichten-
fein, Sermwicy von Zirzberg, YO., Bruder des Zurne, Wilderich, Sohn
s28 AI. Bapied,
des Borgo, Bosse und Wernber, Verrsandte des Zurne, welche fich zum
inlager in der Stadt verpflichteten; im Jalle Zune die Bürger dennoch
fehädige, fo follten die Bürgen alsdann in der Stade fo lange bleiben, bis
der Warfehall den Wsrmfern Genugehuung leifte. Wlan fleht, mit welcher
Vorficht der Rat den Solgen jener Bewaltthar feiner Bürger vorzubeugen
füchte. Die Blirgerfehaft bezeichnete den seinrich von Jobenedk als
Urheber diefer unangenehmen Gefdbichte, und man erfirchre ibn, die dem
sherzog von feinen Leuten zugefügten Schädigungen, derenwegen “err
Vipbarius, Prokurator der Rbeinpfals, der Stadt Worms Vorbaltungen
gemacht babe, entweder wieder gur zu machen oder dafür zu forgen, dafı
fie nicht wegen feiner Amwefenbeit in Worms Befahr laufe. sobenech
erwoiderre darauf, daß er, um fie nicht in Befabr zu bringen, nicht in
die Stadt tommen wolle; die gegen den Pfalsgrafen vorgenommene
Pfändung werde er jedoch nicht eher aufgeben, bis ihm fein Lohn vom
Pfalsgrafen werde, um deffen willen er Leib und Leben aufo Spiel gefent
babe”). Trog aller Verbiiegungen hielt fich Pfalsgeaf Ludroig gegen“
über der Stade Worms an fein eidlicd) gegebenes Verfprechen, fich nicht
rächen zu wollen, nicht gebunden, fondern wandte fich Elagend an Raifer
Sriedrich I1., der ihn zu Soggio im Mai 1250 von den Verfprechungen,
Bürgfepaften und Sicherheiten Ioofprach, welche er nicht fteiveillig, fondern
gezwungen aus Qurcht für fein Leben den Bürgern von Worms, als fie
freventlich fic) gegen ihn vergangen und ihm und den Seinen Beleidigungen
zugefügt hatten, geleifter batre'”‘).
Deifen ungeachtet blieben Die YOormfer dem ftaufifdhen dcufe getreu
und leifteten am 6. April 5250 dem Mönig Bonrad IV. große Silfe
gegen den Bifdof von Speier und die von Straßburg. m sElfaß
war der Rönig fiegreih. Dann z0g er im juli den Rhein hinunter,
um Boppard zu retten, was ibm gelang, indem Philipp von “obenfels
die Stadt hielt, bis Monrad herannahte, worauf Wilhelm von &olland
abzog. YTun gerieten die beiden Könige aneinander. Wilhelm Lagerre
am 2J. Juni in der YIähe von Oppenbeim; bei ibm befanden fidy die
drei vheinifchen Erzbifchöfe, die Bifcböfe von Speier und Worms und
eine Anzahl Brafen und “erren. Bonrad war im Beflz der Stadt und
Burg Oppenheim und feinem Gegner überlegen. Da Wilhelm nichts
ausrichten Bonnte, 309 er fühnsdres nad) Odernheim und lagerte am
25. Juli bei Bechtolsbeim, von wo aus er die Dörfer des Philipp von
obenfels beimfuchte und die, weldye fid nicht mit Geld Iookauften,
Der große eheinfde Sräbrebun. 529
in Afcye lege. Auch Bft und Yoefihofen brandfehante er, Doc) Bonrad
ef fich Dadurch nicht aus feiner feften Srellung locken. Darauf marfchierre
Wilhelm voieder nordwärte und lagerte am 29. Juli bei den Kreuzen
zwoifchen Oppenheim und Wiainz, während Ronrad bei Dienheim fein
Lager auffchlug. Doc; Wilhelm Eonnte nun fein seer nicht mehr
zufammenbalten und ging nady Wan. Roncad zog ihm nach, lagerre
beim YIonnenklofter Dalen vor Wein; und brandfchagte die Begend.
Yiady fünf Tagen ging er nach Dim füblich von Mainz zurlc® und
zerfiSere diefen Get vollftändig"”). Auf feine Dirte born mın die
Wormfer die Zälfte ihrer Mannfihafe auf und fihickten ihm am
32. Auguft aus den Pfarreien S. Perer und S. Andreas (S. Johann
und S. Wagnus) 2000 Bewaffnete und 100 Bogenfchlisen zu sailfe,
die er mir großer Sreude empfing. Diefer Zug toftere die Stadt mehr
als 700 Wart (ca. 180000 Mark heutiger Yokhrung). Am I3. Auguft
sogen fle in das Gebiet des Wilbgrafen und verbeerten es, dann ging
€6 gegen Wernber von Dolanden nadı Wlauchenbeim bei Bolanden,
das verbrannt wurde; fein Bruder Philipp von Saltenftein rettete die
andern Dörfer durch Geldsablung an den Mönig. Und weiter rückten
die Seerbaufen bis nach “eppenheim an der YWies, wo das Lager
aufgefcplagen wurde. Won bier Behrten die Wormfer nach +haufe
zuced. Der Mönig aber verblieb feche Tage dafelbft und fuchte den
Grafen mich von Leiningen zu gewinnen, der indes durch feinen
Bruder, den Erwäblen von Speier, auf päpftlicher Seite fetgebalten
wurde. Moncad IV. rädhte fi am Speierer Bifdof, indem er am
27. Auguft Deidesheim und andere Speierifche Dörfer verbrannte. Kurs,
das ganze Jahr hindurdy hielten fid) die beiden Mönige die Wage, und
jeder fährieb ficb den Sieg zu. Surchrbar hatte aber das Landvol unter
diefem beftändigen Rriegszuftande zu leiden.
Da war für die pdpftliche Partei der Tod des fürchtbaren Raifers
Seiebrich II, der unbeflege und ungebeuge am 3. Desember 1250 zu
Soggia bei Siorentino ftarb, ein unermeflicher Beweinn. Sein Sohn
Ronrad IV. war enefchloffen, das värerliche Krbe Sieilien anzutreten,
aber er wurde durch Befchäfte bis in den “erbft 125J in Deuefchland
feftgehalten. Er befüchte im Srübjahr I25J die oberrheinifcyen Städte;
sum legtenmal weilte er im Wides und April in feinem getreuen
Worms. Am I3. April belagerte er Weißenburg. Bönig Wilhelm
war ingwifcyen Über Oftern in Lyon beim Papft Innocenz IV. sewetn,
15.300, Di Aaue Sr einigen ae 1
530 21. Bapich,
um fid) perfönlid) mit ihm über die Lage zu befprechen. Da Chriftian,
Ersbifbof von Wiainz, ein (doächlider Wann war, fezre Wilhelm
deffen Abfezung durch, und an feine Stelle wurde Gerhard, Sohn des
Wildgrafen, erhoben. Diefer entfprady den Winfäen des Königs.
Gerhard von Wiainz zog cbeinauftodrts, um Worms zu beobachten, das
noch immer die befte Grüne der flaufifchen Partei war. Zur Strafe
für feine polirifee Yaltung verbängre er im Auguft das Tnterbikt Über
Worms, das fon einmal 1249 durd) den Lrzbifchof von Röln, den
päpftlichen Legaten, auf Dirte der Aebte von Schönau und Orterberg,
den Bonfervaroren der Sreibeiten der Stadt Worms, und am J3. April 125
durch Heinrich, Bifchof von Speier, aufgehoben worden war. Lrsbifchef
Gerhard lagerte an der Pfrimm bei Rriegsheim und zerftörte am
34. Auguft Pfedderebeim, dann vereinigte er ih mir Wilhelm von
0lland, der Boppard belagerte, das endlich im “erbfte erobert wurde.
Durdy die Abreife Aonrads nad) Tralien war für Wilhelm die Bahn
frei. Die Bürger von Worms erhielten von ihrem König Ronrad
nochmals im Dezember 3253 einen Ienten Bruß. Er meldet ihnen feine
itefliche Ankunft in Ttalien, vwoie er mit unbefchreiblicher Sreude
empfangen worden fe und daß er nun in ununterbrochenen Tagemdrfyen
feinem Erbfönigreiche (Sicilien) zueile. Er ermahne fie, bie zu feiner
baldigen Rückkehr nach Deutfchland in ihrer Treue zu verbarren"””).
Der Papft hatte nad) dem Tode des Raifere Boren nad) Deutfchland
gefandt, um durdy Verfpredhungen und Drohungen die Anbänger der
Staufer zu gewoinnen, und in der Thar, viele Sürften gingen mın zum
Bönig Wilhelm über. Auch die Städte hatte Innocenz IV. zum
Anfchluß an Wilhelm aufgefordert und die Rarsherren ermabnt, durd)
ihren Binfluß das VoIE in den Schoß der heiligen Kirche zurle:
zuführen (19. Sebruar 1255); wer mide geborche, gegen den fol
das Hechreverfabren eingeleirer werden (20, Sebruar)”). Inebefondere
ermahnee er am 19. Sebruar die Rateberren und das Volk von Worms,
da nun Sciebrich, dem fie aus Trrrum oder Furcht rrog feiner Abfegung
angebangen haben, geftorben fei, zur Anhänglidpteit an die Rieche zurh:
zubehren, welche fie gürig wieder aufnehmen wiirde, wozu audy Rönig
Wilhelm bereit fei. Durdy die Aückficht auf Konrad follten fie fich
miche abhalten laffen, weil diefer nie wirklicher Rönig gewefen fei'”).
In der Stadt Worms beftand feir dem Tode des Bifchofs
Zandoif große Swietrachr unter dem Mlerus. Ylidyt viel zu bedeuten
Der große cheinifege Sräbtebuns. ss
batte es, dafi die vier Stifte mit dem Blofter YTonnenmünfter wegen
der Bezahlung der vom Papft geforderten Steuern im Streite lagen”).
Größere Erregung berefehte wegen der Parteinahme der einen für
Bifchof Eberhard, der anderen für Richard. ABinige Zeit lang hatte
erfierer die Gewalt in dänden. Aber die meiften Mlerifer hingen dem
vom Papft bevorzugten Richard an, der den Derfiich machte, fid) des
Stadtregimentes zu bemächtigen, indem er forderte, dafı der Nat weder
Gericht noch Rat mebr halten follte. Da die einen dem Eberhard anbingen,
die anderen dem Richard, fo war große Verwirrung in der Stadt, und
weder das Tnterbift ‚noch die Krfommunifation wurden beobachtet.
Wan tieß aber niemanden in die. Wirdyen, worin bei verfehloffenen
Thliren Meffe gefungen wurde, er fdywöre denn, vom Kaifer abzufallen
und dem Papft, dem Bifchof Richard und dem Rönig Wilhelm
geborfam zu fein. Der Papft batte am 13. Desember 1252 dem Dom-
tapirel erlaubt, zur Zeit des Tnterdifte bei verfchloffenen Thlren und
mir Ausfehluß aller Bebannren obne Bloctengeläure ftlle Mefle lefen
au bliefen'®o),
Auch die Blrgerfchaft war unter fid) in Parteien gefpalten. Bis
zum Jahre 1252 bing die Wiebrbeit in unverrückter Treue dem ftaufifchen
Saufe an. Seit dem Wegzug Monrads war jedoch niemand mehr da,
der die ftaufifche Sache mit LTachdruc vertreten bite. So wurden
denn im Jahre 1253 gerade die Vornehmen (die Minifterialen) fehrsantend
und gingen zur päpftlichen Partei fiber. Da die Raiferlichen fürdhreten,
überroältigt und vertrieben zu werden, verfanmelten fie fi in S. Laurentius:
ber im Münfter. Sier fprach ein vornehmer Bürger Gerlach Jud für
bie Sacye des Raifers und ermurigte feine Parrei. Trondem nahm die
päpftliche Partei von Tag zu Tag zu, und es entftand eine große Ferrhttung,
fo daß der Vater gegen den Sohn, der. Sohn wider feinen Varer und
der Biuder gegen den Bruder war. Da verfibworen fi achr Bhirger,
um den Seieben weiber bersuftellen. Sie verfändigten (id) mit den: dor«
nebmften Geiftlichen, und auf‘ ibren Rat wurde Albero, der Prior des
Predigerlofters, zum Bifchof Richard gefebickt, damir Bann und Tneerdikt,
die Yauprurfache der Swoietracht, aufgehöben würde. Dies gefhab am
2. $ebruar 1253. Jedermann ging num wieder in die Kirden. Richard
rüftere fich aledann zum. feierlichen Linrite in bie Stadt. Doch der Bar
erfuchte ibn, feine. Tntheonifarion zu verfhieben, weil noch viele. Btirger
dem Eberhard anhingen, man audı befürchtete, die Freunde Zberhazde
s”2 21. Bapire.
wüirden der Stadt Schaden chun, wenn man feinen Begner einreiten Laffe.
Richard begab fich jedoch heimlich in das Alofter Rirfebgarten und wartere
dort drei Tage lang auf eine Gelegenbeit, um in die Stadt zu Bommen.
Als die Bhrger Dies vernahmen, erfäpraten fie und wollten ibm die There
verfchließen, weil fie den Rar im Verdacht hatten, im Binverftändnis mit
Ricpard zu fein, und co Bam fo weit, daß die meiften Wirglieder des Bares
fid) vor der Bürgerfchaft rechrfertigen mußten. Zulegt wurden die Blirger
dur) die Prediger und Wlinoriten mit vieler Wübe dahin gebracht, daß
fie Richard als einfachen Mleriter und nicht ale Bifchof in die Stadt
ommen ließen. Denn wenn Dies nicht gefdheben wodre, fo würde das
Tnterditt won neuem verhängt worden fein. Zudem war Braf mich
von Leiningen des Bifdofe Seind und fuchre ihn mit allen Witeln
gefangen zu nehmen. YOäre ihm dies gelungen, fo bitte man den
Bürgern die Schuld beigemeffen. So kam denn der Bifchof am
21. Sebruar 1253 in die Stadt, er begab fid) aber nicht in den
Bifchofebof, fondern in des Ruftos Haus. Aber Richard gelangte mir
Zufimmung feiner Anhänger im Rate doch zu feinem Ziele. Am anderen
Morgen vite er zum &. Andreasthor hinaus; draußen vor der Stadt
vereinigte fich um ihn ein fatrliches Beleite, und mit diefem 30g er dann
feierlihft zum S. Wartinsthor binein. Tags darauf hielt er das od:
amt im Münfter und fammelte feine Anhänger um fich.
Obwohl die Diirger den Bifchof Richard hatten einreiten Laffen,
waren fie mit ihm nichr eines Sinnes, denn fie wollten den Rönig
Wilhelm nicht anerkennen. Um eine Waffe gegen fie in der Sand zu
behalten, ertläcten die Pfaffen, daß der Borteedienft nur auf Zeit und
Gnade flartfinde. Offenbar überfähdnee Mönig Wilhelm den Binfuß
des Bifchofe auf die Gefinnung der Bieger. Er fehlte, um fie zu
‚gereinnen, zwei Ritrer von fEppfein und von Rüdesheim nach TDorme,
Diefe erhielten aber Beine Antwoser. Darauf wurde der Stadt wiederum
mit dem Tnterdift gedroht, aber auf Vermittelung des Abres Walther
von Erbach) ihr bie auf Wariae Zimmelfahrt Krift gemährr. Als diefe
fruchtlos verftrichen war, verhängte der Bifchof am I7. Auguft das
nterditr. Er berief nun alle Anhänger Woibelms in den Difchof:
bof, nannte fie Gotwrefürchrige und beratfählagte mit ihnen, wie
man der beiligen YWfurter Kirche zu Jilfe Bommen Bönne. (jene
antworteten einftimmig, daß fie mach beflem Vermögen ibm bei-
feben wollten. Als er dies hörte, war der DBifchof fehr erfreut,
Der große ehenifehr Sräsebu
533
daß co ihm gelungen fei, die Minigkeit der DBirger zu brechen.
Und als der Tag der Rreizerbebung, der I$. September, Bam, da (aß
er mit feinen Beiftlichen auf der Sreitreppe vor dem Bifchofabof, predigre
dem verfammelten Wolfe und verfündigee ibm, daß alle Anhänger
‚Seiedriche und Monrads verflucht fein als Ungehorfame der heiligen
Rirdhe. Er bob das Tnterdicht wieder auf, aber damit die Encsweiung
der Blirgerfhaft sunehme, ordnete er an, daß alle Anhänger der Staufer
Gottlofe genannt und aus allen Wircen und von jebem Benuß der
Satramente ausgefähloffen wirden. Er befahl audy, daß, wenn ein
Priefter die Wieffe fänge, er fich zuvor zum Volke ummenden und die
Anhänger Seiebride verfluchen folle; Diefe Diieften als BSferoichte der
Meffe und dem Bottesbienft nicht beiiwohnen. Ebenfo follte nad) Voll:
endung des heiligen Amtes der Pfarrer jedermann auffordern, Anhänger
des Baifers aus der Kirche zu treiben. Und fo gefchab es auch. Beinem
Gortlofen durfte das Sakament ins Yaus gebradyr werden. Werde ein
foldher Erant, fo foll ihm weder das heilige Del gegeben nodh er, wenn er
‚geftorben, nach chriftlicher Wdeife auf dem Rirchhof begraben werden, eo
fei denn, daß er zuvor die Partei des Batfers abfehmwöre. Den Bortes:
fürchrigen wurde verboten, die Rranken der anderen Partei zu befüchen.
So wurde den ftaufifd Befinnten jeder Genuß gottesbienftlicher Zandlung
verfagt und ihnen alle Rechte, geiflihe wie weltliche, aberfannt, fo daß
fein Urteilsfprudy für fie Nechtekraft erlangte. Da die Anhänger
Sriedriche erkannten, daß fie dem Bifdyof nicht länger widerfieben
Eonnten, unterwarfen fie fich ihm, und vorzüglich einige der Vornehmften.
So wurden innerhalb von vier Wochen faßt alle Bürger mit Bewale
dazu gebracht, der Partei des Bifcyofs beizurzeten.
Bönig Wilhelm verfügte über das gefamte Aufgebot der päpfilichen
Partei. Wer ihm zufiel, onnte auf die Gewährung aller möglichen
geiftlichen Bunftberoilligungen von feiten der Kirche rechnen, wer ibm
jedoch widerfland, wurde als Mener verfolgt. Vor allen waren die
DBertelmöndye thäcig. in gleichzeitiger “iftorier erzähle, daf, wo die
Dettelmöndhe in einen Ort Eamen, um das Kreuz zu predigen, die
Geiftlicpteit Ihnen mit Kreuz umd Sahnen und einer Waffe Volks ent-
gegenftrömte. Auf freiem Selde hielten fie eine Breuspredigt, und alle
Winner und $rauen, Jung und Alt, wurden faft zwangemeife mit dem
Mreuze bezeichnet. Der dann die Jahre nidye unternehmen wollte oder
Tonnte, mußte fich mit Beld Isfen"®). Miefe fogenannten Redemprions«
534 21. Bepiel,
und Gbventionsgelder waren eine ergiebige ‘Einnabmequelle für den
Rönig. Allein all diefe Wirreichen verfchafften ihm noch lange nicht den
allgemeinen Beborfam.
Da der größte Teil der Wormfer Blirgerfchaft nun auf des Bifchofe
‚Seite Übergerreten war, bofften fie, vom Bifchof die gewoüinfchre Verfaffungs-
veränderung durdyfegen zu Bönnen. Doch diefer wich aus und meinte,
das tiege nicht in feiner Macht, er dürfe es ohne Benebmigung der
Pfaffbeie nicht sulaffen, fonft würde er felbft feiner WOhrde beraube.
Infolge diefer Zwierracht wurde Bein Rar und fein Gericht mebr
ebalten, und die Verbrechen blieben unbeftraft. Das Eonnren die Yrner
auf die Länge nicht ertragen, denn das Uebel wurde eäglich geöfer.
Der Bifdof war mit der Geifttichkeie der Meinung, dap die Bürger
von ibrem Verlangen, die alte Verfäffung mit den +0 Aareberren
wieder. einzuführen, von felbft abfteben würden, wenn man ihnen mic
dem Tinterdikt drobe und fie fäben, daß die Stade fonft zu Grunde
gebe. Ylach langen Verhandlungen ftimmten fie zu, daß die Rachtung
vom Tahre 1233 wieder in Mraft rete, und am 30: September 1253
vollzog der Bifebof die Wärebefenung, Mr ermäblte folgende neun
bürgerliche Wateberren: 1. Konrad Ditrolf. 2. “einrich Nicher.
3. Wernber hinter der Münze. 4. “eineich Eippura. 5. Ronrad zum
Aofenbaum. 6. Ebehwin Reich. ..7... Eberhard in der Yoollgaffe.
8. “einrich "oltmunt. 9. “einzich Ror. Diefe neun wählten bierauf
fecbe Rireer: I. David hinter der Garklche.. 2. Jakob von Giein.
3. Wolftam von Pfedderabeim. 4. Wernber von Dürdibeim. 5. Gottfried
zum Wulbaum. 6. Botefried won Guhen.
Diefe Streitigkeiten um die Stadtverfaffiing hatten nun 20 Jahre
lang gedauere, und während Diefer Zeit berichte Beine rechte Ordnung
in. der. Stabtverwaltung. Der lange Mrieg hatte enorme Summen
verfälungen, und wiederholt hatten grofe Brände die Stabt fÄhwer
beimgefücht. Viele Bürger waren vollftindig verarme und verließen die
Stadt. Ylirgends gab es Recht: und Sicherheit, und die Bürger waren
amer fid) uneinig, bie fie geswoungen wurden, ‚fich dem Bifihof Richard
su umterwerfen und die Radhrung wieder anzuerkennen. Denn fonft ndre
die Ordnung nicht wieder hergeftellt worden und die Grade verderben.
Von Bönig Ronrad IV. war: ja Beine “hilfe mehr zu erwarten, da er
fen in Jralien m fein Erbe Bimpfie. Br ftarb am 2). Mai 1254
im Lager bei Lavello, einen unmindigen Sohn, Konradin, binterlaffend,
Der große rheinifhe Srädrebund. ss
der am 29. Ditober 1268 zu Lleapel auf dem Schaffor fein Beben ließ.
In Deuefehland Eimpfre Wilhelm gegen feine Wiberfacyer. Yrirgende
gab es Srieden, fondern allenthalben im Lande Brand, Raub und
Word; unfäglicyes Blend berrfchte namentlic) in den Städten, die von
Sriedricy II. niche laffen wollen. Die Teuerung war fo groß, wie
nie zuvor. Da fic Bifcof Ricyard lediglich) auf die Befälle in der
Stadt angeviefen fab, weil fein Gegner Eberhard mit Hilfe des Grafen
von Zeiningen alles Land befent bielt, fo forderte er von den Bürgern
llfe; doc) er hatte es nicht um fie verbient, und fie fdylugen es ihm ab.
Da verließ er am 3. Sebruar 125% die Stadt heimlich und begab fich zu
feinen Seeunden auf die Burg Eppftein bei Sranfenebal. Wir ihrer
Sallfe rhftete er fich und machte Ladenburg zum Sthapunkt feiner Unter:
nehmungen. Er füchte auch die der Wormfer Kirche entftembderen
Zehen wieder an fich zu bringen. Seiedridh I. hatte ihr das Wormfer
Rirchentehen Wimpfen abgenstige (fiebe oben). Sogleich nad) dem
Tode Ronrade IV. bemächeigte fich Richard Wimpfen. Am 24. Juli
3254 verpfänbere er den Zebnten zu Winpfen an die rüber Fengelbarb
und Bonrad von Weinsberg und Zeinrich von Erenberg um 200 Mark
gegen die Verpflichtung, Burg und Stadt Wimpfen und die anderen
Ghrer der Wormfer Rirche zu (chen).
Die Bürger von Worms füchten aber in ihrer Bedrängnio nad)
einem Witel, um fich des Andrangs ihrer Jeinde su wehren, und biefes
Wüirrel war Bein anderes ale das, welches fich noch beute die Schwachen
bedienen, wenn fie fich der Ausbeutung durch die Starken erwehren
wollen: die Affogiaion oder Zinung. Das Papftnm hatte ja wohl
vermocht, den Partifulariomus in Deurfdpland wachzurufen, um das
Bönigeum tötlich zu fdhwächen, aber einen georöneten Zuftand im Reiche
berzuftellen, war die Birche nicht im ftande. Uron aller ihrer Unter:
ftügung gelang es dem Bönig Wilhelm nicht, allgemeine Anerkennung
und Gehorfam zu erzwingen. Selbfk.die, welche ihm zugefallen waren,
wurden ihm wieder abtrünnig, und man planre wiederholt feine Abferung.
Diele bitten gern den mächtigen Dreofar von Böhmen zum Aönitz
gewünfcht. Wir Recht fagten Wilhelms Gegner ihm nach, er befine zu
wenig Wacht, um den Srieden im Keiche erbalten zu £önnen. Und des
‚Sriebens bedurften vor allem die geroerbe- und handelcreibenden Bürger. Saft
fehuntoe waren fie den Bebrlichumgen der großen &erren, den Plünderungen
der Ritter und Edlen preisgegeben. Zu Waffer und zu Lande gab es
36 21. Rapid
feine Sicherheit des Verkehrs. Ueberall errichteten Die Landesberren neue
Bollftäeren, und die alten Zölle wurden bis ins unglaubliche erböht, fo
af das ganze Zolliwefen fich zu einem Raubfpftem umgeflaltere. Alle
Welt färrie nad) Srieden, aber weder der Papft, noch der König, nod)
die Sürften Eonnten ibn gewähren. So balfen fich denn die Kleinen felbft.
Schon zu König „Heinrichs (VII.) Zeit harten die mittelrheinifchen
und wetterauifchen Städte ein Bimdnis gefchloffen, das aber 1226 auf
töniglichen Befehl wieder aufgelöft werden mußte (fiebe oben). Wir
erfahren ferner J250 von einem oberrbeinifchen Stftebund, der die
ftaufifehen Tntereffen vertrar”®). Am $. LIovember 1252 fehloffen Köln
und Boppard einen Vertrag Über das rechtliche Verfahren gegen ihre
Bürger in Scyuldfachen und ebenfo am 22. Juli 1253 Boppard und
Robfenz'®). Wichtiger war der Städtebund, den am 17. Juli 1253
die Städte Münfter, Dortmund, Soeft und Lippe zum Schuge ihrer
Bürger gegen Pfändungen und eraubungen eingingen”®). m
‚Sebruar 325% verbanden fid) Worme und YWainz, die einft in alter
Sreundfchaft verbunden gewefen, aber wegen der auswärtigen Politi® in
‚Seindfdyaft getommen waren. Die Wormfer durften feit dem Tode des
Raifers und der Abreife Ronrads IV. nicht mehr auf den Sieg der
Maufifcyen Sadye redynen; wenn fie fi auch mod) nicht Wilbelm
von olland anfehliefen wollten, fo nahmen fie zunächft eine neurrale
Waltung ein. Dienftmannen, Räte, Ridyrer, Schöffen und alle Bürger
von Worms beurfunden nun, daß fie der alten Liebe und Treue, welche
aweifehen ihnen und der Stadt Wlainz epiftiert habe, eingeben? fein und
das Bündnis der Zintracht erneuert haben. Sie wollen gerreue selfer
der Bürger diefer Stadt fein und ihnen in ihrer Stadt die gleichen
Rechte einräumen und feine anderen Abgaben zumuten, als den eigenen
Bürgern. Und dasfelbe follen ihnen die Wainzer fehwören. Zur Be-
feitigung allfällige Streitigkeiten wähle jede Stadt vier Schiedsrichter").
