Allgemeine
musikalische Zeitung
J//y. J?la*. %*Y. Mi /r.
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ALLGEMEINE
MUSIKALISCHE ZEITUNG.
SIEBENTER JAHRGANG
vom 3. Oktober 1804 bis 25. September 1805.
Leipzig,
h c y Bveitkopf und Härtel.
Zu ditstm Jahrgang kommen. ? musikalische Beylagcn t 6 Kupftrtoftln und t+ InttUigcnzblätter:
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INHALT
siebenten Jahrgangs
der
Allgemeinen Musikalischen Zeitung.
J. Theoretische Aufsätze.
C. , Charakteristik dar deutschen, italienischen und
französischen Mu>ik. Seite 149.
Ernst, über den Bau der Geige. 49.
Garber, über dio Eigenheiten der hantigen Kompo-
nisten. 571.
Gleichmann, nochmalige Untersuchung über da*
Mitklingen de* tiefern Toni etc. 377.
t. Göthe, über Musik. 54o.
Nach Göthe, Wahrheit und Wahrscheinlichkeit. 789.
Gut hm an n, mu»ikali»che Gedächtnisskunst. 18t.
<— über Vortrag und Ausdruck. 5*5.
— über Abweichen vom Takte. 347.
— musikalische VieJlhuerey 718»
— — Expektorationen. 773.
Hohnbaum, einige Gedanken tu ainer Erfahrung.
i33.
— über den Geist der heutigen Setzkunst, 397.
L. , über Volksgesang. 33.
Michaeli«, über frühe musikalische Bildung. 117.
— gegen einen Aufsatz der pädagogischen Biblio-
thek. »9.
— über Kirchenkantate und Oratorium. 46i. 491.
— Berichtigung irriger Begriffe rom Musikunterricht.
601.
Schreiber, Aphorismen. 8t«
Tolev, über Musik beym Schauspiel. 8o5.
Ungenannter, Über Orgelu und Orgelspieler, 34i.
— über Musik als Sache de* Staats. 665.
W. , über da* Stimmen dea Piauoforte. 617.
IL Historische Aufsätze.
Tilesius, über Nationalgetange und Tänze
dalischer Völkerschaften, Seite 261.
Ungenannter , Zustand der Musik in der Schweiz, 17,
— Ehemaliger und jetziger Zustand der Musik; in
Wirtemberg, 3a5.
— Gegenwärtiger Zustand der Mosik [ia Neapel,
557, 757.
— Singanstallen in Deutschland. 60S,
III. Recensiontn und kurze beurthtüenit
Anztigtn.
t. Theoretische Schriften.
Grosheim, über den Verfall der Tonkunst, S» 66t.
Guthmann, Methodik de* Klavioropiel*. t64.
Ueinae, Musikalische Dialogen. 699.
Hering, neue praktische Klavierschule, und
Derselbe, neue praktische Generalbassschule. S09,
Kneoht, Musikalischer Katechismus. 801.
Singschula des Konservatorium* in Pari*. 39$, 309.
Schubert, neue Singschule. 3, 34, 59, 88.
Werner, kurze Anweisung cum Orgelspiel. 55j.
%. Historische Schriften.
Meissner, Biographie Naumann* , » »er Th. 357.
3. Poeai«.
Schreiber, Harmonie, ein musikaU Gedicht. 5;3.
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III —
4. Mu.ik.
a) Gelang.
a. Kirchenmusik.
Jon 0 Iii, Miserere, Pailitur. Seile 78.
Heine', Klopstod* Aufe**tchuugsgesang, Partitur.
C95.
K. unsen, Halleluja. Partitur. 137.
KUvieraiuzug. u5.
Mozart, Tc Denm, Partitur. 79.
— zwey Missen , Partitur, rjj.
— Hymne, Partitur, und
Motette, Partitur. lGj.
— Hymne, Partitur. 687.
Ungenannter , Melodieen zu den neuen Wirzburgischea
Kirchenliedern. 81 j.
ß. Andere Kanteten.
Kanne, Sappho. 657.
Winter,. KanUtinen. 821.
Zu msteeg, der Abschied, Partitur und Auazng. 227-
■
f. Opera im Klarieranszqge.
Cimirois, 11 matrimonio per raggiro 645.
Gretry und Flacher, Blaubart, agt.
Mozart, Operngeaänge. 441.
Paer, I Fuoruaciti, und
— Sargino. C.j5.
Righini, Arntida, und
— La Sclra iocanlata , und
Goruaalemma liberal*. 83o.
■
i. Fünf-, Vier-, ürey- and zweystim-
mige Gesänge.
Assioli, Duetti (mit Begleitung des Pianoforte) G4.
Bierey, Quintett (mit Pianoforte), i5.
de Call, Duetten (mit Guitarre). 96.
— Terzelten (mit Pf.). 160.
Ferrari, Canoni (mit Pf.). 634."
Orlando, komisches Duett (mit Pf.). 608.
IV
t. Lieder and audere Sologesänge mit Be-
gleitung des Pianofokte oder der
Guitarre.
Amon, Lieder (mit Pianoforte oder Guitarre). Seile
Assioli, Arietie (mit Pianof.) 6i.
Barth, Lieder (mit Pf.) 7 *3.
Beethoren, Lieder (mit Pf.) 769.
Bortolazzi, Airs (mit Guit.) 179.
Danzi, Singübangen (mit Pf.) 533.
Frä'nzl, Romances (mit Pf.) 787.
Härder, Gesänge (mit Guit.) 676
Haydn, Altschottische Rai laden und Lieder (mit Pf.)
Kleinheinz, der Kampf (mit Pf.) 731.
Maurer, Romanze (mit Pf.) 259.
S c h e i b I e r , Lieder. 828.
Schreiber, Lieder (mit Pf.) 678.'
Schulz, Jigerlicder (mit Pf. oder Waldhorn). 476 •
Schuster, Quodlibet (mit Pf.) i5.
Winter, Kanzonettcn (mit PI.) und
— dergl. , 821.
-
b) Instrumentalmusik,
is. Konzerte.
BeethoTen, grand Concerto ponr le Pianoforte.
ß. Zwey- bis rierslimmige SliicLe.
Beethoren, Sonate (Pf. und Viol.) und
— grand Trio (Pf., Klarin. uud Cello). 7C9.
Danzi, Sonate (Pf. und Horn oder Cello). bo5.
De mar, Trio (Harfe and 2 Waldhörner). 333.
Gjrotrsls, 3 Quatuora (2 Viol., Br. nnd Cello).
724.
Hirsch, 3 Duo» (2 Flöten). 356.
Hummel, grand Trio (Pf., Viol. und Cello). 187.
Leasei, gr. Trio (Pf., Klarin. und Horn). 324-
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Mozart, Quartetten (in Partitur) Seite 47«
Sterkel, Sonal. (Pf. und Viol.) a44.
Schul a, gr. Trio (Pf., Viol. und Cello). 3a5.
Zapf, Skiazen (Pf., Viol. und Cello). i5.
y. Sonaten Hit da* Pianofoite ohne De»
gleituxig.
Dnpuis, 3 Sonat. 744.
Eberl, gr. Sonat. 748.
Fatch, 6 Sonat, 735.
Haydn, Sonate. 711.
Lauaka, 3 Sonaten. G4a;
Liste, 3 Sonaten. 284.
Riem, Sonate , und
— 3 Sonaten. 458.
Schneider, 3 Sonaten. 053.
Stadler, 3 Sonateu. 28*.
Steibclt, Sonate. 49».
i. Andere Musikstücke für daa Pianofortc.
Gabler, Variat. 413.
Hummel, Belli tedescbi. 8o3«
— Fautaisie. 7*9.
Liparaky, grand Rondeau, 3a»
Möller, Fantaisie et Fugue. 5oG.
Müller, Uebungastücke. 6i4.
Neumaoo, Variat. 360.
Riotte, Variat. 195.
Schmitt, Variat. 196.
Llngenannter , Ballet, die verliebten Thorheiten. jg5.
\. Weber, Variat. 375.
SchUtt, a Sonaten. 6 7 3.
£ Harfe.
Magazin für die Harfe. 35a.
IV. Nachrichten*
Aua Berlin — i3, 56, in, 143, i56, 193, 197, a54,
338, 369, 4"> , 4^7» 4*9 1 » 547 * 686 '
S94, 7>6, 809.
Aua Braunschweig — ao6.
Aua Danzig — 71.
Aus Dresden — 637«
Aus Frankfurt am
5 »9, 578, 6C1.
1
Au* Freyberg, 7r3.
Aus IlalbenUdt, 6a3.
Aus Hildburghausen , 795.
Aua Königsberg, 74.
Aus Leipzig , • 4a , 86, i48, i55 , aoi ; 21a , -37»
a5i , 4oa , 477, 544.
Aus London, 45», 470.
Aus Magdeburg, Cqt.
Aus München, an, ai8, 5a3, 4o; , 437, 458 » 5a *"
6?5, 709, 7'»».
Aus Neapel — 5a 4 , 799.
Aus Paris, 44, 85, i3g , ai5, 3o5, 417» 3-6, l$o-
Aus Rom , 4o6.
Aus Salsburg, 6a5 (l 7G6..
Aua Stettin, 319.
Aus Stuttgart, 66a.
Aus Südpreussen, aa4.
Au» Wien, 4o, n3, 17s, a4i , 5«9, 35o, 394, 4a?,
468, 5oo, 53a, 670, 5fji, 610, 6a8, Ü89, 766-
810.
V. Mit etilen.
Anekdoten — 62 , 80, i3a , »64, aaS, S.o. 355,
371, 37a, 4a8, 444, 460, 49a, 53g, !><ß , 648,
6«3, 664, 712, 737, 744, 8ao.
Engelmann, Mnsik als Erziehungsmittel. 633»
F., Musikalische Vergnügungen eis/ dem Lande 739.
Gothmann, Applikatur beym Choralspiel. Cg3.
— über Erziehung für Muaik. 834.
— über Kadenzen. 619.
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VII
Hering, mnaileliiehe Cliarade, Seit« C8o.
Hoielig, die Dorfachule tu Istrup. 176.
— GfOihrifli. 178.
M., "her Pitterlin. 4i4.
Die Redaktion, über Gior&ovichi. aio,
_ über Philipp Barth. 37*.
_ — über Karl Spaxicr. 5u6.
— — Jfrrau« Ern.r, 5t j.
_ — Pietio Gugliolmi.
. Georg Tromlitz. 537.
_ — ' über Bocherioi. 766.
__ über GeatewiU. 768.
Rorlilitz7 die Wanderer und ihre Wegweiser.
4i3.
Schi eiber, Wcchaeigesang der Farben und Tö-
ne. 1.
Umnanntet , daa Openxbeater und sein Publikum au
Krahwinkel. 97.
_ Aufforderung. 5gC.
_ über Reinharda Kotendruck C4o.
über Ko«P'»itioncfl für« Waldhorn, 65i.
W., VoracUU'g« aur BenuUung alter Flügel. 635.
VL Inltlli&tMbldtttr.
VIH
VII. Beylagtn*
1. M u a i k :
Abeille, Lied nach Florian.
B i c r e y , Trauermanch mit Gesang.
Härder, Rochlila Lied a. d. Laute.
— Gütlie't Lied, de«. Schüfe« Klage.
C. r. Miltia, Rochlita Lied am Abend.
Pitterl in, Schillert Lied der Thekla.
Riem, Malthiiaon» Lied, Melancholie.
Schmidt, Herklota Lied am der Oper, der OnLel.
Wilhelm Schneider, Noralis Hymne an die Nacht.
a. Kupfer.
Joieph Haydn. (Titel riguette.)
Jomelli.
Salicri.
Sänger aua
Abbildung der
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ALLGEMEINE
MUSIKALISCHE ZEITUNG.
Den 3 ten October.
N2 I.
1804.
Wtchstlgtsang der FarUn und Tönt,
Die Farben.
* ' * * »ii
Scheuend »pieleo dl* Farben
Um die Kelche der Blumen,
Und e» wiegt sich ihr Schimmer
Auf den Perlen de» Mergenthaus.
Die T 6 a e.
Leise beben die Töne
Auf den goldenen Seiten,
Und in weichen Akkorden
Schmilzt die et erbend« Wehnrath hin.
>
Die Farben.
Wir grinsen mit heiterem Grün da« Gefilde,
Da duftet die Flur von ambrosischer
Uad unsern schimmernden Schmelz
Schüttelt der Lern
Von ätherischen Locken.
Der Saft der
Und
Die Töne.
*
Aber ins Säuseln der Lüfte
Weben harmonische Lieder wir!
Da koset der Zephyr in Itlüthen and Quellen," 1
Es rauschet der Bach in meludiichen Wellen,
Das Flüstern der Haine wird Sprache)
Das Wehen der Lüfte — Gesang!
Die Farben.
Und sanft gefasst in zartes Grün
Entfaltet sich der Rose Glüh'n,
Ein Bild der hoffnungflammenden Liebet
7. Jahrg.
Die Tftne.
Und schmelzend girrt ist süssen
Der Liebe namenloses Sehnen
Die wehmu thflöteude Nachtigall!
•>
Die Farben.
In den Farben blüht das Leben,
Freundlich ist des Aethers Licht.
Psyche taucht den Lilienfittig
In der Farben bunten Schimmer;
Tanben aiehn Cytherecs Wagen
Mit den goldbesäumten Schwingen,
Uitd auf lichten Wolken malen
Sich Anroreae Purpurttrahien.
Die Töne.
Holden Einklang süsser Freuden
Knüpft der Töne Melodie;
Aber auch iu ihre Sailen
Weinet die Melancholie!
Horch! — — — tuf dunklen Meeresxrogca
Krei**t der Schwan im stillen Bogen,
Wiegt das zarte Gefieder,
Hebt die ätherische Brust! —
Seine Töne schweben nieder.
Schweigend f e y e r t die Natur.
Nymphen lauschen an den Quellen,
Die Najaden wiegt die Flut,
Psyche schwimmt auf goldnen Wellen,
Taucht sich ia de« Liedes Glut.
Die P a r b e n.
Wir schmücken dem Augo die Myrthe,
Der köstlichen Lilie Glsnz {
Uns lacht die Bläue des Himmels,
Der feuchte Spiegel des Meeres,
Der Fluren Teppich, der Haine Kranz.
1
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1804. October.
Die Tön».
W'it schmücken da« Auge Ynit Thräaea,
Mit schönem Gefühlen «U* Herl,
Wir senken euf »ioitende Wimper
Die Ahnung himmlischer Freude, - ^
Auf rosige Lippen den Scherz \
Der Sänger.
SchEucr lächelt ihr, liebliche Farben,
Keilender flüstert ihr, liebliche Töne,
O knüpft' euch ein freundlicher Gott,
Tön' und Farben, in ewigen Bund 1
Siiu ist der Schimmer der Ferben,
Üiiss ist der Zauber der Töne,
O welch ein himmlischer Wisjjlerbuad !
Christian Schreiber.
Rbcehsioh.
Ntue Singschult oder gründlidu und vollstän-
dig* Anwisung zur Singkunst in 3 Aithti-
lungin mit hinlünglichtn UeSungsstücien von
J. F. Schubtrf). Leipzig, bey fireilkopf und
Härtel. (Fr. a Thlr. 16 Gr.)
Die Kunst des Gesanges hielt seit einiger
Zeit mit der Ausbildung der Instrumentalmusik
nicht gleichen — oder mau könnte auch sa-
gen: sie hielt mit derselben allzu-gleicben
Schritt. Sie erwählte die leztere cur Führe-
rin und Gebieterin , ahmte die Ucberladungen
derselben oft zwecklos nach, und schien so
ihre eigentliche Bestimmung uud Würde zu
verkennen. Doch die Abweichung vom Wege
der Natur kann nicht allzulange dauern«
Ueberau dringt man jezt, im gesellschaftlichen
Leben wie in den schönen Künsten, auf das
4
von
keit
Einfache, Edle, Gründliche, und achtet, vor.
der bunten, geschmacklosen Maonichfahigkmt
übersättigt, nur diejenigen Kunstprodukte,«
worin die erwähnten Eigenschaften herrschen.
'Selbst in der Instrumentalmusik wird der Ge-
schmack des Zeitalters bald diese Richtung
nehmen , wo sie möglich ist. Denn schon in
der Behandlung desjenigen Instruments, das
für immerwahrende Verzierungen das stärkste
Privilegium zu haben scheint, in der Behand-
lung der Violin sucht man seit Rode'« wohl-
thätiger Erscheinung — welche an Franz
Benda's seelenvolles, fast verloren geglaubtes,
Spiel erinnert — mehr innere Kraft, als äus-
sern Glanz. Darf da wol der Gesang zurück-
bleiben? Nein, er darf und wird es auch
nicht. Zwar fehlt ihm das Mittel, was ihm
am schnellsten zur Wiedererlangung seines
Werthes verhelfen könnte: die Kirchen-
musik. In katholischen Landern verliert sie
sich in üppigen , theatralischen Prunk; in pro-
testantischen Gegenden (Deutschlands näm-
lich) verstummt sie fast ganz, und ist, mit
seltener Ausnahme, kaum der Rede werlh.
Aber dafür errichtet man in grossen und klei-
neren Städten Siuginstitule, wo kraftvoller, ed-
ler Gesang geübt wird. Die treffliche Sing-
akademie in Berlin liefert ein schönes Mu-
ster dazu, und es ist 'zu hoffen , dasa der Nut-
zen solcher Anstalten sich nicht blos auf Pri-
vatunterhalluogen, sondern auch auf die Pa-
radeplätze der Siugkunst, auf Konzerte und
Theater erstrecken werde, wo, besondersauf
dem letztern , hey vielem Dünkel noch vieler
Ungeschmack angetroffen wird. Inzwischen
ist die Reform bey weitem noch nicht vollen-
det, und Hillers Klage: »Jedermann singt,
aber der grösste Theil singt — schlecht," hat
noch lange nicht ihr e Gül ligkeit verloren. Da»
*) Wir gebe« diese Ree. unverkürzt, objdion «Je die nns gesteckten Grämen überschreitet, weil sie
nicht bios eis Uec. , sondern zugleich als eigene Ausflihrnag verschiedner , für die Theorie and Me-
thodik de* Gesanges nichtiger Meterien
d. Redikt.
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1804. Oktober.
liegt anstreitig weniger an dem Willen derer,
welche Gesaug üben, als an dem Mangel
tüchtiger Privaüehrer desselben. Diese
herbey au schaffen uud sie lum Fleisse au er-
muntern, ist freylich nicht die Sache eines
einzelnen Mannes, wäre er auch der grösste
Kenner und eifrigste Freund der Kunst. Aber
er kann doch etwas thun; er kann denen,
welche Unterricht in der Singkunst ertheilen,
und uicht schon liefe Kenntnis und Erfahrung
darin besitzen , oder auch denen, welche kei-
nen guten Lehrer haben, und sich doch mit
den rohen Naturgaben nicht begnügen wollen,
ein zweckmässiges Lehrbuch in die Hände ge-
ben, durch dessen Studium und Anwendung
der Gesang — dieser herrliche Talisman ge-
gen manche üble Aufwallungen des Ge-
mütha — wenigstens hio und da vor Herab-
würdigung gesichert wird. Jedes Unterneh-
men der Art, wäre es auch ein nicht ganz ge-
lungener Versuch, verdient Dank und freund-
liche Aufnahme, denn er hilft einem Bedürf-
nis der Zeit ab, und macht die Aufmerksam-
keit auf etwas rege, worüber so manche Sän-
ger und Sängerinnen zum Schaden der Kunst
und ihrer aelbst schon hinweg su seyn
glaubten.
Mit diesen Betracht ungen nahm Ree. das
Werk des Hrn. S. in die Hand. Schon eine
flüchtige Uebersicht offenbarte ihm die Mühe,
welche der eben so bescheidene , als mit Er-
fahrung ausgerüstete Verf. sich gegeben hat,
seinen Zweck zu erreichen, und bey genaue-
rer Untersuchung fand er, dass er hier mehr
als einen blossen Versuch, dass er ein sehr
brauchbares Werk zu beurlheijen halte.
Ein Kompendium der Singkunst zu schrei-
ben, das überall auzuwenden seyn soll,
führt seine ganz eigenen Schwierigkeiten mit
sich , die Hrn. S. nicht entgangen sind , und
welche er auch, wo nicht ganz, doch grosse n-
theils überwunden hat. Wir Deutsche besit-
zen, ausser manchen fragmentarischen Bemer-
kungen über den Gesang nur zwey Lehrbü-
cher desselben von Bedeutung, Tosi's und
Hillers Anweisungen. Beyde haben ihre
Vorzüge nnd ihre Mängel. Tosi's Werk
an sich enthält manche gute Regeln, aber
sie sind theils ohne genauen Zusammenhang
nur so hingeworfen, theils schwimmen sie
gleichsam in einer Brühe von bitlern Dekla-
mationen gegen die Sänger seiner Zeit, wes-
halb es wol längst ganz vergessen wäre, wenu
Agrico la' s Kommentar es nicht noch im An- -
denken «hielt. In der That machen .die Be-
merkungen des lezlern dieses Buch, besonders
für den, djfe dio Singkunst ganz aus dem
Grunde una zwar nicht blos in praktischer,
sondern auch in wissenschaftlicher Hinsicht
studiren will, zu einer köstlichen Fundgrube
von Belehrungen über die Natur des Gesanges,
welche selbst durch Hrn. Schuberts Werk
nicht überflüssig gemacht sind, aber es auch
nicht werden sollten. Hill er s Anweisung
ist zwar an sich klar und gründlich, aber theils
halt er sich zu lange bey Dingen auf, die
eigentlich zur Propädevtik des Gesanges gehö-
ren, und von Hrn. S. (Seite 19) mit Recht
ausgeschlossen oder vielmehr vorausgesetzt
sind* theils taugt die von ihm gewählte Zerstüc-
kelung der Materien , wenn sie gleich hier und
da bey m mündlichen Unterricht, besonders der
Knaben, nöthig wird, doch für ein Kompen-
dium nicht — Beyde Verfasser scheiterten mit
ihren Büchorn an einer Klippe, der zu entge-
hen nicht leicht ist. Sie nahmen uicht gehö-
rige Rücksicht darauf, dass das weibliche
Geschlecht an Ausübung der Singkunst den
wichtigsten Antheil, und msn, um es dafür
zu gewinnen, einen andern Weg, als den ge-
wöhnlichen, einschlagen muss. Am besten
wSre es freylich, ein eignes Lehrbuch des Ge-
sanges für Frauenzimmer zu schreiben; wo
nicht, so kann. man von diesen doch nur dann
Lust zum Gebranch eines Kompendiums er-
warten , sobald darin — nicht die Gründlich-
keit, aber der Schein der Gründlichkeit ver-
mieden, der Elementarunterricht besonders
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1804. October.
8
durch gefällige Einkleidung # annehmlich ge-
macht, in kurze, fassliche ' Sätze aufgelöst,
und mit solchen Beyspielen reichlich ver-
sehen ist , welche an reizende (bekannte) Me-
lodieen erinnern und den Wunsch nach Ver-
mehrung der Kräfte theils rege machen, theils
bald zu ei füllen versprechen. Auf die
Wahl und Menge der Beyspiele kommt hier
alles an ; sie müssen sich gegen den Text ver-
halten wie 4 oder 5 zu a, sonst ist Ermüdung
und Ueberdruss die Folge davon. Für den
mündlichen Unterricht, worauf man dabey
sehr rechnen muss , kann der Verf. dem Leh-
rer in einzelnen Anmerkungen lisflberzeige ge-
nug zu solchen Erinnerungen geben, die er
aus dem Text weglassen wollte oder musstc.
Sie müssen jedoch nicht gelehrte Kootroversen
berühren, sondern eine besondre Rüge prak-
tischer, herrschender Fehler enthalten. Je
kürzer aber im Ganzen der Verf. beym Ele-
mentarunterricht ist oder vielmehr nur zu
seyn scheint, de»to ausführlicher wird er
die höheren Grade der Kunst behandeln.
Hier wo das Mechanische der Kunst nur
Nebensache, das Aesthetische aber
Hauptsache wird* hier ist die geschmackvolle
Einkleidung der Lehre viel leichter, und hier
wird er auch, fast unvermerkt, in seinen
Exetopeln Gelegenheit geben , dass die Sänge-
rin es fühle, ob sie etwas im Elementarunter-
richt zu schnell ubergangen habe oder nicht.
Die erste dieser Forderungen an ein
Lehrbuch der Singkunst ist von Hrn. S. meh-
rentheile erfüllt; er hat sich beym Elero. Un-
terricht der Kürze beflissen und eine hinrei-
chende Anzahl guter Solfeggis geliefert, wodurch
dieses Kompendium einen besondern Vorzug
vor den bisherigen Lehrbüchern enthält. — Al-
lein diese Kürze herrscht auch im dritten Theil,
und das ist nicht wohl gethan. Gerade hier
sind noch wichtige Lücken auszufüllen. II i l-
ler und Tosi strebten beyde darnach, aber
jener in seinem zweyten Theile nicht ganz
vor den Ergi essungen seiner Galle nicht dazu
kommen, andere, als negative Bemerkungen
zu machen. Fast alle unsre musikalischen
Lehrbücher siud reichhaltig, so lange sie im
Gebiet des Mechanischen verweilen, aber wo
es ins Gebiet der Aesthetik Ubergeht, werden
sie dürftig, lassen den Lehrling im Dunkeln
Uppen, finden ihn mit allgemeinen Bemerkun-
gen ab, die er sich leicht selbst machen könn-
te, und nehmen ihre Zuflucht zu aolchen Ent-
schuldigungen: «darüber Hessen sich keine
Kegeln geben, es sey Sache des Gefühls und
Geschmacks o. dergl. m." Hrn. S., obschon
auch er eine solche Zerschneidong des Knotens
manchmal gebraucht, trifft dieser Vorwurf
nicht ganz. Er hat aucli hier manche speciellen
Bemerkungen angebracht, wenn schon das
Meiste im dritten Theil nicht über das Be-
kannte und Allgemeine hinausgeht. (M. $.
S. iat-135 u. f.) Treffende, sowohl muster-
als fehlerhafte Beyspiele von analysireti-
dera Raisoonement begleitet, thäten hier be-
sonders Noth. Indessen muss man billig seyn
und bedenken, dass Hr. S. — wie aus der
Vorrede und aus dem ganzen Buche erhellet——
vornehmlich das Theater zum Ziele hatte.
Da ist schon alles das sehr verdienstlich, was
Hr. S. leistete. Nähmen nur alle Theatersänger
und Sängerinnen den Inhalt dieses Buchs recht
zu Herzen j wir würden gerade an dem Orte,
der uns die schönen Künste in einem schönen
Buude darstellen soll, bald nicht mehr über
stümperhaften oder geschmackwidrigen Gesang
zu klagen haben.
Der Verf. hat sein Werk in drey Theile
getheilt. Der erste enthält allerhand Erin-
nerungen an Dinge, die man wissen soll und
muss, ehe man noch seine Stimme in Bewe-
gung setzt, um sie zu üben. Der zweyte
den Elementarunterricht, der dritte dieLeb-
re von Vortrage. Die zum zweyten Theil ge-
hörigen Kapitel sind folgende: l) Von der
Bildung der Stimme. 3) Vom Treffen der
glücklich und voU* tändig, und dieser konnte j Noten. 5) Von den wesentlichen Manieren«
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1804. October.
10
4) Von den Passagen. 5) Von den willkür-
lichen Manieren, Nuancen, Fermaten und
Der dritte Theil handelt auf 26
«vom Vortrage — von der Deklama-
tion — ■ Deutlichkeit in der Ausführung —
Ausdruck — schwerem und leichtem Vortra-
ge — musikalischen Accenten — zweckmäs-
sigem Gebrauch der Manieren — gehöriger
Stärke und Schwäche — Recitativ • —
Ree. kann nicht umhin, au gestehen, dass
ihm diese Eintheilnng nicht ganz gelallt Er
Würde indessen nicht weiter davon reden, wä-
re sie, wie Hr. S. laut der Vorrede meynt,
blosse Geschmackssache. Das ist sie aber
keinesweges, (obgleich selbst in diesem Falle
das Für und Wider zur Entscheidung ge-
bracht, oder mit andern Worten, über den
Geschmack in Kunstsachen gestritten werden
darf, denn sonst gäbe es gar keinen). Einem
Lehrbuche ist systematische Folge, also auch
logische Anordnung der Materien in allen Un-
terabiheil engen eine unet lässliche Eigenschaft.
Diese -wird bestimmt theils durch das Bedürfnis
des Lehrlings, von einer Stuffeder Erkennt»
nis tur andern ohne Sprung und Lücken fort-
zuschreiten, theils durch die inner n Begrän-
zungen der Wissenschaft oder Kunst selbst,
nach ihrem dermaligen Zustande. — Au«
dem allen folgt: dass das Leichtere dem
Schwerern, das Einfache dem Verwickelten,
das Unentbehrliche (blos zur sichern Dar-
stellung führende) dem , wober Willkühr (zur
Verschönerung) statt ^finden kann, also im
vorliegenden Falle, das Mechanische dem
Aesthelischen vorangehen müsse } — aber
auch: dass man die Materien ao zusammen-
halte und absondre, wie es die verschiedenen
Grade der Kunst fordern, mithin weder früher
abhandle, waa später gelehrt werden muss, I
noch umgekehrt — Wo Zweifel hierüber 1
entstehen, ist es in einem praktischen
Lehrbuche besser, eine Materie, die allenfalls
früher erörtert werden könnte, so lange auf-
zuschieben, bis der Lehrling so weit ist, die
Anwendung derselben sogleich damit za
verbinden, oder wenigstens klar zu begrei-
fen. Nach diesen — hoffentlich unbestreit-
baren — Grundsätzen hätte Hr. S. manches
in den dritten Theil bringen sollen, was schon
im zweyten umständlich berührt ist, z. B. das
dritte Kap. ron den wesentlichen Manieren
(worüber Ree. in der Folge noch besonders zu
sprechen Gelegenheit nehmen wird) ; dagegen
bedürfte der dritte Theil einer andern Form,
als die er erhalten hat. Um sich jedoch durch
ein blos negatives Urtheil nicht den bekannten
Vorwurf zuzuziehen : dass Tadeln leichler sey
als BessSrmajchen, hält Ree. es für Pflicht,
hier kurz anzugeben, wie er nach seiner
Ueberzeugung den Plan dieses Werks abgeän-
dert haben würde.
Der erste Theil, da er nur aphoristische
Einleitung ist, mag unberührt bleiben. Der
zweyte betrifft den Elementarunterricht. Er'
umfasst das blos Mechanische der Singkunst,
und hat, ausser den Anfangsgründen der Ton-
kunst überhaupt (die hier , wie schon erwähnt,
mit Recht weggelassen sind) einen doppelten
Zweck: z) sichere, reine, gleiche Intonation,
und 2) Geläufigkeit der Kehle. Demnach
zerfällt er in zwey Hauptkapitel : in die Lehre
vom Treffen nebst den Intervallen- Uebun-
gen (das Kapitel von Bildung der Stimme ge-
hört theils hierher, theils in die Einleitung)
und in die von den Passagen. Dass es we-
nigstens unnöthig ist, zwischen beyden das
Kapitel von den wesentlichen Manieren ein-
zuschalten, beweist Hr. S. selbst, indem er in
den Solfeggi's von S.y5 bis 100 von keiner ein-
zigen Manier — den Triller ausgenommen,
der aus einem andern Grunde schon ganz im
Anfauge bearbeitet werden muss — Gebrauch
gemacht hat. —
Nun käme der dritte Theil, die Lehre von
der schönen Darstellung der Melodieen
oder vom Ausdruck — (nicht Vortrag,
denn dieser ist überall, auch beym schlechten
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II
Gesänge , aber nicht der A u • d r u c k) — etwa
nach folgenden Uuterablheiliuigen :
•A) Amdruck einzelner Töne.
a) Accentuation , ohne Hinzufügnng
andrer Töne. Hierher gehört schon,
was S. ior-3 von den Nuancen und S.
x3o-i35 angeführt ist.
b) Accentuation durch Hinzufügnng
andrer Töne — dahin die Vorschlage,
Schleifer u. s. w.
B) Ausdruck ganzer Tonreilien;
a) Insofern nur der Sinn des Komponi-
sten nicht verfehlt werden darf. — -
Dahin unter andern die Kapitel S. m,
ia5 u. f. *)
b) Insofern erder Willkjühr des Sän-
gers überlassen bleibt - Dahin S.
i3o, i35, i58. —
a) Erweiterungen und V)
dor Melodie.
1804. October.
ß) Fermaten und
C) Ausdruck ganzer Tonstücke.
a) Nach den darin herrschenden Zustan-
den des Gemüths z. B. des Frohsinns,
der Wehnrath,- Bangigkeit, Wuth u.
g. w. — Dazu die besondern Regeln
bey Darstellung des Zärtlichen, Nai-
ven , Pathetischen , Possierlichen und
dgL m. in sofern sie blos durch die
Art des Gesanges geschieht.
b) Nach der Verschiedenheit ihres in-
nernZwecks, oder den verschiede-
nen Formen derselben. Dabin
die Charakteristik upd die Darstellung
des Liedes, der Arie, desReci-
talivs, des mehrstimmigen Ger
Sanges u. s. w.
c) Nach der Verschiedenheit ihres all-
gemeinen aussein Zwecks —
für Pri v alz irkcl, Konzerte,
Theater, Kirche u. s. w.
Von C. a. finden sich bey Hrn. S. nur zer-
streute Anmerkungen , von C. b. nur die Leh-
re vom Recitativ und S. 139 ein Paar Wiuke
über die andern Arten von Gesangs lücken,
von C. c. aber fast uichu. Und doch wate
dies alles vop grosser Wichtigkeit; denn nur
so wird der Lehrling allm&hlig zu einer immer
höheren Ansicht der Singkuuat geführt und
sein Geschmack gut geleitet. Dazu bedürfte
es aber nicht blos allgemeiner, sich mehren»
Üieils von selbst verstehender Regeln, sou-
dern einer, mit psychologischem und ästheti-
schem Tiefblick abgefassten und mit analysir-
ten Beyspielen versehenen Entwickelung der
s. C. angeführten Materien. Hr. S. beurtheile
selbst, ob die hier vorgeschlagene Anordnung
der Kapitel — die Ree. noch gar nicht für
fehlerfrey und musterhaft ausgeben will —
doch dem natürlichen Gange des Unter-
richts, d.h. wie er seyn sollte, nicht ange-
messener und zugleich systematischer wäre,
als die von dem Verf. gewählte. Die Klavier-
oder Violinschulen können hier uicht zum
Maasstabe dienen , denn ihre Verfasser hatten
theils andre Zwecke , welche dem Instruraen-
tisten genügen, theils gehört auch in diesen
Werken, bey all ihrer inner n Vor trefllich-
keit und Brauchbarkeit, doch eine logische
Anordnung des Ganzen nicht immer zu den
Wa* in den Beitimmungen bey dieier EintheUung noch dunkel tejn möchte, wird im Verfolg der
«ufgehellt und gerechtfertigt
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13
1804. October.
14
Vorzügen derselben. Indess will Ree. mit die-
sen iiemerkuiigen keineswegs sagon, dass Hrn.
S. Werk auch in der von ihm gebrauchten An-
ordnung nicht sehr nutzbar scy. Es kann
vielmehr Fälle geben, wo dem Lehrlinge wc-
nig*daran liegt, seinen Kursus vom Anfang
an Schritt vor Schritt zu machen oder die
Kunst in ihrem ganzen Umfange kennen zu
lernen. Für solche ist hier mehr als genug
gethan. Nur die, welche sich der Kunst
ganz widmen und kein Studium scheuen, hät-
ten wol noch reichlicher und sorgfältiger be-
dacht werden können. Denn verdankt ein
Lehrbuch sein Daseyn dem Bedürfniss
der Zeit, so hat dies einen doppelten Sinn.
Es enthält entweder nur diejenige Anweisung,
wodurch der Lehrling zu der Vollkommen-
heit erhoben und vor den bedeutenden Feh-
lern und Irrthümern bewahrt werden soll,
welche das gegenwärtige Zeitalter dafür
erkennt; oder man hat dabey zugleich — (wie
Kant das Ziel der Pädagogik bestimmt) —
die noch bessere Generation vor Augen, und
sucht, (ohne Anmassung, aber auch ohne
Scheu vor herrschenden Vorurtheilen) mit
tiefem, kühnem ßlick eine höhere Ansicht
der Kunst zu begründen , die den freyen Flug
des Genie's nicht hemmt, nicht auf blosse
Nachahmung einschränkt, sondern ihn in
neue Regionen mit Sicherheit leitet
Welche unter diesen Aufgaben die wichti-
gere, aber anch schwerere aey, bedarf kei-
ner Frage.
Soviel über das Ganze dieses Werks,
nun zu den Erinnerungen über einzelne
Stellen desselben.
(Der Betchltut folgt.)
-
Nachrichten.
Berlin, d. 27ten Sept. Den i8ten dies, gab
die achtjährige Klavierspielerin, Dem. Ernestine
Adam, im Theatersaale ein Konzert, das aber*
die von auswärts erregten hohen Erwartungen
gewaltig tauschte, und das Sie mir daher zu
schildern erlassen werden, ohngeachtet eiuige
hiesige Künstler und Mad. Lanz es vor dem
gänzlichen Fall sicherten. Den i4ten gab man
im Nationallheater: die Freskatanerin , Opera
buffa in drey Akten von Philipp Livigni , mit
Musik von Paisiello. Viele erinnerten sich
dieser «Ifen Bekanntschaft, da diese Oper
durch die ehemalige königliche, kleine italie-
nische Gesellschaft gegeben worden war.
Leichter, melodischer Gesang, komische Lau-
ne, Gewandheit undjgute Charakteristik smd
diesem, wie andern Werken Paisicllo's gar
uicht abzusprechen, ohngeachtet ein bekann-
ter Kritiker in einem unsrer öH'eullicben Blät-
ter bey Gelegenheit dieser alt- neuen Erschei-
nung allen Werken Paisiello's, zum grossen
Verdruss der Kenner, das Charakteristische
abzusprechen sich erlaubte. Auch den i5ten
halte jeder gebildete Freund der Musik in Mo-
zarts Don Juan einen hohen — freylich ganz
andern Genuas. Auch diesmal verliess schwer-
lich Ein Zuhörer das Usus, ohne neue Schön-
heiten an der reichen , genialischen Komposi-
tion entdeckt zu haben. Die Ausführung ge-
lang in jedem Betracht, und darum ist nichts
einzeln anzuführen; nur der Dem. Willich
(als Zerlina) sey ein gutes Wort gesagt, da
sie bey jedem Auftreten Fortschritte des Fleis-
ses und Talents wahrzunehmen Gelegenheit
Zum nächsten Karneval werden keine
neuen Opern gegeben, denn zu Himmels
neuestem Werke, das dazti bestimmt war,
fehlt — — ein Tenörist. Wir hören des-
halb Reichardts Rossmunda uud Naumanns
Medea.
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»5
i8o£. October.
i6
Kurze Anzeige».
Quodlibet aus dem SingipM: DU unruhig*
* Nachbarschaft, mir Begl. des Pianof von
Schuster. Wien, bey Eder. (45 Xr.)
Wenn ein Quodlibet in «einer »cheinbaven
Unordnung eine gewi.se Anordnung, Sinn und
W it« - verbirgt, dann U.»t tich-wol Jeder
einen «olchen Scherz gefallen } wenn aber
Dinge, wie «. ß. hier S. 5 ff.
La« dir .«r Ader, durch un^ra Bader da. th«t
J ir gm — ein r.hmann i.t «n armer W .cht -
i. rl»lo.c P l. »nch» .ich nichU dr.u., er fai'l
,ieh überall hcrau. etc.
ohne Sinn und Geschmack «waramengestcllt
werden, «o muss man ^ Verf bedauern,
der ohne Erwägung und Achtung für da. Pu-
blikum «olche Dinge — drucken lies».
Zmyttr Thtü. Wien, bey Eder. (Preii
3 Fl. 45 Xr.)
Eine Sammlung unzusammenhängender
musikalischer AufsäUe (wahrscheinlich alle
vom Herausgeber «elbsl) die an innerem Gehalt
«ich nicht gleich aind. Da« erate Adagio er-
innert flüchtig an ein ahnliche» von Mozart,
da« iu don lezten Heften der Sammlung seiner.
Werke erschienen ist; ich «age nur flüch-
tig, denn da« Mozartsche i»t kun»tvoller und
rhythmischer ausgeführt. Sehr gutgeschrie-
ben ist da« auf dieses Adagio folgende Presto,
wo der Verf. mit reger Phantasie richtige Ein-
sicht und Anordnung verbindet. Weniger ge-
lungen ist da« Allegretto No. 5. Es wieder-
holt »ich zu oft. Den Beschlus« macht ein
Thema mit Variationen, die recht gut ausge-
führt sind.
Qulnutt für 5 Singstimmen mit Begleitung dt,
K Piano/, von G. B. Bure?. Le.pz.g, bey
Breitkopf und Härtel. (Pr. 3 Gr.)
Die Stimmen sind mit Kunst und geschick-
ter Anordnung, immer eine in die andere ein-
greifend und übergehend, durchgeführt, und
L Ganze vereint »ich zu einer schönen und
kräftigen Harmonie. Warum aber der Verf.
i„ den letzten Zeilen auf die Worte: dufrgen
„nd «chönsten, so den Ruhepunkt legt, das«
«licSyiben gen und sten ganz wider allen bmn
davon abgerissen werden, i.t nicht emau.ehen.
Ä*iz«n für das Fortepiano, mit »echselsmiser
Begleitung tiner Violine und Flöte, undVio-
lonctlU (eines VioloncelU,) von J. Nep. ZapJ.
Die musihaL Beylage No. I.
enthält die vier«timmige Komposition des Hrn.
Wilhelm Schneider zu Novali» bekannter
Hymne an die Nacht. Der Komponist hat
«ich schon durch «eine Musik zu Schlegel«
Arion , durch mehrere Lieder etc. denen em-
pfohlen, welchen e« mit ihrer Muaik nicht blo«
um einen Spas, oder um uothdürflige Ausfül-
lung leerer, langweiliger Stunden zu thun ist,
und wird die Achtung, die er «ich erworben,
durch diese neue Arbeit gewiss vermehren.
Das« da» Stück mit Einsicht und Gefühl vorge-
tragen seyu will, versiebet sich von selbst; der
Komponist darf die» aber auch um so mehr er-
warten, je mehr er selbst mit Einsicht und Ge-
fühl geschrieben, und auch an die Sänger, in
Absicht auf Mittel, »o wenige Forderungen
gemacht hat.
* d. Redakt.
(Hierbey die Beylage No. 1.)
Litiusi
■ BT
gllllltll VBB
Hliui.
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.ALLGEMEINE
MUSIKALISCHE ZEITUNG.
Den 1 o tcn October. N=. 2.
1804«
Nachrichte h.
L T «4<r dtn Zustand der Musii in dtr Schwtiz.
