Der politische
Verbrecher
und die
Revolutionen
in ...
Cesare Lombroso
Rodolfo Laschi,
Hans Kurella
3
r
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i)Eß POUTISCHE VERBßECMß
UND
DIE HfiVOLUTIONM
IN ANTHR0P0L0ei8€flER,
JüßlSTISCHER UND STAATSWISSENSCBAFTLICHER ßmEHüNG
^^^^
c! LOHBROSO UND R. LASCHI.
UNTER MITWIRKUNG DER VERFASSER DEUTSCH HERAUSOBGEBEN
VON
DE. H. KURBLL4.
ZWEITER BAND.
laTminiTAraut.
HAMBÜRa 1892.
YERLAGSAfiSTALT UND DBüCKBBElHACnE»>G8gBI ASGH ACT
^CSauSS 3. P. BIOBTBB).
Onek der Vwlinwatt«» and Dniekoret AcUra-OesolUchaft { vormalt J. F. Eichtcr) ta HAmbarg.
Digitizcü
Srster The iL Anthropologie and Soziologie des poUUiclten
▼«rte«dMai md dir BarolBttoiiiB. (Fortielinnff.}
Neuntes Kapitel.
liHllvillaelto FaMoran.
Portfietzuug; Geisteskranke politisohe Verbrecher.
1. In d«r Zahl dar poUtiMÜMii VeilwMiMr findfln aioh vide
Gcutafkrank», die am sa mebr ni Verimohiii nrngaii, als der
an ddi sa Uinder Impiilriyittt di^onimide Hangel dee mom-
liaehen GefttUs bei ihnen dnoh die LabiHltt ihies peyolusohen
Gleiohgewiehti komptisui wiid, wie dnnh Ihr g e ete i ger tea
SelbefgefiUd, den Mangel jeder Hemnrang dee Iidie, dninh die
üeberMagnng Ton ihrer eigenen GrOm oder von aie umgeben-
den Machinationen, eine Uebexseognng, die sie oft ilirar ge-
SQDden Umgebung mitteilen, da ee nie an Phantasten, Un-
znfiriedenen und Verführten fehlt, an Feinden der bestehenden
Qidnong, in denen der Haas des Irren gegen die Oeflellsobaft,
der er alle eeine Leiden znsohreibt, ein Echo findet. loh er-
innere hier an das Wort Stendhals Aber Bevolntionen, udass
jede Gesellschaft, die Furcht hat, ohne ee zn winen, von Denen
beherrscht wird, welche die geringste Einsicht nnd die meiste Toll-
heit besitzen." Von besonderem Einflnss ist hier der den Irren
eigenthümliehp gennp^prn Mi^nnpis-mns, (Üp grössere Leichtigkeit,
mit der sip das ripue erfassen und festhalten. Maudsley wies
darauf hin, dass die .Monomanen eine Art von Intuition be-
sitzen, TDit der sie ohne beTm««9te Reflexion in ihrer d*^r ge-
wuhulichen gerade entgegen Lrosetzten Art ihre Probleme auf-
fassen. Dazu kommt, dass gerade die Irren mit der ihnen —
nnd dem Genie — eigenen Originalität, (die sich noch deut*
lieber bei Denen findet, die irr und genial zugleich sind) eine
Exaltation vereinen, die das eigene Wohl und oft das Leben
der Propaganda ihrer Ideen opfert und mit alJeu Mitteln ein
Publikum bekehren wül, das jede Nenerung schent nnd sie
oft blutig zurückweist Wo sich die nnerschfittezliohe, &na*
tische IJeberzengung des Irren mit dem Torsohauenden Sohaif*
bUek des Genies Tsrbmdet» entwiekelt sidii eine Esalt, die oft
LomwMOt fMitliNlMr ▼mtoMbw. DU 1
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2 I< TbcU. Anthropologie und Soziologie des politischen Verbrechens eto.
die trSg» Mmmh elekfcriairt) di« rt auoan d ein Fhlnonfiii be- \
traohten, das auoli dem Denker und dem fetnen Znsohaiier *
wunderbar eradheini Dam kommt der nnwiderstahliehe Ein-
ftum, den die VerrttoUheit eohon an aioii nnter barbariaelien
ZnsMaden ond anf daa Volk kat.^
IMUek aehaffen sie nieht ana dem Niehte, aondem fae- ^
sdüennigen nur die im atiUen dnvoh die Zeit nnd die Terbalt-
Dirne Torberaitatoi Bew^gnngen, da sie aieh ftat immer fOr das
OiigineUe, ftr die neaerten Entdeoknogen nnd Einrioliftongea
begdatem uid von dieaem Steodfrankt ans in die Zukunft ^
blioken. So aobneb Schopenhaukk in einer Epoobe, in der
der Peasimismas, zugleich mit einem Qeeokmaek fflr Hyatieia-
mns und Bmphase, in Mode zu kommen anfii^; nnd er Ter*
«inigte bot alke das in einem pbüosopbiaoben System, wie
DiBwnr LucABOK nnd Ekabhdb Dabwih Tifaehmola, und
Zola. Balsag und Flaitbebt. "
LüTHEB nabm die Ideen vieler Vorläufer nnd Zeitgenossen
auf. Weichen solche Ideen allzusehr von den herrschenden
Anschauunf»en nb, oder sind ?ie ?.n abstird, so fallen sie schnell j
und ziehen dabei nfc ihrer; Urlieber mit sich zu Boden, oder
fr bleibt allein übrig mit der kleinen ächar Derer, die er ^
fortriss, oder die ihn verstanden.
Tn Indien hat siob m aeuester Zeit eine, unter den Bra-
miiien selbst entstandene, neue Religion gebildet, die den
Rationalismus und modernen Skeptizismus zur Grundlage hat;
offenbar verdankt sie ihren Erfolg dem seiner Zeit vorgreifenden
Denken ihres geisteskranken GriiiKJers Keshab, denn selbst in
dem so viel aufgeklärteren Europa wäre der Triumph einer
solchen Religion noch nicht möglich. 1
Dasselbe gilt für den deutschen Theologen Kkutzen» der !
▼or 200 Jahren erkiftrte, es gäbe keinen Gott nnd keine HoUe; i
Fdecter nnd Beamte waren llberflilang nnd eehttdlieh; die Ehe
wire nnditliek, der HenBch wflre mit dem Tode an Ende,
Jeder mttaae aich von aeinem Gbwimen leitm lassen (daher der
Name eonaeientiarii iDr seine Sekte); daa allea biaekte er
> Tgl. LoüBBoao, Der geaitk Mmicliy 188S. — 2Vv Mmd, 1887.
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Menntoi K^teL Individuelle FalcUmn.
3
vennischt mit den unsitiuit;steii (Jitaten vor. - — Wenn sich
das irre (^enie nicht allzu weit von dor iierraciienden Meinung
entfpmt oder lebhaft empfundene Bedürfnisse vertritt, dann
bedingt und befruchtet es Reformen, die dem Leben eines
Volkes auf die Dauer eine neue Richtung g^eben können; so
verdankt die Wia^enBchaft Cahdanus und Nkwton grosse
jJiüge und die religöse Entwicklung ^Muliammed. (s. o.)
2. Pathologische Anatomie. — Einen wichtigen Bei-
trag zur EenntniBS dieser YerldltniaBe liefert der pathologisch-
automwolie Bafbnd im lUle Lbhoihb.^
JBi handelt« neh um wutt in dir Inmuitlbät bai Arnim-
tidna TetafanrbeiMa oOjahrigen Ez-Kommanardn, dar eine IkDheie
wiaaanaohaftlieha BUdong gemiantt nnd nacheinander der
Umirmdi, der Jcnnaliatik und der Indiiitrie angehört hatte.
An der Kommnne nahm er th&tigen Antheil und stand dabei
an der Spitae einte der wiohtigaten Hiniitefien. Znm Tode
venuiheiU» hegnadigt nnd aohlieasliflh amneetirt, lebte er nihig,
bis sieh Symptome Ton GeiatoaBCOmqg nigten, in denen eine
Neigung an Diebatlhlen anflBel; er aanunelte anf den Stnaaien
von LiUe Gganenstammel, die er ab KeelhaiAeitan aufhob ;
er hatte Beeintrftohtigungsideeir nnd aeigtB, jedoch ohne ein in
Grtteenwahn giplelndea Wahnayttem, eine aehr hohe lietnnng
TOD sich selbst
Die Sektion ergab ein hypertrophisches, fettbevraohsenee
Herz von 440 g Grewioht; des Myocard ist gelblich und weich
infolge reichlich darin enthaltenen Fetts. Die Aorta zeigt zer^
streute Atheromflecke, meist weich und gelblich, selten verkalkt
Die Schädelknochen sind ongewöhnlich fest, die dura mater
adhärirt innig, die pia ist an vielen Stellen trübe und ■welsp-
licb Das sehr voluminöse Gehirn wiegt 1420 g. Die beiden
Stirnlappen sind durch Himsubstanz, die eine wahre Kom-
missur bildet, miteinander verwachsen; dief?e" Kommissur sitzt
kaum einen Centimeter nach vom vom Baikenrand, ist mchs
Milliriiorer breit und fast ebenso dick. Sie besteht ilus t^^muer
und weisser Substanz, die auf dem Durchschnitt konzentnsob
Archiot (fanthropologie cnnttneUe. — Lyon, 1887.
1»
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4 LTJieü. AnthropologMODdSonotogiedesiKkUtiaohea Verbro
ange')rdnet erscheinen, diese et~was weniger breit als jene; sie ibt
ganz von einem Fortsatz der Pia mater umgeben, der sie von
dem dahinter gelegenen Balken trennt. Die grosse Himsiohel
hat einen die Kommissur aufnehmenden hall mondfönnigen Ein-
schnitt an ihrem hinteren Rande. Die Furche, welche die
mediale Stirn w mdung von der deti Balkens trennt, existirt in
diesem I^u eau nicht, und die heiden Windungen sind in eine
vereinigt. Weiter nach hintan niohnet sich die betreffimde
Furche immer deatlioher ab. '
8. PhyBiognomie. — Ein «aderar BeweiB ergieht sieh
ans dem Stodinm der Physiognomie dieser KensdheB. Es
genügt in der Thai ein Blid: anf die PoiMb Einiger, wbol,
andh wenn man nieht S^^enalist isft, den Oebtsskianken m
erkennen. Man sehe s. B., wie der !K^as des Sokwaohsinnigen
mit der kleinen, snrOekili^genden Stirn, den strnppigen Haaren
nnd dam asymmetiisohen Gesieht bei Oatalibb und Mabat
aoflgeiffigt ist, (vgl. Talel Vm., Nr. 5 n. 2) nnd ebenso
bei LomsB Hiorbl mit ikiem Mannsgesioht, ihrer kydro-
oephalisoben Stirn, den an^erjas one n Angen (Tafel Ym, Kr. 6).
Bei Oola di Bienzi tritt nichts Abnormes hervor bis «nf das
angewachsene Ohrläpp<^en, aber die Historiker erwfthnen alle
SMn phantastisches (für uns auf Gröasenwahn deutendes) Liebeln.
Wir fanden unter 50 der berrorragendsten Kommunarden
28 mit normalen Pkysiognomieen nnd 5 mit dem Typus des
Geisteskranken:
PiLLOTiN, Mimik des Geisteskranken, Bartmangel, anrOek»
fliegende Stirn, massige Jochbeine.
Regere, glasiges Auge, Typus des Halbuarren.
Peyonton, Typus des Geisteskranken, 2urttokiliegende
Stirn, massige Jochbeine, üppiges Hs^r.
Cavatjfr, der oben erwftbnt wurde und
PoTHiEK, Typus des Halbuarren, Hnt,\stli(;lier Blick.
4. Erblichkeit. — Auch erbliclui Belastung fehlt nicht.
Labükde nennt unter den Koinniunaiden: F., aufbrausend und
jähzornig, Sohn einer Gl^isteskrankeu ; T., Sohn eines Geistes-
kranken, eitel und verschwenderisch; D., Sohn einer Geiaitsä-
kraiiken, und F., dessen Brüder geistesgestört sind, der selbst
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Nvont« Kapitel. Individiidle Füktemn.
5
mit 17 JiliNii Mnai Anfiidl tob Melanoholio liatto» aoih sor
Spiomig» gtmguti fldgto^ dM «r immer sa Minrai VorÜMil
aunmtrte» und Eleptomaae war.
6. Formen das Irr 68« ina. — Die ▼emehiadaBen 8peoiaa
dar QeiatMaiOnmg aogen ima ebeoMmd Tjpm poUtiBaber
Veibreoher. Der Monomane, der Faianoiker besitzt &8t immer
eine über das gewöhnliche Dorohschnittsmaass hinausgehende
Intelligenz, durch die sie an bedentenden Vorstellnngen gelangen;
aber aie aind oft unfiüiig, zn handeln, schliefsen sich zu oft in
ihre etgenen Kreise ein und theilen sich Anderen nicht mit ; so
eotalebt» wie hei wirklichen Denkern ein Widerspruch zwischen
ibien grandiosen Gedankengebilden und ihrer Thatigkeit im
praktischen Leben. Der Melancholiker geht von der absolute»
sten Trägheit zu stürmischen Angriffen und yerbrecherischen
Harifüuncrün über; der Alkoholist und der Paralytiker zeigen
gewöhnlich in den Anfangsstadien eine gesteif^erte psr'?cbiscbe
Thatigkeit; besondere der erste versteht es, dengrossen Haufen
durch seine ungebundene, sprudelnde, cyniscbe Spr< oh weise zn
Exzej'sen fortznreissen. Oft nimmt er ohne jeden Zweck an
allen üevolten theil, nur um zu lärmen und sich zn ereifern.
Beim Epileptiker dagegen tritt die Retiexion hinter dem
Handeln zurück; ihn treibt der motorische und affektive Er-
regungszustand der Hirnrinde, der ihn oft in einen politischen
oder sozialen Reformator umwandelt.
6. Individuelle Fälle. — Auch fehlt es mclit uu
individuellen Beispielen. Man betrachte z. B. Luxheb. ' Er
war einem Leiden unterworfen, das er selbst den Künsten des
Satans ansohrieb, daa aber seiner eigenen Beschreibung naoh
psychopathiseharNatiirgeweMii snaemaeibelnt: Angstaoaiinde,
die aainac Anablit naeh ▼on einem ttolaen« eraOrntan Ootte
Teraiaaidit worden, Sehwindel, Koplbehmera, Ohramauen
(H^iii&reaohe Knukheit?) und später, im Alter von 88 Jahren,
GebOnhaUncimiiioiieii (er hOrte den TeaÜBl einen Saak mit
Nomen aebattoln).
Niebt ealtan kam ea tot, dam er nm Mitlemaebt
* iMhW Air I>y«himtrfe, Beriin, 1881.
(> LTheil. Anthrttpologie und flqriologi» dm politiidiwii Vwhwohww «te.
aufwachte and mit Satan über die Mflsae in difipntiren anfing.
In der Kirche zn Wittenberg hatte er eben begonnen, die
Epistel an die Römer auszulegen, als er bei den Worten ^der
Gerechte wird im Glauben leben" fühlte, dass ihm die Worte
in die Seele drangen, und dasselbe hörte er auch mehrere
Male vor seinem Ohre flüsternd und später mit donnernder
Stimme widerhallen, als er in £om (1510) die Stufen der
heiligen Treppe omporstieg.
Loyola wendete, als er verwundet war, seine Gedanken
relie^iösen Dingen zu und ersann, durch die Wittenberger Be-
wegung in Schrecken i^osot/t, den <^'roHs;irt:goii Plun seines ver-
hftngnissvoUen Ordon.?; es half ihm bei dipson Planen die
Jungfrau Makia u Person, und er hörte himmlische Stimmen,
die ihm Eingebungen zuflüsterten.
Auch Sav<inakola verdankte seine üeberzeugTing, /um
Erlöser des \eid«rbten Landes berufen zu sein, emei Vision,
die er im Jünglingsalter gehabt hatte. Eines Tages sprach er
mit einer Könne, als er plötzlich den ^1'™™*! offen und das
Ekod der Eiieh« deatiieh tot Augen aah und eme Stimme
hdrie, die ihm gebot aUm dem Vcdke Teikftndigen. Die
Vioonen der Apokalypse dee alten Testamentee jagten eieh rot
seinem inneren Ange. Wihrand w 1492 eine Adventspredigt
hiftLi^ hatte er dne Hallnoination; «r anh ein Sohwert mit der
Iniehrift M01adin8 Domini saper teisun', dae neh plötdieh der
Erde nawandte. Die liuft Tirdnnkelt» sieh, es regnete
Sehwertor, Pfeile nnd Feuer, die Eide wurde eine Beute der
Pest nnd dee Hungern, nnd enf Grand dieter Hallnemation
propheMite er die Epidemie, die dann aneh wirkiiah kam.
In einer andeien Vision maohte er, als Gesandter an Jesos
Ohnstos, eine lange Reise ins Paiadiee, hatte Unterrednngeai
mit yerschiedencii Heiligen, sowie mit der Jungfrau Maria,
und beschreibt den Thron der letsteren, wobei er nicht vergisit,
die Zahl der kostbaren Steine ansngebwi, die ihn sohmtteken.
(Vu.LAHT, Vita di Savofiarola IL, p. 304.)
Beständig grübelte er ttber seine Träume nach, vnd in
den Visionen suchte er die von Engeln und die von bösen
Geistern eingegebenen za nntenebeiden. Der Gedanke, das«
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Nennlci JUigSUL ladividmlfe lUitotw.
7
or aok dabei im Irribiim bdindm ^(fimto, bwinrnhigto iho
iu«ht; in moma aeiner Bttehar aridflrto er: «War voigiabt ein
Prophet an sein, nur um die Mensohen au fibersengen, der
nadit Oottsom Beirllgar.*' — „Und konnte eaniolitaam,* fiÜizt
«r in aainan Einwendungen fort, i^daaa dudiohaaibafebaiarllgat?'^
«Kein,^ antwortoter, »iolibeta Gotfean, iokauohe seinen P&dan
an fdgen, aa ist Dioht mOglioh, daaa Gh>tt mich hinteigalit''
{JDe veritoie proph fica 1497.)
Und einige Zeit darauf aohrieb er mit der den Greistes-
kranken eigenen Inkonsequenz: ^loh bin kein Prophet, auch
nidht der Sohn eines Propheten — eure Sttnden aind es» die
mich mit Gewalt dazu gemacht haben;« und ein ander Mal
sagt er, dass seine Erleuchtung unabhängig ist von der Grnade.
ViLLARi, der, unbekannt mit der Psychiatrie, wie riele
Geschichtschreiber, wenig Werth auf diese Dinge legt, macht
hierzu die richtige Bemerkung: „Das war seine Charaktpreipen-
thtimlichkeit : ein Mnrtn, der Florenz die bpste 1 orni der
Re]iul)lik geLrfl'Hii hat, d^r ein i^uuijes Heich brlierr^cht, die
WVlt mit seinnr Bereiisaiiikeit ♦Ttullt, der zu den grosstt-n
Philosupheu z;ililt — ist atou darauf, dass er Stimmen aus
der Luft hört uiiü das &)hwert des Herrn sieht! 1**
Aber, wie er ganz richtig schliesst: beweist eben die
Kindlichkeit seiner Visionen, diiss er das Opfer von Hallucina-
tiunen war, * und em noch deutlicherer Beweis dalur ist der
Umstand, dass ihm seine Visionen oft nicht nur ganz unnütz,
sondern sogar schädlich waren.
„Was brauchte er, um das Volk zu betrügen, Abhand-
lungen Uber Vulonen an sohreiben, mit seiner Mutter dirflber
au apredhen und Bemerknogen Aber diesen Gegenstand an dra
Band seiner Bibeln au sobreibm?*
nAUea, waa seine Bewunderer gern TeiBehwiegen hatten,
was die gewdhnliebe Sehlnuheit niemala hätte an die Oeffimi-
liohknt kommen lassen, gerade daa Terkflndete er immer wieder
und wieder."
Die UTahrheit ist, dass, wie er seibat oft bekannte, dn
Feuer an adnem Lmem aehrte, das ihn sum Sprebhen trieb,
und auf diesem Htthepunkt des Deliriums und der Ekstase
8 IThail. lntkropologieiiiid8on(dogi«dwiwlititQfa«nY«rb^^
gelang es ihm, seinen eigeDen Schilderangen naeh, dk Zu-
hOzenehBft in einer W«in mit sich fortzareisten und sn tf-
flehüttern, die heutzutage unglaublich erscheinen würde.
Hasaniello, ^ ein junger, kaum 20] ähriger Fischer, der
aieh in Gedanken viel mit der spanischen Uebermaoht und den
unerträglichen, das Volk bedrOokenden Steimn beachiftigt
hatte und über ein Mittel zur Befreiung nachsann, begann
damit, dass er andere Burschen seines Schlages revolutionäre
Worte auswendig lernen und singen liess, Worte, ä\p ihnen um
80 mehr im Ciedächtiuss blieben, als sie die heissesten Wünsche
des Volkes ausdrückten, wie z. B. l'olio a due tome«?i senza
g^bella, mora ü mal güvemo. * Allmählich werden es fünfzig,
— tausend, — zweitausend solcher Burscheu, und naoh und
nach wuchs ihre Zahl auf hunderttausend, ja hundertzwau/.ig-
tausend, und so sah sich Masaniello mit einem Schlage Herr
von Neapel. Und er herrschte dort als Weiser und zu gleicher
Zeit als Karr.
Er riss dem Kopfe CAüAHr as, den er vorher auf grausame
Weise vom Volk hatte ermorden laßseu, die Haare aus; und
da er den Herzog von Maddaloni nicht, wie er gewollt, in
seine Grewalt bekommen konnte, verwästete er dessen Palast,
staoih dem Bilde Mmee Vaters die Angen ans und kOpfte ihn
in efiü^. gehlinwlioh, steekto er die ZolUiioMr, d^ Wok-
nnngen der leidhen ZoUpaohter in Bnnd nnd streike neehker
alle Diejenigen» welche ans diesem ZentOmngsakto Vordieü
gezogen hatten. So wnide mancher der Binwoihner w^gen
emes TaföLtndhee oder eines Saekss Gerrte anrn Tode Teniitili«lt
Zngleieh jedoeh seigto er anaaenndentUohe Ffchigkeiteo. Er
oiganiabte Banikadsn; an&ngs wollte er die Hfllfe der Ban-
diten annehmen; als er ebsr sah, dass sie ihre FMe behaitan
woUten, ahnte er mit Beeht irgend eine VenÜlutrsi nnd liaaa
sie umbringen«. Er verbot den Franem, Beiftooke, nnd den
' GiRAFFf, Ragf^Hogli IHmluzione del ßegno di NapoU. 16&5.
— AjiAi>oiu, Ao^o^ soLkvuta, Bologna. IböO. — LoMsaoBO, Trc Tribmi^
1887.
' «Dm Oel eoll swei Tonmoii koitea; nieder mit dar seUeohtMi
Begieraag."
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UmaiH KapiteL Individiwlto Mtdraa.
9
Prieitt m » Miniel sn tnig«ii, vm die YerkUidiiiig der Briganten
xn Terlündam. Er bewiflbete guise Heere von l^ea mit
Hob und Zttnditoibii, um in den femdlidieD FilittaQ Feuer
anzulegen. Er sohloes den ViMkOmg in eemem Sehloeee ein
nnd begann dann Verhandluugen» indem er sich erbot» seine
Maeht sn Onnsten des Volkes niederzulegen. Plötzlich aber
Snderte er aein Yeriialten, sei es, weil sein krankhaft beanlagtee
Nenrenajatem der psychischen Anatrengong nicht gewachsen
war, sei es, dass der Gedanke an einen plötzlichen Verlust
seiner Maobt ihm nnertiiglich war. Er, der bisber sieben
Tage lang ni^beure Summen avflekgewiesen hatte, der sein
rothes Fischerhemd nicht ablegen wollte und sich selbst dem
Tizekönig kaum in einem besseren Anzüge vorgestellt hatte,
bekam plötzlich in der Kirche, während die Verträge mit dem.
Volk vorgelesen wurden, einen heftigen Erregungszustand,
sandte dem Vizeköuig Boten mit einer Pordprnng nacii der
anderen zu, verlans^e das Recht Dtti/iere zn ernennon, Wappen
zu verleihen, fnr(lritf> die Verabschiedung der gan/en Kavallerie,
fing dann au, seaie Kleider zu zerreissen, und verlangte, dass
der Vizekönig und der Erzbischot kamen ihm dabei zu helfen,
kurz, er benahm sich ganz wie ein Tobsüchtiger im Grössen-
wahn und beging all die Tollheiten der romischen Kaiser, die
Jacob Y mit Recht aus dem Gefüllt imi:)©8chränkt«r Gewalt
ableitet. So wollte er z. B. durchaus einen ErzLisciiof, der
ruhig nach seinem LändcLieu zurückkehrte, von 4000 seiner
Anhänger begleiten lassen, giebt dann einem vorübergehenden
ATeraaner einen Fuastritt, „so mache ich dieh sinn fiitier
Ton Arersa", Uasl Maneransolillge maoben, den »an nioht
ihm, sondern dem VisdEOnig gehorohen mfisse, nnd verlangt
dsDA das Entgegengesetzte; er sohlift fast nioht mehr. Jeden
Angenblisk giebt er seinen Garden neue Befehle^ lAnft mit
blossem Degen dnroh die Stnesen, Terwondet mehrere Per*
soneo, Iflsat Jeraandemp aber den sieh üner seiner Begleiter
beUagt^ den Kopf absoUagen, besehlagnahmt die P&rde des
Kaniga nnd sehiokt sie dann wieder snrOok, Torlangt von
OiuucciOLOp ersoUeihm die Fttssekflsaen, weil er faeimB^gognen
nieht vom Wagen gestiegen wflre, kcmfissirt die Güter eines
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10 LTheO. iLnthrapo]acMuiid8öiioU)gi0dMpoIiftiM]uiiTerbii^^
anderen hoben Beamten, dee Oeneralyisitftton Porsso m Lbone,
als Ve^ltang für einen Knie, den dieser ranem Ueinen
Neffen gegeben hatte. Er verlangt, dass dtf TisekGoig an ihm
zu Tisch kommt, und wirft Geld ina Heer, nm Die ooeh au
beaablen, die es heraasfischen.
Er Hess ihm unbekannte Leute grundlos tüdten, brachte
anoh seine Anfährer nm, als wenn sie (sagt ein Gesohichta-
aobreiber) Kapaune wären, bedroht den Vizekönig mit dem
Tode, besohimpft die Minister, machte dabei aber doch dem
König von Spanien Komplimente. Er springt mit den Kleidern
ins Meer, bedroht seine Freunde einmal derart, dass sie ihn
binden müssen, entflieht ihnen aber dann und ruft von einer
Kirche aus das Volk auf, so dass seine intimsten Rathgeber,
Abpaja und GEN^•l^•I, von allen Seiten bedroht und in die
Enge getrieben, ihn tödteu mussten. Und das ganze hatte
kaum vierzehn Tage gedauert.
Erwähneuswerth ist hier auch die nationale Erhebung
Roms unter Cola dz BuiiKZi, dessen in einer Zeit der Erniedri-
gung grosse Erscheinung einer von uns an anderer Stelle
als Beispiel eines geisteskranken Genies voll Grösbeuwuhn
bereits dargestellt hat. ^ In bescheidenen V* rlialimssen 1317
geboren, hatte er aus eigener Kruft i.icli zum 2sutar und
Alterthumskenuer gebildet, als sein Bruder von den damaligen
Machthabem in Bom getödtet wurde. Nun wurde er, dessen
Mnnd, wie aain anonymer Biograph sagt, immer nn phanta^
atiaolMa LkMn leigte (vgl. Nr. 6 auf TM VHS), der liber
den Monumenten nnd Sehiiften des alten Borna hrfltend daa
Elend der Stadt beweint hatte, von dem nnwideratehlichen
Verlangen ergriffen, daa wieduhenaateUen, waa er ans seinen
Studien kannte. Als Notar hatte er die Witwen nnd Waiaen
beaehttixt nnter dem aonderbaren Titel »Eonanl der Witwen**,
wie es damals Konsnln der Tiaohler, der Wollspinner ete.
gab. 1343 snohte er den Senat an Terdrttngen nnd grOndete
die Bfigiening der Dretsehn nnter der Antoritttt dea Papatee;
Diese sebiekten ihn als Gesandten naeh Avignon, nnd hier
* Lomaoio, Tre l^ibmri, ~ Boro, 1887.
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KmntM XapilaL IndifidnaUe Faktorea.
11
leliildArfte «r das Bleiid Borns so btndt imd lebendig, daas «r
die kaltto frtktoa bewegte und den Titel eines Notus der
Oamen Urbane (1344) eibielt; naoh Born «Britokgekehrt, ttbte
er dieses Amt ans und nannte aieh lOnnsoher Konsul, aber
nidit mebr den der Witwen.
Eines Tages beleidigte er in einem Angenbliek fanatiseher
Emgung die Barone nnd ttberbttnfte die Wflvdentriiger mit
Vorwürfen und ErmahDUDgen; die nächste Folge Hiervon war
eine ungehenre Obrfeige, die ilim ein Kämmerer der Colonna
▼erabreiohte; er nahm Jas damals mit ziemlicher Ruhe hin und
begann nun die frühere Herrlichkeit und das jetzige Elend Roms
in Abhildnngen sn schildern» auf denen Mörder, Ehebrecher
und Schurken in Gestalt von Affen und Katzen dargestellt
waren, bestechliche Richter und Anwälte als Füchse, Senatoren
und Feudalherren als Wölfe und Bären. Eines Tages brachte
er die berühmte Tafel Vespasians vor und lud Volk und
Adel zu einer draniatischen Erkläruns» dieses Alterthums ein;
er erschien dabei m einem deutschen Jlniitel mit weisser Knpuze,
mit einem weissen, von j^ahlroirhon Diademen umgebenen Hut,
von denen eins eniHn sübernen Dolch in der Mitte zeigte,
bizarre Symbole, die iS'iemand verstand, und die seine Geistes-
störung beweisen; es ist für Monomanen charakteristisch, dass
sie fortwährend Symbole anwenden, auch wenn sie damit die
Möglichkeit Anderen ihre Absichten Terständlich zu machen
verlieren.
In der TliaL galt er in der voiuehmen Welt für einen
jener GeisLebkranken, die damals als Narren zur Erheiterung
der Gesellschaften sehr gesucht waren, und die Dynasten, be>
sonders die Colonna, machten ihn einander streitig; erersAblte
ihnen yon der Henlidiksit smnes konunenden Belehes. „Und
wenn idi König oder Kaiser sein werde, werde leh endi Alle
besiegen, nnd weide dann Diese bangen. Jene enthaupten lassen*
— wobei seine Tomehmen Znbflrer ansgelassen laohtsn. So
braebte er allmiUioh «ne stille Gibmng unter die Maasen,
gewann Leute, die ihm geeignet ezscbienen, und besetste mit
' ihnen den Aventin, Ende April, zu einer Zeit, in der der
OoTematore Born yerliesB. Als er seine Anbinger um sieb
13 LTlieU. AsthropologieoBdSondogiedeBpülitiiolMnyeilWMkAiitete.
▼enumiMlt bstto, swgle «r bsi dsr Sduldening d«a Ekods dw
Stedt wahve Beredaainkoit und •benao bald dazamf in euwr nlelit^
lioheii Yenammliiag auf d«r Bngalsboig, wo er «iaige Axitrig»
innelimeD Im«, die wirkEeh d«i Stempel des Genint imgeii.
Bbeneo genial erwkat ar lidt naek jEzlangiiiig abaoluter Gewalt
über die Stadt durch sein Yi^kft-Parlament; jetat aamite er sich
Txibiu» bekämpfte die Barone, sohaf in Rom Ruhe und Qrd*
nuug, verbot Glücksspiele, das Konkubinat, die Verfklsoliiiiig
der Lebensmittel und übte 'eine strenge Gerechtigkeit gegen
Alle, 80 daas er sich immer mehr das fien dea Volkes erwarb ;
er (»ganisirte eine Bürger-Milia und war der Erste, der sich
Rom als das Oberhaupt von gaaa Itelien da(dite, und dorthin
ein nationales Parlament zusammenrufen wollte.* Leider blieben
diese Projekte im Stadium der Theorie stecken, entweder weil
BO radikale Reformen damals {ibnrhaTipt nic^t ausführbar waren,
oder weil Cola zwnr gross in Plänen, aber uiizu\ erliissig und
unfähig zu praktischer Thätig-keit wnr. "Rr glaubte, in allem
durch die Gnade des heiligen (ieistes geleitet zu sein; in den
c-rnstesteu Angel^^geulieiten wollte er erst in sich die Stimme
Gottes hören, der er alles berichtete und mit der er sich be-
heth, und infolge des Prestiges dieses Ansprochei konnte er
auch in religiösen Dingen Verfügungen erlassen, wie die, welche
Jeden, bei Strafe des Verlustes eines Drittels seines Besitees,
zu einmaliger Beichte im Jahre verpflichtete.
Die dem irren eigeueu Widersprüche fehlten auch in ihra
nicht; so yerglich er sich unter Berufung darauf, dass er mit
dB Jabien einen Sieg erfochten hätte, mit Christus, obschon
er lelir religiös war — ein Widezspnieh, der ebb dnndi daa
Uebergewiehi dee GrOflaeadelive eikllrt.
ünfer dem ISnünaB einer denrtigen deliranten VozateUnng
krönte er aieh am 15. August 1847 mit 6 Diademen ana Yereolue-
denen Fflanaen: ZSphen, weil ar die Beligion liebte ; Hyrtha^ weil
er die Wiwmniwhaffc ebrte; Opinm, weil er Giffem wideiatlnde
(wie der Kanig dem Haae), nnd daan kam nocb die Ifitra der
* VgL PtfBVOoaivT, Cbfa di Steiuif 1844. — Oaseoaovioi, OMehickt«
der SlMlt fio», XI, 967.
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KwBlM Kapitel ladindndle Mionii.
13
trojaaiaolieii KOnige (f) und «ine nlbeni« Krone; naoh Gnsoo-
■oviüs bfttte er damit seine Abneht angedeutet, eieli sun
Eaiaer krOnen tn Uunen; wir würden darin eher ein Zeieheo
seiner Yoiliebe ftr ^mbolieolie Handinngen, die der Monomane
eo liebt» selieB«
Wenn niebt andere Beweise seiner GeisteestOning beetflnden»
wttrde die ungebenre Menge seiner Schriften genügen, die so
gross war» dass man bei der Pldndemng seines Wohnsitzes
im Campidoglio ganse Berge von Konsepten nioht abgesandter
Briefe faod , wie es auch bekannt ist, dass er mebreren
Sohreibem bis zur Ermüdung diktirte, nnd dass er an die
europSiseben Herrscher Kurier auf Kniier schickte mit fiot-
sobaften» die toU der sonderbanfeen Ansprftdhe nnd kindieebsten
Wortspiele waren.
So schrieb er am 5. August 1347 in einem Briefe an
Papst Clkmens : „Da die Gnade des heiligen (leiste« dip Re-
publik unter meiner Leitung befreit hat, und da Anfang
August meine iiif^dere Person im Kriege vordrang, wird mir,
wie in der Unterschnft ZU ersehen, der Name und Titel
Auguötus ZU theil.
Gegebeu, wie obeu, den 5. August.
Die niedere Kreatur,
Kandidat des heiligen Geistes, Nicolo der Strenge und Sanfte,
Befreier der Stadt, der eifrige Freund Italiens, der die Welt
liebt und die b'us.Kt' der Seligen kusst."
In einem anderen Bnete au den Papst, gelegentlich seiner
Siege über die Feudalherren und fiftuher der Umgebung Roms,
schrieb er: „Gegenüber ihrer Un Würdigkeit war es ein grossss
OlOek, dass ein Hann wie isli sieh im Beoken Komriurrnni
gewasolieii hatte ;** «ne Handhnf Hbrigens, die seine Anbinger
sehr tadeltso, die ftr ihn aber die Bedentang einer Art haiaer*
liehsrliiTestitQr hatte, safi»!geeiner jener symboliseben Spielereien,
denen die GMstsslaanken bsaendere Bedentungen unterlegen.
In einem ans dem Geftngniss an Oabl IV. geeohriebraen
Briele «rUirt er, nm ihn günstig anstimmen, erwSre mitibm
verwandt; denn seine Ifnttsr, eine Wftsoherin, hatte Beaiehnngen
an Heihbich YII. gehabt, Ton dem er deshalb absnstammen
14 L Theü. Anthropologie und Soziologie de« politischen Verbrechen« etc.
behauptete. In der an den Kaiser gerichteten Proklamatioa
ei klart er sich für den „neuen Kämpfer des heiligen Geistes"
nnd citirt zum Sohlass die Füisten Dentsohlanda, die sich
Kaiser oder Erwlldto des Btiolit nennen, zu Pfingsten vor
sein Angeiicihi H«n kann sieh nnn wohl dunaf bemfen,
dasB Anaebauungen und Gfitten jener Zeit von den oneeren sehr
venehiedin waren, aber man kann nidit lengnenp da» diesa
Sobiiftatacka danttiek den Stempel des GhrOaMnwakns tingen.*
Bin Geiateskiaaker war aaoh an der Spitie der letalen
gfoese n obinesiaehea Bevolntion, die, von mehr ab 400000
Kiiegem yerCheidigt, in einem jeder Menemng nnd jedem leli'
gifleen Faaatismns abgeoirigten Lande nene« den ehristliehen
Biten ihnliehe leligMe Formen etnfthren wollte.* IMeeer
Fahrer des Anfirtandes hieaa HoirG43nr*TBümr, war 181S als
Sohn einer armen fianemfamüie geboren nnd xeigie grosse
Begabung: trotzdem bestand er mehrere y^-g«»riiiMi uiebt; nnd
gerade als er sich voll Mtthe nnd Angst nuf das letzte Examen
vorbereitete, kam ihm ein katholiaohes Andachtsbnch in die
Hand ; er bestand das £xamen oieht, wnrde krank nnd bekam
Hallucinationen; nnter anderem sah er iioh in eine Yersammlnng
ehrwürdiger Greise versetzt, von denen einer die Undankbarkeit
der von ihm geschaffenen Menschen beklagte, die den Dämonen
Opfer nnd Geschenke brflchten, nnd ihm ein Schwert übergab
mit dem Auftrags, <\\e Teufelsanbeter auszurotten. Unter dorn
Einfluss dieser Hallucination erziihlte er seinem Vater, der
(Tpjpt dort oben hätte ihm befohlen, die Ungläubigen zu ver-
nichten, nnd nun müssten sich alle Meirichen vor ihm beugen nnd
ihm ihre Sohfttze briuLTt'n; natürlich liielt der cirmo Vater ihn
lar golste^k^■Hnk, was er auch war. Sein Delir dauerte vierzig
Tage, und in dieser Zeit sah er sieh in Begleitung eines
Mannes mittleren Alters gegen die bösen Geister kämpfen; er
tobte, mit dem Schwert in der Luft umherfechtend, nnd schrie :
„Tödtet, Tödtet, bis er, durch Schreien und Rasen er*
' Nähere EinaeUiMten •. in meinem Bnohe: Ire IWbmM, Turin,
Bocc», 18« 7.
' Vgl. (^uarierly Review, London 1863.
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ütmtM Kapitel IndividiuUd S^akUwen.
15
müdet, auf sein Bett sank und einschlief; dann behauptet© er
wieder, Kaiser vou Ohinn zu .seiu, und war stola, wenn Be«
snehende ihn scherz vs'eise als solciien Ijp^^ruijsten.
Nachdem dieser verwirrte Zustand aufgehört hatte, nahm
er seinen Lehrerberaf und seine erfolglosen Examensvor-
bereitungen wieder auf, bis er eines Tagas beim Durchblättern
jenes schoii in Peking vuri ihm gelesenen katholischen Buches
den Schlüssel seiner Hallucinationen zu finden glaubt«; der
alte Mann in sohwarzem G«wande war Gott Vater, der Mann
mittleren Alte» Jesus Cluristiis eto. Das bestärkte ihn in
▼on eineni Fisiind« tenfen, stflnte
die Steine des Confiunufl nm nnd gründete mit einigen Ntoh*
ben, die an ihn glaubten, eine Sekte, die er „Anbeter Gottes*
nannte.
Nadidem er veigebena den IGarionlr fioraar, der ihn
nieht fbr wllidig hielt, nm die Tanfe gebeten hatte, kehrte er
an aeinen » Anbetern" anzflflk, mnnto aber, Ton den Beh<)rden
Terfolgt, fliehen nnd hielt aioh aiebeo Jahre lang Terbozgen;
Mono Anhlnger waren dnroh die Yeriblgni^, wie gewOhnÜeh,
▼eimebrt worden ; sie hatten eine Arl Tniie mit naohfolgendem
Theetrtnken eisonnen, wollten alle Bilder aentOren nnd eehelnen
meiatt wie ihr Prophet, hallncinirt zu haben. EHner nnter
ihnen, ein gewiaeer Hang, unterhielt sich mit Gott Vater, und
ein andmr, Siu, mit Christas, der ihn alle üebel heilen und
die Sehorken aufdecken hiess. Der grosse Prophet eohenkte
ihnen den vollsten Glauben, oder that wenigstens so; unte>
stutzt dnroh den Fanatismus seber Anhänger, den Bassenhaai
der Chinesen gegen die Tartaren nnd mit Hülfe europäischer
Kriegskunst gewann er an Macht, so dass er sich 1850 Kaiser
Tin-Wano nennen konnte und seine unzurechnungsfähigen
Apostel, nachdem sie vorher auf die zehn biblischen Gebot«
hatten schwören müssen, zu Königen machte — freilich, um
sie, mit der Inkonsequenz der Irren, später tüdten zu lassen.
Es ^^eborten lant^e Jahre und viel Blutvergiessen dazu, um
seine Auhim^ttr niedemiwerfpn.
Unter den Eingeborenen von Neu-Seeland eutHtaiul im
Jahre 1862 eine neue Beligion. Ihr Gründer, Hobopapeba,
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16 I* Tbeil. AnthropcdogiA and Sosiologi« dcf polituohen Verbreohaai etc.
war schon jahrrlang gHisteskrank und das begünstigte ihn, da
die Maor! ä\o hreu verehren und sie für inapirirt halten. Bf>i
der Strandung eines englischen Fahrzeuges hatte er olles gelha«,
um PlOnderuBg and Todtschlag zu verhindern; ah ihm das
nicht gelang, wurde er verwirrt und fing an zu hulluciniren.
Er glaubte mit dem Erzengel Gabriel, der ihm pino Koligiuii
des ITriedeus lehrt«, lu Bn/iehung zu stehen, und predigte den
in Fehde liegenden Stäiumeu Versöhnung. Von den Engländern
anfangs begünstigt, liess er bald die Bibel verbrennen und die
Ifilrioiiin Twtrnben, und duldete nur die Juden, von denen
er die Herkunft der Uaori ableitete; er naimto deahalb aaeh
seine Priester «Jen*.
Er behauptete, dnieb WnnderkrBfte sieh von Strieken, mit
denen man ihn band, losmachen an ktanen; aber er todtetn
seinen Sohn mit seiner Wnnderlntven nnd verlor alle seine
Leute, die er in das Geiwebrfeaer eines englisehen Forte führte.
Trafadem wnide er der Petras BSremite einer Bidiebung
die Bnglinder. «Der Ptakeka« (Fremde), sehne er mit
den tenaend Gesten des Besessenen, ^ist ein Sehensal, eine
Sohlange, die ihren BmihrBr beisst; es ist Zeit, ihn an ver-
nichten . . dann hjpnotisirte er die Neophyten, indem er sie
sich um ihn oder um einen Pfahl drehen liess, bin sin er*
schöpft und betäubt umsanken, heulten und bellten, sich öffinnt-
lidi sodomisirten, Menschenblut tranken, die Sehidel eiaeUsgener
Engllader ergriffen nnd sie spreoben lehren wollten. (FkASBBs
Hagazine, 1866.)
Auch fast alle Aufstände in Algier (Revue scietjtifique,
1887) verdanken ihre Entstehung irren oder nervenkranken
Ekstatikem, die ihre Krnnklieit und den Einfluss der um sie
gesammelten religiösen Bruderschaften in dem Bestrebeu unter-
stützt, für inspirirt zu gelten und den Fanatismos der Musel-
manen anzulachen.
In neuerer Zeit hat ein Hallucinant, Geoiujk Fox, durch
seiue KraiikliPit die mftchtig^ste Propaganda gemacht; unter
ihrem Einflusa verlasst er seiue Familie, kleidet sich in Leder,
lebt in hohlen Bfiuraeu und bort verkünden, dass alle recht-
gläubigen Christen Kinder Gottes sind. Er gründete die
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Neuntel Kapitel. Indiriduelle Fektoren.
17
Quäker-Gemeinde. Anfangs glaubte ihm Niemund; aber er
hürte eiüe Stimme, die ihm zurief: Jesus versteht Dich.
Er versinkt dann für 14 Tage in eine Art von Lethargie,
und während iliai sein Korper todt erscheint, wirkt sein Geist
weiter ; diese Illusion wiederholt sich übrigens bei seinen voll-
komiueu ehrlichen, aber visionären Aposteln.
Aber das jüngste Beispiel auf Geistesstdning beruhender
leligiteer Berolationen waren die LazzM-ettisten auf jenem
«bgel^genMi Berge Amkia, dMBan nnkaUiTirte Bewohner,
nachdem sie ehrlltnhtig den FropheseiiiDgeii BRANDAVOt,
«iiiM nligiOsen Uonomanfla dea 5. Jahrhnaderts, gelanaclkt
und spater im Jahie 1840 «ume gewuaen Bakdassabi Aü]»i-
birt' Heiligen Ternhit hatten, nnn in Datid Lasabitxi
den CSttistDS dee 19. Jahrhnndflrts gelonden m haben glaubten.
Dieeer,* 1884 in jUehideaso ak Sohn eines Lohnknteehers
geboren, anscheinend Trinker, aber Ton iasBenl robastem
KOrperbao, hatte unter seinen Verwandten Ins und Selbst-
mörder, und anoh von seinen seohs BrOdem steib einer, der an
religiöser Manie litt und sich fttr den ewigen Vater hielt, ab
Qeisteekranker ; alle anderen waren sehr robust, besassen
gigantische Gestalten, einen geweekten Q«st nnd ein Torsflg*
Udiee Gedttohtniss.
David übertraf alle, sowohl duroh seine riesige Grösse
und die Anmnth seiner Formen, als durch seine grössere geistige
Bedeutong, dnroh den grossen dolichocepfaalen Sohädel nnd
durch den Jedermann fasoinirenden Blick; aber er hatt» auch
viel vom Narren an sich (s. Tafel VIII, Nr. 8), eine hohe,
aber enge Stirn, reichlichen Bart- und Haarwuchs; er war
hypospadisph, was, nach Morel und Le Grand de Saullk
{Signes phystqiies des niantes raisonymnka^ 1876) bei Irren
häufig vorkommt. Schon in seiner Kindheit war er voller
Widersprüche und üLorspaniitor Tendenzen, die man bei Irren-
haiiskandidateu so haulig tindet So hatte er sich, Kutscher,
wie sein Vater, einem zügellosen Leben und dem Trank
' Vgl LoMBROHO, Tre Tribuni, 1887.
* BAR2RLi.om, Smti sohktri e fiiosofi. — Bologna lödl.
LOKBBOBO. PoUtiMlMr Yfliferaeher. U. 2
18 L Tbeü* Antiuropologto xani Senologie itot poUtiMthen VerimolMni «ko.
ergeben, obgleicli er eine Lektüre betrieb (Dante und besonders
Tasso) die für einen Mnnn seines Standes «ehr miffnllend ist.
Als niedricTpr Zänker und Händelsucher war er überall der-
rnciassün gefürchtet, dass er eines Tages bei Gelegenheit eines
Festes, nur von seinen Brüdern begleitet, ohne Waffen die
ganze Bevölkerung von Cnstel del PiRiin in die Flucht in«rte.
Dabei war er leicht zu begeistern far eine Rnde, ein Gred]cht,
eine Predigt, ein Schauspiel, kurz für alles, was ihm edel
und srross erschien. Er empfand grosse Verehrung für Christus
und Muhaiuined, die er die zwei bedeutendsten Persönlichkeiten
der Welt zu nennen pflegte. KmcIi seinen eigenen Ani/eich-
nungea hatte er mit 14 Jahren eine religiöse iialiucmaüoü,
die sich später, im Jahre 1866 — sei es als Wirkung des
Alkoholgena88€e, sei €8 als die politisdier Elrreguagen — wieder-
holte. Iii dieeerZeit enoliieii ibm dk Hadonnft nsd befahl ihm,
SQ eineni Biiunedlep ni he^beiii der ihn m
einer Grotte beherbergte, ihn in äieologisehe Bflober einführte
und Üun wahieeheinlieh andi half, ein doppelte» Stigma in
seine Stini euusoBehneiden, das er ap&ter Tom heiligen Petras
erhalten an haben behauptete nnd Tor Fro&nen hinter einer
Stimloeke verbarg; entspreehend einer bei Oeieteekraiiken
häufigen Neigung, s^mboliBirte er mit seinen ▲nhingem spiter
diese Tftttowirong in mysteiiflsem und hOohst sonderbarem
Sinne.
IGt seinem AufnÜnlt bei dem Eremiten beginnt lOr ihn
eine jener bei Gteirteestörungen so häufigen Oharakterverände-
mngen; aus dem trunksüchtigen Raufbold wird ein leicht lenk'
barer Abstinenzler, so dass er im Sabinergebiige Ton Wasser
und Brot lebt, und sp&ter ron Brot und Kräutern ; noch merk-
würdiger und auch filr eine gebildetere Umgebung überrasohender
ist aber die Umwandlung seiner bis dahin unbeholfenen und
fast burlesken Schreibweise in einen stellen weis eleganten,
stets treffenden Stil, bilderreich und kräftig, mit einem Hnnche
der Innigkeit, der an die ersten christlichen Heilif^en erinnert.
Unter dem Eintluss einer nenen Offenbarung, die iliui bpfnhl,
mit dem Papst über die unbeüeckte Kmpf^ngnias sich zu be-
rathen, ging er nach Horn und stellte sich Pius X. vor, der.
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NettBiw JUpiteL IncUridaaUtt lUdoraii.
19
klttg«r ab manche unserer StaatomlaiMr, ihm eine Donohe in
der Irrenanstalt am Janiouloa tiiipfehlBn haben soll. Vom
Papst zurückgewiesen, schlug er sich zur Opposition» dekla-
mirte gegen den päpstlichen Hof und orakelte über ein theo-
krntisches Reich, in dem Gott und die Republik sieh die
Hand reiclifii sollten. Inzwischen hattn ilas Volk mit f>staunen
dif» Veränderung seines Wesens wahrgenommen und iiei, vom
Klerus fanatisirt, hin, ihn su hören, umprab ihn mit Verohning
und machte sich an die Erbaunni;: einos Tcmpol.s, der jedoch
uie iertig wurde, obwohl Alauuei, Fruueu und Kinder das
Baumaterial auf ihren Armen herbeisühlf*ppten. Im Januar
1870 gründete er die Gesellschaft der heiligen Liga (Santa
Lega) und begab sich bald, nach Abhaltung eines apostolischen
Mahls, mit den Seinen nach der Insel Monte Cristo, wo er sich
einige Monate, mit Schreibeu vou Bneien, Predigten und
Prophezeiungen beschäftigt, aufhielt; andere Visionen und
Qffenbanmgen schrieb er auf Montelahro und in der CerfcoM
m. QraioUe; builior hatte er aiek auf gOttlklhen Befehl be>
geben, und hier «r&nd er eine m Zahlen beetehende Geheim-
aehiift und diktirie das Bnofa der „Himmlieahen Blnmen**
(»Geleeti fiori*).
Er wuide Terhaftet unter der AnUage, ttnen BBzgerkneg
geplant an haben, wnrde spAter freigesproohen nnd kehrte mit
der Aureole des MflrtyresB an leinen AnhSngem aorOok, deren
Zahl stetig wnchs» bia er ihnen im Aogoat 187B aakflndigte,
er wllide ihnen ein Wnnder aeigen: er eei in der Geetalt
Qhiiati von Gott geeishiekti ala Führer nnd Biohter, nnd aei
deshalb nnvermmdbar; jede iidiaehe Macht und Gewalt mflnte
gegenüber seinem Willen weichen; ein Zeiidien mit seinem
Kommandostab gwflge, um die Uftehte zu vernichten, die es
wagten, sich ihm zu widersetzen. — Er verliess nun seine
Einsiedelei nnd stellte sich an die Sjutae einer Prozeenoii
seiner Getreoen, die die seltsamsten Banner vor sich h eiCrun e n ,
bemalt mit wunderlichen Thielgestalten naoh Art derjenigen,
die er in seinen Halluoinationen gesehen und in seinen Schriften
beschrieben hatte. Einige aus der Schar waren in bunte
Farben gekleidet, and er selbst trug eine königliche Toga nach
2*
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■
altrömischer Art, auf dem Kopfp eine Art von Tiara mit
wallenden Federn und in der liaiid eiripn sogenannten ..Kom-
mandostab", Es ist bekannt, wie tragisch diese Prozession
endigte, und wie Lazzarbtti bei Archidosso in der toUod
niuBion des Triumphs seiner überspannten Ideale fiel.*
Lazzahktti schien enipni gewissen Philosophen, dem die
E^auitate der Psychiatrie fremd und unheimlich blieben, ein
isolirtes, fremdartiges Problem, zumal er dem Jjeben unserer,
relig:i68€r Schwärmerei so abgeneigten Zeit zu fem und heterogen
encheint.
In einer Revolte der neuesten Zeit finden wir ein neues
Beispiel eines geisteskranken Fübrers, der ganz allein im Stande
war, den Fatriotismos weiter Gebiete za «nreolcen ; m wv der
EuMdkr Loun Rul; aem Porlitit (Tafel Vm, Nr. 8) IM
wilde Augen, aehr diehte Haaze, ataike Jodhbdne etloMUiflii.
Nene UntMfnohii2ige&* Haben ergeben, daaa er ein mjatiaehiar,
an GfOflaenwabn leidender Sehwflnner war, deem wnnne und
inapirirl» Worte dook die Kraft beeaaeen, die Maeeen lieftig
za faiifetiairen. Br war der Sohn einer infolge leligiaaer Manie
halb aehwaehainnigen Mntter nnd einee ftbenpanntan Yateia,
nnd war, ehe Termeintlieh gOttlioihe Bupiralionen ihn aar Anf«
wiegehing dar HeatiMn veEsnlaaaton, aebon dimmal in der Zeit
swieoben 1870 und 1878 in Irrenanstalten eingeaeUoeaen weiden,
weehalb ihn aneh ein MOnehaoiden, dem er heitreton wollte,
aorfidkgewiaaen hatte
Er war auch der Urheber und Leiter des Au&tandes der
Winnepeg im Jahre 18äO, den General Woiseley niederschlug,
nnd in diesen Kämpfen lieaa er ana blosser Tollheit, ohne jede
Verankssang, Scott erschieeeen. Er gerieth ftbiigens jedesmal,
wenn fiir diesen um Gnade gebeten wurde, in eine fast tob-
süchtige ErrpgTing. Später trat sein Grössenwahn deutlicher
hervor ; er liieit sich für einen YnlkRerlfHser und strebte nach
Erhohtung einer Hierarchie, in der er Oberprophet und Papat sein
' S. T.oMHKoso, Pmzi ed ammali, cap. XI,
' 77t/' juf'dico-lt'gal JoHrnnJ, 1885, Dezember. — C. M VABMIirT,
Jjoms md {Mevuc <k« Deux Mondes, Män, 1866).
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Nenntet Kastel. IndividoeUe FakUnren.
21
wollte; seine Grundsätze und Pläne schwaukten etets, nnd wenn
er flieh heute bigott zeigte, predigte er morgen gegen Priester und
Kirche. Jedoch hatte er b*»i seinen krankhaften Zu^Uiudeu
auch licliterti Intervalle uud iiandelte dann mit so viel Um-
sicht, doä:^ er einen ungewöhnlichen Einfluss anf die Indianer
benat. In der Thai war ar dar eigenüioha Atugangspniikt daa
graaaaik kaaadiaebatt Anfetaadaa (1885) und aaban dan nomi-
naUan Folowni Ddmoht und DuxAis dar «gantUciha Ghaf.
Wlhrand dia xarolatioiiftran Haufen kämpften, ailta ar mit
hoehgehaltenam Kniwfix, Unit daUamiiand nnd Iwtend, hin
und hat nnd nnierlualt dadnnh «nan nnbeeehrnbliohan IWa-
tiamua.
Dar An&tend wnida niadaigawoilan nnd Biel varliaiftat;
irflhiend daa Pftnaasaa TarwUnaalita ar aaönan Yarthaidigw, so
oft diaaar B.*a GtaaateakEankhait betonta, nnd wollta Um niaht
ananksnnan; fibrigana wnvda ar, obgleicii diai SaohT«tsittndiga
ibn ainaiinunig fbr ainen Honomanan aikblrten, hingerichtet.
So aiging es ihm, wie kon snvor dam Freunde der
SklBTanaimanzipation, John Bkowh von Kansas, der 1859 dia
Neger aufwiegelte. Auch er war erblich zur Geis toost ftmng
baaaiagt; aaine mtindllchen nnd achhftlichen Aeussemngan
zeugen von einer dncch den Haea g«gen dia Sklaverei henror-
gebraehten Exaltation; aber sein Motiv war gerecht, und
deswegen blieb sein toller, allzuMier Versuch nicht ohne
Frucht; nachdem er besiegt und hingerichtet war, brach im
Jahre 1861 äor von ihm prophezeite Krio? aus, und sein
Name diente den siegreichen neuen Emanzipatoren als Feld-
zeichen. i);iä Beispiel zeigt, dass Gewalt und brutale Unter-
drückung auf dia Dauer g^;en eine gerechte Sache nicht vor-
halten.
Ramos-Meja schildert unter den Kampfern der südamerika-
nischen Republiken als geistig abnorm : Rtvadura und Manuel
Garcia, — Beide waren H\rpochonder und starben un Hirn-
leiden; den Admual Brown, einen an Verfülgungsideea lei-
denden ileknchüliker, eleu Epileptiker Dr. Varela, den ver-
rückten Ingenieur Beltran, einen Helden des Unabhängig-
keitskrieges, den aus den argentinischen Bdrgerkriegen
22 LTbeil. Anthropologie and Sosiologie des politit^mTeriwoditMito.
bekaanten ObezBtoii Ebtomba» d«r an der Spitn aeiiMr Trappen
■ich plötzlieh mluifumig zeigte, n. a. m.
Unter den Helden der franaOoMhen Berolntion (and rieh
die geisteskranke TflteoiaMS, die „Belle de Lidge*. Eine
Terrathene liebe warf sie in den Strqdel der Berolntion, nnd
FanB sah aie bald tlglieh libendl, wo das Volk sieh sammelte :
aof den Flltaen, hinter den Bamkaden, bei allen If ordseenen ;
anm Offizieisrang erhoben, eilt sie nach Lüttich, um das Volk
an&nwiegeb. nnd emoheint dann in demZnge v li Paris nach
Versailles, von wo sie an der Seite Joürdans zu Pferde anrtti^-
kehrt Spftter entflieht sie den Oesterreiehern, die sie gefangen
genommen hatten, erscheint wieder in Paris nnd predigt von
der Terrasse der 'Tnilerien Liebe, Mttasigkeit und Eintracht ;
bald darauf zieht sie an der Spitze einer Weiberaohar umher
mit den abgeschnittenen Köpfen der Gardes du Corps auf den
Piken. Die Volksgunst blieb ihr jedoch nicht treu ; sie hielt
zu den Girondisten und fiel mit ihnpn: sie wurde bei einer
VoLksrede von der Tuilerienterrasse herunteigepeitscht und
wurde dann ausgesprochen geisteskrank.
Tu der Studie von Laborde' über die Parisov Komniiiue
finden sich von GeiöLeskmükeü aufgezählt: vier frühere Inpo-
aDStalts-In£u.ssen, vier erblich belastete Irre, sechs moruUäch
Irrsinnige und sieben an Grössendelir Leidende. Darunter war
der schon mehrmals wegen Mama ambitiosa internirte Alltx
(is. Taf. YIII, Kr. 4), der Erfinder eines Telegraphen, der auf
die reciproke Sympathie von 48 Schnecken, welche (zweimal)
die 24 Buchstaben des Alphabets darstellten, basirt war; die
Kommunarden selbst sperrten ihn wegen Verrath, Imbe»
eillitit nnd Tollheit ein; femer B., ein waihnainniger
Mystiker, der si«sh gans in Both kleidete nnd sieh als „Sohn
des Beiekes Gottes nnd Parimnear*' nntsrsaehnet»; der Dr. F.,
ein Bxpriestsr, später Atheist nnd Befoimator von propheti-
Seher Haltnng, der ndt ftbertriebenen, eactiaTaganten Ideen der
* Ygl. EsQuiu)!., Du maladüg mmkikt, Fant, 1838. — A. Tsbaldi,
Bagione e pazsia, cap. IV.
* Lu komma H kt adto; ViMmteetim de FkH» dMM h ptvchit
hgie moMe. - Psiis» 18B9L
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Nanntet KaisiUH ladividiMna Faktom.
23
Kommline bntnt; d«f AM 0^ der sdhon froher wegen Tob-
Booht mit yorbeneoilieiideii GrOaseuideeiL in «ner Anstalt ge-
weeen war.
Daxu kommen die tod Du Camp erwilinten Fälle:
LuLUD, TrappenfQhrer, den das Zentralkomitee wegen Gkietee*
stömog nnd Selbetmordtrieb faltnehmen liess; der Brandstifter
PiNDT ; der dur h seine ExtraTiganaen und sein tobsüchtiges
Benehmen anfallende Flourbns; OllAm, der in den Be-
rathungen der Kommune die Versöhnung durch Begründung
der „Räpnbiique imp^ro-mooazohiqiie'' beantragte, in der die
Justizbeamten ,. Procureurs royals de la Hepubliqne aap^nale*^
und die Verwaltongsvonteher «Chefe de la Coamime" hensen
sollten.
Dr Camp und Laborde erwähnen (4aillard, ehemaligen
Schneider, einen Hydrocephalen, Generaldirektor der Barri-
kaden, die er ?n be^reistert verehrte, dass er sie aus Stiefeln,
aus Brot, aus I)r umni^teinen, die ihm m die Hflnde sreriethen,
bauen hussHu wollte und siph in beroisrher Poüe unter der
Besatzung eiuer ad hoc eigens wieder konstruirten Barrikade
photographiren liess.
Auch die gegenwärtige Anarchistenpartei ^ahit unter ihren
Älitgliedem viele Anomale,
Eiü iriischer llevüiuliüüär, MoONEY, der an Explosiouea
in London betheiligt war und sich vor Gericht rühmte, zuerst
die Besitzenden mit Dynamit ezsohreokt zu haben, wurde in
Kew-York anf das flhereinstimmeBde Gutsektsn aweief G«riohts>
flnts ftr wahnsinnig erklBrt
7. Königs- nnd. Prftsidentenmörder. — Hier sind
die politiseb henrortretenden Geistsakranken an erwdinen, die
selhstindig nnd spontan handeln, indwn sie das Staatsoberhaupt
angreifai, nnd die meist ein nnUaies Eeko der Partsikimpfe
nnd der politisohen oder religiMen Bewegnogen üuir Zeit
danfallen.
Das gilt Ton dem Attentat CüAma anf Huhbioh IIL
wihrend der erbitterten religiösen Kflmpfe Frankrsiohs; er war
ein Irrer, der naok dem Gestibidniss seines Yerhrsehens bekannte,
daas er sieb gesdileehtlioh zn swiner Sekwester kingetrieben
24 LThtiL Anthropologie and Soziologie de« poJitiiQhm Vwfaadwm eto>
und Ton «intm Jloiddmige baonraltigt fUili, und daas der
Tod des aciner Reügüm feindl M h en Königs seine Stnfe mildeni
soUto. Auf die IVage, wo er diese Art von Theologie gelernt
hatte» aatwürtele er: „in der Pluloeopliie''. An eeinem Edrper
fand man drei Blttter mit dem Anagitmm des Königs vnd neim,
aeme Beleihte enthaltende, naeh den xehn Qehoten angeozdnete
Zettel.'
Heinrich m. starb von der Hand des Dominikanermünebs
Clement, der wahrsoheinlioh an Hallucinationen litt, da er
nach Angabe seiner Zeitgenossen dnroh Visionen and gftttliofae
Inspiration 2m seiner That getrieben wnxde.*
Sehr ähnlich scheint der Fall Poltbots, eines tlbereifrigein
CSidvinisten, gelegen za haben, der ein Attentat auf den Herzog
▼on Goise machte, weil, nach seinem Bekenntuiss, ihm für
die Beseitigung der f^einde der Protestanten das Paradies ver-
sprochen WELT.'
Sicher war relifj^irsser Furiiitismus eins der Motive, die
Ravaillac die WaÜe gegen Heinrich FV, in die Hand gaben,
aber die eigentliche Ursache war f^ein Veifolgungswahnsinn.
Er war wegen Gehirusch wache aus seinem KloBter \ei-
trieben worden, gerieth dann doroh eine iaische Anklage 'um
Ge^ngniss und bekommt Visionen, in denen er sich zum
Werk/euiJ!; der Yorsehimg aui»ersehen fühlt, die ihn autreibt,
den König, doÄsea Armee gegen den Paust rüstete, zu tödt^en.
Seine Richter erklärten ihn (nach Mathieu) wählend der
Untersnchnng für einen Irren von melancholischer Stirn*
mnng; trotzdem blieb ihm ein schieokliohes Ende nicht erspart;
er gkabte 1»a mktrti das Volk mlinte ihm ftr mum Tbat
dankbar eein.*
* £toil, Jmamal des choses memorables advenueji durant k rigme
d€ Emry HL ^ Fuit 1826.
* IHicmm mm FranotUa mr f odbitraMt cceidmU de la «Mrf i»
Mmry de Valois. — Paris, 1589.
' CAPEriouK, Uistoire de la Rlform''.
* Hatbikd, Jiüttoria delia morte di Bcnrico IV., Hodena, 1616.
Supplido cMM|)te« e «orte ign miMota daia c SVanem» EamriOae,
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Nenntn Kapital. IndividueUe Fbktoroi.
25
Eb ist bemerlceiiswartli, daas nach seiner Yerbaftung zahl*
reidie SeliriilBttteke bei ihm gefonden imzdeo; unter anderen
ein Gediisht ttber den Gang smm Bichtplats; daaralbe war
soigfiütig und offenbar xom eigenen Oebraneh anfgezeibhneti
da die den SeeleuniBland dee Todeekaadidaien aehildemden
Worte MOgftltagier und mit anderen Bnehstaben geiohneben
waren, ab der übrige Text; hiesana» wie ana vielen anderen
Sehriftstfleken erhdlt seine Sehreibaooht (.Graphomanie'^].
Qau shnliefae Dinge &nden aioh hei G-uiXBAü« und dieaer
ist jenem anok darin flhnEdi, daaa er» wie B. ans IfiHeid mit
der KOnagin, ans Efleksiflht anf E^n Gabvisld seinen Angriff
anfidiob.
In England ▼eranlasste der Despotismus Gboms III.
und die Missstände seiner Begiemng das Messer-Attentat der
geisteskranken M.\BaASliBB Nicholson und den Angriff eines
anderen Irren, Hatfield, der mit einer Pistole nach ihm schoss*
In Frankreich machte d«r wahnsinnige Damiens den
Versuch, LuDWiO XV. zu ermorden; er rechnete auf die ün-
sn&iedenheit der durch den Stonerdmck und die Intolerans
des Klerus erbitterten Berölkening; Ton Sönd anf düsteren
und an GeistasstOmng grenzenden Humoia» t— weshalb er
JElobert le diable genannt wurde — hatte er einen schweren
Diebstahl begangen und war auf seiner angsterfüllten Flucht
vor der Polizei geisteskrank geworden; in diesem Zustande
bemächtigte sich seiner die Vorstellung, dass dem Könige vom
Erzbischof von Paris die Sakramente verweis^ert worden wären,
und das8 alle T'nruhe m Paris dadurcli veranlasst wäre. Er
glaubte, mit seinem Attentat das J. und zu beschützen; vor den
Richtern erklärte (^r, er hätte ein dem Himmel wohlgefülliges
Werk zu thun i:eglaubt und ercjincr sich in meist ^anz un-
sinnigen rcdif^noseu und politischen Ausemandei-^etzungen. '
In neuester Zeit tctdtete ein Epileptiker einen grossen
amerikanijsohen Staatsmann: Ighazio Monqss,^ 3Ö Jahre alt,
• Voltaire, Histoire du regne de Louis XV.
' Aktoxio f. Pixkbo» Anhim di jpndtitUna e tdeme pe$uM, TU,
5. — Turin, 1088.
26 LThieSL AalliropologittiiiidSQstologiadMpotttiMAmTaA
wUendMi» «m«n Stoin g^gtn dtn Gmml Booha, Pttmdeaim der
Mgeniuiiaßhen B«p«l>lik, und Twletete ihn 8ehw«r am Kapt Der
VerbieoW war ein Mann Ton mittlerer GrMw (1,67 m), kiif-
tiger Konstitution, neoropathisoliem Temperament, mit laagenif
schwarzem Bart, mehr dunkler als heller Iris ; die Stirn hoch und
asymmetrisch, der Schädel mttaaig entwickelt, brachycepha!, ziem-
lich schief und von linker vorderer Plagiocephalie; das Glicht
breit, niedrig (Chamaeprosopie); die Jochbeine vorstehend, der
Mund gross, die Lippen dick und ge^ nistet; das Gesicht zeigt
verschiedene Narben älteren Datnms, Sparen des Sturzes im
epileptischen Anfall. Er schluft wenig und wird von düsteren,
schrecklichen Träumen gepeiniirt; der Puls ist voll und frequeut,
das Sluskelsystem wohl er]t>vickelt, jedoch zeigt es emotiven
Tumor. Am Dynamometer ergiebt sich für die Muskelkraft
der rechten FTand 70, für die der linken 150 kg, somit also
Linkshändigkeit und recht 1 e deutende Kraft Die Haut ist
wenig empfindlich, Hallucinatiouen und llluaiouen fehlen.
Ueber sein Leben berichtet er, ev wftre als uneheliches
Kind in der Provinz Corriente geboren; Vater und Bruder,
die er kennt, waren immer gesund. Mit 15 Jahren trat er in
ein Kuüeg ein, lernte elementare Dinge, nahm dann an allen
revolutionären Bewegungen seiner Heimath theil und war ein
eifriger Anhänger seiner Partei bis zu deren Niederlage und
ZersprenguDg im Jahn 1874. Itr siedelte nach Uruguay über,
wnide jedooh yon der Behörde nm sein Oesbliaft gebnobt,
und leistete bei dieser Gelegenheit bewaffiraten Widezaboid,
wobei er mebme Soldaten yerletarie nnd sellMt an der Stirn ver-
wundet wnide; er verlangte gleicli dannf anf dem Ministerinm
Genngthnnng. Seit dieser Zeit hatte er keine reehte Besobfif-
tigong mehr, infolge der hänfigen epileptisoken Anfiüle, an
denen er von seinem swaazigsten Jahr an, naeh einem Simse
anf den Kopf, litt.
üeber die Motive für sein Attentat gab er an, dass er
mit der blossen Absieht ansgegangmi wire, der EiMffitnng der
Kammer beiniwohnen, ohne jeden vorge&ssten Plan; als er
Trappen angestellt sah, reizte ihn das, in den für die Ab-
geordnetsn nmstellten Banm einzudringen, nnd ab General
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Zehntes KapiieL ludividuelie Faktoren. — liattoide Politiker etc. 27
RocRA endüm, Inm üiib der Gedanke, ihn m tsdtiii. Ab «r
gefragt wurde, ob ibm dieser Gedanke m oder nadk dem
Bintrel^i dea Genends gekommen wflie, gerieÜi «r in keftigen
Zorn. Er iet Ton hypoohondrisckar, meknoholisdher G«mttfhs>
Sinige Monate Torkw hatte er im Ge&ngnisB einen Mit-
geÜBDgenen dnroh einen Fanstsohlag tn Boden geefereokt, und
gkiok daiaaf einen epileptisohen Anfidl bekommen; der Zorn
ftnsserte sioh bei ihm in der Form impnlsiTor Tobeooht
Zehntes Kapitel.
Individuelle Faktoren. — Mattoide* Politiker. — lndiraiti»r
SfliMnoni. — HyttBro-epileptiicii« AltrHitttii.
1. Merkmaie. — Die Mattoiden, welche auf dem F^nnde,
in unkultivirten Gegenden, unt€r dem weiblichen Greachlecht
nur iKklii^t selten vorkommen, unterscheiden sich von den
Verbreciiern durch die lioheio Entwicklung des inoralischen
Gefühls i von den irren, auch von den »ogenanuleu Paranoi-
kem, denen sie ao sehr nahe stehen, unterscheiden sie sioh
durch Abwesenheit der Delirien, äusserst geringe Impulsivität
und durch ihr fast unversehrtes Affektleben, und von den
einen wie von düu uudereu durch den fast vollständigen Mangel
all Dcgeucrationsmerkmalen und erblicher Belastung. (Von 34
einer Untersuchung unterzogenen Mattoiden zeigten 12 nur
zwei Degenerationsmerkmab, 2 davon hatten drei, 2 vier und
nur einer hatte deren 6 aufweisen.) Der Gmnd hiervon ist»
dass diese LidiTidiiett £e«t immer dk Erttohte einer Mueifin,
ttb e rs tHrgt en Oiyilisation smd, s. B. die «Babos* ladiens, die
' Die Uebcrsctziin^ übernimmt hier den Ausdruck des Originals
für eine Klasse haibvcirückter Pseudo Geniea, die weder in der psycho'
logiachen noch psychiatrischea Termiüologie Deat«chlamiB eine bestimmte
BewiidimiDg beritaen. -> K.
28 ^ Theil. Anthropologie and Soziologie de« politiacbeo Verbredieua etc.
»Tnmpfi'* NoiduiMrikafl» tovie die »Faietios' und die „Oianks",
welfih« — icih wiederhole die Worte dee .N^w*Yoik Herald* ^
ndie Exoentrioitilt Ine siim Wehneiim tniben, plieEtutisohe,
psendowiflaeiisoliaftliohe Fondrongen nntemebmeii und sieht
selten GewaltUiaten begeb€ii, besondere in Wahlperioden und
hei politiaoheu Unmhen, wo die Aufregung ellgemein iit.*
Hftnfiger finden eieh hei ihnen fsoktionelle Anomalieen,
die euf kfankfaafte Yeiiadeningen dee Nervensystems hindeuten,
wie z. B. Zudkungen des Gheiehts hei Bp. und Gin.; epileptisehe
Fhlnomene hei Mahoionb und Dbiommabi, knzse Delirien hei
CoBDiQLUin, sowie Anaesthesie hei IiAZZABirn undPAssANANn.
Wae sie am meisten charakterisirt, ist ein Anstrich von
Genie und von gegenstandslosen Apoeteltlium ; wälirend sie
mit dem Genie die tiefe Ueberzeugong ihm eigenen Ver-
dienstes, das sfthe Vertmen auf ihre Ueberzeugungen, die
VemachlSssigang jedes anderen Interesses theilen, fehlt ihnen
der Scharfsinn, die Fruchtbarkeit und Originalität derselbe q.
Wenn sie auch manchmal einen gewissen Weitblick er-
langen, weil sie, wie viele Degenerirte,* wenig oder gar keinen
llisorieismus besitzen, so erlahmt doch ihre Kraft schon beim
Beginn, weil ihnen die wahre Grundlage schöpferischer Genia-
lität, geistige Kraft, fehlt.
Mit dem A])ostel haben sie den vollständigen Altruismus
gemein ; die Leiden der Menschheit drücken sie. Oft deuten
sie auf ein Heilmittel dafür hin, aber auch hier bleiben sie
beim Unwesentlichen stehen, verlieren den Blick aufs Grunze,
stecken voller Widersprüche, springen von einem Extrem ins
andere und stellen sich dabei immer nur selbst zur Schau, —
•wenn uänilich ihre persönliche Eitelkeit im Spiele ist, die
dann die ganze Grundlage ihres Altmismus bildet.
Eiu anderes charakteristisches Merkmal dieser Individnen,
dtt mit ihrer Entertungstendem im fi&me dei Atavianus lu«
eemmenhängt, hat AiiAnii gefimden, nSmlieh die Neigung,
immer auf das Alte anxliekrakommen. Ihr Fortschritt heeteht
* Viele Blindgeboraae ud<1 Taubttumme sind Neophilen, oft Be*
pabUkaner wid Anarohisleo.
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Zehnte« KapiteL ladividiMUe Faktoren. — Mattoide Politiker eto. 29
immer in einem Kückwärtsgreifpii auf weit ui df^r Vergangen-
heit lieirende Prinzipien und (lebräuche. Erinnern wir uns
nur an die spartanische Kleiduns: Bosisios, das Vegetaruim^r-
thnm von Gleizes, an den Antiparlamentansmns von Sbakharo
und Vita und an den Vorschlag Caporalis, die gehrflnch liehen
Waffen abzuschaffen und zu der alten, „natürlichen Waffe,"
dem Kieselstein (!), zuruek/ukehren. — Auch Bakfuir wollte
in i'raukreich altgallische SiUeu emfuliieii, und Coccafieller
wollte zur romi^hen Decurie und den Tribut-Komitien zurück-
kehren.
Dum krauut lilii^ «iae flbartiMiMii» llBehteniheit ; so
lebt» 2. B. Boamo '?<m mgoanlaoner FoIntBi PASgAiniAiiiB tos
blounn Brot, QmrEMXi Ton NflMeo, Lazsabbiii begnügte sioihniit
iw«i KvtofiiBlii» Mahgioib an tVgliah nur ftr 10 Sons EilMeii,
Bohnen oder Bmb, Bei dieeer Lebenaweiae gewihzte ihnen
die Befriedigung ihna Ehigeiaea und daa BewoaBtaein, lieber
Hanger ni kiden, tla Andere an berauben oder m betrogen,
Troet md Freode.
Ein andeiea honatentea Merkmal iat die groaae Zahl nnd
Weilaehweifigkeit ihrer aehiiftliohen l^odnktionett, der (3«bmn«)h
a t erautyt N i r Phxtean von gans beetimmter Bedeatnng, die aie
taosend&ch wiederholen, die Anhäufung unnützer Einzelheiten,
aahlreioher Unteratreichungen, die Wahl der verschiedenartigaten
Lettern, ja sogar veraefaieden gefitebten PapieiB, ein seltsamer
Ueberfluls an Zahlen, — was man auch bei den Paralytikern
beobachtet, — Spiele mit Wortm, Klängen, S.^nsibolen. Leider
aber enthalten diese Schriften auch oft widerliche Abaur*
ditäten, die zwar höher gebildete Menschen abetonen, das
Volk jedook, die Maaaen, die daa wahre G^me nidht Teratehen,
anzieht.
Einp andere Eigenthümlichteit der Mattoiden (wenigstens
derjenigori, die Amauki mit dem Namen „Entdecker bezeichnet)
ist dafi Bestreben, ihre Entdeckungen geheim zu haltpn, sei es, um
ihr Prestige zu vergröfisem, — was auch bei If^nor.iuten sehr bald
gelingt — »sei es, um Vortheil daraus zu ziehen, Sf^i es schliesslich,
— und das wird wohl am häufigsten die Lrsache aein — weil
sie ein dunkles Gefühl haben von ihrer lieere und von dem
30 ^- Theil. Anthropologie und Sociologie de« poUtiacben Verbreohea» etc.
Mi8Bvar1iältD]88 swiadmi Uuem VflidMiiit imd dtm ihrer hsirai'
den Böhm. So hielt OoooAPnniJtB den K«m aeiiier PUbie snr
WiederheEsteUiiiig IteliniB lange Zeit geheim, bii lie noh ele
WOB altem lOnuecheii Fomebi beatahend hamaaBtellteo; und
Tita apriolit 660 Seiten lang Ton aeiner psyohologisohen Ent-
deoknngi die aieh dann ebenialla in niehta anfloate.
Wahrend ihre aohriftliehe Anadniekaweiaa oft hOehat abaud
iit, fiittd BIO in dar ünterhaltnng nieht nnrentlndig; die
Aeaaaaningen SBAHBABOa vor den Biehtem aind bekannt; —
]£a]r»ioiib aagte, aia er angeUagt wurde, einen Doleh yetbofgen
an haben: ,«Non en. nno pngnala, era nn £uio,*^ nnd ala er
nnwahrerweiae behauptete, eine Ohileige bekommen an haben,
nnd man ihn daimnf aofnierkaam machte, sagte er : „Ich meinte
dne moralische." Auch im tftglidien Leben zeigen sie aieh
» anders als die wahren Genies — gewitat nnd schlau.
Und in der That er&euen aie aieh eines grossen Einflusaea
anf die Ifaaaen, ganz besonders in nnmhigen Zeiten, dank dem
Prestige, daa ihnen ihre Nachtemheit. Ehrlichkeit, ihr geniales
Aenssere, ihre Gewandtheit in den Anforderungen des täg-
lichen Lebens nnd ihr EnthusiasmiiB für ihre UeberzeugunfTf^n
verleiht, an denen sie umso zSher hängon, je nbfnrder sie sind,
Manchmal erblicken ^Iq wnhl auch einen Strahl der Wahrheit,
aber ohne sich um ihretwegen von der Menge, die alles Un-
gewöhnliche scheut, zu trennen. Sie finden Beifall, weil sie
vulgär sind, nnd weil sie personliche Fragen hehandeln (vgl.
CoccAriELTiER Und ÖHAUüAHo), waö emem altersschwachen Volk,
wie dem italienischen, zusagt. Es ist allerdings wahr, dass ihr
Altruismus, wie \Mr oben erwähnten, einen egoistischen Hinter-
grund hat, und dass sich ihr Gerechtigkeitsgftülil mit dem der
Banditen vergleichen lä&st, die die Reich hu uusj tl andern, um
die Armen, und besonders sich selbst, zu entschädigen ; — aber
gleichviel: die meisten sehen weder auf die Mittel, noch auf
die Motive, sondern auf das Ziel, den menschlichen Fortsohritt,
nnd das genügt nna.
Oft Terdankan ne ihre Erfolge aneh dam Dmatanda, daaa
* üniibenetalMrei Wevtepiel.
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ZdratM KiviteL Individael]« EUttoren. — lEittoida PoKtito efee. 31
sie Prag-en behandeln , die der Joarnalismus, weil er zu tief
steht oder zu hoch zu stehen glaubt, grundlos unbeachtet
läset; haben wir nicht lange Zeit hindurch Prairen, wie z. B.
die Missstände des Parlamentarismus und der Rechtsptiege,
oder aL'rarische Fragen, wie die Pellagra, nur von solchen
Leuten behandeln sehen?*
Ferner sind die Alattoiden, im Gegensat/ zu den Genies
und den Irren, durch gemeinsame Antipathieen und Sympathieeu
untereinander verbunden ; sie bilden eine Art von Freimaurerei,
die um so mehr Macht besitzt, je regelloser sie ist, weil sie
sich auf das gemeinsame Bestreben stützt, dem Lächerlichen
Stand zu halten, das ihnon unw idörruÜicli uberall anhaftet,
und auf das Bedürfniss, ihr gerades Gegenspiel, das Genie,
auszurotten oder zu bekämpfen. Obwohl sie einander hassen,
nnd sie doch solidarisch ; sie gOnnMi einander keine Triumphe,
wolil aber firaaen äe sioh der gemeinflammi Opfer, denn womi
das Volk swüohen dem waluen Geue und dem Hatloideii
wflhlen soll, 8o entscheidet ea noh ohne Schwanken fibr den
letsteren. Bekannt ist es, daae die politischen Mattoiden oft
bei der Aasfilhning ihrer Plline eine gana nngewOhnliehe
SehJanheit nnd GksohiokUohkeit an den Tag legen.
Bin klaasiachea Beispiel hierfbr ist Maut, der, alsGesstoe-
kraaker ins Lienhaas gesperrt, ohne Soldaten, ohne Geld, mit
der alleinigen Hfllfe eines Geistliohen nnd eines Dienen
Nafoibon an stttisen soeht, — was ihm aneh einen Tag lang
beinahe zu gelingen scheint — indem er Befehle ftlsoht, einen
Minister tödten und den Poliseiohef Terhaften Ifisst, nnd ftst
alle Oorpakommandanten betrügt, indem er sie glauben macht,
Napoleon wäre todt — Auoh hatte er schon im Jahre 1808
eine Revolte gemacht, indem er einen erdichteten Parlament»*
beschluss in die Welt setzte.'
Die grosse Bedeutung dieser Individuen für das politische
Verbrechen hat femer ihre Ursache darin, dass, wenn bei ihnen
das Delirium getäuschter Hlusionen, des Alkoholismus und des
' S. LoMBRoso, Tre Tribimi, 1887.
* Hamel, Mittoin dea deux eana^piratiim» du QiHM MoleL Pari« 187&.
32 I- Theil. Anthropologie and Soziologie des politischen Verbrechens etc.
(ahrOflsenwabiis ainit ■nftritt, w€im aw dan Bvhm, waloben na
▼on allan Saiten anraiteo, an Spott wardan aahan, ihn aonat
80 groasa Rnha, dia sia garada toh dan Inan untanahaidet,
ainar epileptddaiilmpulaTitIt weiohti in dar aia su Attantatan
und sa aa&nga oft wfolgraiohan Baroliai admitan.^
M AF«I0NB, der ala ein finadliohar, wohlwollandar Meoaah
Bekannt mr, aimordat plOtaliok Gioflao, g^n den er melirete
IfaniMa verOiantUfiht hatte; Sbabbabo wird plOtiliah ana
einem Politiker und philoBophiaohen Balbmutor gemeiner
Verlaomder nnd Demmsiant. Bei einer Siiming der Fbknltftt
wirft er Tintentoar nnd Tiaehdeoke auf aeine Kollegen, be-
leidigt und heeehimpft die Minister. (S. Tre Tribuni, pag. 102.)
CoOGAFIBLLtiR trieb es niolit so weit» aber im Gef&ngniss be-
drohte er die Anfteher nnd aehidcia einea Tugee naob dem
Staatsanwalt, am ibm zn sagen, „dass er nor deswegen nicht
König aei, weil er niaht gewollt habe." (S. oben pag. 82.)
* Caporau schreibt 10 Tage vor seinem Verbrechen an seine Mutter:
„Dar Fortschritt der Menschheit geschieht nicht ohne Initiatiye. lo h f u h l«
mich imstande, einen grossen Sohrttt vorwirtssn thnn, mit
dem Du vielläeht sehr unzufrieden sein wirst; ich iriQiIe SttT Atiifllhning
meines Plans eine natürliche Waffe (den Kieselstein '^" Fa-t denselben
(bedanken sprach GriTEAi*, der Mörder des Prasuienten der Vereinigten
Staaten, aus, wenn er sagte : „Ich war Ton der Idee gequält, eine groMe
lOssUm vollbringen sa mSssen.* „Der Irrs,** bemerkt Uersa Akaobi»
„Terfolgt die seiner Phantasie vorschwebende Idee» nicht, weil sie eine
besondere ATiriphunp^s^rraft fifr ihn br^sitz^ sorn^ern weil ihn eine innere
Triebfeder dazu zwingt, mid (iarum -ntcckt « r '•ich irgend *'in beliebiges
Ziel ; die bewegende Kraft liegt nicht ausserlialb, sondern m ihm selbst,
in dem dirgeixigen gehwvmg seiaer Seels^ in seinem stob sieh btthenden
Selbstbewusstsein. Aber sie besohrSnken sich nicht dsnm^ ihre heir-
liehe Idee mit dem stolzen Bewuwtsein des Urhebers zu betraclitcn,
sondern sie setzen es sich in den Kopf, ihre Apostel, Triumphatoren,
Märtyrer zu werden, und zwar oft mit der unwiderruflichen Impulsivität
einer flun Idee. Von den Sdnrierigkeiten, die sidi Sven tefÜgen
TribuMB in den Weg stellen, «ollen sie nidhts wissen; in Ifaien Ter
hangnissvollen Illusionen sehen sie über die praktischen Hindemisse (in
denen fiir jeden Verständigen gerade die Hauptschwierigkeit liegt) ohne
weiteres hinweg und geben sich der Uotluung hin, ihr grosses Ideal
mit einem Sehlage, dundi «in Bash, eine FroUiamtion, «in Attentat en
«rniahen.« (AMAon.)
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ZekntM KftpiteL lodividudle FAktoran. — Mattoide Folitikw «to. 33
In pinem solchen Momente war es wohl, als Sbarbaro ein»**»
TuL'es Qttckt vor seiue Zuhörer hintrut, sowie als er eiues
Tages auf der Stra&se eine alte Frau küsste, die er gar nicht
kannte, und dabei ausrief: „Ich muss, ich muss, sie ist meiner
Mutter ähnlich.*'
Diese seine epileptoide und impulsive Veranlaf^utii: zeigt
sich auch m einem seiner Drolibriure un RACCKLLr. in uelchem
er sagt, er wolle in Italien ein Exempel sUtuireu, ehe er sich
in den Tiber stürzte. „Ich pfle^ nicht zu Ittgen," filhrt er
dann fort, «ioli fiBhl« vam Wirbel, der mich treibt, mich auf
ffi» 20 sttnen." IKaiam Brifif wtst, notabenab «in tatear
Ttnangegangen, der eine einÜMilie Bitte enäueli, waa den Kon-
tuet nooh erhAlii.
Bei aUeden ateihi iomier der Altmiaama an dar Spitae,
— aber immer ala Uaake and ala Yorwand and TintBehaldignay
für den Tliftter. Daiam «noh afoUen ei« aieh an die G^tae
▼on Berolntioneii, Ktfoigamoiden, Anfttodea, eowie aie aneb
in ihrer Baehe die eigenen Intenaaen, die ihnen am meiaten am
Heraea li^geii* mitmeihr oderweniger gerabhtiertigton aUgemeinen
TemuBeben and omaldren. Erinnern wir nna dea TTrtiieila Ton
Spaventa über Sbarbabo, daa mit einigen Yerlndeniiigen von
jedem Irrenarat getheilt werden wird.
«£r bat grosse Liebe zur Gerei litigkeit» aber er veiateht
aie nur im pemdnlichen Sinne; jede That, in der er eine Un>
gereobtigkeit gegen sich seihet erblickt, nennt er ein Verbrechen,
und richtet aeine Drohungen, aeine Beleidigungen g^gen aie."
(S» 1. c.)
Sbarbaro, Cobdioliani, Lazarettt und auch Bwmx
warfen sich immer zu Censoren der Missbrüuche auf.
Op.MFA, Pin ßOjähriger Arbeiter, von durchaus normaler
Erst'hemuni;, erlaubte sich, weg-cn einf^s in einem unbekannten
Blattt' verufTentlichten demagogischen Artikels von der Regie-
rung mit missiiebigen Blicken angesehen; er behauptet«, es sei
aeine Aufgabe, das Unendliche und die Sterne zu studiren
und das Volk durch seine Erfindungen zu befreien. „loh bin,"
sagt er, „ein hühnerologischer Agrar-Schriftsteller." Als seine
Huhner eines Tages über ein Saatfeld liefen, und der Besitzer
LOMBBOso, Politisclier Verbre«h«r. II. 3
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•)4 LThdil. Anthropologie und Soziologie de« poUtiscben y erbrechen« etc.
desselben ilim deshalb Vorwürfe machte, schoss er auf ihn,
und ebenso auf die Gensdarmen, die kamen, um ihn zu ver-
haften. Und in allem, behauptet« er, sei die Rache der Kegie»
nmg im Spiel.
Weil sie jedoch, wenig an Schlecbtigkeiteu gewöhnt und
nicht geübt darin mnd, «eigen lie bei Glewtlitliaien vübA Hofd-
weniger Kraft und Gteadiiekliebkeit^ als dn
widdioihea Varbradier, und wenden keine mOrdenMiheii Walfan
an. So gebvanehten Passanaxtb, GoBDioiJAin, Oipokau nnd
BmnBB KflehenaMSser und Steine^ und Vita eine Bflchae
mit FlUfln^eit^ die yon anasen ao atark vetpaekt war, daas
sie nifllii explodizen konnte, aelbat wenn aie toU Pnlyer oder
Nitroglyoerin geweeen wflre. Xieht selten laden sie ihre Wate
nnr mit Pnher, wie bei den kOnlieh eifelgten Attentaten anf
Gabhot nnd Fbbst. — Sie haben keine IfÜMlmldigen, aind
nieht hintarhftltig^ aoigen niobt ftr ein AliU nnd Terheimliehen
oder leugnen ihre Sohnld niemals.
Ein Medonal, das diese politischen Verbrecher mit den
Hysterischen gemein haben, ist die Sodht, ihre schwarzen
Pläne in unaufhörlichen Schreibereien za proUamiren, indem
sie sie bald in ein vielgelesenes Jonmal als Annonce einrücken,
bald der Behörde, bald schliesslich dem ersten besten enthüllen,
in offenen Briefen, oder wie Manoionb, CAPOnALl,^ BAWan,
Vita und Gütteau in Buchform. Perner ist es für diese
Individuen charakteristisch, dass sie, trotz der Integrität ihres
moralischen Gefühls, niemals Reue zeigen; im Gegentheil, sie
rühmen sieh soETür ihrer That, denn die stolze Ueberzeng-nng,
endlich einmal etwas in der We t zu polten und der Mensch-
heit zu helfen, erstickt jedes andere (iefahl in ihnen.
2. Verfolgungssüchtige Mattoiden. — o^iebt
eine besondere Abart dieser Individuen, die iai>L immer Ano-
raalieen, besonders der Leber und des Herzens besitzen ; sie Laben
weder ein unversehrtes AflTektleben, noch moralische Integrität;
weil sie mit ihren Ideen nicht durchdringen, fühlen sie sich
^ S. die Fnasnote p. 32 dieses Bande«; p. 40 über Vita und p« 46
über GuiTBAu.
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ZefalfM XftlitteL IndirUiMlk Fakten». — llaltoid« Folilikw S5
beständig beleidigt, glanben sieb verfolgt and werden dann
scbliesslicb ibrerseits zu Verfolgern, indem sie sich gegen die
Heinben, die Häupter der BegieruDg, ja gegen das poUtiaobe
Heigime selbst wenden.