Auch Oppenheim winfpre in diefen Bund aufgenommen zu werden,
doch war wegen ihrer politifäpen Jaltung die Stade noch im Fnterdikt.
Durch) die Vermirelung der Mainzer bob der Erzbifchof Gerhard am
3. April das Tneerditt auf, fteilich nur bebingungsweift, unter dem
Vorbehalt des Wohlverbaltens. Darauf befchmoren die drei Städte den
Bund, und zwar Arnold der Rämmerer, Seiedrich der Schultbeiß, die
Ricyter, der Rat und die Bemeinde von Mainz, die Winifterialen, Räte,
Richter, Schöffen umb die Gemeinde von Worms und Wiarquard, der
Der große eheinifie Srestebund. 537
Schulcheiß, die Schöffen, Ritter und die Bemeinde von Oppenheim.
Im Sinblic® auf die außerordentliche Unficherbeit der Strafen und die
Sielen Räuberelen und Befdhrerungen, denen fie feir langer Zeit umter«
liegen, verfprechen fich die drei Städte, unter Witvirtung des Seren Tefus
Ehriftus, des ichebers des Friedens, eiblic) für immer gegenfeitite «zilfe
gegen ihre Angreifer, Dornehmen und Beringen, Beiftlicyen und Mönchen,
Laien und Juden foll diefes Bündnis zu gute Eommen. Streitigkeiten unter
den Bundesgenoffen follen durdy ein Schiedsgericht vertragen werden,
wozu jede Stadt vier bevollmächtigte Befehworene ftellt, die auf Lebens:
zeit gewählt find, und zwar Wlainz: Arnold den Rämmerer, Tngebrand,
beide Nitrer, Arnold den Walboren und Ulrich zum NRofenbaum;
Worms: Jakob Kitreechen (Bürgermeifter), Wolfram von Pfedbereheim,
beide Nireer, Seineihh Wider (Bürgermeifter) und bero in der
Wollgaffe; Oppenheim: Berlady von Biebeinbeim, Tatob von Lörzweiler,
beide Nitter, Uro und Dierrid) Rorkolbe. Skirbr einer von diefen, fo
Poll ex erfent werden. ft er erkrankt ober verreift, fo foll ein Srelf:
vertrerer fir ihn handen. Mann ein Streit nicht mit Recht oder
Wine beigelegt werden, fo foll, wenn die vier einer Stadt fbrwören,
daß diefe Star zu dem, was ihr auferlegt it, nicht verbunden fei, die
Stadt davon befreit fein. ft einer Stadt Unrecht gefeheben, fo follen bie
Dierer zufammentreren und nach dem Befchluffe ihrer Städte darüber
verhandeln, wie basfelbe wieder gut gemacht werden Eönne'®”). Am
29. Wai verbünderen jich Mainz und Bingen auf der Bafls der Hechrs:
gleichheit, entfpredend dem Gonderbunde swifchen Wainz und Worms;
von einer foldhen Rechrogleichheit ift bingegen in dem Bunde der drei
Städte Peine Rede, weil die Verbälmiffe in Oppenheim fo ganz andere
waren, als in Wains und Yoorms. Der Dreiftfdtebund hatte wefentlich
politifche Bedeutung, und ohne Mitwirkung des Wiainzer Ersbifchofs
wäre er nicht zu flande gefommen. Denn Oppenheim war im Kirchen:
bann wegen feiner politifchen Pareeiftellung. Ohne den Abfall von der
aufifchen Sadye wide Oppenheim nice vom Bann losgefprodyen
worden fein. Die Stadt vollzog daher, wie vorher Worms, eine policifche
Schwenkung, indem beide die ftaufifche Partei verließen, ohne indeo den
Grafen Wilhelm von Zolland als Aönig anzuerkennen. ir diefem
hatte fich der Erzbifchof Gerhard verfeinder und war vom päpftlichen
Begaten epfommunisiert worden. Er berrieb Die Abferung YVilhelme,
Möglich, daß er ic auf die drei rheinifchen Städte fügen ot,
1. Dan, Di Maar De een au. I
s38 21. Bapitl.
Damals, ersähle Zorn nach einer alten Quelle, ftand es in Deutfdh-
land und vornebmlich am Abein fo, daß wer der Stärkfte wat, fhob die
anderen in den Sad. Die Ritter und Ebelleure näbrren fich vom Stegreif,
mordeten, wen fie fonnten, verlegten und verfpersten die Päffe und
Strafen und ftellten den Reifenden nach. Die Kandesherren hatten am
Heine neue Sölle aufgerichtet, und das arme Volk war mir übermäßiger
unbilliger Schagung hoch beladen, befehwert und bedrängt. ben deshalb,
weil die drei Sehdte Mainz, Worms und Oppenheim fonft Peiner Zilfe
und feines Troftes gewärtig waren, verbanden fie fi mit den anderen
Sefdten des Abeins.
Die Grimdung dre rbeinifeben Städtebundes'”®) ging alfo von dem
Dreiftädtebund aus. Diefer Bund erregte foldyes Auffeben, daß fogar
fern in Sachfen ein Mönch Albert von Stade feiner rühmend gedente,
und eben diefer Mönch nennt ale geiftigen Urheber des Bundes Arnold
den Walpoten, Bürger von Wlains, der fid um feine Varerftadt durch
die Erbauung des Dominitanerklofters verdient gemacht hatte”). Weniger
durch fein Amt als durch feinen überlegenen Geift batte er bei feinen
Wirbfirgern Anfeben und Zinfluß gewonnen. ir dem Ersbifchof muß
er im beften Zinvernehmen geftanden haben, und diefer war einer der
erften Sürften, Die dem Bunde beitraten. Don den Städten gehörten ihm
von Anfang an: Worms, Mainz, Srankfurt, Oppenheim, Belnbaufen,
‚Seiedberg, Wenlar, Boppard, Wefel und Bingen. Von diefen batten
(don im Jahre 1226 Wiains, Worms, Bingen, Srankfürt, Beinbaufen
und $riedberg mit Speier einen Bund gebilder. Der neue Bund Bann
daber als eine Erneuerung jenes erften Verfuches angefeben werden. Aus
einem Schreiben des Rardinallegaren Peter von S. Beorg vom 7. Oktober
3254 lernen wir den Beftand des Bundes Eennen‘®). Er habe, fehreibr
er dem Dechanten Jobann von W}ainz, vernommen, daß ber Ersbifdhof
‚von Mlains, der Bifchof von Worms, ferner Eilains, Worms und andere
Städte am Aheine ein Sriedensbindnis zu Ehren der römifchen Rirche
und des Rönige Wilhelm gefähloffen bitten; er befiehle ihm, auch andere
Stäöre und Bdle jener Gegend zum Beitritt aufsufordern und gegen
die Störer des Anfebens des Könige und des Landfriedens mir
Erfommunikarion und nterditr vorzugehen. Genau war der Legat
nidyt unterrichtet, aber fo viel wußte er doch, daß die mierelrbeinifhen
Bifchofedee und der Erzbifchof von Wiainz die maßgebenden Wir
glieder des Bundeo waren. YWlains und Worms machten Propaganda
Der große shinife Ortorebund. ss”
fir diefen Bund, der fich am 13. Juli 1254 Bonftinuierte. Leider ift
die Brindungsurtunde nur in überarbeiteter Sorm erhalten, wahr:
febeinlich in einer fpäteren Yleuausfertigung. Die erften Witglieder des
Bundes waren nur die in der Wormfer Ehronit genannten, die anderen,
vielleicht mir Ausnahme der Stabe Speier, find erft fpäter, aber noch
im Laufe des Jahres 1254, beigetreten. Zieifchen Worms und Speier
beftand feit langem eine Derftimmung, weil die Wormfer zur Zeit Rönig
seineiche (VIL.), 1234, Waren der Gpeierer mit Befdhlag belegt und
trog einer Aufforderung Rönig Bonrads IV. daftır nicht Entfchäbigung
geleifter hatten. Das gefchab erft anfangs des Jahres 1254"). Der
Seiftungsurfunde des Bundes liege die Urkunde des Dreiftäbrebunbes zu
Grunde. Ylicyr nur die Arenga ift ihr wörtlid) enrnommen, fondern
auch die übrigen Beftimmungen. Sie enthält eine Anzahl von Ab:
änderungen und Zufägen, Die durd) den Beitritt einer Anzahl von
‚Landesherren notwendig geworden waren. Die Brindung des Bundes
vollzog fich in zwei Akten: zuerft fehloffen ihn die Seädte unter füch ab,
dann befdprworen ihn die Ferren.
Der Ziwecd des Bundes war die “erftellung des Griedene. Die
Verbündeten gelobten, vom I3. Tuli 1258 an gemeinen Srieden
während der mächften zehn Jahre halten zu wollen. Unter Sriede
verftanden die Teilnehmer des Bundes zunächft Sicherheit der Straßen
und des Verkehrs, Schun von Perfonen und Eigentum der Bundes:
mitglieder gegenüber den Sriedenoftsrern. Als Störung des Sriedens
betrachtete man aber Die gewaltfame SErpreffung von Zöllen und
anderen Verkehrsabgaben, die eigenmächtig eingefordert wurden. Ylur
gegen die ungerechten Zölle wender fi der Bund, und er ver-
lange teineowege etwoa Abfchaffung der Zölle überhaupt. LUngereche
waren alle Zölle, die micht durch den aifer verliehen ober Deren
Bervag ungebührlich erhöht morben war. fine weitere Er:
Ufrung deffen, was unter pax generalis zu verfteben fei, giebt die
Grlindungsurkunde nicht. Sie fezt den Jnbalt des gemeinen Sriedens
voraus, und in der That eriftieree ein folcher allgemeiner Friede, nämlich
das Mainzer Landfriedengefen Friedrichs II. vom Jahre 1235"). Auch
diefes befämpft die ungerechten Zölle, und es ift die Bafls der SEriftenz:
berechrigung des Yundes. Urfprimglid war es die vornehmfte Pflicht
und Jauptaufgabe des Rönigs, für die Aufrechterhaltung des Sriedens
zu forgen. Mlit dem Verfall des Rönigeumes und dem SErftarken der
540 31. Bapiel,
Sandeofürften it es dem Mönig nice mebr möglich, dem Yeichelandes«
frieden allgemeine Beltung zu verfchaffen, und num liege es den Provinzen,
ob, für die Auftechrerbaltung dee Landfriedens zu forgen, fei es unter
Witvoiekung des Bönige oder auch ohne diefe. Wichtiger ale die Eönigliche
Aurorieht wurde nun das Einumgeprinzip®). Die Bundeegenoffen
vom Tabre 125% flellten ich auf den Boden den Keichegefenes, indem fie
in ibm die wicheigften Waffen zur Betämpfung der Zollplagereien
fanden. Da die Reicyogewalt nicht im ftande war, den Srieden zu wahren,
fo nahm der Bund diefe Aufgabe in die and. Die urfprüngliche
Verfaffng des Bundes war einfach dem Dreiftädtebund nachgebilder.
Jeder der Verbündeten wählt vier bevollmächtigre Befchworene, deren
Befamtbeir das Bundesgericht bilder. Diefes entfeheider über alle Streirig-
keiten zwoifchen den Bundesgenoffen, und zwar entweder nach Wine oder
nach Recht. Wenn der Sriede in einer Stadr verlegt wird, follen je die
vier Befchworenen zufammentommen, um über die Sriedensftsrung und
Sugleich Über das Sriedenetwerf zu verhandeln und gemeinfam bereben, wie
Genugehuung erreicht und der Landfriede befetige werden Könne. Denn
die Verfammlung der Bundesvertrerer it midyr blos Schiedsgericht,
fondern auch Befchäfteverfammlung. Der Weiterennvichelung der Bundes:
organifation wourbe von vorneherein Spielraum gegeben, indem anfangs
nur einige “auprpunkte firier wurden, das weitere aber der Zukunft
überlaffen. blieb.
Ylichr gar lange dauerte eo, fo Eonneen die Bundeofreunde ihre
Mraft erproben. Wernber von Bolanden wollte Feine Kube balten.
Er batte bei Tngelbeim eine Burg erbaut, von wo aus er die Städter
befehpädigee. YWTainz mit Silfe der Bunbesgenoffen belagerte das Raubneft
und serfiscre es am I3. September. Darauf fammelten fich die Freunde
des „eren von Dolanden bei Gdernheim, nämlid) Braf Emidh von
Zeiningen, die Raugrafen, der Graf’ von Hberftein und andere, mit flarter
Wacht, Doch auch die Srädte rüifteren, um ihnen zu widerftehen. Da
Iegten ich der KErzbifchof, der Wildgraf und andere “erren ins Mirrel
und machten einen Waffenftillftand bis zum 29. September. Braf Eberhard,
von SEberftein, Wernber von Bolanden und fein Bruder Philipp von galten:
fein, der Serr von ZEppflein und der von Salkenftein mußten fi ver:
Pflichten, alle ibre (ungerechten) 3Slle zu Waffer und su Lande abzurhun.
In demfelben WIonat sogen bie von Worme mit ihren Sreunden
von Wainz und Öppenbeim gegen die serren von Strahlenberg (an der
Der große beinifche Sräbtebund. ss
Dergftraße), welche den YWormfern viel Leids angerhan batten. Sie
verbrannten ihnen das Dorf Schrieebeim und bieben die Reben dafelbft
ab. Auch diefe Schde wurde durch den Schenken Konrad von Erbach,
Philipp von Yobenfels, “ermann von Rietberg, den Truchfeß von Alyei
und andere erren beigelegt. Die Gründung des Bundes und diefe
‚Sehden Bofteten die Stadt Worme mehr ale 1000 Wiark (ca. 260000 Miark
beutigen Beldeo). Die Juden mußten dazu einen Beitrag von 200 Wiark
sablen, womit die Stadt GSölöner amwarb. Von den genannten “Herren
find fpäter Philipp von “obenfels, Philipp von Salkenftein, der “err
von Strahlenberg, der Schenk von Brbach, Wernher, Truchfeß von Alzel,
dem Bunde beigetreten.
Diefe Unternehmungen find fehwerlich auf Grund von Bundes»
befcyläffen veranftalter worden, fondern auf Tinitiative der gefchädigten
Städte. Und die Zerren werden Baum mit dem energifchen Verfahren
der Städte einverftanden gewefen fein, weobalb fie fich beeilten, ihre
Vermirrelung anzubieten. Die Selbftbilfe war ja eigentlid mit dem
Pringipe des Bandfriedens unvereinbar. Yun heißt es fon im Reiche:
lanbesfriedenegefen vom Jahr 1235 Artikel 5: Ylimand fol fich felbft
belfen, wenn er nicht vorher vor dem Richter fein Nechr verfolge bat,
außer im Salle der Ylonwehr. Wer kein Recht erhalten Bann, muß noch
drei Tage Srieden halten (Artikel 6). Ver diefen Artitel bricht, woird
ehrlos und. friedlos. — m ganzen Wiitrelalter galt der Brundfan:
Rechteverweigerung legitimiert Selbfthife. Der rheinifche Bund war
‚gefehloffen worden, um dem Sriedensgefen Achtung zu verfchaffen. Erft
wenn alle Redpromirtel fich als unzulänglich erwiefen haben, um zum
Beche zu Lommen, darf der Bund mit den Hirten gerwaltfamer ZErekurive
in Thätigkeit treten. Eben um das Verfahren der Selbfthilfe zu vegeln,
rar am 6. Oftober 1254 in Worme ein Bundestag zufammen und faßte
eine Anzahl wichtiger Befchlüffe zu Ehren der beiligen Mutter Rirche
und des heiligen Yeiche, dem jene der erhabenfte Fer Wilhelm vorftehe
und zum gemeinen Clugen für Arme und Neiche, Weltgeiftliche und
Wönche, Laien und Juden.
Diefer Wormfer Bundestag ift einer der wicheigften. Jene erjt
erhielt der Bund feine Organifarion und erweitertes Programm. Yliche
nach dem Villen einzelner, fondern nur mad) reifticem Befchluffe des
Bundes darf‘ eine Dunbesepekurion vollzogen werben. Auch darf Bein
Bürger einem Zerm auf eigene Gauft abfagen, das it Gadye des
2 AL. Bapieel,
Bundes. Wir einem Seinde des Bundes foll Bein frieblider Verkehr
Rattfinden, ihm weder Lebensmittel noch VDaffen, noch irgend erwas
gelieferr werden; man darf ihm Beine Ware borgen, noch ein Darlehen
. Wird ein Bürger eines foldhen Vergebene Iberführt, fo foll er
aus der Stadt verbannt und zum warnenden Beifpiel an feinem Kigennm
geftzaft werden. Vor dem Wormfer Tage hate dem Bunde eine
militäeifcbe Organifarion gefehlt. Jent wird eine folche gefehaffen, aber
nur für die Geädte. Thnen lag vorzüglid daran, die Abeinftraße in
ibren Def zu betommen, darum wird verfüge, daß die Srädre ficd) der
Sabefebiffe an den Siußübergängen bemächrigen follten, um durch Diefe
Waßcegel die Seinde bliben und drüben zu ifolieren. iefe defenfive
Waßregel wonrde ergänge Durch die offenfive, wonach die oberen Städte
von Bafel bis zur YWiofelmindung 100 riegsfdiffe, mir Schlnen
bemannt, die unteren Städte So Schiffe bereit halten follten. “erren
md Städte follten zu jeder Zeit gerüftet fein.
Wainz und Worms waren die Urheber des Bundes und allezeit die
rüftigften Witglieder desfelben. Es war Daher nicht mebr als rechr und
billig, daß ihnen die Leitung des Bundes Übereragen wurde. Sir alle
@efchäfte wurden zu korrefpondierenden Städten beftimmt: YWainz für
die unteren Städte, Worms für die oberen. Der Bund warf fi
fodann zum Schliger der Armen und Schwachen auf; audy die fo
fehmwer durch die Gehden heimgefchten Bauern follten des allgemeinen
Seiedens. reilhaftig und eventuell in den Bund aufgenommen werben.
Sie, die Seädre, find eben im Wunde die maßgebenden treibenden Mir:
glieder, fie fallen die Befchläffe von ihren Befichrepunkten aus, während
der Standpunkt der Zerren Baum in Berracht gezogen wird. Berabe
der Bauernartifel mußte die Zerren empfindlich verlegen; die Städte
mochten das gefühlt baben, denn um bie «erren au begiicigen,
nahmen fie aus dem Sriebenegefen vom Jahre 1235 das Verbor des
Pfablbürgertums berfiber, gleihfam eine Begenkonzeffion. Ydie fehon
in der Gründungsurtunde, wird nochmals dem Rierus Eräftiger Schug
zugefichert. Die Propaganda wird zur Pfliche eines jeden Bundes
mirgliedee gemacht. Ylichtmitglieder follen nidhr nur nicht den Srieden
micgenießen, fonbern auch fie vogelftei ertlärt werden, falls fie der Auf:
forderung zum Deitrire feine Solge Teiften.
Wan war aber aud) nody in Worms weit entfernt von einer voll:
fändigen genligenden Organifation. Es fehlte vor allem eine epekutive
Der große sheinifhr Srästebund. ss
Gewalt und eine gemeinfame Yunbeskaffe. Viele Befchläffe fanden
Iediglich auf dem Papier und traten bei der Burzen Seit der Bpiftens des
Bundes nie in Rraft. ‘Wlan weiß ja, wie lange es gedauert hat, bis
fih) auf den Tagfanungen der eidgenöffifchen (fhhroriserifchen) Bünde
eine feßte Befchäftsordmung und ein Yunbeoftaatsrecht ausbilderen. Die
auptfehroäche des rheinifchen Bundes war das mißtrauifche Verbältnis
der soerren zu den Städten, das nie liberwunden wurde.
Der Bund barte fidh eine Aufgabe geftell, die eigentlich Sache des
Bönigse war. Sobald man den Tod des Königs Konrad IV. erfahren
hatte, mußte ıman die Scage erwägen, wie man fid) zu Yoilhelm von
%olland ftellen wolle. Die Seädte waren jedenfalls entfehloffen, Wilhelm
ale Rönig anzuerkennen, und darım eben erwähnten fie ihn in ebren-
vollfter Weife in den Wormfer DBefchläffen vom 6. Öftober 1254.
Schon im September 1254 hatte die Stabt Worms zwei Befandee,
Bitter Wolfram von Pfedderebeim und Moncad Dierolf, nad) Holland
gefösicht, um von Bönig YWilbelm die Beftdeigung des Landfriedene,
das heißt des Bundes, zu erlangen. Denn der Stadt lag an der Bpiftenz
des Bundes befonders viel, diefer erhielt jedoch feine eiftensberechtigung
erft durch Die Eönigliche Anerkennung. Zu gleicher Zeit begab fich auf
Biree der Stadt Bifdyof Richard nach dem “aag, um die Bnade des
Bönige für Worms zu erlangen. Am 13. ©Etober gewährre Bönig
Wilbelm biefe in der damals üblichen Sorm der Privilegienbeftätigung”®).
Die often diefer Befandtfchaft betrugen 180 Mark.
Bönig Wilhelm flug fih am Yliederehein mit feinen Seinden
‚herum, Doch obne Erfolg, vielmehr fant fein Anfehen. Darum wechfelre
er den Schauplan feiner Thätigkeit, indem ihm. die ‚Derhälmiffe am
Oberrhein günftiger zu liegen fehienen. Srantfurt, Belnhaufen, Speier,
Worms und ®ppenbeim barten fich ihm unterworfen, und er durfte daher
hoffen, mit Zilfe der Städte zum Ziele zu gelangen. Diefe hatten ja ein
auprintereffe an einer flarfen Aeichegewalt, während die Sürften,
denen der König fein Auftommen verdankte, jederzeit bereit waren, ihn
ihrem Egoismus zu opfern. Der König erkannte mit larem Dlich die
Tragweite, welche der rheinifche Bund für feine Sache haben Eonnte,
deshalb fchre er fidh ihm zu näbern. satte fich dody aud) die Kirche
günftig für den Bund ausgefprochen.
Zum Bunde gehörte audy die Stadt Aöin, welcher ihr Ersbifchof
Bonrad von ochftaden feindfelig gefinne war. Als der Rönig auf der
er 21. Rapid,
Durchreife nach Oberdeucfchland in YTeuß anfange Januar 1255 vom
Ersbifchof die Auslieferung eines Seindes verlangte, geriet der Birchen-
fürft in folche Wut, daß er an das “aus, in dem der König mit dem
päpfilichen Legaten wohnte, Seuer anlegen tief. Der Papft char ihn
deshalb in den Bann, aber Ronrad biieb in Amt und YWırden, und
der Mönig erbielt niemals Genugtbuung für die erlittene fehwere
Beleidigung. Die Folge diefer Zeindfehaft zwifben dem König und
dem Ersbifhof war, daß die Stadt Röln fi um fo enger dem
Bunde anfehloß. Die beiden Teile, die Bundesgenoffen auf der einen
Seite und Röln auf der anderen, wechfelten darüber Briefe mit einander
und beurfundeten gegenfeitig die Zugehörigkeit zum Bunde”). Aus
dem Briefe der Stade Röln vom I4. Tanuar 1259") lernen wir die
Wirglieder des Bumdeo Tennen: die Erzbifchöfe von Wainz und Köln,
die Bifchöfe von Worms und Bafel, die Wildgrafen, G. von Limburg,
Ulrich von Winzenberg und andere Edle, YWiainz, Worms, Speier,
Hagenau, Straßburg, Bafel, Schletrftadt, Rolmar, Breifach, Srankfurt,
‚Belnhaufen, Wenlar, Griedberg, Oppenheim, Bingen, Wefel, Bacharach,
Abein-Diebach, Boppard. Gegen jedermann wollen die Rölner den am
13. Juli 125% befehmworenen Landfrieden auftecht erhalten. Röln nimmt
nur den Mönig Wilhelm und den Erzbifchof von Möln aus, fo lange
nämlich diefe felbft den Landfrieden balten. Die Stadt Röln war dem
Erzbifchof zur Hilfe verpflichtet, wenn diefer angegriffen wirde. Durch
den Bund wollten fic) die Röfner davor fiyern, daf; fle nicht gewaltfam
von ihrem Ersbifchof zur Rriegebilfe gegen den Rönig gepreft würden").
Rönig Yoilbelm reifte den Abein binauf; am Jo. Januar 1255 war
er in Baiferewerch. Sterhin fähichre ihm die Stadt Worme Befandre
entgegen, um feine volle Verzeihung zu erlangen. Der Rönig erfcht in
feiner der Stadt gegebenen Urkunde Schulcheiß, Schöffen und Bürger,
fie möchten feftes Vertrauen zu ihm begen, daß er die ihnen von feinen
Vorfahren verlichenen Sreiheiren und Rechte nicht mindern wolle, fondern
mehren, daß er foldhe fämtlidy umverfebet erhalten und ihnen fo viel
Gnade erweifen wolle, daß nicht bIos die Ehriften, fondern auch die
Juden fich freuen follten, ich feiner wohlthärigen “Serrfehaft untergeben
zu baben!®). Am 33. Januar war Wilhelm in Wains. der gab er den
Wormfern einen neuen Brief: Er verzeibt ihnen gänzlich, was während
des Streite ywoifehen dem päpftlichen Stuhl und deffen Begnern durd,
fie gegen diefen Stuhl und ihn felbft gefchehen fei, verfpricht ihnen auch,
Der große eheinifde Sräbeebun. s4
von anderen gleiche Verzeihung zu verfäpaffen und nimmt fle als liebe
Gerrene in feinen Schua'®). Am felben Tage beftätige er den Bhrgern
von Worms, beren treue “ingabe an ihn Elar zu Tage liegt, alle
Privilegien und Sreibeiren, die ihnen feine Vorfahren verlieben hatten
und genehmige ibre guten Gewohnheiten und Kechre‘®).
Worms hatte bie zum Tode Ronrads IV. mit unerfehlirterlicher
Treue der fiaufifcben Sadye angehangen und war fat allein im Rampfe
gegen Wilhelm geftanden. Obne fie bärte diefer wahrfiheinlich fdon
längft die allgemeine Anerkennung am Abein erlangt. Gegen die Rache
des Pfaffentönigs wollten fidh die Btieger von Worms ficyern. Wilhelm
war aber viel zu Elug umd milde, ale daß er etwas Böfes gegen fie
bäete unternehmen wollen; für ihn war es fdyon ein großer Vorteil,
wenn ihm Worms, das in vorbergegangenen Zeiten fo oft der Sig der
Beicheregierung gewefen war, die Tbore öffnete. Llach Yoorme hatte
Rönig Wilhelm, wahrfeheinlid fdyon vor dem Antritt feiner Keife,
einen Beicherag ausgefcheieben. Am 4. gebruar zog er in Worms ein
und empfing von den Biirgern die Zulbigung. Jier Bamen nun der
Erzbifchof von Wains, der Bifdhof von Worms, die beiden Wildgrafen,
Graf Adolf von Walde, der Rat und Derrraure des Aönige, Arnod
von Dieft, Wirih von Daun, Wilhelm, Vogt von Aachen, und viele
Grafen, Edle und Wiinifterialen, fodann die Boten aller Bundesftdre
‚von Bafel theinabtoäcte zufammen. Die Derfammlung war ein Reicherag,
nicht etwwa bIoe ein Bundesrag"‘®), und es war ein ganz außerordentliche
Kxeignis, daß zu Diefem Reichstage aud) die Sehdte sugesogen wurden!%),
von denen fie bis ent ausgefcyloffen gewefen waren. An diefem Tage
in Worme wurde nochmals der Bandfrieden befehworen in Gegenwart
des Rönigs. Aber den Bund erfannte der Mönig nicht an, er fprach
vielmebe von ihm nur ale von einer Jdre, als etwas Proviforifchem.