Uns er in so vielein Betracht von allen gebildeten
Nationen geleyertea Vaterland ist in Hinsicht
auf Musik last noch eins terra incognita. Ab-
gerechnet, was Reiaebeschreiber hm und wie-
der von uoscrn Nationalgesängen, Kuhreigen
u. dgl. gesagt haben, ist von unsrer Musik
schwerlich irgend Meldung geschehen. Die
Hauptursachrn hiervon mögen wol seyn , weil
die vielen Reisenden, die unser Land durch-
stehen, im Sommer kommen, wenn die
Kunst feyert, und weil die Virtuosen, die bey
uns ihre Rechnung fanden, so selten geru
achreiben, als — wir selbst. Denn an Stoff,
etwas, wol auch dem Ausländer Interessantes
und zum Ganzen des Gemäldes vom Zustand
der Kunst in Europa Gehöriges, zu sagen,
fehlt es nicht, mögen wir nuu auf die Anlagen
und den Sinn der' Schweizer für Musik und
die kunstlosen Ergüsse dieser Anlagen und die-
ses Sinnes sehen, oder auf die Kultivirung der
eigentlichen Kunst in den grösseru Stadien.
Was jene Naturgaben anlangt, so werden
uns diese von allen zugestanden ; aber ich ge-
traue mich zu behaupten, wir haben mehr
Anlage und einen richtigem Sinn für Musik,
als z. ü. ansre Nachbarn , die Franzos« n —
Nation gegen Nation angeschlagen ! in Anse-
hung der Bildung für die Kunst, so erlaubt die
von so verschiedenen Regierungen, in
einem so kleinen, der Oekooomie so be-
7 Jahrs.
dürft : gen Lande geführte Verwaltung freylich
nicht, da»s vom Staate Kapellen oder stehende
Operngesellschaften besoldet, dadurch den
Talenten aufgeholfen und der Geschmack be-
lebt, genährt und weiter verbreitet würde:
aber fast in jeder beträchtlichen Stadt, wie in
Zürich, Bern, Winterthur, Luzern etc. be-
stehen seit langer Zeit Verbindungen von
Freunden der Toukunst, die sich dm ch bin-
dende Gesetze zu dauerhaften Instituten erho-
ben, und in welchen sich Mitglieder beyder-
ley Geschlechts, in Vokal - und Instrumental-
musik, so hervorgethan haben, dass man die
Virtuosen von Profession nicht beträchtlich
vermisste. Unter diesen Instituten zeichnete
sich immer das Musikkol legi um. in Zürich vor-
züglich aus, und, irr* ich mihi, auch darum,
weil in ihm nie Rücksicht genommen wurde
auf Stand und äussere Verhältnisse, sondern
nur auf Talente; auch hat Zürich verschiede-
ne Komponisten aufzuweisen, die sich nicht
ohne Glück, besonders im Gesang, gezeigt
haben. Auch in Luzern wird Musik sehr ge-
liebt und kultivirt. Doch nicht nur Haupt-
städte, sondern auch kleinere Orte h ihen ihre
musikalischen Versammlungen und sogar ih-
re — freylich nicht glänzenden, doch anstäu-
digen Mudik(V*lc. So wurden z. B in Mo rat
(Mutten) Oratorien, wio Grauns Tod Jesu,
von einer sehr geschickten Liebhaberin diri-
girl und mit Bey fall aufgeführt; in dem , durch
unsern Pestalozzi so bekannt gewordenen
Burgdorf wurde jährlich beym Kinderfest eine
feyerliche Kirchenmusik nur von Liebhabern
ausgeführt u. dgl. Wenn diese Ausladen
auch, wie gesagt, an sich nicht glänzend und
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19
i8o4« October.
20
in einer allgemeinen Geschichte der Kunst
au.'tcicbnenswerth sind : so beweisen sie doch,
dass man Musik achte, Jgcbe, und auch aus-
zuführen gebildet sey.
Iu der detaillirten Darstellung des Zuslan-
des der Musik in der Schweiz verweile ich
diesmal bey Bern; ich kenne diesen Ort am
genauesten, und mau kann auch allenfalls Tun
ihm auf andere Hauptstädte srhliessen, die
ihm uii hl nachstehen, zum Theii aber ihn
übertreffen.
Schon iu der ersten Hälfte des vergangenen
Jahrhunderts zeichneten sich die jungen Theo-
logie Studirendeu iu Bern dadurch aus, dass
aie nicht nur, im Singeu geübt zu seyu sich mit
zur BerufspJhcht ma-hlcu, sondern auch ge-
wisse Stunden der Woche zu uiusikal. Ver-
sammlungen ansetzten, die ihnen aiigerathe-
pen Werke der grossten Kircheukouipoui-
eten — Handels, Pergolesi's und Auderer —
aus« haften, lleissig sludirten, und sie, mit
Unterstützung einiger Instrumenttsten , die
Musiker von Profession waren, iu kleinen
Konzerten , zu welchen man unentgeldlich
Zutritt halle, ausiuhreten. Die damalige Re-
gierung nahm wohlgefälligen Autbeil an die-
sen wahrhaft lühiulicheu Bestrebungen, und
Unterstützte das geisllicho Musikkollc-
g ium (so uantite au h die Gesellschaft; durch
einige nicht uubet rächt liehe haare Voilhetle
und ein anständiges Lokale. Es wurde der
Gesellschaft ein kleinerer Saal für ihre Privat-
ühungen , ein grosser für ihre Konzerte einge-
räumt; d. es weckte den Eifer no. h mehr und
au h allgemeinere Thciluahme : es traten an-
dere Mitglieder, ausser jenen Theologen, dazu,
eine Menge Zuhörer fand sich ein , uud das
Institut hielt «ich viele Jahre sehr anständig,
liier höi len wir au<*h zuweilen grosse Virtuo-
sen — z. B. die zauheri8< he Mara. Der Nut-
zen dieses Kollegiums, abgerechnet, d«ss es
so Viele-i eine Veranlassung zu edlerer Freude
gab, als sie sieb soust vielleicht verschallt
hätten — war gross. Die Mitglieder, die
hernach als Prediger anderwärts angestellt
wurden, nahmen ihre Liehe zur Tonkunst
und ihre Geschicklichkeit mit, unterzogen
sich nun der Muhe, den Kirchengesaug ihrer
Gemeinden zu verbessern, uud brachten es
auch darin, sogar auf manchen Dörfern, wirk-
lich weit — - —
Die Revolution stürzte im Jahr 1798 - —
wie so vieles .Schöne, Gute und Nützliche, so
auch diese Anstalt. Doch flulie der Genius der
Tonkunst uud die Liebe zu ihr noch nicht von
Bei u. Sogar wahrend des Versinkeus der al-
ten, glücklichem Verfassung uud der Schrek-
keusscenen von maucherley Art, furiuule sich
aus Liebhabern eine Thealergesell.11 halt und
spielte iu dem schönen Saal des Huld de mu-
sique, neben manchen neuen Schauspielen
(besonders von KoUrbue und llHand.) auch
mehrere kleinere uud grössere Opern , zu v ie-
ler Freude der zahlreichen Zuhörer. Mit der
Eiunahinc unterstützte man. auf löbliche Wei-
se, die unglücklichen Untcrwaldner. deren
Vaterland verheeret war. Als hernach —
der Schatten der Ruhe, wenn aurh nicht sie
selbst, zurückkelu ele, wurde eine Subskrip-
tion zur Errichtung eines Liehhaberkouzerta
für das Winterhalbjahr eröirhet. Ausser der
vortrefflichen jungen Beruerin, Dem. Fuclcr,
von welcher ich iu der Folge mehr sagen inuss,
uml die durch ihren Gesang sehr erfreuete,
traten noch andere juugeFrauenziuiraer im Ge-
sang und als Klavierspielerinnen, so wie au< h
Liebhaber der Flute, des Fagotts und Violou-
cells, zu voller Befriedigung aller Zuhö-
rer, auf.
Ausser der Unterstützung dieses Konzerts
bewies sich auch die Anhänglichkeit der Ber-
uer an Musik durch gute Aufnahme des den
grössleu Theil des Jalires sich hier aufhallen-
den französischen uud deutschen Theaters.
Beyde Truppen wechseln. Freylich äussert
sich, wie überall in Bern, so auch bey dieser
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51
1804. October.
Angelegenheit; die entschiedet Vorliebe für
das Französische, und sie äussert sieh nicht
selten* über die Gebühr uud auffüllend. Ein
Personale von etwa zwölf Artisles fraeeois
würde selbst ein» ansehnliche und treff-
lich orgauisirte deutsche Gesellschaft in
Schatten stellen. Werden Sie es glauben, dass
dieser unbillige Vorzug zuvörderst auf Man-
gel au Kennluis der Muttersprache beruhet?
Und doch ist es so! Die Damen entscheiden
über Gegenstände der feinern Unterhaltung
und des geselligen Vergnügens am Ende über-
all — aber hier vornehmlich: diese aber re-
den und schreiben weit besser, und folglich
weit lieber, französisch, als deutsch. Es ge-
het damit so weit, dass selbst Männer, sogar
gebildete (nur nicht ausschliesslich für die
Wissenschaften gebildete) Männer, die gram-
malisch- und orthographisch-richtiges Deutsch
schreiben, wirklich unter die Seltenheiten ge-
hören. Das hat nun auch beträchtlichen Ein-
fluss auf die Musik und vornehmlich auf die
Oper. Französische Opernmusik, heisst es
allgemein, sagt nun ein- für allemal uns bes-
ser zu, als deutsche, die wol auch ihr Gutes
haben mag, dos aber für uns weit weniger ist.
'Wie unwahr, blos nachgesprochen, und lee-
res Vorurtheil das sey , liesse sich nicht leich-
ter und einleuchtender erweisen, als dass man
guten deutschen Operu französisch« Texle
unterlegte: sie würden zuverlässig ausge-
zeichnetes Glück machen.
Mit dem Jahr i8o4 fing sich noch ein neues
und beträchtliches musikal. Institut in der mu-
sikalischen Akademie an, die sehr an-
gesehene Mitglieder zählt. Die Zwecke und
Gesetze dieses Instituts, so wie das, was es
gleich vom Anfang au leistete, könnten ihm
wahrscheinlich nn entscheidendes Ueberge-
wicht und lange Dauer sichern, wenn nicht —
Doch wir wollen Heber das Gute, was sich da
eben zeigte, anführen, als das Ueble, was sich
etwa in der Folge zeigen möchte , prophezei-
hen. Die Gesellschaft üng mit einem Orato-
rium eines hiesigen Komponisten und mit dor
Schöpfung von Haydn an, und es wurde,
z. B. die letztere, so gut ausgeführt, dass Ken-
ner, die sie in Wien und in audern grossen
Orten gehört hatten, zwar die dort stärker©
Besetzung, aber im übrigen nichts Wesent-
liches vorinissten. Die erste Sängerin,
obengenannte Dem. Fueter, entzückte npvzüg-
lii Ii in der Rolle des Gabriel durch ihre schö-
ne, reine Stimme uud ihren gefühlvollen Aus-
druck. Auch die zweyto Diskantistin, Dem.
Nägeli, singt mit ihrer vollen Flötenstimme
sehr einnehmend. Die Dem. Jenni, Bay,
Gryph, Fueter die jüngere, sind ebenfalls im
Stande Soloparthieen mit Glück auszuführen,
und die Anzahl der Ripienstimmen ist nicht
unbeträchtlich. Eine ausgezeichnete Tenor-
stimma, verlohr die Akademie vor kurzem durch
die Abreise des Herrn Kopp, eines jungen
Luzerners, der mit vieler Einsicht, nur etwas
zu reich verziert, «ingt, auch ein schäzbarer
Geiger ist Seine Stelle in beyden Hinsichten!
nimmt nun Herr Durheim ein, und ein drit-
ter guter Tenorist für Soli ist Hr. Käfermann,
ein junger Studirender. Hr. Bay, ein junger
Prediger, singt einen angenehmen Bass, und
Hr. Ebersold, ein geschickter Maler, hat für
dieselbe Parthie eine herrliche Stimme. Die
Ripienisten aller Parthieen sind hinlänglich,
Chöre anständig zu besetzen, obschou sie noch
vermehret werden könnten.
Von den Liebhabern, die Instrumente kul-
tiviren, nenne ich nur die vorzüglichsten: Hr.
Amts - Stadlhalter Herrmann, Violoncellist,'
nahm, ohngeachtet seines vielbedeulenden und
geschäftvoll en Amtes, immer thätigen Antheil
als Mitglied des Orchesters; Hr. Meisoer ist
Virtuos auf demselben Instrumente; Hr. Bau-
meister Haller spielt Soli auf dem Fagott sehr
gut und rein , übrigens auch Flöte ; Hrn. Gre-
bers Vortrag auf der Violin ist besonders von
Seiten der Delikatesse zu rühmen ; Hr. Fueter,
Vater jener Sängerinneu, spielt Contraviolon,
und Hr. Müller ut ein vortrefflicher Flötist, der
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n
1804. October.
24
durch jedes Solo die Zuhörer begeistert. Eine
Menge, als Ripienspiclcr brauchbarer Liebha-
ber übergehe ich. Wo es für das obligate Spiel
noch an Liebhabern fehlt, nehmen hiesige Mu-
siker die Plätze ein. Von diesen nenne ich
nur: IJrn. Cuering, einen auazeichnenswer-
then Künstler, der, mit seiner Viotiu bisher
das Orchester anluhrete , und ausserdem ein
trefflicher Tenorist und Waldhoruist ist ; die
Hrn. Korbmann, Vater und zwey Söhne,
zeichnen sich auf Klarinette und Fagott aus —
erster apielt jedoch gewöhnlich Coutiabass und
ist übrigens auch ein angenehmer Komponist ;
die Gebrüder Janilsch, deren ältester sonst
obligate Violin spielte, sich aber vernachläs-
sigt hat und nun blöde wird j die Violinisten,
Bi üder Till, u. s. w.
Die Akademie wird während des Winter-
halbjahrs jeden Sonnabend im schönen Saale
das ehemaligen äussern Staatsrathshauses gehal-
ten. Den einen Sonnabend ist eigentliche
Akademie — Auswahl , Vorübung und Pro-
be derjenigen Musikstücke, welche den zwey-
ten Sonnabend, im Konzert, aufgeführt wer-
den sollen. Zur Akademie haben nur dieSub-
scribenten, wie es auch billig ist, Zutritt j
zum Konzert, ausser diesen, Jedermann, der
für den gesetzten Preis eine Karte löset. Die
Konzerte sind bisher sehr stark besucht wor-
den, so dass sich der Saal jedesmal anständig
füllete.
Ausser diesen öffentlichen Anstalten , und
ausser denen, die daran thätigrn Antheil neh-
men, zählt aber Bern der Liebhaber — und
auch der sehr geschickten Liebhaher, noch
viele, so dass sich noch eine beträchtliche An-
zahl junger Leute, besonders im Gesang und
mit Klavier- und Violinspiel, hören lassen
könnten, wenn sie — wollten. Mancher
aber ist zu schüchtern dazu, Manchen halten
jedoch auch gewisse Vorurüieile ab , die selbst
durch die Beyspielc angesehener Häuser noch
nicht ganz haben ausgerottet werden können.
An Lehrern in der Musik fVhll es nicht, und
an wahrhaft guten und gründlichen wenigstens
nicht mehr, als an andern Orten von gleicher
Grösse, wie Bern. Einen wackern Mann,
der zugleich ein gründlicher Komponist ist,
und z. ß. vor kurzem eine Sammlung neuer,
drey- und vierstimmiger Kompositionen zu
Gellerts Liedern mit Begleitung des Pianofoi te
herausgegeben hat ■ — uenne ich Ihnen noch :
es ist der Kantor an der hiesigen Hauplkirche,
Iii-. Kasennaun.
R B C B N B I O N.
Neue Singschulc etc. von J. F. Sdiubcrt.
(ForUctsung.)
Seite 10 §. 54. empfiehlt Hr. S. die Ucbung
des Trillers, weil er eine schöne Manier sey.
Aber das ist nicht der einzige Nutzen dieser
Uebung; sie hat auch den: dass der Sänger
sich dabey den Unterschied des halben und
ganzen Tons (die Grundlagen alles reinen
Treffens) geläufig macht. Deshalb muss sie
auch gleich zu Anfange vorgenommen werden.
Von §. 36 bis 4o finden sich Bemerkungen
über die ric h lige A u ssp räch e. Es wäre
sehr] zu wünschen, Hr. S. hätte sich bey diesem
Punkt etwas länger verweilt und nicht blos das
Bekannte wiederholt, denn er berührt hier ct-
' was sehr Wichtiges. Ree. hält es daher für
Pflicht, hiervon ausführlich zu reden. — Noch
immer ist die Klage über undeutliche Ausspra-
che unsrer Sänger sehr gegründet. Das er-
fährt jeder, der ein deutsches Thealer besucht.
Wer hier eine Operette zum erstettmale hört,
und sein Arieubudi nicht vorher durchgelesen
oder es nicht immer vor Augen hat, versteht
sicher kaum die Hälfte von dem, was gesun-
gen wird, wenn er es nicht aus dem Zusam-
menhange arfälh, besonders bey
1
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«5
1804. October.
26
gen Salzen , als Finales , Chören u. dergl. —
Gau« anders bey den Italiener n. Hier
vernimmt man, auch bey dein vollsten Orche-
ster, und ohne auf die Aktion zu sehen, den
Inhalt ihres Gesanges, es müsste denn seyn,
dass auch sie durch einen längern Aufenthalt
in Deutschland von der trägen Aussprache der
Deutschen angesteckt waren. Wie geht das
■u ? — Der verschiedene Genius beyder Spra-
chen trügt davon nur einen — vielleicht den
geringsten — Theil der Schuld. Nehmen
wir unser morgenlandisches, den Westeuro-
päern fremdes ch (pß), unser scharfes z und un-
ser nachtönendes n iu vielen Endsylbcn aus,
so hat die italienische Sprache, der es an
scharfen Konsonanten (r, *, ce, cio etc.) nicht
fehlt, an sich, d. h. in den Materialien zum
Sprach gebäu de , vor der unsern keinen Vor-
zug. Es ist wahr, sie endigt viel mehr (doch
nicht alle) Sylben auf Vokale als wir; aber
beym Gesänge muss eigentlich jede Sylbe in
jeder Sprache, wo kein lluhepunkl ist, sich
mit einem Vokal endigen ; denn der Konso-
nant tönt ja gar nicht, sondern hemmt viel-
mehr den Ton. Er besiebt nur in der 'Bewe-
gung eines Organs während des Lautes, (Vo-
kals) oder vor oder nach demselben , und kann
ohne Beyfügung des letztern, wäre es auch
nur das leiseste Schtva oder i, nicht gehört
werden. — Die Hauptursache, warum der
Italiener deutlicher spricht uud singt als wir,
liegt dann, dass jener nicht blos seine Konso-
nanten scharf nngiebt, sondern seine Vokale
genau und weit genug von einander absondert,
so das» jeder darunter seine eigenlhütnlicbe
vollständige Vibration erhält. Die dorti-
I gen Gesanglehrer pflegen mit lobenswerlher
' Strenge darauf zu sehen, dass der Lehrling
jedem Vokal sein volles Recht widerfahren
lasse, und ihn darin besonders zu üben, noch
ehe er einen Ton singen darf. — Könnten
und sollten wir das nicht auch? — Allerdings
ist das die Pflicht der Aeltern und Lehrer;
denn schon früh wird der Grund zu einer gu-
ten oder schlechten Aussprache gelegt. Wäre
man darin eben so sorgfällig, wie man jetzt
die Fehlergegen die Verwechselung der Casus
u. dgl. zu verhindern sucht, so würde das nicht
nur auf den Gesang, sondern auch auf die Be-
schaffenheit und Menge unsrer Dialekte
einen wohlthätigen Einfluss haben. *) Es giebt
ja Regeln, wonach die Reinheit jedes Vokals zu
bestimmen ist ; ausserdem aber führt das Ge-
hör, wenn es nicht ganz verwahrloset wird,
schon dahin. . .
S. ?o empfiehlt Hr. S. als erste Uebung
das Auf- und Absteigen der diatonischen Ska-
la. Diese Methode ist die gewöhnliche, aber
wol nicht die beste. Den Unterschied des
grossen und kleinen halben und des ganzen
Tons dem Gehöre einzuprägen, darauf kommt
es vor allen Dingen an. — Wäre aber
nicht überhaupt folgeudes Verfahren das kür-
zeste und sicherste? — Man fängt mil dem
Tone an, welcher der noch ungeübten Stimme
am leichtesten ist, (z. B. g) «.etzl ihn erst
fest, d. h. lässt deu Sänger — mittelst eines
gebrochenen Accoinpagnemenls und des Or-
gelpuokts — diesen seinen ersten Ton sich so
eidprägen, dass er ihn jediM-zcit, auch ohne
Instrument, in verschiedenen Graden der
•) In der schwenkenden Aumprache der Vokate werden wir freylich noch von den Engländern iiber-
trafien, boy denen die» sogar Sprarhgetetx isr. Wer da» schön linden kann, mit dem will Itcc. so
-wenig rechten, wie Ucr RoUuiker mit dum bleuen Gai tcnliebhabcr , der die ^eiulHcii Blumen am mei-
sten schilt, welche jtuom — Misgeburten »ind. Aber sollt« nicht diese »chivankcnclc AiiSiprirlic ilcr
Vokale neb*l dem imuu-rwj'hrcudcii Züngeln und Lispeln — Ursache oder Wirkung de» u'imu»iU-
lischen Gehör» und Sinne» »eyn , welchen mau der engliachcn Nation im Gaiuen vorwirft? — Der
Anthropolog enUcheide ! ■
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27
i8o4- October.
Sl*rkc sMier uud rein angeben kann. (Auch
hierin dienen italienische Gesanglehrer zum
Musler. welche bey der Bildung eine* einzigen
Tons in der Kehle oft mehrere Stunden lang
verweilen, besonder» solcher Töne, welche
den Ucbergang von der Bruslstimme zum Fal-
set macheu.) Sodann wird dieser Ton als der
Mittelpunkt — als eine llauptstation der Rei-
se behandelt, und man nimmt von ihm
zweckmässige Kxcursionen nach seinen näch-
sten halben und ganzen Tönen vor. Darauf
macht man es mit andern höheren und lieferen
Tönen eben so. Zuletzt kommen die erwähn-
ten Uebcrgjiigslöne. Bey dieser Uebung, die
etwas Geduld und genaue Aufmerksamkeit for-
dert, verweile man Unger als gewöhnlich,
denn sie ist in Absicht des Treffens, zur Ver-
hütung des Detooirens und zur Bildung einer
gleichen Stimme von der grössten Wichtig-
keit. Hat man den Lehrling dariu befestigt,
so achreite man sogleich zur Uebung der
Akkorde, etwa nach folgendem Schema :
I
i — *cM
j
Hierbey werden nun bald diese, bald jene In-
tervalle a u s g c 1 a s s c n. Dies geschieht eben-
falls in allen a4 Tonleitern. Hier hat man den
leichtesten Weg zur Uebung der beyden Ter-
tien (dur und moll abwechselnd), ferner der
beyden 6ten, der gr. 7tne, der 5te, ove und
4te u. s. w. Hierauf fügt man zu diesen Ak-
korden — wovon der zweyte als Hauptakkord
für sich , aber auch als Ob. Dom. Akkord mit
Wcglassung der wesentlichen 7 sich einprägt,
noch diese 7* ninzu.
und wenn dies geübt ist, auch die None
der Dominante — ;
welche zugleich 6 der Tonica und 3 des Un-
ter- Dom. Akk. ist. Nuu hat man alle Töne
der diatonischen Tonleiter und alle drey Haupt-
akkorde derselben (ord. und beyde Dom. Akk.)
und zwar zuerst in harmonischer Bezie-
hung aufeinander, welches für die Bildung
des Gehörs, und um sich gleich in jedem Stück
zu orientiren, weit zweckmassiger ist.' als das
blos melodische Auf- und Niedersteigen der
Skala. Das letztere kann nur als Probe
dienen, ob man die Intervalle richtig ge-
fasst hat, aber als erste Lebung scheint ea
Ree. eben so zweckwidrig, wie das blos stu-
fenweise Singen derselben Intervalle, z.B.
mehrerer 4, 6, 7 hintereinander. — Bey
dem sogenannten Skalasingen ist aber, wenn
es mit Accompagnement geschieht, noch
zweyci ley zu erinnern : 1) dass die dazu ge-
wählten Akkorde keine anderen seyn müssen,
als die zn den Hauptakkorden der zu übenden
Tooleiter gehören (ord. und beyde Dom. Akk.)
damit diese sich fest imprimireu; mithin wäre
der 5le Akkord in den vordem Beyspielen S.
a6, Tab. L t F. 1. (es milder 2) ob er gleich
ein Leitakkord des Unt. Dom. Akk. ist, doch
nicht gut, weil er die Tonica zur Dominant»
und die 4 zur Tonica macht, also dem Lehr-
linge zwey verschiedene Tonleitern (b und f)
ins Gehör bringt — 2) darf der Uehrer , nach-
dem er den Grundion angegeben hat, die fol-
genden Akkorde — - besonders, wenn er den
zu singenden Ton mit angeben will, was al-
lenfalls nur im Anfange gut ist — nicht
vor oder mit dem Tone seines Lehrlings an-
schlagen, sondern danu erst, wenn er die-
sen Ton fest uud rein gefunden hat , und der
Lehrling zu einem andern Tone übergehen
soll. Beobachtet der Lehrer dies nicht , so
wird er den Schüler gewöhnen, dass er sich
auf das Instrument verlädst uud also die siche-
re Intonation hindern. — Ueberhaupt muss
das Gehör des Lehrers, und nicht das
Instrument, den Sohüler leiten. Dies führt
zu einer andern Bemerkung: Hr. S. sagt in
einer Note, S. ao : „zur Begleitung der Siog-
übungen schickt sich ein Fot tepiano am besten.
Hioraus folgt, das« die Wahl eines Ge-
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1804. October.
30
sanglehrers auf einen Klnvieristen falleu müs-
se " Dieser Schi uss tot uicht bündig. Zwar
kann man nicbt ein guter Sänger seyu ohne
Kruulnis der Regeln der Ilariuouie, wozu die
Bekauutschafl mit dem Klaviere die beateu
Die aale leistet; aber uuigekehrl fehlt dem Sat-
ze noch viel an seiner Richtigkeit. Der
blosse Klavierist, wäre er seines Instru-
ments und selbst der Komposition noch so
mächtig, taugt deshalb noch nicht zuin Ge-
sauglehrer. Nur der Sänger bildet im Privat-
unterricht Sänger; das Instrument ist eigent-
lich nur Nulhhüjfe, zu der man freilich aus
Bequemlichkeit öfter seine Zuflucht nimmt,
als recht ist. Zwar arbeitet sich das Genie
auch durch eine verkehrte oder mangelhafte
Methode hindurch, aber darf das zur Ent-
schuldigung für den grossen Haufen gelten?
und liegt uicht in dieser Gewohnheit, nur
einen KJavinvisten^zum Gesanglehier anzuneh-
men, unbekümmert, ob er seihst ordentlich —
wenn auch gerade nicht mit einer schöum
Stimme — singau kann, eine vorzügliche Ur-
sache des Verfall« der achten Siugkunst? ») —
In der Thal hat der blosse Ki tvierist, dem die
Töne «chou da. liegen, und dessen Instrument
nicht immer, ganz rein ist .:— > (wie selten Gu-
del man dergleichen , die mehrere .Tag« und
Wochen ganz rein bleiben ! uud kann mau bey
jeder Lektion erst das Instrutueut durebstim-
men?) — nicht eiumal Gelegenheit, sein mu-
sikalisches Gehör so zu bilden, wie z.B. der
Violinist, der sich seine Töne suchen muss,
viel weniger es zu dem Grade der Scharfe und
Feinheit zu erheben , welches beytti Unterricht
im Gesauge durchaus nolhig ist. Uebrigena
bleibt zwar ein Fortcpiauo , daseineu vollen,
runden Ton hat, unter den gangbaren In-
strumenten noch das beste zu. n Gesänge; aber
bey den ersten Uebungeu, besonders da, wo
Gehör uud Tonfestigkeit viele.Schwierigkeiten
verursachen, möchte der Gebrauch eines gu-
ten, — wohl zu merken : mit einem Schwel-
ler versehenen, Positivs sehr wirksam seyu.
Uqch ist auch hierbey Vorsicht und Abwech-
selung nöthig, damit die Stimme nicht zu hart
uud unbiegsam uud zum ausdrucksvollen So-
logesänge uu tauglich werde.
1
S. 47 hat Hr. S. deu Begriff des Ti e f f e u s,
wider den Sprachgebrauch, zu weit ausge-
dehnt und darunter auch mit augegeben, waa
eigentlich zur Lehre vom Takt gehört.
S. 39 wo Hr. S. von den verschiedenen
Klanggeschlechteru spricht, heisst es: „man
übt die enhai mimischen Töne im Gesauge
in eiuerley Tougiös*« aus." — Für den
gemeinen Sänger mag das hinreichen, aber
den höher «Webenden könnte das leicht irre
führen uud ihn eines Vortheila berauben, wel-
chen djo Menschenstimme vor andern lnshu-
menten hat, nämlich einen und denselben
Ton, wie er in unserm Syslom bestimmt ist,
nach seiuen verschiedenen harmonischen Be-
ziehungen auch verschieden anzugeben,
ohne zu detoniren. Auf dem Klaviere
gehl das freylich nicht, und wer nur darnach
singeu lernt, wird sich zu dieser vnllkommeu
reiueu und feinen Intonation nie erheben.
Aber aus den Anfangsgründen der Haimonik
ist ja bekannt: dass uitht nur ein uud derselbe
Ton anders vibrirt, wenn er ein audres luter-
vall ausmacht; (z. B. dis als 5r von/t, uud ts
als 5 1 » von c) sondern d*ss ein und dasselbe
Intervall in verschiedenen Tonleitern andre
Yerhältuisse hat (/.. H. die grosse 3 in c und in
ßs dur). Wenn das Klavier dies nicht darstel-
—
») Mit dieser Alhitigigluit des G'Mn&e* Tom KUvier und der daiau« erw.vh»eiidcn Wilhcilc uud Naib-
tbeiie 4at •• ong»f»lir «Hr Hewmdoif , wio mit d«r ehemaligen (?) Abhängigkeit der Schale» ron den
Kiichen. — Eine P*i«Ueles, «Ii« »ich weit uud inler«&»ant au*nuu«a lic»«c, ki-er — hier uküt weiter
hei gehört.
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3»
1804. October.
3«
Jen kann, so ist das kein Votzug, sondern
ein durch die Nalur dieses Instruments unver-
meidlicher Mangel desselben, den man ver-
mittelst einer geschickten Temperatur nicht
heben, sondern nur verdecken kann. - Auf
andern Instrumenten lässt sich dieser, dem
geübten Ohre sehr vernehmbare Unterschied
sehr gut ausdrücken. So wird z. B. der Vio-
linist , dem es um die höchste Reinheit der In-
tonation zu thun ist, dis als Leittun von e an-
ders nehmen, als «, die 5^ von c — und
der Menschenstimuie, die im Um lange eines
ganzen Tons noch an 100 verschiedene Töne
herausbringen kann, (siehe Agrico I a S. xh)
sollte eine solche Nüanzirung nicht möglich
seyn? — Dem widerspricht die Theorie und
die Ei fahrung. Ein geübter, achter Sänger
weiss, wenn er ein Stück hört, nicht nur aus
welchem Tone es geht, ohne auf die Noten zu
sehen, sondern er ist sich auch jedes Inter-
valls, ja jedes einzelnen Ton« in seiner Kehle
so deutlich bewusst, fühlt ihn von den übrigen
so abgesondert, dass er gleich gewahr wird,
ob er im Stande ist, einem Tone in eu har-
monischer Beziehung etwas zuzulegen,
oder abzunehmen. Zu einer solchen Vereini-
gung der Bestimmtheit mit der Biegsam-
keil gelangt man nur, wenn mau bey den vor-
hin erwähnten ersten Uebungen hinlänglich
verweilt. Daun wird es auch keine Unbe-
quemlichkeit verursachen, zu einem Instru-
mente zu singen , das höher oder tiefer steht,
als das, woran man gewöhnt ist. Mag es
übrigens auch nur seilen darauf ankommen,
einen Ton in verschiedenen Grössen zu
singen , so giebt es doch eriharmonische Wcn-
duugen und leidenschaftliche Stellen , die ohne
eine solche Kunstfertigkeit nicht vollkommen
exekutirt werden können.
S. 35 hätten aus der Intervallentabelle die
verminderten Sexten, weil sie uach un*crm
System — nur auf dem Papier existiren, weg-
bleiben sollen.
(Der Bcschlui» folgt.)
Kurze Anzeige.
Grand Rondtau- Fantaisie sur la premiire Ro-
muttee de r Optra: Helene, de Mthul, comp,
pour tt Pianoform par Jos. Lipavtky. Op.
2Ö. A Vieune, au Bureau d'ails et d' In-
dustrie. (Pr. 56 Xr.)
Die« ist ein recht braves Werkchen, daa
Kenner und Liebhaber gut aufnehmen werden,
und das durchaus etwas Eigenes und Ach-
tungswerthes hat. Man möchte es eher sehr
frey behandelte, und unter «ich verbundene
Variationen über jenes Thenia nennen. Der
Verfasser nimmt erst Mehtits angenehmes
Thema, (A moll) wie es ist, und bringt es,
nach einem kurzen, analog und gut geschrie-
benen Zwischenspiel, recht schönend /liessend
varürt, wieder. Hierauf folgt ein mehr ab-
weichender Zwischensatz, (Ddür) der aber
an sich zu unbedeutend und auch dem Thema
gar zu fremd ist Nach diesem kehret er zum
Thema zurüik, nimmt es in den Bass und
giebt der rechtcu Hand eine messende und
nicht erzwungene Melodie dazu. Sehr gut
schliesst Meli hieran der interessante Zwischen-
satz in hVmoll, und eine mehr figurirte Va-
riirung des Thema besihliesst das Ganze, das
jedem, der imht nur durch seiner Pinger
Werk glänzen und auch an grosse Werke sich
eben nicht machen will, besteus empfohlen
weiden darf.
(Hierzu da* IntoIügenxliUtt No. I. )
Limit, sst Bukiskof» vmo Hhi
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INTELLIGENZ - BLATT
zur Allgemeinen Musikalischen Zeitung.
October.
Ni. I.
1804.
Neuer Vtrla ß des Musik - Comtoirs zu Braun-
J^ieolo Iioosrd, Der tt:rfcischo Arzt, oder der
Verrückt*, komische Oper ia einen Akt. Klavier-
•usttig. a Thlr.
Müller, Ch,, Douzc Walzea p. lo Pianof. 6 Gr.
— — Auswahl vorcüglicaer Lieder, sunt Singen
am Klarier für Anfänger. Heft I. 10 Cr.
fhtattra n zeigt. r .
Der türkische Artt, «der der Verrückte, komi-
•«■he Oper ia einem Akt, Musik *ou Nicolo Isouard,
für deutsche Bühnen bearbeitet.
Partitur und Dialog bietet unter*, irhnete Ver-
lagshandlung den Direktionen-, die dar«uf refiektire»
wollen, au billigem Preiae an, und haftet für kor-
rekte und deutliche Abschriften.
Bramuihweig, im Sept. 1804.
Musik-Comtoir.
Neue Murikalitn, von verschiedenen Verlegern,
weiche bty Breit köpf und Härtel zu haben sind.
r. Beethoven, Lw, Grand Concerto p. le
Pianof. Op. 5 7 . 5 Thlr.
— — Sinfonie ägr. Orth. Op. 56. 5 Thlr.
Calmbach, V. A. , J Sonate« p. le Violou »». acc
de Q«»,e. O*. 2a. , '. h i r . 6 Cr.
Schneider, C. A, , 3 Qnsiuor» p. a Violona, A.
-^IL-Vür*- °?* 2 °' a Th,r - 8 Gr.
Krommer, Fr., Couccrto p. flute, i Thlr. YcTCr.
Stumpf, J., Quatior p. le Baaaoo, V., A. et Vlle.
» TLlr. a Cr.
Goepfert, C. A. , Quatnor p. La Clarinette , Viol.,
A. et Vlle. No. 3. aa Gr.
— — Concerto pour la Clarinette« Op. >•
i Thlr so Gr.
Mehul, une Folie, Opera en a Artea arr. en Quint.
p. a Viol., a A. et VUe. 3 Thlr. 4 Gr.
Kuittelmai r, L. , ja Allemaudea tirtis dea ldde«
de Haydn, Mozart, Cramer, Clement!, Beethoven etc.
p. le Pianof. j6 Gr.
Bernhardt, Duoa fädlet p. 3 Violona an. de diff.
Opera«, aa Gr.
Kreith, C, Recueil d'Aira varida ponr la Flut*
aeul. 14 Gr,
Siotrock, H., 18 Düos p. a Cor», Op. 3, 1 Thlr. 6 Gr.
6 Contredanaea p. le Pianof. par d'fler. Autenra.
Lit. j et 3. 14. Gr. ,
6 Ecoaaoisea p. le Pianof. par diff. Maitrci. 7 Gr.
Ferrari, J. G., 3 Duoa facile« et agreables p. aFld-
te«. 13 Gr.
Gross, H. , Sonate p. le Vlle aree acc. de Baste.
Op. 1. 16 Gr.
Himmel, F. H. , 5 Sonate« p. Te Pianof. tr. sc«,
de Viol. et Vlle. Op.17. Liv. 1. r Thlr. 8 Cr.
— - — 12 deuttche und fransös. Lieder mit Beglei-
tung der Gtatarre. x Thlr. 4 Cr.
— — Quadrille de Ia Reioe p. Fe Pianof. 16 Gr.
Himmel, R ei c Hardt und Righini,' 6 Lieder'
mit Begleit, de« Pianof. 16 Gr.
Mottet, Quadrille der Bergschotten f. d. P. f. 8 Gr.
Niale, J., 6 Echoa p. a Cor«. Op. 3. ja Gr.
Reichard t, J. F., ja Elegie« et Romance« ar. ace,
de Pianof. öu Marpe. t Thlr. 8 Gr.
Monatsfrti< hte f. Klar, und Gesang, f.tes Heft. 1 Thlr.
Hl o "za rt , XV. X*. r prineipaut OtnrBori T r-a- Viol}
A. et Vlle. Op. 10. en ParUtiou. a Cahiera.
S Thlr.' ff Gr. * ^
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1.
Rccueil Je pitee» favoritea tir. de plusienrs Op. «rr
p. le Pianof. Np. 3 — 6, l ia Gr. 2 thtr. i '■. <
Kybler, J , gr. Qujntetto d. 'Viol. , a A. Vlle et
Contrabatte. Op. ü. No. 3. 1 Tblr. 8 Cr.
Bernardi, F., 10 Variat. p. unr Fl. No. 1. 8 Gr.
Traf g, And.. 10 Variat. «ur im Therm- de IIa It. -f.
Die Tatuerin von Athen et*:, p. le Pianof. Op. .».
n Gr.
Rode, Gm« Coneerto arr. p. la Clar. par D. Franco.
1 Tblr. 11 Gr.
Breval, J. B. , Traue de Violonc. Op. 4a. G Tblr.
Faieiello, Oorert. et Aire etr. de Nina: P*»ea p«.-r
Amore, av. acc. de Pianof. 4 Tiitr. ia Gr..
Himmel, F. H. , 5 Sonate» p. le Pianof. av. acc.
de Viol. et Vlle. Op. 16. 5 Thlr.
P»cr, J., Ouvertüre de la Criaelda k gr. Orche»tre.
1 Tblr. is Gr.
— — la mfme errangee p. Harmonie. \ Tlilr. 4 Gr.
— — la memo arr. p. le Piano'. 16 Gr.
_ OuverUue, Air«, Duoa etr. de la Griielda
av. acc. de Pianof 5 Tblr. >8 Gr.
Dalayra.c, Ouvertüre de» Troi» Sultanol arr. p. le
Pianof. iC Gr.
Cimaro»a, Our. et A«r» degli Orazi e i Curiari,
Op. »e'rieux, arr. p. le Pianof. 3 Thlr.
t. Beet hören, gr. Quintette per 3 Viol., a Viola
e Vlle. No. 1 et a. 5 Tblr.
Fleyel, Sinfonie periodione. No. afl. 1 Thlr. la Gr.
Viotti, 3 Duoa conr. p. 1 Viol. Li*. 6. I Tblr. 12 Gr.
— 3 do Lir. 7. 1 Thlr. >a C».
Facha, G. J., 3 Duoa p. Clar. et Vi©'. Lir. 5.
j Thlr. 13 Gr. ' -
SchoenehreV, fi Duoa eonc, p. » Vllea. Op. ia.
LW, 1 et 3. 3 Tblr. , Ä . _
Moutt, 5 gr. Sinfonie» «rr. p. a Viol., a Alto»,
Ba**e, Contrabusae et Flute par J. B. Ciwidor.
Lir. 1. 4 Thh. 13 Gr.
_ 5 do Li». 2. 4 TMr. ia Gr.
Roll«, A., 3 Duo» p. a Viol. Op. C. j Thlr. u Cr.
Mozart, gr. Quintttto p. 3 Viol., 3 A. et Vlle.
No. 8. 1 Tblr. ia Gr».
Cimiron, Air» du Matrimonio tegreto arr. p. ft
Vtol., par. N. Schmitt. ,2 Thlr. \ V
— — — Lei memo» p. 1 FI. 3 Thlr.
Reich«, A. . Etüde dci Tradition* et ?. Fantai»ie*
p. leTianor. Op. 3i. 1 Thlr. Cr.
Kanne, F. A. , Journal p. 1« Guit. t ab. a. » Thlr.
Rinck, J, C^, Spaate p. ltFiauoL. av. Viol. et Vlle
obl. Op. 1. iö Gr.
Eder, P., Öonate p. le Piauof. av. ocr. d' un Viol.
Op. 5. 10 Gr.
Boiihlieu, Ouvertüre de 1'OpeVa: 1« Calif ue Bag-
dad, ü {;r, Orcb. 1 Thlr. 11 Gr.
M chul, Ouvert. de POp uue Folie arr. p. le Pianof.
«r. Viol. ia Cr.
• - ■ ..
C i maro ia, D., Concertante pour 3 Flute» «v. «er.
* *
Op. poilh. 1 Tblr. 20 Gr.
Kanne, F. A. , 3 Chaaaona «v. acc. de Pianof. oa
de Guittrre. Op. 9. Liv. 1. kj Gr.
Stumpf, J. , -te Conrerto p. le Ba*»on. 1 Thlr. ju Gr.
Uugot, A., oc Conccrto p. Flute. 1 Tblr. ia Gr.
Wacher, P. , 3 KU» varic» p. 1 tc VfolAtt av. acc. da
Baue. Op. i3. 1 Thlr. -i Gr.
— — Loa memea »dpaWe« i « Qr.
_ — Homancc d'Ariodant v«r. p. 1« FIAte. 8 Gr.
__ Li meine p. Viol. 8 Gr. ,
^mm — do do p. Clarinetto. 8 Gr.
