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Full text of "Voltaire's Roman Zadig, ou, La destinée; eine Quellenforschung"

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Voltaire's 
roman Zadig, 

ou, La 
destinee: eine 
Quellenforsc. 



Wilhelm Seele 



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VOLTAIRES ROMAN 

ZIOKJ Oü LA DESTIÄ 



EINE QÜELLENFüRSCHUN< 



INAUGURAL-DISSERTATION 



DER 



HOHEN PHILOSOPHISCHEN FAKULTÄT 



DER 



UNIVERSITÄT LEIPZIG 



ZUR 



ERLANGUNG DER DOKTORWURDE ■ 



VORGELEGT VON 



WILHELM SEELE 



AUS IJODKNHACH i/H. 



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LEIPZIG-REUDNITZ 

DRÜCK VON OSWALD SCHMIDT 
1891. 



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VOLTAIRES ROMAN 

ZÄDiG ou LA mmtl 



EIN£ QU£LLENFOBSCHCNG. 



INAÜGURAL-DISSERTATION 

OER 

HOHEN PHILOSOPHISCHEN FAKULTÄT 
UNIVERSITÄT LEIPZIG 

ZUR 

ERLANGUNG DER DOKTORWÜRDE 

voBOBLiaT ras 

WILHELM SEELE 

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AUS BODENBACH i/B. 



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LEIPZIG-REUDNITZ 
DRUCK VON OSWALD SCHMIDT 
1891. 



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Vorwort 

Die vorliegende Abliandiiuig ist der erste Theil einer 
grösseren Arbeit, welche ich sobald als möglich zu veröffent- 
lichen gedenke. 

Angeregt durch Herrn Professor Heinrich Koerting, begann 
ich im vorigen Jahre eine Untersuchung der Voltaire'schea 
Bomane auf ihre Quellen hin. Es ei^b sichi dass Voltaire 
die StoflTe zu denselben meist anderen SchrütsteUern entlehnt 
hat> nnd namentlich für den hier behandelten Boman ,,Zadig" 
finden sich nur wenige Capitel, die Voltaire selbst angehören. 
Leider war ich durch Familienverhältnisse gezwungen, während 
des Sommersemesters zwei Monate von Leipzig abwesend zu 
sein. Daher konnte ich meine Absicht, sämmtliche Romane 
Voltaire's in einer Dissertation zu behandeln, nicht ausführen, 
sondern musste mich auf Zadig beschränken. 

Meiner Arbeit habe ich die Ausgabe der Werke Voltaire's 
Yon LouiB Moland zu Grunde gelegt^ welche ich persönlich 
besitze. Diejenigen einschlägigen Werke, welche auf den 
Bibliotheken zu Dresden und Leipzig nicht vorhanden sind, 
hat mein Freund Paul Sahlender die Güte gehabt, aul dem 
Britischen Museum einzusehen. 

Ich spreche die Hoffnung aus, dass durch die vorliegende 
Arbeit die Voltaire-Forschung um ein Weniges gefördert sein 
möge. 

Es aei mir vergönnt^ an dieser SteUe Herrn Professor 
HeinrichEoerting, der sofrüh seinen Schülern entrissen wurde, für 
seine freundliche Anleitung meinen besten Dank auszusprechen. 

Ebenso danke ich auch Herrn Professor Wülker für seine 
freundliche Unterstützung. 

Der Verfasser. 



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Einleitung. 

Der ßoman Zadig bietet für eine Quell enforschuDg ent- 
schieden da« meiste Interesse, weil sein lulialt nur zum aller- 
geringsten Theil Voltaire selbst angehört; und weil vor allen 
Dingeii die entlehnten Capitel dem Werke Werth und Reiz 
verleihen. Man kann dem Urtheile, welches Gasten Paris ^) 
fSllt, nur beipflichten, wenn er sagt^ dass die von Voltaire 
selbst erfiindenen Capitel inhaltlich nnbedeutend sind, obgleich 
auch hier sein hervorragender Geist nicht zu verkennen ist. 
In der That muss man zugeben, dass, Voltaire seine Quellen 
trefflich zu behandeln vei*steht, denn obwohJ er den Inhalt 
dei'beiben meist nicht sehr verändert, giebt er ihnen doch 
ein ganz andei'es Gepräge, er sclileiit die rauhen Ecken ab, 
entfernt das Unschdne nnd ei-setzt es durch Besnieres. Die 
grösste VervoUkonunnnng erfahren jedoch die Quellen dnrch 
den nntthertrefflichen Styl Voltaire's, der seinen Nachahm- 
nngen, wie Gaston Paris an eben der Stelle sagt, noch heute 
den scheinbaren Glanz der Neuheit verleiht und der den 
Roman zu der angenehmsten Lektüre macht. 

Unberechtigt ist das Urtheil Fr^rons, der Voltaire 1)6- 
schuldigt, er habe sich in sklavischer Weise an seine Vorbilder 
gehalten. ^) Voltaire verleugnete das Werk, wie so manches 

Gaöton Paris, L'ange et l'ennite. ctudo Hvir une legende reli- 
gieuso. „Lea chapritres qui n'ont pas cetto origine Joiiitaine, ccux qui 
sont paititi de ia seule invention do Tauteur se font lemarquer par 
Vixuiignifianoe de lenr fond : on j tionve toujours de Tesprit, souveni 
m&ne ime obsenratioii morale pliu fine et plw libre quo dans les 
autres etc." L'Acad^mie des IsscriptioiiB et Bellefr-Leitres. Ann^ 1880. 
I^iaatriäme a^e t Vin p. 437. Oompte renda de la stoce du 
18 novembie. 

>) Fr^on, Annäe litli^raire 1767. t I. p. 150. 

L*id^ qm fait le m^te de ce chapitre, (Le chien et le cheval 



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andere, doch blieb sein Incognito nicht lange gewahrt» und 
schon am 10. October 1748 schrieb er an D'Argental: ,Je 

serais trös fache de passer poui' rauteiir de Zadig, qivon vent 
decrier par les iaterpr6tation? les i)lus odieiises et qn'on ose 
accußer de contenir des (lo^mes temeraires conti'e üolre 
sainte religion. Voyez (luelle apparence!^) 

Man glaubte anfänglich, da« Werk sei aus dem Eng- 
lischen Ubersetzt, obwohl man sich gestehen musste, dass der 
Charakter des Bomans kein englischer sei. So schreibt der 
Abb6 Baynal:^) „Le roman intitul^ Zadig, qui faisait d'abord 
peu de brnit, en fait maintenant beancoup. II est certaJn que 
cet ouvrage est traduit de l'auglais, et persouue iie doute 
que M de Volt{iii*e en ^^oit 1e tradnctenr. II est c.ertain 
iiialj,ae cela, que cet ouvrage u eat pas daus le gout anglais 
ni dauä le genre de VoXtaire.^^ 

Der Mercnre de France betont zwar nicht gerade die 
englische Herkunft des Bomans, aber er spricht doch yon 
Nachahmungen und stellt schliesslich die Frage auf, ob der 
Roman auch wirklich aus nur einem Kopfe entsprungen 
sei. Er schreibt : 

II se trouve dans ce livre (Zadigj piusieurs priucipes, qui 
ne seront pas approuv^ g^n^ralement, mais on y d^ouvre 
beancoup de g^nie et d'invention, et Tautenr a le secret 
de paraitre originel, m^e lorsqu'il n'est qu' imitateur. 
Son styl est naturel, peut-etre qnelqnefois neglige, mais 
toujours vif et agr^ble, Son höros est un philosophe 
charmant, qui Joint aux lumiöres que fournit Tetude, toutes 
les grfices qu'on puise dans le conunerce (in o^raiid monde. 
On attribue cet ouvrage ä un de nos plus fameux poetea 
et uous sommes du moins certains qu'il ue peut-etre que 



chap. III) et d'apres laquello on n'aiira pas manqnc d'admirer eiicore 
la prodigieuse fecondite do rautour <le Zadig, est servilement empruutee 
d'un de ces ouvragos rju'on no lit plus otc. 
1) Moland XXXVl pag. 534. 

s) Glimm und Diderot» Gorrosp., ed. Toumeiix t. I. p. 231. Fax», 
Garnier, 1878. 

>) Hercnre de France Not. 1718. pl 189* 



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— 9 — 

d'uii homme extremement Fiiperieur et d'un tres bei esprit. 
Peu ne s'en laut meine que noiis ne aoyons teiites de 
sottpQonner qu'une seule tete n'a pas cr^e tout ce qu'on 
aper^t de neaf dans une fiction si ing^meuse. 

Man muss sich wnndeni, dass die zablreieben unverkeniir 
baren Anklänge an Tausend und eine Nacht und Tausend 

und einen Tag, sowie überhaupt an orientalische Stoffe nicht 
sofort bemerkt wurden und man möchte sich beinabe zu der 
M(Mninif2: hinneig-en. dass die Werke eines Gaüaud und eines Petit 
de la Croix doch nicht mehr so genau bekannt waren. Nicht 
einmal Freron, der sich keine Gelegenheit entschlüpfen liess, 
Voltaire als Plagiator hinzustellen, ist auf diese ergiebige 
Fundgrube gestossen. Auch Gullivers travels, die durch die 
Uebersetzung von Desfontaines, 1727, bekannt waren, ge- 
währen mancherlei Quellen. 

Erst La Haipe^) und später Dunlop^) gingen etwas 

näher auf die (Quellen ein. 

Den Ursprung der Capitel: „Le chien et le cheval" 



') La Harpe, Lj(i6e ou cours de litterature, edition 1825. t. XVI. 
pag. 299. (NB. Ich habo nur die Ausgabe von 1817 benutzen können; 
dort findot Bich die Stelle t. XIIT. p. 361 für die obenaugefübrte.) 
cfr. Molan<l. t. XXT. p. III. uoto 1. 

Ce n'mt pas que dans Zadig il n'ait ompnint*' d'ouvrages connns, 
le fond dü plusieurs chapitres : de 1' Arioste par excmple celui de rhomme 
aus armes vertes, des Mille et un Jours celui de rermite etc. 

s) Jobn Dunlop's Goscbichte der ProfittdichtuDgen, denlselL von 
F. liebreeht, Berlin 1851. pag. 40t 

Auch den Unprang fast jeden Gapitek im Zadig kann man leidit 
nachweisen, so stammt die Geschichte Le Nes (diap. %) aiu der Ge- 
schichte der Matrone Ton Ephesos ; im Aiiost (e. 17. 17) findet man 
Les combats oder die Geschichte des Mannes in grüner Rüstung, und 
in einer der Contes devots. die gegen Ende des Romans befindliche Er- 
zilblung TErmite (chap. 20) Le c^en et le cheval (cbap. 3) ist die Auf- 
suchung des Cynogefore in den Soirees Brotoniies des Gueulett«, der es 
einem italienischen Werke Peregrinaggio de Tre Figlinole dol Ko de 
Serendippo ontlieh. TTrsprünglich jedoch findet sich diese Geschichte in 
einem arabischen V"v er ko des dreizehnton Jahrhunderts, betitelt Nighiaristan, 
welches geschrieben wurde, um den Scharfsinn des arabischen Volkes 
zu 2&eigen. 



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— 10 — 



vnd „L'Ermite*' hatte bereits Fr^ron^) nachzuweiBen yerancht, 

um so befremdlicher klingt daher da« Urtheil eines vurtreff- 
lichen Voltaire-Kenners aus neuerer Zeit. 

Desnoiresterrea nämlich sagt: Le fond de Zadig est 
emprunte ä TAnglais Thomas ParueU, qui l'a emprunte aux 
homelies d'Albert de Padoue, mort en 1713, lequel en a 
trouv4 le gerne dans noe fabliaux. ^) 

Dieser Aufispmcli Desnoiresterres' ist, insofern er den 
ganzen Eoman von PameU entlehnt wissen will, unrichtig 
nnd gilt nur l^r das Capitel ,»L'Ermite.*^ Wie schon bemerkt, 
hatte Freron lur das Capitel ,,Le chien et le olieval" auf. 
eine andere Quelle hingewiesen und auch sonst landen sich 
hie und da Andeutungen über (^neiien, wenn sie auch nicht 
immer richtig sind. Die MittheiUmg Desnoiresterres' aber 
beruht auf einer ungenau zitii ten Stelle bei Littr6 in seinem 
Werk: „Etudes sur les barbares et le moyen äge, «erste 
Auflage, Paris 1867, vierte Paris 1883, pag. 392. 

Es wird bei dem betreffenden Capitel, soweit es der 
Kähmen dieser Abhandlung gestattet, über diesen Irrthum 
gesprochen werden. 

Zadig erschien, wenn auch noch niclit in seiner voll- 
kommenen Form, 1747 unter dem Titel: Memnon. Der 
Eoman, welcher jetzt diesen Namen fübi't, Meranon ou la 
sagesse humaiiie, steht zu dem unsrigen in keinerlei Be- 
ziehung. 

Longchamp,^) der Sekretär Voltaire's, berichtet, Voltaire 
habe den Boman bei zwei verschiedenen Druckern zugleich 

drucken lassen uu^i zwar so, dass der eine die ei-ste Hälfte 
und der andere den Schluss druckte; es ist dies aber ein 
Märchen, denn es existirt nach Beuchot^) und Beugesco^) 



1) Fr&ron, Ann^ Utteraire 1767 t. T pag. 30. 145. 

-) Desnoiresterres, Voltaire et la societ6 fi'an9ai8e au XVlJle si^de. 
t. III. p. 146. note 1 (Voltaii-e a la cour). 

3) Longchamp, M^moires aur Voltaire, 1826, 2 vol. in 8" t. IL 
p. 154 

^) Beucliol, Vorrede zu Voltaires Koiuaneu, Mfilund. t. XXI pag. IX. 
3) Bengesco, Voltaire. Bibliographie de sea (Euvres. Paris 18Ö2. 
t I. p. 437. 



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— 11 - 



kein iäcemplar, welches Longchamp bestätigte. Ueber die 
EntBtehimgageschichte des Bomaiis cfr. Lonchamp an der 
angeführten Stelle. 

Zadig erfuhr anfangs, namentlich als man den Verfieusser 

noch nicht kannte, eine ziemlich lierbe Kritik. 

So schreibt Raynal:*) „Zadig-, on la destinee, histoire 
Orientale, est un roniaii nouveau qni merite queique atten- 
tion. II n'y a point d'intöret ; ce sont des contes de quel- 
ques pagee, d^taches les uns des autres» et qoi sont ex- 
trömement froids. Point d'instraction; ces contes ronlent 
sur des matiöres frivoles on sm* quelques objets de morale 
superficiellement trait^ Point de sentiment. Je ne me 
sonviens pas d'avoir gu6i*elurien d'anssi sec; peud^esprit; 
les pensees y suut rares et uieuie fort communes. II regne 
en revanche, dans ce petit onATajj^e une corrertion de style, 
un naturel d'expressiou, un respect pour les iiKeiirs et poiir 
le culte regu, qu'on n'avait vu depuis lougtemps dans aucun 
liyre de ce. genre. 

Les gens du monde, les femmes principalement, en font 
pen de cas; les vrais connaisseurs et les gens de mutier 
en pensent beaucoup plus avantageusement On ne sait 
k qui attribuer ce roman, parce quMl ne ressemble, pour 
la maniere, ä aucun de ceux qui out pai u jiisqu'ioi.„ 
Das ist freilich eine harte Kritik und stimmt nicht mit 
der der späteren Beurtheiler iibereiu. Wie ganz anders 
urtheilt doch Gaston Paris in der vorhin angeführten Ab- 
handlung, wenn er Zadig als le plus aimable des romans de 
Voltaire bezeichnet. 

Auch änderte sich die Beurtheilung sehr rasch. Eine 
philosophische Betrachtung des Komans habe ich nicht zu 
geben versucht, da ja, wie Mahrenholtz sagt, Hettner^ dies 
schon in uiiiibertrefflicher Weise für VoltaireB philosophische 
Anschauung im aligemeiueu gethan und Mahi:euholtz ^) 

<) Correapondence litt^raire, philosophique et critique par Grimm, 
Diderot) Baynal, Heister etc. p. M. Toumeaz, Paais 1878. t. L p. 216. 

R. Hettner, Geschichte der fianzOsiBchen Litteratur im 18. Jahr- 
hundert» pag, 178 und pag. 238—248. 

Mahreoholts, Voltaire* Studien, Oppeln 1882, p. 138. 137. 



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— 12 — 

Hettncr's Bemerkungen noch einige Ausführungen beigefügt 
'hat Auch von einer Analyse des Romans habe ich absehen 
müssen, da es beinahe unmdglich ist, den Inhalt audi nnr 
•einigermassen gedrängt wiedeizngeben; es gilt hier das 
Nämliche, was Hettner^} von GnlUver's Beisen sagt: Es ist 
schwer, ja unmöglich, ein treffendes Bild dieses Baches za 
geben. „Es ist . . . nicht eine in sich zusammenhängende 
Erzählung-, sondern eine Keihe l)unt aneinan(ier geknüpfter 
Schildenmf>:en, in denen das (lämiriernde Zwielicht tliatsäch- 
iicber Wirklichkeit und märchenhafter Wanderwelt reizvoll 
in einander schillert" 

Ich habe vorgezogen, jedes Capitel einzeln, soweit als 
thanlich zn aaalysiren, and habe dabei auch diejenigen Capitel 
der besseren Uebersicht wegen ganz korz behandelt, bei 
.denen die Einwirkung fremder Stoffe nicht nachzuweisen ist. 



Le borgne (chap. l.) 

Dem Boman ist eine parodirte Druckerlaubniss voraas- 
geschickt,- woran sich eine scherzhafte Dedikation des Werkes an 
dieMarqoise von Pompadour anschliesst, welch letztere unter 
dem Namen der SultaninSheraa^) bezeichnet wird. In dieser 

Zueignung ahmt Voltaire den blühenden Styl der Orientalen 
nach und g-iebt vor, den Roman aus dem Aral^ischen über- 
ssetzt zu haben, was Grisebach zu der Annahme veranlasste, 
Voltaire habe seine Leser Uber die Herkunft des Bomans 
irre führen wollen. (Siehe weiter unten.) 

Das erste Gapitel, ^Le borgne,'^ giebt zunächst eine 
Schilderung Zadigs, des Gerechten, der alle menschlichen 
Tugenden in sich vereinigt Dieses Capitel ist, im Grunde 
genommen, aus der nämlichen Quelle geschöpft, wie das 



V) Hottuer, Geschichte der englischen Litteratur im 18. Jahrhundert 
pag. 338. 

') Moland, t. XXL p. 31. note 3. 



