Voltaire's
roman Zadig,
ou, La
destinee: eine
Quellenforsc.
Wilhelm Seele
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VOLTAIRES ROMAN
ZIOKJ Oü LA DESTIÄ
EINE QÜELLENFüRSCHUN<
INAUGURAL-DISSERTATION
DER
HOHEN PHILOSOPHISCHEN FAKULTÄT
DER
UNIVERSITÄT LEIPZIG
ZUR
ERLANGUNG DER DOKTORWURDE ■
VORGELEGT VON
WILHELM SEELE
AUS IJODKNHACH i/H.
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LEIPZIG-REUDNITZ
DRÜCK VON OSWALD SCHMIDT
1891.
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VOLTAIRES ROMAN
ZÄDiG ou LA mmtl
EIN£ QU£LLENFOBSCHCNG.
INAÜGURAL-DISSERTATION
OER
HOHEN PHILOSOPHISCHEN FAKULTÄT
UNIVERSITÄT LEIPZIG
ZUR
ERLANGUNG DER DOKTORWÜRDE
voBOBLiaT ras
WILHELM SEELE
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AUS BODENBACH i/B.
<S2>
LEIPZIG-REUDNITZ
DRUCK VON OSWALD SCHMIDT
1891.
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Vorwort
Die vorliegende Abliandiiuig ist der erste Theil einer
grösseren Arbeit, welche ich sobald als möglich zu veröffent-
lichen gedenke.
Angeregt durch Herrn Professor Heinrich Koerting, begann
ich im vorigen Jahre eine Untersuchung der Voltaire'schea
Bomane auf ihre Quellen hin. Es ei^b sichi dass Voltaire
die StoflTe zu denselben meist anderen SchrütsteUern entlehnt
hat> nnd namentlich für den hier behandelten Boman ,,Zadig"
finden sich nur wenige Capitel, die Voltaire selbst angehören.
Leider war ich durch Familienverhältnisse gezwungen, während
des Sommersemesters zwei Monate von Leipzig abwesend zu
sein. Daher konnte ich meine Absicht, sämmtliche Romane
Voltaire's in einer Dissertation zu behandeln, nicht ausführen,
sondern musste mich auf Zadig beschränken.
Meiner Arbeit habe ich die Ausgabe der Werke Voltaire's
Yon LouiB Moland zu Grunde gelegt^ welche ich persönlich
besitze. Diejenigen einschlägigen Werke, welche auf den
Bibliotheken zu Dresden und Leipzig nicht vorhanden sind,
hat mein Freund Paul Sahlender die Güte gehabt, aul dem
Britischen Museum einzusehen.
Ich spreche die Hoffnung aus, dass durch die vorliegende
Arbeit die Voltaire-Forschung um ein Weniges gefördert sein
möge.
Es aei mir vergönnt^ an dieser SteUe Herrn Professor
HeinrichEoerting, der sofrüh seinen Schülern entrissen wurde, für
seine freundliche Anleitung meinen besten Dank auszusprechen.
Ebenso danke ich auch Herrn Professor Wülker für seine
freundliche Unterstützung.
Der Verfasser.
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Einleitung.
Der ßoman Zadig bietet für eine Quell enforschuDg ent-
schieden da« meiste Interesse, weil sein lulialt nur zum aller-
geringsten Theil Voltaire selbst angehört; und weil vor allen
Dingeii die entlehnten Capitel dem Werke Werth und Reiz
verleihen. Man kann dem Urtheile, welches Gasten Paris ^)
fSllt, nur beipflichten, wenn er sagt^ dass die von Voltaire
selbst erfiindenen Capitel inhaltlich nnbedeutend sind, obgleich
auch hier sein hervorragender Geist nicht zu verkennen ist.
In der That muss man zugeben, dass, Voltaire seine Quellen
trefflich zu behandeln vei*steht, denn obwohJ er den Inhalt
dei'beiben meist nicht sehr verändert, giebt er ihnen doch
ein ganz andei'es Gepräge, er sclileiit die rauhen Ecken ab,
entfernt das Unschdne nnd ei-setzt es durch Besnieres. Die
grösste VervoUkonunnnng erfahren jedoch die Quellen dnrch
den nntthertrefflichen Styl Voltaire's, der seinen Nachahm-
nngen, wie Gaston Paris an eben der Stelle sagt, noch heute
den scheinbaren Glanz der Neuheit verleiht und der den
Roman zu der angenehmsten Lektüre macht.
Unberechtigt ist das Urtheil Fr^rons, der Voltaire 1)6-
schuldigt, er habe sich in sklavischer Weise an seine Vorbilder
gehalten. ^) Voltaire verleugnete das Werk, wie so manches
Gaöton Paris, L'ange et l'ennite. ctudo Hvir une legende reli-
gieuso. „Lea chapritres qui n'ont pas cetto origine Joiiitaine, ccux qui
sont paititi de ia seule invention do Tauteur se font lemarquer par
Vixuiignifianoe de lenr fond : on j tionve toujours de Tesprit, souveni
m&ne ime obsenratioii morale pliu fine et plw libre quo dans les
autres etc." L'Acad^mie des IsscriptioiiB et Bellefr-Leitres. Ann^ 1880.
I^iaatriäme a^e t Vin p. 437. Oompte renda de la stoce du
18 novembie.
>) Fr^on, Annäe litli^raire 1767. t I. p. 150.
L*id^ qm fait le m^te de ce chapitre, (Le chien et le cheval
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andere, doch blieb sein Incognito nicht lange gewahrt» und
schon am 10. October 1748 schrieb er an D'Argental: ,Je
serais trös fache de passer poui' rauteiir de Zadig, qivon vent
decrier par les iaterpr6tation? les i)lus odieiises et qn'on ose
accußer de contenir des (lo^mes temeraires conti'e üolre
sainte religion. Voyez (luelle apparence!^)
Man glaubte anfänglich, da« Werk sei aus dem Eng-
lischen Ubersetzt, obwohl man sich gestehen musste, dass der
Charakter des Bomans kein englischer sei. So schreibt der
Abb6 Baynal:^) „Le roman intitul^ Zadig, qui faisait d'abord
peu de brnit, en fait maintenant beancoup. II est certaJn que
cet ouvrage est traduit de l'auglais, et persouue iie doute
que M de Volt{iii*e en ^^oit 1e tradnctenr. II est c.ertain
iiialj,ae cela, que cet ouvrage u eat pas daus le gout anglais
ni dauä le genre de VoXtaire.^^
Der Mercnre de France betont zwar nicht gerade die
englische Herkunft des Bomans, aber er spricht doch yon
Nachahmungen und stellt schliesslich die Frage auf, ob der
Roman auch wirklich aus nur einem Kopfe entsprungen
sei. Er schreibt :
II se trouve dans ce livre (Zadigj piusieurs priucipes, qui
ne seront pas approuv^ g^n^ralement, mais on y d^ouvre
beancoup de g^nie et d'invention, et Tautenr a le secret
de paraitre originel, m^e lorsqu'il n'est qu' imitateur.
Son styl est naturel, peut-etre qnelqnefois neglige, mais
toujours vif et agr^ble, Son höros est un philosophe
charmant, qui Joint aux lumiöres que fournit Tetude, toutes
les grfices qu'on puise dans le conunerce (in o^raiid monde.
On attribue cet ouvrage ä un de nos plus fameux poetea
et uous sommes du moins certains qu'il ue peut-etre que
chap. III) et d'apres laquello on n'aiira pas manqnc d'admirer eiicore
la prodigieuse fecondite do rautour <le Zadig, est servilement empruutee
d'un de ces ouvragos rju'on no lit plus otc.
1) Moland XXXVl pag. 534.
s) Glimm und Diderot» Gorrosp., ed. Toumeiix t. I. p. 231. Fax»,
Garnier, 1878.
>) Hercnre de France Not. 1718. pl 189*
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— 9 —
d'uii homme extremement Fiiperieur et d'un tres bei esprit.
Peu ne s'en laut meine que noiis ne aoyons teiites de
sottpQonner qu'une seule tete n'a pas cr^e tout ce qu'on
aper^t de neaf dans une fiction si ing^meuse.
Man muss sich wnndeni, dass die zablreieben unverkeniir
baren Anklänge an Tausend und eine Nacht und Tausend
und einen Tag, sowie überhaupt an orientalische Stoffe nicht
sofort bemerkt wurden und man möchte sich beinabe zu der
M(Mninif2: hinneig-en. dass die Werke eines Gaüaud und eines Petit
de la Croix doch nicht mehr so genau bekannt waren. Nicht
einmal Freron, der sich keine Gelegenheit entschlüpfen liess,
Voltaire als Plagiator hinzustellen, ist auf diese ergiebige
Fundgrube gestossen. Auch Gullivers travels, die durch die
Uebersetzung von Desfontaines, 1727, bekannt waren, ge-
währen mancherlei Quellen.
Erst La Haipe^) und später Dunlop^) gingen etwas
näher auf die (Quellen ein.
Den Ursprung der Capitel: „Le chien et le cheval"
') La Harpe, Lj(i6e ou cours de litterature, edition 1825. t. XVI.
pag. 299. (NB. Ich habo nur die Ausgabe von 1817 benutzen können;
dort findot Bich die Stelle t. XIIT. p. 361 für die obenaugefübrte.)
cfr. Molan<l. t. XXT. p. III. uoto 1.
Ce n'mt pas que dans Zadig il n'ait ompnint*' d'ouvrages connns,
le fond dü plusieurs chapitres : de 1' Arioste par excmple celui de rhomme
aus armes vertes, des Mille et un Jours celui de rermite etc.
s) Jobn Dunlop's Goscbichte der ProfittdichtuDgen, denlselL von
F. liebreeht, Berlin 1851. pag. 40t
Auch den Unprang fast jeden Gapitek im Zadig kann man leidit
nachweisen, so stammt die Geschichte Le Nes (diap. %) aiu der Ge-
schichte der Matrone Ton Ephesos ; im Aiiost (e. 17. 17) findet man
Les combats oder die Geschichte des Mannes in grüner Rüstung, und
in einer der Contes devots. die gegen Ende des Romans befindliche Er-
zilblung TErmite (chap. 20) Le c^en et le cheval (cbap. 3) ist die Auf-
suchung des Cynogefore in den Soirees Brotoniies des Gueulett«, der es
einem italienischen Werke Peregrinaggio de Tre Figlinole dol Ko de
Serendippo ontlieh. TTrsprünglich jedoch findet sich diese Geschichte in
einem arabischen V"v er ko des dreizehnton Jahrhunderts, betitelt Nighiaristan,
welches geschrieben wurde, um den Scharfsinn des arabischen Volkes
zu 2&eigen.
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— 10 —
vnd „L'Ermite*' hatte bereits Fr^ron^) nachzuweiBen yerancht,
um so befremdlicher klingt daher da« Urtheil eines vurtreff-
lichen Voltaire-Kenners aus neuerer Zeit.
Desnoiresterrea nämlich sagt: Le fond de Zadig est
emprunte ä TAnglais Thomas ParueU, qui l'a emprunte aux
homelies d'Albert de Padoue, mort en 1713, lequel en a
trouv4 le gerne dans noe fabliaux. ^)
Dieser Aufispmcli Desnoiresterres' ist, insofern er den
ganzen Eoman von PameU entlehnt wissen will, unrichtig
nnd gilt nur l^r das Capitel ,»L'Ermite.*^ Wie schon bemerkt,
hatte Freron lur das Capitel ,,Le chien et le olieval" auf.
eine andere Quelle hingewiesen und auch sonst landen sich
hie und da Andeutungen über (^neiien, wenn sie auch nicht
immer richtig sind. Die MittheiUmg Desnoiresterres' aber
beruht auf einer ungenau zitii ten Stelle bei Littr6 in seinem
Werk: „Etudes sur les barbares et le moyen äge, «erste
Auflage, Paris 1867, vierte Paris 1883, pag. 392.
Es wird bei dem betreffenden Capitel, soweit es der
Kähmen dieser Abhandlung gestattet, über diesen Irrthum
gesprochen werden.
Zadig erschien, wenn auch noch niclit in seiner voll-
kommenen Form, 1747 unter dem Titel: Memnon. Der
Eoman, welcher jetzt diesen Namen fübi't, Meranon ou la
sagesse humaiiie, steht zu dem unsrigen in keinerlei Be-
ziehung.
Longchamp,^) der Sekretär Voltaire's, berichtet, Voltaire
habe den Boman bei zwei verschiedenen Druckern zugleich
drucken lassen uu^i zwar so, dass der eine die ei-ste Hälfte
und der andere den Schluss druckte; es ist dies aber ein
Märchen, denn es existirt nach Beuchot^) und Beugesco^)
1) Fr&ron, Ann^ Utteraire 1767 t. T pag. 30. 145.
-) Desnoiresterres, Voltaire et la societ6 fi'an9ai8e au XVlJle si^de.
t. III. p. 146. note 1 (Voltaii-e a la cour).
3) Longchamp, M^moires aur Voltaire, 1826, 2 vol. in 8" t. IL
p. 154
^) Beucliol, Vorrede zu Voltaires Koiuaneu, Mfilund. t. XXI pag. IX.
3) Bengesco, Voltaire. Bibliographie de sea (Euvres. Paris 18Ö2.
t I. p. 437.
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— 11 -
kein iäcemplar, welches Longchamp bestätigte. Ueber die
EntBtehimgageschichte des Bomaiis cfr. Lonchamp an der
angeführten Stelle.
Zadig erfuhr anfangs, namentlich als man den Verfieusser
noch nicht kannte, eine ziemlich lierbe Kritik.
So schreibt Raynal:*) „Zadig-, on la destinee, histoire
Orientale, est un roniaii nouveau qni merite queique atten-
tion. II n'y a point d'intöret ; ce sont des contes de quel-
ques pagee, d^taches les uns des autres» et qoi sont ex-
trömement froids. Point d'instraction; ces contes ronlent
sur des matiöres frivoles on sm* quelques objets de morale
superficiellement trait^ Point de sentiment. Je ne me
sonviens pas d'avoir gu6i*elurien d'anssi sec; peud^esprit;
les pensees y suut rares et uieuie fort communes. II regne
en revanche, dans ce petit onATajj^e une corrertion de style,
un naturel d'expressiou, un respect pour les iiKeiirs et poiir
le culte regu, qu'on n'avait vu depuis lougtemps dans aucun
liyre de ce. genre.
Les gens du monde, les femmes principalement, en font
pen de cas; les vrais connaisseurs et les gens de mutier
en pensent beaucoup plus avantageusement On ne sait
k qui attribuer ce roman, parce quMl ne ressemble, pour
la maniere, ä aucun de ceux qui out pai u jiisqu'ioi.„
Das ist freilich eine harte Kritik und stimmt nicht mit
der der späteren Beurtheiler iibereiu. Wie ganz anders
urtheilt doch Gaston Paris in der vorhin angeführten Ab-
handlung, wenn er Zadig als le plus aimable des romans de
Voltaire bezeichnet.
Auch änderte sich die Beurtheilung sehr rasch. Eine
philosophische Betrachtung des Komans habe ich nicht zu
geben versucht, da ja, wie Mahrenholtz sagt, Hettner^ dies
schon in uiiiibertrefflicher Weise für VoltaireB philosophische
Anschauung im aligemeiueu gethan und Mahi:euholtz ^)
<) Correapondence litt^raire, philosophique et critique par Grimm,
Diderot) Baynal, Heister etc. p. M. Toumeaz, Paais 1878. t. L p. 216.
R. Hettner, Geschichte der fianzOsiBchen Litteratur im 18. Jahr-
hundert» pag, 178 und pag. 238—248.
Mahreoholts, Voltaire* Studien, Oppeln 1882, p. 138. 137.
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— 12 —
Hettncr's Bemerkungen noch einige Ausführungen beigefügt
'hat Auch von einer Analyse des Romans habe ich absehen
müssen, da es beinahe unmdglich ist, den Inhalt audi nnr
•einigermassen gedrängt wiedeizngeben; es gilt hier das
Nämliche, was Hettner^} von GnlUver's Beisen sagt: Es ist
schwer, ja unmöglich, ein treffendes Bild dieses Baches za
geben. „Es ist . . . nicht eine in sich zusammenhängende
Erzählung-, sondern eine Keihe l)unt aneinan(ier geknüpfter
Schildenmf>:en, in denen das (lämiriernde Zwielicht tliatsäch-
iicber Wirklichkeit und märchenhafter Wanderwelt reizvoll
in einander schillert"
Ich habe vorgezogen, jedes Capitel einzeln, soweit als
thanlich zn aaalysiren, and habe dabei auch diejenigen Capitel
der besseren Uebersicht wegen ganz korz behandelt, bei
.denen die Einwirkung fremder Stoffe nicht nachzuweisen ist.
Le borgne (chap. l.)
Dem Boman ist eine parodirte Druckerlaubniss voraas-
geschickt,- woran sich eine scherzhafte Dedikation des Werkes an
dieMarqoise von Pompadour anschliesst, welch letztere unter
dem Namen der SultaninSheraa^) bezeichnet wird. In dieser
Zueignung ahmt Voltaire den blühenden Styl der Orientalen
nach und g-iebt vor, den Roman aus dem Aral^ischen über-
ssetzt zu haben, was Grisebach zu der Annahme veranlasste,
Voltaire habe seine Leser Uber die Herkunft des Bomans
irre führen wollen. (Siehe weiter unten.)
Das erste Gapitel, ^Le borgne,'^ giebt zunächst eine
Schilderung Zadigs, des Gerechten, der alle menschlichen
Tugenden in sich vereinigt Dieses Capitel ist, im Grunde
genommen, aus der nämlichen Quelle geschöpft, wie das
V) Hottuer, Geschichte der englischen Litteratur im 18. Jahrhundert
pag. 338.
') Moland, t. XXL p. 31. note 3.
