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Full text of "Ueber Leben und Tod. Eine biologische Untersuchung"

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lieber Leben und Tod 



August Weismann 





-FROM THE- LIBRARY -OF 
- KONRAD • BURDACH- 



1 








1 



ÜBER 



LEBEN UND TOD, 



EINE BIOLOGISCHE UNTERSUCHUNG 

VON 

D"- AUGUSTWfi&ftANHi 

PBOiMW» JM WWMUOM» I. SR. " 



ZWEITE AUFLAGE. 
MIT ZWEI HOLZSCHNITTEN. 



JBKA. 

VERLAG VON GUSTAV FISCHER. 

1892. 



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Verlag tob ftnatsT Fiseher in Jena» 

ff kimUmilUj Heber die Dauer dos Lebens^ Tofing g^baltmi In dw 

zweiteu allgemeiDen biizaug der 54. VersammlUDK deutecber Natiirfondiar VMtä. Awito 
in Salsbarg am 21. Sept. 1881. 1888. Frau« 1 Maxk 60 FL 

Heber die VererbiiBg» EiaTovtng. Zw^avü. ttn. pmu« im. soft 

Die Kontlnirftit des KitoplaoMi als dwmdlage einer 

Theorie der Yererbnng. Zweita A«ttg». ib»8. Pnii! s Mark.00 Pf. 

— Die BedeutBiie: der sexnellen Fortpflanzung fflr die SelelL» 



Büsgen, 



tiOnStheOrie. ISSe. preis : 2 Mark 50 Ff. 

üeber (He Zabl der BlelitangskOrper nad «bor üue 

nrdia Vwerbuiiff. 1887. Ifxtint 1 Mark 80 PC» 

lieber die TTypothese einer TererbTiiig TOn Terletzungen. 

Mit 8 HulsMrliiiiiteii 1889. Frais: I Mark SO tt, 

Ampltfmlxis «dar Die Vermigchiiiig der IndlTidnen. lot it Ab- 

UldmKaii im Tajcu. 1891. Preis: 8 Mark 80 Pr. 

Br. IL, Profanor rd dar Dniversitlt Jena, Der HOBllgflton« BioBogiaeh» 
StwNan an PflaniaR nnd Pflanaanllvsan. Mil 8 Jidiogx»pIiiaeh«& TaMn» 
1881. FMls; 8 Uark. 

DetniCr Pwfcaw aa dar ünimitit Jana, Das pflanzenphyslo- 

' logisehe Fraktlkmn. Anleitung au pflanaaapliyaiotoiiacltan Untarw 

suchungeii tür Mndirende und l^chrer dar Natarwissensehaftan. Xlt 181 HoliaahlÜttaB. 
1888. Preis : brosehirt 8 Mark, gebenden 9 Mark. 

T\-,„-^^-, Dr. rriedrieh, Jcnn, Ziele nnd Wege biologischer Forsclmng» 
JJICJ CI, beleuchtet an der Hand aiaar fioiüstlHldiHigMMOluurik. Mit 8 lithogra- 

phbchen Taieiii. Preis: 5 Mark. 

Düsin^ Dr. phii. Karl, Die Begnllening des GegeMeehtsTerhait» 

Bisses bei dar Vannehruug der MeoäcIieD, Tiere und Pflanzen. Mit einer 

Vorrede von Dr vV. Preyer, o. ö. Prafe'i'ior der Physiolo^iö und Diraktor daa 

pby.siologischen Instituts dar Universität Jena. Preis: 6 Mark 50 Pf. 

der Zoologie und vergleichenden Anatomie su 

der irten aaf Gxand von Tararbao ar« 

«orbenar Elgaiudtaiiaii nach daa Uaaalsen organfocheu Waebtaiia. Bin Baltrag lar 
einheitlichen AuflkslUBg dar Labawalt. Brstar Toll. Hit 8 AbbHdnngan Im Taatl» 

Preis: 9 MRrk. 

TTflP ftlCftl Emst, Professor an der üniversitfit Jena, ürsprang Und Eot» 

' wickelnng der thierischen Gewebe« i884. Ein biatagana> 

tiacher Beitrag zur Gu9lraea-Tli«orie. Preis : 23 M. 

Die Natnranschatinns Ton Darwin» Goetiie nnd Lamaret« 

1808. Prfi«.: l Al,uk 50 Pl. 

— Plankton-Studieu. Vergleichende üntersuchungan ttbar dia Badaatang dar 

Pelagischen Fama und Flora. 1891. Preis: 2 Mark 



1?iTvii^i« ^- ^- ^l^Aodor, Professor d 

J2iimer, mi..gen. Die Entstelrang 



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ÜBER 

LEBEN UND TOD. 



EINE BIOLOGISCHE UNTEESUCHÜNG 

VON 

DR. AUGUST WEiSMANN, 

FIUMranOB 1» PBBDUBO I. B. 



ZWEITE AUFLAGE. 

MIT Z^^ EI HOLZSCHNITTEN. 



JENA. 

YEKLAG VON GUSTAV FISCHER. 

1892. 



V 



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VOBWOBT. 



Vorliegende Untersuchung ist zuerst als akademisches 
Programm im Sommer dieses Jahres gedruckt worden , und 
zwar unter dem Titel: „lieber die Ewigkeit des Lebens". 
Indem ich sie jetzt in erweiterter und vielfoch verbesserter 
Form einem weiteren Kreise vorlege, habe ich zngldch einen 
Titel gewählti der mir dem jetzigen Inhalt der Schrift besser 
m entsprechen schien. 

Der äussere Anstoss zu dieser „biologischen Untersueliung" 
wurde durch eine Brochttre von Götte gegeben, in welcher 
derselbe Ansichten entgegentritt, welche ich froher ge&ussert 
hatte. Wenn nun auch diese Entstehung der Schrift die 
Form einer Entgegnung aujseprfllgt hat, so ist doch ihre Ab- 
locht nidit etwa blos, die gegnerischen Anschauungen zu 
widerlegen, sondern vielmehr an der Hand jener Einwürfe 
die Fragen selbst, um die es sich hier handelt, neu zu be- 
leuchten, die früher schon ausgesprochenen Gedanken besser 
zu begründen, und womöglich tiefer in das Problem von Leben 
und Tod einzudringen. 



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— 4 — ^ 

Wenn dabei die Ansichten des Gegners einer scharfen 
Kritik unterzogen werden, so wird man doch anerkennen, 

daäs dieselbe niemals als Zweck, sondern stets nur als 
Mittel auftritt^ welches den Weg zu richtigerer Erkenntniss 

anbahnen soll. 

Freibnrg im Breisgaa» 

18. October 1883. 

0er Yerfiisser. 



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In einem auf der 54. Venammlung Deutscher Natur- 
foicher und Aerzte zu Salzbuig gehaltenen Vortrag „Uehei 
die Dauer des Lebens'' ^) suchte ich darzulegen, dass die Be- 
grenzUieit des einzelnen Individuums durch den Tod nicht — 
wie bis dahin angenommen worden war — eine unvermeid- 
liche und im Wesen des Lebens selbst begründete Erscheinung 
sei, sondern viehnehr nur eine Zwockniassigkeits-Einrichtung, 
welche erst dann getroffen wurde, als die Organismen eine 
gewisse Coniplication ihres Baues erreichten, mit welcher sich 
ihre Unsterblichkeit nicht mehr vertrug. Ich wies darauf 
hin, dass man bei einzelligen Thieren von einem natür- 
lichen Tod nicht reden könne, denn es liege in ihrer Ent- 
wickelung kein Abschluss, der dem Tode vergleichbar sei, und 
besonders sei die Entstehung neuer Individuen nicht mit dem 
Absterben der alten verbunden, vielmehr geschehe die Vor- 
mehrung durch Theilungt und zwar so, dass die beiden Theil- 
stttcke einander j^dch seien, keines das ältere, keines das 
jüngere. So komme eine unendliche Reihe von Individuen 
zu Stande, deren jedes so alt ist, als die Art selbst, deren 



*) Die betrelEBiide Bede ist snent in den Yerluuidltingra der Sate- 
buger Natortocher-Yentaminlnng abgednuskt, dum aber unter dnaoadben 

Titel, vermehrt durch einen Anhang im Verlag von Gustav Fischer, 
Jena 1882 er^ohienen. Ich werde in Folgendem nur nach der letiteren 
Ausgabe, als der vollständigeren und verbreiteteren, citiren. 



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— 6 — 



jedes die Fähigkeit in sidi trfigt, ins Unliegreiuste und unter 
steten neuen Theilimgen weiter za leben. 

Dass den höheren Organismen, den Metazoön, diese Fähig- 
keit ewiger Dauer abhanden ^rekommen ist, schien mir auf 
ihrer Vielzelligkeit und auf der liamit verbundenen Arbeits- 
theilung zwischen den Zellen ihres Körpers zu beruhen. Auch 
bei ihnen geschieht die Fortpflanzung durch Zelltheilung, aber 
nicht jede Zelle besitzt rias Vermögen, den ganzen Organismus 
wieder von Neuem hervorzubringen; die Zellen des Gesammt- 
Organismus haben sich vielmehr in zwei wesentlich vei-schiedene 
Gruppen grsoiidort: in die propagatorischeu oder Fort- 
pflanzungszellen (Ei- und Samenzelle) und in die Zellen des 
Körpers im engeren Sinn (Sorna), die somatischen Zellen. 
Nur auf die ersteren ist die Unsterblichkeit der einzelligen 
Organismen übergegangen, die letzteren müssen sterben, und 
da sie den eigentlichen Leib des Individuums ausmadien, sa 
stirbt eben auch dieses. 

Ich habe nun yeisucht, diese Thatsache als Anpassung 
an die allgemeinen Bedingungen des Lebens zu begreifen : mir 
schien n^as Leben nieht desshalb auf em bestimmtes Maass 
der Dauer gesetzt, weil es seiner Katur nadi nicht unbegrenzt 
sein k5nnte, sondern weil eine unbegrenzte Daner des Indin« 
duums ein ganss unzweekmilssiger Luxus wäre." Bei den ein^ 
zelligen Oigamsmen war der natflrliche Tod nicht möglich, 
well Fortpflanzungszelle und Individuum noch ein und dasselbe 
waren, bei den vielzelligen Thieren trarde er möglich, und 
„wir sehen, dass er auch eingerichtet wurde**. 

Der natürliche Tod erschien mir als eine Anpassungs- 
erscheinung nach dem Prindp der Nützlidikeit. 

Diesen Ansichten, auf deren genauere Auseinanderlegung 
und Begrimdung ich noch zurückkommen werde, ist kürzlich 
G ö 1 1 e entgegengetreten 

Nach Götte beruht der Tod nicht auf Zweckmässigkeit, 
sondern er ist eine im Wesen des Lehens von vornherein 



>) „Ueber den Urapniug des Todes", Hamburg und Leipaig, 1883. 



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— 7 — 



gelegene Notbwendigkeit, er findet sich desshalb auch nicht Mos 
bei den vielzelligen Thieren, den iMetazoön, sondern auch bei 
den einzelligen, und zwar ist es der Process der Ency- 
stiruug, in welchem bei diesen der Tod des Individuums erkannt 
werden niuss. Dieser ist ein ^Verjttngungsprocess", der nach 
kürzeren oder Iftnfreren Perioden die Vennehi ua^ durch Thei- 
lung unterbricht, und der in einer Auflo«unf? der speci fischen 
StnictLir (]rs Individuums, in einer Rückbildung desselben zu 
einer dem Eidotter vergleichbaren orgnniscben, aber nicht 
lebendigen Masse besteht, um sodann wieder vermöge 
der in ihm enthaltenen Spannkräfte und der der bestimmten 
Zusammensetzung der Ma^se Innewohnenden Bildungsgesetze 
zu einem neuen Individuum derselben Art zu werden. Dieser 
„Verjüngungsprocefis*' einzeiliger Wesen entspricht der Keim- 
bildung der höheren Organismen, und das in ihm enthaltene 
Todes -Moment wurde durch Vererbung auf die Metazoön 
übertragen. Der Tod der Metazoön ist also nichts Nenes, 
sondern eine nralte Einiichtnng, welche „bis auf die erste 
Entstehung der organischen Wesen zurOdsgeht'* (p. 81). 

Man sieht schon ans diesem kurzen Rteum^ dass die 
Götte'sche Ansieht der meinigen durchaus entgegengesetzt 
ist Da nun nur eine von ihnen die wenigstens in den Grund- 
zogen richtige sein kann, so lohnt es i^ch wohl, sie gegen- 
einander abzuwägen. Können wir auch nicht hoflfon, über 
die letzten physiologischen Vorgänge, welche die Trfiger von 
Tod und Leben sind, zur Zeit ins Klare zu kommen, so 
scheint es mir doch recht wohl möglich, über die allge- 
meinereu Ursachen dieser Erscheinungen auch jetzt schon 
zu einer bestinmiten Entscheidung zu gelangen; jedenfalls 
sind die vorliegenden Thatsachen noch nicht so vollständig 
durchpredaeht, dass es nicht von Nutzen sein könnte, sie noch 
einmal einer Prüfuner zu unt^^rziehen. 

„Was habpi] wir unter Tod zu verstehen", ist 
in der That die erste Fracro, welche zu unterscheiden ist, ehe 
man über den „Ursprung des Todes" reden kann. Götte 
sagt, ndtus wir nicht im Stande sind, diesen allgemeinen 



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Ausdruck ganz bestimmt und bis ins Einzelne zu erläutern, 
wfl sich der Moment des Todes, oder vidleiclit riditiger 
gesagt, der Moment, wann der Tod vollendet ist, in keinem 
Fall ganz genau angeben l&sst Wir können nur sagen, dass 
in dem uns bekannten Tode der höheren Thiere zuerst alle 
Erscheinungen, welche das Leben des betreffenden Individuums 
zum Ausdnick brachten, aufhören, und dass in weiterer Folge 
auch alle den todten OiganisiüUb zusannnensetzenden Zellen 
und Gewebselemente absterben, der Auflösung in ihre orga- 
nischen Bestandthelle anheimfallen.'* 

Diese Definition könnte mm auch, wie mir scheint, ge- 
nügen, wenn sne nicht das zu Definirende bereits in sich eiTi- 
schlösst' , sie nimmt aber vorweg, dass unter dem „todLen 
Organismus" ein solcher zu verstehen sei, dessen Gesannnt- 
Lebensleistungen zwar erloschen sind, dessen einzelne Zellen 
und sonstigen Theile aber noch lebendig sein können. Diese 
Ansicht wird denn auch später noch genauer begründet, und 
es ist ja auch in der That keinem Zweifel unterworfen, dass 
das Aufhören der Lebensthätigkeit des ganzen Metazoön- 
Oiganismus selten sofort auch mit dem Einstellen der Lebens- 
functionen aller seiner Constituanten verbunden ist. Es fragt 
sich nur, ob es richtig oder natzlich ist, den Begriff des Todes 
auf das Aufhören der Gesammtleistungen des Organismus 
einzuschriüiken. Gewiss haben wir den Begriff des Todes 
nur von den höheren Oiganismen entnommen, und insofern 
könnte demselben eine Einseitifi^eit anhaften, die erst durdi 
genauere wissenschaftliche Veii^eichung der etwa entsprechen- 
den Erscheinung bei emzeIHgen Organismen beseitigt und zu 
einer umfassenderen Definition erweitert werden müsste. Ohne 
Zw^el hat die Wissenschaft das Becht, populäre Namen und 
Begriffe sich anzueignen, und auf Grund tieferer Einsicht zu 
erweitern oder auch enger einzugrenzen. Allein es sollte dies 
immer mit Beibehaltung des Grundbegriiles geschehen, nicht 
al»er so, dass schliessiicli f^anz etwas Neues und I'remdes 
daraus wird. Der Begriff des Todes, wie er sich von der 
Beobachtung der höheren Thiere her in allen Sprachen in 



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— 9 — 

voller l ebereinstimmung gebildet lint. bezeichnet aber nicht 
hlos das Aufhören der Lebensäusserunf2:eii des Gesammtor^nis- 
mus, sondern zugleich auch das Aufhören desLelx ns in seineu 
einzelnen Theilen, wie es sich durch die Unmöirlidikeit einer 
Wiederbelebung kund jjibt. Der „postmortale Zellentod" ^re- 
hört mit zum Tod, und hat dazu gehört, lange ehe man sich 
in der Wissenschaft bewusst wui-de, dass dei- Organismus aus 
einer Menge kleinster Lebensherde zusammengesetzt ist, deren 
Lebensausserungen theilweise um einige Zeit die des (iesanimt- 
organismus überdauern können. Gerade die Unfähigkeit, die 
Gesainintcrscheinungen des Lebens wieder von Neuem zu be- 
ginnen, ist der Punkt, welcher den wirklit henTod vom blossen 
Stillstand des Lebens, dem „Scheintod", unterscheidet, und 
diese Unfähigkeit hängt eben davon ab, dass der Tod der 
Zellen und Gewebe dem Aufhören der Gesammtemheinungen 
des Lebens nachfolgt Idi würde desshalb den Tod als den- 
jenigen Stillstand des Lebens bezeichnen, dem eine Wieder- 
au&ahme des Lebens, sei es im Ganzen, sei es in einzelnen 
Theilen, auf die Dauer nicht nachfolgen kann, oder auch kurz 
als: definitiven Stillstand des Lebens, und ich 
würde glauben, damit genau das Wesentliche des Begriffes 
getroffoi zu haben, den die Sprache bisher mit dem Worte 
„Tod"* verband. Es ist dabei zunächst ganz gleiehgQltig, 
welche Vorgänge diesen Zustand herbeiführen, ob er in allen 
Theilen gleichzeitig oder successive, ob er langsamer oder 
schneller eintritt. Es ist auch für den Begriff selbst ganz 
gleichgültig, ob wir im einzelnen Falle im StriiKk; sind, zu 
sagen, ob er schon eingetreten ist oder nicht, der Zustand 
selbst, den wir mit Tod bezeichnen, ist darum nicht weniger 
scharf und bestimmt begrenzt, Mag die Raupe von Euprepia 
flavia, welche im Eise eingefroren ist , auch zuerst für todt 
gehalten werden; wenn sie nach dem Aufthauen wieder weiter 
lebt und einen Schmetterling liefert, wird mau sagen: sie war 
mir srlieintodt, das Leben stand nur einige Zeit still, es war 
aber nicht ein für allemal aufgehoben. Den unwider- 
bringlichen Verlust des Lebens eines Organis* 



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— 10 — 

muB, dieseii allein neBoen wir Tod, und daran sollten 
ivir meines Erachtens festhalten, damit uns nieht der Begriff 
nnter den Hflnden entschlapft und werthloB wird, weil wir 
nicht mehr wissen, was wir damit meinen. 

In diese Gefahr aber ger&th man, wenn man den „postr 
mortalen Zellentod^ als eine Erscheinung ansieht, die den 
Tod zwar begleiten, die aber auch fehlen kann. Man könnte 
sich ja allerdings einen künstlichen Versuch ausdenken , m 
welchem ein Theil eines bereits getödteten Thieres, etwa der 
Kamm eines Flahues, vor dem Eintritt des Zellentodes auf ein 
anderes lebendes Thier transplantirt, dort weiterle))te und so 
den Rew« is tiilirte, dass ein \Veiterleben einzelner Theile doch 
möglich sei, auch boi Eintritt des wirklichen, auch von mir 
anerkannten Tode« ; allein man wird dem auch entgegenhalten 
dürfen , flass der bt^treffendo Kanun (huiii einen Theil eines 
anderen (Jrganisnuis bildet \uid dass es kaum der Mühe lohne, 
in die Definition des Todes noch eine Klausel zu bringen, die 
diesen Fall mit einschlösse. Denselben Einwurf könnte man 
ja auch machen, wenn die Transplantation schon am Tage yor 
dem Tode des Hahnes, oder auch ein Jahr froher gemacht 
worden wäre. 

Götte irrt entschieden, wenn er glaubt, dass die Bildung 
des Todhegriffes von dem „Stillstand des individuellen Ge- 
sammtiebens* ausging, ohne zugleidi auch den des defini- 
tiven Stillstandes, den Ausschluss der Möglichkeit einer 
Wiederaufnahme des Lebens in sich zu fassen. Die „Ver- 
wesung" gehört allerdings nicht ganz nothwendig dazu, inso- 
fern ja auch em Austrocknen ^) oder ein dauerndes EinMma 
im sibirischen Eis (Mammuth), oder das Verdautwerden im 
Magen eines ßanbthiers mit in den Bereich der Möglichkeit 
gehört; aber der Begriff der Leiche ist allerdings 
mit dem des Todes unzertrennlich verbunden^ und 
ich muss es auch heute noch für ganz berechtigt halten, wenn 



M Dif Leichen der Mönchp auf dem grossen St. Bcrnliard. odvr die- 
getrockneten Leichen in dem bekannten Palermitaner Capuzmer - iüoäter. 



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— 11 — 



ich den Unterschied zwischen der Theiliing eines Infusoriumö 
in zwei Tochterthiere und dem Tode eines Metazoon mit 
Hinterlassung von Jungen dadurcli zum Bewusstsein zu bringen 
suchte, dass ich das Fehlen einer Leiche beim Theilungsprocess 
des Infusoriiiins besuiidei-s betonte*). I^Jvss dieselbe orjranisirte 
Masse, lebe vorher die Ei'^^cheiiiungeu des Lebens hervor- 
brachte, si< jetzt nicht mehr hervorbringt und niemals mehr 
hervorbrinfjcii wird, das macht den Tod aus, nur dies hat 
man bisher unter Tod verstanden und nur von dieser Begriffs- 
fassnnp: köimeu wir ausgehen, wenn wir nicht allen festen 
Boden unter den Füssen verlieren wollen. 