Andere vermischen ]H)litische und persönliche Streit iL-^kfiten,
verfolgen Depntirte, Ma^^istratspersonen, denen sie di" Miss-
eribige ihrer Prozesae zuschreiben, lielcidi^en die Richter und
machen sich zum Anwalt aller Unterdrückten. Büchnkk
(Friedeicbs Blatter, 1870) erzählt, dass einer von ihnen in
Berlin eine Gesellschaft gründete, zum Schutz© aller Derjenigen,
die unter der Ungerechtigkeit der Richter gelitten hätten, und
das Programm des Vereins an den König schickte.
Ein Beispiel dulüi ist Saxuon, der Naj'Olkon III. und
BiLLAUT viel zu schaffen machte, und zu dessen Charakterisi-
nmg wir einige Bemerkungen von Tardieu entlehnen.^
S&üDOK, ein Advokat toh übermässigem Ehrgeiz, hatte
in seiner Jxigmiä mo» mm^eh imtergeoidneft» Slelhmg. Er
bängte rieh an Billaüt, Minen Sehnlkameniden, der ihm an
Anstellungen weit Uber lein Yocdiflnat verhalf. Als er die*
selben dann Terlor» well man seine Venohrobenheit einsah,
legte er die Yerantwortliehkeit ftr das erlittene üng«nuieh
BiUiAUT aar liest Er klagte, das Opfer nnerhorter Verfol-
gungen an sein, wfthrend er selbst ein ganaes System von
Yerieumdangen oiganiairte, mit denen er den Mimster an
kompromittiren snehte. ^
Und Tom ftnssenten Stola ging er anr gemeinsten Behnftig-
keit Uber; bald droht er, bald demflthigt er sich. Er verlangt,
dass man mit ihm umgeht, wie mit dem Oberhaupt einer
Partei, und dann will er sich wieder als armer Kranker mit
einer Stelle in einer Heilanstalt zufrieden geben. Derselbe
Btißf, in welchem er Billaüt drohte er würde ihn ermoiden
lassen, enthält die Bitte um Zusendung eines Fisches ; ansserdem
vertraut er ihm darin noch die Sorge für die Ansfäbmng seines
letzten Willens an und bestimmt den Ort, wo seine sterb-
liehen Beste rohen sollen. Die f&ibang politisoher Opposition,
* £tiide mitL Ug, mir la fcUe, Peru 1866.
36 ^ Tb«U. AaUiroi>oi<^:ie und Pönologie des poUtischeu Verbrecheos etc.
durch die äeh mixm DeUrieo anaaeicliiMii, MbiUeirt ia mdir
all B^geabogvnfiurbeii. Bald selÜMBrt «r aieh ainar Mebong
in, bald vanruft ar sie wieder aamt alien ihian BeprtaeiitaiitoD.
Oabhot dioihtet er das Venpredheii an, ihn avm Deputiiieii
Ton Bsris SB maelien, und dabei sieltt ar noeli die Bedingung,
unter dem F^ironai vom. Qnfen von Pebsiokt xu sieben und
aiakt unter dem des Heinoga von Hounr. (I)
Br iat flbenengt, dass Frankieidi, ja gans Eniopa sieb
anasehliesslieb mit ibm beeelillftigt; er teigleiabt sieb mit
HoHTBBQüixir und aiebt aohon, dank aiinmn X\raäe mir 1»
yrandmt ä is Menämot ie Is IMmoenHet die Ffortsn der
Akademie sieb TOf ibm offiien.
BeaoliteDawertii ist seine sohriftstelleriscbe Fraohtbarkeiti
seine Y (»liebe für sahlreiohe Naohsohrifleu und Untentreicbuogen
und die gediingte Sebrift, die an diejenige Geisteskranker er-
innert. ~ Beim S^piaoben fliesoen ibm die Worte leiobt und
teiohlioh zusammenbai^gska an; antwortet er auf eine
Frage direkt, und wenn ea sieb um eine kürzlich geschehene
Thatsache handelt, &ngt er an, aus seiner Tergangenheit zu
erzftblen und die femliegendst^n Dinge heranzuholpn. Eine.»
Tages bittet er den Vorsitzeudeu der Anwaltskaramer, ihn m
Mazas zu besuchen. Kaum i^t er erschienen, so hält er ihn
für einen Spion, und l)ehauptet tipnj), ©r habe in emom bel-
gischen Journal eine Notiz gegen ihn ersoheiueu laäseu, die
aber er (Sandon) selber geschrieben hatte.
3, Mattoi de Ge n ies. — Es fehlt unter ihnen nicht
an halbgenialen Menschen, die sich in der That über die vul-
gäre Si^hicht emporheben, aber mehr, um zu fallen, als um zu
Hiegen, wie Icakus. Kaum haben sie sich so weit empor-
gesüliwungen, um neue Horizonte zu erblicken, ao gehen sie
auch schon im Vulgären und Absurden unter. So z. B. Sbar-
BABO und OoCApnitHfc/ die wir schon mehrfach erwflbnt haben,
md BunBR, der den Deputirtsn Oabsb im Veisaal der Kammer
an arauuden anebte, ibn aber nur stnilte.
* S. LoiDBOSo, 2W ^ ümo «klinqumu, Yel, IL
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ZdmtM KapiteL LadiTidoeUe Faktoran. ~ MatUnd« PoHtänr «te. 37
Baffiek, Jahre alt/ ein grosser, robuster Mann, mit
schöuer Schädel form und Gresichtsbildung, dichtem, schwarzem
Bart, einer etwas niedrigen Stirn, ohne erbliche Belastnng und
von ^esnnden Eltern stammend, war ein armer Steinmetz, der
Lntorkunft bei emem Bildhauer fand, was schon Inngst scnn
Wunsch gewesen war, und sich mit grossem Eifer ans Lernen
machte. Er laa viel und verdaute wenig davon, und da er ein
lebhaftes OeftUil für Familie und Vaterland besaae, yerwickelte
«r swh in wiira FhmtaiiMn tübn dw Kunit, di« Dor natioBBl
itm dflile; er maohte €b ««sh son Ziele, die gionen, mlanUeben
ObanlctaUlder der alljgaUiMiheD Bane wieder im Lende auf-
leben ta hama; er litt Hunger nnd Kllte, aber das atOrts ihn
nicht in semer Arbeit an Sbüptnrsn mit politiaoher Ttodena.
Er meisaelte JIarat, Jacqü» BoHHomii, in denen er, seinen
«ignen Wortsn nadi, die Tesditton der gallisohen Knnst m-
korperte. Daianf begann er an einer Statne St. Jüsib an ai^
batsn, mit dem er eidL dmeh das «frige Stodinm seiner
Memeiren gewiaaermanesen identiflsirta, nnd soUieailioh kam er
daaut obgleiflli selber von sanftem Temperament, daa Oredo
dieses Mannes aaanneSmien: diejenigen, welche sohleelit
regieren, müssen getödtet werden. Mit diesen Ideen trat
er in ein Wahlkomitee ein, fühlte sich aber durch die hier
heiTSohende Mittelmässigkeit und Erbttnnlichkeit angewidert
„Ich habe mit ihnen geetimmt", sagt er, «aber da ich immer
der Ansicht gewesen bin, man dürfe die Macht nur einem
Verdienstvollen geben; nnd da ich nun aus Parteidisziplin für
Einen gestimmt habe, der es nicht verdient, fühle ich mich
schuldig; ich habe mir gesagt, dass ich dafür verantwortlich
bin uTul da?<s ich meinem Lande eine Revolution sparen muss,
indem ich meinen Kopf in das politische Rädfnvprk ?tprk(*.
um es anzuhalten. Ich ziehe den Tod dem Verlust meiner
SelbptnoVitung vor. Nun, die Sache lie?t so: der Präsident ver-
steckt sich hinter die 31inister, die±?e hinter die Kamnicr, und
hinter der Kammer steht der Wähler» d. h. ich. Ich musete
^ Aua dem nicht veröffentlichten Gutachten von BroXakdbl and
MoTBT (5. Januar 1687), das mir gütigst überlaasen wurde.
38 LTbeil. Anthropologie and Soziologie des politiacheaVerbrechenB etc.
ein Beispiel geben: ich erinnere mich, dxss mir mein Vater
eines Tages eine Raupe zeigte und sagte; siehst du? Das
sieht gut aus, und frisst dook den Kohl, und er zertrat sie
sdt der Fm>. Auoh diMe Uinner, daehto iah, mfistan ridi
WM die Baupeo, und man mUvte es mit ihneii ebeoeo nadun.*
Des eind Worte» eines gtoflMii Heimee wOidig, wid dodi irt
«ein WeriEehen „Xe reveß «k la Oonät^ ein Ilohefliebee und
absnrdes Bagoui Unter aodeKem liest man daiio : „Hugo der
Grosse ist als Diohter ^patant, eeme Ideen smd hohl, seine
Sohriften Bchwfllstig, sein BepnblihaDismiis windig, er ist ein
Jahrmarld^CSbarlafan (nn fbiieauz). Das Volk bvsooht nioht
aufemeigelte Mflnner wie Louis Blavo, HeQehler wie Huoo,
StrohmUmer wie BooHKtOBT nnd GanUer wie OL^MBiotAü*,
Aber das galnngensto IVagment seiner Beredsamheit ist
Sttne Bitte an die Franen, den Pleonasmus abzuschafiini« der
einen Theil ihres Körpers aufbansoht und unehrfoar entstellt.
Im Gef^ngniss zeigte er keine Beue, „dem Gesetz gegenüber
bin iek schuldig, mir selbst gegenüber nicht*^. Als man ihm
anseinanderaetate, dass man auf diese Weise keine Beformen
ezlangen kann, antwortete er: «was wollen Sie? meine Ideen
rind mir das Theuerste, und wenn ihnen auob die Ghruudlage
fehlt, so erfüllen sie mich doch. Denken sie nur, wie leicht
pp wäre, den Künstlern herrliche Aufgaben zu stellen, und statt
dessen giebt man ihueu lächerliche Sujets, wie z. B, Tobias mit
dem h'isch". Ein andermal äusserte er antirevolutiouüie Ideen,
z. B.: ..Sf'lbst auf dem Lande geht alles fort, selbst uusere alteu
Volkfiliedo! verschwinden; npiiHoh sah ich die jungen Mädchen
nach eineui deutschen Liode tanzexi; als ich das hörte, holte
ich einen Dudelsack und Hess sie danach springen**. Er hat
stellenweise die schönste Prosa, verstreut zwischen politisches
Gefasel (er verlangt für Frankreich die Wahl eines Justioier
de Gaule, der uuf 10 Jahre ernannt und nicht wieder wählbar
ist, und seinerseits den eigentlich auaführcuden Conseil wählen
soll). Unter anderem schreibt er: „Das Vaterland ist der Sonnen-
schein in den Zweigen der Eiche, ist der Thautropfen, das
Naebtigalleikliedi der Kinaehsmsehrei, ein FrOhlingsmorgen,
eine sehöne Stemennaobt: es ist der Wein, der in meinem
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Zehntw Kapitel Individuelle Faktoten. — Mattoide Politiker etc. 39
Becher glänzt, der Blick des schönen Kindes, der mir das
Herz erwärmt, ist die Dorfkirche mit ihrem Glookenklang,
der meine traurige (jedanken verscheneht, es ist der Kirchhof,
wo meine Alten schlafen, es ist der Acker, auf dem der Pflug
die Gebeine alter Krieger blosslegt. Das alles ist daa V ater«
land, und das alles liebe ich grenzenlos."
Ton den weiblichen Studenten sagte er, „warum wollt
3u den ZmlMf eozv acihttiMii Augen fllwr SohaiidBw w-
derben, warum mm Hinde und «oie H«md«a mit Tinte be-
Meeiaf Ihr seid Fnum, und ioh sage endi, irerft die Tinten-
ftmor Denen an die Nase, die gegen die Nntor TentoiMn.''
In meiner Seluift: 2V« IHbmi (p. 119 £f.) habe idh geniale
Aeoaeerangen Sbarbaros angefahrt, Ton denen leh einige
wiederhole:
,y£än famafiaiflbher Joomalisk aprieht von dem nooh immer
hen a ehend e n Paganiamna dea Beakena; aehlimmer aber ist der
Fäganiamna dea Gewinena, ein »beigliab&ohea Hddenflnim dar
GMtthle, der epidemiaohen Leideaaehafken, der poUüaahen
Instinkte der Völker, die sich sohmählioherweise hinter
juristischen Formen verstecken." Auch bei Passanante habe ich
konstetirt» dass er in seinen schriftlichen, noch mehr in seinen
mflndliohen Aeuaerangen originelle, kräftige Wendungen hatte,
und gerade das rennlaaste Viele, an der krankhaften Natur
seines Znstandes an aweifelu. Ich erinnere an die Aeusse-
rangen: „Wo der Gelehrte stockt, trinmphirt der Unwissende",
und : „Die von den Völkern gelehrte Geatdiiohte iat lahrreioher,
als die in unseren Büchern.''
Louise Mtoh FL hat die Physiognomie einer Irren: enorme
Nase und Kiuniade, männliches Anj^sehcn (vl:1. Xr. 6 Tafel VIII);
ihre Verwandtehaft ist reich an bizarren Persönlichkeiten, wie
ihre ( irosvsniutter. die eine versifii'irte Familienchronik ver-
fasste. Aus ihren eigenen Schriften^ erhellt ihre merkwürdige
Liebe zu Thieren; ihr Haus wimmelte von Legionen von
Katzen, Hunden, Vögeln, Wölfen, und dazu zahlreichen Kühen
— die sie mit Blomenstrftu^n fütterte. Nooh ganz jung
^ Memoires de Louise MicheL — Paris, 1886.
40 I'Th«y. Aaäiri^lofieniidSoskdogiedMpditiiolwnTflri^^
tebritb twibtOEel gegen Napoleon; beim Aufttaade dearKmakm
iBlüte ue siob kanakisoher als die Elanaken selbst; iue beUtgt
die aimtn Wilden, sie nimmt mitleidig ihre KaAsen mit Dach
Namea, sie sncht die Prostitnirten za bekehren und opfert sieh
Ikir sie anf, und doch hatte sie unbewegt engeseheo, als Thomas
ennoidsi wnide, und „bien fait!^ dazu gerufen, doch wollte sie
Thiers ermorden und stimmte während der Kommune fär die
Aufhebung des geschriebenen Rechts, die Einkerkerong der
Priester und die Hinrichtring eines Geisels an jedem Tage.
Der pathologischen Grefühllosigkeit, die sich in ihrem tödtlichen
HflS" E^ef^en Gesellschaft und Bürgerthum ausspricht, stehen alt-
ruistische Regungen gf^gf^nübpr. wio ihrn i'renzenlose Kinder-
liebe, ihre hochherzige Fitnmdschaft für die mitdejiortirten
Frauen, die ihr in Numea den liamen „Engel der Deportirten"
eintrug.
Aber gerade dicsnr G^egensaL-^ /nvischen kranlslud'ter Impul-
sivität und einer fast Icraukhaften Gemüthßweichheit konstitoirt
bei ihr den Ohan^ter der Mattoiden, zusammen mit ihrem
Stolis auf ihre unsinnigen Schreibereien und Dichtungen, aus
denen «le lortwähreud — meist ganz unangebrachtermaassen —
Citate vorbringt, mit ihrem religiösen und litu lanschen Auti-
misoneismus, der ihr oft weittragende, aber immer schief ge-
&8Bte Ideen oingiebt; so ersinnt sie eine Art PASXBUBscher
Impfung, aber — ÜBr knmke PftnuwD.
Tancbid Tita war eiii mittelgrosser, soblankar If aan und
fltottorto. Seino 1iocliaiig«NliaiM SVmulie liess ihn in BBlonao
afaidiion. Hier warf er sieh mit BMsion auf dia Hetaphysik
und vaxnaeUiflrigte aein Brotstodinm, dia Jnriapnidfliu. Dann
lebte er als Hauslehrer in Florens und kam sohliesslieh nach
Rom, wo er bei einigen Zeitungen, n. a. der QnäeUa «FItüia,
BeaehSftigang &nd. Im Mai 1887 reioihte er dem Knltos-
ministerinm eine angedruokte psyehologische Arbeit ein und
verlangte daraufhin eine Unienttttsung zur Fortsatning seiner
angeblich sehr bedeutenden Untersnchnngen; er bekam eine,
mit Recht, ablehnende Antwort; versweifelt nnd bitter ent-
täuscht, schleuderte er am Neujahrs tage 1888 eine — mit
harmloser Flttssigkeit gefüllte — Kapsel gegen ein Portal des
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Zehnte« Kapitel. Individaelie Faktoren. — Mftttoide Politiker etc. 41
Quinnal, iix der Haltung eines furchtbaren Anaitshisten ; kurg
vorher hatte er auf der Redaktion der Tribwta ein dIdcM
Manuskript abge^ben, da» ent naeh b«aoiid««r Naidiridit von
ihm ge&ftMt werden sollte. Bs um&flBie 660 Seiten, voll von
ImHUcnn Bebraptongen, aber sndk yon gepial und mnfhig waOf
gesproehenen Wahrheiten, Ihnlieh den Aensseningen yon
Baru (ygl. S. 87): ,lCan konnte unsere Z«,t die der Atten-
tate nennen; kein Tag yeigeht ohne Naehrioht von dnem neuen
und eigenartigen Attentate; Ton den JPttrsten ange&Dgea, und
weiter henmter von den Kuustern Iris an den Abgeordneten,
Boigenaeistem, Biohieni nnd Snbalienibeainten, ja bis an
Statuen nnd Monmneoten, an allen liest sieh der Zorn dea
eieten besten aus. Hier ist ea ein abgestrafter Sehulkaabe,
der ssinen Lehrer flberfidlt, dort eine Qiisette, die die Walfe
gegen ihren Beeohflteer erhebt. Einmal ftUi ein Soldat Aber
Offiaien und Kameraden her, ein andermal ein nnmOgUeh ge*
wordener Kannegiesser mit SteinwUrfen und Bevolyersehttssen
über das ganze Parlameat; in Italien, in ganz Europa, in
der alten wie in der nenen Welt regt siob ein allgemeines
Bedürfhiss, durch au s ser g ewOhnliche Maassregeln oder doch
mit mitleidsloser Streoge g^gen Yerfareeher dieeer Art TOisn-
gehen."
„Bei jedem solchen Attentat erklärt das Gerfloht den
Thäter für geisteskrank; Niemand weiss, woher es stammt und
wie es auf einmal verbreitet ist, ob von der Familie, Bekannten,
dem Publikum oder gar selbst von dem Gegenstand des Atten-
tats. r)ns Wnrnra ist klar. Jene Unglücklichen M-erdeii zu
ihrem Verbcecheu vielmehr durch übermächtie:e Impuls*» von
höuhg huiierer Natur, als durch Eigennutz, -Niedrigkeit und
BoBheit getrieben. Es sind Menschen, die eine überall be-
kämpfte fixe Idee quält und erbittert; die innere Unruhe macht
sie rasend, sie müssen reagiren, oft nicht, um sich zu röchen,
sondern um ihr Recht, ilue Idee zu bekennen und zu pro-
testiren, ja oft nur, uoi aich. Luit zu machen. Sie denken
nicht daran, ihr Vergehen zu verdecken; sie stellen es selbst
ins hellste Licht und rühmen sich seiner. Sie gewinnen dabei
auch niehts, Terlieien Tirimsthr alles» und dooh drftagt es sie
42 LTheü. Anthropologie und Soziologie des politischen Yerbrecbeas etc.
xnr That. Und so macht ihr «zaltiries Verhalton auf Alle den
Eindnicik dar Ge iatoBBt Orapg.^
„Wer aieh nieht «mpOveo kann, ist au niohte walirliafk
GKitem und Grossem fkhig. Italien wurde seiner selbst erst
wflrdig an dem Tagi^, an velohem jede Stadt» jedes Dorf sieh
erhöh, um sieh gegen einen von Jahrfanndert an Jehrhnndert
gesetalieh ttherlieftirtsn Zustand der Dinge aolinilehnen. Das
Hans SaToyen war seiner seihet und Italiens nie so sehr wertfa,
als am Tage seiner rQokhaltBlosen flingahe an diese grosse
Brhehnng.*^
Seme Ghfaphomanie war mit diesem SehrübtOek nooh
niaiht befriedigt; als letster Aushmeh folgt ein Ai»pendix ron
91 Blättern, eine Art Vorgeschmack eines von ihm geplanten
Werkes über Schnlorgamsatioa. Er macht sich darin mit der
Donokratie zu schaffen, von der er folgendes Bild entwirft:
i,Je mehr sie anschwillt und agiUrt, desto unklarer wird sie;
je mehr sie sich erhebt und ausdehnt, desto plebejisoher und
leidenschaftlicher, tlbermfithiger und herrschsüchtiger wird sie.
Die Demokratie ist Kampf und Wildheit, Begehrlichkeit und
Parteifanatismus, die Beutegier blftht ihre Segel. Ein Rabagas
ist immer demokratisch und ebenso jeder Chauvin und jeder
BouLANGER Die Führer brauchen die stupiden, leichtgläubigen
Massen zur Stütze, alles bläßt in die ilammen, bescbleuui^t
die Strömung; wehe Dem, der an sie rührt. Die Demokratie
produzirt zwar Cavoub, Gakibaldi und Victor Emanuel,
den Geist, das Herz und die Synthese eines V'olkes, in deutn
die Kraft und Wildheit seiner Seele und semes Armes wohnte.
Aber auf jeden dieser Männer kommt ein endlosas Lumpenpack,
das sich Gott weis» \s ie sehr spreizt. Wie viel Parasiten,
wie viel Blutsauger und gefrassin;e Mittelmässigkeiten, wie viel
liäuse kriecheu an den Schultern dieser grosbeu Mänuer, um
dort zu nagen und sich zu mästen und ein grosses Werk zu
entstellen. Welche Kanaille macht sieh breit und schwatzt
iBr oder gegen diese Mttnner, wie es ihr eben heqnem er-
aohaini*'
Anf jeder Seite des Mannski-ipts kdiren die Ansfiüle
gegen die Fsendodemokiatie^ nnter deren Begime er gelitten,
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Zehote» Kapitel. ladividualle Faktoren. — Mattoide Politiker etc. 43
wieder. Seine Klagen über die Ungereeiitigkeit, mit der die
Hülfsfonds des Unterrichtsministeriunis N ertheLlt werdeü, sind
mit Dokumenten belegt, und nicht immer ungerecht.
,SO0 Uvt hat Pro&esor ANToasoiri bekommen zur Ver-
QffimiBcIniDgr mums Wakm: Die Gnudlage der DokmiMnt»
il«r Liebe Mnns EBAROBCoe da Bibbbbxho; 1000 Liie ein
Frofeaeor Saltadobz lllr die Hetam^be der Oinithologie
Papnaaieiw und der Holnicken, 400 üre Froteor FuMi fbr
aeine Beitiige snr veigleiehenden Gkeohiehte der laieiniecfaen
Deklinationen; Pavl Mantmaua bekommt 4000 Idie tfkt die
VeiOffentliehnng eeiner Beoae naeh Lappland, die der Verleger
aohon hfibeoh benhlt hat" AnfiGülend ist im Verlauf des
ganien Sehziftstfiokes der nnanfhOrliebe Hinweis auf seine
gioflse Bntdeekung, die grosse Idee^ aiber man erfilhit dnrehaus
nicht, worin sie besteht, und eist aus seinen anderen Manu-
skripten ergiebt es. sieh« daas es sieh um niehts Geiingeres
handelt, als — eine neue Religion.
Die Mattoiden, denen die Genialität fehlt, können natUr-
lieh keine eigenen Ideen entwiclceln , sondern nur die Anderer,
daher findet man bei BoBiBlo das Zartgefühl unserer Thier*
freunde in übertriebener Form und einen Anklang an die
Ideen Eotebs und Comtes über die Anwendung des Malthusia-
nismus. Ein Schwindler, wie der Makler Detommasi, ersaun
mit einem Zusatz von krankhaftem Erotismus eine praktische
Anwendung der DAiiwiNSchen Sc-loktionstheorie. GlANOHSTIIKI
versucht deu yoziaiismua zu verwirklichen.
4. Pervtision des moralischen Crefühls. — Bei
einer scliliminen Ahart der Mattoiden fehlt der Aitrunismus fast
ganz, bei tiefer Vt i aiideruiig des moralischen Gefühls. Sie
sind im Grunde geborene Verbrecher, die auch ausserhalb des
Gemüthaiebens psychische Defekte haben, wie die Schwach-
sinnigen, und eine gewisse Spur von ( ionialifat kann diese
nicht kompensiren. So viel wii- aus der Geschichte wissen,
war Kaiser Claudius eine solche ^atur. Bei sulchen i'ullen
finden sich degenerative Veränderungen, obgleich in geringerer
Zahl. So hatte Pel ein Giftmörder, der seine
▼exgiftete Fiau verbrannte, übrigens des Perpetuum mohilo
44 I« Tbeil. AaUuropologi« und Soüolugie des politiscbeu Verbrecbeas etc.
erfunden haben wollte, Oxyoephalie und Henkelohren. Pa88A-
NANTE hatte muLguIiache Gesichtabüdiing.
G. C, ein ganz ungebildeter Bauer, schrieb fortwährend
schlechte Verse und glaubte, einen aosgezeichneten Dttnger
entdeckt zu haben, den er snm Wohl d«r Hauohluat
breiten wollte, alwr bei diMen Beatralraiigen bwekwiadelte er
gcsnen Kompagnon.
DiLLA JBL bemifliie noh, iBr oinen bedeatenden Folitite
gleichen Nemena gehalten in weiden, eiOffiieie SahekriptioiieB
vnd verwendete groaee Sammen m Oeeehenken an den KOnig.
Er iMnft anf allen Bedaktionen «ralMr, irad wihrend aeine
Finulie hungert, begebt er aahlieiehe Sebwindeleien und Bitt-
liehkeitayeibreoben. Binen anderen l^na repitienürt D., ein
Hann Ton kietinartigMn Aenaaenn, der wegen aeiner Bmtalitlt
berilobtigt war nnd swanaignal w^gen ArbeiiMahen nnd kleiner
Biebatihkn beetmft war; er naebte aich in dar Generala
(Zuchthaus), wo er auf 18 Jahre eingeschlossen war, in Worten
amn Vertheidiger dei; Sdiwaohen» die er im übrigen schlug
nnd miaahandelte. Er war der ständige Journalist der Straf-
anstalt und Terzeichnete in einem Buch, das täglich unter
den Gefangenen cirkulirte, die kleinsten Ereignisse, wobei er
theoretisch die Sehwachen gegen die Starken vertheidigte und
seinen Namen an den Anfang jeder Seite setzte. Eine ähn-
liche Natur war Aubbrtik, dessen Versuch, Ferrt mit Pulver
in die Luft zu sprenj?*»?!, nnf *>inige Zeit von ihm reden machte.
Er hatte vor tmpefähr 12 Juhreü mit seiner inng-en Frau ein
Moderaa[^azm erölfnet . seine Frau belrft^r ibn, luid er bearbeitete
den Kopf ihres Liebhabers mit eiuer KisoiistJin^ft; um sicli
vor Strafe zu scbüteen und einen sclnineti Grund für die
Scheiduüg zu haben, band er sich selbst in seinem Bette fest
und that so, als wenn er geschlagen worden wäre. Diese
Kriegslist mi.ssh^Dg ; er musste vor Geriebt erscheinen, und
hier kam heraus, das8 er selbst den Ehebruch seiner Frau
begünstigt hatte, Die Journale machten sich über ihn lustig;
er wurde dann (j laömaler und erlitt noch wegen V erleum-
dung und Erpressung Strafen. Das erbitterte ihn gegen die
Gesellschaft und ihre leitenden Persönlichkeiten; er ^hlte
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ZehntiM iUpiteL IndtTidodUe Fftkionn. — Mattoide Politikar et«. 45
Ferky zu semem Opfer, allem deshalb, v^ eü er der hervor-
rageudste Mann war. Er hittfö allgemein I homme modiste,
weil er selber Dameahüte machte ; er war auch Dichter. Ein
von ihm herausgegebenes Böndchen hiess: Va te faire pnithe
aiÜeurs. Er erzählt dort, duä« er als kleiuee Kind mit seiner
Matter einen Juwelierladen besucht und einen Gegenstand in
die Tasche gesteckt hätte. Die Matter bemerkte da* und
swang ihn, den Gegenttud liM»iiszugebeD, wohei m» den
Juwdier «af Knieen nm Veimiliiiiig bat. fir iohUMat seine
EnlUiiog folgendermianen:
Ponir c'eit piu?donnerl J*ai brode sur ce thine.
Pardonner c'eat pntn'r- vouer k l'anathi^me!
J'ai montr^ qa'un eDiant pour uu leger de&ut
Qti'oa avait toM, noanit mir Ttebafimd.
Bin aadsEti BtndohMi nannte er: I/ne UM h imtj^ fmea.
Die Idee dieaer Geaehiohte beateht in dem fiatlie» Nieaamdem
«men Dienst an leisten ebne das Versprechen eises gleiob*
wwthigen Gegendienstes; tWMidem eribnd er nooh einen
^Eamin-Stook" dessen Knopf eine glühende Koble enthielt
som Erwärmen der Hand und AmsOnden dar Gigarre.
Karl Gditiaij, von hoher Stator, aajnunetrisohem Kopf^
Makrocephali^ ron 610 mm Schttdelnmfinig, mit linksseitiger,
frontaler Plagiocephalie, Herabdrücknng nnd Abplattung der
ganzen rechten Seite des Kopfes, üppigen schwarzen Haaren,
kleinen, tiefliegenden, weit Toneinander abstehenden Augen,
enormen Henkelohren (a. Tafel X.) und einer Narbe auf der
Stirn, von emor schweren N'erlctzunf,' in der Jugendzeit her-
ruliTHud. in Beziehung auf erbliche Belastung ist zu bemerken,
dass sein Vater ein fanatischer Anhänger der Gemeinde von
Oneida war, der er auch seine Frau zuführen wollte, obgleich
sie dadurch die Frau aller Brüder geworden wäre, und daas
er peraönliche Beziehungen mit dem Erlöser unterhielt, der
ihn alle Kmukheiteu heilen lehrte; zwei Vaterbrüder Guiteaus
waren geist^krank gestorben; zwei Tanten, von denen eine
selbst Symptome von Irresein zeigte, huttou geusteikraukö Suhue.
Guiteaus Mutter war einige Monate vor seiner Geburt an
46 L Theü. Anthropologie und Soadologie des politischea Verbreohent eto.
einer Gehirnaffektion erkrankt, wie ihr Bruder und ihre
Schwester. Guiteau hatte erst spat und schlecht Worte aid-
kuliren gelernt, er war ein arbeitssohener Bücherwurm und
verliess deehalb mit 18 Jahren seine Familie, um zu Btadina.
Nseh «ÜMm Jtbre sohon rftrUeei « das Kolleg und wollte
Journale gründen» woW er ooSi an TenoMBdenen Stdien ein-
sumsten mehte. Dann eehloes er aeb aneh der Oneida-
Oemeinde an, Teriieaa sie aber liald vnd wklagte aie nm
New« York ans anf ^^Umg einer Rente von IfiOO Dollar IHr
geleistete Dienste, wibrend or zngleioli ihre eiotisoben Ifiss-
brtnohe dennnsirte. Dann wandte er sieh dem fiechtsstadiam
JSQ nnd trat sogar in (SiioBgo als Beehtsanwalt anf; aber seine
Praxis besohrHnkte sieb darauf, nneinbringliebe Fordeningen «n-
sotreiben, die Prosesse sobon yemrtbeUter Verbreeber anmfedbten
oder ibm ffkt seineKlienteo anvertranteSnmmen snrllokBabebalttik,
so dasB er in Chicago und New- York Terbaftet wurde. Er bot
Dem, der ihm 200000 Dollar boi^fsn wollte, allen Ernstes die
Präsidentschaft von Nordamerika an; Anderen bot er gegen
50000 Dollar den Posten des Gouverneurs von Illinois an.
Schliesslich fand er einen Zufluchtsort bei seiner Schwester auf
dem Lande» bedrohte sie aber mit der Axt» ftls sie ihn bat, etwas
Holz zu spalten. Sie befragte über seinen Zustand einen Arzt,
und dieser erklärte ihn für geisteskrank. Um dem Transport
in die Irrenanstalt zn entgehen, floh er wieder nach Chirngo
nnd he,tr;"iiin ictd ppine polifisfhf» Cnrriern, erst als Thürsteher
bei JVleeting!::, dann als Prediger. Er predigte über Relie^ion
und verkaufte seine Predip-ten auf der Strasse. Dann ij;ali lif
sie unter dem Titel „Die Wahrheit, der GefäVirt-p der Bibel"
i:Hsan\iiiült heraus. Die Annonce eines seiner Vorträge in
Boston lautete folge ndermaaasen: „Verfehlt nicht, den ehren-
werthen Charles Guiteau, den kleinen Riesen des Westens, zu
hören. Er wird euch beweisen, dass zwei Drittel der Mensch«
heit ins Verderben rennen."
Im Winter 1879 — 80 blieb er in Boston, theils als
Commis einer Versicherungsgesellschaft, theils als Wander-
apostel» Becitator» Händler mit seinen eigenen Werben, Adyolnt;
immer elend, immer bestrebt» mögliehst wenig xa besablen.
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ZeliBtes KapitdU Individuelle Fakteren. — Maitoide PolitilMr eto. 47
Er wäre der Commis von Jesus Christus & Co., der ira Weiu-
Ler?p des Herrn arbeitete und nicht hpznlilte, da Jesus Christus
diese (crewnhnheit auch nicht gehabt liulte. Er wandte sich
dann wieder der Poliük zu und wurde Wahlagent, agitirte für
die Wahl Gabpislds und schickte demselben, als er Prtisident
geworden war, die zu seinen Gunsten auf Meetings gehaltene
Kede mit der Bemerkung, dass der Wiener Konsulatsposten
ihm nicht unwillkommen wäre. Vom iluuster des Aeusseren
verlaugie er deu Pariser Posten. Als er sah, dac»» er trotz
aller Verdienste nichts galt, tauchte in ihm die Idee der Be-
seitigung (removal) des Prteideiiten auf. Er selbst bekannte,
daas naeli asiQer ZnrOdciraisinig dozdi den FUtoidenteB ihm
diesw Qedanke in der Naclit nun 18, Mai in Fem aner
wahren ZwaitgavonteUung gekommen wlie. Beiehen Nihnftoff
&ttd diese Tennemilidie Inspiration in der damaligen SpaLtong
der republikaniaehen Partei, die ihm die BeesitiguDg des Prftp
aidenten aor Verhütung eines Bürgerkii^ges nnvermeidlieh er^
soheiiien liesa; dnrehdrongen von dem musterhaften Patiiotia>
mos ssiner Motive rttstste er sieh mit kohler Bohe anr Thab
y or der Ansfiihnnig bsandita er die GkflIngniBse, am sich eme
Vontellnng von seinem kOnft^en Aufenthalt an veiidiaflan;
seine ante Sorge naoh der Tbat war der Vevsnch, den Zeitungen
17oti2en und Dokumente zuzustellen. Einem Freunde erklärte
er, der Gedanke der Ermordong des Präsidenten wflre ihm
sechs Woohen vorher gekommen, und jeden Tag wäre es ihm
klarer geworden, dass der Wille Gottes ihm befehle, Garfield
zu tödten : „Ich hatte keinen Hass gegen ihn, ich achtete ihn
vielmehr; abor ieh glaubte, dass das Interesse des Landes seine
Entfernung verlangte und das Volk es so wollte." Auf den
Einwand, das Volk verahscheue seine Verbrechen vielmehr,
erwiderte er, man verstünde seine Ideen nicht. Dem Unter-
suchungsrichter sagte er: „Ich glaubte Gott zu gehorchen, aber
ich kann mich getäuscht haben ; ich glaube, Gott wollte nicht,
dass er stürbe ; uod ich würde das Attentat nicht wiederholen,
w"enn ich frei wäre. Hätte Gott beschloRsen, daps der Prftsi-
deul slerbeu juusste, so wäiv dieser heute nirlit uni Leben.
Die Pistole war gut geladen und mein Handgelenk wie aus
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48 I'TlwiL Anthropologie und SoiiologiedMpoUtMolieo Verbrechens etc.
Eisen. Ich hnbf» aus der Nähe auf ihn geschossen, und nur
die Vorsehung, die Vorsehung konnte ihn retten. Er wird
nicht sterben, ich bin davon überzeug^, und ich beklage es,
ihm so viel Leiden verursacht zu haben.** — Anderen sagte er,
er h&tte auf Gabfibld geschossen, um das Vaterland zu er-
retten. Cnter den Papieren, die zur Zeit der That bei ihm
gefunden wuiien warea, befand sich folgender Brief:
„Au das Wei.sse Haus.*
Der Tod des Präsidenten ist eine traurige Nothwendig-
keit, wenn ich die republikanische Partei einig machen und
dal Ysterlaad erretten soll. Das menaoliliolie Leben hat
wttUf Werth. Wfthrtnd des Krieges fielen Xansende braver
MUiner, und keiiie Thiiae flo«. leh gUnhe^ diat dar Prt-
aident ein guter Ouüt vi und «omii im Pandieee glfloklioher
sein wird, als hier. Ich bin Jurist, Theologe und Fblitiker.
leh bin der Üemokiat nnter den Demokieten; ich habe ver-
edhiedene Sdhriften in Dmek m gehen, die bei Bioa depo-
nirt aind» wo die Reporter sie «nsehen können* loh gehe
ins Oefibigniss.*^
'Wahrend der Oeriehtsreritandlnngen nntecbiaeh nnd be>
sohimpfte er immer wieder seine Yertheidiger und berief neue
AdTokaten, denen er Beaahhing — in Weehsehi TeiBpiaoh.
Als er das Wort erhielt» «rUlite er, wichtige Tha ts sche n
ndttheilen sn mllsssn aar Entsoheidnng d«r Fn^, ob er oder
Gott den entsn Sohnss abgsgeben httte. .Ibh hin physisch
lug, — moEsliseh ts]»!», wenn Gott mir sixr Sote sMkt; ioh
habe geflum, was die Zeitungen mir Torwerftn, aber idi bitte
es nicht ohne den Befehl Gottes gethan; die Jniy mag ent>
scheiden, ob ioh inspiiirt war oder nicht** Die Art seiner
Inspiration beschrieb er folgendermaaasen: „Wenn der G^ist
Ton der höchsten Göttliohkeit ecfttUt ist und ausserhalb seiner
selbst steht. Anfangs graute mir vor dem Gedanken, einen
Jfensehen an tödten; dann erkannte ich, dass er eine wahre
* Ich bemerke, dau seine Schrift die Sbm mit langgeeogenen
Sohriftzügen hat, die ich schon oft (v|^. Der geniale lleiMch) brigmpho*
manen Mattoiden gefoadea habe.
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ZabatM Kapitel IndindmllA lUrtonn. — Hattoid« FbUtikar ele. 49
InapiittioiL war. lob katm nicht goieiesknuik aem. Goft w&hlt
Bam BiitMiig nicht unter Verrlldctni; und weil Gh>tt sieh
mmit annahm, hin iah nicht gahingt oder enchoesen wordan.^
Vor dan Qasohwoianan bamtthta ar nah freilich, Ulr
gaiateikiank su gdtan; abar welcher GMateakranka — wann
er nicht anf Selhstmord anifeht — wird lieh nidit in ru-
theidigen, nicht sein Leben in retten anchen, oder nicht für
aeina S^iheit sich anders seigen als er ist? Uebrigens fiel
er ebenso giftig über Die her, die seine Geisteskrankheit be-
haupteten, wie über Die, die sie bestritten; selbst aaina wärmsteo
Vortheidiger, das Ehepaar Scoville, behandelte er so und schalt
sie Verrückte and Ignoranten. Selbst die Jury, die er doch
hatte EU gewinnen suchen sollen, schonte er nicht und rief
ihr zu: ^Wenn Gott es für nöthig hult, wird das Tribunal
samt den Geschworenen aus diesem Fenster fliegen." Als der
Vertreter der Anklage seine Verkommenheit snhild*>rte, er-
widerte er: ^Tch war mein Leben lang ein gläubiger Ohrist,
und wenn ieli einen Ehebruch beging, um eine verhasste 3' rau
IvH 7.U werden, und \v« nu ich ein paar hundert Dollar Schulden
habe, so habe ich damit nichts gethau, was die Reinheit
meines Charakt* rs befleckt." Diese Worte zeigen seineu absoluten
Ifangel an uinrnlischem Gefühl.
Seine nnL'elieure Eitelkeit zeifft sich u. a. darin, dass er
Mittiieilungeu au duü Publikum darüber verlangte, diUiS er aui
Weümachtstage gut gegessen hatte, daas er Blumen und Obst
von Damen zugesandt erhalten und eine grosse Zahl (800)
liabaoawfirdiger Briafa ampfangan hitta. Er bahanptata sogar,
maiaara tantand Dollar bekonman m hahan; aa waren frailich
nur Noten dar »Bank dar Gom^^imaste'', aber ar ranommirte
mit diasan »Bltttfaan*. Saina Eitalkait nnd aain poatiach-
religiöser Enthnnaamna blieb ihm bis zom latatan Anganblicka
tren. Einiga Stondan vor eainam Toda Tar&asta ar aina
Hymna nntar dam Titel «Ein<*, in walahar ar aioh lalbat,
der nnn vor eainan SchOp&r traten aoUta, ala ein kleinae Kind,
das nach dam Yatar ruft, daiatellta. Ala dar Piadigar Hicks
ihm nutthailta, daas ar nnn nicht mahr aaf Bagnadigang
xaahnan durfte, blieb er nämlich ruhig: »leih haba im Dianata
LoimOM, PoUtlMhtr VifbnalMr. IL 4
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60 LTlMiL Ant]iropoloei«i»d8oiurtoei«dMp<a^
Gottes gearbeitet und habe keinen Grand, das an bereuen.**
£r fing bald an, sich mit 8«n«r leteten Toilette sa beechä ft igeB,
and wollte sich in einem weissen Anznge bringen lassen; ftt
gab diese Absiebt erst auf, als der Gk>istliohe ihm sagte, eine
80 sonderbare Kleidang würde den Aerzten Stoff geben, an
behaupten, er wäre wirklieb geisteskrank.
Er ordnet« selbst das Zeremoniell 'seiner Hinrichtung.
Prediger Hic KS sollte d-ds erste (4e}>et ;uif dem Gerüst pprHcKen;
dann wollte er das zehnte KEi]iitel au'i dem "Evangelium
Johannis lesen, dann beton und scViliesslirli eine imtolno^ra-
pbiscbe Dichtung vortiaL^en, mit deren letztem Worte er daun
s-tc'rl>en wollte. AUes das that er ohne die geringste Ge-
müthsbewegnng mit der Bemerkung, seine Verse würden
einen noch schöneren Eindruck machen, wenn sie in Musik
gesetzt wären. Seine letzten Worte waren: »Heil, drauf,
vorwärts.**
Der Altruismus dieser Menschen dient nur dazu, den
eigenen und fremden Augen das Stigma des Verbrechens zu
▼«ideekia. Wie das Delir der Hystensohen, Alkoholiaten und
Verfo]gnngswalintinaig«^a wnehert der MattoidiBmaB lanainien
mit anderen WahnTonrteUnDgen anf dem Stamme des moraliwdiea
Irresnns. So Tersohmolssn sieh bei Swahbabo der Alkobolismns,
der Verfolgungswabn, daa erotisohe nnd das Ambiüoos-Delir;
bei QfUTiELU das lelipOse mit dem Veifeignngs- nnd dem
Ambitiona>Delir.
&. Indirekter Selbstmord. lob mnss hier noeh jene
merkwfirdigen Koidthaten erwSbneo, die ein lüttel snm Selbst-
morde liefern sollen; es smd dies Morde oder Tielmebr sehr nn-
gesohiekt ausgefohrte Selbstmorde in Form Ton Attentaten gegen
regierende Häupter, durch die der Verbieeber ein Leben enden
will, das ihm zur L ist i st, wlbrend ihm derlinthznm direkten
Selbstmord fehlt. Wir Tirnnion als ein neuere? Beispiel den
Spanier Oliva t Manct . Wie sein Bild (auf Tafol IX, Nr. 16)
zeigt, f^llt er durch zahlieiohe Degenerations-Zeichen unter den
politischen Verbrechern aus Leidenschaft auf; 1878 beging er
ein Attentat auf König Alfons, der Niemandem, nieht einmal
den Bevoluüonttien, iigend einen Grund fülr einen solchen
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Zdmtw Kapitel IndivUiMlk Mkttm. - lüMOd» PoUtikw «lo. 51
Angriff gegeben h&tte. Oliya mur ein eigensmmger, wenig
begabter Mensch nnd hatte gegen den Willen seiner Familie
Mathematik studirt; er machte aber gar keine Fortschritte und
g;ib das Stadium auf, um nacheinander Setzer, Steinmetzgeselle,
Feidarbeiter, Böttcher und schliesslich Soldat zu werden; er
znip^f» übrigens f^inigo niilitflrische Tüchtigkeit- Schliesglich
ging er wieder in eine Druckerei nnd las hier so leidenschaftlich
Bücher und Journale ultra-iiberaier Bichtang, daes er darüber
seine Arbeit ganz vernachlässigte. Schliesslich konnte er Peine
allen seinen Neigungen zuwiderlaufende Lebensweise nicht länger
ertragen, ftnsserte oft Selbstmordgedunken und ging, als ihn
sein Vater mit einer kleinen Snmme zur Auswanderun» nach
Algier ausrüstete, nach Madrid, wo er das Attentat beging.*
Ein anderer Fall indirekten Selbstmords (wie EsQUiaoL,
Maüdsley und Kka FFT -Ebing mehrere hesohrieben haben)
war das Attentat Nobtlinos auf den deutschen Kaiser im
Juni 1878; Nüüllixg wandte den zweiten Schuss seines
Gewehrs gegen sich selbst. Auch er war ein stellen und
aussichtsloser Deklassirter, mit zahlreichen Degenerations-
Zeichen (Hydrooephalie, Gesidits- Asymmetrie; er ^t dadurch
miier den im übrigen so normalin Ywlmolinni ans Udenschaft
uf. « 8. TM IX No. 15). Ehst Doktor d«r Philosophie,
wude er splter pnktiMliw LmdwiHih und gab eine AMii
Oltonomiadhen LihaUa h«mu» wat die hin tu eine AurteUimg
im preiMMflhan BtotuÜiahep Bnmii nbtA und «lAklt; «r wir
jedoch unfthig, eiiie ihm ai^ g etwigepe wiohtigeie Arheit ms-
snfUhien wad wurde deshalb wieder entlswtm. Er frnd dann
«ine heaoheidene Anatollnng» reiste naeh Fhuikreieh und England
md konnie naeh seiner BAflkkebr keine dauernde Beeehiftignng
mehr finden. Nun plante er das Attentat und ftthrle es bald
daianf ans« Er war ein eigensinniger nnd egoistisdher Measoh,
und seine Bekamitea beseiebneten ihn vor Gerieht als einen
nn v e rb es serl i e h e n, aber sanften Fhantssten, befangen in spiii-
tis t ischen Tiftamereien nnd sosialistisehen Theorieen, die er aiem-
ludL konfiis bei jeder Gelegenheit anskiamte; das venchafEte ihm
* Tgl. Oaeekt de CaMuia und Jmmai dat IMhü», 1878.
4»
52 TheiL Anthropologie und Sodologi« des politiMbeayeelwMiwiti «tc.
dk Spitmamtn Pvtrokiir irad KommimisfcK "Wir 861mb «Im
tuMk Hatm TOB dunliaiis nioht TerimolMriidMr Anlage, wie ihn
Mine normale und mteUigente Phytiognoniie aeigt^ von aiein-
Uobtr BitelligMiB und wissenaoliaftUehein Eifiv, wenn anok etwas
pbantastifloh, zum politisehen Verbrecher werden, anAoheinend
unter den Fiwfl"«" zerstörten EihigeiaeB und leerer Illusionen,
die seine nniQnidMnde Intelligenz nieht TerwiiUichen konnte.
CoBDiOLUKi wurf von der Galerie Steine unter die Ab>
geordneten und erklarte dann, er bitte das thnn mü^n, um
»aioh das Brot der Gereohtigfceit an Teidienen^ Er war
Mitglied des Cirooio Republioano gewesen, war aber ausgetreten,
weil er eine „grosse That" vollbringen müsste, die seinen Ge-
noßson sühnden könnte; Andrrpn sagte er, er würde für die
That, die er au>fuhren wollte, eine Regierung^^-Ppinsion erhalten,
in diesem Zirkel war er einmu[ m M;uykenkostüm (als „Oice-
ruacchio") erschienen, so daas man ihn für k,'eiste5>kmnk hielt;
seine Bekannten erklärten, er wäre pin pxaltirter Mensch und
hätte oft Selbstmordgedauken geäussert; er machte dann im
GefäDgniss einen Snicid -Versuch und hatte sohreokhafte De-
lirien mit allgemeinem Angstgefühl.
Passanante erklärte nach seiner Festnehmung, er hätte
daa Attentat auf den König in der sicheren Erwartung der
Todesstrafe begangen, da ihm die Misshandlungeu seines Brot-
herrn das Leben nnertrftglioh gemacht hätten. In der That
hatte er eieh einige Tage vor dem Attentat viel mehr mit
iimeff IBnthiiimng als mit Königanoid hesehftftigt, und nach
der Yerhalbiuig bemOhte er sieh, sdne Lege wa Tsraohlimniem:
ao erinnerte er duan» daas er das revolntionin Manite mit
der Anftefarift: Tod dem Könige, hoeh die Bepabük — Ttr-
geoeii hittew Diese Abeioht, snaammoi mit sdner BtteUuit
eiUirt, dasB «r nislit appeUiien wollte und bei der Mit-
flieilnng seber Begnadigung sieh nieht mit dam Gedanken an
die Erhaltung aeinea Lebens, sondern mit den sn erwartenden
Zeitnnganotiien besehifiigte.*
* nioitriite Zeitaaff, 1878. p. £
* 7gL besSgUeh dsa Mattoidimat PissAMAmiB, dsM Biagaoaa
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Zehnt« Kapitel. IndividneOo FbktoNn. — Kattoide Politiker ete. 53
Frattini schlenderte nnf der Piazza Colonna eine Bombe,
die zahlreiche Verwundungen herbeifulirte, und erklärte vor
Grerieht, ot hätte Niemaiidea treffen, sondern gegen die jetzige
Ordnung der Dins^e jiroteHtiren wollen, und wäre damit zn-
Ineden, den Feudal-Ad»l u^otrrttlen zu haben! Wie sehr aber
seine Verzweiflung am Leben seine Narren-Plftne bcöUmmto,
geht ans folgenden Bmchstüoken seiner Aufzeichnungen hervor.^
„Ich fttrchte nicht für meine Freiheit und noch weniger
für mein Leben, nein! Man kann es mir nehmen, und es
wäre das die grösste Wohlthat, die man mir erweisen künnte.'*
„ . . . Und aUe die Andereu, die dtsr iluuger aua ihieDa
Vaterlands Tertreibt, wie den Wolf aus dem Busoh, was sagt
d«r Sindtteo Ton Urnen? Wie sohOn ist ee, an nichts mehr
denkm m mfl—on, inSl maa d«n Waort toU lirtl Und mir
kttte man dlMen Vorwuf maohmi kOnmn, wann die 'VonOg^
Hehan (!) Signori mir nieht vor da paar Monaten, an Anfang
daa Wintazs, dan . . . SahnrkanBini«th . . . gespielt hSttan»
mieb zttfan an laaaan imd mieh, mit dar Straidrang «Inas
Gebaltaviailab an flbanuehan, wann aa mir gafiala, an Uaiban.
Und daa nadi drei IHana^abren, rantaiidaikl . . . M«ial, wdl
aie aifili in dia Nonnan T«r]iabt liatten. * . . loh konnte die
Bniadrigong, die Sdiande nioht mehr ertiagsn, an der die
oirile GaaaUabbaft miali ▼erartheilt hatte; aber ehe ieh Üal,
wollte ich noch atwaa thnn, waa meina^eiolien nfltcen, nioht
aohadeo ktonte! . . . Darum konnte, ja dufte ich keinen
flasB gegen iigend ein«i Menschen haben! ..." Und dar
Hunger, der an mir nagte? Die Arbeit, die ich nicht hadf . . .
Qualifiairtar Mord — weU ioh kein wirklicher Mörder werden
wollte . . . stehlen — nnd wanim hatte ich nioht zum
aweiten Male den Muth, Selbstmord an begehen? . .
«... Die Thiere' finden ihre Nahnmg» jedea naidi aeiner
zur Folge hatte, dasa italienisclie Kuliegea mich für verrückt erklärten;
8. auch meine Schrift Ire Tnbuni, 1887, 2. Ed., und Faszi cd anomadif
rm, %. Bd.
^ loh verdanke dieselben der Liebenswürdigkeit des Dr. Sioana.
* „Sie lieben sich und sind glücklich, ohne einander zu bekämpfen.
— Ist es möglich, dass der Mensch die Qabeo der Natur verkehrt
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54 1. Thea. AnthraiMriogie and SonologiAdMiwUtiM^
Art» wdl kwm die Nilinuig des andern stiehlt and jedes sor
frieden ist, wenn es seine BedtLr&isse befriedigt hail Die
Natur hat die Qemeinschaft geschafim; die Osurpation, das
Pjcivai^Bigentham, das ist der Ursprung ^Im Verderbens I . . . "
Den sichersten Beweis für die Rolle des Selbstmordes als
▼erhoigenes Motiv des politischen Mordes liefert ein merk-
wtlidiges psychologisches Dokoment, das ich einer fär «Ue
modernen Ideen sogttngliohen Frau, der als Diohterin wie als
Gelehrten gleieh ansgeeeiehneten Königin
yerdanke.
Der Rumäne C. . . ., 30 Jahre alt, der vor einem Jahre
wegen Mordes venirtheilt und dann begnadicft wurde, begeht
ein Tin^innig angelecktes Attentat auf dcu Kcmip;, iiidotn c-r von
df-r Strasse aus nach den erleuchteten Fenstern seiner Zinmier
schiöast, wobei er kaum ein [uar Scheiben traf. Bei der
Haussuchung fanden sich mehrere Photog^raphieen, in denen er
bewaffnet dargestellt i?t, welche die Kuuigiu mit Recht der
Oavaglias veri^leicht ; ei hatte sich sechs Monate vor dem
Attöütat m einer Situation photographiren lassen, die die Ver-
eitelung eines Selbstmordversuches durch seine Geliebt© dar-
stellt; offenbar trug er sich, wenn auch in eitler Weise, mit
Selbstmordgedanken schon lauge vor dem Attentat, das sich
somit als ein indirekter Selbstmord erweist.
6. H Vi teru - epile ptische Altruisten. — Wenn
Dostojewski sich in seinem Idioten selbst geschildert hat, so
haben wir hier eine andere Abart von Geisteskranken, die ihr
Leben lang den Stempel des dem Epileptiker eigenthümliohen
Seelenlebens an sieh tragen: Impnlsivitat, zwiespftltiges Ich,
Neigung m Kindiieien mid eine prophetische Penetration,
aber sngleioli wahre Heiligkeit, ads Höchste gesteigattsn
Altmisuins, und die dadnreh Urheber religiöfwr nnd socialer
BflTolntionen weiden. Diese letrte Thateaeh e ist sehr wibhtig,
da die Immoralitttt des Epileptikeis Teifaieten wHide, ihn
neben das so aarte Bild des Heiligen su sfeeUen; aber dieser
gebraucht und, miArreichbar, uaübertrefilich in seiner Wildheit, sich
seMimiaef alt alle die gniuainitMi B««tiea letgt?"
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ZehatM Kapitel Indindnelto Fftktonn. » Httttoide Politiker oto. 55
Einwurf ist onch den von Btanchi, Tonnini und Filippi
veröffentlichten BeobacLtuufren inrlit m^hf stichhaltig. Der
Hysteri.smu.-^, d^r Zwillingsbrutler der P^.|n[e|)SLH, zeii!;t uns noch
häufige I neben übertriebenem Eguisiuua übermiissig altruistische
Neigungen; das beweist, dais diese oft nur eine Spielart des
moraiiBchen Irreseins sind, wie jener. „Manche", schreibt
Leorand de Saulle/ „schliessen sich perfluschroU allen guten
Werken dtti Parochie ixii, sie bitten für die Axiueu, arbeittsu
fui die Waisen, besuchen die Kranken, geben Almosen, be-
wachen die Todten, werben glühend um die Wohlthtttigkeit
Anderer, vernohten eine Unnhl g:ater Werke und yemaohf
liMBg«!! darllber Mann, Kinder und Hamstaad. Solohe Damen
ttben eine Woblflifttig^t voller Oatontation und EiteUwit«
Sie leigen bei ihren wohltiiAtigen Wecken einen Eifer, wie
die Lidnatrieritter, die ein diTidendenreiobee Untemehmen
landren. Solehe Damen laufen fiirtwihrend hin nnd her, sie
aeheinen eioh an Tervielfidtigen, aie haben Eingehangen von
aartoeter Delihatesee, eie denken inmitten von öientliöhen
Kämpfen nnd Katastrophen an allee und weisen errOthend den
Tribut der Bewunderung zurfiok, den ihnen dankbare Leid-
tregende und gerührte Zneohaaer aoUen. Wenn die Ehen,
die Hoffiiungen, das Glück einer Familie getroffen ist, so wird
die hytteiiache Wohlthfttenn einen überraschenden Elan und
ttne rührende Thfitigkeit entwickeln. Sie weint mit Diesen,
trooknet Jenen die Thränen, stärkt die Trostlosesten, eröffiiet
unerwartete Ausblicke und tröstet alle Welt. Wie ein Apostel
ist sie um ao hülfsbereiter, je tiefer die Sohmersen and, und
bei ihrem beweglichen, krampfhalten Wesen erweist sie nie
eine Wohlthat mit kaltem Blut. Die wohlthfttige Hysterische
kann einen Muth entwickeln, dessen Beweise erzählt und
wiedererzählt und schliesslich legendär werden. Bei eineru
Brande kann sie eine überraschende Geistesj^egenwart ent-
wickeln, sie bringt Möbel und Vieh in Sicherheit und stürzt
sich in die Flammen, Tim einen Kranken, emen Säugling oder
einen Greis zu retten; bei einem Auistande stellt sie sich an
' L'hy^itmame' 1880.
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56 I'Tbail* iLBtliropolQgi«iudSoaologi«deipotitiMlienT«rl>r^^
die Spitze der Insurgentpn Fragen wir diese Heldin am
Tage nach dem Brande, dem Aufstände oder der Ueberschwem-
mnng nnd prüfen sie etwas naher, so hört man sie vollkommen
erschöpft ^nz aufrichtig- '-agen, „ich weiss nicht, was ich
gethau biibe, ich hatte kein Bewusstsein von der Gefahr." In
Choleraepidemieen, wo die Furcht ein so schlechter Kathgeber
ist, zeigen einzelne Hysterische eine ausserordentliche Selbst-
verleugnung; nichts ist ihnen widerlich, vur uiobt.s liisst ihr
Schamgefühl sie zumckscheuen, nichts schwächt ihren Muth.
Sie fachtn den Eiter der Pfleger an, machen Proselyten,
führen die Aerzte mit sich hemm. Sie frottireo die Sterbenden
und begraben die Todtea. Die Zeitungen des Ortes preiien
dann 80 trlwbeBe SdbsbrcskDgnung. Sellnlnifepferang wird
ftr diew knmk«n Flauen ein Bedttrfiiui, eine Gelegenheit,
lieh nttelieh m maolien, und olme dees ne ee almen, fthren
patiiologuelie Hotive ne raf den Pfid der Tugend. Sie (Uim Alle
iize, aber daa Beispiel, welehea sie damit geben, iet gat Des
gnten Beispiele wegen liabe ich einmal fta eine Hystsrisehe^
die sehen einmal in der Ihenensialt geweesn war luid die in
ihrem Stadtbeiiik eine rOhzende Wohlthäiigkeit entwickelte^
eine dflEentliche Belohnung snsgewirkt Sie pflegt die Kranken
in die Spreehstonden hestimmter Acute an fahren, sie hiingt
Wöchnerinnen Brot und Wein, ver&eilt vorzflgliohe IGleh an
Neugeborene, sie kleidet Unglfickliche, sie Iftsst fortwihiend
AnfnahmeantrSge an die Tcrscbiedenen Siechen* oder Altersver-
sorgongen los, für Frauen wie für Männer, sie Terschaflb
kostenlose Konsultationen bei Spezialisten, die gernde in Mode
sind, sie vertheilt Medikamente, Leibwftsche u. s. w., und für
sieh selbst hat sie nicht mehr, als was nöthig ist zur Erhal-
tung ihres eigenen Anzuges, der in jeder Jahreszeit derselbe
ist; ich glaube kaum, dass sie für ihren eigenen Gebrauch
mehr als 5 bis 6 Hemden übrig hat. Diese Dame leidet an
hy8tf»ri<?rhen AnMlen, erreg!: sich hei den geringsten Anlässen,
fcliluft ziemlich schleiht und ist ernstlich krank. Schliesslich
entfernt sich die Hysterische im eifrenen Unglück oft weit vom
normalen Verhalten; sie verliert S< Im i Hier Tochter nnd hleibt
ruhig, klar und gefasst, vergiesst keine Thr≠ sie denkt an
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•
ZdmtM KapiteL iadividaeU« lUdoran. — Matteide PoUtikw «to. 57
alles, verdoppelt ihre AarndnnnL'pn, vrnrisst kein no^^h ?o
peinliches Detail, leibt allem ein*' wurdiL'-e Haltung und wohnt,
ohne Erschöpfung zu s]iurpn, dem BegralmisP bf»i. Im all-
gemeinen glaubt man, dass eiue solche Mutter eine äussere rd ent-
liche Seelenstärke besitzt. 31aii irrt sich, sie ist schwftoherf als
Andere, oder besser, sie ist krank."
7. Litterarische Schilderung. Die bisher geschilderten
Typen sind müdemen, auf Grund menschlicher Dokumente
arbeitenden Schriftsteliern niclit entgangen. Ich habe sohoo.
anderwärts darauf hingewiesen, dafs DAUi-EX emon Lrarizen
Roman, Jack, darauf aufgebaut hat. Und Zohx hat m »einem
Roman VOeuvrt in dar Peison des Lantier, eines Abkömm-
lings von BiImUmi und AlkolwHrtsii, ansgezeiebnat diesen
Typus geadbUdert.
DoszojBwacr giebi um m d«B „Je a ew aMw " eim game
Bildemihe mattoider Politiker Bnnltiide. Einer dafon,
SiBKAii TaomowiTBCH, irt ein Idaansoh gebildeter Mattode,
der (wia Daüdb» d'Aigenson im Jacib) ifceti ein« Arbeit in
Qang bat, dia nia fertig wird, und neb von der mariseben
PdliMi w^gaa eainer libezalen Ideen und «einer demniehet
fertig ereobainendan klaaaieoban Warba ?erfe]gt gilaiibt; er ist
dabai gans in der Qawalt dnar Ghaaialin, dia ibn antacbllt,
nnd bat dna laideneahaflMia SpialsQidkt; «ftKUaMHiiii gestattet
er in seinam Hiania nibilistisobe VerMUBmbingen. Pbibb
SnvBAHOWiTSCH, sein Sohn, ist ein wsbiar VerMbwArar,
Trftumerisch, skeptiaob, rachsücliti^, von merkwürdiger Kalt-
blfltigkeit und grosser Geschicklichkeit im Erfinden von Ltigan
und in der Ausnutzung fremder Laster für seine Sache, stiftet er
im ganzen Lande Mord und Brand an vnd entflieht geschickt bei
drohender Gefahr; dabei lässt er cinan ehrlidi^, fflnfltisfthiim
Mattoiden, der auf ihn schwört, und einen andern HalbYar*
rückten, der filut scheut, in der Falle zurück.
Der Kapitän Lebiadkin, ©in Revolutionär, der im Begriff
ist, Spion zu werden, ist em schwachsuuiiger Alküholist,
niurulisch irrsinnig-, voller Passionen und lyrischer Aiiwand-
iuDgen; er bat eine l>lödsinnige , halb-prostitunte Schv-ester.
In den nihiiistischea Versammlungen treten zwei andere
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1^ X. TbfiL AuUiropologte «nd SoiiolofM dei politnehaiTnlindieni ete.
Mattoido auf, Ton denen der eine den Anwowmdon gtam
Binde über folgendes Thema verlesen will:
„Ein Zehntel der Menschheit soll E^hte über die anderen
neun Zehntel besitEen, die wie das Vieh in der Gewalt dieeer
bleiben mtliaen.^
Champilxübt schreibt in seinen „ExcenMqites'^ {Fum 1886):
»Jede Revolution zieht eine Scbnr von Reformatoren, Aposteln,
Halbgöttern hinter aioh her, die alle den Wahlspruch haben:
Retten wir die Menschheit! Die Reformatoren bilden zwei
Klassen: die eine ist komisch, die andere ernst. Im Grunde
sind alle ein wenig Komiker, aber wenn sie eine gewisse Zahl
von Adepten um sich haben, wird ihr System eine wichtige
Angelpg-enheit, die ihren Plan, ihr Reglement, ihre Kasse hat.
Tch füi meinen Theil ziehe die nrmen Utopiker vor, die in
der Wüste predigen und die Menschheit allein erlösen, ohne
l^eophyton, ohne Zeitungen."
Elftes Kapitel
Individuell« Faktoren.
Fortsetzung: Politische Gelegeiilieits- und Leiden-
schaf tsTerbrecher.
1. GhelegenheitBTerbreeher. — Unter dieser Bezeich-
nnng yenteben wir jene ehrenhaften Bürger, die sich gezwungen
sehen, unbefolgbeien Geaeteen Widentnd ra kisteo, oder die
gesehiekte ParteifidLrsr, yerlookende Ho&nngen snr Biebelli<m
yerfohit haben. Dostojewskt schildert in seinem Romane Be$i
meisterhaft die Mittel, mit denen jene schlauen VersohwOrer
die fiiedUohsten Bürger in Rerolntionflxe vennuideln. »Vor
allem wirkt der bnreankratiache Zuschnitt; man erfindet Titel
und Aemter, rerieiht Presidenten- und Sekretlrposten. Dann
wirkt der bedeutende Faktor der Sentimentalität, daneben der
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• Elfte» KapileL IndividneUe Faktom.
59
B^*?*p*^kt von der Bedeutung Ander* r. dio Furclit ^ o^ der Be-
hauptung piner eigenen Meinung und die Abneigung, iur nnti-
liberal zu gelten. Hierzu kommt di« Kunst, die Zfiuderiidtjn
ohne ihr Wissen zu Mitschuldigen eines Veigelieus zu macheu,
der Auftrag an eine Gruppe von Grenos&eu, einen angeblichen
Spion zu ermorden, da der Mord der schlechtesten Sache ais
Kitt dient und die \\ iderstn ltendsten festbannt.
Endlich wirken hier mdividuelle, besonders ökonomische
Verhältnisse. In Ländern mit volksthilmlichem Wahlsystem
werden oft Unruhen erregt im Interesse eines bestimmten
Parteichefs, und um dadurch persönliche Yortheile zu erreichen.
Viele der italieniMhai Ananhisfera, die idi stndirt halm» wazoi
alte Beamte^ Soldaten efo., die so lange ruhig blieben, bia
Yadroas im Dienet, GMialtmniiindenin^ oder eohleohte Be-
lumdlnng lie iintn die DeUaaurton trieben. Aebnlieh ist das
Sehieksal Deter, die bei Ubbafter Angeregtheit, aber wenig
Konekflkeit nie eine rahige Bxistena finden, die weniger
Begabte leitht emngen. Indessen würde weder die VerfUuning
dnreb Fkrtei]iin[iter, nooh der liSiiflii^ der Lebenslage und dist
CMegenbflit ansrncihen» nm den dnxob den SelbsteilialtBng»-
trieb, diesen znlehtigen lUktor im Leben der Dorebaohnitts-
mensohen, yeiattrkten IGsoneiamiia in fiberwinden, wann bei
diesen Gklegenbeiiererbietshem der Boden niohi sehen Torbe-
reitet wäre. Es handelt sich hier um Individuen, die den
Pbiloneiamns des Genies und den Altruismus der Leidensobaft*
liehen in mflasigem Grade besitzen, ohne das Temperament der
Einen oder der Andern; Naturen, deren wesentliober psycholo*
giaeber Charakterzug in der geringen AnpassongsfiÜugkeit an
ibre soiiale Situation besteht, getragen von unruhiger Sehn-
sucht nach etwas Besserem, von einer Hyperästhesie, die sie
bestehende üebelstände lebhafter empfinden lässt und von einer
Lu?t nach Abrateuem und Gefahren, die sie zu tollkühnen
Streichen drängt. ^Das Geheimniss ihres Einflusses beruht
darauf, dass sie unbesonnen und oft unbewusst yomnq'ebeQ,
ohne den praktischen Jesuitismus, mit dem die herechuende
Schlauheit ihr Ziel verfolgt. Im tttglichen Leben sind es
galügte, zornmüthige und reizbare Meofiohen, häufig ein wenig
60 I* Theii. Anthropologie nnd Soziologie politischen Verbrechens etc.
beschränkt, worin übrigeDS gerade ihre Kraft liegt.' Authro-
pologisch charakterisiren sich die politischen Gelegenheits-
Terbreoher diureh normale, von Degenerationsseiolitti freie
FormeiL Wahrend unter oobeMdkoltenen Uenfloheii DegODerBtionB-
seielMn bei 2% an finden dnd, fimd ibh nnler 681 aooBi
nonnalen politisaben Vorbieobem d iowl ben bei 0,57% (vergL
8. 852). Im iUgemelnen alao unteneheiden lie eiob mM tqh
den flbngen normalen Menieben; eebr bedeotend wiegt bei
Urnen — im VeibiltniaB rm 100 an 87 — daa mlnnUebe Ck»
eebleoht vor.
OABSiua war, wie wir aehen werden, ein Gelegenheili^
▼erbreaher, da er weniger aUnualiMih war ala BBtnrüS, ein
Yerbieober ana Laidenaefaaft. BSn bakanntaver Typaa iai der
BoBBsniBUB, deaaen Intelligena im IfissTerh&Itmaa an aainem
Ebfgeia alaad, wMbrend sein sittliches Gefühl sehr apirlieh
war. Er wäre ohne die Macht der G^elegenbeit nnr einer von
den vielen rftnkeedimiedenden AdTdtaten geweaen.
„In BoBBSPmitE,'' sagt T/avE, „Ist der gebiahte, leere
Geiat» der, weil er woitraioh iat, aieh iUr gedankenreich hält;
er schwelgt in seinen eigenen Phrasen and betrügt sich selbst,
um die Anderen zu beherrschen. Zwischen seinem Werk imd
seinem Talent ist ein nngehearer Kontrast; als Advokat wäre
er nie üWr Grenzen einer kleinen Provinzialstadt hinatis
vorgpflniiigen, und in der Nationalversammlung blieb er in der
Thiit lange im Hintei^ninde; aber er war fleis^'i? nihlitern,
schwer zu bestechen, und als gepen da-s Ende der Konstituante
die grossen r^Iänner verschwanden, trat er in den Vordergrund
der politischeii Bülmo. Für ihri ist dt-r Verdacht der beste
Beweis; jeder Aristx»krttt ist corrumpirt und jeder korrnmpirte
Mensch Aristokrat. In kaum drei Jahren steht er anf gleichem
Boden mit Marat, und der Philosoph eignet sich die puHtische
Ziele uod Mittel, die Taktik und fast das Vocalulanum des
Narren au; üobespibrre wiU neben dem Kampf gegen die
Bourgeoisie die Ausrottung der Reichen und der „lasterhaften
Menschen". Beim bannenden Niedergang seiner Popnlarittt
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Ufte« KtpitoL Indifidmlto Fdctoren.
61
«fert er gegen die Verleumder, Ittsst die Giiillotine arbeiten
und erhalt vom Konvent das Gesetz vom Prairial bewilligt,
das ihm alle Köpfe zur Disposition stellt. Er verlangt die
sofortige Räuraunn^ der r-refängni''se , wpü er vor den Ver-
schwörungen der [ntemirten zittert, und verninbtet So seine
Gegner. Als er angeklagt wird, rüstet er h mit seinen
Freunden znm Widerstande, wagt es aber nicht aus Hinem
Rest von Billigkeitsgefübl) das Volk für sich aufzuwerten, und
unterliegt. Mit eiuem Wort, er ist ein Doktrinär; in eine Idee
verrannt, die im Grunde richtig, in der Praxis paradox ist,
und die er mit den MitteiD dt*s Schreckens von dem Moment
an zu verwirklichen sucht, wo die Umstände, seine Eitelkeit
und seine kümmerlich entwickelte Moralität den Impuls geben.
Er war eine Zeit lang der Herr Frankreichs, aber von seinem
Werke ist wenig oder niehtB flbrig; die G^legenheitBpolitiker,
die am finmdaehmrf der JEtofolntioneii ihr loh mABten, haboii,
■oob wenn nmfiMBende Ideen sie eiftUeD, nicht die intellek«
taelLeii Miltel, sie bleibend sa gestelton.
Amh DAmoH, ein obaknrer AdTokat beim Gonseil des
Königs, der nvr mit ü n tssst tt t sun g eines ihm Tsrwandten
Oestwiiths lebte, Teidankie der Berolntion die Mügliefakeit»
ssbe Chnnsmioht nnd Hensohb^gierde za befidedigeii; jedodi
nnteisfelltite ihn dabei wiiUiehe Bsgnbnng filr die Politik nnd
seine wilde Beradsamheit; sein kordisles, freies Wesen msehten
ihn bei den Yolbemtssen befiehl^ Aber es fehlte ihm mo-
mlis^es GefBhl; als Justizministor war er kinflioh; er lebte
in der Gesellschaft von Dieben und StiffUngen nnd war der
Urheber der schlimmsten Greuel der KevoluHon; Beoe schien
«r erst zu empfinden, als sr selbst ein Opfer geworfien war,
nnd da erst erkannte er, dass ,|in den Berolntionen die Macht
den Frevelhaftesten bleibt"
3. Yerbreoher aus Leidensohafi — Bei den Ver«
brechem aus Leidenschaft verschärfen und steigern sich die
beim Qelegenheitsverbreohcr embrjonaien Oharaktenrilge. JCan
* Dahton laast Degenerationszeichen erkennen: er hatte eine mf-
gestiUpte Maie und von^ringende Baekenknoohep.
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62 !• Theil. Aathropologi« and Soziologie d«8 poUtiscUeD Verbr«cb«o8 etc.
vergleicht' da.s Püitiät voü Brutus (s. Figur 18), an dem sich
nur ein angewachsenes Ohrläppchen und alveolare Prognathie
nachweisen Ifisst
Wirft man einen Bliok auf die Erseheinwig der sechzig
TOD d'Atala portittttzten poUtisdiflii ICftrlyrer, ae finden neh
26 Flijraiognomieen Ton holier SehflnhMt; nur Tier toh anormalem
Amdmcik, ein blanea Geaieht^ eine mift Tonpzingenden Badcan«
knoohen und swei Bhacbitiker; S6 aind Ton liolier, nur dnl
Ton kleiner GMtli
Yon 2M) beriiiimten Nihilisten attgen 18 ein aohltnea Ge-
noht, und swar: die Fibowbkaja (Tat IX, No. 4)» Oydowifa
(No. 8), die HiLmAxir (No, 14), BAXUxm (No. 18^ Lawbow,
. SnPHAJfownsoH, IfiCHAlLow (No. 3), Wjbra SBAsanunoH
(No. 5), OssnraKi (No. 6), Anioirow (No. 9), XTsbaitowa (Now 11)
WiLABOBINOW (N0.12), ShBLJABOW (No. 13), TÜHBRNI80HMW8KT
(Nr. 18), ZuNDBLBwiTscH, FioiTKB, Pbbznakow ; 12 betitsen
eine gewisse Anomalie, aber nur einer bat drei nnd zwei je
zwei derartiger Zeichen; diea sind: SsoLOWjsw (StiinkShlan),
LUKANOW (Bartmaqgei). Mtsohkin (flenkelohren), NstschaILOW
(Prognathie), Albsjew (vorspringende Jochbeine), QOBWJWW
(vorspringende Backenknochen), die Babdina (vorspringende
Backenknochen und männliches Aussehen), Breseowskaja
(kranse Haare nnd vorspringende Jochbeine), Okladsky (Bart^
mRng:el. üppip^es Haar nnd wilder Blick), Zelwakow (vor-
ppnngende Backenknochen und jrntsser Unterkiefer), Lebedbwa
(Stirnhöhlen und grosser Unterkiefer), -und ♦■ndlich RooathchBW
(Stirnhöhlen, grausamer Blick und grosser Unterkiefer
Verbrecl 1 rvty j:» us ) .
Aus der Zahl der italienischen lievolutionäre, deren Bilder
im „Mmeo dd risorgmmiio itaUano" in Mailand gesammelt
sind, und die wir nach der schöneQ PuiJikation von DAMrANO
MuONT studirten, erwähnen wir die schönen Glesichter von
DaNDüLO, PoMA, PEllliU, ÜCllIAFFINO. FaBRTZI, PePE, PaOLI,
Crispi, Fabiiliii, Pisacane etc. In der französischen Revolution
zeichneten sich Desmoülins, Barras, Brissot uud Carnot
durch Schönheit aus. — Karl Sand war sehr schön. Wer
bewundert nicht die harmoniaohe, robuste Schönheit von
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£lAet KapiteL lodiTiduelie Faktoren.
63
Charlotte Corday, die derPEROwsKUA.der Kulischrw.Orsinis?
(vgl. Taf. IX). Wirft man eui«xi Blick aaf eine Portrfttsammlang
vnaerar giOartm Berolntioiiira, ao Mkn femmnaaine SSgen-
thttmlidhkeiten auf, di« man ala antikrimmall beanohnmi mOohte.
Die boha Stirn, dar atettliaha Bart, der gaiftninige Sehüdel, dar
aanft» imd liaiteia Blick, daa allaa maeht ana ürnan eine grosse
Familiei ao veiaohiadenan Völkern nnd Lindem aia waak an-
gekfiran. MoBO «knelt Bandibka nnd PiaAOAirB, nnd diese
bsidni wieder IIaxsini nnd Ofiflnn. Degenerationeieiehen
fmden wir allein bei dem gnindehilidien SomcoBiroiiA (vgL
Tai. X, Nr. 1). ,Ber einaige wakre Dichter, der wlhzend dea
Toiigan Jahrhnnderti* in den neapolitamaohen Landau geboren
wurde, war laiTAZio Ciaja. Er war sokön nnd ▼on Yomekmer
Erscheinung, nnd Lente, die ilm gekannt hatten, enShltan,
dasB Niemand dem Zauber seiner glänzenden Angen, seiner
aamntiliigen Haltung und Sprache widerstehen konnte.'^
3. Alter nnd Geschlecht. — In dieser Kategorie sind
die Frauen relativ zahlreich, und unter den Mflnnem überwiegt
dns Alter zwischen 18 und 25 Jahren. R^ie (£es rSgidäegf
IbUO) bemerkt, daas imt alle Königsmörder ganz jung waren:
SoLOWiEw, die Sahla, Chatel und Staps 18 Jahr alt, Sand
25, die Benault 20, Barrierr und Booth 27. Alibat d 26,
Ch. Corday 25, Meünier 23. — Drfmarrets schreibt: „Die
neapolitanische Polizei bewachte besonders strens: die jungen
Leute zwischen lÖ und 20 Jahren, überzeugt, dass Enthusiaa-
muB und Opfermuth Krankheiten der ersten Jugend sind."
{^T6moi^mffes etc., Quinze ans d'hauk polwe, 1833).
4. Psychisches Leben. — Bei den Revolutionären aus
Leidenschaft tritt neben der hohen körperlichen auch eine
vollendete geistige Entwicklung hervor; sie sind die Genies
des G^mtlthes ; und hier erupliüdeu wir eä harter, als irgendwo
anders, wie grausam es ist, sie, die den Gipfel menschlicher
Gttte^ Hingebung und Heiligkeit darstellen, neben gemeinen
Yerbieehem zu nennen, wenn aneh nvr infolge eines spraeh*
liehen Zwanges. Ja, sie im Liehta der Ptoyehiatrie atadiren
' Luioi CoNFoKTi, Najxjit nd 1789. —
Neap«!, 1886.
M LThdl. A]itiiraiNilogitfliidSoilok)giedMpoUUadieny«r1>rtehe^
SU wolkn, ist «in ibalioliefl UntemehnMn» wie wenn man die
aoihflnen Linien der mediceisoben Venns mit dem Zirkel er
grftnden wollte^ ohne anf die eriiabeiie Beinheit das giaaen
Kunstwerkes zu aiditnu
0, ihr heiligen, der Idee hingegebenen Seelen, TecMiht
nns; wir fahlen es, dass euer bi oae or Anblick sobon genügt,
die Mensobbeit boob aebitaen an lebien nnd die UebenabI
Derer vergessen an maehen, denen grober Oenuss das einzige
Ziel ist; aber der Forscher hat seine Pflichten, und nachdem
wir unsere Bewundening and Anbetung daxgebiaobt haben,
kehren wir zum Zirkel zuiüek.
8io sind, wiederhole ich, der Gipfel der Ehrenhaftigkeit ;
K.AKL Sand lebte und starb wie ein Heiliger, uud das Volk
taufte den Platz seiner Hinrichtung „Sands Himnieitahrts-Wiese".
Crarlottk OnKHAY \v!ir das Muster eines sittsameo Weibes.
— Der ISihihst LisdüiB — schreibt Stepniak — war Millionär,
aber er lebte wie ein Bettler, um die Kasse seiner Gesinnungs-
genossen föllen zu kr»!iiien, und seine Freunde mussten ihn
mit Gewalt liuidern, >i('li durcli seine Askese krank zu iiüiolieü ;
und ebenso lebte in Italien OAflSRO.
lu dem von Ayala gegebenen Verzeiohniss sechzig
politischer Märtyrer sind ron S7 unter ihnen Charakter*
aohildenmgen gegeben, nnd daraneh enulwinen 29 a)a edle,
mntluge, groasmfltbige Natnien, aber ab allan Umng nnd
wagbaJrig.
uBbutdb (ieh «lira Plutaboh) war ein Naehkiwnme jenes
Brutus, der die Tarqniniir niedenehlng, nnd der Sbbtilia,
in derra Flamiüe der TyiannennOrder SmviLnra äla gdM».
Br entwiokelie seinen Gbaiakier dnzoh das Stadium der Litte-
mtar nnd der Pyiosopliie nnd war sn den ehrenTollsten Hand*
Inngen besämmt; selbst Die, welehe ihn wegen seiner Ter-
sobwdmng gegen OlsAR hassen, sohmben aUea, was es Edles
in dieser That giebt, Beuvus allein zu und snohen die Qnelle
des ünreobts dabei in Cassius, der ein Genosse des Brutus,
aber von der Beinheii nnd SinfiMbheit aeinea Wesens weit
entfernt war."
»Beutub gri^ üffiontUoh Luoxus Filla (einen frfiberen
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EIAm KMfiUL IndiTidiuUe FaktortiL
66
Prätor, dem er sein Vertrauen geschenkt hatte) an und kenn-
zeichnete ihn als infam, als er von den Anklagen der Sardinier
gegen ihn vernahm, während Cassius kurz vorher zwei gleich
schuldige Freunde im geheimen gewarnt und öffentlich für
schuldlos erklärt hatte und sie dann weiter in seinen Diensten
verwendete, worin sich der gewissenlose Politiker kennzeichnete/
flWenn — sagte Brutus — es überhaupt einen Grand
•giebt, die Gerechtigkeit zu vergessen, so hätten wir lieber die
-ungerechten Anhänger Cäsars ertragen sollen, als unsere
•eigenen, dann hätte nur der Schimpf der Feigheit an uns ge-
haftet, während wir nun gewissenlos erscheinen müssten and
•das gleiche Los verdienten, wie jene.**
I.uMiiuu80, I>olitiacher Verbrecher. IL 5
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66 I- Theil. Anthropologie und Soziologie des politiscbeu Verbrechens etc.
Und in der That Iflaat gegen ^im» htm Vorwurf
erbeben aiuBer dem aeiner Sebnld «n der Plflndernng Tbeaaer
lonienB nnd Spartas dnreb seine Soldaten.
Fiat bei allen Bevolntionlren ans Leidensehaft findet nok
eine gesteigerte SensibüitM, eine wabre Hyperflstbesie, wie bei
den bUigerUeben Yerbreebem ans Leidenaobaft; fieilicib be-
stimmt Jene ibie bobe Litelligens nnd üur grosser Altroismna
an gana anderen Zielen als Biese; niobt der Beiobtbnm, die
Eitelkeit» der Beia des Weibes sieben sie an (obwobl 6ßt
Erotismiis Vielen — wie Gabibaldi, Maszihi, Gatoub — niobt
faUt), sondern die erbabenen Ideale des Vaterlandes^ der fieligion^
der Wiflsensobaft. Sie Ittblen lebhafter und frOber als Andere
den Druck politischer and sozialer Tyrunaei nnd sehnen sieb
mebr naob formeD» bereit, für deren Förderung sich selbst
an opfern. Ihr Verlangen nach Gerechtigkeit, ihre naive Aof*
richtigkeit und Begeisterung geht so weit, dass sie oft nnr
desbalb, weil Viele ibre Ideale theilen, ihren Triumpb erwarten.
Vor allem besitaen sie einen hochgesteigwten Altruismus; in
ihnen tritt der Schmerz Anderer mit einer Gewalt auf, die der
übrigen Menschheit fast unbe-reinich ist.
Oartpai.di brinjrt in spinen Lebenserinnerungen einen
Nachruf an jeden verlorenen Freund, an Jlutter, die er in
der Phantasie so oft auf ihren Knieen für ihn beten sah, und
selbst für seinen Hund Pastore, der vor Schmerz ^tmh,
als ihn sein Herr in Tanger hatte zurück.lus^sen müssen;
als kleines Kind weinte er einmal stundenlang, als er einer
Grüle, mit der er spielte, ein Bein zerbrochen hatte; als
Knabe rettete er eine Frau aus dem Wasser, als erwachsener
Jüngling widmete er all seine Exaft der Pflege der Cholera-
kranken.
ViNCENZo Russo, geboren am 16. Juni 1770 in Talma
Nolana, war ein gelehrter, beredter Advokat und derart selbstlos,
dass er aUes hingab, um Andern zn belfen. Er lebte alle Tage
Ton ein wenig Korn und nahm diese Nabnmg gelegentliob anf
der Strasse an sieb; an Hans batte er kaum ein dfirftiges Bett
Er war mensobenfrenndliob bis aom Exosss« Anf dem Gange
anm Ghilgen sobrie ibm der Henker an, er wttrde ibn niebt
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Elftes Kapitel. Indiridaelle Faktoren.
67
sprechen lassen, er thäte nnr seine Pflicht. Russo sprach
ruhig und nnersohrooken : ,.Ieli sterbe frei und für die
Republik" und warf sieb dftnn, mit dem Sfanog am den
Hals, Yon der Leiter.* (Ookfobti 1. o.)
Weiteie Beispiele Ton Altmkmiis liefern die Ffihnl^ der
NihilisteD, wie sie Stbfmiak mit dem EnthnsiasmiiB des Kampf«
imd Gesinoangsgenoesen sebildert. Yalebiav Obsihbki, der
den Terrorismns feurig und mit krttfUger Flropaganda yertiat,
war mnihig bis aar ToUkObnbeit; erst elQibrig, betbeiligte er
sieb bewaffiiet an der Vertbeidigtoig des Hauses eines Kaobbam,
eines Todfeindes seiner EWilie» gegen Bttnber; er liebte die
Oe&hr, weit die Anfrqgong des £ampls ihm ein leidenBobaft-
liehos Glttoksgeföhl Terlieb; er liebte denRnbrn und die VnmoL
Bei sdner revolutionären Energie nahm er an hst allen Yet'
suchen der Rerolie in Rassland theil; 1879 in Kiew ver*
bafte^ wurde er znm Tode Tsrurtheilt und musste znseben,
wie vor ibm swei seiner Genossen hingerichtet wurden ; er soU
dahei in ganz kurzer Zeit ergraut sein» ohne jedoob seine
Selbstbebemebnng zu verliami.
Demetrit-s LisorfFB, ein grosser, blasser, schlanker Mann,
mit sanften blauen Äugen, widmete sein ganzes ungeheures
Einkomraen seiner Partei und lebte ganz ärmlich ; äusserlich
ruhig und sanft, ivar er voll Fmer und Fnthnsiosmus. Sein
WniT^rh, f]pv Partei sein Vermögen zu erhalten, zwang ihn
zu finer \ orsichtigen Zurückhaltung; aber er empfand seine
Thatenlosigkeit wie etwas Schmähliches. Von seinem Ren-
dnnten verrathen und zum Tode verurtheilt, weigerte er sich,
ein Gnadengesuch zu unterschreiben; zum Richtplatz ging er
heiter und lächelnd und trcistete seine Freunde mit den Worten,
dass er jetzt seinen Wunsch, für die gemeine Sache zu sterben,
erfüllt sähe.
Dembtrtüs Clemkns, ein Mann von einer Redegahe, die
ihn zu einem der besten Apostel seiner Sache machte, mit
breiter Denkerstim, sanften lebhaften braunen Augen, schmalen
Lippen, Stumpfnase, wurde wegen seines guten Herzens und
seiner Selbstlosigkeit angebetet Er snehte die Gefahr und
stellte neb ibr ruhig entgegen ; er bot einmal einem Beamten,
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I- TheiL Anthropologie unU Soziologie des politiachen Verbrechens etc.
uutoi >ieiiiiuüg seines vahreu ^iameus, sich selbst als Bürgen
emes gefangenen Genossen an; ein andermal befreite er 6e-
£uigene, nachdem er als Kegierongs-Ingeniear aufgetreten war
«nd iklL alle Henen gewonnaa bette.
OsABüons CaBDAX (Ta£. IX., No. 1) liette dee mildeete
OemfliSi, ein sanftee Weaen; rie beeehftftigto eUk in der Jugend
mit hiwtftrieohen nnd phfloeopliiaohen Studien, begeisterte aieb
an Plntubh, Honteeqnien mid Bonaaean. Dia attndende Ba*
lediambeit einiger flOobtiger Ginodiaten, TieUeiobt aneh eina
atilla KeigoBf an einem Ton ibnan» maebto aie lu einer
glflbendan Anbingenn dieier Saeha; ne war bei der Sitmng
dee Konyente aogegen, in der die Qizondistan aom Tode Ter-
nrtheilt Warden, und beeebloaa, die Urheber dieeer Bntaoheidnng
zu todten. Anf die Fhige, wie aie, ein sartea ungellbtea
Iffidnhen, ohne Mitschuldige Marat tödtlioh treffen konnte,
antwortete sie: ^Der Zorn hatte mein Herz geeohwellt und
mir den Weg gezeigt, seins zu treffen.*^ (D'Abrantes, Vita
• rüraUi lü donne celebri, ld3d.) £be sie das Schaffet betrat
— wo ihre leteto Bewegung dem Schamgefühl entsprang — ,
schrieb sie an Babbaboitz, ihre Eraonde sollten ihr Loa nioht
beklagen, denn wer wie sie von einer lebhaften Phantasie
und einem erregbaren Gemüth beben-scht würde, hätte nur ein
stürmisches Leben zu erwarten; sie sf bloss ihren Brief: „Welch'
erbärmliches Vnlk, eine Republik damit zu gründen 1 Sie ver-
stehen nicht einmal, dass ein Weib, dessen Leben Aiemaudem
nützt, sich ruhig für ihr Vaterland opfern kann." Lamartine'
schreibt von ihr: ,.Wenn wir für diese erhabene Freiheits-
heldin und hochherzige TyrauneTininnienu einen Namen tinden
wollten, der die gerechte Bewunderung mit dem ernsten Urtheil
über ihr Vorgehen verbindet, würden wir sieden Engel des
Mordes nennen und in einem Worte Bewunderung und
Schauder vereinen."
Eleünoua DB Fü^•SECA-PIME^i EL studirte Chemie bei
Falaocerba, Mineralogie bei Delfico, Mathematik und Astro-
nomie bei FiLXPPis und Yixo Cabavelll Sie lernte Griechisch
* Bimrin de§ Ommiiiu» lY. p. 998.
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Eifiefl Kapitel. lodxvidueiie f aktorcn.
69
und Lainn, iMfdilftigte mok mit AiQiu>iiii8oh«ii und poläiwiwii
Stadien und Q&ete ihn Seele frflli den Gedanken des Ftnfeohritts
und der IVeOiMl Ihra Diehtangen seUagen immer dieselbe
Saite an $ daa Wohl, den Fezteduritt der Uen^ohheit^ Bblfset
nennt dieFbvsncA in einem aeiner Bfleh«r eine Sehwinaerin;
sie sohwirmt in der Ihat Dbr das Gute» aber in allem tther>
trieben, nndCteoOT enthlt, dass ihr das einaige Stdueben in-
nige ihier peyeholegiieh>iriaseiHflhaftKehBn Bnaehnngameihodea
geetorben sei, — ein Zeidien Ton ftbeftiiebenem Anti-
Misoneisrnns.
Kanm war die Republik proUamirt, so giOndet nnd leitet
sie die erste npnblikanische ZeitOQg, f^JRMimUmre napotetano" ,
der jeden Ta^ nene, nicht immer opportune Maaasrsgeln be-
fiUn^ortete, nnter denen aber manche zart ersonnen waren, wie
z. B. das Verlangen nach einem milden Strafverfahren, um
das Volk nicht abzuschrecken. Auf dem Schaffet begrüsste
sie die in der Xähe liegenden Leichen ihrer Frennde. Im
Gefilngniss schrieb sie folgendes Sonett, das wegen meiner
Schönheit nnd m&nnliohen Kraft eine Zeit lang Paoako aiige>
sohheben wurde:
Badivira Poppea, tribade impun,
D'imbecille tiranno empia oonsorte,
CkkU pur d uggravar uottre ritorte,
L*iimaiiit& •pavanta e la natmis;
Gredi il trono cosi premer aicura,
E tutto il niifTo -»t-i liger alla Sorte;
Folio, non aai ch entro la nube oacura
Piü oh e compresso U tuon piü sooppia forte.
'AI par di te movea torbo e tempeata,
Sul Gallo oppreMO b tua iniqaa taova,
Fiiichö al 8uol non nizzö I'orrida testa.
£ tu chi »a? tardar ben puö; ma Tora
Segnata h in cielo, ed un boI älo arresta
La lonre appeia ««1 tue «ipo aaooia.
(Cboob^ L 0^ p. S9.)