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— 13 — 

das folgende , zii weldiem en gewissennassen ein fSeiten- 
stück ist In der gleich zu erwähnenden Erzählung ist 
Tshuang-sön^, der Weise, schon yerheirathet gewesen nnd 
hat seine Frau wegen Untrene Verstössen. Zadig ist zwar 
noch nicht yerheirathet^ aher es widerföhrt ihm das gleich» 
Missgeschick wie Tshoang-söng. Auf einem Spaziergange am 
Euphrat (Babylon ist der Schauplatz der Erzählung) wird 
Zadig mit seiner Geliebten von einem Nebenbuhler tiber- 
fallen. Durch seinen Muth und seine Tapferkeit gelinort en ihm,, 
die Angreifer in die Flucht zu schlagen und so seiner (Te- 
liebten Ehre und Leben zu retten. Sie schwört ihm un- 
wandelbare Liebe und Treue. Zadig ist schwer verwundet 
worden, und ein Geschwür am linken Auge Idsst den Verlust 
desselhen hefOrehten. Der gelehrte Arzt Hermes ist macht- 
los; das rechte Auge hätte er zu retten vermocht^ das linke 
muss verloren gehen, und Hermes sagt Tag und Stunde 
voraus, an welchem dieses traurige Ereigniss eintreffen 
muss. Zwei Tage darauf barst das Geschwür von selbst, 
und Zadig wurde vollständig geheilt. Hermes sclirieb ein 
Buch, worin er bewies, dass das Auge hätte verloren gehen 
müssen, Zadig las es nicht, sondern eilte zu seiner Geliebten» 
Unterwegs eifiihr er,, dass diese Dame, da sie einen unübeiv 
windlichen Abscheu gegeii Einäugige hatte, sich am nämlichea, 
Tage mit Orcan, dem Nebenbuhler Zadigs, verheirathet 
hatte. 



Le nez^) (chap. iL) 

Der Grundgedanke in diesem Gapitel ist, wie schon be- 
merkt, der nämliche wie im vorhergehenden, die Geisselung 
weiblichen Leiclitsinn.i. Wenn man gewöhnlich zu sagen 
pflegt, 2; diese Erzählung «ei der „Wittwe von Ephesus" des. 



1) Moland, t. XXI. p. 35. 

^) Bunlop, G««chiohte der FroBadiobtung«!, dentach von F. Liebreoht^ 



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— 14 - 

Petronius ^) nachgebildet, so hat dies nur insofern eine 
Berechtigung, als die letztere Erzfthinng grundlegend für die 

meisten späteren Weiterbildungen im Occident geworden ist 
Toltaire schätzte die Satirae des Petronius sehr hoch, denn 
€r sagt:*) „II y a de« ver.s tres-Iie\in,ux dans ceite .saiire et 
quelques contes tr^-bien faits^ surtout celoi de la Matrone 

Die Darsteünng Voltaire's ist ans einer chinesiflehen Be- 
arbeitung genommen, Benchot^) sagt hierüber: „Le chapitre 

est imite d'un conte chinois, que Durand^) a r6iraprim6 en 
1803, sous le titre „de la Matrone chinoise," k la suite de 
8a traduction de la Satire de Petroiie, et que Diilialde'') avait 
dejä imprime dans le tome Iii de sa Description de la Chine. " 
Bei Moland findet sich noch die folgende Note: „Voyez aussi 
Oontes chinois traduits et publik par Abel Bemusat» Paris 
1827. t ni: la Matrone du pays de Soung.^ 

Ansfiihrlich behandelt ist der Stoff von Eduard Grise- 
bach: „Die Wanderung der Novelle von der treulosen Wittwe 
durch die Weltlitteratur," 2. Autiage, Berlin 1889. 

Grisebach schreibt über die Entstehung des Capitels 
pag. 87: ,Zadig erschien 1747, und der Autor wiU die Er- 
zählung ans einem arabischen Buche haben, das aus dem 
Chaldflisehen übersetzt sei. Indess wird Dahaides chinesische 



Serlin, 1861. p. 40a. 401b. LoiMlenr ]>e8l<mgcliamp8, Essai snrles fobles 
indiensM, t I. p. 161 (162). Tausend und eine Nadht, Bd. Habi€ht, 
T. d, Hagen und SchaU, Breslau 1836. t. XIII. p. 335. 

*) Petrani-os, Satirne, cap. III. 112. 

S) Le Pyrrhoninne de PUstoire chap. 14. De Patrone. Moland, 
t. XXVn. p. 263. 

3) Moland, t. XXI. pag. 35. 

4) Tschon ang-tse et Tien ou la Matrone Chinoise in dorn lJucho : 
Satirc de X'etrone, chüvalier romaiii. Nouvcllo traduction par le citoyen 
Durand. Suivie de cousideraiions sur la Matrone d'Ephese et dHm 
conte cbinois mr le mftme sujet, Paris 1803. 

*'') Duhalde, Description de la Chine, Paris 173Ö. ed. G. 
Iiemerder t. III. p. 324 f., Loisclenr Deslongchamps sitSrb t. TSL 408, 
Donlop t IIL p. 405. 



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- 15 ^ 



Version von 1735 Voltaires Quelle für das köstliche Capitel 
,Le nez" gewesen sein; er zitirt das Werk der Jesuiten 
Öfter in seinen den M61anges littöraires einverleibten Lettres 
cbinoises ((EuTres, ed. 1784XLyiI. pag. 195 1t, bei Moland 
t XXIX. p. 451 — 499). Die nenen Zlige hat dann seine 
Erfindungskraft geschaffen.* Tch glanbe nicht, dass Voltaire 
im Ernst daran dachte, seinen Zadig als eine Uebersetzung 
aus dem Arabischen gelten zu lasnen, wenngleich der Roman 
zahlreiche j^nklänge an arabit>che Erzählungen zeigt, viel- 
mehr halte ich diese Angabe für eine scherzhafte, wie ja 
überhaupt die Dedikaüon, worin sich diese Aeuflserangen be- 
finde, niit^ht 80 ernst zn nehmen ist 

Was nnn unser Capitel anbelangt^ so giebt Voltaire seine 
Quelle ganz genau an. Nicht allein dass er un Sitele de 
Louis XrV. Dnhalde lobend hervorhebt ; er erwähnt viel- 
mehr unsere Erzählung an einer andern Stelle noch ganz 
anders. Es heisst da:"'*) La Matrone d'Epliese a et^ mise 
en vers par La Fontaine en France, et auparavant en Italic. 
On la retrouve dans Petrone, et Petrone Tavait prise des 
Grecs; mais oü les Grecs Tavaient-Ü pnse? Des contes 
arabes. Et de qni les eonteurs arabes la tenaient-ils? De 
la Chine. Vons la verrez dans des contes chinois» traduits 
par le P. DentrecoUes, et recueillis par le P. Duhalde; et 
ce qui merite bien vos reflexions, c'est que cette histoire est 
bien plus morale chez les Chinois que chez nos traducteurs. 

Voltaire hat sich ziemlich genau an seine Voi"lage an- 
geschlossen, man muss jedoch gestehen, dasä seine Darstellung 
eine durchaus humonstiscbe ist» wie ich dies in der Folge 
zeigen werde. 

Inhalt bei Voltaire: 



ffidol« de Louis XIY. Gatalogiie de la plupart des ecrivains firan* 
^ et€. Moland t XIV. p. 68. 

Dulialde (Jean Babtiste), jesuite, quoiqu'il ne soit point sorti de 
Paris, et qu'il n'ait point su lo chinois, a donne sur les memoires de 
868 confr^res la plus ample et la raoineuro descriptlon de Tempire de 
la »Chine qu'on ait dans le monde. Moi t en 1743. 

^) A. du M.*** »Sur plusieure anecdotes. Molaud t. XXX. 
p. 346. 



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— 16 — 



Eines Tages kehrt Azora, die Gemahlin Zadigs, voller 
Zorn nach Hause und erzählt, sie habe die junge Wittwe 
Cosrou angetroffen, als sie einen Bach, der am Grabe ihres 
verstorbenen Gatten vorbeifloss, ablenken liess. Sie hatte 
nämlich vei^sprochen, so lange bei dem Grabe zu bleiben, als 
das Wasser vorbeiflösse. Azoras unmässiger Zorn mis^Ult 
Zadig. Er beschliesst sie za prOfen; sein Frennd Gador soll 
ibm behülflicli sein. Zadig l&sst seiner Gattin ndttheilen, er 
sei plötsdich gestorben. Azora ranft sich das Haar nnd 
schwört, sterben zu wollen. Cador kommt um sie zu trösten, 
und schon am zweiten Tage zeigt sie sich seinen Anträgen 
niclit abg-eneit^ft, zumal da Cador ihr mitt heilt, da&.s Zadig ihm 
den grössten Theil seines Vermögens vermacht habe. Während 
des Abendessens beklagt sich Cador plötzlich über heftiges 
Milzstechen und sagt^ es gäbe g^en dieses gefährliche Uebel 
nur ein Mittel, nämlich ihm die Nase eines Menschen, der 
am Tage zuvor gestorben, auf die Seite zu legen. Azora 
begiebt sich mit einem Basirmesser in das Grabgewölbe. 
Zadig- erliebt sich, und indem er mit einer Hand seine Nase 
hält, mit der anderen das Messer abwehrt, ruft er: , Madame, 
ereifern Sie sich nicht so gegen die junge Cosrou, denn die 
Absicht, mir die Nase abzuschneiden, ist mindestens eben so 
edel, als die, einen Bach abzulenken. 

Inhalt bei Grisebach: 

Der Schlüer Lao-tsze's, Tschuang-söng, traf einst auf 
dem Kirchhofe eine Frau, welche über einem frischen Grabe 
ihren Fächer ohne Unterlans hin- und herschwang. Befragt 

sagte sie, ilir vorstui'bener Mann habe sie gebeten, nicht 
elier wieder zu heiratheii, als bis die Erde seines Grabhügels 
trocken geworden sei. Sic .suche nun durch Fächern nach- 
zuhelfen. Der Heilige liess sich den Fächer geben, schwang 
ihn über dem Hügel nach den Vorschriften der Tao- Lehre 
und sofort wurde die Erde trocken. 

Mit dem ihm zum Andenken geschenkten Fächer kehrte 
er nach Hause zurück und ei'zählte die Geschichte seiner: 
Frau Tiän-schi. Diese 'zerbricht empört den Fächer und er- 
klärt, gäbe nur Wenige, die dem gefühllosen Weibe glichen, 
die selbst würde, wenn sie Wittwe werden sollte, es zeitlebens 



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— 17 - 



bleiben. Tschuang bezweifelt es. Nach einiger Zeit wird er 
krank und stirbt. Tiftn*schi ist in aufrichtige Traner yer- 
snnken. Am siebenten Tage langt ein junger Prinz, Mher 
Schaler ihres Gatten, an, von einem alten Diener begleitet. 
Sie trauern zusammen. Nach und nach verliebt sie sicli in 
iliu und bietet ihm durch den alten Diener die Ehe an ; nacli 
langem Zögern des Prinzen wird endlicli der Hochzeitstag 
festgesetzt. Der Sarg des 'J'odten wird nun aus der Prunk- 
halle in eine verfallene Hütte hinter dem Hause getragen. 
Am Hochzeitsabend fällt der junge Gratte ohnmächtig zu 
Boden. Der Diener sagt, nur das in Wein gekochte Mark 
aus dem Hirn eines Menschen, der noch nicht 49 Tage todt 
sei, könne ihn retten. Die Frau geht mit einem Beil an den 
Sarg ihres ersten Gemahls. Als sie aber ein Stück vom 
Deckel abgeschlagen, hört sie die Leiche seufzen, und alsbald er- 
wacht Tschuang-söng zum Leben. Sie ist zuerst sehr erschrocken, 
als sie aber, mit ihrem Gemahl in das Wohnzimmer tretend, 
weder den Prinzen noch den Diener erblickt^ kehrt ihr Muth 
zurück, und sie weiss nun ihres Gemahls Fragen schlau zu 
beantwoHen und heuchelt grosse Freude über sein Wieder- 
aufleben. Er thut anfangs als glaubte er ihr, dann aber 
reckt er seinen Finger aus und der Prinz und sein Diener 
treten plötzlich ins Zimmer. (»Sie gingen von 'rschuang-söng 
aus, der sich selbst in zwei theilte, indem <*i- das (lesctz von 
der Theilung in Schatten und Wesen anwandte.") JJa er- 
kennt die Frau, dass ihr kein Ausweg blieb, reisst sich den 
gestickten Gürtel ab und hängt sich selbst. Tschuang-söng 
aber singt .ein tieisinnig - pessimistisches Lied, sich mit der 
Flöte begleitend, dann zerschmettert er diese, legt Feuer 
an das Haus und wandert nach dem Werten und heirathet 
nicht mehi*^) 



>) Eduaird Grisebach, der die üebeneitaaiig des Paten D^EntrecoIles 
ala kaum mehr ale eine Paxapbraae beaeichnet (pag. 20 dee obeng«- 
nannten Werkes), hat auch eine genaue üebeieetaung ina Deutsche 
herauflg^ben: „Die treulose Wittwe,^ «ne chinesische Novelle, 
deutsch nach dem Asiatic Journal 1863» von Eduard Qriaebach 
Berlin, 1886. 



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— 18 — 



Vergleicht man diese beidt n Erzählungen mit einander, 
BO muss man zugeben, dnss die Dartitelliuigsweise bei Voltaire 
die bessere ist W&hrend Tschuang:-85ng wirklich zu sterben 
scheiiit nnd nur wie durch ein Wunder vam Seheintode in 
dem Augenblick erwacht» als seine Frau im Begriffe steht, 
ihm den Schädel zu spalten, wissen wir von Zadig, dass er 
seine Frau nur auf die Probe stellen will und sind deshalb 
um sein Schicksal unbesorgt. Ebenso erspart uns Voltaire 
das Imssiiche Bild der sich erhängenden Frau; Azora, heisst 
es, wurde einige Zeit nachher Verstössen, weil der Umgang 
mit ihi" allzu beschwerlicli geworden war. Seiner Neigung saar 
Satire hat Voltaire auch hier freien Lauf gelassen und m 
diesem Zwecke das wunderbare Heilmittel eingeführt : «Yoilä 
un Strange remöde, dit Azora. — Pas plus Strange, r^pon- 
dit-il, que les Sachets du sieur Amould contre Tapoplexie.* 
Hierzu kommt folgende Anmerkung Voltaires: II y avait 
dans cetemps un Babylonien, Uiiiiiuie Arnould, qui Laierissait 
et prevenait toutes les apoplexie«, dans les gazettes, avec 
un srcIk t pendu au cou. 

Z. B. Mercure de France 1747, f^vrier p. 115 f. 



Le chien et le chevaL ^) (chap, Iii.) 

Das Annto litt6raire beschuldigt Voltaire in gehässiger 
Weise, das vorstehende Capitel einem französischen Autor 

entnommen zu haben ; es schreibt : 

Vous avez evidement prouve. ^Monsieur, que le chapitre 
de l'Ermite de Zadig est copie trait pour trait de l'Ermite 
de Thomas Pamell Je crois que je ne vous ferai pas de 
peine en vous decouvrant un auti'e plagiat du meme auteur 
que j'ai trouve dans le meme roman de Zadig; c'est le 
chapitre intitul^ le chien et le chevaL Je suivrai Totre 

1) Moland XXI. p. d7. 

Fr^rcm, Aasige litt^ire, 1767 I. p. 146 s. LeUare YIL Atttre 
plagiat de M. do Voltaire k Pautmir de ces feuilles. 



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- 19 - 



m^thode, Monsieur, et je transcrirerai d*abord le texte de 

M. de Voltaire. 

Es folgt nun der Text bis pas:. loO. Hier lieisst es weiter: 
L'idee qifi fait le nierite de ce chapitre, et d'apres laquelle 
on n'aiira pas manqu6 d'admirer encore la prodigieuse 
fecoiidite de Tattteur de Zadig, est servilement empruntee 
d'an de ces ouvrages qtt*on net lit plus; mais Mi de Vol- 
taire lit tout avec Intention et avec fruit« particuli^ment 
lea liyres qm paraissent tout k fait oubli^s. Dans oe 
nombre eet un roman dans nn senl volume in 12^, iinprime 
en 1617 (1719, mhon Moland weist auf diesen Fehler hin) 
sous le titre : ..Le voyage et les aventures des trois princes 
de Sarendip, traduits du persan." II a foiülle cette mine 
incoimue ; ii en a tire la pi^ce precieuse, qu'il a enchaas^e 
dans Zadig, 11 a mis seulement k la place d'un chameau 
un chien et un cheval, grand et sublime 6iort d'imagination. 
Lisez, Monsieur» et jugez. * 
Folgt der Text 

Es wird nun meine Aufgabe sein, zu untersuchen, in 
welcher Weise Voltaire seine Yorlao^e bearbeitet hat. Vor- 
erst mögen hier einige andere Beiütikungen Platz finden. 
Wenn das Annee litteraire Voltaire als Plagiator liinstellt, 
so befindet es sich im Unrecht, denn das französische Werk 
ist eine Uebersetzung aus dem italienischen unter dem Titel: 

Peregiinaggio de tre figliuoli del Be di Serendippo per 
Opera di Christoforo Armeno deUa Persiana nell* Italiana lingua 
trasportato. Venezia 1584 % Femer findet sieh die nftmliche 
Erzählung bei Gueulette in dessen „Soirees bretonnes,* der 
das erstgenannte Werk benutzt hat. Ueberhaupt gilt hier 
das Nämliche, was man allen weitverbreiteten Stotfen ein- 
räumen muss, sie sind Gemeingut, und es muss jedem Autor 
gestattet sein, sich derselben bedienen zu dürfen, ohne des- 
halb den Vorwurf des litterarischen Diebstahls auf sich zu 
laden. ^) Wenn die Benutzung einer QneUe, wie die unsrige, 

') Dunlop., paf». 410 b. 

2) Dunlop., p:ig. 410 1). 

3) Ueber das sonstige Auftreten des Stoffes cfr. Dimlop, p. 212, 401, 
410 b, 487 Amukg. und 282 j. Hier ist alles Nöthige iii Bezug auf 

2* 



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— 20 



ein Diebstahl sein soll, ein wie .schwerer Vorwurf würde dann 
Wilhelm Hauff treffen, der in seinem ,,Abner der Jude, der 
Nichts gesellen bat,* Voltaire fast wörtlich übersetzt. 