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— 13 —
das folgende , zii weldiem en gewissennassen ein fSeiten-
stück ist In der gleich zu erwähnenden Erzählung ist
Tshuang-sön^, der Weise, schon yerheirathet gewesen nnd
hat seine Frau wegen Untrene Verstössen. Zadig ist zwar
noch nicht yerheirathet^ aher es widerföhrt ihm das gleich»
Missgeschick wie Tshoang-söng. Auf einem Spaziergange am
Euphrat (Babylon ist der Schauplatz der Erzählung) wird
Zadig mit seiner Geliebten von einem Nebenbuhler tiber-
fallen. Durch seinen Muth und seine Tapferkeit gelinort en ihm,,
die Angreifer in die Flucht zu schlagen und so seiner (Te-
liebten Ehre und Leben zu retten. Sie schwört ihm un-
wandelbare Liebe und Treue. Zadig ist schwer verwundet
worden, und ein Geschwür am linken Auge Idsst den Verlust
desselhen hefOrehten. Der gelehrte Arzt Hermes ist macht-
los; das rechte Auge hätte er zu retten vermocht^ das linke
muss verloren gehen, und Hermes sagt Tag und Stunde
voraus, an welchem dieses traurige Ereigniss eintreffen
muss. Zwei Tage darauf barst das Geschwür von selbst,
und Zadig wurde vollständig geheilt. Hermes sclirieb ein
Buch, worin er bewies, dass das Auge hätte verloren gehen
müssen, Zadig las es nicht, sondern eilte zu seiner Geliebten»
Unterwegs eifiihr er,, dass diese Dame, da sie einen unübeiv
windlichen Abscheu gegeii Einäugige hatte, sich am nämlichea,
Tage mit Orcan, dem Nebenbuhler Zadigs, verheirathet
hatte.
Le nez^) (chap. iL)
Der Grundgedanke in diesem Gapitel ist, wie schon be-
merkt, der nämliche wie im vorhergehenden, die Geisselung
weiblichen Leiclitsinn.i. Wenn man gewöhnlich zu sagen
pflegt, 2; diese Erzählung «ei der „Wittwe von Ephesus" des.
1) Moland, t. XXI. p. 35.
^) Bunlop, G««chiohte der FroBadiobtung«!, dentach von F. Liebreoht^
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— 14 -
Petronius ^) nachgebildet, so hat dies nur insofern eine
Berechtigung, als die letztere Erzfthinng grundlegend für die
meisten späteren Weiterbildungen im Occident geworden ist
Toltaire schätzte die Satirae des Petronius sehr hoch, denn
€r sagt:*) „II y a de« ver.s tres-Iie\in,ux dans ceite .saiire et
quelques contes tr^-bien faits^ surtout celoi de la Matrone
Die Darsteünng Voltaire's ist ans einer chinesiflehen Be-
arbeitung genommen, Benchot^) sagt hierüber: „Le chapitre
est imite d'un conte chinois, que Durand^) a r6iraprim6 en
1803, sous le titre „de la Matrone chinoise," k la suite de
8a traduction de la Satire de Petroiie, et que Diilialde'') avait
dejä imprime dans le tome Iii de sa Description de la Chine. "
Bei Moland findet sich noch die folgende Note: „Voyez aussi
Oontes chinois traduits et publik par Abel Bemusat» Paris
1827. t ni: la Matrone du pays de Soung.^
Ansfiihrlich behandelt ist der Stoff von Eduard Grise-
bach: „Die Wanderung der Novelle von der treulosen Wittwe
durch die Weltlitteratur," 2. Autiage, Berlin 1889.
Grisebach schreibt über die Entstehung des Capitels
pag. 87: ,Zadig erschien 1747, und der Autor wiU die Er-
zählung ans einem arabischen Buche haben, das aus dem
Chaldflisehen übersetzt sei. Indess wird Dahaides chinesische
Serlin, 1861. p. 40a. 401b. LoiMlenr ]>e8l<mgcliamp8, Essai snrles fobles
indiensM, t I. p. 161 (162). Tausend und eine Nadht, Bd. Habi€ht,
T. d, Hagen und SchaU, Breslau 1836. t. XIII. p. 335.
*) Petrani-os, Satirne, cap. III. 112.
S) Le Pyrrhoninne de PUstoire chap. 14. De Patrone. Moland,
t. XXVn. p. 263.
3) Moland, t. XXI. pag. 35.
4) Tschon ang-tse et Tien ou la Matrone Chinoise in dorn lJucho :
Satirc de X'etrone, chüvalier romaiii. Nouvcllo traduction par le citoyen
Durand. Suivie de cousideraiions sur la Matrone d'Ephese et dHm
conte cbinois mr le mftme sujet, Paris 1803.
*'') Duhalde, Description de la Chine, Paris 173Ö. ed. G.
Iiemerder t. III. p. 324 f., Loisclenr Deslongchamps sitSrb t. TSL 408,
Donlop t IIL p. 405.
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- 15 ^
Version von 1735 Voltaires Quelle für das köstliche Capitel
,Le nez" gewesen sein; er zitirt das Werk der Jesuiten
Öfter in seinen den M61anges littöraires einverleibten Lettres
cbinoises ((EuTres, ed. 1784XLyiI. pag. 195 1t, bei Moland
t XXIX. p. 451 — 499). Die nenen Zlige hat dann seine
Erfindungskraft geschaffen.* Tch glanbe nicht, dass Voltaire
im Ernst daran dachte, seinen Zadig als eine Uebersetzung
aus dem Arabischen gelten zu lasnen, wenngleich der Roman
zahlreiche j^nklänge an arabit>che Erzählungen zeigt, viel-
mehr halte ich diese Angabe für eine scherzhafte, wie ja
überhaupt die Dedikaüon, worin sich diese Aeuflserangen be-
finde, niit^ht 80 ernst zn nehmen ist
Was nnn unser Capitel anbelangt^ so giebt Voltaire seine
Quelle ganz genau an. Nicht allein dass er un Sitele de
Louis XrV. Dnhalde lobend hervorhebt ; er erwähnt viel-
mehr unsere Erzählung an einer andern Stelle noch ganz
anders. Es heisst da:"'*) La Matrone d'Epliese a et^ mise
en vers par La Fontaine en France, et auparavant en Italic.
On la retrouve dans Petrone, et Petrone Tavait prise des
Grecs; mais oü les Grecs Tavaient-Ü pnse? Des contes
arabes. Et de qni les eonteurs arabes la tenaient-ils? De
la Chine. Vons la verrez dans des contes chinois» traduits
par le P. DentrecoUes, et recueillis par le P. Duhalde; et
ce qui merite bien vos reflexions, c'est que cette histoire est
bien plus morale chez les Chinois que chez nos traducteurs.
Voltaire hat sich ziemlich genau an seine Voi"lage an-
geschlossen, man muss jedoch gestehen, dasä seine Darstellung
eine durchaus humonstiscbe ist» wie ich dies in der Folge
zeigen werde.
Inhalt bei Voltaire:
ffidol« de Louis XIY. Gatalogiie de la plupart des ecrivains firan*
^ et€. Moland t XIV. p. 68.
Dulialde (Jean Babtiste), jesuite, quoiqu'il ne soit point sorti de
Paris, et qu'il n'ait point su lo chinois, a donne sur les memoires de
868 confr^res la plus ample et la raoineuro descriptlon de Tempire de
la »Chine qu'on ait dans le monde. Moi t en 1743.
^) A. du M.*** »Sur plusieure anecdotes. Molaud t. XXX.
p. 346.
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— 16 —
Eines Tages kehrt Azora, die Gemahlin Zadigs, voller
Zorn nach Hause und erzählt, sie habe die junge Wittwe
Cosrou angetroffen, als sie einen Bach, der am Grabe ihres
verstorbenen Gatten vorbeifloss, ablenken liess. Sie hatte
nämlich vei^sprochen, so lange bei dem Grabe zu bleiben, als
das Wasser vorbeiflösse. Azoras unmässiger Zorn mis^Ult
Zadig. Er beschliesst sie za prOfen; sein Frennd Gador soll
ibm behülflicli sein. Zadig l&sst seiner Gattin ndttheilen, er
sei plötsdich gestorben. Azora ranft sich das Haar nnd
schwört, sterben zu wollen. Cador kommt um sie zu trösten,
und schon am zweiten Tage zeigt sie sich seinen Anträgen
niclit abg-eneit^ft, zumal da Cador ihr mitt heilt, da&.s Zadig ihm
den grössten Theil seines Vermögens vermacht habe. Während
des Abendessens beklagt sich Cador plötzlich über heftiges
Milzstechen und sagt^ es gäbe g^en dieses gefährliche Uebel
nur ein Mittel, nämlich ihm die Nase eines Menschen, der
am Tage zuvor gestorben, auf die Seite zu legen. Azora
begiebt sich mit einem Basirmesser in das Grabgewölbe.
Zadig- erliebt sich, und indem er mit einer Hand seine Nase
hält, mit der anderen das Messer abwehrt, ruft er: , Madame,
ereifern Sie sich nicht so gegen die junge Cosrou, denn die
Absicht, mir die Nase abzuschneiden, ist mindestens eben so
edel, als die, einen Bach abzulenken.
Inhalt bei Grisebach:
Der Schlüer Lao-tsze's, Tschuang-söng, traf einst auf
dem Kirchhofe eine Frau, welche über einem frischen Grabe
ihren Fächer ohne Unterlans hin- und herschwang. Befragt
sagte sie, ilir vorstui'bener Mann habe sie gebeten, nicht
elier wieder zu heiratheii, als bis die Erde seines Grabhügels
trocken geworden sei. Sic .suche nun durch Fächern nach-
zuhelfen. Der Heilige liess sich den Fächer geben, schwang
ihn über dem Hügel nach den Vorschriften der Tao- Lehre
und sofort wurde die Erde trocken.
Mit dem ihm zum Andenken geschenkten Fächer kehrte
er nach Hause zurück und ei'zählte die Geschichte seiner:
Frau Tiän-schi. Diese 'zerbricht empört den Fächer und er-
klärt, gäbe nur Wenige, die dem gefühllosen Weibe glichen,
die selbst würde, wenn sie Wittwe werden sollte, es zeitlebens
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— 17 -
bleiben. Tschuang bezweifelt es. Nach einiger Zeit wird er
krank und stirbt. Tiftn*schi ist in aufrichtige Traner yer-
snnken. Am siebenten Tage langt ein junger Prinz, Mher
Schaler ihres Gatten, an, von einem alten Diener begleitet.
Sie trauern zusammen. Nach und nach verliebt sie sicli in
iliu und bietet ihm durch den alten Diener die Ehe an ; nacli
langem Zögern des Prinzen wird endlicli der Hochzeitstag
festgesetzt. Der Sarg des 'J'odten wird nun aus der Prunk-
halle in eine verfallene Hütte hinter dem Hause getragen.
Am Hochzeitsabend fällt der junge Gratte ohnmächtig zu
Boden. Der Diener sagt, nur das in Wein gekochte Mark
aus dem Hirn eines Menschen, der noch nicht 49 Tage todt
sei, könne ihn retten. Die Frau geht mit einem Beil an den
Sarg ihres ersten Gemahls. Als sie aber ein Stück vom
Deckel abgeschlagen, hört sie die Leiche seufzen, und alsbald er-
wacht Tschuang-söng zum Leben. Sie ist zuerst sehr erschrocken,
als sie aber, mit ihrem Gemahl in das Wohnzimmer tretend,
weder den Prinzen noch den Diener erblickt^ kehrt ihr Muth
zurück, und sie weiss nun ihres Gemahls Fragen schlau zu
beantwoHen und heuchelt grosse Freude über sein Wieder-
aufleben. Er thut anfangs als glaubte er ihr, dann aber
reckt er seinen Finger aus und der Prinz und sein Diener
treten plötzlich ins Zimmer. (»Sie gingen von 'rschuang-söng
aus, der sich selbst in zwei theilte, indem <*i- das (lesctz von
der Theilung in Schatten und Wesen anwandte.") JJa er-
kennt die Frau, dass ihr kein Ausweg blieb, reisst sich den
gestickten Gürtel ab und hängt sich selbst. Tschuang-söng
aber singt .ein tieisinnig - pessimistisches Lied, sich mit der
Flöte begleitend, dann zerschmettert er diese, legt Feuer
an das Haus und wandert nach dem Werten und heirathet
nicht mehi*^)
>) Eduaird Grisebach, der die üebeneitaaiig des Paten D^EntrecoIles
ala kaum mehr ale eine Paxapbraae beaeichnet (pag. 20 dee obeng«-
nannten Werkes), hat auch eine genaue üebeieetaung ina Deutsche
herauflg^ben: „Die treulose Wittwe,^ «ne chinesische Novelle,
deutsch nach dem Asiatic Journal 1863» von Eduard Qriaebach
Berlin, 1886.
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— 18 —
Vergleicht man diese beidt n Erzählungen mit einander,
BO muss man zugeben, dnss die Dartitelliuigsweise bei Voltaire
die bessere ist W&hrend Tschuang:-85ng wirklich zu sterben
scheiiit nnd nur wie durch ein Wunder vam Seheintode in
dem Augenblick erwacht» als seine Frau im Begriffe steht,
ihm den Schädel zu spalten, wissen wir von Zadig, dass er
seine Frau nur auf die Probe stellen will und sind deshalb
um sein Schicksal unbesorgt. Ebenso erspart uns Voltaire
das Imssiiche Bild der sich erhängenden Frau; Azora, heisst
es, wurde einige Zeit nachher Verstössen, weil der Umgang
mit ihi" allzu beschwerlicli geworden war. Seiner Neigung saar
Satire hat Voltaire auch hier freien Lauf gelassen und m
diesem Zwecke das wunderbare Heilmittel eingeführt : «Yoilä
un Strange remöde, dit Azora. — Pas plus Strange, r^pon-
dit-il, que les Sachets du sieur Amould contre Tapoplexie.*
Hierzu kommt folgende Anmerkung Voltaires: II y avait
dans cetemps un Babylonien, Uiiiiiuie Arnould, qui Laierissait
et prevenait toutes les apoplexie«, dans les gazettes, avec
un srcIk t pendu au cou.
Z. B. Mercure de France 1747, f^vrier p. 115 f.
Le chien et le chevaL ^) (chap, Iii.)
Das Annto litt6raire beschuldigt Voltaire in gehässiger
Weise, das vorstehende Capitel einem französischen Autor
entnommen zu haben ; es schreibt :
Vous avez evidement prouve. ^Monsieur, que le chapitre
de l'Ermite de Zadig est copie trait pour trait de l'Ermite
de Thomas Pamell Je crois que je ne vous ferai pas de
peine en vous decouvrant un auti'e plagiat du meme auteur
que j'ai trouve dans le meme roman de Zadig; c'est le
chapitre intitul^ le chien et le chevaL Je suivrai Totre
1) Moland XXI. p. d7.
Fr^rcm, Aasige litt^ire, 1767 I. p. 146 s. LeUare YIL Atttre
plagiat de M. do Voltaire k Pautmir de ces feuilles.
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- 19 -
m^thode, Monsieur, et je transcrirerai d*abord le texte de
M. de Voltaire.
Es folgt nun der Text bis pas:. loO. Hier lieisst es weiter:
L'idee qifi fait le nierite de ce chapitre, et d'apres laquelle
on n'aiira pas manqu6 d'admirer encore la prodigieuse
fecoiidite de Tattteur de Zadig, est servilement empruntee
d'an de ces ouvrages qtt*on net lit plus; mais Mi de Vol-
taire lit tout avec Intention et avec fruit« particuli^ment
lea liyres qm paraissent tout k fait oubli^s. Dans oe
nombre eet un roman dans nn senl volume in 12^, iinprime
en 1617 (1719, mhon Moland weist auf diesen Fehler hin)
sous le titre : ..Le voyage et les aventures des trois princes
de Sarendip, traduits du persan." II a foiülle cette mine
incoimue ; ii en a tire la pi^ce precieuse, qu'il a enchaas^e
dans Zadig, 11 a mis seulement k la place d'un chameau
un chien et un cheval, grand et sublime 6iort d'imagination.
Lisez, Monsieur» et jugez. *
Folgt der Text
Es wird nun meine Aufgabe sein, zu untersuchen, in
welcher Weise Voltaire seine Yorlao^e bearbeitet hat. Vor-
erst mögen hier einige andere Beiütikungen Platz finden.
Wenn das Annee litteraire Voltaire als Plagiator liinstellt,
so befindet es sich im Unrecht, denn das französische Werk
ist eine Uebersetzung aus dem italienischen unter dem Titel:
Peregiinaggio de tre figliuoli del Be di Serendippo per
Opera di Christoforo Armeno deUa Persiana nell* Italiana lingua
trasportato. Venezia 1584 % Femer findet sieh die nftmliche
Erzählung bei Gueulette in dessen „Soirees bretonnes,* der
das erstgenannte Werk benutzt hat. Ueberhaupt gilt hier
das Nämliche, was man allen weitverbreiteten Stotfen ein-
räumen muss, sie sind Gemeingut, und es muss jedem Autor
gestattet sein, sich derselben bedienen zu dürfen, ohne des-
halb den Vorwurf des litterarischen Diebstahls auf sich zu
laden. ^) Wenn die Benutzung einer QneUe, wie die unsrige,
') Dunlop., paf». 410 b.
2) Dunlop., p:ig. 410 1).
3) Ueber das sonstige Auftreten des Stoffes cfr. Dimlop, p. 212, 401,
410 b, 487 Amukg. und 282 j. Hier ist alles Nöthige iii Bezug auf
2*
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— 20
ein Diebstahl sein soll, ein wie .schwerer Vorwurf würde dann
Wilhelm Hauff treffen, der in seinem ,,Abner der Jude, der
Nichts gesellen bat,* Voltaire fast wörtlich übersetzt.