' Bbibdsro Cbooi, JSIeeNom da Finm»PSmmkl Bon, 1887.
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70 ^- TheiL Anthropoli^e uad Soziologie des poUtiacheu Verbrachen« etc.
Die Perowskaja hatte ein schönes, fiist kindliches Gesicht
(vgl. Tafel IX.), ein heiteres Gemüth, aber eine ausserordent-
lidie ImprefisionabiUtat; obgleiohi voa altem Adel, hasste sie
die ünferdrüdnuig, empfand auf das bittetsto die zaahe Be-
handlimg iluer Mafter durbh den Vater; sie floh ana dem
eiterliehen Hanse nnd wnide die Seele des Kihilismns. Sie
war bald eins der einflnasreiebaten Uütiglieder eines politisehen
Zirkels nnd betrieb selbst die Froiwganda in den Fabriken
nnd anf dem Lande. Yerhaftet nnd im Norden Bosslands
intemirtk floh sie 1878, wnrde die GhrOnderin der tenroiistischen
Geeelkehaftp nahm an dem Attentate Hartmanns gegen den
Zaren theil nnd ertrag, zum Tode Teroztheilt, die Strafe mit
nngewOhnliohem Mnthe.
W JBBA SSASSVIJTSCH wnrde nach ihrem Attentate anf General
Tbepoif fireigeeproehen; aber selbst voll der höchsten Ansprache
an sieh selbst, erklärte sie nach der Freispreohnng, sie wlie
beim Lesen des Urtheils von Traurigkeit ergriffen worden, denn
ihre Yerurtheilnng hätte ihr den Trost gewährt, sieh ganz ihrer
Saehe hingeben an können. Den G^eeohworenen sagte sie:
„Es ist etwas Fnrohtbares, die Hand gegen das lieben eines
Menschen in erheben, ich weiss es; aber ich wollte zeigen,
doss es nie möglich ist, ihn nach so viel Greaelthaten^ un-
bestraft zu lassen, ich wollte die allgemeine Anfnierksiirakeit
auf diese Dinge lenken, um. /.n verhindern, dass sie sich wieder-
holten/' Es war in diesen Worten so viel aufrichtige Leiden*
Schaft, dass sie Alle ül)er7,eu<:rte.
Zu diesen Uhurakterzügen kommt das dieser Kategorie
eiürenthümliche Bedürfniss, Schmerz ;u empfinden und zu
leiden. Das Leid ist etwas Gutes, ia^st Dostojewskv einen
seiner politischen Helden sagen; wohl verstanden, um .so mehr,
je wichtiger die Sache, die Idee ist, für die sie leiden; oft
aber suchen sie die Unlust an und für sich, und geniesseu z. B.
um der Unlust willen bittere SubatuiLZLU. Etwas Aehnliches
findet sich so oft bei religiösen Fanatikern, die sieb geissela
lassen, und zu Ehren eines Heiligen, oder des göttlichen Herzens
* Die Auspeitachungeii der politisch V erdächtigen.
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»
£l£t«9 Kapitel. Individuelle Faktoren. 7 t
Stachel-Gürtel tragen; und das erklärt uns die grossartige Un-
vorsichtigkeit der Nihilisten und der christlichen Märtyrer.
Eine der Angeklagten in dem Petersburger Prozess der
Fünfzig, die m den letzten Stadien der Tuberkulose sich befand,
improvisurte vor ihren Bichtem eine Rede, die hat einer
Dichtung glich und dio eine lodernd« Sehnsaohi nadh dem
Hartyrhmi bewies: „Eilt Euoh, Ihr Bichter, und ▼onuräieilt
mich ohne wttteies; achww und MfazedElicih irt mein Ver-
htechenl In daa bftnerliehe Kleid aus gmner Wolle gekleidet,
hebe loh es gewagt, ohne Schuhe zu wandern, dorthin, wo
unsere Brfider seu&en, wo Aibeit und Elend nie aufhören»
Wosu die nuresen und Yorhandlungen? Bin ich nidht von
Tomherein eine ttberfklhrte Verbreoherin? Bin ich nicht das
TcrkOrperte Yerhieehen? Die Schultern noch im bäuerlichen
IQeide, die Ettsae mu^t, mit schwieligen HAnden stehe ich
hier, gebrochen durch harte Arbeit; aber der schlimmste Be-
weis gogan mich ist mebe Liebe anm Vaterlande 1 Aber, so
schuldig ich auch bin, Ihr Richter seid ohnmächtig gegen
mich; ja ich bin unerreichbar für alle Strafen, denn ich habe
einen Glauben, den Ihr nicht habt, den an den Sieg meines
Ideals. Ihr könnt mich lebenslang verurtheilen, aber mein
Leiden wird, wie Ihr seht, meine Strafe nicht lange dauern
lassen, und selbst die Schergen werden den Kerkeraohlüssel
zu Boden werfen und werden schluchzend an meinem Kopf-
kissen beten."
Renan ^ sieht einen wesentlichen Grund für die Ausbreitung
des Christen thums — neben dem Geiste des Gründers und
dem Einfluss seiner Vorgänger, der Essäer — in der seine
Anhäni^^er beseelenden Lf^idcn>rhaft für das Martyrium, die
mächtig genug war, um Hokehrun^ien w j« die von JusTiNüS
und Tertülltan zu bewuken, nachdem sie Zuschauer des un-
beugsamen Muths der Märtyrer geworden waren. So versteht
man auch leicht, daas die Gnostiker, welche das Martyrium für
nuuluä erklärten, von allen christlichen Sekten in den Bann
gethan wurden.
* L'Eglüe ckreUetme, p. 366. Fans 1Ö79.
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72 I TImU. JManptioifi» und Soriotogig dat polititeiiip Ygrbrodwiit ttc
Es handelt sich bei dieser Wonne des Schmenea um eine
pAndocn I^ufistherie; die Anästhesie, die Indifferenz gegen den
Sdimerz, entspringt einer absoluten leidensohaftliohen Konzen-
tntion anf eine eiiudge Idee, dem Monoideismus, ähnlich der
Herrschaft einer mäditigen SoggMtion anf den Hypnotisirten.
DiM« leidenschaftlichen Menaoheii nnd die wahren Pionier«
allw politischen, religiösen nnd sozialen Freiheit, nnd unter
ihnen hat die Geschichte die edelsten Härtyrergestalten ver-
zeichnet. Uebrigens sind hier, wie im Gebiet des Hypnotis-
mns, die Frauen relativ starker vertreten, was ibre bedeutende
Betheilip:ung: nn der rliristliclifm Kerohition und der nihilistischen
Bewegung erklärt (vgl. o p. 223. tf,). Kenan schreibt bei seiner
Scbüdening der ersten christlicben Märtyrer u. a. : .^Dans
l'affaire des bä,bis, on vit des g^ns qni ^taient k peme de ia
seote venir se dönonoer eux memes, afin (ju'on les adjoigmts
anx patients. II est si doux h l'homme de souffrir pour
qnelquechose, que dans bien des cas Tapptlt du martyre sulfit
pour croire. Un disciple qui fut le compagnon de supplice
du Ijfil), su.ypendu ;\ cöte de Uli aux remparta de Tebriz, et
attcndaut Ia mort, u avait qu'un mot ä la bouche: „Bs-ta
content de moi, maitre?"
„ün jonr sans pareil pent-dtre dans Thistoire du moade
tat oAm (1852) d« ü grmd« bonoberie qui se fit des bftbis i
Xöbäraii. On vit oe jwoAk dans Im mes et Im \mam de
TäiäwDi an speotade qnd la population semble deroir n'onblior
jamait. Qnaad Ia oonTfiiation, «noim aujouid'hm le mei snr
ottte matitee, on pent juger de Tadmiration mtite d'honaor
qne la ^le ^nrnva at qna le> aon^ n'ont paa duninufe.*^
»Qoand un das sapplki^ tombait at qn'on la fidaail; fda-
Tar & aoupa da finiat on da bayonatta, pour pan qua la paita
ita son magt qni miesalait aor tont sea mambna, Ini kinlt
anaaia nn pan da foroa» U la mattait & danaer et eriait avae
an •otoiolt d'anihonaiaania: „Ein TiM, nons aommaa k Dien,
at nona retournons k Inil" Qoalqoaa-nnB das anfSuiiB azpixteani
dans le trajat Ijss bonrraanx jattiant lanrs oorpa sons les
pieds da lean ptees at de lenrs soeors, qni marehteent fi^pa-
ment dassos at na lenis donatoent pas danx ragards. Qnand
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SftM Sittel Individaell« Fftktoran.
73
on arriva au lieu d exöcution, od proposa encore aux victimes
la vie ponr leur abjuration. Un bonrreau imagina de dire k
un p5re que, s'il ne cödait pas, il coaperait la gorge & ses
demx fila snr sa poitrine. C'ötaient deux petita gar^ons, dont
Talnö avait quatorzf' an?*, et qui rouges de leur propre sang,
les chRirs caloinces ecoutaieut froidöment le diaioguei le pt?re
repondit, en se couchant par terre, qu il etait pröt, et l'ainö
des enfants, r^amant aveo emportement son droit d'ainesse,
demanda k dtre ^gor^ le premier. Quelques sectaires furent
■ttMih^ h ]a gnenle des oanoos, smorote d'ane mdehA longoe
Mimt Imfeamani On Imir propoaait de couper la m^oli*
8*118 raaudeiit le Bftb. Enz, les bras tendoB Ten I0 fen, k
suppliaient de ee liftter et de Tenir bien viie oonBommer leur
boBhear*"
Bbvam Adirt Ünrt: „Lee pereoonee qm legardent eonuno
nmaeuletix on ehuu^riqae ce qni daae riiistoiTe ddpane lee
ealmda d'an bon Bens Tnlgure, doiTent trouTer de tele frite
meisplxeablee. La eondition fimdamentele de la eritiqne eet de
aavoür oompiendi« lee ^tale divers de Tesprit bnmain. La iai
absolue est par neos en fait oompldteinent ötraoger. En dehon
des scienees poeitiTee, d'ane oertitnde en qndqne sorfte maM-
lieUei toube opinion n'est k nos yenx qn'nn k pen prds, impU«
qnaut une pari de v6rit^ et one pari d'enreur. La part d'erreur
pent dtre aossi petite que Ton vondia; eile ne se r^nit jamais
k aero, quand il s'agit de ohoses morales, impUqnant nne que*
stion d'art de langage, de lome littöiaire, de personnes. Tel
n'est pas la maniäre de voir des esprits Stroits et obstin^
des Orientauz par exemple. L'oeil de ces gens n'est pas comme
le nötre; c'est l'oeil d t-mail des personnages de mosaYqiteg,
teme, fixe. Hs ne aavent voir qu'une seule ohose ä la fois,
cette chose les ol^söde, s'erapare d'enx; ils no sont plus maitre
alors de croire ou de ne paa ctoup; il n'ya plus de place en
eux pour nne arrii'^re ponst e n il jcluo. TJne opinion ainsi em-
brassee, on se fait tuer pour eile. Le raartvr est en r^ligion
ce que i'hümme de parti est en puliüque. Ii n'ya pas eu
beaucoup de martyrs tr^-intelligents. Les confesseurs du temps
de Diodätien dorent dtre, aprto la paix de r£güse, de gdnants
74 !• Theü. Anthropoli^e und Soziologie de« pulitüdieu Yerbreoheas eto.
et imperieux personnages. Ou n'est jamais bien tolörant, quand
on croit qu'uii u tout ä iait raisou el que ita uuLies out tout
ä fiut tort."*
Ettt alle christliohen Märtyrer sind an Leidenschaft und
Gamftth ganialalfanaolMn gewesen, dia daa Mar^^iua ürendig
«rdnldoten, und fllinlioha Beiapiela fbhUii in dan ÜBrnatan nnd
dan OOS nlebatau Zeiten nicht
Ahna Asohbw, ezxiililt SMiLva» tiiat, ab ihr auf dar
Folteibank die Glieder auagerenkt wurden, nicht einen Schrei,
anekte mit keinem Mnakel, aondetn hlickte ihren Peinigern
mhig ina Gesicht» ohne au bekennen oder an wideimien;
anoh Latiher nnd Bidlvt gingen ohne Klage, mit der Heiter-
keit einer fiiant» die an den Altar tritt, in den Tod nnd er«
mahnten einander, guten ICuthea an bleiben. » Wir dflrfen heut'
durch Gottes Ghiada in Bnj^d eine Fankel anattnden, die
niemals wieder Tcrlöschen kann." — Kart Dtbb, eine
Quäkerin, die wegen ihrer Predigten Ton den Puritanern Neu*
Snglanda zum Tode durch den Strang verurtbeilt worden war,
ging mit ruhiger Fassung zum Tode und starb nach eiuer
ruhigen Ansprache an die Umstehenden in Ftevd» und Buhe.
(SUILBS.)
Der Mystimsmus ist der wesentliche Cbarakterzng der
Königsmörder (schreibt Reois 1. o.) und zeigt sich in ihrem
fanatischen Festhalten an einem religiösen oder politischen
Glanbensbekenntniss, das selbst ihre Gesinnungsgenossen in
ötaunen versetzt; so ermordet Louvfl den Drrc de Bebet,
um Frankreich von seinen Feinden zu betiHiHM Rwatllac
tödtet Heikkicu IV., um ihn an einem KrieL'szui^o gegen den
Papst zn hiLkiiern ; \ou ihrer Misäiun duiclidrungen, führen
diese Fanatiker ihren Streich, ihres Todes gewiss und bereit
zu sterben.
In den Monarchien waren die Regenten mör der Mystiker
der Religion, in den Revolutionen Mystiker der Politik, wie
beut diti Anarchisten sind (Regis, 1, c).
Daher stammt bei den Revoiuuumireu nua Leideiiaoliaft
* Bmva», Les ÄjMirejtf p. 378—382. — Pans, 1Ö66.
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£lftM Kapital. IndividneUe fUUoren.
76
die üeberzeugung von der Erepriesslichkeit ihres Handeluß, was
sie nicht nur unerackrücken, auch dem Tode ge{,'enüber, iiia^ht
(Pabhy, Corday. Gkk.viüj), sonderu jede iieue aus-
ßchlieast; man darf sie aber deshalb nicht mit Verbrechern
zusammenwerfen, deren !N[angel au lleue uud Grleichgültigkeit
gegen das Leben dem Mangel ethischen Gefühls entspringt.
„Die Knechtung des Vaterlandes (Confokti, 1. c.) sjab
nach seiner Verurtheiiung jenes Gefühl unbeweglicher
Festigkeit ein, das aus seinen Versen spricht:
SuuQü di antico cerro
SqI Cardin nginoM»
Sttccede a reo silenzio:
Sia Circo il j)h- tli fiTro,
L ahua i in egoal hposo
Horte te cbiamo e tremo,
PensMido tl fin che attendo,
IIa non per me, che itnpavido
Guardo il momeoto estremo
Sulla mia tomba, e sceodo.
Das vielleicbt über/.eugeudste Beispiel gaben die uuglück«
liehen Decembristeu in Petersburg; weder die Qual einer
imerü%lich langen üntersuchungfliuiL, noch die wiederholten
T«fsaohe cor AnsfEllmiDg des Todeeurtibeib, die aageblioL
dofoli die mangelode üebang des Sdi&rfrifikteis Tenmlasrt
waren, entriaBen ihnen ein Wort des Haaaes oder der Beae.
Sbrobj Mubawjbw 9xhoh sieht als beim ersten Yersnob der
Striek gerissen war, und sagte nur: Ob nnseliges Land, wo
nD«n weder m regieren, noeb nob za Tusdiwören nnd niebt
einmal sn bfingen Terstebt.*^ Rtlbjxw sagte bei der Ifit-
{beilnng des üräieils: »leb wnsste, dass iob bei diesem Unter-
nebmen sn Grande geben würde, aber ieh konnte das Vater-
land niebt mebr Iftnger nnter dem Despotismns seben. Der
an^gestrente Same wird BlUtben tiagen." Bistübohbw starb
mit den Worten: „lob bereue nidits; iob sterbe Unfrieden und
sicher, «nen Baober zu erbalten,** vnd Pbstbc sagte:
beben ernten wollen, ohne m sIen.*
* TouToi, Lea dicembrüta. Pr^üace de Jodbbrt, lÖdO.
76 I- TheiL Anthropologie und Soziologie dea politischen Verbrechen« el&
5. Neurosen und PsychoseD. — Wie Leim Genie,
so fehlt es auch hier niobt an Neurosen und psychischen Ano-
malien. Ich habe eine der intelligentesten russischen Nihi*
listmnen, Frau R., gekannt und beobaohtat. Sie w dk
Todifar «iiiii niahfln, iiMiropaihiMihai, hoehbegabten ICuiMg;
sehoD yoa ihnm 10. Jalm an aaL ai« mit Widentrabea den
üntenoliMd twiaeben Am und Bodi, wollt» kain Obat mahr
aaaan, kuM leidanen Kkidar tragen (um, wie aie aa^» kein
üniedht an den Annen an begehen); kaum kflite aie (nocih tot
der Pnbertat) vom Nihiliamna apieohen, to warf aie wk Qm
leidenBehaülioli in die Anne; mit 12 Jakien trat sie ala Ar*
beiterin in Spinnereien ein, nm Propaganda an maoben; mit
14 Jahren wnide aie snagewieaan nnd ging naeh derSokwna,
nm Ifaihemafik an atodiren; nm an den Anfttttnden theilaa*
nebmen, kehrte sie in Begleitong anderer Nibiliaten nach
Bnaaland anrtlck, aie fand beim Landrolk sehr wenig Ver-
ständnisB fELr ihre Ideen, deshalb wnrde sie selbst Tage-
löhnerin und arbeitete anf dem Felde, um Einfluss auf das
ländliche Proletariat zu gewinnen; als sie auch dann keine
Erfolge hatte, wurde aie Wfischerin, später arbeitete sie in einer
Bäckerei. Nach einem Putsch, der zur Yerhaftong und Hin*
richtung vieler QenoMen führte, wnrde sie in e£ßgie hinge-
richtet. Sie entkam nach Paris, arbeitete bei einem Schuh-
macher und trieb dabei Propaganda. Bakünin hielt sie mit
Mühe davon ab, nach Rus.sland zurück und damit in das
sichere Verderben zu gehen, und überredete die zarte Frau, in
Dörfern der Schweiz als Apostel des Nihilismus zu wirken;
wie gewöhnlich, so hatte sie auch dabei keinen Erfolg. Sie
versuchte dann ihr Glück in Italien, kam aber dabei ins Ge-
f^gniss. Nach ihrer Haftentlassung fing sie in dor Schweiz
an, Mediciu zu studiren und zeichnete sich dabei lu huheui
Maasse aus ; aber mit der diesen leidenschaftlichen Naturen
ei^^cueu Ver:indorlichkeit ging sie erst von der Gynäkologie
zur Pädiatrie und dann zur Chirurgir über.
Sie war eine schöne, hormouiscLe Erscheinung, halt« aber
vollständig unbewegliche Pupillen, gesteigerte Sehnen- und
Gefiteneflene nnd eine ansserordentliöhe Neigung zum Ilnftthent
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BtflM SifttaL iBdivadnelle fkktaran.
77
obwohl Medicinerin, hatte sie eine unrichtige Vorstellung von
der weiblichen Nfltnr, sie hielt die i?'rau für dem Manne ^^ben-
bürtig; obwohl ;ithei8ti3ch, glaubte sie an eine Seeienwaiideriing.
Sie beaitzt eine grosse Leiohtigkeit des mündlichen Ausdrucka
und ein wahres Bedürfhiss, Propaganda zu mnchen, nicht nur
in der Politik, aondorn auch für neue chirur^nsche oder
gyuäkologiaohe Eiitdeikungen — Grebiete, in denen öie Behr
bewandert ist — wie sie sieh überhaupt durch wistjeuschaft-
liehen Antimiaoneismus auazeichnet. Sie fasst leicht eine
Neigung für den ersten Besten, die sie dann ebenso leicht
wieder verliert, und m der Liebe wie im Kiiss ist sie gleich
übertrieben. Die^e Defekte finden jedoch eine KompeusaLiou
in dem Drange, sich für die Freunde zu opfern, in einer
anaiaroidentlidien Zähigkeit im Festhalten ihrer Pläne, in
einer mebr lEkom und «laktan als sohöpImalMii Intelligenz,
in einar hohm lingoiBttMlMn,^ mathamatMahwi und mtdi-
ainiicihin Büdung und in einer uMndlieh groBBan Mnttorliabe.
Obbxmi' liaUe aina anaiahanda Phyiognomia, «na propor-
tioniriai itaitliaba Oaitalt, ainan langen aahwanan diohtan
Bart» atna bolia nnd breitaStim,' Uama loliwamp abar dnrok-
dxiogaBd Uiokanda Angan, toUmi» nur anf dar Stirn nnd an
dan SohUl&n dflnnea Haar. Wann ar spiaoh» 80 gasehah aa
an&nga laogaam nnd Toiiiahiig, später, wenn er nah. fOi dan
Gtagaofltand arwflnnt batia, Mlmall, laicht nnd an^aragt. Sein
Laban iwnrandaia ar anacUiMaliah im Diaoit dea Tatarlandaa.
aber leider gaos vaigabani. Dar Gadanka stand bei ibm
immer hinter der Tbat soiOak, er muasta immer etwas thun
auf jede Gc f ihr hin, um jeden Pkeia, nnd er stürzte sich in
die toUatan Unternehmungen Mazzinis. Seine Tollkühnheit
war ao gros», dass sie selbst von Denen getadelt wurde, dia
ibn anm Handehi getrieben hatten, so dass man im Kreise der
Mftwnni a ne r eine toUa, nnTorsiebtiga Untamebmang ,,OrBuuada*'
an nennen pflegte.
Er war gutherzig, ehrlich und äusserst muthig, aber die
Anlagen seines Hantans überwogen bei waitam die seines
* Sie tprAch sieben Sprachen.
' MosvAuo, Fdic$ Onmi, tm 186a
78 ^' Theil. Anthropologie tmd Soxiologic des politischen Verbrechens etc.
Geistes. Er war ruhmsüchtig, eitel auf den von ihm erworbenen
Ruf; seine Gegner erzählen, dass er zn sagen pfle|?t€, es gäbe
nur zwei Mlinner m Italien : ihü und Mazzini. Im politischen
Kampf war er beständig, aber sein Wesen steckte voller Wider-
sprüche. Er, der in seinen Memoiren die ieolirten Insurrek»
tionsversaohe tadelt, ist der Held fttt aller Mamnianiscben
TTntemelimangen, die nieht inigiaoh, sondern koBUseh endeteD.
Er, der mehrere Seiten hindnreli dtm politisoben Mord ver-
wirft und von dem Attentat wiederholt ftossart, er ihdle
Mazkznib Theorie nieht his an jener ftnssenten Ghranaep —
plant und leitet das Attentat vom Jannar 1868. Sein Ghankter
war sehwaoh und leieht au heeinflnssen und bedurfte der Leitong.
Seine bUnde Unterordnung unttf "Mmm trat erst in den
Hintefgnmd, aU fianaOsisehe Emignmten ihn fUae ihre Sache
gewannen« Daau kam der Kiteel, ganz allein beflfliigi zu eein,
einen einer ungeheuren BeTolution gleiohwerthigen Streibh
zu fahren, der Wunsch, ein unerträglich weidendes Leben zu
beenden durch eine Thnt, die ihn für immer berflbmt machen
sollte, und endlich der Einflun seiner neuen englischen und
firaazösischeu f^nde.
Die Neigang zun Konspiriren war für ihn zu einer Art
Manie geworden , wie er selbst seinen Richtern erklärte , und
das war nicht die einsige Spur einer Geistesstörung bei ihm.
Ein Bekannter aus den letzten Jahren seines Lebens,
MoNTAZIO, schreibt von ihm: „Nichts zeigte auf den ersten
Blick, wie viel er gelitten hatte ; aber während eines litn^eren
Umgangs mnrkte irh, wie oft er geistesabwesend und versunken
war. Er litt au langen Fieberanfäiien und hatte plötzlich
merkwürdige Haliucinatinnm, neben AnfHllen düsterster Stim-
mung." Die Lebhaftigkeit seiner politischen Leidenschaft
erklärt sich bei ihm wohl durch Erblichkeit. Sein Vater
nahm an allen Verschwürungen für die Befreiung und Einigung
Italiens theil; so im Jahre 18.')() au der Erhebung gegen den
Kirchenstaat. Felix Orrini sah damals mit zwölf Jahren die
Füsilirung eines Hauptverschworenen. Er erzählte später, seit
seiner Jugend hiitten seine Gedanken, seine Handlungen ein
einziges Ziel gehabt : die Befreiung des \'aterlaudes, die Rache
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ElftM KapitoL IndividneUe lUrtoran.
79
an den Auslttndem, den Oesterreichern ; daswegen hätte er an
allen Verschwörungen bis 184H theilgenommen. 1874 fiel er in
Ungarn in die Hände der (Jesterreicher, sio machten ihm den
ProzAss und vemrtheilten ihn, aber es gelang ihm, gerade als er
gehängt werden sollte, zu entfliehen. „Durauf ging ich nach
Bne-lnnd, immer mit diesem Gedanken, dieser Manie, wenn
man will, meinem Vaterlande ntttzlich zu sein, es zu befreien,
mioh ihm zu opfern. Ich war überzeugt, dass es ganz unnütz
sei, zehn uder zwanzig Mann dem Tode zu opfern, wie es
Mazzini immer vergebens that, ich wollte mich auf das Gesetz
stützen, ich wollte mich an die englischen Pairs wenden; ich
plante eine Petition an die B^iernng für das Prinzip der
Nieht-Inte n r en tion nnd wegen Anfhebmig der firenzOneohen
nncl Otteireieliieolieii Beaetenng. Ihre Sympathie hatte iöh
flbhoD damab gewonnen^ als die Bevolte in Indien ansbiaflh,
und natflrlieh ist dieee Frage filr England von gröaaeier Be*
dentnng als die itatieniaehe Frage."
«Nachdem iehdiepoUtiMihen YerhAltniase aller Regiernngea
Enxopas einer genauen FrBfiing nntenogen habe, hin ieh üher-
zengt, datt es nnr einen Ihnn gieht, der im stände ist, mein
Vaterland von dem Joeb der F^mden au befreien, nimlieh
"NAfOiMOt in., der in Europa aUmAehtig ist Und doeh giobt
mir seine ganae YeigBiqiuiheit die Gewiasheiti dass er nioht Ihnn
wird, was doeh emzig und allein in seiner Madit steht loh bekenne
M, dass ieh ihn für ein Hindern iss ansah. Und da habe ieh
an mir gesagt: man muss ihn aus dem Wege räumen.
Ieh wollte es, wie gesagt, selbst thun, aber ich sah ein,
dass es nnmOgHoh sei. Da sammelte sich am mich eine Sehar
▼on Mttnnem, die meine Pläne kannten und sich mit mir ver<
banden, und die mieb, als sie verhaftot wurden , dennnsizten.
Als ich mich von ihnen rerrathen sah, sehnte ich mioh nadi
Kache und klagte sie an ; aber heute beklage ich alles, was
die Lage meiner Genossen verschlimmem konnte. Alles, was
ich gegpn s\e gesagt habe, nehme ich zurück, and bringe mioh
selbst meinem Lande zum Opfer." *
^ ^f"norie a FeUee Onmif eoa eppeadioe di Avsokio Fsavobl
Tonn, 1862.
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so ITbdl. Anfliw»potogie und Soddcg^ dw pd l i t iwiiwi VwffamhwM <*e.
Ehe er das Sohaffot bestieg, Mhiieb er folgvndee in aflUMm
bertthmtea Biief an den Kaiaer:
„In wamgin Standen weida iok nuht mehr sein: aber
ehe ich meinen letzten Athemzng thne, will ich erklftren
— nnd ich thue es mit dem Freimuth, den ich bis heute
niemals verleugnet habe — , dass der Mord , unter welctor
Form er auch auftreten möfje, nicht, zu meii^et^ Pririzipien
gehört, sondern dass ich mich nur durch eine verhängniaa-'
volle geistige Verirrong zur Organisation des Attentate vom
14. Marz habe verleiten lassen Und mögen meine
Landsleuto dm Mordtyst'em weit von sich werfen, statt
darauf zu bauen, raögeu sie sich von einem sterbenden
Genossen gesagt sein la.ssen, dass ihre Erlösung nur durch
Selbstverleugnung gescheht' r; k:inn, durch stetige Vereinigung
ihrer Kräfte, durch Opfer und durch Ausübung der wahr*
haftigen Tugoud."
BoOTH, NoBiLiNG, Alibaüd Waren Söhne von Selbstmördern.
Karl Sand, der vielleicht der vollkommenste Typns dieser
Klaaae ist, litt au AnMlen von Melanoholie mit Salbstmoid-
^•dankan. (BAaiB, Ln rigidäes, 1890.)
HaillabauBi der Basums sa etmordfln molite, um dia
Ehre Fhuikreiolis an letten, liatte «ine AofteBinaoflbMu,
Atrophie des xeohten Annes nnd epfleptoide KoDTolsbnen, wie
anoh La 8abi«a, der einen Hoidvenaoh auf Kavo&boh ge*
maeht hatte nnd der rttekenmarkilrrMik starb.
6. Leidensehaftliohe Genies. — Bei einnlnen Didivi-
dnen sehliesst die Heftigkeit der Leidenschaft die geniale Kraft
nieht ans, sondern bringt sie nebnehr aar Beif»; disse Ifitnner
haben in aber BeTolntion die meistan Erfolge^ vas sehr natflilieh
ist ; denn wenn schon, wie wir gesehen haben, jene Gigantm dea
Gefühls so mächtigen Einfluß erlangen, wie viel mehr muss
er Diesen gelingen, deren Geist und Gkmttth gleich gigantiaoh
beanlagt sind. Zu ihnen geboren Gaubalto, Cnrnn, LabbaXiLB
nnd Cavoüb.
Die physische Eisoheittnng Oatoubs» Wesen seines
Geistes nnd ChaiakisEa liessen ron seiner früheeien Kindheit
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SUkw KspiteL IndtvidiwUe Faktorm.
an Hyperästhesie erkennen.^ Mit 6 Jahren (1816) auf einer Reise
durch die Schweiz, wollte er oinen Postmeister absf'tzpn lassen,
weil dip'sor schlechte Pff>nl*^ für den Wagen seiner Eltern ge-
liefert hatte, und er beruhigte sich nicht, bi« znm anderen
Morgen, wo man ihm vorsprach, die Absetzung werde aus-
geführt werden. Einmal gerieth er, als er znr Sohnle o-erufen
wnrde, m solche Wuth, dass er sich mit einem 2^1« s>er tt iltpu
und sich aus dem Fenster stürzen wollte. Solohe Wuthanfalle
kamen häutig, dauerten aber nur kurze Zeit, besonders als er
unter die Disciplin der Schule und der Armee kam. Vuu
Jugend iiuf war er ein Rebell, immer im Widerstreit mit den
Ideen seiner Umgebung und .seiner Zeit: dreizehnjährig erweckte
ihm der Gedanke, Pugenkleidung anzulegen, Entrüstung.
ESr war noch ganz jung, als ihm der Fürst von Oabionamo
den Spitznamen «Jakobiner*' gab, im Jahre 1830 brach er b«
der Naohneht von der Juliieroliitioii O&ntlidh in die Worte
ans: Es lobe die Bepnblikt
Ale naeh den dnrcli die Worte Kapolbohb m. geweoktsn
Hoflhnngen anf Kn»g die Dinge plofzlieh eine friedBche
Wendung m nehmen sohieneD, gerietii Gatoub, der damals
s«hon Staatsmann war, in eine Erregung, die eine extramo
UaasnegeL fOrchten liess. Naeh den Beriohien von ViLLAffauiOA
war der Graf gana ausser sieh nnd rief; Getto paix no se
-fem pasl Ce tmitö no s'extentera pesl Je me hrai oon-
«piraienr (nnd dabei sohlng er sieh an die Brost). Je mo
f«rai rdfolntionnairo; mais oe trait^ no s|eK^tera pas. Kon;
millo fois non; jamais, jamais. — Er reiste naeh der Sehwoii,
jenem Zufluchtsort der poBtiseh Verwundeten.
Und in dieeer Zeit traten die Symptome der Hyperflsthesie
mehr akut auf; so z. B. die An&lle von Entmuthignng, in
denen er auf jeden Gedanken an Ruhm und Berühmtheit rer-
aiehten zu wollen scheint (Brief MCIC der Sammlung
Ohiala), ,^die Uebergftngo Ton gutgelaunten Tagen m Tsgen
> Bian, Cbvoer mwtiff il IBtB. — E. Uatos, Un ^ptntUUeo: JB
Conte di Cavour. Archivio di ptMUriOf 9Ck»u pmM td mUnpobgia
-eriminale, vol. vn, fasc. IV.
LoiUBoso, FoUUMlier Verbreeber. II. $
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82 I. TheiL AnthroiK>logieiuid8oiioIogiedeaiK>litiioh«nVerbraohantetG.
der äussersten TraungkbiL (Bkkti, pag. 154). „Er fühlt sich
vereinsamt, die Melancholie bemächtigt sich seiner Seele, er
gieht nichts, was ihn tröstet. Er spricht von sich als von
einem Menschen, der eine freudlose Jugend, ohne Freunde,
ohne Ideale hinter sich hat." (Beuti, pag. 154.)
„Sein Zustand verschlimmert sich in dem Muassc, dass er,
um grösseren üebelu zu begegnen und sich einer sinnlosen
Existenz zu entziehen, keinen anderen Ausweg sieht, als seinem
Leben ein Ende m mtolien, wes er gewiss gethan hätte, wenn
Dicht der Selbstniord in Minen Augen etwas Unmoialiaohea wa».*
LassüiLB,* ein ansserordentlieh aohönerMann, mitbrnier
Stirn, zeigte sieh von Kindheit an rebeIHseh und weigerte
sieh, die Oarridre seines Vaters einzosehlagen. Sehen bei
Beginn seiner Studien erkannte er die Aufgabe, die er später
erfüllte. Er war, sagt man, ein Gigant der Leidensohali
Hbinb schreibt an ihn:
„Bei Kieroandem habe ieh soviel Iieidensobaft, soviel
Geistesknltor und zngleieh soviel Thatkraft gefunden, wie bei
Ihnen. Sie haben das vollste Bech^ arrogant nt sem, wir
Andern dagegen nsnrpiren es nnr, dieses gottliehe Beeht, dieses
himmlische Privilegium. Ihnen gegentlber bin ich nichts, ab
eine bescheidene Mücke.'*
„Die Anhftnger Lassalles,*' sagt Lateleye in seinem
Somlisme contempornin, „sahen in ihm den Messias dea
Sosialisnins. Wfihron I er lebte, lauschten sie seinen Worten
wie einem Orakel, pach seinem Tode verehrten sie ihn wie
einen Halbgott. Seine in Wort und Schrift gleich hinreissende
Rhetorik versetzte zwei Jahre lang Deutschland in Auf-
re^npr und schuf hier die sozialdemokratische Partei.
Wie Abelaf.d bezauberte er die Fmueu und begeisterte die
Massen. Jung, schön, beredt, durchreiste er das Land, riss
alle Herzen mit sich und Hess überall Bewunderer und enthu-
siastische Schüler zurück, die dann den Kern der Arbeiter-
verbiuduugeu bildeten. In unserer Zeil kenne ich kein isweites
' WriT.L'SoBOTT, La vita e le (>pere di Ferdiiumdo Jjcmalle, —
Milano, im.
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Elftes Kapitel. Indtvidiielle lektofen.
83
Beispiel von einem so o^rossen, so ausgedelinten und in so
kurzer Zeit erlangten Einflttfis. Und so ist sein Leben ein
wahrer Homan."
„Es war etwas von Cäsar in diesem Jüngling," sagt
Bkam)es — „während die ängsUioben Bürger fttrobteten, ee
könnte ein Catiliua sein."
Auf ihn Iftsst sich anwenden, was er von Heraklit
sagte: „lu seinem Innern brauste der Sturmwind." Während
seiner ersten sechsmouatlichen Haft weigert er sich nicht nnr,
der Hausordnung des Gefängnisses sich zu fügen, sondern er
ertheilt sogar den Wärtern seine Befehle, u:id es kam zu
heftigen Scenen, als diese versuchten, ihre Autuntjttt geltend
zu machen. Als er eines Tages erfuhr, dass seine Schwester
ein Gnadengesuch eingereicht hatte, schrieb er, um eruitaellen
Miaaventlndniaflaa vonnbeugen, an den EOnig, «r wUide
niemals seine Ckede annehmen.
LassaIiIiB war znm Hemoiher geboren; da er nnn abw
nioht der Sohn eines Fflrsten, ja nidit einmal Ton Adel,
sondern bflrgerlioh war, wnrde er ein reTolntionfirer Demokrat.
Aber Lassalui war nicht nur in Politik und Wissen-
schaft bedeutend, er war auch ein „Ibon von Welt", wie
man zn sagen pflegt, und nieht nur ein Glentiemaxi, sondern
ein echter ritterlicher Kavalier; ftlr das Weib, das er beschtttst
oder liebt, setzt er sein Leben au& Spiel und Terliert es*
Beweise dalElr findet man in seinen Bezishnngen za äst
Gräfin Hatzfeld, Sophix yov Soluisbvf und Hxlmse
T. DÖHBIOBB.
84 I-Theü. Anthropolocie and Soziologie detpoUtiwbenVerbrcdieiueto.
Zw5lft«8 Kapitel.
Einfluss des Genies auf die Revolutionaa.
1. Genies. — Einen Hanptfaklnr der Revolutionen bilden
die Genies. Die Geschichte überliefert uns einen Aasspruch
von Takquimus, wenn der Despotismus bestehen solle, müssten
die höchsten Häupter fallen.
Carltle zeigt, dass die Gesohiohte der Welt im Grunde
die der groaaen Hämier ist. EinntTOK sagt, mui mOsse jede
neue InstitntLen als den verlängerten Sebattea irgend eines
Genies betiaehten. So ging der Islam von Mobamiied ans» ctor
Paritanisnras von Oalyut, der Jesaitismns von Lotola, so
gründete Fox das Qnakerthnm, Wbslbt den Hethodisnras und
Olarksor den Abolitionismus u. s. w.
Die grossen Mitnner, schreibt SmLis, geben ibnr Zeit
und ibier Nation* das Gepräge des eigenen Geistes, so Lüthbr
dem modernen DeutBobland, Eitok seinem sohotttsohen Vater-
lande. {C^ofoders, p, 28.)
,Die Genies/ sefareibt Flaubbbt {Corrapetidaiieet 1889»
p. 538), „vereinigen viele verstrente Typen in einem einsigen,
und bringen so dem menschlichen Gesohlecibt ganz neue Persön-
lichkeiten zum Bewusstseiu.''
Und das ist eine der Ursachen ihres immoosen Einflusses:
um wieviel Jahrhunderte haben Buddha, Luthbb, Chnstns»
Pster der Grosse die Welt vorwärts gebracht!
Und die Genies besitzen nicht nur keinen Misoneismua,
sondern sie sind erbitterte Feinde des Alten und Beförderer
des Neuen und Unbekannten. Als Garibaldi in noch unbe-
kannte Gegenden Amerikas eindrang, sagte er: Ich liebe das
Unbekannte (Ferri, Nuova Äniologia, 1HH0) Und Christus
trieb die Idee einer neuen Welt bis zu einem Ziele, das heute
noch als ein äusserst kühnes gilt, — bis zum vollständigen
Kommumsmus. Viele Genies hen'St^hen sogar noch über das
Grab hinaus. Cähars Macht (schreibt JVfii in:i>KT) kam erst
nach seinem Tode zur vollen Geltung (1. c.) und ebenso ging es
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Zwölftes Kapitel. Einflaas des Genies aof die Berobtionen. 85
WiLBiLii dem Schweigsaindii. Max Nobdaü geht eogar ao
weit, n behaupten, daas wir den mensebliehen Fbriaehriti
agaaehlicMilich einigen genialeii Despoten ro yerdanken luiben.
^Dte Uaeae iat immer konaervatiT, weil aie nach den
ererliten tnatinkten der Art, nicht aber nach neuen, indiTidaeUen
Ideen bandelt, nnd wdl aie aLcb infolgedeeeen in neuen (^toa-
tionea nioht orientiren kann, aondem eich nnr in ihren alten,
gewohnten Eziatenabediiigimgen wohl ftthlt. Dem gewaltigen
Willen einer originalen Indi^idnalitlt kann es wohl geUngen,
aie vom gewohnten Wege abweichen zn laaaen, aber aus eigener
Initiative gelangen sie nie in neue Bahnen. Jede Revolution
ist das Werk der Minderheit, deren Individualität eioh den
£xiston/.LediDgungen nicht anpassen kann , die weder für sie
gescha&n noeh vorberechnet sind. Die Majorität folgt der
Bewegung nur uDgern, wenn sie nioht adhon durch viele Jahr-
hnnderte darauf vorliereitet ist, die gegenwftrtigen Institutionen
als unmöglich und deshalb zum Untergange reif zu betrachten.
Die einzigen, wahren Neuerer, welche die Geschichte kennt,
sind die nirfgekliirtmi , genialen Despoten, die Ideale konser-
vativer Histoiikei-, und die von der Masse unternommenen
Revolutionen smd blosse Gemeinplätze. Deshalb müsste man,
um logisch zu sein, auf das Titelblatt jeder in reaktionärem
Sinn geschriebenen Geschichte nioht das Bild Friedrichs des
Grossen oder Josephs II. von Oeslei reich set?!en, sondern das
irgend eines Demokraten von 184Ö mit dem für diese bewegte
Zeit cbarakteristischea Hut. " *
,.Keine Revolution gelingt, bei der nicht ein Mann an
der Spitze steht," schrieb MaccfiiavellI; und an anderem Orte:
„Die Menge ohne H:iii|.r ist nutzlos;** und Coco sagt, wo er
von der neapolitunischeu Revolution S])richt: „In Neapel waren
alle Elemente der Revolution vuiiumden , aber es fehlte der
Hann, nnd so war sie von keiner langen Dauer."
Und daa liegt in der Natur der Dinge, denn da das
Gknie weaenüieh philoneiatiadh iat, dabei aelbat originell nnd
ein Freund der Originalität, ao iat ea ein natttrlioher Gegner
' ÜAX NOEDAV, AmHloM;
86 I. TheiL Anthropologie und Suzioiogie des poliüscben Verbrechens etc.
des EooBonPtttiimin»^ der aUen Tradttionen. Das Ganie ist der
geborene BerolntioiUlr und daher der thatigate, glfieklioihste
Yorlänfer und Vorberetter der Entwiekltmg, — eine Thatsaohe,
die ona den ToDsttodigen Ptoallelianras erklttrt, den wir xwtaclieQ
denümohan nnd d«i fieweguDgen, dem Genie nnd den Eevo-
Intionen finden.
Welche groaaariige VereiDigong hoher moralisoher nnd
' intdlelctneller Gaben finden wir bei dieeen groeaen Uttnnem,
nnd weldie gltlekliehe Anpassung ihrer Fllhigkeit an die Be-
dürfnisse dea historiaehen Moments I
Man denke nnr an Cromwbll, den Güizot (L o.) so trefflich
schildert:
J^'Er war der feurigste Sektirer, der glühendste Revolutionär,
der ge8chi<diLtest<> Soldat; gleioli eifrii: und gewandt im Sprechen,
Predigen und Kämpfen. Expansiv und, wenn es nöthig war,
der Verstellung, der Lüge fUhig, iinmer von einer unerhörten
Kühnheit beseelt, die selbst seine Feinde mit Bewundening
erfüllte ; leidenschaftlich und grob, tollkühn und klug, mystisch
und praktisch und von grenzenloser Einbildungskraft. Im
Drange der Nothwendigkeit kannte er keine Skrupel; sein
Verlangen nach Erfolg um jeden Preis liess ihn desselben
immer sicher sein , und es gelaug ihm, sowohl Freunde, als
Feinde davon zu überzeugen, dn«« Ni^Muand solche Erfolge
gehabt hätte, Niemand weiter gegungeu sein würde, als er."
Neben seiner Genialität fehlte es jedoch nicht nn Ano-
malien; der Umstand allein, dass er in meinem lluuse zu
predigen anfing, wenn er vom Geiste orgntfen wurde,
was unge^r zwei- bis dreimal in der Woche geschah, ^eugt
von einem fast ans Wahusinnige grenzenden Mystioismus. In
seiner Jagend uberfiel ihn oft nachts bei voller Gesundheit
das Gefühl, er würde sterben, so dass er einen Arzt holen
liess; auch hatte er Visionen, in deueu er deu Teufel, Kreuze
u. 8. w. sah.
* L'unique marque des hommes de ginie rorigmaliti, ils crSent
mienx, plus et surtout aatrement qae le commun des hommes. Bichet,
pref. 4 rhomme de ymi«, 1089. „Ce qui distingue les grands g^nies, c'eat
Im gtoenÜMtion «t la orlatioii.'' ItAUBaar, 1. o.
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ZwolflM KapitdL Einfluss den Genies auf die ReTolatioaen. 87
Von Napoleon sagt Taixe\ der neueste seiner Biographen,
folgendes: „Sein Temperament, seine Instinkte, seine Fähig-
keiten, seine EinbUdongskrafit und seine Hozal WMben ans
ihm einen Mensohen, der in eine gaox andere Form geprigt
vnd ans ganz andeirem Metall nsammengesetst enoheint, als
seine Hiibttrger nnd Zeitgenossen. Anssergewöhnlieh nnd
allen üebf igen überlegen, anm Erobern nnd Hemeben gesehaffbn,
isft das, was Um vor allen Andern eharakterisirt, niebi nnr die
Sobflrfe nnd üniTetsalttflt seiner Ihtelligens, sondern die Ge-
adhmeidigkeit, Kraft nnd Daner seiner Anfmerkssmkeit» die
Üm befthigt, aohtzebn Standen hintereinander an arbeiten.^
«Die Menge von Thatsaohen, die sein Geist aufnimmt
nnd behftlt, die Masse von Ideen, welche er dnrohdenkt und
prodnnrt, sobemt mensehliebe Fähigkeiten an übersteigen; nnd
dies unersättliche, unermüdliche, unveränderliche Gehini fank'
tionirt so, ohne Unterbrsehnng, BO Jahre hindurch.*'
Niemand hatte einen sensibleren Geist, als er, niemand eine
reizbarere Sensibilität und einen dem eigenen Antrieb unbedingter
folgenden Gedanken, keiner einen so leichten, reichen BedefiosSi
der doch manchmal indiskret nnd unklug war; er ist das» was
sein Genie aus ihm hervorsprudelte. Nun bedurfte es com
Ordnen, Beherrschen und Leiten so starker Leidenschaften einer
gewaltigen Kraft: in Napolkon war dies der Trieb, sich zum
Mittelpunkt zu macheu, alles an sich zu fesseln ; clor Egoismus
also, alit r nicht ein träger, sondern em aktiver, aggressiver, der
Kratt und Ausdehnung seiner i^'ähigkeiten angemessener, den
Erziehuntr nnd Umstände entwickelt, Erfolg und unbeschrünkte
JJacht gesteigert hatten; so lässt sich das politische Wirken
Kai'ot KONH defiuiren als ein Werk des vom Egoismus ge-
triebenen Genius.
Toussaint Loüvertürk kann als typischer Fall von
Binflnss des Genies auf die Revolution gelten. In St. Domingo
war die Unterdrückung der Neger durch die Weissen bis
zur äusserstea Grenze getrieben worden. Die Kolonisten
' XapoUcox Bonaparte {Bevue des Deiix Mond«», Februar iind
März im).
I. Tilcil. Äuthropolügie und Soziologie poiiti«oheQ Verbreoheos etc.
nagelten die Sehwanen am U«beniiQäi an Simt Oliren
an, prügelten die Mihwangeran Flauen, die dabei ihien Leib
in eine in den Boden gegrabene Hoble legten mnaston; und
diese Ffanioeen battea die Laft der BeTolntion Ton 1789
geathmetl Aber die Kommiaaäre der Republik beeohrBnkten
ibren Libetaliimna darani^ das Maarirnnm der den Sklaven^
baltem erlanbten Stoekiebllge auf 50 festsastellen. Trets
alledem baiten die Anstrengnngen der ünterdraekfeoi keiaeo
Elfolg, nnd wenn sieb aneh talentroUe, aber niob1;gakiale
Hnlatten oder NegerfUuer, wie Ooi nnd Boukkab, der ünter*
drOokton aanabmen, so wnidni die Yersoebe doeb e^orfe nnter*
diflokt und erstitikt. Aber Toüsbaikt, der erst mit 50 Jabren
einen Soldaten geeeben liatte, ein einfaebw Sklave, der nur
etwaB an lesen Terstand, Toussaint gelang es, dnrch grosse
Anstrengnngen, dorch Listen und Schliche sich, gegenüber der
napoleoniaeben Gewalt, der Herrsobaft des Landes zu bemtteb-
tigen.^ Er verstand es, sagt sein Biograph, da nnsicbtbor an
werden, wo er war, nnd sichtbar, wo er nicht war.
Er organisirte eine Regiemng, zeii'tp "Ich. viele Jahre
hindurch wenigstens, gemässigt und würdigte dio Vorzüge der
Schulbildung für sein Volk; man findet bei ihm Züge von
Genie wie bei Garibaldi. Als fli^ Schwarzen eineä Tages
einen Aufstand gemacht hatten und keine Lust zeigten, mit
den Weissen Frieden zu schliessen, Hess er sich Wein und
Wasser Inniren, mischte es untereinander und sagte: Wie
wollt ihr (la^ nun voneinander trennen?
2. Genio und Neurose. - Wir haben darauf hinge-
wiesen , dass Geistesstörung uad moralisehes Irresein oder
Kriminalität und Epilepsie — und letztere ganz besonders —
konstante Begleiter des Genies sind, so dass dieses letztere als
eine Neurose erscheint, die aus einer Verschmelzung mehr
oder weniger abortiver oder larvirter Formen jener Störungen
eutätouden ist ; wir dürfen uns daher nicht wundern, wenn wir
bei Napoleon, bei Peter dem Grossen, bei ClSAi, Obomwell
nnd IfoHAiORD das Genie mit Nenrosen Termiscbt finden, nnd
* SoBoucB, Ftr ä$ TomtaiiU-lMweriwre. 1888.
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Zwölfte» Kapitel Eiofluss de« Genie« auf die £evolutionen. 89
Ramos Meija weist Neurosen und (_Teistesstötuugen bei faat
allen revolutionftren Führern Sudamerikas nach.
So war liach ihm RiVADüRA hypochondrisch uud starb an
Gekirnerweichung; ebenso starb Manuel Gaucia — auch
Hjrpochooder — an einer Gebirnaffektion ; der Adrnual Brown
litt an MeUnoholie mit Verfolgnngsdelirium ; LoP£z, der Dichter
dar argentiiiisohen Nationalhymne, starb an einer Nerven-
kranUieit; Dr., TabUiA war Epileptiker, Dov Val. Gombz
starb an HimbliitiiDg; der Ingenieur Bbltbam, ein Held des.
ünaUiftDgigkeitakrieges, erkrankte spiter an einer Geistes^
Störung ; der Haaptmann Estomba, bekannt in den Annalen
des argentiniscbee Bfligerkrieges, wurde wahnsinnig, wibrend
er seine Trappen kommandirto. Und Hontbaoudo litt an
Hysterie und GiOssenwaliu.
3. PhysisoheEntstekangsbedingnagen des Genies.
— Jedooh aneh das Werk dee G^ies ist nur die Folge einer
Synthese, einer sobnellen Entwiekelnng von Ideen and Qt^
ftthlen, die sdion Toibereitet nnd gereift im Sehosse des
Volkes scklnmmwten.
Und darin besteht das wahre Werk des Genies. Unsere
Trftgheit ist so gross, dass, wenn auch alles an einer Reform
vorbereitet ist, sie doch nicht zu stände kommt| wenn nicht
ein Genie den Zündfanken giebt.
Viele, wenn auch nicht alle gebildeten Italiener sind der
UeberzengUDg, dass die klassisoben Stadien mehr dekorativen
als instruktiven "Werth besitzen, was neben mir auch Graf
Sergi, Angiulli und Morselli wiederholt ausgesprochen
haben, und es sind auch in betreff dieser Angelegenheit mehr-
fach Interpellationen im Parlament gestellt worden (Sciacci),
aber man erhielt nichts als vage Versprepbiini^'nn und liicher-
lich schüchterne, fruchtlose Versuche; ohne eine geniale Politik,
vrelohe die schleppende Opposition von ihren alten Gewohn-
h» ireii, von ihrer TTnwissenhpit und Furohtsarakeit losreissr,
werden Jahrhunderte vergeben, ehe es hier zu einer Ket'orm
kommt.
Aber auch das Genie kommt ohne ein entsprechendes
umgebendes Mittel nicht auf, nicht weil geniale Naturen fehlen.
90 Th«il. Anthropologie und Soziologie des poUtiachen Verbreohens etc.
sondern weil sie nicht verstanden werden; deshalb blieben zahl-
reiche Et)tdeckuugeii, w ie die des Leuchtgases, der Elektricitftt,
unbemerkt, und deshalb fanden wir einen zahlenmäs^igen
Parellelisinns zwischen der Genialität und Kultur eines Landes
und der Bevolution (I, p. 129); wenn man wohl sagen kann, daag
die Hftnfigkeit der Gfenialitftt in Athen seine Kvltnr und
Politik besümmt liat^ ao mn» man umgekehrt ingebeik, daaa
die hohe Knltnr der Athener, der aohneUe Weehael der Parteien
.mit noch grösserer Sidierheit als üjnaohe des Aafblühena
genialer Natnr angesehen werden darf (Der geniale Menseh);
in diesem Sinne Iftssi es sieh verstehen, daas in repnblikanisoh
regierten oder von heftigen Parteikfimpfen erschfltterten lAndem
eine bedeutendere Zahl grosser Httsner gefonden wird (man
denke an Florenz und an die Gesohiohte Gabibaldis), als in
ruhigen nnd monarohiseh regirten Lindem.
In der That hat Florenz in seiner nnmhigen lepnblikani-
sehen Zeit die höchste GeniaUtllt in Italien entfaltet, während
ähnliche Bewegungen in Südamerika, in den Vereinigten
Staaten, und dw fnmzilsisdien fievolution nicht grosse Männer
hervorbrachten , sondern unter den damaligm Untstflnden
nützliche Persönlichkeiten, die mehr wegen ihrer erspriess«
liehen Thätigkeit, als wegen grosser psychischer Kraft für
bedeutend galten. Die Civilisation ist also nioht die einzige
Ursache der Genialität und der Entdeckungen, aber sie be*
stimmt die Richtung, die embryonale Entwicklung oder,
besser noch, die Aufnabrae und Anerkennung; deswegen darf
man zugeben, dass immer und überall geniale Naturen auftreten,
dass aber viele von ihnen im Kampf ums Dasein untergehen,
als Beute der iStarkeron, und so werden /ahlroiche Genies, die
ihrer Zeit Unverstand lic^h sind, übersehen, verkannt od' i be-
straft. Es giebt dem Genie günstige Kulturverhilltuisse und
solche, die es miterdrückeu ; in Italien mit seiner uralten Civili-
sation, die eine ganze Reihe von Blüthenepochen hinter sich
hat, ist zwar der Sinn des Volkes oÜener, die gebildeten Kreise
aber höchst unempfänglich für alles Neue und geradezu ge-
fesselt an die blinde Anbetung dos Alteu. Wo eine junge Civili-
sation eben die Barbarei abgelöst hat, wie in Eu&slaud, werden
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Zwölftes Kapitel. Eioflu»» des Genies auf die Bevolutioaeo. 91
die nenen Ideen mit fanatischem Eifer aufgenonimen. Ist eine
Anschauung so oft wiederholt worden, dass sie weuiger feindlich
zurückgewiesen wird, oder Luacht die Nothwendigkeit sie un-
entbehrlich, so wird sie schliesslich auirenoniaiLU und zu guter
Letzt geheiligt. Die Menschen, die das Kebeneinauder im Auf-
traten einer bestimmten Kultur und dem des Geniu? sehen, ver-
woohaeln den geringfügigen Einfluss, der das Küchlein die
Sdbale m dnrohbreehen bestimmt, mit der Befrnohtung, die
▼ielmekr dorch die EinflOase der Basse, d&t Erafthrung, dea
Klimas reprflsentirt ist'
In aUerletxter Zeit erst lisben wir erleU, dass eine alte
Eotdeeknng — die des Hypnotismns — wieder und wiedor
gemacht wnrde, nm den Augen nnaerer Zeitgenoasen dock
als neu m eracheinen.
Jedes Zeltalter ist gleioh unreif für TorlAnÜBrlose Ent-
deckungen, und damit ist es unfthig, zu begreifen, dass ibm
die Bedingungen ibier Aneignung fehlen. Die Wiederbolung
denelben Entdeokung bereitet das Gebim tot, sie au apper-
cipiren, und Terringert allmllblieh das Widerstreben gegen ihre
Aufnahme. Wenn das Gh»nie seinem Volk und seiner Zeit
um Jahrhunderte voraus ist, kann es wohl, kraft seiner finergie,
sieb seinen Zeitgenossen aufdrängen und eine Revolution hervor-
rufen, aber diese hinterlässt, je gewaltiger und edler sie ist,
entweder kaum eine Spur, oder veianlasst nur eine Reaktion
im entgegengesetsten Sinne, Fombal überlebte seine Reformen,
Peter der Grosse erregte eine heute noch nachvibrirende
Reaktion, die für schädlicher gilt, als die Unwissenheit, die er
aulkiären wollte. Freilich hat man Revolutionen sich durch
den Geist ihrer Führer, wenn auch nur kurzn Zeit, behaupten
sehen; so die noch in die Feudalzeit Frankreichs fallende
ReTolution iVrAHCELS undLE( u( Qs; das Genie Callks beeinflusste
die .Tacqaurieu in den Landschaften Clermont und Boves, wie
das iSa VON AKOLAS die Florentiner Bewegung und das Colas
den Aufstund des römischen Volkes. Aber diese Versuche
entsprachen keinem dringenden Bedürfniss ihrer Zeit und wollten
die Grenze der Reife ihrer Epoche überschreiten, deswegen ver-
liefen sie erfolglos. In Russland erlangen unzählige Genies
92 L Theil. Aatbropologic und Soziologie des poUti«cbea Verbrechen« etc.
und Märtyrer die gewünschten Reformen nicht, weil die Mehr-
heit des Volkes ihnen fremd gegenübersteht. Das Schicksal
von CnuiSTüs, Mazzini, Szechenti und Kossuth zeigt uns,
das« der Tod oder die Niederlage der Führer grosser Bewegungen
nicht hindert, dass sie nach Jahren oder Jahrhunderten Erfolg
haben.
Man äast alao d«ii pei«OiiUoli«i EinfliuB vevolntioiiflnr
FlÜii«r nicht ttbendhfttBeo. Ebkrabi xKhlt nur 1000 berOhmie
Bevolntionftre unter den sieben Millionen, dmen er die Be-
wegungen aeit dem Jahre lOOO bis heute snaehrabt; wenn der
Boden voibeieitet ist, so haben sie Erfolg, sonst nioht Wir
haben hent ein Beispiel an Balgarien, wo der Rnbel und die
panslawistisehen Ansehauungen zusammen mit dem Einflnss
Ton ELkBAWBLOW und Zankow nioht hinreidhten, eine wirkliche
Bevolution hevoraumfen.
Die Wirksamkeit Napolion8 yersehwand wie die Albxab-
DEBs, jene nooh su Lebzeiten ihres Urhebers. Ist ein derartiger
Einflnss seiner Zeit nur nm weniges yoraus, so straft er sich
hart; wir f&hlen jetzt allmfihltdk in Italien, dass die von
Qabibaldi, Mazzini und Oavour ausgegangene Bewegung allzu
verfrüht war. Halb Italien, besonders der Süden und die
Inseln leiden unter der zu frflh gekommenen Freiheit wie unter
einem tyrannischen Druck.
4. Reaktionäre Genies. — InderThat giebt es solche;
Savokarola, St. Igxaz, St. Dominicüs, Fürst Metternich
waren echte Genies des Misoneismus. Die Originalität des
Genies schliesst ja den nach gewissen Richtungen hin wirken-
den Misoneismus nicht aus (Der geniale Mensch, Kap. 6), sondern
erbittert es gegen das Nene, und so begreift es sich, dass, eine
theologische oder feudale Erziehung, eine vererbte Anlage
vorausgesetzt (de MaTBTRE, Ch XTEArBRIANI), SCHOPEXnAFKR,
Bis^r vitCK) und unter dem Eindnifk prechiitti i :i ior Ereignisse,
wie sie Manzoni und St. Iqnaz enegien, oder durch historische
.Noth wendigkeit, der Misoneismus i ieseugross wird ; das findet
sich bei den sparsam vertretenen Akademikern von Genie, die
jede fremde Entdeckung zurückweisen {Velpeau leugnete im
Jahre 1839 die Anaesthetika), und doch fehlt ihnen nicht
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Zwölftel £«pitel. BinfluM dei ü«mM auf di« Asrolntionon. 98
Originalität uiui Entwickluiigskraft ; Bismarck, der feudale
Verehrer seiues Königs, huldijfte dem Staatssozialisnnis, und
Kapoleok verschmolz mit seiner atavistischen Coudottiere-
Katur die Ideen der Revohitiou von sozialer \m(] religiöser
Gleichheit; Savonarola führte zum Triumph einer wahren
Demokratie, «ahreud er die Keime der Henaissanoe zu zer-
stören drohte. Schopenhauer wetterte gegen die revolutionären
IVlassen und forderte den Triumph einer positivistischen Philo-
sopiiie, Rückschrittliche Revolutionen theilen auch unter der
Führung eiues Genius, wenu sie gegen die Zeitströmuug ge-
kehrt sind, das Loos der Revolten, wenn auch weniger plötz-
lieb, da sie einer eingewurzelten Sympathie im menschlichen
Hflfson begegnen.
5. Das Grenie in Berolteii. — Viele glttoUiohe Er-
hebungen, wie t. B. die aiziliamaelie Vesper, ' der Au&laad der
Niederlande, der ErmheitBkampf der Nengriedien, saheinen
ohne eigentUohe Fllhier trinmplurt stt haben. Hier Te^
sohmokea die Ftthier durch Kombinatioo oder daroih eine,
krftitige That die herrsohenden Oedsnken and Wünsche Aller.
Die Volksr wihlen übiigens, wie vir sehen, mit Vorliebe
mütelmissige Köpfe, Halbnarren oder Gauner lieber, als Talente
oder Genies, znmal wenn diese Genies unprakÜseh sind; und
wenn dooh einmal ein Genie nur Hadii gelangt, so geschieht es
doroh Ueberraschung der Majorifftt, die tlb«rfallen werden mnes,
wie das wilde Pferd von seinem Bändiger.
Aber wenn das Genie, das an sich schon eine Revolution
darstellt, Revolutionen anregt, ist es in den Revolten, wo Ge-
meinheit und Narrheit triumphiren, in der Minderheit; denn wie
Oooo richtig bemerkt, können die Denker das Volk nicht beein-
flnssen, sondwn Die, welche seine Gefühle und Sprache theilen.
' Es f:ind sidi unter so viel Tausenden ein beweglicher und tief-
blickender Kopf mit einer «'ntsfblussfnfn Faust, der den Anfang machte;
sofort stünste sich, was in Palermo Muth uud Geist hatte, in einem
Aagenbliok ihm naob, dann Alk» wollten daatelbe. Dm migai&em tcbleditMi
XenaohenlMiiiier eine YenobwSntiig erscheinen, der nicht bedenkt, da«,
sind einmal die Qemtither geapanut, jeder Zu&U sfinden mow, wie M
keine ELnnst oder List vermag. (Amari, /. c.)
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94 LTheiL AnthropologMSiidSoiiologiedespolitisohenVerbFdchdusete.
Heinb san:t«: „Das Volk traut dorn Sfrftber, der das
Rothwelsch seiner Laster spricht, melir nia deiu Biedemiann, der
es aufklären will." Dagegen schreibt ein Revolutionär par
ex'cellence, wie Valles, in seinem Insuryc. .,Sehr naive Leute
glauben, dass die Führer die Aufstände leiten; der Kopf der
Führer ist wie die Gallion am Schift, die im Sturm auttaucht,
um dann zn verschwindeu."
In Revolten fehlt das Genie, denn die meisten Führer
maeht der Zufall, nnd nicht sie schaffen ihre Atmosphäre,
sondern diese sie; man denke an die Jakobiner, die bis 1792
monaraliiscih muMi, und an Smu Führer Bobbspisibb, der in
seiner Zeitschrift die konstitutionelle Uonarehie Terfooht.^
Bemerkenswertherweise erklären die Anaiehisten, keine
Fahrer su brandien. Ihr neuestes Organ, der nDolch** (ü puffnale),
drttokt diesen Gedanken folgendermaassen aus: »Die BeTohttiou
muss immer ohne Fflhrer Tor sieh gehen, und tauchen solche
auf, so sind die erst^ FlintensehQsse für sie. Man moss sieh
endlich merken, dass alle Beyolutionen unterdrückt wurden,
weil der Gimpel von Volk sich Führer gemadit hat und sidi
am Schlepptau eiehen liees; die Berolntion muss aber durch
das Volk ftlr das Volk genuieht werden, und deshalb fort mit
dem Bourgeois.**
Dreizehntes Kapitel.
Rebellion und Revolte, ihre Analogien und ihre Unterechiede.
1. Differenzen. — Aus unseren bisherigen Unter-
suchungen eigiebt sich, dass man an gewissen Zügen hin-
reichend scharf die fievolte — das eigentliche politische Ver-
brechen — von der Berolution, die durdbaus kein ver>
bzecherischer Akt ist, unteischeiden kann.
Revolten lassen Beiiehungen und Abhflngigkeit vom Klima
erkennen (vgl. I, p. 66 und 57). Sie kommen am häufigsten in
* QciiiBrr, La BevohtUoHf p. 342.
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DrMMhBtes K»pil«l. fiebeUion and B«volt«.
95
hochgelegeneu oder hpi< t ti T ftrdem vor, im HügellaDd, in
Zeiten der Theuei ullI,^ weun diese nicht zu excessiv (I, p. 90), bei
brachycephaleu Völkern mit bräunlicher Haut, uud stehen in
engster Beziehung zum Alkoholismus (I, p. 98) und den warmen
Jahreszeiten; sie lodern plötzlich auf und erlöschen ebenso
sclmell und sind sehr liaufig (vgl. Taf. I — II). Kleine Ursachen
(wie die Entrüstung über eine Prozession) haben Revolten
erregt, im Gegensatz üu den Revolutionen, die tiefgreifenden,
mannigfaltigen Ursachen entspringen (I, p. 218).
Die Frau nimmt viel häufiger an AuBstfioden ab an
Barolutboen fheil; und an jenen betheiligeu sbh nnr dne Ktoooo
oder nnr wenige nnd Sekten (I, p. iT o), Verbreeher nnd Irre eo
aahlreioh, dase ein epidemischer fiinflnss offenbar wird, wAhrend
genial» Natoren meist fehlen (I, p. 147). An&tlinde sind hftnfig
bei barbarisohen nnd bei abgelebten Völkern, die, dnreh eine
Bnhe alter KnltorqKKihen ersohOpf^ nieht mehr leeht ent-
viflklnngefiüiig sind.
BeTolnttonen sind immer selten, am selt e nsten in helssen
Lflsdem; sie sind, entsprechend den Geseteen der Genialitftt,
am httnfigsten in den warmen Monaten, entwidkeln udi, im
Gegensatz an Auistfinden in Lftndem mit missiger Warme*
auf troclvonem Boden (I, p. 64) und vor allem auf Berg- und
fifigelland, selten im Flachland und auf Tnlkanisohem Boden ;
am allerhäufigsten treten sie in maiitimoi Ländern auf und
in Gebiet«!, welche den Verkehr zu Land und Wasser
begünstigen, und noch zahlreicher vielleicht in Gebieten mit
Jnrakalkboden (1* p. 84). Sie gehen parallel mit der Körper«
grosse der Rasse, mit ihrer grösseren Sterblichkeit oder Genia-
lität (I, p. 129) und mit der geringeren Fruchtbarkeit des Bodens.
Sip zeigen sich häufiger in industriellen, als in agrarischen
Landern, häufiger in den grossen, als in dou kleinen Zentren,
häutiger bei der einen Rasse (Ligurer und Üimbrer), als bei der
anderen; sie stehen in oberflächlichen Beziehungen zum Alko-
kolismus; man findet sie in L'rosser Anzahl bei den
blonden (I, p. 98) und dolichooephaien (I, p. KL'Vi Rassen, am
allerhäufigsten bei Mischrassen und bei solchen, bei denen der
Wechsel des Klimas ahnlich wirkt, wie die Vermischung mit
96 LTlieU. Anthropologie and Soziologie de» {M^tiaoheaVerbreobeiwet«.
einem andern Stamm (I, ]>. 11 '2'; ?if^ stehen in direktem \ er-
hiiltuiss zu der Zunahme der Xnmmalität, dor Geistesstörung
und der Neurosen; es betheiligen sich an ihiu ti mehr die
leidenschaftlichen und genialen Menschen, als die ( iNtr skrankeu
und die Verbrecher, und in der Regel die juei.sieu Klassen der
Bevölkerung, nie eine einzelne. Sie sind stets selten und
treten nur nach langer, zögernder Vorbereitung auf (1, p. 43)
und kraft bedeutender Ursachen; sie führen immer zum
Triumph und bedeuten auch nach dem Tode oder der Isieder-
lage des Führers eine gewaltige Entwicklung, deren Effekt
und Ausdruck sie sind, wahrend Revolten aucli bei uicht ent-
wicklungsreife u Völkern vorkommen, ja vorzugsweise bei solchen,
die keinen Fortschritt bedingen, ausser da, wo sie das erste
Ali/eichen einer Revolution bilden, wie es gelegentlich der
Fall ist.
2. Analogien. — In gewissen Etilen ist es jedoeh
an&ngs unmöglich, ni eatseheiden, ob eine Bewegung als
Berolution oder als blooe Bevolte anavsehen ist Vor allem
kann aneh die legitimste Bevolation nieht ohne den einen
oder den anderen Gewaltakt Yerlanfen, der das Dnrebbreehen
der Sdbale bedeutet ; solcbe Vorkomnuiiese kOnnen als Aufnibr-
bondlungen encheinen, besonden Soloben, deren Inter oo a on
bedrobt sind, nnd an diesen feblt es nie. Die LOsnng der
Ftage kann nieht im Moment gegeben werden, da nur die edle
Art der Triebfedern, die BetbeÜignng allw Klassen in grossem
Maassstabe und der Erfolg sie ermöglieben, und diese Faktoren
werden erst naoh Ungerer Zeit sichtbar. So wissen wir beut
nioht zu sagen, ob die Nihilisten BebeUen oder Berolutionfire
sind. Oft erregt eine mftobtige, siegieiohe Genialität, die ihrer
Zeit um ganze Jahrhunderte Tonras ist (Pombaii, Petbb der
Grosse), Bevolntionen, die, weil zu vorzeitig, nicht legitim
sind, wttbrend die ihnen folgende Beaktion legitim und
dauerhaft ist
Dasselbe gilt von Revolten, die vollkommen gerechte
Motive haben, aber illegitim und damit strafbar sind, weil sie
für ihre Zeit zu früh nnd inopportun kommen. Man denke
an die Au<tnde Stephav Mabcbm in frankreiob, Colas^
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IkniMbBtet K*pit«L RoImIUob and fievolte.
97
MASAMEiiiiOa und die italienisohea Unmhen der Jahre 1821
und 1H31
Frühreife und rafünirte Kultur da«» jugendliche Alter,
die ökonomiarhen Ursachen ^ind L'pineinsame Faktoren der
Revolten und df^r Revolutifinen, » In ii^io die relativ grosse
Kriminalität mxd dio Dit^lUe der Bevulkprung (I, p. 151), ebenso
der Eintiu-js i^enialer und geisteskranker Menschen, und unter
diesen besouders der der Epileptiker und geboreDen Verbrecher
— um so mehr, ak ein Genie alle diese Eigensohaften in sich
vereinigen kann ; selbst die Bedeutung der Gelegenheit kann
für eine Kcvuiutioa dieselbe sein, wie fdr eine Revolte
(sizilianiscbe Vesper).
Die Herrschaft einer einzigen Klasse, eine schlechte Re-
giemng (I, p. 188) begüoBtigen Revolution und Revolte in gleicher
Weise (I,p. 170); fthnlich wirken historisohe UeberUeferungen,
TOT allflm aber die ökoDomieohen Znstftnde, weniger Im Alter-
fhnrn und unter ImIbbaibenielMii Völkern, wo die Addsherr-
eehaft miUttriedie Unrnhen bedingt und der EapÜaliimua
nieht ine Gewieht ftllt» eis in unserer Zeit, wo Begits und
Leben^genuei Vielen sug&nglicb itt. Jedenfalle wird eine
Untmedbeidung, die Ton den tTiMMben aasgeht, reobt ungenau
eeia, da anÜMigs eekundAie üreacben plOtaliek in den Yocder^
gmnd treten kOnnen und lo das ürtheil Terwiiren.
So Terwlseben Beicibtbum und Kultur den einstmals so
ungebenten Eiafluss der topogfupbiseben Verblltnisse und der
Beligionen, wflbrend gute Oesetae und gttnstige Okonomisolie
Yeibälinisse die naobtbeiUgen Folgen des Bassenunteiacbiedea
aufbeben.
ScbKeealicb beben beettmmte Slastea und aristokratische
GeeelleobaftsBobichten, in denen sich Misoneismos und Reaktion
TetkOrpertt die abschliessenden Sohranken durchbrochen und
unter Umständen den Kern ÜBr Revolten wie fttr Rerolutionem
abgegeben (I, pp. 239, 247).
LOHBBIMO, PoIitiMlMr TerbfwlMT. II.
7
Zweiter Theil.
JnriapnidMii.
Oekonoiniacliep Bosiale und polilisclie Prophylaxe
das politiBchen Verbrechens.
Brätes Kapitel.*
JirMMie Fragen. — eetchiclitliGliaa.
1. Patriotismus und Servilität bei primitiven
Völkern. — Gaeofalo und mit ihm viele andere hervor-
rageuilt! J misten suchen die Basis des politischen Verbrechens
in der Verletzung des patriotischen Gefühls; dieaer Auffassung
stellt, aber entgegen, dass ein solches Gefühl auf dieser Ent-
wicklungsstufe kaum in embryonaler Anlage besteht uud sich
auf das Festhalten am Kollektiveigenthum des Stammes be-
Bohrflnkt, während es dem Nachbarstamm gegenüber jede An-
eignimg und GewaltÜhat gestattet; es sieht somit der Liebe
so den tob einer kleinen etlmisohea Gmppe okkupirten Boden
der ein g ewur s elte Haas gegen riTalisirsnde Gnqipen gegen-
aber.* So sieht man NatorrOlker nit der gröölan Bereit-
wiUigkeii den Enropttem hd der Y enuehtong ihxer Naohbam
helfen; Cook sagti er hätte die ganse polynesisehe Basse aoft-
Tottm kdnnen, wenn er allen Anfnrderangen nacbgekomnen
«iie; nnd in dieser Weise gingen yorsogsweise die Spanier
^ Dieses Kapitel stammt aoasohliesslioh aus der Feder des Advokaten
LAsam.
* LnoeaiiaAV, X'Mii<üm 4e Is morale, Fuii 1887>
7*
100 n.TheU. Jarüpradens. Prophylaxe des politiacheiiVerbrechieiit.
in Amerika vor. Wie könnte wohl auct ein patriotisches
Geluhl da existiren, wo noch keinerlei staatliche Bildungen,
kein Vatorlaud vorhanden ist? Ein Naturvolk, wie die Eskimo
fand Parby in einer Anarchie lel>eii, die ihnen die Rolle der
Vorgesetzten unter der Mannschaft dieser Expedition unbegreif-
lich sein liefis.^ Gewiss veigiug lange Zeit, bis sich um den
Kern d«r Ftmilie die erste GenieiiMcliaft politischer Art und
«ine ralaÜT« Sanktion gegenfiber störandm Bipgiiffen ent-
wickeln konnte. Da» geaohak mft der BUdnog der Qm dmob
Familien -YoniAnde, die aiek niokt mehr einer gemeinaamen
Abatammong bewnast nnd aomit von der Feeael dee F^itriazohata
fni waren; dieee Gentea traten snm Zweok gemeinaamer
Unternehmungen snaammen nnd hildetan ao die Tribna, die
«inen kriegoriaohen Ohaiakfeer oder ein&eh den einer dfirflicfaen
Gemeinaofaaft hatten; daimoa eniaprang daa Bedflrfiuaa der
Brwahlnng von Ftthieni, die bald nilittriaehe (Diktator nnd
Piaetor der latiniaohen Uneit), bald adminisbntiTe nnd jnriati-
atiaeke Funktionen hatten nnd damit den Beweia der vtter-
liehen Qewilt daa Famtlien^OberhAuptea einachrttoktan (jndex
et rex). *
El gab aber anoh ZwiadienatnÜBn; Stamme, wie die Roth-
hftnte Nordamerikas, die Maori Nen-Seelands, wählten ihren
Häuptling im Kriegsfall, während er im Frieden nur daa
Fkirileg genoas, auf Rosten des Stammes zu leben. Eiat
wHhreDd der weiteren Entwicklung, bei der Konzentrirung
der Tribus in Städten, in kleinen KemgebUden künftiger
Staaten, wurde dem Ffihrer auch im Frieden der Schuta der
Rechte des Einzelnen anvertraut nnd ihm die Gewalt Übertragen,
die bis dahin im Bezirk der Familie das Sippen -Oberhaupt
anagettbt hatte, bia aohlieaaHoh auch daa BiOcht über Leben
nnd Tod der Stammeagenoseen auf ihn überging. Allmählich
kam es bei diesen zu einer intellektuellen und physischen
Inferiorität, die zur Entwicklung eines instinktiven Servi Ii smus
führte; nnd wo dieaer kein ethisches Gegengewicht findet.
* Tgt LouBoso, Ummt himeo §ä uom «U «olore.
• Vgl. 0. Go&a, Lt oriikU M ürim nmam. Turin, 1888.
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I
Bm« KApitol. JniktiMdM n«fai. -> G«MliMhtlichM. IQl
konstituiert er eine eharakteristische Eigenschaft primitiver
Völker mit monwrebiBchen oder Karten-Institutionen. Iq Zentral-
Amerika amsste man z. 6. in Gegenwart eines TuiBCUA-Kaiikeii
mit dem Geaiekt anf der Erde liegen. Aof den Samoa-Ineelii
durfte man vor einem Orte, an dem sicH ein Häuptling be>
&nd« nnr mit gekrOmmtem Bäoken und gebeagUÖn Kopfe
vorübergehen.*
Auf den Fidji-Inseln warfen sich die Unterthanen vor
dem Häuptling nieder, drückten das Gleicht auf den Boden
und riefen ihm „Gott" „Wurzel des Krieges" zu. Im
Tonga-Archipel besteht die Begrüssung des Monarchen darin,
dass mau seinen Euas mit den Händen berührt and den Kopf
darauf legt
Gegenüber einer solchen zum Instinkt gewordener! Servi-
lität begreift man. dass jedes Zeichen der Nichtachtung gefren-
tiber dejii Hfirscher das schlimmble aller Verbrechen wurde
und das em^^ige politische Verbrechen. In Loango, sagt Battel,
ist es ein Kapitalverbrechen, don König anzusehen; Kinder,
und darunter ein Sohn des Königs selbst, wurdeu wegen emer
unabsichtlichen Uebertretung dieses Verbotes hingerichtet. Bei
den liuüdü vtird die Erlegung eines Löwen als Verletzung des
königlichen Ans»diens bestraft; bei den Jkionbuttu gilt es als
Hochverrath, dur uugenlilirklieh mit dem Tode lestruft wird,
seine rfeiie au dem Feuer anzustecken, das vor dem Kouige
brennt. Vor dem König von Dahomey vom Tode zu sprechen,
ist nach Bosman ein Kapitalverbrechen, und ebenso auf den
Samoa-Inseb, auf den Schatten einee Häuptlings zu treten.
2. Das politische Verbrechen in den ersten
absoluten Monarchien. — Dieeeii Formen des Serrilia^
mu8 entspreohen die sohweren Strafen, welche in den primi-
ti-Tcn Monarchien Jeden trafen, der sieh dem Willen des
Königs uiobt nntenrerfen wollte, wosa noch der Ansprach anf
götüiohe Verehrung kam, gestfttst anf den Anspruch der
* Spekckk erklärt das, wie die beut übüchen Verbeugimgeu, mit
dem Misstrauen der Könige, die nur waffenlose Leute vor sich erscheinen
li cM e p , vod nur in einer IBr «inen Angriff nngeeigattai Heltiuig*
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lOS UTlidL JmapmäME. FroptaylftMdetpolitiioliiaTcrimalMiu.
Könige, göttlichen Ursprungs sa aein; daher ataaimt ihr nnhe-
schrfinktes Beoht flb«r I«boB und Bedti ihrer üttterthanen
und die grausame Bestrafang der geringsten Unhotmässigkeit.
So warde in Persien der ^^T ijnstttivrerbrecher nach Ghitdttnken
dee Königs bestraft, der ihn erst peitsoheo, Tetstttmmeln,
blenden und lebendig abhäuten und dann kreuzigen, in lang*
ttaaedk Feuer braten, steinigen oder den Thieren vorwerfen
liees. Die Vemrtheilung exstraokte sich aieist auf die Kinder
nnd zog die Güterkonfiskation nach sich. In relativ moderner
Zeit ging mancher Schah soweit, Jünglinge aus mächtigen
Familien, die ihm für die Sicherheit ihres Thrones ge-
fährlich erschienen, zu Eunuchen zu machen. Maspeuo * ent-
nimmt der Inschrift eines assyrischen Herrschers, diiss er den
Rebellen Zuogp, Hände und Füsse abschneidon. sie lebendig
einmauern, in Oefen stecken oder auch enthiuitcn und die
Haut an die Stadtmauer nabeln liess. In J^exiko wurde der
Hochverrath gegen den Herrscher durch Tödtung des Schuldigen,
üUsamTTieii mit seiner ganzen Verwandtschaft bis zum vierten
Grade, bestraft. Je Peru wurde eine rebeüisdip Stadt oder
Provinz vollkommen isoiirt und die ganze Einwohnerschaft aus-
gerottet. In Japan vernichtete man eine ganze unbotmüssige
Rasse. (Vacabo.) In Egypten wurde schwer gezüchtigt, wer nicht
den Behörden alles erzählte, was ihm von einer Verschwörung
zu Ohren gekommen war; Rebellen und Verröther wurden mit
ihrer ganzen Familie ans Kreuz geschlagen, und da^ warde
auch an Leichen ausgeführt. Noch der spartanische König
KLEOiiENBS wurde nach einer Empörung gegen Ptolemaecs
Philopatob ans Kreuz geschlagen und seine Familie aus-
gerottet Die Mittheilung von StaaiigelieiBiniasen wurde mit
AMmeiden der Zunge bsatraft.* Dieeelbe Strafe stellt nofk
hent in Abessynien anf Hajeetlilbeleidigungen, wtüuend Ver-
aehwOrer geUaiidet wurden.' Beiehliehe und mTedlasige
Quellen ftr die KanntnisB derartiger Haassrogeln in poUtiadMik
' Masi'ero, Du ffenre ejnstolatre. p. 345.
* Thovissbs, ^tudeti sm Cimtoirt du drmt criminel. Bruselle« lä69.
• P. Yraoai, Ali MiM k L Hüsae^
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Mm KqpÜd. JucirtiNhe Fngan. — 6«ioUohllidhn. 103
DiligVD litfern die Gesäte» dar mdiadlMii Konairobieii, der
btbittiaolMii Steaten lad Ohioas.
Indien. — Dm Oeeotilmoh das Muni «ntliSlt IstiBe
•pftsidkn Beetimninngen g^gvn den KOugKuoid, TieUeidit
weil man ein derartigeB Yezgehen gagen das Oberlumpt alka
alaalliehen nnd leligiösen Lebens, das für eine unmittelbare
Emanatiam der Gottheit galt, sich gar nieht denken konnte.
Indeasan galten dort als die allerschlimmsten Yergelien Ver-
Btösse gegen die Rechte des HerTBeheia nnd Babon der blosse
Zweifel an seinem göttlichen Wesen. Wer seinen Wohnsitz;
an der früheren Wohnstätte eines Teratoibenen Königs auf-
sohlng, galt, je nachdem das bei Tage oder bei Nacht ge-
echehen war, für unrein, so lange das Licht der Sonne oder
das der Sterne lenohtete. (Buch Y, Art. 82.) Die Todesstrafe
stand auf Beschädigung des Palastes, der Schatzkammer oder
auf Entwendung von Elefanten, Pferden oder Wagen des
Königs (Buch IX, Art. 280), nnd die Verbannung auf
Zerstörung einer Mauer eines Walles oder eines Gartens an
öffentlichen oder königlichen Gebäuden (Buch IX, Art. 289) ;
ferner verhängte der König verscViiodoue Formen von Hin-
ricLtimg für i3er;iubung seines Schatzes, Gehorsamsverweige-
rung und Aufhetzung somer Feinde, — und ähnliche Strafe
erwarteten Die, welche Eiiss gegen ihn vernethen. (Buch IX,
Art. 265.) Dazu kam die Verordnung, dass man nur mit
Achtung von einem Monarchen sprechen durfte, auch wenn
er noch im Kindesalter stand, und dass man ihn nicht für
einen einfachen Sterhiichen halten durfte. (Buch VIII, Art. 8.)
Da.s Feuer, so heisst es an dieser Stelle, verbrennt Jeden, der
sich ihm unvorsichtig nähert, dm Feuer des königlichen Grimms
▼erzehrt die gauzü l'amilie und alle Güter eines Unvorsich-
tigen. (Buch Vn, Art. 9.) Darin spricht sich also die Aus-
dehnung der Strafe auf Familie und Besitz atis. Wie der
Biahmine die Herrschaft mit dem König theilte, so strafte
man indh das kjasete Vei^gdLen gegen Um dementsprechend.
Sslbefc jeder Batbsoblag, jede Kritik ihrer Bjandlnogen war
strafbar. Sdioa oben wurde erwttlmt, dan ein Sodre» der eo
ktthn war, einem Brahmiaen einen Rath an geben, getodtet
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104 XL^nieO. J«ritpnid«iut FtropbykmdMpoUtiMheByerbMolMiii.
wurde, und «war in kooheadflni Ool. Dag^n wird ein
Brahmine kaum bestrafifc, wenn er «oan Sudia tödtet^ die
Tödtung einee BrahmineD aber ist das allerschwerste Ver-
brechen. Das G-esetzbuch schreibt: n^er Brahmine hat die
erste Stelle auf Erden, als oberster Herr aller Wesen ; was die
Welt einschiiesst, ist Eigenthum der Brahminen" (I, 99), und
weiter unten: „ob gelehrt oder unwissend, ist der Brahmine
eine mOohtige Grottheit (Kap. IX, 3171). Der König lasse
dem Unterthanen siedendes Oel in Mund nnd Ohren giessen,
der die T^nverpolmmtheit begeht, den Brahminen über
seine PtiLchteu bilebr<n 7M wollen. Der Künig hüte sich,
einen Bralimmen zu tudtou, und wenn er alle möglichen Ver-
brechen bflg-angen haben sollte, er verbanne ihn aus seinem
Reich, aber er lasse ihm alle seine Güter and taste ihn
nicdit an."
„Ein Brahmine, der das ganze Rigveda kennt, ist unbe-
fleckbar, und wenn er alle Einwohner der drei Welten ge-
tödtet odru vniii niedrigsten Menschen Speise uDgeuummen
bätte." Ganz wie bei uns im Mittelalter. ,,Unde laici de-
collantur, inde clerici degnideutur — unde laici detruiicantur,
ibi clerici üb officio degraJentur." (Püii'iz, Leg. II, 30. — -
V. Bae, Deutsches Strafrecht. I, 1882.)
In der etroskischen, druidischen, indischen, egyptisohen
und Kebitiieiien Theokratie war das Verbrechen eine Pfliokt>
▼enUumiaB gegen die Gottheit, und nioht der private und
eoEiale^ aondecn der prieeterliehe Gesichtspunkt war vasi^getMod.
Daa Tapo oder Tabon, der von den BrieBtem Qaeanient
dem Volke übennittelte, angeblidke Wille der Gtotter gewann
eine enorme Anadebniing, sobald dieee begfiff»n, welohen
Vortheil ee ihnen hnahte, ea mit aller Strenge lor Geltang
SU bringen. Sie Teiatehen, einen Venstoes gegen das Tabu mit
merkwOidiger Schlauheit heiaiisnibekommen, und bestrafen den
Verfaieeher, &at immer im gehsimen, dnioh Strang, doroh
Gtift, dnreh StOizea in AbgrOnde, aneh wenn er ans ünkenntniss
gefehlt hat, — aneh wenn er nur veidttohtigt ist (RaDieuR, 169).
* Vom ädmgtmie. VoL I p. 68—49.
V
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SntM lUpitoL Juriititoli« VtfUL ^ OeMhiobÜiehai. 105
Hebräer. — Auch hier tiiidoM wir uns dem theokratischen
Staate gegenüber; die Basiy des s>esamten pülit;ychen und bürger-
lichen Organismus Ist die Lintrbeit. unter deren Auspizien die
grundlegendi n GeaeUe erla.ssen worden >\iu\ im Einklang mit
der askeliachen Xatur des Volkes. Deshalb ist das schwerste
Ver^ifehen die Idolatrie, die als Auflehnuug o^e2:en dea König
und Gesetzgeber Israels, Jehovab, die Gesetze direkt erschüttert.
Deswegen bedrohen die Gesetze den Apostaten nicht nur mit
Steinigung, sondern mit dem uneri{r;uubaren göttlichen Zorn,
wenn er der irdischen Gewalt entgeht (Exodus, XX, 3, 4, ö;
XXII; Deuteronom, VI, 14, 15; XIII, G — 11; XVII. 2 — 5).
Beligiöse Vergehen waren die eigentlichen politischen • Ver-
brechen imd Warden mit dem Tode bestraft; deshalb galt die
Avfltluiimg gegen die Anwdmiiigm der Priwtor ab Kapital*
verbieohen. So irt «b «ich vetsttndUok, daas die Heiligen
Bflqher niciht von V«rbre<dien gegen das StaatBoberbaiipi oder
das Vaterlaiid spieoben, die neben der Gh>ttlieit vexachwauden,
soviel Eiaft nnd Solinti sie «nch in dieser Stellnng erhielten;
etnselne ttberlieferfce Ereignisse zeigen jedoeh» dass anoh diese
Vergehen mit dem Tode bestraft wnxden. So liess Baxsl die
Opfersr NoBs» weil sie ihm die drohende Ge&hr nicht angezeigt
hatten, todten; Dayid liess den mit der Botsehaft Yon Saülb
Tode kommenden Amalekiter tödien, weil er die Hand an den
Gesalbten des Herzn gelegt hfttte; Salomos Broder, Adonia,
worde stnsngiilirt wegen smner Neigong m einer der Franm
Pjlvim, und Smu wegen Beleidignng Datum, als dieser rot
Amaiov geiohen war (KlSnige I, I^. JmoMXAB wurde wegen
Yerdaehtee des EinyerständniaBes mit Landesfeinden eingekerkert
(Jebamias XXXVI nnd XXXVII). Judas Maocabaeüs Hess
Kallistan und Filabch bestrafen, weil sie zu dem Unter>
drOoker Israels hieltsn (Maeeabaeer VIII, 32— d3). Heroobb
tfldtefo HiKKANUB wegen einer Verschwörung und liess einen
hohen WtLrdentrflger, der ein Geheimniss nicht bewahrt hatte,
hinrichten (Gidsbppe, Antichita gmäuMe^ XX).
Poiitisehe An&tftnde brachten, wie ttberall im Orient, wenn
sie miisUuigeai, den Tod; als Josüa zum Heerführer gewählt
war, sagten ihm die Väter Israels: Wer sich dir wideisetst.
106 IL TImU. Jariipradens. Fkoplijtaxe dw poli t iicliMi Tatlnvebeiia.
8oU getodtet weiden (JosüA L 17, 18). Sehon unter Uosss
wurden RebaUeD biageriditei „«iif Gottw Anoidning'' Nu-
meri XVI).
China. — Der Ursprung des politischen Vetliraeheiis in
China geht am dem Bestreben des Confucius herror, das
unter unabhängige, einander befehdende Dynasten getheill»
Beich unter einem Eerrsoher zu vereinigen. Zu diemm Zwecke
machte er zur Grrundlage und zum Typus der Herrsdhennaeht
die väterliche Gewalt und übertrug auf den obersten Familien-
Tater, das Staatsoberhaupt, die absolute Herrschaft über den
gesamten Grund und Boden ; di« härtesten Strafen standen auf
Verletzung der kleinsten Konsequenzen dieses Regierungssystems,
dessen Anforderungen sieh auch der Kaiser nicht entziehen
konnte, ohne dass der Himmel sein ganzes V'olk i,':e2:eii ihn
aufstehen Hess. CoNPüCius ordnete für direkte Vergehen gegen
die Sicherheit und Ruhe des Staate die Todesstrafe an, weil
die Verletzung der staatlichen Institutionen und Gewohnheiten
ein schwereres Verbrechen wäre , als der Mord. Weiter
ging noch die Gesetzgebung von ZiN, die bei Staataver-
brechen geradezu die Ausrottung der drei Verwandtschafts-
gruppen des Delinquenten, d. h. der Frau, der Mutter und der
Kinder verlangte. Diese zu wiederholten Malen abgeschaffte
uutl wieder eingeführte Strafe lllsst noch in dem 1647 er-
lassenen Strafgesetzbuch Spuren erkennen in der Bestimmung:
wer den Versuch macht, Staatseinrichtungeu oder da^ kaiserliche
Hans zn beseitigen, wird zum langsamen, verlängerten Tode
T^rtheili Dia minnlichen Verwandten über 16 Jiüue und die
zu fliia gehörigen Weiber wmden enthauptet, Frauen md Kinder
wohlveidienien Beamten ala SkkTen gegeben. Unter dem
Kaiaer Wbv-ti (99 r. dir. Geb.) wurde der SehriflsteUer
SB-MAB-ecHm wegen Staatsverbreoben aom Tode Tenirtheüt,
wnrde dann aber mit Botmannung beetmft; diese Strafe wurde
eist dnrob Dekret des EaiMiB flo-n (94 n. Ohr.) abgesdhaift.