Ob nun dieser von den höheren Thieren entnommene Be- 
griff sich unverändert auf die niederen Ubertragen lässt, oder 
ob dort Erscheinungen vorkommen, die dem Tod der höheren 
Thiere offenbar homolog, dennoch aber nach irgend einer 
Bichtang von ihm yerschieden sind und somit eine genauere 
Eingrenzung des Begriffes erfordern, das wliie jetzt zu unter* 
sudien« 

Götte findet in dem bei Yielen einzelligen Wesen (Mono- 
plastiden) nachgewiesenen Eneystirungsprocess das Ana- 
logen des Todes. Bas betiefiiende Individuum g^e hierbei 
nicht nur eine Art Winterschlaf, eine Periode latenten Lebens 
ein, sondern es variiere, wenn es idch mit der Cyste umgebe, 
seine bisherige specifisehe Organisation, werde eine „homogene 
Masse" und stelle nun einen „Keim" dar, aus dem erst wieder 
durch einen Entwicklungsprocess ein neues Individuum der- 
selben Art hervort?e]ien könne. Die Theilung des Cysten- 
inhaltes, also die ditiuit verbundene Vermehrung, sei secun- 
dÄrer Natur, das Wesentliche aber an dem Vorgang sei die 
,,Verjüngung" des Individuums. Diese selbst aber bestehe 
nicht etwa blos in einer Unip;estaltung des alten Individiiiinis, 
sondern in dem Absterben des alten und der Neu- 
bildung eines anderen Individuums: „Das Mutterthier 
und seine Nachkommen sind zwei aufeinander folgende Lebens- 



Siebe weiter unten. 



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— 12 - 



zustände derselben Substanz, getrennt und zugleich verbunden 
durch den dazwischenliegenden Verjuugungszustaad'^ (p. 79); 
eine „absolute Gontinuität des Lebens** besteht nicht, nur die 
todte organische Substanz vermittelt den Zusammenhang 
und die „Identität derselben sichert die Vererbung". 

In der Encystirung eine Aufhebung: des Lehens zu sehen, 
ist gewiss kein iialieiiegeuder Gedanke, und es fragt sich, was 
mau dafür anführen kann. Nichts Anderes als die Rückbildung 
der si)ecifischen Organisation bis zu einem gewissen Punkt 
und das Aufhören der sichtbaren äussern Lebenserschei- 
nungen, der Nahrungsaufnahme und Bewep-uns. Hält es aber 
G'6tic wirklich für eine „unzutrettende" Deutung, wenn man 
annimmt, dass trotzdem eine vita minima in der vereinfachten 
Protoplasma -Masse andauere? und bedarf es durchaus hier 
der mystischen Deutung eines in sich unklaren „Verjün<rungs- 
vorgangs" ? Sollte wirklich der Sauerstoff der im Wasser 
enthalteneu Luit nun nicht mehr auf dieselbe organische Sub- 
stanz einwirken, deren Leben er vorher bedingte und deren 
Verwesung er jetzt einleiten würde, wäre sie wirklich todt? 

Auch ich bin der Meinung, dass die Theilungen des Cysten-* 
Inhaltes etwas Secundäres sind, die Einkapselung selbst aber 
ohne nachfolgende Vermehrung das Ursprfing^iche und Wesent- 
liche des Vorgangs. Daraus folgt aber gewiss nicht« dass die 
Encystirung als ein „VeijflngungBpTocess'' au^efasst werden 
müBste. Was kann denn hier überhaupt »veijOngt" werden? 
Die Substanz des Thieres nicht, denn zu dieser kommt Nichts 
hinzu, und folglich kann auch neue Kraft nicht hinzukommen, 
ja nicht einmal die Kraftform kann verflndert werden, weil 
eh&i die Form der Materie nach dem Verlassen der Cyste 
wieder genau dieselbe ist, die sie Yorher war. Ganz etwas 
Anderes ist es mit der Conjugation, bei welcher man auch 
von einem Verjüngungsprocess gesprochen hat. Hier kann 
davon in gewissem Sinne sehr wohl die Rede sein, denn hier 
findet eine Vermischung der Substanz zweier Individuen in 
grösserem oder geringerem Betrage statt, die Materie, aus der 
das einzelne Individuum besteht, wird also thatsächlich ver- 



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— 13 — 



ändert. Bei der bloesea Encystimng dag^en liesse sieh eine 
«YeijOngung^ nur etwa im Sinne der Fabel vom Vogel Phönix 
denken, der sich verbrennt, wenn er alt geworden, um dann 
aus der Asche wieder ndu zu erstehen. Ob diese Idee sich 
aber auf irgend eine Weise mit der heutigen Physiologie, oder 
dem Gesetz von der Erhaltung der Kraft in Einklang bringen 
liease, miichte ich bezweifeln. Ein altes Haus, dessen Balken 
morsdi, dessen Mauern bröcklig geworden sind, kann man 
wohl einreissen, aber es aus demselben Material wieder 
besser aufzubauen, dürfte schwerlich gelingen, selbst wenn 
mau neuen Mörtel, — hier Wasser und Sauerstoff hinzuuimmt. 
Mir erscheint desshalb der „Verjüuguugsproeess" des cncystirten 
Individuums nicht als eine physiolosrisclio Voi'stellung. 

Viel einfacher und natürlicher — alleidings aber auch 
viel „näher liegend" — würde es mir vorkomnien, wenn man 
in der Encystirnng rino St-lnit/riiiiiclitung sehen wollte, deren 
ursprünglichste Bestimmung einfach die war, einen Theil der 
Individuen einer Colonie vor dem Unter^^ang durch Ein- 
trocknen oder Erfrieren zu schützen, oder in andern Fällen 
auch die Fortplianzung durch Theilung, während derer das 
Individuum unbehülflicher und feindlichen Angriffen leichter 
preisgegeben ist, zu schützen oder noch in anderer Weise 
^en Vortheil zu sichern^). Gerade der von Götte an- 
geführte Fall des Actinosphaerium zeigt ja recht deutlich, dass 
es sich dabei jedenfalls nicht nur um eine „Verjüngung** des 
Individuums handeln kann, da diese doch wohl kaum sechs 
Monate Zeit beanspruchen wflarde; diese lange Dauer latenten 
Lebens vom Sommer bis in das nächste FrQlgahr weist wohl 



') Herr Frofesaor Grub er theilt mir mit, dass er im Hafen von 
G&mA tön neues Inftuoriiun beobaclitet habe, welches die Gewohnheit 
zeigte, sich an einer rasch scbwinunenden Copepoden>Art an encystiren; 

oft fand er bis za 10 Cysten an einem dieser Copepoden and beobacbtetie 

das Ausschlüpfen ihrer Insassen, wenn das Wasser unter dem Deck- 
gläschen anfing schlecht zu werden. Hier mag also der Vortheil der 
Encystirung in dem Transport der Cysten durch den Rudcriüisier liegen. 
Die betrcö'eüde lieobacbtuug wird spater genauer veroifentlicht werden. 



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— 14 — 



recht nachdrücklich darauf hin, dass es sieh zunächst dämm 
handelte, das Leben der Art tiher die WechselfUle einer un- 
günstigeren Jahreszeit hin zu erhalten^). 

Wenn dahei die specifische Organisation his zu einem 
gewissen Grade rUckgehildet wird, so beruht das theilweise 
gewiss lediglich auf dem Bestreben nach Baumerspar- 
niss — die Pseudopodien werden eingezogen, die Alveolen 
fidirumpfen und schwinden völlig -^^ theilweise yielleicht aneh 
anf der Ausscheidung der Cyste selbst, die dodi immer- 
hin einen gewissen Substanzrerlust setzt') theilweise, und 



>) Mit der hier vertretenen Auffassung des Encystirmigs-Proceame 

stimmen die Ansichten hervorragender Protozoen -Forscher im Wesent- 
lichen überein. So sagt Bütschli (Bronn's „Klasson und Ordnungen 
4es Thierreichs, Protozoa'*, p. 14ö): Der Encystirungsprocess „scheint 
ursprünglich nicht in direktem Zusammeubang mit der Vennehrung ge- 
standen m haben. Ee schebit im Gegentheü nrsprünglich, wie dies auch 
jetrt thataädüicli noch hiufig der Fall ist, entweder xnm Schnts des 
Oigai^BDiiui gegen Inseere schädliche Einflflase, wie Anstrodmung oder 
&idige T^erbniss des Wassers, entstanden m sein, anderetseitB jedoch 
nncb, um nach reichlicher Nahrungsaufnahme gewissermassen in un- 
gestörter Ruhe die aufgenommene Nahrung assimiliren zu können." 
Balbiani fJonm. de Micrographic, Tom. V, 1881, p. 293) sagt in Beziisr 
auf die Infuäüiiea: „un petit nombre d'especeä, au lieu de se multiplier 
4 Ptot de vie active, se rqprodnisent dans nne sozte d*A»t de repos, 
dit d'enkystement Ces sortes de kystes peuvent Mre dMgn^s sons 
le nom de kystes de reproduction, per Opposition «vec d'autres kystes, 
dans lesquels les Infusoires se renferment pour se soustraire ä des con- 
ditions devenues ddfavorables du milieu qu'ils habitent, le manqae d'aar, 

le dessächement etc. — ceux-ci sont des kystes de conservation * 

Dieses ist auch insofern von Bedeutung, als es das einzelne In- 
dividanm zur Encystiruug zwingen kann, auch wenn die augenblicklich 
herrschenden lussem Lebensbedingungen daxa keine Teranlaasung geben. 
Die Snbstans, welche z. B. ein Aefeinosphaetium cor Ansscfaeidung seiner 
dicken Eieselcyste verwendet, muss sich allmälig in ihm angesammelt 
haben, vermöge der bei dieser Art einmal getroffenen Einrichtung. Man 
wird aber kaum irren, wenu man annimmt, dass die im Organismus auf- 
gespeicherte Kieselsäure nicht bis zu jedem beliebigen Quantum anwachsen 
kann ohne Öchädiguug der sonstigen Lebensvorgänge, dass vielmehr die 
Aiisscheidang dner C^ste eifblgen muss, sobald diese AnWhilhng einen 
bestinunten Grad erreicht hat So eiUärt es sidi, wenn fincystinmg 



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- 15 - 



woU zum grÖBBten Theü aber daiauf, dass die Encysti- 
rung TOD einer Vermehrung durch TheiluDg be- 
gleitet wird, deren Etoteitoog mit einer Verein&chung der 
Oiganiflation) nftmlieh mit einer Vencbmelzung der in der 
Vielzahl vorhandenen Kerne nofhwendig yerbunden zu zein 
idieint Naehgeviesenermaassen kommen bei vielen einzelligen 
.TUeren mehrere bis viele Kerne vor, oder wie man andi 
sagen kann: die Kemsnbstanz vertheilt zieh in Gestalt kleinerer 
Stocke durch den ganzen Zellkörper hindurch. Sobald aber 
das Thier sich zur Theiluug aiisebickt, verschinelzeu diese 
Koiiistih kc zu einem einheitlichen Kern, und dieser theilt sich 
danii bei der Theilung des Thiers in zwei gleiche Hälften. 
Es lässt sich auch einsehen, dass nur auf diesem Wege eine 
gleiche Theilung der gesammten Kemmasse ausführbar war. 

Uebri^ons gibt es zahlreiche Fälle, welche heweispii, dass 
das encystirlo Thier genau dieselbe Structur und Uifteren- 
zirung seiner Korperraasse behalten kann, die es vorher hatte, 
und zwar während der ganzen Dauer des Encyiirungsprocesses. 
Dahin gehört z. B. das von Grul)er beschriebene^) grosse 
Infusorium Tillina magna, welches die charakteristische 
Structur seiner Rindensubstanz, sowie die ganze übrige Orga- 
nisation durch die dünne Cyste hindurch zu jeder Zeit er- 
kennen lässt. Nicht einmal die Bewegung hört auf, vielmehr 
rotirt das eingekapselte Thier, und später seine zwei oder 
vier TheilsprOfislinge in der engen Cyste lebhaft umher. Hier 
kann also nicht entfernt davon die Bede sein, dass Jedes 
Meikmal der vorher bestandenen Organisation verloren ge- 
gangoi sei" (Götte p. 62)*), 



nicht selten auch dann erfolgt, wenn ein äusserlicher Zwang dazu nicht 
Torliegt, gerade wie g^wine pf&li^bewohiiende KrebadieD (k. B» Moina) 
in dner bestiirnntea G«ieniti<ni Daaereier h^rroiliriDeeii, auch wenn man 

sie im Zimmer züchtet und vor Kälte, wie vor Austrocknung achfitst* 
») Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. 38 Tal". 26 Fig. 19-22. 

Aber auch fiir Actinosphaerium, auf welches sich Götte baupt- 
gächlich stützt, ist dies ni< hi erwieseu, vielmehr deuten alle Beobachtunjren, 
die bis jetzt vorliegen, darauf hin, das^ das Thier sich einfach uut das 



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— 16 — 



Ich muBS desshalb entschieden bestreiten, dass ein ency- 
stirtes Individuum im Gött ersehen Siuiie ein nKeim" ist» 
d. h. eine noch unorganimrte oiganische Masse, welche erst 
durch mnen Entwicklung^rocess za einem ausgebildeten In- 
dividuum werden kann; ich sehe in ihm nichts Anderes, als 
ein mit Schutzhülle versehenes Individuum, dessen Bau in 
Anpassung an den engen Raum und die etwa bevorstehende 
Vermehrung durch Theilung mehr oder weniger vereinfacht^ 
dessen actives Leben auf eine vita minima^ zuweilen vielleicht 
auch (beim Einfrieren etc.) auf einen gänzlichen Stillstand 
redudrt ist 

Dass dieser Zustand in kdnem Momrate dem entspncht, 
was ich und mit mir die ganze Menschheit unter Tod ver- 
stehe, ergibt sich aus der obigen Definition von selbst, da 
eben hier ein und dasselbe Wesen zuerst scheia))ar todt 
und dann wieder lebendig ist, da hier ^in iiiihe-Zustaiid vor- 
liegt, aus dem das Leben wieder hervorgeht, möchte es sell)st 
erwiesen sein, dass dasselbe wirklich regelmässig eine Zeit 
lang suspeudirt ist. Von einem solchen Beweis ist aber bis 
jetzt Nichts erbracht worden, und auch Götte ist wohl lediff- 
lieb durch theoretische Motive dazu bestimmt worden, erneu 
„Tod* da eingeschaltet zu erkennen, wo das unbefangene 
Auge nur eine Kuhepause des Lebens zu erkennen vermag. 
Offenbar vergisst er dabei ganz, dass seine Deutung einer 
Controle unterzogen werden kann, indem ja alle ein- 
zelligen Wesen doch auch wirklich sterben 
können; man kann sie künstlich tödten, durch 
Kochen etwa, und ihr Körper ist dann wirklich todt und 
kann nicht wieder erweckt werden. Dieser Zustand des 
Olganismus muss sich materiell, d* h. chemisch und physika- 
liadi, unterscheiden vom encystirten Zustand, wenn wir auch 
die Unterschiede noch nicht im Spedellen anzugeben im Stande 



möglichst kleine Volum zusammenzieht. Vergleiche: F. E. Schulze, 
qEUiizopodeuätudien'', I, Arch. f. inikr. ADat Bd. 10, p. 328, und Karl 
Brandt, »üeber Actmosphaerittm Eichhoniii*, IiUM]g.-I>i88. Halle 1877» 



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— 17 



sind, denn unter gleichen äussern Bedingungen 
entstellt aus beiden Zuständen Verschiedenes. 
Das ency stifte Thier, in frisches Wasser gebracht, ergibt ein 
lebendes Individuum, das durch Kochen getddtete aber die 
Zersetzung der todten orgamschen Masse durch Fftulniss. Es 
kann aber nicht gestattet sein, zwei so gänzlich verschiedene 
Zustände mit demselben Namen zu belegen. Es gibt nur 
einen Tod, dessen Erscheinung überall die gleiche sein 
muss, wenn audi seine Ursachen sehr verschieden sein 
ktonen. Wenn [aber der encystirte Zustand nicht identisch 
ist mit dem wirklichen Tod, wie wir ihn künstlich hervorrufen 
können, dann {2;ibt es eben bei den einzeUi^'en 
Or ^ aii i t3 jiien einen Tod aus iimern Ursachen, 
einen „natürlichen Tod", überhaupt nicht. 

Damit wäre nun eigentlich die p:anze Götte'sche An- 
schauung widerlegt, welche eben darauf beruht, dass der natür- 
liche Tod schon hei den Monoplastiden vorhauden ist; mit 
dem Kachweis iles Gegeutheils wird der weitere Gedanken- 
gang hinl^'illig. Es ist aber trotzdem von Interesse , diesem 
noch writei' zu folEien, da er auf Vieles fUbrt, was der ferneren 
Besprechung durchaus wertli ist. 

Zunächst die Frage, wie der Tod der Monoplastiden') 
sich auf die Polyplastiden Ubertragen hat, wie es nach Gdtte 
geschehen sein soll. Sehen wir änstweilen ganz davon ab, 
dass die Auffossong des £ncy8tirungsprocesses als Tod nicht 
anerkannt werden kann, so darf doch immerhin darnach ge^ 
fragt werden, ob der Tod der Polyplastiden etwa an der 
Stelle der Encystirung auftritt, oder, lalls dies nicht so sein 
sollte, ob sonst ein dem Encystimngsprooess vecgleichbarer 
Vorgang hm den Polyplastiden vorkommt 

Nach Götte ist der Tod stets an die Fortpflanzung ge- 
knüpft, er ist eine Folge derselben sowohl bei den Protozoon, 



Die Begriffe der Protozoen «nd Metazot^-Q decken sich bekanntlich 
nicht genau mit denen der einzelligen und vielzelligen Wesen, iur 
welche Götte den Namen der Mono- und Polyplastiden Torschligt 
Weiimann, üeber L*Imii und Tod. 2 



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- 18 - 



als bei deo Metazoen, die Fortpflanzung hat nach seiner An- 
sicht geradezu eine „lethale Wirkung", das sich fortpflanzeiide 
Individuum niuss sterben. So stirbt die Eintagsfliege, der 
Schmetterling, nachdem er seine Eier abgesetzt, das Bienen« 
mflnnelien unmittelbar nach der Begattung, so stirbt die 
Orthoneetide, nachdem sie ihre Keimzellen entleert bat, und 
die Magosphaera löst sich in Keimzellen auf, so dass Nichts 
mehr von ihr übrig bleibt, als diese einzelnen Bausteine. 
Von hier ist es dann nur noch fm Schritt zu den einzelligen 
Organismen, welche sich als Ganzes in d^ Keim yerwandeln 
müssen und dazu vorher jenen „Verjüngungsproeess* eingehen, 
der eben als Tod gedeutet wird. 

Diese Ansichten enthalten mehi&che Trugschlüsse, ganz 
abgesehen von der Richtigkeit oder Unrichtigkeit ihrer einzelnen 
Stützpunkte. Nach Götte ist der Encystiningsprocess die 
eigentliche Fortpflauzung der Monopkhtideu, zu der nur secun- 
däv erst die Vermehrung durch Theilung hinzukommt und 
welche nicht entbehrt werden kann, sondern aus tief liegenden 
inncni Gründen immer wieder die blosse Vermehrung durch 
Theiiimg unterbrechen miiss. Nun ist aber andrerseits nach 
Götte die Theilung (ies Cysteninhalts ehuntalls erst ein 
secundärer Vorgang, das Ui-sprüugliche der Encystimng aber 
die blosse „Verjiminmg" ohne Vermehrung. So werden wir 
denn also zu einem Anfangszustand geführt, in welcJiem die 
freie Theilung sowohl, als die Theilung des encystirteu In- 
dividuums noch fehlte, die Fortpflanzung also lediglich in 
einer stets sich wiederholenden „Yeijüngung'' der einmal vor- 
handenen Individuen ohne Vermehrung bestand. Ein solcher 
Zustand ist nicht denkbar, weil er mit dem raschesten Unter- 
gang der Art verbunden sein mttsste, und die ganze lieber- 
legung zeigt uns recht deutUeh, dass die *Th eilung der 
frei lebenden Individuen nothwendiger Weise 
von Anfahg an vorhanden gewesen sein muss, 
dass also auch sie und nicht der mystische »Ver- 
jüngungsprocess* die eigentliche und ursprüng- 
liche Fortpflanzung der Monoplastiden von jeher 



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— 19 — 



gewesen ist Gerade der UmBtand aber, dass die Encysti- 
mog nicht immer mit Thettung des Cysteninhalts verbunden 
18t, beweist, wie mir scheint, dass die Fortpflamning nicht das 
Primftre dabä war, sondern die 8icherang g^en ftusseve 
Schädlichketten. Es kann sehr wohl sein, dass heute wenige 
Monoplastiden noch äne unbegrenzte Zahl von Theüungen 
hintereinander ausfllhren kdnnen, dass vielmehr immer wieder 
ein Ruhezustand mit Cystenbildung dazwischen tritt, obgleich 
das ja auch bis jetzt noch keineswegs für alle Arten erwiesen 
ist. Aber es ist durchaus irri^r, daraus aui t ine innere Nothwcn- 
digkeit der Encystimüg im Sinne eines „Verjünguugsvurgangs ' 
schliessen zu wollen. Die Annahme liegt vielmehr sehr viel 
nflher, dass — wie oben schon anp^edeutet wurde — hier An- 
passungen au den steten Wpfhsel der Lebeasbediugungen, an 
das Eintrocknen und Einfiieieu, vielleicht auch an den in 
Folge von Uebervölkenintr (mii tretenden Nahrungsmangel an 
kleinsten Wohnbezirken vorlieiren, ganz so, wie bei gewissen 
niedem Krebsen, den Daphuiden, die Kphippien, jene 
Schutzhüllen der Dauereier, auch immer nach einer bestimmten 
Zahl von Generationen von Neuem gebildet werden, bei den 
mit Austrocknung bedrohten Pfützenbewohnem schon bald 
nach der Gründung einer Colonie, bei den Bewohnern der 
nie austrocknenden Seeen aber nur einmal im Jahre, vor Ein- 
tritt des Winters. Hier fiUlt es Niemandem ein, hinter dieser 
periodisch in gewissen Generationen eintretenden HOHenbildung 
der Eier irgend etwas Anderes zu vermnthen, als eben «eine 
Anpassung an den Wechsel der Lebensbedingungen. 