Wie Übrigens Voltaire^) über das Kecht der Benutzung
fremder Stoffe dachte, erbellt am besten ans seinen eigenen
Worten: er sagt nämlich, nachdem er einen Vergleich
zwischen der PJrzälilung von den „drei ßingen,'' Swift's Er-
Zählung von „der Tonne," „der Mero und Enegu" von Fonte-
nelle gezojren hat:
„Ainsi presque tont est iuiitation. L'idee des Lettres
persnnes est prise de celle de rEspioii turc. Le Bo'iardo a
imite le Fulci, l'Ahoste a imit6 le Boiardo. Les esprits les
pIns originaux empmntent les uns des autres. Michel Cer-
vantes fait nn fou de son Don Quichotte; mais Koland estr
il autre chose qu'nn fon? II serait difißcile de d^cider si 1a
chevalerie en ante est plus tournee en ridicule par les peintiires
grotesques de Cervantes que par la feconde iiiia5rinat}ün de
VArioste. Metiustase a i)ris la plu])art de <e< uperas dans
nos tragedies fran^jaises. Plusieurs auteurs anglais nous ont
copite et n'en ont rien dit 11 en est des livres comme du
feu de nos foyers; on va prendre ce feu chez son voisin,
onPallumechez soi on le commnnique ä d'autres, il appartient
ä tOUB.*
Quelleai angeführt. Wenn es übrigens in der ßrealauer Uebersetzung
der »Täusend und eine Nacht" heisst (XIII. p. 319, ed. 1836) : sdnclite
des SultanB von Yemen und seiner drei Söhne (XI. p. 3 N. ööH). ,Ist
nachgoahnil von Voltaire, wie Zadig ein Pferd und einen Hund be-
schreibt, oliiie sio gesehen zu liaben," so darf dies um in Bfzug auf die
Erzählung ülx rliaupt gelten, nicht aber auf die hier speciell angeführte
Geschichte, denn es hoisst ausdrücklich in der Vorrode des 11. Bandes:
Die Erzählungen dieisea Bandes hat zuerst Jonathan Scott aus dem
arabischen übersetzt und dieselben im sechsten l ande seiner im Jahre
lAll gedruckten Auegabe der engUschen Uebersetsung von Galland^e
Arbeit als deren Ergänzung beigefügt.
Ich fBhre dies deshalb an, weil die Erzählung hier viel besser und
weniger anstSsaig erscheint, und Voltaire seine Darstellung recht gut
nach dieser gemacht haben kOnnte.
Yoltaize, Lettres pbilosophiques. Lettre XZII.
Sur H. Pope et quelqes autres poStes fameuz. Moland , t. XXII.
p. 176. :
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— 21 —
Was den Vorwurf anbetiifft, Voltaire habe sieh in knech-
tischer Weise an seine Vorlage gehalten, so wird die nan
folgfende Untersuchung leicht die Unwahrheit dieser Behaup-
tung nachweisen.
Inhalt bei Voltaire:
Als sich Zadig eines Tages in einem Wäldchen erging,
begegnete er einer Schaar Eunuchen, welche voller Unruhe
etwas zu suchen schienen. Einer von ihnen fragte Zadig, ob
er nicht den Hund der Königin gesehen hätte. «Es isf'eine
Hündin, kein flund, antwortete Zadig, es ist ein kleines
Wachtelhundchen, das vor Kurzem Junge geworfen hat, es
hinkt auf dem linken Vorderfuss und hat sehr lange Ohren.
Befragt, wohin das ;Hüiitl( li('n ji^elaufen sei, erklärt Zadij^:. er
habe es überhaupt gar niclit ^esohen. Um dieselbe Zeit war
durch einen sonderbaren Zufall auch das schönste Pferd des
Königs entlaufen und die Stallmeister suchten es in grosser
Aufregung. Der Oberstallmeister wandte sich an Zadig und
fragte, ob er das Pferd nicht gesehen habe. Es ist der beste
Galoppläufer, erwiderte Zadig, es ist fünf Fuss hoch, sein
Huf ist sehr klein und sem Schweif drei und einen halben
Fuss lang. Sein Gebiss ist aus dreiundzwanzigkarätigera
Golde und seine Hufeisen aus elflöthigem Silber." ..Welchen
Weg liat es' einovM-lilagen fragte der (.)berstaUmeister.
„Ich habe es garuicht gesehen," erwiderte Zadig. Der Ober-
stallmeister und der erste Eunuche waren fest überzeugt, dass
Zadig den Hund und das Pferd gestohlen habe, und schleppten
ihn vor die Gerichtsversammlnng, die ihn zur Knute vernr-
theilte und lebenslänglich nach Sibirien verbannte. ^) Kaum
war das Urtheil gefällt, als man den Hund und das Pferd
wiederfand.
Nun wurde /war das Urtheil kassirt, aber Zadig nuisste
400 Unzen Gold bezahlen, weil er etwas nickt gesehen liaben
wollte, was er doch gesehen hatte. Zuvörderst muste Zadig
die Strafe erlegen, worauf man ihm gestattete, seine Sache
vor dem grossen Bath ssu vertheidigen.
') Boi dieser Stelle findet sich ?m Ann<^e littemire folj^'t^ndo An-
merkung pag. 147 : II est a reniaKiucr quc la sceno n'ost pas en Russie
mais i Babylone, et cependant Tauteur y parle de Enout et de Sih^rie.
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— 22 —
„Sterne der Gerechtigkeit, Ali^-rttnde der Gelehrsamkeit,'*
bob Zadig an» „Spi^l der Wahrheit, Ihr besitzt die Schwere
des Bleiea, die Härte des Eisens» den Glanz des Diamanten
nnd viele Beziehungen zum Golde, — da es mir yergOnnt
ist, vor dieser erhabenen Versammlung zu sprechen, so schwöre
icli liei Orosmad, danö idi niemals den arlitbaien Hund der
Könij^in, noch das geheiligte Pferd des Königs (gesehen liaVie.
80 ist es mir er^rangen. Ich Ki>azierte nahe dem kleint-n Ge-
hölz, wo ich dann den verehrten Eunuchen und den erhabenen
Stallmeister traf. Ich habe im Sande die Spuren eines
Thieres gesehen, und ich habe ohne MUhe gefunden, dass es
die eines Hündchens waren. Kleine leichte Furchen zwischen
den Spuren der Ff5t4shen haben mich schliessen lassen, dass
es eine Hündin sein müsse, deren Zitzen herabhängen und
dass sie also vor wenigen Tagen Junge creworfen haben
müsse. Andere Spuren, die neben den Vorderpluteu auf
dem Boden hinlieien, zeigten mir, dass sie sehr lange
Ohren habe, und da der Sand durch eine Pfote immer
etwas weniger aufgewfüilt war als durch die drei anderen,
so meinte ich, sie müsse ein wenig hinken. Was nun das
Pferd anbelangt, so habe ich die £mdrftcke von Pferdehnfen
gefanden, sie waren alle in gleicher Entfernung von eüi-
ander, das Pferd muss ausgezeichnet galoppiren, sagte ich
mir, der Staub war ein wenig weggefegt, Fuss zu beiden
Seiten von der Mitte der Strasse aus, das Pferd hat einen
Schweif von Pj^ Fuss Länge, schloss ich ; an frisch geknickten
Zweigen habe ich erkannt, dass das Ross 5 Fuss hoch sei.
Sein GebisB muss ans 23karätigem Golde sein, denn es bat
den Buckel des Gebisses an einem Stein gerieben, den ich
als einen Probürstein erkannt habe, dasselbe gilt für die Hufe.**
Der Inhalt der Vorlage ^) Voltaire 's ist der folgende:
Ais die drei Prinzen die Grenzen ihrer Staaten iUjei'-
schritten hatten, gelangten sie in das Reich des mächtigen
Kaisers Behram. Auf dem Wege nach der Hauptstadt be-
Le chevaUer de MaiUy. Parb, 1619, in W.
Le Toyage et leg aventiires des trois princes de Sarandip tradoStB du
penan. p. 12 fP.
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— 23 —
gegnete ihnen ein Eameeltreiber, der eines seiner Thiere yer-
loren hatte, und fragte sie, oh sie dasselhe nicht gesehen
hätten. Da die, Prinzen die Spuren einen solchen Thieres
bemerkt hatten, bejahten .>^ie die Frao:e. und um den Mann
noch sicherer zu raachen, fraj^^te der äi teste, ob das Kameel
nicht einäugig sei, der zweite, ob ihm nicht ein Zahn fehle,
und der dritte, ob es nicht hinke. Dies alles traf zu und
der Kameeltreiber ging vergnügt nach der angedeuteten
Bichtnng, um sein Thier zn suchen. Er fand es jedoch nicht
and kehrte betrübt zurück; die drei Prinzen sah er an einem
Brunnen im Kühlen sitzen und beklagte sich bitter, dass sie
sich über ihn Insti^^ gemacht und das Kameel überhaupt
gar nicht «gesehen hätten. Die Brüder jedoch betheuerten,
dass dies keineswegs ihre Absicht gewesen sei, und der älteste
firagte, ob das Kameel nicht auf der einen Seite mit Butter,
auf der andern Seite mit Honig beladen gewesen sei; der
zweite rief: «Ich sage Euch, dass eine Frau auf dem Kameele
saes/ und ich, sprach der dritte, „dass sie schwanger war.*'
Nach diesen Mittheilungen zweifelte der Kameeltreiber
nicht mehr, dass die drei das Kameel nicht nur gesehen hatten,
sondern er war überzeugt, dass sie es gestohlen hätten. Als
mau nun die Hauptstadt eireicht hatte, liess er sie ver-
haften, und da man sie für Strassem-äuber hielt, wurden sie
zum Tode verurtheilt. Der Kaiser selbst bestätigte das
Urtheil. Unterdessen fand ein Nachbar des Kameeltreibera
das verlorene Thier und brachte es seinem Eigenthümer
zurück. Dieser eilte sogleich zum Kedser, um die Freilassung
der Unschuldigen zu erwirken. Der Kaiser wünschte nun zu
erfahren, wodurch die drei Brüder in den Stand gesetzt
worden wären, eine so genaue Beschreibung von dem Kameele
zu geben, das sie doch gar nicht gesehen hätten. „Ich habe
das Kameel für einäugig gehalten,'' sprach der älteste, „weil
das Laub nur auf der einen Seite des Weges, den das Thier
genommen, abgefressen war, obgleich es auf der andern Seite
viel saftiger war." „Ich habe erkannt^' sprach der zweite,
„dass dem Kameele ein Zahn fehlt, weil ich fast bei jedem
Schritt halbzerkaute Büschel Gras von der Breite eines
Kameelzahnes gefunden habe." Der dritte sagte: .Ich meine,
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— 24 —
dasB das Eameel hinkt, weil ich bei aufinerksamer Betrach-
tUBg seiner Spuren g^esehen habe, dass es einen Fnss nach-
schleppt' Das Kameel, berichteten sie nnn weiter, sei anf
der einen Seite mit Bntt^r, anf der anderen mit Honij? be-
laden p^pwesen, weil auf der rechten Seite des Weo-pF? einf
Strecke weit eine Menge Ameir<en, die das Fette liehen, sre-
wesen seien, auf der linken aber eine Menge Fliegen, die die
Sttsisigkeit lieben. Der eine der Brüder hat an einer Stelle,
WO das Kameel niedergekniet war, den Abdruck eines Frauen-
stiefels gesehen, auch hatte er nahe dabei eine kleine Pfütze
gesehen, deren schaler und säuerlicher Geruch ihn sogleich
erkennen liess, dass es Urin von einer Frau sein müsse. Die
Scliwangerschaft dieser Frau wird sclilieyslich dadurcli doku-
mentirt. dass mau die Eindrücke ihrei* Hände im Sande ge-
üiudeu hat. Um sirh l)et[uemei- erheben zu können,- hat sie
sich auf die Hände gestützt, um das Gewicht ihres Körper»
einigermassen zu erleiclitern.
Der objective Beurtheiler wird zugeben müssen, dass
Voltaire eigentlich nur die Idee, welche der Erzählung ssu
Grunde liegt, für seinen Zadig benutzt hat; ein kluger Mann
schliefest, auf untrüglichen Anzeichen fussend, das Vorhanden-
sein irgend eines Gegenstandes, ohne ihn gesellen zu haben.
Nur in einem Punkte stiimnen beide Erzählungen überein.
der Hund und das Kameel hinken, sonst hat Voltaire sein»
Indizien alle selbst erfunden, ja seine Eriindungen sind viel
scharfsinniger als die seiner Vorlage, denn man kann allen-
falls glaubhaft finden, dass das Pferd zufäUig sein Grebiss an
einem Probirstein gerieben hat, und dass die langen Ohren
des Hündchens feine Furchen im Sande zurückgelassen haben,
aber die Anwesenheit von Fliegen und Ameisen berechtigt
nicht zu der Annalime, dass Butter und Honig \uiiianden
s(>in müssen, der anderen Anzeichen iiielit zu gedenken, Der
btyl beider Erzählungen duldet überhaupt keinen Vergieieli,
und nur das Bestreben, Voltaire zu verkleinern, kann als
Beweggrund zu einer solchen Aulfassung der Dinge, wie sie
das Annee litt^raire vertritt, gewesen sein.
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— 25 —
Capitel IV— Vlii.')
Die vier folgenden Gapitel zeigen weniger fremden £iu-
flnas, obwohl man auch wiederum nicht sagen kann, dass
Voltaire eine besondere Originalität zeigt. Die hier be-
handelten Stoffe sind ganz allgemeiner Natur^ typenhaft,
anch hat Voltaire seiner Abneigung gegen einzelne Personen
Raum gegeben, so z. B. richtet sich der erste Theil des
vierten Capitels T/Envieux preeren den Bischof lioyer, der
Voltaire hefti?: verf'oljjt liatte. Besonders zornig mochte
Voltaire auf ihn sein, weil Boy er es zu verhindern gewusst
hatte, dass Voltaire der Nachfolger des Kardinals Fleury in
der Acad6mie fran^aise wurde, worüber sich Voltaire bitter
beklagt. 2)
Das Bild des Neidischen ist ein durchaus typenhaftes,
und ich glaube nicht, dass Voltaire eine Vorlage gehabt hat.
Zwar finden die Herausgeber der „Tausend und eine Naclit. -^)
dass die Erz thlimg : , Geschichte des Neidf^rs und des Be-
neideten," Xaclit 50— -52, einigt' AcliiiUdikeit mit Voltaire's
Envieux habe, dwAi kann man dem nicht beipflichten. Es
wäre möglich, dass Voltaire die Ai^adin des Philip Sidney
gekannt hat und nach der Schilderung des Neidischen seinen
Envieux gezeichnet hat, doch habe ich dies nirgends bestätigt
gefonden. Ich setze die beiden Beschreibungen einander
gegenüber.
Inhalt bei Voltaire :
Gegenül)er seinem Hause wolmte Arimaze, ein Mensch,
dessen schleclites Herz sich auf seinem widerwärtigen Antlitze
spiegelte. Da er es in der Welt zu nichts gebracht hatte,
rächte er sich dadurch, dass er auf sie schimpfte.^) £r war
von Galle zerfressen und aufgebläht von Stolz, dazu ein
1) Molaad XXI. p. 40—54.
^} Moland X. 24. ' 84. Memohres pour servir a la vie de Mr de
Voltaire ecrits par lui nieme.
3) Tausend und eine Nacht, deutsch von Max Habicht etc. Breslau
1836. t. XIII. p. 308.
*) Moland XXI. pag. 41. note 1. Immitation d*une phrase de
Montai^pie Essais III. 7.
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— 26 —
langweiliger Schdngeist Obgleich er sehr reich war, hatte
er kaum einige Schmeichler um sich zu yersanimeln vermocht»
Das Geräusch der vor Zadigs Hanse vorfahrenden Wagen
ärj^ertt^ ihn, mehr uocli ärgerten ihn die Lobpreisung'en, die
luau Zadig- zollte. Zuweilen stellte er sich zum Abendessen
ein, ohne gebeten zu sein; er setzte sich zu Tische und ver-
darb da alle Fröhlichkeit, wie die Harpien das Fleisch ver-
pesten, welches sie berühren.
Donlop pag. B67 a giebt die Schilderung des Neidischen
folgendermassen: Ein Mann von dem neidischsten Sinne, der
jemals die Luft mit seinem Athem verpestete, dessen Augen
keinen Menschen gerade anblicken, dessen Ohren niemandes
Lolj anhün^ii können; gegen die Natur aller anderen Plauen
von dem Wobler«2:ehen anderer geplärrt; der das (Tluck zum
Anlass seines Unglückes und eine gute Nachricht zum Gegen-
stand seines Kummers machte, mit einem Wort, ein Mensch^
dessen Gönnst niemand gewinnen konnte ausser dadurch, dass
er elend war.')
Im Spectator Kr. 19 ist diese Schilderung weiter aus-
gedehnt.^ Wenn man auch zugeben muss, dass sich mancherlei
Aehnlichkeiten finden, so wird dies bei der Beschreibung eiues
Typu8 stets der Fall sein.
In der nun folgenden Erzählung, welche die durch-
schnittenen Verse Itehandelt^ mag Voltaire auf die Schicksale
seiner eigenen T)i('htungen anspielen, wie er sich a. a. 0.
bitter über seine Feinde beklagt, die seine Schriften verun-
stalten.^ Eine direkte Quelle habe ich nicht nachweisen
können, wenngleich ein Papagei häutig in gleicher Eigenschaft
wie hier auftritt.
') Dunlop citirt nach der Auscjabo London 1674, p. 130. Ich habe
die Ausgabe von 1G13 zur Hand gehabt Die betreftende Stelle findet
sich daselbst p. 131.
Tlie Spectator. London 1822, pag. t»2.
3) Moland V. p. 299. L"Orpliülin de la Chine. Epitrc dedicatoire:
,Si tu eomposes quclque ouvrage, no le luontre (|u a tes nnni^ , crains
le public et les coufreres ; car on falsifiera, on empoisonnera ce que tu
annw lldt, et on Vimpntera ce qne tn n^auras pas &it La calomnia
qoi a ewt trompettes, lea fera sonner pour te perdre, tandk qve la
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— 27 —
D?^^ folgende Capitel ,Les Gen^reux/* enthält die Be-
sclireibiiiig einiger grossmiithigeu Handlungen. Gleich die
erste hat Voltaire dem Leben selbst entnommen. „Zuerst
erschien,^ lieisst es, ^ein Bichterj der durch ein Versehen»
wofür er nicht einmal verantwortlich war, einen grossen
Frozess für einen Bürger verloren hatte. Er gab ihm sein
gesammtes Vermögen^ das so viel betrug, als der Bürger
verloren hatte.*
Moland t. XXI. p. 44 führt hierzu an Anm. 1: C'est k
peu pres le trait de Des Barreaux; er verweint auf zwei
Stellen in Voltaire's Schriften. Die erste findet sich;
Moland XIV. Siecle de Louis XIV. p. 63. Catalogue de la
plupart des ^crivains frangalB Des Barreaux: „On galt qu*en
nuye d'un proc6s dont il 6tait rapporteur, ü paya de son
argent ce que le demandeur exigeait, jeta le proc^ au feu
et se demit de sa Charge." In der andeni dort angeführten
Stelle: Melanges, annee 1767, la septieme des Lettres k L. A.
monseit,nieur le prince de... Moland t. XXVI. p. 498 findet
sich kein Wort über diese Angelegenheit, wohl aber Mo-
land Vm. p. 428 note 1 H. (Des BaiTeanx) 6tait conseiller
au parlement : ü paya k des plaideurs les frais de leur procös
qu*il avait trop difii&re de rapporter (Note de Voltaire 1742)
Dans les ^ttons de Kehl et suivantes, au lieu de cette note
on litr Dans le temps qu'il 6tait conseiller au parlement
les parties pressant le jugement diiii proces dont il
etait rapporteur, il brüla les piöces et donna la somme pour
laquelle on plaidait.