Der Kaiser WsH-soHüii-n ans der nardUohen I>ynaatie der
Zts {660 T. Chr.) Hess alle Uber IB Jahre alten Ufinner etnee
BeigTolkes enthaiq»ten nnd vertbeilte die Franen und Kinder
a]s SklsTen an seine Soldaten; nnd dem Fttbier eines anderen
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Ente« Kapitel. Juristische Fragen. — Qeschidi^ohet. 107
Bergvolkes liesa er deu üuuch aufschlitzen und zwang sciiio
Anhänger, von den herausbängenden Einge weiden
Li scHUM, der Führer der von Wano-siao-po gegen die hab-
gierigen Boamten nxid die unetsohwinglichen Stenern begönne-
nm VolkserhelniDg, wnids nwsh goin« QsfimgfniMliflM in
Jahre 997 auf Ofleniliehem. Platte gevierihmlt; danelbe Sohiok-
tal erfbhr im Jahn 1046 der neobuddluBtisohe Apostel
Fmwbr-u, der von der ihm trenen Stadt Pai^Twhea aus
religiflae imd httigerliehe Befoimen verklindigt hatte.* Gegen-
wirtig nennt das ehineeisohe Stra^eeeti nnter den 10 Sehe-go
(die sehn YerirflnBohangen) snent Eolgende drei: 1. Men-Ean,
Vergehen gegen die Gnmdeinriehtungen deaStaatea; 2. Hen-Ta>m,
Tergehen gegen die Sieherheit des Kaiaezs, oder Majeetftts-
wbreehen; 8. Men-paa, Yeigehen gegen die tnsBere Sioherheii
des Staates. Dann kommt das SakrUegivm, d. h. der Diebstahl
an filr den Kaiser hestimmtsn Gegenstlnden, dessen Urheber
Ton Begnadigangserlaesen nnd allgemeiner Amnestie an^ge-
sch l össe n warsn.
3. Die politischen Verbreoher in Griechenland.
— Nur die htiehste Blfithe griechischer Knltur konnte das
Werkzeug des Despotismus, das Verfahren gegen das politische
Vabredien in ein ^hutzmittel der Grösse des Staates um-
wandeln. Schon in der homerischen Epoche war die Steinigung
die gewöhnliche Strafe fftr Staatsverbrecher. Sakrileginm, Ver-
rath, Aufruhr, Spionage, Rebellion, alle Vergehen gegen das
öffentliche Wohl fanden diese Strafe. Nach Homer war der
Störer der öffentlichen Ordnung ohne Gesetz, ohne Familie, ohne
Heimath {Ilias IX, 63). In den griechischen Stadtrepubliken war
der Yerrath das schwerste Verbrechen und wurde mit dem Tode
bestraft. Der Leichnam wurde ausserhalb der heiraathlichen
Grenzen verscharrt, und das geschah auch, wenn das Verbrechen
erst nach dem Tode des Verräthera entdeckt wurde. Seine
Guter worden konfiszirt. Wer den Verräther tödtete« wnrde für
' AnDBiotB^ Le Itggi penali degU <mHtM (XkmL
* Cooicani ]» HÄiisas, ftxii a toao autk», p. 819. — Totiius
Boooa, 1889.
108 IL Th«U. Jurbpradens. Proiphylu« des poUtitehta VttbrMdMos.
dies offentliehe Veidienit mit eiiiMii LorbeerkruiB gdaHiaL
Noch naoh der Reform des gittosamen Gewohnheitsiechtea dnieh
Deazok bildeten im «ÜheDiaehen Geeetc die Verletnmg der
grossen nationalen Interessen durch Rmlte, Venath, Auf-
stand, VerschwOrong, militlriMhe Veigehen di« wiehtigato
Kategorie von Verbrechen und murde streng bestraft. Daran
schloss sich daa Sakrilegium, das als eigentliches politisdiea
Terbrechen galt, da die Lästerung der vaterländischen Götter
nach athenischer An&ssung die Grundlage des Staate« bedrohte.
Die herkömmliche Strafe fflr aolohe Verbrechen war die Ver-
giftung, die für Attentate g^gea Ehre und Sicherheit des
Vaterlandes die Verbannnng und in den schwersten Fällen
die seit Solon sehr seltene Steinigung. Solon, deagen Gre-
setzgebung ein Vei-söhnungswerk war, neigte zur Aufhebung
oder doch Milderung dieser alten Strafen und rief die Ver-
bannten unter AufhebiiTic: des ihnen ancrethanen Schimpfes
wieder zurück. Da er die Bürger durch ]iri\ ate Interessen an
den Staat fesseln wollte, legte er Jedem das iieciit und die
Pflicht auf. bei Bedrohung des Staatsinteresses als Ankläger
autzuireteii, wudurch, auch den Mächtigsten oregenüber, ein
regelrechtes Gericbtsvertahren nothwendig wurde, ganz im
Gegensate zu der Bestimmung Lycürgs, wonach bei Atten-
taten gegen die Regierung die Strafe dem Verbrechen voraus-
gehen musste. Als dann Parteikampfe ausbrachen, verlangte
SoLuN bei Todesstrafe und Verlust der bürgerlichen Rechte,
dass jeder sofort Partei ergreifen müsste, damit Keiner theil-
nahmlos den Ereignissen zuschaute, um dann für den «Sieger
Partei zu ergreifen.^
Kaoih Solon hörte Rigorosität und Willkür in politischen
Dingen mcbt uat So wude nach dem Sturz der 400 der
Antrag yon Dsmopeakiub angenommen, die Zerstörer der
atheniadhen Demdkxatie fOt Yaterlaodafeinde zn erklären; na
wann Togelfrai, ihre Qflterirnrden konfiaart, und jader BOifer
mnaite aohwöien, den Todter ainaa aololhen wie Habmodius
und ABnmiTQM an ahzen. Nach dar Vertiailniiig der
* Cmamt GxiMluMhe Gescihiobte, II, S.
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Bn««« KMfm. JnrkttMhe i^i^ra. G«iohieb«lioli«t. 109
Dreis^iig- hob das Volk jedoch diese strengen Bestimmungen
von selbst nnf; die Todesstrafe blieb aber bei poHtiseben Ver-
brechen bestehen, und anscbrinr'nd wiirdo auch die \ach-
Icommenschaft verbannt; dem schwersten Veibrechen, dem
Hochverrath, wurde der Bruch von Vertrügen mit dem Volke
und jede schwere Verlet^nn^ def öffentlichen Interesses gleich-
gesetzt; so genügte es, einen Kriog, der unglücklich ablief,
angerathen zu haben, um sich eine Anklage auf Leben und
Tod zuzuziehen.
In unruhigen Zeiten genügten Tod und Verbannung
nicht; die beiden Verräther Archaxoptolemcs und Antisones
wurden hingerichtet, ihre Güter koufiszirt, ihre Häuser nieder-
gerissen und die Banatätte mit infam irenden Inschriften ge-
kennzeichnet; ausserdem wurde die Adoptirung ihrer Ivinder
bei Strafe der Infamie untersagt (Pseüdo-PlüTARCH, VUae
decem oratorum^ Antisones, 27).
Weniger schwere Vergehen waren: Öffentliches Anftreien
gegen die Qesetse, das mit QeldhiUMii bestnft wmd», An-
träge sehadliohsr oder dem iwlioitleB Recht niwiderkiEfeiider
Geeetso und eohlieeilieh die Weigerung, YoUabesdhlttMi
beumMtti.^
In jedem lUle winde der Veimoh der AnsfQhnmg gleiob-
gestellt, und das geschah aveh in Sputa, wo Ltodbo he-
stimmte: «»Ein dem Staate £nndliaheB Fhijekt planen ist gleich
der VoUendnog eines Angrifi* (liBOOKAnB, 126—126).
Ostracismns. — Sine politische FrftventiT-Maassregal
war der Ostrseismaa, der, Ton Klbibthbiibb in Athen eiage-
fthit, dannif auflging» ühermtlhige, den freien Institatienen
gefidiTÜohe Personen ans dem Lande an bringen, wenn der
Stoff ftr eine Verfolgung in Bechtrfbrm nicht ansrsiohte.
Jeder Bürger durfte das Yerfrhren beantragen; der Antrsfr
wurde aar weiteren Bearbsttong dem Balih der 600 Hherwieeen,
einem Senat, der gewohnlich nnr Uber verfassungswidrige
Qesetassvorii^en an bersthen hatte; er insserte sieh dann der
* TB01IIM8»» Lt Mt piml d$ Is JNjpiiiKpie Mrimm«.
Brflnel, 1875.
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110 ILTIwiL Jnriipradftt». FraplijlaaedMpoU&dMnVerlmdisiia.
YoUuiversaminlang gegenfiber über die Opportunität dfB Antraget.
Die Antragsteller entwickelten vor der Volksversammliuig thr»
Grtlnde, ohne Namen zu nennen und ohne daas eine Ver-
theidig^ng zugelassen war; wenn die Mehrheit für den Antrag
war, riefen die Prytanen eine Yolksyprsammlung auf der Agora
zusammen, die dfxs Verdikt des Ostracismus fkllen konnte.
Dem Votum ging kerne Diakussion voraus; jeder Bürger trat
dtiri h die seiner Abtheilung zugewiesene Thür, erhielt eine
Scherlie, schnol) einen Xamen darauf und übergab sie den
Beamten Wessen Name nuf der Mehrzahl der Scherben
stand, der miisst«' iu9. Exil L:eheii; jedoch mussten die gegen
ihn abgegebenen Stimmen mindestens 6000 betragen. Das
Urtheil blieb zehn Jahre in Kraft, konnte jedoch vor Ablauf
di^er Frist durch Volksbesch luss aufgehobea w erden. UebrigeDS
schädigte das Urtheil weder die materiellen Interessen noch die
Ehre des Verbannten.
Der Ostracismus schien in der Jugend der Demokratie zur
Zügelung der vielen volksfeindlichpn, nitiohtigen Grossen noth.-
wendig; nachdem das Volk seme Kochte kennen und üben
gelernt hatte, verlor er seine Bedeutung und wurde in der
zweiten Hälfte des fünften Jahrhimderts schon ziemlich selten;
naeh dem Ortrademng eines lo Terftohtliohen Memehen wie
Htpibbolüb veifiel dieee InstUntion der lAoherliclikeii^
Denmter hatte dieFreiheit nicht zn leiden, nnd AsiBiotiLBB,
der die Einriehtiuig fttr nflfzlioh hi^t. konnte ihn vom Stand-
pnnkt der abaolaten Gerechtigkeit nioht Üir bezeehtigt erkl&ren
nnd meinte, er lieese aidi kanm im InterMse der monuntanen
Opportonit&tspolitik yeifbeidigen; die Volkaleidenachaft aber
bzanehte diese zweiaohneidige nnd dem Staate oft Daohtiieilige
Waffö. So galt in Syiaens die fihnliche Biariehtnng dea
Petalismns, der, nachdem er znr Abwehr tyiannisoher Gk-
Ifiste kanm etwas beigetragen hatte, naeh zwanzigjähriger
tnng abgeschaflt wurde; er hatte nnr die Ihitfeninng der edelsten
und ehrenhafteeten Bttzger bewirkt nnd die OÜBntlioheii Inter»
eessn an Partn-Eiferer ausgeliefert.
* YogL Caan», L e. n. Kap. 8. — H. Hoemva, X^oKAmmm ä
jiAteat, ibrae iteDm« Jfondet, LT, p. 886 fil
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BniM XapiteL JnrittiMhtt £nig«ii. — 0««sUohUiolMi. III
4, Die politischen Verbrechen in Rom. — Tn den
eri'teTi Gebilden der römischen Hechtsentwicklun<,' irateu als
bestimmte Formen von Vergehen zuerst das parricidiam
nnd die p e r d n e 1 1 i o auf, «onut auf der einen Seite die Tüdtnng
des FamilieDvaters, dif- nach dem patriarchalischen System als
das schwerste Vergoheü gegen göttliches und menschliches
Gesetz galt, anf der andexen Seite die That D^en, der den
Frieden der patriarchalischen Gemeinschaft störte oder sie
ihren Feinden verrathen wollte — perduellio. Nach der Kon-
fbderatioQ der G^ utes und Tribus im Stadtwesen gingen diese
beiden BegriflPe mit m die neue Organisation hinüber; parricida
war Dicht mehr aliein der Mörder seines Familien- oder Clan-
Hanptes, sondern Jeder, der das Leben irgend eines Genossen
der btLrgerlichen Gemeinschaft, der civitas, angriff; perduellis
war nicht mehr nur der Störer des Friedens zwischen den
QviiM, 8ond«m jeder Feind der friedlichen Gemeinschaft im
S dio we der ganaeii Bttrgenehaft (Cablb l o.) Aber ehe die
perduellio den komplexen Ghwakter des poUtiaehen BeliktB
umelmen und jeden Anfrnhnkt gegen rtantlMihe Gebilde be-
denien konnte» musie aie dnieh einfiMihere Fonnen hindnreh-
gehen. In der Tliat denten die Ueberliefenmgen Aber die
IIMe rOmiaohe Gesetsgebang nur anf die fkwmn Sioherheit
dea Staatea als Objekt politiaehen Verbreohens; Diovtb von
HaliflaTBa« erwShnt ein anf fioMULi» znrOokgeftlirtea Ghoets
Uber die proditio; Tüu.im Horanjcs hatte in einem Oeaete
gegen die VenohwOrer anf ein froherea Go a et a g^gen Hooh-
▼enatk rarttfll^iegrifien.
Die anf daa poUtiaeheVerbieohen beaflgliehenBeatimmnngen
der zwölf Tafsln berühren in der Daistellmig JuarniiAirs naoh
dem Decemviralgeseta nur die proditio ; dobh mnas damala ein
andere Gesetz bestanden haben, das die coetna nootnmi
▼erbot und aieh anaaohlieBBlioh auf die innere Sicherheit bezog
nnd daa PoRnOB Jjatro ab er liefert hat l^aoh einer Bemeiknng
von DiONTsrcB durfte der Verräther von Jedem straflos ge-
tOdtet werden. Als sich, ziemlich früh, das Bedfirfriiss nach
innerem Schutze im Staatsleben geltend machte, wurde das
Wort peidnailio anf beide Klaaaen von Stiafthaten anagedehnt
112 ILThaiL Jaruprudenz. Froj^jUxe de« politiacheii Verbreohens.
und 90 entstanden die ersten Gesetze, die siob auf Umsturz
des Staates, Tödtun? oder Vergewalti^ng des Königs und
gesetzwidrige Usurpation der öffentlichen Gewalt bezogen; wahr-
scheinlicli bezog sich die vom Senat in oontnmacis ansge-
»proclieüB \'erui"theilung der Söhne des Axcüs Martiüs, der
Anstifter der Ermordung des Tarquinius Priscüs und die
Hinrichtung der Mörder selbst auf diese Gesetze. Unter Tae-
QüiNivs Superbus wurden die Anklagen wegen perdnellio
siemliok mhlreiob, besonders gegen die Anstifter Ton Haolü-
netionen gegen den KOnig; es kam la Verboten eller Ter-
sammlongen, am Versinigungen snm Angriff axif dos Könige
ihnm wa Terbindem.
Widuend der Republik Tsrnnlttsten in Cepna entdedrts
Venobwttrangen die In Gakhia, die ausser den eoetns noe-
tnrni aneh die ooitiones olandestinae und die YenohwO-
rangen gegen das VaXk Tnrbot. Spitar erveitertsn die Leges
Sacra tae und die Leges Yaleriae die perdnellio dabin,
dass dieselbe sngleieb das Streben naeb dar Königsgewalt» die
Vennobe snr Einsetenng eines Oewaltbabers Uber Leben nnd
Tod, die Anstühing Ton ünraben gegen die Verftssong, die
Znsammenberafiing des Volkes an «nen Ort ansserbalb Borns»
um es aufzuwiegeln, sowie die Usurpation einer Gfewaltiiexnoibaft»
den Missbrancb der Gowalt aar Zllebtigung, Hinrichtung und
EziUrong römischer Bürger, — was auf die Centuriat-Comitien
zielte -~ und schliesslich gewaltsame Eingriffs in die Rechto der
Bürger umfasste; für alle diese Vergehen war die Todesstrafe
und die Güterkonfiskation angedroht. Die Gewalt über Leben
und Tod eines Bürgers mbte also bei den CentuiatOomitien,
und die Lex Sempronia des Cajus Graoghüb wiederholte
nur den alten Grundsatz, dass kein Bürger ohne Zustimmung
des Volkes an Leben und Freiheit gestraft werden dürfte;
somit bestand in den Comitien eine Art von Jury für die
Kapitalverbrechen der perdnellio, die über die Anwendung
der Strafe entschied.^
^ ZvMPT behauptet (Kriminalrecht der Bömisohen Repablik, Berlin,
1686), dnt sur Zeit dw BepobUk perdaeUio der Nemo llir jadM
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Bntet Kapitol. JwutiMlw ftugvo. — G«MbiditHohM. 113
Später TUBobwaad na«h dem Geeeis des Tribunen Poetiub,
dw die Todentxafe und die fiaUienzflehtigimg gegen rOmieohe
Bfliger untersagte, die Todesstrafe auf die perdnellio guu.
Im lAnfo der Zeit stellte sieh daa Bedttrfniss heraus, andeie
Veigebeo, die weniger sdiwer waren als proditio und perdnellio,
an beetrafen. Die Lex ApaIeja(652Q. c), das crimen immi*
natae majestatis bezog sich anfangs auf die Verletzung der
Würde und Majestät des römischen Volkes und wurde sp&ter
auf Widerstaad g^en den Kaiser, der sich dem Staate substi-
tuirte, uigewend^ Die majeetas absorbirte in der Zeit zwischen
SvLLA und AuGüBTüS die proditio nnd die perdnellio
und umfasste Dinge, welche die Kategorie der politischen Ver-
brechen weit ausdehnten ; die von Sulla dekretirte Strafe war
jedoch allein die Tnterdiktion des Wassers und Feuers, d. h. die
duuerude Ausweisung. Die Lex .Julia Caksars bezog sich auf
Revolution und Angriffe gegen die Würde und Gr<>ssp Roms
und des Volkes; hier war die provocatio ad populum aus-
geschlossen und dadurch das Eiagreiten der Bürger in die
politischen Angelegenheiten voUkommen beseitigt (Cicero,
£hüipp, I. c. 9).
Seit AuüUsTus wurde der Kaiser, und allmählich auch die
hohen staatlichen Würdenträger, der eigentliche Träger der
majestas; da« Majestätsverbrechen wurde ausschliesslich Gegen-
stand des Gutdünkens des Kaisers und zog die schwersten
Strafen nach sich. So gilt ein Fluch, in dem der Kaiser ge-
nannt wird, als Majestäts verbrechen, ebenso das Befragen Orakel-
kundiger über das kaiserliche Haus, die Verstümmelung kaiser-
licher Standbilder, das Ablegen der Kleider vor Kaiserbildern,
das Tragen purpurfarbiger Stoffe etc. Unter den guten Kaisem
varen freilich Anklagen wegen Majestätsbeleidigung nicht zu-
Ifissig, unter TiTUB blieben selbst Versobwörer straflos« wie
nnter Nbbta, M. Aübblidi^ AirroviNirB Sklavenunraben nnd
Sobimpfreden gegen den Kaiser; Hadbiav liess einen SklaTen,
4er ibn angriff, Aenten anuenden, weil er tobeflcbtig wHre —
Eapitatverbreohen gewewn wire, daa im amBerordmÜidieii Yei&hrett
Tom Volk abgenzthiilt werden mvwte.
Loaaaoso, PuUtlMlMr VtrIiMebcr. IL 8
114 II.Theü. Jurisprudenz. Prophylaxe des politiscbea Verbrecheiu.
aber unter Diocletian galt es schon als Majestäts verbrechen,
Münzen mit dem Bilde des Kaisers zu prJtj^n, die Verdienste
vom Kaiser angestellter Beamten zu l e/ w eiiVln, und unter
Domitian sogar, seine Gladiatoren >:u uichtacliten. Nero
verbot den Gebraaeh violetter und Purpurfarben und koufiszirte
die Güter einer dies Verbot verletzenden Witwe (Sueton,
Nero, 82). Unter TrasBnre galt es ab Hajestlltsverbreclien,
mit etaer daa kaiaerliohe Bild tragenden Mflnae oder Sohmuok-
aaidie «ne Latrine oder ein Bordell an betreten. Calioula
snspendirte naeh dem Tode seiner Scihweeter Dbüsilla die
Geeohttflie nnd erklärte es filr ein Majestitsverbreohen, in dieaer
Zeit an lachen, sieh an baden nnd mit Verwandten in apeisan
(Sueton, CcUiffula, 24).
Zablreicbe Bfiiger liesa er in die Bergwerke schieken,
wilden Thieren vorwerfen, in Eftfige einsperren, mitten entawei
sAgeo, wenn ne dn von Uun gegeboieB Sobanspiel nidit lobten
oder nidfct anf seinen Genius sobwoxen. Sübton erzlhlt si^gar,
dass es als Kapitalverbrechen galt, von einem hoher gelegenen
Platae ansnsehen, wenn CALtavLA vorflberkam, nnd ans ugand
einem Gmnde das Wort capra ansznsprechen. Auch Cab&calla
war nicht nur von grfisster Härte bei respektlosen ürtheilen
und Gesprächen über ihn, sondern Hess Alle verurtheilen, qui
urinam in eo loco feoenint, in quo statuae ant imagines erani
principis, et qui Coronas imaginibus ejus detraxerunt, nt alias
ponerent (Spabtian, CaracaUa, 5). Diesen Kaisem gesellt
sich Cw.fsrs, der Bülger tödten Hess, weil sie in seiner Gegen-
wart gelacht hatten, und VaIiBktiniax. der den Begriff des
Majestätsverbreoheos auf stapmm, Ehebmoh, und andere Beato
erstreckte.
Trotz aller dieser Auswüchse blieb doch eine gewisse
ünforscheidung zwischen Staatsverhreehen schwerster (perduellio^
und weniger schwerer Art (majestas) bestehen; wie es scheint,
gehörten in den Bereich majestas die Vergehen gegen den
Glanz, die Würde und das Ansehen des Herrschers, und sie
wurden durch Deportation oder einfache Relegation bestraft.
Allniilhlich aber kam es auch hier zur Todesstrafe, und auch
Arcadius und HoNomus drohten sie ausdrUckiich an tOr
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EnAM SApitaL Jnriftiieh« FrifMi. — G«whiohtiidifli. 115
Attentate und VerechwOnmgen gegen das Leben des Kaisers nnd
semer Käthe; diese lex Quisquis ging auob in das kanoni-
sche Recht über.*
Der Mnjestät5verbreoher ertuhr dio Konfiskation seines
Patrimoniums, 8uiiue verloren ihr viiterin hos und mütterliches
Erbtheil, sowie das der Anverwandten, es blieb ihnen nur das
Beneticmm Falcidiae bezügUoh der Mutter; die von dem
SchuKiigen ausgehenden Emanzipationen, Mitgift, Veränsse-
ningen und Schenkungen ^jalteu als null und nichtig, und
dieselben Strafen trafen dit* Mitschuldigen. Dti^j iiet ht der
Exception gestattete die Rolle des Anklkgers bei Majestäts-
verbrechen auch den Fniuen, Soldaten, Sklaven und i*'rei-
gelasseuen, selbst gegenüber dem eigenen Patron, und erstreckte
sich bis auf die Infamie; das Eintreten für den Schuldigen
zog die Infamie nach sich. Femer war bei diesen Vergehen
die Pmeskription nnzulfisaig; audi im Todesfall wurde Torge-
gangen« der Leiehiiam proiessirt, du Andenken des Tentorbenen
geächtet, seine GHlter konfiaciit nnd seine Kinder miibestraft
SpOtor Würde doich die Erlasse von Abcadius und Ho-
KOBiüS, dem Denunzianten neben der Straflosigkeit eine Be-
lobnung zugebilligt, und ebenso wnide jedem Mitschnldigen,
der eine Yersobwöinng Tor ihrer Eintdedcung bekannt maehte^
Strafloeigkeit zugesichert'
b. Barbarisches Aeoht. Die aitgermanisdbe Anschau-
ung über das politische Verbrechen Iflsst sich nur andentnngs-
weise ans einer Angabe Ton Taoitds {Gemama, Kap. XIL)
ermitteln, wo es heisst: Proditores et transfngas arboribns sn-
spendnnt; darnach scheint bei diesem so nngemein kriegexisdien
Volke das politische Verbiechen in der Verletsong der kriegeri-
sdien Ehre und Tapferkeit bestanden an haben. Sobald jedoeh
die Heerführer m danemdem Emflnss oder znr Hemcherwttrde
' Es ist charakteristisch dafür, wie hier politische und kirchliche
Angelegenheiten zusammengeworfen wurden, dass AnK inn s, Hnvonirs
und TuRouosiDS die Ketzerei der Maniohaeer unter den politisclieu Ver-
brühen aa&ihlt«n. (GmL üb. 17. De «retieu.)
* Tgl. Paoklletti e Coouolo, Storia da Diriih BmtmOt Flovsna. —
D.DKPnxA, DeireaHeontrolttmaaregMamienia ieUo OMo^ finnig 1888.
8»
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116 II. TheiL Jarisprudenz. Prophylaxe de« politischen VerbrecheiM.
golangten, machte sich das Bedürfniss nach einem Gesetze
fühlbar, das Leben, Würde und Subsistenz des Fürsten sicherte,
und in der That wurden in der germanischen Urzeit alle Staats-
verbrechen als Akte der Untreue gegen den König betrachtet.
Während jedoch Verbrechen gegen das \'aterlaud mit dem
Tode bestrali wurden, wurden bei Vergehen gegen den König,
selbst bei Königsmord, nur Geldstrafen verbangt; aber das
Wehrgeld war so hoch bemessen, dass ein solcher Mord that-
sfichliob uDsühnbar war und mit dem Tode bestraft wurde.
So bffltefe es im sknmmiiiohflB Geeeis, Titel XXIV: Sfi
aliquia bomo in mortem dnoie coneiliatne fuerit et
inde oonYietus fnerit, ani ritam perdat, aot ee redimat,
sieut dnx ant principes populi jmdioaTerint Die Ale*
maanen betraohteten den Biebatehl am Hofe des HenaebeiSt
die Livasion seines Bigentliiuns, die Beleidigung der Fraven
eemes Hofes als sohwere TerbreelieQ. In der Lex Ala-
mannorum aeigen sieh die eisten Spuren der Fttisoige für
die ttnnera Sioherheit des Staates; in Titel XXV wird Ter*
bannnng nnd Güter •Eoafiskatiott oder Todeastiafe Denen
angedroht, die ein fremdes Volk anm fieatemaehwi oder snr
Bnmdlegnng auf alemannisehem Boden anfhetaten.
Das Sadiflenrecht (Titel m, § 1) droht einlach den Tod
für Verschwörung gegen das Leben des Königs odw seiner
Söhne an, und das Edictom Botharis (Ari H) Tod nnd
Konfiskation : Si quis contra animam r^s oogitayerit, ant
consiliatuB fuerit, animae suao incurrat periculum et res ejus
iofiscentur. Ebenso bestrafte das 6fresetz der Bavaren (Titel II,
Kap. II) die Tödtung dos Heiaogs mit dem Tode und der
Konfiskation: Si quis ducem suum occiderit, anima illius pro
anima ejns sit; mortem quam intulit recipiat, et res ejus in-
fiscentur in serapitemura. Im Falle einfacher Verschwörung
wurde der Schuldige dem Herzog als Unterpfand übergeben,
und seine Güter wurden konfissiri Kapitel III desselben
Gesetzes stellt eine Stufenfolge von Strafen für Revolten auf,
en Sprechend der verschiedenen Verantwortlichkeit der Grossen,
der gregarii und der einfachen Gefolgsmänner, was sieber
damals einen legislativen Fortsehritt bedeutete und ihn sicher
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Erste« £apitel. Jumtiiobe Fragen. — Geschichtliches. 117
auch heute noch för viele Mi Hlerue Gesetzbücher bedeuten
würde. Si quis seditionem iii< itaverit contra duoem suum,
qaod Bajuwan carmulum dicuiit, per quem in primis fuerit
levatiis, componat duci DC Solidos. Alii homines, qui eum
secuti sunt, illi simila<i et consilium cum ipso habuerunt, unus-
quisque eum CC solidis componat. Minores popnli qui eum
secuti sunt et liberi sunt, cum XL soUdia componant, ut tuie
Scandalum nou iiaöcuLur iu provincia.
Im übrigen sorgten die Leges barbarorum für recht
strenge Unterdrückung ron Revolten, und wenn diese iD Baiern
mit bloasen Geldstrafen geahndet wurden, waren z. B. im fränki-
Beben G^esetz die Strafim selir schwer. Anctoree seditioms et
tamnltos vel oondlatons populi pro qualitate dignitatis ant in
onioem toUantnr, aut bestiis objiciantur, ant in ^«^«1»™ depor-
tentor. (Cap. lieg. Francortm. lib. VII. 371.)
Nach dem Edikt Theodobicbs (Kap. lOS) wurde der An-
stifter einer Vereehwörung im Volk oder im Heer snm Scheiier-
banfen Terttrtheilt. Das £dikt Boihabi beetimmt (Eap. VI) :
Si qtiis in eseroitnm eeditionem leraverit et contra dncam amvan,
ant contra enm, qni ordinatne est a rege ad exMoitam gnber^
nandi, ant aliqnam partem exeroitne sednxerit, inoanrat peiionlnm.
Ein Edikt Chlothabs II. in den EdictaMerovingiana
(§ 21) ftnssert sieb bezflgUcb der Bevolten: üt pox et discipüna
in regno nostro sit, Christo propitiante, perpetna rebellio vel
insolentia malomm hominnm seTerisaime r^rimator. Naoih den
Gapitnlaria Oarolornm wurden YeisohwOrer bingerioibtet»
die Mitsdhnldigen gepeitsdit; war die YaschwOnuig ergebnisslos
verlaufen» so bestand die Strafe in Peitsdrang nnd Absehneiden
der Haare. ^
Die Longobarden bestraften wie die Franken den miU-
tttrischen Aufruhr gegpu den Führer und das Verlas.sen der
Genossen im Gefecht mit dem Tode; und dieselbe Strafe stand
auf Desertion, die zu deu Majeetäts verbrechen rechnete.
6. Recht der italienischen Kommunen. — Auch
die Statuten nnseier Kommnnen betrachten militftrisehe Yer-
* QnoLEB, UemunuMdie BedhtsdeiikiiiXIar. — Brlangai, 16761.
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118 ILTbeü. Jurisprudenz. Prophylaxe des politischen Verbrechens.
brechen als Staatsverbrechen; weniger schwere Vergehen, wie
das unpünktliche Erscheinen auf dem Waffenplatz oder das
gänzliche Ausbleibeii, wurden mit G«ldliiiaBsii oder ntob Gut-
dttuk«!! iMslnft« di« DMertion vom SoUiohtfolde mit d«m
Tode; diese Strafen wurden mit der Zeit nodi Tendhsrft.
Ausserdem standen Strafen auf Yeirlsitung und B^hfllfe snr
Fahnenflneht, anf Meuterei unter den Waffsn, anf Gehorsams-
Verweigerung, auf Ausbleiben bei KonsiguatioD, auf Debeigabe
oder Torsohuldetsn Verlust einer Befestigung und auf Hand-
lungen der Feigheit: die Strafe war fast überall die an Leib
und Leben.
Unter den Vergehen gegen den Bestand und die Sicher^
heit des Staates finden sich die Führung des Feindes auf
heimathliohes Gebiet, das Verbergen von Spionen, das Ueber«
laufen in die Beihen der Feinde und der Verrath von Stsats-
geheimnissen; hier drohte überall Todesstrais, mit oder ohne
Konfiskation, wie sohon in den Gesetzen der Longoborden.
In Venedig waren die Bestimmungen besttglioh der Ver-
breitung von Staatsgeheimnissen am strengsten. Bas florsn-
tinische Statut bestrafte niohtantorisirte Friedensverhandlungen
mit dorn Feinde mit Geld- und kOrperlidien Strafen.
Bei den fortwährend zu Unruhen führeoden Partei-
kämpfen der italienischen Stadtrepubliken ist es begreiflich,
dass man, wie Karl der Grosse schon die eingeschworenen
Greselbchaften verboten hatte, hier die Bildung von Kassen,
Konventikeln, fTesellscLaften, Eidgenossensshaften verbot, meist
unter Geldstrafe, die jedoch häufig zur Verbannung und
Güterkonfislcation gesteigert wurde. Man verlangte selbst von
den T^ürgeru den Schwur, keiner politischen Partei anzuge*
hören, und ging so weit, die Erwähnung der Parteinamen bei
Strafe d^r Konfiskation der (-laleere oder der Ausschueiduiitr
der Zunge zu verbieten. Denientsiireeliend liestrafto man auek
das Erregen von Aufläufen, das Erhelien von Fahnen, den
Ruf zu den Watieu und das viva- oder rauoja-Scbreien : waren
solche Versuche Theile eines Angriffes zum Sturz der herrschenden
Partei, so staud Tode.^ 1 1 afe und Konfiskation darauf, und nur
wenige Gesetze begnügten sich mit einer Geldstrafe. Die
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■
Erstes Kapitel. Juristische Fragen. — OesohiohtUcIiet. 119
gew;iiti>ame Be&eUuog eines Thurmes des Stadthauses oder einer
öfientUchen Befestignngsanlaf^ ■wurde mit dem Tode bestraft,
in contuinacia mit Verbanrmug uud Konfiskation; die uner-
laubte Anlage eiuer Befestigung zog eine Geldstrafe uacli sich
uad ebenso die Weigerung, den Platz sofort zu rftumen. Selbst das
bloBBe Uebersteigen der Stadtmauer zog eine Strafe nach sich,
die Vis rar Todesstrafe verschärft werden konnte. Todessfcraie
drohte Buch Dem, dar ij*gend eine Untemehmnng xar Los-
tMimtuig eines TheUee des Staetoterritorinme oder Krieg gegen
den Staat anetiftete. In Bologna figorirte der Versndh der
Verlegung der üniversifttt an einen andern Ort nnd der Ter-
hinderuDg der Vorlesungen als Staatsrerbrechen.'
Bemerkeneweräi ist in diesen Beehtsgebieten die Binrioh-
tong der Admonition (^ammoniidone^), eine Fmoht der wilden
ParteikBmpfe, die in ▼ersohleohterter Form den antiken
Ostracdsmus wiederholte.
Das Volk Ton Fistoja erklärte infolge der Fehde swisdien
den Familien CAMCBUiiBBi nnd Paxolltiobi die Fendalhenen
filr nnfthig znr Bekleidung Ton Aemtem der Stadt nnd be-
Bohloes, dasB jede die Offontlidie Bnhe stOrende Familie auf
das Adelsiegiater gesetzt wttrde, nm.dadnroh den Ungehonam
gegen die Qesetie an bestrafen.
In Floreiu wnide im Jalue 1358 von den Guelfen eine
ähnliche Maassregel zur AnsscUiessnng der Ghibdlinen Ton
den öffentlichen Aemtem angewandt; die zur Verwaltung der
konfiaairteu ghibellinischen Güter eingesetzten Capitani di parte
brachten ein Gesetz durch, wonach jeder Ghibelline, der ein
öffentUohes Amt annehme, vom Podesta su Strafen verurtheilt
werden sollte, die von 600 Florin bis zur Todesstrafe geh«!
konnten; die Deniinsiatiyn sollte für erwiesen gelten, wenn sie
sich auf sechs Zeugen stützte und die Beurtheilung der Aussagen
nur durch die Capitani und die „Consoli d'iirte" geschelieu.
Später wurde dieses Gesetz dahin geändert, dass die Beschul-
digung eines Bürgers durch -/a der Stimmen eines aus dem
Capitano di parte und zwei Bürgern gebildeten Koliegiams,
' PsuTiLB, Storia dei diritto italiaao, vol V, § 196.
130 ILTbeU. Juhsprudenz. ProphylAxe des poUtischeu Verbreobdus.
er wäie ein Gbibelline, dio Admunition, kein öffentliches Amt
zu bekleiden, zur Folge haben müsste, unter AndruLuu^^
der Anklage; diese Anklage konnte dann Jeder erbeben und
816 Terpfliohtete die „Rettori", wenn sie nicht selbst bestraft
weiden woUtoa, den Admonirten zu verurtheilen, wenn sie ein
Vergehen Tor&nden. So wurden ▼erdttohtige Personen von
Aemtem ferngehAlten, ohne sie Strafen sn onterwef&n, was
den TolksÜittnilieben Sprach entstehen liees: Beeser admonirt,
aU heetraft; man sohnf dadnxdi aber eme Klasse nnsn-
Wiedener Billiger, die geradeam ^ammoniti'' hiessen, im Gründe
Ton den hflzgerliohen Beohten auBgesohlossen waren und sieher'
kein beeonde» nihigee Element bildeten,^ nm so weniger, als
die Admonition sieh anf die gause Verwandtsohaft ausdehnte
und die BetroffiBnett sehliesslioh ins fiadl f&hrte; daher dio
grosse Zahl der Flüchtlinge.
7. Fendal-Becht. — Wahrend in Italien das Lehns-
weeen hinter der stftdtisohen Entwiofclttiig anrückblieb, kehrte
maii im übrigen Europa seit Wiederbelebung des rümischen
Beohtes zu der antiken Auffassong der Staateverbrechen anrttck
und das crimen majestatis des römisdien Reiches, dem die
Lehnsverhtlltnisse den Nebenbegriff der Felonie verliehen,
wurde in aller Strenge wieder ins Leben zurückberufen. So
erklärten dio Gesotzgeber und Beohtflgelehrten nicht nur das
Attentat auf Staat und Fürsten, sondern auch die Beleidigung
des Letzteren, seine Beschimpfung im Bilde, die Kränkung
seiner Familienmitglieder und Bäthe für Majestäts-Beleidigung,
selbst unzufriedene Aeusserungen über Besteuerung, Fälschung
amtlicher Akte, Münzenschlagen, der Widerstand gegen die
öffentliche Macht, die Diskussion yqfi. Staatsangelegenheiten,
die Tribut-Verweigerung, das Uebersteigen der Stadtmauern,
die Besetzung von Burgen, das Abbrechen von Brücken, wenn
es mit der Absicht der Beieidigong des Fürsten geschah, ja.
> M. ViLLAKi. lib. VIII, c. 24. — M. di Coppo ra'SnFAin, Storia
fiorenfina, lib. IX, rubr. 674, tom XIV. — SiBMOiTDi, AoKb delb
M^iMUcM itaUam» vol VI, oap. XLY.
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Srttea Kapital. JuutiMba Fxtigta. — OeiebicfatlMhca. 121
vom Volk auch nur zu sprechen — das alles galt ab orimen
laesae majestatis.^
Die Schriftsteller des IG. und 17. Jahrhunderts nennen
gegen fiinfziir Ffiür von lae.sa majestas, die selbst dann an-
gerechnet wurde , wenn die Absicht nur geäussert, aber nicht
2ur Ausfübrnng^ gekommen war.
Für die Theorie des Feudalstaates aber, die den Staat auf
Vertrag und Treueschwur gründete, konnte die Handlung
eines !N icht-Staatsangehörigen nicht als Staatsverbrechen gelten ;
deshalb nahm sie nicht nur Ausländer, sondern auch den
Klerus davon aus, der zur Miliz der Kirche «rerechnet wurde ;
nur in ganz spftter Zeit hörte die Sonderstellung der Ausländer
und im I^antle wohnenden Fremden auf.
Die grosse Zahl der als Majestfttsverbrechen geltenden
HaudluDgeü nüthigten die Gesetzgeber zur Unterscheidung einer
majestas primi et secuudi capitis; zu diesem gehörten alle
gegen das Bestehen des Staates oder gegen das Leben des
Fttisten und setner Nachkonunenschaft gerichteten Aufstände
(HoohT«nath}; zu jenem gehörten alle anderen Handlungen Ton
geringerer Wichtigkeit; diese Eintheilong ging auf die dentsehe
und die franzteiaehe Jnriaprndenz über. Die Strafen waren
hti immer dieselben; meist kam zur Todesstrafe noeh eine
besondere Marter, wie das Sohleifen am Eselssehwana, das
Bfisten» das Zwieken der Hant, die Viertheilnng n. s. w. Dazn
kam die Fortnelune des Besities zn Gunsten des Fiskus und
die üngnltigkeiiseridttrung jedes von dem Schuldigen seit dem
Tage des begangenen Yerbreohens gesefaloesenen Vertragee,
femer die Zezatömng seines Hauses und des Versammlungsortes
der Venbhworenen. Den Hitwissem drohten, wenn sie das
Verbreohen niciht zur Anzeige brachten, dieselben Strafen, und
dieee erstreekten sieh auf die Sohne, auf die Bnkel, auch auf
die illegitime Nachkommenschaft und andere Familienmitglieder;
fttx diese begnügten sich die mildesten Gesetze mit der ewigen
Yerbaanung oder mit der Unfthigkmt der Sueeession und der
part I. — Florens, 1888.
122 n.TlMfl. Jntlipnid«». PropbyUun dei poUtiMdMii T«ln«olMin.
InfamM. Demmziaiiten woideii belohnt und bEeben, wenn
eie Mitvenohwoiene gewesen waren, strafloe; der Sobn konnte
selbst den Vater dennnsiren, und eohon das Eintraten fär die
Sohuldigen zog Bestrafung nach sieb (Pbbtilb 1. e.).
8. Kanon isobea Beohi Einen Antheil an der will*
kttriieben Ansdebnnng des Begiifb der majestas im mittel*
alterlieben Beohte bat das kanoniaohe Beoht, das in dem
Deere tnm Gratiani (cansa VI, qnaestiol, cap XXII) ganz die
lex Quisquis des Codex Jastiniani reproduzirte, und an einer
Stolle der Ddaetatien {De poenis, cap. V, tit. X, lib. V) bei
den \'ergehen gegen die Kardinale Exoeptionakriterien bezfiglioh
der Tbäter einfübrte.
In der Tbat bestrafte inan nicbt Dur Attentate auf das
Leben der Kardinäle, sondern auob blosse Angriffe and selbst
das H^en feindlicher Absiebten gegen sie; zngleioh wurden
niebt nur die Tbäter und ihre Mitsoholdigen, sondern auch
ibre Kinder, Enkel und Seitenverwandten von der Strafe
betroffen.
Dieselben Strafen standen auf Auflehnung gegen einen
Kleriker oder Mönch, der zum Hause de?? Papstes oder eines
Kardinals geborte; die Strafe sc1i1ü.s.s jedoch nicht ein weltliches
Strafverfahren wegen Sakrileg aus. Fürsten, Senatorrn Konsuln,
Stadt-Häupter, welche diese Bestimmungen nicht zur Geltung
bmchteu, drohte die Exkommunikation, und von Rom ange-
fangen, vertipl jede Stadt, die den Schuldigen Hülfe oder Rath
ertheilte, der luterdiktion und dem Verlust der pontitikalen
bitze.
ü. Europäische Monarchien. — In den grossen Mo-
narchien, die sich vom 11. bis zum 12. Jahrhundert den Besitz
Euro])as streitig machten, wurde die römische Doktrin von der
laesa majestas die Stütze des drückendsten Despotismus, wie
eine kurze Prüfung ihrer die Unterdrückung des politischen
Verbrechens betreflfenden Gesetze ergiebt.
In England erklärte ein Erlass Richards II. den blossen
Vorsatz der Absetzung oder Ermordung des Königs für Hoch-
rerrath; unter Hedtrioh VO. gehörte in diese Kategorie der
in Wales verabte Yiebdiebstabl, eine private Unterbaltöng über
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J
BntM KapttaL Jurittitolie S^mgra. " OeaehiohtUohM. 123
die TiPgitimitiit der Ehe des Königs, und seilest Vermuthungen
üher seine Lehensdauer. T^nter Eli.^abeth galt für Hoch-
verrath die Anerkennuni; der päpstlichen Jurisdiktion, und der
dreitägige Aufenthalt eines katholischen Priesters, der sich
nicht nach dem anglikanischen Ritus richtete, auf englischem
Boden; unter Jacou T. ehensn die Leugnung des Sumui-
episkopats des Königs, die V'ersöhuung mit dem Papstthum,
oder die Verleitung Anderer dazu. {Stntufe B, chapt. 4.) Als
Majestlitsverhrecheii wurden ferner betrachtet dieFahfchmün/orei
uod Mün/verschlechterung, die Nachahmung des königlichen
Siegels oder Namenzuges {Stat. 2, Cap. 6 der Marin), die Au-
fertignng und der Vertrieb von Münz-fTcrilthsohaften (Wil-
helm IIL, SM. 8 und 9, Cap. Sfalnt der Ktinigin Anxa,
7. Cap. 25), die Behauptung, der König könnte, auch rait Zu-
stimmung des Parlaments, nicht über die Thronfolge disponiren
(Elisabeth, Stat. 13, cap. 1), die Leistung eines eiufacheu
Dienstes an den Prätendenten und seine Kinder (Wilhelm HI.,
SM. 13, 14, cap. 3).
In den Fällen ein&olien Yerrathes (mit Einsohlnss des
maliloqoium) bestimmte das Geaete die Todesstrafe und die
freie Verfügung des Königs über die Qflter innerhalb des
Zeitianmes von einem Jahr und einem Tage; es hiess dies
„das Jahr nnd der Tag des Königs".* In Dentm^land übe^
nahm die goldene Bulle die Beetimmmigen des römischen
Beehtes über die laesa majestas fast bnchstäbliidi, wihrend die
OarolinB sie selbst bei BseohrBnlcung auf den blossen Yeisneh
mit dem Tode bestrafte. Als Strafen bestanden die Yiertheilnng.
die Kpnophoria (Rüdem) nnd andere Hartem, neben der Infamie
des Namens und der Konfiskation der Ottter des Schuldigen,
dessen Kinder ihre Suoosssion Terloren.
Man unterschied femer andere Arten der Auflehnung und
die ein&che Ehrfnrchtsverletznng gegenüber dem Hensdier;
aber auch hterfilr warsn die Strafen hart: selbst ein Pasquill
gegen die Regierung konnte ein Todesurtheil hervormfen.
In Spanien stand das Majestitsverbreohen in einer
< FiLAiioKBi, La seimm dtitta t^fMuiane lU» 3.
124 II.TlieU. Jazitpnideiu. PxopbylAM dm iraUtiadifla V«ibnch«iia.
Kategorie mit der blasphemia Spiritus SaDcti; der „fnero
real** Alfonsos X. (1254— (>5) bedrohte Jeden mit dem Tode,
der nicht das Leben des Königs aohfltite, seine Macht und Ehre
nicht förderte oder Unruhen gegen seine Autorität erregte; im
Ealle der Begnadigung wurden derartige Verbrecher geblendet.
Dazu l:am die Konfiskation der Güter bis auf ein den Erben
zufallendes Zwanzigstel. Für das einfache maliloquium gegen
den König bestand die Strafe bei einem Hidalgo in der Kon-
fiskation des halben Besitzet-, bei einem gemeinen Jlaun in der
des ganzen; war der Köniir infolge des Angriffes gestorben,
so musstö der Thäter 100 Maravedis zahlen, und war er irr^ol.
vent, so konnte der Nachfolger des Königs nach Gutdunken
über ihn verfügen. Die Siede Partidas Ai.roNsos (125B^ Ite-
traehteten den König als Statthalter Gottes und erklärten jeile
beleidigende Aeusserung gegen ihn als Hochverrath; dem
Könige seineu Ruf abzuschneiden, -wäre wie eine Todtung des
Körpers , uud man müsse dem Verleumder die Zunge ab-
schneiden. Die Pai-tidas imterschieden zwischen peniuellio und
laesa majestas, aber sie verfielen in die Uebertreibungen der
übrigen zeitgenössischen Gesetzgebung, da uieht nur abfällige
Aeusseruugen über die Autorität des Königs (ausser wenn dieser
darin eine gerechte Absicht fand) als Verrath bestraft, sondern
Attentat und Komplott gegen den König an I rbebern, Mit-
schuldigen und Mitwissern mit dem Tode bestraft wurden. Bei
perdnellio konnte auch gegen den Leichnam des Schnldigen
TOigegangen weiden, nnd die Toobter hatten nur Anspmeh
auf ein Viertel des Nachlasses. Die laesa majestas begriff aneh
alle direkte Vergehen gegen (IfiBniUche Beamte in tidi, und
anoh sptters Gksefase, vie die Nnova recopiladon de las leyes
Philipps H. yom Jahre 1666, entfernten sieh nicht von so
exoeptioneUen Definitionen.
In Frankreich serfiel naeh den Vorgang:e des rümisohen
Rechtes die laesa majestas in zwei Kategorien, Ton denen
die eine Yergehen gegen die Sicherheit des Staates nnd des
Königs, die andere Verstösse gegen die Wllrde des Königs
nnd die Anmaaasang seiner Antoritilt um&sste. Die Strafen
waren jedoch gleich; die Schuldigen worden tob vier Pferden
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EntM KainteL Jumtiidw ¥ngUL Oeiohiohtliohet. 12d
geviertheilt, und dies Urtheil eventuell an der Loiclie voUstroi kf,
wenn man den Scliuldigon nicht lebend ergreifen konnte;
dazu kam die vollständige Güter-Konfiskation. Zugleich galt
der Dolus gleich der Ausführung, das Stillschweigen eines
JStlitw issers gleich der Mitschuld; selbst Geistesstörung galt
nicht als Einrede.* Die Willkür ging schiieäalich so weit, dass
eine astrologische Prognose des fürstlichen Lebens für ein
Majestätsverbrechen erklärt wurde, ferner die Beseitigung, Ver-
stümmelung und Beschmutzung der dtsa Pursten darstellenden
Bilder uud Statuen, das LTebersteigen der Sludi und Festungs-
mauern in Kriegszeiten, die gewaltsame Fortführung einer
in einen fürstlichen Palast geflüchteten Person, das Duell, die
unerlaubten Yersammlungen n. i. w.
10. Einwirkungen der franiOeiscIien Bevolntion
und beginnende Eeformen. Die feengOmache Berohition
braohfe anfange nur eine VeneUimmeirang auf dem Gebiete
der poUtisohen Yerbreeben, da die dufeh den Lauf der Dinge
in Frankreieh endiredkten ttbrigen Souverlne niohi auf die
Hftrto» dureh die sie ihren Thron au Biebern glaubten, Ter-
siebten wollten. So stellte ein milder Ffiiat wie Piibb IiiOPOia>p
der frflber anob fttr Staateverbreeben die TodeBstralB auf»
gehoben hatte, dieselbe naebdem er Kaiser tou Oesterreiob
geworden wsr, in Toelnna wieder ber, «lür alle Die, welebe
das Volk aufinibetaen wagten und sieh an seine Spitse stellten,
um sieb duroh öfEmtlicbe GewaHtbaten den Bestinmraogen der
Begiemng an widersetsen. (Edikt vom 30. Juni 1790.) Anob
in Frankreieh behielt der Oodax Tom Jsbre 1791 die Todes-
strafe hei, fOhrte jedooh die Yeigeben gegen die innere Sieber-
heit des Staates auf gereobte Grenaen zurflok und beseitigte
die Bezei(^ungen „Hochverrath" und „laesa majestas."
In Preusaen bedrohte das Allgemeine Landrecht von 1 794
HochveiTäther, zu denoi es auch Solohe xeehnete, die einen
entfernten Antheil durch Rath oder That genommen hatten, mit
dem Tode, dem Verlust aller Güter und der bürgerlichen Beobte,
und ermitabtigte femer den Staat seine Kinder ausaaweisen.
* Mboaooi. D» rmti poKHei, Boma, 1879.
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126 ILTkeiL Jumprodenx. Prophylaxe detpoUüachMiyflrbvooiMafl.
oder in iaui iMipr Haft zvi baiteu. (Allgem. Pieufis. Landiecht
II., Titel 20, § i^l ff.)
In Oosterreioh -wurde dipTodpsstmie iur H och verrath durch Pa-
tent vom Jahre 17^5 fest ^^f. setz' und bliebvoudaiin dauernd bestehen.
Ziemlich früh regte sich eine wohlthätige Reaktion und
eine reformatorische Bewegung in Italien mit dem Aufhören
der alten statutarischen und pragmatischen Gesetzgebung und
der königlichen Konstitutionen. Der Anfang wurde im König-
reich Neapel gemacht, wo diis rigorüse Statut Karls von Anjoti
„Nuper upud Tranura" in Kraft war, da.s dies Verfahren gegen
die Sühne der perduelli anordnete und ihnen sogar die Ehe
verbot. Das Gesetz vom 20. Mai löüb gab eine gerechtere
Eintheilung der Staatsverbrechen und unterschied die auf Be-
seitigung oder Veränderung der Regierungsform abzielenden
Handlungen, für welohe Todesstrafe angedroht wmde, von
denen, Äe anf Verbrettang yon Unsnfinedenlieit gegen die
Staatsgewalt abzielten oder auf Adktnngsverweigenmg, und be-
stimmte ftkt diese mildere Strafen.
InToakaaa, wodae QefletzPolTerinaCoBiMOBLjedemBürgeir
den Venäliier su todten gestattete, bestimmte Artikel 62 des Qe-
setxes vom 30. Novbr. 1786 folgendes : „Wir ordnen die Kassi-
rang aller Gesetzean, die in missbrfluchlielier AbsLcbt die Majestäts-
Terbrechen auij^teUt und verrielftltigt haben . . . ; um soldien Miss-
brauoh zu beseitigen, wird jede speasielle Bezeichnung als Majestäts-
▼erbreoben, jedes spezielle Beweisverfahien abgescbalEib, zugleich
mit der Kriminalitftt aller derjenigen Handlungen die, ohne an taxk
yerbreeherisoh zu sein, es erst durch Gesetze ttber diese Materie
geworden sind; alle anderen Vergehen sollen gleich gemeinen
Vergehen entspreohender Art betrachtet, d. h. je nach den Um-
ständen ak Diebstahl, BuhestOmng ete. und als solche bestraft
werden ohne Rücksicht auf die durch das Gesetz unter dem
Vorwand der laesa majestas bestimmte grössere Schwere.'^
Besser wurde die Materie durch das Gesetz vom 30. August 1795
geregelt, das unter Wiedereinführung des Terminus der laesa
majestas ihre juristischen Charaktere defiuirte und die Beleidi-
gung der Beamten in Ausübung ihrer Funktion unter die ge-
meinen Verbrechen versetzte, unter Anordnung leichter Strafen.
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Bnt«8 Kapitel. JuristUche Fragen. — UesuhiobtUchea. 127
Schliesslich beseitigte das toskanische Strafgesetzbneh von 1856
d:e lueäu ^uujebUia uud unterschied die \'eii)recbeu gegen die
innere und äussere Sicherheit des Staates nach dem Vorgänge
der übrigen Staaten.
11. Moderne Straf geeetsVttelier. In der enien Hälfte
UBMies Jahrlranderts schien die Geeets^bung der bedeotendaten
Staaien reagiren zu wollen gegen die ttbertriebene WillkOr,
die deh unter dem Ebfliras des rOmisolien Beohtes in der
Ibterie der poHtiaeben Verbreoihen geltend gemaciht hatte, jedoch
ohne yOUige Beseitigung dieses Einflusses. In der That aeigt
hei genauerer Untersnchung fast aller modernen Strafgeseta-
kodifikationen, wenigstens der monarohischen Staaten, der auf
die poUtisohen Verbeehen heaflgliohe Abschnitt den Oharakter
anagsaproohener Ezoepttonalitftt, sowohl in der Imputation, wie
in der Anwendung der Strafen; das aeigt, wie tief avoh anf
jniistiaohem Gebiete die Tradition wnraelt, nnd wie deshalb
liberale Beformen, so allgemein man sich auch des Bedflrfiiisaea
bewusat ist, einen erhebliehen Widerstand finden. Die Tradi-
tion bewahrt seihst die Namen da, wo das Verbrechen ver-
schwunden oder umgestaltet ist ; so findet sieh der HochTerrath
noch in dorn tlsterreichischen Codex und dem des deutschen
Beiches, wobei er neben dem Attentat gegen den Souverftn
das gegen die Sicherheit und den Bestand des Staates umfasst;
indem letzteren ßndet sich noch das Majestätsverbrechen, das die
Beleidigung und Gewaltthat gegen das Staatsoberhaupt umfasst,
soweit sie nicht unter die Imputation des Hocbverruths fallen.
Auch das spanische Gesetz behandelt unter dem Majestätsver-
brechen die Attentate auf den König und den Thronerben, und unter
Hochverrath die Vergehen gegen das Vaterland, während diese
Bezeichnung im englischen Gesetz beide Kategorien umfasst.
In republikanischen Staaten bezeichnet Hochverrath natür-
lich nur das Attentat gegen den Staat; des Hochverraths macht
sich nach der Verfassung der Vereinigten Staaten derjenige
Bürger oder Einwohner schuldig, der Krieg gegen den Bund
beginnt oder seine Feinde m irgend einer Art begünstigt; treason
war also anfangs das einzige politische Verbrechen. Im Kanton
Zürich beabsichtigte man, den Hochverrath aus dem Strafgesetz-
128 H. Tiieil. Jurisprudenz. Prophylaxe des polituohen Verbrechens.
bn^ WH entfernen, weil man Ilm fOae eine W«Ai dee Despotis-
mus hielt, und Untemehmungeu gegen die staatliehe Seihet-
atftndigkeit des Kantons (Landesremth) anf eine Stnfe mit
dem Widerstand gegen die Staatsgewalt nnd mit der Störang
der Öfientliohen Ordnung an stellen. Bar fnmzOaisdie Codex
fahrte snm Zwedk einer rationelleren Eintheilnog der politisehen
Verbreehen ihre Trennung in Vergehen gegen die tossere und
solche gegen die innere Steherheit des Staates ein; diesem Vor-
gänge folgte das belgische und das sardbische (spttter für gans
Italien etngeftdirte) Ghsets; freilich Tenniscfat» wie Zatabdilli
mit Beoht bemerkt, diese Dinstiuktion die Ursachen und
Wirkungen dieser Verbrechen; die Ursachen kOnnm äussere
aeu» die Wirkungen treffen in allen fUlen die inneren Ve^
hftltnime des Staates. Das neue italienische Strafgesetsbndi geht
von der objektiven Tersebiedenheit der Handlungen aus und
unterscheidet die delitti contro la patria, welche das Land in
seiner Ex ton z treffen, und die delitti contro la costituzione,
(gegen die MachtbefugniBse des Staates,) welche ihn in seiner
politisohen Form treffen, und denen auch die Attentate anf
den Herrscher zugerechnet werden.
Zu den delitti contro la patria gehört die Betbeiligung
am Kriege gegen dos Yaterlasd, die Err^ung von Feindselig-
keiten bei einer auswärtigen Macht gegen dieselbe, oder die
VerbinduTi{> mit fremden Regierungen zu kriegerischen Zwecken,
die Erleichterung feindlicher Invasionen in das Staatsgebiet,
und die Ueberiaasung von Städten, ITeetungen u. s. w. an
deo Feind.
Bezüglich der Verbrechen cregen das Staatsoberhaupt stim-
men die Gesetzgebungen noch M-eniger überein; häufig zeigen
sie di« alte Vermischung des Versuches und der Ausführung.
In Oesterreich konstituirt jeder Angriff auf die persönliche
Sicherheit des Souveräns auch*" im Stadium des \ ersuches das
schwerste Verbrechen und wird entsprechend bestraft. Das
deutsche Strafgesetzbuch dagegen setzt für den Begriff des
Attentats den Eintritt der Regierungsunfohigkeit voraus und
liisst für die vorbereitenden Handlungen die Möglichkeit mil-
dernder Umstände zu. Auch in Belgien wird zwischen dem
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Ente* SapitoL JnfktiMlM £Vftg»n. CMiiobÜiohM. 129
AngTÜf auf das Leben und dem Aiigrüf auf die Pprsop df^s
Königs, die nicht auf Tödtung desselben gerichtet sind, unter-
schieden. Das Iranzösische Strafgesetzbnch sprach d?it,'pgeu
im allgemeinen von Attentaten gegen das Leben des Souveräns
nnd ebenso das frühere italienische. Die Willkürlichkeit dieser
Bestimmung veranlasste gerade in dem neuen italienischen
Kodex die Substituirunp- der Formel: iizumi dirette contro la
vitu G ia libeiLa per^unale del re. Wcim der Souverän somit
einen ausnahms weisen Schutz auch gegen blosse Angriffe ge-
uiesst, mnsste der Zeitgeist die Benrtheilnng sohriftUcher oder
mündlieher Beleidigung gegen ihn mildem. So unterwirft das
deataebe Strafgesetsbnoh nach dem Vorgang des prenssiaohen
Beelitea das Voigeheii gegen Beleidigungen der Bnndeiftislea
ibnr vorherigen Antorttation, nnd da» italiemaehe StMljgeiieU
maohte die Verfolgung toh der vorlierigea ZnetimnmBg dee
JiietizimmstMS abhängig. Die gesteigerten intenati<maleii
Beiieliungen maehen dagegen beeondere Beetimmnogen inm
Sehnta answftitiger Sonveittae, welehe anf dem £MaatQgebiei
▼erweilen, nnd snm Sehnti dar Sioherheit befreundeter Staaten
nethwendig. Und diese BMtinimnngen sind &8t allen moder-
nen Qeaet^bnngen gemeinsam, mit Ananabme derer, die sie,
wie die dentBcibe Oesetsgebnng, von der BedproeitSt abblngig
madien.
Seitdem die meoatsn enropttisohen Staaten konstitntioneU
regiert werden, hat sieh die Gesetagebnng dieeen neuen Yer-
hflltnissen angepasst, und es sind zum Sehnte der neuen kon«
etitntioaellen Gewalten besondere Sanktionen gesehaffen worden,
die je nach der Bedentong, die man dem nenen Regime bei-
misst, m^ oder weniger Streng sieh gestalten. So existiren
in Belgien, wo die Verfassnngsprarogative eifersüchtig gesohtttat
weiden, neberi dnn Strafen auf Attentate oder Verschwörungen
gegen die Begieran^orm auch solche auf bewafiPoete £r-
hebnngen gegen die gesetsgebenden Körperschaften, auf An-
griffe gegen die Prärogative der Minister und Abgeordneten
und auf versteckte und öffentliche Beeinträchtigung der Rechte
und der Äutoritfit der Karamern. Ebenso folgen in Spanien,
wo Hevolutionen so häufig sind, die Veigehen gegen die Cortes
LOMBMMO, PttttttMlier VerlK««lMr. OL 9
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180 n.Tliiil. Jnrupnidaii. Flnqpli]rluftdwpoJiliichc& Verttreohcaa.
und eleu Staatsrath unmittelbar auf die Aogiiffe ^egen den
Fneden und die ünabbftn;2^^^keit des Staates.
Im italienischen Stralgf-petzbuch wird die Hinderung des
Parlarnents in der ÄTisübung seiner Funktionen ebenso be-
trachtet, wie die Hinderung des Königs oder des Kegenten
an der Ausübung seiner Souveränität. Blosse Beleidigungen
können nur mit Genebmiguug des Parlaments verfolgt werden.
Diesen Bestimmuogea sollten Anordnungen bezüglich der \'er-
antwortlichkeit der Minister entsprechen ; gewöhnlich ist diese nicht
besonders spezifizirt, nut Ausnahme des spanischen Gesetzbuchs,
welches selbst die Verantwortlichkeit der Mitglieder der könig-
lichen Familie, welche die Parlaraentsprärogative autasten, regelt
Besondere Bestimmungen betreffen femer den Schatz des
Staates gegen Verletzungen durch seine Beamten durch Preis-
gebnng Ton GebwniniaMii, MitÜieilirag von Flinen ockr dnveli
HaisfainatioiMii snr Hiaiaitreibung der G^eeetse und kOnigUclMr
Verfügungen. Da f«mer daa WaUnoht die Onindlage der
VolksBOUTeiliiitik iat und wai ihm yiele moderne Verfksaangen
gewiaae Gleeetzgebungen in Belgien, Spanien,
DentaeliUniid andi die Veigeben gegen die freie Anafibung dea
Wahlreebia onter die politiaoheD Verbrechen, wlbrend andere,
wie die iialieniache, aie den Verleta uu gen der individuellen
Freihtti nreohmen.
Eine beaondera Stellnng nehmen die Venobwöningen em.
Das fimnitlfliaobe Geeeta definirt aie ala den, awiaeben swei
oder mehr Peraonen verabredeten und ge&aaten Entachlnse sq
handebi; dieae Definition «bennalimen andi die Strafgesetzbfloher
Belgiens nnd der klein«! italieniaohen Staaten. Die liberaler»
AnffosBung erklärt sieh gewOhnlicih gegen eine derartige Auf-
fassung der VeraoihwOmng, wenn sie nioht dnrob materieU»
Handinngen nach aosBen hervortritt Dagegen haben r!ie meisten
Gksetse ana PMventivgrfinden besondere Strafen für Yer-
schwörungen, abgesehen von ausführenden Handlungen, fest-
gesetzt. So das österreichische, das deutsche und holländisch»
Stia%eeetsbneh , der englische Entwurf von 1880 und der
spanische von 1884, während das amerikanische Gesetz die-
VsTsehwörnng als eine bloss vorbereitende Handlung betraohtel.
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Das firaniOsisohe, Iwl^iiselie nnd ungariscHe G^«eetz beetrafen
die blosse VflnchwOnmg milder als die mit dem Beginn der
Ausführong verbimdsD«. Das neue italienische Gresetz bestraft
die V^ecaehwOnmg um jswei Grade milder als das Verbrechen,
auf das sie absielt, ohne Unterschied bezüglich präparatorischer
Akte. Entsprechend seiner liberaleren Richtnng kennt das
italienische Gesetz nicht das Vergehen der Auffordening zur
Verschwörung gegen die Sicherheit des Stantp?', wplebe der
französische und helg-i^che C^dpx bestrafen, Miihrend andere
Gesetzp^bnn^Pü diese Handlung nach den allgem»Mnon GruTid-
Sätzen der Anstiftung behandeln. So das Gesetzbuch des
deutschen Reiche, des Kanton Teeein und der englische Ent-
wurf von 1880.»
Audere, die politjsclie Ordnuüg sturende A'or^'ehen sind
der Aufruhr, weichen das österreichische (besetz deiinirt nlp
Veifciuigung mehrerer Personen zum gewalLsamea Widerstand
gegen eine Behörde, der Aufstand, welcher nach demselben
Gesetzbuch in dem Beharren hei einer Auflehnung, gleichviel
aus welcher Ursache, in der Widersetelichkeit gegen die Er-
maLnuugt'U der Behörde und der Anwendung derart gewalt-
samer Mittel, dass sie eine ausserordentliche Krait zur Wieder-
herstellung der Ordnung erfordern, besteht; femer die Bildung
bewaffneter Scharen Oberhaupt, zum Aufstand gegen die
Staatsorgane, vrie «e dee itälienisohe Gesetz erwfthnt, und
aeUieediolk der Bttigerkrieg des fruizOeiaeheD, belgischen und
MvdlnieolMii Oeeetne.
Nieht alle Geietigebiingeii betisebten diee letsie Ver-
breeben ale «n politiedies, oder sie votanebeideD es wenigitena
TOB der Plfinderäng, dem Maasenmord u. s. w.» wie in Belgien.
Anoh das neue italienisebe Geeetz liUt den Bfligerkricg za
den Vefgehen g?gen die Oifontiielie Ordnung; offenbar bertlbieii
diese Verbiecben in hohem Grade die politiaehe Ordnung; nnd
wenn ea sweekmBarig ist, die Yeibrepben der Plttndemng und
Verw«8tang unter die gegen daa Eigenfhnm an stellen, so lange
rie nicht den Cbaraktcor der Feindliehkdt einer Klasse gegen
9*
132 ILThtO. JmiaprodffDS. Prophylaxe des politiMbMi Vwbradieat.
die andere baben, eo ist» wenn dies der Fall iat» offinibar eine
strengwe Sanktion eifoiderUdi, weldie den Staat vor diewn
Attentaten sobntst, die offBnbar in das politisobe Gebiet flber-
gieifen. Dement^iechtnd behandelt daaanflgeattehnetenngariflehe
Stm^ eoet abnch vom Jabie 1878 nnter dem YerbieeheE des
Aufrohn die Znaammemotton; von Peiaonen anm Zwecke
des bewafheten Angrifis auf einialtte Klassen, NationalitAten
oder religiöse Korpenbhaften des Steatqgebieti, da, wie die
sozialen, anob die BeligionsTerbraoben ein politisobes S u b s trat
haben, insoweit sie einen grossen Bethandtheil der BevOlkenmg
troffon.
In Hinsicht auf religiöse Fraget], welche das politiaohe
Gebiet berühren, nennt das spauische Gesetz anter den Aa>
griffen auf die Rahe oder die Unabhängigkeit des Staates die
kirchliche Yerkündigang einer Balle oder eines Breve, das den,
Staat oder seine Gesetze stören könnte, and bestraft Geistlidie,
welehe politische Verbrechen begehen oder anstiften, schwerer;
das wiederholt sich auch in Italien. Der Codex Zanaroblli
bestraft einen Geistlichen, der öffentlich die EinrichtaDgen
und Gesetze des Staates herabsetzt oder andere kraft seines
Amts zar Beschimpfung an£reiat, mit Detention oder einer
„malta" (Geldstrafe).
Für die Mitsohold auf diesem Gebiete gelten exzeptionelle
Bestimmungen; so gilt nach dem österreichischen Strafgesetz-
buch als Mitschuldiger, wer einem hochverriitherischen Unter-
nehmen nicht, wenn er kann, Widerstand leistet oder es nicht
zur Anzeige bringt, falls ihm das möglich ist. Ausserdem
bewilligen die in tJesterreich, Ungarn, Frankreich und Belgien
geltenden Gesetze Straflosigkeit für Den, der bei Aufruhr oder
Verschwörung seine Mitschuldigen angiebt. Der italienische
Gesetzgeber wollte eine derartige Immoralität nicht durch ein
angebliches Siaiitümteresse sanktioniren und sicherte Straflosigkeit
nur Dem zu, der vor Beginn der Ausführung sich von einem
Komplott lossagt, hei Aufstäudeu kernen Widerstand leistet
oder als Hanpt eines solchen ihn vor dem Einschreiten der
Obrigkeit beseitigt.
12. Strafen. Wir haben von Tomherein den ezoeptionellen
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Bntai KftpitoL JoiktiMlM Rigm. ^ GMahiofatHekM. 183
Charakter der auf diesem Grebiete gflltigeD Strafen betont;
gewöhnlich steht auf daa Attentat gegen daa Staatsoberhanpt
md die Grewalttbat gegen seine Person Todesstrafe oder eine
lebenslängliche Strafe, wo jene, wie in Italien, aufgehoben ist,
oder es sind für weniger schwere Gewaltthaten Strafen be-
stimmt, die der schwersten am nächsten stehen. So werden
in Deutschlund Attentate gegen das Leben des Kaisers mit
dem Tode bestraft und gewaltsam© Angriflfe mit Zuchthaus
auf Lebenszeit, jedoch mit der Möfirlichkeit der Redu/unmL; auf
fünf Jahre beim Vorhandensein mildernder Umstände. In
Oesterreich wird Hochverrath im alli:- rueincn mit dem Tode
bestruft, und die^*41ie Strafe besieht m Frankreich, Belg^ien,
England und Spanien; und in Italien werden alle Hnndlnngen
gegen das Lel en, die Integrität oder die persönliche Freiiieit
des K.migs luit dem Ergastolo* bestraft. Dasselbe gilt für die
schwereren Fälle von Vaterlandsverrath, ausser in Frankreich,
wo die DeportutkDU an Stelle der Todesstrafe tritt. Die Ver-
fassung der Vereinigten Staaten überlies dem Kongress die
Strafbemessung bei Hochverrath; aber ein 18li2 erlassenes
Gesetz überliess die VerhÄngung der Todesstrafe dem Befinden
des Gerichtshofes, bei einer Hinimalstrafe von 5 Jahren Ge-
fängniss neben 10,000 Dollar an Geldstrafe; ein Gesetz vom
Jahre 1861 unterscheidet neben dem HoohTenath noch ein
schweres Verbrechen (Veiachwiärmig warn ümttais der
Regierung oder rar Anfirifgeliing zum Kriege swucben den
Staaten) und ein schweres Vergehen (Anwerhimg von
Truppen gegen die Unionf nnd setzt für jene die Ältematlye
▼on Geld- oder Ckfitaignissstrafe, die jedoch ragleich yerhAugt
werden können, fest'
Eine derartige Stra<ematiTe findet sieh auch im italieni-
schen G^esetz, awiechen Detention und ReUnsion, nm in Eftllen,
in denen ein nicht unedlee MotiT an Grande liegen klinnie,
dem fiiehter die Wflrdignng an ttberlassen.
' Lehen?1ängiicber schwerer Kerker mit Isolirang in den ersten
sieben Jahren. (Aum. d. Uebersetzers.)
" Vgl. BtJmifiinr, Dm nordsaiarikaaiMhe Bttadenttitiredit
ZBoMk, 1872.
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134 XL TlieiL Jorapradeiu. Prophjkuw de« politiMhen Verbrecliani.
Ein Beispiel s])ezLelier Beatrafung giebt Belgien, wo rem
politi-jclie üeLei treiuugen mit Haft bestraft werden, und Frank-
reich, wi) der Code Napoleon die GeflÜurdiing des Landes durch
Herbeiführung einer drohenden Kriegserkläning mit Verban«
nuug bestraft; wie oben erwähnt, ist hier auch die Deporiaüon
die Strafe für Gkfllhrdung der äusseren stiiutlichen Sicherheit-
Tm übrigen siud die gew ohnliclisteu Straten tar die gerin-
göieii iiolitischen Verbrecheu: Zuchthaus, Festungshaft, Ge-
fängüiss (Deutschland), schwerer Kerker und Zwangsarbeit
(Oesterreich), Zwangsarbeit and Detention (Frankreich), lebens-
längliche Ankettung, Ausweisung, Znohthaos und G^ikngmss
(Spanien); Teisohiectoiw Strafgesetibfloher, danmtw du ite-
lienisohe, bestimnMn fiftr gowlaso Ytigehen Dtbfin GeMstiafe
anoh die Unfidu^it zat Bekleidiuig OffantUoliBr Aemtor.
Die Docih im aaidiniwÜMii Gonott To iymdh ePi, gaos mittel-
alterlidh« QttteEkoufiakation wofd» ans dem modernen itelieiii>
sehen Strafieeht an^gement nnd ist in Kordamenka ver-
frssungsmässig ausgesoUossen; in DentseUaad ist fftr die Dauer
des Pioae§sss bei EftUen ron Koaigsmoid, Attentat nnd Ver-
sohwOrang die G1lte^Seqnestntion snllssig.
Bei bewaffiieten Anfettodep nntendheidet man gewdhnlidi
die einen Fühier- oder Beamten-Posten in demselben beklei-
denden Theüaehmer Ton den gewOhnliohen Anbftagen nnd
denen, die nnr Beihlll£B leisten; dementapieoliend werden beim
Aufruhr die Urheber schwerer beetrsft, als die Ifitsehnldigen.
BesOglieh der Kompetenz ttberwiegt im allgemeinen die
Tendenz zur exoeptionellen BehancUnng; die Idee, weniger
schwere Verbrechen durch das Geschworenengericht Vertretern
des Volkes zu überweisen, drang fast in ganz Europa, selbst in
Russland, durch, wo durch ein Gesetz vom Jahre 1874 neben
der Kompetenz der Appellhüfe und des höchsten Genohtshofes
auch die der Vertreter der Bevölkerungsklassen gersgelt wurde.
Nach der Freisprechung der Wjera Sabsvlitsoh wnrde jedoeh
die Reohtspreohung aber Verbrechen gegen die Verwaltungs-
Ordnung nnd gegen die Beamten den Apellhö&n übertragen.
Fälle von Hoohverrath dag^en, die eine besonders hohe
politische Bedentang haben, werden gewOhnlioh dem höchsten
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Entes Kapitel. Jumtiache Fragen. — üeackichtiiches. 135
liobterliehfin KoU^nm oder dan dmkten mp. indiiiktoa
Vertretom des Yolkee ttberwteeen. So woideD eie in Nord-
Amenka dem Boadeegerieht, in I^mkreieh und Italien der
Kompeftens dei Senates überwiesen, ebenso wie die Veigeben
der Ministttr.
Gewisse Umstände, in denen sieb die einer Bebellion gegen-
llbentebende Re^ening befinden kann, antoriairen sie naeb
mebieran S t m ^ es otsbOebem inr Einsstiong anssenndentlieber
Geriobtof wie der Standgeriebte in Ossteneieb, nnd aar Kti^
aett aar fiinsetsnng Ton Kriegsgetiebten, wie in Italien und
anderwärts.
18. Auslieferung. — Die Auslieferong grflndet siob
ibram Umprange naeb auf das Verlangen der HensobeTp die
Thronprätendenten oder BebeUen beseitigen wollten; so existirt
die Tradition von einem 1174 zwischen Heinrich III. von
England und Wilbxlm von Schottland abgeaebloesenen Ver-
tmge, kraft dessen nach Schottland geflüchtete, wegen Felonie
verfolgte Engländer ohne weiteres festgenommen und von
schottischen Richtern abgeartheilt oder englisoben Bidbtem
Überliefert werden sollten, and umgekehrt.
Spftter kam man in dem im Mai des Jahres 1303 ge>
aohlossenen Pariser Vertrag zwischen England und Frankreiob
dahin überein, dass keiner von den beiden Souveränen einem
Feinde des Anderen Schutz angedeihen lassen würde.
Im Jahre 1413 verlangte Karl VI. vom König von
Englfuui, ihm den Anstifter der Pariser Unruhen zur Bestrafung
auszuliefern.
Tn dem 1497 zwischen Bjsiniuch VII. von England und
ilanderu abgeschlossenen Vertrage, im intercursua mag-mis,
oder wio ihn Baco nannte, malus, verpflichteten sich die heideu
Parteien, Kebelleu des anderen Staates nicht im Lande zu
dulden. In dem Vertrage vom 23. Februar 1663 erklarte sich
Dänemark bereit auf Ersuchen Karls II. von England die an
der Hinrichtung seines Vaters betheiligten Personen festzu-
nehmen. In demselben Jahrhundert lieferten die hollimdischen
Generalstaaten, ohne durch einen formellen Vertrag' gebunden
zu sein, mehrere politische Verbrecher uu England aus und
136 n. ThtSL Joriipradais.. Froplqpltte äm polititdiMii VerbnbiMiis.
TerpBiohteteii neh. durah Vwfanig Tom 14. September 1662 mr
Yerbaltiiog gewiaer, in die Anmestiebill nioht einbegriiiener
Fenonen, wie funer aller von ibrer Begienug leUamirten
Bnglaader. So entredkte neb die AvalielNning atlmilüieh
avob auf in politiaoben Angel^geobeiton begangene gemeine
Yerhreclien nnd auf StaatiTerbredien; im 18. Jalurbnndert
wann diese anadrfloklieb in dem swisoben Frankrtiob und der
Eidgenonenaobaft gaeohlaeBenen Veffarage (28. Mai 1777) inbe-
griffen, da dieser die Fertoabme der StaatSTerbreoher nnd
Höider aus dem anderen Lande oadi dem Prinzip der
Gegenseitigkeit festsetzte. Ein AllianzTertrag vom 19. Angust
1798 bestimmte die AosUefenuig von Individuen, die dnroh
Bii^torspnich wegen Verschwörang gegen die innere nnd
ftussere Sioherbeit des Staates für schuldig erklärt waren, und
diese Bestimmung Miirde in den Verträgen vom 17. September
1808 and 28. Jali 1Ö28 wiederholt Uuter ähnlichen Ver-
kägen nennen wir die Konvention von 1738 zwischen Däne-
mark und Schweden und den Friedensvertrag von 1809 zwischen
denselben Mächten, in welchem die Ausliefemng der beider-
seitigen Untertbanen bei politischen Verbrechen stipulirt wurde,
die sich zugleich auf des Hochverrathes und der Majestüts-
beleidlgung bloss Verdächtige erstreckte. Ebenso rigoros gegen-
über den polltischen Verbrechern waren die von Oesterreich
geschlossenen AuslieferungsvertrM«'e mit dfm Grossherzogtbum
Parma (Juli 1818), mit d*'in Konijriei< Ii Xcapol (Dezember
l'S4r)), mit Toskana (At)gust ma Sardmieu (Juni 1838),
die Konveiitiuu der Scliw eiz mit dem ürossherzogthum Baden,
(August 1888 und November 1820) nnd mit Oesterreich {Juli
1828), die Konvention zwischen S])aüiea und Portugal ^Mar/i
1823) und schliesslich der Vertrag zwischen Preussen und
Russland (Marz 1830), der im August 1857 erneuert wurde.
Aber schon um die Mitte unseres Jalu liunderts erscheinen
Ausnahmebestimmuugen zu Gunsten der j)olitischen Verbrechen.
Die erste Ausnahmebestimmung findet sich in einer zwischen
Frankreioh nnd dem Schweizer Bundesdirektorium gewechselten
Erklirung vom 80. September 1833. Trotzdem verabredeten
Ftaaaaen, Oesterreich nnd RnBeland gegenüber der polniaohen
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. Sntet Kapiftel. Jnriatateh« Atg«ii« OncbiohtlidiM. 137
Revolution noch im Januar 1834 im gemeinsamen Interes^ie
die Auslieferung' politischer Verbrecher. Die Konföderations-
akte der Vereini<rten Staaten verjiäicht^ten (Art. 4, Sektion 2)
dw Staaten unteremauder zur Auslieferung in Fftlien von
jjtreason, felony aud any other crime."
Datrc't'en bestimmt dio Sdiss in/ei- Verfassung von 1848 und
die von löö4, dass die Ausiieterung bei politischen und Press-
verbrechen nicht obligatorisch sein dürfte.^
Gewisse monarchische Regierungen haben den Versuch
gemacht, d.a& heute allgemein zugelas.sene Prinzip der Nicht-
auslieferung politischer Verbrecher stellenweise einzuschränken.
So will das belgische Gesetz vom 22. Marz 18oü das
Attentat gegen ein auswärtiges Staatsoberhaupt an dieser
Ausnahme nicht theilnehmen lassen, wenn das Attentat den
Thatbestand des Todtschlags, des Mordes oder Giftmordes ein-
BohlieflBt. Dieaer, durch ihre Breite fehlerhaften Bestimmung
winde das holbndiMiLe Geaets Tom 1875 saheiitiiirt» welobee
an der Spitae des VerattdhiusseB der die Anslieferiuig bedin-
genden Terbre^en das Attentat gegen das Leben eines
SouTeritaiB and eines Mitgliedes seiner Familie oder des Prtsi*
denten einer Bepnblik setite; man Uess also in den einaelnen
Fallen die Frage nach der pelitisehen Katar eines Ver-
breohens oäen.
England mit seinen libwalen Traditionen bestimmte im
Gesetse vom Angost 1870 die Verweigefong der Anslieferang
bei Yertifechien Ton politischem Charakter and Terweigerte
sie femer» wenn der Sdraldige beweisen konnte, dass man be-
absichtige, ihn, nnterdem Vorwand eines gemeinen Verbreohfliiis,
wegen eines politasohen Verbrediens sn prosesairen oder an
bestrafen.
Ebenso bestimmt das Ton DuvauRB eingebrachte und vom
Senat am 4. Apiü 1879 angenommene Gesetz, dass die Aus-
lieferung Terweigert werden mtisste, wenn Verbrechen oder
Vergehen einen politischen Charakter hätten (Art 3.)
■ A TaMBMunr, Le» dOiH pdKÜqiie». — LeHffieiae tt VixtradUkm.
JBmn« de droit iniematiomiL
138 IL Theil. Jumprudeas, Prophylaxe de« politwdMu Verbreoh^iia.
Diese Anschaunngr beherrscht auch fast alle neueren inter-
nationalen Verträge, die ausser der ausführlichen Aufzählung
alier, die Auflieferung bediui^endeu, gemeiuen \'erbrecLieii auch
noch den ausdrücklichfiteu Auääckiuss der politischen Yerbreoliea
für nöthig erachten.
Dm g«sohah in lialien in den Verträgen mit Monaeo nnd
Sehwed^a-Korwegen (1866), mit den Vamnigton Staatu (1868),
mit Spanien, der Sohweis, Oe8taReioh.>Ü9gam und den Nieder*
Innden (1869), mit Frankxeieh (1870, mit Bneelaiid und DentBoh-
lend (1871), mit England (1873), mit GrieehenlMid (1877) und
in Yertrigen mit kleineren Miehten«*
Zweites Kapitel.
Jyristl80lMr Thml (ForteetJtnng). — Strafüi.
1. Jnriatisohe G-rnndlage des politischen Ver*
breoliene. — Die vorausgehende kurze historische Studie hat
die TOn den politischen Verbrechen durchlaufene Entwicklung
daigestellt. Nachdem die Beohte des Familienvaters auf das
Stammoberhaupt übergegangen waren, genoss dieser als Entgelt
ftr den der Gemeinsobaft gewährten Schutz eine Achtung und
ünTerletzlichkeit, deren geringste Antaatong ein Verbrechen
ausmachte. Mit dem Waohsthum des Stammee wird die AntoritAt
des Oberhauptes erblich, und ihr Ursprung verliert sich in
religiösen Mythen, wodurch das Recht des Herrschers über die
Untertbanen immer unbeschränkter wird und jedes Attentat
fiuf ihn nl? ein An^^riff auf Gott ttod Staat ab Sakhi^ die
strengsten Stiafen findet.
Die Biüthe der griechischea Kultur liringl eine andere
Auffassung zur Geltang. Die alten orientalischen Monarchien
Vgl. Atti deUrt commissinne ministerinlf prr tm progttio (K tßgft
ntUa atraditione, t^Utitita dal MUmbru Manäni. ßomi^ 1^86.
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Zirait« KapittL Jumtinhar TImO.
~ SlnfiNk
189
brechen ihre Kraft an den frisch aufstrebenden Stuten mit
ihrem republikanischen Leben, das die bedeutende Vorsts II in- ;^
von der Allgewalt des Staates herromifti ah dem höchsten
Ziel der GeseliBohaft.
Freilieh wird diese Allmacht des Staates schnell zur Ueber-
macht, wie Blüntschli bemerkt, und jede Auflehnuno' u'e:^^» n
den Staat, gegen seine Heli'.'-ioii, selbst gegen soinen Abcr-
glnuben gilt als schwerstes \ erbreoheu und findet die liartestea
StralVn.
SoKüATEs bezahlte seine von den damaligen griechischen
abweichende Auffassung der Ethik mit dem Leben, nnd fast
wäre nicht nur er, sondern auch Alkihiades, Pbütagoeas,
Theodobus der Atheist, Sth.po, Aristobül, Theophbast,
EuRiPiDES ebenso schwer getroüeu worden.^ Verstösse, wenn
auch noch so kindischer Art, gegen die Religion der Mysterien
wurden als Staatsverbrechen mit dem Tode bestraft, und so
erging es bei den Hebräern Christas. Rom erbt diese Begriffe
TOD Chneohenland und maoht sie, so lange es frei ist, zac
Qnmdlage adnflr Politik; mitar dam Kaiaarraiali tritt dar Cüaar
an Stalla dea Staataa, und die Torlatata majestaa daa lOniiohan
VolkflB vird aar kaiaerli^fiaD Hajaatit, die saletatk wann aa den
daaren und ihren Naahfolgem gefiült, aiah anah dnnih ga-
wObnliefaa Verhieohen beleidigt Dtthlt.
Wie Bbnav bemeikt, hatte dar lOmiaahe Abaolntiamna
wie der orientaUaohe Despotiamna (ÄimA und die Ptolemlar)
wanigrtene den YorÜieil, daaa er die Freiheit daa leligiflean
Lebena, die nntar dar Bepnblik nnterdrOokt war, baeaer aehfitate.
Gkgen die Freiheit dea Gedaakana wurde kein Gkeeta erlBaaen»
nnd liücux, aowie Flotin lebten nnbehelligk
Bai den einbieehenden Baibaren iat die SteUnng daa
Bbnptiinga nooh patriarehaHaoh, wie in dar prinutiTan Oaeall*
schalt, nnd aur Eriegaseit übt er nnter seinen LagarrOlkem
daa etnngate Beoht ans.
Unter dem Kontakt mit der lOmiaahan OifüiflBtion mildert
' Diooms IiABaTirs, n, V,5— 6» IX, 68. — AvhbuIus, HXL 98.—
Ummm, Im ^pUnB, p. 887.
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140 ^- Theil. JurispruUeaz. Prophylaxe des politUehen Verbrechens.
mak diwe Strenge, und wihrand JuBtnUN im Orient die
Velleittten der laeea majestae qvalifisir^ nehmen die neuen
Hemoher des Westens sie in ihre Gesetie auf, wie spAter die
Pftpste damit die Traditionen des gttttUohen Beohtee sttttsten.
Wftbiend der liberalismos Athens nnd der fOnusohen Bepnblik
in den italimisehen 8tAdten wieder auflebt nnd troti der
Parteiawiste die Staatsgewalt in ihren Oeseteen die eivte Stelle
hat, adoptirten die anf den Trttmniem des Fendalismos ent-
stehenden Honarohien die Lehie vom göttlichen Reeht nnd
machten es mit der stillschweigenden oder ansdrflckliehen Zn-
stimmnng Borns snm Werkxeng der WillkUr nnd der Unter«
drAetkong.
Anoh hent sind diese Tiaditionen nicht verschwunden,
trotz der Atmosphäre liberaler Reformen, die den Sohriften
mftchtiger Denker und der Ehitwicklimg der Ideen entströmt,
nnterliegt die antike kesa majestas, wie wir gesehen haben,
nicht nur der modernsten Uesetzgebung, sondern sie hat anch
noch ihre Wurzeln in der öffentlichen Meinung; wer den
Souverän anrührt, erscheint den Meisten nicht als ein Ver-
brecher wie Andere; wehe Dem, der eine Prüfung seiner oft
nichts weniger als unedlen Motive fosdert und ihn nicht mit
dem Hass überschüttet, wie er einst das Sakrileg traf nnd
dafür den Tod oder eine noch grausamere Qual forderte.
Man kann freilich nicht leugnen, dass wenigstens auf
juristischem Oebiete die Auffassung des politischen Verbrechens
etnp vnll'^tandige Umwaudluui? erfahren hat, entepr^^chend der
v»M-;LiKlerleu ÄufFasf?nng dos Staates und j^r-iTirr A'(M |)jlu'}itr,n[r''n
gegen den Bürger. In der That absorbirt der Staat das niitnuiaie
Leben nicht mehr ganz, sondern existirt, soweit die Bürger in
ihm den Sehnt?! ihrer Rechte tinden, und ausserhalb der in
der Regierung verkörperten Zentml'jowalt regt sich das Lüben
der Gemeinde , und das Haus strebt immer mehr nach
Autonomie. Der Blick auf so viele rmwaaillungen in der
Geschichte der J^«ationen, auf die vielen langen ünabhängig-
keitskämpfe der Völker, auf die allmähliche Lockerung der
Fesseln religiösen Vorurtheils haben im modenien Gedanken zu
einer Loslösung des Staatsbegriifs vuu dem der Kegierangsfurm
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Z««itM K»iiiteL Jiuiiti«ober Tbeü.
— Strmf«n.
141
geführt, die wie alles menschliche Ge^cheben sich dem
Gesetz der VeräDderung und Vollendungafähigkeit unterworfen
gezeigt hat. Deswegen sieht man nicht mehr in einem poli-
tischen Verbrechen jedt sumi einen Angriff gegen den Bestand
der Gesellschait, inau unterscheidet Angriffe geu'fu Dasjenige,
was dauemd der Nation ungeburt. wa^s diis Ileaultat physischer,
ethnischer und historischer l'rsachen ist und die Einheit und
Unabhängigkeit des Staates ausmacht. Man unterscheidet von
solchen Attentaten Angriffe gegen die Form der Regierung,
die der flxistenz des Staates salioidinui ist
Aus der Yerttuderliehkeit und Besaerungsf^gkeit dw
Ywfiissung folgt aber nook oiolit, daas ein gewaltsamw Vemioh
#iiMt Mwm— ^ eine angeblieh beasera Begienmgsfoim durobsa-
aetmi, iinflo« bleiben mftaBto.
Sehon bei der CTntennuibiug dee politiadhen VerbreobenB
im Sinne der Anthropologie het es gezeigt, deas die ge-
watttibitige Oppoeitien gegen einen Ton der nonnalenreiae
nieoneiatiadhen Majorittt feelgebalteoen poUtiaoliea Ofganiamna
nnnatOzlifili iat, nnd daa Bind aneb alle jene plotalidien ond
knradanamden Erfegangen, welehe die Bevolten danteUen«
an denen aieh wenige Pbaataatan oder anomale Kopfe be*
theiligeny oder nvr eine einaige YolkaMhiobt; aie mdgen beraeh-
%ie Beatrebuigen aom Anadmok bringen, aber aie entapieeben
dem Medinm aieht, daa aie eiabhttttam wollen.
Hier veiknflpfen aiob Natur nnd Beeht in einem Qeaeta,
und wie der Angriff aaf den politieohen IGaoneiamna der ][abr>
heit die Natur rerletzt, so rerietii der gewaltsame Voratoaa
anf den Willen der Majorität, den von ihr geaehaffenen poU-
tiaoiliRi Oigaoismus zu erhalten, das Recht.
Dagegen beateht kein GegenaaAa awiaeben dem natOrhebeiL
Qeeeta nnd den großartigen, langaamen Umwälzungen, an denen
ein ganxaa Volk theilnimmt, in denen gesunde politiaohe Neue*
rangen negen und die der Jurisprudenz den Weg zu einem
neuen Rechte bahnen, daa jede sie fördernde Handlung, ao
Bohnldig sie auch anfangs scheinen mag, legitimirt.
Bei alledem reprttsentirt die Revolution einen Thatbestand,
keinen Eeobtabeatand. und konatatirte aie letstoren, ao wttie
142 n* Thial. Jnriipniidtiu. Flrapbylai» des politiicliMi Yeilveöhnt.
ieine Anwmdimg inuiMr willkfiriieh; ww ibr jnriftiseli Indmi«
nitlt T«rleikt, itt die vofladerte AnlEumiiig dw Vajorittft; die
dieee flieh aber ftr sie euqgeepzpQlieii liati verleM» wer die
Regientogsform sa ttadeni Yeranoht» die freie VfM denelbeiL
dnzeh die Hehrheit und nmaa einer Strmfie entgegenaBhen.