Er ließ deobalb den Bund von neuem befehwören und trat an deffen
Spige. Yrady der Aeichsverfaffung galt ein ohne Genehmigung des
Rönigs und der Sürften geftifteter Bund für unzuläffig und frafiwürdig.
rt nadydem ihn der Rönig legitimiert bar, wird er zu einer Reiche:
inftiturion. Dadurch) ordnete der Mönig das fäderarive Flement wieder
der Reicheverfaffung ein, und der Bund diente ihm nur ale ein Mirrel,
‚um den Srieben beffer wahren zu Eönnen. Banz im Sinne der Stifter des
Bundes war eo fodann, daß der Rönig am 6. Sebrwar durdy die Reiche:
verfammlung zwei Rechtofprüche verkünden Ließ""®); der eine bezog hd sur
5. Ben, Di AnturWr ltüden da.
E77} 21. Bapiel,
die Wiängverfihlechrerung, und es wurde befkimmt, daß alle umechten und
gefälfähten Winzen fortan ungileig fein und die Sälfher beftcaft werden
follten. Viel wichriger noch war der andere Spruch: daß die verabfeheuunge
wirdige Bewohnbeit, wonach die Uferbewsobner jich die Gliter der Schiff:
brüichigen aneignen, gänzlich aufsubören babe. Damals und noch lange Zeit,
nidyt nur in Deurfehland, fondern au) in den meiften anderen Ländern,
wurde das graufame Bewohnbeitsredht des Strandraubes (Brundrubr) aus-
gelbt, ein Ylachklang altbarbarifcper Siere und Rechtsanfihamung, wonach
der Srembe vechtlos und fein Gut den sEinbeimifchen als gute Beure verfallen
war. Strandete ein Schiff an fremdem Ufer oder fkürste ein Wagen auf”
einer Blicke oder Strafe um, fo wurde das But vom Berichtaheren weg«
‚genommen. Berade deahalb hatten die „erren ein Tintereffe daran, daß die
RLandftrafien in möglichft fehlechtem Zuftande erhalten blieben. Die Städte
aber als die Träger einer höheren Rulnır bekimpften diefeo barbarifche
Recht und errangen auch mit Zilfe der Rönige allm&blicy den Sieg'”).
Bis zum 9. Sebruar blieb König Wilhelm in Worme, dann ging
er nach Speier, wo er bie zum 25. Sebruar verweilte. Die theinifchen
Riöfter liefen fi) bier und in Worme ihre Privilegien beftärigen, fo
auch am 24. Sebruar das Mlofter der Reuerinnen in Worme''”). Die Zahl
der Süxften, welche den of befüchten, mehete fidh. YDilhelm befürchte
von Speier aus die Neicheburg Trifels, wo die Reicheinfignien durch
Bönig Monrad IV, der Obhur Philippe von Salkenftein anvertraut
worden waren. Diefe nahm er in Empfang, und boffnungefrob gab er
von diefem Ereignis feinem Vizekanzler Vracheicht. Er habe in Ober:
deuefchland eine fehr günftige Stimmung getroffen, alle frenten füch über
feinen Anblick, woie eine Wiurter fic freut Über ihr torgeglaubtes Rind;
die Burg Trifels mit den Baiferlichen Sieden, den Aeichebeiligeimern,
der Lanze und Arone fei nunmehr in feinem Beflze,
Am Jo. März war er in Zayenau. An diefem Tage beftätigee er
den von Jürften, Grafen, (Edlen und den Boten der Städte von Bafel
abtodrte in feiner Begenwart neulich zu Worms befhtworenen allgemeinen
Srieden, gebot, daß niemand ihn Übertrete, und verordnete, daß, wenn
fie doch jemand deffen unterfange, derfelbe von den Bürgern und
anderen Sriebensverbündeten mit feinem und des TJuftitiars Rat und
Villen follte gerichter werden"®). Der Aönig machte jid) alfo demgemäß
zum Garanten des Bundes, dem er jedoch die Berichtsgewalt nahm,
Inden diefelbe allein ihm geblihrte. {Er felbft oder fein Tufticiar follten
Der große eheinifehe Gräbtebund. 547
tichten, der Bund aber-den Ueteilsfprud, ausführen. Das Amt eines
öniglichen Tuftitiare war in Deurfchland durch das Mainzer Land-
friedensgefen vom Tabre 1235 von aifer riedrich II. gefchaffen
worden, um den Zandfriedben zu wahren. . Allein nur für zwei Jahre
ift der Juftitiar nachweisbar, dann feheint das Amt wieder erlofihen zu
fein. Indem die Brümder des Bundes fidy auf den Boden des Land
friedensgefeges ftellten, wurde aud) der Mönig bewogen, die dorr
gefehaffene Tnftirurion eines Reicherichters wieder aufleben zu laffen.
Aber er gab diefen Amte eine weitere Bebenung. DBenor Wilhelm die
oberrheinifchen Lande verließ, wwaf er am 25. März zu Wenlar Der:
fügungen Über die Reicysregierung während feiner Abwefenbeit. Allen
Reidjegerreuen und fodann in einer befonderen Urkunde den einzelnen
ftändifchen Gruppen machte er befannt, daß der Rönig, weil er niche
überall perföntich fein nme, den Brafen Adolf von Waldeck, feinen
lieben Diener und Getreuen, zu feinem unb des Reiche Juflitiar
verordner habe und verfprach, jede unter deffen eigenem Siegel ein:
gegangene Verbindlichkeit zu genehmigen, bis er fie felbft befiegele haben
wolirde. Ar beflehlt, dem Tufiiar su geborchen und ihm Wannfchaft
und Treueid zu leiften, bie er perfönlich zu ibmen ommen werde‘).
Somit ift der Jufticiar nicht mehr bloß der Softichter Iaur dem Befene
‚Seiedriche I1., fondern geroiffermaßen der Reichsvitar oder Visefönig.
Er foll für die Bewahrung des Friedens Sorge tragen, das beißt nichee
‚anderes, als die Reicheregierung führen. So tritt denn Graf Adolf
von Walde? forvohl als Zofeidhter auf, als auch als Reicheregen").
Zugleich) hat der Reichejuftitier die Pflicht, das Reichegur zu wahren
und zu verwalten. Denn wenn Wilhelm im Anfange feiner Regierung
d09 Reichegut verfchleubert batte wie feine Vorgänger, fo dachte er
darliber feit I25$ anders, Verpfändung des Reichegures Bommt jent
feltener vor, und die bereite verpfänderen Städte Scankfurt und Oppenheim
werden wieder zu Zänden des Reiche genommen, und den Städten wird
die fehriftliche Verficherung des Mönigs gegeben, daß fie dem Reiche
nicht mebr entäußerr werden dlrften. Denn auf die Seädte ftünte fich
fent der Rönig. Sie fpielte er gegenüber dem Uebergerwicht der frudalen
Berwalten aus, und er bevorzugte die Flemente, welche unmittelbar der
Reichegewalt unterftanden: die Städte und das Reidyegur. der war
ein Boden, auf dem nochmals die Keichegewalt bärte refonfiruiert
werden Binnen, wenn nicht Wilhelm allzu rafdy hinweggeforben wäre.
er
ss 21. Bapitel.
Der Bimd dehnte fi) im Laufe des Jahres 1255 gemalkig aus;
eine große Anzahl meift weftfätifcher Städte twar ihm bei: am 29. Juni
der mächtige Pfalsgraf bei Abein und Jerzog von Bayern, dann
Lübeet, Samburg, Stade, Wlrzburg, Yrnberg, Regensburg und der
Bifepof von YOlrzburg ıc. Somit war der Bund Bein rheinifcher mebr,
fondern batte die Tendenz, das ganze Heich zu umfaffen. Vielleicht
wäre eine Verfcmelgung der föderativen Flemente des Reiche mit der
monarchifehen Reichegerwalt möglich gewefen, und die Zukunft Deurfeh-
lade bätte fich alodann günftiger geftalten Eörmen. Allein Diefe Wöglickeir
zerfällt doch wiederum beim näheren Zufehen in ihr Yliches. Denn die
farke Ausbreitung des Zundeo bedeurere faktifch Beine Stärkung deofelben,
vielmehr eine Schwächung, da er in fic) ganz unvereinbase Klemente
enthielt. YIord und Süd fließen fi ab, und die Tinrereffen und
Anfdyauungen der Städte und Sürften gingen diametral auseinander.
Schon längft batte es gegäbre, als im Sommer 1255 der Ronflike
Ioebrach. Tent trat der Tuftitiar in feine Sunktion ein. Graf Adolf
von Walde? erfdyien am 29. Tuni auf dem Bundestag zu Wiainz ale
Vermittler. Zwar den Srieden brachte er midhe zu flande, wohl aber
einen Stillftand, der bis zum II. Ylovember dauern follte. Der Sriede
felbft follte durch Vermitrelung des Mönige, deffen Gegenwart man
erwartete, mit Jainzugiebung einer Gedhjebnertommifllon, deren eine
Jadlfee der Mönig aus den erren zu wäblen, die andere die Städte zu
ernennen hatten, bergeftellt werden. Am 30. Juni führieben die Ratemannen
und Richter von mehr ale 70 Städten des oberen Deutfchlands dem Rönig
Wilhelm, daß auf ibrem geftern abgehaltenen Tag unter Vermitrelung
des Reichsjuftitiare Friede und Stillftand aller Briege und Seindfeligkeiten
gemacht worden fei, weebalb fie den Mönig biren und ihm. rieten,
diefen glücklich) begonnenen Landfrieden zu beftätigen“"'). Vornehmlich die
‚oberrheinifhen Scädre firebten eine engere Verbindung mit dem Rönig
an. Die am 29. Juni zu ainz befehloffenen Artikel wurden am II. Juli
auf einem Städterag zu Bingen, der unter dem Vorfige dee Erzbifchofe
von Mainz flatefand, nochmals angenommen"). Denn offenbar war biefer
geiftliche &err auf die Bewalt des Juftitiars eiferfüchtig. Die Bundes
genoffen befriedigten alfo die Fitelkeit des Erzbifchofs, indem fle feiner
Dermiteelung den Vergleich zwifchen den “Yerren und Städten sufchrieben.
Diefe Artikel‘) eröffnen uns nun einen ciefen Minbli® in die
swoifhen den Städten und “ersen fhroebenden Begenfäne. Es handelte
Der große eheaffde Sratebuns, 549
fi bauptfächlid) um die Frage, ob die deurfchen Städte wie die
ialienifähen ich ein Territorium, Land und Leute, außerhalb ihrer
Stadrmauern erwerben dirften, wodurdy fie zu Landesberrfchaften
‚geworden wären, oder ob fie auf ihren Wlauerring befchränkt bleiben
follten und das plate Land ihrem Wiachtbereich entzogen werden volırde.
Der erfte Arcitel beftimmt, daß die “erren Beine ungerechten Abgaben,
Beben und Zinfe von den Biitern der Birchen und der Dihrger erpreffen,
fondern nur das verlangen diirften, was durch Weissum der Schöffen:
und “ubergerichte ihnen zugefprochen wiirde. Unter diefen Gfitern der
Bürger find die Beflgungen zu verftehen, welche fie in den Berichte:
besirten der Territorialberren befaßen, und die fie möglichft dem KBinfluffe
derfelben zu entziehen füchten. Yegen foldyer auswärtiger Befizungen
war die Dlrgerfebaft von Yoorme mieberbolt in Sehde mit dem
benachbarten Adel geraten.
Der zweite Artitel betrifft die bäuerliche Bevstkerung. Schon Iaut
den Wormfer Artikeln hatten die Städte die eventuelle Aufnahme der
Bauern ins Auge gefaßt. Das war inzwoifden zum großen Verdruß
der s„serren gefcheben. ent wird Daher beftimme, daß die Seren die
Bauern deshalb nicht bedrücten dhrften, diefe aber den Serren die Dienfte
zu leiften bätten, welche feit vierzig bis fünfiig Tabren berfömmlich
gerwefen wären.
Der wicheigfte Punkt des Vergleichen ift aber der Artikel, welcher
ich auf das Pfahlblirgerrum bezieht. Pfablbürger nannte man urfprünglidy
foldye Bauern, die, um den Schug der Stadt zu genießen, fidh innerhalb
der Pfähle, welche die Stadrgemarkung nach außen abfdyloß, niedergelaffen
hatten“). Diefe Bauern erhielten, fofeen fie nicht nadı Jahr und Tag
von ihren „erren angefprochen wurden, das Zhrgerrecht. Es Bam dann
vor, dafı ganze Dotfgemeinden, Mlöfter, Ebelleure in das Blrgerredhe
fich aufnehmen ließen. Der eigentliche technifche Begriff des Pfabl-
bürgerrums begreift folche Wiitblirger einer Stadt, die in fremden Berichte
besirßen wohnten. Die Serven fühlten fi, fdyon durch den Zug ihrer Körigen
in die Stadt ftart beunrubigt; verloren fle doch ohnehin im I3. Jabrbundere
die volle Diepofition über ihre sofleure. Dem Bauer winkse die Sreibeit;
indem er fid) zur WOohlhabenheit emporfchwang, war ihm die Möglichkeit
geboten, das “örigkeitsverhälrmis mit dem des freien Pächters zu ver:
taufchen"“"“). Und nun geiff die Stadt immer weiter um fidh und machte das
platte Land zuerft vwircfähaftlich, dann policifdy von fid abhängig,
sso 21. Rapid
wodurch die Brundherren in ihrem Lebenenern verlegt wurden. . Schon
zur Zeit Sriedriche I, harte das Pfahlbürgertum die böchfte Bewalt
befehlfrige. Die Sürften hatten fodann von Seinrih VII. und
‚Setedrich II. die Abfchaffung diefes Wipbrauches gefordere und erlangt.
Vrocmals wurde das Pfahlblirgerrum durch das Keichelandfriedensgefen
vom Jahre 1235 verboten, und der Arcikel 14 des Wormfer Abfchiedes
vom 6. Oktober 125% hatte Das Verbor erneuert. Aber die Bewegung
ließ fih) nicht hemmen. Yun mußten die “ercen wenigftene fo viel
‚nachgeben, daß fe die Binwanderung der Bauern in die Stadr geflatteten,
aber nur unter der Bedingung, daf diefe Bauern alsdann auch in der
Stadt wohnen mußten; von der Stadt aus follten fie ihren of auf
dem Lande bebauen. Es wurde ihnen erlaubt, zur Beir der Ernee und
Weinlefe vom-S. Wiargarechentage (12. Juli) bie zum S. Zorenztage
(10. Augufi) und drei Wochen lang” nad) dem &. Wloristage
(22. September) fame ihren Srauen auf die auswärtigen Büter zu
geben, um die Bente zu beauflicheigen. jedoch dürfen ihre “fufer in
der Stade während diefer Zeit nicht gefchloffen werden, fondern fie
müffen offen bleiben wie bewohnte ZAufer, und das “Gerdfeuer darf nicht
erlöfchen; audy ein ausreichendes Sausgefinde muß zuchc®bleiben. Sind
Die Landberwohner Wigenleure, fo follen fie, wenn fie in die Stadt
sieben, auf Aufforderung ihrer «erren denfelben volle Benugehuung
leiften gemäß den Gewobnbeiten, die barliber befichen. Ausdrhcklich
wird auf dem Bundestage zu Wains am 29. Juni nochmals die Auf
hebung des Pfablbürgertums gefordert. Diefer Abfcyied enhälr außerdem
Beftimmungen über den YOucher. Den Chriften war ja durch das
anonifdye Recht das Zinsnebmen verboten, und die Uebertrerung diefes
Verbote wurde mit dem Banne bedroht. Jene follten aud) die Juden
nicht mebr Zins nehmen dürfen als zwei Pfennige vom Pfund auf
die YWoche, gleichviel ob vom £ölnifcen, ballifdyen oder Straßburger
Pfund, alfo circa 43/4% jÄbrlicd. Ale Jahreszins darf der Tube
+ Unzen vom Pfunde gleich ungefähr 334% nehmen. Doch fon
auf dem folgenden Bundestag am I5. Auguft in Worms wurde bie
Beftimmung über den VWucher verfchärft. An diefem Tage faßre man
den wichtigen Befdyluß, daß in fAmtlichen Bundeoftäbten jeder, der ein
Vermögen von 5 Pfund oder mehr bat, jäbrlicy am Sonntag Tnvocavir
einen Pfennig (Ya%) geben fol. Ein Ausfehuß von vier zu diefem
Bweche gewählten Männern foll in den einzelnen Städten das Gelb
Der große eheinifche Sräbrebums, ssı
fammeln und davon ein Zaus dee eiedene bauen. Diefes Haus des
Seiedens wird mit Recht ale ein Armenhaus angefehen und die Steuer
als‘ eine zu Bunften der Armen auf die Reichen gelegee Ropffteuer.
Der Bund verfolgte alfo fostalpolitifäye Ziele, deren Grundprinzip
die Sürforge für die weirefihaftlich Schwachen war. Denn das Befpenft
der Armut tauchte damals in den rafch anmwachfenden Städten zum
Schrecten der Obrigteiten auf, eben die Bebrfeite der immer mächtiger
werdenden Belbwirtfehaft. Wlan kann Die Zivecmäßigkeit der Wiafregeln,
welche der Bund ergriff, um die Begenfäge zu befeitigen, bezweifeln, allein
deffenungeachter wird man die WDeirfichtigteit einer folchen Policik, zu
einer Zeit, wo der Starke gewohnt war, den Schwachen rifichrelos
auezubeuten, bewundern müffen. In der Jolge haben dann die Städte
auf dem Gebiete der Öffentlichen WOohlfährtepflege großartiges geleifter"").
in neuer Dundesrag war auf den 29. September nach Straßburg
ausgefehrieben worden, der fedod) nicht ftarrfinden Ponte, denn die zu
dem Tage teifenden Städreboten Wolfram von Pfeddersheim, Ritter, und
Geineic, Wicyeri von Worms und Arnold der Rämmerer und Sriederich
der Schultheiß von Wang wurden von dem Grafen iEmich ‘von
Zeiningen in der Llacht des 28. September aufgehoben und gefangen
auf das Schloß Lande? gefüiher. Doc) fchon nad) zehn Tagen mußre
er fie wieder freigeben und fi) mit den Bunbesftädten vertragen.
Der nad) Straßburg angefezte Tag murde mun auf den
34. Ofrober nad) Worms verlegt. YWlan befchloß bier, jährlich vier
Städrerage zu halten, nämlich auf Epipbanias in Röln, auf die Öftave
nach Oftern in Wainz, auf Peter und Paul in Worms und auf Mlariae
Beburr in Straßburg. Mönig Yoilhelm brady Mite Oktober von
Zhlpich auf und z0g den Abein hinauf nad Oppenheim, wo am
30. Klovember wiederum ein Bundestag ftarrfand. Die Refilrare biefes
Tages find uns einmal durch den Abfchied und fodann genauer durch
eine Urkunde des Mönige""‘) beannt. Der Rönig beftstigte mit Dank
gegen Bott den Landfrieen und verordnete mir imilligung ber
dlen und Städte, fowie mit feines Yates Zuftimmung folgendes: Die
Zandeoberren follen das Hecht Ihrer Gerichte gebrauchen und fiberall
ihr Recht erlangen. Von den Leuten in ihren Gerichten dürfen fie
nur foldye Dienfte fordern, welche diefe und deren Vorfahren feit 30,
40 und 50 Tabren zu leiften gewohnt waren. Alle Rirchen, Städte
and Wiebe follen fld) ihrer herkömmlichen Sreibeiten, Rechte und
ss” 21. Bapin,
Ehren erfreuen. Edle und Landesberren, die fid durch die Geädte
verlegt glauben, diirfen deshalb Beinen Bürger fangen oder pfänden,
fondern fie follen ihr Recht vor dem Mönig oder dem “ofrichter, dem
Grafen Adolf von Walde‘, oder vor den Schulcheißen in Boppard,
‚Seankfure, Oppenheim, Zagenau oder Bolmar fücyen. $Ebenfo follen
die Sehdte und Märkte ihr Neche vor Bericht gegen Befchädiger
füchen. Yenn indes aus Ylachläffigteit dee Richters Bein Recht erlangt
werden Bann, dann dlirfen die Zdlen und Städte gemeinfam gegen den
Sriedbrecher ziehen.
Vlady den früheren Abmadyungen follte der Aönig den definitiven
Frieden swoifchen “erten und Städten berftellen. n feiner Urkunde
erwähnt er der Streitigkeiten und des Stillftandes garnicht. Er füchte
zwoifehen beiden Parteien eine vermitteinde Stellung einzunehmen. Aber
badurdy wurde der Duell der Wißbelligkeiten nicht verftopft. Der
Mönig war auch beim beften Willen nicht in der Lage, diefe Begenfäne,
die zuweilen mit elementarer Wucht aufeinander ftießen, zu befeirigen
ober auch nur darniederzubalten. Sr begnügee fi vielmehr damit,
durch nichrefagende Nedensarten eine Mluft zu überbrücken, welche
zugumerfen man nicht Braft noch Mittel hatte‘): Die fo fehmer:
wiegende Srage wegen des Pfahlbürgerrums u. f. m. berührte der König
mit feinem Wort, benn eo ift gewiß ein Treeum, wenn die WDormfer
Annalen behaupten, der König habe auf dem Tage zu Oppenheim in
Gegenwart der Sürften das Pfahlbiirgerrum abgefchafft.
Der Rönig füchte feinen Einfluß auf den Bund zu ftärten. Die
Serbfibilfe wurde von neuem verboten und dem Mönig oder feinen
Beamten allein die Berichtebarkeit fiber Aecpreverlegungen Üüberrragen.
Wer fi diefer Gerichtsbarkeit nicht unterordnen weill, gegen den foll
die Bunbesepefurion angensandt werben. Der Bundesabfihieb des
Oppenbeimer Tages erflder, daß der Rönig die zu Worms befchloffene
Zinridrung der vier Bunbesrage anerkannt habe. Die füyon frlber
garantierte Unverleglichleit der zu den Wunbestagen reifenden Boten
wird aufs neue zu fichern geht. Ohne allen Auffcyub und mir der
ganzen Bundesmacht foll gegen die, welche fih an folden Zorn
vergreifen, oder gegen die Bundesmirglieber, welche foldhem Verbredyen
Vorfeyub leiften, mit den härteften Strafen vorgegangen werben.
Am 6. Januar 1256 wurde das erfie der zu Worms und Oppenheim
befchloffenen viereeljäbelidyen Bolloquia in Aötn abgehalten. dier erhielt
Der große eheinifähe Srabeebund. 553
die rekurionsordnung des Bundes eine nähere Beftimmung. Wenn einer
Stadt Unrecht gefcbiebt, fo foll fie es sundchft felbft rächen; Bar fle das
nicht, fo follen ihr die näcyften Flachbarn zu Gilfe eilen; reicht aud) ihre
Mache nicht aus, fo write der Bund für das beleidigre Wirglied ein.
Der Rönig verließ nady dem Oppenbeimer Tag die oberen Lande
wieder, um in feine Zeimar zuriichsuehren. Seine Bemablin verrraute
er der Obhut des Brafen von Walded® an. Als beide im Dezember 1255
nach der Burg Trifels reifen wollten, wurden fie auf der Landftraße bei
Edesbeim unweit Landau vom Ritter Zermann von Rierberg gefangen
‚genommen und auf deffen Schloß gefchleppr, aber bald wieder freigelaffen.
Trogdem rlifteren die Wormfer, um diefen Sriebenebruch zu rächen; fie
zogen aus, und zu YWfurterfiade, wo fie ibr erfies Ylachelager hatten,
ftießen die zur Erekution aufgebotenen Verbhinderen, Braf Seiedrich von
Beiningen und andere Yerren zu ihnen und rhekten vor Rietberg. Dazu
Tamen noch die von Mainz und Oppenheim. Solcher Mebermacht war der
Straßenräuber nicht gewachfen; er ergab fi) und wurde am 4. Dezember
nad Worms gefüber. +ier mußte er fehwoören, bis zum Austrage feiner
Sache zu bleiben. Die Rönigin blieb bis zum Tode ihres Bemabls, der
am 28. Tjanuar I256 im Rampfe gegen die Sriefen erfchlagen wurde,
in den oberen Landen, dann reifte fie von Spiegelberg nach “olland.
König Wilhelm hatte mehr als ein anderer deurfcher Fücft Verftändnis
für das fiädtifche Leben, das fich gerade in den niedereheinifcyen Gegenden,
in Slandern und Brabant fo reich und fdöpferifd entwicele. Sein
Tod war daher ein großes Ungläc® für Deutfehland, ja geradesu
verhängnisvoll, denn dadurch wurden. verbeifungevolle Reime: erftict.
Der verftändige zeitgenöflifche Befchichtefchreiber Hermann von Altaich
bat das drohende Unbeil erfannc: Alles, fagt er, Eehrte nach dem Tode
des Könige wieder in den früberen fehlimmen Zuftand zurück.
Sobald man am Abeine den Tod des Könige erfahren hatte, wurde
nad) Wiainz eine außerordentliche Bundesverfammlung einberufen, Die
vom I2. bis zum 7. Wärz tagte. Wan empfand bier die ganze Schwere
der Zeit und gab diefem Gefühl Ausdruc. Zum Lobe und Rubme
Chrifti, der da ift die Duelle alles Sriedens und YWenfihenbeils, zu
Ehren der heiligen römifihen Rirdye, weldye Beredtigkeit und Srieden
banbhabt, aus Sbrerbierung gegen das eich, deilen Bericht die
Unverbefferlichen auf den Yoeg des Hechre zurüchführt, und zum
Yoohle der Armen und der ganzen Chriftenheit, die nad) der Ruhe des
1. Ban, Di Baon vr een a
ss+ AI. Bopine.
Seiedens dirften, geloben die Bürger von Wiain, Worms, Speier,
Straßburg, Srankfurt, Boppard, Aöln, Aachen, Wänfter, Soeft und der
‚anderen Bundesftidre, den befehmworenen Srieden unverbrüchlich zu balten.
Die Bundesgenoffen werden zum Auffeben gemahnt, fie follen fich su Roß
und zu Zuß mit allen Rräften rüften und Sölöner anwerben, um jederzeit
gegen Die Seiedenebrecher bereit zu fein. an verfpricht fich, die Statuten
der früheren Tage gerreutich su halten, und die Wormfer Arrifel werden aufs
neue eingefchärft, alfo Beberfehung der Slußhbergänge durch die Städte,
Ausfcyliepung der Yichrmirglieder vom Sriedenofdhune, völliger Abbruch
des Dertehre mit Yundesfeinden, endlic) die Beftimmung, daß jedermann
bei feinen alten Rechten bleiben folle. “auprfächlich nahm man aber
Stellung zu den Angelegenheiten des Reichs. Weil das Reich erledige und
berrenlos ift, fo wollen die Städte während der Datans alle Reichgirer
mir ganzer Araft wie ihre eigenen fehlten. Sie fehichen nach einen in
geordneter Sigung gefaßten Befchluffe Befandre zu den Wablfürften,
diefelben infndig zu birren, Daß fe zum “eile des Varerlandes eine einmürige
Wahl treffen mögen. gälle die Wahl dennoch zwiefpälcig aus, fo-wollen fie
feinem der Bewählten huldigen, ihm Peinerlei Yülfe Durch Darlehen oder
fonftige Dienfte zu teil werden Laffen. Welche Stadt fi) biergegen vergeht,
die foll als meineidig, ebrlos und friedbrüchig gelten und gegen fie, gleich,
ale habe fie den Srieden gebrochen, mir allen Bräften eingefihritten
werden. Das fol fo lange gebalten werden, bis ein recht und einmlrig,
gewählter Rönig vorbanden it, dem wollen fie alsdann auf das freubigfte
geborchen und ihm den Eid der Treue und alle fuldigen Dienfte Teiften.
