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Full text of "Schweizerisches Archiv für Volkskunde"

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FastiKielitsiuaske aus SiMiiuacli. lia Desitze des Verfassers, 



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Al 3 2 1899 



Vitii : 1 



5?arbarti College ILibrarg 
« 

PROM THE BK<V'K5T OF 

MRS. ANNE E. 1». SEVER, 
OF nOSTON, 

WiDow OF Col. Jamk> Wahren Sr-vfcK, 
tOUM of 1817 , 



Société Siiisse des Traditions ^Populaires. 
Schweiz, aesellechaff fûr Volkskunde. 



Archives Suisses 

des 

Traditions Popula^ires. 




Revue trimestrielle 

putiliée par les soins du Comité et ciirtgée 

Ed. Hof fmaniT'K rayer. 



Première années 



tniprimerie Kiuile Catti 
• 1897. 



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SOMMAIRE. 



p»(fe 

Zur EilifOhrnng. Heraasgeber . . . . ' . i 

Yom Schweizerdorf an der Ijandesansstellnng in Genf. 

J. Hunziker . . 13 

Ziele nnd Methoden einer Rassenknnde der Schireiz. 

R. Martin , . . . . . . . . 29 

Karl unter den Weibern. S. Singer 42 

BegräbniMfeierlichkeiten im Prättigau. (j. Fient . . 4:^ 
Die Fastnachtsgebrauche in der Schweiz I. E. HuH- 

mann-Krayer . . . , . . . . 47 

YolkstriniHcheH ans dem Kanton Zog 1. Anna Ithen . 58 
Mélanges. Einiges vom AderlaBs. E. Wieland . . 70 

Apia in der Schweiz. J. Winteler . 71 

Brise -fer. A. Tavernay . . ^ . 72 

Moenra genevoises (1. Kpoiisea du muis (i>' mai. 

2. Feux de nii-étc). K. Kitter . . 74 

Les prières pour le bétail (Alpsegen). W. Robert 75 

Die Heiligen als Hanapatrone. E. A. Stückei - 
berg 77 

Brutan Bohneiden. H. Hrupiiadu-r . . . 78 

Chronique 78 

Bulletin de la Société 80 

Liste de.s Membres . . . , . . . . 8ü 

Necrologi«^. Fritz Staqb f. J. von Ah S . . . . S8 

Dons . , , . , , , . . . . 

Informations flfi 

Quelques coutumes du pays d^Ajoie. A. IVAncuurt . 97 
Légendes jurassiennes. A. D'Anconrt . . . . 99 
Contes. L. de L 102 



IV .Sumiiiairc. 







Die Verehraniç des heilit^en Grabes. E. A. Stückell.er); 


104 


Volkstümliches aus dem Kanton /uir. (Fort«.) A. Itheu 


11.5 


Die Fastniichtsgehräuche in der Schweiz. (Forts.) K. Hotl- 




munii-Kravor ....... 


126 


Sa^eu aus dem untern Teile des st. ^allischeu Fursteu- 




landes. G. KeMsler 


142 


Hochzeitssteuer an die Knabenffesellschaft in Toniils. 




S. Meitwer 


144 


Ein oberengadinisehes Lied nber die Fastnacht. J. Ulrich 


147 


TolUsc^ebräuehe in Sargans und Umgehung. A. Zindel 


152 


Neujahrs feier im Prättigao. G. Fient .... 


155 


Die Amtstracht eines zürcherischen Untervo^tes im 




XVI. Jahrhundert, l'ml (im/. ... 


158 


Frfilijahrsbrauch, l. Wnittl.! ... 


160 


Eine ungedruckte Walliser Sage, f M. Tscheinen 


161 


Walliser Sprichwörter, f M, Tclieinen .... 


162 


Mélanges. Volkstänze. J. Winteler. ... 


163 


Unglücksta^o. E. A. Stlickelberg . 


163 


Kleine Bemerku n ii^en zu Heft 1 deH 




Archivs. S. Singer ..... 


164 


Das Taschenmesser im Aberglauben. H. 




Bruppachcr ..... 


165 


Ueber G ebetsstell u iii;. K. A. Stuckelberg 


165 


€hronit|ue 


166 


Revues et annuaires reçus en échange jusqu*à la fln 




du mois de février 


107 


Nouveaux membres 


1Ü9 


Abonnés 


173 


Dons 


173 


Informations 


175 


Die FastnachtsgebrÜuche in der Schweiz. (Forts.) V.. Hoff- 




mauu-Krayer ........ 


177 


Fastnaehtsgebriiuche in Laufenburg. F. Wemll 


195 


Eine Teufelsgesehichte ans dem XV H. Jahrhundert. 




Rob. Hoppeler ........ 


198 


Die Wirksamkeit der Besegnungen. S. Singer 


202 


Tolkstihnliches aus dem Kanton Zug. (Schluss) A. Ithen 


210 


Aberglaube aus dem Kanton Hern. H. Stic-kelberger 


218 


Das „Abetriugele" in Laupcu. Ii. Bahutr 


222 



SulUluaire. 



Rondes et emprôs. L. Conrthion 
La fête de Mai. (Maïentxe;. W 



Robert 



Prières et formule niaiffique. 0. Chambaz 

Le jeu du change. K. Kitter .... 

Sagen aus Beinwyl (Bezirk Knini). K. Fricker 

Fustnnchtsbraufh in Urseren. K. Zalm . 

Zwei Wespensegen, ü. Ke»8ler 

iSage ans dem Wallis, f M. Tschcincn 

Eine Yariatiou der Tantalussage. J. Winteler 

Mélanges. Alp en geh et. R. v. Heding-Bibercgg 



rricrefl er €HecreiH>. 
Zur V e re h r u II des 


Il i- 1 1 i ^ e n 


L. C. Buainjçer 




Uiilï eil voile Ta^^e. (). 


Stuckert 



(rrahea 



NochmaU zum „Tüfei heile^. J. Winteler 



Zum ,Ttlfel heile*^. U. FleiBnli . 

De r \{ u ium - K iif. Wintnlf^r 

Chronique 

€oncours . . . 

Bibliographie 

Bons . 

Kevues et annuaires reçus en échange 
Die FastnachtsgebrUiiehe in der Schweiz. (Schluss). E 



mann-Krayer 



Hoff- 



La Légende de la Reine Berthe. F. Muret 
Mélanges. Oesterreich. B ie nenbrettcbe n. J. E. Rothenbach 

N e b !■ 1 V >: r t rc i 1) >.- ii i m t r a n /.. W n 1 1 i s. ., Valais 



Rüiiiaiid" 



Ueber den Löffel halbieren. G. R^'hiner 



Avis . 



Contenus. 1. Table aiialytirine des Matières 

IL Table al|)biibéti<]Uf d<'h Matières 
IIL Nomt'iiclatiirc. altilialn-tiiiue 



224 
22a 
232 
2M 
235 
2afi 
237 

23fi 
23â 
24Û 
24i 

2i2 
24S 
247 
247 
248 
25Û 
2M 
2Iil 
254 
2Qâ 

257 

2H4 
318 

81!) 
320 
32Û 
321 
322 
32Ü 



Schweizerische Gesellschaft fQr Volkskunde. 

Société Suisse des Traditions Populaires.' . \ . 



Sehweizerisehes 

Archiv fürVolkskimde, 




Yierteljahrschrift 

unter Mitwirkung des Vorstandes herausgegeben 

VOl» 

Ed. Hoffmann^Krayer. 



Krnter «falirganig. Heft 1, 



ZÜKK H 
Drnck vun Km il CuUi 



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1. Zur Fînfûhrunp. Von der licdaktion . . . . 1 

2. Vom Schwoi/.ordorf au der IjauüesausHteUuiig in 

Genf. J. Jlun/.ikir 13 

a. Ziele und MethoUeu einer llaMsenJiuuUe der Ncliweiz, 

Ii. iSJartin . . . . . . ' . 29 

4. Karl nnter den Weüiern. S. 8ing»r ... 42 

i). He^rübiiisfeierliehkeiteu im PrSttigau. (i. Fient . 43 

6. Die FnstnachtKcrebräuclie in der Schweiz, I. K. HuîJ- 

iii.uiii-Kruyfr ........ 47 

7. VolkstümlichoM uns dem Kanton Zug, I. Aaiui Ithen 58 

8. Miszeiieu. Einiges vom Äderlanä. K. Wieland - . 70 

Apis in der Scbweiz. ,1. Winteler . . 71 

Briaa-fer. A. Taverney .... 72 
Mueun generoises (1. Ëpouse» du mois dt mai. 

2. Feux de mi-été). E. Kitter . 74 

Lea prières poar le bétail (Älp^egen). W. Robert 75 

Die Heiligen aie Hanepetrone. B. A. Stttdtelberg 77 



Brotanaehneiden. H. Bmppacher ... 78 

9. Kleine Bnndseliaii 78 

10. Gesellseluiftselironik 80 

11. HUgliederTerzefehnUl 48 

12. Totenschau. Fritx Staub f. 1. von Abf. . . .88 

la. Geschenke . . . &d 

14. Fragekasten 96 



Der Umfang dos .lahrgaiifj^es ist auf 20 Bogen festgesetzt. 

Der Abonnemeiitspreis beträgt für ^ütir^ifdoi" Fr. 4. - , für 
Nichtmitglieder Fr. 8. — ; für das Ausland kuuimt der eutspreobende 
Portozuschlag hinzu. 

Beiträge für die Zeitschrift, Beitrittserklärungen, Büchersen- 
düngen sind zu richten an den Redaktor 

Herrn Dr. JsJ. Hof f mann- Ki'ayei\ Freieetrasse 88, Zürich Y. 



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Zur Einführung. 

Nachdem durch die grossartigen Forschungsreisen in un- 
bekannt« Gebiete das Interesse an der Ânscbauuogs- und Lebens- 
weise primitiTer Völker in immer weiteren Kreisen geweckt 
worden war, hatte man in neuerer Zeit auch angefangen, sein 
Augenmerk auf die einheimischen Verhältnisse au richten und 
dabei entdeckt, dass ein ungeheures Forschungsgebiet Ton hôch- 
stem historischem Interesse Jahrhunderte lang brach gelegen 
habe. Hau war also auch hier wieder, wie so oft schon, durch 
die Beobachtung des ÂufTallenden an fremden Vdlk'ern, auf dem 
Wege df*s Vergleichs, zur Selbstbeobachtung Torgeschritten. Dazu 
kam noch ein Zweites. Durch das Interesse an der Weltlitteratnr^ 
daa wir namentlich Herder yerdanken, hatte sich das Verständnis 
und die Liebe sunächst für das Volkslied in weiteren Kreisen 
au regen begonnen. Schon früher hatte die träumerisch- 
nebelhafte Poesie Ossians auf die Gemüter gewirkt und jcnfr 
Schwarmerei für die sagenumwobenen Helden de» Nordens 
angebahnt, deren sich dann die romantische Schule mit so 
grosser Begeisterung bemächtigte. Zur rechten Zeit traten die 
G(dir(ider Grimm auf, um den etwas verschwommenen, dichte- 
risch idealisierten Erscheinungen eine konkretere Gestalt stt 
verleihen. Auf Grund umfassender Materialsammlungen giengen 
sie zum ersten mal an den wissenschaftlichen Ausbau der Mytho- 
logie. Sagen- und Rechtsgeschichto in dem Sinne, wie wir mo 
heute II II tzu fassen p-owcjhnt sind. Dabei knmon sie zur Er- 
kenntnis, (!ass eine historische Darstellung dieser Disziplin nur 
dann möglich sei, wenn die volkstürnlichen Ueberliefeningen 
iu umfassender Woi>e boigezogcn würden ; sie sahen, dass die 
schriftlich überiiettTten (Quellen nur einen miniraen Bestandteil 
des einschlägigen Materials bildeten, dass in den vnlkslüniliehen 
Ueberlieferii Ilgen weitaus der grösste Schatz derselben ver- 
borgen Heye. 

Solche Erfahrungen und Beobachtungen waren es, die in 
den letzten Dezennien unseres Jahrhunderte zu einem systema- 
tischen Sammeln dieses wertvollen Materials geführt haben, und 

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3 



Zur ËiufUhruog. 



ei Iftwt lieh mebt leugnen, dass darin schon Erkleckltches 
geleistet worden ist Zugleich aber war man su der Erkenntnis 
gekommen, dass dieses Sammeln nur dann wirklich fruchtbar 
sein könne, wenn es sîelbewusst geschehe und keine Kraft da- 
bei verloren gehe. 

Es ist deshalb von allen Knlturlfindem die Errichtung eines 
besondem Organs als Sammel- und Auskunftstelle für volks- 
kundliche Gegenstände als sweckmässig erkannt worden. Nor 
die Schweie, die doch auf diesem Uebiete Uber den reichsten 
Stoff verfügt, ist bis jetzt zurückgeblieben. Unbegreiflicherweise; 
denn auf dem Gebiete der Ifundartenforschung darf sie ftioh 
füglich an die Spitze aller Nationen stellen. Die Volkskunde 
aber bildet die notwendige Ergänzung zur Mundartenforsohung 
nach der realen Seite hin. 

Hau wird kaum einwenden können, es fehle in Laienkreisen 
an dem nötigen Verständnis für volkskundliche Gegenstände. Der 
Herausgeller silhst hat die Erfahrung gemacht, cluss das Inler- 
esse im Volke auf diesefn Gebiete noch beäeuiefi<l grosser ist, 
aU auf (fem rein spradilidien, sobald es einmal seinen Blick 
über den Horizont des Heimatlandes hînaussohweifen lasst auf 
die Sitten und Anschauungen Andersgearteter. 

Freilich herrscht noch vielfach eine vage Vorstellung von 
dem, was ei<ientliih die Volkskunde umfasst, und es wird daher 
nicht überflüssig erscheinen, wenn wir hier etwas näher auf die 
&totfe unserer D/soiplin eintreten. 

^V^r• schicken zunächst ein summarisches rrof^rannii voraus 
das wir hernudi. wo es augezeigt erscheint, im Einzelaen noch 
mehr ausführen wollen. 

1. Anthropologische Beobachtangon. 

8. Siedelnngs- und WohnverhftltniBse ; landwirtsehafUiclie 
Enltnr: Anlage der Ortschaft und des einzelnen Hofes samt 
allen dazu gehörigen Gebäuden; Kirchen; Brflcken; Dis- 
position und Einrichtung des Hauses, Baumaterialien ; Haus- 
marken, Geräte; Art und Betrieb der bäuerlichen Beschäf- 
tigung* Thätigkeit der verschiedenen Geschlechter; Gruod- 
und Viehbesitz; Gesinde. 

3. >'ahrungsverhiiUiusse : 

Volks-Speisen und -Getränke: Muldzeiten; Bereitung und 
Gestaltung des Brotes; Speisen zu bestimmten Festzeiten etc. 



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Zvr Eiiifttliruag. 



8 



4. Tra( lifca des Volkes und der verscbiedeoeo Stände im All- 
geint'iiien und bei bestiniuiieti Gelegenheiten, mit Ëinscbluss 
dee Schmuckes und der Haar- und Bart- Tracht. 

Häusliche Besehftfltiguiffy Hausindustrie und TOlkstQm* 
iiche Kunst. 

4. Sitten, Oebriuche und Feste: 

a) Geburt^ Taufe, Erziehung« erste Eommanion, Firmung, 
GeBchleeiiterrerkebr, Werbung, Brantttand, Hoclixeit, Ehe, 
Krankheit, Tod und Begräbnis. 

b) WinteranfangBfoste, Niklaua, Weihnacht, Dezonibernächte, 
Sylvester, 2seujahr, Borchtoldatag, Dreikönige. Fastnacht, 
Karwoche, Ostern, Pfingsten, Himmelfahrt, Frühliugs- 
feste, Sonnwendfeste, Kirchweih etc. 

C) Lokalfeste (kircliliche und weltliche, inclusive historische) ; 
Landsgemeinden; Markte; Schützen-, Sänger-, Turn-, 
Schwing- und Jugendfeste j Volksbelustigungen verschie- 
dener Art. 

<ij Sitten und Gebräuche bei Hausbau, Hausbezug ui 1 (i<> 
Bindediiigung, in Kirche und Schule, leim Kssen, Trinken 
und Selilat'engehen; Geburts- und Namenstag; Kiltgang 
und Spinnstube; Einteilung de.s Tages. 

e) Liiiidwirtschal'tliche Gebräuche. 

f) Gebräuche der Sennen. Tlirteii, Fischer, Jäger, Winzer, 
Spielleute, Handwerker (Züntte) etc. 

7. Totksnieinungen und Yolksglunben : 

SeelenkttU, Gespenster, Hexen, Zauberei, Schutzmittel und 
Aehnliehes; Tier-, Pflansen« und Gestiroglanbe ; Ealender- 
und Wetterregeln; Träume, Glücks-, Ehe-, Todesorakel ete. 

8. Volksti'aitliche Bechtsaltertütuer. 

9. Volksdichtung: Volks- und Kiuderlieder , Rcimsprüche, 
Inschriften; Rätsel; Sagen; Märchen; Legenden ; Anekdoten ; 
Sohwänke (Fabliaux); Yolksscbauspiele. 

JO. Spiele. 

II. Musik und Tanz: Allgemeiner Charakter der Musik, Melo- 
dien nunuialich der Volks- umi Ivinderlieder), Instrumente; 
Art, Zeit uud Ort der Tänze. 



4 



Zur Ëiofiibniag. 



12, Volks->Vitz 1111(1 -.Spott: Urtancckereien, Spottreden auf 

Stiindo, Berufe u. dgl. 

13. Redensarten und Formeln : Sprichwörter und sprichwört- 
liclio Hcdeosarten. Wortspiele und Verdrehungen; bildliche 
Ausdrucksweise; (^Jrus««-. Dank-, Abschieds-, Oliickwunsch- 
und Beileidsformel, llotlit hkeitswendungeu, Titulftturen, Dro- 
hungen, Scheiten, Fliicbef Kufe etc. 

lé. Namen, bexw.Vebernameii von SfenaclieD, Tieren, Pflansen, 
HSusern (auch WirtshäuBern), geographûehen Punkten, 
Winden etc. 

1Ô. Wortsehatz: Sachlich geordnete lexikaliache Zusammen« 
Stellung« II verschiedener Art; Geschichte und geographische 
Verteilung charakteristischer Wörter. 

In erster lîeilie stellen hier die anthropologischen Beobach- 
tungen. Es ist dies IVeilich gerade ein (ieliiet, das nicht in die 
spezielle Volkskunde einschlügt, aher doch als ililfswissenechaft 
insot'ern für uns von uiisidiätzharer Wichtigkeit ist, als die ünter- 
sucliungen über K("irf>erfU(t|M)rtion. Skelettbau, Schiidtdt'orniatinn, 
Haut- und Ilanrtailte uns deutlicli auf die Spuren der Kassen- 
vermischung hinweisen, die dann ihrerseits w ieder manche Varia- 
tion und Verschiebung in den öitten eines Volkes zu interpre- 
tieren vermag. 

Zur Erklärung gewisser Ditlerenzen in der Anchauungs- 
weise zwischen Norddeutschland und der Schweiz spricht man 
oft von einem .,Kassenunter8ciiied-. l'edensnrt ist vollauf 

berechtigt; wir brauchen blos auf das Faktuin liinzuweitjen, dasü 
Norddeutsühland ca. 4Ü*/o blonde und 10" o brünette, die Schweiz 
dagegen ca. 11% blonde und 26% brönette Typen au [ weist. 

Diese Rassen versdiiedenheiten pnlgen sich aber niclit nur 
in den Menschen selbst, sondern auch in iliren Sietieiungs- und 
Wohnverhältnissen, in ihrer ganzen iandwirtschaltlichen Kultur aus; 
und das bildet den zweiten Punkt unseres Programmes. Je nach 
der Afifage des Dai-fes (Uunddorf, Stras^icudorf) oder der Flur- 
VL'rhril/iiissc sprechen wir von germanischen, keltischen, römischen 
Anlagen. Analog verhält es sich mit der (/i'sst'rn Erscheinung 
und der innern DisposUion des Hanernhauses und drr Oehn- 
nohiiegebüude, die vielleicht sogar an der Hand von historischen 
Berichten auf speziellere alemaunische, burgundische, longobar- 



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Zur EiafnbniRg-. 



5 



(lischo, römische, keltisclio Staiumosuiitcrscliiede schlicasen lassen. 
Freilich sind dal ici au( h stets die Boden- und Kliinaverhältnisso 
mit zu beriick.si(>htig:eii. IJtn/s/u'c/il und Ihmsinscht'iffen, die 
wir unter Nummer M und 9 elugeschlossen babeo, mögen auch 
hier ilnen i'latz tiiiden. 

Bcoliiu litiingen über IlaasuKirin n, I.tnnl H-li ischafts- und 
IIa >'^f/(iffiui(fstfe/'ati', mit AuBschhiss der Mascliinen und sonstiger 
nuidcrtior Eindringh'nge. »chliessen sich naturgeuiäss hier an. 
Ebenso Nachrichten über die Arl dt'r hduerlic/n'n Besc/ia/'/i- 
guiuj (Ackerbau, Weinbau, Viehxiieht, Milchwirtschaft u. a. w.) 
und ihren lieirtt'ft, die Reihenfolge der einzelnen Kulturen u.a.m. 
Endlich Angaben über den BcsiUs and und die (Jcsindarcr- 
hall hisse. 

Eine dritte liubrilc werden die Nahrungsverhältnisse bilden 
Fast jeder Bezirk eharakteriaiert sich durch beflondera bevor- 
zugte Gerichte; auch betrefia der Getränke bestehen YerBchie» 
denheiten (Wein, Most, »poaielle Arten von Branntwein). Ferner 
ist wissenswert, wann und wie oft im Tage die Mahlseiten ab- 
gehalten werden, ob in der Verteilung der Sjieùsefi auf die 
rerschiedenen Wochentage eine gewisse Regelroässigkeit herrscht, 
wie oft in der >Vocbe Fleisch gegessen, wie das Essen auf* 
gelragen, der Tisch gedeckt, die Tischordnung innegehalten 
und das Tischgebet gesprochen wird. Besonders wichtig aber 
i»t das tägliche Brot und dessen Zubereitung, Bestandteile und 
Form. In manchen Gegenden wird ein gewisser Vorrat desselben 
auf eine längere Zeitdauer hinaus anm voraus gebacken. Die 
FestgeiHchie und Festgebäcke können hier oder unter Nummer 6, 
a) und b) ihren Platz finden. 

Weiterhin sehen wir die Behandlung der hfltt&liclien Be- 
schäftigung und speziell der Hausindustrie vor. Die volkstümliche 
Kunst gehört so weit in den Bereich der Volkskunde, als sie 
nicht als eigeotliche Tmlustrie oder gar von Künstlerband auf 
Bestellung ausgeübt wird. So ist z. B. die Holzschnitzerei und 
die Fayencefabrikation im Berner Oberland auszuschliessen, wah- 
rend Malereien, Schnitzarbeiten und sonstige Zierraten an Kästen 
Schränken, Deckenbalken, Giebeln etc., soweit sie eine ungeübte 
Band und volkstümlichen Oeeehmack verraten, in den Bereich 
unserer Gegenstände hineingehören. 

An die Hausindustrie schlicssen sich enge die Trachten an, 
da manches Stück derselben im Uause angefertigt wird. Dar- 



f 

6 



Zur Einfliliniag. 



unter sind nun abor nicht nur die gewöhnlichen Volkstrachteo 
zu Teretehen, wie wir eie aus unseren ländlichen Sonntagsaus- 
flügen oder den oft so phantasievoU ausgestatteten Abbildungen 
kennen, sondern ea soll auch die Kleidung hei beslit/thtlen Ge- 
legenheiten: Taufe (Kind, Pathen und Eltern), Konfirmation, 
Kommunion, Hochzeit (Uochseitsbitter, Braut, Bräutigam, Beglei- 
tang), Begräbnis (Leichenbitter, Totengewaod, Leichengeleite), 
Landsgemeindeii, GemeiDdevereammlungen n. a. iv. u. «. w. zur 
DanteNung komroen. Oasu konmieD die TraMen der Bauern^ 
iSennen, Hirten etc. bei ihren verechiedenen Bescbftftigungen, 
dieYerschiedeobeiteo bei ledigm und verheirateten Psrmnen, 
die Hcuirtracht und ihre Herstellungsart, sowie der vollcstfim- 
fiche Schtnuck (Haarnadeln, Flligrankndpfe, Miederketten etc. etc.). 
Alles das soll des Eingehenden nach Form und Material be- 
schrieben und wo nidglicb nach erha>1tenen Stocken in poly- 
chromen Abbildungen dargestellt werden. 

T''^ngeheuer gross ist das Gebiet der Sitten, Gebräuche 
und Feste, das wol etets den Kern der volkskundlichen Forschung 
bilden wird, wie es auch mit Recht in weiteren Kreisen stets 
daä grösste Interesse in Anspruch genommen hat. Eine nähere 
Erläuterung jedes einaelnen Punktes wird hier wol kaum nötig 
sein, da sich die Benennungen in den meinten Fällen ohne wei- 
teres Ton reibst erklären. Nur ein par Andeutungen über einige 
allgemeiner gehaltene Beseichnungen mSgen hier folgen. 

Die Win/eran f anfisfe.sie schliesseu sich an das Einschiachten 
des Viehs, namentlich des Zuchtstiers und Zuchtebers, an ; ihre 
Haupttage sind Martini und Nicolai. 

Unter „Dezenibeniäc/t/r" verstehen wir die altheidnischen 
und oft 80 rätselhaften Gebräuche, wie sie sich vor und nach 
"Weihnachten abspielen. Meist bestehen sie in lärmenden oder 
phantastisch maskierten Umzügen, die sämtlich das unheimliche 

Walten der \\''interdrimonen im Kampf mit der wied^Tkehrenden 
Sonne versinnbildlichen. So das „Posterlijagen** im Entlebuch, 
das ^Sträggelojnc^on" im Frrinmt und im Kanton Luzern, das 
„Klausjagen' ^ in der Zentralschweiz und dis ,,\rmiklingpln*' im 
Baselland. Dann gehört hieher die uralte und weitverbreitete 
„Bochselnacht", die,,T8engrind-, Klun2:pro-. H iirgenase-, Spräg^ele- 
und Stfipfelonacht", wie sie zu ver ( iiiedenen Zeiten im De/omber 
im Üebrauch sind, sowie auch der St. fliklaus, der keineswegs 



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Zur Eiofilhrunir 



7 



in ftUen Oegeiulen der Schweiz am 6. Dezember auftritt, sondera 
hie und da bis zum Sylvester sein Unwesen treibt. 

Zu den Frählings festen gehören im Grunde auch die welt- 
lichen Qebräuche der Oster- und Pfingsttage ; dann aber nament- 
lich die Gebrauche um Mittfasten, die Frühlingstagundnacht» 
gleiche, die Mai feste und Aehnliches. 

Zu den lan liri/-tsrhnffU€hen Gehräuchen rechnen wir 
beispielsweise die Erutcfeste, das Segnen der Felder und ein- 
zelner Produkte durch verschiedene Ceremonien, die Flurumgänge, 
die mannigfachen Vorkehrungen gegen schädliche Einflüsse von 
aoBsen, das Wetterlinten o. a. m. . 

Weitere« braachen wir zu die«er Kategorie nicht zu be- 
nerkeDf obscKon wir um bewusst sind« dan das aafgeatellte 
Programm noch weit entfernt ist, Tolhtftndig za sein. 

Aach das folgende Gebiet, das wir Volksmeinungen unil 
Voiltiglaiibon betiteln, bedarf hier keiner besondem Erläuterung, 
io unermesslich es ist. Vieles davon ist übrigens. kaum von dem 
Vorigen zu trennen; wir erinnern an die abergläubischen Ân> 
schauungen während der Schwangerschaft, die sogenannten Los- 
tage, den Aberglauben beim Landbau nnd der Viehpflege etc. 

Eber erfordern die RechtsaRtllllmer eine besondere Er- 
wähnung, da vielfach die Meinung herrscht, dass bei der heutigen 
Oesetzgebung eine volkstfimliche Ausübung der Rechtspflege nicht 
mehr möglich sei. Aber abgesehen davon, dass auch das Aus- 
gestorbene in den Bereich unserer Betrachtung gezogen werden 
soll, muchen wir auf die unzähligen Rechtsformeln aufmerksam, 
die noch im Volksmunde leben; ferner auf die volkstümlichen 
Gebräuche bei der Prozessfnhrun^, dem Verkauf und Tausch, 
der Gesindedingung, auf das Uaftgeld (r,Kapare*^)^ die volks- 
tämlichen Wahlarten, die Feld- und Waldordnungen etc. etc. 
Dazu kommen die Rechtsanschauungen des Volkes überhaupt, 
von denen das geschriebene Gesetz ja leider nur allzuotlt ab- 
weicht 

Bei den Nummern 9. 10 und 11 ist wiodernm eine nähere 
Ausführung überflüssig. Dass unter den Spielen nicht nur die 
Kinderspiele verBtanden siiid, Hondern auch Kartpn-, Wiirfol-^ 
Brett-, Kegclspielc etc. der Erwachsenen, bedarf keiner aus- 
drücklichen B*'t inuig. 

Sehr ver»clii»MÎenartifif und in allen Farben, vom harm- 
losesten ächerz bis zum beisseuden Hohn spielend ist der Volks* 



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8 Zur EiufUhrung. 

wHz iHltf Volkstpott. In diese Kategorie Men die Spottreden 
auf beBtimmte Thätigketten oder spracfalicfae Eigentamlichkeiten 
dner Landschaft, Schildageschichtcfaen aof gewisse Orte und 
Gegenden. Neckereien auf Stände, Berufe, Alter, Geschlechter 
u. 8. w. u. 8. w.) wie sie derYolkshumor täglich neu erzeugt. 

Es ^8t ein unerschöpflicher Born, der uns hier entgegen- 
fliesst und zugleich eine der wichtigsten Quellen zur Kenntnis 
des Yolkscharakters. 

Was wir in die Rubrik Redensarten und Formeln ein- 
scbliessen, haben wir so sienilicb im Einseinen dargethan. Frei- 
lich wird uns andrerseits gerade hier die Erfahrung lehren, dass 
manche, vielleicht wichtige Punkte übergangen worden sind. 

Die Namen haben wir absichtlich tou der Rubrik „Wort- 
schatz" getrennt, da sie vielfach eine ganz gesonderte Behand- 
lung verlangen. Auch dieses (îebiet ist grösser, als man auf den 
ersten liliek vermuten dürfte, da zu den Namen der Fluren, 
Berge, Wälder, Büclie, Teiche, Seen, Winde, Ilüuser, Höfe, Tiere, 
Pflanzen auch die Iläufigkeitsstatistik von Tauf- iinii Familien- 
namen, die Art der Benennung (SiapHahonrudebuebefrau), die 
Koseform von Menschen- und Tiernamen kommt 

Als letzte Nummer unseres Programms haben wir den 
Wortschatz angesetzt. Nicht dass wir ihn als nobensHchlich und 
akzessorisch betriichtoten. Weiniiold 8agt in sciDcin l>iiiidigen 
Artikel „Was soll die N'olkskunde leisten?** über diesen l'iinkt 
ful;j^end»'s : pVon höelistem Werte ist ï\\v sie |«Iie Volkskuiule| 
die Wortkunde, das ist das Wissen von dem ideellen und mate- 
riellen Inhalt des Spraciischatzes. von den» also, was das Vulk 
oder auch was ^ewifso Rl)^('ij;t('n/te S(«hichten des Volkes be- 
greifen und denken; was sie in diesem oder jenem Zeitraum 
gekannt und daher auch benannt Iniben. Denn was ich in 
meinem Gesichtskreis© habe und kenne, das nenne ich auch, 
das andere nicht. 

In der Gesell 'u'lUc eines einzelnen Woi'fes stecht oft ein 
reicherer Sc/tats firr Oie Volkskunde^ als in grossen Haufen 
von Gefässen und Geraten.** 

Wir untetadireiben das Wort für Wort in dem ▼ollen 
Bewusstsein, dass die hieau erforderlichen Kenntnisse nur auf 
Oruttd umfassender Studien erworben werden können und dass 
mithin dieser Punkt der schwierigste unseres ganaen Programms 
aein wird. 



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Zur Einrdbrnng. 9 

Neben die Deutung und Geschichte einzelner Worte tritt 
aber noch die lexikal/srhi' Zaxarnittrnsh'U n iig ZKsanum'ngc- 
/torifit'r Wortgnijypt'K. nach vcrsc!ii»Mlcnen Uesichtsiiunkten, 
z. B, sämtlicher Körperteile, llaus<;ci iitc, (Jeb;icko, Kulturpflan- 
zen u. 8. w. u. s. w. in einor Mundart (xicn- andererseits der 
Synonymen eines einzelnen Begiittes in den vei scliieilcnen Mund- 
arten. Sehr wichtig sind auch die sogen nrnaliri'n hl ittl isuten 
d. h. solcher Begriffe, für die in einer Muntiuit lit'in Wurt exi- 
stiert, da sie uns >nit Sicherheit duruui scliiiessen lassen, dass 
auch die Kultur dieses Begriffes in den betreffenden Gegenden 
fehlt. 

Damit schliessen wir unsere Krläuterungen ab. Wir werden 
es in einer der nächsten Nummern unserer Zeitschrift versuchen, 
die hier gegebenen theoretischen Auseinandersetzungen in die 
Praxis umzusetzeD, indem wir die einxeloen Kategorien durch 
möglichst bezeichnende Beispiele illustrieren. 

Aus den geoaunteo Gegenständen läset sich nun doch un- 
gefähr eine Vorateltanj^ Yon dem Begriff und dem Umfang 
unserer Wissenscfatift gewinnen. 

Die Volkskunde macht es sich also sur Pflicht, alle 
volkstümlichen Traditionen, sei es aus eigener Anschauung 
oder mündlicher üeherlieferung, sei es aus àlfern oder 
neuern sehr i f ilichen Quellen zu sammeln undeinem organi- 
schen Ganzen: der Enttoicklungsgesdtichle der mlkstimi- 
liehen Amchauungstoeise, einzuordnen. Denn so viel ist klar, 
dass wir bei der blossen Konstatierung der äussern Erscheinungen 
nicht stehen bleiben dürfen, dass wir den Âgentien, die sie be- 
wegen, auf die Spur gehen, „den ruhenden Pol in der Erschei- 
nungen Flacht" aufsuchen mfissen. Dieser ruhende Pol liegt 
aber eben in den allgemeinen Ânschauungen des Volkes: der 
Yolksteele. Man hat die Ânsetsung eines solchen Begriffes 
eine Absurdität genannt, da n)an ja nie von einer Gesamtseele, 
sondern nur von Individualitäten sprechen könne. Wenn wir 
aber bedenken, dass jede Aeusserung des einzelnen Individuums 
als eines organischen Teiles der menschlichen Oesellschaft in 
ihrer Grundlage, ähnlich dem Mitschwingen verwandter Töne in 
der Akustik, auf Einwirkung beruht und wieder auf solche be- 
rechnet ist, dass der Mensch schon darum nicht isoliert ge- 
nommen werden darf, weil er als Uesellschaftswesen in Her Iso- 
liertheit degenerieren muss, so wird sich dieser Begriff der 



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10 



Zur Einfîlbriinn^. 



^Volksseele** schon rechtf«îrtigen lassen. Jeder individuelle Geist 
wurzelt in den gemeinsamen Anschauungen und kann nur von 
diesen ausgehen«! eine Modifikation des Traditionellen erzielen. 
Wirkt nun aber dieses individuelle, modifizierende Moment nicht 
(was namentlich für die geistig unentwickelten Nationen oder 
Volksschichten gilt), so schleppen sich uralte Vorstellungen un- 
verändert durch die Jahrhunderte hindurch, und die Aeusserung 
dieser allgemeinen Vorstellungen bildet eben den Gegenstand 
der Volkskunde. 

Daraus geht hervor, dass die der Volkskunde nächst ver- 
wandte Disziplin die Kullurgesciüchtc ist; während diese aber 
die Thätigkeit des menschlichen Geistes als Willensäusserung 
und Entwiklungsdrang darstellt, sei es nun in produktiver 
oder ;Y'produktiver Funktion, in l^\x\\\xTh(':it n'hnnr,c.>\ oder Kul- 
ture in/iüsseti^ macht sich die Volkskunde die Erforschung de* 
Gewohnlieitsmässigen, Stngnierendcn im Volksgeiste zur Aufgabe. 
Wenn wir die psychischen Vorgänge im Herbart'schen Sinne 
als mechanische aufTassen, so können wir die volkstümlichen 
Ueberlieferungen als Emanation aus gemeinsamen Vorstellungen 
bezeichnen, die durch äusere Lebensumstände bedingt sind und 
durch sie modifiziert werden können 

Freilich ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass sich 
auch intentionelle Geistesbewegungen dieses Klementes bemäch- 
tigen und dasselbe weiter ausbilden. Wir brauchen bloss an die 
Fastnacht in Köln zu erinnern, die aufgehört hat, eine rein 
volkstümliche Tradition zu sein, seit im Jahre 1823 ein eigens 
konstituiertes Komitee in einer vorberatenden Versammlung die 
Umzüge anzuordnen begann. 

Auf den Unterschied zwischen Volkskunde und rein polt- 
tisclter GeschichU% die mehr die Völkerbewogungen unter dem 
Druck individueller Agentien zum Forschungsobjekt hat, brau- 
chen wir nach dem Gesagten kaum weiter hinzuweisen. 

Viel eher ist eine genauere Abgrenzung gegen die Ethno- 
logie erforderlich, da Volkskunde und Völkerkunde nur allzu- 
häufig vermischt werden. Berührungspunkte sind ja freilich viele 
vorhanden. Ein Kriterium zwischen beiden ist aber doch fest- 
zuhalten. Die Ethnologie fasst ^Volk" als Nation, daher auch 
VolkerkMnàQ ; die Ko/Zi.skunde dagegen als socialen Begriflf. Die 
Ethnologie im eigentlichen Sinne des Wortes wird sich also bei 
der Betrachtung eines modernen Kulturvolks ausschliesslich^mic 



Zur Einfilhning. 



11 



sinnlich wahrnehmbaren Erscheinungen befassen. Ffir sie bleibt 
es gleichmütig, was der Weihnachtsbaum für eine ursprüngliche 
Bedeutung habe, was für ein Gedanke der Sitte des Beru^scn» 
an Fastnacht zu Grunde lion^f : auf der andern Seite lioirca der 
Volkskunde z. B, Beobnctitungen über Beförderungsmittel in 
Japan, über Bussübuagt n der Dchogis in Indien, über sociale 
Verhîlltnisse im Aschantihind fern. Die Ethnologie wird cheii 
ihre Objt kte. die sich übrigens in erster I,inio aus Nicht-Kultur- 
vülkern liki utieren, nach allen Richtungen erforschen ; aber ihre 
Resultate lediglich auf konstatierendem und vergleichendem 
Wege gewinnen. Die Volkskunde dagegen geht in erster L nie 
von den Leljcnsäusserungcn der modernen Kulturvölker aus, die 
eine lange, litterarisch überlieferte Vergangenheit hinter sich 
haben ; ihr ist somit in vielen Fällen das Mittel in die Hand 
gegeben, auf vergleichend-historischem Wege zum Zieie zu ge- 
langen. 

Ueber das Verhiiltuis der Volkskunde zur Anthropologie 
haben wir bereits bei der Erläuterung von Punkt 1 unseres 
Programmes gesprochen. Soweit die Anthropologie die Stellung 
des Menschen im OrgamsmoB der Natur behandelt^ hat die 
Yolkaknnde naftfiriiek mit ihr w«ter kdne BMûhrung. 

Auch die Resultate der Urgeschichte sind ffir die Yolke- 
kunde wertroU, da ja eines der hauptsäcbUohaten prâhietorisobeii 
Forsekungsobjekte die Lebenaweise der TorgeBohichtliebeii Ifen- 
sehen bildet. 

Wenn vir nun daa Ton uns aufgestellte Yerseiebnis der 
Btt behandelnden Gegenatinde fiberblicken, so werden wir frei- 
lieh bemerken, dasa unaere Stoffe sich nicht flberall streni^ in 
dem Rahmen des rein Tolkakundltcben bewegen, sondern hie 
und da in Qrenagebiete Übergreifen. Das wird uns aber kaum 
lum Vorwurf gemacht werden können, da jeder ernatbafte For- 
aoher weiss, dasa eine Wissenschaft, wenn aie Erspriesslichea 
leisten will, sich nicht in sich selbst surfickaiehen darf, sondern 
die Resultate benachbarter Diasiplinen sich au Nutze machen 
und so durch Teri^eicbende Umschau ihren Horixont erweitem soll. 

Ba musa daher unsere Pflicht sein, uns mit den Nachbar- 
gebieten in Verbindung au setzen und ihre Resultate befruch- 
tend auf una wirken zu lassen. 

Nur so werden wir das leisten können, was man von jeder 
wiasenschaftliohen Volkaknnde verlangen darf und was wir una 



Zur EinfbhrnhK-. 



als allerletztes und höchstes Ziel gesteckt haben : Die sf/sfctna' 
tischt' Darslelhmg und Enhcicklungayeschichte der volkstiini- 
iichen Anschmiiingawcise. 

l'nd so übergeben wir denn diese Zeitschrift der Oeffent- 
lichkcit. in der Hoffnung, d,t?.s sie in allen (îaueii <:as Interesse 
Uli der Kigeiiurt des Schweizervolkes wecken und Kchu Huden 
möge bis in die hintersten Thäler unseres Vateriaiides. 



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Zum Schweizerdorf an der Landesausstellung in Genf. 

Von Prof. Dr. J. Hunziker in Àarau. 



Als ich dieses Frülijiihr, - die Aussto'hujg war noch 
grt)ssenteil8 im Werden begtitfcn — , das Schweizerdorf besuchte, 
liatte der Erbauer, Herr Architekt Henneberg, die Freundlirli- 
kcit, mir (l(;n Plan desselben zu überreichen und mich darin 
zu orieutieren. Im Gespräche bemerkte er laiiautig: liion 
entendu, nous n'avons en vue que le c«)té pittoresque, noua ne 
faisons pas d'archéologie ! Ich erwiderte, er sei allzu bescheiden, 
wenn er seinem Werke jeden wissenschaftlicben Wert abspreche. 
Der geneigte Leser wolle nun einige Augenblicke achenken, um 
diese« naehxuweisen. 

Zuerst eine Yorbemerkuog : Schon an der Pariser Welt- 
ausstellung von 1889 hatte Herr Charles Garnier den frucht- 
baren Gedanken, der Kunst- und Industrieausstellung der Welt 
eine Serie der menschlichen Wohnungen zur Seite zu stellen. 
Und zwar geschah dieses nicht etwa nur, um den zahlreichen 
fibrigen «attractions** eine weitere beizufügen, sondern im ToUen 
Bewusstsein der wissenschaftlichen Tragweite des Unternehmens. 
Der von Hrn. A. Ammann veröffentlichte «Guide historique 
à travers l'Exposition des Habitations Humaines reconstituées 
par Charles Garnier* sagt hierüber: «Montrer quel a été le 
développement successif de l'humanité à travers les âges en re- 
produisant les types caractéristiques des habitations que les 
hommes se sont successivement construites, voilà Tidée première 
de l'Histoire de THabitation. " Er setzt hinzu: «Dans cette 
reproduction du passé, ce que M. Charles Garnier a voulu retirer 
du néant des âges disparus et faire surgir devant nous, ce ne 
sont pas les somptueuses demeures qui ont abrité il y a quelques 
centaines ou quelques milliers d'années l'existence des seigneurs 
et des princes; mais pour chaque nation, il s'est proposé de 
nons rendre eo général la maison de l'homme du peuple ou des 
classes moyennes, celle qui peut le mieux nous donner une idée 
de la civilisation générale que la masse de cette nation avait 
atteinte. Pour réaliser cette idée, aussi féconde qu'ingénieuse, 



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14 



Zum ^chweizerdorf an der LaadesaustelluDg in Genf. 



il ne s'est pas abandonné seulement à son ima^iiation d'arMste, 
nais il a voulu sViitourer de tous les doeuments réunis par 
rémdition patiente des archéologues.* Hit andern Worten: Die 
Oeschichto der mensehltchen Wohnung ist nicht ein blosser 
Appendix der Kuns^esehichte, sondern macht einen Teil ans 
Jener demokratischen Strömung der Wissenschaft» die man heute 
unter dem Namen follclore begreift. 

Dieser wissenschaftlichen Strömung also Terdankton die 
Habitations Humaines von Hrn. Ch. Garnier ihre Entstehnng, 
dieser Strömung ganz allein Tordankt auch das Sohweiierdorf 
in Genff fiber das Bintagsinteresse hinaus des Jahrmarkts Ton 
Plundersweilern, seine tiefere Berechtigung, seme geheime An- 
ziehungskraft 

Allerdings, mit der abstrakten Tdoo ist es noch nicht ge- 
than. üm wirksam zu sein , muss sie in Realität umgesetzt vor 
unsere Augen treten. An der Realisierung bat es denn auch 
trotz anerkennenswertem Streben, in Paris wesentlich gefehlt. 
Sehr begreiflich! Weder sind die Mehrsahl der Typen mensch- 
lieber Wohnungen, sumal der Vorzeit, so genau bekannt, um 
mit Sicherheit in Raumaterial übersetzt zu werden, noch wnre 
es möglich gewesen, selbst nach Erfüllung jener ersten Bedin- 
gung, die unendliche Mannigfaltigkeit der Formen auf beiläufig 40 
Typen zu reduzieren . 

Alle diese Si'hvvieri^'keiten fielen weg für den Ersteller 
des Öcliweizerdorf'es in (ïeiif. Vor allem: er beschränkte sich 
auf flie cif^^enc, uns allen wohlbekannte Ileimut, auf die viel- 
bereiste, vielbesehriebene Schweiz. Er verfiifi^te über rciclie, 
Vorliigen aus den in teclinischcr Hinsiclit unübertroffenen Wer- 
ken eines Gladbach, eines Varin, der (rraflenried und Ötürler 
und anderer mehr, l'nd wo diese Vorlagen nicht ausreichten, 
da Handte er seine Zeichner ins Land, um das Beste und Schönste 
für ihn auszuwählen. 

Aber, so konnte man s ch tragen, werden die Haust^'pen 
dieses verhältnismässi'T engen Gebietes auch die Macht besitzen, 
den Beschauer dauernd zu fesseln? 

Der Erfolg hat es bewiesen! Ohnehin, wer hätte je daran 
gezweifelt, dass der Schweizer das II aus seiner Ileimat auch im 
Abbild, und gerade iu diesem, hochhalten werde ? Dann hat sich 
Ja unter den sohweiserischen Tjpen wenigstens das Länderhaus, 
«rorans dasjenige des Berner Oberlandes, durch die Elegans 




^nm Scbweuerdorf an der Landesattutellung in Genf. 15 



«einer Hoi/konstruktioueo längst einen Weltruhm begründet. 
Aber auch andere Typen tragen den Stempel uogesuchter An- 
mut, ja wirklicher Schönheit : unter den ausgestellten nennen 
wir flu' tiliiiula ticineae, die prächtige Fassade des Hauses Zum 
Kiiur Iii äLliatiiiausen. die raaierische Idylle de» liauses Zur 
Treib, und andere mehr. 

Bleibt noch die Auswahl zu treffen, und eine gescbioack- 
Tolle Anordnung. 

Yon éw Auswahl gloicb naebher. In Beiidmng auf 
Aooränung liesse sich allenfalls einwenden, dass weitaus die 
meisten der hier xusaromengestellten Häuser in der Wirklichkeit 
keineswegs zn geschlossenen Strassen aneinander gereiht sind, 
sondern jedes vom andern getrennt durch Garten und Hof. 
Aber sehr gewichtige GrQnde, — das wird man bei weiterer 
Ueberlegung sofort finden, — sprachen dafür, in diesem Punkte 
von der Wirklichkeit abzuweichen. Erstens hätte die getrennte 
Aufstellung einen viel grdssem Raum erfordert, einen groesem 
wohl als er Terf&gbar war. Dann leistet die Zusammenreibung 
einen wesentlichen Dienst dadurch, dass sie dem Beschauer 
▼erbirgt, wie sämtliche Bauten, gans wenige ausgenommen, nur 
•die Fassaden reproduaieren , hinter denen sich beliebige 
Räume für Trinkstuben, Tanz- und Konzertsäle, Werkstätten 
u. s. w. ^rdfßten. Einzelne Konstruktionen springen allerdings 
etwas vor, um dem Beschauer auch ein Stück Seitenansicht zu 
-zeigen, und die Monotonie einer Stadtstrasse ZU vermeiden ; 
endlich sind die Fassadenreihen in drei Gruppen so geordnet, 
■dass der Beschauer nirgends eine Hinteransicht zu sehen be* 
kommt. 

Die Täuschung ist denn auch für den Besciiauer, der nicht 
hinter die Ooulissen blickt, vollkommen gelungen. Auf absolute 
Genauigkeit ist es dabei nicht abgesehen. Vielmehr laufen auch 
bei den Fassaden einitio Versehen mit unter, die aber kaum 
auffallen. Einige Beispiele : 

Vor dem Erdg»*scho!^>» eines Hausen* aus Hleieiil)ach läult 
eine von I [(»Izsäiilen fjetiii^ri'iie Galerie, <lio einen ganz hübschen 
KtVekt macht, aber wie ich d»»ten keine an ländlichen Hemer 
Häusern je bemerkt hatte. Zufällig bot sich mir ein Anlas!^. 
dus Diutcheii Üleieiibach anzusehen. I'nd was fand ich? In der 
Mitte des Dorfes steht eine Schmiede, vor welcher ein Notstall 
2.um Beschlagen der i'terde eine Art gedeckter Galerie bildet. 



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16 Zum Schweizerdurf au <ler LandesauMtellung tu Genf. 

Diese i'artie hat der betrelleiule /eiclincr mit Weghissung des 
ülniffcn Hauses ski/./.iert: seine Ski/ze wurde iti Hol/, und i)aj)iep 
niâelié umgesetzt, und der arglose Hesrhauer muss annehmen, 
er lialie hier das leibhaftige Konterfei eines Herner Hauses mit 
der hidischen (ialerio vor si<'li. 

Anderes Beispiel: eines der imposantesten Häuser der Aus- 
stellung ist dasjenige genannt von Berlingen. Ob der Oberstock 
in Ständern oder in Blockbau aufgeführt sei, Ifisst sich in der 
Nachbildung nicht genau erkennen, aber unter den Daehfetten 
ragen weitausladende profilierte Fettenträger hervor, wie sie 
sonst nur dem Blockbau eigen sind, und die ganze Passade 
trägt den ausgesprochenen Typus des Berner Hauses. Yöllig ver- 
schieden davon ist der Typus des Hauses in Berlingen am 
Bodensee (und ein anderes Berlingen ist mir in der Schweis 
nicht bekannt), der aber in der Ausstellung nicht vertreten ist 
(vgl. Fig. 1 und 2). Wie soll man sich dieses Quidproquo erklären ? 
Zur Hälfte wird das Rätsel gelöst durch Yarin ,L*arohitectnre 




Fig. 1. Berliugen. 



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Zum Scbweicerdorf aa der LandetaiuttelliiBgf in Qenf 



17 







1 








p 


n l 



□ 



pittoresqut! on Suisse." Tafel XLVIl dieses Werkes bringt daa- 
selbe Haus unter demselben Ortsnamen. Die Ausstellung hat 
es auf Treu und Glauben hin nach Varin reproduziert. Wie 
Varin dazu kam, dieses Haud nach der Ostschweiz zu versetzen, 
lässt sich höchstens erraten, aber der Lapsus ist des Bateos 
nicht wert. 

Durch diese Beispiele kom- F " 
men wir zu sprechen auf die ' — 
getroffene Auswahl. Sie lässt 
ja manoliei sn wünschen übrig. 
So möchte man bedauern, dass 
das kleine sehwelaeriaohe Hans- 
tehatakfitteben, genannt Wer- 
denberg, nicht beaser ausge- 
beutet worden ist, dass das aar- 
ganisehe Stock- nnd Ständer- 
haus kaum durch eine Strohbfitte 
markiert wird, welche weder den 
machtyoUen äussern Eindruck 
wiedergibt, noch von der merk- 
würdigen innern Einteilung et- 
was ahnen Ifisst. Man mochte 
bedauern, dass mehrere der ori- 
ginellsten schweizerischen Haus- 
typen gar nicht Tertreten sind. 

So treffen wir zwar ein Waadt- p.^, ^ Berlingen. 

lAnder, ein Genfer Haus, und i. stube. 2. Xebenstube. 8, Kttche. 
eine Auberge Neuchâteloise, 4. Holsaebopf. 5. Katnmem. 6. Laobe. 
aber das alles sind ja nur 7- ^^ug. 

mehr oder weniger modernisierte Abzweigungen des juras- 
sischen ürtypus, wie er namentlich im Prantrut und in den 
Freibergen sich erhalten hat, aber allerdings weder bei Glad- 
bach noch bei Varin sich findet. Man könnte ferner fragen, 
warum, abgeselK n von (?inigen Speichern, kein einziges Gebäude 
aus dem Unterwallis aufgenommen wurde, und nur ein unbe- 
deutende«, wenn auch typisches, Häuschen aus Zermatt. Ferner: 
warum cLi^ so äus^är-rst interessante Sopra-Cenere völlig ist ver- 
gessen Wi lden, in (n'iif nowohl als bei (îladbach und Varin i* 
Und Soli man sich nicht verwundern, dass als Vertreter Grau- 
bündens zwei kleine Blockhäuser hingestellt sind, während von 




18 



Znin Sobwelserdorf »a der LudesaiiMtellang in Genf. 



dem wirklich râto-ronuiiiÎBehen Hauae, wie et am reinaten dooIi 
im Engadin »ioh erhalten, niehtt lu tehen ist? 

Aber wozu alle diese Auaaetsangenf Hatte doob niemand 
versprochen, das Schweiserdorf werde simtliche Typen von 
8ehweiserhäu8em nach ihren Hauptrertretern umfassen t War 
es denn fiherhanpt festgestellt, welches diese Typen seien f War 
irgend jemand gehalten, über diese Dinge etwas mdir sa wissen, 
als bei Varia und Gladbach sich holen lässtP 

Also point de quereile d'Allemand I Freuen wir uns viel- 
mehr, dass es der Ausstellung gelungen ist, die mannigfaltigen 
Formen der Bchweizerhäuser zu einem Gesamtbild zu vereini- 
gen, das zwar noch nicht allen Anforderungen der Volkskunde 
entspricht, das aber doch einen unTerkeuobaren Fortschritt in 
dieser Richtung bezeichnet. 

Aber die Frage erübrigt: wird man bei einem spätem An- 
laBS bei dem so erzielten Resultate stehen bleiben? T\'ir denken 
kaum! Lesen wir doch dieser Tage von dor Ausstellung in 
Budapest, dftfis sie eine Anzahl nnsrarischer llaustypen unver- 
kümmcrt in allen drei Dimensioisi n wioders^ibt. Wir sind über- 
zeugt, auch bei uns wird man kü^tti^^ wann der Anlass sich bietet, 
in dieser AVeise vorgehen. Sei es uns defihalb gestattet, hier in 
Kürze das Bild eines Schweizerdorfes zu eutwerteu, wie es sich 
alsdann, Hand in Hand mit der Volkskunde, gestalten dürfte. 

Ohne weiteres steht fest, dass die Reproduktion der blossen 
Fassade nicht genügt, um den Charakter eines volkstümlichen 
Haustypua zu fixieren. Hier ist di(î Fassade niemals, wie bei so 
■vielen luudernen Bauten, ein Ding für sich, das mit dem Innern 
des Hauses in keinem notwendigen Zusammeidtaiig stLdit ; sie ist 
vielmehr der genaue und unverfälschte Ausdruck desselben, und 
das volle Verständnis der Bauart entspringt erst aus der Ein- 
sicht in die harmonische Verbindung beider. 

Man wird einwenden, eine solche Reproduktion sei aUsn 
kostspielig, und ein abergrosser Raum werde dadurch in Anspmeh 
genommen. Diese Beffirchtungen sind übertrieben. Es kann sich 
nicht darum handeln, eine unbegrenste Ansaht nach sutiUligen 
Oesiehtspunkten dnicheinander gewürfelter Hfiuser in r^rodn- 
aieren. Es wird Air besagten Zweck genügen, jeden einielnen 
Typus durch ein Tollständiges Exemplar Tortreten su lassisn. 
Olanbt man, es sei für den pittoresken Effekt geboten, so mag 
man beliebig ▼iele Fassaden hiniufügen. 



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Zum ächweiserdorf aa der LaDdeaauMtellaiiif io Genf. 



19 



Um Hltcr Vertreter der einzelnen Typen aufstellen zu 
kuiineii, man die Typen selbst vorher erkannt haben. Aua 

Werken allein, wie Gladbach und Varin, ist diese Kenntnis nicht 
sa schöpfen. Qanz abgesehen davon, dass einzelne und zwar 
•ehr wichtige Formen in diesen Werken gar nicht rertreten sind, 
Terfolgen dieselben weeeDtUeh nur technische (}enohts]ninkte. 
Der Techniker richtet aelo Augenmerk auf das prnktisdi Yer^ 
wendbsre; er findet intereitaot, «womus sieh etwas machen 
liest,* alles andere läset ihn ToUkomnien kalt Nun ist das 
praktisch Verwendbare in der Begel weder das Einfachste, noeh 
das Alteste, sondern umgekehrt Das Haus Lussi in Wolfen» 
schiessen, das ehemalige Pfarrhaus in Rossinières, die bekanntem 
F assa den in Stein a/Rfa. werden den Architekten weit mehr 
interessieren, als eine ärmliche Alphfitte, als ein unscheinharee 
BloekhAuschen in Yerossas oder im Blegnothal. Die Forderung 
gar, die geschichtliebe Entwicklung und den Übergang vom Ein* 
Lehsten und Ältesten snm Hdcbstausgehildeten nachzuweisen, 
liegt Tdllig ausser seinem Gesichtskreis. 

Gerade hier aber setst die Hausforsehung ein. Wie der 
Sprachforscher das Nebeneinander verschiedener Mundarten he- 
nntst, um das Nacheinander verschiedener Wortformen zu erklären, 
se ergänzt der II au aforscher die Lücken der histortscben Ueber^ 
lieferung durch die örtliche Reihenfolge der Typenabstufungen, 
und das unansehnlichste Gebäudchen, das der Techniker kaum 
beachtet, kann jenem hdcbst wertvoll werden als Mittelglied 
einer Bntwicklungsreihe. 

Ein weiteres HQlfsmittel kommt hinzu, das dem Techniker 
als solchem vollständig entgeht : es ist die Nomenklatur. Die 
Sprache ist ein in hohem Masse konservatives Element. Sie 
bewahrt bis heute die Erinn^ninir an Formen, die seit Jahr- 
hunderten an? df»r Wirklichkeit verschwunden sind Die gewöhn- 
liche Benennung dm F-Hfrichs im dreiaiisniq-er. un i im Lünderhause 
„ph'ftli'^ (Feuerdiele <ult r „r?/(^.ss- ////", ist nur dann vollkommen 
deutlich, wenn — wie ûm in sogenannten Rauchhäugern noch 
jetzt der Fall — der Herdrauni einst regelmäaaig offen stund 
bip un den Estrich. Von da ist aber nur noch ein Schritt bis 
zu jener Urzeit, wt» nach dem alb in.iiiniHchen Gesetzbuch das 
Kind in der AViege den Firstbaum und die vier Wände erblicken 
und bescbreien konnte. — In ein entlegenere« Gebiet fuhrt 
folgende Erwägung: Von gewissen Bauformen des Tessin kann 



so Zum Schweizordorf an der Landesausstellung in Genf. 



ea fraglich erscheinen, ob sie romanisches oder deutsches Erb- 
Btilck seien. So der Speicher genannt la torba. Verwandte 
"Wortformen sind (nach Kluge Wb. s. v. Dorf) anord. ihorp 
kleines Gehöfte, angels. ihrop Dorf, aber auch lit. trobà Gebäude, 
und lat. turha Schar. Iliernach könnte noch Zweifel walten, 
welchem Volksstaram die torba angehört. Eine zweite Be- 
nennung hebt diesen Zweifel. Die Grundschwelle der tofba heisst 
il rnagatil. Âus romanischen Mitteln lässt sich das Wort nicht er- 
klären. Halten wir es aber zusammen mit Notkers niagau-ml 
die Machtsäule, so wird es nicht mehr zu kühn erscheinen, in 
dem maya(n)-lil den Machtbalken zu erblicken, und ihn deutschem, 
hier wohl speziell langobardischem Erbgut beizuzählen. 

Doch genug! Versuchen wir nun, eine den geographischen 
Verhältnissen entsprechende Gruppierung der schweizerischen 
Haustypen kurz zu skizzieren, für deren Stichhaltigkeit wir uns 
vorbehalten müssen, die Belege anderswo mitzuteilen. 

Wir beginnen mit dem Nordwesten. Hier treffen wir den 
besterhaltenen Typus des jurassischen Hauses, das wir als kolto- 
romanisches beanspruchen (s. Fig. 3 und 4). 

Es vereinigt Wohnung und Scheuer unter demselben Dach, 
das von einer grossen Anzahl in mehreren Reihen geordneter 
Säulen getragen wird. Die Scheuer zeigt Ständerbau, Wohnung 
und Aussenwand des ganzen Hauses sind gemauert. Beim Ein- 




Fig. 3. Ocourt. 



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Zum Sobweizerdorf au der Laudenaaisstellung in Geof. 



21 



El- 



II J 




□ 



tritt durah das Thor (1) findet 
man sieh in emem geräumigen 
Plor (2), der eich vor der gansen 
Scheuer hin erstreckt, w&hrend die 
Wohnung an die Âussenwand Tor- 
rûckt Die Scheuer besteht aus 
dem erhöhten ienn") (4), und den 
SU beiden Seiten desselben, auf 
etwas tieferem Niveau, sich an- 
schliessenden StallnngCT (8). Die 
Wohnung zerf&lU in drei Gonift- 
eher, die quer zar Firstlinie hinter 
einander liogen: Stube (5), Küche 
(6) und Keller (7). Die Küche, i 
einst wohl der einzige Wohnraum ^f^'" rëtahh). 4. Tenu (grànische). 

{ofa m. heiöst sowohl Haus als ^- ^ "^""''^ 

, . • . ... ...Ii. 7. KcWvr (cave). S.iichopt {tscharon). 

Küche), ist überwölbt. 

Ân der Nordgrenze des Kantons l^euenburg und im 

St. Immerthal erscheint zuerst der burgundwohe Bretterkamin 

(ïgl. für den Kamin Fig. 11). 

Die Ausläufer dieses Typus, mehr und mehr modernisiert, 
führen uns ins Waadtlaud und in die Umgebung des Genfer i^ees. 



Fig. 4. Vsttifelin. 1 : 200. 

llofthor. 2. Flur (devant-huis). 



Eine eigentümliche, deutsch nüancicrte Abzweigung des 
kelto-romanischen Hauses ist das sogenuiiiitc! dre i sässige, das 
vom Fusse des welschen Jura hinwog die iranze achweizerisclie 
llücliebene (samt dem deutschen Juiit] eiiiniuiiut bis an die Thür. 

Es unterscheidet sich vom kelto-romanischen Hause teils 
durch Wegfall des Flurs und der Aussenmauer, teils durch die 
Terminderte Zahl der Hochsfinlen, teils endlich dadurdi, dass die 
Stnbe regelmissig in Ständern gebaut und nur das dritte Gemach 
zumeist gemauert ist. Den Namen des dreisSssigen hat es er- 
halten von den drei bereits beseichneten hinter einander liegenden 
Oemächem. 

Wir unterscheiden vier Modifikationen des dreislssigen: 

a. Das deutsch-jurassische H aus, im Kanton Basel und. 
im Frickthal, mit Einsprengungen des Hotzenhanses im letstera. 

b. Das sogenannte Stockhaus im Kanton Solothurn, im 
Alt-Aargau und im Luzerner Gftu. Sein Name ist hergenommen 

*) Die Tesns ist nicht sehweiieriseh. 



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S9 Zani Sdiweimdorf m dtr LMdmntttelliinf in G«iif. 

vom sogenannten Stock, dem gemauerten dritten Gemach. Sein 
gewaltiges tiefherabreichendes Strohdach kennzeichaet es vor alleo 
andern (s. Fig. 5 und 6). 

c. Zwischen dem Stockhaus einerseits, anderseits dem Län- 
derbanse der Alpen, erstrecken sich Uebergangsformeu durch die 
Kantone Freiburg, Bern und Luzern. Dahin gehört unter andern 
das sogenannte Bernerhaus (vgl. Anzeiger für Schweiz. Alterth., 
Jan. 1889, S. 155 ff.). 

d. Vom rechten Ufer der Reusa und der Aare bis an die Thür 
erstrecken sichdie letzten, stark modiiizierten, Ausläufer dieses Typus. 

"Während das kelto- romanische und das dreisässige Haus 
eiae Muschelschale bilden im Westen und Norden der Schweiz, 
legt sich das räto-r omanische Haus als zweite Muschel- 
schale nm den Südosten, mit Abzweigungen nach dem Osten 
und Nordosten. Dieeer Typus, der übrigens weithin ins Tyrol, 
naflli Yorarlberg und nach Sfldbayern sieh Terbraitet, iit am 
rainsten erhalten im Engadiner Haue (Fig. 7 nnd 8). 



DieMi HaiiB ist gemauert; jedooh Stabe und Oberttabo 
bergen hinter der Mauer eine Blockwand. Der Eingang an der 
Giebelaeite führt in einen grOBsen Flor, der bia aar Hälfte des 




Fig. fi. Kappel. (Solothom). 



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Zum Sehweiserdorf ao der LandeMamtellnef in Genf. 



WohnuDgsarcals einnimmt. Die andere Hälfte teilt sich in drei 
parallel zur Firstliuie hinter einander liegende Gemächer : la 
ilüva, la cuschina oder cha-da-fö, la chaminedn (gewölbte 
Yorratskaromcr). Jedes dieser drei Gemächer bat seinen eigeneo 
Einbog aas dem Flar {stder m.). Aus diesem f&hren ferner 
eine Stiege abwilrts in daa Kellern^eschoas, eine andere aufwärts 
in den Oberstock, und eine Thoröffnung nach hinten in die 
Scheuer, unter velcher, auf gleichem Nifeau mit dem Keller, 
der Stall liegt. 




Fig. 6. 1. Bcbopf. S. KUcbe. 8. BaclKoreo. 4. Stabe. 
5. Stock. 6. Webstube. 7. Keller. 8. Nebeastabe. 9. Tean. 
10. Stall. II. Fattertenn. 

Von diesem Ilaupttypua zwei/j^eii zwei Modifikationen ab. 

Die erste entsteht, wenn, stait imr auf einer Seite, zu beiden 
Seiten dea sid^^r Wühngeiniielier erstellt werdeu, wodurch der 
.<uler selbst zu eiueni einfachen Mittelgang verengt wird. Dabei 
ist als höchst charakteristisch zu beachten, dass der aus dem 
suler ausgesparte Wohnraum stets schmäler ist als der gegenüber- 
liegende. Diese Modifikation findet sich noch im Kanton Gran- 
bflnden, s. B. im Rbeinwatdtbal unter dentscber BeTdlkerung, 
aoi dem Steinbau auch in Blockbau übergetragen. Sie ist weseot* 
lieb auch dem Kanton Olarus eigen. 

Eine sweite Modifikation, teils gemauert, teils in Blockbau, 
führt den Mittelgang nicht mehr durch das ganze Gebäude, von 
Giebel sn Giebel, daroh, sondern nur bis an die Gemächer, 
welche die Giebelfront bilden. 

Yermischt mit der ersten Modifikation und mit dem LändM*« 
haus, verbreitet sich diese xweite durch das Vorder- und Hinter- 



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I 

I 



34 



Zorn Sohweiierdorf an der LandeMumtellang in 0«nf* 



rheinthal, das Schanfigg und das Prättigau, nach Sargans, dem 
Gaster und dem Kaoton Glarue. Die letzte Spur verliert »iob 
im Siblthal. 



Von Sargans abwärts im Kheinthiil bis an den Rodonsee 
hat das Länderhaus, auf das wir hernach zu sprechen kommen, 
einen Keil eingetrieben ; dann herrscht von Wyl wee^. auf dem 
rechten Ufer der Thür, das sogenannte schwäbische Haus ein 
allerdinga stark moditizierter Ableger des räto-romaDischen : bald 



Fig. 7. Silvaplana. 



zeigt OB den durchlaufenden, bald nur den halben Mittelgang, 
bald fehlt dieser ganx, während die Anordnung der bmdaeitigeu 
Oemächer Terbleibt. In seinem eher (Keller) hat sich wahr- 
scheinlich die car^ol oder cuort des rftto-rofflanischen erhalten 
oder hat doch das deutsche Wort nfianciert. 



Gewisse Analogien reihen das Haus des Unterwallis neben 
das räto-romanische. Zugleich hat es aber in seiner sala ein 
deutsches Element aufgenommen, genauer wohl ein longobar- 
disches (Fig. 9). Das Unterwallis bis Marünach und bis ins 




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Zum Sobweiserdorf an der Landesuutelliuig in Gent 



36 



Dransethal besitzt überdies den burgundischen Bretterkamiil, und 
ist mit deutschen Elementen durcbaetat (Fig. 10). 

Zwischen den zwei grossen romanischen Typen und ihren 
Abzweigungen, wie zwischen zwei Muschelschalen eingekeilt, liegt 
das deutsche Länderhaus. Seinou Namen hat es von den Bret- 
tern oder Laiideru, welche das sehr tiacho Dach decken. Es zeigt 
fast ausschliesslich Hlockbau, und hat durchweg Giebelf'rout. Der 
ursprüngliche Henlraum ist getrennt in Stube und Küche, die 
parallel zur Firstlinii' hintereinander liegen. Auf beiden Trauf- 
seiten liefen ursprünglich und laufen zum Teil heute noch offene 
Lauben. Die Scheuer ist in der Regel von der Wohnung ge" 
trennt, Auanabmen werden wir sofort tretfen. 




Fig. 8. SUh v1ô78). 1. Eiugaug. 2. Flur (suierj. 
8. Stube t»rhtüva). 4. Küche (cuschhm). Ô. chamitteda. 
(>. cuarta (Scheuer). 7. irel (Scheuer.) 



Das Linderhans serfölU in drei grössere Gruppen: 

a. Das ostsehweizerische zeigt geringe oder keine Yer- 
ziemng «1er Blockwand. Seine Einteilung macht sich bemerk- 
lich durch räto- romanische Beminiscensen (vorhus, underhus). 
Appensell schliessfc seine eigentflmlich angelegte Scheuer durch 
Kreusfirst mit der Wohnung zusammen. 

Ausser dem Rheinthal, dem Appenzell und dem Toggen- 
büig um&sst das ostschweizerische auch die March, mit Ein- 
sprengungen in der Gegend tou Sargans, im Gastier und einzelnen 
Teilen des Kantons Glarus. 

b. Das Haus der Innerschweiz: das vorhus und das under^ 
fius sind Tersohwunden. Anschliessend ans Oberwallis und ans 
Tessin treten dafür ein, in Uri das sogenannte stOchli (ein ausser 



86 



Zum Sehweiierdorf an der LudeMOMtelliiiig in Gent 



Funktion stehender Kaminatook), in T^nterwulden der h^rdatock , 
Ytireiazell der sal, io Schwji und Uaterwaldeo die sogenaonte hülte. 




r. 



Fi:,'. VivsoyO. 

Das Herner-Oborland schmückt seine Fassiide unter 
weit ausladendem Giebeldach mit prächtig profilierten Fetten- 
trägern, gliedert sie durch vortretend© 
Halkcnpartien mit mannigfach gestal- 
tetem Zahiischnitt und liogenfries. die 
mit PHanzenniotiven abwechseln und 
durch Hemaluug hervorgehoben werden. 
Die Sclieuer steht bald getrennt, bald 
tritt sie hinter, bald neben die Wohnung. 
Drei ▼erschiedene Modifikatitmen sind 
teilweise auch örtlich gei rennt: 

I rl 1. Dai einfache L&nderbana, ohne 
* bnrgundiachen Kamin, ohne Wallieer 

sait nieist aneh ohne Zweiteilung. 

2. Das Haus mit burgundtschem 
Kamin, der damit sosammenhängenden 
Fig. 10 Oniéres (ie06). Zweiteilung and der breiten Fassaden- 
1. Wendeltreppe. 2. Gang entwickluDg (Fig. 11 and 12). 

'ï'N.Ven.f,;i;e^3•."^^^a"•' 8. DHjeoige mit d«. W.ll».r 
5. Kiiche(cozena I.G.Speicher sal zwischen Keller und Wohogelass. 
'î^oil.g"c"Âft''Hâofig tritt di. 8.he..r .Dt.r dem- 
9. Stall (bü tu.). 10 Ahoi t selben Dach neben die Wohnang (Ean- 
(catschair j^ji^UoUscbopt Sîmmenthal). 




Zorn Sehw«iserdorf an der LandeuoMfeellmig in Genf 87 



Zu den drei Haap^appen de» Länderhanaee kommen hinzu 
swei Nebengnippen: 




Fig. U. G'ateig bei Saaneu. 



a. Das Lindorfaaua des Oberwallto, in mehrfacher Beziehung 
•ehr altertfimlieh, aber etark modifiziert durch eine Toranfge- 
gaugene romanische UnterBchtcht 

b. Das WalaerhaoB in Graubfinden (Yali, DaTOS, Yorder- 
rheinthal, Calaoeakhal, Prftttigan). Es bietet zahlreiche Analogien 
mit dem Hanse des OberwalKs. 



Zwißciien dem Hause des Ohorwallis mit dem Formazza- 
thalo einerseits, andersoitH dem ^VaUerhau80 in Oraubfinden liat 
sich eingeschoben das wahrscheinlich laugobardische llaua des 
IMegnothales, das pritiiitivste, welches die Schweiz besitzt £s ist 
eiu in Blockwaud auf- 
geführter Laogbau, 
dessen l'rzclle, die Cd 
(1). zur Erde gemauert, 
zugleich als Küche und 
Wohoranm dient. Eine 

Laobe bildet die 
sehmale Giebelfront, 
eüie zweite läuft längs 
der Tranfseite. Ob- 
wohl nur rein erhalten Fig. 19. G'steig bei Saanen. 
im obern Teile des ]. Lanbe. 8. Tir/, darunter Stall. 3a 3h. Ktteben. 
Blegnothals nnd im 4> Ckâmmaiiù Aa 5b. Stuben, 




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88 



ZiuB Sobweiserdorf au der LandeMaattellung in Genf. 



Malvagliathal (Fig. 13 und 14), hat es doch deutliche Spuren 
hinterlassen auch im übrigen Sopra-Cenere ; im gemauerten 
Ifnuse hingegen des 8otto-Cenere sind solche kaum noch 
erkennbar. 



Wir haben also in der Schweii neben bis aebt Hanpttypen 
gefnnden, die wieder in eine grSaaere Anzahl nntergeordneier 
Gruppen zerfallen. Wir meinen nun, ea eollie nicht allsn viel 




Fig. 13. ^^cuua. 



Terlangfc eein, daaa in einer künftigen Anastellnng des Sohweisei^ 
banaes wenigstens jene Haupttypen alle durch richtig gew&hlte 
und ToUstindige Exemplare Tertreten wären, und zwar nicht 

etwa in einem aufftl- 
ligen, wenn auch ge- 
fälligen Durcheioander, 
sondern in einer Anord- 
nung, die ihrer gegen- 
seitigen Lage in der 

schweizerischen Topo- 

Fiir. 14. 8couu. 1. La ca vKüche und Stube'/. . . ^ . ^^a-u- 

2. n Êora4€t9eh (Headiele). 3. La lobja (Uube g««phie entspräche, 
nicht ge(leckt^. 4. La lohja (<;edoc-kt i. 5. La iurva Einzelne Nebengo- 

oder torba .Speicher). II furn iHack.,.Vn,. ^^..^^^j^ Speicher, Scheu- 
ern, Käsereien, Alphütten, A^'^asch- und Backhäuser würdm 
sich anschliessen. Untt'r<;eordaete Gruppen könnten, durch blosse 
Fassaden vertreten, die Yerbiodungen und Uebergänge darstellen; 
und Bo erhielten wir eine Art grosses Beliefbild der Schweiz, 
dargestellt durch ihre Häuser. 




Ziel« und Methoden einer BMsenknnde der Schvreii. 



2» 



Ziele und Methoden einer Rassenkunde der Schweiz, 

¥oa Dr. Rudolf Martin in Zürich. 

Seit im .laiiri' 18G4 Iiis und Riitimoyftr ihr klassisches 
Werk über die schweizerischen Schädettormeri unter dem Titel 
^Crania helvetira" herausgaben, ist die physische Anthropologie 
und speziell dio ('raniologie der schwci/erischeu Bevölkerung viel- 
fach Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchung gewesen. 

Die Funde aus früheren, zum Teil weit zurückliegenden 
Besiedelungsepochen haben sich in den letzten 3 Jahrzehnten 
ausserordentlich vermehrt und das dadurch zu Tage geförderte 
osteologische Material ist zum grössten Teil in sorgfältiger Weise 
bearbeitet worden. 

Am meisten verdanken wir in dieser Hinsicht den Herren 
Kollniann, Virchow, Scholl, Studer und Bannwarth, welch' letztere 
in einem 1894 erschienenen Pracbtwerkalle bis jetzt in den Pfahl- 
bauten to Stein- und Broniezeit in der Schweiz gefundenen, 
menechlichen Schfidelreeto der wissenschafütehen Welt zugäng- 
lich machten. 

Auf der andern Seite hat uiao auch nicht yera&umt, anthro- 
pologische Erhebungen an Lebenden ansaetellen. Prof. EoUmann 
hat die Resultate einer auf Veranlasaung der Schweiz. Natur- 
forschenden Gesellschaft Torgenommenen statistischen Unter- 
suchung fiber die Farbe der Augen, der Haare und der Haut 
der Schulkinder eingehend wissenschaftlich verarbeitet, während 
Dr. Bedot, Lorenz und andere die Rekrutierungstabellen einzelner 
Kantone zum Studium anthropologiscber Fragen mit Erfolg au 
verwenden suchten. 

Wenn trotzdem die bisherigen Resultate * uns noch keinen 
richtigen Einblick in die anthropologische Zusammensetzung der 
schweizerischen Bevölkerung gestatten, so ist das nicht die Schuld 
der ebengenannten Gelehrten, sondern vielmehr dem Umstände 
zuzuschreiben, dass bis jetzt eine um fassende, einheitlich organi- 
sierte und systematische Untersuchung fehlte. 

Eine derartige Untersuchung d. h. eine methodische mor- 
phologische Analyse der modernen Bevölkerung der Schweiz 
also ist es, die wir tunlichst an Haod nehmen müssen, mit dem 
Ziele, eoen diese Bevölkerung auf diejenigen Bassenelement» 



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so 



Ziele tiuil Methoden einer Rasaenkande der Schweiz. 



zurflckzuflihreo, aus denen sie ticb satammeiMetst, resp. 
aufbeut 

Ein Jeder, der mit aufmerksamem Blick die Tersehiedenen 
Gegenden der Schweis darebwanderC bat, wird su der Ueber^ 
Zeugung gelangt sein, dass lokale Gruppen in ibrem ftnssern 
Habitus markante, wenn auch oft sebwer definierbare DUTeienzen 
zeigen. Dies wird uns auch nicht wunder nehmen, wenn wir be- 
denken, wie Tiele Zfige friedlicher Einwanderer und Colonisten, 
wie viele Strdme kriegerischer Eroberer sich zu den verscbie- 
densten Zeiten und tou mehreren Seiten hw in dieses Land er- 
gossen haben. 

Die römische Okkupation, die germanischen Invasionen 
brachten eben nicht nur fremde Sprache und Kulturelemente, 
sondern auch fremdes Blut in die Schweiz ; jene Einwanderer 
reprftsentieren verschiedene Kassenelemente, verschiedene, wenn 
auch Tielleicht nahe verwandte Varietäten und Subvarietäten der 
speoies homo, und in Folge dessen stellt die schweizerische Be- 
Yülkerung in ihrer Gesamtheit, was übrigens auch von jeder 
andern europäischen Nation gilt, keine anthropologische Einheit, 
sondern eine anthropologische Vielheit dar. Der Volkaeinbeit 
entspricht keine Rasseneinheit. 

Wird es aber möglich sfin, heute noch aus diesem Völker- 
gemiach die einzelnen Kassenformen herauszuheben, werden die- 
selben nicht im Lauf der Jahrhunderte Hurrh mannigfache wech- 
selseitige Krou/.uag verwischt und zum Teil schon spurlos ver- 
schwunden sein ? 

Darauf geben die Arbeiten von His, Rütiraeyer und Koll- 
mann eine ganz bestimmte und zwar verneinende Antwort. Die 
beiden erstgenannten Autoren sagen am Schlüsse ihres vorhin 
erwähnten p^rossen Werkes wörtlich : ') 

„Trotz anderthalb- bis zweitausendjähriger Vermischung 
haben es die, successive in die Schweiz gedrungenen Völker- 
stämme nicht dahin gebracht, sich zu einem physisch homogenen 
Oemeng zu verschmelzen; die Schädel unserer heutigen Bevöl- 
kerung bilden daher auch nicht ein uniformes Gemisch früher 
▼orliandener Urformen, sondern unter ihnen treffen wir neben 
•einer Hinderzahl verschiedener Hisoh-Formen ein starkes Ueber- 
ge wicht Ton Reprisentanten der reinen Urformen." 



0 Ria nod Rtttime^er: CraaU helvetics. Basel und Gsnf. 1864. 8.09. 



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Ziele und Methoden einer Baasenkunde der Sobweis. 



81 



Und Prof. Küllniaiiii schreibt: ') 

„Es haben Sprachen und Sitten, Staatsformen und Völker 
gewechselt, aber der Grundstock, die Rassen sind immer die- 
selben geblieben in Bezug auf die anatomischen Eigensoluften 
ihres Kftrpen. Die Hentehensobädel der Pfablbaubevölkerung 
aiad ideottseh mit denjenigen der apfiteren Jahrbandwte, und 
dieae wieder mit denen too heute.* Diese «Q^serofdttitliehe 
ZShigkeit, mit der sieh die einzelnen Merkmale erhalten, 
erleiehtort oder ermöglicht uns ûbertianpt unsere Aufgabe, und 
es wird daher sunSehst darauf ankommen, nun auoh die richtige 
Fragestellung su finden. 

Auch in dieser Hinsieht haben uns, wie ich glaube» bereits 
His und Bfitimeyer den rechten Weg gewiesen. 

Wir mfissen uns yon vornherein auf den natarhistorisehen 
oder wenn ich so sagen darf, loologîachen Standpunkt stelloi. 
Wir untersuchen die Bewohner eines Dorfes oder die Beste 
irgendeines Gräberfeldes nur nach ihrem morphologischen Habitus, 
annftchst unbekfimmert um die uns durch historische Daten oder 
prähistorische Anhaltspunkte bekannte Zusammensetzung des- 
«elben, ausschliesslich bestrebt, au prüfen, ob sich innerhalb des* 
selben ein oder mehrere scharf ausgeprägte Typen nachweisen 
lassen. 

Man hat gegen eine derartige Typen- Aufstellung verschiedene 
Bedenken geäussert; dieselben sind aber nur dann berechtigt, 
wenn wir uns entweder auf zu wenige körperliche Verhältnisse 
beschränken, oder wann wir starre Formen ßchaffen, in die wir 
alles hineinzwängen wollen. Wir dürfen also, wmm wir 
^ne solche Arbeit beginnen, keine bestimmten Typen erwarten, 
sondern wir müssen sie finden, sie roOssen sich während 
unserer Arbeit erst herauskristallisieren, immer deutlicher wer- 
dend, bis wir schliesslich imstande sind, sie festzuhalten und 
-durch Wort und Zahl zu definieren. 

Ein jeder derartiger Typus besteht also aus einem Com- 
plex, aus oinor Rnmmc von Merkmalen, deren Combination für 
«lenselbeu cha^aktc^i^tiKch und wesentlich ist. Kinem jeden dieser 
Merkmale kommt dabei aber eine gewisse Breite der individu- 



•) Kollinaoii und Hageobacb: Die in der Schweiz vorkommenden 
Schädelformen. Ver)i:(ndlangen der Maturforsehenden Getellachafi su Basel. 
Band VU. 1885. S. 60». 



S2 Ziele und Methoden einer Easseakunde der Schweis. 

eilen Yariabilitit zu, so daas natargesetsUch keine iwei Indm* 
duen eines und desselben Typus durohaus gleich sein können. 
Es ist ja nicht die absolute Grösse, oder der Grad resp. die 
Stärke eines einselnen Merkmales, das den Typus ausmacht, 
sondern die Gesamtheit aller Charaktere in bestimmter Combi» 
nation. Das sobliesst schon die Forderung ein, dass wir unsere 
Untersuchung auf möglichst viele Herkmalgruppen ausdehnen 
müssen, und in der That dflrfen uns nur praktische Rfloksichten, 
die besonders bei Messungen an Lebenden eine grosse Rolle 
spielen, eu Einschränkungen in dieser Hinsicht yeranlassen. 

Ich stelle also Tiiclit blus aul einen kraniologischen Ty[>us 
ab, sondern auf einen ullgcmeincn, der neben dem Schädel auch 
das übrige Skeletsystem und die äusnere Somatoldgie des Leben- 
den unispanot, d. h. die ganze Summe der morphologischen 
Charaktere in sieh begreift. Viele voreilige Schlüsse und 
fruchtlose Diskussionen, die unsere Wissenschaft ernstlich dis- 
kreditiert haben, würden vermieden worden sein, wenn man 
sich nicht so lange damit begnügt hätte, einen Schädel ein- 
&ch als dulichooephal oder bracbycephal bu bezeichnen, im 
Glauben, damit eine genügend scharfe Charakterisierung der 
Bcbädelform gegeben zu haben. 

Auch liinsiohtlich der Deutung der einmal gefundenen und 
aufgestellten Typen muss zur Vorsicht gemahnt werden. Wenn 
eine Bevölkern ngsgruppe. die lange stationär und von auH^en 
fast unbeinflusst geblieben ist, wie dus in abgeschlossenen Ge- 
birgstälern gelegentlich vorkommt, eine relative Homogenität 
zeigt, dann sind wir rasch bei der Hand, von einem «Urtypus* 
oder von «Resten reiner Rasse' zu sprechen. Wir übersehen 
dabei aber ganz, dass eine derartige Homogenität der Form 
in einem kleinen Yolksganzen auch sekundär erworbw werden 
kann, nämlich gerade da, wo durch lang andauernde räum* 
liehe Bonderung die Inzucht zur Notwendigkeit geworden. 
Es kann sich also bei solchen Typen sowohl um Anfangs- 
stadien, um noch erhaltene Urformen, als um die Höhepunkte 
einer spezifischen Entwicklung handeln. Die Entscheidung da- 
raber wird im einzelnen Fall von mannigfachen Ueberlegangen 
und Vergleichen abhängen. 

Auf der andern Seite dürfen wir aber auch die Bedeutung 
der Blutmischung nicht zu hoch anschlagen und nicht . alle die* 



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Ziele und Methudeo einer Rassenkunde der Schweiz. 



38 



jenigen Formen schlechthin als gemischte bezeichnen, die uns 
weniger als die extremen, kontrastierenden ins Auge springen. 

Es lässt sich heute schon behaupten, dass wir nicht nur 
in der Schweiz im Ganzen, sondern auch in den einzelnen Ge- 
bieten einer Vielheit von Typen ganz verschiedenen Alters und 
verschiedener Provenienz begegnen werden. Auch die in die 
Geschichte eintretenden Stämme und Völker waren schon 
mannigfach zusammengesetzt und keine Varietäten im ana- 
tomischen (morphologischen) Sinne mehr, und es würde daher 
nur zu Irrtümern führen, wollten wir z. B. von einem römi- 
schen, helvetischen oder alemannischen Typus reden. Unsere 
Typenbezeichnung muss entweder eine rein morphologische sein, 
oder an Lokalnamen, Fundstellen und dergleichen, die nichts 
präjudizieren, anknüpfen. In diesem Punkte müssen die Ethno- 
logen ihre Ansprüche etwas herabsetzen ; nichts destoweniger 
werden auch die rein anthropologischen Resultate für die prähisto- 
rischen und historischen Wissenschaften von Interesse und Nutzen 
sein. Ist doch gerade die Ilassenzusammensetzung so vielfach mass- 
gebend geworden für die geschichtliche Entwicklung und den Kul- 
turzustand gewisser Gegenden, weil einzelne Typen gelegentlich 
auch gleichzeitig die Träger bestimmter Kulturen waren. 

Was wir also anstreben, ist eine Statistik der 
lokalen R a s s e n f o r m e n , d. h. die Feststellung aller 
in der Schweiz vorkommenden, wohl charakterisier- 
ten, anthropologischen Typen. Erst wenn diese Un- 
tersuchung über den grösston Teil des Landes 
durchgeführt sein wird, werden wir imstande sein, 
zu entscheiden, welche Typen reine Varietäten, 
welch e Mischformen darstellen, in welchen v erwandt- 
sc haftlichen Beziehungen sie nuter einander und zu 
den Typen der benachbarten Länder stehen und in wie 
weit die geographische Verbreitung der einzel- 
nen Formen sich erstreckt. 

Soviel über das Ziel einer schweizerischen Russenkunde» 
und ich gehe nun dazu über, nun auch die Methode zur Erreich- 
ung desselben anzugeben. Von allen ähnlichen Bestrebungen 
des Auslandes, die ich in diesem Zusammenhang nicht aufzählen 
kann, kommen (der Methode nach) meinem Plane jene Erhebungen 
am nächsten, die von einer im Jahre 1893 eingesetzten Spezial- 
Kommission der üritish Association of the Advanccment of Science 

3 



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84 



Ziele und tfethoden eioer Riuenknnde der ^Schwelt. 



unter dem Titel „Ethnographical Survey of the United Kingdom*^ 
unternommen worden. F.n handelt sich ditbei um ethnographische 
Erbebungen, die sich jeweils nur auf ein kleinea Gebiet beziehen 
and die dann in Form getrennter Mono^^raphien publiziert werden.') 

Dernrfiiro Tyokalmonogmphien sind es, die ich auch für 
die Schweiz aurou'i ii möchte, jedoch mit Beechränkun«;^ auf die 
physische Anthropolugio. Ea gibt wenig Länder^ wcN iif wu h 
80 vorzüglich für diese Form der l'iitersuchung eignen, nl^* gerade 
die Schweiz, die durch ihren orographischen Aufbau iu eine Reihe 
iiatürlich begrenzter, zum Teil geradezu iöolierter Gebiete zerfallt. 

Dasa wir uns hier zunächst an die LandbevÖlkeruiip-. an 
mehr oder weniger abgeschlossene Dorf- und Thalschafton und 
erst in zweiter Ijiuie an die einbruchsofFenc Tiefebene, an 
die Völkerstrassen und die Städte mit ihrem vieUeitigeu Zuzug 
wenden müssen, ist wohl selbstverständlich. 

Ein Einzelner wird aber niemals eine so gross angelegte 
Aufgabe übernehmen und durchführen können nnd daher müssen 
wir zur Erreicluiiig unaeres Zieles an alle Diejenigen appellieren, 
die ein Interesse an der Vergangenheit und der Rassenkonde 
ihres Vaterlandes haben und die in ihrem engeren Wohngebiet 
genug Autorität besitzen, nm Erhebongea anstellen tu können, 
leh denke hier natürlich sumetst an die Aerzte und die Lehrer- 
schaft, denn die Erfahrung zeigt, dass gerade bei anthropo- 
logischen Forschungen persönliche Vertrautheit mit Land nnd 
Leuten eine Grundbedingung einer erfolgreichen Arbeit ist. 
Der Fachmann, der sich nur kurze Zeit am einzelnen Orte 
aufhalten kann, bleibt in der Regel ein Fremder und als 
solcher stellen sich ihm für eingehendere anthropometrische Beob- 
achtungen unüberwindliche Hindernisse entgegen. 

Ein solohes Zusammenarbeiten Vieler, wie ich es vor- 
echlage, schliesst allerdings die Gefahr in sich, dass die Einzelnen 
nicht gleichmässig vorgehen und dass infolge dessen deren Re- 
sultate nicht Torgleichbar sind. Dem kann dadurch vorgebeugt 
werden, dass wir 1) allen Beobachtern eine gleichmässige 
technische Vorbildung geben und 2) dass wir flberall eine ein- 

') Am (Mf()!.rr''!i'l)Hten hat 1)1« jetzt das Irisclit' Siibooniit(5. das mit 
dem Authropulu^nscheu Laboratorium des Triuity College iu Dubliu in 
Zusammenhaog steht, gearbeitet Prof* C. Haddon und Dr. W. Browne 
haben im Laufe von drei Jahren bereit« drei ausgeseichnete ethnographische 
llonographtea Uber abgelegene Regtonen Nordwest-Irlands herausgegeben. 




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Ziele und Methoden einer RasNenkunde der Schweiz. 35 

heitliche Methode, dieselben Instrumente und gleiche Beobach- 
tungsformulare anwenden 

Was den erstem Punkt anbelangt, so muss sich eben der 
Einzelne der kleinen Mühe unterziehen, sich in die anthropo- 
logischen Arbeitsmethoden einführen zu lassen ; dies geschieht 
am einfachsten durch kurze praktische Instruktionskurse, die 
z. B. hier in Zürich oder je nach Bedürfnis an andern Orten der 
Schweiz abgehalten würden. Dass solche Uebungskurse wirk- 
lich imstande sind, den Teilnehmern die nötige technische Fertigkeit 
zu eigenen Beobachtungen zu vermitteln, lehren mich die Anthro- 
* pologischen Praktika, die ich seit vier Jahren an der Züricher 
Hochschule abhalte. 

Die an jedem Individuum vorzunehmenden Messungen 
und Beobachtungen sind in einem Formular enthalten, das am 
Schlüsse dieses Aufsatzes abgedruckt ist. ') Es ist hier nicht der 
Ort, auf dessen Inhalt näher einzutreten, doch möchte ich nur 
betonen, dass ich einerseits die Aufnahme der Abstammung 
ziemlich eingehend skizziert, und anderseits neben der eigent- 
lichen Messung, besonders aus praktischen Gründen auch der Form- 
beschreibung einen grossem Raum gegönnt habe, als dies ge- 
wöhnlich geschieht. Um nun auch diese beschreibenden Merkmale 
eindeutig zu bestimmen, bin ich damit beschäftigt, eine Anleitung 
mit schematischen Abbildungen der einzelnen Formtypen aus- 
zuarbeiten, so dass über keinen in dem Formular aufgeführten 
Terminus ein Zweifel bestehen kann. Die Auswahl der Maasse 
selbst ist auf das Sorgfältigste und mit Rücksicht auf die schon 
vorhandenen Arbeiten des In- und Auslandes, mit denen wir 
ja unsere Resultate in Zusammenhang bringen müssen, vor- 
genommen worden, und sind die zur Typenaufstellung unum- 
gänglich nötigen Messungen durch grössern Druck besonders 
hervorgehoben. 

Das Instrumentarium, das ich für den vorliegenden Zweck 
zusammengestellt habe, besteht 1) aus dem 2 Meter hohen sog. 
Anthropometer ^) für die Körpermessungen. Derselbe ist so 

') Es braucht wühl k.-iuni aiiHgeführt zu werden, dans für jede» zur 
Reubachtung ^elau^cnde Individuum ein beHouderes Hcubachtungsforma- 
lar verwendet werden muss. 

Das Instruiueutariiiiu wird in der oben erwähnten „Anleitung zu 
anthropuloginchen Heobachtungen" abgebildet und genau beschrieben 
werden. 



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86 Ziele und Methoden einer Rassenkunde der Schweiz. 

konstruiert, dass das obere Teilstück abgenommen und für die 
Projektionsmessungen des Kopfes und Gesiebtes verwendet wer- 
den kann; und 2) aus dem nach französischem Muster gearbeiteten 
Tasterzirkel mit Millimeterskala zur Abnahme der direkten Kopf- 
and Oesichtsmaasse. Beide Instrumente sind kompendiös, zu- 
sammenlegbar und können daher bequem transportiert werden. 
Dieselben werden in der Feinmechanischen Werkstätte von 
F. Meyer in Zürich zum Preise von zusammen 85 Fr. herge- 
stellt; doch soll das gesamte lustrumeutHrium einzelnen Beob- 
achtern auch leihweise überlassen werden. 

Man könnte vielleicht meinem Vorschlage entgegenhalten, 
dass die gleichen Resultate auf einfachere und leichtere Weise 
durch Schuluntersuchungen und an Hand der KekruticrungstabelleQ 
gewonnen werden könnten, wie es bisher versucht wurde. 
Aber bei Kindern ist ja der ganze Körper noch in der Ent- 
wicklung begriffen, so dass überhaupt nur einige wenige qualitative 
Merkmale rassenanatomisch verwendet werden können. Und 
auch die Militärpflichtigen sind noch nicht so vollständig aus- 
gewachsen, dass sie in allen Stücken den Typus der Er- 
wachsenen darstellen, ganz abgesehen davon, dass sie ja nur die 
männliche Hälfte der Bevölkerung repräsentieren. Ausserdem 
kann bei den Rekrutenuntersuchungeu auf den Einzelnen nur 
eine so kurze Zeit verwendet werden, dass eine eingehendere 
anthropologische Erhebung bei dieser Gelegenheit fast ausge- 
Bchlossen erscheint. 

Ausser den Lebenden muss aber auch soweit als möglich 
das tote Material zur Untersuchung und Bearbeitung beigezogen 
werden. Hinsichtlich der älteren und ältesten Bevolkerungs- 
schichten sind wir auf gelegentliche Funde angewiesen und 
es sollten die weitesten Kreise des A'olkes über den Wert 
gerade dieses Materials aufgeklärt werden, damit sie selbst zur 
Sammlung und Erhaltung desselben beitragen. 

Für die Osteologie der letzten oder jüngsten Genera- 
tionen bilden die Beinhäuser der katholischen Kantone eine reiche 
und noch lange nicht genügend erschöpfte Fundgrube. Denn 
gegen das osteologische Material unserer Anatomischen Samm- 
lungen lassen sich schwerwiegende Bedenken geltend machen. 
Dasselbe stammt zumeist aus Krankon-, Siechen-, Irrenhäusern 
und Gefängnissen und ist daher das Resultat einer zur Er- 




Ziele und lietboden einer Rasienkende der Sehweis. 



87 



forsohimg der nonnalen Typen nicht gende Torteilhaften Ana* 
lese. 

Diese kraniologiscben and osteometrischen Untersuchungen 
mfissen ebenfalls wieder uach einheitlicher Methode aufgeführt 
werden, doch erfordern dieselben «ne grössere Saohkenntnis nnd 
ein YoUständigereB Instrumentarium, so dass diese Seite der Ar> 
beit wohl vorwiegend den Fachleuten zufallen wird. 

Es würde zu weit führen, an dieser Stelle uoch mehr in 
das Detail de<^ Arbeitsprogrammes einzutreten. Es handelt sich 
zunächst nur d ii uin, cia wichtiges, wissenschaftliches T^ntcrnehmoa 
anzuregen und iiH i^riichst weite Kreise der Bevölkerung dafür 
zu interessiereo. Und wenn sich endlich die Ueberzeugung Bahn 
bricht, das8 nicht nur Tiere, Pflanzen und f^oeteinr, sondern auch 
der Mensch ein würdiges Objekt naturwissenaeiiaftlicher Forschung 
ist, dann wird es auch nicht an Männern fehlen, die sich in ihren 
Mussestunden mit dem Studium der schweizerischen Bevölkerung 
beschäftigen werden. Der Sinn und das Interesse für die Ge- 
schichte der Vergangenheit und die Eigenart des Vaterlandes ist 
ja tief eingewurzelt im Volke. 



Beobachtungg-ForiMUar zur Schwei seriseken Boêunkmnde stehe 

folgende Seite, 



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Karl unter den Weibeni. 



Karl unter den Weibern. 

Ton Prof. Dr. S. Singer in Bern. 

Unter dieeem Titel veröffentlichen die von Boppen nnd 
Ttdieinoi henotgegebeneu WalUser Sagen (8. 112), lich auf eine 
Mitteilnog des Herrn Kaplan ICooser berufend, die folgende Er- 
zSUnng: ^Yor vielen, vielen Jahren war wieder Krieg im Land- 
Wallis .... Bei kriegerischen Anlassen mnssten ehemals die 
waffenfähigen IfAnner alle die Heimat verlassen und gegen den 
Feind ins Feld ziehen .... So war es auch in Zermatt In jenem 
Kriege, von dem ich erzählen will ; ulle wehrhaften Männer und 
jQngUnge waren ausgezogen; nur Einer, mit Namen Karl, blieb 
zurück, nm Ordnung zu halten. — Und es langte atif einmal 
Botschaft an, am Fusse des Theodulpasses sammle sich eine wilde 
Horde, um in Zormatt einzufallen .... Unser Karl verlor aber 
den Kopf nicht; schnell sammelte er die Weiber und kräftigen 
Töchter, Hess sie dit^ zurückgelassenen Kleider der Männer und 
Brüder anlegen und führte sie, mit allerhand Instrumenten be- 
waffnet, den Rerj» hinan dem Feinde ento:eü:cn .... Wirklich 
erschienen die Feinde bald auf der Passhiilu« und beinerivten die 
Vorkehrungen, die timn zu ihrem Eiiipfango getroli'en. Sie sandten 
darum Spionen ab um auszukundschaften, mit was für einem 
Feinde es wohl gelte. Diese durchmusterten alles genau und 
frftjî^ten verwundert deü Aftfülirer Karl, wie er da wohl seltsame 
Krieger habe, die ihre iiru?<i so hoch trüsen. Dieser antwortete, 
der Mut, die W'ut uud die grosse KampHust machten ihnen da» 
Herz so hoch anschwellen. — Die Spionen kehrten bedenklieh 
zurück — und vom Feiade war nichts mehr zu vermerken. — 
Das ist die Geschichte Karls unter den Weibern. — Noch jetzt 
wird jeder so j^enannt, der allein unter Weihervolk weilt." 

So weit die Erzählung. Jeder, der mit niiltolulterlichcr 
Sagengeschichte vertraut ist, wird sofort erkennen, dass hinter 
diesem Karl kein anderer als Kaiser Karl der Grosse verborgen 
ist Yon diesem erzählt die Ksiserchronik (ed. Sohrdder 1 49 1 5ff.), dass 
ihm in Galicia sein ganzes Heer erschlagen worden sei. Ein Eogel 
kam, um ihn zu trösten, und riet ihm zugleich, ans der Heimat 
alle Jungfrauen kommen zu lassen. Bas geschah : es kamen ihrer 
50,069 ad portam Caesaris. Durch diesen Engpass ergossen 



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Begräboisfeierlichkeitoii ira Prättigau. 



43 



sich die jungfräulichen Scharen in das „Karlsthal". Die Lauscher 
oder Späher der Heiden meldeten ihrem Könige, daas den erschla- 
genen Feinden die Jungen nachgekommen wären, sich und jene 
zu rächen; sie wären sehr breitbrüstig, ihr Haar sei lang und 
ihr Gang Bchön, ihre Gebärde schrecklich, so dass der König 
dem Kaiser Geiseln gab und sich mit allen den Seinen taufen 
Hess" (Massmann. der keiser und der kunigo buoch HI, 1012 f. 
Grimm, Deutsche Sagen Nr. 460). Massmann erwähnt ebenda 
S. 1017 eine 1826 in Zürich bei Mever und Zeller erschienene 
Schrift „Kaiser Karl der Grosse und das fränkische Jungfrauen- 
heer. Ein Beitrag zum unvergänglichen Ruhme der Frauen in 
23 Liedern von Frauenlob dem Jüngern." Die zweite 1847 er- 
schienene Auflage desselben Liedercyclus verrät Ludwig EttmüUer 
als Verfasser. Sie unterscheidet sich von den besprochenen Fassungen 
dadurch, dass das Erstaunen der Heiden über die Breitbrüstigkoit 
der christlichen Krieger erst nach geschehener Unterwerfung be- 
richtet wird. 

Die Sago gibt einen wertvollen Beitrag zur Geschichte der 
Karlssage. Sie weist uns die bisher nirgends sonst unabhängig 
von der deutschen Kaiserchronik gefundene Erzählung von Karl 
dem Grossen und dem Jungfrauenheer als auf volkstümlicher 
Tradition beruhend nach. Je wichtiger sie aber für die Sagen- 
geschichte ist, um so vorsichtiger heisst es in deren Beurteilung 
sein, und ich richte daher an alle Leser dieser Zeitschrift die 
Anfrage, ob sie über diese Sage resp. über die Quelle, aus der 
Herr Kaplan Mooser, der uns persönlich unbekannt ist, geschöpft 
haben könnte, etwas zu berichten vermöchten. 



Begräbnisfeierlichkeiten im Prättigau. 

Von G. Fient in Chur. 

Das Cercmoniell ist nicht in allen Gemeinden ganz das 
gleiche, in der Hauptsache aber doch dasselbe. 

In denjenigen Nächton, in welchen die Leiche auf einem 
Brett („Laden") aufgebahrt oder bereits eingesargt noch im 
Sterbehause liegt, wird bei derselben Ehrenwache gehalten. Die 
Wache besteht zum Teil aus den Trauernden des Hauses, teils 
aus anderen Verwandten und Freunden des Verstorbenen. Ur- 



44 



Begritbniafeiiirliehkeiton Im Prittig»«. 



aprünglicli mag das Institut zu dem Zwecke eingeführt worden 
sein, um allfallige Zeichen eim s r^ehointodes wahr7ii nehmen. 
Dies hatte dann zur Folge, dass die Bewachung im strengstea 
Sinne des Wortes prtesente cadavere stattfinden musste. Jetzt 
ist das nicht mehr der Fall. Die Leiche wird in ein besonderes 
Zimmer gelegt, so wie man es aus sanitarischen Gründen für 
zweckmässig hält. An ihrer Seite hält nur ein Todtenlicht 
"Wache. Alte fromme, aber jetzt selten mehr wiederkehrende 
Sitte war es, dem Toten ein Gebetbuch oder die Bibel auf die 
Brust zu legen. Die aus 3 — 4 Personen bestehende Wache 
postiert sich im Wohnzimmer. Wer sonst raucht, thut es auch 
hier; sodann ist gewissermassen Büffet mit Wein und Brot und 
Käse, eingerichtet. Die ÂoweBenden machen davon Qebrauch 
und fQhren dabei in der Weise ConverBatioD, dase nnr der gute 
Teil dea HeiiMbeii herausgekehrt wird. Der Tod hängt oaCflr- 
lioh Tiel von der Schwere des Tranerfalles ab. Es sind auch 
schon AiisschreltaDgeii Torgekommen. 

Am Begräbnisstag wird von 8—9 Uhr mit allen GlockMi 
,dem Grab geläutet." Früher mag in dieser Stunde das Grab 
gegraben worden sein, und wird das Geläute den Sinn gehabt 
haben, diese Arbeit au weihen. *) Um V<9 Uhr tritt, in Luiein 
wenigstens, ein Unterbruch dahin ein, dass während einiger 
Minuten nnr eine Glocke läutet; welche, das kommt auf das 
Geschlecht und das Alter des Verstorbenen an: f&r ein Kind 
die kleinste, fOir eine erwachsene "Weibsperson die mittlere, fär 
eine erwachsene Mannsperson die grosse Glocke. 

Die Beerdigung findet in der Regel um 1 XThr statt. Früher 
wurde die Einhaltung einer bestimmten Zeit durch Etiquetten- 
fragen wesentlich erschwert. Mit Rücksicht auf die fibliche Be- 
wirtung wollte keiner der Geladenen suerst kommen und so 
tröpfelten dann die Leute in ungemessenen Terminen langsam 
herbei. Da nun aber anderseits das Haus Jedem g^enfiber 
seine gastlichen Verpflichtungen erfüllen wollte, so hatte dies 
zur Folge, dass eine auf eine bestimmte Stunde angesagte Be- 
erdigung um 1 — 2 Stunden hinausgeschoben wurde. Jetst ist 
ein Regulator da, nämlich die Eisenbahn. Die Beerdigung wird 
so angesagt, dass Nicht-Ortsanwesende hiefür die Mittagszüge 
bdufttsen können. Hiernach haben sich auch dieUebrigensu richten. 



*} Jetst macht der Totengräber das Grab, wann e* ihm pant. 



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Bejçriibuisfeierlichkeiten ira Prättigau. 



45 



Von den Ankommenden wird jetzt im Allgemeinen unge- 
fähr in der Weise kondoliert, wie sie auch in den Städten 
üblich ist: , Meine herzliche Teilnahme" etc. Früher brauchte 
man hiefür eine bestimmte längere Formel, wie ja überhaupt 
das geistige Leben möglichst in Formeln eingezwängt war. Ich 
habe s. Z. in zwei Fällen einen solchen Kondolenzspruch ange- 
hört, denselben aber nicht behalten; merkwürdigerweise hat ihn 
auch derjenige, der ihn damals brauchte, vergessen und wird er 
daher leider wahrscheinlich vergessen .bleiben. 

Vor der Beerdigung werden die Erschienenen, wie bereits 
bemerkt, bewirtet, in der Regel mit Wein, Käse und Brot: 
das ist auch im Hause des Aermsten das letzte Liebesmalil. 
In den Häusern der Wohlhabendem wird sodann nach der 
Beerdigung den von weiter Hergekommenen ein eigentliches, 
gutes Mittagessen verabreicht, das sog. „Totenmahl in den 
meisten Fällen wieder im Trauerhause selbst, an den Kurorten 
zuweilen in einem Gasthof. Diese „Totenmähler" hatten früher 
häufig einen unnötig grossen Umfang und arteten mitunter zu 
ärgerlichen Gelagen aus, so dass sich an den meisten Orten die 
Gemeinden veranlasst sahen, auf dem Wege der polizeilichen 
Bestimmungen eine gewisse Begrenzung vorzuschreiben. 

Nicht überall mehr, aber in einigen Gemeinden, namentlich 
des Mittelprättigaus, wird noch eine ziemlich strenge Etiquette 
beobachtet bei der Ordnu iig des Leichenzuges. Hiefür werden 
eigentliche Zereraonienmeistor bestellt, die ein Verzeichnis der- 
jenigen Erschienenen aufnehmen, welche aus Gründen der Ver- 
wandtschaft, Gevatterschaft, Freundschaft, socialen Stellung und 
des örtlich weiten Herkommens besonders berücksichtigt 
werden müssen. Es gibt »n jeder Gemeinde nur wenige Per- 
sonen, welche da die Gesetze der Etiquette kennen und sich 
daher als Zeremonienmeister eignen. Endlich ist die Liste fertig. 
Sie wird langsam verlesen und schliesst dann') mit der allgemeinen 
Einladung ab: „Die übrigen Leidtragenden sind ersucht, sich in 
freier Weise anzuschliessen.** 

Früher wurden nur die Särge ledig Verstorbener bekränzt 
und zwar seitens der „ledigen Gesellschaft," der Jungfrauen, 
In unserer Zeit ist die Sargbekränzung etwas allgemeiner ge- 
worden, indem etwa auch Private Kränze überreichen, und zwar 



•) Unter gleichzeitiger Formierung des Zuges. 



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BegrXbnisfeierliehkeitea im Prittigau. 



aiiefa ftir Verheiratete. Dem Sarge eine« Ledigen — Jungfrau 
oder JüDgliog — wird nfSrgepaaret,'^ d. h. ea schreiten die Jung- 
frauen dem Sarg paarweiee voran, natarlich in achwarser Klei- 
dung, aber mit w e i s • e q Schönen : das Bild der Unschuld. 

Wenn der Zug auf einer be8tinHnten Stelle ersehmnt, tönt 
diejenige Glocke an, welche auf den Toten passt (s. «Qrab- 
läuten") und sögerod atimmen dann die Genoseinnen in den 

8cheidegru88 ein. 

Die Leiche wird zur letzten Ruhestätte getragen. Das 

Tragen ist Ehrendienst und fällt als solcher zunächst denjenigen 
Männern zu, für welche der oder die Verstorbene einst Paten- 
stelle vertreten hat ; eventuell rücken Freunde uad Nachbaren 
in die Reihe. Icii kann mich u. a. an einen Fall erinnern, in 
welchem der Sohn des Verstorbenen etwa 12 Männer — die 
Entfernung bis zur Kirche betrug eine Stunde — mit folgen- 
den Worten (lufKot: (Zuerst Namensnennung) ^ lehr als die lieb- 
sten Miiner vani Aetti sid crsueclit. n' z"traL:en !" 

Die Träger haben die Leiche auch zu beerdigen, und erat 
nachdem der letzte grüne Ra^en zu Häupten gesetzt und in 
feierlicher Kulio Harken und Schauteln hingelegt worden sind, 
verstummen die (rlocken, zuletzt diejenige, welcher die Ehre 
des Tage« zugefallen ist. Früher wurde darauf gesehen, ob das 
letzt \\(ggelegte Heerdigungiwerkzeug eine TIaekc oder eine 
Schaulel sei. im elfteren Falle starb in nächster Zeit eine 
Weibs-, im letztern Falle eine Mannsperson. 

Xaehdem der letzte Oloekenton verklungen, wird entweder 
auf dem Grab oder in der Kirche vom üuiötlichon die Grabrede 
gehalten. Es ist mir in unserem L iial ein einzij^er Fall bekannt, 
in welchem dem Willen des Veratorbeneu gemäss Civilbeerdig- 
ung stattgefunden hat. Die Bevölkerung war taktvoll genug, 
den Willen des Toten stillschweigend zu ehren, nahm aber im 
Uebrigen die Sache nicht gut auf. 



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Fastnachtsniaske aus Seujpach. iiii Hesitze den Verfassers. 

Die Fastnachtsgebräuche in der Schweiz.') 

Von Dr. E. Hoffmaiin-Kraver in Zürich. 

Einer Geschichte dor Fastnachtsgebräucho sollten füglich 
einige Bemerkungen über die Etymologie des Wortes „Fastnacht** 
und die Stellung des Yerfassers zu dieser immer noch umstrittenen 
Frage vorausgeschickt worden. Wir halten das jedoch im vor- 
liegenden Falle für überflüssig, da sich das schweizerische Idioti- 



Vorhemerkuntf. Die folgende DarstelliiUff sieht von allen mytho- 
lugischeii Doiittingen der FaHtnachtsgebräuclie eiiiHtweilen thiniliclist ab und 
beschriiukt sich auf eine objektive Schilderung der fiebriiuche. wie sie in 
der Schweiz herrschen. Dagegen werden historische Kiickblicke. soweit 
sie sich auf litterarisch überliefertem Gebiete bewegen, und Vergleiche 
mit (xebräuchen anderer Länder zur Veranschaulichung der allgemeinen 
Kntwicklungsgeschichte der Fastnacht hin und wieder beigezogen werden 
zuUssen. 




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48 



Die Faatoâebtagebrituche in der Schweis. 



koD BXtt Grand des ihm zu Gebote stehenden Sprachmaterials ans 
Slterer and Deuerer Zeit bei Qclegenheit näher auf die Frage 
eiolassen wird. Es genügt, darauf hingewiesen zu haben, das» 
dio Herleitung von der Wurzel />/>- durch die älteren Schwei- 
zeriacheu Quellen Unterstützunf: findet. 

Bemerkenswert sind übrigens die etymologisehon Hotrarh- 
tungen des Zürcher l^-o<ligers vou ItiOl '): , Unser Tütsch wörtli 
heisst Fassnaeht. wie es dann in den Kaieuder gestellt wirt. 
Wz [was] aber hierdurc Ii werde verstanden, kan ich nit wol 
wüssen. OV) es möchte genennt werden faselnacht, darmnm dat^» 
der vnuerschammte fcist'l dauu sein spil hat: oder Fa8Hnacht, dass 
inan vff die nacht die fcias grüsst, vnnd dem Bueobo zu ehren 
gwaltig schluckt: oder Fassnaeht durumb, dass jren etlich vff 
die nacht vil spyas vnnd tranck fassc/ul, vud dass sy dester 
mehr gfassen mögind. mit hin vnnd wider lanffen sich als ein 
laubsack eynhotterend i etc. odor Fastnacht, durumb dass grad 
druf die viert zig tägig fasit'n angabt" etc. 

Zunächst nun etwas Kaiend ares. Es ist allgemein bekannt, 
dass die Fastnacht, weou auch im speziellem Sinne nur die dem 
Fastenb^nn Toranagehenden Tage diesen Namen tragen, sich 
fibar einen Zeitnuini von mebrer«! Woehen entreckt, ja ihren 
Anfang scbon im Dezember nebmen kann. So in Italien maO" 
cberorts am 26. Dez., in andern Gegenden am 7. oder 17. Jan., 
in Rom speziell am Samstag vor Septuagesimä, in Köln am 
1. Januar. In der Sehweîz erstreckt sie sich in katholischen 
Gegenden Toni 7. Januar (Tag nach 3 Königen) bis zum Dienetag 
▼or Aschermittwoch. Freilich finden in dieser Zeit nicht tiglich 
Lustbarkeiten statt, sondern oft mit längem Unterbrechungen; 
doch sind im Kanton Lnzern z. B. yon S Königen an Masken^ 
bftlle gestattet nnd in der March (Kt. Schwyz) wird gleich nach 
8 Ken. die Fastnacht von der Dorfjugend durch eine ohrzer- 
reissende Musik mit allerlei lärmenden Instrumenten angezeigt, 
worauf man dann fast jede Nacht Yermummte auf der Strasse 
sieht; nnd wenn wir bei Ignaz Staffelbach') ein «Fassnachtlied 
auf Panli-Bekebr" (25. Jan.) antreffen, so ist das ein Beweis 
mehr, dass auch der volkstümliche Sprachgebrauch das Wort 
Fastnacht in diesem weitern Sinne kennt. Nun beschränkt sich 

') Wider die FiutsnuclU. Drey in der II. Gescbrifft wolgegrUadete 
Fredigen 1601 (Zttreb. Stadtbibl. siib VI, 379). 
*) Reiseskizzcn. Luzem 1883, S. 49. 