Wie Übrigens Voltaire^) über das Kecht der Benutzung 
fremder Stoffe dachte, erbellt am besten ans seinen eigenen 
Worten: er sagt nämlich, nachdem er einen Vergleich 
zwischen der PJrzälilung von den „drei ßingen,'' Swift's Er- 
Zählung von „der Tonne," „der Mero und Enegu" von Fonte- 
nelle gezojren hat: 

„Ainsi presque tont est iuiitation. L'idee des Lettres 
persnnes est prise de celle de rEspioii turc. Le Bo'iardo a 
imite le Fulci, l'Ahoste a imit6 le Boiardo. Les esprits les 
pIns originaux empmntent les uns des autres. Michel Cer- 
vantes fait nn fou de son Don Quichotte; mais Koland estr 
il autre chose qu'nn fon? II serait difißcile de d^cider si 1a 
chevalerie en ante est plus tournee en ridicule par les peintiires 
grotesques de Cervantes que par la feconde iiiia5rinat}ün de 
VArioste. Metiustase a i)ris la plu])art de <e< uperas dans 
nos tragedies fran^jaises. Plusieurs auteurs anglais nous ont 
copite et n'en ont rien dit 11 en est des livres comme du 
feu de nos foyers; on va prendre ce feu chez son voisin, 
onPallumechez soi on le commnnique ä d'autres, il appartient 

ä tOUB.* 

Quelleai angeführt. Wenn es übrigens in der ßrealauer Uebersetzung 
der »Täusend und eine Nacht" heisst (XIII. p. 319, ed. 1836) : sdnclite 
des SultanB von Yemen und seiner drei Söhne (XI. p. 3 N. ööH). ,Ist 
nachgoahnil von Voltaire, wie Zadig ein Pferd und einen Hund be- 
schreibt, oliiie sio gesehen zu liaben," so darf dies um in Bfzug auf die 
Erzählung ülx rliaupt gelten, nicht aber auf die hier speciell angeführte 
Geschichte, denn es hoisst ausdrücklich in der Vorrode des 11. Bandes: 
Die Erzählungen dieisea Bandes hat zuerst Jonathan Scott aus dem 
arabischen übersetzt und dieselben im sechsten l ande seiner im Jahre 
lAll gedruckten Auegabe der engUschen Uebersetsung von Galland^e 
Arbeit als deren Ergänzung beigefügt. 

Ich fBhre dies deshalb an, weil die Erzählung hier viel besser und 
weniger anstSsaig erscheint, und Voltaire seine Darstellung recht gut 
nach dieser gemacht haben kOnnte. 

Yoltaize, Lettres pbilosophiques. Lettre XZII. 
Sur H. Pope et quelqes autres poStes fameuz. Moland , t. XXII. 
p. 176. : 



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— 21 — 



Was den Vorwurf anbetiifft, Voltaire habe sieh in knech- 
tischer Weise an seine Vorlage gehalten, so wird die nan 
folgfende Untersuchung leicht die Unwahrheit dieser Behaup- 
tung nachweisen. 

Inhalt bei Voltaire: 

Als sich Zadig eines Tages in einem Wäldchen erging, 
begegnete er einer Schaar Eunuchen, welche voller Unruhe 
etwas zu suchen schienen. Einer von ihnen fragte Zadig, ob 
er nicht den Hund der Königin gesehen hätte. «Es isf'eine 
Hündin, kein flund, antwortete Zadig, es ist ein kleines 
Wachtelhundchen, das vor Kurzem Junge geworfen hat, es 
hinkt auf dem linken Vorderfuss und hat sehr lange Ohren. 
Befragt, wohin das ;Hüiitl( li('n ji^elaufen sei, erklärt Zadij^:. er 
habe es überhaupt gar niclit ^esohen. Um dieselbe Zeit war 
durch einen sonderbaren Zufall auch das schönste Pferd des 
Königs entlaufen und die Stallmeister suchten es in grosser 
Aufregung. Der Oberstallmeister wandte sich an Zadig und 
fragte, ob er das Pferd nicht gesehen habe. Es ist der beste 
Galoppläufer, erwiderte Zadig, es ist fünf Fuss hoch, sein 
Huf ist sehr klein und sem Schweif drei und einen halben 
Fuss lang. Sein Gebiss ist aus dreiundzwanzigkarätigera 
Golde und seine Hufeisen aus elflöthigem Silber." ..Welchen 
Weg liat es' einovM-lilagen fragte der (.)berstaUmeister. 
„Ich habe es garuicht gesehen," erwiderte Zadig. Der Ober- 
stallmeister und der erste Eunuche waren fest überzeugt, dass 
Zadig den Hund und das Pferd gestohlen habe, und schleppten 
ihn vor die Gerichtsversammlnng, die ihn zur Knute vernr- 
theilte und lebenslänglich nach Sibirien verbannte. ^) Kaum 
war das Urtheil gefällt, als man den Hund und das Pferd 
wiederfand. 

Nun wurde /war das Urtheil kassirt, aber Zadig nuisste 
400 Unzen Gold bezahlen, weil er etwas nickt gesehen liaben 
wollte, was er doch gesehen hatte. Zuvörderst muste Zadig 
die Strafe erlegen, worauf man ihm gestattete, seine Sache 
vor dem grossen Bath ssu vertheidigen. 

') Boi dieser Stelle findet sich ?m Ann<^e littemire folj^'t^ndo An- 
merkung pag. 147 : II est a reniaKiucr quc la sceno n'ost pas en Russie 
mais i Babylone, et cependant Tauteur y parle de Enout et de Sih^rie. 



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— 22 — 



„Sterne der Gerechtigkeit, Ali^-rttnde der Gelehrsamkeit,'* 
bob Zadig an» „Spi^l der Wahrheit, Ihr besitzt die Schwere 
des Bleiea, die Härte des Eisens» den Glanz des Diamanten 
nnd viele Beziehungen zum Golde, — da es mir yergOnnt 
ist, vor dieser erhabenen Versammlung zu sprechen, so schwöre 
icli liei Orosmad, danö idi niemals den arlitbaien Hund der 
Könij^in, noch das geheiligte Pferd des Königs (gesehen liaVie. 
80 ist es mir er^rangen. Ich Ki>azierte nahe dem kleint-n Ge- 
hölz, wo ich dann den verehrten Eunuchen und den erhabenen 
Stallmeister traf. Ich habe im Sande die Spuren eines 
Thieres gesehen, und ich habe ohne MUhe gefunden, dass es 
die eines Hündchens waren. Kleine leichte Furchen zwischen 
den Spuren der Ff5t4shen haben mich schliessen lassen, dass 
es eine Hündin sein müsse, deren Zitzen herabhängen und 
dass sie also vor wenigen Tagen Junge creworfen haben 
müsse. Andere Spuren, die neben den Vorderpluteu auf 
dem Boden hinlieien, zeigten mir, dass sie sehr lange 
Ohren habe, und da der Sand durch eine Pfote immer 
etwas weniger aufgewfüilt war als durch die drei anderen, 
so meinte ich, sie müsse ein wenig hinken. Was nun das 
Pferd anbelangt, so habe ich die £mdrftcke von Pferdehnfen 
gefanden, sie waren alle in gleicher Entfernung von eüi- 
ander, das Pferd muss ausgezeichnet galoppiren, sagte ich 
mir, der Staub war ein wenig weggefegt, Fuss zu beiden 
Seiten von der Mitte der Strasse aus, das Pferd hat einen 
Schweif von Pj^ Fuss Länge, schloss ich ; an frisch geknickten 
Zweigen habe ich erkannt, dass das Ross 5 Fuss hoch sei. 
Sein GebisB muss ans 23karätigem Golde sein, denn es bat 
den Buckel des Gebisses an einem Stein gerieben, den ich 
als einen Probürstein erkannt habe, dasselbe gilt für die Hufe.** 

Der Inhalt der Vorlage ^) Voltaire 's ist der folgende: 

Ais die drei Prinzen die Grenzen ihrer Staaten iUjei'- 
schritten hatten, gelangten sie in das Reich des mächtigen 
Kaisers Behram. Auf dem Wege nach der Hauptstadt be- 



Le chevaUer de MaiUy. Parb, 1619, in W. 
Le Toyage et leg aventiires des trois princes de Sarandip tradoStB du 
penan. p. 12 fP. 



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— 23 — 



gegnete ihnen ein Eameeltreiber, der eines seiner Thiere yer- 
loren hatte, und fragte sie, oh sie dasselhe nicht gesehen 

hätten. Da die, Prinzen die Spuren einen solchen Thieres 
bemerkt hatten, bejahten .>^ie die Frao:e. und um den Mann 
noch sicherer zu raachen, fraj^^te der äi teste, ob das Kameel 
nicht einäugig sei, der zweite, ob ihm nicht ein Zahn fehle, 
und der dritte, ob es nicht hinke. Dies alles traf zu und 
der Kameeltreiber ging vergnügt nach der angedeuteten 
Bichtnng, um sein Thier zn suchen. Er fand es jedoch nicht 
and kehrte betrübt zurück; die drei Prinzen sah er an einem 
Brunnen im Kühlen sitzen und beklagte sich bitter, dass sie 
sich über ihn Insti^^ gemacht und das Kameel überhaupt 
gar nicht «gesehen hätten. Die Brüder jedoch betheuerten, 
dass dies keineswegs ihre Absicht gewesen sei, und der älteste 
firagte, ob das Kameel nicht auf der einen Seite mit Butter, 
auf der andern Seite mit Honig beladen gewesen sei; der 
zweite rief: «Ich sage Euch, dass eine Frau auf dem Kameele 
saes/ und ich, sprach der dritte, „dass sie schwanger war.*' 
Nach diesen Mittheilungen zweifelte der Kameeltreiber 
nicht mehr, dass die drei das Kameel nicht nur gesehen hatten, 
sondern er war überzeugt, dass sie es gestohlen hätten. Als 
mau nun die Hauptstadt eireicht hatte, liess er sie ver- 
haften, und da man sie für Strassem-äuber hielt, wurden sie 
zum Tode verurtheilt. Der Kaiser selbst bestätigte das 
Urtheil. Unterdessen fand ein Nachbar des Kameeltreibera 
das verlorene Thier und brachte es seinem Eigenthümer 
zurück. Dieser eilte sogleich zum Kedser, um die Freilassung 
der Unschuldigen zu erwirken. Der Kaiser wünschte nun zu 
erfahren, wodurch die drei Brüder in den Stand gesetzt 
worden wären, eine so genaue Beschreibung von dem Kameele 
zu geben, das sie doch gar nicht gesehen hätten. „Ich habe 
das Kameel für einäugig gehalten,'' sprach der älteste, „weil 
das Laub nur auf der einen Seite des Weges, den das Thier 
genommen, abgefressen war, obgleich es auf der andern Seite 
viel saftiger war." „Ich habe erkannt^' sprach der zweite, 
„dass dem Kameele ein Zahn fehlt, weil ich fast bei jedem 
Schritt halbzerkaute Büschel Gras von der Breite eines 
Kameelzahnes gefunden habe." Der dritte sagte: .Ich meine, 



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— 24 — 



dasB das Eameel hinkt, weil ich bei aufinerksamer Betrach- 
tUBg seiner Spuren g^esehen habe, dass es einen Fnss nach- 
schleppt' Das Kameel, berichteten sie nnn weiter, sei anf 

der einen Seite mit Bntt^r, anf der anderen mit Honij? be- 
laden p^pwesen, weil auf der rechten Seite des Weo-pF? einf 
Strecke weit eine Menge Ameir<en, die das Fette liehen, sre- 
wesen seien, auf der linken aber eine Menge Fliegen, die die 
Sttsisigkeit lieben. Der eine der Brüder hat an einer Stelle, 
WO das Kameel niedergekniet war, den Abdruck eines Frauen- 
stiefels gesehen, auch hatte er nahe dabei eine kleine Pfütze 
gesehen, deren schaler und säuerlicher Geruch ihn sogleich 
erkennen liess, dass es Urin von einer Frau sein müsse. Die 
Scliwangerschaft dieser Frau wird sclilieyslich dadurcli doku- 
mentirt. dass mau die Eindrücke ihrei* Hände im Sande ge- 
üiudeu hat. Um sirh l)et[uemei- erheben zu können,- hat sie 
sich auf die Hände gestützt, um das Gewicht ihres Körper» 
einigermassen zu erleiclitern. 

Der objective Beurtheiler wird zugeben müssen, dass 
Voltaire eigentlich nur die Idee, welche der Erzählung ssu 
Grunde liegt, für seinen Zadig benutzt hat; ein kluger Mann 
schliefest, auf untrüglichen Anzeichen fussend, das Vorhanden- 
sein irgend eines Gegenstandes, ohne ihn gesellen zu haben. 

Nur in einem Punkte stiimnen beide Erzählungen überein. 
der Hund und das Kameel hinken, sonst hat Voltaire sein» 
Indizien alle selbst erfunden, ja seine Eriindungen sind viel 
scharfsinniger als die seiner Vorlage, denn man kann allen- 
falls glaubhaft finden, dass das Pferd zufäUig sein Grebiss an 
einem Probirstein gerieben hat, und dass die langen Ohren 
des Hündchens feine Furchen im Sande zurückgelassen haben, 
aber die Anwesenheit von Fliegen und Ameisen berechtigt 
nicht zu der Annalime, dass Butter und Honig \uiiianden 
s(>in müssen, der anderen Anzeichen iiielit zu gedenken, Der 
btyl beider Erzählungen duldet überhaupt keinen Vergieieli, 
und nur das Bestreben, Voltaire zu verkleinern, kann als 
Beweggrund zu einer solchen Aulfassung der Dinge, wie sie 
das Annee litt^raire vertritt, gewesen sein. 



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— 25 — 



Capitel IV— Vlii.') 

Die vier folgenden Gapitel zeigen weniger fremden £iu- 
flnas, obwohl man auch wiederum nicht sagen kann, dass 
Voltaire eine besondere Originalität zeigt. Die hier be- 
handelten Stoffe sind ganz allgemeiner Natur^ typenhaft, 
anch hat Voltaire seiner Abneigung gegen einzelne Personen 
Raum gegeben, so z. B. richtet sich der erste Theil des 
vierten Capitels T/Envieux preeren den Bischof lioyer, der 
Voltaire hefti?: verf'oljjt liatte. Besonders zornig mochte 
Voltaire auf ihn sein, weil Boy er es zu verhindern gewusst 
hatte, dass Voltaire der Nachfolger des Kardinals Fleury in 
der Acad6mie fran^aise wurde, worüber sich Voltaire bitter 
beklagt. 2) 

Das Bild des Neidischen ist ein durchaus typenhaftes, 
und ich glaube nicht, dass Voltaire eine Vorlage gehabt hat. 

Zwar finden die Herausgeber der „Tausend und eine Naclit. -^) 
dass die Erz thlimg : , Geschichte des Neidf^rs und des Be- 
neideten," Xaclit 50— -52, einigt' AcliiiUdikeit mit Voltaire's 
Envieux habe, dwAi kann man dem nicht beipflichten. Es 
wäre möglich, dass Voltaire die Ai^adin des Philip Sidney 
gekannt hat und nach der Schilderung des Neidischen seinen 
Envieux gezeichnet hat, doch habe ich dies nirgends bestätigt 
gefonden. Ich setze die beiden Beschreibungen einander 
gegenüber. 

Inhalt bei Voltaire : 

Gegenül)er seinem Hause wolmte Arimaze, ein Mensch, 
dessen schleclites Herz sich auf seinem widerwärtigen Antlitze 
spiegelte. Da er es in der Welt zu nichts gebracht hatte, 
rächte er sich dadurch, dass er auf sie schimpfte.^) £r war 
von Galle zerfressen und aufgebläht von Stolz, dazu ein 



1) Molaad XXI. p. 40—54. 

^} Moland X. 24. ' 84. Memohres pour servir a la vie de Mr de 

Voltaire ecrits par lui nieme. 

3) Tausend und eine Nacht, deutsch von Max Habicht etc. Breslau 
1836. t. XIII. p. 308. 

*) Moland XXI. pag. 41. note 1. Immitation d*une phrase de 
Montai^pie Essais III. 7. 



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— 26 — 



langweiliger Schdngeist Obgleich er sehr reich war, hatte 
er kaum einige Schmeichler um sich zu yersanimeln vermocht» 

Das Geräusch der vor Zadigs Hanse vorfahrenden Wagen 
ärj^ertt^ ihn, mehr uocli ärgerten ihn die Lobpreisung'en, die 
luau Zadig- zollte. Zuweilen stellte er sich zum Abendessen 
ein, ohne gebeten zu sein; er setzte sich zu Tische und ver- 
darb da alle Fröhlichkeit, wie die Harpien das Fleisch ver- 
pesten, welches sie berühren. 

Donlop pag. B67 a giebt die Schilderung des Neidischen 
folgendermassen: Ein Mann von dem neidischsten Sinne, der 
jemals die Luft mit seinem Athem verpestete, dessen Augen 
keinen Menschen gerade anblicken, dessen Ohren niemandes 
Lolj anhün^ii können; gegen die Natur aller anderen Plauen 
von dem Wobler«2:ehen anderer geplärrt; der das (Tluck zum 
Anlass seines Unglückes und eine gute Nachricht zum Gegen- 
stand seines Kummers machte, mit einem Wort, ein Mensch^ 
dessen Gönnst niemand gewinnen konnte ausser dadurch, dass 
er elend war.') 

Im Spectator Kr. 19 ist diese Schilderung weiter aus- 
gedehnt.^ Wenn man auch zugeben muss, dass sich mancherlei 
Aehnlichkeiten finden, so wird dies bei der Beschreibung eiues 
Typu8 stets der Fall sein. 

In der nun folgenden Erzählung, welche die durch- 
schnittenen Verse Itehandelt^ mag Voltaire auf die Schicksale 
seiner eigenen T)i('htungen anspielen, wie er sich a. a. 0. 
bitter über seine Feinde beklagt, die seine Schriften verun- 
stalten.^ Eine direkte Quelle habe ich nicht nachweisen 
können, wenngleich ein Papagei häutig in gleicher Eigenschaft 
wie hier auftritt. 



') Dunlop citirt nach der Auscjabo London 1674, p. 130. Ich habe 
die Ausgabe von 1G13 zur Hand gehabt Die betreftende Stelle findet 
sich daselbst p. 131. 

Tlie Spectator. London 1822, pag. t»2. 

3) Moland V. p. 299. L"Orpliülin de la Chine. Epitrc dedicatoire: 
,Si tu eomposes quclque ouvrage, no le luontre (|u a tes nnni^ , crains 
le public et les coufreres ; car on falsifiera, on empoisonnera ce que tu 
annw lldt, et on Vimpntera ce qne tn n^auras pas &it La calomnia 
qoi a ewt trompettes, lea fera sonner pour te perdre, tandk qve la 



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— 27 — 



D?^^ folgende Capitel ,Les Gen^reux/* enthält die Be- 
sclireibiiiig einiger grossmiithigeu Handlungen. Gleich die 
erste hat Voltaire dem Leben selbst entnommen. „Zuerst 
erschien,^ lieisst es, ^ein Bichterj der durch ein Versehen» 
wofür er nicht einmal verantwortlich war, einen grossen 
Frozess für einen Bürger verloren hatte. Er gab ihm sein 
gesammtes Vermögen^ das so viel betrug, als der Bürger 
verloren hatte.* 

Moland t. XXI. p. 44 führt hierzu an Anm. 1: C'est k 
peu pres le trait de Des Barreaux; er verweint auf zwei 
Stellen in Voltaire's Schriften. Die erste findet sich; 
Moland XIV. Siecle de Louis XIV. p. 63. Catalogue de la 
plupart des ^crivains frangalB Des Barreaux: „On galt qu*en 
nuye d'un proc6s dont il 6tait rapporteur, ü paya de son 
argent ce que le demandeur exigeait, jeta le proc^ au feu 
et se demit de sa Charge." In der andeni dort angeführten 
Stelle: Melanges, annee 1767, la septieme des Lettres k L. A. 
monseit,nieur le prince de... Moland t. XXVI. p. 498 findet 
sich kein Wort über diese Angelegenheit, wohl aber Mo- 
land Vm. p. 428 note 1 H. (Des BaiTeanx) 6tait conseiller 
au parlement : ü paya k des plaideurs les frais de leur procös 
qu*il avait trop difii&re de rapporter (Note de Voltaire 1742) 
Dans les ^ttons de Kehl et suivantes, au lieu de cette note 
on litr Dans le temps qu'il 6tait conseiller au parlement 
les parties pressant le jugement diiii proces dont il 
etait rapporteur, il brüla les piöces et donna la somme pour 
laquelle on plaidait. 