Die Städte, denn diefe find es, welche auf den Yundestagen das
große Wort führen, enmwicfelten in der Srage der Rönigswabl eine
außerordentliche Energie. Auf dem Tage zu Mainz am 26. Wat befchliefen
fie zu dem auf den 23. Juni nad) Srankfuer auegefchriebenen Wahltage
ibre Boren zu fehicten und dort im Tintereffe dee Friedens, das beißt, zu
einer einmätigen und dem Bunde günftigen Aönigewahl mitzuwirken.
Zugleidy fagen fie auf den I. Juli einen Zug gegen die Sriedensftörer an.
Doch die Lage wurde von Tag zu Tag verworrener. Durch
den Tod Wilhelms war der Thron erledigt. lach dem Erbrecht
hätte er dem Sohn Roncads IV., Roncadin, gehört, deffen Dormund
»ersog Ludwig von Bayern war. An ihn dachten audy mande
deutfchen Sürften, aber fie fanden beim Papfte den entfchloffenften
Widerftand. Die päpftliche Partei, namentlich der mächtige Ersbifchof
Der große sheinifipe Sräbrebuns. ss
von Röln, Konrad, traten für Richard ein, den Sohn des Könige
Tobannes von England und Schwager Sriedriche II. England
fparte Eein Beld zur DBeftechung der deurfchen Wablfürjten. Anderer-
feito machte Alfone, Rönig von Spanien, Enkel Rönig Philippe des
Scaufers, Anfprüche auf das ftaufifche Erbe. Auch er hate in
Deurfchland Anhänger. inige norddeutfhe. Sürften feylugen den
Wartgrafen Otto von Brandenburg vor. Diefe verfammelten fi am
5. Auguft zu Wolmieftedt und befehloffen, ich der Städte zur Durch:
fenung ihres Wahlvorfehlages zu bedienen. Am genannten Tage fehrieben
Gerz0g Albert von Sachfen, Warfgraf Johannes von Brandenburg und
Gerzog Albert von Braunfchweig an die verbündeten Städte, indem fie
ihnen für‘die gegebene Anregung zu einer einmitigen Wahl danken und
ühnen anzeigen, Daß fie Beinen gerigneteren Kandidaten finden Eönnten, als
den Warkgrafen Otto. Auch diefer dankte ihnen im gleichen Sinne und
erfläcte, daß er auf die an ihn ergangene Aufforderung von Beiftlichen
und Weltlichen Leib und Leben, Sab umd alles für die Königliche Wärde
zu opfern bereit fei und fordere die Seädte auf, zu dem Tag in Srankfüre
am 8. September mit ftartem Gefolge zu Tommen, damit fie einen erwa
auebrechenden Tumule ftillen Eönncen, zu Bunften des Teile, dem Untecht
gefchäbe""‘). Alfo wurden die Städte nicht enva nach Frankfurt eingeladen,
um an der Wahl felbft teilzunehmen, das wäre ja ganz ungefenlich
gewefen, fondern fie follten Tediglid durch ihre milirdeifche Mraft die
Wahl Orros fihern. Wäre diefer Wahltag zu ftande gefommen, fo
hätten unter Umftänden die Seädre den Ausfchlag gegeben.
Diefe Briefe wurden am Bundestage zu Würzburg am I5, Auguft
vorgelefen. Wan befchloß, an der Gorderung einer einmicigen Wahl
feftsubatten und den Wabltag zu Srankfüre zu befehicten. Und neben
der Auferen Politit wurde die innere Drganifarion des Bundes nicht
vernachläffige. Der Yölrzburger Abfchied ruft frühere Befehlbffe woieder
ins Gedächmis zurhch, und andere Beftimmungen wurden gerroffen, fo
unter anderen über den Ankauf geraubten Gutes. Dasfelbe fol in
jedem Salle dem Befbädigen vom Aäufer obne Erfag zurhckgegeben
werben. Wer nicht den id leiften Bann, daf er es in gucen Treuen
getauft babe, foll beftzaft werden. Ylady dem Beifpiel der niederen
Städte wird eine neue Armenfteuer eingeflber. Wer fiber 5 Mark beflzt,
zahle davon jährlich) am Sonntag Lärare einen Pfennig. Die dazu
verordneren vier Männer fammeln das Beld in jeder Stadt ein und
ss 21. Bapin.
verteilen eo unter die Dedlirftigen. Das foll man tbun zur !hre Bortes,
damit man über den iedifchen Gütern die himmlifchen nicht verliere.
Weitere Befcpläffe des Bundes liegen ume nicht vor, obfchon er
fortdauerte, ja, um Diefe Zeit neuen Zumache erhielt. Doch es fehlte
dem Bunde eine zentrale Bebörde; der provinziale Beift, welcher die
nächften Jahrhunderte der deutfchen Gefchichte beberrfcht, wurde aud)
in ihm übermächtig und feiner Briftenz törlich. Arte der Bund fich
nur auf Die Abeinlande befhräntr, fo volırde er vieleicht im Jahre 1256
mehr erreicht haben. $Eo Elinge wie eine Reminiszenz an ihn, wenn
nach mebr als hundert Jahren die Alten und VDeifen von Strafburg
davor warnten, daß die rheinifdyen Städte einen Bund über den Abein
machen follten!“). Wenn nun aud) diefer große Bund vom Jahre 1254
feblieplic an den hoben Zielen feiner Äußeren und inneren Polirif
gefcheitert it, umfonft bat er midhr epiftiert. Durch ihn hat fic) die
Stellung der Städte mächtig gehoben, und alle Verfucye ihrer Seinde,
fie gewaltfam su unterdrücken, Eonnten feitdbem nur geringe Ausficht auf”
Erfolg haben.
Anmerkungen.
Krfter Band.
1. Zapitel, Val. den oritntierenden Auffag von 3. Schumadher, Ucher ben Stand und die
Aufgaben Ser prähiforifiben Yorfähung am Oberrhein und befonbers In Baden In ben.
Yeuen Seibelberger Jahebächern, I, 1892, p-93 . Jerner 3.0on Puh, Die Bemugung
der Alpenpäffe im Altertum, cbenbafelbf p. 55 f. ie einflägige Lieranue ift
von mir benugt worden; aber cs hanbelt fh bier ja Tebigli um eine Geige.
1 Dubn l.c.p 02.
3 Schumader 1 c. p. 1.
® Wilhelmi, Befchreibung der 14 altbeunfehen Totenhügel bei Sinsheim. Selbelberg 1820:
Shumader 1.c.p- 132
MR. Mültenhof, Deurfihe Alterrumofunde, IE und IL
5 Mülenboff 1. c. TIL, p. 104 fi, 194
6 iMommen, Mömifdie Befeichee, V. Mrnolb, Deutfihe Urzeit. Ueber den Limes fiehe
die yahleeichen Arbeiten in der Weieufßen Zeitf@eife und Im Limeoblatt, in ben
Venen Seidelberger Jahebüibern ıc.
2, Bapitel.
Gübner, Römifcde Gerefchaft in Wefleuropa 1890.
® Bodt, Der Abe. Aeosp Il. 2 Danke
9 Sonfell, Der Aheinftrom. Berlin 1850. Sol. it Barten. Lepfius, Die oberrheinifde
Tieehene unb ihr Manbgebiege. Srurgart 1886.
10 GichedieMierifihe Macte von Zofler Im Acht €.bei Onfhltr, W. SL. € Ron,
Yieue yrabißorifie Sunde aus Worms und Umgebung. Worms 1000.
A Gich Jet Bonner Jahrbücher 1806, Saft 0.
12 C9. Dergt, Die Verfaflung von Mainz in eömif£her Jet, in er Wefbeutfcen Seit
(&riftI, 9.408 f ucber Den Vic frbe Gchulten im Phtologus 59, 1004 p- 629 f
38 Sic Si ei 3. Sep, Vesfalungsgefäihte von Malz p. 4, Anm. 4 angefähere
Aieraner.
u Unter andern abgebilder biJ. Jung, Keben und Gen Ber Nömer In Ber Aafegct.
Keivsg und Prag, TI, 189 9. 0.
15 Weber die Auelegung bie Yoorte ehe Dergt 1. c.D- 800, Anm. 1.
19 Zangemeidere Auffap in ber Wefbeurfien Jnfheift, ZI, p- 207
it Jangeneißee in den geibelberger Jahebäden, I, p. 4.
18 GSiche Srardt in den Bonner Jahebüchern 44, p. 1 ff.
5 Ben Die Au Dr lan Ben -
ge
Anmerfungen.
1 Ueber bie römiftde Miunicipaloerfaifung fche vornehmlich Auhn, Wie Aäbrifhe und
bürgerlie Verfaifung des römifihen Reis. Leipiig 1894-5. 2 Dande. Blipfii,
Binde sur le rögime municial gallo-romain, in Nouvelle revue historigue de droit
Arangals. 1878, p. 554 1870, p- ATI Fu 275 Fu 300 Mi DT
® Zorn, Wormfer Ebronif cd. W. Arnold In der Dibliorbef des Eiterarifcen Vereine
im Stungart, Sand XLUL. Seutgart 1857. p. 11.
3 3000, Geftiihrsquelen der Stade Worms, Band I, Tafel VL. (Abgeflrse 3006 U.B)
2 Uber den Vamen handeln unter anbeen Simcod, Das malerifä Ahenland, 4. Auf,
P. 76. Oulein fer, Beiträge zur gelten Wanenafunde, &. Di) in der
Miet, I, 1884, p. 106. Sörfemann, Altbeufces Wamenbudh, I, p- 1641. A. Chef
im Pfals. Mufcum. Veufadt an dee Garde. I. Jahrgang 1884, p. 14 1c. Die verr
(biesenen Wamenoformen find im Kegifre von &. Rift, Das rheinifüe Bermanien,
verzeißne.
Mon. Germ. Conclia, I. San. 1893. p. 192.
Pvastalie, I, Vera 49 f
Tacıi Zur, XL, 20.
Wederlig, Die römifide Abrilung des Paulusmufeums der Seadt Worms. Worms
15 hp
2 Sangemeifer in den Weuen Seibelberger Jahrbüdeen, V, p. 0.
2 Bee, 1.c- p 20 (X, DA
® Dr. Sb in ben Quacralblättern dee biR. Vereine
ws hm
= @. Wolf, Die Römifehen iegelien von Wied bei GSHR am Main und ihre Stempel
im Archte für Seanffarter Gefihre und Zunf. II. Jolge. IL. Band. 1803
p. 212-348 mir 6 Lictbendtafeln.
Die von Sihanner, Historia ep. Wormat. I, p: 3 angefährte Jnfeift iR so fer
frogwärbig, iche aber Wedeling , 9:13 u. p. 70.
Wederling 1,9. 4.
Wederling Inn fun iöf.
Weeteling I,p. 64}, Wr. &
Wederling I, 00 f. Mr. I,
use®
ie da0 Großherzogtum Gef.
®
er Weftbeurihen Jeinfceife, XI p. 211.
Weeerling Le I,p 64, Urt
Lehe mn 2
Lehe n6
Weeerling I,p- 18, Vie. &
BERKeeenenemmE
Diefe Eohors iR auch Durd) eine Grabinfehrife bezeugt, Die 1824 in Alsheim an der
alten Höwerfcafe gefunden worden if; fiche Wederling 1. c I, p. 6 f-
Wederling 1. I, p- 07 f
‚gertmer in der WeRbeutfeben eirfheift, X, 284 #-
Ace, p. 30 f.
Wedteling U, p. 63
Wwederling IL, p- 58 f7
ssse®
Anmerkungen. se
® Siehe bitorifde Barte im ULB, I. ROH im den Guarrelblärtern des hiß. Vereine
für das Großherzogtum Selen. %. 8.1, Gr. &.
& Gehe Weterling, Wormfer Setung, 11. De. 1897, 1. Beilage u Yr. 20
@ Wedterling, Die vömifee Abrilung ı, I, p- 80 £. Benaur Vachbilbung beiber Meilen:
Reine, eren Originale im Paulusmufeum aufgefee find,füömüden jege den Eubinigsplag.
® Ypl. den fähönen Auffan von 3 Gertmer, ur Bultur von Bermanien und Gallia
Belgien, in der WeReurehen Benfheift, I, 1 f, der jedoch einiger Aorrsttur im
mehreren Punkten bedarf; namentlid auf religiefem Gebiet Icbre auch in Grmanien.
die veligiöfe Anfauungsweife, wenn auch unter vömifer Derbrämung fort; fd.
54 1Mommfen, Weftbeufie Jeiriheit, XI, Borrefponbenblare Yir. 5%, Schannat 1, p-4.
Wederling, Wornfer Zeitung 1592,
® Wederling, Nomiftde Abrelung, IL, p- 6 f-
6 Wederling 1. I, n 80 f Mir. 16,
® &culten im Philologun 54, p- 063
9 Wederling I, p. 3, Ur.
% Wederling I, p. 50 #4 Wir. 2-6.
® Wederling I, p. 83 f, Dr. 0-10.
Da &0 3.3. auf einem 1888 in Der Mlofergaffe zu Worms gefundenen Altar.
© Wedeeling I,p-55 f.
@ angemeiter in den Wiruen Seibeberger Jahebüchern, V, p 54 fi fie num
W. Goltber, Sanbbuc ber germanifchen Miprhofogie. Reipip 1605, p- 202
@ Sangemeifle Lc. 46 f
© @. Wagner in ber Wepbeurfcen Jfrhrif, XII, p- 37
© Wederling 1.c I, p. 78
9 Sertmer, Wehbeutfche Siefift, V, 380 f Sangemeifte 1.c. V, p. 58 f.
© Bat. nun Cumont, Die Skulpturen des 3, Mithracums in Sedderabelm, Welbeutfie
Seifehift, XII, p. 00 f, Durdh deifen Mebeiten Die feüheren überhele find.
©». Goldmann, Der Miebessfultus und die Withracen in Jeiedberg im Arie für
defifcge Geflhre und Alterrunstunde. Tarmpede 1806. I. 9. 30. I, p. 275 f
© Im wefentlißen folge id 3 C. wörtlich) der vortreflidien Abhanblung von Saug
Inder Webeufiben Jeirfrift, X, p.220 f. Siche auch BOY über bie Viergörrereine
{m Worms, Borrefponden;blat der WeRbeunfcen Sctfheift, IX, 1890, Yr.Z, p- 107 f-
@ Außer Gaug fiche Sie Bemerfungen von Jan Leavıp mt.
® m. Siehourg, Webeufehe Jeirfheft, VIL
Gicbong 1.c.p. 106
= Wederling I, 9. 45 #- Aucd ein Stein im Paulusmufeum gehört hiesbr, eine Dası
Arllng. dee Mpona, eine ioenbe, Aberlcbegroße Srau, Der yoci Pferde aus dem
Schoß freien
@ m. Hieger, Die Shidfalogdrtinnen zu Worms in den Quarralblärtern dee
DIR. Vereins für das Großherzogtum Seifen. Darmpabt 1880-1864, p. 7 f
% Wedeeling 1 c. I, 9.70 Sangemeifer im Rorrefponbenjblart der Wenbeufihen
Seife 1083, p. 42
7 i. Seiebberg, Aus Beuihen Zußbähern. Sale 1888, PM.
= Geöber, Zur Volfsfunde aus Conebefhläfen und Capitularien (Straßburg 1882),
9.1000
Oure Aobldung bei A. Wörner, Bunfienfmäler im Großderiogtum Seen. Aris
Worms. Tarmfabt 1857, p. 103.
15. Bo, Di Ani ve ein Gum 1. »
6 Anmerfungen.
Wedeeling Le. I, p- 3.
Weereling Ic. IL, Tafel II
BON in den Quarralblänern. 11. 3. 1, Mr. 11.
Sür das Jolgende febe 1. Nobör, Pirche. Geelenfule und Unferblicfeiteplaube ber
Deiecben. eeiburg und Leipyig 1804, befonders p. 14 p- 277
Meine Sriften, L
Siehe die Brobacrungen von Wederling 1. c- 1, p- 27 #101 M II, p- 11, 90 #
Wederling 1. c- Tl, p. 05 f nebf Tafel XIV-XVL.
BON in den Querralblänern. W. SI, Wir. 11. Separatabbeud p. 7.
Siehe Sermmer in der Weßbeurfeben Seiefheit, TI, p- 1 f- Seiner, Tie eömifchen
Sreindenfmäer des Provimialmufeums zu Teler. 184.
Wederling 1.c II, p- 7.
Barl Bücher, Die nthehung der Volfewirnfcaft. Tübingen 180%, p- 16. Bäder
bar Sie Aehre des Nodberrus von der Oifemwirrfeaft Im Alterrum (Jahrbücher
Für Wationalöfonomie und Statifif, IV, 1805, p-230 ) weiter ausgefüher und tiefer
begeänder. pl. auch Bücher, Tie Soflerianifie Taporbnung vom I. 301 in:
Beirfheife für Die gef. Srasremifenfeafe 189, p. 180 fi, 072 F. Genen Biefe Lehre
has Röuard Meyer, Tie wirtfeaftlide Earwidelung des Alrcetums in: Yahrbicder
Für Warionatsfonomfe und Srarifi, %. J. IX, 1905, und Separatabbeud, Jena 1006,
lebhaften Proteft erhoben. über har für die Raiferzet volltommen rei.
© Mb. Merer Nat bie übeereicbenen Anfihren über die Bedeutung ber Sklaverei in
Aterrum wortrelich zurhdtgemieen.
© Mar Weber, Bie römifehe Agrargefidher, Grungart 1801, p. 200
Vergleie je Die geünbliche Arbeit von $. Tragendorfi, Terra sigillata, in den
Donner Jabrbüchern Sefe 20, 97, 1895, p- 18 mit 8 Tafeln,
® Wedeeling lc. 1, p- 110 4.
@ Wederling 1. U, p- 82 f-
m ROH, Quarralblärter. ©. 31, Vr. 5. Separanabbrut, p. 5 fl.
6 Abgebilder und befprodhen {m Borrefponbensblart der Noefibeufähen Beirferife 1992
on Wedeeling, in den Quartalblärtern 1.c, in der Wenkfehrife: Die Gafen und
Uferbauten yu Worme 1809-1893. Worme 18%, 49, p-0.
S84 bei geieländer, Sittengefthichte Roms, II, p- 93-
In. Wocher, Nömifebe Ageargefäiäre, pı 242.
Wach Jeieländer 1. «TIL, p. 181
Siehe u. a. den won BANl befhrichenen, in Worms gefündenen Batyr. Ouartalı
Blätter. W. 8.1, U. 5. Separarabbrud, p- 4.
10 Seiepländer 1. c. HI D- 106.
3. Bapitel,
wi in folder Laete, der feelih einen eömifen Wamen weägt, Tann audh für Sie
Civitas Vangionum uefunslich nadhgersiefen werben. Wederling 1.c.I, 9-90, Wr.
1a &o lautet der Wame Immer in den Quellen, nie Alemannen. Ucher fie pregleice
Daumann, Schwaben und Alamannen in Jorfhungen x &. Geftütbre XVI, p- 215 #-
10 Vergleiche Secä im Abeinifien Mufeum. 1. 8 48, 1893, p- 602
1% Ochröber, Die Sranfen und ibe Med in Savignps Feirfhrife für deufche Tehte
gefeticte. 7. 5.11 1 M SiRorifte Zeifheift. W. $. VI p- if
106. Diefe Anfiht har Georg Wolf in feinen verfihiebenen Schriften bebaupter und gegen
die Zweifel won A. Gammeran verteiigt.
aszae z20%
as
suse
Anmerkungen. qu
39 Biede Bücher, Jeirfeife für De gef. Staarswilfenfaft, 1894, p- 103 F-
IR Siehe die geifreie Parallele yifehen ;ioflerien und Yapoleon I. bei Sip. Taine,
Le rögime moderne. 1. Paris 1990, p- 192 ff
3% Chenon, Eiude hist. sur le defensor civitatis in Nouvelle rerue hist. de droit
frangain et eiranger. 1850, p. 321 fi 515 fi
10 3. Lampreöt, Weutfcheo Wirtfpaftoleben, I, p. 161 f-
iRer in der Weldeunfeen Zeirfheiit, XI, p- 204
der Wefibeurfegen Zeifeeift, X, p- 254 #- Giebe audh den Sührer durch
das Propinyiabiiiufeum zu Teiee von ). 3. Beunc. 2. Auf. Teier 1804 pı 2.
u Borrefpondenjblatt der Weftbeurfcben Scifceift, XL, p- #7 #
12 Gerffarth in der Wenbeunfiben Jeitfbeif, Kl, 1 #-
318 Jafob Yurdhaser, Bonflantin der Brofe. 2. Mı
14 @iponius Apol. Carmina 7, 32 |.
15 Mluge, Erpmologiidhes Wörrerbud). &. Rierfeel, Die Eiitas. Leipzig 1804,
Durgenfunde. Iünchen 1805, p- 1 f-
Indenzhlatt der WeRdeurfeben Jeirheift, XII p- 103 f
HT Maurer, Walentinians Jelbwug gegen Die Alamannen; 300 in der Zeirfheift für die
@eidhicte den Oberrheins. 1. 9. Ip. 308 #-
11 128. Meyer, Die wirrfbeftliche Intinidelung des Altertums, p- 60 f
10 m. Weber, Nömifepe Agrargefcilhee, p- 202. Vergleiche bafelbf Kapitel IV,
p 220-208.
0 En Meyer cp if
1m ©. Baufmann, Beurfehe Gefechte I, p. 20 f.
4. Bapitel
12 ROH in den Quneralblästern. 4. $. I, Yr. 5, p. 9 den Beparatabbeudtn.
12 Siehe %. Jahn, Die Gefdhichte der Burgunbionen und Burgundiens. Selle 1874.
Ziel Bände und bie bafelbf angeführte Lireratun, I, p. NXIV
1 Cober daurefd, p- 16.
32 Dining, Dos Burgunbifdromanifde Bönigreib. Bafıl 159, p. 3.
10%. Möge in der Zenit für beunfäee Alteruum, NKXVIL p 223 I. Sider,
Unerfuhungen sur Natrsgefäiäne. Junsbeut I, 1801, I, 1, 1803.
#7 Ep. IV, 2 #. mac Dahn, Gefhichte Sr Durgunsionen, 1,02 [.
2 Antapebofie, I, 4.
10 $. von She, Knrfhung den beurfßen Aönigrume. 2. Auf. Jeanffurt ai. 1881,
Po 9,200 8
19 3, Mälenhof, Beufce Arestumstunbe, V-
Selle pn 20f.
!M Leges Burgundionum ed. R. L- de Salis. gannoner 1882 p-d, 1
1m Glehe Dardbee Bel 1.c.
24 $.von Thubicum, Sala. SalaBen. Lex Salica. Tübingen 106, p-32 f
1m 2. Saud, Aiccengefichte Deafilande, Leipuig I, 1887, p- © 1.
Am von Audrbofen, Eine], p-496, #4 f. Wegener, Dom See zum Ier, XIV, p. 20
307 %. opel, Gefhire der beihen Aineratar I, 1. Serafbur 180, p 12 #, 9 fi
& Unlande Scheiften zur Befidhte der Wicrun
5. Bapitel.
IM Gehe das jegt maßgehende Wer von Gaud, Birchengefchicte Deurfelan
30 Raufmann, Beunfbe Gefcichte, II, p- 36 f-
5 Sage, I, p- 138.
Sand 1-IIL,
s. Ammertungen.
1a Baufmamn 1. ch p.4 #
1. Gefüge auf Die befannte Stelle Panegyrici Latni ed. Bährrne, VIL p- 2%, video
basilics, bat man zwei Dafılifen ober Gerichrobllen zur Jet Ronfantins angenommen,
eben den Dom und die evangelifde Kirche. Mir Ned verwirft gertmer, WeRdeunfie
Seirfgeift, X, p- 248, Biefe Auslegung.
18 9, Weingarten, Der Urfprung des Wönchrume. Borba 1877.
14 Anficbelungen und Wanderungen beusfcher Stämme. Marburg 1876
145 Vlamentich Scherer {m der Jenaer Litteraruryeitung 1870, Arı. 418.
10 Die einfelagige Kitrerarur bei Adolf Schiber, Cie fräntifhen und alemannifhen
Siedelumgen in Gallien. Straßburg 180.
1 &o She.
149 Shweiyeifiben Joiotifon, II, Spalte 1270.
10 Der Viame ZIfeß (Altacins) Fommt bei Seedepar in den Jahren 599-010 zum
erfenmel wor; er befäiräntte ic urfpränglich auf bie Lanbiebaft zwifdhen dem
2enbacb und Gelhbad) und behnte ih erf (pärer auf ben Oberelfaß aus; firbe
%. Söhrider, Aelteße Grenzen und Baur im Aifaß, in den Straßburger Studien, IL,
184, p- 206 fi
10 Gene von Ghubert, Mic Unterwerfung der Alsmannen unter die Sranten.
Srraßburg 1894.
101 sEigensli als Dediti, wie W. Sidel in der Webeufihen Sehfeift, IX, p- 246,
Worte 119, ganı viheig bemerft, jedoch yerfißt fpäter ae Nechtsverhältmis.
1m 9. von Schubert, p 160.
1 Giche Gidel L.c p- 28% Wore 14.
4 Abgebeudht in der Jeirfeheift für Befhicte des Obereheins, XXVIL, p- 227 , 286 #.
19 $. Brunner, Weunfce Nedrogeferidne, I, p- 014, Wote 7.
19 Sr. X. Braun, Die alıbeiplicen Infhbeiften der Abeinlansı. Sreiburg 1. Be. 1800,
P.15 fu We. 23-20. deider feeim Rraus die Acbeiten Wederlinge nice gekannt
zu Daten.
107 Wilhelm Necb, Germanifbe Wamen auf rbeinifhien Infhriften. Programm des
Gpmnafiume zu Mainz 1806, Vie. 887. 4°.
199 Deunner, Deutfihe Nechtegefähiähte, IL, p- 107 f-
10 ührer sur das Propinyalifiufeum zu Teier, pı 23, Wote 1.
10 Seedegar 40.
©. Bapitel,
30 iEeRer Teil, Die Alerrümer der merowingifehen Jeit. Yraumfhweig 1830-1880
10 Oh, Weibeunfee Jeifährift, V, p. 218, Morrefpondenjblat, XI, Vic. 11, p- 22 fi.
Rindenfehmit, Gandbuch, p. 460 f
10 Lex Sallen ed. I. Sr. Dcheend, Zeelin 1814.
164 Kindenfehmit ich zur eflärung biefer Snelle Gregor von Tours, VI, 10, berkei,
altein cancellum beißt doc nid ein Das Grab umfihlichendes Bitter.
165 Giehe die Pläne bei den Bomahten im Stabtachio Worms. Band 1779.
10 Zum Beifpie: „uls id jung noch war. Leipsig 1095, p- #2
402 Brans, Die eifliden Infiheiften ber Aheinlande, I, p- 22 #.
309 Wederling, Römifce Abrelung ıc, I, p. 23
10 Eindenfhmie 1.) p-111.
1@a Rocgel, Geftichre ber Brufähen Literatur, I, p- 51
19 Caflioder, Var, V, 1, bei Aindenfhmit, p- 222.
Anmerfungen. 9
AM ie arolingife Spatba erhielt ih bis Mnde ben 9. Jahehunderts, fche Wep:
Beurfee eirfrit, KIN, Tafel VII, Sig. 11; er dann entfanden neue Jormen.
17 Wepbeunfee Berfift, X, DU.
1% Borcefponbenjblan der Weibeufihen Zetfäeift, IV, p- 10 f-
16 Abgebilber in der WeRbeurfen Jeitfärift, XII, Tafel VIIT, Sig. 12
1% Abgebilder in der Ungarifen Revue, VI. Upl. Sr. Pulßfr {n der Ungarifen
eac, IX, 1800, p. 478.