Die FMtüMhtsgebrXnch« in der Sehweix. 



49 



diese Ausdehnung der Fastnacht allerdings auf die katholischen. 

Oon^onilen der Schweiz und os scheint, daas Luther und weiter- 
hin die Heforniation den ernten Aiistoss zu dieser Beschränkung 
gegeben haben. Bei der Abneip^ung Ijutbers gegen das Fasten 
mnsste auch notwendigcrweiae die Fastnacht in Ungnade fallen, 
da Ja nach der allgemeinen Ansicht die tobende Fastnachtsfrende 
nichts Anderes sein sollte, als eine Entschädigung fiir die Ent- 
behrungen der komnien'len vierzif; Fastentage. So kam es. dass 
sieh die Reformierten auch in diesem Punkte in einen bestimmten 
Gegensatz zu den Katholiken stellten. Diesen Gegensatz finden 
wir mehrfach selbst bis ins XVIL Jahrb. ausgesprochen. So in 
einem Basler Irland. n vom 1. Mär/- 1546, das wir nach Ochs') 
zitieren: ^Die^Yeil nuiu aus (jotteswort die vierzigtägigen Fasten 
abgestellt, so s(,»ll man auch kfinf'tigs keine Faasnacht noch Aeseher 
Mittwoch mehr habeu, und weder auf Züufteu, GcHellsehaften 
noch Knechtenstuben kochen lassen, noch zehren, auch ganz 
keine Fassoacht Batzen, Pfeifen, Trommelu brauchen. Doch 
falle gute Herren ond (Gesellen, ohne der Zünfte Kosten bey 
einander essen wollten, in Znelit und Ehren, das ist Kiemanden 
Terboten.* 

Ferner bei dem ehemuligeu Kapuziuerpater Claudius Scho- 
binger:") „Insonderheit ist in dem Papstthum zwûschen dem 
neuen Jahr und der Fasten ein so harter Weg, etlich Wochen 
lang in den Himmel, und müssen ihnen die gute Lenht selber 
80 grossen Gewalt anthnn, wie aneh an den Kirehweyhungen 
und sonst fast die ganze Bommers-Zeit durch, da man an den 
Sonn- nnd Fe} r tagen in den Ddrfferen die Zeit tbnt anbringen 
mit Essen nnd Trinken, mit Spilen nnd Densen, wie denn fest 
an allen Ohrten sonderbare [besondere] Danzplätz dann aufge- 
bant sind, mit Buhlen nnd allerhand Leichtfertigkeiten, mit 
SchlitteU'fahren, Gassatnm gehen [durch die Gassen gehen], und 
Mummereyen.* 

Und endlieh sagt der Zureher J, H. Fftsi in seinem 
„BrftUenmacher":*) „Matthäus TII Tom breiten Weg gehet besser 
auf die Papisten, als auf die Beformierten, weil nebet obigem 



t) Geschichte der Stadt und Landschaft Basel. Berliu u. Leipzig 
1786. Bd. VL, 8. 374. 

*) ScbriftmMssige Wsagaehale u. b. w. ZttricH 1695, 8. 348. 
^ Der niehtige und eilende BrUltenmacber. ZUrieh 1696. S. 60. 

4 



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60 



Die FastDachtsgvbrXitche in der Schweis. 



Daiizoii, Spillen, Fussiiachtweaeu und vil anders zwar bei deu 
Papisten, aber nicht hoy don Reformierten erlaul^r ist," 

Diese scliiort'i.'ii, bewusst en Gegensätze luil)L'n sich mm aber 
völlig aurii^oglicheu und lir'Mt/ntage wird die Fastnacht in dem 
protoBtuiitiscben Rasel mit derselben fJpbe am Bunten und Gro- 
tesken geleiert, wie m dem kathoüst hon Luzorn ; mit dem einen 
Unterscbied freilieh, dass die Luzernor Fastnacht auf eine un- 
gleich ^^liinzeudere Ahnenreihe xurückblicl<en kann, als die Basler. 

Gehen wir nun zu den (irhraucheii über, wie sie unsern 
Gegenden um die Fastnacbtszeit eigen waren und grossenteils 
noch eigen sind. 

Wir schicken All«j;erneineres voraus. 

Ein Grundton, der von jeher und überall durch die Fest- 
lichkeiten der Fastnacht hiiiduroh geklungen liat und sich nie 
hat unterdrücken lassen, ist lUr his zur iioclish-it Avsffi'las.scH' 
Ju'it sich s(eigci'ihh> Fmhlirfihi ii, wie sie sich in Gastnmhleru 
und Trinkgelagen, in Spiel und Tauz und leider, wie wir sehen 
werden, in noch Sriaiininerom äussert. Belege hielTir sind über- 
genug vorhanden, lu dem Basler liut'büchlein. ') das die obrig- 
keitlichen Verkündigungen enthält, heisst es unterm Jahre 1419: 
wol man üch zer nehsten [letzten] verkündung gegönnet 
und erlaubet hat vff gester an ze yahende in Bökeowise [mas- 
kiert] zc gonde die Taauacbt So tribent jr die frQud so gar 
eehalkltoh vnd wûstMcb, das wirdig berren vnd frowen vif jr 
Stäben nit getantzen, noch kein mwe Tor fich gehaben mügeut, 
daTon gross knmber vnd gebrest vfarston möchte . . Und noeh 
dentlicher spricht die Stelle in dem Tagebuch (1527) des weit- 
gereisten Schaffhansers Hans Stockar*), die wir ihres äusserst 
charakteristischen Inhalts wegen hier (mit einigen Modifikationen 
der bizarren Orthographie) in extenso mitteilen wollen. ,,Uff die 
zit körnend 2 grafen von Eyugen und graf Friderych Toii Filr- 
stemberg und Schellenberger und der adel us dem Uegew her 
zu uns uff fassnacht, und min berren détend in gross eren ao,. 
hattend sy zu gast, und schankt man inen erlichen. Und nach 
dem imbis hatt num inen un danz . . . Und werat die fassnacht 
5 dag ... In diser fassnadit gab es ?il dntnknar Iflten, der 
fremden und der bürgeren. Und da sy ainweg zugen, gab man 



>) Manuskript Im Staatsarchiv von Basel-Stadti 
^ Herausgegeben von Maurer«Constant 1839, S. 164 f. 



Die FamtuacbUgebräuche iu der Schweiz. öl 

inen das glat [Geleite] f&r das dor uod ryttend sy al vol wio 
aioweg »od hatteod ettlich biete ab dor naaeD abgefallen und 
battond kain gresaer kartawil, dann daae >y aioanderen toI win 
maebtead und gross spil détend und dantzdend und einanderen 
brapbt [so !] um geld . . . Uff die ait und fasanatîfat, hat man uff 
ain dag gemetsgat und gescblageo 30 ocbeen und ist alles uff 
ain dag ssitlioben verkufft worden, und vil kelber und lämer nnd 
sawen . . . Uff die jung und alt fassnaoht was es ain unsinnig, 
wild ding mit essen und drinken." Ein ànschauUoheres Bild 
von dem Fastnaefatstreibou in früherer Zeit wird man nicht leicht 
entwerfen können. Auch der bekannte Basler I'iuiago^'^e Tho- 
mas Platter schreibt im Jahre 1554 an seinen Sohn Felix nach 
JfontpeJIier ' ) : „Mandavi Gilberte ut eircumduceret, do hat er 
unser unsinnige rott gsächen iu der alten fassnacht ; was er gutz 
do von könne lliruen, weiss ich uit. £r gedacht frilich, diss lût 
band kein fasten mit Heisch est*en. band aber fassnacht mit un* 
sinnig sin." Höchst bezeichnend ist auch die Yerdentschung von 
^Baccbaoalia'* bei Frisius"): „tag, dem prassen, schlemmen, 
demmen uud voll und trunken werden geordnet, die fassnacht." 
Endlich sei noch eine Stelle aus den bereits zitierten Zürcher 
Fastnachts|>redi£rten von ItiOl erwähnt, die g:egon die „unniässigea 
Gaatmäler umi Heuwischen Zechen** auftritt, „die sieh etwau bis 
um Mitnacht, ja gar bis in hellen Morgen hinein erstrecken.'* ^) 
Dabei war es in älterer Zeit allgemein Sitte, daas diejenigen, 
<iie nicht freiwillig mitmachten, /nit Gewail i)i die Trinhsluhcii 
(jesciticjiiit wurden. In einem Basler Ruf von ca. 1440 wird 
den „haatwergkiiechteu" verboten, .,an der Eschermitwochen nit 
einander zo trengen ze zeren (zum Zehren zu zwingen] und in 
die lirunnen /e werfen." *) Dasselbe verbietet eine Ratserkannt- 
niss vum Jahre 14Sh: „A'ff Ziiista^^ ji;n Ii Remiuiscere A*'. Ixxxviij* 
ist durrii die xuj jdas Drei/ebner ivoHegiuiiiJ oik.iiiiit hiufur 
by pen x ^7 ze hallten, dü vtl' der Kscheumittwoclieu tag weder 
meister knecht noch nyemand wer der sye gezwungen noch 
darzu gehallten werden solle vif dem tag müssen Yff siuer 
snaffl oder gesellsohaft zeren oder gaa zu dem win, und nye- 

') Thoinu Platter« Briefe ao seinen Sohn Felix. HerauBgegebeiL 

von Ach. Burckli n 1; r. i cl 1890. S. 42. 
Î Worte rbucti 10Î4. S. ISO»». 

»I (i 21.. 

V Kutbüch i. 107». 



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52 



Die Fastnachtsgehrlinche in der Schweiz. 



mand me in den brunnen getragen werden, sondern allmengklich 
{r\ Bin, dahoymen wellen sin oder dahin ze gan." ') 

Aehnlieh eine Erkanntniss vom Jahre 1515 -) und ein un- 
gedrucktcs Zürcher Mandat aus der ersten Hälfte des XVI. Jahrh.-^) 

Ofpzit'Ue FnsfiKichtsi/ifi/ilcr finden in der Schweiz noch 
heutzutage statt, und wenn auch die Freuden des Mahles und 
des Bechers noch immer mit vollen Zügen genossen werden, 
wenn auch noch im Jahre 1826 der Kirchenrat von Basel dem 
Kleinen Rat gegenüber klagen musste, dass ,die Schranken der 
Ordnung, der Ehrbarkeit, Massigkeit, Zucht und Keuschheit über- 
schritten würden,"^) so bewegt man sich heutzutage im Allge-- 
meineu doch in ruhigeren Bahnen. Von offiziellen Mählern um 
die Fastnacht sind zu nennen das „Fritsrhi-Esaen'' in Luzern 
(s, u.), das alljährlich am „schmutzigen Donnerstag" (Donnerstag 
vor Estomihi) stattfindet, ferner die Zunftessen der drei Basler 
Zünfte zum Schlüssel (Kaufleuten), Bären (Hausgenossen) und 
Safran (Oewürzkrämer) am Aschermittwoch und endlich die 
Mähler verschiedener Zünfte in Schaffhausen an demselben Tage. 

Daneben kamen früher, namentlich in Klöstern, Rcgulicr- 
unffen (eiis rnn Stfmdfsprrsouen, tri/s rnn Anijealclltcn vor, 
So in Muri '') und in Engolberg, ") wo an verschiedenen Fast- 
nachtstagen die Gerichtsbeamten, die Uutervögte, der Ammann, 
der Statthalter und weiterhin Angestellte des Klosters, wie Schuh- 
macher, Barbier u. s. w. zu Mittag geladen wurden. 

Im Kanton Luzern werden laut mündlicher Mitteilung noch 
jetzt am Sonntag Invocavit die Schnitter von den Arbeitgebern 
regaliert, während im Kanton Freiburg umgekehrt die Stadtleute» 
wenn sie aufs Land kommen, von den Bauern, die auf Fast- 
nacht gerne „einmctzgen," bewirtet werden. 

Richten wir unsern Blick aber wieder auf die Vergangen- 
heit und gedenken wir an dieser Stelle auch der glänzenden 
und von Gastgeber und Besucher mit grossem Kostenaufwand 
veranstalteten Füsfnaditshesur/ic der eidgenössischen Orte 
tinler sich. Es war eine namentlich in der zweiten Hälfte dea 



M Erkanntnisshuch im Basler Staatsarchiv lld. I, p. 79b. 

») l-:i)enda 1. 193. 

') Ziirclier Stîiatsarchiv. 

♦) Staatsarch. Hasel. Fascikel „Fastnacht« 8. Dez. 1826. 

Arfçovia 1861. S. lOU. 
*) Gesfhichtsfreiind 33, S. 87. 



Die Faatnaehtagebrâache in der Schweis. 



XV. Jahrh. allgemeiu beliebte Bitte der Eidgeuos?^en. die Fast- 
nachtstage in gemeiosaiiier Fröhlichkeit zu verbringen. Bald 
geschab das auf eiue föriuliclie Einladung bin, bald auch nach 
vorausgegangener Anmeldung der Besucher. Der Zweck solcher 
Zusammenkünfte ist leicht ersichtlich : Man hatte das Bedürfnis, 
bei den vielfältigen politisolieii Wirren der damaligen Zeit Bich 
gegenseitig der anTerbrflehliehen Freandioliaft au yemiehern nnd 
ztiglelcb bei heiterm Mahl and friedlichem Spiel den Emst der 
Lage auf eine Weile au vergeeeen. Und dafür wnrde in der 
That von beiden Teilen redKch gesorgt. 

Es würde ermüdend wirken, wenn wir alle derartigen Be- . 
suche im Einzelnen anfiRibren wollten — wir zählen ans der 
zweiten Hälfte des XV. Jahrh. deren allein fOnfzehn^; — einer 
aber, der für den naiven Humor unserer Voreltern geradezu 
ebarakteristisch ist, mag nicht unerwähnt bleiben: wir meinen 
den von 1508, wo die Luzerner in simuliertem Grimm fiber die 
Entfühmog Fritschis durch die Basler, letztere zu schädigen 
kommen. Noch der ausführlichen Schilderung im kleinen Weiss- 
buche hat die Episode ungefähr folgenden Verlauf genommen 
Oege» Ende 1507 hatten einige Basier den Luzernern heimlich 
ihre ausgestopfte Fastnacbtspuppe, den Fritsehi, geraubt und 
nach Basel entführt, in der Absicht, die Luzerner auf die kom- 
mende Fastnacht zum Abholen des Entführten einzuladen und 
sie bei dieser Gelegenheit zu ^! -virten. Die Einladung wurde 
erlassen, der Besuch aber auf ^VuIlseh der Luzerner zunächst 
verschoben. *) Dieser Antwort briof der Luzerner liegt im Basier 
Staatsarchiv aufbewahrt. Ihm ist ein Zettel beigelegt mit der 
humoristischen Mahnung: „Qetrüwen lieben eidtgenossen. Damit 
ir bruoder Fritschin, unscrn ehesten burger, gespieen und in ge- 
sundtheit euch bin leben bhaltcn mögen, so geben im spräwer 

') Auf ilii' W;il<lst;ittt' lit zii^-iiclicv bei 77». von htcbcntiu, Die Fast- 
uat-ht IUI alteu Luzcm ^Vaterland 1094, Nu. 18). Weiteres: Verf., Bilder 
aus dem Fastnaehtslebea im alten Base). (Allg. Schweizer Ztg., 1896, 
No. 47) : Binder, Nene Alpenpost XIII, 95 * StadUn, Topographie von Zug 
.IV, 215: Odhafm, Aataut r Chronik S. 54. 

h Basier iStuHti^archiv; die Stelle ist abgedruckt in den Basler 
Chrou. Bd. IV, S. 02 ff. 

>) Die folgende Daratellung ist de« Yerfiiaten Artikel ia der Allg. 
Schweiter Ztg. 1896, No. 47 entnommen. 

M So kam es. das» dieser „Fastiiacht8"-Besiich schliesslich auf den 
Herbüt fiel, was aber seinen Charaliter durchaus nicht änderte. 



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54 



Die FaBtnachtsffebrlluehe ia der Schweis. 



zo essen. ') Daz ist siu nurung." So wurde Bruder Fritschi 
einstweilen in Basel zurückbehalten, bis eiidli<.h im September 
ir)()8 ein Brief der I.uzuraer anlangte, worin sie die Basler lie- 
nachrichtigeii. dass sie demnächst anrücken würden, nm ihren 
Mitbürjrer /.uni ck zuholen Wir können uns nicht versagen, die- 
ses launige S« hroibeu hier mitzuteilen '•'): 

„Scljulihois und rat der statt Luzern, don t'roinen, fursich- 
tigen, wyseu, burgermeister und rat zu Basel, unseru besondern 
guten frundon und getruwen lieben eydtgnosaon. 

Unser fruntlich willig dienst, und was wir eren. liepB und 
guts vermögen, alle zyt zuvor bereit. tVomcu, tursichtigcu, wysen, 
sondern guten frnnd und getruwen lieben eydtgnossen. uns zwy- 
Telt nit, ir syen bericht der grosen beswärd and aiiligens, so 
uns Tergangen jara begegnot mit unaerm lieben alten iiurger 
Wuder Fritzschin, als der sin alters balp in die aberwits komen* 
sieb bat lasen bereden und bewegen, in solcbem sînem alter, das 
docb sorgveltig [das doeb der Sebonung bedarf] zu wandlen [auf 
Beiseu zu ' gehen] und dardurcb er von uns an sinem fumemmèn 
nit gejrt, hat er sich by nacht und nebel uss unser statt und 
gepieten so beymljcb getann, das vir ein zyt nit haben mögen 
wussen, was sin furnemmen gewesen, dann wo er nit so alt, 
beten wir vermeint, er weite sich, als er vormal mer getann, mit 
einem gmahel verseben. Demnach, getruwen, lieben eydtgnossen, 
haben wir vernommen, wie er zu ucb kommen, da im so frttnt- 
lieb bescheen, und uwer erliob wesen aö wol gevallen, das er 
sich, als die alten gern sind, da man inen gütlich thut, by ucb 
zu enthalten [bleiben] unterstanden, und wiewol er vil bas [besser] 
by ucb versorgt, so hat doch sin fruntschaft mit sambt sinon 
zunftiMrudern so grosen ruwen [Sehnsucht] an im, das möglicher 
were, den Rhin obsich ze keren, dann sin abwesen leuger zu 
gedulden, haben die selben uns also gepetten, inen zu dem im 
. wider zu verhelfen und alles das zu gebrucheo, das wir einem 
burger, doro er der öltest ist, pblichtig sind, uns dermass er- 
mant, das wir darwider nit sin konen noch mögen, und wann 
aber us selbem gross winvergiessen entspringen mocht, wil uns 
gezymben, unbewart unser eren sollichs nit furgenemmen, sondera 
vor ze warnen, darumb haben wir uwer lieb sollichs nit wellen 

*) Die FQllung der ausgestopften Puppe. 

') Das Original des Briefes ist verloren gegangen. Eine Absobrifl 
findet sich in den Basier SatsbUchem. S. Basler Chron. IV, 92.' 



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Die FMtnaehtogebrttuche in der Schweis. 



56 



verhalten, und vorkimdon <loro, das wir in dem nanien gottea, 
uft' iiytiig uach des lieilif,'e[i cnn^es tag, /.ii rosa, seliif und fus, 
mit andorthalphundert manueu uugevnrlieli us und zu uch ziehen, 
deu nechsten morndes am samhsta*; |an) daraulVol^euden Sams- 
tag], TU friitreai luichtnial ueli anzugrifi'cu und uuderstauii, den 
obgemelten unsern burgei' zu eroberu und (zu?) unsorn banden 
zu pringen. und als dann der selb unser burger hievor by unsern 
lieben eydtgnossen den drygen Lendern ') gewybet, dahar er 
noch ein grose fruntschuft hat, wellen wir uns versehen, die 
selben unser lieb eydtgnossen mit sambt unsern lieben eydt- 
gnosseii von Zui;, die wir uiiib hilf gemandt halten, werden ouch 
uus bysteudig aiu. Darnach wusse Bich uwcr lieb zu richten und 
uns zu begegnen dermass, das vil lerer vass werden ; wellen wir 
iu gacher wy8 beschnlden [baldmöglichst vergelten]. Datum etc.** 
Hierauf antworteten die Basler in gleichem Tone wie folgt: 
nPeter Offenburg burgenneteter und der rat der statt Basel etc. 
wir haben nwer trowlich [drohendea] Bohryben und warnang, uas 
by disem brioger zogeschtckt mit aozaig, wie ir mit sambt ao- 
dern bewanten uwem eltosten burger bruder Fritschinf der sieb 
by uns enthalte)! hab wider wellen bebanden ee., wol Terstanden 
und sollen ir daruf glonbeo, das wir darob gantz kein ersehro' 
ken, sonder bertzlich wolgevallen enphangen haben, wir wellen 
ouoh uwer also mit stanthaften begirden erwarten, und ans nut 
nnserm besten gezuck [Rastzeug] so tief ingraben [Tersehanzenl, 
und in grossen und cleinen stuken — lugent ist dermass^ — 
in die.gegenwer richten, das Tilicht noch inenger des gnug mocht 
enphahen. desshalb so wellen kecklicn harfaren, so werden wir 
neb onrerzaklich begegnen, und damit wir merken mögen, das 
wir unersohrockeh stgen, so habea wir yewelten Ton unsern alt- 
Tordem gebort : ye iner vygent [Feinde], ie mer eren. der nrsach 
ist unser höchste begird, das ir unser brflder von Ury, Swytz, 
Underwalden und Zug, ouch wer uch sunst geliept und ge- 
lieben well, in nwer sterk, uff höchst vermanung uwer verwant- 
lichen phlicht, zu disem veltstryt beruffen und laden, dann wir 
nit minder begirlichs willens sind, mit unserm guten gezög, sy 
mit uch zu bestrytten. gang recht ein winvergiessen und schal- 
schlahen [schal = Fleischbank], mit sampt dem halsabwurgen 

') Uri, Schwya und Unterwaldea* 

*) Diese Bemerkung deutet auf die AbbildUDg eines Weinfasses in 
der Urschrift, die aber nicht mehr vorhanden ist. 



56 



Die FastiMchtsgebränche in der Schweis. 



und hünerstechen darnaih, waH du wolle, wir sind aber le der 
hoffnung. so wir also zusammen kommen, es werde durch luit- 
lung bruder Fritschins ein vermehlung eiu«r ewigen fruntschaft 
dcnnass gmacht, ob glichwol der seih frora bruder bewegt wurd, 
persönlich von uns zu keron, das er dennocbt sin getraw hertz, 
daruf wir tnratlioh setzen, toh ud* nit abwenden ward, derglich 
eieb der selb brader und sin frnntacbftft zu one oudi hat so 
Tertroeten. Datum eto.* 

Am 16. September rückten die Besncher an und wurden 
mit grossem Pomp empfangen. Âm Richtbans begrfisste Brader 
Fritschî seine lieben Mitbürger mit freandliebem Nicken, „darab 
sy gros gefallen gebebt" Hieraaf wurde ein ümsng auf dem 
Marktplatz veraostaltet, dem der ofBzielle Empftmg durch den 
Bürgermeister folgte. Die Einquartierung war zuvor aufii beste 
geordnet worden, so dass Jeder gleich wusste, wo er Unterkunft 
finden wflrde. Die Mahlzeiten waren den Stuben zum Brannen, 
Safrau und Schmieden zugeteilt, „da inen ere nach Termogeu 
mit Tisch, fleisch, hüoer und wildprät bewysen.'' Am folgenden 
Tag, einem Sonntag, wurden auf dem Petersplatz grosse Tftnze 
abgehalten, wobei ffir die Männer ein Glas Wein, fur die Frauen 
ein Abendbrot mit Konfekt aufgestellt wurde. Der Montag 
brachte ein Preisschiessen mit den üblichen Schraausereien und 
Zechgelagen, und »o giug es weiter mit Lustbarkeiten bis Mitt- 
woch fräh, wo sich die Oüste zur Abreise rüsteten. Kin Brunu- 
knecht, „Ton lib stark, aber nit yast witzig'* trug den Fritschi 
und 80 zog man „mit grosser Danksagung und fründlichem be- 
gnaden" von danneo, ^und haben unser lieb eydtgnosson von 
Lutzero darnach iren Schultheis- ' i ' crn Jakoben Bramberg mit 
irm underschryber har geschickt uad uns der grossen eer und 
fruntechaft — die niemer zu guten verfres<5en werden, und mit 
hilf den ahnechtigen noch mer liebi uud fruotsobaft gepfiren soi 
— mit hohem vlya gedankt.'' 

So weit der ausführliche Bericht der Basler Ratsbücher 
über dtni Besuch dor fünf Orte in Basel. Derselbe ist typisch 
genug, um uns wcitcM-c Sehilderun^en /u erspuron. Es mnss 
ein überaus fröhliche» Treiben gewesen seiu, bei diesem Zusam- 
menkünften der alten Eidgenossen. 

In noch älterer Zeit, wo die ritterlichen Spiele nui Ii eine 
grössere Hollo spiylten, wurden auch die T^'rtu'rrr mit Vorliehe 
in diesen Tagen abgebalten. Traurig berühmt ist diis im Jahre 



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VolkttUmliohes aus dem Kapton Zag. 57 

1376 zu Basel abgehaltene FastDachtetarnier, die aog. «böse 
FaatDacht," gewordea. ') 

(FortaetzuQg folgt.) 



Volkstümliches aus dem Kanton Zug. 

Von Auna Itben in Ober-Aegeri. 



Siedelongs- und Wohnverhflttnisse. 

Jedea Gehöfte^ hat seioeu besonderen Namen, nach dem 
auch wiedw der Eigentümer benannt wird, z. B. Lauried: der 
Lanrieder (bei Zog), Sulzmatt*): der Snlamatter (b. Ober-Aegeri) 
Schdnebûel : der Schdnebüeler (bei Unter-Aegeri), Hargat : der 
Hargater (bei Mensingen) nnd so verb&lt es sich im ganzen 
Kanton. — Haus, Scheune *) und Bienenstand (Bilihm) stehen 
auf dem Oute, die Höfe sind gegen den Nachbar durch GrCn- 
hecken, oder einen hdlzernea Hag abgegrenzt. Oekonomiege- 
bände (mit Mosttrotte) stehen selten vereinzelt, sondern meistens 
an Haus oder Sohenne angebaut. Besonders grosse Soheunen 
sind in den Gegenden des Ackerbaues: in Zug, Monzingen etc. 
zu sehen. 

Die meisten Ortschaften des Kantons besitzen moderne 
Wassereinrichtuogen in den Häusern und Hydranten ; ebenso hat 
fast jeder, selbst der entlegenst wohnende Bauer, die in seinem 
Ttcimwesen entspringenden Quellen in sein Haus geleitet; zur 
Triitike des Viehes ist der laufende Brunnen vor dem Stalle 
geblieben. 

Das Baunuiterial der Häuser ist fast durchweg Holz ; zur 
Seltenheit kommen auch Stockmauero, Riegel- (Wickel-) W&nde 

•) Ueber dercu Verlauf s. Wurstisen, Bannler Chruu. (1580 S. 181) fg.) 
B«M (Helmen) oentr. 

^) Der Name Salzmatt wird volksctymologisch so gedeutet, dass iu 
der Schl icht niti Murgarteo ,der SuU' des BIntes den Pferden Uber die 
Hufe i,'frt i(lit habe. 

*) In Aegeri Stal ^,Slall), suust iu Zug Scitür. Gada (Gaden) heisst 
ein vom Hofe entfernt auf einer Weide oder der Allmend stehender klei- 
ner Stall. 



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58 



Volkstümliohes aus dem Kanton Zug. 



oder gar Backsteiiibaurou vor. Die Holzhäuser werdea aussen 
schuppeiiartig mit kleinen llolzsciiiudeln bcpanzert, die einen 
hellen Anstrich erhiilteu, während die Jalousien steta grün be- 
malt sind. Bleifeuâter und Schindeldächer sind jetzt gänzlich 
verschwunden ; an ihre Stellen sind fjewöhn liehe Scheiben und 
Ziegeldächer getreten. Ein sidchos Zugerhaus. hinter hohen 
Obstbäumen halb versteckt, bietet mit seinem wühlgepflegteu 
Gärtchen einen überaus freundlichen Anblick dar. 

Nach glücklicher Aufrichtung des Dachsiuhles ao einem 
KettlHW wird die „Ufrichti* abends mit Spiel, Tai» und Sehmans 
gefeiert Am vorderen Dachgiebel oder in des Dache» Mitte wird 
ein TSnnchen aufgepflanzt, demselben ein Kranz umgehangen, 
an dem farbige TascheotOcber flattern. Die Tücher werden an 
die tfaurer und Zimmerleute verschenkt. Bevor man einen Neu- 
bau bezieht, Ifisst man ihn stets durch einen Priester einsegnen. 

Auf wohnliche Einrichtung von Stube und StObli wird die 
gr5sste Sorgfalt verwendet. Lftngs den Fenstern laufen festge- 
nagelte „Bankkasten,' deren Bitzbrett man aufheben kann und 
die 80 zugleich als Truhe dienen. Ein bie heute erhaltenes 
Möbel ist der viereckige Tisch mit Schieferplatte. Solche Tisch» 
sind noch immer im Gebrauch und werden fortwährend auch 
von Jungen Haushaltungen bestellt. 

lieber die ältere Bauart der Aegerer Häuser gibt uns 
eine vor ungefähr fünfzig Jahren von Dr. Ithcn verfasste kurze 
Notiz Auskunft: «Die Wände aus gezimmerten Balken' mit 
einem wenig abgeflachten Schindeldache nach der bekannten Art. 
Schiebfenster (Schirbpfaister) mit runden, der untere Teil der 
oberen oft mit sechseckigen Ginsscheiben. Au Gemächern hatte 
das Haus gewöhnlich 1 Stube, 1 Stübli, 1—2 Kammern mit 
wenigen und sehr kleinen Fensterehen. Die in die Kammer 
führende Schwelle ist fast kniehoch. In alten TTäusern verwen- 
wendete man zum Belag des Fussbodens und der Decke etwas 
dünner als zu Wänden gezimmerte Balken. Zur Stütze der „Vorder- 
oder Klebdächer" war eine eigene Vorrichtung, „Böcke" ge- 
nannt. an£3^ebrncht ; später Hess man die Böcke weg nnd die Kleb- 
dächer auf aus der Wand vorf^eschossenen Balken ruhen. Die 
Fensterladen, für jede^^ FfMister aus einem einzigen Stürk bosto- 
heud un»l nl)eu durch S( li:u idere befestii^t, wurden mit einer Stange 
aufgesto?i.Hen, die Stange auf die Fensterbank gestellt und so 
der Fensterladen empor gehalten. Solche Fcnsterladon siebt 



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Volkstttmliohes aaa dem Kanton Zog, 



59 



man noch in Aegeri und an oinem alten Hauso zu Inwyl bei 
Baar. Der hintere Raum des Hauses, wo die Küche steht, ist leer 
und hohl bis oben ans Dach, ohne Rauchfang. Es war daher 
dieser leere Raum mit Rauch angefüllt, bis dieser eich nach und 
nach zum Dach hinaus und fortgezogen hatte." - 

Ein solches Wohnhaus ohno Rauohfiing' und Kamine bestand 
noch bis znmTlorliel 1 80.') aut dem Heiniwesoii Ilintertanu (Gemeinde 
Ü.ber-Aegei i ), soiir walirscheinlich das einzige im weiten Umkreise. 

Die b ä u e r 1 i c h e Besch ;i f H l' n n besteht in Viehzucht, 
(Schwyzer Rasse) Alpenwirtsclnifi und < »bstbau. Es mag bemer- 
kenswert sein, dasH die Dbstbiuune in Aou^eri ein».' viel beträcht- 
lichere Hiîhe erreichen, als im fruchtbart'reu Zuger- und Baarer- 
bodeii. Die llol/.austuhr nimmt stetig zu. ebenso dio Öteinaus- 
fuhr aus den Öteiubi-üclien von Aegeri und Menzingen. Ackcrhiiid 
haben î^iUg. Menzingen, Baar, Sieinhausun, Cham, während in 
Aegeri und Walch wil bisher nur schwache Versuche mit dem 
Pfluge angestellt worden sind. Da im Horgthalo Aegeri die Wiesen 
mit Alpengräsem (Afp(h''iii-:.<t) bovvaciiKüu sind, ist der Hauer be- 
sonders auf ^lilchgewiiiuuug bedacht („recht viel zu ermelkeu"). 
Die Käse- und Butterproduktc aus Aegeri sind sehr gesucht. 

Gesinde. 

Auf grdsteren Gehöften, mit ausgedehnterer Verwaliong 
steht den Unterknechten ein Meisterknecht Yor ; er besieht mehr 
Lohn als die andern und hat in der Arbeit Allen mit dem guten 
Beispiel Toran su gehen. Besonderes Gewicht wird auf gute 
. Melker und Viehknechte gelegt« Zwischen Gesinde und Arbeit* 
gebem herrschen durchaus familiäre Beziehungen. 

Speisen und Getränke. 

Allgemein volkstümliche Getränke und Speisen im Zuger- 
lande sind : Most (Konkurrent des Thurgauer Mostes), Käse und 
gedörrtos Obst (Schnitz). Als besonders beliebte Speisen gelten 
die „Kässuppe," (ein gekochter fester Brei von Brot und Käse) 
und der „Birnenstampf,** (ein sog. „Stock", je zur Hälfte aus 
Kartoffeln und ßiruen mit vi^lom Oewürz, Kahm und Butter 
gekoclit). Bekannt sind Zuger-K irschwasser und Bramitweia 
(Kräuterschuaps) ')> die Zuger- uud Aegorirötel. 

06<Mrâ9c& (Trüber) mit Kttmoiel, Wachholderbeeren und - Hols 
nnd Wwmét (.Wermut) susammen gebrannt 



60 



VolkstttinliolieB aus dein Kanton Zug; 



Der Stolz einer echten Zugerbieter Hausfrau von altem 
Schrot und Korn ist auch eiu gehöriger Vorrat von Birueuhouig 
und Xirsrhcnmus. Diese beideu Latwerge werden, ohne Zucker- 
zufiatz. aus dem Saft der betreifeuden Früchte gewonnen, den 
man aut Kohlonfouer bis zu geleeartiger Dirke einkocht. Auf 
10 Liter Saft rechnet mau 1 Liter Latweig. ueiilionig wird 
entweder auf das Butterbrot gestrichen oder er kommt in einem 
Gefösa auf den Tisch und wird mit itn Salzwasser gesottenen 
Kartoffeln (Sahruylä ftderÄegerUi^träöpfelJg&gesaeüy wobei «Teder 
die ao die Oabel gesteckte Kartoffel in daa gemeinsame Oeftaa 
taoeht. Kirscbtnas gilt als heilsames Mittel gegen Halsweb« 
Moodfäule bei Kindern, Maul und Klauenseuche beim Vieh. 

Eine gewisse Torliebe für Sennenspeisen scheinen die Leute 
des Aegerithales mit der BevölkeruDg des Kantons Schwyz gemein 
au haben ; hieher gehören Xie<Üäkaffi, ^) Fusterli, (Ziger mit 
Bahm) und Slungtjfnoärni*) (ein Theelöffel Mehl und ein Schoppen 
Bahm auf Kohlenfeuer gerfihrt, bis die Butter gerinnt). 

Krapfen und Küechli sind obligate Kilbigericbte, Lebkuchen, 
Birnenweggen und Eierbrod werden zwischen Klaustag (6. Des.) 
uud Dreikönigen (6. Jan.) gegessen. 

Trachten. 

Eine besondere Tracht bat der E^ntou Zug nicht mehr; 
dagegen wurde in der Gegend von Cham noch bis in die fünf- 
ziger Jahre eine überaus kleidsame Frauentracht, bestehend aus 
.Jifpj>d (Rock), Tsc/iopfi (Jacke), eingenestoltom ßrusttuech, 
Sciiübd (Schürze), Lh^Urt- (weisser Kragen) und breitkrämpigem 
Strohhut getragen. Heutzutage tragen in Aegeri und Meiizingen 
die Männer und Frauen im Winter wollene Kleider, deren Stoff 
siu entweder selbst gesponnen und gewoben oder in Wollweber- 
eien iuibeii lierstollen lassen. Hie Tracht dos Acirorithales, wie 
sie Duch vor ca. vier JDezi^nnieu getragen wurde, hatte am mei- 

I) Gemahlener Kaffee, io Milch «od Rahm aufgekocht, ohne Bei- 
mischung^ von Wanser. 

^ Stiing<ifinvéi Iii, auch iiu Kanton Luzcrn. Tri, Sclnvyz und Nid- 
walden vorkonuiiend. ein Gericht, das aus Kahm mit einem schwachen 
Zusatz, von Melil besteht. Dieses (lemisch wird Uber Feuer gesetzt uud 
Rolauge gerllhrt, bis es bntterartig wird. Aehnliehe Gerichte sind FeiM» 
flKMM, Qhium (Schweiz, id. I, 228), Büenm (ebenda 8a0\ Niidfens ^eben- 
da H77i. ^^ rgl. noch Schenebser, Katurgcsciüchte dcM Sebweiscriatides 
(1746) 1 S. 64 IE, H,.K.J 



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VolkatUnliehe« ans dem Raotoa Zug. 



61 



•teil Aehalichkeit mit der Ton Schwyz. Beeonders charakteristisch 
waren die weissen oder schwanen Hauben. ') 

In Steinhansan, Cham und Hfinenberg tragen sich jetzt die 
Fronen ähnlich wie die Oberfreiämterinnen. Ueher die Tracht 
der Männer im Torigen Jahrhundert geben uns die Aufselchnun- 
gen des damaligen Chamer Signets, Oswald Yilliger, Âufschlnss : 
»Selten trägt einer ein gebleichtos Hemd; aber blaue Strflmpfe 
und lange rote Karaisöler. Die halbwollenen Faltenhosen vornen 
mit einem ledernen Nestel zugebunden, die Hemden ohne Man- 
schetten, aber die groben Schuhe grosse Lappen etc.* Für die 
Mcnzinger Bauern waren ein HauptcharakteristilLum die grfinec 
Fräcke, daher ihr Uebername „Qrünfrücko". 

Die Kirchenmäütel sind um die Milte der 1870er Jahre 
abgelegt worden. Solche lange Radmäntel mit Pelerine und 
Stnhknigen nus schwarzem Tuch trugen die Bürger der Stadt- 
crcmoinde zum Sounta^s^ottesdienst in St. Michael, — in den 
übrigen Gemeinden nur die Ratsherrn. Bei l?efi:räbni8gen folgten 
alle leidtragenden Miinner dem Leic lieugeleite in «r)lrhen Mänteln 
mit einer brennenden Kerze in der TFand. Im Lande Öcbwy/. 
besteht dio Sitte der Kirchenmäntel noch immer bei kirchlichen 
GedächtiiihtL sten. Tm Kanton Zag sieht man gegenwärtig nur 
mehr duu Ueinoindeweibe! für den sonntäglichen Gottesdienst im 
Mantel der weiaa^blau- weissen Standesfarbe. 

Hausindustrie. 

Seit ungefähr fünfzig Jahren ist die Seidenweberei einge- 
führt, welche tausonde yoU Arbeiterinnen beschäftigt und viel 
zum allgemeinen Wohlstand beiträgt. Selbst Männer, welche 
kein Heimwesen besitzen und nicht als Knechte dienen, beschäf- 
tigen sich im Winter mit Soidenweben. Ein bestimmtes volks- 
tümliches (jewerbe existiert nicht im Kanton Zu^^. Das Recheu- 
machen. Melkatuhlpchnitzen ctr ptr ist eher zurückgegangen. 
Einige Wenige mögen sich mit KurbÜechterei abgeben. Hauf- 

*) Das mir gütigst zar Besichtigung zugeschickte Exemplar, welches 
▼on einer im Jahre 1831 gestorbenen, 88iährigen Fran ans Aegeri ge- 
tragen worden war, hat in der (7rundtnriii AcIhiIk hkoit mit den Hasicr 
HMnbchcn, nur sind zu beiden Pi'iten hnlbkuLrelfiinniir»' Rosi tten jiriLCt bracht, 
was hol diesen nie \ <>rkr»m. Uer (Wollen-) Stotl des ivleides selbst (Taille 
und Huek» zeigt ein Hchreiuud buntes Ombré vuu liot^ Griiu, ülau und 
Geih, die Sehürae ist gans seiden in gelhlieh-grUner Farbe. [E. U.-K.] 



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63 



VolkstUmlicbeH aus dem Kanton Zug. 



und Flachsspinnerei liubeu fast gunz uutt^ehört, weil entsprechoiidö 
rtiiuizungen infolge der billigoreu Herstellung des Leineutuehes 
in Fabrik-Spinnereien und Webereien, kaum mehr angelegt werden. 

Sitten uiiil Gebräuohe. 

Obwohl polizeilich Torboten, kommt es doch ooch vor, dass 
die Geburt eines Kindes durch Gewehrfeuer, begrOaet 
wird. Bei der Taufe* die entweder am Tage der Ge* 
burt oder am darauffolgenden Tage stattfindet, war es eine alte 
Gepflogenheit, die noch oiobt ganz ausgestorben ist, dass Nach- 
barn oder sonst gute Bekannte zu Ehren des „hfibschen Götti* 
oder der «hfibschen Gotte* sicli vor das Gevatterbaus begeben 
und beim Taufgang den ganzen Weg bis zur Kirche unmittelbar 
vor den Füssen der Paten her mit einem Besen rein wischen. 
Ber also Ehrende wird entweder zum „Göttiwein** geladen, oder 
erhält ein Geldgeschenk. 

Zu einem prächtigen, au Glanz der Fronleichnamsfeierlich- 
keit beinahe gleichkommenden Feste gestaltet sich der „weisse 
Sonntag.*^') Unter deni Geläute der Glocken werden die Kinder 
prozessionsweise mit Kreuz und weisser Fahne und unter den 
Klängen der Musik vom Schulhaus zur Kirche geführt. In der 
Mitte des Zuges schreitet der Ortspfarrer, voran die Knaben mit 
kleinen Kränzchen auf dem Kopfe, dann die Mädchen mit grös- 
seren Kränzen und in weissen Kleidchen. Männer und Jünglinge 
bilden, militärisch geordnet, Spalier. 

Vor 1874 pflegten einzelne Gemeinden zur Erhöhung der 
Feier jeweileii ihr Militär aufzubieten. 

Die Kommnniknnten bleiben den ganzen Tng (îegoustand 
beeoiuierer Aufiiuîi k-iunkeir Heltens der Bevölkerung. Die meisten 
Kinder hitvI fiiisto bei ihren Paten. 

Ein (rebrauch, der schon oft zu blutigen Streiiifrkeiten ge- 
führt hat, ist der Kiltgang (:.' f/fccht sitze)^ der bekanriie nächt- 
liche Besuch des Burschen bei seinem Mädchen. Wahrend des 
Besuches lärmen andere Burschen vor dem Hause mit vorstelltMr 
Stimme (bröqoe), bis ihnen das gewünschte Getränke zum Fenster 
hinaus verabreicht wird. Oft werden auch deu> Freier verdäch- 

') «HUbseh" von der ehemals prunkvoll ausgestatteten Kleidung 

der Pate lt. 

'^^ r>(M- erste .Somita;,' iiacli Ostern, bei den deutschen Kathulikeu 
8teti9 der Tag lier erHten Iii. Kuuuuuiiiun. 



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Volkstllmtîches aas dem Kantoa Zag. 



63 



tigonde Bf'srlnnipfungcn zugerufen und wenn dieser dann etwa 
80 unklug ist, vur das Hau» zu treten, uni sicli die Schuldigen 
zu merken und nie im Gefühle üborlogcntjr Kraft zu bestrafen, 
kann es zu gefiih i iichen Keilereien konimen, die schon zu wieder- 
holten Malen totlichen Ausgang genommen haben. 

In Ober-Âegeri werden £heii selten in der zugehörigen 
Pfarrkirche geschlossen, die Brautleute begeben sieb fast aus- 
nahmslos nach Einsiedeln oder in die Kirche des Kapuziner- 
klosters nach Schwyz. 

Zum Einsug der jungen Ebelente wird ein 'festlieber Em- 
phoig vorbereitet. Nicht nur die Yerwandten und Nacbbarn. 
sondern aucb Masken finden sieb dabei ein; xwei bis drei Mu- 
sikanten (Klarinett, Geige und Handbarmonika) spielen Tänze 
auf, Kilbikrapfen und Kûecbli werden ausgeteilt und so wird 
die Fröblicbkeit bis in die Morgenstunden binein ausgedebnt. 

Wie bei Taufen kommt aucb bei Hocbxeiten das Scbiessen 
bisweilen vor, docb bei diesen mit Mörsern. 

Ein Brauch, der tagelangcr Vorbereitung bedarf, ist das 
sogenannte „Spannen**. Falls ein Mädchen, welches man gerne in der 
eigenes OemeSode verheiratet sftbe, von «nem auswärtigen Bräu- 
tigam sur Trauung abgeholt wird, stellen sich junge Burschen 
oder Freundinnen der Braut mit einer Kette von Blumengewinden 
oder sUbemen Rosenkränzen vor die Pferde des Brautwagens 
hin. Der Bräutigam muss nun seine Braut durch Auswerfen von 
Geld so oft auslösen, als sich das «Spannen* bis an die Ge- 
meindegrense wiederholt. 

Die bergige Beschaffenheit von Aegeri und Walchwil ver- 
anlassen die Gepflogenheit, dass zum H e gr "i 1 1 [j i 8 ae die Tjeichen- 
särge auf Schlitten gebunden zu Thal in die Nähe dos Dorfes 
gebracht werden, wo dicäe vom üblichen Leichengclelte ab- 
geholt werden. 

Eine grosse Rolle spirlt im Zugerlande der Niklaustag 
(6. Dezember). Da die beschenke an Kinder und Gesinde an 
St. Nikolaus, namentlich auf dem Lande viel reichlicher ausfallen 
als an Weihnachten oder N'eujahr. Der Dienstag vor St. Niko- 
laus ist in der Stadtgememde der gru-sste Markttag und zugleich 
ein Stelldichein der bäuerlichen lieiratsluütigon .Tnc^end. Schon 
"Wochen vorher wird das Herannahen des Klaus durch „Schaf- 



64 



VolkstUmlichea am dem Kanton Zug. 



geiaeln"'] angekündigt. Halbwriehsige Jungen begeben sich zu 
diesem Zweck in der Dämmerung auf eine benachbarte Wiese 
hinaiiH. Dort bissen sie ihre hingen Tcitachen im Takte knallen, 
welcher Lärm zuweilen nur durch einen gtnvnlfiü'on Hornstnss 
unterbrochen wird. "Wiihrend dem geht der „bamichlaus" umher 
und wirft braven Kindern Nüsso, Lebkuchen und dergl. durch 
die Stubenthüre hinein. Bei verschlossener Ilausthür drückt er 
sich nach dem Kinderglaubcn einfach durch s Schlüsselloch.-) 

Die eigeiitliclie „Öchleiknacht"') aher spieU sich vom 5. auf 
den 6. Dezember ab. Am Klausmorgon stehen für Kinder und 
Dienstboten grosse Schüsseln, selbst Körbe, mit Geschenken ge- 
füllt auf dem Tisch. Am Vorabend beginnt das Kiausjagen* . 
Tagsüber ziehen Kinder vor die Häuser, an einer langen Stange 
einen hölzernen, mit Bändern und allerlei Flitter aufgeputzten 
Eselskopf tragend. Dieser Klausesel pocht an die Fensterscheiben, 
öffnet beim Anziehen einer Schnur den Hachen und streckt die 
lange Zunge heraus, welche er erst wieder zurflckzieht, nachdem 
man ihn mit einem Oeldstfick gespeist. Zwischen 6 nod 11 TThr 
abends sieben dann die grossen Elansjäger in Rotten von 11 
bis 15 Mann nmher. Sie tragen das weisse Hirtenhemd nnd die 
schwartseideoe Zipfelka{)pe des Sentenbauem und kQndigen sich 
schon Ton ferne durch «Trichelo** (Kuhschellen), Schafgei8eln,Hom- 
stdsse und Handharmonikamusik an. Einer stellt St. Nikolaus 
als Bischof dar, ein Anderer kleidet sich als Esel nnd wieder 
ein Anderer spielt den „Schmutsli" (N&rrischer Begleiter des Ni- 
kolaus). Diese lärmende Oesellsohaft besucht yorerst die ent- 
legenen Bauernhöfe, Iftsst sich brav mit Speise und Trank re< 
galieren und teilt dafSr ihrerseits Nüsse, Kastanien o. s. w. an 
die Hausbewohner aus. Im Dorf sieben die Klausjiger nur Tor 
die Wirtschaften und Häuser sehr guter Bekannter. Manchmal 
Terlangen sie hier Geldspenden. Dann klopft der als Esel oder 
Schmutsli Verkleidete mit dem auf die Stange gesteokten höU 

Die »Scbafgcisel" [tehh im itliutikun) zeicbuet sieb durch ciueu 
sehr kurzen Stiel aad eine unverhältnismässig lauge Peitvche ans; sie soll 
ursprttiiglicli zum leiten der Schafherden gebraneht worden «ein. Ihr Knall 

ist gedämpfter, als der gewöhnliche Peitschenknall. 

Er cha durs SchlüHfieHoch tmu' 'Wm^xn^: fr rhn zftnt Htnmai^QXf^efkX' 
lieh ze Eml u;n7i(>t = Uberall) dura, uenn d'Türä scho bscidtmd isL 

Von seMeikchä^ heimlich eine tiabe anstellen (s. Steider, Idio- 
tikon U, 3S6). 

*) S. Schweiz. Idiotikon III, 66S. 



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VoIkttttiikHebM tut dem KtntoQ Zngr. 



66 



sernen Eselakopf an die Fenster. Von Innen wird ein Papier, 
in welclies Kleingeld eingewickelt ist, angezündet und brennend 
in den nnertSttUchen Schlund <les Klauscsels ge8chu})on. Das 
erbeutete Klautgeld wird gewöhnlich den gleichen Abend noch im 
Wirtshaus vertrunken; oft aber auch alt Fastnachttgeld aufgespart. 

Gegenwärtig herrscht dat Klantjagen nur noch im Âegeri- 
thal in grötterem Umfange, wo weder Verbote noch Strafen 
bisher diese eingefleischte Bitte zu unterdrücken vermocht haben. 

Am Tage der hl. Barbara (4. Dezember) und ebenso in 
der hl. Christnacht pflegen von Bäumen, besonders von Kirsch- 
bäumen Zweige, Schosse, abgeschnitten und in der Wohnstubo 
ins Wasser gesrellt zu werden. Grünen und blühen dieselben 
in etwa zwei Wochen, so wird eine vorzügliche Kirschenernte 
prophezeit. 

Eine hohe Ht il* iitang wird der mehr oder minder voli- 
küaimem ri KinTtlfuMg der Weilmachtsrose f.Toriehorose) zuge- 
schrieben und daraus auf die Fruchtbarkeit der Wiesen und der 
Obstbäume geschlossen. Wo die Jerichorose tehlt, versehen 
Zwiebeiscliaien den Orakeldienst. Zwöll Kolcher Schalen, die 
Monate des Jahres andeutend, werden vor der Christmette um 
Mitternacht der Reihe nach auf den Tisch gelegt und in jede 
Schale eine Prise Salz gestreut. Nach der Mette werden die 
Schalen untersucht und aus der relativen Feuchtigkeit des Salzes 
aut die iiegenmenge in dem betreffenden Monat geschlossen. 

Auf vielen Höfen wird dem Vieh an diesem Abend das 
beste IIou verabreicht, denn Manche sagen, dass am heiligen 
Abend jedes Stück Vieh im Stall ein Wort zu sprechen vermöge. 

Die Weihnachtsbäumchen haben erst in den lotsten Jahren 
allgemeinen Eingang gefunden. 

Von Weihnachten bis Dreikönigen (6. Januar) pflegen vor 
den Häusern geistliche Lieder gesungen m werden. Ân Weih- 
naohten selbst sind die Sänger als Hirten Torkleidet. 

Derjenige, der am Sylvester Morgen snletat erscheint, wird 
als »Sylvester'* ausgelacht, bekommt aber einen Eierweggen. 
Wer dagegen amNenjahrsmorgendie Stube zuerst betritt, heisst 
yStubenfhchs'* — wer sich Terschlftft: ,Neujabrskälbli*. Letzterer 
muss sieh gefallen lassen, dass man ihm in einem KAlberkfibel 
Milch zur Tränke vorsetzt. 

Aeusserst bunt und lebhaft geht es beim NenjahrswÜnsehen 
zu, indem Jeder bestrebt ist, dabei der Erste zu sein und selbst 

6 



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VoltcHtüiuItches aus dem Kanton Zug. 



langes Warten in der Winterkälte nicht scheut, um diese Ge- 
legenheit nicht zu verpassen. 

Die Kinder erhalten an Neujahr von ihren Paten die 
„Helsete." 

Vom Dreikönigsfest mag ein noch vor fünfzig Jahren ge- 
übter Brauch erwähnt werden: „Ein vermummter Mann in der 
Kleidung eines Narren von Zug, „Legohr" geheissen, zieht von 
Haus zu Haus, äfft die Gebärden, Handlungsweisen, Berufs- 
arbeiten des Hausbewohners nach, indes einige Knaben vor dem 
nämlichen Hause, einen Stern rotierend, Weihnachtslieder ab- 
singen, wofür dann sie und der Legohr von dem Hausbe- 
sitzer etwas zu erhalten pflegen." (Nach Dr. Ithen, Ober- Aegeri). 

DerTag nach Dreikönigen ist im Muotathal (Kt. Schwyz) 
ein Fastnachttag, an dem von jungen Burschen das „Greiften" 
veranstaltet wird. 8ie ziehen unter dem Lärm von Kuhschellen 
^7?*/c7///^j und Klappern (liafie)^ wie solche in der Karwoche statt 
der Glocken in Anwendung kommen, unter die Kirschbäume, um 
deren Fruchtbarkeit zu bewirken. Aeltcre Leute wissen auch 
von einem geistlichen Spiele zu berichten, welchem sie an Drei- 
königen ehedem beigewohnt haben. 

Von Dreikönigen bis zur Herrenfastnacht (Sonntag Esto- 
mihi) werden Spielabende abgehalten, wobei eine Nidle (Rahm) 
ausgespielt wird. Kommen grössere Gesellschaften zusammen, 
80 heisst man das „Fastnächten" und zu der Nidle wird dann 
noch Schinken und im Hause selbst bereitetes Backwerk, Leb- 
kuchen, Ofenkrapfen etc. aufgetragen. In der Stadtgemeinde 
finden sich die Nachbarn zu den üblichen Nachharschaftsinöhli 
zusammen ; in neuerer Zeit werden statt solcher Mähler bis- 
weilen Schlittenpartien veranstaltet. 

Von Sonntag vor Agatha (5. Februar) bis zum folgenden 
Sonntag dürfen nach altem Herkommen in keiner Gemeinde des 
Kantons Theateraufführungen, Konzerte oder Tänze stattfinden; 
selbst private Belustigungen und Spielabende unterbleiben in der 
Agdthau-ucha. 

In der Stadtgemeinde Zug ist wie im Lande Schwyz der 
„schmutzige Donnerstag" ein Fastnachttag.') Als charakteristische 



•) Der „schmutzige Donnerstag" ist nur in der Stadt Zug ein Fast- 
nachtstag, in allen Übrigen Gemeinden ein öffentlicher Bettag (Betstunden 
von morgens 6 bis abends 3 Uhr), 



Volkstttraltohes au« d«m Kantou Zog. 



67 



^ntelfiguran treten dort der Lööli und Gret SehftlP) auf, auch 
ist bei den Kindern das «Sprficheln" üblich. Am „Güdismon- 
tag" pflegen die Meisterschaften (Zunftgesellschaften) einen ko- 
stümierten Unnug und ein , Meisterschaftsessen* abauhalten. In 
einzelnen Gemeinden halten die Handwerker nicht roebrso strenge 
an der regelmässigen Wiederkehr dieses Brauches, so dass der 
Umzug oft mehrere Jahre hindurch ausfällt. An demselben Tag 
wandern die Kinder, in Schwei zertrachten gekleidet, von Haus 
SU Haus und sagen Sprüche her („sprüchein"). 

Ob ihrer Lustigkeit ist die Fastnacht in Ober-Aegeri die 
berühmteste im gansen Kanton und zieht von den angrenzenden 
Gemeinden, auch von Schwyz, zahlreich(» Schaulustige an. Ffiezu 
mag besonders der TTmstnnd beitra2:en, dass im Schwvzerland 
der Tanz am Vorabend des Aschermu'v.orhs untersagt ist. Ton 
morgens 10 Uhr nn bis abends spät bewegt sich im Dorf ein zahl- 
reiches, schaulustiges Publikum, eine frohe Kindorschar. wolclie 
stets lind überall den Vortritt liat, und eine grosse Anzahl Leg- 
ohren, die den eigenartigen von Trommelpchlag begleiteten Narren- 
tanz aufführen und dazu fortwährend lirot, Früchte und Sfissig- 
keiteu unter die Kinder werfen. Jeder setzt seineu Stolz darein, 
möglichst viel auszuwerfen und die gesammelten Brote, die 
Waisen und Kindern ärmerer Haushaltungen zu gute kommeo, 
füllen oft viele Körbe. Gewöhnlieh werden Fûnfptuiidbrote, selten 
aber kleinere als Zweipfünder ausgeworfen. Die Kostüme der 
Narren oder Legohren, welche von den Trommlern vermietet 
werden, nennt man „ Lilatzlikleidcr". Hose, Warna und Hut 
(sogenannte Schäferform) aus buntester Mosaik, je nach der finan- 
ziellen Leistungsföhigkeit des Einzelnen, aus baumwollenen, sei- 
denen oder sammtenen Läppchen zusammengesetit. Von der 
rechten Schulter unter dem linken Arm durch Iftuft ein mit 
Sebellea besetzter Gflrtel (Roileyurij. Auch um den GKipf des 
Hutes liegen kleine Bobellen» wShrend der Band mit weissen 



') £ioe nachträglich eiogelauteue Nuti^ beuierkt über die Gret Scbäll 
Folgendes: „Gret SchSJl ist d»r Käme einer Lehrerin in Zug, geh. 1673. 
Sie war sehr gross von Oeskalt und mit einem selir kleineu Manne ver- 
heiratet. Dieser soll ein arger Säufer gewesen spin und oft von seiner 
Frau im Wirtshaus abgeholt und in einem Hiickeukurbe nacli Hause ge- 
bracht worden sein. Gret Schäll starb am 20. September 1740." Weiteres 
ttber diese Figur a. Schweiz. Idiotikon II, B24, eine Abbildung im Znger 
Kalender 1875. [Bed.] 



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68 



VolkstamliebM am dem Kaalon Zng. 



Quästchen verziert ist. Qleichsam als Waffe tragen die T-egohren 
neue ^Busolbcscn" (aus Schilf) an deren Stiel die Brote stecken. 
Die begeljrteaten Trommler sind die von Steinen (Schwy/ i. 

Dienstag Abend vor dem Betglockenläuten wird die Fast- 
nacht begraben : 

Ein Tisch mit Riinken oder Stühleu wird aus dem Wirts- 
haus gebracht, in welchem die Trommler abgestiegen sind. Da- 
rauf wird ein Licht, ein Doppelliter Wein und ein Glas gestellt; 
Musikanten treten heraus, uehmeu in der Kuade iiia Jen Tisch 
Platz, die Masken bilden einen Kreis um didselben und zwischen 
hinein stellen sich die Trommler. Ein Wirbel wird geschlagen, 
und der über die kräftigste Stimme verfügende Trommler hebt 
•a: «Der hoohwfirdige Herr Pfarrer tob Ober-Aegeri toll leben 
ÎD guter Oesniidheit und bestftodigem WohlMin I** Er leert eeio 
GIm, ein dreifaches bransendee Hoch erschallt, die Huiik intoniert 
einen „Ländler* nnd die Narren tanseUt ihren Beeen in den 
Lüften echwingend. Kaeh dem Herrn Pfiirrer Ifiast man die 
Obrige Ortsgeittlichkeit hochleben, dann den Laodammann, die 
ganse Begiemng, Landeaseckelmeister nnd Landesföhnrioh nicht 
ansgenommen ; es folgen die Gemeinderftte und andere angesehene 
Persönlichkeiten, endlich diejenigen Hasken, welche am meisten 
Brot ausgeworfen, und endlich die Schnljogend, stets mit 
denselben Formalitäten wie anfitngs. — Damit hat auf der Strasse 
die Fastnacht ein Ende. ') 

Die alte Fastnacht (Sonntag Invocavit) heiset im Kanton 
Zug der .Krapfensonntag,* (ChropftimesurUig) weil in sämtlichen 
Gemeinden an diesem Tage die Tänser bei ihren Tänserinnen 
die Krapfen holen gehen. Es gibt also einen allgemeinen 
«s'Lieditabend.* In der Stadt Zug werden ausser den rings 
flammenden Höhenfeuern an diesem Abend allerorts Kataenmusi- 
ken anfgefOhrt. Vor jedes Haus, in dem ein Tftnser auf Besuch 
yermutet wird, zieht in Scharen, mit allen möglichen Lftrminstm- 



') Eh ist bemerkeniwert, datts die Zeremonie, die eigentlich mit dem 
Begratn^ü iler FaMtiiacht ^vir nichts zu tlmn hat. difsrii Titel von dom 
alten (iebrauch übernomnieii ti.it. Das Fttsit<'rlitrfr,jnih(i iiat iii der Thal 
auch hier existiert. Es wurden zcrrisâene Larven und andere Ueberreste 
von FauitaachtsvenDnmiiinngeD (FcuuedithudUi) aaf einem Schlitten nach 
dem BegrXbnisplatze geführt und dort in eine Grabe geworfen. Dieser 
an(!erw:irlH noch vielfach vorkommende Oebraaoh wird oft mit karrikier- 
ten BegrÄbniHMremottien begleitet. [ßed.j 



Volkstümliches nus dem KantoD Zug. 



69 



menten bewaffnet, die Jungmannachaft und yerführt dort einen 
Höllenspektakel. Am Schluss eines jeden Stückes ertönt der 
Ruf; Chropfiimey Chrop/ihne, bis sich oben ein Fenster öffnet und 
als Honorar für das Konzert ein Pack Krapfen, ein Geldstück 
oder eine Flasche Wein hinabgleitet. 

Die Sitte der Mittfastenfeuer hat sich nur noch in Aegeri 
ungeschmälert erhalten, während hier auf der andern Seite die 
Feuer am Sonntag Invocavit verschwunden sind. Schon in der 
ersten Fasteuwoche beginnt das Holzäammeln durch die Knaben 
von Dorf zu Berg und Berg zu Dorf. Am Abend von Lätare 
flammen bei einbrechender Dunkelheit auf allen Höhen des 
Thaies Feuer auf; Kinder mit Fakeln formieren Reihen, Vier- 
ecke, führen Reigen - Tänze auf und bewegen sich in manig- 
faltigen Windungen. Diese lebenden Fackeln, in stets neuen 
Figuren sich bewegend, bieten, vom Dorfe aus beobachtet, einen 
überaus hübschen Anblick dar. Das grüsste Feuer wird in 
Ober-Aegeri in der Nähe des Landungsplatzes angezündet und 
verzehrt alljährlich wohl hunderte von Holz- und Streuewellen. 
Neben dem Feuer wird ein Tannenbaum (die ,Grotze") aufge- 
richtet, welcher unter Aufsicht des Gemeindeförsters Sonntag 
Nachmittag in den Korporationswaldungen gehauen und unter 
dem Jubclgeschrei der Knaben, von zwei Pferden gezogen, an 
den bestimmten Platz am See gebracht worden war. Die Tanne 
wird mit Streue, Stroh, zerbrochenen Geräten (Grümpel) etc. 
behangen und erst gegen 10 Uhr abends, nachdem der mächtige 
Holzstoss daneben bereits zu Asche geworden, angezündet. 
Musik und Männerchor begleiten diese feierliche Handlung. 

(Fortsetzung folgt.) 



Diy 




Einiges vom Morlass. 

it Aderlanti bezeichnet man die 
kilwtliche BrQffnung einet ve- 
nSaen BlotgefSäse« sam Zwecke 
einer thempeatiflohen Blat • Est» 

ziehnng. 

Die Kcuntuis vum Aderlass 
nicht in die ältesten Zeiten der 
medisiniteben Winemolnft siirllok. 

In wieweit er den alten Âc- 
gyptern, (îifsi-n ältesten Heil- 
kiiiistleri), hekaniit war, uiUgseti 
wir zur Stunde utien lasnen. Irren 
wir nicht, so kommen im Papyros 
Ébers ') Stellen tot, welche anf Blntentziehungen Benig haben. 
Jedenfalls war der Aderlass den Indern bekannt. 
Bei den Griechen tioden sich erst in s[)iitercr Zeit Angaben^dar- 
Über. Der erste Arzt, von dem historiauh festüteht, dass er die 
Opention anagefllhrk bat, war der Grrieobe Podalcirioa, mn Verwindter 
und VorUafer des Hippooratee. 

Bei Hippocrates finden sich genaue BeHchreibungen der Opera- 
tion. Die KörperHtelle, wu der Aderlass gewühnlich ausgetUhrt wurde, 
iat die noch heutzutage fjebräuchlic he, nämlich die Kllbeuge. Und 
Bwar iat ea die ^^Àétp i^Eiiiu voù dyxwvüC*^^ die Vene an der Innen- 
•Mte dea Ellbogräa; nach der modernen anatomisehen Beaeidinnng also 
die Vena mediana cubiti oder die Ymn hasUka. — 

Die grösHte Verbreitung fand iler Aderlass erst nacli CeUus nml 
üalen im Mitrdalter niid von da bis in die Neuzeit. K« gab kaum 
eine Krankheit im Mittelalter, welche nicht mit zum Teil sehr reich- 
lieben Aderilesen bebandelt wurde, sei es von gebildeten Aenten, sei 
es von gewöhnlichen Badern und Quaksalbern. Eine Abbildung des 
Aderlas8e8 findet sich in einem Hinsiedler Codex des XI. — XII. .lahr- 
hnnderts; sie ist oben nach Stiiokelbergs Dmeh/.eii'limiiig wiederge- 
geben, iü'üt in unserm Jahrhundert und aligemein erdt in der zweiten 
Hllfte desselben, wurde die Anwendung der Adertasse dngescbrinkt, 
nnd heutigen Tagea gibt ea nur noch wenige Krankheiten, bei denen 
eine Blat-Entsiebnng vom medisinisehen Standpunkte an« angeieigt er* 
scheint. 



M Papyros Ebers. Das lUlesté Buch Uber Heilkunde, aus dem 
AegyptiHchen snm ersten Male vollständig Ubersetit von H. Joaehlm. — 
Berlin 1081. 




MiRzellcn. 



71 



Die Opération wurilu zum ici! mit dem Mciwer uder einer feinen 
LanieHe, snm Teil auoli mit beaondern ÄderlaaB-Instramenton ftosge- 
tdhrt. Eines der letztern, die sogenannte Fliete, war im Mittelalter 
besonders in Deutschland in Gebrauch. Die Fliete bestand ans einem 
kleinen Eiscnstab, der vorn eine rechtwinklig angefjetzt»', scharfe Spitze 
trag. Das instrameut warde mit der linken Hand am untern Ende 
ge&cst und die Spitze ntittelet kitftigen Fingerseblage« darch die Uant 
ia die ta eiöffben^ Vene getrieben. Daher die Beaeiohimng: „Ze âdêr 
slân" (eeUlgen). — Die Fliete war die Vorgän^rin des Âderlass- 
gchnäjipers, wie man ihn wohl novh heutzutage bei mcdizÏDÎaoh gebil- 
deten Barbieren oder freizügigen ileilkünstlern antritt. 

Beim Schnäpper geschieht das Ântitechen der Vene statt mittelst 
Fingereehtagee durch Federicraft. Jetzt gehSrt auch der SehoKpper an 
den veralteten Instrumenten. Die moderne Medizin bedient sieh tu 
dieser kh^inen Operation wieder de« „kiaesischtM '^ trriechischen MeHteni. 

Basel. Dr. Emil Wieland. 



Apis in der Schweiz? 

Im Toggenbnrg war es in meiner Jugendaeit einea griJaeern 
Sennen Stolz, unter seiner Herde einen Fîeck (s. Schweiz. Id. I, 1188 
unten) oder '^rJiUqrj ninl einen Bhhn m haben. Krsteres ist eine 
schwarz wnA wiihs gcllt ckte Kuh, letzlt-ns zwar auch, aber in sehr 
eigentümlicher Weise. Der (sie!) Blüm stand in der Wertung höher, was 
eohcm die Sedeneart beweist : hoU ume, »chugg, de bluem tti her. 
Der yBltlm* erscheint auch schon in Isenhofers Sohmachlied. ') Die mir 
in Erinnerwig stehenden Exemplare waren schwarz mit Aveisscn FUsaen 
und einem vielfach im Schwarzen beidseitig sich verästelnden weissen 
Stififcn Uber Schwanz, KUckgmt und ötirne, welcher Streifen „Kitf" 
( i j genannt wird, wonaeh anoh etwa das Tier heisst, wenn ich mich 
recht erinnere. 

Diese Zeichnung scheint mir nun doch recht autföllig an den alt- 
ägyptischen Apis /n erinnern, und da die römischen Legionstruppen 
häutig zwischein Orient und (Jccident wechselten, auch orientalische Kulte 
nach We»truni vordrangen, »o scheint mir eine Abkunft j^Hff Mode« 
farhe vom Apis nicht nndenkbar. Wir hStten in diesem Falle neuer' 
dings eine recht anflUlende Reminisoens alter römischer Gewohuhmten 
in unsern Gelûrgen vor uns. — 

Aaraa. Prof. Dr. J. Winteier. 



Brise-fer. 

TvMS fveres vivaient dans nue maison isolée au fond des bois. 
Un jour rsSné sortit pour aller à la chasse, mais ne revint pas. 

>) Soviel wie: Weg da SoUägg! der Blüm ist Meister. 
«) a. ToBtBR, Schweis. Volkslieder II, xii n. 2S. 



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TS 



MisxeUeo. 



Le MMMHid dk & M melMMbe et ne leviat ptt noo plus. 
Alon le plas jenne eella son ehevel, prit mvee Ini aon ohieii Briee- 

feat et partit à la recherche dé ne frôres. 

Quand il eut cheminé assez longtemps, il rencontra une vieille 
temme et lai demanda ëi elle avait vu am frères; elle lui dit de ia 
suivre dans sa maison et t^ue là elle lui en donnerait des nouvelles. 

Arrivée dans la maiaon, la vieille dit ao jeune homme: cDonne* 
moi troii de tes cheveux on troir poib de ta barbe, et je te ferai voir 
tes frères.) 

Il ne voalat pas y consentir. La vieille renouvela itiusieurs fois 
sa demande, mais inutilement. A Ja Un, le Jeune homme impatienté la 
tea d*nn coap d*Âpé«. 

Brise fer, ([iii furetait dans la maison, indiqua par des aboiements 
de joie l'endroit où étaient les prisonnien. Or enfon^ la porte, et les 
trois frères se trouvèrent nMinis. 

Le cadet, enhardi par son premier succès, dit aux aînés: «Retour- 
nes à la maison, si tous vooles; moi, je veux voir an pen le monde.» 
Et ils se qaittèrent. 

En sortant de la for$^ le jeone voyageur rencontra nne belle 
jenne fille qui pleurait. 

«Qu'avez- vous à pleurer, b«Ile princesse?» lui demanda* t-il. 

«Hélas! beau chevalier, je m'en vais à la mort. N'entendez-vous 
pas les hnrlements de celle qni m'attend? Ctêt la bête à sept têtes, 
qui fait la terreur de notre pays. Chaque année il lui faut une victime^ 
désignée \ràv le sort parmi nos jeunes fille». Cette fois le Bort est tombé 
sur moi ; je suis la tille du roi. * 

«N'y allez paii, lui dit le jenne homuie^ fuyez avec moi, et je 
vous sauverai.» 

«Non, dit«elle, j*aime mieux mourir que d'attirer la désolation sur 

mon pays. . 

Âlors le maitre de Brise-fer, ému par ses pleurs, et dans l'admi- 
ration d'uu si giand coarage, dit à la princesse: 

«Retournes an palais de votre père. Je von« jure de tnmr la bête 
à sept têtes, si voua promettes de m^éponser. Demain, si je suis vic- 
torieux, je me présenterai au rui pour demander ma récompense. > 

La princesse donna sa parole et reprit le chemin de la ville. 

Le jeune chevalier s'enfonça dans la forêt, guidé par les cris de 
la bête, qui devenaient de plus en plus effrayants. Il l'aperçut enfin, 
dressant ses sept têtes menaçantes, et rugissant à l'approehe d^une proie. 
Le jeune homme ne reenla point en la voyant. D'un grand coup d'épée, 
il abattit quatre têtes, en tua deux avec ses pistolets et acheva le 
monstre avec son <'|>ée. ('oinme preuve de sa victoire, il coupa les sppt 
langues et les cacha suigiieusement ; après quoi il s'en fut chercher ua 
gîte \>ovT la nuit. 

Cependant la princesse approchait de la ville, lorsqu'elle rencon- 
tra trois magnins. ') Ils I\ii denmndi reut d'oii elle venait. Henreusc de 
sa délivrance, elle leur raconta son aventure. 

*) Cbaudronniers ou artinans ambnlants. 



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Mimllen. 



ra 



Aussitôt les magiiinä se concerti-rent pour tirer parti de ce qu'ils 
venaient d'apprendre. Lia prirent le chemin du la iorêt et trouvèrent le 
cadavre de la bête. Ils enlovèrent les «ept têlea, et l'nn d*eaz vint le» 
apporter an roi, en Ini demandant la main de sa fille. 

Le roi, tout joyenx, la lui accorda, fixa la nooe an lendemaÎQ et 
fit faire grande chi-re aux trois compag'nons. 

Lorsque ie maître de Brise-fer arriva devant le palais, il enten- 
dit le bniit de la fSte et demanda à voit la prinoeew. Haie les deux 
gendarmes qui étaient i la porte lui dirent que perBonne ne ponvait 
entrer. 

Sans m décourager, il écrivit an billet, qn'il mit an collier de 
son chien, en lui disant : 

f Brise-fer, perce la porte, va comme le vent, et fais tous tes 
efforts.» 

Le chien ntt bien arriver jnsqn^i la prinoesse, qni le recoonat et 

lut le billet. 

Aussitôt elle alla vers hou pi re et lai dit que sou véritable 
libérateur était arrivé et demandait justice. 

Le r<M mit en préaenoe les deax prétendants pour savoir la vérité. 

Le magnin dit qoe e*était bien lui qni avait tué la bête, puis- 
qu'il avait rapporté les sept têtes. Mais le jeune liomnie lui demanda 
pourquoi elles n'avaient point de langue. Le magnin ne 8ut que répondre. 
Alors le chevalier montra les sept langues, et son bon droit fut reconnu. 

Le roi fit saisir les trois magnins, lee fit enfermer dans one 
grange, à laqnelle il fit mettre le fen. 

Le maître de Brise-fer devint Tbeafenx éponx de la princesse. 

* « 
• 

Le conte quVin vient de lire est originaire de Bruson, dans la 
vallée de Bagnes, 11 n'a pas été recueilli directement par l'auteur de 
ces lignes i an Bagnard Ta conté à une personne qui Ta transcrit sans 
délai anssi fidèlement que possible; elle s*est efforcée de reproduire les 
termes et les tonmnrea de phrase dont s'était smrvi le Valaisan, et m'a 
prêté sa rédaction. Je pais donc garantir l'antboiticité dn conte. 

Il renferme plusieurs éléments, qni peut-être, à l'origine, formaient 
autant d'histoires détachées. On pourrait croire le récit tini aa moment 
où le frère cadet a retrouvé ses deux ainés. 

Le ehien Brise-fer a été probablement, à loi tont senl, le centre 
d'an conte ou d'une légende, et s'est introduit plus tard dans l'épisode 
le plus important du réei! ^atrnard, celui de lu {trincesae dévouée à la 
mort et délivrée par un jeune héros. Ce thèn»e touchant, bien fait 
pour plaire à l'ima^^i nation populaire, etit un deë plu8 conuus du folk- 
lore de tons les peuples. Il rappelle en premier lien Tbiatoire de Per- 
sée et d'Andromède. M. Gaidoz, dans MÉLUSINE'), en mentionne 
l'existence dans nne fonle de pays: à Mégare, an temps de l'ancienne 



>) Tome Iii, Nos 13 et 17, du 5 Janvier et du 5 Mai lbö7. Paris, 
S. Leobevalter. — Ces articles, intitulés Xcs Languiê eonpieif m'ont été 
obligeamment communiqués par M. Hnret. 



74 



Grèce; en Hongrie, en Truuylvanie, et même en Orient, jusqae ohes 
les Cenatais, peuplade non-aryenne de Tlnde; t-n Lorraine, dans diverses 

provinces de France, et t«>iit à l'Occident, cluz h s Indiens iîh(*<;ilias des 
Ktats-Unis. ') l>ans la plupart des rtVits, le luuiistiT est un dragon à 
sept têtes, et le héros prend la langue cuuiioe preuve de sa victoire ; 
roaist détûl étrange! la vereioa des Indiens d^Amériqae eat la seule, 
semble-t-il, qui soit d'accord aveo la valaisane pour panir dn sappltce 

dn fen le ou les fmix vaimineurs thi monstre, convaincus d'imposture. 

Jusqu'ici on a recueilli iumi «le conteti pro{)rement dits dans la 
Saisse romande; mais on est luin d'avoir tout exploré. 11 est probable 
que le Valais renferme encore, poor les amateurs de folk-love, bien des 
richesses inconnues. 

Lausanne. A. Taveiney. 



Moeurs genevoises» 

r.es rc^'istrps du Consistoire de Genève, au 16' et au l?*" siècles, 
sont une source abondante de renseignements mr les anciennes moeurs. 
J'y ai puisé, il y a quelques années, les matériaux d'une courte étude 
snr les fiançailles et mariagee, qui a paru dans le 14* volume des E- 
PRENNES cimÉTlENNES (Genève, 1887). On y tronve latrsee d*neagesqui 
n'existent plus, qnc je nache; il y est question, par exemple, de 
^promesses de nuiriuge accompagnées et confirmées par toutes Ipk eircon- 
nStances pratiquées en semblable cas, jusqu'à avoir bu ensemble, au 
,nom de mariage, en mêlant le vin du verre de l'un dans eelai de 
«Pautre. à la manière aoooutumée.'* 

Les courts extraits que je donne ici ne sont qu'un spécimen de 
ce qu'on peut trouver dans cee registres. Un chercheur patient pour 
nût y faire toute une moisson. 

Epouses da mois de mai (Ifaibraat.*) 

Registre du Conststorn , mnrdi 19 avril UJ14. Proposé qu'on 
recommence à faire des épouses du mois de mai r ce qui est contre la 
pudeur et bonnes moeurs; et qu'à la pa^maté telles choses se font avec 
scandale, dont il en peut advenir dn mal. 

L'avis a été de prier nos msgnifiques et très honorés Seigneurs 
d'y pourvoir selon leurs prudences. 

Registre du Conseil, mercredi 2f> avrif VU4. Le Consistoire 
s'est plaint que les jeunc^i tilles recommencent à faire des é|iou8es du 
mois de ntaip Arrêté que les offtciers et diseniers empêchent qu'on ne 
fesse des petites épouses. 

') Je l'ai aussi reucoutrô en Lithuanie. (Ked.) 

') Die ..Maibrsut" (oft anoh auf Pfingsten oder Fastnacht fallend > 
ist eine uralte über •ran?. Karopa verbreitete Sitte. Für Frankreich vgl, 
CüRiiif, fêtes religieuses (1867) p. 161 und M^ nmer et Vikgirinier Tra- 
dition« populaires comparées p. m. lRed.J 



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Miszellen. 



76 



Feux (le la mi-été. 

Registre du Consistoire, jeudi 11 août 1014. A été proposé 
qa^aa temps présent qu'on tille les cbenèves (chanvres), on fait des 
feux autour desquels les femmes et tilles et jeunes hommes s'assemblent, 
et chantant de^ chansons profanes, mêlées parmi les psaumes : outre ces 
insolences qui se commettent contre l'ordre, et les difficultés des temps 
où Dieu nous appelle. 

L'avis a été de prier nos magnifiques et très honorés Seigneurs 
d'obvier à telles confusions selon leurs prudences. 

Registre du ('onseif, vendredi 12 août lfil4. Sur le rapport 
du Consistoire, contenant qu'à l'entour des feux qui se font en teillant 
les chanvres, on chante des chansons profanes avec les psaumes; et 
commet-on d'autres insolences: 

Arrêté (jue les Anciens du ('onsistoire y veillent chacun en son 
quartier, et appellent au Consistoire ceux qui seront en faute. 

Genève. £ugène Ritter. 



Les prières pour le bétail. (Alpsegen). 

L' Alpina, le bulletin officiel du Club alpin suisse, a publié, 
dans son numéro du 15 septembre 1895, une prière pour le bétail (Alp- 
segen) du vallon du Melchthal, dans l'Obwald, qu'il est intéressant de 
comparer avec celle de Talpe de Lasa, près de Sargans, ou celle du 
Mont-I'ilate. ') 

On sait que ces prières, autrefois très répandues dans nos mon- 
tagnes, avaient pour but de recommander les bo8tiau.x ù la protection 
de Dieu, de la Vierge et des Saints. Elles étaient tenues en si grand 
honneur que ni la tempête ni la neige ne pouvaient empêcher le vacher 
d'aller les chanter chaqne soir sur le point le plus élevé du pâturage. 
L'ordre même dans letjucl elles devaient être dites dans les diilérents 
alpages était stipulé, paraît-il, dans les titres de propriété de chacun. 

Dans les cantons protestants de la Suisse romande, les prières pour 
le bétail sont beaucoup plus rares. On y invo<jue moins souvent les 
Saintâ ; mais, par contre, la superstition a donné une grande importance 
aux fées, lutins, sorcières, etc. 

Nous possédons un vieux cahier, copié par le père de Jules Veil- 
lon, le guide bien connu des Plans de Frenières, dans lequel il y a, 
à côté de dilTérenta remèdes pour la guérison des chevaux <qui ont la 
vue grasse >, ou des poulains cqui ont la vue trouble en faisant leurs 
dents, > des «secrets véritables et éprouvée» pour faire demeurer un 
<lare> (voleur) dans un bâtiment où il vole, et des formules contre 
la «malle rencontre» ou «pour ceux qui touche > (pour ceux qui jettent 
un sort). 

') SzADRowsKY, La musique et les InstrnmentH de musique des popu- 
latiouH alpestres. (Annuaire du Club alpin suisHe, 18(i7— 68). — L, Tobler, 
Schweizer Volkslieder, p. 197. 



76 



Uivselien. 



Nous reproduisons tt'xtucllenu'nt , avec fautes d'orthographe, absence 
de ponctuation et enipiüi bizarre lie luajtiHeuleti, deux prièrei» pour le bé* 
tail tirées de oe recueil. 

Pour garder de vache de tonber dans h roclier au nom du pèrê 

du fil» du <ö'' Es^. amen 

A la garde de Dieu aile vous en et de mon Seigneur 8* enthoine & de 
mon seigneur Bernard que vous préserve de danger edhumage aussi 
aanne et alice en rétour comme vous y allé Le bétalie que j ai es 

oomine non 

Pierre mon Seigneur Saint panl Kecommandoient a Diea Jenr fammc 
et leur enfiuit et qae les bêtes que j ai en ma charge soye aussi 
bien recoaunatidée an nom do père da iUs et da âaint-£sprit ament 

JPlour empêcher Ui vai^m dé tomber dans le préc^nee. 

An nom du Père, dn Fils et du St Plsprit. Âmen. 
Alles à la garde de Dien« et qne St Antoine et St Bernard Tons préser* 
vent de dangers et dommage, et revenez aussi sain et alerte (?) qne vons 

êtes parti. Que le Lètail ijue j'ai a ma charge suit recommandé à 
Dieu, comme St-Fierre et St-i'aul lui recommandaient lear femme 
et leur enâtint! 
An nom da PèrOt dn File et dn St Esprit Amen. 

l*our garder des vaches de tou 

Jesvs belle béte qui allé endwat Dien qoi va devant IHen qui va a 
prai voue saint alleine qm vons promaine Dieu ramftine Je vous 
charme de maux de la main de Dieu que la maie bête ne vous 
porte ni perte ui domage ni danger ni a moi ni a mon bétale qui 
mapartiène an nom dn père dn fils dn S* . amen 

Pour garder les vaches de tout mal. 

Jésus ! Belle bête qui allez en champ, que Dieu, qui vons préct de 
et vous suit, et Ste Hi'-lène (?) vous promènent et vous ramènent! 
J'éloigne de vons tous maux par la main de Dieu. Uue la méchante 
bête ne TOas porte ni dommage ni danger, ni à moi ni à bétail 
qni m'appartienne! 

An nom dn Perej do Fils et dn St Esprit. Amen. 

Il serait ntile de reeneillir ces prières, qui se perdent cbaqne jour 
davantage. En les comparant entre elles, on acriverait k les oorriger, 
à les comprendre et jieut-être à les oompléter. 

Jongnjr, près Vevey. W. Eobert. 



*) On amtmf La fin dn mot est peu distinete. 



Dig 



Miszellen. 



77 



Die Heiligen als Hauspatrone. 

Seit dem Mittelalter wurden zahlreiche Häuser unter den Sclintz 
von Heiligen gestellt ; dieser Gewohnheit wnrde bald durch eine In- 
schrift, häufiger aber durch ein am Hauste angebrachtes Hild, das bald 
aus einem Gemälde (Flums, Lnzern), bald ans einem Kelief oder einer 
Statue bestand, monumentaler Ausdruck gegeben. Schweizerische Be- 
lege hiefiir finden sich in Lnzern, Murten, Basel und Happerswyl. In 
Frankreich sind Heiligenstatuen an Privathäusern keine Seltenheit, so 
findet sich in Besan^-on z. B. eine gothisclie Madonna an Nummer 2 
der Place S. Jean, eine Madonna des XVI. Jahrhunderts in einer Nische 
an der Place S. Quentin ; eine gothische Statue des h. (Quentin steht 
an dem Hause, da.s die Ecke der Grande Rue und Rue du Clos bildet. 
Gegenüber von Notre Dame sehen wir eine heilige Cäcilie mit Harfe 
vom Jahre 1690 mit der Inschrift „Fac bene ne tiuieas". Sehr reich 
an Figuren von Hauspatronen sind dann die Städte von Mittelfrank- 
reich (8|)eziell Le Puy) und des Südens. 

Auch Wirts- und Gasthäuser wählten sich schon frühzeitig Hei- 
lige als Schutzherren; so nennt Liebenau') die Wirtshäuser S. Urs in 
Lützel, S. Moriz in Lnzern, S. Martin in Tafers und .Maria in Ein- 
siedeln. Diesen Beispielen sind bei zufügen der alte Gasthof zu den Drei 
Kîinigen in Basel, der Verenahof zu Baden, ferner eine ganze Reihe 
noch existierender Wirts- und Gasthäuser zn Einsiedeln: hier finden wir 
St. Benedikt, St. Meinrad, St. Katharina, St. Sebastian, St. Peter, 
Sl Josef, St. Johann, und die hl. Drei Könige als Patrone, so dass 
jeder Pilger tür die Nacht .sich einem speziellen Schutzheiligen anver- 
trauen kann. K. A. St. 



Brot anschneiden. 

Früher durfte in Zollikon (Kt. Zürich) nnr der Hausvater das 
Brot anschneiden. Als einst (ca. 1820) ein Knecht sich dies erlaubte, 
kriegte er vom Baner eine Ohrfeige nebst mündlicher Belehrung über 
den guten alten Brauch. 

Zollikon. Dr. H. Bruppacher. 



') Das Gasthof- und Wirtshauswe««en der Schweiz S. 86. 



78 Kleine RnfMiscliaii. 



Kleine Rundschau. 



— Eid Idiotikon der welschen Schweiz. Ângesichts der 
TbalsMhe, das» eich in der franxQBÎaoben Schweix der Gebnmch de« Schrift- 
fraDs9«iechen aof Kosten der nrsprttnglichen romanischen Mundarten iuimer 
mehr ansbreitet nn«! dii^ sdiünen und ausdrucksvollen Dialekte in allen 
Gegenden bis auf wenige freibnrgische und wallisische T^andschaften ver- 
schwanden «ind, beschloes die Konferenz der Vorsteher der welsch- 
achweizerîeohen kantonalen Ersiehungodeparteaiente, die am 37. and 
HS. Jali in Genf tagte, die Hecanagabe eine» (rloeaarinnu der wetaehen 
Mandarten, das ein SeitenstUck zum deutach-schweizerischen Idiotikon 
werden und dt-r WiKsen.-^chaft von der ur8prUiigIich<»n Volkssprache mög- 
lich viel retten t>uU. Wertvolle Vorarbeiten filr ein solches Werk sind 
da, 80 von Doyen Bridel, der lööti ein welschem» Qlossarium heraus- 
gab^ von Schindler^ der die Hnndarten dea Berner Jura, von H2felin, 
der die Xetienlitirg!* und Freiburgs durchforschte, and Andern; aaoh 
sind, wie ein Mitarbeiter des „National i^uisso" ausführte, bereits eine 
Zahl handhclirittlicliftr Glossarien aus vernchiedenen welschen Sprache- 
bezirken schon vorhanden. Die Austiihrung des welschen Idiotikons 
denkt man aieh ao, data von den Eniebnngsdepartementen ein sachver* 
atändiger Âoaaohoaa gewählt wird, der aeineraeiti wieder naeh denteeb- 
schweizerischem Vorbilde einen nach hunderten von Personen zählenden 
Mitarbeiterstab anwirbt und durch ihn den SprachKrlmtz der Mundarten 
znsammentrairfn lässt. Doch soll das Werk, wenn inii^licli, ra.sclier ah 
da» dt ut8( h-jschweizerischo erscheinen und in etwa zehn Jahren voU- 
atändig vorliegen. Nach den GmndaXtsen der vergleichenden Sprach- 
wissenschaft aufgebant, aoU ea doch nicht ein aanehlieselicb wissen- 
schaftliches Werk werden, sondern so gehalt^'u sein, dass es durch die 
Einfachheit der Anlage dem alljremeinen Verständnis zugänglich ist. 
Eine eidgeuüsaische Unterstützung des Werkes nimmt der „National 
Snisae* nicht in Aassicht, sondern glaubt, dass die welschen Erziehangs- 
departMnente die Herstellnngakoaten ttbemehmen nnd die Lehrer der 
romaniaoben Sprache an den welschen Akademien und Universitäten es 
•nN ine Ehrenanfgabe betrachten, daran mitanarbeiten. („M. Z. Z.*^ 
1896, Nr. 2!8, II.) 

— Die hiüturische Gesellschatt di r romanischen Sehweiz hat in 
Verbindung mit der waadtlandischen akademischen Gesellschatt, unter- 
atfltit vom Staatsrate dea Kantons Waadt, einen illnstrierten Katalog der 
im Museum zn Lausanne befindliehen Sammlung von Gegenständen ans 
der Pfahlbautenzeit herausgegeben, unter dem Titel: Antiquités Laca- 
Rtresdu Musé Archéologique de Lausanne. Der Katolog, dem ein 
einleitener historischer Bericht beigegeben ist, besteht aus 40 Tafeln, enthal- 
tend Abbildungen von Schwertern, Messern, Armspangen, üaarnadeln, 



Digitizer 



Kleine Rnndschaa. 



79 



Bronzesachen \iik1 Tiii>ferwaren au« di r Steinzeit, deren L'ebergangsperioJe 
nnd der Bronzezeit. Hämtliclie Fundstücke Btammen von Niederlassungen am 
(xenfer* and Neuenburgersee. Es recUtfertigt sich, auf diesen, im Ver> 
lag von Bridel in Lanaanne • enefaienenen, an Inhalt Xnesent reichen 
nnd li^ttnrtleriech ansg^hrten Katalog, weitere Kfeiae anfmerkaam an 
machen. 

— Festspiel in Hochdorf (Sonntag, dfn 23. Anj^iist nnd folg.) 
zur ôOUjalirigcn üedenkteier des Auüoblnsses von Hocbdorf, ürawyl, 
fiodieobnrg nnd der zagehörigen Dingböfe an die Repablik Lnaern. 
Das Featapiel, verfaest von Anittachreiber P. Halter, weist 5 Bilder 
«nf: Rückkehr der bei Bibraktc geschlagenen Helvetier und Grttndnng 
von Hochriorf. Teils Apfelsclniss, Verkündigung de.s Semparher Sieges, 
Aufnahme Huethdorfs durch Luzem, die Eidgenoäsen vor Murteu. Die 
Musikeinlagen sind von Christoph Schnyder komponiert. — 

AuMlaiid. 

— Ein<» Pn p pe n - A n s s t eil u n Die HriUseli-r Künstlergesell- 
schalt gAn'opag des 20. Jahrhunderts^ hat iu diebeui Summer eine Auh^tei- 

Inng von Pappen veranstaltet. Diese Ansstellnng, der die hervorragend- 
sten belgischen Bildhauer ihre ^litwirkung geliehen haben, uui- 
fasst 6 Aijteilungcn : 1. Die Geschichte der Puppe durch alle Zeiten 
hindurch und die Wiederherstellung alter Puppen, die archäologisches 
lateresae besitzen. 2. Die Puppe vom künstlerischen Gesichtspunkte 
ans (Pnppenmodelle). 3. Die Puppe vom ethnologischen Gesichtspunkte 
ans; die charakteristischen Pappen aller Linder der Welt. 4. Ein 
Marionettentheater mit allen Vervollkommnungen unserer Zeit; die 
kleinen Schanspieler werden von Bildhauern und die Dekorationen von 
Malern verfertigt. 5. AutfUhrungen vuo Volks- und Ortssagen, Märchen 
nnd Opern anf diesem Marionettentheater. 6. Eindlidie Bilder. Die 
Einsendung alter und merkwürdiger Puppen ist von vielen Privat- 
Sammlern bereits zugesagt worden; auch die Königin, die Gräfin von 
Flandern und die Prinzessin Klementine liaben ihre Teilnahme mge« 
sichert. (,Allg. Sohw. Ztg.* 1896, Nr. 144.) 

— Hoohseitsgebräache und Hoohseitstracbten. In der 
Hilleniums-Ausstellnng si| Bndapestf wurden dieses Jahr Brantpeare ans 
allen Landesteilen der österreichiHoh'Ungarischen Monarchie vorgeJtthrt, die 
in ihren Landestrachten und mit genauer Beobachtung der verschiedenen 
Hochzeitsgebräuobe getraut wurden. [Ü.] 



Eine Bibliographie Ober tchweizeriiehe Volloicunde wird 

jeweilen im letzten Hefte eines Jahrganges an dieser 
Stelle erscheinen. Die Kedaktion. 



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bO 



G^MlIsehaftechroDik. 



Ceselischaftschronik. 



Rflckbiick auf die Gründung der Schweiz. Gesell- 
schaft für Volkskunde. 

Im Laufe des Winters 1895 anf IB^tt fassten die Herren 
Dr. Hoffinann-Krayerf Oberëtlknt. Kichard und Dr. iL A. StUckelberg 
den fintMhloM, fttr die bis dfthin in der ISohweix vemaohlXsMgte Pflege 
der Volkekande in nmerm Yaterlande Boden m i^winnen. 

Ee galt santtchst Umaobao in halten, was in den übrigen LKndern 
Europas in dieser Beziehnng gethan werde ; Dr. HolTmann-Krayer 
bahnte Beziehungen zu den Fachmännern und volkakundlichen \'erc;inen 
deutscher niid englischer Zunge au (Deutschland, Oesterreich und Eng- 
land) wShrend Dr. Stttekelberg eich mit den analogen GeeeUeohaften 
AnansSeischer Zunge in Verbindung setste (Frankreich und Belgien). 

Die sämtlichen begrilssten ['ertönen und Vereine kamen in dan- 
kenswerter Wfi?it; den liiitianten cntgc^eii unrl übersandten denselben 
ihre Statuten, L^rograuitne, Zf.itiiclii'it'ten, Fragebogen und dergleichen. 

Anf Gmnd dea Stndinms dieeer Impremen and mit Berttekaicbtig- 
ang der apesieli fllr die Schweiz wUnschbaren Punkte kam dann du 
Programm- nnd ein Statutenentwurf zu Stande, welche zu revidieren 
die HH. Dr. ätaub, l'rof. Meyer von Knonau uud Prof. Kahn die 
Güte hatten. 

Ea worde eodann ein Initiativkomitee gebildet, dem aniaer den 
genannten fUnf Herren noch beitraten : 

PtV. I^'naz V. All. Prof. Alb. Uurckhardt-Finsler, Oberstiient. 
J. V. Piiry, Oberstlieat. Dr. R. v. Keding-Biberegg, Pfr. J. Stammler nnd 
Dr. J. Zemp. 

Ein gedncktM Einladongaiebrelben, «nteneichnet von den Mbnt- 
lioben bieher Genannten, wnrde anter Beiaeblnsa yon Statnten nnd 

Programm im April an etwa^ Uber hundert Personen der Schweiz, deren 
Kenntnif'se und Namen der SU gründenden Gesellachaft von Nutzen aûn 
konnten, versandt. 

In knrzer Zeit meldeten siebenzig Männer ans allen Teilen der 
Sebweia ihren Beitritt, so dasa schon am 8. Mai eine Generalversamm- 
lang nach Ölten konnte einberufen werden. 

Dieselbe nahm mit einiiji ii Verbesserungen Statuten und Programm 
Hl) ; es wurde hierauf ein Vurstand mit Sitz in Zürich gewählt nnd 
ein AusschusM demselben beigegeben. 

Die bereinigten Statuten lanten folgendermaseen : 

Statuten der Schweiz. Gesellschaft für Volkskunde. 

I. Zweck. 

§ 1. Zweck der Gesellschaft ist die Sammlung und Erforschung 
volkstiitnlicher Ueberlieferungcn der Schweiz, sowie die Pflege der Volke- 
künde im allgemeinen. 



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GeBellsebaftachronik. 



81 



§ 2. Sie sucht diesen Zweck zn erreichen : 
aj darch engeren Zasammenschluss aller Fretinde Schweiz. Volksknnde: 
bj durch Anknüpfung von beziehuugen zu verwandten GeseiiHcbalten 
im Ântknde ; 

e) danh IImoqg»be eines periodiach enoheineodeD Otgene (Schweii. 

Archiv fUr Tolksknnde), das AufHÄtze, Mitteilungen und Notizen 
volkskundlicher Art von Mitglioricrn and Nichtniitirli' 'lern aufnimmt; 

d) durch Förderung und Unterstützung anderer voiktikundlicber Publi- 
kationen ; 

e) darch Anl^mig einer Bibliothek «le SftmmeliteUe fttr einschlägige 
Litterttar. 

J I . Organisation. 

§ 3. Die Org^anc der Gesellschaft sind : 
a) die Generalversammlung ; bJ der Ausaohass ; c) der Vorstand. 

§ 4. IKeGeneralTersammlnng der Mitglieder ist dos obeiste 
Organ der Oeselleebalt Sie findet alljührlieh im Frfllgafar statt sar 

Voniahme der erforderlichen Wahlen, sowie zur Behandlnng der Jahres- 
rcchnuti*:, dt-s JahreshericliteB und der sonstigen von Ansschuss und 
Voriitaiid vorgelugtt^n Antrüge. Wenn möglich, sind damit wistien- 
scbaflliche Vortrage und Exkursionen zu verbinden. 

ÂllfklUge Anregangen der Mitglieder sind dem Vorstände bis 
Ende Mära schriftlich einzureichen. 

Ausserordentliche VeraammloDgen kSnnen bei besooderen Anlässen 
veranstaltet werden. 

§ 5. Der Aosschusa ist das vorberatende Organ der Gesell- 
sebaft. Er besteht aus 16 — 31 Hitgliedem nnd wird yon der General- 
versammlung auf eine drei jührigo Amtsdaner gewählt. Die verschiedenen 
Landf ■^^f geuden der Scliweiz sollen darin milglich.st vertrrtcn nein. 

Der Ausschnss versammelt sich ordentlicberweise jährlich einmal 
am Tage der Generalversammlung. 

§ 6. Der Vorstand ist das geiehlllsleitende Organ der Oeseil- 
sebafk. Er besteht aus fünf Mitgliedern und wird vun der Generalver* 
sammlang auf eine dreijährige Amtsdaner aus der Zahl der Ausschuss- 
mitglieder ernannt. Der Vorstand konstitniert sich selbst. Scheidet vor 
Ablauf der Amtsdauer ein Mitglied aus, so steht dem Vorstände das 
Redit d«r Selbatergänzang zn. 

m. MitgliedschAft. Jahresbeitrag. 

§ 7. Die Geselleohaft besteht ans ordentUehen, korrespondierra- 

den und Ehrenmitgliedern. 

§ 8. Die Aufnahme der ordentlielien Miti;liedcr erfolgt durch 
den Vurntand ant scltriilliche Anmeldung oder auf schriltlicheu Voraohlag 
eines Gesellscliattsmitgliedes. 

Der jährliche Beitrag betiigt 3 Fr. ; dnreh einmalige Entriohtnng 
von 50 Fr. katm die lebensliingliohe Mitgliedschaft erworben werden. 
Den Mitgliedern wird die Zeitschrift ta ermässigtem Preise geliefert. 

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83 



GesellHchaftschronik. 



§ 9. Zu korrespondierenden und Khrenmitgliedem können Personen 
gewählt werden, die sich bedeutende wissenscliat'tliche Verdienste um die 
Volkskunde erworben oder die Gresellschaft in hervorragender Weise 
geiördert haben. Sie bozahlen keine Beiträge, geniessen aber alle Rechte 
der ordentlichen Mitglieder. Die korrespondierenden Mitglieder werden 
vom Vorstande, die Ehrennütgiieder auf Antrag des Vorstandes durch 
die Generalversammlung ernannt. 

IV. Scbluasbestiiumuogen. 

§ 10. Im Falle der Auflösung der Gesellschaft wird Uber das 
vorhandene Vermögen von der Generalversammlung Bcschluss gefasst. 

§ 11. Vorstehende Statuten treten dem Be^jchluss der heutigen 
konstituierenden Versammlung entsprechend sofort in Kraft. Sie können 
unter Beobachtung der in § 4 enthaltenen Bestimmungen durch Mehr- 
heitsbeschluss der in einer Generalversammlung anwesenden Mitglieder 
jederzeit ganz oder teilweise einer Revision unterzogen werden. 

Ölten, 3. Mai 1896. 



Am 16. Juni konstituierte der Vorstand sich folgendermassen : 
Präsident: Dr. Hoffmann- Krayer, Zürich. 

Vizepräsident: Prof. Muret. Genf. 
Uuästor: Oberstl. Richard, Zürich. 

Aktuar: Dr. H. A. StUckelberg, ZUrich. 

Beisitzer: Prof. Dr. Th. Vetter, Zürich. 

Der Vorstand nahm sodann Kenntnis von zahlreichen neuen Bei- 
trittserklärungen ; ein vom Präsidenten entworfener „Aufruf an alle 
Kreise des Schweizervolkes''' wurde im Juli an sämtliche Redaktionen 
der schweizerischen Zeitungen versandt. 

Unterdessen war die Mitgliederzahl auf ungefähr 250 angewachsen 
und zahlreiche Mitarbeiter für die in Aussicht genommene Zeitschrift 
meldeten sieh aus dem In« und Ausland. 

Am 6. Juli beschloss der Vorstand lür ein baldiges Erscheinen 
der Zeitschrift zu sorgen ; es wurde ein Düppelverlag, wodurch das 
deutsche und das welsche Element unseres Landes sein Recht erhielten, 
in Aussicht genommen. 

So erscheint die erste Nummer unseres „Archivs für Volkskunde*. 
Möge der Wagen, der nun ins Rollen gebracht ist, recht lange fahren, 
und sich wackerer Lenker, die Zeitschrift aber sich tüchtiger und hin- 
gebender Mitarbeiter und zahlreicher Leser erfreuen ! 

E. A. StUckelberg. 



Mitglieder 

der Schweiz. Gesellschaft für Volkskunde. 



Vorstand. 

Prä«i(ieut: Dr. E. Hoff m ann - Kray er, Privutdozent f. germanische 

Philologie, ZUrich. 
YiM-Pittudent: £. Mnret, Prof!aa§or für roman. Philologie, Genf. 

Aktuar: Dr. E. A. StUckel berg, Privutd. f. Altertumäkande, ZUricb. 
Quästor: Oberstl. E. Richard, 8ekr. der Kanfni. Gesellscliaff , ZUrioh, 
Beisitzer : Dr. Tb. Vetter, Professor fiir engl. Pliilulogie, ZUrich. 

Ausschuss. 
(Nach § ö der Statuten noch zu erweitern.) 

Hochw. Ign. V. Ah, BiwhSfl. Commtaiariiis, Kerns. 

V. van Berchem, Sekr. der Société d'Histoire et d'Archéologie, Genf* 
Dr. Joh. Dernoulli, Oberbibliuthekar der Landesbibliothek, Bern. 
J. Bonnard, J*roftssor für roman. Philolog:ie, I.ansannf. 
Dr. A. B n r k h a r d t - F i n s 1 e r , Prof. für Geschichte niid Direktor 

des histor. MnaeitnUf Basel. 
Dr. J. Hnnxiker, Frofbeaor an der Eantonesohnle, Aaraa. 
Dr. G .Jenny, St. Gallen. 

Dr. Ci. Meyer von K non an, Professor für Geschichte, Zürich. 

E. r o m e 1 1 a , Vize-GerichtspräsideDt, Bellinzona. 

Dr. K. von Reding-Bibercgg, OheratUeat., Schwyz. 

L. L. von Roten, Staatsrat, Sitten. 

Hochw. J, Stammler, Päpstlicher Kämmerer, Bern. 

Dr. F, Staub, Chefredaktor des Schweiz. Idiotikon, Zürich. 

Mitglieder. 



1. Schweis. 

-von Ah, Ign., bioohQfl. Kommia- 

sarim, Kerns. 
Amberger, H.. Dir. d. Basler nnd 

Zürcher Bankvereins, ZUrich. 
Aackenthaler, H. A., Dr. med., 

Zürich. 

Bachmann, Dr. A., üniv. -Prof., 

ZUricb. 

Bachofen- Petersen, J. J., Basel. 



Bäohtold, Dr. J.^ Univen. • Pnif., 
ZOrieh. 

Bally, Dr. Ch., Privat^doo., Genève. 
Balmer, Dr. H., Bern. 
\ Barbey, M., stud. jur., manoir de 

^'alleyre8 (par Orbe). 
Banaghi-Catianeo, A., Kanstmalttr, 

Zurich. 

Bandât, A., Prof, à TUniv., Lan» 

sanne. 



Dig 



84 



Mitglieder der Schweiz. ücsolUchaft für Yolkskuude. 



Band-Bpvy, Din., H«iiiin«delsttf*èt, 
Aeschi. 

Band'BoTy» V., Artiste peintre, 
Aeschi. 

Banmann-Tifichendorf, JbL., Fabrik., 
Zflrich. 

Bedot, M., Prof. à TUniv.» Kr. do 

Musée d'Hist. Nat., Genève. 
Beer, R., Buchhändler, Zürich. 
Beetschen, A., Schriftsteller, Zürich. 
Bendiiicr, Dr. M., Bedakt., Zürich, i 
Beoziger, N., Nationalr., £inaiedelii. 
▼en BerdieiD, Y., Seer6tiüre de la 

Soc. d'Hist. ft (l'Arch., Genève. 
Bemoulli-Barkhardt, T>r. A., Beael. 
Bernoulli, Frl. A., bt^rn. 
Bernou iii - i îiggei» buch , Frau E. , Bawôl. 
Beroonllit "Dr, Joh., J.<ande8bil>lio- 

thekar, Bern. 
Betz, Dr. L., Privatdoz., Zttricb. 
Biermer, Fran M., Züricli. 
Bischoti', A.) cand. med., Zürich. 
Bieeboff, Dr. C, Notar, Basel. 
Bodmer, I^. Hane, Ztirieh. 
Bonnard, J., Prof. ä l'Uni v. Lausanne. 
Boos, Dr. H., Univ. -Prüf., lîiiKcI. i 
Bouvier, B., Prof . à riJniv., Genève. 
Brandstuttcr, Dr. K., Luzero. 
Bridel, Ph., prof., Lausanne, 
firindlen, Jos., Präfekt, Brig. 
BroD, L., Négociant, Genève. 
Bmn, K., Privatdozent, Zflrich. 
Brnnoer, Dr. J., Gymnasialprot., 

KOssnavht (ZOrioh). 
Bmppaeber, l>r. U., Zollikoii. 
Bugnon, Ch. A., Banquier, T^ausanne. 
Barckhardt-Finsler, Dr. A., Univ.- 

Prof., Banel. 
Bnrgener, A., i'larrer^ Visp. 
Bnrgener, Jos., Notar, Yisp. 
Bttrli, J., Arzt, Zell (Luzem). 
Bornât, E., Architecte, Vevey. 
Businger, L. C, Kegens, Kreuzen 

bei Solothum. 
Butler, Dr. P., Seminarl., Rorscbaob. 
Cart, Dr. W., Prof., Lausanne. 
(>eresole, A., Pastenr, Blonay (yn 

Vevey.) 



Clausen, F., Bvndesriohl., Lamaime. - 
Cotti, E., Bnobdracker, Ztlrieb. 

Couvreu, Eng,, Vevey. 
Cramer-Frey, Dr. Nationalrat,. 

Zürich. 

Däodliker, Dr. K., Univ. -Prof.» 
Kttssnaebt (Zttricfa). 

D' A ucourt, A Curé,Miécoiirt (Bern). 

David, Mlle Marie, Lausanne. 

Dettling, A., Lilncr. rntcr-lbtrg, 

Üettling, M., Guitiebcbr., fciehwyz. 

Dimier, Mlle, Genève. 

Dinner, Dr. F., Glanis. 

Dörr, C, cand. med , Zürich, 

Dnnant. Dr. E., Privat-doc^ Genève. 

I^urriT, Or. K., Stans. 

Eggiuiiimi, Cii., Editeur, Genève. 

Egli, P., Seknndarlebrer, Züriob. 

von Ehrenberg, Frau L., LiuerD* 

Erb, Dr A., Zttriob. 

Erni, Dr. J., Biel. 

Ernst, Dr. ü., Professor, ZUriuh. 

Escher, Dr. K., Oberstlient, ZOriob. 

Eseber, Dr. H., Stsdtbibl., Zttrieb. 

Escher-Bürkli, Dr. J., Zürich. 

von EHcher, Frl. X., Albis- Langnau. 

Favey, Dr. G., Prof. à l'Univ., 
liSusanne. 

Favre, ('amille, Colonel, Genève 

Favre, Kd., Prés, de la Soo. d'Areb. 
et d'Hist., Genève. 

Feer, C, Partikular, Aaran. 

Fehr, E., Buchhändler, St. Gallen. 

Finaler, G., V. D. M., Basel. 

Fiseh, K., Oberstlient, Aaran. 

Fischer, Dr. K., Antt, Aroea. 

Flciner, A., Hedaktor, Zürich. 

Fleisch, U., chikI. tb., (*hurwalden. 

Forcart, M. K., stud. med., Basel. 

Foreart-Baobofen, R., Kfm., Basel. 

Frei, J.« Professor, Zünch. 

Frick, Dr. Th., Arzt, Zürich. 

Fricker, B., Professor, Baden. 

Forrer, Dr. K., Univ.- Prof. and 
Pfurrer, Zürich. 

Geerittg, A., BnchbKndler, Bssel. 

Geering, Dr. T., Sekretär d.- Han- 
delskammer, Basel. 



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Mitglieder der Schweis. Oeselliehaft Air Volkakaiide. 



86 



Geigy-Hagenhach, K., Kfm., Basel. 
GeiUnger, K., Oberst, Nationalrat, 

Stadtpriaident, Winterthiir. 
Oemperle, J., JonrnalÎBt, 8t»GaIlexi. 

Gerstt^r, L., Pfarrer, Kappplen. 
vuii Gireewaid, Baron C, Zürich, 
von Girsewaldf M., Frau Baronin, 
ZBrieh. 

GoppelsrBder, Fabrikant, Zllrieb. 
Gosae, Dr. U., Frof.àl*(TniYernté, 

Gen»*%'e. 

Griindiiif rre, Cli., Dir. d. „Argus 

ii. ttchweiz. Presse", Bero. 
Haflter, C, ft. Beg.-Rat, Franenfeld« 
Haller, B., Partikular, Beni. 
Häne, Dr. J., St. GalKn. 
ilanri. H., Oberlehrer, iliriichthal 

(Aargau). 
Henog, Dr. H., Kaatonabibliollie- 

kar» Aaraa. 
UotTioaniL-Burkhardt, Frau A., Basel, 
ijotfmann, A. A., Kaoûnann, Basel. 
Ilotîmaiin-Krayei-, Dr. E., Privat- 

(lu/.., Zürich. 
Hoffmann-Krayer, Frau H., Zttricb. 
Holenstein, Tb., J.ü. D., 8t Gallen. 
Hopf, (),, Pfr., Meiringen. 
Hoppeler, Dr. K., ZUricb. 
Horner, R., Abbé, Freiburg. 
Hotx, Dr. B., Baeel. 
Haber, Dr. J.^ Terlags^Baebbindl., 

Frauenfeld, 
lluiiziker, Dr. J,, Prof., Aaraa. 
Jäkel, R,, Winterthnr. 
Jager, C, J. U. D., Kuntunsricht., 

St* Galten. 
Jenny, Dr. G., St. Gallen. 
Imescb, D., Prof., Brig. 
Ithen, Frl. A., Oberägeri. 
Ithen-Meyer, A., Oberägeri. 
Jnd-Jenny, K., Dr. med., Lacben- 

Yonwyl. 

Kägi, Dr. A., Uuiv.-Prof,, Zarieh, 
Ka[)|nler, Dr. E., Krenzlingen. 
Kassc-r, G., Dir. d, hist. Moaeoms, 
Beru. 

Eftiser, A., Rektor, Zng. 

Keller, J.» Seminardir., Wettingen, 



Kessler, Dr. G., Wyl (St. Gall.'t 
Klaingutti, R., stnd. pbil., Samadeu. 
K»ch1in, J. U. D., Not, Baeel. 
Koller, J., Dr. med., Herisau. 
KiSppel, W., Bnchhtll., St. Gallen. 
Kray er- Förster, A., Basel. 
Krayer-Förster, Frau H., Basel. 
Langmesser, A., Pfarrer, Davoe. 
Lehmann, Dr. H,, Unri. 
von Lengefeld, Frl. S.« stnd. pbil. 
Zürich. 

Liuhtenhnhn, ('., .T. ü. D., Basel. 
V. Liebenau, Tb.,Staat8arch.,LazerD. 
de L068, mie L., Bendea (par 

Vevey). 

Lnchsingi r, R., cand. jur«, Zttrieh. 

Maag, Dr. R., Glaras. 

Mähly, Dr. J., Univ.- Prot., Basel. 

Martin, pr. R., PriTatdoi., Zürich. 
.Hathey^ Mlle, Wavre (Nenohfitel). 

Mayur, J., ConaervateoT du Mnaéa 
Fol, Genève. 

Mfif-r, P. G., n. S. B., fclinaiedelo. 

Meier, Ö., Lehrer, Jonen. 

Heisaer, S., Staataarchirar, Chnr« 

Meyer, Dr. C, üniv.-Prof., Baael. 

Meyer von Knonau, Dr. G., Unir.- 
Prof., Zürich. 

Michel, A., Pfarrhelfer u. »SchoUn- 
spektor, Neukirch-Egnacb. 

IGcheli, Dr. H., Correap. du Jour- 
nal de Genève, Bern. 

de Molin, A., Priv.-doc, Lausanne. 

Morel, Dr. Gh.. .Tonmalinte, Genève. 

Morl, Dr. H., L niv.-i'rot., Zürich, 

Hoeer, H., Lehrer, ZUriofa. 

V. MUlinen, Dr. W.F. Ü.-Prof., Bern. 

Muller, H., Pfarrer, Lanfenburg. 

Mnoth, K., Prof., Chnr. 

von Mtualt, W., Dr. med., Zürich. 

Muret, E., Prof. à l'Univ., Genève. 

Hnret, Mme £., Genève. 

îluret M., Dr. med.» Privat^ocent, 
Lansanne. 

Muret, Eng., Lient -col., Morges. 

Mylius, A., stud. phil., ZUricb. 

Nief, A.y Arch., Coraeaux (Yand). 

KMgeli, 0., Dr. med., Knnatingen. 



98 



Mi^fUeder der Sohweis. OeselUcbaft für Volkskande. 



Kaville, A., Prof. à l'Univ., Genève. 
Naville, Ed., Prof. à l'Univ., Mala- 

gny par Vends (Genève). 
Xaville, L., Genève. 
NeHRier, Prä f. am KoUegimn Maria« 

Hilf, Hchwyz. 
Udinga, Dr. Th., Horgen. 
Oecheli» Dr. W., UmT.-Pror., Zürich. 
OltFunaro, P., Prof. àTUniveinté, 

Genève. 
Priyot, F.. Krlitoiir. T.ansanne. 
PÜegbard, O., Arcbitckt, Zürich, 
von Planta, J., Tänikou. 
von Planta, K., Oberstl., Zttrieb. 
Pometta, K.,Gericbt8pr., Bellinzoiia 
de l'urv, Dr. .T., Lt. -col., Neucbûtel. 
Kahn. Dr. J. R., Univ.- Prof., Zürich, 
von Keding-Biberegg, Dr. H., 

Obentl., Schwys. 
Reichlen, J., Art. peintre, Fribourg. 
Richard, E., Oberstlient., Sekretär 

der Kaufm. Ges.. Zürich. 
Achter, H., VerIag8buchhdl.,Davo8. 
Rivoirc, K., Notaire, Genève. 
Robert, W., Jongny (par Vevey). 
Koü«,J., SchriPtat., Gisikon (Lnzern). 
Bossel, y.,Con8. Nat, Prof. à l'Univ., 

Berne. 

von Uoteu, L. L., Staaterat, Sitten. 
Bothenbaob, J. E., Saninarlabrerj 

Ettsanacht. 
BotbenbSasler, E., etad. pbil., 

Ron^chacb. 
Köthlisberger, W., Artiste peintre, 

Neucbûtel. 
von Rtttte^ A.^ a. Pfiirrer« Bern. 
Ruttimann, l'h. A,, Kaplan. Vais. 
Ryliincr, W., l'fr., Winterthur. 
Salziuann, L., Gericbtsschr., Natera. 
de Hanssnre, Dr. F., Prof. àPUniv., 

Malagtiy, par Versoix (Gonève). 
Schllmr, etnd. jar., Newikirob. 
Sohirmer, Dr. G., Privatdocent; 

Zürich. 