Die übrigen Thaten der Grossniuth sind unwichtig und
dürften von Voltaire selbst erfanden sein.
Capitel VI (Le ministöre) enthält gleichfalls wenig Ent-
lehntes, wenngleich die erste Greschichte vielleicht eine Vor^
läge hat: die beiden anderen von den beiden Priestern, von
denen jeder der Gatte eines reichen Mädchens und Vater
v^rit^, qui est muetta, rostera aupres de toi. Lo celebre Ming fut accuse
d'avoir mal pense du Tien et du Li, et de l'emperour Vang; on trouva
le vieillard moribond qui achevait le panegyrique de Vang, et un hynme
au Tien et au Li." cfr. Moland XXI. p. IX.
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— 28 —
ihres Kindes sein will, sowie die letzt von dem Eiteln und
seiner Heilung^ dürften gleichfalls von Voltaire erfanden sein.
Diene letzte Erzählung ist zaerst in der Ausgabe in Kehl
«ingefugt worden, cfr. Moland XXL p*47. Anm. 1.
In Capitel Vn (Les disputes et les andiences) findet sich
eine Episode aus Gullivers Reisen narh^^eahmi, nur uittbei
Voltaire die Satire noch mehr liervor als Itei Swift. Auch
ist die Satire bei Voltaire leichter verständlich als bei Swift,
denn während der letztere auf Ereig-nisse aus dem politischen
Leben anspielt, j^eisselt Voltaire die Tliorheit und Kecht-
haberei der Menschen überhaupt; endlich muss man zuge-
stehen, das Voltaire seinen Stoff viel gedrängter behandelt
hat und dadurch sein Vorbild übertroffen hat.
Der Inhalt bei Voltaire ist ungefähr folgender:
Es war ein grosser Streit in Babylon, der schon fünf-
zehnhundert Jahre dauerte und der das \ olk in zwei er-
bitterte Parteien schied. Die eine behauptete, man dürfe
nur mit dem linken Fuss in den Tempel Mithras eintreten,
die andere verabscheute diesen Gebrauch und betrat niemals
anders den Tempel als mit dem rechten. Nun nahte das
Fest des heiligen Feuers, und ganz Babylon, das ganze
WeltaU, richtete die Blicke auf Zadig, um zu erfahren,
welche Sekte von ihm begünstigt werden würde. Zadig
sprang mit gleiclien Fii.^sen in den Teniite] und bewies dann
durch eine ziindi^nde Eede, dass Gott keinen Unterschied
zwischen dem linken und dem rechten Bein mache.
Hierzu kommt norh die folgende Erzählung:
In gleicher Weise legte er den Streit der weissen und
schwarzen Priester bei Di^ weissen-behaupteten, es sei gott-
los, sich im Winter beim G-ebet nach Osten zu wenden, die
schwarzen versicherten, dass Gott die Gebete derjenigen ver-
absclieue, die sich des Sommei^ gen Westen wendeten. Zadig
befahl, da^^s man sich wenden solle, wohin man wolle.
Uiescn beideu Erzäl) Inngen stellt nun als Quelle die
folgende entgegen, die sich bei Swift findet Es heisst da
im 4. Capitel der Eeise nach Lilliput:
One moming, about a fortnight after I had obtained my
liberty, Bedresal, principal secretary (as they style him) for
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— 29 —
private aflßftirs, came to my honse attended only by one ser*
vant. He ordered hin coacli to wait at a <listance, and de-
sired I would give hira au hoiir's audience; which I readily
consented to. on account of Iiis quality and personal merits,
aa well as of the many good oftices lie had done me during
my solicitations at court. I offered to lie down, that he
might the more eonyeniently reach my ear; hut he chose
rather to let me hold him in my hand dnring our conver-
sation. He began with compliments on my liberty; said
•he mi^ht pretend to some merit in it;'* bnt however added^
''iliat il it had not been lor the present Situation of things
at conrt , perhaps I might not have obtained it so soon. For,
said he. "a«^ flonrisliing a condition we may appear to be
in to foreic^iiers, we labour under twoo mighty evils ; a violent
faction at home, and the danger of an invasion, by a most
potent enemy, from abroad. As to the first, you are to
understand. that for above aeyenty moons past there haye
been two stniggling pai*ties in this empire, under the namea
of Tramecksan and Slamecksan, from the high and low heels
üf their shoes, by which they distinguish themiselves. It is
alleged, iiideed, that tlie high heels are most agreeable to
our ancient Constitution; but, however tliis be, his majesty
has detennined to make use only of low heels in the admi-
nistratiim of the govemment, and all offices in the gift of
the crown, as you cuinot but obserye ; and particularly that
his majesty's imperial heels are lower at least by a drorr
than any of Ms conrt: drorr is a measure about the fonr-
teenth part ot* an iuch. The animosities between these two
parties run so high, that they will neither eat nor drink, nor
tale with eaeh other. We compute the Tramecksan, or liijjfli
heels, to exceed ub in number: but the power is wholjy on
onr side. We apprehend his imperial highness, the heir to
the crown, to haye some tendency towards the high heels;
at least we can plainly discoyer that one of his heels is
higher than the other, which giyes him a hobble in his gait^
Now, in the midst of these intestine disqtniets, we are threa-
tened with an Invasion from the Island of Blefuscu, which
is the other great empire of the uuiverse, almost a^ larg&
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— 30 —
and poweifal as this of bis majesty. For as to what we
haye heard you affirm, that there are other klngdoms and
States in the world inhabited by bnman creatnres as large
as yourself, our philu^ophers are in lauch doubt, aud would
rather coiijecture that you dropped from the moon, or one
of the Stars; because it is certain, that a hundied imirtMlb
of your bulk would in a short time destroy all the truits
and cattle of his majeßty's dominions: besides our bistories
of six thoasandmoons make no mention of any otber regions
tban tbe two great empires of Lillipnt and Biefuscn. Wbicb
two mighty powers baire» as I was gomg to teil yon, been
engaged in a most obstinate war for six-and-thirty moons
past. It bejran lipon the follo\\iug occcusion: it is allowxMl
on all huiuirf, that tlie primitive way of breakiag eggs, be-
fore we eat theni, was iipoii the larger end ; bat his preseut
mijesty's grandfather, whüe he was a boy, going to eat an
«gg, and breaking it according to the ancient practioe,
happened to cut one of hia fingers ; where-npon, the ^peror
bis fatber publisbed an edict^ commanding all bis snbjecta,
npon great penalties, to break the smaller end of tbeir eggs.
The people so highly resented tbis law, that oar bistories
teil US, there have been six rebellions raised on that account;
wherein one emperor lo^t bist life, and aiiotlier his crown.
These civil commotions were constantly fomentf 1 by the
monarchs of Biefuscn; and wben tbey were queUed, the
exiles always fled for refnge to tbat empire. It is eompnted
that eleven thonsand persons bave at several tunes snffered
death, ratber tban snbmit to break tbeir eggs at the smaUer
end. Many hundred large volumes have been publisbed upon
this controversy: but the books of the Big-endians have been
long forbiddeu, and tbe whol(- pa-rty rend<jred incapable by
law of holding employnients. Düring the course oft these
troubles, the emperois of Biemsen did frequently expostnlate
by tbeir ambassadors, accosing ns of making a schian in re-
ligion, by offending against a fiindamental doctrine of our
great prophet Lnstrog, in tbe fifty-fonrtb chapter of tbe
Blnndecral, which is their Alcoran. This however is thought
to be a mere strain upon the text; for the words are these;
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— 31 —
that all trne believers bi'eak their egg» at the convenient
end; and which is the convenient end, seems, in iiiy Inimble
opinion, to be left to every man's consf^ience, or at least in
the power of tlie chief ma^istrate to determine."
Die Aehniichkeit zwisciien den beiden Satiren ist unver-
kennbar; es wäre auch zu verwundem, wenn zwei geistig
80 verwandte Naturen, wie Swift and Voltaire, sich nicht
an einander hätten anlehnen sollen, zamal da Voltaire die
Schriften Swifb's ganz genau kannte und gehtthrend zu
schätzen wusste. Er nannte ihn den Rabelais Englands,
aber ohne dessen scliwülsti^en Styl; er empfahl Gulliver's
Reisen seinem St kietär Thieriot^) als durchaus zu einer
Uebersetzunti: f^eeio:net.
„Das Irlich," sagt ei', „würde schon durch die sonder-
baren Einialle unterhaltsam sein, wenn es nicht eine Satire
auf die Menschheit wäre.* Den zweiten Theil stellt er nicht
80 hoch, er hält die Schilderungen für zu ubertrieben, und
man darf sich dieser Ansicht ansehliessen. ^
Von Interesse ist in diesem Capitel noch eine Satire
gegen den biblischen Styl. Der Neider nämlich hält mit
seiner Frau ein Gespräch iiber den wenig bi 1 dt- 1 reichen Styl
Zadig's, er läsat Hügel und Berge nicht genügend tanzen.
Er ist trocken und geistlos, denn bei ihm sieht mau weder
das Meer fliehen, noch die Sterne fallen, noch die Sonne wie
Wachs schmelzen; er hat nicht den guten orientalischen
StyL Zadig begnügte sich, einen yemünftigien Styl zu haben,
und jedermann war auf seiner Seite. Ifioland XXI. pag. 49
1) Moland t XXXIII. p. 166, Brief sn M. Thioriot, le' 8 f^vrier
Tieox style) 1727.
S) Molaad XXXn. p. 174.
Yoltaiie ftber Swifb :
e&. Lettres phüosophlqupis Lettre XXII. Sur U. Pope et quelques
autres poetes fameux. Moland XXII. p. 174.
cfr. Lettres ä S. A. Mgr- le prince de *** sur Rabelais et sur d'au-
tres auteurs accufläs d*aT(nr mal parlö de la religion ciur^tienne. Moland
XXVI. p, 491.
cfr. Articles cxtraits du journal de politique et de littprature. La
vio et les opinions In Tristram Shandy, traduites de Tanglais de Sterne,
par M. Frenais (le 25 avril 1777). Moland XXX. p. 381.
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— 32 -~
hat die einschlägigen Bibelstelien aufgezählt; ich führe die-
selben hier weiter aus:
Psalm 93, 8—5, 3: Herr, die Wasserströme erheben
sich, die WasserstrOme erheben ihr Brausen, die Wasserströme
heben empor die Welt. 4. Die Wasserwegen iin Meer sind
gross und brausen greulich, der Herr aber ist noch pfröj^ser
in der Höhe. 5. Dein Wort ist eine rechte Lehre. Heilig-
keit ist die Zierde deines Hauses ewiglich.
Der Psalm 93 enthält nur fünf Verse, nicht sechs, wie
Moland citirt, und von Hügeln und Bergen ist dort nicht
die Bede. Bichtiger würde sein Jesaias 54, 10. „Denn es
sollen wohl Berge weichen und Hfigel hinfallen, aber meine
Gnade soll nicht von dir weichen," spricht der Herr, dein
Erbarnier.
Ausserdem: Pr.a Im 65, 7; Hiob 9,5; Matth. 17, 20; 21,21;
Marcus 11,23; 1. Cor. 13,2.
Jesaias 14, 12: Wie bist du vom Himmel gefallen, du
schöner Morgenstern, wie bist du zur Erde gefallen, der du
die Heiden schwächtest 2. Mos. 16, 21. Sie sammelten aber
desselben alle Morgen, so viel ein jeglicher für sich essen
mochte. Wenn aber die Sonne heisa schien, zerschmolz es.
(Von Moland irrtliümlich angeführt, gehört nicht hierher).
Judith 16,18: Die i>erge müssen zittern, und die Felsen
zerschmelzen wie Wachs vor dir.
Im weiteren Verlauf des Capitels wird nun erzählt, wie
sich die Damen um die Gunst Zadig's bewerben, doch weist
er aUe Anträge znr&ck, denn er liebt die Königin Astarte.
Das Verhältniss ist Jedoch ein durchaus reines. Durch eine
Intrigue wird es dem König bekannt, der voll Zorn seine
Gemahlin vergiften, Zadig aber aufhängen will (Cap. XHI);
ein Zwerof verräth den beiden Bedrohten den Anschlag, und
sie entliielien.
La femme battue. (chap. iX.)
Moland XXI p. 56. note 1 findet mit Becht^ dass dieses
Capitel grosse Aehnlichkeit mit der zweiten Scene im ,Le
Mödidn malgrö lui" hat; man muss jedoch einräumen, dass
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— 33 —
Moli^re die Sitnation beseer getroffen hat als Voltaire, denn
bei Möllere ist die Scene komisdi, während sie bei Voltaire
»üneii nur zu ernsten Charakter trägt. Bei Moli(''r(^ imiü- lt
ein Bauer seine Fran, der Nachbar kommt zufällig dazwischen
und macht dem Manne wegen seiner Eohheit Vorwürte ; beide
G-atten wenden sieh sogleich vereint gegen ihn, nnd ermass
froh sein, dass er nicht selbst noch Schläge davon trägt Bei
Voltaire ist die Situation'' eine ganz andere.
Zadig nahm die Sterne zu Wegweisem und zog nach
Egypten traurigen Muthes, denn er glaubte, dass vielleicht
Astarte um seinetwillen den Tod erlitten habe. In der Nähe
('ii)o< Doile« gewahrter eine jainiiM i ii le Frau^ welche Himmel
und Erde um Hüte anruft, und hinter ihr einen wüthendeu
Mann, der sie verfolgt. Schon hat er sie erreicht; sie um-
fasst seine Kniee, er aber überhäuft sie mit Schlägen und Vor-
würfen. Sie fleht ZIadig um Hilfe an» und dieser beschwört
den Basenden, von der Dame abzulassen. Der Egypter
glaubt, Zadig sei auch einer der Liebhaber der Dame, und
dringt nun wiithend auf diesen ein. Zadig entwaffnet ilm
und gel(>))t ihm sein Leben, wenn er von der Dame ablässt:
(loci) jener reisst lieimtürkisch den Dolch aus der Scheide,
und nun stösst ihm Zadig das Schwert in die Brust. Nun
nähert er sich der Dame, doch diese macht ihm die heftigsten
Vorwürfe und wünscht ihm den Tod, weil er ihren Greliebten
erstochen hat «Ich wollte,** ruft sie, „dass er mich noch
prügelte, und du lägest hier an seiner Statt, Verbrecher!*^
,Sie verdienen trotz Ihrer Schönheit, dass ich Sie meinerseits
durchprügelte," sagte Zadig, bestieg sein Kameel und ritt
von dannen. Kaum war er einige Schritte entfernt, als
Reiter auf die Dame losstürzten. Es waren l'oten aus Babylon,
die der Kfniig der Astarte nachgesandt, und da die Dame
der Königin ein wenig ähnlich sah, so hielt man sie für die
Königin selbst und schleppte sie fort Wohl rief sie um
Hilfe und verhiess Zadig ewige Dankbarkeit, doch der
wusste, was von solchen Versprechungen zu halten, und ritt
seiner Wege. 0
Der nämliche Stoff iindet sich behandelt in : Candidc (chap. XVI).
3
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— 34 —
Deui gegenUl>er steht nun die zweite Sceue in Le Mede-
cin malgie liü vou Möllere. Sganarelle prüg^elt seine B'raa
Martine, der Nachbar Bobert kommt dazu:
B 0 b e r t.
Holä! holal liola ! Fil Qirest ceciV Quelle iiifamie!
Feste isoit le coquin, de battre aiuäi sa femme!
Martine.
Et je venx, qn'ii me batte, moi !
Robert.
AU ! j'y cousens de tont iiion ca iir.
Martine.
J)e quoi vous melez-voiLs ?
E o b e r t.
J'ai tort.
Martine.
Estrce lä votre af^re?
Robert.
Vouri avez raison.
Martine.
Voyez un peu cet impertinent, qui veut empecker
les maris de battre leurs femmesl
Robert.
Je me retracte.
Martine.
Qn*avez-vons k voir lä^dessns?
Robert.
Rien.
Martin e.
Kst-ce ä vous d'y rnettre le nez?
Robert.
Nou.
Martine.
MSlez-youa de tob affaires.
Bobert.
Je ne dia plus mot.
Ge qui advint auz deuz yoyagetirs areo deuz fiUee deux sing^ efcc.
Molaad t. XXI. p. 169.
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— 36 -
Martine.
II me plait d'Stre battue.
Bobert.
D'accortl.
Martine.
€e n'est pas a vos depens.
Robert.
II est vrai.
Martine.
Et V0U8 etes an »ot de venir vona-fourrer oü voub
n'avez qne £ure. (Elle lui donne nn Boomet)
Bobert, i ^uuurelle.
Oompere, je vous demande pardon de tont mon
coeur. Faites, rossez, battez comme il faiit votre
femme; je vous aiderai si vous le voulez.
S g a u a r e 1 1 e.
II ne me plait pas, moi.
Bobert
Ahl c^est nne antre chose.
Sganare^le.
Je la venx battre, si je le venx; et nelavenx pas
battre, si je ne le venx pa&
Robert.
Fort bien.
S g a n a r e 1 1 e.
C'est ma femme, et non pas La vötre.
Bobert
Sans donte.
Sganarelle.
Vous n'avez rien k me Commander.
Bobert
D'accord.
S g a n a r e 1 1 e.
Je n ai que laire de votre aide.
Bobert
Trte-volontiers.
SganarelUe.
Et vons etes nn impertinent de vous ing^rer des affaires
8*
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— 36 —
d autrui. Appieiiez que Ciceron dit qu'entre l'arbre et le
doigt il HB faut point mettre Tecorce. (il le chmw apr^
ravoir battu).
Die Aehnliclikeit ist sehr gross, und Voltaire hat vieUeiciit
unwillkürlich Holi^re nachgeahmt.