10 @lche BON im Boerefponbenzblart der Weibeurfien Seinfäeift, XI, p- 218.
HBaYie Söilderung bei ©. See, Cefchichte des Untergangs der antiten Welt, I,
Berlin 1885, p- 120 FIR bie reine Barritanur.
Ar2 Op im der YDefbeuriden Berfeft, V, p 221 f
1% Abgebilder ebenbafelbf, V, Tafel V, Sig. 1
1a Röhl im Borrefpondenzblar, V, p. 181
1m Ainbenfeomit, Gandbuch, p- 433 f-
19 ine ausführlide Defäreidung der Teinit den Selenfhmelen, fe Jod. Schulz,
Der bpyaneinife Zelenfemel ‚Sranffurt 690 (iäht im Buchhandel), p- 32 F
‚Kerner das große Pradrmerf: Die byzantinifßen Zellenemaile der Sammlung
&. W. von Swrnigorodstoi von X. Bondetofi, beurfe Ausgabe von Beerfämann,
Seanffurt 1892 (nid im Buchbandel.
Zindenfümit 1.c, p. 442.
Zum Selgenden fiche Die Abhanblung von Adhl im Zorrefponbenklant der
Werbeunfeen Jeirfrft, XI, p- 203-222, mir Wadherag in Sand XI, p. 181 f
Lindenfemle 1.c, 450.
BOhl im Borrefponbenzblatt, XI, p- 20
Siehe aber ZH ebenbafelbf, p- ZU f
Lex Salica, Tit, VII. De furtis avium.
Röhl im Boreefpondenzblat, V, p. 132
ipp, Te Oräberfiser von Bessbei. Bubapef Ungarifce Neon 1859, IX. Band.
bgeblder in ber Ungarifcben Nevur, IX, p. 470 fi #7.
Wenbeurfehe Jirfärift, XI, p. 304. Abbildung: Tafel V, Sigur 12.
Zbenbafeidß Sand XI, Tafel V, Sipur 16. Band X, p. 30.
Bocrefpondensblart, V, p. 13.
Siehe jege aucb Wertbeufihe Jenfheit, XL, p. 200
Abbilbung in der Wenbeunfcen Jerfäeif, V, Tafel VI, Sigur 16, Tafel VIL
Sigur 1.
Aindenfemit, Santbuc, Tafıl XXXL, Sigur + und &
Arauı, Eis altceiflien Jnferifsen der Abeinlande, pı 13 fi Kir. 21.
Dergleidge Sie Demertungen von €. Bormen in den Jahrbidern dee Vereins von
Aterrumsferunden der Aheinlande, XCH, p- 209 #. und Tafıl X.
Yin in den Bonner Jahrbücern, XCVU/XCVIL, p-
‚Sram Pulßty, Tentmäler der Völfrwanderung in der Ungerifcen Kevur 18%,
Band Xp si
Bien 1. cn 2.3 #.
AOHL in der WeRbeunfcen Jeifheift, IV, p 207
Siehe die Abbildungen bei Eindenfhmit, Sandbud, p- 88
PeigneDelacourt, Recherches sur le champ de batille d’Atils, armen, bioux et
ormements du Theoderic roi des Virigoths Paris 1800
BE
BEREREBSERER
S58
EBes
Io* Anmerfungen.
© Bandot, Memoire sur les stpultures des barbares de Nüpoque meroringieane
deeonvertes en Bourgognes. 180.
30 Siehe die Literatur bei Panl Clemen, Meromingiide
den Donner Jabrbäceen, LXXXXIL, 1992, p- 0 #-
Se. Pulßty in der Ungarifcen Kevue, IX, p- 406 f X, p- 8. Elemen I.c. . 2%
Histoire de Vorfävrerie. Paris 1877. L’orfävrerie barbare. Description du trtsor
de Guarrasar. Paris 1800.
WEI arte Intinobizantino en Eapada y Ins coronas visigodas de Gunrrazar.
Barolingifäie Plafif in
iMeseib 1801.
Historie des arts industriels au moyen Age. Paris 1864. Röcherche sur la
peinture en ‚0 Vantiquitd et au moyen Age
0 Les ocurres de $. Eloi et In verroterie cloisnnde. Paris 18%.
zu 36 verwife auf Das (ton ermähnte Dradrmer? des A. von Gmmigoretafol.
31 Undset, Etudes sur TAge de bronze de Ia Hongrie. Cheifianie 1880, p- 5.
a 3. Sampel in ber Ungerifien Aevur, VI, p. 037
au A. Surnwängler, Der Golbfuns won Derersfelbt. Windelmannprogramm der
Arherologifcen Gefelfhaft zu Berlin 1883. Furnwänglere arierung if san
Half. Siebe Clemen Le. . 16, More 34
#5 Julins Waue in ben Bonner Jahebüdern, LXXKXII, 1892, p- 70
10 Deftrieben von W. Lipp und abgebilder in er Ungerifäen Nesur, IX, p 168 f.
A Sophus IMäller, Dyreornamentiken i Norden, dens oprindelse udvikling og forhold
&l samtidige eilarter. Bopenbagen 1860, überfegt won . Meflorf. gampel im der
Ungarifden Nevar, VI, p- 67
08 Gehe bie Abbildung In der Ungarifben Nevuc, IX, 1: 426.
Me Siehe 2. Srädtiberg, Eongobaräifie PlaRf. Nücid 1806.
30 Mon. Germ. Auctorum antiquissimerum Tomus 1. Pars post. Engipii Vita
5. Severin, p. IN. Bapiel VIIL
20 I, Marguerdt, Privarleben der Römer, IL, p. 623 f.
=: Siehe Mlnge, Zıpmolog. Wörterbuch. 1. Gerne, Deufee Wörteebud I, 141.
32 Siebe sie srefliden Demeefungen Pulffys In der Unger. eruc, X, D. HF. und
die p. 230 # gegebenen Abbildungen.
22 Abgebilder bei Aindenfehmit, Gandbuß, Tafel V, Sigur 244.
24 bgebilder bei 12. Hubert, Trösor de Tabbaye de Saint Maurice d’Agaune. Parieis7&
3 Vita Bligüi bei d’Achery, Spieilegfum, Paris 1723, Il. 7. von Sclffer in dm
Sigungeberißten der Wiener Atabenie, Band 123, Il p- 10 Fr
9 Ueber Die Bonteoverfe üebe Clemen in den Bonner Jahebücheen, 1882, LXKKKIL
P-58 fi 142 (un Die Bort angegebene Aitereru.
a1 Siehe Die Once bei Eindenfhmir 1. c, p- 58.
58 3. Camprett, Weurflen Wirtfeafrleben, I, und defen populären Auffıp: Hecht
(uns Wirefeafe yur Scanfenpit in: &fiyen zur Aheiifchen Geficte. Leipng 18%,
22
20 Schröder in Die Jeirfriie für Webeurfehl
0 Sir dan Solgende Se. %. Specht, Bapmähler u
Srungare 188.
Schweierifcien Zoieiton, Ip 341
Siche bie neue Ausgabe dee Bapitulars de vilis von &. Bareis, Die Lanbgü
orbnung Malfer Bazlo des Großen. Berlin 180, c 3 p- 43 f-
VI pa
Teinfgelage bei den Deutfchen.
Anmerfungen. u”
&. Bocgef; Grfichre ber Deurfiben Lineratu, I, p- 130 #.
Boos, UB. I, vr. 12.
Regel, 1.0. 1, 9-49, der mit Nee den Grünen Geinrih siert.
Ereees
Die Meinung Speihe, p- 39, fe bärten das Bier vor den Aelıen ennen gelernt, IR
falfe. Sihon Kenophon Kennt das Bier, und ebenfo Priscus.
R. Segel, Srädıe und Gilden der Germanifen Volfer im Minlalter. Leipzig,
1,1801, 9.6
Sal lchpt
Rapitel,
Siebe die Minleirung yu WMälenboff und Scherer, Wenfmäler beurfier Docie und
Profa, R. Borgel in der Jeitferift für Beusfthen Alterrum, Band XXXVIL p. 233,
Bor ı.
&. Kierfäel, Die Cioitan auf Beurfchem Boben. Leipsiger TI. 1804, p- 75.
ZötmeriMühlbather, Regesta imperil I, Me. 127b.
9.2.3. Halt, Gefeicte des chemaligen Aloe Lorfd. Mainz 1800. 11. Suffcmid
im der Beinf@eift für die Gefechte den Oberrheine. 1. 8. VIIL p-
Böhmerilühlbadher, Reg. Kr. 141.
BötwersMählbadier, Reg. Ur. 143
Böhmersiühlbadber, Reg. Vie. 148.
Böhmer Mühlbacher, Reg. Ye. 140.
Bötmersiähibadher, Reg. Vir. 183c
Böhmer mählbadher, Reg. Kr. 165,
ZöhmersMühlbacher, Reg. Vic. 28.
BORN. Abanp, Die Sränfifcse Thorhalle und Mloferficche zu Lorfh. Darmfade 1891,
SSEESEENEESSEUNESENEE
‚gel,
Sehe Anmerfung 220. 3. Lampreiit, Deusfihe Geiler, I, p 40 fi.
Dötmer.Mählbacher, Reg. Ur. 13$b.
Böhmer-Mühlbacber, Reg. Ver. 1.
Zöhmer:iMühlbacher, Reg. Vie. 1005.
BöbmeetMäpibacher, Reg. Yir. 2194.
Bötmerlählbacher, Reg. Ver. 2224.
ZöhmerMählbadher, Reg. Kir. 2b.
Zöhmer:iählbacher, Reg. Yir. 2552.
BötmertMühlbadber, Reg. Vir. 2586.
Zöhmer-Mühlbacher, Reg. Wr. Zu3n-207.
Dötmer-lählbacher, Reg. Vic. 21-Ble.
BöhmertMählbacher, Reg. Ur. 231.
DöhmerMählbacher, Reg. Ver. 2 b--207.
Böhmerifühlbacher, Reg. Vie. 00a-302b.
Bötmersilählbacher, Reg. Vie. 3076
Zöhmertlählbadher, Reg. Vir. ar.
Bötmeritühlbadier, Reg. Ur. 7536
ZöhmenMählbadher, Reg. Kir. 9204.
Dotmermählbater, Reg. Ur. 830c-842.
Böhmer-Mtählbader, Reg. Ye. DOb-S00n.
Bötmertlähbadher, Reg. Kr. 1318.
12° Anmerkungen.
-iMihtbeter, Reg.
Böhmen Mählbader, Reg. Ur. W2c-Ota.
Döhmermählbeder. Reg. De. 10300.
Bohmerilähfbader, Reg, Kir. 10be. 13304.
Dehmer Mählbader, Reg. Fr. 10506.
Dehmermählbader, Reg. ir. LIE.
VohmeriMihlbader, Reg. Tr. 1dde.
Böhmer Mlöhlbaßer, Reg. Te. 13TOn.
Böhmersmählbader, Reg, Ya. 130.
öhmerimähbadier, Reg, Ye. 10BL. 106,
DotmerMäblbater, Reg. Ur
Böhmer-ühlbadeer, Reg. Mer.
Böhmen Mählbater, Reg. Ur.
BöhmentMäbtbaher, Reg. Ur.
Böhmer mäbibader, Reg. Ar.
Bohmeniäßtbader, Reg. ir. \MBc-1E06.
Botmentäblbader, Reg. Y. STA-160L.
Dohmer-Mählbader, Reg. Kir. 16B6n-1641.
®. Dümmler, Gefbite des Oftfränfifchen Keiche, 2. Aufl, III, 321.
Bötmenimählbaher, Reg. 1617-0. Dämmler, I, 382
Tünmier, MI, 9.408
= Dümmier, III, p. 464 |.
8. Rapitel.
4 Saud, Rirdengefäichre Weutfdlande, II. 1800.
= Loening, Befdichte des deurfchen Rirchenredhrs, wei Bände. Garirsarnad),
Grundlegung der Birdenverfaflung Weileuropas. Birfen 1838.
Sard(.Garnad), Wie Befellfchafrsverfailung der driftliden irdhen im Alserrume.
Dihen 1883. %. Bohm, Birchenerh. Leu 100 I, 9:81 U. Sau, Befbichte
‚des Firchlichen Benefizlalwefens. Berlin 1806, I, 1.
ion. Bern. Concia I. gamoner 1633, p. 102.
6. Albers In der Allgemeinen Jeitung, Beilage 1886. 6. Aug. YAr. 216, p. 3170 ff.
Don, UB. I, p. 12, Mord.
Boos, UB. I p 23 Mor 2
Boos, UB. IN p. 16 Mon &
Warrenbad) in der Allgemeinen Weutfchen Biographie, V, pag. 780.
Boos, UB. I, p- 24 Were 1
Boos, U.B. III, p- 23, or &
Boos, U.B. II, p- 216. Yir. 16".
Doom, UB. IL p- 216, Kr. a
Böhmertäbtbacher, Reg. 122
2000, U.B. III, p. 24, Vote &
Doom, UB. IN p. 0, Mon 1.
Doom, UB. Ip. 0, Mon 2.
Doom, UB. Ip. 51, Mona
$. Brunner, Deutfbe Necbregefhichee, II 204, p- 287 fi.
U. Seuoler, Jnfirutionen des Deusfcben Privatreibts, 1. Leipzig 1885. pag. 314 #-
2000, UB.1 mag. 1 1, 2,36; 7, 20:2, 26
u.
BEEBESERENELSSSSSSNHS
BEEBEEESSESBEERSEEEN
Anmerkungen, 13°
Annales Fuldenses ed. Se. Burze, Gannover 1801, pa. 7Z
2000, UB. 1, Me. 1.
D00, UB. 1, Mr. 2.
2000, UB. I, De. ii.
2000, UB. I, Ur. 12.
BöhmenMihlbatber, Reg. Tr. 518.
A. Seusler, Urfprung der Ceufben Stabtwerfailung. Weimar 1872, p- 14 f
Dagegen $. Beurgen, Unterfuchungen über den Urfprung der Teufen Grabts
verfaifung. deipsig 1896, p- 16
2006, UB. I, Mr. 22, 2%.
Siehe die Arten Im Wocmfer Grabtardio, Band Vr. 122%, und bie Pläne Safelf.
3000, UB. I, vr. 17.
D000, UB. I, Yr. 22.
2006, UB. 1, ar. 26.
2000, UB. I, ve. 21.
$. Brunner, Deufcbe Hecbregeicicee II, p- 220 #.
2006, UR. I, vie. 26
2006, UB. I, Ur. 2.
2006, UB. I, Ur. 2.
2006, U.B, I, He. @.
Böhmer-Mühlbader, Reg. Ye. 1002.
9. Bapitel.
BERESSE
BEBEREEERERE
34 8. Aierfihel, Die Cioltan auf Deurfhem Boden. Leipsig 190.
86 3. 2. Boos, UB. I, pag. 7, 10.
mu ©. von Delom, Die Kmefchung der Deutfiben Gtabtpemeinde. Tüffldorf 1830,
2360
m Boos, UB, 1, p. 246, 3; 37, 20. Uber Wort und Sahe vgl. Shweizeifen
Deionifon I, 100 #
88 &. 2000, UB. I und die Barre in U.B. II.
© Zoos, UB. 1, p-4, 3%
MO Doo0, U.B. 1,9. 00, 10 # Die drage über bie Unedheheit biefer Usfunde berüber
diefen Punte ihr.
m 8. die Barıe in UB. IL
2a Niefieh, ch Pf.
ws 3000, UB. Ip. 16,4.
a ©. Ganfen, ie beri Yevölferungsfufen. Mändhen 1880.
5 7. von Schloffer in den Wiener Gigungsberichten der philsbif. CL. Band CXXIIL
a, 200.
m
Boos, UB- Il, p. 24, 12 # Die Infärhir Zeile 10 |, die auch Arans,
Die @eifliden Infirifren cs Aheinlande II, p- 82, Mir. 181, wiedergibt, Date I
für un.
8%. Säule, Ucher Heichenener Suäbergeändungen, eifärift fr Sic Gsfhldte der
Oberrhein. %. 3. V, 132 A. Sohm, die Knrfehung Deo Deufden Seädre-
wefens. Leipng 16%. Gortein, Wirrfeftsgephiite des Schmarzmalben. Brrafı
burg I 1602 16. Dagegen: ©. von Delom, Des Unfprung der Suatserfaflung.
Täeldort 1692, 9.16 8: $. Acungen Le. p- 63
50 MM. Weber, Tömifche Agrargefäihte, p- 20.
4. Don Da Aut vr ae a <
1
Anmertungen.
30 Siehe Be Jufemmenfecllung der urfondlidhen Vaddriiten bi Harhgen, Die Emtfehung
der Möchne in Deufälend, Srrafburg. DIT. 181.
M. Schröter, Weißbild in den biRorifien Auffägen, dem Ynbenten won Weis,
gewidmet, p. 300 }- Teutfüe Meitsgefichne, weite Auflage, pı 004 f, dazu
Aeungen, 9.71 #.
U Gehe sie geilen Bemerfungen von $. Philipi, Sur Verfafungegufchie ber
Wwehfälifden Bifofeähee. Osnabräc 10%, D- 1 f-
wu päigpi he.
4 Boos, UB. I, Ui. 24. Böhmer: Mählbadter Neg. 130.
5 Miniferilirtt und Bürgertum im 1. und 12. Jahrhundert. Eeipg 180.
0 Verfaifungsgefeichte ber benfchen Sreißäbne, L Bothn 155.
7 Uefpeung der beurfben Gıäbreverfung. Weimar 182.
=
Rierfpel 1. c.p.72
2000, UB. 1, W. 5,97, 9,21.
Sür Sürich (che Se. von Wr, Abbanblungen ur Befäichte des fäyweiyer. öffentlichen
Rechen, Züri 1902, p- 42
1 Boos, UB.II, p- 224, 3, vol. dayu M. Ochaube in der Zeirfheift für Gefeilte den
Obereheine, X. 3. I, p. 201 f.
Wr Zeirfeheie für Gefehte dee Oberheins, XV, 9 201, EM und 18: bepmgarten,
hoc est in civitate Wormaciensi.
30 Siehe die Pörtelgerichaften im Srabtarhip von Worms, Yr. 1699-1020.
4 1. Tilther, inletung in die Beifesmiffenfiafien, Keipsig 1883, I, p.82 5. 3006,
Beferihte der Jreimauerti, Nacan 1894, p- 0
8 p. Eiemen in den Bonner Jabrbücheen XCIL, p- 96 f. 7. von Säloifer in den
Wiener Sinungeberithren der pbil-biß. €, Band XXI, Mh. Il, p-28 #- Dorge,
die Anfänge deo monumentalen Seileo im Miteiafter. Crraßburg 19%, p- 267 H
0 Siehe die obengenaunten Werft, B. von Below, Uefprung ıc, p-43
3 3. Bücher, Die iEntehung der Volfswirtf at. Tübingen 1893, pı 47, Wote 1.
0m 2000, UB. I, Mr. it.
m
m
2006, UB. I, Br. 31, 4.
Poetae Latini nevi Carolini ed. #. Dimmler, I, p- 8, Vers 119 f. Lindenfchmit,
Sandbuch, pıAit.
U ©. Wein, Verfafungegefeihte IV, 204 |. 3. von Wyb lc p- 38.
2 Boos, UB. I, Mr. 16.
sm m. Weber L.c. Von biefem Sufanmenhang (bein Baseie, Die Landgürscorbnung,
inleirung, Feine Abaung zu baben. Vgl. aud) deffen Abhanslung in: Germanififde
Abhandlung zum LXX- Geburtstage Bonrab won Maurer. Börtingen, 180, p. 207
Wie Angabe der Aineretur, p- 210, Wote 5, und in feinee Ausgabe des Capitulare
de vilis, p. 3, rote 1. Das folgende nach Bücher, 1.c. p- 20 #.
4 3.2. in Pfebbersheim. Booe UB. I, p. 4, 3.
© Beuen, 1.c, p. 51 M
59 Zur Fommt er 202 wieder vor. 2006 UB- I, p-3, 38, dann p. 4,25 14. 5,16.
930. 12,80 1
10. Bapitel,
IM Paul Horb, Senbelität und Unterthanenverband. Weimar 1883, p- 2
0 Den folgenben Erörterungen Ing ich $. Brunner, Deutfche Hedhtagefcbicht, I, 20105.
zu Grunde.
Anmertungen. 15°
0 Leber die Gebunbenheit ber feliben Begrife bei den alten Weunfehen füche A: Lampreät,
Teurfebe Gefeichte, II. Band. Berlin 1892, p 120 |
90 Giehe bie glänzende Seilberung bei 4 Taine, L’ancien rögime. 1B.6d. Paris 1891.
P.9 (Livre 1, Chap. 1,42).
mu Sand, Aircengefibichte Deutfihlande, II, p. 21
Me Siehe Die geißrolle Abhanblung vom U. Grup, Die Ligenfirige als iiement bes
mittelaltelihgermanifcien Aicenrebtn Berlin 1396, p. 36 #- u
39 Siehe bie obige Abhenslung und effen Buch: Befähichre des Hedlichen Deneflal
mefene 26. I 1, P- 200 fi, 8 20, 2
9 Annalen der Peutfühen Befbichte von @. Richter, IT, Salle 1800, p-3 um Jahre 020.
imperi, I.od. AR. von Ortenthal, 1. Lieferung, Jnnsbrud 1803, Mr. 1a.
Sin Bohmer-Ortentha, Ye. 12.
95 Aüßrer, Annalen II, p- 12 f, Wote c. Böhmer-Ottentbal, Vie. 13-18.
90 Wibutind IN, 30. Xiöher, Annalen II, p- 72, Wote b.
99 Rider, Annalen TIL p- 87, Wore n-
99 Stumpf, Wie Neiceranyer, Reg. 886-604.
90 Mon. Germ. Dipl. I, p- 134, Ye.
5 Boos, UB. II, p- 31, Mor 4.
am Dipl. I, p- 2a, Ur. I6t.
m Dipl. 1,9. 282, Ye. 161.
0 Eipl. I, p. 83, Ve. 02. Bon, UB. I, Ur. 3.
ae Dipl. 1, p- 504 4
96 Boos, UB. I, Ur. 1, 11,2%.
0 Boos, UB. I, Yir. 31, p.22. Wipl. I, p- 165, Ur. 54.
an Booo, UB.T,p- 10.1.
Wie Jnferife abgebrudt bei X. Braun, Cheißlie Infeeiften der Rhrinlande, IL, p. 87,
Hr. 199, Tafel XXIN, 3. Siehe Suffhmis, Beiefheife für Befhidhee eo Obereheine,
wsvine
Böhmer Mühlbacher, Reg. 1378.
3006, UB. I, Mr. 32.
Scanner, I, 9. 38. 2006, UB. I, Kr 41.
Dipl, U), p. 10, ir. 143.
2006, UB. II, p. 31, More 6,
Stel in Tipl, II, p.2.
Dipl, II, p. 27, Kar. 188.
Side, 1.c.
Dipl. II, p. 407, Vie. 1.
Dipl, Ip. 400, Kir. 08.
Dipl, II, p- 470, Vir. O4.
400 Wipl, Il, p- 532, Vr. 120.
u Eipl, 1, p. 58, %r. 120.
Bipl., II, p. 548, Vie. 138.
Shannen, Ip. 4 fr
Reurgen, Umterfußungen über ben Urfpeung der beutfchen Stabrverfailung. p- 14 #:
2006, UB. I, Ur. 32.
3006, UB. I, Mr. 3
ame in Ara Palatina, I, 290. Segel, Verfaifangsgeföhidte von IMaim,p. 10, 16
BESERESEEEE
16°
Anmerkungen.
&
Dinnler, Befhicte des Opfranfifhen Heiden, 2. Aufl, III, 356, Wote 1. Boos,
UB. Ih p- 216.
19. Dümmler, L.c 1,92, 100, 13% II 21. II, 489, Wote 1.
Dimmler, 1.c, II, p-523, Wore 1.
iMaurenbeeiber, Bejcidhte ber Peusfchen Aönigamablen. Leipzig 189,
3. Dreßlau {m der Allgemeinen Deunfeben Viographie, XV, p- 588
®. Noaig, Verfaifungegefiche, VIE, - 8, 1-
Waig, 1. c, VI 20. nfruftio iR bie won Wein p. 420 f abpebrudtr Urkunde
vom >. 1070.
1. Silgerbd, Speieree Uehmbenbuß. Srraßburg 1886, p- 3, Yie- 4
von Waig, 1. c, VIIL, p. 208, Vote 6, {af verflande
2. Mares, Sol, Raufmannfdeft und Marft yeifen Abeln und Loire bis in das
13. Jahehunderrin: Bermanififcte Abhanslungen zum 70. Geburtstag R.von Mlaurers,
Göttingen 1999, p- 400 f
Silgerd, UB. p- 5, ir. 6.
MR. W. Wiofch, Gefchchee ses Weutfiben Volten, I, p. 368.
2006, UB- Ip. 20, We. 36.
Anolb, 1,9. 0 #.
S. Brunner, Deutfche Necrogefeichte, I, p. 108.
Weis, 1.5 VII p. 25 fr
©. von Below, Siforifce Sehnfeeift, Band 89, p. 200 fund Urfpeung, p- 84, vers
meint ermas zu einfeiig Die Debrutung der Ortonifäen Peioilegien für bie Grades
verfejung, {. aber Reutgen, 1.c, p. 25
Bronts in der Allgemeinen Teutfipen Biographie, XXIV, p 701 f.
UM. I, vr. 36.
en Beutgen, Ic, p-32 #
36, Bote.
Bass
sa8
BERSEGRE
# UB.UN SDR. 9. Grofb, Burcurd I, Bifhof von Worma.
eipsger DI 1890 ungenägend,
40 5. Böhmer, Willis von Main. Lepsiger TIF. 1896, p. 11 f
4a Boos, UB. I, p. XXVI R
«u Wo. Wenenbach, @efäihreguellen, & Auf I, p- 238 f.
4: W. Sculne in Sorfungen ur Deusfhen Gefährt, KXV, 221 R-
48 W. Surfer, Walther von Speier. Programm der E. Grubienanfalt Speer 1877.
meer Teil: Vunliheri Spirensis Vita ct Passio' & Chritophori Martyris.
linden 1808.
Mu 2. Gedur, Die Elumiacenfer. Galle 1604, I,
40 Dipl, Ih p- 658, Vie. 108
4 Böhmen, cap. 18.
ur Böhmer, Ic, p- 10.
u
174 {iu 310.
0. Jacob, Weide Gandelurtifel bejonen die Araber des Mineleltees aus den
mordfäbalisen Ländern? Berlin 1891, 96
W. gerät, Gefhiäte den LenanterSandes im Minelaltr. Sturgart 1879, I, p. 80.
8. Jacob, wein arabifher Verihrerfarrer aus dem 10. Jahrhundert. 2. Aufl
Deelm 1801, 9. 1
1 &. ey, Verfafungagefäihte von Main, p. 30 fi Was Böhmer, Wiligie p- 129,
Wore 4, bierüber vorbeing, iR ganı (alt
Anmerkungen. ir
con, UB. II, p.31, Mon 6.
Sad, 1,120 f.
Odionis Rp. Adelh. c.16, @adur, Ic I, p- 33.
Im drei Urfunden Burtbarde vom Jahre 1010 Fommt ein Minierlal, Tictmar oder
Tiemar ale Jeupe vor. D000, UB. I,p. 34,30. 38,25. 3t, 9.
1. Weueenbreier, Gefäläre der Deunfiben Aönigemahlen, p. 72 f
@bedder, Taufe Kehrsgefälht, 2. Aufl, p- 408-
Aetne eenflice Nüge verdienen bie Idnfertigen Behauptungen $. Bcof, Burcers
don Worms, p.2t: „Häufige Branbungläd". In der Wote 8 hier er drei Gele,
die alte denflben Jall betreffen.