Schlegel, E., Pfr., Wallenatadt. 
Schuld, E., Seknndarlehrer, Biel. 
Sobmtd, J. H., Prof., fing. 
Sohmid, J.R., Poatdienstcbef^ Basel, 



Schuiid, Dr. S., Wohlen. 
Schnüriger, J. H., Pfarrer, Steinen 

(Schwyz). 
Schodi, Dr. R., Prof., ZUrich, 
Schönen berger Ersiehnngsrat, 

ZUrich. 

Schröter, Dr. C, Prof., ZUrich. 
Sehroter, C, Pfarrer, Kirohberg 

b. Aaran. 
Sebnlthess, Dr. 0., Privatdozent, 

Franenfeld. 
Secrctan, Ed., Journal., Lausanne. 
Secrétan, Eng., Lausanne. 
Seippel, P.,Hon>medelettre8,Genève. 
Senn-Holdinghaaseo, W., Yerlaga- 

buchhdl., Zürich. 
Simon, J., Basel. 

Singer, Dr. S., Uuiv.-Prof., Bern. 
Spiesa, E., Dir. d. Allg. Gewerbe- 

Bohnle, Basel. 
Spiller, Dr. R., Frauenfeld. 
Spiro. J.. Past., Prof. ;i l'Univ. de 

lÄnsttnne,VuHlen8-ia-Ville(Vand), 
Spörri, J., Kaufmann, ZUrich. 
Stadler, E. A., Eanfmann, ZUrioh. 
Stammler, J., Pfarrer, Bern. 
Staub, Dr. F., Chefredal î r de-s 

Schweiz. Idiotikon», Zilm li. 
Stehler, Dr. F. G., Torstand d. eidg. 

Samçnkontrotktatîon, Zürich. 
Steblin, E., J. ü. D., Privat- 

docent, Basel. 
Steiger, A., Antiquar, St. Gallen. 
Steiner, H., Kaufmann, ZUrieh. 
Stelzner, Frau U., Zürich. 
Stern, Dr. A*, Prof., Zttriob. 
Stickelberger, Dr. H., Prof., Burg* 

dorf. 

von Storkalper, P. M., Notar, Hrig. 
Streuli-HUni, E., Kfm., Züricli 
StrosUin, P. Ch., Gonève. 
Stttekelbeig, Dr. E. A., Privat« 

dozent, ZUrich. 
Studer, .1., Pfarrer, Zürich. 
Sulzer, M., Dr. med., St. Gallen. 
Suter, J., Rektor, Aaran. 
Snter, P., Sekandarlebrer, Zttrieb. 
Sntemeiflter, O., üniT.-Prof.| Bora. 



Mitglieder der Scliweiz. Gesellscbati für Volkskunde. 87 



Tain)olet,l)r. K. mn.-Prof.|Zttrioh. 
Tftflchler, Pfarrer, Basnang. 
Taverney, A., I'rivat-doc., Lausanne. 
Thummen, Dr. Ii., Privat-Doz., Basel. 
Thiumey^en, P. E., Fabrik., Basel. 
Tobkr-Blttiiittr,Dr. Prof., ZOridi. 
Tobler, Dr. G., Univ.-Prof., Bern. 
Tobler-Meyer, \V., Zürich. 
Trachsel, A., Gi'ih'-ve. 
Ulrich, Dr. J., üiiiv.-l'rof., Zürich. 
Ulrich, Ii., Conservator, Zürich. 
Vegezzi, P., Canonioos, Lugano. 
Vetter. Dr. Th., Ilniv.-Prof., Zllrich, 
Vischer, E., Pfarrer, Wn^el. 
Vodoz, Dr. .T., W'int rthnr. 
Wackemagel, Dr. K., Staatstarchiv., 

Wanner-Bitrokbardt» Cbr., Lehrer, 

Zürich. 

Waser, AI., Plarrcr, Si hwyz. 
VVavre, Dr. VV., Prof., Hauterive, 

près Nenehfttel. 
Weber, A., a. l>andainmann, Zng. 
Wegeli, R., stiid. phil., Die.-isenholen 
Wehrli, F., Architekt, Zürifh. 
Weidmaon, F. Fürspr., Finsiedeln. 
Weitnaner, J. A., Kanfm., Baaei. 
Weissen, M., Apotheker, Viep. 
Wemli, F., Bezirks!., I>aafenbarg. 
Westermann, R., Zllrich. 
Wickart, A., Hy(>uthekiir»chr., Zug. 
Wieiluid,C., J.U. D., Privatd., Basel. 
Wiget, Dr. Th, Dir. d. Kantons 

schale. Trogen. 
Wüdherg^er, W., Olu rL. Xeunkirch. 
Wind, A., l'Jarrer. Juiicn. 
Wirz, E., Buchhändler, Aarau. 
Wirc, M., Architecte, Génère. 
Wy«w, Dr, med. 0., Üniv.-Prof., 

Zürich. 

von Wyss, Dr. W., Prof., Zürich. 
Zahn, E., Güschenen. 
ZeUwegrr, 0., Pfr., Red., BaeeL 



Zemp, Dr. Jos., Amietent am Lan* 

deHoiuseum, ZUrich. 
Zindel- Krfssii:^ Telegrapheobeamt., 

Öchiitl'liiiusen. 

II* Auslaud* 

Amerika. 

Hart, A. Btiehneli, Prof., Cam- 
hridge, Maee. U. 8. A. 

Asien. 
Krayer, A., Kfm., Yokohama. 

Dentschland. 

Heuler, Dr. A., UDiT.-Prof., Berlin. 
Heyne, Dr. M., Unir. -Prof., 

GRttingen. 
von Lassberg, Frl. H., ïSchloss 

^eersburg. 
Peachier, Prof., Konatanz. 
Scheibli, H., Thiengen b. Waldahnt 
Urceh, Dr. F., Tübingen, 
Wulti, Dr. il., Berliu. 

Frank reich. 

Blumer, Dr. A., La Varennc- 

St. Hilaire. 
David, Th., Scalptenr, Pari». 
Rod, ILf Paria. 

GroBsbritannien. 

de Lavallaz, L., Grt«iiock (.Schuttl.) 
Reinle,Dr. K. E., Ilawick (Schottl.) 

Italien. 

Fachmann, Fraa, San Remo. 
Marty, J. B.. Kaplan der Schwei« 
zergarde in Korn. 

Oeaterreich, 
von Schwerzenbaoh, C, Bregenz. 



Oesamtzahl der Mitglieder öi$ Anfang November: 298. 



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88 



Totenschau. 



Fritz Staub t 

geb. den 90. Mjtn 1826, geil, den 3. Aognvt 1896. 



Kaum ein Jahr ist es her, seit Ludwig Tobler zur 
ewigen Ruhe gebettet worden ist, und nun ist uns auch 
der Mann durch den Tod entrisMU worden, dem unsere 
junge GesellHchaft indirekt Alles SU Tordanken hat. Wer 
Frits Staub gekannt hat, weiss, das» wir nicht zu viel 
sagen. Denn wenn es ihm auch seine Bescheidenheit nie 
gestattet hat, Ton seinen Verdiensten viel Aufhebens zu 
macheo, so wird es doch niemand in Abrede stellen köoaeo, 
dass Fritz Staub der hervorragendste Kenner schwwser- 
deutscher Sprache und Sitte gewesen ist. Freilich: pro- 
duktiv im eigentlichen Sinne des Wortes ist er nie ge- 
wesen ; sein ganzes Leben war dem Schweizerischen Idioti- 
kon gewidmet und namentlich in den letzten Jahrzehnten 
absorbk'rte diese seine Schöpfnn;^ und sein Lebenswerk all 
sein Denken und Handeln: aber wer das Glück gebäht 
hat. mit ihm iiersönlich zu verkehren, dem orötlnetcn sich 
die unerschöpflichen Quellen seiner Kenntnisse und es wurde 
ihm klar, datis er es hier nicht nur mit einem bedeutenden 
Kenner, sondern auch mit einem warmen Patrioteu, mit 
einem durch und durch edlen Menschen überhaupt zu thun 
habe. 

Und dariu bestand elien die schöne Harmonie der 
beiden Freunde Staub und Tobler^ so sehr sie auch in 
ihrem Aeussern und ihrem Wesen auseinander gingen: 
Beide in ihrer Art vornehm vom Scheitel bis zur Sohle; 
von jener Vornehmheit der Gesinnung, die jedem Verdienste 
— und fäniiü es sich im feindliehen La^er — neidlose An- 
erkennung zollt, die das eigne Ich in den Hintergrund 
stellt, um dem Ganzen dienen zu können. Ludw. Tobler, 
einsam seine Bahnen wandelnd, nicht links und nicht rechts 
schauend, unbeirrt durch das mannigfache Missgescnick, das 
ihn betroffen ; hoch erhaben über die Nörgeleien einer 
kleinlichen uud oft persöniichen Kritik; ein Qeistesaristokrat 



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Totenschau. 



im besten Siuuo des Wortes. Fritz Staub: die Rührigkeit 
und Beweglichkeit selbst. Nieinaiid hätte ihm, der trotz 
fttst völliger Erblindung stets im raschesten Tempo die 
Strassen durcheilte, deu Siebzigjährigen augeaeheu, und wie 
bezeichnend ist es für seine LeistungsfUhigkcit, dass er 
noeh vor weoigea Jahren die strapaziösesten Turnfahrten 
ohne Ermüdung mitgemacht hat. Hit dieser körperlichen 
Elastidtftt ging die geistige Hand in Hand. Der Heraüs- 
geber dieser Zeitschrift hat oft staunen mûtsen, mit welch 
regem Interesse Staub neue wissenschaftliche Fragen ver- 
folgte und wie leicht es ihm fiel, seine eigene Ansicht auf- 
zugeben, sobald er die Stichhaltigkeit einer andern erkannt 
hatte. Und so hat er auch die Gründung einer Sdiweia. 
Gesellschaft- ftlr Volkskunde, in der er eine wichtige Er- 
gänzung des Schweiz. Idiotikons nach der realen Seite 
hin erblickte, auf das Freudigste hegrûsst. Er war zu sehr 
Kenner auf diesem Gebiete, um nicht zu wissen, wie drin- 
gend notwendig die Sammlung der TolkstfiniljcbeB Ueber- 
lieferungen sei, und wie wenig grflndiich die Forschung 
bisher hier vorgegangen war. Und doch, als es sich darum 
handelte, ihn, der auf Grund seiner Kenntnisse an die Spitze 
des Unternehmens gehört hätte, auf dem Eiuladungszirkular 
figuT-irren zu lassen, schrieb er in seiner beispiellosen Be- 
scheidenheit: „Sie werden sich arg enttauscht sehen, wenn 
Sie erwarten, dass schon mein blosser Name Ihrem Unter- 
nehmen Kutzen bringen werde. Die (übrigens nicht sehr 
zahlreichen) bedeutenden Männer und Frauen, deren ge- 
nauere Bekanntschaft das Idiotikon mir (als schönsten Lohn) 
eintrug, sind fast alle zu den Vätern gegangen, um einer 
jungen Generation IMal?: zu machen, weleh*^ iTiioli wenig 
kennt und auf welche ich daher auch keinen Eintiuss habe." 

Tn den letzten AVnrten liegt eine bittere Wahrheit. 
Sie zeigen uns, wie äusserlich und oberflächlich die "Welt oft 
urteilt und wie weniü: sie wahres Verdienst von der nuirkt- 
schreierischen Kels-lame zu unterscheiden weiss. Letztere 
war für Fritz Staub ein Greuel; ja, er ging iu seiner Un- 
eigennützigkeit so w«it, dass er völlig Fremden sein ganzes 
mit unendlicher >rülie gesammeltes Material zur Verfügung 



90 



Totensebau. 



stellen konnte, ohne nur Anspruch darauf zu machen, das» 
sein Name genannt werde; und so geschah :^ uudi, dass 
das aus seiner Feder geflossene vorzügliche Buch : „Das 
Brot im Spiegel schweizerdcutacher Volkssprache und Sitte** 
(1868) anonym erschien. 

Aber f^orade diese Scliriti zeigt uns Staub iu seinen 
hervorragcndsceu Eigenschaften : in seiner Vielseitigkeit, in 
seiner ganzen überaus anregenden Art. Sie zeigt uns auch, 
was dieser Mann trotz seiner litterarischen Zurückgezogen - 
faeit für das Schweiz. Idiotikon war und was für eine an- 
ersetzliche Lficke sein Tod in dieBos Institut geriBsen hat. 

Auch die Leitung der Gesellschaft fSr Volks- 
kunde hat in Fritz Staub neben Ludw. Tobler den gewich- 
tigsten Ratgeber rerloren. Beiden sollte es nicht mehr 
▼ergönnt sein, die Frflehte, die sie so reichlich gesät haben, 
an ernten. Sie haben uns aber ein geistiges Erbteil hinter* 
lassen, das^ so hoffen wir, in nnserer Gesellschaft Wndier 
tragen soll zur Ehre des Yaterlandee und der Wissensehaft. 

E. H.*!K. 



Totenscban. 



91 



Joseph Ignaz von Ah t 

15. Dez. 1834 — 1. Sept. 18tl8. 



Tit. Redaktion des Scfiweis. Archivs für Volkskunde! 

Ihrem freundlichen Wunsche, dem am 1. Sept. ver- 
etorbenen ^Weltfiberblicker*, Herrn von Âh, Pfarrer Ton 
Kerns and Mitglied de« Âneschnsees der ^^Sebweiz. Oesell- 
Bchaft für Yolkskande', einige Zeilen für unser «Ardhiv* 

zu widmen, entspreche ich um so lieber, als ich mich seit 
Jahrzehnten daran gewöhnt hatte, gerade in Herrn von Ah 
den ansgetprochcnsten Typus eines Kinds ansdemVolke 
zn erblicken, eine Art Inkarnation der nriehweizerischen 
Volksseele mit ihren Licht- und Schattenseiten. 

Joseph Ignaz Yon Âb, yen Sachsein, geb. 15. Dez. 1834. 
studierte in Samen, Eiusiedeln und Chur, trat 1857 in den 
Priosterstand und wurde Vikar in Bern, 1859 Vikar in 
Freiburg (Schwei/). 1868 Sekundarlehrer und Kinderpfarrer 
in Stans, 186? Pfarrer von Kerns, daneben (seit 1873) 
Schulinspektor von Obwalden und (seit 1888) bischöflicher 
Commissarius. 

Unter dem Pseudonym „Hartuuinn v. Baldegg* war 
er iîchon als Vikar litterarisch und publizistisch thätig : 
„Marienkroiie" und ,Sylvania" (1858), „Der kleine Geiger" 
(1867), Predigten, sowie Beiträge in den „Monatrosen**, im 
,Geschichtsfreund der V Orte** etc. Von P. Oall Morel 
wurde Ton Ah zu dramatischen Versuchen angeregt, die 
erst lang:e nach ihrer Entstehung der Presse anvertraut wur- 
den: 1881 »Der Lowe von Luzern", 1885 „Die letzten Hel- 
den der alton Schweiz''. 1886 „Arnold v<mi Winkolried 
1887 das Festspiel „Bruder Klaus", 1888 „Hans Waidmann 
ISSîi ,Der 10. Aug. 1792**. Von seinon nndern Publika- 
tioüCQ sind noch hervorzulielx n das „Leben des hl. ivarl 
Borromäufl'* und das „Leben des sei. Nikolaus von Flüe*, 
sowie die Festausgabe der ältesten Bundesbriefe (1891). Am 
bekanntesten ist Ton Ah's Name durch seine geistvollen, 



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99 



Totenteban. 



seit 1867 jeweilen an der Spitze des „Nidwaldner Yolka- 
blatt** erschieneneu „Wochenberichte" geworden. 

Schon 1852 hab ich ihn, ein trutzigos Kloatcrstudont- 
Icin, kennen gelernt, wie er sich — in der wildesten Stiirm- 
und Drang-Periode Heines Lohon^^ — zeitweilig der Führung 
seiop'^ und meines gereiitern Freundes, des unlängst ver- 
storbenen Missionsbischofs Marty von St. Cloud, anvertraut 
hatte; ich bin ihm später, 1858, als er l'riester und Yikar 
geworden, innig nahe getreten; ich halte seither die ^Vdu- 
dcluugeu und die Wirksamkeit des fromtnen PrioniriH, I c- 
liobten Volkspn li^^ors. geistvollen Zoitimg^Bcbreil eis und 
fruchtbaren Sclinttsteilers mit Aufmerksamkeit vei fols't. und 
bin noch 14 Page vor seinem Hinscheiden mit ihm zusani- 
mengetrofieu um Kranken- und Sterbebett seines au Geist 
und Arbeitskraft ihm ebenbürtigen Freundes, des Hrn. Laud> 
ammauus Adelrich Benziger von Kinsiedeln: stets fand ich 
in ihmein und dasselbe urwutiiöig«; Kind aus dem Volke 
den gesunden Verstand, das reicho Geiniit und die noch 
reichere Phantasie, das breite, vielverzweigte Wissen und 
— den uüuäiterhrochenen Kampf zwisclieii deu idealisierten 
Aüklüugeü aus der „guten alten Zeit" und der Jugendlichen 
Begeisterung iur die moderuen Errungenschaften und Au- 
schauungen. 

BMoeofleissig rerstand er es, wie Wenige, seinen 
Honig Ton fiberallbor zu sammeln, aus den alten Klassikern 
wie aD8 den modernen Publisiaten, aus Heiden, Kirchen- 
Yätern und Aszeten, so dass, wer ihm bei seinem Schaffen 
und Arbeiten zusah, sein Konterfei sofort in F. Webers 
„ Pater Prior** erkannte : 

«Wortgiewandt und zungenfertig. 
«Lernt* er aller Iffinner Rede ; 
^Scharf und schneidig zu gebrauchen 
» Wusst* er sie in mancher Fehde** — 
w&hrend seine äussere Erscheinung so ziemlich an , Bruder 
Waltram* erinnerte: 

«Derber Stumpf mit kurzem Kragen, — — 
M Eisenfeste, breite Kiefer 
„Zeigen den Beruf zum Kauen.* 



Digitizc 



Toteik«oh«tt. 



9S 



Seinen religiösen and politischen Grundsätoen aoTer- 
brûchlich treu, war er in untergeordneten Fragen überans 

beweglich und oft sehr entg^egengesotzten Einflüssen zu- 
gänglich : auch hierin ein ^Kind niia dem Volke!" Wer 
und was ihn zuerst beim Ocmnt zu jjnpkcn wusste, hatte 
und besasa ihn, bis — ^ein ötarki rer drüber lierkam", dem 
er sich dann wieder, und zwar oft mit der naivesten und 
eleirfintesten Voltc-face, zu eigen gab. Wie beim Volk 
überhaupt, so führte auch bei diesem Volkskind der Weg 
zum Verstand durchs Gemüt, durch ein tiofoa, edles Ki n- 
desgemüt! Darum konnte ihm Niemand auf die Dauer 
grollen, weder Gegner, noch Parteigenossen und Freunde, 
die er etwa gelegentlich durch eine seiner unerwarteten 
Wendungen verblüfft hatte. „Dichter, {dealist !" Dieser 
Vorwurf, der ihm ab und in gemacht wurde, war zugleich 
sein Ruhm. Ja, von Âh*e Wort und That, seine Persön- 
lichkeit, «ein Auftreten und «ein gesamte« Wirken sind 
ein lehweiserieehes Yolkilied besterSerte gewesen, 
eines jener dnrehlebten Liedery Ton denen — in viel höherm 
Grade, eis von den blos Gesehriebenen — das Wort des 
Horas gilt: 

,Cànnine Di superi plaoantar, earmine Manes." 

Krens en b. Solothnm, 8. Okt. 1896. 

L. C. Basinger. 



94 



Gfttehenke für die Bibliothek. 



Geschenke für die Bibliothek. 

Herr F. Baumann in Basel: rxinncam. Volksfeste in der Schweiz L 
Herrn J. J. Baumanns Erben in ZOrich: Alpenposit l— VII. — Nette 
Alpcnpmt I — VIII. XIII. XIV. — AJprm-men 1823. 28. 2U. 30. 

— i>er witzige Appenzeller 1041). — Bantiitn^ Verheerungen der 
riiEtiseben Alpenthäler. — Bücher^ kultarfaistoriacbe Skissen eiw 
der IndostrieaaastellnDg aller Völker. — Orendiy Exktirsion^ore. 

— Hartmann, Kiltabend-Gnschichten. — Hentfeler^ Gedichte linmo- 
ristist hen hihalts. - ILtttiiiffer, St^haiispielc für die Jii;.,'t'iid. — 
Jeckiiit, Volkütiimliciic« <iU8 GraabUnden. -■ Kuhn. Vulkslirtier. 

— Lusser^ Der Kantun L'ri. — Meyer vutè KnonaUy Der Kan- 
toD Zürich I. - Mimosen 1857. — Reimend, Der geennde and 
krenke Herr Moyer in der Schweiz. — Röder n. 1 Acharner^ Der 
Kanton GraubUnden. — Staub, Die Pfahlbauten in den Schweiser- 
Snen. — Studenfenlteder, herausg. von Poeci. — Stutz, Ge- 
mälde aus dem N olkülebou 1. 2. a. ô. Teil. — Wyss, Texte za 
der Sammlung von SehweixerKttbreiheD 4. Anfl. — Z&reher Fest' 
fug von 1851. 

Herr Prof. Dr. Q. Brenner in WOrzburg: MUeilunge» und Ontfragen 

'/Aw bayeriHchfti Volkskunde I. — 

Mr. Donay à Liège: Wullonia IV. No. 1. — 

Herr G. Fient in Chur: Fienty Dàé l'iatiigau. — 

Folk-Lore Society« London: Aubreg, Bemains of Gentilieme and Jn- 
daisme. — Bilisan, County Folk-lore, — Compür^i, Kescan lu-s 
respccting the book of Sindibad. — Folk-lore Record vol. I — IV. 

— ( Tregor, Notes on the Folk-lore ot the North- East of Scot- 
laiid. — Ilenderson, Nute» on the Folk-lore of the nortbern coun- 
ties of England. — Peäroso, Portuguese Folk-talee, — 

Mr. H. Gaidoz à Paris: HélneiDe t. VIH Nr. 3. — 

Herr Dr. A. ilauffen in Prag: Fragebogen. — 

Herr Dr. E. Hoffmann-Krayer in Zürich: Afpenrlnh, Uei ortaire utid 

Ortsregiöter. — Alpencltih. Mit^'Uederverzeichnis 1892. Ihcker, 
Die deutschen Geschlechisnaiiieu. — Becker^ Der mittelalterliche 
Mtnnedienst. — Benesti^i Das Traommotiv in altdentecher Dich- 
tung. — BliiUrr aus der Wallieer Geschichte r. — Bxirckas^ 
Die Ohrdrufer Familiennamen I. — Derhlich, lAind mul Leute 
der Moldau und Wnlarhei. — Dijjpe, I>i<' fränkischen Trojaner- 
sagen. — Drsazdzynskiy Die slavischen Urlsnamen Schlesiens. — - 
Egli^ Der lehweiieriacbe Anteil an der geographischen Nameo- 
fondinng. — Engdl'QünÜier^ Sehweisersagen. — Eugs^^ Die 
Gemeinde Herisau. — Historischer Festsug in Winterthur 1864. 

— Verschiedene Fh<n>>'i'>**rv . — Fuckel, Der Enustu^; d. Odo 
von Magdeburg. — (jtttve, Vraagboek. — (rotiiine, the hand- 
book of Folk-lore. — Gysi^ Der Aaraner DacLiischet. — Hammer^ 
Ortenamen der Provinz Brandenbarg II. — Scbweizeriwhe Baus- 
^fpen (10 Blatt). — Humboldtt Beieen im enropäisehen and aeiap 



Geschenke fiir die Bibliothek. 



»5 



tischen Hussland. — JahnoiCy Beobachtnngen Uber la Fontaines 
Fabeln. — Jrvinrj, Gottfried Crayons Skizzenbuch. — Koulen, 
Der Stabreim im Mande des Volkes zwischen Rhein und Kühr. 

— Kühner^ Litterarische Charakteristik der Roxbarghe- und Rag- 
ford-Balladen. — Lothy Die Spriichwörter und Sentenzen des alt- 
trauzösischen Fabliaux. — Maass, Allerlei provenzalischer Volks- 
glaube. — Müller V. Friedberg, Die Helvetier zu Casars Zeiten 
vTrauerspiel). — Zauberlexikott (1759). — Otte, Schweizersagen. 

— Piso, Doktor Steigers Flucht (Schauspiel). — Schlägel, Die 
Xationalfeste der Schweizer — Schlipf, Popnläres Handbuch der 
Landwirtschaft. — Schmidlin, Geschichte der Pfarrgemeinde Biberist. 

— Schmitt, Sagen, Volksglaube, Sitten und Bräuche aus dem Bau- 
lande. — Verschiedene Sechseliiuten-ZeituiKjeu. — SechseUiuteti' 
Züge (1888. 1891). — Sella e Vallina, Monte Rosa e Gresso- 
ney. — Sommerlatt, Beschreibung der XXII Schweizer-Kantone. 

— Sörensen, Kntstehung der kurzzeiligen serbo kroatischen Lieder- 
dichtnng im Küstenland. — Staretf, Beitrag zur Geschichte der 
Kultur Oesterreichs am Knde des XIII. Jahrhunderts. — Steiss, 
ZimmermunnssprUche. — Wisnar, Ortsnamen von Znaim. — Wolf, 
Mythus, Sage, Märchen. — Wülker, Ârtbussa^^e. — Zacher, 
Sprichwortcrsammlungen. — 

Herr Dr. 0. Jiriczek in Breslau: Jiricsek, Auleitang zur Mitarbeit 
an volkskundlichen Sammlungen. 

Herr Buchdrucker Kraft in Hermannstadt: Fragebogen. — 

Herr A. Krayer-Förster in Basel: Alpina 1896. — Geographische 
Nachrichten 1896. — Verhandlungen der natnrforschenden Gesell- 
schaft in Basel: iX, 2. 3; X; XI, 2. — Trachtenbilder. — 

Herr S. Meisser in Chur: BUndner Monatshlutt 1896. — 

Herr J. ROOS in Gisikon: lioos, No Fyrobigs. 4. AuH. — 

Schlesische Gesellschaft für Volkskunde: Fragebogen. — Mittei- 
lungen Heft 1 Xo. 5, Heft 11 Xo. 1 u. 4. 

Mr. Paul Sébillot à Paris: Annuaire des traditions populaires 1887. 
1894. — Revue des traditions populaires t. X No. 12, t. XL — 
Sébillot, Instructions et Questionnaires. — id., Légendes du Pays 
de Paimpol. — id., Légendes locales de la Haute- Bretagne. — 
id., Le tabac dans les traditions etc. — id.^ Les incidents des 
contes pop. de la Haute - Bretagne. — id., Molière et les trad. 
pop. — id., Contes de marins. — id., Ktudes maritimes. — id., 
Aatobibliographie. — id., Les pendus. — id., Les femmes et les 
trad. pop. — id., Légendes et curiosités des métiew. II : Bou- 
langers. — id., Contes de la Hante-Bretagne. — id., Iconographie 
fantastique: Les lutins. — te/., Contributions à Tétude des contes 
pop. — id. et Certeux, Ustensiles et bibelots pop. — id.. Pro 
cès-verbaux sommaires du congrès internat, des trad. pop. (1889). 

— id., Questionnaires et croyances, légendes et superstitions de 
la mer. — tV/., Contes de prêtres et de moines. — id., Morin et 



9B 



Fragekasten. 



JRûtel^Mier, Lîyres et images pop. — itf., Addtttona aux cou- 
tumes, traditions et sapentitions de la Haate-Bretagne* — Séekét 
P. Sébillot — 

Obige Geschenke werden liiemit herzlichst verdankt. 



iFragfekaBten« 

Seit wann ilatiert der Gebrauch ili r ro;^. rnssisohen Schankeln» 
diu an Jahriuürkteu aufgestellt zu werden ptlegen? B. V. G. 

ÄMwort: Sie sind, wie der Name sagt, rosaiachen ürsprntigs, 
und waren selion im XVIII. Jahrhandevt ▼erbreitot; Chodowiecki hat 
solche Sohankeltt 1793 radiert, E, A. St, 

Was bedeuten die Daohsfelle und messingenen Kämme 
am Kummet der Pferde? K. 

Änticort: Der Dachs ist das Tier der Frau Harke (Holde); er 
hat demnanh dämonischen Charakter. Das Dachsfell, Ium stets nnr auf 
der Helte des Xtuumets nnt^ehracht ist, wo der Kuhrinaiin nicht geht^ 
hat ursprünglich den Zweck, das fferd vor hosen Geistern zu schützen. 
Ob der !&mm, der Übrigens nnaerea Wisaens steta am linken Pferd 
angebracht ist, ebenfiiUa mit den Unbddeni die ihn oft bei sich rühren 
(Tgl. Loreley), etwaa za tban hat, ist zweifelhaft. [RedJ 

Sind üolzpferdc, die mit Tüchern behängt sind und 
in denen der Reiter steht; schon in frHbem Jahrhunderten bei 
FeatzUgen verwendet worden? J. v. W. — G. 

Antwort: Das älteste schweizerische Zeugnis für sdIcIk; Pferde, 
wie sie heute noch an dar Basler Fastnacht häufig zu sehen sind, ist 
meines Wissens eine Schnitzerei an den Chorstühleu des Basler Müu-. 
aters; sie abgebildet bei EL Biehel, Mttnsterbndi (Kanoskript in der 
Knnatsammlnng Baael). Demnaeh iat diese Erfindung mittelalterlich und 
war im XY. Jahrbnndert in Baael sohoa eingebürgert. E, A. Si, 

Woher kommt die ilezeicluiung Angströhre, liir Cylinder- 
hnt? X 

Antwort: Angster ist in dar altern Sprache ein Gefäss mit 
langem, engem Halse (h. .Sohw. Id. I, 340). Fragliche Bezeichnung 
wird also wohl früher ,Angstcrn)lire' gelautet haben. Mit „Angst" 
Bangigkeit hat das Wort nichts zu thua. [Red.] 



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Schweizerische 

Société Suisi^e di 



Volkskunde. 



)ulair 



Schweizerisches 

■ 

Archiv f urVolkskunde. 



✓ t 




Yiertelj ahrsschrift 

unter Mitwirkung des Vorstandes herausgegeben 



▼ou 



Ed. Hoffmann^Krayer. 



£r«tejr «lalirKang. Heft ftm 



ZLlilCH 
Druck von Emil Cottî 

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INHALT. 



8<!lt0 

1. (^iM'Icjiies eoutiiiiies du pays d'Ajoie. A. Daaoonrt . 97 

2. Légoiidcs jurassiouDM. A* Daucoart. . . . i)U 
B. Contes. L. tlt L. ....... 102 

4. Die Vereliraug des heiligen ^jrabes. K. A. S?rh kJhcr^' 104 

5. Yolkstflniliebes aus dem Kantou Zug. (Fui-tn.) a. Itlieu Uô 

6. Die Fastnachtsgebräuche iu der äkliweiz. (Forte.) 

• I'. II(iiTin:iiui-Krayt'r ..... 126 

7. Sagen aus <loin untern Teiie des st. galUscheo Für- 

steil lau lies. 0. K. SS 1er . . . 142 

8. Uof;hzeits8teuer au die Kuabeugeseüsehaffe in Tomiis 

S. Mei.s«<r 144 

9. Ein oberengadinisches Lied über die f astnaeht.!. l'lricli 147 

10. Yollisgebrânrlie iu Sargaus und Im^ebuug. A. Ziudel 152 

11. XcMijalirsteitT in Prättigau. (i. Fit-nt . . 155 

12. Die Aiutstrapht eines zürcherischen Untervogtes im 

\Vi. Jahrhundert. I'uul Gmx . . ,158 

13. Fröhjahrsbniuch. Wmteler 160 

14. Eine ungedruekte »alliser Sage, t M. Tscliuiueii . 161 

15. Walliser »Sprieliwörter. t M. Tchcmea . . ,162 

16. MiSZelleu. VulUstiinze. .1. Winteler. . ^ . . 163 

IJngl Uck.stak'f. K. A. Sliu kLlbcr;; . . 163 
Kliiiu' Jk' iucrku ini^^cii zu Heft 1 deit 

Arcliiv.s. 8. Singer . . . 164 
J)ik6 TasclienincKscr im AIm-i •^liiubeii. H 

Bruppaciitr ...... 165 

l'i luT Gebelsstülliiug. K. A. iStiickellterfÇ . lÜD 

17. Kleine Ihiudsehau 166 

18. Verzeichnis der bis Ende Februar tauschweise ein- 

gegangenen Fubliliationen . . 167 

19. Nene Mitglieder 

20. Abonneuteu der Zeitschrift 173 

21. Oesehenke 173 

22. Fragekasten 175 



Der Umfang des Jahrganges ist auf 20 Bogen festgesetzt. 

Der .Abonnementspreis bcträj,'t für Mitglieder Fr. 4. — , für 
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Beiträge für die Zeitschrift, Beitrittserldärungen, Büchersen- 
dnngen sind zu richten an den Redaktor 

Herrn Dr. K Uoffniami-Krayer, Freiestrasse 88, Zürich V. 



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Quelques coutumes du pays d'Ajoie (Jura bernois). 



Par M. A. D'Âucourt, curé de Miécourt. 

1. Coutumes de mariage. 

A Faliy, TÎUage paroissial à denx lieues de Porrentraj 

existe encore une très ancienne coutume. Quand un mariage 
doit se faire, le jour même de sa célébratioa à l'église, la mai- 
son du futur est occupée par une vieille femme aussi laide, aussi 
vieille que possible et qui est payée pour rendre le service qu*on 
exige d'elle en cette circonstance. Quand la noce, au retour 
de l'église arrive au domicile de Tcpoux, la porte est close, les 
volets fermés. Il faut que la maison parusse inhabitée. Le 
garçon d'honneur frappe à la porte à i>lu8ieur8 reprises sans ré- 
ponse, enfin elle s'ouvre et la vieiUe demande ce qu'on lui veut. 
Elle fait semblant de ne rien comprendre et s'assied bravement 
dans la cuisine où elle file du chanvre à une quenouille. Toute 
la noce entre alors et les garçons enlèvent la vielle qu'ils 
transportent loin de la maison, puis le festin commence. 

« • 
* 

Dans la plupart des paroisses, quand le marié est d*une 
autre localité, les garçons du village de réponse tendent, au 
sortir de Téglise un mban et ne la laissent passer que quand 
répoux er*4 une certaine somme en compensation de la perte 
que les j v<.>nccaux viennent de faire. Quelques fois le ruban 
est tendu au départ des voitures, alors l'époux doit descendre 
et le chef des jeunes gens lui présente dos ciseaux avec lesquels 
répuux coupe le ruban; le cadeau donné, les voitures partent 
au bruit des armes à feu. 

2. Coutume de baptême. 

A Beurnevésin, j)L'titi' paroisse, à deux lieues de Porreiiîruy, 
il est (l'u^a^e qu'aux baptêmes h;s jjarr'ons attendent le parrain 
et la marraine, au sortir de l'église et leur présentent à tous 
les deux un pistolet armé que la marraine, comme le parrain 

7 



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98 



Quelques coutume» du pays d'Ajoie (Jura bernois). 



df>iv('nt faire partir. Cela t'ait, les garroiis revoivent leur ca- 
deau et la inarraiuc jette des bonbons aux enfants accourus de 
toutes parts. 

3. Conjuration des tempêtes. 

Cbarmoille est une antique paroisse qui comprenait avant 
le XVII^ siècle cinq villages: Cbarmoille, Miécuurtf Fregiécourt, 
Pleujouse et Asuel. Toutes les paroieses de la verte Ajoie. 
appartoiiant à la Principauté des évêques de Bâle, étaient du 
diocès de Besanrnn, sauf Charmoille. (''est de là que Tient le 
nom de Barocbe donné à ce beau et riant coin de terro. Barocfae 
provient de jKtrodiia, paroisse. 

Dans le rôle de cette paroisse de Tan 1508, il est parlé 
d*im accord qui existait entre le curé de Charmoille et ses pa- 
roissiens, pour conjurer les tempêtes et les orages. Voici le 
passage : 

«Item. Li curé et li clavier (sacristain) horont de chascung 
meriaigo dou dict lieux de CalTiiis et Fre^iscord, de cil qui sè- 
meront es dicts tinaiges, une gerbe, et li euré par ce ferat li 
adjurations acroustumés; adjuro vo.^^ i^iaiulines et tenipcstatoi», 
por dt'bouter li tt^mpeste (piant besoingt serai; et li clavier s(»ra 
tenu sonner li VietVoy et porter aie et sujettes (flèches> où be>()ing 
sera, et Tintestera fort et roide por débouter le temps, tant 
on dict ( " ilniis* corne a Fregiscort . . . > 

Lors.ju line tempête menaçait et que les villageois étaient 
dans riiujuieiutle sur le sort de leurs moisfoiij^, fruit de tant de 
peines et de labeurs, le curé do Charnioille sortait du village, 
précède de quelques eufauls portant la bannière et l'eau bénite, 
et suivi du sacristain, armé d une grosse arbalète et de quelques 
flèches renfermées dans une trousse poudreuse. Us entonnaient 
le psaume Miserere mei Deus , et se dirigeaient vers la cha- 
pelle de St-lmier, où les paroissiens se rendairiit aussitôt. Le 
curé bénissait l'arbalète et les carreaux. lie sacristain 
faisait jouer le craiiaijuin. tordait la corde de iil, plaçait 
le vireton dans la coche de la noix, et lorsque le prêtre, qui 
priait à haute voix, avait répété pour la troisième fois: tlterum 

adjuro vos grand ines et tempestutes ; , etc la flèche partait 

et disparaissait dans la nue. . . Cela fait, au son des cloches, le 
curé rentrait au village et le peuple allait avec confiance con- 
tinuer la moieson. 



Digi* 



Lêj?end«?s jitrassicunos. 



Légendes jurassiennes. 

Recueillies par M. A. D'Aucourt, curé de Miécourt. 

La Fille de Mai. 

En face et au nord de BourrignonM, dans le voisinage de 
Pleigne, se dresse la rFille de Mai,> la déesse Maïa, la vièrge- 
mère de l'antiquité, jadis adorée sur ces hauteurs. La Fille de 
Mai est une roche d'environ 33 mètres de haut, dressée par la 
nature. Elle a une tête de femme coiffée d'un pin sylvestre, 
ainsi que la partie supérieure d'un buste, tandis que le reste 
du corps depuis la chute des reins, se cache pudiquement dans 
le feuillage de la forêt. Lorsqu'on regarde cette roche on face 
ou de profil, on est étonné de voir une tête et un corps de femme, 
aussi bien de près que de loin. Un grossier escalier taillé dans 
cette roche conduit à son sommet. On a trouvé autour de cette 
roche célèbre des pièces de monnaies antiques, même une pièce 
d'or et diff'érents fragments de poterie. C'est aux pieds de ce 
colosse que la Lucelle prend sa source. Cette roche était célèbre 
par le culte qu'on y faisait. Une prêtresse montait sur le rocher 
par l'escalier informe qu'on y remarque encore et In elle rendait 
ses sentences et y faisait des sacrifices. Le souvenir de cet an- 
tique culte se perpétue encore de nos jours dans un grand 
nombre de villages de Tancien évêché-princier de HAle. Le pre- 
mier jour de Mai, les jeunes filles vont d'un village à l'autre 
chanter le retour du gai printemps en portant à la main une 
branche d'aubépine ornée de fleurs nouvelles et de rubans, elles 
ne manquent pas de chanter un couplet de leur hymne à Herta 
en passant devant la Fille de Mai. Cet usage est encore très 
vivant ù Bonfol, à Damphreux, et en général dans l'Ajoie.-) Les 
fillettes de ces villages, habillées d'une façon pittoresque s'en vont 
chanter le mois de Mai en portant de grands buissons de fleurs, 
de rubans, de plumes, dans tous les villages. Si on leur demande 
pourquoi elles vont ainsi chanter, elles vous répondent que c'est 

') Boiirri^^iiuu. qui nqipelle hi d«>iuinatioii des Hiir;;uiidt'H, ent situé 
«ur le Lumond, ver» l<i froutière alsacienne, district de Delémont. C'est 
rancien bourg de Burjçis. 

') I/Ajuie est le district actuel de l'orrentruy. Bonfol est célèbre 
par sa poterie et ses légendes de .St-Frumunt. 



100 



L^^-çemles juransiennen. 



l'usage. Elles ne se doutent nullement qu'elles offrent ainsi en 
sacrifice leurs chants et leurs fleurs ù une divinité druidique. 
Cette coutume, tout k fait inoffensive du reste, se perd peu à peu 
comme tant d'autres. Parfois de nos jours on rudoie ces pauvres 
fillettes dont la voix mal exercée répète de vieux chants qui 
remontent îi plusieurs siècles. Cette coutume du reste se re- 
trouve dans beaucoup de contrées de la Suisse et on Bretagne. 

Autrefois l'usage était qu'un beau jeune homme, monté 
8ur un cheval blanc, richement harnaché, parcourût les cam- 
pagnes pour annoncer le retour du printemps. Vétu (Thabits 
verts, comme la déesse Herta, son chapeau orné de fleurs, il 
portait une branche fleurie d'aubépine. Il arrivait assez souvent 
qu'il prît en croupe sur sa monture la plus belle jeune fille 
du village, et tous deux allaient de porte en porte chanter le 
mois de Maïa, la Vièrge-Mére de l'antiquité. 

Les jeunes filles dansaient autour du feu des Brandons et 
sautaient pur-dessus les brasiers, sans se brûler, pour être ma- 
riées dans l'année. Les ménagères tournaient on Tentour du 
feu en criant ^au long chanvre j afin que le retour du soleil fît 
croître cette plante si utile, autrefois, aux populations des cam- 
pagnes. 

Notre Jura renferme encore plusieurs monuments du culte 
des Celtes, tels sont la roche de St-Gcrmain. la pierre de Haute- 
Borne, au-dessus de Delémont, celle de Bonfol, les rochers do 
Courroux, la pierre de Maria Stein, la pierre de la Caquerelle, 
la roche de Faira à Beurnevésin, la caverne de Milandrc, la 
pierre de Cotay à Bure, la Pierre percée à Courgenaie et d'autres. 

Quelques uns de ces monuments sont l'ouvrage de la na- 
ture, d'autres comme la Pierre percée de Courgenaie, ont été 
érigés par les hommes, bien avant que ceux-ci eussent la con- 
naissance des métaux, car les pierres, comme celles de la Haute- 
Borne et de Pierrefitte, n'offrent aucune trace de l'emploi du fer. 

(Quelques unes de ces roches ont laissédans les populations 
des impressions superstitieuses, môme de nos jours, comme la 
roche de Faira à Beurnevésin et la caverne des Haroldes à 
Montsevelier. H n'y a pas un siècle que le peuple rendait en- 
core un culte superstitieux à la table de l'autel au Repais et 
il a fallu tous les efforts du Christianisme pour abolir les croyances 
et les superstitions (jui se rattachent à ces monuments. W ne 



Léfendea Juraiaienne». 



101 



roste plus guère <|ue îes coutumes inoifeosives des feux des 
Brandons et des rhant?: du mois de Mai. 

C'est à la reich <■ dt la Fille de Mai (ju'un allumait autre- 
fois le feu des Brandons, celte fête toute païenne de la renais- 
sance du soleil à Téquinoxe du printem}>s et les feux de la 
St-Jean, au solstice d'été. Si ces feux ont cessé et éloigné 
jeunes gens et jeunes filles qui fuient avec terreur ce lieu jadis 
si fréquenté, s'est qu'un terrible événement est venu, dit ia lé- 
gende, en bannir la (M)utume. 

Auireiois, disent les vieillards, on dansait et on chantait 
autour de cette roche le soir des Brandons et à la St-Jean. 
Seuls les prêtres et les mom«8 n*y proDaienfe point part, ils se 
contentaient seulement de surreUler la eonduHe de tout ce peuple 
livré à ces exentriques amnsemeofa qu'ils ne pouvaient empêcher. 

Une légende offravaiite rapporte une histoire terrible. 

Un soir des Brandons, la danse a commencé. Tous, hommes, 
femmes, jeunes gens, jeunes filles se tiennent par la main et 
tournent autour du feu. En ce moment passe un jeune moine 
du couvent voisin des Bernardins de Lucelle, Originaire de 
Bourrignon, il s'arrête et contemple avec joie ses camarades 
d autrefois. Ceux-ci le reconnaissent et sans réflexion, s emparent 
de lui et l'entraînent dans le mouvement tourbillonnant. Oubliant 
sa Tocation, le costume monacal qu'il porte, il ne sait pas se 
défendre. II tonroe, tourne encore, éleetriaé par la danse furi- 
bonde, il oublie tout, il est emporté comme par le vertige. La 
coraule se prolonge longtemps, il tourne, tourne eocore, lorsque 
rheure de minuit sonne à l'église abbatiale de Lucelle. Au 
donsième coup de marteau, le malheureux tombe épuisé et rend 
le dernier soupir. 

Sa punition fut terrible, car la légende rapporte que depuis 
des sièoles, le défunt revient chaque année, le jour des Brandons, 
à l'heure de minuit, an rocher de la Bille de Mai, et danse 
tout seul une ronde infernale. Une voix rauque et terrible semble 
chanter la ronde que le pauvre moine, en un moment d'oubli 
a chantée jadis. Malheur k ceux qui oseraient à cette heure 
fatale se trouver à hi Roche de Mai. Un jeune homme auda> 
deux voulut, dit-on, une nuit des Brandons s'assurer du fait 
et se rendit à minuit au rocher maudit. Aussitôt une main 
glacée le saisit et le força, malgré des efforts désespérés, à 
danser avec le revenant d'outre-tombe jusqu'au lever du soleil. 



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102 Conte». 

Cette légende, transmise WXl générations, a eu son bon côté, 
car depuis oette époque, les peuples ont renoncé aux coraules 
et aux danses prolongées dans la nuit. 



Contes. 

Recueillis à Kougement p.ir L. de L. 

Yoioi, tels que je les ai entendu conter un soir de Tété 
dernier, dans nn chalet de la haute montagne, au-dessus de Bou- 
gemont, trois récits que nous disait un vacher du pays. 

I. 

Un soir, un charlatan criait à tue-tête par lu village : 
«Âvez-vous envie de voir un coq qui traîne tout seul un vrai 

billon?')» 

Ma graud'mère, de qui je tiens cette histoire, courut avec 
ses voisîues admirer cet anima! merveilleux; et, en otfet, comme 
le charlatan l'avait promis, sur hi place de la poste, un coq trnî- 
nuit, attachée à uue petite corde, uae bille de sapin de grosseur 
moyenne. 

Personne n en pouvait croire ses yeux, lors()UO soudai d 
apparut une vieille portant hui- hou dos une hotto remplie de 
mauvaises herbes. A peine eut-elle vu le coq qu'elle a'écria : 
«(Je n est pas «n billon qu'il traîne, c'est un fétu de paille. ^ 
Le charlatan furieux ao retourna vers elle, en lui criant: »Qu'as- 
tu dune mis dans ta hotte, vieille sorcière, pour y voir si clair y > 

Il lui ôta sa hotte, en vida le contenu dans la rue, et du 
tas do mauvaises herbes sortit une grosse couleuvre. 

À cause de cet auimal, le charme du montreur de coq 
n'avait pas eu de prise sur la vieille. 

U. 

Un riche propriétaire, qui chaque année tenait montagne, 
avait un mauvais sort attaché à son maître vacher. A la fin de 



*) Une bille de bois. 




Colitl'H. 



103 



l'été, au matin du jour fixé pour la descente des troupeaux et 
le règlement des comptes, on trouvait ce domestique mort dans 
son lit. Cette mauvaise renommée s'était répandue un peu partout, 
et le propriétaire ne pouvait plus trouver do maître vacher. 

Un Jour, cependant, il s'en présenta un qui vint lui dire 
qu'il n'avait pas peur et qu'il s'engageait à son service. C'était 
un homme courageux et qui ne craignait pas les esprits. 

Le dernier soir de la saison étant venu, il envoya tous 
les vachers se coucher et resta seul éveillé, près de la grande 
cheminée, où il avait t'ait du feu. Par manière de précaution, il 
avait pris dans sa main un vieux sabre tout rouillé. 

Vers minuit, il entendit du bruit sur les solives au-dessus 
de la cheminée et, levant la tête, vit venir à lui, en miaulant 
très fort, une grosse chatte blanche. 

Lorsqu'elle fut à sa portée, d'un coup de sabre il lui coupa 
une patte de devant, et la chatte s'enfuit en poussant un cri. 
De toute la nuit, il n'entendit ni ne vit plus rieu. 

Le matiu suivant, il descendit chez son maître pour régler 
ses comptes. Il le trouva bien triste ; car sa femme, une très 
belle femme, avait été trouvée le matin dans son lit avec uu 
poignet coupé. 

ni. 

Dans une „mon tagne",') il y avait au milieu des pâtu- 
rages uu trou si béant et si profond qu'on n'eu avait jamais 
pu mesurer la profondeur. Lors d'une épidémie de surlanguo 
qui avait régné parmi le troupeau, on y avait jeté quatre-vingt 
vaches qui avaient dû être abattues, et il avait été impossible 
d'apercevoir même l'amas de leurs os brisés. Quelquefois, pen- 
dant les nuits d'orage, des vaches égarées s'y précipitaient. 

Uu jour, un vacher brutal battit si fort une do ses bêtes 
qu'il la tua du coup. Aidé par un camarade, et sans que leur 
patron s'en aperyût, ils allèrent pendant la nuit jeter l'animal 
dans le trou. 

Lorsque le patron vit que la vache manquait, il supposa 
tout de suite qu'elle avait fait un faux pas et qu'elle était tom- 
bée dans le précipice. Les deux coupables n'eurent pas même 
l'ombre d'un soupçon sur eux. 

Bien des années se passèrent, et celui qui avait tué la 
vache mourut. 

') Pâturage élevt^. 



1U4 Die Yerehruug des beiligeu Grabes. 

Pendant l'hiver, son compaguou portait choque ioir le lait 
à la laiterie. Eatre Téteble et la laiterie, il Mlait traTener on 
petit pont tur la Serine. 

IJiie belle fois, assis sur le parapet du pont, il TÎt on 
Homme qui ressemblait à son camarade mort et qui le regardait 
sans parler. Il eut peur et passa sans rien dire. Aju retour, 
rhomme n*y était plus. 

Mais il revint le lendemain et tous les soirs suivants, quel 
temps qn*il fît. 

Enfin, le Taclier se décida à lui demander pourquoi il était 
là, ce qu'il y fiusait. 

L'ombre (car c*en était une), lui répondit: t Ecoute, nous 
avons mal aj^, et je ne puis avoir de repos que je n*aie réparé 
mes torts. 

(Ya ce soir chex ma mère, demande>loi la moitié du prix 
de la vache, prends-en Tantre moitié ches toi, et va tout de 
suite porter cet argent à notre ancien patron, en lui avouant 
notre faute. Alors seulement, mon Ame aura son repos.» 

Le vacher obéit an désir de son camarade mort; et dès 
lors, plus jamais il ne le revit sur le pont ni ailleurs. 



Die Verehrung des heiligen Grabes. 

Von E. Â. ätückelberg in Zurich. 

Ost firsb itt JerusalMi. — Mi QrabMordM. — Oi« WsMilirlMi. — Dis RtUqsiss. — 
Dtt tsMHcht SehsoipM. - Mt MMmiIs Kuntt. — 

IiUer Kaiicta ac (lesidcrabilia )oc% 
Heiiiilchnim teuetqiiodaïuiuodn prinoipatiim. 
Divi Buruartli Seriuu ad Milites Toiupli 

cap. XI. 

An die Gräber der Heiligen knüpft sich seit ältester Zeit 
die Verehrung der Christen; in ganz besonderem Masse mussto 
dieselbe der (Jriift zukommen, in welcher der Leib des Erlösers 
gelegen hatte. Hchou Constantin der Grosse hut seiner Ehrfurcht 



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Die Verahrunfp des heiligen Grabes. 105 

vor rlcTii lieilit^n n Hruh Ausdruck verlieln'n, indem er über dem- 
selben zwischen den Jahren H26 und 334 eine prächtige Rotunde, 
Anastasia c:»'imnnt. errichtete. Dieser Bau wurde nach der Zer- 
störung durch den sa- i nidischeii Fer8erk<3nig ühosroes II. von 
Modestus, dem Patriarciien von Jerusalem (616 — 626 >, wieder 
hergestellt.') Eine zweite Zerstörung erfuhr die Grabeskirche 
durch den Kalifen llakeni im Jahre 1010, worauf unter dem 
Kaiser Constantin Monomachos 1048 ein Wiederaufbau erfolgte. 
Das heilige Grab cndgiltig den L'ugläubigen zu entreissen bildete 
das Hauptziel der Kreuzfahrer und diese haben die Grabcskirche 
1103 — 1130 wieder umgebaut. In dieser Gestalt luit ï>ie sich 
im wesentlichen bis zum Brand dos Jahres 1808, und mit eini- 
gen Veränderungen bis auf dim heutigen Tag erlialten. Seit 
den Kreuzzügen haben zahllose AValUalutea die Bezichuiigeu 
des hl. Grabes zum Westen unterhalten. An der heiligen 
Stätte werden die Vornehmen zu Rittern geschlagen und es ent- 
standen die heiligen Grabesorden. Der erste derselben wurde 
gestiftet von Gottfried von Bouillon 1099 oder durch den Archi- 
diakon Arnold, den späteren Patriarchen von Jerusalem 1114. 
Auch in England entstwiii eohon im XIL Jafarhunderi ein Gra- 
besorden, auf den dann 1496 die Stiftung Papst Alexandere VI. 
folgte. Noeb Ludwig XVIII. hat 1814 einen Grabesorden, der 
aber 1830 wieder eingegangen ist, geschaffen. Daneben blieb 
aber der alte, an den persSnlichen Besuch des heiligen Grabes 
gebundene Bitterschlag bestehen. 

Auch aus dem Gebiete der heutigen Schweiz wallfahrteten 
zahlreiche Gliubige ins heilige Land, um dort die, wie St. Bern- 
hard sich ausdrückt, „vornehmste* Gnadenstätte, das hl. Grab 
zu besuchen. 

So beteiligten sich am ersten Kreuzzug der Bischof von 
Chur, ein Ritter von Ems und ein Freiherr von Brandis aus 
Maienfeld ; ferner Graf Budolf I. von Neuenbürg, die Grafen 
Hugo und XJlrtoh von Greyerz, Redbold von Hagnens, und Abt 
Gerhard von Schaffhausen. Der Letztgenannte kommt von 1110 
bis 1180 als Custoa Sancti Sepulcri vor, in welchem Amt ihm 
andere SchalHiauser nachfolgten. Nach dem aweiten Kreuzzuge 

■) Den < irundriss dieses Baues fand der Verfasser in eiaem Manuscript 
<les IX. .lahrlimiderts aus Kheiuau iu Zürich, Kantonsbibliothek Ms. n. 
LXXIII S. Ô. Dieser Cude.\ enthält ArculH Abb. Iliieusi» Ubrt Iii de 
locift terrae .sauctae. 



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106 



Die Verehrani; des lieitigen Grabe«. 



wallfahrteten zwei Herren von Grandsou, zwei Blonays, ein Rit- 
ter von Crassier, und (Irafin T^ta von Tarasp, die in Mönrhs- 
kloidung mit einer Gefährtin die Ileiso machte, ins heilige Land. 
Am dritten Kreu/zug nalnnen Tiiï»chiif Heinrieh von Basel, die 
Grafen von ICvImriT- Neuenburg und zwei JIabslinr;;er, Herzog 
Bertold von /iihringen nnd andere Bewohner des heutigen Sehwei- 
zerlandes teil. Beim vierten Kreuzzug finden wir Bischof Lcuthold 
von Hi^el und Pierre Maire von St. Pre?:. Piir das Zustande- 
kommen lies fünttcn Zugeä ins heilige Larid arbeitete Bischof 
Bertold von Lausanne in hervorragender Weise. Damals zogen 
die Herren von Villen«, von Blonay, von (îrandson nnd von 
Aernen nach Palästina, während aus der deutschen Schwei/ 
Freiherr Lütold IV. von Regensberg, und die Grafen von Rap- 
perswyl aufbrachen. Zum .seehnten Kreuz/.ug rief zu St. (îallen 
der Kardinal Konrad von RuHna auf. worauf ausser einigen 
Edlen aus dem St. Gallischen Gebiet (fraf Wilhelm von Kyburg 
das Kreuz nahm. 'j 1262 zogen aus Hasel Siegfrid \fiinch 
und Ht iiiiiann Schaler, I42s Heinrich v. Ranjstoin, 14H7 Hcnmann 
von ( )t}'enburg und Dietrich ^lurer nach Jerusalem. Im Jahre 1440 
unternahm Bürgermeister Han.s Jîot, sein Sohn Peter l{ot die 
beschwerliche uiul keineswegs gefahrlose; Reise dahin. Im fol- 
genden .luhr kehrte der zu Schaf Ihausen verstorbene Georg von 
Ramscidcn aus Palästina zurück'*) und 14(J0 .^cliiiTten sich Hans 
Bernhard von Eptingen, Thüring von Buttikon, Nikiaus von 
Scharnachtal und Hans Goldschmid ein, um dasselbe Ziel zu 
erreichen.') Im Jahr 1480 bracht ^ ein Barfusscr viel Heilig- 
tümer aus dem Gelobten Land nach Schaff hausen; 1497 be- 
schenkt Hans Wagoer von Schwys die dortige Pfarrkirche^), 
und 14d8 Johann Schttrpf von Luzern die Kirche Emmen mit 
Reliquien '), die sie von der Wallfahrt nach Jerusalem mitge« 
bracht hatten. 



') Die ZusuiniiuMiHtelInng der schweizerisclien Teilaeliiner an den 
KreMr,r.n«;(»n ist «I.ih VenUeust Prof. Dr. EgU's, vgl. ZsiTSTivinui fiir die 
refuriiiicrtc Kirche «1er .Schweiz 1881. 
-) Haiu.kr. Schaffli. lieitr. S. 38. 

A. Bmxoitlu. Beitr. s. vatorl. Oe«eh. Basel N. F. II. 
*) Die Jerusnlcnipilger des Kantona Schwy» hat P. Gabriel Nciee 
ziisamiuengestcllt in MitteiluDgen des faistor. Verein» det Kanton» Seh «ryx. 
«J Heft. S. 5(5 ff. 

NCiRHCLER, Ctotteshäuscr IK-kaiiat i^uzeni .S. 29. 



Di« Verebrnng de« heiligen Onbes. 



107 



Von den zahlreichen Schweizern, welche im XVI. Jnhr- 
hundert zum hl. Grab gepilgert sind, seien genannt : aus Zürich 
Werner Steiner und Peter FüsbM (1 523) aus Schaffhausen 
üana Slockar, aus Glarus Ludwig Tschudi (1519), aus Unter- 
waiden P. Heinrich Stultz von Engelberg*), Jakob Stalder 
von Beckenried, Wolfgang Stockmann von Samen und Melchior 
Lussi von Stans. Aus L ii z o r n stammt der .T<M U3alomfahrer 
Jost von Meggen, aus S c h w y z Martin Richmut^) (1519), Peter 
Vülinger von Arth ') und .Jakob Bückle il5G5). Auch Frei- 
burg stellte mehrere lütter des heiligen Grabes, Bern, den 
Caspar von Mülincn 

Im IC VIT. .iahi hundert zo^ ein Herr voji Holl aus Solo- 
t h u r n ins heihge Land, ferner aus S o h \v y z*^) Hans Sidicr 
und Melchior Wyss (1614), Heinrich Hegner und Hilarius Gruber 
ilG29), aus Uri Guido Tanner und Jakob Schribcr. Unter 
den Wallfahrern df - W ill. Jahrhunderts sei genannt Nicolaus 
Reymann v<hi ['.msiedeln ( 1702» und .loh. Heinrich Mnyr von Arbon. 

Zwei bütreundete Geistliche aus Lu/.ern und Scliwyz, die 
uns bei Heginn ihrer Reise im Jahr 18i)<) mit ihrem Besuch erfreut 
haben, bewiesen uns, dass solche Wallfahrten noch in neuester 
Zeit gebräuchlich sind. 

Ueber die Wallfahrt zum heiligen Grab existiert eine reiche 
Litteratur, die aus den Aufzeichnungen der meisten hier genann- 
ten Keiaemien besteht ; einige derselben sind mit vielen Hand- 
zeichnuii^tti versehen, was sehr /.in Anscliaulk hkcit ihrer Be- 
schreibungen beiträgt. Die kirclilichcn Stiftungen dieser Wall- 
fahrer vcrfehlien nicht, die Eriunerunj; an das heilige Grab 
wieder und wieder wachzurufen und keiner der Grubesritter 
versäumte es, das Wappen von Jerusalem dem seinigen beizu- 
setzen und dadurch an seine Pilgerfahrt zu erinnern. 

ÂU diese Reisen hatten die Einführung zahlreicher Reli- 
qnien ▼om heiligen Grah zur Folge, und an diese knfipfte sich 
wiederum die Verehrung derselben. Es ist nicht nötig, hierauf 
die Verehrung der geweihten Ueberreste, welche die Altfire und 

b Mascscku-t A. <!1 der Zürcher Sf.-nlt1)il)Iiniliek. 
') Maxi-hcript in der HtiftsbibUothek Engelburg. 
') Maxc»ckipt iiu histor. Museum .Staus. 
*) P. Gaburi. Mbik«. a. a. 0. 

^) Vgl. das reîchillastrîsrte SIa^ccscript B. 9U der ZUrcher Stadt- 
bibliothek. 

^) r. Gabubl Mbibb. a. a. 0. 



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108 



Die Vcrebrnog des beiltgen Grabes. 



lleliquienRchreine des Mittelalters füllten, näher einzutreten, ') 

der ungeheure Bedarf an „llciliünicnr wird reichlich illustriert 
durch die Angahe, laut welcher der Krzbiachof Ubaido Lautranchi 
1188 gan/.c iSehitlsIadungen mit Erde von Golgatha nach Pba 
brachte.*) 

In solcher Masse konnten nun allerdings keine Partikeln 
vom heiligen (rrahe losgelöst werden, sonst wäre bald von dieser 
Stätte nichts mehr sichtbar gewesen; im Gegenteil ward es den 
Pilgern jeweilen durch den Barfüsserguardiuu zu Jerusalem ver- 
boten, Stücke von dem Grabe abzuschlagen. Die Wallfahrer 
hatten einzeln io die Höhlung, deren Wände mit weissem Marmor 
▼erkleidet waren, ta kriechen. Beim Abschied aher wurden sie 
eataohädigt durch ein grosBOB Reliquiengeaehenk der Rarfïisser. 
Dieses bestand schon im XY. Jahrhundert ,au8 mehr als dreis- 
Migerlei^ Partikeln, während im folgenden Jahrhundert sog. 
Agnus Dm — nicht lu verwechseln mit den p&psttiohen Wachs- 
medaillen — zur Verteilung gelangten. Dieselben waren her- 
gestellt aus Erdreich von den verschiedenen heiligen Stätten, 
das gemahlen, mit Jordanwasser gemischt, und schliesslich als 
gehärteter Teig in Form einer' Kedaille als frommes Andenken 
den Pilgern fiberreicht wurde. 

So kamen durch die schweizerischen Wallfahrer sahireiche 
Reliquimi vom heiligen Grab io unser Vaterland, und hier wur- 
den sie meist beim Ableben des Pilgers der Kirche fibermacht. 
In der That figurieren auch Partikeln dieser Art in allen be- 
deutenderen Kirchenschätaen, so s. B. in Bem,^ Luzem, 
Freiburg, *) Muri,*) Oachoang.^) 

Sowohl der hochgoschätzte liittorschhig des Grabesordens 
wie die Kiniulirung der Grabesreliquien bildeten eine wichtige 
Projiaganda für die Verehrung der heiligen Stätte. Einen wei- 
teren und fortgesetzten liiipuls erhielt dieselbe sudann durch die 
Zeremonien der A u f e r s t e h u n g s f e i e r , die seit dem XII. 
Jahrhundert äich zu eigentlichen geistlichen Scbau- 

*i vgl. K. A. STf ck-rt iir<;c:. Keliqoieu u. Beliquiare. IHÜ^, 

MoTues, Uaukuust s. 700. 
*) C. LAifo, hiit thool. Gmiidr. 1692. I. 707. 

a. a. 0. 968. 
n a. a. 0. 1095. 
r> a. a. 0. 1060. 



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Die Verehrung d«« heiligen Orabet. 



109 



8 p i c ! 0 n ausbildeten. Iin folgenden sei der Verlauf derselben 
kurz <liirfjoste!lt. ') 

Am firündünnerstiig wurde im Mittolaltor in den Kirchen 
ein Orab bereitet, in welches das alierheiligste Sakrament oder 
der < TuciHxus gelegt wurde ; in verschiedenen Diöze.sen hat sich 
die Zeremonie in verschiedener Gestalt erhalten. Am Charsams- 
tog Tiachts oder spät abends begab sich der Clerus in Prüzcssioii 
zu diesem Grabe, wo er Orationen oder Psahnen (3. 55. 13S) 
betete. Dann wurde das Grab geöff net, beweihräuchert und be- 
sprengt, und hierauf erhob man aus demselben das üruzifix und 
dann das AllerheiJigste. Die Priester zogen in Prozession und 
reponierten die Eucharistie auf dem Choraltar oder im Sakra- 
mentshaus. In einzelnen Gegenden zog sich die Prozession um 
die Kirche zum l'ortal. wo der Olticiator zuerst ein-, dann zwei-, 
dann dreimal mit dem Kruzifix un die Thür klopfte und das 
, lOliite portas principes vestras ... et introibit rex gloria*" sang. 
Ein Sänger antwortete von innen ^Quis est iste rex gloriœ?-* 
Diese Aufführung versinnbildlichte den Sieg Christi über die 
Pforten des Todes und der II()lle und kiui|iict' au das im .Mittel- 
alter vielfach verbreitete Evangelium Nieodemi an. în Kildis- 
riedcn hat sich diese Zeremonie bis in unser «Jahrhundert 
erhallen.-) 

Nach dem Eintritt in die Kirche ward das Sanctissimum 
auf dem Hochaltar, das Kreuz vor demselben deponiert. 

Nach der darauffolgenden Matutin wurde die Auferstehung 
in dramatischer Weise verherrlicht^ indem drei Sänger, welche 
die Hyrrhophoren, d. h. die drd grabbesnehenden Franen dar« 
stellten, ans dem Chor sum leeren Grabe traten. In diesem 
Sassen swei Chorknaben oder Leviten, welche die Engel dar- 
stellten und die Fragen der Frauen beantworteten. Dann traten 
die Engel heraus und zeigten das Leichentuch; ferner treten 
in einzelnen Dioezesen Petrus und Johannes auf und nehmen 
das Leichentuch m Empfang. Die Qrabbesucber kehren dann in 
den Chor zurück und kflnden feierlich an, das Grab sei leer. 
Der Gesang für diese Feier wurde im XL Jahrhundert von dem 
H5nch Wipo verfàsst und hat in vereinfachter Form sich lange 
erhalten. Seit dem XIU. Jahrhundert föUt das Volk etwa mit 
dem »Christ ist erstanden" ein. Das Crucifix bleibt da und 



•/ v^l Wf TZKK u. Wef tk 1. l(iiJ2— 1ÜÜ4 II. MosK ."i^cbaiisp. l. 7. 

•) CitM IIICIITSl-RKt.'iü W'll, S. 12Ö. 



110 



Die Verehrung des heiligen Grabe». 



dort an hervoira^ondcm IMatz, etwa an den ('aii/.ellcn bi?» 7ur 
Himmelfahrt stehen uik! vor ihm wurde die Usierkerze g;cbratint. 

Die künstlerische Wieder- 
gabe dieses Scbau««piel8 finden 
wir in zahlreichen Gemälden 
des Mittolaltet s Figur 1 zeigt 
den Betjuch der Myrrlidulioi-eii. 
d. h. der Marien um Grab. 
Da und dort ist nur ^iRria 
Magdak'na am (irai), so in 
der Konstanter Bibba Pau- 
jxTum, bald sind es zwei, wie 
auf unserer vom Jahre 1343 
stuiüiiienden Miniatur , die 
einem Indulgenzbricf für St, 
Leonhard in Basel entnommen 
ist. ') In der liege 1 sind aber 
drei Frauen, die sog. drei 
Marien am Grabe zu sehen. 
Wie sie sich der leeren Tamba 
I i;r. 1. nähern und wie ihDen dio 

Engel daa leere Leiehentuch zeigen, findet sich in Figur 2, einer 
bis jetzt TdUig unbekannten Malerei vom Beginn des XV. Jahr- 
hunderts zu Baar im Kanton Zug dargestellt. 

Ks Meiht noch übrig, die Aufgabe zu schildern, 
w 0 1 e h i! die Verehrung des heiligen Grabes für 
die Ar c Ii i t e k t e n u n d Bildhauer des Mittel- 
alters mit sich bracht o. Schon im IX. Jahrhundert 
wurde «u Fulda eine heilige Grabkapelle gebaut; im X. Jahr- 
hundert errichteten zwei aus dem heiligen Land zurückgekehrte 
Pilger in Toscana ein Oratorium zu Ehren der Reliquien des 
heiligen Grabes, die sie mitgebracht hatten; beute noeh trägt 
danach die Stadt Borge ^n Sepolcro ihren Namen* AehnKcbes 
geschah in Frankreich: Hier trägt scbonim Jahre 1124 zu 
Hontrevel (Dordogne), und später zu Saint-Restitut (Drôme) 
eine Kapelle den Namen Saint-Sépulcre. Eine andere heilige 
Grabkapelle befand sieb ehemals zu Bergerac (Dordogne , 
während zu Chorges (Hautes-AIpes) 1135 eine Kirche dem 




■) Iiu ätaatsarchiv zn Katel. St. Leonh. 378. 



Die Verehrung den 

Andenken des heiliges Grabes 

geweiht ist. 

Die Erinnerung an (-iti ehe- 
mals vorhandenes Heiligtum 
mit dem Namen Saint-Sépulcre 
bewahrt sich noch heute an 
manchen Orten, so zu Villacerf 
und Riancey (A.ube) ; zu O^o 
(Hautes-Alpes) trägt ein (Quar- 
tier, zu Argentière (cl>oiidu) v\\\ 
ehemaliger Spilal den Niiiuon 
des heiligen Grabes. In Luzern 
bei der Stiftskirche bestand 
schon ums Jahr 132fV eine hei- 
lige Oiabkapcllc, die aich an 
die nordöstliche Ecke des Kreuz- 
gangs anlegte. ') 

In Konstanz steht heute 
noch eine heilige Orabkupelle 
in Form «-inea frühgotisehen 
Polygons in einem Zeutialbau 
hinter der Kathedrale ; eben- 
falls in jjolygoner Gestalt er- 
richtete nuch jener Wallfahrer 
von Roll bei Solothurn eine hei- 
lige Grabkapelle ums Jahr 1640. 

Anderen I rsjirung aber ver- 
raten die zalilreichen im XV. 
und XVI. .lahrhundert entsLun- 
denen sog. Ii e il i gg rä her-*). 
Diese bestehen aus einer stei- 
nernen Tumba, an deren Vor- 
derwand in Malerei oder Plastik 
die Figuren der scbkfendeii 
Oiabw&chter darfçestelU sind. 
Diese Denkm&ler sind die monu- 



S XcscuKUER. Gotteshäuner. De- 
kanat Imsen) S. 8 und 10. 

*) V^l. Detzel. Ohrifttl. Ikono- 
(raphie I. 449. 



Urabes. Ul 



71 




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112 



Die Verelirnnir den heiligen Grabe«. 



montalo Wiedergabc joner hni/ernen Särge, welche bei der Feier 
der Auferstehung in der Kirche aufgestellt wurden. Diese Holz- 
tuinben des Mittelalters sind fast alle untergegangen : das älteste 
wühlnrhaltenc Fxfîiipl'ir, das dem Verfan'^er bekannt ist, befindet 
sich zu Haar im Kanton Zug. Es ist ein Sarg mit giebelfurmigeni 
Deckel von 1.Î0 ni. Länge, 0.77 m. Flöhe und 0.46 m. Breite. 
Auf der Schauseite sind zwei und den beiden Schmalseiten je 
ein Grabeswächtcr in Malerei (birgestollt. Auf den» Deckel sieht 
man die nächste Scene, den Auferstehenden mit der Kreuzesfahne, 
zwischen zwei Engeln ; schlägt man den Deek»d auf, so erscheint 
die dritte Scene, tler Resuch der Marien am (irab und die Engel 
mit dem Leichentuch (oben abgebilder). 

Leicht erkennt man in diesem Arrangement die Ein- 
wirkung des geistlichen Schauspieles auf die dama- 
lige Kunst; noch stärker und in die Augen s])ringeTider wird 
sie. wenn man die spätem Heiiiggräber der mittelalterlicbeu 
Kirchen betraclitcr 

Ausser deu Urabeswächtcrn und den Marien mit den Salb- 
gefassen treten nämlich noch zahlreiche Figuren, welche wohl 
bei der Grablegung, nicht aber nach der Auferstehung anwesend 
waren, hinzu. So entstehen Heiiiggräber, welche dieTumbamit den 
schlafenden Kriegern zeigen, im Uebrigen aber die Scene der Grab- 
legung plastisch, meist durch lebeasgrosse Gruppen, veran- 
schaulichen. 

Diese steinernen Heiiiggräber ersetzten, indem sie in der 
Charwüche festlich beleuchtet und geschmückt wurden, die frü- 
hern Schauspiele der Âuferstehungsfeier; sie pflegen meist in 
einer Seitenkapelle der Kirche angebracht zu sein, ausnahmsweise 
stehen sie etwa in der Krypta.') 

Solche Denkmäler der Verehrung des heiligen Grabes haben 
sich trotz dos Bildersturmes noch in beträchtlicher Anzahl er- 
halten. ( > 1 1 1 - i /. ililt eine gan/e Reihe von Beispielen aus Deutsch- 
land auf; in Frankreich sind dem Verfasser Heiliggräber mit 
statuarischer Assistons bekannt zu Saint-Sauveur') (Forez), Lé- 
menc (Savoie), Solesmes, und Saint-Oermain^) (Picardie). Auch 



') Ko «I leinene bei Chaiiibéry, zu S. Gereuii und S. î^everin in Köln. 

') Ilaiidhuch der khdil. Kuiistarchâiil. 1. S. S. :î65— ."567. 

Ah>r, bt'i Tiiioi.mhî I.e Forez artisti<|iie <'t pitt. p. bO. 
■*) Abg. iii TuAKuiK liisturique et luou. lb'.<5. 



Digiti.' 



Die Verehrung des heiligen (îrabes. llâ 

die Schweiz war reich an Monumenten dieser Gattung: die 
ültern waren einfache Tumben mit Grabeswachtern, die jOngern, 
aus spätgotischer Zeit, zeigton die Assistenz zahlreicher Figuren. 




Fig. 3. 



Früher waren vorhanden: in St. Gallen eine von Abt Ulrich I. 
errichtete Kapelle, ^in welcher er das Grab Christi mit Gold und 
schönstem Gemahl autt'gerichtet hat,"') Zu S. Leonhard in Basel 



«) C. Laîco. bist. theo!. Grdr. S. 1035 und 1049. 

8 



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1 



Die Veieitruiig iIgh heiligen Grabes. 



bestand ein steineroea Heiliggrab aua dem XIV. Jahrhundert, 
deaaen Grabeswächter aich im hiatoriachen Huaeum erhalten 
haben. In deraelben Stadt beaaaa die ehemalige Jobanniterkirobe 
ein derartigea Monumeot vom Anfang dea XV. Jahrbnnderta. 
E. BrcHELf der im vorigen Jahrhundert dîeaea, hier (Fig. 3) nach 
aetner in BaaeP) befindlichen Tuachzeichnung wiedergegebene 
Heiliggrab beachrieben hat, bemerkt dazn: 

ffAbaeichnung dea Heiligen Graba in einer Kapelle der 
Johanniter Kirche, worinnen sogleich die zwen Ordena Ritter 
aich befinden, nemlieh die zwen letztem. A der auf dem Grab 
in Stein auaagehauene Gotteakaaten, mit einem eiaenien Deckel 
veracbloaaen, den man mit einem Malenachloaa beacblieaaen kan,' 
ina geviert 5 '/s Zoll groaa, daa Grab iat über 6 Schuh lang, die 
Figuren daran aind erhaben in Stein auaagehauen und bey Alter 
aehr preathaft und veratoaaen.* 

Ungefähr aua deraelben Zeit atammt daa heute noch wohl- 
erhalteoe Heiliggrab zu Schönenwerd im Kanton Solothum;*i 
daaaelbe wurde laut Inachrift geatiftet von Hans von Fnü-cnstein 
„got ze lob und mir und minen vordem ze heil.* Vom Jabre 
1438 datiert daa Heiliggrab von S. Nicolaa zu Freiburg i. Ue.'') 
Nur iî^ Fiagmenten erhalten ist una ein analogea Denkmal aus 
der Ktt])i'lle tk>s Sclilosses Homberg im Aarauer Museum. 

Auch Schaifhauscn ^) bcsass ein Monument dieser Art, des- 
^'leiehen Rieden im Kanton Zürich, wovon wir im Kaplanen- 
buch ') lesen „Item ein achonj allmerien zu der kilchen vor dem 
helgcn gral)." niarus hat noch am Vorabend der Reformation 
seiner Verehrung; für das heilige Gral» Ausdruck verleihen wollen, 
als es bei Lux Haggenberg in Wintcrthur ein sdlches Denkmal 
für seine Kirche bestellte iiu t liiefür Anzahlung leistete. 

So hat die Kirche des Mittelalters durch dramatische und 
dann durch bildnerische Schaustellungen zum Volke gesprochen 
und die Erinnerunf^ an die heiligste Stätte der Christenheit im 
Volke in sinnlicher Weise wachgehalten. 



') KlnzelUlatt ni der üft'entl. Knn^tsanmilitti«^ 

^) .\bg. bei Kahn, Dio luitteiaiterlichen Kuu^tticnkiiiaicr des Kau- 
toa Solotburn. S. 191. 

•) AxtEioKii flir Rchweaerisehe Akertuinakiiiiile. 1883, S. 47ü. 
Dbllion, Statistiqiie des par. rattictliqueft. VI. p. 397. 

♦) C. Lxsa. a, a. 0. S. 1014. 

''j Mji$ti>i.Rii>r den Staatsarchivs Zürluii. 



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Volkstiiluliclies aus dein Kantun Zu(f. 



115 



Volkstümliches aus dem Kanton Zug. 

Von Auna Ithen in Obcr-Aegcri. 
(Fortsetzung ) 

Am Palmsonntag werden von der Jungmunnschaft 
, Palmen" (an Staugeu gesteckte Palnibüsche) mit Aepfeln ge- 
schmückt und in die Kirche gestellt. Hierbei sucht es Jeder 
dem Andern an Höhe des Baumes zuvorzuthuu, so dass schon 
öfters dem Küster die Weisung gegeben werden musste, die all- 
zulangen Stangen zurückzuschneiden. 

Bis in die Fünfziger Jahre wurde in der Pfarrkirche Zug 
am Karsamstago die Auferstehung Christi bildlich darge- 
stellt, indem man den im Grabe ruhenden Heiland mittelst einer 
Mechanik emporhob. Aehnliches geschieht in den Flecken Schwyz 
und Steinen am Himmelfahrtsfeste. Durch eine Rollen- 
vorrichtuug wird die Figur Christi bis an das Gewölbe der 
Kirche hinaufgezogen. Die Gestalt des scheidenden Erlösers ist 
umgeben von Blumen, die ihm die Kinder, darunter oft ein- bis 
zweijährige, zum Abschied gespendet haben. 

Ostereier werden auch im Zugerlaude verschenkt; 
solche bunt gefärbten Eier legt nach dem Kinderglaubeu der 
Kuckuck oder der Osterhase. 

An Pfingsten werden im Kanton Zug keine besondern 
Festlichkeiten abgehalten, ausser dass auf den Pfingstmontag 
stets der kantonale Sängertag der Kircheuchöre fällt. 

In Schwyz wird am „Pfingstheiligtag" von mittags 12 bis 
1 Uhr mit sämtlichen Glocken geläutet. Auch sind seit dem 
grossen Brande im Flecken Schwyz als Gelübde Gebetstunden 
angeordnet. 

Am Pfingstmontag begeht das Land Schwyz seine Wallfahrt 
nach Einsiedeln. 

Während der Pfingstwoche bringt der Küster von Schwyz 
den Heilig Geist in Form eines ziemlich grossen, schweren 
Kreuzes in die Häuser. Ein ihn begleitender Knabe trägt den 
Weih Wasserkessel und Wadel. Wenn der Küster in das Haus 
tritt, spricht er den Segen: ,/n Glück is JIks und *s l'iujluck 
d'rus." Der Hausbewohner nimmt Kreuz und Weihwasser und 



J16 



VolkBtttmlichea tan àem Kanton Zag. 



geht damit durch all' (iemächer, um zu bewirken, dass der Qeist 
Gottes in dem Hauae Wohnung nehmen möge. 

Der <^eorg8tag ( Jurislug^ 23. Âpril) ist em Loostag" 
fQr den Land mann. Ehemals pflegten die Sentenbanern auf der 
Hohen Rohne an diesem Tage nach dem Wetter auszuschaueu. 
Wehte oben der Föhn, so galt es für ein günstiges Zeichen^ 
das mit Schmiiiiaoii uiui Zechen gefeiert wurde, ging aber der 
„Biswind", so musste man aul lieukaut' bedacht sein, denn e» 
war dann zu gewärtigen^ dass die Kälte 6 Wochen andauern 
würde. 

Einige AehnHelikeit oüt dem Emtefeit lut d«r Äbeohlnfl» 
dee Strenemaeliens in den Riedmatteo. Hit dem Eiii> 
Munraeln der Strene Ende Oktober bis Mitte November sind 
nämlicb die bänerlicben Arbeiten im Freien beendet ond dieses 
frohe Ereignifl wird mit Spiel und Tanz in den Bauermtnben 
gefeiert. 

Bei Eirebweihen nnd Jahrmärkten werden die 
bekannten Sennenepiele : Sdiwinget, Steinfttoeien, Chäszännel^) 
etc. anfgefnhrt. Die «Gaiabodenkilbi*^ bei Feleenegg bildet far 
solohe sptellnetige Sennen einen besonderen Ansiehnngspunkt 

Die Böiger von Zug besnehten von jeher besonders tahl- 
reicb die Eirehweihe in Ober^Aegeri, weil sonst nirgends mit 
solcher Herzenslast getanzt wird. Kaum anderswo wird auch 
anf die Kirchweib eine solche Masse von ChiledliH nod Krapfen 
gebacken. Diese werden in den fiauernbftnsern von Sonntag 
bis Dienstag während der 3 Tage nie vom Tische genommen 
nnd stehen jedem Esslostigen aur Verfügung. Ein viel gehörtes 
Sprüchlein lautet: 

,,Ji(hey ivas hnn i (fseh 

ZWegeri a der Chilbi. 

lAiMig sind's wie d' Fisch im See, 

Taii'r fifi^)i(f ir/c Wildi.'* — 
Ehemals pflegten die Sennen und Aelpler an der auf deo 
16. August fallenden K i r c h w o i h auf St. Jost') ein hceon- 
deres Fest abznhalton. Zu ihnen ere?el]ten sich die Heiniathisen 
(Feeker), Im damaligen Wirtshaus Schoiienboden, wo die Fecker 
häufig verkehrten^ belustigte man sich bei Musik und Tanz. Die 

0 E» werden um die Wette Griroassen gesehnitten ; wer den i^ieg 
davon tri^gt, crhSIt einen Chäshism (ca. ciu V^icrtel eines Kifolsibes.! 
<) Kapelle auf einer Aohöhe oberhalb Aegerl. 



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Volk»tttmlichw ans dem Kanton Zug. 117 

Fecker 8olItin sich bei dieser Gelegenheit luniier si hr splendid 
bewieBen haben, und es soll dort oft mehr Geld getiossea seiOi 
als im Oktober an der Dorfkilbi. 

l'eberhaupt trieben sich die Fecker gerne in der Gegend 
von Aegcri umher und machten von hier aus ihre Beutezüge. 
Mit Vorliebe verlegten sie ihr Lager auf die Hohe Rohno an 
den Dreiländerstein, dn dort an der Grenze von Zu er. Zürich 
und Sehwyz die Polizei eines einzeloea Kaatoues ihrer nicht 
60 leicht hftbhaft werden konnte. 

Yiclgenannt war In den dreissiger Jahren ihr Haaptmann 

Jakob Bar. 

Derselbe galt, obwohl er weder lesen noch schreiben zu 
können vorgab, als ein vielseitig gebildeter Mann. Man vermutete 

in ihm einen ehemaligen Offizier irgend einer Fremdenlegion, 
doch Iie38 sich Öi'-heres über seine Herkunft nie ermitteln. Von 
grosser geistiger und körperlicher TJchprIegenheit seiner Rando 
gegenfibfr, übte er eine unbedingte Herrschaft über dieselbe aus, 
forderte strengsten Gehorsam und bestrafte die Unbotmässigen 
ganz nach Willkür mit Prüi^eln oder auch Messerstichen, So 
verwegen und tollkühn sciuü Gauiierstreit^he waren, so edel und 
grossherzig benahm er sicli furchtsamen und schutzlosen Wesen 
gegenüber. So wird erzählt, dasH er z B. Frauen nach Ein- 
»iedoln und ins Zürichbiet sicheres Geleite über die Berge ge- 
geben habe. Erst beim Abschiede habe er sich den erschroekenen 
Personen mit den Worten zu erkennen gegeben : „Grusst nur 
zu Hause Alle und sagt, Jakob Bar habe Euch begleitet." Bei 
seiner endlichen Gefangennahme (1837 oder 1838) auf „Mülleren" 
bei Rothenthurm brauchte ea fünf Polizisten und noch weiterer 
Personen, um den Gewaltigen /u fesseln, doch lautete das Urteil 
nach vorgeuunimooer Gorichtsverhaudluug nur aut lebenslängliche 
Haft. 

Die L a LI ds g e m e i n d e n haben in /ug (wie in Schwvz) 
mit dem Sonderbund 1847 aulgehiirt. Die letzte Landsgemeindo 
— eine ausserordentliche hatte Zugs Eintritt in den sog. 
Sonderbund beschlossen. Die ordentliche Landsgemeiudo ver- 
sammelte sich jeweilen am ersten Sonntag im Mai mittags 1 2 Uhr 
anf der Platzwehre in Zug. Nachdem die Dorfgemeinden unter 
Trommelwirbel in die Stadt eingerückt waren und ßich die ganse 
Landflgeiiiriiide im Rathaus Tersammelt hatte, bewegte aidi der 
Zug Ton hier nach der Platzvehre am See; der Standeaweibel 



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I 



Volkstümliches ans dem K«nton Zng. 



in Amtstracht, die Regierung iu Mänteln, der Landamniann mit 
Drfiirdhrenhut, Mantel und Degen Jeder Wahlvorschlag wurde 
in fdlgender Form vorgebracht : ..Ich schlage vor (z. B.) als 
Laiidummaan deu huchgeachteteu, hochgeehrten Herrn N. N., 
und das bi Ehr und Kid !* 

Weniger charakteristisch sind die Qemoindeversaminlungen ; 
doch sei ein hiebe! TOrkommender «gentfimlieher Ghehrauoh erwähnt, 
naeh welchem den Fflhrero einer uoterlegenen Partei tod den 
Siégera nftchtlicherweile Bohnenstangen (StUdi^l snra Spott an die 
Häuser gestellt werden (sHdtle). 

Ist in einer Gemeindeyersammlnng ein emträglicfaes Amt 
zu vergeben, so harren die Buben auf den Ansgaoj; der Wahl» 
um dann sofort nach Bel^anntmachuRg das Botenlaufen zu 
beginnen. Wer zuerst das glückliche Wahlergebnis in das Hau» 
des Gewählten berichtet, wird reichlich bewirtet. 

Den Knaben der Stadtgemeinde stand ehemals des Wahl- 
recht des Sehwemmeisters der Gassen') zu und man sagt, 
dass solche aaf dieses Amt Reflektierende namentlich am Vor- 
abend des Wahltage« die Chinet der Wählerschaft durch Ein- 
ladung zu einem Mahle oder YerabfolgUDg besonderer Lieblings- 
speisen und Getränke nachgesucht hätten. 

Heute noch, wie früher aberall, werden in Zug auf der 
Strasse verlorene oder gefundene Gegonständo durch den sog. 
Ausrufer angerufen. Derselbe geht durch alle Gassen und 
bedient sich, um die Leute aufmerksam zu machen, einer grossen 
Schelle. 

„Bis ins zweite oder dritte Jahrzehnt dieses .Tnhrhunderts, 

als der Schnepfenfang noch ergiebig, war in Ober-Aegeri daa 
..B ö g 1 i 1 a u f e c:o^r{iuc'hlich ; ein Wettrennen für tlie Knaben 
auf der Allmend, u n dort rosshäreue fcJchlingon für den Schne- 
pfenfang zu setzen. Zu dem Zwecke begab sith im einem 
Herbsttage ein Geistlicher von Ober-Aegeri auf St. Jost, las 
dort Mesae, welcher eine Menge leichtbekleideter Knaben bei- 
wohnten. Nach Beendigung derselben verfügte sich der jst- 
liche mit den Knaben auf eine benaciibarte Anhöhe, St. Jilasi 
genannt, stellte die Rennlustigen in eine Reihe nebeneinander^ 
gab ein Zeichen, worauf die Knaben losrannten, und zwar die 

<) Das Sehwemmeistenimt wurde 1S80 anfgehobeo und den Stadt* 

arbeiterii tlbertr.igeii. Die Schwemmeister hatten Dohlen, „Ablä^iüo* uml 
Öchwellen an den «Strassen und Bergwegeo in Ordnung 2U halten. 



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Volk«tllmliehe« au» dem Kanton Zug. 



119 



besten Läufer natürlich flf'njonigen Wäldern zu, wo sich die 
Schnepfen in grösster Meuge uufhieltoii. Im Wahh' nnû-Hkc^mmeii 
brachen sie Reiser von den Tannen un<1 streuten dieselben auf 
(lern Tloden umher. Kein anderer durtte dann in dieseni "Walde 
Bügleiu stecken.*") (Nach Dr. Jthen in Ober-Ae-^en 1842). 

Schütze ni^esellschaften, die die Hebung des 
Sehiesswcaens bezwecken, gibt es in jeder Geineinde wenigstens 
eine. Ausserdem bilden die Schulkuaben orguuisierte Armbrust- 
schützengesellschaften. In einigen Gemeinden findet das J^chluss- 
sehiessen ( l\sschiessef) mit Oabensohiessen (Grüunjrlsclucxsel) 
an der Kirchweih statt; in anderu um Tage der hl. Katharina, 
nachdem man der für die verstorbenen Mitglieder gestifteten 
^JabnEeit** beigewohnt hat. Gewöhnlich nimmt man an, daas 
junge Ehepaare, die in dem laufenden Jahre getraut worden 
waren, Gahen für daa Schfltsanfeet spenden. Wenn nun ein 
Paar hesonders generös sein wollte, so liess es seinen Namen 
auf einen Zettel sehreiben und an der böhernen Statue des hei* 
Ugeu Sebastian, der stets dem Zuge Torgetragen wird, befestigen. 
Dadurch besagte es, dass seine Gabe mindestens den Betrag 
von 20 Franlcen repräsentieren werde. Sind mehrere Zettel 
vorbanden, so darf sie sich der Meistersehflti ansehen und den- 
jenigen Namen w&hien, deasen Inluiber ihm am freigebigsten 
scheint. Dies nennt man «die Hoohseiten vers ehi essen". 

Wetterregeln. 

Wenn die Hühner krähen wie die Hfthne, und abends 
Hühner und Geissen nicht von der Weide wollen, so gibta Regen. 
Scheint die Sonne an Li eh tm es s in die Kerzen, bleibt der 
Fnchs noch sechs Wochen in der Höhle.') Der Karfreitag 
soll ein Regentag sein. Der Hai tag darf keinen Tau haben. 
Drei wichtige Lostage sind St. Med ardus (8. Juni), St. Yeit 
(15. Juni) und Maria Heimsuchung (2. Sept.). Yon der 
Rigi heisst es: „Cha me uf de Rigi (VSckneepkiU xeUä, so 
cha ine i de Bödä d^Chriesi knäUäl"*) Wenn der Nebel 

*) Im Schweiz. Id. Bd. tif, 1199 wird dan «BdgUlaufen* ander« er- 
klXrt, doch iHvd die hier gegebeae Sehildernnif exakter «ein, da der Hefe- 
reat den Brauch in «meiner Jagend «elbst niitgciuacht hat. |Hed.] 

An Liehtmess werden die Kerzen fçowcilit; Kcheint nnti wiihrenil 
der Weihe die Suuiie aut'doa Altar, su gibt es auch lauge keinen FrilhUni^. 

*j D. h.: Wenn auf der Rigi ^R. ist in der Mnndart der Anwohner 
Femiaiuttm) der Schnee nnr noch «tellen««i«e liegt» w sind in den Nir- 
dernngea (Büää) die Kimchen noch hart 



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laO VolkstUmlicbM aas dem Kanton Zug. 

auf dem Aegerispp schnell in die Lüfte steigt, tribts Rrgen, 
lichtet er ullniälig uud schleicht dem Studonbtrii: entlaug. wirds 
schön, „versäuft** er aber im See, so gibt en ariljulu nd schlechtes 
Wetter. St. YereTia (1. Sept.) soll morgeus das Ivrüglein leereu, 
doch nachmittHi^s die "Wäsche wieder trocknen; und weiterhin: 
D'Sfitif \'/c .V/// \()rinUlag nn F/u/if/rj [nassen llocksaum] 
gah und yuch millag ivider irovlKt shili. Von einem morgens 
im SoniicDschein strahlendem Verenatug sagt da« Sprichwort: 
E gi((ttoni Vre, i Uri W'uche Rif und Schnee. 

Spiele. 

lieber das frOher aehr beliebte Niggolspiel und das 
Kttgeldrölen vergleiobe man die ausf&hrlidie Beschreibung 
bei Staoun, Geschichte des Kanton Zug I 8. 38. Ein an- 
deres, nunmehr ausser GFebraucb • geratenes Spiel war das 
Hnttelen. Nach der Erzählung alter Lente hatte das Spielzeug 
die Form einer Hilchmulde {MuUe\ in der eine Anzahl Schüssel- 
chen ausgehöhlt waren, wovon jedes mit einer Nummer benannt 
wurde. Das in der Mitte liegende Sehfisselchen war der Haupt- 
treffer, darin lag das gesetzte Geld und die Angabe des Quan- 
tums des auf das Spiel gesetzten Mostes, Weines oder SLäses. 
Neben dem Haupttreffer war das Sehfisselchen der Nummer 00, 
Hebisnagd geheissen. Eine Kugel wurde innen am Rande 
der Mulde in Bewegung gesetzt und daon frei laufen gelassen. 
Je nachdem dann die Kugel in einem Schiisselohen stehen blieb, 
war der Gewinnst grösser oder kleiner; blieb die Kugel im 
Mittelschüsselchen, so hatte der Spieler allen Gewinnst, traf sie 
den „Hebisnagel*, so hatte er das Spiel verloren und musste 
neu setzen. 

, Kaisern/ „Ramsen/ ,8chwarzp oter n,* »Klopf- 
petern," „Muriaschen" uud „Schnip-schnap-schnur" 
sind ältere Kartenspiele. Das „Jessen*' hiess vor ungefähr fünf- 
zig Jahren ^Erstlen**. Heute kenut man ausser dem «Zagerjass'^ 
auch den „Kreuz-, Königs- und Schmausjass.'* 

Musik und Tanz. 

OefFeutliche Tänze finden statt an Kirchweih, Jahrmarkt. 
Fastnacht uud am L'sschk'SseL Sie beginuon jewcileu nachmit- 
tags in den Stuben der Wirtschaften. Die ältesten Tänze sind: 
der „Allewander* ein Reigentanz uud der jetzt noch beliebte 
ttMuotathaler*, beide ziemlich kompliziert; ferner der heitere 



Volkitltiiiliebes aus dem KaatOR Zag. 



m 



„Gäuerler," der schnelle ^Langinus" und der „Ländler* (eine 
Art Walzerl. Neuere Tänze sind der „ Altmättler**, „Vötreli- 
schottiach", „traribaldi" und der ^Hauptsoeer Jauchzer*. DiLHur 
vierstimmie: gejodelte Tanz hat sich neuostens von llauptsoo 
(Uaselniatt bei Ober-Aegeri) aus in Zug und Schwyz 
verbreitet. 

Sowdlil nu8 dem Muotathui aU von Ober-Aegeri werden 
Jodler und Büchler (Alphornblüsei) oft von weit her verlangt. 
An die 1890 in Wûrzburg veranstaltete landwirtaohaftliche Aus- 
•toUnnsf wurd« eb Alphorobl&ser und ein Jodler an« dem Muota- 
tfaa), ein Baaer and eine Bänetin ani Ober-Aegeri bemfen. 

BeBondere charakteriatiaeh aind die Preiatftnae, wie 
aie Ton Zeit au Zeit im Kanton Zag abgehalten werden. Die 
ganze Featlichkeit wird von einem Tanameiater («Tanzaeheoker*) 
geleitet, an dem namentlich die Kopfbedeckung auffallt. Dieaelbe 
beateht aus einem breitkrftmpigen achwaraen Filahut, der ringe 
mit Blumenf weiaaen, roten nnd blauen Federn, Goldflitter nnd 
langen bia anf den Rücken fallenden Bändern geachmfickt ist. 
Der Tanameiater dingt nnd bezahlt die Hnaikanten und erhebt 
dafür von den Tanzenden nach jedem «Beaten" (Serie von sechs 
Tänzen) ein kleines Tanzgeld. Der Wirt gibt den Platz und 
freie Kost für die Musikanten, den Tanzachenker und die ,»TaDZ- 
achenkerjungfern" (Mädchen, die der Tanzachenker engagiert 
hat, wenn Mangel an Tänzerinnen lierracht). Die Tänzer selbst 
zeigen bei solchen Preistänzen oft eine erstaunliche Gewandtheit 
und Taktfesttgkeit. So kommt es nicht selten vor, daaa, nament- 
lich beim ^.Gäaerlen'^, der Tänzer im Takte über Bänke, Stühle 
und Tische zu springen hat, um dann nach diesem Intermezzo 
wieder mit der Tänzerin einzusetzen. Steigert sich die Lustig- 
keit, so werden zuweilen die Musikanten von der Geigenbank 
hera])gerufen und ihnen befxlilon in der Mitte des Saales auf 
dem l'ussboden sitzen*) ^v. iti r zu spielen, wi»; denn ülierliaupt 
von jedem rechten Geiger verlangt wird, dass er in allen Körper- 
lagen sein Instrument bemeistere. 

VolkimeiniHigra luid Volksglaulieik 

Die unglückbringende Bedeutung der Zahl 13, dos Mitt- 
woch und Freitag, der Begegnung mit Katzen in der Morgen- 
frühe u. A. besteht im Zugerlaude nicht. Dagegen ist folgender 
Yolksglaoben zu verzeichnen : Krächzen vor einem Hause die 
£,1 8 l^e r n y so gibt's dort Streit. Die Schwalben bauen 



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122 



Volk»tUmliehe« ans dem Kantoa Zag, 



nur in dem Üachgiebel solcher Häuser ihre Nester, wo Friede 
Ju-rrsrhf: entsteht Streit, so ziehen sie aus. Wo d;m Ih's-h'nttli 
(Hutl<.el( licti ) vertrieben wird, schlägt der Blitz ein. Nistet die- 
ses Vügelchen im Stallgiebel. so nennt man oa Slal-lidteli \ dort 
vertrieben bewirkt es bei den Kühen „rote Milch**. 

In den Pestjahren 1628—29 wurde als Schutz- und Heil- 
mittel Sägemehl verwendet, gegen welchen Aberglauben die 
Geistlichkeit vergebens geeifert hat. 

Kinilerlieiler und Reime. 

Den kleinen Kindern siugt man beim Schaukeln auf den 
Knieen: 

*Ä Spimlli heissl Bühnli 
's nitzt uf em Mddi 

spinnt es längs Fiidäli 
*s ffod i sis GüdeU 
Und pu(Zt sini Wädeli, 

Abzählreim bei Kinderspielen : 

/ (Jone [gehe] uf Sanf dnllü, 

Liriss Uli nid loh faUü, 

T/'f'ig t/il uf da Leitärd hei [hciroj, 

Sei:- t/ti hinli'i's Tisdicll, 

Gib mer Brod und FUchdi. 

Das Kind, auf welches die letzte Silbe Ii fSUt, liat das 
Spiel EU beginnen. 

C h i 1 b i 1 i e d der Mädchen : 

Chund da (JhilbiUuj a, 

Mcitdi oiuess nifcs [ncuesj Rückdi ha, 

Rochdi nid alU'i, 

Striiutpf und Schueh au dabei, 

lioti litnio/fdli, 

Nüä StmiUiuei, 

Es Maiâîi 

Das gndppdla [nicken] ttted. 

T a n '/. 1 i 0 d c h e u , wobei sich die Kinder im Takte tän- 
zelnd bewegen : 

J/ans -foggeli lin Badi 
He<l luler gved Sach, 

Med (ji'oppalüt [Groppcn gefischt] und gflschdlät 
Und doch niid hei bracht. 



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VolkstiinilichcH nus dciu Kniiton Zu^. 



123 



Spruch der Schulmüdchcn: 

P/1 aster a da Murti^ 
D'Biiehfi sind die fula^ 
Chriesi a da Aesfd, 
D'Meidi sind die besUi. 

Um morgens den Kirchen- und Schulbesuch nicht zu ver- 
säumen, beten die Kinder beim Zubettgehen: 

Licher^ heiliger Vil, 
Weck mi zue rechld ZU, 
Xid z'friieh und nid z'spat: 
rm sedisi. 

In Cham und Steinhausen hört man folgende Spottreime: 

I. 

Wenn Eine e sleinifje Acher hed 

l'nd au e stumpfe Pfluetj 

Und de nu [dann noch] e bösi Frau derzue, 

So Ut er (f schlage gnueg. 

II. 

Wenn eine e steinige Acher hed 

l'nd hundertpftnulig Striimpf, 

So mag er staffle [herumstampfen] wie er will, 

Es gid em keini Hihaitf [Eindrücke in die Haut ] 

Um die Kinder im Taktgefühl zu üben, lässt 
man sie folgende Sprüchlein hersagen, wozu sie mit der Kreide 
Striche auf das Schieferblatt des Tisches zu machen haben : 

I. 

Schlnch, schlnch Sügeli^ siebezeh Nügeli 
Keis minder^ keis uteh^ weder siebezeh Sügell. 
Am Schlüsse sollen 17 Striche auf dem Tischplatt stehen. 

II. 

Wlrli wirli toi, wirli wlrli wi, wirli wirli wij 
Dine Vater ^ mine Vater sitzid gern bim UV, 
Wer will wellet ich will welle, '.s sigid zvf'lnzg und dri. 

23 Striche. 

Auf der Brettschaukel (Higampfi) wird gesungen: 

G igaiii pf, W asser stam pfy 
Rote Rock, Mdgalistock. 



l'ik V'olkfttUmliebes im» dem Kanton Zng. 

Heim ICiogelreiheo: 

Ringel, rhujel lieiho. 
D' Mailli (jofid i (V Maie, 
i)' Buehä gond l d' Hanelnuss, 
Machid alli htischj husch, husch. 
Bei husch, husch, husch habsn Alle den Boden sn 
kauern; das Langsamste hat da« Spiel verloren. i 

Spiele. 

lîrrfttisntnriic. Ein Kîn<î vorsteckt den Kopf im Schoaso 
eiuea auderen, welches nunmehr spi^ip Fäuste gelinde auf doD 
Kücken des ersttern schlägt und dazu spricht: 
Knipis. liiiopis IJaherstock, 
Wie hifings Horn hi'd nf de Hitck ^ 
und hält dabei einige Finger in dii« Höhe Wird die richtige 
Zahl der Finger (Horner) nicht erraten, so fährt es fort: 
lU'si nid errate, 
Chan/ nid ro dfmne schnagge, 
Iledisch fiifi (odor so und so viel) g'i'aiVy 
So hed i der es bischli brate. 

Knipis hnopis llaherstock. * 
Wie t/Kings Horn hed uf de Hoch f 
Wird endlich die Zahl der Uörner erraten, so heisst es am Schluss: 

Jetzt hesl errate, 

D'i'um hast to dänm schnagge, 

Was wH lieber, Mast oder Wif 
W&hlt daa Kind Most, so bekommt es zum Scliluss einen starken 
Schlag auf den RQoken, wShlt es Wein, so heisst es: 

Schlönd AUi dri, scMmid Alli drif 
und die Hände der Kinder fallen auf seinen Rücken nieder. 

Volksscliauspiele. 
Cicistliche \ oikHschuuspioie wurden in früheren Zeiten 
wiederholt aufgeführt. Die Stadtgemtiiule besitzt noch daa 
Manuskript eines Spieles von Sankt Oswald aus dem .Jaiiro i 
1480 ) iu Aegeri ward 1667 die G e b u r t Christi von den 
Schülern dargestellt; am Oharfreitag 1668 durch zwei Personen 
ein E c c c h o m o und eine Mater dolorosa. Baar führte 
ebenfalls ein Spiel auf, als die lleliquieu des hl. Sil van eiutrafen. 

' Frajçineiite dcHselben l)ftiiuleii sich nacb eiu^çezogenen Erkundige 
iiogen im Beüiti&e ^Seiner Hocliwürdca den Herrn Eektor Keiser in Zug. 



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Volkstltmitohe» ans dem Kanton Zug, 



135 



(Ein Oeachenk von Bischof Bartboloinc Mcnnath in Lauda.) ^ 
Id Cham ward der Ertfag des 1786 von Liebhabern gegebenen 
VolkaBcfaAuspielea ^ an die Stationengemftlde in der Kirche 
▼erwendet 

Volkswitz und Volksspott. 

Die fünf grössten Weltwunder sind : „Eiu auirichtiger 
Urner, ein demütiger Schwyzer, ein ehrlicher Unter- 
wultliier, ein ehrbarer Ii u z c r n o r und ein gescheiter Zug c r/' 
Die Bürger der Stadt Zug , .haben die Narrenkappe bis über 
die Ohren gezogen" ; die A e g e r e r sind ihres Durstes und 
grossen Appetites wegen berühmt. Auch sagt man: „Der 
Aegerer im Fegfeuer" Die Menzinger heizen mit 
grünen Stauden," andeutend den gewaltigen Hauch, den die in 
den Köpfen liegende Einbildung vemriaehe. Die Baarer sind 
,,Räbenmannen** [Rähe, weisse Eflbe] nnd trinken Räbenmost, 
wegen der grossen Herbstrfibenpflaosangen. Von den Bflrgem 
Ton Ne H h ei m wird errîhlfc: einst habe der Teufel die "Sea" 
heimer samt und sonders geholt und nur die SLinder flbrig ge- 
lassen; von dem jnngen Nachwuchs sei der Name Neuhetm 
entstanden. Die Cham er sind „Hirseesser**, da bis zum Jahr 
1798 in Cham am Feste der 10,000 Ritter (22. Juni) dreisehn 
Kessel Hirse gesotten und ausgeteilt wurden. Die Köchin, die 
sie am besten zubereitete, erhielt ein Paar rote Strumpfe. Die 
Steinhäuser sind Bauälä'Böck (Baumwollenbocke) *) und die 
Walehwiler Kestene-fgd (Kastanienigel)-''). Ein Spottreim 
lautet: 

„Zug ist ä schöni Siadt^ (manchmal auch XarrtHstadi) 

Baar ist ä Beildsock, 

Nää [Neuheim] üt Üs Lumpepack, 

MenziQä ä Liräkäbel [Butterfoss] 

Und Aegeri da Dackel drüber. 



t) %. Stadlin, Topographie von Zug III, 190^ 

») s. SrADLiv, a. a. 0. 11. 122. 

*) Heden^art, die auch in joucii Uugendeii nicht melir erklärt zu 
werden vermag. 

«Baamwollenböcke" hiemen früher die Spinnritder, an denen 
Baomwolle gesponnen wurde. Uebrigens beachte man aneb noch, daiw 

die Steinhauser in ihrem Wappeti einen Steinbock führen. 

') Wegen di r dort :itigelegcen Ka«tanieuwaldungeu. «igcl" wegen 
der Htachligen iiitit^en der Früchte. 



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1126 



Die FastDachtsgebräuehe. in der Schweis. 



Im /ugcrlande sind die Kouservativen rot uud die 
Kadtitalou schwarz. Tn den fröhern Allmendstreiten hiessen 
die zum Austeilen der Ge inoi n degüter Geneigten die 
„Tannenen", die «um Erlmlten der Alluieud Ent- 
8c bloss 011 en ,,d i o B u c h o n o n". Um der gleichen Ursache 
willen hatte Schwyz .,Hoin- und Khiueninauneir'. liekannt sind 
auch dio Boneniiuugeu Harte"' und „Liudu" für die Parteieu 
Schumachers uud der Zurlauben in der ersten Hälfte des letzten 
Jahrhanderts. 

Darch die Oencratiunen hindnreli hat sich in Aegeri foI> 
gendes Spottgedicht atif die Schulmeister Tererbt: Der Bat 
des Städtchens Rapperswyl snchte einst einen Lehrer an eine 
hdhere Schnle. Nach längerer Zeit meldete sich endlich ein 
Kandidat, üm sich über seine Fähigkeiten anssaweisen, erhielt 
er die Aufgabe, ein Gedicht zn rerfassen, worauf er Folgendes 
SU Stande brachte: 

i bi dä Meisler Hüdebranü 
Und stech dü Spiess i — dM/ur ist Wand], 
Mi Fyuu heisst Kathri 
Und trinkt gärn e gttetä — Most (st, WiJ. 
Auf diese Leistung hin habe der Lehrer die vdcante Stelle 
erhalten. (Schluss folgt) 



Die Fastnachtsgebräuche in der Schweiz. 

Von Dr. E. Hoffmann-K ra ver in Zürich. 
(Fortsetzung.) 

Nicht minder alt, aber bis in die neueste Zeit hinein aus- 
geübt, ist das Tunzeu an der Fastnacht. 

Wir wollen uns hier nicht bei dciunudcruenTanzbclustiguugen 
aufhalten, wie sie an jedem Ort und zu jeder Zeit vorkommen, son- 
dern bloss auf die spesiellen Fsatoachtetänze aufmerksam machen, 
die uns aus älterer Ze^ überliefert sind. Erquickliches ist freilieh 
nicht zu melden ; der Zürcher Hospinian spricht sich hierüber 

') K. HuBPisiAxuH. Festa Cbristianornm. Tiguri ld93 p. 38. 



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Die Fastiiaclits^çebriiucht" in der Schweiz. 



127 



deutlich genug aus:' „Saltationes porro iisdein diebus Hunt admo- 
dum lubrica^ et impudica', pars in foro et in plateis, pars in do- 
mibus privatis, et noctu perindo atque interdiu/' „So werdend in 
disen tagen allenthalben vast [schrj üppige, hürisch täntz vif hohen 
platzen, gassen und in heüseren zutag und nacht angesehen,^ 
wie der Prediger von 1601 (s. 8. 48 Anm. 1) auf gut Deutsch sagt. 

lieber die Beschaffenheit dieser Tänze, ob sie paarweise oder 
einzeln getanzt wurden, lässt sich nichts Bestimmtes crniittein ; 
jedenfalls aber trat das sinnliche Moment in den Vordergrund. 

Etwas anders verhält es sich mit den bestimmt geregelten 
Tänzen und Umzügen gewisser Zünfte, namentlich der 
Metzger und Küfer, wiô aie mit Vorliebe in den Fastnachtstagen 
abgehalten wurden. Freilich ist über ihren Ursprung wenig Sicheres 
zu sagen, da sie sich oft, um sich eine höhere Bedeutung bei- 
zulegen, von irgend einem historischeu Ereignis herzuleiten 
suchen. So z. B. der Metzgerumzug in Zürich, von dem 
Hkinh. Blllixger') in seiner handschriftlichen Chronik Fol- 
gendes berichtet: 

„Diewyl aber die metzger [bei Anlass der Mordnacht] mitt 
iren schlacht Bielen in diser nodt der statt sich .so eerlich vnd 
dapfer gehalten habend, ist inen vnd iren nachkommenden von 
einem eersamcn raath Zürich die fryheit gäben, das sy vmb 
Matthie in der statt in ir Ordnung vmb ziehen mögend, vnd 
tragend der statt zeychen oder fändli, darzu ein strytenden löu- 
wen näbend dem die metzger mitt schlacht biolen ziehen söUend, 
zur eerlichen ewigen gedächtnuss das sy mit iren schlacht bielen 
wie die stryttenden erzürndten löuwen in die mörder gefallen 
sind, vnd für gemeine statt ritterlich gestritten. Da aber hütt 
zum tag die dorächten schoppcn, sömliche ir herrliche fryheit 
vnd redliche irer vorderen, mit ytelem narrenwärk besudlet vnd 
inn vergässlichkeit gebracht habend Dann sy tragend wol der 
stat fändli vnd den löuwen köpf härumb zwüschend den bielen. 
Sy nemmend [nennen] aber den stryttenden löuwen den ysen- 
grind. Vnd mus den einer tragen der dess selben iars im vech- 
kauff den hosten ] besten] kouff gethon hatt, das mencklich nitt anders 
meint, dan der trage vss der vrsach den ysengrind härum. Dar- 
zuo hatt man erst gethon ein gar vnzüchtig vnHättig spil, ein brut 
vnd brütgem, vmb welche alles voll loutft narren vnd butzen. 



') Von den Tigurinern und der Statt Zürych sachen ,1574» Th. I., 
Vlll. Buch, IL Kap., S. 249 a. ^Stadtbibl. Zürich). 



128 



Die Fast»acht»gebräucbü in der Schwe iz. 



mit Schällen, trincklen, kücschwäntzen, vnd ullerley wusts. Es 
wirt ouch disor vnibzug gmeincklich anders nütt gnempt vou 
iuDgOD vnd allten, dan der metzgeren brutt. Vnd wirfft man 
endtUch die brutt mit dem brütgam in den brunneu. Ist dess- 
halben vst der eerlichen fryheit uûtt anders worden dan ein 
Toraiii fiwnacbt spil. Tod were d«r eerliohen Eonfft die so man- 
eheD eerKcli«i meiiter hatl, m wAmdieo, das die alteu, eerbereot 
den rnggeii darbioder thättend Titd den wüsten w&tt aTietelltend, 
vnd widemmb berffir tuoebtend ir alite fryheit, vnd mit lob vnd 
eeren iren löblichen eeren vmbzug thettend.' 

Damit vergleicbe man noeh die Notiv in „Kurze Dar- 
STE1XUNG der Herkwfirdigkeiten des 18. Jahrhnnderts in noserm 
Vaterland'* (Zfirioh 1802, S. 8) and namentitcb. t. Uoos Astron.« 
poHt. -bist.- kirchlicher Oalender (Zürich 1774, n S. 65 lt.). 
Dieser IJmang, der, nach den analogen Fällen zn schliesseo, 
früher offenbar ein tansartiges Gepräge hatte, wurde dann lant 
von Moos im Jahre 1788 aufgehoben und der ,Eisengrind* je- 
weilen an Fastnacht auf der Zunft zum Widder neben einer 
Bärenhaut unter das oifene Fenster gestellt. Die traurigen lots- 
ten Schicksale des stolzen Eisengrind schildern uns drastisch die 
Memorabilu TioüRiKA vou 1820 (J. H.Emi.)i) Als 1798 die 
Znnftgflter verteilt wurden, kaufte ihn ein Büiger nebst dem 
Banner um 1 fl. 20 ß. an. Letzteres wanderte, da es eine sil* 
beme Spitze hatte, zum Goldschmied, der Eisengrind dagegen 
einstweilen anf den Estrich. Eines Tages, als der Hausherr sich 
dort oben etwas zu schaffen machte, fiel ihm das Untier auf den 
Kopf, worauf er es im ersten Zorne die Treppe hinunter warf. 
Anf der Strasse waren eben Holshacker beschäftigt und diese 
hatten nun nichts besseres zu thun, als den Eisoogrind in Stücke 
zu haueu. „Und so nahm dieses ehrenvolle Zeichen alter zürcher- 
ischer Tapferkeit, nachdem es Jahrhunderte hindurch wegen seiner 
ruhmvollen Bed outung geehrt worden war, ein kläglidiee Ende.' 

Auch in Bern hat ehedem ein solcher Metzgertanz besten- 
deu, bei dem es nicht immer sehr ehrbar zugegangen sein mag. 
Das zeigt uns ein Verbot von 1480, das sich gegen „das werfen 
der junkfrowen in die bäch (Stadtbäche), der mezger unsinnig 
umlottfen und all tanz in der ganzen vasten" wendet^) 

n s. ;U2. 

2) iji. AüSHKLu, Chronik 1, 165 nod Bi-»]»» NEi-jAtiKSBt.ATT 1857, 
S. 38. Anni. 



Die PMtDnebttgebrXiieiie in der Sohweii. 