Cimaroaa', Ana degli Arti^iaoi , av\ acV. rtc FortepJ
av. le» partics »epaieVs. "a Thlr.
jl'aisjello, D^O 'le Prcuerpiii* av. arr. de Pianof
av. le» pailie» aeparert. t Thlr. 13 Gr.
! Tuch, H. G., 6 EconsoIIt* >. Ic Pianof. 8 Gr.
K«oae*,;F. L A., Da» Il-Ueluja der ochÖpXuu^
Paititui. C Thlr.
_ Daa»elbe im Klav ierauizugr. 3 Thlr.
Mu«iL.ati«the Kun»twerko im »trunken S:>1 7r Heft,
entb. 3o Variationen füc da* Klarier von Job. Scb.
Bach. 3 Thlr.
(Wird forg«etit0
L« »IT JU.tiOt» «HO HS.TMIm
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ALL G £ M EINE
MUSIKALISCHE ZEITUNG.
Den i7« cn October. 3.
1804-
Einige Bemerkungen über VoUsgesoag; bty Ge~
hgenhtii des Briefs einte Reitenden im 36. St.
des 6ttn Jahrgange der M, Z.
In dem angeführten Briefe, welcher zwar an
die Redaktion gerichtet, zunächst aber auf di«
„Landgeistlichen und kleinen Kantoren" be-
rechnet ist, klagt der Reisende, „dass nur an
wenig Orten für die Verbesserung des Volks-
gesangs, Sonderlich des Gesangs der Landleu-
te , ernstliche Austeilen gemacht würden. Das
Mildheimisclie Liederbuch, zu diesem Zwecke
das dienlichste, scy gar nicht so bekannt , als
es seyn sollte. Er empfiehlt „das erfreuliche
Beyspiel einiger Hildburghausischen Ortschaf-
ten:" wo er mehrere Lieder aus diesem Buche
ordentlich vierstimmig singen gehört; das
Werk thatigev Schullehrer, welche es sich
zum Geschäft gemacht, die fähigsten der länd-
lichen Junglinge mit Hülfe der Chor- Adjuvan-
ten auf den vierstimmigen Gesang einzu-
üben u. a. w. "
Ohne weder Landgeistlicher noch Kantor
(kleiner öden grosser) au seyn, halte ich mich
dennoch, da ich an aufrichtigem Sinn und
Willen für die sittliche Verbesserung des
Volks keinem derselben weiche, für berech-
tigt, folgende Bemerkungen über die vorlie-
genden Gegenstände den Lesern dieser Zeitung
sa weiterer Prüfung vorzulegen.
Es wXre an wünschen , der Reisende hatte
sich , wenn euch kurz , doch bestimmter dar-
üb er erklar t, worin er den eigentlichen Ge-
7. Jahr^.
genstand seiner Beschwerde, das Verderbnis
des Volksgesangs , setze, und wodurch es ihm
veranlasst scheine. Meines Bedünkens Igiebt
unsre Zeit dem Beobachter und Volksfreunde
zu einer gedoppelten Klage in dieser Bezie-
hung Anlass: einmal, dass an manchen Or-
ten gar nicht gesungen und die reine Freude an
erheiternden Liedern und Gesangen entweder
von dem engen Treiben irdischer Geschäftig-
keit, oder von rohen und albernen Spielen,
oder von wahrer Büberey verdrangt wird;
dann, dass entweder Sitten verderbende oder
von Geist, Gefühl und Phantasie entblosste
Lieder im Schwange gehen, die, wenn auch
an sich nicht bösartig , doch der Kraft erman-
geln , die edlern Menschenkrafte aufzuregen,
und dem Gemüthe zu leisten, 'was es in Sehn-
sucht, Leid nud Freude an Erquickung und
Trost bedarf.
In allen diesen Rücksichten nun, glaube ich
behaupten zu dürfen, haben unsre neuem
Volksschriftsteller, statt das Bessere zu for-
dern, vielmehr das Schlimmere, worüber ge-
klagt wird, dem grössern Theile nach, her-
beygeführt. Von beschrankten Ansichten des
Lebens und der Kunst ausgehend, auf dürfti-
ge Begriffe von Popularität und Korrektheit in
poetischen Werken fussend, machten sie ea
sich zum Geschäft, die grossentheils treffli-
chen Lieder und Romanzen, welche vormals
in allen Landen deutscher Zunge lebten, aus
dem Munde des Volks zu verdrangen, und
statt dieser Erzeugnisse einer frischen Phanta-
sie, eines innigen, zarten, kühnen Gefühls,
einer freyen, muntern, kindlich - naiven Lau-
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35
1804. October.
36
ne, sogenannte Gedtchto einzufühlen, die,
bey ihrer wasserklaien Verständlich keil unpo-
pulair, bey ihre» moralischen Nüchternheit -
und Mäßigkeit langweilig, bey ihrer zahm tu
Korrtklheit unerquicklich, -das unbefangne
kindliche Gemütb so wenig ansprechen, als
das gebildete, durch den Genuss aihlpoett-
scher Kuust wei ke genährte, -in uteineu-Augeu
ist es d ther ein gutes Zeichen , wenn derglei-
chen Gedichte unter. dem Volke keinen Ueyfall
finden; es deutet auf unvei doi benen , kraftvol-
len Sinn. Gerade diejenige Klasse, weiche
die gemeine heisst, erkennt nicht selten am
eisten das Gemeine für gemein; bey ihrem
festen Takt für das Hechte und Schickliche
kumiuen die gewöhnlichen Begriffe von Popu-
larität uud Korrektheit und Anständigkeit uicht
•elten sehr ins Gedränge; das Schwungvollste
und Kühnste fassl sie oft wunderbar leicht,
und mit deti seltsamsten Gestaltungen der
Phantasie, wovor der ästhetische Schönfärber
erschrickt, ist sie bald bel'reuudeL
Lasset also, möchte man denen zurufen,
welche von dieser Seite her auf das Volk zu.
wirken gedenken; lasset dem Volke seiue allen,
treuhetzigeu Lieder, aus weichen ihm zum
Theil die Gestalt der lieben ui väterlichen Zeil
in stets frischen Farben entgegen blühet; und
ihr, welche die Natur mit der Feuertaufe der
Dichtkraft zu ihren Lieblingen weihte, dich-
tet in ihrem Sinne 1 Nicht darauf kommt es
au, dass dem Landmann für jedes seiner länd-
lichen Geschäfte , dem Bürger für jeden Zweig
seine« Gewerbes ein Lied werde, gleichsam
nin ihn dabey festzuhalten; nicht darauf, dass
die Ruthe des Sittenpredigers überall den ar-
men Arbeiter verfolge: sondern darauf: dass
ihm etwas gebotheu werde, was seine Phanta-
sie (die edelste Kraft der menschlichen Natur)
anregt, ihn über dielies< bi ankung seines Krei-
ses und Ges häfts zu erheben und mit ilneu
zarten Gespinnsten die schweren Etdensovgeu
gclüilig tu umhüllen; darauf, dass ihm sein ir-
discher Beruf erleichtert uud versüsat weide,
indem man ihn veranlasst, selbst in den müh-
seligen Fesseln desselben; seinen Geist iuit
einem kiudtjehen Spei zu ergötzen.
Die» .ist, wie ich glaube, der sittlichsle
Zweck, welchen sich Volksdichler und Ton-
kunstler vorsetzen kötrnen. Was aber von
unser u alte» Volksliedern , (deren wir in der
llerder'scheu Sammlung eine so köstliche
Auswahl haben) dasselbe gilt auch von ihren
Melodieeu; als Produkte des setteu irieudea
Naturgelühls, sind sie meist richtig und zart
empfunden. Mau sollte sie (wie bereits Herr
Reicbardt in seinem Kunstmagazin mit
einigen geiban) sammeiu und durch dseSchri^
festhalten; gewiss würde dieses eine Samm-
lung werden von weit tieferem Gehalt, als so
manche der heurigen, worin die armseligen
Meludieeu mit Her zusammengeborgten, Beglei-
tung ihre Blüsse kümmerlich decken.
Um den mehrstimmigen G^sau,g,i*l es al^'
leVdinga eine herrliche Sache/ woran das'
VVohlgelalleu tief in der Natur begründet liegt.'
Sofern aber Geistliche und S> buileVirer elwae
für denselben leisten sollen, müssten sie sich*
wie mich dunkt, lediglich auf geistli« he Lie-
der (Volkslieder im edelsten Sinne des Worts)
uud deu Choralgesang . cinschrauken. Das
Volk (das unverdorbene, un verschrobene, mey-
ue ich) hai emen entschiedenen Widetw.len
dagegeu,' wenu sich der Geistliche, auch im
besten Wobltneynen, mit „weltlichen" Din-
gen befassl; Maas und Gehalt seiner Freudeu
soll er ihm vorschreiben, nicht aber auf das
Detail derselbeu, es sey denn warnend und ab-
mahneud, snh einlassen. Die aufgeklärten
Versuche, das Volk zu bearbeiteu, sind dem
Volke -selbst ein Spott; es lacht und ärgert
sich über die ökonomischen, medizinisch^
polizeilichen Predigten , uud auch hierin be-
wahrt sich sein richtiger Sinn. Hingegen
werden Geistliche uud S hullehrer seinen Bey-
fall und Dauk eiuarndten und etwas sehr ver-
dienstliches leisten, weun sie
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ST
1804. October.
35
durch besiimmlr Uebungen dafür sorgen» dass
Choräle, detten wir so manche kraftvolle, rüh-
rende und Ucfzei'hebende ehenfalis aus der al-
ten Zerit haben, vüu-suiMnig gesungen, und
•o mit dem Gefühl für die edle Harmonie (wel-
ches sich bey den andern Liedern schon von
selbst wirksam erzeigen wird;) zugleich die
Gefühle -der Andacht und Frömmigkeit genährt
und befestigt werden», »>
Und hier möchte ich fragen: warum hat
man, da es durch die einstimmige Meynuog
der bewahrtesten Kenner entschieden ist, dass
die Hebung im Choralgesang nicht allein ein
vorzügliches Mittel zur Bildung eiues ächten
und edeln Geschmacks in der Musik , sondern
selbst für da« Mechanische des Gesanges, Fe-
stigkeit im Ton,, im Tragen der Stimme u.
s. w. überaus vortheilhaft sey — warum , sage
ich, bat man noch keine zum bequemen Ge-
branch eingerichtete Sammlung der schönsten
Choralmelodieen für häusliche und freund-
schaftliche Zirkel? Welche reiche Ausbeute
sich für diesen Zweck aus den (auf eine
Vollständigkeit berechneten nnd in
mehrern hieraus fliessenden Rücksichten für
den erwähnten Gebrauch nicht ganz geeigne"
ten) vortrefflichen Werken eines Seb. Bach,
eines Hilter, Kühnau, Vierling u. a. m. zie-
hen? Wie lehrreich und ergötzend müsste es
nicht selbst für den blosseti Liebhaber aeyn,
au einer Melodie verchiedene Harmonieen
vortrefflicher Meisler zo vergleichen , und den
Sinn, womit sie nach Verschiedenheit ihrer
Individualität Text und Melodie aufgefasst,
herauszufühlen? Fünf und zwanzig der schön-
sten Choräle Hessen sich wohl in ein Bändchen
zusammenfassen , welches vermöge des massi-
gen Preises jedes Mitglied gesangliebender
Zirkel sich anschaffen und so des Vortheils ge-
messen könnte, neben seiner Stimme die gan-
ze Harmonie zu übersehen: würden nuu die
Texte von den grossentheils unschicklichen
und entkräftenden Verbesserungen, welche
sie in neuern Gesangbüchern erfahren, gerei-
nigt; würden dem Sinn nnd 1 'Geist steht er Ki r .
chenlieder verwandte, wenn auch in der Form
abweichend« Stücke, wie z'.' B. die überaus
herrlichen Fasch'ischen Versetti in der Berl.
rausik. Zeit. d. J. 1795. hinzugefügt — so
müsste dies eine Sammlung werden, welche
jedes für höhere Geistesfreuden, für Andacht
und Religion gestimmte Gemüth inuig zu er-
freuen nicht verfehlen könnte.
Was das Mildheim. Liederbuch betrifft,
welches der Reisende als das dienlichste zur
Verbesserung des Volksgesanges anpreiset, so
muss ich mich offenherzig zur entgegengesetz-
ten Meynung bekennen und eingestehn, dass
mir bey Anfertigung dieses Buches weder ein
ganz fester sittlicher, noch ästhetischer Takt
obgewaltet zu haben scheine. Als Vater,
Geistlicher, Schullehrer würde ich es nicht
wagen, denen, aufweiche ich in allen diesen
Beziehungen wirken könnte, jenes Buch zu
empfehlen; denn, Gottl mit welcher Miene
könnte ich es anhören, wenn z. B. meine
Tochter in dem Kostüm eines unschuldigen
Laudraädcheus aus Ho. 409 von ihrem Liebha-
ber mir vorsänge:
Dieser heistt , da« Ohr gospitatl
Wilhelm , uad so ferner.
Aber wenigstens bis iUt,
Tragt er ksino Hörn« J
Oder:
Traut Midchea, leichte« Rittern nicht!
Sie löffeln wohl und wandern
Von einer zu der andern u. s. w.
Oder:
So man man kühne Junker prellen,
Die armen Mäd.heu Netze stellen.
(Die Moral einer eben so säubern Romanze.)
Oder wenn Sohn oder Schüler sänge :
Und als das Mägdlein melkend sass
Ds bot ich guten Abend,
Und sah durchs Buseatnch hinein
u. s. ST.
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39
i8o*. Octoben
AI« Geistlicher würde mir unheimlich zu
Muthe werden, weun ich ein Brautpaar vom
Chorus der Gute mit lullender Mural äuge-
sungen hörte:
Die Frau musi nicht am Fenster etehn,
flach jungen Herrn su gaifeu,
Der Mann hat bloa auf sie cn «ahn,
Mit amiern nithta «u schaffen.
Der Mann iat Herr, doch wn er will,
Muas er nicht streng gebietheii,
Und brummt er ja, so schweig sie still,
Und halt ihr Maul in Frieden!
Ist es schön , wenn der Schneider zu sei-
ner Freundin sagt:
Ich bin kein Bock, sonst mSsst' ich ja,
Mein iJU! auch Homer haben.
Denkst d« im Ehestand etwa
Mich damit au begaben? u. *. xr.
Oder der Scheerenschleifer :
-
Wie manchen feilten BachuMoha
*
Plagt Wind and Indigestion u. s. W.
Doch frag ich nicht nach Mädchenguiist,
Denn, o wie bald ist die rerhunet u. s. w.
Dergleichen Stellen könnten, wenn man
nicht von der guten Absicht des Herrn Her-
ausgebers im voraus überzeugt wäre, über die
•ittenbessernde Tendenz seines Bucha einige
Zweifel erregen; ich gestehe, es würde mir
die Kategorie «der Fröhlichkeit, welche dun
Kopf nicht hängt," über die Gebühr erwei-
tern, heisaen , wenn man Scherze solcher Art
darunter befassen wollte. Die angeführten
Stellen, (weiche sich noch mit^ielen ähnlichen,
zum Theil ekelhaftem vermehren lieaseu,)
charaklerisiren Mgieich- die ästhetische Seite
des Bucht; man wird in ihm Beysptrie finden
für Alle Nuancen der Plattheit und Geisliosig-
keit *). — Das Bu h dt« Hrn. Klitscher
kenne i«h nicht und habe also kein l/rtlml
Liederbücher für das Militär, wie sie
der Reisende am Schlüsse seines Aufsaue«
wünscht, scheinen mir ein sehr ungründliche*
Heilmittel gegen das Verderbnis, worüber er
klagt, su seyn, so lange die Verhältnisse und
Umstände fortdauern, weiche die ünaitüich»
keit in diesem Stande begünstigen, und die
I<ust an uneüohrigen Liedern erzeugen und
nähren. Es ist ein charakteristischer Zug un-
ser« Zeitalter«, dsss es für erhöhte Sittlichkeit
und Religiosität so viel von äussern (äslheti-
sehen) Mitteln erwartet. In einein ähnlichen
Sinne hört man manche, sonst gar nicht un-
verständige Menschen eine Recüfiximng de«
öffentlichen Gottesdienstes milteist der Aesthe—
tik wünschen. Ich glaube, es lässt sich aei-
gen, dass bey dergleithen Ansichten eine grosso
Verkehrtheit zum Grunde liege; nur wurde
es mich, wenn ich es hier versuchen wollte,
zu weil führen, uad meiner diesmaligen Ab-
sicht entgegen »eyn.
CHRICHTEN.
Wien, den 5. Oct. Der September hat
wenige musikalische Neuigkeiten von Bcdeu-
*) Einer meiner Freunde, ein Landgeistlicher und ein Mann Ton dem reinsten Eifer für alles Hute, ver-
achrieh «ich mehrere Exemplare des Buches, ohne ea noch genauer rti kennen, und vcrthtiltc sie hin
und wieder unter seiner Gemeinde. Allein mehrere Glieder drr.*elbcn nahmen Anstoss daran, und
fanden es befremdcnii , sich solche Dinge von ihrem Geistlichen mitgcthrilt- au sehen. Er, in dor
Lauterkeit eeiaes Sinnes,, konnte ihr Gefühl nisal Lugen strafen^ and- liesa ab, das Buch weiter su
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qt 1804.
•iung gebracht. Moserls Co«? fan tutfe wurde
unter dem Titel Mädchen treu* im Hof»
thcate r railBeylall gegeben, So albern immer
die lotrigue ist, dass «Wey Liebhaber von ih-
ren Mädchen nicht erkanut wei den , zu denen
*ie einige Stunden nach ihrer Abreite vcrkiei-
d<l wiederkehren; so schön und blühend ist
dazu Mozart« musikalische Behandlung, die
jeden Stull*, er aey auch noch so gemein, su
einem herrlichen Gebilde su verwaudeln im
Staude war. I>ie beyden Liebhaber wurden
von Neumann und Vogel gana gut gesungen,
viel vortheilhafler aber zeigten sich die, Dem.
Saal und Laudier in den Mädvhem ollen. Dem.
Eichensatz spielte, das Kammermädchen mit
vieler Gewandtheit. Besonders aber konnte
man mit dein braven Bassisten Weinraüller
zufrieden seyn. Der alte schlaue Weiberkeu-
ner, welcher dte Schwärmereyen junger Lieben-
der spöttisch belächelt, gelang ihm meisterhaft.
Ueberbaupl muss man gestehen , dass sich Or-
chester und Sanger alle Muhe gaben, die wirk-
lich schwere Musik gut auszuführen. — Der
italienische Buflo Linparini ist in Cimarosa's
Nemici geuerosi nicht ohne Beyfall aufge-
treten.
Schikaneders Direktion im Theater an der
Wien will keinen guten Fortgang nehmen.
Seme erste Oper war der Stein der Wer-
sen, nach Wieland« Nadir und Nadine bear-
beitet. »Die Musik ist von verschiedenen Mei-
stern, und hat stellenweise recht artige Sachen ;
e\ B. eine im grossen Slyle kompenirte und
aehr schon instrumentirte Bassarie aus E dur,
womit der unterirdische Herrscher Kutifronte
aus der Erde emporsteigt; ein Cyklopenchor;
ein Duett im zweyten Akte, wo Lubanara nur
miauen kann, u. m. a. Aber der bessere
Theil des Publikums ist nun entschieden gegen
Schikaneders Arbeiten eingenommen, und
alle jene Musikstücke, deren Wiederholung
man vor 10 Jahren ohngefähr, als die Oper das
erstemal gegeben wurde, mit Kuthus-asmu»
verlangte, wurden jetzt sehr kalt, oder gar
Öctober. 4*
k
I mit Zischen aufgenommen, Eben so wenig,
gefiel der Tyroler Wastel, ein National-
stück, welches Haibel mit einer sehr roillel-
mässigen Musik versehen, ond worin Hr. Schi*
kaneder auch einsmals geglänzt halte.
Hi*. Srhoppanzigh gab zu seinem Vorthei-
le noch ein Konzert im Augartensaale. Er
spielte eiu Konxtrt von Violti, mit einem an-
genehmen, lebhaften Vortrage, vieler Ge-
wandtheit und Eleganz: aber er hat nicht ge-
nug Ton, und »o fein er auch das Piano trak-
tirt, so unterhalt es doch mehr und schmei-
chelt dem Ohre, als dass es das Herz rührte«
Sein Schüler Maiscder, mit dem Sch. ein
Duo von Kannabich spielte, giebt die besten 1
Hoffnungen zu einem sehr braven Violinspie-
ler, und dürfte seinen Meisler bald erreichen.
Glucks Ouvertüre aus Iphigenie machte auch
hier die hinieissende Wirkung, welche das
wahre Genie immer da hervorbringen musa,
wo es verstanden und gefühlt werden kann.
Die Ouvertüre aus Tigrane von Bighini wur-
de gut und genau gegeben.
Man erwartet verschiedene neue Opern
von Salieri, Klement (einem recht braven Vio-
linisten) Gyrowetz u. a. Von dem Erfolge
dieser Arbeiten »oll Sie mein nächster Brief
unterrichten.
Leipzig, Unsere Winterkonzerte haben,
wie gewöhnlich, mit dem Michaelistage ihren
Anfang genommen. Das Direktorium, das
immer gleich -achtsam ist, UeheUtände, die
einschleichen wollen, abzustellen, und zur
Vervollkommnung des Instituts hinzuzufügen,
wa» nur thunlich ist — hatte einige neue,
vorteilhafte Vorkehrungen in beyden Hin-
sichten getroffen, und das Publikum scheint
erkenntlich dafür zu seyn. Für das erste
Vierlel-ahr ist Drm. Alherghi, Tochter des
churfürsllirhen Kammersangers aus Dresden,
als erste Sängerin engagirt, uud wenn diese
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43
i8o4. October.
schon vorige« Jahr mit Vergnügen gehört wur-
de, so kann man dasselbe dies Jahr um so
mehr erwarten, da ihre Stimme fester und
biegsamer geworden, auch mehr Höhe gt-
wounen hat.. Wir wünscheu nur, dass sie
immer wahrhaft gute Kompositionen wählen
möge, und ,wünachen dies nicht nur um un-
sertwillen, sondern auch des Publikums und
ihrer selbst wegen ; denn die hiesigen Freunde
der Musik sind wirklich schon seit Hitlers Zeit
alliniihlig darau gewöhnt wo;deu, auserlesene
Kompositionen zu hören und diese hoch zu
achten, die Geschicklichkeiten der Virtuosen
aber nicht allzugross anzuschlagen, wenn sie
ihuep als Zweck, nicht als Mittel zu einem
hohem Zivi zu gelangen, geboten werden.
"Was in den öffentlichen Konzeiten auszeich-
nenswerlh ist, lassen wir auch dies Jahr zu-
»ammenkommen und sprechen am Ende jedes
Vierteljahrs darüber : hier werde nur Einiges
über die fremden Virtuosen gesagt, die
sich hören Hessen.
Hr. Christ. Barth, zweyter Sohn des
königl. dan. Kammermusikus, (bekanntlich
vormals eines der vortrefflichsten Oboisten det
Welt) ein talentvoller, fleissiger und bescheid-
ner Jüngling von siebzehn Jahren , der in die
Fusatapfen seines Vaters tritt und Hoffnung
giebt , seine Stelle einmal würdig auszufüllen.
Er spielte zwey Konzerte, von seinem altern
Bruder Phil. B. sehr brav geschrieben, und
spielte wie ein Mann. Sein Ton ist rein, znrt
und schön; er hat ihn sehr gut in der Gewalt,
was bey seinem lustruraent so schwierig ist,
wodurch es aber eines der ausdrucksvollesteu
wird; er besitzt viel Fertigkeit und Sicherheit:
sein Vortrag ist solid, und verrälh Einsicht
und Gefühl — kurz, es ist alles da, was
wenn er auf seinem Wege mit Eifer und un
verrückt fortgehet, Um sicher zu einem der
vortrefflichsten Oboisten machen wird.
Madame Dussek Cianchcttini, Kla-
vierspielerin, Schwester des rühmlich be-
kannten Komponisten und Virtuosen, spielte
nicht ohne Fertigkeit ein Konzert von ihres
Bruders, und ein anderes, wie auch ein Quar*
telt,. von ihrer eigenen Komposition; zugleich
trug ihr fünfjähriger Sohn mehrere kleine
Handslücke auf dem Fianoforte recht -artig vor.
* ■
Hr. Alberghi aus Dresden ist/ schon
längst als ein in jedem Betracht vortrefflicher
Tenorist bekannt, und es ist auch von uns
vorige« Jahr mehr über ihn gesagt worden ?
weshalb wir nur hinzusetzen, dass <er auch
diesmal allen, die ihn hörten, einen
Genuss gewahrete.
Paris , d. Sien Octbr. Der September ist
aufuusrrn Theatern mit Wiederholungen und
Zurüstuugen hingebracht worden ; ausser den
Theatern giebt es aber, wahrend des Sommer-
halbjahrs , keine öffentliche Musik von Bedeu-
tung. Einige Kleinigkeiten der untergeordue-
ten Theater sind für den Ausländer gar nichts,
und kommen und verschwinden auch bey uns
mit dem Tage. Auf dem kaiserl. Theater wer-
den die Barden , nach kleiner Pause, wieder
vorgenommen werden ; die zwölf ersten Vor-
stellungen haben der Kasse auf 100,000 Flan-
ken eingetragen — und im Sommer! Dar
bey kann man bestehen: und darum soll auch
bald Lesüeurs Tod Adams, das Gedicht
ebenfalls von GuÜlard nach Klopstock, geger
beu werden. Weil mau aber dies Werk mit der
ei forderlichen Grösse und Herrlichkeit nicht
schnell genug herzustellen im Stande ist, und
man doch das Eisen schmieden möchte, so
lang' esheissist: führt man uachstens Lesüeurs
Telemaque auf, der ihm vor etwa zehn bis
zwölf Jahren ebenfalls verworfen, und dann
vom Komponisten ohne Kecilalive auf das
Thealer Feydcau gebracht worden war. — -
Dass Pajsiello die jetzige Luft nicht mehr ver-
tragen konnte, sondern nach Neapel zurück-
ging, werden Sie schon aus andern Blättern
wissen. — Gretry, Mon#iguy und d' Alay-
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45
1804. October.
46
rac sind nun auch zu Mitgliedern der Ehrenle-
gion «nimmt Gretry , dieser um unsre Mu-
sik seit fast einem halben Jahrhundert ver-
diente Greis , dessen Werke bey dem , der das
wahrhaft Originelle, auch wenn es nicht das
vollkommenste ist, zu schätzen weiss, immer
beträchtlichen Werth behalten werden: Gre-
try hatte neulich das Vergnügen, von eiuem
wirklich schönen Feste überrascht zu wer-
den. Ich befand mich eben selbst im Thea-
ter und konnte es nicht ohne herzliche
Rühruug und Freude mit ansehen. Man gab
Grelr v'a L u ci 1 e. G. sass in der Loge. S4o-
-ger urid Orchester boten alle Kralle auf: es
war eine herrliche Darstellung. Jetzt kam das
berühmte, treffliche Quartelt: Üu peut-on
elre itiieux iju'au sein de sa faraille? der lau-
teste JJeyfall des euthusiasmirieu Publikums
bracli aus- da wendete sich Blasius, der. Or-
ebeaterdircklor, huldigend um nach- Grelry'a
luige-, ein Tusch mit Trompeten und Pauken
bei ein, das ganze 1 Haus war ein langauhal-
tsmler Jabel, und die beliebte Schauspielerin,
Mad. Crctü. nabele sich, wahrend des unaus-
gesetzten Bravorufen*, dem Komponisten und
bekränzte ihn mit Lorbeer. Der gute alle
Mann srhien sehr tief erschüttert, Schmählc
matt stuf unser Publikum, wie mau will, und
«ey nism^uch genöthigt zuzugestehen, dass es
nicht sehen gar arge Misgritfr thue: es ist
doch angenehm unter Menschen zu leben, die,
wenn ihnen nur erst das Schöne und Gute ein-
leuchtend gemacht wird, dies auch mit so hel-
lem Enthusiasmus uud voller Seele aufneh-
men! —
Sonnabends d. ifsten Seplbr. hielt die Klas-
se der sthouen Künste des Nation»l<nstituts
ihre fryerliche Sitzung und Preisverteilung.
Uiehcr gehört uur, was Musik bvtraJ»
breton , der Sekretär dieser Kia>se , le^le erst
einen Bericht ab über die voi zuglu-hsten Ar-
beiten der Mitglieder «ähieud dieses Jahres,
dann wurden einij;»* Abhandlungen vorgelesen,
unter deueu sich eine: Paradoxes tuusicaux,
(von Mehül, Gosse«, und einigen Andern ge-
meinschaftlich verfasst.) vornehmlich aus-
zeichnete, und von welchen ich Ihnen in Zu-
kunft mehr zu sagen gedenke. Nun kam es
zur Eulscheidung über die Preisbewerber, de-
ren Proben ich Ihnen neulich gemeldet habe,
uud von deneu der vorzüglichste auf Konten
der Regierung fünf Jahre in Italien sludrren
soll. Der erste Preis wurde keinem zuer-
kannt, aber der sweyte zweyen: Gasse, aus
Neapel, uud Dourlens, beyde Gossec's Schü-
ler. Dann machte der Sekretär die wirkinh
traurige Nachricht bekanut , da*s der ausseist
talentvolle Jüngling, Androt, der das letzte-
mal den höchsten Preis errungen uud demnach,
iu Rom gelebt halte, an einem Blutslui z plötz-
lich gestorben sey. Man durfte von den Ta-
lenten, Kenutnissen und dem Eifer dieses'jun-
gen Kütisllcrs etwas ganz ausserordentliches
erwarten, uud die Nachricht von seinem frü-
hen Tode, der meistens Folge übertriebener'
Anstrengung war, wurde mit lauter Theilnah-
ido angenommen. Kurz vor seinem Tode
hatte er noch au die Klasse der st höuen Kün-
ste nach Paris zvvey neue Kompositionen ein-
gesandt — jeder Zögling, der im Auslände
erhalten wild, rauss, was sehr zu lohen ist,
jährlich Proben seiner Fortschritte einsenden;
die eine war eine religiöse Kantate, die zwev-
te ein komisches Duett aus einer Oper, die
ihm zu schreiben von einem Thealer iu Rom
aulgetragen war. Beyde Stmke wuideu auf-
geführt; beyde fanden und verdienten vielen
Bey fall; ich würde aber der Kunt.ilc den Vor-
zug geben. — Dit? allerliebste .Sängerin St.
Auiiin, (die Tochter,) uud der Violinist , Dü-
ret, der voriges Jahr vom Coiiscrvaloire deu
ersten Preis erhielt, haben einander geheyra-
thet: ein sehr junges, liebenswürdiges Pär-
chen l — Ihr wackerer Y.oliuiM, Mallhei,
i*t mir nun bekannt worden. Er ist, vor-
uchmlul) unter Kreutzer, der ihn sehr s« liätzt,
recht emsig, und Sie können darauf rechnen,
■ dass Sie an ihm einen jungen Mann zurückbe-
kommen, der der achluugswerlhen Gesell-
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47
1804. October.
Leipziger, die ihn Lieber geschickt bat, wie
unsern Meistern, und sich selbst, Ehre ma-
chen wird. — Die Hrn. Boieldieu und Rode
werden Petersburg verlassen und nach Paris
zurückkehren, sobald der frauz. Gesandte
Russland verlässt — sagt man! Wir sind
Patrioten. Uebrigen* hat man in Petersburg,
und noch mehr in Moskwa, wo Rode so ganz
ausgezeichnete Aufnahme und ungeheure Be-
zahlung erhalten, ihn etwas prüde und stolz
gefunden. Wir hatten sonst an ihm gerade
das Gr gentheil an rühmen. Sollte er auch un-
ter diejenigen frauaösischen Helden gehören,
die eine massige Belohnung bey Anerkennung
ihrer Verdienste mit Anstand «u tragen wuss-
ten, und hernach vom allangroasen Glück
schwindlich wurden? —
Recbniiov.
Partition dt totuvre w, tavoir dt» $ix princi-
paus Quatuors dt W. A. Mozart. Cah. i.
• contenant j Quatuors. Cah. a cont. 3 Quat.
Vienne, che* Jean Traeg et lila. (.Vr.
a Thlr. x6. Gr.)
Was jeder Freund Mozarts, des gTÖasten
Harmonisten neuester Zeilen, langst wün-
achen muaste; was mancher Kunstkenner zu
seinem Vergnügeo, mancher junger Tonküust-
ler zu seiner Belehrung für sich im Stillen un-
ternahm , ist hier auf eine eben so lobenswer-
te , als für die Kunst wohlthäUige Art ausge-
führt. Die sechs Quartetten Mozarts, deren
hoher Werth von ganz Europa anerkannt ist,
erscheinen hier in einer schön gestochenen
48
korrekten Partitur. Jeder, der an das Le-
sen von Partituren gewöhnt ist, — und Man-
cher schöpft darin ein eben so lehrreiches Ver-
gnügen, als beym Lesen des durchdachtesten
Buches, • — kann sich nun selbst überzeu-
gen , wie tief, wie unerschöpflich die Kennt-«
nisse dieses originellen, für die Kunst noch
nicht ersetzten Mannes waren.
Wie nützlich so ein Unternehmen auch
für den jungen , angehenden Tonkünstler sey,
brauchen wir nicht erat zu bemerken. Er
wird nicht nur durch das Studium dieser Par-
tituren, die eine unerschöpfliche Goldgrube
von Harmonieen sind, gründlich gebildet; er
lernet auch, wenn er sie ausführen hört, und
dabey wohl bemerkt, was auf ihn nnd andere
die grösste Wirkung macht, warum so man-
ches, das ihn entzückt, auf dem Papier ao
einfach, so anspruchslos dasteht, manche«
andere, da» so künstlich und gelehrt aussieht,
von dem er sich so viel verspricht, seine
Erwartung tauscht — kurz, er lernet
neben harmonischer Gründlichkeit die Wir-
kungen der Musik, mit deren Gründen,
kennen.
■ • » .
Möge der Herr Unternehmer so viele Un-
terstützung rinden, dass er aufgemuntert wer«
de, etwas ähnliches mit Haydnschen Quartet-
ten zu versuchen. Da deren So viele sind,
würde wohl eine Auswahl müssen getroffen
werden. Doch schwer ist es , unter so vielen
vortrefflichen und originellen zu wählen.
Haydn würde am besten selbst bestimmen,
worauf er den höchsten Werth setzt I —
Lntiii, aav Buition Iii Blml.
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ALLGEMEINE
MUSIKALISCHE ZEITUNG.
— - - ■ — — a— aa*
Den 24 lcn October. N=. 4-«
1804.
Noch etwas, über den Bau der Geige (in Be-
ziehung auf einen Aujtatt in dieser Heilung
Sur Jahrg. S. fdp u. folgg.).
j . t ■
E« wnrde in dem angeführten Aufsätze gesagt:
da» man in neu tri» Zeilen viele audere musi-
kalische lostrumenie verbessert und zu meh-
rerer Vollkommenheit gebracht hätte, nur die
Violin wäre zurück, geblieben; und zugleich
worden verschiedene Ideen und Vorschläge zu
einer andern Gestalt der Geige cur Prüfung
Nach den vielfältigen und raancberley
Versuchen, die ich seit etlichen uud zwanzig
Jahren mit diesem lustrumeute gemacht habe,
iinde ich, dass es seiner Form und Struktur
nach, wie wir es von den besten italienischen
und deutschen Meistern haben, keiner Ver-
besserung mehr fabig ist, besonders was den
Korper bc lullt. Auch kanu bewiesen werden,
dass an keinem Instrumente so viel Versuche
sur Verbesserung und Vervollkommnung ge-
macht urordeu sind , als eben au der Viyliu.
Wenn die Verrauthung, die ich in der
neuen Pariser Violiuschulc von Rhode, Kreutzer
u .d Baillot lese, Grund hat, das» der Ursprung
der Geige iu der Lyra zu suchen sey : so hat mau
wol an keinem Instrument so viel und so lange
verbessert, als an der Violin, nämlich seit
Apollo's Zeiten bis in das x6le Jahrhundert
christli her Zeitrechnung: seitdem aber hat
man, nach Angabe obgedachtcr Violijischule,
bis jetzt . a lso länger als 260 jähre , au ihrtin
1- Jshf 8.
[ Baue nicht« geändert, sondern ihr die ganze
Einfachheit gelassen, auf der ihre wunderbare
Wirkung beruht.
Alles was in neuern Zeiten zur Verbesse-
rung derselben geschehen ist, besteht in wei-
terer Zurücksetzung und Verlängerung de«
Halses, einem längern Griffbret und in einem
etwas erböheten Stand des Saiteuhaltera über
dem Raufte.
Inzwischen hat ea während dieses Zeitraums
an Verbesserungsversucheu gar nicht gefehlt;
allein, weil sie der Erwartung nicht entsprachen,
so ist auch nichts öffentlich bekannt worden.
Mau hat z. B. Violinen von Silber, Kupfer uud
Messing gemacht: sie geriethen aber nicht
nach Wunsch, waren schwach und unange-
nehm von Tone. Man machte auch Versuche
mit verschiedenen ausländischen Holzgattun-
gen, z. B. mit Schlangenholz, Ebenholz, San-
delholz etc. zu Böden und Zargen, und Cedern-
holz zu Decken der Geige: allein auch diese
gerietheu nicht und konnten nicht gerat hen,
weil diese Holzgattungen zu hart, au schwer,
zu weuig elastisch waren, und das Cedernholz,
ob es gleich mit unserer Fichte oder Rothtsu-
ne die meiste Aehnlichkeit hat . theils zu weich
uud theils zu spröde ist, auch selten gleich-
laufende Jahre hat.
Mit den metallenen Körpern der Geige
hatte es nun wieder eine andere Beschaffenheit:
wurden sie zu slaik gemacht, so konnten sie
wegen ihrer Härte und Schwere von den
Darmsailen nicht genug erschüttert werden j
wurden sie zu schwach gemacht, so wurden
4t
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1804. October.
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aie wieder von der Laat der angespannlen Sai-
teu zusammengedrückt, und w enn auch ein Me-
dium zwischen diesen Extremen zu Ire Ifen
Wäre , ao muas es immer die gehoifle Wirkung
verfehlen, weil Darmsaiten sowohl als Drath-
aailen blos Holz zu ihrer Resouauz haben
wollen.
m
Auch der Luxus hat manche Versuche zu-
wege gebracht: ao habe ich z. ü. eine alte Violin
su Eirachberg in Schlesieu von Schildkröte ge-
sehen, welche 100 Dukaten gekostet hatte; ihr
Klang aber war schlecht. Wie viele Versuche
mögen nicht mit den Holzarten zur Violin ge-
macht worden aeyn, ehe man sich vollkommen
überzeugt hat , dass kein Holz besser aey, als
wenn man zum Boden und Zargen das Ahorn-
nnd zur Decke das Fichtenholz nimmt.
Was nun die Form oder den Umriaa be-
trifft, so, ist bekannt, dass man vor ein paar
hundert Jahren zum Theil noch Violinen ge-
macht hat, welche die Figur einer Dochelte
hatten. Sodann — was hat mau nictit
mit den JF-Löchern allein für Versuche ge-
macht? Bald schnitt man sie in die Zargen,
bald in den Boden u. s. w.
Der Verfasser des angeführten Aufsatzes
verwirft die vorstehenden Ecken an «den Vio-
linen, uud betrachtet sie als ein Hiudernis des
freyeo Ganges der Luft. Ferner sieht er auch
die Klötzer oben und unten als eiu notwendi-
ges Uebel an. Ich glaube mit Unrecht.
Die Ecken an der Violin entspringen na-
türlich aus den beyden Einbiegungen des Kör-
pers in der Mitte, ohne die mau den Saiten,
besonders den ausaersten z Weyen, mit dem
Bogen nicht nahe genug kommen und sie mit
gehöriger Freyheit behandeln konnte. Diese
Einbiegung aber schadet, meiner Meyiioug
nach, dera Tone nicht, sondern »ie bildet
vielmehr Reflexionswinkel , an denen sich die
Schallstrahlen brechen und alsdann mit ver-
stärkter Kraft ihre Wirkung äussern. Nach*
dem diese" yier Ecken erfunden waren, welche,
besonders au don Violinen des Anton Stradi-
varii lang hervorstehen, gingen einige wenige
Gcigenmacher in Frankreich noch weiter und
machten mehrere Ausbietungen im Umrisse
der Violin, um noch mehrere Reflexionswinkel
zu erhalten. Alleiu weil die Violinen an Gute
dadurch nichts gewannen, sondern vielmehr
zum Spiel in der Höhe unbequem wnreu, in-
dem dadurch die obern Bugen zu breit wurden,
so siud in neuem Zeiten keine dergleichen Vio-
linen, ausser einer mif bvwusslen eiuzigcn,
die ich selbst habe machen lassen , verfertiget
worden.
laugt,
Was nun die Klötzer oben und unten anbe-
die der Hr. Verf. als itotliwendige Lehel
betrachtet, weil derohere gur Befestigung des
Halses uud der untere zur Befestigung des
Saitenhalters unentbehrlich ist: so kuuu er—
wiesen werden, dass auch diese ihr Gutes ha-
ben. Sie bilden meistens auch Reiicxion^win-
kel, und dann trägt die Bearbeitung der Decke
und des Bodeus iu der Gegend und um die
Klötze herum insgemein viel zu einem festen
und zugleich angenehmen Tone bey; durch
die Bearbeitung der Decke und dea Bodens in
diesen Gegenden wird aber das Prallende de*
Tons verhindert. Wenn der Verf. glaubt,
dass die Violin ohne diese Klötzer mehr Starke
erhalten würde, so irrt er sich; weder mehr
Starke, noch Annehmlichkeit ist zu erwarten.
Ich selbst verfertige in meiuen Nebeustunden
Violineu nach den schönsten Formen des An-
ton Stradivarii, so stark vom Tone, als ihn
> das Ohr des Spielers nur vertragen kann, wel-
che ausserdem bey einem angenehmen, sanf-
ten Tone, auch durchaus egal sind uud eine
sehr willige Ansprache haben. Nach einem paar
Monaten, wenn sie taglich gespielt werden,
kann man sie zu allem brauchen — als Or-
chester- Konzert- und Quartetteugeigen , und
man hört ihnen das Neue- kaum mehr an.
Die Ursache aber ist: weil sie mehr Holz als
alle andere haben , und durch eine eigens er-
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f u o Jene Ausmessung und Ausarbeitung aller
Zwang inwendig beseitiget ist.
Aeustcrlich ist datier uichls mehr zu erfin-
den und inwendig auch nichts mehr zu sunpli-
ficiren.