Wenn also auch d« «Veijüngungsvorgang" der Mono- 
plastid^ mit Recht dem Tode der höheren Thiers gleich- 
gesetzt werden kOnnte, so dürfte doch daraus nicht 



In der Klasse der Bhisopoden kennt man bis jetat die Eneyatining 
nnr von SflaswaBser-Fermen, nidit aber bei einer der viel nUreidieran 

besdialten Formen des Meeres (vgl. Bütschli, Protozoa, p. 148); 

die mannen Rhizopoden sind e])en dem Austrocknen und Eirfrir>rf^n nicht 
ausgesetzt, nnd dnmtt fallen [rerade die stärksten Motive zur hinrichtung 
eines Elncystirougsprocesses wenigstens für die beschälten Arten weg. 

2* 



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— 20 — 

abgeleitet werden, dass er aus der Fortpflanzung 
hervorirehe, denn die £iicystirung ist an und für sich noch 
keine Fort^iflanzung, sie ivird erst dann zu einer Form der 
Fortpflanzung, wenn sie sich mit der Theilung des eui^tirten 
TMeres verbindet, die freie Theilung ist die ursprüngliche 
und ^gentliche, und auch jetzt noch die hauptsächlichste und 
fundamentale Form der Forf^anzung. 

So ist denn bei den Monoplastiden die Fort|>flanzung 
nicht mit dem Tode Yerlmttpft; selbst wenn man der Götte*- 
sehen Ansicht zustimmen und in der Encysdnmg änen Tod 
sehen wollte. Auf die Beziehung des Todes zur Forf^anzung 
bei den Metazoßn komme ich später zurück, hier fragt es sieh 
zunächst, ob die Kiicystiiniii: , weiiu sie auch kein Tod ist, 
doch ihr Iloiiiologon in der höheren Thierwelt hat, und weiter, 
ob der Tod dort dieselbe Stelle in der Entwicklung einuuimit, 
wie hier die Encystirung. 

Bei den h(>heren Metazoen kann über das, was man Tod 
nennen mnss, kein Zweifel sein; nicht so selbstverständlich 
abt 1 ist hier das Objekt des natürlichen Todes, bei dessen 
Detinition inan mit der populiu en Vorstellunjr nicht auskommt. 
Es ist nöthig, hier zu unterscheiden zwischen der sterblichen 
und der unsterblichen Hälfte des Individuums, dem Köi*per 
(Sorna) im engeren Sinne und den Keimzellen ; nur der erstere 
ist dem natürlichen Tode unterworfen, die Keimzellen aber 
sind potentia unsterblich, insofern sie im Stande sind, unter 
gewissen günstigen Bedingungen sich zu einem neuen Indivi- 
duum zu entwickeln, oder anders ausgedruckt, sich mit einem 
neuen Soma zu umgeben 



>) Man wird hier nicht einwenden wollen, die Keimzellen könnten 
desBlialb nicht als unsterblich gelten, weil sie ja beim natflrlidieo Tode 
des Individuoms nicht selten in grosserer Zahl mit zn Grunde gehen. Die 

Bedingungen, iinter wdchen alleip. eine Keimzelle von ihrem Anrecht auf 

T'nsterhlichkeit Gc'l)r;iH( Ii maclien kann, sind eben ganz bestimmte und 
meibt nicht ieiclit ertuUbare (Befruchtniifr n. s. w.). Gerade darauf beruht 
es, Uass die Keimzellen stets in grosser L'eberziiiil bervorgebracht werden 
müssen, wenn die erforderliche Anzahl von Nachkommen einer Art ge- 



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— 21 — 

Wie verhalt es sich aber bei den niedrigsten Poly- 
plastiden, bei welchen ein Gegensatz zwischen KOrper- und 
Keimzellen noch nicht besteht? bei welchen jede Zelle, welche 
den vielzelligen KOiper, die Zellen colo nie, zusammensetzt, 
noch alle thierischen Funktionen, also auch die der Fort- 
pflanzung von den Mouoplastiden her beibehalten hat? 

Nach GOtte besteht der natQrliche Tod dieser von ihm 
als „Homopiastiden* passend bezeichneten Wesen In der „Auf- 
lösung des Zellverbandes". Dies wird an HäckeTs Majro- 
sphsera planula erläutert, jener einschichtigen Kugel von 
Geisselzellen, die in eine gemeinsame Gallerte eingebettet im 
Meere umhenschwimiiit Diese ist jedoch noch kein „voll- 
koiuiiienes oder eigentliches Polyplastid zu nennen, da ihre 
zelligen Elemente sich zu einer gewissen Zeit von einander 
lösen und dann im Zustand monoplastider L-rthiere selbständig 
weiterleben". Als treie Amöben wachsen sie bodeutend heran 
und encystiren sich dann, um en(ilich innerhall) dor Cyste 
eine fort^resetzte Zweitheilung, eine Art von Furchungsprocess, 
durchzumachen, dessen Resultat die fiimmemde Zellenkugel 
ist, von welcher wir ausgingen. In der Tbat ist die Mago- 
spluera kein vollkonunenes Polyplastid, sondern eine Zwischen- 
form zwischen Poly- und Mouoplastiden, wie denn auch ihr 
Entdecker der Thieigmppe, welche durch sie repräsentirt 
wird, die Bezeichnung der „ Vermittler'', „Catallacta*^ ge- 
geben hat. 

Nach Gottels Anschauung liegt nun hti dieser wirk- 
lichen Magoephsra der natfirliche Tod noch, wie bei den 
ächten Einzelligen, in dem VeijQngungsprocess der Encystirung; 
die Auflösung der Flimmerkugel in ihre einzelnen ZeQen „kann 
mit dem natttrlidien Tod nicht identisch sein. Beweist doch 
diese regelmässige Trennung der Magosphaera-ZeUon von ein- 
ander, dass ihre Individualitat noch nicht völlig auf den ganzen 



sichert s^^in soll. Wenn beim natürlichen Tod des Individuums mitunter 
auch Ivt iiiizeiion mitsterben müssen, so spielt hier der natürliche Tod des 
Sorna tur die Keimzellen die Rolle einer accidenteUen Todesursache. 



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— 22 — 

Verband übergegangen, dieser noch nicht völlig individualisirt 
igt", (p. 78.) 

Dagegen ist Kicfats zu sagen, sobald man sich einmal 
auf den Standpunkt stellt , in der Encystirung der Mono- 
plaatlden einen Tod za sehen. Nnn wird man aber, wie 
Gdtte richtig bemerict, die niedenten Formen der wirldücben 



t 3 




4 5 $ 1 




Entwicklung der Magosphaera planula, frei nach Häckel. 

1. Encystirte Amöbenform. 2. und 3. Theilungsstadien derselben. 4. Aus- 
geschlüpfte Flimmerkugel, deren Zellen duich Gallertmasse verbuudea 
sind. 5. Eine der durch Zerfall der Flimmerkugel frei gewordenen 
FUmineneUeii. 6. Deren Umwandlung zur Amöbenform. 7. Dieselbe 

mehr herangewachsen. 

Polyplastiden sich einfach aus einer Magosphsera-Kugel dadurch 
ableiten können, dass „der Zusammenhang der Flimmerkugel 
bis zur Encystirung, d. h. Fortptiauzung der einzelnen Zellen, 
erhalten bleibt Und dann läge nach Götte der Tod 



a. a. 0. p. 47. 



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- 23 — 



.in der allseitigen Treniiaiig der Zellen von einander**, weldie 
sieh «wabraelieinlieh alle ziemlich gleichzeitig in Keime ver* 
wandelten*'. Der logische Fehler Hegt auf der Hand. Wenn 
vorher der Tod in der Encystirung der einzelnen Zellen zu 
Keimzelle lag^ so muss er auch jetzt noch darin liegen, denn 
es ist Nichts geftndert als die Dauer des Zellverbandes; ob 
sich die Zellen aber etwas früher oder spftter von einander 
lOsen, kann am Wesen der Encystirung nichts andern. Wenn 
also der Tod der Monoplastiden in der Encysti- 
riinp: liegt, dann muss er auch bei den Poly- 
phistiden dort liegen, oder vielmehr in den „Ver- 
jtiüguugsvorgaiigen", welche nach Götte das Wesen der 
Encystirung ausmachen. Nicht in der „Auflösung des Zell- 
verbandes" mOsste Götte den Tod dieser niedersten wie der 
höchsten Polv|>lastiden finden, sondern in Verjüngsvorgiiniren, 
die sich innerhalb liirer Keimzellen abspielen. Wenn es im 
Wesen der Fortpflanzung begi'ündet ist, dass die zur Fort- 
pflanzung bestinmite Zelle zuerst einen „Verjüngungszustand" 
durchmacht, der gleich Tod ist, so muss dies für die Fort- 
pflanzungszellen aller Organismen gelten. Auch hinderte ja 
Nichts, solche ^Veijttngqngszustände" für die Keimzellen der 
höheren Thiere anzunehmen; Götte nimmt sie auch 
offenbar a n , wie aus den letzten Seiten seiner Schrift henror- 
gebt, auf welchen der Versuch gemacht wird, die Anschauungen 
▼on der Yeijüngung und vom Keimtode mit den vorher ent- 
iriekelten Aimichten Yon der Herleitung des Polyplastidentodes 
durch 9 Auflösung des Zellverbands* eimgermaassen in Harmonie 
zu setzen. Götte hSlt noch immer an den Ansichten fest, 
welche er in seiner Entwicklungsgeschichte der Unke dar- 
gdegt hat, und nadi welchen die Eizelle der höheren Meta* 
zo6n, um zum »Keim'' zu werden, auch eine Yeijfingung 
duicfamaehen muss, welche mit Tod verbunden ist Nach 
sdner Auffassung^) ist bekanntlich „das befrachtungsföhige M 
des Bombinator igneus weder im Ganzen, noch zum Theil, 



*) „Entwicklungögebchichte der üuke", Leipzig 1(375, p. 65. 



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24 — 



weder nach der Entstehuug, noch nach der fertigen Erscheinung 
eine Zelle, sondern hlos eine wesentlich homogene, in eine 
äusserlich angehildete Hülle eingeschlossene organische Masse^. 
Diese Masse ist „unoiiganisirt und nicht lebend" ^) und auch 
„fbr die eisten £ntwicklungsenchemungen derselben müssen 
Lebensvollgänge ausgeschlossen werden**. Somit wird das 
Leben zwischen zwei auseinander hervorgehenden Individuen 
stets wieder unterbrochen« wie denn auch in der jetzt er- 
schienenen Schrift ausdrücklich gesagt wird: nEine Kontinuit&t 
des Lebens der bei der Fortpflanzung aufeinander folgenden 
Individuen besteht im Yeijüngungszustand der Monoplastiden 
so wenig, als in dem daraus hervorgehenden Keimzustande 
der Polyplastaden" 

Das ist wenigstens consequent gedacht, wenn auch meiner 
Ansicht nach nicht nur unerwiesen, sondern auch irrig, ün- 
consequent und logisch verfehlt aber ist es, wenn nun trotz- 
dem Götte den Tod der Mrta/oön auf ^aiiz andere Weise 
herleitet, nämlich von der AuflDsmii: ihres Zellverbandes. Es 
lag freilich allzusehr auf der Hand, dass der Tod der Metazoßn 
nicht die Keiiiizellen, sondern das Individuum hetrifft, welches 
sie hervorbringt ; er musste also auf einen andern Ursprung 
des Todes Bedacht nehmen, der denselben dem Körper (Sorna) 
zuschiebt. Wenn es noch irgendwie zweifelhaft sein könnte, 
dass die Encystinin<i der Monoplastiden nicht einem Tode 
entspricht, so würde hierin der Beweis gelegen sein! 

In dieser Herleitung des Polyplastidentodes liegt aber 
noch eine weitere verhängnissvolle Begriffsverwechselung. Bei 
den niedersten Polyplastiden, bei welchen die Zellen noch 
gleichartig sind, bei welchen also auch jede Zelle noch Fort- 
pflanzungszelle ist, soll die Auflösung des Zell verband es Tod 
sein, indem dadurch „die Integrität des Mutterindividuums 
unbedingt au(sehoben wird' (p. 78). Die Aufhebung eines 
Begrifles, hier also des Begrifls der Zellencolonie als einer 



^) Ebendaselbst p. 842. 

•) „Ursprung des Todes^ p. 79. 



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— 25 — 



höheren Individualitätssttife, ist aber doch höchsteoB in tro- 
pifldiem Siime ein Tod zu nennen und hat mit dem realen 
Tod, dem wirklichen Absterben eines j^dividuums, Nichts zu 
than. Oder sollte man eine solche Magosphsera nicht etwa 
duich Kochen, oder sonstwie kOnstlich tödten können, imd 
wftre der Zustand, der dann eintrilte, etwa kein Tod? Seihst 
wenn man den Tod blos als „Stillstand des Lebens** definiren 
will, ist die Auflösung einer Magosphsra-Kugel in viele ein- 
zelne, weiterlebende Zellen kein Tod, denn das Leben der 
Olganischen Substanz, welches die Kugel bildet, hört dabei 
nicht auf, sondern äussert sich nur in andern Formen. Es ist 
ein Sophismus, zu sagen: das Leben hört auf, weil diese 
Form dps Zusammenlebens der Zellen aufhört; in Wahrheit 
steht das Leben keinen Augenblick still, bei der Auflösung 
der Magospha-ra -tiil t nichts Reales, kein Zellcomplex, sondern 
nur ein BegritT! liomoplastiden, d. h. Zeileolonien, die aus 
völlig gleichartigen Zellen zusammengesetzt sind, haben über- 
haupt noch keinen natürlichen Tod, weil eben jede ihrer 
Zellen noch zugleich Fortpflanzung?- und Körperzelle ist und 
nicht dem natürlichen Tod verfallen sein kann, soll nicht 
die Art untergehen. 

Bichtiger ist es, wenn Götte an jenen merkwürdigen 
Schmarotzern, denOrthonectiden, eine Ersehdnoogsweise 
des Todes zu illustriien sucht, insofern es sich bei diesen um 
einen wirklichen Tod handelt Hier haben wir es zwar auch 
nodi mit einem sehr niederen Organismus zu thun, aber doch 
mit dnem, der weit Uber jener hypothetisch zur achten Homo- 
plasdde vervollkommneten Magosphssra st^t, denn hier sind 
die Zellen nicht mehr alle gleich, welche den Körper zusammen- 
setzen, sondern sie sind verachiedeu , ja sogar schon zu den 
primitiven Keimblättern gesondert und zu dner Thi^orm 
gestaltet, welche man mit Recht der Gastrulaform ^eich- 
setzen kann. Ganz so einfach, wie sie Götte abbildet 
(a. a. 0. p. 42), sind sie allerdings nicht, sie bestehen nicht 
blos aus Kktoderm und Fortpliauzungszellen , sondern das 



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— 26 — 




Orthonectiden, freie Copien nach Julin. 

8. Erste Weibchenform; der kappenförmige Vordertheil hat sich los- 
gelöst und die Eizellen treten frei aus. 9. Zweite Weibchenform, eiz 
Eizellen, darüber die Muskellage m und das Ektoderm. 10. und IL Zwei 
Bruchstücke eines solchen, durch spontane Theilung zerstückelten Weib- 
chens ; die Eizellen sind in kömige Masse eingebettet und machen in ihr 
die Embryonalentwicklung später durch, das ganze Stück ist von Wimper- 
zellen umschlossen. 12. Männchen im Moment der Samenentleerung 
durch Zerfall des Ektoderms (ekt) \ sp Spermatozoen durch die Lücken 
des Ektoderms austretend, m Muskeln. 



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- 27 — 



£iitoderin setzt sich nach Julin') aus zwei Schichten za* 
sammen, den Keimzellen und einer wllbrend der EntwicUung 
mAditlgen Schichte von MuBkelzellen, und bei der zweiten 
Weibehenform sind die Eizellen noch von einer ziemlich 
nichtigen kömigen Gewebslage umgeben. Doch ist es richtig^ 
dasB, besondeiB im gesehleehtBreifen Weibcbra der ersten 
Form, die Hauptmasse nicht nur des Entoderms, sondern auch 
des presammten Körpers aus Eizellen besteht, so dass dasselbe 
einem dünnwandigen, mit Eizellen gefüllten SLiilauche gleicht. 
Die Entleerung der Keimzellen ertoigt durch Bersten des 
dünnen Ektodermschlauchs, und wenn sie alle entleert sind, 
so ist die dünne, zerrissene Hülle von Wimperzellen nicht 
mehr im Staude, weiter zu leben; sie stirbt ab. So wird es 
wenigstens von Götte angenommen und wahisi heiulich mit 
Recht. Das wilre also der wirkliche Tod dieser Orthonectiden, 
und wenn wir einmal dieselben als ursprüngliche niedere 
Formeu (Mesozo6n) gelten lassen wollen, so hätten wir also 
hier, von unten aufsteigend, zum ersten Mal den natür- 
lichen Tod. Schwerlich liegen indessen seine Ursachen so 
klar Tor, als Götte za glauben scheint, wenn er ihn als 
eine „nicht nur erfthrungsmässig noth wendige, sondern eine 
schlechterdings unvermeidliche Wirkung" der Fortpflanzung 
bezeichnet. Dies wird dahin erläutert, dass hier das Entodenn 
lediglich aus Keimzellen bestehe, da^ aber das Leben auf 
dem «physiologischen Zusammenwirken'* von Entoderm nnd 
Ektoderm bemhe, folglich aufhdren mttsse, wenn das gesammte 
Entodenn bei der Fortpflanzung ausgestossen werde. Ich will 
davon absehen, dass bei dieser Beweisfikhmng die Anwes^eit 
tmeß Mesodenns ganz abeigangen wird; mir scheint es aber 
keineswegs so selbstTerstftndlich vom rein physiologi- 
sehen Standpunkt ans, dass der Ektodermschlanch mit 
der Muskelsdncht absterben muss, nachdem die Keimzellen 



„Contribiitions a l'hiptoire des Mcsnzoaires. Recherches, 8ur 
rorgaiüüation et le develuppement embryounaire des Ortbonectides.'* 
Arcb. de Biologie, Vol. III, 1882. 



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— 28 — 



ausgetreten sind. Bei denj^iigen Weibchen, auf welche 
Götte hier allein sich bezieht, bleibt dieser Schlauch bis auf 
eine Kappe am Yorderende, die zum Austritt der Säzellen 
abgesprengt wird, zunächst ganz unversehrt, und da er nach 
wie vor in nahrungsreieher Flüssigkeit schwimmt, so wftre 
doch der Beweis erst zu fethren, dass er sich ohne seine 
Keinusellen nicht ebensogut sollte ernähren kitanen, als yoifaer 
mit ihnen. 

Warum stirbt er nun dennoch? Meine Antwort darauf 

lautet einfach : weil seine Zeit um ist, weil seine Lebensdauer 
auf eine bestimmte Zeit uorinirt ist, und zwar auf die Zeit 
bis zur vollendeteu Fortpflanzung, weil die physische Con- 
stitution dieses Sorna so eingerichtet ist, dass es nur bis zur 
Ausstossung der Keimzellen lebensfähig bleibt und dann ab- 
stirbt, mögen auch die äussern Umstände für seine weitere 
Ernährung noch so günstig sein. 

Dass dies die richtiL^e Autfassun? ist. wird zweifellos, so- 
bald man auch die Männchen und die zweite Weib- 
chenform ins Auge fasst, denn bei diesen beiden zerfällt 
der Körper nicht in Folge der Fortpflanzung, son- 
dern als Vorbereitung zu derselben! 

Götte nimmt auf die zweite Weibchenform nur in einer 
Anmerkung Bezug, in welcher er sagt: es scheint „bei einer 
zweiten weiblichen Form dieser Thiere der ganze Körper erst 
in mehrere Stücke zu zerfollen^ deren Oberhaut allmälig 
ganz atrophirt und so noch vor der Entleerung der Eier ab- 
stirbt JSach der DaisteUusg Julin^sV» auf welcher auch 
Götte fnsst, yerhftit äcfa aber die Sache nicht unwesentlich 
anders. Die Eier werden nfimlidi ^Überhaupt nicht entleert^ 
sondern sie machen ihre volle Embiyonalentwicklung im K<^r 
der Mutter durch, der sich vorher spontan in mehrere 
Stucke theilt Die Eier bilden aber hier auch nicht, wie 
bei der- andern Weibchenfbrm , den einzigen Bestandtheil des 
Entoderms, sondern sie sind, wie bereits gesagt wurde, ein- 



>) a. a. 0. p. 37. 