129 



Analogiecn finden aich auch im Ausland nicht ßelten. Vor 
Allem das sog. „SchÖnbartla ufe n" ') in NTirnborg, das nach 
der Uebcriiefprung den ^^etzgern eingeriiiunt worden war, weil 
sie bei einem Aufstand der Zünfte gegen den Rat allein regier- 
ungsgetreu geblieben waren. Obscbon nun dieses Recht im 
Jahre 14r)7 durch die Patri/ifr don Metzgern abgekauft worden 
\v;\v. Hessen es sich diese nn hr neiimen, wenigstens an Fn^itiiiK iit 
ihre Tänze abzuhalten.") Ferner sei an das Fahn en i Ii \v i u e n 
der Metzger in Eger erinriert, die dieses Privilcununi ebenfalls 
wegen ihrer bei der Erst iii ;iiaug der Bargen Neuhaua und Gras- 
litz (1402) an d(îii Tag gelegten Tapferkeit erhalten hal;eü sollen. 
Auch in Trier wiir es die Metzgerznnft, die alljährlich in der 
Fasteuzeit ein feuriges Kad vom ( »ipfel des PauUberges in die 
Mosel hinabrnllen Hess. Die berittenen Metzger feuerten aus 
ihren Geschossen auf dan tiammeude Kad und erhielten, wenn 
e» vollends in die Mosel rollte, vom Bischof ein Fuder Weio 
und von den Webern einen Zunftschmaus. ^) 

Ftifilicli gehören hieher die Umzüge mit li^^n mehrere 
100 Ellen langen Riescnwürsten, wie sie in friiherer Zeit hin 
und wieder vorkamen. Solche finden wir 1558, 1583 und 1601 
in Kiinigsberg, 1720 in Zittau, 1613 in \V m i, 1591, 1614. 1G24 
und 1658*) in Nürnbf^rg. Die längste der umgetragenen \Vürste, 
die von 1601 in Königsberg, soll nicht weniger als 1005 £llea 
^J^S gewesen sein. 

An die Metzgertänze sehliessen sich enge die K ü IV i-i :i nze au. 

Für die Schweiz freilicli lassen sich s(dche nur in Basel 
und Bern nachweisen''): doch tind(Mi sich anderv,;irt8 so auf- 
fallondo Analogieen. das» wir hier ohne Zweifel einen alten Früh- 
liugägebrauch vor uns haben. 

Eine ausführliche 8«liildenuig des Basier Küfertanzes findet 
sich in den Zcbches MoiTATLtctiBN Nachricbtbm Tom Jahre 
1754 8. Ö9: 



'i Von aliil scheinebart, Larve. 

.\nschaulicUe Abbildung bei A. Hchiltz, Deuuches Uebeu 

Fig. 479. 

>) HocKiB, Geiehiehteii des Xowllandet S. il5. 
*) £ine Abbildung des leisten in ÎIesiib au JUrmc« Kulturgeschichte 
Bd. II, S. 211. 

">) Der Kiifertaiiz in Bern wnnle an Ostern aligohaltea. Schwei« 
Idl 1, Ù02 uud Jahrb. rüa scuwbi/. Gtisi uiciiit: xix. 39 (. 

9 




13U Die FastnaehtogebrXttcbe io der Schweiz. 

«Weil der letzte Herbst ao wol ausgefallen, aod der Wein 
ao vortrefHicb gut worden iat (daea man au Basel bej nahem 
allen Wein too den nächsten Harkgräfischen Dörfern aufgekauft 
bat), so haben die iu Basel sich aufhaltenden Kfiffer^Knecbte ihre 
Freude hierüber auf eine feyerliche Weyao an Tag legen wollen : 
Sie hielten naoilich, ihrem Gebrauch nach, am verwtchenen 
Ascher-Mittwochen ihren Umzug, den sie aber diesmal auch mit 
eiuem Reiftanz zicreten : Zuerst giengen 5 Musikanten, nemlicfa 
2. Geigen, 1. Clarinette, 1. Fagot und 1 Hautbois: dariinrh 2. 
Büchscuknoi liîr» mit grossen silberneu Koken (liolen Kütfer- 
8chleglen); dieson folgte der Reifscbwinger, der nichts über sich 
hatte, als ein schön weisses Hemd, Scharlach-rothe Hosen mit 
gelben Knöpfen, weisse Strümpfe, Sammet-lederne Schuhe, und 
ein Rosen-farbea Käpleiu mit kreuzweise darauf gehefteten Kräaz- 
lenen auf i^m Kopf, und die Haare gekräuset und gepudert: 
in der rechten Hand trug er einen kleinen Reif, darein er 3. 
Gläser, das mittlere Gesundheits-Glas mit rothem, und die andern 
zwey mit weissem Wein angefüllet, gestellet hatte. Hierauf 
kamen 13. andere, alle ihrem Vorgänger gleich gekleidet und 
gezieret, welche grosso schwanke offene Reife, in die Höh ge- 
richtet, trugen, so dass ein jeder in einer Hand das andere End 
von seines Vorgängers, und in dor andoron das oint von seinem 
eigenen Keife hatte, und innner behielt. Sie atulinden vor v(?r- 
nehmer Leuten und Meisters-lläusern still, und hielten iliron 
Tanz, der besser und lustiger zu seilen, als zu besclireibon : in- 
dem sie. bald einen Krays machten, ihre Reife iu gleichen Augen- 
bliken gegen dem l?oden scbwungen und darüber sprangen; bald 
»icli wieder kehrten, dieselbe obsioh richteten uud darunter durch 
tau/.eten, und gleichsam den Fahnen sehwungen ; bald sich nach 
und nach Reyheuvveis gegeneinander über stellten, und sich wie- 
der voneinander trennten; bald wieder einen engen Krays 
schlössen, indem sie mit ihren Keitfen eine concave Halbkugel 
formierten, und damit ihren Reiffschwingei , der sich darein ge- 
stellt hatte, dreymal autlupften; bald wieder nacli der Cadence 
sich auseinander wickelten, ihre Keife in die Höbe hüben und 
übereinander legten, so dass sie eine halbe Sphaere macliten; 
endlich sich wieder auseinander zogen, und schlangenweise durch 
einander durch tan/eten, bis sie einen weiten Kravs ausgemacht, 
in dessen Mitte sich der Keifschwinger stellte, und nach dem 
Marche du Prince £ugèuc seinen Keif mit Gläsern, »ich auf 



I 




Die Fastnaebtsgebräuehe in der Sobweix. 



131 



die Vim rentrifugam verlassend, rechts uud links um den Kopf, 
um deu lieib und unter den Beinen durch echwuDg, und dus 
mit einer solchen Fertigkeit, dass ihm sehr selten ein Glas ab- 
fiel ; hierauf trank er au8 dein mittlem Glas auf des Herrn, dem 
zu Ehren sie tanzeten, seine Gesundheit. Inzwischen äiFte der 
Arlequin, der Plaz machen musste, allem diesem nach. Dem Zug 
folgte ein Wagen mit 3. neuen Fässern ; auff den beyden klei- 
nem sassea ordentlich gekleidete Kiifferknechte, die lustig darauf 
hämmerten, und auf dem mittleren grossen ein Bacchus, der den 
verehrten Wein versuchte, und durch deu Trichter oben in das 
Fass schüttete. Dieser Umzug währete alle Tage die ganze 
Woche, 80 dass sie erst den Montag darauf io die kleine Stadt 
ziehen^ und am Dienstag auf ihrer Zunft Tana und Mahlzeit 
halten konnten. Ob sie schon vor den H&uaern beynahe 500 fl. 
mögen bekommen haben, kan ihnen doch, wegen unterachiedliehen 
Unköaten» wenig daron übrig geblieben aeyn.' 

So weit der Berieht Ober den Basier Eüfertana. 

Es wäre interessant, zu wissen, wie weit diese Tänze auch 
noch in andern Gegenden verbreitet gewesen sind. Ganz analug 
sind sie in Hfinchen („Schäfflertanz*)^ und in Erfurt*), aber audi 
in andern Stidtcn, wie z. B. in Frankfurt a. M. sind oder waren 
Festlichkeiten der Bötteherzunft in Gebrauch. 

Leider wareu die Fastnachtsbelusiigungen in früherer Zeit 
nicht immer so harmloser Natur und namentlich scheinen ge- 
schlechtliche Exzesse an der Tagesordnung gewesen zu sein. 
Das Bild der Fastnacbtsfreuden unserer Yorfabren würde kein 
vollständiges sein, wenn wir nicht auch auf diese dunkle Seite 
derselben hinweisen würden. Zwar scheint es, ans den Zeit- 
•timmen zu scfaliessen, in der Schweiz etwas glimpflicher zuge- 
gangen zu sein, als anderswo ; wenigstens finden wir bei schwei- 
zerischen Schriftstellern keine so krassen Beispiele von Verstössen 
gegen die Sittlichkeit, wie sie Geiler von Keisersberg, Job. 
Fischart, die Ztmmeriscbe Chronik und namentlich die ftltem 
Fastnachtsspiele aufweisen; aber immerhin Ifisst Ludwig La- 
vater') auf ähnliche Neigungen achliessen, wenn er von dem 

') KF.is8iif:Rri-T>Cinvr!'<rFM', Dus fisHtlicho Jahr (IHBIj) S. 5<> tiiit 
Abbildiiiifç) u. SciiMKM.tiK, Biiierisches Wörterbuch {2. AiiH.) II, 376 fg. 
Schäffler Vüu Schaff', offene» Fass i^schweiz. Bükti, Sätten«.) 

>) s. iLLcsTtiBBTB Zmowo 189é, II, S. 193 (ittit AbbÜdnog.) 
Erklärung und Auslegung des Buches Job. Zttrieb 1662. 



132 



Die FAAtoachtugebiûuebe in der Schweiz. 



Ehebreclier spricht, der in diesen Tngoii sieh in Weiberkleider 
verinunin\e, und auch der Prediger von 1601 wird nicht ohne 
Grund vt»n den „üppigen, hüriachen" rüiizon sprechen. Dersell)» 
Prediger übersetzt uns auch einen Âbscliuiu aus den Fasten des 
Mantuanus'). der lateinisch folgendermasscii lautet: 

CunctH sub ignotis potulantia vultibiis iuulot. 

Qua» ablcgat gravitas, i proscribit honestas. 

Per fora, per vicos it porsuiuita lil>ido: 

Et Censoro carens au bit omoia tecta votuptas: 

Nec nuruum palmas-) aed ineiuhra recoiiditu pulsat: 

Perque domos reriinneot fœdi vestigia capri. ^) 

>\ ir 1 »rauchen aber niclit bis nach Italien hinüberzugreifen: 
in dui uaheii Stadt Strfisshnrg Avaren nach dem Zeugnis der Zeit- 
genossen die Sitten nicht viel reiner. Das bezeugt uns (Jkii.kr 
VON Kkiskk8HkK(; ') : „Scitis qualia adulteria sub hin larvis. qualia 
homicidia et alia vuui inumerahilia perpetrautur und in seinen 
deutschen Predigten: ) .,Undam zinstag, so lauffen sie yn der burger 
hüsser, die nelbigen begosscuen hunigküchlc ze essen. Sich aber zu, 
du hussmauu, der sein weih vnd töchtereu lat also das küchle holen, 
das inen nit der buch davon geschwelle, das sie mitt dem kindle 
werden gon*' etc.; und gaas fthnlioh Fisciiart in der Oeschicht- 
Uittening ' } : „Die ICagd zeucht de« knechte hoBen an: lochen 
küdilein inn der Mägd kammer; ja eucheo kücbleia nber dem 
Tiachi da man die Schah unter das Bett stellt ; da ^bts dann 
nber ein Jar Mäl nond Hilcbschreiling** etc. 

Weitere Belege liefern die Zimmkui>*ciie Chbonik, ') 
A. Schultz, Dentsohes Leben 8. 406—408 nnd namentlich die 
altem Fastnachtsspiele*) sur Genüge. Endlich sei noch anf ein 
Zengnts ans dem XIX. Jahrb. hingewiesen^ das uns seigt, wie 
bei dem freien Verkehr zwischen den beiden Geschlechtem in 
diesen Tagen sesnelle Ausschreitungen noch bis in die neueste 



Mastcasin, Carmelitoriuöach in Mantua. jçcb. 1448, ganu läl6. 
*) Ueber diese Sitte s. fofg. S. 

*} Der Prediger hat dies«>n Text bei Hobfixiaxp«, Festa Chri> 
«tianorum 1593 p.ig. :)8 vorgefuuden. 

*) N'aviciila sive '^pofnbim fatuornm etc. 1510 XXV Ü. 
■') Strassburg 1520, lol. 153. 

Ausgabe von 1588, S. 91. 
1) Berantgegebeo von Barack, III, 366. 
*j Heransgegeben von A. v. KetLm. 



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Die FastnaehtHgebrXnohe in der Sohir«n. 



m 



Zeit ▼orkommen kfinnen. Die betraffende Stelle findet ticb im 
ScHWEISBItOTEK TOD 1828 (8. 67 ff.): 

„Dm8 es nicht Brftnde, und swar ▼ereotaiedenarti^ gab, 
kann nicht wolil wiedenprochen werden; auch wird man eonder 
Zweifel erat im künftigen November noch Spnran davon im hie- 
■igen Avisblatt finden. Wer bis dorthin eine gnte Sängamme 
enehet, findet aebon Anzeigen darüber.'* 

Auch die von Dirkkr in seiner Monographie über Ober- 
glatt (1868 8. 868) gerfigte Sitte, dass an der Fastnacht die 
Mädchen sich nachts auf den Strassen umbertrieben und männ- 
liche Gesellschaft suchten, mag nicht immer ohne schlimme Fol- 
gen gebliebeu sein. 

Im Allgemeinen sei noch zu diesen sexuellen Exzessen be- 
merkt, dass sie ursprünglich wohl ans einem symbolischen Akt 
hervorgegangen sind, der im Frühjahr, ähnlich dem Wecken des 
Tegetabilischen Natnrgeistes durch Torschiedenartige Zeremonien, 
die menschliche Fruchtbarkeit bewirken sollten. *) Gemeinhin be- 
stand die Handlung darin, dass man die Frauen oder Jungfrauen 
mit einer Rute oder einem Busch peitschte. Hierauf bezieht 
sich die oben angezogene Stelle bei Hantuanus, der eine frühere, 
noch deutlichere vorausgeht : 

^Et scuticis olidi tractis de tergore capri 
Pulsabant nuruum palmns quia verhöre tali 
Pana deuni faciles crod ebant reddere pnrtus,'* 
welche Verso der Uehersetzcr fulgendermassen uiedergiebt: 
.,Vnd schlugend mit der geisslen bheud 
Der jungen weybloiu zarte heud. 
Damit hands anzeigen wöllon, 
Dass s y (lest eh gebären öl loa'' ^) 

Weiteres bringt Manniiardt, Der Baunikultus (18751 
S. 251 if. hei; er nennt diese Handlung den „Schlag mit der 
Lobensrute." üohrigens map: auch der noch heutzutage manclier- 
orts bestehende (Jebrauch, dass H ocli zelten auf dio Fast- 
iiarht abgehalten werden, mit diesen Anschauungen zusammen- 
hängen. Einen alten Beleg aus dem Jahre 1411 haho. ich in 
den Basukr RKciiTâttUKiXKM Bd. II, gefunden, wo es 8. 26 



') IcU erinnere au deu Phallus in Griechenland und den Ltngani in 

liiflieii. 

«) FASTXAcnT»i>Ri»iaTB« (l(JUl) Bogen tiiij. 



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ISI 



Die FMtnachtagebrXnehe in der Sehweit. 



heisst: „Uff die zyte vor der Tuenacht, all man gewoolioheo 
2Û der heiligen e griffet." 

Ein anderer Gebrauch, der ohoe Zweifel ebenfalls alsFracht- 
barkeitB Symbol aufgefasst werden muss, ist der Umzug mit 
Pflii«^, Tro ttbaum oder Egf!:e. wie er frülier auch in uoaern 
Oegondon üblich war. In England wird der erste Montap^ nach 
Dreikönigen „Plough-Monday" genannt: „in some parts of the 
couutry, and especially in the uortli, they draw the plough in 
procession to the doors of the villagers antl townspeople.'") 
Gewöhnlieii alier spielt du^ \'. i iMiche Geachlecht dabei die Huupt- 
rolle, indem die unterwegs aufgegriffenen ledigen \N eihsperaoueu 
entweder au den Pflug oder an die Egge gespannt werden oder 
sich darauf setzen müssen; nicht selten werden sie sogar ge- 
zwungen, damit durchs Wasser zu gehen. 

Zu dem reichen Material, das Manshakdi in dem zitier- 
ten Werke S. 55ä ff. auttuin t, füge icb noch zwei ältere Belege 
aus der Schweiz hinzu. Der eine ist ein Verbot für Freiburg 
aus dem Jahre 1580, das sich in Kurni.in's Dictionnaire géo- 
graphique I, 282 ündet: „il fut défendu de baiser le fourneau, 
de parcourir la Tille avee une charrue etc. le mercredi 
des cendrei**; der andere iit ein Ziireher Mandat aua der eraten 
Hälfte des XYI. Jahrh ''): „Sodenne kompt gedacht Tunter Herren 
für [haben genannte Herren erfahren], das ein Gugelspiel vor- 
banden, wie ettwa der Trottboum*} an kflnfftigem Hentag vmbher 
gezogen, das yetz ettlbh den pfl&g vnnd die Eggen darzfi 
gerüst habind Tnnd Tnnder dem sohyn desnelben ein Nûw Fasa- 
oacht epll surflsten welUnd.* Weiteres ist nna aus der Schveia 
nicht bekannt; doch sei noch eine btehergehdrige Stelle aus 
HaiNBiOH TooEL-s. Pfarrberrn an Lûtselstein bei 9trassburg, 
ziemlich unbekanntem Büchlein: Baehanalia, Fastnacht, Bachtel 
tag etc. (Stiaasburg 1599) erwähnt, wa es (Bog. F*) heisst: 
„Dann wenn sie in grosser Andacht mit Eschen bezeychnet wer- 
den [am Aschermittwoch], so geht das toben vil verheyter [Tor- 
flnchterj als vor nie. Da last man der heil. Aschen zu Ehren 
den Orsmejer^) heromb reyten, die M&gdt in der Egen 

') WibLUN Ho». The Every.Day Book 1626, Vol. I. 71 IT. wo 
auch weitere (üebräiiche verzeichnet sind. 

*) Zürcher Staatsarohiv. 

Vgl. GtiLrc», Lose lilätter i,lb67) 8. 3 ff. (.aus U. Meyers VViutcr- 
thnrer Chronik). 

*) Vielleiebc identisch mit dem in denselben Gegenden Torkommen« 
den Meyer SeiUdtL Vgl. Zabucki Anmm. z. Narrensehiff S. 4fi8b. 



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Die pMtnaehtsgebrKuche in der Sehweix. 



135 



Ziegen, die bösea AVeiber Eyer vinder der Juppen wyhen, 
Oespenst vod Flöhe [ver-jjagen*' etc. ') 

Mit diesem Gebrauch des Pftugumzieheos steht, wie bereits 
angedeutet, der des Benetzens und Eintauchens in 
naher Beziehung. Zwar hat sich unseres Wissens dieser (lebrauch 
iu der Schweiz nicht mehr erhalten ; thiss er aber früher allge- 
mein ültlich war, /.eigen uns unzweideutige Belege. XîiîTipntlirh 
war es im XV. und XVI. Jahrh Sitte, eitiander m Brunnen 
oder Bäche zu werten, wie aus (iüer Hasler Erkanntniss vom 
Jahre iià2 ersichtlich ist, welche verbietet: die „unkiistlichen 
wisen und geberden" an Aschermittwoch, „andere zu beremen" 
[mit Russ zu beschmieren], ,.den andern uft'heben" [aufgreifen!, 
„iu sin hu8 stigen und die lüt usa iren hiisern mit irewalt 
z e n 0 m m e n und in br u un e n z e tragen" etc., und weiter 
hin wird in einem öffentlich ausgerutenen Erlass vom Jahre 143ti 
den Ilaüdwerkskuechten verboten, ,,an der Eschermittwochen nit 
einauder ze trengen ze zehren (zum Essen zu zwingen | und in 
die Brunnen ze w e r f f e n" (Buflni cli im Basler Staats- 
arcliiv Bd. I, p. 107"). Aehnlich der schon nl»en (S. 51 f.) 
zitierte Erlass von 148S und der von 1515: „Suu. au das hyn- 
nanthin vff den Eschmittwofhen die Zvuftbrüder junniüsseu bilz- 
har zusammen gon, byeinander essen vnd drincken mögen aber 
niemand solhs gedrungenn oder einen gespottet, verachtet, j n n 
brunuen getragen oder jme getrouwet | gedroht J'* etc. (Er- 
kanntnissbuch I, 193j. Ferner verweisen wir auf das oben (S. 127) 
mitgeteilte Zitat aus H. Bullinger von der „Metzgerbraut 
Aber noch im Jahre 1566 wurde laut Buxtokf I alkkiük.v* 
(Baal. Stadt- und Laadgescbichten I, iv, 59) bei Anlass eines 
ScbireriteozeB der Tuchscherer Zaeharias Langmesser und der 
Sickler Frans von Spyr in den Barfüwerbrannen geworfen. Hie- 
bei mag anch noch an den jetzt erloechenen Gebrauch erinnert 
werden, wonach bei dem jährlichen Zunftmahl der drei Kteinbaaler 
Gesellschaften im Januar, der sog. „kalten liilbi" der Begleiter 
der drei „Ehrenzeichen,*^ Udi, von dem Löwen, den er zu fahren 
hatte, in den Rebhansbrannen geworfen wurde. Dies geschah 
noch, trotz Verbot, im Jahre 1802^. 



0 In Xordbrabaiit mti»« nach der VolkujuHtis der bnitiile oder un- 
getrenc Ehemaan in schiinpflieheiij Uiuzitg den VÛng durch die StrasHeii 

ziehen. (O.ns Voi.ksi,b\ex '180(3). 82 f.) 

*i ümosL Fbstbcoh zur Banier VerciniguugHteicr 18*J2 ^. 216. 




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136 



Die FMtnachtogebriache in der Schweis, 



Aber auch in Bern und Schattiiausen sind uns analoge 
Gebrauche überliefert. Für Er«terefl verweisen wir auf die oben 
bei Gelegenheit der Motz^erumzüge (S. 128) beigebrachte Stelle 
aus Anaholm; für Schaii hausen berichtet uua Hardkr in seiner 
SchaflFhauser Chrouik (lY, 17) unterm Jahr 1508: „6. Tag ante 
Estomihi wird das Fastnachtsküchli holen, nacht« uif der gasson 
verbutEelt umher lauffen und das einander inbrunnen 
wer ff en yerboten." 

Als letzte Ausläufer dieser Wassertaufe, die gemeinhin ala 
Regenbeschwüruug für den kouiiiieiiden Sommer gedeutet wird, 
nennen wir die Fastnachtsbelustigungen des „Proppenkönigs*' in 
Tägerwileu (Thurgau) und des „Aetti-Ruedi* in Zurzacb (Aar* 
gau), Gebräuche, denen wir weiter unten eine kurse Betrachtung 
zu widmen gedenken. 

Einen wesentlicben Bestandteil der älteren Fastnachtslust- 
barkeiten bildeten femer, wie allgemein bekannt, die Fast- 
nachtsspiele, jene oft nnflätig-derben, oft kernig-humor- 
▼oUen, oft auch pedantisch'moralischen Komödien, wie sie da« 
XV. Jahrhundert geschaffen und das XVI. zur vollsten Blüte 
entfaltet hat. 

Wir halten es nicht fär nötig, die stattliche Reibe von Spielen, 
die auf schweizerischem Boden zur Auffuhrung gelangt sind, hier 
im Einzelnen aufzuzählen; BScbtolds Litteraturgesehichte bebau* 
delt diesen Gegenstand mit besonderer Liebe und Ausf&brliehkeit 
und wir brauchen daher nur auf die betreffende Stelle (S. 248 ffl 
und Anmm.) hinzuweisen ; namentlich aber sei auf die überaus 
drastische und realistische Schilderung Felix Platters (Ausg. von 
Fechter S. 122; bei Bächtold S. 256) aufmerksam gemacht. 

Solche Spiele haben si* h mutatis mutandis bis in die rr noate 
Zeit fortgesetzt. Als besonders charakteristisch heben wir das 
„Moosfahreii'^ im Muotathal hervor, das mit Unterbrechung von 
mehreren Jahren, joweilen in der Fastnachtszeit von der dortigen 
Landbevölkerung aufgeführt wird. 

Das Gruudthoma dieses in Prosa cfesprochenen Spieles 
bildet, ähnlich den Moralstürkeii älterer Zeit, der Kampf zwischen 
Weltlust und Gottseligkeit, in dem selbstverständlich die anfangs 
triumphierende Weltlust schlie^^slich den Knizern zieht und der 
Hrdlp anheimfällt. Beide Extreme »lud durch inrif^lichst unzwei- 
deutige Gestalten personifiziert : anf der einen Seite Bacchus mit 
seinem Uederlichon uud marktschreierischen Gefolge, auf der 



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Die FautnaeKtsgebrftuche in der Behweiz. 



117 



fui'lerfi oin rinsamer, in seinem Aeu8sern an Johannes cien Täufer 
ennaeruüer BusspredigQr, der von Alleo Terlaclit und ;curückge- 
atosaen wird. 

Zunächst ist dabei beachtenswert, diiss jeder der drei Akte 
an einein andern Orte abgespielt wird, dasa also die ganze (ie- 
sellschaft, Arfr>reg et Auditores, nach Ablauf je eines Aktes in 
buntem Zuge weiter zieht und sich eine andere Szenerie aufsucht. 

Der erste Al<r gebmgt zar Aufführung bei der , hintern 
Brücke.* Er wird eingeleitet durch den Bussprediger im häre- 
nen (Tewand, der über die Verderbnis der jetzigen Generation 
klagt und mit Besorgnis die Wahrnehmung gemacht har, dass 
das Gift des modernen Geistes auch in dieses stille Thal ge- 
drungen ist. lu ticinen wohlgemeinten Ermalumngen wird er 
unterbrochen von dem Hanswurst „Gratwohl'*, der seine Ge- 
sinnung durch liirmiges Wesen, Grimassen und sonstigen Mut- 
willen kund gibt. Nach einem kurzen, frechen Oruss fängt er 
an, den Bussprediger zu sticheln, dann zu verhülineu uud weist 
ihm schliesslich in brutaler Weise die Thür. Hierauf zeigt er 
dem Publikum an, dass Bacchus mit seinem lustigen Gefolge 
angelangt sei und in wenigen Minuten erscheinen werde. Kaum 
hat er das gesagt, so tritt dieser auch auf die Bühne, sekundiert 
Ton seinem Herold und Fürsprech : „Götzenpfaff* ") oder „Gtobs* 
trumpf''. „ Gratwohl bietet diesem seine Dienste an tind Ter- 
sfibafft ihm auf Verlangen einen Traurodeuter (^Mammeluk*) und 
einen Medikus („Doktor Kannix*^). 

Der xweite Akt spielt sich auf dem eine Viertelstunde ent- 
fernten „BOdemli* ab, wohin sich die ganze versammelte Uenge 
bewegt. ,Dom Zöge Yoraue geht der Zugführer mit Infanterie 
und ArtUlerie im Krihwinkelstil. Die rechte Hälfte des Schwal- 
benschwanzes ist weg und nur die linke paradiert noch, zur 
Veranschanliehang dessen, was National- und Stftoderat in der 
grossen Schwalbenschwanzfrsge beschlossen. Auf Schlitten folgen 
dann die Traomdeuter, der Arzt, Musik, der Premierminister 

' i Laut ?!. FIkb/'X! . Sclnvcir. VtdkKfeste 1H84 .S '22A. <I<t um 
UsiuibrCuukn, WauücrMtudiei) II, iil scliöpti. lieisst liacchiH selbst „Göliseu- 
pfaff^, was wobl auf Irrtnm beruht. Dagegoo iHt nach »einer Beschreibnng 
Bacehns Aafkreten weniger primitiv als bei U. A. F«b«&vkrd (Die Schweiz. 

Jahrg. 185".> S. 150). nach welchem im Jaltre 1859 statt ei?ies -tVtten. 

! I' b ri d *■ II Maiiiifs ciiip Strolip»ii)pc im roten Watrciirnck (miich 
elietnaii^eri sctiwei/.i i ist lu ll I^egiunärs in eaghücheu DieuKteu uud in weinseu 
Uoseu" daher getrageu wird. 



138 



Die Fastnachtsgcbräuebe in der Schweis. 



[Grosstrumpf] auf einem Maulthier, umgeben von Gardisten, dann 
Bacchus selbst unter seinem Baldachin, Bfohren, Heiducken ood 

derlei Trabanten unter seinem Gefolge. Die Hauptbestandteile 
des letztern sind natürlich die hieben Todsünden : zwischen 
Humpen und Schinken hellauf Frass und Völlerei und an seiner 
Seite tobsüchtig der rotglühende Zorn. Die Todsünden hahcn 
unter allen Ständen grossen Anhang, wie der lange Zug aus- 
weist. Da stolziert alte nnd neue Zeit einher: Puderperücken 
und Dreispitz neben Krinoline, Welschiandfahrer mit gewaltigen 
Kappeuzotteln ; Sennen, Schneider, Schuster, eine Buchdruckerei, 
Färberei, selbst der „„Tiligraf"'', Scherenschleifer, Kesselflicker, 
Gauner, ein gründliches Hudelpaok." (M, A. Feieuabknu a. a. 
0. S. 151 f.) 

Im zweiten Akt versucht der Bussprediger noch einmal, 

seine mahnende Stimme zu erheben : allein er wird von „Gross- 
trumpf""* aligefusst und verböfnu. Wieder taucht der Traumdeutcr 
auf und versucht seine Kunst; aber es gelingt ihm nirfit, don 
im Traum erschieneuen schwarzen Vogel, der Bacchus Herde 
bedroht, zu deuten. 

Vom ,Bödemli" geht es weiter zum Frauenkloster, wo der 

drifte Akt sich abspielt. Hier ist es zunächst ein Jakoluner und 
Freimaurer in einer Person, der mit seinen rmsturxlehren das 
Volk umgarnen will. Er schlägt diesem vor. an Stelle des 
Klosters eine Kaserne und auf die Klostergüter eine landwirt- 
schaftliche Schule zu bauen. Doch seine weltverhessernden 
Ideen verfangen wenig, und er niuss dem „Prutessor'' da.s Fehl 
räumen, der das Lob der Wissenschaft singt und auf eine An- 
frage Grosstrumpfs hin durch ein mathematisches Manöver den 
Ausgang des nächsten Krieges mit dem Bacchusreich voraussagt. 
Und in der That ! der j-Prüss", der das Reich bedroht hat, wird 
gefangen und gefesselt auf die Bühne gebracht. 

Wie nun aber alle (îetahr glücklich gehoben seheint, taucht 
plötzlich im Hintergrund die scheussliche Gestalt des Teufel« 
auf, stürzt bicli über Bacchus und seinen Ministor her und schleppt 
sie mit sich in den feurigen Pfuhl. 

Den BesehUiöü niuc ht wiederum der Bussprediger» der aus 

dem Yorgetallenen die Moral zieht. 

Dies die ungefähre Handlung der Moosfahrt wie sie im 
Jahre 1859 abgespielt wurde. 



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Die Fa»tiuichtsgcbi-äuche io der SehMreis. 



139 



Was nnn den Namen diesee Spieles anlangt« so ist wohl 
ansnnelnaen, dass er nrsprunglich einen gans andern Sinn hatte, 
als nnr den einer Moral-Komödie und dass ihm zweifelloe jener 
Oberaus interessante Qebrauch au Grunde li^, den man ander- 
wärts unter dem Namen der ^Giritz enmoosfahrf^ oder 
des nGiritaenmoosgerich tos* kennt. ^) 

Es mag hier vielleicht am ehesten der Ort sein, näher auf 
diesen bedeutsamen Gebrauch einnigehen. 

Der Kern und Hauptzweck der Giritsenmoosfabrt ist fiberall 
die Verspottung oder Bestrafung der alten Jungfern in der einen 
oder andern Form. Diese Tendenz hat auch die von R. Buano- 
STETTKR in der Zeitschr. f. deutsche Phil. XVIII, 473 flf. bruchstück- 
weise mitgeteilte Komödie. Besonders aber sei auf don <:^enialen 
und weitblickeuden Aufsatz Lrnwiü Toni-ERs, Die alten -lungfern 
im Glauben uml BraiK h des deutschen Volkes (Zeitschrift für 
Völkerpsychologie XIV, 64 ff.) hingewiesen, wo die Oiritzen- 
moosfnhrt eine eingehende historische Behandlung erHlhrt. Bs 
wird dort an der Hand von entscheidenden Kriterien dargethan, 
dass die alte Jungfer in der Vorstellung des Volkes von jeher 
als Inbegriff der Unfruchtbarkeit gegolten habe und dass daher iu 
einer Jahreszeit, wo die Natur sich neu zu beleben beginnt, und 
Alles durch symbolische Gebrauche (Opfer, Umzüge u. dgl.) die 
Fruchtbarkeit herbeizuführen trachtet, die Verspottung und Be- 
strafung der Sterilen ganz natürlich erscheinen müsse. Eine 
dieser Strafen ist die Verbannung auf ein unfruchtbares Moor, 
das man sich als Aufenthalt verstorbener alter Jungfura in Ge- 
stalt von Kibitzon (('ii)'Uz) dachte. 

Frcilieli hat sich diese ursprüngliche Vorstelluug der Giritzen- 
moosfuhrt in den neuem Gebräuchen vielCnch verwischt und mir 
nocli an wenigen Orten deutlicher bis in ili«^«e3 Jahrhundert er- 
halteu ; so z. B. im Luzerner Rotthai, wo sich am Fastnachts- 
dieustag ein vom „Tod* geführter Wagen durcli «He Ortschaft 
bewegte, der zur Aiifnahnic der alten Jungfern bestimmt war. 
Junge in Weiberkleider gesteckte Burschen hatten sich indessen 
bei den Wohnungen alter Jungfern versteckt, wurden aber durch 
die Häscher des Todes untor Wehgeheul hervorgezerrt, auf den 
Wagen geladen und vor das Dorf hinaus nach dem Giritzenmoos 

*) üeber die Tradition, wouach bei der Miiotatbaler Moosfahrt noch 
im 18. Jahrb. ledige Mädchen in Knhmanknn mitgespielt haben, vgl. L, 
ToKBR, Zeitaehr. f. VdIkerp«yoh. XIV, 83. 



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140 



Die FMtiweht«gel>räuche in der Sehweis. 



geführt, wo sio aufltgeworfeo wurdeu. Hie und da wurde die 
Strafe der Yei liiinnuog âncli iu eine öfTentliche Versteigerong ge- 
mildert. Aehnlich im aargauiBchen Frickthal, nur dass es hier 
wirklich ledige Mädchen über 24 Jahre sind, die diese Bebaud- 
lang mOseen über sich ergehen lassen, und dass hei dem nach- 
folgenden Trunk im Wirtshaus den Mädchen — wohl als Frucht- 
barkeitesegea — Wein in den Schoss g^*08seii wird. 

Etwas mehr abweichend sind die folgenden Gebräuche: 
In ein/clneii G(><^'cnden des Kantons Aargau wird ein förmliches 
Gericht abgehalten, in welchem die das Giritzenmoos verwaltende 
Älteste «fnngfer (oaiûrlich durch eine Maske dargestellt ) als Klägerin 
gegen den ältesten Junggesellen auftritt. Sie wirft ihm vor, 
dass er ungesetzlicherweise immer noch iu der Ortschaft weile, 
während er doch f»(h(»n läni^st ins Giritzenmoos gehöre. Der 
Hagestolz verteidigt sich, doch nicht mit Glück, und verfallt so 
der Strafe der Verbannung in das Giritzenmoos. Meist wird 
auch hier eine allgemeine Ausfahrt mit ledigen Mädchen unter- 
nommen, die dann mit einem gemeinsamen Trunk ihren Abschluss 
findet. 

Im Kauton Luzern wird die Moosfahrt oft nur durch einen 
Unr/ng darg^cstellt, wobei der „Oiritzenvater" seine ihm unter- 
stellte Herde auf die Weide treibt ; doch ist uns aus dem 
Ilinterlund auoli ein etwas komplizierterer (Jetzt erloselieuer^ Ge- 
brauch überliefert, der allerdings schon stark von dem ursprüng- 
lichen Gedanken nbweiclit und im wesentlieheu auf eine Vnlks- 
kritik im «Sinne der unten zu beschreibenden „Hirsmontagslfriefe'' 
ausläuft. Nach einer Beschreibung von E. H. in der Neuen 
Zürcher Zeitung (1896 No. 277) war der Yorgaug dabei unge- 
fähr folgender : 

Der .,Uiritzenvaler'* uud die ..Giritzciimutter ' fuhren auf 
einem grossen Zi«;euüerwagen voll als Weiber verkleideter lUirsche 
durch die Ortsehait und hielten vor den Häusern an, wo sich 
Mädchen oder Frauen betandou. die .sich im Laufe des Jahres 
etwas Tadelnawcrtes hatten zu Schulden kommen lassen. Hierauf 
wurde von dem Giritzenvater eiu darauf bezüglicher kurzer Spott- 
vers ûl)gelesen und ein Bursche, der in Kleidung und Wesen 
die Kritisierte darstellte, von (k ii Iläscberu Abraham, Isaak uud 
Jakob mit Gewalt in den Wagen gezeirt. So ging es weiter, 
von Einer zur Andorn, bis man glaubte, der Volksjustiz (Jenüge 
gethan zu hnl)ou. Abends versammelte man sich iui \VirtBhau:$e, 



Die FMtnaetitsgebritncIte in der Sehweis. 



Ul 



wo man die Versteigerung der verspotteten Mädchen d. h. der 

810 darstellenden Rursnho vornaliin, und da war es denn für jono 
ein ganz l)eHonderer Stolz, wenn auf ihren Repräsentanten mög- 
lichst hocli geboten wurde. Das nächste Jahr wurde der Spiea» 
umgedreht, und die Mädchen waren die Kritisierenden ; und Man- 
chem, der im vorigen Jahr etwas za echarf gewesen war, wurdo 
es nun mit Zinsen lieimgczahlt. 

Das i r i t z j n c: e n"*, das in dcnsellien (iegenden an der 
alten Fastnacht noch jetzt abgehalten wird, ist nichts Andere.s. 
als jener alte und wcitviM-lireitele Gebrauch, nach welchem die 
Jungmunnschaft eines iirtcs mit lärmenden Instrumenten die 
Strassen durchzieht, um, wie mau ehedem glaubte, böse Kaiur- 
dämonen zu verscheuchen. 

In andern Teilen desselben Kaatuns und in üri wird den 
alten Jungfern von zwei als Weiber verkleideten „Giritzreitern" 
ein Strohmann und vorjähriges Moos an die Tlausthür genagelt^ 
ein Gebrauch, der seine Ent.stehung, wie man sieht, bereits einer 
sekundären Umdeutung des Wortes Moos (Moor) auf die homonyme 
i'Hanze verdankt. 

In Wohlen (Aargau) wurde mit ,,Giritzenmoo8" (oder „(Jötti- 
ball'^) ein Maskenball bezeichnet, an dem, ganz wie im Lnzerner 
Hinterland, alto Jungfern zur Versteigerung gelangten. 

Endlieh sei xn diesem Kapitel noeli erwähnt, dass an 
mehreren Orten bei den Faatnachtsumzûgen Altweibermühlen 
dargestellt werden, ähnlich, wie sie anderwärts bereits ans dem 
XVL Jahrhundert ilberliefert sind. 

Nach diesem längern Exkors, der uns etwas weit Ton 
unserm ursprünglichen Thema abgeführt hat, erübrigt noch, ans 
der grossen Zahl der neuern Fastnachtspiele einige 
wenige Fälle anzniuhrai. 

Im Ober-Aargau und im Emmenthal sollen lant einer brief- 
liehen Mitteilung von Herrn Dr. Stickelberger in Burgdorf nooh 
Tor wenigen Jahrz^nton am Hirsmontag Yolksschauspiele auf 
offener Strasse aufgeführt worden sein. Die Stoffe waren meist 
der Schweizergeschichto entnommen (Teil, Schlacht bei Sempacli 
U. A.) nnd die Spielenden wanderten dabei in der Nachbarschaft 
umher von Ort zu Ort Von St. (lallen beric.btet uns der Ver- 
fasser der kleinen Monographie St. (taij.ex Umoebuxh, dass 
neben den üblichen „Fastnachtsbutzeii'' auch arme Kinder Ton 
10—14 Jahren umhergelaufen seien und in den Wirtshäusern 



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142 Sagen aus dem nntern Teile des «t gallischeo Fttrateulutdet. 



^ Doklamaturien" aus der biblischen oder Schweizer-Geschichte 
^li(K'hpathcti8ch ' vorgetragen hätten. Ein satirisches Spiel, dar- 
gestellt von ca. 70 Personen kam am Hirsmontag des Jahres 
1823 in Hiltisriedeii (Kt. Luzern) zur Aufführung. Es behandelte 
in drastischer Weise, doch nicht ohne komische Ingredienzien, 
die Schrecken der Inquisition ; besonders mag chi lloitcrkcit er- 
regt liaheii. als zwei der sich flüchtenden Dominikaner bei der 
Entkleidung sich als Weiber entpuppten. M In Einsiedeln finden 
wir 17r)4 ein Lustsj)iel. das die wichtige Frage behandelt, ob 
der jungen oder der alten Fastnaclit der Vorrang gebühre, und 
80 können wir, ohne die Zahl auch nur annähernd zu erschöpfen, 
noch weiterhin in der March, in Brunnen (1829), im Nidelbad 
(1821), in Rüschlikon, in Richtersweil (1622) uud in 3iännedorf 
(1827) ähulicbe Spiele nach weisen. 




KarnalMpf av Maiinikrif« A. 89 
der Zflndier StadtblUlatludc. 



Sagen aus dem untern Teile des st. gallischen 

Fürstenlandes. 

Hitgeteilt von Gottfried Kessler in Wil (St. Gallen). 

Der Hasenholzgeiger bei Linggenwil. 

Zwischen Zuzwil und Linggenwil» hart an der Landstrasse, 
befindet sich ein kleines Wfildchen, das Hasenhoh, in dem ein 
geisterhafter Spielmann, der sogenannte Hasenholsgeiger, hanst. 
Noch Niemand hat ihn gesehen, aber auf seiner Geige spielt der 

') Deti (ian^ der II:in<llung beschreibt üi;r AiruKUT. ckd wolkri-aiircm: 

ScilWKIZKRBOTF. 1823 »S. (>9 f. 



Digifized b' 



SageD ans dem untern Teile des st. galUscbeu Fiirätculandes. 14^ 

unsichtbare Fidler dio schünsteu Woisen. Besonders lebhaft und 
voiltönerul ist sein Spiel währeuü der .heilige» Zeiten, " haupt- 
yiichlich um Weiiinacliton herum und an den Fronfastontagen. 
Dann hört nuiii die Töne sein(!a Instrumentea bis in den benach- 
barten AVf^ilor Hub hinauf, und so schön klingen dieselben, »ils 
wäre der „füruehmste** Geigenspieler der Welt im ilasenhulz 
drunten. Er liebt es aber auch, Leute, die nachts am Hasenholz 
vorbeikommen und den zauberischon Töoen nachgehen, in die 
Irre führen. Immer tiefer lockt er sie mit sdnem Geigen- 
ipiel in das Wäldchen hinein und liUst sie da oder auf dem 
benaebbarten Torfmoos umherirren. Erst wenn in ZuzwH oder 
Idnggenwil die Horgenglooke läutet, finden sie den rechten Weg 
wieder. Ein Mann aus Linggenwil, der an einem Winterabend 
sur Weihnachtszeit nach Hause gehen wollte, wurde yom Hasen- 
holzgeiger irre geführt. Er kam erst am folgenden Morgen tot- 
mflde nach Hause und erklärte auf Befragen, er sei die ganze 
Nacht bis zum Angetusläuten im Hasenholz umhergelaufen, ohne 
einen Ausweg zu finden« Da damals ziemlich tiefer Schnee lag, 
wunderte es den Mann, die Spuren seiner nächtlichen Wander- 
ung zu sehen. Er begab sich im Laufe des Tages mit einem 
seiner Haingenossen in das Hasenholz und bemerkte hier mit 
Erstaunen, dass er, wie dies die im Schnee vorhandenen Fuss- 
eindrücke de9dich zeigten, an einer lichten Stelle des Gehölzes 
einen nicht gar grossen Kreis umschrieben hatte, also stets rund 
herum gegangen sein rousste, obno sieb diesem Zauberriog ent- 
winden zu können. 

Oer Hexenplatt bei Laupen. 

Beim Weiler Laupen in der Gemeinde Zuzwil befindet sich 
in einem Wäldclien ein runder, mit Rietgras und einigen ver- 
krüppelten Föhren bewachsener Platz. Dort sollen vor altem 
die Hexen der Umgegend ihre Versammlungen abgehalten haben. 
Edu Kaufherr aus Zuzwil, der n»it Leinwand handelte und eines 
Abends vom Markte von St. Oallen heim ritt, sah diesen Platz 
hell erleuchtet. Eine Menge Männer und Frauen sasscn da an 
reichbesetzten Tischen, assen und tranken und waren guter 
Dingo. Sie ludon ihn ein, mitzuhalten. Wunderswegen ritt er 
näher und schaute dem Treilten vorerst eine Weile zu. Da sah 
er, dass alle möglichen guten Speisea aufgetischt waren, dass 



144 



Hooh»dt««teaer aa die Kuabengesellachaft io Tomils. 



aber der Hauptbestandteil eioer Mahlzeit, das Brot fehlte. Der 
Kaufherr erinnerte sieh, dass er noch ein Kreuzerbrötchen oder 
„littrli" in seiner Rocktasche habe. Er langte es beraae imd 
warf es auf oiiicii dor Tische. Sogleich stob die ganze Gesell- 
schaft ausoiuaoder und es wurde stockfinster. Der Kaufherr er« 
kannte nun, dass dies eine Versammlung von Hexen gewesen 
sei, bekreuzte sieb andächtig und ritt eilends nach Hanse. 

Oer Geist in Zuzwil. 

In der Nähe von Zuzwil ging vor Zeiten oiu (îeist in Ge- 
stalt eint'S brennenden Mannes um und kam öfters bis zu den 
nusscräten Häusern des l>ortes, aber nie weiter als bis zur Dach- 
traufe, Die Leute wünschten den Geist zu erlösen und eine 
besonders fromme l'erson fragte hierüber den Tfarrer um Rat. 
Dieser sagte, sie solle für den Geist drei Messen lesen lassen : 
aUdauu werde der Geist kommen und ihr für die Erlösung danken. 
Nur solle sie sich hüten, ihm alsdann die Hand zu bieten. Nach 
einigen Tagen erschien der erlöste Geist und streckte ihr mit 
den Worten : ,,('/nft/t bdhl noli'' (Koium bald nach) dankend 
seine Hand entgegen. Ein^i^edenk der Warnunj,^ des Pfarrers 
reichte ihm die rerson. die el)on mit Spinnen beschäftigt war, 
an Stelle der Hund die Kunkel des Spinnrades dar. Der Geist 
ergreift diese und ist verschwunden. Das Werg au der Kunkel 
war ganz versengt. Die Person starb bald darauf. 



Hochzeitssteuer an die Knabengesellschaft in Tomils* 

Von S. Meisser in Chur. 

Das Orifiinal der nac'hfi»lgendeu Statuten einer «ehrlichen 
Gesellschafr zu Toinils^ befindet sich dermalen im Besitze des 
Herrn Vorsteher liudolf Mettier in Tomila, der es in seinem 
Hause unter alten Papieren vurfaad und so gefällig war, mich 
eine Copie von dem interessanten Schriftstücke nehmen zu lassen. 



HochseitMtener an die Knabeoi^ellacbaft in TomiU. 



145 



Intéresse beanspruchen diese Statuten ans mehrfachen Grün- 
den; einmal sind sie ganz typisch. Die ^ehrlichen Gesellschaften^ 
(d. h. Enabeuschaften, Gesellschaften lediger Bursche) wohl fast 
aller Gemeinden unseres Kantons hatten ganz ähnliche Statuten, 
die nur dadurch von einander abwichen, dass die Taxen und 
Bussen an versrhiedonen Orten und zu verschiedenen Zeiten 
ungleich hncli waren ; teilweise ;*iiid diese Statuten auch meiaten- 
orts j'et/t noch in Kraft und in Uebung. wenn schon die anniass- 
lichen Hechte der Knabenschaften auf Htütz- oder Ifoclizeits 
weine schon 1813 durch Dekret des Kleinen Rates als unstatt- 
haft erklärt wurden. ,\bcr fast überall beruhen diese Satzuuî^en 
auf mündlicher Ueberlieferung. Dieser Umstand verleiht den 
verbrieften Statuten der ( Jesellschaft von Toniils ein ver- 
mehrtes Jntei« ; es gelan? mir nirgeods sunst, die bpureu ge- 
schriebener ^»tatuten zu entdecivon. 

Eine wesentliche Bedeutung kam den Knabengeaellschaften 

als VViichter der Sittenpolizei zu. 

An dem Ehreninsigel der Gesellschaft zu Tomils liege ich 
begründete Zweifel, denn nicht nur zeigt der 1792 erneuerte 
Brief kein Siegel und hing auch nie ein solches an demselben, 
sondern es ist mir auch völlig unbekannt, dass solche Gesell- 
schaften jenmls eigene Siegel besassen, ich bin desshalb sehr zu 
der Annahme geneigt, die Bestätigaog des Briefes mit dem 
Ehreninsigel sei eine blosse Phrase, eine Nachahmung der Form 
der Urkunden jener Zeit. 

Rechte vnd ansprach wegen Hoffler Weins 
Sambt andere Ordnung vnd Statuten Einer Ehrlichen GesellschaffL 
Allhier 2u Tamils Leuth einhält. 

Im Nammen Gottes . Urkunden Wir hiemitt . Diesem offénen 
BrieiF, wie das wir . Die von vnseren Älfevorderea Ererbte Recht- 
liche ord- vnd satsungen . Alss In gegenwarth Einer Ehrlichen 
und liobl. Oesellschafft allhier in Tamils auf das Neuen Erneueret 
haben, Tnd vnseren alten BrieflT abcopieren lassen wie volget. 

Pro 1". Hat eine Ehrliche Gesellschafl't Erkent, Das 
wann durch anschickung Gottes Sich einer verheurathet, solle 
er an dem Tag da die hochzeith vollbracht, würd, nach vnseren 
Alten freyheiten vnd Statuten geben Einer Ehrlichen Gesellschafft 

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1\6 fioohzeitMt«uer na die Knabe»|(eiteU»ichaft ia ToiuÜh. 

die hierzu jiikaufft Beind 100 Mass j;iiteii Weio oder aber dafür 
H. Iß Bahres gelilos. ( 'urenta [!| vaiiita ; 

2". AVan Sich oiii Willing widerum verheurathcii wurde, 
Solle or geben Einer Klirlidion (îesellaciiaft zu geniessen, 2 Lege- 
leii wckchen weins, oder dafür auch Bezahlcu H. 16 Bahres 
geldes. ('urenta valuta. — 

3". Wau Sich frömde in vnscior Cîineindt vorheurathcn. 
Süllen Sio Ynss geben zu geniessen .")") Ma;<s guten weiseheu 
wein oderdartïir tl. 7 Bahrea geldts, ist auch erkent worden, dasa 
wan etwan ein früinder hier wurde gegen einer Tuehter oder 
weib Sonst vorliebt machen vnd in Einem hauä Bey nacht heim- 
lich au8P vnd ein gehen, wofern er dann von vnss mächte Er- 
dappet werden. Solle geben ein Philipp oder 12 maas guten 
welschen wein, wenn er Sich aber widerspännig erzeigen wurde, 
80 haben wir Macht vnd gewalt, jhrae nach vnseien guili-dunkhen 
ab dem Leib zu nehmen. Seinen Dägen, Hut oder man von 
Ihme Bonsten bekoninien mag, mit dem Selbigen dauu m ein 
würtzhaua zu gehen vnd nach vnsercn Belieben verlriukhun, 
solle auch noch zur straff in ein Brunnen geworffen werden. 

4'*. ^\'an deren wären in vuserer Omeindt Taniils die Si< h 
vngehnrsamlieh wurden in Srellen, so haben wir die rechte jhme 
zu schellen, vnd von seinem haus8 oder gnth hinweg in nehmen, 
Bisa das wir umb obverschribcncfl w-ohl conseutiert Seind etc. 

5". Was verhcurathete Kheleuth sind, die Sich in Streitig- 
keithen Begeben, vnd Eins von dem anderen ans dem liaus.s 
gehet, vnd anderstwo Übernacht Bleibt, so solle man jhnnon, wan 
Sie widerum Einig werden, Ib mass wein zu fordern haben, 
wuleru Sie dan nichts geben wohlen, solle man jhuncn nach altem 
Brauch schellen vnd mit dem Trummen zuf^ammen Leuthen. — 

6". Sollen Keine den TToffierwein htdtl'en Trinkhen. die 
nicht darzu jnkautft siud, vnd die Sich jnkautfen wohlen, müe^iscn 
geben 3 mass gnthen wein, wen auch deren wären, die den 
Hofficr-wein Einen Thaler geuie-^sen wurden I f einilieherwei»«, 
die Holiüu zur straff allen josgesambt Einen zweifachen Hofticr- 
wein geben. — 

7**. Wan etwan deren wären, die üImt Ib. Jahren alt sind 
vnd ein fräclie« Hn(d)euHtuckh lîegehen Thäton. dsa m nnas 
andere hie oder anderstwo ein aiilfln'hnns wäre, S(dlen wir von 
jhuneu zur Straff, nach dem der fröti'el sein möchte, zu Preten- 



Digii 



I 



! 

Em ul>ereiiga<Iiiii8ches Lied über die Kastiiaclit. 147 | 

. tiefen haben 4. 6. 8. 10. fl. dessen Sich ein jeder dernach ver- 
halten wolle. — I 

8**. Solle je der Letzte der jiikaufft ist, wen manu den 
Iloffier-Wein fordern soll, die jenige alle an ein gewüsseu orth 
zusammen Beruffen, vnd wau etwan durch die llinlässigkeit des 
einten oder Beydcr vorgesetzten Herren Platzmeister, aus vor- 
theillhafTtigen Saumseiligkeiten Solche Andeutung wider Vermuten 
durch stillschweigen wurden vorbey gehen lassen, jn der absieht, 
der Ehrlichen Gesellschaft jhre Rechte vnd gerechtigkeiten ja 
mit fürwitz, Ihre Rechtsame, suchen zu Kränkhen, diese Sollen 
Nicht nur von einer ehrlichen geselUchafft aus derselbigen ge- 
meinschaffl mit schandt und spott ausgestosson und geworffen 
werden, sondern ein Billichen straff, vor die vermessenheit, nach 
erkantnus, Einer Ehrlichen gesellschafft, vnd ohne einige Kränck- 
ung Ihrer aufrecht habenden gerechtigkeit in alle Ewigkeit, kein 
Eintziger Punckten vermögen, zu keinen Ewigen Zeiten im ge- 
ringsten nicht zu vorkürtzen noch zu verkleinern. Sonderen die 
Ehrliche Gesellschatft Bleibt Allwegen Hey Ihrer Rechtsame. 

9". Sollen keine die under 16. jähren alt Sind jnkaufft 
werden. Deme hiermit zu wahren vrkundt vnd Besserer Ver- 
sicherung so haben wir als in Nammen der gantzen gesellschafft 
Allhier zu Tamils, vnser Ehren Secret jn Sigel öffentlich an die- 
sen Brieff getruckt vnd coroboriert der geben ist lauth dem alten 
Brieff Nach der Ileillsamen geburth v users Herren vnd Heiland 
Jesu Christi A" 1612 vnd jetzt A" 1791 den 16 februarii von 
Neuem ab copiert worden etc. 



Ein oberengadinisches Lied über die Fastnacht. 

Von Prof. Dr. J. Ulrich in Zürich. 

Ich würde geringen kritischen Sinn bei dem Leser der 
Zeitschrift voraussetzen, wenn ich ihm das folgende Lied als 
nur halbwegs volkstümlich vorstellen wollte. Dasselbe steht 
vielmehr auf der gleichen Stufe wie die I>ieder: Dfirarl iJ(} 
sal/nr und Ikirart Ceirnulad., welche in dem Liederbuche 




148 



£in obenngadinisohes Lied Uber die ËuitDacht. 



stehen, daa einen Teil des Vt'r Sulaz des Stefan Gabriel îq 

obcrlrinrliöpbem Dialekte (IHll; vgl. Uuuc ii. Rhatorom. Chresto- 
TTiatliie i, S. 9 —12) ausmachen. ^^>^ diesem Liederbuch ist 
uns in dem 'Shrr. 103 der Churer Bibliothek eine nicht voll- 
ständige Bearbeitung im oberengadinischen Dialekte enthalten, 
in dem sich nun gerade unser Lied befindet, während es in der 
oberländischem gedruckten Sammlung fehlt, wahrscheinlich 
•weil es ilt III Yertasser') schon zu weltlich schien. Ich lasse es 
hier trotzdem abdrucken, weil eigentlich vidkstumliche Poesien 
aus älterer Zeit auf diesem Gebiete höchst selten sind (vgl. 
Flugi, die Vulk-^iieder des Engadin, p. 5 tF.), anderseits, weil aui* 
demselben hinlänglich hervorgeht, was die Büodner Pfarrer an 
dem Sc/tf(schaicer auszusetzen hatten. 

Una chiantzun fata alla Juentünna davart l'g Schüschaiver. 

1. 0 nur Meli, t^inipaii^a, 
Co Dien quel resta offaiae 

Da noa!?(a) grand e b^,'i<-r pchîôet 
Chi dvainteii in tuott grOs. 

2. (^uels hauii cauau la giierra 

In iiossu « hirra ti'rra ; 
Baun eir cau.sO ia tatiuu^ 
La glanda et Oter dan. 

ä. I<as inalas beätiaä tiers 
In lur arabgina viers 
Hann noass inlaunt-s inatzG, 
L*imegna da Diea achiarpô. 

4. Kir aqué, chi aïs sur tnott, 

La predgia mm curuotta 
Dalg vivaiiit plr! da Dieu, 
ä^ho in lous uiiuuicu. 

5. Litraunter Oter pchiô, 
Chi hû quaist inaritû, 

Nun aïs l*g plU davons 
Vg Butér bain in tnott bus. 

6. L*s puanna moarts aiot l*g pchiû| 

Als (]ur-ls nun vain pradgiC 
La gliisch dalg plêd da Dieu 
Ké 1 g £vaQgeU sieu, 

*) Ea ist nicht ausgeschlosnen, das« Elias Frissan, der sieh am Ende 
nennt, der Verfasser ist und nicht bloss der Coptst. 



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ËiD oberengadioincheB Lied flber die Fastnacht. 

7. S'dalettivn dalg sat£r, 
(îiuvcr, muglÎT. Mastnirr 

Kr rir da l'uvriiiuntza, 

Sco queLs, clii mai liauu dprauiitza. 

8. Mo vus, lidels juvik;», 
£t juv(a)na8 in tnott grOs, 
Eaohea da Dien clainda, 

In Bien nom battagiôs. 

D. Sieu aalttdeÎTel pléd 
In po scommoditêd 

As vain pUr miss avannt; 
Perche nun ])ii;liai8 aiiit? 

10. Cur vus arischaia la Caina 
D la lija christiauna, 

Trais ohiOaaa vas ginnia, 
A Dieu eir pramettaia: 

11. VoaM pchîôs bain da cridêr, 

In Christum eir da crair» 
Voasflvitta imgiiir.iinl 

lesum nié schuiauohiaud. 

12. Mu s'apprnsniaiMl Tg Scbttacbaiver, 
Haun bgicrs dali tt et arder, 

Uuel aul daii' hunurèr, 

Dieu noaas vair apuB schdegnêr. 

13. Sühbütan superiuors, 
Scbbtttan fidel paatuors, 

A Satan complaschand, 
Lnr salttd manchiantand. 

14. *Na femna sut guardér 
Uuella par giavUschr-r, 
Avaunt l'.s œlgs de Dieu 

Par pitanœtig vain tgnieu. 

15. Uuaunt plii cuu la pigltr, 
Stirer et eir 8utt(t)êr 
S^contnorbla Dieu sench «plertj 
Chi in nas ho aien albirg. 

16. Par ttna satarela, 

Figlia d'Una pitancîa, 
Ai8 a San Jan Batista 
Tagliô sieu chiû dalg biUU 

17. Très fini ver et BUtér, 
Cumprêr et Irudugii-r 

L'g dilttvt dalg iUst Dieo 
Hd ]*g prHm bom tranndien. 



X50 



Ein oberengadiniiiehes Liod Uber die Fastnacht 



18. Trt*s l.aiver et maglier, 
Satter et luxurièr 

Ais Sodem, ^uell bell loe» 
D«8cbdriUt oun acbgriaehas fœ* 

19. Noë cuu omuM sett 
Tiers Dien gratacbia ehiatét. 
TiOtth ais eir cuaalvâ, 

J>'la flama parchilirô. 

20. Kls mê nun liaun sntd, 
Miv (l'iioat t'ir trama^iio. 
iittun tnm .Sil lur braicda 

lu fa bain adaatrêda. 

21. Failtiühaiii eir mis auu eis, 
Vivain soo vair fldela, 
Renuntiund Schttsohaiver, 

^uel fôs Dien nar et aiver. 

22. BgierH painan (la gnir velgs 
Ht car cliia liiieula[ii] l's (BÜga, 
PUr Inr f*'cuvgnir cun Dieu, 
S'rendiii ulg plaschair sieii. 

23. Mil eis par t«chert nun saun 
Né par oats né daciAun, 

Unêl aaia IV davous di, 
Cbià Dien l*a clama 4a qoi. 

24. Cuntnot, orma fidela, 

SI;utd tu juvna et belai 

La tia iiu'bla flur 

Nun vöegla-st metter û zuur, 

26. Mo offerir û Dieu 
Très Christ l'g oliiêr ülg sieu, 
Schi TMnst & santir cafoart 
In la TÎtta et in la moart. 

Âmen. 

Scritt très me Elias Fritzuu da Lellcriua 1G42. 



Ein IQr die Jugend gemaohtns Lied gegen die Fastnaeirt. 

1. O wahrer Gläubiger, bedenke — Wie Gott (dieser) beleidigt 
ist, — Von unsem grossen nnd vielen Sünden — Die in allen Stufen 
vorkommen. 

2. Diese haben den Krieg venimoht — In unserm tenren Laude ; 
Sie haben aneh verursacht den Hunger, « Die Pest nnd andern Schaden 



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Ein ober«ngadianches Lied Uber die Fastnacht. 



151 



3. Die h'öaen Tiere dazu — In ihrem wfitenden Lärm ~ Haben 
vnsere Kinder getötet, — Üae Bild Grottes lerrÎMen. 

4. Auch dos, was über Âllea ist, — Die unverdorbene Predigt 

— Des lebendigen Wortes Gotte», » Hat sich an Orten vermindert. 

5. Unter anderer Sünde, — Welche dies verdient hat, — Ist 
nicht die letzte — * Das Tanzen wohl an allen Urten. 

6. Die Heiden, gestorben in den Sünden, — • Denen nicht gepre- 
digt wird — Das Licht des Wortes Gottes — In seinem Evangelium. 

7. Haben Freude am Tanzen — Spielen, Fressen und Fluchen, 

— \]n(\ larhen über die Trankenheit — Wie die, welche keine Hoff- 
nung haben. 

8. Aber ihr, treue Jünglinge — Und Jungfrauen in allen Stel- 
laugeu, — Seid von Gott berufen. — In «einem Namen gcUuît. 

'J. Sein heilsames Wort — Mit wenig Unbcquemlii hkeit — Wird 
euch doch vorgelegt; — Warum nehmt ihr es nicht uii? 

10. Wenn ihr empfangt das Muhl — Des christliehen Baade», 

— Schwört iiir iln-i Dinge, — Versprecht sie auch Gott: 

11. Kure Sünden wohl zu beweinen, — Ati Christus auch zu 
glauben, — Euer Leben bessernd ~ Und Christus nie vergessend. 

12. Aber, wenu die Fastnacht naht, — Ual>en viele Vergnügen 
noà Brennen, — Diese allein zu ehren, — Gott, unsem wahren BrÄu- 
tigam SU venehmShcn. 

13. Sie Terwerfu) Obrigkeit, — Sie Terwerfen treue Hirten, — 
Dem &tan gefällig seiend, — Ihr Ueil verfehlend. 

14. Ein Weib bloss anzusehen» — Die zu begehren, — Vor den 
Attgeo Gattes — Wird filr Hurerei gehalten. 

15. Um me viel mehr [sie] mitnehmen — Hemmzerren und 
[mit ihr] tanzen Wird Gottes 6«ist verwirrt, — Der in uns seine 
Wohnung hat. 

16. Um einer Tiinzerin willen, — Der Tochter einer Dirne, — 
Wurde Johannes dem Täuler — Abgeschnitten sein Kopf vom Rumpf. 

17. Durcli Trinken und Tanzen, — Katiffii und betriiij^cii — 
Hat die Siiiidliut des gerechten Gottes — Den ersten Meuscheu ver- 
schlungen. 

lö. Durch Trinken oud Frcäseu, — Tanzen und Unzucht treiben 

— Ist SudoD], jener schöne Ort, — Durch schreckliches Feuer zer- 
stört worden* 

19. No@ mit sieben Seelen ^ Fand Gnade bei Gott, — Lotb 
ist auch erhalten worden, — behütet vor der Flamme. 

30. Sie haben nie getanzt, — Sittd nie bei Nacht auf Besuch 
gegangen — Haben ihr Gesinde aufgezogen, — Im Glauben wohl 
UDterriohtet. 



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152 



N'olksijebraiiche in Sargaiis und riu^fltun^f. 



21. Thun auch wir wie siel — I-ichen wir wie wahre Gläubige, 
— Verzichtend auf die Fastnacht — Jenen falschen, närrischen tmd trun- 
kenen Gott. 

22. Viele denken alt zu werden — Und wenn ihnen die Au^en 
flimmern, — Auch dann mit Gott Ubereiuzuküuimen, — Sich seinem 
Gefallen zu ergeben. 

23. Aber sicherlich wissen sie nicht, — Weder filr heute noch 
morgen, — Welches der letzte Tag sei, — Das-sGott sie von hinnen ruft. 

24. Also, treue Seele, — Da du jung und schön bist — Deine 
edle Bliune — Wollest nicht entehren, 

25. Sondern Gott darbieten — Durch Christus seinen teuern 
Sohn, — Und ilu wirst Trust Huden — Im Leben und im Tode. 



Volksgebräuche in Sargans und Umgebung. 

Von Ant. Zindel Id SchafFhaiisen. 
Das Maia-n-ihäluitä. 

Bekanntlich zählt der Bezirk Sargnns zu den fruchbarsteu 
Gegenden unseres Schweizerlaudes. Unter Frost und Ilagelschlag 
hat das Ländchou eben nicht viel zu leiden und zwar aus guten 
Gründen. Die Bewohner von Sargans, Mels und I'ingebung sind 
gar fromnie und christgläubige Seelen. Schon seit uralter Zeit 
ist es daher bei ihnen Sitte, alle Jahre am letzten April, abends 
von 8—9 Uhr, den Mai einzuläuteu ( Mnin-n ihälüthi). In wun- 
derschönem harmttnischem Chor hört man in der stillen Frühliugs- 
nacht von Fern und Nah das liebliche Gesumme der zur Andacht 
rufenden Glocken. Feierliches Scbweigeu ruht auf Feld und Flur 
und ganz eigentümlich wirkt das Läuten und diese tiefe Stille 
auf die Menschen ein; da betet alles zum Lenker der Dinge, 
dass er die jungen PHanzeu und Blüten bewahren möge vor Frost 
und llagelschlag, und auf tausend Lippen schwebt der stille 
Wunsch: „(inb is Göll a frudtllKir^ .Jour*'. Ein eigenes Ge- 
fühl ergreift das Herz in dieser feierlichen Abendstunde, in der 
mau die künftige Nahrung vom Herbste, die noch kaum der 
Erde entsprossen, in Feld und Garten, an Bäumen und im Reb- 
berge dem Schutze des Allmächtigen übergibt. — 



Volksgebräuche in SargaiM und Umgebung. 



153 



Mai-Scherze. 

Die ISacht vom 30. April auf den 1. Mai ist im .Surganser- 
land so rocht dazu bestiiniut, die losen Streiche der Jungniauu- 
schaft mit ihrem dunkeln Schleier zu bedecken. Hat eine Jung- 
flrau nicht zur rechten Ztit Iftr einen treuen Gefährten gesorgt, 
80 kann tio am Morgen des 1. Mai ihrem Kammerfemterlein 
gegenüber ah Ersatz einen baumlangen Strohmann, genannt 
Mäiä-Ma, an einer Mauer, auf einem Baume oder einer Stange 
hüDgen eehen; Tiele alte Jungfern müssen sich auch blos mit 
«NarrenSsten* begnügen. Hie und da kann ein biederer Land- 
wirty dem man gerne einen Schabernack spielt, am Morgen ein 
Rad Ton seinem Wagen sn oberst Ton einem Baumgipfel her* 
unterholen; ja im Dorfe M. wurde sogar ein Schubkarren auf 
den Dachgiebel des Oemeindehanses praktiziert und dieser Schub- 
karren obendrein noch mit Dünger angefnllt. Auch ist dieser 
oder jener Hausbesitzer schon in die unangenehme Lage ge- 
kommen, seinen Abtritt, der blos am Hause angebaut war, in 
einem andern Dorfe wieder reklamieren und abholen zu müssen. 

Wetterläuten. 

"Wie an vielen andern Orten, wo der gläubige Landwirt, 
mangels seiner geringen Welteituhrung, tnelir oder miiulcr dem 
Aberglauben vurfallen ist und sein Vertrauen mehr dem Leber- 
natürlichen zuwendet, so glaubt auch die Bevölkerung von Sar- 
gans und Umgebung an die Macht der geweihten Glocken. 
Wenn im Hochsommer von Walienstadt her ein XJngewitter im 
Anzüge ist, wenn der Sturmwind und die schwarzen Qewitter* 
wölken gefahrdrohrad über die Gegend dahinjagen, wenn Blitz 
und Donner die Bewohner in begründete Angst versetzen, dann 
eilt schnell der Messmer in den Glockenturm und fängt an zu 
läuten. Erleichtert atmet jetzt der geüngstigte Bauer; seine 
Felder und Bebberge sind nun gesichert gegen die drohende 
Gefahr. Es herrseht nämlich der Volksglaube, dass durch das 
Läuten der Glocken das Gewitter über den Gonzen nach dem 
reformierten Wartau, oder auf die grauen Hömer verscheucht 
werde; trug doch die alte Betglocke (bis 189S) von Sargans das 
Sprüchlein : 



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« 

/ 

154 VolkngebrSuehe in SarK«ns uad Umgebani^. 

Maria heiss i, 

Wind îind W ütler tieïss i; 

JjltVf rnf nn zur räfhtfi Zit 

l>inu macki <l"ss ds Wotter ßuHt. 

Scheint die Gefahr sehr gross, so werden sämtliche Glocküii 
geläutet; die Frauen werfen geweihte Palmen vor die Thüren 
oder beten den Rosenktanz. Schon in vielen Füllen, wenn in- 
folge Abwesenheit des Messmei s das (iowittur sieh wiiklitli iU)er 
der Gegend entlud, wuide dieser im Geheimen beschuiJjjji, 
der alleinige Urheber des Unglücks zu sein, da er das häuten 
unterlassen habe. 

Ein Neujahrswunsch in Sargans. 

Auch in Sar^ni kofipflneh an die SyWesteniacbt eine alther- 
gebrachte Sitte, die wobl wie selten eine andere in soächtcbristlicher 
und Tolkstümlioher Weise den Neujahrsgruss zum Ausdrucke bringt 
Kaum ist der letzte Olockenton, welcher die Mitternachtsstunde an- 
kündet) verklungen, so sammeln sich die JOnglinge des Stfidtrhens 
auf dem Kirohplatze, um, der alten Sitte getreu, denGeietlichen, B(h- 
amten uod Bürgern der Oemeiude gemeinschaftlich den melodischen 
Neujahrswunsch entgegenzubringen. Der erste Glückwunsch 
gilt gewöhnlich dem Pfarrer und lautet folgendermaasen : 

Einzelner : 

f.oitseu'l, iras tn'f/ i sii'i'i, 

lyfUfHfijii hm Zv'Olß ifschlayü, ZwOlß, 

Urs alt Jotir iat rfrhh'rftä^ 

l ad ü nöHs ihägschlichii 

Dem Rtchii, we (lern Armä; 

Jetz teit«cAemei' tiem Herr JPfarr und tinw Cköehi 
A giiäta glUgghafiig» ntiUa Jour! 

Chor: 

Und tcas in«r wüschen, teärdi toaur, 
Gott gäb um allen ä guUta nöUs Jour ! 

Oder: 

.htz ivUachiuia'r dem Herr Prästdintf siner Frau 

f^nd sinii 'iuhnä-n-und Tdchierä ä guäU nvüe Jour etc, etc. 

.Manche UausthUre öffaet sich, umdie glflckwOnschende Jung- 
mannschaft in der traulichen Wohnstuhe mit gutem Wein, Liqueur 
und ,,BirUbroui** (Oberländer Spezialität) zu erquicken ; denn 
kein Bürger von Sargans will dieses Giaokwunschea verlustig gehn. 




Nenjahrafeier in Prättigau. 155 



Neujahrsfeier in Prätttgau. 

Von 0. Fieui in Char. 

Yielleiofat ist es nur ein Denkmal, das icb mit den folgen* 
den Zeilen einem Brauch letse, in dem viel Poesie war. Früher 
war er bei nns siemlich allgemein, in 81. Antönien wurde er 
noch bis zum letzten Jahre uafreeht erhalten; nnn acheint man 
ihn auch dort fallen lassen zu wollen, was nns leid thnn wQrdo. 

„Ob die Ledigen hilr an ga siugen gangend P*^ oder : 
,0b die Ledigen hur au gau nfijahren gangend Das war 
frOber gegen Ende des Jahres die allgemeine Frage, bei den 
Verheirateten, immer den Wunsch der Bejahung in sich schlies- 
send. Wurde dieser Wunsch erfSllt, so ging dies so zu: 

Die Burschenschaft kam an einigen Abenden im Scbulhanse 
zusammen, um unter der Leitung des Schulmeisters das «Neujahrs* 
lied*^ einzuüben. Es war dies überall und immer dasselbe Lioil, 
anfangend : 

»Nun wüUe Gott^ tlass unser Q'sang 

Mit Lust und Freud aus Olauben gaug\ 

Zu wünschen Euch ein gut^s neu*s Jahr** etc. 

Bas Lied hat zwei oder drei Strophen, die überall passen, 
sodann Terschiedene , einzelnen Ständen oder Umständen ge* 
widmete Strophen. Die Melodie ist- ein Mittelding zwischen 
Choral' und Figuralgesang, ziemlich leicht, aber etwas einförmig 
dabinfliessend, getragen vom Bariton, während Tenor und Bass 
als Eileiter nebenhergehen, der erstere, so viel ich mich er« 
innere, oft in ziemlich ungezwungener Weise. 

Am Altjahrtag, gogen Abend — wie früh, das kommt 
darauf an, ob die Gemeinde zusammengebaut oder zerstreut ict 
— sammeln sich die „Neujabrer", d. h. diejenigen Barscheu, 
welche zu diesem Zwecke mitmachen, an einer bestimmten 
Stelle, nud nun beginnt die Sängerfahrt. Die Sitte fordert es, 
dass da, wo die Häuser zerstreut sind, vor jedem Haus gesungen 
werden muss, während in den geschlossenen Ortschaften kleinere 
Häusergroppen gemeinschaftlich behandelt werden. 



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lôii Nenjahrsfeier in Prätti^u. 

lu weitläufigen Gemeinden miiss man, wie bereits lieinerkt, 
mit (lern Uinsin<;en sclion l>ei Ta^ heginnen, weil man soust erst 
um ]iJitternaeht fertig würde, was aus weiter unten anzuführenden 
Gründen nicht geschehen darf. Die rechte Weihe bekummt die 
Feier aber erst mit dem Einbruch der Nacht, der letzteu des 
Jahres. — Ein Pistolenschuas kündet den Hausbewohnern an, 
dass die , .Singer'' da sind Dieselben stellen sich vor dem Haus 
auf" und produzieren ihren allgemeinen (besang. Beherbergt das 
Haus eine Obrigkeitsperson, so wird dieselbe noch durch eine 
besoodere, für sie passende Strophe geehrt. Wieder kracht ein 
SebttM — da wo Jungfrauen siod, wird zu ihren Ebreu oine 
besondere Salve abgegeben — nnd die Sänger siehen weiter, bis 
auf Einen. Dieser Eine hat den „Wnnacb'* xn sprechen, d. b. 
eine mit den sehönsten Glflckwflnschen Tersobene Rede sa halten. 
Der Hausvater beantwortet den Wunsch kurz nnd reicht dann 
dem Wünschenden eine in einem Papier bereit gehaltene Geld- 
gabe, wobei sich auch der Arme, soweit es seine Mittel erlauben, 
nicht lumpen l&sst. — Hit einem „Wunsch** muss jeder Sänger 
ebenso gut bewaffnet sein, als mit Pistole und Pulver, denn ab- 
wechslongsweise kommen Alle daran; es ist dies eine besondere 
Ehre, namentlich dann, wenn der „Wunsch" hfibsch ist und gut 
vorgetragen wird. Die von einem Lehrer oder einem sonst dazu 
Befähigten verfassten „Wönsche" sind natürlich einstudiert. Wer 
es kann, treibt damit eigentliche Casnistik, indem er namentlich 
demjenigen Fenster, das ihm am besten gefällt, d. h. was da- 
hinter stobt, einen Wunsch auf den Leib schmiedet. 

Bis gegen 10 Uhr soll das Singen fertig sein: die Sänger 
hören dann auch in der That gerne auf. denn das viele Singen 
und die vielen ihnen gereichten Erfrischungen, namentlich 
„Kötheli"' (Komposition von Schnaps, gequetschten dfirren Kir- 
schen, Zinimt etc.), haben es bewirkt, dass die Stimmen nicht 
mehr gluckenreiu klingen. - - 

Von 10-11 Uhr wird mit allen Glocken das alte Jahr 
aus>, und von 12 — l Uhr das neue Jahr eingeläutet. Dies zu 
thun ist Ehrenpflicht der „Neujahrer'', d. h. der Burschen, welche 
an dem Singen teilgenommen haben. In den Jahren, in denen 
nicht gesungen, also nicht „genenjahret" wird, verbleibt das 
Läuten dem Messner, dem es übrigens zuweilen auch von den 
Burschen selbst verdingt wird. Die haben nämlich zum J.ihiten 
nicht immer Lust und auch nicht iumier Zeit, denn jetzt kommt 



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Nenjahrsfeier in Prättigau, 



157 



an die Reihe — der Sehatz: scboD Schatz, Schatz in spe oder 
Schatz ad hoc. Wir werden ja morgen sehen, was damit ist. 

Am Neujahrstag, da kommt dann alles zar Kirche, vom 
blühenden Kinde bis zur welken« aber immer noch wissbegierigen 
Greisin. Im gastlichen Hause summelo sich die Neujahren'^ 
zum Kirchgange. Sie ordnen sich zum festlichen Zuge. Heute 
sind aber die Burschen nicht allein, sondern joder führt am 
Arm ein Mädchen, das er für den hcutij^icn Fest- und Ehrentni^ 
als Genossin gewonnen hat; oft mit vieler Mühe und vorheriger 
Einheimsung verschiedener Körblein gewonnen; denn ein Mäd- 
chen besinnt sich zweimal, bevor es sich /u diesem ölFentUcheu 
Auf/ng entschliefst; es komnit eben uuf deu „Werber'' an. 

Es wird zur Predigt gehiutct und der Zug erscheint. Das 
neugi('rifi;o Publikum — wer wäre d;i nicht neugierig? — bildet 
Spalii ! Ir'nn alle wollen doch sehen, ,,wa8 für Eiui'' jeder hat. 
Zu indiskrete Annäherungen werden nicht nur durch guten 
Takt, sondern auch durch die in einemfort aus den Reihen des 
Zuges hervorhiitzenden und krachundün Schüsse verhindert, 
welche »ich ?or der Kircheuthüre noch zu einer Feuergarbe 
vereinigen. 

Nach beendigtem, natürlich mit aller Samnilung und An- 
dacht genossenem Gottesdienste treten die ,, Neujahrer'" neuer- 
dings iu Reih und Glied, denn nun geht's zum frühen Muhle. 

Bei dem Mahle, dessen Kosten aus dem am vorhergehenden 
Abend ersungencn Geldo bestritten worden, geht es hoch her; wan 
Küche und Keller bieten können, ziert in passender Abwechslung 
die Tafel, und fröhliche Redeu und Gesänge liegleiten die an- 
genehme Arbeit des Geriiesseus. Zuweilen wird die Süugereruto 
so gut, dass die Kasse noch für eine Nachfeier am nächsten 
Sonntag langt. Die Mahlzeiten .-iind Regel ; es ist mir nur die 
eine Ausnahme bekannt, dass die St. Antönier Burschen an einem 
oder zwei Altjahrabenden zwar umsangen, dagegen in aner- 
kennenswerter Weise das erhaltene Geld der wenig bemittelten 
Kirchgemeinde zur Anschaffung eines Harmoniums übergaben. 

Nun wäre eigentlich die Neujahrsfeier fertig und .Fung 
und Alt spricht befriedigt : „So merkt man doch auch, dass es 
Neujahr ist.'* Für die Burschen folgt dann aber noch ein kleines 
Nachspiel, das sich je nachdem zum schönsten Teil der Feier 
gestaltet. Jeder ist nach einigen Wochen soiuem Mädchen einen 
Besuch schuldig, bezw. zu demselben berechtigt, um den „Blätz' 



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158 Die AmtRtracht eineB sllrcb. Untervo^es im XVI. Jahrhundert. 

in Empfang zu nehmen. Unter ^.Bli^^z*' versteht man sonst 
einen Flicklappon, in diesem Falle aber war es, früher wenig* 
Btens, der StoH' zu einer hül)schpn Westo 

Und damit bat die Neujahrsfeier ihr Ende orreicht. 



Die Amtstracht eine$ zürcherischen Untervogtes 

im XV i. Jahrhundert. 

Von Paul Giiüz in Zürich. 

In einem Wappcnbuclic der Ilerrenstnho zu Winterthur 
aus dem ersten Drittel des XVI. Jahrhunderts ist u. a. der 
Untervügt Stelzer in Anitftracht dargestellt als Schildhalter seines 
eigenen Wappens. Dieser Vereinigung von Wappen und Wappen- 
inhaber begegnet nuin schon in dem Wappenbuche des Ritters» 
Kenrad (îriinenbcrt^ van Kunstanz und etwas später auch in 
heralilisclieii Kompnaitioncn auf Glaagemäldon und in Steinrelicfs. 
Was hier von Interesse ist, das betrifft die sauber dargestellte 
und beglaubigte Kle'dung eines Untervogtca. Das weiyR->«] nie, 
schräggeteilto Warna i«t nn den Hüften zusammengezog* n und 
fällt in regelmässigen l'alten Iiis aufs Jvnie. Es ist am Halt- 
ende und an den Aernielendcn zu einem lîunde aufgenäht. Die 
gl()fk('nf«'u'niigen überärrni^l reiclien bis auf die Mitte des Vorder- 
armes. Au.s der Zeiclinung geht deutlieh hervor, dass das blaue 
Tuch viel schwerer uud dicker ist alb das weisse, uud deshalb, 
besonders am Oberärmel nieht schön fTillt. Die Betnkleidung, 
welche auf der Zeichnung nicht sichtbar ist, wird durch ein 
Trikot mit weissem und blauem Rein ergänzt werden müssen. 
Kin schwarzer Schlapphut mit hinten abhängender Krampe bildet 
die Kopfbedeckung. Das kurze Schwert hängt als einzige Wehr 
an seinem Riemen aus Leder oder Bast. Während der Vogt 
die Rechte auf den Schild stützt, hält er in der Linken diu 
Abzeichen seiner Würde, den sogenannten ,,KnÖpäi8tecken'^, 



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Die ÂiuUtracbt eiaen surcli. Uutervugtes im XVI. Jahrhuuüert. 15*.l 




welcher schon in don Chroniken des XV. Jahrhunderts den 
AVeibcin, ( iorichtbeaniten etc. l»eigegc!jen ist.') Er bestellt aus 
einem StookL-, an welchem die Zwei<^an9ätze stehen gelassen 
worden sind und ist in der Abbildung gelb (Holz) bemalt Das 
Wappen zeigt im roten Felde eine gelbe Stelze und bietet ein 
hübsches Beispiel eines redenden Bauernwappens. 



'} Durch frcuudl. Mitteilung vun llerni Dr. Zciiip. 



lüU 



Fi-Ubjahrabraucb. 



FrUhjahrsbrauch. 

Von Prof. Dr. J. Winteler in Aarau. 

Der Tu fei heile. 

Wir Knaben verschiedener Glarner (Kercnzer) Niederge- 
lassenen in Tof^genbiirg (Schlatt, Gem. Kniiunicnan) pflofjtcn uns 
oft zu )>olu8tigen mit einer Procedur, welclit' lierkömmlich be- 
zoirlinet wurde als '/< /• Tufel heile. Das Wort ^lieilrtr' ist ausser- 
halb dieser AVeudung m. W. in unserer i Ivcrenzer) Mundart 
nur noch gebrauchlich für dus Verschneiden der niännlichon 
Tiere. (Bei weiblichen sagt man „schneiden".) Die Procedur 
bestand darin, dasa man sich liegen die liretter, welche dio 
Wiiiule der Berggaden verkleiden heiasen in ihrer Ocsanit- 
hi a lileiui Û. i. ahd. *^/*7fy/ü/('TTTBelci7Ung), HteDfo, weil diese durch 
den Wettcrselilag mit einem l ilzö von zerfaseitom Holz über- 
zogen sind, der als Zuntler gelten kunn. Einer nahm nun ein 
Brettcheu auf die Brust und /.wischen dieses und die Bhini 
stemmte er einen beidseitig zui^'e.sjtitzten Pflock, um den zwei 
andere Knaben einen Strick 8( hlangen Indem sie zu beiden 
Seiten diesen Striek hin- und herzogen, setzten sie den T'tlock 
wie einen Bohrer in Bewegung. Es entstand so an der JJkiiu' 
ein eingebranntes Loch und durch Hinhalten von Werg oder 
3kIüos war e8 wohl niöglieh. Feuer zu entzünden. Dio Procedur 
ist von wilden Völkern her bekannt genug. ') 



') JJer Tüfd hctle bcinst „dcu Teufel eutiuauueii'', ü. Schwi^lz. Id. ii 
Dm Entitiaden des reioen Feuers war eine symbolisohe Handlang, 
mit, der man das Brechen der Macht des Winters andeuten wollte ; man 

kennt sie unter der verbreiteten Beseichnung „N 0 1 f e u e r". Den ^rleicheii 

Zweck hatte da» Verbrennen von Strohmännern und .^nznuden von Hnhen- 

feiieru iui FrUhjabr. Virb noch E. H. Ueykb, üernian. Mythologie 
S. 390. [Ked.] 



Eine ungèdruekte WAllUer 8age. 161 

r 

Eine ungedruckte Walliser Sage. 

Aus einem Manuskript von f Pfarrer M. Tscheinen in Gracheo. 



Oer Sohlingstei. 

Im Eselboden, Grächen, sy ii iinil vor alte Zyttii a Famili 
gsi, (Ii oft U8 ar Mattu, wa au grossi Dola i Vertiefung) gsi sy, 
Ramschfedre (Anthriacua sylvestris) und Scherlicha (Heracleum 
sphondylium) fer d's Veh z'hirtu, gstr&upft (gepflückt) hei. AlU- 
mat wft scbi di«ehi Chrytter hdint gsamlot, hei-Beh oieh allzyt 
Gott gidaichot, das« er ne so guoti Chrytter 1a waxQ hei. 

Das Gottlobu hei a Hex ghört, und vvil-sch das ninime bei 
ghöru mögu, so sy-ach innu Wald gangu a grossi Fluoh ga 
reiehu, di schi im Eselbodu in dischi Chrytter<Dola hftt wellu 
werfu, damit dischi Lyt, di bim Chryttersammla w Qott globot 
heint, ket Chrytter meh bereho (ftberkommen» bekommen) ehenne. 
Wie schi nu darmit bis in d'Werchgarte chon ist, so sy ihr a 
Ma bigegnotf der aber dischi schrecklich Burdi, so d*Hex nf 
nm Gnick gibrungu h&t, so erchlipft (erschrocken) sy, dass er 
Qsgruofii hei : ,Bo Jestts, Maria, wa villt doch darmit?* Kum 
dass er dischi Wort g'aeit hei, so hei d*Hex da m&ohtiga Stei 
miessa la fallu aad hei na nime mögu g^mottu (bewegen). — 
Wil ra so ihri böschi Absicht« g'scblinggot hit (misalungen ist), so 
hei mu dieser grossa Fluoh der Schlingstei g*seit ; and der Ort 
heisst noch hittigs Tags ,bîm Schlingstei.*^ 



11 



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162 Walli8«r hpricliwürter. 

Walliser Sprichwörter. 

Auô eiuem Manuskript von f Pfarrer M. Tscheinen in G rächen. 
Ortsbruach ist über Landrecht. 

Mt»inu und nit wissii 

Ilät scbo menge Biderma bschiäsu. 

* « 

W er um as guüts Wort nit tuot. 
Dem geit es scltu guot. 

« * 
* 

Wary der Wolf ghuutot, dary ghaarot er, 

« # 

Was der Bock ya achich weite, 
Das meint er van der Geia. 

* * 

An einzige ungrechte Chryaer friaat hundert darauo. 

» « 

D'e Ofreaana 
D's Yergesana. 

* * 

föehm der Gfiûch, 
So tuot er äfich. 



Stier, gib na! i gibu nit na. 
Beaaer iat zWil gfreaau, als z'vil gredt. 



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Miszellen. — Mélanges. 



Volkstänze. 

Eé gab (uod gibt vielleicbt uocb) in verschiedenen Gegenden der 
Schweis mit Mimik verbundene Tinxe, die jeweikn von einem 
Paare aosgenihrt werden. In meiner Jugend war dieeer Braach noch 
lebendig im ohem Toggenbur^, un der Grenze det« A])penz(;ller Landes, 
iw] mati tiannt»' diese Tänzf^ Ap]>pn/,< IN r-Tänze. Aaraticr Kantonsschtilt-r, 
eii: Walser von Wohlen nnd ein Furter von Jjottikon, wissen auch 
nocii von bolühun, jetzt in Abgang gekounieueu, Bräueben in ihren 
resp. Gegenden zn melden. In dieeer Weite tanzen nenne man bei 
ihnen gäiierle. Endlich steht bei TaCHUUi, Rhetia (Basier Ana- 
gabe von ir>38). im 12. Abschnitt: ,In disem Rhetijscben kreiss [ge- 
meint ist (las Bistum Cimr] t:<'l rnrht man noch täntz, <!' • \\ \r Churwä!- 
chisch lit iiuwnd, uf 8<>nder manier, den brnch jr altvurderu nae Thu«* 
ciu une zvryïti bargebracht anud also behalten." 

Da es sich hier vor allem um Gegenden handelt, in denen sieb das 
Mittelalter hindurch ein romanischer Menschenschlag erhalten hat, so 
liegt die Vermutnng nabe, di« s - Tiinze seien eine Fortsetxnng des bei 
den Kömern so beliebten Miuiu». ') 

Aaran. Prof. Dr. J. Win tel er. 



UnglUckstan«. 

in einem handschriftlichen Kalender') aos der Zeit Waldnumns 
betindet »ich im Deckel eine îiutiz, eingetragen von einer Hand des 
XV. .lalirhnndert«. Sie sa^t denen, die an ^ewifisen Tagen creboren 
werden, krank werden, heuaten, eine Reise antreten oder sich znr Ader 
tapsen, Schlimmes voraus. Am Schluss sind dann diese dies netat»ti auf- 
gezählt: der Jan aar hat deren nicht weniger als sieben, die meisten 
übrigen Monate zwei bis drei, der Bracbmonat nnr einen getährlichen 
Tag. Sonderbarerweise wird geradi^ dt r dreizehnte, gegen den beatzo- 
t&ge am meisten Vorurteile sich wenden, nirgends genannt. 



') V«^l. iiuch im SciiwKiz. In. die Aundriicke: yuxerleu Bd. II. 41. 
Selbatultr Bd. i, ;-K)8, dn-allein Bd. I, 275, Laudier Bd. III, und in 

dieser Zeitschrift S. 120 f. [Ked.] 

>) Manoskript Ë. 10^ Stadtbibltothek Zurich. 



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164 



Miszellen. 



Die Notiz lautet : 

„Diss sind die verwortlen tag als die lueister von kriechen ne- 
ment. welen menschen an disen tagen we wirt der kuuipt kuni wider 
oler er sarwet lang und geniset knm von keinerley aitzeny. Wer ge- 
boren wirt der lebt nit lang oder er lebt mit grosser arbeit. Wer ein 
wib nimmt der hat sy nit lang oder er hat synne unlieb oder mit un- 
frid und nntrüw und belibet arm. Wer von huss zereisa vert der kunnt 

knmpt heim mit aohaden. Hut dich das du 



er 



di 



Isen 



tagen 



kam widerumb oder 
dir nit zeaderlassest an 
nimt nit ein gut end. 

g*M>ner I. II. IUI. 
liornung VI. Vll. 
raertz XV. XVI. XVIII. 
abrell VI. XV. 
mey III. XV. XXV. 
brachat I. 

höwmonat XVI. XVIII. 

Ogst XVIII. XX. 

erst herbst XVI. 

erst wintermonat XV'. XVII. 

ander wintermonat VI. X\'l. 

Zürich. 



und nit nuwes anvahest won c* 



VI. XI. XV. XVIII. 



XVII. 



E. A. St ücke 1 bcrg. 



Kleine Bemerkungen zu Heft I des „Archivs". 

Die Frage nach dem Apis in der Schweiz (S. 71) möchte 
ich mit Bestimmtheit verneinend beantworten. Die von Prof. Winteler 
beschriebene Zeichnung des Kindes weicht doch sehr von der des Api* 
ab, wie uns dieselbe Herodot und andere Uberliefern; die Aehnlichkeit 
besteht nur in dem Stirnfleck, beide sind „Blässen". Mehr als da» 
sagt auch gewöhnlich „Blüm" nicht aus (s. D. Wb. II, 71. 167. s. 
v. Bläslein, Blnmi, HlUnilein). Man könnte nun an ein altgermanischc» 
Opfer denken, bei dem solche Kinder bevorzugt gewesen wären (vgl. 
U. Jahn, die deutschen Opfergebräuche S. 317); man könnte auch den- 
ken, dass man in der Scheckigkeit etwas Dämonisches gesehen hatte 
(vgl. KocHHOLZ Aargauer Sagen I, Kegister S. 398 „scheckige 
Geister". Laistnkr Nebelsagen S. 295 f.\ An und für sich ist zur 
Erklärung des angeführten SprUchwortes das Alles nicht nötig, es heisst 
nur «das Bessere ist der Feind des Guten" und mnss nichts Andere» 
besagen, als dass die eine Zeichnung der andern vorgezogen werde. 
Einen ähnlichen Geschmack verraten uns die Schildeningen von l'ferden 
in mittelalterlichen Dichtungen (s, Bangert, die Tiere im afr. Epo» 
S. 53. Frikdr. rKEiFFER. das Koss im Altdeutschen S. 8). 

Das im Anschluss daran mitgeteilte interessante Märchen Brise- 
f e r gehört zu der kürzlich von E. S. Hartland, the Legend of Per- 
seus (London 1894 — 96), erschöpfend behandelten Miirchengruppe. Die- 



Mitteilen. 



165 



beiden Teile sind nicht willkürlich an einander gefügt, aber sie er- 
ticbeinen gewühiilich in umgekehrter Eeibentoige. Der erste It il ist 
«noh 8ü gekilr/t, da«8 er kann ventfndlicli wird : die Hexe verlangt 
das Haar von iUmy nm es anf den Hund sn legen and ihn dadareh su 
Tersteinern. 

Zn dem Kajiitel ^Marriage lîitei^" desselben liiudies (II, 334 IV., 
vgl. besonders 347 rt.) ist die unter den œ u r » genevoises" 
{S. 74) erwähnte Sitte, dasa da» Braut[M3iar zusammen trinken müsse 
«en mêlant le vin dn verre de Tnn dans eelni de Tantre" eine interes- 
sante Illustration. 

In dem S. 70 mitgeteilten französischen Segen (Le h j» r i è r p s 
ji o u r le bétail) ist „saint alleine" nicht als „8tc Ht h iie^, t-ondem 
als ^sainte haleine" zu iasseu, und ist Uebersetzuug vun suuctus spiri- 
ttts. Zum Vergleiehe diene ein deatseber S^n ans Albertus Magnus, 
«gyptisuhe Geheimnisse . Jettt tret' ich aus in Gottea Kraft, jetzt iret* 
ich ans in Gctti s Macht, jetzt tret' ich aus in (lottea Tritt, der gegen 
alle bösen Geister ist, (iott der Vater ist vor mir, Gott der Sohn ist 
hinter mir und neben mir, Gott der heilige Geist iat in und bei mir.** 

Her Kamm am Kummet (S. 69) liesse sieb wol als Dämon- 
abwehr verstehen, wie alles, was Zinken und Spitzen hat (vgl. LAmTMEB, 
l>as Häts.l der Spbinx, Register a. v. Hechel), üeber die Dachsfelle 
ä.Tl'CiiMANN, ^élusine Vlll» 14, Stoll. Suggestion und Hypnotismug S. 26. 

Bern. Prof. Dr. S. Singer» 



Das Taschenmesser im Aberglauben. 

In ZoUikon glaubt man. Einem ein Taschenuiesäer zum Gesclicnk 
■zu maohei), bringe Unglück. 

Hat man sieb gesebnitten, so soll man das Messer in den Anken- 
hafen stecken ; die Wunde heilt leichter und ohne Eiterung. 

Zoliikon. i)r. H. Bmppacber. 



Ueber Gebetsstellung. 

In der Stiftskirche von Einsiedeln hatte der Unterzeichnete im Sommer 
1893 Gelegenheit, die verschiedenen Stellungen, welche die Betenden ein- 
zunehmen pflegen, zu beobachten. Als besonders interessant sei hier ein 
Weib aas dem Elaass genannt, welches nach altchristlicbcr Sitte mit 
erhobenen Armen und den Gnadenbilde zugewandten offenen Handflächen 
während mindestens einer Stunde betete. Die Attitttde entsprach voll» 
ständig den Dacstellungen der ^takomben, die als Oranten bezeichnet 
werden. 

Zilrich. E. A. Stück clberg. 



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Kleine KuiMUcliau. 



Kleine Rundschau. — Chronique. 



Das 3Iu8t ura fttr Volkskuiul« in Wien. 1d den ttäa- 
meii lies Börseiigebäiules zu Wien liât der Verein tnr österreichische 
Vulkskiinde nnt^^r IVotektiun des Krz!if'rzo<^s I^udwig Viktor eine Samin- 
iuug von volkäkundlicben Gegenstiinden installiert, die dieser Tage auch 
dem weitern Pablikam geöffnet werden wird. Die wiaBensohaltlicbeii 
Leiter der Unternehniang sind Dr. M. Haberlandt, Frans Xaver GSesl 
nnd Dr. Wilhelm Stein; diese Männer bi! lie gaQse Monarchie duirli- 
reist nnd mit nnerniiidüchprn Fleisse Alles litMlioi^rf^sclmtVr, \v:is für Volks- 
kunde interessant unil d<'r Anfbr-walining wert war, l>ie liruui/iellen 
Mittel leiütetttn i'hilipp von Schöller, FUrst Johann v. Lichteuslcin, 
Gebeimer Rat N. Dnmba, Graf Pnecdieoki, A. Backofen von Eàii n. a. 
fm neuen MuBenm sind n. a. neun vollatändige Zimmereinriehinngen 
ans Bauernstuben untergebracht, welche die Typen von Steiirraark, 
K.inittn, ()berö.sterreic}i, Tirol, Mähren, Isiriiii u. s. w. reprü.sentieren. 
Eine ausgedehnte Samnüung von Volkstnu Ilten, Volks-schuiuck, Stiekcr- 
eieu, ländlichen Schnitzereien und anderen Produkten der Volkskun-si 
bietet sich bier dem Besehaoer. [Ë. A. St.] 

— In England hat die British Association for the Âdvanoement of* 
Soience ein Cnniitr konstitiiiort, dessen Aufgabe es ist, eine et h nogra- 
j)liischo bebersicht („Etlm"i,'''ii|'liical Survey") über die physischen 
Typen der Bewohner Grussbritanniens, ihre Uuberliet'erungen, dialektischen 
Eigentümlichkeiten, knltarellen ÂltertOmer o. s. w. anfzaatelten. Gewiw 
ein schonet ITnternehmen, dae io andern Ländern Nachahmung verdiente. 



DigitizcL 



Verzeiohai» der bis Ende Febr. tausebwetiie eingegang. Pttblikationen. 167 

Verzeichnis der bis Ende Februar tauschweise 

eingegangenen Publikationen. 
Revues et annuaires reçus en échange jusqu'à 
la fin du mois de février. 

Alomsnnift. Zeitschrift für Sprache. Kunst niuî Altertum lies", des 
alem.-schwäb. Gebiet«; begriui<iet v. Aut. Biriiii^cr, lortgelÜbrt 
V. Priedr. Pftiff. Verlag: F. Hamtein, Bonn. 

Anzeiger l. schweiKerischti Gesuhichte. Hrg. v. d. ailg. gescliichte- 
forseh. Gesellschaft der Sehweiz. Expedition: E. J. Wyss, Bern. 

Beiträge zur duutach-bümisciien Volkskunde. Hrg. v. d. Gesellschaft 
a. PUrderuRg deutscher Wissenschaft, Kanst und Literatur in 
Böhmen. Geleitet von Prof. Dr. Hautfen. Verlag: J. 6. Cküre^ Prag. 

BIfttter des schwäbiHchen Alhvereins. Hrg. Prof. E. Nägele. Ver- 
lag: Schwbb. Albverein, Tübingen. 

Blfltt6r für pommerselie Volkskunde. Monatäsehrift für Sage u. Mär« 

t'\wn. Sitt»' II. Br.iiH Ii, S( hwank u. Stn ich, Lied, Rïts« l n. Spracli- 
in l'oimnerii. Hrg. v. O. Knoop u. Dr. A. Uaas. Ver- 
lag ; A. Straube, Labes. 

Bulletin de Folklore, ürgaue de la Société du Folklore wallon, 
dirigé p. R. Itfonseur. Editew: H. Vaillant-Carmanne, Liège. 

Bulletin de la Société ueuchûtelome de géographie. Ituprimcurs : 
Attinger Frères, Neuchfttel. 

Bulletin de rinHtitut iutemational de Bibliographie. Editeur : Institut 
etc.y Brnxelles. 

BOnilneritelies Monatsblatt. Eine Zeitaehr. f. Erziehungs- n. Amen- 
wesen u. Volkswirtschaft. Redaktion u. Verlag : S. Heisser, Chnr. 

Le Conteur vaudoiS. Rédaction: M. Monnet, Lausanne. 

Folk-Lore. Traiisaotions of The Folk-Lore Society. A quarterly 
Review of Myth, Tradition, Institution, and Gustom. London, 
David Nukt, 370, Strand. 

Th^ Folk-Lorist. Journal of tlie Chicago Folk-Lore Society. Mrs. 
Fletcher S. Bassett, Editor, 5208 Kimbark Avenue. 

Fireiburger GoSOhiohtsblâtter. Hrg. v. deutschen geschieh tsforscheu- 

den Verein des Kantons Freibnrg. Verlag der Universitätsbucb- 

handlutiL'. Fn iliiirg. 

Der Geschichtsfreund. .Mittt ilungen d. bist. Vereins der fünf One. 

\'erlag : 11. von Matt, Staus. 



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160 \'«rzeiohnift der bis Eade Febr. tauschweito eingegaag. I'ublikatiunen. 

Die Heimat. MonaUschrift d. Verciiiö %. Ptlegf '1. Ndtiu ii. Liimles- 
kuudti in Schleswig- Holstein, Hamburg, Lülteck und dem Fürsten- 
tum Lübeck. Expedition: Bobwer, Kiel. 

iahrbuch den hlutur. Wreiiis d. Kantons Gl&rus. Verlag : B^täciiiiD, 
Glams. 

Jahresbericht der lii{ttur.-auti*|. GesellHcimli von (irnubUndeu. Bucli- 
drnnkerei J. Casanova, Cbur. 

The Journal ui American Folk-Lore. Jusued by The Americua 
FoIkLore Society. Editor: WUliani Weit« Newell. Verlag fiir 
den Continent: Otto Hameeowits, Leifnig. 

Mélutine. Reoneil de mythologie, littérature populaire, traditione et 
naagee, dirigé p, Henri Gaidos.. Editeur: £. Rolland, Paris. 

Mtaltfaros et dooumentB publiée par la Société d'Histoire et d'Archéo- 
logie de Genève. Editeur: J. JnlUen, Genève. 

MHl^lUligtll der Sehlesisohen Gesellschaft für Tolkakunde, heiausge- 
geben v. F. Vogt und 0. Jiricxek. Selbstverlag, Breslau. 

MhteilttngOll und Umfragen sur bayerischen Volkskunde. Heranig«- 
geben im Auftrage d. Vereius ffBr bayer. Volkskunde und Mund- 
artforschung von Dr. O. Brenner. Verlag: Wirth^sche Bucb- 

drockerei, Augsburg. 

Monat-Rosen «l^s SriiWti/. Siinltiiten-Vereins u. seiner Khren-Mitglie 
der. Kedakliuit : A. Biiclii, J. Unartenoud, K. Tometta. J^xpedi- 
lion : Aktiendrnckt-Tei ^Hunier \ ulkablatl**, Biisel. 

La Montagne. Kevue hutüiie d'art «t de littérature. ilirecteur : 

Valentin (TrandjeAn, Gent-ve. 

Neujahrsblatt '!<> Iiisturiäch-untiquariächen \ ereins und des Knnsîtver- 
eins in Schall liuusen. Expédition : Carl Sehoch, •Schatri)au!itn. 

OnS Volksleven. Ti|ii>uiirift voor Taal-, Volks- en Ondheidkunde 
oadcr leiding van Joz. ('ornelisücn »S: J. U. Vervliet. Verlag: 
L. firseekmans, Brecht. 

Le Rameau de Sapin. Organe du Ciub jurassien. Directeur : Mr. 
le Prof. Trîpet, Neuchntcl. 

Revue des Traditions populaires. Hicueil lutiiHuel de mythologie, 
littérature orale, ethnographie Lia laiouelle et art populaire. Orgaue 
de la Société des Traditions populaires au musée d'ethnographie 
do Trocadéro. Editeur: E. Lechevalier, Paria. 

Mwftizeriaclie Zeitsehrifl fQr Gemeinnützigkeit. Organ d. Schweiz, 
gemeinnatsigen Gesellschaft. Bedaktionskommissîon : Pfr. €« 
Denzler, Prol. Dr. G. Vogt, Prof. Dr. O, Hunaiker, Verlag : Ed. 
Leemann, ZUrich. 

La Semaine littéraire. Administration: Boulevard du Théâtres 
Genève. 



DigitizçL^. 



Neue Mitglieder. 



Taschenbuch der historischeu Gesellschaft de« Kantons Aargau. Ver- 
lag; : II. K. Sanerländer & Co., Aaran. 

Unser Egerland. Blatter f. Egerländer Vulkskunde. Organ des 
Vereinst". Kgeriänder Volkskunde. Herausgeber: Alois John, Kger. 

Le Valais romand. Directeur .- L. Cuurthion, Bulle. 

Wallonia. Directeur: (). Colion, Lit'ge. Administrateur: Joseph 
Defrecheux, Liège. 

Zeitschrift der Gesellschaft f. Heförderung d. Geschiehts-, Altertums- 
und Volkskunde von Freiburg, dem Hreisgau und den angrenzen- 
den Landschaften. Verlag : Eugen »Stoll, Freiburg i./H. 

Zeitschrift des Vereins für Volkskunde. Im Auftrage des Verein, 
hrg. von Karl Weinhold. Verlag : A. Aslier Ä Co., lierlin. 



Neue Mitglieder. — Nouveaux membres. 

(.Alischluss : Ende Februar 1897.) 

XB. Durch ein Versehen wurde in der ersten Mitgliederliste »S. 85 
vergessen : Fient, 6., Kanzleidirektor, Clmr. 

S. 87 initen lies : .'iüO statt 298. 



Neliwclx. 



Kanton Ikiscihind. 



Kiinlon Adi-gau. 

Mädcr, D., Professor, Baden. 
Summe : 16. 



Siitierlin, G., I'farrcr und Dekan, 
Arleshein). 



Sumniu : 1. 



Kanlon Ikisd.sfadt, 



Kanton Aj>penzcll. 



Alioth-Vischer, W. 
Hurckhardt, Dr., Aug. 
Burckhardt-Wertlienmnn, Dr. D. 
Eberle, Ii , Sekundarlehrer. 
Füll, Dr. F , Schulinspektor. 
Fakl.un. F. \\ 11., Zahnarzt. 



Leaegesellschaft z. Hecht, Teufen. 
Ritter, Dr. K., Lehrer a. il. Kan- 
tonssehule, Trogen, 



Summe : 4. 



170 



Neue Mitglieder. 



Feigenwinlci, E., J. ü, D. 
Fininger-Heriaii, L., J. U. D. 
Frey, Kinl., Ingenieur. 
G ei L'y. Hr. AI fr. 
Geigy-liagcnli;uli. Frau K. 
Gcigy-Mcriau, Ii. 
Creigy-Schlumbergery Dr. R. 
Gi'urg, H.^ Bnchhändler. 
Hiildi, Ad. 

Htusler, Andr., T. [' . D., I'niv.-Prol*. 
Uotlmaun, Ii., Kauliitanu. 
Krayer-Kaiiisperger, E. 
Kündig, K.. J. U. I)., Notar. 
L t s^ L'f ■ s t n s (1 1 il f t , a 1 1 ge u 1 eine, 
Miviile-liuixkiuinit. R. 
Xr»tisliu-\V(.rtlieuuuiii, Ii, 
Ryhiner, Dr. G., Bibliothekar. 
8iii a-iii, A UV., banquier. 
Sarasiii, Dr. Fritz. 
Sara.siii- Iselin. W. 
Schirmcr, A., Dr. med., Zaiinurzt. 
Schliimberger - Tiscber , Cb. , 

liainiiiier. 
Seiler, Ad., Sekundarlelirer. 
•Siteiser, l'.,.I.U. D., Kegierunir^rat. 
Thunieysen-Hutfmami, Frau A. 
Vonder Mtthll, W.« J. U. D., Notar., 
Zntt, K.) J. U. D.f Regierungsrat. 

Summe: 66. 

Kanton Bern, 

filriflcb, Dr. Professor» Biblio- 

thekar, Bern. 
Biirkhaller. Di. mtd., Langenthal, 
("oolidge, U . A. H., Grinilehvald, 
DUbi , Dr. H., Gymuahiallehrur, 

Bern. 

Durrer, J., Adjunkt a. Eidg. atat. 

Bureau, I'i rn. 
de (Tia'onii, l>r., Bern. 
Gübat, II., inspecteur de«* écoles, 

Deléoiont. 



! Schräm! i, D., UaudeUmann, Thun. 

Spycher, O., Bankbeamter, Bern. 
I Staataarehiv des Kant. Bern, Bern. 
, Strasser, G.. l^f.u-n r, Griiidelwald. 
I Strick 1er, Dr. .loh.. L)t-ni. 
j von Tavel, A., Fürsprech, Bern 
Welti, Dr. Fr; K., a. Bundearat, 
Bern. 

Summe : 41. 



Kanton Freiburg. 

Courthion, Loiii>, Rt'dactenr, Bulle. 
Kirsch, Dr. J. P., Üniv.-i^rot., 

Freiburg. 
Ileiehlen, François, Fribourg. 
Weitzel, .A., Sci r-'-taire de In Direc- 
tion de i'lnstrnction publit^ue, 
Fribourg. 

Summe : 6. 

, Kanton SL Gallen. 

Staatsarchiv, St. Gallen. 
TJIrieh, a. Seminar - Lehrer, 
Berneck. 

Summe : 15. 

Canton de Genève, 

Brocher^de la Flécbcre, H„ Pro- 
fesseur à l'Université, Genève, 
de Budé, E., Publiciete, Petit- 

Srr^onnex. 
de Caiidulle, Lucien, Genève. 
Correvon, IL, Dir. du Jardin alpin 

d'acclimatation, Genève. 
Gardy, Fréd., licenoiô î'S^lettres, 

Genève, 
Georg, Dr. IL, Genève. 
Grandjcan, Val., Genève. 
Grat, Dr. J. H., Univ. Prof., Bern. { Jeanmaire, Ed., Artiste-peintre, 
Hrtuswirth, Armin, Lehrer, Thier* Genève. 

aeliern. ' Jullien, A., Libraire, Genève. 

llowalU, K., Kirchnieier, Bern. de 3Iorsior, 3Ielle. Jd., Plongeon. 
Kis, Dr. med., Thun. ] Reber, IL, Qeitcvc. 



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Neu« Mitglieder. 



171 



de 8ati!>8ure, Tb., Dir. du Musée 

Rath, Geoeve. 
de Stafelmobr, H., Librairci Genève. 

Total; 37. 

Kanton Glarus. 
Hafter, Dr. E., Rektor, Glaru«. 

Suwme: 3. 

Kanton Omubündm, 

JtM'kün, I)r. (' . Prufessor, Chur. 
Lorenz, i>r. 1'., Cliur. 
von Marchioii, .1. F., Chur. 
von Planta, P., Füntenau. 
von SpreclKT, Th., Landammanh, 
Maieiifelü. 

Samme: 14. 

Kanton Lusern, 

Heinemann, Dr. F., Bibliothekar, 

Luzern. 

Ziinmerli-Gl i^' r, Hr. .1., Lti/A-rn. 
äiiiuiue : b. 

(\in(oii de SeucUiilj'!. 

CncluN J., J. ü. D., U CUaux- 

de- Fonds, 
i) iacun , M . , B i bl iüt b ccai r e^Neucbâ tel . 
Godet, A., ProfeflKor, Conservateur 

da MuRt'f liistoriquL', Neuchatel. 

Leçoultre, J., Nmi iiâtcl. 

Tissot, Ch.-E., irrcrtier du Tribu- 
nal, Neucliâiel. 

Total: 1). 

Kanton Seht t //'/mu se n . 

Bendel-Kausohenbach, H., iSchatf- 
haujien. 

Stftdtbibliothek, Scbaffhauseu. 

Hümme : 5. 



Kanton Se/nt-yj. 

Kälin, Kanzleiinspr-ktoi , Schwyz. 
Kümiu, Jos., Kaplan, Merieschaohen. 
' Ochsiier, il., Verhörrichter, Schwyz. 
Sehibig, M*, Steinen. 

Summe: 14. 

Kanton Solothurn. 

von Arx, Dr. 0., Uezirküiehrer, 
Ölten. 

Stadtbibliothek, Solothuru. 
Turtan'uoti' , Dr. E., ProfesHor, 
Solothurn. 

Summe : 4. 

Kuh ton J/noytt«. 

Brenner, K., Pfarrer, Sinmcli. 
von Martini , F. , Kunstmaler, 
Frauenfeld. 

Summe : 12. 



Kanfnn l 



Qi^\rr, Jos., BischüÜ. Kommissar, 

Bürglen, 

Summe : 2. 

KuhI<jk W'amlt. 

Bridel, A. , Editeur - imprimeur, 

Laniwxniie. 
Bridel, G.-A., Lausanne. 
Burmeister, Alb., Prot., Payerne. 
Chambaz, 0., 8erix près Oro». 
Francillon, Gust., Lausanne. 
Francillon, Jlarn G., Lausajua-. 
de la Harpe, ICdmond, Vevey. 
Société de Zofingae: Section Vau- 

doise, Lausanne. 
Soldan , Dr. Uli., Président du 

Tribunal ft'dt'ral, Lau»aniiu. 
VulUcmin, A., L.vnsaune. 
Vulliet, P., di'pnté, Lausanne. 

Total: 35. 



172 



Neue MitgliisUttr. 



Kanton Zug. 

Merz, C, /)r. med., Baar. 
Sttmme: 6. 



Kanton Zurich* 

Aliotb, M., Zttrich V. 

Aniberger, Fritz, Zürich V. 
Bär, J)r. ¥. , Zürich I. 
Baumgartuer, A., l*rüf., Zürich V. 
Baur, H., Architekt, Zttrich V. 
BiMiuthek der MiueumBgeseliaehaft, 

Zürich I . 
Bleuler-Huber, H., Priia. d. Subwüiz. 

Schulrates, ZUrich V, 
Btthler^Weber, H., Winterthur. 
Hiilirer, K., ZUrich IV, 
t'lar.iz, <T., Zürich 1. 
Diggdmairn, Ch., Zürich I. 
Facchetti-Guiglia, A., Zürich 1. 
Fleekcnstein, F.» Kfoi., Zttrich II. 
KricdÜ, E., Zürich V. 
Gausser, A.. Zürich V. 
Ganz, R , Pliotograph, ZUricl) I. 
Gauchat, JDr. L. W., Prof., Zürich V. 
von Grebel, H. G. , stad. jur., 

Zürich I. 
(iruner, H., Ingi-tiieur, Zürii Ii I. 
Häberlin, H., \h\ med., Zürich IV. 
Heer, J. C, iicdaktor, ZUrich II. 
von Kegner-voii luvalta, K,, Kaaf- 

iiiaiii), Zttrivh I. 
lluggcriberger, Alfr., Bewangcn- 

Jmteld, X., lugciiicur, Zürich V. ; 
Iuihoof>Blamert Dr. F., Wlnterthnr. 