»Jedes hemohende polituohe Syetom,* aohreibt ObiolahS
gjede hemoheiide Macht erhebt den Ansprudh enf Le^timitttt
und streit entspieohend; des positiTe Stra^eeets ezistirt, die
Formel kann nnyecftndert bleiben, und dieselbe Formel kann
Zug nm Zug der eben gestürzten Regienmg und ihrer sieg-
reioben Nachfolgerin dienen.** Die kriminelle Natur der That
muss man immer anerkennen, so lange man in der Sphäre des
abstrakten Baisomiements nnd der ahsolnten Qeredhttgkeit
sieh hält.
Unter den Aber die politischen Verbrechen verbreiteten
Vornrtheilen findet man die AnsohanuDg, als hätten sie gar
keine Berührung mit gemeinen Verbrechen, sondern verdankten
ihre Anerkennnnp; nur der Willkür der Regierungen, oder der
augenblicklichen Opportunität; in der That hat es einen
ürsprnnL'" mit dem gemeinen Verbrechen, dü? fler Verletzung
des Keclitr;- der Einzelnen auf die Integrit ät der Person und
des Eigeiithunis entapnnp't xnid orst eine individuelle Reaktion.,
dann die der Familie, des SMinme-^ nnd dor zum Schntz der
individuellen Rechte zusammengetretenen Ge.seilschaft hervor-
rief, während das politische V' erbrechen die Reaktion derselben
Gemeinschaften hervorrief gegen einen Angriff auf ihre Sicher-
heit oder die Unversehrtheit des Oberhauptes.
Wir trennen uus an diesem Punkte von GIarofalo, der
ein natürliches politisches Verbrechen annimmt in der Ver-
letzung des Pietätsgefühles, dessen Gegenstand das Leben des
Souveräns und der Würdenträger des Staates ist. Und daneben
ein konventionelles, das nur das patriotische Gefühl verletzt,
weim das Verbreehen s. B. die Sieherheit des Staates angreift.*
' Eianenta de droit pinal — Paris 1875.
• S. CrimimlogMf Tonuo, Bocca Lc deiit naturel i^JRevue
jfhibaophique, Juivier 1887) — Crimimloffie, Ptzis 1889.
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Zweites KApiteL Juriititoher TlieiL — Strafen. 143
Für uns Evolntionisten eDtapringt der von der Majorität
gewollte politische Organismus dem Instinkt der Soziabilität,
welcher die Quelle der Hechte und Pflichten für die in Ge-
meinschaft lebenden Individuen ist.
80 lange nun von Seiten der Einzelnen die ^loth wendigkeit
anerkannt ist, zum Schutz gemeinsamer Interessen auf einen
Theil der eigenen Rechte zu verzichten, um sie einer ordnen-
den Antoritftt su übertragen, wird jede Handlimg im «n%eg«i-
gesetston SsBM immer ein VwbiedwB Min.
FrtOiok miiM \m dmr Zmohniiiig diMer Yetbreohsii T<m
jener angeUidMii DüMiliobni GbmUUag« AlMtad genommsii
wwdeiii auf Ghimd dmen der KomgOBOid s. B. Iftr ein 8ehwe>
rens Yerfaraohen gdton loll, als der Mord an rieh, nur iaeo*
weit der KOnig eine der Jlajorittt geaebme poUtisehe Idee
zepiisentirfc. Umgekekrt iet die Beteitigaog des Kflniga nieht
nur ein gewfthnliehwi Terbredhen, iondeni kann anok mnen
weniger ematen Charakter haben, wenn sie dem allgemeinen
Wnnsehe entsprieht, wie ea bei Kabl f. nnd vielleieht bei
LuDWi« XVL der Fall war. Fflr nns liegt also der QvmA
fbr die Anieohnnng des politiMdien Verbreohens in dem Beehte
der Mehrheit anf Bzhattang ^r Tim ihr gatgeheiaaenen politi-
aehen Qigattisatioo; das Verbreehen besteht gerade in der Ver-
letzung dieses Rechtes. Man kann aneh nicht sagen, dass dieses
Beaht der Mehrheit willkürlich wäre, weil häufig die Minori-
täten gegenüber der misoneistisohen Masse das Gute und Rechte
▼ertreten; ist dies der Fall, so werden ihre politischen Ziele
allmählich die Mehrheit für sich gewinnen ; die Thatsache aber,
dasB sie sie noch nicht erlangt haben, zeigt, dass die Ideen
noch nicht reif sind; wie in der Natur kein sprungweiser
Fortschritt vorkommt, so entwickelt sich das, was Comte das
dynamische Gesetz nennt, im politischen Leben langsam und
duldet keine Erschütterungen. "Wer die Naturgesetze nur um
eine Linie überachreiten will, ist zum Untergang venirtheilt,
und wer zu schnelle nnd unzeitgemässe «n/inlp Fortschritte
herlieiführen will, Den tntit die in ihrer natürlichen Neigung
£mn Beharren verletzte Gesellschaft. (S. p. 11 ff.)
Das Gesetz der Mehrheit ist also im Grande ein Natar*
144 n.Tli0fl. Jnriaprndaiit. Piropl^t«dMpoliliio1mTflibredMiit.
geieti, auf ilim bttirt der Stiai, iat nur dm cioiBlttluigen
Willon dtr BOigvr daittollt» di« indirekt alle an der Eegienmg
iheibebmeii.
Wenn dieee Mehrheit an&ngs EOreten und Ibgnaten ^
untertiiaD war und sidi der militlriadien Machi der Monaiühien
hengte, erhob sie wieder ihr Haupt, sobald sie sich kräftig
genng aar SeLbetregierimg fühlte, and nach hundertjährigen
Kttnipfen um die politische Macht triumphirte sie dadurch,
dass sie dem Tolksthümliohen Element den entsprechenden
Antheil an der R^gierang sicherte. Sobald dies Beeht ge*
eiohert war, mneeto eeine Ansübung geordnet werden; die
groeeen Volksmaeeen konnten nicht direkt an öffentlichen
Angelegenheiten theilnehmen, und nun eieann man » unter
Festhalten der Grundlage, die aus den grossen sozialen Um-
wälzungen des letzten Jahrhunderts hervorgegangen und die
eine ihrer grössteu Errnngenschaften war, der Volkssouverünität,
— Meohnnismen, durch welche die Leitung des Staate? den
Fähigsten gesichert wurde. So entstanden die Konstitutionen,
durch welche das Volk seinen Abgeordneten die Vertretung
fast aller eigenen Macht anvertraute neben den Plelusciten.
dem uUgetneiiieii Stimmrecht, dem Referondura, neben dem
Petition.s recht, den W ahlen erster und zvveiter Ordnung u, 8- w.
Heute kann sich die Ilegierung die Schöpfung der Mehr-
heit der Begabten oder der gesetzmässig dafür geltenden
nennen, und so lange sie die Mehrheit bleibt, ist die einzige,
legal zulässige Prüsuniption die, dass die Mehrzahl sie gewollt
hat: daher alle Maassregeln, welche die politische Or^^aiii>ation
als Ausdrui:k deä Majoritütsvvi Ileus sanktioniren, biö anthropo-
logische, physische und soziale Faktoren langsam und schonend
der öffentlichen Meinung eine andere Richtung gehen und für
die Anhänger neuer politischer Formen das numeriaohe und
mozaliiohe Uebergewioht aohaffon.
2. Wesentliohe Elemente des Verbreohene. —
Nioht jeder Akt der Oppoeitkm gegen einen gegebenen Zu*
atand konstitiurt ein politteohes Veibreohen; irie bei allen
Verbreoiien kann anoh hier nur die ftneeere, cur Aneftbrang
eebieiteDde Handlung for etraf bar gelten, welehe die Elemente
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SMtM K^BteL JoriitiMlMr TbaSL —
145
des Willens und mgleioh die der Gewalt oder des Betruges
in sich schliesst.
Der Vorsatz ist erforderlich, weil eine äussere Handlung,
die nicht von dpr Absicht, die politische Organisation anzu-
greifen, begleitet wäre, den speziell politischen Charakter ver-
lieren würde, um in die Klasse der gewöhnlioheii Siraf-
bandlungpn einzutreten.
Ferner muss eiiio solche ausübende Handlung gewaltthätig
oder dolus sein, wodurch die Strafl^nrkeit aller Manifestationen
ausgeschlossen ist, die sich auf theoretischem Gf lnet lialt< a
und sich auf reine Propaganda der Ideen beschränken, die
das herrschende System bekämpfen. Gewalt ist z. B. eine
Beschimpfung, die sich gegen Beamte des Staates wendet, und
als solche ist sie strafbar, aber alle diejenigen Reden und
Schriften, welche die Form oder die Führung der Regierung
kritisiren, die Privilegien dieser oder jener politischen Macht
untersuchen und bekämpfen, können nicht als politische Ver-
brechen gelten. Gewisse andere Handlangen, die der be-
stehenden politischen Form enl^gentreten, können nicht ab
eiralbar hetraohtet wevden, sie nuushen den Widerstand ans,
den Orlaitdo^ legal nennt» weil er tidi auf TM&ssnngsnifiBsigem
Boden bewegt, und der legitim ist, sobald die Bürger, die ihn
ansflben, irgend einen Anfheil an der Regierung haben.
Bhvmmu, der den Gehonam für das normale Beehtsrer-
htltnisB dem Staat gegenflber erkliit, gebt noch weiter und
giebt an, dass, wo die Begiemng nieht die Brlangong ihres
«igenfliohen Reehtsiweckes anstrebt, der Widerstand ein Ezoep-
tionsreebt wird, nnter der Vomnssetming jedoch, dass die
Bechtswidrigkeit maniftst ist, dass sie natürliche nnd konstita«
tionelle Beohte verletst, die kern legales Sehntsmittel finden,
wohWerstanden nnter der Yoranssstenng, dass der Wideistand
naeh Enreiehnng seines Zieles anfhOren muas, nm dem alten
Bsspekt gegen die Terfittsongsmlssige Ordnung Plats sn
nadien.*
« 2kBa MriMem» polUif» üMtiämU € eoOMiM. — Twin, 188B.
* BLumsoau, Ldue Tom modnmea Staat, H. 19.
LOMBMMk. MHUiolMr YarbnolMr. n. 10
146 ILThiiL Jwiipffiidco*. Rwgli^i» dat p oH tiaeh t P ▼«breolieaiL
Pbssina schreibt: „Wenn die politischen Elnrichtongen
eines Volkes 4ie Fniheit sichern und mit ihr das Recht dir
Meinangsänawrai^ und Propaganda, so mnas der Kampf um
das Eeoht zwttfellos ansgefochten werden, aber nur in der
friedlichen Form der freien Diskussion and Verbreitung der
Ideen. Das Ziel politischer und sozialer Reformen reditfertigt
nicht die Anwendung jedes beliebigen Mitteb, und wer Grewalt-
thaten gegen die Grundeinrichtungen des Staates yerübt,
macht sieb einer That schuldig, die recht eigentlich ein Ver-
brechen ist, da er jiicht das Recht hat, durch seine Gewaltthat
NeuerungeTi aufzitdrangen, wolche dio Mehrheit der Nation für
df*n giinstigen i^'^rtgaug dos üflenthchen XisbeiiB Weder aU
nothwendig noch als nützlich erachtet."^
Diesen Gedanken fasst TissOT in folgender Weise: „Jede
flacdlung, die so beschaflFen ist, dass sie in rechtswidriger
Weise die Ordnung stört, einen Zustand von Leiden und
Schwäche schafft, ist eine juiistisoh absolut strafbare Handlung.*
3. Objekt des Verbrechens. Wenn nun die Ver-
letzung des politischen Willens der r'^Iohrheit ent\\eder gewalt-
thätig oder dolos oder vorsätzlich sein muss, bleibt es noch
übrig, ihr Objekt zu bestimmen und sie dadurch eingehender
zu charaktensiren, da die bisher festgestellten Elemente, so noth-
wendig sie auch für die juristische Existenz derselben sein
mögen, ihr mit anderen Verbrechen gemein^im sind. Wir haben
im allgemeinen gezeigt, dass der Gegenstand des politischen
Verl rec heiis die der Majorität {genehme politische Organisation
ist. xSun umfcLsst jede politische Organisation nothwendiger-
weise ein Territorium, eine sich darin entv. iekelnde Regiemngs-
form und Personen, die sie verkörpern und handhaben. Daraus
foJgt eine doppelte Reihe von Schädigungen der politischen
Organisation; auf der einen Seite die der Integrität des Staats-
gebietes» d. h. alle gewaltsamen Handlungen, welche auf Ver-
kleinenmg oder Aenderung der Ghrenzen, auf Auslieferung von
GeMetotbeileii an einen feindlichen Staat absieleii oder den.
> Ekmmti di dintto pcnak, Bd. UI, 1885.
* Tmor. ImrodueCwii phüosqphique etc., livre 4, cap. V. — Paris 1674.
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Zw«ilM XftpitdL JariiMnr TlwiL — StiaftB. 147
Staat Kriegen aussetzen, die aeine UnaUitogigkttt odar
Sicherheit gefiLhrden, nnd die man unter den flogemiiiiiteii Ver-
brechen gflgsn dM VatorlMMl zusammenfaast
Diesen gegenüber stehen die Angriffe auf die bestehende
politische Ordnung ; sie umfassen Gewaltakte «regen die Regie-
rungsform, rlie Versuche zur Hinderung der Austlbung von
Rechten und Ftiichten der verschiedenen Resorts des Staates
oder Angriffe gegen die Personen r!pr Regierung, der^pn Beseitigung
oder Verletzung- einen bestimmten ujaterieHen oder morulisohen
Schaden für den Staat involvirt und deren Ansehen daher
geschützt werden muss; dies sind die Verbrechen siegen die
Gewalten des Staates. Ferner bestehen heute nuter den Kultur-
staaten Beziehungen, die sie veqiflirliten, emen fre^^enseitif^en
Schatz über die Sicherheit der Herrscher und Regierungs-
häupter auszuüben, die sich auf dem Gebietti eines anderen
Staates befinden. Schlidäslick giebt pb indirekte politische Ver-
gehen, welche die Bürger in der AusubuDg der Volkssouveränität,
wo diese die (irundlage des Staates ist, beschränken wollen; dies
sind die sogenannten Wahlvergehen. Ferner kommen speziell
erschwerende Umstände in Betracht. Das Zusammenwirken
mehr als eines Willens zur Erreichung emes der angedeuteten
Ziele (Verschwörung) und der Angnü zahlreicher Personen
mit den Waffen in der Hand, auf den politischen Besitzstand
der Bürger (Aufstand, Aufruhr).
4. Soziale und religiöse Verbrechen. Es ist ferner-
hin fraglich, ob die sogenannten ionalen nnd religifieen Ter*
hreehen den politisohen snsoreohnen sind. Nachdem wir die
enge Beeiebtiiig der Bevolntion nnd Anfttftnde mit wirtfasehftfk-
liehen Fragen kennen gdemt heben, ist eine Darlegung der
yerhnttpfiing sonaler Fragen mit den politisohen entbehrlieh;
je man kann sagen, daas der Kampf nm politiadhe Beehte sieh
sehliesalioh anflOsen lisst in das Stroben naoh einer besseren
wir&sohaftliohen Lage. Vielleieht sind die Qienaen dieser
beiden Beetrebnngso niemals mehr meinander ttbergegangen,
wie hont Anf der einen Seite streben die Arbeitarklassen
mit aller Energie d«e Klassenkampfoe den priTilsgirten iriaiwon
die Fohmng an entreiflaen, wobei die fimatiaehsten Anhftuger
10*
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148 ILTImU. Jtuuprnd«!)«. Pn»^^»x»dMpolitiMli0aV«rtirediei».
wa Verbreoheii sohieifeD, die absolut politiseli und, wie die
Feniw in Irkad und die Äsarehiiteii in Frankreiolii, Belgiieii
und DeutBobland. Auf der andefea Seite yertheidigeii eich
die henBohendeii Klaflsen nioihi nur mit den IGttetn dv
Gewalt gegen die Oe?ralt, sondern niohen sieh duroli indirekte
Mittel in iliier MaehtiteÜnng m lialten. indem eie x. B. dnzoli
den Sfaat880«ialiemngBeilnmgen zn beseitigen nnd diesehlimmstem
Misastftnde in beben suoheD.
In allerneneeter Zeit haben uusschlieaslieh wiräiaohaftliolie
Ursachen die emstseten politisohen Fragen angeregt: 6o wurde
die Sklavenfrage die Ursache des amerilcHnischen Secessions-
kriegea, die Angelegenheit der Kulis gnb Anlass zu Yerstim-
mnngen zwischen Nordamerika nnd China, nnd heute bilden
in Frankreich die Stimmung gegen die italienischen Arbeiter,
in Amerika die SchutzzöUnerei und in England die Frage der
Abstinenz den Gegenstand parlamentarischer Kampfe. Gewiss
sind wirthschaftliche Fragen unpolitisch, so lange sie partiell
bleiben und der Stellung der Gewaltthaten und Aufruhrhaud-
hingen dem gemeinen Verbrechen gegenüber entsprechen.
Dahin gehören auch Strikes von geringer Ausdehnung, aber
sie werden politisch par excellence, sie sind der Ausdruck eines
sozialen Fobelstandes, wenn sie nllgemem verbreitet sind; und
ihr UIS]Jrlln^^ wie ihre ünterdrttokung, enthält fast immer
politischt:^ Kriterien.
Es ^st hier auf eine Thatsache hinzuweisen, welche aus
den im Appendix T g-oi^i'beQen EmzelLiiicliwt^isuiii^en deutlicher
wird, wie ans dp in Text; es ist dies die enge Beziehung und
der analog© Veriaul der Strikes und der politischen Verbrechen.
Beide geben grössere Zahlen in den warmen Monaten für das
männliche Geschlecht in den Departements, die republikanisch
stimmen, und in denen, wo der Wohlstand grosser und der
Druck geringer ist. (8. Appendix I.)
Das gilt auch im wesentlichen für religiöse Unruhen.
Wenn wir davun absehen, dass religiöse Revolutionen ihrem
Wesen nach oft nur die Anpassung an neue soziale Bedingungen
bedeuteten, wie das Christenthum, in dem die unteren Ktassen
triumphirten, nnd der Protestantismus, in dem der Gelebrtenitand
U9
Aber die PriMtsnohnft SMgte, bo sogt nna di« Geflofaiekte
ttbeiall die Vcseebmebiuig poli t iBehe r mit religiMeo IVigen.
Li Fiaiikieieb mid ItaHen galt die Boloidigong einse Kerdinab
und aelbtt die aeiiMS Hauflstandes ftr ein politiiobes ye^ *
biechen; in BngUund galt die Neigimg zum Paiiiamiift dafiHr,
in GrieaheDla&d und Pklfletina galten aelbafiindige etbiiolie
Anaehanungen für Sakrileg (8. L TInü, Kap, 1], wie in China
das Tragen nngewOlmlioher Kleidnng etc.
Wir mHaaen uns hier von Vonutheilen, auch von denen
unserer wissenscLaftlichen Mitbrüder, befreien und uns vor
dem Fehler der Gegner hüten, welche die Gefühle Anderer
nach ihren eigenen beurtheilen. Es ist ein Irrthum, mit SlBGI
zu behaupten, dass die Religion ein pathologiaohce Phänomen
der Defensivfunktion ist, ein Yeisncb, Sobntz vor den Natur*
kiiffcen, die drohend erschienen, zu erlangen, und anzunehmen,
daas dies Gefttbl Schaden schüfe, ohne iigend einen Vcurtheil
zu gewähren. Ihr Dasein, ihre Fortdauer und ihre nngehenie
Verbreitung genügen zur Widerlegung dieser Auffassung. Para-
siten, die wirklich schädlich sind, verschwinden, oder es verschwin-
det das sie beherbergende Wesen. Die Religionen würden nicht
bestehen, wenn sie nicht eine physiologische Ftmlction darstellten.
Die Moral hat in der That sich hanfig durch Religionen
ersetzen lassen müssen gewissen Verbrechen gegenüber, wie
denen der Simonie, um bald wieder auf sieh angewiesen zu
sein,' und jedenfalls hatte sie aus.^erhalb der Iveligionen stehen
können sobald sich ein Zusammenleben Liltlrte da ohne sie
die Gesell^('}i;ifL weder bestehen, noch sich entwickeln könnte.
Ehe der Staat und seine Gesetze eine Wirkung entfaltete,
verdankte man die Entwicklung des moralischen Gefühls, und
der Glerechtigkeit und ihre Anerkennung in den meisten
Landern der Religion (nicht in allen, da Naturvölker, wie die
Karubar, und hochcivilisirte Völker, wie die Chinesen, ethisch
hochstehen, obschon sie ganz oder fast ganz religionslos sind).
Mit dem Staat verschmolz freilich häufig genug die Religion
in der Person des Oberhauptes, der zugleich Oberprieeter und
Sieh« : Der Verbrecher, Baud I, Kap. 1 u. 2.
160 n. TImoL Jnriipnidaiiii. Prafbylian dM polilmoh«ii Yarbracfaent«
Sohamane war. Soweit sie dadurot nicht nützlioli waren,
Hüteten die Religionen, wie man gerade heute betont, durch
eine andere, wichtige Funktion: die des Miaoneismus; freilioh hat
' sie energische Fortschritte gehemmt, aber auch Ueberstürzungen,
in welehe die ungeduldigen Neuerer die Menschheit geloekt
hAtten, verhindert und so Neaerongen, fiBr welche die Zeiten
nicht reif waren, ferngehalten.
Zwar bringen die Religionen neben dem Guten auch das
Böse, aber dies verschwindet mit der Zeit (Kannibalismus, Tödtung
der Feinde, Gottesurtheil u. s. w.), und es bleibt das Gute oder
wenigstens die Anerkennung des Guten ; jedenfalls entwickelten
sie in ihrer Gesamtwirkung den ästhetischen Sinn, abgesehen
daTon, dass sie das Wohlbefinden der Menschen durch Sinnes>imd
ästhetische Genüsse steigerten (den Geruch durch Räncherwerk,
das Gesicht durch Götterbilder, das Gehör durch Tempelmusik,
den Geschmack durch Opferfleisch, die geschlechtlichen Empfin-
dungen durch den Venuskultus). Sie begünstigten die Schöpfung
von Meisterwerken der Kunst und belebten schliesslich durch
Weckung des Wohlthätigkeitssinnes das ethische Gefühl. Sie
bemachtigteu sich so sehr des menschlichen Herzens, dass sie
Jahrhunderte lang seine grösste Kraft wurden und eine Zeit
lams; den Staat absolut beherrschten, um später als Verbündete
mit ihm zu wetteifern, narlidoni .sie ihm in der Theokratie die
erste Organisation verliehen hatten. Dmi EinÜuss der Religion
entstammt wach di ' i'^etischverehroog für das Staatsoberhaupt!
das von ihr geweiht wurde.
Man kann einen solchen Einfluss nicht als negative Grösse
verrechnen, allein aus dem einen Grunde, diiss vieles unserer
Philosophie unwahr erscheint. Man muss sie als groasartige
politische Macht betrachten, gerade wie die Meinung derMasseu,
die- sie bilden hilft, und die sicher nicht dorn Wahrheitsideal
des politischen Denkers entsprirht, i^doch mehr in Rechnung
zu ziehen ist, als vereiuzelte geuiaie Kinfttlle, die in der
Epoche ihres Auftretens unverständlich waix^n. In der That
wurde die Religion als politische Macht auch betrachtet in den
altorientalischen Staaten, in denen religiöse und politische
Macht Tereinigt waren, wie bei den Israeliten, den ludern
Zweites Kapitel. Juristischer Tbeil. — Strafen. 151
und deu Egyptern. Aber auch wo Politik und Gesetzgebung
sich frei und hoch entwu kelten, wie in Griechenland, sah man
in jeder antireligiösen Handlung oder Anschauung eine An-
Uiötuüg der staatlichen Sicherheit. Auch houtn ist trotz tief
gehender Differenzen eine rechtliche Treiiimug von äiaut uud
Kirohe mehr Phrase, als Thatsache; da beide fortwährend iu
Wechselwirkung stehen; und da wenigstens die Hälfte (siehe
p. 33) der Menschheit (Ghmse, Weiber, Kinder, Aristokraten,
ÜDgehildete) fest m der Beligioii hängt, kann der Staai niobt
frei TOn Bennmhigang bleiben, wenn fdigiOee Fragen die
Gemtttber erregen.
„Wie konnte der Staat," adhieibt Lhot-Bbauubd,' »dieMf
fttr den sonalen Frieden Teiaatwortliobe Orgaoiannu, der beute
anoh Eniehung und Untetriebt» Ameupflege nnd einen anf
Beesenmg aboelenden StiafVollsag in aein Bereieb gezogen
bat, jede BerObrong mit der filteeten, allgemeinaten nnd aktivsten
Kraft yerlieren, welche die GeaeUsobaft kennt? ünd wenn
ibr EinfluBB sieb anob nur auf die Eiaaen emtreokte^ wflrde sie
dem Staat noob koetbara Dienste leisten, da die Eianen in
der Eniebnng und der Leitung des Hauswesens am bfliger-
lieben Leben tiieilnebmen, und damit an den realen Leistongen
der Oesellsobaft.*'
Wir selbst, die wir Tom Miaoneismns und Behainmgs-
j^rsot?: als Grundsatz ausgehen (siehe Kapitel I nnd II, erster
Theil), die wir, obwohl mit Schauder, die Legitimität der
Yerurtiieilung von Sokbatss und Chribii» nicht bezweifeln
können, finden, dsss» wenn geniale Männer, wie ein Dabwut
oder Spenoir, einem noch unreifen Volke gewaltsam su toi«'
geschrittene antireligiöse Systeme aufzwingen wollten, es die
Mehrheit, die vom Staate die Yertheidigung ihres Glaubens
verlangt, beunruhigen und somit ein politiBohes Yerbreohiui
begehen würde.
Auf der anderen Seite kann der Staat niemals wachsam
genug sein, in der Abwehr klerikaler Uebergriffe und An-
maassoDgen, ehe der meosohliohe Geist nicht von dem mftohtigeA
^ L'^ißt modtrm tt Mt fimctüm, liv. V. Pari«, 1890.
152 ILTheil. Jurisprudenz. Prophylaxe des poUtiloben Verbrechens.
Einflnss der GeistlicLkeii frei ist. Eine solche Abwehr prä-
ventiver oder repressiver Art involvirt nur eine hochpolitißclie
Frage; das hat der spanische Gesetzgeber, der klerikale Miss-
bräuche unter die politischen Verbrechen zählte, wohlverstanden,
und Zanardelli Iiat oü durch, die in das italienische Straf-
gesetzbuch eingeführten neuen Bestimmungen bestätigt.
Die Geschichte hat uns gelehrt, dass uraprünglich das
aohwento aller Yerbredien das gegen die Sitte war; und sq
miuB es nooh weiterhin bleiben, wo das Volk bavbuisoli ist
(und in Europa selbst ist du ja nicht islten); noeh rot koner
Zttt bildeten der Zopf, der Sohnnirbert, der Tabak politisdhe
Prägen ; die Yerwendnng Ton Schweinefett fSa Patnmen duroh
die Engländer wnrde nun Anstoes oder inr IFnaehe einer
Berolntion, nnd ebenso im ftnssenten Orient ein Streit nm
Schreibpapier (s. o.).
Unter UmstHnden kann eine ganz trookene Yerwattongs-
aogelegenheit snr poUtisohen Frage werden; so eigiebt sich ans
dem historischen Theil des Büches (IL, p. 12S), dass in Bologna
die 5t5mng der UniTendttttsvorlesnngen als poUtisehes Ver^
breohen galt; ebenso wurde in Venedig die lUsehnng der Kedi-
kamente und in Wales der Viehdiebstahl als solches aufgefSust.
So eigiebt sich, dass diese VersohmeUung eine natOrlidhe
Grundlage ha^ ein historisches Phfinomen isl^ und dass die
Opposition dagegen zu fortwShrenden Widersprüchen und
Absurditäten fdhrt wie in Italien, wo das Yeigehen gegen die
Wahlfreiheit unter die Vergehen gegen die persönliche Freiheit
gerechnet wird, w&hrend es in Belgien, Spanien und Deutsch-
land als politisches Verbreoben gilt, und wo das politische
Verbrechen par ezcellence, die Aufreizung sum Bürgerkriege
zu den Störungen der öffentlichen Ordnung zfthlt, während
klerikale Uebei^ifie dem poUtisohen Verbreohen sugerechnet
werden.
5. Definition. Diesen Vorstellungen zufolge betrachten
wir als politisches Verbrechen jede gewaltthätige Verletzung des
von der Majorität konstituirten Rechtes auf die Erhaltung und
Aelihmg' der von ihr gewollten politischen, sozialen und wirth-
schaftüchen OrganisatioDen. Diese auf den objektiven Begriff
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Zweitei Ki^iteL JumÜMber Tbeil. — Strafen. 158
des verietzteu Rechtes gegründete Detiüitiou scheint uns zahl-
reiche Fragen zu lösen, die auf juristischem Gebiete unter
anderen von MoBIN, vou Üktolan, von Ghippo, und Mkcacci auf-
geworfen sind; diese Juristen wollen jedes Verbrechen, das ein
politisches Ziel liat, als politisches betrachten. Für uns ist
die Aufsuchung des Zieles ein Weg zur Erfassung der Objekti-
Tität des verletzten Hechtes, kann aher nicht hinreichen, das
Vertnechen zu koustituiren. Es können in der That gemeine
V«El)ireoh«a Tonkommen, mit denen der Thater ein politiachee
Ziel Terbindet, wie im £Ule eines Mordee ana Pexieieifer.
Wenn aber die politiaohe Ozganisation dadoreh niehi verletst wird,
bleibt ee ein gemeines Verbraehen, und die politisohe Leiden»
sebaft, welohe den Sobnldigen antrieb» kann zwar als Maasaitab
der Stralbarkeii dienen gegenflber den Ton nnedleren Leiden-
scihaften motivirten Verbredien, Inmn ibn aber niemals an einem
StsaAsTsrbreobeii maohen.
Dagegen kann ein enteebieden politiscbes VerbreobfiOf wie
die Ansliefernng militiriseher Flttne an den Feind, einsig den
Grewinn som Motiv beben; desbalb bdrt das Yerbreeben niobt
anf, an den poUtiseben an geboren, da es den Staat angebt,
indem es sttne Siobeifaeit gefidirdet» und da diese GefUirdnng
emster ist, erfordert sie eine sdbwerere Strsfe nnd eneigisdbere
Voibeiigiiogaaiaasregefai.
6. G-emisebte Vergeben. Wir wollen damit niebt
die grosse Wichtigkeit leugnen, welebe der intentioneile Moment
hat und gerade ftlr uns hahen muss, die ans dem Studium
des Verbrechers seine Ofi^rlichkeit entnehmen und nach
dieser die Strafe ahmeesen; viel mehr wollen wir sie ver-
werthen zur Lösung einer anderen, unter den Juristen streitigen
jBVage, ob nämlich hei gemisebten Yerbreeben das politische
dem gemeinen Vergeben Yorgeben soll, oder umgekehrt. Hier
ist der Impuls das einzig sichere Kriterium; er markirt die
Trennung zwischen heiden Kategorien von Verbrechen, wie
schon Bbusa nadiwies,' aber wir fordern zugleich die unentbehr-
üobe antbropologisebe Unteisacbnng des Verbreohens, die allein
' Jmmma, deä$ tcitnee gmidielu, IL — Milano^ 1888.
154 n.Thd]. JiiriqpnidsMi. Froj^kjkn dm politite hw i YerbwdMmi.
SU eintr sioiheren WttnUgimg de« Antrifllras mm Verineofaen
foliren kann; denn es ist Yergeb«iis, unter Beroloiig auf die
Prinzipien der Freiheit zu behaupten, dass die gemeinen Ver-
brechen, als die leiohterm» in den poütiaohen aufgehen soUan.
Wenn die Politik nur eine llaake aar Verhüllung der Ter-
wor£Misten Verbrechen sein soll, ist es unverständlich, warum
diese nicht mit aller Strenge und in den gewdhnliehen Proasaa
fsnnen unteidraokt werden sollen. Das mnas um so mehr ge-
schehen, als diese gemeinen Verbrechen in politischer Madd-
rung meist von den geborenen Verbrechern begangen werden,
welche der Sicherheit der Gesellschaft am gefährlichsten sind,
und die es um so mehr dann werden, wenn ihre Handlungen
weniger Abscheu erregen, so dass sie neben der Unterstützung
durch ihre Cxenossen auch die Nachsicht der rechtlichen Leute
finden, die aus Parteifanatismus nicht selten in jedem politischen
Verbrecher einen Märtyrer sehen. "Wenn dagegen d;us jMotiT
von verbrecherischen Impulsen frei erscheint, so ist das gemeine
Verbrechen nur ein Mittel zur Erreichung' eines politischen
Zieles, und die Thnt s-ehört iu die letzlere Kategone.
7. Concomitireude Umstände. • — Zufolge einer miss-
verständlichon Auffassung des Liberalismus verlangen einige
englische uud amerikanisclie Autoren, für die Definition des
politischen Verbrechens sollten einzig die Umstände, unter
denen es begangen wurde, maasgebend sein. So gilt für
Stuart Mill als politisches Verbrechen um eme lui Laufe
eines Bürgerkrieges, eines Aufstandes oder politischer Erschütte-
mngen begangene politische Strafthat.
Die Konsequeuzeu einer solchen Theorie sind offenbar.
Es gftbe kein poUtiaehee Verbiedien mehr, sobald dieae ezoep«
iioneUea Teiliiltmafle aufgehört bitten. Im FHeden wflfde
jeder Angriff gegen den ataatUeken Oiganiamna, wenn anob
niebt gaiadean atraflos, naeb den gewähnlielien Geaetaen ab-
geartkeilt werden.
Wenn anob die begleitenden Umstünde dea Yeibreckei»
fbr die Anwendung der Strafe von Wiektigkeit werden können,
ao wllre ea oflbnbar au gefidirlioki den Staat gegen Angrifft
anf sein Oefitge aebntzloa an laaaen naek ISntEitt normaler
Ztr«it« K*ptt«l. JnmtiMiMr TheiL — dtnCm* 156
Bedingungen, zu einer Zeit, wo sich am meisten das Bediirfniss
geltend macht, die politischen Rechte der Mehrheit ohne über-
triebene Hiirtp, aber auch ohne Schuilrhp zu schütssen. Gewiss
bedeuten in Zeiten von Unruhen unter abnormen Verhaltnissen
die politischen Verbrecher eine grössere Gefahr, und in der
That werden dnnn bei fnst nllen Volkerrs aussergewöhuiiche
\'()[-sichtfmasissregelii i<elioHeu, wie z. H, <lie kStundp^erichte ;
dass aber diese exceptionellen Situationen des politischen Lebens
ausschliesslich die Strafbarkeit der Attentate gegen den Staat
bedingen sollte, kann nur Der hehaupten, der ihre Gefährlich-
keit für die Rechte der Bürger nicht kennt. Wir Haben uns
deshalb ua einem anderen Orte ' gegen die von Carelli in
seinem scharfsinnigen Appu7iti al nmm Codice pemlc geäusserte
Anschauung gewendet, dass man die in unruliigeu Zeiten be-
gangenen politischen Verbrechen trennen müsste von denen in
normalen Zeiten, nicht sowohl, weil wir den grösseren Emst
jener btttreiten wollten, aU weil wir henrorheben wollen, dass
man mit IJnnoht dem politischen Yezbreohen d«n Charakter
der Ezoeptiooalitftt geben will, wihrend sie, wie die gemeinen
Ywbradmk, BeohfByerletanmgen gegen die Büiger sind. Dea*
halb können die begleitenden ünutflnde auch ge h l ie ari ic h als
lüwaBBtab der Yerantwortlidikeii dienen; die BeohtiTerietzuug
mnsa also das weeenfüehe Eiiteriiun ftr die Deflaiilon des
politaaohen Yerbieehena eein. Sie ehaiakteiunrt den gegen das
politieehe Beaitstiinm der Borger geriobteten Angril^ der jedodh,
um ein Yerbreohen an konatitniren, konknrrirende Elemente
enthalten naua: die Art und Weiae, in der dieser Angriff rieh
entwickelt neben dem Schaden, den er bedingt, imd die Ab-
flieht der Sdinldigen, die durah ftuaaere Handlongen sich
ansepraoh.
8. Strafen. — Geht man aar FeiMellung eines wirk-
aamen StrafiyateB» Ton den wichtigsten Eaktoren des politischen
Verbrechens^ den physischen, ans, speaieU mit Bücksioht auf
das Klima, so darf die Repression in warmen Landern, wo
die An&tlnde hinfig nnd «gebnisalos sind, weniger energisdh
* ArcMrio a ptidikaHa « $eiem» pmiäH, DC, tun, I.
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156 n. Theil. Jansprudenz. Prophylaxe des politischen Verbreobeni.
sein, während in kaltsn Lttndem, wo die Eevolten seltener
und nidihaltiger sind, eine geringere Tolenns politueli gesrsolit-
fertigt wir«. Wir eriimem hier dMsn, dass in Spaaisii, in
dem nöidliehen Astnrien, die karlistisohe Beaktion lange daaeite.
wlhrend im Sttden ein Phrnimeiftmento olme weiteres dem
anderen folgte; somit ist die leg^sIaliTe Gleiebfitmiigkeit auf
po litiaehem Gelnetf wennsie anoh da» Kinheitsbedflrfnisa befioedigi,
nicht immer eine gute Ptophylaze der Bomakn Sieheiheii So
darf anoh in Italien der sociologisohe Kriminalist nioht naoh
demselhen liaassstahe eine Bereite henrtheilen, die» wie die
Bisilianisehe Yeeper, unter ober leicht bis aar SiedehitM er-
regten BerOlkemng eohnell und heftig auflodert und bald
Terpnflti und eine Erhsibnng im Norden, die jahrehmg fort>
dnuert und das ganse Land umwftlaen kann.
Nicht nur Bttckdeht auf die Dauer, sondem auch
auf die qualitativen Beziehungen ist von Bedeutung für die
Gestaltong der Strafen , eine kurze, aber inteosiTe Strafe, wie
die Ausweisung, verbunden mit Intemirung an einem bestimmten
Orte, wird cur ßembigimg genügen, wo die Erregung heftig,
aber vorübeigehend war, während im entgegengesetzten falle
die Entfernung des Sohuldigen vom Mittelpunkt seiner lerolU'
tionftren Thätigkeit um so mehr verlängert werden muss, je
emster und dauernder er die Gesellschaft ge0lhrdet hat Ein
anderer physischer Einflnas lie^ in der geographischen Kon-
figuration. — Wie wir sahen, sind Flachliindbewohner apathisch,
Bergbewohner zeigen Initiative nnd Zähigkeit bei Revolutionen ;
auch hier muss ein wohldurchdachtes Strafsystem sich der
Yerschieciunheit der lokalen Bedingungen anpassen.
Somit inüsste man die strafrechtliche Repression mit Rm k-
sieht aul die Unterschiede der Rasse und der Bevülkeruugs-
dichtickeit verschieden gestalten, da diese Verbrechen den
grossen Zentren eigonthunilioh und in wenig :^entnili>>irLen und
zivilisirten Gebieten s*Iteu sind; wir sprechen hier, wohl-
verstanden, von allgeuiemen Krittsnen, ohne /u \ nrlaugen, dass
die Legislative eines und desselben Landes nach Region,
Kliraatypus, Bevölkerung oder Rasse eine andere sein soll.
.Nur weitgehende Unterschiede bedingen eine verschiedene
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2SweitM Kapitel. Jnriiluohflr TbmL — Stnftn. 157
Behandlmig, wie bezüglioh des Klimas die swisclien dem
Festlande und den Inseln, oder bezüglich der Rasse die der
einzelnen Länder Oesterreichs, wo die ethnischen Charaktere
so Toneinander abweichen, dass eine in Oberösterreich oder
Kärntben nnQ^ebmcbte politische Kepressioili in Ungftm und
Söhnien nicht ;cni;'cbracht wäre.
Das wird sehr viel zur Beseitigunq' der Frsachen politischer
Unruhen beitragen, die ihren Ausgangspunkt gerade in der
Äassen-Disaffinität haben.
Ein alle vStrafthaten umfasseodefl System kann nie von
einem Ltiniie a\if das andere übertragen worden, am wenirrstpii
mit Einsclilusü der politischen Verbrechen; diese Systeme
müssen sich mit den wechselnden Existenzbedingungen der
Völker ändern. So ist in halbharbarischen lAndem, wo man
eine fetischartige Verehrung für den Thron hegt, ein Majestäts-
verbrechen ganz anders zu beurtheilen, als in einem Lande,
wo man in dieser Riclituug von jedem Vorurtheile frei ist. Dem-
entsprechend müssen die Strafen verschieden t>em. So muhaen
z. B. Vei^ehen gegen Sitten, Gebräuche, Gewohnheiten, ja
selbet gegen die Mode bestraft werden, und zwar streng, in
Llndeni, die nur geringe oder gar keine OiTiliaation benteen.
Bin lialiener, der in Abeopinien ein Madonnenbild besdhimpfte,
vetdiente fkir die aehweieo Verwiiikelungen, die er dedubh
seinem Vnterlnnde Temmbhen wflrde» fint den Tod, wibiend
in Heiland eine Idobie Geldstnfe &8t eo e^ng ftr ihn wire.
Die Polygande abeebaffinn m w<dlen, wftre im Orient ein Ver»
bredben, wie ein Yennali, aie bei nne sn begifinetigeo, wiedenun
etrafber wlie. Utopisten, die, nioht nofineden ndt der gewali-
eamen Vereinigung der Bewon Italiens xmter ein Gesets, dies
anflib in den afrikaniseben Wilsten verbreiten wollen nnd die
gewaltsame, ptotsüehe Anfhebnng der SklaTerei ftr eine der
ernten Pfliebten halten, »igen nnr, welohe Unwissenheit bei
nns heneeht; dagegen aehten die fSngllnder, wie die BQmer die
Gebiftnohe nnterworfenec Lander nnd lassen soUiesslioh selbst die
WttwenTerbrennnng nnd die Sehen vor Schweinefleiadh gelten.
Wenn man in hoohcivilisirten Ländern, wie in vielen
Enropas den Atheismns oder die VerBohtang des Fetisohdieostes
168 n. Thaü. JmiiprndMit. Pfophyk«» dw poKtiichen Titwdwn».
und abergläubischer Sitten nicht besirafii weil sie eine höher»
menschliche Entwicklung bezeichnen und ihre Strafe ins
Lächerliche fallen würde, muss das öffentliche Hervortreten
solcher Anschauungen und der Versuch ihrer Verbreitung
wegen der solchem Unternehmen folgenden Reaktion bestraft
Trerdnii Deshalb verdient der Antisemitisnms viel mehr eine
Kepreiision in civilinirten nis in baxbarischen Liändenit für die
er eine natürliche Aeusserung ist.
Bei der Bestrafung politischer Verbrechen müssen aber,
mehr ah alle«! Andere, die anthropologischen JB'aktoien berück>
sichtigt werden.
9. Geborene Verbrecher. Schon aus der anlliropo-
logischen Untersuchung hat sich oben ergebea, wie gefährlich
das Eindringen von Verbrechernaturen in die Kreise politischer
Revolutionäre ist; handeln sie auf eigne Faust, so scheuen sie
vor keiner Schandthat zurück, auch wenn sie sich im Gegen-
satz, zu den herrschenden Anschauungen befinden, wenn sie
nur ihre verbrecherischen Neigungen befriedigen können; tindeii
sie sich bei gemeinsamen Unternehmungen als Theilnehmer
ein, wie bei Aufständen, so kommt zu der durch ihren Mangel
an moralischem Gefühl gegebenen Ge&hr nodi die des durdii
ihr Bticpiel angeregtan Nadbahmnngstriebes ; dieae Blamaota
mttnan steCa mit dem gröesten Kfaftanfiraiid mifatdrOokt weidfln,
zumal ihre Baiheiligung an wiiklieh nUtdidieii pdifuehMi
Bewegungen — den Barolntioiieii (e. o.) mehr die Ammahmo
als die B«gel bildat.
Alle Verhreehen, die wShiend politisoher ünraheii ans
brataler BOaarttghint, ana Imai aa Raab und PlOnderong be-
gangen werden, kOnnen nioht mit den Haaeoregebai des Aogiifi
nnd der Verth^digong TerwedheeLt weiden, die eine zere*
Inüonflie Sehaar bewaffiietem Widentande gegenüber siir An*
wendnng bringt, nnd die dnroh strafbare Hotive gegenftber
der beetehenden Regienmg, nicht aber gegenüber dem Sitten-
geeeta bestimmt lind*
Haüs,^ demdieSdhlnaefölgenuigeo der kriminalen Anthiopo-
* Mieqp« ginirmx 4k Droit pkiäl hdge. — Oiad 1874.
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ZmitM SapitoL JnrMiiolMr ThtSL —
Stnfn.
160
logie fremd waren, wurde durch diesen Unterschied veran-
lasst, bei Aufständen Maassnahmen, die das Völkerrecht im
Kriege sauktionirt, als politische Verbrechen /u betracliteii,
als gememe Verbreclieu dugeg'en alle Atteiitaie gegen die Person
und das Eigenthum, die duich Hass, Rachsucht, Gier, mit
einem Wort durch verbrecliensche [injmlse eingegebeti sind.
Bei Attentaten ^^egen das Staats oberbaupt ist diese Unter-
scheidung weniger klar erkennbar, denn sie sind oft durch den
Hafis gegen Den, der hochgestellt ist, durch die Eitelkeit, die
von sich reden macheu will, eingegeben, oder durch den Ein-
fluss Anderer, durch die Absicht eines indirekten Selbstmordes;
die politische Leidenschaft fehlt ihnen jedoch oft nicht ganz
und kann ihren malignen Charakter maskiren.
Auf der anderen Seite lassen diese Verbreeben sieb ihrer
Katur nach nicht mit dem Morde oder gemeiusamen Unter-
nehmungen g^en das Leben identifiziren, weil zu der sozialen
Gefahr, welohe sie mit diesen gemein haben« noch die dnrch
sie bedingte eratie StOmng kommt, die eine beeondere Bcpranion
BOtfaig iBMht. DttMlbe gilt von den Yexgehen dea Lude»-
TBmßm, desaen politiaciher Ghankter jedes anden Eriterimn
llberwi^ Deshalb mflaita «in gebonner Verbraeheir, der dies
YesbraolMn beginge, dem BpeaieUen Verfahren bei politisoiben
Yffirbrecihen unterliegen. Jbn duf aber nieht die Gefithr ans
dem Ange reilieran, mijb wvlolier der geborene Vsarbieeber in
jedem Falle die Gesellaebaft bedroht» nm so mehip nis die Ab-
lenkong seiner ▼eibreeherisehen Katar snf das politisoihe Gebiet
seine Tendeos jnim Yerbzeehen snrflclcdrftngen kann, sie aber
niobt bsBeitigi Dies mnss man Denen entgegenhalten, die
Ton der Manie beseelt, alle Traditionen ansrastreiolien. Bedenken
tiagen, vor so gefthrlidhen Elenienten die Kerkerthttr su i^ffiien.
Das neuerdings TOn Frankreieh gegebene Beispiel der Amne-
stimog der Kommunarden war gewiss der Akt unes edlen
Patriotismus und fUr Viele unter ihnen «ine genehie flabili-
tirong» aber gleiohzeitig ein Akt grosser Unklugheit g^genfiber
den Verrückten und den gemeinen Verbreohem untor ihnen,
die heute sich unter der Fahne des Anarchismus wieder-
ansammengelnnden haben, die Bepnblik in einem fortwahrenden
1^ II.Tlieü. Jumprudei». ProphjlwM 6m polititohen Verbrechen».
Zustand der Erregunp' b alten. In dipspr Frnso i-^t dio R»^prps-
sion rückfölliger Verlirecher von besoudei'^r Ijedeutun^-, wie
Frankreich sie begonnen hat mit seiner kiihuen Heform der
lebenslänglichen Deportation, die den grossen Vortheil bat, eine
Elimination ohne jede Grausamkeit zn erreichen, die sonst
nur der Tod geben kann. Wir haben auf den enormen Schaden
hingewiesen, den gewisse, von zweifelhaften Personen gegrün-
dete Sekten hervorrufen, die anfangs rem pohtiscke oder soziale
Ziele verfolgen, um schliesslich zu Yerbrecherbanden zu werden,
und die oft die Maske der Politik nur vornehmen, um ehrliche
Mitglieder nicht abzuBohreoken und einer milderen Beartheilung
▼or Gericht sicher za eeiii. In Sflditelien Terstooken vwle
eoloher GMUaehsfitan ^lalBfti Ounoim) ihre Terbreehirisbhe
Thftiigkmt unter einem politiaehen Fimias, der eioh anfangs
durah den Widerataod gegen die Bonrbonen und jetzt dmeh
flosialistiaohe Tendensen. nnd leider anoh durah die Wahl von
MitgUedem in die kommunalen und die parlamentuiaehen Ter*
Bammlungen Auaaert
Hier muaa ohne alle Bedenken eingeaohritten werden, da
die Aaaosiationafiteiheit in der That eine unaerar gröaaten Br-
rungeoaohaffcen und «oaammen mit der Bede* und Breaafreiheit
daa haste politiaehe Sieherheitsrentil ist» da aie das iJibntliohe
flenrortreten der Unsnfriedenheit^ die Diakaanon der durah aie
geaohaff»neu Wttnaehe und die Qibntliche Erörterung der Gkgen*
maaasr^ln geatattei In Italien ist, wie 1Ibaz«b' hemeikt, die
grosse Zahl von Aufständen eine Folge der übereifrigen Unter-
drückungen der auf die Theilnabme des Volkes berechneten
Vereinigungen, wAhrend in England die UnterdrückuQg fehlt
und die Achtung vor den Oeaefat en sehr gross ist.
Aber all^ hat seine Grense; mit Hecht aagt Tooqübvillk,*
^dass eine Nation ihren Bürgern nicht immer die absolute Aaao»
siationsfreibeit geben darf* — diese Freiheit hört unserer Meinung
nach auf mit dem Eintritt des gemeinen Yerbreohera in die
Vereinigung, die dadurch entehrt wird. Solohe Vereinigungen
^ Modemm LngkUimrra; EAieoiMme alte eito poKHea, — Tarin,
Boom 18S6.
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Zweites Kapitel JnmtiMher Theil. — StnUan. 161
mflasen auf ehrenhaftem Boden gedeihen und ihrer Natnr und
ihrer Führung nach ehrenhaft sein. Ereilich kaiin die Ver-
waltungsbehörde in ihrem diskretionären Ermessen hierüber
willkürlich verfahren nnd auch die richterliche Entscheidung
vielleicht nicht ganz unbeeinflusst bleiben. So haben Gerichts*
höfe international -sozialistische Vereine £tlr Terwandt mit Ver>
brecher^sellschaften erklärt, während sie nichts Verbrecherisches
versucht hsitteu. Deswegen mtisste den von der Verwaltungs-
behörde als geffihrlich aufgeliisten Verbindungen die Berufung
nn die Spezial-J ur}' offen .stehen, (hv "».vir in der folge für
politische Verbrechen in Vorschlag bringen werden.
Das gilt auch für die Pressfreiheit. Für die Tresse giebt
es, wie Tocqueville (1. c.) sagt, zwischen Sklaverei und Un-
gebuudenheit nichts Drittes; fiir die uns* ir.it:^baren Vorzüge der
Pressfreiheit niuss man auch ihre unv( rraeidlichen Nachtheile
hiunehmeu; wenn die Presse aber unter dem Deckmantel der
Politik zu gemeinen Verbrechen aufrei/t (vgl. Bd. I, Kap. IV,
S. 134 bis 136} und den Klasseuhass schürt, die gemeinsten
Leidenschaften entfesselt, dünn muss eiae gute Regierung sie
zügeln.
10. Irre und Matt üide. — L^benso gefährlich, wie dieVer-
brechematuien, sind die politisch Wahnsinnigen, ob sie einzeln
durch Hallucinationen zu Königsmord getrieben werden oder
Wahmdeen ihnen Impulse suggeriren, oder ob ihre pseudo-
gemale, kraaUialbe ImpuMvitltt äe an der Spitae Ton Be*
wunderem nnd Anhftngero m Hftnptero der Bereite madhi
Die Sieherhelt der Geeellflohaft verlangt ihre Absondemng
neben den irren Yerbreoheni, noeh ehe sie von der Drohnng
aor That fibergeben. Die prävenÜTe JE^DSohlieaanng aoloher
Bidividnen, die ancb in ruhigen Zeiten in geeignete An*
stalten gehören, ist eine setbetrentändliehe ALiassiegel, da
sie bei den unbedeutendsten Anlässen au gewalttbfttigen und
Terbreebenseben AnMohieitnngen neigen. Lftsst man diesen
an folie raisonnante leidenden Xndiyidaen «ne nnbesehrttnkte
Fieibeit^ so trägt nnter ümstttnden die ganae l^ation diesen
Sehaden, niobt allein deshalb, weil diese Sjanken (wie die
Mörder Giobos HI. nnd LnrooLNs) ihre Mozdgedanken gegen
IiOiniOM, PoUttwdMr yarlmeliaf. U. 11
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162 IL^eü. Jukpradmi. FMpbylimdMimfitiMihmycrbcedims.
die Hftnptor der Nation riehten, sondern anoh, weil sie dmeh
ihr adhkgflndea BaiBonnement und ikren Han^ mm Kom-
l»lottinn nnter geeigneten ümatSndeB Sekten bilden, die, da
der mäBSgende nnd hemmende Binflimii geennder üeberlegnng
fehlt» gerade doroh den Beiz ihrer Seltaamkeit auf die Maiocn
wirken, die ihnen Uind folgen; lU wiiken durah die fnieht-
bare Haeht ihrer BerOhnmg wie ein Gihnngefennent, dat
rieh hei einer gegebenen Temperatnr in einem ptftduponirlan
Ofgeniamne eniwiokelt Die ans dem Hittehlter bekannten
Bpidemien geistiger Stttrang wiedwhokn rieh in dem mswaehen
Nihilismus, in dem Mormonen- nnd Hethodiatentfanm Nord-
amerikae und in der normannisohen Bnndstifltinigsmanie.
Italien ist nooh frei Ton dem Flnohe des Alkoholismus nnd des
GrOasenwahns» und aeine lomanisefae Miawgkeit wird es nooh
aiheren 'Wideietand leisten lehien; erinnert man rieh jedooh
an die gnaenerregenden Vorgtnge nnter den ron der Oholera-
foroht bessssenen Süditalienem und an den Anfrtand in der
Emilift gegen die Mahlstener, an welchem, wie ZäXl naehweiast,
rieben Geisteskranke henromgend Antheil genommen haben,
80 müssen wir nns fragen, ob unter dem fänflnss von Irren
nicht eines Tages beunmhigende Ereignisse nnserr bewundemngs*
würdige Ruhe ersohttttem, die Phantasie des Volkes aufrühren
und daä Fermentmolekül zur Wirkung komm«! lassen konnten,
weiches der irre Verbrecher darBtelli.^
Die Sinriohtong kiimineller Irrenanstalten wird sich dann
nlltalich erweisen, wenn sie jeden RttokfsU Entbuwner dadurch
Tsrmeidet, daas sie den die Entlassnng anordnenden Richter,
die maassgebenden Sachverständigen oder den dirigirenden Arst
der Anstalt zum Bürgen für jeden der Entlassung folgenden
Schaden macht. — Damit würde man erreichen, was das englische
System ein wenig anders dadurch erzielt, dass es die Ein-
schliessung des irren Verbrechers „during Her Majesty's pleasure*
anordnet, das heisst die eigentlich dauernde Rekinsion.
Vor allen anderen gilt dieser Anspruch für die Epileptiker,
die Verfolgungswahnsinnigen nnd die Aikoholisten, die wir
> IiOMssoflO, StOt isHtimom dnÜ Mi eom ermimik mHalia. 1870.
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Ztreitei bpitoL Jnmlisbber Tbeü. — Stnüui. 1^
als die geftihrlichsten Anstifter und Theiinehmfir von ReToIten
kennen gelernt haben. Monomam»! sind awar oft ge&hriidi,
haben aber nicht selten an grossen Revolntionen theilgenommen,
wie genialfl Menschen, deren Zerrbild sie so oft darstellen, nnd
sie verdienen deshalb Nachsicht wie jene Geraüths- und
Hysterisch-Irren, die ihre Krankheit zn übertriebenen Tugenden,
zur Heiligkeit führt, fvf^l. Knp. VITL) und die den mensch-
lichen Fortschritt si(^iifr jtiehr törderu, al^ .schädigen.
Mattoide sind dagegen weni^r g^fthrlich, als Irre, weil
sie nicht die Konsequenz der Wahnideen Jener besitzen und
ihr ^itüiche^ (jefühl nicht so absolut i)pivers ist; ftir sie ist
eine Fräventiv-Intemirung nur in der akuten Steigerung ihres
Delirs erforderlich, die sich gewöhnlich bei Widerstand gegen
ihre Träume von ßuhm einstellt, oder wenn Hunger und Elend
sie verblendet. Eine geriehtliche Verfolgung kann sie nicht
niederhalten, und mit der fort*;chreiteiiden Kultur wird man
sie immer hiiuliger finden; sie sind ein Produkt unserer Kultur,
unserer politischen Erregung, die jeden Ehrgeiz entÜammt.
Obgleich dies Element mehr Schaden als Nutzen bringt,
wäre es gransam, ftlr sie die Intemirung zu verlangen, ehe SM
das Ghbiet politischer Speknlationeii ▼erlaasen und sich gemein-
geMidieh gezeigt haben; wie manehe Fefmeat-Keime, bsbea
sie iknii NntMO im OifentSiolkeik Leben, waA. dnieh ihxe Unneik
TendiOMQ. Zeigen aie aber eine Degenezation Teibieelierisobter
Brabtnng, wie Sbabbabo^ wie liAKeiom, ao mma man aie
aneiehan können, nieihi mit den Mitteln dea Stimfireohtea, sondern
mit denen der Pbycihiatrie; ae iat daa LiterMoo der Meoaohliohkeit
nnd daa der Politik gewahrt, nnd Veidaoht wie Beaktion ▼e^
mieden. War es nioht ein tianrigfla Zeichan dar Zeit, einen
Sbabbabo, der den Anapraoh anf die in der Inenanstalt
gebotene Sidiernng imd Strafloaij^eit hatte, ala geeond tor
die Richter nnd ao an einer Apotheose hingeatellt an aehen,
die eine Schmach ftr Italien war, weil aie aeigte, wie Vielen
daa Kritarinm der Wahrheit fehlte, oder der Huth, sieh
an ihr an bekennend Wamm dieeoi aohillemden hohlen
Seifenblasen eine Bedentimg verleihen, indem man ihren
Urheber feierlich vor Oerioht fOhrt nnd den Mttrtyier spielen
11»
164 n. Theil. JutifprudonE. Prophylaxe des politbohen Verbrecheos.
iJispt, wo das Gutochteu von ein paar Irreßiuzien ihn UDSchädlich
machen und dem Gerichtshof Widersprüche und Mühe, dem
Lande ein unwürdiges Schauspiel ersparen würde? Spricht
das Tribunal, wie bei Sbarbaro, eine Verurtheilung aus, so ist
damit sicherlich nicht mehr erreicht, als diircli eine Internimng
bis zum Zeitpunkt völliger Heilung an einem Orte, wo fthnliche,
oft weniger schwer Kranke Ueherwachung und Kur tiiideu.
Und dann fänden sie nicht, was die Verurtheilung ihnen giebt,
da5 Prestige d^ Märtyrers, die ernste Rolle, die ihnen anfangs
fehlt. Um das aber zu erreichen, müssten zunächst ELranken*
häuser für irre Verbrecher und Ghsetae, die flolehe EUle
dordim Terweifien, gesohaffen werden.
Damit die in ihien eigenen Untemehmiingen tt> wenig
glflekliehen Uattolden nieht Geschidite rnuibsm, nioiht das UrfÜMil
nnd die WitauKdie dee Pablikama bestimnieii, darf ihnen kein
empfängliohee Terrain geboten aein, mnes ihre Stimnrang eine
Diasonana mit dem henaehenden Gelllhl ergeben. Da wir
diesen politiadken lükroben nicht mit Bajonetten an Leibe
können» mfiasen wir ihren Nfthrboden nnempfibiglieh Bkt sie
machen.
Wenn wir wollen, das» die Hattolden keinen Anhang
finden, rntteaen wir die Wanden heilen, in denen aie gedeihen,
wie die Wflrmer in der Eftnkiifla; weil ihr krankhafter Znatand
aie Ton allem HiaoneiBania beMt» wittern rie eohon lange, ehe
die Masse sie merkt, wirkliche MiaBstlnde, und finden, wenn
das Publikum sie erat empfindet, kaum noch Schwierigkeiten,
ihre B«formplftne angenommen nnd aich aelfaet ala Propheten
bewundert zu sehen.*
11. Gelegenheits-Verbreoher. <— Carglli weist
auf den bedeutenden Antheil hin, welchen die Jugend an
politischen Verbrechen hat und den unsere üntersnchongen
bestätigt haben ; er befürwortet, da er den Grund dafür in der
ünerfahrenheit der Jugend sieht, die Hinausschiebung des Alters
voller Strafmündigkeit bezüglich der politisohen Verbrechen bia
zum 25. Jahr.
C. Iiomioso, I\re Trilmni, Toxin 1887.
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Z««itot Kapiial. Jnriitiiehar Th«l. — Strafen. 165
Unserer Beobachtung nach handelt ea doh viel weniger
um Unerfahrenbeit, als um die Aeiuflening einer ganz besonderen
Lnpakivitfttf die den MisoneumoB verdrängt, und wir halten
somit zwar eine Straftnildemng im jugendlichen Alter für billig,
nicht aber eine Verschiebung des strafmündigen Alters, welch©
die Bestrafung der häufigsten Fälle — die ja freilich oft ver-
zeihlich sind — vereiteln würde. Heute übrig-ens, wo man die
Jneend nicht mehr prinzipiell vom politischen Schauplatz aus-
schliesst, und selbst leschriinktere Wahlsysteme allen gross-
jährigen Uum^ern das Wahlrecht geben, ist dies allein schon ein
Mittel, das zur Verhinderung politischer Verbrechen geeignet ist.
Wir können auch nicht Itei 25jährigen Männern eine
Minorennität bezüglich der politischen Verbrechen einführen,
wo wir als Mittel L'^e^en die Versumpfung der ])arlamentan.-r 'mmi
Tnstitutiuriyii ein*' Aus lohuuug des Wahlrechtes auf noch jüngere
Männer befürworien. Wenn wir der Jugend ein so wichtiges
politisches Recht einräumen, warum sollen wir dann von ihnen
nicht die Anerkennung der Pflicht verlangen, sich der von der
Mehrheit angenommenen politischen Organisation nicht gewaltsam
zu widersetzen?
Wenn wir somit an der gewöhnlichen (rronze des minu-
renuen Alters festhalten, auch für die politischen Verbrecher,
so wünschen wir doch nicht, dass die Strafen gegen Minorenne
^ wenn es sich nicht um kongenitale Anomalien handelt —
mOaBxf» als gewölinlioli sein mflssten. Sie mflssen sich ab-
stufen nach dem Uniezaeheidungsvermögen, mit Rüoksiokt auf
die höhere Impresnonabilitttt« die grössere Neigung zur Nach'
ahmung. Das jugendliche Alter mnss eine mildere Strafe
deshalb bedingen, weil es zu poUtischen Yerbiedhen prädispo>
msi, und weil diese zn einer Zeit begangen werden, wo die
Jugend am fhfttigstenj hoehheni^ien nnd leidensdhaftliehsten
ist. Ein hervorragender Nihilist (Ja...) sagte mir: „Ein
Bnsse, der mit 80 Jahren nicht Nihilist ist nnd das mit
40 Jahren nicht herent hat, mnss imbedll sein.*'
Ancfa das Geschlecht, das im gewühnliidien Yer&hren
nicht berttckaichtigt wird, erfordert in der politischen Eiimi-
naliiftt eine qiesielle Behandlnng, wenigstens bfzOglich der
166 n.TliflU. Jurupradeni. Pr<^y]ax«detpolitiMh«nYerlmeliaM.
Qualität mid der Dauer der Strafen, da das ßlement der
Leidenscbaft hier jedee andere übemigt, beeonders wählend
bestimmter physiologiaeher Perioden, der Menstruation, der
Schwangerschaft, in denen man Franen ab ftmpoiftr kystenech
betrachten darf.^
Bezüglich des Elinfiasses äneseTer Gewalt müssen wir
dem Einfluss der Führer Beehanng tragen, der oft so weit
geht, dass man ihn einer eigentlidien Suggestion gleich-
setzen kann. Pieträzzani^ zeigt, wie das Wort eines über-
legenen Memw^hen, das sich unter der erregbaren, neuenings-
lüstprnpn Mpuge verbreitet, die reich an Glauben, Unwissenheit
und lierdisnms ist, sich ihr mit der unwiderstebliohen Gewalt
enn r vuii lien kommenden Sug<^estion aufdrängt. Es kommt
daun zu eir:em moralischen Rau.sch (wie PUOLIESE* es nenntV itv-
dem zu dem IVispi*»! * der Führer sich die ::(';::enseitige Auiouorunu',
der aus dem Kontakt, dem Cir-fulil i;eiiieiii-.:imon Hanflt lns eut-
springende Muth g^llt; alles das vei\Mrri daa individuelle
Bewnsstsein und treibt die Menge zur Ausluhruug von Dingen,
die der Einzelne nie gedacht» geschweige denn gewagt hätte
Zü begehen.
Das steigert die Verantwortlichkeit der Führer und An-
stifter, und ihr Werk uiu.ss als eine moralische Nöthigung
betrachtet werden, die die Schuld ihrer Auhänger mildert, bei
denen kurzzeitige Strafen, am besten körperliche (z. B. Fasten,
Dottohen) zur Verhütung von Rückfälligkeit genügen.
Wae die innere Nöthigung betrifft, so gelten hier unsere
Bemerkungen über die Yerbredher ans Leidenaohaft.
1$. Leidenaoliaftlielie und geniale Yerbreoher. —
Diese Kategorie Terlangt eine besondere stiaficeehtliohe Be*
liandlung, denn liier ist die TJntenelieidting von den gemeinen
Verbreohem soliarf nnd klar; bier entopreehen den aus
^ loAU», La femme penimU la perioie mmtsirueüe, Pari«, 19S0.
* La mggesfione ndla v^tta e neJIo «teft» tjpeetiM». — SMtta 9f*n-
meiltele wedidna legale.
' • IMI delilto colktHw. — Traiii, 1887.
* VgL die ausgezeichnete Sehilderaag in KAmom Atmien» spon,
Kap. Zm. (Ausgabe von 1840, S. S&S—SBS.)
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ZwdtM K*pitel Juriatiaohw ThtSL — Stnftn. 167
imibropologisobeii AnomalMii itenmuDdeo IfotiTen jener »bioliit
altrautiMlie dOe Ini|ndM; bier stehen wir endlieh dem iralumi
politiielMii Yerbiefllieo g«genflber, 4u die GeeeUaohaft irohl
oft beeteeftn aiiiae, um die Beehte der Hftjeriiftt sn lohfltMn,
sber nieht ohne Aehtong, gemieeht mit tiefer Sympathie; das
beweiat daa Volkabewneitaein, daa niokt immer mit dem jnnati''
eehen flbeieinatimmt nnd, wenn niebt aofort, doeh naeb koner
Zeit widerwillig jede Verortbeilnng «na poEtiioben Gründen
Aofiiiiiimt» wenn dar Vemiib«lte genial ist oder ana Leiden-
aohaft gehandelt bat, sobald der blosse Anaehein dar Verfol*
gnng und WUlkOr vorliiigt; daher die blnfige Freiq[»roobang
doroh die Geschworenen. Selbst wenn es sich wesentlich am
gemiaebte Yerbreohen haadelti wie in den Fällen von Ctpriani,
Sbabbaro, Coccapisllbb» so genügt für die öfientlidie Mr inung
ein leidenschaftliches politisches GefBbl oder eine geniale Per'
aOnlichkeit bei dem Yerurtheilten, um ihm die volle Absolntion
zu ertheilen, durch wiederholte Wahlen enm Parlament, was
deutlich zeigte, dass ihre Thaten, soweit sie politischer Natur
waren, nioht mehr als Verbrechen gelten. So sind in Frank-
reich gewisse MittelmUssigkeiten politische Märtyrer geworden,
dank einem politischen Prozess, der ihnen zu einem Sitz im
Parlament und damit zur Maobt verhalf. (Ptai, Yall^,
ROOHEPORT.)
Nnn enthüllen solche Politiker, wenn am li in heltiger Form,
einen Fekier des politischen oder sozialen Urganismus, eine un-
gesühnte Ungerechtigkeit, einen im stillen von Vielen gehogt^Mi
Reformvrausch ; und da Das, was anfangs als kühne Utopie
erschien, oft schlu's^lich von d^n Meisten anerkannt wird, so
wird aus dem Schuldigen von gesierii der Apostel von heute; das
zeigen, um nur einis?« Beispiele zu nennen, Christus, Luther und
Mazzint. Daher kommt es, dass ihre Richter häufig mehr zur
Freisprechung als zur Verurtheiluug neigen, weil sie dieselben
wegen der Abwesenheit aller verbrecherischen Charaktere und
Impulse für ungefährlicii halten, oder weil sie durch eine Be-
strafung nicht die Möglichkeit einer künftigen glückiioheu
Lösung abschneiden wollen.
Wie die Geschichte zeigt, hat die allzu strenge Bestrafang
168 U. TheiL Jamfurodens. Prophylaxe dei politiMhen VerbreoheiiB.
politischer Vetbrechen Ive^Merungen häutig uicht gestützt,
sondern erschüttert and das nationale Interesse viel mehr
geschädigt, als es die Verbrecher selber konnten ; so ist der
Verfall von Florenz wesentlich dnrch die Erschöpfung be-
schleunigt worden, welche die Verbannung und Admonition
der besten Bürger und die dadurch bedingt« Veraimuug des
politischen Lebens herbeiführte. Ein ahnliches Schauspiel ge-
währt heute ßuÄsIand, das durch die Verfolgung der Nihilisten
allmählich die Blüthe seiner Intelligenz vernichtet, vor allem
aber Spanien, das seine besten Männer auf dem Scheiterhaufen
TerbnoBte, jede Spur T(m Genialität anaioitete und das Laad
in eine intellektnelle Wüste yerwandelte. (S. oben p. 169.)
Mit Beobt bemerkt Suioi\ dnaSp wenn die Henacher
wirUiob das yon ihnen regierte Land und Volk liebten nnd
nicht dnreh seknndfire Zwecke abgezogen wttiden, sie niohi
Mttnner yon nnabhsngigem Ghamkter yemaehläsngen oder be-
seitigen würden, um die Sdhaar der Seryilen an yennehren nnd
an ennnfhigen.
So lange nnn aber die Handinngen gegen den politis^en
BeeLtastand der Bfliger nidit den Charakter einer strafbaren
Handlnng yerlieren, haben diese den Anspruch anf Sohnts yor
denaelben; daher die Notbwendigkmt einer besondwen Strafe,
die dem Thäter anf der einen Seite die HOgliohkttt, sdiBdlidi
an werden, nimmt, anf der anderen Sdte ihre hoobbensigen
Beweggründe wtlrdigt, und leicht onterbrooben werden kann,
wenn die von ihr gebroifene That anfbört, der Öffentlichen
Meinung feindlich gegenüberzustehen.
13. SpezialStrafen. — Wie wir sehen, haben wenige
moderne Stra%esetzbücher die Nothwendigkeit solcher beson*
deren Strafe anerkannt. In Frankreich setzte das Dekret vom
ö. April 1850 die Deportation an Stelle der Todesstrafe für
den Fall des bewaffneten Angriffes au£» Vaterland, und heute
steht diese Strafe auf Komplott und manche Fälle von be-
waffnetem Aufstand; Freiheitsstrafen werden yorsogsweise in
weniger schweren Fällen angewendet.
' Per PtdmoMifim dü caniMere, — Torino, 1885.
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ZmiiM Kapitel. JnriitiMher TheiL
Stnüni«
Das belguebe Stn^aseisbnoh bestunmt EraÜLeitSBtnilen,
die in einer beeonderan AbÜieilnng einer dmoh kttmglicliee
Dekret bestimmten Strafanstalt abgebOsst werden dnükok, damit
die aus polituehen Grttoden YeniTtheilten nieht mit gemeinen
Vttbrecliem zusammengebraoht werden.
Bei uns sind die BestimmungeD des neuen Stnfgeeetsbuehas
durch die Arbeiten der Kommission verzögert worden; das
Projekt DB Falco bestimmte noch, dass bei Yerbreehen, die
begangen wären infolge plötalidier Gernttthsbewegiing, einer
übertriebenen Leidenschaft, einer schweren Provokation oder
als AuasohreitiiDgen bei der Yertheidigung de» Lebens oder
der Ehre — nnd unter diese Rubriken gebürten die politbcben
Verbrechen — die Strafe sieh auf blosse Freiheitsentssiehnng
beschränken sollte.
"TnHfir Intztor Gesotzgeber, der darin eine Art von Glori-
fikatiou des Schuldigen sah, bestimmte jedocb für mehrere
Fülle die Alternative df^r Rpklusious- und der Dotentionsstrnfe
und iiberliess es den Richtern, lestznstellen, ob die inkrimiuirte
Handlung politischer Leidenschaft oder aber Habgier oder
anderen niedrigen' (lefuhien entstammte.*
Die AbstufuDi; der Strafe nach der Natur und Gefährlich-
keit des Verbreoliens war hier gewiss zweckmässig, da sie den
Angelpunkt des von der neuen Schule gewählten Strafsysteuis
enthält; wie diese Bestimmung aber heute dasteht, ohne eine
entsprechende Reform des Prozessverfahrens, verspricht man
sich von ihr vergeblich die Erreichung ihres Zieles. Eine
psychologische Untersuchung des Schuldigen, die zu einer
genauen Bestimmung seiner Motive ausreicht, luäst sich bei
der heutigen Organisation des Strafprozesses nicht erwarten;
die Unabhängigkeit des Verfahrens von der Exekutive,
besonders in poliüscbeQ Dingen, ist sehr wenig garantirt,
und die Biehtw nnd in ibrer grossen Hehrbett, was
ftbiigens noch mebr fttr die Gesobworenen gilt, obne Kennt»
nitt von den Resultaten des Stadinms der Verbfeeher, welcbe
* Vgl. Uelazwne del Minütro Zanmrdeiit mti jjroyetto dt un nuovo
170 Il- Tbeil. Jurisprudeiut. Plrophylaxe de« politücheu Terbrecbeus.
di« krininalle Antihropologie in diesen letzten Jahren an-
gemmmelt bat
So lange die psychisfcriMhen GntMliten aU «n sntdiMe»
Turnier aUeinateheoder Fonoher betrsohtet irwden, welche die
Bioihter nngem solueen nnd dolden, 90 lange die psyohologieelie
Beoitheilnng nioht als einaig siohere Ghrandlage der Znreebnnng
in die G^ohtssäle eingezogen ist, liat die Alternative der
Strafen kein praktisbbes Besoltat nnd lOst sieh in neue Willkllr
anf oder in strafbare ILidnlgens. Offenbar ist der Gesetsgeber
in WidersprUebe gerathen; er bestimmt die AltematiTe iwisohen
BeUnsion nnd Detention bei Handinngen, die wie die Spionage
&st immer von verbreoberisohen MotiTOi augebm» wibiend
er nnr eine, nnd awar die mildere Strafe der Defontion fär
sebr sobwere nnd g^hrliolie Yerbreehen androbte^ wie fttr die
Bildung bewaflneter Banden, die nnr selten anf edleren Motiven
berubt«
Garofalo, der auch von der Nothwendigkeit einer be>
sonderen Strafe für politische Verbrechen überzeugt ist, pro-
ponirt in seiner Ormimlogia für den Fall des durch politischen
oder relipOsen Fanatismus motivirten Mordes die Ausweisong
naeh einer Ini^el oder Kolonie auf eine Zeit, deren Bestimmung,
je nach der Erfahrung üher den Charakter nnd die wahr-
scheinliche Rüekfiklligkeit des Schuldigen, nach Ablauf der
ersten 10 Jahre von dem Urtbeü der den ersten Spniob fiüien*
den Instanz abhflngt.
Für uns wäre dieser Fall der eines gemischten politischen
von einem Leidenschaftsverbrecher begimg-enen Verbrechens, und
wir finden es gerecht, dai?s die Strafe in der Entfernung des
Schuldigen besteht, aus der Umgebung heraus, in welcher er
das Verbrechen begangen hat, de.ssen Natur, unabliiingig von
dem verfolgten politischen Ziele, eine Reaktion in dem öffent-
lichen Gefühl hervorgerufen hat. Aber diese Ijeidenscbafts-
verbreci;- 1 worden niobt immer durch momentanen FaiKiti^üius
angetrieben, vielmehr haben sie feste Leberzeugungen und den
entschiedensten Ent'^ohluss, sich für ihre Ideale zu opfern.
Wenn mau somit ihre Strafe von der Möglichkeit eines Rück-
falles abhängig moohen sollte, so müsste sie oft lebenslänglich
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Zweites ivapitcl. Juristi»über TheU. — Strafen.
in
Min, aadi irami naoh d«ii Mbn Rrobejahna das UttlMÜ des
BiehtttTB «bflolvt iiiib«fiuig«ii und nnabbftngig wäre. Jed«o&llB
wire diese aebnjllirige Periode ftbertrieben lang, denn eineiseltB
gewihit die kriminelle Antiliropologie rioliero Kriterien snr
üntenoheidnug des Veri»ieohef8 ans Leidenaohaft von dem
gebozenen Yerimelier; und fener genügt eine yiel kflneie
Beihe von Jalizen dam, nm die öffentlielie Meinung besttglioh
Deesen, was sie als politisehee Verbreehen beimiditety m
Indem.
Bei poUtifloheB Yerbrecliero ans blosser Ijeidensehaft balten
wir mit Oabelli die Verbannimg für die geeignetste Strafe.
,fWer die Binriebtongen seinee eigenen Vaterlandea nioht liebt,
hat keinen Äns(inioh anf ihre Wobldiateii; er hat das GM>tet
des Staates zu Terlasaen and emt aarllflkinkehren, wenn er
feierlich die Absieht äussert, sie zu achten. Yielleioht wird ihn
daa Heimweh erfassen; ans der Feme wird er die Einrichtungen
der Heimath mehr sohätaen; sicher wird er nioht mehr unter
d«a Einflüssen der Umgebung stehen, die eeine schlecht be-
rathene Leidenschaft genährt baben. Alter und £xil werden
bessere Heilmittel sein, als die Einsamkeit der Gefangenschaft
oder die GeBeilaohaft gemeiner Yerbreoher.** (Cabelu, 1. c.)
Femer mflsste die Todesstrafe auflgeeoblossen werden, die
GuizoT auf diesem Gebiete schon so beredt bekämpft hat/ und
die als künstliches Mittel der Auslese empfohlen worden ist, bei
ihrer Anwendung gegen die Neuerer aber daa Gegentheil des
gewünschten Resultates herbeiführen würde.
Eine .solche Sti'afe iiesse sich nach Dem. \va,'< wir aus-
geführt haben, nur rechtfertigen für dip srf^borenen Verbrecher,
für die während eines Aufstandes begangenen Verbreoheo oder
für die entsprechenden geiinMncn Verbrechen.
14. Temporäre 8;i;ite. — Nach unserer iVleinimg
müssen die Strafen für blot-s politische V erbrechen oder gemischte
Verbrechen mit ausschliesslich politischem Ziele temporär sein.
Wenn jedes gewaltsame Attentat gegen die politische Organi-
sation, welche die Majorität der Bürger will, ein politische:»
* De la peine de mort en mattere ixAiUgue. — Pans.
172 U-Theil. JurisprudeiuE. Prophylaxe des poHÜBcbea Verbrechens.
Verbrechen ist, so ist offenbar uicht nur jede Aendening dieser
Organisation, sondern auch die Aendeiung des Litheils dor
Majorität über den verbrecberischeu Charakter der That ein
Grund für das Aufhören der Strafe; denn nicht jede neue
politische Richtung, selbst wenu sie die Anachanapg der Mehr-
zahl oder doch der Intelligentesten reprUemtirt, beotet di»
Kraft, das Alte sa Terdringen, weil man vor jeder plotKliohen
Aendemng mHokschreckt, nnd weil oft das fiestebende ein
Unbehagen erzeugt, das die Berolntion der fnedUeben Ent-
widclung Yoraieben lieese. Dana aber smd die «mstigea
Fördmer dieser neuen Biditung niebt mehr sobuldig; ist nun die
Strafe, welcbe sie von der Gesellscbaft fembalt. anwiderrafUcb,
so wird sie an einer üngeredbtigkeit, nnd das erkiftrt die oben
angedeutete Hftofigkeit der Freiapreohungen in politischen
Proaessen.
Nun kann man fiwilieb nicht alle Augenblicke die poli-
tiseben Anaohauungen eines Landes ermitteb, um das Loos
politiscih Yerurtheilter danaob au gestaltso; das bindert jedoch
nidh^ dass sioh das Land gegen eine als ungerecbt empfiuLdene
politische Yerurtbeilung Äussert , indem es die einzige, ihm
gesetzmässig zustehende und wirksame Waffe gebraucht —
das politis(die Wahlrecht
Andererseits sind die Parlan.ortto, welche mehr oder weniger
treu die Souverftnität und den Willen des Volkes vertreten,
häufig verfassungmässig zur Aburtbeilung der schwersten poli-
tischen Verbrechen bernfen, ja sie kimnen, wo sie, wie in
Frankreich, die Initiative der Amnestie haben, durch ihr Votum
jede Strafbarkeit beseitigen.
Wie oben gezeigt, hat in Nordamerika der Kongress die
Strafen für politische Verbrechen zu bestimmen, wie der Senat
im alten republikanischen Rom. (S. Bd. TT. p. lli>.)
Es haben also Parlament und 8enat nur alle drei bis
fünf Jahre in einer Sitzung zu erklären, dass ein be.stimmte8
politisches Verbrechen nach der Meinung des von ilrnen ver-
tretenen Volkes nicht mehr a!? solche.s anzusehen ist. So
wurden Atheismus und (jottesla.sterungen früher als schwere
Verbrechen bestraft, während es heute lächerlich wäre, sie
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Zweites Kapitel. Jurutbcher Theil. — Strafen. 17B
be.Htrnfen zu \\r,lU':i; uud eiu ähuliches Schicksal steht den
Majeslätsbel* ifliLTuui^en und den Strikes bevor.
Der tempurüre Charakter müsste absolut sein für Ver-
brechen, die einzig und allein aus politischer Leideuschaft
hervorgegangen sind, die somit so zu sagen konventionell sind,
da sie nur durch ihre Beziehungen auf ein bestimmtes politisches
System als solche existiren. Die Stmfe darf nicht infamirend,
nicht sehr sehnici zlich sein (Verbannung) und so lange dauern,
die Scliuld, welche occasioneller Natur ist, besteht. So
kann man bei jenen Füllen von Rebellionftu, die den Anfang
einer Entwickelung darstellen, verfahren; dieser Vorschlag ist
weder revolutionäx noch neu, denn er ist in der Form des
OrtxwismiB in Grieelienlaad, des Petalismus in Sizilien und
der Admonition in FIotsdb in yenoliiedeiifln Llndoni und Zeiten
nnter walirliaft liberalen B^erangen dniohgefiUirt worden.
Bei polifüdhen Terbreeben gemiaobter Natur dagegen
nraas man das politiedie Element Ten dem gemeinen Yerbrechm
trennen; das efstere riohtet siolk gegen die berrsehende politiBobe
Fenn oder die sie vertietenden Penonen» deshalb ist aber
das gemeine Yerbieoben, das diesem Ziele diente, niebt
weniger strafbar, aomal es das moialisefae Geftbl der Gesell-
sehaft Terletst.
In diesem Falle bat anch die Strafe eine gemischte sn
sein; die Attentate gegen das Leben oder die Freiheit der
Bfliger mttaen mit einer der legitimen socialen Reaktion ent-
spreohenden Freiheitsstmfe belogt werden, wahrend eine aweite
Freiheitsstrafe eine nnbestimmte Daner bat, entspreohend der
Zeit, in welcher der Angri£F anf die politisi^e Organisation
noob als Verbrechen gilt.
15. Strafabstufung. — Ohne eine vollständiges System
Ton Strafen aufstellen zu wollen, geben wir in folgendem
eine praktische Anwendung unsersr Ideen Uber die fiepression
dieser Strafthaten.
Als Strafen ftb* Terbreoherisohe Irre nnd geborene
Verbrecher die Rekluslon in kriminellen Irrenanstalten, für
das gemeine Verbrechen die Anwendung entsprechender
Strafen mit angemessener Verscbärfiuig bei besonderer
174 ILThaiL Jurbpciul«!». Prophylaxe dea politiieliin Verbredh«»!.
Oefthrlichkflit des Thätws. BesflgUdi der Leidenschaft»- und
GelegenheitsTerbreeher aohligen wir tot:
1* Fdr Todtang und soliwere Verwimdiuig des Staaisober*
haaptee des eigenen oder eines ftemden Laadee und bei an
einem poUtiaahen Zweek begangenen Horden (genuaelite ye^
breohen) die Deportation oder die Yerbannimg unter Sondemng
von den gemeinen Yerbrecbem nach dem belgischen System.
Diese Strafe mnss in ihrer Dauer der für Mord oder KOrpe^
rerletzang unter gewöhnlichen Umstanden ^eiob sein.
2. Bei Landesverrath (Gefährdung des äusseren Friedens
Spionage, Veigehen der Minister eto>) die Deportation and die
Ausweisung ohne Zeitbestimmung.
3. Fttr Insurrektion und Bildung bewaffiieter Banden
gegen die hensohende Form der Regierung, der Kirche und
der sozialen Organisation, für die FtLhrer und Anstifter dieselbe
Strafe der ein£M)hen Deportation tind Relegation ohne Zeit-
abmessung.
4. Wenn einfache, die Ausführung eines solchen Vergehens
bezweckende Handlungen oder auf das Gebiet der Aktion über-
gehende VerschworanfTf^n vorliegen, und überbaupt für alle
gewaltsame Auflehnung gegen die politische, soziale o'lf^r
r<Migius* Furtn des Staates, die nicht unter die oben gennnntea
Kfttegonen fällt, die Verbannung auf unbestimmte Zeit.
5. Für den einfachen persönlichen Angriff auf das Staats-
Oberhaupt eine Freiheitsstrafe in Einzelhaft von bestimmter Dauer.
6. Dieselbe Strafe für die Genossen von Insurrektionen
oder bewaffneten Aufstfinden, die weder Anstifter noch Fuhrer
waren, unter Vorbehalt der Straflosigkeit für Diejenigen, die
sich vor Ausbruch der Revolte von .hr lossagen.
Für Unmündige mildert sich die Stiufe um eine Stufe;
Aufhebung der Verantwortlichkeit ist nur zuzulassen bei voll-
ständiger, nicht zum Zweck des Verbrechens erworbener
Trunkenheit.
Wo ein gewinnsOehtiges IfotiT lannttritt, ist eine dem
Besits des SehnUigen proportionale Geldstrafe ana Bs eta en
womn dem Verlast der politisehen Ehienzeehte» der Sus-
pension Ton Oftntlidien Aemtem und bei Beamten.
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Zweites Kapitel. Jiutetiadier Theil.
— Strtfen.
175
7. Für \'erbreituu^ von Staatsgeheimnissen oder von
iTiTicren Verwaltimgs- Angelegenheiten stehen sich die Gefahren
df't Straflosigkeit einerseits und andererseits der Sohadeu
gegenüber, den das üüentiiche Leben erfährt, wenn die Ver-
breitung höchst wisseuswerther nnd nützlicher jN'achrichteu
Vf-tiiindpft wird: wir ^ind deshuib für widerrufliche Geldstmfen,
neben dem Verluöt de» AmtPs, in Form einpr l-'.ärLr^cliufts-
Summe, die rtickerst-attet werden kann, wenn die beueitemlpii
Mittheilungen sich später als für das Land nützlich eru i isi ii.
8. Beleidigungen dys Staatsul crh iuptes und des Pariamenies
dnrob die Presse bilden oft em Sicherheitsventil und ein
Symptom der öffentlichen Meinung , sie gehen entweder von
Halbverrückten aus und lassen die Ding-e, wie sie sind, oder
von genialen, ge8iiiüungstücht.igeu ^laiinerii, und fördern duuu
das öflFentliche Leben, indem sie Lücken und Gebrechen ent-
hüllen, die bei der die Mehrheit beherrschenden Furchtsamkeit
verhüllt und nob^traft geblieben wären. Bei diesen Vergehen
genügt eine Geldstrafe, die «in gewiates Ibximnin erreiohtn
kann in 1*111611, wo die geriohtlielie TJnteiBnohung die Inspiiation
der Handlung durch peisOnliolLeii Giott oder andere niedrige
JCotiTe naohweist.
Fttr Yerbal-Injoiien, die £uft niemals eine niedrige G(e-
nanung beweiNn, wflrde eine leichte Qeldttrafe, deren Betrag
patriotiflahen Untemehmnngen mffient^ genflgen. Wie man
heute eine Bestralnng dee Flnehens lUr lioherlich ludten würde,
mttaste auch die Beleidigung des Begenten oder des Flailunantee
dafUr gelten, die, an sieh Aohtnng gebietend, dieee Bedentnng
nieht durah reine indindiieUe AuNohreitang Yerlieran — und
wenn sie wflrdelos aind, retten auch die drakoniecheten Stialen
eie nicht Tor der Veiachtong.
9. Bio fieUgioniveigehen, VeretOaee gegen Sitte und Bitna
der Beligion mflesen in barbeiiaohen Lsndern (Kolonien) bestmft
werden, glemhTiel ob sie yon Eingeborenen begangen werden
oder yon Suropäern xum Aeigemiss der Eingebccenen, aber
nicht mehr in zivilisirten LBndem, ausser wenn ein anscheinend
religiöses Vergehen sich gegen die Buhe und den Bestand des
Landes richtet
176 n. Theii. Jurisprudenz. Prophylaxe des politischen Verbrecbeus.
10. Sirikeft sind «rlauH wetm sie olme Waffengewalt
Terlaofen; dabei vorkommende ZentOraDgen und Kflfper*
TerletBangen weiden ab gemeine Yerbreolieii besirafiL
11« Strafbare Handlnngen der Deputiiten, wenn aie nidit
politiBcher Katar eind» münen wie die anderer Individnen beetaraft
werden ; nach Einholung der Autoiiaation, wenn sie gemiaditen
Charakter haben; parlamentarisohe Yeigehen mflssen eine epe-
aielle, in einem Aiftlokal des FtEurlamentes an ToUsiehende Strafe
finden, fthnlich den militttrisehen Vergehen.
12. FOr die eogenannten indirekten politisohMi Ver-
breehen, die Attentate anf die £reie Anettbnng des Wahlreobtee,
mu88 die Strafe in der Eriegnng einer Oeldramme nnd in der
aeitweiligen Suspension vom Amte und von der Ansftbnng
politischer Rechte bestehen. — Vor allem moBS aber auch die
WaUentibaltnng bestraft werden, was Tielleioht eine Ehnenerong
des Wahlkttrpeis and die Zufahr unverdorbener Kräfte bewirken
wird; denn anter den Nicht-Abstimmenden herrscht das Element
der ebienhaften, aber apathisohen Bfliger vor, die eine Strafe
stimuliren würde.
16. Korapotenz — Es bleibt nan zu erwägen,
welehen riohterliohen oder politischen Organen die Handhabung
disses Strafsystems anzuvertzanen ist, und welche da^u berufen
sein sollen, die Strafe zn annulUren, sobald die bestrafte
Handlung dem allgemeinen Bewusstsein nicht mehr als strafbar
gilt. Mit Rücksicht darauf, dass die Strafbarkeit politischer
Verbrechen der politischen ^feinung der Mehrheit unterworfen
ist, würde es in abstracto gerpcht erscheinen, alle dem nu-
mittelbaren Urtheil des Volkes oder seinor Vertreter zu unter-
werfen; in der Pi-axis wäre das aber für die häufigsten dieser
Handlungen, die leichteren, übertrieben; ferner würde der
Gegenstüutl des Verfahrens s«>lbst eine fohwankende Stellung
eionebmeu und allen Schicksalen des Parteikam])tes ausgesetzt sein.
Eine richterliche Behörde, die infolge ihrer schwachen
Fühlung mit dem politischen Leben gewöhnlich sehr k inservativ
gestimmt ist, würde zu oft ihr Urtheil im Gegensatz zu den
herrschenden Anschauungen bilden und damit gefährliche
Konflikte err^en. So wenig Voreingenommenheit wir sonst
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Z««itM KspiteL JnriitiMlMr TbeU. —
Strifen.
177
fOr die Geschworenengerichte hegen, glauben wir von ihnen
bei der Beurtheilung politischer Verbrochen mindestens ein
vom realen Leben der Nation inspirirtes Verdikt erwarten zu
können, das von der Rxficntiv-Gcwalt nnübbün^ii^ i'^t, ahor
wären «icberpre (iarantieii f ür seine Kinsicht and £hrenhaitigkeit
erforderlich, als wir sie heute basitzen.
Wo die Richter durch das Volk gewählt werden, wie in
Amerika, wäre nichts leichter, als ihm iinrh von Fall zu
Fall die Wahl <lie.se> jinli tischen iSchwurgenchtes anzuvertrauen ;
wo ein System indirekter \\'ahlen besteht, raüKf«!*' niuu die
Cmennung der Geschworenen den Wählern hrherea Grades
(Wahlmflnnem) übertragen, weil die Entscheidung über solche
Vergehen fast immer eine Frage hoher Poiitik iu sich schliesst
und somit die daran besonders interessirten Bürger zur Ent-
scheidung berufen sind.
In Italien, wg eine derartige Reform allzu sehr gegen die
alten Rechtsformen Verstössen würde, könnte man die Mitglieder
dieser Spezialgesetze unter gewissen, gesetzlich fixirten Kate-
gorien wählen, zu denen der intelligenteste und politisch am
bestell orientiito ^tliail dw BeTftlkenmg gehört, wie imter den
Depnfcbten und Smatoien, den UmveittttlB-Ptofeüonii der
Jnrispradens, den Frovinsial* und Komnranal-Vewmminnge-
Kitgliedem, den N>rik-Ohe&, den PMsidenten von fierdb-
oder KooparatiT«GenoflMnaoliaften.