Man kann ganz zuverlässig annehmen,
dass bis zu der Zeil der besltu Cremoneser
und anderer Meister gewiss sehr scharfsinnige
Mathematiker den damaligen Geigeuinacltern
an die Hand gegangen siud, durch deren Hül-
fe allein nach und nach die Violiu zn der Voll-
kommenheit gelangeii konnte, wie wir sie von
ihnen haben. Dieses kanu man tiey den
Nachmessungen in den Violinen der alten Mei-
ster am besten wahrnehmen. La ist au be
dauern , dass wir von der Geschichte der Vio-
lin so wenig wissen !
r
Man wird gewiss keine geschmackvollere
und angemessenere Gestalt diese« Instruments
erfinden, als wir haben. Wechselbälge oder
Ungestaltet! sind achou genug da gewesen.
Und gesetzt: Violinen, einer Bratpfanne oder
einem Teller ähnlich, leisteten eben da«, was
eine gute Violin von gewöhnlicher Form lei-
stet — welches aber gar nicht au erwarten
ist: was gewönne denn die Musik dabey ?
Dass solche Violinen nicht gut werden
können, mögen folgende Bemerkungen bewei-
sen. Ich will zuerst das gegebene Modell zur
Biatpfaunengeige annehmen.
Eine solche Violiu soll nach der Idee des
Verfassers aus einem ganzen Stück gemacht
werden, welches so hoch ist, dass es die Zar-
gen nebst der Wölbung des Bodens abgieht.
Der stärkste Ahornbaum giebt aber erstlich
kein Scheit, welches gegen den Kern zu diese
Dicke hat, und hatte er sie auch am untersten
oder Stamm - Ende, so rauss man wissen, dass
das Hüls an diesem Tlieile des Baums gerade
am wenigsten zum Klingen geeignet ist, weil
es zu hart und zu verwirrt gewachsen ist. So-
dann — wollte man die Idee deunoch ausfuh-
ren, so mü'sste ein solcher Körper von einem'
sehr dicken Stück Bohle gemacht werden:
allein da bekäme man statt des harten Theila
einen weichen in die Milte, wo doch eigent-
lich die meiste Resistenz seyn soll; dieses ,
wäre also ein Uebel. Es würde sich bald wer-
fen und Unregelroässigkeiten in der Veithei-
lung der Ki alte, welche alle vom Boden uud
besonders seiner geometrischen Milte ausge-
hen , hervorbringen.
Es ist überhaupt ein Vorurtheil , wenn
man glaubt, eilt lnsUume^ wäre besser, oder
cnüssle besser werden , wCnn der Boden und
auch' die Üecke aus dem Ganzen wäre und
nichl aus zusammengeleimten Theilen bestün-
de. Man macht es, wenn man eben das Holz
dazu hat : allein es muss bey der Ausarbeitung
eines solchen Bodens oder einer soh heu Decke
mit vieler Behutsamkeit zu Werke gegangen
werden, weil eine Hälfte davon immer zäher,
weicher oder harter ist und hiernach bearbeitet
seyn will.
Drittens treten bey der Ausarbeitung eines
solchen Körpers ganz neue Gesetze wegen der
Holzslärke ein : diese müssten erst durch yiele
Versuche bestimmt werden.
Viertens. An den gewöhnlichen Violinen
sind die Zargen durchaus langes Holz: an
jenen würde es meistens Hirnholz seyn. Stark
dürfen die Zargen nicht seyn, Hirnholz bi iebt
leicht uud ist dem Klange nachlheilig. Wie-
der ein Uebel !
Fünftens: fallen die Ecken weg, so ver-
liert dadurch der Körper die Reflex onswinke]
welche den Schall verstärken und ihn in den
gewöhnlichen Violinen mit doppelter Kraft
wieder zurückgeben.
Sechstem kostete der Bau eines solchen
Körpers ungeheure Mühe, besonders , da er
oben gegen die Decke au , noch um und um
einwärts gehen, und die Decke noch obendrein
Wie einge&Ut werden soll. Die akkurat*
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i8o4« October.
56
Messung der zn - und abnehmenden Holzdicke
würde, wenn gleich nicht unmöglich, doch
sehr unsicher und äusserst beschwerlich seyn ;
die Herstellung eines solchen Instruments
würde viel kosten. Ein Geigenmacher könnte
eher drey gewöhnliche Violtuen, als einen
einstigen solchen Boden mit Zargen aus einem
Stück recht und gut verfertigen.
Der Verfasser hat wahrscheinlich immer
einen sehr sanften und weichen Ton bey seiner
Idee im Sinne gehabt, darum hat er alles um
den Rand herum weggewünscht, woran die
Luft sich stossen könnte, und ist daher noch
lebhafter zu dem Vorschlage einer Tellcrforra
für die Violin übergegangen.
Bey der Violin kommt alles auf Schwin-
gungen des Körpers an und nicht allein auf die
darin eingeschlossene Luflmasse. Wenn sich
die Schwingung der Saite und die Schwingung
des resonnirenden Körpers wie 1 zu I verhalt:
so ist der höchste Grad in der Stärke, Fülle,
Schönheit und Ausgiebigkeit des Tons er-
reicht — — wenn nämlich das Holz selbst zu
einem schönen Klange die Eigenschaft hat.
Wollte mau der Violin einen tellerförmi-
gen Körper geben: so müsste zu förderst die
Lauge und Breite einer gewöhnlichen Violin
auf die Rundung eines Tellers reducirt wer-
den, damit nicht gegen den gewöhnlichen Fla-
cheninhalt, den eine Violin haben inuss, ge-
fehlt würde.
Der Steg würde gerade in der Milte zu ste-
hen kommen; aber, um den äusserten zwey
Saiten gehörig mit dem Bogen bey zukommen,
von einer unverhäUnissmäsigen Höjie seyn
müssen» wenn auch die Wölbung an dem Kör-
per noch so bescheiden, wie etwa an einem
Betlwärtner oder einer Wärmflasche gemacht
würde. Ein so hoher Steg könnte aber dem
Tone nicht günstig seyn; anderer Unbequem-
lichkeiten nicht zu gedenken — dass nämlich
ein solcher Steg dem Umfallen sehr aus-
gesetzt wäre, sich leicht biegen, oder, wenn
er sehr stark wäre, das Instrument zn sehr
beschweren und es dampfen würde u. dgl.
Aber noch ein Hauptmangel an einer Vio-
lin von dieser Form würde der seyn, dass
durch die Reduktion der Länge des Körpers in
die Rundung das Holz von seiuer Schwiu-
gungsfähigkeit zu viel verlöre, weil aller
kürzer würde; und wie sollte es erst in der"
Mitte werden, wo der Steg zu stehen käme?
Auf der gewöhnlichen Molin steht er auf deru
schmälsten und stärksten Theile des Körpers,
der auch folglich den meisten Druck aushalten
kann: auf einer Tellergeige käme er auf den
breitesten, der folglich den Druck der Saiten
am wenigsten zu ertragen im Stande wäre.
Würde nun an diesem Orte das Holz verhält-
nismässig stark gelassen, damit sich die Decke
nicht einsenkte: so würde wieder die Folge da-
von diese seyn, dass die Suiten den Korper
nicht genugsam in Bewegung setzen könnten ;
würde die Decke und der Boden in der ge-
wöhnlichen Stärke bearbeitet, /o müsste ein
sehr langerund starker Basshalkcn an dielJek-
ke geleimt werden , welcher wieder seine Feh-
ler haben würde. Kurz, je mehr ich darüber
nachdenke, je weniger Hude ich die Idee zu
einer Ttllcrgeige mit einem guten Erfolge aus-
führbar, und zwar noch weit weniger als die
eiste zur Bratpfannengestalt; und das Resultat
meines Nachdenkens ist am Ende immer die-
ses, dass die gegenwärtige Geigenforra schwer-
lich durch eine noch bessere zu verwech- .
sein sey.
Gotha.
Ernst.
N A C n TL I C H T E K.
Berlin, d. Alea Oct. Den Ilten gab Dem.
Weber vou hier, die 12 Jahre eine musikali-
sche Reise fast durch ganz Europa gemacht
hat, vnr ihrer Abreise nach St. Petersburg ein
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Konzert im ThealersaäT. Sie selbst spielte ein
HarfenkouzertvonKleeberg und Variationen von
Hotfmann mit der von ihr gewohnten 'Sicher-
heit und Schönheit. Hr. Eunike sang eine
Arie von Righini, und mit seiner Gattin ein
Duett von Paer. Auch' Herr Mennig verschö-
nerte den musikalischen Genuss dieses heitern
Abends durch ein braves Violinkonzert von
Aldai.
Den 26stcu Sept. gab man zuerst und nach-
her noch einigemal: Die Glücksritter. Komi-
sches Singspiel in einem Akt. Nach dem
Franzi*», von HerkloU. Musik von d'Alavrac.
Die nicht eben vorzügliche Intrigue des Siuoks
ward durch das gute Spiel und die artige Mu-
sik im leichteu Styl sehr gehoben. Besonders
gefiel das erste Terzett, in depo die Piccoiflolc
ziemlich überraschte, das karikicende Duett
«wischen Picarros (Hr. Ambroscb) und Diego
( Hr. Weizmaun ) und eine ■ 'vom letzter*
eingelegte Arie von Berton , ib dein seine schö-
ne Stimme sehr glänzte; dagegen einige Zu-
hörer ungern die erste Arie der Demois. Me-
bus, der Liebhaberin itn Stück» vermissten.
Gegen das Ende dieses Monats wird Cle-
ments« Schüler, Hr. X.Klengel, eine musika-
lische Akademie geben. , <.[ ^ , .
Key der diesjährigen Ausstellung der Kunst-
werke der köuigl. Akademie der bildenden
Künste und mechanischer* Wissenschaften sind
auch einige Arbeiten hiesiger müslkal. Instru-
menlenmachcr. ' 1 Heri^J. Müller hat zWey auf-
rechtstehende Piauoforte'' düf «Weyerley Art
nach eigener Erfindung geliefert; ffr. J'. G.
Conrad ein Furiepiano vöri Mahagoniholz in
ovaler jForra mit Bronze verziert} Hr. M. G.
Schulze ein Fortepiano in Klaviciformat von
Mahagoniholz raitBronz* verziert, von Coutra-
E bis viergestrlcheir C; ffr. F. AVMrke ein
Pianofolte} Hr. G. 'Hoflmaiin' em Fortepiano
in rumlem Format, von Contra -F. biY vierge-
strichdn C; die Herren Wagner und Ewert ein
Ätffr^httttfieildtjs Forteplanb , '*iit- Marnior-
uud AlabasrerveTzIerungen, in der Form einer
Cylinders, mit einem Auftätz, worauf sich eine
Athttageuhr befindet} endlich Hr. Schramm
ein Klavier uud eiu aufrechtstehendes Forte-
piano.
Nach Öffentlichen Blättern scheint der Auf-
enthalt in llaTieii auf die Gesundheit des Hrn.
Kapelim. Righini sehr wohlthälig zu wirken.
Nach , einem kurzen,., Aufe.uthalt in Bologna,
seiner Vaterstadt, (wo er zugleich mit unsei m
braven Carapagnoli die erste Bildung für Mu-
sik erhielt,) ist Hr. R. nach Venedig gegan-
gen, \yo er eine Oper für das dortige Theater
schreiben, und Dem. Fischer von Berlin in
der ersten Parthie derselben auftreten wird.
Hr. Kapell m. Winter, ist zu Anfang die-
ses Monats wieder iu München eingetroffen.
" In Dessau sind vor kurzem die zwey
neuen, und noch nicht nach Würden auf die
andern deutschen Theater verbreiteten Opern :
Klara ven Bretanuien von Bierey, und Fan-
chon das Leyermädchen von Himmel, mit An-
stand, Fleiss und Geschicklichkeit gegeben
worden, und haben beyde den verdienten Bey-
falJ gefunden.
In Dresden sind die diesjährigen Winler-
vorstellungen mit einer neuen Oper von Paer:
Leuore osia l'amore conjugale, eröffnet wor-
den. Die feurige Overtura, einige Charak-
terarien, und mehrere vortreffliche Ensem-
bles, mit Geist, Erfahrung und ungemeiner
Gewandheit ausgeführt, fanden ausgezeichne-
ten Bcyfall : doch halte mau sich von dem
Ganz eu noch mehr Wirkung versprochen.
Hr. P. ist nach Italien gereiset , wohin er be-
rufen worden, um auf verschiednen liaupt-
theatern seine \Y«rke aufzuführen.
'Jtt iC.l»<
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1804. October.
60
RSCEHSION.
Iftue Singschul* tic. von J. F. Schubert.
(ForUaUang.)
S, 5a. gehört das sechste Beyspiel ru
den kurxea Vorschlägen — conf. Tosi,
S. Oo.
S. 53. heiaat es: »der völlige Tonachluss
su Ende eiues ganzen Stücks ist hiervon —
namüch, dass da lange Vorschlage angebracht
werden können — ausgenommen. • War-
um dies? Nur bey SchlussfäUeo , deren letale
T*kte iu wiederholten Abwechaelungen des
ord. und 7- Akkordes — wie in Sinfonie« —
bestehen, findet diese Ausnahme statt; aber
die langen Vorschlüge aind sonst auch ganz am
Ende eines Stüeka passend, besonders, wo die
Kaden* sich Unger bey den Leilakkurdeu ver-
weilt, und den Hauptakhoid nur in der leüsten
Mote hören läsaL
S. 56. Der Ausdruck „cercar della
nola 41 hat, ausser den hier angegebenen Be-
deutungen, auch noch eine andre. Er heisst
auch: ein schwereres oder entlegene» es Inter-
vall mittelst leiser Angabe eines dazwischen
liegenden oder leichteren Intervalls suchen (z.
B. die 4 durch die 3). Ein Fehler, worein d i e
Sanger leicht verfallen, welche als Anfänger
dieses Hillersche Erleichteruogsmittel des
Treffens au häufig gebrauchen.
S. 68 hat Hr. S. ein Wort in seiner Zeit
geredet, indem er vor der Bebung langer
Töne warnt. Soll aie eine Manier, eine
Schönheit seyn , so muss sie, wieAgricola
bemerkt, nicht nur den Ton weder hölier noch
tiefer machen und erst am Ende desselben an-
gebracht werden, sondern überhaupt nur sel-
ten, nur bey dem Ausdruck des höchsten Af-
fekts, des S hmerzes, der Wuth u. s. w. statt
'fiuden. Daran kehren sich aber viele unsrer
jetzigen Sanger nicht. Kaum haben aie eine et-
was lauge Note angegeben , ao geht es gleich
an das beben, uichl selten an ein widriges Her-
auf- und Herunterziehen des Tons, unbeküm-
mert um den Affekt, den sie darstellen sollen.
Die Mode aanclionirt den üblen Gebrauch,
und hilft so eiue Blosse der Nalur oder Kuust
des Saugers decken, uämlirh den Mangel an
reiner, fester luKmalion und an Gcsi bickli. h-
keit im Herausziehen der Stimme (.inessa cji
voce). Schon Mosart klagte, wie bekam. t,
darüber, dass die Leute keinen langen Ton
mehr ordentlich aushalten könnten und des
Verbram eus kein Ende wäre. Seit der Zeit
ist es, wo möglich, noch ärger gewuideu,
und es bleibt jetzt vorzügliche Fflicht eines Ge.
sanglebrers, wenn er vou den Mattieren und
Versierungen spricht, immer eine Warnung
anzubringen , dass sie nicht zu häufig gebraucht
werden, wie auch Hr. S. an mehreren Stellen,
rühmlich getban hat. — Ree. fühlt — was
die Bebung betrifft — seinerseits sich gedrun-
gen , des Hrn. S. bescheidenes Unheil darüber
in der Note S. 60 dahin an ergänzen , dass er
diese Manier — auch die ächte — höchstens
bey Fermaten in gewissen Fällen billigen kann,
sonst aber überall geschmacklos findet, wo
nicht der vorhin erwähnte höchst leiden-
schaftliche Ausdruck zur Bebung einer sehr
langen Note a m E n d e derselben Anlass giebt.
S. 70 heisst es x „ist die Passage su lang,
so kann man eine unbedeutende Nute aus-
lassen und in dieser Zeit Athem schöpfen."
Dies wird mit ein paar Bey»plelen erläutert.
Aber weder ür. S. noch seine beydeu Vorgän-
ger geben Regel u und Gründe an, wornach
man diese unbedeutenden Noleu leicht heraus-
findet Uud doch ist das für den Bravoursan-
ger sehr wichtig. Wer mit der Harmonik
und Rhythmik ganz vertraut ist, wird zwar
in vorkommenden Fällen leicht dir rechte Note
Wählen: aber diese Bekanntschaft darf mau
nicht von jedem Sänger und noch weniger vou
jeder Saugerin erwarten. Ree. will daher
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1804. öctober.
62
einige dieser Regeln hier angeben, und über-
hast es Hrn. S.j sie bey einerneuen Ausgabe
seines Werks genauer zu bestimmen und mit
andern zu suppliren. x) Die wegzulassende
Nute darf in der Kegel nur eine durchge-
hende (n. calina) seyu. *) Wird am besten
ein Ton dazu gewählt, der in dem Akkord,
welcher der Figur zum Grunde liegt, ein Ne-
beniulervall ist, und dem ein andrer Ton des-
selben Akkords entweder unmittelbar voran-
ging oder ihm folgt (wie das ausgelassene c in
dem ersten Beyspiele S. 70). 3) Scheint sich
dazu auch eine — uiciit iiuiem Akk., aber
in der Tonleiter befindliche — durchgehende
Note im Intervall von einer ü,< hinter welcher
der. vorige Ton wiederholt wird (a. ß. von .c,
h, c, das/i) zu eignen, es wäre! denn > dass ge-
rade sie — als neuer Lei Hon — das Cha-
rakteristische der Figur ausmachte. Aber in
einem geraden Laufe von auf- oder abstei-
genden aen oder .^en findet keine Auslassung
statt. 4) Hat man unter . mehreren Noten
nach obigen Regeln die Wahl, so lasse mau
<Jie aus, wo eine solche Pause die lange Pas-
sage in gleiche Theile theilt; nämlich die,
welche auf die Cäsurnole folgt. 5) Auch die
erste Note eines Takts kann mitten io einer
Fassage weggelassen werden, wenn entweder
der ßass sie in der 8 angiebt, oder sie zum
Akkord gehört, der dabey zum Gruude
liegt, u. a. w.
S. 75 oben. — Das 4te und 5te Beyspiel
a. wie bey b. vorzutragen ist zwar gewöhnlich,
aber falsch, weil dann ganz andre Schleifun-
gen zum Vorschein kommen, als der Kompo-
nist gewollt hat.
S. 75 bis 96. — Die hier gelieferten Sol-
feggi sind zwar im Ganzen zweckmassig; doch
hatten manche darunter abgekürzt nnd dafür
einige aus den fehlenden Tonarten (z. B. b e
dur , a e moll etc.) eingeschaltet werden sol-
len. Ferner giebt es hier zu viel kahle Trom-
melbässe , besonders in n. q. , wo 8. 90, T. 5,
und S. 91, Syst. 5, T. ua sogar etwas —
polnisch klingen. Auch vermisst Ree.
drey stimmige Solfeggi, wovon die mittel-
ste Stimme geübt werden soll. Das wäre ge-
wiss nützlich und riöthig. Ob übrigens Hr.
S. nicht gut gelhan hatte, für Altisten und
Bassisten besondre Solfeggi zuschreiben
oder wenigstens anzuzeigen, wie tief sie
transponirt und wo sie dann am besten abgeän-
dert werden müssten (s. B. n. 6 transponirt
der Bassist sich eine Underime tiefer u.a. w.) —
das leidet wenigstens einigen
(Der Beschliu« folgt.)
X E K D O T B.
Ein guter, eifriger Musikliebhaber aus
einer preussischen Provinzialstadt las voriges
Jahr in den Zeitungen, dass Glucks Alceste
zum Karneval in Berlin gegeben würde. Er
konnte dem Wunsche, das berühmte Werk zu
hören, nicht widerstehen und machte die be--
trächtliche Reise im schrecklichsten Wetter zu
Fuss. Er iömtot ins Wirthshaus — aber,
ist es nun zu spät, oder fehlt es ihm an allen
Bekanntschaften : kurz, or kann durchaus kein
Billet mehr bekommen. Er ist ausser sich.
Der Wirth richtet ihn mit der vertrauten In-
sinuation auf, dass die Mililairwache es
manchmal bey dieser Gelegenheit nicht allzuge-
genau nehme und einem preussiteben halben
Gulden woi schwerlich widerstände. Ich ver-
stehe! sagt der Liebhaber erfreut; Jasseu Sie
mich machen! — Er eilt nach dem grossen
Theater der italienischen Oper, er tritt in die
weiten Umgebungen — - Ganz unbekannt mit
dem Terrain, durch den Glockenschlag und
die da- und dorthin strömende Menge noch
mehr verwirret, von den Lichtern geblendet,
weiss er sich gar nicht zu helfen, gehet aber
in der Betäubung frisch drauf los. Er kömmt
an eine Thüre mit War he besetzt: „Billet!"
schnurrt diese. Mein Freund, entgegnet dor
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I8P4. ©ctober.
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Fremde leise und beweglich; ich bin zu apat
und fernher gekommen: wenn Er mir zum
Eintritt verhelfen wollte Er drückt
ihm den halben Gulden in t <h> Hand., Schon
gut! sagt der Schnurrbarl freundlicher: d»
gehen Sie nur rechts nach der nächsten Thür.
Der Fremde gehet, er kömmt zur nächsten
Thür: wieder eine We.he: „B.llctl" —
Sein Kamerad hat mich an ihn gewinn* —
legt er; übrigen* — Alle«, wie oben! -—
Der Fremde gehet immer weiter recht«, er
hört zitlernd von iiineu dit» Instrumente ein-
stimmen : endlich wi« der eine Thür und wie-
der eine Wache ; Allee, wie vorher, ausser
das* der Soldat wirklich die Thür öffnet, den
Entzückten echnell hinaus schiebt, und
aihnapp! die Thür hinter ihm wieder zu-
w ,rfU Jetzt will jener frey athincu , reibt
•ich die Augen, weil er nichl* siebet, und
entdeckt endlich, das« er — unter Got-
tes frey e ru H im ro e l «lebet, und nur in
der äussern Galerie die Ruude gens um das
Hau« herum gemacht haL
6i4
t kleinen, artigen Werkchen. Gleich der An-
fang der ersten Rom. ist sehr anziehend. Sull-
len diese Stücke uh.ht aus P^rlhiecn für Blas-
iustrumeule enlslai)d«n aeyn? : .Wenigsten«,
lassen sie «ich sehr gut als solche denken und
einrichten; auch manche Leeren, wie S. io>
Ende, und Seite n von vom, so wie et-
wa* Weichliches im Ganzen, schein* .dar-,
auf hinzudeuten. Doch wird Niemand,
; besonders, den ersten und dritten Satz, ohne
Vergnügen hören. Auszuführen sind sie
sehr leicht.
t *
Kvkze Anzeige k.
Troi» Romanets ou Andantt pour U Piana-
foru comp, par Jostph Lipavsky. Op. 19.
A Vienne, au Bureau d'arts et d* Indu-
strie. (Pr. 54 Xr.)
1
Romanzen ist hier in dem Sinne gebraucht,
wie es zuerst die Franzosen in die Instrumen-
talmusik eingeführt haben. Sehl' geftllige und
fliessende Melodieeu sind das Beste an dem
1) Tri Artttte coW aecompegnamtnto dl Pia-
no/orl« oWgato — Optra VW. (Prix '
4 Livr.) und
3) Tre Dutttl ptr Soprano c Tenore rotf* «c-
comp. di Pianyfartt — cbmpott. da jBonl-
facio Assioli. lu Zurigo. presso Giov.
Giorg. Negheli. (Pr. 3 Eivr.)
♦ ■
Nach dem, was No. 9. des 6ten Jahrgang«
der inuaik. Zeit, über die ausgeführtem und
mit durchgehend* obligatem Pianoforte ge-
setzten Arietten dieses Komponisten, wie
über die kürzern Duetten mit nur beglei-
teudem Accompagncmenl, gesagt worden,
ist hier nur hinzuzusetzen , dass die jetzt
genannten Werkchen sich sowohl in Absicht
auf den Geist, als auch in Absicht auf die
Ausführung und Manier, ganz au jene an-
schließen, und des Beyfalia eben su gewiss
seyn köuuen, als jene.
< .u
Hu»'»»
11t Biimori v«» H »111 u
- - . .-Ii
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ALLGEMEINE
M US I KAI, IS C H E Z E ITUN G.
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' •'• •"-•> 1 • 11 " > : '•»
-i . "■?« .:• $1 ..G " ♦«».•'« -«1 ■ M, '
Kantate: Wir ist dir gktth, du Einziger tu.
für 4 Singst, mit Begleit, dt» Orch. von
J. R. Zumsueg. Part. No. I. 28 S. Querfol.
Leipzig, bey Broitkopf und Hirtel. (Pr.
' 18 Gr.)
• » *
Kaniatt: Gott.' Urquell der Gnade, ftir 4 Singst,
mit Begleit, de» Orch. , v. Zumst. Part.
No. n. aa S. Querfol. Ebend. (Pr. 18 Gr.)
Kantate: Bringet dem Herrn Ruhm und Triumph
etc. für 4 finget, mit Begleit, du Orch. \
v. Zumst. , Part. No. j. a4 S. Querfol.
Ebeud. (Pr. 18 Gr.)
t^antate: Mein Goff! mein Goti! warum ver-
lassest du tte. . für 4 Singst, mit Btgleit. '
des O'ch. v. Zumst. Part. No. 4. aß $.
Querfol. Ebeud. (Pr. 18 Gr.)
t *~ . ■>"■ - • * .1 '
Wieviel die Kunst durch. Zumst eeg's früh- ;
Keiligen Tod verlohren. habe, ist deu Kennern
nod Liebhabern der Musik bekanut genug.
Ree, der die Tonkunst am liebsten würdiget,
weun er «ie nach der höchsten Stufe ihres j
Zwecks strebend erblickt, nahm diese theurCj
Verlassenschaft des Verewigten mit grosser'
Erwartung cur Hand, und, legte sie mehrmals ,
wieder beyseite , um der Wehmuth Raum au
lassen, welche der Verlust eines so liebens-
würdigen Tonkün»Uers bey ihm erzeugte, von
dem die VVelt ; gewiss noch viele , wphllhätige
Kunstwerke edlern Gärung würde erhal-'
7. Jaiutf.
r - ■ ( ■ t
ten haben. Da seit einiger Zeit d i e Kunstp
dukte im , Kircheuaty ie , weiche au allgemeine?
Brauchbarkeit geeignet sind, seltner öffentlich
erscheinen: so ist es um so mehr erfreulich»
diese Kaptaten als höchstschatzbare H Ulf* mit*,
tel zur Belebung religiöser Empfindungen aq r
zuzeigen.
No. 1. bebt mit einem Chor des vollen Oft»
ehestere adagio maestoso an, wovon das Ritotv
von 9 Takten vollkommen gut zur Frage
des Chors: Wer ist dir gleich, du Einziger?
einleitet. Das ganze Chor von So Takten
hat vortreffliche Haltung und so viel Energie,
das« auch in dem rofaesten Herzen der Affekt
der Bewunderung, der aus der Vorstellung
der Grösse des höchsten Wesens erzeugt wird,
durch die Musik so sehr verstärkt werden
muss, dass woblthatige religiöse Ehrfurcht das
Innerste durchdringt. — Was den Satz be-
trifft, so wünscht Ree dass das Ifeberapriogen
in den Singstimmen seltner , angebracht seyn
möchte. Auch sollte wohl die Dehnung der
ersten Sylbe von dem Worte Allmacht S. 5
nicht zu billigen seyn ; denn na< h drey Takte»
hört man erst die zweyte Sylbe. Der Kom-
pouist muss zuerst den Text so weit zusam-
menhangend vortragen lassen, -ehe* er lange
Pehnungen 'anbringt, bis man,, den Sin« we-
nigstens erralhen kann, -r- S. ö, T. 6 würde
wol die Altstimme statt des Tenors die
Singparthie schicklicher . übernehmen kön-
nen. — Die darauf folgende Sopran-
arie verlangt einen guten Sanger. Auch hier
ist gleich beym Eintritt der Singstimme auf daa
.exate Wörtchen wenn eint JJeUuuug über *
5
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6?
i$04. ' Öctööer. .
68
Tafcto getagt, jrod das Folgende ist so behau- '
delt, das* erat im 20»teü Takle die"Worte been-
digt aiod : „ Wenn ich dies Ganse, wessen Macht
am ersten aller Tage es ans detn Nichts her- -
vorgebracht? voll Dnrst nach Weisheit frage."
Bier lenkt sich der Gesang in die Dominante,
und der Nachsalz, im Texte: „So nennt-« mir,-
du Erster» dich" — ist so. bearbeitet, dass
die Musik die Dominante der Molltonart er-
greift und 9 Takte so fort modulirt,' endlich
wieder sich nach der Durdommante neigt und
dahin förmlich kadeuzirt. • Diese Wendung
nach der Molltonart scheint aber, nach Ree.
Gefühl, den Text zu beeiu trächtigen. Gegen
das Ende der Arie kommt noch eine Dehnung
Ton 9 Takten mit Koloraturen vor, welche
Wenigstens im Kircuenslyle der festere Ge-
acHmack nicht billigen Wird. — Das & bluas-
chor: Sinkt in den Staub hin; betet
an! macht guten Effekt. Sollte denn aber
Wol der «weyte Theil des Textes:
Gott spricht: IA kiu tlUin dar Herr,
Ich Aio, ick war, itk w»rdo ssjn,
Dm ick bin. K.«ün Anderer
I» Ui»».J, auf dar £rd. hat m.inw ^ m 4 »«1
Nam.nl — . ( ,
au einem Chore geeignet seyn? — Die letzten
Worte treten mit einem fugii enden Satze ein.
der schon etwas verbraucht ist. Folgende
Stelle all 1 unisono S. a4
»»J.Sa
ist dem Komponisten entschlüpft nnd für den
Kirchenstyl tu iiäedel. S. i4, Takt' 8. 9. Ut
die Forlecbreüung im Aft und Sopran wider
den reinen Sats, welche durch den kleinen
Eins hnitt nicht entschuldigt werden kann.
Auch den Gang der Viole im dritten Takte
kann d e Regel nicht wol erlauben. — Nach
dem leisten Chore fing Ree. an cu verniuthen,
da&a dieses Muck vialieicht au den frühcru Ar-
beiten des sei. fcumeteeg's gehören dürft*. Man
kann übrigens dupeh eine kleine Abänderung
im Texte dem letztem Theile des Schlusscho-;
re» eine leidlichere Wendung geben.
No. 2. Gott, ÜVqa elf der Gnade! *—
ist aiokt-so euvk besetzt; denn von Blasinstru-
menten ist nur eine lioboe und oin Fagott mit
kleiuen Soloparlhieen dabey. Diese Kantate
ist überhaupt wagen ihrer einfachen 1 und leich-
ten Bearbeitung sabcauchbar, dass sie auch
Kautoren in kleinern Städten willkommen
seyn musa; Es herrscht ein devoter , kiiidJU
vher Sinn dariu. Dem ersten Chor wünsc ht
man eine etwas läogere Dauer,, d«*nn die 45
Takle köuuten füglich bis aof einige siebzig
ausgesponneu seyn. — Das Terz» tl längt sich
im | Takt andante an, verändert aber nach 12
Tatten da* Tempi» in \ Andntino, worin
es bis auiu Schlüsse fortfährt, wozu den Verf.
die Versart i>ewogeu haben mag, obugeathtet
teser nicht angenehmen Veränderung wol
auszuweichen war. Ks wäre überhaupt au
wüuscheu, dass es mit dem Tersett etwaa
streuger genommen Werden möchte. Nach
Ree Meynung ist dieser Text eigentlich nicht
zum Terzelt geeignet S. i5 dürfte wol die
Passage der awey Soprans timmen nicht am
rechten Orte angebracht seyn : Frieden lächelt
der versöhnte Vater
tm
slen Biisser zu.
Das Schlusschor ist wieder ziemlich
nnd leicht behandelt. Die Stelle:
le fehl - ten
möchte eher die Zu r riedenheit mit sieh sethsk
ausdrücken. «■ Auch daa Ende dea Texte«
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4JJ04. October«
der Chorform «b: Dukftin«st
- erneu« dein Ebenbild in mir.
No. 3. Bringet dem Herrn etc. ist
der agste Psalm nach einer neuen Ueberset-
euQg, und von dem Komponisten im Ganzen
sehr schön bearbeitet. Nur Hoboen und Hör-
»er begleiten neben den Bogen ins trumeuten
den Chor. Den Eingang macht ein vierstim-
miger Sologesang ohne Instrumentalbegleitung
nur durch die Bisse unterstützt, in B dar,
mit der Aufforderung:
■ " *
Bringet dem Ileiro, Söhne dir Crossen ! Uahm ud
Triumph.
Bringet dem Herrn Ruhm seines Namen* l
Meilig geschmückt betet ihn an!
Ein edler, schöner, harmoniereicher Salz!
(Nur eine kleine Abänderung bedarf die Deh-
nung auf be-tet ihn an. Nach Rae. Gefühl
rauss der Komponist in Kircbenstücken sorg«
faltig verhindern, dass der Wils keine lächer-
liche Nebenidee herbeyfübren könne.) Nun
fallen die Instrumente AUegro spirituoso ein
und machen ein Ritornell, worauf der Chor
nach,. de 0 * Dominantenakkord in B dur anhebt:
m Stimme des Herrn rollt über Fiutheo. • (Zur
Erleichterung des reinen Intonirens könnt« die
erst« Note der Singstimm« der Einklang
seyn). — „ Stimme des Herrn erhaben. Stim-
me des Herrn sersplittert Libanons Zedern.
Gott der Ehre donnert über Ja» acht ige Fluthen."
Alles sehr gut behandelt, oiino grosse Kunst
und doch energisch« Die folgenden Worte des
Textes: Lasst hüpfen sie wie muthiges Kalb,
Libanon und Schirion wie junge« Reh — hät-
ten wol eine -Abänderung ohne Versündigung
erleiden können, — Der darauf folgende
-Satz hat nur eine matte Stell« : . Gott sass zur
Süudfluth. auf dem Throne, 4 * iwo es scheint,
eis wäre der Komponist des Texte« wegen ver-
legen gewesen. Der letale Sate AUegro viva-
ce schien dem Ree. wieder etwa« su kura j. denn
.die 48 Takte könnten durch einige Wendun- I
jen der Kunst»' die hier nicht übel angebracht j
seyn würden, leicht cur doppelten Anzahl an-
wachsen. — S. a3 wird die AiUÜmme roa
dem Bass und Tenor übersprungen. Die
Schwierigkeiten übrigens, die mit der Aus-
führung] verbunden sind, können leicht über-
wunden werden, daher auch Kantoren an
kleinen Orten diesen Psalm recht gut '
brauchen können.
No. 4. Mein Gert!
kunstlose, jedoch angenehme und schätzbare
Arbeit. Der Text dasu ist aus dem 23. Psalm
genommen: nämlich die ersten 6 und die lata,
ten 9 Verse, nach einer neuen Uebersetzung.
Ree steht in der Meynung, das* die ehrwür-
digen Nachlasse der ebraischen Dichter mehr
au Materialien für den Prediger, als für deq
Komponisten geeignet seyen, und daaa letzte-
rer sorgfältiger in der Auswahl der Stellen
seyn müsse, je grösser der Unterschied «wischen
Ablesen und Absingen isL Stellea, welche nur
Bezug auf jene Nation und ihre besondern Zu-
stand« haben; Stelleu, welche Bilder enthal-
ten, die nur ihren Sitten, ihrer Denkungaart
und ihrem Spracbgenios eigen sind, aollten
von dem Komponisten nur mit Vorsicht aufge-
nommen werden und könnten hier und da,
'ine dass er sich versündigte, von ihm ab-
geändert werden. Ree. will nicht Über die
Brauchbarkeit des vorliegenden Textes ent-
scheiden, sondern nur seine Meynung über
des Komponisten Arbeit äussern, welche dem
Texte sehr gut angepasst ist. Zwey Blasin-
strumente, Hoboe und Fagott, begleiten das
Ganse mit Soloparthieen. Dar erste Sats hebt
nach einem Ritornell in F moll andante mit
Sologesang in einer Tenorstimme an: Mein
Gott! warum verlassest du mich 1 welches
der Verf. sehr zart und gefühlvoll behandelt
bat. Darauf tritt der Chor in Aa dur eint
Aber du Allerheüigater thronest unter Lobge-
sängen Israels! Dies macht mit dem Folgen-
den einen so herrlichen Effekt, dass man schon
beyin Lesen durch die Phantasie in den Tem-
pel de« L Volks Gottes ve/setat wird. Nur die
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7*
1804. Öctobeiv
Wendnng am Schluss riaclr F dur befremdet;
denn da der folgende Bat« in Fdui- anWngt , so
koonte dtrUebergaug allmählich gemacht wer-
den. Der folgende Satz mit einigen Solopas-
sagen für Hoboe und Fagolt ist ohne Kunat-
aufwand, aber gut bearbeitet, bis auf einige
Dehnungen. S; i4 tind S. i3, von denen achon
oben gesagt wurde, iu wiefern sie zu missbilli-
gen wären. S. 19 ist der Eintritt im letzten
Takte für die Sänger bedenklich , uud S. 20,
T. 1a die Fortschrei lurtg'der äussern Stimmen
wider den reinen Satz. Im folgenden Satze,
der übrigens gut angelegt ist. frappirt wieder
eine Stelle, Wo den Komponisten ein kanoni-
scher Gedanke verfuhrt bat Die Stelle ist so:
Ge-ichleeh-wr der Het-<Wn be
• ,{'• , . * . . ; . '•».. i *. -v ■
$
ten dich an.
Das Ganze schliesst «nil einem Satse an der
Durtonart auf eine sehr befriedigende Weise.
Uebrigens wird diese Kantate auch darum vie-
len willkommen seyn, weil sie nicht zu stark
besetz* ist und auch leicht exekulirt .werden
kann. Was aber Reo. über diese 4 Kantaten
geäussert hat, ist aus Achtung für die Kunst
und angehenden Komponisten «ur Nachach-
tung gescheht). Das ist ein ehrenwerther
Künstler, und das sind sehr ach itzbare Werke,
und doch
das Königs
in
<
en darf! —
tfachriehten eines Rt'atnitn Bier
Hrgtr und Danxiger Theater,
cuf MusUt.
Danziger Theater tu beobachten, und tb eile
Ihnen, was ich bemerkt habe, als-kurte, unu
partheyische Notisen mit.
• • ■ .•
Der Zustand der hiesigen Theatermusik
hat sich seit einigen Jahren sehr verbessert.
Vorzüglich hat das Orchester durch die An-
führung des Musikdirektors Hiller gewonnen,
der jetzt in die Fusstapfen seines würdigen,
verstorbenen Vaters zu treten scheint. Als
Komponist ist derselbe (ausser einigen Liedern
etc.) mit einer vom Hrn. Oberforstrath Jester
verfassten (Operette: „das Schmuckkästchen*
uiit'Beyfall aufgetreten. — Als Direktor aber
verdient er besonders Lob in Rücksicht der
richtigen Tempos, die er theils durch sehr
zweckmässiges Taktiren, theils durch Auge-
ben auf dem Pianoforte, nimmt und erhalt.
Wer vormals die unvollkommene Anfährung
und daraus folgeöde schlechte Ausführung der
Opern hörte (wo die Singstionqea auf der-Yiio*
lin des Anführers jederzeit, aogar bey/ Reei-
tafiven (!) mitgespielt wurden und der Gin-
Irabas.tist meistens das Tempo angab) der wird
sirb jetzt gewiss über das Ensemble desürche-
sters und die möglichst gute Ausführung von
Seiten der singenden Personen freuen.
Unter diesen zeichnen sich vOrtheilhaft
aus: Dem. Bessel die altere. Obgleich nur
— Bey meiner Durchreise nach Berlin
hatte ich Gelegenheit, da» Könrgsberger und
mit einer schwachen, jedoch an genehr
Stimme von der Natur begabt, verdient diese
Künstlerin wegen ihres durchdachten , richti-
gen und geschmackvollen Vortrage die grösate
Aufmunterung. Bey dem gründlichen Unter-
richte, den sie in Berlin cu gemessen Gelegen-
heit gehabt hat , liest sich ihre Vervollkomm-
nung immer mehr, erwarten. Ihr musikali-
sches Talent wird durch ihre angenehme Ge-
stalt und durch ihr richtiges Spiel «och gel-
tender gemacht. — Mad. Schwarz leistet
viel und ist, besonders wegen ihrer Thätig-
keit und Sicherheit im Binstudtren , ein. für
die hiesige Oper unentbehrliches Mitglied.
Bravourparthieen sollte sie nicht übernehmen,
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n
da ihrem Stidimorgan die hierzu erforderliche
Raadung fehlt, die aber im Cantabile durch
ihre biegsame» weiche Stimme hinlänglich er-
setzt wird. — Dem. Bessel die jüngere,
obgleich vorzüglich im Schauspiel brauchbar,
vorspricht auch im Soubrellenfach der Ope-
rette nüzlicb zu werden. Sie spielt und singt
z. ß. die Nanetle in Mozarts Weiber treue,
(Cosi faatutte) anver besser lieh. Mad. Lant
sollte bey ihrem beisern Organ wenigstens kei-
ne Singparlhieen übernehmen.»
*
- Zwey gute Tenoristen sind: Hr. Weiss
und Hr. £mter; erster er in Annehmlichkeit
der Stimme, letzterer durch Fertigkeit sich
auszeichnend. Hr. P eichmann singt eben-
falls einen guten Bariton. Unter den Bassi-
sten sind vorzüglich Hr Beinhöfer und Hr.
Schwarz bemerkenswert!.. Hr. Beinhö-
fer bat eine volle , starke Stimme und ist «ehr
fest im Takt: ein gewisse« Ansetzen oder Vor»
achlagen des Tons fällt Anfangs etwa« auf, ist
aber im komischen Gesaug nicht hinderlich.
Er ist ein vortrefflicher ßuffo (z. B. als Lepo-
rollo im Don Juan). Hr. Schwarz hat, wie
man sich auszudrücken pflegt, viel Musik;
nur seine Stimme ist rauh und unsonorisch :
er thut jedoch das Seine sie auszubilden und
jst bey seinem Verdienst als Schauspieler im-
mer ein dem Theater (zugleich als Regisseur)
•ehr nützliche* Mitglied.
Es werden hier beynahe alle Mozarische
.Operu und wirklich recht gut gegeben. Von
den neuern französischen Musiken erhielten,
hier »der Wasserträger" (les denx Journees)
von Cherubini, besonders durch Beinhöfers
Spiel und Gesang, und »Je toller je besser'*
.(Unofolie) von Mehul, vielen Bey fall. We-
niger gefiel: ,Ma Tante Au rore." -— Näch-
sten Herbst und Winter soll Mehul« „Schatz-
gräber,* auch wie man «agt Salieri'e „Paloii-
.ra** herauskommen. — Zunächst erwartet
man eine vom Kammerassessor Schmidt in
Berlin ».{dem Komponisten des für Gesang und
1804. October.
74
Forteplano herausgekommenen Monologs der
Jungfrau von Orleans) in Musik gesetzte ko-
mische Operelte von Herklols „die Onkel" be-
titelt. — Die Musik soll in leichtem, gefälli-
gem Styl seyn. —
Was das hier gut besetzte Schauspiel
betrifft, so gehört die Kritik darüber nicht
hierher. — Zu bedauern ist die schlechte und
unzweckmässige Bauart des nach dem Brand
hier von einem Particulicr aus blossem Privat-
interesse aufgeführten Schauspielhauses , das
kaum diesen Namen verdient und hoffentlich
nach der Ausführung der von hiesigen Hono-
ratioren intendirten neuen Errichtung eines
würdigem Musentempels — leer stehen blei-
ben wird.