Kantoiishildiuthek, Zürich l. 
Landolt-Kx f. f., ivfin., Zürich 11. 
Lüsteiiöder, U., Zürich III 
Müller, llauH, cund. phil., Zürich V 
PesUlouti, F. 0., Klin., Zurich I. 
Stadtl)ihliüthek, Wiiitcrihur. 
Sr^-hliildiothek, Zürich. 
»Staheliii, Joä., Züricli I, 
Sträuli, E., Pfarrer, Obcr-Hittuau. 
Strehler, Alfr., ZUrich I* 



Starm, Jos., Kaufmann, Zürich V. 
Tobler, H , J. U. D., Zttrich I. 

VVa»er, Dr. (>., Zürich [. 

von Wattejiwyl, H. A., Ingenieiir, 

Zürich i. 
Weber, Dr. H., Kantonebibliothek, 

Zürich r. 
Wille, U.. .1. U. D., Zürich IL 
Wissler, Dr. H., ZUrich V. 

Stiinine: 128. 

AuHlaud. 

DeuiscMand, 

Furrcr, IJ., Iicdaktor, Strassburg. 
Freiherrl. von Lipperbeide'tche 

Hüchersamuilung, Berlin W, 
GrusslR i^gl. Hofbibltothek, Darm* 

8tadt. 

Hiö, Dr. R., rrivatdozent, Ueidcl- 
berg. 

Kaiserl. Universität« - Bibliothek , 

8trassltiirir. 
Köuigi. Büiiiothek, Berlin. 
Königliche Univcr-siliitsbibliothek, 

Gëttingeit. 
Kxccll. Roth, Dr. A. , Minister, 

8chwei2. Geeandter, Berlin W. 

Summe: 15. 
Frankreich, 

Biirckhardt. 0., Arrhitrrtf:. Paris. 
Pineau, Léon, Professeur à l'Uni- 
versité, Tours. 

Sunime : ô. 

Grossbriiannien. 

von Seydewitz, Frau Baronin, 
London. 

von Seydewitz, Frl. M., London. 
Summe: 4. 



Neue Mitglieder. — Abonoenten der Zeitschrift. — Geschenke. 17-t 



Italien, 

Cnmtae, H., Schweizer. Konsul, 

Mailand. 
Prato, St., Protessore, Arpino. 

Samme: 4. 



Oester reic/t. 

Cornu, Dr. J., Univ. -Prof., l*rajj, 
K. K. Uofbibliotbtsk, Wien. 

Summe: 3. 



Gesamtsumme dei' MiUjlieiier 
Total des tiiesttbres 



412 



Abonnenten der Zeitschrift. — Abonnés. 

Hud. De Bary, Fabrikant, Basel. 

Fritz l^anmaim, Jcinnialist, Basel. 

Heiner Gnaden Columlmn ISiuirixer. Ahl zu Einsietleln. 
Professor Dr. Jakob Biirckliiudt, iJa-scl. 
lüBtitat der Lehrschwestern, Menzingen. 
Frau Clara Knauth-Monbard, Leipctg. 



Geschenke. — Dons. 

H«rr K. Eichhorn in Luzern : h. hu hhorn^ iiagrijsleiii. 

Mr. P. Sébillol à Paris: -Sthlll'-t, Bibliographie des Traditioug 

Pojmlairts <le la Bretagne (1882—1894). 

Mr. A. Baudère 'a Bulle: Chants et Coraulcs lie la Gniy«Te. 

Herr Dr. E. H. Meyer in Freiburg i./B.; E. H, Meiner, BaUische 
Volkskonde. 

Mr. F. Reichlen à Fribourg (Suisse) : F. ReUhlen, Lea sépultures 
celtiques. — id.. Archéologie fribourgeoise. Livr. 1 — 3. 



174 OcKClieiike. — i^eitoehrlften fitr Vollcnkttnde. 

Herr J. Sterchi iu Bern : Slerchi, Deiikschritt zur ôUjûbr. Stiftungs- 
feier des hist. Vereins des Kant. Bern. 

Herr Dr. Rob. Lang in Schaffhausen : Ii. l^ng. Die Tbätigkeit d. 
Sehmifhftiuer Soholiirohea im 16. u. 17. Jahrb. 

Herr A. Krayer>Fflrster in Basal: Alpi»a (Forts.) Geogr. Kach- 

richtrii l'urts. ) 

Melle, H. Mathey à Wavre : Le Chantp du Trêtre. Lêgemle de T Emilie. 

Mr. H. Marlot ù Arleuf : l/rr/o/. Le Merveilleux dan» l'Aaxois. 

Herren Schmld & Franke in Bern: 800 Kxeuiplare einer polychromen 
TiilVl : Berner Iiaut;raliauü nach Lory. — id., Der Schweizer- 
ßauur 1«'J5 ÜG. 

Hr. B. Rebar à Qenöva: B. Hdw, Reelierehei archéologiques dans 
le territoire de l'ancien cvêehé de Genève. — id,, Die Ein- 

Wüliner der Schweiz in vorgeschichtl. Zeit. — Id , Die vurgeM. 
Ü'"linen nuf d. Mont Buvon. — /'//., La l'ierre-aux- 1 )iUiieH de 
ïroinex-sous-Sait've. — id., Kin Instrument aas Jvupfcr vom Tour- 
billon bei Sitten. — id,. Zwei neue vorhisi. Sknlptmmtteine 
aaf den Hubelwängen oberhalb Zermatt. — ttf., Vorhist. Skulp^ 
turendeukmäler im Kanton Wallis. — id.. Die vorhist. Dcnk- 
niitler im Kin(i><' htlia!. — iil., 2 comple-rendu«. ■ — id.. (raliorie 
l»ei \ ni iMLi n U i- l ln rapeutiker und Pliarinakogiii's1< ii. W I. Liel. 

Mr. H. Correvon i Genève: Comvon, Le jardm di 1 iierboriste. 

Miii. FletCher S. Basset, Chicago : International Folklore Aüüocia- 
tion (Jnne 1896). 

Mr. Cil. Baauquiar à Paris: Beauquier, Biaaon populaire de 
Franche-Comté. 

HM. Ch. Eggimann at Cia, à Genèva: L, Courthion, Les Veillées 

des Mîiycrts. 

Mr. A. Harou à Liège: Le Folklore de Gudarviile. 



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Frageka»teD. ^ InfomiatiuDH. 



176 



Fragekasten. — Informations. 



W<t kann man etwas Ztiverlä.s.sigeH über die sog. Fe c ke r - K i 1 hi 
in (Tt rsuu finden? Du» «Scliwoiz. Idiotikoo erwähnt dan NN'ort ineik- 
würdigerweise nicht. A. B. 

Antwort: Im Schweiz. Idiotikon wird das Wort erst unter W 
(Küth' W^) gebracht werden. Die austUhrlichste Sdiilderong der ,,Fecker- 
kilbi* findet sieb n. W. bei OSKNBRroGKN, Neue kultiirlii>f . lîilder 
ans der Schweiz (1864) .S. 78. Ihm sind AI .s( lii;ittc U'\ Hkuzoo, 
Schweiz. Volksteste (1884) S. 28u und Ökn.n. ( liarakterbildrr scliweiz. 
Laodeä, Lebens und Strebena I, 183 eutnommen. Kine ganz, ahnliche 
Sitte scheint Übrigens im FttrBtenbergiachen bestanden zn haben, wie 
auM einer Notiz in der Ai.EMANKIA XI, 199 hervorgeht. Dort heisst 
es: Umgang der Bi ttlei in Prozession mit dem blechenen Zeichen ver- 
H^^hen, „mit latit bL-ttendem hl. Iloneukranz" nnter Vortritt des Bettel- 
vogtes, der die düjij» Itt- l*ortiuu erhielt. Der Tag hiess „Betteltag*^, 
die ganze Gesellschaft der „Bettelhaiifen'^. (HocUFÜßSTL. FCasTBKBEBG. 
BETTEL.OBDN. 1777). [Red.] 

Zu dem auf S. 96 besprochenen Ausdruck ngst röh re*" schreibt 
HOB Herr Prof« Philippe Godet in Neuenborg: 

«Un paysan neuchäteiois revenait, par un jour chaud dVté, d'un 
enterrement, et suait à grosses gouttes sous son chapeau cylindre. Une 
paysanne ne [mt s'('îiip*'rhf*r de sourire en le voyant si visiblement in- 
commodé par une cuitiurc à iai^ueile il n'était guère habitué. Kt le 
paysan s'écria: ««Tu te fiches de moi, hein! à cause de mon tuyan 
d'»Dgoia8e?»»'Oe paysan, Nencbâtelois par son père, et fils d'une 
mère Vaudoise, ne savait pas rallemand. Son expression ne saurait donc 
être une traduction du terme germanique. Il entendait bien désigner 
par 'tuyau d'angoisse une c^jill'ure iticonnnodp, dnnt il lui tardait d'être 
débarrassé. Et le mot t Angoisse > avait dans sa bouche le sens de 
„Bangigkeit*. 



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Zu beiliegender Tafel. 



(Tracht von ÂppenMiMnnerrhodeD.) 

Heilii'/jjentlos Blatt stellt in stark rotluziertoin Mussstabe 
eine Tafel «les fj^läiizentl ausgestatteten, vom 1' o 1 y g r a p Ii - 
i s e h e n Institut (vorm. B r u n n e r II a u » e r ) i n 
Z u r i «■ h ausgeführten und vorlegten Traehtenwerkes dar. Wir 
verdanken diese Zierde unseres zweiten îleftes dem freund licheu 
Entgegenkommen dieser Firma und glauben unsere Erkenntlich- 
keit nicht besser beweisen zu können, als dass wir unsere Leser 
auf dieses nationale Prachtwerk ersten Hanges aufmerksam 
machen. Eine weitere Empfehlung bedarf es nicht, da das Bild 
von sich aus schon genügend für die Qediègenheit der Ausführung 
spricht. 

Der volle Titel lautet: Die Sohweizer-Trach- 
t e n vom XVIL — XJX. Jahrhundert, dargestellt unter 
Leitung Ton Frau Julie Heierl i. Die erste Lieferung eot> 
halt 1. ein Wehnthaler-Paar, 2. eine SimmenthaleriOf 3. eine 
Freiämtlerin, 4. eine Sebftchentfaaleriii, 5. eine InnorrlioduiB 
(Torliegende Tafel) und 6. einen Klet^^ner-Banem ; anaaerdmn 
sind den Nnminern 2, 3 und 5 Yatianten in Photogravöre bei- 
gegeben. Ein kurzer erlftntemder Text von Fraa Jnlie Heierli, 
der unarmfldUcbeti Samoileriii und Ferteherin, führt den Laien 
— und das sind wir bis anbin alle — in die EiDselbeiten ein. 

Möge das Werk bei dem TerhältnisniAisig so niedem Preise 
(18 Fr. pro Lieferung) unter unsern Lesern, die ja zu den 
engern Interessenten gehören, viele KAufv finden, und bald su 
einem wissenschaftlichen, historisch gehaltenen Handbuch der 
schweizerischen Trachtenkunde anregen. 

Die liedaktioD. 



Zeitschriften für Volkskunde. 



Revues des Traditions populaires. 

Blätter für Pommersche Volkskunde. Muimts^chrift. Hurausg. von 

O. Knoojt und hr. A, Jlaas. 5. Jalirg. 4 Mark jiihrlich. 
Beftttlluiigen lui A. Straube in Labes (l'uinmeni). 

Bulletin de Folklore. Kevue trimestriflle. OrjruiK' lie la ^Société <lu 
Folklore wallon", publié par M. Eugène Monsmr. Tome IL 
Un an: ti frs., un numéro: 1. 50 1rs. Bureaux: 92, rue Tra- 
versitri', Bruxelles. 

Folk- Lore. Pransactions of The Folk- Lore Society. Unarterly. VoL 
VIII. No, 1 (March 1807) Annual Snbscription : 1 I^. 1 s. 
l'ublisher : David Nutt, 27U, Strand, London. 

The Journal of American Folk-Lore. Kdijor William Wells Neicelt 

(^uarterly issucd by TRe American Folk-l^ore Society. Vol IX. 
No. XXXV. (Dctober — DeeLimbi-r). .\nnal .subscription : Doli. )L00. 
Publisher tor thv (^ontinent : Otto Harrassowitz, Leipzig. 

Méiusine. Revue trimestrielle, dirigée par M. Henri Gnidoz. Toiu.. 
Vm (189tl/i)7). Un au: 12.25 trs., un numéro: 1.25 ïrm 
Bureaux : 2, rue des ('hautier», Paris. 

Mitteilungen der Schiesischen Gesellschaft für Volkskunde. Heraus- 
gegeben von /*'. Voijt und O. .liriczeh. 4. .Jahrg. (Iö97t. Das 
Heft zu 0.50 Mk. Schriftführer des Vereins: Dr. O. .Jiriczek, 
Kreuzötrasse 15. Breslau. 

Mitteilungen und Umfragen zur bayerischen Volkskunde. Jährlich 

4 Hefte. Heransg. im Aultrage dea Vereins für bayer. Volks- 
kunde und Muiidurtforsehung. 2. .Jahrg. (1896). .Jahrg.: 1 Mk. 
Redaktion : l'rot. Dr. (). ßnnner, Wiirzburg. 

OnS Volksleven. Monats«ehrilt. Herauwg. von Joz. Covnelissen und 
J. IL Vervliet. 8. Jahrg. (1896). .Lihrg. 2.50 Fr. Verlag: 
L. Braecknmns, Brecht. 

Revue des Traditions populaires, recueil mensuel de mythologie, 
littérature orale, ethnographie traditionelle et art populaire. Or- 
gane de la ^Société »les Traditions populaires", dirigé par M. 
Paul Sebilfot. II* année. Un an: Suisse 17 frtj; pour les mem- 
bres: 15 fr.'j. ; un No.: 1.25 frs. Bureaux: 80, boulevard St 
Marcel, Paris. — (Pour recevoir un numéro spécimen, il snflit 
d'en faire la demande à M. Sébillot en ajoutant nu timbre de 
15 centimes.) 



Unser Egerland. Blatter für £gtrlau<icr Vulkakundc. Urg. von 
Aloü John, Eïg«r. 

Velkskyndê. Monatatohnft. HentiMg. von Pol de Moni und A* de 
Goek. 9. Jahrg. (1B97). Jahig. 8 Fr. Verlag : Hoste, Vold- 

straat 46, Gent. 

WANonia. Kcuueil mensuel du littérature orale, croyances t-t usages 
traditioneis, fondé par O. CoUon, Jos. Defrei'heri.r et O. W'il- 
lame. 5'"*' mnîa^ (i897). Belgique : Un an 3 Jrs., un No. 30 c., 
Union poHtale : 4 In, Administration : 88^ rue Bojine-Nouvulle ; 
fiédactiou : 6, Montagne Stf^Walburge, Liège. 

Zeitschrift das Vereins für Velitsicttnde. Vierteijihmcbrift. Uenu»g. 

von Karl WeÀnhold. 7. Jahrg. (1897). Jabrg. 12 Mk. Leitung 
dea Vereins: l^rof. Dr. K. Weinhold, HohensoUerstr. 10, Berlin W. 




Schweizerische Geâell^Ç^y'L rj ^YjAlk ak i 
Société Suisse deàs^Traditions Popufaijés. 



unde. . 



Schweizerisches 

Archiv fürVolkskunde. 




Viertelj ahrsschrift 

unter Mitwirkung des Vorstandes herausgegeben 

von 

Ed. Hoifmann-Krayer. 







ZI'Kh II 
Unu'k voll KiiiiI ("mIIi 
|S'.»7. 



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INHALT. 



L Die FM8tD«eht8g6bränebe in der . Nvhweix. (Kort«.) 

K. Hoffmamt-Krayer . . .177 

2. Pastuachtsgebriiuclie fu Ijanfenburg. F. WeroU . Iii5 

3. Eine Tcufelsgeschfebte aus dem XV If. JahrJiiiiidert, 

Rul. Ho|.iul.T 19S 

4. Die Wirksamkeit der Itescgiiiiugeu. S. Sinccr 202 

5. VolkstuniHcbes ans dem Kanton Zug. (Hcblu») A. Ithen 210 

6. Aberglaube uns (If*ni Kauton Hern. H. SUckdberger 21^ 

7. Das „AbPtrinKele" in liaupeu. H. Bahner . . 222 

8. Ronih's t'l ciiipros. L. ( luirthinTi . . • ^ 224 
i». Im fiHe de Mai (Mfucntr^e^. W. Robert . . . 229 

10. Prières et furmuie niaigique. ü. (.'hauittas . . 232 

11. Le jeu du chauä^e. f' Kitter 2.'i4 

12. Sagen aus H«'in\vj,l (Bezirk Kulm). K. Kricker . . 235 

13. Fastnachtsltraurii iu l'rserJMi. K. Zahn . 230 

14. Zwei Weijpensegeii. K^^skr 2àl 

\h Sîige aus dem Wallis, y .M. Tsdicinen 2.18 

Kiue Vuriiitiuji der lautulussage. Wiututcr . 230 

17. Miszellen. Alp zugebet. 11. v. Ueding-Bibercgg . ^. 240 

l^rtèrea et caecreta». Ë. Mürel . 241 
Zur Verebraiig de» heiUgoii Grabat. 

L. C. Bnaiiiger 242 

UnbeUvolle Tag«. 0. Stoekert . . 246 

Noch m a la 2 um „Ttttel heile", .f. WiiiteW *.'47 

Zam , Tu fei heile". U. Pleiaeh . . 247 

Der Hui lim- Hut'. J. Winteler ... 248 

18. Kleine Rondseliaii 250 

10 Prei8auti8cbreibiiiig 251 

20. Ilûeherauzeigeii 2ô2 

21. Uescbenke 254 

22. Tauschweise eingegangene Publikationen . .255 



Der Uutfong des .lahrgangos ist auf 20 Bogen festgesetzt. 
Der Abontienientspreis beträgt liir Mitf^lieder Fr. 4. — , für 
Niclitinitgliedcr Fr. 8. — ; für daa Ausland kommt der entsprechende 

l*ortozu.sclilajj; hinzu. 

Beitrage für dio ZcitRc hrifî. BcitrittKorklüruugcu, Büchersen- 
dungen sind zu riclilcii in <leii liodaktor 

llerru Dr. E. /Jo// étiann-Knu/er, Freiestrasse bö, Zürich \\ 



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Die Fastnachtsgebräuche in der Schweiz. 

YoD Dr. E. Hoffmann-Krayer in Zflrieh. 
(Fortsetzung.) 

Wenden wir uns nnn aber endlich sn den Gebrftuchen, mit 
denen nach henttgem Begriff die Fastnacht nnzertrennbar ver- 
bnnden ist: sa den Feoern, den Kochen, den Masken ond den 
Uinsfigen aller Art, wie sie fast überall, wo man noch eine Fast* 
nacht feiert, im Schwange sind. Freilich werden wir anch hier 
nicht ermangeln dürfen, soweit es mdglich ist, in die Vergangen- 
heit zurficksoblicicen und zu sehen, was fifir eine Gestalt diese 
Gebräuche bei nnsern Vorfahren hatten. 

Wir nennen in erster Linie die Feuer, die, wenn anch 
keine spenell schweizerische Fastnaohtssitte, doch in unsern 
Gegenden einen Hanptbestandteil der Fastnachtslnstbarkeiteu 
bilden. Eine genaue Verbreitungsstatistik für die Schweiz liegt 
ans bis jetzt nicht Tor; doch ist wohl anzunehmen, dass die 
Höbenfener in der Frfilgahrszeit ehedem eine grössere Aasdehn- 
ang hatten, als heutzutage, und dass die Schuld an der Beduk- 
tion die Tielfachen obrigkeitlichen Verbote tragen. 

Nach unsern bisherigen Erkundigungen haben sich die Fast- 
nachtsfeuer gegenwärtig nur noch in den Kantonen Aargau, 
Appenzell, Basel, Bern, Bt, Gallen, Glarus, GraubOnden, Luzern, 
Solothum, Tessin, Thurgau und ZArich erhalten and auch hier 
oft nur beztrks* oder thalscfaaftenweise. 

Der Tag, an dem die Feuer abgebrannt werden, ist meist 
der Sonntag nach Aschermittwoch (Sonntag Invocavlt oder Qua- 
dragesim»); er wird in Appenzell, St. Gallen, Thurgau und Tessin 
.Fiinkensonntag* oder „Fnnkentag^, in Freiburg, wo der Ge- 
brauch noch in diesem Jahrhundert herrschte, „Fofensonntag*^ 
genannt. In Zeinigen (Aargau) und laut Rochholz (Arbeita- 
Entwflrfe II, 13), in einigen Gegenden des Kantons Zürich soll 
es der Aschermittwoch, in Graubanden und Tessin stellenweise 
der Fastnachtsdienstag sein. 

Was den Hergang selbst betrifft, so weichen rlio oinzelneu 
Gegenden nicht allzusehr roneinander ab. '} Gewöhnlich wird 



•) Vgl. die kurze ?*chil(lerung im Sihweiz. Kl. I, 947. 



m 



Die Fftstoaobtfigebräiiche in der Schweiz. 



das Breonmaterial, bestelieiul aus Jlois, Stroh, ReisweHcn u. Â. 
von der Jugend in den lläuseru heram zusammengebettelt oder 
auch gestohlen* Im Kanton Öolotbarn wird dabei der lieim 
auagerufen: 

E lUodi Höh, e Wufle iStrau [Stroh) 
(hier en niti Iiuu$fraii. 

Der Vers ist nicht luiiiitoressunt: er weist uns auf die 
weitverbreitete Sitte hin, mich welcher in den Frühlingsfeuern, 
die den kommenden Lenz begrüssten, alte, den Winter vorst eilende 
Weiber oder auch Männer in Gestalt von Strohpuppen ver- 
brannt wurden. ]Ch sei liiebei au den «Böügg"' im Zürcher 
äechaeläuicu und au die „Hexe" in den Luzerner Faatuachts- 
feueru erinnert. 

Ist das Brenomaterial gesammelt, so wird es auf eine mög- 
lichst weithin sichtbare Anhöhe gesehafflti dort aufgeschichtet 
und bei Anbruch der Dunkelheit angezfindet. In Freiburg herrschte 
dabei ehemals die bemerkenswerte Bitte, dass Niemand anders, 
als die jüngst Vermählte oder ein lAädchen aus der Honoratioren- 
Klasse das erste Feuer anlegen durfte; war das geschehen, so 
übergab sie die Fackel nebst einem Geldstück einem Nichst- 
stehenden. ') Es weist uns aneh das wieder auf den Hang des 
Volkes, die Fruchtbarkeit der Natur durch die meoBobliche Frucht- 
barkeit zu symbolisieren, oder, noch besser gesagt, durch das 
Symbol der menschlichen Fruchtbarkeit zu beschwören. Das 
gleiche Prinzip liegt ursprünglich dem anscheinend selbstverständ- 
lichen l^mtanzen des Feuers zu Grunde; gilt doch im Kanton 
Zürich die Kegel, je höher man beim Tanz springe, desto höher 
gerate der Flachs. ^) 

Das» übrigens bei diesen Feuern vieltach die ulte Bedeu- 
tung als Naturkult noch durchschiniinort, geht aus den religiösen 
Gebräuchen hervor, die hin und wieder dabei geiibr werden; so 
wird z B. im FricktUal (Aargau), und in den Kautoneu Schwyz 
and Suluthuru vor dem Anzünden du» Uueervater gebetet, und 
dasselbe muss für das nlto Zürich vuruusgesetzt werden, wenn 
der P r édifier von 1601 »1-) sagt: ..Man kneüwet vor dem Fass- 
nachtfeuer ala vor einem Güuen uider zu betreu; wie und mit 
was Andacht, ist wol zu denken". In Katholisch St. Gallen wer- 

*) O^iNitki'GGEN, Wniitlct Studien V, 121» 

•) Dasselbe gilt im Tirul vom .Sprung Ubero Feuer; ». F. Panzer, 
Ueilru(( deuiHcbeu Mytbulugie, 1, 21Ü. 



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Die PaMtnacbtsgebriUiolie in der Schweiz. 179 

den geistliche Lieder gesungen, und in Wittnau (Âargau) herrscht 
der bemerkenswerte Gebrauch, dass die Anzündefackcl in der 
Weise mit Kienspänen besteckt wird, dass die sinzeloeD Flämm- 
chen den Namen JESUS bilden. 

Mit diesen g:r'i>t1ichen Accedenzien gehen aber auch sehr 
▼eltliche Hand in Hand: es wird um das Feuer getanzt, darüber 
gesprangen, Masken treiben ihre Spässe und dazwischen tönt 
das mutwillige Jauchzen der Jungmannschaft. 

Besonders erhebend ist der Anblick des Scheibenwerfens, 
wie es schon in alter Zeit geübt wurde und noch heutzutage in 
manehen Gegenden unseres Landes im Schwange ist. Der Her- 
gang ist fast überall derselbe: man beschafft sich auf den Fun- 
kensonntag-Abend eine Anzahl buchener Ilolzscbeiben, die am 
Hände sternartig ausgezackt sind. Dieselben werden durch das 
im Zentrum befindliche Loch an eine Schnur gefasst und am 
den Hals gehängt. Wenn es völlig finster geworden ist, und 
das Feuer hell auflodert, werden die Scheiben au Stäbe gesteckt, 
am Rande glühend gemacht und, meist unter Ausrufung eines 
Segensspruches, in möglichst weitem Bogen in die Luft hinaus 
geschnellt. ') Jede Scheibe gilt einer Person, der man damit 
eine Ehre anthou will. Je weiter sie fliegt, desto wirksamer ist 
der Segen. Die dabei ausgemfenen Sprüche lauten nicht überall 
gleich. Wir führen einige Versionen hier an: 

Kanton Q la ras: 

Schtfbe^ 6thi/be, überrybe. 
Die aoU my und NN* blyhe, 

oder : 

Und die so!/ N. N. blybe. 
Zur zach (Kantou Aargau): 

Schf/he, ScJiifhe, tihvr dtr Illti/. 

yVo/i soi/ dit Schybe Schybe s// 'f' 

Die bchybe soll N. N. und ihrem Licbate «y. 



Was wir hier, in einer wisseatebaftliehen Abhandlnng, nUcbtem 
und prosaisch geben, hat, seines poetlseben Gehaltes wegen, anderwXrts 

manche schwungvolle Schildening erfahren. Es sei unter Anderm auf ful- 
Inende Darstellungen aufmerksani ;^^eniaeht: H Hrnznr;. Schweiz. Volks- 
feste 8. 214 ff.; E. Uanggi, Sciiwiiter Durlbilder (Soluthurner Mundart) 
S 113 ff. ; ScHwusRDüTScti, Heft VII, 51 ff. ; 0. HesR, Der Kanton Glanis 
(Oemälde d. Schweis) S, SOI ; A. Lütolf, Sagen, BrXuohe nnd Legenden, 
S. 568 f. 



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180 Di0 Fastnaebtvgebrituebe iu <ler Schwei«. 

Bei der letzten Scheibe, die man aoUendert, ruft man: 

Schijhe, Schtfhe^ de Uni ah ! 

Der Chi'uchh'pfnnne 's- Ihi ah^ 

Der Suurrthti^t<inde j SauerkrautgefassJ de Bode uua. 

Jitz iach di alt Fasnacht uus! 

Pfeffingen (Basellnnd): 

Schybe^ Sdit^be, ul/er e lihtßl 

Wem soll denn die sy ? 

Si 8oU N, N. «y. 

(îoht SI, so (jilt si, 

('tollt si nit, so qilt si nit. 

Schtfhe, Schybe, o leb wol! 

Bei der letzten : 

Srliifbi\ Si fiybe^ aber c, Ihd ah, 
D ChUechltp/anne hei e Bei ab, 
Der AnkeJuife der Boden uuä, 
Und kß itcJi éU aUi Fasneeht uus. 
Sdtphey o! euUo Sehyheî 

Oanz ähnlich in Reckingen (Kt Aargao): 

Schybcy Schybe über de Rhy! 

Wem seit die Schybe Schybe sy? 

Die Sehjfbe 8oH N, N. und ihrem. Liebste sy. ^ 

Glückt der Wurf, so ruft man: 

Si (/üJit, si (joht ! 

bleibt aie stecken : 

(ivhf si iiif, SO fiilt si nit ; 
Hu 110 rtl tutisiy im Sack. 

Bei der letzten Scheibe gleich wie in Zurzach. 

In Sargans (St. Gallen) ist der Segen in eine Satire ver- 
wandelt worden; dort heisst es: 

Schybe, Schybe, über e Jihy ! 
7>/r Schybe soll des ^f'ffhs sy^ 

Dan etc.( folg^t die Anspielung auf ein Yi^rkommnis). 

Dagegen haben wir imPrättigau noch einen guten alten 
Fmehtbarkeitssegen : 

Flach uns, flu' Ji KHs ! 

Ueber alli Spttj: und Berg uus, 

Schmalz in der Pfanne, 

Chorn in der Wanne, 

Pfiue<f in der Erde. 

Gott Af'cs (/vote lot 

Zwüschttd alle Stege und Wege, 



Die Fastiiachtsgebräuche in dor Schweiz. 



181 



Denselben Ursprung wie das Scheibenwerfen hat oflFeubar 
das Bergabrollen eines mit Stroh umwundenen, flammenden 
Kades, wie es uns neben vielfachen ausländischen Belegen im 
Luzerner Hinterland bezeugt ist. 

Ueber das Älter der Fastnachtsfeuer liisst sich nichts Be- 
stimmtes ermitteln ; aber es unterliegt keinem Zweifel, dass sie 
bei ihrer opferartigen Gestalt in das Heidentum zurückreichen. 
Das älteste bisher überlieferte Zeugnis, das aber nur die Scheiben 
erwähnt, ist die von Vogt, (Zeitschr. d. Ter. f. Volksk. HI, 349), 
genannte Notiz aus der Klosterchronik von Lorsch, nach welcher 
am 21. März 1090 die Lorscher Kirche durch eine unvorsichtig 
geschleuderte Scheibe in Flammen aufging. 

Für die Schweiz reichen die Belege nicht über das XV. 
Jahrhundert zurück; der älteste, den wir finden konnten, der 
aber die Feuer auch als bereits bestehende „Gewohnheit" er- 
wähnt, findet sich in dem Basler Kufbüchlein (H, 90) unterm 
Jahr 1476.') Etwas ausführlicher ist die Erkanntnis von 1497^), 
und im XVI. Jahrhundert tauchen die Belege, meist in Form 
von Verboten, auch anderwärts und immer häufiger auf. Unter 
den handschriftlichen Maudaten des Zürcher Staatsarchivs haben 
wir solche aus den Jahren 1524, 1548, 1557, 1562 etc. gefunden, 
in Guggisberg (Kt. Bern) erklärte anno 1536 der Pfarrer alle 
für Ketzer, die am Feuer teilnahmen^) und die Regierung von 
Luzern tadelt 1596 diu „missbrüch und abergloubischen sachen 
mit den fassnacht füwren"*); das Alles scheint aber sehr wenig 
gefruchtet zu haben, und heute lodern die Fastnachtsfeuer auf 
uusern Höhen immer noch mit derselben Pracht, wie vor drei- 
hundert und vor tausend Jahren. Die Ohnmacht der obrigkeit- 
lichen Verordnungen diesem alten Volksbrauch gegenüber wird 



„Es Mol onch iif die alte fasnncht nyeniand mit vaekleu luufTeii, 
noch gan, noch einich [irgend ein] für machen, als vurher iu ge- 
wunheit ge bru cht ist.** 

Sabbato ante Invocavit ist erkannt, demnach und bissliar man an 
ettlichen Orten, es sye uff platz, in den vurstetten und andern orten in 
der statt, uff der allten vassnacht, zenacht, v a s s u a c h t f ü r zemac hen 
davon zu zitten zwittrecht und missliell ufferstanden ist etc., daz denn 
hinfllr sollich vassnacht filr abgestellt und keins wegs gemacht werden 
»ullen. und keins wegs t>uch gestattet den knaben, uff der pf allatz noch 
andern orten mit einander ze slahen." Erkanntsis- Büch I, 159. 

') 0»f.xiikC««if.n. Wanderstudien V, 129. 

♦) LCtolf. Sagen, Bräuche und Legen<len S. 56H. 



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182 



Die Fafttu.ichtHgcbräuche in der Schweiz. 



durch nichts treffender gekennzeichnet, als den Bericht in den Zür- 
cher Synodalia vom Mai 1602 (Zürcher Staatsarchiv): ^Daa verhott 
der fassnacht fhüren habint etliche ghalten, anndere nit, daruss 
dann ein vexieren gegeneinanderen ervolget. Etliche habints 
mit den jungen knaben verantwortet, etliche sagind, wenn es 
also ungestrafft blybe, so wellind sy über ein jar darniit auch 
wider fürfaren.'* 

Alt ist auch die Verwendung von Fackeln bei den Fast- 
nachtslustbarkeiten, sei es in gesonderten Umzügen, wie in ein- 
zelnden Gegenden des Kantons Waadt und des Berner Jura 
(ßrandonsjy sei es neben dem Feuer. Als spezielle Form seien 
die durch brennende Kienbüschel erleuchteten ausgehöhlten Run- 
kelrüben erwähnt, wie sie im Kanton Zürich in den Gegenden 
an der Limniat herumgetragen werden. Für die ältere Zeit ist 
der Gebrauch von Fackeln durch zwei Baaler Rechnungen aus 
dem Anfang des XV. Jahrh. verbürgt: ,1416, 4 /j 3 d. enent 
rins verzert an der alten vasnacht, als die knaben mit den 
Fakeln zusammen gand." — »1417, den knechten enent rins uf 
die alte vasnacht 2 J umb win von der but und den Fakeln 
wegen, item dem knechten hiediseut 17 d." Später wurden sie 
verboten ; aber, wie bei den Feuern, mit wenig Erfolg (vgl. den 
Erlass vom J. 1476 S. 189, Anm. 1); immer und immer wieder 
stossen wir in der Folgezeit auf Verbote, und noch heuzutage 
scheint in Basel, laut den polizeilichen Verordnungen auf Fast- 
nacht, ein Verbot der offenen Fackeln nicht überflüssig zu sein '). 

Feuer und Scheiben können auf dem Lande nicht genannt 
werden, ohne zugleich auch die Vorstellung der ^jKüechli" zu 
erwecken. 

Ein reiches Material hierüber aus allen Zeiten und Gegen- 
den hat das Schweiz. Idiotikon (III, 1.38 ff.) beigebracht, und 
dasselbe liesse sich leichtlich um das Zehnfache vermehren, so 
gross war die Rulle, die die „Küechli'' an Fastnacht spielten. 
Auch hier lernen wir die Sitte zuerst durch Verbote kennen, die 
sich gegen Exzesse aller Art, namentlich aber geschlechtliche 
(s. S. 132) richteten. Man begnügte sich eben nicht damit, die 
Kuchen in der Stille seines eigenen Heims zu verzehren, sondern 
stürmte von Haus zu Haus und forderte kategorisch den usuellen 



') Auf einer Darstellung de» „Morgenstreiches" von Hieron. Hess 
aus dem Jahre I84.'J wird ein Zug von zwei Fackelträgern begleitet. 





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à 



Die FastnaehtogebrXaeli« in der Sehwen. 



183 



Tribat Das ist es, was die zahllosen Verordoungen mit dem 
«iinyenchaDten küechli reichen [d. h. Iiolen]" meinen. 

Neben eolcheo £zsetsen aber bestand die ehrbare Oepflogeo- 
heit, die Untragebenen alljährlich mit Kuchen zu regalieren, wie 
das z. B. aus den Rechnungsbüchern des Basler Bachdruckers 
Frohen hervorgeht'). Auch die Behörden gaben etwa unentgelt- 
lich Küchlein ab, so im st. gallischen RheinthaP), oder der 
Pfarrer war gehalten, das m thun. Weiteres hierüber yer- 
seichnet das Schweis. Idiotikon (III, 140). 

Die Form der Fastnachtkuchen ist meist die altbekannte 
Beheibenartige ; doch kommen auch Varianten vor, no die «Fast' 
nachts-Kissen** (F.-C/n'issf, s. Id. III, 530) in Schaff hausen, die 
„Küchli-Maien^ (s. Id. IV, 9) u. A. Besondere BezeichnnngeQ 
sind: Fasnecht-BlätZy Oerli (-Chueche)^ Chruchleie, Ckrapfe etc. 

Von andern Fastnachtsspeisen ist nameotlich zu 
nennen die Schlagsahne (gschwungene Xidel, Luggmilch, Bro' 
c/ielejy die sich in den entlegensten Thälern wiederfindet; im 
Kanton Appenzell werden überdies baclia SchneMa und Honig, 
im Kanton Freiburg Reisbrei und Bretzeln, im Luzerner Gäa 
Speck und Wurst, im Kanton Thurgau Stockfisch und Qroppen, 
im nordöstlichen Kanton Zürich Schinken mit dürren Bohnen 
genossen. Nur beiläufig sei auch an das „ Fastnachtshuhn " als 
ehemalige jährliche Abgabe erinnert, das in den Zanftstubeii 
Tielfacb zum typischen Gericht wurde. 

Im Anschluss an die Fastnachtsspeisen sei noch erwähnt, 
dass in der Schweiz mancherorts (Appenzell, Bern, Glarus, 
Schwyz, Wallis, ehemals auch in Luzern und Zug) der Brauch 
herrscht, diese Speisen heimlich vom fremden Herde wegzustehlen, 
eine Unsitte, die uns schon durch Verbote ans dem XVIII. Jahr* 
hundert be/eugt wird. 

Und nun zu den Masken! In den meisten Gegenden 
sind dieselben äusserst primitiv; sie bestehen gemeinhin einfach 



h 1696. »Fsstnacht Kieehlin fttr dais gsiondt." Rscsmirosst'Ctt der 
Frohen u. Episcopiiu ed. yTackeroagel S. 7. 

') 1543. ,Mit Missfallen hat man in des Landvoijts lîochnnn^ er- 
««ehen. wie grosse Kosten den Oborn an ûeu F.-tstnachten mit dem Kiicbli- 
gebeti Huf laufen etc." Absciueu»: IV, 1, d, 210 dd. 7. 

■) Der Vikar su Baden beklagt nich : „Ouch muss ich alle fassnacht 
den sehueleren allen das KUechlin and nf das NUwjahr das Gaetjahr nf 
alle Oesellscbaftea geben.** (1565) Wettinger Archiv. 




184 



Die Faatuachtügtibräuche in der Schweiz. 



aiii Hemdeii, die fibdr die Kleiddr angezogen werden, oder alten 
WeiberWSeken. Die Bezeiebnuogen der bo Yermammten tiod 
sehr TerseliiedeDartig: Böögg, Bröogg^ Butz^ Posîerîi^ Fasneckt- 
Chlungel, •Chlun^r oder -Chlumnier, Hirsulter, Huscht, Ootsch 
Fnndif Beidy Htidi, Johee, (Fad^JHex, LööU, Daneben sind 
die auch anderwärts irielfach vorkonunenden Strohmänner und 
endlich eigentliche Kostilme mit bestimmteni Typus in Gebrauch. 
Unter diesen findet sich besonders häufig der wohlbekannte 
Harlekin (Nürr^ Lauf- iAw Rolk-Xarr^ Hanswurst, Gâuggel, 
BUitzli-Il'iö(jg oder -Bajass, Lrifi, Luchnev, Leg-OhrJ mit 
hoher, kegelförmiger Mütze (Siffele im Kanton Luzern), Schellen- 
umgflrtung und buutflickigem Gewand. Als Waffe dienen etwa 
Scbweinsbiasen (Kt. Aargau, Basel [jetzt verboten], Sehwyz, Zug, 
Zürich) oder (seltener Bürsten (Kt. Sehwyz, Züricb)| mit denen 
die Vorübergehenden gehörig gekratzt werden. 

Die OesichtBTerhttlluug geschieht noch mancherorts 
durch schwarze, rote oder sonst phantastisch gefärbte Holz- oder 

Kiipfermaakeu '); doch werden die Stücke immer seltener und 
finden nnrh und nuch Ersatz in den neueren Papiermâché-Masken. 
Das unilte Schwärzen des (iesiehtes (s. u.) soll, soweit 
wir in Erfahrung linngen konuten, nur noch in den Kantcmen 
Freiburg (am Verschwinden) und Sehwyz vorkommen. In Nid- 
walden verliüllt mau sich, in Ermanglung der Huskeu, die Ge- 
sichter mit Sacktüchern. 

In früheren Jahrhunderten treten nanientlich der Teufel 
und der Bauer auf. 1417 und 1429 wurde in Luzeru beistimmt, 
daiis man denjenigen nicht Recht sprecheu solle, die gegen den 
Willen des Rates ..ir antlit vennaeiit und in Tüfels wis oder 
in Böggen wis" uusgelien;-) die Behörden von Basel ^verbietent 
menglicbem, daz niemand in tüfeU hütcu jlläutenj luuffcn 
solle, noch in Böcken wise gan ietz [um die Weihnachtszeit! 
noch ler Tassnacht** (1482)'')* I^^r Prediger Yon 160i fibersetzt 



') Vgl. die Abbikhiug S. 47. tin auderes iiiteressautes Exemplar 
aus KliDgnan (Kt. Aargau) befiadet sieh in der ethnogr. Sammlttiig in 
Zürich. Scchfi StUck aus dem Walliser Lôtschenthal wie» Herr Dr. Stehler 
ia der .Sitzung den S. A. C. iSektion Ur.» vom 2<i. Febr. 1897 vor. 

Tu V Lu-BEXAi-, Das alte Luzei u .S. '243. 

HiiDvcii (Mauuükript im Banler Staatsarchiv). AU .Strate i&l bu- 
stimmt : I M<»nat «vor den krllten zn leisten" [Verbannnngsstrafel und Entp 
riebcung von 1 flf pf. Busse. 



Die Fastnachtsgebräiiclie in der Schweiz. 



185 



eine eioschliigigo Stelle bei Hospinianus ') mit: „Sy macheu jnen 
an krumme hörner, schnäbel, äberzän, fehwrigo äugen, spöutzend 
ehw r uud rouch, habend lange haar und schwaniz;*^ er selbst 
fügt aus eigener Erfahrung hinzu: „So verrathend alle die, so 
das Fast haltend, sich selber mit der usserlichen form und klei- 
dung, dass sy uit Gott, sondern dem Bösen dienind, dioweyl sy 
in Tüfels kleideren wie die Tüfel umbhin lauffend." (S. 12). 
Auch Ludw. Lavater-) erwähnt die Teufelsmasken : „Etwan le- 
gend mutwillig gsellen tüfelskleider au, oder schlahcnd sunst 
lylachen um sich und erschreckend die lüt, da vil einfalter lüt 
nit änderst wüssend, dann der bös geist oder sunst ein uughür 
seye jnen in lybiicher gstalt erschinen,'' und Aehuliches belegt 
Härder in seiner SchafFhauser Chronik (V, S. 34) aus den Jah- 
ren 1665, 1667 uud 1669. 

lieber die Bauernmasken haben wir Berichte aus dem 
XVI. Jahrhundert. Zunächst wieder Hospinianus: „prodeuntos qui 
exhibent impexos agricolas", „etwau kommen sy autt' dgassen 
in unflätigen puren- und karren jüppen",^) sodann Basier . 
Verordnungen von 1526 u. folg. gegen das „umbgan jn Meyers 
oder derglicheu wyse" *), die übrigens durch folgenden unda- 
tierten Erlass aus dem Anfang fies XVI. Jahrh. wieder etwas 
gemildert w^erden: „ob Jemands diso vassnacht jnn Meyger 
oder derglichenn wise verkleidet umbgon wolte, das die selbigenn 
sollichs allein jm tag unnd gar nit by der nacht thüu"; freilich 
die Larven werden verboten: „unnd daby jre angesicht, so sy 
alsojm tag umbgoud, mit boggen antlitn oder sonnst nit verstellen, 
noch, sich unbekuudig macheun sollenn." Endlich sei noch eine 
Stûlle aus einem Briefe des Zürchers Hans Jakob Irminger an 
'Beinen Schwager, den Unterschreiber Caspar Hirzel vom 16. Fe- 
bruar 1648 erwähnt, worin es heisst, „dass nechstverwichner zyt 
lychtainnige Persohnen in zimlicher anzahl, mit hesslichen M ey er- 
kleideren angethan, hin und wider geloffen, uud zu besorgen ist, 
es möchte villicht glychs auch hüt [Aschermittwoch] und uff 
nechstkünftigen Sontag beschehen'' etc.'^) 



') Festa Christianoruiu, Tij^uri IZllrich] 1593, p. 37 ^ 
*) Von Gespänsteu 15G9, p. U. 

') FAHTÜACHTSPRKniOTKX, IGOl. 
♦) KlKBlTH, II ». III. 

*) Zlircher Staatsarchiv : Haiidschriftliche Mand.ue. 



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186 



Die FMtnAcfatsgebrSiiehe in der Sehweis. 



Âutser den Tenfels* und Banernmasken wird auch die Ter- 
wecbaeUe Geaehleohtstraoht in iltmwr Zeit häufig genannt. 
Laat Ludwig La?ater *) ,,1egt der eebreelier weiberkleider an 
oder Terbntzt eich Bonat**, and der Prediger von 1601 sagt: „Da 
findet, dass Gott heiter [klar, ausdrücklich] verbotten, dass ein 
wyb nit sölle Mannswehr tragen nnd ein Man nit sdUe wyber» 
kleidung anleggon. Das ist aber zur zeit der Fassnacht so gmein, 
dass Desselben nun niemand achtet".') Dieselbe Klage erhebt 
1638 tler Pfarrer voa Gaia»). 

Endlich sei noch das ^^butzengwand in hämbdern, ebhSw, 
loub oder derglich*^ genannt, das in Zürcher Verboten von 1487 
und 1508 vorkommt^} und auf die sehr alte Yermnmmung als 
Wildleuto hinzuweisen scheint.^) 

Allgemein gehaltene Erwähnungen der Mummereien treffen 
wir, meist in Form Ton Verboten, überall und in grosser Zahl; 
die ältesten aus dem Anfang des XV. Jahrh. Wir halten es 
nicht für nötig, auch nur eiue Auslese davon zu bringen; doch 
sei wenigstens ein interessanter Basler Ërlass aus dem Jahre 1418 
angeführt, der uns zeigt, wie sehr man sich bemühte, den Mum- 
menschanz von der Weihnachtszeit, wo er ebenfalls getrieben 
wurde, abzulenken, und, wenn immer möglich, auf die Tage vor 
Asehermittwoch zu beschränken. Er lautet: „So ist euch ein 
nüwe gewonheit hie ufferstandeu, daz man im atvent anfaht in 
Bökenwise ze gonde und erber lüte zu überfallende in iren 
hfisem, davon dik [oft] gebrest ufferstandeu ist uud noch tun 
mdchte. Darumb so band Rat nnd meyster erkent. iUh geheipsen 
sagen und gebieten, daz nyemand me von disshin in Böken wise 
gon soi, unta [bis] uff der pfafFenvasnacht [Herrenfastnacht] 
nehst kommend.'* 

Doch kehren wir zu unserer Zeit zurück! Da, wo keine 
speziellen Gebräuche herrschen, treiben sich die so Vermummten 



>) Das Buch Job 1582 S. 161 ^ 
*) a. a. 0. S. 13 ^ 

') AfPKXuLLBB JahkbOcbeii, 1861, S. 154 

*i I{atHn).in«!nte iukI Hatvtiiniinalifn im Stnnt<;nrchiv Ziitich. 

^; Km «.ei hii'i»ei au den iiu .iaimar 1394 zur Aut lieitorinij? Karls VI. 
V. rrankreich veranstalteten Ball erianert, an dem sich vornehme Hofleute 
(sogar der König selbst) als Waldmensehen verkleideten und dareh die 
Ungesehickiiehkeit eines Höfliogs Feaer fingen. 8. J. L. GotrrntD. Hiat. 
Chronik (14Î30) VI (III) p. 2d6 ff. Mit Abbildung Matth. Merian. 



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Die FastnaohtsgebrXnehe in der Schweis. 



187 



mit ausgelassenen Geberden in deu Stiaasen herum, balgen sich 
mit der umstehenden Jugend, die sie ihrerseits mit allerlei Ncck- 
rufen verfolgt ') oder betteln die Yorubergeheudeu mit irgend 
einer traditionellen Formel an. *) 

CJeberhaupt scheint das Betteln der Vermummten ein alt- 
her^ebi H hier Gebrauch zu sein; denn wir finden es Aber die 
ganze Schweiz verbreitet. Auf dem Ltiuile zieht man vor die 
Häuser oder dringt in dieselben ein und heischt sich von deu 
Insassen irgendwelche Yictnalien (meistens Küchli) oder Geld, 
Als Spezielleres sei aageführt^ dass man in OraubQnden die 
Widerstrebenden mit einem bernssten Lappen (Dek Sasocleb 
1809, S. 139), in Scbaffhauaen mit Kohle (Die Schvtkiz 1860, 
S. 146) .bedrohte; in eioselnen Teilen des Tburgan sieht man 
das Geld in einem Schuhe ein, den man auf eine Stange gesteckt 
hat, und im Zürcher Oberland endlich wird jede Gabe von Fren- 
denschfissen begleitet, deren Zahl sich nach der H9he des Be- 
träges richtet. Die l>ei diesem Betteln hergesagten SprQche sind 
mehrfach aufgezeichnet worden 'O; wir führen hier noch einen 
nngednxckten aus Stammheim (Kt. Zürich) an: 

Ilünacht ist die Fuaetutchty 

Wo mc dn die CliHcrhc fiachU 

Bacheä mer au e Chncche, 

Lö mer si au vergueehe. 

I qlùh e Fiait in Chcüer ffO, 

1 p'hOre d'S< hlüssel chHntjle. 

Wenn er [ihr] mer Oppis wand biinge^ 

So hritifjed mer's bald^ 

Mue hänetht no dur en fiistere Wald 

Und dur 0» hatere [heitern] Garte. 

lioti Ziefjef itf cm Dach; 

llänechf i>;f die Fascnarht. 

Es erinnert diese Sitte lebhaft an die de? Weihnachts- 
siügeus, wie sich überhaupt eine Verschmelzung der Weiknachts- 

I) Egoo NarroOf wûê$ und ro^ jao ! — Narroe eftnidfietf«. hed die 
Chappe toUer LfUis l — BeumMier o! — Famet^B^Ae» hàU d'Nase nAd 
btä:t ' Aarirau). — Fasmcht-Butz, hast d'Bose rerüchlutzt ! [xerfetztj 
(St, iialleu). — Bdôfjg. Jinörjrf. Tellerachlecker, bisch e dimme MHtgchi- 
Schmucker ! (Solothurn). — linnseit ja Jo! (Unterwaldeu). etc. 

>) J^KiiMt Bätef — Hoo Bätzi — Vu(te) Bâts! — Hvmt9(li) hat 
(Zürich), etc. 

*) s. T. ToBLER. .Appeiu.ollor Sprachschatz S. 177: L. Toblek Schweiz. 
Volkslieder, I, cxliii u. 2^") rt". : Firmesh it. Gerinaniens Yölkerstimiuen Ii, 
t>6ôj E. Häsooi. Schwizer Dorfbilder (I8i»3) S. 112, 



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Die Fastnachtsgebräucbe in der Schweiz. 



und Fastnaclitsgebräuche hin uud wieder testetelieo läftst. Ver- 
bote gegen dieses ^1 eberlaufen". Betteln und Singen finden 
sich schon im XVI. Jahrhundert massenhaft; doch scheinen sie 
im Ganzen wenig gefruchtet zu haben. 

Dass 09, wenigstens in früherer Zeit, nicht immer bei dem 
Singen und Betteln geblieben ist, haben wir bereits fS. 131 f. 
und 135 f.) gesellen. Der Prediger von 1601 eifert fO 2'"'^ 
gegen die „üppigen Küm()dien"', die %*on den Eindringlingen in 
den Häusern abgehalten würden und (S. 3") j,daz unverschampt 
huss stürmen.'* und Th. von Liebenau erwiihnt sogar (Vatkki.anu 
1894, 2so. 2(1) ein Verbot aus dem Jahre 1401, das sich gegen 
die Unsitte wendet, sich in die Häuser zu schleichen, um dort 
Privatrache zu üben. 

Von dieser allgemeinen Darstellung der Masken schreiten 
wir zu den Ëinzeigestalten vor, wie sie für gewisse Gegen- 
den charakteristiacb geworden sind. 

Wir nennen da zunächst das Hulz-Gilr '), eine Fastnachts- 
geatalt, die noch in der Mitte dieses Jahrhundertu die Gegend 
von Läufelfingen (Baselland) und Wittnau (Aargau) unsicher 
machte. Fünf bis sechs Knaben bildeten die Ilutzgurgesellschaft; 
aus diesen wurde der grösste zur Darstellung des Hutzgür aus- 
gelesen. Sein Kostüm bestand aus einer Jitpjir (Frauenrock), 
einer hohen, kegelförmigen üJütze, einem Beliellcngurt und einer 
grauenerregenden Gesichtsmaske. Nach andern Berichten soll 
anstatt der Jüppc auch eine l'mhüHung von Erbsenstruh ver- 
wendet worden sein. In diesem Aut/uge durchzog das Hutzgür 
die Strassen, gefolgt vuu seinen lärmenden Kameraden, die Säcke, 
Körbe und Töpfe zum Einsammeln von Brot, Eiern, Mehl, Butter 
und — Geld mit sich iührten und vor jedem Haus folgendes Lied 
sangen : 

Hüt^ nun qeii, 
iStockjisch und Ehii ! 
GebUmer au e Eierenanke! 
1 u'ill-ech (usin Mole danke. 
Geht-mer Mehl und Biod! 
Lueg! tcie» HuUgür stohil 



') Spraeblicbe Kebenformeo r. Schwsik. Iik II, 411; llUer die Ge- 
Rtalt selbst: (H. BvsKa), Heimatknade. Liei^tal 1865, S. 



Die FaRtnaehugebräueho in der Sebweiz* 



im 



Wenn-ätr-is nher utlt ireid 

So icei-mer-ech KütU und Kall/er «e; 

Mer wein-edi 's Huus abdecke, 

Mer wein-ech u/erweeke. 
E\n»n fthiili«hen Zweck batte da« in denselben Gegenden 
umziehende WciM- Wyb; nur w ar es hier eine Mftdchengesell- 
Schaft, die sich zusammenthat, und die Heldin eine phantastisch 
aufgeputzte Strohpuppe die herumgetragen wurde. Freilich zeigt 
das BettelUed, das auch hier abgesungen wurde, ') dass dieser 
Umzug nreprünglich erst um )Iittfastcn stattfand und somit 
eigentlich ausserhalb unseres Rahmens liegt. 

Eine Fastnnchtsfin^ur. die schon seit längerer Zeit ver- 
schwunden i?t, ist die I htilicl-liatujtjek' in Basel, chonfalls oiiic 
weibliche Figur, übfM- deren Beachatfcnheit wir jedoch nicht 
näher unterrichtet sind. Wir können sie deinnnch auch nicht 
für synonym mit dem llutzgür erklären, wio en das Idiotikon 
(II, 171) thut. Heutzutage heisst //f<V;//» /-(''V7//c/7('/i' ein verwahr- 
lostes, namentlich n^ijekrimmtes Weib. Auch ob sie einen Sjtinn- 
rocken mit sicli i^elühn habe, wissen wir nicht; iminerhin lässt 
der eiste Bestandteil des Wortes auf eine Verwandtschaft mit 
der Berchta oder Hulda schliessen. Andere Quellen, als ein 
Btttsprotokolt Tom 20. Februar 1668*) und die Beformations- 
ordnungen aus dem XVIIf. Jahrhundert^ konnte ich nicht auf- 
finden. 

Mit dem Weihet- Weib kann dagegen direkt zusammenge* 
stellt werden die ,1a nge Oret*, im luzernischen Hinterlande, 
Yon der Lfitolf^) berichtet. Auch sie war eine ausgestopfte 
Puppe von gewaltiger Lfinge, die von einem ebenfalls grossen 
Termummten Burschen herumgetragen wurde. 

') s. Hr«KR a. a. 0. 

*) „Die Bückeu und Fasäuachtbutmi, llüchclgaukelu etc. sullen 
dareb die Stnbenkneeht von HauM zu Haum bcy Straf 8 ß verbotteii . . . 
werden." 

1727 : „Weilen auch das unanständige und aus dem Hoidenturn 
lierfliessendf Verkleiden, Verniuninien und Masquieren zu viclfn Leichi- 
fertigkeiten und Ausgelasücoheiteu, absonderlich zu Ka^tuacht/,eiteu, An* 
lasH gegeben: ah solie solcbea von Jangen und Alten güntzliehen ver< 
loUten, die Verbreeber sur StralF gncfen. und vornehmlieh die sog. 
Ilechelgaugelen von den AVachtknechten ab der Strasse weg und in 
den Thum er, tlthrt worden " Wiederholungen des Verbots: 1733, 1736, 
1742, 1744, 1750, 1Ï64, 17üÖ. 

Sagen, BrXnebe und Legenden. 8. 496. 



I 




Die Fastnachtsgebräuclie in der Schweiz. 



Wenigstens dem Na- 
men nach i8t mit ihr ver- 
wandt die — oder mund- 
artlich das — „Gret 
Schall- in Zug. Nach 
der Angabe im Schweiz. 
Id. (II 824) wäre sie eine 
Puppe, was nicht ganz zu 
der bildlichen Darstellung 
im Zuger Kalender von 
I8T5 stimmt, wo sie als 
lebende Fastnachtfigur, 
gefolgt von einer lär- 
menden Schar, eine mäch- 
tige Peitsche schwingend, 
durch die Strassen zieht. 
In der Legende, wonach 
die Gret Schall wirk- 
lich existiert haben !>oll, mischen 
sich wohl Wahrheit und Dicht- 
ung. Für die „historische** 
vergleiche man diese Zeitschrift 
S. 67, Anm- und die genannte 
Stelle im Idiotikon. Den Namen 
würden wir ohne weitere« für 
tingiert halten — schon wegen 
des umgehängten Schellengurts, 
— wenn nicht das Geschlecht 
der Schall in Zug ein ganz be- 
kanntes wäre. ') Dazu treten die 
bestimmten Daten (1672 bis 20. 
Sept. 1740), die auf die Existenz 
einer solchen Persönlichkeit hin- 
weisen. Dem gegenüber ist je- 
doch festzuhalten, dass die 
Fastnachtsfigur jedenfalls älter 
ist, und namentlich die Sage 
von dem Mann im Rücken- 




Fig. 2. AiiHstütVii'iimif lies Hegels. 




^ Hegel. 



•) Vgl. Lkc, Helvet. Lexicon XVI 149. 



192 



Die Fastnacbtsgebrh'iiche in der Schweiz. 



korb stimmt vollkommen zu der Figur, wie sie auch anderwärts 
vorkommt. ') 

In dem Städtehen Klingnau (Kt. Aargau) hat noch weit in 
unser Jahrhundert hinein der Ili'ijt'l oder liUhr-Ilegti sein Un- 
wesen getrieben. Seine Ausstaffierung, sein Kostüm und sein 
Auftreten ist hier in Fig. 1 bis 3 dargestellt '). Am „schmutzigen 
Donnerstag" erscheint die Schreckgestalt an der Schulthür und 
bittet den Lehrer höflichst, der Jugend frei zu geben. Und nun 
geht das tolle Treiben los. Von der ausgelassenen Jugend ge- 
hetzt und mit Wasserrüben (Uaheit), Kohlstrünken etc. bombar- 
diert, eilt der Hegel durch die Gassen, hier einem allzu Zudring- 
lichen die Peitsche um die Ohren klatschend, dort einen Unvor- 
sichtigen erhaschend, um ihn in den nächsten Brunnen zu werfen. 
Dabei vergisst er aber seine Hauptbestimmung, vor den Häusern 
zu betteln, nicht, und selten wird ihm der sauer verdiente Tri- 
but versagt. So treibt er sich stundenlang herum, bis er alle 
Strassen abgelaufen hat und endlich seine Unbill hinter einem 
Glas Wein vergessen darf. ^ 

Das benachbarte Zurzach, das 
gewöhnlich auch von Klingnau aus 
den Besuch des Hegel erhielt, besass 
eine andere charakteristische Gestalt: 
den Acfli-IiuCili, dessen Kleidung 
sich grossenteils aus Stücken der 
Frauengarderobe zusammensetzte (s. 
Fig. 4). 

Seine Funktionen waren im 
Grossen und Ganzen angenehmere, 
als die des Hegel, indem er am 
Aschermittwoch der nachlaufenden 
J ugend aus der aufgebundenen Schürze 
Obst auszuwerfen hatte. Meist be- 
stand diese Gabe in gedörrten Aepfel- 
und Hirnenschnitzen ; hie und da kam 
Fig. 4. Dor ,.\itti-Ku.Ml..- es jeJoch auch vor, dasa frisches 

'1 Vgl. den Osteruiuzug von Holligen : Bf^RNf.R Hisk. Hoti; 1820 nnd 
.Taiiri*. lier Hchweiz. geschichtsforsch. Ges. XIX. 40. 

■) Verkleinerte Wiedergalie der Ilulzschnitte in den , Schwei/.. Bil. 
derbogen"', heransg. von Huri .Icker. 

Vgl. H. Ukrzo«. Schweiz. Volksteste (18ö4), .S. 217. 




194 



Die FastiiaehtsgebrXuche in der Schweiz. 



Ob«t (am diese Zeit eine Seltenheit) gespendet wurde. Dieses 
aber musste dann mit grossen Gefahren errungen werden^ 
indem der Aetti-Kuedi seinen Vorrat in einen Brunnen warf und 
gegen die heranstürmende begehrliche Jugend mit Wassergoss 
und Wasserstrahl energisch verteidigte (», Fig. ô). Dies wurde 
getrieben, bis der letzte Äpfel herausgefischt war. ') 

Endlich seien die interessanten Fastnaciitsgestalten des 
Chryde-Gladi unà der Elsi*) erwähnt, zweier Strohpuppen, die 
noch vor etwas mehr als einem Jahrhundert alljährlich am liirs* 
montag (Montag nach Invucavlt). nuf einem liegenden Kade be- 
festigt, von Wiedikon nach Zürich hinein geführt wurden. Kino 
nähere Besehreibung dieses Aufzuges war uns nicht erfindlich. 
Nacli der Zeichnung von Freudweiler, welche als Titelbild des 
Neujahrsblattes der ^Gesellschaft ab dem Musiksaal der toutschen 
Schule" von 1786 figuriert, trug der „Chryde-Gladi" eine Art 
Teufels- (oder Katzen-':') Maske, während die „Elsi*" sich durch 
keine besondern Merkmale auszeichnete. Weitern Aufschluss 
gibt uns auch der „erläuternde*" Text nicht, der mit souveräner 
Verachtung auf diese „nun abgegangene, lächerliche Comödie'* 
herabblickt. Immerhin ist es bemerkenswert, dass der Gebrauch 
des Paares auf dem Rade auch ausserhalb der Schweiz seine 
Parallelen hat und auf einen alten symbolisehen Frûblingsbrauch 
(,Maibraut8chaft*> hinzudeuten scheint.^) 

(SchluBs folgt.) 

>S. II. Hkrzoi,. ;i. a. O. 
>> SoHWjnz. In. I 203 und II 6Ü4. 
sj Vgl. W. Maxühardt. Der Baiiiuknltu» (1S7Ô) S. 439 f. 



Digitized^^C^^gle 



4 



Fastnachtsgebräuche in Laufenburg. 

Von Bezirkslehrer F. Wernii in Laafenburg. 

Unter den vier Waldstödten am Rhein zeichnet eich Lau- 
fenburg dadurch ane, daee daeelbst die Faetnacht am frdhlichetea 
gefaiert wird. Rheinfeldeo iet ein moderner Kurort geworden 
und huldigt dem Gewerbefleisa in neueeter Zeit; deshalb ist f&r 
mittelalterliche Remioiioenzen kein Raum mehr. Sftclcingen hat 
Jahr für Jahr die St FridolinsprozeBsion, welche ScheffSel so 
herzig im , Trompeter* schildert. Waldshut feiert jährlich das 
ijKilbiacfaieBBen", zur Erinnerung an die Belagcruug durch die 
EidgenosBon, ein Torapiel zum Burgunderkrieg. 

Ist das Neujahr mit feierlichem Oelftnte aller Glocken von 
Gross- und Eleinlaufenbnrg eingeweiht worden, und sind darauf 
eine oder zwei Wochen stiller Sammlung ▼erstrichen, so wird 
der Kalender hervorgeholt, und man schaut nach, wann die Fast- 
nacht darin yerzeichnet ist. Namentlich die Schuljugend kümmert 
sich darum auf das angelegentlichste; ist doch die Fastnacht 
diejenige Zeit, wo Eltern, Lehrer, Behdrden ihrem Frohmut und 
ihrer AusgelasBenheit mehr Nachsicht gewähren, als im übrigen 
Teile des Jahres. Die Fastnacht beginnt schon mit dem soge- 
nannten «ersten feissen Donnerstag'*, d. h. dem dritten Donnerstag 
Yor dem Hauptfest. Dieser und die beiden folgenden, der zweite 
und dritte «feisse Donnstig'' spielen sich folgendermassen ab: 
Morgens frfih um 6 TThr, und sollte es auch grimmig kalt sein, 
sammeln sich die Schulbuben beim Wasenthor; jeder ist primitiT 
▼ermummt und trägt ein Lärminstrument bei sich. Tor allen 
Dingen gehdren dazu eine oder zwei Trommeln, auf denen, tief 
gestimmt, ein altertümlich einförmiger Marsch geschlagen wird. 
Leider wird derselbe, in jüngerer Zeit durch das militärische 
Sammlungssignal verdrängt. Neben der Trommel findet man 
Pfannendeckel, Sensen, Pfeifen, Trompeten, mit denen ein gräu- 
licher Lärm verübt wird. Ein- oder zweimal zieht die jugend- 



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19e 



FastoaichtRi^bräuelie in Laafenbnrg. 



liehe GeselUchaft durch die Strassen. Wo Kranke sind, marschiert 
die Kolonne rnftusebenatill vorbei wo missbeliebige Personen 
wohnen, denen man auf andere Weise nicht beikommen kann, 
wird ein kurzer Halt gemacht, gejohlt, gepfiffen, trompetet, ge- 
trommelt zum Ilaarsträuben ; dieier Ârt Haberfeldtreiben ist nun 
durch Poh'zeiverliot ein Ende gemacht worden. Nacli dem Um- 
sng begibt sich Alles wieder ruhig nach Hauso und freut sich 
anf den Abend, wo nach eingebrochener Donkelheit derselbe 
Umzug wieder stattfindet. Nachmittags sieht man auf den Ooasen 
vermummte KindergestalteUi eogenannte Huschig die allerlei kin- 
dischen Schabernack treiben. ^ 

Am ersten fetten Donnerstag ist die Beteiligung am ge- 
ringsten, dieselbe wächst aber, um am Fastnachtsmontag und 
Dienstag ihren Höhepunkt zu erreichen. An den Abendumzügen 
boteiligen sich dann auch Erwachsene, meist jüngere Burschen, 
und wehe dom, der dagegen auftreten wollte; eine stürmische 
Katzenmusik wäre ihm sicher. 

Die ganze Bevölkerung ist während der Fastnachtszeit in 
Feiertiif^sstimmung; es werden Maskenbälle (auch für Kinder) 
abgehalten. Von Zeit zu Zeit findet ein kostümierter Umzug 
statt, meist ganz einfacher Natur; selten finden sich die Mittel 
zu einer grösseren Maskerade; tritt aber dieser Fall ein, dann 
scheut niemand ein Opfer. 

Ein in Stadt und Land beliebtes Fastnachtsvergnügen ist 
das Sarrolaufe. Auf eigene Kosten sammeln Männer beider 
Städte Nüsse, Wecken, auch etwa Würzte. Am festgesetzten 
Tage stecken sich die Teilnehmer in Kostüme, die aus lauter 
bunten Flicken zusammengesetzt sind ; in Zürich würde man sie 
blalzlibögg nennen. Vor das O^eht kommen hölzerne Larren, 
die sorgfatig aufbehalten werden upmI an all^echische Theater- 
masken erinnern. Es sind deren nur wenige mehr vorhanden; 
sie werden einen Schmuck don {»rojektierten Altertumsmusennis 
in Laufenburg bilden. Mit deu Nusssäcken beladen und mit 
gewaltigen Knütteln zur Abwehr der nachdrängenden Jugend 
bewaffnet, ziehen die „Narroncn*^ durch die Gassen. Alles, was 
junge Beine hat, aus Laufeuburg, den Dorfg^omeinden der schwol-» 
zerischen und badischen Umgebung folgt ihnen. Von Zeit zu 
Zeit wird Halt gemacht. Ein Narro ruft mit schallender Stimme: 
Es hocke drei Xar/r uf Hansalis Charrc ; was sc/ireie die 
Narre f Sarri, Nan^o! Der ganze Chorus schreit mit, und dana 



Fa«tQaeht8g^rHaolie in Laufenburg. 



197 



regoet es einen Hagel Nâtse unter die Jugend, die sich auf die 
Beute stürzt, als wären es Goldstücke. Da scheut keiner einen 
derben Fusstritt auf die nach der Nuss haschenden Hand, und 
kein Wehlaut ortont, wRnn ein Kuabe von seinem Gouossen um- 
gerissen wird, damit er der Nuss oder des Weckens beraubt 
werde. F^t der 'rriibel recht arg, so wird die Mannsclialt lurch 
eine JJuuche kalten Wassers abgekühlt. Dauert der Jugend die 
Zeit allzulang, bis die Narronen wieder in den Sack langen, so 
schreit sie unaufhörlich : N>t/yi, c/iride triss, hi'/f die ChapjM^. 
voller Lt(s/ und dann iteginnt die Sache von neuem, l)is die 
Säcke leer sind luid Uie Teilnehmer ermüdet j denn die Kostüme 
sind schwer und die Larven nicht minder. 

Während der Tag der Jugend gehört, so die Nacht den 
Erwaofasenen. Von 'Wirtachaft aa Wirtachaft siefaeu oinaelne 
▼erroammte Oeetalten oder ganze QeBollaohaften. Wer etwa 
beim Eartenapiel ûtzt, miiBa aich Bcharfe Bemerkungen gefallen 
laasen; überhaupt ist dae Recht der Maakenfreikeit flberall ge- 
wahrt. Der Angegriffene darf sich ebenao ungeniert verteidigen ; 
aber übel geht es ihm, WMin er die Uaske au iQften tncht: 
immer sind hölzerne Kochlöffel vorhandeut welche die vorwitzige 
Hand zur Ordnung weisen. 

Am Aschermittwoch wird die Fastnacht begraben; irgend 
Jemand wird auf eine Bahre gelegt, in ein Leintuch eingehüllt 
und in der Stadt herumgetragen; im Gänsemarsch folgen der 
Leiche verhulite Gestalten und heuleti auf entsetzliche Weise. 
Das Ganze macht bei düstrer Fackelbegleitung einen unheim- 
lichen Eindruck. 

Damit ist diu Fastnacht vorbei, und es beginnt die ernste 
Fastenzeit. Während in andern Städten all diese Gebräuche 
ahgoschaflft oder von selVipf erstorhcu piiid. haben sie sich 
in dem kleinen Laufenburg lebendig erluilteu. Jahr fur Jahr 
lebt dort ein btück urächten Mittelalters wieder auf. 



Eine TeufelsgeschicKte aus dem XVII. Jahrhundert. 



Von Dr. Bob. Hoppeler io Zürich. 

Wir gebeu im Folgenden nach den im Stadt-Archiv Winter- 
thur liegenden Kritninalakten den WortUut eines Verhöres wieder, 
welchem eine junge Bürgerstochter, Judith Weidentnann mit 
NameD, im Jahre 1636 nnterworfen ward. .Dieselbe wurde mehr-> 
fach des Umgangs mit dem .BOsen" beschaldigt. Geboren im ' 
Jahre 1618 als Tochter des Abraham WeidenmanOf Kanaeugiessers» 
wohnhaft an der Obergass in Winterthnf, und der Adelheid BOdi, 
als das zweite von 6 Geschwistern, scheint Judith nach 
dem frühen Tode ihres Vaters (1629) in jungen Jahren von 
Hause weggelcommen an sein. Die Witwe muss sich in sehr 
dürftigen Verhftitnissen befunden haben. Nach den noch vor- 
handenen Steuerbüchern steuert dieselbe 1629 insgesamt 1 
In der Fremde geriet das Mädchen, meistenteils durch Hunger 
getrieben, auf schlimme Abwege. Der von ihr bis zum 18. Jahre 
.verübten Diebstähle sind, wie sich dies aus den Akten ergtebt, 
nicht wenif!;e. Wir übergehen die8ell)en indessen in den nach- 
stehenden Zeilen und drucken nur nb, wns sie über ihren Um- 
gang mit dem „leibhaftigen Satan" vor Gericht ausgesagt. Die 
Aussage lautet : 

» ... zn Stein iia Rein in einem hu8s . . . sol^c daselbst 
vor mitemtag d<M- leidii^e Sattan in ;i;cstall eines kleint-n schwarzen 
maus, als sy ge^^piillet, zn ihren kummon : die angeredt und ge- 
sprochen, wrtrunil) sy so kümberhafft, siy solle mit inie eiihn, er 
Wüllü im guug geben, sehe woll, dz ea von Gott und jederman 
verlassen seige. Daruff es gesagt : nein, Uuit habe sy noch nie 
verlassen. Der bosse geist hinwiderum: es solle mit ihm gohu, 
er habe mehr, dann Gott im himell selbe, und solo nit so lots 
thun; druir im, als sy vermeint, 1.10 kr. wertigeu geben, den 
sy verwart, nahgenta befanden nur kath seiu, und als er uss 
der Stuben geweichen, hab sy gesehen, dz er nit feûss, wie ein 



Eine Tetifelsgeschichttt aus dem XVii. Jahrhundert. I9D 

nionscb, sonder kiauwen gehabt, und höbe sy diâsiuuUs also 

verlasseu." ') — — 

^Za Frau eil foldt habe 8y sich nit lani; durnach in Ii. 
Hau98 Ulrich Kujaliors Imuss nuehtlicher weillen ver^teckth, und 
ala die lüt in st-Iliigein IiausH sclilaH'en ganj^cn. habe es sich 
ander der stcgon, aida es sich uffgehaUcu, auti gemacht und 
anfangen suchen, wo es etwas bekommen möchte, habe sich als 
baldt der bosse find in geatalt eines achwarzen mans mit einem 
scliwarzen bertli in der stuben by ime befanden, der sy befragt, 
was sy mache. Daruff sy gesagt : sy sache etwaz za essen. 
Der bosse geist ihren geantwortet: sy solle mit ihm gahn, er 
wolle ihren ze essen gnug geben. Daruff ihren einen feflhr 
zefig gezeiget, habe sy selbs eia Hecht geschlagen. Als baldt 
vom bdssen geist za einem speisskesli gefeührt, darin sy ge- 
funden : saltz, schmalz, habermell and ein gsotten Stack gethigen 
[i^edôrrtes] fleisch. Daruff er geantwortet : es solle gnng essen ; 
welches es gethan; sige darnoch Ton im gaagen und allein ge- 
lossen. Nach dem es gnug gesseu, seige es uss der kuehin in 
die Stuben gangen, darinnen verstellen ein fürschossli [Schürzet, 
1 par ermcll [Aermeljacke], 2 blech und ein ganz silhernea 
loffell, solches zusammen gefasset und weg nemmen wollen, 
habend ohiu« gefohr die nocliliahron (]/. unsxwonlieho Höcht im 
haus>s gesehen, die Icit utt'^weekht. ihinn in ihrem hauss nie 
recht 7ii£?"nii;e, worülK-r es sieli uti' den bohrkeüer^) verkrochen 
und sieh sehr <;elV)rchten, dann die n:iclil>ohren seigind vor der 
hauss thürni ^'standen und i^wartet biss man auffmaohe. IJodcr 
dessen, als sy in grosseu sorgen gewessen, seige der bössc geist 

') In dem Schreil)eii. dns .'^i lmltheiss and Kat von Fr.-tuentVId un- 
term 22. 12, .\ii;;ust l'i'Jii in dirsfi A iiirt.lef^enhoii an Schtiltlieiss nii*l Itar 
iler Stadt Wiiufitliiir iiditL'tcn. u inl (He erste ZiiHniiiinenkunft, die .ludith 
Weideiiiuaim mit dem .,Scli\varieij" gelialii, tulgeiidermasscu ge.Hchilderl : 

nZu Stein seye nie vor der fttadt in einem lianftn, darinnen nic- 
mandM geirobnet, über nacht gewesen. Da «leye der Sathan in f^SRtatt 
eines maniis zu ihr kommen. ;caiiiz schwartz. mit einem lanjjr*'" Invart7.«'ii 
haar, mit roten kiiöpfVeu am wamiiu"*, /çet'ra^çet. ol) sie sclilallV. ^ie ge- 
nagt : Ja. Nun Keyu er hierüber ein stiiiult bei ihr gewesen iiud mit ihru 
. gespraaehet, nie mobschlagen nnd gekfUset. ihro viel gelt vernprochen 
und letzlichen zu /.vvey wählen «ie teilfeh^rlH i wri^ iM st hiaflen. und ihro 
t\v:\r „'elf. wie sie vermein^'f. -.re^'t'l'en. als aber »le hernach »olchea bc- 
Michti<ret, sf ye es nur russk;nith gewesen " 

-) BorkcUcr : kluiuer Vurkeller, welcher etwas über dem Hauptkeller 
liegt : vgl Schweix. Ii». III !04. (Red.) 



200 



Eine Teatelttgeschichte aus dem XVU. Jahrbuodert. 



wider zu ihreti komraen, sy aiigredt warum t>\ ao trurig, er 
wolle ihren woU hinuss helffen, »y mile den kopff durch dz 
lüchli in der stattniuren hiiiuss streckheo, dz ay jçethon. da seige 
er vorhin hiuuss kümiiien und ihren ausshen ghulH'en, da lîabe 
sy keiu schmerzen befuudeu ussert von der würat uuib die 
weicby ') hob sy etwz schmerzen empfunden, und syge uff die 
feüw hinab in den graben gesprungen. Die selb naht nach [noch] 
goiin Kilchberg') gangen, den gestollen xeflg eambt ibrm htnderffir 
[Haube] und ermell htnder ibro in bedachtem huas ligen losten. 
Dess anderen tag hernach, als sy su Kilchberg nit woll eni* 
pfangen, hab bj sich widerum nach Frauwenfeldt begeben, und 
alss sy die statt abgaogen und keinen hinderfür und ermmell 
uff und an, habe man zu ibro gegriffen und gfenglich ange» 
nommen, glich selben tag hinder sy her und examinirt: ihren 
▼ehller dess begangnen diebstalls bekendt, und weil man ihren 
mit der marter sehr hart zu gsctzt. habe sy auss grosse der 
pein bekhendt, dz »y sich bu Stein mit dem bösen find tflffellich 
vermischt höbe, aber ihren, weliches Gott woll wQste, unrecht 
gethan, und sich onch dem bossen niemaUen orgeben wollen. 
Und alls sy von der marter widerum losa gelassen und an ein 
bandt und ketten gelegt, hob sy sich gegen der nacht mit oiuer 
schrüH'eu [Schraube?] selbs ledig gemacht uad an vglter seül vom 
rathuss hinab gelassen und darvon. 

Do sy nun widerum uff freigco fuss, seige sy nachtlicher 
weill nach AVissendangen kommen, sich daselbst in ein stall 
gelegt und rrschlaffon : da eich abcrinalhi der bosse feind iti 
obiger gostah zu ihren gemacht, sy betraget, ob .sy dz meitlin 
were, dein er /u I-'rouwpnfoldt iiss dem hauss rreholtt'en, weliches 
mit ja geautworti-t, da seilte der bosse tiud iiebeudt an die 
Seiten gelegen, widerum ull'gbtauden, usö dem stall gangen, als 
bahlt widerum kommen, ins emblost biss über die kneû, volgentz 
iiti ins ijlegeii, dz gekützlet und geblaget, wie ein nientecli. aber 
keiu einige Vermischung und fehrnore berüruug seigo gar uit be- 
Bchehen ; seige also der bosse schellm unib 1 1 uhreu von ihr 
kommen und sy selbsmalln mit frideu glassen. 



Hc^itriiulteil »ler Tracht : ein wnr^tâtinlichci IJmu' uni ilic T, enden, 
.ui weiciieui lier Hock liefesti^t war. Ein Zürcher Mandat vuu lü3G ver- 
biiitct di(j grosHtiii ,\Viir.>»i uiub die Weichinen." [Kcd.j 
>) Kireliberi;, SstMcli von Fraueufeld. 



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Eine Tenfetsgescbicht« an« dem XVII. Jahrfaitndert. 201 

LetsÜicfaen, als sj nach Zürich gewdlt und za Basseratorff 
im wirtshauss über nacht gelegen, seige ey nach miternaoht 
uifgeBtanden, damit sy desto freflber in der statt sein mochte, 
und als sy hinanss ufT die matten kommen, da seige abermall 
der bosse find eu ihren kommen, sy widerum angredt, warum 
es weine, solle mit ihm, wolle ihre gnug geben, habe es umhia 
gerissen. Daruff es letstlich zu im gesagt: du bdsser thûffell, 
lass mich mein weg und gang du dein weg, und hobgeweiuct; 
als bald der bosse iuna by dem fuss ergriffen, zu boden gefeit 
und dem „Langen Iloltz'' zugelauffen und mit seinen wfisten 
fussen an den hitulern (saWa honore) gesehlagen und also genz- 
lich verlassen. Ueber solchen griff im dz bein geschwollen. 
Wie es nun noch Zürich kommen, morgens früe, hab es sicli 
uff der bruckben gesetzt und geweint. Da seig ein frouw, ihrem 
ffirgeben nach dess Ii. 11 . . . haussfrouw, zu ihren Icommen, sy 
gefragt, wz sy weine; hieruif os gesagt, dz bein thttge ihren 
wehe, könne schier nit gahn. Die frouw aber hob es mit ihren 
heim genonimeu und sovil verschafft, dz man im geholffen und 
zurecht gebracht hat, dz es widerum könen dienen, im euch 
einen meister gsucht, by dem es 12 wochen gcwussen*^ u. s. f. 

Aber nach .\blauf dieser 12 Wochen wird das Mädchen 
neuerdings vom Teufel ^gestupft*': es stiehlt seiner Herrschaft 
,ein hinderfür und 1 par ermell*. Unterm 5. Oktober 1636 
wenden sich Bürgermeister und Bat der Stadt Zürich an Sdmlt- 
heiss und Kat von Winterthur mit dem Ansuchen, die Judith 
Weidenmann im dortigen Spital „mit und by andren wybs per- 
sohncu der nothurift nach** zu versorgen und ihrer ^seeles lieil 
und Seligkeit halber wyther** zu unterrichten. Ob sie seitdem 
Rahe vor dem „Schwarzen** gehabt^ ist mir nicht ersichtlich. 



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Die Wirksamkeit der Besegnungen. 



Von Prof. Dr. S. Singer in Bern. 

Dass ich mir eiubilde, ein Krankheitsdiimon werde aus- 
fahren, wenn ich es ihm befehle, ist schliesslich begreiflich ; denn 
ich habe im Leben so und 8o oft die Erfahrung gemacht, dass 
die Leute folgen, wenn man sie nur recht anherrscht. Aber 
was heisst es, wenn ich ihm dies „im Namen Gottes"* oder ähn- 
lich befehle y Will ich ihm damit einroden, dass ich von Gott 
eine besondere Vollmacht erhalten habe ? Und was heisst es 
gar, wenn ich . ihm eine besondere Geschichte erzähle, wie 
„Christus der Herr ging über Land* oder „Phol und Wodan 
fuhren zu Holze" Man erlaube mir zur Beantwortung dieser 
Frage etwas weiter auszuholen. 

« « 

m 

Wenn ich ein Loch in eine Trompete mache, so wird sio 
nicht mehr tönen. Die Kraft dos Tones lag also in dem heraus- 
geschlagenen Stück Metall. Aber wenn ich das Loch an einer 
andern Stelle mache, geht's ebenso : also liegt sie auch in diesem; 
und in jenem, einem dritten, vierten u. 8. w. 

Wenn ich einer Spinne die Beine ausreisso, einer Kröte 
das Herz ausschneide, so leben Beine und Herz noch lange ein 
selbständiges Leben fort. Und doch war dieses einst Teil eines 
Lebens, das ich nach Analogie meines eigenen als ein Un- 
trennbares, Giinzes, Einheitliches vorstellte. Aber auch beim 
Menschen werden wir uns fragen, wann er tot ist : wenn das 
Herz zu schlagen aufhört ? oder wenn der Körper kalt wird ? 
oder wenn die Uliederstarre oder sobald die Verwesung eintritt? 
Anders ausgedrückt: sass das Leben des Menschen im Herzen 
oder im Atem oder in den Gliedern ? 

Weim jemand, der immer einen langen Bart getragen hat, 
sich denselben abnehmen lässt, so werden ihn gewöhnlich seine 
Freunde erst nach einiger Ueberlegung und Vergleichung er- 
kennen. Er hat sich eigentlich „verändert", er ist ein Anderer 
geworden, er ist nicht mehr derselbe. Noch viel grössere Ab- 
straktion setzt es voraus, wenn wir in einem Greise das Kind 



Die Wirksamkeit der Be«egniiiij|^D. 



203 



von ehedem erkeiiueu sollen. Denn nicht nur aus der S iDime 
aller Merkmale setzte sich uns die l'erson zusaninieii, .touderü 
jedes einzeln© schien notwcudi»,^ für dieselbe ; jenes Kind mit 
der glatten, rosigen Haut, den blonden Locken, den leiehtboweg- 
liehen Gliedern schien uns ein ^Individuum" zn constituiereii, 
ein „Untrennbares'', ebeusjo wie der versehrumpfte, weistihaarigc, 
lahme Greis. 

KttfK und gnt, dem primitiven Menschen wird jeder Teil 
zum Triger der Kraft des Ganzen, jedes Merkmal zum Inoe- 
haber des Wesent eioes Dinges werden können. So erklärt es 
sieh, weoD nach Uabti^and's gelungenem Naebweiso im 2. Bande 
seiner , Legend of Perseus*, Blut/) Speichel,') Haar, I^Sgel,*) 
Herz und alle Glieder des Menschen als seine „extcrnal soid" 
angesehen werden, so dass, wer sieh dieser bemächtigt, in freund* 
lieber oder feindlicher Weise auch Macht über den ganzen, 
Mepsebcn erlangt. 

Ausserhalb des Körpers hinaus führen uns schon die 
Kleider, deren Geltung als ^extemal soul"" Hartland ebenda 
nachweist.^) 



') Dieses jjk'icht dem Atem in iH sonderer Weise, weil man mit 
sciiKMU Entrinnen oft dris I.cUen liatte onctliehen sehen: vcrjrl. III Mos. 
17. iO ff. V Mos. 12, 2:i Ii"., .ua-li .les. 53. 12. Psalm Ul, f^, auch Vam- 
pyrsagen, in deneo der tüte Vanipyr wieder xnm Leben kommt dureh 
Bltlt^^oll1l^^, lias Bnlirreclu nnd dazn ^ehüri^c ZUge im Mitrclien vom siii- 
(çemlt'ii Iviinflii'ii. Wi'nn Odysseus in der L''llt(>r^^•olt f!fii Scli;Uteii seiner 
Ver\v.in.lt''ii uikI l'iciitide das lilut von Opfertieren darbriii}ft. damit rtie 
dassell)e trinken nncl dadnrcl» die Fähigkeit der Sprache wieder erlaugen, 
sa ist dabei die Doppelbett der Seele su beaebte» : der Sohatteii ist die 
Trauuseele. die Existenz hat nnd ancli allerlei sinnlieli wahrnehmen kann, 
aber nicht reihst iiarh att«sen hin wirken : jene zweite .Seolc, ilit' «las 
verleiht, lie^^t im l'.lut.- nnd wird erst durch den (iennss desselben wieder 
gewonnen. Kaum wird man das mit Uohdk, Psyche S. 52, als blosse 
PieUon deü Dichters ansehen dllrien: vgl. das Bht Abels, das zum' Him- 
mel schreit, das Blut de« Drachen, d.is Sigiml die Vogelspraebe lehrt. 

Oie herv<>rr:i<^eiidi' Stellunfç, dir* er riniiitiimt, hat er w(dil der 
Aehulichkeit mit drm lUute als Fliissi;^keit im ICörper m vcrtlaiiken, vgl. 
Sdiwem beim Wild, nihd. swaù iVir Blut. 

Die a. a. 0. 138 bcigebraebtoii finnischen iind.baskiscben Parallelen 
vom Teufel, der sich aus den nicht rite abgeschnittenen X:i;^eln einen 
Hut Oller lUn hcr macht. iiincluMi <l;n lleinzersche Dotitung des Natßtfar 
als Totenschjif iZVdA 31.2(>J:> emifrermassen zsvcifelhaff. 

*) Ausserdem: , Kleider machen Leute," sagt d.is Sprieliwort Einem 
den Ring vom Finger siehen, beisst ihm das («inclc abziehen, eigentlich wohl 



204 



Die Wirkganikett der Besegnungen. 



Etwas völlig VukörperlicbeB und doch wie eiD iotegiiereDder 
Bestandteil des Menschen Acgesebenes ist der Naiue.') Nomen 
est omen sagt das lateinische, ,der Nama maçht das Werk, da 
machst es oioht^. das türkische Sprichwort. Unter den alten 
ErimioalisteD soll es GFewohnheitsrecht gewesen sein, diejenigen 
unter mehreren am ersten foltern in lassen, die den schlechtesten 



die Lebenskraft entfahren. Vor dem Ertrinken bewahrt man ein Kind da» 

durch, «lass man ein von ihm ^retrageui;» Kleitl ins Wasser wirft ',\Vct«« 
VolksalM i j.'!;iu1jt', S 85). Kommt ein Kleidungsstück t iiu» Lilxiiden mit 
in den Sarir einer Leit lie. <si> stirbt deç-jcii IviL'ciiliimer allinälig hin {\h. 174\ 
Hüu^t man ein neues Kleid zum ersiciiaialt- auf, hu iuuss es uiügiicbst 
hoch gesebehen, dann wird man hochgeachtet. Die Kleider darf man nicht 
am Leibe flicken, sonst bekommt der Arat an einem an flicken. Wenn 
man die .Strümpfe über Naclit anf dem Tische liepren lässt, su bekommt 
mau Fussreissen Kleider darf man nicht über Nacht im Freien lassen, 
«unst wird man lufindsUchti;^ (^ib. 2î»'/:. Wciin luan ein vom Diebe znrilck- 
|(elaii»euui Kteidungsstück in den Kamin liängt udcr kluptt, so verrät sicli 
der Dieb durch die Sehmenten, die er davon empfindet (ib. dB9). Wenn 
jemand nicht sterben kann, so mache man seine Kleider im Schränk au 
liudeu fallen Üb. 429) Ueber die Schuhe i^nnd auch die Fussspnr) ver* 
schie«lenes hierher jçchôri^:es in Sartoris Sanimliiiiir im l. linnde der Z-'.d. 
V. f. V(»lkskunde. Eine Parallele, nber nicht die Quelle, wie er meint, zw 
Goethes üedicht »der Totentaiii'.'', bringt Stukhlke iu Hempels Ausj^abc 
Bei den Jnden werden noch heute die Kleider eines Schwerkranken den 
Armen geschenkt; wie mau meint, um dureb die Wohttbat sieh ihre Fttr- 
bitte zu erkaufen, urspriUls'lich aber wohl, um die Krauklifit ;ius dem 
Hause zu ^'elxMi. I);iss dii' Kle!<ler von Heiligen ebenso WuuiUt tlmn. wie 
irjfend ein Stack vuu ihrem Körper, ist bekannt. Eine Frau viMsicbert 
»ich der dauernden Liebe ihres Muuuc» dadurch, dass sie ihm in der 
Hoehzeitsnaebt ihr Hemd nm den Kopf bindet, selbst aber sein Hemd an- 
zieht und damit anj^ethan über ihn hinUbcrsteit^t (Tcruits Willehaliu C'CCI, 
26 ft*: das Uber den Andern steigen ist Symbol der Besitzergreifung). Im 
Kanton Bern unnvickeU iiinn die Bäume 7.nr Vorteidi*rttn«j ?egen Insekten 
mit deiu Tuche, womit man ejuem îSterbeudeu den bchweiss abgewischt 
hat : sie werden dadurch unter den direkten Schntx des Toten gegebea. 

') Dass name speziell im Mhd. direkt die Uedeutiing von Person 
annimmt, ist bekannt, ebenso wie näman im iadisehen. Zusammenfassende 

Betrachtungen und Sammlungen in Beziehung auf dieses Thema, die sich 
mit dem foiger.den t('it\v(M>.(> lu riiliri'u, teilweise dadurch ergänzt %verden, 
K. bei .Anuriax. Cber Wortabci u^laiiUeii A. dem Corresp -Bl. der 

deutsch, aiitlirop. Oesellsch. MUnciieu lö^bj, K. Kyroi-, Navnets niagt (Ko- 
penhagen ldd7>, 0. JtRicssK, Scelenghlube nnd Naniengcbnug (Mitteilungen 
der schlesinchen Gesell«ch. f. Volkskunde 1S94/Ô I, 9), H*nTi.A3TD I. c 1. 
220 If.: The Kcicuce of fairy tales 39. 



Die Wirksamkeit der Hescgnuri«,'eii. 



20b 



Vornameü führten.') Wie man Blut, Speichel, Haare vermischt 
zur BegrÜQdung eines dauernden Freundschaftsbündnisses, so 
vertauschen oder vermischen vielmehr Eduard und Otto in 
Göthe'a Wahlverwandtschaften ihre Vornamen. Wie es gefährlich 
ist, Speichel, Haare, Nägel frei liegen zu lassen, weil ein Gegner 
aie leicht zu feindseligen Manipulationen benutzen könnte, aas 
den gleichen Gründen bleiben bei verschiedenen wilden Völker- 
schaften die Kinder unbenannt, weigern viele Wilde, ihren Namen 
zu nennen oder nennen gefragt nur ihren Beinamen. In nord- 
ischen Saga's und Balladen kommt das „Totnennen " häutig vor. 
Calpurnias Piso wurde beschuldigt, dass er durch Aufschreiben 
des Namens des Germanicus auf Bleitafeln, begleitet mit Ver- 
wünschungen, demselben nach dem Leben gestellt habe. War 
ähnliches auch der letzte Grund für die hartnäckige Weigerung 
unserer mittelalterlichen Ritter, dem Gegner den Namen zu nennen? 

Was von den Menschen gilt, gilt auch von den Dämonen : 
durch Nennung ihres Namens setzt man sich in Verbindung mit 
ihnen, was oft gefährlich werden kann. So erscheint Kasperle 
im Faustpuppenspiel als unfreiwilliger Teufelbeschwörer ; deshalb 
nennt man die Erinnyen duurj/to: Ifafu', Persephone npÔYjToç xöprj 
oder mit verschiedenen Pseudonymen ; deswegen vermeidet man 
es, die Hexen, die Verstorbenen oder gespenstige Tiere mit ihrem 
Namen zu nennen. Aber wie der Besitz des Blutes einer Hexe 
einem Macht über sie giebt, so dass sie nicht mehr schaden 
kann, gerade so schützt der Besitz des Namens der Hexe, des 
Alps, des Werwolfs gegen ihre Angriffe. Darum wollen die Dä- 
monen nicht, dass man ihre Namen kenne : ich verweise auf die 
Märchen vom Typus „Rumpelstilzchen", auf die Sagen vom Typus 
„Lohengrin** und teilweise „Melusine". Solches, dass man den 
Namen Gottes nicht zu unlauteren Zwecken anwenden solle, ist 
vielleicht auch der eigentliche Sinn des 3. (resp. 2.) Gebotes. 
»Wer sich der heiligen Namen zu eigensüchtigen Zwecken be- 
dient, stirbt in der Mitte seiner Tage," sagt ein jüdischer 
Scbriftgelehrter.'-) Durch die Entwendung dieses Schern - hame- 
phornsch aus dem Allerheiligsten erlangen nach der Toledoth 
Jeschu Jesus und Judas ihre Zaubermacht. Dadurch, dass er 

Waxder, deutsches Sprichwörter-Lexikon III. 871: v>cl. aucli 
KouKRT-s V. Lüttich feciindn rutis 1, 1035—44 de vnriis nuiuinüius per 
uraen inventis. 

*) TexoLAr. d. Buch der Sa^eu u. Legcud«Mi jüdischer Vur/,eit .'^.332. 



206 



Die Wirksamkeit der BesegnnngCD. 



ihr einen Pergamentstreifen, worauf dieser höchste OottesDame 
gesehrieben ist. nn die Stelle dea Hirnes lugt, belebt Babbi Lob 
eine thönorne Statue.') 

Wenn man im Auftrnj^. im Namen eines anderen etwas 
thut, so he/.eiclmot das ,,in" las \ orhiiltniss des umschlosseueu 
zur Umhüllung, es heiast so viel als ^gedeckt darch den Auf- 
trag, durch den Namen*". Wenn man aber im Namen Gottes 
den Teufel austreibt, so bedeutet das etwas mehr, als es sprach- 
lich, aussagt (im Neuen Testament wechselt i> oder i":' rw ôuô- 
jinzi mit blossem Tin thönazi und nth ztn thnna'o^), es bedeutet 
durch den lïamen, dorch die Kraft des Namens, d. i. durch die 
Kraft Gottes, Aber die man Terniittele dee Besitzes seines Namens 
selbst verfügt. 

Es ist also begreiflich, dass in diesen Besegnongen und 
Beschwörungen der Name Gottes oder Christi oder eines Heiligen 
genannt wird. Wozu aber die Geschichte, die you dem Eigen- 
tümer dieses heiligen Namens jeweilen erzfihlt wird? Dazu 
mflssen wir wieder etwas weiter ansholen. 

Während man hei den bbher besprochenen Teilen und 
Anhängseln des Menschen nur in sehr übertragenem Sinne von 
«Seele*^ reden kann, ist es bei Schatten und Spiegelbild 
anders. Hier haben wir nicht nur eine Vervielfachung des einen 
Ich, sondern wirklich ein doppeltes Ich, das zur Erklärung der 
verschiedenen Erscheinungen des Traumes, der Ohnmacht» 
Ekstase, des scheinbaren und wirklichen Todes herbeigezogen 
worden konnte. Beide verhalten sich ähnlich : znsammeuhänj^^end 
mit dem Körper uml 'loch von einer gewissen Selbständigkeit 
ihm gt'gemibrr. Darum hat auch E. T. A. Hon mann in seiner 
Erzähluiig. ^(lie abenteuerliche Sylvesternacbt" , die sich an 
Chamissos Peter Schlemibl aiiscbliesst, dem Spiegelbild die glei- 
che Funktion wie dem Schatten zuerteilt. Und da die ältesten 
Spiegel ja die Gewässer, auch die fliessenden, aber \or allem 
die stehenden Gewässer, gewesen sein werden, fragt es sich, ob 
unser Wort Sd'h; ahd. sèidn, got. mifahi, nicht ursprünglich 
„das im See beflndliche'', d. i. das Spiegelbild, bedeutet haben 
wird, ebenso wie rie vom Atem Namen wie animus, anima 
etc., vom Schatten solche wie ttxtd^ umin'a etc., bekommen 
hat. In der Ericlärung der Sitte, die Spiegel und alles Spie- 

' ib. S. Iti; vgl. aucli die llüllenzwänge im 5. Bande vuu äcitBiBLi'« 

KluHter. 



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Die Wirksamkeit der Beugnungen. 



807 



gelnde nach einem Todesfälle zuzadecken, werden wir nns ent- 
weder Fraz£b anschliessen, der sie aus der Forcht erkl&rt, das 
Spiegelbild nnd damit die Seele der Lebenden könnte Ton der 
ausfahrenden Seele mitgeschleppt werden, oder £. H. Meteb, der 
sie als Seelenabwehr deutet, ^dass die Seele beim Vorbeiflog 
sieh nicht darin spiegeln und haiïen könne". Frazer bringt 
allerhand gute Parallelen für seine Ansicht, für Meyer spricht 
Tor allem die Art, wie man sieh einen Zauberspiegel Tersohafllt, 
indem man eine Leiche durch längere Zeit sich darin spiegeln 
Ifisst und damit offenbar ihre Seele hineinbannt.*) 

Dass Schatten und Spiegelbild so als eigentliche «Seelen'^ 
gelten können, hindert aber nicht, dass sie als Anhängsel des 
Leibes auch jene uneigentlieben, nur analogen Funktionen haben, 
und vielleicht könnte dieses und jenes durch eine solche 8<Aeidung 
genauer erklärt werden. Jedenfalls dürften jene zweiten bei 
der dem Spiegelbild ähnlichsten Erscheinungsform des Menschen, 
dem Abbild, sehr überwiegen. Ganz entsprechend der Angst, 
Haare, Nägel etc. in fremden Besitz kommen zu lassen, ist die 
Abneigung primitiver Menschen gegen das Portraitiert werden.^) 
Wie vom Mittelalter bis zur Neuzeit die Abbilder von Personen 
zu allerhaud Bosheitszauberei" benutzt wurden, ist bekannt.'*) 
Allgemein verbreitet ist der Glaube, dass, wenn ein Bild von 
der Wand falle, der, den es darstelle, oft auch blos desnen Be- 
sitzer, bald sterben werde. Man braucht, wenn man- sich das 
oben Gesagte vor Augen hält, nicht gerade auf die „Gegenstandsee- 
ien* zu greifen, um zu verstehen, wie Virgil ein Schiff zeichnet und 
dann darauf davon fährt, oder wie die Drachenbilder im baby- 

') Fkazkr, tlie goltieii l»uugli 1, HU f. Mevkr, (H-nnau. Mytbulugte 
S. TO. WvTTKK, â 354, 726. 

') Fraxer, a. a 0. 148 f. Axdria^, a. a. U. S. 21. 

^) TnF.<>( RiT 11,28; Vtu'.M . Koloffen 8. 73 ff. : U»h\/.. Satiren I, 8, 
30 tr. : P^KiKo-CAtnoTiHivr-* 1. 1.. C.Mkykk. Al)er;^l.nil)e des MittelaUiTs 
2i){ ff.: Ula» K, rupuhii jnetiu'iiie 19: ^Ivm. * •.»II f : S.n.^x <Trs(!i. d. Ile- 
xeiiprozesHC ' .S. 2ik>. Die Fr.iuito.seu liabi-ii ein eigenes Wort daliii' : cn- 
toHier. Wie die waadtläadiBche Eotsprechung einvauda beweist, hat also 
der dort geflirchtete Dämon Vaudai oichts mit Wodan zu thun, wie Ceni- 
sole will. Hundeni gehört wahrsehciidlch zu vultus, also wl^ihl, Abbild, 
r.ritze". dcM' Xame des Windes Vumbure ist .ibiM- wieder nur \ ulksctytm»- 
lo^iM Ii luit diesem \'aud(ii in ZnsaninHMihanir j^ebraclu, ila dieser iluch 
wahrscbeiulicli uichtn anderes als der lateinisciie \'oUianus ist mit Ersetz- 
ung dsa selteneren Suffixes durch ein bänfigerei» (a. Ck»r«o(.i$, Légendes 
de» Alpes Vaudoiaes 119 tt,\ 



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208 



Die Wirksamkeit <lcr lieHegiiiiugcn. 



louischeu Palast als Drachen fortHiegon. ') Wie durch Blut, 
Haare, Namen der bösen Dämonen, so schützt man sich auch 
durch ihr Bild gegen dieselben, vor allem durch Tierbilder gegen 
die theriomorphen.-) Aber auch über die Macht der guten verfügt 
man durch Aneignung ihrer Bilder.^) Wie bei allen den er- 
wähnten Anwendungen des ^pars pro toto" wird Identität zwi- 
schen dem Ganzen und dem Teile nur bis zu einem gewissen 
Grade angenommen; bis zu diesem ist diese Annahme aber aller- 
dings auch hier leicht nachzuweisen *) 

Doch das Bild setzt schon eine gewisse Abstraktion voraus. 
Es soll die ganze Person geben und gibt doch, dem Wesen der 
bildenden Kunst gemäss, nur einen augenblicklichen Zustand 
derselben wieder. Wenn ich den pfeilschiessenden Apollo habe, 
habe ich nicht den leyerschlagenden und umgekehrt. Darum 
wird das Bild gerne ersetzt werden durch das „lebende Bild", 
Imitation, dramatische Darstellung. Wenn ein Knecht in eine 
Garbe, die südslawische dodola in allerhand Kräuter eingebunden 
und dann mit Wasser überschüttet wird, so habe ich in diesen 
Gestalten nun nicht mehr den Vegetationsdämon im allgemeinen 
in meiner Gewalt, sondern eben den mit Wasser übergossenen 
und kann ihn in Aktion treten lassen, wann ich will. Das ist 
der Sinn aller der weitverbreiteten Regenzauber ') und aller sol- 



') CrtMPARETTi. Virgil iiu Mittelalter S. 2% f. Vesei.ofsky. Skazanija 
o Vaviloiije etc. I8i>(j (Mitteilung l'rof. Ilciiizels). 

-) CoMPARETTi. a. a. 0. 227. Auch gewisse «Opterbrâuche" bei Vieh- 
seuchen (h. U. Jahs, die deutschen Opfergebräuche 8. 18 tï.) sind wohl hier- 
her zu ziehen : auch die Verwemlung roter Tilcher gegen die Blattern 
(Black a.a.O. 108», ». atich .,."<iniilia siniilibus'' bei Hkim. Jahrb. f. class. 
rhilülogie, Snppl. XIX. 484 ff. 

Hierher gehört die Hefcstigung der den Korndämun darntellenden 
l'uppe am llausgiebel, der Eiresiom.« an den l'lbsten des Hauses (.Masx- 
HARDT, Kurndäniouen S. 7, 26. .Antike Wald- und Feldkulte 217 ff. Use-xer, 
Götternanien 284\ Gewaltsanics Aneignen von Heihgonbildern, ». PrEirrER» 
Marienlegenden No. 5. 

♦) Tyi-ok, Anfänge der Cultur II. 17U ff. ; Mvth * S. 94 ff. Xachtr. 
43 ff. ; UoiioK, Psyche 181 f. Wirkung «1er Bilder gleich der der Gottheit 
selbst. Heiligenbilder, Götterbilder in Proxessionen (». Pfannesschmidt, 
gernian. Lrntefeste S. 63). 

' Frazf.k a. a. 0. I, 13: Maxxiiarpt, Hanmkultus 214. 315.: Mtth. ♦ 
494. Xaclitrag 169. Liebkeciit, Zur V(dkskunde 335 f. : Tobler. Zu Crestien, 
clievalifr dun lyon 446: Zs. d. Ver. f. Volksk. VII. 116. l»ie .Art, wie in 
Heinrichs ». Nevstadt ApollnniiiH das Unwetter durch Zerschlagen von Krü- 



Die Wirksamkeit der Besegiiuiigen. 



209 



eher ^mimetischer" Culthandlungen überhaupt.') Zunächst musste 
wohl auch die Gestalt möglichst nachgeahmt werden, dann wurde 
auch dies Requisit falleo gelassen : es genügte, dieselbe in der 
Phantasie zu reproduzieren und dazu die betreffende Handlung 
zu begehen. So genügt es zur Vernichtung des Feindes, wenn 
man in gewissen Formeln von 10 bis 0 zurückzählt, oder von 
einem Wort wie Abracadahra immer je einen Buchataben au8- 
lässt, bis keiner mehr bleibt, oder bestimmte Worte (wie Safor, 
Arepo^ Tenet) umgekehrt liest-) oder einen Psalm rückwärts 
betet. 

Ebenso wie mit den schädlichen verhält es sich mit den 
hilfreichen Dämonen, Auch hier der Uebergang von der drama- 
tischen (wie beim Regenzauber) zur epischen Imitation. Ur- 
sprünglich wird der Ilülfesuchende selbst als die Person des 
hilfreichen Dämons gesprochen haben, wie der egyptische Priester 
mit t{U) sctu^ wie der Lette, als der in der Lanzette wohnende 
hilfreiche Dämon spricht: „ich bin ein eisernes Weib*. ^) End- 
lich tritt Erzählung in dritter Person ein : „Christus der Herr 
ging über Land ..." etc. Damit bekommt man nicht den all- 
gemeinen Christus, der so vielerlei zu thun hat, sondern einen 
wirksamem Augenblicksgott nach Useners Ausdruck, den Krank- 
heitsvertreibenden, den diese spezielle Krankheit vertreibenden, 
in die Gewalt. T^nd mit seiner Gewalt versehen übt man nun 
die Vertreibung. 

gen herlieigefUhrt wird, erinnert an das aus Herders , Stimmen der Völker" 
bekannte peruanische Hegenlicd. 

') Auch ausserhalb des eigentlichen Kultes : Wenn ein Jäger in 
Carabodja nichts in seinen Netzen fängt, so lässt er sich selbst wie un- 
vorhergesehen ins Netz fallen und ruft erstaunt : .Ei, jetzt bin ich ge- 
fangen '/ Dann wird sich auch Wil<l darin fangen. In Sumatra lassen die 
Weiber beim Heissäen ihre Haare wallen, dann bekommt der Reis lange 
Stengel. Das Weib des Elephantenjägers bei den Laos darf nicht ihr Haar 
schneiden, sonst wird der Eléphant die Fallen zerreissen. und sie darf 
sich nicht mit Oel schmieren, sonst wird er durch sie schlüpfen. (Frazer 
a. .1. (). 10 f.) 

Black a. a. 0. 108. 122.: Wittkk a. a. O. K',1. H)7 ff.: Hartklh 
Zs. d. Ver. f. Volksk. V, 37 f. 

*) DiKTERicK. Abraxas 136. Bartels a. a. 0. 21. 



U 



Volkstümliches aus dem Kanton Zug. 



Von Ànnft Ithen in Ober-Âegeri. 
(Schluas). 

Lokal« Fette simtficlier Kirchtn und Kapellen Im Kanten Zug. 

Ausser dem Fronleiehnamsfeat (Unserherrgottstag), 
an welcbem die wegen der Trauer am Karfreitag Terhaltene 
Feier auf kirebUohe Anordnung im höchsten Olanie tarn Aus- 
drucke kommt, werden mit besonderer Feierlichkeit in Btadt und 
Land Zug begangen: die Titnlarfeste der Bniderschaften and 
jene Sonntage, welche 2ur Verehrung von Reliquien, die in einer 
Pfarrkirche mben, spedell fQr eine Gemeinde eingesetit sind. 
An solchen Festen findet elnè feierliche Proisession an einem im 
Freien errichteten Altare statt ; Mörflersohflsse werden schou am 
Vorabend beim Vesperl&nten und dann stets während des Läa> 
tens am Festtage selbst, gelöst. 

Die zur Ausschmückung der Kirche und Feldaltäre am 
Fronleichnamsfest verweudeten A este der Buche uod des Weiss- 
dorns werden Tom Volke am Ende der Ablasswoche' ^ mit nach 
Hause genommen und pietätroU aufbewahrt zum Andenken an 
den bei der Prozession (rmgnng't über die ganze Schöpfung ge- 
spendeten Segen. Doch hat Zug keine Coporis-Christi-Brudcr- 
schaft. (Berühmt jene in Lnzern ; Herrgottskanonier ; Artil- 
lerieverein). 

Wir führen nun die Feste in chronologischer Reihenfolge auf : 

Januar. 

8. Sonntag: Fest des heiligen Namens Jesu, Patrocininm in 
Unter- Aegeri. 

20. Januar: Brnderschaltsfest des hl. Sebastian in Walehwil 
und Monzingen. 

(In den andern Gemeinden seit 1868 sog. Halbfeiertag* 
bloss morgens feierlicher Gottesdienst, sonst wird der Tag 
am folgenden Sonntag gefeiert). 



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Votkstllmliehea ans dem Kanton Zug. 



$111 



Februar. 

5. Februar: Fest der bl Agatha, Patronin von Stadt and 
Land. 

Gegenwärtig nur iu Monzingen Ganzfeiertag, soust eeit 
1868 sog. Halbfeiertag ; im ûbrigeu auf deu folgenden Sonn« 
■ tag verlegt. Auch im Kanton Zug werden, wie anderwärts, 
auf St. Agathen die Brote eingesegnet; doch geschieht dies 
nicht iu der Kirche, sondern h m Vorabend in den Bäcker- 
eien selbst. Zu Ehren der ileilu^eu wird überdies jeden 
Abend im Sommer um Ü, im Winter um 7 Uhr, die grosse 
Glocke geläutet ; als Wendepunkt gilt hl. Kreuzauffindang 
(3. Mai) und hl. Xreuzerhöhung iiii ikii Rt [\4. Sept.) In 
der Liebfrauenkapelle in Zug wird ein Biid der hl. Agatha 
au^'be^vahll, welches ein Krieger, Oachmanu von Zug, in 
der Schlacht bei Kappel auf einer Wiese auflas, heim- 
brachte und seiner Fran Agatha schenkte. Sein GrossBoha 
Dr. Baolunann Tei^bte dai Bild an die Liebfranenkapelle. 
24. Februar: Fett des U. ICatthiae Ap., ICirebenpatront in 
Steinhansen. 

Der 2. Fastensonntagist Seeleneonntag in Nenheim. 

Harz. 

1. Freitag: Gottesdienst in Oberwyl mit Predigt nnd Amt 
Id. Märt: Brnderschaftsfest des hl. Joseph in AValchwil und 

Henxingen. In den andern Gemeinden Ifolbfeiertag ; das 

Fest am folgenden Sonntag gefnert. 

April. 

Der Karfreitag ist in 'Walchwil Feiertag (ebenso in Arth, 
Kant. Sehwys); entgegen dem sonstigen Gehraoohe der Kirche. 

Auf den 3. Sonntag nach Ostern fallt die Kirchweih in 
Niederwil bei Cham. 

M a i. 

8. Mai: Fest der hl. Kreuzaufhndang. Feiertag iu Menzingeo. 
In Unter-Aegeri. hat die Bauersame dieses Fest freiwillig 
durch Gelöbnis gegen Hagelsohlag als Feiertag an- 
genommen, fllagclfeiortag). 

3. Sonntag: Kirchweih zu Inwil bei baar. 

Pfingstmontag: Feiertag in Menzingen. (Seit 1868 
im Bistum Basel nur Halbfeiertag; ebeuso der Ostermontag 
und der 2. Weihnachtstag). 

Letzter Sonntag: Schmerzenfest in AUenwinden. 



912 



Volkstümliches ans dem Kaotoa Zng. 



Ja ni. 

1. Sonntag: Fett dea hl. Märtyrers Benignus in Ober Aegeri. 
Dreif sltigkeitssonntag: Seelensonntag in Nenheim. 
13. Jon i: Predigt und Amt in der St. Antonskapelle in 
Walch wil. 

Sonntag, anf den das Erangeliam Tom grossen Abend- 
mahl fftllt: Titnlarfest der Brndersohaft heiligsten 
Altarssakramente in Cham. 

Sonntag nach St. Yitns: Fest in der Filialkapelle Haselraatt 
bei Ober-Aegeri. 

Letzter Sonntag: Fest des hl. Theodor in Unter-Aegeri. 

2i. Jnni: Fest des hl. Johannes des Täufers, Feiertag in Men- 
singen und Walehwil. 

29. Jnni: Petrus und Paulus, Kirchenpatrone in Ober- Aegeri. 
(Yerleien der Schlachtjahrxeiten). 

Sonntag nach Peter und Paul: Sorchweib in der Pfarrkirche 
XU Ober-Aegeri (sog. Chruui'Chilbi). 

Juli. 

1. Sonntag: Fest des hl. Bonifaz in Neuheim. 

5. Juli: Gelöbnisgottesdienst su St. Osvald in Zug seit der 
Vorstadt-Katastrophe yom 5. Juli 1887. (Seit 1631 wird 
auch in Zug einmal im Jahre ein TÎerzigstûndigeB Gebet 
abgehalten lur Abwendung yen Seuchen, wie „die katarrha- 
lische Br&one"» die in den Jahren 1628/29 wütete. 

25. Juli: Fest des hl* Jakob, Kirchenpatrons in Cham. 

Lettter Sonntag: Fest des hl. Clemens in Mensingen; Kirch- 
weih in Cham und im sog. Zurlaubenhof in Zug. 

August. 

2. Sonntag : Kirchweih in der Schntzengelkapelle bei Zog und 

Fest des hl. Silvan in Baar. 
Sonntag nach St. Oswald: Fest in der Oswaldkirche in Zug. 
Oedächtnistag der bei Horgarten gefallenen Zager. 

15. August: Marift Heimsuchung. Kirohenfest auf dem „GubeP% 

Predigt im Freien nachmittags. 

16. August: Joder- (Jodocus)') und Rochus -Kirchweih auf 

St. Jost; ehemals Predigt und Amt 

3. Sonntag: Kirchweih zu St. Karl in Zug; Fest des hl. Pla- 

cidus in W'alchwil und Bruderschaftsfest des Gebetsaposto- 
lates in Neuheim. 



<) Sonst ist JodersTheodor, Theodiil. [R«d.J 



Volkstttiiiliche$ aus dem Kanton Zag. 



213 



24. Âugnst: Fest des hl. Bartholomftiia Ap.; Gottesdienst in 
Schönbrnnn uod iu 8t Wolfgang bei Cham (wo er Kirohen- 
patron ist). 

Sonntag nach St. Angustin: Das Gürtelfest. Titularfest der 
Erzbruderscbart ,,Maria Ton Trost" oder „Harianisohe Gflr- 
telbruderschaft" iu Baar. 

Letzter Sonntag: Kirchweib im Kapozinerkloster Zug and in 
St. Wolfgaog. 

September. 