Zadig wird nun, weil er einen Egypter erschlagen, zur
Sclaverei Terurtbeilt^ doch hekam er einen wohlwollenden
Herrn, der seine vortrefflichen Eigenschaiten bald schätzen
lernte. Als S^toc, der Herr Zadigs, mit ihm und seinen
übrigen Sklaven bei seinem Stamme angekommen war, bot
Hicli für Zadig eine Gelegenheit, seine Klugheit zu zeigen.
8etoc hatte einem .luden vor zwei Zeugen 500 Unzen Güld
geliehen und verlangte dasselbe jetzt zurück. Der Jude
leugnete, das Geld empfangen zu haben.
Zadig erbot sich, nachdem er erfahren, dass der Jude
ein sehr lebhafter Mann sei, die Sache vor Gericht zu führen
Auf Befragen, ob er Zeugen habe, antwortete Zadig: „Nein
sie sind todt, aber es existirt noch der grosse Stein, auf
welchem das Geld gezählt wurde ; wenn es Euch beliebt, ihn
holen zu lassen, so bin ich gewis?, da^^n er Zeugniss ablegen,
wird; ich und der Jude werden indes^eii hier warten. Der
Richter willfahrte ihm. Am Ende der Sitzung sprach er zu
Zadig: „Euer Stein ist noch nicht angekommen." ,0," memte
der Jude lachend, „Euer Excellenz kann bis morgen warten
denn der Stein liegt ungefähr sechs Meilen von hier und
ist so schwer, dass ihn fünfzehn Männer kaum bewegen
können.^ Jch hatte es voraus gesagt, dass der Stein Zeug-
niss ablegen würde," rief Zadig, „wenn dieser Mann weiss
wo er liegt, so gesteht er ein, dass auf ihm das Geld gezählt
wurde.*
Diese Erzählung ist eine weitverbreitete. Voltaire dürfte
den Grundgedanken zu derselben aus den Fabeln des Bidpai^)
') Essai Sur les moeurs et Tesprit des nations. Chapitre III. Des
Indes. Molland t, XL p. 182. C*est la (anx Indes) que le o^ebre Pilpay
ecrivit, il y a deux millo trois cents aimces, ccs fahles moiales, ist^
doites dans presque toates les languos du monde.
L'Orpheiin de la Chine. A Monseigneur le maxechal duc de
Richelieu. Moland Y. p. 296. Si vous le chercbez (Vart dramatlcLue)
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— 37 -
oder, vm Voltaire den Namen schreibt, FÜpay, entnommen
haben, die er wahrscheinlich aus Ghillands Uebersetsang
kannte. 0 Hier wie dort wird ein lebloser Gegenstand als
Zenge angerufen; bei Voltaire kommt die Wahrheit aller-
dings durch die Unüberlegtheit des Beschuldigten an's Tages-
licht, während bei Bidpai der Helfershelfer des Betrügers,
der der Gottheit in's Handwerk pfuschen will, beinahe ver-
brennt In beiden Fällen fangt sich der Betrüger in
seiner eigenen Falle, bei Voltaire ist jedoch die Situation
dem höheren Bildungsgrade seiner Personen angepasst.
Inhalt: Der Ehrliche und der Dieb. Zwei Fteunde be-
geben sich auf fieisen, um ihr Glück au machen. Der Ehr-
liche findet eine Börse mit 1000 Denaren, und nach einem
solchen Glück meinen beide, dass es imnöthig sei, weiter zu
reisen. Sie vergraben also die Summe und beschliessen, den
Schatz nach und nach aufzuzehren. Am anderen Tage gräbt
der Dieb das G^ld wieder aus und fordert einige Zeit danach
seinen Genossen auf, mit ihm zu dem gemeinsamen Schatz
zu gehen. Beim Anblick der leeren Grube beschuldigt er
den Ebrüclien, das Geld gestohlen zu haben, und dieser be-
schuldigt ihn seinerseits des DiebstaUs. Beide begeben sich
vor den Richter. Der Richter fragt, ob sie Zeugen hätten.
„Ich habe mir den Baum als Zeugen, unter dem der Schatz
vergraben wurde/' antwortete der Ehrliche, „und ich hoffe,
dass er die Wahrheit meiner Aussage bestätigen wird."
Am anderen Tage begab sich der Richter zu dem Baum.
Unterdessen hatte der Unredliche seinen Vater überredet^ in
den Baum, der hohl war, zu kriechen und für ihn Zeugniss
abzulegen. Nach langem Widerstreben willigt der Vater ein.
Der Ehrliche aber, dem die Sache verdächtig vorkommt, lässt
cbez los Torsos, chez los Iridions (jul pütisont pour des peuples inventöurs
vovis 110 l'v trouveroz piis ; il u"y est jarnais parvenu. L'Aüie se conten-
tait des lablets de Pilpay et de Lokmann qui renferment toute la morale
et qui mstmisaiit en all^goriea toutea loa nations et taus les si^les.
^) Lm Contes et Fahles indiennes de Bidpai et deLokmann, tradui-
tee d*Ali Tcbelcbi-ben-Saleb auienr iure, cenTrepoBthiimepaTM. GaUand.
Fftris 1724. 2 toI. in 12^. Vergleiche hiena: Loiscleur DeslongohampB,
XSseai rar les fahles indiennes i. I. p. 25« u. 8.
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— 38 —
Feaer an den Baum legen; der alte Mann kommt halb ver-
brannt benror nnd gestebt alles. Der Dieb wird ins Gks»
fängniss geftkbrt. (Loisclenr Deslongcbamps ). pag. 41.)
Capitel XI: Le bücber. Zadig spricht sich gegen den
Gebrauch aus, dass sich Wittwen zugleich mit dem Leicliuaiu
ihres verstorbeuen Gatten verbrennen lassen, denn sie könnten
dem Staate viel wichtigere iJieuste leisten. Seioc meint,
man könne einen durch die Länge der Zeit geheiligten Miss-
brauch nicht abschaffen, worauf ihn Zadig mit dem Ausspruche
scblägi: »Die Vernunft ist älter als der älteste Missbrancb.**
Hierauf begiebt sieb S^toc zu den Häuptlingen des Stammes
und Zadig zu Almena, einer jungen Wittwe. Er überzeugt sie
denn auch von der Thorheit ihres l'nternehmens und beweist
ihr, dass es nur Eitelkeit ist, was sie zu diesem Schritte
treibt. Schliesslich fragt er; .,Qüe l'eriez-vons enftn, si la
vanite de vous brüler ne vous tenait pas?„ „Helas," dit la
dame, .Je crois que je vous prierais de m'epouser." Leider
konnte Zadig dieser zarten Aufforderung nicht Folge leisten.
Seit dieser Zeit verbrannte sich keine Wittwe mehr, und
Zadig ward auf diese Weise der Wobltbäter von ganz
Arabien«
Le 8ouper, (chap. Xll.)
Le Souper ist die Erzählung von den drei Ringen, welche
Voltaire mehrfach erwähnt^) DenDecamerone des Boccaccio^
wo sich die Geschichte in Tag. I. Nr. 3 voründet, hat Voltaire
selbstverständlich gekannt. Ueber das sonstige Vorkommen
dieses Stoffes cfr. Dunlop pag. 221. Voltaire erwähnt aller-
dings von der Greschiclite beilioccaccio selbst nichts, aber er
') Lettres philoBophiqn«8. Lettre XZII. Sur H. Pope et quelquea
autres poetes fameux. Moland t. XXII p. 175. liottn < u S. A, ll8r»
le Prince de«*^ Lettre X. Sur Swift. Moland t. XXVL p. 490.
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— 39 —
erwähnt dessen ausgezeichneten Styl.^) Nicht zum wenigsten
durfte Voltaire dnreh die Erzählung von der Tonne in Swift
nnd (liircli die Histoire de Mero et d'Enegii von Fontenelle
beeiiillusst word»»!! sein. Bei dt* "Romane erwähnt er iiiebr-
nials. nnd die Erzählung vou der Tonne hat er sogar zwei-
mal analysirt.
Ce conte dn Tonneau, schreibt er,') du Doyen Swift est
nne Imitation des Treis Anneanx. La fable de ces anneaux
est fort ancienne: eile est dn temps des croisades. C*est
im vicillard qui laisse, en nionrant, une bagne chacun de
sen trois enfants: ils se battiicin a tjui anrait la i)lns belle;
on reconuut t-ntin. apres de long\s debats. i^m b^s trois ba<2Ues
etaient parfaitenient semblables. Le bon vieillard est le
th^isme, les troia enfants sont la religion jnive, la chretienne,
et la mnsulmane. L'antenr onblia les religions des niages
et des brachmanesy et beauconp d'antres;') mais c'etait nn
Arabe qni ne connaissait qne ces trois sectes. Cette fable
condnit h cette indiflPference qu'on reprocha tant äVemperenr
FrMeric II, et a .<on chancelier De Viiieis, qnon accuse
davoir (;onipose le livre De tribus Impostoribuj^j qui, comme
VOUö savez, na jainais exi»te.^)
Le conte des Trois Anneanx se tronve dans quelques
anciena recueils etc.
Die Erzählung von Fontenelle : Histoire de Mero et
d'Enegu findet sich gleichfalls bei Voltaire aualysirt. ') In
Essai sur les moeurs et Teqirit des nations chap. LXXXII.
Moland t. XIL p. 60. Ge Boccace fiza la langue roooane : il est encore
Premier modele en prose pour rexaetitnde et pour la puret6 du style,
ainsi que pour lo naturel de la nnrration.
2^ Moland t. XXVI. pag. 4d0.
^) Voltairo hat auch einipfe andere Religionen mit berücksichtigt,
worauf er hier wahrschtnuUch anspiolt,
*) TTeber das Tiuch De trihus impostoribus cfr. Tli. (jJriissp. Lohr-
buch einer aligemüinen Litteräi-geschichte aller bekannten Völker der Welt,
t. II. 2. Abthlg. 1. Hälttp p. 32.
•*') Lettre« ä S. A. M^r. Je Prince de***. Lettre VII. Sui- les Fran-
9aiB (De Fontenelle). Moland XXVI p. 600. NB. Ich habe die Er-
jfthlnng Fontenelle*8 nicht einsehen kOnnen, da sie nur in swei Am-
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— 40 —
seiner Darstellung nun ist Voltaire nicht so sehr Satiriker
wie seine Vorgänj^er, es ist ihiii juehr darum zu thun, den
Abero:lau})en zu verspotten, und er hat vor allem diejenigeu
Eigeuthümlichkeiten ins Auge gefasst, deren Ünwahrscheiu-
lichkeit am klarsten hervortritt Ein Angriff gegen ein Be-
kenntniss findet sich nicht
Sötoc unternimmt eine Beise nach Bassora, wobei ihn
Zadig begleitet An der Abendtafel entspinnt sich dann der
Wortwechsel Ein Egypter ist aber den tlnglaaben der
Araber aufgebracht, weil man ihm auf die Mumie seiner Taute
nicht 1000 Ihizeii Gold borgen will. Der Iiidier v«'rtritt die
Anschauung \<iü der Seelenwanderuug, welclu^ Ansicht der
Egypter zurin k weist ; „denn,'' sagt er. „wir beten einen
Ochsen an, doch hindert uns dies nicht, ihn zu verzehren-'
Der Chaldäer hält den Fisch Oannes fär das yorzüg-
liebste Wesen, er hätte einen goldigen Schwanz besessen und
ein schönes menschliches Haupt, drei Stunden täglich sei er
aufs trockene Land gekommen, um zu predigen. In dieser
Weise streiten sich die Gegner noch eine Weile fort, bis sich
endlich Zadig ins Mittel schlägt und ihnen erklärt, sie glaubten
alle das Nämliche, denn sie verehrten in dem Ochsen, dem
Fisch und dem P^ichbaum doch nur das göttliche Wesen
welches alle diese Dinge geschaffen. — Ueber sonstige Dar-
stellungen veigl. Dunlop, p. 221a.
Le Rendez-vous/) (chap. Xlilj
Eine bekannte Erzählung, die sich sowohl in «Tausend
und eine Nacht,* als auch in „Taueend und ein Tag'* mehr-
mals vorfindet. Voltaire mag aus dem G^edächtniss die verschie-
denen Erzählungen zu einer einzigen verschmolzen haben- Beide
gaben derWei ko des Autors 1818 in 3 vol. in 8" uud 1821 ia övol. in 8®
erschienen sind.
^) Moland t. XXL pag. 64.
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— 41 —
Werke beanspruchen übrigens die Ehre, Voltaire ala Quelle
gedient zu haben. Der (rnindgedanke aller dieser ErzäMimgfen
ist der, die Klugheit der Frauen zu verherrlichen und die
List, mit welcher sie aus ihrer Schönheit Kapital zu schlagen
wissen. Eine Gegenüberstellung der einzelnen Erzählungen
^v^rd ihr Verhältniss zu Voltaiie's Rendez-vous völlig klar
ötellen. Die hier in Frage kommenden Erzählungen sind:
^Tauifi iid und ein Tag," Tag 52 und 158,
„Tausend und eine Tacht Nacht 193—94.
Die beiden anderen Erzälilungen, Nr. 463 bis 464 und
Nr. 496, welche den nämlichen Stoff behandeln, kommen hier
nicht weiter in Betracht, da sie erst von Jonathan Scott
eingeführt worden sind.
Inhalt bei Voltaire:
Zadig hatte die junge Wittwe Almona vom Scheiter-
haufen errettet, dafür liatten ihn die I'iie-ter dei- Ketzerei
angeklagt und zum Tode verurtheilt. Alinoiia bescliliesst
ihn zu retten. Sie kleidet sich aufs zierlicliste und begiebt
sich zum Oberpriester. Dort stellt sie sich, als ob sie tiefe
Beue empfände, weil sie, den Gebräuchen des Landes ent-
gegen, sich nicht mit der Leiche ihres Gatten verbrannt
habe, .denn," sagt sie, „wie yergänglidh ist das Fleisch, was
ist mir von meiner Schönheit geblieben!" Dabei entblösst
sie ihre ^cliünen weissen Arme und ihren herrlichen Kiisen
Als nun der Priester, ein alter Graukopi; von ihrer Schönheit
hingerissen; ihr eine Liebeserklärung macht, fordert sie die
Begnadigung Zadig's. Der Oberpriester würde sie gerne
geben, aber sie bedarf der Unterschrift noch dreier Kollegen
Dennoch erhält Almena seine Unterschrift durch das Ver-
sprechen, sich ihm hinzugeben. Sie ertheilt ihm ein Rendez-
vous zur Aufgangszeit des Sternes Sheat In gleicher Weise
verfährt sie bei den drei anderen Alten, die gleichfalls in die
Jb alle gehen. Jeden bestellt sie um eine Stunde später als
seinen V()is-äni2:er. Am Abend lässt sie die Richter konimen-
zeigt ilinen das l^latt mit den vier Unterschriften und er-
zählt, um welchen Preis Rie dieselben erhalten. Die Priester
ei-scheinen einer nach dem andern und sind sehr erstaunt
ihre Kollegen und die Bichter zu finden.
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— 42 —
"Die erste von mir angeführte Erzählung') hat nnr in-
sofern Bexug auf Voltaire, als sich in derselben eine ganz
ähnliche Beschreibung findet, wie eine Fran einen betrüge-
rischen Kadi so verblendet, dass er sich zu einem thörichten
Unternehmen hinreissen lässt.^) Dasselbe gilt von der dritten
Erzählung in »Tausind und t-ine Nacht/ wo ein junger
Kaufinann für seine Trahlerei bestraft werden soll, was denn
auch trefl'iich f'-cliiiü i. Die meiste Aehnlichbkeit mit Voltaire's
£eudez-vous besitzt jedoch die Erzählung von der schdnen
Anuay^) weil in beiden die Motive für die Handlungsweise
der Frau die gleichen sind.
Hier wie dort handelt es sicli daTuni. einen sreliebten
Mann zu retten, lii^i- w \v duii zeigen sieh diejenigen, in dereu
Hand die liettung liegt, nur dann bereit, zu helfen, wenn
die Frau sich ihren Begierden preisgiebt Bei Voltaire hat
Almena von vornherein mit diesem Faktor gerechnet^ Amja
greift erst gezwungen znr List, fahrt sie jedoch mit ebenso-
viel Geschick wie Almena durch.
Inhalt: Bann, ein wuhlhabt ii(i( i Mann, hat sich durch
zu verscliwenderibclieü Leben und durch zu grosse Frei-
') Petit de la Croix. Mille ot nn jour. Contes persans, Paris^
1710—12. t. II. pag. 120 suiv. .Tour 52.
-) „Tausend und einen Tag." Persische Erzählungen, übersetzt von
Petit de la Croix, deutsch von J. S. G. S. Leipzig, 1788, V7^eidnuuin&
Erben, Bftnd I. pag. 892. Tag 52. Der deutsche Uebersetzer fügt hier
bei : Viele werden sich des Gebrauchs erinnern welchen Voltaire in seinem
Zadig von dieser Ereählung gemacht hat, ohne jedoch die Quelle zu
nennen, woraus er sie scfaöpfte, da er wusste, dass sie bekannt genug
war. Man muss indet^^ g(>st(>hon, dass sie durch seine Manier zu er>
zählen, viel gewonnen hat. — Man kann sich dieser Ansicht nur au-
Bchliessen.
^ „Tausend und o ine Nacht." Deutsch von M. Habicht. Fr. lt. von
der Hagen und C. Schall. Breslau, 1836. t. IV. pag. 110, N. 193. Frauen-
1 ist. t. XIII. pag. 312. Steht auch in 1001 Tag und ist dpr Stotl zu
einer Oper, le Cadi dupe |i;ir 1-omonier, weicht; im Juhr*' 1761 vorgestellt
worden. Voltaire hat hieraus die Hcscbreibung enlnuiumon, welche die
indische Wittwe von ihren Reizen macht.
*) Petit de la Croix, Contes persans, Paris 1710—12. t. IV. p. 141 f.
Tag 168. Histoire de la belle Arouya.
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— 43 —
g-ebig-keit rninirt. Seine Schul »hier können entwedei- die ihnen
vor<r('sti>'cki('ii Siiiiimpn nicht bezahlen, oder sie wollen iiiclit.
Eines Tages erinnert sieli Banu, dass ihm der Doktor Daniscli-
mende 1000 Zechiuen schuldet, und bittet Aruja, seine schöne
junge Frau, hinzugehen und das Geld zurilckzui'ordeni.