Die übrigen Thaten der Grossniuth sind unwichtig und 
dürften von Voltaire selbst erfanden sein. 

Capitel VI (Le ministöre) enthält gleichfalls wenig Ent- 
lehntes, wenngleich die erste Greschichte vielleicht eine Vor^ 
läge hat: die beiden anderen von den beiden Priestern, von 
denen jeder der Gatte eines reichen Mädchens und Vater 



v^rit^, qui est muetta, rostera aupres de toi. Lo celebre Ming fut accuse 
d'avoir mal pense du Tien et du Li, et de l'emperour Vang; on trouva 
le vieillard moribond qui achevait le panegyrique de Vang, et un hynme 
au Tien et au Li." cfr. Moland XXI. p. IX. 



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— 28 — 

ihres Kindes sein will, sowie die letzt von dem Eiteln und 
seiner Heilung^ dürften gleichfalls von Voltaire erfanden sein. 
Diene letzte Erzählung ist zaerst in der Ausgabe in Kehl 
«ingefugt worden, cfr. Moland XXL p*47. Anm. 1. 

In Capitel Vn (Les disputes et les andiences) findet sich 

eine Episode aus Gullivers Reisen narh^^eahmi, nur uittbei 
Voltaire die Satire noch mehr liervor als Itei Swift. Auch 
ist die Satire bei Voltaire leichter verständlich als bei Swift, 
denn während der letztere auf Ereig-nisse aus dem politischen 
Leben anspielt, j^eisselt Voltaire die Tliorheit und Kecht- 
haberei der Menschen überhaupt; endlich muss man zuge- 
stehen, das Voltaire seinen Stoff viel gedrängter behandelt 
hat und dadurch sein Vorbild übertroffen hat. 

Der Inhalt bei Voltaire ist ungefähr folgender: 
Es war ein grosser Streit in Babylon, der schon fünf- 
zehnhundert Jahre dauerte und der das \ olk in zwei er- 
bitterte Parteien schied. Die eine behauptete, man dürfe 
nur mit dem linken Fuss in den Tempel Mithras eintreten, 
die andere verabscheute diesen Gebrauch und betrat niemals 
anders den Tempel als mit dem rechten. Nun nahte das 
Fest des heiligen Feuers, und ganz Babylon, das ganze 
WeltaU, richtete die Blicke auf Zadig, um zu erfahren, 
welche Sekte von ihm begünstigt werden würde. Zadig 
sprang mit gleiclien Fii.^sen in den Teniite] und bewies dann 
durch eine ziindi^nde Eede, dass Gott keinen Unterschied 
zwischen dem linken und dem rechten Bein mache. 
Hierzu kommt norh die folgende Erzählung: 
In gleicher Weise legte er den Streit der weissen und 
schwarzen Priester bei Di^ weissen-behaupteten, es sei gott- 
los, sich im Winter beim G-ebet nach Osten zu wenden, die 
schwarzen versicherten, dass Gott die Gebete derjenigen ver- 
absclieue, die sich des Sommei^ gen Westen wendeten. Zadig 
befahl, da^^s man sich wenden solle, wohin man wolle. 

Uiescn beideu Erzäl) Inngen stellt nun als Quelle die 
folgende entgegen, die sich bei Swift findet Es heisst da 
im 4. Capitel der Eeise nach Lilliput: 

One moming, about a fortnight after I had obtained my 
liberty, Bedresal, principal secretary (as they style him) for 



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— 29 — 



private aflßftirs, came to my honse attended only by one ser* 

vant. He ordered hin coacli to wait at a <listance, and de- 
sired I would give hira au hoiir's audience; which I readily 
consented to. on account of Iiis quality and personal merits, 
aa well as of the many good oftices lie had done me during 
my solicitations at court. I offered to lie down, that he 
might the more eonyeniently reach my ear; hut he chose 
rather to let me hold him in my hand dnring our conver- 
sation. He began with compliments on my liberty; said 
•he mi^ht pretend to some merit in it;'* bnt however added^ 
''iliat il it had not been lor the present Situation of things 
at conrt , perhaps I might not have obtained it so soon. For, 
said he. "a«^ flonrisliing a condition we may appear to be 
in to foreic^iiers, we labour under twoo mighty evils ; a violent 
faction at home, and the danger of an invasion, by a most 
potent enemy, from abroad. As to the first, you are to 
understand. that for above aeyenty moons past there haye 
been two stniggling pai*ties in this empire, under the namea 
of Tramecksan and Slamecksan, from the high and low heels 
üf their shoes, by which they distinguish themiselves. It is 
alleged, iiideed, that tlie high heels are most agreeable to 
our ancient Constitution; but, however tliis be, his majesty 
has detennined to make use only of low heels in the admi- 
nistratiim of the govemment, and all offices in the gift of 
the crown, as you cuinot but obserye ; and particularly that 
his majesty's imperial heels are lower at least by a drorr 
than any of Ms conrt: drorr is a measure about the fonr- 
teenth part ot* an iuch. The animosities between these two 
parties run so high, that they will neither eat nor drink, nor 
tale with eaeh other. We compute the Tramecksan, or liijjfli 
heels, to exceed ub in number: but the power is wholjy on 
onr side. We apprehend his imperial highness, the heir to 
the crown, to haye some tendency towards the high heels; 
at least we can plainly discoyer that one of his heels is 
higher than the other, which giyes him a hobble in his gait^ 
Now, in the midst of these intestine disqtniets, we are threa- 
tened with an Invasion from the Island of Blefuscu, which 
is the other great empire of the uuiverse, almost a^ larg& 



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— 30 — 



and poweifal as this of bis majesty. For as to what we 
haye heard you affirm, that there are other klngdoms and 
States in the world inhabited by bnman creatnres as large 
as yourself, our philu^ophers are in lauch doubt, aud would 
rather coiijecture that you dropped from the moon, or one 
of the Stars; because it is certain, that a hundied imirtMlb 
of your bulk would in a short time destroy all the truits 
and cattle of his majeßty's dominions: besides our bistories 
of six thoasandmoons make no mention of any otber regions 
tban tbe two great empires of Lillipnt and Biefuscn. Wbicb 
two mighty powers baire» as I was gomg to teil yon, been 
engaged in a most obstinate war for six-and-thirty moons 
past. It bejran lipon the follo\\iug occcusion: it is allowxMl 
on all huiuirf, that tlie primitive way of breakiag eggs, be- 
fore we eat theni, was iipoii the larger end ; bat his preseut 
mijesty's grandfather, whüe he was a boy, going to eat an 
«gg, and breaking it according to the ancient practioe, 
happened to cut one of hia fingers ; where-npon, the ^peror 
bis fatber publisbed an edict^ commanding all bis snbjecta, 
npon great penalties, to break the smaller end of tbeir eggs. 
The people so highly resented tbis law, that oar bistories 
teil US, there have been six rebellions raised on that account; 
wherein one emperor lo^t bist life, and aiiotlier his crown. 
These civil commotions were constantly fomentf 1 by the 
monarchs of Biefuscn; and wben tbey were queUed, the 
exiles always fled for refnge to tbat empire. It is eompnted 
that eleven thonsand persons bave at several tunes snffered 
death, ratber tban snbmit to break tbeir eggs at the smaUer 
end. Many hundred large volumes have been publisbed upon 
this controversy: but the books of the Big-endians have been 
long forbiddeu, and tbe whol(- pa-rty rend<jred incapable by 
law of holding employnients. Düring the course oft these 
troubles, the emperois of Biemsen did frequently expostnlate 
by tbeir ambassadors, accosing ns of making a schian in re- 
ligion, by offending against a fiindamental doctrine of our 
great prophet Lnstrog, in tbe fifty-fonrtb chapter of tbe 
Blnndecral, which is their Alcoran. This however is thought 
to be a mere strain upon the text; for the words are these; 



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— 31 — 



that all trne believers bi'eak their egg» at the convenient 
end; and which is the convenient end, seems, in iiiy Inimble 
opinion, to be left to every man's consf^ience, or at least in 
the power of tlie chief ma^istrate to determine." 

Die Aehniichkeit zwisciien den beiden Satiren ist unver- 
kennbar; es wäre auch zu verwundem, wenn zwei geistig 
80 verwandte Naturen, wie Swift and Voltaire, sich nicht 
an einander hätten anlehnen sollen, zamal da Voltaire die 
Schriften Swifb's ganz genau kannte und gehtthrend zu 
schätzen wusste. Er nannte ihn den Rabelais Englands, 
aber ohne dessen scliwülsti^en Styl; er empfahl Gulliver's 
Reisen seinem St kietär Thieriot^) als durchaus zu einer 
Uebersetzunti: f^eeio:net. 

„Das Irlich," sagt ei', „würde schon durch die sonder- 
baren Einialle unterhaltsam sein, wenn es nicht eine Satire 
auf die Menschheit wäre.* Den zweiten Theil stellt er nicht 
80 hoch, er hält die Schilderungen für zu ubertrieben, und 
man darf sich dieser Ansicht ansehliessen. ^ 

Von Interesse ist in diesem Capitel noch eine Satire 
gegen den biblischen Styl. Der Neider nämlich hält mit 
seiner Frau ein Gespräch iiber den wenig bi 1 dt- 1 reichen Styl 
Zadig's, er läsat Hügel und Berge nicht genügend tanzen. 
Er ist trocken und geistlos, denn bei ihm sieht mau weder 
das Meer fliehen, noch die Sterne fallen, noch die Sonne wie 
Wachs schmelzen; er hat nicht den guten orientalischen 
StyL Zadig begnügte sich, einen yemünftigien Styl zu haben, 
und jedermann war auf seiner Seite. Ifioland XXI. pag. 49 

1) Moland t XXXIII. p. 166, Brief sn M. Thioriot, le' 8 f^vrier 
Tieox style) 1727. 

S) Molaad XXXn. p. 174. 
Yoltaiie ftber Swifb : 

e&. Lettres phüosophlqupis Lettre XXII. Sur U. Pope et quelques 
autres poetes fameux. Moland XXII. p. 174. 

cfr. Lettres ä S. A. Mgr- le prince de *** sur Rabelais et sur d'au- 
tres auteurs accufläs d*aT(nr mal parlö de la religion ciur^tienne. Moland 
XXVI. p, 491. 

cfr. Articles cxtraits du journal de politique et de littprature. La 
vio et les opinions In Tristram Shandy, traduites de Tanglais de Sterne, 
par M. Frenais (le 25 avril 1777). Moland XXX. p. 381. 



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— 32 -~ 



hat die einschlägigen Bibelstelien aufgezählt; ich führe die- 
selben hier weiter aus: 

Psalm 93, 8—5, 3: Herr, die Wasserströme erheben 

sich, die WasserstrOme erheben ihr Brausen, die Wasserströme 
heben empor die Welt. 4. Die Wasserwegen iin Meer sind 
gross und brausen greulich, der Herr aber ist noch pfröj^ser 
in der Höhe. 5. Dein Wort ist eine rechte Lehre. Heilig- 
keit ist die Zierde deines Hauses ewiglich. 

Der Psalm 93 enthält nur fünf Verse, nicht sechs, wie 
Moland citirt, und von Hügeln und Bergen ist dort nicht 
die Bede. Bichtiger würde sein Jesaias 54, 10. „Denn es 
sollen wohl Berge weichen und Hfigel hinfallen, aber meine 
Gnade soll nicht von dir weichen," spricht der Herr, dein 
Erbarnier. 

Ausserdem: Pr.a Im 65, 7; Hiob 9,5; Matth. 17, 20; 21,21; 
Marcus 11,23; 1. Cor. 13,2. 

Jesaias 14, 12: Wie bist du vom Himmel gefallen, du 
schöner Morgenstern, wie bist du zur Erde gefallen, der du 
die Heiden schwächtest 2. Mos. 16, 21. Sie sammelten aber 
desselben alle Morgen, so viel ein jeglicher für sich essen 
mochte. Wenn aber die Sonne heisa schien, zerschmolz es. 
(Von Moland irrtliümlich angeführt, gehört nicht hierher). 
Judith 16,18: Die i>erge müssen zittern, und die Felsen 
zerschmelzen wie Wachs vor dir. 

Im weiteren Verlauf des Capitels wird nun erzählt, wie 
sich die Damen um die Gunst Zadig's bewerben, doch weist 
er aUe Anträge znr&ck, denn er liebt die Königin Astarte. 
Das Verhältniss ist Jedoch ein durchaus reines. Durch eine 
Intrigue wird es dem König bekannt, der voll Zorn seine 
Gemahlin vergiften, Zadig aber aufhängen will (Cap. XHI); 
ein Zwerof verräth den beiden Bedrohten den Anschlag, und 
sie entliielien. 



La femme battue. (chap. iX.) 

Moland XXI p. 56. note 1 findet mit Becht^ dass dieses 
Capitel grosse Aehnlichkeit mit der zweiten Scene im ,Le 
Mödidn malgrö lui" hat; man muss jedoch einräumen, dass 



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— 33 — 

Moli^re die Sitnation beseer getroffen hat als Voltaire, denn 
bei Möllere ist die Scene komisdi, während sie bei Voltaire 
»üneii nur zu ernsten Charakter trägt. Bei Moli(''r(^ imiü- lt 
ein Bauer seine Fran, der Nachbar kommt zufällig dazwischen 
und macht dem Manne wegen seiner Eohheit Vorwürte ; beide 
G-atten wenden sieh sogleich vereint gegen ihn, nnd ermass 
froh sein, dass er nicht selbst noch Schläge davon trägt Bei 
Voltaire ist die Situation'' eine ganz andere. 

Zadig nahm die Sterne zu Wegweisem und zog nach 
Egypten traurigen Muthes, denn er glaubte, dass vielleicht 
Astarte um seinetwillen den Tod erlitten habe. In der Nähe 
('ii)o< Doile« gewahrter eine jainiiM i ii le Frau^ welche Himmel 
und Erde um Hüte anruft, und hinter ihr einen wüthendeu 
Mann, der sie verfolgt. Schon hat er sie erreicht; sie um- 
fasst seine Kniee, er aber überhäuft sie mit Schlägen und Vor- 
würfen. Sie fleht ZIadig um Hilfe an» und dieser beschwört 
den Basenden, von der Dame abzulassen. Der Egypter 
glaubt, Zadig sei auch einer der Liebhaber der Dame, und 
dringt nun wiithend auf diesen ein. Zadig entwaffnet ilm 
und gel(>))t ihm sein Leben, wenn er von der Dame ablässt: 
(loci) jener reisst lieimtürkisch den Dolch aus der Scheide, 
und nun stösst ihm Zadig das Schwert in die Brust. Nun 
nähert er sich der Dame, doch diese macht ihm die heftigsten 
Vorwürfe und wünscht ihm den Tod, weil er ihren Greliebten 
erstochen hat «Ich wollte,** ruft sie, „dass er mich noch 
prügelte, und du lägest hier an seiner Statt, Verbrecher!*^ 
,Sie verdienen trotz Ihrer Schönheit, dass ich Sie meinerseits 
durchprügelte," sagte Zadig, bestieg sein Kameel und ritt 
von dannen. Kaum war er einige Schritte entfernt, als 
Reiter auf die Dame losstürzten. Es waren l'oten aus Babylon, 
die der Kfniig der Astarte nachgesandt, und da die Dame 
der Königin ein wenig ähnlich sah, so hielt man sie für die 
Königin selbst und schleppte sie fort Wohl rief sie um 
Hilfe und verhiess Zadig ewige Dankbarkeit, doch der 
wusste, was von solchen Versprechungen zu halten, und ritt 
seiner Wege. 0 



Der nämliche Stoff iindet sich behandelt in : Candidc (chap. XVI). 

3 



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— 34 — 



Deui gegenUl>er steht nun die zweite Sceue in Le Mede- 
cin malgie liü vou Möllere. Sganarelle prüg^elt seine B'raa 
Martine, der Nachbar Bobert kommt dazu: 

B 0 b e r t. 

Holä! holal liola ! Fil Qirest ceciV Quelle iiifamie! 
Feste isoit le coquin, de battre aiuäi sa femme! 

Martine. 
Et je venx, qn'ii me batte, moi ! 

Robert. 
AU ! j'y cousens de tont iiion ca iir. 

Martine. 
J)e quoi vous melez-voiLs ? 

E o b e r t. 

J'ai tort. 

Martine. 
Estrce lä votre af^re? 

Robert. 

Vouri avez raison. 

Martine. 

Voyez un peu cet impertinent, qui veut empecker 
les maris de battre leurs femmesl 

Robert. 

Je me retracte. 

Martine. 
Qn*avez-vons k voir lä^dessns? 

Robert. 

Rien. 

Martin e. 
Kst-ce ä vous d'y rnettre le nez? 

Robert. 

Nou. 

Martine. 
MSlez-youa de tob affaires. 

Bobert. 

Je ne dia plus mot. 



Ge qui advint auz deuz yoyagetirs areo deuz fiUee deux sing^ efcc. 
Molaad t. XXI. p. 169. 



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— 36 - 



Martine. 
II me plait d'Stre battue. 

Bobert. 

D'accortl. 

Martine. 

€e n'est pas a vos depens. 

Robert. 

II est vrai. 

Martine. 

Et V0U8 etes an »ot de venir vona-fourrer oü voub 

n'avez qne £ure. (Elle lui donne nn Boomet) 

Bobert, i ^uuurelle. 
Oompere, je vous demande pardon de tont mon 

coeur. Faites, rossez, battez comme il faiit votre 
femme; je vous aiderai si vous le voulez. 

S g a u a r e 1 1 e. 
II ne me plait pas, moi. 

Bobert 
Ahl c^est nne antre chose. 

Sganare^le. 
Je la venx battre, si je le venx; et nelavenx pas 
battre, si je ne le venx pa& 

Robert. 

Fort bien. 

S g a n a r e 1 1 e. 
C'est ma femme, et non pas La vötre. 

Bobert 

Sans donte. 

Sganarelle. 
Vous n'avez rien k me Commander. 

Bobert 

D'accord. 

S g a n a r e 1 1 e. 
Je n ai que laire de votre aide. 

Bobert 

Trte-volontiers. 

SganarelUe. 
Et vons etes nn impertinent de vous ing^rer des affaires 

8* 



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— 36 — 



d autrui. Appieiiez que Ciceron dit qu'entre l'arbre et le 
doigt il HB faut point mettre Tecorce. (il le chmw apr^ 

ravoir battu). 

Die Aehnliclikeit ist sehr gross, und Voltaire hat vieUeiciit 
unwillkürlich Holi^re nachgeahmt. 