1. September: St. Tereoa, Kircbeopatronin in Bisch. Fest in 

der Yerenakirche oberhalb Zug. 
8. September: Marift Gebnrt, Kirchenpatronat in Nenheim; 

Kircbweih in Bisch. 
Sonntag nach KreaserhShuog: Titularfest der Bruderschaft 

«.Sieben Schmerzen Maria* io Ober-Aegeri. (Fällt mit dem 

eidgenössischen Bettag zusammen.) 
3. Sonntag: Kirchweih zu St. Michael in Zug und Fest der 

hl. Krenzerhöhung in Cham. 

22. September: Hl. Mauritins, Kirchenpatron in Niederwil. 
29. September: Hl. Michael» Kirchenpatron in Zug. Kiroh- 

weih in Nenheim. 

Oktober. 

Sonutag vor St. Gallus: Kirchweih in der lîeinhfiusknpello 
zu Obor-Ae«^eri und der Filialkapello Ihisehnatt l)ei Lnter- 
Aegeri, in Walchwil und St. Andreas bei Cham (zugleich 
allgemeiue Kirclie iu Scbwvz. Tri, Luzern). 

16. Oktober: Hl. üailus. Kirch weih in U. Liebfraueukapeile 
in Zu«;. 

Sonntag uaeh Gallus: Kirchweili zu St. Oswald in Zug, in 
Monzingen und iu Fraueuthal. (Zugleich Kiicii weih im Aargau.) 

3. Sonntag: Kirchweih in Walterswcil l)ci liaur. 

20. Oktober: St. Weudelin. Fest auf dem Staldeu bei Men- 
zingen und in Allonwinden. 

23. Oktober: St. Severin. Kirchweib auf dem Gubel, verbun- 

den mit Schlachtfeier.') 
Letzter Sonntag: Kirchweili in Finsteraee, AUenwinden, Holz- 
häusern bei Bisch und in Steinhausen. 

Niederlage der PtotentaDten gegen Chrhtian Üben von Acgeri, 
am 24. Oktober IfiSl. 



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3U 



VolkgtUmliches aus dem Kautou Zug. 



31. Oktober: St. Wolfgaug, Kirchenpatrou zu St. Wolfgaog 
bei Cham. 

November. 

10. November: St Justas, Kirchenpatron in Finatersee bei 

^fonzingon. 

11. November: Martin, Kircheupatron ia Baar. Der folgende 

Sonntag Kirehweih in Baar. 
30. November: St. Andreas^ XircheapatroQ za St. Aadreas 
bei Cham. 

L) e z e m b e r. 

Sonntag nach St. Nikolaus: Nikiausfest in Oberwil bei Zug. 
Das grosse Dankfest begehen einige Gemeinden, wie Zag, 

Ober-Aogori etc. am SchUisso des Kalenderjahres; 
andere (iemeinden, L'uter-Aegeri etc. am £nde des K.ir* 

chenjaliren. 

Aclte.ite Bruderschaften, in aUen iremeinden zu ungefähr 
gleicher Zeit eingeführt, sind die Uosenkrauz- und St. âebastiaus- 
bruderscbaft. 

Wallfahrtsorte. 

Die älteste Wallfahrt ist diejenige nach Cham, zu dem 
kinderheilenden Bischof ohne Namen. Ein alter Spruch lautet: 

Dt'/' hl. hiscfin/f in ('harn ohn yianu 
hüfj'l (Ic/t kleinen hindern al/es(hn. 
Bis auf den heutigen Tag lässt man Windeln. Ilemdchen 
und Häubchen kranker Kinder über dem Grabe des hl. Bischofs 
Resrnen. Die Legende erzählt, im Jahre 1000 "^oi in Cham ein 
Bischui" aus den Niederlanden angekommen, utu n k h Rinsiedeln 
zu pilgern : als er aber morgens nach der Mes.se das \ «dk habe 
SPcnen wollen, sei er entseelt zu Boden gesunken. Chdeh nach 
seinem Tode wurde er als Heiliger verehrt. Nocli wird sein 
Mossgewand in der Pfarrkirche aufbewahrt. Im Chor der Kirche 
ist ein steinerner Sarg, auf dessen Deckel des Seligen Bild 
dargestellt ist. 

Auch zu einem hölzernen Crucifixus in der Hciligkreuz- 
Kftpelle zu Lindencham wird gewallfahrtet Die Legende 
sagt: Der Schöpfer des Bildes, aus Goldau gebürtig, habe sich 
lange mit dem Gedanken beschäftigt, ein Christusbild aoeufertigen, 
das möglichst natui^treu die Leiden des göttlichen Heilandes 



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Volkstümliches aus dem Kantun Zufc- 



215 



am Kreuze wiedergebe. Er erinnerte sich, zu wns Dr. Faust 
den Teufel gezwungen und aann darauf, von Mephistopheles eine 
Kopie za erhalten. Es war niebt letebt; do6b ward er erbörfc. 
AI« einKtens nacb langem Sinnen de« Kflnstlere Haupt zum Sohbtfe 
auf den Tisch gesunken, trftumte er sich am 2iele seiner Wünsche 
und als er erwachte, lag das ersehnte Bild vor ihm, nach wel- 
chem er nun sein Kreusbild schnitate. 

Ein Tielbesuchter Gnadenort ist Maria Hilf auf dem 
Gubel. Die erste Kapelle wurde eingeweiht den 23. Okt. 1559 
durch den Weihbischof von Konstanz zur «Ehre Gottes, des 
Allmächtigen, seiner Mutter Maria, des hl. Bischofs Severin und 
des ganzen himmlischen Heeres/ als Denkmal für den erfocb- 
tenen Sieg. Dnhin wallten früliei alljährlich in feierlichem Kreuz- 
gang die Orte. Diese Wallfahrt ist nun eingegangen und seit 
1810 durch eine Prozession der bei der Schlacht beteiligten 
Gemeinden Ober-Aegeri, Unter- Ae^ori, Menzingen, Neuheim, 
Baar und Sattel ersetzt worden. Auch ist der Tag von St. Severin 
(22. Okt.) auf Maria Hoimsuchung (2. Juli) vorleset worden. 
Din jotziijo Kapolh- steht seit ungel'ähr 100 Jahren. Die Decken- 
geuulKle stellen die Schlacht dar. Die Gruiidsteinlogung îîtim 
Frauenklostor (Ordensregel des bl. Franz von Assisi) erfolgte 
am 23. Oktober 1843. 

Ein anderer W'alltahrtsort ist iliu Mater dolorcisa in W al- 
ter s wil bei Haar Walterswil gehörte seit lülü mit Bad,') 
Badanstalt und Kapelle dem Cisterxienserkloster Wettiugen. 
Das Gnadenbild befindet sich in der jetzigen Kapelle auf dem 
linken Altare. An Stelle des Uauptgemäldes ist eine geschmack- 
voll erstellte Nische mit dem Gnadenbild der schmerzhaften Mutter 
angebracht, ein altes Kunstbild tou gut christlichem Geschmacke. 
Ueber dasselbe berichtet Dr. Nfiscfaeler, es sei nach der Tra- 
dition in einem Frauenkloster in Zürich aufgestellt gewesen und 
dann 1523 in die Fluten der Limmat geworfen worden. Die 
Wellen hätten es bis in die Gegend von Wettiugen getrieben, 
wo es an einem GebSsehe bSngen geblieben sei. Hierauf sei es 
herausgezogen und ins Kloster Wettingen gebracht worden. — 

Wie sehr das gläubige Vertrauen zu dem Muttergottesbilde 
belohnt wurde, zeigen die vielen Totivtafeln in der Kirche zu 
Walterswil. 



*) Deftscn Quelle mm versiegt iftt. 



216 



Volksttimliches aus dem Kautuu Zug. 



Ein ferneres Guudenüild der Mutter Onttes beiiniiet sich 
in (l(;r Kiiv he von Neu heim. Nächst dorn Hochaltäre, in oiiior 
Nische, ist ein liochverelirtes. nach den Votivtafeln namentlich 
früher viel besuchtes Muttergottes-Bild, uime Krone, mit langem 
Haupthaar auf einem einfachen Stuhle Bitzend, dargestellt. Alle 
Stiftungen an die dortige Kirche wurden durch dieses Bild 
vermittelt. 

An Himmelfahrt Christi findet die Landeswallfahrt nach 
Marta>Einsiedeln statt, wobei die Begiernng sich durch 
2 Mitglieder vertreten iSsst. Der Standesweibel erscheint in 
Amtstracht. Bei der Landeswallfahrt ist Ober-Aegeri die Zwi- 
schen-Haltstatton fQr sämtliche Gemeinden. 

Vor Eröffnung der Eisenbahn war die Zahl der Pilger, 
die durch Aegeri über den St. Jostberg nach Einsiedeln zogen, 
eine sehr bedeutende. Gegenwärtig nehmen aus dem Kanton 
Luzern nur noch die Gemeinden Root und Eberstd in Prozessionen 
den alten Pilgerweg. Der Waldbruder auf St. Jost hatte die 
Obliegenheit, die Pilger auf Verlangen mit frischem Quelhvasser, 
Zucker, Kirschwasser und Kaffee zu erlaben. Auf der Altmatt 
stiess der Zug auf Kinder und Arme, welche den Wallfahrern 
die Ileekenpforte öffneten und in Knittelversen die Stationen 
hersangen: daher der Nanio .. Altmnttbettler". In Einsicdeln 
Hessen es sich die PÜl^ci- anfjek'geii sein, eine Schachtel Hin- 
siedlerkontekt „behafbücke, liällibrH'ke* ein/.ukantcn. Dei der 
„Wage" und zum .,goldonen Apfel" waren renoniinicrte Häckereien 
dieser kleinen Lebkuchen. Da in der ganzen Itmerbdiwei^ der Kan- 
ton Luzern und der Aargau gemeinlich als Iliorldntl bezeichnet 
wird. 80 nennt mau Leute dieser Gegendon lUit'i'hnuh'r. 
Auf dem Kückweg pflegten die Pilger einen Sliuuss von den 
auf St. Jost in Menge blühenden ^UoUen" (Trollus EurojKVUifJ 
zu pflücken und mitsamt den «Hâllibocken*^ unter die ihnen 
nachlaufenden Kinder aussuteilen. Diese Blume heisst desshalb 
auch „Burelânden*olle". 

An der Strasse zwischen Allenwinden und Aegeri steht 
ein Kapellchen zu Ehren des hl. Meinrad; daneben ein grosser 
ausgehölter Stein, dessen Tertiefung genau die Form eines Schien- 
beines vom Knie bis zum Fuss zeigt. Seit alten Zeiten rasteten 
hier die Pilger und sogen das Bein durch die Vertiefung des 
Steines in der Meinung, dass solches ihnen die Müdigkeit nehme. 
Man weiss nicht, seit wann und wesshalb diese Gepflogenheit 



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VolkstUniHcfaea aus dem Kanton Zug. 



V17 



entstanden. Vor ungefähr sechzig Jahren wagte es ein Geist- 
licher uod ein Arzt, den Stein wegzuschaffen und in die nahe 
Lorze zu wälzen. Die Grundstückanstösscr aber suchten und 
fanden den Stein. Mit der Begründung, dass manch Vater- 
unser weniger gebetet werde, wenn der Stein fehle, liessen sie 
denselben auf einem mit starken Zugtieren bespannten Bchlitteo 
wieder au die finiliero Stelle schaffen. 

Zur Zeit, da der nunmehr verödete St. Jost als vielbe- 
gangener Pass der Pilger, als selbständiger Wallfahrtsort (Bitt- 
gänge von Ober-Aegeri, Einsiedeln, Sattel) und endlich als grosses 
Weideland noch mehr Bedeutung hatte, musste nach altem Brauche 
der Waldbruder einen Abendaegen ausrttfen. Jeden Abend 
im Sommer rief er ein Avo Maria oder sonst einen frommen 
Abendwunsch durch ein Scballrohr, so dass der Spruch oft in 
weiter Ferne vernommen wurde. 

Jeden Frühling kommen die ehrwürdigen V. V. Kapuziner 
aus dem Kloster Zug auf die Gemeinden, das Almosen einzu- 
sammeln. Von den Bauern erhalten sie meist Butter^ Yon den 
Sennen Kilsc, von den Dorfbewohnern Geld. Früher empfiengen 
die Väter als Almosen gewöhnliclf . Werg. 

Vom Feste Allerheiligen 1>is 7um 1. Sonntag im A{)ri[ gehen 
jeden ersten Soimtag des Monats (Monels-Siaidg) Kapuziner 
zur geistliehen Aushilfe in die Gemeinden und halten die Predigt, 
zufolge ihrer Ordensregel ohne ausgesetzten Gciialt. Ebenso bei 
Festtagen und auf sonstiges Verlangen während des Jahres. Aus- 
nahmsweise hält Baar einen «tändigen Pater als Prediger (den 
„Baarerprediger**) jeden Monaisoontag das ganze Jahr hindurch. 




Aberglaube aus dem Kanton Bern 

Von Dr. H. Stickelberger in Bargdorf. 



Von der verehrlichen Redaktion um einen Beitrag für das 
Archiv" ersucht, erlaube ich mir, einige längst von mir nieder- 
geschriebene Notizen zu diesem Zwecke zu veriu l)citen. Der 
Sf'hiiuplatz ist meist Burgdorf und l'ingebung, zuui Teil auch 
das bernische Mittelland. Wie weit sich dieser oder jener Aber- 
glaube noch erstreckt, vermag ich nicht überall anzugeben. 

Totentücher. 

Wer zuerst in die Unii^'egend von Bur^dort' kommt, dem 
wird es uuftallen. dii und dort in einer Hofstatt oder ..Tlostet" 
(Baunigiirtou) ein Stück weisser Leinw;md um einen Baum ge- 
wunden zu sehen. Von einer Seite iiorte ich, dass das Tuch, 
mit dem man die Leiche gewaschen, vnn einer andero, dass das 
8chweisstucli des Toten um den Baum gewickelt werde; Einer 
sagte, weil man mit dem Tnehe doch nichts anfangen könne, 
der Andero gab an, diesem müsse mit dem Leichnam verfaulen. 
Offenbar ist diese Deutung die richtigere, denn sonst kt'mnte 
man tragen, warum der Lnj^peu uicht einfach weggeworfen werde. 
Wir haben es wohl niii einer Art 8ymj»arhie zu thun, ähnlich 
wie es mit den Bienen der Fall ist. Das 8< liwciz. Idiotikon be- 
richtet I "iHf) aus dorn Kanton Api^enzoll : „Wenn der Bauer 
stirbt, so müssen die Tiionenstöcke versetzt werden, sonst .sterben' 
sie au(di." und III, 1358: „In Seftigen und Thun tKt. Bern) 
lifpft man beim Tode eines Hausgenossen (Vlu^be (Bienenstöcke) 
iib.'* Dieser Brauch sei nur als Beispiel der Sympathie auge- 
führt; was ihm weiter /,u Grunde liegt: ob die Leinwand die 
Bäume vor dem .\bsterbeu schützen, ob sie die Wiederkehr der 
Geister verhindern sull. weiss ich nicht. Vielleicht darf an ,die 
innere sympa i Ii tiische Glut, welche den Moleager verzehrle* 
(Lessings Laukoon IV, \) erinnert werdeu ; dieser Jüngling starb. 



Aberglaube aus dem Kanton Bern. 



219 



seiue Mutter ein Stück ilok, von dessen Erhaltung seiu Leben 
abhing, in die Flammen warf. 

Die wilde iagd 

erscheint in versehiedeiieu Ausdrücken. ^Thue wie die wiMi 
.lagd"^ oder „wie d's wüetig Heer" heisst im Eiiinieûlhal: sich 
ausgelassen geberden. Alb. v. RCtte (Erklärung der sehwieri- 
gereu dialektischen Ausdrucke in Jeremias Gottlii'lf.s gesammel- 
ten Schritten) hat noch die Form Wüthisheer (si)rich W'iietis- 
fiCt'r. also: Wuotans (Wo»iaus) Ilcer. In Bümplitz hei Bern 
hört man in ^^türnTischen Nächten ,,d's Türste Ojcg" im Foi>i. 
dem groaseu Walde, der sich gegen Lîinpen hinzieht. Wodan 
wurde also, wohl nach der Kinfiihrnng des (.'hristeiitunis. als ein 
Riese, ein Sturmriese betraclitet; demi Tih'st entspricht den alt- 
nordischen Thursen h. .1. (fRiMsi, Deutsche .Mythologie, 4. Ausg. 
S. 431). .lenzer erwiihnt den in seiner ^ Heimatkunde 

des Amtes Schwarzenliurg" S. 182 tt". Olfeubur eine Entstellung 
davon ist ,,Tt(t kf'-Gjt:y für den Lärm der Nachtöchwalben. ein 
Ausdruck, der für Tannen, eine abgelegene Gemeinde im 
Euimeuthal südwestlich Yon Burgdort, bezeugt wird. 

Neujahrszeit. 

An die alte heilige Nacht, die Nacht auf den IJreikönigs- 
tag vom 5. auf den Ü. Januar, und an die Nacht auf da« alte 
Neujahr vom 12. auf den 13. Januar knüpft sich in dem el)en 
genannten Tannen verschiedener Aberglaube „I der alte heilige 
Nacht chönne d'Roas rede** ^prophezeien). .,Was nieu i der 
alte heilige Nacht ertroumt, wirf wahr."^ In der Silvesternacht 
alten Stils legen die Bauern ein Stück Brot uutl ein Messer auf 
den Tisch, um die Hausgeister, die Zwerge, günstig zu stimmen. 
So berichtet auch r?itiMM (Mythologie. 4. Ausg.. S. 422): , Dienst- 
boten, die sich gut mit ihm (dem Kobold) stehen, setzen von 
deu Speisen ein besonderes Näpfchen beiseite, was norh auf 
kleine Opfer deutet, die ihm im Altertum gebracht wurden.** 
Oft geschieht es aber nur an Festtagen oder einmal wöchentlich 
(S. 423). Nur unbestimmt erinnere ich mich, vor zwanzig .lahren 
gehört zu haben, dass im Frnmenthal auch noch S[uiren des 
heidDiscben Gebrauches vorhaudeu seien, den Toten Nahrung 




• * « 



220 Aberiflaube aus dem Kanton B«rit. 

ins Grab mitzugeben, was an deu Totonschuh, (Grimm Mytholog., 
4. Au8g«f S. GOT) erinnern würde. \\'eiin an der Meldung etwas 
war, 80 mag die nivelliereDde Zeit seither jede Spur getilgt haben.*) 

Giritzenmoos. 

Das 2. Heft dieser Zeitschrift eutliült in dem Aufsatz des 
Herausgebers »Die Fastnaehtsgebräoche in der Schweiz'' eine 
iateresaante Erörterung der Giritzeumoosfahrt (S. 139 ti.) Unter 
dem Giritzenmoos" oder „Giritzimoos*^ denkt sieh der Berner 
begreiflicherweise das jetzt urbar gemachte y,gr088e Moos" bei 
Marten. Vielleiclit ist es wenigen Lesern des Archivs'* bekannt, 
dasB der Tiroler dafür das „Sterzinger Moos'* hat, wie aus einer 
Stelle in Ilortiiniin Schmids historischem Roman: ,X>eT Kauzler 
Ton Tirol" J, 123 hervorgeht, — Wahrend nun nach dieser Zeit- 
sehrift auch die Hagestolzen in das Oiritzeumoos versetzt wer- 
den, hat der Bemer für diese Art von Unfruchtbaren einen 
andern Ort, genannt ..Atfewald*^ ausfindig gemacht ; wenn auch 
der Ausdruck neuern Datums sein mag, so beweist er doch, dass 
die Volksphantasie noch nicht ganz erloschen ist. 

Kesselgraben. 

Das Wahrzeichen von Burgtlorf sind ,.die vier Flühe", fast 
senkrecht gegen die Emme abfallende Saudsteiufelsen, die ur- 
sprünglich mit dem jenseits liegenden Schlossfelsen zusammen- 
gehangen haben müssen. Von diesen vier Flühen erheben sich 
drei in gleicher Richtung und bilden zusammen eine Gruppe, 
während die vierte, südlichste, durch eine bis zum Flusse hinab- 
roichende Schlucht von ihren Genossinneu getrennt ist und eine 
etwas andere Richtung hat. Die Schlucht nun zwischen der 
dritten und vierten Fluh führt deu Namen ,. Kesselgraben/' wie 
auch der topographische Atlas angibt. Hieher verlegt J. Gott- 
helf in ,,Siutrani und Bertram" den Drachenkampf der Lenz- 
burger Grafen, der sagenhaften Gründer des Burgdorfer Schlosses 
(Gesammelte Werke 16, 102), während Justiuger (Bcrner-Chro- 
nik, 5) sagt : „won die vesti ze burgdorf ist eine alte stift und 
ist vor vil hundert jareu gebuwen von zwein gebrüdren, hies 
einer syntran, der ander baltran, uud wareut hertzogen von lentz- 

*) Naehträgtich erfuhr ich, dass zuweilen das neue Testament den 
Totco in den Sarg gelegt werde, was eine Christianisiening jeneft heid> 
nisehen Gebrauchs sein kcinnte. 




Aberglaube aus dem Kaoton Bern. 



borg, die in dem grossen loche, so bi der resti oben 
im Telsen ist, eineo grossen wurm zo tode ersingen, als das 
die alten Ton den alten sngon gehört hand*^ etc. 

^[ag nun aoch die Verlegung des Drachenkampfs in den 

Kesselgraben Gotthelfs eigene Erfindang sein, so entnahm er 
doch jedenfalls den gespenstischen Charakter dieser Schlacht 
dem Volksglauben, denn ,,Die Wege Gottes und der Menschen 
Oedanken" (Erzählungen und Bilder, Originalausg. 3,320) ent- 
hält folgenden Satz : „Erst sprach man, es spucke in Schnitzel' 
fritsens Speiober; dann ging die Rede, es gehe um im Kessel- 
graben, es poltere dort gar schrecklich in schwarzen Nächten, 
man höre Pferde wiehern und Wagenger is^cl, wahrscheinlich 
fahre der alte Zwingherr von Schupfen wieder um." 

îîoch jetzt haftet der Sohlncht etwas Geisterhaftes an; 
denn statt dass den Müttern von ßurgdorf der Storch die Kinder 
bringt, holt sie die Hebamme im Kesselgraben. 

Schaltier. 

Unter diesem Stichwort gibt Heyne im Grimm'schen Wörter- 
buch VIII, 2105 nach Adelung an : „mit harter kalkartiger 
Schale bedecktes Tier.*^ Um ein solches handelt es sich hier 
nicht, sondern das Schaltier Ton Burgdorf ist zusammengesetzt 
mit Schal, Fleischbank, Metsg, nach Lex er, Mittelhochdeutsches 
Handwörterbuch II, 639 zu „Schale'^ (WagschaleP); Heyne 
Grimms Wb. IX, 1448 gibt zu Scfiol keine Ableitung und be- 
merkt nur: „alemannisches Wort**.*) Es ist das Gespenst eines 
Kalbes, das ein Metzger lebendig geschunden habe; dieses soll 
im ,,Ehgrabe**, ^) einem engen Gang, in den mehrere Metzgereien 
hinten münden, zeitweise seine unheilverkündende Stimme er- 
schallen lassen. Vor dem grossen Brand von Burgdorf im Jahre 
1865 hörte man das Schaltier brüllen, und am 1. Dez. 1894 
notierte ich mir selbst, dass mm nachts 4 Uhr die unheimlichen 
Laute vernommen haben wollte ; doch ist mir nicht bekannt, dass 
in Folge dessen ein Unglück begegnet sei. Vielleicht weiss der 
eine oder andere Leser Ton ähnlichem Aberglauben zu berichten. 

>) Vgl. Baslbr Jahxmjch 1688. S. 191 ff. [Kcd ] 

*) Ueber „Bhgrabe'' sagt das Idiotikon 11, «80: «eig. rechtogttitiger 
(Grenz-) Graben; danndio Kluake, der durch das Geseti (die i,V> bcRtimnito 
AbzngHgrahoTi r.wischen 2 Httiiserreihen einer Stadt, in welchen sieb die 
Aborte entleeren. 



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Das „Abetringele'' in Laupen. 



Von Dr. Hans Balmer in Bern. 

Das Folgeode soll nor eine Skizze eines zäh festgebalteoeB 
Yo^ksbrauches sein. Gegen diesen Brauch wurde aus Uebereifer, 
zum Teil auch aus Unkenntnis, mancher Augriff untemommeO} 
während doch nur etwelche Auswüchse hätten beschnitten werden 
sollen. Also nur eine Skizze. Anknüpfungs- und Vergleichs- 
punkte mit Torwandten Sylvestergebränchen werden sich leicht 
finden. Nach Ansicht des Verfassers ist es zunächst unsere Auf« 
gäbe, eine möglichst erschöpfende Zahl derartiger Einzelbilder 
zu sammelUf bevor die Verallgemeinerung und Deutung zu VITorte 
kommen soll. 

In der zweiten Hälfte des Monats Dezember, Ja schon Tor- 
her, ist die ganze Knabenschar des geschichtlich weit bekannten 
Städtchens Laupen auf der Suche nach entsprechendem „0e* 
läute''. Es handelt sich fär einen jeden darum, eine seiner 
Grösse und Kraft entsprechende Kuhglocke oder noch besser 
eine mächtige „Treichle" (Schelle) geliehen zu bekommen. Für 
die ganz Kleinen genügt auch ein um den Hals getragenes* Ross- 
geschell oder selbst ein kleines Geissglöckohen, Die mächtige 
eherne Treichlft gehört natürlich den Grössern, dann folgen die 
mit grossen Kubglocken und so weiter in allen Abstufungen je 
nach Leibesgrösse und Kraft bis hinunter zu dem Kleinen, der 
ein Glöcklein schütteln kann, wie es etwa das Neujahrskindlein 
zu führen pflegt 

Dieses Geläute bildet den einen Hanptteil der Ausrüstung. 
Da nun aber ein Zug organisiert werden soll» in welchem die 
Koabeoschar am Altjahrabend das ablaufende Jahr hioansläntet, 
so müssen auch Zugführer bestellt werden. Dazu gehören nun, 
wie überall in ähnlichen Verhältnissen, gehörige Vorverhand- 
lungen. Die grosse Menge der Knaben wird aber hiebe! nur 
pro forma etwa angefragt ; die Vorhand haben Abkömmlinge an- 
gesehener Familien, die sich vor allem durch Grösse und Kraft 
auszeichnen müssen und den Haufen in Ordnung zu halten ver- 
mögen. Diebe Führer und Ordner oder „Besenmannen", welche 



Da« «AbetriDgele*' in Laupen. 



223 



einen Besen an langer Stange tragen und denaelbeiif neben dem 
Zuge eiuherlaufend, in den Brunnen des Ortes gehörig uetzen, 
haben aber noch eine weit schwierigere Aufgabe, als dicjeuige 
der Zugordnang. Sie mOssen das ocugierige Volk zarflclKdrängen 
und Tor allem die an der Seite der Strasse angézQndeten Lichter 
aoslöschen, damit der Zug in feierlicher Ddsterbeit seinen Rund- 
gang auf den Hauptwegea ausfahren kann. — Wir haben etwas 
▼orgegriffen, uin die Handlung uicht mit zu Vielem su beschweren. 

Am Altjahrabend mît Dunkelwerden sammeln sich die in 
weisse, wallende, über die Kleidung angezogene Hemden geklei- 
deten und mit phantastischem Kopfputz Tersehenen Knaben an 
einsamer Stelle unterhalb des Schlosses. Die Anordnung ist 
nicht so schwer. Da entscheiden zuerst Jahrgänge, Schulklassen, 
zugleich aber auch Leibesgestalt und Ausrflstuog. Den Anfang 
bilden natürlich die „Treichlemannen" mit ihren m&chtigen 
ehernen Kuhglocken, den Schluss die kleinen Buben mit ihren 
feinstimmigen Glôcklein. Schwer ist es, die Ungeduld der thaten- 
lustigen Schar bis zur richtigen Zeit zu zähmen. — 

Endlich kann es losgehen! — Nicht Tausende harren des 
Zuge«, denn das Städtchen ist klein; aber was zwei brauchbare 
Beine hat, stellt sich längs des Weges auf. — Viele 
Männer tragen ihre kleinen Buben dem Zuge nach oder erwarten 
ihn an Straasenkreuzungen, und die Kleinen haben womöglich 
auch schon ihr Oldcklein. Es Ist ein ganz merkwürdiges Oe- 
toee, das daher kommt, bald ansehwellt, bald abnimmt, je nach 
den Biegungen des Weges. Endlich nahen sie heran. Durch 
das Geläute der Glocken ertOnen die Bnfe der Führer und das 
Kreischen der Mädchen, welche sich wohl absichtlich etwas Tor- 
gedribigt haben und nun an dem kalten Abend aus Besen oder 
Tanngrotzen einen unangenehmen Sprühregen erhalten. 

So wälzt sich der wilde Zug heran und verschwindet wieder 
in der dunkeln Nacht. Alle bemühen sich, das Beste beizutragen 
und nach Kräften ihre Glocken tSnen zu lassen. Harmonisch ist 
Geläute freilich nicht; doch hat es etwas dämonisch Be- 
zauberndes an sich. Während der Zug sich bewegt, und der 
Vater mit den Kleinen ihn erwartet, huschen schon die Neujahr^ 
kindlein herum mit ihren herzerfreuenden Geschenken* Das 
kleine wilde Heer geht friedlich auseinander und jeder wendet 
sieh nach Hanse zur gemeinsamen Familienbescherung. 



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Rondes et emprôs, 

ReeneillM en Valais par H. L. Courthion. 

1^68 rondes ut e m prôs i]i\e wui bien m ua comniuni^juer M. 
Courthioii ne Ront, comme il nous m n > me uveriia dans sa 

lettre trenvoi, «juo des variaiues de eiitiiiHoiis i danser et de fi»r- 
inules d'éliniiuiition au jeu, l>ien connues dans tous les pays de 
langue franvaise. Mais toute variante ioédile est précieuï^e à nos 
yeux; car l'étude scieutifi<|ue des traditions populaires se fonde 
sur la réunion et la compamison d'innombrables variantes. Seules, 
les variantes nous mettent en mesure d'observer quelles dt'for- 
mations peut subir une formule ou une cliansun tnuisniise par 
voie onile. Sans les variantes, nous serions hors d'i'tat de re- 
chercher la forme et la »iguification originaires (i une tradition et 
d'en constater la diffusion à travers le temps et l'espace. 

Pour faciliter la o nj iraison des variantes, noub avons fait 
suivre les textes publics par M. Courthion de renvois à VEmpro 
generois de Blaviguac (B; aux Chansons de }ios grand^ 
mères (G) et aux Echos du hou rieux feinps (E) de M. A. 
Godet *), aux Runes et Jeux de r Enfance de M. E. Rolland 

Eittpro est le premier mot d une formule d'élimination au 
jeu, très usitée h Genève et connue également en Savoie, dans 
le canton de Vaud. a Neuchàtel. L'amusant et érudit ouvrage 
de Blavigaac intitulé VEmpn) fftniernis a rendu ce terme assez 
familier aux amateurs de nos tradUiuns jiopulaires pour qu'on 
puisse l'employer ù désigner toute espèce de formulette de même 
usage. Ce mot emprù (ou ampm) est uue iormo patoiae de 



'1 Seconde édition, revue et îiiif^^nienti'o. (îcnèvc. 1874. On lira avec 
iiiti T'i If* conipte-reiulu de M. Eug«-ue Hilter daus le Journal '/'■ (jtni't 
(lu '2<> tc'vner lb74. Le même érudit u publié deux variaotes de Vemyrô 
dans la TrihuM de GtHève du 22 Juin 1876. 

>) Neuehâtel et Genève, 1879 et 1881. 
Les LttteralHreê poputnifeu, tume XIV. Paris, 1883. 



Rondes ei eiuprùH. 



326 



t'aneien françait empreuy qui remplaçait eoureat le chiffre un 
dana la numération. Le substantif preu signifiant : profit, avan- 
tage, *en preu correspond, écrit M. G. Paris (Rouaxia, XYII, 
p. 101), an féliciter de tant de débute.» «On «ait, ajonte Til* 
lustre savant à qui noos empruntons cette explicatioo» que dia- 
prés des croyances snperstitieases très répandues, compter porte 
malbeur; il est donc tout naturel qu*on ait remplacé un par une 
parole de bon augure, après laquelle on n^hésitait pins à dire: 
et deux ei trois et quatre, etc.» [Réd.] 



Rondes. 

1. Dans notre villa^ 
Il est un avocat. 
Denx dames sont allées 

Apprendre à fur' des bas. 
Nntre avocat tut bien surpris 
L»'avoir tant étudié 
Et n'avoir rîen appris. 

Après ceH mots, la ruude se dissout. L'^ avocat de paille,» 
qui en occupe lu cuQtre. doit aussitôt s'assurer cunune les autres 
d'une dame, et celui qui reste isolé devient à son tour r<av<MSat 
de paille.» 

Cette ronde se danse à la Garde, hameau de la commune de 

Sembrandier. 

E. p. 36. — R. p. 64 (n* 11). 

2. Xon>^ avons dpiix rhannants ro-sior^i (bis)j 
Qui portent des ro^es au uiois de Mai! 
Entrez, entrez, charmant« rosiers, 

Vous embrasseres qui vous vondres. 

Les deux rosiers entrent dans le cercle et embrassent 
leurs préférées ; après quoi celles-ci, ayant dansé la même ronde, 
deviennent rosiers à leur tour. (Sien.) 

E. p. 38. — 6. p. 102. — R. p. 71 (n* 90). 

3. Cett«; longue perche 
Pour abattre des noix. 
Si l'on savait <{ue taire 
On n* les abattrait pas. 
Embrasse, embrasse <|ui pourras 
Embrasse, embrasse qui voudras. 

\b 



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226 



Höndes et eniprö«. 



La personne occupant le rentre da cercle embrasse xma 
do celles (jui forment la chaîne. Celle-ci doit aussirAt i .rendre 
la place de la première. (Vallée de Bagnes). 

E. [). ■■)6. 

4. Kn allant |>IiUitor des ails, 
J'ai rencontre muu atuant. 
Il me dit bas à roreîlle: 
Veux-ttt bien m* embrasser V 
Oh qne mon amie est belle! (bisj 

Ëntres-y dans la danse, ^) 
Fiiites-y la ré\'«rence, 

Km!'riis<îf/ d«- vos yt'UX 

C't'ilc <|iu vous pl.iim le mieux. ^Vallée de ßuguea.) 
Ii. p. Ö4 ^Ics »luatre deruitrs vtM-s). 

Rondes-contredanses. 

1. On vend des choux 

A cinq (centimes la pièce, 

On Tend des choux 

A cinq ccntinu-s le tout. 

Ces paroles se répètent en accentuant de plus en plus la 

rapidité de la ronde ou de la contredanse. (Siou.) 

2. Nous avons un beau châtean, 
Mil tantiilf, villa, vilk-. 
Nous avoii» un beau chûieaa, 
Ma tanttlle, villa bean. 

— Nous le détruirons bien, 
Ma tantille, villa, ville. 
Nous le détruirons bien, 
lia tantille, villa beau. 

- Comment le ferez-rons, 
Ma tantille, villa, ville? 

Comment le t'erez-vous, 
Ma tantilk, etc.V 

Nous prendrons la -) plus belle an rang, 
^fa tantiilf. villa, ville. 
NuUM prend rojis la pluä bellt: au raii^, 
Ma tantille, etc. 



Ou dit a toit 'la brause*. 
') Ou «1efi,> avec Tindication dn nombre. 



Ronde« et eiuprös. 



887 



— Une Ini donnerez-vous, 

Mti lautille, villn. ville? 
(lue lui düiiiierez-vous, 
Ma tantille, etc. ? 



— Kons domiProns nn 



beaa chapeau, 



âia tantille, villa, ville. 

Kau» donneronB nn *) beau chapeaa, 

Ha tantille, eto. 

— Ua. ') chapeau n'est pu assez. 
Ma tantille^ villa» ville. 

Un ehapeau n'eat pas anes, 
Ma tantille, etc. 

— Nous y joindrons des aabote, 
Ma tantiîli-. \;i:a. ville. 

Nous y joindrons des sabota. 
Ma tantille, villa beau. 

— PiMuz la p!us belle au rang, 
Ma tantille, viiia, ville. 

Prenez la et ailes- vous- en, 
Ma tantille, villa beau î 

Cette contredanae coinpremi deux groupes inégaux, qui s'ap- 
procheut à tuur de rôle, en alternant le chaut do chacun de ces 
couplets, et reprennent le mr-me exercice jusqu'à ce que le groujte 
le plus nombreux soit fuudu dans celui qui Tétait le moins au 
début. (Euteodae à Bagnes.) 



E. p. 49. 



L — G. p. 88. 



Emprés. 



1. Un loup passant dans uu désert, 
Tout habilb' de LTis, de vert. 
Fait uu groM pet, pour i^ui, pour i^uoiV 



Retire-toi, 
Grofl maladroit^ 



Dans ta cabane de bois î 



(NoD localisé.) 



B. p. M; cf. p. 372. - R. p. 234 (h, i, j. k). 



2. Pinça, panca, ferma, dzer^a 



Vire, venra, Djan t'i feura I ^ 



(Bagnes.) 



') Ou le nniulirc convenu. 

Ceti derniers mots Higiiiäeut: «Jeau, tu es dehors.- 



828 



Rond«a et emprds. 



3. Une poule sur un mnr. 
(riui picote dn pain dur, 
Picotin, picota, 

Leyve a cavoa 

Et aettte bas. (Bagnes.) 

p. 10 — B. p. 66 ; cf. p. 46, — K. p. 244 (n« 6). 

4. Uni, VDÔ, 
Ia pique est de peau, 

La saint Chaval, 
La Carabin, qui triomphe 
Lui coupe le cou. 
B. p. 42. - K, p. 232 et suiv. (n» 2). 

5. La pomme d'oranjre. 
La guerre eât eu France. 
Adieu, mes amie», 
La gaerre est finie. 

E. p* 80 (n* 8} et p. 21 (d* 12 . — B. p. 47. 

tj. Sainte Catherine de Paris, 
Prêtes>moi tos Bouliers jpna, 
Poar aller en paradis. 

Vos 80uli« iN sont <r;iiiiult.»tte» 
La plus Ik Ul- rst dehors. 
E. p. 19 (n" 2). - H. p. Oa : cf. p. 395. — 11. p. 238 ^u" 3). 

7. î'etir cisf'un 

i>'or et d'argent! 

Ton père, 

Ta mère 

T'envoient 

Chercher 

Du lait 

Caillé, 

Que I«a Bouria 
Ont barboté 

PcM'laTit 

Dix heures de temps. 

Va t'en! (Numéros 5, 6, 7 non iocaliséa.) 

B. p. 65. — E. p. 20 (»• 4;. — K. p. 247 (u* 17). 



(MoDthey.) 



B. p. 244 (n"* 7) 



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La fSte de Mai. 

{Malentife} 
Par M. William Robert, à Jongny. 

Un des derniers restes des coatnmes païennes qni ont existé 
autrefois ches nous, c'est la fête de Mai ou maïentze. Le 
premier dimanche de mai, les enfants, parés de leurs plus beaux 
atours et ornés de fleurs, Tont de maison en maison chanter le 
retour du printemps, en réclamant quelque monnaie ou TaumÔne 
en nature. Oeufs, beurre, lard, farine, miel, noix, etc., tout est 
accepté avec reconnaissance et servira à préparer le soir les 
croûtes dorées, les merveilles et d'autres friandises. Suivant la 
manière dont Toffrande (donna) est faite, le dernier couplet de 
chanson sera un remerciement ou, en cas de refus, une mordante 
plaisanterie. 

Cette fite ancienne, qui célébrait primitiTement le retour 
de la saison chaude, se retrouve dans presque tonte la Suisse et 
plusieurs autres pays; les jeux de Pftques et les feux des 
Brandons en sont les derniers vestiges.') 

Juste Olivier a dit dans son Canton de Vaud (L, 391): 
•An printemps, les Maîanches, petites filles habillées de rose et 
de blanc, s*en viennent encore quelquefois de porte en porte, 
oiseanx fleuris, chanter le joli mois €le mai dont elles portent 
le nom. Et alors aussi les petits bouviers (boveirom} se mettaient 
en fête; rassemblés autour de Tun d*entr*ettx, lequel couvert 
d'un masque, coiffé d'un haut bonnet de papier et de ruban, 
portait des sonnettes en sautoir, un grand sabre d'une main et 
une boursette de cuir de l'autre, ils arrêtaient les passants dont 
les plus Jeunes n'osaient soutenir leur bruyante apparition au 



•) Voyez A. D'Aucoort, Arehivei 1, p. 99 ; Pibue Dir. La fête de 
Mai, dans ia Reçue du Dimanche des 24 et 31 Mai 1897. 



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230 La fOte de Mai. 

détour do la haie et du chemia. Ils récoltaient ainsi quelque 
petit argent, des œufs; et une longue perche garnie de aaucisMS 
les suivait fidèlement dans toutes leurs éTolutions.> 

Dans d^autres villages les enfants formaient un cortège, on 
tête duquel se tenaient !'épouz> et «l'épouse de Mai, >') le roi 
et la reine de la fête. Outre eenx-ci, il y avait encore les «fous 
de Mai, s qui, masqués d'une manière grotesquo et armés de lances, 
devaient faire et dire mille folios et étaient uhar<2:('3 du soin 
de la quête"'*). La chanson dt; niai était originairement cii ]iatois 
et chantait le réveil de la nature, la victoire du printemps sur 
l'hiver. A mesure que le patois fut abaudonné pir nos campa- 
gnards, la inan'ntze fut traduite en français et peidit peu à peu 
son caractère. Le ciiristiauisme, choqué do certaines images trop 
crues, modifia sensiblement les paruLs et abolit les croyaoces 
trop païennes, en dénaturant en partie la chaiisun. 

Moyennant ces quelques indications, on comprendra facilement 
les ii'f(n:Hl:,d.'i ci-dessous, dont le sens, sans cela, aurait échappé au 
pruHiier abord. L'une, en patois de la Gruyère, a été tirée des 
XorvKî.i.KK Etrkvkf.r FHiuocROEoi.sKa pour 1878 ; l'autre, en patois 
vauduis, nous a été aimablement communiquée par M. Victor 
Taverney, de Jongny, petit village à la frontière du Canton de 
Fribottrg. Cette variante inédite, doot il ne reste aujourd'hui 
que le soutenir ehes quelques persounee, éteit, parait-il, en 
usage vers 1820. 

I. ChervâdMO, (Sauvage). 

Aou qtteniinchéniin dé wé, le jim fan ché vithon in cher' 
vddtso ê van Uantin pé lé v^ldjo chia cobUa ché: 

(Au commeneemeDt de mai, les enfants s« vdtant en sau- 
vages et Tout chanter dans les villages ce conplet<ci:) 



M Comparez Archir^a I, p. 71. 

*) D'après uae description qu'a donnée Fritz Uerthuud de la fête de 
liai de Fleurier (7 mai 1843). 

*} Voyes A. Oodkt, ^^o* du bon vieux tempt: Le premier naî, 
page 97. 

Cette pièce avait déjà été pnlili-'-o niparavant (1875), en trans- 
cription phonétique, par M. J. Cornu, dans la liinnania iV, p. 225. [Réd.] 



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La fête de Mai. 



831 



ChervôdzOy chenhidso. 
Ne fou ne châdso! 
0» mochi dé bacon 
Por mé ffotâ U fforga^^on» 

Ounn poma bttantze 

Fo mé fh-e h memi h danihe, 

Ouna pllatala dé jaoti 

Po mä /ère à meml le tabaouy 

On iè'o dé ckuekeché^ 

Po ({ur nit hf tille'/ trétot à la ewshe. 

On mochi dè chên' 

Po mé J'tt e à Uni tyë. 



Sauvage, ^nvage, 
Ni fou ni sa^e ! 
Un murceaa de lard 
Pour me frotter le gosier. 
Une pomme blanche 
Pour me faire mener la danse, 
Un plat d'<tut8 

Pour me faire mener la langue, 

Un bont 4e saneisiie 

Poor me donner tout à la cuiae [?]| 

Un morceau de /}£r<'| fromage maigre] 
i'uur me faire tenir cui. 



iL 



Pati/üu ') satmidj:o ! 
Que n*est ni fou ni tâdso! 
JV ptïssàpervoutron taan dé bliâ, 

Lè tot hi Irvâ. 

J'ii pntisii per voufi nn i^an dérâvé, 

San tott; biiUé levat/e, 

Bailti mé on boeon dé bacon 

Por me frottâ lé ttdon. 

Don fftirro de vatse^ 

On (} dé la dztncille. 

On knUs dé la borsa on maitre; 

Dé hiti qu'a la maifra, 

Tot än que vo voudrâ. 

BniUi mé sin iardô^ 

Plie lien mé Jà alUu 



Bouffon sauvage, 
Qni n*eat ni fon ni sage ! 
J^ai passé par votre champ de blét 
Il est tout beau levé. 
J'ai passé par votre champ de raves, 
Clleü sont toutes belles levées. 
Donnea-moi un morceau de lard 
Ponr me frotter les tâtons, 
Du beurre de la vache, 
Un nmf de la poule. 
Un cruche^) de la boui^e du maître. 
De celle de la n^tresse. 
Tont ce que vous voudrez. 
Donnez -moi sans tarder, 
Pins loin me fant aller. 



') fPattf'iju, s. m. Bouffon, bateleur: le buuffon «le certaiuea fêtes 
viltageoise-H, le premier dimanche de mai. (Xyon}.« Bmdkl, Ohsmire du 
fiatoiê de la Suisee romande. [Réd.) 

OhcA«, prononciation vaudoîse de Pallemand Knuzer^ nom d*iine 
ancienne monnaie suisse valent S'/t centimes. 



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233 



Priëret» et fuitaule magique. 



Prières et formule magique. 

Publiées par M. Octave Chambax, à Serix, près Oron. 

Kons avons la avec un vif intérêt les renseignemeots con- 
tenus dans le n* 1 des Avchhes^ sur les prières ponr le béiail. 
Car nous savons pertinemment que, non seulement dans les 
Alpes, mais aussi sur le Plateau et dans le Jura, des établee 
sont encore visitées à Toccasion par quelque meige ou guérisseur 
initié, qu*on appelle, il est vrai, le plus souvent en désespoir de 
cause et qui opère toujours, — comme il couvient pour des in- 
vocations de ce genre, — d*nae façon mystérieuse, et en cachette 
. . . du vétérinaire. 

Un© personne amie nous ayant obligeamment prêté il y a 
quelques années un recueil manuscrit, datant de lu fin du siècle 
dernier et écrit par un pavsan des bords de la Monthue. nous 
en avons fait des extniits. et nous publions d après nos notes, 
pour fïiire suite à rartiole de M. Robert, une bizarre 
formule pour rentrer eu possession de n'importe quel «bien volé,» 
et quatre prières, sans relation spéciale avec le bétail, mais (dit 
une annotation en grosse bâtarde placée en tête des deux pre- 
mières) «ayant force vertu, pour gens et bêtes.* 

Formule magique pour découvrir un voleur.^) 

Dites comme suit: Comme Votre très chère Dame tut toute 
gracieuse à Jérusalem dans uu jardin de roses, accompagnée de 
certains meilleurs auges uommés St Michel, St Gabriol et St Daniel. 
Lors Daniel dit à Marie: £utends-tu chère Mère, il paraît qu'il 
vient de passer un voleur et une Larônesse qui vous veulent 
dérober secrètement votre enfant. Lors Harie dit à Bt Pierre: 
— Lie, St Pierre, lie; — avec les liens de Dieu et avec Tassis- 
tance et mains de Jésus^Obrist ; soit, lie le voleur et ta Larô- 
nesse qui se doivent arrêter et aller nulle part. Car je te donne 
le Ciel pour un chapeau, le sapin aux jouves *) pour un boudin, 
la terre pour ton soulier. — Lie, 8t Pierre, lie; — car tu nMras 
nulle part en attendant. Tu compteras toutes les airbettes et 
toutes les pierrettes qui se trouveront aux cbemins. — Lie, 
St Pierre, lie ; — tu seras arrêté et iras nulle part, car la puis- 

') Comparez la l'riire pour tirnter les larrom, üäUh le MuKi'e Neu* 
chàteluiii, XXXIV' aimée, p. 54 iiu^'"» 1897;. [Kcü.] 
Peat-'être identique À joux (forêts de montagne)? 



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Prières et formule magique. 283 

■anee de Dieu te tiendra fermement 8t Hîehel aidera à te tenir 
comme il faut Le 1^ Nom de Jésus te liera avec ardeur à mon 
propre bioD. — Lie, 8t Pierre, lie; — ta seras muet et trem> 
blant avee mon bien, et ta seras boiteux et muet. — Lie, 
St Pierre, lie ; au nom des cinq Playes. — En Tertu et pour 
Tassistanoe du fait j'implore la 8te Divinité par le St Esprit, la 
Ste Trinité au nom de Dieul — Toutes les fois tous le direz 
trois fois et en disant St Pierre, lie, vous prononcerez 
aussi trois fois le Symbole des Apôtres. Ensuite tous irez entre 
onze et douze heures de la nuit sur le cimetière en prononçant 
ces paroles: Je viens Un et aussi sAr que je vais à la mort, aussi 
sûr le voleur qui m'a enlevé mon bien me le rendra incontinent. 
— Vous irez après vers le tombeau du milieu des trois dernières 
personnes ensevelies; vous prendrez avec la main droite trois 
morceaux de terre de ce tombeau, les mettant dans la main 
gauche au nom des trois plus hauts Noms, à savoir au nom de 
Dieu, le Père, Fils et St Esprit, et irez déposer la terre à Ten- 
droit où on vous a dérobé votre bien. — Il vous sera rendu 
intact incontinent 

Prières. 

Pour arrêter le sang. 

Au nom de Dieu je t'arrête et je t'arrêterai que tu ne 
puisses ni couler, ni sortir ; comme des plaies de notre Seigneur 
Jésus-Christ. Au nom du Père, du Fils et du St Esprit. Amen ! 

Pour le décroît [atrophie]. 

Tout ce que Dieu fit, fut bien pris. Ce que je regarde, 
décroît; ce que Je touche, croit. Toute herbe portant feuille, 
et fleur, arretOitonte Maie [maligne, diabolique] douleur, en faisant la 
croix en terre et disant: Notre Père et ce qui suit À prendre 
trois oeufs de poule noire avec une poignée de sel. 

Pour le maltet [convulsions nerveuses des tout petits enfants]. 

Hallet, au nom de Dieu je Tarréte et je l'arrêterai; qu*il 
n'aie aucune poissance dans aucune partie du Corps de l'enfant 
Au nom du Père, du Fils et du St>Esprit Amen! — Prenez; 
trois plantes de porreau non replanté; broyez'les dans vos mains 
et les mettez le soir sous le coissain [coussin.] 

Pour la tache des yeux. 

Tache ou coup, si elle est Blanche, qu'elle se retire! Si 
elle est Noire, qu'elle s'en alle! si elle est Rouge, qu elle se 
blette [se rétrécisse]! Tout ce que Dieu a fait est bien fait 
tout ce qu'il ferait, s'il lui plaiti 



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Le jeu du change 



Par M. Eugène Kitter à Genève. 

Dans son premier sermon (Annecy, 6 jain 1593) saint 
François de Sales parle du «jeu du change». tEt me soit per- 
mis, dit-il, de me servir de cest exemple, comme fraiscbement 
venu de la converî5ation où il se joue: 

«Il se rencontre quelquefois une trouppe de damoyselles 
vertueuses, lesquelles, après avoir longtemps parli- ut devisé en- 
semble, estant au bout de leur roolle, ne le voulant dilater aux 
despens de celle-cy et de ceste-là, se mettent h jouer quelque 
honncste jeu, comme au change des couleurs. Chacune prend sa 
couleur, et est ohligéo de la garder du change: si que, le jeu 
estant ( ummcncé, ou dict quo lo vert change. Celle qui a pris 
le vert dira: «ce n'est pas le vert qui change, c'est le gri8>; 
celle qui a le gris: <ce n'est pas le gris qui change^ c'est le 
bleu) ; celle qui a le bleu semblablement s'en descharge, et dîot: 
cce n*est pas le bien qui change, c'est le blano: et passent ainsi 
le temps à rejetter Tune snr l'autre le change, tant qa'il se faut 
retirer, et que la conversation eet rompue.» 

On peut se demander si les «damoyselles vertaettses> con- 
tinnuent indéfiniment à se renvoyer le change l*une à l'autre, 
ce qui eût fini par dtre un pen fade. Francis de Sales parlait 
à un auditoire qui connaissait ce jeu, et a pu ne pas pousser 
son explication jusqu'au bout. Il était établi peut-être qu'on ne 
pouvait pas sa décharger du change deux fois sur la même per- 
sonne ; en sorte qu'à la fin, la jeune fille h qui on s'était adressé 
en dernier lieu, n'avait plus une seule de ses compagnes sur 
qui rejeter le change; elle perdait, et donnait un gage. 

') Oeuvres <le Saiiii François de Sale», VI, 2J i^Editiun de» religi- 
euses de la Vi.sitation, Annecy, 1896). 



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Sagen aus Beinwyl (Bezirk Kulm). 

Mitgeteilt ron Fraa £. Fricker in Baden. 

Das Heidftnmutterli and der Heidenludl. 

Bevor der Heiland auf die Welt gekommen war, nm die 
Menschen selig zu machen, lehten in dem Dorfe Beinwyl (Beuel) 
lanter Heiden, die Sonne, Mond und Sterne anbeteten und ihre 
Odtzen verehrten. Als das Christentum verkflndet wurde, be- 
kehrten eich Tiele und beteten vom Heiland ; doch nicht alle 
liessen ab von ihren Göttern und brachten tftglich noch ihre 
Opfer dar. Dieses wollten die Christen nicht mehr dulden und 
so kam es, dass die Heiden zum Dorf hinaus gewiesen wurden 
und nun draussen im Walde ihr Lager aufschlugen. Nach nnd 
nach starben die Heiden aüe weg« nur das alte »Heide- 
mntterli* und der „Heidelndi* lebten noch, Sie bewohnten zu- 
sammen eine elende Hütte» die mitten in kleiner, grüner Matte 
stand (jetzige Heideamatte), letztere aber umgrenzte dunkler 
Tannenwald. In dieser Einsamkeit war das «Heidemfitterli" alt, 
uralt geworden und harrte auf das Sterben, das Leben war so 
hart nnd schwer ; denn der Sohn, der «Heideludi*^ war ein böser 
Mensch. Als nun Alter und Schmerzen das alte Weiblein auf 
das Krankenlager warfen, wurde der ,,Ludi* von Tag zu Tag 
schlimmer und grausamer. So zimmerte er, als die Matter noch 
lebte, einen Sarg für sie, und als der Sarg fertig war, legte er 
die kranke Mutter hinein, sagte herzlos: „Inne, inne, Heide' 
muUcrli, du hesl scko lang glehl'^^) schloss den Sargdeckel 
zu und begrub die Arme. Aus der Erde aber drang Wimmern 
and Stöhnen und alsbald floss von der Orabst&tte aus ein Bftoh* 
lein. Das waren die Thränen des Heidemutterli, welches im 
finstern Grab weinte, bis der Tod es erlöste. Das Bächlein aber 
flieset heute noch, jetzt heis8t*8 ,ErdbrufltbrQnneli". 

Die Glocke mit dem Marienbild. 

Im Beinwyler Schulhaus hingt eine Glocke,, welche aue 
der Zeit vor der Reformation stammt nnd ein Muttergottesbild 
trSgt. Die reformierten Beinwyler hingen stets mit grosser Liebe 



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236 



F&AtoMbtobraueh ïr Urtereo. 



ftQ ihrer Glocke; diese Liebe pflanzte eich fort von Qeneration 
XU Generation und selbst um lockende« Gold war die Glocke 
nicht feil. Die katholischen Bewohner in Âeeeb aber hätten 
ums Leben gern die Glocke mit dem Marienbild ihr eigen ge- 
nannt und anerboten als Kaufpreis, die Glocke mit Gold zu fallen. 
Als auch dieses Anerbieten zurQckgewiesen wurde, suchte man 
durch List die Glocke zu entwenden. Aber jeder fremde Ein- 
driogling wurde mit Blindheit geschlagen und sah von jenem Tage 
an weder Glocke noch Gottes schdne Welt mehr. 



Fastnachtsbraucb in Urseren 

nach mundticher Mitteilung eines alten Urseners. 
Von Ernst Zahn iu Göschenen. 

Tn den drei Dörfern von l'rsereu herrschte und herrscht 
wie au vieleu andern Orten die Sitte, dass während der Fast- 
nacht die jungen Burschen Mädchen, welche sie auB/.oichnen 
wollen, zum Tanze laden, wobei jcdocli wohl ubweichond vom 
Brauche anderer Gegenden — ehenml;^ foltîonde Kesseln beob- 
achtet worden sind (sie gelten zum Teil heutzutage noch): Jeder 
Bursche Hess sich von dem von ihm geladenen Mädchen einen 
, Maien" (niischel künstlicher Blumen) schenken, den er zum 
Tanze tiug. Dafür verehrte er seiner Partnerin an Mittefasten 
ein weisssoidenes lJulätüchlein. Mit dem ilaien am Hute oder 
im Knopfloch hatte er bei allen Wirten über die Fastnaehtszeit 
Kredit. Er Hess l>ei jedem seine Schulden auHauten bis zum 
Tage der j,Ah( n 1 astnac ht", un welchem alsdann alle Anstände 
beglichen werden mussieu. 

') Dieser Ausspruch ist im Volksiniiode erhalten gebliebcp, bis auf 
den heutigen Tag. 




Zwei Wespensegen. 



Mitgeteilt toq Gottfried Kessler. 



Kenner des Volktaberglaubens witsen, welch' grosse Bolle 
Bann- und Zaubersprflehe, Besegnnogen n. s. w. seit uralter Zeit 
spielen. Es gibt Segen gegen Verrenkungen, zam Blutstillen, 
gegen Zahnschmerzen und Warmer, Pferdesegen, Bienensegeo, 
ja selbst Wolfssegen. Auch der Wespen, die, wenn beim PflQgen 
oder Mfthen ihre im Ackerboden oder in der Rasendecke befind- 
lichen „Nester" zerstört werden, oft recht grimmig aber den 
Landmann und seine Zugtiere herfallen, kann man sich durch 
gewisse Segensformeln, Wespensegen genannt, erwehren. Die 
Wirksamkeit eines solchen erstreckt sich über sämtliche Wespen 
des OrundstQokes« auf dem er gesproehen wird, and Leute und 
Vieh sind dann am betreffenden Tage vor jedem Stich» überhaupt 
?or jeder Belästigung durch die erwähnten Insekten, die durch 
den Segen «ganz lahm* d. h. matt und kraftlos werden, sicher. 
Ich bin in der Lage, hier zwei Wespensegen mitzuteilen. Den 
ersten derselben yernahm ich tou einem 70jährigen, seither ver- 
storbenen Manne ans dem thurgauischen Dorfe Riekenbach bei 
Wil. Er lautet: 

Wispi, Wespi, vergtss deinen Stachel, 
Wie Qott einen Mann Tergtsst, 
Der im Rate sitzt 
Und ein falsches Urteil spricht. 

(Hierauf betet man ein Vaterunser.) — 

Völlig verschieden von diesem ist der zweite Wespensegen, 
obwohl er aus der gleichen Oegend, nämlich ans dem ebenfalls 
in der Nähe von Wil gelegeneu thnrgamsohen Dorfe Mfinchweilen 
stammt, wo er mir von einem älteren Bauern, der ihn schon von 
seinem Grossvater gehört haben will, mitîgeteilt wurde.- Der 
Wortlaut ist folgender: 

„Wispeli, Wespeli, ich banne euch (wird dreimal gesprochen) 
im Namen unseres Herrn Jesus Christus von Nazareth, der am 
heiligen Kreuze für uns gestorben ist.* 

Nur soll man den Bann am Abend nach Sonnenuntergang 
wieder «lösen*, sonst müssen die Wespen zu Grande gehen. 




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238 



Sage aus dem Wallis. 



Dio Lösung geschieht durch den gleichen Segen mit dem Unter- 
schied, dass man an Stelle des dreimaligen „ich banne euch** 
die Worte „ich löse euch** setzt. „Ich habe*, fügte mein Ge- 
währsmann noch bei, ..schon hie und da vergessen, zur Abend- 
zeit den Baun zu lösen, und jedesmal that es mir leid ; denn die 
Wespen haben so gut ein Anrecht auf das Leben wie andere 
Thierchen. " — 

Zum Schlüsse bemerke ich noch, dass mir der gleiche Bauer 
auch ein Mittel gegen Bienenstich anriet: „Nimm drei Gräs- 
lein, jedes von einer andern Art, reibe die verwundete Stelle 
damit ein, und sie wird nicht geschwollen werden. 



Sage aus dem Wallis. 

Aus einem Manuskript von f Pfarrer M. Tscheiuen in Gräehen. 

Die Hexe im Visperthal. 

Im Visperthal sy oi amal a Hex g'si, di alli Tag gaichet 
hei (Butter gemacht habe) und doch keis Veh hei g'hebet. Sobald 
8chi hei wellu aichu, so hci-sch d's Aichu-C.'hibji an's offu Fen- 
ster g'atellt, uf a strowwine Chranz, und na dem-sch ihru Tifol- 
Beschworunge vorrichtot hät, hei-sch usgruofu : „Bring mer us 
alle Nidul-Chibjunu Xidla a Löti'ul voll.** — Da hei rau as 
Grusch g'hört, wie vam Flug va vile Voglu. und oigublicklich 
»y a lluffo Fleder-Mysch erschinu, von denc jedwedri im Chrew- 
wilti (Klaue) a Lötful voll Nidla gibrungu hei, di d'IIe,\ de in's 
Aich-Chibji glöscht (..gelöst" , ausgegossen) hät, und bis der 
Nidlu-Chibul volle g'si sy, hei-sch immer comniaiidirt : „Bringet 
nier us jedum Nidlu-Chibji a Löfful voll ; aber nit meh zum 
Mal, damit sus d^'Lyt nit g'spirru (merken) chönne." 

Andri heint g seit, schi sy kei Hex g'si, sondru die böschu 
Lyt, di diz Wyb wogu ihru G'scheitheit und Vcrmögu binydot 
heint, hei-ra das nummu zuog'hebet, damit-sch als a Hex ver- 
schruwni chôme und wegu ihrum Vermögu an guote Brato fir di 
Gyra (d. h. für die Blutrichter) abgäbe. 



Eine Variation der Tantalussage. 

Yon Prof. Dr. J. Winteler in Aaraa. 

In der GedichteftmniloDg des von Kereozen Btammendeo 
Lehrers Britt (Glarus 1852) andet sich S. 50 fg. ein Stück 
folgenden Inhalts: 

Nachdem man im Herbst mit dem Yieb von der Alp ge- 
fahren, entdeckte man pidtalich, dass eine Kuh surûckgeblieben. 
Doch es ist schon spät und die Alp ist am tfiohaelistag nicht 
gehener. Da es Keiner wagt, die Zurückgebliebene su holen» 
so wird das Los gezogen. Es fallt auf deu Jüngsten. Mit 
Zagen geht er zurück und findet die Kuh ohne langes Sachen 
bei der Hütte. Aber an einen Abstieg ist heute nicht mehr zn 
denken ; er muss sich eutschliessenf in der Hütte zu übernachten. 
Kaum ist er eingeschlafen, so wird er durch den Hexenreigen 
geweckt; ja er muss es 9op:ar mit ansehen, wie seine Kuh ge- 
Bohlachtet und verzehrt wird, Obschnn vr sich mäuschcnsiill 
verhält, wirtl er diK-li entdeckt; eine junge Hexe tritt an sein 
Lager uud initif^t ihn. ein Ötück von dem gekoeliten Fleisch zu 
essen. Vm Mitternacht, nachdem das Hexenvoik die Jlaut der 
Kuh ausgebreitet, die Ueberreste hineingopackt und die Haut 
vernäht hat, verlöscht der Spuk, und der Senn schläft wiedur ein. 
Des Morgens hört or zu seinem Krstaunen die vermeintlich ge- 
schlachtete Kuh brülieu. Er geht hinunter und findet sie gesund, 
nur fehlt in den Weichen ein Stück Fleisch, offenbar dasjenige, 
welches er gegessen. 

Die Uebereinsttmmung mit der Tantalnsanthat, der den - 
Qöttem seinen eigenen geschlachteten Sohn Pelops vorgesetzt, 
▼on dem nnr Demeter ein Schnlterblatt gegessen, das nachher 
bei Restitution des Pelops durch die Götter durch ein elfen- 
beinernes ersetzt werden muss, ist nicht zu Terkennen. Wo 
Britt den Stoff her hatte, weiss ich nicht. Da aber alle seine 
Gedichte lokalen Charakter tragen, dürfte er eine Lokalsage, von 
deren Fortleben ich freilich nichts weiss, verwertet haben. 



1) Dieselbe .Sage findet sieh iiu Trattigan: s. Alpenpost VU U^^^)« 



Miszellen. — Wélanges. 



Alpengebet, 

wie et gegenwSrtïg noch von Aloye Ifettler, Senn auf der Farggelen, 
gesungen oder gemfen wird: 

,Im Anfange war das Wort und das Wort war bei Gott und Gott 

war lias Wort, dasselbe war im Anfange bei Gott Zn loben all Srbritt 
und Tritt (Tott und alle si ine Heiligen und Ausersvählten ! Ali hier ut' der 
Al^i da ätad ein goidencr King, darin wohnid die liebe Mutterguttes 



mit ihrem 


hersallerliebeten Kind. 


V. 


Der Engel des Herrn brachte Maria die Botschaft 


B. 


Und sie ennptieng vom heiligen Geiste 

Ave Maria u. s. w. 


V. 


Maria si»rach : „Siehe, ich bin eine Magd des Herrn,* 
,Uud mir geuchehe nach deinem Worte,** 
Ave Maria a. s. w. 


R. 


V. 


Und das Wort ist Fleisch geworden 




Und hat unter uns gewohnt 1 
Ave Maria u. s. w. 


Das 


weit' Gott und die liebheiiige Mutter Gottes, 




. der heilige Jobannes, 


« 


m n D Sant Antoni, 




, „ „ Weiideliti, 



die welled tis doch das lieb Veh behiletä und bewarä. 

Das walt' Gott und der heilige Sant Michael; denä emptlihlid üs 

mier mit Lib und Seel. Das walt' Gott und der beilige Sant Joiieb. 
Der w«U tts a*Half nnd Trost che vf dem Todbett. 
Das walt* Gott nnd der heil. St. Karli, 

n it » » - ^*''» 

^ „ , die luiîio;*' St. Anna. 

Ihe wöli US clio \n\\fA äs glUcksûligéë End /.'erlangt.-. 

Dm walt' Gott und die anderä Heiligen und Üserwälilten Gottes Aüe. 

Das walt* Gott nnd die ganse hoohheilige Dreifaltigkeit : Gott der 
Vater, Gott der Sohn nnd Gott der heilige Gast 

Das walt' Gott und das ganze bittere Liden nnd Sterben nnseres 
Herrn Jesu Clnisti! 

Lösclitd, loscliid doch Wohl Für nnd Lieht, 

Damit üch Gott und die Ib. Mutter Gottes wohl b'hUetî 

V. Gelobt sei Jesns Christas, 

R. In Ewigkeit Amen! 

Schwyz. Dr. R. v. Reding*Biberegg. 



MisxeUeD. 

Prières et < secrets >. 



941 



Dons le cahier de mam 1897 du Mitêée Nêuchétehis, M. Ar- 
thur Piaget a publié une dizaine de prièrert et de recettes traditionnelles, 
copiées en 1803 par un habitant de la Côte-anx-Fées, nomiiit'- Diivid 
Tattet. Ce rcnieil nfuciiâtelois de tsecreti' éprouvés fins» ortie mainte 
ressemblance avec le recueil vaudois de «secrets véritables et éprouvés,» 
que M. W. Robert a fût oonoaitre aux lecteors de nos Archioes* ') 
David Tattet avait noté des prières pour se protéger contre les volenrSy 
des rerii.'iles contre les malaJu-s du lu'tail, un /Secret pour em^ 
ptcher les bttes domestù^tim 4'êlre eu proie au.r hrtes carnassih-es et 
pour les préserver y un autre secret Pour enclore les bctes dans le 
pâqui». Ces formules, d*ttn style abondant, flenrif par endroits poétique, 
conservent de nombreux vestiges J> anciennes sroyances cathotir[ttes, 
dont los pri'-rfs recueillies par M. Kobert nous attestent également 
la lont^ue pt^rbi^lance dans le^ traditions populaires vaudoises. Comme 
le fait observer M. Piaget| «des cahiers semblables à celui de David 
Tattet existent p«at*€tre encore ches nous.» Ceux de nos leetenrs qui 
pourraient- en découvrir ne devraient pas négliger de les communiquer 
à notre revue. 

Dans le dernier fascicule des Archives (p. 165), 31. S. Singer 
uoua propose ane ingénieuse explication des mots «sainte alleinc,» ^ui 
font partie de la seconde des Mère» pour lê hétaû, publiées par 
M. B^)ert. Comparant une formule allemande du Grand Albert^ il 

conjecture ijue ce« mots doivent être 1ns: «sainte haU'iiu' ^ et désignent 
le St Esprit. L'abondance des formules où sont invoquéi« simultanément 
les trois personnes de la Trinité avait déjà suggéré à d'autres uue 
semblable interjnrétation. Maïs nous avons beaaeoap de peine à croire 
<{ue le St Esprit ait jamais pu être appelé en français la sainte baleine. 
Notre sentiment de la langue se révolte contre cette hypothèse, en fa- 
veur de laquelle il faudrait au moins alléguer un ou deux exemples. 
La formule allemande citée par M. Singer «ous semble d'ailleurs im- 
prégnée de profondes et précises notions Ùiéologiqnesi dont il n*y a pas 
trace dans la naïve prière française. Auonne dûtinction entre Dieu le 
Père et Dieu le Fils n'apparaît dans ces simples mots: «Dieu qui va 
devant, Dieu qui va a prai . . . Le recueil de Tattet contient une 
formule peu diff&rente, où le nom de Dieu n*est prononcé qu'une fois 
et oii la mystérieuse «sainte alleine* est remplacée par la Vierge Marie.*) 
On pourrait faire quelques observations analogues sur le formulaire des 
Alpiegen qu'on lit dans les /Schtceizerigche Volksliedar de Tobler. 
Genève, Ernest Muret. 



•) V. 75. Les jfières pour le bétaH. 

rn-rr pour Je loup l'Jo ji tto mes béten aux champs au pâque 
de Saint (iermaiu. Dieo soit derrière et devant, la Vierge Marie 
au mi lieu. 4 



16 



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10 



Miszellen. 



Zur Verehrung des heiligen Grabes. 

Die unter dieser Aufschrift in Heft II. unseres Archivs erschienene 
Studie von Herrn Dr. StUckelberg scheint mir allerdings keiner Nach- 
träge zu bedürfen ; da mich jedoch der Verfasser mit der Bitte um er- 
gänzende Notizen beehrt hat, entspreche ich um so lieher, als ich selber 
zur Zeit so eine Art „Wächter am heiligen Grabe" bin. Im Chor 
der von RoU'schen Kreuz- und Grabkirche dahier befindet sich näm- 




Heiliggrab-Kapelle in der Kirche zu ..Kreuzen" 
bei Solothurn. 



lieh seit dritthalb Jahrhunderten eine Heiliggrab-Kai>elle, 6 m lang, 
3'/» m breit und (ohne die Kuppel) 2V* m hoch, nach l'mfang und 
Gestalt das genaue Nachbild der früheren Heiliggrab-Kapelle in der 
Kreuz- und (irabkirche zu Jerusalem.*) Durch Einfügung dieser Grab- 
kapelle in seinen Bau hat der Stifter der hiesigen Kreuzenkirche, 
Schultheiss Kitter Hans von Roll (f 1043), einen doppelten Zweck er- 



') Diese Grabkapelle in Jerusalem, die Kitter von KoII auf seiner 
ril^^erfalirt ins lieilifço Lauil nocli gesehen hatte, und als deren monumen- 
tales Facsimile er dann seine Heiligffrab-Kapelle In Kreuzen aufführen 
liess. war 1555 vom ^Guardian dos heiligen Landes", Bonifaz von Kagusa, 
erbaut wonlen. Nach dem Brande der herrlichen Grabrolunda (1808) 
wurde sie durch eine bedeutend grössere in russischen» Styl ersetzt. Das 
Modell Jener altern (Irabkapelle (des Bonifaz v. R.), mit welchem die 
hiesige Grabkapelle libereiustimmt, befindet sich in der Dr. Sepp'schen 
Sammlung in München. 



MineDen. 



S43 



reicht: er hat der idyllischen Wald partie am Eingang zur St. Verena- 
klaiisp eitipn iienen Reiz verliehen imd zugleich der tief in der clirist- 
lichen Volkhsecle wurzelnden Verehrung zum Grabe des Erlösers lieblichen 
Aaadruck gegeben. 

Hält doch du Yolk Ton Alten her daran fest, et Inben die 
beiden Angelpunkte, um die sich in der Natur, wie im Bereich deH 
UeV'ernatUrlichen. alles dreht. — 'Vud ninlT.clien - . nie nml nirircnds 
80 bedeutungsvolle concrète DaibtüUung gefunden, -Alt, eben im Grabe 
Chrieti; der Tod, sofern die Qxiblegung ond Grabmbe de« Herrn der 
elgendiche Abschluaa and die fieglanbignng eeinee Todea gewesen, in 
a^nem Tti l aber die SQhne alles Todeswttrdigen und Todbringenden 
im Meiisclu'ntreschlerht, also auch die trostreiche Verklärung nnserps 
eigenen Grabes gelegen sei; das Leben, sofern da« Felsengrab unter- 
halb der SehKdelatXtte, ata Sohanplats der Aoferstehnng dea Herrn, 
angleieh den Aaagangapnnkt alle« h^iem Lebena der Menaohheit bilde. 
£a ist somit ein Dreifaches, was das Volk zum heiligen Grabe hin- 
zieht nnA sein zähes Festhalten — besonders in Deutschland und in 
der deutschen Schweiz — am uralten Brauch der „heiligen Gräber* 
in der Charwoobe erklärt : die Erinnerang an die Grabmhe dea Heilande 
(Sabbath der ^Oeangawoehe, im G«genaats som Sabbath der SchÖpfunga- 
woche), sodann iler Ilinlilirk auf Christi Auferstehung aus der Grab- 
höhle und endlich der Gedanke an füe Verklärung unseres f i<2:enen Grabes. 

I)aram galt die Aufriclitung eines «heiligen Grabes* in unsern 
Stadt- nnd Land-Pfarrkirohen ■ — vor dem Hanpt^ oder ttber einem 
Neben-Altare — von jeher ala gans aelbatveratändliehe Charwoeben- 
erscheinung, welcher fast Uberall nicht nur die ,.Stillen im Land", son 
dern hauptsächlich auch die Schuljugend, Knaben nnd Mädchen, das 
regste Interesse entgegenbrachten. Gehörte es doch zu den Traditionen 
der guton alten Zeit, daaa die Schuljugend am Charmittwooh unter den 
Augen dea Piarrera und dem Kommaodo des Kiistcra am Baa déa 
heiligen Grabes sich bethätigte, die während des .Tain i s sorgsam vcr- 
sch!f>8sen»'n Bestandteile desselben hervorholte, heiiu Atilrichtcn mithält, 
Blumen und Zierpflanzen zum Schmucke des improvisierten Baues her- 
beiaobaOte ete., waa mancherorta den Charakter ttnea kleinen Yolkafest- 
chena, ala Einleitung zum Ëmate der Charwoche, annahm. 

In diesem volkstümlich geschmückten und gewöhnlich auch reich 
und buntfarbig beleuchteten hl. (îr^ib vollzogen sich dann die kirchlich 
vorgescbriebeneu Ceremonien des hohen Donnerstags, des Charfreitags 
und dea Gharaamataga« Daran «shloaa aioh tut Überall, nebat derTer- 
ehrung dea Eruzifixeay die feierliche Anaeetzong des ^Allerheilig8ten in 
der Monstranz", sodass die Kirchen an diesen drei Tagen nicht nur 
während des offiziellen (îottesdicnstes, sondern aneh nachmittags und 
bis spät in die Nacht hinein vom gläubigen Volke zahlreich besucht waren. 

Den Höhepunkt nnd zugleich den jubilierenden Abscblasa dieaer 
Volkaandachten im hl. Grab bildete die Auferstehung» Prozession am 
Abend des Charsamstags, die der I'farrer mit di m luuHen Osterlied 
erötfnete : „Christ ist erstanden. nii<l wiir er nit erstanden. war die 
Welt zergangen," woraut die während der heiligen liauerzeit ver- 



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Mläzellen. 



stummte Orgel zum erstenumi wieder fröhlich einsetzte und der Zug 
unter Orgelkluag und Volksgesang vom- hl. Grab ans aich in Bewegnng 
setzte, nm den Priester mit dem All«rheiliget»tt «am Hochaltäre mrttok- 

snbegleiten. 

Wie schon angedeutet, verdankt dies^^r HraiK h der hl. Gräber 
sein Entstchrn dnrchans nicht etwa eiiitT \'oi-scliritt der otHzidlen Kirche; 
er int wie voit selbst uud der Vulksseelc herauägewauhsen, weshalb auch 
der Ansturm der YoricSmpfer des Rtfmieehen Ritas sans phrase zu Ende 
der Siebzigt'rjiihre und seither ihn nicht ^'anzlich zu beseitigen ver- 
mochte. Der Kampf wurde besonders im Jahre ISGS mit zitinlicher 
ijebhaltigkeit gefühlt, nachdem Professor Fr. X. I'iller von Freiburg 
(Schweiz) in seinem Manuale Hituum gegen die tharwucheoteier, wie 
sie oben geschildert worden, als etwas «Âbgtnohmacktes, Irrtümliches» 
der kirchlichen Yorscbrift Widersprechendes*^ aufgetreten war. Einige 
Andeutungen Uber den Verlaaf dieses Kampfes werden aneh anaere 
Leser interessieren. 

jfiüerH Verehrer hatten (haupthüclilich iu der ^ Schweiz. Kirchen- 
ceitnng*, Jahrgang 1868) geltend gemacht: So beliebt aneh der bis- 
herige Charwü« lionbranoh, zumal ia der deutschen Schweiz, «ein möge, 
Verstösse er doch gegen den allein massgebenden, ri'iinisclien Ritus, sei 
daher ein Einbruch in die kirchliche Einheit und riiuelle Gleichförmig- 
keit ; zudem stehe die bunte Ausschmückung des hl. Grabes im Wider- 
spruch mit dem Traneroharakter der Oharwoche, und am allerwenigsten 
passe die feierliche Anssetsong den hl. Sakramentes^ als des Lehens- 
Brode.-<, in das Grab als Stätte des T.j<les. 

Dagegen stellte ein Korrespondent des genannten Ulaitcs ,,an8 
St. Gallen* die iVage : ^Was gewinnt die Kirche und das christliche 
Volk dnrch die Absehaffinng der hl. Gräber und — ist ttberhaapt die 
allgemeine, strenge Einführung der römischen Liturgie wUnschbar und von 
grossem Nutzen?" — Ein „Laie ans der Westschweiz** machte aufmerk- 
sam, dass das hl. Sakrament, als Erinnerung an den Tud des Herrn, gar 
wohl in die hl. Gräber hineinpasse, und dass ,manch anderes, z. B. 
die EinfDhnmg eines gleichlautenden Katechismns, wenigstens fUr die 
Schweiz, der strikten Durcbflihmng der rSmischen Liturgie weit vor- 
gehe". — In einer damals vielbesprochenen Pfarrkonferenz wurde, was 
die Gefährdung der rituellen Einheit betrifft, auf den ganz wesentlichen 
Uutersohied zwischen Einheit und Eiuerleiheit hingewiesen, — auf die, 
bei aller Einheit und wundervollen Uebereinstimmung im Wesentlichen, 
doch so reiche Mannigihltigkeit der morgen- und abendländischen Litur- 
gien zur Zeit der gro8.<ien Kirchenväter und im Mittelalter, — endlich 
auf die Thatsache, dass im 13. Jahrhundert die erste Veranlassung 
gerade des glanzvollsten aller Kirchenfeste von einem schlichten „Kind 
ans dem Volke * gekommen, dass also, neben dem legalen Walten der 
kirchlichen Oberbeböfden, auch ein Einwirken des Gottesgeistes auf 
gläubiire \'*)lkskroisp in Sachen der Liturgie nicht ohne weiteres aus- 
geschlossen sei. — In der „.Schweiz. K.-Ztg.** erliob liieraut ein Ein- 
sender «aus Solotburn" die eindringliche Mahnung, den „Ikurgischen 
Zankapfel* fallen an lassen, sumal «in solch kritischem Rütteln an 



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Miszellen. 



24ü 



Dingen, die im Verlanfe vieler Jahrhunderte UMich waren und zur Er- 
bauung gereichten, oft auch viel Ambition und anderes Menschliche 
enthalten* sei. — 

Nach vierteljährigem Waffenstillstand öffnete die Hedaktion der 
«K.-Ztg.** nochmals ihre Spalten dem Korrespondenten „aus St. Gallen" 
zu einem „letzten Wort Uber die heiligen Gräber", um die Autorität 
von katholischen Fachmännern ersten Hanges, wie Dr. Kerschbau mer 
und Dr. Thal hofer wider Hrn. Piller ins Treffen zu tlihren. Aus 
Kerschbaumers „ l'aterfaniilias'' u. A. die Stelle: y,K'me beliebte Andacht 
des Volkes ist der Besuch der hl. Gräber in der Charwoche, In 
Deutschland seit Jahrhunderten eingebürgert, würde es dem Volke sehr 
weh thun, wenn man sie ihm entzöge . . . Als l'apst Pins VI. ge- 
legentlich seiner traurigen Heise an den Hof des reformatorischen 
Kaisers Joseph II. die Ostern in Wien zubrachte und den Apparat der 
hl. Gräber erblickte, sagte er einfach : Homae non sic ; aber er schaffte 
die hl. Gräbt'r nicht ab, sondern besuchte sie zur Erbauung des Volkes. 
In Horn kennt man allerdings den Ritus des hl. Grabes nicht^ aber 
das Hituale Homanum ist auch nicht derartig präzeptiv filr die katho- 
lische Welt, wie das Missale Homanum ..." — Ans Thalhofer: „Was 
uns noch mehr, als die historischen, juridischen und innern liturgischen 
Gründe für die hl. Gräber zu sprechen scheint, ist die Pietät, mit 
welcher unser gläubiges Volk an ihnen hängt. Es wäre in der That 
eine schwere Prüfung für den kirchlichen Sinn des Volkes, und zugleich 
eine durch nichts zu rechtfertigende unnötige Härte, wenn man ihm 
die hl. Gräber nehmen wollte ... So scheinen also die hl. Gräber 
samt allem, was die (Diözesan-) Ritualien hierüber vorschreiben, in 
Deutschland nicht blos auf Duldung An.spnich machen zu dürfen, 
sondern längst zu Hecht zu bestehen, weshalb ein Ansuchen an den 
apostolischen Stuhl um fernere Duldung derselben als überflüssig 
erscheint ..." 

Wie man sieht, hatte es sich bei der interessanten, von Sprechern 
des katholischen Vol k es der Ost-, West- und Urschweiz geführten Dis- 
kussion um die Erhaltung oder Beseitigung eines immerhin bedeutsamen 
Stückes unseres kirchlichen Volkslebens gehandelt; das Fazit der 
Diskussion war: die hl. Gräber, wie bisher, so auch fortan^ 
in Ehren! 

Kreuzen bei Solothurn. L. C. Businger. 



2i6 



Unhaitvoll» Tag«. 

Nachstehendes Verzeifhnis tuilieilvi>ller Tage findet sirli als An- 
liaDg zu eioem in meiDem Besitze beüudJichen handschriftlichen Ke/.t-pt- 
bQebldn mit dem Datum 1720. Der Scbriftduktas dieses Anhanges, 
der deatlich von den vorangehenden abireiobt, »igt eine nngettbte 
nnd ungebildete Hand. 

Copia 

Von Einer In Ernten Mark [DKnemark] gefandener Schrift. 

Es seyndt 32 Tag im gantzen Jahr vor welchen man sich hlitten 
soll dann sie «eind schädlich nnd Bleiben allezeit im I«\nd so lang die 
Welt stehet ob man ihnen schon andere ^taboien wollt geben, und die 
nachgeBobribene Tag seyn gewiss bUtte dich daas dn nichts anliongst 
anas diesen naebgeachriebenen 

Gosto (?) 

Der .leniif>r hatt 7 Tag den Î. '2. 4. G. 11. 12, 20. 

Der Uurnung halt 3 Tag den 11. 17. lö. 

Der Herta hatt 4 Tag den 1. 4. 14. IG. 

Der Âpprill hatt 3 Tag den 10. 17.. 18. 

Der Jiayen hatt 2 Tag den 7. 8. 

Der I'.rachinnimt hatt 1 Tag den 17. 

Der iieymonat hatt 2 Tag den 17. 18. 

Der Ängstmonat hatt 2 Tag den 20. 21. . 

Der Herbstmonat hatt 2 Tag den 10. 18. 

Der Weinmonat hatt 1 Tag den 6 

Der Wintermonat hatt 2 Ta^ <]fn 10. 

Der Christiiiuuat hatt 3 Tag den ti. 11. l8. 

äofcra £iu Mensch iu diessen Tagen gebohren wird lebt niclit 
lang nnd komt Ehender in die armuth nnd ob er schon lang lebt so 
wird er /.n NIi htskommen welcher îlensoh in dieesen Tagen gebohren 
wird untl krank wird, der wird selten oder nimmer gesnnd. Einem 
Menschen der sich an Einem von diesspn Tat;« !! xeilobt oder Hochzeit 
macht guhts nimaier wohl und kommt in armuth und Elend, derjenige 
so ansa Einem Mauas in das ander sieht oder anss einem Land in das 
andere, oder Tritt aus Einem Hauss in das andere an lüiu m von 
diessen Tagen, der wini gnissc HctiiilHuiss haben. Der Mensch der an 
dips!«»n gemeldten Tai;»Mi (.ini r V!'rri is>'n kunimt selten oder ohne einen 
grossen Schaden nach hauss, war Etwas in diesen Tagen kauft der hatt 
kain gUek man soll sich in diesen Tagen in kein Procès Einlassen oder ■ 
anfangen dann man kan wohl Enis gerechte Sach verlieren. 

(Folgt ein B*artiges, unklares Zeichen mit (muci s< Mi itV.) 

Basel. , Otto Stuckert. 



Miszelleu. 247 



Nochmals zum „TOfel heile" (s. S. 160). 

Hen" Prof. Winteler teilt uns im Nachstehenden seine Ansicht 
über die Entstehung dieses Gebrauches mit, die wir, obschon wir sie 
nicht teilen können, selbstverständlich gerne nnsern Lesern vorlegen 
wollen. Die Redaktion. 

Es ist klar, dass der bezügliche Brauch unendlich viel älter ist, 
als da.s Wort heile = kastrieren. Letzteres ist gewiss ein verhältnis- 
mässig jauger, vielleicht speziell schweizerischer Euphemismus. Der 
Brauch aber wird von Anfang an eine Benennung gehabt haben, die 
in der heidnischen Zeit nichts anderes bedeutet haben kann, als „Sulem 
sanarc**. Denn das war ja der Sinn des Br.iuches, wie aller dazu 
gehörigen andern .Vrten des Feuer-Entfachens. Es war auch kein 
FrUhlingsbranch, sondern ein Julfestbrauch, der mit seinen Verwandten 
durch das Christentum blos ans der heiligen Zeit weg und gegen den 
Frühling hin, z. B. in die Fast nach tszcit, geschoben worden sein kann. 
Dasselbe Christentum machte aus dem S«)nnengott einen Teufel, wie 
ans den andern Heidengöttern; so wird zunächst die Wendung „solem 
sanare" gewurden sein zu „diabolum sanare", (fer Tuj'el heile. Im 
Laufe der Zeit kam unserer Mundart das Wort „heilen" =sanare abhanden, 
klärlich eben von iler Entwicklung seiner anrüchigen Nebenbedeutung 
„kastrieren" an. Denn sobald ein Wort in sulch verfänglicher Weise 
gebräuchlich ist, meidet man es für andere Zwecke. Nun erst konnte 
auch das Missverständnis eintreten, der Tüfel heile heisse „den Teufel 
kastrieren", was an sich eine ganz abgeschmackte Vorstellung ist, die 
aber nicht ausbleiben konnte, sobald man heilen nur noch für das 
Verschneiden anwendete. — Ich muss also meine Deutung des Aus- 
drucks nachdrücklicli festhalten. 

Aarau. Prof. Dr. J. Winteler. 



Zum „Tüfel heile". 

Der auf Seite IGü geschilderte Brauch des ,,Tufel heile** kommt 
auch in der Gegend von Churwalden vor; do<h nennt man ihn dort 
f^Briinia (Uebel) heila". Ich erinnere mich, dass wir als Knaben oft 
diese Prozedur vorgenommen haben und dabei den Glauben hatten, da- 
durch da« Uebel vertreiben zu können. 

Churwalden. Urban Fleisch, cand. theol. 



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848 



Miszellen. 



Der Httimn • Ruf. 

Im Tüggenburg, und zwar im obern und meines Wissens nttt hier, 
fordert ein rauflustiger Jun^rknab, der näclitlicher Weile sein Müdcben 
besucht, die >îcbeDbuhier heraus durch den Huf: 

Ju - hut ! 

Die erste Silbe wird in hoher Stimmlage und kurz intoniert, die 
Bveite RO tief ab möglich, gezogen und drShend, so dus an nrwttehnger 
Wildheit des Laates niohts m wttnechen ttbrig bleibt. 

Man nennt das Kufen in dieser Weise: Hui-um-'Rüeffe and legt- 
aeinen Sinn mit dem Verschen ans : 

Hui-uin ! Dil iiierhi „I [nm und um]; 

IIW^? chiint Uli'/ 1/ hl ijjI iryii ? ! 

(G'htijji ist ein speziell ustschweizerisclier Lautverbindungsfall, nach 
der Kegel; t -{-in —'p, z. U. er hepi — er het mi, atuejn = s tuet 
mi; eûêo ff'heipi ass g*hûit mi, wirft mieh.) 

Die erste Silbe bt die gewübnliche Einleitang an einer gesang- 
lichen Aussprache. So singen beerensam&elnde Toggenbniger Kinder, 
je nach ihrem Erntecrfulge : 

Ju I E Roh ! 

G'Chrätte 'plaiitp, 'bilep fole f 
[Jnb! Eine Rolle: Die Kratten geplatzt, gebient voll] 

oder aber: 

Ju! E /?«;») 

G'Chriiite für um müedi Bei.' 
[Juh ! Eine Keihe : Die Kratten leer und müde Beine.] 

Zu diesem Ju vergleiclie ni;ui da?; Gni tln-'.sche : „Juchhe, juchhp, 
juchheisa, heisa, he, so ging der Fidelbogen* (Faust) ; ferner das 
Juvivallera, Juheirassa u. dgl. in Studentenliedem. Es ist das (ono- 
matopoetiaehe) Etymon an jauchzen, johlen, jubilare, t*Kofi vnd kommt 
eben auch in der Form juchf vor, wie denn griech. T'JJV, WJT^ mit 
der onomatopoetischen Variante id/io etc. den Guttural auch zeigen. 

Was ist nun aber die zweite Silbe unseres Huium-Kufos? — 
Man könnte zunächst au den Uhu deukeo, der (wuiil ohne von andern 
grössern Mkilenarten vntMWihieden zu werden) im Toggenburg Hui-Vogel 
beisst. In der Zeit meiner Knabenjabre herrschte dort vor diesem 



') Role und Hei müssen obsolete Ausdrücke sein für : gesungener 
Spruch oder Vers. vgl. Keigeu. Für '{>l(tt:et foUe brauchen andere Mund- 
arten : platsvoU. Bilet bedeutet wohl : f^ebienlet. d. h. dem traubeutormigen 
Klumpe» eujes am Aste hän;;euden Bicnenscbwjirmes ähnlich. Ks ist inög- 
lieb, dass beide Formen aU part. prae». (statt pra«t.) aufzufassen »iud; 
s. WiaTKi.nt, Kerenaer Mundart S. IS^ 



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Uiszelleo. 



249 



Vogel noch eine abergliiubische Furcht. Eine Waldscblaebt hinter an- 
Rffin Gate „Fnsen'' belierhergte ibn öftor und auch Miinner gingen 
dann nicht ohne (iruseln zur Nachtzeit duit duixîh, obschon doch der 
die läcblucbt durchschneidende We^ als alter Fassweg zwisobeu Sidwald 
und der Schwamièrugg ziemlieh begangen ist. (Er dOffte in seiner 
Gnindlsge ein uralter rhätiseber Weg sein swiscben Weesen einerseits 
Uber die Amdener Höbe, Lad, Nesslau. SidwalJ, Schlatt eto. konlehst 
nach der sog. S< hwanzbrugi;:, wo er sich nach Hemberg, Sobönengrund 
und Urnäsch, also u. A. in die appenzellische ^Waldstatt" oder „Wald- 
scbait* verzweigt. Mein väterliches Haus aui der Passhühe des Schlatt 
war nreprUnglicb «ne anf diesen W^ beattgliche, relativ bessereWirtsehaft.) 

Der Uni- Vogel ist natflrlieii luieh seinem Bnfe benannt nnd man 
mttiste bei dieser Herleitnng denken, das« dieser Ruf vom Menschen 
als Schreckruf wäre nachgeahmt woi Jén, Der >;r()lende Huiumruf wäre 
aber doch eine sein- freie Naelialimung des Eulenrufes, daher spricht 
mieb eine andere Herleitung weit mehr an. 

Im Beriehte des Bisätofs Lindprand von Cremona Uber die ün« 
gameinfîîlle beisst es, dasa die Ungarn als Kriegagesobrsi .das Ittrohter* 
liehe, teuflische Hui, Hui" ununterbrochen hören Hessen. Auch in den 
Ca'siis S. GallL Eckebarts (IV) steht, dass die Ungarn durch „ein Pfeifen 
und schreckliche*» Grunzen" ihren Genossen das Zeichen gaben, heran- 
zukommen. Jn der That macht der Hui-Kuf des Toggenburgers fast 
einen soleben „gr ansenden Kndrnck, woneben das vorangebende Ju als 
eine Art Pfeifen gelten konnte, weil es mit hober Stimmlage gegeben 
wird. Und da da« Kloster St. Gallen Ijekanntli; h 926 n. Chr. mit den 
Ungarn hinlängliche Bekannt^chalt gemacht hat, ja sogar einzelne 
Hunnen laut Bericht der Chronik im Lande zuriickblieben und sich 
verheirateten, so gehört eine solche Uebertragung des gefurchtsten un- 
garischen Kriegsmfes auf die Bewohner dieser Gegenden keineswegs in 
den ÜnmSglichkeiten. 

auch die seltenere nnd mehr vulksmîî.s.sige Interjektion Hui 
(z. B. Hui, da kraclit es), die immerhin nnt h ein Ausdruck des 
Schreckens ist, bieherzozieben sei, mutis ich dahingestellt sein lassen 
und lUge imr nodi bei, das« anch der Toggen bnrger die Bcdensart be> 
sitst: Jm Hui « im Nu.*) 

Da unsere Hilittrs an originellen Attakon>Hnfen fUr unsere Soi- 
«laten Mangel zu leiden scheinen, insofern sie ja das fremdländische und 
giinzlich nnschweizeriselie ^Hurrah* glauben euiführen zu mlî^ssen. ho 
möchte ich denselben unsern energictcheti Toggeuburger Kaiuplrat zu 
geneigter PrttAing empfehlen. 

Aaraa. Prof. Dr. J. Winteler« 



*} Vgl. zum Ganzen: Gruih s Wörtcrb. IV, 2 6. iHHâ ff.; Schweiz, lo 
11869. (Bed.) 



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Kleine Rundschau. — Chronique. 



M. Henri Mercier, privat-docent à V Université de Geni've, a 
commencé le 24 avril nn cours d'une heure par semaine sur «juelquea 
parties du Jolk-lore en pays français. Laissant de côté ou se bornant 
à indiquer les questions de critique qui pourront être reprises plus tard, 
dans des leçons plus développéfs, 3f. Mercier se propose, en ce semestre, 
de montrer surtout le côté esthétique et ^pittorestjue de la Tradition et 
d'attirer l'attention sur un ordre d'études encore trop inconnues ou 
trop négligées. Les principaux sujets traités sont ceux-ci: Chansons 
populaires: — théâtre de marionnettes; — folk-lore de divers métiers; 
— contes. 

Die Photogra])hi8che Gesellschaft in Bern sieht im ersten 
Paragraphen ihres Programmes die „Aufnahme der für die Volkskunde 
wichtigen Gegenstände (Gebäude, Brllcken, Bilder, Skulpturen etc.), 
volkstümlicher Gebräuche, Feste etc., Uberhaupt dessen, was sich ftir 
die Volkskunde bildlich darstellen lässt" vor. 

Wir begrüssen dieses Unternehmen auf freudigste und erhoti'en 
davon für unsere Zwecke die reichste Ausbeute. 

Da die Photographische (Tesellschaft sich in liberalster Weise an- 
erboten hat, uns Ko[)ieen solcher Aufnahmen zu liefern, so w*erden auch 
wir uns gerne /.u einem Kntgegenkommen verpflichten. Ks ist daher 
für die nächste Zeit die Aufstellung eines Spezial programmes und eine 
Preisausschreibung ftir die brauchbarsten Aufnahmen in Aussicht genommen. 

In Genf fand Samstag den 8. und Montag den 10. Mai die 
zuerst Tür das Schweizcnlorf bestimmte AufnUirujig des Château 
d'Amour statt, die wegen ungünstiger Witterung während der Aus- 
stellung nicht mehr zustande kam. Verfasser sind: unser Mitglied Herr 
Daniel ßaud-Bovy, der Dichter des Po»-me Alpestre und der bekannte 
Bildhauer Herr Hugues Bovy. S. hierüber: La Sf.MA1NK Littkhair>:, 
No. 17C und La Mosta(jne, Juin 1897. 

Montreux feierte am 8. Mai die fête des narcisses, eine 
Art Blumenkorso, dessen reizende Ausstattung die Tagesblätcer ein- 
stimmig rühmten. 

Sonntag den 30. Mai fand in Wädensweil das nordostschweiz. 
S c h w i n g f e s t statt. 

An demselben Tage wurde bei Gelegenheit der Einweihung der 
Linie Thalweil-Zug in Thalweil ein Festspiel abgehalten, dessen 
Verfasser, unser Mitglied Hed. .1. C. Heer, es sich hat angelegen sein 
lassen, in anschaulicher Weise manches charnkteristische Bild aus dem 
Volksleben in die Handlung hineinzuflechtcn. 



PrelsauMClirelbiiiig« 

Die Sebweiz. Gesellschaft Air Volkskunde wird je nach Mass^be 
ihrer Verinogeusverhiiltnisse im Lauf der nächsten Jahre Preise ans- 
schreiben für Arbeiten auf dem Gebiete der Voikskunde: 

Diese Preise werden ausgesetzt : 

. . , , ( Gegenstände: Volksfeste, Täuze, Auf-' 

a Fl r Amatenrphotofjraplun. j^^j^^^^^^^g^^^^ 

b) Für Zeichner und Maler. ^^^^^^ 6^^^^^ TT^hti«i n. drgï. 

o) Für Schriftslftllrr. 

Der Vorstaiul wird zur i'riiiuifniiiir der ciiipesainItL-n Articitcn 
eine Jury aus dem Hchosse der Gesellschalt wählen. Die Konkmreia- 
«rbeiten stnd mit Chiffre oder Motto zu bezeichnen nnd mit einer in 
venoblossenem Couvert befindlioben Adresekarte ni begleiten. Detail- 
lierte Programme, wie auch nSbere Auakanft nnd beim Vorstand (Freie- 
strasse S8, Ziiricli V) zu verlangen. 

Für 18'J7 wird Ii it.m i t a usgeschric he n e i n e Kon kurreuz 
fttr Auiatüurpiiutograpben. 

Als Preis sind Fr. 100. — ansgeaetaty die entweder ab Gesamt- 
preis Oller in 2 — 3 Preise verteilt zur PrSmierang verwendet werden. 

Abliel'erangstermin der Arbeiten: 1. Januar 1898. 

Der Präsident: Jlojj mann- K rayer. 
Der Sekretür: £. A. ^tUckelbery» 

La Société Suisse des Traditions populaires ouvrira, durant I(%s 
année'? prochaines, fies concours déstinés si encourager et à récompenser, 
' dans la mesure où Tétat des tiuanues le permettra, des travaux relatifs 
aax tradttiona popultûres. 

Des prix seront tour à tour décernés à: 

a) Dès photographea amateors, ou 

b) Des peintres et dessinateurs, jtour la représentation de irte'j po- 

pulaires, de diinsts, de cortèges, etc., d'anciennes maisons de 
paysans, d'ustensiles rustiij^ues, de costumes, etc. 

c) Des écrivains. 

ht jury chargé d'examiner les envois et de décerner les prix 
sera composé de membres de la Société, designés par le Comité. Les 
envois devront être munis d'une devise on d'nn chiffre, qui seront rcpro- 
duita sur un pli cacheté contenant le nom et l'adresse de chaque auteur. 

Pour obtenir des programmes détaillés ou d'autres renseignements 
s'adresser au Comité (Freiestrasse 88, Zurich V). 

Pour T-année 1897, le concours est ouvert aux phote* 
graphes amateurs. 

Une soniiiie de 100 francs est mise à In disposition du jnry, 
qvii pourra, suivant le mérite des envois, la répartir en deux ou trois 
prix ou n*en décierner qu'un seul. 

Les envois doivent être remis avant le 1 janvier 1898. 

Le Président: E. Hoffmann-Krayer. 
Le Secrétaire: E» A, Stückelberg, 



Bücheranzeigen. — Bibliographie. 



Ludwig Tobler, Kleine Schrilten zur Volks- and Sprachkande. 
Heransg. von J. Bäohtold and Â. Bacbmann. Mit Portr&t, Lebeosabriss 
nnd Bibliographie. Fraoenféld, J. Haber, 1897. 8® XVI mid S30 
S3. — geb. G Fr. 

Ks ist wieder eimiial ein prächtiges Bucli, das den llaliei'schen 
Verlag vor zwei Monaten verlassen bat: einfach und vornehm in seiner 
Aasstattaug, Uberreich in seinem Inhalt. l>aa ist Tobler selbst, wie 
er war; baieer könnte man ihn meht oharaktariiieren, Tobler gehörte 
nicht £0 den „Gr^tosen" in der Wieseneohaft, qiocbemachende Entdeck- 
ungen, die seinen Namen in £sme Weltteile getragen hätten, hat er 
nicht gemacht : und wenn anclt : seine gehlichte Natur, die allein die 
w i «sens chaft liehe KniuiL'enschatt im Auge hatte, würde jeden Per- 
8oiienkultus abgelehiii haben. Das geht zu deatlich aas einer seiner 
leisten Aafiniohnungen herror, mit der auch daa pietitvolle Begleit» 
wort der Heranageber echlieBat: «Ea iet gnt, dam jeder sich bewnaat 
bleibe, wie gering der Wert eines einseinen, ganz gewöhnlichen Men- 
schenlebens im Vergleieh mit allgr-meinon Interpssen ist. Wenn ich 
irgend ein Verdienst uder eine Tn>:;end hahe, so bestehen sie darin, da«s 
ich diese Einsicht bei Zeiten erworben und festgehalteu habe." So spricht 
nur einer, der auf weiten Gebieten der Wiasenscbaft gewandert nod bi« 
sa den Xaeaeraten Grenzen nneerea Erkennena yorgedmngen ist; ein 
gottbegnadeter Forscher. 

Es ist demnach nicht anders zu erwarten, als dass von den 
Schriften eines solchen I^Ianneä die reichlicbbte Anregung und Belehrung 
aoulrümt, und die Herausgeber der vorliegenden Sammlung haben durch 
eine treffende Aoewahi, nnd namentlich dnrch die Torwiegende Bertlck- 
sichtigung der Tolkakunde, das ihrige daza beigetragen, dus aiieh 
der Laie Interesse an den liehandelnden Gegenständen gewinnen mnss. 

Unsere Leser Rpezieli mächten wir uni das Buch hinweisen. I)ie 
Artikel: ,Ueber schwei/.erische Nationalität*", nAltschweizer- 
isehe Gemeindefeate'^, „Die Hordnftebte vnd Ihre Gedenk* 
tage*, ,Ueber sagenhafte Vfflker des Altertama nnd UitteU 
alters**, „Die alten Jungfern im Glauben nnd Brauch des 
deutschen Volkes" zeigen eine so erstaunliche Relescnheit nnd ein so 
feines Verständnis iür die Regungen der Volksseele, dass wir den \'eriust 
Tobiers für die Bestrebungen unserer Gesellschaft nie genug beklagen 
können. Nicht minder feinsinnig sind aber Tobiers Arbeiten anf dem 
Gebiete der Geieteskititar nnd der Seligionsphilosophie, ans denen hier 
in geschickter Auswahl die bedentendsten : «Das germanische 



BUch«ranzeigeD. — Bibliographie. 



253 



Heidentum und das CliristentQm'* nnd »Mythologie ond Re- 
ligion'* beransgehüben sind. 

Id der Mitte zwischen den beiden Gebieten der Volkskunde und 
der Spraobkiinde steht der AnfiBats: gEtbnographieehe Geaiohts» 
pttnkte der achweizerdeoteeben Dialektforaehvng'', in welebem 
mit weitem Blick alle einzelnen Pankte erwogen und beleuchtet werden, 
die uns Uber die orsprUngliche Stammeverteilang Aut'schhiss geben können. 

Rein spraclilich sind endlich dit.' divi noch sich anschliessenden 
Arlx'iten : .^L'eber die gcsc hi c Ii 1 1 i c Ii ( r e .s t a 1 1 u ii ji^ des \iTli.ilt- 
niûiiés zwibchtiu iSchriftsprache und i^Iuuilurt^', dP^^ Iremden 
WVrter in der dentaehen Sprache* und «Ueber die Ânwend> 
ang des Begriffes von Gesetzen anf die Sprache*, aber auch 
aie voll neuer Gesichtepunkte und Anregungen. 

Ein chronolof^isches Verxeiohnis der gedruckten Ar- 
beiten Toblerë ächlittäst das inhaltsreiche Buch. 

Auf das Einzelne können wir hier selbst verständlich nicht ein- 
treten ; aber sehon der Hinweia auf die behandelten Themen und ani 
die hervorragende Stellung des Verfaesers in der Wissenschaft sollte 
unsern Lesern Gewähr dafür bieten, was fllr eine reiche Belehrung sie 
aas dem Buch schöpfen können. Ea sei ihnen aufs wiirinste empfohlen. 

E. H.-K. 

August L'i.iucii, Beiträge zur bUndnerisehen Volksbotanik. iCweite, 
bedeutend vermehrte Auflage. Davoa (Hugo Richter) 1897. 75 SS. 
— 1 Fr. 

Die Ydkabotanik, jenes wichtige Gebiet der Volkskunde, iat durch 

Ulrichs Büchlein erheblich bereichert worden; au den Schriften von 

Dnrheim, Wartmann, Hhyner cti. bildet es eine willkommene Er- 
gänzung. Mit grubüeui iîMeisse sind die ninndartliclun Benennungren 
gestammelt und den in alphabetischer Heihentolgc geordneten lateinischen 
Namen beigesellt. Zudem wird jeder Volksglaube, der sich an eine 
Pflanze anknOpIt, jeweilen gctlissentlich angeführt. Die Schrift Imt nna 
von Neuem gezeigt, wie nahe sich das Volk verwandt fühlt mit den 
Produkten der Natnr. Möjje sie bei den Frenndcn unserer einheimischen 
Flora und unseres Volkslebens manchen Leser linden. 

E. H.-K. 

L. CouRTUiON, Les Veillées des Mayens. Légende^i et Traditions 
. vataisannca. Avec une préface de Ed. Bod. Itlurtrationa de H. van 
Muyden. 214 pp. Genève a. a. (1697) Ch. Eggtmann et Cie. 

, Voici un livre qo'il eat bien superflu de recommander,'* «o beginnt 

unser lierühnitcr f^andsmann in Paris seine Vurrcdc', nnd in der That, 
Wer das reizende liiiciilein einmal in die Uuiid genoiuuien und durch- 
blättert hat, wird es wohl kaum mehr mit einem „ refusé* zuriick- 
apedieren. 

Unsere Anzeige gilt aber denjenigen nnserer Leser, die die 
anziehende Schildemng noch nicht zu Gesicht bekommen haben. Ihnen 
möchten wir das Buch Iri! i.' 'nd zur T. ' türe empfehlen. Louis Cour- 
thion ist ein grosses jLr%iiblertaient , das mag man schon ans der 



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254 



Geschenke. — Dous. 



Halbmonatsschrift „Le Valais Romand" ersehen; aber hier hat er nns 
nun etwas ganz Besonderes geboten, indem er in musterhafter Auswahl 
die volkstümlichen U^eberlieferungtni seiner Heimat, des französischen 
Wallis, vorführt. 

Der Stoff ist von ihm selbst in folgende Kategorien eingeteilt : 
Traditions et Légendes, Sorcellerie, Fées, Diables, Dragons, 
llevenants. Loups - garous (Wehrwölfe), Chansons. In dieser 
K'îihenfolge /.iehen sie an uns vorUber, all die markigen Hochlands- 
gestalten, die schnaubenden Sturm- und Wetterdämonen, die verderben- 
säenden ünholdinnen nnd Höllengeister, die feuerspeienden Ungetüme, 
die rahelosen Seelen : ein brodelnder Hexenkessel phantastischer Gebilde. 

Das Gan^e ist vornehm ausgestattet — wie es von der Firma 
Eggimann nicht anders zu erwarten war — nnd mit genialen Feder- 
zeichnungen von der Hand H. van Muydens illustriert. 

Der Preis von Fr. 3.50 scheint uns für das, was geboten wird, 
sehr bescheiden. 



Nordisches Museum in Stockholm: Huna 1888. — Saga 1885. — 

Samfundet för Nordiska Museets främjande. Meddelanden 1893/4. 
Bidrag tili v;ir odiings häfder No. 4 u. 5. — Das nordische 
31uscnni in Stockholm. Stimmen aus der Fremde 1888. — 

Herr Prof. St. Prato in Arpino : U Separutabzüge verschiedener Auf- 
sätze von seiner Hand. 

Herr Dr. E. Haffter in Maienfeld : Zeitungsausschnitte betr. Volkskunde. 

Herr J. Heierli in Zürich : Kine grössere Zahl von Abbildungen, Zei- 
tung.siiusschnitten nnd Separatabzügen. 

Herr Dr. A. Blschoff in Zürich: C. Meyer, Die Xibelungensage. — 
Id., Loki und sein iMvthenkreis. — 

Herr J. E. Rothenbach in Küssnacht: J. J. Kgg, Job. Hängärtner. — 

aM. Jos. Reichlen à Fribourg: La Groycre illustrée, Fa.sc. I — lU. 
Herr G. Pult in Sent: l'ult, Le ])arler de Sent. — 
Herr Prot. Dr. R. Brandstetter in Luzern : Brandstetter, Malaio- 
polynes. Forschungen 1 — V. 



L. H. - K. 



Geschenke. — Dons. 






Tauschweise eingegangene Publikationen. 
Remues et annuaires reçus en échange, 

(FortsetjsnDg von 8. 167 — Saite de p. 167.) 

Bollettino Storico délia Srizzera italiana. (Ëditori: Eredi C. Colombi, 

Bellinzûiia.) 

Au Foyer romand, l'tr. nn.s nt«('raires. (Editeur: F. Pavot, Lausanne.) 

Geschichtsforschender Verein von Ober-Wallis: Blätter m» der 
W'alliser Gesciiiclite (Verlag: K. Gessier, Sitten). 

Smithsonian Institution, Bureau of Âmerican Ethnology: Annual Re- 
ports (NVaehingtoD, Government Printiog Office). 

Societad rhaeto-romanscha : Annalas (Cnera* £dixian e proprletad 

délia Socii'tail). 

Schweiz. aipwirtschaUlicher Verein: Aii>\virtscbaftliclie Muimtsblaitcr 
(Redaktion: Prüf. A. Strüby, Solotliurn). — Schweiz. Alpstatistik 
(Solotbnrn, Jent & Cie.). — Berichte Uber die AlpwanderknTMe 

(l^bda). 

Société d'Histoire et d'Archéologie de Genèvo: Bulletins de la 

Sociét»' GciH'vf, LiKraiiic .Î. Jullien). 

Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urge- 
schichte : Zeittichritt für Ethnologie. — Nachrichten Uber dentacbe 
Attertiimsfnnde (Berlin, A. Aefaer & Co.). 

aiobltS. Ilhistrierte ZeitHchritt für Länder- und Völkerkunde, heranag. 

V. IMchard Andti M'-ni-i^i liw I'rii.ilr. \ icweg & Sohn). 

Tschechoslav. Ethnograph. Gesellschaft: 'Js*iicclu.scho Zeitsohn it für 
Ktlmulogie. — Beitrage zur Geschichte der tschechischen Ethno- 
logie. — Nachrichten ttbor da« tecbecb. etbnolog. Museum. — 
Berichte ttber d. TbXtigkmt des tscheeb. etbnolog. Uuieume. 

Volksitunde: Tijdschrift voor nederlandäche Folklore. Onder redactie 

\ fiM Pol de M'M t V A. de. L'uck. (Gent, A. Huste';. 
Verein für Sâchs. Volkskunde: Mitteilnngm des Vereins etc., hrg. 
von Prof. Dr. E. Mogk (Leipzig, t'arbcrstraiwe). 

Histor. und antli|aar. Gesellocimft za Basel: Beiträge sur vaterl. 

Geschichte. (Basel, Georg «It Cie)* 

Verein für Österreich. Volkskunde: Zeitschrift fAr «eterr. Volkskunde. 

U.-diunert vr.n I>r. M. Hafieiln-ît, Wi^n. 

Verein für thüringische Geschichte u. Altertumskunde: Zeitschrift 
des Vereins etc. (Jena, Gustav Fischer). 

Verein f. hess. Gesell, u. Landeskunde: Zeitschrift des Vereins. — 

(Kassel, A. Freyschmidt) Mitteilungen an die Mitglieder des 

Histor. Verein des Kant. Thurgau: Thurg. Beiträge zur vaterl. Ge- 
schichte (Frauenleldj. 



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Zu nebenstehender Tafel. 



Was ein Berner Hau« sei, weiss unter uns wohl jedes Kind. 
Denn alle haben schon die niedlichen geschnitzten Häubchen im Kram- 
laden bewundert oder haben sie gar geschenkt bekommen. Und so 
trägt denn Kindermund das Lub des Berner Hauses in die weite Welt. 
Das hat wohl auch der Klinstier empfunden, als er vorstehendes Bild 
schuf. Doch der Berner Häuser giebt es mehrere. Dasjenige, das er 
gewählt hat, liegt inmitten einer fnichtbaren Landschaft, von Obst- 
bäumen umgeben, mit dem Hochgebirg im Hintergnmd. Offenbar ist 
es die Wohnung eines behäbigen Bauern. Die lustigen Fensterreihen 
zeugen vom Frohsinn der Bewohner. Der wohlbesorgte Garten mit 
seinem ^Schciclihag", das schwärmende Bienenhaus, der plätschernde 
Brunnen, wo der Bursche, während er das Vieh tränkt, mit den Mäd- 
chen Bchäckert, endlich der Grossvater auf der Sitzbank vor dem Haus 
sich ausruhend, vollenden das stimmungsvolle Bild. Es versetzt uns 
ins Berner Mittelland, sagen wir ins Emmenthal. Ganz aus Holz 
gebaut, hat es statt der Block wände des Länderhauses starke Ständer 
mit Bohlen dazwischen und unter den Lauben Büge statt vorragender 
Pfetten. .Die Dachpfetten liegen versteckt hinter der halhkreistïîrmigen 
Verschalung. Die Untersicht der Verschalung und der dahinter liegende 
(iiebel waren bemalt. 

Hecht deutlich spricht ftlr den Wohlstand des Hauses der statt- 
liche „Yfar" [Kinf'ahrt], wo der schwerbeladene Wagen über die Rampe 
und Uber die „Brugg'' hinweg auf den Estrich führt, zunächst ins 
^Tenn", zu dessen beiden Seiten die „Heubüni" sich vertieft, dann 
auf die „Garben-" oder „Gwächs-BUni", bis endlich die Deichsel zum 
Guckloch des Estrichs herausschaut. 

Betreten wir die Wohining. Die Ilausthlir führt direkt in die 
Küche, die von einer Traufseite zur andern reicht. In der Mitte, an 
die Brandmauer angelehnt, steht der Herd. Unmittelbar darüber ragt 
der „ Flammenstein * aus der Mauer vor, um die Funken aufzufangen. 
Ucbrigcns steht der Herdranm offen bis unter die „FUUr-Tili". Die 
Geheimnisse des Rauch weges wollen wir nicht weiter verfolgen. 

Vor der Küche, am Giebel, liegen die Wohnzimmer, darüber die 
Kammern. Das grosse Eckzimmer auf der Sonnseite ist die Stube, 
hübsch vertäfert, mit geschnitztem „Buffert" auf der einen, mit der 
„Lottcrbank"* um den Ofen auf der andern Seite der Thür. In der 
Fensterecke steht der mächtige Tisch ; an den anliegenden Wänden 
herum laufen die Sitzbänke ; über denselben hängen Messer und Gabeln 
im Lanfriemen an der Wand. Auf einem „Lädli" im innersten Winkel 
steht die „Berliburger Bibel**, die an langen Winterabenden herabgeholt 
wird, wenn die Familie um den Tisch sich versammelt und Gross- 
mutter, mit d< r Brille bewaffnet, langsam vorliest. 

Aarau. J. H. 



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Société Suisse des Traditions [Populaires* 
Schweiz. Gesellschaft für Volkskunde. 