So konnte man ohne ftberailte Nenemngen eine riebterliche
Köipenohaft bilden, die dem BegiernngeeinflnaB nnenciehbar,
dem Fartei&natiemns fem und mit dem QefiBhl des Landes in
Hmnonie wäre.
Die Verletzung einer Kaste oder einer Landschaft durch
die andere innerhalb desselben Volkes mtisste man der Joris*
diktion einer aus beiden einander bekämpfenden Elementen
gemisehten Jury unterwerfoo; das wttrde lüsstrauen und
Reibungen beseitigen.
Auf diese Jury wttrde die Kompetenz in allen politischen
Verbrechen ttbergeben, nur das ürtheil über Landesverrath
der Minister würde zur Kompetenz der Kammern gehOren,
damit das Drtbeil aus derselben Sphftre stammt, ans der
IiOMBaom, FolttlMbw Varbreelisr. n. 18
178 II. Theil. Jurisprudenz. Prophylaxe des politüohen Verbrechen«.
die Anklago hervorging und die an sich dort ortheilen
berafen ist.
Die Zulassmii? der Initiative des Volkes auf diesem Gebiete,
wo die RepressM n im Interesse Aller liegt, und wo AliUAüsnahmen
der Regierung und der Gericlitc oh zu. schwach oder zu .^piit
ausfallen, bedeutet eine weitere Reforiii deä \ t;rfahreDS. In
Rom war dies Institut vor der Kaiserzeit eine wichtige Sohutz-
webr freiheitlicher Zustände, und seine Unterdrückung bezeichnet
den Anfang des Despotismus und der politischen Willkür-
hflumctKait (s. o. I, p. 174).
Kraft dieMB R«oht«8 kann j«d«r Bürger tot der x»oht«^
liohon Anturit&t als Anklfiger auftraten, vor allem ab«r beeBase
ee der AMcat der Sdtwa^m, Ton dem wir noeh weiter
Bpreohen werden. Es handelt odb hier nicht nm die niedrige
J>enimaation dnreh einen IGteohnldigen; ee iet das mnthige
Auftraten eines Bfligeis, der den Bichter gegen Feinde
dar Steats-Institationen aamft; nur mnss das Qeseta als Btag-
sehaft fiBr den Emst der Anklage die Person and die Existens-
mittel des Anklflgeis beanspmehen xmd sun Eneheinen vor
Gerioht fordern.
Wenn die |K>litisohen Parteien, anstatt den Sehanplata
peiBOnlichenEhigeiaes nnd akademisoherDudmasionen ahiageben,
wiiUich die Vorposten grosser politiseher Ideale darsteUten,
so könnten sie durch dieses Mittel leioht den Venath auf-
decken und IGssbrinohe treffen. Damit nicht genug, müsste
dem allgemeinen Anklageradit auch die allgemeine Befugniss
entq>reoh6n, die Bevision von Prozessen und die Abschaffung
von Strafen solcher politischer Verbrechen zu verlangen, die
aufgehört haben, als solche zu gelten. Hier sind ernste Kauteln
erforderlich; auf der einen Seite könnte eine grosse Ansah!
von Personen die entsprechende Aenderung der politisslisn
Anschauungen bezeugen, auf der anderen Seite könnten wenige
Parteigänger den Lauf der Gerechtigkeit stören und gefilhr-
liehe ünnihen her\'ornifen .
Wo, wie in It^ilieu, der Appell au djis Volk nicht zulässig
wäre, müsste ein entsprechendes Votum aus dem Volke an die
Kammer gehen, und wenn dasselbe von einer gewissen Angahl
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Zw«itM KftpitoL Jariatiaoher TImU. — Str»f«ii. l'J^
von Wählern — z. B. 10(KK) — unterstützt und im Pnrl iTUPut
mit Vä aller Stimmen angenommen würde, mü«*?te f<s (io.-otzcs-
kraft erlmltpn, wobei bpzücrlich politscber VprKreciien gemischten
Gbaraktei^ em Kevisiousurtkeil eines oidentiicbeii Gerichtshofes
Voraussetzung wäre.
Die Kammer selbst müsste alle fünf Jahre die Gesetze
über die politischen Verbrechen revidiren und über ihre Ab-
grenzung und Aufhebung beschliesson ; jedenfalls müsste sie
das ßegnadigung-srecht iiusübeu, das man mit konventioneller
Unwahrlieil als Prärogative des Könige bezeichnet^ während
es vom Minister ausgeübt wird.
Wo sich das Votum des gesetzgebenden Körpers zu
Ghmsten politisch VenutheUter aiuspricht, würde es zeigen,
dass das ihien Motiveii frtther abgeneigte Gefühl des Volkes
sieh geändert hat, und dass somit eins frfiher strafbare politisehe
Aktion nunmeliT anden betraehiet wird; so ysrliort die Kaiion
käme Zm^ und soglsieli fshlt dem Scbutia der lisinclieiideii
politisehen Ideen das Odinm, das eine miTeranderliolie, imme^
wfthrende Strafe mit meh bringt.
17. Ansliefernng. — Die ttberwiegende Zahl der Ans-
lieferangsrertiflge stainiren beute eine Ausnahme ftr poUtisolie
Yerbiedher ans dem Grandoi dass bei ihnen nicht die Noth*
wendigkeit einer gemsinsamen YediheidigQng gegen das Ter«
bre^en Torllge, da ihre Stnf barkeit meist konventioneU wttie
und ganz Ton den spesiellen inneren Veifailtmssen eines
Staates abhinge. In der That bedingt die Yersohiedenheit
dieser Verhiltniase nieht nnr Uniendhiede in der jnristisohen
WmdigDng dieser Veilneehen, sondern anoh in der Stellnng
der öientliehen Keinnng sn ihnen. So wUzde in einem repn^
bUkanisohen Lande die Auslieferung des Urhebers eines Atten-
tates, das gegen das Leben eines despotisohen Monaiehen ge-
richtet ist, fast ebenso grosse Entrflstong erwecken, wie das
Attentat bei den Unterthanen des angegriffenen Fürsten,
Dasn kommt, dass gewisse Strafen, wie die Todesstrafe,
in manchen Ländern — Sehweiz, Frankreich — bei politisoben
Verbrechen ausdrücklich anageschlossen sind.
J>as Vorgehen gegen politische Verbrechen als Attentate
180 ^ Theil. Jurisprudens. Prophylaxe des poUtiscben VerbrecheDs.
auf die SouverÄnitÄt und Freiheit dea Volkes läge, wie
Blui^tschli und Berner bemerken, im gemeinsamen Interne
aller Regierungen, wenn die demokratischen Ideen alle Ver-
fassungen durchdrängen; heutzutage tritt kein Staat aus seinem
Zirkel heraus, uud jeder iulilt äieli nach der Seite limgezügen,
wo gleiche Regierungsform eine Geneigtheit zur Gegenseitigkeit
der Auslieferungen bedingt.
Wir haben für rein politisohe Verbrechen die hlowe Ent*
femung aus der gewohnten ümgelning befBrwortet, da wir in dar
Ezilinuig m dem Vaterlaade und in der TJnmögliohkeit der
Büi&kfllir eine ansreiehend adiweie Stnfe erUiflkan, und daaut
sind wir natflrüoli Gegner der AnaUefornng poUtieefaer Verbreohar.
Etwas Anderee aber gilt für nur ftnaeerlidi ak politieoli
aaftretende Verbreohen, die tos Yerbreoher^Natiiien oder Inen
begangen sind, deren Gefillirliohkeit nicht mit dem Gebiete
ihrer Heimafh anfhOrl^ sondern die ganse menaohliehe Gesell-
sohaft bediühi Hier mnss die Anslieferong nach IPMAmg
dea Frooessveifiüiiens mgestanden werden. Andeia liegt die
Furage beatiglich der gemisehten und komplexen Vetbreohen,
die von Leidenschafts- oder,6telegenheitB?erbreehem begangen
mnd; hier ist das gemeine Beeht neben dem politischen Ter-
letet worden. Als SrUerium mnss hier die Gefthrliohkeit des
Schuldigen gelten, die in seiner That dokomentirten Mängel
moralischen Gefühls. Ist dies sehr dflrftig, so mnss die Aus-
lieferung ZQgestanden weiden, und umgekehrt.
HoLTZENBORFF^ — Und nehen ihm Andere — haben in
diesen Fällen die Auslieferung befürwortet unter der ana-
drfloklichen Verpflichtung, das Individuum nur für das began-
gene gemeine Verbrechen zu bestrafen; 'so in FftUen von
Insurrektion, für yerbrecherische Handlungen, aneh wenn die
Partei des Thäters im Rechte war.
Welche Garantien sind aber dafür geboten, dass der die
Auslieferung verlangende Staat, der eben erst den störenden
Einfiuss solcher Verbrechen erfahren hat und deshalb zu einem
leidenschaftlichen parteüsobieii Urtheil neigen moss, seine
' 8uUa eatraditümc. — Smvta penale. Min-Aphi 1882.
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DiittM Kapitel. FrilTt&tiniuuMragdii.
181
VerpflichtuDg erfüllt and den Sohnidigen nidit fOr seine poli-
tiachen Handinngen bestraft?
Im übrigen liegt, wenn es sieb nicbt um geborene Ver-
brecher handelt, kein Ipfritimps Interesse einer gemeinsamen
Abwehr für die AnslieferunL^ \ ( r; höchstens können monarohiäche
Staaten sich untereinander zur Auslieferung wegen Königsmordes
verptiichten, sei es ausdrücklich, sei es dumh seine Subsnmimng
unter die gemeinen Verbrechen; es lüRst sich, hier keine all-
mt iiie Norm ß-ewinnen; wer mit uns sehen hat, welch grossen
Antheil uu diesen Ytubreclieii Leidenschaftsverbrecber haben,
welch altruistische Ziele sie häufig dabei verfolgen, und wie huutig
ihnen das Verbrechen nur ein Mittel znr Realisirung holier
Ideale ist, obwohl sie mit Widerstreben und nicht selten mit
Abscheu dazu greifen, wird sie nicht auf Gnade und rn^nuide
einem fanatischen Volke oder einer siegreichen Partei über-
antworten wollen.
Drittes Kapitel.
PrMntlvnaatsregeln gegen dat poNtitelw VarliracliMi.
Wirthseliaftlicbe Prophylaxs.^
Die Stnfgeaetse nfltm den Individuen wenig und noeh
weniger der ganaen Bevölkerong. Man sieht in dieBem falle
deatlicih, wie die Geietse ein todter Bnohstabe bleiben, wenn
ne nudit dsroh Natnr und offentliehe Meinnng nnierstatst
werden; daher kommt es mehr darauf an, daa Tenain tot-
znbereiten, damit die politischen Parteien und die Staats*
maschine ungehindert funktioniren können, und damit der
politiacdie Organismus nicht erkrankt, als die Wirkongan der
an^getietenen Krankheit mit Strafen an bedrohen.
^ Diese« Kapitel rührt aoMofalieMlioh Ytm Lasobi her.
182 II.Tb0il. JofjqpnideiiK. Fh>phylaxede8politiMlMnY«rl»«f^ieiis.
1. Die sosisle Frage. — Die aooiab Frage itt die
dringendste von fdlen, die an maere Pforten klopfeiif nnd
man darf nicht bofbn, wie ea Manche (hna,* daaa ihie LOeong
aieh ohne Yerlefcning der politischen Fonneo, an die sie jetet
geknüpft ist, volhnehen winL
Alle NationalAkonomen his anf dm heutigen Tag haben
die enge Yerhindmig herrinrgehoben, die das politiaohe mit
dem aotialen Leben TerknUpft Abibioxbleb war der erstov
welcher bemerkte, dass man eineneits in der Demokratie die
Ansbentnng der Bciehen Yerhindem mUsste, indem man sie
Teranlasste, Theatervorstellungen zu veranstalten etc., und wie
man anf der anderen Seite in der Oliganshie für das Wohl
des Volkes sorgen, ihm gnt beaahlte Stellen versohalGen und
mehr die Sohadigong der Armen dnndi die Reichen, als die
der Reichen unter sich rächen müsse. Bei uns geadueht
nichts von dem Allen, da die parteiische Justiz Europas fast
niemals die Reichen trifft und die Armen schlecht beschfitst
Bei uns &ulen die Söhne der Reiclien und Mächtigen in
Müssiggang und Genuss, während die der Armen sich in der
Arbeit abhärten und so die Krflfte zur Rebellion erwerben
Unter den modernen Sohriftstelleru ist Tocquevillb der
Meinung, dass zur Bildung eines Staates, der die grössten
Friedensgarantien bietet, demokratische Institutionen die geeig-
netsten Bind, in denen Jeder etwas zu vertlieidigen und etwas
zu ervk'^erben hat; und in der That sind in ♦'inem demokratischen
Staat die Armen, statt, wie es in aristokrrili<( heu Stnnt*»n irmn^r
der Fall ist, dif^ L'-msse Mehrlieit zn bilden, in '^'»M ini;er An/.ahi
vertreten, und die iieichen ihrerseits haben wenig Macht und
gar keine Privilegien. Zwischen diesen beiden Extremen be-
findet sich eine grosse Menge Solcher, die, weder reich noch
arm, genug besitzen, um ein Interesse an der bestehenden
UiJnuug zu haben, oline jedoch Neid zu erregen. Sie sind
die natürlichen Feinde heftiger Bewegungen, und lu tast ganz
Europa sichern äie ab Bourgeoisie die Stabiiitat des sozialen
Blttrpers.
* V. Orlakdo, Deüa resutenza poUtica ttc. — Torüio, 1886.
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Drittel Kftpitei. PiiventlTiaMMnfeltt.
188
2. Ersatzmittel dr s Lohnwespns. — Aber da-s kann
anijtMisclminlich nnr für eine kurze Zeit genü^'en und nur da,
"v^o die Arbeiterklasse noch nicht genü<,^end herangereift ist,
Ulli sich der Bourgeoisie zur Seite zu stellen; dann erst wird
die Lösung des secnlären Gegensatzes zwischen Blapital und
Arbeit zu einer brennenden Frage.
Heute treibt einerseits die Entwicklung grosser industrieller
Unternehmungen und die den KujaULseitrü^^ \ (^riniiiderude
gesteigerte Konkurrenz den Kapitalisten dazu, uai ArbüiLslohn
zu sparen, andererseits Ifisst der gesteigerte Unabhängigkeits-
dnn der Massen sie ihren entsprecbenden Antheil am Grewinn
foidvn, ein« Fordtrnng, die den enten Schritt xnr Emanzipa-
tioa -vom Kapital Vedentot; es euMelit ao eme baittndiga
GWhnmg, eine stete ünrolie, die den Nationalwohlstend
aebftdigt.
An die Stelle der Sklaven der atten Wel^ der mehr ein
Werkeengf ab ein Meneeh war, ist beute der werthTelle Hifr-
aibeiter gebraten, an Stelle der antomatiseh arbeitenden Hand,
die Intelligeiia^ welohe die Arbeitslwstang hnndert&eh steigert,
wenn sie eine entspreebende Entubidigung findet
Das antomebmende Kapital mnss siidi den gereobten
Foidernngen der Arbeiter mgttagüeb aeigen and sie dwob
Tbeilnabnie am Gewinn beben; es gewinnt dadnnb den
Verfbeil, sieh tot Sttikes an siobeni, and die Gemeinsamkeit
der Interessen wird bewirken, daas sieb die Ptodnktionskraft
▼ermebrt
Erst vor kurzem hat Godin eine Ldfiong dieaes Konflikte
in seinem ,^S^miliBtöre'^ zu erblicken geglaubt.
Er wandelte seine Giesserei in ein Unternehmen um, bei
welobem die Arbeiter nach und nach selbst zu Untemebmem
wurden. Er verpflichtete die Arbeiter, duroh Partizipations-
Quotm Antheil am Kapital an erwerben, woan er auch ihre
Ersparnisse Terwendete, und zwar derart, dass das Kapital des
Unternehmers nach und nach durch das der Arbeiter ersetzt
wnrde. Die Durchführung geschah in der Weise, dass die
besten Arbeiter Theilnehmer wurden und zu den wichtigsten
Stellen emporstiegen, and nur den als Theilnehmem fiingiienden
184 Theü. Jamprndaiuu Ftophyl«xe dm politiwdiMi Tttbcedhent.
Arbeitera stand das Bedht des Euipnulies in Verwaltiinga-
angelflgenheiten sa.
Dar Bamertng des ÜDtamebmens wnide naoh Absng
bestimmter EnUlmngfgelder und Summen ftkt Venuherong
derarfc nnter die Aibeiter T^rüheUt^ da» Jeder den Lelm seiner
Arbeit und die Zinsen seines Kapitals erhielt entspreobeod
den Terschiedenen Arbeiterkategorien. Und um bei voll ein-
gezahltem Kapital der Arbeit das Uebeigewicht zu sichern,
sollten die vorher snbskribirten Quoten amortiairt nnd dnroh
neue ersetzt werden, die aus den Ersparnissen nen eingetretener
Arbeiter gebildet werden sollien,'
Sieherliob veidanken wir die gnten Erfolge dieses Unter-
nehmens einem ungewöhnlichen Manne ; v^elleieht hat Rabbemo
recht, wenn er meint, nicht alle Unternehmer würden den
Willen nnd die Fähigkeit für ahnliche Leistungen haben;
vielleicht kann aucli die Theilhaberschaft am Eigentbum für
den Arbeiter selbst gefährlich werden für den Fall, dass das
Unternehmen fallirt; jedenfalls ist hierdurch, wie durch die
Versuche von Scnio und llossi, die ebenfalls nur Anerkennung
verdienen < ia grosses Beispiel zur Nachahmung aufgestellt.
3. Kooperation. — Waxsittard Nkai-e resumirt die
Erfolge dieser Leistung iulgeudermaasseu: „Jeder ^.\eis'^, d-d<s
Meeresstiirme durch ein paar auf die Wogen gegossene
Tonnen Oel beruhigt werden können : so sind die sozialen
Stürme durch das soziale Oel der Kooperation zu stillen; sie
wird die wüthenden Wogen besänftigen, welche die Civili-
sation zu verschlingen drohen."
Erst dann, weuu alle isolirten Kräfte, die für sich allein
zum Kampf ums Dasein zu schwach sind, sich zu einer Gruppe
vereinigen, die in sich selbst nicht nur eine Stütze der eigenen
Kechte gegen die Stärkeren» sondern anoh die Energie und
die nOihigen Mittel znr Elrlangung der Unabhängigkeit finden
wird, erst dann wird das Gleidhgewieht beigestellt sein, das
die sidheiste Garantie f&r den sozialen Frieden bietet.
Die konservativen KationalOkonomsn mOgen mit Lbbot
^ Babbivo, X« McieA coopmUioe Ü pndmtiomt — Mibulo, 1889.
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Dritte« Kapitel. PräventivniMMr^ela.
185
Beaui^ü^ öügeQ, das8 der Arbeiter zu dem Werk des Unter-
nehmers, das jetzt auf die bürgerliche Klasse beschränkt und
von ihr allein ausgeübt wird, nicht geeignet ist; oder mit Triebs,
dass es für die Arbeiter gefährlich sei, sie mit ihren Erspar-
nissen in das Risiko des Unternehmers zu verwickeln: der
intellektnelle Fortschritt, don unsere Arbeiterklassen heute er-
reicht haben, giebt uns das Vertrauen, dass sie zu dieser Um-
wandlung reif sind.
Gewiss stehen Schwierigkeiten im Wege, und zwar in der
Wahl der Tludliieliiner, aowie in der der Dixefctoren, Tor allem
aber in dem Anfbrmgen der erforderliehen Kapitalien nnd des
Kredits; aber iBr die Bildung des Kapitals könnten ansser der
erhöhten Ftoorge der Arbeitsr selbst Konsum- nnd Httl&ikassen
sorgen, nnd für den Kredit bietet die Leistungsfähigkeit nnd der
Weräi der flbemommenen Arbeiten eine Garantie, besondeis wenn
die anf dem letsten Kongress dw Kooperativ<Genossensdiaften
angenommenen VozsehlKge, die anf einen Vorsohnss von 2*/»
des Arbeitsbetiägee nnd eine IdVo-Beserre der Löhne antragen,
Anerkennung finden. In der Bomagna sehen wir diese Frin-
sipien in grossem Maassstabe ükr die Bnclidmakerei*Arbeiter
dnrohgefiBlizt.
Wenn, die Arbeiter nieht in den Bssits grosser Betriebe
gelangen, so wird dodh das G^lnet der Kleinindostiie der
Kooperation immer ofien stehen (Rabbeno 1. c); dazn kommt
die von der Ersetzung des Dampfes durch Elektrizität erhoffte
Demokratisation der Industrie, welohe die Gebiete der koopera-
tiven Produktion immer weiter ausdehnen wird.
Die Ver])3anzung der Kooperation auf das Land wird
vielleicht eine Lösung der agrarischen Frage anbahnen, die in
Italien viel dringender ist, als die industrielle. Bei uns
haben dahingehende Versuche Moni nnd Rof:sr gemacht, wie
in Amerika einzelne Philanthropen, die in mehr als 60 blühenden
Dörfern, wie Oneida, Amana, Economy, unter der Form reli-
giöser Verbindungen vollständige Kooperativ-Genossenschaften
gegrttndet haben, in denen auf gemeinsame Rechnung ge-
' JLa ^imtim oiimirt au XIX. süUe. — Fum, 1882.
186 IL Tlieil. JunqHradens. Fr«»pbykxe det politiaohen Verbrechern.
arbeitet und der Yerdieost unter alle Mitglieder getbeüt
wird.
Immerbin bleibt noch viel zu tbiin übrig, bis die Tdee
der Assoziation un^eiMm Landvolk vertraut ^^worl^'n spin \\\"d,
und Iiis dabin begrussen wir mit Freuden div }-Psclitiuieiien
\ ersuche, die hier und da zur Verbreitung des Segens der
Kooperation gemacht werden. Unter diesen beben vrir die
ländlichen Darl ehnskassen von Raiffeisen ehrenvuU lier-
vor, die, von WiiLLFMBoi^i aus der Rheinprovinz nach Italien
verpflanzt, uns die Hoffnung geben, dass der gegenseitige Kredit
daä Landvolk vom Wucher befreien "wird.
Wenn wir nun zu der Kooperation der Produktion zurück-
kehren, so stehen wir einer Gefahr gegenüber, die die Arbeiter
selbst in ihrem eigenen Interesse vermeiden müssen: nämlioh
dsr der Degenemtion dvroh den Uebergang des üntenMliineaB
in ein speknletiTee, aei es dureh Erböhnng des Lohnee bei
▼ennehrtor Arbeit, sei es dnidi Eiinsohrfl&kung der Zehl der
Theillutber oder dnroli ZnsoUag eines su groesen Tbeiles des
Srtrages mm Kapital.
Welchen VortÜeil bAben denn in aolchem SUle — fragt
Labsallb — die altgemeinen ArbeiterrerbäliDiflee, wenn der
Arbeiter für eeinesgleidhen tbtttig ist, statt ftr das Unte^
nehmen eines Bonigeois? Nichts gewinnen sie, als Degeneration,
denn hier steht ein Arbeiter dem anderen £nndlioh gegenAber:
die Person ist eine andere geworden, die Sache dieselbe
geblieben.
Nun muss der Staat die Kooperation begttnatigen, indem
er sie Ton allen Fiskalitäten l^freit, die Vertrige im all-
gemeinen erschweren, und ihr unter bestimmten yoreiohtnnaam'
regeln die Ausführung (gütlicher Leistangen und Dienste
überträgt, wie diee mit gutem Erfolge in der Bomagna und
im Gebiet von Mantna auf Betreiben von Fbbsi dnrohgeaetst
worden ist.
4. Feinde der Arbeiterklasse. — Aber jenseits der
Lohnfrage, jenseits der Anstrengungen des Staates, der Kapi-
talisten und der Arbeiter selbst zur Lösung des Konfliktes
awisdien Kapital und Arbeit stehen die nnTerftnderliohen
Dil
DditM KAjpiteL FrilventiTOMUti^gelii.
18;
Gepptze der Natur nnd des Zufalles, die die Neigung haben,
den Arbeiter immer \sied«r ins Elend zurück / u->( u r/pu : es
sind auf der eiuen Seite Krankheit, frühzeitiger Tod und
Alter, auf der anderen Betriebsunfälle.
Die Wohlthätigkeitsanstalton helfen hier sehr wenig. Die
Hospitalverwaltung ist z. B. so kostspielig, dass in Frankreich
die Kosten jedes Krankheitsfalles auf 200 lire berechnet werden
— das Vierfache von dem, was er oiuor rrivatgesellseliatt
kosten würde. Die Sparkaiisen, wenn sie auch die kleinsten
Quoten aufnehmen, die Postkassen z. B., sind doch nicht im
stände, die Ersparnisse des Armen gegen seine eigenen Begierden
und Launen su sohützen, nnd geben ihm, wenn einmal das
Depositmn eisehOpft ist, keinen Ersdit.
SehHmmer noch — es giebt Institntionen, die den Leicht
sinn geradeni begünstigen, z. B. die PJkndhlnser» die soweit
geben, 9^/*% (in Paris)» ja sogar 14% an nehmen.
Nfltalieher sind solohe Kreditinstitate» die, wie die Banebe
popolari dem bedztngten, ehrliobMi Arbeiter mit Peiaonalkredit
m Hülfe kommen; aber de kleben an boreankmtiscben Formen,
stieben immer nadi grossen Spekulationen, kommen mit der
Klasse, die sie nntentfttaeii sollten, wenig in Kontakt und
kennen ihre Bedita&isse nioht.
5. Genossensebaften su gegenseitiger Hfilfe. —
Gewias konnten diese GeseUsebafton einen grossen Theil des
Problems der FttnKMge lOsen: in bestandigem Kontakt mit den
Arbeiterklassen und mit ihnen rertrant, können sie sowohl
schnelle, dem augenbliciklichen Bedürfnisse angemessene Hfilfa
leisten, als auch die Zukunft der fOisonglioben und sparsamen
Arbeiter siobem.
Baron^ bereehneft, dass, wenn alle Arbeiter IfiigUeder einer
Gesellschaft au gegenseitiger Unterstützung wären, mit einem
Beitrage von nur 20 Oentimee ^y$» des £lends aus der Welt
veisohwiBden würden.
Diese Verbindungen könnten, wenn sie Rerufs^enossen-
schaften bildeten, dem Arbeiter üQr den Fall des Arbeits-
— Fkrit.
lüQ II. Tbeü. Jurisprudenz. Prophylaxe des politiidien Verbreobeiu.
riKLTiLrrls Existenzmittel sichern. Kfbon Mounahi stellt sich
die gegenwärügeii Trades-Ünion^: und Ge\^ erlissvndikate, in
HandelsgeseUschnften umgewaudelt vor. die die Konzentration
der Arbeit zum Ziel haben und als solche ihr© Mitglieder in
gefkhrlicheu Berufsuilen und bei Ungliicksfälleu schützen uud
slo durch als Ereparnisse angewendete Lohnabzüge gegen
Kiiiiikheit und Alter versichern. Aber von diesem Ideal, das
vielleicht die Zukunft der grossen Arbeitervereinigungen bilden
wird, sind wir noch weit entfernt, selbst in England, wo ihre
Entwicklang doch schon soweit vorgeschritten ist. Die yiel
bescheideneren italienischea Gtesellsohaften zu gegenseitiger
Untontützui^ müssen, wenn rie sioh aiielL mit genügender
SehneUi^eii Terbieiien, und wenn eie mk Hhn Mitglieder
gegm die nadiÜieiligen Folgen der Krankheit Bohfitsen, die-
selben dodi im StifliL laaaen oder die eigene EzistonE riekiren»
wenn die Dauer der Xiaakheit das Dnrohaehnittsniaaae tlbe^
aebreitei
Deehalb mHasten ae iieh mit den Un&lle* nnd GMUir-
VeraiohemngfrGeaellachaftBn verbinden nnd filr Pensionen ete. E^
gflnznnge-Qnoten vbl gewinnen Boehen, die dem individnellen
Konto jedes Genossen gntgesohiieben nnd erent nr Kapitals*
Bildung, snr Lebensversiobemng anf den Todes&U Terwendet
wurden. Um rar Spaiaamkeit ro ermntliigen, mlisste die
OeseUsebaft im stände sein, gegen slnndge Hi%lisder Zwaags-
maasBTSgeln an ergreifen, wie Geldstrafen ete., die etat wieder
SU erstatten wären, wenn rie eine gewisse Höhe erreicht haben,
oder nur in bestimmten, regelmlssigen Perioden, z. B. alle
fünf Jahre — abgesehen von dem Fall eines berechtigten,
motiTirten fiedttrfnisses, wie a. B. Krankbeit, £beedbJiessnDg,
Umzug n. s. w.
Die Spareinlagen könnten dann da^u dienen, den Ankauf
von Wohnhäusern zu erleichtem und den Mitgliedern der
Gesellschaft bei Lieferauten, Handwerkern u. s. w. günstigere
Bedingungen zu sohafen, wodurch sioh auch das Eüsiko, daa
durch Gründung gemeinsamer Magarine nnd Werkstätten
entstol^ni könnte, vermeiden Hesse.
Ö. 6taat8Sozialiamns. — Aber die individnellen und
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Drittes Kapitel. Pr&veiitimuatregela.
189
koUeküveii BemühuDgeu genugeu jetzt nicht raelr, \\<> wir die
soziale Ungleichbeit immer schärfer hervortreten sehen, und
wir /.weifein nicht daran, dass der Staat bis zu einer gewissen
Grenze hier einschreiten muss ; er hat auch unzweifelhaft die
günstigsten Bedin^nngen dafür: er macht die Gesetze, denen
gehorcht werden muss, er hui billigen Kredit und kann das Geld
ebenso billig wieder ausleihen. Aber er darf die Sache incLl
übertreiben, da allee, was er den Bürgern mit grossen Kosten
leistet, den Anschein eines Geschenkes hat, und weil er sich
schliesslich denselben Schwierigkeiten gegenttbenehen würde,
wdohe auf poliÜMliun Gebiet dk Zentnlinning nach sieh
sieht: die Wohlthaton werden Ton oben her erwarte^ und
wenn sie dann kommen ~ nnsnzeiehendt dnroh die Bnreankratie
abfOBohwtcht, die thatrikihlichen BedHr&tBse nnbefriedigt
lassend — , sohaffen sie nichts, ala nene, grössere Miss-
Stande.
Der Staat reprtaenlirt die Kontinnität imd ut deshalb
der BesehtttMr der Sohwaehen nnd Httlfrbedfirftigett, aber er
ist dadnidh nicht rerpfliehtet, die ganse Mensohheit an be-
glflfll cf ni
Wenn er den Sehnte der Sehwaehen alhm sehr ansdehot,
vird die Sehwftohe, statt eine Ansnahme in der mensdhliehen
Q ee e ll s eh aft zu bilden, anr Kegel. Denn nenn Zehntel der
Menschen stehen an körperlicher Kraft, Vermögen oder
Charakterenergie hinter einer anderen Gmppe anrttdc, die
durch Erziehung, durch Tradition und dnroh ihr peisflnliches
Vorleben diese Vorzüge besitzen.
Dazu kommt, dass die Leistungen des Staates nichts
weniger als unfehlbar sind; alle Irrthümer der Politik, Ton
den Ohnstenrerfolgungen bis zur Inquisition, vom Despotismus
eines Calvin und Knoz bis zur Bartholomäusnacht und den
Verbrechen der Revolution, waren eine Folge der Verderbtheit
nnd des Egoismus der Staatsmänner und ihrer Ueberzeugung
die absolute Wahrheit zu besritzen, der sie das menschliche
Geschlecht unterwerfen müssten.
Einige glorreiche Ausnahmen abgerechnet, sind auch
unsere modernen Staatsrnftoner nicht besser geeignet, als ihre
190 II- Theil. Jurisprudenz. Prophylaxe des politischen Verbrechens.
Vorgänger zur Befestigung und Verbreitung von Wahrheit und
Gerechtigkeit
Sie maä grOBsteiiibflils HAnner der Thai; ihr GMum
fltrftubt aoh gegen geduldiges, iaa emaehw gehendes Sfodfaun;
oder, aohlimmer Booh, ne gehören einer Flaitei an nnd mOnen
deshalb bestinimte Yerpfliehtungen erftUlen, denen sie sieh
selten entaJeken können. (LiaoT-BBAüTXBii L e.)
Anch die Fsriamente aeheinen nieht im stände an sein,
diese LOeke anaanfOllen. Javbov, Ton der Biitiah Soeiety of
Legislation, weist naeh, dass Ton 1286 — 1872 daa eagliisehe
Parlament 18100 legislative Ifaassragehi votirt hat, Ton denen
vier Fonftel gana oder theilweiae wieder abgesohafit wurden.
Spracm sagt, dass in den drei Jahren 1870, 71 nnd 72
3632 frohere Ghsetae amendürt oder vollständig abgeschafit
worden sind.
Von 1870 — 1887 nahm dann das engUsehe ParlamMit
243 legislative Maassregeln von sozialistischem Charakter an,
nnd doch hat durch alles dies die wichtigste Frage, um die
es aioh in England handelt, die irländische, keine voUstindige
tiöSüng erfuliren.
Das darf uns jedoch dem Staatssozialismus gegenüber nicht
ganz skeptisch stimmen ; es steht, wie gesagt, fast, dass nur der
Staat Mittel besitzt, die miiohtig genng sind, um den Lebena-
bediBgnngen der verschiedenen Klassen nnd ihren Beziehungen
an einander eine andere Richtung zu geben. Denn wenn
geniale Reformatoren auch selten sind und gewöhnlich verfolgt
und verhöhnt werden, so haben wir es doch selbst erlebt, dass
höhere Intelligenzen, wie BiöMAECK und Gladstone, die Durch-
führung ausgedehnter sozialer ReformplUne versucht haben.
Die Zeil wird dem grossen englischen Staatsmann Recht
geben, der in der Ihsh landpurcha^ie bill den Ankauf
irländischen Bodens zur Verthoilnnp' an die Farmer vor-
geschlagen hat, die nach 4'.* j Lht i^^t r Zahlung des Fachtsmses
Eigenthtimer des Landes werden s illen.
Das war nicht nur ein Akt grossartiger Politik, sondern
im Grunde auch ein Akt der Grerechtigkeit eine Entöchiuligung
der Irläuder für den ihnen von Heu^eioh IY., EubABüTB,
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Dritt«« KapitaL PrftvwttvmMMnfebi.
191
Cbomwell und Wilhelm III. zugefügten Schaden, und doch
fi(fl diese** T riteruehmen mit seinem Urheber der vieileioht nie
ao ^oäs gewesen war, wie an jenem Tage.
In Indien hnt EuL'hind eine ganz andere Politik verfolgt,
wai* es nicht zu i ertueu hattt* ; hior war durch eine Reihe von
Gesetzen dafür g|■M)!^^^ daas der Besitz des Bodens aus den
Händen des Eigenihurners in die des unglücklichen Ryott
überging, der ihn vorher, ohne Vortheil davon zu haben,
bearbeitete, und der nun sein eigenes Land mit Liebe und
Eifer bebaut, um seinra Ertrag zu steigern, den er selbst
genieeet.*
Alles das beweist uns, daas nicht alle Reformen, die unsere
Gesellschaft für uiiausf uIü oüi Luit, eb in der Thut uucli siud,
xmd dass auch Rechte, welche für absolut unantastbar gelten,
Einschränkungen erleiden können, wenn es sich um den Vor-
fheil Aller lumdalt
Wieviel BSade nnd nidit gegen die KoUektivüten au-
aammengeeohrieben voiden; und doeiht wtre es moht denkbar,
dies die elten Ideen, mit denen wir yollgesogen mnä, unter
dem ifliwflw«* ihrer Iheoxien ine Sohwanken kämen? Waixim
ktante man ilmen nieki als ultima ratio den von Donhat
angegebenen Yoneblag maohen: „Wflklt eneh einen Distrikt
und maoht dort Propagandai e^llrt eure Doktrinen, und wenn
es eneli gelingt» eine genOgende Ansaki von Bflrgem an ttber-
aengen und eneh ikzes Anhangea an Tezsielieni, dami verlangt
die EonaeBsion eines bestimmten Gebietes in irgend einer
Kolonie, wo ' ibr ungehindert eure Er&hmngen maohen
könnt."
«Die grossen Interessen der Menschheit, " sagt Stuart
Hill, „verlangen heatantage, dass alle fireiwilligen volkswirth-
sehaftliohen Experimente antorisirt werden." Wenn das
ExpeamsEnt missling^ so wird man den herrschenden Klassen
nicht vorwerfen kOnnen, es aus eigsnnfiiaigen Gründen unter-
drttekt an haben, und gLtlokt es, so werdsn sie sieh überlegen
^ Dl LimiAV, 12mtihm Oriart tt Is colmiMioii siodenM. (Bevoe
Sdentifiqae^ 8. Juni 1688.)
192 II.Theü. Jamprudeu, Propbyl»xode«politt«oti«iiVerbreoheiic.
müssoD, nb es nicht aus Gründen der Selbeterhaitaag an«
zuuehmeii ist.
7. Erbrecht. — Aber die Betheiiigung der Regierung
darf, wie wir schoD hervorgehoben haben, nicht hloi^s passiv
sein; es giebt Hindernisse im Gesetz, die der gleichmtlssigen
Vertbeilang der Güter im Wege stehen und die die Regierang
forträumen mii^te.
Das gilt vor allem für das Erbrecht : es genügt nicht, daas
die Majorate und dua Recht der todten Hand abgeschafft sind,
— was seinerzeit als eine unerhörte Kühnheit galt; es genügt
auch nicht, wie man yorgeschlagen hat, die Testirfreiheit zu
erweitem, am dui'ch Erhöhung der disponibeln Quote die
peisOnUehe InitiatiTe und Thatigkeit der Kinder anzospornen.
Die Institution selbst wird angefochten, — nnd nidit <^e
Gbond — als einer der Faktoren der nng^eiolien Besits*
Tertheilung.
JjABBAhtR nennt sie mit Beobt eine Ton der Goeoltoehaft
wiUkflrlioli getroffene Einriehtnng, da hentsnisge Niemand
mehr an die Fiktion glanl»t, dass der Wille des Testators im
Elben fortlebt, womit man das Dogma der Unsterbliehkeit
beststigen wollte.^
Nun könnte man das Etbreoht mtbeidigen und anfreoht*
erkalten, indnn man anfahrt, dass es die Bande der Familie
zusammenhält, die den Kern der GkseUsefaaft bilden; aber
wenn ea auf Personen llbeigekt, deren entfernte Blutsbande
die Anspraohe auf ein unvorbeiges^nes und oft unverdientes
G^lttok nicht genügend rechtfertigen, so muss der Staat inter«
▼eniren und das Erbrecht zu Gunsten der Armen unterdrücken.
So sehen wir in Russland jede Erbschaft, die niokt direkt
vom Vater auf Kinder und von der Ehefrau auf den Mann
übergeht, dem Staate zufallen. In Frankreich biaobten im
Juni 1884 die Deputirten GxaABD, Uabxt, Laoubrre und
R^viLLON einen Gesetzentwurf ein, in welokem sie verlangten,
das £rbfolgereoht awiscken Verwandten jenseits des vierten
* S. WsiLL^ooTT, F. LmaBes lOm md Werlte, (It«]i«iii*oh,
Muland, 1889.)
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I
Drittes Kapitel. Prävuutivmaassregeln. 193
Grades sn vntexdraokeii und die firbschaften mit einer pro-
gressiyen Steuer Ton 1— >60% zu belegen (anaaer denen tinter
20000 Hark, die zwei oder mebieren Kindern m&llen). Die
hieiaoB entstehendeii EinkOnfte aollien von Staat und Komnivne
an dem Zweeke Terwendet werden, die Hfll6>Ea8aen an nntei^
attttaen nnd die Stenern an verringern.
Dieaem Entwurf Ton Oibabd war aohon im Mftra 1884
ein anderer, maaaBTolleier Torangegangen, dessen Urheber
OotJTUBiBB nnd adbtsig andere Depntirte waren, nnd der das
Verlangen enthielt, eine Kasse snr Yeiwngnng verlassener
Kinder an grflnden nnd das Erhfolgeieoht Aber den asdhaten
Grad binana an nnterdraeken.
Wir nnserexseite glauben, daas man ein System annehmen
kftnnte, welches die Anhflnfnng allau grosser Reiehthflmer in
einer Familie verhinderte. Man mfiaste die kleinen Erbsobaften
schonen und durch eine Besehrftnkung der Zahl der Erbfolge-
berechtigtem die Ursadbe jener Verbrechen aus Anlass von
Erbeohaften ans dem Wege rftnmen; dass diese Vergehen nicht
an den seltenen gehören beweisen uns aahlreiche Beispiele
ans der rt^mischen Kaiserzeit, wo die Franen durch Gift ihre
Witwensohaft beschleunigten, und aus der Zeit Ludwigs XIV.,
wo man sich der sogenannten „poodrea de suoosssion''
bediente.
Zu diesem Zwecke könnte man die Erbschaften nach
ihrer Grösse in fünf Kategorien theilen, von denen die kleinsten
gar nicht, die kleinen nur wenig und die übrigen in auf-
steigendem Verhältnisse besteuert sein müssten, von einem
mittleren Satz von 10% an bis zu 80%. Entfernte Verwandte
und £?anz Fremde müssten von der Erbfolge ausgesrb lotsen
»em, wie s in Rn^sland der Fall ist. Schenkungen müssten
annullirt ^^ r i( ti, ausser denen für philanthropische Zwecke.
Wir smd uberzeugt, dass unsere Vorschläge sich sehr
wohl daau eignen würden, die grossen sozialen Ungleichheiten
zu b^eitigen. ohne dabei die Entw icklung und Befestigung des
"Werthes individueller Thätigkeit zu stören.
8. Steuersystem. — Auch die Steneryiolitik ist ein Werk
des Ausgleichs, desseu Bich, der Staat bedienen muss, zunächst
UHmoaa, Pott&^ar VtrtmdMr. IL 18
I
194 U.Tbeii« Juhipnidenz. Prophylaxe des poliÜsohea Yerbreoheni.
zur Erleichterung der relativ am schwersten von Steuern be-
troffenen Klassen, indem er die Grenze des steuerfreien Ein-
kommens höher iuüauiruckt und die Steuern aus fundirtem
Einkommen erhöht, mit proportioneller Steigerung in den
höheren Stufen. Gewiss kann der iStaat nicht aul' Hüfsquo'leu
veraichten, die er nothwendig hrauoht, wenn auch ujiter mugiiclist
geringem Eingreifen in die geseUschaftlichen Verhältnisse ; aher
es ist ebenso gerecht, daa die Beidkea im Verhältniss zu ihrem
Besiti m d« Aii£reohteEbaltiuig des ganzen Schutz- und
GanntieoigaiufiiniB, doi dw Staat com aUgcmaiiMn Baateii
mit fffmea Opfern vnteiliilt, beitragen, wobei jedoeh die
aUgemeine Entwicklung des BmobtbimiB niebt gebindert W€P>
den dail
Dam wfliden aller ' WabiBobeinlibhkwt nadi maaobe
Voiachlige fttbren, die TOin Zeit an Zeit gemaobt werden —
wie der einer piogreBaiTen Steaer in ibrar eztremston Foim,
oder wie der Iümibbb» der eine Steuer von so nnd soviel %•
Tom nnbeweglicben Kapital verlangte^ wodnroib man das Kapital
in seinem 'vitalsten Elemenie treffen wttrde, oder noob mebr
die ladibalen VonrabUlge Hbmbt Omoam^^ der die Lfienng
dieser Eiage einaig in der Konfiskation der Grandrente aiebt
nnd BAnofNs', der die Ezpropriinuig der gegenwirttgen BedtMr
verlangt nnd eine Vertbeilnng des Bodens dsiartp dass jeder
soviel erhält, wie er ananntaen kann.
Diese VorBeblige würden jedoch allzu tiefgehende Ver*
ftnderungen in unseren wirthsobafilltobeQ Zuständen herbeifftbien,
nnd deshalb sind sie, wenn sie auch die allerbesten wflien,
niobt anwendbar, weil, wie wir sobon betont haben, Beformen
immer langsam und dm Zeiten angepasst sein mfiasen, mn den
Misoneismus nicht zu verletzen. Anob Hessen sidi ja nnter
Beibehaltung des hentigen Systems eine gsnae Anxabl niobt
unwichtiger Reformen einführen: so z. B. wie wir schon an-
deuteten, die verhältnissmassige Erhöhung der Steuer auf be-
wegUdien Besitz, sobald er eine bestimmte Höbe des Kapitals
' i'i oyrciy» and S^nerty- — New-Tork, 1882.
* Bjfgiine »oetak anun le paujpMme, Paris, Aloan.
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DvittM Kapitel. FktvwitivBUMNgdn. 195
abenfeeigf^ dma die ErlM^tonm; der Stoner anf die nofli>
vMidigilMi Lebenimittel, und eine Tollständige Anfhebmig der«
eelben ftr KonsimiTereiiie» wenigateiu im AsAag ikiea Be*
tbAmm, Ersatz der den kleinen Gewerbe* und Haadeketend
am schwersten belaitonden Abgaben durch andere, etwa nach
Art der auf GmoiB Yorsohlag in Paris eingeführten, die in
einer gewissen Quote ron jedem Tausend cl s ^lliethswerthes des
GhMohttftslokales und aller selbständigen Etablissements besteht,
neben der Abgabe von alkoholhaltigen Getränken, deren Be-
deataag auf dar einen Seite die einer hygienischen auf der an-
d«en die einer gegen Revolten vorbeugenden Maassregel wäre.
9. Arbeiterschutz. — Dazu kommt die Verpfliolitang
des Staates, ftlr Gesundheit und Leben seiner Bürger zu sorgen.
Die übertriebene Spekulation der Industriellen und üntemehmer
darf nicht die Existenz und die Gesundheit ihrer Untergebenen
gefährden; deshalb niuss der Staat auf die gefahrlichen Gewerbs-
zwei?e. auf allzu gromf* T^eUoninstrengung, und auf die Gefahren
der Konstruktion immer ein wachsames Auge haben. Hierzu
gehört eine genatiP Kontrolle der Dampfkessel, der Trans-
missionen an M:i> 'liirK n, der Ventilation ^ow!*> de« Raum-
inhaltes der VVerkätftttea, und vor allem die Üegelung dvt
Eönderarbeit.
Es giebt heute in ganz Europa nur ein Land, welches die
Kinderarbeit in Fabriken nicht in allgemeiner Weise geregelt
hat, narulieh Belgien, wo man sich darauf beschränkt, die
Berg Werksarbeit von Kindern unter 10 Jahren zu verbieten.
In Italien ist die Arbeit von Kindern unter neun Jahren in
allen Erwerbszweigen verboten. Zur Bergwerksarbeit dürfen
nur Kinder über zehn Jahre benutzt werden, und die Arbeits-
zeit darf nicht über 8 Stunden ausgedehnt werden. In diesen
beiden Ländern ist die Bevölkerung sehr dicht und der Lohn-
nts sehr niedrig, so dass das meneeUiehe Gefbhl ron der Notli
znrttekgedrftngt wird.
Li Niehenm Landern giebt ei eine viel grösMne Antthl von
Btelimmnngen Aber diesen Gegenstsnd. 80 dUifen in Dentacb'
land Kinder nntsr 12 Jabrsn gar nicht, Kinder awisdien 12
nnd 14 Jahren nnr seohs Standen tagUoh arbeiteoi wflbrend die
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196 ILTheil. Jtirigprud«az. Prophylaxe dea politischen Verbrecbeiu.
Arl eitfcizeiL bei Kindern über 14 Jahre auf sechzehn Stunden
erhöht ist. Ausserdem ist hier den Kindern die Sonntags- und
die Nachtaibeit verboten.
In Oesterreich ist die Arbeit \ (m Knideru unter 14 Jahren
nicht gestattet, und überdies ist die Arbeitszeit für Alle —
Ausnahmen abgerechnet — auf elf Stunden festgesetzt; ferner
lat den Frauen die Isachtarbeit verboten.
Jn Eüglaud dürfen Kinder zwischen 10 und 14 Jahren
nicht mehr als 30 Stunden in der Woche arbeiten. Junge
Männer zwischen 14 und 18 Jalii«B« aowio Fnnfln d^en in
der.,TextiliiidnBtrie [luoht mebr ak 56Vt Standen, in andern
I^bfliken und Werlntfttten nichi mehr als 60 Standen wOehent-
lieh arbeiten. Anasexdem ist die nftehtUehe Aiheit nnd die
an Festtagen Terboten.
In Erankreieb nntecMbeidet man hei den Kindern awisdhen
12 nnd 14 Jahren Boldhe, die keinen Elementaronteineht ge-
neesen haben nnd nioht mehr als seehs Standen arbeiten dflrfm,
nnd aolohe, die diesen ünterrieht genossen haben nnd dezen
Arheitueit anf swölf Standen anagedehnt werden kann. Ferner
dürfen alle Knaben bis zum 16. nnd alle ICfidchen bis zum
21. Jahie nnr hei Tage nnd nnr 6 Tage in der Woohe ar-
beiten. Der Arheitslag ist in Frankreich ftr alle Arbeiter anf
awölf, in der Schweis anf elf Stunden festgesetst.
Wenn der Staat nun noch die Arbeit yon Kindern unter
12 Jahren in Schmiedewerkstätten verbietet, die Arbeit der
jungen Leute zwischen 12 und 16 Jahren beschränkt, die
Nachtarbeit für Minderjährige verbietet, und eine obligatorische
Sonntagsruhe fdr sie einfElhrt, dann hat er seine Pflicht gethan»
ohne der Nator der Binge nnd dem Bedite des IndiTidnnms
Gewalt anzntiinn.
Dieses Kecbt besteht für die Erwachsenen in der freien
Verfügung über ihre Zeit nnd ihre Kräfte unter der einzigen
Bedingung, dass Andere dadurch nicht geschädigt werden.
Sonst müsstc die Regierung den Arbeiter für den Arbeits-
ausfall, den sie ihm auferlegt, eiit^chüdigeu, wobei schon die
Festsetzung f>iues Einheitslohnes für die verschiedenen Geweibs-
zweige grosse Schwierigkeiten mit sich brächte.
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Drittes Kapitel. Präve&tivmaanregeln.
197
Dasselbe gilt auch für jene Vorschlägo, welche eine inter-
nationale Gesetzgebuntr für den Arbeiterschutz verlangen. Sie
vergessen, dass für Arbeiterbevolkerung Verlängerung der
Arbeitszeit eine HüUaquelle darstellt, wie in Belgien, llalinu
nnd einem Theile Deut<?chlands, und noch mehr in Indien,
wo man sonst die Konkurrenz reicherer Länder wie Englands
und der Vereinigten Staaten nicht aushalten könnte (Leeoy-
Beaulieu, 1. c). Es giebt nichts GeftdirlichenB als das Ein-
schreiten des Staates da, wo nur die Achtung yoor diiii Kon*
trakt und ror penOnlieher Freilioit nnd Yeraiitiroriliolikeit
gelten sollte. Dun geihOren endi die olfisiMen Lohntarife, die
Ton Manohen so warm empfohlen woden, bei denen jedooh die
Uebelettnde die geringen Vorzüge sieherlich aberwiegen wfliden,
da die Arbeiter durah sie dahin kftmen das, was nur eine
KouBtatining sein aoU, titt ein üiCheil aosusehen, und da sie
erbittert weiden wlliden, weil sie alle Lohnherabsetrangeo, die
unter dem Dmok der Konknrrens hingenommen wcvden mfissen,
als eine abeiohtliche Sehfidignng betraditen wflidoL
Man bat in Ftois gesehen, wie ttt gewisse Arbeiter-
kategorien der Lohn auf & — 14 Franos tllglioh festgesetat wurde
und dann in der Ftaads aur grossen BmpOmng der Arbeiter
um 16, 20 und 26 % hembsank.
Bbenso wenig glauben wir, dass die Idee der städtischen
Bureaus für Arbeitsnachweis zu untenttttzen sei, die in Pteis
in der Arbeits-Börse realisirt worden ist, dort aber zu einer
blossen Wahlmasohinerie wurde, die einen neuen Parasitismus
schuf und Anlass zu Misshelligkeiten gab. Die Idee, den
Axbeitsmarkt in einem Ptmkte zu konzentriren, ist gut, und
wir sshen mit Vorgnflgen, dass sie auch bei uns warme Auf-
nahme findet; auch ist diese Einrichtung für grosse Industrie-
pUtze ein dringendes Bedürfniss; aber die Administration und
Keglementirung einer solchen Börse müsste ausschliesslich der
Initiative der Arbeiterrereine nnd philanthropisoher Verbindungen
(überlassen bleiben.
10. Staatsversichei'uu<^'. — Deshalb glauben wir nicht,
dass der Staat sich mit anfroren Formen des Arbeiterschutzes
beschäftigen sollte, als durch seine Interrentioo, da, wo mangel-
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198 II. Theil. Junsprudenx. Prophylaxe dea politischen VerbrecbeoB.
halt» FOiBoig» £ar die Ziiknaft obwalte om dvi Somlimuis der
Stna^ durok einen gesonden SodaUtmna la enetsen, und w
ftllem dieVendehtrong sa erleMkttni und obligatoriMk sanadien.
Dadwoh wiid er, wie SohIttlb' sagt, die AfbetienDaaeen
▼OD dem Flvehe der Sorglosigkeit b efe i i i B , ebenfo wie er ate
dnicli den obligatocischen Untanielit rvt. dem der UnwiMMilMifc
Igemaeht
Die NationalOkononien haben gnt aegen, daaa man den
Arbeitem eelbat das Vetdieaafc der Anstrangiuigea l&r ibre
Emanaipation haien soll; die Jfittel aar Vertieherang ibnr
Znkooft können «ie doeh enudf und allein ihrem Ldrn ent>
nehmen» der oft nioht welter feieht» ala filr die notiiwendigaten
Bbnatanabedttrfiiine, und der weder in Beang auf Hobe nook
auf Daner Bieber atehi
Das gilt auek f&r den Voiiaklag, die yeraidiemng der
freien Konkurrenz der Versieh ernng ag ee e llschaften zu über-
lassen. Wir zweifeln ja nieht dann, dass viele solcher G-eseli-
sehafteu dem Pablikom eine genügende Garantie der Soliditftt
und Gewiasenkaftigkeit bieten ; auch erkennen wir mit SalaIIDRA'
an, dass die private Yersichening immer eine Vereinigung von
Kräften darstellt, die ihren Mitgliedern grosse Ökonomist
Vortheiie au bieten im stände ist; aber die Arbeiter sind im
allgemeinen nioht in der Lage, daran theilznnehmen, und
deshalb hat der Staat, der die wirthschaftlich Schwachen
unterstützen soll, die Verpflichtung für ihre VerBiokerung gegen
die Gefahreu der Zukunft Sorge zu tragen.
Tu diesem Falle würde das Eintreten des Staates eine
rationelle und zweckmässi[rf Aendening der gesetzlichen Armen-
pflege bedeuten oder, wenn die Industrie die auf ihr liegenden
Lasten nicht zu tragen vermag, eine ihr gegebene direkte Sub-
vention, wie der Staat ja schon Exportprämien zahlt und die
nationale Industrie durch Zölle schützt'
^ ScBlpru, XapiteUsmas and Sonaliamna, 1869—1870.
* Lo Stato assicuratore. — Nttova AnMogia^ 1. Juni 1881.
* Vgl. IIaxeola, U., Vasricmaeiime deqH opm» in Gtrmania. —
Koma. im.
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Drittes KapiteL PräveativmaaMregelii. . 1^
In Dentsokland, wo die Initiative Bismarcks die Unter-
suchong dieser Fragen begünstigt hat, befürwortete Arendt^
geradtan «m allgematne Veraidiening aller Bürger gegen
Knnkhoiai, Alter und gegen AriMUamifiÜiigkeit, gleiokTiel
w^lfllMi tTiBpaninges, dwen MtOM ia Pom dner Kkommmip
fltoiMf null MMF den ttbrigcn direkten StenMii analogen
fiilMlMiiigtwais» arhobtn und don Fall, daas de äm Bedfiif-
niflaan dar Yaiaobaraiig oicht ganz genügte» ans dm übrigen
StamtwiPlrttoftap ergänaft waiden aoUfa.
Die gttringaten StomenStw MUtea in wüahent&ekaa Raten
▼on 25 Ffbimigcii oiImiImii wardan und doNli dia OamaiBda'
verMug oriaaaaD wardaa kflonan. Jadio&lla aoUten die an
den xuadrigaton Staf)» d« SteaMeiMC Yanuilagteii kana andara
Ijaat tiagaii ala dia VanielwrBiigBpaiiirift Die duck einen
Taiif featgeaeteten üntentotenngen aolhan daa Mininiiim der
Labenabedflifiiitta uolii überMsbreitoB imd da^ vo für diese
gesorgt ist» nielit bewilligt wetden. Nadi Axum aoUte diea
Syt^bum nur den anteiateii Klassen zu gnte kommen und saina
ErgiBsnng durch entsprechenden Arbeitsnachweis fiir Beschäfiti*
gnngaloaa nnd Invalidea finden, auf dem Wege öfPentlichar
Arbeiten oder auf Anweisung von Kommunal-KommiasioBen.
Dieses Systera würde freilieh mehr eine Form der Armenpflege
als eine aoUie der Yersicherang darstallen und einen Theil der
Bevölkerung belaatao, dem seine Vortheile vexaagt blieben;
feiner wtida ea aekr abweiohanden Auf&ssnngen Ramn
gaben nnd enormer Willkür, vor RÜem in der Beurtheilung
der nicht imek pkyaiaehe Unfiüügkeit bedingte» Acbeita-
loBigkeit*
In Beziehnag auf die Arbeitslosigkeit muss die Versiche-
rung sich auf Fälle wirklichen Nothstnndes beschränken und
auf die direkt betroffenen zur Sf^lbsthülfe unffthigeu Kiassen,
bei der gegen wärtigeu Organisation der Industrie, wo der
Unternehmer die Arbeitsbedingungen bestimmt und den Gewuun
^ Arendt, Allgemeine Stantävorsicheraog und TeilioheruDgssteuer.
Leipcig, 1881. — Derselbe, I>ie fieiohsimfidlTeniobenmg. Leipng, 1^01.
* VgL Salaxsaa 1. c.
200 XI. Tlieil. Juriaptrudaiu. Frophylaate dos poUtiaohen Verbreokeni.
einstreicht, ruht auf ihm die Last des Schutzes der Arbeiter
vor den Schaden, denen sie sich durch den ArbeiLs\ ertrag
aussetzen. Dasselbe gilt für den Grundb^itzer gegenüber seineu
Häuslern ; jene müssen den Arbeitern eine Fürsorge octroyiren,
welche diese bei ihren beschränkten Mitteln allein nicht be-
thätigen können. Man sagt, die Arbeitgeber würden sich durch
Luhnreduktion schadlos halten; dem liesse sich durch Nicht-
interventiün bei Arbeitseinstellung begegnen, und dadurch d.is
Sinken des Lohnes unter ein Niveau hindern, dessen Grenzen
die Hnmamiftt bestimmt, w«nii die wiithsehaftlichen Verhält-
nisse sn seiner Bestimmiing niobt genügen.
Daa deutache G^esetz yom Jahre 1884 schuf bekanntUch
ala Yefneherangsorgane die Beroüsgenosaenaduiiftan, eine Ali
GegenseitigkeitsgeeellsdbftfteD, «relohe die snr Veisiolierung ver«
pfliohteten Unterneihiner bilden, und die alle einen tansend
Hark niobt flbenteigeiiden Lohn benebenden Arbeiter un-
fiusfcen. Dadnxdi wird der Anepmeh, die Veteiehflinin; obli-
gatoriaeb sn maeben, viiksam. Sperielle Beetimmnngen fixiien
die Subvention im Falle TÖUiger oder theilweiaer AibeitS'
nnfidiigkeit; so» setMn sieh ans den Eurkosten nnd einer Rente
anBammen nnd fiaren die fär den TodesfoU der Witwe nnd
den Waisen zukommende Pension; die Mittel werden dnroh
die dem Lohn der Yeisioberton proportionalen nnd nach Ge-
fthrenklassen weiter abgestoften Beittflge an:^lHnM3!ht Straitig>
keiten fiber die Hohe der Beitige sind dem ordentUehen Biebter
entzogen und im Interesse des guten Einvernehmens zwischen
Kapital nnd Arbeit einem besonderen Schiedsgericht überwiesen,
YOn dessen Mitgliedern die Regierung einen kleinen Theil er*
nennt, während die übrigen durch Arbeiter nnd Arbeitgeber
gebildet werden. Im übrigen steht die Berufung an das Reichs-
▼ersichemngsamt frei, dessen Mitglieder meist Beamte sind,
und das die An&icht über die gesamten Bemfagenossonachaften
fahrt
Offenbar setzt dies System eine kräftige Entwicklung
der Industrie voraus; wo diese nicht existirt, müssen die
Arbeitgeber, nnd mit ihnen der Staat, die Arbeiter gegen Un>
fälle jeder Art bei einer nationalen Prävidenzkasse versichem,
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Drittes Kapitel. PraveaUvmaassregein.
201
welohe dieee gmuBolita y«i8ieh«niiig sulflast, oder aaoh bei
FnTatgesellBofaflfiteii. Bin strenges Qeseb mOsate die Vesent*
wortliohkeit dee üntemelime» Imi ünfiUlen beetinmeii und bei
ZnwiderbaiidluDgea Strafen und eyentuell EotBiehiiDg der Bnt-
sebädignng androheo.
11. Ana Wanderung. — Die Abnalune des Verbrauohee
sagleiob mit Ueberprodnktion, die zum Sinken der L&hne
fahren mosB, wird sieh bei der wachaenden KonkiuiemB auf
dem japanisehen, ehineaiaeihen und amerikaniaohen Markte
immer mehr steigern nnd bildet eine wichtige TJnaohe des
Arbeiterelends, oft amih des Intemationalismns ; deswegen mnss
die Answandenmg eneigisoh b^gOnstigt werden, am besten die
zeitweise Answandsrong aus Tolkreiobeii in dfinnbevolkerte
Distrikte des Landes nnd schlimmsten E^lls naoh Welt-
gegenden, wo wir, wie in A£nka, anf einigermaassen sidieren
Erfolg leohjQien können.
Das in Baden durch das Fallissement der grossen Fabri-
kanten bedingte nx^ebeure Elend milderte sich nach der XxOf
Wanderung von mehr als 12000 Arbeitern in den Jahren
1B51 — 58. Lord Debbt ftnsserte sieh in dieser Beziehnng
folgendennaassen :
^Wenn wir in unserem Lande immer £rai waren von den
üebeln, welche die Geeeilsohaft drücken, so kommt das nach
meiner Ueberzeugung auf Rechnung der Schleusen für unsere
Bevölkerung und unsere Industrie, die wir jenseits des Meeres
besitzen." Freilich hat England den unormesslichen O/.eau,
die Welt als Wirkungskreis für seinen Bevöikerungsüberschuss ;
Amerika hat ungeheure, noch nicht angebaute Strecken Landes :
Italien bat nur seine Küstenschiffahrt und die durch Tradition
und nachbarliche Beziehungen bestimmten Kolonien. Machen
wir aus ganz Italien Das, was einst Pisa und Venedig waren
und heute Genua ist, lassen wir die Lebensgewobnbeiten der
ligurischen Küsten und der Veltliner Berge in Toskana und
Sizilien heimisch werden, und wir werden dort auch denselben
Reichtbum haben. Freilich darf die Initiative nicht Speku-
lanten zufallen , sondern wir müssen sie in der Hund neu-
entstandener pkiiuuihropiächer und kommerzieller Genossen-
202 U.TbeU Juröpnkleiii. iProphylaxedMiwUiwoiMn Verbrat
Schäften sehen, und vor allem unter dem Auge der Rpcierung",
die durch ihre Konsuln und ihre Munnt- allein im -Stande ist,
Kolonieen zu schützen. Die reichsto italienische Kol'uup i«t Süd-
ameiika, wohiu die italienische Tradition weist. Leiolitt-r wäre
es noch, zu den Küsten und vielleicht zum Zentrum Afrikas
zu gelangen. Seme BevolkHiuti<; übersteigt nach Stanley
140ÖO0OO0 Einwohner; es ist überreich an Naturerzeuguissen,
Metallen, Kohle, KaflPee, Gummi, Oel. Guttapercha, ElfeDbein,
Häuten, dagegen fehlt jede raanufakiurale Thätigkeit. Daher
der primitive Tauschhandel mit Rohprodukten, der nur eineu
Ahzugc-kaiiiii \i ilangt. Dazu w urde eine Eisenbahn genägen,
die man von Zanzibar auä für 000 000 l'ranos hauen
könnte.
DImw Handel ist der einxige, der uns fdr den verlorenen
ohineiisolieii und jupanisohen Marici entsohid'gen kUsute, und
den wir bei nsaerer geograpbisehen Lage bebaapten kOnateii
gegenflbar Bngland, dessen grosse DamplnflotU mi» vtm allen
Kfiston Teidrängt. Das Meiste aber mQsseii wir su Hanse
thun; wamm gestatten wir, dass ganie Be?Olkwimgen in Ser>
dinien in nnterirdisehea Höblen wobnen und sieh im Ejunpf
um den Qemeindeacker zerfleiseben? leb fttbve hier die Ans*
sage des Staatsanwalts in Lneera an:
»Wir müssen die Yerbreoben am Gkogano ▼eniagem,
die Meuteieien unter der BerOtkerong von St Angelo bindemi
wo man das Volk anf den Stiassan mfan hOrt: Nieder mit -
den Beamten! Wir müssen neue Biyasionen des Velkes am
Lesina'See, in Oapmo md Oaatellncoio bindern, die eobon
viele FkoMsse mit Hunderten von Angeklagten Teranksst baben,
aber dazu gebort die Paraellirang der Dominen nnd des
Gtomeindeaokers. *'
12. Haftpflicbtgesetz. — Da yorbengeade Maassrsgeln
immer den Yonrag yerdienen, muss ein jSepteesionsgesetz an-
genommen werden, das sum Schadenersatz an den Verletztea
verpfliobtet, so lange der Schaden bestebt. In unserer Zeit,
wo die grosse Industrie nach immer weiterer Entwiekbiag
drängt, ist ein Ilnlallge.sets ein dringendes Bedttr£uss, sei es
in Verbindung mit d«: Zwangs^ersiebenisg, sei ee filr sieb
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DritiM Kapitel. PlrivamtfyiniMMigalii.
allein, um die Arbeitgeber zu freiwilliger Yeruchemn^ zu
Temnlassen, und zum Schutze des Arbeiters vor Bethebft-
unfäUen. Diizn genügt die gewöhnliche Gesetzgebung nicht;
vielleicht besteht d^r eigentliche legislative Fortschritt in der
Differenzirung der juristischen Ideen uuter ihrer Anwendung
»uf die Gebilde dos Gesellschaftslebfns. In dem speziellen Fall
der Betrieböuufftllu berührt die Schuld so viele Stadion, uud
die Beweisführung^ erfährt so viel Modiükatiuuea, dass das
aligemeiue Gest iz hier nicht ausreicht.
Was die Bevs eislast betrifft, so scheuerte bekanntlich in
der italienischen Kammer, wie schua vorher im französischen
Senat, ein Haiipliichtgesetz an der Bestimmung, dass dem
X nternehmer die Rolle des PrÄsumptivschuldigen zufhllt, wenn
er nicht den Gegenbeweis führeii k nnte; damit wulltt« mau
die iu Ut'utschlaiid liervoi^treteiieu ^ili-'^^tande vermeiden, wo
die Boweisilaht dem Verletzten ublag uud äusserst drückend
wurde; aber man verfiel in den entgegengesetzten Fehler,
bereitete der Industrie ernste Verlegenheiten und verbittert»
die Bexiehongen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnelimer.
Das G^esets mioi gereoibt sein, wie des es belebeode
Brinsip. Ei edbidert ein eiHfedhee mnd leiditee Beweis»
ver&lueii und die S^zimng der BntBehid%ttng ftlr den Ver-
«agllkkten oder seine Erben snf der Basis der Billigkeit
Es mss den Untemeluner firei amgehen lessen, wenn er i)lr
die Vexsieheraag seiner Arbeiter geaoigt hat, wenn den Yer^
nnglftetten eine sebwevs Sohnld trifft oder der EJn&ll dnreb
foroe augeue, also onabbftsgig von der Natur dssUntemehmeos,
m Stande gekomsMii ist'
13. Invalidität und Alter. — Wenn die YersiehenuBg
gegen die Invalidittt als unmittelbaren oder outtol*
baran Eflbkt der Arbeit eine weitere Entwiekhing der
Ua&Uveniebemng bildet nnd Gegenstsnd eines besond«en
Gesetses weiden kann, knflpfl die Altersversicbening an ein
ellgemeineres BUligkeifsprinzip an und kann keinen obliga-
* Vgl den Becidit Brof. Fmeabm, betrefl^ ein Ftojekt einei
GiMtin Ober UagliiekifXUe^ 1889.
204 (LThcil Jnropnideiut. Pn^ylaiw des politisohen Verbrechea».
torischen Charakter annehmen. In der That sind die Wechsel-
fälle in der Industrie so gross, die Arbeiter wechseln so häufig
Arbeit und Arbeitgeber, dass die Beln^tunij des Tndustriellen
mit einer so schwerwioi^cndpn Versicherung eines von ihm nur
vorübergehend Beschäftigten em übermässisres Opfer verlangen
würde. Anf der anderen Seite zweifelt Xiemand, dass der
Soldat, der sein Leben einsetzt, der Beamte, 'iei oliue G^e£ftbr
und weol^r mühevoll für sein Vaterland arbeitet, ein Recht
auf Pension bei Invalidität oder im Alter hat. Warum sollte
man nicht ebenM> viel für den edlen Soldaten der Industrie, des
Ackerbaus Üiun, der nicht sedentär, nicht nur eini^ Monate,
sondern sein ganzes Leben unter schwerster Anstrengung kämpft?
Die ganze Nation muss somit diese gewaltige Fürsorge in ihre
Hand nebmon, und so lange die Gegenseitigkeits-Gesellschatteu
in ihrer Entwicklung nicht so weit gelangt sind, den Mittel-
punkt dieser Fürsorge zu bilden, muss dir Stäal daraus eine
seiner Institutionen macheu, durch fakultative Versicherung an
einer Zentralkasse, welche sich die Thätigkeit anderer staatlicher
Einrichtungen oder Kreditinstitute zu nutze maohen und
damit vortheillialkere Bedingungen gewähren kdnnte.
TTebrigens mflsste eiiie aoldw KreditaafllBlti ohne auf die
ligozose Bniühftüinuig der allem Yeniofaenrngswesea au Gnmde
liegenden Prinaipien an Teraiohten, derart vorgehen, daai aie die
kleinen Ezapamiase an neh aiekt, a. B. dnrdh die Bestinuanng,
daea im Ealle des voraeitigen Todea dea Vereieherten aeine Bin«
aahlnngen den Erben in ii^d welcher Weiae an gute kommen.
So yeiaidhert in Denteehland die Kaaaer^Wilhelmspende
ein in einem gewiaeen Alter, frühestens jedoek im 65. Jahie
aaklbarea Elapital oder eine Aente. Dabei bleibt eine Fkämieo*
leserre gesiekert in der Weiae, dass bei frttkaeitigem Tode des
Venioiherten aeine Erben die Gkeamteinlagen aurOokerkalten.
Beim Vendokt anf Bttokecstattong Ton Einlagen steigt natllriicik
die Teraiekerte Bente oder Kapitalaomme in entsprediendem
VerkttltnisB.
Die biskerigen Erfakrongen kaben geaeigt, dam demt^
Institutionen, anluiga wenigatenfs aiek mit ikren eigenen Ein«
kflnften kanm aufreokt erkalten können, nnd ferner mnas man
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Dritte« Kapitel. FriveottviiiMMreflieln.
205
bei dn heutigen Sorglosigkeit dee Arbeiten ihn für diese Form
der Versioheraog dnrdi geringfügige Beitrflge zu gewinnen
mcihen; deshalb ist die finansielle Befhnligong dee Sdaatea
nnTermeidlioh, und dieser kann seineneüs die kräftigsten
Kreditinstitnte snr Beflieiligmig henuudehen, indem er Das
bildet, was Bihhaiiok mit einem g^flokliehen Ausdnick^das
,iFatnmomnm der Enterbten* nannte.
14. Der Staat nnd die Koalition. — Wenn das
Looe der Arbeiter in dieser Weise gebessert ist, so darf man
nicht glauben, dass deshalb die Kämpfe awisohen Kapital und
Arbeit gioalidi venschwinden werdm. Zu viel widerstreitende
Interessen stehen sich hier gegenüber nnd an stane wirthsohaft-
lidhe Gestetze wirken hier, als dass jede Beibong Tersehwinden
könnte. Dem Staate ftUlt die Aufgabe y.n. sie mrtglichst zn
millrrn. So stimmt man hente darin übereiny dass die durch
das Uebergewicht des Stärkeren eingegebenen und als angebliche
Qarantie für die industrielle Freiheit aufrecht erhaltenen Gesetze
gegen ArbeitseineteUimgen den Arbeiijgeber privüegiren, während
der Arbeiter in seiner BedrSngniss kern anderes Mittel des
Widerstandes besitzt. Dagegen waren die Drohungen gegen
Arbeitgeber-Koalitionen ganz wirkungslos, da ihnen derCharakter
nach aussen hervortretender Kundgebungen fehlt, welcher bei
Arbeitervereinigungen so bnld zu Unterdrückung führt. Die
Geschichte ist reich an Beispielen dafür, welche Folgen
Zwangsniaassregeln zur Aufrechterhaltung der Ruhe haben.
In England folgten den Gesetzen dr« und 10. Jahrhunderts,
wolrho strikende Arbeiter des Treubruches schnMiL- rrklärten
und mit Abschneiden der Ohren hpdrohten, nnici- IIfjiSABETH
besondeie Beamte (Justices of labour), welche die Arbeits-
bedingungen feststellten. Gegen Ende des Jahres 1700 traten
in London sehwero Unruhen ein, in denen Fabriken zerstört
wurden, und dasselbe geschah 1773 in Leicester trotz der
Androhung hilriebter Strafen.
Tm ersten Viertel dieses Jahrhunderts fanden sich häufige
Koalitionen und Arbeitseinstellungen, begleitet von verbreche-
rischer Grausamkeit, wie in den Jahren 1811 und 1813, wo
18 Arbeiter gehängt wurden, und man begriff endlich die
206 n^TlidL JnriqpnidaBi. Ph>pbyItt«d«ipo1itinheiiyerbKohflBa.
Wirkungslosigkeit von Prohibitivgesetzen ; 1824 wnrde durch
Gesetz ohne weiteres das Koalitionsrecbt anerkannt und nur
die Aufreizung zum Strike bestraft ; dies Prinzip wurde durch
die Gesetze aus den Jahren 18ö9, 1871 und 1875 bestätigt
und im Sinne absolutor I^rPiheit angewendet Auch in
Frankreich führten Zwan^'s^'^psetze nur zur Vervielfältigung
der Strikes ; in don neini .luhron /\sischen 185.H nnd 1863 wurde
gegen 749 Arbeitseinstellungen uu<\ Ünternelimer-Koalitiouea
Tor[^i' trau gen. Erst nl« dns (ipsetz vom 25. Mai 1864 die
Straibarkeit der Koalitionen authob und nur für Bedrohung
und Nöthigong Straten festsetzte, nahm die Zahl der
Strikes ab.
In Deutschland, wo <ir\\ ^ni dem liJ. Jahrhundert Spuren
von Arbeitervereiaigungen und Repreasivmaassregeln finden, wo
im Jahre 1301 zwei Arbeiterfühi-er verbrannt, 1361 dreiund-
dreiseig Weber gehängt und hundert undaobtzehn mitihren Familien
ausgewiesen wurden, zeigten sich Repres.sivgesetze wirkungslos,
und der norddeutsche Bund s( luiüto sie 1869 ab. Die Reichs-
gesetzgehung bestrafte spater nur Drohungen.* Grewisse Gesetz-
gebungen, wie die frühere italienische, adoptirten ein gemischtes
System; gegenüber dem rein wirthschaftlichen Faktor d^
ArheitBemstelinngen sollte der Eichter di« Entacheidung über
ihn mehr od€f weniger gerechte Begrttndnng haben, das lief
sohUenlioh auf eine gerichiliehe Lohnfiztrnng hinan, vas
Ck)»^^! fitr eme wiitheohaHludM Abeoiditlt erklflrle.
Eine gewiase Biohtang verlangt die Uiiterdrttokaiig vflb
Sirikflc im Inteiesse der Arbeiter selbst und ttollt das nnbeogsans
Gesets Ton Angebot nnd Nachfrage und den Sohaden, den die
Stiikenden fiiit immer erieideOp in den Yoidergrond. Non
wird der Lohn nioht immer dnroh das Verfalltniss twisehen
Angebot nnd Nachfrage beaiimmt, da der Axbeitgaber seine
Höhe unterhalb der dnreh den Arbeitsmarkt gagebenen Be-
dingungen au fiziren sucht, und lemer widerlegen Thatsaohen
die Behauptung« dass Aibeiteikoalitionen gewöhnlieh niohtB
^ 8. BoBsi, n fcmre eeoHOmko nä moU nPoinciONari — Arckkia
4i psiehiatria < «cteue pmaM^ IX.
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DritlMKAintttL FrlvwttmunMNfalii.
207
«Tfeiehtan. 1832 «imohtoii die TiadhW in Frankraieh die
SrhAhuig ihm Lohiiea Ton 3 auf 3Vt Fnmoe und 1845 «nf
5 FxanoB, vnd ein fnomm Bespiel geben die Bergleute in
Wales, weloihe 1863 eine z«]inpTOaentige und bald daxanf eine
ftin^linproflentige Lobnerbolimig dnvdheetaten. Li Sogland
selbst stiegen naeh den Striksa von 1871, 1873 und 1873 die
JJÜme um 21 bis 26 Vt Ftoasni LnantHT^ bat berebhnet,
da«s von 206 in Italien wtiuend der Jabie 1872—1876 be-
obaehteten Strikes 82 einen günstigen Ansgang eneiolitent nnd
darunter 48 eine Lohnerhobong; das ergiebt, wenn man die
Strikee mit nnbekaontem Anflgange absieht, bei 48,64% der
Strikes einen Vortheil für die Arbeiter.
Oegenflber den häufigen Yortheilen der Strikes ist die
Bestrafung von Drohungen, ohne welehe ein Strike gar nicht
durchführbar is^ als besonderes Vergehen nicht zu billigen;
mit einem in der Gesetzgebung häufigen Widenpmoh bleibt
der Strike strafloSf während der Strikende yerurtheilt wird.
Man wende gegen Gewaltthaten das allgemeine Strafgeseta
an, wie in ftagiand, da die Aufrechterbaltnng von Sonder*
bestimmungen nur den Verdacht nährt, dass es sich nnr nm
Anfrechterhaltnng der alten Hepressionsbestiramungen handelt.
Das durch die Freiheit wachsende Gefühl der Verantwortlichkeit
wird die Arbeiter lehren, dass sie z'.var der wesentlichste, aber
nicht der einzige Faktor der Produktinn sind. — Der
Gesetzgeber hat seinerseits dio Aufgabe, an Stelle der selten
abschreckenden, immer aber erbitten^df n Strafen einfache
Maassregeln zum Ausgleich des Lohnkamptes zu setzen.
Gewiss wäre die ideale Losung der Frage dadurch gegeben,
dass die grossen Arbeiter^ussoziationeu die Lttsung übernShmen,
wie die Trades-Unions und die Syndikatkammeru, welche in
England und Frankreich die Initiative zu Schiedsgerichten
gebeu , wo, wie in Italien, derartige Organisationen fehlen, mnss
der Staat einen Schiedsspruch obligatoiisoh machen und seine
Vollstreckung sichern.
15. Prndhommes. — Schon Napoleon versuchte die
* Per rinchUifta sugti acwperi.
— Vtrona lö79.
208 II.TlieU. Jarisprodeu. Propb jlase des poUtiiohen Verbredieitt-
Institution (Ips Schiedsgerichtes der Piudhommes, die, zur Hälfte
aus Ai l)f itirelf rn und Arbeitern zui^amraengesetzt (letztere jedoch
von den Ai l ei^gebern berufen), anfangs nur durch Sühnversuche
wirkfin, sp;iti r in Sachen bis 300 ^Francs kompetent wurden,
unter 13erulung an die Handelstribunulf . In Italien sollte
durch die lex Berti der Schiedwchtersprnch vollstrt'oklj ir und
iDappellabel gemacht werden; das wäre wuhi ausfuhrbar. wenn
Arbeitgeber und Arbeitnehmer in den Sohiedsgeriohten ent-
sprechend vertreten wären.
Die Prudhommes tunktioniren in Frankreich seit dem
Jahre 1806 mit dem besten Resultat. In Belgien sind sie
1869 eingeführt, in Deutschland bestehen theilweise seit 1809
und in grösserer Ausdehnung seit 1870 Gewerbegerichte nach
diesem Muster; in Oesterreich-Ungarn entscheiden die 1869
eingeftlhrten Gewerbekammem in Streitigkeiten swiscben Arbeit^
gebeiu und Aibeitnehmero ; in England worde das System dsr
Sehiedsgeriolite 1814 eingefohrt und dnrolL Verfügung yon
1867 geregelt
Für die WirksBinkeit dieser Liatitate spreohen folgende
swei Zahlenangaben. Tn Frankreich kamen während eines
swölfj übrigen Zeitnnmea 184000 streitige Fälle vor diese £olle-
gioD, nnd davon wurden 174600 beigelegt. In Belgien kam
ee bei 2958 Streitigkeiten yor den Prodhommes mehr als 2400
mal snm friedliehen An^leioh.
Die den Strikes gewährte Freiheit wird die Tendenz der
Arbeiterrereinigongen snm ünionismns yeistHrken» nnd aicher
werden die ArbeiterhClfekassen, wenn sie gesetBlioh anerkannt
sind, ihrem Ph^graome sehr bald den Sohnts der Oenoesen
in Lohnfragen nnd die Gründung einer Hfllfikaase für Strikende
anfügen.
16. Agrarkrisen. — Ein ernstes Pkoblem bildet das
Elend der sehr aehlreiehen, aber duroh ihre Unwisseohsit nnd
ihre iftnmliche Trennung vom Schutse ihres eigenen Bedites
femgehaltenen Landarbeiter. Viele tansende von Hektaren
aind nnangebani in den Händen einzehier GTOSsgrundbesitser»
die anf elue nutzbringende Bewirthachaftnng verzichten and
damit Wohlstand und G^esundhmt ganser BeyOlkerangen
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Drittes KaiHtel. PräventivmaMsregeln.
209
flebldigm; vaii mnaa fragen, waram dsr Staat diese nn*
thltigen Eigenihflmer iiielit expropriirt, anstatt HiUicnen fSa
Festungen, HofbftUe^ Flotten und entfernte nntslose Kolonien
ansBogeben.*
Gewiss ist eine wohlgeregelte, der gierigen Spekulation
entaogene Answandcning ein SioberheitsTentil beim Eintreten
Ton Erisen. Sie yerbreitet den Namen lud die Kapitalien
find die ArbeitBkiSfte eines Landes naeh aussen und Tecsohafft
ihm neae» daoenide Verbinduigeii; nook viel wichtiger aber
ist es, diese Strömung snr Befruehtong des Landes selber an
benntBen.
Und wenn an ladihnle Befonnen unsere Generation, die
voeh gans in der Yeigangenhett stebk^ ersohreeken, so erfillle
man wenigstens die Foidening der Panellimng der Dominen
und der Gkmeindsidter in Ueine Anflieile.*
Aber so Isnge die Qesellsehafk, die ein indnstrielles Stadium
«ixeittht haben sollte, mit ihren Mitteln den Militarismus anf-
recht erhält, den die CiTilisation Terurtheilt, den uns aber die
Eifersaoht der Diplomaten und der berofsmflssigen Politilcer
anfdr&Dgen, kann man nicht entarten, dass die herrschenden
Klaasen das Dringende der socialen Probleme empEnden.
17. Armenpflege. — Unter der aller Anfmerksamkeit
werthen Arheitersehicht leht die Schicht Derer, die ans den
verschiedensten Ordnden arbeitslos sind, oft weil sie eine nega-
tive Qualität fhr den Kampf ums Dasein besitzen, oft durah
Verschuldung der Gesellschaft, die doch für sie sor^n muss.
■So giebt Fmnkreioh 151 Millionen jährlich für ö£fentliobe
Armenpflege ans. England unterhält jahrlich mehr als eine
Million Armer, die Stadt New York giebt für denselben Zweck
sieben Millionen Dollar aus, und alles das begünstigt nur
£iend und Leichtsinn ; das zeigt, wie alle öffentlichen Anstalten,
in denen sich diese Fürso^ konsentrirty wie Hospitäler,
* Bia ia Strdiiiiea gemachter beieheidener Venneh toheifecrts ea
•dem lUngal fraflgendw Kapitalin und aa dem Widenlaad der iasnlinn
Verurtbeile.
• Vgl LoMBR05?o, Sul incremento del ddiUo in halia. — Tarin, 1879,
LoMBBOSo, PoUtiMber Verbrecher, ü. 14
210 n. Th«U. Jniifpnidaiis. FropliylaabedM|K>litiiohenyerfarMfa«]^
SieclifTihuuser, Leihämter, verbunden oder ersetzt werden
mubbeu durch Schöpfungen der Gegen sei tii?keit oder der
privaten Initiative, wo die ehrliche, rührige Armuth Kredit für
ihre Arbeit findet, auf den ein gutes Vorleben und das Zengniss
von Notabilitäten Anspruch verleihen.*
In DeatBc bland existirt ein aus öffentlicher Armeu pflege
und individueller Wohlthfttigkeit kombinirtes System, das
Elberfelder System, das in dieser Stadt das ^ erliältniss der
Ai'iuen zur Emwohner/.alil von 1 zu V2 auf 1 zu 83 rcdu^irt
hat. Das System be.stelit m häufigen Besucheu bei den Armen
und in der Ausübung einer Art von moralischer Direktive
auf dieselben. Es bildet den Glegensatz zur boreaukratischeii
Organisation der öffentlichen Armenpflege. G-ewiss muss der
ünterstützong aus öffentlichen Mitteln 6x9 ans privaten top»
gezogen wvideD. Dias« ubatet mit Mwilligen Beiträgen, nnd
ihre Bithttmer laasen doh prompt sugleiehen, wfl]ireiid jene
mS einer PrfifoDg der Details vcoA eine Imeht bewegÜehe An«
paasung veniohteii mvm, und Olren Handliiiigeii dea dianJctev
der UmTeraalitftt und relatiTen Perautnens giebt. Der Staat
miu8 aber cantieten, wo private Mittel aiclit anneiehen, durok
eigene Veiajutaltungen, deren ]3iidget ans den Ghldem beetrittea
weiden mm, die ane der Aufhebung unEeitgemlaaer nilder
Stiifciuigen, ehriatlieher Benefisien nnd anheimiaUenden Erb-
eehaften gewonnen werden, wahrend alle Vagabunden, ICflnig-
gftnger nnd Verbreoher, an deren Leben die GeeeUeehaft kein
Intereeee hat, an Zwangflaibeii angehalten werden mttnen,
deren Ertrag die Mittd für ihren ünierhalt an lielem hat,
ohne iigendwelehe ZnsehtiaBe, bis sie arbeitsnnfillüg oder alt
werden.
Man verlange von den Elaeeen, die wohlthnn können»
rnoht mehr, als sie an leisten yermOgea* Unsne Zeitgenossen!
sind, wie Coste bemerkt, nicht genusssttohtiger, nnwiaeenderr
als unsere Vorfahren, vielleicht sind sie es weniger; nur ist
der soziale Mechanismus komplizirter : die Volk^wirthschaft ist
an Stelle der Hanswirthaohaft getreten, die Familie allein
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Vierte« i^apiteL PnventivzQfuusregeln.
211
gentigt nicht mehr als Faktor der Wechselbeziehungen; kurz die
Anpasiang d«r Fnnkiionan an neue Existensbedingaugen ist
nodi oieht Tollsogen, und es ist di» Pfiiclit imd die «hrä&ToUe
Ao^be der bslieien Tflnnfwin^ dieaen "Bwemb in Tollenden.
Sie, welehe dae liOeheto l atwfo an politiaeher Ordnung haben,
mflasen mlion im •InturmiBO iluer SeHwteriialtuig die innige
Yerinndnng der politiMlken nnd dkononusehen Thaiiaehen
lieraduiehtigen; öm Ihätigkeit nniw den baaherigen, sn
Gnnatan dar Bomjgeoisie geaohehenen Wandlnngen adolie an
Gtinaten der aaUreicinften nnd ftnusten BerOlkerangSBohichten
folgen laflaen.
Ea rnttsBen aie die Worte Oatoüb inapixizen, der mit
dar Intnition dea Qenina propheeaiie: .Daa einiige Uitlel aur
Abwebr dea SoaUüiamna iat die ffiogabe der lioliaian Klaaeen
an daa Wold der nntereB, aonat in der aoaiale Kii^ nnvar>
meidlieli.^
Yiertea KapiteL
Präventivmaassregeln iTortsotzung). — Politische Prophylaxe.
(Pbysisciiei poUttsclie und soziale Faktoren.)
1. Physische Faktoren. — Viele Ursachen des politi-
aohen Verbrechena, wie Klima, Boden, geographische Las^e
nnd It^f^t können vom Menschen nicht überwunden werden;
aber immerhin ist es mögliiSi, ihre Wirkungen /n mildem.
So wird es zur Bekämpfung der Eintiusse von Seiten dea
Bodens sich empfehlen, neue Verkehrswege v.ii erutfnen, Waider
niederzuschlagen, was den Wideretaud der Rebellen eisohvecen
nnd die Stabilität der Regiening hefpstigen wird.
. So ist es ein grosser fehler, in heissen Ländern, wo
14«
212 U^ThsiL Jüikgxniäim. FrotbiyUiMdM
Revoltoa häufig uud frufhtlos sind, dieselben Gesetze m A:j
wendun<2: zu bringen wie in kalten Himmelsstrichen, \s<) \ut-
stände selten vurkümmeu und oft Symptome der Entwicklung
und des Fortschrittes daratellen.
2. Ernäbrnng. — In unserer Zeit ist die Gefahr der
Theuern II g nur eine geringe, denn seit einiger Zeit versehen
Amerika und Kleinasien unseren Markt mit ihrem Getreide
und veranlassen durch das reichliche Angebot ein Herahsinken
der Preise. Deshalb kouuen die Schutzzölle auf Lebensmittel
eine Waffe in dont gegen N^ärtigon wirthschaftlichen Kampie
darstellen, und m fruchtbaren Ländern werden sie vielleicht
den allgemeinen iaüd\Wrthschaftlichen Bedingungen guuatig
sein; aber da, wo sie, wie in Italien, eine Yertheuening der
allemothwendigsten Nahrungsmittel zur Folge haben, werden
sie, besonders ro Zeiten achleohtor £niten, nur die Veranlawang
wa ünrohen bilden.
In emem Lende, welehea, vie ItaUen und andi Spanien,
swei gaas Teradliiedene Klimate Tun&eat, kfinnto dnrah neue
KnUivHfiioneniBtlLoden dafür gesorgt werden, daae der Sttden
dea Laadea mit seinen Braengniaaen dam Norden an Hülfe
kirne nnd umgekehrt» nnd man mflaate darllW waehan, da»
nnr der Nator dea Bodena angepaaato Nfthrpflanaen angebaut
wttrden und nieht Bolohe, die (wie in Noiditalien der Maia)
leieht dem Verderben anageaetit sind.
Ferner mUaaten eine ganae Beihe aoloher Vorkehmngen
ermntbigt nnd Terbieitet weiden, die die moderne Volkawiiäi-
adhaft erfanden bat, nm den Preis Ton Lebensmitftahi nnd
alledei Waren bis zur niedriAaten Oiense beuBbauaetaeni so
die «Volkakflehen*, die lindlidien KooperofiT-BlIekweien, die
dem diei&ehen Zwecke der Hygiene, der Spaiaamkeit und der
gegenaeiügen Holftleiatang dienen, nnd die GenoasansefaaltB-
Magazine^ die Honopolen und noeb mebr der Furdit Tor Mo-
nopoien entgegenwirken.
Wenn man siebt, wie Tbeuemngen in Ländern mit einem
Hauptnabrungsmittel Torbenaohen, wie in Indien und China,
wo der Beis, in Irland, wo die Kartoffel, und in Venetien,
wo der tariaaobe Weiaen das flauptnabmngamittel iat, und
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Vierte« Kapitel. Prävenuvmaassregein.
213
wi« die Pellfl^ dort wlltbet, wo, wenn aucli zusammen mit
andeieD, vorzn^weise ioloho Lebonttiiittal genossen werden,
welehe laioht ▼eidorboDi wie in DwtMhliad dar Boggen, in
Italian imd Spamon der MtoB, so diingt nek nnwillkOfUeh
der BaHi auf — denn BefeUe helfen liier mehfe — , die
Knltor anderer Gktradeaiien sn erleiehtem, und «war da, wo
jene eeliSdHöhen, die mOglioIiBt gans nnteidrfleki werden rnttasten,
am niei«ten dem Verderben ausgesetzt sind, wie in den bergigen
Gegenden Italieos ; nun mindesten sollte die Anscbaflbng Ton
Vonriolitangen sm Anstrodmnng des feneht gewordenen GtetreideB
yeranlasst weiden. Es ift tranng, an sdien, wie in Italien,
wo infolge von Terdorbenem Vais seit mehr als einem Jabr-
bnndert die Pellagra beizaoht, die mtÜLerollsten, langwierigsten
Anstrengongen nun Zwecke der liiufilhnnig einer anderen
Getreideart fiut ei&lglos geblieben sind, während in dem
nahen Oesteneioh, wo diese Kmnkhat dooh nnr seUen anftriit,
im Jahre 1888 ein spenelles Gesets dafElr in Voisehlag ge-
braeht nnd angenommen wnrde. Und sogar in der alten Bepn-
blik Venedig standen sdhwere Strafen auf dem Veikaufe von
fenditem oder verdorbenem Getreide.* Und darin liegt eine
der ÜESachen, welche die Bepnbik Venedig so vielen StUrmen
widerstehen liess: der Arme war dort nicht so sehr vom
Reichen vergessen, wie es heute der Fall ist, wo er dem
Kamen nach alle Bechte beaitEt, in der That aber bittere
Noth leidet.