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gebettet in eine ziemlich volumin(y6e feinkörnige Masse, anf 
deren Kosten, oder doeb unter deren Vermittlung sie aefa 
emllhren und wfilirend ihrer Entwicklung bedeutend heran- 
vaehsen. Aber nicht nur diese kömige Masse, sondern alle 
Schichten des Mutterkdrpers, auch das Ektoderm, bleiben 
wahrend der Embryonalentwicklung der Junpjeii erhalten, ja 
das Ektoderm muss sogar bei der Theiluug des Mutterthiers 
ein Wachsthuiii eingehen, denn es überzieht die Theilstücko 
allseitig und vermittelt so durch seine Wimpern das Um- 
herschwimmen in der Leibosflüssigkeit des Wirthes. Später 
verlieren sich die Winipprn , und das TheilsHick des Muttei - 
thiers hängt sich irgendwo in der Leibeshohle fest; die Jungen 
machen sich frei, und das Stück vom Sonia des Mutterthiers 
gellt wohl zu Grunde durch Zerfall und Resorption Das- 
selbe scheint also hier von den Embryonen gewissennaassen 
aufgezehrt zu werden, wie das ja auch sonst wohl vorkommt, 
wenn freilich auch nur selten. Man wird es schwerlich als 
eine ursprüngliche Einrichtung betrachten und darauf den Be- 
weis gründen wollen, dass die „Fortpflanzung" notbwendig 
Ton lethaler Wirkung für den Polyplastiden -Organismus sein 
muss. 

Was nun vollends die Männchen betrifft, so schwellt 
bei ihnen die Samenmasse den Körper durchaus nicht so auf, 
dass sie seine Wand sprengen und so sich den Austritt er- 
zwingen könnte. Allein die grossen Zellen des Ektoderms 
atrophiren freiwillig um die Zeit der Gfeschlechtsreife, 
sie fiülen hier und da ganz ab und der Samen hat freien 
Austritt. Auch hier ist also der Zerfoll des Körpers nicht 
Folge der Fortpflanzung, sondern die Fortpflanzung kann nur 
stattfinden, wenn der Zerfall des Körpers ihr vorausgeht! 

Man wird in dieser merkwürdigen Einriditung kaum etwas 

^) Jtilin spricht sich ttber diesen Punkt nicht n&her aus; auch der 

Zeitpunkt, in welchem die Ektodermzellen atrophiren, ist nicht ganz klar, 
was übrigens irrelevant ist für die ürr^iuhe des Todes, da die körnige 
Masse nm die £izellen hemm jedeufalls doch auch zum ,,Soma*' der 
Mutter gehört 



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30 — 



Anderes sehen können als eine Anpassung der Dauer der 
Kdfperzenen an die Fortpflanzung; und diese Anpassung war 
möglich, weil der KOrper naiefa der Entleerung der GeschleditB- 
produkte keinen Werth mdir für die Erhaltung der Art hatte. 

Nehmen wir aber selbst an, der Tod der Orthoneotiden 
sei im Götte^sdien Sinne eine Folge i»der Fortpflanzung**, 
Insofern der einen wie der andern Weibdienform, ja auch 
den Mlbmchen durch den Austritt der in Menge entwickelten 
Kdmzellen oder Embryonen die physiologische Möglichkeit 
des Weiterlebens entzogen wttrde, wie ist es möglich, daraus 
die Nothwendiirkeit des Todes, als einer Folge der Fort- 
pflanzung für saiiniitliche Polyplastiden ableiten zu wollen? 
Muss denn der Körper, das Sorna, bei allen Metazoen so 
dürftig entwickelt sein gegeauljer der Keimzellenma^e , dass 
die Ausstossung derselben seinen Tod zur Fnlqre hat? Verhält 
es sich nicht meistens crerade umgekehrt, so zwar, dass die 
Masse der Körperzellen die der Keimzellen um das Hundert- 
und Tausendfache übertrifft? und besitzt nicht der Körper 
eine so völlige Unabhi?TiQi?keit von den Keimzellen in Bezug 
auf seine Ernähnmg. dass er durch die Ausstossung derselben 
nach dieser Richtung hin nicht im allergeringsten nachtheilig 
affidrt zu werden braucht? Und wenn nun orthonectiden' 
artige Vorfahren ihre geringfügige somatische Hälfte dem 
Unteigange preisgeben mussten nach Ausstossung der Keim- 
zellen, weil dieselbe allein nicht mehr im Stande war, sich 
zu ernähren, folgt daraus, dass den somatischen Zellen nun 
die Fähigkeit, weiterzuleben, auf immer entzogen war, aueh 
wenn sie in den phyletiscJien Nachkommen wieder unter 
günstigere Bedingungen gelangten? mussten sie nun fttr alle 
Zeiten „die Todesnothwendigkdt erben" ? woher auf einmal 
diese piindpielle Aenderung ihrer Natur, da sie doch vorher — 
d. h. vor der Diüerenzirung der Homopiastiden zu Hetero- 
plastiden — die Unsterblichkeit der einzelligen Wesen besessen? 

Und dabei ist noch gar nicht in Rechnung gezogen, dass 
es doch nur eine Annahme ist, wenn die Orthoneotiden als 
Paradigma der niedersten Metazoön (Heteroplastiden) aufgestellt 



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— 81 



werden. Ich will mich auch nicht damit aufhalten, dieaen 
Punkt besonders zu betonen, aber dass diese paraaitiflGheii 
Wesen, wie fast alle Entoparasiten in stärkerem Grade rlkck^ 
gebildet sind , gebt schon aus der Art ihrer Gastrulabüdung 
(durch Embolie) hervor, aus dem Mangel eines Mundes und 
dem eines Magens. Denn dass die Gastrula, wenn sie als 
selbstandicre Thierform bestanden hat, ursprünglich Beides 
besass, kann doch wohl keinem Zweifel unterliegen, und die 
Masse von Eizellen, welche das Innere der weiblichen Ortho- 
neetiden füllt, ist eine Anpassunir an die parasitische Lebens- 
weise, Nv olohe einerseits einen Magenraum übei-tiüssig machte, 
andere!S( its die Hervorbrinfjunc' einer grossen Zahl von Keim- 
zellen erheischte^). Dass die ( )iThoiiectideii, so wie sie heute 
sind, nicht frei gelebt haben Ivonnen, ist sicher, und ebenso, 
dass ihre Anpassung an den Parasitismus nicht in die ei-sten 
Anfänge der phyletischen Metazolin-Entwicklung fallen konnte, 
denn sie schmarotzen in Seestemen und Nemertinen, d. h. in 
relativ hoch entwickelten Metazoön. Somit ist es durchaus 
zweifelhaft, ob die Orthonectiden wirklich Anspruch haben, 
als typische Formen niederster Heteroplastiden zu gelten und 
ihre Fortpflanzung als «typisch fttr die uns unbe- 
kannten Stammformen aller Polyplastiden^ (p.45). 
Nehmen wir aber selbst ihnen ähnliche Wesen als die ftltestCD 
Heteroplastiden an, so mUssen diese als frei lebende Thieie 



Lettckart findet eine so groBBe Adinlidikeit swiecheii den eben 
auaBehlftpfenden Jangen von Distoma und den Qrtbonedid^, daw er 

geneigt ist, diese Letzteren fär Trematoden zu halten, „die sich troln 
ihrer Geschlechtsreife nicht über den Embryonalzustand der Distomeen 
hinaus ontwickelt" liaben („Zur Entwicklungsgescbiehte des Leberegels", 
Zool. Anzeiger 1881, \r. 991. In Bezug auf die den Orthonectiden in 
Lebensweise und Bau unuiichen Dicyemiden hat schon Gegcnhaur 
(„Grundriss d. ?ergl. Anatomie'*) die Anncht ausgesprochen, sie gehavten 
mm „Entwicklnngskreiae von Plattw&nneni''; Giard rechnet beide xum 
^Pbylum der Würmer", indem er sie ab Btark r&c1%ebUdet durch Para- 
sltiunus ansieht, und Whitman, der neueste Untersncli er der Picyemidai, 
spricht sich in seinen vortrefflichen „Contribntions to the Life-Uistory 
aud Classification of the Dicyenüds*' (Leipzig 1882} in demselben Sinne aus. 



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eiiieii Magenraum besessen haben, und die Zellen, welche den- 
selben begrenzten, mitesen alle oder zum grossen Theil Ver- 
dauungszellen, jedenfallB können sie nicht alle Keimzellen 
gewesen sein, und es ist desshalb die Möglichkeit noch weniger 
zurackzuweisen, dass aas der blossen Ausstossung der Keim- 
zellen eine Notiiwendigkeit des Todes direct für sie nicht 
resultirte. 

Sehen wir nnn zu, in welcher Weise Götte es zu mo- 
tivhren sucht, dass die bei den Orthonectiden zuerst erkenn- 
bare Ursache des Metazoön - Todes sich von da auf alle 

folgenden Metazoen, bis auf die liöchsten Formen hinauf fort- 
geerbt habe. Leider verniisst man eiue oiLrentliche Begründung 
dieser Aiiualime, und der Beweis bescluankL sich auf die Zu- 
sammenstellung einer Anzahl von Fällen, in welchen Tod und 
Fortpflanzung ganz oder nahezu der Zeit nach zusammenfallen. 
Dies würde nun auch dann Nichts beweison, wenn post hoc 
immer auch propter hoc wäre, denn dem stehen eine Menge 
von Fällen entgegen, in welchen die beiden Moin*^iite nicht 
zusammenfallen. Aber wie ist es überhaupt statthalt, jene 
Fälle plötzlichen Todes nach der Eiablage oder Begattung, 
wie sie bei vielen höheren Thieren, besonders bei Insekten, 
vorkommen und von mir früher zusammengestellt worden 
sind^), als Beweise für die „lethale Wirkung der Fort- 
pflanzung** anzuführen, die doch offenbar Ausnahmen sind? 
In gewissem Sinn , nämlich in Bezug auf den einzelnen Fall, 
ist es ja ganz richtig, dass der Tod in Folge der Fortpflanzung 
eintritt; das fiienenmännchen , welches regebnilssig wfthrend 
der Begattung stirbt, erleidet unzweifelhaft den Tod in Folge 
des flbermächtigen Nervenchoqnes; das Fbychidenweibdien, 
welches alle seine Eier mit einem Male abgelegt hat, stirbt 
an »Erschöpfung**, mögen wir diese nun physiologisch definiren 
wie wir wollen und können. 

Aber Ifisst sich nun daraus eine allgemeine lethale Vfir- 
kung der Fortpflanzung ableiten, in dem Sinne, den Götte 



„Dauer des Lebens", p. 26, 56 u. f., 90. 



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— 33 — 



damit verbindet, der Fortpflanzung ausdr&eklich und ganz 
dlgemein „f)lr den ansscUieBsliehen Grund des natOrlichen 
Todes" erklärt (p. 32)? Ich brauche mich nicht weiter bei 
den einzelnen HUen aufzuhalten, sondern wende mich lieber 
gleich zum Fundament der ganzen Deduktion, denn es Utsst 
sich leicht zeigen, dass dieses ausser Stand ist, den darauf 
errichteten Bau zu tragen. Die Vorstellung, dass die Fort- 
pflanzung den Tod bedinn:(>, ist iiäinlich aus ganz heterogenen 
Thatsachen rein formal ziusainmengesotzt. Weder das, was 
unter Tod verstanden wird , bleibt dabei dasselbe , noch die 
diesen Tod bedingende Wirkungsweise der Fort- 
pflanz unjr. Die fjanze Anschauung geht aus vom Encysti- 
ningsprocess ; (iieser wird als Keimbildung als die „eigentliche'' 
Fortpflanzung: aufirefasst, und da nach Götte's Meinung alle 
Keimbildung mit einem Stillstand des Lebens verbunden ist, 
Stillstand des Lebens aber nach seiner Definition jrleichhedeutend 
ist mit Tod, so ist also die F(irt})flanzunix ihrem ureigensten 
Wesen nach mit Tod unzertrennlich verbunden. Es ist noth- 
wendig, sich gegenwärtig zu halten, wafi Götte sich bei 
diesem VerjOngungsprocess denkt, um zu erkennen, dass es 
sich hier um etwas gänzlich Anderes handelt, als bei der 
„letbalen Wirkung der Foi-tpflanzung"*. wie sie eben von In^ 
Sekten erwähnt wurde. Jene mit der Encystirung und Keim- 
bildung verbundene „YerjOngung*^ ist ihm «eine Umprftgung 
des specifischen Protoplasmas, wobei die Identität der Sub- 
stanz die Vererbung sichert**, ein „wunderbarer Voigang'*, in 
welchem „die wichtigsten Erscheinungen im ganzen Leben der 
Thiere und wohl aberhaupt aller Organismen, die Fort- 
pflanzung und der Tod, wurzeln'^ (p. 81). Mag nun Jene 
„Umprägung*^ wirklich existiren, oder nicht, jedenfolls glaube 
ich oben gezeigt zu haben, dass dieselbe nidbt dem Tod der 
Metazofin entspricht, sondern dass sie, falls sie ttberhaupt bei 
den Metazoön vorkäme, in den Keimzellen selbst gelegen 
sein niüsstej ja dass sie Gotte sellist auch an andrer Stelle 
in diese hinein verle*;t hat. 

Während nun bei den Monoplastiden die Todesursache 

WettmauD, U«ber L«ben und Tod. 3 



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— 34 — 



in dieser geheimnissvollen Umwandlung des Organismus zum 
Keim liegt, soll sie bei den Polyplastiden zunächst (bei der 
hypothetisch zu einem ächten Polyplastiden vervollkommneten 
Magosphj^era) darin enthalten spin, dass der Organismus sich 
in die ihn zusammensetzenden Zellen, welche ja alle noch 
zugleich Kdmzellen sind, auflöst, um Voigang, der offenbar 
gar Nichts yon dem mystischen Dunkel enthfilt» welches dem 
iiYeijfingangsprocess" anhängt, freilich aber anch kein realer Tod 
Ist Bei der Qrthonectidenstufe erfolgt dann der Tod nicht 
dadurch, dass bei der Zerstreuung der Keimzellen gar nichts 
mehr übrig bliebe, sondern dadurch, dass nur ein so kleiner, 
lebensunfidiiger Best des Thieres ttbrig bleibt, dass er, nn&hig 
sich selbst zu ernähren, nothwendig absterben muss. Von 
nun an bleibt wenigstens das Objekt des Todes und der 
Begriff des Todes der gleiche, allein nun wechselt der Begriff 
der ..Fortpflanzung". Was hat es niit der „Verjüngung: 
des Trotoplasmas" zu thiiii. wenn die Rhabditidenweibchen 
von Asearib ihren Tod (laiiurcli finden, dass ihre eigene Brut 
sie auffrisst? (p. 34) liegt da irgend ein tieferer, im Wesen 
der Fortpflanzung begründeter Zusamnienhani^ zu Grunde ? oder 
wenn dif ^Redien und Sporocysten der Saugwürnier durch 
ihre Cercarienbrut in langsam absterbende Seliläuche ver- 
wandelt werdfMi"? oder wie kann man überhaujjt von einem 
„tödtlichen Kintiuss der Fortpflanzung" bei den Ikndwürmeru 
reden, weil „in den reifenden Gliedern derselben in ähnlicher 
Weise die gesammte Organisation unter dem Einfluss des 
sich anfüllenden und übermässig wachsenden Fruchthälters 
sich zurückbildet*'. Sie bildet sich zurück in der That, aber 
gerade nur so weit, als es die Masse der sich entwickelnden 
Eier verlangt, der Tod tritt aber keineswegs ein, vielmehr 
kriechen soldie reife Bandwurmglieder, wenn sie die nöthige 
Temperatur haben, noch selbständig umher. Wie kann man 
aber verkennen, dass es sich in diesem und den vorher er- 
wähnten Fällen um Anpassungen an ganz spedelle Existenz- 
bedingungen handelt I um Anpassung an die Massenent^ck- 
lung von Keimen in eänem Mutterorganismus, der selbst keine 



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— 85 — 



neue Nahrnng mehr zu sieh nehmen kann, oder der ttberhaupt 
ttberflttssig geworden ist, weil er seine I^icbt der Art gegen- 
über erfilllt hat? Wenn das ein im Wesen der Fortpflanzung 
b^nrQndeter Tod sein soll, dann kann man auch den Tod 
des reifen Bandwurmc^ieds im Magensaft des Schweins, weldies 
ihn fnsBf als Beweis dafitar vorbringen. 

Für Götte ist aber der Begriff Fortpflanzung ein 
Proteus, ganz wie der Begriff des Todes, er ist ihm in jeder 
Gestalt willkommen, wenn er nur dem Beweis zu dienen 
scheint. Wenn es wirklich im Wesen der Fortpiianzung läge, 
den Tod zu bedingen, so müsste dies in einem bestimmten 
und stets demselben Momente derselben gelegen sein, 
also etwa in der Noth wendigkeit einer ,,Umf)rägun,u"- des 
Protoplasmas <ler Keiinzt Ib , wo dann freilich aber der „Tod" 
auch nur in dieser Keimzeile selbst eintreten könnte, oder 
aber etwa in der Entziehung der N a h r u n g durch die 
Masse der wachsenden Keime - also etwa wie dei- Tod beim 
Menschen durch übermächtig wuchernde krankhafte Geschwtilste 
«rfolgen kann — , oder aber in Folge der Entwicklung 
der Brut im Mutterleib, die sich übrigens doch nur auf 
weibliche Thiere beziehen, und schon desshalb keine tiefere 
und allgemeinere Bedeutung haben kann, oder femer durch 
die Ablage selbst der Geschlechtsprodukte, seien es £ier 
oder Samen, und durch die in Folge davon eintretende Un- 
möglichkeit weiterer Ernährung (Orthonectiden?), oder schliess- 
lich in dem übermässigen Nervenchoque, den die 
Ablage der Geschlechtsprodukte veranlasst — . Aber dass nun 
keines von allen diesen Momenten durchgebt und den Tod 
ttberall hervorruft, das beweist doch wohl unwiderleglich, dass 
der Tod als eine innere Nothwendigkeit nicht 
aus der Fortpflanzung hervorgeht, sondern dass 
er nur bald ausdiesem, bald aus jenem Motiv mit 
ihr verknüpft sein kann. Es darf doch auch nicht über- 
sehen werden , dass er in vielen Fällen Uberhaupt nicht mit 
ihr verbunden ist, ila zahlreiche Metazoen ihre Fortpflanzung 
mehr oder weniger lange überleben. 

3* 



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- 36 - 



DasB in der That f in dem natürlichen Tod der böberen 
Thiere entspreehender Vorgang bei den einzelligen fehlt, glaube 
ich jetzt sichengestellt zu haben; der natürliche Tod 
beginnt also erst mit den vielzelligen Wesen» 
und auch unter diesen erst bei den Hetero- 
plastiden. Er muss auch nicht aus einer absoluten inneren 
Nothwendigkeit, die im Wesen der lebenden Materie begrOndet 
ist» eingeftohrt worden sdn, sondern aus Zweckm&ssigkeits- 
grttnden, d. h. aus Nothwendigkeiten, die nicht schon aus den 
allgemeinsten Bedingungen des Lebens, sondern aus den 
speciellen Bedingungen entsprangen, unter wdeihen gerade 
die Tidzelligen Organismen stehen. Wftre es nicht so, so 
müssten auch schon die einzelligen Wesen einen natürlichen 
Tod besitzen. Ich habe fruliLT^) diese Idee schon ausgesprochen 
und auch bereits kurz angedeutet, in wiefern mir die Ein- 
richtung des natürlichen Todes für die vielzelligen Wesen 
zweckmässig zu sein schien. Ich fand den letzten Gnind der 
Normirunii der Metazoeu auf eine begrenzte und bestiumite 
LebensdautT in der Abnutzung, welcher die Individuen im 
Laufe iliK s Lebens unterworfen sind, in Folge derer dieselben 
unausbleiblich „um so unvollkommuer, krüppelh alter werden 
und um so weniL?er die Zwecke der Art erfüllen können, je 
länger sie leben". Der Tod erschien mir so zweckmässig, 
»denn abgennt/te Individuen sind werthlos für die Art, ja 
sogar schädlich, indem sie besseren den Platz wegnehmen". 

Ich halte auch jetzt noch durchaus an dieser Auffassung 
fest, freilich aber nicht in dem Sinn, als hätte hier ein Kampf 
zwischen unsterblichen und sterblichen Variationen einer Art 
stattgefunden. Wenn mich Grdtte in diesem Sinn yerstanden 
hat» so mag sich dies aus der in jener Bede gewühlten kurzen 
AusdrudESweise erklftren; wenn* er mir aber zug^dch die 
Meinung beilegt, solchen hypothetischen, unsterhlidien Meta- 
zoto eine besehrSnkte Fortpfianzungszeit zuerkannt zu haben, 
so wüBSte ich nicht, aus welcher Stelle meiner Bede dafür 



1) „Dauer des Lebens" p. 30 u. f. 