Archives Suiss 



Traditions ^Popiilair 





Revue trimestrielle 

publiée par les soins du Comité et dirigée 



pur 



Ed. Hoilmann-Krayer. 



lPreiiilè'?« année, 4?** llTraiMn. 



ZURICH 
luiprimerie Hmile GoUî 
I8d7. 



d bÄ^OOQ 




SOMMAIRJE. 



1. Die FaNtnaclitsgebrâuehe in <ler Schweiz. (Scbluss) 

K. Hoffmann-Kruver . , ■ . . 257 

2. La liésende de ia Beine Bertiie. Man»t 284 
S. Mélanges. 0« «terre iohisoha Bienenbrettohen J. fi. 

RotfaeniMch 318 

Nebel vertreiben im frans. Wallis. «Valaie 

Romand* 819 

Ueber den L$ffel balbieren. 6. Kbyner 320 

4. Avis ... 320 

â, Cout€n08. Î. Tabk a!ial\ tiqne des MatitretJ . . . 321 

Ii. Table iili>l;aln'ri,ni.' des Mati»'r»'s . . . 322 

III. ]Someiiciature ali^imbéti^ue .... 32ö 



La revue formera chaque aimée un Tolame de 20 feuilles 
d'impreiaioD. 

Conditions d'abonDement: pour lee membres de la Société, 
4 fre. ; pour les peraootiea qui n*eo font pas partie, 8 frs. ; poar 
rétranger le port en sas. 

h es articles poar la revue, les envois de livres, les adhésion 
doivent être adressés an directeur: 

Mr. Hoff'manfi'Krayer, Freiestrasse 88, Zuricb Y. 



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Die «Ehrenseichen' der Basier Yoretadt-Geeellaohaften. 

Nach einer Radierung von Daniel Bnrekhardt an» dem Jahre ITOl 



Die FastnachtsgebrSuche in der Schweiz. 

Yon Dr. £. Ilotfmaun-Kraver ia Zürich, 
(ächluss.) 

Die gm ppcMi weisen Fas t n ac Ii 1 3u mz üge, deren wesent- 
lichste Erschüinungen wir nun skizzieren wollen, schiieaaen eich 
enge und organisch an die der Einzeltiguron an.') 

Einen besondora altertümlichen Charakter hat der Januar- 
Umzug des Ivleinbasler „Ehrenzeichen" (Abbldg. s. o.). 
Freilich ist er in der jetzt bestellenden Form kaum so alt, wie man ge- 
wöhnlich anzunehmen geneigt ist. Ueber den Ursprung läsat 
sich nichts Positives sagen, bevor die Archive der Yorstadtge- 
aellschatten gründlich durchforscht sind. 

Heutzutage ist der Hergang folgender^): Am 13., 20., oder 
27. Januar, je nachdem die Gesellschaft zum Rebhaus, zur Iiiiren 
oder zum Greifen in dem betreffenden Jahre den Vorsitz führt 



*) Einiges hieher Gehörige ist bereits bei Gelegenheit der Zunft- 
ttod der Pflugumziige (S. 197 ff. u. 134) bMproehen worden. 

*) Naeh gefiUligen Angaben tod Herrn A. Lots-Tmeb in Baael. 

17 



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25B 



Die Fastnachtogebräaehe in der Schweiz. 



(welches abweehBlongsweiee geschieht), findet in der gemeinaamen 
Stube eine gesellige Vereinigang der drei Eleinbasler Gesell- 
schaften, das sog. ,Gryffe-MäbIi/ statt. Am \forgeD dieses Tages 
begiebt sich der als Waldmenech (^wilder Mann*") verkleidete 
Vertreter der ,,Hären* mit zwei Trommlern, der Fahne seiner 
und der dieses Jahr Vorsitzenden Gesellschaft an den obern 
Bhein, wo zwei durch einen Bretterboden verkoppelte Bote 
(RWeidlinge**) seiner harren. Unter Böllerschüssen und Trommel- 
wirbel fährt er hierauf rheinahwärts bis zum Gesellschaftshaua, 
dem ehemaligen Biohtbaus der ,,Minderen Stadt% und wird dort 
bei der Landung von den „Ehrenzeichen" der andern Gesell- 
schaften, dem Greifen und dem Löwen, denen sich der Narr 
„Uoli," die dritte Fahne und Trommler zugesellen, feierlich em- 
pfangen. Nach einem gemeinsamen Labetrunk begiebt man 
sich etwas vor 12 Uhr auf die Rheinbrücke, wo beim mitt- 
leren Joch („Käppelijoch"), der Grenssoheide zwischen Klein- 
and Gross-Basel, ein nach bestimmt vorgeschriebenen Rhythmen 
geregelter und für jedes „Thier" verschiedener Tanz (Leiie- 
JMmz, Wildnianne-IHinzU, Gryffe-Danz) aufgeführt wird. Die- 
ser Tanz wird an verschiedenen Orten wiederholt and dann 
folgt das Gesellschaftsmahl. Gegen Abend wird ein Umzug mit 
Begleitung des ,,Uoli", welcher in einer Sammelbüchse für die 
Armen Klein-Basels Geld erbettelt, veranstaltet. £in gemein- 
sames Abendessen beschliesst den Tag. 

Dieser Hergang scheint seit 1838, dem Jahre, wo man 
sich zum ersten Mal in einem Gesellschaftshause zusammenfand, 
zu bestehen. Bis dahin war es anders gewesen. Jede Gesell- 
schaft hatte ihren besondern Festtag und die Ehrenzeichen zogen 
daher einzeln um. Dabei war der wilde Mann von einem klei- 
neren l'xemplar derselben Gattung begleitet worden, und Leu 
und Greif wurde jeder von einem Uoli an einem Strick herum- 
geführt. Besondere lîeachtung verdient jedoch nur der Umzug 
des Leuen, welcher an der sog. ,,Knlt(>n Kilbi" (Î3. Januar) 
stattfand und damit endete, dass, beim Ixebhaugbrunnon ans-p- 
langt, das Tier sich losriss und seineu Wärter in den Brunnen 
warf.') 

') s. o. S. 135, wo allerdiogs die Uarstellong UDfjeiiau. üeher dît» 
S Gesellsohafken vgl. die dort zitierte Qnelle; ferner J. J. Spbeso. Der 
mindern Stadt Basel Ursprung o. Altertum, 17is6^ S. SS ff. ; Rivbacm 18S7 
S. 98; BsiTBloK sur vatertXad. Geschichte (Basel) I. S. 179. 




Die FastnaohtBgebrMuebe in der Sebweii. ' 259 

Wie bei andern Belästigungen, so scheint es in älterer 
Zeit aucii bei diesen Umzügen etwas roher hergegangen zu sein, 
als heutzutage. Wir sch Hessen das aus zwei Ratsprotokollen 
▼om J. 1Ö92, wonach beschlossen wird, den drei Gesellschaften 
sei ,,zuzusprecheD, merer bescheidenheit in irem umbzng an 
brauchen" (2. Febr.), und „sind die Meister und Mitmeister aller 
Gesellschaften enet Ryns ffirgestellt und des unzüchtigen wäsens, 
mit ircm umbzng getriben, gerechtvertiget worden. Sollen hiofûr 
den Meistern die vendlin ûberschickhen one lunbaug'^ (9. Febr.) 

ÂUS diesen Protokollen geht femer berTor, dass man in 
jener Zeit noch gemeinsam nmsog nnd damit eine Fahnenuber» 
gäbe an die Meister (Gross-BaselsP) Tsrbftnd. 

Etwas Anderes ist es wohl, wenn der „Sehweiserbote'' tob 
1807 (S. 70 f.) erwihnt, dass am Âachermittwoeh, „wo auf allen 
Zünften Sehmftuse gegeben werden, der nach alter ehevoriger 
Uebung erwartete Besnch der drei sog. Ehrentiere, des Greifen, 
Wildenmann nnd Löwen mit ihrem Uhly unterblieb, was doch 
sonst nie nnd nur zwt Zeit der unglücklichen helTetischen Be- 
giernng unterbrochen ward." 

Was uns aber eigentlich bestimmt hat, diesen Brauch hier 
zu erwfthnen, ist der Umstand, dass die lebenden Schildhalter 
früher auch an Fastnacht umaogen, und swar nicht nur die drei 
genannten, sondern auch die der Grossbasler Torstadtgesell- 
schaften. Das Basier Kupferstichkabinet beeitat eine kleine Ba- 
dierung von Daniel Burckhardt aus dem Jahre 1784, auf der 
ein geroemschaftlicher Umsug der Vorstadtzeichen : Wilder Mann, 
Greif, Leu, Magd („zur Magd"), Krähe, drei Eidgenossen und 
Wilhelm Teil („zum BupP') dargestellt sind (s. 8. 257). Diese Dar- 
stellung illustriert aufs deutlichste folgende Stelle bei Ochs (Gesch. d. 
Stadt u. Landsch. Basel T, 402): „Einmal im Jahre pflegen sie 
[die Yorstadtgesellschaften] mit einander freundschaftlich zu essen, 
und an der Fassnacht, wenn der Bath es nicht yerbietet, stellen 
sie sog. Umzüge an. Dort wird das Wappen der Gesellschaft 
In lebendiger Gestalt, masquiert oder verstellt, in der Stadt herum 
begleitet Einige mit der alten Schweizertracht sind die Be- 
gleiter. Dann folgen junge Knaben mit Trommeln und Gewehren 
und mit der Fahne der Gesellschaft. Endlich Kinder von beider- 
ley Geschlecht und allerley Kleidungsarten schliesseu den froh- 
lockenden Tross/' Aber noch 1849 zogen die Ehrentiere an 
Fastnacht um, wie die litterarische Beilage zum Intelligenzblatt 



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260 



Die Fastnachtsgehräucho in der Schweiz. 



(S. 35) in diesem Jahre berichtet ; ebenso erwähnt ein etwas 
verworrenes Referat in der Leipziger lUuatr. Zeitung vom Jahre 
1857 (S. 235 ff.) das Umziehen sämtlicher Vorstadttiere an 
Fastnacht, wogegen die beigegebene Abbildung nur die Klein- 
Basler Tiere und die Krähe zeigt, die einen Tanz auf dem Fisch- 
markt abhalten. 

Nach all diesen Aeusserungen haben sich also die Zunft- 
zeichen auch an den eigentlichen Fast nach tsumzügen beteiligt, 
die ihrerseits freilich in Basel einen grossen Wandel durch- 
gemacht haben 

Ueber die Entwicklung der Basler Unizüge haben wir in 
einer andern Abhandlung gesprochen*), und gesehen, dass sie in 
ältester Form nichts anderes als militärische Musterungen waren, 
die mit einigem carnavalesken Pomp ausgestattet wurden. So 
z. B. der Umzug von 1540. In der Folgezeit bis zum Ende 
des XVIII. Jahrh. scheinen die eigentlichen Umzüge, wie sich 
aus hin und wieder auftauchenden Verboten oder sonstigen Er- 
wähnungen erschliessen lässt, nur von Kindern ausgeführt worden 
zu sein. Wir zitieren aus den zahlreichen Belegen einige wenige. 

1765: Ferner haben Wir die Schädlichkeit der Umzüge 
der Kinder, so bisher zur Fassnacht-Zeit gehalten worden sind, 
und die vielen Unanständigkeiten, so dabey vorgehen, beherziget» 
und desshalben gut befunden, dieselben völlig abzustellen." (Re- 
formations-Ordnung). — 1769 : „Wir mögen wol zugeben, dass 
etwas erwachsene Knaben ihre Umzüge, und zwar zur Fassnacht- 
zeit, halten ; damit aber alle dabey einschleichende Missbräuche 
und I-^nanständigkeiten so viel möglich vermieden bleiben, so 

verbieten wir alles Schiessen ausser Ordnung und dass 

keine Ilarnischmänner noch sonst masquierte Personen, auch 
keine Weibsbilder noch Kinder sich dabei einfinden sollen." 
(Ref.-Ord.) — 1788: ^,Da von den Herren Vorgesetzten der E. 
Aeschen- und Steinen(|uartierc die Erlaubniss, den gewöhnlichen 
Fassnachts-Umzug zu halten, ertheilt worden, so dienet zur 
Nachricht, dass diejenigen E. Eltern, welche ihre Kinder daran An- 
theil nehmen zu lassen willens sind, sich auf E. E. Zunft zu We- 
bern anzumelden haben; man verspricht, die nötige Sorge für die 
Kinder zu tragen.** (Basler Wochenblatt). — 1798: „Soll im 
Nahmen der vereinigten Regiorungs- und Polizey-Comitées durch 



') Bilder aus dem FasHiachtslehen im alten Basel (1Ö%). S. Kî ff. 




Die Fastuachtsgebräuche iu der Schweiz. 2i»l 

den Trommelschlag kund gemacht werden, dass für dieses Jahr 
alles Umschlagen, Umzüge, Yermummungen, Masquerades, Trom- 
meln und Schiessen an der bevorstehenden Fastnacht gäntzlichen 
und bey hoher Strafe verboten seye." (Verh. d. provis. Reg.) — 
Hit àem Beginn dieses Jahrhunderts werden die Umzüge dann 
wieder frei gegeben, jedoch auf Knaben beschränkt (s. die betr. 
Yerordnaogen im Kantonsblatt). Erst nms Jahr 1820 scheinen 
die glansTolIeren Umzüge 2u beginnen, wie sie heutzutage die 
Basler Fastnacht ausxeicbnen. Laut einer Hittetlnng de« «.Schwei- 
zerboten* ist im Jahre 1820 ein grosser „Ritterzug**, darstellend 
die Hochzeit Ottos von Thierstein mit Katharina Ton Klingen, 
ausgeführt worden. 

Gegenwärtig sind die Quartier^ und Gesellschaftsumzüge 
wieder au der Tagesordnung, die grossem unter Begleitung ron 
phantastisch aufgeputzten Wagen, die kleinem nur aus Tromni- 
. lern bestehend; in jedem Falle aber bilden die Trommler, die 
sich in Basel durch ein ausserordentlich feines rhythmisches Ge- 
fühl auszeichnen, stets den Grundstock eines Zuges. 

Neben den organisierten Umzügen kommen hier auch sahi- 
reiche Einzelmaskeu vor, die sich auf den Strassen heramtreiben 
oder in die Häuser eindringen, um zu „intrigieren." 

Der „Horgenstreioh'*, der immer als besonderes Charak- 
teristikum der Basler B'astnaoht hervorgehoben wird, scheint in 
der heutigen Gestalt nicht sehr alt zu sein. Freilieh reicht das 
nächtliche Herumschwärmen Yermummter in das germanische 
Heidentum zurück; aber wie am Tage, so lassen sich auch in 
der nächtlichen Morgenfrühe eigentliche Umzüge erst spät nach- 
weisen, und überdies datiert der Beginn des Morgenstreichs nm 
4 Uhr erst vom Jahre 1895. 

In Zürich scheinen ehedem die Verhältnisse ganz ähnlich 
gewetsen zu sein, wie in Basel, wenn auch die heutige Fast- 
nacht beinahe völlig iu dem „Seehselänten** aufgegangen ist. 
Den Umzügen der Kleinbasler Gesellschaften entsprechen hier 
der bereits (S. 127) genannte Metzgernmzug und die Umzüge 
mit der Bärenhaut und dem Kohlenkorb, über die uns von Moos^) 
kurz folgendermassen berichtet: „A. 1769 ward das an diesem 
Tag übliche Herumführen der Bärenhaut, oder eines in eine 
Bärenhaut eingekleideten Menschen, wie auch die auf der Schmte- 



<) Astr.*polit.-histor. und kirehl. Cat. II, 68. 



862 



Die Fantaachtsgebrttuche in der Schweix. 



denzunft gewöhnliche nächtliche Prozession mit dem Kollenkorb, 
welohe am Hirsmontag Torsugehen pflegte, ans guten Gränden 
abgekeont.** 

Für eigentliche kostümierte, darstellende Umzüge liefert 
die Donaueschingcr Edlibach-Handscbrift einen interessanten Be- 
leg ans dem Jahre 1484. Nach einer Angabe im Ânz. f. schwew. 

AUortumsk. 1870, 203 schildert sie eine zusammengehörige Gruppe 
Kostümierter, welche, nach dem bekannten Vers über die Altera- 
skala, die Lebensalter darstellten. — Sodann werden in Man- 
daten aus der ersten TTfilfte des XVI, Jahrhunderts vielfach die 
Umzüge mit Trommeln und Pfeifen genannt ; wir zitieren ein 
Verbot vom 15. Februar ir)2S: ,.dnP8 iotz uflf die fassnacht gar 
nicnians, es uff der gassenn. uff denn Zunfftenn oder anndern 
Btubenti, ortonn und Enndenn, tanzenn, ouch nienians mit tmmen 
unnd pfitfeim umbzüchenn und zu tantz machen solle". 

Jetzt hndeii in der Stadt ZünVh Umzüge nur noeh am 
„bechaeläuten", dem Frühlingsfest am ersten Montag nach Fnih- 
lings-Tagundrüirhtgleiche. statt, und zwar, nach einer Notiz im 
Zürch. Jahrbuch f. Gemeinu. 1884 S. 192 erst seit 1817. üeber 
die Gebräuche des Sechseläutens verL'leiche man das Schweiz. 
Idiotikon III 1511 fg., wo n(nh weitere Litteratur genannt ist. 

Im Kanton kommen hingegen hie und da Fastiiachtsumzüge 
vor, die aus verschiedenen Zeiten herdatieren mögen : so z. B. 
in Wiuterthur, in Elgg, im Oberland ; meist sind es jedoch klei- 
nere Knabenumzüge militiiriücheu Charakters. 

Neben Basel wird als Fastnachtsstadt in erster Linie Luzern 
genannt, und mit Recht ; denn nirgends ist das Fastnachtsleben 
80 reich zur Entfaltung gekommen, wie gerade hier. In Taizern 
war es, wo die Anordnung von Schauspielen um diese Zeit einer 
streng geregelten Organisation unterworfen wurde, wo eine sa- 
tirische Fastnachtslittcratur bereits im XVI. Jahrh. existierte; 
hier auch, wo sich der originelle Laadsknechten- und Fritschi- 
umzug abspielte. Ersterer ist nun zwar eingegangen uud letzterer 
zu einem charakterlosen, wenn auch oft pomphaften Masken- 
aufzug entartet: aber immerhin ist ihre Geschichte interessant 
genug, um etwas näher beleuchtet zu werden. 

Der „Landsknechten Umzug" oder „Umgang im Har- 
nisch'*') war ursprünglich nichts anderes als eine Waflenachuu, 

•) 8. J. BcHiN' t K, Dil' Stadt Lnsem u. ihre ITm^cbungeii 1811, 180; 
II. A* Fbibrabsxd, Ueber Vulksfeste and Voiksspiele iai Kaut. Lusem 



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Die FastnaehtBgebrlluche in der Schweii. 



863 



wie wir ihr schon in Basel begegnet sind, nar wurde sie hier 
za einem regelmässig wiedcr1:ehrcodea Qedenkfest, indem man 
sie an die aogeblicho Morduacht Yon Luzorn uiknûpfte') und 
sie zu förmlichen Bcheinkämpfen zwischen Eidgenossen und Oester- 
reichern ausbildete. Nach Liebenau fahrte im J. 1435 noch 
ein „Narr" mit der ihm Tom Kate geschenkten ^jJüppe'^ den 
Reigen; später trat an seine Stelle die Marketenderin (Huer). 

Ob der ganze Aufzug: ursprünglich in die Fostnachtszeit 
fiel, ist nicht sicher ; jedeufalla aber wurde er schon in der 
Reformationszeit auf den Fritschitag verlegt. In der Zugord- 
nung marschierten bis ins XVII. Jahrh. zuerst die Kleinräto, 
dann die Grossräte, hierauf die Bürger und am Schluss die Hin- 
tersassen und die Unterthanen, nach Land vogteien geordnet. 1699 
wurde die rulvervcrschwendung und das Abholen von Wein 
aus den Häusern während des Umzugs verboten. Statt nach 
(Quartieren wurden jetzt nach Zünften T^mznge gehalten. 1713 
wurde der ganze Landskneehtenumzug definitiv ahgcîpcliatt't. 

Ueber den Fritschiuinzug können wir umso rasehor h\^^- 
weggehen, als dieses Volksfest schon eine überreiche Litteratur 
in Form von Schilderungen aufzuweisen hat.-) Freilich krankeu 
all diese Abhandlungen, mit Ausnahme derjenigen von liiebenau'», 
an derselben Kritiklosigkeit, indem sie die seit Cysat eingedrun- 
gene Fabel von dem „histurischeu Bruder Fritschi ' weiter kol- 
]to[nereü, und so eingefleischt ist trotz den For-chungen v. Lie- 
i tiau's diese Ansicht in Luzern, dass selbst eine aut den Fritschi- 
tag von lSi)7 herausgegebene Broaohüre sie in extenso wieder 
abdruckt. Wir haben sehon bei Anlnsa der Fastnachtsbesucho 
der alten Eidgenossen (S. 52 ff.) dun „Bruder Fritschi" aU 
Strohpujijio kennen gelernt, und etwas anderes ist er nie ge- 
weseu. Mit seiner Entstehung hat es folgende Bewandtnis: Am 
Fridolinstag (6. März) Ueä Jahres 1446 hatten die Kidgeuusäeu 

(l»i3) S. 105: Der»., Üiü Schweiz III (1060) 144; Ii. A. Urruki-sch. Chro- 
nik d. Gewerke V 113 ; u. namentlich Th. v. LtsassrAo, Pas alte Liizern 
1881, 340; Ders.« „yaterlanä« 1894 Ko. SI. 

') s, L T'.Mi ER Kleine Schriften S. 95. 

Vgl. 11. A. Snjwn/, Ii-. \ i:ll2 : SrtiwrizKRuoTE ÎHII. fîO : .T. 
BesixoER. Luxem u. s. Umg. IHU, 135; M. A. Knt KAHtsi», \ olkstente iH43, 
107: 0. V. KEiN$iiEKti-DcRi.N'u.<>rELp, Da.H festl.Jalir 18<>:), 40; E. 0.«cxbbCuof.x, 
Nene Kultnrhist. Bilder 1861, 166; W. Sn». Charakterbilder 1871, 226; 
iiod naiuetitlich : Tli. v. Ukbevai.'. Das »Ite Luxem 1881,2^; Ders., 
•Vaterland" 1894, No. 20. 



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264 



Die FHBtnaehtBgebrXuoha in der Sehweiz. 



bei Ragaz den grossen Sieg gegea Zûrieh-Oesterreicli errangen. 
Zum Andenken an diesen Tag wurden dann in Luzern in dem 
ZanflliaiiBe zum Affenwagen aHjfthrlieh FeetUchkeiten Teranstaltet, 
und da diese Gedächtnisfeier nack der Ansieht des Volkes die 
hervorragendste und charakteristischste Eigenschaft an dem Zunft- 
hause war, so wurde es sehlechthin ,Frit8chi-(d. i Fridoline') 
Haus* getauft, und der 6. März, an dem die Feier stattfand, 
war mithin der ^Fritschitag". Mit der Zeit aber erloeefa die 
Erinneraog an den historischen Tag, und man Tereinigte schlieee- 
Uch (mit Ausnahme der Sempacher Feier) die Sehlachtfeiern auf 
den 22. Juni, den Tag der Schlacht bei Uurten. Damit hatte 
der Fritschitag ausgelebt Nioht aber sein Name. Uan hatte 
sich daran gewdhnt, mit dem «Fritsohi*^ die Vorstellung eines 
fröhlichen Festes zu verbinden, und so nannte man denn auoh 
die Luzerner Fastnacht den ^schmutzigen Donnerstag*: Fritschi- 
tag. Die Gestalt. des «Fritschi* selbst hat nie in Fleisch nnd 
Blut existiert, sondern bloss in Lumpen und Spreuer und ist 
als solche auf die gleiche Linie zu stellen, wie die allflberall 
um die Fastnachtszeit rorkommenden Strohpuppen, heissen sie 
nun „Bödgg*, iiHex*, „Tod* oder sonstwie. ÜrsprOnglich mag 
er also eine Personifikation des Winters gewesen sein, die dann 
später zur historischen Persönlichkeit erhoben wurde ; möglicher- 
weise ist er aber auch nur der verkörperte Patron, gefrisser- 
massen eine ÂliHtniktion des Fritschitages. 

An dieser Erklärung werden wir festhalten müssen, sohinge 
nicht urkundliche Dokumeoto dagegen auftreten. 

Ebenso verwickelt liegen die Verhältnisse bei der „Ge- 
sellschaft (loB grossmächtigen, gewaltigen und un- 
überwindlichen Ilats** in Zug, die bis zum Jahre 1790 
an Fastnacht einen Umzug mit Trommeln um die Brunnen ver- 
anstaltete. Sicher ist, daas dieser ..grosse Rat" in die Kategorie 
jcmer „Knabengesellschafton" (d. h. Vereinigungen von Jung- 
gesellen) gehörte, die eine Art willkürlicher Sittenpolizei aus- 
übten, ähnlich derjenigen von Toniils. deren Statuten oben (S. 144) 
abgedruckt sind.') Die Statuten der Zuger Gesellschaft, welche 
sich in sechs Foliobänden im städtischen Archiv befinden, datieren 
vom Jahr 1608; doch wird darin mehrfach auf ein „nltcs Buch', 
verwiesen, in dem „die übrigen alten Herren, so vor viel hundert 
Jahren regiertes aufgeschrieben seien. Dieses Buch ist jedoch 

*) Gans Analoges toll in Klingns» bsutsndea babes. 



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Die Fastnachugebräuclie iu der Schweix. 



265 



verschollen und so sind wir in Bezug auf das Alter uud die 
Herkunft des ^grossen Kais" auf IlypotheBOii anf^ewieseii. Die 
Hauptfrage ist nun die, ob diese (Jesellsciuift mit der Hunde 
Tom tollen Lei)en", die zur Fastnachts/eit des .labres 1477 
jeiieu tumultuarischen Zug nach Genf unternahm um die rück- 
ständige Brandsehatzsumrae einzuziehen, identisch od^r weni-^stena 
eine Fortsetzung derselben sei. Adam Zumbach, der 1044 
SchreiV>er des grossen Rats'* war. nimmt das (iu Bd. 1 der Pro- 
kolle . ohne Weiteres an und sucht seine Bohaujitung zu unter- 
stützen mit der N'ersicherung, dass er dies .,uss ucdersoiiidlu Men 
glaubwürdi;j;8ter) Croniceii unnd Cautziyen mir srni lerharem I- lei!>3 
unnd vill (TÜh^^ti spendieren, auch zweifelsohne durch Forpit der 
lieben heiligen Patronen Urbaiii und S. Othmars anss Licht ge- 
bracht" habe.') Tndess. so blindlings Wullen wir ihm doch nicht 
glauben ; er kann durch den luichst bedeutungslosen Umstand, 
dass der „grosse linV" das ,,8aupanner*' — jene originelle Fahne, 
welche s. Z. für den Zug nach Genf geschaffen wurde,-) — 
von der Bande des tollen Lobens übernommen hat, zu seiner Be- 
hauptung gekommen sein, umsomehr als ja die darauf beiiudliche 
Darstellung, ein Narr und eine Sau mit Ferkeln, sehr gut 
die Laster versinnbiidlichte, dio der „grosse Rat" bekänijpfte. 
(Vgl. folg. S.) 

Es kann nicht in unserer Absicht liegen, diese Frage hier 
zu entscheiden; für uns genügt es, auf den Umzug der Gesell- 
achaft hingewiesen zu haben. 

Ganz nahe verwandt mit diesem T'mzug ist derjenige der 
Knabenzunft iu Rapper s wyl. Auch hier hatte also eine 
derartige Kongregation zur Ausüianig der Sittenpolizei bestanden, 
die nicht weniger zunftgemäss organisiert war, als die Zuger. 
„Sie hatte einen Fähndrieh, Stubenmeister, Wuibel, Trommel- 
schläger, einen Sehultheiss, sogar einen Vikar. Sie präsentierte 
besonders im F^asehin<r mit Umzu«' und Tanz: kehrte aber doch 
auch eine ernstere 'J'endenz, freilich mit humoristischer Bei- 
mischung, heraus, indem sie als Sittengericht bei geschlecht- 
lichen Ausschreituugeu auftrat und dann den Namen „Suugericht'S 



'i 8. Klcixer Zkjkk K\i.. für löü8, wo Uber diesen Ge^^eustaiid 
«iwfUbrlieh gehandelt wird. 

>) Die Fahne i»l noch im Zeughaus von Zug aufbewahrt. Ahiiib 
düngen iiu (k^citK htsfreixd Bd. XIV and bei K. Däxplikbr, Ge»ch. 
der Schweis 2. Aaflll. 233. 



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m 



Die FastaacbUgebräucbe iu der Schweiz. 



auch „unüberwindliche Gewalt der Junggesellen" führte. ') Die 
von diesem Gericht, das insofern als wirkliches Gericht aner- 
kannt wurde, als von demselben an den Kleinen Rat appelliert 
werden konnte, die von diesem Gericht verhängten Bussen be- 
standen in Wein,^) sogar bis auf einen halben Eimer. Reich 
war die Gesellachaft an Znnftbechern. Im J. 1058 zählte sie 
deren 69 von Silbar; der grösste derselben, der „Saubecher" 
wog 127 Loth. Am Ende des vorigen Jahrhunderts verschwand 
diese Zunft.«") 

Was nun den erwähnten Umzog anbetrifft, so snoht auch 
er sich von einem historischen Ereignis^ der Belagerung darch 
die Zürcher im J. 1388, herzudatieren. 

Der Rapperswyler Chronist, den IC. Rickenmann 1670 eo* 
piert hat» berichtet von einem Tanz, der während der Belagerung 
auf der Burg abgehalten wurde: „Und macht man ein Tanz 
hinder. der Burg, da meinth man, dass vill Frauwen und D5ch- 
tern daran waren, denen ihr Väter und Männer erschlagen wa- 
ren [ia der Schlacht bei Näfels]. Und thet man dass darum, 
dass sey [die Ziircher] saehen, dass man nit verzagt were, dasa 
sey desto minder mannheit beten/*') 

Dieser Tanz soll in der Folgezeit fortgesetzt worden sein 
und zwar ehedem am ersten Montag nach Lichtmess begonnen 
und von da an die ganze Fastnacht hindnrch viermal in der 
Woche sich wiederholt haben ; später trat eine Beschränkung 
auf den „schmutzigen Donnerstag" und die beiden letzten Fast- 
nachtstage ein. Der Aufzog hiezu geschah in folgender Ord- 
nung: „Voran der Schlossnarr, ganz weiss mit vielen Ver- 
ziernngen und roten Maschen gekleidet; er trug eine grosse 
Larve mit Hörnern ; dann der Tambour, halb weiss, halb rot ; 
der Schützenhauptmann als Fähndrich (dem der Schlossvogt am 
Fastnachtdienstag die Krone geben d. h. ein Mittagessen zahlen 
musste) mit zwei Pagen in der Stadtfarbe und der Stuhenmeister 
der Knabenzunft mit grossem Holzhnt und Keule, auf beiden 
der Zunft Symbol, die Sau. Ihm folgten sämtliche Herren und 



') Die Aoalogie mit dem Zager «grossen Rat" ist hier gcradesti 
Uberraschend, wie auch der unten genannte „Sanbeeber" unwillkürlich an 

das ^Saiipanner" gemahnt. 

Î) vgl. ohpu S. 14G, 6". 

•) E. UsexbrCooen, Wantlerstudieu V 246 ff. 

♦) MitmunroK» d, Aat. Ges. iu Zürich Bd. VI 231. 



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Die FaftknachUgebrXuehe in der Schweii. 267 



Bürger in Bcbwarzem Mftotel und Degen. Der Tanz bewegte 
eich um den Platsbmnnen, dann auf der Burg. Die Tänzerinnen, 
nur ledige Töchter, trugen meietens rote Rdcke, weisse iSchflrzen 
und Halstfiefaer. Am Schflbeldonnentag hatten Hagistrat und 
Bürger noch gemalte Schnurrbfirte und auf dem Hnt eine 
Wurst."') 1798 soll der Brauch erloschen sein. 

Auch im Kant. Thurgan sind fthnliohe Umzüge zu Ter- 
zeichnen. Der charakteristischste unter ihnen ist wohl das sog. 
Narren fest in Weinfei den, das bis zum Ende des XYIII. 
Jahrh. Bestand hatte, um dann an der fftr die Yolksgebränehe 
so geffthrlicheu Klippe der Reyolntionszeit zu scheitern* Nach 
PupikofeH) war es auch hier eine Oesellschaft, die sich zu die- 
sem Hammenschanz zusammentbat, und zwar soll zuerst im J. 
1614, wo die Yogtei an Zürich kam, ein Umzug stattgefunden 
haben. Keller schildert die ganze Oi^anisation des Festes in 
seioer Weinfelder Chronik (S. 78) wie folgt:*) „In Weinfelden 
pflegte, seit der Htand Zürich die Herrschaft erworben hatte, 
die junge wehrpflichtige Hannschaft oder ein freiwilliger Aus- 
schuss derselben am Aschermittwoch zu Pferde auf dem Schlosse 
die Aufwartung zu machen und damit einen Zug durch das 
Dorf zu Terbinden. Dies gab Yeranlassung zu einem Ascher- 
niittwochfest, auch Narrenfest genannt. Die Jünglinge konsti- 
tuierten sich Dämlich als Parlament und wählten einen Künig, 
unter dessen Leitung der Aufzug stattfand; vom Wirtshaus zur 
Traube herab wurde die Geschichte der zürcherischen Mordnacht^) 
und eine Sammlung; von Thorheiten und Lächerlichkeiten, die das 
Jahr über in der Umgebung vorgefallen waren,*) vorgelesen und 
endlich unter allen Förmlichkeiten des Parlaments eine Mahlzeit 
Torgenommen. Der zrir(herische OberTOgt schenkte zu diesem 
Feste alle Jahre zwei Eimer Wein, und wer seine Thorhcit nicht 
aus (lein Narrenbucbe wollte vorlesen lassen, kaufte sich gern 
mit einem Qeschenke an die Narrenzunft los." Aus dem Pro- 



') E. OsenbrCook'? ti. a. 0. 

*) Ich entuehiue da» Ziut aus J. AI. Kfxler, Kleiuu AVeiufelder 
Chronik 1864, II, 36 ff. 

>) Die urkundlichen Quellen der Darstellung kenne ich nicht, weis« 
auch nicht, ob solche ausser den Protokotlen der GeselUcfaaft noch 
existieren. 

Vgi. (tun MetzgeruiuKtig iu Zürich (ä. 127), der »ich ja auch vuu 
der Hordnacbt her datierte. 

>) Eine ähnliche Art Volksjustis im Entlebucb (s. u. S. 277). 



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2G8 



Pie FMtoacbtsgebrttnche in der Schweis. 



lokolle der Gescllsc liaft') läsest sich ferner eotnehmeD, dass im 
J. 1726 ein Hans Ulr. Keller, der nach langer Abwesenheit in 
seine Heimat zurückgekehrt war und dort Narronkönig wurde, 
die Umzüge erweitert und daa Parlament von vierzig Mitgliedern 
konstituiert habe. „Mit diesem Ehren- l'irliment hat Ihre [!] 
königl. Majest&t Ânno 1728 einen öffentlichen tJmsng in fol* 
gender Ordnung gehalten : Erstlich war das ganze Ehren-Parlar 
inent sauber montiert und mit vcrpnrtiorten Iliitcn, auch sau* 
berem Ober- und Untergewehr wohl versehen; über daaselbe 
witrcn unterschiedliche Offiziere gesetzt, die dos ganze Ehren- 
Parlament in gute Ordnung stelleten. Ihr Losament und Sammel- 
])latz wäre bei dem Trauben. Als nun das Rhren-Parlament auf 
dem Platze vor dem Trauljon von dem Hauptmann und den 
übrigen Offizieren in die Ordnnng gestellt waren, wurde Ihre 
kgl. Majestät von demselben unter präsentiertem Gewehr und 
klingendem Spiel und fliegenden Fahnen von der Residenz ab- 
geholt und bis zum Trauben begleitet. Daselbst stiege Ihro 
kgl. Majestät mit bekröntem Haupt nebst zwei Bedienten auf 
die Pferde. Darauf wurde der Anzug gemacht und an da» Schloss 
fortgesetzt. Als nun das ganze Ehren-Parlament daselbst ankam, 
wurde von dem Parlameutsschrciber eine Schrift verlesen, wie 
Ihro k. M. und n^anz Ehren-Parlament zu Weinfelden zu Ehren 
l'iis. Hochgeachton Gn. IlH. und Obern der Stadt Zürich diesen 
Umzug halten, und was die Ursach sei, dass dieser Umzug also 
gehalton werde. Nach Vollendung dessen wurde dna ganze E. 
Parlament von dem damaligen Herrn Obervogt Ilirzel sehr gnädig 
eînj)fangen und ntbst der gewöhnlichen Schenkung mit einem 
Trunk beehrt. Darauf ist zur schuldigen Dankbarkeit von dem 
ganzen E. Parlament ein Salve gegeben worden.'" iiier uif er- 
folgte der Umzug dureh den Flecken, das Verlesen des Suntien- 
registers auf der Treppe des Gasthots und endlich das Mahl. 
Die wiMtere Geschichte der Gesellschaft und ihre Auflösung unter 
Obervogt Brunnor beschäftigt uns hier nicht. 

Demselben Kantim gehören an der ,,G ro pp e n k 5 n ig" in 
(Î o 1 1 lie be n und der ,,Proppen- oder P r o p pe r IC r> ni g" in 
Tägerweilen, die bis um die Mitte dieses Jahrhunderts ihren 
Umzug hielten. Beide sind desselben Ursprungs und ihrerseits 
wieder identisch mit den vielen, den Winter durstelienden Ge- 
stalten, wie sie in der Frühlingszeit umziehen. Diesen ihren 

«) J. U. Kbilbr. a. a. 0. II 8G ff. 



Oie Fastnachtagebräucbe in Uer Schweix. 



869 



mythologischen Ursprung bekunden sie auch dadurch, dass sie 
den Bcbon oben (S. 135) ei wähnten Wasscrguss empfiengenJ) 

Vielleicht mag hier auch das Umführen des Backofens 
seine Stelle hndeà, das laut Rochholz (Ärbeitsentwürfe II 13; 
Deutscher Glaube und Brauch II 74) ehomals in Zurzach 
stattfand. Der Baekoten wurde von .JTo^eln" (Narren) gezo<^en, 
die die nachlaufenden Buben weojzufangen und in dem ,.Roll- 
]u\fen'' (Hölle), der sich im Innern befand, mit Uuss zu schwär- 
zen suchten (über dieses Schwärzen 8. u, S. 273). Sie selbst 
wurden dabei, ähnlich dem „Käbeu-Hegel" (a, S, 192), gehörig 
mit Küben und dgl. bombardiert. 

Endlich sei noch des I'mzuges im Kanton Schwvz, des 
„F 1 0 r z'', Erwähnung gethan, der jeweilen vor der Autiührung 
eines Fastnachtsspiels abgelialten wird.-) Voran schreiten die 
bchauspieler, dann kommen unterschiedliche Masken, die .,drei 
Marien aus dem poldenen Haus*': die Erste Seide spinnend, die 
Zweite Kreide achneidend, die Dritte Kränze wiiidi ii l ); dann 
die „Bergmännli", die Venediger"*), der wilde Mann, die Srha- 
fer, Sennen, Jäger, Einsiedler, die Jahreszeiten etc. ; am Sciiiuss 
die .,Butzi'\ Heiden" und „Uexen" mit einer ohrenzerreisscnden 
Katzenmusik. 

Auch in anderen (regt'ndrt] kommen hentzutnge Fü^tnachts- 
umzüge genug vor; doch tra^^Mi sie . i!t\'. ( k-r kein besoni^t^ origi- 
nelles Gepräge oder sie sind bei itaupi erst ni neuerer Zeit entstanden. 

Eine Art L'mzug kann auch die Tannenfuhr oder das 
Blockfest genannt werden, wie es sich bis in unser Jaln hundert 
in einzelnen fJegenden der Schweiz erhalten hat. Speziell schwei- 
zerisch ist der Gebrauch freilich nicht ; er findet »ich (jedoch 
meist an Weihnachten) von England bis nach Daliuatieu ; aber 
er ist durcii sein Alter &o ehr würdig, dass die »pärlichon Reste 
desselben wohl der Erwähnung wert sind. Berichte haben wir 
aus den Kantonen Appenzell, St. Qallen, Zürich und Bern. 

0 NittiereB im Schweis. Id. III 3^. 890. 
*) M. Per Prwrabbxd 1860« 63a. 

vgl. L. ToBLER. Scinren. Volkslieder II, 239 ff. 

♦) S. ScHWriT' Ii> I. HS.]. 

^ Für da» .Allxemeiiie vgl. E. L. Hochhoi.z, Aleiu. Kinderhe«! IÖ57, 
511; E. H- Meyer. (Jenuan. Mythologie 1891, 218; W. MAüyNARmr. Der 
Banmkuttu» 1875^ 334 ff.; A. Tills. Die Geeehichte der deutschen Weib* 
nacht 1894, 13. 286. Spexielteres : .1. Brani>. Popnlar Antiqaitiea 1841, 
354 ; 0. V. RemsatM. Da» fentl. Jabr 1863, 38 ff. 



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270 



Die FaatDachtsgebtjiuche in der Schweiz. 



Mit mehr oder minder wesentlichen Abweichungen ist der 
Verlauf ungefähr der, dass dio Jungmannschaft eich an einem 
beBtimmtfn Tage aufmacht, um im benachbarten Walde einen 
genau bozeiclineten Stamm zu holen, der dann im Triumph durch 
die Ortschaft p;ezo2;en wird. Für Appen-/ eil differieren die 
Angaben etwa?, wahrscheinlich je nach den < a genden. Nach 
G. Rösch (Dtr kunt. Appenzell 1835, 112) findet das „Block- 
fest'' im llinterlandc stets am Donatustage (17. Februar) statt. 
Vormittng.s wird der Stamm auf den Wagen geladen „Nach 
dem Essen wird dann der mit Tannenreisern, Waldblumen und 
hänfenen Uuirlnnden bekränzte Waffen im Triumph durch das 
Dorf ^ezoi^en. Ein Mann und ein Weib in alter Schwpizertracht. 
mit Glocken beli-vngcn, schreiten der Prozession gravitätisch voran 
auf dem Blocke sitzt holdlächelnd der geleiei t e Leiter des Festes." 
Laut J.K. Zelhveger (Der Kanton Aj»])enzcll 1^^67,92) und T. 
Tobler (Appenzelli.scher Sprnclisciiatz 1837, 59a) fiel das Block- 
fest auf Montag nach Tnvocavit, der deshalb ,,B 1 och -Mc n tig"' 
hiess. Auch sind es hier mehrere „Sägeblöcke", die man auf 
Schlitten in die Sägemühle führte. Nachher that man sich aus 
dem Erlös im Wirtshaus gütlich. — ^ Für das Toggonburg bringt 
W. Senn ( Charakterbilder I [1870] 204 fg.) eine kurze Notiz, 
die im wesentlichen zu der Darstellung I^üachs stimmt. — In 
Stamm heim (Kant. Zürich) tand der Brauch am 2. Januar 
statt (Berchtoldstagfahrt).') Ein handschriftlicher Bericht sagt 
tins hierüber folgendes: „Vor zwanzig Jahren waren in Staram- 
heim noch die Berchtoldstag fahrten gebräuchlich. Reiche Bür- 
ger oder die Gemeindebehörden bezeichneten den Jünglingen an 
schwer zugänglicher Stelle einen Waldbauui, ilcn sie am Berch- 
toldstag auf einem von ihnen seibat gezogenen Wagen mit 
1 uliiiiuuiu und iauibour luden und ins Dorf führten, wo dann 
nachts im (Jemeindehause Gelage und oft Schauspiel stattt'aud. 
Der Pfarrer musste dazu den sog. Herrenweggen spenden, des- 
sen Vorenthaltung anno 1840 einen Prozess veranlasste." — 
Im Kant. Bern vollzog sich der Akt meist etwas pomphafter. 
Wir machen namentlich auf die Schilderung von E. Robert („Die 
Schweiz*' 1858, 64 if. mit Abbildung) aufmerksam, nach welcher 
sich in Seedo rf bei Aarberg dem Zuge «ne AauU KotKlmierter 
aus der Geachichte Teils ansohlouen, die hernach ein Tolkt- 
•ehauapiel aufführten. In derselben Zeitsdirift (1865, 160 eu 

<) s. ScHtrsn. lo. I 97i. 1036. 



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Die Fastuacbugebräuche iu der iSchwetz. 



271 



der Abbildung auf S. 149) wird ohne nähere Lokalisierung der 
Gebrauch so dargestellt, dam am ,,lIir8niontag" von der .Tunf»'- 
manuBchaft eine der schönsten Tannen umgehauen und nur I', Wi- 
dern gesclimückt durch die Strassen geführt wird. Abends wird 
die Tanne utfcntlich versteigert und aus dem Erlös ein fröh- 
liches Fest mit Tanz und Trunk gefeiert. — Einen andern Scha- 
bernack verzeichnet der Beruer bist. Kalender von 1857: ein 
ächt volkstümlicher „Doctor'' führt an dem die Tannenfuhr be- 
gleitenden „Bajass" eine Operation aus, indem er ihm eine mit 
Blut gefüllte Srhweinshlase, die er als Geschwür versteckt an 
der Seite tragt, aufsticht. Endlich sei noch auf eine Stelle be* 
A. I/ütolf (Sagen 186"), ;j(j6) hingewiesen, die das Tannenholen 
für Me lehn au feststellt. 

Bei Erwähnung des Landskuechtenumzugs in Luzern haben 
■wir u. A. auch Kampfspiele genannt. Solche Kämpfe kom- 
men um die Fastuaehtszeit nun auch arderwärts vor.') Schon 
im .T. 1484 heisst es in einer Basler Erkenntnis ( Erkanntnis- 
buch 1 29b) : „Demnach und bissher in übunj^ gewesen ist, 
daz uff der alten Fassnacht zu nacht uff der pfaltz uff bürg 
[die Plattform hinter dem Münster] die jungen knaben mit fack- 
len und für gezogen sind, uff der echyben sieb mit einander 
geslagen band, davon zem dicken [öftern] mol uffrur erwach- 
sen mocht." Ein zweites Verbot Ton 1488 führt Ochs (Gesch. 
der Stadt und Landsdiaft Basel Y 180) an, und ein drittes folgt 
1497 (Erkanntnîsbueb 1 159). Auch in Zfiricb ist uns unter den 
bandscbriftlicben Mandaten ein Erlass Tom 8. Mftrs 1549 begegnet, 
der bei Strafe der „Gätteri** [Käfig] die Knabenkämpfe Ter* 
bietet; und aus dem Zitat bei Buxtorf-Falkeisen (Baal. Stadl- 
und Landgosohickten XVI. Jabrh., Heft 2, 8. 100) geht herror, 
dass noch zur Zeit seines üewäfanmannee Falkner (Mitte XVIII. 
Jahrb.) diese Fastnacbtskftmpfe in Basel unentwegt fortgeführt 
wurden; ja bia vor wenigen Dezennien hatten inZfirieh Stras- 
senkämpfe zwischen der städtischen und der Ausaerûbler Jagend 
stattgefunden. — Besonders interessant sind die Kämpfe in 

') Es handelt sich hier, srhmi we^en der Abweichuug in ilcr ausMorn 
Fnt in. nicht um eine Fortsetzimg jene« alten .Streites zwiseht-n Suimuer 
Ulli l Winter, wie wir ihn auch iu loauchcu Uegeuileu autretlun v.vgl. L'm.Axn 
Sehriftea s. Geseh. d. Dlchtaofp u. Sage Bd. VI, 17 ff.)* »ondem lediglich 
um eioe Art Kri^spiele, die sich ursprünglich an eine lluatemng mögen 
angeschlussen haben , Überdies sei aa die oben (S. 56) ervrXhaten Tor- 
siere erinnert. 



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272 



Die FastDaclitsgebraiulif in der Schweiz. 



Wehlen. Hier stehen sich zwei verschiedenartig ausgerüBteto 
Parteieo gegenüber. Die Angreifer sind mit Weiberkleidern 
oder StrohumhülluQg höchst phantastisch aufgeputzt. In den 
Händen, die meist berusst sind, tragen sie als Angriifswaffe 
Sohweinsbhuen; die sieh in der Deffennve haltenden Gegner 
fahren Peitschen mit sich. Der Angriff erfolgt unter wildem 
Gtohenl, So wird den gansen Tag hindurch gekämpft. 

Ein schon längst eingegangenes^ aber für den kraftstrotzen- 
den Uebermut unserer Väter höchst beseiehneodes Kampfspiel 
war der Hirsmontags-Stoss oder -Schwung im Entlebuch. 
F. J. Stalder') giebt uns von dem Vorgang folgende drastiacbe 
Schilderung : 

^Eaum hat jede Kolonne den ausgewählten Kampfplatz be- 
treten und sich zum Angriff geformt, herrscht auf einmal ein 
fürchterlich majestätisches Stillschweigen ; insgesamt werfen sich 
beyde Heere*) mit gefalteten Händen auf ihre Knie, und flehen, 
nach edler Yätersitte, mit erhabenem Ernste um Gottes Bei- 
stand und Hilfe. Dann schmettert die Trompete! Trommelwirbel 
▼erkfindet den Angriff, und mit der Schnelligkeit des Blitze« 
springen sie auf, ziehen Arm in Arm Tersehränkt, in eng ge- 
schlossenen Gliedern und mit auswärts gMWölbter Brust, bald so, 
bald anders, wie es die Umstände erfordern, oder Kriegslist es 
anrathet, mit wildem Druck an den Feind. Der Stoss wird so 
fürchterlich, dass ganze Reihen von den Vorderen beyderseite 
hoch in die Luft emporgehoben werden, und oft so hartnäckig, 
dass viele Minuten die Heere um keinen Nagelbreit weichen* Es 
war daher eine nicht ungewöhnliche Szene, dass ihre Antlitze mit 
dunkelrother Farbe sich überzogen, und ihre starren Augen 
grässHch weit aus ihrer Höhle heraustraten; in diesen Augen- 
blicken war*B Vielen selbst hang um ihr Leben. So dauerte ee 
eine Zeitlang, bis etwan ein neuer günstiger Stoss der hintern 
Mannschaft entweder die feindliche Kette durchbrach oder mit 
Uebergewalt das Korps zum Weichen zwang oder dnreb eine 
feine Schwankung sich einer Seite glficklioh bemächtigte und sie 
von der übrigen Mannschaft zurückdrängte. Selbst Weiber, wenn 



*) Frs^este Uber Entlebuch 1797 Bd. II, 109 ff. ; KttrEsr ist J. X. 

SciixiriKR V. Wartesske. Gesch. <1, Enflibnclier 1781. II 13(i : vgl. auch 
M. A. Ffikkaukxd. reher Volksfeste Otc. 1.Ö43, lU und K. Pfyffe«, 
Der Kauton Lu»erii 1808. I, 321. 

2) ^Uiswcllen istuhnden auf Jeder Seite 2—300 Matio.* 



Dio KasiiiacUtügebi-äuche in der Schweiz. 



den ihrigen ein schändlicher [!] Stoas droheto, setzten ilire un- 
gleiche Kraft der feindlichen Kolonne cntprcgen. die ea nicht 
übel aufnahm, von derlev Sjiartanerinneri angefochten zu werden. 
Sobald also ein Zurückdrängen gelang, war die Schlacht zum 
Yortheil des Zurückdrängenden entschieden ; flugs schwang der 
Pünderich der siegenden I*arthey die Fahne ; die Geschworneu 
traten herbey, und Friede \ Friede ! strömte über ihre Lippen. 
Nun richteten sich beide Heere aus dem Mordgewühl wieder in 
Marschordnung, und zogen unter voller Musik und freudigem 
Jubelgeschrey ins Dorf; dann, wenn das fremde Bataillon durch 
die Gastfroyheit der ( Jemeinde seine erste Hitze mit Wein ge- 
kühlt, wallte OS mit seiner Fahne jauchzend nach Hau^; und den 
ganzen Nachmittag ergötzten sich Alle an reihenden Tänzen — 
nur jene nicht, die aus Feigheit den Kampfplatz nicht botraten: 
Diese Memmen würden übel angekommen sein, wenn sie sich 
auf der Tanzdiele hätten blicken lassen." 

Endlich möge aucii noch auf dio Kämpfe im Kant. Thur- 
gau zwischen den Gottliebenern und den Tägerwiieru am Aschor- 
inittwoch liingewiesen sein.') — 

Bei dem Wohlener Kampfspiel und auch gelegentlich sonst 
schon ist uns die äitte des Schwärzens mit Russ oder 
Kohle begegnet.-) 

Die älteste Form ist wohl die, dass man sich selbst 
berusst. Das that laut der Chronik Erhards von Appenwiler 
der Herzog Sigismund von Oesterreich :') „Anno domini [14]67 
kam hertzog Sigmund, sin frowe, die graffen von Sultz, des von 
Burgune und des Keysers botscbaff, von eine e wegen ; und liat 
der hertzog sin fasznacht zu Baael, was ein bubsoh leben mit 
stechen [Turnieren |, mit tantzen: der bertzog staob selber mit 
dem von Halwiler, une luff mit den froweo beremet [bemett] 
durch die stat am wnscheltag [Âschermittwoch Dasselbe 
muss in Zürich tbiieh gewesen sein; denn der Prediger von 
1601 sagt: „Also ists mit der äscbermitwocben anoh bescbehen^ 
dass hernach seine [des Teufels] diener mit brSmpten angesich« 

ten sind nmbhin gelaufen'* ; im J. 1788 werden in Basel 

zwölf junge Leute, die „mit verweehselten Kleidern und ge* 

*l s. ScHWKis. Id. III. SSO obsD. 

») Ueber diesen merkwlinligen Gebrauch s. W. Maskrakot, Bauui- 
kaltas 187.^, 322 ii. ebenda im Register s. v. «Schwärzung de» Gesichta*. 
)j Ba»lbr Chroviux iV {im» 349. 

IB 



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274 



Die Fastaachtsgebräuche in der Schweiz. 



schwärzten Gesichtern auf einem Wagen durch die Stadt fahren'* 
mit 20 Batzen bestrnft, 1H;33 arretiert ebendaselbst die Polizei 
eine Anzahl schwarz g*'kk;itleter Masken „mit geschwärzten (»e- 
sichtern", und noch in der Oej^enwart sollen sich im /ürcheri- 
schen Fischonthal und im Kanton Schwvz die ,,Butaeu*' Gesicht 
und iländo mit Russ beschmieren.') 

Gewöhnlich aber geschieht das Berussen durch Andere 
uail ^i'^en den Willen des leidenden Teils, wie wir es schon 
beim Umzug des Backofens in Zurzach (s. S. 269) kennen ge- 
lernt haben. Auch dieser Modus ist alt. Eine Erkanntnis Tom 
J. 1442 haben wir oben (S. 135) zitiert ; ein öffentlicher Erlass, 
ebenfalls für Basel, folgt im J. 1476 nach, dass Niemand „den 
andern beremen, noch in die Brunnen tragen, mit einander ste- 
chen, noch der glich jufbaohen pflegen" dfirfe.^ 

So gieng ea aber weiter durch die Jahrhunderte trots den 
immer wieder suflanelieiiden Verboten, und nocb heutsutage tat 
die Sitte nicbt ganz ausgeatorben. Aua aeiner Jugendzeit mag 
sieh der Yerfaaaer noch wohl erinnern, daas in Baael am Asoher- 
mittwoeh die männliche Schuljugend ticb damit vergnügte, ihren 
ahnungslos vorübergehenden Kameradinnen einen „Kuchi^Seblfia« 
sei" von Bnaa oder Kohle auf die Backen au applizieren. Aebo- 
liebes galt ehemals in den Kantonen Appenzell') und Züricb 
und gilt heute noch im Toggenburg, wo die Sitte atellen weise 
am Freitag naeb dem sobmutzigen Donnerstag, dem sog. ,.Bram- 
Fl} tig' ausgeübt wird. An andern Orten, wie z. B. in Kluiguau 
und in Sobaffhausen^), übemabmen die Maskierten diese Funk- 
tion. In Graubfinden (ohne nSbrere Lokalisierung) „giengen 
die Schuljungen in den Hftusem herum, jeder mit einem von 
BusB und Fett gescbwirsten Lumpen in der Hand, und forderten 
Eier und Geld, womit sie Abends scbmauaten.***) 

Etwas abweichend von dem Schwärzen ist das Bestreuen 
mit Asobe (bezw. Russ) oder das Schlagen mit Aschen- 
sacken. Erateres soll heute nocb im Prittigau und im Zfircher 

') Uebcr die bildliclio Darstelhiiij^ eines Zugs Kostümierter ans dem 
XVI. Jahrbuudert mit scbwarzeii Larven hat der Verfasser in üeiueu Bil- 
dern ans dem Fastnaehtsleben im alten BsmI 1836, 91 berieblet. 

*) RcraocH, (Mauuskr.) II 90. 

>) J. C. ScniFR» Materialion %. vaterl. Chron. d. Kantons Appen- 
seil 1810, 35 tf. 

♦) Die Schweiz 18(jO, 146 b. 
^) ,Der Sammlek" 1809, 139. 




. Die FastuHchtsgebräuche tu der Schweiz. 



27â 



Oberland bestehen. Im Fiachenthnl war es bei deu ,,Licht- 
stwbeten" üblich, dass Einer Asche röstete und sie den Anwesen- 
den ins Gesicht oder auf die Kleider warf; im Kanton Schwyz 
wurde die Asche auf don Kopf gestreut, eine Reminiszenz an 
den kirchliclicn Aschormittwochsbrauch : in der (iegend von Sar- 
gans endlich wurden die Vorübergehendon sogar mit Kot und 
Harz bewürfen. ) Ilieher gehört wohl auch das Bewerfen mit 
Puder oder Mehl, über das man sich 18(33 in Basel beklagt, 
das Bestreichen mit Kreide am « Chride-Frif/i/j' ' in Aji- 
j)enzell,") und freilich in etwas loscrem Zusammenhang das ge- 
genaeitige Bewerfen mit Schlagsahne im Ober-Toggenburg. 

Das Schlagen mit Aschensäckou, von dem in frühe- 
ren Jahrhunderten so viel die Rede war^) hat sich nur noch in 
einem weltverlasscnen Winkel, dem Walliser Lotechenthal er- 
halten. Dass es aber in der Schweiz früher eine weitere Ver- 
breitung Iifttte, zeigt uns ein öffentlicher Erlass in Basel aus dem 
J. 1516, der „allerley grober heodlen, mit seoken slaohen, stopfen 
nnd Tenruton der kleideren** rerbietot, und der Zflnsher Pre- 
diger Yoa 1601 eifert in derselben Stelle, wo er das „Boremen** 
erwäliDt, anob gegen das „nmbhio lauffen mit Secken ToUeii 
Ssohen und je den näcbsten damit schlagen'^ (3. 84 a). 

Einen eigentfimlichen (Gebrauch aus dem Kanton Appenzell 
fugen wir bei, obwohl ihm vielleicht keine tiefere symbolische 
Bedeutmig innewohnt. Hier ist der Donnerstag nach Aschermitt' 
wodi spenell der Sitte geweiht, sich gegenseitig im Yerstohlenen 
Holiklämmerchen anznhängen ; er heisst daher „Ghlapper- 
Donstig*'. 

Dass in der Fastnaehtszeit neben Thätllchkeiten yerschie- 
dener Art anch die Per si ff läge nnd Satire gepflegt wird, ist 
eine altbekannte Thatsaohe. Ffir die Schweiz haben wir Der- 



*) ScHwsiuatBOTB 1880, 61 b. 

*) vgl- hiezu FiscHAftT, GeschtchtklitteruDg ed. Alslebeu 1891, 72: 
„Eschorniitwochisch berämcn . verkleiden: bernspn Ttnrt hoki idi ii" und 
G. H. Ki.NAHAN, Note* on iiitih t'olk-lore („The Folk-lore Kecord" iV 
[1880] 107) ; „Chalking iSunday. — In the county of Limerick od the tirst 
Suoday in Lent all the niaids and bacheloni are marked or ehalked on 
the baek." 

') BoKMüs, De omnium geutinm ritihtis, 1520, Ô9: „obvios sacciH einen' 
refertis percutiunt."; Brxnt. Narreuschiff ed. Z.arnrkp iHöl, Anra. zu 1101). 6'j, 
In Ilettingeu (Grhzt. Raden) \verden <iie Vermummten „Asdieusäcke" ge- 
nannt ; E. ScHiUTT, Sagen etc. aus tlem Baulaude löyd (l'rogr.), 12. 



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276 



Die FastDaehtagebrltnehe in der Sehweix. 



artiges whoü hin und wieder kennen gelerot; namentlich ma- 
chen wir auf die mehrfach erwähnten Junggeseilenzünfte oder 
Knal>eoge8ellBohafitea aufmerksam. Die Gegenstände der Per- 
sifflage erstrecken sich auf Verhältnisse des öffenÜtcheu wie des 
privaten Lebens. So werden fast überall, wo TTmznge üblich 
sind, die politischen Ereignisse des In- und Auslandes durch« 
gehechelt; bekannt ist hiefür namentlich die Basler Fastnacht« 
in der nicht nur die Kostümierten der einzelnen Züge, sondern 
auch durch die begleitenden Wagen, von denen aus gedruckt» 
Zettel verteilt werden, durch bemalte Riesen-Transprircntlaternen 
und namentlich ilurch das Absingen von sog. Sclmitzelbiinken 
in den Wittshäusern und Cafés, irgend ein markantes Vorkommnis 
des Jahres kritisiert wird. 

Die Schmähsucht scheint in I^asel aber si^'hon ältern Da- 
tunm zu sein. Ein otfentlicher Erlass,'i „geruth Simpstags der 
herren tassnacbt obeud anno 1526'" or<j^ehr sirli luerüber sehr 
scharf: „Demnach aller ley üppige ï?chaud unnd Schmach-Lieder, 
darinnen geistlich unnd weltlich personon «nrechtlicher massen 
angezogen, irer F.eren gesehmecht, geletzt unnd verspottet wor- 
den, Ouch sunst aller ley spey und spotworten von jungen unnd 
alten Bitzliar by tag unnd nacht gesungen und gercth worden» 
daruss aber vil Unwillens erwachsen unnd vilicht furer eiits[)rin- 
gen möchte. AN > srilUohs nit furkoinmen, dem selbigen vor/.esin. 
lassend unnsere llerreu .... gebieten, das sich ei» jeder hiuafur 
Alles unnd jeder üppigen Schmach unnd Schand Liederen unnd 
spott Worten müssige, die weder tags oder nachts uft den gas- 
senn, Ouch nit in Husern singe, nach [noch] ainem gesind zu- 
singen gestatte oder jemandem zurede.** Ein gleiches Verbot 
erlüigt 1533 (Rufu. II 81». 

Auch Fastnachtszeitungüü werden heutzutage mancherorts 
ausgegeben; doch beausprncben sie nur da ein regeroa Interesse» 
wo sie, wie in Luzern, in frulu:re Jahrhunderte zurückreichen.^') 

Volkstümlicher und origineller als die politische Sarirc ist 
die gegen PrivatverhäUnisse gerichtete. Hier nimmt den ersten 
Bang ein der sog. Hirsmuntagsbrief im luzern. Entlebuch.^} 

') KupBvcH II 75. 

^ Th. V. Liebenau weist solche bereitH im XVI. Jahrhundert nach. 

(Vaterland 1894 Xo. Ii) . 

^) ». J. X. Si HsiüKK V. \VART£.sdKE Goscli. tl. Liitlibuclier 1781, II, 
135: Staldb» Fragmente ttb. Entlebuch 1798, 79 ff. (sehr ausitthrlieb) ; 
kuMoauMOK auf d. Jahr 1888, 367 ffl; M. A. FsutRAiwin». lieber Volk«-^ 
feste etc. 1843, IIS ff. ; K. PpyrrcR, Der Kant Luxem 1858 818 ff. 





Die FastDRchtsgebrüucbe in der Schweis. 277 

Am Hirsmontag nämlicli, dem ersten Montag in den Fasten, 0 
Tersammeln eich die Angehörigen einer Gemeinde in eonntfig^ 
.licher Kleidung vor dem Geriehtshauae nnd erwarten dort mit 
Ungeduld dieAnIcunft des «Hirsmon tagsboten des Abgesandten 
einer andern Gemeinde der Tlialscbaft, der heute ihre Bünden 
ans Tageslicht bringen soll. Endlich rückt er an auf bunt auf- 
getackeltem, mit B&ndern, Blumen und farbigen Hobelsp&hnen 
gescbmilicktem Boss; er selbst trägt reich bebänderte Kleidung 
und einen mit Blumen nnd kleinen Spiegelchen besteckten «Drei- 
rdhrenhnt*^ In ToUem Galopp sprengt er heran nnd hält vor 
der Schätzenfahne, die am Geriehtshauae ausgesteokt ist, plötz- 
lich still; einige Honorationen halten ihm das Pferd und rei- 
chen ihm den Ebrentrunk. Dann blickt er sich bedächtig um 
in der Keuge und späht, ob er eines oder das andere seiner 
Opfer erblicken möchte: hat er eines entdeckt, so bietet er ihm, 
cum Zeichen, dass es heute herhalten muss, ein Glas Wein an. 
Hierauf zieht er einen mit dem Wappen der Thalschaft bemalten 
Foliobogen aus seiner Tasche und beginnt dann in langsam sin- 
gendem Tone seine Lektüre. 

Der Brief besteht nach strikter Vorschrift ans vier Teilen: 
Dem Eingang, in dem meist die Schwächen und Fehler der 
Gemeinde als Ganzes blossgestellt werden, 2. dem „Possen'', 
der die Vergehen und Thorheiten der Einzelnen geiseelt, B. dem 
«Dorfrnf*, wo in rascher Reihenfolge fast sämtliche Dorfbe- 
wohner dorchgehechelt werden, und 4. dem Beschluss, welcher 
noch allgemeine Ermahnungen enthält. 

Stalder und J. Schweizer (Letzterer in den „Alpenrosen*') 
haben einige sehr charakeristische Küster dieser satirischen Volks- 
poesie gebracht, deren die Hehrzahl wegen allzugrosser Derb- 
heit hier kaum reproduziert werden können. So wird z. ß. in 
einem Eingang mit mehr als deutlichen Worten die einreissende 
Unsittlichkeit geschildert, dann wendet er sich gegen den Klei- 
derluxns : 

D'Kleiderpracht ist eben au Uberahl, 
Und t'röiiihls Zi ng wird i's Land brung4'n clini Zahl. 
>fit Samiiiet und Seiden tliUot si 's Weibervolk '/tfreii. 
Wenn si »chu kei ganzen Eciublistock bei [iiabenj, und 
d'Sohnoh rnttorosn zsämmenachnttoren. 

•) NhcIi Staliîor (a. a. 0. S. 79 ist der Enticbuchcr Ilirsnioutag 
gleich dem Lu/.erner „Giidismonta'^"' nnd bezeichnen Iteide dpii letzten 
Montajç in der Fastnacht: also den Muntag vur Aschernmtwocli. 



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276 Die FastDaefatsgtibriiiebe io der Sehwels. 

D'Maiinen thüoi si kleiden, wie d' Kordisant- n, 
's Haar muoss ufsi Htah, wie d' Ftilercn am ( lü^rirelliiiliiK n, 
IIoscii mUusäeu gab bis aua Kiimi und aben bis au d' Sciiuob j 
Niemert will meh Behweizeriach, Alle fransSeisoh thno! 
Aber selber gepunnen und selber gmaebt 
Ist doch die scbünst und wölfeilst Kleidertracbt. 
Frümbdi Moden briiit;;eu Schulden und Noth dazuo. 
Und Vieli uiüu!j8eh verkaufen Haus, Hof, Hoss und Kuuh. 
Hfttt uie iiüt süttigg Iah i d' Schwytz yne bringen, 
*s könnt Hänge no fröbli sin Kttohreiheo singen. 
Jetzt hett er's [habt ihr es] alli ghört, ihr Lüt, 
Wie 's btttigs Tags geit, und wo d^Kats im Straub lyt. 

(Alpenrosen 1828, 376). 

Aach die .Possen'* sind meist sehr scabroser Natur, da 

sio eich mit Vorliebo gegen Sittlichkeitsdelikto wcuden. Wir 

könneo hier nur eine Aosleae (aus Stalder und Sehweizer) 

bringen. 

Au Einen, der sich überessen und übertrunken hatte: 

T'ff'i J^' ildig Glaus« im Wide han i an trrad verheisse J 

Ain i 1 glaub, dii »ig nit vergebe so glatte und lei»»«» . 

Utt î5t. liläsia-Tag sig uf em Bort [ein VVirlshauaJ e Sacb ufglütfe, 

hei si uer gseit, 
Dert heig er gfrSsse, zwe hütte *b nit nf ere TrSgbähre dünne dreit. 
Wie viel Wisse und Rothe, dass er trunke heig, will i nit melde da. 
Doch hätt ma könne e Mohre [Schwein] drin bado, daas fim [i. ereV] 

der Burst [Boraten] hätt g*la. 
Z' agünder Nacht heig 's ne afe Ober e Baeh Übeire schier geengt; 
Und wenn er nit hStt kSnne obsi sehlttoke fanfwürts schlucken = 

sich erbrechen], so hätt 's ne gwttss zersprengt. 
Dert af-ém Läubü nsse IkI^' ci ibrochet [eingebrockt] saaft gnnog 

[ausiviihi-iul nir| dreie, 
Das Liiubli heig krachet, aa weun's wett [wollte] abe gbeie. 
- Der iVidi Antoni Hans ist derzne ko ; dä het tner *s könne siige, 
£r heig StUck Kiiss kotzet^ si hätte z' àma Pfnndo gwtige. 
Dert sige tu [da| en Gwalt [Masse] der hungerige Hitnde auohe 

glnm- nti der Stell; 
Dh liosHü Bueb bei g^itii, ihre [ihr Hundj sig au üppe acht Tag 

gläge, wenn [wie wenn] er verdürbe wett. 

(Stalükr S. 95). 

Dem vorjährigen Ilirsmoutagsboteu, der dem Ehrenwein 

ftllzttwacker zugesprochen: 

Wo ist der Marhaehertünel, der femdrig. Bett, 
Hit dem i es' paar Würtli sprechen wott V 
Schläfst r>ppe noh, oder hast mijgen erwachen? 

Wpi<!st itob, \vu' <luo tiir" z' S( hüpfen häst können z'lacbeii machen V 
Ganz majestätisch bist ygritlen, — 's sy [sind ] Viel drab ersohrookeu; 



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Die Fastaachtsgebräucbe in d^r Schweis. 



279 



Mier hei glaubt, 'a tliiioi ne Har iit enu- Kainet l oben liocken. 
Die königlich Prcuäsischi Isafen ha^t ganz stolz piuseutiert j 
Aber d' Ohren hSst la hangen, wie der Esel, weno me ne zum 

Heister fttohrt. 
Und gHoifen hast füf Mass, — m hei si gwit« — 
Drum hätt me di sechsmal niuossen anfsetzent und *8 siebet 

bist abenghi'it. 
Draouf hei luier uiUossen en neui List crhuden 
Und der MarbaohertQnel nf ne Mistbänne binden. 
Stola, wiu der Held Bittober ist er daheren gritten ; 
Aber wie der Bonapart ist er davon gfahren im Schlitten. 

(ÂLPEXROSEN S. 377). 

Etilem Groaapreoher, der eich znm Yoraus gerQhmt hatte, 
er werde dén eraten Freie im Schwingen, einen Zuchtatier, er- 
halten, dann aber beaiegt wiirde: 

Waldiboob! i wein nid, ob dno daheimen bist; > 
Aber tahlen mnosa i, wie*8 am ]lttnni-[Stier-)Schwingen x*Kr9sohen- 

brunnen gangen ist. 
Vo Hergischwyl bi'^t duo ko z'laufeii, vr\c ne wildos Tiner, 
Und hast den» Ätti L's iit, duo wtdlist -ri' i eichen [liolen] der liernerstier. 
Duo hast di blaiUei [geblüht j und nüt anders zählt weder vom 

Schwingen. 

Und gschworen, dno wellist gwüoss der Munni Iieilu Ingen. 
Aber bym ersten Gryff hiit di der kli Jäggeli z'ßoden getreckt 
Und dir di gro?<si Nasen teuf in Mist yiien gsteekt. 
Er hät di hin und her trait [geiragtnj, as wie en Wurm, 
Und d'Bein häst vertha [ausgestreckt], wie der gross Christotfel am 
Bernerthnrm. 

!Mordio hast duo gschrauen, ans all Leut hei mliossen lachen, 
Uml mit dem BrUoüeu IWist kiituien der Mtinni h''<^ machen, 
Albig hiist di ^'l iu hmt in ijer Friimbdi ; jetzt muost aber Iclagen, 
Der Jäggeli vo Trul» iieig di toll überschlagen, 
's sy letz gangen — sait dy Frau — , si batts nit denkt, 
Hütt me der Ütetager nit bstellt, nit Winde «eho anaen ghsnkt ! 
Der alt Waldt wartet uf der Stier bis am Morgen um zwey, 
Da knnnt 'a Hurueli mit sym stammen Munni hei ! 

(Alpenbocien S. 380.) 

Dieae Httater dürften genfigen, um den allgemeinen' Ha- 
bHne dieaer SpottTene au kennsdohnen. Nun nooh ein Beiapiel 
für den «Dorf ruf". 

Der alt Stunderttefer Klaus Jiät die reiche Wittwe gnah, 
Er gwttnnt aber mit sym Haaskreuta nit halb so viel, as wo>mer 

no hät StuiMleiigcld gha. 
Dem .Vogelmareili wird albig einist so wnnderli a' Muet. Dno 
merkst doch wo V 



Die Fastuacbtsgf^braacbe io der Schweiz. 



Und dem Strunipiwther ny Frau ist zum Tau&mahl vur der üocU- 
zit ku. 

Der Tunnerliichneider vfir hmU Rathsberr wordeOf wie^n^i reivtah. 
Er bät grad neun und neunzig Stimmen weniger als hundert gba. 

Dass fl' Hr.rnmerig abgschlagen hat, das wUssed mer scho, 

Drum htit der Graeindschn iHrr d'Ktiohwiiil syni Geissbock ülieiluli. 

Der Duuschelipettr mag wegen der Glicdcraucht deui Schacheren 

ttit eistig [turtwlhrend] nah, 
Und wett er sy Fraa Iah malen, so mUoest er vil Wachs und 

Kieuraoss ha. 

Dass dem Hnf>;tettfr sy Frau ^ar züchtig ist, han i müosscii verneb, 
Wett si aber du Tod ihm abkaufen^ er wlird em e schöne« 

Trinkgeld geh. 
Der Sigrist Badistli thuot all A big acbti iMnten 
Und 's fiSscbentönels Meitschi dem TrStfalipeter mit dem Schnupf* 

tuch deuten. 

Die S( hwarzmätzen Töchtt-rii hei eister die schdusten Köck, 

Aber la.ingist darunter eullehnti Hemblij^t'H'k. 

Der Landjäger i^t en bravne Ma und exakt iu allen aeiuen Suciien; 
Doch tUr ne Halbbataen kannnst ite dur d*Ftnger gseh machen. 
Ueber Lastcnbergers Frau hStt i gern no es Liedli gsnngen. 
Aber i han es Seh!i'>^li am Maul; si hät dem Kriegsrath en Neu- 
thaler brungen! 

(Al.l'KNKOsKN H86.) 

Hat der Hott' mit dorn ^ Roschluss" seino Lektüre beendet, 
so wird er zum Hlireutanz getiihrt : macht sicli d»uin aber bald, 
womöglich 001 Ii liei Tul,', auf die Ötrürapfe, um nicht etwa das 
Opfer allfSlliger Rachegelüste zn werden. 

So viel über den „Hiramontagbrief Die Aehnlichkeit mit 
dem Tfabcrf'eldtreibeii. wie eg in Oborbayeni noch lieute statt- 
findet, ist autfallend; nur hat nich der Eiitlebucher Brauch nie 
in so masslüser Weise geäussert. Etwas lärmiger gieng es frei- 
lich bei dem ,,Bi"'"'iögge ir* oder „Zuschollen" in der March (Kt. 
Scliwy/.l zu, das ini^ bade in aeinem Aufsatze .,Klopfau" (Wei- 
marisclies Jahrbucli Ii [185ÖJ 143 [Sooder-Abdruck S. 71J) aus- 
führlich schildert. 

Demnach koiiuiicn bei Einbruch der Dunkelheit an einem 
vorher genau bezeichneteu Orte zwei oder drei junge Bursche, 
die dazu bestimmt sind, das „Zuschellen" anzublasen, geheimois- 
Vidi /.Iis;! [1 IM en. Ist CK völlig Nacht gewordeo. so geben sie das 
Signal inii einein scliiilleu, klarinettartigen Instrument. Gleich 
darauf strömt die Juugmannschafr, die nur auf das Zeichen ge- 
wartet hat, phantastisch kostümieri und mit allen erdenklichen 
Lärmgegenstäuden bewaffnet herbei und macht sich zum Umzug 



Die Fatttnachtsgebrättcbe io der Schweiz. 



bereit. Nnn zieht man unter markerschütterndem Getöse vor 
die TTauser der Delinquenteu; unterwegs aber wird Jedem, der 
auB Neugier den Kopf durch das Fenster streckt, ein mit Miat- 
jnuche getränkter, ;iuf eiue Stanq-e gostecktcr Lappen ins Gesicht 
gestrichen. Vor den Häusern angelangt, gruppiert niau sich um 
den ersten Sjtrecher, der nun unter lautloser Stille mit ver- 
stellter Stimme fhr'iri/^ge) seinen Spott vers vorbringt. Hat er 
geendet, so folgt als Intermezzo eine Katzenmusik : hierauf tritt 
ein Zweiter vor, und unter Umständen noch Weitere, bis das 
Sündenregister erschöpft ist. Dann zieht man vor des nächsten 
Opfers Thür und wiederholt dasselbe Manöver. So geht es fort 
oft bis gegen Morgen.') 

Freilicli iiiuss zu diesem Brauche noch bemerkt werden, 
dasa er nicht bloss an den Fastnachtstagen, sondern auch am 
Silvester und am Vorabend von Droikönigen abgehalten wird. 
Es ist dies aV>er nur wieder ein neuer lU^weis, wie nahe sich 
die Weihoachts- und die Frühjahräbräuehe oft berühren. 

IHwselbe gilt von der UöUeumusik, die sich in diesen 
Zeiten, vorwiegend jedoch zwischen Weihnacht und Dreikönigeu, 
bei allen germaniachen Völkern nachweisen lässt.^) Für dto 
Schweiz erinnern wir an die „Gräutiete"^) im Kant. Schwyz, die 
.,Posterlijagd"') im Entlebuch, die „Sträggolenjagd"*) im Frei- 
amt, das „Abetringele" in Laupen (S. 222 das ,.Nüniklingle"") 
im BAsei-Land, die „Mantineda'^ im Engadiu,^) das „Klans hor- 



') AetiuhcU ist das „lliriyogeu'' in Wi>rgeu ^lu. UI 17i. 
*) All^meinere» Uber den GegeiiHtand bei Pnium Uebor deo Cr- 
spning der Katzenmufiikeii, 1819 ; BiiAvr« Narrensehiff ed. Zn rucke, 

Anna, am IlOb, 7: O. SrnAOE. Kloptan 185.'), 67 (bezw. i:{9): H. Tsexkr. 
Italisclio Mythen Rhein. Museum XXX) 1H75, 198. W. Manshardt, Der 
BaumkuktiM lö76, ôlU tf . : A. Tille, Ge^cbichtti U. deiilschca Weihnacht 
1894, 49. 139. 

>} ScnwiKz. Iix 11 708 fg. ; A. LOtolf, Sagen 1865, 37 fg.: Schwy- 
zcbdCtsch. Heft 85 (1885) 81 : Usenki:. a. 0. 

*) Schweiz. Ii.. III 2J: F. .T. Stai.i.kr. l'ra<<iiieiite I(17D7 , lül tï.: 
I'ers.., .Schweiz. Idiotikon 11(1812, 208; E. L. Koihholz. Schweizersagen 
lb5(i, 1, 335: J. Grisim, Mythologie (2. AuH.) 886: \V. Masshahdt, An- 
tike Wald- u. Feldkalte 1877, 190 fg. ; £. H. Usmi. Mythologie 1891, 101. 
RocHHOLz, a. a. 0. 94; K. PrrprxK, Der Kanton Liisera 1868, 

1 237. 

*) ScHWKIZ. Il>. III 656 t\r ; SoHWEl/KRHOTr 1827, 36. , 

») 0. Carisch, Kbäto-rom. Wörterb. 1848. 



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282 



Die Fiistnaehtiig«brinohe in der Schweiz. 



nen, jiigen, Bchreclcen, stäuben*'^) und die „Bochaelflächte*^^ in 
TersohiedeDen GegendoD. All diese Qebrändie fiiUen aber, mil 
Ausnahme der „Grftnflete^S die an DreikSoigen stattfindet, Tor 
den Fastnachtsbegion (6. Januar) und somit ausser unaern Be- 
reich. Dagegen gehört hieher der tou E> Wernlt auf 8. 195 fg. 
erwähnte Umzug in Laufenburg, femer das „Hftrxfest" in Ca-* 
stasegna, eine Lärmmusik, die die Kinder Teranstalten, „um dae 
Gras wachsen zu machen",") die Musik wShrend der Fastoaohts* 
feuer in einigen Gegenden des Kant. Luzern und beim „Faat- 
nachtbegraben*' (s. u.) in Zeiningen; endlich wird im Kaot. So- 
lothnnit ein in den Fastnachistagen erwischter fremder „Kilter** 
(Liebhaber) von der Jungmannschaft in Bogleitaog einer Katzen- 
musik durchs Dorf gefQhrt.^) 

Wie um die Weihoaehtsteit» so finden sich auch an Fast* 
nacht „Jagden". So im Kant. Uri die ,3ftrenjagd", ') wobei 
ein den Bfiren darstellender Bursche von Jftgem aufgescheucht 
und so lange gehetzt wird, bis er sich ergeben mnss -und den 
(blinden) Schflssen seiner Verfolger erliegt. Im Triumphe wird 
er dann als Jagdbeute durch die Strassen geführt. 

Ein gauz analoger Gebrauch herrscht im Oberwallia, nur 
daaa hier statt des Bären, der in ein Ziegenfell gehüllte „wilde 
Mann" verfolgt wird.*^) An einem zuvor bestimmten Nachmittag 
begiebt sich die ganze Einwohnerschaft eines Ortes auf die 
Gasse. Da taucht plötzlich der wilde Mann auf und stürmt in 
ungestümer Hast durch die bestürzte Menge, Diesem die Uhr 
ans der Tasche, Jenem die Pfeife aus dem Itfunde reissend, um 
eben so rasch wieder zu verschwinden. Auf die Klage der Be- 
raubten bin gehen die ■ Haseher auf die Suche nnd schleppen 
den Delinquenten, wenn sie ihn eingefangen haben, Tor Gericht. 
lAe' Strafe ist Spiessrutenlaufen und lebenslängliches Znchthaua. 



•) S.iiwKi/ I II 1626 fg., UI €88; A. FkibbaWi», UebiT 
Volksfeste 184:5, 15«. 

L. L. Kocimoi.z. Wüthnacbtcu u. Neujahr in der Schwei/. Oreuz- 
boten XXIII) 1864, 378. . 

^ G. LsoimARDi. Rhttt. Sitten und OebrKiiobe 18I<I, 5. 
E. Häsooi. Schwizer Dori'bilder 18;>3, 112. 

Xa-h dein Schweiz, kl. (III Iii] auch im Kiunicnthal imd tu 
tîugjijisherg ; lu tletn l'rnerbraiicli Vfjl. Sc iiwkizk.riiotk IbOîl, 75. 

«; Ali-kxrohkx 1809, 426 ; Eido. Natio.\ju.kau 1878, 47 : v-jl. (K 
V. 1lsis(«iiKRo, Festkalender au« Böiimcn o. J. (tStfl ?), S. 4>1. 



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Die Fastnachtsgebräuehe iu der Schweiz. 



An den Schluss unserer gan/cu Djirstelluug '^toüpti wir wohl 
füglich <la8 Bograhen der Fa:^tnacht, das, mit einigen Va- 
riai) tm, eich in den verschiedensten Gegenden der germanischen 
und shwischen Länder wiederfindet. Ob dieser Brauch ursprüng- 
lich identisch ist mit dem sog. Todaustragen, lassen wir dahin- 
gestellt ; immerhin musa betont werden, das3 der Charakter bei- 
der ein ganz verschiedener ist, indem das T()daustrag«>n als eine 
durchweg freudige, das Fastnachtheerruben als traurige Coremunio 
betrachtet wird. Eine gegenseitige Üocintlu^sung mag bei der 
Aehnlichkeit des Hergangs freilich stait^'i funden liaben. ') 

Der Tag. an welchem die ( ereoiuuie abgehalten wird, ist 
in katholi.srhen Oegeudeu meist der Aschermittwoch, in refor- 
mierten der Dienstag oder Mittwoch nach Invocavit, der Hergang 
mit unwesentliclien hikalen Abweichungen folgender: Eine als 
^Fastnachi*" bezeichnete Strolipnppe wird auf eine Bahre gelegt 
und unter jämmerlichem Klagegehoul oder Ijürnimusik in lan- 
gem Leichenkoadukt vor die Ortschaft hinausgoführt. Dort halt 
der „Pfarrer" eine karrikicrte Leichenpredigt und hierauf wird 
die Puppe in eine Grube versenkt. In Richtersweil wird sie 
zuerst verbrannt und dann erst ihre Asche vergraben.:) So endet 
das fröhliche Fastnachtsleben. 

♦ 

Auch wir schliessen nun unsere Betrachtungen ab: doch 
nicht, ohne zuvor noch mit Dank Derer zu gedenken, die uns 
durch ihre bereitwillige .\uskunft unterstiil<^i haben; vor allem 
aber war es das Schweiz. Idiotikon, dessen reiches Material uns 
sehr zu stuLtcu kam. Wir sind uns zwar der grossen Lücken 
in unserer Darstellung wohl bowusst und hoffen daher zuver- 
sichtlicli auf Ergänzungen und Berichtigungen aus dem Schosse 
unserer Leserschaft; immerhin aber glauben wir die charakteris- 
tischsten Züge des schweizerischen Fastoachtslebens heryorgehoben 
und so vielleicht einen bescheidenen Beitrag zur Geschiebt« der 
germanischen Frflhjahrabranche geliefert sa haben. 

') Zum AH^eiueincn vgl. namentlich:. J. 0. FRAZsä, The jfulden 
bongh I (lö90\ *254 (T.. wo weitere Literatur angeführt ist. 

•) Vereinzeltes- in H. Hi-rzoo. ScIiwpît:. Volksfeste 1Ö84. 218; Nkik 
ZCrcher Zeitü. 1889 Xo, ßU ; VVi.ntekthvrkr Volksbljitt 1895, Xo, 17: 
Eine. Natioxalkal. 1891, 3i; ScHwsizsaBOTs 1807, 70: Kt«M9. Diotioonaire 
géographique du canton de Pribourg 1833, II, 52. 



La Légende de la Reine Berthe 



Par M. Ërnest Muret (OeoèTe) 

La bonne reine Bertfie est use figare populaire dans le 
canton de Yaod, et presque dans toute la Snisse romande. Nulle 
part Texpression proverbiale Du temps que Berthe ßlait n*éToque 
des images aussi précises,' aussi familières que parmi nous. Nos 
peintres et nos poètes se sont plu à représenter la c royale filau- 
dière» cheTancbant, sa quenouille en main, à traTers les riantes 
campagnes vaudoises. A Payerne, où sa mémoire semble avoir 
été mieux conservée que partout ailleurs, les habitants montrent 
une selle qui passe pour avoir été la sienne. Dans tonte la 
Suisse occidentale, la croyance publique attribue à la reine 
Berthe la fondation d'anciennes églises» d^auciens couvents et 
d*anciens châteaux. La plupart de nos historiens ont célébré 
ses vertus publiques et privées, sa sollicitude pour le bien-être 
et la prospérité de ses sujets, les bienfaits de son influence ot 
de sou administration. 

A s*en tentn cependant, aux dates et aux faits certains 
ou seulement probables, ') les biographiee et les panégyriques de 
la reine Berthe se réduiraient à quelques lignes bien sèches, à 
quelques traits bien peu caractéristiques. Aussi tous les auteurs 
qui nous parlent d'elle ont'ils accepté, plus ou moins ouverte* 
ment, avec plus ou moins de réserve, les opinions courantes et 
les récits traditionnels. «Ne craignons pas, écrit L. Vulliemin,*) 

'> V oyez; la y>ittcc sur lu reine lierlht et m fatniUe, publiùe eu 1Ö16 
par l'abbé Dey, dann ]e l*' volume de« Archives de la Sodéti d'hielmn 
du canton de Frib&urg^ 61 la GeêMkte der offen Luttdeehaft Ben de 

Wlirsteinbergür (Bern, 1861—62). 

^) Feuille du jour de l'an IHi.H. p. 4. Viilliemiii n roprofluit presque 
textitelleiuent cette notice dans lu cullection de biographies nationales 
publiée par M. Eugèuc Secretun, souk le titre de Galerie <9»ùse (Lausaone. 
187J)). La aub»tauee des deux articles a paasé dam les deux éditioas 
(Lausanne. 1875—76 et 187Df de V Histoire de la ConfidéraUcn Suieee^ qni 
fut l'œuvre de la vieillesse de Vulliemiu. 



La Légeode 4e la Keine Berthe. 



de marcher, dans la nuit des aocieas âgea, à la clarté vadllante 
de la tradition, guide souvent inoins trompeur que les pâles la- 
inières renfermées daos les parchemins > 

Mais qu'est rp. en y réfléchissant, que cette fradiUon^ snr 
laquelle on se fonde pour suppléer aux incertitudes et aux la^ 
cnnes de Thistoire documentaire? A quelles sources l'a-t-on re- 
cueillie? A partir de quelle époque en saisissons- nous les premiers 
linéaments? De quelle façon, en quel lieu, à quelle date, de» 
éléments qu'on tient pour apocryphes sont-ils Tenus s'agréger an 
noyau historique primitif? Les faits admis comme authentiques 
sont-Us mieux attestés que les antres? L'opinion populaire n'a-t- 
elle pas été influencée par les anciens historiens et par la litté« 
rature d'imagination? Est-il d'ailleurs bien croyable que le peuple 
Tandois ait fidèlement gardé la mémoire d'une reine dont les 
contempomios ont à peine parlé et dont la descendance s'est 
éteintean commencement duXrsiècle? Un premier doute, Jadis surgi 
dans mon esprit, m'ayant conduit à examiner l'un après l'autre 
ces divers points, il m'a semblé qu'une étude historique et cri- 
tique sur les traditions et légendes relatives à la reine Berthe 
pourrait avoir quelque inti rrt pour mes confrères de la Société 
suisse des Traditions populairea. ' i 

Si les histdriens de profession trouvent à ces recherches 
quelque profit, je m eu réjouirai. S'ils veulent bien me signaler 
les lacunes et les erreurs do ce nK'inoire, jo leur en serai re- 
connaisaunt.") Mais, plus funiilicr avec d'autres études et tidèlo 
au programme de notre socicté, ce n'est pas h Thi'Jtoire posi- 
tive que j'ai voulu apporter cette modeste conrril utioii A nos 
yeux, les notions tausses ou inexactes, qui pullulent dans les 
esprits les plus éclairés, ne paraissent pas moins digues d atfei)- 
tion et d'étude que les laits reconnus pour réels et véritables 
par notre science imparfaite. Tandis que d'autres extraient pa- 

') Ce mémoire a été lu à rassemblée générale, tenue le 30 mai 101*7 
au parc de Belvoir, à Zurich. Je Tal moctlflé et complété, avaot de l'im- 
prlmer. 

- Je tiens à nommer et à remercier touteM les personnM qni m*0Dt 
tuiinii di's reri'^eij^tiemont'?, nw m'ont aid«'- d'une ta<;on «|iieleon«|ue dans ce 
travail. l'ariiii celIcH ipie jt- ne pourrai mentionner d'une façon plus spé- 
ciale, je cite MM. Ja«iues Mayor, Francis De Crue, Virgile Kussel, Abel 
Wraoc, Eugene Conrreu, enfin notre dévoni président, M. Edouard 
BofTmsnn-Kr&yer, qui m'a obligeammeot prêté des livres et des artieles- 
(|tt*tl m'était impossible de me procurer à Genève. 



La Légende de la Reine Berthe. 



tiemment de la tradition quelques parcelles de vérité hiatoriqne, 
il nous plati d*obserTer les déformations auxquelles cette Térité 
est sans cesse exposée, sous Tactioa de eanees permaiienteB ou 
accidentelles. Cest à ce point de vae qa*a été entreprise et 
dans cet esprit qu'a été conduite la petite enqadte dont je pa« 
blie anjoard*bai les résultats. De tels exemples semblent propres 
à nous montrer comment, en regard de Thistoire scientifique, il 
se forme, avec la complicité ou à Tinau des savants et des 
lettrés, nue histoire traditionnelle, populaire, souvent poétique, 
toujours passionnée, qui, suiva.nt les temps et les lieux, sera 
épopée, légende du roman. 



I 



Nous savons de science certaine que, vers la fin de sa vie. 
probablement en 961 ou 962, la reine Berthe, veuve en pre- 
mières noces de Rodolphe II, roi de la Bourgogne Trsnsjurane, 
et mère du roi régnant Conrad, fonda à Payerne une abbaye 
de bénédictins, soumise à la règle de Cluny. Il est poesible 
qu'elle ait fondé ou doté d'autres établissements religieux; mais 
toute preuve en fait défaut.') La plupart dc^ tniditiona rela- 
tives à des fondations religieuses de la reine Berthe sont sus- 
pectes d*erreur ou de falsification. En plnsienrs lieux, elle a 
été substituée à des fondateur» moins illustres on confondue avec 
eux. Ailleurs, des données d'abord vagues et flottantes se sont 
à la longue précisées, amplifiées, embellies. Saus me prononcer 
sur chaque cas particulier, je suis disposé à chercher l'origine 
de toutes ces traditions dans la renommée de bienfaisance et de 
piété que valut à la reine Berthe la fondation de l'importante 
abbaye de Payerne et dont on peut recueillir maint témoignage 
ancien. 

Soleio'e.^) Dans une information faite à Soleuro le 25 
avril 1251 par labbé Henri de Frenisberg, délégué du St-Siège, 

0 II faut toutefois sigualcr la mention contenue dans Tobituatre 
de Schwarzenbach, d'après lequel on célt^brait le 2 janvier raiini\ ersaire 
de Berthe, rotnc de Houri^^oî^^iK» (Wurstemberger, p. 61), sans doute en 
qualité de bienfaitrice de l'église. 

>) P. Urban Winistorfer, Der àU» SL Unut-MOmtttf mu SMoAitm. 
dans le NtuîahraHaH 4e8 KvmtveremB »u Sohfhumt m, 18S5. 



La Légende de In Ueiue Uerthu. 



2b7 



les plus vieux lI les plus houorablea bouro^eois, cités comme 
tcnioins, dt-clarrrent (|ue rancieune coUégiulo de St-Oura avait 
été établie et fondée, avec les mêmes droits ©t privilt^gea que la 
collégiale de Zurich, jmr vue certaine reine Bert/if, qui avait 
bâti l'église et le bourg.') Les aucieus ubituaires indi<juaieut le 
6 mars connue auuivcrsairo «de la noble reine Berthe, fonda- 
trice (lu chapitre de St-Ours.» Duus les notes de voyage prises 
eu 1544 à Soleure par le chroniqueur zuricoia Jean Stumpf, on 
lit-) que cette Berthe, «reine de France ou de Bourgogne, re- 
gina Francid' siue BurgHndiœ>, était l'épouse du roi Ro- 
dolphe II et qu'elle décoaYrit les reliques de St Oure et de ses 
compagnons, qui étaient restées cachées doraut ciDqcentsaos. Yen le 
même temps, rhamaoute alfaoïen Beatus Rheuanns attribuait la do- 
tation de l'église de Boleuro à Berthe ou Bertrade, mère de Charle- 
magne, cette Berikeau grand pied, qu*on a confondue, particulière- 
ment en France^ aYee notre reine Berthe.^) Les deux yersîons sont 
combinées dans la Cht^onîque de Stumpf (1548), d'après laquelle^) 
Berthe aurait doté et enrichi (weiter begaabet) TégUse de St-Onrs, 
fondée par la mère de Oharlemsifne. Mais, dans un antre pas- 



')«.,.pör quorum dicta inveiiiiiius, Kcclesiaiu ."Solotloauseiu iii 
omni »luro secundiim Ëcelesiam Thnricensem in prims siii ftiadatione esse 
constrnetani et constitntani a qnadam rei^na nomine Berehta, qu« ipum 
Ecclesi.-iiu <>t Castrutn construxit. . . » Tschudi, Okrowùon Hàveticum (BaseL 

m4-3G). I. ].. 147. 

*) Ein litisel/ericht des Chronisten Johannes Stumpf am dem Jahr 
lù4i, heraus«?, von Dr. Herniana Escber ((^ueUeu sur Schueiser Geschichte, 
VI ; Basel, 1884), p. 290 (^Anti^itate» Sohäortttse»). 

*) «Neque enîm qui uel uosnibut cingit oppidum, nel ampliat, aut 
%dibus Hacris exuruat. ntatim ooiiditor dici nicretur. Nam .sic . . . £t 
Viu'i thrada rcfrina. Oaroli Magui iiintcr. Sohnlori, Cohnaria', (-onHtnntiwque 
enset autor, quarum teiupla de pruuentibus prospexit,» Beati lilienaiii 
SelestadieusiR Kerum GermaMicarumMhti HI (Banilcai, Frobcu, 1551), p. 146. 
Je n'ai pu consulter la première édition, qui est de 1631. La mention 
de l'abbaye de Payeme et de ses possessions en Alsace, à la p. 166 
(SOUH la rubri()ue Colmar), fait voir qne notre auteur ne distinguait pas 
bien les deux Berthes : ' Collej^itim canonieornni D. Martini illio. Prioratus. 
ut uucant, quondaiu fuit Beuedictorun], ad Monasterium nallin D. Gregorii 
pertiueus, ut alter ibidem qui D. Pétri dicitur, ad Patemiacum. Institutricem 
memorant Bertham reginam, ad cuius jnriiditionem nonnnila et, parte 
tpectarit olim Golmaria. Uade magni illine C<msiantiensi Pnepeaitar» 
prouentUR. quos ci eccleHia: ha;c nobilissima matrona dtjiiauit.» 

*) Gemeiner loblicher Eidgnoschafft Sutten, Landen und Yijickeren 
(Jtronik (Zürich, 1648), I, p. 303 v*. 



288 La Lég«Dfle de la Iteinc Uerthe. 1 

sage (Ht p. 224 b), le chrouiqueur, dont les notes de voyage I 
trahissent déjà riocertitude, s'est mis eo contradictioD avoc lai- I 
même, en s'appuyant sur le témoignage des canciens Hrres du I 

chapitre» pour attribuer la fondation à la reine de Bourgog'ne. 
L'opinion qoi concilie le^ deux traditions a été adoptée par les 
historiens postériears et a définitivenient prévalu; mais je n'y 
pois voir, pour ma part, qa ao manTais compromis entre deux 
hypothèses, dont aneune ne s'impose arec autorité. 

Le journal de voyage de Stumpf ne fait que meottonner 
brièTement rinvention des reliques de St Ours et de ses com- 
pagnons par lu reine Berthe. Il est à peine besoin de faire ob- 
server que, si la tradition soleuroise était authentique on seule* 
ment ancienne, la mémoire en aurait été conservée par des do- 
cuments antérieurs au XVl' siècle. Un historien soleurois du 
XVir, François Haffner, nous raconte avec plus de détail que 
8tnmpf cet épisode de la légende t'"* 

*An. UaO. Comme la reine Berthe, devenue veuve, sé- 
journait souvent r'i Soleure, elle pria instamment Dieu de lui 
manifester où étaient les corps des soixante-six martyrs de la légion 
thébaine, qui ont versé jtrès do cette ville leur sang pour la foi 
chrétienne. Dieu exauça son ardente prière, et l'on vit [«endant 
quelipies jours plusieurs lumières à l'endroit où est aujourd'hui 
la chapoliti de St-f'ierre fja reine, joyeuse, ayant ordonné d'y 
creuser, l'on ne trouva pour lors, selon la volonté de Dieu, que 
dix sept corps saints ^ 

liaflner raconte ailleurs (II, pp. 178a et suiv. comment, eu 
l'année 147."), turent découverts trente-six autres corps, (jui. le di- 
manche de Quasimodo 1474, furent suleouellement déposés aupn-s des | 
reliques de leurs <'ompagnon8. En mémoire de cette translatiou 
fut instituée uue coutume, qui mi-rite d'être euregistrée dans nos 
Arc/iices. «Chaque premier dimanche après PAques,» écrit 
Haffner (II, p 180a), on donne à tous ceux qui assistent à la 
messe dans la collégiale do St-Ours, hommes, femmes ou en- 
fants, une fève en guise de gruiu do chapelet. Ce dimanche 
s'appelle pour cette raison le dimanche des fî^ves. Il y a cent 
cinquante ans, on a voulu abolir cette cérémonie. Mais^ la peste 
avant éclaté, on s'est remis ù distribuer les fèves comme aupa- 
ravant, et cela se fait encore aujourd'hui [1666].» 

') Kleiner Soîothumitcher Sdtaw^lHùU HistoriKiter WdUQeidtidUen 




La Mgende de la Keine Berthe. 



88» 



Zofitigin; et Sc/io'neniverlh. Un des plus iotéressautt 
témoignages de la célébrité dout jouissait à la fia dtt moyen 
âge la reine Berthe^ dans le monde ecclésiastiqne, est un extrait 
de Tobituaire du chapitre de St-Maurice, à Zofingue, publié en 
1885, d'après une copie du siècle dernier, par M. Th. de Lie- 
benau, dans V Indicateur (VantiquiU's suisses (V, p. 148). La 
date de ee texte ne saurait être beaucoup antérieure à la sup- 
pression du cbapitro, en 1527, puisqu'il y est tait mention d'une 
décision prise par les chanoines en 1472. On y lit ce qni suit: 
Février. Ste Berthe, martyre et abbease, dans la régiou 
des Gaules. 

<Dame liorthe de Froburg, épouse de Rodolphe, roi de 
Bourgogne, construisit des églises l\ Aniaoldingcn, h Soleuro, à 
Zofingue et à Werd, et aussi un monastère à rayerne, où elle 
est enterrée avec Bodolphe, roi de Bourgogne. 

îEn outre, le Prévôt et le Chnpitro, en l'an du Seigneur 
1472, établirent que ranuiverffiiro de Ui susdite Dame Berthe 
do Frobure et de tous les Froburj^ et des fondateurs, donateurs 
et bienfaiteurs serait célébré dans le (dnBur , . . - 

Le vieux Stumpf) et les historiens modemrs nont d'accord 
pour attribuer aux comteb de i'>ol)urg, (jui avaient ia seigneurie 
de la Yilio de ZoHngue, la fondation de la collégiale de St-Mao- 
rice et de celle de Schœnenwertb. M. de Liebenau pense que 
la coïncideuce de leur anniversaire avec la fête de Ste Berthe") 
est le point de départ de la tradition qui rattache h leur famille 
la reine de lîourgogne. La confusion s'expliquerait plus aisément, s'il 
avait existé une Berthe de Froburg, bienfaitrice de Téglisede Zofin- 
gue; mais le mémoire du P. Winisto rfer sur les comtes de Froburg ') 
ne coutient rien qui autorise une semblable hypothèse. On est surpris 
de retrouver sous la ])lüme d'étrangers cette tradition, de bouuo 
iicure oubliée dans notre pays. Loys Gollut, dans ses Mémoires 

>) ChrùHik, p. 896. 

K Aucune Hainte ni bienhenreuse du nom de Bertho u'ent huiiorée 
au mois de tVviicr. Mais notre texte friit sans do»ite nlhisioii .i St»* Atistre- 
berte, ahhessc nnniKnuie <lii VIII' Min-le. duiit la naissance esM'oiiuneiuorée 
le 10 février. A ia p. '62 du Mi%rtyrologtum Basiliense ^Fnbutgi lirisgoia?, 
1684\ BOUS lisons: ti^vMrto iâm fAmarij ... In pagu Rothomagensi sanct» 
Aufltrobertie virginn, miraculis et omni religionis virtute eelebris.» 

•) Die Grafen von Froburg, dans VCrkttmlio, publié par la SociiHé 
d*hi«toire de 8oleare, t. H, fasciculeH 1 et 2 (Solothum, 1863 et 1875), 

19 



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La Légende de la Ueiue Berthe. 



his/nr'a''>\-i de la l^rptihliqi/t' S' (imiiioist' ( ir)92 i, noua apprend 
(p. 2? 'M jue <Raoul II . . . tiit niarit' avec Darne liortho, up- 
}idh e par Lu:-. (' de l'ri/hunj, proche de Râle. ' A la vt rité, 
je u'ai pu retrouver ce renseignement che^ Lazius;') mais cela 
n'ôte rien à l'intérêt de cette allusion. 

Ainso/i/i liijrtL L'obituaire de /ofinj^ue noua offre, à ma 
coiinaiesance, la plus uacieniio niention de la trailiüuii fort ré- 
pandue, suivant laquelle Herthc aurait fontlé l'église d'Aniaol- 
dingeu, non loin de Thoune. Cette tradition <lérive sans aucun 
doute de la fabuleuse Chronique de Slrirllli lujeu, composée 
au milieu du XV sièele j>ar Kulojrius Kiburger, curé d'Einigen. 
L'auteur^) raconte que Kodulphc, d'abord comte de StrcPttlingen. 
puis rui de Bourgos:ne, fit conj*truire sur les bords du lac de 
Thoune douze églises et, d'accord avec la reine litrthe. sa femme, 
les dota. Il nomme parmi ces églises celle iV An>ieltingeii ou AmsoU 
dingen. Mais Berthe ne tient qu'une place insignitiante dans son récit. 

Suivant Kiburger (p. 81), les denx époux furent enterrés 
à Fayerue. Berthe y avait, en effet, son touibcau, (jue sa fille, 
l'impératrice Ste Adélaïde, vi-ua en 999 et qu on montrait en- 
core au XVir siècle. ') Mais Rodolphe 11 doit avoir été enterré 
à St-Maurice,') ot l'opinion <jui le fait rej)üser auprès de sa 
femme n'est peut-être pas antérieure à notre chroniqueur, dont 
l'obituaire do Zofmgue reproduit sans doute les indications. 

Xeuc/idieL Diverses notices concernant l'église collégiale 
de Neuchâtel ont été écrites en latin, au commencement du XVI' 
siècle, par un chanoine anonyme, dont l'autographe est conservé 
aux archives cantonales.^) On savait encore à cette date que la 

') Je n'ai consiiiti' que le J)e gentium aliquot lUK/rdtionibus^ aedibm 
fixii . . . lib. VII, daus la 2-'' édition, corrigée (Fraacotui ii, 1600). 

*) DU Str^Ümgtr Chnmk^ herauNfj;. von Dr. Jakob Biehtold (Frauen- 
feld, 1877), ebap. IV. 

•) La sépulture dv Berthe à Payeme p^t attestée, dit l'abbé Dey 
{Notice, p. 149'. f-p-Tr le témoifrn.tîî^e fonm l de l':i!>hé Odiloii ot pnr de 
trè» anciens documents bturgi^uers.» V'uye% le passage de V Epttapluum 
Addhaidiê d'Odilon dans les Mon. Germ, HiiU^ Script., IF, p. 641, et les 
témoignages postérienn & la p. 810 du présent mémoire. 

^) Hcriuannns Contraetus (cité pur Wurstembergerx ap. Bouquet, 
VIll, p. 250 E. 

^) ChroHiques des Chanoine» de Xeuchàtel. Nouvelle édition (N'eu- 
chàtel, pp. 15K (texte) et 192 (traduction). D'après le^ indications 

de Hatile (JfoMi«eiite de VÙdnn de NèueJiâtâ, 1, p. 46), les premières 
phrases de notre pastage sont écrites en marge, et les dernières offrent 
une éeritnre différente de celles qai précèdent. 



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La Légende de la Reine Berthe. 



391 



fondatrice s'était appelée Berthe; mais, en Tabsence de docu- 
ments précis, ce nom donnait lieu à mainte conjecture et à de 
singulières confusions. 

•On lit dans un ancien psautier, écrit notre chanoine^ que 
la dame Aleburgis, épouse d^Ulrich de Neucbâtel ... en fut 
la bienheureuse fondatrice; mais je ne trouve nulle part de date 
exacte On dit communément (cidgo) qu'elle était reine de 
Bourgogne; et, suiraut la tradition, elle repose encore dans le 
monastère de Payerne. On ne trouve aucun acte qui établisse 
en quel temps cette église a été commencée; cependant il est 
reçu généralement qu'une certaine Berthe, très noble dame, Ta 
fait construire depuis les fondements et Ta doté de ses propres 
deniers. Or. je ne pense pas que cette Berthe ait été la Berthe, 
mère de Ubarlema$;ne, qui, à ce qu'on rapporte, fit élever le 
célèbre monastère de Payerne et celui de Romainmotier, du même 
diocèse. Mais je crois bien plutôt que cette Berthe a été la 
mère du comte Ulrich, ce dont fait foi la très ancienne inscrip- 
tion sur marbre que Ton trouve placée sur le principal portique 
de la dite église, et où se lisent les vers suivants : 

«Bespice Yirgo pia me Bertham Yirgo Maria et simul 
Tlricnm qui ait fugiens inimicum. Dat Domus hec usum facien- 
tibuB et Paradisum.» '} 

L'opinion combattue pnr le chanoine anonyme a long- 
temps été la plus accréditée. Mais les études historiques et ar- 
chéologiques de ces dernières années confirment l'opinion qui 
attribuait la fondation à une comtesse de NeuchAtel. L'inscription, 
dont le chanoine nous a conservé la jilus ancienne copie, accom- 
pagnait un bas-relief, que Tautorité fit détruire au XVII" siècle, 
comme un débris de ^paganisme », et qui représentait, autant 
qu'on en peut juger par les anciennes descriptions: au centre 
la Vierge Marie, à sa droite la fondatrice à genoux et présen- 
tant l'église, à sa gauche une figure d'homme également âge- 

^) Le texte correct de cette iuscriptioo a été établi par S. V'ügciio, 
dsDS l'Indkatmr d^hiitoin «< éPantiquitiê sutaet, U, p. ai. Il faut lire Saneta 
Mario au lien de Virgo Jfono, ristm au lieu de «suira, et probablement 

d«f au lieu de dat. 

Comparez le pa«***:ifre ^crit nti verso dti 4* feuillet par une main 
postérieure et signé J° de Guère hec: «Hinc est «luod iu)n illaui Burgtiu- 
dionuni Kegiuaw Bertbaiu quam credia nostre Ecclesie fundatricem ère- 
diderim, sed alteratn Bertham de Ulustrl ae prepotenti Comitum génère 
ortam esse fateor.» P. 150. 



■ 



S92 l^a l^geode île la Keine Berthe. 

nouillée. Selon Georges de Wysa,') ces personnages sont la 
comtesse Berthe, mariée en 115S à T'Irirh II et veuve à partir 
de 1191 ou 1192, et son fils Ulrich III, comte de Nidau après 
le partage des Ktats familiaux avec hou neveu Bcrlhold, en 1214. 
Dans rinacripîiun, c'est la fondatrice qui j)arle, implorant la jiro- 
tection delà Vierge puur elle-mcme et pour l'irich. La pieuse mère 
demande que sou tils puisse mettre en fuite l'ennemi ])ar excellence 
du chrt'-tien, c'est à dire le diable. Le second vers de 1 inscription 
nous apparaît donc comme une libre paraphrase de la prière du 
Beigneur: lilh'rn nos a itmin : et c'est uno interprétation que 
doivent admettre même ceux qui repouaeeraient les ideotiûcatioQa 
proposées par Georges de Wy«s. 

En des temps où l'esprit critique était moins éveillé qu'au- 
jourd'hui et où Ton attribuait générîiîpmcnt la fondation de la 
collégiale à ia reine lîerthe, le bas-triu t i r Tinscription du por- 
tail ont donné Heu à une série de c(»n]ecturea et d'hypoth^9e8, 
qui, à force d'être répétées, <»nt pris les apparences d'une tra- 
dition looale et se sont fait accepter par de graves historiens. 
Un passage significatif de V Ilishtirr Suissi* de Kuchat, conservée 
en manuscrit ii la bibliothèque de Berne/) nous fait assister au 
travail d'esprit qui a enfanté la légende : 

fCette inscription ii>iiis (ijtjtrriid que Berthe avoit cherché 
son salut dans la fuite, eu se retirant à Neuchâtel, d'où l'on 
peut pri'-sunicr (jue cette église étoit un fruit de sa reconnois- 
sance, et peut-être l'exécution d'un vomi [u elle avoit fait à la 
S. Vierge. Il est difficile de savoir (pids étoiont ces ennemis 
qu'elle fuyoit: // y a beaucoup d'nppnri'niy que c étoiont les 
Hongrois, et sur ce pié \h il fntHlra reporter cette fuite de 
Berthe à Neuchâtel à Tau 954. ou 9bb. que les liungrois déac- 
lèrent l'Alsace, la Bourgogne et peul-ctrr iiussi les frontières 
de la Suisse . . . Cet Ulric ... est iqiparemment Ulrich» 
EvT-que d'Augabourg, qui étoit l'arent de la Reine, et qui s'é- 
toit acquis une grande réputation de sainteté.» 

L'opinion accueillie par Ruchat semblait confirmée par des 
témoignages, d'ailleurs contestables,^) suivant lesquels la figure 
d'homme placée à la gauche de la Vierge sur le bas-relief aurait 

JHe PwUà-Inêehri^ âer StifUkirehê in Nwen^, dans r/fMÜMMr 

d'antiquitéa suisses, VI. p. 39. 

*) Tome IV, p. 98. C'est moi qui souligne les mots earae(éristiqiies> 
*) Bahn, Indicateur d'ttnttguitéi «UMses, VJ, p. 26. 



La Légeode de la Keine Berthe. 



293 



été celle d^an évêque revêtu de ses habita pontificaux. On sa- 
vait d'aiUeuni que St Ulricli arait eu à souffrir dans son diocèse 
des attaques des Hongrois, et Ton savait également qu*il était 
venu en pèlerinage à St-Maurice. C'est probablement à la suite 
de ce prélat, qui passe pour avoir été son cousin,') que les Hon- 
grois ont fait irruption dans la légende de la reine Bertbe. H 
était bien plus naturel de supposer qu'elle avait fui devant les 
incursions de ces terribles Rarrasins dont le souvenir n'est point 
encore e&cé de notre pays. Les textes nous offrent tantôt l'une 
tantôt Tautre version et parfois les combinent ingénieusement 
On lit, par exemple, dans les Chûieaux Neuchätdois d*Hugue- 
nin que Berthe, fuyant une invasion des Sarrasins, se réftt|pa 
en 954 à Keuchâtel, en compagnie *de révèque Ulrich, chassé 
d'Augsbonrg par une invasion des Hongrois. La nouvelle édi- 
tion de cet ouvrage suppose môme deux refuges successifs, en 
927 et en 950, on 954.^ 

D'après une troisième version, résumée et réfutée par Ma- 
tile dans sa Dissertation sur Féglise coHégicUe de Neuchàtd 
(p. 26), la reine Berthe, «fuyant devant une émeute, serait ve- 
nue se réfugier à Neucbâtel ohes le comte Ulrich, en compagnie 
d*un sien onde Ulrich, évêque d'Augsbourg. . «» Cette version 
parait être la plus ancienne; car on en lit une peu différente 
dans un ouvrage qui date probablement du milieu du XYH* 
• siècle et dont la Bibliothèque Cantonale vaudoise possède une 
copie manuscrite, cotée F 998. Dans le catalogue, ce manuscrit 
est intitulé: «Observationes topographioae antiquitatis, privile- 
giorum, fundationum ecelesiarum, capellarnm de chasque lieu du 
Pays de Yaud. — Copie d*un manuscript trouvé entre les pap- 
piers {sic) de H. le grand commissaire (Samuel) Gaudard. Us. 
copié à Âarau en IB51. — in>foL» Le catalogue identifie ce 
Gandard, qualifié de grand commissaire, avec Samuel Gaudard, 
qui publia à Leyde, en 1651, sa Medulla furisprudentiœ ro- 
mamc et compila, de 1658 à 1656, un Calahgus doimnorum 
canonicomm ecdesiœ Latisannensis, qui est resté inédit. La 
langue et le style des Obsermtions s'accordent bien avec ces 
dates, qui nous font remonter & plus d*ttn demi siècle avant les 
travaux de Buchet. Le passage qui nous intéresse fait partie 

') «Wie man coiubiniert hat.« G. de Wyas, dann l'article cite plan 
haut, p. 40. 

*\ Konvelle édition (Nenchfttel 1894), pp. 291, 494 et 441. 



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294 



La Légende de la Reine Berthe. 



d'une Sommaire Description des Conitèz de Neufchald el de 

VaJlalnJgia : 

«La dite Keyne Berthe beut auBti sa iîiîtte et relwntte de 
dedans ses eunemifl avec le dit Ulrich après la mort de son 
EspoQX et Mari Roui Roy deBourgongne pour les grandes dif- 
ficultés et empêchements qu*etts son dît fils Conrad avec ses 
Frères et Oncles ...» 

Et un peu plus loin : «les Principaux et premiers Seig" 
du dit pays estant parents et alliez de son dit fils, vers lesquels 
elle avoit tant plus seure retraicte, notamment près des Comtes 
de Neufcbatel.» 