Zadig wird nun, weil er einen Egypter erschlagen, zur 
Sclaverei Terurtbeilt^ doch hekam er einen wohlwollenden 
Herrn, der seine vortrefflichen Eigenschaiten bald schätzen 
lernte. Als S^toc, der Herr Zadigs, mit ihm und seinen 
übrigen Sklaven bei seinem Stamme angekommen war, bot 
Hicli für Zadig eine Gelegenheit, seine Klugheit zu zeigen. 
8etoc hatte einem .luden vor zwei Zeugen 500 Unzen Güld 
geliehen und verlangte dasselbe jetzt zurück. Der Jude 
leugnete, das Geld empfangen zu haben. 

Zadig erbot sich, nachdem er erfahren, dass der Jude 
ein sehr lebhafter Mann sei, die Sache vor Gericht zu führen 
Auf Befragen, ob er Zeugen habe, antwortete Zadig: „Nein 
sie sind todt, aber es existirt noch der grosse Stein, auf 
welchem das Geld gezählt wurde ; wenn es Euch beliebt, ihn 
holen zu lassen, so bin ich gewis?, da^^n er Zeugniss ablegen, 
wird; ich und der Jude werden indes^eii hier warten. Der 
Richter willfahrte ihm. Am Ende der Sitzung sprach er zu 
Zadig: „Euer Stein ist noch nicht angekommen." ,0," memte 
der Jude lachend, „Euer Excellenz kann bis morgen warten 
denn der Stein liegt ungefähr sechs Meilen von hier und 
ist so schwer, dass ihn fünfzehn Männer kaum bewegen 
können.^ Jch hatte es voraus gesagt, dass der Stein Zeug- 
niss ablegen würde," rief Zadig, „wenn dieser Mann weiss 
wo er liegt, so gesteht er ein, dass auf ihm das Geld gezählt 
wurde.* 

Diese Erzählung ist eine weitverbreitete. Voltaire dürfte 
den Grundgedanken zu derselben aus den Fabeln des Bidpai^) 



') Essai Sur les moeurs et Tesprit des nations. Chapitre III. Des 
Indes. Molland t, XL p. 182. C*est la (anx Indes) que le o^ebre Pilpay 
ecrivit, il y a deux millo trois cents aimces, ccs fahles moiales, ist^ 
doites dans presque toates les languos du monde. 

L'Orpheiin de la Chine. A Monseigneur le maxechal duc de 
Richelieu. Moland Y. p. 296. Si vous le chercbez (Vart dramatlcLue) 



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— 37 - 



oder, vm Voltaire den Namen schreibt, FÜpay, entnommen 
haben, die er wahrscheinlich aus Ghillands Uebersetsang 
kannte. 0 Hier wie dort wird ein lebloser Gegenstand als 
Zenge angerufen; bei Voltaire kommt die Wahrheit aller- 
dings durch die Unüberlegtheit des Beschuldigten an's Tages- 
licht, während bei Bidpai der Helfershelfer des Betrügers, 
der der Gottheit in's Handwerk pfuschen will, beinahe ver- 
brennt In beiden Fällen fangt sich der Betrüger in 
seiner eigenen Falle, bei Voltaire ist jedoch die Situation 
dem höheren Bildungsgrade seiner Personen angepasst. 

Inhalt: Der Ehrliche und der Dieb. Zwei Fteunde be- 
geben sich auf fieisen, um ihr Glück au machen. Der Ehr- 
liche findet eine Börse mit 1000 Denaren, und nach einem 
solchen Glück meinen beide, dass es imnöthig sei, weiter zu 
reisen. Sie vergraben also die Summe und beschliessen, den 
Schatz nach und nach aufzuzehren. Am anderen Tage gräbt 
der Dieb das G^ld wieder aus und fordert einige Zeit danach 
seinen Genossen auf, mit ihm zu dem gemeinsamen Schatz 
zu gehen. Beim Anblick der leeren Grube beschuldigt er 
den Ebrüclien, das Geld gestohlen zu haben, und dieser be- 
schuldigt ihn seinerseits des DiebstaUs. Beide begeben sich 
vor den Richter. Der Richter fragt, ob sie Zeugen hätten. 
„Ich habe mir den Baum als Zeugen, unter dem der Schatz 
vergraben wurde/' antwortete der Ehrliche, „und ich hoffe, 
dass er die Wahrheit meiner Aussage bestätigen wird." 

Am anderen Tage begab sich der Richter zu dem Baum. 
Unterdessen hatte der Unredliche seinen Vater überredet^ in 
den Baum, der hohl war, zu kriechen und für ihn Zeugniss 
abzulegen. Nach langem Widerstreben willigt der Vater ein. 
Der Ehrliche aber, dem die Sache verdächtig vorkommt, lässt 



cbez los Torsos, chez los Iridions (jul pütisont pour des peuples inventöurs 
vovis 110 l'v trouveroz piis ; il u"y est jarnais parvenu. L'Aüie se conten- 
tait des lablets de Pilpay et de Lokmann qui renferment toute la morale 
et qui mstmisaiit en all^goriea toutea loa nations et taus les si^les. 

^) Lm Contes et Fahles indiennes de Bidpai et deLokmann, tradui- 
tee d*Ali Tcbelcbi-ben-Saleb auienr iure, cenTrepoBthiimepaTM. GaUand. 
Fftris 1724. 2 toI. in 12^. Vergleiche hiena: Loiscleur DeslongohampB, 
XSseai rar les fahles indiennes i. I. p. 25« u. 8. 



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— 38 — 



Feaer an den Baum legen; der alte Mann kommt halb ver- 
brannt benror nnd gestebt alles. Der Dieb wird ins Gks» 
fängniss geftkbrt. (Loisclenr Deslongcbamps ). pag. 41.) 

Capitel XI: Le bücber. Zadig spricht sich gegen den 
Gebrauch aus, dass sich Wittwen zugleich mit dem Leicliuaiu 
ihres verstorbeuen Gatten verbrennen lassen, denn sie könnten 
dem Staate viel wichtigere iJieuste leisten. Seioc meint, 
man könne einen durch die Länge der Zeit geheiligten Miss- 
brauch nicht abschaffen, worauf ihn Zadig mit dem Ausspruche 
scblägi: »Die Vernunft ist älter als der älteste Missbrancb.** 
Hierauf begiebt sieb S^toc zu den Häuptlingen des Stammes 
und Zadig zu Almena, einer jungen Wittwe. Er überzeugt sie 
denn auch von der Thorheit ihres l'nternehmens und beweist 
ihr, dass es nur Eitelkeit ist, was sie zu diesem Schritte 
treibt. Schliesslich fragt er; .,Qüe l'eriez-vons enftn, si la 
vanite de vous brüler ne vous tenait pas?„ „Helas," dit la 
dame, .Je crois que je vous prierais de m'epouser." Leider 
konnte Zadig dieser zarten Aufforderung nicht Folge leisten. 
Seit dieser Zeit verbrannte sich keine Wittwe mehr, und 
Zadig ward auf diese Weise der Wobltbäter von ganz 
Arabien« 



Le 8ouper, (chap. Xll.) 

Le Souper ist die Erzählung von den drei Ringen, welche 
Voltaire mehrfach erwähnt^) DenDecamerone des Boccaccio^ 
wo sich die Geschichte in Tag. I. Nr. 3 voründet, hat Voltaire 
selbstverständlich gekannt. Ueber das sonstige Vorkommen 
dieses Stoffes cfr. Dunlop pag. 221. Voltaire erwähnt aller- 
dings von der Greschiclite beilioccaccio selbst nichts, aber er 



') Lettres philoBophiqn«8. Lettre XZII. Sur H. Pope et quelquea 

autres poetes fameux. Moland t. XXII p. 175. liottn < u S. A, ll8r» 
le Prince de«*^ Lettre X. Sur Swift. Moland t. XXVL p. 490. 



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— 39 — 

erwähnt dessen ausgezeichneten Styl.^) Nicht zum wenigsten 
durfte Voltaire dnreh die Erzählung von der Tonne in Swift 

nnd (liircli die Histoire de Mero et d'Enegii von Fontenelle 
beeiiillusst word»»!! sein. Bei dt* "Romane erwähnt er iiiebr- 
nials. nnd die Erzählung vou der Tonne hat er sogar zwei- 
mal analysirt. 

Ce conte dn Tonneau, schreibt er,') du Doyen Swift est 
nne Imitation des Treis Anneanx. La fable de ces anneaux 
est fort ancienne: eile est dn temps des croisades. C*est 

im vicillard qui laisse, en nionrant, une bagne chacun de 
sen trois enfants: ils se battiicin a tjui anrait la i)lns belle; 
on reconuut t-ntin. apres de long\s debats. i^m b^s trois ba<2Ues 
etaient parfaitenient semblables. Le bon vieillard est le 
th^isme, les troia enfants sont la religion jnive, la chretienne, 
et la mnsulmane. L'antenr onblia les religions des niages 
et des brachmanesy et beauconp d'antres;') mais c'etait nn 
Arabe qni ne connaissait qne ces trois sectes. Cette fable 
condnit h cette indiflPference qu'on reprocha tant äVemperenr 
FrMeric II, et a .<on chancelier De Viiieis, qnon accuse 
davoir (;onipose le livre De tribus Impostoribuj^j qui, comme 
VOUö savez, na jainais exi»te.^) 

Le conte des Trois Anneanx se tronve dans quelques 
anciena recueils etc. 

Die Erzählung von Fontenelle : Histoire de Mero et 
d'Enegu findet sich gleichfalls bei Voltaire aualysirt. ') In 



Essai sur les moeurs et Teqirit des nations chap. LXXXII. 
Moland t. XIL p. 60. Ge Boccace fiza la langue roooane : il est encore 
Premier modele en prose pour rexaetitnde et pour la puret6 du style, 
ainsi que pour lo naturel de la nnrration. 
2^ Moland t. XXVI. pag. 4d0. 

^) Voltairo hat auch einipfe andere Religionen mit berücksichtigt, 
worauf er hier wahrschtnuUch anspiolt, 

*) TTeber das Tiuch De trihus impostoribus cfr. Tli. (jJriissp. Lohr- 
buch einer aligemüinen Litteräi-geschichte aller bekannten Völker der Welt, 
t. II. 2. Abthlg. 1. Hälttp p. 32. 

•*') Lettre« ä S. A. M^r. Je Prince de***. Lettre VII. Sui- les Fran- 
9aiB (De Fontenelle). Moland XXVI p. 600. NB. Ich habe die Er- 
jfthlnng Fontenelle*8 nicht einsehen kOnnen, da sie nur in swei Am- 



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— 40 — 



seiner Darstellung nun ist Voltaire nicht so sehr Satiriker 
wie seine Vorgänj^er, es ist ihiii juehr darum zu thun, den 
Abero:lau})en zu verspotten, und er hat vor allem diejenigeu 
Eigeuthümlichkeiten ins Auge gefasst, deren Ünwahrscheiu- 
lichkeit am klarsten hervortritt Ein Angriff gegen ein Be- 
kenntniss findet sich nicht 

Sötoc unternimmt eine Beise nach Bassora, wobei ihn 
Zadig begleitet An der Abendtafel entspinnt sich dann der 
Wortwechsel Ein Egypter ist aber den tlnglaaben der 
Araber aufgebracht, weil man ihm auf die Mumie seiner Taute 
nicht 1000 Ihizeii Gold borgen will. Der Iiidier v«'rtritt die 
Anschauung \<iü der Seelenwanderuug, welclu^ Ansicht der 
Egypter zurin k weist ; „denn,'' sagt er. „wir beten einen 
Ochsen an, doch hindert uns dies nicht, ihn zu verzehren-' 

Der Chaldäer hält den Fisch Oannes fär das yorzüg- 
liebste Wesen, er hätte einen goldigen Schwanz besessen und 
ein schönes menschliches Haupt, drei Stunden täglich sei er 
aufs trockene Land gekommen, um zu predigen. In dieser 
Weise streiten sich die Gegner noch eine Weile fort, bis sich 
endlich Zadig ins Mittel schlägt und ihnen erklärt, sie glaubten 
alle das Nämliche, denn sie verehrten in dem Ochsen, dem 
Fisch und dem P^ichbaum doch nur das göttliche Wesen 
welches alle diese Dinge geschaffen. — Ueber sonstige Dar- 
stellungen veigl. Dunlop, p. 221a. 



Le Rendez-vous/) (chap. Xlilj 

Eine bekannte Erzählung, die sich sowohl in «Tausend 
und eine Nacht,* als auch in „Taueend und ein Tag'* mehr- 
mals vorfindet. Voltaire mag aus dem G^edächtniss die verschie- 
denen Erzählungen zu einer einzigen verschmolzen haben- Beide 



gaben derWei ko des Autors 1818 in 3 vol. in 8" uud 1821 ia övol. in 8® 
erschienen sind. 

^) Moland t. XXL pag. 64. 



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— 41 — 



Werke beanspruchen übrigens die Ehre, Voltaire ala Quelle 
gedient zu haben. Der (rnindgedanke aller dieser ErzäMimgfen 
ist der, die Klugheit der Frauen zu verherrlichen und die 
List, mit welcher sie aus ihrer Schönheit Kapital zu schlagen 
wissen. Eine Gegenüberstellung der einzelnen Erzählungen 
^v^rd ihr Verhältniss zu Voltaiie's Rendez-vous völlig klar 
ötellen. Die hier in Frage kommenden Erzählungen sind: 
^Tauifi iid und ein Tag," Tag 52 und 158, 
„Tausend und eine Tacht Nacht 193—94. 

Die beiden anderen Erzälilungen, Nr. 463 bis 464 und 
Nr. 496, welche den nämlichen Stoff behandeln, kommen hier 
nicht weiter in Betracht, da sie erst von Jonathan Scott 
eingeführt worden sind. 

Inhalt bei Voltaire: 

Zadig hatte die junge Wittwe Almona vom Scheiter- 
haufen errettet, dafür liatten ihn die I'iie-ter dei- Ketzerei 
angeklagt und zum Tode verurtheilt. Alinoiia bescliliesst 
ihn zu retten. Sie kleidet sich aufs zierlicliste und begiebt 
sich zum Oberpriester. Dort stellt sie sich, als ob sie tiefe 
Beue empfände, weil sie, den Gebräuchen des Landes ent- 
gegen, sich nicht mit der Leiche ihres Gatten verbrannt 
habe, .denn," sagt sie, „wie yergänglidh ist das Fleisch, was 
ist mir von meiner Schönheit geblieben!" Dabei entblösst 
sie ihre ^cliünen weissen Arme und ihren herrlichen Kiisen 
Als nun der Priester, ein alter Graukopi; von ihrer Schönheit 
hingerissen; ihr eine Liebeserklärung macht, fordert sie die 
Begnadigung Zadig's. Der Oberpriester würde sie gerne 
geben, aber sie bedarf der Unterschrift noch dreier Kollegen 
Dennoch erhält Almena seine Unterschrift durch das Ver- 
sprechen, sich ihm hinzugeben. Sie ertheilt ihm ein Rendez- 
vous zur Aufgangszeit des Sternes Sheat In gleicher Weise 
verfährt sie bei den drei anderen Alten, die gleichfalls in die 
Jb alle gehen. Jeden bestellt sie um eine Stunde später als 
seinen V()is-äni2:er. Am Abend lässt sie die Richter konimen- 
zeigt ilinen das l^latt mit den vier Unterschriften und er- 
zählt, um welchen Preis Rie dieselben erhalten. Die Priester 
ei-scheinen einer nach dem andern und sind sehr erstaunt 
ihre Kollegen und die Bichter zu finden. 



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— 42 — 

"Die erste von mir angeführte Erzählung') hat nnr in- 
sofern Bexug auf Voltaire, als sich in derselben eine ganz 
ähnliche Beschreibung findet, wie eine Fran einen betrüge- 
rischen Kadi so verblendet, dass er sich zu einem thörichten 
Unternehmen hinreissen lässt.^) Dasselbe gilt von der dritten 
Erzählung in »Tausind und t-ine Nacht/ wo ein junger 
Kaufinann für seine Trahlerei bestraft werden soll, was denn 
auch trefl'iich f'-cliiiü i. Die meiste Aehnlichbkeit mit Voltaire's 
£eudez-vous besitzt jedoch die Erzählung von der schdnen 
Anuay^) weil in beiden die Motive für die Handlungsweise 
der Frau die gleichen sind. 

Hier wie dort handelt es sicli daTuni. einen sreliebten 
Mann zu retten, lii^i- w \v duii zeigen sieh diejenigen, in dereu 
Hand die liettung liegt, nur dann bereit, zu helfen, wenn 
die Frau sich ihren Begierden preisgiebt Bei Voltaire hat 
Almena von vornherein mit diesem Faktor gerechnet^ Amja 
greift erst gezwungen znr List, fahrt sie jedoch mit ebenso- 
viel Geschick wie Almena durch. 

Inhalt: Bann, ein wuhlhabt ii(i( i Mann, hat sich durch 
zu verscliwenderibclieü Leben und durch zu grosse Frei- 



') Petit de la Croix. Mille ot nn jour. Contes persans, Paris^ 
1710—12. t. II. pag. 120 suiv. .Tour 52. 

-) „Tausend und einen Tag." Persische Erzählungen, übersetzt von 
Petit de la Croix, deutsch von J. S. G. S. Leipzig, 1788, V7^eidnuuin& 
Erben, Bftnd I. pag. 892. Tag 52. Der deutsche Uebersetzer fügt hier 
bei : Viele werden sich des Gebrauchs erinnern welchen Voltaire in seinem 
Zadig von dieser Ereählung gemacht hat, ohne jedoch die Quelle zu 
nennen, woraus er sie scfaöpfte, da er wusste, dass sie bekannt genug 
war. Man muss indet^^ g(>st(>hon, dass sie durch seine Manier zu er> 
zählen, viel gewonnen hat. — Man kann sich dieser Ansicht nur au- 
Bchliessen. 

^ „Tausend und o ine Nacht." Deutsch von M. Habicht. Fr. lt. von 
der Hagen und C. Schall. Breslau, 1836. t. IV. pag. 110, N. 193. Frauen- 
1 ist. t. XIII. pag. 312. Steht auch in 1001 Tag und ist dpr Stotl zu 
einer Oper, le Cadi dupe |i;ir 1-omonier, weicht; im Juhr*' 1761 vorgestellt 
worden. Voltaire hat hieraus die Hcscbreibung enlnuiumon, welche die 
indische Wittwe von ihren Reizen macht. 

*) Petit de la Croix, Contes persans, Paris 1710—12. t. IV. p. 141 f. 
Tag 168. Histoire de la belle Arouya. 