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t 



- 37 — 

ein Beleg beigebracht werden könnte. Nur unter dieser Voraus- 
setzunp: aber passt der gegen mich gerichtete Vorwurf, einen 
Selectionsprocess angenommen zu haben, der gar nicht wirk- 
sam sein kann, weil der Vortheil, welcher der Art allerdings 
aus einer Abkürzung der Lebensdauer erwachsen wQrde, sich 
nicht in reieUicherer Fortpflanzung der kurzlebigen Individuen 
geltend machen kdnne. Gewiss wftre es irrig » zu meinen, 
«dass es in diesem, sowie in einem jeden fthnlichen Fall zur 
Erklärung eines Selectionsvorganges genttge, irgend einen Vor* 
theil überhaupt zu construiren*^ 0* Derselbe muss vielmehr 
«immer darauf hinauslaufen, dass die betreffenden Formen 
dauernd auf eine grössere Zahl von Nachkommen vererbt 
werden, als die andern Formen'*. Ich habe indessen über- 
haupt bisher noch nicht versucht, den Selectionsprocess im 
Eiiizthien auszudenken, durch welchen die somatische Hälfte 
des Metazoönkörpers auf eine beschränkte Dauer der Existenz 
normirt wurde; nur das der ganzeu Elürichtuii^ zu Gnmde 
liegende allgemeine Princip wollte ich namhaft luachen, 
ohne anzugeben, in weicher Weise dasselbe zur xiuwendung 
gelaugte. 

Wenn icli jetzt versuche, dies zu thun und die allmälige 
Enttsteiiun^; des natürlichen Todes der Metazoen th»Miretisch 
zu construiren, so muss ich wiederum mit einem F.inwurf be- 
ginnen, den mir Götte macht und der sich wiederum auf 
das Wesen des Selectionsprocesses bezieht. 

Da ich den Tod als eine Anpassungserscheinuug betrachte, 
denselben also aus dem Selectionsprincip ableite, so findet 
Götte^), dass dadurch ^die ei-ste Entstehung des erblichen 
und daher in der betreffenden Organisation nothwendig ge- 
wordenen Todes nicht etwa erklärt, sondern bereits voraus- 
gesetzt werde*. „Die Wirkung und Bedeutung des Nfltzlich- 
keitsprindps besteht bekanntlich darin, unter den jeweilig 
«vorhaudenen Bildungen und Einrichtungen das Passendste 



*) „Ursprung den Todes" [». 29. 
^ a. a. 0. p. 5. 



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- 88 - 



auszulesen, nicht direkt Neues. zu schaffen. Jede Neubildung 
entsteht zuerst ganz unabhängig von einem etwaigen Nutzen, 
aus gewissen materiellen Ursachen in einer Anzahl von In- 
dividuen, um, falls sie sich ntttzlieh erweist und erhlich ist» 
nach den Gesetzen der natorüchen Auslese in der betreffenden 
Thiergruppe sidi auszubreiten. Bei jeder Steigerang ihrer 
l^fttzlidhkeit in Folge neuer Ahftnderungen wird diese Aus- 
breitung zunehmen, endlich sich auf die ganze Gruppe er- 
strecken. So bewirkt also der Nutzen die Erhaltung und 
Ausbreitung der Bildung, hat aber mit den Ursachen ihrer 
Entstehung in den ersten und in Folge der Vererbung in 
allen flbrigen Individuen nicht das mindeste zu thun. In 
diesen erblichen Ursachen beruht aber gerade die Notbwendig- 
keit der beregten Bildung, deren Nutzen folglich ihre Noth- 
wendigkeit iu keiner Weise erklärt." 

„Dies auf die Entstehung des natürlichen, durch innere 
Ursachen hervorgerufenen Todes angewandt, würde ergeben, 
dass derselbe zuerst in einer Anzahl von den urspriiuglich 
unsterl)lichen Metazoen nothwendig und erblich wurde, ehe 
von einer Wirkung seiner Zweckmässigkeit die Rede seiu 
konnte; diese Wirkimg konnte aber in nichts Anderem be- 
stehen, als dass von den Individuen, welche jene einmal ent- 
standenen Todesursachen erbten, im Kampf um's Dasein immer 
mehr am Leben blieben und sich fortpflanzten, als von den 
andern, welche freilich potentia unsterblich, aber in jenem 
Kampfe benachtbeiligt und daher den zerstörenden Zufällen 
mehr ausgesetzt waren. Die gegenwärtige Nothwendigkeit des- 
natürlichen Todes aller Metazoen wSre also — „durdi un- 
unterbrochene Erbschaft'' von jenen ersten sterblidien Meta- 
zodn abzuleiten, deren Tod aus inneren Ursachen nothwendig 
wurde, bevor das Ntltzlichkeitsprincip zu Gunsten seiner Aus- 
breitung in Thfttig^eit treten konnte.'' 

Ich habe darauf Folgendes zu erinnern. Es ist schon oft 
gesagt worden, Selection könne nichts Neues schaffen, sondern 
nur das zur Herrschaft bringen, was ihr zur Wahl gebotea 
werde, das ist aber nur in einem sehr beschittnkten Sinne- 



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— 39 — 



wahr. Enthält doch die bunte Welt der Thiere und Pflanzen, 
welche wir um uns sehen, recht Vieles, was man neu nennen 
dürfte im Vergleich zu den ersten Urwesen» aus denen doch 
alles Folgende unserer Anschauung nach durch Selections- 
Torgänge sich entwickelt hat Von Blättern und Blüthen, von 
Verdauungsorganen, Kiemen, Lungen, Beinen und Flügeln, 
von Knochen und Muskeln war zur Zeit der alleinigen Existenz 
der Urthiere noch Nichts vorhanden, und doch mnss alles 
Dieses nach dem Selectionsprincip aus ihnen eutstaiiden sein. 
In srewissem Sinn lap: es freilich von vornherein schon in ihnen, 
naiiilieh als Möglichkeit, es aus ihnen zu entwickeln, 
gewiss aber weder Yorj?ebildet, noch als Nothwcntligkeit. Zur 
Notli wendigkeit ist vielmehr gerade dieser thatsÄchlich ein- 
gehaltene Entwicklungsgang eben erst durch die Thiiiigkeit 
der Selection geworden, d. h. durch die Auswahl der ver- 
schiedenen Möglichkeiten nach ihrer Nützlichkeit, durch die 
Anpassung der Organismen an die äusseren Lebensbedingungen. 
Wenn wir also überhaupt einmal das Selectionsprincip an- 
nehmen, dann müssen wir auch zugestehen, dass es in der 
That Neues Schäften kann, wenn auch nicht plötzlich und un- 
vermittelt, sondern immer nur iu kleinsten Stufen 
und auf Grundlage der gegebenen Abänderungen. Diese 
können nur als kleinste und, wie ich kürzlich zu zeigen 
versuchte*), nur als quantitative gedacht werden, und 
erst durch ihre Häufung kommen grosse Abänderungen zu 
Stande, d. h. solche, welche auch uns aufMig werden, und 
die wir als etwas „Neues*^ bezeichnen. 

Der Vorgang lässt sidi etwa den Wanderungen eines 
Mannes vergleichen, der zu Fuss, also in kldnen Etappen 
ausgeht von einem bestimmten Punkt auf beliebige Zeit und 
in beliebiger Bichtung. Er hat die Möglichkeit, eine unend- 
lidie Menge von Beiserouten zu machen Ober die ganze Erde 
hin. Wenn er nun ganz nach seiner Willkür, d. h. nach 
sdnem Nutzen, Gefallen und Interesse gehen kann, vorwärts, 

Vergleiche: Aulsatz U, p. 117. 



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— 40 - 



nadi rechts und links, auch nach rückwärts, mit grossen und 
kleinen Ruhepausen, und er dann in einem LTgebenen Moment 
die Wanderung beginnt, so liegt die bestimmte Reiseroute, 
welche er thatsächlirh einhalten wird, schon in ilnn, denn bei 
seinem bestimmten Temperament, Verstand, Erfahmng, Ge- 
schmack u. s. w. wird sein Weg in jedem Moment der Wan- 
derung bestimmt sein durch die Umstände, die er dort vor- 
findet; er Avird zurückweichen, wenn er an ein Gebirge 
kommt; das ihm zu hoch zum Uebersteigen dünkt; er wird 
nach rechts ausbiegeB, wenn ihm der reissende Strom besser 
nach dieser Seite umgehbar erscheint; er wird rasten, wenn 
er sich irgendwo behaglich fühlt, dagegen weiter eilen, wenn 
er sich von Feinden verfolgt weiss, und sdne ganze tbatsftch- 
lieh eingeschlagene Boute wird somit trotz sdner vollkommen 
freien Wahl doch eine von vornherein durch den Punkt und 
den Moment des Ausgangs und die Verhältnisse, 
welche zu jeder gegebenen Zeit an jedem von ihm berührten 
Ort herrschen ; bestimmte sein; man wOrde sie voraussagen 
können, wenn man diese Momente bis ins Einzelnste hindn 
obersalie. 

Der Wanderer ist die einzelne Art, die Marschroute ent- 
spricht den Veränderungen, welche sie durch Selection eileidet, 
und diese wird bestimmt durch ihre physische Natur und 
durch die Lebensbedingungen, in welchen sie sich jeweils be- 
hndet; sie kann von jedem Punkt aus, an den sie gelangt, 
eine Menge verschiedener Abänderungt^n eingehen, aber in 
Wirklichkeit wird sie immer nur die eine thatsrnliliih imu- 
gehen, welche den herrschenden äusseren Unibtäniieii uaeh die 
für sie nützlichste ist. Sie wird unverändert bleiben, sobald 
und solange sie mit ihrer augenblicklichen Umgebung in 
voUkounnenem Gleiehgewicht steht, und sie wird beginnen 
wieder abzuändern, sobald dieses Gleichgewicht gestört wird. 
Es kann schliesslich auch vorkommen, dass trotz aller Be- 
drängniss durch concurrirende Arten doch keine Umgestaltung 
mehr eintritt, weil keine der unzähligen kleinsten Ab- 
änderungen, die allein nur möglich sind, zum Sieg 



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— 41 - 



verhelfen kaim, so etwa wie jeuer nur auf seine Füsse au- 
gewiesene Wanderer, wenn er, von ül)ermächtigen Feinden 
verfolgt, ans Meer gelanjrt, nothwendig erliegen muss. Ihm 
könnte nur ein Schilt Hülfe bringen, wie der dem Untergang 
preisgegebenen Art nur Abändeiungen von bedeutendem Be- 
lang, die sie eben plötzlich hervorzubrintren nicht im Stande ist. 

Wie aber der Wanderer sich im Laufe seines Lebens un- 
begrenzt weit und in den complidrtesten Zickzacklinien von 
seinem Ausgangspunkt entfernen kann, so auch der Bau einer 
Urthieifonn im Verlaufe des irdischen Lebens; wie jener im 
Beginn seiner langsamen Wanderung aus dem Weichbild seines 
Ausgangspunktes nicht herauskommen zu können schien, und 
sich dann doch nach Jahren an weit entfernten Punkten findet, 
so leiten auch die unscheinbaren Veränderungen, welche die 
ersten Myriaden von Generationen einer Thierfonn bezeichneten^ 
in zahllosen weiter noch folgenden Myiiaden zu Form^ hin, 
die total verschieden von jenen ei-sten scheinen und doch ganz 
allmälig aus ihnen hervorgej^aüuen sind. Das ist eigentlich 
selbstverständlich und bedarf keines Gleichnisses, trotzdem 
aber wird es nicht selten ausser Acht gelassen, so gerade in 
der Behauptung, dass Selection nichts Neues schaffen könne, 
während sie Hoch in der That es ist, welche die vielen ver- 
schwindend kleinen Schritte der natürlichen \'ariationen so 
summirt und combinirt, dass immer wieder Neues daraus 
hervorgeht. 

M^enn man dies auf die Finfuhrun? des natürlichen Todes 
anwendet, so wird man sich den Vori^aug vielleicht so vor- 
stellen dttrfen, dass schon mit der Differenzirung der Homo- 
plastiden zu Heteroplastiden , also mit Eintreten der 
Arbeitstheilung bei einer gleichartigen Zellencolonie , der 
Seleetionsprocess sich nicht nur auf die physiologischen Eigen- 
schaften der Nahrungsaufnahme, Bewegung, Empfindung und 
Fortpflanzung bezog, sondern auch auf die Lebens- 
dauer der einzelnen Zellen; wenigstens insoweit, als 
es keine unbedingte Nothwendigkeit mehr war, die Fähigkeit 
unbegrenzter Dauer beizubehalten. Die somatischen Zellen 



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konnten somit, falls dies sonst vortheilhaft war, eine Coustitu-^ 
tion fiimehmen, welche die unbegrenzte Dauer ausschloss. 

Man könnte mir einwerfen, dass Zellen, deren Vorfahren, 
die Fähigkeit besassen, ewig weiter zu leben, unmöglich sterb- 
lich im Prineipf d, K aus Innern Ursachen, werden könnten, 
nnd zwar weder plötzlich, noch ällmälig, denn dies würde der 
Voraussetzung widersprechen, welche ihren Vorfahren und 
deren Theflungsprodukten die Unsterblichkeit zusprach. Diese 
Beweisfilhrung ist zwar richtig, aber nur so lange, als die 
Nachkommen von ein und derselben Art bleiben, 
nicht aber dann, wenn ein Zeitpunkt eintritt, in welchem die 
zwei Theilprodukte einer potentia unsterblichen Zelle sich 
verschieden gestalten, wenn also eine der physisdien Con- 
stitution nach ungleiche Theilung stattfindet. Nun ist es denk- 
bar, dass die eine Theilhälfte die zur Unsterbliehkeit iiötluLro 
physische Constitution beibehält, die andere aber nicht, so uuL 
es denkbar ist, dass eine solche auf ewiije Dauer eingerichtete 
Zelle ein Stück vuu sich abschnürt, welches zwar oino Zeit 
lang weiter lebt, ohne aber die volle Lebensfähigkeit einer 
Zelle zu l)esitzen, oder wie es denkbar ist, dass eine solche 
Zelle eine izewisse Meii^e ortxanischer Substanz aus sicii uus- 
stösst, die schon todt, d. h. reines Exkret ist, sobald sie den 
Körper verlässt. So liisst sich auch eine ungleiche wirkliche 
Zelltheilmig denken, bei welclier nur die eine Theilhälfte die 
Bedingungen der Vermehrung in sich trägt, und ebenso ist es 
denkbar, dass die Constitution einer Zelle es bedingt, dass 
sie nur eine bestimmte Lebensdauer haben kann, wie denn 
Beispiele davon vor Aller Augen liegen, da eine grosse 
Menge von Zellen der höheren Metazoen in der 
That durch ihre Funktion zu Grunde gehen. Je 
spedfisdier eine Zelle, d. h. je mehr sie nur auf eine be- 
stimmte Funktion eingerichtet ist, um so leichter wird dies 
vermuthlicfa der Fall sein, und wer will dann sagen, ob die 
begrenzte Lebensdauer blos die Folge der hoeh- 
potenzirten, einseitigen Leistung, oder aber 
selbst schon beabsichtigt, d.h. durch anderweitige- 



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Vortheile bedingt war? Jedenfalls wiid man sagen, 
dürfen, dass der Naehtheil der besehrftnkten Dauer dieser 
Zeilen durch den Vortheil ihrer hodipotenzirten Leistungen 
aufgewogen wird. Obgleidi keine Funktion des Körpers noth- 
wendig die B^prenzung der Lebensdauer des sie tragenden 
Fonnelementes erheischt, wie die einzelligen Wesen beweisen, 
so können doch alle mit einer solchen begrenzten Dauer yer- 
bunden werden, ohne dass die Art dadurch Schaden leidet, 
wie die Metazoön beweisen; nur die Fortpflanzimjiszellen er- 
tragen eine solche Beschränkung nicht, uiici bei ihnen allein 
stellt sie sich auch nicht ein. Sie konnten die Unsterblich- 
keit aber auch nicht verlieren, falls überhaupt die Metazoen 
von den unsterblichen Protozoen stammen, weil sie dem Be- 
ghii nach nicht verloren ^ehen kann. Der Körper, ^las 
Sorna, erscheint unter diesem Gpsichts})iiiiK-t ^ewisserniaassen 
als ein nebensäciiliches Anhängsei der eigentlichen Träger des 
Lebens: der Fortpflanzungszellen. 

Wie es nun also möglich war, dass (hirch Auswahl der 
sich bietenden chemisch-physikalischen Variationen des Proto- 
plasmas sich specifisehe Körperzellen differenzirten — je eine 
Art für jede somatische Funktion — , so musste es auch mög- 
lich sein, dass gerade solche Variationen zur Herrschaft ge- 
langten, deren Constitution ein Aufhören der Funktion! rung 
nach bestimmter Zeit mit sich brachte. Dies wäre aber dann 
wenn man es auf die Gesammtheit der somatischen Zellen 
bezieht, nichts Anderes als der erste natürliche Tod. 
Ob man nun die beschränkte Dauer der zu Eörperzellen 
speclalisirten Zellen als blosse Folge ihrer Differenzirung an- 
zusehen habe, oder zugleich audi als Folge eines speciell auf 
Abkürzung ihrer Lebensdauer gerichteten Selectionsprocesses, 
könnte, wie bereits erwähnt, zweifelhaft seheinen; ich neige 
mich aber dennoch mehr der letzteren Ansicht zu, denn wenn 
es nützlich gewesen wäre, dass die somatischen Zellen die 
ewipe Dauer ihrer Vorfahren, der einzelligen Wesen, behalten 
liätten, so niüsste das wohl ebenso gut möglich gewesen sein, 
als es später noch — bei den höheren Metazoßn — möglich 



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war, dass ihre Lebens- und FortpÜanzungsdauer auf das 
Hundert- und Tausendfafihe wieder verlängert wurde. Es 
iässt sich zum mindesten kein Grund angeben, weshalb es 
nicht möglich gewesen sein könnte. 

Was man sich nun aber hier als die direkten Motive 
des Seleetionsvorgangs zu denken h&tte, das ist bei 
4er geringen Eenntniss, welche wir vom Leben und der Fort- 
.jjflanzung niederster Metazoto haben, sdiwer zu errathen; 
worin der direkte Yortheil lag, durch welchen die nur zu be- 
grenzter Dauer be&higte somatische Zelle den Sieg davontrug 
über die zu ewiger Dauer befithigte, wer wollte wagen, dies 
mit Bestimmtheit zu sagen? vielleicht eben gerade in der 
besseren Funktionirung in ihrer speciellen, physiologischen 
Aufgabe, vielleicht aber auch in einem Plus von Materie und 
Kraft, welches durch diesen Verzicht der KOrperzellen den 
Fortpflanzungszellen zu gute kam und dem Ganzen grössere 
Widerstandskraft im Kampf ums Dasein vorlieh, als es ijohabt 
halte, wenn alle Zellen uleich daueihalL hatten eingerichtet 
wertlen müssen. Aber wer vermöchte heute schon in diese 
innersten Beziehimcren der Organismen einen klaren Blick zu 
thun, zumal wt nu es sich um solche niederste Metazoen- 
fornien handelt, die, wie es lieint, in der heutijren Lebewelt 
nur Sehl- spärlich noch verti-eten sind, und deren [äussere 
Lebenst rs "lieinunjjen wir nur von zwei Arten kennen, deren 
Abstammung zweifelhaft ist, die aber beide jedenfalls viel von 
ihrem ursprünglichen Wesen, sowohl in Bau als Funktion, 
durch Parasitismus verloren haben. Nur die Orthonectiden 
und Dicyemiden kennen wir einigermaassen; von der einzigen, 
bis jetzt bekannten frei lebenden Form, dem von F E. S c h ulze 
entdeckten Trichoplax adhserens kennen wir die Fortpflanzung 
jnoch gar nicht, und auch die übrigen Lebenserscheinungen 
noch zu wenig, als dass sich darauf irgend £twas aufbauen 
Jiesse. 

Hier mag es am Platz sein, noch einmal auf die Ableitung 
•des Metazo^ntodes zurackzukommen, wie sie Götte von den 
Orthonectiden aus versuchte, als er vergass, dass nach seiner 



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Aosdiauiuig der natürliche Tod ja seboa von den Mono- 
plastiden her ererbt ist, also nicht noch einmal auf eine ganz 
nene Weise bei den Polyplastiden entstehen kann. Danach 
hätte der Tod bei jenen niedersten MetazoSn in Folge der 
Keimentleerung nothwendig eintreten müssen und wilre dann 
durch seine stete Wiederholung schliesslich erblich geworden. 
Dabei ist abernieht zu vergessen, dass die Todesursache 
in diesem Falle eine rein ilusserliche wäre, darin 
bestehend, dass die übrif^bleibenden soniatisdien Zellen nach 
Ablösung der Fortpflanzungszollen nicht mehr, oder nicht 
mehr genügend ernährt werden konnten; also der Gnmd 
ihres Absterbens läge nicht in ihrer Constitution, sondern in 
den ungünstigen Bedinguniren, unter welche sie gerathen ; wir 
hätten also hier nicht die Einrichtung des natürlichen 
Todes, sondern vielmehr einen künstlichen Tod, der sich 
nur regelmässig bei jedem Individuuni zur selben Zeit wieder 
einstellte, weil es zu gewisser Lebenszeit stets wieder in die- 
selben ungünstigen Bedingungen seines Weiterlebens geriethe. 
£b wäre kaum viel anders, als wenn die Lebensbedingungen 
einer Axt es mit sich brächten , dass jedesmal nach einer ge- 
wissen Dauer der Existenz der Hungertod über sie herein- 
bräche. Nun wissen wir aber doch, dass bei den höheren 
Metazo&i der Tod aus lein innem Ursachen eintritt, dass er 
in der Organisation selbst voigesehen ist als das normale 
Ende des Lebens; wir hätten also mit dieser Ableitung nichts 
gewonnen, sondern mUssten dann dem eigentlicheui aus innem 
Ursachen eintretenden natürlichen Tod in einer späteren 
Periode der Metazoön-Entwicklung nachspüren. 