On sait que, deux ans après la mort de Rodolphe II, à 
répoque du second mariage de Berthe avec Hugues, roi dltalie, 
le jeune roi Conrad fut enleyé par Othon I et conduit en Oer- 
maniè, oft il séjourna durant plusieurs années, avant de prendre 
en main le gouTernement de ses États.*) *Conradum BurguU' 
diœ regem doh cepHy» dit une chronique. C'est aux événe- 
ments fort mal connus de cette époque troublée que notre texte 
rattache la tradition du refuge de Berthe à Neuchâtel. L*émeate 
dont parle Matile n'est sans doute qu'un développement des don- 
nées contenues dans la Torsion de Samuel Oaudard. 

Si le refuge, comme je crois ravoir démontré, n'est qu'une 
fable érudite, il n'existe aucune raison valable d'attribuer à la 
reine Berthe la construction de Tandon cbftteau de Neuchâtel. 
La charte par laquelle Rodolphe III donne à sa femme Irmen- 
garde, en 1011, «Novum Castellum, regalissimam sedem » ne 
prouve rien en faveur ni à rencontre de cette tradition, qui 
m'est apparue pour ht première fois au XVÏII* siècle, dans VEUU 
et Délices de la Suisse de Rnehat (17U) et les Annales des 
Boyve.") 

Romainmoiier. Dans la croyance du chanoine anonyme, 
les deux importants monastères de Payerne et de Romainmotier 
avaient eu la même fondatrice, qu'il appelle par erreur «Berthe, 

' T^^'Vi p* 134: \YurHteniber|;er, p. 48: et tuus Ich historiens de la 

reine lUrtiie. 

>} Atmoleg historique» du eomU de Xeuekâtd et Vîdongin depuis /«le» 
dêar jueqtt^tH tJSS (Berne et Nenehâtel. 1654— 66^ I, p 95. Jouas Boyve 

n'avait conduit ses Annales que jusqu'en 1708. Son ouvrage a été copié et 
accru par son neveu Jonii-Kr;m(;(»iH Boyvc, luort on 1771. I^s Annales 
attribuent aussi à la reine bcrtlie la toudatiou do Tabbaye de Moutbenuit, 
en Bourgogne (p. 9Ö). 



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La Légende de l.i Heine Hcrthe. 



295 



mère de Charlemagne.» Antérieur de plusieurs siècles à celui 
de Payerne, le couvent de Komainmotier fnt annexé à Tabbaye 
de Cluny par Adélaïde, sœur de Bodolphe I, et comblé de 
bien^ts par Conrad et Bodolpbe lU. Ces relations avee Ohiny 
et avec la famille royale de Bourgo^e ont pu faire imaginer 
que Berthe avait fondé la maison de Bomainmotier, on da moins 
ravait dotée, on même restaurée.') 

Montier-Grandvah De semblablee associations didées 
ont dû suggérer la plupart des traditions que nous recueillons 
à partir du XVI* siècle. Une charte de 962 manifeste la sol- 
licitude du roi Conrad pour Tantique abbaye de Moutier-Grand- 
▼al, dans le Jura bernois. Mais o*est dans le manuscrit de Sa- 
muel Gandard que la reine Berthe nous apparatt pour la pre- 
mière fois, à ma connaissance, comme ayant joué un rôle dans 
Vhistoire de cette abbaye, dcTMine plus tard un chapitre de 
chanoines. Après avoir mentionné la fondation des églises de 
Soleure et de Payerne «en Tan 932 ou 937», il ajoute: «ce 
fnt en ce mesme temps que la prevosté et temple de Monstier 
Orandvaox fut aussi fondé par la dite Beyne Berthe.» Cette 
opinion est combattue par un contemporain de Gandard, le So- 
leurois Haffner,^) qui préfère attribuer la fondation à hi mère 
de Charlemagne. 

B*appuyant sur la tradition locale et ses propres observa- 
tions archéologiques, le Jurassien Quiquerez, dans sa notice sur 
L* Eglise et le Monastère <le Moutier-Grandml (Besançon 1870), 
n*hésite pas à affirmer (p. 8) que «cette abbaye fut saccagée 
par les Hongrois (899 à 980), et ensuite restaurée par la reine 
Berthe, qui fit bâtir une tour en avant du portail de la basilique.» 
«Quant à la tour, dit-il ailleurs (p. 26), nonobstant qu'on n^ait 
aucun document prouvant que c^est la reine Berthe qui Ta fait 



') Boyve, p. 99, et Kuchat, HMoire Suivie, IV, p. 67 ; Hotttn(;er, 

Hélvetimhe Kircheng^tchtchttn, I, j». 494. 

^1 Sol. Schiuv-l'lutz. I, p. *244îb: «Dv-</;;liMchen wird (User Gottselifreii 
lunl tVt\\^phio^en Köni^ri»» Hprrh.T die »Mstc Fuiidarion der SlitVt Miinstor 
in Grantelden zugeschriben : IMeweil aber, wie üben vermeldût, Kay»cr 
Carl der Fsi»sto An, BS4. disere Chorherren Stifft MUniter ... au ver- 
bensemng der Probenden, da« St. IiniDerBthal in Er«;ue vergäbet, so fol- 
get hieraoHz, dass ein ältere î^tifftnn;?. als der Herthas niiisHe vorjçaiifren. 
und »'in IrrthiiiiiU. «jl'^ich wie bei S. lV.>v pfifft zu S<ili>t1iiirii, in ilfii Na- 
men Werthraiia un<i Bertha, wie vuu mir UaitelbHt erinnert, beschehcu 
»eyn.^ Ct'. 221b et II, Ü6 b et sniv. 



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La Légende de la Reine Berthe. 



bâtir, nous croyons que rarchitecture de cet édifice étont d^ac- 
tord avec toutes les traditions écrites, on ne peut élever de 
doute sur la date de son érection dana la première moitié da 
X' siècle. Si ce n'est pas précisément aux fraia on par les ordres 
de la reine * . . oe fat indubitablement de son temps. » A l'np* 
puî de son opinion, Quiquorez produit encore un document du 
XY' siècle, dont il donne (p. S) une interprétation hypothétique 
et arbitraire: «L'acte d'ouverture du tombeau de saint Germain, 
en 1477, dit qu'on trouva le corps de ce martyr comme il aTait 
été placé par la fondatrice » de l'église: < ce qui montre que 
le rédacteur de cet acte croyait que c'était la reine Berthe qui 
avait fondé l'église de Orandval.» 

Sa in h- l'iMinm et Saint- Imier, «11 y avait des églises a 8t- 
Imier et à Ste-Ursanne avant le temps dont nous nous occupons.» 
écrit l'abbé Dev dans son excellente yntice sur la reine BeHhe 
elsa famille (p. 141); «:il est possible que Berthe lésait fait recons* 
truire; mais on ne sait rien de certain à ce sujet.» La plus 
aneienne mention à moi connue') des bienfaits de la reine Berthe 
envers l'église de Sto-Ursanue se trouve dans les Klrennes 
Heh'éfienneû pour 1795. Les Boyve (p. 98) prétendent qu'elle 
a fondé l'abbaye de St-Imier. Une tradition, recueillie par J.-J, 
Hottingeràla fin du XVIl'Biècîe, voulait qu'elle eût été en pèlerinage 
au tombeau du saint. Mais le texte de l'historien auricois offre des 
difficultés qu'il est impossible de résoudre sans recourir à ses sour- 
ces.*) Je soupçonne quelque confusion dans ses notes ou dans ses 
souvenirs, et je me demande si, en donnant à une rue le nom 



Je n'ai pu malhoureusement con«ulter le volome de Ugr Chèvre 

sur Ste-Ursauno et la Prévôté, qui fait partie du grand ouvrage de Mgr 
Vautroy, Le Jura Bernois, et (jui ni\'>r aitiinbiement signalé par notrs- 

correspojul.iiit. M. rnhl»»!« U Aucourt. curi- «Ir Mircourt. 

Heh-eUnchc KiicJiciiiifschtchten, l, j). 4',U : *Auch sulie Bertha, 
König Kudolfä Geiuahlin, zu des Ati. Chr. 600 gedachten luiiuerii Grab 
eine Walfabrt getahn (Basil. Sacr. pag. 45) und eine CoIlegiat>8tift von 
13. Chorherren, und einem Probst geiitiftet, oder vilmehr der Stift Ein- 
koniiDcn verbessert (Hafner) haben.» Kn manchette on lit: «Königin Bertha 
Miltigkoit g'ccr^'n >!iiii*>tt'r in (îrunteld ot les indicntions relatives à la 
fundatiuu. ainsi «pie la mention du transtert tloH chanoines à Delémout 
aprë» la Uétunue, concernent évidemment le chapitre de Uoutier-CIrand- 
val. La sttbstanee de ee passage a été extraite par Rnohat dans une 
'page biifée de son Histoire Suisge manuscrite (t. IV, versu de la p. 6S, 
avec la numérotation ôé). 



I 



La Légeudo du la Heine Berthe. 297 

de la reine Berthe,') les habitants de St-Imier ont fait autre 
chose que de consacrer une erreur vieille de deux siècles. Ré- 
servant d'ailleurs la question pour un plus mûr examen, je me 
bornerai à faire observer que les relations de voisinage et de 
dépendance des églises de Ste-Ursanne et de St-Imier*) avec 
celle de Moutier-Grandval suffiraient, à la rigueur, à expliquer 
l'origine des traditions que nous examinons. 

Lausanne. «On peut facilement admettre, écrit encore 
l'abbé Dey (p. 141), que Berthe exerça sa bienfaisance envers l'église 
cathédrale de Lausanne, la principale du pays qu'elle habitait. . . » 
Le silence des anciens documents contredit cette hypothèse, qui 
ne se fonde que sur un passage (p. 52) des Decrela et con- 
stituiiones sj/nodales Ecclesifr Laiisannensis, publiés à Fri- 
bourg en 1665 : 

«926. Burchard I. Fils de Rodolphe III, roi des Bour- 
guignons, et de Berthe, fille de Burchard, duc d'Alémanie, bien- 
faitrice notable (sinyuhiri) de l'église de Lausanne.» 

Genèce. L'historien fribourgeois Ouillimann'^) parle des 
nombreuses preuves de la libéralité et do la piété de Rodolphe 
II, qui subsistaient à la fin du XVI" siècle à Lausanne et à 
Genève. La tradition postérieure a peut-être substitué la femme 
au mari dans la cathédrale de Lausanne, comme aux bords du 
lac de Thoune. h' Hisloria Ginecrina de Leti (1686) et le 
«manuscrit de Frangins»,*) que Leti cite comme une de ses 
sources, racontent que Berthe séjourna à Genève et < orna» la 
cathédrale de St- Pierre; mais les historiens refusent tout 
crédit à ces ouvrages remplis d'extravagances et de men- 
teries. La reine Berthe, écrivait Pictet de Sergy^) en H45, 
«ne paraît malheureusement pas avoir eu de grands rapports avec 
Genève.» 

Cependant, quelques modernes prétendent qu'elle aurait fondé 
ou doté le prieuré de St-Victor, de l'ordre de Cluny. A ce que 
nous apprend la charte de fondation (999 — 1011, d'après le Rc- 



') Vaiitrey, II, p. 8«>. 

») Voyez la note 2 de la page 293. 

') De Hebu» Hehetiorum lilu i V (Friburgi Aventicoruni, 1599), p. 271, 
en manchette. 

♦) Copie appartenant ä M. F.-.\. Forel. à Morges, et niss de la Hi- 
bliothi'qne Publique de Genève. 
^) Genève, p. 133. 




29« 



La Légeode de la Reine Berthe. 



geste Genevoiit)^ 1«b restes da martyr avaient été retrouvés à 
ToecatioD d*une yisite de l*impératrice Adélaïde, fille de la reioe 
Berthe. Le nom de St Victor est d*ailleure inséparable de 
celui de 8t Ours, dout Berthe passait pour avoir découvert les 
reliques et fondé Téglise, à Soleure. En fallait-il davantage pour 
qu'une nouvelle fondation lui fût attribuée par des esprits sans 
critique? 

Hneggisberg, etc. Mentionnons encore que, suivant le 
Dictionnait*e HtirtUique de Leu,') il y avait jadis à Rflggisberg, 
dans le canton de Berne, non loin de la frontière fribourgeoise, 
€un prieuré de bénédictins de Tordre do Cluoy, fondé, selon 
quelques-uns, en 960, par la reine Bertho . . . selon d^autres, par 
Lfltold de Rfimlîngen.» Au dire de Tabbé Dey (p. 141), ce prieuré, 
comme celui de 3t-Victor, ne daterait que du XI* siècle. 

L. YulHemin ne faisait que paraphraser et amplifier une 
audacieuse affirmation du doyen Bridel, lorsqu'il écrivait: 0 
«Les cartulaîrcs de rév(>chc! de Lausanne, dea abbayes de 
St-Maurice, en Valais ; de St-Victor, h Genève ; de Ste-Ursanne, 
sur le Donbs; de Romainmotier et de bien d'autroi^ monastères, 
renferment la preuve des grandes donations de Berthe en im- 
munités, en censés, en maisons et en terres ...» 



II. 

L'historien catholique Ofispnrd Lang, »(Ui mourut en 1691, 
est prubaLik'iuent un des premiers »''ludits c^ui aient parlé de la 
célôbre cliarte do fondation de rubbuvc de Paverne, connue sous 
le nom do Tcskinn'nl dr hi ri'hh' lù'/i/ii'. Après l'avoir tra- 
duite en allemand, il ajoute cette remarque importante 

uNB. Lu tifi^ure du sceau apposé [sur cette pièce] est une 
reine couronn»''e, aHsirt(; sur un trône et hlaiit une quenouille. 
En exergue, ce*» mots: Jn/ /ha Dei gratia humilis regina.» 



'i Srl>rfH.:rri.-''hrs Lf.r/cnn, XV ^ITf)!»). p. -"^20. 

• FeitiUe du Jour lie i'un !H4:t, p. 7: Gnhne SuiéSt, I, p. 18. Com- 
parez Ich Etrennes HeUéiimnef pour IbU», p. 394. 

Hiftoriêch-Theologiteher Gfmdfm der ait- und jen tdigen OmvL- 
Uchm WeU (1698), I, p. 665. 



Digitize^^i^^ÛiS^C 



La Légende de la Reioe Berthe. 



29e 



La deseription fort semblable, qu'on lit dans le premier 
Tolame (p. 512) des Helvetische Kivehengeschichfm du pro- 
testant J.- J. Hottinger (1 098), est sans doute copiée 4e celle de Lang. 
Ruchat, vers 1742, ajoute quelques nouveaux détails : ') 

«Enfin Tacte est scellé du grand sceau de la reine, pen* 
dant en cîre, qui paroit avoir été jaune, quoiqu'on ne puisse 
guères connottre de quelle couleur elle a été. On y void la figure 
d'une Reine assise, qui file, et autour cette légende Bertha ...» 
On peut voir cet acte dans les Archives de Berne. C'est la 
pièce originale la plna ancienne que j'aye vuë ... 9 

L'on connaît deux exemplaires de cette charte, qui paraît 
avoir été fabriquée à Payerne, au XII' ou au XII 1' siècle,*) d'a- 
près une chronique') ou des documents d'archives. L'un de ces 
exemplaires est aux archives de Fribourg; l'autre, longtemps 
conservé à celles de Berne, fait aujourd'hui partie des archives 
vBudoi8e8.^^ Le sceau de Fribourg représente la reine assise, 
tenant dans chaque main une fleur, ou peut-être dans la droite une 
•sorte de sceptre. Le sceau de Lausanne (qui est plaqué, non 
pencUtrU) nous la montre debout^ dans la main droite une fleur, 
dans la gauche un livre. En exergue de l'un et de l'autre, on 
lit la formule: Bertha Dei gmlia humilis regina. Ces sceaux 
sont asses bien con««ervéB pour que des yeux attentifs et non pré- 
venus se refusent à y reconnaître rien qui ressemble de près 
ou de loin à une quenouille.^) 



') Histoire Suisse, IV, p. 97. A la page 71, en acte, il y a des al- 
lusions aux év^iicnieutH de l'année 174'2. 

^) fyude sur fa diplomatique royale de Buunjogne-Jumne. Pusitiuu 
(le la tlu'HO soutenue par Th. Dutuur ù l'Euolo des Chartes (lb73). T. 5. 

*) SekwÔMeritdu* Urkundenregist^^ S* fascicule, pp. XIII - XIX. 

*) Le texte publié par Guicbenon (Bibliatheea S^mnamiy Cent. 1, 
1) De •ri(T«'re de celui <le Lausanne que par de légères variantes grs- 
phi<iues. L'éditeur iin'tcnd l'avoir tiré d'un anrieii pnrttiintre de Payerne: 
"Kx vetusto Eeclesi.i' ratcm. lartulario.» Il y :v Mes variantes plus no- 
tables dans Tudition qu'a donnée le P. Mari[uardt Herrgott, dans sa Geneu' 
Uijia dijihmatiea augusta gioUis Habstturgica ill, p. 79), d'après une copie 
du eartulaire de Pfeffers t «Ex eod. dtplomatico mouanterii FabarleusîM, |>ag. 
21, collectore J.i^idi.i T^ehudlo^ 

^) FacsinnK's lU's tiriix Ha^ntw i\:\ns V Indirjttenr d'hintoire et d'antiquités 
suisses, I, planche V. Celui de Kriiiourg est égaleiuent reproduit dans les 
i'rkunden für die Geschichte der Stadt Bern de Zeerleder (Bern, 1854), III, 
planche I, et dani La Suisse historique et pittoresfus de GanlUeur et Schaub, 
I, p« 9B. L'archivwte de Fribourg, M. J. Sehneawly, a bien voulu iii*en- 



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SÜO La Lögende de la Reiae Berthe. 

Lea erreur* manifestea de Ruoliat peuvent être imputées 
à un défaut de mémoire ou À une trop grande confiance dans 
lea indicationg de Hottinger, qu*il cite ou paraphraae très sou- 
vent. Langf à ce qu*il nous apprend, n*a eu à sa disposition 
qu'une «copie vidimée», qu*il tenait «de eertaine main véné- 
rable.» Mais des documents inédits me permettent d'établir 
qu*avant lui déjà on avait connaissance dans la Suisse française 
d'un sceau o& la reine Berthe était représentée filant sa que- 
nouille. 

Grftce à Tamabilité de notre confrère M. Charles Eggi* 
mann, libraire-éditeur à Genève, j*ai eu entre les mains un pe- 
tit cahier intitulé: 

DICTA 
NOTATV 
DIGNÂ 

A me Joanne Henrico Wildt scripta. 
1680. 

Des renseignements que je dois à l'obligeant archiviste de 
rÉtat de Fribourg, M. Joseph Schneuwly, il résulte que ce Jean- 
Henri Wildt (ou Wild) n*était pas le premier venu. Né en 
1662, inscrit en 1680 sur les rôles du patriciat fribourgeois, il 
entra dans la vie publique en 1685, occupa de hautes charges 
et mourut en 1 728, entouré de l*estime de ses concitoyens. En- 
viron la moitié de son manuscrit nous offre péle-môle de la 
prose et des vers, des poésies religieuses et des proverbes pro- 
fanes, du latin, du français, de Tallemand, et même de l'espa- 
gnol et de l'italien. Au milieu d'un grand nombre de feuilles 
blanches se trouvent quelques pages écrites, contenant la date 
de 1710. La fin du cahier est occupée par une traduction fran- 
çaise de la charte de fondation de l'abbaye de Payerne, sons 
le titre de: 

Copie 

Du Testament soîemnel et très célèbre de 
Pieuse et très Augmte Royne Berthe, 
Royne de*, . laquelle après avoir transporté le siege de 
son Regne de la viUe d^Orbe dans ceUe de Bayeme, y est 
morte et ensevelie et par ce Testament [a] fondé et institué 

voyer des reiiHeigiieinents très précis sur le sceau dont il a la garde 
J'ui niui-iuêiue cxainiué le sceau cunserré à Lauüaiiue. avec Tarehiviate. 
M. AyiDon de Croasaz. 



La Légende de la Beine Berthe. 301 

et enrichi la très renommée Abbaye de Payerne en Vannée du 
reigne de Conrad . et après la natiuHé de Jesus Christ^ 922, 
A la fin de la pièce, tout au* bas de Tavant- dernière page 
du manuBcrit, se troaye, grosnièrement dessiné à la plume, un 
sceau tout à fait conforme à In description de Lang. La reine, 
assise dans un fauteuil de style Louis XIU, est représentée avec 
le coptume et la coiffure en usage au commencement du XVII • 
siècle. M. Ëggimann a bien voulu m'autoriser') à faire reproduire 
ce curieux document, pour le publier dans les Archives Suisses 
des JYaditions Populaires: 




La version en très mauvais langage du Tcshnncnt de la 
reine Berthe, que .T. -H. Wildt a insérée dans son recueil poly- 
glotte, paraît avoir été assez répandue au XVIII'* , et dl^à peut- 
être H la fin du XVII« siècle. Elle est imprimée dans les A/itiales 
des Boyve (I, p. 103). Je l'ai retrouvée manuscrite, aux archives 
de l'Etat de Vaud, dans les Lois ci S((i/u/s de la rdle de 
hiyerne, arec la Copie du Testament de la Heine Berthe ^ 
morte à J\ii/erne en 992 de V Ère Chrétienne. Selon l'archiviste, 
M. Aymon do Crousaz, récriture de ce manuscrit serait des der- 
nières années du XYII* ou des premières du XVIIP siècle. Au 

*) Depuis lors, il a vendu son manuscrit à la Bibliothèque Cantonale 
de Fribourg. 



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La Légende de la Keine Berthe. 



pied de la chartn, lo cojiistc a deasiné le contour d'un sceau 
rond, avec ces mots en exerp^ue et en capitale: Berthe mine 
pur In iji'ffre <le Dieu. Boyvt? mentiornio aussi la pri'seuce d'un 
sceau et cite rinscription sans en omettre uu seul mot. 

Mon ancien élève et notre confrère, àl. Albert Burmeîstcr, pro- 
fesseur an collège do Payerne, m'a fait connaître une quatrième 
copie, très incorrecte, mais datée, qui se trouve à la bibliothèque 
de cette ville. A la fin de Tncte, avant la -^isrnature dn chancelier 
(apjM'lr Sin/s/uirdjj se voit un sceau de forme ronde, à Tin- 
téneur duquel on lit ces mots: 

«M:') Au i/u'lieu de svv^?/, // j/ a une femme couromu'e 
accc une quenou ille, Liranl son fuseau.* 

Plus bas, Il trouve les deux notes suivantes: 

«Ctillationuc mot pour mot par Gabriel David Clmard, 
Commissaire, Bourp;eoi8 résidant à Payerue, de présent à Mottier 
en rislo de Vully le 4' Septembre 1757.» 

<2s. B: bien des mots sont restés en blanc pour les avoir 
trouvés effacés sur la copie du dit Sun8hard.> 

Toutes les particularités cacograpbiques et la plupart des 
fautes grossières de la copie de Chuard se retrouvent dans une 
cinquième et dernière copie fragmentaire, qui m'a été communi- 
qué(^ par M. Eggimann et qui doit avoir été écrite à la fin du 
XYlii' siècle ou au commencement du nôtre. En comparant ces 
deux détestables levons, on arriverait aisément à reconstituer le 
texte (en français), où le naïf Chuard s'imaginait retrouver la 
minute du chancelier de la reine Berthe. Ce texte, ceux de 
'NVildt, des Boyve et des Lois et Statuts nous représentent une 
version française du Test(t)nenl, qui devait être accompagnée du 
dessin copié par Wildt et ([ui, si nous en jugeons par les formes 
du langage, peut très bien avoir été faite dans la seconde moitié 
du XYR" siècle La co{>ie de Wildt représente la reine assise^ 
telle (jue l'a décrite Lang et qu'on la voit sur 1 aiit ien sceau 
conservé aux archives de Fril)Ourg. Toutefois, ce n'est pas le 
texte fribourgcois de la charte de fondation (ju'ont eu sous les 
yeux Laug et notre traducteur ; car ils ont mis, i'un dans sou 
allemand vieilli, l'autre dans son mauvais tran«.'ais, dos phrases 
qui ne sont pas dans cet exemplaire. D'ailleurs, si le traducteur 
français eût été Fribourgeois et catholirjue, il semble que sa façon 
de s'exprimer dût être un peu dilïéreuto de ce qu'elle est. Le 

*} J'ignore la signification de cette lettre. 



La Légende de la Kviiie Berthe* 



m 



prt'ambule de cette traduction me porte à y attribuer une origine 
payernuisc, qui rendrait bien compte de la répartition géographi- 
que de no9 copies. 

l'orsouno ne voudra soutenir sériousonient que la reine 
Berthe ait jamais pu être représentée filant sa quenouille, sur un 
sceau ancien et authentique. ') Il faut donc supposer que. moins 
d'un siècle avant Lang et Wildt, quelque dessinateur inronau a, 
sciemment ou inconsciemment, faUitié le type des deux anciens 
sceaux d'après une idée préconçue. Or, le savant Charles Patin, 
dans une lettre adressée en juin in7.3 nu duc de Wurtemberg, 
parie en ces termes de sou passage à Puyorne :'-) 

'J'y vis cette église qu'une Heyne ih' Fraïuu' fit bâtir, cette 
Berthe dont Ic proverbe est ai comhmn^ du temps que Berthe 
filoit, s 

Dans la Suisse allemande. ]\\ ]]avi^re, la Thuringe, des tra- 
ditions et des coutumes populaires remontant jusqu'au X TV* siècle 
supposent l'existence d'une f(''0, nommée Bi^rchfa, lU'rrhli' ou 
I\'rc/ih\ qui apparaît de nuit entre Noi'l et les Koi« f/ir,tlf'~ 
ntichit')) ) et qui punit les hlouacs négligentes ou paresseuses.') 
Les mots du vieux poète ihni^ Vintler, qui Tappello Frnu Prerhf 
mit ftt't' Ifimjen nas, seront peut-être revenus à la mémoire de 
quelques-uns de mes lecteurs en présence du dessin maladroit 
de J.-H. Wildt. Mais c'est en Italie que le type de Berthe la 
/dense est le plus aisément reconnaissable à partir du XI"V* 
siècle. Le proverbe sur le bon vieux temps y est illustré par 
diverses anecdotes, dont les héroïnes sont quelquefois des femmes 
dn commun, mais plus souvent des personnages historiques, tantôt 
la mère de Charlemagne, tantôt une marquise de Toscane qui a 

*) Divers njoderneK prétendent qae ce sceau serait «reproduit» sur 
te» murs (le l'église abbatiale ou sur le» murailles de la ville de Payerne. 
Il aérait difticile de trouver un senn ;i cette aftirniation et de la justifier 
par des faits. A ce que m'écrit M. Burmeister, quelques vieux l'ayernois 
eroient qu'il y avait dans l'igtise abbatiale une peinture représentaut la 
reine Berthe et racontent qu'on l'aurait recouverte de plâtre en 1864. Mais 
personne ne peut dire si Berthe était représentée avec une qaenouille, et 
l'absenre de tt'mni<7nagcs plus anciens et plus précis constitue nue grare 
présomption d'erreur. 

2) Quatre Eelatiom hintorifities, par Charles l'atin, luéduciu de i'aris 
(Bâie, 1673), p. 833. Je souligne les mots les pins importants. 

*) Orimm, Detitteke Mjfthohffhx E.-H. Meyer, Gtrmaniache MifÜMtogie 
(Berlin, 1891), pp. 273—893; Gulther, Htmdbuth der germaniâehm 
Jogi« (Leipsiff, 1895), pp. 492 et suiv. 



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304 



La Légende de la Keine Berthe. 



Si'cw au comnicnccniont du X" sièrlo, tantôt Berthe, femme de 
Temporeur Henri IV. En Franre, il semble (ju"(Ui puisse recon- 
naître certains traits de la Berthe italienne et «les êtres surna- 
turels de la mythologie germanique dans les récits relatifs h 
Berthe au grand pied et à la femme du roi Robert, petitc-fillc 
de notre reine Berthe; mais ce no sont là quo des conjectures, 
dont le développement doit être ri-servé à une autre occasion. 
Rappelons, enfin, que la quenouille opère un miracle entre les 
maius do Ste Berthe, abbesse d'Âveaay, dans le diocèse de 
Reims, au VII" siècle. ') 

Des traditions semblables se seraient-elles anciennement 
attachées à la mémoire de notre reine Berthe et obscurément 
perpétuées jusqu'à l'époque où le sceau apocryphe nous en mani- 
festerait l'existencei' Cette hypothèse, ing^énieusemcnt développée 
par le regretté Louis Tobler, ^) me paraît s'accorder mal avec les 
résultats d'une étude historiijue et critique de la légende. Les 
voyageurs qui ont traversé T'.iyerne au XVIP siècle, à qui l'on 
montrait l'église foudéo pur Berthe et son tombeau, no nous laissent 
pas entendre (jue sa mémoire y fût populaire comme elle l est 
aujourd'hui. Patin n'a pas recueilli de légende, mais se borne 
à rapprocher d'un proverbe (ju'il connaissait le uom qu'il avait 
entendu prononcer à Payerno. Bien plus, ce n'est guère, comme 
ou U vi rra bientôt, que dans la seconde moitié du XVI 11° siècle 
que la hgure familière de la reine fileuse paraît s'être détachée 
du sceau où elle était représentée, p ur mener désormais uao 
existence indépendant*' lans la traditiou orale. 

 un examea attcutif, rexpression proverbiale Du temps que 
Berthe filait ne semble d'ailleurs pas être réellement populaire dans 
la Suisse romaade ni en France. Il v est fait allusion dès le siècle 
dans un poème latin écrit à la limite des langues allemande et 
française, la Fecunda Ratis d'Egbert de Liège. ') Mais on ne l'a re- 
cueillie de la bonohe du peuple et on n'en connatt de variantea 



') A. A. S. S. iMaii. 1. pp. 112 K et 114 V. 

') Die Spirmerin Bertha in Geschtchte und -"Sage, dans Vlüustrierte 
Se^wtiXt III, pp. ft, 16 et SB. 

') «Hoe quoqtie cum mnltis abiit, quod Ser^eea nmit,» Egbert's 
von Lttttieli Ftcuiidß EaHft herausg. von E. Voigt (Halle, 18B9>, JVora, v. 
117. Ce texte, qni m'avait échappé, m'a été aimablement signalé par M. 
S. Singer. 



La Lt'gemle île la Keine Berthe. 



305 



patoises (lu'on Italie') ot eu Provence.-) Le plus aocien exemple 
<]ui me soit connu eu t'raurais est traduit de Titalicu.. «Ce u'est 
plus le temps que Berthe tiloit,- lit-on dans la lionne Responce 
n ions propos. Livre tort plaisant . . . traduict de la langue 
italienne et reduyt en notre vulgaire françoia par ordre d'alpha- , 
bet* (Paris 1547). Eocore ea 1785, Leroux, dans sou Diclion- 
naire Comique^ écrit (II, p. 510) : *Du iems du Roi Guille- 
mot, du lenis qu'on se nwuchoÜ sur la inanclie. Lltalien dit, 
du temsr que Berthe filoH, Pour signifier, du vieux tems, da 
teins jadis, à la vieille mode.» 

Que conclurel-^ Le proverbe italien, probablement importé 
en Franco au XVP siècle, a pu être connu vers le même temps 
dans la Suisse do langue française. Il était tout naturel qu'on 
l'y mît en relation avec cette reine Berthe, (|ui avait régné sur 
notre pays passait pour y avoir fondé tant d'églises et de 
couvents. Le dessinateur do notre sceau s'est inspiré de cette 
interprétation, qui est devenue ainsi tïiaulit re ii nos historiens. La 
diffusion des connaissances hi8tori([ue8 et la divulgation du pro- 
verbe auront achevé do tixer la tradition. Au commencement 
de notre siècle, ) ou racontait déjà que Berthe, à l'exemple des 
filles de Charlemagne, filait elle-même les vêtements de la famille 
royale. 

') Voyez le Giornale deyli Eruditl e dei Curiosi, IV, pp. 38, 83. 
IM et 307. .le dois à la bienveillance de M. £u(r«>ne Holland la plupart 

des reiiHeij^nemcnts que j'ai pu n'unir sur ce proverbe. 

-, «At .Arien, an at.Mouza and Milan (Ut-un à la page 148 d'une ituuveile 
anglaise intitulée Bertha, Queen of Tramjurane-Burgundy)^ the ntranger 1« 
told: «tho time is no more when got>d qneen Bertha spun.» Cette longue 
nouvelle historique» inspirée du doyen Brldel, de Mme de Muntulieu et de L. 
Vulliemin, occupe les pp. 54—321 du spcotkI volunie des Ifistorical Pic- 
turefi of fhe Muidlc Aijcif in Bhtck tind Wlate, ruade on tlie spot by a 
Wandering Ari st. L' autlioress, préoccupée do retrouver des souvenirs de 
notre reine dans tons les pays où elle a vécu, interroge i ee sujet son 
guide de Monza et des habitants de Milan Mais (p. 135« note) : «He koev 
of her little more tlum tViut ^he was a great spinner, and a very good 
WOman . . . At Milan Bertha was better renierabered.» 

1) H. Mellet,i£}«loi>e(te8ÀWM«« oh i/rîtétiejw (Genève, 1803), p. 127, 

note. 



90 



306 



La Légeoiiû du la Keine Berthe. 



in. 

De la fia dn XVII« à celle du XYIII* siècle, nne sacces- 
tion de témoignages exactemeot datés permetteot d^obserrer com- 
ment les traditioos relatives à la reine Berthe ont perdu lenr 
earactère essentiellement ecclésiastique et érudit et sont entrées 
dans le grand ooarant de rhistoire nationale et de la légende 
populaire. 

Dans son Abrégé de Vhistoire ecdésioBtkiue du Riys de 
Vaud (1707), Rncbat écrit (p. 24): «Cest là cette reine Berthe n cé- 
lèbre encore aojoard'hni dans la mémoire de nos peuples.» Et, 
dans un oayrage pablié en 1724 ponr réfuter kt erreurs de 
llitstorien protestant, Mgr Claade*Antoiae de Dnding« éréqiie 
fHbourgeois de Lansanne, s'exprime en termes peu différents 
des siens. ^) L* Histoire Suisse mannsorite (IV, p. 42) n*est guère 
plus explicite que V Abrégé: t C'est cette reine Berthe qui a'eat 
rendue si célèbre dans la mémoire de nos peuples par son hn- 
milité et par ses fondations pieases qo*on en parle encore an- 
jourd*hui.» Dans la partie historique des deux premières édittone 
de VElat et L^ices de la Suissi\ que Ruohat publia en 1714 et 
1788, sons le pseudonyme de G. Kypseler, je n'ai rien troayé 
concernant notre reine. Mais, dans rédition de 1778, parue ringt- 
huit ans après la mort de Buchet, on lit (I, p. 33) : 

«Cette reine Berthe est famouso dans Thistoire de la Suisse 
au moyen flge . . , Elle fit de riches présents aux couventa. 
Quand on veut prouver Tantiquité d'un château, on fait honnenr 
de sa construction à cette princesse, ainsi qa^on attribue à Julee 
César les tours et los ])onts dont on ne connott pas la date. Le 
temps tir In reine Berthe a passé en proverbe.! 

Dès 1714, la fondation des châteaux de Neuchâtel et de 
Vufflens était attribuée à la reine Berthe, dans la partie descriptive 
de VEtat et Délices <k la Suisse (111, p. 534, et II, p. 212). A 
la fin du siècle, la liste des châteaux bâtis par elle s'accroît du 
nom de Charapvent : ^ On lui attribue avec assez de fondement, 
lisons-nous dans les h'trennes IlelnUiennes pour 1795 (D 5, v" ), 
la construction de ceux de Wufflens sur Marges et de Champ- 
vent près Yverdon, dont 1 architecture gothique annonce le 

') Statu» seu Eitodui Eccîuw Aventiccniti$, nunc Laumnnenêi», p. 19. 



La Légende de la Keine Berthe. 



307 



X" siècle. > La tour de Gourze, dont la ruine évoque aujourd'hui 
si puissamment le souvenir de la reine Berthe, passait déjà au 
XVIII* siècle pour avoir été bâtie de son temps, mais n'était 
pas encore comptée au nombre de ses constructions. 

Ouvrons enfin la Statistique èUhnenlaire de la SHiss(% pu- 
bliée en 1795 par J.-F. Durand.') «C'est ici surtout, dit-il en 
parlant de la ville de Payerne, où l'on prononce encore avec 
vénération le nom de la bonne reine Berthe ...» Notre savant 
confrère, M. Georges Favey, a raconté à la Société d'Histoire 
suisse') comment la fameuse selle, conservée à Payerne et montrée 
aux voyageurs depuis la fin du XYIP siècle, passa d'abord pour 
avoir servi à Jules César, puis fut attribuée dans le courant du 
XVIII'' à la reine Berthe. Une tradition plus ancienne faisait pro- 
venir la selle ou prétendue selle des guerres de Bourgogne :^) ce 
souvenir a pu suggérer l'attribution à Berthe, reine de Bourgogne, 
fondatrice de l'abbaye de Payerne. Bientôt l'on s'avisa de 
découvrir un trou, dans lequel la reine fileuse aurait fiché sa 
quenouille, pour s'en servir tandis qu'elle chevauchait à travers 
ses Etats. Depuis lors, notre peuple aime à se représenter la 
bonne reine, telle que l'a dépeinte un peu plus tard, en son 
affreux style moyenâgeux^ l'auteur encore aimé des Châteaux 
Suisses: ^ filant tout en cheminant par monts et par vaux, 
bâtissant châteaux et couvents, et mettant en iceux châtelains, 
prêtres et nonnes.» 



IV. 

«Quand j'étais plus jeune, j'avais deux Muses: Tune était, 
je crois, celle de la poésie, et l'autre celle de l'histoire; toutes 
deux me parlaient à la fois à l'oreille, en sorte qu'écrivant, je 
n'ai jamais pu distinguer nettement ce qui me venait de l'une 
et ce qui m'arrivait de l'autre. Voilà pourquoi je ne veux pas 
qu'on me presse sur l'autorité de mes récits.» 



') Lausanne 1795; II, p. 27L 

*) Voyez le compte-rendu de cette communication dans la Revi^ 
Archéologique, janvier-juin 1883, pp. 242—244. ^ 
Lindinncr, Indtx Memorahïlium Helvetire (Zlirich, 1684), p. 68 : 
«Da« weiss ich gewUss dass man vor der Zeit dafür gehalten, dass er von 
dem Burgundischen Krieg nahen überig seye.» 




3U8 Ui Lügeiiilu du la Keine Bcrthu. 

Ainsi parlait, vers la fin do sa vie, le doyen Bridel à Louis 
Vullieniin, ') qui no s'est pas assez souvenu de cette confession, 
lorsqu'il utilisait pour ses travaux sur la reine Berthe, et même 
pour son Histoire de la ConffUUh'ation Suisse, les articles pu- 
bliés par Bridel dans les Ktrennes Ilelrrlieimes -^hmv 1795, 1812 
et 1819, et reproduits dans les Mélanges HeliuHiques et le Con- 
sevrateur Suisse.'') En groupant dans uu cadre historique les 
données éparses dans les livres et dans la tradition orale, un peut 
dire que Taimable doyen a consacré la popularité de la reine 
Berthe et fixé pour toujours les traits de sa physionomie morale. 
Mais, quand on lit ses articles dans leur suite chronologique et 
qu'on les compare avec la littérature antérieure, on est surpris 
de voir combien il s'est laissé aller aux entraînements de son 
cœur et de son imagination. Assurément, la Muse de l'histoire 
était sans voix, ou sommeillait, le jour que Bridel a peint de 
chic le portrait que voici:') 

(Elle eut de grandes richesses par son douaire, mais elle 
les augmenta par son économie; parcourant à cheval ses vastes 
domaines, elle-même comptait avec ses receveurs, passait les 
baux de ses fermiers, se faisait rendre un compte exact du re> 
venu de ses nombreuses métairies et de leur emploi. — Si elle 
pouvait beaucoup donner, c'est qu'elle était bonne ménagère, et 
très versée dans les soins de l'agriculture; imitant en cela Chnrle- 
magne, qui savait jusqu'au nombre des porcs qu'on engraissait 
pour son compte dans les forêts impériales. On doit dire que 
Berthe fut sur-tout Heine, parce qu'elle était la mère et la 
consolatrice des pauvres et des malheureux, dont aucun ne s'a- 
dressait inutilement à elle . . . tous les jours elle avait une 
heure pour recevoir leurs requêtes et écouter leurs plaintes : elle- 
même les prévenait sur les grands chemins, ou les cherchait dans 

') L. Viillieiuiii, liotjfH BriM (Lausanno. 1855), p. 202. 

') C'Iiartre tle l'établisscim'iil «le l'abbaye de l'ayerne: Ktr. 1795: 
m, IV, p. 88: Corn., III. 

.Anecdotes: Ktr. 1812. p. 89; Corn., VII. 

Le Tombeau de Uertiie : Ktr. 1819, p. 386; Com^., IX. 
Ét renues 1795. I) (J. 

♦) Uans sa Feuille du Jour de l'an 1843, Vullieniin écrit (p. 6k «0« 
raconte de Berthe, cuiunie de Charleniag^ne, «ju'ello cunnaisHait e.xacteiuent 
le nombre des pures de ses métairies et eelui des «rufs <|uc pondaient se» 
poules. >. Et dans V Ilisiotre Suis.te (p. 67 de l'édition revue et corrigée): «On 
«lisait d'elle que. comme Charleniagne, elle savait le nombre des «vufs que 
pondaient les poules de ses basses-cours.» 




La Légende de la Reiae Berthe. 



m 



leurs obscun rédoita.. — Qael exemple, Don pas pour nos Reines, 
nous n'en avons point, mais pour nos femmea et nos mères de 
famille, quel plaa beaa aceptre qu'aue qucnouiüe^ non pour régir 
un Empire^ maia pour régler un ménage ! et quMl ooiiYieiit bien 
à Taimable, à la pieuse bienfaitrice de Tancienno ücy^rne et 
du Païs-de-Yaud, ce mot de Salomon, dans le tableau qa^ii trace 
delà femme forte, avec des traits si naïfs et une éloquefice ai 
vraie! elle met la main au fu.se-au et elle prend plaisir â tenir 
la quenouille; ensuite elle tend sa main à Vafßuji^ et Var>ance 
au derant du nf^cessileux / (Prov. 31, vs. 19 et 20).» 

Il faut descendre jusqu'en 1812 pour déeODVfir enfia, dans 
les Elrennes de Tannée (p. 89), la célèbre anecdote 'que MTent 
par cœur tous les enfants vatidoia, et.il suffit de lire avec quel- 
que attention le récit de Bridel pour se convaincre que l'historiette 
n'était point connue auparavant dans nobre pays et que c'est le 
Conservateur qui l'a introduite dans In tradition populaire : 

«Notre expression proverbiale du temps que BerUie filaU, 
rappelle un joli trait de cette royale filandière,- conserré dans le 
Journal de St RomucUd, Berlhi\ dit'il, rencontra un jour près 
à' Orbe une jeune fille qui filait en gardant quelques brebis et 
lui envoya un riche cadeau pour récompenser sa diligence. Lfr 
lendemain^ plusieurs nobles Dames parurent à la conr avec un 
fuseau; mais la Heine ne leur fit aucun présent et se contenta 
de dire : la Paysanne eU renue la premièref el comme Jacob 
elle a emporté ma bf^nt'diction.* 

Le Journal de St Romuald, que Vulliemin et d'autres ont 
cité de confianee, est introuvable. Pourtant le joli récit des 
Klrennes n'est pas inventé de toutes pièces. Dès le XI V° siècle, 
à Padoue, on racontait sur les origines de la noble famille de 
Montagnone une anecdote peu différente de la nôtre, et le rôle 
que le doyen piéte à la reine Berthe y était tenu par une ho- 
monyme, la femme de l'empereur Henri IV. Un jour que cette prin- 
cesse assistait à l'office dars la cathédrale de Padoue. une pay- 
sanne, nommée également Berthe, la trouva mal vAtuc et vint lui 
offrir le lin (ju'elle avait filé, en la j)riant do s'en faire une robe. 
L inipérntrire snnrit, accepta présont et fit don à la paysanne 
et à son mari de toutes les torrron situées dans la région de 
Montagnone, que pourrait enclore le iil. Séduites par l'espoir 
d'une aussi belle récompense, d'autres paysannes accouraient avec 
leurs .otiVaudes} mais l'impératrice leur répondait: <Ce n'est plus 



La Légende de la Eeiue Berthe. 



le temps uu lierthe filait.»') Des variâmes plus récentes de cette 
hietoriette en mettent la atèoe aux environs do Florence, ou à 
Modèue, et remplacent l'impt^ratrico Rerihe par une grande-du- 
chesse de Toscane ou par la reine Théndelinde.') Le nom de St 
Romuald, »pii est un saint italien, me confirme dans l'opinion que 
Bridel n'aura fait (\u(idapk'r habilement à nos tratliti iiis un récit 
de provenance italienne. Tl l'a transporté aux enviionü d'Orbe, 
dont l'antique château fut une des résidences» des rois rodolphiens. 
Mais les environs de Payerne semblent avuir été préférés par 
l opinion générale, d'ailleurs intlueuct u par un tableau de Lugar- 
don père, qui nous montre derrière les personnages la jolie flèche 
moderne de l'ancienne égliBe abbatiale. 

C'est dans cette église, ahm lu nuée et délabrée, sous la 
voûte de la tour St-Michel, 4U0 lu tradition locale plaçait le tum 
beau do la reine lîcrthe Les derniers bénédictins de Paytrue le 
montraient ailleurs, dans la partie gaucho du cho'ur. L'érudit 
prévôt du chapitre do St-Ours, 11 Soleure, lîarthélemy de ^piegei- 
berg, l'y vit eu 151U et nous à conservé l'épitaphe, dont la ba- 
nalité contraste d'une façon piquante avec cette abondance de 
particularités qu'offrent les panégyriques modernes. ') Au XVII^ 
siècle, on mentionne encore la sépulture royale, sans en préciser 
l'emplacement; *) mais, déjà au XVIII*, Ruchat n'avait pu en 
retrouver aucun vestige.-') Eu 1817, on pratiqua des fouilles sous 
la tour St-Miohel et Ton déoonTrit à rintérieur d'an sarcophage 
des ossements féminins, dans lesquels on crut pouvoir reconnaître 
les restes mortels de la reine. En 18î8, ces reliques furent 
transférées en grande pompe dans Téglise paroissiale, et la lé* 
gende accrue et propagée par Bridel reçut en quelque sorte une 
sanetion officielle dans Tinscription eommémorative, qu'il 

fat chargé de composer et qu*i1 a mise lui-même en français: 

') «Jam pretpriit tcmpiis qnod Rcrt.n filavit.^ 7>^ oriijiiw nobrlium 
nrorum de Montagno)i'\ liaiis le Lihrr de ticnr'ratione aitquorum ciiüum urbift 
l\idu<c, tant uobilium (luam ujMjLdtum, texte du XIV« siècle, étudié par M. 
Kajna dans la Bommùa^ IV, pp. 161 etauiv. Une version un peu plus rap- 
prochée da récit de Bridel est donnée par L. Tobler dans rartlcle d^4 
citéf p. 84. 

*) (ituniak drijii Eniditi e dei Curioai, IV, p. Ö6. 

Indicateur d'htstotre suisse, I. p. 306. 
* Le Tableau de la Suisse^ par Marc Le.scarbot. Aduocat au l'arle- 
ment (Paris, 1618), p. 7 ; Llndinncr, Index, p. 66 ; Funcken, Der gtone 
Httv«ti$eke Bund [Nuremberg, sans date], p. 190. 
JS)tal et mike» (1714), II, p. 259. 



La Légende de la Bein« Berthe. 



811 



8oB nom est en bénédietion 

Et son fneeaa en exemple: 

Elle fonda des églises, elle fortifia des cb&teanx; 
Elle onvrit des rentes, elle mit en valeur des terres incultes; 

Elle nourrit les pauvres 

Et fut la mère et les délices 

De notre patrie Transjurane. 
CTest à cette occasion que parut, dans les Étrennes Helvé' 
tiennes pour 1819 une nouvelle «notice historique», plus complète 
que les articles précédents. Bridel y développe avec amour les 
données de l'inscripUon. Sons sa plume complaisante^ Bertiie 
achève de devenir le type idéal d*une reine, telle que la pouvait 
concevoir un pasteur suisse venu au monde huit cents ans après 
sa mort. Sans prendre à partie directement ni Bridel ni son 
disciple Vulliemin, Tabbé Doy a fort bien montré, dans sa Notice 
de 1846, quelle fausse opinion Von se fait d'après eux de la reine 
Berthe. Il a résumé en trois lignes (p. 185) presque tout ce que 
nous pouvons savoir de son caractère et de ses vertus: «Luitprand 
a dit du bien d'Âdélaîde ; il a parlé de Berthe sans la blâmer, 
ce qui équivaut à une louange sous la plume du caustique histo- 
rien, qui a si peu épargné les princesses italiennes. > Le savant 
prêtre fribourgeois a fait également voir le peu de crédit que 
méritent la plupart des traditions relatives à Berthe et Tignorance 
où nous sommes, et de Taetivité qu'elle a pu déployer, et de la 
part d'influence qu'elle peut avoir eue dans le gouvernement de 
son fils et de son mari. La critique si fine et si pénétrante de 
Tabbé Dey laisse, à la vérité, subsister d'autres erreurs tradition- 
nelles, dont il est aisé de s'apercevoir aujourd'hui. Il n'en faut 
pas moins regretter que nos historiens n'aient pas tenu plus de 
compte de son article, dont la lecture les eût mis en garde 
contre les élucubrations de Bridel et d«» Vulliemin. 

Dans les Étrennes pour 1795 (D 5, v«), on lit que 
Berthe, après avoir fondé les églises de Moutier-Orandval et de 
St-Imier, «rétablit la communication entr'elles, en rouvrant le pas- 
sage de Pierre Beriuis, et en faisant des routes à travers ces 
contrées alors sauvages et presque désertes . . . > En 1819, 
Bridel sait même dire ù quel ingénieur la reine confiait le 
soin de construire et de réparer les routes de son royaume. *) 



•) Éttemm 1810, p. 399, 



3i2 



La Légende de ta Reîne Berthe. 



Ces travaux furent exécutés par UD corps de pionniers, dont le 
ebef . était un ingénieur Écossais nommé Mackenbri, qai fut, dit- 
on, la aonche des seigneurs de Tavanaes.» Qaiqaeres, en 1864, 
corrige, et préoiae les indicatioas de Bridel, en attribuant «la di- 
rection des travaux à un IrUndaÎB appelé Macaber oo Macabré, 
dont les descendants furent les nobles de Tavannes, qui prirent 
le nom du lieu de leur résidence, en gardant pour surnom celui 
de leurs ancêtres. ') On trouve à Porrentrny, an XV'' siècle, un 
Bourquard Muquabrey de Tavannes, écu^er, un riiit-baud Ma-' 
qnaafn'ey de Tavannes, écuyer> nn Jean et un Clande Afacabry 
de Tavannes, dont les noms paraissent à plusieurs reprises dans 
des actes publics et privés.^) Oo connaît aussi des Macuijfé an 
village de Damvant: la tradition les fait descendre d'un servitenr 
des nobles Macabré de Tavannes, auquel on anrait donné le sur- 
nom de ses maîtres. Ce surnom n'oHt pas autre ckoae qu'une 
forme française du nom biblique des Macchabées; ') mais une étymo- 
logie gaélique devait s'offrir lout naturellement à Tesprit des celto- 
maups du siècle passé. Le savant curé de Miécourt, M. Tabbé 
D'Aucourt, à qui je dois une partie des renseignements fju'on 
vient do lire, m'écrit que Bridel n a point inventé l'absurde fable 
de l'ingénieur écossais, mais Ta puisée chez des auteurs plus 
anciens. Il appartiendrait à quelque érudit jurassien de démêler 
l'origine des traditions qui se sont formées dans runcien t'vècbe 
de Bâle autour du nom vénéré de la reine Berthe. A Pierre-Fertuis, 
le souvenir de la bienfaitrice des convonts du voisinage rtait peut- 
être 8Ufîg«Té j)ar le nom de M. Dunius Paternu?:, qu'on lit sur une 
inseription rcdiiaine «^ravi'C dans le rocher et doTit (juelques histo- 
riens ont prétendu tirer relui de la ville de J*ayerne.') 

Les l''Jrr>i ,n'< pour I h IJ» (p. Ü97) sont, à ce quo je crois, 
le premier ouvrage où l'on attribue à la reine Bertlie la cohî*- 
tniction de tours destinées k protéger le pays contre les incur- 
sions des llongiois et des Sarrasins: 

< Telles étaient la tour de (u)nrze, j)lacüe sur l'un des points 
les plus élevés du Jorat, d'où Tou signale les rives du lac Lé- 



«; (^li.nicro», Topographie d'une partie du Jura oriaUal (Porreotroy. 
mi), p. 143. 

Vautrey. Le Jura bernoii, 11, pp. 26y, 2^2, 2i>ï, aiy, 323 et suiv. 
») Voyez Vai ticle do M. G. Paris sur la Danse de UMort ou Danee 
Maeabré de Jean Le Févre. dan» la Bomnnin, XXIV, pp. 129—132. 
*) Quiqnerçx, Topographie, p- l^. 



La Légende de la lleiite Bertiie. 



313 



man et l'iiitérieur da pays; la tour de la Molière, appelle dans 
la suite pour sa belle vue, l'œil de Tllelvétie (ooulus Helvetis), 
qui d'un côté domine le lac de Neuchâtel et de l'autre le cours 
de la Broyé; la tour de Bertholo qui conserve le nom de sa 
fondatrice, et qui protégeait le vignoble royal de Lutry ; la tour . 
de Neuchâtel, dans laquelle, tandis que eon mari faisait la guerre 
en Lombardie, elle se retita en 927« avee quelques chevaliera et 
son cousin Ulrich ...>') 

Plus loin (p. 398), Bridel raconte que la rei&e Berthe: <à 
son retour d'Italie^ en 946 < . . tint quelque temps sa cour an 
château de Baldem, bAti an pied de l'Albis^ et «passe avec rai- 
son pour TaToir agrandi et fortifié.^ Mais il la confondue avec 
une autre Berthe, ûne des üUes de Loni!=t le Germanique, abbesse 
du Fraumûnster de Zurich, qui habitait, dit-on, à Baldern, avec 
sa sœur Hildegarde, h l'cpoijue de la fondation de ce monastère. 
Aucune des tours, aucun des châteaux, dont le Consemitcvi' 
Sf'issr fait remonter la fondation ou la réparation à notre reine, 
uo saurait être antérieur au Xli*-' ou au Xlil*^ siècle. A ce que 
m'écrit mon ami M. A. de Molin, nos plus imeiens châteaux 
hnh/fnhies, à l'exception de celui d'Orbe, ne datent que de la 
seconde moitié du Xll* siècle; les tours de la Molière .et de 
(jourze sont des constructions du XllP. 



• V. 

Une célèbre nouTolle de M*** de Hontolieu, qui est intitulée 
Z^s Quatre Tourelles du Donjon de Vufflens et qui parut dans 
le Metteure de France avant la publication des CMleaux 
Suisses' (wï \%\%)^ a dû contribuer à la popularité croissante au 
XIX* siècle de Tantique reine Berthe.' «Nous ne dirons pas, écrit' 
L. Yulliemin dans sa Feuille du jour de Van 1843 (p. 11), ^ 
le nombre des hôtelleries oîl Ton montre encore la chambre de 
la reine > Et il ajoute en note (p, 16, note 84): eA Cheseaux sur 
Lausanne, à Yvonand, dans le YaUde-Rus, où l'on attribue à 
Berthe le fait raconté de. Guillemette de Vergy (ChtUeaux Suis- 

* 

*) VulUemin (FeuiXle du joHr tif l'an tS49, p. 7) mentionne encore 
la tour de Moudon. 



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su 



La Légende de la Keine Berthe. 



ses). — «Il y a bien de cela deux ou truia siècles!» m'as* 
suraît-on.» 

Maintp all<'gation de Vuliieiiiin ne doit être accueillie qu'a- 
vec la plus grande défiance. Des chanta populaires, où Berthe 
aurait été représentée la faron du doyen BriHrl) comme la 
fenirnu forte dea Pro>\'rhrs (j). d, n'ont assurément jamais 
existé. Quel historien voudrait admettre aujourd'hui (jue le sou- 
venir de la reine bourguignonne snit < nistM vi' dans les croyances 
allemandes et di*'ton« ilalieiis rclalifb a lierihe hx fileuse ? ') 
Mais nous devofib b.tvoir gré ùYuUicmin d'avoir sa\ivi'' de l'oubli 
des traditioos et des h'-geodes, que d'autres savautb, moins 
enthousiastes ou plus scepti(|ues, auraient peut-être dédaignées: 
i-Les vil!age(M>ä du Mmn, >iir Lausanne, nous dit-il (p. G), racontent 
encore, et nun aaua colère, que Berthe <|ui toujours allait, venait, 
lorscju'elle s'était reposée dans une hôtellerie, 8"eii(jU('»rnit si l'on 
avait donné de l'avoine ou du froment à ses chevaux, pour sou- 
mettre à l'impôt le produit le plus abondant de la contrée.* Et 
plus loin : «On raconte, aux environs de la Tour-de-Gourze, 
qu'on la voit encore apparaître, à la suite d'uu hiver humide, 
portant devant elle an van rempli de trésors et le versant sur 
le pays.» 

ÂÏDSÎ, la croyance populaire avait identifié la reine Berthe 
avec une de ces fées bienfaisautcs qui jadis hantaient nos cam- 
pagnes. Contrairement à l'hypothèse de L. Tobler,*> à laquelle 
Vulliemin parait s'être rallié dans sa vieillesse,') cette transfigu- 
ration n'implique nullement l'influence de la conception mvtliolo- 
gi(|üe alleuiaiide sur le développement de notre légende. ISuaiimoins, 
si nous en croyons un savant traité de mythologie germanique, 

*) P. 13. «Mais ee n*est pas dans nos eontr^es seules que Hertho 
vit et r«'gii(» onrore ; sa gloire a franchi nos monts et resplendit sur les 
pays qM! nouK environnent . . . Nulle part, hätuus nous de le dire, l i 'r t 
ditiuu de la pieuae reine n'ent demeurée pure. Elle s'est mêlée partout .i 
d'antres traditions et à la légende des peuples germains ... En Alle- 
magne, Bertbe la filense est de\*enne la reine des fées ... « 
Illustrierte Schtreiz, III, pp. 17—18. 

' La tradition do Thunible reine s'est, il est vrai, mêlée À de-^ 
légendes d'urigiue burijnmïe . . . ("est ainsi que les traits de l'épouse de 
Rudolphe II se sont cuutuudui», daus le monde vaporeux des mythes, 
avec cevz de la mëro du genre faamain, d*lsis TEgyptienne, de Cybèle. 
«le la Séitiktf seondmaM, et qnUls ont fini par se perdre dans ceux de la 
Vierge .Marie, de la reine du moyen âge.» Hisloire de la CanfédénUùm 
Suiêse (édition revue et corrigée), p. 70. 



La Légeode de U Reine Berthe. 



315 



eertains traits caraetéristiqoes de la Berfche alémaoiqae, bavaroiae 

et thuringienue se retrouveraient jusque dans nos contrées. «Dans 
le Pays de Yaud, écrit M. E.>H. Meyer,') la chasseresse Berthe 
attire des humaioa dans son cortège d'esprita et les prive de leur 
ftme.» Malheureusement, le recueil des WeUuuic/iL^sjiif'le de M. 
Weinhold, auquel renvoie notre texte, n'offre rien d approchant 
ni à la page indiquée ni ailleurs, de sorte qu'il nous est impos- 
sible d'apprécier Timportanee et Tauthenticité du témoignage 
invoqué. 

«Souvent, raconte encore YuHiemin (p. 16, note 35), Ton a 
▼n des Fribourgeoîs Tenir, dans le temple protestant de Payerae, 
courber les genoux devant les reliques de Ste Berthe ... Un 
marguillier, spéculant sur la curiosité publique, disait avoir re- 
trouvé la ndbdioire de la reine et se trouvait, à chaque visite, 
avoir encore à vendre la dernicre dt'nl de cette relique.» 

M. Burtneister a recueilli de la bouche de deux vieux 
Payernois d'intéressants témoignages de la popularité dont jouis- 
sait naguère, dans le canton de Fribourg, la mémoire do la reine 
Berthe. Tne servante, originaire d'Avry devant Pont, dans la 
Bas8e Gruyère, racontait il y a une vingtaine d'année, à Payerno, 
que jadis Berthe ressuscitait tous les sept ans pour réclamer une 
sépulture convenable, et (ju'ello n'est plus revenue depuis Tannée 
où fut élevé son nouveau tombeau dans l'église paroissiale. La 
Fribourgeoise ajoutait que, si la translation n'avait pas eu lieu, 
la ville aurait été détruite de fond en comble. Vor«? le mémo 
temps, ou entendait dire, dans la région située entre Semsales et 
Promasens (près de Rue), depuis l'introduction de la Réforme 
dans le Pays de Vaud la reine Berthe ressuscitait dans la nuit 
de Noël, afin d'ol tinir qu'on la changeât de place. 

La plupart des auteurs qui ont parlé de la charte de fon- 
dation de l'abbaye de Payerne semblent avoir été fort émus par 
les terribles imprécations formulées, suivant l'usage du moyen 
Age, contre tous ceux qui auraient en quelque manière porté 
attemte aux constitutions et privilégies de rétablissement. «11 ne 
paraît pas,» écrit Bridel,-') dont les sympathies pour le régime 
bernois sont connues, «que le canton de Berne, en sécularisant 

'Die Jâjçeriii bcrtba iiii Waadtland reinsit Menschen iu ihrea 
Geiiteraag und eotseelt ûe (Weinb. Weihnaohtsspieief 290).« Qenmma^ 
MyÛulogie, p. 281. 

Êtrenne» 1793, D 4. 



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816 La Légeode do la Reioe Berthe. 

CO couvent» 8e soit attiré aucun des maux dont Berthe menace 
tout agresseur de cette fondation ...» On croit percevoir 
comme un écho des menaces royales dans les propos de la ser- 
vante fribougeoise, et mieux encore dans les lignes suivantes 
d'une voyageuse, qui, anx environs de 1839, passa quelqae temps 
dans notre pays : ') 

«Payerne est une petite ville du canton de Vaud, dont 
beaucoup d'habitants craignent cncoro le débordemont la Broie, 
au tein[)s d'orage, pnrro (ju'eu mourant la reine Berthe menaça, 
dit-on, les liabitants de Payerne de faire submerger la ville, si 
eux ou leurs descendants abjuraient . la religion catholique* 
romaine. > 

Charles Secrétan. dans ees belles promenades à travers le 
Gros de A''aud qu'il aimait :'t rr^conter aux lecteurs de la (ra~effi:' 
de LfU'^diiur, a recueilli ua autre souvenir de notre reioe. Le 
signal d'Avcnrhes, écrit-il dans ses Pu i/snrji's Vaudois (p. 24), 
se nomme je n(? sais ))our(iuoi le plan de la t eim' Hi'rllic . D'après 
les iiidicafions que m'a très aimablement fournies M. Auguste lîosset, 
à Avenclies, il y a au sud de cette ville une colline, que l'on appelle 
Moni lief '/tiih'l, parce que Ton croit y reconnaître l'emplacement d'un 
ancien châtonu romain. Ce mont est i ii ïorC^t et porte au rada^tre le 
nom do /^)/,s- de Chàtel : nuiis, pour le bei vice d'e\j)loiîrttiun. on 
nomme les (ieu\ versants les cùles. les deux extrémités le8</Wtv/('.s et 
le sommet le i'ejtlan. Sur ce sommet la ('(infédération a établi 
un signal trigonométrique. M. Husset ne saclie pas ([u'on ait ja- 
mais donné à ce lieu d'autres noms. Mais il commît une tradi- 
tion, répandue parmi la population d Avenches, suivant laquelle 
le Bois de Châtel aurait été donné aux bourgeois par la reine 
Berthe. 

f A l'un des angles de la ville,» m'écrit de Payerne M. 
Burmeister, on voit «les restes, convertis en chapelle catholique, 
d'une vieille tour qui faisait jtartie des fortifications et que l'on 
appelle la Tour de Berthe; ou prétend que c'est là qu'elle de- 
meurait.* Lea Puyernois parlent avec reconnaissance des belles 
vignes que la reine leur aurait laissées en héritage aux environs 
de Lutry. Un avocat de mes amis, M, Simon de Félice, qui a 
passé une partie de son enfance dans cette petite ville, y a en- 
tendu raconter que les enfants do Lutry jetaient des pierres à 

^) liix mùi8 en Suisse^ par M"^ Aglaé de Corday (Lonvîers, 1839)^ 

j). 7ft. 




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La Légende de la Reine Berthe. .317 

la reine Berthe, lorsqu'elle passait, et que c'est pour les puoir 
qu'elle aurait institué la- ville de Payerne héritière du vignohle. ' 
royal de LaTaux. 

L'hiver dernier, H. Burmeister demandait à queUiues filet- 
tes payernoises, de dix à douze ans, ce qu'ellea avaient entendu 
dire de la reine Berthe. Toutes la eon naissaient comme une bonne- 
fileuse. Quelques-unes ajoutèrent qu avec ki permission de St 
Pierre elle était un jour deseendue du ciel sur la terre pour 
revoir sa bonne ville de Payerne. Ces réponses étaient de naïfs 
échos enfantins d'une fantaisie satirique, publiée dans une petite 
feuille humoristique, le Charivari Rtyernois^ qui avait paru le 
dimanche des Brandons^ 28 février 1890. Le progrès naturel de 
ràge, récole et la lecture ne tarderont pas à étouffer le germe 
de légende ainsi déposé dans ces jeunes cerveaux par une 
plaisanterie de circonstanee. Mais ce trait, en apparence in- 
signifiant, me paraît renfermer toute la philosophie qui se dégage 
de cette étude historique et critique sur la légende de la 
reine Berthe. Il n*est pas douteux que les traditions re- 
cueillies en notre siècle de la bouche du peuple ne se laissent 
aisément expliquer par rinflueooe de quelques écrivains très lus. 
Une partie au moins des éléments plus anciens de la légende 
nous' sont apparus comme des produits de l'invention individuelle - 
ou des résultats de combinaisons érudites. On méconnaît souvent 
le rôle de ces facteurs et d'autres semblables dans la formation 
des traditions populaires: il n'est donc pas inutile de le mettre 
en lumière, quand l'occasion s'en présente. 



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Miszellen. — Mélanges. 



Oesterreichische Bienenbrettchen. 



An der Jaliresversainmluiig der Schweiz. Gesellschaft für Volks- 
kunde habe ich eine Anzahl bemalter Brettchen vorgewiesen, welche 
die Vurderseito vun Uienenkästen aus Kärnthen nnd Krain bilden und 
welche ich der GeHilligkeit meines Hausherrn, des Bienenzüchters und 
BienenhJndlers Herrn Jakob Krnst in Küsnacht am ZUrichsee zu ver- 



danken habe. Die mehr oder weniger volkstümlichen, rohen oder 
feinern, in sehr verschiedenen Manieren und Farben ausgeführten Ma- 
lereien stellen biblische Geschichten, kirchliche Zeremonien, Heilige, aber 
auch Tiere, FrUchte, Blumen, Landschaften, Gebäude u. s. w. dar und 
in mutwilligen Schildereien Instiger Vorkommnisse und allegorischen 
Darstellungen macht «ich ein derber Volkshumor geltend. Die hier 




beigegebenen Darstellungen, ein ^Samson," auf welchem die Philister 
herumklettern, und das Begräbnis eines Jägers durch Jagdtiere, bedürfen 
keines Kommentars. Letzteres ist ein sehr beliebter volkstümlicher 




Miszelleii. 



Gegenstand, dem man weh in schweizerischen DorfwirtabSueni oft be- 
gegnel, to s. B. bei Herrn Gemeindemt Branner ,»ir Heimaf^ in 
Kttsnacht. 

Die frenmlürhe Aufnahme meiner sehr ansprachslosen Demon- 
strationen von Seite der am ;50. Mai 1897 anwesenden Vereinsmitglieder 
bestimmte mich, die Reise nach Kärnthen in mein Ferienprogramui 
mit aufzanehmen. 

JMetes Projekt kam, wenn auch nicht ohne Uindemiase dnroh Waner» 
flaten, zur Änsführang. In Seewalchen und Kammer am Attersee wurden uns 
interessante Änfschlü-sse Uber den Zusammenhang der „Bienenmalerei^ mit 
den n Marterln" und „Schoibenbildent'^. in Salzburg erhielten wir durch Herrn 
Oberlehrer Ma r t i n H e 11 die Belehrung, dass die Bemalung der Bienenkästen 
im ganzen Osterreiehieohen Alpenland ttblich sei, nnd daas er aelbet als 
kärglich besoldeter Schalgehlllfe in Grois«ArI, Pongau, im Jahre 1860 
Hunderte von ßinnenkästen zu 15 Kreuzer per Stück mit Alpenland- 
schaften, Dainpfschitf^a u. s. w., je nach Wonsch and Willen der Baaeru, 
bemalt habe. 

Weitere NaoUbraohongen in Klagenfart und Umgebung mnssten 
ans Hangel an Zeit nnterbleiben. 

Sttsnacht b. Zttrich. J. £. Rothenbach. 



Nebolvertralbeii im fram. Wallis. 

Der „ValaiH liouiand" bringt in No. 37 folgende interessante 
Notiz: „Lorsqne les pfttnrages de montagne se couvrent de brouillards 
humides, les enfants ment, comme pour les chasser: 

Tseniay fduM, foui», 
St-Martin te vn aprî 
Avoué ojia 'Izi'rba de palhe 
For te horlii la coralhe^ 
OfM dxerha de fin 
For te hwtâ li rein», 
Ona tzéna de fl 
For te mettre em infi. 

Brouillard, fois, fuis, 
St-Martin te va apr<'8 
Avec une gerbe paille 
Pour te brûler la coraille [rt-giou du cœur], 
üne gerbe de foin 
Pour te brûler les reins, 
Une chaîne de fer 
Pour te conduire en enfer." 

Kedaktion. 



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320 



Miftzellen. 



lieber den Löffel baibiereii. 

Ks iiioirett wohl 30 35 Talite her sein (so urziihlîe mir fin 
iilti r>_'r Hi'kaimtcr , diiss ich auf einem AusHug im Bvsclbiet mit einem 
FreuüU uü der Table d'hôte »peiseii wollte, wir aber, aa wir grossere 
GeaelUehAft trafen, das Bedfirfnw empfanden, uns vorher nsiereo au 
lassen. Naeh längerem Soohen fanden wir aaeh den Bader und Was- 
serten ihm unaeni Wunsch. ..Recht j^ern", antwortete der Balbier, 
wollen die Herren über den Löffel oder Uber ihn Daumen rasiert 
sein? Im ersten Fall kostet's 3, im andern 2 Kreuzer.'* Auf unsere 
Qegenl'ragti nach dem Unterschied holte er eiuen beiuerneu Löffel, 
steckte ihn in den Mund nnd spannte damit die Baekenbaat straff an. 
Wir begriffen und Hess« n uns nun viel lieber Uber den fiSSet als iiber 
den Daumen halbieren. Trotzdem diese Art des Kasierens nun längst 
au%phijrt hat, Horh der Ausdruck geblieben, und aiaa beseiehoet 
damit ein „geschnitten'* oder Ubertordert werden. 

Man vergleiche Übrigens noch die Stelle in Kichendorffs Leben 
eines Taugenichts, 14. Anfl. Lpa. 1862 S. 44, wo der BarMer ans 
der Wirtschaft herausgeschmissen wird und filr sich schimpft: „Icli be 
soffen? Ich die Kreidestriche an der verräucherten Thür nicht bezahlen? 
Löscht sie aus. iTtscht sie aus! Hab' ich euch nicht ernt ^^este^n über'n 
Kochlödei barbiert und in die Nase geschnitten, da»a ihr mir den l^tfel 
morsoh entawci gebissen habt? Barbieren macht einm 8tiich — Koch« 
Ittffel, wieder einen Strioh — Pflaster auf die Nase, noch «inen Stridi . . 

BaseL Dr. G. Ry hiner. 



Zur Beachtung. 

Die Bibliographie ober Schweiz. Volkskunde tlir 1897 wird im 
1. Heft des nächsten Jahre» er*:« Iieinen : demselben wird aach ein JnllTM» 

bericht samt Mitgliederverzeichnîs beigelegt werden. 

Avis. 

La prochaine livraison des Ärohiws contiendra la biUiograpIli^ 

des publication^ ! "mnée 1897 relatives aux traditions popalaires de 
la Suisse, tm rapport snr la marche de la société et la liste complète 
des membres. 



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Register 



(Vom Herauageber.) 



L 

Summarisches Register, nach Materien geordnet. 

BogrifT lind riiifmitr der Volkskunde* 1—12. 
Authropolu^ic. .Alljçemeines ^ Ka.ssenkuiule der Schweiz 20—41. 
SiedeluuicsTerhältui8.se. Allgemeines 2. Pfahlbauten Zä. Kt. Zug 57. 
Wohin erliältnlsse. Allgeraeines 2. 4^ Haustypen in der Schweiz 20—28, 

Schweizerdorf in Genf lÜ-lÖ. Kant. Zug 5L Kant. Bern 25<i. 
Landwlrtsehaftl. Kultur. Allgemeines 2. Kant. Zug âiL Zcichnuug 

der KUhc TL IM. 
Haaghalt. Gesiiüle üä. 

NahrnngHverhältnisse. Allgemeines 2. 5. Kant. Zug 5â. 

Trachten. Allgemeines 3. 5. Bei best. Gelegenheiten 16. [79|. Aeniter-, 
Berufs- und Standeatrachten 150. Kant. Appenzell illL Kant. Zug fiü. 

Uausiudustrie. Volkskunst. Allgemeines kt. Zug (LL Malerei 1318]. 

Sitten, Gehrilnohe, Feste. Allgemeines 3. (L Geburt 62. Taufe öSTSt" 
Erste Komumnion iïL Liebe 62. Hochzeit Ii. [79]. 97. llia. 
144. [1B51. Tod m Begräbnis 6i Weihnacht ßST Nikiaus 
Üä. Sylvester 222. Neujahr ÜÖ. IM. Ihh^ 219, Dreikönige ülL 
Fastnacht iL tÜL I2iL IIL Iii liJü. 236. 257. Kirchweih 116, llö. 
Palmsonntag LLL Karwoche lilä. Uh. 243. Ostern lüü Lü 243. 
Himmelfahrt UiL Pfingsten 115. Mittfa<«ten «üL Mai 14. 152. lÄi 
*22'.>.2:yj. Mittsommer lü Herbst 3iiL Barbara iifu Agatha 66. Georg 116. 
Kirchl. Lokalfestu 210, Gedenkt.age îâ. Hchiitzeufeste UiL Turn- 
feste 25Û. Landsgemeinde 1ÛL Wahl IJÄ Ausrufer US. Haus- 
bau ÜS. Beim Essen IL In der Kirche 165. Beim Barbier ;i2U. 
Ernte LLfi. Jagd llfi. Sennen OL 

Recht. Allgemeines L Hochzeitssteuer 144. 

Volk.sglttuben. Allgemeines iL Î. Hexen lüfi. Schutzmittel ^ lüä. 24L 
Volksmedizin IÛ. Segen 15. 2Ü2» 2Ü2. 233. 23L 2iL Ticrglaube 12L 
Wetter und Fruchtbarkeit (^Wetterregeln und Orakel 6ü- 116. 119 
Wetterbeschwörung ÜS. 153. âlîL Segensraittel Hill. lüä. 210. 247). 
Bestimmte Tage 163. 210. 2ÜL UnglUcKbringendes 165. Aberglauben 
betr. Unverheiratete 22£L 

Volksdichtung. Allgcmcmes iL Kinderlied 122. 224. Reimspruch 164. 
2aL Sage 42. LL SiL 1Û2. 142. HxL [164]. 212. 22Ü. 221. 23â. 23ä. 
23iL 284. Schauspiel liL 1Û9. 124. IMT^SL 

Spiel. L L79L 06. m 124. 234. 

Musik und Tana. 3. m 12L 1Ü3. 

Witz und Spott. 4. g. 6L 125, 

Redtusurten. Formelu. Allgemeines 4, Sprichwörter 162. Kufe 24ä. 
>ameu. Allgemeines 4. ä. Häusemamen TL 
Wortschatz. 4. S. lö. SfL 115. 

21 



322 



Register. 



II. 



Alphabethisches Sachregister. 



(Vgl. im EiuKcInen auch das Wortregister.) 



Abbild 2ü2 f. 
Abrucadubra 2ÛU 
Abzählreime m. 221 f . 
Adorlass s. Volksmedi/ia 
Affeuwagen '^M. 
Agatha tüi 
AgnuH Dei 108 
Alp 2Ü5 

Alpsegeii s. Segen 
Altweibermühlen Lil 
Anthropologie : Verhält- 
nisz. Volkskunde IL 
Sehweizeriselies 2âff. 
Apis IL IM 
Apollonius 2Uâ A. 5 
Arepo 2Üä 

Asche (s. auch schwärzen"! 

Lil 214 f 
.Aschensäoke 275 
Aschermittwoch 5L r)2. 

Ü2. m 13£ lîiû. HL i 

m 1112. lüL 2üL îiLi 

ihh). 27L 2äa. 
Atem 2; 3 A. L 2Üfi. 
Aetti-Huedi IM 
Auterstehuugsfeier (s. 

auch Ostern lüö ff. lliL 

2àÀ ff. 
Ausrufer, öffcntl. 1 18. 2iii 

Bacchus HL ISü 

Hackofen 2li9 

Bahrrecht 2ü3 A. 1 

Bande vom tollen Leben 
2fîâ 

Bär 202 

Barbara 

barbieren 320 

Bärenhaut l2iL 2Ü1 

Bauernuiasken lââ 

Baum QU 2fia ff. 

Begräbnis 43 ff. Sä 

Berchta m Ä ^11. aiä 

Berchtoldstag 21ü 

Beruerhaus ^ 256 

Bertha, Königin 2M ff. 

bespritzen s. Wassertaufe 

betteln lüL 25«. 214 

bewerfen: mit Asche 224- 
Kot, Harz 2IÛ. Puder, 
Mehl 2IiL Rüben 132. 



269. Schlagsahne 215 

Bienen 21â 

Bienenbretter 318 ff, 

Bischof 8. Kinderbischof 

Block 8. Baum 

Blockbau lü 

Blockfest 2fiâ ff. 

Blut 203. 205 

Bochseluacht 282 

Bohne 2äö 

Böttcher s. Küfer 

Brautpaar (s. auch Mai- 
braut) 12Î 

Brööggen 2äü 

Brot (s. auch Fastnacht): 
an Fastnacht ausgeteilt 
67, an .Agatha? 211. im 
Volksglauben TL 2iiL 
Formen und Bestand- 
teile 14L IM 

Brüder, drei Ii ff. 

Bruderschaften 2LL 212. 
m 2M 

Brunnen s. Wassertaufe 

Bürste IS4 

Char- s. Kar-. 
Christnacht s auch Weih- 
nacht) iih. 
couleuvre LQ2 
Cybele 3H A. 3 

Dachsfell SiL 165 

Dczembernäclite s Nik- 
leius, Zwölften, Weih- 
nacht, Christnacht. Syl- 
vester 

Dreikönige: Brauch 65. 

66, 2iiL (îlaube 2Li 
üreisässiges Haus 13. 21 
Donnerstag, schmutziger 

61L 264. 266 
Drache Î2. 221) 

Eber 185 
Egge IM 

Ehe (s. auch Orakel, Se- 
gensmittel) 14ü 

Ehrenzeichen 257 ff. 

Eier s. auch Ostern i 135 
233 



Eiresioae 2ÛS A. a 
Elsi 1Ü4 
Elster 121 

entwenden v. Speisen 1S3 
epischer Eingang 2()<j ff., 
Erde 233 
Erinnyen 2ü5 
Ernte llfi 
Esel 64 ff. 
Estrich la. 
Ethnologie Iii 
Evangelium Nicodenii 102 

F'ickeln (s. auch Fast- 
nacht) an Mittfasten Gâ. 
im Mai lÜQ ff. 

Fahnensehwingen 122 

fahrendes Volk Ufi ff. 

Farben 234, rot 2{M 
A. 2i schwarz l2iL 

Fastnacht (a. auch Ascher- 
mittwoch) 42 ff. 6fi ff. 
12fi ff. 142 ff. 122 ff. 
125 ff. 23Ö. 257 ff. Aus- 
gelassenheit 55 ff. 259. 
Begraben der F. tüL 
197. 283. Besuche 52 ff. 
Einzelfigtiren OL 188 ff. 
258. 2ti3. 2il2. Fackeln 
281 A. 182. 21L Feuer 
08. 02. 127 ff. Kalcn- 
dares 48 ff. *ilL Kampfe 
(Vgl. Turnier) 2ÙL 
221 ff.. Kuchen u..\ehul. 
Ö6. 62. 132, LilL 182 ff. 
Mähler 52. 66. ÔL 258. 
Masken 183 ff 261. 222. 
Speisen(s.auch Kuchen) 
183. Spiele IM ff. Tanz 
ül. m 12a. 148 258. 
2liiL 2ÜiL 2üL 2ü -Jm. 
Trink- u. Esszwang 5L 
Turniere 5«. 223. 22£ 
Umzüge (». aurli Kiii- 
zeltiguren ÜL 12L 12iL 
134. lifL IM. 2hl ff. 
Zünfte 5L 52. 121 ff. 
257 ff. 261 f. 264. 265. 

Fastnachtstiguren s. Fastn. 

Fastnachtshuhu 183 

Faust 21Û 



Kegister. 



323 



Felsen h. Steine 1 
Feste : kirchl. 2111 ff. I 
Feuer s auch Fackeln, j 
Fastn., R;id, Scheibe! : | 
Johannis lÜL Mai IM 
229. Mitttasten 09. Hl 
Notf euerlGO. Brennende 
Wickelpapiercheu Qh 
Fleischer s. Metxj^er 
Folter 2Ua 2Û1 
Formel : Wahl 11Ô 
Frauen : kämpfend 42 
Freitag 1^ 
Fritschi 53 ff. 2iia f . 
F'ronleichnam 21Û i 
Fruchtbarkeit s. Segens- 
niitte! 

Frilhlings-Tag- u. Nacht- 
gleiche 2ii2 

<;ebetsstellung Ifiâ 

(;ehurt Q}L 221 

Gedenktage s. Feste 
(kirchl.), histor. Ereig- 
nisse 

Gemeindeversammlungen 

m 

Georgs tag llfi 
Gericht ÜQ 

Geschenke : Fastnacht 
(s. auch Brot, Kuchen 
ÜIL IBL Ibfi. 231L Mai 
m Neujahr ISfi, 1Û2 f . 
Nikiaus tia 

Geschichte: VerhUltn. z. 
Volkskunde lü 

Geschlechtervcrkehr 
(s. auch Kiitj;ang) Lül 

Gesellschaften I^ediger s. 
Kiiabengesellschaiten 

Gesinde äü 

Gespenster 112. IM. 205 
221 

Getränke 5S. IM. 

Glocken (s.auch Schellen, 
Segensmittel gegeii 
Wetter, Inschriften) : 
Begräbnis M ^ Neu- 
jahr IM. lää. Pfingsten l 
115. Sage 23Ü. Sylvester 
].')<;. 

Grab, heiliges lOlff 24^? ff. 
Gräufletc 2M 
Grct, lange IfiÜ 
Gret Schall Iii A. 1111 
Groppenkönig 2ßä 
Gründonnerstag s. Kar- 
woche. 

Haare Î2. 2üa. 2Û5. 2Ûâ A. 
Haberfoldtreibcn 2âÛ 



Hanf im 
Harke ÜÜ 

Hascnholzgeiger 112 

Haus : dreisiissiges HL 2L 
Hotzenhaus 2L Länder- 
haus LL liL 2âff. lau- 
gobard. 2jL lianchhaus 
HL Schwab. 24a Stock- 
haus 2L Kt. Aargau 22 
iFrickthal2i Altaargau 
2\). Appenzell 2Sl Basel 
2L Bern 22 (Oberland 
LL 2d Bleienbach 15. 
Pruntrut LL Jura 2Û 
St. Immerthal 2L Kan- 
der- und Simmenthai 
2ü Gsteig 2L Emmeu- 
ihal 25(>;, Freiburg 22. 
Genf LL Glanis 23. 21. 
25. Graubün«len 11 (En- 
gadin 13. 22. Kheiu- 
waldthal 2i Vorder- u. 
Hintcrrheinthal 21. 
Schanfigg 21» Prättigau 
21. 2L Vais , Davos-, 
Calancathal27 . Luzeru 
22 tGäu 21). Neuenburg 
LL 2L St. Gallen (Wer- 
denberg IL Sargans 21. 
2iL laL Gaster 21. 25. 
Rheinthal 21. 25. Tog- 
genbur;r 25). Schaffhau- 
seii(zH'tterl5lSchwyz 
2ß (Sihlthal 21. March 
2âi. Solothurn21 (^Kap- 
pel 22). Tessin Ul HL 
25 (Sopra-Genere 17.2fl. 
Blegnothal 21 Malva- 
gliathal 20. Sotto-Ge- 
nere 28» Scona 28j. 
Thurgau 21 (Berlingen 
16). Unterwaiden 2ü 
(Wolfenschiessen 19). 
Uri25.(Treibl5).\>Öt 
IL 21 Wallis (Zermatt 
l7.rnterwalliH24 Über- 
waliis 25. 2L Vissoye. 
Orsières 2Gy Zug 52 f 
Zürich 22. 

Hausbau 5ä 

Haiisforsehung lâ 

Hansgeister 'il9 

Hausindustrie iil 

Hanstypen <ler Schweiz 
2Û ff. 

Hechelgauggelc ISâ 

Hegel IM ff. 2üil 

Heiden-Ludi 235 

Heidcn-Mutterli 235 

Heilige (s. auch die Ein- 



zelnen): Agathe fili L' 11 . 
„Alleine- IlL 21L 
Andreas '2\X Anna •24<>. 
Antonius îfL 24Û. Bar- 
tholomäus 21.'{- Bene- 
dikt IL Benignus 212. 
Bernhard Ifi. 105. Bertha 
(s. d.y Bischof ohne Na- 
men 211. Bouifaz 212. 
t'äcilia ILCIemens212. 
Daniel 232. Dreikönige 
(s.d.)IL Fromont99 A. 
Gabriel 232. Gallus 21iL 
Germanus 211 A. 2. Ja- 
cobus, Jodocus 212. 
Johannes TL 119. '^l'i^ 
21Ü. Joseph IL 2LL 
241L Jost 212, 21L Ju- 
stus 212. Karl 21Û. Ka- 
tharina IL 220. Maria 
12 213.215; Maria Mat^l. 
m Martin IL 2l£ 
.Matthias 211. Meinrad 
IL 21fi. Michael 213. 
232. 240. Moritz IL 213. 
Nikiaus (s d.) 211. Os- 
wald 121. O.thmar 265. 
Paulus 76, 212 Petrus 
Ifi. IL 212. 232. aiL 
Placidus 212. Quentin 
IL Rochus 212. Seba- 
stian IL 119. Severin 
215. Silvanas 21. 212. 
Theodor 212 u. A. L 
Urban 2ü5. Urs 21. Veit 
123. Verena IL 213. 
Wendel in 21Û. Wolf- 
gang 211. 
lleili;;onliilder 2ûaA. Ü. 1 
Heilmittel (s.auch Segens- 
Schutz- u. Zaubermittel) 
Hü 2L!>i A. 2. 214. 23a 
Hemd 2Ü3 A. 1 
Hexen 11)2, m m LliL 

im ff. -Ml -^M. 239 
HcxenprozcsHO 12fi ff. 
Himmelfahrt 115 
Hirse 125 

Hirsjagen 2äl A. 1 
Hirsmontagsbrief 21<i 
historische Ereignisse 
(s. auch Mordnächte) 
12!>. 1M5 -jll 21^. j>3 
A. L ±liL 2ii3 Iiis . 2til. 
2li5. 2mL 2fiL 2ai ff. 
Hochzeit: Zeit 133. Brauch 
Ö3, 74. LL ÜL lilL 
III ff. 105. Tracht IS 
Höhlen m 
Holde Sü. m 



Resistor. 



Hölle üfiü ! 
Höllt'Diuusik K. Katzon- 

miisik 
IIiil7.klümmcrclicn 275 
Huhn, schwarzes Ü^Ü 
Hund : im Märchen U fT. 
HiitzgUr IM 

Ja^'d im 2ÜÜ A. 1^ tiii- 
;;ierte 282. wilde 21iL 
.läjjerbegräbniH 31H 
Jerichorose Üö 
Inschriften: Glocken IM 
Invocavit 112 

Iris au A. a 

Junfffern, alte 131». 153 
Junggesellen 220. 

Kalb 221 
Kamin 2L 2fi 
Kamin Üß^ lüö 
Kampfspielc s. Fastnacht : 

Kämpfe 
Karlssage ». Sage 
KarwocTie : Brauch Qfi. 

112. 24iL Talmsonntag 

11Û. Karmittwoch 213. 

Gründonnerstag 100. 

24a. Karfreitag UiL 124. 

211 . 2Mx Karsamstag 

109. 115. 243. 
Katharinatag IIS 
Katze : Sage m Volks- 

glauben 121 
Katzenmusik s. auch 

Schellen, Teitschen) 4a. 

frt. tîfi. fiS. IIL lililillL 

222 ff. 2«üL 2SÜ ff. 203. 
Kilt;,-;int,'f;2. UiL 150.282. 
KindcrbiHchol' til 
Kindcriieder s. Lieder 
Kirchweih: Brauch 1 IG. 

lin. 125. 258. Speisen 

tili lllL Tage 21L 212. 

213. 2iL 258. Fecker- 

Kilbi 12^ 
Kirschbaumzweigo £5 
Klämmerchcn 2iü 
Klausjugeu Ül 
Kleider 200. 211 
Knabengcscilschaftcu 

144 ff. 2Ü4 ff. 
Kohle s. schwärzen 
Kohl en korb 'iiîl 
Kouiinuniuu Li2 
König 8. Narren-, (irop- 

pon-, Proppeukönig 
Korbflechterei Ol 
Komdäraon 208 A. Ii 
Kreide 2IÛ 
Krciden-Gbdi IM 



Kreuzauflindung 211 
Kreuzerhöhung 211. '> 
Krug 2üä A. Ù 
Kuchen s. Fastnacht 
Kuckuck llh 
K Ufertänze 1211 
Kuhniasken llilî A. 
Kuhschwanz 12ä 
Kulturgeschichte Iii 

Läuderhaiis 14. liL "iä 
Landsgemeinde 1 1 7 
Land^knechtenumzug 
2li2 f. 

Landwirtschaft 511 UG 
Lärmmusik s. Katzen- 
musik 

Larven 4L l&L Ifiä. Ilifi. 

2iÜL Tafel in Heft 4 
Lät:ire s. Mittfasten 
Lauch 233 
Legenden 211 
Leichenbräuche (s. auch 

Begräbnis ^ 13 ff. 
Leichenmahl 44. 45 
Lichtmess Uli 
Lieder (s. auch Sprüche, 

Reime): Zwölften G5. 

M i tt fasten 25. K i rch wci h 

IIG. 122. Kinderlieder 

122 ff. Tanzlieder 122. 

221 ff. Neujahr 155. 

Mai 23Q f. Spottlieder 

22fi 

Lingam 133 A. 
Lohengrinsago 2Û5 
Loostagc Ufi. llü 
Löwe 122 

Mählcr(s. auch Fastnacht): 
Neujahr 152 

Mai.nnsagcn lüü 

Maibraut (s. auch Braut- 
paar) 21 m IM. 23ÎL 
270 

Maien läuten 152 
Maischerze 153 
Maisingen QiL 'Ml 
Mai tag Uli 

Mann im Rückenkorb HU 

Märchen: Brise fpr 21 ff. 
Rumpelstilzchen 205 

Maria (s. auch Heilige. 
311 A. 3. drei Marien 
2iilL am hl. Grabe LUif. 

Mariä Heimsuchung Uü 

Markt: Ta^re 03. Jahr- 
markt iiii 

Marketenderin 2113 

Mnrterin 3111 

Marüfc'st '2&2 



Masken s. Larven, Ver- 

munirauiig. 
Medardustag Uli 
Meleager iLlk 
Melusinensagc 2ü5 
Messer liï5 
Metzger L22 ff. 
Michaelistag 231Î 
Mittfasten: Feuer ülL là. 

Umzug im 
.Mittwoch 12J 
Möbeln 5ä 

Monatsnamen 1B4. "ihi 
Mordnächtc 12L 2»>3. 2<Î7 
Mundarten 2ä 
.Musik s. Katzenmusik 

Xägel 203 
Name 2U4 ff. 233 
Narrenfest 2ü2 
Narrenkönig 2iiâ 
Narrenparlameut 2G7 
Natter 1Û2 
Nebelvertreiben 3111 
Netzen s. WassertautV 
Neujahr : Brauch ü5 ff. 

151 155 ff. Iä3 A. 3. 

125. Glaube 212 
Xiklaus: Brauch G3, 2öL 

Glaube 61 
Notfeuer iüü 

Obstwein 52 
Opfer 212. 231 
Orakel : Fruchtbarkeit 
Wetter Ö5. Uli. Uli 
Ortlen des heil. Grabes 1Û5 
Ortsneckereien OL 125 
Ostern (s. auch Aufcr- 
8tchungV21 1. 229.0stcr- 
kcrzen LÜL Eier 115. 
KUfertauz 122 A. Um- 
zug 132 A. 1 

Palmsonntag s. Karwoche 

Parlament s. Narrenpar- 
lament 

Patengeschenk üü 

Peitschen (s. auch Katzen- 
musik, Sflila^'fuV'» 1.272 

Persit'ria;<e s. Vulksjusiiz 

Pfahlbauten 

Pferd (s. auch Schein- 
pferd) : weisse» IQÜ 
Pfingsten 115. 2U 
PHugumzug 134 
Phallus m A. 
Pierre Pertuis 3U 
Postorlijagd 2&1 
Prähistorie U 



Register. 



325 



Proppen-, Proppcukönig 

Ratl lÄL iöL iül 

Rassei)kun<le d. Schweiz 
22 flF. 

Rat, grosser 264 f. 

Raiichhaus 1Û 

Redensarten (s. auch 
Sprichwörter) IL 235 

Regenzauber s. Wasser- 
taufe, Segensmittel 

Reime s. Inschriften, Lie- 
der, Rufe, Sprüche 

Reliquien MHL lül f. U£L 
12L AUL âlù. 

Ring 2ûa A. i 

Ringelreihen s. Rundes 

Rondes 221 ff. 

rot s. Farben 

Rotkelchen 122 i 

Rufe (s. auch Sprüchen 
Fastnacht IfilA. Kampf 

Rüben 122. 2tili 
rückwärts sprechen 2ÛD 
Ru8.s 8. schwärzen 

Sagen (s. auch Märchen) 
lüL 102. m 112 ff. 
lÜL 22Ü 23â ff. 23a. 
Hertha 2M ff. (spez. 
an f.) Faust 215. Karl 
42. Lohengrin 2Û5- Me- 
lunine 205. PerseusTl ff. 
Tantaius 23ÎL 

Salz 2iia 

Satire s. Volksjustiz 
Sator 2ûa 
Schatten 2Ûfi f. 
Schauspiel 271. geistl. ßfi, 

löß ff. 12L histor. IlL 

250. 270 
SclR'il.enbililcr Iii» 
SrlieibeuMchlugen 17'.) f. 
Scheinpferd s. Spiel 
Schellen ÜL ÜlL ^ m 

184. laa. m 

Schiesson (Fest): an Fast- 
nacht M 
Bchiessen: Geburt ti2. 
Hochzeit ßü. ÜL Taufe 
ÜL Neujahr IM. UiL 
Fjistnacfit IfiL 2tiL 
Kirchl. Feste 21Û 
Schimmel s. Pferd 
schlagen 1Ü2. LilL 224 
Schlagsahne 225 
Schönbartlaiifen 121» 
Schuh lüL 2ua A. L 22Ü 



Schutzenteste (vgl, 
Schiessen) ILL 125 

Schmzmtttpl («. îuichlîeil- 
Segcns-, Z.iubi'riuittel) : 
gegen Wetter iifi. 151 
211. 212 

Schwalbe Lü 

schwärzen (s. auch Asche) 

i;^ ") . m . isLm2iüff. 

Scluvein 2t)."). 2lüi 



Schweinsblaseu l&L 222 
Schweizerdorf in Genf 

Li ff. 
Schwerttanz i:t5 
Schwingfeste 250. 2Ii» 
Sechscläuten 2iil 1. 
Seele 2Uè. f. 

Segen 165. 2<}2 ff. 2iL 
Älpsegeu llh 217. ülL 
Diebsegen 2aif. Frucht- 
barkeit läü. Haus 115. 
Krankheiten 233 f. Vieh- 
segen ZlL 165. Wespen- 
segen 237 f. 

Segensmittel (s. auch Heil-, 
Schutz-, Zaubermittel. 
Opfer): EhelOO.Frueht- 
barkeit(Menschen.Vieh, 
Laud> 6iL lÜLL üä. 133. 
LiL 140, lülL IIS. 2ûa 
A. L 2üa u. A. i 2üa 
A. m 202. Jagd 2ûi» 
A. L 

Seidenweberei OL 

Sexm'llt'S Li ff. 

Siedt'Iuüg 2. 57 

Simson älä 

Sittenpolizei (vgl. Kua- 
bengesellschafteu) 145. 
2M. 2Ü5 

Sommer u. Winter 221 A. 

Speichel 200. 2Û5 

Speisen 51L 2(Xi: Hochzeit 
ßa. Fastnacht ÜIL laa 

Spiegel 2üö f. 

Spiel (s. auch Schauspiel) 
66. Jeu du change 234. 
Erraten 124. Karton- 
spiele 1 20. Käszännct 
IJJL Kugeldrölen, Mut- 
telen, Niggel 120. 
Puppen IÏ, Rondes 
22± ff. russ. Schaukeln 
lifi. Scheinpferde Ü6, 
Schwinget, Steiustossen 

m 

spinnen 303 

Sprichwörter ( s. auch Re- 
densarten) 162. 3ûa ff. 
Sprüche (s. auch Inschrif- 



ten, Lieder, Reime, 
Rufe) IM. 12a. 122 f. 
ISL m IM. 21L221ff. 

Stäüderhaus 12 

Steine: Fille de Mai 22. 

im Jura 100. bei Aegerl 

216 

Sternsîinjfer üü 
Stock Ulaus) 22 
Stockhaus 12. 2i 
Strâfîfj^elenjagxl 2âl 
Strohpiijipe 53. 141. lülL 
178. IHM lüL 2oaA.a. 

2mi f. 2aa 

Strohvermummung 222 
Strümpfe 200 A. 1 
Sylvester : Brauch üä. 
222 ff. 2tiL Glaube ilLi 



Tage s. UuglÜckstage 

Tanucnfuhr s. Baum 

Tantal US 2811 

Tanz ßü : Fastnacht 5Ô. 
5iL 120. 262. 2Ü7. Jahr- 
markt, Kirch weih 120 

Tänze (s. auch Fastnacht) 
12Ü. 1Ü3. 258 

Taufe 62. 22 

Tenet 202 

Teufel 12S ff. 2in A. 3. 
215 

Teufel heilen m 242 
Teufelsraaske 184 f. 
Thursen 21it 
Tisch 5â 

Tod (personif.) : als Maske 
139 

Todlphys.) 2Û2. Glaube 
207. 218. 212 f. 

Todaustragen s. Fast- 
nacht: Begraben 

Totenbräuche (s. auch 
Leichenbräuche, Be- 
gräbnis) 4li ff. 

Totenschuh 22ü 

Totentiiclier 2Ü3A. L2ib 

„Toluenneu" 2Liä 

Tracht: Begräbnis Üi üL 
Landsgemeinde 1 18. 
Küfer 13iL Untervogt 
158 f. Tauzmeister 12L 
Appenzell 170. Kntli- 
buch Zug ^ 

Träume 212 

Trommeln: an Fastnacht 
261 

Trottbaum IM 
Türme 312 



.'126 



Register. 



riifflUckstaKo f . 24fi 
Uni7.Ugc (s. auch Fast- 
nacht I : Mai 23Ü. (Ktoru 
A. 1 

L'rgi'Hchichte s. l'rähi- 
storie 

Vamnhyr 2Ua A 1 

Vauilai 2Ul A. ü 

Vaudaire 2ÛÎ A. 3 

V rge t a t i ( »II s(l ii m o n ti'M 

Vt'itstag m 

Verena tag Liü 

Vermuniiniing 142. Droi- 
königeiilL Fastnacht <»7. 

m ff. lüi Hoch- 
zeit tiäx Mai 22iL 

Vieh: Hassen älL «pre- 
ehend !ül îiliL Zeich- 
nung Ii 

VoIksjnHii7, liü. llilL 2iiL 
mL 22h ff. 

Volksknnile: Begriff äff. 
Vcrh.ïltniH zur Anthro- 
pologie IL Ethnologie, 
Gesi'hichte. Kulturge- 
Mchichte llL Urge- 
schichte Li 



Volkslieder s. Lieder 
Volksmedizin : AderlaHs 

m 

Volturnns 2Ül A. 3 
V^>rstadtgesellschal"ten 
257 f. 

Waldtiiciisrh s. Wildleute 
Wallfalirtcn lüä ff. lÜL 

Üll ff. 
Wappen 1ÛL 1^ 
Wassertaute LiS Ans.). 

i:t.'. f. ut; IM, ut7. 

2UH 223. 258. •JtU). -.'74 
Weibelweib IÂÎ 
Weiher, kämpfend i2. 
Wciberkleider m liÜ 
Weihnacht (s. auchChrist- 

nacht'i : Brauch iÜL 184. 

IM. m 

Weihnachtsspiel s. Schau- 
spiel 
Werwolf 2Û5 
Wespen 232 

Wetterläuteu s, Schutz- 
mittel 

! Wetterregeln (s. auch 
i Orakel, Loostage) ÜÜ 



Wildloutc Ißß. m 2^ 

269. 2Ö2 
Witz u. Spott liJ5 
Wohniiu^ (s. auch H.iu.* 

2. LI 
Würste 2SZ 

Zahlen: Eius22ô. Dreizehn 

L2L Lti3 
Zaubermittel is. Heil- n, 

Scgensniittel): Wetter 

20â A. Û 
Zchntausüntl Kitter-Tag 

12h. 

Zuchtpolizei s. Sitten- 
polizei 

Zünfte: au Fastuarht 5L 
52. m. 257 ff. 1. 

Zuschellen 2äÜ 
Zweig: blühender 65, grü- 
ner iW. lÜÜ 
Zwiebel ti& 

Zwölften s. auch Dez^m- 
bornächte, Dreikönige, 
Sylvester, Neujahr): 
Brauch 



III. 

Alphabetisches Wortregister. 

(vgl. auch das Sachregister). 



Die kursiv gedruckteu Wörter habeu mundartlichü Form. 



Abetrimjele 222, ^ 
Ablass Ufi 
.Ablasswoche 210 
Affeuwagen 2G4 
Affenwald 22^ 
Affäthä- H^'ur.hä üfi 
Ac(/eri- Herdapfel üÜ 
aljo 2ü 

AUew antler 12() 
Alpe- Würze 51! 
AUniättier Lü 
AUmaU-Betiler 2ifi 
am pro 2iià 
Augster 5i6 
Angströhre IHL 115 



anim.i, aninius 2(Xî 
Appenzeller-Tanz liî3 
Aermel HJiL 21)0 
Aschensack 275 
Aetti Ruedi IM. HÜ 
ä^^JjZOZ XÖpTj 2115 
äviu^j^iuc Oea{ 2ü5 

[ Baarer- Prediger 211 
; Bächtcitag IM 

litijaits 211 

Hank-Kaste 5ö 

Bärenhaut 2üi 

Bärenjagd «ii^i 



I Bauele-Bock LJ5 
Berchtoldstag-Fart 2Iii 
beremen V.Vi. 27.3. 274 
Berq-Mnnrdi 2fiii 
Berlihttrgor-Bibe! 256 
BeHcn-Manneu 22;i 
Bettel-Haufen 115 
Bettel-Tag 115 
BiiU Huus 51 
Btre-Brot 154 
Birneu-Stampf 5ü 
Birnen-Weggen üli 
BläsR IM 
ifW/z 151 
BläUli-BaJass IM 



Refçister. 



327 



BlüUU-Böiigg IM 
Bläteli-Kleiiier fil 
Blêmi im 
Bîoch-Mentig 22fi 
Block-Fest 2üÜ 
Bliiem IL IM 
bö 2ß 

Büchsel-Nacht 282 
Bock 

Bode na 

Böffli-Laufen US 
Bonnen-Sonntag 28^ 
Böögg im lÄL IM. ISI 
Bor-Keller 1Ü2 
Boteu-Laufen llâ 
boveirom 22Q 
brandons lâ2 
limita 211 
Brem-Frytig 274 
Brise-fer IL IM 
ßrochete lfi3 
Broögg IM 
6rö«<7^e (32, 231 
Brugg 256 
Brust- Tuech üÜ 
Huchener 12ü 
BUchler 121 
Blichsen-Kneclit 130 
2iM/f<rr< 2r>6 
Burg 211 
Busel-Bese ÜS 
ÄM/zi 12L IM. 2mi 
Buure-lMnd 2iÜ 
Buureländer-Iiolk 210. 
Büürli 144 

ca 21 
car-mot 24 
catschair 2ü 

cha-da-fft 2il 
chamineda 2ÎL 2â 
cÄer 24 
coissain 2M 
corat//e 31t) 
cozena 2fi 

croûtes dorées 229 
cruche 2J1 
ci«arta 2ü 
cttorf 24 
ctt«cAtna 23. 2â 

décroît 23a 
devant-huis 21 
dodola 2Ü8 
i>o/a Iii! 

Donnerstag, feisser 195. 

196. gchrontziger Üfi. 

264. 2mi 
Dorf- Ruf 2Ï2 
Dreiröhren-Hut 277 
dzambra 2li 



Ee-Grabe 221 

Ehrenzeiclicn 13"i. 257 
Einenanke lÄi 
Eier Brot ÜQ 
einvauda 207 
Eisengrind 12Î 
£"/.sf iü4 
eilt pro 224 
envoûter 2ÜI 
erchlipfe liil 
Erdbnutt-Brünneli 2Üä 
Erstlen 1^ 

Fade-Hes IM 
Fasnacht 42 

Fasnacht, alte 5L üö. 2LL 
böse OL junge M. 

Fasnecht-Biätz 1Ü3 

Fasnecht-Butz Ifil 

Fasnecht-Chluin mer, 
•Chlungel, CMunger IM 

Fasnecht-Chüssi IM 

Fasnecht-Hudle Qä 

fastnacliten ÜÜ 

Fec*fr Uli 

Fecker-Kilbi 125 

Ftiss-Mues üü 

Flammen-Stein 25G 

F/ccit 21 

Fliete U 

F/or^ 2ÜÜ 

Fut'en-Sonntag III 
Folter Seil 2üÜ 
Fritsclii-Haus 2li4 
Fritschi-Tag 2ü4 
Fritschi- Umzug 2iia 
Funken- (Sonn ) Tag III 
fuo 2ü 
fürpaare 4ü 
Für-Schossli lim 
Fusterli tÜl 
Füüdi IM 
Füür-TUi 12. 256 

Oar/e ÛI 

GaiMfi'Kilhi Uli 
CJanz-F('i(,'rt;i;f 2U 
Garbe-Büni 256 
Garihtüdi 121 
gassatiuu gehen 4Ü 
Gätteri 221 
gätterfe 163 
G a HC der 121 
Gäuggel 184 
Ghyum 60 
(/J>«y 21Ü 
Gigampt* 123 
Giritzcu'Jagcu Lll 
Giritzcn-Moos 141. 22Ü 



Giritzeumoos-Fart 132 
(tiritzenniooH-ltoricht l^iâ 
Oiritzen-Mutter Ilû 
Giritzen-Vater UU 
Giritz-Reiter 141 
gmottu liU 
Co//«-/- (iü 
^;o«e, /jö^;8CÄi62 
^jöf/i, hübsche 112 
Götti-Ball m 
Götti-Wein 02 
Götzen-Pfaff ClI 
gräntsche 21 
Gratwol 132 
Gräu/lete 2fil 

grenaj 21i 
Gret, lauge 1B9 
Gret Schall llL JlLL 
Groppen-König 2fîâ 
Gross-Tmrapf 1Ü2 
Gro/^e li2 

Grümpel-Schiesset 112 

Grgffedam-Mähii 258 
j Güdis-Montag GL 222 A. 1 
; Guetjalir lâ3 

Gugelspiel 134 

Giirtel-Bruderscliaft-Fest 
2ia 

GwäcJis-Büni 256 
G?//r m 

Ilaber-Stock 124 
Hagel-Feiertag 2U 
Halb-Feiertajr 21Û 
H 'Uli- Bf ick 2JlÜ 
i/a»«- H'wr«; IM 
i/är« 258 
Harte (pl.) I2fi 
Hauptseeer-.Iauchzer 121 
llebis-Nagel 1 
Hechel- Gaugg^e lfi2 
Heer, wüeiigs 219 
Hegel 1112. 2Ö2 
Heid IM. 2<iÜ 
Ä?<7« m 212 
Heilig-Geist 115 
Heilig-Grab LLI 
Heiltum m 
Heime 51 
heiter IM 
fi6 

Herd Stock 2Ê 
Herren-Weggeu 270 
Heu-Büni 256 
//fx lia. 184. 2üa 
liiüderfür 2ÜÜ 
Hira Jagen 2M A. 1 
Hlrs-MontagllL 142 IM, 
221 



328 



Register. 



HirN-Moutaga-Bute 221 
Ilirs-MontagH-Hrief 27G 
H irs- M on tags- Schwung, 

-Stoss 272 
HirsuUer IM 
Hotier-Weiü 14â 
Hürn-Mannen 12& 
Jlostet 21& 
hübsch 62 
Ilttdi IM 
//i«rr 263 
Huium-liüeffe 213 
llui-Vogel 218 
//i«cÄ* IM, llMi 
llütU 2ü 
llutZ'Oür Ifia 
Jluus-Roteli 122 

Jassen 120 
jancbïeM 248 
/mix 2ia 
intrigieren 2Ü1 
Johee IM 
johlen 2M 
Jöris-Tag Uli 
jouve 2ü2 
<re/ 25 

Isen-tirind s. Eisengrind 
jubilare 2i& 

juch l juchhe L juchheissa 
24a 

Juff-Sachen 22i 
juhcirassa ! jiUiui 1 24ä 

juvivallera! 240 

r^r^, rJCt« 2m 

kaiscrn I2Ü 
kalte Kilbi m 258 
Kämnierli 22 
Kann ix 121 
Käppeli-Joch 258 
Kapp en- Zottel liJfi 
Kux-Bisse Uli 
Käs- Suppe 5Ü 
Kas-Zännei Ufi 
Kestene-Iyeî 12Û 

KirHchen-Mns fiü 
Klauen-Mannen 12t? 
Klaus-Esel M 
Klaus-Hornen 2âl 
Klaus-Jagen 282 
Klans-Morgen M 
Klans-Schrecken, -Stäu- 
ben 2Ö2 
Kleb-Dach 
Klopfpetern 12Û 
Klupt>er-J)ontfti<j 27ri 
Kuöptti-Stecken lüä 



Kohlen-Korb 2ÜI 
Koken 130 
Künigs-JasH 12Û 
Kröpfe Ifisi 
Kreuz jasH 12Û 
Krone 2fifi 
KropfUme 69 
Kropf liine-Sunntig G8 
Kruditele IM 
Krut-Kilbi 212 
Kriide-Ciladi IM. 
Kryile-Fnjtig 27*1 
Kuchi-Scldünad 274 
Kugel-Drüleu 12Ü 

Lachtter IM 
iad« 43 

LandeN-FähmIrieh 
Landes-Seckeliueister ÜS 
lAmUer 121 
Landsknechten- L'mxug 

2fi2 
Lanymm 121 
Lauf-Narr IM 

IM 
I Legele Lki 

i Leg Ohr fifi. IM 

leisten IM 

Leue-JJanz 258 

z'Licht-Aben«! iiä 

z'Liecht sitze ü2 
I L/rcA« Stuhete 2Ii2 
I Linde (pl.) 12îi 
' Lire Kübel 12â 

ix/<>/i IM 

Lotter-Bank 25G 
Lugq-Müch 

uiagansul 2Û 

magatil 2Û 
ilfrt^rf 2äü 
Maie-Ma IM 
Maien 23ü 
mai^z« 22ü 
Mai-Tag Üü 
luallet 22Ü 
Mamiueluk IBI 
Mantineda 2fü 
niariaschen 12Û 
März-Fest 2ä2 
meige 232 

Meisterschalts-Essen öS 
merveilles 221f 
Meyer Bertschi 134 
Monets Suntig 217 
montagne lll3 
Moosfahren IM 



Morgenstreich 2di 
I Munni-Schwingen 279 
Maotathalcr 12Û 
Mulle 12Û 
Muttele 12Ü 

yachbarschafts-MöoU Gfi 
Nagl-Far 203 A. 3 
JNarr IM. 263 
Narren-Ast läÜ 
Narroo-Laufe VM 
Narrouen IM 
Neujahrer IM 
Neujars-Kàlbli G5 
Nidel 183 
Nidd-Fenz fiÜ 

Nuilc-Kaffi fiü 
A'j/fc/^ IM 
.V/7prf 12ü 
nüjare lââ 
Nüni Klinlge 2M 

Obst-Träsdi û2 
Oo<«cA/ IM 
Ocr/j (-Ktteche) m 
Orsniever IM 
oto 21^ 

pai/^f 26 
palifou 231 
/iW*/^ 21 

riaflfen-Vasnacht läü 
PHilz 211 

Ptingst llciligtag llû 
Platz-Meister 142 
Plough-Monday 134 
Posten, der 2Û 
I*üsterli IM 
Posterli Jagd 2M 
Proppen- König 136 2<t8 

Räbe 120. 1S2 
Hübe- Hegel m 
Uäben-ManniMi I2i 
Räben-Most 12ü 

Kamsch Fedre IM 
raiuseu 120 
Rat 2M 
i?« 24S 
Resten 121 
Riiff II 

Holle-Gurt fil 
Rollen 2111 
Holle-Narr IM 
Roll-Hafen 2fîî» 
1^ 

Jiüeruiii liü 



Kofçister. 



Jiuesn-rtli la 
Butnpf 123 
Jitépf 25Ü 

Saal 2Ü 
Sîtffe-Block 27û 
sniwala 2iJÜ 
sain 2i 
Salz-Bugie ÖÜ 
Samicfilam M 
särwen IM 
Sau Hanner 2fiû 
Sau- Becher 24ifi 
Sau-(icricht üliü 
.ScAari/ 2Ü 
Sehaf-Höcke 21& 
Sehaf-Geixle üÜ 
SrJutgii Jl 
Schal-Ticr liü 
Scheidt- Hag 256 
schellen 14*> 
Scher-Licha ÜLl 
Sdiieh-Pfaister öä 
Schiet k- Nacht M 
sdüingije lÜI 
SchlosH-Xarr 2tifi 
Schmaus- Jans 12() 
Schill utzli M 
schmutziger Donnerstag 

». Donnerstag 
schmtygr 1'24 
schneiden KîQ 
Schnip p-Sch na pp- Sch nurr 

m 

Schnitte IM 
Schnitz ÜÜ 
Schnitzel- Bank 276 
Sehopnen 127 
Schriiff.« Mi 
.s:< /,«6^ tiü 

Schül)el-Dunnerstag 2ül 
Schür Iii 
»chüschaiver 14H 
Schwarzpeteni 120 
Seil weiss 2Û3 



Schwemni-Meister US 
Hchtt'inge 18:^ 
Schwinget 1 16 
.SfcÄ//6e 211 
Sechst- Liiiile 2fil 
Seele 2iM 

Seelen-Sonntag 2iL 212 
s«ré 2iil 
sêula 2Û& 

Sonntag, weisser ü2 
npanne fiâ 

Speis- Kessli (-Kestli?) lüÜ 
spriichelu öl 
Staal 52 
Staal-Röteli 122 

.-»«/V-it/ff llfi 
Stock 22. 5a 
Stöckli 2Ü 
«/o/y/r 12Ü 
Strdggele Jagd 2âl 
utraupfe liLl 
Stuhe-Fitchn Qh. 
Stungge- Warnt ßü 
x/*irfi 2ü 25 
Äu/cr 25 
Siiurnïlje-Sttmâe 1 HO 
Sylvester ü5 

Tannener 126 
Tannen-Fuhr 2üli 
Tann-(irotxe 22^1 
Tauz-Sehenker 121 
Tauzschenker-.lungferu 

I m 

thoq) 2Ü 
throp 211 

2L 256 
Till 21 
Tilufraf \M 
torba 2U 
Totenniahl 
Treichle 222. 
1 'rei cJi h'- M an ne 
'friichle. ttL üü 



I troU 2ü 

Trotthaum IM. 
I tticharon 21 
, Tschope 4iÜ 

<MrÄ<i 2ü 

Türke-Gjeg 21â 

TürM 2iü 

Überlauten üki 
/ >// mû. 258 
Uf-Uichti 5Ö 
unilira 200 
Umschlagen 2fil 
f'nder-Hutts 25 
Unserlurrgottg- Tag 21Û 
L'n-Schiesset LLL 12Ù 

Vaudai 2Ul 

Vaudaire 2Ü2 

Veiiediger 269 

verbutzeln 13fi 

versaufen 1211 
I verschlittze IfiZ 
I ViigcU- Schottisch 121 

Vohnrnus 2ül 

Vor- II nus 25 

vultus 2Ü7 

MV<fce/- Wifh Ifia 

Wedmachts-Uose fi5 
\V e i h n a c h t s- T ag, zweiter 
211 

Welschland-Fahrer \2& 

W'erch-i.iarte \Jàl 
Wickel Wand 52 

Wildmanne Dnnzli 258 

Wuetis-Heer 2111 
! Witrinet 5ü 
Wiirst 211U 
Wuschel-Tag 2Id 

Ylar 256 

I Zuschellen 2ÖÜ 



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