Danischmende ist von der Schönheit der Frau entzückt und
bietet ihr 2000 Zechinen, wenn sie sich seinen unerlaubten
Wünschen fügt. Entrüstet weist Aruja seine Anträge zurück
und beliebt sich zum Kadi, um sich Recht zu verschaffen.
Der Kadi aiier ist nicht besser wie der Doktor, und mm be-
trieht sidi Aruja zum Gouverneur, um von ihm Schutz und
Hülle zu ertlehen. Doch auch der Gouveriieuer, ein alter
Wüstling, will ihr nur unter der Bedingung helfen, dass sie
sich ihm hingiebt. Weinend kehrt die Frau nach Hause
zurück, doch beschliesst sie sich zu rächen und sich Recht
zu verschaffen. Zu diesem £nde kauft sie drei grosse Koffer,
dann schmückt sie sich aufs beste.
^Elle s'habilla de ses plus riches habits, se para de
t Gutes les pierreries que la mauvaise fortune ne l'avait pas
encore reduite a vendre pour »ubsister, et eile u'oublia pas
les parfums.
So kommt sie nochmals zu Danischmende und zeigt sich
seinen Wünschen geneigt. Zum Bendez-Yous bestimmt sie
ihm die zehnte Abendstunde. Dasselbe thut sie beim Kadi
und beim Gouverneur und bestellt jenen auf elf Uhr, diesen
auf Mittemacht zu sich. Die drei Liebhaber erscheinen auch
pünktlich, aber jeder verscheucht den anderen, und jeder ver-
steckt sich in einen der drei Kolfer. Der ( iouverneur wird
durch den scheinbar kommenden Kadi verscheucht. Am aii<1ern
Morgen begieht sich die Dame zum Sultan und eizälih iltiii
die ßegebenheit, und als derselbe Beweise verlangt, lässt
sie die Koüer herbeischaffen, aus denen die geprellten
Liebhaber zu ihrer Schande vor allem Volke heraussteigen.
Dunlop^) bringt unsere Erzählung mit der Erzählung
') Dunlop, Goschiolito der l'rofadichhincypn. do^itsch von F. Lieb-
recht, p. 246. Hier finden sieb noch ('[iii<^o ähnliche Ooschichten.
Loiscleur Deslongchamps, Essai sur les fablcs indieunes, t. I. p. 139
und Anm. 2.
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I
I
— 44 —
des Zeppa und Spinello (Decamerone des Boccaccio Tag Ym
Not. 8) in VerbindiiDg, doch mit Unreckti denn dort ist die
Situation eine yon der nUBeren ganz yerschiedene ; die Fraaen
dort zeichnen sich keineswegs durch Klugheit aus, und ist
ilieser Vergleich zu verwerfen.
La danse.^) (chap. XIV»)
Auch die Grundidee dieses Capitels ist nicht von Voltaire
selbst erfunden, sondern von ihm aus einem anderen Weriie
entnommen worden.
In Gulliver's Beisen befindet sich eine ähnliche Situation.
Hier wie dort sollen Aemter an den besten Tänzer ver-
lielien werden: während aber bei Swift das Tanzen und vornehm-
lich das Seiltanzen die ärgste Kriecherei und Speichelleckerei
vorstellen soll und so in schärfster Weise einei^seit« die Amts-
ei'schleichung gegeisselt wird, andererseits aber die Thorheit
der Fürsten, welche durch diejenigen die Aemter am besten
verwaltet glauben, die die tiefsten Bücklinge machen, so
dient im Gegentheil bei Voltaire der Tanz dazu, um Betrager
zu entlarven und den Ehrlichen an seinen wohlverdienten
Platz zu stellen. Bei Swift finden mr nur erbarmungslose
Satiren, bei Voltaire leichten Huriiur. Während Swift, seines
eigenen Schicksales einj^edenk. in der Welt nur Betrüger
und Diebe, Schleicher und Heuchler sieht, unter deren
Schlichen der Ehrliche zu Grunde gehen mnss. hat Voltaire
eine weit weniger harte Ansicht von der Welt, seinen Stoff
aber hat er nur zum Besseren verändeii;, wenn auch bei ihm
nicht so sehr die politische Satire hervortritt.
Inhalt bei Voltaire:
Zadig wird von seinem Herrn in Handelsangelegenheiten
nach der Insel Serendip gesandt, wo er rascli die Gunst des
Fürsten erringt. Der Fürst hatte nun das Unglück, von
1) Holand t. XXI. p. 66.
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— 46 -
seiueu Schatzmeistern stets bestohlen zu werden, und klagt
Beine Noth Zadig. Dieser schlägt das folgende Mittel vor:
n n'y a qn'ä faire danser tons ceax qui se pr6senteront pour
la dignit^ dn tr6sorier, et ceM qui dansera ayec le plns de
l^gäret6 sera infailHblement le plus honndte homme.
Der König ist nun zwar etwas erstaunt, willigt jedocli
ein, durch Zadis: den Yersuch machen zu lassen. Die Präten-
dent werden einzeln bereingefülirt. sie haben jedoch ein
Vorzimmer zu passiren, in welchem der König seine Schätze
ausgebreitet hat. Als nun aUe vierundsechzig bei einander
sind» werden sie zum Tanzen aufgefordert^ und da erweist
es sich, dass dreiundsecbzig unterwegs ihre Taschen mit den
königlichen Schätzen so angefüllt haben, dass sie sich kaum
zu bewegten vermögen.
Bei Swift ist die Sache nicht so harmlos; es heisst da:^;
«The emperor had a mind one day to entertain me with.
several of the countxy shows, wherein they exceeded all
nations 1 have known, both for dexterity and magoificence.
I was diverted with none so much as that of the rope-dan-
cers, performed upon a slender white thread, extended abont
Iwo feet, and twelve inches from the ground ; upon which
1 shall debire liberty, with the reader's patience, to enlarge
a little.
This diversion is only practised by those persons» who
ai*e candidates for gread employments, and high fayour at
court. They are trained in this art from their yonth, and
are not always of noble birth, or liberal education. When*
a great oftice is vacant, either, by deatli or disgrace J(which
often happensj, five or six of ibuse caudidates petition the
empei'or to entertain his majesty and the court with a
dance on te rope ; and whoever jomps the highest, without
f alling, succeeds in the office. Veiy often the Chief minister»
fhemselves are commanded to show their skil, and to convince
fhe emperor that they have not lost their faculty. Flimnap,.
<) Swift, GolHven trayela. Fftrt. I A voja^ to LilHpvt^
ehapträ 3.
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— 46
tlie treasurer, is allowed to fut a caper on the straitfht rope,
at least an inch lii^'her than aiiy otlier lonl in tlie wliole
empire. I have seeu him do tbe sommerset several times
together, upon a trehcber fixed on a rope wliich is no thicker
than a common packthi*ead in England. My fiiend Bedresal»
principal secretarp for pnrate affairs, is, in my opinion, if
lam notpartial, the second after the treasnrer; the rest of
the great officers are much npon a par.
These diversions are often altended wixh fauil accidents,
whereof preat iiuiubers are on record. I inyself liave seen
two or three caiulidates break a liiiib. But tlie danger is
much greater, when the ministers themselves are commanded
to Show their dexterity! for, by contending to excel them-
selves and their feUows; they strain so far that there is
hardly one of them who has not received a fall and some of
them two or three. I was assnred that, a year or two be-
fore my arrival, Flimnap would infallibly have broke his
neck, if one of the king"s cushions, that accideiitally lay on
' "v the groiiud, had not weakened tlie foice of his fall."
Wenn nun auch, wie schon gesa^jf. bei Voltaire und
Swift ganz verschiedene Absichten vorliegen, so erscheint
mii- doch die äussere Aehnlichkeit zn gross, als dass man
nicht annehmen dürfte, Voltaire sei von Swift beeinflusst
worden.
Die Capitel XV— XX bieten wenig Interessantes. Zadig
beweist noch weiter seine Klugheit, indem er den König von
der Untreue seiner Frauen überzeugt, ein Stoff, welchen
Voltaire mit Vorliebe behandelt; denn in diesem Roman
allein wiederholt er sich viermal, (chap. I, II, XV und XVII).
Nur eine Frau vermag der Versuchung Stand zu halten, und
diese erhebt der König zu seiner Gemahlin. Da aber Falide
blane Augen hatte, so erhob sich grosse Unzufriedenheit im
Lande, denn es gab ein altes Gesetz, welches dem König
verbot eine Fran mit blauen Augen zu lieben. Der oberste
der Bonzen hatte dieses Gesetz (p. 79) vor mehr als fünftausend
Jahren aufgestellt, um sich nämlich die Geliebte des ersten
Königs von Sarendip anzueignen. l\s erhebt sich überall
Unzufriedenheit; zwar bringt Zadig einen Krieg, in welchen
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— 47 -
der KAnlg verwickelt wird, noch glücklich zu Ende, aber er
fählt sich nicht mehr sieber auf Sarendip und bcgiebt sich
aiut" die Wanderschaft, uin Astarte zu sufhen.
Voltaire h;pielt. hier auf die Ueber^^ritie an, welche sich
die Kii cbe in Bezug auf die VAw ' i ei laubte. Im lii^^eiiu
(Moland XXL p. 262) findet mau eine äiin liehe Situation.
L'Ingenu will seine Pathe, die schöne Saint-Iv6s heirathen,
dies wird ihm als eine schreckliche Sünde ausgelegt. ^Cela
est impossible, vons dis-je, eile est Totre marraine: c'est un
pech6 epouvautable k une marraine de serrer la main de son
fiUenl; il n'est pas permis d'epouser sa marraine; las lois
diviues et huniaines s'y opposent. Zum Glück findet man
einen Aunweg. Mon eher frere, (iit-elle (Miio de Kerkabon).
il ne faut pas que notre neveu «e damne; notre saint-pere,
le pape peut lui donuer dispense, et alors il pourra etre
chr6tiennement heureux avec ce qull aime.
Le brigand (chap. XYl) geisselt die schlechte Verwal-
tung der ProTinzen ganz im Allgemeinen und kann oder
konnte auf jeden Staat angewandt werden. . ^
Zadig wird nämlieh von Räubern gefangen genommen.
Der Herr des Schlosses, heisst es, war einer der Araber,
') cfr, Prix de la justico ai de rhumanit<\ Articlo XIV, De l'in-
ceste, Moland t. X"XX. p. &67. On pret«iul aujourJ hui, paimi quelqes
nations de PEurope, qu'il n'est pas permis a un homme veuf d'epouser
une parente de sa fcmnic au quatriemc degrc, et qu'une veuve seiait
coupable de In m%me traiwgresidon ai ruii et Tautare n^acbetaient pas ime
diapeuM du pape. 11 y a ekesn ees rngmes nations un aiitre inceste
. 4pi*on appelle spirituel. C'est une espece de sacril^e dans un homme
d^^Hse de coucher avec une fiUe qu*il a baptisee, ou confinni», ou
conlan^. Tergl. auch: Dictionnahre philosophique. Article incestM).
Holand t. XIX. p. 462. C'est bien pis quand vous aures affaire avec
▼otre comm^re ou avec votre marraine; c'^iait un crime irrem iasible
par les Capitulaiies de Charlemagne. Cela s'appeUe un inceste spiri-
tuel. --
Tue Andovere, qu'on a|)polle reino do Franco pnrce qu'cüf etait
feinine (\'un Chilpf''ric, ri'guln rlp Soisso-ns, fiit vilipendee par la justice
eccl<''si;isti(jue, censuree, degradee, divorcee, pour avoir tenu son propre
enfaut sur les fonts baptismaux, et «'etre faite aiiisi la commt re de son
propre mari. Ce fut un pecho moitel, un aacrilege, un inceste spirituel:
eile en perdit son Iii et sa couronne.
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— 48 —
welche man Diebe nennt. Zuweilen beging er eine gute
Handlung neben einer Menge schlechten f er stahl mit uner^
8&ttlicher Gier und gab grossmüthig ; er war kühn bei der
Tbat, aber geschmeidig im Verkehr. Nach und nach hatte
er ein Vermögen zusammengestohlen, er wurde ein grosser
Herr unter den Räubern und bestach den Satrapen, der ihn
bestrafen wollte. Er war schon zu rttich, um irgrend etwas
zu fürchten; scIiIk .^siuh wurde er oberster SttiUereinnelmier
einer Provinz und zog zwar die Steuern gewissenhaft ein.
beluelt sie jedoch für sich; der König vermag nichts gegen
ihn auszurichten, denn die ausgesandten Beamten machen mit
ihm gemeinsame Sache. Es werden hier Zustände geschildert^
wie sie zur Zeit des Feudalwesens ganz allgemein waren^
wo der Adel der Krone ungestraft entgegentreten konnte
und ihre Ohnmacht noch obendrein verspottete. Zadi<> er-
fährt hier den Tod Moabdars zugleich mit der Nachricht,
das-s man nicht wisse, was aus der Königin geworden.
Le pecheur (chap. XVII) ist überflüssig, denn es bringt
uns auch nicht um einen Schritt in der Erzählung vorwärts;
interessant höchstens wäre, dass Voltaire hier nochmals eine
Schilderung weiblichen Leichtsinns giebt Zadig trifft eüieii
Fischer, der ihm sein Unglück klagt Ehemals ein wohl-
habender Käsefabrikant, war er durch die Flucht Zadigs
und der Königin um eine bedeutende Summe für gelieferte
Käse gekommen. In Begleitung seiner Frau hegiebt er sich
zu einem seiner Kunden, nm dessen Beistand anzuflehen.
Orcan behält die Frau zurück und jagt den ^fann aus seinem
Hause. Dieser schreibt einen flehenden Briei an seine Frau^ -
sie aber sagt zum Ueberbringer : ,Ach, ich kenne deuMann,
der mir schreibt, ick habe von ihm gehört, man sagt, das»
er auegezeichnete Sahnenkäse macht, man möge mir welche
bringen und sie bezahlen.** Bei Gericht kann er gleichfalls,
nicht zu seinem Rechte kommen, vielmehr verliert er den
Rest seiner Habe. Zadig tröstet ihn und sendet ihn
nach Babylon, wo er sein Geld erhalten würde. Voltaire
scheint dieses Kapitel nur eingefügt zu haben, um den.
Unterschied zwischen materiellen und seelischen Leiden zu
zeigen; der Fischer ist nur wegen des Verlustes von Geld
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— 49 —
und Gut unglücklich; Zatlig theilt mit ilim den Inhalt seiner
Börse, und sogleich ist er getröstet. Zadig erkundigt sich
weinend nach Astart6. »Wie," rief der Fischer, „du wärest
unglücklicher als ich, trotzdem du Wohlthaten vollbringst?''
«Viel anglttcklicber, hundertmal unglücklicher als du. Dein
gröBBtes Unglftck war die Noth, mein Unglück aber wurzelt
im Herzen."
Zadi<r kommt nun (Le basilic. chap. XVTTT) in eine
schöne Gegend, wo er eine Anzalil Frauen findet, die eilng
etwas suchen. Auf Befragen erfährt 1 1 . da^s sie einen Basi-
lisken suchen. Ihi^ kranker Herrnämiicli soll einen in Bosen-
Wasser gekochten Basilisken essen und hat versprochen, die-
jenige zu seiner Frau zu machen, welche ein solches Thier
findet. Zadig sieht eine Dame, welche nicht mit sucht, nnd
erkennt in ihr seine geliebte Astart^ Das Wiedersehen und
die freudige Bestürzung und Verwinimg der Liebenden wird
selir gut bescliri;:}beu. Beide erzählen sifli ilire Erlebnisse.
Die Königin war von Cador in einen Tempel gebracht
worden, wo sie in einer grossen Statue verborgen ward. Die
ausgesandten Häscher ergreifen an den Grenzen Egyptens
die schone Missouf. Moabdar findet Gefallen an ihr und
heirathet sie. Nun zeigte sie ihren wahren Charakter und
Uberliess sieh den tollsten Einfällen. Moabdar wird durch
sie zum Tyrannen. Eines Tages kommt er in den Tempel,
in welchem Astarte verborgen i?:t, nnd ertielit die Gunst der
Götter für Missouf. Astarte antwortet aus der Statue : „Die
Götter versagen die AYünsche eines Königs, der ein Tyrann
geworden, der eine vernünftige Frau hat vergiften wollen,
um eine unvernünftige zu heirathenl" Der König erschrickt
hierüber so sehr, dass er wahnsinnig wird. Eine Revolution
entsteht, ein fremder Fürst erobert das Beich, Astarte föllt
in seine Gewalt, Missouf jedoch verschafft ihr aus Eigennutz
die Mittel zur Flucht. Ein berühmter lliiuber raubt sie und
verkauft sie an (Jgul. Da die Frauen nichts gefunden
hatten^ so begab sich Zadig zu (jgul und sagte üim, er habe
auf das Gerücht seiner Krankheit hin ihm einen in Rosen-
wasser gekochten Basilisken mitgebracht: «Zwar liegt es
nicht in meinem Sinne, dich zu heirathen," sprach er, »ich
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— öü —
verlange nur die Freiheil ein«-!- Sklavin, die du ^fit eini^reii
Tagen gekauft hast, und ich erkläre mich bereit, an ihrer
Htoiie itt der Sklaverei zu bleiben, wenn es mir nicht gelingt
den auagezeichneten Herrn Ogul zu heilen.^ Der Vorschlag
ward angenommen, nnd Astartö reiste nach Babylon. Zadig
sprach zn Ognl: «Man isst meinen Basilisken nicht, seine
Kraft muss durch die Poren in den Körper dringen. Ich
habe ihn in einen kleinen Schlauch eingeschlossen. Der
Schlauch ist stark aufgeblasen, nnd nun musst du mir den
Schlauch mit aller Kraft zuwerfen, und ich werte ihn zurück .
und so müssen wir dies eine Weile fortsetzen/' Am ersten
Tage war Ogul todtmüde, am zweiten ging es etwas besser,
und nach acht Tagen war er geheilt.