•Allerdings wird es ja an Solchen nicht fehlen, welche 
glauben, aus dem bei jedem Individuum immer wieder yon 
Neuem und zur selben Zeit eintretenden künstlichen Tod, wie 
er eben für die Orthonectiden vorausgesetzt wurde, könne mit 
der Zeit ein natürlicher Tod entstanden sein, allein ich würde 
einer solchen Ansicht nicht zustimmen können, weil sie die 
Vererbung erworbener Eigenschaften voraus- 
setzt, die mir nicht nur nicht bewiesen, sondern auch 



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•solange als nicht anaebmbar erscheiiit, als sie nicht direkt 
oder indirekt erwiesen iBt^). Ich wüsste mir keine Vor- 
Stellung davon zu machen, wie es möglich sein sollte, dass 
dieser ang^ommene Hungertod der somatischen Zellen sieh 
den Keimzellen derart mittheüe; dass sie nnn in der folgenden 
•oder einer der folgenden Generationen einen Organismus aus 
sich entwickelten, dessen somatische Zellen von selbst ab- 
stürben, wenn die Zeit herankommt, in welcher ihre Vor- 
fahren dem Hungertod erlagen. Ich vermödite mir davon 
ebensowenig irgend eine haltbare theoretische Vorstellung zu 
machen, als davon, dass die Nachkommen ^es Katzenpaars, 
dem man die Schwänze abgehauen hat, schwanzlos geboren 
werden sollten, oder, um genauer beim Beispiel zu bleiben, 
den Schwanz in derselben Lebensperiode verlieren sollten, in 
welcher er den Aeltem abgehauen worden war. Auch würde 
sich die Begreiflichkeit eines solchen Zusammenhangs dadurch 
für mich nicht erhöhen, wenn man an nähme, die künstliche 
Schwanzentfemung sei bereits du ich Hunderte von Generationen 
fortgesetzt worden. Mir scheint eine solche, wie überhaupt 
jede Verändenini-i; nur dann denkbar ,'und möglich, wenn sie 
von Innen heraus eingeleitet wird, d. h. wenn sie von 
Keimes veränd erungen ausgeht. Hier also würde ich 
mir vorstellen, dass bei dem Uebergang der Homopiastiden 
in Heteroplastiden Keimesvariationen auftraten, welche es 
den unausgesetzt thätigen Selectionsprocessen möglich machten, 
die vorher ganz gleichen Zellen der Colonie in ungleiche zu 
differenziren, und zwar einerseits in veigängliche Kdiperzellen, 
andererseits in unsterbliche Fortpflanzungszellen. 

£s ist übrigens ausserdem auch eine T&nschung, wenn 
man glanben wollte, den natorlichen Tod erklärt zu haben, 
wenn man ihn mit Zuhilfenahme der unbewiesenen Annahme 
der Vererbung erworbener Abänderungen aus dem Hungertod 
•des Orthonectiden*«Soma'^ abldtete. Es wftre doch vorher 
erst zu erklären, warum diese Organismen nur eine 



>) Veii^eidie: Aufiat« II. 



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1)esclLränkte Zahl von Keimzellen bervorbringen^ 
um diese dann auf einmal zu entleeren imd so das Sorna 
in seine hülflose Lap:e zu versetzen! Waram werden denn 
nicht Keimzellen auf Keimzellen hervoigehracfat, wie es doch 
bei den Monoplastiden indirekt geschah — nSmlich in den 
Generationsfolgen — und wie es bei den MetazoSn direkt so 
irielfach geschi^t? Dann würde das Sorna nicht absterben 
mttesen, denn nun bliebe ja immer ein junger Satz von Keim- 
zellen znrttck und ermöglichte das Weiterleben. Offenbar 
setzt diese ganze Einrichtung der einmaligen 
Bildung von Keimen und der plötzliehen Ent- 
leerung derselben schon die Hinf&lligkeit der 
somatischen Zellen Toraus, es ist eine Anpassung 
an dieselben, wie diese Hinfälligkeit selbst auch 
wiederiiin als eiue Anpassung an die eiuniaJige 
Keiiiieserzeugung zu betrachten ist. Kurz, es bleibt 
nichts übrig als die oben schon auf^restellte Annahme, dass 
mit der Differeiizining der msitrünsrlicli gleichartigen Zellen 
der Polyitlastitleii in imgleiebartige auch die Hinfällifjkeit der 
somatischen Zellen sich ausbildete. Lnese aber ist der 
erste Anfang des natürlichen Todes. 

Zuerst mag die Masse der somatisclK^n Zeilen die der 
Fortpflanzungszellen nur wenig übertroffen haben, und solange 
blieb die ganze Erscheinung wenig augenfällig; die „Leiche" 
war eine sehr kleine, in dem Maasse aber, als die Menge der 
Körperzellen relativ zuualim, überwog der Körper immer mehr 
im Gegensatz zu den Keimzellen, und das Absterben dess l! on 
erschien dann, wie der Tod der höheren Thiere, nach dem 
sich der Begriff gebildet hat, als beträfe er das Individuum 
in seiner Gresammtheit, während doch in Wahrheit auch 
hier nur die eme Hfilike desselben dem natarlichen Tod ver- 
fallen kann, die freilich dann die unsterbliche Hälfte um das 
Yiel&che an Volum übertrifft 

GOtte bestreitet, dass der Begriff des Todes nothwendig 
eine Leiche bedinge. So soll denn auch bei den Orthonedaden 
der Zellenschlauch, der bei der Entleerung der Keimzellen 



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zurückbleibt und abstirbt, keine Leiehe sein, da er «ebenso-^ 
wenig wie das isolirte Ektoderm anderer Heteroplastiden den 
Gesammtorganismus darstellt" (a. a. O. p. 48). Es mag nun 
ja der populären Vorstellung durdiaus entsprechen, unter 
einer Leiehe den Gesammtoigaiusmus sieh vorzustellen, ja, bei 
gewaltsam erfolgtem Tod ist dies wirklieh so, weil dann auch 
sämmtlicfae Fortpflanzungszellen vom Tode mit betroffen 
werden; ist man aber einmal zu der Erkeuntniss gelangt^ 
dass Fortpflanzungs - und somatische Zellen einander jiegen- 
überffostellt werden müssen als sterbliche und unsterbliche 
HaUtc <les Met;izo6n-Ors:anisnnis, dann wird man auch zugeben, 
dass vom natürlichen Tud eben nur die ersteren, d. h. 
das Sorna ohne die Fortpflanzungszellen, getroffen 
wird. Es ändert daran Nichts, wenn es etwa vorkommen 
sollte, dass nicht sämmtliche Fortpflanzungszellen vor dem 
Eintritt des natürlichen Todes aus dem Körper entfernt werden. 
Bei Insekten z. B. gelangen wohl nicht immer alle Ki un/ellen 
zur lieife, wenn der natürliche Tori eintritt, und sterben dann 
mit dem Sonia. Das thut aber ihrer ursprünglichen Befähigung 
zur Unsterblichkeit so wenig Eintrag, als es den wissenschaft- 
lich gefassten Begriff der Leiehe verändert. Dieser kann 
sich beim natürlichen Tod nur auf das Sorna beziehen, und 
wenn dabei Fortpflanzmigszellen zuweilen mitsterben, so ver- 
fallen sie nicht einem natürlichen Tod, der fOr sie über- 
haupt nicht existirt, sondern einem accidentellen : der Tod 
des Sorna hat auf sie die Wirkung einer zuftlligen Todes- 
ursache. 

Es scheint mir auch fttr den wissenschaftlichen ' Begriff 
der Leiche ziemlich gleichgfiltig, ob das abgestorbene Soma 
als ein Ganzes einige Zeit bestehen bleibt, oder sofort zer- 
föllt, und ich kann auch hierin G5tte nicht beistimmen, wenn 
er den Orthonectiden „die Möglichkeit der Bildung einer 
Ldche' (in seinem Sinne) abspricht, weil ihr Tod „in einer 
Auflösung des morphologischen Bestandes des Organismus** 
besteht. Wenn die Rhabditis - Brut des Ascaris nigrovenosa 
die Eingeweide ihrer Mutter zerwühlt, zum Zerfall bringt und 
endlich aufsaugt, so zerfällt auch der „Gesammtorganismus"^ 



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4 



und es möchte schwer sein, anzugelicn, wann hier eine Leiche 
im populären Sinne des Wortes vorliegt; im wissenschaftlichen 
Sinne aber ist eine vorhanden, das reale Soma des Thiem 
stirbt ab und dies allein kann als Leidie bödmet werden. 
BwB es aber nieht Überflüssig ist, diesen Begriff wissenscbait- 
lieh zu verwerthen, erbellt am besten daraus, dass der natftr^ 
liehe Tod nur schwer gefosst werden kann, wenn man nicht 
den Begriff der Leiche hinznninunt Es gibt keinen Tod ohne 
Leiche, mag dieselbe nun gross oder klein, ein Ganzes^ oder 
zerfallender Detritus sein. 

Wenn wir aber den Körper der höheren Metazoön mit 
dem der niedereten veiigleichen , so erkennen wir, dass nicht 
blos die Masse und Verwicklung des Baues sich auf Seite des 
Soiiia (Körpers) un^'oiiioin gesteigert hat, sondern dass noch 
ein itiideres Moment hiü/Aigekommen ist, welches die Dauer 
desselben um ein Wesentliches verlängert: der Zellen- 
ersatz. Die somatischen Zellen liaben — ob alle oder nur 
die der meisten Gewebe steht noch nicht ganz fest — die 
Fähigkeit bekoinnien, sicli zu vermehren, nachdem schon der 
Körper aus dem Keim sich fertig aufgebaut hat; die schon 
histologisch differenzirten Zellen können sich durch Theilung 
vennehren und so einiMi fj-satz schaffen für die im Stoff- 
wechsel fort und fort verlirauchten Zellen. Der Unterschied 
von jenen ersten und uiedei-sten Metazoen liegt also dann 
darin, dass dort die somatischen Zellen nur in einer Gene- 
ration auftreten, deren Verbrauch durch den Stoffwechsel zeit- 
lich mit der Entleerung der Fortpflanzungszellen nahezu 
zusammenfallt, dass hier dagegen eine Reihe von Generationen 
somatischer Zellen aufeinander folgt In dieser Weise habe 
ich bereits früher die Lebensdauer der Thiere dem VerstSad- 
niss naher zu bringen gesucht, und die verschiedene Daner 
des thierischen Lebens you der venchiedenen Zahl von Zell- 
geneiatlonen abhftngig gedacht, auf weldie der Körper der 
verschiedenen Arten normirt ist^). Man wird noch die ver- 



^) „Dauer des Lebens^ p. 27. 
Weiemann, Utber L*b«n und Tod. 4 



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fichiedene Lebensrbuer jeder einzelnen ZeUgeneration hinzu- 
nehmen dürfen, die natürlich das Gesammtresoltat wesentlich 
beeinflusst und die erfohnmgqgemAss eine verschiedene ist» 
nicht nur bei den niedersten MetazoSn im Vergleich mit den 
höchsten, sondern auch bei den einzelnen Zellenarten ein und 
derselben Thierart 

Ihneh welche Aenderungen in der physischen 
Constitution des Protoplasmas jene Aenderungeii vor 
sich .ixehen in der Dauerföhigkeit der einzelnea Zelle uud 
in ihrer ^soniinung auf eine giobsere oder geringere 
Zahl von Tochtergeneratiouen , das ist eine Frage, die 
für jetzt ganz bei Seite bleiben muss. Ich würde dies 
als selbstverständlich auch gar nicht erwähnen, wenn nicht 
jeder Vei*such, um einen Schritt tiefer in die allgenn uien Er- 
scheinungen des Lebens einzudringen, steus wieder dem Ein- 
wurf begegnete, dass dieser Schritt keinen Wei-th hal)o, da 
man ja doch so Vieles noch 'unverstanden lassen müsse. 
Wenn man mit der Khirlegimg der hier besprochenen Be- 
ziehungen hätte warten wollen, bis man die Molekülarstruktur 
der Zelle, ihre Veränderungen und Folgen übersieht, so würde 
man wahrscheinlich niemals weder zu dem Einen, noch zu 
dem Andern gelangt sein, denn nur schrittweise ist ein Ein- 
dringen in die vernickelten Voigänge des Lehens möglich, 
und nur indem von allen Seiten her die Angriffe aufgenommen 
werden, kann es gelingen, anch dereinst an die Entr&tbselung 
der tieferen Grundlagen des Lebens zu gelangen. 

Es scheint mir desshalb immerhin schon ein Fortschritl^ 
wenn wir annehmen dürfen, dass die Bauer des Lebens an 
die Zahl von Generationen somatischer Zellen gebunden ist, 
welche sich im Laufe des Einzellebens folgen können, imd 
dass diese Zahl ebenso wie die Dauer der einzelnen ZeU- 
generation schon in der Keinizelle gegeben ist. Diese An- 
schauung scheint mir aucli insoweit sicher zu stehen, als wir 
ja sehen, dass in der That die Dauer der einzelnen Zell- 
generation und die Zahl dei^ielbeu sich von den niedersten 



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bis zu den hiicbsten Metazodn bin thats&cblicb erbeblieb ver- 
grössert bat. 

Ich babe frttber sebon ^ zu zeigen yerBucht, wie genau 
die Dauer des Lebens den Ijebensbedingongen angepasst ist, 
wie sie verlfingert und verkürzt wurde im Laufe der Arten- 
bUdung je nadi den Lebensbedingungen der Art, kurz wie 
sie durchaus als eine Anpassung an die Bedingungen 
des Lebens erscheint; es bleiben mir aber noch einige 
Punkte zu besprechen, die damals nicht berührt wurden und 
die geeignet sind, gerade auf die Einrichtung des natürlichen 
Todes und die Formen, unter denen er auftritt, einiges Licht 
zu werfen. 

Ich habe oben die beschränkte Dauer der Körperzellen 
bei niedersten Mitazoen (Orthonectidenj als AnpassuniLXS- 
erscheinung aufgefasst und von einem Selectionsprocess her- 
geleitet, zugleich auch darauf hingewiesen, dass an und für 
sich ein ewig lebender Metazoen - Oi^anismus denkbar ge- 
wesen wäre. So gut die Moiioiilastideu sich fort um\ fort, 
durch Theilung vermehren, so gut hätten es ihre späteren 
Nachkommen auch dann thun könm n, als ArbeitstheiUmg den 
Gegensatz von Keimzellen und Süniatischen Zellen hervor- 
gerufen liatte. So gut die llomoplastiden-Zellen fort und fort 
ihi-es Grieichen erzeugen konnten, niüsste dies auch bei den 
beiden Arten von Heteroplastiden-Zellen möglich gewesen sein — 
soweit es ein&ch nur von der Fähigkeit unbegrenzten Fort* 
pflanzungsvermögens abhängt. 

Allein die Existenzfähigkeit organischer Arten hängt eben 
nicht blos von den in ihnen liegenden Fähigkeiten ab, sondern 
zugleich von ihren Beziehungen zur Aussmwelt, und darin 
liegt die No&wendigkeit dessen , was wir Anpassung nennen. 
So ist es in diesem Fall eben nicht denkbar, dass eine homo- 
gene oder heterogene Zellen -Golonie vom physiologischen 
Werthe eines vielzelligen Individuums unbegrenzt anwüchse 
durch fortgesetzte Vermehrung ihrer Zellen, so wenig als es 



') Vergl. Aufaats L 

4* 



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denkbar wäre^ dass ein einzelliges Wesen unbegrenzt zunShme. 
In dem letzteren Falle setzte ein Tbeilunp^sprocess dem 
Wachsthum seine Grenze, in dem ersteren aber mnssten 
die Em&hnings-, Atbmnngs-, BewegungchErfordemisse der als 
bidividnum höhere Ordnnng znsammengefaasten ZeIlen*Oolonie 
eine ebenso bestimmte Grenze des Wachsthnms Torschreiben, 
wie dem einzelnen Monoplastid, und es hindert Niehts, uns 
diese Normirungen durch einen Seleetionsprocess geregelt zu 
denken. Erst damit aber, dass die Zellen-Zahl innerhalb enger 
Grenzen bestimmt wurde, konnten sich die Beziehungen der 
Einzelzellen der Colome zu dnander fest gestalten. Bei 
Homopiastiden nach Art der Ma^osphaera ordneten sie sich in 
statu naisceuti in bestimmter Weise zu einer Kuirel, verbunden 
durch eine gemeinsame Gallerte; was aber noch wichtiger 
ist: die Fortpflanzung durch Theilung erfolgte nun nicht mehr 
nach dem einfaclien Rhythmus der einzelligen Wesen fort und 
fort in der gleichen Weise, sondern es stellte sich ein Rhythmus 
höherer Ordnung ein, derart, dass jede der Zellen, welche 
die Colonie zusammensetzte, wenn sie eine bestimmte Grösse 
erreicht hatte, sich von den übrigen trennte und mm in 
rascher Folge eine bestimmte Anzahl von Theilungen durch- 
machte, welche sie in eine neue junge Zell-Colonie umwandelte. 
Die Anzahl der Theilungen richtete sich nach der Anzahl 
der Zollen, auf welche die Colonie normirt war, und mag 
vielleicht mit einer sehr niederen Ziffer begonnen haben. 
Mit Einführung dieses zweiten höheren Rhythmus 
der Fortpflanzung war der erste Polyplastiden- 
Keim gegeben, denn nun war nicht mehr, wie früher, 
bei den Einzelligen jede Theilung der andern gleichwerthig, 
sondern bei einer zehnzelligen Colonie unterschied sidi die 
erste Theilung von der zweiten, dritten bis zehnten nicht nur 
durch die Grösse der Theilprodukte, sondern auch durch die 
Entfernung vom Ende der Theilungsperiode, die wir nun als 
Furchungsprocess bezeichnen können. 

Es scbdnt mir dabei ganz nebensflchlich, ob der erste 
Furchungsprocess frei im Wasser, od«: innerhalb einer 



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- 68 



Cyste vor sich ging, wenn ich auch zugebe, dass möglicher- 
.weise schon frah das Bedttrfniss hervortrat, solche in Furchung 
begriflfene Keime vor äusserer Gefiüirdiuig durch eine schützende 
iSttlle 2tt sichern. 

Was aber den Begriff des »Keimes'' selbst angeht, so 
vrird man ihn im Sinne GötteU nicht annehmen hOnnen, 
imd es fragt sidi, wie man ihn sonst fiissen ivill. Mir seheint 
es dem Wortsinn am meisten zu entsprechen, wenn man unter 
Keim ganz allgemein jede Zelle, Cytode oder Gruppe von 
Zellen versteht, welche noch nicht den Bau des fertigen In- 
dividuums der Art besitzt, wohl aber die F&higkeit» sich unter 
gewissen Bedingungen zu dnem solchen zu entwickeln. 
Der Schwerpunkt liegt hier auf dem Begriff der Entwick- 
lung:, welcher dem einfachen Wachsthum oliiie Umgestal- 
tiuig der i' onu gegenüber prestellt ist ; eine Zelle, welche blus 
durch Wachsthum zum it/ili u IndividLiuui wird, ist kein Keim, 
sondern eben schon ein Individuum, nur ein kleineres. So 
z. B. ist ein aus meljrfaeher Theiluug hervorgegangenes, eiu- 
kaj)seltes Sonnenthierchen kein Keim in diesem Sinne, 
sciiidern es ist bereits ein mit allen charakteristischen Merk- 
malen der Art verseheiif s Individuum und hat nur eingezo,*;eue 
Theile (die Pseudopodien) wieder zu entfalten oder ausge- 
presstes Wasser wieder aufzunehmen (Vacuolenbildung) , um 
zum freien Leben wieder befähigt zu sein. Wenn nun aber 
auch Keime in diesem Sinne des Wortes gewiss nicht aus* 
schliesslich blos den Polvplastiden zukommen, sondern sich 
auch bei manchen Monoplastiden vorfinden, so scheint 
ynir doch ein bedeutungsvoller und tie%reifender Unterschied 
zwischen den Keimen beider Gruppen zu bestehen. Er liegt 
nicht sowohl in der morphologischen als in der ent- 
wieklungs geschichtlichen Bedeutung des betrellenden 
Gebildes. Soweit ich die Thatsachen ttberblicke, sind die 
Keime der Monoplastiden durchweg secund&ren Ur- 
BprungSi sie sind niemals die phyletische Wurzel 
der betreffenden Art So ist z. B. die Sporenbildung, 
wie sie bei Gregarinen vorkommt, offenbar hervorgegangen aus 



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einer allmftlig gestelgerteD und auf den encystirtea Zustand 
eoncentrirten Theilung des Thieres, Teranlasst durch das Be- 
dttrfiuss einer massenbaften Vermdirung dieser parasitisch 
lebenden und vielen ungünstigen ZuföUen preisgegebenen 
Wesen. Wflien die Gregarinen für freies Leben organisirt, so 
würden sie eine derartige Fortpflanzung nicht bedürfen, und 
das encystirte Thier würde sich vielleicht nm in acht, vier 
oder zwei Theile spalten, oder wie viele Infusorien sich gar 
Dicht theilen\), so dass die ganze Fortpflanzung dann rein 
nur auf der Zweitheiluiig im freien ZubLand beruhte. 