©. Dünmler, Gefähe des offräntifden Reiben, 2 Auf, TI, p- 45 #-
Reungen, 1. cn p- 48
Beugen, 1. cn 82}
Boomann, Aheingeuifiie Aterrämer, 1,23. Segel, Verfalungspefäicte von Mainz,
p-8 Mon
5x. Beaus, Die deiicen Infäeifen der Abenlane, I, p. 1234. Yr. 20, 1-0.
$. x Bram, p. 74, Ki 1.
Boos, UB. U, g. 281
es @ieye Seuß, Die feeie Keidefadı Sprier
9-4 Am.“
Wın. Bücher, Beoölterung von Srankfurt a I, 9408.
m 3000, UB. Ip. 2, 2
40 2000, UB. I, Ur. 3.
@n Boon, URL, Mir. a.
12. Bapite.
> guut, Birchengefdichte Peurflante, I, p. 0 3. W. Wiofi, Miniferiliäe
und Zürgerrum. Aeipyig 1858, p- 122}. R. Sridberg, Aus beunfhen Zußbäcern.
ae 186.
Boon, UB.1, 9.2, 3535, 0
Auge, Repmologifäre Wörterbuch.
Sur Sache fiehe A. Böpcl, Oefhihre der Beufien Aieraın, 1, 9.72
3. von Schlofer in den Wiener Sipungeberihten, DiRphiL CL, Band CNXHI,
20h, PAR
Die Srüce fin be MtenbofF und Scherer, Tenfmäler, bgebendt,
Tone in Seryoge Bealenepflopäie für evang. Theologie XIV, pı 120
Site die Inhaltsangabe bei Grofö, Yuchucd von Worms, p Of. garmung in
Sorfiungen zur d. Gefiäte XVI, p. 589 f: %. Hank in den Berichten dr Fl,
(rigen Gefefhafe der Wifenfiaften 6 Mai 160, p. 05
Sadur Le Ih p of.
Ser, Grundlegung der Airdeerfafung Wefeuropas.
©. Bilfinger, Die minelalrlihen Goren und Be modernen Grunben. Srungarı 1802
8.2. Spcö, Befeläe des Unnerrichtoufens in Beufbland. rurgarı 1885
Burchardi Deereterum Iibri XX. ed. Colonine 1848 p. 40- Decr. Ic. 5.
Siehe mamentlit Bud 1 der Tee
000, UB. I, p. Ir
Boce, UB. I,p- 308.
u. Stus, Gefichee vn Heälißen Benefiislnefene 1,9: 22
838 EERE
sE5 SESE
ihrer Ferförung. Speier Ih 4
533
aa
323828955
18°
Anmerfungen.
Siehe Boos, UB. I, p. 1004, II, 9 38f.
Pb. Schneider, Wie bifepöfliden Wonfapitel x. Mainy 1885.
©. Gierte, Das beurfche Benofenfdaftsrect I, p. 285 #.
Gerd, Beanslepung ıc.
Gardp L.c.p. 128.
Ueber den Dom fihe 2. ‘öörner. Bunfdenfmäler im Broßberrogrum Selen, Reis
Worms. Darmfadı 1887, p- 154-204, Mine gute Ionographie enmfpredbend denen
über den Dom in Main von Schneider und das Mänfer in Bafel von R. Sıehlin
wäre fehr wünfienswert. Viellddhe ermöglichen die Netaurarionsarbeiren dien
Wurf,
BEEHRE
© Boos, UB. IT, p. 114 More 1.
&0 Ed. IM. Prow, Dario, 3. Pitard, Liv. IL. c4. Badur 1. c. Ih p- 300 f-
&& Sür das Solgende vgl. ©. Dehio und ©. von Beyold, Die Pirdlice Baufumft dee
Abenblandes. I. Srungart 1802, p- 244, DR A6TM-
89 Siehe den fehon mebrfac citireren infeuftiven Auffan von 3. von Scloifer,
Beireäge zur Befcbicne sc: in den Wiener Sigungsberichten phil.hit.€1. Band CXXIIL.
Ab. I
00 Ph. 3. Sehr, Dur Nefnuration Dee Domes zu Worms. Worms 1850, p. 18
@n Bie Abbildungen Vic. 25, 20,29 in Lindenfähmits Gendbu@) p- 112 Mander, Die
Biedde von Limburg in der Garbı. 1804.
Siehe Beifel, Die Bauführung des Minelalters. Jreibucg in Dr. 1850.
© I, von Schleifer 1. c. p- 28. Voee, Die Anfänge des Monumentalfiles, p. 200 #-
wm Dehio und Beyolb 1. c.p. 20%.
np. Clemen in ber Wefbeutfähen Zeinferift IX, p- 107-
2 Dehio und Daolb p. 4M.
wo wehio und Deolb p. 400.
ame Woöemer 1.c. p- 16.
un 2000 UB. Il, p. 34. Die Debifationsiafäheife bei Aaus, Cbeilide Jufeeiften I,
p- 8, Mir. 181. Min Beundriß diefer Rice bei den Tomaften im Brabtarbio
Woeme Band 1770.
un Bon l.c. Wörner lc. p- 167.
wn Boon, UB. Ih p-3t-
un 2000, U.B. I, p. 40-
1m Boos, UB. Ip. 35% 38.
00 Araus, Inferiften IL, p- 80 Pr. 174. Min Gerrich cericus Fommt urfumblih 1008
vor, ein Miniferial gleiden Yemene 1016, Hehe Boos, U.B. I, p. Hi
m 0. &. Sr. Jalf, Die Bildwerte seo Wormjer Dome. Mainz ISTI, p- 3, Were,
#2 ginbenfchmit, Gandbuc Tafel II, Sg. 32: Bonner Jahrbächer XCH, p- 101.
mn Wörner 1.c.p- 21.
mu garten Ic.
m Wörner .cp If.
101 Giehe Wörner 1.cp- 821. Die Aften im Gtadtarcbie. Band 1005. ine Kefonfrukrion
verfuchte ©. Seidl in Minden.
Hi Boos, UB. I, p. 28, #f-
517 Wörner 1. cp 207
513 Weblo und Deyold 1. c. D: 503
5:0 Böhmer, Willigis, p- 192.
RER
BEESSEESERBEBEEEEREBEEEE ESEB EBES
Anmertungen. 19
B000, UB. I, fir. 4.
2000, UB. I vie. M.
‚Se. Schreiber, Jefgebe zur Eröffnung des PaulnelHlafeume zı Worms 9. Of. 1881.
Die &. PauluerBirdye zu Worms, ihr Bau und ihre Befcichee. Bedrudt in Mainz
bei 2. Wallan. 4%.
3006. UB. I, Mr. 55.
Wörner 1.0. p. 140 #.
B008, UB. I pt 7.
Wörner 1.c.p 227
‚Se. Schneider in den Bonner Jahrbüdhern, LXL, p- St.
Worner Lie. p 13th
Wörner 1.c.p. 102
Ueber die Bildung dee vornthmen ‚rauen, he 3. Specht, Befthldhte Sea Unterrichten
wefens in Deurfcland, p. 220
2006, UB. I, Ur. 46.
Boos, UB. I, Wr. 4.
3. Kampeeäht, Deunfie Grfibicte I, p. 202
Ueber das Jolgende vgl. Saud, Rircengeftichre I, 9.687 F Gar 1.c. Sina
Birdpensei IL, p- 205 f. Srup, Benifzalmefen I, p- 68 f-
U. Srug, Die ligenficke, p- 25 |
Boos, UB. 1, p 3. 2.
Bon, UB. I, p. 40. Wie. St.
Siehe zum Deifpiel 2000, U.B.1,p.239, 41. I. Megifer, ferner die Akten Im Grabre
ardio, Band 100 f-
2000, U. IL, vie. 314, 316.
2000, UB. I,p. 85 21
3000, UB. I, Wir. 0%.
2006, UB. I, ve. 06
3000, UB. I, Kr. 101.
3000, UB. I, vr. 106.
Boos, UB. TI, p. 165 f.
3006, UB. I, Vie. 20.
2006, UB. I, Ur. 117.
D000, UB. I, 165, 10.
Boos, UB- Ip. 2, 12
Boos, UB.L, Wie. 2.
2006, UB. I, Vie. 105; ngl. Dr. 20.
Wörner 1.c.p. 223 fi
D000, UB. Ip 213, 0; rot
Boos, UB. I. p. 31, 2
3006, UB. U, p. 2, Wr.
2000, UB. IL, p. 700 f, Vie. Alor.
3006, UB, I, Ur. All.
3000, UR. I, Vir. 7
2006, UB. I, Var. 20.
Urfunde vom 2). Vopenber 1253 bei 2000, UB. I, Ar. 241.
Boos, URL p 17H
. Michaelis,
20° Anmerkungen.
wa Boos, U. 1, Vi. 6.
38 2006, UB. Il, p- 72, Wr. 108%; p. 230, Vie. Ai
u €. Bochne, Ter Uriprung der Grabtverfafu
Dreslau 1890, p.78 f. Siehe die Jurüdweifur
der Gredtverfaflung. Tüifeldorf 1992, p- 70 #
13. Zapitel.
40 2. Seusler Jafitutionen des beufüen Privatredte. Zeipnig I, 1885, p- 25
1m geusler, .C hp f.
802 iEefen Straßburger Stabresche E11.
30 Meutgen, Unterfuchungen 2c, p- 82 f-
30 Boos, UB. I, Mr. 13-48,
in Worms, Speier und Mainz.
‚om Grorg von Below, Der Urfprung
1m Boos, VB. Ip. 3.2 8.
im Boos, UB. I, p- 40, 16 loquax persona.
a Boos, UB. 1, tie. 42. Zur Irläurerung biefer Urfunde fihe Geusler, Urfprung,
D-23065, 120 f. Wait, Verfaifungegefäicte VIL 370. Aeuıgen, p- 88 f.
99 Brunner, Nechregefichte I, p- 160 f. Gohm, Die fränfifce Keihe: und Berichtes
werfafung I, p- 125 f, fie aber Wain, V.G. VI, p- 2%, Anmertung 3
Su Beutgen 1. cp. 85 fr
Ha 3. Ubliy, in den Mirelungen des Jnfirure für Serreichifche Beftihreforidung XV,
D. Si1, will Worms nid zu den Ciitates publicae rechnen.
55 Boos, UB. I, p. 20 f, We. 45. Vieue Ausgabe von £. Weiland, Mon. Germ. LL.
Sectio IV, Dans I, 1803, p. 60 f
2 1 P-20 Fa fihe Reugen, p. 00, Wone 3.
m 04 fi; fche Dagegen ©. von Below, Urfprung. p- 111 f.
1 Seuste, Uefprung, p. 38
9 W. Aenolb, Sur Befiice es Migerrums in den deurden Gräbren. Bafe 1801,
1 15
© Zoos, UB.1.p. 8 2.
ei Boos, UB. 1, Wr. öl.
we Beugen, cp 118 f.
&9 Below. Inıfedung der Gradrgemeinde. Urfprung, p. 23 # Aeutgen, p. 102
4 Dom, Stadigemeindr, p-8. Anderer Meinung iR Mayer, Sol, Aaufmannfäeft und
Matt .cp- 10
wo 2000, U.B. II p. 203 und das Tagebuch von Wolg.
um Boos, UB. Ip. 6, 2
un 3. Segel im Meuen Achio NVIE, p- 20
4 Doon, U. I, 86, 2; bayu Die Demerfung ©. Shente zu Gchweiberg, in ber
wenbeunhen Beinfeife VI p- 87. meld cp. 116. Adbne, 1.c.p- 169 fall.
10 Zum Deifpiet Boo0, UB. I, p- 5, 2.
1 Zoos, UB. IL, p-108. Zorn ei. Arnold p. 118; Hehe Waig V.G. VI, p- 120.
Uefunde vom Jahre 1020. Aähne, L cp: 1 M
wu engen Le p 143
wa Waio VG. VI, DAL
0 Segel, V:G. von Mainy p. 205, 2
1 Boos UB. Ip m 15 01,4.
1 Boos, UB.I,p. ms.
=
2000, UB. Il, p- 710, Yir. 02
Anmerkungen. 27°
un Schenk zu Schweinsberg im Mocrefponbenjblart bes Befannsereins. 1875, p. 40
0 Boos, UB. I, 9. 61, 24; 68, 1, 215.89, 125 02, 6, 13: 00, 20; 68, 34; 09, 9:
Arnold 1.c. Ip. 1b. Croltus, Origines Bipontinae. 1261, I, p- ZU3f.
Amel lc.
Bohne cp. 108 fi
Boos, UB. UN, p 1076.
Boos, UB. I, Wr. 42, 066.
2006, UB. 1, Hr. 50, 81.
Was Rochne bieräber fagt, p- 171, I Ourdhaus abzulehnen.
D00s, UB. I, p- 180.
weis, V.G. VL p. 317 #.
Boos, UB.I, p- 40, 16.
Waig, V.G. VI p a2.
2006, UB. 1.0.47, 2
Zum Un hot
VBLpöR«
un ınam.
2000, UB Ip. 83, 37 ze
2000, UB. I, p. 00,28 10.
10 Zolmar Schande, Zur Tnrfichung der Grabrorefafung von Worms, Speise und
Mainı Programm des Kifeberhpmnafiume in Deralau. 182, Mr. 172, p- 58.
7 Zoos, UB, I, We. &3-88, BT-TI, 78-81, 83, 85 u. Ih p DIT.
m Boos, UB. 1, Ar. &-11.
99 Brunner, Deurfepe Heibregefbiähe, Il, p. 101 f. Waig V-G. VIL, p- 311 #. VIEL,
P.218 f.
@ Segel, V.G. von Mainz, p- 30.
a 3000, UB. 1, p. 30, 5.
en Segel 1.cp.äl.
© Mochme 1. c.p- af Boos, UB. I, Me. 64; 0-21; 9110.
4 Boon, Il, Ur. 072
@ 2000, UB LP. 3
50 2008, U.B, I, p. 22%, 23.
an Bon, UB. I, p. 66, 20.
Wr iefteo Ceraßburger Grabtreiht 2-1. Gorhein, Wierfihaftspeflhte des
Shwarmalbes I, p- 34.
5 Zoos, UB.I,p- 30, 1,
= 2000, UB. 1, p. ©, 26ff.
© Zoos, UB. 1, p. 382, 17.
O1 Boos, UB.I,p.38f., 4, I4ff- ic Ueber Samilie ehe Bareis, Die Landghter:
orönnng Maris des Geofem, p. 24, Mer. 2 Familin; über den drufihen Ausbeudt
gedigene Seuoler, Urfprung, p: 108 ff. Jnkirutionen I, 136.
19 Gchröder, Echrbuch der Deutfähen Aedhragefihicte. 2. Auf. p- OZI.
50 Doon, U. 1,7. 0, 10f.
4 6.0. Gengler, Das Gofecöt dee Bif@ofs Burdiard von Worme. Erlangen 1850. 4°.
Mir seiten Bommentar. 3. W. Wigfe, Minißreialitkt und Dücgerrum, p. 108 ff-
Bochne 1. cp If.
85 1. Geusier, Infiturlonen I, p. 68
18 Be0n Di Mur vr elarfm ai a
a an
2
Anmerkungen.
Weis, V.G. V, 9.108. Im den alten Volfereäten werben Biefe Ceire haisald,
hagsstaldi nö. Segefh genann. Gcheöder, Arhrsgefhidee 44, 111. Sapckels
iR ein folder, Der feinen eigenen Ganshalt gründen Fonnte, fee Kluge, rpmolopif@iee
Werurbuh.
Waig, V.G. V,p. 202
Geusler, Jnfirutionen I, 9: 136 f 130, &
Seuser, 1.c. hp. 160 f.
Wain, V:G. VD. 428 f. Saröter, Aabeopefdihte 2%. 7425 €.
Brunner, Aecregefäläee I, p- 20 f.
Boos, UB. I, Ur.
Mayer, Sot, Baufmannfheft und Martı 16, L.c.p- #28
Boos, UB.T, Wr. 3t.
Waip, V.G. V- p.211, 4,358. Shaubde in Zifäeife für Geflihte Den Oberchein
MIUD2WE Bohne Lopälf.
3. Lampreche, Deusfbre Wirtfaftleben 1, p. 1017
Beanner, Deurfide Mechrogefölihe I, 7: 006
Don, UB. I, U. 4.
Stumpf, Neg. Vor. 1823. Ueber die beiden Diplome al. Beefleu in den Zahrı
wüchern ben Beutfen Reichs unter Seine IL. Sand IT, p- WR. Bochne,1.c.p40 1.
200, UB. Ip. 362 Mr. 0.
Siehe Bochne Le. p.2
S Beehlau, 1.208 f.
$. Beunner, Neiregefichte II, p- 62 f-
Drummer, 1 c I, 9.402, 416
Dreftan, 1.c. U, p- 30 #.
Bochne, ep 1a
Borhne, Lo. p 12
I. Grimm, Peufie Nedtsalterräme, p- 00.
In ser Uetunde Guimeic IT, vom 11. Juli 1018 eife es won ihm: qualiter Barchardus
discretu in appetendo, fort in tlerando,justus in iudio. 2000, UB. 1, 27,28 #-
Sohn, ie Eurfchung des deunfhen Suäbrewefens, 9:40 f- IM. Bunze, Die
Brunfen Stadtgründungen. Zeipsig 1891, p. 45. Uhliry m den Mitelungen des
Tupirue für öfersridifhe Gefdicte 1004, XV, p. 52 f.
Andreas Rpf bei A. Sculer, Derfofungepefäte der Crabe Bafıl, 180, p- V, f
T0. Sidel, Uefunden der Barolinger. Wien 1807, I, p- 2.
© Boon, UB.L p 30,32 fl
BEBBEEBBR
14. Zapitel,
$. Breßlan, Jahrbücher des deurfhen Reiche unter Moncad IL. Zwei Bande.
Srumpf, Sr. 2051. Breflau II, D. 100 f.
006, UB. I. p. 309, Vie. 0.
Zreflau 1.c. II, p. 101, Viote 1.
Siebe die foater gefertigte Infeheife in Menue, Aheinifde Infhriften II p. 81,
Mir. 1702 und p. 348.
Boos, UB. I, p. 33, Won 1
Do00, UB. 1, p. 382, Wr. 0.
200, UB.TI, p-33, 26. Aus der Difofechronif hat Shannar I, 2.330 gefihöpir.
B000, UB. Ip. 40.
2338 839932
aESBBEEEE 853538358
[2222]
an
ZREEBEE
SER
Anmerkungen. 23°
Stumpf, Kr. 1005. Sammer Ip. 49, Br. 8.
Stumpf, XI. 1004. Söannar IL p- 49, Ve. &2
Boos, UD. I, 9. 20, Ur. 43
Boos, UB. 1, p. 305, Yr. 3.
Boos, UB. 1, p. 388 fi, Mr. u.
Boos, UB. II, 9. 3 Won 3.
Sumpf, vi. 21. Seeindorf, Jahebäiber be Beute Neide unter geinei IL,
Band I,p- 10.
Stumpf, Kr. 2202, 2208. Steindorf I, p- 206.
2000, UB. I p. 34, Wote 2. Steindorf 1. c.I,p- 20.
Saar, Die Climiscener I, p- 30 f.
Stumpf, Vi 200.
Stumpf, Er. 200.
W. Maurenbrecher, Gedichte Der Beufähen Aönigensahlen, p- 10 f.
Don, UB. I, Ur. 5
9. weger von Anonau, Jahrbücher des beufßen Aeiden unter Selb IV
Band 1,1800, Dans IN 160.
Boos, UB. I, Ye. 5. eper von Anonau 1.c.I, p. 214 Wote 23
Srumpf, Wr. 202.
2000, UB. I. p. 35, Mine 2
U. Grup, Die Kipenfiräe, p. 36 f-
Den Tobeota und sus Jahr dee Ginfiheidens Abalberos sicht Be Bifäofscronit,
Bo00, UB. I, 9.35, 2 Damit fimme das Vietcologtum « Galli in Mon. Germ.
Necrologia Germaniae I, Berol. 18, p- #74. Mit dam Jahre 1069, Ainme sie
Angabe der Upfunde Mbelberrs vom Jahre 1100. Zoos, ULB. I, p- 36, 6 anno
oräinaionis mene 3. Kaur der Uefunbe, Boos, U, I, Mc. 5% usfunser Abalerr
(Con 1006. Meyer von Amonau 1.c.T, p. 34, legt den Tod Abalberos in Das
Jabe 1070, geüge auf Lambeer won Gerafelb, bein Feugmis jebod) gegenüber den
Aetunslichen Angaben Fein Gewicht haben Tann. UD. I, p: 87 muß der Tobcatag
Abalberos in & Auguß verbefee werden.
A. 3%. Mofa, Deurfbe Gefiche I, p. 78.
cher Sefen Beribr val. Be Bemtsfungen Iiepers von Bnonau 1, c. p.300, Hotel.
{Miyer von Znonau I, p.314, Von. Die Urfunde iR abgebrudt bei B006, UB.,
PAR Var.
Sun cp 30 ft
Bochne, 1. cp 28 ff
ieper von Anonan I. c. Ih p. 722.
Bochne 1. c. 9.21, fabel von einem Juramentum pacis der Wormfer.
3. Segel, Weuee Bein XVIL, p- 218 f-
Giefeberä, Befiäre der rurfiüen Balfeyet IN p. 426, 114.
3. von Riden, Gefäiäre und Gpfem der minlaleeligen Weltanfhauung.
Stutgart 1887, p. 8. Yiefte Carafteriit Bregore VII. bei 3. Mickt, Die
Publiifüt im Beitalter @regore VIL. deipsg 1804, p. 54-010.
if 1. c. Ih p- 12.
2000, UB. 1, Me. 5t.
eos, UB. II, p. 5, Wote 3
Door, UB. I, p. 35 #.
2
Anmerkungen.
B000, UB. II, p- 36, 51.
2000, UB. II, p. 36, 56
70 Miebe Lc- p- 008.
70 Weyer von Anonau 1. c. II, p #0 ff-
m $.von Gpbel, Gefechte den eefen Areunsuges. Bmeite Auflape. Zeipsg 1891, p- 208.
78 Wenn bei iEFfeharb SS. VII, p. 202, Bruno de beilo Sazanico c. 92 und Bernold
SS. V, 433 von einem Fonipliden Palat bie Hede iR, (0 Darf man beabalb mich mit
Segel V.G. von Mainz p- 23, Vote 1, von einer Yonipliden Pfal; erden. Denn wie
im Worme und in anderen Bifbofehäbten, fo was aud) in Mainz der Rönig Gap
des Bifcbofe und nahm im if@efehof Quartier. Was Aochne 1.c. p-210 f febel,
iR Summen Seug. Möniglide und Mäbriflie Beamte in den Difhofopädren pab es
nicht. Wie hätten damals Die Grädte ein Gefen erlajfen Formen!
MB Segel, V.G. von Mainz, p. 22, Anmerkung 2
M4 Waig, V.G. VII, p. 248.
As Mannheimer, Die Jubenverfolgungen in Speyer, Worms und Mainz im Jabre 1006.
Warmfadı 1877. Aronfas, Negeften zur Gefechte der Juden, Ar. 170, II, 120, 178,
193, 186, 208.
Deo, UB. DI, p. 740 f, 918 Silgerb, UB, Wr. 12.
0. Sera, Gefhidte der Sersöge von Jähringen. Sreiburg L De. 1991, p. 184 f.
Giefebeeäht 1. c. II, p. 08.
Cod. Udalrici bei Jaff, BibL rer. Germ. V, p. 234. Dazu Aemolb 1. & Ip. 102
3000, UB. I, p. 30, Wore 4.
Boos, U.B. U, p. 37, 18 ff: Seumpf, Kar. 2090.
Gügaes, UB, Vie. 14.
Diefebeeäh 1. c. HI, p- 824 f 1101. Bochne 1. c 227 ff.
Boos, U.B. 1, U. 1.
Giefebeeibe 1 c. I, p- 830 ff.
>00, UB. 1, vr. 02
Jaffe, Bibl rer. Germ. V, p-321 f. Giefebeete 1.c.IIl, p-1202. Möhme L.c.p- 222
Here 4.
Jaffe 1.c. V, p. 310, Ve. 170.
X. Araus, Cheifliche Inföheiften I p- 108 ff. Vie. 230.
Diefebeeär 1. c II, p. 1202.
Boos, UB. Ip. 50
2000, UB. I, p. 3, 50.
Rochne 1. c. p- 237. Biefebreht 1 c. I, p-031 f-
Mon. Germ. Leges Sectio IV, Band I (1803), p. 159 f-
Bon, UB.1, p- 70,9; Al, 205 160, Al.
Siebe Boo0, UB. I, p. XVL.
a iefebeeit 1. c. II, p- 980 ff, 121.
7 Giefebeeche 1. c. II p- 977, 127.
=:
BRaaBuenRk
15. Zapitel.
77 Beutgen, Unterfachungen 1c, p. 55 ff.
79 Sta, Les origines de Yancienne France IL Les origines communales. Paris 1803.
70 2. Bücher, Ienıehung der Volfswierfiaf, p- 18.
30 3. Lamprechr, Beiträge zur Gefechte es feanzöfifden Wierfhafrelebens im 11. Jabrr
hundert. Leipig 1878, p- 13t
[223
zuu28 ©
BUEENSSRERBERUUG 3
332338
Anmerkungen. 25°
A. Kampeeie in Sißorifche Zenfcheift, LXVIL, p- 385 ff. und dazı bie Ariif von
©. von Belom, Urfprung p. 138 ff-
$. Dada, in Gremanififce Abhandlungen zum 70. Beburtstap 3. von Maurers.
Geringer 3.7308. 2 My Do, Aanfmenfaf un Wach, benefh
2.308 ff.
©. Waig, V.G. IV, p. 8.
Capitulare de vilis cap- 6.
©. Jacob, oeltbe Sanbelsarrifel bezogen bie Acaber beo Miitelalters aus ben norbifg:
balrifen Kändeen? 2. Auf. Berlin 1891. W. Sepd, Gefihichre dee Arvantehanele
{m Mitelalter. Srurgast 1879, 1.
Hachgen, Die Kftchung der Märkte in Deurfland. Ceraßburger TI. 1891.
A. Schröder, Deunfce Keibragefiicbte. 2. Auf, p- 514 { 008 ff.
AR. Sohm, iEnnfehung des beurfhen Gräbrewefene und dazu die Aririf von 2. Uhliry
in den Mitteilungen des Jnfiruts für öfesreiifhe Beldihtsforfhung XV. 1804.
P. 508 ff. Beungen 1. © D. 64 ff.
Ueber das Marfifpmbol ehe bie on Uhliry L cp 816 ff. Feifieen Gchriften.
Augen 1.6: p. TI ff.
Boos, UB. I, vir. 20.
D000, UB. I, Ur. 20.
2000, UB. UI, p. 537, #2
Dächer, Mmtehung der Volfswictfäaft, p- #4.
Don ber fere ampten und son ber fürften rargeben ed. Dilmar 1835, bei Genpler,
Brabtrechtsahtertümer, p- 482.
3. Philippi, Zur Derfafungsgefeicte der wefälifchen Difibofofäbte. Oenabräc 1004,
DA.
2000, UB. II, p. 09, Wr. 12.
Gengler 1.c.p. 135 ff. Philippi 1. cp. 6 ff.
Bengler 1.c.p. 185 ff.
2006, UB.1.9.9, 2.
Alerdings nur insireft aus U.B. I, p- 277, 1 zu erföliehen.
Philippi 1.6.9.8 ff.