Königsberg,' im August igoi.
Die Theatergesellschaft der Geschwister
Schuch hat sich seit drey Jahren getheilr.
Hr. Steinberg hat sich in Königsberg fixirt, und
Hr. Jean Bacbraann hat zu seinem bchauspiel-
Kessort die SudleOanzig, Elbing und Marien-
werder gewählt. An ersterm Orte hält die
Gesellschaft sich grösstentbeils und gewöhn-
lieh vom Anfange des besuchten Domnich»
(Jahrmarkts) im August bis zum nächsten
Frühjahr auf. Ein Theil der hiesigen reichen
Kaufmannschaft hat auf Aclien den Fond zur
Erbauung eines neuen Schauspielhauses zu-
sammengebracht. Dieses sehr wohlgeratheuft
Gebäude steht auf dem Holzmarktc neben dem
sonst so berülunteu Zeug hause; es ist oral-
rund, simpel, aber mit Geschmack gebaut
und ähnelt dem neuen Berliner Nationaltheater,
zeichnet sich ausserlich aber noch durch das
schön gewölbte mit Kupfer gedeckte Dach aus
(wie die St. Hedwigs -Kirche in Berlin). Auch
hier ist der Haupteintritt durch einen Säulen-
gang verziert, dessen vollkommene Dekoration
jedoch noch nicht beendigt seyn soll. Die
Plätze für die Zuschauer bestehen in zwey Par-
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75 i$04.
terre's, iwey Reihen Logen, Amphitheater
und Galerie. Ein Fehler in der Bauart ist es,
da ss die nächsten Logen keinen Frospekt auf
die Milte, noch weniger auf den Hintergrund
des Theaters haben. Das Theater ist sehr ver-
hältnismässig und besonders breit angelegt;
die Maschinerie ist vortrefflich, nur wäre mehr
Tiefe zu wünschen. Das Orchester ist etwas
cu klein und die Garderoben sind zu- eng für
die Bequemlichkeit der Schauspieler. — Was
das Theaterpersonale betrifft, so beschränke
ich mich nur auf die Beschreibung der Oper,
indem die Beurtlieilung des Schauspiels (wo
freylich noch vieles au wünschen übrig bleibt
und vieles besser seyn könnte, wenn nicht so
viel Partheylichkcit herrschte) nicht hierher
gehört.
Man entdeckt zuerst eine grosse Lücke,
indem man die erste Sängerin vermisst , eine
Rolle, die sonst so ganz genügend durch Mad.
Ackermann, gebohrne Bachmann ersetzt wur-
de ; seit diese schätzbare Sängerin aber mit ih-
rem Gatten (einem ehedem sehr braven Teno-
risten und Sänger a prima vista) vom Theater
abging, ist ihre Stelle bisher unbesetxt geblie-
ben. Dem. Wotruba die ältere ist eigentlich
zwar'|dafiir engagirt, erfüllt jedoch die kunst-
gerechten. Forderungen nicht hinlänglich, da
sie zwar Biegsamkeit und einen ziemlich ge-
bildeten Vortrag, aber nicht hinlängliche Fer-
tigkeit und Empfindung in ihrem Gesang zeigt,
auch ihre Stimme zu schneidend ist. Madam
CiKax hat nur eine achwache Stimme, übri-
gens aber angenehme Figur und gutes Spiel.
Nun sind aber auch die eigentlichen Sängerin-
nen genannt, denn Dem. W otruba die jüngere,
Dem. Willmann (die aber tödlich krank am
Nervenfieber ist,) Dem. Toscani's YVinkel-
mann, Mad. Schmied, sind — Anfängerin-
nen , die mehr oder weniger Hoffnung geben.
Schade duss Mad. Zander durch eine gewisse,
für eine Sängerin doppelt schädliche Nei-
gung — — ihr natürliches Talent ganz zu
Grabe bringt. Der Tenbr ist sehr gut durch
October. 76
Hm. Bachmann den altern und Hrn. Ciliax be-
setzt. Erster hat eine vortreffliche Stimme
von Natur und letzterer ist ein durchaus gebil-
deter uud geschmackvoller Sän?er und Musi-
ker. Beyde sind auch gute Schauspieler und
lassen in ihrem Fach nichts zu wünschen übrig.
DerBass ist durch Hrn. Bachmann den jungem
(einen braven komischen Schauspieler) , Hrn.
Schmied, Krampe u. s. w. besetzt. — Da*
Orchester ist meistens durch Hoboislen , im
Einzelnen nicht übel besetzt, nur dos Ensen»«
ble ist schlecht und die Direktion der Musik
ohne Klavierinstrument, ohne Taktiren ■—
keineswegs zu loben. Wie kann es fehlen,
dass die meisteu Tempo'* unrichtig genom-
men, schlecht gehalten werden u. dgl., und
welche Wirkung macht auf ein musikalische«
Ohr das Mitspielen, der Singstimmen auf — •
einer nicht fein behandelten Violin und da«
Sumpfen mit dem Fas«. An gehörige Schau
tirung des po. , pp., crescend., mf., forte, ffmo
ist übrigem gar nicht zu denken. — Was den
Geschmack in der Wahl der Opern betrifft,
so bleiben die grössten und besten entweder
liegen oder sind nicht besetzt, z. B. Baum der
Diana, Palmira, Don Juan, Clemenza di Tito,
Cosi fan tutte, u. s. w. Im Gange sind denn
doch noch der Wasserträger, Je toller je bes-
ser, — vorzüglich aber der Tyroler Wastel,
die Schwestern von Frag und Konaorten.
Ich war so glücklich bey der Durchreise de«
Hrn. und der Mad. Ackermann (letztere die
ehemalige Mad. Lippert) nach Riga, einige
gute Opern hier zu hören. Jene Künstler ka-
men von Schwerin über Berlin, wo Mad. A.
mit vielem Bey fall die Astasie und Diana ge-
geben hatte, und debütirten hier in Axur, Hr.
A. als Axur und Mad. A. als Astasia. Hr. a!
will eigentlich nicht für einen Sänger geJtrai
obgleich er einen guten Miltelbass singt; da er
jedoch mehr Schauspieler ist, so enthalte ich
mich hier seiner näheren Benrtheilnng. Mad.
A. aber ist eine sehr ausgebildete, man darf
sagen bey nahe vollendete Sängerin. Ihr«
Stimme ist sonor, stark und hat Metall — ihr
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1804. October.
Vortrag zeugt von einer guten Schule; jede
Manier i»l an ihrem Ort, nicht« uuz weck massig
angebracht. Jeder Ton wird ao bestimmt uud
rein, mit einer Rundung augegeben , die dem
K< nuer Achtung t'iir daa Talent uud die Kunst
der Mad. \. einllösst. Als Astasia zeichnete
aie sich besonders im ersten Duett des ersten
Akts nnd der grossen Scene im dritten Akt
vorlbpilhaft aus. Ihr Spiel ist ausdrucksvoll
und leidenschaftlich, ihre Deklamation unta-
dclhuil. Sie trat ausserdem als Rosalia im
Doktor und Apotheker, als Konstanze im
Wasserträger auf (in welcher Parlhic sie be-
sonders mit leidenschaftlichem, wahrem Aua*
druck das vortrehliche Duelt: «Zu trennen
mich von dem Ge mahle , * die schwierigen So-
los teilen im Kinale des ersten Akts uud ein im
dritten Akt eingelegtes Rondo von Himmel aus
der Oper: Aleaa&udio, vortrug, und im
Ailagio dieser Arie sich durch Haltung und
das jedem Sanger so unentbehrliche Porta men-
to der Stimme auszeichnete). — — Als Diaua
zeigte Mad. A. dass sie auch Bravoursangerin
«eyit könne , in der grossen Arie : . Noch fühl'
ich meiue Starke" — welche aie sehr krafi-
Toll und sicher vortrug : wirklich bezaubernd
aber war ihr Gesang in dem Duett und dem
Rondo des zweyteu Akts. — • Hatte das hie-
aige Publikum doch mehr Achtung für wahres
.Verdienst durch zahlreichern Resuch dea
Schauspielhauses am Abend dieser Benefizvor-
atellutig fiir Hrn. und Mad. A. bewiesen J Hof-
fentlich wird das für Musik gebildetere Rigaer
• Publikum diese Künstlerin mehv zu schätzen
w issen.- Zu wünschen wäre es übrigens gewe-
. aeu, dass Mad. A. beym Berliner National -
theater Engagement , erhalten und dort eine
Lücke, beaondera im Vortrag dea Adagio und
Caulabile, ausgefüllt hatte: denn eigentlicher
Bravour- und deklamatorischer Gesang ist al-
lerdings durch Mad. 'Schick geuügend besetzt,
Wenn man dieser würdigen Künstlerin nicht
(wie es neuerlich auf eine bittre Art in oSeut-
lichen Berliner Blättern geachehen ist,) das
grösale Unrecht thun will. Auch Mad, Euui-
78
ke und Müller leisten gewiss in ihrem Fache
das möglichst vollkommene. Als Röachen
in der Müllerin trat Mad. A. hier zum letzten-
mal mit ungeteiltem ßeyfall auf und erfreuet«
das Publikum noch durch ein eingelegtes Ron-
do alla Polacca von Viotti. — Da nun wie-
der die schöne Marketenderin u. dgl. an der
Tagesordnung ist, so schlieeee ich
meinen Bericht
Im September i8o4 geschrieben.
Kaan A 1 1 1 1 g 1 1<
Miserere o Salmo 5o dl Davide a du* Conti
soli t * Violini, Viola e Basso da Nico*»
Jomelli. Partitur. Leipzig, bey Breilkopf
uud Härtel. (Pr. 1 Thlr. 12 Gr.)
Es hat Jemand in der musikalischen Zei-
tung die Bemerkung gemacht, dass jetzt die
Zeit wäre, wo musikalische Todte wiederauf-
stünden. Glück zu, ihr Todtenei werker,
wenn ihr anders nur Setige, nicht auch Ver-
worfene auferstehen lasset! Der oruste Jomelli
steht vor uus, nicht auf seinem theatralischen
Kothurn; nein! im bescheidenen Gewand der
kirchlichen Muse: der Psalm Miserere mit
italienischen Worten Tür xwey Sopranstimmeo
gesetzt, eben so, wie einst Pergofeai gethan.
Die Begleitung besteht nur aus zwey Violinen,
einer Viole und Baas. Kenner mögen nun
vergleichen, nnd, mit Gründen belegt, ent-
scheiden, wer den Erfordernissen einer guten
Kirchen musik naher war : Pergolesi , Jomel-
li, oder unsere neuem Kircheukompouislen.
Für Schüler der musikalischen Kunst is(
das Studium solcher Werke eine wohlthtftige
Vaccine, um die verdorbenen lmisikafis« hrn
Safte, 'die sich auf eine ansteckende Art so
weit au verbreiten drohen, abzuleiten und zu
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79
i8o4. "October.
reinigen. Möge sie so wohlthälig für musika-
lische Kinder werden, «I» es dieächutzblatteYn
"für die' andern Kinder sind.
r •
Dem italienischen Texte sind auch recbl
gute deutsche Worte beigefügt, so, das* dies
Werk in beydeu Sprachen gleich gut kaun ge-
•ungea werden.
80
Tt D«um £ 4. voci tolP occompognamtnto di
duo Violini, Ru$ti t Qrgano composta da
W. A. Mozart. Mit unurgtUgum dtut-
schtm Ttxle vom Prof. Clodius. Leipzig,
bey Breitkopf und Härtel. (Fr. 16 Gr.)
Dieses kurze , eines Mozarts nicht unwür-
dige Kiroheustück ist wahrscheinlich schon
seit längerer Zeit in katholischen Kirchen be-
kannt. Wenn gleich das erste grosse Tutti,
mit dem folgenden kurzen Adagio und Chor
im Oreyvierteltakte in seiner Anlage nichts
Neuea oder Abweichendes von den gewöhnli-
chen Kirchenstücken dieser Art darbietet; so
ist doch die Behandlung der Violinen und der
Bässe C Blasinstrumente sind hierbey nicht ge-
setzt} ausgezeichnet» uud beweiset beym er-
sten Anblick, dass Mozart sie gesetzt habe.
Die Finalfuge: In te Domine, besieht aus
sweyen Subjekten, und ist meisterhaft ge-
schrieben. In wenigen Fugen dieser Art wird
man so viel Wahrheit, natürliche Melodie, in
dem jeder Singstimme von der Natur ange-
wiesenen Tonumfang finden. Sie ist in der
Ausführung von der schönsten Wirkung.
So kam also kein , wann auch nur kleines
Werk aus Mozarts Händen , dem er nicht den
Stempel seines grossen Genius aufzudrücken
wusstc i
A K
E K D O T B,
Ein Musiker, der nicht Französisch ver-
stand, liess sich eine musikalische Bibliothek
zeigen. Die Werke waren nach deii Meistern
georduet und über jedem Fache stand der Na-
me des Autor*. Endlich kam man au das
»eiste, bey weitem grüsseate Fach, wohin man
alles geworfen hatte, was ganz ohne Werth
war: Die Ueberschi ift war: Tri* - mauvats
(Schofel;. Mein Gott J rief der Musiker : was
ist der S c h o f e I (tres -mauvais} für ein fruchte
barer Autor.
Utbtr di* muu ikal. Beylagt No. JL
Das mit zartem Sinn aufgefasste nnd
im angemessenen Ausdruck wiedergegebene
Lied des Hrn. Bar. von Miltiz, (chui Inrath
Kammerjunkers und Capitain's in Dresden,)
eines talentvollen und ausgebildeten Freundes
der Künste, und der Tonkunst insbesonde-
re — wird jeder liebgewinnen, der es gut
vortragen hört. Zu diesem guten Vortrag«
wird aber hier vornehmlich, ausser dem Por-
tamenlo und genauem Abmessen der
Nuanr.en zwischen Forle und Fianissimo,
diskrete Behandlung des werblichen Ausgang«
am Schluss gehören , den man mit mehr Ge-
wandheit vom Komponisten umkleidet wün-
schen darf.
Das Lied von unserm Riem, der durch
grössere Kompositionen so ehrenvoll aufgetre-
ten ist, bedarf keiner Nachweisung: e« ist So
einfach und innig, wie Er selber.
(Hierbey die Berlage No. II.)
Linn«, ssv Buiiiofi dt H Xa r a t,
* *
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N.s ii. ' :
Beilage zur allgemeinen musikalischen Zeitung.
>
DES ABENDS,
(eigentlich vierstimmig und oline Begleitung zu «ingen.)
Ii-
Adagio t stmpre foflo voce
C. VON MiLTIZ.
fül - le
heisa niedre Sorgen »chweigeii; die Blu-iae lenXt du Haupt und schliesst sich schlummernd
* J J J
mi > ■< — — • 1
fcn! Ws* v»n der Cr - de tebt ; ist auf-gc - loir in Ruhj
«... d,rf
ist. darf
Wal von der Er
da lebt, i»t auf- ge - lost in Ruh! Was himm- lisch in — darf
de lebt, iit auf. S e - luit u> Kuh! Was himsa . lisch m, darf sich je
.
sie 1» ge - trost nun »ei - gen
: ■ ■% . •# ■ - - »
Der Sterne Heer beginnt den hell'gen Reigen
Cnd Liebe in da« Band, das ewig tie umzieht! *
Tum Herxen , da* geheim in gleicher Liebe glUht. Und lebtet ihr vereint
Scheint »ich ihr Chor so schwesterlich zu neigen. Euch wäre
Wohl euch , die sich der Göttlichen ergebest.
Euch sinkt, was irrdisch ist. in ödes Nichts zurück ;
Fatioucd Rochlu.
r.
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M E LA NCHOLIE.
Andante.
W. F. Riem.
i I jllbll
I
Die Nach-tl - »aH — klagt bang' im Blulhenschatten. wie um den Lieb - ling die verlais - ne Braut ;
A - bend-stern — blickt .iuf die Veilchrnraatten, bUs» wie dcrSebjaert auf Sarkofa - ge
— — der
schaut
-' ' r - 3
. — ein '
rrauerflor leheirtt ob dem See *u wal-len s der Felsen-Horner 1
deicht ein falbes Licht , wie
-1 1
et» : — a
| j j .'■ H
^ ^ U i i k
Vollmond s;l.ini — in dunk-le Klo - ster-hal-len, durch tru
be Scli»>i-ben brich), durch trü
he Schei-bfn
bricht, durch trU - be Schei - ben bricht. — ■
* g-kr-S
cresc.
Ihr Birkenlirthn , ihr Wlesengrtiiide, lachtet
Einst hohler niir, alt Gessners Hirtenwelt I
Da glUJit' am See. den Scliwertnulh od umnachtet.
Der Zaubrrichein , so Lothes Blumen hellt.
Gebirge, Th.lter, Aun . ihr bliebt dieselben |
Doch den VeritTten von der Hoffnung .Spur
Wird iedt-r Stern Hl Lamp in Sarggcwölbcn,
/.um (Jr.'bthol jede Flur.
Matthiijon.
s
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ALLGEMEINE
MUSIKALISCHE ZEITUNG.
Den 7 tea November. Ö.
1S04.
Aphorismen.
a» spricht inniger da« Gefühl de« Menschen
au, als die Tone der Musik V und wer fasst es
Vehr iu seinen geheimsten Tiden auf. uud
regt es schaffend zu. neuen Einbindungen?
Aber schnell verhallen die Töne, und ihre
/Wirkung halt kciu Gesetz in ihrem Fluge auf.
ihr Einiimck ist gross, aber er muss kargen
mit der Zeit, und sie ganz erfüllen —
denn nur darin besteht seine Ewigkeit!
Mau sagt, der Geschmack sey nicht eher
da , wie seiu Gegenstand. Dies las st sich auf
manches musikalische Produkt anwenden. Zwar
darf nichts, was Anspruch auf tuuere Vollen-
dung »nacht, den evt igen Kegeln de« Schönen
und des Wohlklangs zuwider seyn : aber ts ist
doch oll der l all, dasa ein musikalisches
Kunstwerk, das uns aufangs so wenig gehel,
wie dm ineisteu Lesern zum erstenmal Ari-
sluphanes — in der Folge ein Gegenstand un-
serer Üewunderuug wird.
Der Gesang gieht dem Menschen etwas
Feyeiinhe» und Heiliges. Ich glaube, der
gcauukeusle Bösewicht inusste zurüefcschaueru,
Wenn er die Unschuld morden wollte, deren
Lippen im andachtsvollen Gesauge über-
strömten! —
Es ist gegen allen Geschmack , opernhaAe
Oraloiifu, oder oratorische Opern zu dichteu;
Und lächerlich . erusten musikalischen Styl
mi t Tanzuie lodieco, und umgekehrt , zu ver-,
7. i*ixtg.
wehen. — Wie die schönste Bilderspra-
che an uud für sich noch nicht Poesie ist»
so ist die geschickteste Zusammensetzung der
Akkorde — blos und allein — noch näht
Musik. — Das schöne Ganze macht das
Kunstwerk, nicht das schöne Einzel-
ne. Nur ein vollendetes, klar ausgesproche-
nes Ganze hiuteilässt einen unauslöschlichen
Eindruck im Gemüthe: das Einzelne zerstört
der kommende Moment wieder. Wer wollt*
auch nicht lieber einen kleinen wohlgeordne-
ten Kranz — als einen dicken lilumrnstrau«
wählen , in dem Feldblumen und Wassergras
mit einigen wohlriechenden Blulben sich
paaren?
Die Musik kann nicht bestimmte Ge-
genstände malen, so weoig als ein Maier seine
Zeichnungen musiziren kenn. Aber sie soll
die Empfindung, die das Gemülh bey allrn
Vorfallen des Lebens hat, welche sich auf das-
beziehen, für jedes Iudividuum deutlich
rechen, und so dem überfüllten Heizen
gleichsam zu Hülfe kommen. Indes« gic-bl ea
eiue gewisse Malerey der Musik, wrun z. B.
Verwirrung des Lebens durch Verwirrung der
Töne, Ruhe durch Ebeninaas, Grö«»e dur> h
Giovse u. s. w. ausgedrückt wild. Dies sind
aber immer zusatntuengesi-zle unbestimmte
Vorstellungen, deren eiizelue individuelle
Ausmalung jedem überlassen bleibt. Und
hierin liegt auch ein bedeutender Vorzug der
Musik. Sie macht die Phantasie im Menschen
rege, aber sie beschränkt sie nicht. Jeder
kann mit ihr hi «flattern, wohin er will, denn
«ie schmiegt «ich jeder Regung des Heizens
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1804» November.
84
mit Wanne nnd Liebe aaJ Dies ist nicht der
Fall bey der Malerey, die uusem Sinn au das
vorliegende Kunstwerk bestimmt fesselt« und
ihn Frey urtheileu , aber nicht schaffen lälsst.
Jede Daretellang *) muss sich an Handlun-
gen aussprechen ; die der Musik, die schwerste,
weil alles in uns inelir optisch uis akustisch ist,
an der Darstellung menschlicher Verhältnisse,
in welche Musik nur einwirkt.
An der Romanze und Ballade ist eigentlich
nichts lyrisch, als das Sylbenmaas. Daher ist
es eiue fehlet hafte Idee des Komponisten , sol-
che Gedichte wie — Lieder anzusehen, und
aie so au komponiren. Zelters Versuch,
Schillers Ballade: der Taucher, mit eiuer
Melodie, die acht balladenmassig ist , und wo
man nur mit dem Arcompagnemeut abwech-
selt, au begleiten, scheint mir der Sache am
angemessensten su seyn.
Die Fuge ist der Dithyrambus der Musik.
Ueber nichts wird mehr geurtlieilt, als
über Musik. Von dem Eindruck, den eiu
musikalisches Produkt auf das Gefühl macht,
glaubt sich jeder berechtigt, sogleich (ohne
au bedenken, in welchem Zn stand des
Gemülhs er sich vielleicht bey Anhörung des-
eelbeo befaud.) über dessen Wtrth oder Un-
werth etitscheideu au dürfen. Man sollte den
Rousseauschen Grundsatz: »die erste und
vorzüglichste Erfordernis* jeder Musik ist:
dass sie dem Ohr gefalle* uicht zur allgemei-
nen Basis des musikalischen Urlheils anneh-
men. Denn jeder, der ein Ohr hat, es mag
noch so untauglich, oder verwohnt seyn , kann
alsdann urtheileu, wie er will. Besser würde
die Regel seyn: die Haupterforderniss einer
guten Musik ist, dass sie einen bestimmten
Zweck haben, ihn ganz erfüllen, zu einem
echöuen Gänsen sich runden, und in allen ih-
ren Theileu dem gnten Geschmack entspre-
chen muss. Das Öhr alleiu darf nicht Rnh-
tt>r seju.
* a
Deu Aceent der Sprache bestimmt der
Dichter, der Komponist muss ihn auffassen,
und musikalisch d«r»ielleu.
Die Hauptsache bey einem Gesangsknm-
ponisten ist, ausser dem Studium und der
Kenntnis der musikalischen Theorie, reges
Gefühl für alles Schöne und Et habeiie der Poe-
sie. Fehlt ihm dies, so wird er vielleicht
zwar immer eine gute Komposition — aber
nie das hervorbringen, was das Höchste der
Musik ist — Ausdruck des Gesanges.
Ein Konrpoiiist dieser Art war der vor einiger
Zeit zu Jena verstorbene — als Mensch uud
Künstler sonst sehr a< iitunqswürdige Slam itz.
Ich lasse seinen Kompositionen alle Gerechtig-
keit widerfahren , die sie verdienen: aber er
war nicht im Stande, für deu Gesaug irgend
etwas erträgliches zu liefern, weil es ihm
ganz au poetischein (uicht an musikalischem)
Siun uud Gefühl fehlte. Einst hatte ihm
ein — langst verschollener Thealerdichter
eine Oper zur Komposition zugesandt. Man
kann nichts schlechteres sich denken , als die-
ses poetische Ungeheuer, in dem sogar ein
Scharf rr hier sein Amt verrichtete — aber
SL machte sieh des ungeachtet an die Ausrüh-
raug. Die Oper war fertig. Niemand wollte
sie auffuhren. Unwillig darüber zerstückeile
er sie endlich in fünf Theile, und siehe da , er
halte fünf seiner schönsten Sinfonieen und
Quartetten gemacht, wo alles regelmassig auf
einander folgte, Allegro, Adagio, Menuet,
Presto oder Rondo. Er durfte nur den Text
weg» Leichen.
C. Schreiber.
*) Diese Bemerkung Ut «u* »mein üxUfe unter« J«*a Fsal Fr. Richters an Bück — gezoge«. g.
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1804. November.
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85
Nachrichten.
Pari«, den aoslen Oct. Auch diesmal
schreibe ich Ihneu nur, dass ich nichts zu
schreiben habe: immer nur noch Zurüstuu-
geu — was Sie aber diesmal weniger, als
sonst, befremden wird, da uns erst da«
Eude des kiiiiftigeu Monal« so v i e 1 er 1 oy Gros-
ses bringen soll. Es kursiren darüber, auch in
Absicht auf Musik, hier verschiedene otten!-
liche Geheimnisse: aber wer würde so etwas
im voraus vcrrathenl Wir wollen es also erst
abwarten. Auf u na ein Operulheatern sind
immer wieder allere und belieble Stücke gege-
ben worden, aber zum Theil so gut, dass man
sie fleiasig besucht, und allenfalls nur bey der
Ankündigung, nicht nach der Vorstellung,
unzufrieden ist. Eine einzige eiuigermassen
beträchtliche Neuigkeit war die Oper: l'Amou-
reux par surprice ou le Droit d'ainesse, in
einem Akt; sie wurde aber durch eine
Krankheit der ersten Sängerin, durch unge-
schicktes Herausstreichen mehrerer Haupt-
scenen, uud durch nachlässige Behandlung der
Schauspieler, so entstellt, dass sie keinen
Bey fall fand uud wahrscheinlich nicht wieder
gegeben wird. Ich bedauere den jungen Dich-
ter, wie den jungen Korapooisteu, die sich
dazu vereinigt hatten, und nenne sie, weil sie
jenes Schicksal nicht verdienten, nicht öffent-
lich. Nach dieser einzigen Vorstellung kann
ich nur sagen, dass das Süjet artig, obschon
nicht ganz neu, die Ausführung weniger gut,
die Musik aber, zwar ungleich, doch mit
recht schönen Stücken ausgestaltet ist. Die
Ouvertüre, (leicht und fröhlich, aber sehr
anziehend,} ein niedliches Duett zwischen
Kammermädchen und Bedienten, und das
erste, weiter ausgeführte charakteristische
Quartett, sind das vorzüglichste von dem,
was man nicht ausliess, und in der That
sehr schätzbare Musikstücke. — Die Italie-
ner kündigen Paers -Camilla an. — Das« der
Kaiser unter den neuen, von zehn Jahren zu
zehn Jahren zu ertheilenden Preisen zur Auf-
munterung der Wissenschaften und Künste,
(es verstehet sich, vornehmlich der mechani-
schen,) auch einen Preis fhr die beste, auf
dem grossen Theater innerhalb dieser sehen
Jahre gegebene Oper — uud zwar einen Preis
von 10000 Pranken gesetzt hat, ist Ihnen
wahrscheinlich st hon sus unsern Zeitungen
beksuuU — Endlich wird es auch Ernst mit
der feyerJichen Aufführung von Mozarts Re-
quiem. Das Conservaloire hat akh selbst
dazu vereinigt. Die Aufführung findet in der
Kirche St. Germain - 1' Auxerrois statt; es
wird das Institut, zur Unterstützung der Witt-
wen der Mitglieder des ConservaU damit ein-
geweihet; die vorzüglichsten Sänger und Mu-
siker vereinigen sich dazu j man hat Grund,
etwas ganz Ausserordentliches sn er-
warten. Gelingt es mit dem Gesänge, wie es
mit der Instrumentalparthie ganz gewiss ge-
lingt: so wird dies Meisterwerk exekutirt, wie
wahrscheinlich noch nirgends , und man kann
wenigstens von der ihm inwohnenden bei-
spiellosen Kraft mancher Hauptsätze erwar-
ten, dass es auch die leichtsinnigen Dilettan-
ten oder italienisirenden Amateurs gewinnen
werde.
Leipzig. Den aSsten Oct. gab die vortheil-
haft bekannte Harmouikaspielerio , Demoi«.
Kirchgessner, ein Konzert. Sie fing mitZum-
steeg's Ballade, üna, aus den .kleinen Bai lad.
und Liedern, " an. Wenn sich der Ton selbst
des schönsten Soprans nicht gut mit dem der
Harmonika verbindet, so verbindet sich der
Tenor noch weniger gut damit — Dem. K.
Hess die Ballade aber vom Tenor singen.
W enn die Harmonika, besonders bey der
Spielart dieser Virtuosin, die von der Tiefe
nicht viel Gebrauch macht, schon zur Beglei-
tung eines Soprans zu spitz klingt, so rauss
dies beym Tenor noch viel mehr der Fall
seyn — Dem K. legte den Bass nicht selten
höher, als die Melodie des Sangers; wenn da«
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überall zu tadeln ist, so mtaueabey dieser Bal-
lade ooch weit mehr eu tadeln seyn, da Z.
hier offenbar auf die üefslo Oktav dea Fiano-
forte vornehmlich rechnete, aowohl in Ab-
sicht auf den Effekt des Ganzen , als auch in
Absicht auf die Führung der Harmonie —
(man denke sich z. B. den Uebergaug in des,
in der Mitte des Stücks — durch das angehal-
tene tiefste dt» und dann den | Akkord auf
dieser Note: wenn nun, wie hier geschähe,
diese Grundstiinme gegen die Melodie des Sin-
gers, als Sopran gegen den Basa erscheint — )
Dem. K. wollte aber dessen ungeachtet dies
Stück geben, uod wenn die Damen wollen,
so — wollen sie. Das Stück geliel auch der
sahireichen Versammlung keineswegs. —
Dem. K. spielte hernach ein für sie geschriebe-
nes Quartelt von Brandl: Harmonika, zwey
Violen und Violoucell. Die Komposition war
sehr gut, und besouders auszuzeichnen der
vorletzte Satz; der letzte, eine rasche Polo-
naise, lief denn doch allzusehr gegen das We-
sen dieses Instruments. Die l'atlbie der Dem.
K. war sehr schwer, und wurde von ihr, be-
sonders in allem, was die rechte Hand zu thun
hatte, mit ungemeiner Fertigkeit, und auch
(vornehmlich in den Verzierungen, Fermaten,
u. dgl.) mit feinem Geschmack und sehr guter
Wirkung ausgeführt. Das Vorteilhafteste
für ihr Instrument und für sie selbst war ein
Thema mit Variationen ohne Accompague-
ment, womit sie beschloss. Die Komposition
war artig und die Ausführung iu jedem Be-
tracht zu rühmen, besouders aber in Absicht
auf Fertigkeit, Präzision und Delikatesse in
den zwey höhern Oktaven wahrhaft bewun-
dernswert. Hr. Lieheskind, Organist an der
hiesigen reforniirten Kin-he, gab auf dem Pia-
nofoile ein Konzerl von Himmel, das lebhaft
und sehr anziehend geschrieben war, und
spielte mit Einsicht, Geschmack, Sicherheit
und viel Fertigkeit. Hr. Büttner sang eine schöne
Tenorarie von ßjghini (aus Ataianta) mit obli-
gatem Fagott.
1804. November.
R
88
ECKNSIONEV.
Neue Singschult ttc. von J. F. Schubert.
(Deithlu»*.)
Die Erklärungen der wesentlichen und
will kührlicheu Manieren S. bo fg. S. 101
sind nicht treffend. Wer sich den Unterst hied
derselben nicht aus den'Beyspielcn abstrahirt,
wird ihn in den Definitionen nicht finden.
Denn beyde sagen im Grunde eins und dassel-
be, und scharfe Definitionen sind doch ein
llaupterfordernis eines guten Kompendiums.
Aber schon die Einteilung in wesentliche und
willkührliche Manieren ist nicht ganz philoso-
phisch richtig. Wesentlich heisst : was
von einem Dinge nicht getrennt werden kaun,
ohne dessen ganze Natur zu verändern; mit-
hin wären wesentliche Manieren diejenigen
Verzierungen einzelner Töne, welche der
Komponist ausdrücklich vorgeschrieben hat,
und woran der Sauger uichts andern darf,
ohne den Siuu des Komponisten zu verfehlen.
Dann wäre «s aber genug gewesen , deu Lehr«
liug im iünften Kapitel nur mit der Ausfüh-
rung dieser sogenannten Manieren bekannt zü
machen, ohne ihm zu sagen, wo er sie an-
wenden soll, wenn sie auch nicht vorgeschrie-
ben sind, wie das S. 5<i u. 5y geschehen ist. —
Doch Hr. S. tragt nicht ganz die Schuld dieses
Widerspruchs. Es herrscht über diesen
Punkt — wie Ree. schou bey einer andern
Gelegenheit eriuuerte — in unseru musikali-
schen Lehrbüchern noch manche Unbestimmt-
heit, welche weder durch E. Bach, noch
Türk, noch andre Theoretiker aufgehoben
ist. Hr. S. glaubte genug zu thun, wenn er
so bedeutenden Autoritäten folgtr ; aber eine
genauere Prüfung dieser Lehre halte ihm zei-
gen köunen, dass das Kapitel von den Verzie-
rungen — wohin auch schon das 5te und 5te
gehört — einer solideren Grundlage bedarf,
und zwar um so mehr, da Hr. S. nar auf diese
Weise seine lobcnswerlhe Absicht, die Sänger
89
1804. November.
90
von der modischen Vensierungssttrhl zu ent-
fernen , erreichen konnte. — Was Hr. S.
unter wesentlicher Manier versteht, (das Wort
„Manier" taugt hier überhaupt nichts) sind
Verzierungen (Melisrucn, Figuren., Um-
gebungen) eines einzelnen Tons, deren
Zweck die Heraushebung desselben vor
andern Töneu ist, in so fern diese nicht durch
den blossen Grad der Starke oder die Verräk-
kung der Noten von ihren Taktlheilen — Ac-
rcntualion uud Syncopatiuii -— geschehen
soll. Dabin gehören nun die eigentlichen
(kurzen) Vorschlage, Triller, Schleifer u. dg!,
m., auch die sogenannten veränderlichen Vor-
schläge (ebenfalls ein unpassender Ausdruck,
wofür man besser, Vorhalte, sagen würde;
denn sie sind nichts anders als Relardatiouen,
welche das Verlangen nach der Auflösung in
den eigentlichen simplen Ton rege machen,
mithin diesen herausheben, wenn er gleich
matter vorgetragen wird, als seine Vorhalte).
Alle diese Verzierungen können und sollen,
wie gesagt, vom Komponisten entweder mit
den gewöhnlichen Zeichen angedeutet, oder —
was überall , den Triller und die kurzen Vor-
schläge ausgenommen, besser wäre, wie auch
Hill er schon erinnert — ganz ausgeschrie-
ben werden. Der W i 1 1 k ü h r des Darstel-
lers darf hierbey nichts überlassen bleiben.
Fände er dennoch'Gelegenheit, hier oder da
eine Manier, der Idee des Komponisten unbe-
schadet , anzubringen und diese dadurch zu
verschönern, so hat — der Komponist
gefehlt , und seinen Satz zu nackt und unvoll-
ständig hingeschrieben. Ehedem, wo man
auch in der Musik gern etwas zu errathen gab,
oder au« h den Sängern nicht zu viel Fesseln
anlegen wollte, weil man glaubte, sich auf
ihre Kenntnisse der Harmonie und ihren Ge-
schmack verlasset! zu können, ehedem war es
Sitte und vielleicht auch zweckmässig, eine
Melodie in ihren Grundstrichen gleichsam nur
hinzuwerfen, und die geschickte Ausfüllung
derselben von dem Darsteller zn erwarten.
Aber die Zeiten haben sieb geändert. U n s r e
Komponisten üben in Bezeichnung der Verzie-
rungen eine fast ängstliche Genauigkeit aus. uud
müssen es auch, z. B. Haydn, Mozart, Gie-
men U u. a. Selten kann und darf man da
noch Noten hinzuthun, wenn der Vortrag
nicht zu kraus werden soll, und diese Ent-
haltsamkeit ist dem Säuger noch nölhiger, als
dem lnstrumentisten.
Inzwischen giebt es doch Fälle, wo dem
Darsteller das Hinzufügen mehrerer Töne
überlassen bleibt, ohne dass er d*tn Siune des
Komponisten zu nahe tritt. Hr. S. neunl dies
willkührliche Manier, begreift darunter
aber auch manches, was eigentlich nicht dahin
gehört. — Solcher Fälle sind nun vornehm-
lich zwey: 1) bey der Wiederholung der-
selben Melodie, und a) bey allgemeinen
Ruhepunkten (Fermaten u. Cadeuzen). ]n
bey den Fällen ist es nicht, wie bey jenen Ver-
zierungen, auf das Herausheben einzelner
Töne abgesehen, sondern auf Erweiterung
einer simplen Tonreihe, die auf gleichen har-
monischen Grundlagen gebaut ist, oder auf
Ausfüllung einer Leere, die der Komponist
absichtlich dem Darsteller überlässt. Triflc,
im ersten Falle die Erweiterung einen gan-
zen Satz, und ist da bey zugleich auf die har-
monischen Beziehungen des Theina's und auf
rhythmische Einheit Rücksicht genommen, so
nennen wir sie eine Variation. — Auch
dabey wird , wie bey der Wiederholung ein-
zelner Takte, die I'Yeyheit des Darstellers von
unsein Komponisten. — und mit Recht —
immer mehr beschränkt , wie Mozarts u. a.
Exuiupel zeigen. — Nur bey dem Vortrage
alter Stücke oder bey Fermaten etc. wild also
jetzt der Säuger Gelegenheit finden, seine Kennt-
nisse und seinen Geschmack bey eignen Er-
findungen an den Tag zu legen. Zu diesem
letztem Zweck hätte Hr. S. sich nicht mit Auf-
stellung von ein paar Hey spielen (S. io3 und
io4 elc) begnügen, sondern auch eine Ana-
lyse derselben hinzufügen sollen, df>mit riem
Sänger die Reg ein und Winke, woruach er
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1804. November.
92
in solchen Fällen zu verfahren habe, deutli-
cher würden , ohne das« er in einseitige Nach-
ahmuug geriethe.
8. i3i sagt Hr. S. .gebunden heisst die
Schreibart, wenn die Regeln der Harmonie
vom Komponisten auf da» strengste beobachtet
worden sind ; frey heisst sie ; wenn sich der
' Tonsetzer nicht so genau an die Regeln der
SeUkunst gebunden uud sich — kühue Wen-
dungen u. s. w. — erlaubt hat." — Das
Hauptkriteriutn der gebundenen Schreib-
art ist die künstliche Verflechtung der
Rhythmen. Doch dadurch allein würde sie
dem Ohre unverständlich oder gar widrig wer-
den wenn sie dies nicht durch die Aehn-
liohkeit der Melodieen (in den ürakehrun-
gen und Nachahmungen) und durch genaue
harmonische Beziehungen gleichsam wieder gut
machte. Hieraus folgt also, das» die ge-
bundene Schreibart strenge «eyn muas, da»
heisst, es ist i h r h ö c h s t e s Gesetz : sich keine
Harten, keine unvorbereiteten Dissonanzen,
leeren ForUchreitungen (8ven), Harmonieen-
»prünge (6ten), plötzliche Ausweichungen u.
dgl. zu erlauben. Die f r e y e Schreibart wird
aber der gebundenen nicht geradezu entge-
gen gesetzt. Sie ist ebenfalls an die Regeln
der Setzkunst gebunden , sonst wäre sie nicht
frey, sondern zügellos. Aber sie hat audre,
für sie höhere Zwecke, als jene, %. B. den
Ausdruck eines Affekts u. dgl. Zu deren Be-
huf — aber sonst nicht — darf sie sich
Ausnahmen von jenen Regeln erlauben, wo
nämlich ein solcher Zweck ohne Verletzung
der Regel nicht erreicht werden kann. F rey
heisst sie also uur deshalb, weil ihre Salze
nicht so in einander verkettet und in ihren ein-
r.elucn Theilen nicht so genau abgemessen
aind, wie in der gebundenen Schreibart, aber
nicht wegen der vermeyuten Befuguis», die
Regeln der Komposition — insofern diese in
der Natur der Tonkunst gegründet sind —
auch ohne Nolh zu übertreten. — Dies zur
Berichtigung eiuer Stelle, welche von
chem Sänger nicht schief gedeutet und bey
seinen Verzierungen gemisbraucht werben
könnte.
S. x4i ist der Begriff des Rhythmus hier
in einer Note sehr mangelhaft angegeben. In
der Poesie ist er vom Metrum eben so ver-
schieden, wie in der Musik von den Takub-
schnitten, uud hier an diese eben so wenig wie
dort an die metrische Zeile gebundeu. R h y t h-
m u s heisst das regelmässige ZeitverbäUnis
ganzer Ton reihen gegen* einander. Der
Takt bestimmt das regelmässige Zeitverhältnis
einzelner Töne. Diesem letztern korre-
spondirt das Metrum, d. fa. die Bestimmung
der Zahl uud Dauer (oder Stärke) der einzel-
nen Sylben. Rhythmus ist in der Poesie und
Musik von gleicher Bedeutung, nur in dieser
letztem leichter wahrzunehmen, weil sie ge-
naue Zeichen für die Dauer und Wichtigkeit
ihrer Momente hat, welche der Poesie, we-
nigstens bey uns, fehlen. Takt und Metrum
sind äussere Kunstformen durch das Medium
der Zeit; Rhythmus — eine innere Kunst-
form durch dasselbe Medium. Jene wirken
mechanisch, dieser dynamisch. — In-
sofern man die rhythmische Begrenzung der
Tonreihen (Anfang und Ende) wahrnehmen
kann, pflegt man diese auch für sich Rhyth-
men (Absätze, Einschnitte) zu nennen, u. 9.
w. — AUe» dieses hätte beachtet werde»
sollen , um dem Lehrlinge nicht zu unrichti-.
gen ßegriffon Anlass zu geben.
Manche« liesse sich noch sagen über ein-
zelne Stellen diese» Buchs, z. B. über die erste
Anmerkung S. 12, welche mit der zweyten
Kolumne der Note S. lü im Wideispi u< h /steht,
ferner über die Anmerk. S. i44 u. «. w. Doch
die« und audre Kleinigkeiten, wogegen sich
etwas erinnern liesse. übergebt Ree, um sich
nicht den Vorwurf der Kritteloy zuzuziehen.