3. Alkoholismns* — An die Nahruogsirage schliesst
sieh der Alkoholismus an; denn wir haben gesehen, welche
grosse Rolle er, besonders in den Revolten, als Antrieb stf
den schlimmsten Exzessen spielt. Da nun eine Bessemog der
ökonomischen und moralischen Lebensbedingungen an sieh
noch nicht genügt, um hier einen Zügel anzulegen, so ist
es nothwendig, daas der Oeeet^ber diesem Schaden ab-
snhelfen sucht.
Zu diesem Zwecke wird es genügen, dass Fabrikation
' S. Salteraglio, BibHognfia dcUa pdhgra. XUano, 1887.
Äfdtid» d. priddairia « «cwmm pmak, 1888w
214 II. ThtU. JarHpnid«ai. Ptoplijlue dm poUtisoheft 7erbf«olieiM.
und Verkaaf des Alkohols gewissen Hestriktionen unterliegt,
die swar auf den ersten Blick die Freiheit des Handels ein-
zuengen scheinen» jedoch genügen werden, nm die Bevölkerung
an Wein zu gewöhnen, der, in massigen Mengen genossen,
gewiss eins dm nnschädlichsten Alcoholica ist Und dass sieh
diese Maassregeln nucb mit einer liberalen Eegienmg vertragen,
beweist der demokratische Staat Maine, wo nicht nur der Wirth
für jede Schädigung durch Betrunkene verantwortlich gemacht
wird, sondern wo sogar die Quantität Branntwein bestimmt
ist, die jeder Bürger im Hause haben darf.
In anderen Staaten werden schwere Strafen gegen die
Trunksucht finrrcwondet. In Irlaiul ^Mirdon durch ein Gresetz
im Jahre 1861 die Friedensrichter autonsirt, jeden Betrunkenen
in eine Korrektionsanstalt zu schicken. Tn Schottland wird
ihnen eine Geldstrafe von 40 Schilling und eine rifrzehntägige
Haft auferlegt (G-esetz von 1862). In England unterliegt jedes
Individuum, das an einem <5ffentlichoii Ort oder in einem
Wirtbshaus betrunken gefunden wird, einer Creldstrale von
10-— 20 und im Falle der Wiederholung von 40 Schilling
(Gesetz von 1872).
Aber auch diese llepressivmaassregelu gaben nur geringe
Erfolge ; in Belfast wurde z. B. eine Frau 240 mal wegen
Trunkenheit eingesperrt, eine andere in DuIjUü lÜD mal und
eine dritte in Waterford 141 mal, so dass man in England
jetzt nur noch diejenigen Betrunkenen einsperrt, die Unfog
Indessen besteben Gesetze aus den Jahren 1872 und 1874,
welche in England den Verkauf von Getränken nur während
gewisser Sonntagsatunden verbieten, sowie eine im Jahre 1884
eingebrachte Bill, welche die Ausdehnung dieses Verbots auf
den ganzen Tag einfühlte. In filokottland bestand das Verbot
sehen seit 1853, im Jahre 1878 wurde es auf alle Sttdie
Irlands und im Jnlire 1881 auf das Gebiet ron Wales aus-
gedehnt
In Schweden, das seit 1855 ein Qesetz gegen den Alkolio-
lismns bat, ist die yon der Stadt Goihenburg getroffene, später
Ton anderen naohgeakmts Uaassregel bemerkenswertb; sie
treiben.
Viert«« Kapitel. PräveativinaitmregelD.
215
bMle&t in dem Ualiergaiig der Sehank-EonieeriikiMii «nf dk
eüdtieeheii KOrpeeBohalten» die dieselben im InienBBe der
Oemeinde Terwalten; entepieohend dieeer BinrinTitimg iat mehr-
höh, der Vonehlag gemaoiht worden, die KonMeflumeii fOx
SohaDkwilfhBohaften einer wählbaren Lokal-Kommissum su
liberimgen.
Die zsdikalete Haaesregel jedooh, eo eehr ne aneb tqh
den Xaberalen angegriffen wird, und nieihi ohne gute Gründe,
ist die dee AlkohoMf onopole, das in der Sebweiz seit dem
15. Desember 1886 dnrohgeftüirt iat Dieses Gkseto, welches
nnter anderem die Fflioht der genflgenden Hektifiaimng anf-
«rlegt, ist dadorob bygienisbb von nngehenrem Nntaen.
In Dentsobland, wo das Ftojekt des absolnlen Monopob
keinen AntlaTiy ^nd, wnrde statt dessen die Stoner emgefilhrt,
von der nnr der mm Export, sowie sa hftnslioben nnd in-
dustriellen Zweeken bestimmte Alkohol ansgese hlo sse n wurde;
anoh wurde hier die Bektifizinmg obligatorisch gemacht
In Frankreich soll auch das Monopol eingeführt werden,
weil hier die Tmnksucht erschreckende Fortschritte macht. In
der letiten Zeit haben sich in Frankreich die Yerkan&stellen
für Branntwein jährlich um 6000 vermehrt, so dass dort im
Durchschnitt auf 105 Einwohner ein Wirthshans kommt. — ^
So wenig hat das Repressionsgesetz gegen Trunksncht vom
Jahre 1873, das man der Initiative Rousbbls verdankt, genützt.
In Italien hoffen Manche auf des Monopol, auch als auf
«in finaniielles Hülfsmittei, wollen es aber auf den Klein*
verkauf beschränken;^ in jedem Fall wird die Hektifizimng
des Alkohols dtizu beitragen, ihn weniger gefährlich zu machen,
und so könnte indirekt das Ziel politisoher nnd sozialer Vor-
bengung erreicht werden.
Wahr ist es, dass so strenge Gesetze in der Praxis nicht
genügen, um Missbrftuche zu unterdrücken. Wo, wie in den
Verpinigten Staaten, der Verkauf von Getränken verboten war,
sorgten die Apotheker dafür, und zu ihren Kunden o-^hörteu
sogar die Deputirteo, welche die Verordnung erlassen hatten;
^ 8. Baimoiipi, n «MMM9»Jio degU akooH. — KiUno 1888
216 n^Thsü. Jiini]iradMii. IVopliyUxeditpolitiidMnyflrbradliQDi.
da, wo das Verbot sich auf den Sonntag beschränkte, wurden
grotte Einkäufe am Sonnabend gemacht und 80 die Wachflamkeit
der Polieei hinters Lioht gefiUurt. Aber ee gir^bt mildf re nni
klügere PräventiTmaassregeln , die sidi auf die Thatsacke
etfltieiii dass die Trunksucht ans einem BedüifiuBS nach Ast-
regvng des Gehirns entsteht, die ein Volk am 80 nöihiger
bmnoht, je fortgeschrittener ee ist: nfimlioh alle jene indirekten
ilbttel, die das Gehirn anregen, ohne es zu reizen und zu t«^
giften, wie z. B. Darbietimg von Kunstgenüssen (tägliche popa-
läre Theatervorstellungen, Erholungssäle, freier Zutritt in
Museen und Galerien etc.) und femer die Begünstigung dee*
Genusses von Kaffee und Thee, mit allen zu Gebote stehenden
Mitteln ; denn diese Genüsse, welche mehr die intellektuelle
Thätigkeit des Gehirns begünstigen, als die instinktive, sind
«in doppeltes Gegenmittel gegen den Alkohol, der seinerseits
die weniger edlen Instinkte erregt.*
Und an f'esttagen, die nun einmal ht , u bp'^pitigen
sind, muss man durch momlische und üsthetische Anregung
auf das Volk wirken, wie das heute schon in England versucht
wird, wo man Unternehtslokale und Theehallen für 8000 bis
4000 Pei-sonen zu ganz geringem Eintrittsgeld eröffnet hat.
Etwas Aehnliehes ist in Turin von Lessona voi ^o^t hlagen
worden, und in einem Turmer Verein gegen den Alkuiiolismus
soll ein Arbeiter gesagt haben: «Gebt uns das Theater zu
billigeren Preisen oder öffnet es uns wenigstens an den Tagen
und zu den Stunden, wo wir sonst in die Schenken gehen
würden!" Hier erinnern wir uns an eino Anekdote, die Toii2<I
erzählt, wo in einem Dörfchen der Wirth einen Schauspieler
durchprügeln lässt, weil er seit seiner Ankunft nur halb so viel
Wein verkauft hat, wie früher. {L Inkmasionak e h Stato,
1878, p. 409.)
4. Hasse ngegensfttze. — Wir haben gesehen, dass die
Goexisten^ Terachicdmer, nicht ossimilirberer Rassen die dnroli
etaatliche Bande zusammengehalten werden, stete poUtisebe
* S. KoBaAKoFK, Arch. tii ^^yjcA., X, 6. — Fjorktti, Jl vtno cd il
eafff, im
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Vierties Kapitel PräventivmaaMregeln.
217
Gefahren in sich birgt. Der Ausgang des nn venneidlichen
Kampfes zwischen diesen Brachstücken von Nationen wird,
sobald sie zu politisohem Einfluss* gelangen, der sein, dass
entweder die söhwftolien Nation dank der inteUektneUen Ueber-
l^genheit der andenn, untergeht, oder dass bestünmte Gebiete
dem Staate infolge answlitiger Kriege gewaltBam enfrissen
weiden oder seUieesliob, dass die Teisdhiedenen Brachsttteke
von Nationen, nadi völliger EjfsehOpfvng ikier Krifte, sieh
dnieh gcigenseitige Konaessioneu guiUeh einigen. Besonders
Oestoneieh nnd die Tflikei geben ein Bdspiel lür solehe dnrdb
Streitigkeiten swisdhen refsehiedenen Nationalitäten ker▼o^
genifene Störungen und 'aeigen, dass die sckliessliehe Losung
mekr tou der natOrliohenj niekt an hindernden Entwicklung
der sieh bekftmpfenden Kzftfte, als von den Politikern abhflngt.
Gewiss wäre es die beste Politik, die Parteien sich selbst
8U ftberlassenp wie Laitbssah' bemerkt; denn die gesohiehtliehe
Eifrhmng lehrt, dass, wenn das hensohende Yolk an Kultnr
nnd Maebt aoraebateht, das unterwoifene dook sohliessliek dahin
gelangen wird, sieh M au maehen, wie es in den yersinigten
Stuten, in Ghneehenlaad und in Holland der Pall war. Aber
Eitelkeit und augenblioklieke Interessen wirken Terblendend •
und lassen nur selten einen Entiehluss aufkommen, wie ihn
England in Bezug auf die jonischen Inseln ausführte. Ein
besseres Auskonftsmittel ist jene relative Abtrennung, wie sie
Oesterreich gegenüber üngam nnd England mit einem Theil
seiner Kolonien durchführte, wodurch man die Abhängigkeit
und die zahlreichen Berührungspunkte und fleibungen ver-
mindert und so eine wichtige Ursache des poUtiscben Ver-
breobens beseitigt. Und diese Politik der Abtrennung und der
Autonomie ist auch innerhalb einer einheitlichen Nation an-
geaeigt, wenn sich, duroh Bassenverhältnisse bedingt eine an
enorme Ungleichheit herausstellt. In diesem Falle bringt ein
einhpifliohes Gesetz Unzuträglichkeiten und Missstftnde berror,
die sich dann in einer Beyolution auflösen.'
' HoLTXBsmoBrr, Die Frin«pien der Politik. ^ Hamborg, 1887.
• L*tXirime Orient ete, — Sewe Hcientifique, Juin 1888.
* B. LoMBMMO, Trofpo pntto. — Torino, 1888.
Diglized bjj^OOgle
218 U^Theil. Juhapnideu. PlrophylucftdMpolitiBQhmiyerbreoheiii.
Wir in Italien z. B. haben ä\o Einheit wohl der Form,
aber nicht dem Wesen nach erreicht.^ Man kann ^äogren, daa«
Italien nicht nur m eine nürdliche, südliche und insolaro,
60Ddem noch in .so und so viele Unterregionen zerfällt.
Aus der Kiimiual- Statistik der letzten '20 ,lnhre ergiebt
sich, wenn sich überhaupt etwas mit Sicherheit daraus nach-
weisen läast. das.« sich die Trennung Italiens in Regionen und
grosse Zoneu, die »ich schon im Dialekt, in der Presse, der
Physiognomie, den Gebräuchen und Rechten zeigt, am nller-
deutlichsteii aus der Kriminalität nachweisen lüsst. Man denke
nur an die nach Art schottischer Clans oder arabischer Stämma
verbundenen Strassen räuber Sardiniens.
Um diese Erscheinungen zu verstehen, genügt es, die
graphischen Karten von BoDio, von Mäüliam und von Rossi
zu stuihren. ^lau ersieht hieraus sofort, dass Italien durchaus
nicht homogen ist, suiideru dass sich, iii LilU-n Aousseruugen
des Lebens jener Regionalismus offenbart, der sich schon im
Klima ausspricht (die Jahrestemperatur in Piemont ergiebt
1^,1—12,9*', in Yenetien und der Lombardei 16,2 und
17,1 ^ in Calabrien, Sardinien und Sizilien 17,4**), wie in der
, Körpergrösse, die in Yenetien nnd Lnooa bedeutend, in Sar*
dtnien, OaUbnen und BasilioBta gering ist, und neh in der
Zahl der Geborten zeigt, die im etldliolien Italien aoBSeroideDtlieli
' gtoaSt im mittteran eelir gering nnd im Norden ItalieoB von
mittlerer Hohe iet
Frühe nnd sehlreiehe Eheedhiieasungen, aowie hfinfige nnd
frfihaeitige P^titntion aeigen aioh in den warmen Begionen,
beeonden in CSalahrien, der Baailioata nnd Siailien, am wenigrten
in den aentraleo (nmbro-etmddaohen) Thailen. Die grOsate
Sterbliehkeit nnd die grOaate ZaU von Greiaen eigeben die
attdiiohen nnd inanlaren Gebiete, die niedrigste Zahl die
nordliehen Begionen.
An KonBnmateuem werden die geringsten Sommen von
den Inaebi nnd von den südlichen Thailen an%ebradlity welehe
^ Appunü Ol mfOM CotUee pemOe, 8- edii. — Tovino, SVatelli,
BoooA, 1889.
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Viertes KapiteL PräventiTmaaMregeln.
219
bteten dagegen sioli am sttrlcBteii am Lotio bethMligeiL*
Daasolbe gilt auch Uta die Yerbreohen, die am itahlmiolmteii
auf dorn Luelgebiot und im sfldliolMn Italien sind» vad swar
Torwiegend Verbieoben gegen die Penon. VerbreelMii gegen
daa Eigenthimi kommen am bftnfigsien in Born nnd Sardinien
nnd niohafedem in der Bmilia, Venetien nnd der Lombardei vor.
Aneh aebelnt dieser Begionalismns niebt vecsohwindeD an
wollen. Meine 20jibrigen Stodien Aber Scbidelform nnd
KOipergiOflsOi ans denen ein Yorwiegen der Dolicboeepbalie
in Gbi&gnana» Calabrien» einem Tbeil Ton Sizilien nnd 8ar>
dinien, der fixacbyeepbalie im Piemontesisofaen, in Yenetien,
Tosoana nnd den Abbnuzw, bedontender K O ipetgrIlese in
Yenetien, sowie im Lnoebesisoben Gebiet benrotgebt, sind kttralieb
dniob die neneren Stndien hma (s. Arekhiö ü Mdnakia,
Viil) bestttügt worden; nnd fioflsi wdst nach, dass die Zahl
der wegen Hindermaassss ZnrAokgewiesenea in den Perioden
1843 — 66 sich nicht verflnderte. Ebenso findet man keinen
grossen Unterschied in der Yertheilung der Zahl der Qreise
zwischen 1871 und 1881, inul in der der Morde zwischen den
swei Perioden 1868—1871 und 1875—1883, was sioh anob,
wenn der Terfttghare Raum nicht zu beschränkt wäre, anf
allen anderen statistisch zugänglichen Gebieten naohweisen
Hesse. Nur in einem Punkte macht sich die Neigung zum
Ausgleich zwischen den verschiedenen Gebieten geltend, nämlich
in den Eieisprechungen durch (ieschwome, dio eine exhebUobe
Steigerung seit der Periode 1876—1880 bis zu der von
1881 — 188Ö edcennen lassen, was, zusammen mit dem Umstände,
dass immerhin noch zahlreiche Verurtheilungen vorkommen,
der Vermehrung der Verbrechen eine sehr ernste Bedeutung
giebt. — Und auch in di^em Punkte kommt ea zu keiner
vollständigen Ausgleichung zwischen den verschiedenen Regionen
Italiens. In beiden PeriofleTi haben wir immer das üaximnra
der Freisprechungen in Sardinien und ein zweite? i^luxirnura
in Einilia, und die geringst/^ Ziffer finden wir, Einilia aus-
genommen, in Zentral •Italien; und wenn wir die Kategorie
* Tgl. die Tafeln des Aammno del MmisUno deUe Finamc,
220 TheSL J uritpnideni. FnjIbfiMM des po1i(iidie& Verlnedu«!.
des Yeigebene in Betracht ziehen (auf Grund von Spezialstndien,
die wir aus typographisclien Gründen nicht veröffentlichen
können), so ergieht sich, dass Sardinien fast alle Arten von
Verbrechen freispricht, aussor einigen wenigen gegen das
Eigenthnra. Tn Sizilier.. (Jalabhen und in einem Theil
Apuliens erfahren alle Verl rochen gegen die Sicherheit des
Stnntes, und zum grospt.-^n Theil solche gegen den Handel,
Aufruhr- und PressvergfeheD, '-owi*' solche gegen die Sitten uiul
geg^n die öffentliche Ruhe Freisprechung. Tn Piemont verfährt
man milde gegen Pressvergehen, Vergehen gegen die öffentlich©
Verwaltung und gegen die Ordnung der Familie, in Venedig
gegen alle Pressvcri:) n und öolche gegen dif» Ppn^im.
Italien ist also nicht einmal im Verbrechen emheitlick. —
Und auf diesen Nachweis der Diileronz sollten sich, nun
administrative und Strafgesetze aufbauen, um die menschliche
Natur nicht durch erzwungene Unifikation zu verletzen- Bei
der frühen geschlechtlichen Entwicklung ist es in manchen
Gegenden widersinnig, geschlechtlichen Verkehr mit einer
Zwölijuhrigen ebenso zu bestrafen wie in anderen Gegenden,
und ebenso muss die Altersgrenze der vollen ZnrcrlmuiiLrs-
fühigkeit in den südlichen Gegenden, besonders lIch iiisukreu,
speziell bestimmt werden. Das darf aber nicht am gruueu Tische
geschehen, sondern muss aus der Praxis herauswachsen, die zu
zeigen hat, ob die frühe Entwicklung der Geschlechtsreife nicht
auch, wie es sehr wahrscheinlich ist, zugleich die sittliche Beife
und die Zmechnunggfuhigkeit mit sich führt.
In dieeea Fällen bat Italien wohl die Einheitlichkeit der
Gesetze ; aber sie trag gewiss nioht dazu bei, weder die Yeigehen,
nooh die Ersisprechuogeii sn Terringem, sie dknie nur dasa,
die Gesetze der Lftoherliohkeit pniszugeben.
Wenn hier die Stra& der Offentliohen Meintmg angepasst
wSre, wenn ne für hlnfiger Torkommenda Vergeben ge müder!
wurde, so würden die hänfigen Fieispreohungen niolit Tor-
kommen. So müsete auch der Unterricht da« wo es SQVo
Analphabeten glebt, anders geregelt sein, als da, wo es 25%
giobt, und ebenso mttsste die Verwaltung da, wo die Cantorm
au Hause ist, andere IVonnen »f&r die Kommnnalwablen ete.
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Viartes KipiteL PrivMitivmti|ing«lii.
221
aufstellen, als da, wo man sie gar nicht kennt Um eine
wirklieho, nirht blo?? auf dem Papier bestehende Einheitlichkeit
der Regieruur: diirchzuführ^fn, müsste man für die Unterechiede
der bitten, der Fnulitburkeit, der sexuellen Reife, oder
besser gesagt, flirKiima, Bodenbeschafieuheit und Kultur aus-
gleichende Maassregeln finden. So lange dai* r.K'bt geschieht,
bleibt das auferlegt« (i<setz jenem Tkas gleich, der einen
Wecb?'?l der Sprache beiahl. Man kann das Volk (juuieu und
plageu ; al er man wird es nicht dazu bringen, die Sprache zu
verändern, bis* man nicht das Klima, die Luft, ihre Kehlen
imd Nerven, aus denen mit zwingender Notbwendigkeit die
lingnistiscben Modihkationen benrorgeheu, ge&ndert haben wird;
und diese Ukase sind und bleiben ein Beweis für die mensch-
liche Unwissenheit und Herrschsucht. Ein sprechendes Beispiel
hierfür liefert uns Frankreich, das buchstäblich legislative
Einheitlichkeit besitzt, - - denn Korsika wird nach denselben
Gesetzen regiert wie das Seine-Departement, — dessen Einheit
aber unaufhörlichen Anlass zu ivebellionen giebt.
In Korsika^ giebt es 15 oder 20 herrschende Familien;
einige davon verfügen nur über hundert, andere über mehrere
Tausende von Wählern, die nach ihrem Belieben stimmen
müssen. Fünfzig Familien sind seit Iftnger als zwei Jahr-
binderten ttner einiigen tran ergeben. Ein nnabbllngigee Leben
Itt mimOglieh ; denn wer alkin etelii, eneifllit mehts.
IN« Gflieder einer Familie wagen mit gnmm&thiger Selbat-
▼erlevgnnng ihr Leben, nm einen der Ihrigen an retten. Zwei
Weltaaaehannngen kttmpfen anf ^eaer luel miteinander» —
die modene Ton den abeolnten Prinsqnen dea Beehte and der
Gleiehheii genihrte, und die alte koiaiBehe, die nah nieht
aber FunilienuitereMi an echebm im etande ist, nnd die fast
immer die hetiaohende ist. Das aeigte die Thstigkait der
Üzpropriationa-Kommifltton ffkt die Eieenbahn, die unter dem
Yorrita Oasabiahoas, ebes der miehtigaten Firteihftupter der
Luel, einem gewiaMn BrnsEomn, der mit diesem ferÜBindet
war, nur 2000 Fnmes filr seinen Wmnbeig von 16,17 Ar
^ BooBi»!, La crimimMii m Com 1887. — Ärdtino diptkhialnaf fX.
222 II.Xh«il. Juriqpnideiu!. I^pliykxe d«s politiadMn Vttrbnehai».
zahlte, während eine, zur Partei Casabiascas gehörende Frau,
ViRGiTTi, für ihren Weinberg von 18,90 Ar 13000 Franos
erhielt und dergleichen mehr. Und in Korsika erscheinen
solche üngeroelitigkriton selbst dem Gpjrner ganz natürlich ;
denn sie würden es, wenn sie die Macht hesttssen, za Gunstan
ihrer Klienten genau ebenso machen.
Die Friedensrichter sind hier allmächtig und drr Partei,
die pie erwählt hnt, treu ergphm. Bei der Aufsteilung von
AViihlliNtoü verfaiiien die K useii ganz willkürlich, streiobnn
Namen und fügen andere hinzu, je nachdem sie ihrer Partei
schaden oder nützen können, und das alles trotz der Gesetze,
trotz der Dekrete der Berufungsinstanzen. Das bildet oft die
Ursache zu schweren Verbrechen. Francesco Ricci, ein
Tagelöhner, war auf Anstiften der Familie Moeacuhini von
der Wahlliste gestrichen worden. Wüthend darüber, dass er
nicht stimmen soUte, versteckte sich Ricci wöhrend der Gemeinde-
wahlen hinter eine Hecke und verwundete durch oinen Schnss
einen der Moracciuni. Als ihm sein Verbrechen vurgelialten
wurde, antwortete Kicci: ^Weun ich das nicht gethan hätte,
würden sie mich für einen Luoohesen gehalten haben."
Ein Hauptziel der Parteien in Korsika ist es, in den
Bedts d«r Maine zu gelangen. Dw Haire kt Booh m&ohtiger
dB der Friedensridhtor und daif flioh alles hezsuiiehmeii. Die
Yerbandlungen vor dem Biiditer eind (tflEbntlich und kootna-
diktorisdi; der Maire entociheidet eouveribi bei sieh und &brisirt
die WahlliiieD ohne SontroUe aelbet oder liaet sie von seinen
Kreaturen anftrtigen. Der in Bastia installierte Prooarsnr kann
dem Mail« wohl den Hnissier sehioken, um ihn sa der Ton
seinen Gegnern geforderten Bektiiikation an ermahnen; aber
dieeer ntigut nieht daianf. Es giebt in Korsika 864 yommqiwm,
nnd in 164 derselben im Jahio 1884 Proteste gegen Wahl-
nmtriebe vor.
Dio Komlldien des Wahltages haben anoh oft einen tnr
gisdien Ansgang. In Fdneea schob der Maire Babtou .drei*
mal die Abstimmung anf^ um einen günstigen Moment aban.-
warten. Das Tierte Mal (am 28. Septbr. 1884) Tenammelten
sieh aohtaig seiner Fteteigenossen bei ihm in der Maicie and
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befestigten sich da, so dass die Gegner bei ilucr Ankunft nicht
ins Hnns konnten und, als sie «gewaltsam eindringen wollten,
mit Flintenschüsspn zurückgetrieben wurden. Dph gän/^'ii T-n^
hindurch flogen die Kugeln von einem Haus zum andern, und
man hatte Todte und Verwundete zu beklagen. Die Gegner
Babtolis erklilrten (h-m Priiffkten, „sie wollten lieber sterben,
als in Sklaverei leben." Der Maire richtet gewöhnlich die
Mairie in seinem Hause ein, und lässt sich so und so viel
Miethe geben. Seine Parteigenossen machen mit den Gemeinde-
gütem, was sie wollen. In Olmetto gab es grosse Strecken
Gemeindeland — heute sind sie verloren, die mächtigste
Partei hat sie unter ihre Mitglieder vertheilt. Bei der Steuer-
Distribution kommen die Gegner der Partei am härtesten weg,
während die Frrnntio derselben nur eine Kleinigkeit zu zahlen
haben. In Korsika kann man 150 Kilometer weit reisen, ohne
auch nur ein paar Karren oder Wagen zu begegnen, weil es
an öffentlichen Strassen fehlt. Selbst auf den wenigen fahr-
bwao Wegen sieht man sie auf Haulthieren leitea.
In ganz Sraokm«!! liiid im Ja!»» 188& 42533 «giwiadie
V«igebMi koiutetizt wofden — wlhzmid KoraikA aUttn deirai
13405, abo dan dritten Tbeil, aofinnrosen hatta^ und dodh
Warden hiaf Yerbalproteafla nur gegen Feinde der Fhrtei
angeftrengt.
Hit einigen üntenobieden gUt «hnliebee aneh Ton Sardinien,
SiiUien vnd von der Sfadt Neapel, wo dieEhriiehen den Kampf
gegen die ünefarlioben einer Art organiairter Bravo-Ghaellaobafl
ttberlaaaen, wo so oft nnr ^e Oamorra an der WaUnme enoheint.
Yielleioht werden m Beaeitigang gewisser naohÜieUiger
Folgen dea Bassennnteiadiiedea, wie a. B. des Antisemitiiimns,
die gemiaohten Eben genügen, und nene GUegenheiten an
gflgenaeitigen Besieimngen bei Anlasa der Belonitirnng, der
Wahlen, der Beehtspflege, ja in der Gemeinsamkeii der I[irob-
böfe, wodnreh die Yenohiedflnbeiten des Ritus, der Gebrftnobe,
der Beruisarten anqg^ohen werden*
Ansserdem mOaaten, wo es sich ihun liesse, gemiaabte
Geriobtshöfe geschaffen werden, die ana fieprlaentanten dar
aobeinbar nnasainiilirbaren Bassen ansammengeaatst sein mflssten.
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;^24 U< Tbdll. JorupnuleBS. Ftopiiylaxe de« poliiuohea YeilweahaiUL
B«i den Völkem mit sehww «lanigletelittid«!! Baiaeo-
nntetBehiedeii, d«ti indlaebeik Kasten s. B. und der ftnatisehen
moliammedaniaelken BeTOUcenmg I^gyptens, besteht die einaige
Tezeöhnlielie Politik dann, jeden Yerandli der A-n^^eioIiDng,
des bfligeriiehen oder leligiMen FortBohritte absdebnen, nnd
den StotoB quo an& ekrapfnJfiaeste so bewabien, bie in die
einzelnen Beteila — bis nof die Ebrfiuceht tot der Aeohe ver-
brannter Sohriftstaoke in Tonking (Laneaaan), bis anf dee
Sohveinefett und die Witwenverbrennnngen in lodien; das ist
die Politik, in der die Bomer lleiBier waren und die Englünder
es bis heute sind.
5. Dezentralisation. — Spencer erblickt in der Dezen-
tralisation die Zukunft der politischen Gesellschaft. Duroh sie
(schreibt er) werden die kommunalen Körperschaften eine un-
abbftngige legislative und administiatiTe Antoritttt ausüben, die
der Autorität der Zentralregierung nur soweit untersteht, als
snr Anfreohterhaltung der Einheit der Gesellschaft afaeolnt
nöthig ist; dem Staate wird die Rolle des Besobütesfs und
Begrenzers der individuellen Rechte zufallen.
Und sicher ist, dass die Konzentration jeder Initiative
und aller Fvlrsorge in den Händen des Staats, die sich in
wenig fortgeschrittenen Lfindern als ganz nützlich erweist, wenn
sie auf civilisirte Länder übertragen und dort in übertriebener
Weise ausgeübt ■wird, — wie im heutigen Frankreich — den
Anlass zu rnbestandigkoit und zu ]\Iissständen bildet.
In Frankreich beuL'^t das Gesetz nicht nur Testaments-
irrthümem vor, — es bestimmt den Lebensgang der Literaten,
die Kindererziehung und gewi^ermaassen auch die litterarischen
Formen'. Wonn man ein Volk als Kind bcfhiindelt, so raubt
man ihm die Spuutaneität, die Gewohnheit, ge<j:en Schwierig-
keiten zu kämpfen. Daher kommt es, daas, wo die Engländer
au gegenseitige üntfrstützung appellieren, die Franzosen sich
immer an die Regierung wenden. Sie küuuen auch gar keine
freien, stabilen Regierungen haben; denn wenn sie firei sind, so
* Es ist bekannt, dass der Staat g'egen GoxcorrRT, Flaitbkbt a. •. w
Proa«a«e »ostrengte wagen angeblich unmoraUscher SchrüUo.
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Viertes Kapitel. Praventimaa«3regeln.
225
verlieren sie, du ^jib zum Anarchismus neigen, bald jede Stabi-
litüt, und diejenige Regierimgsform, die vielleicht am dauer-
haftesten und den Verhältnissen am meisten angepasst wäre,
— der Cäsarismos, ist an sich niemals eine freie.
Die Städte mOssten freie Verwaltung iluer eigeneii An-
gelegenhflxten je naeh deren Winihtigkeit beben, «ie mttMten
eich ]]ir Oberhaupt selbst wflblen, münten InilitationeD,
wie die Genebteberkeit eiater Inetenz, den nütÜeien Unteirioiht»
FoUaei vad GefiiagxuMweeen und die Unterbaltong der grossen
Terkehisstnusen ete. selbständig in Händen haben; sor Rege-
lung aUgemeiner konunnnaler Liietessen (wie e. B. nationale
Verkehiswege, Forstrerwaltang, höherer ünterrioiht, Benifangs-
instenzen) könnten sie sieh dann an VerbAnden ansammen-
eohlieesen. Auf diese Weise wdiden dem Staat alle diese
Lasten abgenonunen, und es wllide die Plage der Bueankratie
and die AUmaeht der Begientng Teisehwinden, mit ihr jene
Apatiiie, die unser nationales Leben lihmt.
„Zwanaig Jahie haben nieht genügt»** sehreibt Tübullo,'
,um mit Ausnahme der Armee aneh nur eine der neuen In-
Stationen beliebt au machen» weder den Kommunal-Bath,
noeh den &fyndikus mit seinen gegenwartigen Bechten» weder
4en Pftfekten, nooh den Biehter; den einen, weil er au sehr
Ton oben abhflngig ist, den anderen, weil der Wfihler die
wfinsohte Person nicht unmittelbar nennen kann, obgleiidi seine
Funktionen und Angaben dem Wähler gerade die Persönlichkeit
«Is das Wichtigste exseheinen lassen. Da ist es ganz natürlich, dass
•das Volk sieh von dem Wirkliehen abwendet und sich in
Abstraktionen verliert, so dass es sich von Jedem, der ihm
höhere politische Ideale vormalt, leicht mit fortreissen Iftsst,
und wenn der Betreffende auch nieht genau angiebt» inwieweit
•diese Neuerungen auch Verbesserungen sein werden, so gelingt
•es dem Demagogen doeh, das Volk duioh den Gedanken au
•entsttnden und an£raregea, dass jeden&lls grooM Verttndemngen
* Gotemo e govemati m liaUa. Bologna, 1882. T. hat übrigens
diete Worte vor dem Brian der neaeii itaUeniidiea OemeindeOrdiinng
KeschriebcD, die, wenn auch in unzulingHcher Fomi, prhutpiell dn
Ampt der Kommune direkt wählen litot.
LoKBROTO. IViUtiaeber V«ri>neber. U. 15
226 II.Tbeil. Jurivprodeiu. Prophylasttdespolitiiohen Yerbreebeni.
Bötliig sind. Und die Fol gen dieses Standes der Dinge sind,
wenn nicht bei Zeiten eme Besserung eintritt, ganz klar:
Bevolution oder Anarchie."
6. Politische Verbindungen. — Mit eiserner Hand
Tnti.^sen alle Verbindungeo, gleichviel ob sie in ernster oder
kindischer Weise Politik treiben, gesprengt werden, wenn sie
Verbrechen oder gar gemeinM,me Strafthaten begünstigen. Zu
den :uif den ersten Blick am wenigsten zu fürchtenden Ver-
binduugeu, die doch gerad© ganz besonders überwacht und
unterdrückt werden müssen, gehören die auf den öffentlichen
Plätzen grosser Städte geschlossenen Vereine junger Leute.
„Wir können/ sagt Spaoliardi, „mit Gewissheit sagen, dass
eine grosse Anzahl dieser jungen Burschen nicht wegen
mangelhafter £Snd«hiuig oder ans Noili müssig mnherragabiin-
dinm, flondeonD weil Our yerderbter Oliixtkfer Tcm dem ^ndlel
der Verbindnngeii eioh angezogen ftUi"
Die IMheit üt wie da» Gold Allen tlieaer, wwl nnd
solange sie die Qnelle von GhoHnen ist; aber sie wird wie
das Gold in den Hlnden des Königs MmAs som Gsgenstand
des Abeoheues nnd der Verachtung, wenn sie sidi in eine
Quelle Ton Leiden verwandelt
7. Kampf nm das politisclie üebevgewioht —
üm sn verhindeni, dass eine Klasse der BevOlkerong die Maoht»
an der sie gelangt isft, com Sehaden anderer Klassen gebranebty
muss man nacb dem Rath Ton HoLnmmoBFt eine Vertretong
sdhafo, wie sie der Uauiig<igkeit der konstitutiven histori-
schen nnd der Binheit der konstitutiven nationalen Momente
des Yolkes entspriehi {Soäoloffff, P. Y.)
Gewiss sind, wie Spbnobb mit Beeht sagt» niehi alle
politisohen Organismen dasn bestimmt» eine voUstUidige Bn^
wieUnng dazehnmaohen, da Basse imd Klima EntwioklnngS'
hemmungen bilden können; aber alle YOlkor» die in den
Bereich der modernen Zivilisation hineingezogen werden, haben
eine Tendenz zum industriellen Regime, in welchem die indi-
viduelle Initiative an Stelle der zentralen Impulse trit^ die
konkurrirendeu Interessen diskutirt und geprüft woden, nnd
wo Kontrolle und freiwillige Cooperation den Zwang des
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Tierto» Kftintel. Präventivnuaaaregeln.
227
militÄrischen und theokratischen Regimes ersetzen. Nun entwickeln
und befestigen sich diese Tendenzen immer melir unter einer
repräsentativen Regiemng, die in der Politik dem industriellen
Typus entspricht, und aus dor duroli direkte oder indirekte
Wahl der ganze politische und administrative Organismus
hervorgehen soll. Und was geschieht nun heutzutage zur
Beförderung der politischen Gesellschaft in dieser ihrer Ent-
wiekliing?
8. ParlAmeiitBrifimiis, — Ber Parlamentarismus, der
80 waltr als der grösste modeme Abeiglanbe beseidhnet worden
ist» der in Italien und Vmiknäßh.^ einer Tscnflnftigen Re-
gierongsmethode immer grössere Hindeniisse in den Weg legt,
soll diese Entwiddnng fördern; wo er nieht ans dem Oharakter
des Volkes horrorgegangen ist» wird er dnroh die Leiden*
sehaften der Wflliler nnd der Gewählten TerfUsoht, nnd wfllirend
er sie die hohen Ideale politisehen Lehens ans den Angen
Terlieren llsst, Teianlasst er eine Unzahl von G^esetsen Ton
sekondlier Wiohtigkeit.
Und femer ist der Ftolamentariamos Ton henfe, — darin
theite idi die Ansieht von Dokitat, — nichts als ein Triumph
der AdTohatenhaste nnd der Bnreankratie.
Wähzendp wie in diesem Bnohe sohon mehrfadh geieigt
worden ist, das starke Ueherwiegen einer Kaste tther die
andertti eine der Hauptnnaiihen yon politasohen Unruhen ist»
haben wir» da wir diesen Unruhen vräbeugen wollten» daför
gesorgt» dass die Kaste» wenn sie auoh vielleicht geringer an
Zahl ist» doch das ifA™nin der Ysrtretung und dee Einflusses
ausmadit.
Ich sage »wir'', die Ruhne der lateinischen Basse; dam
gans anders liegen die Verhältnisse in England, wo der Par-
lamentarismus viel gesundere, historische Wurzeln hat und sidi
deshalh weniger in Widenpmoh mit der wahren Natur der
Dinge hefindet.
Bei uns und in Frankreich haben die Juristen und
die Beamten» die doch nur einen geringen Bruchtheil der
^ DoWAT» Im poUUqM «a^^Mmentak. — Pari«, 1996,
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228 n.TiieiL Jnrispradeni. Froplijlax6dwpolitiich«nT«riindieiii.
Bevölkerung ausmachen, die Vertretung aller Klassen absorbirt,
wie man an der graphischen Darstellung* (Fig. 16) sieht,
xmd. die Industriellen, die Landwirthe kommen erst in dritter
und Tierter Linie, wlihreQd sie in dei Bevölkerung die erste
«
und zweite Reihe einnebmen. In England ist es gerade um-
gekehrt ; dort nehmen im Parlament wie in der Bevölkerung
Landwirthsohaft und Indnatne die ersten Stellen ein, die
liberalen Berufsarten kommen in dritter, der Handel in vierter
Linie und dann erst Beamte nnd Offiaiere.
* DoiBBovE, 8., La rhobtUim ieonemigue «te. Piiis, 1889. » Xe
Ȋmee soeiakt 1889, Nr. 4.
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Tienet Kapitel MreiitiviMAnregeln.
229
Allerdings ist es walir, dsas moht alle nnTertretenen
KlMseu Kvltar und iniellektiieUe Energie genug bentMo» um
sie «nes Sitses unter den leitenden ELlaasen wOidig n
machen, allerdings mnss der Hanptwnnsdh des Landes dslüii
geben, dass hier die Intelligens • Tonriegt; aber die Dispro-
por^on ist hier ohne allen Zweifel grosser als innerhalb der
gesamten Zivilisation des Landes, üm so mehr, als wir nnter
Knltnr nicht den hlassiiwlten Firnis yentehen, sondern die
Flhigkeit die einzelnen Zweige der Verwaltong an benxtheilen,
n. II., nnd dasn ist ein gntw Werkmeister vielleicht eher im
stände als ein in Formeln oder abstrakte Doktrinen ▼ertießer
Advokat oder Grelehrter. IMkioht wird dann auch die stille
Yevaehtang, die man gegen Lsoidwirthe nnd Lidnstrielle^ g^S^
AUe, die kein Latein können, hegt, vor dem gerediten Kriterium
des praktischen Verdienstes weichen.
Was die Burmnkraten anbetrifPi;, die unnmgftnglich nOtbig
sind, wo das Volk nicht reif genug ist sich selbst zu regieren»
so vertreten sie die Boutine, die der schlimmste Feind jedes
Fortsdhiitts ist. Jsolirt von der Welt und den grossen Ideen-
hewegnngen, wie sie leben, sind sie nicht im stände über ihre
Formel hinauszusehen, verachten die Meinungen Anderer, und
haben, was noch schlimmer ist, keinVerständniss fär die Leiden,
die fem von ihren Kansleien die Welt bewegen und bedrücken.
Und darum sehen sie awdi nnr dio praktischen fikshwieiigkeiten,
niemals den Xutzen irgend einer Nenemng.
Was die Advokaten betrifift, so können sie schon deshalb
keine Freunde emster Reformen sein, weil diese ihr Gesetz-
buch beeinflussen und sie nöthigen würden ihre Scbokstik zu
verändern, nbg'esehen davon, da?s lei wenit^er komplizirten
Gesetzen nud vereinfachtem Prozessverfahreu iVtr Verdienst
schmäler ^\•crden würde. Deshrilb hat man in Frankreich die
Advokaten, weni[^tens diejenigen, welche keine ausgesprochenen
politischen Neiguntren hatten, der Vertretung der Minderheit,
der Revision der Verfassung, den Ehescheidungsgesetzen Wider-
stand entgegensetzen sehen. (Donnat.)
Gewohnt das Wahre nnd das Falsche mit gleicher
Gesduokiiohkeit zvl vertheidigen, kommen die Advokaten
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230 II. ThftU. JwupnidenB. Prophylaiie dai politiseliBii Verbradwia.
8oh]i«8lioh dahin, dafs sie selbst das «ine vom andern nicht
mehr genau unterscheiden,^ und gepanzer; mit Eormeln und
Worten bringen sie einen guten Theil davon mit auf die
Bednerbühne; daa verleiht ihnen in der Kammer eine Ober-
herrschaft, die dem Staate nur ge^hrlich ist, — mit der Zeit
aber ihnen selbst ge&hrüch wird ; denn wie wir g^ehen haben,
(e. oben), erweckt das zu starke Ueberwiegen einer Kaste eine
Reaktion, die m gänzlicher Unterdrückung derselben ftthrt.
Ich sehe übrigens, dass Zanakdelli in seinem schönen Werke
[Ätwocatura 1879) die Verordnung der französischen Anwalt-
kammer lobt, welche den Advokaten verbietet, Leiter und
selbst Mitglieder des Verwaltungsraths von Eisenbahngesell-
schaften zu werden, um nicht in einen Konflikt zwischen ihren
Pflichten und ihren Interessen zu gerathen. Aber sollte daa
nicht viel mehr auf das Parlament angewendet werden, wo
die Advokaten in ihrer Eigenschaft als Gesetzgeber, für Gesetze
stimmen können, die ihnen in ihrem Berufe Vortheile sichern ?
Zanardelli giebt in seinem Werke selbst zu, wenn es
dein Advokaten nncli m Zivilsarlien nicht erlaubt ist, daa
Unrecht zu ^ ei theidigen, so dürfe er es doch in Strufsiacbeu.
Ist es nicht klar, dafs Persnnen, deren Beruf derartige Auf-
gaben mit sich brinc^l, s( hiiesslich ihr Kriterium in allen
anderen Fragen, bei denen irgend ein Interesse ins Spiel
kommt, fälschen werden, zumal in Strafsachen das Interesse
ottenbiir nicht auf Seiten der Gesellschaft, sondern auf Seiten
ihrer Ges-uer ist? Ist es nicht klar, dass selbsL die, welche
nicht zu einer Verwechselung der Kriterien neigen, durch den
beständigen Kontakt mit \'erbrecht3a, durch, die fürtwülirende
Arbeit in ihrem Interesse, schliesslich unbewusst zu Gunsten
derselben beeinflusst werden müssen, durch jene Anziehungs-
kraft, die den wohlwollenden Mensohen dam treibt, seines-
gleicben beizustehen, um so mehr, wenn er in nahe Bertthrong
mit ihren Leiden kommt und sie ans nflohster Nahe sieht,
um 80 mehr, wenn es ihm nnr ein paar Fhraaen, ein paar
Blätter Papier oder die Abgabe seiner Stimme kostet, um so
^ ZäXAsaxLUy Ämocatmu. — Lihixboso, Inonmtmto tkl deUtto m ifaiia.
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I
YieriM XapttiL MventiniiMMregslii. 231
mehr endlich, wenn dieses ungMunde obsohon sehr entscbald*
bare Mitleid »ick unter dem Mantel eines melu* oder weniger
metapLysisohen Apostelthums Terbirgt, das sie selbst hOohat'
wabrachftinlich nicht noht yerstehen, das die Ifiaaa aber nooh
weniger versteht; denn sie glaubt, dass 68 sich hier um abstruse,
über ihre Urtheilsf^higkeit hinausgehende Konklusionen handelt,
beugt deshalb das Haupt und fügt sich, bis endlich ein-
mal die allzu bittern Folgen dieser leeren Träume zu einem
Abschütteln der lästigen Fesseln führen werden. Es liegt eine
unmittelbare schwere Schädisriins? dann, wenn die kStirannino:
stets zu Gunsten der Sclmklit^^en, und das Urtheil der Ee
gründnni:: des Fnlschen ireneiL-'t ist. Deshalb scheitern die
wichnu'st« n Itetoimeu der Gesetze und ihrer Handhabung an
der Interessenpolitik der Advokaten. Direkt als Minister und
indirekt als Deputirte unterdrücken sie den unabhängigen
Geist der Richter, ohne Rücksicht darauf, dass dieso gegen
ihren Willen nicht versetzt werden ciuifen und bringen so
Aengstlichkeit und Schlaffheit in die Rechtsfr^e. Es ist be-
kanntlich nicht selten vorgeküuimeu, dass der Prozess eines zu
geringer Hoffnung berechtigten, wohlprotegirteu Angeklagten
durch den Einfluss eines Vertheidigers am Tage der Verhand-
lung snspendirt wurde, nachdem dem Gerichtshof zu yer-
stehen gegeben war, dass er durch ein zn rigoroses Ver-
fahren rielleicht wenig Dank ernten wurde, wie es auch vor-
geki iiiiiiieii ist, dass schon gefällte Urtheile suspendirt und
revozirt warden, wiliirend lu der Wu,Ll ilirea Vertheidigers
weniger glückliche Mitschuldige ihre Strafe abbüasen mussten.
Wir haben Yertheidiger gehabt, die Minister geworden sind;
gewiss hielten sie die Ehre ihrer Stellung und ihiee Namens
hoch und unbefleokt; sicher müBsen sie sich Opf« «nferlegen,
4ie aaoh heroiioliai Katnisn abhirer lallea, B» hdmk auf dk
Ananaluiie und nieht auf dia Bagal ladmeii, wann man dia
Sbrafiaehtspflege in dia Hiada derjenigen giebt» dia iudi toq
Amts wagan mit dan PHastorn damalban im Eampfa bafindan
odar an bafindan aohainan. (0. LoMBBoao, SiU inenmmto dd
ddUfo M nOia, Torino, 1879.)
Wann dia lEaalit diaaar AdTokatokzatia niaht gabioohen
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232 n.TlieiI. Juiiimidioi. Itepliylaze dei poUtitditn Terbreebeni.
wixd> die, geMrliolnr ab die alte FriaBterheiraohaftt aDaa
absorbirt, überall ^als beirsoheiide Gewalt eindringt, selbst auf
Gebieten, die ibr absolut fimnd aind, wie die Marino» die
Landwirtbscbaft, wie kami man auf eine sichere imd
unparteiische Entwioklimg auf dem Gebiete boflfen, auf dem
ihre Künste den geeignetsten Schauplatz nud die geringste
Kontrolle und Gegenwirkung finden? Wie kann es eine gute
Rechtspflege geben, wenn man anf der einen Seite dem Laster
alle Schranken aus dem Wege räumt, auf der andern ihre
eobwaohen Vertheidiger, die Magistiatur, wehrlos den Angriffen
ihrer natürlichen legitimen Gegner liberlisat? Und wie kann
ein Staat ohne Gerechtigkeit bestehen?
Alles dies gilt für den Vertheidiger in Strafsachen; aber
auch den Advokaten an den Zivilgerichtshöfen müsste man
eine gewisse Beschränkung auferlegen. Es lüge im öflfent-
lichen Interesse, den Zugang zu den juristischen Stadion zu
erschweren, dem Bich nllzuviele zuwenden, etwa dnrcb Er-
höhung der Taxen und der Examensansprüche; es muss die
immer wachsende Yergröäserung eines Sediments von De-
klassirten, von gewerbsmässigen Politikern gehindert wprden.
Dann würde auch die Manie der Greset /macherei abneljnj'^n,
und wir werden dann yielleicht unsere Kräfte auf eine i^ute
Anwendung dor bestehenden Gesetze konzentriren, die, dun h
Studium und Grewohnheit schon assimilirt, immer noch besser
sind, als dieses fortwährende S\ne\ der Abschaffung und Neu-
schaffung von Gesetzen, die nur ein Ziel erreichen, — die Zucht-
losigkeit oder das Misstrauen Derer, auf die sie sich erstrecken.
Deshalb fascinirt uns ein Strafgesetzbuch nicht, das nur
zur Verl^^nheit der Richter und damit zur Verschleppung
der Rechtssprechung einige abstrakte Formeln ändert und die
schlimmste aller Gefahren, die Milde des Strafvollzugs, noch
steigert, nachdem jahrelang wortreiche, fruchtlose Diskuääiouea
geführt worden waren.
9. Allgemeines Stimmrecht. — • Nach der herrschen-
den Anschauung scheint das allgemeine Stimmrecht bestimmt,
die Vertretung der Erlassen zu nivelliren; aber während jede-
Partei, jede Schule es nach eigenen Wünschen zurechtknetet^
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Viertel KspiteL PriventinnatMregeln.
2dS
üWwiegen die Xachtheile die Vortheile, so lange nicht das
Durch schnittsniveau der Bildang und poliüflohen Sobaloug
erheblich höher wird.
Nicht dass die Tyrannei der Mehrheit so sehr 7.n fürchten
wäre — denn in der Regel folgt die Mehrzahl einer Minderzahl
— das schlimmste ist der Sohift'bruch tüchtiger Charaktere und
hervorragender Intelligenzen ; das treibt die Völker in die
Arme der degenerirten A]nisir'], deren gefährlichen Einflnss
wir untersucht haben. Auf emen X ap illon, luit einen PkriklES
kommen hundert Ki.kon, Mar.'VT uiier Boll.anger; deshalb
niu>b man dem intellektuellen Element eine hervorragende
Stelle anweisen oder es als Ferment frei wirken lassen.
Die Intelligenz allein, wie Erskine May * schreibt, wird
die Freiheit des Volkes sichern. Ein Volk von Träumern
könnte immer in Knechtschaft bleiben ; eine von Geist durch-
drungene Thfttigkeit dagegen bessert die sozialen Zustandu,
macht die Arbeit ergiebiger, die Vertheilung der Reichthümer
gleichmftssiger, schafift neue Klassen der Gesellschaft mit viel-
luchen Interessen und ändert den ganzen Charakter des Staates.
Das allgemeine Stimmrecht bedeutet die Herrschaft de;
Zahl über das Verdienst, der Quantität über die Qnalitit und
wenn es anch ganz allgemeine, dem gemeinen Urttieil zngftng-
liobeii Probleme lOsen, der sUgemeuieii ZiutiiniiiiEDg bedttiftige
KaaBBregeln ftidem kann, wie gewiase Stenern, setrt es dem
lieberen Irrthtim und dem bloasen ZafyH Entsdieidnngen ans,
in denen nnr die erJoeonoto Liielligens einen gnton Baih er»
ilieilen konnte.
Wae entiebt werden mnes, ist das Wohlergeben, niebi die
Henaobaft der grOasten AnsabI, vnd jenes sebliesst diese ans,
wie die Gesondbeit nnd das Wobleigeben eines Kindes in
nmgelMbrtem Yerbaltniss snr FttUe seiner Freibeit nnd Maobt
stsbi Wenn man somit alles begOnstigen mnss, was die
WoUeigeben des armen Mannes steigert» mnss seine Haobt nnr
soweit Terstttrbt werden, als ee ndtbig ist nm den boberen Stinden
die tta sein Wobleigehen nOtbigen Konsessionen absnawingen.
* Im democnaia m Bunpa.
234 ILTlidL Jurispriidflni. Pfopbyl«xedeiiK>Utiaoh«iVer1i^^
Die Aristokratie des Wissens, die Aristoteles für un-
möglich erklärte, die aber seit vielen Jahrhunderten in China
besteht, ist die einzige« weldie die Bourgeoisie über das Pro-
letariat stellen kann. Ist nun einmal das aUgemeine Stimm-
reobt als unablenkbare Strömung losgelassen, so muss sich ihm
das aufgeklarte Yotom der Männef von Werth and klaienm
Blick entgegenstellen.
Deshalb müssen Gelehrte, Schi'iftsteller , Journalisten,
Fabrikvorsteher, Arbeiter, denen eine Entdeckung patentirt
worden ist, Studenten, Kultusbeamte, Offiziere, alle Vertreter
des intelligeuten, denkenden Theils der Nation über eine ihrem
Verdienst entsprechende Anzahl von Stimmen verfügen, wdch.
gewissen Kategorien, die den EinUuss der Zahl ausgleichen
nnd iliueu die Majorität sichern.
Wenn man ferner den verschiedenen Gesellschxift.*5lcl;isseu
eine besondere Vertretuns: sichert, würde es schwer sein, eine
Null oder gnr einen Degenerirtprs in der Wahl durclizubrinLrfii ;
jeileiifull> würde sich ihr emc Ariötukratie de^ Geistes eiugegeu-
steiien, die sicher weniger getuhrlich wäre, als jede andere.
10. Klassen Vertretung, — Zum Zwecke einer gleich-
mftssigen Vertretung aller Klassen in der gesetzgebenden Ver-
Sammlung schlägt Prins (1. c.) die Eintheilung eines Landes in
die verschiedenen es zusammensetzenden Elemente vor, d. h. in
agrarische, industrielle, Mittelstadt- nnd Grossstadt -Bezirke,
isü dass diese verschiedenen Faktoren der sozialen Bewegung
gleichmässig im Paiiaraent vertroteu wären. So solltou die
eiuen ländlichen oder mdustrielleu Bezirk bildenden Gemeinden
ihre Abgeordneten in zwei Kollegien, dem der Grund- oder
Fabrikbesitzer, und dem der Arbeiter, wählen, mit je einem
Depnürten. In den Mittelstädten sollten die Abgeordneten von
drei Wahlkörpem gewfthlt werden, mit je einem Deputirten;
diu dar K^asitSten) dem der Zennten nnd einem dritten
alle aDderan Bttzger umftaeendeii WaUkOiper. Für Ovossstldte
aoihUlgt P. ead]iek aoht WaUkOiper oaeh Iblgenden Kategorien
Tor: StiLdtiMher GmndbesitB; WiaMiiaehaft, Litteratnr, Kunst
und Unienieht; Beoht; Lidustrie und Handel, Arbeiter;
nationale Tertbeidigung; Hygiene nnd OffentUehe Arbeiten;
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Yiertm Kapital. FrSviiitivinMMregelii.
236
Verwftltong; Kulte. Jedor WaUkOrper soll eine der Wiob-
tigkeit der dnrbh aie Tertretenen S^lrase entspiebhende Zabl
▼OD Vertretern wiUen.
11. Vertretung der Uinoritftt. — Wo die Stimme
der Minoriiftt entlokt ist» nud wo diese keinen pfoportionalen
Binflniw auf die Lniang des <)ffentliehen Lebens bat, da ist
— wie Louis Blanc trefifead bemerkt <— die.Begiemng nur
eine Herrschaft der PriTilegirten zu Gimsteii der Majorität
In Italien hat man aiemlieh eigebnisslos eine solche Ver-
tretung SU schaffen gesucht; andere, vielleicht bessere Systeme,
erstreben denselben Zweck, z. B. das bei Kommunal wählen in '
Nord-Amerika adoptirte kumulative Votum, nach dem jeder
Wähler 80 viel Stimmen abgiebt, als Vertreter gewählt werden
sollen, und dieselben nach GefsUen anf mehrere Kandidaten
oder auf nur einen abgeben kann.
Bei der Abstimmung durch konkurrirende Listen stellt jede
Partei eine Liste ihrer Kandidaten auf, die die Namen derselben
nach dem Vorzug, der ihnen ertheilt wird, angeordnet erhält
und durch einen Buchstaben bezeichnet ist ; der Wähler nimmt
eine dieser Listen an und darf nun die "Reihenfolge der darauf
enthaltenen Namen ändern; nach der Wahl werden die Listen
nach der Zahl der ihrem Buchstaben -Index zugefallenen Voten
geordnet, xinä die ?timmpnreichsten Kandidaten jeder Liste
werden zur Konkurrenz um die der betreäenden Partei zu-
gefallenen Sitze zugelassen.
Bei der Ab s 1 1 m rau n g nach Quotienten in Kol!egi«^n
zur Wahl ni^^hrei er Abgeordneter, verfügt jeder Wahl er ül er
nur eine Stimm« , diirf nber unter den Namen des ihm genehmen
Kandidaten so viel andere schrei l eü, dass die Zahl der in
seiner Abtbeilung zu Wüiiienden erreicht ist. Bei der Veri-
fizirung wird nur der erste Name gezählt, es werden aber der
Aeihe nach alle Kandidaten als gewählt proklamirt, die eine
dem Wahl -Quotienten gleiche Anzahl Stimmen erhalten
haben, der sich aus der Division der Wähler -Zahl durch die
der dem Wahikörper zufallenden Deputirteii eigiebt. —
Vor allem muss man mit praktischem Blick das Neue
auf doä Alte plropfen, um die auf übei-äturzte Beformen folgende
236 ILTheil Joritpradeiu. Prophylaxe d«ipotitudwnVeil>rec3Miu.
Bmktion za Tenmärn; die Sehfidtn des Parlameiiiansnitu
mfiflsen Tennieden weiden, aber unter Walmmg seiner Formen.
So mnas man in den Fallen, welche eine beeondere Sedikennt-
niae erferdem, e. B. Finansangelegenhuten und Vngeai des
StnfroUnigs, wo anch ein gutes Filament nicht genügend
nntnriohtete Hinner enthalt, ihm eine Ait Ton ieohnisclisr
Kommission sls provisonsohe Brweiterang hinsoftagen. Bei
Fragen, die eine bestimmte Klasse betreffen (z. B. die Aerate
Militaia» Apotheker, Seelente), mHaste mi» Yerfafetang derselben,
ans ihren l^otabilitttten bestehend, berufen werden, wobei ntr
' Zeitecspamias schriftliohe Vethandlmigen an Stelle der mOnd-
lidien treten könnten.
12. Alter der Deputirten. — Noch andere Ifaassrageln
sind nOthig. Die Zabl der Abgeordneten ist meist zu gross»
sie mflSBten schon mit 25 Jahren wählbar sein, miis^sten Indem-
nität gemessen, und der Bemoh der Inkompatibilität mitAemtem
Atteste ausgedehnt werden. Die Wählbarkeit nach ToUendetsm
25. Lebensjahr würde eine Anzahl aktiver, weniger misoneisti-
soher Abgeordneter ins Parlament bringen, und würde mancher
hohen Begabung, die heute keinen Wirkungskreis iindet, ehren-
volle und ihrer Energie angemessene Aufgaben stellen. Es i.st
einer der Schäden unseres politischen Lebens, djiss gesetzliche
Beechrfinkungen und allgemeine Vorurtbeile die Wirksamkeit
der Jugend einschränken, die in Amerika und Btilg-nrien sich
80 vqrtheilhaft bethätigt. Bei uns hat der Mann 9r?.t (Tcitung,
wenn er eine ausgepresste Zitrone ist. Tn Italien giebt es
keine anderen Politiker, als die ÜpberMeibsel von 1 und 1859,
die sicher nicht mehr die Originalität und Spannkraft der
Jugend besitzen. Es ist, wie wenn man im Kriege die Vete-
ranen zu. Lieutenants machen wollte: sie wissen zu widerstehen,
aber nicht zu biegen.
Dagegen wurden m Rom lu soliw ifri^ritFällenZwanzigjäbrigo
zu Konsuln gewählt, und ebenso handelte Frankreich während
seiner grossen Revolutiou und Garibaldi im Jahre 1860. Nun
ändert sich zwar die öffentliche Meinung nicht; aber eine ge-
setzliche Maassregel kann das Alter der Wählbarkeit für Senate
und Kammern herabsetzen, um dem politischen Treiben einen
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Viertes Kapitel. Fräventivmaassregeln.
237
lebhaften Impuls zu geben ; übrigens würde auch die reclit-
zeitige Pensionirnng der Beamten dos träge bureuulcratisclie
Leben verjüngen.
13. Indemnitftt. — Ausreichende Diäten würden fähigen
aW tanoDßn Mftnndni die Abgeordneten -Thttti^eit zngänglioh
maohea und den Arbeiterklassen eine aaUieiolie Tertretong
•lolMm; die Anfhebong der fielen Biseabalmfiidiit wttrde viele
AdTokaten vom Filament fernhalten und gewiaae üngleieh-
heitsn der ▼eraehiedenen Bemfourten wttiden ansgegliohen
werden.
14. Inkompatibilitfti — Wenn der Besitz eines Ab-
geordneten -Mandats unverdnbar ist mit der SteUnng eines
konmranalen oder provinsialen Landtagsmitgliedes n. s. w., so
wftre nicht mehr alle Autorität in einer geringen Zahl Ton
Indiridnen yeieinigt) die dadnreh übermiehtig verden; wiik-
lichen EaparitÜsn wOrde dann Spielianm gegeben werden und
die ArbeitatheUnng würde anf jedem (Gebiete einen kompetenten
Jfonn finden, an Stelle der Hftnner» die v<m allem einen Anflog
haben, aber in niohtB tflchtig nnd. Eine Veningerang der
Zahl der Abgeordneten würde die Auswahl unter den Besten
erieichtani, und Klassen» welche wie die Landwirtheehaft und
Industrie aus Mangel an geeigneten lAbmem ihre Vertreter
aus anderen Gebieten nehmen müssen, geeignete Abgeordnete
sichern. Bei nicht politischen Verbrechen dürfen Abgeordnete
und Senatoren dnrchans nicht in abweichender Weise behandelt
werden, um den Pariamen tarismns vor Missbrüuohen und Miss-
achtung zu sichern. Welche Beziehungen haben Diebstahl,
Bestechungen oder Sittliohkeitsvergehen zur Freiheit des Votums?
Wenn wir allen Ständen ihren pririlegirten Gerichtsstand ge-
nommen haben, warum lassen wir den Abgeordneten eine
Sonderstellung, die eine neue Form des Despotismus schafft?
In den seltenen F&llen, wo die Gerechtigkeit trotz alier
Schwierigkeiten einen Al^geoidneten Temrtiieiit, muss das
Urtheil ohne weitere Eingriffe vollzogen werden. Zur Be-
freiung des Parlaments von verbrecherischen Elementen müsste
eine spezielle parlamentarische Jury bestehen, die den Ur-
heber gesetzlich nicht strafbarer ehrenrühriger Handlungen zur
I
238 ILTbeil. Jurisprudenz. Prophylaxe dea politiaohen Verbreohenn
Demission zwingt. Eine Art von politischer Staifhuft m der
]^&he des Parlaments müsste Abgeordneten, welche parlamen-
tarische Vergehen begangen haben, gestatten ihre Strafe ab«
znbüssen, ohne das ^Hanidat zn unterbrechen. Unsere hti
permanenteiL Saanonen nnd wa lang und an ErgebiuMeit tarnet,
als die komn aUe awoi Jalir embenifeiMii Sltningeii des
n<»damerifcaniachen Kongresses, Biit denen sieh der praktasdie
SImi dieses Volkes ha^uu^t. —
Jede Anssdüieasimg wflide dmeh die direkte XoitiatiTe
des Volkes gemildert werden. Dnreh diese in ▼enohiedensn
Kantonen Terfaratenen Instiiationen konnte die Sehweis uns als
Muster dienen; so empfiehlt es sieh, einen von einem Blliger
aoflgehenden nnd Ton einem Theile der Kammer nntentotsten
Antrag anf Verfirnngsrevision dem Volk sor hOohsten Bnt-
sdheidnng Toml^gen nnd ebenso die Binfthrong nener Lisli-
tatLonen und gewisse SUle politischer Verbrechen.
Wenn alle Veranche einer Befbrm des Bsrlamentarismos
Tsigeblioh sind, wird man mit Houhabi* fingen, ob es nicht
besser wflrs es den politischen Konsamenten, wie er sie nennt,
an überlassen die Bedingnugen des Kontrakts selbst ftstaastsDen,
ihn an modifiziren und seine Aosfilhnmg zu überwaoheB» ohne
ihnen eine Form der Vertretung anfinerl^gen. IndividneU nnd
sie dieeer Aufgabe gewiss nicht gewachsen, vielleicht könnten
sie aber freigebildeto Assoaiationen mit Hülfe der Presse er*
lallen. Wo die Masse weder die Fähigkeit noch die Müsse
zum Poütisiren besitzt, könnte eine freie Vertretung der Kon-
sumenten ans der Mitte der genllgend Bef^igten ein Werkzetig
der Kontrolle und Besserung der öfifentlichen Angelegenheiten
werden, die wirksamer und unbesteehlicher ist, als die ofifiaidle
Vertretung unwissender Massen oder priTÜegirter Klassen.
15. ünbesoldeteBeirttthe. — Unsere an der Advokaten-
plage leidenden Parlamente zeigen weitere Schäden in der
Tendenz Gesetzentwürfe einzubringen, wo sofortige Maassregeln
nöthig sind, und für haltlose Entwürfe Kommissionen ein zu-
setaen. Hierher gehört auch die Organiaimng berathender
* L^ecettttim polUiqtie et la rivoluticm. Paris, Beinwald, 1884.
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Viertes Kapitel. Prävcntivmaassregeln.
239
Körperscbdten nach dem Vorbilde r^ps Parlaments, nur noch
unfähiger nnd negativer in ihrer Wirkung, die wie der Geannd-
heitsrath, die Ünterrichtsdeputation, der Landwirthschaftsrath
unbesoldete, znm Theil wählbare Mitglieder haben, die mit
anderen Geschäften überladen die oberste Leitung der wesent-
lichsten Staatsinteressen mit den Ministern theileu sollen, die
aber in der That durch ihre kollektive, interraittirende
Tbätigkeit nnd infolge ihres Mangels an Exekutivgewalt die
nnyeraatwortUohe Tbätigkeit des Ministen nur verzögem,
▼encblechteni, venohnOrk«bi und TtrwiBsan. Dtrartigen be-
nähenden Kttrpenoh&Aen sind SpeziaEaten za ial»titiili«D, die
auch ein «KekntiYes Yotmn benteen nnd eine bedeutende Ver-
antwortiiehkeit innerbalb ihxee Gtebietea, soweit es nieht die
Politik berflkrt Hier verlangt die moderne Wiaeenseihaft so
ta aagen speaialiairte Spezialisten nnd niflikt .Hftnner fbr alles»
die anf den Tonohiedensten Gebieten ratiien soUen.
16. Teohnisobe Ministerien. — Bio Sdiafinng
ein^^r absolut teobniseher, jedem Parteieinflnas, aber niebt
jeder Yeiantwortliohkeit entasogener IGnisterien soheint nns ein
wmteres Eonektir der SdbHden des Pulamentaiisrnns in Italien»
wenn reaktioxiflre Maasnegeln Tennieden werden sollen, denen
die Ghsinnmig nnseres Xonaroiben widentieben wUrde. PoUtisebe
nnd parlamentarisdbe Minister können die des Innern nnd
AensBem sein» so lange man will; aber welcbe Beäebnngen
baben die JCnisterien der Marine» dee ünterridhis nnd der
Landwirtibsebaft znr Politik? Wenn die bemoihende psrla-
mentsrisobe Bhetorik nnd Intrigoe das nnmOg^eb maobt» so
müssen innerhalb der einseinen Ministerien Aemter mit sebr
ausgedehnten Befugnissen geschaffen werden, äbnlich dem des
Seg^retario Generale, welche die parlamenfaurischen Wecbsel&Ue
nicht mitmachen und deren Inhaber ausgezeichnete Vertreter
der betreffenden Thätigkeitssphäre sind. Dann hfttte der
politische Ehrgeiz einen viel beschränkteren Tummelplatz, nnd
man wflrde es nicht mehr erleben, dass ernste Staatsmänner
widerspruchslos sieb mit dem Yoxsobiag bürni lassen, znr
Beseitigong der Pellagra die Wasserrenorgong zu andern und
Epidemien dureh Sebliessung der Alpenplase abzubalten. Wir
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240 Tiieil. Jurisprudenz. Prophylaxe des politischen Yerbreohans.
haben ja Advokaten als Marine- und Kriegsmiuister ^habt.
Man darf sich über die bizarrsten Bestrebungen nielit wundem,
:-u liuiu-e -icli üeiariige Fälle uuier unseren Augen verriel-
iiiiLigeii, ohne die leiseste Gegenwirkung zu erwecken.
17. Formalismus. — Es giebt noch manche andere
Uebelstände, die einander entgegenwirken, aber darin überein-
ttimmen, daas aie «na immer mehr niimren. Die Bnreankiati*
erinnert mioli an eine Ton mir hebandelte Geisteakitnkai
welche eine Jfanie für aahUoae Sdhaehteln batfce, die aie in-
einandersieokte; die innaiste mÜhielt aber nichts ala Werg oder
eine Nadel. Wir hftnfen Papier auf Papier, fierieht anf
Bericht^ nm in einem Hospital einen Teller Sv^pe an sparen,
dabei haben wir Eassirer ohne Kautionen und ftr eine eisparte
Suppe sperren wir Jemanden acht, nenn Monate ein, der lüehta
verbrodhen hat, ala daas er nicht in den E^giatem dieaer
sondwbaren Belipon der Bnveaukratie nntergehradit werden
kann. Wir iUlen z. B. Taoaende Ries Papier mit einer
mythisehan Statiatik rttokfillliger Verbrecher, die nicht ein
Drittel der wirklichen Zahl eigiebt und die eme Abnahme des
stets wachsenden Yerbreohena konstatirt
18. Elerus. — Der Vatikan iat der ewige Feind der
Entwicklmig und gegen ihn hilfik keine militiriaohe Strategie.
Smne Hanplkrafk findet er in dem ataviatischen QefOhl f&r daa
Althergebrachte, das Fraaen, Kinder und Greise behetisoht
und die, welche eine Gehirnschwäche diesen ähnlich gemacht
hat. Ihn mit Gewalt bekämpfen heisst Märtyrer schaffen und
ihm neuee Prestige Terieiheu. Hier iat daa eigentliche Kampf-
mittel die Verbreitung der Bildung. Das aeigt schon der
Vergleich i^wischen der städtischen Bevölkerung und der unter
abeolnter Priesterherrsohaft stehenden ländlichen. Es gäbe eine
andere, fireilich schwierige Kampfinethode gegen die ecclesia
militans : man müsste die Soldaten gegen die Genemle nnd dm
Oberbefehlshaber aufwiegein. Liesse man den Pfarrer von der
Gemeinde wtthlan, wie es auf Anregung von Güerriebi
GoNZAQA yersncht worden ist, so wäre diese gefohrliche Kette
gesprengt und durch die Wahl diese mächtige, bisher feindliche
Armee nationaUsirt. (Veigl. C. LoiiB&oso, Ire Tribmi)
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241
19. Berufsbildung. — Von grosser AVichtigkeit ist
die Erziehung der Arbeiter für die Kooperation, und daran
bat sich vor allem der Staat durch Fachunterricht zu betheiligen.
Der staatliche Unterricht, der schon zur Bekämpfung des kleri-
kalen Einflusses nothwendig i-^t, mnss schon auf der primären
Stufe über das rein theoretische und ästhetische Gebiet hinaus-
reicben, aus dem der Mensch nach Mnlen Jahren geistiger Ueber-
anstrengung ohne jede praktisch h Kenntniss in dem Kampfe
ums Dasein tritt, so dass eine Klasse permanent Unzu^edener
entsteht, die wie die Baba in Hindostnn vom Staate eine Eni*
flohftdigung für ihre L nfühigkeit \ erlangen.
20. Erziehung. — Man beginne mit dem Kindergarten,
der die jungen Köpfe an das Wirkliche im Leben gewöhnt; dann
führe man das eigentliche Antidot gegen rhetorische Tendenzen
ein, den Handarbeitsunterricht in den Schulen, der die Jugend
für produktive Thfttigkeit interessirt und gute Handwerker
und Werkmeister bildet an Stelle der Advokaten und Aerzte,
deren Bt rut liänfig nur negativ oder die Xegution eines Beruf» ist.
Em mteliigenter Arbeiter übt durch seinen Verkehr mit
weniger intelligenten Genossen einen wohlthätigen Einfluss auf
fiie aus ; nimmt man ihn aus seiner Sphäre, macht man ihn zum
AdTokaten, Beamten oder Arzt, so gewinnt die an solohm
Elementen reiche G^esellflohaft nichts, wfthrend die kleine
Arbeitergruppe, unter der er lebte, an Aufgeweektheit und
Tbftti^Mit feiüert.^
Dennoeh wilie ee eine Xlinnon, zu glauben, dasB eioli die
UasMa sdhnell anlUftien leesen, und daas das ao gebildete
Volk die bflzgerliehen KlaaMn leiten kftnaie, die ihr an Knltnr,
eo Teikehrt äe sneh sein mag, aieherlieh fiberkgen ist Des-
wegen nrass Tor allen Dingen daltlr gesorgt weiden, dass die
bläiereii BJasson wiiklieb gut nntemehtet sind; man mnss die
M^eUirten Elaasen anfUiien, sehiieb FeiAVHIET an GiOBOi
Säxu, d. h. man mnss das firaebongasystem Bndem, das uns
in einer Welt der Todten leben lisst, nnd mnss nns die Luft
wiiUiohen, modecnen Lebens athmen lassen.
* LeiOT BtAVUKr, L*Eiai modmie de
LowBvoiO» Fglldioliar ▼«rluwilier. H.
242 II* Th«iL Jnriipnidn». l^ophyltxe det poUtiiolMii TerbradiMii.
Zur Abwehr der GelegenheiterarolntioniFe, die meist
Deklassirte und Mattoido» immer naktionäre atayistifloliA Be*
formen erstreben, müssen wir uns ans diesem Netze, ans den
Traditionen unserer GroesTAter^ dem Banne der akademiachen
Ebetorik fireimachen.
Wer die Vorgänge der Jahre 1789 und 1848 und das
Wesen vieler Mattoiden untersucht hat, wird gesehen baboi,
dass eine Hauptursache von Rebellionen und Yerimingen der
Mattoiden in der philologischen Erziehung gegenüber den
positiven Bedürfnissen dos Tj^r^bens zu finden ist. Wir nähren
die jungen Geister mit Blum euduft, statt mit Brot und Fleisch,
und dann sollen sie kräftig sein. Sie werden ästhetisch
werden, das leugnen wir nicht, — v,enn wir es auch stellen-
weise stark bezweifeln, — aber es wird nichts anderes erreicht,
als wenn wir unsere jnneen Leute zehn Jahre hindurch täglich
sechs Stunden an künstlichen Blumen arbeiten Hessen. "\Vie
werden unsere Enkel lächeln, wenn sie daran denken, das.s
Tausende von Menschen im Emst ge2:lfiubt haben, iro-end ein
Fragment eines Klassikers, gähnend unter Z^vtmg studirt und
schneller vergessen als gelernt, oder schlimmer noch, die
trockenen grammatischen Reigeln irgend einer alten Sprache
wäre ein werthvolles Werkzeug, um den jungen Greist zu
bilden, werthvoller als die Darlegung der Thatsachen, die
seinem Interesse näher liegen müssteu, und mehr als die Logik
der Thatsachen selbst. Wer wird spater noch glauben, dass
ein Schiffsoffizier oder ein Kompagmechef Latein verstehen
muss, uüchdeni die Ei-fiuduug des Kompasses, des Pulvers, der
Dampfmaschine die strategischen und nautischen Grundsätze
vollkommen geändert haben ? Inzwischen fällt man bei einer
Generation nach der anderen das Gehirn lange Zeit mit Fonnen,
nifiht mit der Sabstanz, mit einem Eetiiofadienet des Alter-
thmns, der weeonlooer iat ala die Form (die wenigstens einmal
ein fieflielaieliea Hcieterwerk anregen konnte), nnd nm so nn-
froditibaier nnd sinnloBer, je llngeve Zeit bei diesem Tretben
nntsloe Terthan wird. Darin lablt der Jngend eine eofide
Grandlage nnd deshalb wirft sie sieh der ersten besten, auch
noch so irrigen, nnseifgemUsen Nenernng in die Arme, wenn
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l^wtM Kapitel. FkCvsntivinMaNgebi.
243
dieee nur an etwas ans dem falsohTOistandenen Alterthnm er*
innert.^ Wenn nun endlich das junge Gehirn mit antiken
Hadem genügend vollgestopft ist, presst man hinterdrein noch
Jahr auf Jahr metaphysische Nichtigkeiten hinein, mit denen
der Student, wenigstens der Junat, sich bis 2um ESnde seines
Studiums beschflftip^en rnnps.
Die <?^Avaltip;st€n Werkzeuge gesflllsehaftHclier Bildung,
das Studium dpr Statistik und der Soziologie, bleiben in r'weiter
Linie und in den Händen Professoren, die ni;iu kaum ernst
nimmt, gar nicht tu sprechen von der Religionsgeschichte,
der Etlinolü^ie, liei Anthropulogie, der Psychiatrie, der Hygiene,
der Buktprinbigip, die auf den Univprsitäten die ßoile des
Aschenbrödels spielen. Man schiebt die schöne pädagogische
Ent<Jeckung, welche die FRöBELsche Schule repräsentirt, in
den Hintergrund und man wartet auf ihre Einführung in ganz
Ehiropa, ehe man die gesundeste, der blossen Khetorik feind-
lichste Neuerung, den Handfertigkeitsunterricht, in den Schulen
einführt. Dieser Unterricht wurde etwas Praktisches, iüxaktes
an Stelle der antiken Nebelbilder setzen, würde dem Hand-
werk wieder Ansehen und Anziehungskraft einbringen und
uns vor jener Sündfluth von Abiturienten, d. h. von Kandidaten
der Aussichtslosigkeit bewahren, welche der erleichterte Zugang
£um Studium tflglich mehr anschwellen lässt, anstatt dass man
sie dnxoh erhöhte Gebfihien nnd Aufhebung von Univenüftten
ftnffaidte.
Ja, wir liaben KtCbeder der Eloqneos» der Deklamation
und — oll Glflekl — der DAimehen Diebiang und der
Ardiiologie; imd wenn eine FhifesBor ftlr xOmudhee Beoht
niehi genügen aollte^ eo wird man an jeder ünivemitifc awei
neve sehaiim. Ist ee nickt beikaan^ dam wir» die Toga ana-
nodi naeh den Sitten nnd Qeeetsen nnaerer Abnen
leben? — mid eigentUoh Ishlt avob die Toga niehi
int dieeem Gepleke lieben wir ans, nm den DniebeebnittS'
' Wer daran zweifeln sollte, der denke an den Klassicismiis der
liänner von 1789 und lese Le bachelier et Vmsurgi von Vall^; er wird
tioh dann überzeugea wie nel Terfeblte Kdstensm nnd Bebellen diem
fiberlebto Xniehiwgmnftem gesebaiha hat
Iß*
244 II- Theü. Jurispruden*. Prophylaxe des politischen VerbrecLem.
Italimier m groesen Geschioken zu erheben, starke uud vor
allem gendiiakte miger zu machen, die sich nicht bloss damit
sufriedfla geben, ni, dm Fflwm balbrerrackter Pbilologen oder
Jeeuiien die Gfitoee des Alterthnnis sa rahmen mid. n bewemeo.
Müdem nene GiflMen mit neuen Hittdn adbafibn eoUen.
Fttr alle jene neuem WieBeneehafteo, denn Erfonolimig
jetit liegonnen hat und deren Tiagwttte undbeBBehbar ist» wie
die Gesofaiehte und Kiitik der Beligion, die F^yeho-Fhysiologie,
die Desoendenstheorie, die kriminelle Antbiopologie, die in-
duktile Politik, mOssen Katheder gesuhafEan werden, nioht nur
an den UniTenitttten, wo ne hftufig eratanen worden, sondern
an aUen grossen Berfilkerungssentran, oder in Form von
WandfiTTOitiflgen. So hat man in Fiankveieh auf einen yo^
sdilag DowAXB ein von dem Pariser Ifunisipium dotiitss
Katheder der biologisdhen Philosophie und solbhe fftr Beügions'
gesohiohte, fOr €hsebiehts der firanaOsisohen Berolution und
ein ganaes anthiopologisehfls lastitnt gssdmffen.
In den Yeieinigtan Staaten wie in Deutsehland giebt es
Kafliedsar der pfaysiologisdhen Pqrohologie und der Anthropologie.
Der Vortrag dieser Wissenaohaften wirkt wahrhaft erdehend
auf die höheren Klassen und erOShet ihnen neue Gesiehts-
punkte. Dadurch macht man sie uuTeigleichlich mehr regienings*
fidug als alle oder fast alle Proüeisoren der Metaphysik, Philo-
sophie und klassischen Litteratur, die unter dem- Verwände
ästhetischen Schmucks den Geist der denkenden Jugend prft-
okkupiren und sie weit ab von gTossen Horisonten in Sack-
gassen ftthren. In Italien und Frankreich verschlucken mehr
oder weniger lächerliehe Akademien, die unter klassischen,
mittelalterlichen oder modernen Namen überall vegetiren,
enorme Summen, die man ohne Belastung des Staatsbudgets
ausserordentlich nützlich für bedeutende Denker oder Natur-
forsoher zur Onterstützung ihrer Schulen und ihrer Labora-
torien rerwenden könnte. Den Beweis daftlr geben die freien
Lehrkurse bei Ferri und Sebqi oder die Arbeiten iu den
Laboratorien von Pasteür, Golqt, Bizzozzeko, Celli, Mosso,
Cahtani, Marchiafava. Mürri, Baccelli, Foa u. s. w., die
durch die Initiative ihrer Schöpfer mehr leisteten als alle
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I
246
Fakultäten zusammengenommeD, und die mehr Nutsen aobaffm
als die olympischen Gaben aller Akademien ; Akademien waran
wie die Messen für dea mientwiokelten Handel einmal nfltalioli
als Scheidewand gegen die unsinnigen Neuerungen halb*
veirücktar Be^olntionäre; heute, wo der Unterricht allgemein
ist, entfaltet sich ihre Thätigkeit nur noch in einem wUthenden
nnd gltiflklieherweise erfolglosen Kampfe g^|en jede groflse
Entdeckung und jedes wahre Genie, vor dessen hlossem Schatten
ihre blasse Mittelmässigkeit verschwindet Pasoal, MoultBB»
Dji»s&oi, Balzac, Flaubebt lehren das.^
Die Schwierigkeit in diesen Fällen besteht gerade wie
bei der Glocke, welche die Mäuse der Katze an den Sohwau
binden S(jllten, in der Wahl, da alle diese Wissenszweige von
der akademischen Welt, die den Lehrer bezeichnen soll,
befehdet werden. Gegenüber dieser Schwierigkeit mtisste man
der Minorität der Profesaoren die Möglichkeit geben alle drei
* Wie langsam der Fortschritt unter den romanischen Völkern ist'
trots des angebUoh fortschrittUchen Anatosses durch die französische
Revolution, geht dam» benror, dui dM tlloi und swar viel adhMr
sdion 1789 in Frankreich gesagt worden ilt» aber — vergeblich.
Am 20. August 1790 verlnn^tc Lanjcixai.'' die Aufhebung der privi-
legirten Akademien ; er wies aut England und Deutschland hin, wo Wisscn-
sobafi und Litteratur ohne gouvernementell unterstützte Akademien
btüliteii. Aiiah Mikamav war Ar ihre Anfhebmig; aber er itarb» ehe
er den Yon Cbamvort vorbereiteten Beridit verieMMi konnte. GsiooiBB
sagte im Konvent am 8. Aogotl 1793: „Unsere Akademien befestigen
eine Art Hierarchie unter Minnem, die nur dem Genius den Vorrang
einräumen dürften ; sie maassen sich an, die allein privilegirten Genie«
an snn; mit blinder Wuth wenden sie sich g^en Jeden, der eie in
Sebattan n stellen wairi: deihelb Uieb es dem Genie enpert» dort einen
Site in finden; ich will nur Kouftas, DüFagain, PiaOAi., Boubpaloq^
RorssEATT, Pmnx, Rkgnarh, HKT.TEnr.s, Din- nnT, Uably nennen. T*'.i^
französische Akademie, die den Abbe Samt Pierre aus ibr^r ilitte
jagte, war ein Werk des Despotismus und stellte einmal die Aufgabe:
.Wddie der Tugenden dei Könige ist am melflen der Bevrandetnng
wivdig?"
tJÜB Akademien konnten einmal nutzlich sein, um beim Wieder
erwachen des geistigen Lebens das Chaos zu entwirren; damit war ihre
Mission erfüllt. Sie haben theilgenommen an der Bearbrntong des Alter-
thums; aber dieser Schacht ist jetzt abgebaut. Sin fteiet Luid mH keine
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246 ILTheil. Juriaprudeiu. Prophylaxe des politischen Veriirooheiu.
Jahre über das Verbleiben oder Absetzung die Wahl ent-
scheiden zu lassen oder das ürtheil ausläudischer Autoritäten
anrufen, welche der persönlichen Protektion und Befehdnüg;
fremd sind. Ich habe darauf hing:ewie8en, dass die Schule
häufig das G^enie in früher Jugend, wo am sensibelsten ist,
unterdrückt und die Besten zu Grunde richtet, weil sie am
leichtesten ruinirt worden, hier uuterdrückt dtr Dabciuskampf,
anders .ih m der Natur, die Stärksten oder doch die Edelsten.
Leider giebt es gegen alles das kein Mittel; denn die die
Regierung bildenden Persönlichkeiten sind als solche nicht
aiuh genial und können nur Air die Entwicklung der Mittel*
miBsigkeit Sorge iaragen. Es wftre aber sohon genug, wenn sie
dem Genie kttn Hin&mitt in den Weg legten. Dahin gehört
V. 6. der obligatoriedhe Untenioht in der HaHiematik fCLr
litteraiiaeh begabte KOpfe nnd umgekehrt; dahin gehören
jene Sehnlen, in denen die Manie aubtilw Analysen nnd kalter
granunatikaliaeher Hegeln den isthetisohen Sinn anoh bei den
•daltor Bestbeanlagitai nntaidraokt, obeohon diese MeÜhode ihn
gexade wedran eoIL Adinlioh wirken auch die höheren Mnnk*
nnd SnnatMhnlen, in denen das konsüerisehe GMlühl durch
eine Art Ton ästhetiseheuL Einmaleins entwickelt weiden seil,
in desien Ansdbnng die mittelrnftsaigen EOple nnd die natfir-
liehen Feinde der GMes nnd der Originalitit exeelliren.
Diese Schulen sollte man Handweri^e, aber nioht Kflnsfte
lehren hissen (0. LoHBBOflo, BoMMi eä womaUt Oitti di Gastello,
1890).
nnttlosen EinrichtuDgen haben; jedenfiills aber können die Akademien
sich in freie GeieUicheften ranwMidelB, nnd ihn Thätigkeit wird dadaroh
nur gewinnen."
OaBaoiBS fimd die UnterBtützung Davids, der gegen die Ktuiit*
akademien donnert«^ das ffindemiis aDer jngendlickeii GenialitSt: «0
ihr der Nachwelt varlomneii Gdttor," rief er, grosse, verkannte
Männer, ich will p-ire vergessenen Manen besänftigen! Eaer üng-lrick
aoU gerächt werden, erhabene Opfer der Akademie," Die National-
versammlung besobloM die Aufhebung, — wir sehen heute, mit welchem
Brfe%e. Und bei alledem bat man Daudit ni^ Zola penSoUbbe Baacune
vorgeworfen, wenn sie, freilich viel weniger stark, diese gerediten Worte
wiederholten. Und wir Lateiner nennen una Ibrigeoobzitteai
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I
Vi«rtM KapitoL PräveativmAaiiregelu. 247
„Bisher^ hat die Pildasrosrik darüber du-kuiirt, wie das
Bnchstabiren gelehn und das Schreiben mugiichst schnell
beigebracht werdeu soll, wie mau nach dieser oder jener
Methode den Geist entwh kein soll, welche Stoffe der Vor-
bereitung und welche der Bildung dienen sollen i aber sie fra<>t
uucli nicht nach der Leitung unserer Gefühle und Triebe,
wenn man hier nicht den Katechismus mitzählen will. Noch
schwarnion wir hier lurs Mittelalter oder lur das Unbestimmte
oder for nichts. Ansehe lueud haben, uu.sere ausgezeichneten
Behörden von der Erziehung gar keine Vorstellung, weder eine
klare, noch eine dunkle; wie wenig sie davon eine Idee haben,
ergiebt noh ans dem erbftrmlioheu, jsweckwidrigeu Zustande
der Anstalten, in denen die YolksBchnllehivr voigebildet werden.
«Die Eniehnn^ nimmt ein ihnliehe Stellnng ein, wie
die Hygiene fftr die Erhaltong der Geeondlieit; wer die Ge-
enndlieitspfiege rertritt» Yerhaltungsmaassregeln und Heilmittel
angeben will, mnas die gestindeo Eonktionen und ikre Ab-
weiehnngen kennen nnd die dabei maa^^gebenden Faktoren.
jEbenso mnsB der Eraeber die Nator des mensehlibhen Seelen-
lebens kennen, wie es im IndiTidunm auf die Gesellsebaft
wirkt; er moss die oiganisdhen Uisaoiben seinsf abw^obenden
Aevsserangen kennen, wie die iosseren nnd soanalen Bedingungen
seiner abmoimen Funktionen. Unaeie Lebrer bleiben in dieser
Bftinehnng unwissend und treten ohne eine klare YontsUung
▼on der Schwierigkeit ibrer Angabe an die Eisieibung und
den üntenieht unserer Kinder kenn. Jedes kleine mensob-
Uehe Wesen, das in die Sehlde geht» ist ein Problem mit
mebiersn TJnbekanntsn, und doch wird es ak geltet betraohtet
mSo müssen die Menschen sieh selbst bilden, und das thnn
die, deren Charakter überlegen genug ist, jeden Widerstand
SU besinn und jeden Feind su überwinden. Aber nidit alle
Menschen besitzen solche Eigenschaften, und darum werden
Viele von dem Strome des Lasters und der sozialen Uebel fort*
getrieben. Stfthlt dieee Mlinner von Kindheit auf, leitet ihre
Lebenscegongen rim der eisten an, und ihr werdet die Zahl
* SnoL
248 II- Xheil. Jorisprudenz. Prophylaxe de« politischen Verbrechens.
der Degeaerirten vermindern. Aber wir, noch im tiefen Mittel-
alter, kennen keinen anderen Typus einer Schule, ab die
klassische. Diese Schulen sollte man vermindern, nicht ver-
mehren, nnd nnr noeh solche f&r Handel» Kttnste nnd Hand-
wefke grOnden, Faebsohnlen, praktisohe Selmlen, die den An-
forderungen des modernen Lehens entspreshen; in sie hinein
pflamse man die Schulung des Geistes, des Oharakten, die
Sehnle fttr das tVgliehe Leben. Dann wird die Gewöhnung
an die Arbeit, in der die wirksamste Eniehnng liegt, tiefe
Wurzeln sdilagen."
»Gymnasien und Ljroeen geben uns verfehlte SzistsnaeDa
die dann in Sehaien von der ünivenitttt kommen, um sich
grimmige KonlmiTena an machen, und, weil sie au knner
anderen Arbeit taugen, vom Staate ein Amt verlangen. Giebt
es eist aahlreiohe Handwerks» und Gewerbesdralen, so wixd
die Handarbeit zu Ansehen kommen, wfihrend heute der an>
gehende Lehrling in Dienatvqrhältniss au einem Meister traten
muss und aneh nur die Pnzis mehr oder weniger sehlecht
lernt. Heute giebt es nicht mehr, wie im Jahre 1000, eine
TiennuDg in Plebs, Gelehrte und Priester; die GeseUsdiaft
hat sieh ganz und gar geändert: warom sollen wir uns an das
Jahr 1000 schmieden lassen?"
„Das wesentUehste Zi^ jeder Schule ist die Erziehung
des Charakters, von dem die Eohrung des Lebens ahhftngt:
seine Festigung, wo er schwankend ist, seine Leitung, wo die
Führung fe)ilt. Erreicht man die Erziehung des Charakters
nicht, so scha£H: keine Schule, keine Anstalt Ergebnisse ; alle
Mittel, alle Wege müssen darauf gerichtet sein, oder eine
soziale Besserung, eine Hebung der Rasse wird zur Unmöglich-
keit, und die Degeneration verbreitet sich furchtbar naeh allen
Eichtnngen."
„Man wird manchmal mit Schmerz daran erinnert, dass
die Kammer das Prinzip der Militarisimng für die Jugend-
erziehung aufgestellt hat. Das ist ein schwerer Irrthum; die
für das Heer «»o nützliche militärische Disziplin ist für die
Gesellschaft als Erziehungsmethode verderblich nnd würd^' ihr
nur Herdenwesen, Menschen ohne Initiative und Selbstgefühl
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TiertM K^tal. Fki*«Bti?inauncgt]n,
249
geben. Denn die Aaw«ndiiDg eines starren Systems auf ver*
schiedene Naturen mit versohiedenen Trieben, die mitten in
der £ntwicklaiig sind und sich einst in taoMndfMsh yer-
schiedener Weise far die Gesellschaft betbätigen solkn, be-
deutet eine Sterilisinmg der individuellen Initiatire, eine
Unterdrückung des jedem jungen Menschen eigenen Strebens,
eine Fälschung der spontanen Triebe und Gefühle. Die mensch-
liche Gesellschaft braucht nicht Herdenwesen, sie hat leider
zu viel davon. Sio braucht hochplf^hende Naturen, voll (Tlaubeii
an ihre eigene Kraft, frei in ihrer Entwicklung, und bereit
sich in jedem Sinne, in jeder Wei«e zu bewegen. Sie Irain ht
franko und freie, widerstandsfähige Charaktere. Die Herden-
naturen sind Lakaiennaturen, und ser^-üp Naturen sind d^gene-
rirt oder auf dem Wege zur Degeneration. "
„Ich liegreif<=* wohl, dass Menschen] ler den sich l^n-hter
r»'^l^'!■e^ lussen, weil r-u^ kem»^ Iiniiative, keine eigenen B.'il'.uen
besitzen, wie ich auch l)e?rfufo, d:^ss das Rindvieh sich leichter
führen lässt, als lebensvollere und intelligentere Thiere; aber
ein Volk von Herdenw^n kann sich nur ein Despot, ein
Autokrat wünschen, nicht Derjenige, der sich die menschliche
Gesellschaft als harmonisches Zusanftnenwirken freier indivi-
dueller Kräfte denkt." (S. SsROi, Le ilegenercusümi umane,
Milano, 1889.)