Dißser 1. cp. 100 f.
Arurgen 1. cp. 185.
Bengler 1. cp. 140, 100 ff.
3006, UB. I, p- 45, 10: Beurgen, pı 87, 186.
Reurgen 1. cp. 87H.
Mayer, Joll ıc, p. 31 f.
R. Lampeeiht, Deunfeden Wierfüafreleben I, p- 00 ff
Siehe die Urfunde vom 21. April 1200, bei Boos, UB. I, Yır. 404.
Maper, JR. c. 9. 403, Wote 3; p. 412, Mote &
Siebe Aluge, Krpmologiftden Wörterbud). Bezihnend #1, Daß au Lafen, Leilac,
innen nieberbeutfchen Urfprungs find-
Z000, U.B. I, 204, 3.
Rochne 1. c. p- , Anmertung 5.
Boos, UB Ip 5.
A. Wedteling In: Die Safe, und Uferbauten zu Worms. Worms 1883. 49, p- 18:
A. W. Winf, Deutfebe Srubien. Berlin 1879, p- 128 f-
25°
Anmerkungen.
m Wetteling 1.6.9.1. Lamprecht, Wirfäaftsleen 1, p. 50, Were 2.
78 Lamprecht, Deutfches Wirtfdpafteleben II, p- 236 f-
m kanpreßt lc.
m Boos, UB. Il, p. 02%, Spalıe rec.
Toakanpreäk hc Ih p. 2
A Theo Sommerlad, Die Aheinpöfte im Minelater. Selle a. &. 1604, p- 1.
Seabtarcie Worms, Band IORR. Rople oder Romupt ohne Darum aus em Ande
en 15. Jahedunberne.
Doo0, UM. I, an. 2.
Boos, UB. Ih p- 217, Mr. 0.
Bo00, UB. I, p. 00 ff.
Tu @iche di pfahpräflihen Aften Im Gtabtarcie Worne.
Ama Sradrarie Worms, Band 1008 ff. und die Pläne In Grabterdin Worms,
Dans 10a fi
9 5. Dechlan, Moncab IL, Band Ip. 30 f.
m Rocne ep 20 fl
0 Wein, VG. VIL p- 125 f.
70 Sind, 1ocs orignes communnles, p- a6 fl.
m Sad 1 cp ff.
2 A. Lucaiee, Les communes frangaisc A Vepogue des Capitiens direct. Paris 1890.
3. Segel, Sräbre und Ciden I,
0. Seumer, ie Beufien Bräbreeuern. Lepyig 188, p- 5 Waig V.G: VII,
pol
Mm Bon, UB, D. 62,37 (.
4 Zrnelb I, p. 105 f. Gruner, Uefprung, p 166 f
6 Zur Beirif che B. Schaube in Jeirfchrift für Befichre des Oberrbeine. Y. $. II,
De 20 ff.
Boos, UB.I, Mr. 58. Pazu Schande 1. c. p- 202 ff. dur Art der Phantafien
Borbnes,I.c. 67 fi. vl. Schande, Jar Mnsfebung der Srdtverfafung von Worms,
&peier und Mains. Programm des Mlifeber)-Oprnafuume in Becalau. Ofen 199%,
VIE. 172, p- 12 ff. 3. Uhlie,, in dem Mitellungen bco Infirure für Aerreiifäe
Geicictsforfdbung XV, 1804, p- 190 ff-
DD. I1, ve. 18
cher den Jo zu Seantfure ehe A. Gummel in Wenbeufähr Sinfhcift XI, p 100 ff
3. dampred, Wirefhaftsihen I, p- 202. UN. Gommerlab, Mein, D 00 f-
ihrer, Jabebächer bes seurien Neid, IL. Abteilung I, p. 26, More d
%. Breflau, Bonrab II. Band Il, p- 300 f.
B. Jeep, Die Shidfale des Pöniglichen Gutes in Deurfeland. Berlin 1881, p. 247 ff.
Do00, UB.1, 9.52, 3.
Dreflan 1. I p 368 ff
D000, U.B. I, Er. 0.
Fenster, Deufce Sradreeie, - 32 15. Boos, UB- I p- 63 9
3000, UB. 1, vr. 110.
Semmerlss L.c.p. 0.
Sommerlad 1.c.9. 70 f.
3000, UM. II, p 9
3000, UB. 1, fi. 10.
BERBSSEREBEREREN
B BBEERSERBERBERES
gEREERE
Anmerkungen. m
Sonmerlad 1. cp. 72 f.
2000, UB. I, p. 0.
Boos, UB. 1, Ur. ın.
Sonmerlad L cp. 56.
Sommerlad L c. p. Ol. Dir &cheife von :. Wesel, Das Jollrede der beutfcen
Bönige in Gisefes Untefachungen pur beuften Staate- und Necbregeilte, Sefe 43
Drealau 1893, #R unbebrunemb.
ampreäh, Wierfäpaftsleben Il, p. 300.
2000, UB. , We. 02. Sähaube in ber Setfärift 1.c. TI, p- 273 f-
Wie Zenolb I, p 197 behauptet,
Doom, UB. 1.7.74, 2%
Mayer, Zoll, Baufmannfefe und Mast, 1.c.p- 78 fr
iaper L c.p.408, Wo 2
Bücher, Intfebung dee Volfswierfähafe, p- &.
Somnerled Le nf.
Sommerlad 1.c. 7. 30 f. Lampredt, Wietfhaftleben I, p- 300
2000, UB. I, p.486 f-
D000, U. p. 7a, 18.
Maper 1. cp. i8.
2000, UB. Di, p 2. E
1254 Boos, UB. I, p. 127, Var. 24". 1208 Boos, UB. 1, p. 224, 10.
3000, UB. Ih p 20,37
Siehe Boo0, UB, I, p- 232, 20 Fin Sacimile der INUff beim Pfefergeriät in
3. Seinemann, Boctde. Leiplg 1008, P. 34, mach dem Bupferfid von Seit.
ueber bie Bltfeiheit in Seanffurt befint das Stabtarcbin in Worms zahlreiche Aren,
Bände (fpeich Ban 30 und Abteilung Rurpfalı), woraus hervorgeht, daß cs top der
Soltfeieit an yablreißden Joiifanen miche fehlt.
2000, UB. UN, p. 510.
Ueber Kechrefpmboli? (ich J. Gelmm, Weutfibe Rechtsanerrimer, .209 A. Gesler,
Japiturionen I, p. 68
Doon, UB. Ip. 48, 22
Srobbe, Die Juben in Censfland. Braunfchweig 1806. %. goiger in Seirfdrife
für @efeicte der Juben im Beutfeland I, p. 05 f. © Liebe, Die rehrliben und
Wwirtfaflichen Juflänbe der Juben im Mesife Teir, in Weftbeufie Seinfheift XI,
P-3I1 ff, Day Mrpämungen von $. Saupt, ebenbafelit XII, p 143 fi
DD. 17.416, 11.
&. Seueler, Infiturionen I, p- 14T f-
ampreih, Wirtfeafteleben I, p- 1452 f-
3. von Pfugt:gertrung, Ir Talicam 1883, p- 411.
Aromius, Kegeften yur Befidhte der Juben, Yr. 2
Lee. 10.
I. Sr. orig, SiMorif@-diplomanfüe Abbandlung vom Urfprung derer Neid:
Mäbee ve. Sranffurr und Beipuig 1269. 4%, p. 74. Mofte Mannheimer, Die Juden
in Worms. Sranffurt 1842, P-1, vergl. au) Boo0, UB. HI, p-4 f-
iM. Mennbeimer 1.c-p- 2ff. ©. Rorbfälld, Aus Vergangenheit und Gegenwart der
iiescitifigen Bemeinde Worms. Mainz (1903), p 8-
®. Wörner, Bunfdenfmäler deo reifen Worms, pı 28 ff.
28%
333888 BEBERE BE SSARARBSER
Baa539 A955
Anmerfungen.
3000, UB. Ip. 24, 3
Gengler, Stabreeätsalterimer, p- 97 fi
Stebtariio Worms, Zanb Vi. 208.
Boos, UB. 1,04, %.
Sengler 1.6.9. @.
Sigard, UB. p- 11 f, Cr. 11 und bay Beugen 1.c. 20 #
A. Benß, Wie fer Neideftade Speier vor ihrer Jerflung. Speier 1612. 4%, 2:8.
$. Beehlau {m der Jerfife für bie Geflcher der Juden. I, p- 160
ügero, U, p. 12. Wr. 12.
Boos, UB- IL, p. 20 #.
Dgt. mie Diefer Befinmung die Urfunbe Jeieride I. vom 21. September 116.
Don, UB. Ip. 06, 4
Diefe Befelung in 9 4 wied nodmale in} 16 wiberbet
5. %. Speär, Gapmähler und Teinfgelage, p. 4. 2. @hulg, Das höffe
Aeden, 1.0.00
Zerflan in der Jefäife für Die Befichee der Tuben, Ip. 18H
Dom, UB LER.
>00, VB.
On Seis, Gesta Friederii 1. L.1.c.p. 3.
often, Anfiren dee Volfsmirtfäaft I, 334
ofenbat, Zur Gefchidte des igenume in der Bade Wirzburg 1873 p. 16 F.
A. Gocniger in der Berfärife für die Beftllte ber Juden I, p. 06 fi, mad Den
Shreinurtunden in A00
Boos, UB.T, p. 70 f.
Mon. Germ. Leges Sci
Boos, UB. TI, p- 20.
Boos, UB. II, p. 242
Donaß, Regesta Ponifcum Il, Yr. 1260.
She die Wovehe von 4. gehn, der Wabbi von Badharadı. In Worms wurde an
18. Mär) 1603 ein Tube gefangen gefeg, weil ein Geilergefelt aus Seeburg in der.
Schurls behauprer barı, er habe gefsben, wie der Jude ein Mind einer Frau abe
genommen und heimlich in Die Jubengefle gebracht habe. Mer Jude wurde Daranf
dreimal peinlid verböet und gefoltert; fine Glaubensgenoffen verfageen den Kat
vor dem Keiefammergeriäht, eberef am 12. Jami 1504 wurbe ber Angeftlbigee
der Safe entaffen, nacbben Die Juden in Wocns fih verpflichtet baten, eine Maurion
von 20000 Gulden zu Keen. &e.rA. Worme, Band Ver. 200.
Gitert bei Lamprecht, Wirsfhafsleben I, p. HAT, Wat 2-
Mayer, Jo, Baufmannfhafe und Macft ıc, p 40 f.
Zeugen Le p 10
Magen 1 € p. 400 fi Waip V.G. V." 730%, Wote 4. VII p 204, More 2,
solutio megoinria Segel, Seäbte und Glen I, p. D-
Sigerd, UB, p 19,4. Dose, p.26,10u.2%,2%. Mayer Lc.42, More 1-3.
Siehe Aluge, Kepmologifäee Wörterbuch, u. v. Ganfı
‚S. Gereing, Sanbel und nbufric ber Stat Dafel. Def 1880 p. 03.
Maren 1.0.9.1.
1D. Wilebp, Minleitung in die Geiteswifenfafren, 1. deipsi 189, p- 82.
Waig, V.G, IV, p. 304 f. Segel, Snäpıe uns Giben, I.
IV, Band Ip. 126
Anmertungen. 29%
1a Sich Sie (höre Darıpun non Anton 2. Shönhud, Walhe von ber Dogcinche
Berlin 1806, 2. Auflage, p. 178 f
#2 3. Segel, L.c. 1, p- 34, 408 More, B.von Below, Urfprung, p- 136. Jahrbücher
für Vrarionalöfonomie und Srariif, DI. Solge, IL, p- 52 f-
iu Rochne, Der Urfprung dee Srabrverfaffung In Worms, Speier und Main. p- 53
356 f. Jar Brief Aochnes ehe Shaube, Jar Ensfchung ıc, Programm, 1.c.p- Of.
= Mayer 1. cp. 451 F-
0 2006, UB.I, We. 9.
‚et gegel, V.G, von Main, pı 33 f
m Boos, UB. 1, Vic. 8. Gehe Se Jnterpretation son Borhne Lc.p 82 f, bie zum
größten Teil fafc) I, wie fon Schaube, Programm, nacpewiefen dat, Derzlcite
ud) Uhliey, Mirelungen XV, p. 409 f-
#0 &o besöner fie Bochne mit Aedı.
“inter h villas Suelntheim et Altäruphen; Iepieres iR fiber
Aırtpp bei Mannheim. Siehe Mochne, p. 102, Wote 2. Guclnheim Fan vieleicht
Sauldeim im Mecio Oppenbeim fein; eenfale muß man den Ort nörtlid von
Worms fucen.
wi ©. von Buchwald, Deurihee Gefelfcaftelebn im endenden Minlalter. Mil 1887,
POST
we Yampreibt, Wirıfäaftelben, II, p. 32%. Laut dem Wornfer Baufbausrobel von
€ 1480, Boos, UB. I, p. 67, werden als gefalgen gur bepidnet: hering,
bucking oder ander che; ebendafelbft: stockfisch.
Zucwelb 1. c. II, p. 183 f
Boos, U.B. U, Ar. 974. Im Srabtardie zahlreide Yen.
ampreit, Wistfaftnleben, I, p- 50.
3000, U.B. II, p- 400.
Wie Scheube, Seirfärife I p- 202, € thur; fche dagenen Uhirn in den Ati
veilungen XV, p- 50.
Aeefes Seeafburger Graberect, E Hi.
Lampreit, Wirrfhaftsleben, I, p. 101.
Andreas Seuelr, Uefprung, p- 102
Siehe die Ehsomif der elementaren Mreignife bei Kampredhr, Wirnfchafteleben I,
Per
Boos, UB. L, vi. 12.
Kampreit, Wicrfafteleben I, p: 30 fi.
Zum folgenden vergleidie Beutgen 1. p- 118 f.
W. Henols, Zur Gefechte des eigentums in den Beufiben Bräbren. Bafel 1801,9. 8
Mo zulege Mayen, Bol ac 1.c.
Reurgen 1. c. p- 120, 149
Ber Unterfbied wird in den Urfunden oft gemadt.
9. von Delom, Urfprung p. 10 f
2000, UB. DI, p. 30.
&. Seusler, Infiturionen 1, p. 139
cher den Fremen fie Geusler 1. c- Die Stellen find bei Waln V.G. Vı p- 2,
Wote 2 gefammelt,
ms Gügaed, UB, Wr. 14. 3. 8. Braun, Aheinifhe Infheifien II, 7. 70 Fi, Wr. 162.
Mi 000, UB. I, Vic. 02
1. cn, Die Aue vereinen Ge 1. .
SuREE
zBER
BESERSEREBEE
30*
EBRREEEEBEE BEREEREE BÖSESSEBBBBEERERER
Anmerkungen.
5 Brurgen, 1. ©. p. 150, Wote 2, D- 187, Wote I.
8 Bon, UB, I, Wr. Bi, vergleiche and Vic. 3, D- 20 20 #-
ur Geuslee, 1. I, p- Of.
MR Boos, U:B. I, Wr. 9. Ueber das Datum vergleide die Bemerkung p- 76, 28
0 Silgard, U.B. We. 15,
Bo Die Interpretarton von Sthaube, Zeinfeeifs IH, p. 204 iR uneicri.
ei 2000, UB, I, p. 231, 20 ff
9 Seeiburger Stadtrecht 4 40 in Altmann und Deenbein, Ausgewählte Uefunden.
2 Auf, Berlin 1806, p- 35.
Reungen, 1.0 p. 118 fy 105
Seusler, Jnfituionen 1, p. 21 fi
. Gorhein, Wirtfbaftsgefeite des Schwariwalden, I, Strafburs 1892, 9 101
Bengler, Sradralterrümer, p. 407 ff. ©. von Below, Urfprung p. 08 ff
Sigel, V.G. von Mainy, p- 26, 130.
Segel, L.c.n. 130.
Boos, UB. 1, Kr. 2, 22. Silgerb, UB. Dr. 5, 9.
3000, UB. I, Yir. 410. Sigard We. 182: Sep, 1. cp. 1.
Share in Seirfbrife für Geiler den Obercbeins, U. $. Vs p- 188, 8 1.
Mbenbafelft, Keichenauer Mazfteeähe 1100, Beitferift 1. p- 1 6 2.
‚Seeburger Srabtreht 55. Sube, Bisfheif für fänocherfchs Wehe XXI, 1. Gef.
Iefügte serflärung Armolde I. p. 191 iR falf-
VB ph
D000, UB. Ip. 24 5
Reugen, 1.6.7. 182 1.
Reungen, Le p MO f.
pitel,
‚Für Zielen vergleiti nun &. von Seinemann, Jur Insfchung der Stabtverfafung
im Zialien, Leipzig 1800.
iMaurenbreiher, Befaicte der eunden "önigomahlen, p- 138
Stumpf Reg. Vic. 328.
Maurenbreder L cp. 165 |
Opera ed. Lugd. I, p. 60 Liber mirac. 7.
Giefebrechn, 1. IV, (1516), p. 202
Giefebrecn, 1. & IV, p- 1%, 182, 100, 20, 220.
Biefebeean 1 c Vu p- 1 f.
Am. gufichmid in Ser Jeitfceift für die Befhicte der Oberrhein 1. d. VI,
P-415 9, VI 00 A.
ia Theogeri ep. Met. SS. XII, p. 488.
Vita Eckenberti bei Boos, UB. II, p. 129 #
Shonnar I, p. 65 fi, Wr. 72, 7
I. @. Wisder, Befreibung der Farfürnliden Pfalz am Aheine, II, p- 203
Boos, UB. U, p- 3, More 4.
Dale, Biblioh. rer. Germ. I, 9. 608. iaueenbreiber, Aönigemehlen, p. 104.
Stumpf, Reg. Yir. 3611-3872. Giefebreit, 1. c. V, I, p- 28.
Stumpf, Reg. Vic. 2085, 3030.
&. Schon, Derfaungsgefbihte von Teer In der Weftdeurfhen Berfäeife.
Megänzungeheft L_ Trier 1884, p- 103 #.
BESSSSASSSSSEESEEERES SEHE
EBESERESE
EBEEE
Anmerkungen, 31°
Sea, V.G, von Mainz p- 36 #-
Giefibrecn, Vy p 78h.
Mon. Germ. LL, Sect. IV, Band I, p. 196 #
Althochbeurfe haramscara — Schmeryiil. Siche Drummer, Deunfe Rechts
gefiäre I, p. 50 f.
Giefebreit, L c. Vo 108 f.
2000, UB. U, p- 3, Anmerfung 1
Sirfebeetn, 1. V, p- 60, 09
Giefebeccht, Vs D. 707 f-
Giefebeedt, V, pı 7I2-
Ciefibrech, V, p- 20 f.
Giefibrehn, V, p- Ti8,
Biefebrect, V,p. 786.
Biefereit, V, p. 704 f, 810.
3000, UB. I, Ur. 86, und bayı die Bericrigungen II, p. Zi.
Giefehrecht, Vyp. St.
Giefibrect, V, D+ Söl, 85T, 80, 504 80
Giefehrett, V, D- 008 8.
Giefeberen, V, p- 87.
Giefebercnt, Vy p- 80, Anm“
2000, UB. Ip. Zi Die. 8“
3000, UB. I, Yir. 8, p- 72, und day die Bericrigungen In Band I, p. 210.
2008, UB. I, De. 94 und dazu die Bemerkung II, p. 720.
2006, U. I, Mr. 68-7. Il p- 2,
3000, UB. I, ic. Di. Wegen der Datierung jiche Boos, U.B. Il, p. 72.
2000, UB. I, Ve. 100, p. &4 23 muß es conspiciunt heifen und &4, 28 unde
Yobis, niör unum.
Giefebrect, V, D.880
Bieferett, V, p. 004 018, 926
Giefebrecn, Vi, p-4, 2.
Giefebrect, VI, p- 01.
Giefebecch, VI, p- 8.
Biefebrein, VI, p. 103. 108.
Sifebreche, VI, D- 03 iu 00 F.
A. W. Binicı, Befbichte des D. Volfes II, 390. 2. 12. Shönbad, Walther
der Dogelmeie, Siseite Aufl, p. 12 f Vgl. au die feinen, geißollen Bemerkungen
von ©. Sanfen, Wie Drei Bevölferungsfufen, p.303 f. Jr ba Jolgende W. Schere,
Beioiäre der D. Ditung {m 11, und 12. Jahrhundert (Quellen und Sorfeungen
zur Spra- und Multurgefiißte XI Crraßburg 1876. Scherer, Gefhichte der
. Einerarur,
Seael, V.G. von Main, p. 2.
3000, UB. I, p. 44, linfe Spalte unten; jiche namentlich Ur. 75.
2000, UB. Ip. 2, 01.
Grimme im ieue Seibelberger Jahebächer IV, p- #0
Chronica regia Coloniensis cd. ©. Waig- Gannover 1880, p- 140. Giefereiit, VI,
P- 130, 174, 109, 200 f. @ieebecct (bes D. won Simfon) nennr Ihn p-198 falhtic)
einen Keicdominiferiaen
1.
Anmerkungen.
6 Schönbach, Walther von dee Vogelmeide, p- 33 f.
40 W. Grimm, Deutfähe Seldenjage, 2. Aufl. Berlin 1867. Mälenhof, Jeugnife und
rturfe in Der Jctfärift für Beurfehen Altertum, XI, p- 283 A, 413 fi, XV, 310 #
42 Giche 3006, UB. 1, Regifer.
wen 3000, UB. I, p- 22, U. 70
x Boos, UB. 1, p. 50, 3
3000, UB. I p. 232, Ye nor.
S.0.Küser, Dee Arenyug Jiebride Lin Sorfdungen zur srurfen Befäiche X, pa.
ler 1.c.p. 18
186 Giefehreit 1. c. Vi, 106.
108 Giefehred VI, p- 2.
1u0 2006, UB. ll, p. 39, More 1.
vun Boos, UB. U, p. 42, Won 1.
un Boos, UB. II, p- 42 one &
0 Boos, UB. I, Kr. 0, 108
10 Boos, UB. I, Mr.
190 Boos, UB.1, Ur. 9.
wu Boos, UB, I, Ur. 10,
12 Süc Das Jolgenbe vergl. EN. Tore, Maifer geinsi® VI. Leipzig 1867. Mauren
been 1.0. 100
Rapitel.
Silgerd, UB, Vic. 16. 2000, UB-I, Wr. 00; das angegebene Datum, & Jannar 1184
Strafburg, fimme nie, wahrfehenli gehört Die Uefanbe in das Jahı 1182; fiehe
Boos hp. 16,2 fi.
Au Wörner, Bunfbenfmäler, p. 1 f.
om Sr. Worms, Gandfärife dee Andreas Wi, Yr. 7 (hehe Bir Befreibung bei
B000, UB.ILp-XIV f),p- 130 Die Bemerkung von Braun, Cpeiflice Jufheiften I,
Ye. 169, 9. 20 iR hinfällig.
eis Siepe bie Bifhofechreni, 3006, U. II, p. 3.
107 Boos, UB. I, Vie. 101, 10.
10 Boon, UB. I, Ur. 10; I, 9. ZI0.
a0 Boos, U. I, Ur. 23. Sachmile Boos, U. I, Tafel UI
eo) Siehe Boos, UB. I, p- Bl, 3 fh Both 1. cp 20-2.
a Schande, Jeinfheife I, p. 270 f- Programm, p 22 ff
a Don, UB. 1,p. 87, 18, U. IM.
WS Boos, U. I, p- 0, 34, conprovincilium vestrorum (fo, nid nostrorum muß es
beißen) vol. Mochne 1. p- 29, 200, Wire 2.
Ku 2000 1,9.61, 4 nacb Bolanden muß ein Bomma und vor viecdominum mäffen ywei
Punkte gefegt werden; fche Gchaube, Zenfhefe II, p- 286
O5 Zoos, Urfundenbuch Ber Stadt Meran. Aarau 1850, p. 12, Hr. 1.
jo ©. von Delom, Urfprung, pı II f.
7 Wernher IL fol mit cin Zebtodter den legten Grafen von Vringen verheiraer
gemefen fein; fiehe Winfelmann, Algeneine Denfär Biographie I, p- 06, akein
feiner folchen gear wäre das Recht der benbirtipkit ensgegengeftanden; therfählih
(war Ikboch Wernher mit On, einer Schunefie des Mainzer Brabtfänmerers Dubo II,
ber giehfale Sem Miniferilenianse angehörte, vermähl; he 3. Deaudt, die
Grafen von Würing, in Jorfäungen zur beufäen Beföichte XXI, p. 202, Wote 1.
Anmerfungen. z..
106 Sauer, Die älelen Lehnsbüchee der Serefaft Bolanden,p.30; curlem in Wormatia
rope portam in qua morari solemus.
102 Boos, ULB. I, p- Ol, 25; 00 205 08, 37; 69, 26
vu Boos, UB. I,p. 90, 20.
un 2000, UB. Ip Tu Hl.
1 Boos, U.B. I, 9. 82, 37.
300 Jnpeufrio iR namenslid) die Vergleichung ber Wormfer Uefunde mir der Instituto
Pacis für £aon vom Jahre 1128 bei A. Girp, Documents sur les relations de Ia
Foynut6 arce les villes en France de 180-1314. Paris 1885, p. 14, Wr.3 Segel,
Städte und Gilden IL, p- 42 ff, 110 f-
KM Bon, U.B. I, Ur. 91, p- 10,1
106 Boca, UB. I, p. 65, 20.
Nam gofeecht, 2000, UB. I, p. 42, 3 16. 83, 34. @chaube, Beifihift TI, 260 1
502 Zum Deifplel Bon, U.B. I, p. 237, 17 #-
10. von Belom, Urfprung p. 120.
v0 Nenolb, 1, p. 242.
100 Shane I, p. 06.
Io Boos, UB. IL p- 216, Ye. 620% 2I2 Vie. 20%, 20° ıc
10 2000, UB. I, 1. 50, Yr. 58.
108 Boos, UB. I, p. 02, Wr. 76
AO 2000, UB. I, p. 23, 18
306 Aemolb, I, p. 208.
100 Boos, U.B. I, p. 23, 18
W. Wiegand, UB. 1, 9. 118,9.
&. Silgeed, UB. 1, p-31, 4.
106 Boos, UB. I, p. 5, Ur. 111. Silgerd, ULB, p- 26, Mr. 23. Arnold I, p: 208 f.
A &. Kieröel in Teurfe Kinfheife für Befleramiflnfhaft, Wr. 4. , p- 24
100 Selb. Neifere Neformetion des Aare Sigmund ed. %d. Bahm, Leipig 1876.
10 @. Büngel, Ueber die Verwaltung dee Mafı und Gewidhtewefens in Deusfihland
während des Minelalers. Leipri 1894 (Sraats und fosialifenfhaftliie Sorfäungen
berausgegeben von Schneller, XI, Seft 2). Ausführlihe Arinf von ©. von Below
in der Benfeife für Sonlalı und Wirtiheftegefcichte, herausgegeben von &t. Bauer
end 4. 1. Sarımann, II, p. 491-490; vgl. auch die verflänbigen Bemerfungen von
Reutgen, p. 208 f-
van ©. Schmolter, Jahrbut für Gefenpehung, KVIL, p- 20.
1u8 2000, UB.L.p. 11, 2
104 Capitulare de vilis ed. Ch. Oarein c. 9, D. 0 f.
A. Siehe dayu die Tabele bei Lampredhr, Wietfäpfieleben, I, p- 50, Vote 1.
6a Mayer, Jol, Raufmannftbaft und Matt, p- 305
wur Segel, V.G, von Main, p. 67. echte für Sefüftbe Geftichte, XV, p- 100 108.
Schaube, Programm, p- 56.
us gilgacb, U.B, pı 314. Sehfheife für Geficte Deo Oberrheins, p. 30, 402; ferner
Sügars, p- 478 F. Schaube L cp. 85.