Diese Erzählung ist ans 1001 Nacht entnommen, und
zwar aus der r^*^!^chichte des griechischen Kiinigs und des
Arztes Duban." Hier ist ein König vom Aussatz befallen,
i^eiue Aerzte erproben vergeblich ihre Kunst, Duban aber
verpflichtet sich, den König ohne Tränke und ohne Um-
schläge zu heilen. Hierauf machte der Arzt eine Kolbe
zum Kngelspiel, deren Handgrif er aushöhlte und den Saft
hineinthat^ dessen er sich bedienen wollte. Dann machte er
noch eine Kugel und begab sich am andern Morgen zum
König. „Spielet mit dieser Kolbe, bis ihr eure Hand und
euren Leib im Schweisse fühlt. Wenn das Heilmittel, welches
ich in den Haml-iriff dieser Kolbe eingeschlossen habe, durch
eure Hand erwärmt wird, so durchdringt es euren y:anzeu
Leib, und wenn ilu* schwitzt, hört mit spielen auf, dann hat
das Mittel gewirkt, etc." Voltaire hat diese Geschichte nur
etwas modernisirt, indem er nämlich die Idee, welche der
arabischen Erzählung zu Grunde liegt^ Zadig wirklich aas-
sprechen lässt. «Es giebt keinen Basilisken in der Natur/
sagt er, „bei Massigkeit nnd Leibesübuug befindet man sich
stets wohl, und die Kunst, bei Unmässigkeit die (Te.<undliLiit
zu erhalten, ist eine ebenso eingebildete chimäriscke Kunat,
^) Tauf5end rnid eine Nacht, Nacht 12. Ed. Habicht, von d. Hagen
und Schall, Breslau, 1836. t I. p. 73. Vergl. ebdas. Bd. XHI. 806. YIII.
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wie der Stein der Weisen, die Stemdeaterkunst und die
Theologie der Magier.
Les combats (chap. XX.)
Mehrere Autoren schon, wie La Harpe, ^) Dunlop, ^) haben
über die Quelle zu diesem fapitel Aufschhiss gegeben, noch
keiner aber ist näher aui einen Vergleich eingegangen. Auch
hier kann man das Bestreben Voltaires wahrnehmen, seine
Stoffe möglichst ins Komische zu ziehen. Der Kmst der
Situation muss dem Scherz Platz machen, und »elbst dann,
wenn einer seiner Helden eine unredliche That begeht^ so
wird seine Bosheit durch irgend eine lächerliche Eigenschaft
kompensirt, und man vermuthet sogleich, dass es eben diese
Eio:enschaft ist, um deretwiilen er den Preis seiner Bosheit
wieder verlieren wird.
Voltaire hat sich ziVmlich eng an seine Quelle ange-
schlossen, und zwar hat er dieses Kapitel aus dem Rasenden
Koland des Ariost geschöpft: c. 15, 101 — lOÖj 17, 17 bis 24,
69-^73, 80—135.
Inhalt: Der junge Giiphon, Bruder des Aquilant, liebt
die schöne Origille. Krank hatte er sie zurückgelassen ; da
hört er, dass sie in Antiochien neue Liebesbande geknüpft
hat, und voll Schmerz begiebt er sich dortiiiu. Am sechsten
Tage langt er dort an und trifft Origille mit ihrem neuen
Liebhaber, dem leigen Martan. Durch Schmeicbelkünste Aveiss
sie Gripbou so zu bethöreu, dass dieser glaubt, sie sei ihm
noch in alter Liebe zugethan. Martan giebt sie für ihren
Bruder aus. In Damaskus findet gerade ein grosses Hoffest
nebst einem Turnier statt Von einem Bitter werden sie
freundlich aufgenommen, und dieser ladet sie ein, an den
1) La Harpe, Lycee oa coais de litt^rature, ed. 1825. t. XVI p. 299.
«fr. hierzu Moland t XXI p. III. notel.Ed. 1817. t. XIIL pag. 361.
J. Dttnlop, Geschichte der Frosadichtnngeii, deutsch yon F.
Idebrecht, Berlin, 185U pag. 401.
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Kamplspielen theilzuiinlimen. Gripbou waffnet sich sogleich
mit seiner wunderbaren Rüstung, welche die weisse Fee ge-
feit hatte. Voll Furcht gesellt sich ihm ;Martan bei. Acht
Jünglinge hatten sich zosammengethan, die mit jedem k&mpften,
der sich mit ihnen messen woUte« Martan reitet in die
Schranken, doch jagt ihm der bddagenswerthe Anblick eines
besiegten Bitters einen solchen Schrecken ein, dass er sein
Ross wendet und feige entflieht. Griphon, um die Schmach
seines Gefährten, die ja auch ihn selbst trifft, einigerraassen
wegzuwasclu n, thut Wunder der Tapferkeit und besiegt alle
acht Gegner. Doch voller Unmuth reitet Griphon in sein
Quartier zurück, und alle drei verlassen die Stadt.
Beim ersten Gasthans macht Griphon Halt und begiebt
sich, da er sehr ermüdet ist, sogleich znr Rnhe. Martan»
der Feige, benatzt diese Zeit» stiehlt die Büstung des Griphon,
besteigt dessen milchweisses Ross nnd begiebt sich so zum
König, um die köstliche Rüstung, den ausgesetzten Preis, in
Kmpfang zu nehmen. Mit grossen Ehren wird er aufge-
nommen, und als später üri])li()ii in seiner Küstung ersclieint,
um sich zu rächen, bereitet er ihm einen sehr üblen Empfang;
hierauf entflieht er. Durch ein schauderhaftes Gemetzel
zeigt dann Griphon, dass er der tapfei*e Held sei, für den
sich der andere ansgegeben.
Viel heiterer entwickeln sich die Sachen bei Voltaire.
Astart^ war nach Babylon zurückgekehrt nnd mit grossen
Ehren aufgenommen worden. Die Babylonier beschlossen,
als König und Gemahl der Astarte den tapfersten und wei-
sessten Mann zn wählen. Zu diesem Zwecke wnrde zunächst
ein grosses Q'urnier abgehalten. Astarte verehrt Zadig eine
herrliche weisse Rüstung. Der erste, der in die Schranken
ritt, war Itobad, ein reicher, eitler, zaghafter, ungeschickter
und geistloser Mann. Während w bei Ariost einen feigen
Betrüger vor uns sehen, ist die Erscheinung des Itobad eine
possenhafte, und wenn er auch späterhin die Rüstung Zadigs
stielilt, so haben wir doch die feste Ueberzeugung, dass ihm
seine Eitelkeit und Dummheit bei der Klugheitsprobe irgend
einen schlimmen Streich spielen wird; für Zadig ist man
unbesorgt Aensserst belustigend wirkt auch der Kampfe
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welcher sieh nuBmehr entspinnt. Während Martan beim
blossen Anblick eines gefallenen Ritters die Flucht er^^reift,
versucht Itobad weniofstens den Kampf, freilich zu sf^iiiera
Sehaden und der Zuschauer Ergötzen. Schon an der Art.
wie er sein Pferd lenkte, mochte man erkennen, dass er es
Dicht sei, für den der Himmel das Scepter Babylons bewahrt
hatte. Höchst ergötzlich klingt auch sein stehendes Wort:
Un homme comme moi^ das er zu jeder Zeit und Unzeit an-
wendet. Gleich der erste Bitter hob ihn ans dem Sattel,
der zweite warf ihn auf die Kruppe des Pferdes, so dass er
Arme und Beine gen Himmel streckte ; zwar setzte er sich
wieder zuredit, aber so ungeschickt, dass alle Zuschauer
lachte». Der dritte grill' ihn gar nicht mit der Lauze an,
sondern erfasste ihn bei einem Scheinangrilt am rechten
Bein und warf ihn im Bogen auf den Sand. Der vierte warf
ihn schliesslich Yon der andern Seite vom Pferde, so dass
Itobad, vom Eöhngelächter der Menge hegleitet die Schranken
verlässt. „Quelle aventure ponr un homme comme moi,'
sagt er noch heim Hinaasreiten zu sich. Der Schluss des
Capitels ist wie bei Ariost. Zculig besiepft alle Uegner, der
Kampf wird iu lebhaften Farbeu gesclüldert. Während der
Nacht entwendet Itobad die weisse Rüstunc^ Zadig"s und lässt
seine gi'üne dafür zurück; am Morgen meldet er sich als
Sieger. Zwar hatte man dies nicht erwartet, iiber er wurde
ausgerufen, während Zadig noch schlief. Dieser wird bei
seinem Erscheinen, da man ihn fUr den grfineu Eitter hält,
durch den Pöhel verhöhnt und muss sich mit dem Sähel
Bahn brechen.
Nun ergreift ihn Verzweiflung, denn er glaubt, dass er
dazu bestimmt sei, unglücklich zu sein; und während er
früher nur als Philosoph sein Schicksal betrachtete und sich
gewissermassen noch über dem Schicksal erhaben oder ihm
mindestens gewachsen fühlte, so bricht jetzt seine Kraft
unter diesem letzten furchtbaren Schlage zusammen, seine
Philosophie hat keine TrostgrQnde mehr» und Zadig murrt
gegen die Vorsehung, die die Guten, Rechtschaffenen unter«
drückt und die Betrüger beschützt. Die grüne Rüstung ver-
tauscht er gegen ein Pilgergewand und zieht am Ufer des
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Kuplirat dahin und klagt den Himmel an, der ihn immer zu
verfolgen scheint Der Himmel aber rechtfertigt sich und
sendet einen seiner £ngel, am ihm die wunderbaren Wege
der Varsehnng zn zeigen und ihn zn lehren, dass wenngleich
oft der Mensch Terstftndnisslos Tor einem Ereigniss steht^
Gott doch immer gerecht seine Bahnen verfolgt, obwohl der
menschliche Verstand die Wege der Vorsehung nimmer zu
fassen vermapc un<l ilim ei*st dann, wenn alles zum Besten
geendet, die Allmaclit, Weisheit und Güte Gottes j^eoffenbart
wird. Es folgt nun das berühmte Capitel „der Kremit*
UErmite. (chap. XXJO
Gaston Parin ^) schfttzt dieses Capitel vor allen andel'n,.
und wie er Zadig für den schönsten Roman Voltaires er-
klärt, so hält er das Capitel ,der Eremit" für das beste im
ganzen Komane.
„Les aventtti'es de Zadig et de son compagnon de route^
schreibt er weiter, charmaient les lecteurs depnis prto de
vingt ans quand Fr6ron s'avisa qu'elles n'etaient pas de
rinvention de Voltaire et Taccnsa tout net de plagiat. S'il
avait 6te plus ^rudit, il aurait pn ^tendre ce reproche au
roraan tout entier. Chacune des histoirettes dont il se
compose avait ete racontee en bien des laugiies, surtout
orientales, avant de Tetre dans ce fraii(;ais si alerte et si
vif qui leur donne encore aujord'hui ie vernis appareut de
la nouveaute."
Das Ann6e litt^raire ^) hatte sich sehr scharf gegen Vol-
taire ausgesprochen, es sehreibt:
<) Holand t. XXI. pag. 86.
Gaston Paria, Ii'ange et rermite, ^de snr nne legende reli-
gieum. Acad^mie des Inscriptions et Beiles Lettres. Änn^e 1880.
pag. 427.
S) Ann^ litt^ire 1767. t. I. pag. 80. Lettre II. Plagiat de K. de
Voltaire.
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„Vous connaissezy Monsieur, le joli roman de Zadig, le
chapitre de Termite surtont est un de ceux qoi yous a le
plus frappe pour le merite de Tinvention. Eh bien, ce
chapitre charynant , qui dans notre esprit, faisait tant
(i honneur a M. de Voltaire, est tire presiiue mot pour mot
d'un origiDal que ce grand copiste s'est bien garde de
- faire connaitre. En parcoiirant ces jours demiers les bons
livres anglaia qae Pranlt le jeane libraire, Quai de Conti
a fait venir de Londres, je tronyai un petit Toiume inti-
tul6: The Works in Verse and Prose of Dr. Thomas
Pamell, Laie Arch Deacon of Oogher ; c*est k dire, (Envres
eu vers et en ])rose du docteur Thomas Parnell (mort il
y a ciuquaute aus) archi diacre de ( 'logher. Dans ce vo-
lume est une piece d'euvirou 1 50 vers (dies ist ein Irrthum,
daB Oedicht umfasät 249 Verse) qui a pour titre: The Heriuite,
c'est la source pr^cieuse, mais cach6e oik le g^ni cr6ateur
de M. de Voltaire a puls^.**
£b ist ein harter Vorwarf, den Fr^on hier aasspricht,
aber er ist unberechtigt, denn wenn auch Voltaire Pamell
benntzt hat, und hierin stimmen alle Beurtheiler liberein, so
hat er doch nur Einzelnes entnommen, anders geändert, viel-
leicht nacli anderen Quellen, vielleicht auch neu erfunden;
die Situation im allgemeinen ist aber bei Voltaire bei weitem
künstlerischer und den Umständen viel mehr entsprechend
als bei ParnelL Man begreift sehr wohl, dass ein Manu,
den das Schicksal fü^rmlich zu verfolgen scheint, gegen die
Vorsehung murrt, man versteht die Verzweiflung, welche
Zadig ergreifen muss, wenn er nach so vielen Leiden und
Gefahren endlich am Ziel seiner Wünsche stehend, auf die
unwürdigste Weise von demselben, und wie er glauben muss,
fiii' immer zurückgestOh.seii wird ; aber wesshalb rarnells
Eremit seine Klause verlässt, in der er von Jugend auf ge-
lebt und wo es ihm an nichts gebricht und er einen gott-
gefälligen Lebenswandel führt, das kann man nicht ohne
weiteres verstehe.n Sündhafte Zweifel an der Gerechtigkeit
Gottes sind in ihm aufgestiegen, und um sich mit eigenen Augen
vom Laufe der Welt und von Gottes Begierung zu über-
zeugen, zieht er aus. Die erste Aenderung der Thatsachen
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ist die, (lass Zadi^ einen Greis trilft, während suli ein .Tünf?-
ling zu dem Eremiten gesellt. Hier wie dort sind nun die
nächsten Ereignisse dieselben. Zadig gelangt mit seinem
göttlichen Begleiter zu einem vornehmen Manne, der sie zwar
gut bewirthet, aber sehr hoehmüthig behandelt Bei Voltaire
dient das köstliche Becken als Waschge^las, bei Parnell wird
den Wanderern in einem reich verzierten Becher Mh mor-
gens Wein kredenzt. Der Führer stiehlt das Gefäss und
schenkt es am nächsten Tage einem reichen C-reizhals, der sie
sehr unfreundlich eiupfanizen und schh^cbt helierberf^t hat.
Es ist zu verwundern, wesslmlh Voltaire diesen Zug nicht
geändert hat, da es doch durchaus unwahrscheinlich ist, dass
der Geizige durch ein werthvolles Geschenk gebessert werden
soll, was doch der Zweck des Geschenkes ist. In älteren
Versionen; in denen noch vornehmlich die christliche Idee
in den Vordergrund tritt, erhalt der Wucherer den Becher
meist desshalb, weil Gott jede, auch die geriug^ie Wohtthat
vevffilt : da aber der Ueizige wegen seiner Dosheit im
Himmel keinen Platz haben wii*d, so belohnt ihn Gott auf
Erden.
In der nächsten Episode gehen die beiden Enählungen
auseinander. Bei Parnell kommen die beiden Wanderer zn
einem wohlhabenden Mann, der sie aufs freundlichste auf-
nimmt. Wie bei Voltaire, ist das Gespräch auch hier ein
philosophisches. Vers 144 und 145 heisst es bei Parnell:
..He spuke and bid Tlie weh^ome table spread,
Then spoke of virtue tili tUe time to bed.''
Bei Voltaire ist nur der Gesprächsstoff etwas weiter
ausgefiilirt Am Morgen begiebt sich der Jüngling in die
Nebenkammer, wo das einzige Söhnlein des wohlthätigen
Mannes schläft, und erw&rgt das Kind. Voltaire hat diese
schauderhafte That weggelassen, wahrscheinlich auch dess-
halb, weil sie nicht zur Genüge motivirt war; denn der
Jüngling hat desshalb das Kind g'etödtet, weil die Eltern
über seinen Besitz so glücklich waren, dass sie (xott nicht
mehr so eifrig dienen wie zuvor. Voltaire hingegen belohnt
die Güte des Gastfreundes. Der Eremit steckt bei seinem
Abschiede das Haus in Brand, weil, wie er später erklärt,
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— 57 —
ein Schatz in demselben yergraben liegt, den der Besitzer
nan finden und dadurch noch glücklicher als zuvor leben wird.
Es tritt hier an uns die schwierige Frage heran, ob
Voltaire diese Episode erfanden hat, oder ob er noch ans
anderen Quellen ausser Painell geschöpft hat. Es existiren
ältere Vei siDnen imsrer Erzählung^, wo g-leichfalls das Feuer
eine Rolle spielt; eine Ahtei wird in As(;he gelegt, weil die
Mönche ein zu schwel f^erisches Leben ^) führen, eine Dar-
stellung aber, in welclier das Feuer einen Schatz zu Tage
fördert, ist aus der Zeit vor Voltaire bis letzt noch nicht
bekannt, da die Untersuchung über die verschiedenen Ver-
. sionen noch nicht beendet ist, und es mus daher die Frage,
ob Voltaire noch eine andere Qnelle gekannt, unbeantwortet
bleiben. Gaston Paris sucht eine andere Tjösung zu geben.
Kr findet eine vielleicht zufallige Uebereiustimmung zwischen
luist rei Darstellung mit der im Koran (XVIIL 64 — 81)
gegebenen.
!Nacii Dunlop pag. 312 ist der Inhalt der folgende:
„Der erste Keim zu dieser allgemein beliebten und weit-
verbreiteten Geschichte findet sich, obgleich in einer sehr
rohen und unvollkommenen Gestalt, in dem 18. Kapitel des
Korans, welches betitelt ist: die Höhle. Dort wird nämlich
erzählt, dass Moses, als er die Kinder Israel durch die Wüste
führte, an dem Zusainmenflnsse zweier Seen den Propheten
AI Chider antraf. Er redete ihn an und bat ihn, dass er
ihn unterrichten möchte; worauf jener antwortete: ,,Füi*-
wahr, dn kannst gewiss nichts geduldig ausharren bei mir,
denn wie willst du diejenigen Dinge geduldig ertragen, deren
Wissenschaft du nicht begreifen kannst?^ Und Moses ver-
setzte : ,Du sollst mich geduldig finden, so Gott will; ich
"werde dir auch iu keinem Stücke uiigehursam sein." Jener
antwortete: „Wenn du mir nachfolgen willst, so frage mich
um nichts eher, als bis ich dir die Bedetitung davon an-
zeige.^' So gingen sie beide fort^ bis sie zu einem Schiffe
•) Gafiton Paris, Acadf'ini« de« Inscription.s otc. Anntie 1880. p. 429.