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— 43 — 



g-ebig-keit rninirt. Seine Schul »hier können entwedei- die ihnen 
vor<r('sti>'cki('ii Siiiiimpn nicht bezahlen, oder sie wollen iiiclit. 
Eines Tages erinnert sieli Banu, dass ihm der Doktor Daniscli- 
mende 1000 Zechiuen schuldet, und bittet Aruja, seine schöne 
junge Frau, hinzugehen und das Geld zurilckzui'ordeni. 
Danischmende ist von der Schönheit der Frau entzückt und 
bietet ihr 2000 Zechinen, wenn sie sich seinen unerlaubten 
Wünschen fügt. Entrüstet weist Aruja seine Anträge zurück 
und beliebt sich zum Kadi, um sich Recht zu verschaffen. 
Der Kadi aiier ist nicht besser wie der Doktor, und mm be- 
trieht sidi Aruja zum Gouverneur, um von ihm Schutz und 
Hülle zu ertlehen. Doch auch der Gouveriieuer, ein alter 
Wüstling, will ihr nur unter der Bedingung helfen, dass sie 
sich ihm hingiebt. Weinend kehrt die Frau nach Hause 
zurück, doch beschliesst sie sich zu rächen und sich Recht 
zu verschaffen. Zu diesem £nde kauft sie drei grosse Koffer, 
dann schmückt sie sich aufs beste. 

^Elle s'habilla de ses plus riches habits, se para de 
t Gutes les pierreries que la mauvaise fortune ne l'avait pas 
encore reduite a vendre pour »ubsister, et eile u'oublia pas 
les parfums. 

So kommt sie nochmals zu Danischmende und zeigt sich 
seinen Wünschen geneigt. Zum Bendez-Yous bestimmt sie 
ihm die zehnte Abendstunde. Dasselbe thut sie beim Kadi 
und beim Gouverneur und bestellt jenen auf elf Uhr, diesen 
auf Mittemacht zu sich. Die drei Liebhaber erscheinen auch 
pünktlich, aber jeder verscheucht den anderen, und jeder ver- 
steckt sich in einen der drei Kolfer. Der ( iouverneur wird 
durch den scheinbar kommenden Kadi verscheucht. Am aii<1ern 
Morgen begieht sich die Dame zum Sultan und eizälih iltiii 
die ßegebenheit, und als derselbe Beweise verlangt, lässt 
sie die Koüer herbeischaffen, aus denen die geprellten 
Liebhaber zu ihrer Schande vor allem Volke heraussteigen. 

Dunlop^) bringt unsere Erzählung mit der Erzählung 

') Dunlop, Goschiolito der l'rofadichhincypn. do^itsch von F. Lieb- 
recht, p. 246. Hier finden sieb noch ('[iii<^o ähnliche Ooschichten. 
Loiscleur Deslongchamps, Essai sur les fablcs indieunes, t. I. p. 139 
und Anm. 2. 



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I 

I 



— 44 — 

des Zeppa und Spinello (Decamerone des Boccaccio Tag Ym 
Not. 8) in VerbindiiDg, doch mit Unreckti denn dort ist die 
Situation eine yon der nUBeren ganz yerschiedene ; die Fraaen 
dort zeichnen sich keineswegs durch Klugheit aus, und ist 
ilieser Vergleich zu verwerfen. 



La danse.^) (chap. XIV») 

Auch die Grundidee dieses Capitels ist nicht von Voltaire 
selbst erfunden, sondern von ihm aus einem anderen Weriie 
entnommen worden. 

In Gulliver's Beisen befindet sich eine ähnliche Situation. 
Hier wie dort sollen Aemter an den besten Tänzer ver- 
lielien werden: während aber bei Swift das Tanzen und vornehm- 
lich das Seiltanzen die ärgste Kriecherei und Speichelleckerei 
vorstellen soll und so in schärfster Weise einei^seit« die Amts- 
ei'schleichung gegeisselt wird, andererseits aber die Thorheit 
der Fürsten, welche durch diejenigen die Aemter am besten 
verwaltet glauben, die die tiefsten Bücklinge machen, so 
dient im Gegentheil bei Voltaire der Tanz dazu, um Betrager 
zu entlarven und den Ehrlichen an seinen wohlverdienten 
Platz zu stellen. Bei Swift finden mr nur erbarmungslose 
Satiren, bei Voltaire leichten Huriiur. Während Swift, seines 
eigenen Schicksales einj^edenk. in der Welt nur Betrüger 
und Diebe, Schleicher und Heuchler sieht, unter deren 
Schlichen der Ehrliche zu Grunde gehen mnss. hat Voltaire 
eine weit weniger harte Ansicht von der Welt, seinen Stoff 
aber hat er nur zum Besseren verändeii;, wenn auch bei ihm 
nicht so sehr die politische Satire hervortritt. 

Inhalt bei Voltaire: 

Zadig wird von seinem Herrn in Handelsangelegenheiten 
nach der Insel Serendip gesandt, wo er rascli die Gunst des 
Fürsten erringt. Der Fürst hatte nun das Unglück, von 



1) Holand t. XXI. p. 66. 



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— 46 - 



seiueu Schatzmeistern stets bestohlen zu werden, und klagt 
Beine Noth Zadig. Dieser schlägt das folgende Mittel vor: 
n n'y a qn'ä faire danser tons ceax qui se pr6senteront pour 
la dignit^ dn tr6sorier, et ceM qui dansera ayec le plns de 
l^gäret6 sera infailHblement le plus honndte homme. 

Der König ist nun zwar etwas erstaunt, willigt jedocli 
ein, durch Zadis: den Yersuch machen zu lassen. Die Präten- 
dent werden einzeln bereingefülirt. sie haben jedoch ein 
Vorzimmer zu passiren, in welchem der König seine Schätze 
ausgebreitet hat. Als nun aUe vierundsechzig bei einander 
sind» werden sie zum Tanzen aufgefordert^ und da erweist 
es sich, dass dreiundsecbzig unterwegs ihre Taschen mit den 
königlichen Schätzen so angefüllt haben, dass sie sich kaum 
zu bewegten vermögen. 

Bei Swift ist die Sache nicht so harmlos; es heisst da:^; 

«The emperor had a mind one day to entertain me with. 
several of the countxy shows, wherein they exceeded all 
nations 1 have known, both for dexterity and magoificence. 
I was diverted with none so much as that of the rope-dan- 

cers, performed upon a slender white thread, extended abont 
Iwo feet, and twelve inches from the ground ; upon which 
1 shall debire liberty, with the reader's patience, to enlarge 
a little. 

This diversion is only practised by those persons» who 
ai*e candidates for gread employments, and high fayour at 
court. They are trained in this art from their yonth, and 

are not always of noble birth, or liberal education. When* 
a great oftice is vacant, either, by deatli or disgrace J(which 
often happensj, five or six of ibuse caudidates petition the 
empei'or to entertain his majesty and the court with a 
dance on te rope ; and whoever jomps the highest, without 
f alling, succeeds in the office. Veiy often the Chief minister» 
fhemselves are commanded to show their skil, and to convince 
fhe emperor that they have not lost their faculty. Flimnap,. 



<) Swift, GolHven trayela. Fftrt. I A voja^ to LilHpvt^ 
ehapträ 3. 



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— 46 



tlie treasurer, is allowed to fut a caper on the straitfht rope, 
at least an inch lii^'her than aiiy otlier lonl in tlie wliole 
empire. I have seeu him do tbe sommerset several times 
together, upon a trehcber fixed on a rope wliich is no thicker 
than a common packthi*ead in England. My fiiend Bedresal» 
principal secretarp for pnrate affairs, is, in my opinion, if 
lam notpartial, the second after the treasnrer; the rest of 
the great officers are much npon a par. 

These diversions are often altended wixh fauil accidents, 
whereof preat iiuiubers are on record. I inyself liave seen 
two or three caiulidates break a liiiib. But tlie danger is 
much greater, when the ministers themselves are commanded 
to Show their dexterity! for, by contending to excel them- 
selves and their feUows; they strain so far that there is 
hardly one of them who has not received a fall and some of 
them two or three. I was assnred that, a year or two be- 
fore my arrival, Flimnap would infallibly have broke his 
neck, if one of the king"s cushions, that accideiitally lay on 
' "v the groiiud, had not weakened tlie foice of his fall." 

Wenn nun auch, wie schon gesa^jf. bei Voltaire und 
Swift ganz verschiedene Absichten vorliegen, so erscheint 
mii- doch die äussere Aehnlichkeit zn gross, als dass man 
nicht annehmen dürfte, Voltaire sei von Swift beeinflusst 
worden. 

Die Capitel XV— XX bieten wenig Interessantes. Zadig 

beweist noch weiter seine Klugheit, indem er den König von 
der Untreue seiner Frauen überzeugt, ein Stoff, welchen 
Voltaire mit Vorliebe behandelt; denn in diesem Roman 
allein wiederholt er sich viermal, (chap. I, II, XV und XVII). 
Nur eine Frau vermag der Versuchung Stand zu halten, und 
diese erhebt der König zu seiner Gemahlin. Da aber Falide 
blane Augen hatte, so erhob sich grosse Unzufriedenheit im 
Lande, denn es gab ein altes Gesetz, welches dem König 
verbot eine Fran mit blauen Augen zu lieben. Der oberste 
der Bonzen hatte dieses Gesetz (p. 79) vor mehr als fünftausend 
Jahren aufgestellt, um sich nämlich die Geliebte des ersten 
Königs von Sarendip anzueignen. l\s erhebt sich überall 
Unzufriedenheit; zwar bringt Zadig einen Krieg, in welchen 



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— 47 - 



der KAnlg verwickelt wird, noch glücklich zu Ende, aber er 
fählt sich nicht mehr sieber auf Sarendip und bcgiebt sich 

aiut" die Wanderschaft, uin Astarte zu sufhen. 

Voltaire h;pielt. hier auf die Ueber^^ritie an, welche sich 
die Kii cbe in Bezug auf die VAw ' i ei laubte. Im lii^^eiiu 
(Moland XXL p. 262) findet mau eine äiin liehe Situation. 
L'Ingenu will seine Pathe, die schöne Saint-Iv6s heirathen, 
dies wird ihm als eine schreckliche Sünde ausgelegt. ^Cela 
est impossible, vons dis-je, eile est Totre marraine: c'est un 
pech6 epouvautable k une marraine de serrer la main de son 
fiUenl; il n'est pas permis d'epouser sa marraine; las lois 
diviues et huniaines s'y opposent. Zum Glück findet man 
einen Aunweg. Mon eher frere, (iit-elle (Miio de Kerkabon). 
il ne faut pas que notre neveu «e damne; notre saint-pere, 
le pape peut lui donuer dispense, et alors il pourra etre 
chr6tiennement heureux avec ce qull aime. 

Le brigand (chap. XYl) geisselt die schlechte Verwal- 
tung der ProTinzen ganz im Allgemeinen und kann oder 
konnte auf jeden Staat angewandt werden. . ^ 

Zadig wird nämlieh von Räubern gefangen genommen. 
Der Herr des Schlosses, heisst es, war einer der Araber, 



') cfr, Prix de la justico ai de rhumanit<\ Articlo XIV, De l'in- 
ceste, Moland t. X"XX. p. &67. On pret«iul aujourJ hui, paimi quelqes 
nations de PEurope, qu'il n'est pas permis a un homme veuf d'epouser 
une parente de sa fcmnic au quatriemc degrc, et qu'une veuve seiait 
coupable de In m%me traiwgresidon ai ruii et Tautare n^acbetaient pas ime 
diapeuM du pape. 11 y a ekesn ees rngmes nations un aiitre inceste 
. 4pi*on appelle spirituel. C'est une espece de sacril^e dans un homme 
d^^Hse de coucher avec une fiUe qu*il a baptisee, ou confinni», ou 
conlan^. Tergl. auch: Dictionnahre philosophique. Article incestM). 
Holand t. XIX. p. 462. C'est bien pis quand vous aures affaire avec 
▼otre comm^re ou avec votre marraine; c'^iait un crime irrem iasible 
par les Capitulaiies de Charlemagne. Cela s'appeUe un inceste spiri- 
tuel. -- 

Tue Andovere, qu'on a|)polle reino do Franco pnrce qu'cüf etait 
feinine (\'un Chilpf''ric, ri'guln rlp Soisso-ns, fiit vilipendee par la justice 
eccl<''si;isti(jue, censuree, degradee, divorcee, pour avoir tenu son propre 
enfaut sur les fonts baptismaux, et «'etre faite aiiisi la commt re de son 
propre mari. Ce fut un pecho moitel, un aacrilege, un inceste spirituel: 
eile en perdit son Iii et sa couronne. 



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— 48 — 



welche man Diebe nennt. Zuweilen beging er eine gute 
Handlung neben einer Menge schlechten f er stahl mit uner^ 
8&ttlicher Gier und gab grossmüthig ; er war kühn bei der 
Tbat, aber geschmeidig im Verkehr. Nach und nach hatte 
er ein Vermögen zusammengestohlen, er wurde ein grosser 
Herr unter den Räubern und bestach den Satrapen, der ihn 
bestrafen wollte. Er war schon zu rttich, um irgrend etwas 
zu fürchten; scIiIk .^siuh wurde er oberster SttiUereinnelmier 
einer Provinz und zog zwar die Steuern gewissenhaft ein. 
beluelt sie jedoch für sich; der König vermag nichts gegen 
ihn auszurichten, denn die ausgesandten Beamten machen mit 
ihm gemeinsame Sache. Es werden hier Zustände geschildert^ 
wie sie zur Zeit des Feudalwesens ganz allgemein waren^ 
wo der Adel der Krone ungestraft entgegentreten konnte 
und ihre Ohnmacht noch obendrein verspottete. Zadi<> er- 
fährt hier den Tod Moabdars zugleich mit der Nachricht, 
das-s man nicht wisse, was aus der Königin geworden. 

Le pecheur (chap. XVII) ist überflüssig, denn es bringt 
uns auch nicht um einen Schritt in der Erzählung vorwärts; 
interessant höchstens wäre, dass Voltaire hier nochmals eine 
Schilderung weiblichen Leichtsinns giebt Zadig trifft eüieii 
Fischer, der ihm sein Unglück klagt Ehemals ein wohl- 
habender Käsefabrikant, war er durch die Flucht Zadigs 
und der Königin um eine bedeutende Summe für gelieferte 
Käse gekommen. In Begleitung seiner Frau hegiebt er sich 
zu einem seiner Kunden, nm dessen Beistand anzuflehen. 
Orcan behält die Frau zurück und jagt den ^fann aus seinem 
Hause. Dieser schreibt einen flehenden Briei an seine Frau^ - 
sie aber sagt zum Ueberbringer : ,Ach, ich kenne deuMann, 
der mir schreibt, ick habe von ihm gehört, man sagt, das» 
er auegezeichnete Sahnenkäse macht, man möge mir welche 
bringen und sie bezahlen.** Bei Gericht kann er gleichfalls, 
nicht zu seinem Rechte kommen, vielmehr verliert er den 
Rest seiner Habe. Zadig tröstet ihn und sendet ihn 
nach Babylon, wo er sein Geld erhalten würde. Voltaire 
scheint dieses Kapitel nur eingefügt zu haben, um den. 
Unterschied zwischen materiellen und seelischen Leiden zu 
zeigen; der Fischer ist nur wegen des Verlustes von Geld 



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— 49 — 

und Gut unglücklich; Zatlig theilt mit ilim den Inhalt seiner 
Börse, und sogleich ist er getröstet. Zadig erkundigt sich 
weinend nach Astart6. »Wie," rief der Fischer, „du wärest 
unglücklicher als ich, trotzdem du Wohlthaten vollbringst?'' 
«Viel anglttcklicber, hundertmal unglücklicher als du. Dein 
gröBBtes Unglftck war die Noth, mein Unglück aber wurzelt 
im Herzen." 

Zadi<r kommt nun (Le basilic. chap. XVTTT) in eine 
schöne Gegend, wo er eine Anzalil Frauen findet, die eilng 
etwas suchen. Auf Befragen erfährt 1 1 . da^s sie einen Basi- 
lisken suchen. Ihi^ kranker Herrnämiicli soll einen in Bosen- 
Wasser gekochten Basilisken essen und hat versprochen, die- 
jenige zu seiner Frau zu machen, welche ein solches Thier 
findet. Zadig sieht eine Dame, welche nicht mit sucht, nnd 
erkennt in ihr seine geliebte Astart^ Das Wiedersehen und 
die freudige Bestürzung und Verwinimg der Liebenden wird 
selir gut bescliri;:}beu. Beide erzählen sifli ilire Erlebnisse. 
Die Königin war von Cador in einen Tempel gebracht 
worden, wo sie in einer grossen Statue verborgen ward. Die 
ausgesandten Häscher ergreifen an den Grenzen Egyptens 
die schone Missouf. Moabdar findet Gefallen an ihr und 
heirathet sie. Nun zeigte sie ihren wahren Charakter und 
Uberliess sieh den tollsten Einfällen. Moabdar wird durch 
sie zum Tyrannen. Eines Tages kommt er in den Tempel, 
in welchem Astarte verborgen i?:t, nnd ertielit die Gunst der 
Götter für Missouf. Astarte antwortet aus der Statue : „Die 
Götter versagen die AYünsche eines Königs, der ein Tyrann 
geworden, der eine vernünftige Frau hat vergiften wollen, 
um eine unvernünftige zu heirathenl" Der König erschrickt 
hierüber so sehr, dass er wahnsinnig wird. Eine Revolution 
entsteht, ein fremder Fürst erobert das Beich, Astarte föllt 
in seine Gewalt, Missouf jedoch verschafft ihr aus Eigennutz 
die Mittel zur Flucht. Ein berühmter lliiuber raubt sie und 
verkauft sie an (Jgul. Da die Frauen nichts gefunden 
hatten^ so begab sich Zadig zu (jgul und sagte üim, er habe 
auf das Gerücht seiner Krankheit hin ihm einen in Rosen- 
wasser gekochten Basilisken mitgebracht: «Zwar liegt es 
nicht in meinem Sinne, dich zu heirathen," sprach er, »ich 

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— öü — 



verlange nur die Freiheil ein«-!- Sklavin, die du ^fit eini^reii 
Tagen gekauft hast, und ich erkläre mich bereit, an ihrer 
Htoiie itt der Sklaverei zu bleiben, wenn es mir nicht gelingt 
den auagezeichneten Herrn Ogul zu heilen.^ Der Vorschlag 
ward angenommen, nnd Astartö reiste nach Babylon. Zadig 
sprach zn Ognl: «Man isst meinen Basilisken nicht, seine 
Kraft muss durch die Poren in den Körper dringen. Ich 
habe ihn in einen kleinen Schlauch eingeschlossen. Der 
Schlauch ist stark aufgeblasen, nnd nun musst du mir den 
Schlauch mit aller Kraft zuwerfen, und ich werte ihn zurück . 
und so müssen wir dies eine Weile fortsetzen/' Am ersten 
Tage war Ogul todtmüde, am zweiten ging es etwas besser, 
und nach acht Tagen war er geheilt. 