21. Bicbterstand. Der Richterstand müsste frei sem
von der Unterwerfung unter die legislative Gewalt, die in
Italien seine Krfifte paralysirt. Anders ist es in Amerika, wo
die Wahl der Richter durch das Volk sie so mächtig und
nnabbftngig stellt, dass sie die der Ver&ssung widersprwlittndea
O t xrtio ab ungültig befenohtKi kOnnon, Bolidd «in dufob rie
in aebeni BMsliie TtttUMm fiOfgier dagegen Ftotort einlegt
Eiiw «nlängst «ndumiw Stodie* leigt, wie diea Systam,
das direkt su dem en^isohen kw stemmt, aowoU
die Becihto der EinmLrtaaiai und der Bidiiidiien Tor dem
üebeigewiehte des Koognaaes» wie die Privilegien der National-
regiening gegenttber dem Staatspaitikidaiiflmns geeehfltBt hat
Dm DB NoAnus, JBnwe d. 2>. Mimdm, 1. Aogoit, 1888.
X
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250 U. Theü. Jump rudenz* Prophylaxe de* politiscbea Verbrechens.
Weun ein Widerspnicli zwischen einer Verfiassungs-
bdstimmung und einem Kongressbeschluss auftaucht, so schützt
die richterliche Gewalt die verfassungsmässige l^Veiheit vor den
Gefahren der Schwäche oder der Tyrannei des Parlaments.
So sind von richterlicher Seite Proteste gegen die Suspen-
sion des Habeas corpus uu l ihis rögime der Kxiegsgeriehte
erhoben Würden, der liichter hat Gesetze von finanzieller
Tragweite kontroUirt und solche, die ernste politische und reli-
giöse Prinzipien berührten, wie das über die Kinihengüter;
selbst bei internatioxiAlen Bezielraiigeii und diplomatiebhea Yer*
tilgen hat die rioihterlioiie Gewalt konnuentiieDd und aogar
anspendiNiiid eingegriffen.
I^eiiioh wild die Beohiapieehang des obentm Geriekte-
hoÜBS von den poUiiadhen laafamiien, denea das PtiTÜeg, die
YerfiMSimg m interpratiraii vorbehaltai iai^ Iwld befolgt^ liald
Tenroz^Bii; deswegen verlieren diese EntsoheidiingeiL aber aioht
ihren gioesen Eiaflnse und jeder Bürger, der sioli in seinen
Tar&ssnngsmllsBigea Beohten besehiHnkt glaubt» ^Eann die Eni-
soheidung der Gleriohte anrolni; wird ein Oe s ete für inkon»
stitattonell erklart, so wird es auf den hetrefiaidsn Bttiger
nioht angewendet. *
In der Ihat ^t der Eongrsss ausser vieUeiokt rar Zeit
des Btligerkrieges noeh niemals die ünahhllngigkeit des obentan
Geridhtahofes emsÜioix ansntasten oder seine Beehtspreeknng
einxnsohilnken vezsueht.
Wie wir oben sahen, bernkte der inneie IVieden Bons
lange Zsit auf dem dnieh die Volkstribnnen gesioherlen Gleiok-
g^wiokt, wie der Venedigs anf der relatir nnp«rteüschen
Beoktspflege; und wenn tyrannisoke Begiemngen, wie die
Qetomiohisdke und die ekemalige piemontesische in Italien so
lange ungestört blieben, verdanken sie es der G«rsoktigkeit f&r
Alle, den König ausgenommen, die sie dank der Aimeoadvokator
und der Berechtigung des Senats anr Kassirung gesetzwidriger
Erlasse und Ministerialverfügungen ausübten. — Heute steht
der König vielleicht in zweiter Beihe, in erster stehen 700
kleine ElOnigef die viel heftig:er und durch ihr verborgenes
Widcen viel geflthrlieher, die üngereohtigkeit in alle Poren
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Viertn XapiteL PrKvMitiTiii«Maregttl&.
251
der Nation eindringen käsen, bis in das entl^enste Thal,
welches das Glück hat einen Vertreter zu besitzen ; man muss
diesen Einfluss um so mehr fürchten, weil sein Missbrauch
von der Presse immer verschwiegen wird und der Richter
dazu nicht nur oft schweigt, sondern, wenn auch voll Schmerz
T'.nd Grimm, sich ihm unterwirft. So lauge die fortwährende
Jhimmisohung in die Pro^ess^ von Seiten der Advokaten, die
Abgeordnete sind, und ihr Eintiuss im Justiz- Ministerium fort-
dauern, so lange die Mehrzahl der Richter keine feste An-
stellung besitzt, wird dpr Verdacht nicht aufhören, dnss sie
nicht immer ganz niilielanu^eu sind, so übertrieben und ungerecht
er auch sein mag. Der Richter darf deshalb nicht abgesetzt
und nicht versetzt werden ; und seine Wahl muss durch eine
angesehene und miabhäugige Körperschaft, wie der Kassations-
hof es ist, geschehen ; diase müsste bei Beförderungen den Ausfall
des Examens und die Anzahl der nicht angefochtenen ürtheile
zum Kriterium der Beförderung aus untergeordneten Richter-
stelleu machen; daneben inupsti für sie, wie für die »St^ts-
^lll^väl^e die Korrekt luu uud Kontrolle ihres Verfahrens durch
d e b iberen luslaiizeii berücksichtigt werden, womit ein höchst
exaktes Kriterium und ein sehr wirksamer Antrieb zu korrek-
tem Verfahren gegeben werden. Es ist natürlich, daas man
die zur Verbesserung der Beolitspreohtmg getroffenen Einrioh*
timgen zugleich zu einem Kriteriom b« der Answalil zu
böherm BiditeiBtelleii maehi^
Heutintage ist die euuige Axistokrati« die des VeidieoBtee
tud de» Gastes; wa£ sie mfissea vir uns stütsen, naehdem
jeder andere Adel hinfiLllig geworden ist, wenn wir nicht ebne
jede Basis bleiben wollen. Wenn das Examen das eigentliobe
Eriterimn der Befiähigung ist, so ist es aneb die eigentliobe Sttttae
der B^emngshienurebie; das aeigt nns Obina, wo die auf das
fiianien gegründete Yertbeilung der Beamtenst e U e n dem Beieb
ein so festes Geftlge gegeben bat, dass es insseren Inmdonen,
inneren Anlrtftnden nnd selbst der Zeit wideistebt (Marikllo,
jSSfoTM dd hdemaHatialismOf 1870. — Lombrobo» 3iä ntere-
mmio da ddüia, 1879.)
* LoMBBoao, Sa mcremmio del iiMU», 1879.
252 n.TlieU. Jnropnid«!». Propbjlsxedespolituelienyerbi«cheiM.
22. Advokatur der Schwaehen. — Die Einiieibiaog
oder vielmehr die WiederherstelluDg eines TOm Justizministeriiuii
nnahbtogigren intermediärea Amts, einer Art Advokatur der
Annen oder Schwachen, ist daneben nothwendig. Seine Mit-
glieder müssten von der Kommunal- oder Provinzial- Vertretung
gewählt werden, nnd an sie müssen sich Alle wenden können,
die sich durch Parlament, 3Iinisterium oder Rechtsprecbnnj^
unterdrückt einnben, mit dem Rechte ohne weiteres gehurt zu
werden, und mit der Befno'niss zur VeröflFentlichuug der in
ihrer Sache gefftUten Entscheidungen. Damit wäre eine Ein-
richtung wiederhergestellt, welche der in dp^spotischen Mon-
archien ein<rpführteu Adv okritui- ^pt Sch^\■al heu und Tum Tlieii
tiem \ ulk--t[-ii ninnl pntspnii'he. iM'^se Jvninmission kuuDle sich
aus Arbeitern, Handweikoru, Studeuteii zusammensetzen, die
nur für kurze Zeit im Amte bleiben und die bei Misghräuchen
nur der Kontrolle des Kassationshofes unterständen ; ihre Funk-
tionen wären die des Tribunen, Zensors und zugleich des Ver-
theidigers, und so würden sie sowohl den Nachtheilen der Advo-
katokratie wie den ^Missgriffen der Verwaltungsbehörden der
herrschenden Parteien entgegenwirken. Wenn die privilegirten
Klassen ihre zu: Auiiiebung ihrer Vorrechte erforderliche Zu-
stimmung verweigern, so ist, wie Holtzendorff bemerkt,
sobald die unterdrückten Klassen vom Verlangen nach Gleich-
heit durchdrungen sind, oder wenn die Privilegien die Existenz
des Staates bedrohen, die Auflehnung gegen das Geeets nicht
nnr nothwandig, sondern anoh garsohtfertigt. Aliar solehe
Aenderangan dflifen nicht brttsk sein, mllssan «inan üabatgang
Tom Altan snm Nanan badantan imd anoh sehr sahwer a^
sehsinanda IfisBstSnda allmShliah, niamals mit atnam Zuge, be-
saitigan.
Damit lassan sich BaTolntionan vaimaidan, dia hei einam
KonlBiki swisehan Gksets und ISfibniliahar Mainnag nnvanneid-
lieh sind, nnd zugleich ein grosser Theil dar Vargahan, waLoha
dnioh sohlachta Geeetze bedingt and.
23. Anpassungsfähigkeit dar Gasetsa. — Wann es
für dia Daner politisoher Formen eine MlJglidikeit geben soll,
so bemht diese in der Sehmiegsamkett ihrer Gesetae, die «na
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YiertM Kapitel PxäveBtimiMnregeUi.
253
Anpassung an den Fortgang der Entwickelung irostnttet; das
zeigt die Schweiz, wplcte iu den 50 Jahren von 1830 — 89
116 Revisionen der Kantonal- und drei der Bundes^•erfasfiung
durchgemacht hat und trotz der Verschiedenheit ihrer Basse
ihre Einheit behauptet.
Wi[- sagten, dass jede Aeuderuüg gelinde und niemnls
brüsk oinu'^fiführt werden rauss. Wenn die Einrichtungen emei
Nation stabil sein sollen, sagt CoNSTANT, müssen sie dem
Niveau ihrer Vorstellungen entsprechen; dann giebt es keine
E^völutionen; es bleibt dami bei lieibungen, individuellen
Mißerfolgen, beim Wechsel der Parteien und der herrschenden
Personen, aber so lange die Anschauungen und die Institutionen
übereinstimmen, bleiben diese bestehen. Ist diese Harmonie
zei-stört, so kommt e.-: uuvermeidiich zu Revolutionen, gerade
uin bie wieder herzustellen.
So war in Russlaud die rücksichtslose Aufhebung der
Leibeigenschaft und in Frankreich und Deutschland die Auf-
hebung der absoluten Herrschermaoht ein noÜxwendiger Akt
historiaohflfr Gerechtigkeit Dasselbe gilt Ton der SteknliiriiriTinig
des Kiiohengats, wo di« Bwitnoliftiifbiig in der todten Hand
und der Anspniob des Klemt auf Befreiung von der Grund-
ifeeuer i^olitiaehe und Okonomisobe Fortaebritte unmOglioh maokte.
Aber auoh diese Beforuen wuiden nidbt obne unmittelbsrs»
wailigfeifonds Störungen dniebgsftbrt, weil man dabei den
Hisonflismosi der niokts, aueb niobt das Gute^ sobnell ein-
suftduen erlaubt, verkao^ke*
24. Beobt auf Initiatiye und n^^eferendum'** —
Das Beobt der InitiatiTe, das jedem von einer gewissen 2^ibl
vom WAblem unteratatsten Bfligar zngebOrt, wie in der Sobweii»
und das wir aJs Haassstab der OfEentilieben Meinung beaQgBdL
der politiscthmi Yeibreciben Toigesoblagen beben, bann auf
politisebam Gebiete ein G^ngewiebt gegen gouTa m em emt ale
und parlamentanaebe Beaktion bilden.
Das BsÜBireindum oder der Appell an das Volk kann aur
Ansobauung bringen, ob die notbwendige üebereinstimmung
der Ideen awisoben der Nation und ibren Vertretern besteht
und wie weit sie leiobi Man behauptet swar, doss es die
254 Il-tllieU, Jnri^mdeiiB. IVapliylne dei poUtiMdran Vertmehflm.
Befonn enohwert, weil das. Volk im allgemeinen reaktionärer
wttre, als seine Yertreftar und dass es, dank der überall vor-
herrsebenden Apatbie nur den Triumph der Wühler und
Berufspolitiker befördert, während es zugleich mangels jeder
ernsten Verantwortlichkeit der berathenden Körperschaft fort-
währende Agitationen und Störungen des Volksiebens beding^.
Aber abgesehen von der schon oft gemachten Bemerkung,
dass die Reformen, denen die Stütze der Majorität fehlt und
die sich deshalb als frühreif erweisen, zu nifht=: fülircn, wenn
sie nicht gar Unheil stiften, und dass dag Referendura daher nur
zur Erlauf^nng solcher Veränderungen dienen, kann, die das
Land verlruig't, würden die angede'iteten Unzutrftglichkeitcn
authören, wenn 'his iveferendum fakultativ oder auf gewisse
Beschlüsso beschränkt wäre, damit das Volk die wichtige
Garantie der lokalen Autonomie darin erblickte, die ea wirklich
ist. Ausserdem ist es, wie HiLTT bemerkt, ein wichtiges Er-
ziehungswerkzeug fär eine freie Nation ; denn es zwingt sie,
sich die Gesetze, nach denen sie leben soll, einzuprägen, es
giebt ihr das Bewusstsein der Antheilnahme am politischen
Leben und läset sie die ganze Verantwortlichkeit derselben
fühlen.*
25. Fäulniss. — Alle diese Maassregeln sind angezeigt,
80 hmge der Staatskörper jung und gesund ist. Wo aber die
Fftnlni« begonntn hat, die jeden Vemieh einer VerbesBenuig
veigeblieh, mir s« einer ünMske weitewr VenoUiBimerang
maobt, hat keine M aaenregel Glftok #id Erfeig. So kommt ee,
dam ttbendl bei kommpizten Völkern eine Maamreigel die
andeie ablOet Wenn dsmnter anoh viele absnide aind, fehlen
ja anoh gate sieht ganz. Und dodi war es bei vns nie mOglieh
Maffia und Oamona gana sn unterdrIldLen, wihrend ea in
New-York gelang den Tamnany-Bing an aprengen. Das
pobiisdie Beioh ging im Jahre 1789 an die AbhiÜlb g^gen
die weeentliobaten Craaeben seines YerlaUs dnieb Absehafliing
des WaUkOnigärams nnd das Ubemm veto. Man hatte die
' 8. fiivmcn, A. Im « In CScrtik mäh £9tato moämio,
parte — Torioo. 1888.
«
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ViwiM Kapitel. Mvmtömaamngfiln,
285
Königs^walt stabil gemaciht; aber die Bube trat nicht ein nnd
die Fänlniss giiS immer weiter, die Terderblichen Parteiklmpfe
loderten wieder auf, aU der gemeineame Feind si^greieb an
die Thore klopfte.
Etwas Aehnliches sehen wir in Italien in der Befürwor-
tung des Listensknitimams zur Bessemng der Wahlverhältnisse,
die sich in Frankreich nach Einführung dieses Wahlsystems
nur noch verschlimmert haben, und beute denkt man an ueuo
Aenderungen, wie man bei einer sich zersetzenden Wunde
wohl das Pllaster wechselt; dan^es-en erzielt der englische Par-
lamenten^ raus rait seinen altfisgrauen Walilmissständen gute
Resultate. Aber es ist bitter das zu wiederholen, was ich schon
vor Jahren schrieb.
Fruchtlos sind die Träume eines Denkers inmitten der
allgenieiiien Apathie. Er gleicht einem Kinde, das der Fluth
des Oceaus Sanddärame entgegenstellt ; eine W oge kommt und
am Ufer bleibt vom Damm nur eine schwache Spur.^
^ Am SohluMe des Buches ist es uns eine angenehme Pflicht^ für
siUfeiohe Datea and BerichtigungeD in äm hitfattiidiMi, im JoristiielieD,
im ■latutiMihe& und im okoacmiichen AtMohaitt antaren leUafken Daak
abzuBtatten an die aasgezeichneten Professoren Cipolla, Rikaüdo, Mattt-
BOLD, CoaxRTTi DE UABxns, CAaLB, CaiaoicK jttAJKo, V. Bossi, und dem
Ingenieur Mazza.
Namen-Register.
Ah&rb&nal 119.
Arcadias II. 114. 116.
Acoste 118.
Archimedea III.
Adam S98.
D'Arvj 186w
Ardesat 23.
Achill 103
Ardigo 138. 240.
Ahenobarbtts 104>
Arendt Tl. 198.
Albft 246.
Aristarch 26.
Akx n. S88.
Ariatogiton 217; IL 119.
Ariatobol n. 188.
Alesiew II 62.
Aristoteles 122. 148. 166. 1*^7.
1C8.
Alkibiades II. 139.
170. 172. 173. 176. 183.
20L
Alibaud II. 63. 80.
217. 219. 241; IL 188. 233.
Alimooda 18.
Arnold 185.
AUix H ».
AnoM von Bmoia 840.
Amabile 270.
Arnould 259.
Amadei II. 28. 2S. 32.
Arpaja II. 10.
Aman 198; II. 93.
Arria 225.
Amjrntor, v., IQQ,
Artigaa 98.
AnakmoB 108.
Awihaw, Aona, IL 74.
Atuucifonw 36.
Aiooli 114.
AndreoKzi II, III.
AtbeDäus II. 139.
Anfouo 12.
Attila II. 139.
Anpialli Tl. 89.
Aubertin II. 44.
Autoguoui II. 43.
Aubry 146.
Antoniniu 149; IL 118.
Andibart, B., II. 17.
AatoBow II. 62.
Andral 146.
D'Angot 223.
AugTisttia II. 113.
Apollo 103.
Aviueona 101.
Appert 247.
D'Ayala 224. 237; IL 62. 64.
D'AAaatet 822.
D*A«6gUo 180. 241.
D'Arboiw 822.
Aior 244.
I^OMBSOSO, PdiUtcber Verbnchar, H. t 17
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258
Mamen-Bcgister.
»
Babliago 117.
Baboeuf 260.
Baoelli U. 33. 243.
Bmod 18. S18; II. 185.
Bagebot 124.
Baffier II. 29. 37. 41.
Bakunin 134. m 241; U. 62. 76.
Balilln 234.
Balzac 29. 31. 221. 22a. II. 2. 244.
Bsnda 191.
Bandier Tl. 63.
BarbaroQx 142; II. 66.
Barbasf e 146.
Barberino, Fr. d., II. 43.
fiardin SSB.
Birdma IL 63.
Baijatinski 238.
Baroncelli 183.
Barras 260; II. 62. •
Barriere II. 63.
Baron 141. 948; IL)87. 198.
BttMUotti IL 17.
Baasi 242.
Bastifin 00.
Battenberg, v., 210.
Baudelaire 18.
Bayard 871.
Bazaine IL 80.
Beard 9. 64. 136.
Beatrice 104.
Beaamont, E. de, 79.
Beqaao 844.
Beeoaria 188.
Beddoe 117.
Beecher Stowe 222.
Beethf>ven 101.
Beguurd il. 244.
BeiMO 114.
BeUiomme 189.
Bellucci 13.
Belmonte, L., 242.
Beltrame 10.
Beltran II. 21. 89.
Benot 267.
! Beranger 263.
Berenice 225,
Beresowski 238.
Belageret 188.
BariioUiqrM 941.
Bemer II. 180.
Berry, duc de, II. 74.
Berti IT. 81.
Bertbolet 36.
Bertnuid SB9.
BestuBchew II. 76*
Bianchi II. 58.
Billaot II. 35.
Bismarck 30 ; II. 92. 93. 190. 19Ö. 204. -
Binolen» IL 948.
Blaoeto 96.
Blanc, L., n 234.
Bluntschli II. 139. 146. m
Bodio 61. 203. 217.
Boito 29.
Bokalaw d. Gr. 180.
Bonacooni 196.
Bonfadini 42.
Bonheur 222.
Boimefois 240.
Bono 1(N».
Booth 970; n. 68. 80.
Bordat 256.
Bosiflio II. 29. 43.
Bosman II. 105.
Bookmar IL 88.
Boalanger 90; II. 41t
Bonrdalone IL 244.
Bourget 188.
Bove 49.
Brady 273.
Brandanos II. 17.
Braadee IL 88.
Breidel 245.
Brienza 242.
Brierro de üoismont 142.
Brion 258.
BriMot 184; TL 62.
Broca 106. 117.
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Nftm«ii>KegisAar.
259
Br II. 89.
Brunetiero 18. 27.
Bruuiatti II. 2&3.
Bintto» Oioiteo, 70. 810.
Bnm n. 168.
Brutus 149; n. 60. 62. 64.
Buckle 16. 44. 47. 79. 169. 176.
183. 187. 246.
Buddha 41 ; II. 84.
Büchner n. 85.
Bvflet n. 83.
Purl^p 272.
Burlamaqui 113.
Buzot 142.
Bytoik 101.
Cabauis 76.
Cafiero IL 64.
GbmertM 106.
OuDiiiiM loa
OMnp. M. du, 124. 147. 338. S63.
257. 271; II. 23.
Campanella 24ü. 270.
OraeeUieri IL 119.
OdipiU n. lU.
CaUöa n. 91.
Calvin 240; II. 84. . 187.
Cantani U. 243.
Capefigue II. 24.
Caporali II. 29. 32. 34.
Caracciolo II. 9.
Caracalla II. 114.
Caraffa IL 8.
CaniTelli U. 68.
Gndnitfi 299.
Otrdini» n. 8.
Carducci 138.
Carelli II. 155. 164. 171.
Carey 273.
Cariguauo Ii. 81.
Ottimu n. 114. 264.
Carle 195 ; II. 104. 264.
Carlo 2C)0.
Carlyle 124. 129; IL 84.
Carnot U. 62.
Caro 99.
Curier 254. 269.
Cäsar 10. 35. 102. 149. 170. 172.
201 ; n. 64. 66. 88. 84. 88. 118.
Casper 119.
Canins n. 60. 64. 66.
Cutigliom, Hwir., 228.
CatiUna 149. 170. 171. 24L 266.
Catharina, Sta., 2^2»
Cato 104. 149.
CatuU 103.
Gaunditre 99.
GavaUMr IL 4.
CavendiBh 272.
Cavour 21. 43. 185. 241; IL 42.
66. 80. 210.
Caua, S»L de, 16.
Geodhiai 254.
Celli IL 248.
Ceneri 254.
Cöre 223.
Ceretü 256.
Oerrelkro 270.
Chamboii 1^.
Champfleury II. 58.
Chamfort II. 244.
Chancourtais, de, 80.
Chaudon 257.
Cluttiter 10.
Chapitel 257.
Charikles 241.
Chateaubriand II. 92.
Chatel n. 23. 63.
ChateliiMan 246.
Ghuifdor 16.
Cbaavin II. 41.
Chenu 99. 150.
Chirone II. 254.
Chlotar 117.
Choltwftf M., 131.
17*
Nune&'Rmiitw.
2ÖU
ChriatoB 44. IGS; O. 81 98. 161.
167.
CiA 223.
Cianchetti II. 43.
Cüya n. 63. 7B.
Ckoro 148; II. IIS.
Ciceruaochio 188.
Cimbali 244.
Ciocnti 54.
CipoUa 34; IL 254.
G^tm II. 187. ■
(HtOm 8K.
Claudius 149; n. 48.
CleftTithe« 26.
Clelius 149.
Clemens IL 18.
Clodini im 176.
Cluaeret 99.
Cocapieller 183. 877} IL 28. 80.
32. 167
Cooo 149. 176. 178. 166. 24:i, Ii. 85.
Cofflnean 160.
Cogliolo JL 116.
Cognetti d« Ktrtüi 196; n. III.
254.
Coheu 119.
Cohnheim 119.
Coliyamü 90B. SIMS.
Cola de BienzL 170. 186. 878; n.
90. 100.
CoUodi 235.
CoUot d'Herbois 24Ö.
Gdnmbu 16. 981.
Commodus 4L 99. 876l
Comitolo 244.
Comte II. 43. 143.
Conde 102.
Condorcet 102.
Conforti 948. 246; n. 68. 66. 76.
20G. 246.
Coufucias IL HO.
Couitiu 245.
Conti 241.
OoBttittt 866; n. 868.
ConitMitia IL 18.
Ooperoicus 16. 18.
Coppi 180.
Coppo de Stefani II. 120.
Corday, Ch., 23. 102; IL 63. 64.
68. 76.
Cordiera 223
Cordigliani IL 28. 88. 84. 62.
Corre 62.
Corso Donati 260.
Coubet 869.
Coatnrier IL 198.
Crfimieux 138.
Crispi II. 62. 80.
Cristin 8S.
Croce n. 69.
Cromwdl 87. 48. 160. 167. 186.
195; n. 86. 88. 190.
Curio 149.
Cuvier 114.
Cydowiua II. 62.
Cyprian, St., 48.
C^nw 68.
DaU' OngMO 848-
Damiano II. 68.
Damicns II. 25.
Daudolo II. 62.
Dante 44. 104. 184. 26f!,
Danton 228. 254; II. 61.
DantiMos 18L
Dard868.
Dardelle 100.
Darigiiy 7.
Darthe 259.
Darwin 1. 3. 16. 18. HL 190;
n. 3. 16L
Daudet 60; II. 57. 266.
David II. 17. 255.
DavidsoLu 121. 222.
Davis, Th., 135.
Delaney 273.
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Namen-Register.
261
Delfico n. 6&.
Deraophilas tß8.
Desmarets II. 63i
Desmoulins 102 : II. 62.
Despine ÖiL IIS. 2aL 256.
Detoromasi II. 28.
Diderot 102; U. 2M,
Dido m
Diocletian IL IH.
Diodonu diculus 2iL
Diodor IfiS.
Dionys 2iL
Dlagoez 13L
Dolabella 149.
Dolguschin 228.
Dombrowski 2SiL
Domergue II. 22L
Domitian II. 114
Domizia 225.
Donato Cabri Ii.
Donnat H. lüd 22fi. 228. 2M-
Dönniges II. 83.
Dostojewski 2AL 2ßO. 2fLL 214.
II. 54. &L 58. GÜ. 2Ü.
Draper Ifi.
Draun 222.
Drouet 259.
Dnuilla n. 114.
Dryden 22L
Dacasse 258.
Dufaure II. 131
Dufresne II. 244.
DuUios 12L
Damais II. 2L
Dumolard 83.
Dumont 260] II. 2L
Durand fi2.
Därschner 253.
Dyer IL 14.
Egmont 2iL
Eliot 222.
Elisabeth 195: II. 122. 190.
Ellis 28.
Engel 275.
Epilly 233.
Erasmus 1.^1
Erskine May 24fi.
Bsquirol 139; H. 22. 5L
Eatombft II. 22. 89.
Euiios III.
.Ewald 118.
Exner 12.
Eysart 253.
Fabretti IL 62.
Fabricius 16.
Fabrizi IL 62.
Falagtierra II. 68.
Falco, de. IL IM.
Faraglia SIL 94. 95.
Felico 228.
Ferdinand VII. 18L
Ferrari Ö4. 148. 183^ U. 22. 203.
Ferr6 252.
Fern IL S4. 186. 2Ö2. 242.
Ferry II. 44.
Fieschi 250. 220. 22L
Figner II. 62.
Filangori 132^ II. 123.
Filelfo 2Ü8.
Filippi n. 55.
Filippis IL 68.
Fiaubert 22. 2£L UL 147_i IT. 2.
84. 86. 223. 24Ü. 244.
Flavias 104.
Flieger 27.").
Floqaet 2Ü.
Flourens II. 23.
Folaine 252.
Foucher 260.
Foa n. 243.
Fonseca 234; II. 68. 62.
Fonzano 260.
262
Nameii-Begiiter.
Forbert, Lealie, 12.
Forster 132.
Fories 114.
FoMftti 170.
Fouqmer^ThioBTille 143. SM.
Fourier 31. 114.
Franr hi 240. 270.
Fraiicia 98. 169. 274.
iraüco 18.
nrmnklin 188.
Fnnati SSS.
Frattini II. 53.
Friedrich d. Or. 17.
Fucini 51.
Fnlviiu 101 225.
Fmm TL 43.
Fusari 5.
Fosinieri 138.
Galilei 15.
Oaillard II. 88.
Galba 218.
Gallienus 35. 206.
OaUaa 180.
Oalton 241.
Garcia, M., U. 89.
Garfield II. 25. 77.
Gargotte 253.
Garibaldi 43. 44. 149. 243. 261;
IL ffi. €6. 80. 88. 90. 23&.
OuibaMi. Aimite, 228.
Qarofalo 21. 222. 240; II. 103.
142. 170.
Gasparoue 254.
Gautbier 148. 222.
G«e 185.
GemmiBi II. 10.
Genton 100.
George, H., löl; n. 198.
George Sand II. 240.
Genxd IL 75.
Gervinns 68.
Gibbon 35.
Giglioli 49.
Gilbert 18.
Gioberti 244.
Oiraffi H. 8.
Girmcd n. 192.
Gladstone 60. II. 190.
Gudia TL 183.
Goldsmith zJl.
Oolgi n. 249.
Gomea 270; H. 89.
Goncoort 26. 29. 32. 151. 227. 284;
II. 223.
Gonzaga II. 239.
Gord<m 188.
Gomieki 131.
Gotha 17.
Gouges 228.
Gould 90.
Graf 19 ; II. 89.
GnailinAiion 259.
GrandmesnU 99.
Granvienx 258.
Grapine 147.
Gratiolet 251.
Grazioli 242.
Qregoin 240; IL 244. 256.
Gregor von Valenn* 244.
Gregornv-Tj=5 IL 12.
Gretzcr 214
Öriolli 242.
Gripp» IL 153.
Gnjjicki 183.
Grot, Jan, 130.
Grote 80.
Grzebski 132.
GnigiMTd 243.
GnitMW a 25. 29. 84. 45.
Guizot 167. 185; II. 86.
Gotbrie 124.
HSo]rel20.
Eadnlreadner 131.
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NMneu-Begiater.
263
Hftdrian II. 113.
Hagowind 191.
Hiillamid n. 80.
HiUv7 119.
BftiDCl n. 31.
Hanp II. 15.
Hanlou 273.
Hanno 171.
Bknnodiat 817.
Hartwig 218.
Hasselmann 179.
Hatzfeld II. 83,
Hans IL 158.
Heotor lOS.
Hag«wneh SOO.
Heine 119. 188; n. 91. 97.
Heinrich TH., 197; II. 23. 13Ö.
Heinrich VII., II. 13.i.
Heinrich XIU., U. 122.
Belfert IL 69.
Helfmann 237 ; II. 62.
Heliogabal 275.
Helmboitz 19.
Helvetios 102; XL 244.
Eenriot 260.
Henklit H. 83.
Herbart 132.
Herbert 246.
Herder 17.
Herkules 115.
Herodok 10. 68.
D'HiroD, Jean, 269.
Herve 182.
Herzen 134,
Uia 2ii.
Hieka IL 60.
Billy n. 258.
Hippnrch 217.
Hipparinus 241.
Hirsch 119.
Hoch, A., 13.
HoUSnder 274.
Holttendorff 62; II. 216. 225.
Homer 108.
Honorius II. 114. 115.
HoBg'Siu-Taaen IL 14.
H5del 271.
Hook 16.
Horn 241.
Iloropspera II. 15.
Hosius 131.
Hunter 95.
Icard II. 116.
Ignaz IL 92.
Imn Vr. 187. 288.
Jacini 203.
Jacob I. n. 123.
Jeoobe 187.
jMoby 65. 123. 124. 128. 137. 216.
221. 278.
Jamenel 17.
Janet 19.
JftnkM 181.
Jsneoa IL 187.
Jaschwit 238.
Javogues 2.'9
Jeanne d'Arc 22'i.
Johanna von Neapel 225.
: Joly 27.
I Joseph IL 16.
I Jourdan 254 259; n. 22.
I Jourdanet 70. 71.
Juan, Manuel, 98.
Joliui 92. 276.
Jost, St., 102. 246. 254. 260.
Justin 171.
Jnetinien II. 140.
. Kedlnbek, 7., 18L
Ksmineiw 258. 256.
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264
Namen-Begibter.
KanduMOW 888.
Kanwttlow II. 92
KmA d. Gr. II. 118.
Karl I., 42. 43; II. 143.
Karl II., 37 ; II. 135.
EmA m., 186.
Kari Tl., n. 185.
Kaatmir I. 130.
Katharina IL m
Kaje 95.
Xamadar 91.
Kaller 244.
Kepler 16.
Krshab II. 2.
.Kjl altschitach 237.
lürck 109.
JDoois 188.
KlopabMk 17. 144.
Knox n. 84. 187.
Kocbftnowski 131.
KoUmann 5. 103.
Kolomboa 146.
Koparmkna 181.
Kossuth II. 92.
Kächler 272.
Kulischcw 248; II. 63.
K.nuLzeu II. 2.
Knaolika 63.
KralR-Kbiog H. 51.
Krapotkin 241.
Krauu 181. 280.
Kromer 131.
Krzycki 131.
Lttborde lOü; II. 4. 22, 23.
Lacombe, Bom. 22b. 233.
Laertitu ü. 188.
Laguirra IL 192.
Lamartine 241; II. 68.
Lmmbriot 2G4.
Lameth 2ü4.
Lamarck II. 2.
LaaaaHui 91. III. 199. 193; II.
190. 216.
Lanjuinaia Tl. 244.
Lanthier 277.
LapoDge 103. 104. 106. 106.
Laney 49.
laanUe 99. 181 188; H. 80. 81*
82. 186. 191.
Latham 00
Latinia II. 74.
Laado, M. de, 260.
Laaaay, de, 969.
Lftnra 104.
Lareleye 100. 108.
Lavinia 103.
LavoUier 102.
LawTow IL 69.
Laiaratti n. 17. SO. 28. 88.
Lebedewa II. 62.
LebjadkiD II. 67.
Leblankin 260.
Le Bon 16. 102. 129. 146. 187. 211.
Lflbreoht IL 206.
Le Brun 222.
Lccocq II. 90.
Le (Jomte 270.
LedruBollia 141.
LegoaT4 898.
LegiMd da 8a«Ua 140; n, 17. 66u
Lc^eone 259.
Lemoigne 251.
Lemoine II. 3.
LeoDia 226.
Iieroy-Beanliaa 18; n. 151. 184.
187. 196. 940.
Lessing 17.
Lea£ona II. 215.
LesÜngi 181.
Lenrat 251.
Letonrneaa 83; IL 109.
ladon 142.
Lincoln 270.
Lingard 97.
Lisogub II. 64. 66.
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Iiamen*Biegiaier.
265
Livi n. 218.
LinogflUm« 49. 81.
Ijornbard 86.
Loinbroeo IG. 17. 18. 61. 70. 83.
85. 106. 115. 117. 124. 143.
175. 241. 275; II. 10. 17. 20.
31. 104. 162. 164. 208. 230.
289. 956.
Loogn«vUIe 941.
Lopez II. 89.
Lori« 5« 196. 197. 198.
Lorin 244.
LcNiit Fliilippe 198.
Lowrel IL 74.
LoQvertore II. 87.
Lovati 222.
Loyola II, 6. 84.
Luciaa II. 139.
Laoni 16k
Lolniioir II. 68.
Lunier 189.
Lustig 114.
Luther 44. 153. 196. 240; II. 5.
84. 167.
Ludwig V., n. S6w
Ludwig XV., 32.
Ludwig XVI, IL 148.
Lykurg 173.
Kabley 240.
Mably 134; IL 944.
Macaalay 37.
Harcbiafava IL 249.
Ibcdiwvalli 179. 178. 174. 188.
184. 186; n. 86.
Macrobius 63.
Maillard 147.
Maistre, de, II. 92.
Mi^ao n. 9Ö4.
Ihglinii n. 917.
Malet IL 81.
Xalon 999.
Manfred 219.
Uangione 98. 80. 89. 84; IL 168.
Hratogtoa IL 48.
Manzoni II. 99»
Massaia 28.
Maraini 222.
Marat 11. 102. 142. 245. 231. 232.
954; n. 4 87. 60. 68.
Hwo Aor«I 34. 275; n. 113.
ÜMOel, Stephan, 45. 118. 17L 186;
II. 91. 96. 100.
Marchaut 76.
llarcia 225.
Vcrat n. 199.
Markowioz 236.
'^Tarinnn 244,
Maria Stuart 195. 226.
Marius 171.
KuimlU 70l
Htrnont 197.
Marro 106. 259.
Martello IT. 250.
MarÜu, Sarah, 222.
ManrUlM 941.
Marx 184. 188.
Marzolo 138.
Masaniello 43. 45. 93. 199. 273;
II, 8. 101.
i Malheus 181.
MilhiMi n. 94.
Mathflde 104.
Mattirolo II. 254.
Maudsley 276; IL L 61.
Mayer 23.
, Mayor II. 81. 82.
Maua n. 964.
Masnni 44 ; H. 66. 77. 78. 79. 99.
167. 198.
Meale II. 160.
Mecacci n. 124. 153.
Medici, AI. 186.
Madici, Maria, 828.
Meggy 266.
Meiaanw 161.
266
lleleagros 1U3.
.UendaoirlOB.
MeniMT n. 198.
Mercier 151.
Merkur 103
Sr^rlin 27, 2S. 260.
MerLm de Thioaville 2&4.
X«aaaliiiA 2S5.
Metternieh II. 98.
Hennieur II. SSb .
Meyerbeer 119.
lUchailow 237; IL 62.
Ifioliaiid 96.
HidMl, Lonia«, n. a9.
Michelangelo 223.
Uiobelet 32. 91. 298. 286. 251. 268;
II. 84.
Mill, Stuart, iL 191. .
Ißnenra 108.
Hinkelexs 16.
Mirabeau 102 11$. 228. 240. 211.
254; II. 244.
llodrxewski 131.
Hohumned 86. 191. 876; H. 81 88.
Xoliire n. 844.
MoUnari 23; II. 187. 237.
Hommsen 175. 200. 201.
Moncada 61.
Munoasticr dd.
MoogM n. 86.
Uontaigne 235.
Montazio II. 77. 78. 79.
Montesquieu 49. 78. 85. 92; 11.36.
Honteagudu II. 89.
Moonoj n. 88.
Korat n. 17.
Xorelly 134.
Morfv 270.
Morl II. 185.
Moro II. 63.
Honelli 6. 60. 108. 104. 105. 148;
n. 89.
Hortillet 13
UoMB 2Ö. 144.
MoBBO 179.
HottiiM»
Maoni IL 68.
HnmjMr IL 76.
Marger 101.
Mtirri n. 243.
Myachkiu II. 62.
Nacgeli 4. 6. .
Nanak 191.
NapoleMi 16. 188. 197. 886. 841.
970. 978; n. 81. 87. Sa 98.
93. 207.
Xarses 36.
Neandcr 138.
Nero 35; II. 114.
Nerv» IL 118.
Netmhttlow II. 62.
Newton 223; IL 3.
Nibbi 71. 73.
Nicholaon, Karg., II. 25.
Nikohni 180.
Ninoo-NaiiflO 864.
Nitschmann 113. 132.
Noailles. duc Je, IL 248.
Nobiling U. 51. 80. .
Nodier 18. 114.
NoidM, M.. 7. 10. 90. 23. 88. 878;
n. 86.
Nttgfent 186.
O'GoimU 186.
Octarian 172.
Og6 IT. 88.
Okladaki II. 62.
Okolowicki 250.
Oliva f Manono II. 60.
OreUi 887.
Orlando n. 146. 188.
Orlow 238.
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267
Ormea II. 33.
pmui 2Ö1. 270; II. 63. 77. 7ö. 79.
Ortogun Sa.
OrtoUn n. 143. 163.
Orzechowski 131.
Ossinski II. 62. «6.
Ottolenghi 106.
Ovid 108.
Padellettl II. 115.
Pagano Xi. QU.
FkDdataobk IL 119.
Pkiii Boiai 28.
PanizzB 255.
Pantaleo 240.
Paoli II. 62.
Pkpenoordt IL 12.
Papin 15. .
Paqne 270.
P-ircut 257.
Parry iL 75. 104.
Fncäl 102. 231; IL 344
Pmanant« n. 28. 89. 34. 44. 63.
Passatore 251.
Pasteur 1; II. 243.
Fastore IX. 66. .
PatroUos 103.
PuiI I, 238. .
Paulus 41. 276.
Paulus DiakoDOS 35.
Puusanias 104.
Pekin 17.
Pelagia 286.
P«Ua n. 64.
Pepe II. 62.
Pepin 'J70.
Pen kies 173.
Perrena 113. 150. 171. 176. 177.
860.
Perro IL 62.
PertÜe H. 119. 120.
Perowskaja 229. 237. 241; II. 62.
63. 70.
FMit n. 146.
Pwtel n. 75.
Peter d. Gr. 45. 273; II. 96. 100.
Petrarca 104. 184.
Petroff 261.
FMkkm 108. 143. 264.
FliOipp IL, n. 184.
Picard 259.
Pierl 270.
Pietrazaoi II. 168.
Pignatello 270.
FiUa, de, H. 115. 181.
Filbtin n. 4.
Pindy II. 23.
Pinero U. 25.
Pini 253. 256.
FSvoiiIL 344.
FiHMue n. 68. 63. .
Pitre 13. 83.
Pitt 235.
Plater, Ste., 113.
Plato 25. 262.
Plotiii U. 139.
Platarch 16. 69. 188; H. 64.
Polemon 103.
Polonius, M.. 131.
Poltrot IL 24.
Polybitu 173.
Poma n. 62. .
Pombai 45; II. 91. 96. 100.
Pompojus 149.
Portiu3 113.
Porzia 225.
Pothior n. 4.
Preznakow II. 68.
Pteyer 50.
Prim 179.
Prins 173. . .
Proal 27.
Probat 218.
Procopins 35.
Pn>tagonw n. 139.
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Namen-Register.
268
Protot m
Proudhon 31. U4. 141.
Pru gabin I4fi-
Przeclaw IBÜ.
Pagliese II. IM.
Pulcheria 223.
Pyat II. IfiL
Pythagoras llL
Qoatrefages IS. 83.
Qaetelet IßL
Qninet im lüfi- 281_; II. äi.
Quiroga ÜäL lüL
Rabagas II. iL
Rabbeno n. m ISß.
Rabbuls IM.
Racine 109
Raiffeisen II. Iß^
lUimondi H. 214.
Ramorino 242, 251.
Ramos-Meja ÜS. 14Ö. 290] II.
2L 8SL
Ranvier H3.
Ratzel lä. 24. Zü. B9.
RavaUlac n. 24. Z4.
Rheins ß5. 82. 8&. 12fi.
Redfield 62,
Regere II. 4.
R6gi8 G3. Ii. SQ.
Reinsdorf 222.
Renan lü. 31. 4L Ifi- llfL 12IL
14L 145. 14fi. 152. m 21Ü.
213. 22ß. 240i II. I£L 72. 13.
IL m
Renault II. gH.
Revere 114.
RÖTillon n. 1S2.
Ribot 10» 24Ü.
Ricasoli 24L
Richelieu 15.
Riebet 15. >
Richter 124.
Richard IL/H. 122.
Ridley U. 24.
Riel, L., II. 20.
Rigaalt 2üIL
Rinaodo II. 254.
Rinck 41L
Rissakoff 2ÖL 22lL
Rivadura II. 21. SS.
Robert II. 15.
Robespierre 42. 14L 245. 254^ H.
Robin 18.
Rocha n. 26.
Rochard 99.
Rochefort 2iL
Roche, Th. de la, 16.
Rogatschew II. fiL
Roland 115. 223. 234.
Romanes HL
Rosamunde 225.
Rosas liü. 162. ISL 219.
Roscher 2L 22. 26. 12S.
Rosino 198.
Rossi &L 200. 226] II. 185. 205
2LL 21ä. 2iiL
Rossignol 99.
Rossini Ifi. SQ.
Rothari n. llfL HL
Rothschild 115.
Rousseau 28. m 113. 122 ; II. 244.
Rouge III.
Rouvier 25L
Eoux 142.
Royer II. 43.
Rudio 22Ü.
Ruffo 142. 192. 239.
Rupsch 222.
Russe n. 66.
Rüthmann II. 133.
Rylejew II. 23.
NaineiinBegiiter.
269
Sa, E., 244.
Saccli«tti 218. 260.
SikziMki 131.
8dih Mi; IL 6S. 80.
SaUndra n. 197. 198.
Salvadori II. 43.
Sftlveraglio TL. 212.
Sand, C 223; H. 62. 63. 64. 80.
Sander 16.
Sandon II. 35.
Sappho 103. 222.
Sanni'ento 177. 250. 25(>.
Sarmcki 131.
Supi 940.
SMinUtoch, Vm, 939; IL 62, 70.
134.
SstTjrninus 170. 171. 206.
Sauäsure 87. 113.
Sauvage 15.
Btmtfi S74.
SaTonaroIa 18K. 940; H. 6. 99. 93.
Say 92. 98.
Sbarbaro IL 29. 30. 32. 33. 50.
168w 167.
Sohlflk n. 197.
Scherr 132.
ScbiafSno IL 62.
Schiff 119.
Schiflajew II. 62.
Sdüagintweit 70.
Schoell 190.
Sciacci II. 89.
Schopenhauer II. 2, 97.
Scorlino 204.
Soott n. 90.
Soribe 99L
SCona, Cftth., 9S8.
Sichele IT. 58.
Siennik 132.
Sisiuüudo II. 121.
Sigaiii 141.
Sempor 70.
flaidawqj 139.
Seneca 50.
Scr Xuto 150.
8«rgi 19 ; IL 89. 168. 948. 946. 948.
Sttgot 989.
Serizier 257.
Sertobius 249.
Servilia IT. 64.
Severus 92.
She^abow 987; O. 68.
Sheridan 97.
Smilea 124; IT. 74. 84.
Snxifb, Ad., 203.
Socimaa 240.
SofaatM 96. 199. 148. 199; IL 189.
16L
Solowiew 238; IL 69. 68.
Solutzeff II. 83.
Soltyk 219. 243.
SommerriUd 222.
Sottooomola 969; IL 63.
SpagUardi n. 22&
Spartiau II. 114.
SpavenU II. 33. .
Spedding 15.
Spencer, Herb., 2. 11. 69. 90. 127.
910.911.998; H. 105. 16L 998.
Spieszynaki 132.
Spinoza 118. 110. 246.
Spuriug Caados 200.
Suel 222.
Staunbnlüw 910.
Stamura 228.
Stanley 28; II. 201.
Staps IT. 63. 75.
SUwrochin 261. 262.
StoUmmoher 968.
SlAudhal IL L
Stern 222.
Stephanowitscb IL 67, 62.
Stephensohn 2'JI.
Stepniak 27. 17Ö. 267, II. 64. 66.
Stüpo n. 189.
Strabo la
StfMmrioi 999.
270
Namen-Register.
Stringhini 254.
Stryjkowski 131.
Suarez ^44
SuetoD II. IIA.
Sulkowski 2iL
Sulla HL
SuUier U. 23.
Sullivan 135.
Sully IDIL
Sulpicius Bufua 125.
Sutajew IM.
Szechenyi II. 92.
Szymonowicz 13L
Taboc d'Egloatine 251.
Tacitus M. 176i H. 115.
Taine 24. IM. IIL 15L 199. 262.
2fiü. 265i n. fiQ. 8L
Tanzi III
Tarde 2L 28. fifi. 2(Ä.
Tamowsk^a 238. 2i&
Tazzoli 242.
Tebald II. iJ2.
Tedeschi 114,
Teichmann II. 232.
Telesiua 240.
Tewfik Pascha ISS.
Theodorich IL 112.
Theodoras II. 132.
Theodosius II. 116.
Theophrast U. 122.
Theot, Kath,, 12L
Theroigne II. 22.
Thiers n. IM.
Thonissen 25^ II. Ififi.
Tiberius 35. IMi H- 114.
Tin- Wang II. 15.
TiraboBchi 14.
Tissot II. Ue.
Trezzo ISiL 240.
Tocqueville 177^ II. im. IM. Ifi2.
Tolstoi II. 25.
Tonnini II. 55.
Topinard fiL IQL
Tomi n. 21iL
Toussaint II. B&.
Traube 112.
Trömaux 8L
Trepow 222.
Trinicus 241.
Trofinowitsch II. 5L
Tsakni 145. 124.
Tschekin 238.
Tschemischewski IM] II. 62.
Tschuriloff 82.
Turco, Jan, IM.
Turenne 102.
Turiello 50i II. 224.
Tomofl 1Ü3.
Urban V. IM.
Urbanowa II. 62.
Vaccaro 23. 121.
Vacberon 22. 260.
Vado G9,
Vaillant m
VaUe
Valenün 112.
Valentinian II. 114.
Vallds 233. 25L 258. 263^ II. 94.
28. IfiL 242.
Yanncci 224.
Varela 2L 82.
Varenne 245.
Varigny II. 20.
Velpeau II. 22.
Verdi 29.
Vergniaud 1Q2. 233.
Vermorel 25L 252.
Vemey, du, Ifi.
Verri Ifi. IL 22.
^ d by Google
Xamen-Begister.
271
Vcrz^fni 144.
Vespasian II. IL
Veysset 259.
Viala 2M.
Vico 212.
Victor Emanuel II. ^
Vigoni n. lüfi-
Villafraaca II. 8L
Villani II. 120.
Villari 23. 167^ H. fi. 1
Vincent, St, 192.
Violet le Duc 12L
Virchow L 5, Ml
Virgil 7K m
Visconti, Ph., IfilL
Vita II. 23. 3(L 34. 4D.
Vitellius 122.
Voigt 208.
Volaze
Voltaire Ifi. 80.. IL 25-
Wallace ISL
Wallon HL 122,
Walpole lÜIL
Walton mi
Wansittard Neale U. m
Wapowski m
Warszawski 132.
Washington IfiS. 192.
Weill-Schott 119; U. 82. 19L
Weissmann
Wendel 235.
Wesley Clarkson II. ÜL
Wieland IM.
Wilaschenow II. 62.
Wilhelm von Schottland II. 135.
Wilhelm III., m. m
Willems 53.
Winsor 15.
Wlassin
Wollensborg II.
Wröblewski 25Ö.
Yung 119.
Zacher LZ9. 2Ü1
Zaborowtki 132.
Zain IL 1£2.
Zanardelli 128. 132. 222.
Zanichelti 50.
Zankow IL 92.
Zelwakow II G2.
Zengler 117.
Zola 29. 33. 12fi. 221; IL 2. 52.
Zorilla lliL
Zaccarelli 228.
Zundelewitsch IL 62.
Sachregister.
Adel, Degeneration des, 2L 2ML
2AL — Geniaütät im, 211. —
in iUlieniflchen Republiken, II.
IIIL — Theilnahme an Revolu-
tionen 232.
Admonition IUI 209] II. 119 f.
Advokaten als Politiker II. 222 ff.
Advokatenregime 220^ IL 231 f.
AenderuDg der Exiatenzbedigungen
21iL
Agrarische Zustande 21Ü. — in
Italien 202.
Agrarpolitik in Italien II. 2(^ f.
Akademie, reaktionäre Tendenz der,
17. — von Frankreich lü,
Akademiker, wisseoscbaA liehe Rich-
tung der, 2d.
Akademisches Wesen in Frankreich,
32.
Alkoholismua 98 ff. — Bekämpfung
des, U. 2i;if.
Alkoholisten, Anstifter von Revolten
II. Ifiä.
Altersversicherung II. 2Qä f.
Amtsgeheimniss, Venrath des, II.
Amnestie II. 112i
Amnestirung der Kommunarden II.
152.
Analphabetismus, politische Bedeu-
tung des, 121 f.
LoMHROSO, Politischer Verbrecher. II.
Anarchismus, Presse des, 2M f. —
Preasorgane des, 135 f. — Vor-
wiegen der Verbrechematuren
im, 253,
Anarchisten m f.; II. 148, 152. —
Diebe unter den, 215. — Führer
der, 256. — Führerlosigkeit der,
II. 94. — tättowirte, m
Anatotnie, pathologische irrer Revo-
lutionäre, IL 3.
Anklagen gegen politische Ver-
brecher IL m.
Antisemitismus 122. — bedingt
durch Rassendifferenz 213. 214-
Arbeiter, - Schutz 125 ~ 12L —
-Koalition, IL 2Q5 f. Fach-
bildung der, II. 211. — Feinde
der, Ififi f. — -Versicherung IL
197-200.
Arbettseinatellungen II. 205 f. —
Unterdrückung der, IL 20fi f.
Arbeitslohn, Fixirung des, IL 12L
Arbeitszeit IL 12L
Argentinien, Zustande in, 177. —
politische Zustände, 22.
Aristokraten, als Leiter der Revo-
lution, 2^
Aristokratie fi. — Devotion
für, 2L
Armee, Unruhen durch die, 1^.
ArmenpBege II. 203. 202 ff.
Ifl
274
Sachregister.
Athen ÜS. — Kultur und Revolu-
tion in, 130. — Häufigkeit der
Genialität in, II. SQ.
Attentate 22Ü ff ; II, 122. 129. m
— Irrer 23 ff. — Vorkommen
im Frühjahr, 57.
Aufruhr II. 1.^1. 147. — und poli-
tische Verbrechen 61.
Aufstände II. IM. — Ursachen 12.
Auslieferung II. 179—186. — poli-
tischer Verbrecher II. 125 bis
laL
Australneger, Decadencc der, 21Ö.
Auswanderung 3ii; II. 201 f.
Ausweisung II. 156. 170.
Azteken 71.
Babismus 212.
Babu m.
BaumkultuB 1^
Befruchtung, gekreuzte, III
Begnadigung II. 179.
Beharruugsgesetz L fi»
Belgische Rasse lÜS f.
Berber 21L
Berge als politischer Faktor fiiL
Bergvölker fifi f.
Beruf 23a ff. — Genossenschaft II.
•><)l.
Besessenheit 144.
Bestrafung politischer Verbrecher,
in China II. lÖß. — in warmen
Ländern II. 156.
Bevölkerungsdichtigkeit M. 122 f.
Bjeguny IfiS.
Black-legs 182.
Blonde Rassen f.
Boden-Ertrag, politische Bedeutung
des, 85.
Boeoticn IL
Boeren 211.
Boulangismus 32.
Bourgeoisie, in Deutschland 196, —
in England, 125. — in Frank-
reich, IST. — als Faktor der
Revolution, 245.
Brahminen, politische Stellung der,
1031:
Brahmaismus 14.
Branntwein-MoDOpoI II. 216 ff.
Brigantaggio in Süditalien lilL
Buchstabenschrift, Erfindung der,
IIL
Buddha U.
Buddhismus 19L
Bulgarien 2111
Bulle, goldene, II. 123. — Verkün-
digung einer, II. 182.
Bundesfürsten, Beleidigung der, II.
122.
Bnreaukratie II. 240.
Bürgerkrieg II. 131.
Bürgerthum, Entwicklung des, 167.
Camorra 149
Carlisten II. 15iL
Caroli Capitnlaria II. 112.
Carolina II. 122.
China, Misoneismus in, 25 ff. —
moderne Eultor in, 112. —
Revolution des Hong Siu-Tsuea
II. U ff.
Christenthum, Ausbreitung des, 41.
— Vorläufer des, 144.
Cimbrische Ra«se IM ff.
Circumcision LL
Civillsation, iu heissen Ländern 48>
— sekundäre Wirkung der^
215.
Comitien II. 112.
Concomitanz politischer Verbrechen
II. IM IT.
Consoli d arte II. 119.
Cranks OL
Crimen majestatis II. 1 20 .
Sachregister.
275
Darlehnska«sen II. 1S&.
Decretum Gratiani II. 1'^t>
DekreUlien II. 122.
Delitti contro la costituzione II.
1^ — contro 1a patria 128.
Demetrias, falscher iÜL
Demokratien. ISi — in Athen 21fi.
Deportation II. lüCL 174.
DespotiemuB, Entwicklung in Tief-
ebenen ifi.
Dezentralisation II. 221 f.
DiffereiiziruDg 2.
Dolichocephalie. in Italien 107. —
in Frankreich IQZ f.
Dorer IIL
Duell 2(L
Edictum Rotharis II. Hfi.
Egypter, reaktionäre Neigung der,
212 f-
Elberfelder System II. 2ia
England, Monarchie in, 1fi7 — Be-
völkerung, 114.
Englische Revolution, Theilnehmer
an der, 2i5.
Entdeckungen, Schicksal der, lä. —
Widerstand gegen, 1&.
Entwicklung 2.
Epidemien von Verbrechen 45.
Epilepsie, politische, 2Iß f. — unter
den Anarchisten, 278.
Epileptiker als Anstifter von £e
Volten n. Ifia.
Erblichkeit von Geistesstörung bei
Revolutionären II.
Erbrecht U. 132 f.
Erbschaftsteuer II. 193.
Erßndungen, Zurückweisung grosser,
15.
Ernährung, Bedeutung für die Ent-
wicklung, 8S t.
Eroberer-Rassen 65.
Er2iehung,803;ialeBedeotungder,241.
Eskimos 43l — politische Zustände
der, ILIIÖ.
Expertise, psychiatrische, II. 170.
Fachbildung der Arbeiter II. 2iL
Fahnenflucht, Bestrafung der, 11.118.
Falcidia, Beneficium F., II. 115.
Familist^re U. m
Farben, verbotene, 26.
Felonie II. 120.
Fenier lä5.
Fetischismus 12.
Feuerländer 49,
Flachland, antirevolutionäre Nei-
gungen im, Zä.
Florenz, Zahl der Genies in, II. 20.
Formation, geologische, SL
Fortschritt 1 ff. — Durchbruch des,
23i — Ueberstörzung des, 4£L 46^
Frankreich, Orographie, ßfi ö". —
Parteiverhältnisse in, ßfi. —
Rassen und politische Richtung
in, IDfi t — verschiedene Rassen
in, 1D2.
Fraiuosen in Indochina 187. —
Nationalcharakter der, 1£L
Frauen L — als Regenten, 22iL —
Betheiligung der — an der Revo-
lution 154. — -Klubs in Paris
(1790) 232. — -Emanzipation in
Russland LüL — geistige Be-
deutung der, 222. — geringe
Evolution der, 211. — Impulsi-
vität der, 221. — Individualis-
mus der, 224. — in der Kunst
222. — in Palermo 231* — in
der Revolution 223. — in der
französischen Revolution 22L —
in Petersburg, Coelibat der, 230.
Misoneismus der, 224. — revo-
lutionäre in Russland 230. — sla-
18*
27G
Sachregister.
vische, ^?^0- — Stellung der —
zum Fortschritt, 28* — Theil-
nähme am Kommune • Au£stand
233, — Theibahme an Ver-
Bchwörungen '22h. — und Cbri-
Btenthum 22fi.
Freitag 14,
Fürsten, Ehrfurcht vor, II 100 f. —
Funktion primitiver, II. 100- —
revolutionäre, 213.
Gallische Rasse 11^ f.
Uebirge, politische Zustünde in, 23 f.
üedächtniss. Stratifikation, des 214.
Gedankenfreiheit II. 139.
Qeistcskraake, Revolutionäre, U. 1 ff.
— Rolle der — in politischen
Unruhen 126 f. — Zahl der, 13L
Geistesstörung, Zunahme während
Unruhen IM f.
Genialität, Abhängigkeit von der
Bodengestalt, fifi f. — Analogie
mit der Revolution, 62 ff. —
Auftreten bei überkultivirten
Völkern, 212. — historische Be-
deutung, II. M f. — in Hafen-
städten, SL — 8-Index der fran-
zösischen Departemeuta 81L —
und Entwicklung, 12iL — und
Republikanismus, 128.
Genie, Kinfluss in Revolutionen, IL
M ff. — Entwicklung des, 22D.
22L — in Revolten, II. 23. —
Leidenschaftlichkeit des, II. fiQ f.
— Mangel des Misoneismus des,
43: IL OL. — Misoneismus des,
3£L — physische Entstehungs-
bedingungen des, II. 8d ff. —
reaktionäre Neigung bei, II. 92.
— und Neurose, IL 88.
Gens, als Keim des Staatswesens,
IL loa
Geologie s. Formation.
Germanen vor der Völkerwanderung
M.
Geschworenengericht bei politischen
Verbrechen H. IM. 12L
Oetreidezoll II. 212.
Gewiaubetheilignng II. 182.
Gleichgewicht, politisches, 122 f.
Grammatik-Fetischismus Id.
Graph omanie II. 2iL 31,
Grenzgebiete, Bodenbeschaffenheit,
Ii-
Grundrente, Besteuerung der, IL
194
Guelfen SQä. — undGhibelUnen 21ä
Haftpflicht IL 202 f,
Hainbund HL,
Hallucinationen, Rolle epidemisdier
H. bei Unruhen lliL
Hebräer, politische Verbrechen bei
den, n. 106.
Heisee Zone, Revolution in der, 12 i.
Helden, homerische, 1Ü3.
Heldenverehrung der Romanen 2L
Hitze, Einwirkung auf den Charakter,
41 f.
Hochgebirge, hemmender Einfluss
des, 69 f.
Hoohverrath, Bestrafung des, II.
102. 133. — in modernen Bepu-
bliken, IL 12L — im modernen
Strafrecht, II. 127. — im preussi«
sehen Landrecht, DL 12& f. —
in Zürich, n.l2L
Holland, Bodenverhältnisse, 21iL
HoBpitalverwaltung II. 187.
Huahabat 133,
Hügelland, politische Zustände, fifi,
Hulfskaasen IL 182 f.
Humanität 202.
Hungersnoth äfi.
Sachregister.
277
Hysterie, epideiniBche, bei Revolten
140.
HjBteriche Revolationaro II. ^ ff.
Iberische Rasse f.
Idioplasma i.
Idolatrie als politische Verbrechen
n. m
Impulsivität, politischer Verbrecher,
2fiiL
Indianer ä.
ludien, englische Politik in, II. IdL
— europäische Cultur in, 133.
Indemnität politischer Verbrechen,
n. 142.
Industrialistnus V27.
Industriekrisen, politische Bedeu-
tung der, 201.
Inkarcich 6^
Initiative in der Gesetzgebung II.
233.
Insurrektion 12^ f.
Intercursus magnus II. 135.
Interdiktion II. 122.
Internationale 123 f.
Intemirung II. IM.
Invaliditätsversicherung II. 2Ü3.
InvincibleB lEL
Iren, Kulturzustände der, 213.
Irish landpurchase bill II. 190.
Irland, soziale Zustände, in 6Q.
Irre im Eommuneau&tand II. 22.
— Originalität der, II. L
Irrenanstalt, kriminelle, II. 162.
Italien, Verfall, 209j II. 255. - ver-
schiedene Bassen in IQö.
Janitschareu 190.
Japan, moderne Kultur in, 112.
Jesuiten als Königsmörder 243. —
in Polen 132.
Jonier III.
Juden, .icclimatisirung der, llß. —
Aktivität der, 112. — anthropo-
logische Merkmale, 116. 117. —
Geburtsziffer, 117. — reaktionäre
und revoIutionäreNeigungen der,
138. — Transformation des
Typus, 1211 — in Asien 12L
Kaiser, römischer, II. 113.
Kälte, Einfluss aiif denCharakter, 4Ö.
Kampf ums Dasein 2Ü2.
Kanada, Winnepeg- Aufstand II. 2Qf.
Kanonisches Recht, Majestätaver-
brechen im, n. 115. 122.
Kardinal U. 122.
Karneval liL
Kasten-Herrschaft 220. — - Wesen 21.
Kelpis 12.
Kelten, rebellisches Temperament
der, 21L
Ketzerei als politische Verbrechen
n. llä.
Kirche, Bollwerk der Reaktion, IL
— Trennung vom Staat II.
Kinderarbeit II. 1B5 f.
Klassen-Kampf II. 226. — Kampf
der Gesellschafts-, ISQ ff. —
-Herrschaft Ifiö ff. — untere^
122.
Klassische Bildung 19^ U. S2 f.
Klassicismus in der Erziehung II.
242.
Kleinindustrie II. 1S5.
Klericalismus II. 15L 240 — in
Argentinien IfiL — in Schottland
Ifia f. — in Spanien IfiS. IM. —
in Südearopa lüö f.
Klerus, Theilnabme an Revolutionen,
232. 242.
Klima, Bedeutung für die Revolu-
tion, 42 ff. — Wechsel, Wirkung
des, 6Sl
Sachregfiater.
Knights of Labour lüQ.
Koalitionsfreiheit II. 205 f.
Kolonien, kosmopolitische Bedeu-
tung der, 213.
Kommune, Führer der, 25fi ff. —
Massenmorde während der, 147.
— verbrecherische Elemente der,
1*^1- 253. — Wahu»iua während
der, Iii.
Kompetenz bei politischen Ver-
brechen II. IZfi.
Konfiskation II. 12L IM.
König, gottlicher Ursprung der, II.
1Ü2.
Konigsmörder 22ü ff. — irre, II.
23 ff. — Mysticismus der, II. Z4.
Königsraord II. 103. LIiL III
Konigawnrde in Rom 184.
Kouservative, Gegner der Genialität
II. afi.
Kooperation II. 184—186.
Kooperativgenossenschaften II. Ifi&f.
Körperlänge und Genialität 85.
Korsika, öffentliche Zustände in, II.
221 f.
Krao L
Kreideformation, Bevölkerung der
— in Frankreich 82 f.
Kretinismus 7h. f.
Kreuzzügo 33.
Kriege, Ursachen politischer Um*
«rälzungen, 218.
Kriminalität der Revolutionen 2&1 f.
— epidemische 14G. — Um-
wandlung in Rebellenthum 274ff.
— und Rcbelleuthum 149. — und
Genialität IM.
Kriminalstatistik in Italien Ol ; II.
2ia f. — in Spanien 3L
Krisen, ökonomische, 20Q ff.
Kultur, Entwicklungsgrad der, 2Q8.
Kulturrassen, Senilität der, 138 f.
Kunst 12. — staatliche Normen der,
Laesa mnjestas, Uebergang ins
Mittelalter, II. 14£L
Landbevölkerung, politische Rich-
tung der, 12fi f.
Landesverrath II. lüL Iii.
Landschaft, Schönheit der, Zä.
Landwirthschaft, Entwicklung der,
12fi.
Lebensalter, als Faktor politischer
Unruhen. 2M.
Lebensmittelpreise und Revolu-
tionen Si ff.
Leges barbarorum II. IIL
Leges Valeriae II. 112.
Leges sacratae IL 112.
Legitimisten 21.
Lchnsweaen, politische Verbrechen
im, IL im f.
Lex AUemauuorum II. Llii f.
Lex Bajuvar. II. lliL
Lex Sempronia II. 112.
Lex Quisquis II. 122.
Litteratur, Bedeutung für die poli-
tische Entwicklung, 134 —
polnische, 131 f. — und Miso-
neismus IS.
Litthauen, Kultur in, 132.
Lohnwesen II. 183 f.
Longrobarden 31L
Luftdruck ülL ILL
Luftfeuchtigkeit OL
Magna Charta 184.
Mahdismus IIÜ
Majestas, crimen laesae, II. 113. —
Begriff der, IL 113 f.; 121^ —
in Frankreich, II. 12i. — in
Spanien, II. 12i. — in Toskana,
n. 12fi. - primi caf itis, II. I2L
Majestäts-Beleidigungen II. 113. 175.
— -Beleidigungen in Deutsch-
land (seit 1871) 213. — -Ver-
Sachregister.
279
brechen in Assyrien II. 102. —
•Verbrechen in China II. 106.
•Verbreohen in Mexiko II. 1Ü2.
— -Verbrechen in Fernen II.
1Ü2. — -Verbrechen in Bom II.
113j — Verbrechen bei Natur-
völkern II. lÜL
Majorität, Wille der — aU Objekt
des politischen Verbrechens IL
Manchesterthum 90^
Mano fraterna ISL
Uano negra 182.
Manu, Gesetz des, 21.
Maori II. IDQ.
MSrtjrer 4fl.
Martyrium, politisches, TO ff.
Alattoidismus, £ntstehuug des, II.
27 ff. — Produkt der üeberkultur
n. ifia.
Mattoide, Genies, II. afi ff . — reak-
tionäre Neifi^ang der, II. 2fi. —
EevolutioQiire, II. 22 ff. — Soli-
darität der, n. äL
Mehrheit, Recht der, II. lia.
Herovingiana Edicta II. 117.
Meuterei n. US.
Mexiko, Kultur des alten, (i^f. U f.
Mikrocephalen 4.
Militarismus 22. 30.
Ministerien, Organisation der, II.
239 f.
Minorität, Vertretung der, II. 23& f.
Mitschuld, an politischen Ver-
brechen. II. 114.
Mitschuldige an Verschwörungen II.
iir).
Misoneismus L fi.. — Verletzung
des, II. UL — des Volks Ißä.
— physiologische Grundlage
des, I f.
Missregierung ISä f.
Mode & 2a
Molly-Maguire l&L
Monarchien des Mittelalters, poli-
tische Verbrechen in. II. 122 ff.
Moral und Misoneismus Ii f.
Moralische Irre 2äL — Marat ab
Typus des — Revolutionärs 265.
Mord in Xordamerika ß2.
Mortalität 8fi f
Münzpolitik m f.
NachahmoDg , epidemisches Auf-
treten von, 133. ~ in politischen
Unruhen 183.
Narkotica, historische Bedeutung
der, 212.
Neogriechen lü
Neuraathenie, folge der Civilisation
21fi.
[ Neurosen bei Revolutionären II.
Zfi ff.
Niemoliald 145.
Nihilisten II. IfiS. — Beru&arten
unter den, 948 — geborene Ver-
brecher unter den, 252. — Typen
der, IL filff. ZÜf. - Verfol-
gung der, II. 1£&.
Nihiüsmus 4^ 132. IM. - Rolle
der Fraueu im, 222. — soziale
Ursachen des, 60.
Nordamerika, Kultur-Elemente, HS.
— moderne Basse in, llü. —
Unabhängigkeitskampf 190.
Normanuou iu Italien ^
Nomadenvölker, Patriarchie bei,
21fi.
Nuper apud Tranum II. 126.
Oekonomische Verhältnisse, Einfluss
gegenüber den physischen, 21!L
Ohrmuskeln 4^
Orthographie, französische, 32.
Ostracismus II. lOH.
280
Sachregister.
Pädagogik II. 2il f.
Palastrevolutionen 238.
Paris, Degeneration in, 12L
Parlament, Schatz des, II. ISSL
Parlamentarismus 20. II. 227.
Parricidium II. 111-
Parteiwesen llfi f.
Patricier-Herrschaft 170
Patriotismus und politische Ver-
brechen II. 99.
Pauperismus 2ül f.
Perduellio II. HL 113. — im
kaiserlichen Rom II. 114.
Petalismus II. llü.
Petrolösen 233.
PhiloneismuB 22 fT.
Physiognomie irrer Revolutionäre
II.
Plebs, politische Stellung der, 1^
Polen, Civilisation in, 8£L — Kultur
in, 113 f. — Einwanderung nach,
113. — im Kommune-Äufstand
— Königswahl in, IfiL —
Rassenkreurung, 112. — Rasse
und Institutionen, 13D. — geo-
graphische Lage, 130- — Russen*
hass der, 212. 914. — Universi-
täten, 13L — Untergang, 212.
Politik als Maske gemeiner Ver-
brechen II. IM- — Misoneismns
in der, 20 fT. — in Nordamerika
22 f.
Politisches Verbrechen, aus sozialen
Motiven, II. 148. — Bestrafung
des — in Indien II. 103. — Defi-
nition des, II. Ifi2f. Ißä. —
Elemente des, II. 144—146. —
evolutionäre Auffassung des, II.
142» — Exceptionalität des, II.
12L — in absoluten llonarchicn
II. 101 f. — im germanischen
Recht n. 115. — in Griechen-
land II. 101 ff. — in italienischen
Städten II. 112 f. — im modernen
Strafrecht II. 12L — in Ron»
IL III f. — individuelle Fak-
toren, 222 ff. — Indemnität, IL
142 — moderner Begriff des,
IL m — Objekt de«, H.lifif.
— Prophylaxe des, II. Sä.
— VfirwandtBchafl mit ge-
meinem, IL 142 f. — Wese»
des, II. 143. — und Patriotis-
mus, — unter Louis Philippe
138 f.
Politische Verbrecher 24. — Aus-
lieferung der, IL 135. — Ge-
legenheitsverbrecher II. 5fi ff. —
geisteskranke, Repression der,.
IL 161—164. — mattoide IL
161—164. — Strafmündigkeit
der, II. UL
Politische Bewegungen iä ff.
Polverina II. 12fi.
Praetorianer-Aufstände 206.
Proditio II; HL 113.
Presse, politische Rolle der, IM ff.
Press Freiheit II. 161. — Vergehen
II. IfiL — Vergehen, Statistik
der — in Frankreich 189.
Priesterherrschafl im Alterthum 24.
25.
Programm der Sozialdemokratie 200.
Proletariat, Lage des, 23.
ProDunciamentos II. IM.
Prophetenthum 129.
Prophylaxe, des politischen Ver-
brechens, IL ilS. — wirthschaft-
liche IL 181—211.
Prostituirtc während der Kommune
22i •>4T
Protestantismus in Frankreich 31^
Prudhommes IL 202 f.
Psychologie der Revolutionäre 254 f.
Quellenanbetung 12 f.
Sachregister.
281
Basse, Bedeutunpr für politische Be-
weguDgoD, lli2 ff. — und Ge-
nialität m f.
Rassen-Frage, politische Bedeutung
der, II. 21fi ff. — Gegensätze
122 f. — -Kreuzung Ui f. —
-Mischung 212^ — Zusammen-
leben fremder, 212 f.
Reaktion, legitime, 186.
Rebellion, mehr Gegensätze als Be-
rührungspunkte mit der Revo-
lution 21S.
Rechtswesen, Korruption des mo-
dernen, 22>
Referendum II. 252.
Regierungsform , Angriffe auf, II.
HL
Religion, als politische Macht, II.
1^ f. — Bedeutung der, II. Uä.
— entstehende, 21L 212. —
•Stiftung in Neuseeland II. 15.
— und Mifloneismus IL — und
Revolution 19Ö f. — -Vergehen
II. 1Z5. — während der fran-
zösischen Revolution 12L
Renaissance, deutsche, 144.
RepubUk unter Cromwell 3L —
Republikanismus in Frankreich
66—69. Z4. 81-^4. 107-112.
Revolten ML — arm an Genie« II.
aa. — Erfolg der, 4Ö. — Theil-
nahme der Frauen an, 2äl. —
veranlasst durch Bagatellen 21fi.
Unterscheidung von Revolutio-
nen II. ff. — Ursacheu 5S f.
2QQf.
Revolution 39 ff. — Ausbreitung
der, IL — chinesische II. Ii ff.
— Einfluss des Genies in der,
n. M ff. — in Europa 6^ —
englische ^ — flandrische 42.
— französische, Bourgeoisie in
der, 2i£L — französische — Ein-
wirkung auf Staatsrecht II. 125.
— französische (von 1789) IL
— französische (von 1848) IfiO.
— gewaltsame Durchführung, 45.
— Mischform, 4L — parallel
den Verbrechen IM. — phy-
sische Faktoren der, 207. —
religiöse, II. 148. — und Revolte,
Unterschiede, 222. II. SL ~
Unterschied von Rebellion, 152.
— Ursachen, 42. — verfrühte, 4L
Revolutionäre, geisteskranke, spe-
zielle Fälle, II. 1 ff. 5 ff. -
hystero-epileptische, II. 5i ff. —
mattoide, IL22 ff. — Verbrecher,
Typus, 263 £
Rheinländer, französische Sym-
pathien der, 213.
Richterstaud, Stellung des, 24d.
Rom, unter Cola di Rienzi, II. IQ ff.
— Verfassung, 173.
Rothwelsch der Anarchisten 2öS.
Russen, Empfänglichkeit für die
Entwicklung bei den, 138. —
Entwicklung der modernen, 22L
Russland, Sektenwesen in, 145. —
Universitäten 230.
Sachsenrecht II. IIB.
Saorilegium als politisches Ver-
brechen II. IQS.
Satumalien 111 f.
Schädeltypen in Europa 213.
Schiedsgerichte II. 2ül ff.
Schmerz, Wonne des, II. 12 f.
Schweiz. Verfa^ungsänderungen, 69.
Seapoys, Aufstand, der, 123.
Sekten in Kussland 134 f.
Selbstverwaltung II. 22&.
Selbstmord Ulf. — politischer, 5Q ff.
Selektionstheorie 16, 202.
Senilität der Rasse 2m.
Senussi ISB.
282
Sachregister
Servilismua, Yoranssetzung politi-
scher Verbrechen, II. 100.
Sezessionskrieg ISI f.
Sicherheit de« Staats II. 1^- —
äussere, II ; III. — innere, 119
Sicilien, Bevölkemng, HA.
Sicilische Vesper 45. 213.
Siede Partidas II. 12L
Sitte, Grundlage der Moral, 2i f.
Sklavenaufstaud IHK 171
Skopsen I4fi
Slaven, Kreuzung mit Italienern, 114.
Solonische Gesetzgebung II. 108.
Sozialdemokratie ilü f.
Soziale Frage, politische Bedeutung
der, II. LHi
Sozialismus, revolutionärer, 904. —
Staats-, n. 1B8 ff. liVL 2Ü5.
Spanien, Reaktion in, liL
Spartaner IL
Stadtbevölkerung 12L, — Geniali«
tat der, 12h. — revolutionäre
Neigungen der, 239,
Stadtmauer, Uebersteigen der, II.
119 120.
Stadtrepubliken, italienische, 177.
— italienische, politische Ver-
brechen in den, III f.
Standgericht II. 155.
Staats-Gebiet, Integrität des, II.
liü f. — -Geheimnisse, Verbrei-
tung von, n. 125. — -Geheim-
nisse. Verrath von, II. Ilfi. 130.
— -Oberhaupt, Angriff auf das,
II. m. — -Oberhaupt, Ver-
brechen gegen die Person des,
II. 128. — -Sozialismus II. IfiS
—192. — -Verbrechen, Umfang
der, II. 139 ff.
Status nascendi der Institutionen
21L
Stein- Anbetung 12^ — -Werkzeuge
13. — -Zeit, moderne Spuren
der, 13.
Steuerpolitik 138 f. ; II. 193.
Stimmrecht, allgemeines. II. 232 f.
Straf-Abstofung II. 123. — mündig-
keit politischer Verbrecher II.
IM
Strafen, für politische Verbrechen,
II. 133— 181. — spezielle — für
politische Verbrechen IfiS f. —
temporare — für politische Ver-
brechen U. 121 f.
Strike* 2ÖL 203i n. 12fi. — Kampf
mittel der Internationale 179.
— Parallelismns mit dem po-
litischen Verbrechen II. 1^ —
Verbreitung von, ML
Stundisten 1A5.
Südamerika 55^
Südeuropa, Volkscharakter in, 50.
Suggestion, Einfluse der — auf die
Menge, II. IfifL
Summepiskopat des Königs II. 123.
Symmetrie lä.
Tabu II. IM.
Theokratie 22; H. löl. — der
Hebräer II. 105 f.
Thenening, politische Bedeutung
der, 90 f. 98. — s PoUtik 92. 212.
Todesstrafe II. ILL
Tolteken TL
Toskana iL — Kevolten in. 5i.
Trades-Unions 180i H. 188.
Tradition, Wirkung der — in der
Revolution 183.
Trockenheit der Luft, erregende
Wirkung der, ßi.
Trunksucht U 21Ü ff.
Türken, Invasion der, ^ ff.
Tyrannenmord in Griechenland 21L
Unruhen 5L 52.
Unempfindlicbkeit der Verbrecher-
naturen 2ßL
Sachregister.
Yaiiftltilitit d«r Arten 8,
Vamtionm, «llinililiohe, 88 t
Veltlin 76.
Venedig, politisches Sj'stem in, 175 f.
Yerbrecben, gegeu die Person uod
politische, 60 f. — gemeine, bei
Aufttlndein, II. 168 f. ge-
meine, mit politischen Zielen,
II. 153. — gemischten Charak-
ters TT 153 soziale, II. 147 f.
— und üntwitkluDg 152 1,
Verbreeher, «ntihropologiBdM Untar*
enoluing der, IL 158 f. — Auf«
treten dar — en Aaftuag der Re-
Tolationen 150. — geborene,
148. — geborene, Neigung der—
cur Rebellion 148. — Gelegen-
heita-T. II. 164 f. —geniale— in
der Politik IT. 168 ff. — -Ne*
turen in dieir Revolution von
1798, 258 ff. — -Naturen, Theü-
nahme der — an politischen Be-
-weguugen S61 iL — ünempfind-
UdüMit der, 861.
Vererbung, kontr^'re, 240
Verfassung, Schutz der, II. 129.
Verfrühnng der Kevolution 184.
Terkehrsw^e, politische Bedeutung
der, 80.
283
Teraehw5niQg IL 147. 174^ — Be-
Btmfnng der, 180 f.
Versicherung der Arbeiter IL 107
bis 201.
Verträge, internationale, II. 13ti f.
Vis incrtiae 1. 3. 6.
VSlkerwendening 34 ff.
Volksinitiative II. 178.
Volkstribunal 173 f.
Volksvertreter il. 136. — Alter
der, 236. — Inkompatibilität der
Stellung der — IL 887, — In-
demniat der, II. 287.
Wahlen in Frankreich 65 f.
Wiblentbaltang u. Bodengeatelt 74.
Wallonen 102.
Wifdertäufer Ml.
Wissenschaft und Uisoaeismus 15.
Yankee, Nervosität der, 136 f.
Zentralisation IL 224.
Zw81fbfeM3eaeU n. III.
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Inhaltsverzeichniss.
I. Band.
Erster Theil.
Anthnfolosle waA Soziolofle im pdllllielwi fmehnAtm
9mA 4er S«velitl«MB. -
Intet Itpltel* Vit üurÜae tmd Fortschritt. — üfMonkMMWt. — 2MIv
MeiMUM. — SembiHon tmd Becotie. •
L Vis inertiae und Fortschritt t 1
1. Forttobriti — S. Hie vi» inertiee in der oi|;M»ucheii
Welt. — 3. Das Beharmngiigesets in der noraliseiieB Welt
IL Hitoneismas 6
1. Einleitung. — 2. Misoneismus in den Uewohnheiten. —
3. WsoiHiniiis in der BdigioD. — 4, MisoBeii m w in der
Xond. 6i. Xisooeismu in der Wissensoliaft. ^ 5. IBsanais'
mu9 im littcrarischen Leben. — 7. Xisotieismas in der Kunst.
— 8. Uisoneismus in der Mode. — 9 Mi?ioneismus in der
Politik. — 10. MifioneismuB im Strafrecht, Heilijfkeit der iSitteu.
III. Pbiioueismus 27
IV. Revolutionen nnd Bevolten 89
1. Fundament des politischen Verbrechens. — 3. BerolntUmen
etc. — 3. Miscbfonnen. — 4. Ifethode.
Zweites Kapitel. Klinta und meteorologische Verhältnisse 47
I. Uebermässige Hitze. — 2. Kälte. — 3. QemiUsigtes Klima.
— 4. Jahreszeiten. — 5. Jahreszeiten, soziale Ursachen eto. —
6. Qeofrraphie de« poUtisehen Verhreflliens. 7. Bedehnagan
swiseben politischen oad niob^litisahen Vergehen. — 8. Ana>
logien mit der OenialitSt. — 9. Luftdruck nnd barometrisdie
Schwankungen. — 1<). Trockenei und feuchtes Klima. —
II. Berg- und Hügelland. — 12. Bcrgland. — 13. Hemmeudcr
Einfloss sehr bedeutender Bergbühen. — 14. Unzugänglichkeit.
— 15. Bmflwa des Kretinismus. 16. Plachland. ^ 17. Boden-
gestaltnng; HBfen; VerhehrswCfe. — 18. Geologische Ver-
hältnisse. — 19. Bodenertrag. — 20. Oesundheitsverblltnissa
und Körperlänge; Mortalität. — 21. Mortalität.
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ItihtltoTfrufiohwiwL
285
BMm
MtlN lipHeL Ernährung. - Theuenouß. - MkohoUmM 89
1. Emährnng. — ^ R-n-oIution. — 3. Tbeuentng. — 4. Alkoho-
lisiuus. — 6. Alkoliolisrniis und EntwicIcluD^.
Tiertes Kapitel. Geniaittat, Kultur, Kriminalität und \i alnusinn
iiMerhalb einer Bevölkerung f 102
1. Rmm. — 9. Bmm und Oeidalitit. — 8. BttMokrewon^. —
4. RasMDgvgaiuits. — 5. Dichtigkeit der Bevolkemng. —
ß. Bezielmng"en zur Genialität. — 7, Fortschritt der Land-
wirthschaft und Industrie. — 8. Kultur, elementare» Wiaaen.
— 9. Geuiaiität. » 10. Prewe und Litterator. — 11. En-
dwnlicha vaA «pid«oiiMhe 0«ii«fligUiraiig«a. — 12. StXbtA-
BodL >~ 18. Haltaniiirtionen. — 14. EpidMiiiidi« KrinunaUtti
Ift. MwiAkhuig. — 16. Xrittinal-Stotiilik.
Haftes Kapitel. Soeüät, Utofiomische und politische FcMoren 168
1. Der Kampf der vpr<9rliif'<!t'npn Oe'^eHorhaft-klAgsen um die
Suprematie, — 'i. Klassenherrschaft. Pnesterberrachafl. —
3. Patricier. — 4. Sklaven. — 5. Niedere« Volk. — 6. Gleich-
gewidbt der Ifltwen. — 7. Fuieien und Sekten. — 8. Nadi-
■hmung. — 9. Hbtoiiiche Tradition. — 10. öneiigepaMte oder
verfrühte Eeformcn. — 11. Schlechte Begfierung. — 12. Mili
• tSrische Unruhen. — 13. Relisrionen. — 14. Wirthschaft liehe
Unachen. — 15. Steuern und Müniesystem. — 16. Wirth-
MthalUidie Kzinn. — 17. Pauperiamne. — 18. Vertheilmig.
SedutM KipitcIL huuferirmute fmd oetariomtb Mbmmtte 907
1. Rüileitnng. — 8. KoUnxitiife. — 8. SeniliCit. — 4. Aende-
rung der Umgebung. — 6. Status nascendt. — 6. Einfluss
fenistebender Rassen. — 7 Analopfe Wirkung differenter Pak
toreu. — 8. Sekundäre Wirkungen der Cirilisation. — 9. Kleine
Unaoheo. — 10. Bereiten. — 11. GegeoaitM. — 12. Gelegen-
Imtramchen. 18. Kriege. ^ 14, GeniaUai
8iab«itM Knpltol. biüviduau Fakiorm: OetdOeeM, AtUft Stand
und Beruf 998
I, Oeschleoht.
1. Die Frau in der Entwicklung der Künste, Politik etc. —
9. Die i^'rauen im Cbriateothum. — 3. Die Frauen in der
fransfiliaohen Serolation. — 4. Die reTolation8fe& Fnven
RoMknds; weitere Anenabmen. — 6. IMe Franen in den Be>
Tolten.
U. Alter 234
1. Jugend. — 2. Alter der Rebellen.
m. Barnf 888
1. Binleitoog. 9. Adel mid Xlenia. ^ 8. Bonigeoliie vnd
Ftoletariai, — 4. H5liei« Bemftarten.
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286
InhalttTttTMicbiilst.
Acitot Kapitel« JHdMMOeFaklmns IMMuMlr« wnd poHtiatks
JUbeUm, (06barene Verineher. — MonOigA Im.) Sftl
1. Kriminalität. — 2. Die anarchistische Partei. — 3. Psycho*
loffie. — 4 Impulsivität. — 6. Emotive Unempfindlichkeit. —
6. Moralisch Irre und Verbrechernaturen. — 7. Königsmörder.
— 8. Förstes and Düttatorcn als verbreuhensohe Kevolu-
tiooSre. 9. Umceaitaltang dar kriminellen AnUig» in pofi-
(iwliei 7erbredMrtlk«n. — 10. PoUtitciie
II. Band.
Erster Theil.
JLutbropoIof ie nnd Sozlolofle des poUUsdien Verbreclieiis
«ai 4er BvniMiiomm» (Povtaeteung.)
Nemtes KupiteL Indiciduelie Faktcren; geusteitkraHke politische
F<r^<cÄer. 1
1. Einleitang. ~ 2. Pathologische Anatomie. — 3. Physio-
gnomie. — 4. Erblichkeit. — 5. Formen des Irreseins. — 6. Indi-
viduelle Fälle. — 7. Königs- nnd Präsidentenmörder.
Zehntes Kapitel. ItuUvidtuUe Fuktoren. — MattoHe Folitiker. —
IndürdOtr St^lmari. — Hyttoro-epileptiaiket JWvwm... .* S7
1, Kerkmale. — 9. Verfolgangifiehtige Hatioideii. — 8. Ibt-
toide Genies. — 4. Perversion des moralischen Gefühls. —
5. Indirekter Selbstmord. — 6. HjitenhqpUeptiache Aitniiitio.
7. Litturarische Schilderung.
Elfte« Kl^itel. IndicidueUe Faktoren: rolitiscJte GekgenheiUi- und
XcMloNadkn/itoecfAreeAcr 58
1. Getogeiibeitsverbrecher. — 2. Verbrecher aus LoiclmtoliaA.
— 3. Alter und Geschlecht. — 4. Psychisches Leben. — S.Nea*
rosen und Psychosen. — 6. Leidcn^irbaftliche Genies.
Zwttlfles Kapitel. Einfiuss des Qetuoi auf die Mevolutionen 84
1. Genie, — 2. Ctonia mict Neerow. 8. PijiAiMlie Kii>
stehnngsbedingongen des Genies.
Dnlzelintefi Kapitel. BebdUon und JUfOkriüm, ihn Amaio$im
und ihre Unterschiede *.* 94
1. DifiiNrenzen. — 2. Analogien.
Zweiter Theil.
Julqiiiitou. Oebonomfsctae, soziolr Tind |K»lltl8Gii6 Propliflezo
des politischen Verbrechens.
Entes Kapitel. Juristische Fragen. — Geschichtliches 99
1. Patriotiamut und Servilität bei primitiven Völkern. — 2. Das
Yerbreohen in den entm abiolnteii Mo n a re lri e i t . —
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IiünlttveneiohiuM.
287
8. Die politiidieii Vertoeeher in OrieekenUmd. — 4. D!e
polituchen Verbrechen in Rom. — 5. l^barisches Recht.
<?. Recht der itnlif^nischen Kommunen. — 7. Ffiidalrechf —
8. Kanonisches Kccht. — 9. Eoropäische Monarchien. —
10. Einwirkongen der fnnsMsohen Revolution und beginnende
BefiDfiBMi. 11. ModenM 8tim%eMtBb8(dMr. — 12. Strafen.
— 13. Auslieferung.
Xweiteü Kßpftel. /i<m^v,/,,r Thcil. -~ Strafen 12$
1. Juristische (Jrundlage des politischen Verbrechens. —
2. Wnentlicbe Elemente des Verbrecheni. — 3. Objekt des
Yerbredienk 4. Sonal« und leGgioie Vertneebeo. ~ 5. Dd>
finition. — 6, Qemiidhta Veifdien. — 7. OonoMDitirNkde
Umstände. — 8. Strafen. — 9. Geborene Verbrecher.
10. Irre und Mattoide. — 11. Gelegenheitsverbrecher. —
12. Leidenschaftliche und geniale Verbrecher. — 13. Spezial-
ftrafen. ~ 14. Temporlre Stnfe. — 15. Strnfiibetufang.
16. KompoCenB. 17. Andiefenuig.
Mttai Kapitel. Piäventivmaassregi^ g^gm 4af poUttiCke Ver-
brechen. Wiyih.^-linftUche Prophylaxe 181
1. Die soziale Fmpe. — 2. Ersatzmittel des Lohnweaens. —
3. Kooperation. — 4. Feinde der Arbeiterklasse. — ö. Qenoaaen*
aehallen so gegenseitiger HfiUb. — 6. StaaiiaorialjamBt. —
7. Brbraoht. — 8. Stenenyatem. — 9. ArbaitanoAratc. —
10. Staataveniichening. — 11. Auswanderung. — 12. Haft-
pflichtgesetz. — 13. Invalidität and Alter, - - 14. Der Staat
und die Koalition. — 15. Prudhommes. — 16. Agrarkrisen. —
17. Armenpflege.
(Phi/sim he, politische mä totidk Faktortn.) 911
1. Physische Faktoren. — 2. Ernährung. — 3. Alkoholismus.
4. Bassengegensätze. — 5. De'^ontraliaation. — 6. Politische
Verbindungen. — 7. Kampf um das politische Uebergewicht.
8. Ftarlamentannm». — 9. Allgemainaa Stimnoeobt— ]0.]OaiaMi>
Tirtntang. ^ 11. Yartratang dar Uinerititi — 12. Alter dar
Deputirten. — 13. Indemnität. — 14. Inkompatibilität. —
15. ünb"«inl(1ete T^pjrfithe — 16. Technische Ministerien. --
n. Formalismus. — lö. Klerus. — 19. Berafsbildong. —
20. Erziehung. — 21. Ricbtentend. — 22. AdTokntnr dar
Sobwneben, 28. AnpaeanngifSliiglceit der Oeeelie. 91 Beebt
anf Initiative nnd ,Referendnm<*. — 25. nnlnin.
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U. Band.
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Tafel IV.
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Fig. 3. - KATte der OenialitAt in Frankreieli w&hrood eines Jahrbtmdert«.
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Tafel VII.
Die determmirende» Motive der Aufstände in ihrer VerikeHunff
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• VeracMedciw UnuMslien.
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Tapei, VII r.
Moralisch-Irre und Mattoi'de.
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Taff.!, IX.
Revolutionäre und Königsmörder aus Leidenschaft.
7. Mlr«b«-:ia U. lUktiniti. 15». Tuchcroyachcwiiky. 20.""Fcit<?.
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