100 Zoos, UB. I, 228 fr
109 &0 fipon Im Sreiburger Grabreräh, 23
von M. Tb. Mheberg, Ucber das ältere Drufihe Mänymefen und die Saungmojfenfceften.
Aeipyig 1819. (Shmolero Aante: und focelwifenfäaflihe Sorfäungen II, 6.Sef)-
30
Anmertungen.
D000. UB. 1, 9.71.22
2000, UB. Ip. 82,7.
Boos, UB. Ip. 125, 20
Siebe die Sufammenfilung bei Sermann Dannenberg, Wie beurfän Mänsen der
facrifden und fräniiäen Baiferseit. Berlin 1820, p. 4 F, IL Danb 18%, p- 20
Dannenberg, 1.c. I, p- 322 f. Tafel 30, Vr. 8424 844. Tafel 0, Var. Sat 9b
6-86. II, p- 688. Tafel, Vie. IM-I0M.
Für Speier vergleiche Surfer, Derfud einer Speirifien Müngefcicte in ben
iMinellungen dee Diforifchen Vereins der Pfalz 1882. Sür Worms fehl cs nad an
einer Bearbeitung Der Münygeidichee, obwohl Das Wiarerial hierfür vorhanden wäre.
2000, UB. Ip 1 211.
LL. II, 208." Boo0, UB. I, p. 08,2 | ibeberg, 1. cp. 31 d
Borbein, Wireflafrspefälchte des Shhwarsnalden 1,883. Inama Sternegg, Deutfihe
Wierfafisgefbicee IL. Leipäip 1891, p- 320 F
Borbein, 1.c.p- 600
Rbeberg, Le p.
beberg, L.c.p. If
beberp, L. cp. 125
2000, U. I, p- 3 2,40, 0.
200%, UB. I, Wr. 0,9. 4 f
Lex Burchardi, $ 20. 3006 I, 9.43, 35 f. Aölnee Dienferidt ed. Srensborff in
Mineilungen aus dem Stabtardio von Rln, I, 1883, p- 8, 5 10
Segel, V.G. von Main, p. 6.
Tiefe Selle Hält Schaube, Programm p- 2, für eine Imerpolarion.
3000, U.B.1,9.60, 23, dep Prende und bey pfunt piefere. Was Frendhe iR, weiß ih
nic,
Dergleice bay $ 7 den Mölner Dienfmannenerte, 1. cp. 6 F, 3 f. Basler
Dienftoe cd. Wadernagel. Bafel 1852, 4%, p 10, 36
2000, UB. II, p-
Boo0, UB. 1.06, 46.
Boo0, UB. Ip. 0, 0
Sir Speier vergleiche Sarker Im Jerfßrife für Befihre des Oberrhein, 38 (186)
P-210:; Dazu bie Reitf von Sbaube, Programm p. 16f Segen Bochuce Phantafieen,
Für Main Segel, V.G. von Mainz p- 8 f.
2000, UB.1,p. 123,3 124 12. 117.8, 2.
Segel, V.G. von Mainy pı 6 f. Mheberg, L.c.p 180}.
©. Jacob, Welche Sandelosrriel beyogen die Araber den Minelmeeren aus den
mordif:baftifehen Ländeen, Berlin 1801, p 10 f
Hubolf won me, ber Gute Berbard Ner. von I. gaupt, Vers 180 f. Vergleiche
Ü Baufmann, Carfarius von Seiferbadb. 2. Auflage. Aöln 1802, p- 40 f ölner
Wienfirethr ed. Srensdorf, Ic. 3 1 p- 34 f. Scbulg, SOAfeen Acben. Leipsig 1879,
1,p- 223 fi sans ungenügend.
2000, UB. I, p. 305.
3000, UB. I, 7. 647, Anmerfang 1.
Biete Seugenlifte ter Urfunben, Boos, UB.1, Hr. 4,
69, 70,20, 12, 7, Ts, 75, 20, 70, 18, 79,81 1
Dh. Schneider, Die Bifsflen Tomfapitel ıc. Mafny 1895, p- 48 fi
0, 03,64, 66, 00, 07, 08,
"
Anmerhungen. 5°
wor Wenigfens fo in Bafel bei Scchrer, Topographie in: Dafel im 14. Jahrdunderr
Dafel 1856, 1:18 f. Sür Worme iebe 2008, ULB. HI, p- 3 1f.
166. Siehe die Eitreranun bei Schröder, Nechrepefichtr. 2. Muflape, p- 568, More 22
2000, UB. UL, p. 34,0 €.
N Boo0, UB. I, p. 61, 32, asserens dictante instida (eergleide p. 134, 3 dictante
sententin) neminem in lecto infrmitatis sue aliquid de banis suis vel mobilibus
preter quinque solides erogare posse eic. Vergirite sayn Lex Burchardi, tt. 1
Don, UB.I,p. 41, 0 9 Aochne lc. p 201
sun 2000, UB. I, Wr. $1.
10% Boos; UB. I, p- 88, 33 ad commune opus ci
1a Boos, UB. I, Wr. 90. Winfch, Miniperialirär und Bürgertum, p. 226 fi, umeichtg.
110 Schannat II, pı 208
ma Zorn, p. 123 1.
u Boos, U. I, p- 720 f, Ur. 108°.
Bapitel,
U Die Grundlage für die folgenden Mapitel bilden Yähmers Negefen den Baifer
weiche 1108--1272. nmebruc, 1. Abteilung bearbeitet von I. ide, 18815
I. Abreilung bearbeitet won emjelben, 1882; IL. Abreilung beasbeiter von I. Side
und 12. Winfelmann, 1892; IV. Abreilung brarketer von denfelben; 1. Lieferung 1892,
2. Rieferung 184 (eitiert B-F. oder B.W). Die ältere Eitreratue über Seibel IL
finder man bei ©. Blonbel, Einde sur la poliique de Vempereur Frederic IL
en Allemagne et sur les transformations de Ia constitutien allem. dans Ia 1 moitie
du 13 sitele. Thise. Parie, Picard, 1802.
O6 Silgard, UB, p. 25 f, ir. 22. Be, Mr 16.
A16.E. Wi, Negeen der Mainzer SErsbifeöfe, I, p- XIV. fi p- 121 F. Chrar
Coloniensis cd. Weit, p. 170.
Yo Chronica Ryccardi de s. German. Sannover. Tödhe, Zeineids Vi, p- 462.
10T Chronica regia Coloniensis ed. &. Walp. Sannover 1880, p. 107.
ton DIN, Kegeften, p- 202 f-
A Dialogus cd. Strange, Wif. II, Cap. 0. Zi. Raufmann in Annalen den biforifeden
Vereine für den Yieberrbein. Möln 1888, 47. Geft, p- 208 f. |ie Wiote I bedarf
der Borrehrur.
10 Pics, Monasofheift für Mbeinifcb-Wenfaliibe Befhihre IV, 230 |. Wil,
Kegefen II p. XXXL.
Am. Mich, Die Publiyfif im Jetalter Gregors VIL Leis 1804.
An Walıber von der Dogelmeide. Min Wichrerleben von A. &. Schönbach. 2. Auflage.
Deelin 1908.
un Stönbad, 1.c. p. 0 f-
um Scene, cp.
115. Gerausgegeben von YD. Grimm 1860; von Besyenberger 1872. Schönbad,1.c.p- 182
Shönbab, L. cp 10.
LIT p zu.
FE, Ur. 008.
2 Zoos, UB. IL, p- 721, Dr. 113%.
1 Boos, UB. I, Mr. 110.
m Eultor der Nenaiffance, I. Abfehnit, 1. Bapire.
Am 2000, UB. I, Ur. 6, Be
regia
Anmerkungen.
Dergl. bamit B0o0, UB.1, p. 72,4 f-
Basler UB. I, p- @ fu Br. 01
2000, UB II, p. 228
Ueber bie Bebeurung der Olode,fiche Lampreit, Deutfihes Wirefbaftsleben 1, - 310 f
Wiefe Abgabe beingt Rocbne L.c. p- 116 mit dem Gensgericht in Iufammenhang;,
bei Scbaube Zeifeheife I, p. 209 falfih-
3. 1O. Vlinfe, Deurfede Bebiche II, p- 66.
1
Sehaube in Seinfärife für Befchicte des Obercheins, U. $. I, p- #5 F Dagıgen
Bochne 1. c. p- 250 f und Darauf bie Antgegnung Schaubee Programm p- 31 fi.
Beugen 1.0. 221 f.
$. Berßlau, Urfundenlehee I, p- 834, Wote 1.
Zeeflau 1. I, p- 900.
‚2006, UB. I, pı XLVI und Tafel 1.
2006, UB. 1, Kar. 108.
B000, UB. I, Vic. 100.
2000, U. I, Vr. 111. Silgaed, UB. Vic. 28
3006, UB. I, Wr. 110.
Siehe die Urtunde Lu
BR, Br. 153.
Silgeed U.B. Wir. 2.
Se. 2öher, Sürften und Gräbte zur Seit der Sobenfaufen. Salle 1940.
B-F. vr. 678, 676.
BF, Mr. 724.
B-R, vr. 702.
BE, Mr. 810, 922.
B-E,, Vie. 808, 882.
Baslee Urfundenbud I, p- O1 ff, Mr. 02 B-F, Mr. 90.
Wine 1. «II p. 60 ff. Winfelmann, Maifer Jeiebeich IL Band 1, p. 62 #
Yıeuer Abbrad Mon. Germ. LL- Sectio IV, Band II (1996), p- 89 f. Winfelmann
LehnuM
‚Sidee in Regesta imperii V, p- XVII.
Wintelmann 1. c. I, p 74 f-
2005, UD. I, Wr. 119%, p. 721 cum universo consilio.
3006, UB. I, Hr. 120,9. 02 f-
3000, UB. I, p. 46, Ware 1.
Ibo vom 2. Beymber 1212 Boos, UM. IH, p 43 21 ff-
Rommt in Wormfer Urkunden After vor; fiche Bor
B-F., Vie. 0308.
Winfelmenn L.c. I,p- 67 f-
Schannar 11, 9. 100 f.
2000, UB.T, p. O4, We. 125.
2000, UB. I, Ur. 124, D. 95
2000, UM. I, ir. 103, 125; Il, Var. 110%, p. 721 f.
3006, UB. I, We. 100. Gilgard, Vie. 28
2006, UB. I, Var. 123.
2000, U. I,p- 00, 2.
VB. up am
Anmerkungen. z7*
hu 2000, UB. I, ic. 126
nm B0o0, UB.I, pm &
nm Zoos, U. I, p- 722, Mr. 120.
1m Boos, UB. I, Ur. Bl.
um Boos, UB. L Un. 122.
um Boon, UB. I, U. It.
1 Boos, UB. I We. I.
m 2, von Srinemamn, Sur Mntfehung der Srebeoerfafung in Jrallen, p- 20 f
©. von Delom, Kutfeung der Beurfäcn Stobrgemeine, p. 10
giger» UB, 9.2, 2. Boo, UB. Ip. 084
UB. 1, vr. 12%
Raufmann, Carfarius von Seferbad 2 U, p- 122 F.
©. von Belom, Die Knfehung, p 131
Boom UB. Ip 40f,
Don, UB.Lp. ml.
Boos, UB. I m. 19.
Wintelmann 1 c- I, p. 278.
tum Bono, UB. 1, We. 18
19. Aapitel.
ns Opl. die seflißhen Bemerkungen von 2. YO. Wigf, Gefihr der römifben Nepubi,
bereusgegeben von ©. Täouren I, Leipig 189. 9.10
Boos, UB. I, p- XXVI
Dos, UB. IN, p. KXXIF-
Taefartun Dial. V, p- 37 ıc
SS. XVI, p. 22
ufmenn L cp 116 f damperch, Beunfee Wirrfbafeleben I, p: 90
D0o0, UB. I, p- 173,6 5 7241.
Baur, Seide Uefunben V, p. 401. Wörner, Aunbenfmäler, p- 150
Geefartus Eisl, V, 2, Fons wtlus seientine ct puleus diinarum. seripiurarum.
gt. Raufmann 1.9.21. Boos, UB. I,p. 38, 5 M.
A Gönaafe, Befhiche der bildenden Bünfe, V, pı 44.
Aa Wsener 1.0. p- 6T.
1m Boos, UB. I 106 f.
1 Raufmann 1.c.p- 112, Wote 4.
A. Cruc, Gefhihee der euflben Peeigt im IMinellier, Detmold 187%, p- 207
@pe die Aieratur bei 4. Alle, Die Neformatlon und Se Alteen Reformpartein,
Aeipig 1985. Vieue Materialien reile @pele im Achio für Literatur und Aichen-
gefßißre mi. I. von Doliner, Beieäge zur Sehrengefälte den Minelalrrs,
Münden 1999 zwei Bände ic.
Ms}. Müller, Die Anfänge Deo Minoriten-Orbens. 3. Safe, Jrany von AR ıc
0 Son seiten, Gefihre und Spfen der minelaleliden Weltanibeuung. Srungart
Jo, p. 301
190 W. Arnold, Anfebelungen und Wanderungen betfcher Stämme. Marburg 1815, P- 556
zo 1. Oherer, Einerarurgefbicn, p. 2 f-
Ha Chronicon W. Boos, UR. I, p. 168, 26
u 3. Ebel, Gefhiche er oberbeutfben WiirienPronin. Wäryburg 195, mei Seit.
1SCa cher De Lage des Mlofere und De fpäreen Chidfale ice A. Beer, Zefrräge zur
Gefticte der Jeeifade Worms ıc. Worms 1680, 902
1.200, Du au
eeinfaen ac &
BEREREEEBESEREEBEEESSERERR
Anmertungen
3000, UR. IH, p- 106, 20 fr
VB. I, tie. 106.
3006, UB. I, Or. 146.
I; von Pöllinger, Das Papftrum. Mändoen 1892, p 02 f-
B-F, Var. 10055. Boos, UB. I, Yr. 109.
2006, UR. I, Vir. 150, wo das Darum wu berichtigen.
2006, UB. I, Yr. 153, p. 113, 28
Boos, UB. L. Yr. 181.
2006, UB.T p- 11412 8.
2000, UB. I,p. 115, 10 f
2006, UB. I, Vie. 102.
B-F, dir. 050.
Ann. Worm. Boos, U.B. II, p- 150, 32 f
2000, UB. I, Yir. 503. 5. Rod, die Barmeliterflößte der nieberdeutfäen Provinz.
Freiburg 1. Be. 1887, p- 176.
2000, UB. I, 9-30, 30 f.
Dächer, Die Srauenfeage im Mitelalter. Tübingen 1882:
Dicer, Die Devölferung von Srankfurr a. IM. I. Tübingen 1858, 9. 40 f. Derielbe,
Znrßchung der Vollswirrfäaft, p. 222 f.
2008, UB.IE, p-176, 29 9. Daß der Derfaffer ber Simmerfdhen Chronit ed Brad.
2. Aufl I, p- 534, baren Sreude fand, iR begreifli.
Boos, UB. I, Var. 183.
2000, UB.T, p- 101, 17 fi
Rampreol, Beutfeher Wirrfaftsleben, L. p. 58
3006, UB. 1, Dr. 11-24.
2000, UB. I, Vie. 203.214.
3006, UR. DI, p. 47, 38 fi.
2000, UB. 1, Dir. 180.
Boos, UB. II, p- 41 f.
3000, UB. IL, p- XIX f.
3000, UB. 1, p. 24, 32
3006, UB. I, Ur. 496, Il, Wr. 136.
2006, UB. I, Mr. At, II, p- 70 fu Dr. 400
D000, UB. U, p. 92 fu 199, 200 {5 Ih p- 61 f.
3008, UB. 1,9. 28, 8 f-
2006, UB. 1, Wir. 506, I, p. 8.
2000, UB. U, p. 62.
Chronie, Colm.
Basler, UB. I, Dr. 114, 9. 2 6.
3000, UB.1, vr. 101.
2006, UB. 1, Mr. 104. Vergleitde Ye. 200, 20, 28 ıc.
Bücher, Die Berölferung von Frankfurt I, p- 512 f-
2000, UB. 1, 20, 2.
2000, UB. 1, p- 250, 2 f.
Boos, UB. I, tie. 43.
3000, UB. 1, Vic. 438, 469, 404, D- 310, 16 #, II, p- 21, 22, De. 0.
2006, UB. Il, p- 202 20 #.
Anmerkungen. 390.
ws D000, UB. Il, p. 022, 17.
10 Boos, UB. IL, p- 90 f.
an BF, Var. 0097.
100 B.F, Ver. 6920.
wi Cacsarius Dial. V, p. 24: Raufmann, 1. cp. 82
aa A. Gbotrmäller, Der Umergeng des Templerordene. Berlin 1887. I. Gmelin,
Sihulp oder Unfehuld de Templerordens. Stuttgart 1803.
wa DEF, We. 0073.
une B.F, Ye. 6104, 0970.
105 Ausgabe von IE. Weller. geilbeomm 1876. Vergleiche 9. Aruser, Gefcbichte der
veligiöfen Auftlärung im Mittelalter. Berlin 1877, I, p- 213 f-
Boos, UB. I, Wr. 162.
Chronicon Worm.. Boos, U.B, UN, p- 187 f-
Caesarius Homil, II, 12.
Vergleidhe Caesaras Dial, V, 19.
B.F,, Ye. 0990, 0999, 7000.
Chronic. Worm. 2000, U.B. IL, p. 101.
‚Se. Schneider, SeRgabe zur Mröffnung des Paulueitiuftums zu Worme, p- 8 f.
Be, vie. 10022.
Wintelmann, Ic. I,p- 400 f.
3000, UR. I, Kir. 13.
Ann. W., 3000, UB. II, p. 146.
war 2000, UB. I, Ur. 18T.
B.F, vie. Ati.
1m BR, Dr. A183.
wa BR, Yr. 4106
1m DT, Ur. 4100-110.
um BF, var. va.
Wk Boo0, UB. 1, Ur. 150, p 10
19 Siehe obige Urfunse und die Ann W., 2600, UB. Ill, p- 145 #- Chron. W.,
2000 I, p- 10 fr
15 2000, UB. I, p. 723 Wr. 183",
2000, UB.1, u. 10.
BeF, Ur. 186,
Am BER, Ya. 1072.
120 Bon, UB. 1, Mn. 166.
int Boos, UB. I, Yr. 16.
UB 5 v0. 10.
Chronic. W., Boos, UB.ME p 17, MM ie Marfllung iR Surheus
erben
UB. II, p. 140, 1
2006, UB. I, We. IST. Boch, 1... 40
UB 5 vor. 10.
UB. I, Vic. 10, bie Worte p 320, 30 f. iurtis banal justiiam super nos
@&eonsiium nostrum ind bunte; Ih folge der Jnrerpreiaion von Rochne, 1.0.P-40%,
Won ı.
40° Anmerfungen.
120 € WIN, Regeln ber Mainzer esbifhsfe IL, p- 20 f-
190 Boos, UB, I, Br. 183-100.
HD Tas iR ud) der Sprachgebraud) in ben Heichetegeahten und in den Lisgenöfffien
Abfieden.
1a Lamprecht, D. Wirrfäaftsleben I, p- 1188 fi, 1303
1a Wie Aenolo IL, p. 30 und Bochne 1. cp. 120 f. meinen. Siehe Dagegen Scaube,
Programm, p. 04, Viore 26.
1m8 Chron. W., 2008, UB. UL p. 122.
Bapitel,
124 ©. Scmoller, Srrefburgs Dlöte und die voltswierihaftihe Wevolurion im
18. Jahehundert. Serafburg 1875 (Ouclen und Jorfäiungen zur Sprad: und
Aulturgefticte bee germanifcen Dölfe, Seft VI) "oc iR Bee feifh Sefäheichene
Arbeit nur mir einiger Dorfiht zu Denägen. 3. Lampreit, D. Witfibafileben I,
DB: 00 {u 023 {u 1a
126 ©. Sanfen, Die drei Seoölferungeftufen, p- 50 #20 fl.
Heu 3. Bücher, Die Eutfehung ber Volfemierfeaft, p. 282
Ha Boo0, UB, I, Ur. 170, 121, 13.
120 3000, UB, I, Wr. 172.
120 000, UB. I, p. 48, Wore 3,
120 Boos, UB. I, De. 1.
ao B.F, ie. 11136.
10% Scanner II, p. 1.
180 Ann. W., 2000, UB. II, p. 140 f.
Bar, vIr. 430
126 3000, UB.1, Gr. 16
0 B-F, Hr. 4306, Silgard, UB. Ye. 5
Mar Be, Vie. 408,430, 43T, A370, 48,
ins 2000, UB. I, Ki. 178.
Ann. W. Boos, UB. II, p- 142, 17 fr
2000, UB. 1, ur. 11.
Boos, UB. I, vie. 180.
B-F., vie. 1010, Tor
mn B-F,, Ye. DIOR.
iM& Dergleidie + 2. BeR, Ye. 2102
a8 BER, Kir. 2142
10 2. Böfer, Die Wormfer Annalen. Leipyig 1887, p- 6 i-
187 m Chronicon W., 8008, UB. II, p. 177, 18 iR septem in octo wu verbeffern.
Siehe UB. 1, vie. 100.
18 Boos, UB. I, Wr. 182.
19 Mon. Germ, Sect. IV, Dans IE (1896), p. 21-27.
vun B.F,, Yan. ZI.
aaa B-R, Vi. 2202.
zum B.F, Kr. 2081.
zu B+F. Yir. 2300.
1 B.F,, Me. 2404 3000, UB. I, Ur. 108
125 Winfelmem L c. Ip. ZU f-
m 2006, UB. I, We. 100. Dazu Aochne 1.c. pH fr
21.
Anmerfungen. 4°
B.F,, vr. 0902.
Boos, UB.1, ar. 183
Boos, UB. I, Ar. 202.
ur
m
129 Chron. W., 3006, UB, II, p 120.
1mu B-F. Ye. 11251 fi
m
m
ingen bes Mitelalece, mia Aädfich
auf Seifen und Die benadhbarten Gebiete. Mainz 18%. Ueber Ofhofen fiehe Wörner,
Bunfdenfmäler 1.c.p- 110 f-
{m Boon, U. I, Nepifer, p- 458.
UR. I, 9-92 f De. 44 46.
VB Ip. 208 Dr. 40.
on UB. I, p. 382, Dr. 12, 12.
199 Wörner, Bumfbenfmäfer, Merle Worms, p. 103, Wort, wo 1249 in 1242 mu
ändern if.
Boos, UB. I, Vie. 208
D006, UB. 1, Wr. 20.
UB. I, tie. 20i
VB. IE p- 720 B-W, Reg, Be. Zul.
2000, UB. 1, Or. 20.
2006, UB. 1, Wr. 200.
Boos, UB. 1, Kir. 208.
D000, UB. 1, vr. 216.
Bw, tie. 700
Lamprech, D. Wirrföaftelchen T, 1004.
2006, U. I, Ver. 2i8
3006, UB. I, Anhang B, 2. 372
F- die. 360
3000, UB. 1,930 fy Wr. 38,38. In 30 maß C. in G. vermandel werden, Die
Datierung von Winkelmann iR uneidig.
apite.
W., dir. 2668
Bw. ve. zu.
Die Anmerkung p. 181 1, ei 2000 UB. I, iR u bergen.
BeW. Ur. 002.
BEW. Hr. st.
Bew. de. 00.
BW. vr. 002.
Bw. vie. 06.
Sad, VG, 9.4.
E EESEBEBEEBEREEREEREEB
a
BESSES 55ESS 55
Anmerkungen.
Bei Lamprecht, Deusfide Gefichte II, p- 287, Wire 1.
Otto Singe, Tas Aönigrum Wilbelms von golland. Leipyig 1885 (Giferifce
Studien XV).
2006, UB. I, p- 504.
B-F, vie. 462.
2000, U. I, p- 307 fu We. 0, 0.
2006, U-B. I, p. 604.
&0 die Ann. W., Boos, II, p. 162; Jorn, p- 91, nennt dagegen Flonheim,
Singe, L.c- p. 49, Florheim madır.
Do00, UB. I, vir. 238.
B-W,, Vie. 8320, 83.
B-W, vr. 838.
2000, UD. I, Wie. 280, 238.
B000, UB. I, Vie. 236.
Matthacus Paris bei Singe, I. cp. 130.
Shennar, II, p- 125.
B-W., Ye. 11603, 1014.
BW, die. 16T.
BW., Ur. 11880.
3000, UB.1, Ye.263. Winfelmann in Böhmer, Nepefen, We. 11882 (egt bie Urfunde
{m den Anfang Mai, doc) ohne Begründung.
B000, UB. I, Yir. 22.
Ginte, 1.c.p. 168 f. Dod) iR zu bemerfen, Daß Die Spfommunifarion den KErzbifciofe
wegen irpreffung neuer JOle geflpehen I; ehe B-W., Mr. 1030.
3orn, p. 101 reuter.
3. Weisfäter, Der cheinifce Bund 1251. Täbingen 1879. Sinne, 1. c. p- 190 |
4. Duidde, Studien sur deurfien Verfafunge: und Wirrfhaftsgefbicte. I. Seft.
Srubienzur Gefchicıedes Rheinißden Zandfeitbensbunbes von 1254. SranHfurta. II. 1856.
Segel, V.G., von Mainy p. 51.
B-W,, We. 10401.
Sigerd, Sp-U. Kir. 9,
Mon. Germ, Sectio IV, Band II, 1895, p. 241 ff. Altmann und Bernheim, Aus
gewählte Urfunden zur ©. Derfaffungsgefticbte. 2. Auf. 1805, p. 220 |
I. Brod, Die Mntfehung des Schbrerähten, Berlin 1887. 4%. Jeeibere 2. Kangmerth
don Simmern, Die Breisverfafung Wapimiliene I. Seibelbeeg 1800, p- 1
2008 UB. I, Wr. 20.
BeW. dir. 11607, 11600.
Boos. UB. I, vie. 206.
Ginge, L.c.p- ITZ f. Qulbde, 1.c.p- 8
Boos, UB. 1, var. 25.
B000, UB. 1, Vie. 200.
2006, UB. I. U. 280.
Wie Quisse 1. cp. 48 meim.
Weider Le. p 10
D000, UB. I, Var. 28.
©. von Buchwald, Deurfehes Gefellfünfteleben, IL p. 201 fi
Boos, UB. I, U. 2m.
Anmerungen. 43°
10 Boos, UB. I, Mr. 20.
m B.E, Ur. 520, 5MZ,
10 Ging, 1. cp. 185
um B-W. Ye. 11720
12 Weigfäcter in Löhere Aedhinelifße Zeirife IV, 208 ff.
Asan Zuechielifce Zeibeife IV, p- 203 f.
18. Blondel, Etude sur la polilinue de Pempereur Frederic II. cn Allemagne.
Paris 1802, p- 30 f.
Mit Lampecät, D. Wirtfcaftslcben I, p. 1St1.
ats. Siebe jet XD. Vargeo in den Preußlfcben Jahrbächern 1805. Band St, p. 280 ff.
16 Zoos, UB. I, Hr. 266.
Mar Weigfädter, 1. cp. 217.
Nas B-W., Vie. 11200, 11200.
vu ofen ed. Segel I, 830.
Schlußbemerfung. Tas Manuffript wer Ende 1804 drudfertig; nur
iR bie irecamr (pfematif auspebeuter worden; doch habe ich noc eine Anyahl fpäter
enftienener wiäriger Arbeiten benugt. ;a die Uninerfirktsbiklionhel in Bafel wegen
Umzugs längere Zeit unyugänglid) mar, Fonnte it) nicr alle Citate Ponteollieren.
Wendt: Orte ». gelten, Berlin C.
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