Do rermite qui s accompaigna k l auge, Duiilop, Geschichte der Prosa-
diehtongen., pag. 309 b.
^ Gaaton Paris, Acad^U des Inscriptioiis pag. 447.
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— 58 —
kameu, und in dieses machte er ein Loch. Da sprach Moses:
„Wie hast du ein Loch darein gemacht, dass du das Scbifi^
Volk ersäufest? Da hast ein seltsam Ding gethan.^ Jener
aber antwortete: „Hab' ich dir's nicht gesagt, dass dn nicht
geduldig bei mir ansharren könntest!* Und Moses sprach:
^Sei doch nicht unwillig auf mich, dass ich*s vergessen habe^
und lege mir keine Schwierigkeit auf in dem, was mir be-
foiilen worden." Da sie nun das IScliiif verliessen, gingen sie
fort, bis sie einen Jüngling antrafen. Denselben tötete jener.
Worauf Moses sprach: ,,Hast du nnn einen unschuldigen
Menschen getödtet, ohne dass er jemand umgebracht hat?
Da hast dn eine ungerechte That begangen.** Jener aber
antwortete: „Hab* ich dlr*s nicht Torhergesagt, dn würdest
bei mir nicht geduldig aushalten?' Und Moses versetzte:
„Wenn ich nach diesem dich um etwas befrage, so behalte
mich nicht mehr in deiner Begleitung. Nun hast du von
mir eine Entschuldigung vernommen." Hierauf gingen sie
weiter fort, bis sie zu den Eünwohnern einer grossen tsfcadt
kamen. Von diesen Einwohnern forderten sie Speise, diese
abor weigerten sich, sie zu beherbergen. Da fanden sie
drinnen eine Maner, die einfallen wollte, nnd er richtete sie
anf. Moses aber sprach : ^Wenn dn gewollt, hättest dn einen
Lohn dafür bekommen." Er aber sprach: „Dieses soll nun
die Scheidung sein zwischen dir uud mir. Doch will ich
dir zuvor die Bedeutung dessen anzeigen, was du von mir
nicht gedulfljV und ohne Fragen ertragen konntest. Was das
Schilf betrifft, so gehört es armen Leuten, die ihr Gewerbe
auf dem Meere treiben. Ich wollte es aber nnbranchbar
machen, weil ein KOnig als Seeräuber hinter ihnen war.
Den Jäogüng anlangend, so waren seine Eltern recht-
gläubig; wir besorgen aber, er möchte sie verleiten, seine
Irrthümer und seinen Unglauben zu ertragen oder anzu-
nehmen, daher wir wünschten, dass ihr Herr ihnen einen
besseren Sohn schenken mtnhle. der gerechter wäre und
mehr gute Neigung gegen sie hätte. Was aber die Mauer
angeht, so gehörte sie zweien juugen Waisen in der Stadt,
und unter derselben lag ein Schatz verborgen, der ihnen
gehörte, und weil ihr Vater iromm war, so gefiel es deinem
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— 59 —
Herrn, dass sie zu ihrem völligren Alter kftmen und selbst
jenen Sclmiz hervorlangen könnten, durch die llariiihei/i^^^keit
deines Herrn. Also habe ich, was ich gethan, nicht nach
meinem eigenen Willen g:ethan, und dies ist die Auslegung
dessen, was du nicht mit Geduld ertragen konntest."
Gastou Paris hat namentlich den letzten Theil dieser
Elrzählang im Ange, nur richtet hier der Eogel die Mauer
auf, welche den Schatz verbirgt» irähi-end er hei Voltaire
zerstört Man ist wohl berechtigt, anzunehmen, dass Voltaire
dieses Capitel des Korans gekannt hat. 1734 war die Ueber-
setzung des gelehrten Engländers Sale erschienen, welche
Voltaire hiiuhg citirt') und sehr j^iinstit^ beurtheilt. Ferner
hat er in seinem Dictionnaire philosophique^) Auszüge aus
dem Koran nach eben dieser Uebersetznng gegeben, und es
wäre zu verwundern, wenn er nicht das ganze Werk gelesen
hätte. Immer aber bleibt die Frage offen, ob Voltaire
nicht doch eine andere Quelle benutzt hat ausser Parneli.
Bei Parneli zeigt nun ein Knecht den Verirrten den
"Weg; auf einer Brücke stöbst ihn der Jüiigliiig iii die
reissenden Fhitlicn des Stromes, weil, wie er dem entsetzten
Einsiedler enthüllte, derselbe seinen Herrn in der folgenden
Nacht berauben wollte. Nach dieser That giebt sich der
Jüngling als ein Gesandter Gotres zu erkennen. Bei Voltaire
erscheint das Urtheil gerechter ; hier wird der Neffe einer mild-
thätigen Wittwe, die sie beherbergt hat» in den Strom gestürzt,
weil er, wie der Eremit Zadig enthüllt, seine Tante in einem
Jahre (nicht, wie Gaston Paris schreibt, in der folgenden
Nacht) und Zadig in zwei Jahren ermordet haben würde.
Sonst hat sich Voltaire ziemlich i^euau an seine Quelle ge-
halten. Der Knabe schreitet aut der Brücke voraus; ebenso
wie bei Parneli, wird auch liier sein Sturz etwas genauer
beschrieben; der Kopf taucht noch einmal aus dem Wasser
empor. Bei Voltaire folgt nun noch ein längerer philoso-
phischer Excurs. Der Engel gebietet Zadig nach Babylon
zurückzukehren.
') Moland Xr. 201. note 1. XVII. 881, XXIV. 142, 556, XXX 417.
^) Moland XYII. pag. 98. Alcoran ou plutöt le Koran.
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I
^ 60
La Harpe ^) führt an, dieses (Japitel sei au? 1001 Tagr
entnommen; dies ist jedoch ein Irrihum. Ein anderer Fehler
h&t sieh bei Desnoiresterres^) eingeschlichen, wenn er sag^
dass Thomas Parnell ans den Homilien des „Albert de Padoue^
geschöpft habe.
Desnoiresterres stützt sieh hierbei auf die Antoritftt
Littre's, aber ich glaube, dass ein Missverständniss obwaltet.
Littre schreibt:^) II n'est personne qui en lisant le Zadig-
de Voltaire, iib soit frappe de Tepisodc de raiig:e (jui. sous
la torme d un ermite se l'ait peudaut «luelque temps le com-
pagnon de Zadig; pnis, qnand on rencontre ce rccit dans
l'Anglais Thomas Parnell, on retire ä, Voltaire cette notable
conception; mais il ne faut pas s*arr6ter lä; eile se tronve
dans les hom^lies d*Albert de Padoue^ mort en 1813» et -
flnalement» au de Ik dans Tun de nos fabliaux les plus remar-
quables."
Die Annfaben bei Desnoiresterres sind ganz ungenau, ifb
fiihre seiu sogeiiaiiuu's Citat hier an: ,Dison^ pue Voltaii-e,
dans Zadig, n'y est que pour sa forme spirituelle et char-
mante. Le fond est emprunte a l'anglais Thomas Parnell,
qui lä emprnnt^ aux hom^lies d' Albert de Padoue, mort en
1713 (nicht einmal die Jahreszahl ist richtig, doch könnte
dies ein Druckfehler sein), leqnel en a trouv^ le germe dans
nos fabliaux.**
Littre, Etüde sur les Barbares et le iloeyn age (Paris,
Didier, 1867; p. 892.) Es ist dies eine befremdliehe Art des
Citirens. Schon iu der Einleitung habe ich darauf hin-
gewiesen, dass Littre nur von dem Capitel „der Eremit'^
spricht, während Desnoiresterres diese Aeusserungen gleich
auf den ganzen Boman bezieht.
Ich glaube nicht, dass Littr^ hiermit hat sagen wollen,
dass Parnell aus den Homilien des Albert von Padua geschöpft
*) La Harpe, Lyc^e ou cours de littörature. Ed. 1817. t. XIII.
p. 861.
Desnoiresterres. Voltaire et la soci^te firanfaise au ZVIUm»
«i^cle, t. ni. p. 146, note 1. Voltaire a la conr.
^ E. Littre, l^tudes aar les barbares et le moyen &ge. 4. Ed.
Paris 1888. p. 892.
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— 61 —
hat, sondero er hat nur ganz im allgemembn angeführt, dass
der Stoff lange, bevor er in England bearbeitet wurde, in
Fi*aiikreich bekannt war, wie denn das ganze Werk eine
Verherrlichnng der Ihinzfisi^chen Litteratur ist und zf'igm
soll, wie alle Völker des Abendlandes von derselben abhängig
sind. Parneli hat übrigens die Gesta Boxnaiiorum ^) benutzt^
wo die £rz&hliiDg das 80. und in etwas anderer Fassung das
127. Gapitel bildet. (Vergleiche auch Dnnlop p. 200 b nnd
p. 311b.)
Die Ereignisse stimmen hier sftmmtlich überein, nnr
ist die Reihenfolge eine etwas andere, nämlich wie folgt:
Bei Parneli folgen die Ereignisse;
I. Entwendung des Bechers;
II. Der Geizige erhält den Becher;
III. Das Kind des wohlthätigen Mannes wird erwttigt;
IV. Der Führer wird in den Strom gestttrzt
Bezeichnen wir die Ereignisse in den Gesta ihrer Reihen-
folge nach, so ergiebt sich folgendes Bild:
1=111; 2 = 1; 3 = IV; 4 = 11.
Zum Schluss sei noch bemerkt, dass es für Parneli viel
näher la<,', aus den -t;i Ronianoruni zu schöpfen, weil sie
zu Ende des XVii. Jahrhunderts mehrmals in England ver-
OffentUcht wurden, (cf. TL Grässe, Gesta Eomanoram.)
Us enigmes, (chap. XX.)
Beschämt folgte Zadig dem Gebote des Engels ; er kommt
gerade an dem Tage nach Babylon, au welchem der beste
Kampier auch eine Probe seines Verstandes ablegen soll, an
welchem die Bäthsel gelöst werden sollen. Mit Ehren wird
Zadig aufgenommen, und auf seine Versicherung hin, dass
er ebenso wie ein anderer gefochten habe, dass aber ein
0 Gesta Eomanorum, dttutsch von Th. Qrftaee. Dresden, 1S43.
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anderer Kämpfer seine ROstuii^ tra^e, wird ihm gestattet,
sich am Lüsen der Räthsel zu betheiligeii.
Itobad sagte, dass ein Mann, wie er, sich nicht auf
Räthsel verstünde, und dass es ihm ^enü^e, durch schweren
Kampf als Sieger hervorgegangen zu sein. Zadig allein löst
die Räthsel, als erstes : die Zeit, als zweites: das Leben, und
dann andere, die nicht näher bezeichnet werden, über die
Gerechtigkeit, Aber die Kunst, zu regieren etc. Zadig er-
räth alle.
Hierauf beweist er durch einen Zweikampf und die
Aussage Cadors, dass er der bessere Kämpfer von beiden
und der wahrte Besitzer der weissen Rüstung»: ist. Er wird
zum König ausgerufen und herrscht zum Glück und Segen
seines Landes.
Die Herausgeber der 1001 Nacht, Breslau 18B6, geben
folgende Quellen an: t Xm pag. B25:
«Gesdiichte des weisen Hycar;'' (Nacht öei'-öed):
„Voltaire hat wahrscheinlich diese sehr alte Erzählung
gekannt, und Zadig, unter dessen Namen er alles, was
ihm von arabischen Ueberlieferungeu l)fk;iinit gewurrlen,
vereinigt zu haben scheint^ erräth beinahe ähnliche Uäthbel
wie Hycar.-'
Ich glaube, dass diese Annalime doch nur durch eine
ganz äusserliche Ueberelnstimmung hervorgerufen worden
ist, denn die einzige Aehnlichkeit zwischen beiden Erzäh-
lungen besteht darin, dass überhaupt Räthsel geldst werden.
Zudem bezeichnen die Herausgeber der Ausgabe Breslau
die Geschichte des weisen Hycar als bei Galland nicht vor-
handen, und ^'oltaire dürfte sie auch nicht gekannt haben.
l>as Lösen von Rätliseln hndet sich in arabischen Märchen
häufig, und unserer Geschichte am nächsten kommt die Er-
zählung vou der schönen Turandocte,') eine Erzählung, die
ja durch Schillers Bearbeitung eines Lustspiels von Gozzi
als „Prinzessin Turandof* zur Genüge bekannt geworden
ist. Während der weise Hycar, nur um seine Weisheit-
') Petits do la Croix, 1001 jours. Paris 1710 — 12. j. 45 suiv. t, IT.
p. €7 fr TTi tnirp du prince talnf et dö la pruicesse de la Chine. Die
betreti(»n(le äteii« t. IL j. 72. p. 267 f.
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— Ga —
glänzen zu lassen und um seinen König zn retten, schwierige
Fragen auflöst, ist hier die Situation eine ganz andere.
Calaf sowohl als Zadig wollen durch die Ueberlegenheit
ihres Geistes ein geliebti^s WeAh t^rringen, was ihueu auch
glücklich gelingt. Endlich dürfte noch angeführt werden,
dass zum mindesten die ersten Käthsel, welche Hycar richtig
löst, im Gmnde genommen, Bilderr&tbsel sind, denn der
König umgiebt sich mit seinem Hofstaat und fragt dann,
wem er und diese Versammlung gleiche, dieses wiederholt
sich zu verschiedenen Malen, dann erst folgt das B&thsel,
auf welches Hycar die Antwort ertlieilt, es sei das Jahr ge-
meint. Die Aehnlichkeit ist demnach nur gering.
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ScUusswort.
Fassen 'Wir die Resultate der yorliegenden Untersacfaniigf
kurz zusammen, so ergiebt sich :
Cap. I. Le borgne. Lehnt sicli an Capitel II an.
Cap. II. Le nez. Nach XOltaiie selbst der Description
de ia Chine des P. Duhalde entnommen.
Cap. ni. Le cbien et le cbeval. Geschöpft aus Mailly^
wieFreron zeigt.
Cap. IV. L'envienx. Das Büd des Geizigen ist yieileicht
aus der Areadia des PMlip Sidney geschöpft
Cap. VII. Les disputes et les audiences. Zum Theil
Swift nachgeahmt (Gullivers Reisen, Cap. IV).
Cap. IX. La femme battue. Moliere's „Le medecin malgie
lui" entlehnt.
Cap. X. L'esclavage. Zum Theil aus den ]j abein des
Bilpai geschöpft.
Cap. XIL Le souper. Nachgebildet der Fabel von den
drei Ringen; die Einwirkung von Swifts Erzählung von der
Tonne und Fontenelles M^ro und Eaegu wird aus Voltaires
Werken selbst nachgewiesen.
Cap. Xin. Le rendez-vous. Nachj?eahmt der Geschichte
der schonen Aruja (lUOl. Tn^, 158 'rag- )
Cap. XIY. La danse. Nachgebildet Gullivers Reisen,
Cap. n.
Cap. XVin. Le basilic. Entnommen der Geschichte des
griechischen Königs und des Arztes Duban, 1001 Nacht, 12.
Angezeigt ebenda» Breslauer Ausgabe, pag. 806.
Cap. XIX. Les combats. Entlehnt Ariosts Rasendem Ro-
land. Angezeigt von La Harpe und Dunlop.
Cap. XX. L ermite. Nachgebildet Thomas Parnell. An-
gezeigt von Freron, G. Paris und Littre.
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— 6ß —
Cap. XXI. Les »^iiigmes. Quelle nicht die Geschichte
des weisen Hycar. sondern die von der Prinzessin Turandot.
Vom Verfasser selbst aufgefunden sind die Quellen zu
Cap. IV, VII, X, XII, XIII, XJV und XXI; die übrigen
Capitel sind mit £rläaterung6D und Zusätzen versehen
worden.
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Lebenslauf.
Ich, Friedrich Wilhelm ^?eelt' (evangelisch-lutherisch), biu
geboren am 17. Dezember 1862 za Bodenbach in Böhmen
Meinen ersten Unterricht genoss ich in der protestantischen
PriTatsclinle m Bodenbacb. Von 1878 — 81 besuchte ich die
Rea3schnle II. Ordnung zu Pirna, welche ich mit dem Beife^
zengniss für den Einjährig-Freiwilligendienst verliess. Da
die grosse Schwäche meiner Augen eine zu grosse Anstrengung
(lersL'll)eii bedenklich erscheinen Hess, so ging ich nach Lau-
sanne, um die frauzüsi^^che Spi n r-he praktisch zu erlernen. Ich
blieb daselbst von Ostern 1881 bis Herbst 1883 und besuchte
während dieser Zeit die dortige Academie. Angeregt durch
Herrn Professor A. Maurer beschloss ich, mich dem Studium
der Neueren Sprachen zu widmen. Ostern 1884 trat ich in
die Oberprima des Annen-Beal-Grymuasiums zu Dresden ein
und Terliess diese Anstalt Ostern 1885 mit dem Zeugniss
der Reife versehen.
Ich bezog die Universität Leipzig, woselbst ich bis Ostern
1889 immatrikulirt war.
Ich hörte die Vorlesungen der Herren Professoren und
Doktoren :
Biedermann, Ebert, Heinze, Hildebrand, Kögel, H. Koerting,
Mafdus, Schirmer, Settegast, Techmer, Wolff, Wfllker, Wund
und Zamcke.
Es war mir durch die Freundlichkeit der Herren Pro-
fessoren Ebert, H. Koerting, Settegast, Wülker und Zarncke
vergönnt, an den Uebungen der von ihnen geleiteten Gesell-
schaften theilzunehmen.
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- 68 —
Allen diesen Herren, namentiich den Herren Professoren
Ebert und Koerting, deren Heimgang vir schmerzlich be-
traueim, sage ich meinen besten Bank. Wie schon im E2in-
gang bemerkt, habe ich auf Anregung des Herrn I 'rofessor
H. Koerting die vorliegende Arbeit unternommen : in der
liebenswürdigsten Weise liat er mich bei derselben unterstützt
und mir mancherlei werthYolle Fingerzeige gegeben. Stets
werde ich ihm ein dankbares Andenken bewahren.
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C)igitjijHby Google
X.
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