Die ursprüngliche Art der Fortpflanzung ist bei den 
Monoplastiden ohne Zweifel die Zweitheilung gewesen, diese 
verband sich dann mit der ursprünglich ohne Vermehrung 
verlaufenden Encystirung, und erst, indem die Theilung sich 
innerhalb der Cyste mehrfach, zuletzt vielfach wiederholte, 
entstanden so kleine Plastiden, dass ein wirklicher Entwick- 
lungsprocess nöthig wurde, um sie wieder zum fertigen 
Thier auszugestalten. Damit haben wir dann den allgemeinen 
Begriff des Keims, wie er eben definirt wurde^ dessen 
Grenzen natürlich keine scharfen sein können, da man einen 
absoluten Unterschied zwischen blossem Wachsthum und wirk- 
licher, mit Form- und Bauveränderungen verbundener Ent- 
wicklung nicht machen kann. Die vielen Plastiden, in welche 
z.B. die HäckePsche Protomyxa aurantiaca innerhalb ihrer 



1) Für alle diese Annahmen finden sich thatsllcliliche Belege bei 

den Infusorien. Das encystirte Golpoda Cucullus Ehrbg. theilt sich 
in 2, 4, 8 oder 16 Sprösslingo; Otostoma Carteri in 2, 4 oder 8; 
Tillinu magna Gruber in 4 oder 5; Lagyuus sp. r^rnher in 2; 
Amphileptus meleagris Ehrbg. in 2 oder 4, und bei den beiden 
letzten Arten, wie noch bei uanchen andern liudet nicht selten auch 
keine Tennehrung inneriudb der Cyste statt. WUirend abw bei frei 
lebenden Infiuorien eine noch weiter gehende Vermehrang inneihalb 
der Cyste nicht vorkommt, beweist uns der interessante Fall des leh- 
thyophthirins maltifiliiSi Fouquet, dass parasitische Lebensweise 
auch bei dieser Klasse eine ungemein gesteigerte Vermehrung hervorrufen 
k (i n, indem hier das eingekapselte Thier sich in mindestens 1000 Sprössr 
iinge theilt 



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Cyste zerfällt, kann man vobl als Keim« bezeichnen, allein 
die Foimveränderungen, die sie bis zur jungen Protomyxa 
durchmachen y sind gering und beruhen wohl zum grössteu 
Theil auf der allmfiligen Ausbreitung des vorher in der Kapsel 
biniförmig zusammengedruckten Körpers. Man mttBste also 
genauer hier nur von einfachem Auswachsen der- Theilungs- 
producte des Mutterthiers sprechen und diese selbst nicht als 
„Keime**, sondern schon als junge Protomyxen bezeichnen. Bei 
der Gregarina gigantea, deren Entwicklung E. van Beneden 
beschrieb, ist dagegen das aus dem K^ (der „Spore*") aus- 
kriechende junge Thier wesentlich verschieden von einer 
Gregarine und macht eine Reihe von Entwicklungsstadieu 
durch, welche erst allmälig zu dieser so charakteristischen 
Form iiiniuhreii. 

Hier liegt also eine Entwicklung vor.*) Diese Art 
der Keimbildung und Entwicklung kommt aber, wenn nicht 
ausschliesslich, so doch vorwiegend bei schmarotzenden 
Moüü]»lastiden vor, und scliou allein dieser Umstand deutet 
auf ihre secundare Entstehung hin. Jedenfalls unterscheidet 
sich diese ontogene tische Entwicklung von der der Poly- 
plastiden von Gnmd aus dadurch, dass sie nicht auf die 
phyletischen Anfangszustände der Art zurück- 
geht, sondern umgekehrt uns Zustände vorführt, 
die erst mit der phyletischen Entwicklung dieser 
specifischen Formen ins Leben traten. Erst als 
die Giegarinen entstanden, bildeten sich die Psorospermien^ 
und die amöbenartigen Jungen» wäche aus ihnen hervor* 



Eine iunLwickiimg liegt audi bei dem oben erwähnten ichthyoph- 
thiriuB vor. W&brend bei den übrigen Infiuorien die Thdl^SprOsslinge 
des em^stirten Thiers dies^ v<illig ihnlich sind, nnteiBchdden sie sich 
hier von diesem durch andere Gestalt. Abwesenheit des Saugmunds, ja 
sogar anfänglich durch provisorische Haftfaden. Sie können desshalb 
mit Recht als Keime bezeichnet werden und bilden einen interessanten 
Beleg zu der phyletischen Entstehung der Keime bei niedeni Flagellaten 
und bei Gregahneu. Yergl. Fouquet, „Arcb. ZooL experimentale", 
Tom V, p. 159, 1876. 



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- 56 — 



schlüpfen, dürfen keineswegs als die Urformen der Gregarinen 
aufgefasst werden , möchten jene auch selbst so ausgesehen 
haben, sondern als coenogenetische Formen, entstanden ans 
der Notbwendigkeit, massenhafte und desshalb sehr kleine 
Keime hervorzubringen, auf deren geringer Substanzmenge, 
vielleicht aber audi noch auf andern Motiven, wie Wirths- 
wecfasel, Wechsel des Mediums s. w., die Nothwendigkelt 
einer wiridichen Entwicklung beruhte. Daraus ergibt 
sich somit, dass das biogenetische Grundgesetz 
keine Anwendung findet auf die Monoplastiden, 
und zwar desshalb, well sie entweder Überhaupt 
keine eigentliche Ontogenese besitzen, sondern 
nur Wachsthum, oder aber nur eine coenogene- 
tische Ontogenese^). 

Man ist vielleicht geneigt, diesen Satz dahin einzu- 
schränken, dass doch die Möp:lichkeit zuzugelK'ii wäre, es 
könne auch hier gelegentlich eiuuial eine Ontogenese vor- 
kommen, deren Stadien den phyletisclien Stadien der Art- 
entwicklung der Hauptsache nacli entsprächen, dass aber die 
Wietlerholung der Phylogenese in der Ontogenese hier immer 
nur als seltene Aiü^iialinie, nicht als Princip vorkomme. 

Genauere ITf Ijerlegung ergibt indessen, dass das Vor- 
kommen sol 'iif 1 Ausnahmen zu den grössten Unwahrsehein- 
lichkeiten gehört. Damit eine solche Ontogenese zii Stande 
käme, müsste es sich so fügen, dass z. B. ein niedei^stes 
Monoplastidy z. B. ein Moner^ sich gerade zufallig unter 



Butschli hat schon vor gemuiiier Zeit die allgemeiue Gültigkeit 
des biogenetbdien Grundgeseties hei Protoiofin ai^^ezweifelt (ver> 
l^eidie: „lieber die Eatstdmng des SchwAnnsprOftBliiigs der Podophiya 
quadripartita"! Jenaische Zeitschr. f. Med. u. Naturw. Bd. X, p. 19, An- 
merkung); später äusserte Grub er ähnliche Ansichten, indem er den 
Protozoen eine „Entwicklung" überhaupt absprach und nur ein Wachs- 
thum zuerkannte („Dimorpha mutans", Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XXXVII, 
p. 445), ein Satz, der, wie aus dem Obigen hervorgeht, etwas eingeschränkt 
werden muss, dahin, dass zwar eine Entwicklung vorkommen kann, aber 
nur euie eoenogenetttehe, keine palingenetisdie. 



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— 57 — 



solchen äusseren Bedingungen zu einer höheren Form, etwa 
etnein mit Mund, Angenfleck und differenauter Bindensehicht 
versehenem Geisselinfusorium entwickelt hätte, dass es 
yortheilhaft ft^r seine Art-Blxistenz gewesen wäre, sich nicht 
wie bisher durch einfache Theilung fortzupflanzen, sondern 
die vorher etwa schon eingeführte periodische Cystenbildung 
mit zahlreichen Theilungen innerhalb der Cyste, und mit 
Bildung von Keimen zu verbinden, deren Klemheit es entwedw 
nicht erlaubte, dass die jungen Sprösslinge sofort wieder 
Geisselinftasori^ wurden (?), oder die es doch vortheilhaft er- 
scheinen Hess, dass sie zunächst als Moneren sieh beweijten, 
-ernährten und ei-st allmälig die coniplicirtere Struetur an- 
nahmen. Mit andern Worten: die phyletische Entwicklung 
müsste genau gleichen Schritt gehalten haben mit der Ein- 
führung einer ihr entsprechenden Ontogenese als Anpassung 
an die gerade ob wal tend en Existenzbediuiiungen, 
also nicht etwa aus innorn Gründen! Da nun auch die Trans- 
mutation der Art selbst auf diesen FiXi8tenzbedui;4uiiiieu be- 
ruht, so würden dieselben gerade derart gewesen sein müssen, 
dass sie gleichzeitig die Umwandlung der Stammform 
im Endstadium der Ontogenese und die Beibehaltung 
derselben als Anfangsstadium durch Einschiebung von 
Keimen und einer wirklichen Entwicklung bewirkt hätten. 
Dies wird sich aber kaum jemals so getroffen haben. So 
würde man dem gewählten Beispiel sofort entgegenhalten 
können, dass die postulirte Bildung massenhafter Keime bei 
freilebenden Monoplastiden nicht vorkommt, die parasitischen 
aber alle weit jongere phyletische Formen sein müssen, da 
iloch erst ihre Wirthe, niedere oder höhere Metazo^n, ent^ 
standen sein mussten, ehe sie in dieselben einwandern und 
sich den Bedingungen parasitischen Lebens anpassen konnten; 
zu dieser Zeit waren aber die Geisseiinfusorien schon enlr 
standen. Koch viel weniger wahrscheinlich wird aber die Bei- 
behaltung oder vielmehr die H e r ei n z i eh u n g der Vorfiihren- 
Formen in den Gyclus einer Ontogenese, wenn es sich nicht 
blos um zwei Stadien — wie vorhin angenommen wurde — 



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- 58 - 



bandelt, sondern um eine ganze Reihe. Denn sobald die 
Fortpflanzung nur auf einfacher Theilung des fertigen Thieres 
Ijeruht, so liegt, wie mir scheint, nicht nur kein Grund 
▼or, wesshalb dann die froheren phyletischen 
Stadien immer wieder recapitulirt werden sollten, 
sondern eine solche Recapitulation ist einfach 
unmöglich. Es ist desshalb nicht zulässig, aus dem ab- 
weichenden Jugendstadium eines M onoplastids , z. B. einw 
Adnete, den Scfaluss zu zi^en, dass dieses dem phyletischen 
Jugendstadium entsprechen mOsse. 

Man nehme z. B. an, die Aeineten seien aus Giliaten 
entstanden, so wird diese Umwandlung im Laufe fortgesetzter 
TheiluDj^eu des Stamm-Ciliats vor sich gegang:eii sein niüsseii, 
theils verbunden mit Kucystirung, theils, und zwar grossten- 
theils, olmc solche. Zähleu wir nach Myriaden von Genera- 
tionen, so wird vielleicht die erste Myriade nur Saugfüsschen 
getrieben, die zweite Myriade allmälig auch zur sitzenden 
Lebensweise L;eki)iiiiiien sein, aber während (lieber ganzen langen 
Reihe von Generationen wird immer jede Generation der vor- 
hergegangenen beinahe vollstündig geglichen halx n und wird 
immer sofort aus vollständigen, die Speeles- Charaktere an 
sich tragenden Individuen bestanden haben. 

Diess schliesst nicht aus, dass sich etwa mit der An- 
nahme sitzender Lebensweise auch das Bedürfhiss eingestellt 
haben könnte» zu irgend einer Zeit des Lebens beweglich zu 
sein und andere Nahmogs- und Wohnplätze au£su(^en zu 
können. Wenn aber dann statt einfacher Theilung schwär- 
mende Knospenspröeslinge gebildet wurden, so beruhte dies 
nicht auf einer Beibehaltung von Y oifahien-Formen im Gyclus 
der Chitogenese, sondern auf Einsehiebung eines ganz neuen 
ontogenetiscfaen Stadiums, das zufiUlig im Besitze yon Wim* 
pem u. 8. w. mit dem Bau der Yorfahren zusammentrat 

Ich glaube damit hinreichend den obigen Satz motivirt 
zu haben, dass bei den Einzelligen ^ne Wiederholung der 
Phylogenese in der Ontogenese principiell nicht vorkommt, 
nodi vorkommen kann. 



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— 59 - 



Bei den PolyplaBÜden yerhfllt es sich gerade umgekehrt 
Hier gibt es, soviel wir wissen« keine Art, welche nicht immer 
wieder, sei es mit jedem neuen Indiiidnum, sei es in grosseren, 
mehrere oder iriele Individuen um&ssenden Perioden, wieder 
zum Monoplastiden- Stadium zurQddcehrte. Dies beginnt bei 
den niedersten Polyplastiden -Formen, der Magosphsera, den 
Orthonectiden, und geht hinauf bis zu den höchsten, und bei 
Letzteren sind immer auch eine ganze Aiizalil der phyletischen 
Zwischenstadien erltalten , mögen auch noch so viele durch 
Zusammenziehuu«^ der Ontogenese ausgefallen oder andere 
eingeschoben worden sein. 

Fragen wir aber nach dem „Wamni" dieser durcli- 
frreifejidpu Einrichtmip:, so gibt «^s dafür nur eine, sehr nahe 
liegende Erklärung ; diese ist : die g e s c h 1 e c h 1 1 i c h e F o r t - 
Pflanzung. Wenn wir anch ihre NoUiwendigkrit iinlir 
ahnen als wirklich erkennen, so müssen wir sie doch unbedingt 
zugeben, weil diese Form der Forti)rianzuug überall durchgeht, 
in keiner Thiergruppe fehlt, und bei den wenigen Arten, bei 
welchen sie durch Parthenogenese ersetzt ist, entweder nur 
local, d. h. auf diesem oder jenem Wohngebiet (Apus) fehlt, 
oder überhaupt nur scheinbar, oder aber, falls sie wirklich 
fehlt (Limnadüa, Hermanni), doch unzweifelhaft früher vor- 
handen war, ohne dass wir jetzt schon ermessen kannten, oh 
ihr Erlöschen nicht auch D^neration und Erloschen der be- 
treffenden Art dereinst nach sich ziehen wird. 

Wenn aber das Wesen der geschlechtliehen Fortpflanzung 
auf der GoiQugation zweier gleich werthiger, aber ungleieh- 
artiger, d. h. individuell verschiedener morphologischer 
Elemente beruht, so lasst sidi verstehen, dass vielzellige Wesen 
^e geschlechtliche Fortpflanzung nur dann haben kdnnen, 
wenn bei ihnen einzellige Entwicklungs-Zust&nde vorkommen, 
denn eine Verschmelzung viehseiliger Organismen in ihrar 
Totalität in der Weise, dass Immer die gleiehwerthigen Z^en 
zusammenträfen, scheint unausführbar. So liegt denn in 
der Noth wendigkeit der geschlechtlichen Fort- 
pflanzung zugleich auch die Nöthigung, immer 



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- 60 — 



wieder zum Ausgangspunkt der Polyplastiden^ 
zur einfachen Zelle zurückzukehren, und aileia 
darauf beruht das biogenetiBcbe Grundgesetz. 
Dieses Gesetz ist somit einzusehrftnken auf die Polyplastidea, 
hei den Monoplastiden bat es keine Gtlltigkeit, imd die An^ 
deutungea Gottels, dass auch die Letzteren in der als 
«Veijüngung* gedeuteten Encystirung stets zum ^^Urzustand 
der Organismen" zurücksinken m&ssten, eifaalten auch von 
dieser Seite her keine Statze. 

Ich habe seiner Zeit') die ZweckmSssigkeit des Todes in 
letzter Instanz darauf zurückgeführt , dass ewige Dauer des 
Metazofin-Körpers ein „unnüteer Luxus* sein würde, weil die 
Individuen sich im Laufe der Zeit nothwendig abnutzen und 
damit „werthlos, ja soüar schädlich für die Art würden, indem 
sie Besseren den Platz wegnehmen". Ich hatU auch sagen 
können, dass solche beschädigte Individuen schliesslich doch 
früher oder später eiüt ui aceidentellon Tode zum Opfer fallen, 
und von wirklicher Unsterblichkeit keine Rede sein konnte. 
Es bleibt mir noch übrig, diese Ansicht etwas genauer zu er- 
läutern und auf einen oben schon berührten Punkt nochmals 
zurückzukommen. 

Dass dies nicht das Motiv sein kann, das im Speciellen 
die Selectionsprocesse leitete, welche die Unsterblichkeit der 
Monoplastiden in die beschränkte Lebensdauer der Hetero- 
plastiden verwandelten, oder richtiger, welche die Fähigkeit 
ewiger Dauer bei Letzteren auf die Propagationszellen be- 
schrflakte, liegt auf der Hand. An und fQr sich, theoretisch, 
Hesse sich ja ein Selectionsprocess wohl ausdenken, in welchem 
sterbliche und unsterbliche Metazoön -Individuen der gleichen 
Ali mit einander kämpften, und der Si^ deigenigen mit be- 
schrankter Lebensdauer zufiele, weil die unsterblichen, je 
länger sie lebten, um so defeeter werden, und um so wenigere 
und schwächlichere Nachkommen erzeugen mttssten. Es whrd 
aber Niemand einfallen, eine so plumpe Vorstellung des 



>y AuCHtfa I, p. 28 n. £ 



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— 61 - 



SelectiODSprocesses zu befürworten. Dennoch aber kommt — 
wie mir scheint — das hierbei in den Vordergrund gestellte 
Prineip mit in Betracht, ja spielt eine ganz wesentliche Rolle 
bei Fixirung der Lebensdauer der MetazoSn, nur ist seine 
Wirkung mehr negativer, als positiver Natur. 

Wenn die ersten Heteroplastiden schon die Unsterblich- 
keit ihrer somatischen Zellen aufgaben, so liegt in diesem 
Verzicht doch Nichts, was die Wiederaufnahme derselben 
hätte verhindern können. So gut bei der DifferenziruniJ^ der 
ei"ston somatischen Zellen bei niedersten Heteroplastiden die 
Dauer derselben auf eine einziixe Generation lioiüiiit werden 
konnte, so gut musste es niöirürh sein, dieselbe später, wenn 
es von Nutzen wurde, auf zwei, drei, auf zahlreiche Genera- 
tioiH'ii wieder zu vorlnn-rera , und wenn meine AnschaiuiULC 
von tier Lebensdauer der Metazoön begründet ist, so sehen 
wir sie in der That ]iei den hölieren Metazoen wieder zu- 
nehmen, ungefähr in dem Maasse, in welchem die Lebensdauer 
zunimmt. Wir haben nun durchaus keinen Grund zu der 
Annahme, dass es nicht möglich sein sollte, die Generations- 
zahl wieder auf unendlich zu normiren, wie es bei den Fort- 
pflanzungszellen der Fall ist, dagegen aber können wir sehr 
wohl einsehen, dass einer solchen Konnirung stets jenes Nütz- 
lichkeits-Motiv entgep:engestanden wäre, welches oben bezeichnet 
wurde: krüppdhafte Individuen hervorzubringen, lag zu keiner 
Zeit im Interesse einer Art, und so konnte auch die ewige 
Dauer der Individuen bei den Metazoßn nie wieder elngefiüirt 
werden. Insofern also liegt allerdings der beschrftnkten 
Lebensdauer der MetazoSn die Werthlosigkeit oder selbst 
Sehildlichkeit der auf ewige Dauer berechneten, aber trotzdem 
abnutzbaren Individuen ganz allgemein zu Grunde; sie war 
die Ursache, dass die an und fbr sich möglidie Unsterblich- 
keit niemals wieder eingeführt wurde, sie lag der Herrschaft 
des Todes zu Grunde, ohne aber dessen erste Einzelursache 
gewesen sein zu müssen; die Hinfälligkeit und Ver- 
letzbarküit des Sorna war der Grund, dass von 
der Natur kerne Anstrengungen gemacht wurden. 



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— 62 — 



(Hose Hälfte des Individuums mit unbegrenzter 
Lebensdauer auszurüsten. 

Götte hält die Fortpflanzung für tod bedingend, 
und in gewissem, ja in mehi&eheni Sinne kann sie dies wirk- 
lieh sein, wenn auch nidit in dem allgemeinen Sinn, in 
welchem es Gdtte meint. 

Ich suchte oben zu zeigen, dass es fbr die Erhaltung der 
Art bei den niedersten MetazoÖn-Formen sich beinahe von 

» 

selbst als das Ntttzliehste ergab, dass ihr Körper auf äne 
relativ geringe Zahl von Zellen normirt und so eingerichtet 
wurde, dass alle Keimzellen gleichzeitig roften und enüeert 
wurden. "Ea ergßJb sich daraus dann die Nutzlosigkeit eines 
Weiterlebens der somatischen Zellen, somit also die Normtrung 
der Lebensdauer derselben auf die Zeit bis zur Ausstossung 
der Keimzellen. So fielen also Tod (des Sorna) und 
Fortpflanzung zusammen. 

Dieses Verhältniss ist nun in einer überaus frrossen Zahl 
von Thierarten höheren Baues beibehalten worden. Nicht 
immer zwar blieb es hei der einmaligen Reifung von Keim- 
zellen; je irrösser und je höhet orsanisirt das Sonja wurde, 
je mehr dasselbe äusseren Gefahren Widerstand It isten, also 
auch eine liüiirore wirkliche Lebensdauer durchsei inittlich 
erreichen konnte, um so vortheilhafter nuisstc es auch sein, 
nicht nur die Anzahl der Keimzellen zu vermehren, sondern 
auch die Zeit ihrer Bildung zu verlängern; so entstand eine 
Verlängerung der Fortpflanzungszeit, zuerst continuirlich, dann 
mit Perioden. £s liegt hier nicht in meiner Absicht, im £in' 
meinen darzulegen, von welchen Umständen diese Verlängerung 
abhangig zu denken ist, ich möchte vielmehr nur betonen, 
4as8 mit der Verlängerung der Fortpflanzung auch eine Ver- 
längerung des Lebens verbunden war, dass aber zunfl^bst 
noch kein Grund vorlag, das Leben Uber die Fortpflan- 
zungszeit hinaus zu verlängern, so dass also auch jetzt 
noch Ende der Fortpflanzungszeit und Tod nahe zusammen 
lallen mussten. 