Diese wäre doppelt ungerecht gegen ein Werk,
das im Ganzen so brauchbar und verdienstlich,
isu — Nur der muthmaaalich« weile Wir-
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1804. November.
94
kungskreis demselben machte es dem Ree zur
Pilicht, »ich Hey manchen ihm bedeutend
scheinenden Dingen länger aufzuhalten, als es
sonst nöthig gewesen wäre. Hoffentlich wird
Hr. S. dieses, selbst da, wo ihm der Ree. nicht
Hecht zu haben scheint, duch als einen Be-
weis von Achtung und Aufmerksamkeit anse-
hen, Ebendeshalb, furchtet Ree. auch nicht,
von dem Verf. mißverstanden su werden,
wenn er hier noch folgenden Wun»ch äussert :
Mochte doch die Erscheinung dieses Werks
aucii andre Mäuuer reizen, die mit Einsicht in
das Wesen der Tonkunst zugleich wissen-
schaftliche Kenntnisse uud mehrjährige Uebung
im Unterricht des Gesanges verbinden, ir-
gendwo in einzelnen Aufsätzen ihre Bemer-
kungen uud bVfahrungeu über die zweckmäs-
sigsle Methode bey diesem Uuterricht öf-
fentlich milzulheilen 1 — Möchten unter andern
(Ree. wagt es, hier «in paar um den Gesang
so verdiente Manner zu nennen,) ein Zelter
oder Reich ar dt Mus« und Lust dazu
Noch muss hier sowohl der fasslichen
Schreibart des Verf., als der vorzüglichen ty-
pographischen Eleganz, womit dieses Werk
emhieueu ist, rühmlich Erwähnung gesche-
hen. — Druckfehler, die sich nicht leicht
von selbst verbessern Hessen,- hat Reo. nicht
gefunden. Nur ein Paar scheinen des Bemer-
kens werth; nämlich: S. 54 0. a muss es stau
„Secunden — Terzen heissen, und S. 58
bey dem dritten Notenbeyspiele van oben ist
nicht o sondern A fehlerhaft.
Jtfme a 4 voix evte aecomp. de a Violons et
Jiürse, 2 Uautbois, A TrompetttS, Tunbült
ti Ürgue. No. I.
Mtsst ü 4 voix. No. II. .Partitur. Bey dt
von Moaar/. Leipzig, bey Breitkopf und
Härtel. (Pr. jede No. 3 Thlr.)
Wenige Künstler siud, glauben wir, in
ihrem Lebeu von ihren Kunstgenüssen mehr
getadelt, weuige nach ihrem Tode von Meh-
rern geachtet und lobgepricseu, auih nach-
geahmet wurden , — welches leztere doch von
Manchem füglich häLle unterbleiben können —
als unser Mozart. Es ist dies ein gewöhnliches
Schicksal originaler Köpfe. Da sie, ohne
sich an das Hergebrachte, oder an die gewöhn-
lichen Formen zu binden , für steh allein da-
stehen , eigene Bahnen sich öffneten , die Fes-
seln des Schlendrians mit kühner Uand von
sich warfen ; so erhebt sich nun sogleich , wie
natürlich, die Stimme der Zaghaften, die Stim-
me der Neider, die Stimme aller, die im In-
nern , ihrer Schwäche sich bewusst, das Her-
annahen ihres baldigen Unterganges fühlen,
um sich so gut und solange sie können, zu weh-
ren. Indessen, wie ein Waldstrum drängt
sich das Genie durch alle Hindernisse durch;
es sucht nicht sich ängstlich, gleichsam für die
Schule zuzurichten und allmählich sich selbst
heranzuziehen: es steht gleich Au fang« in
voller Kraft da, die es uur nach verschiedenen
Umständen auf verschiedene All äussert, und
ist in kleinern und frühern Unternehmungen
eben so unverkennbar, als in aeinen grossem
und spätem.
So dachten wir beym Anblick dieser bey-
den Mozarischen Messen, die jedem Musik-
liebhaber längst bekannt sind, und hier in
Folge der Heransgabe sämtlicher Werke die-
ses grossen Künstlers in vollständiger Partitur
erscheinen.
Wenn tiefe, aber schon cum Spiel gewor-
den« Kenntnis der Harmonie ; wenn mit Kühn-
heit und Feuer hingeworfene, mit Genialität
ausgeführte Ideen; weuu schmelzende, ganz
das II iz durchdringende Melodieen die cha-
rakteristischen Merkmale vou Mozarts Muse
sind: so wird sie dei Kenner in diesen zweyen~
Messen, die unter die kurzen gehören, wie
in seinen gröasern Werken, auf <
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93
1804. November.
96
Art bemerken. Wai ist wohl kühner, «1* der
wie rin llecilauV geformte Anfang des Kyrie
von der Messe Nu. a? ,
Welcho neue, gewagte Harmonieenfolge
in dem Incarnatu« No. 1? Nichts kann
wohl sanfter und andachterregender seyn, als
das Agnus Uei von Nu. I. und zum Theil
das Incarnatu» von No. a. Der schöne
SdlK für die vier Siugstimmeu in den beiden
Benedictus, die so trelllühe Behandlung
derselben, uiuss jedem, der diese Ai bell sieht
oder mit gebildetem Ohr höret, Wohlge-
fallen und Be wunderung abgewinnen. So voll-
kommener Uerr und Meister ist Mozart über
seinen Muaikstoll, den er sich in jede Form
nach Gefallen modelt! —
% 1 ■
Von der brillanten Behandlung des Orche-
sters sagen wir nichts. Jedermann weiss,
da«« Mozart in dieser Sache Schöpfer, und
immer der erste war, der die Instrumental-
musik aus der Art von Dienslbarkeil , in der
sie, den Sangern so gefall ige Komponisten
hielten, zog, und sie in ihre Keclue.eiüseLae.
Indes* fehlt es diesen beydep Werken auch
nicht an schwierigen, wir mdchUu sagen, an
einzelnen harten Stelleu. Dazu rechnen wir
die zwey Credo'«, und besonders in No. a.
die Stellen vom zweytou T/ikt pag. 36 bis zum
•vierten Takt- p. So,. — • Wir bemerkeu, dass
bey diesen Stellen, die wir so oft aufführen,
hörten, das ganze Musikchor jederzeit in eine
gewisse Verwirrung und Stockung gerieth.
Musikdirektoren Werden also wohl daran ihuu,
wenn sie die Kräfte ihre« Orchesters und ihrer
Sanger in Erwägung ziehen, und nicht durch
zu geschwinde* Tempu , wie d' es •*> häufig ge-
schieht, oJerdünh zu rssi-he« f ot teilen , das
sie im Feuer der F.&rkuliou nehmen , den 1.1-
fekt gauz verwirren , wel« hes in gi oa»en Kir-
chen, lür welche diese W erke do« Ii eigentlich
geschrieben sind, so oft der Fall ist.
Auch deutscher Text ist d'esen Mes-
sen untergelegt. Fin guter Gedanke, um
diese Art Meisterstücke gemeiuuulziger an
.Kurte Anzeige.
Gesänge ßir Sopran und Tenor mit Begleitung
der Ouiiarre, von- Ltonard de Call. Werk
XK.' .Wien, im Verlage des Kunst- und
IndujsU'iß - Comtoir«. . (Pr. 36 Xr.)
* * * ■ *
Was man von Guitarrenliedchen verlan-
gen Ifann , «findet man in diesen zwey Uuet-
tett:' Angenehme Melodie, saulU-n Ausdruck,
guten WvrlMel und faßliche : Verbindung der
Stimmen, und leichte Begleitung. Dichter
und Komponist scheinen sie zunächst bestimmt
zu haben , dass sie von — - Braut und Bräu-
tigam auf dem Sopha gesungen und gespielt
werden: dazu aiud sie auch recht sehr brauch-
bar. •Stellen, wie S. 7, sind wirklich au
loben.- •
(Hiersu das inteHigeasbiatt No. II.)
H lata *.
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* INTELLIGENZ - BLA TT
zur Atigemeinen Musikalischen Zeitung.
:
November.
■
Ns. IL
1804.
Ntut Musikalien im Verlage von Breitkopf und
Härtel in Leipzig.
^iorjCMituls de» Conscrvatorinm» der Mu*ilk in Pari»,
»ollst.V.J.g.. Ausgabe (jiiclit im Ansauge) mit frau-
rö.ischrm uud deutschen» Text« , in 3 Ablheiluageu,
enthaltend:
1) Dl« Grundsätze das Gesanges und Singeübungen.
a) Solmisatiouer/ an« dca besten altera und neuem
Werken.
3) Arien in allen TakUrten und von allen Charak-
teren. 6 Thlr.
Jede Abteilung wird auch einzeln rerkauft, und
kostet 3 Thaler.
Riem, Quintetto p. a Viol., A. et VUe. 0 P . 6.
1 Thlr.
p. !• Pianof. Op. 7. , Thlr.
Dauxi, Sonate p. Ie Pianof. a». acc. d'on Cor on
VUe. Op. 38. r6 Gr.
Clementi, Oeorre» compl. p. le Pianof. Cah. VI.
cont. 7 Sonate«, j Toccate et 3 Caprice«. Prauu-
merationspr. 1 Thlr. ra Gr. Ledeapr. 5 Thlr.
Mozart, Coacertos p. le Piai of. N 0 . 17 und j8.
Pranomerationsprei* k 1 TbJr. Ladenpr. k a Thlr.
Znmstecg, Kantate ■• De« Ewigen ist die Erde etc. für
4 Singstimmen mit Orchetlerbegleitung , in Partitur
Ho. 6. 18 Gr.
~— da: Die Himmel entstanden, Wo. 7. 18 Gry
— — do Dem wir mit kindlichem Vertrauen.
Ko. 8. »8 Gr.
_ _ do Liebet eure Frinde. J No. 9. ra Gr.
— — do Lernt Bescheidenheit. No. 10. 18 Gr.
Pettoletti, 3 Duo« pour a Violona, Oeurre 4.
Re'ieha', A. , L"art de »arier ou 57 Variation» p. le
Pianof. Ocut. 57. j Thlr. 13 Gr.
— — Fantaisie pour le Pianoforte. Oeur. 5o.
Ko. 1. 6 Gr.
— '— ' do do No. a. 6 Gr.
Hugot, Conccrto p. Ie Pianof. Oeuv. b. 1 Thlr.
Crem er, Etüde« p. le Piauof. 1 Thlr. 8 Gr.
Schn/a, C., ta Jfgarlieder mit Begl. dee Klavie»
uqd a Hörnern. , 1 Thlr.
■''•■'.».
Wölfl, 3 Sonate« p. le Pianof. av. acc d'ua Viol.
Oeur. 19. 3 Thlr.
Gabler, 9 Variation« p. le Pianof. eur l'air: Nel
cor piu non rai tento. Oeu». a5. la Gr.
' — — Gr. Senate P . le Pianof. Oeuv. 36. 16 Gr.
Steibelt, Sonate p. le Pianof. Oeav. €0. 1 Thlr,
Schneider, Wiflhelm, FantaUie (Ballet de« Vvt-^
rre» et Ballet de« Gräce«) p. le rianof. 13 Gr.
— 3 Sonate« p. I» Piaubf. t Thlr. 8 Gr.
Wölfl, J. , Conctit p. le Pianol". Oeuv. af«. 3 Tiilr.
— — Arien an« der Oper : Die romanhafte Liebe
(Amour romanetrjne). No. a ot 6. 4 Gr.
Möller, J. C, Fantaisie et Fugue p. lc Tiauoforte,
Ocur. 4. 8 Gr. •= ( ,» ( -L
PJr, F., Die Wegelagerer (I Fnorueciti) Oper ja
Klavierauszuge , ital. t. detiUch. i» Thlr. ,
Bortolacai, Anweisung die Maadoliue ton selbst
, nebst Uebungutücken. »6 Gr. , ,
Musikati»che Anzeige.
Vom Hey fall de« Publikum* wird e» abhängen,
Liv.
»ansi. Kantate: Da« Frendcnfeat, für * Singal. m* f ähnlichen Arbe
O«*. aThlr. ,6 Cr. ' ' | 'cÄeln^lnn , 1 Ai
e "_ TIe ob meino erste Öffentliche ausgestellte musikalische
** pKomposition , die " kh ihm hiermit anbi
anbiete, mich «u
ten bestimmt , und ich
damit fortfahren au dürfen.
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I
Der erate Paalm, »on mir in Muaik gcaetzt, »oll
aamlich in Partitur in der Breitkopf- nad Hä'rtelacben
Mutikhandlung au Leiptig. in grou Querfolio »ur
0»ierme»«e 180& heraufkommen.
Pränumeration an 'i TTflr. S5cht. wird bry mir
»der der genannten Verlag*hendlung ia poitfreyeu
Briefen bi« 14 Tage ror der Metae angenommen;
aui.erdem itt der neefaherig« Ladrnpreia 1 Thlr. 8 Gr.
Säcbaiech.
Derjenige , der die Güte tat , Pränumeranten zu
tammlen, erhält daa 7t« Exemplar fray.
Schleiu, den a4ten Octbr. 1804.
Chriatian Gattlieh Oertcl.
In der HcinrichtitatU datelbat.
Ntue Musikalien t von veruhitdtnm Vtrltgvm,
Weicht bey Brtitkopf und Hättet zu haben »Ind.
Aaioll, Bon., S Dnetti per Sopran» • Tenoro
coli' aec. di Pianof. 18 Gr.
_ — 5 Aiietu coli* acc. di Pianof. obligato.
Qp. 8. 1 Thlr.
Heuachkel, J. P., 6 Waliea 4 4 »»'«u p0 ut le
Pianof. 1 Thlr. 4 Gr.
Canaler, (Mdeile), Qoatuor p. la Pianof. ar. acc
de Violon , Alto et VUe. 3 Thlr.
Paiiiello, La Liberia e la Paliitodia, Canaoni dal
Mctaataaio, coli act. di CUricemb. a Thlr. »a Gr.
Cr am er, J. B. , Binde p. le Pianof. en 43 «xercice*
dane lea diff. Tone. 4 Thlr. 13 Cr.
Marrheai, L. , 6 Caozoni con aecomp» di Pianof.
1 Thlr. ia Gr.
Catel, 6 Sonatinee p. le Pianof., dont a »out ar.
aec. de Viol. obl. 1 Thlr. ia Gr.
O 1 i , Daoe. cone, p. a Bitioot, Ofr B. 1 Thlr. 6 Gr.
q 0> Q 0a Op- C« 1 Thlr. C Gr.
Batllol, P», aa Cooeerl ponr le Violon, Op. 4.
1 Thl/. 6 Gr.
Boieldieu, Ourert. da Calif da Bagdad arr. p. »
Flute«. 8 Gr, , , .
Walch, Fr., Sammlung deuUrhej Tinie f. d. Fortcp.
mh einer Flöte ad Irb. - 13 Gr. '
Wranitaky, Oarert. de 1' Op. Oberon , arr. p. Ie
Pianof. ar. Flute. 10 Gr.
•Pxer, Oorerr. de 1' Opera "Criaclda arr. p.*&Flu-
tei. 8 Gr.
Righini, Vinc, 13 deutsche Lieder mit Boglei t. det
Fortep. Op. 9. 1 Thlr. 8 Gr.
Koehler, Duetto dell' Op. La Molinnra , con Va-
riazioni per Fortep. et Flaum. Op. ig. 8 Gr.
— — ia Air» farorit« varic« p. la Flute aeulc.
Op. ia. ia Gr.
Qnatra Theme« rariee p. la Flute «etile comp, par difiT.
Autcura L. 1. 8 Gr.
Auawahl der rorxügl. Arien , Romanzen elf. aua den
beliebteaten Opern f. eine Flöte. L. 4. iG Gr.
Sammlung beliebter Walaer f. eine Flöte. Li*, a.'
8 Gr.
Boieldieu, OurcTt. de l'Op. Ma Tante Aurora arr.
p. le Pianof. ar. acc. de Fl. 10 Gr.
Wiedebetn, G., Variationa p. le PiAnof. («nr 1«
Thetae : Zu StelTen aprach etc.) No. 1. ia Gr.
Collection dea Romanroi frencoüe» arr. p. 3 Flute».
Cah. 1. vx Gr.
Gui-
Collection dea Romanraa fran«. aecomp, d'i
tarra et Fl. ou Viol. Cah. 1. ia Gr.
Elite dea Soaatea «an» aecomp. p. le Fortep. dea ploa
celcbre» Compotiteur«. Cah, 1. 1 Thlr. 13 Gr.
Fatoh, Ch., Sonate p. le Fortep. Ko. a. 8 Gr.
Favoritmärarh* der franxö«. Truppen in Hannover i,
a Flöten arr« 1 -™~ 3. Lief. 16 Gr.
Lebrüa, beliebteet« Geelnge aua der Oper Marce-
lin oder Pichtet Robert. Klar. Aua«, m. frans, n.
deutacheoa Texte. 18 Gr.
lUmbargiarhe« Journal de« Geaanges mit Guharre-
Begteitung, eingerichtet von A. £. Rodatz. i«tcs
Heft. 1 Thlr.
Ländliche Unlerbellungea Fox Damen am Foitepiano.
ia Ueib, 16 Cr.
(Wird fortgeseat.)
—
t'tiii«
t SIT
B.i.ttorr «no
HS AT Xt.
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ALLGEMEINE
..." - -'....« : •
MUSIKALISCHE ZEITUNG.
Den 14'™ November. N=. 7«
1S04.
D01 Oftrntheatir und sein Publikum
zu Krähwinkel.
Meine Freunde A. und B. polterten zur Thür
herein: Sagten wir*« doch! de sitzt er wieder
an dem heutigen, vielleicht letzten, schönen
Herbsttage, wie angepflockt! — Und nun ging
es an ein Schelten und Schmähen, weil
ich nicht mitgehen, sondern fortfahren woll-
te , — wie sie meynten — ■ mir durch Defen-
sionen und Berichterstattungen Stumpfsinn
nnd Hypochondrie an den Hals zu schrei-
ben. — Liebe Freymüthige , begann ich
endlich gelassen : lasset doch von eurer Unart,
su schmähen, ehe ihr wisset, wovon die Rede
ist. Wenn ich auch hier wirklich einen B e-
richt erstattete, so ist es doch kein juri-
stischer, wiewohl ein rechtlicher: ich habe
ein berühmtes Operntheater und sein Publi-
kum für die musikalische Zeitung geschildert,
und da gehet es, wie ihr wisst, so wenig, als
bey einem Spaziergange, ohne Scherz und
Freude ab. — Das ist 'was andres! sagte A*
Und legte Hut und Stock ab. So lass doch hö-
ren! fiel B. ein und setzte sich. Welches
Theater hast du geschildert? Unsers etwa? —
Oder unsers? fragte A. (Sie sind aber ans
sweyen der vornehmsten deutschen Residen-
zen gebürtig). Oder dein Hoftheater? oder
das hiesiee '! fragten Beyde. Ich habe in dem
Aufsatze dem Publikum das Theater absicht-
lich erst am Ende genannt: ich will es mit
euch auch so machen. Ich hoffe, ihr gebt mir
be y dieser P rozedurBe weise , ob meine Schilde-
7. Jahrg.
1
rung getroffen ist oder nicht. Denn, das ver»
siebr' ich euch: das Original kennet ihr bey-
de. — Nun so lies: wir wollen's schon tref-
fen! sagten sie, und ich las, nachdem ich als,
Vorerinnerung bemerkt hatte, ich habe meine.
Bemerkungen in eine Sceue gekleidet, um bes-,
ser zu unterhalten und die Leser gleich in
mediam rem zu führen; den Ort aber nenne
ich, obschon von einer berühmten Stadt die
Rede sey, vorlaufig Krahwinkel, nicht .des,
Winkels, sonderndes Krähens halber.
„Das Stück, das diesen Abend gespielt,
wurde, war — — Die Krähwinkler trugen,
ohne eben zu wissen warum, grosse Ehrer-
bietung für den Namen dieses Dichters und al-
les , was diesen Namen trug. Verschiedne
seiner Singspiele waren schon öfters aufge-
führt, und allemal sehr schön gefanden
worden. Das heutige, eins der neuesten,
wurde jetzt zum erstenmal auf die Krähwinkel-
sche Schaubühne gebracht. Der. hiesige Ka-
pellmeister hatte die Musik dazu gemacht, und
(wie er seinen Freunden ziemlich laut ins Ohr
sagte) diesmal sich selbst übcetroffen; das
heisst, der Mann hatte sich vorgesetzt., alle
seine Künste auf einmal zu zeigen, und dar-'
über war ihm der gute Dichter unvermerkt
ganz aus den Augen gekommen. Kurz, Herr
halte sich seihst komponier, unbe-
kümmert, ob seine Musik den Text, oder der
Text seine Musik zu Unsinn mache * — ' wel-
ches denn gerade der Punkt wttt, der aruttb die*
Krähwinkler an) wenigsten kümmerte: " Ge-
nug, sie machte grossen Lärm, hatte (wie 1
seine Brüder, Vettern, Schwäger, Klienten'
7
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99
1804. November.
100
und Hausbedlenlen , als sämmllichc Kenner,
versicherten) «ehr erhabene mid rü In en-
de Stellen, und (wurde mit dem lautesten, ent-
schiedensten Beyfalk aufgenommen. —
Aha! unterbrach mich A., ich fange an
meine lieben Landslcute zu erkennen , und»—
küss' die Hand. ... ^_
„ Nicht, als ob. nicht auch in Krähwinkel
hier und da Leute , gesteckt halten, die einan-
der unter vier Augen gestanden: dass der
Komponist, mit aller «einer Anpassung ein
Orpheus zu seyh, nui ein Lcyei mann, und
das beste seiner Werke eine Rhap»odie ohue
Geschmack, und meistens auch ohne Siun
*ey. Diese Wenigen hatten sich ehemals so-
gar erkühut, etwas vou dieser ihrer Heterodo-
xie ins Publikum erschallen zu lassen: aber
de waren jedesmal von den Verehrern der
— sehen Muse so übel empfangen worden,
dasa sie, um mit heiler Haut davon zu kom-
men, fiir gut befauden, sich in Zeiten der
Majorität zu submittiren; und nun
waren diese Herren immer die, die bey deu
elendesten Stellen am ersten und lautesten
klatschten. 4 '
- • ■ : . .'»• '.: r .f - ': "*
Lass' Et*« man gut aeyn ! fiel B. ein,
indem er A. auf die Achsel klopfte. Er
eiehet, es ist von meiner Vaterstadt die
Rede — schwör' ich ihm zu!
■
„Das Orchester that diesmal sein Stnsser-
stes, utn sich seines Oberhauptes würdig zu
zeigen. Ich bab* ihnen aber auch alle Hantle
voll zu thun gegeben, sagte — , und schien
•ich viel darauf zu gut zu thun, dass die ar-
men Leute im zweyten Akt keinen trocknen
Faden mehr am Leibe hatten.
ivln. • ■< -
Im.yorbeygfhu gesagt, das Orchester
war (?K)% voA den Instituten, worin die Krttli-
Wickler es mit allen StÄdten der Welt aufnah-
mt». Das erste, waa sie einem Fremden. da-
von «ßtsu, wart dass es so und so viel Köpfe
alarlcsey. Damit lässt sich denn 'was ausrich-
ten! setzten sie mit bedeutendem AccciU hin»
za. Wirklich felüte es unter so vielen nicht
an geschickten Leuten : aber was half das dem
hiesigen Musikwesen? Es war nun einmal im
Götterrathe beschlossen, dass in Kiabw. nichts
an seinem Platze , nichts seinem Zwecke ent-
sprechend, nichts recht und nichts ganz
seyn sollte. Weil die Leute wenig für ihre
Mühe hatten , so glaubte man auch nicht viel
von ihnen fordern zu können; und weil man
mit einem jedeu zufrieden war, der seinBr-
stes that, (wie 8 j e . # nannten) so that Nie-
mand sein Bestes. — Die Geschicktesten
wurden liUaig, und Wer uoch auf halbem Wege
war, verlohr den Muth und zuletzt auch
das Vermögen, weiter zu kommen. Wofür
hätten sie «ich am Ende auch Mühe um Voll-
kommen heit geben sollen, da sie für Krah-
winklisibe Ohren, arbeiteten? Frey lieh hat-
ten die leidigen Fr-e-mden auch Ohren: aber
sie hatten doch keine Stimme zu geben, fan-
den's auch nicht einmal der Mühe wtrtl», oder
waren zu höflich, oder zu politisch, gegen den
Geschmack von Krfthw. Sturm laufen zu wol-
len. Der Kapellmeiater merkte zwar «elbst so
gut als ein anderer, dass es nicht «o recht ging,
wie ea sollte. Aber ausserdem, dass er kei-
nen Geschmack halte, oder (welches auf Em«
hinauslief) dass ihm nichts schmeckte, was er
nicht selbst gekocht hatte, und er also immer
die rechten Mittel, wodurch es besser werden
konnte, verfehlte — war er auch zn tvago
und zu ungeschmeidig, sich mit Andern
auf die gehörige Art abzugeben. Vielleicht
mocht' er's auch am Eude wohl leiden , dasa
er, wenn sein Leyerwerk (wie wohl zuweilen
geschah) sogar deu Krähwinklern nicht recht
zu Ohren gehen wollte , die Schuld aufs Or-
chester schieben , und die Herren und Damen,
die ihm ebreuthalber ihr Kompliment deswegen
machten, versichern konnte: dass nicht eine
Note, so wie er sie gedac ht nud geschrieben
habe,; vorgetragen worden sey. Allein das
war doch immer nur eine Feuerthür für den
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101
1804. November.
Nothfall. Denn ans dem naserümpfenden
Tone , womit er von allen andern Orchestern
zu sprechen pflegte, und aus den Verdiensten,
die er sich um das Krahwinkelsche beylegle,
xnusste man scbliesson, dass er so gut damit
zufrieden war, als e« — einem patrioti-
schen Kapellmeister von Krahw. ziemte.* —
Höre, Freund! fiel B. zu A. ein: nicht
als ob das nicht auch so ziemlich auf unsere
Vaterstädte passte: so scheint uns doch D.
aulanglich absichtlich getäuscht zu haben;
denn wer erkennt nicht nuu »eine gelasse-
ne Residenz , die sich so gern damit bcguügt,
durch Verjährung die kuustliebende zu heis-
*eu? Liebster, meynen Sie nicht?
Ich stillete die Einredenden mit Jona
Worten :
Wer darf —
. Richten n.ch Schein? Wirte du Ead' «b!
Oft bricht Sonä! aui Gewölk. Zügio den Mund !
„Wie es aber auch mit der Musik des heuti-
gen Stücks und ihrer Ausführung beschaffen
aeyn mochte: gewiss ist, dasa in langer Zeit
kein Stück so allgemein gefallen hatte. Dem
Sanger, der den Helden spielte, wurde so ge-
waltig zugeklatscbt, dass er mitten in der
schönsten Scene aus dem Tone kam. Die Hel-
din musste die Scene, wo sie von allen Freun-
den verlassen, dem Zorn der Götter Preis ge-
geben, angstvoll das Ungeheuer erwartet,
'wiederholen. Der Kapellmeister konnte seine
Freude über einen so glanzenden Erfolg nicht
bündigen. Er ging zwischen den Akten von
Reihe zu Reihe herum, den Tribut von Lob
einzusammlen, der ihm ans allen Lippen ent-
gegenschallete: und mitten unter der Versi-
cherung, dass ihm zu viel Ehre wiederfahr«,
gestand er, dasa er selbst mit keinem seiner
Spielwerke (wie er seine Opern mit vieler Be-
scheidenheit zu nennen beliebte) so zufrieden
sey, wie mit dieser heutigen« — -
r io'a
Nein, sagte A., so gut diese eitle Be-
scheidenheit, diese übertünchte Anmassung,
auf den und jenen Höflichen passen mag:
so ist doch D.'s sanftes Publikum , selbst in
der Begeisterung, nicht so lebhaft, als ea
hier geschildert wird. Ich kehre zu meiner
eisten Mcynung zurück.
„Indessen halt' er doch, um sich selbst
und den Ki ah wink lern Gerechtigkeit zu erwei-
sen, wenigstens die Hälfte des glücklichen
Erfolgs auf Rechnung der Sängerin E. setzen
müssen , die zwar vorher schon im Besitz zu
gefallen war, aber heute Gelegenheit fand,
«ich in einem so vorteilhaften Lichte zu zeigen,
dass die jungen und alten Herren von Krahw.
sich gar nicht satt an ihr — sehen konnten.
Denn da war so viel zu sehen, dass an'«
Hören gar nicht zu denken war. E. war
eine grosse, wohlgedrehete Figur — » zwar
um ein namhaftes materieller, als man in
Athen zu einer Schönheit erforderte, aber in
diesem Stücke waren die Krahwinkler (wie
in vielen andern J ausgemachte Thracier^
und ein Madchen, aas welchem ein Bildhauer
in Sicyon zwey gemacht hatte, war nach ih-
rem angenommenen Ebenmaas ein
von einer Nymphenfigur. •
Ich bin zu Hause! rief A.
„Da die Heldin nur sehr dünne angezogen
seyn durfte, so hatte E., die sieh stark be-
wusst war, worin eigentlich die Kraft ihres
Zaubers liege, eine Drapperie von roseofarb-
nera Flor erfunden, unter welchem, ohne dass
der Wohlstand sich allzusehr beleidigt finden
konnte, von den schönen Formen, die man an
ihr bewunderte, wenig oder nichts ftlr die Zu-
schauer verlohren ging. Nun hatte sie gut
singen. Die Komposition hatte , wo möglich'
noch abgeschmackter, und ihr Vortrag noch
zehnmal fehlerhafter seyn können; immer
wurde sie ihre Haupt scene haben wiederholen
müssen, weil das doch immer der ehrlichste
i Vorwand war, sie desto langer mit lüsternen
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io3
.1804. November.
104
Blicken — betasten zu können. Wahrlich, J
ein herrliche« Stück! sagte einer cum .andern
mit halbgeschlossenen Augein «in unver-
gleichliches Stück! — Aber finden Sie nicht
auch, dass C. heute wie eiue Göttin singt? —
„ O über allen Ausdruck ! " —
Bravo! rief B. Wollt ihr uns nun noch
streitig machen, was uns zugehört?
»Die Damen, wie leicht zu erachten, fan-
den di« E. nicht ganz so wundervoll , als die
Mannspersonen. — „Nicht übel! Ganz ar-
tig! sagten sie. Aber wie kommt's, dass die
Rollen diesmal so unglücklich ausgelheilt wur-
den? Das Stück verlohr dadurch. Man hätte
die Rollen vertauschen und die Mntter der
dicken E. geben sollen !• — Gegen ihren An-
fing, Kopfputz etc. war auch viel zu erinnern.
«.Sie war nicht zu ihrem Vortheil aufgesetzt.
Der Gürtel war zu hoch , und zu stark ge-
schürzt. " Besonders fand man die Ziererey
itrgerlich, immer ihren Fuss zu zeigen, auf
dessen unpropor tioni rte Kleinheit sie
•ich ein wenig zu viel einbilde — sagten die
Damen , die aus dem entgegengesetzten Grun-
de die ihrigen zu verbergen pflegten. Indes-
sen kamen doch Frauen und Herren sammtlirh
darin überein, dass sie überausschön sin-
ge, und dass nichts niedlicher seyn könne,
als die Arie, worin sie ihr Schicksal bejam-
merte.»
Nun? sagt* ichs nicht? rief B., und
eetzte eine militairische Betheurung
hinzu.
»E. , wiewohl ihr Vortrag wenig taugte,
.hatte eine gute, klingende und biegsame Stim-
me , aber was sie eigentlich zur Lieblings»an-
gerinder Kräh winkler gemacht hatte, war die
Mühe, die sie sieb mit ziemlichem Erfolg ge-
geben, den Nacht igalleu gewisse Läufer
und Tonfälle abzuleruen, in welchen sie sich
selbst und ihren Zuhörern so wohl gefiel, dass
tie solche überall, zu rechter Zeit und zurUn—
men war. Sie mochte zu tliun haben, was sie
wollte, zu lachen oder zu weineu, zu klagen
oder zu zürnen, zu hoffen oder zu fürchten :
immer fand sie Gelegenheit ihre Nachtigallen
anzubringen, und war immer gewiss beklatscht
zuwerdeu, wenn sie gleich die besten Stellen
damit verdorben halle."
Ich citire öffentliche Blatter, wenn du
so frech bist, uns da« zu entziehen! sagte
A. zu B.
Ich will aber die Unterbrechungen der
beyden lebhaften Freunde in der Folge weg-
lassen; es war ja doch eitel Wurrosaa- V
men, wie's Shakespeare nennet, was sie aus-
streueten. Und vielleicht reibt sich, wtn's
juckt, ohne dass man an den Hand die iHänd-
chen mit ausgestreckten Zeigefingern zu malen
braucht.
»Von den übrigen Tersonen finden wir
nicht viel mehr tu sagen, alt data man im
Einzelnen zwar sehr viel au ihnen auszusetzen
hatte, im Ganzen aber s e h r w ob 1 mit ihnen
zufrieden war. Der tragische Held war ein
schön gewachsener Meusch, und hatte ein
grosses, Taleut einen — Krihwiukelscben
Pickelharing zu machen. Panageno war seiue
Hauptrolle. Er spiell die Helden gar schön,
sagten die Krith winkler; nur Schade, dass ihp
immer unvermerkt der Papagcno dazwischen
kommt. — Die zweyte heroische Sängerin,
ein kleines zicrafliges Ding, voll angemaßter
Grazie, hatte keinen einzigen natürlichen Ton}
aber, sie galt alles bey der Geraalin des — — ,
hatte eine gar drollige Manier kleine Liederchea
zu singen, und that ihr Bestes. Der
Priester brüllte einen ungeheuren Malro-
senbass; uud A. sang so elend, als einem
zweyten Liebhaber zusieht Er sang
zwar «nch nicht hesser, wenn er den ersten
machte; aber weil er sehr gut — tanzte, so
hatte er eine Art von Freybrief erhalten, desto
schlechter singen zu dürfen. Er tanzt sehr
• c h ö n , war immer die Antwort der Kräh r
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io5
1804. November.
106
winkler, wenn jemand anmerkte, dass sein
Krächzen unerträglich sey; indessen tanzte A.
«ehr selten und saug hingegen in allen Opern.
Von den Dekorationen wollen wir, be-
liebter Kürze halber, weiter nichts sagen,
als da* 3 sie von den Kr&hwinklern sehr
schöu befunden wurden. Iusouderheit be-
wunderte man einen Sonnenuntergang,
den sie vermittelst eines mit langen Schwefel-
hölzern besteckten VVindmühlenrades zuwege
brachten; Welches einen guten Effekt getban hat-
te, sagten sie, wenn es nur ein wenig schneller
umgelrieben worden wäre. Bey der Art, wie
der Held aufs Theater augeflogen kam,
wünschten die Kr ah Winkelsetten Ken-
ner, dass man die Stricke, in denen er hing,
In ft farbig angestrichen hätte, damit sie
nicht so gar deutlich iu die Augen gefallen
waren. —
Sobald das Stück geendigt war, und das
betäubende Klatschen ein Wenig nachliess,
fragte man einander, wie gewöhnlich: Nun,
wie hat Ihneu das Stück gefallen ? und erhielt
überall die gewohnliche Antwort: Sehr
wohl! — Einer von den jungen Herrn, der
für einen vorzüglichen Kenner galt, richtete
die grosse Frage auch an einen etwas bejahr-
ten Fremden, der in einer der mittlem Rei-
hen sass und dem Ansehen nach kein gemeiner
Mann zu seyn schien. Der Fremde, der sichs
vielleicht schon gemerkt hatte, was man
su Krähwinkel auf eine solche Frage antwor-
ten musste, war so ziemlich bald mit seinem
£ ehr wohl heraus: aber weil seine Miene
diesen Beyfall etwas verdachtig machte, und
sogar eine unfreywiliige, wiewohl ganz schwa-
che Bewegung der Achseln , womit er ihn be-
gleitete, für ein Achselzucken ausgedeu-
tet werden' konule , so Hess ihn der junge Herr
nicht so wohlfeil durchwischen. — Es scheint,
aagte er, das Stück bat Ihnen nicht gefallen?
£• passirt doch für eine der besten Piecen
Das Stück mag nicht so übel seyn , erwie-
derte der Fremde.
So haben Sie vielleicht an der Musik etwas
auszusetzen?
An der Musik? Owas die Musik betrifft,
die ist eine Musik — wie man sie nur zu
Krahwinkel hört.
Sie sind sehr höflich ! InderThat, unser
Kapellmeister ist ein grosser Mann — in sei-
ner Art.
Ganz gewissl
So sind Sie vermuthlich mit den Sängern
nicht zufrieden?
Ich bin mit der ganzen Welt zufrieden.
Ich dächte docli , die E. hatte' ihre Holle
■
charmant gemacht?
O sehr charmant 1
Sie thut einen grossen Effekt: nicht
wahr?
Das werden Sie am besten wissen j ich bim
dazu nicht mehr jung genug.
Wenigstens gestehen Sie doch, dass P. ein
grosser Schauspieler ist?
In derThat, ein hübscher, wohlgewach-
sener Mensch.
Der Fremde schien des Krahwinklers satt
zu seyn, und wollte sich damit zurückziehen,
dass er die Krähw. glücklich pries, an allen
diesen Dingen so viel Freude zu haben.
Mein Herr, sagte der Gelbscbuabel in
einem spöttelnden Tone, gestehen Sie nur,
dass das Stück die Ehre und das Glück nicht
gehabt hat, Ihren Beyfall zu erhallen.
Wae ist Ihnen an meinem Beyfall gelegen?
Die Majora entscheiden.
Da haben Sie Recht. Aber ich möchte
doch um Wunders willen hören, was Sie denn
■ gegen unsre Musik oder gegen nnsre Schau-
spieler einwenden könnten?
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*o 7
1804» November.
108
Könnten? sagte der Fremde etwas
schnell, hielt aber gleich wieder an «ich —
Verzeihen Sie mir, ich mag Niemand sein
Vergnügen abdispatiren. Das Stück, wie es
da gespielt wurde, hat zu Krähwinkel allge-
meiu ( gefaUcn; was wollen Sie mehr ?
Nicht so allgemein, da es Ihnen nicht ge-
fallen ha»!
Ich bin ein Fremder —
Fremd oder nicht, Ihre Gründe möcht*
ich hören! (><-ht) Ihre Grunde, mein Herr,
Ihre Gründe! die werden doch wenigsten«
keine Fremde seyn? (Ucht nieder)
Dem '.Fremden fing die Geduld an auszuge-
ben. Junger Herr, sagte er, ich habe ge-
klatscht, wie ein anderer. Lassen Sie'«, da-
mit gut seyn. Ich bin im Begriff wieder abzu-
reisen. Ich habe meine Geschäfte.
Ey ey , sagte ein anderer Krähwinkelscher
junger Mensch, der dem Gespräch zugehört
hatte; Sie werden uns ja nicht schon verlas-
sen wollen? Sie scheinen ein grosser Kenner
sn seyn; Sie haben unsre Neugierde, unsre
Lehrbegierde (er sagte das mit einem dumm-
naseweisen Hohnlächeln) gereizt; wir lassen
Sie wahrlich nicht gehn, bis Sie uns ge-
sagt haben, was Sie an dem heutigen Singspiel
Ett tadeln finden. Ich will nichts von den
Worten sagen — ich bin kein Ken-
ner: aber die Musik, dächt' ich, war doch
unvergleichlich ?
Das müsslen am Ende doch wohl dio
Worte entscheiden, wie Sie's nennen, sagte
der Fremde.
Wie meynen Sic das? Ich denke, Musik
ist Musik, und mau braucht nur Ohren zu ha-
ben , um zu hören, was schön ist.
Irli gebe Ihnen zu, wenn Sie wollen, er-
wiederle jener, dass schöne Stellen in dieser
Musik sind; es mag überhaupt eine qelehrte,
naeli t!eu Regeln der Kunst zugeschnittene,
schulgerechte, artikelmassige Musik seyn:
ich habe dagegen nichts; ich sage nur,' dass
es keine Musik zu diesem Gedicht ist.
Sie meynen, dass die Worte besser aus-
gedrückt seyn sollten?
O die Worte sind zuweilen nur zu
sehr ausgedrückt; aber im Ganzen, meine
Herrn, ist der Sinn und Ton des Dichters
verfehlt. Der Charakter der Personen, die
Wahrheit der Leidenschaften und Empfindun-
gen, das eigene Schickliche der Situationen —
das, was die Musik seyn raus«, damit der
Dichter auf ihr wie in seinem Elemente
schwimme, und emporgetragen, nicht
ersäuft werde — das alles ist durchaus ver-
fehlt. Kurz, das Ganze taugt nichts. Da
haben Sie meine Beichte in drey Worten.
Das Ganze, schrieen die beyden Kräh-
winkl er, das Ganse taugt nichts? Nun, das
ist viel gesagt! Wir möchten wohl hören, wie
Sie das beweisen wollen?
Wie ich das beweisen wollte? Ich werde
es nicht beweisen. Wenn Sie das Stück ge-
lesen, die Aufführung gesehen, die Musik ge-
hört haben, und können noch verlangen , dass
ich Ihnen mein Unheil davon beweisen soll:
so würd* ich Zeit und Athem verlieren , wenn
ich mich weiter mit Ihnen einliesse. —
Es waren Mehrere sehr inleressirt herzu-
getreten, denn es galt die Ehre ihres Thea-
ters. Der Herr da hat etw as» wider das Stück
einzuwenden? schriee ein kurzer, dicker
Ralhsherr. Das möcht' ich hören ! (lacht) Eins
der besten Stücke, mein Treu! die seit lan-
gem aufs Theater gekommen sind ! Viel Ak-
tion! viel — ä — a — Was ich sage! ein
schön Stück! Und schöne Moral! — Endlich
tritt anch der Kapellmeister herzu , achselauk-
kend, naserümpleud, übermüthig: So? hat
raeiue Komposition nicht das Glück dem Hurra
zu gefallen? Er ist also ein Kenner? (Ia«»u)
Versteht ohne Zweifel die Setskunst? Ha?
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1804. November.
110
.. Es ist der Kapellmeister I sagle Jemand
dem Fremden in« Ohr, um ihn durch diese
En (dockung auf einmal zu Boden tu achlagen.
Der Fremde machte dem Kape 11 meiste r sein
Kompliment, wie'« in Ktätliw. Sitte war, und
schwieg.
Nun ich möchte doch hören, was der Herr
gegen die Komposition vorzubringen hatte?
Für die Fehler des Orchesters geb* ich kein
gut Wort, aber hundert Gulden für einen
Fehler in der Komposition ! (lacht n-iumphirend)
Nun? lassiu Sie hören!
Ich weis« nicht was Sie Fehler nennen,
sagte der Fremdet meine« Bedünken« hat die
ganze Musik, wovon die Hede ist, nur Einen
Fehler.
Und der ist? grinzte der Kapellmeister na-
sci üinnlend.
Dass der Sinn und Geist des Dich-
ters durchaus verfehlt ist, antwortete der
Fremde.