Diese Erzählung ist ans 1001 Nacht entnommen, und 

zwar aus der r^*^!^chichte des griechischen Kiinigs und des 
Arztes Duban." Hier ist ein König vom Aussatz befallen, 
i^eiue Aerzte erproben vergeblich ihre Kunst, Duban aber 
verpflichtet sich, den König ohne Tränke und ohne Um- 
schläge zu heilen. Hierauf machte der Arzt eine Kolbe 
zum Kngelspiel, deren Handgrif er aushöhlte und den Saft 
hineinthat^ dessen er sich bedienen wollte. Dann machte er 
noch eine Kugel und begab sich am andern Morgen zum 
König. „Spielet mit dieser Kolbe, bis ihr eure Hand und 
euren Leib im Schweisse fühlt. Wenn das Heilmittel, welches 
ich in den Haml-iriff dieser Kolbe eingeschlossen habe, durch 
eure Hand erwärmt wird, so durchdringt es euren y:anzeu 
Leib, und wenn ilu* schwitzt, hört mit spielen auf, dann hat 
das Mittel gewirkt, etc." Voltaire hat diese Geschichte nur 
etwas modernisirt, indem er nämlich die Idee, welche der 
arabischen Erzählung zu Grunde liegt^ Zadig wirklich aas- 
sprechen lässt. «Es giebt keinen Basilisken in der Natur/ 
sagt er, „bei Massigkeit nnd Leibesübuug befindet man sich 
stets wohl, und die Kunst, bei Unmässigkeit die (Te.<undliLiit 
zu erhalten, ist eine ebenso eingebildete chimäriscke Kunat, 



^) Tauf5end rnid eine Nacht, Nacht 12. Ed. Habicht, von d. Hagen 
und Schall, Breslau, 1836. t I. p. 73. Vergl. ebdas. Bd. XHI. 806. YIII. 



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— 61 — 



wie der Stein der Weisen, die Stemdeaterkunst und die 
Theologie der Magier. 



Les combats (chap. XX.) 

Mehrere Autoren schon, wie La Harpe, ^) Dunlop, ^) haben 
über die Quelle zu diesem fapitel Aufschhiss gegeben, noch 
keiner aber ist näher aui einen Vergleich eingegangen. Auch 
hier kann man das Bestreben Voltaires wahrnehmen, seine 
Stoffe möglichst ins Komische zu ziehen. Der Kmst der 
Situation muss dem Scherz Platz machen, und »elbst dann, 
wenn einer seiner Helden eine unredliche That begeht^ so 
wird seine Bosheit durch irgend eine lächerliche Eigenschaft 
kompensirt, und man vermuthet sogleich, dass es eben diese 
Eio:enschaft ist, um deretwiilen er den Preis seiner Bosheit 
wieder verlieren wird. 

Voltaire hat sich ziVmlich eng an seine Quelle ange- 
schlossen, und zwar hat er dieses Kapitel aus dem Rasenden 
Koland des Ariost geschöpft: c. 15, 101 — lOÖj 17, 17 bis 24, 
69-^73, 80—135. 

Inhalt: Der junge Giiphon, Bruder des Aquilant, liebt 
die schöne Origille. Krank hatte er sie zurückgelassen ; da 
hört er, dass sie in Antiochien neue Liebesbande geknüpft 
hat, und voll Schmerz begiebt er sich dortiiiu. Am sechsten 
Tage langt er dort an und trifft Origille mit ihrem neuen 
Liebhaber, dem leigen Martan. Durch Schmeicbelkünste Aveiss 
sie Gripbou so zu bethöreu, dass dieser glaubt, sie sei ihm 
noch in alter Liebe zugethan. Martan giebt sie für ihren 
Bruder aus. In Damaskus findet gerade ein grosses Hoffest 
nebst einem Turnier statt Von einem Bitter werden sie 
freundlich aufgenommen, und dieser ladet sie ein, an den 

1) La Harpe, Lycee oa coais de litt^rature, ed. 1825. t. XVI p. 299. 
«fr. hierzu Moland t XXI p. III. notel.Ed. 1817. t. XIIL pag. 361. 

J. Dttnlop, Geschichte der Frosadichtnngeii, deutsch yon F. 
Idebrecht, Berlin, 185U pag. 401. 

4* 



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— 52 — 



Kamplspielen theilzuiinlimen. Gripbou waffnet sich sogleich 
mit seiner wunderbaren Rüstung, welche die weisse Fee ge- 
feit hatte. Voll Furcht gesellt sich ihm ;Martan bei. Acht 
Jünglinge hatten sich zosammengethan, die mit jedem k&mpften, 
der sich mit ihnen messen woUte« Martan reitet in die 
Schranken, doch jagt ihm der bddagenswerthe Anblick eines 
besiegten Bitters einen solchen Schrecken ein, dass er sein 
Ross wendet und feige entflieht. Griphon, um die Schmach 
seines Gefährten, die ja auch ihn selbst trifft, einigerraassen 
wegzuwasclu n, thut Wunder der Tapferkeit und besiegt alle 
acht Gegner. Doch voller Unmuth reitet Griphon in sein 
Quartier zurück, und alle drei verlassen die Stadt. 

Beim ersten Gasthans macht Griphon Halt und begiebt 
sich, da er sehr ermüdet ist, sogleich znr Rnhe. Martan» 
der Feige, benatzt diese Zeit» stiehlt die Büstung des Griphon, 
besteigt dessen milchweisses Ross nnd begiebt sich so zum 
König, um die köstliche Rüstung, den ausgesetzten Preis, in 
Kmpfang zu nehmen. Mit grossen Ehren wird er aufge- 
nommen, und als später üri])li()ii in seiner Küstung ersclieint, 
um sich zu rächen, bereitet er ihm einen sehr üblen Empfang; 
hierauf entflieht er. Durch ein schauderhaftes Gemetzel 
zeigt dann Griphon, dass er der tapfei*e Held sei, für den 
sich der andere ansgegeben. 

Viel heiterer entwickeln sich die Sachen bei Voltaire. 
Astart^ war nach Babylon zurückgekehrt nnd mit grossen 
Ehren aufgenommen worden. Die Babylonier beschlossen, 
als König und Gemahl der Astarte den tapfersten und wei- 
sessten Mann zn wählen. Zu diesem Zwecke wnrde zunächst 
ein grosses Q'urnier abgehalten. Astarte verehrt Zadig eine 
herrliche weisse Rüstung. Der erste, der in die Schranken 
ritt, war Itobad, ein reicher, eitler, zaghafter, ungeschickter 
und geistloser Mann. Während w bei Ariost einen feigen 
Betrüger vor uns sehen, ist die Erscheinung des Itobad eine 
possenhafte, und wenn er auch späterhin die Rüstung Zadigs 
stielilt, so haben wir doch die feste Ueberzeugung, dass ihm 
seine Eitelkeit und Dummheit bei der Klugheitsprobe irgend 
einen schlimmen Streich spielen wird; für Zadig ist man 
unbesorgt Aensserst belustigend wirkt auch der Kampfe 



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— 53 — 



welcher sieh nuBmehr entspinnt. Während Martan beim 

blossen Anblick eines gefallenen Ritters die Flucht er^^reift, 
versucht Itobad weniofstens den Kampf, freilich zu sf^iiiera 
Sehaden und der Zuschauer Ergötzen. Schon an der Art. 
wie er sein Pferd lenkte, mochte man erkennen, dass er es 
Dicht sei, für den der Himmel das Scepter Babylons bewahrt 
hatte. Höchst ergötzlich klingt auch sein stehendes Wort: 
Un homme comme moi^ das er zu jeder Zeit und Unzeit an- 
wendet. Gleich der erste Bitter hob ihn ans dem Sattel, 
der zweite warf ihn auf die Kruppe des Pferdes, so dass er 
Arme und Beine gen Himmel streckte ; zwar setzte er sich 
wieder zuredit, aber so ungeschickt, dass alle Zuschauer 
lachte». Der dritte grill' ihn gar nicht mit der Lauze an, 
sondern erfasste ihn bei einem Scheinangrilt am rechten 
Bein und warf ihn im Bogen auf den Sand. Der vierte warf 
ihn schliesslich Yon der andern Seite vom Pferde, so dass 
Itobad, vom Eöhngelächter der Menge hegleitet die Schranken 
verlässt. „Quelle aventure ponr un homme comme moi,' 
sagt er noch heim Hinaasreiten zu sich. Der Schluss des 
Capitels ist wie bei Ariost. Zculig besiepft alle Uegner, der 
Kampf wird iu lebhaften Farbeu gesclüldert. Während der 
Nacht entwendet Itobad die weisse Rüstunc^ Zadig"s und lässt 
seine gi'üne dafür zurück; am Morgen meldet er sich als 
Sieger. Zwar hatte man dies nicht erwartet, iiber er wurde 
ausgerufen, während Zadig noch schlief. Dieser wird bei 
seinem Erscheinen, da man ihn fUr den grfineu Eitter hält, 
durch den Pöhel verhöhnt und muss sich mit dem Sähel 
Bahn brechen. 

Nun ergreift ihn Verzweiflung, denn er glaubt, dass er 
dazu bestimmt sei, unglücklich zu sein; und während er 
früher nur als Philosoph sein Schicksal betrachtete und sich 
gewissermassen noch über dem Schicksal erhaben oder ihm 
mindestens gewachsen fühlte, so bricht jetzt seine Kraft 
unter diesem letzten furchtbaren Schlage zusammen, seine 
Philosophie hat keine TrostgrQnde mehr» und Zadig murrt 
gegen die Vorsehung, die die Guten, Rechtschaffenen unter« 
drückt und die Betrüger beschützt. Die grüne Rüstung ver- 
tauscht er gegen ein Pilgergewand und zieht am Ufer des 



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— 54 - 



Kuplirat dahin und klagt den Himmel an, der ihn immer zu 
verfolgen scheint Der Himmel aber rechtfertigt sich und 
sendet einen seiner £ngel, am ihm die wunderbaren Wege 
der Varsehnng zn zeigen und ihn zn lehren, dass wenngleich 
oft der Mensch Terstftndnisslos Tor einem Ereigniss steht^ 
Gott doch immer gerecht seine Bahnen verfolgt, obwohl der 
menschliche Verstand die Wege der Vorsehung nimmer zu 
fassen vermapc un<l ilim ei*st dann, wenn alles zum Besten 
geendet, die Allmaclit, Weisheit und Güte Gottes j^eoffenbart 
wird. Es folgt nun das berühmte Capitel „der Kremit* 



UErmite. (chap. XXJO 

Gaston Parin ^) schfttzt dieses Capitel vor allen andel'n,. 

und wie er Zadig für den schönsten Roman Voltaires er- 
klärt, so hält er das Capitel ,der Eremit" für das beste im 
ganzen Komane. 

„Les aventtti'es de Zadig et de son compagnon de route^ 
schreibt er weiter, charmaient les lecteurs depnis prto de 
vingt ans quand Fr6ron s'avisa qu'elles n'etaient pas de 
rinvention de Voltaire et Taccnsa tout net de plagiat. S'il 
avait 6te plus ^rudit, il aurait pn ^tendre ce reproche au 
roraan tout entier. Chacune des histoirettes dont il se 
compose avait ete racontee en bien des laugiies, surtout 
orientales, avant de Tetre dans ce fraii(;ais si alerte et si 
vif qui leur donne encore aujord'hui ie vernis appareut de 
la nouveaute." 

Das Ann6e litt^raire ^) hatte sich sehr scharf gegen Vol- 
taire ausgesprochen, es sehreibt: 



<) Holand t. XXI. pag. 86. 
Gaston Paria, Ii'ange et rermite, ^de snr nne legende reli- 
gieum. Acad^mie des Inscriptions et Beiles Lettres. Änn^e 1880. 
pag. 427. 

S) Ann^ litt^ire 1767. t. I. pag. 80. Lettre II. Plagiat de K. de 
Voltaire. 



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— 56 — 



„Vous connaissezy Monsieur, le joli roman de Zadig, le 
chapitre de Termite surtont est un de ceux qoi yous a le 

plus frappe pour le merite de Tinvention. Eh bien, ce 
chapitre charynant , qui dans notre esprit, faisait tant 
(i honneur a M. de Voltaire, est tire presiiue mot pour mot 
d'un origiDal que ce grand copiste s'est bien garde de 
- faire connaitre. En parcoiirant ces jours demiers les bons 
livres anglaia qae Pranlt le jeane libraire, Quai de Conti 
a fait venir de Londres, je tronyai un petit Toiume inti- 
tul6: The Works in Verse and Prose of Dr. Thomas 
Pamell, Laie Arch Deacon of Oogher ; c*est k dire, (Envres 
eu vers et en ])rose du docteur Thomas Parnell (mort il 
y a ciuquaute aus) archi diacre de ( 'logher. Dans ce vo- 
lume est une piece d'euvirou 1 50 vers (dies ist ein Irrthum, 
daB Oedicht umfasät 249 Verse) qui a pour titre: The Heriuite, 
c'est la source pr^cieuse, mais cach6e oik le g^ni cr6ateur 
de M. de Voltaire a puls^.** 
£b ist ein harter Vorwarf, den Fr^on hier aasspricht, 
aber er ist unberechtigt, denn wenn auch Voltaire Pamell 
benntzt hat, und hierin stimmen alle Beurtheiler liberein, so 
hat er doch nur Einzelnes entnommen, anders geändert, viel- 
leicht nacli anderen Quellen, vielleicht auch neu erfunden; 
die Situation im allgemeinen ist aber bei Voltaire bei weitem 
künstlerischer und den Umständen viel mehr entsprechend 
als bei ParnelL Man begreift sehr wohl, dass ein Manu, 
den das Schicksal fü^rmlich zu verfolgen scheint, gegen die 
Vorsehung murrt, man versteht die Verzweiflung, welche 
Zadig ergreifen muss, wenn er nach so vielen Leiden und 
Gefahren endlich am Ziel seiner Wünsche stehend, auf die 
unwürdigste Weise von demselben, und wie er glauben muss, 
fiii' immer zurückgestOh.seii wird ; aber wesshalb rarnells 
Eremit seine Klause verlässt, in der er von Jugend auf ge- 
lebt und wo es ihm an nichts gebricht und er einen gott- 
gefälligen Lebenswandel führt, das kann man nicht ohne 
weiteres verstehe.n Sündhafte Zweifel an der Gerechtigkeit 
Gottes sind in ihm aufgestiegen, und um sich mit eigenen Augen 
vom Laufe der Welt und von Gottes Begierung zu über- 
zeugen, zieht er aus. Die erste Aenderung der Thatsachen 



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— 56 — 



ist die, (lass Zadi^ einen Greis trilft, während suli ein .Tünf?- 
ling zu dem Eremiten gesellt. Hier wie dort sind nun die 
nächsten Ereignisse dieselben. Zadig gelangt mit seinem 
göttlichen Begleiter zu einem vornehmen Manne, der sie zwar 
gut bewirthet, aber sehr hoehmüthig behandelt Bei Voltaire 
dient das köstliche Becken als Waschge^las, bei Parnell wird 
den Wanderern in einem reich verzierten Becher Mh mor- 
gens Wein kredenzt. Der Führer stiehlt das Gefäss und 
schenkt es am nächsten Tage einem reichen C-reizhals, der sie 
sehr unfreundlich eiupfanizen und schh^cbt helierberf^t hat. 
Es ist zu verwundern, wesslmlh Voltaire diesen Zug nicht 
geändert hat, da es doch durchaus unwahrscheinlich ist, dass 
der Geizige durch ein werthvolles Geschenk gebessert werden 
soll, was doch der Zweck des Geschenkes ist. In älteren 
Versionen; in denen noch vornehmlich die christliche Idee 
in den Vordergrund tritt, erhalt der Wucherer den Becher 
meist desshalb, weil Gott jede, auch die geriug^ie Wohtthat 
vevffilt : da aber der Ueizige wegen seiner Dosheit im 
Himmel keinen Platz haben wii*d, so belohnt ihn Gott auf 
Erden. 

In der nächsten Episode gehen die beiden Enählungen 
auseinander. Bei Parnell kommen die beiden Wanderer zn 
einem wohlhabenden Mann, der sie aufs freundlichste auf- 
nimmt. Wie bei Voltaire, ist das Gespräch auch hier ein 

philosophisches. Vers 144 und 145 heisst es bei Parnell: 
..He spuke and bid Tlie weh^ome table spread, 
Then spoke of virtue tili tUe time to bed.'' 
Bei Voltaire ist nur der Gesprächsstoff etwas weiter 
ausgefiilirt Am Morgen begiebt sich der Jüngling in die 
Nebenkammer, wo das einzige Söhnlein des wohlthätigen 
Mannes schläft, und erw&rgt das Kind. Voltaire hat diese 
schauderhafte That weggelassen, wahrscheinlich auch dess- 
halb, weil sie nicht zur Genüge motivirt war; denn der 
Jüngling hat desshalb das Kind g'etödtet, weil die Eltern 
über seinen Besitz so glücklich waren, dass sie (xott nicht 
mehr so eifrig dienen wie zuvor. Voltaire hingegen belohnt 
die Güte des Gastfreundes. Der Eremit steckt bei seinem 
Abschiede das Haus in Brand, weil, wie er später erklärt, 



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— 57 — 



ein Schatz in demselben yergraben liegt, den der Besitzer 
nan finden und dadurch noch glücklicher als zuvor leben wird. 

Es tritt hier an uns die schwierige Frage heran, ob 
Voltaire diese Episode erfanden hat, oder ob er noch ans 

anderen Quellen ausser Painell geschöpft hat. Es existiren 
ältere Vei siDnen imsrer Erzählung^, wo g-leichfalls das Feuer 
eine Rolle spielt; eine Ahtei wird in As(;he gelegt, weil die 
Mönche ein zu schwel f^erisches Leben ^) führen, eine Dar- 
stellung aber, in welclier das Feuer einen Schatz zu Tage 
fördert, ist aus der Zeit vor Voltaire bis letzt noch nicht 
bekannt, da die Untersuchung über die verschiedenen Ver- 
. sionen noch nicht beendet ist, und es mus daher die Frage, 
ob Voltaire noch eine andere Qnelle gekannt, unbeantwortet 
bleiben. Gaston Paris sucht eine andere Tjösung zu geben. 
Kr findet eine vielleicht zufallige Uebereiustimmung zwischen 
luist rei Darstellung mit der im Koran (XVIIL 64 — 81) 
gegebenen. 

!Nacii Dunlop pag. 312 ist der Inhalt der folgende: 
„Der erste Keim zu dieser allgemein beliebten und weit- 
verbreiteten Geschichte findet sich, obgleich in einer sehr 
rohen und unvollkommenen Gestalt, in dem 18. Kapitel des 

Korans, welches betitelt ist: die Höhle. Dort wird nämlich 
erzählt, dass Moses, als er die Kinder Israel durch die Wüste 
führte, an dem Zusainmenflnsse zweier Seen den Propheten 
AI Chider antraf. Er redete ihn an und bat ihn, dass er 
ihn unterrichten möchte; worauf jener antwortete: ,,Füi*- 
wahr, dn kannst gewiss nichts geduldig ausharren bei mir, 
denn wie willst du diejenigen Dinge geduldig ertragen, deren 
Wissenschaft du nicht begreifen kannst?^ Und Moses ver- 
setzte : ,Du sollst mich geduldig finden, so Gott will; ich 
"werde dir auch iu keinem Stücke uiigehursam sein." Jener 
antwortete: „Wenn du mir nachfolgen willst, so frage mich 
um nichts eher, als bis ich dir die Bedetitung davon an- 
zeige.^' So gingen sie beide fort^ bis sie zu einem Schiffe 

•) Gafiton Paris, Acadf'ini« de« Inscription.s otc. Anntie 1880. p. 429. 
Do rermite qui s accompaigna k l auge, Duiilop, Geschichte der Prosa- 
diehtongen., pag. 309 b. 