Eine weitere Verlfingerung des Lebens konnte erst dann 



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— 63 - 



emtreten, wenn Brutpflege hinzutrat, deren niederste 
Formen wir bei solchen Thieren finden, die ihre Keimzellen 
nicht entleeren, wenn sie die Reife erlangt haben , sondern 
in Bich behalten, so dass sie unter dem Sdmts des mttttei- 
liehen Oiganismus die ersten Entwieldungsstadien durchlaofen 
können. Damit verbindet sieh dann bisweilen das BedttrfiiiBB 
der Keime, einen bestimmten Ort m erreichen, der alldn 
ihre fernere Entwicklung sichert. So lebt das Bandwurmglied 
so lange r bis es die Embryonen an Stellen gebracht hat« die 
denselben eine Möglichkeit bieten, in den Magen eines geeig- 
neten Wirthes passiv versetzt zu werden. Erheblich aber 
veriftngert sich die Lebensdauer erst da, wo wirklidie Brut- 
pflege hinzukommt, und diese Verlängerung gebt im All- 
gemeinen genau parallel der Zeit, welche die Sorge für die 
lii Lit IQ Anspruch nimmt. Gerade in Be/ug aui diesen Punkt 
fehlt es zwar noch sehr an methodisch angestellten Beobach- 
tungen, aber die Thatsache im Allpremeinen kann dennoch 
nicht zweifelhaft sein. Insekten, deren Fürsorge für ihre 
Brut mit der passenden Ablage der Eier beendet ist, leben 
auch nicht länger, als bis zu diesem Moment, und die l)auer 
ihres Iinago- Lehens richtet sich dann danach, ob sie alle Eier 
auf einmal able^ien, oder ob dieselben ijeriodisch reifen. In- 
fekten dai^ofzen, welche ihre Brut füttern, wie Bienen und 
Ameisen, haben eine auf Jahre ausgedehnte Dauer des Lebens, 
Aber auch die Verlängerung der Fortpflanzung allein 
kann dieselbe bedeutende Verlängerung des Lebens mit sich 
bringen, wie die Bienenkönigin beweist In allen diesen 
Fällen ist es leicht, sich die Selectionsprocesse yorzustellen, 
durch welche die Verschiebung der Lebensdauer zu Stande 
kam, ja, man wttrde sie genau nachrechnen können, wären 
die dazu nöthigen Baten bekannt: die physiologischen Kräfte 
des Körpers und die Beziehungen zur Aussenwelt ; also z. B. der 
auf bestimmte Zeit entfiallende Nahrungserwerb und der 
Kraftaufwand, der zu seiner Herbeischaflfung erforderlich, 
femer die Vernichtungsziffer, d. h. die Höhe der Wahr- 
scheinlichkeit dir das einzelne Individuum, in einer gewissen 



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— 64 — 



Zeiteinheit einem accidentellen Tode zu verfallen; und zwar 
mOsste diese Vernicbtirngsziffer Bowohl für den Imago^Zustand, 
als für die abgelegten Eier und das Lanrenfitadinm bekannt 
sein, denn je niedriger sie bei der Ln&go, je höber sie bei 
den Eiern nnd Larven ist, um so mehr wd es ceteris paribus 
Tortheilhaft sein, wenn die Zahl der Eier, welche die Imago 
liefert, vermehrt wird, wenn also eine lange andauernde Ei- 
produetion, d. h. eine Verlängerung des Imago-Lebens ein- 
gdührt wird. Allein von einer wirklichen Anwendung der 
Mathematik auf die Erseheinungen des Lebens sind wir auch 
hier noch weit entfernt, der Faktoren sind zu viele, und der 
Versuch ihrer exacten Bestimmung hat noch nicht einmal 
begonnen. 

Im Princip aber wird man zugp})en dürfen, dass eine 
Verlänj^emiig und auch eine Verkürzunp: der Lebensdauer 
durch Sclectionsprocesse luofilieh ist, und dass sie allein ein 
Verstiiii iuiss der genauen Anpassung der Lebensdauer an die 
Leben sbed in jirungeu eruüij lieht. 

r>ass auch Verkürzuuuen der normalen Lebensdauer vor- 
koiiiiiiou, zeigen jene Fälle i)l()tzlichen Todes nach einmaliger 
reichlicher Eiablage, wie sie bei Insekten beobachtet werden, 
deren nächsten Verwandten eine über mehrere Ta?:e ausge- 
dehnte Eiablage und also auch ein ebenso langes Imago-Leben 
besitzen; Beispiele derart lassen sich bei Ephemeriden und 
Schmetterlingen leicht beibringen, und ich habe deren früher 
einige zusammengestellt. Der Windensehwärmer fliegt 
wochenlang umher, um seine Eier einzeln, bald hier und bald 
dort abzulegen, und stirbt vermuthlich wie seine Verwandten, 
der Pappel* und Lindenschwfttmer, erst, wenn die Eier alle 
abgelegt sind, die er überhaupt vermöge seines EmAhrungs* 
Zustandes zur Reife bringen kann; auch Tagfalter fliegen uit 
mehrere Wochen lang einlegend umher, viele Spinner aber 
wie die Satnmiden und Gastropacha-Arten legen ihre Eier 
alle kurz hinteremander ab und sterben dann, und bei den 



^) „Dauer des Lebens", p. 90. 



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- 65 — 



Fäycliiclen mit partheno^enetischer Fortirflanzung geschieht die 
AosstosBuiig der Eier unmittelbar naeh dem Ausscblftpfen aus 
der Puppe, und der Tod folgt sofort nach, so dass das ganze 
Imago-Leben nur ein paar Stunden wfthrt. Es wird Niemand 
einfallen, diese Kürze der Lebensdauer fXir die ursprüngliche 
Einrichtung bei den Schmetterlingen zu halten, so wenig als 
die Flügellosigkeit dieser weiblichen Psychiden; die Verkürzung 
der Lebensdauer liegt hier also klar vor. 

Hat man nun aber das Recht» hier von einer lethalen 
Wirkiinf^ der Fortpflanziin«]: zu reden? Gewiss wird man 
snjjen dürfen, }vnv Tiisekteii sterben an Erscliiipfiiuj^, ihre 
Lebtniskräfto sind luii dieser letzten Anstreuuun.ü: der FJublage, 
bei iMiinnchen der Bejjcattung verbraucht. Die nächste Ur- 
sache des Todes ist in der That die Fortpflanzung, die fernere 
und tiefere aber ist die K o r ni i r u ny: der L e b e n s k r ii f t e 
auf die Dauer und die LeistunpfMi der Fortpflan- 
z ungsperiod e. Dass dem so ist, zeigen am besten jene 
Spinnerweibchen, welche wie die Saturiiieii keine Nahrung im 
Iniago-Zustand zu sich nehmen. Sie besitzen noch Mund und 
einen vollständigen Darm, aber keinen EUssel mehr und sie 
nehmen weder einen Tropfen Wasser, noch irgend welche 
Nahrung zu sich; in schlafähnlichem Zustande verharren sie 
Tage, ja Wochen lang, bis die Begattung erfolgt ist, dann 
legen sie die Eier ab und sterben. Gewiss würde die Ge- 
wohnheit, nach Art der Schwärmer und Tagfalter Honig aus 
den Blüthen zu saugen, nicht in Wegfall gekommen sein, 
wenn nicht der Nahrungsvorrath, welcher vom Banpenlehen 
her in Gestalt des Fettkörpers dem Schmetterling mitgegeben 
werden konnte, gerade genügt hätte, um das Leben bis zu 
vollendeter Eiablage zu erhalten. Der Verzicht auf Nahrungs- 
aufnahme ist ein Beweis daftlr, dass eine Dauer des Lebens 
Uber die Fortpflanzung hinaus hier nicht im Interesse der 
Arterhaltung lag. 

Dass aber der Tod nicht nothwendig als Folge der Fort- 
pflanzung aufzutreten braucht, beweist die bei den höheren 
Metazoea uuiuetende luvolutions- oder Alters -Periode des 

Weismanu, V«fi«r Lebeu and Tod. 5 



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— 66 — 



Lebens. Ich glaube mvhi j»e.cren inich gericJitt^t verstehen 
zu sollen, sondern gegen die bisher heiTSchende Meinung, 
wenn Gölte hervorhebt, dass „die Involutiouserscheinungen 
nicht als allgemeine Todesursache der Thiere autge&88t 
werden können^, da ieh ja selbst zuei'st es ausgesprochen 
habe, „dass dem Tode durchaus nicht immer eine Involu- 
tions- oder Alters-Periode vorhergeht** 

Zu einer eing^nden Erfoisehnng der Unachen, aus 
welchen diese Periode bei den higheren Metazofin eingeführt 
wurde, fehlt noch das Material, ja noch das allerroheste, denn 
wir wissen noch gar nicht, wo im Thieneidie sie zuerst auf- 
tritt, geschweige, dass wir g^ianer angeben könnten, um wie 
viel die fortpflanzungsfähige Zeit von der Lebensdauer Qber- 
ragt wird, und weldien Werth diese l^zte Lebensstiecke des 
Individuums fbr die Existenz der Art hat 

In dieser lUditung werden wir wohl hauptsächlich die 
Bedeutung der Altcrsperiode zu suchen haben, und beim 
Menschen Hesse sich ja aucli Manches anführen vom Nutzen, 
den die längere Fürsorge der Aeltern den Kindern bringt, 
vielleicht auch von den Vortheilen, welche die Mitwirkung 
älterer Individuen auf die menschliche Gesellschaft, und damit 
auf die Steigerung ihrer geistigen Kräfte und mittelbar auf 
die Erhaltung der Art ausübt. Sobald man aber einen Schritt 
abwärts thut, nur zu den AflFen hinab, so mangeln genaue 
Thaisachen, denn wir wissen nicht, wie alt Affen werden, 
noch wann ilirc Fortptlanzungsperiode zu Ende ist, und werden 
es auch nicht so bald erfahren. 



Ich breche hier meine Betrachtungen mehr ab, als ich 
bie schliesse, denn es liesse sich noch Vieles sagen über die 
hier berührten Verhältnisse. Immerhiii glaube ich einige 
wichtige Punkte neu beleuchtet zu haben und mochte die 
Resultate der Untersuchung iu die folgenden kurzen Sätze 
zusammenfassen: 

>) Atiftats I, p. 26. 



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— 67 - 



1. Der fiatürliche Tod kommt ullein bei den viel- 
zelligen Weseii vor, die einzelligen besitzen ihn nocli 
nicht; (kr EncystinmgsproceßB deiselben ist einem Tode in 
keiner Weise vergleichbar. 

2. Der natürliche Tod tritt zuerst auf bei den nie- 
dersten Metazo^n (Heteroplastiden) durch Nornii- 
mng Bfinitnflicher Zellen auf eine Generation und der 
somatischen oder eigentlichen Körperzellen auf 
beschränkte Dauer; sp&ter eist, b^ den höheren Meta* 
zoön wurden die somatischen Zellen auf mehrere, ja viele 
Generationen normirt und das Leben verlängerte sich dem 
entsprechend. 

3. Diese Norminiiig giiifi; Hand in Hand mit der 
Differenziruiig der Zellen des Orgainsmus nach 
dem Princip der Arbeitstheilung in Fortpfian- 
zungs- und in somatische Zellen und kam durch 
Selectionsprocesse zu Stande. 

4. Das biogenetisches Grundgesetz gilt nur für 
die vielzelligen Wesen, auf die einzelligen findet 
es keine AnwenduiiL': und zwar beniht dies einerseits 
auf der Fortpflanzung durch Theilung bei den Monoplastiden 
(Einzelligen), andererseits auf der durch die geschlechtliche 
Fortpflanzung bedingten Nothwendigkeit der Beibehaltung 
eines einzelligen Entwicklungszustandes bei den Polyplastiden 
(Vielzelligen). 

5. Wie der Tod stibst, so beruht auch die kürzere 
oder längere Dauer des Lebens lediglich auf An- 
passung; der Tod beruht nicht auf einer Urägensebaft der 
lebenden Substanz, auch ist er nicht mit der Fortpflanzung 
nothwendig verbunden, oder gar eine nothwendige Folge 
derselben. 

Zum Schluss mag der bisher nur zwischen den Zeilen 
versteckte Gedanke Ausdruck finden, dass auch umgekehrt 
die Fortpflanzung nicht erst mit dem Tode eingeführt wurde, 
dass sie vielmehr in Wahrheit eine Ureigenschaft der lebenden 
Materie ist, wie das Wachsthuni, aus welchem sie hervorging, 

5* 



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— 68 - 



dass ohne sio Ia Iipii so weni«; als etwiö Dauerndes zu denken 
ist, als ohne (iie Fähigkeit der Naltrungsaufnahme und des 
Stoffweehsels. Das Leben ist aber ein dauerndes, 
nicht ein periodisch unterbrochenes; seitdem das- 
selbe in den niedersten Formen zuerst auf der Erde auf- 
getreten ist, hat es ohne Unterbrechung fortgedauert, nur 
seine Formen haben gewechselt, und alle Individuen aller, 
auch der höchsten Formen, welche heute leben,' leiten sich 
in ununterbrochenem Zusammenhang von jenen niedersten 
und ersten ab; es besteht eine vollkommene Gon- 
tinuität des Lebens. 



Pierer'sdi« Hofbnchdntokerei. Stefan Geibel & Co. iu AUouburg. 




\ 



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Verlag Ton G n stay Fischer In Jena. 



TT||Xg^l|^K. Dr. Berthold, o ö. Professor der Zoologie an der deutschen C«rl- 
rilil;OOilt91i^ Ferdinaods-Lniversität in Prag, Lelirl>ach der Zoologle. 
Eine morphulogisctae Uebersicht des Thierraichs aar i:.iuiübruog iu diu ätudium dieser 
WIsMüsehAlt Erst« Mi dritte LtofcruDg. Wi 407 AbUMn^ in T«zt 1888/91. 
Pr«U: • M. 60 Pf. 

TT X Br< Of MT« o. 8* Ihotuam dm AnatomI« vntf Dirtlttor dw II. «aaio* 

Xl6rlWlg| nischtn Institatw an dwUniTwiittt Berlin, T)ic SymTjiosc oder 

das €^enOS$enschaftsIe!)Cll im TI( nolch. Vortrag in dw «raten Mbal- 
licben äitzuog der 5. Versammlung dtutscher ^iatarforscber und Aerzte su Freibarg i. Ii. 
am 18. September 188ft gehalten. Mit 1 Tafel in Farbendrnck. Freie 1 iL 80 Pf. 

— Lehrbuch der Eiitwlcliliiii^sgesohichte dos Menschen und 

Ar Wirbelthiere. Dritte theUwelae amgearb«it«te Anflag«. Mit 880 AbbU- 

düngen im Texte und 2 lithograpliisdien Tafeln. 1800. Prelai liroseblrt It Mark, in 
Callico gebunden 12 Merk, 

TT 1. * Br* SIduucd, o. 0. Professor der Zoologie und verfrldebenden Anatomi« 

Xl6rifWlgy an d«r UaiTerehit Mttnehen, Lehrbuch der Zoologte. wtoea 

Abbildnngan im T«at. Preis s broschiert 10 Mark, gebwntfen II Mark. 

^LÖllikGr ^' Professor, Der Jctzlgc Staiid der morpho* 

' logischen DIsciplinen mit Bezng auf allgem. Fragen. Rede, g er- 
halten bei EröttDung der 1. Versammloog der Anatom. Gesellschaft au Leipalg am 
14. April 1887. Preis : 80 Pf. 

T^rkl^/^hcklf ^* ""^ Heider, 2)r. E., Privatdocenten an der UnirersitXt Berlin, 

l\.uröOut?llj Lehrbuch der Yergleichenden Entvlcklnngsge- 

schichte der wirbeliOSen Thtere. Erste uod »weite Lieferung. Mit Ö40 

Abbildungen im Text. Treis: 20 Mark. 

Die dritte Lieferang wird Im Herbste ttteheinen. 



Lang 



Dr. Arnold, Professor drr J^oologle an der üniversitüt Zürich. Lehrbach 
) der ye rgleichenden Anatomie. Zum Gebrauche bei vergleicbend- 

anatomurclien und zooloKiscbeu Vorlesungen, liieunte gänzlich ntogearbeitete Auflage 
von Eduard Oscar Schmidt*« Handbach der vergleichenden Anatoad«. 1. Abibeilung 
mit tOl Abbildungen. — 2. Abtheilung mit 193 Abbildungen. Beide Abtheiluogoft Hl* 
10 Mark 60 Pf. Die dritte Abtheilang emhelot im September 1898. 

" Oebcr den Einflnss der festsitzenden Lebensweise auf die 

Thtere «nd Uber den Urspraag der ai^(«sehieehtlicbett Fortpflanauag dttreh TbaUong 
and ICnospnng. Pirda: 8 Hark. 

Mittel und Wege ph ylogenetischer Erkenntnis. Erste öffentliche 

Rede, gel iahen am 87. Mal 1887 In der Aal« der Uniirersitftl Jena, entspr. den Ba- 
sdtniriLingen der Pant von llittei'selien Sllfiang für pbflogenetisch« Zoologie* Proia: 
1 Mark 60 Pf. 

Znr Charakteristik der Forschungswc2;e von Lamarek und 

Dar Witt. Uemeiuventindlicbar Vortrag. Freie: 00 Pf. 



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tenag yob ftastaY Flaclier in Jemu 

l^a/>H ^' ^' ^'^o^^*'^'^ Physik ao der deuUclien Ujuiversität ia Prag, 

''^^'^"l Beitrige mt Analyse d«r Bmpflndniigeii^ iiiiMAbuuiws«u 



^r\VinolrA ^b^*'^* ProCum der Physik an der technischen Hochschale 

ouuuuJkt:?^ mMfladm, OemelnYerattndftche Vortrage ans iiem €t» 
Mffte der Pfcyalk* mk AiitiiiduicMi im Tisib. nm« t % nuk. . 

Inhalt; Was dam f — Ueber d«a Sailaad and dia 'Siala -der baafifen Physik. 

■ — Uc^ipr Wpllpn>5e^pgU0g. — r>ie ümwjüzung^ uir^erSr ÄBSPhauiinp^en vom Wp«!Pn der 
elektrischen Wirkungen. ~> Ans der Molekularwelt. — Einige opüs«he i£räehe»»Magen 
<lw Atasasphiv».* — Vabar das Q^tl#r. Naaara TiMtHplan dar Liiftf>' vmd'^Oairttlir- 
Blaktrfdlit. — Wandikroda Bäfga. 

C14.aV|] Dr. S.»..o.. 5. Profenor dar BotanÖc ao .ider UiUi^anlttt Jana, Pflanzen 
' nnd ScfaneCken« Slha biologische S^adle. «bar die Schatsmittel der 
Fflanaangegaa Itelinaekaafirass: Prala: 

nti "1 Dr. Eduard, Professor an der Universität Bonn, Bas Preto- 

ötraSDUr^Gr, piasma nnd di<^ Reizbarkeit. Rede aam Ao^ntt des 

Bektorates der Kheia. Friedr.-Wilb.-Unirersität am ib. Oktober 1891. Preis: 1 Mk. 

Tllkf^ D. naek, H.D., P.B.aP^ . L.L. D., Geist iiiul K?jrpcr. . atndHn «bir 

? die Wirkung der EiobildLinc^skraft. ÄuLorjsirte U.eberaetxong der 2. Aufiagadat 
«B«Uschaa Originals von Dr. S. KoamMd. 1888. Uli 8 Tafeln. Preis: 7 Mk. 



Vprwnrn Wtatdoaiiit dar Pbyaioiagie ap der Hb 

t ci \y Ulli, Die Bewegung der lebendigfen Snlwtanz. 



tf&z, Pkivatdoaant d«r_ Pbyaioiagie ap dw Uiiivarsitlt Jaaa, 

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chend-pbjsioio^aaba UMaraaäiuv bat OaatraetioasaneliaiinngW. Mit 18 AbbUdwgaM. 

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'XTyio.Q ^^8^ Professor der Botanik an der Dnivanritn 

^ ^^^^ Intraedlttlare Pangmeete, im. Prait^,.« kark. 

— Die Pflanzen und Tliierc in den dpnkcin Jiäumen der 

Uotter damer W asser leltany. Bericht aber die biologisehen Untersuchangen 
dar Granolhrbi-Conmlltrfmi an aottardam Tarn ^abra 1887. Prah; 1 Vark 80 Pf. 

nr« I . Dr. Ernst, Professor der pathologischen Anatomie und der allgemein ea 
dM^lQTj Pathologie an der Universität Freiburg i. Baden., K(?nncn CrTfOrbene 

patliologische Eigenschaften rererbt werden nud wie entstehen 
erMlche Krapkheiten nnd Mlssblldongenf? Preis; i Mark ao pt. 

Ziehen Leitfidon der phy siologischen 

' Psychologie In 14 Yorlesungen. -Mit ti 
Prrfa: A Mark. 



Ffoaunsnoidie Bodiancksict (Kemaaa Pohle) in Jena. ^ MH 



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