So? Nichts weiter? ()■<*() Ich hätte also
den Dichter nicht verstanden? lind das
wissen Sie? Denken Sie, dass «vir hier unsre
Muttersprache nicht verstcheu? Oder haben
Sie dem Poeten etwa im Kopfe gesessen? (UcLt)
Man wird hitziger, der Komponist provo-
cirt auf den Dichter, welchem er seine
Musik zusenden, und der den Ausspruch
thun «oll.
Die Mühe können Sie sich ersparen, sagte
der Fremde lächelnd; deun um dem Handel
mit Einein Wort ein Ende zu machen, der
Dichter, an den Sie appelliren, bin ich
selbst. —
So weit war ich, als ihr mich störtet, sagte
ich zu meinen Freuuden.
Bey uns wird diese Wendung deinem
Dichter gar nichts helfen , sagte A. Was be-
kümmern wir uns um Dichter! und besonders
im Verhältnis zu Musikern 1
Bey uns hilft sie ihm auch nichts, fiel
B. ein. Was gehen uns bey de, der Dichter
und Komponist, an, um eine vernünftige, an-
ständige Untersuchung über sie und ihre Wer-
ke anzustellen ! Wir haben mehr und ganz an-
dere Dinge zu thun ! Wir machten einige Bon-
mots über beyde, Dichter und Komponisten,
und damit wJtr's aus.
In meiner Residenz hilft dem Dichter
sein Erscheinen auch nichts, setzte ich hinzu.
Man wird ihn roh ig und mit sanften Mienen
anhören, und dann bey Seite sagen: er ist
kein übler Mann, für einen Dichter nämlich ; aber
Geschmack, den rechten, wahren, eigentli-
chen Geschmack hat er so wenig, als fast alle
seine Brüder in dieser jetzigen, wunderlichen
und excentrischen Periode.
Wie aber hier, an unserm Aufenthalts-
orte ? fragte A. Was wirkt das Hervortretest
eines Poeten da?
Auch nichts , denn mag er immer hervor-
treten : man nitmnl dennoch von ihm und
dem was er sagt, keine Notiz. Ueber sein
und des Korapouisleu Werk hatte man sich gar
nicht so weit, wie iu Krahwinkel geschehen,
eingelassen; hätte es vorlaufig, wie alle«, iuder
Kürsse verum feu und miserabel befunden, bis
den Elegaulen irgend ein Unheil, schwarz
auf weiss wohlausgedruckt, zur Hand ge-
kommen wäre — was sie dann nachgespro-
chen hatten.
Und warum erscheint er denn? fragte A.
Ihr werdet das sogleich erfahren !
Und welches Theater schilderst du denn
eigentlich? fiel fl. ein. Denn mir kömmt es
vor, als gehe es mir mit deiner Schilderey,
wie mir's oft mit guten Portrait« gegangen ist:
ich fand sie getroffen und glaubte durchaus das
Origiual zu kenneu, obschon es viel leic ht schon
ein paar hundert Jahre im Staube lag — weil
das Gemeinsame einer gewissen Galtung
von Menschen so trefflich dargestellt war.
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III
1804. November.
112
Auch das wird »ich sogleich entziffern.
Thut mir aber ersl deB.Gcfallen, und vergehet
mir mein Vorlesen dadurch, daas ihr aus die-
aem Buche diea und die« Kapitel mir vorleset.
Das sind, ja Vater Wielands Abderi tenl
sagte A. Hier — des zweyten Bandes drittes
Buch, fünftes und sechstes Kapitel meyiist du?
A. las wenige Zeilen, und fuhr auf« Wie?
das ist ja wörtlich deine Schilderung des
Theaters zu Krähwinkel — wörtlich bis an's
Ende, und nur mit vertauschten Namen?
Abdera! das verkehrte, verduzte, vonFrö-
aehen besiegte Abdera? Und doch so ge-
troffen?
Denke an das Gemeinsame, das Freund
B. vorhin erwähnte!
Nachrichten.
Berlin, d. 3. Nor. Den i6ten Oct. gab man
zur Feyer des Geburtstags der Königin Mutter
im Nalionallhealer : Cäsar auf Pharmakusa.
Singspiel in zwey Akten, frey nach dem Ilal.
von Treiuchke. Musik vou Salieri. Das Stück
hat bereits vor einigen Jahren in Wien grossen
Beyfall gefunden. Der Plan ist ernst und he-
roisch , mit abwechselnden komischen Zügen.
Da die Musik von der Ouvertüre bis zum
Schluss kraftvoll und originell j ist, so gefiel es
Kennern sehr, und wird gewiss, besonders da
auch Theaterpomp von mancherley Art ange-
bracht ist , sich auch bald den noch mangeln-
den Beyfall des Publikums erringen. Aus-
zeichnung verdienen die achöne, brillante, und
der Würde des Charakters angemessene, Arie
des Cäsar: Ueber Bosheit hoch erhaben etc. die
Hr. Eunike schön und delikat vortrug; das
Echo und Duett des Tullus (Hr. Beschort) und
die Lucia (Mad. Eunike); die Arie des Nika-
nor : der Held , der Manu von Stärke etc. , das
charakteristische Duett des Tullus und der Lu-
cia: Des Gesanges schöne Gabe, mit dem
schön vorgetragenen Flötensolo des Hrn. Kö-
nig; das grosse melodische Finale, worin das
schöne Duett: O goldae Sonne etc. mit schönen
Klarinett- Solostellen, von Um. Bliesener brav
vorgetragen, und. der meisterhafte, gewalt-
sam fortreissende Schluss desselben } das Ter-
zett des Cäsar: Amena lass dir danken etc.;
das Quartett mit dem Chor: Ich sollte dich
strafen etc. ; Megistons Arie : Zage nicht, mein
liebes Mädchen; die Arie der Lucia : Amor mit
beflügelten etc. und die der Amena (Mad. Mül-
ler) : Rasche Flucht etc.
Den aasten gab man zum Benefiz Tür Hrn.
Reinwald: Drey Freyer auf einmal, Singspiel
in einem Akt nach den Pretendus von Schmie-
der. Musik von le Moyne. Text und Musik
sind gleich erbärmlich. Sie können also den
anglücklichen Erfolg des Stücks , ungeachtet
es gut gespielt und gesungen ward, leicht er-
ralhen.
»
Auch haben wir wieder ein Paarnene al-
lerliebste Rullets gesehen. Den i;len die Ver-
wandlungen aus Liebe oder Vertumnus und
Pomona , heroischpantonümisches Ballet vom
königl. Ballelmeister Lauchery. Musik vom
königl. Kapellmusikus Gürrlich. Das Ballet
ist sehr reizend; die Musik wirklich schön. Ge-
dankenfülle und Charakter bezeichnen die Ein-
leitung, mehrere einzelne Scenen und das bril-
lante Finale. Den24sten: Der Dorfschulmei-
ster, komischpantomimisches Ballet ven Lau-
chery. Musik von Gürrlich. Das Ballet,
dessen Titel schon eine Farce erwarten lässt,
hat viel komische, unterhaltende Handlung,
und die Musik viel Melodie und Charakter.
Vorgestern haben auch die Herren Schick
und Bohrer im Konzertsaal des Theaters ihre
Abonnementkonzerts eröffnet, von deqen acht
vor und vier nach dem Karneval seyn werden.
Man kann erwarten , dass sie sich des grossen
Beyfalls immer würdiger machen werden.
Bald mehr davon, ao wie von der nun auf
v
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TIS
114
künftigen Dienstag von Hrn Klengel angekün-
digten musik. Akademie, -öabed Sie schon
von «lern harmonischen Klavie^les Uhrmacher«
.Maslowsky zu Posen gehört? Dieser Manu hat
aich bereits durch verschiedene Ertiuduugcu,
z. B. den schwimmenden: Sekundenzeiger auf
Taschenuhren, eine militärische, I hr, dio
durch einen Druck den Tritt des gewöhnlichen
Soldatenuiarsches und durch einen andern
Druck den Trilt des Gesrhwindtnai sehe» auf
das genaueste, berechnet, durch, einen nnnkli-
chen Schlag der Hand, mittheilt, ala einen ge-
schickten Mechaniker ausgezeichnet. Sein
musikalisches Instrument soll durch seine
schonen, sanften Tone die Harmonika, wo
nicht übertreffen» doch ihr an die Seite gesetzt
zu weiden verdienen. Aus dem senkrecht
stehendon Resonanz eines , Hügels lockt der
Künstler durch sanftes Streichen kleiner an den
Seiten befestigter Hölzer, die im Bass langer
und starker uud bis zur möglichsten Höhe im
Diakant verhalt 11 issmässig kürzer und, dünner
fortlaufend gleich einer Klaviatur angebracht
find, wie man erzahlt, unnachahmliche
Töne.
; — f
Wien, den 5osten Octbr. Auf unserm
Hofloeater wurde, eine grosse Oper: Seliko,
mit Musik vom Kapellmeister Gyrowetz gege-
ben. Seliko, der Sohn einer armen Wittwr,
liebt die Tochter d>s Oberpriesters, und bat
mit der Gegenliebe des Mädchens auch die Ein-
willigung des Vaters erhalten. Schon ist der
Tag festgesetzt, an dem sie verbunden werden
aollen, da fallt eine erobernde Horde über die
friedliche Sladt her, und macht alles ringsum
zur Einöde. Der Oberpriester selbst bleibt in
dem Tempel, seine Tochter aber flüchtet er in
ein verborgenes Thal , sie wird dort von den
Soldaten des Eroberers gefunden, und in sei-
nen Harem gebracht, wo sie aber alle Anträ-
ge standhaft abweist. — Seliko hat sich in -
seiner Matter ins Gebirge geflüch-
dem drückendsten Mangel
1 < y* »
preisgegeben ist. Die Noth erreicht den äua-
aersteo Grad: da Joosen die Brüder, wer von
ihnen sich ala Sklave verkaufen lassen soll, *•
übrigen zu retten. Das Looa triffV Seliko
als er aber auf den Markt kömmt, hört ev
einen Ausrufer dem eine grosse Summe anbie-
ten, welcher den Verbrecher entdecken würde,
der die vorige Nacht eine Lieblingssultanin
rauben wollte. Seliko giebt sich für den Thä-
ter aus, uud wird mit der Schuldigen, welche
natürlich seine Geliebte ist, zum Tode ver r
dämmt. Jetzt eilt der OJjm priester herbey
uud klagt sieb selbst als ilen TbiUer an. Der
Köuig vergiebt allen.
- 1 I »; m .«:•;: > . , . . • u. .
Soll- diese Floriansche Novelle von einer
dramatischen. Wirkung aeyn, so musste viele
Kunst darauf verwendet werden , um beson-
ders im ersten Theile das durch Chsjpktei>
Zeichnung und lebhaften Dialog zu ersetzen,
was der Handlung an Interesse abgeht. Das
war aber hier gas; nicht der Fall. HerrnHum-
mel fehlt es völlig an dem Talente zu rharaky
lerisiren, an der Geschicklichkeit eine Erzäh-
lung dramatisch in Handlung zu setzen, selbst
an Kenntnis de« Versbaues und der Sprache,
Alles schleppt sich durch eine Menge vielstim-
miger Musikslücke ohne alle VViikung fort;
und einige komisch seyn sollende Scenen'sind
recht arg missralhcn.
' Ueber die Musik sind die Stimmen ganz
gelheilt. Nach dem Ende des Stücks wurde
der Tonsclzcr von einem Theile dts v Publikums
herausgerufcii, während der andre sein Miss-
fallen zu erkennen gab. Man. würde unge-
recht seyn, wenn man Herrn Gyrowetz nicht
manche Verdienste zugestehen wollte. Eigen-
thümliches und besonders Kräftiges findet man
wenig; dafür aber eine fleusige, überlegte
Arbeit, stellenweise gelungene charakteristi-
sche Behandlung und eine reiche Instrument!-
rung, wovon gleich «WeYecht brave Ouvertüre
ein Beyspiel geben kann. 1 Die Fehler, weh he
man G."init~ftecht 'vorwerfen
>aaU » » 1 , • 1 x « 1 < J
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1804.
viel zu häufige Gebrauch der Blasinstrumente,
wodurch oft die Singstimmen ganz verdeckt
weiden; zu wenigSorge für da« Brillante der
Vokalstimmen, besonders in vielstimmigen
Gcsängstü^ken ; datfti die Behandlung der Chö-
re, die immer kräftiger Und feuriger zu wün-
schet! wären. Am meisten aber bat sich G .
durch die Menge auf einander folgender viel-
stimmiger Stü ke geschadet, welche das Ohr
betäuben und ' die Fassungskraft ermüden.
t)ie Ouer gefällt im Ganzen nicht. Di« dritte
Vorstellung war leer.
Im Theater an der Wien wurde die Kara-
vane nach .Kairo, aus dem Französischen mit
Gretryscher Musik , gegeben; ein Spektakel-
atück, in dem mehrere Schlachten vorkommen.
Die Musik hat manche liebliche Stelle, z. ß.
•inen recht artigen Kanon im ersten Akte u. a.
Das Stück gefiel so ziemlich. Ein Melodram
aus dem Französischen: Salomo'a Urtheil, mit
Musik von Guaisin , ist ohne musikalischen
Werth ; es gefällt nur durch das treffliche Spiel
8er Dem. Eigensatj^ l überhaupt dürfte ein
Melodram von drey Akten wbl ia lahg seyn.
!Nur eine leidenschaftliche Empfindung , wel-
che sich ihrer Natur nach in lyrischen Sp: ini-
gen äussert, kann so von Musik unterbrochen
werden , welche diese Uebergänge dem Gemü-
the des Zuhörers bemerkbar macht. Aber in
einem so langen Stücke muss zu viel Dramati-
sches geschehen, es kömmt zu viel blosser
Ideentausch vor, welcher mir diese lyrische
Behandlung nicht wol zu vertragen scheint.
Es wird dann ein Schauspiel daraus . welches
nur unwesentlich an willkührlichen Stelleu mit
Musik unterbrochen ist.
Kurze Anzeige.
Das Halltluja der Schupfung von E. X. A.
, Kunzcn. Klavier auszug. Zürich, bey Nä-
geli. (Pr. 4 Thlr.
*>I«* B *** , " -B " — mmmmmmmmmm msmfmma^^^ms^99K^^^s^msmsms^m^ms^^^m
itfi
Klavierauszüge aller Art, die oft auf eine
sehr huntschäckige Weise Passagen darstellen,
welche keine Hand herauszubringen vermag,
giebt es genug. ' Nicht jeder ist' geeignet , sfeh
an so eine Arbeit tu machen. Was t. B. lür
die Violin passend ist , kann nicht immer auch
für das Kiavier ausführbar oder kann auch hier
von ganz andrer Wirkung seyh, und muss
durch ähnliche Formen, die aber dem Instru-
mente angemessen sind , dargestellt werden.
Wir haben in diesem ganzen Klavieraiiszug
keine Stelle gefunden, die nicht jodet mittel-
mässig geübte Klavierspieler leicht Und rein
herausbringen/könnte. Auch sind alle Trom-
meleyen, die das Instrument so oft zum Hack-
bret herabwürdigen, überall vermieden.
Dafür ist aber auch die Begleitung oft gar
zu einfach ; ja wenn hiehrere Stimmen zusam-
men singen Sollten, Wird man auch das beste
Fortepiano stellenweis nur wenig vernehmen
können. Dies ist besonders der Fall im letz-
ten, p. 65 — wo die einfachen haltenden No-*
len der rechten Hand von gar keiner Wirkung 1
sind, auch 67 1 — 1^1 wo «man gebrochene
Akkorde, verstärkte Bässe etc. hätte anbringen
sollen. Die linke Hand ist oft zu leer gesetzt.
Der Spieler wird hier mit Verdoppelungen
und Akkorden nachhelfen müssen. — Das
Aeussete des Werks ist sehr schön. Die
Komp. selbst ist aus der Partitur bekannt.
. . // • II ' < ' 1 i l
I
Ima pmftf.
C A N O N
von Joseph H a y d n.
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Geist:
Thun shalt tiitvt moki o - th4r GuJf Out
Im e\\' - {,tn Wecluel ichau ruir-jen
',VS*0 u->S-.i|tvi nv
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Den 2 i tCD November. N=. O.
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1804.
1
-1 .
Einigt GtdanUtn Öfcw dU VcnheiU dtr frtihtn
1 muiikalUchen Bildung*
1
- — 1 ■
I
' . r.
Die Empfindungen, rnit denen der Genius
unser« aufkeimenden Lebens sich befreundete,
lassen tiefe Spuren turUok, »welche in den
SchattiruogeK und Gertaritengen des reifen Al-
ters noch hervorblicken. Mächtig dreht im-
zarten Sprössling die Natur Uadi'jSritWicklung.-
Tausend Quellen- öffnet die Sinnenweit der
Einbildungskraft, und hastig eignet diese Le-
bensgöttin Alles sich an, was Beschäftigung"
und Genuss verbcisst, und die Anlageu des
Menschen entfalten hilft. Strömet aber der
Einbildungskraft aus den Sinnen die erste und
stärkste Nahrung tu , und gebührt ihnen selbst
die Ehre, die höhereu Guraütbsvermögeri' er-
weckt und mannich faltig beschäftigt cu haben;
dann gebieten gewiss mit nicht unbedeutender
Macht die ersten, häufigsten, tiofsten Ein-
drücke der unbefangenen Kindheit über die
charakteristische Form uusers spateren geisti-
gen und sinnliche» Lebens. Und soll der
Meusch in seiner Bildung nicht dem blossen
Spiele des Zufalls- Preis gegeben werden , der
uns ja für keine wahre zweckmässige Bildung
Bürge ist; so verschmähe man es nicht, die
offenen Sinne des kleinen Zöglings mit solchen
Empfindungen zu erfüllen, die, zwar der 1
Kunst eutftossen , doch auf dem Wege der Na-
tur eine edle Kultur begründen helfen. Wir
verweileu hier nur bey dem Gehörsinn,
welcher, bey seinem innigen Zusammenhange
mit dar Sprach«, diesem grossen KVnrize^
eh er der V efnüHftigkcit^ -cthW ffctiah Rang
7. J »lir g.
unter den Bildungsqnellen behauptet. Wie
dieser Sinn in der frühen Kindheit am öfter-
sten und innigsten berührt und durchdrungen
wird , davon scheint ein grosser Theil der fol-
genden Entwicklung und Bildung anzuhangen.
Denn das Gehör gewährt dem Nachahmungs-
triebe des Kindes vielerley Stoff und Manier,
Gedanken 1 and Empfindungen laut werden zu 1
käsen* weckt Bilder, Ideen, Affekte undf
Leidenschaften im kindlichen Gemülh, und
giebt durch seine Sensationen selbst dem zar<-'
ten Nervensystem eine eigene Stimmung 1 .
Was anfangs nur dem- duu?effr3eWtf*»tseyn
vorschwebte, das- lässt doch Spuren für die
Erinnerung, und cigriet sich* bft ; unvertnerkf
dem Gemüth so 1 innig an, daäs es nachv
he¥ alreih Bestandteil fri dem 1 heitern, deut-
lichem Bewusstseyn unverkennbar, ja kaum'
zu vertilgen ist Diese Wichtigkeit der frühesten
Eindrücke aufden Gehörsinn des Kindes im All-
gemeinen vorausgesetzt j wird man folgenden
Bemerkungen über den wohlthätrgen Einfrass
der Truhen mnsikatischen Erziehung und Un-
terweisung nicht allen Bey fall versagen. So
oft man diese Bemerkungen auch schon im
Stillen gemacht haben mag, so lieset man sie
vielleicht doch gern bestimmter ausgespro-
chen, durch Gründe bestätigt; und^-zu weite-
rer Prüfung und Anwendung hier n«Tgetbeilt.
Wie bald ünd wie das Kind 1 apre*
chen und singen lerne, kommt wesentlich
mit auf die 'Beschaffenheit und Entwicklung
seines Gehörs an! Verwahre daher, lie-
bende Mdtter, diesen 'zarten' Sinn bey deinem
Säugling^'vW^wirubeudbür &Hö**> vor aller
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i8o4. November.
120
innern und Mussera Schwächuug and Hem-
mangl Uebe hald deinen Liebling die uian-
cherlcy Schalle, Laute und Klange zu unter-
»cheiden , ihre Grade, ihre Beschaffenheit, ih-
ren Entslehungsott anzugeben, -anti «össe-ihm
die nachzuahmenden Töne der liolden Musik
lief in die Seele! Bald belohnt dich für dfese
Sorge die Gewandtheit und Sicherheit der
Stimme deine» Kindes, der Wohllaut seines
Sprechens, und seine Gelehrigkeit im Singen*
Du erfreust, dich in Kuvaern seiner reinen me-
lodischen Sprache, und wunderst dich nun
nicht mehr über die eintönige , rohe Mundart
der verwilderten oder verbildeten Kinder der
«orglosen Nachbarn. Wie hebt sich dein Mut-
terherz, wenn Sohn oder Tochter deine Melo-
dieen, bald »}ur Erheiterung der < Einsamkeit,
bald zur geselligen Müsse, lieblich ertönen
läsat! Bilmes* du auch keine Virtuose» der
Kunst, so. vergnügt es dich doch schon herz-
lich, dass deine Kinder nach dem Umfang ih-
rer Stimme singen, und weder falsche Töne
noch, widriges Gekreisch zu hören geben,
Leas also, liebende Mutter, schon doin un-
mündiges Kind, oft sanfte,; liebliche,, ein fache
Melodieen, zarte, reine, unschuldige Gesaur
gehören! Allmäblig, wiowohl unmerklich,
wird es mit ihnen vertraut, und gewinnt damit
nicht nur eine Vorbereitung zur Entwicklung
und Bildung seiner Stimme, sondern auch
«inen wohlthätigeu Einflnss auf sein inneres
Gefühl. Lernt es nun nachsingen, lernt es
•uch den fasslichen , lehrreichen, dem kiudli- I
eben Sinne sich anschmiegenden Inhalt der
kleinen Lieder verstehen: wie vielfach, Mut-
ter, bist dann du, wie vielfach ist dein Kind
belohnt! Oas Nachsingen macht seine Stimme
geschmeidig und biegsam, auch zum Sprechen
und Lesen, es bekömmt, wie man sagt, mehr
Ton in die Kehle. Und wie versüsst den Um-
gang schou eine wohllönende Aussprache!
Leichter und schneller entwickeln überhaupt
deine musikalischen Vorübungen ihm die
Sprachprganev.. pahey öffnest undj bildest du
suialcich schon «hm %, dw£cb,<*n« > wen T<
dest Gefühl und Geschmack dem Sanften, Ed-
len, Liebreichen zu. Aus dem Inhalt der Ge<*
säuge schöpft dein Kind Nahrung für Versland,
Herz und jugendliche Phantasie. Heiterkeit,
Ruhe und Klarheit verbreitest du in seiner
Seeie. Mütter, treue Wärterinnen oder Ge-,
schwister, wenn ihr den Kindern vorsingt und'
sie neue Melodieen lehrt, kettet ihr sie da-
durch zärtlicher an euch an! Und welche
Nahjuug zieht nicht die süsse Anhänglichkeit
an die Heymath, oder die Valerlandshebe,
aus deu von Kindheit au gewohuten einhei-
mischen Liedern und Weisen, aus den eigen-
thünilicbcn Gesäugen oder Tonstücken der
Nation? . . . ,
Wundert euch nicht • das« der j unge Emil
ao, ,sti|l und verschlossen . ist. Ihm war$ iu>
seiner Kindheit keine freundliche Umgebung.
Einsylbig war der Eaniilienkreis um ihn her.
Kein Liedchen, keine Melodie, dem Klavier,
der Harfe oder der Guitarre entlockt, weckte
ihn zn frohen, Empfindungen; nichts lehrte
ihn , sympathetisch sein Gefühl im Gesänge
^der im musikalischem Spiel ausdrücken. Das
herzzerschneidende Geschrey oder Geheul der
sonntäglichen Kirchen Versammlungen, die der
zarte Knabe besuchen musste , verstimmte
früh genug den Sinn für Musik , welcher wol
unter den sanften Chorälen und Oigeltönen bey
einer Herrnhn tischen Gemeinde wohllhätig
hätte entwickelt, und geleitet werden können. —
Eduards unfreundlicher, roher Ton stöast
uns zurück, immer glaubt man ihn zanken zn
böi-en, auch wenn von gleichgültigen Dingen
die Rede isL Wundern darf uns das nicht»
Viel von dieser Unart erklärt «ich au» den rau-
hen, wilden Tönen, aus den schreyenden
Lauten, unter deuen das Kind, bey der vollen,
Lebhaftigkeit seines Nachahmungstriebes, auf-
gewachsen ist. Denn wie oft entspringt nicht
au» dem rohen häufigen Umgange grosse Ver-
äbnlichung der Sitten und besonders des Ac-
centes der Sprache! Sollten aber nicht sanfte
Gesänge* wohllautende Modulationen der
Stimme, im aufkeimenden Gcmülhe Ruhe der
r
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J
121
1804- November.
Stimumng, Milde de« Ausdrucks, wenigstens
begünstigen, wo nicht bewirken helfen?
Frühe Bildung des Musiktalents , frühe
Beschäftigung mit Musik füllet manche Leere
im noch schwankenden Leben Jes Jugendalters
aus, welche leicht verderbliche Verirrungen
aufnehmen oder begünstigeu könnte. Sie bie-
tet dem jugeudlicheu Geist und Herzen ein an-
ziehendes Studium, eine schöne Unterhaltung,
welche manche schädliche Leidenschaft abhält,
verscheucht, besänftiget oder ableitet. Oft
versüsst der Musikgennss das Leben und ent-
schädiget gegen manche bittre Entbehrung.
Leider finden sich freilich auch unter Musik-
freunden und Tonkünstlern feindselige Leiden-
schaften. Allein , wo sich solche Flecken
verralhen, da ward schwerlich die wahre
Würde der Kunst innig gefühlt, da ward sie
gewiss zum blossen gemeinen Erwerbzweige,
oder zur Sklavin der Eitelkeit, des Ehrgeizes
und des- Luxus von schon verdorbenen Men-
schen herabgewürdigeu Sonst wird man un-
ter ihren Ächten Freunden nicht leicht bösarti-
ge Störer der menschlichen Glückseligkeit,
nicht leicht heimtückische Menschenfeinde an-
zugeben wissen. Vielmehr rauss, wie bey
dem Studium jeder schönen Kunst, so ganz
vorzüglich bey dem Studium der Musik die
Humanität und der weltbürgerliche Sinn ge-
winnen. Denn das Interesse geht von der
Kunst auf die Künstler über, welche durch
ihre Werke so erfreulich auf Mitwelt und
Nachwelt wirken. Ja es dehnt sich auch auf
andre Kunstfreunde in der Nähe und Ferne
aas, und bringt den Kunstverehrcr oder
Künstler mit Andern in manche liebe, herzli-
che Berührung. Die Zuneigung und Bewuu-
derung, welche Kunstverwandte nnd Kunst-
freunde für einander einzunehmen pflegt, so-
bald nicht der niedrigste Neid sich einmischt,
leicht Freundschaften und zärtliche
In sich selbst hat die Tonkunst und
Werth, welche
ttl
jede nicht einseitige, sondern möglichst har-
monische Tuätigkoit des veredelten Menschen
behauptet. Dieses setze ich voraus, wenn
ich jetzt fortfahre nur die woh Ithatigen Bezie-
hungen der frühen musikalischen Bildung an-
zudeuten.
Lernen die Kinder, nachdem schon ihr
Gehör und ihre Einbildungskraft günstig vor-
bereitet ist, nun nach einer guten, progressi-
ven Methode den Gesang oder ein Instrument,
so füllt ihnen dies manche sonst vertändelte
oder verdorbene Zeit nützlich und edel aus.
VVie viel gewinnt aber vollends der Familien-
sinn, wenn die Aeltern oder die erwachsenern
Geschwister die Kleinen unterrichten, oder
doch theilnehmend ihre bey dem Musiklehrer
■u machenden Fortschritte befördern! Wel-
chen Frohsinn kann nicht ein guter, freund-
schaftlicher Mann dieser Art in <ler Familie
verbreiten, wenn er die Konstprogressen bey
den jungen Leuten liebreich aufmuntert, ihre
Musikübungen unterstützt, nnd als Haus-
freund , veil Kunstsinn und Humanität, im
traulichen Kreise willkommen ist! Welche
Nahrang edler Geselligkeit gewahrt die Musik,
sie werde bald mehr , bald minder gemein-
schaftlich, jedoch nie ohne alle wechselseitige
in Stunden der Erholung, oder
zu festlichen Zeiten, bald zur andachtsvollen
Erhebung, bald zur blossen häuslichen Freu-
de, and zur Ergötsung einkehrender Fremden
and Freunde ausgeübt! Wer zweifelt au der
Veredlung, zu welcher die Aufführung schö-
ner, und erhabener Singstücke von geistvollem
Inhalt im Schoosse der Familie beyzutragcn
Vermag! Musik und Gesang öffnen ja unser
Herz erst recht dem Zauber der lyrischen
Poesie. - - — -
üebrigens scheint das Musikstudium (es
betreue das blosse Singeu, oder das Spielen
der Instrumente) auch in folgender Hinsicht
den heilsamen Einfiuss der übrigen Erziehung
befördern zu helfen. Der Sinn für ReaeWs-
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123
1804. November.
124
sigkcit, Richtigkeit, Ordnung und Harmonie '
kann bcy dem Ueiasigen Anhören und bey der
sorgfältigen Aut'luhrung guter Kompositionen
.nicht ohne Bildung bleiben. Nur aorge die
Erziehung, dass dieser Sinn auch ausser
dem Gebiete der Musik Befriedigung suche,
und nicht Vertiefung in die Knust oder Stolz
und Affektation alle Kegeln des übrigen Lebens
aus den Augen setzen. Die Aufmerksamkeit
und die Untei Scheidungsfähigkeit werden bey
dem Notenlesen und Noten tretfen vorzüglich
geschärft. Die Taktiibungen (besonders bey
vielstimmigen Stücken, Fugen u. d. gl.) for-
dern beyde lebhaft auf, und nöthigen zur Gei-
stesgegenwart, tu einer besondern Festigkeit
und Besonnenheit des Gemütha. Der junge
mu3ika,liacbe ;j ,ZögJing gewinnt durch seine
Kunst eine aohjtUbare Gewandtheit, tuannich-
faltige Formen achaell aulzufassen- und nach-
subi|d«|i- . Bey dem innigen Zusammenhange
und der genauen Wechselwirkung der mensch-
liehen Kraftaut&erungen scheint min <fce musi»
kaiische Bildung oieht etwa einseitige, son-
dern allgemeine und intensive Bntwickehang
der : Kräfte tu gewahren, unter der Voraus-
setzung, dassrdte Methode de» Unterrichts sich
den, Entwickelungsgesetzeu und den > indivi-
duellen Anlagen, Richtungen und Stirn mun»
gen des ganzen Menschen anzuschmiegen
In den höheren Standen rechnet man zu
unseru Zeilen fast allgemein Musik zu den
vorzüglichsten Stü< ken einer eleganten Erzie-
hung, oft freylich mehr aus Modegeist und
Sucht zu glänzen., als aus Achtung für den in«
nern Werth der Kunat und für ihre bildenden,
veredelnden Wvrkangenv Aber aucb*in den
niedein Standen würde einige musikalische
Bildung bey der zarten Jugend, sowohl der
angegebenen allgemeinen, als andrer besonder
rer Vorlheile wegen, zu wünschen aeyn.
Da« man dem Unterricht im Singen schon seil
Jahrhunderten,, und vorzüglich aus erweiter-
ter Ciusichl in den neuesten Zeiten, in Ele-
mentar- und Volks- und selbst in gelehrten
Schulen ziemlich allgemein angeordnet hat,
ist daher aehr zu schätzen *). Wie manches
treffliche Talent für die Kunst. ist ans den nie-
dern Ständen und aus solchen Anstalten her-
vorgegangen ! Grosse Bey spiele vou Komponi-
sten und Virtuosen sind bekannt. Für die
niedern Volksklassen aber muss musikalische
Bildung, ausser den angeführten Hinsichten
auf Entwicklung und Kultur der Kräfte, sehr
oft wohJthätig werden. Musikalischer Sinn,
und, wo möglich, einige musikalische Ge-
schicklichkeit, würde ihnen manchen «rhö'nen,
edlen Genuss, manche Erhcilruug gewähren,
deren sie nicht selten sehr bedürfen , und ih-
nen die Zuflucht zu verderblicheu Ergötzlich-
keiten und Unterhaltungen entbehrlich machen.
Nur inüsste der Geschmack mehr vou solcher
Musik abgeleitet werden, welche hlos die ge-
meine Sinnlichkeit reizt und rohe Lustigkeit
befördert. Musik im edlern Sinne würde oft
die Liebe zur Häuslichkeit befördern und man-
che elende Zeilvertreibe verdrängen. Mit früh
und zweckmässig entwickeltem musikalischen
Sinn würde der gemeine Mann mehr Gesch mack
an herzerhebender Kirchenmusik gewinnen,
die Kirchengesänge reiner und sanfter singen;
otid so seine und Andrer Erbauung mehr be-
fördern **). Zölluer sagt in seinem Werke
*) Die Leipxiger Tftoiuaaecliule ,be»tcht -seit langet! Zeiten als eine- der interessantesten und schätzbarsten.
Bil<luiig*an»taltcii für Musik und Gelehrsamkeit , • ■ uwd besundess verdankt üir die raligioae Tc
viele edle Kultur und Aufmunterung.
**) Der verewigte O. C. R. Zöllner eril?rt »ich In seinem vortreffliche» Werke: Ideen Iber Na.
tiouaUrsnh«»» 1. Thail (tteriiiiV »8<*) : S; nk ff. ..hr sur fimpfchlung dea UaU.richi, im Ga-
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über Nation al er zieh urtg (r. Tli. 8. ia5.):
.Sehr triftige Gründe Hessen sich für die all-
gemein e K i n iü h r u n g d e * U n t er r i c h t s
in der Instrumentalmusik beybringen ;
aber alle werden durch die einzige Betrachtung
abgewiesen, dass dieselbe dem, der nicht aus-
gezeichnete Talente und vorzügliche Neigung
dazu hat, allzuviele Zeit kostet. M — Sollte
dieses Letztere ganz gegründet *eyn? Eine
1804. November. **6
leyen oder auf oft im Werthe zo hoch ange-
schlagene Uebungen (z. B. das modische, für
Gesundheit und Leben nicht selten verderblich
gewordene Tanzen) wendet. Es wird ja nicht
verlangt, lauter Sanger und Musiker von Pro-
fession zu bilden, sondern nur den Sinn und
die Fähigkeit, welche ihr Gesang und Ton-
kunst in der Seele des Kindes liegen, zum
ganzen Erziehung«weck nicht, unbenutzt z»
"gute Methode, die früh anfangend vom Leich- lassen. Verhaltnisse und hervorragende Ta-
taren zum Schwereren fortgeht, und sich | lente werden schon über die Wahtdea musika-
nach den Anlagen richtet, wird nicht viel
Zeit rauben, wenigstens nicht mehr Zeit for-
dern, als man selbst auf manche leere Tände-
lischen Berufes entscheiden.
Leipzig
C. F. MitfhaeUs*
sangc. „Endlich mochte ich gern in den allgemeinen Kreis der Jugendbildung noch einige Ucbung \ti
»in gen ziehen. In der protestantischen Kirche itr der Genug ein wesentlicher Theil der Öffentli-
chen Gottesverehrong , und wer leugnen wollte, das» bt es in seyn verdiene, der würde üben »• we-
nige Bekanatacheft mit dem Geist* der Erbauung , al« mit der -Allgewalt, welche die Totrkunat in Verr
biuduirg mit der Poesie Uber daa menaohüehe Geaütfc aiMÜbt, verraüien. Aher wie aehr verejhwindet
die »eht>ne Wirkung, wenn die Qemeige ohne Gefühl, Harmonie und Ordaimg ihre Stimme ertiebf,
und es da« Ansehen gewinnt, als ginge Jeder nur darauf au», den Nachbar zu übertchreyen ! Würde
die Jugend seiibt , rein, mit Ausdruck, wenigsten» zweistimmig, und mit gemässigter Stimme iu ti*>-
gen: to würde der Kirehengesang «einen Zweck in einem viel höheren Maasse erfüllen und selbst die
hauatich« -Srbtuiung fdr feumnse Gesnüther einen viel grosseren Reiz bekommen. — Ffir «He Relir
gionsparthejen erhalt der Gesang hiernach» t dedsirch einen grosson Werth, dass er ei* ,ao treffliche»
Mittel ist, »cheine Bniphndungen und edle Grundsätze tief in die Seele zu pngen , dem Gemüihe eine
heitere Stimmung zu geben, und als ein Bend drr Geselligkeit zu dienen. Die* wird allgemein so
tief gefühlt, dass es wenige Völler giebt, bey denen da» gemeinschaftlich : Singen nicht in einigem
Gebrauche wäre. Im nördlichen Thcile unser» deutschen Vaterlandes, der sich überhaupt nicht »ehr durch
Frohsinn ansaeiehnet, wird zwar weniger gesungen, al» unter den südlichen Deutschen ' avft den Fr«a-
zosen. Aber doch hört man öfter» von den Schnittern, die im Schatten ihre Arbelt tfarch eine kurze
Ruhe unterbrechen, von den jungen Leuten auf deen Plaue vor der Sahen*.»-, m« den Soldaten, in der
Wachstube, von heimkehrenden Milchmädchen u. «. w. ein Lied anstimmen, welches ganz Autirruck
innerer Fröhlichkeit ist. Schade nur , das» hüuCg dieser Ausdruck und drr Inhalt der Lieder gleich-
weit von Sittlichkeit und Anstand entfernt sind , to dass der gemeine Mann in vielen Gegenden Dentscrr-
laixis gerade» allen Gesang, nach »einer Redensart, in Gotteswort und Seh elm stfreke erat heilt.
Diesem Uebel aber würde abgeholfen und zugleich dos Guten vielerley gestiftet werden , wenn die
Jugend früh schon geistvolle Lieder angenehm singen lernte. Freylich müstte aher nnVR diesem He—
dürfnissc durch unsere Dichter abgeholfen werden; denn obgleich viele tausend Verse und Heime über
alle die Gegenstände, die für den Voltsgesaog gehören, voiliandon sind: so giebt es doch fürwahr
»ehr wenige Lieder, die in Gedanken und Autdruck gaiii dazu geeignet sind, einen besscrou Geschmack,
ein edleres Gefühl, patriotische und fromme Gesinnungen und anständige Fröhlichkeit uuirr fem gros-
»en Haufen zu verbreiten. An passenden, einfachen und leirhteu M. toiliecu mochte es •weniger fehlen.
Wau mache indessen nur den Anfang mit dem, was da ist- AJlnianllg wird sich der Yorr.ith wol
•eermehren."
Auch der edle Schweizerische Pädagog, Pestalozzi,, »vlilt (nach einigen Angalten in seine»
Schrift: Wie Gertrud ihre Kinder lehrt S. 9', und it., und zufolge seiner hier nur vorläu-
fig angedeuteten Lehre von den Gesangtönen S. 170. 181. 18a.) Musik und Singen unter die Er-
forde«i»»e »eiaer neo orgaoitirteo Unterrichtsmethode.
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«7
j8o4. November*
128
ß B C B H t t O K.
Das Halltluja dir Schöpfung von F. L. A.
Künztn. Partitur*). Zürich, bey Niigeli.
CPr. 3 Thür.)
Ein in man« her Hinsicht merkwürdige!
Kunstprodukt. Um davon rieht ger urthei en
zu können, wollen wir erat einen Blick auf
das Gedicht werfen, da« ihm «um Grunde
liegt.
Ein Loblied auf die Schöpfung! gewiss,
ein Stoff, eben so reichhaltig, al» sur musi-
kaliaehen Bearbeitung geeignet. Das« ihn der
Dichter an «ich gut behandelt hat, ist ganz
offenbar, und braucht hier nicht untersucht
su werden. Ob Übrigeos Dichter, wenn sie
nicht zugleich Komponisten sind, und doch
ohne Uebereinkunft mit einem Komponisten
für die Musik arbeiten, zweckmässig arbeiten,
ist eine Frage, die woi einer Auseinanderset-
zung werth wäre. Die Dichter klagen, das«
Komponisten ihre Verse verkürzen, verder-
ben; die Komponisten — dase Dichter Werke
liefern , die sie nicht setzen können : wie vie-
les wäre nicht hierüber zu sagen ! Nicht jedes
«chön versifizirto Gedicht ist deswegen auch
»chon ein musikalisches Gedicht, so oft es auch
der Titel ankündiget. Doch sollte auch der
Komponist nicht sogleich klagen, wenn der
Dichter neue Sylbeurnaase, neue Wendungen
wählet, und sich über seine vierfüssigen Jam-
ben und Trochäen erhebet» er sollte seinerseits
auch auf neue musikalische Formen denken,
da sich die jetzt gangbarsten ja meist so ähnlich
sind, als die chinesischen Gesichter. Ree.
glaubt, und gestehet seinen Glauben, obschon
er Widerspräche genug linden wird — dass
man, um gute musikalische Gedichte zu be-
kommen, der Verse und der poetischen Bilder-
sprache gar nicht nölhig habe. Er» lere muss
der Komponist ohnehin wieder iu Prosa auflö-
sen, er darf die Sylben nicht so zahlen (»can-
diren) wie sie der Dichter zählet, und iu der
Musik giebt es keine Hexameter und Peutame-
ter, keine Alkäische oder Sapphisohe Strophe:
es ist am Ende alles nur Prosa. Und die Bil-
dersprache ! Nur selten gewährt sie dem Kom-
ponisten Vortheile. Poetische Prosein kurzen,
rhythmischen, ungekünstelten Satten, unge-
fähr so, wie Gessner sie schrieb, ist, nach
Ree. Meynung, am allerbesten für die Musik
geeignet) und so mitleidig anch Mancher auf
die Worte von Haydus Schöpfung herab-
sieht, so sind sie doch für Musik vortrefflich.
Ich möchte tneyuen, Haydn habe sie selbst
machen helfen. Anders ist es in den Jahres-
seiten. Die schönen T Ii orason' scheu liJeen
zwangen den Künstler für die Phantasie zu ar-
beiten; er war nicht in seinem f ach. — Dieses
Wenige vorausgesetzt, können wir von der vor-
liegenden Poesie behaupten, dass sie — so vor-
trefflich, so rein und erhaben sie auch ist — doch
für Musik zu einfärbig, zuwenig abwechselnd
in Empfindungen ist. Es gehört Kunst dazu,
diese gehäuften Loh- und .Preischöre iu inter-
essante Haltung zu bringen.
Unter die Versuche , «Her Einseitigkeit der Urlheile in untern Blättern vorzubeugen , gehftrt auch der,
das» wir, wenn von ausgezeichneten Künstlern oder auvh Ton einzelnen wichtigen Werken der Ton-
Vuiut mehr als einmsl gesprochen werden muss, dafür sorgen, da» darüber nicht nur unier nördliches
Deutschland . sondern auch das südliche gehört werde. Die verschiedensten Ansichten loiton den Achtsame«
oft erst auf den Mittelpunkt; aus den verschiedensten Beortheilungen resultirt oft erst das Unheil.