^ Gaaton Paris, Acad^U des Inscriptioiis pag. 447. 



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— 58 — 

kameu, und in dieses machte er ein Loch. Da sprach Moses: 
„Wie hast du ein Loch darein gemacht, dass du das Scbifi^ 
Volk ersäufest? Da hast ein seltsam Ding gethan.^ Jener 
aber antwortete: „Hab' ich dir's nicht gesagt, dass dn nicht 
geduldig bei mir ansharren könntest!* Und Moses sprach: 
^Sei doch nicht unwillig auf mich, dass ich*s vergessen habe^ 
und lege mir keine Schwierigkeit auf in dem, was mir be- 
foiilen worden." Da sie nun das IScliiif verliessen, gingen sie 
fort, bis sie einen Jüngling antrafen. Denselben tötete jener. 
Worauf Moses sprach: ,,Hast du nnn einen unschuldigen 
Menschen getödtet, ohne dass er jemand umgebracht hat? 
Da hast dn eine ungerechte That begangen.** Jener aber 
antwortete: „Hab* ich dlr*s nicht Torhergesagt, dn würdest 
bei mir nicht geduldig aushalten?' Und Moses versetzte: 
„Wenn ich nach diesem dich um etwas befrage, so behalte 
mich nicht mehr in deiner Begleitung. Nun hast du von 
mir eine Entschuldigung vernommen." Hierauf gingen sie 
weiter fort, bis sie zu den Eünwohnern einer grossen tsfcadt 
kamen. Von diesen Einwohnern forderten sie Speise, diese 
abor weigerten sich, sie zu beherbergen. Da fanden sie 
drinnen eine Maner, die einfallen wollte, nnd er richtete sie 
anf. Moses aber sprach : ^Wenn dn gewollt, hättest dn einen 
Lohn dafür bekommen." Er aber sprach: „Dieses soll nun 
die Scheidung sein zwischen dir uud mir. Doch will ich 
dir zuvor die Bedeutung dessen anzeigen, was du von mir 
nicht gedulfljV und ohne Fragen ertragen konntest. Was das 
Schilf betrifft, so gehört es armen Leuten, die ihr Gewerbe 
auf dem Meere treiben. Ich wollte es aber nnbranchbar 
machen, weil ein KOnig als Seeräuber hinter ihnen war. 

Den Jäogüng anlangend, so waren seine Eltern recht- 
gläubig; wir besorgen aber, er möchte sie verleiten, seine 
Irrthümer und seinen Unglauben zu ertragen oder anzu- 
nehmen, daher wir wünschten, dass ihr Herr ihnen einen 
besseren Sohn schenken mtnhle. der gerechter wäre und 
mehr gute Neigung gegen sie hätte. Was aber die Mauer 
angeht, so gehörte sie zweien juugen Waisen in der Stadt, 
und unter derselben lag ein Schatz verborgen, der ihnen 
gehörte, und weil ihr Vater iromm war, so gefiel es deinem 



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— 59 — 



Herrn, dass sie zu ihrem völligren Alter kftmen und selbst 

jenen Sclmiz hervorlangen könnten, durch die llariiihei/i^^^keit 
deines Herrn. Also habe ich, was ich gethan, nicht nach 
meinem eigenen Willen g:ethan, und dies ist die Auslegung 
dessen, was du nicht mit Geduld ertragen konntest." 

Gastou Paris hat namentlich den letzten Theil dieser 
Elrzählang im Ange, nur richtet hier der Eogel die Mauer 
auf, welche den Schatz verbirgt» irähi-end er hei Voltaire 
zerstört Man ist wohl berechtigt, anzunehmen, dass Voltaire 
dieses Capitel des Korans gekannt hat. 1734 war die Ueber- 
setzung des gelehrten Engländers Sale erschienen, welche 
Voltaire hiiuhg citirt') und sehr j^iinstit^ beurtheilt. Ferner 
hat er in seinem Dictionnaire philosophique^) Auszüge aus 
dem Koran nach eben dieser Uebersetznng gegeben, und es 
wäre zu verwundern, wenn er nicht das ganze Werk gelesen 
hätte. Immer aber bleibt die Frage offen, ob Voltaire 
nicht doch eine andere Quelle benutzt hat ausser Parneli. 

Bei Parneli zeigt nun ein Knecht den Verirrten den 
"Weg; auf einer Brücke stöbst ihn der Jüiigliiig iii die 
reissenden Fhitlicn des Stromes, weil, wie er dem entsetzten 
Einsiedler enthüllte, derselbe seinen Herrn in der folgenden 
Nacht berauben wollte. Nach dieser That giebt sich der 
Jüngling als ein Gesandter Gotres zu erkennen. Bei Voltaire 
erscheint das Urtheil gerechter ; hier wird der Neffe einer mild- 
thätigen Wittwe, die sie beherbergt hat» in den Strom gestürzt, 
weil er, wie der Eremit Zadig enthüllt, seine Tante in einem 
Jahre (nicht, wie Gaston Paris schreibt, in der folgenden 
Nacht) und Zadig in zwei Jahren ermordet haben würde. 
Sonst hat sich Voltaire ziemlich i^euau an seine Quelle ge- 
halten. Der Knabe schreitet aut der Brücke voraus; ebenso 
wie bei Parneli, wird auch liier sein Sturz etwas genauer 
beschrieben; der Kopf taucht noch einmal aus dem Wasser 
empor. Bei Voltaire folgt nun noch ein längerer philoso- 
phischer Excurs. Der Engel gebietet Zadig nach Babylon 
zurückzukehren. 



') Moland Xr. 201. note 1. XVII. 881, XXIV. 142, 556, XXX 417. 
^) Moland XYII. pag. 98. Alcoran ou plutöt le Koran. 



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I 



^ 60 

La Harpe ^) führt an, dieses (Japitel sei au? 1001 Tagr 
entnommen; dies ist jedoch ein Irrihum. Ein anderer Fehler 
h&t sieh bei Desnoiresterres^) eingeschlichen, wenn er sag^ 
dass Thomas Parnell ans den Homilien des „Albert de Padoue^ 
geschöpft habe. 

Desnoiresterres stützt sieh hierbei auf die Antoritftt 
Littre's, aber ich glaube, dass ein Missverständniss obwaltet. 
Littre schreibt:^) II n'est personne qui en lisant le Zadig- 
de Voltaire, iib soit frappe de Tepisodc de raiig:e (jui. sous 
la torme d un ermite se l'ait peudaut «luelque temps le com- 
pagnon de Zadig; pnis, qnand on rencontre ce rccit dans 
l'Anglais Thomas Parnell, on retire ä, Voltaire cette notable 
conception; mais il ne faut pas s*arr6ter lä; eile se tronve 
dans les hom^lies d*Albert de Padoue^ mort en 1813» et - 
flnalement» au de Ik dans Tun de nos fabliaux les plus remar- 
quables." 

Die Annfaben bei Desnoiresterres sind ganz ungenau, ifb 
fiihre seiu sogeiiaiiuu's Citat hier an: ,Dison^ pue Voltaii-e, 
dans Zadig, n'y est que pour sa forme spirituelle et char- 
mante. Le fond est emprunte a l'anglais Thomas Parnell, 
qui lä emprnnt^ aux hom^lies d' Albert de Padoue, mort en 
1713 (nicht einmal die Jahreszahl ist richtig, doch könnte 
dies ein Druckfehler sein), leqnel en a trouv^ le germe dans 
nos fabliaux.** 

Littre, Etüde sur les Barbares et le iloeyn age (Paris, 
Didier, 1867; p. 892.) Es ist dies eine befremdliehe Art des 
Citirens. Schon iu der Einleitung habe ich darauf hin- 
gewiesen, dass Littre nur von dem Capitel „der Eremit'^ 
spricht, während Desnoiresterres diese Aeusserungen gleich 
auf den ganzen Boman bezieht. 

Ich glaube nicht, dass Littr^ hiermit hat sagen wollen, 
dass Parnell aus den Homilien des Albert von Padua geschöpft 



*) La Harpe, Lyc^e ou cours de littörature. Ed. 1817. t. XIII. 
p. 861. 

Desnoiresterres. Voltaire et la soci^te firanfaise au ZVIUm» 
«i^cle, t. ni. p. 146, note 1. Voltaire a la conr. 

^ E. Littre, l^tudes aar les barbares et le moyen &ge. 4. Ed. 
Paris 1888. p. 892. 



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— 61 — 



hat, sondero er hat nur ganz im allgemembn angeführt, dass 

der Stoff lange, bevor er in England bearbeitet wurde, in 
Fi*aiikreich bekannt war, wie denn das ganze Werk eine 
Verherrlichnng der Ihinzfisi^chen Litteratur ist und zf'igm 
soll, wie alle Völker des Abendlandes von derselben abhängig 
sind. Parneli hat übrigens die Gesta Boxnaiiorum ^) benutzt^ 
wo die £rz&hliiDg das 80. und in etwas anderer Fassung das 
127. Gapitel bildet. (Vergleiche auch Dnnlop p. 200 b nnd 
p. 311b.) 

Die Ereignisse stimmen hier sftmmtlich überein, nnr 

ist die Reihenfolge eine etwas andere, nämlich wie folgt: 
Bei Parneli folgen die Ereignisse; 

I. Entwendung des Bechers; 

II. Der Geizige erhält den Becher; 

III. Das Kind des wohlthätigen Mannes wird erwttigt; 

IV. Der Führer wird in den Strom gestttrzt 
Bezeichnen wir die Ereignisse in den Gesta ihrer Reihen- 
folge nach, so ergiebt sich folgendes Bild: 

1=111; 2 = 1; 3 = IV; 4 = 11. 

Zum Schluss sei noch bemerkt, dass es für Parneli viel 
näher la<,', aus den -t;i Ronianoruni zu schöpfen, weil sie 
zu Ende des XVii. Jahrhunderts mehrmals in England ver- 
OffentUcht wurden, (cf. TL Grässe, Gesta Eomanoram.) 



Us enigmes, (chap. XX.) 

Beschämt folgte Zadig dem Gebote des Engels ; er kommt 
gerade an dem Tage nach Babylon, au welchem der beste 
Kampier auch eine Probe seines Verstandes ablegen soll, an 
welchem die Bäthsel gelöst werden sollen. Mit Ehren wird 
Zadig aufgenommen, und auf seine Versicherung hin, dass 
er ebenso wie ein anderer gefochten habe, dass aber ein 



0 Gesta Eomanorum, dttutsch von Th. Qrftaee. Dresden, 1S43. 



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anderer Kämpfer seine ROstuii^ tra^e, wird ihm gestattet, 

sich am Lüsen der Räthsel zu betheiligeii. 

Itobad sagte, dass ein Mann, wie er, sich nicht auf 
Räthsel verstünde, und dass es ihm ^enü^e, durch schweren 
Kampf als Sieger hervorgegangen zu sein. Zadig allein löst 
die Räthsel, als erstes : die Zeit, als zweites: das Leben, und 
dann andere, die nicht näher bezeichnet werden, über die 
Gerechtigkeit, Aber die Kunst, zu regieren etc. Zadig er- 
räth alle. 

Hierauf beweist er durch einen Zweikampf und die 
Aussage Cadors, dass er der bessere Kämpfer von beiden 
und der wahrte Besitzer der weissen Rüstung»: ist. Er wird 
zum König ausgerufen und herrscht zum Glück und Segen 
seines Landes. 

Die Herausgeber der 1001 Nacht, Breslau 18B6, geben 
folgende Quellen an: t Xm pag. B25: 

«Gesdiichte des weisen Hycar;'' (Nacht öei'-öed): 

„Voltaire hat wahrscheinlich diese sehr alte Erzählung 
gekannt, und Zadig, unter dessen Namen er alles, was 
ihm von arabischen Ueberlieferungeu l)fk;iinit gewurrlen, 
vereinigt zu haben scheint^ erräth beinahe ähnliche Uäthbel 
wie Hycar.-' 

Ich glaube, dass diese Annalime doch nur durch eine 
ganz äusserliche Ueberelnstimmung hervorgerufen worden 
ist, denn die einzige Aehnlichkeit zwischen beiden Erzäh- 
lungen besteht darin, dass überhaupt Räthsel geldst werden. 

Zudem bezeichnen die Herausgeber der Ausgabe Breslau 
die Geschichte des weisen Hycar als bei Galland nicht vor- 
handen, und ^'oltaire dürfte sie auch nicht gekannt haben. 
l>as Lösen von Rätliseln hndet sich in arabischen Märchen 
häufig, und unserer Geschichte am nächsten kommt die Er- 
zählung vou der schönen Turandocte,') eine Erzählung, die 
ja durch Schillers Bearbeitung eines Lustspiels von Gozzi 
als „Prinzessin Turandof* zur Genüge bekannt geworden 
ist. Während der weise Hycar, nur um seine Weisheit- 

') Petits do la Croix, 1001 jours. Paris 1710 — 12. j. 45 suiv. t, IT. 
p. €7 fr TTi tnirp du prince talnf et dö la pruicesse de la Chine. Die 
betreti(»n(le äteii« t. IL j. 72. p. 267 f. 



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— Ga — 



glänzen zu lassen und um seinen König zn retten, schwierige 
Fragen auflöst, ist hier die Situation eine ganz andere. 
Calaf sowohl als Zadig wollen durch die Ueberlegenheit 
ihres Geistes ein geliebti^s WeAh t^rringen, was ihueu auch 
glücklich gelingt. Endlich dürfte noch angeführt werden, 
dass zum mindesten die ersten Käthsel, welche Hycar richtig 
löst, im Gmnde genommen, Bilderr&tbsel sind, denn der 
König umgiebt sich mit seinem Hofstaat und fragt dann, 
wem er und diese Versammlung gleiche, dieses wiederholt 
sich zu verschiedenen Malen, dann erst folgt das B&thsel, 
auf welches Hycar die Antwort ertlieilt, es sei das Jahr ge- 
meint. Die Aehnlichkeit ist demnach nur gering. 



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ScUusswort. 



Fassen 'Wir die Resultate der yorliegenden Untersacfaniigf 
kurz zusammen, so ergiebt sich : 

Cap. I. Le borgne. Lehnt sicli an Capitel II an. 

Cap. II. Le nez. Nach XOltaiie selbst der Description 
de ia Chine des P. Duhalde entnommen. 

Cap. ni. Le cbien et le cbeval. Geschöpft aus Mailly^ 
wieFreron zeigt. 

Cap. IV. L'envienx. Das Büd des Geizigen ist yieileicht 
aus der Areadia des PMlip Sidney geschöpft 

Cap. VII. Les disputes et les audiences. Zum Theil 
Swift nachgeahmt (Gullivers Reisen, Cap. IV). 

Cap. IX. La femme battue. Moliere's „Le medecin malgie 
lui" entlehnt. 

Cap. X. L'esclavage. Zum Theil aus den ]j abein des 
Bilpai geschöpft. 

Cap. XIL Le souper. Nachgebildet der Fabel von den 
drei Ringen; die Einwirkung von Swifts Erzählung von der 
Tonne und Fontenelles M^ro und Eaegu wird aus Voltaires 
Werken selbst nachgewiesen. 

Cap. Xin. Le rendez-vous. Nachj?eahmt der Geschichte 
der schonen Aruja (lUOl. Tn^, 158 'rag- ) 

Cap. XIY. La danse. Nachgebildet Gullivers Reisen, 

Cap. n. 

Cap. XVin. Le basilic. Entnommen der Geschichte des 
griechischen Königs und des Arztes Duban, 1001 Nacht, 12. 
Angezeigt ebenda» Breslauer Ausgabe, pag. 806. 

Cap. XIX. Les combats. Entlehnt Ariosts Rasendem Ro- 
land. Angezeigt von La Harpe und Dunlop. 

Cap. XX. L ermite. Nachgebildet Thomas Parnell. An- 
gezeigt von Freron, G. Paris und Littre. 



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— 6ß — 



Cap. XXI. Les »^iiigmes. Quelle nicht die Geschichte 
des weisen Hycar. sondern die von der Prinzessin Turandot. 

Vom Verfasser selbst aufgefunden sind die Quellen zu 
Cap. IV, VII, X, XII, XIII, XJV und XXI; die übrigen 
Capitel sind mit £rläaterung6D und Zusätzen versehen 
worden. 



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Lebenslauf. 



Ich, Friedrich Wilhelm ^?eelt' (evangelisch-lutherisch), biu 
geboren am 17. Dezember 1862 za Bodenbach in Böhmen 
Meinen ersten Unterricht genoss ich in der protestantischen 
PriTatsclinle m Bodenbacb. Von 1878 — 81 besuchte ich die 
Rea3schnle II. Ordnung zu Pirna, welche ich mit dem Beife^ 
zengniss für den Einjährig-Freiwilligendienst verliess. Da 
die grosse Schwäche meiner Augen eine zu grosse Anstrengung 
(lersL'll)eii bedenklich erscheinen Hess, so ging ich nach Lau- 
sanne, um die frauzüsi^^che Spi n r-he praktisch zu erlernen. Ich 
blieb daselbst von Ostern 1881 bis Herbst 1883 und besuchte 
während dieser Zeit die dortige Academie. Angeregt durch 
Herrn Professor A. Maurer beschloss ich, mich dem Studium 
der Neueren Sprachen zu widmen. Ostern 1884 trat ich in 
die Oberprima des Annen-Beal-Grymuasiums zu Dresden ein 
und Terliess diese Anstalt Ostern 1885 mit dem Zeugniss 
der Reife versehen. 

Ich bezog die Universität Leipzig, woselbst ich bis Ostern 
1889 immatrikulirt war. 

Ich hörte die Vorlesungen der Herren Professoren und 
Doktoren : 

Biedermann, Ebert, Heinze, Hildebrand, Kögel, H. Koerting, 
Mafdus, Schirmer, Settegast, Techmer, Wolff, Wfllker, Wund 
und Zamcke. 

Es war mir durch die Freundlichkeit der Herren Pro- 
fessoren Ebert, H. Koerting, Settegast, Wülker und Zarncke 
vergönnt, an den Uebungen der von ihnen geleiteten Gesell- 
schaften theilzunehmen. 



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- 68 — 



Allen diesen Herren, namentiich den Herren Professoren 
Ebert und Koerting, deren Heimgang vir schmerzlich be- 
traueim, sage ich meinen besten Bank. Wie schon im E2in- 

gang bemerkt, habe ich auf Anregung des Herrn I 'rofessor 
H. Koerting die vorliegende Arbeit unternommen : in der 
liebenswürdigsten Weise liat er mich bei derselben unterstützt 
und mir mancherlei werthYolle Fingerzeige gegeben. Stets 
werde ich ihm ein dankbares Andenken bewahren. 



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C)igitjijHby Google 




X. 




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