Konzern Halleluja wurde vor einigen Jahren aus dem Manuscript des Komponisten in Leipzig aufge-
fühit, und wir haben damals (ater Jahrgang 1800 , S. 03o folgg.) ausführlich darüber gesprochen. Die
iit von einem sehr geachteten Komponisten und Kunstrichter im südliche«
hier folgeudo
Deutschland.
•)« Redakt.
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129
1804. November«;
130
Seim wir nun, wie Hr. Künzell den Text
behandelt habe — denn die Anordnung de«
Ganzen, die Verbreitung des Lichts und
Schatteos , das Hins treuen der Theile su
einem grossen Effekt, ist eigentlich die Sache
des denkenden Künstlers, und dadurch kann
er auch iniltelmässige Stoffe erhaben be-
handeln l
Das Stück Hingt im Adagio, mit Piano,
nnd mit dem Quintsextenakkord an. So neu
und überraschend letzteres ist, so möchten wir
darauf rechneu , dass es in jedem. Saale, wenn
er auch nur miltelmässig mit Menschen ange-
füllt ist, von weniger Wirkung seyn kann.
Delhi üngcathtef des dreyinaligen Klopfens'
unsrer Musikdirektoren ist es doch Anfangs
nie so stille, dass mm solch eine Feinheit
bemerken könnte. Besser einen Anfang, po-
puläres Vincentem strepitus, um durch einen
imponireuden Schlag zu geschäftige Zungen zu
lahmen. Doch Hr. Kunze n halt sich nicht
lango in diesem Adagio auf; sein still anfan-
gender Chor bricht sogleich , wie es der Text
sagt, in ein feuriges, erhabenes Loblied aus,
das unaufhaltsam ganze 70 Takte hinströmt,
«ich dann in ein sehr schön geschriebenes Re-
citativ verliert , dem noch der kurze, dann öf-
ters vorkommende Chor : Hallelujah, wir
leben, du bist, du warst, du bleibest
.ewig, .Herr, uuserGott, bergt füget ist.
Wir hätten gewünscht, dieser Chor
schlösse in der Tonart , in welcher der erstere
geschrieben, nämlich in Es, oder er wäre
wenigstens durch eiue Wendung, durch einen
melodischeil Gedanken mit dem vorigen ver-
bunden oder aus demselben gezogen ; so wäre
das ein harmonisches Ganze ganz vortrefflich
als Einleitung und zum Hallen der Aufmerk-
samkeit, da diese beyden Chöre, so wie sie
jetzt sind, als zwey uu verhältnismässige Slük-
ke ohne eigentliche innere Verbindung da-
stehen.
Nun folgt eine Sopranarie mit obligater
yioitn, dann eine Tenorarie - nnt
.... .» «.
hängtem kurzen, eben bemerkten Chor : H a 1-
leluja, du bist, du warst ete. An die-
sen «chlieaat sieb ein WechseJgesang — ein
schönes, mit Geschmack und vieler Feinheit
geschriebenes Stück , voll der schönsten Wen-
dungen und angenehmsten Melodieen. Auch
diesem Duo ist der kurze Chor: Halleluja,
du bist etc. angehängt, und zwar folgt auf
denselbeu sogleich ein anderer, ohne Verbin-
dung, ohne Zwischenspiel, ohne Eingaugs-
sinfonie. Man siebt, es ist dies ein Versehen
des Dichters , dem der Komponist zu nachge-
bend folgte; denn schon vorige drey Arien ste-
hen zu isolirt da. — Doch der Chor, von
dem hier die Rede ist, hätte wol der am mei-
sten hervorstechende Theil der ganzen Kantale
werden köonen,hätte derKompooist die erhabene
Schilderung des Unge witters von den Worten:
Dein Thron wird Nacht, bis: dumpf
rollt sein Dennerwageo, mit Chören
vermischt So singt aber diese schönen Sätze
eine einzelne Basstimme , und der, Chor lässt
«ich nur vom Anfang und zuletzt kurz und ein-
fach hören. Man sieht, Hr. Kunzen ist von
seinem Dichter zu voll; er wagt es sieht, sich
über ihn hinauszusetzen, oder gar, wie so
viele thun, dessen Worte nur als Gelegen-
heitssprache zu betrachten, um seiue Kunst
an den Mann zu bringen. Die darauffolgende
Aria parlante : Selbst wenn des Lebens
Engel alle flüchten, ist eins der schön-
sten Stücke, das dem Ree. in dieser Art vor-
gekommen, voll Zartheit und Innigkeit, das
tief ins Herz geht. Doch folgt gleich darauf
ein Duo: Gerechter Richter! das eben
in dem sanften Styl geschrieben, aber not-
wendiger Weise nicht auffallend seyn kann,
da es wieder ohne Zwischenrecitaliv — ohne
Zusammenhang vorkömmt.
'■■
Ein schönes Recitativ macht die Einleitung
zum letzten Chor — eigentlich zu den letzten
Chören: denn, man denke, mehr als 4o Verse
sind von dem Dkhter für fortdauernden Chor
bestimmt Wenn die Musik bej der Aufitih-
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I3i
i8o4,: November.
132.
ntng Iii« i- tilcht ermüdend wird — wahrhaf-
tig, t,oh it Hr. Künzen vitles, ja alle« gelei-
stet, was Musik in diesem Falle leisten kauu.
Man' sieht aus der Hererzählüug der Mu-
sikstücke dieser Kantate, das« der Dichter sei-
nen Stoff nicht immer musikalisch gut gerei-
ltet, und dass der Komponist , anstatt sich
über ihn hinauszusetzen, sieh zu ängstlich au
denselben gehalten hat. Es ist, um ein inter-
essantes Ensemble hervorzubringen, nicht 1
gleichgültig, ob hier ein Allegro, oder ein
Adagio, ob da« Recitativ , der Ohor, hier oder
dort stehe. Nut 4 zu oft macht ein schönes Mu-
sikstück,' Wie jeder aufmerksame Beobachter
eingeben wird, bloa deswegen die erwartete
Wirkung nicht, weil es nicht mit dem vorher-
gehenden, oder dem darauffolgenden in das
gehörige Licht gesetzt worden. Dichter soll-
ten also wol ihren Stoff nack den Wünschen
des Tonkünstlers nnd Erfordernissen der Kunst
ordnen, nicht den Komponisten ihrer Phantasie
oder Laune unterwerfen wollen, und Kompo-
nisten zwar dem Dichter nachfühlen, aber doch
ihre Kunst nie aus dem Auge verlieren.
Noch bleibt uns übrig über Hm. Kon-
zens Musik als praktisches Werk zu apre-
Wendungen und harmouische Kunstgriffe zu
moltvireti. De*»cn ungeachtet muss das Werk
wegen seines gefälligen Slyls und anderer schon
■ bemerkten Schönheiten bey der Aufführung
von vieler Wirkung seyn. Besonders gut
wird sich da auch da* : Heilig, das mit dein
letzten Chor verwebt, nur von Singstimiuen
, ohne Instrumente gesungen wird, ausnehmen. >
Die Partitur ist in t'oliolortnat, auf Pflich-
tigem Papier sehöu uud korrekt gestochen. ,
A K S K D 'O T B,
Der schützbare französische Kircheukotn»
ponist, Giruust, den das Schicksal, von »ei-
nen, Landsleuleu ungemessen gepriesen, von,
Ausländern ganz übersehen zu werden , ohu-i
gefähr in gleichem Maasse uorecht, trilü —
Giroust debütirte im Publikum Also — (nicht
ganz, wie es Laborde erzahlt).
176Ö hatte ein Kunstfreund eine goldene
Medaille bey Danvergne, dem Direktor der
geistlichen Konzerts , niedergelegt zur Beloh-
nung für die beste Komposition des Psalmen«
Super fluiniua. Zwey und zwanzig \,Ve«k.«
liefen ein. Die drey vorzüglichsten wurden
chen. Ree. gestehet , dass erste überall kor- | erwählt und aufgeführt: welches den ausge-
rekt, fliessend, geschmackvoll und den W01- zeichnetsteu ßeyfall des Publikums fände,
ten anpassend gefunden. Das Sanfte und Rüh-
rende scheint vorzüglich des Komponisten Sa-
che zu seyn , und ihm mehr zu gelingen , als
das Erhabene und Grosse. Ueberall fühlte er
seinen Dichter, leihet ihm seinen musikali-
schen Ausdruck, wobey er aber, wie gesagt,
nicht selten sich selbst vergisst. Man ver-
misst in seinem Werk Abwechslung von Mo-
dulationen, die Tonarten sind nicht immer ge-
nug gewählt, man könnte von dieser langen
KanUle beynahe wie von einer Sonate sagen,
sie gehe aus Es Dur, so herrschend ist diese
Tonurl ; der Komp. versehmäht es seine Ka-
denzen nach Art andrer Komponisten durch
sollte gekrönt werden — so war es ausge-
macht. Aber das Publik, entschied ganz mit
gleicher Theilnahme für zweye in. ganz ver-
schiedenem Styl; das eine ernst, majestat sch
düster, aber imposant, das andere saufter,
wehmülhiger und in freyerer Schreibart.
Man halte aber nur eine Medaille. Die Di-
rektion jenes Konzerls liess also ciue zweyte
schlaget!, um bey de Rivale krönen zu kön-
nen, und nun wurden die versiegelten Zettel
geöffnet, die die Namen der Komponisten ent-
hielten! Man fand mit Verwunderung, dass
beyde Preise Ein Komponist sich erwürben
habe, und dieser Komponist war Giroust.
( liieren Salicri'i Portrait alt Bejlaj;« nnd da* Intsliigeniblatt Wo.
— r
. . ■ ... .. !
Leirti«, s e y a (*r
HI.)
Korr (HO H A K T S L.
(
ALLGEMEINE
MUSIKALISCHE ZEITUNG.
Den 2 S ,<jn November.
m 9.
1804.
Einigt Gedauktn zu ein«r Erfahrung.
—
• - • ■:- : J
Jis lässt «ich eine- gewisse Polarität der
Empfindungen sowol durch die höheren als
niederen Siune nicht verkeonen. Was dir
letzteren angeht , so setzen wir schon im gc-
meineu Leben dem Sauren das Süsse, dem
Uebel- das Wohlriechende, dem Ranheu das
Glatte u. a. f. entgegen. In den Empfmdun-
gen der höheren Sinne sprechen sich diese
Gegensätze eben so klar aus, auch wo wir
sie nicht zu finden glauben, und dann lie-
gen aie wol nur dem wenig kultivirten oder
dem gröber organiairten Sinne verdeckt. So
empfinden z. B. gewisse Individuen den Mis-
laut nicht als diesen; so wird uur. das ge-
übte Auge des Künstlers die w*hre Ziikel-
Ggur von der falschen unterscheiden u. •«.£
Ich habe oben das Wort Polarität zur
Bezeichnung des Begriff« gewählt, den ich
mit der Sache verbunden wissen will, und
noch iu auderer Rücksicht ist es der pas-
aeude. So wie nämlich Ein Pol dem andern
entgegen steht, und so wie + E — E ver-
nichtet, und umgekehrt, so auch mit den
Empfindungen des höheren Sinnes: dem be-
sonderen unreinen Anblick entspricht nur
der besondere reine; die Wehklage tilgt-
der ihr entsprechende Siege* klang u. s. w.
Der genialische Künstler wird mich verste-
hen, ihm wird es nicht schwer werden für
Eine Idee eine« Kunstwerks eine andere die-
ser entgegenstehende zu finden, ja sie dringt
sich ihm von selbst auf, wenn er die ersle-
re rein aufgefasst hat, und ich -behaupte, da«
es von höherem Sinue des Künstlers zeuge,
wenn er diese Gegensätze ins Detail zu ver-
folgen und seine Ideen vom Gegensatze
streug zu sondern vermag. Ja es lässt sich
ein solches Streben in vollendetem Werken
aowol der bildenden Künste, als der Ton-
kunst, nachweisen und die Bemerkung aus
der in , der Note angeführten Schritt »), dass
gewisse Hajfdnache Sinfunieen einen beson*
dem Chai akter, eine Figur, wie es der
sinnreiche Verfasser nennt, an sich tragen,
deutet darauf hin. Zur Bezeichnung meiner
individuellen Empfindungsweise mag, noch,
folgendes Beyspiel dienen, was mir noch im
frischen Andenken ist; man wird das Re-
sultat, was irh daraus in Hinsicht auf mu-
sikalische Produktionen ziehe, nicht für über-
trieben halten, wenn- mau überhaupt mehr
auf Eindrücke, die sie auf unser Gefühl
machen, Acht haben wird, und nicht blos
mit den äussern Ohren hört.
t
Im verflossenen Sommer reiste ich nach
dem gelobten Schwabenlande, mit vielen
Erwartungen, besonders aber mit vieler Re-'
•) Et»! .ut 1» perf. etiontte.nont de« beaux-srt» p.r 1e. .eience» ei.rte« , ou clcul. «t hrpothe... ,ur
1* poetic, U pemture et 1» mu^qn«. p„ R, 5. C Pari« ifc»3. II To»«, od* i m Ausioa« in
No. MM,*.,.-
7. Jahr«.
9
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135
i8©4- November.
«36
ceptivität für Harmonie, da ich ein ganzes
Jahr beynahe ohne sie vegeiirel halte. In*
einem Neu - Wii leinbergischen Kloster:
Schönthal, wo ich einen Freund erwartete,
war ich vier Tage zu verweilen genöthiget,
Weil dieser nicht kommen wollte. Schon die*»
getauschte Hoffnung und noch andere Um-
stände machten mir meinen Aufenthalt da-
selbst sehr unangenehm. Unter den letale-
ren führe ich hier einen geringen, aber mei-
ner damaligen mislaunigen Lage sehr gün-
stigen an. Meinem Zimmer gegenüber stand
in dem meines Nachbars eine Uhr, die mit
jeder Stunde einen,' ich glaube Wirtetuber-
ger, militärischen Marsch abspielte. Der Be-
sitzer der Uhr, der sie, wie ich hörte, eist
yor wenigen Tageu bekommen halle, mochte
zu viel Gefallen an dem pompösen Marsch
haben, als dass er ihn nicht mit jeder Stun-
de aufs Neue gerne gehört hätte. Ich da-
gegen war des Spielen* der Uhr herzlich
müde. ' Ich' verliess das Zimmer, um im
Frcyen Zerstreuung eu linden/ aber auch da
verfolgte mich der skandalöse Marsch, weun
ich nicht wachsam g«nug über mich selbst
Cwarj vier Tage quälte er mich mit und
zwischen dem Staudenschlag, Endlich liess
mir ein guter Dämon in der dorligen Klo-
sterkirche das heilige Lied hören, was ich
hie* auch für diejenigen niederschreibe, .Viel-
ehe an so etwas Interesse finden können,
auch wenn es Urnen in keiner su peinlichen
Zeit kommt, als
Sey Mut.ter d*r B*rm-her -»Ig-kelt, sey Kö-ni-gin ge - grtU.ie»,
<larch die uns L,c • ben flies -jet.
De» J> • b r „1 Trost und SUs - $ ig - keit, 1
Zu dir o Mut ter
dir • Mat ter ru-fen vrjr, mit Thronen seufeen
wir, mit Thr&nen
wir xu dir.
In einem Moment waren alle Töne des
Harsches in mir vertilgt, und ob ich ihn
gleich nachher noch verschiedenem,! le hörte,
ao behielt ich dessen ungeachtet nichts mehr
davon im Gedächtniss , so sehr ich mir auch
in. der Folge, der Sonderbarkeit wegen, Mu-
he gab.
Diejenigen, die taglich an einer von ge-
mischten Gerichten der musikalischen Kunst
besetzten Tafel schwelgen, mögen mich be-
lächeln, da ihnen der Akt im Künstlerlebea
fremd geworden ist, wo der Mensch nach
dem Gcnuss frugaler Kost einmal ein ge-
würztes Gericht mit begierigen Sinnen an
sich zu ziehen strebt, denn es ist nicht zu
verhehlen, dass unsere meisten Konzerte,
Opern u. s. f. uns übersättigen, anstatt uns
eigentlich satt zu macheu. Wie bunt lau-
fen da die musikalischen Charaktere in ein-
ander. Der ßuffoue tritt in der Oper kurz
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>37
nach dem ersten Opferpriester auf; wir hö-
re» eine religiöse Sceue und daran 1' ein Vir-
tuosensulu ; wir. hören gleich nach dem Al-
legro con spirito da« Largo oder Adagio
aQcttuoso, beyde in ihrer Sphäre vortreff-
lich. Welcher theilnchniende Zuhörer ver-
mag nur Eine« von beydeu festzuhalten, da
die Tendenz heyder sich gerade entgegeu-
gesetzl ist? Woher dieses Streben des Küust-
lers nach Kontrast?*) Steht es nicht mit
dem Begriff von Harmonie (Einheit, in einer
andern Bedeutung, als der gewöhnlichen in
der Musik) in Widerspruch? Weshalb ver-
drangt ihr Ein Gefühl , was das wahre Kunst-
werk in dem menschlichen Herzen erweckt
hat, durch ein anderes so schnell? ist doch
im grossen Weltorganism der Wechsel von
Tag nnd Nacht, Geräusch und Stille auf
.langete Zwischenräume hinauagerückt 1 Ver-
trägt der menschliche Geist die stärkeren
Schläge leichter, als aein vegetireuder Kör-
per? oder ist er durch Ucbcrmaas krank
und kann nur durch wechselnde Reitze er-
weckt werden? i%* letalere ist mir wahr-
scheinlich und daher die ungesunden ürtheile
des hörenden Publikums über musikalische
Werke , des Genies; daher der beständige
. Streit, ob Mozart mehr Genie, als. Haydn,
Cherubim mehr als Winter u. s. L sey.
Mir daucht, weun man die Produktionen
dieser Männer weniger bunt durch einander
vernähme, würde man nie auf dergleichen
Fragen Stessen, man wurde nicht Ein Genie
«um Maasslab für das andere nehmen; ein
daraus abgeleitetes Ürtheil verunglückt im-
1804. November.
*38
mer; ein anderes, auf die Kunst des reinen
Salzes gegründete lasse ich dabey in seinem
Werth.— Gcuiesset nicht so, dass ihr eine
Komposition Eines Künstlers mit der eines
andern verdrängt, mischet nicht in Einer
Stunde das Komische mit dem Ernsten und
es wird ench an wahrem und ungestörtem
Geouss nicht fehlen. Ein kleines Lied voll
Wahrheit wird immer dem Künstler mehr
seyn , als ein grosses Konzert voll zehn ver-
schiedener Kompositionen uud wird ihm län-
geren Genuas gewähren; oder will er Kon-
zerte, so sey das Eine den religiösen; das
andere den komischen; das dritte
riöeeu Produktionen des warmei
Himmels geweiht u. s. w.
Nur in Einem Falle denke ich mir den
Wechsel zur gehörigen Zeit, nämlich wenn*
es die Absicht seyn soll, nur durch eine
Empfindung die andere vorzubereiten und in
stärkeres Lieht zu setzen; doch dürfte auch
dann die Aufeinanderfolge nicht zu schnell
geschehen. Ich kenne nichts grösseres der '
Art, als die Charfrey tags - und am Abend
die darauffolgende Auferstehungsmusik (letz-
tere von Hasse) in Dresden. Nicht Klop-
sloek, nicht Paul Rubens malen eine erha-
benere Auferstehung. Der Eindruck bleibt
dem- Hörer ewig!
D. Hohnbaum.
») Man wird mir hier einwenden, dtw ja Muaik überhaupt auf immer wechselnden Polaritäten und ihren
Abstufungen beruhe, als ff und pp i Höhe und Tietej Consonaui und Dissonanz u. s. w. und ich er-
iriedere hierauf, daaa ein «oltmor Wechsel in einem und demselben Tonatttck allerdings »eine Stell*
findoi ob ea mir gleieh scheint, alt sab« man auch hier daa richtig« Maas überschritten) eine Ver-
gleicbung dea alten musikalischen Styls mit dem heutigen mag dies besonder* belegen; i<*
erinnere hier an die Kompositionen eines Leo, Pergoleai und anderer; an die alten Kirche
dieen 0. a. w kl» behalte mir e. rör, an einem andern Orte hierüber mein« Meinung bt
tor au tagen.
■
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139
1804. November.
140
Nachrichten.
Paris , d. 7ten Nov. Es geschiehet mit
guter Absicht, dass ich Ihnen schon wieder
schreibe : nicht als h&tte ich viel Ausgezeich-
netes zu melden, sondern um mich des we-
niger Ausgezeichneten und doch zur Sache
Gehörigen zu entladen, und dann desto frey-
ern Raum fiir das erhoffte Vorzügliche zu
gewinnen — wenn anders nicht so ebeu
Berge kreissen.
Die katserl. Akademie der Musik (Sie
wissen., dass das heisstt das grosse Opern-
theater,) hat, zwischen den Wiederholun-
gen der Barden, auch an der fast wieder
zur herrschenden Mode werdenden Erhebung
" Gretry's Theil nehmen wollen, und neulich
seinen Pauurge wieder auf die Bulme gebracht.
Aber was fiir einen Panurge gab Düfresne!
einen solchen, dass, wörtlich genommen, al-
les davonlief. Die Direktion war nun wol
gezwungen , die noch immer fortwährende
Spannung zwischen ihr und den Lehrern
am Conservatoire au vergessen, und gab die
Holle Hrn. fiounet, einem noch sehr jungen
Sauger und Zögling jenes Iustituta, der denn
auch sehr brav spielte und sang, aber nun
wieder vom Publikum mit so ganz unmäßi-
gem Bevfaü verfolgt wurde , dass man fürch-
tenkann, seine Last werde den jungen Maun
erdrücken, und daas ich mir zur Pflicht ma-
che, zu gestehen, dass er vollkommen lei-
stete, was man fordern, aber noch lange
nicht, was man wünschen und vom Künst-
ler erwarten darf. — Das Theater der Kai-
serin hat nun Paer's Camilla gegeben. Man
hatte mit dieser Oper dep Versuch gemacht,
die ntchtobiigaten Recitative, die sonst be-
kanntlich auf diesem Theater, wie auf den
deutschen , in gesprochenen Dialog verwan-
delt werden, zu singen: aber theils siud unse-
re Sauger der komischen Opern theater dar-
auf zu wenig eingerichtet; theils macht der
Franzos , seine deklamatorische Musik (und
hier mit Recht) hochhaltend, an das Reci-
tativ weit höhere und ganz andere Ansprü-
che, als der Italiener; theils zog sich die
Vorstellung dadurch so ausserordentlich iu
die Lange und Breite — dass der Versuch
gauz misslang, und das Auditorium, ohne
die Schönheilen der eigentlichen Gesangstücke
zu verkennen , eine erstarrende Langeweile
empfand, so dass auch das wahrhaft Vor-
zügliche der Oper den HUekt nicht machte,
den es sonst gemacht haben wurde. Ueber
die Oper selbst Ihnen zu schreiben, wäre
Wasser in den Brunnen tragen: sie ist ja
auf den deutschen Theatern trüber und ge-
nauer gekannt, als hier. Wir finden hier«
die angenehmen Melodieeu des Verfassers der
Oriselda wieder, glauben aber ans der Vev-
gfeichung behaupten zu können, dass alles
Grösse und Pathetische seinem Genius wi-
derstehe und von ihm (wie in mehrern Sco-
nen der Camilla) nur erkünstelt, folglich nie
ganz glücklich erreicht ifcrden könne. Dem
Publikum geHelen vorzüglich das Duett, das.
auf die Introduktion folgt, das erste Finale,
und das Duett, womit der zweyte Akt an-
fangt — nnd auch ich zahle diese unter die
besten Stücke des Werks. Das Orchester
spielte ganz vortrefflich und ganz in der ge-
wandten, delikaten, und doch nicht matten
Weise, in welcher die Arbeiten neuerer Ita-
liener vorgetragen seyn wollen. Dem. Stri-
nasacchi spielte die, zuweilen bis zom Pein-
lichen anstrengende Rolle der Camilla mit
Kraft und Feuer, und sang sie — Zwar
nicht übel, aber doch bey weitem nicht voll-
kommen. Von den Andern war, im Spiel
und Gesang, vornehmlich Nozari (Loredan)
zu loben. Das zuletzt genannte Duett führte
er mit Martinelli meisterhaft aus. Beym ge-
mischten Publikum dürfte aber wol diese
Oper dem sich eben erst gründenden Rufe
Paer's in Frankreich mehr schaden als nut-
zen. — Die franz. komische Oper (Opera-
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i 4 i
i8<>4. November.
142
comique - national ) gab eine neue Oper in
einem Akt: l' Avis aux tenimes, von Pixe-
recourt, Musik von Gaveaux. Das Gedicht
ist nach der Erzählung der Fr. von Geulis :
Le Mari insliluleur, aber etwas verballhornt:
doch gefiel es, und auch die Musik, obschon
ich diese gar nicht vorzüglich ßnden kann.
Gav., wiewohl ohne alle eminente Talente,
ist doch in «einer engern Sphäre gar nicht
am verachten; hier hat er aber iin Styl Ci-
marosa's (in dessen letzten Werken) schrei-
ben wollen, und wiewohl er dies als ein ge-
schickter und erfahrner Mann gethau hat,
ist ' doch nur ein Machwerk herausgekom-
men. Warum steht man nun nicht lieber
auf eigenen Füssen — versteht sich, wenn
man nicht ohne sie gebohren ist — soll-
ten sie auch nicht zum schönsten geformt
aeyn? —
Die Winterkonzerte sind endlich mit
einem sehr rnh mens wertheu der schon frü-
her genannten Spanierin, Donna Isabella
Colbran , (Sängerin der Königin von Spanien)
nachdem sie sich mit Beyfall vor dem Kal-
ter und der Kaiserin hatte hören lassen , er-
öffnet Wörden. Bs hatte sich vieles verei-
nigt dies Debüt zu verherrlichen: der Ruf,
Frivatverhältuisse, gut gewählte Kompositio-
nen , ausser drr wirklich ausgezeichneten Sän-
gerin noch einige wackere Virtuosen, ein aus-
erwäbltes und starkes Orchester, von Kreut-
ler ganz vortrefflich angeführt und zusam-
mengehalten, und endlich auch ein glänzen-
des Auditorium. Ich dürfte dies Konzert
also wol im Einzelnen durchgehen, wenn es
mir auch nicht Gelegenheit böte, von einigen
Ihnen uoeh nicht bekaunten, aber schäzba-
ren Künstlern zu reden. Es wurde mit
einer meisterhaft ausgeführten Ouvertüre von
Ilaydn (No. 1.) erötlhet, dann sang Lam-
bert, ein noch nicht öffentlich- aufgetretener
junger Sänger, eine Arie aus Dardanas, mit
einer schönen, biegsamen, klingenden, doch
etwa« weichen, und daium gerade für diese
• Arie weniger geeigneten Stimme ; und nun gab
uns Wölfel (hier immerfort Wolf genannt)
I ein neues Konzert von seiner Komposition
auf dem, Pianoforte. Das Konz, war treff-
lich geschrieben, wenigstens eben so geist-
reich, lebhaft, neu und gut durchgeführt, aber
weniger bizarr, als frühere von ihm — knra,
ich harte es für sein bestes; und sein, Ihne»
hinlänglich bekanntes, glänzendes und äusserst
fertiges Spiel, dem in der Welt nichts su
schwer scheint, fand ungeteilten Beyfall — was
hier, unter einer beträchtlichen Anzahl wirk-
lich ausgezeichneter Klavierspieler wol etwas
sagen will. Nun sang Dem. Colbran eine
ital. Scene — wovon hernach. Den zwey-
ten Theil eröffnete Cherubini's Ouvertüre
zum portugiesischen Gasthof. Es ver-
dient wol gefragt zu werden, wenn man
auch keine Antwort zu erhalten hoffen, darf,
warum man gerade diese Cherubinische
Ouvertüre so sehr (weit mehr als alle übri-
gen) hier goutirt? Nach einer Arie der
Dem. Colbran folgte ein Violinkonzert, kom-
ponirt und gespielt von Libon, -einem Zög-
ling Viotti*« und Kapellisten bey der Köni-
gin von Portugal. (Sie sehen, wir gehen
jetzt in der Musik, wie viele Ihrer Lauda-
leute in der Poesie, immer weiter- — links:
ob wür einmal, gemeinschaftlich mit diesen,
zusanflhenkommen werden in — Indien?)
Die Komposition war mehr für die Damen—
die auch ganz bezaubert schienen; sie mö-
gen aie vor mir behalten: aber den netten,
zarten, tieinen, graziösen VörUag Libou*
möchte ich mir dafür ausbillen, wenn sich
so etwas weggebeu und empfangen fcesse.
Den Beschluß machte Dero. Colbi rfö mit eh«*
grossen Scene, mit Chören. Diese Spanie-
rin ist zwar eine Modeblume, aber wahr-
haftig dies nicht allein, sondern auch eine
Sängerin, die zu allen Zeiten und unter
allen Moden mit Ehren bestehen könnte.
Ihre Stimme ist an sich nicht ganz vorzüg-
lich ■ — in der ersten Arie, von Ziuga--
relli, klang sie sogar ein Wenig stumpf, ver-
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1804. November,
143
braucht*)} dann aber wurde sie klingender.
Wa» jedoch Bildung, «owohl niedere, der
Schale, al» höhere, der Kunst und de* Ge-
schmacks, m**»igen Talenten gewähren kann,
da« besitzt und wendet die Donna trefflich
an. So hilft sie auch, «. B. durch Beschrau-
ken ihrer Stimme nur auf da«, wa» die«e
vollkommen beawiugt und" ganz frey, leicht
und graziös handhaben kann — ihrer Stim-
me selbst auf, und gewinnet dadurch mit
den Beurtheilenden zugleich da« Vorurtheil.
Ihren «chönen Au«druck, ihre Genauigkeit
in der Intonation und Ausführuug der Pas-
sagen, und da« Einschmeichelnde ihrer gan-
zen Manier konnte «ie noch mehr in den
folgenden Stücken (von Creacentini und Por-
togallo) entwickeln , und hier erntete «ie all-
gemeinen Beyfall ein.
Das neulich genannte junge Weibchen,
Mad. St. Aubin-Duret, ist in die kaiserliche
Kapelle aufgenommen und zugleich Kammer«
•äugerin der Kaiserin geworden.
.!
Dttoita Ü*er Konzertmusik in Btrlin**).
Mi
Ich' fange mit dem er»ten November mei-
nen Bericht an, der die hiesigen Konzerte, in-
sofern sie etwas Ausgezeichnet*-« liedR, Ih-
ren Lesern in genauem Detail darstellen und
«in getreues, unparlheyische» Bild des jeui-
gen Znstande« der Musik und des Geschmak-
ke« in B. liefern wird. •
Mit Recht darf man behaupten, dass die-
ser, was Konzertmusik betrifft, von Jahr zu
Jahr nicht nur verfeinerter, sondern wirk-
lich gebildeter wird. Die« haben wir: — be-
sonders in Absicht auf Instrumentalmusik
und deren Ausführung, den vielen Virtuo-
sen, welche die königliche. Kapelle besitzt,
und zum Theil auch den durchreisenden
fremden Künstlern zu verdanken, welche
richtigen, auf Grundsätze der Knust zurück-
zuführenden Geschmack auf die grosse An-
zahl ausübender und auch blos zuhörender
Musikliebhaber verbreiten. — Eine diesen
•chönen Zweck ebenfalls vorzüglich beför-
dernde Anstalt ist aber das seit vorigem Jahre
wieder eingeführte AboDncnieulkonzert der
Hrn. Schick und Bohrer, »eiche« acht Don-
nerstage hinter einander angesezt ist, durch
die Weihnachts- und Karnevalsseit unter-
brochen, und nach Beendigung der letztem
noch viermal gegeben wird. Das Lokal»
dazu, in dem Konzertsaal des königlichen
Nationaltheater« , läset bey der zweckmässi-
gen Einrichtung, Eleganz und schönen Er»
leuebtung« nicht« ala etwa« weniger Wieder-
hall (besonders der Trompeten und Pauken)
an einigen Stellen, der vielleicht dnreh die
Anlage der Logen gerade dem erhöbeten
Orchester gegen über entstanden seyn kann,
zu wünschen übrig. — Da Berlin «eil eini-
gen Jahren keine bestimmten Öffentlichen
Wiuterkonzerte gehabt und daher eine rich-
tige Leitung des Geschmacks für Konzert-
umsik entbehrt hat, so haben die Hrn. Schick
und Bohrer sich durch die mit vielen Schwier
rigkeiten und .Kosten verknüpfte, anfänglich
gewagte Einführung gedachter Aboonement-
konzerte ein wahres Verdienet um das inu-
•ikliebende Publikum erworben. Ungethcil-
•) Um dieser jetzt berühmten Dame nicht Unrecht su
Kurrasp. her* er schreibt: terne.
Wort de«
•») Der nebtungswerth« Hr. Verf. dieses Aufaatae» wird ihn von Zeit tu Zeit fortsei sea , ohne daas
um die, Ton einem andern Verf. in anderer Abeicht monatlich nitgotheiltMi Lursea Leberaichten aller
snuiikal. Neuigkeiten in Berlin, unterbrochen würden.
. . . . J fi. ae.dakt.
1
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»45
1804. November.
146
tcr BeyfaU aud zahlreicher Bestich lohnt da-
für jetzt auch ihre Bemühungen. — Das
Orchester ist mit verdienstvollen Musikern,
zum Theil Atta der kouigl. (Capelle, und mit
geübten Dilettanten besetzt. Herr Schick
führt bey der ernten Violin dasselbe sehr
zweckmässig an und bemüht sich durch die
jedesmaligen Proben, welche mit Ernst und
Anstrengung gehalten werden, dem Ganzen
das möglichste Ensemble au geben. Sing»
raohen dirigirt Hr. Kaminerrausikus Gürrlich
aiu Piauofoiie. Lobeoswerth ist die Verstär-
kung der Hasse uud die vot iheübaflo Stel-
lung der Instrumente. —
'■■j.-, »
Nach diesen allgemeinen Bemerkungen
komme ich auf meinen eigentlichen End/. weck,
eiu Detail des erste u diesjährigen Konzerts zu
geben, zurück. Es wurde mit einer neuen
grossen Sinfonie von Beelhoven aus D$ er-
ofluet. (Wien. Industrie- Couiptoir). Diese
war iu der Thal das schwierigste Problem, das
einem nicht rar beständig zusammen einge-
spielten Orchester aufgegeben werden kann,
und ei wurde rühmlich gelöst. Die Violi-
nen waren ziemlich egal und die verschie-
denartigen Figuren wurden präcis und mit
Feuer, die oft grellen Modulationen richtig
und rein ausgeführt. Bratschen und Basse
waren kraftig und prompt. Die Blasinstru-
mente, durch die Herren Schröch, Grosse,
Bhesener, Kreuzwatis, Böttcher, Schneider
und mehrere besetzt, fielen richtig ein und
die oTteren Solosatze wurden mit Geschmack
vorgetragen. Flöte und Hörner zeichneten
sich besonders aus: der Fagott war etwas
zu stark und bey der Oboe vermisste man
«nsers Westen holz schönen Ton. (Er krän-
kelt leider). Was die Komposition dieses
Stücks betrifft, so herrscht dariu viel Ori-
ginalität. Rckhthuro, oft Ueberfluss der Har-
monie, mituuter aber auch Bizarrerie. Die
Sinfonie beginnt mit einem kurzen Largo
imposant , mit kantabeln Solosatten der ßlas-
I, and geht in ein
sehr durchgeführtes Allegro über. Das An-
dante quasi Allegretto aus A $ hat viel an-
genehme Melodie, uud weite Ausführung.
Die Menuett nebst Trio ist ganz neu, uud
auch kleine Züge, z. B. das mitten einfal-
lende kleine Hornsolo, sind von besonderer
Wirkung. Das leute Presto geht zuweilen
ins Wilde über, ist aber vortrefflich aus-
gearbeitet. Im Allgemeinen erregte diese Sin-
fonie nicht solche Sensation, als Mozartsche
und Haydnsche. Der BeyfaU der Kenner
dankte jedoch den Musikern für die beyuaho
drey Viertelstunden lang ausgeführten, und
glücklich überwundenen Schwierigkeiten.
Es folgte eine Scene von Cimaroaa mit
grossein Kraflaufwande gesungen von Mad.
Schick. Die Komposition war in der ge-
wöhnlichen italienischen Mauier, angenehm,
nicht ausgezeichnet. Der Vortrag der Mad.
S. war klar und schön; der einige Töne,
hinter einander heraufgehende Triller legte
einen neuen Beweis von dem Studio dieser
bewahrten (jetzt öfters mit Unrecht verkann-
ten) Küustlerin ab: nur sollte Mad. S., die
lange genug ihr Recht als Bravoursangeria
geltend gemacht hat, jetzt weniger Sachen
wühlen , wo sie die höheren Töne forcken
muss, sondern dafür lieber mehr in der
Sphäre des ~recitirenden, deklamatorischen
Gesanges bleiben, wo sie, wie z. B. als Iphi-
genie, in Deutschland so ganz einzig ist.
Zudem erlaubt der Konzertsaal keine über-
triebene Anstrengung der Stimme , (die in
dem angeheuern Theater vielleicht nothwen-
dig seyn mag) weil der Schall ausserordent-
lich den Ton, der Menschenstirome beson-
ders, verstärkt. — Hierauf zeigte Herr
Louis Maurer, Schüler des Hrn. Konzert-
meister* Hucke, seine Forlschritte im rei-
nen geschmackvollen Vortrag auf der Violin,
in einem Konzert von KrcuUer. — Den
Beschlues des ersten Theil* machte ein Quar-
tett und Chor aus der im vorigen Carueval
Oper von Mayr: Gi-
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M7
igo4- November.
148
uevia di Srozia. Mad. Schiel, Mad. Lanz, I gene Konzertante dir zwey Klarinetten von
die Ilm. Fischer und Grell führten die So-
loparlhieen mit Kunst und Pricision aus und
mit Freude bemerkte so manchev Freund
deJ Gesänge« die mehrere Ausbildung der
von Natur so sonoren, nur etwas schwa-
chen Tenorstimnie des Hrn. Grell , die sich
in diesem Saal weit vorthcilhafler als auF
dem grossen Operntheater ausnahm. Frey-
lieb war dort auch die eigentlich für einen
Kastraten gesetzte Parthie des Luacanio, die
nun also von dem eigentlichen Tenore, und
besonders von der starken Stimme des Hrn.
Mandini immer unterdrückt wurde , für Hrn.
Greils erstes Aufueten auf ein so grosses
Theater, nicht günstig. Obgleich Madame
Schick alles Mögliche in dieser schweren
Bravourparthie leistete, konnte man Mad.
Marcbetti als Ginevra, und besonders ihre
Leichtigkeit, Schwierigkeiten zu besiegen,
doch nicht ganz vergessen. —
Den zweyten Theil dieses schönen Kon-
zerts eröffuete die charakteristische Ouver-
türe aus Cheruhini's Lodoiska, welche vor-
trefflich exekutirt wurde. Ausdruck und
Feuer im Ganzen, zart vorgetragene kleine
Solo's, z. B. der Klarinette:
und der schöne Ton der Hrn. Böttcher und
Schneider auf dem Horn bey dem Einslosseil
des frappanten E., so wie der lärmende
Schlus«, brachten die erwünschteste Wir-
kung hervor. Es folgte nun eine von den
Herrn Bliesener und Reinhardt mit der
grössten Fertigkeit und Rundung vorgetra-
Krommer aus E b. Die Tutüs waren sehr
reich instruraentirt und brillant, die Soloa
für das Instrument berechnet: das Ganze er-,
hielt mit Recht aUgemeiueu Bey fall. — Den
Besch luss machle das sehr angenehme (wie-,
wol auf den Theatereß'ekt berechnete) Schluss-
chor aus der Oper Semiraraia von Himmel j— , .
uud jeder Zuhörer vcrliesa den Saal mit fro-
her Stimmung* .vollkommen befriedigt und;»
mit den angenehmsten Erwartungen für «he>:
Zukunft.
Wie solche eintreffen werden, sollen Sie.
in der Folge erfahren I Berlin, den 5ien
November.
In Leipzig liess sich Dem, Adam, eine
achtjährige Klavierspielerin, mit verschiede-
nen, zum Theil schwierigen Kompositionen hö-
ren, und spielte — wie nun wol auch manche
andere achtjährige Klavierspielerin, die fleissig
angehalten worden, spielt. Wir wünschen,
dass wir uns irren, wenn wir in diesem
Kinde mehr ein Opfer» ab eine Friesterin
der Kunst erblicken. ,
Wenig Tage darauf trat Hr. Weiimann,
vom kouigl. Naliunaltheater in Berlin, auf
dem Theater als Belinonte in Mozarts Ent-
tuhrung, und im Konzert mit Arien von.
Naumann und Winter auf. Ourch sei-
ue sehr angenehme Stimme, deren wei-
ten Umfang und ungemeine Biegsamkeit, so
wie durch seinen lebhaften und zierlichen-
Vortrag, erwarb er sich allgemeinen Bey fall.
Liirn«, » « Tf B»niioH «MB HIezcl.
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ALLGEMEINE
MUSIKALISCHE ZEITUNG.
Den 5 ,en December. N=. 10.
1804.
Ueber den Qiarakirr, dtn die Ualitnü<ht und
duitscht Musik habtn, und du JranwMudu
huUn sollu *).
Seit den berüchtigten Fehden der Picciniiten
Und Gluckislen in Frankreich hat es eine
Pailhey fiir italienische und eine für deut-
sche Musik gegeben: der Aufschlag für eine
von bcyden schwankt bey Musikern zwar
nicht mehr so gans unentschieden , als vor-
mals, aber beym Publikum desto mehr.
Hiervon mag es raancherley Ursachen
geben: die fortwährend für Eine Gattung
entschieden sich äussernden Stimmen von
Männern von Gewit-hl; die auageseichneten
Schönheiten, die man in beyden Gattungen
findet; der Ruhm und das Genie der grösa-
ten Meister beyder Partheyen, deoen man
Beyfall zollen mus*; endlich auch das vor-
laute , absprechende Geschrey unkundiger
Skribler — vielleicht gehören diese unter
die Uauptursachen. Sollte es aber nicht et-
was tiefer, und diesem allem zum Grunde
liegeode geben? leb glaube! und ich wage
um so eher, meine Meynung darüber su
sagen, je uupartheyischer ich mich seibat
dabey fiihle.
Es ist sehr oft gesagt und nie wider-
sprochen worden , dass jede Nation durch
Bildung zwar die Werke der andern ken-
nen, schützen, ehren lernen, aber Joch nur
diejenigen gans gemessen, in sich aufneh-
men, mit voller Seele lieben könne, die ih-
ren eigenen Geist aussprechen. Es ist in
dieser Absicht mit der Kunst, wie mit der
Sprache: beyde bilden sich — ich möchte
sagen : aus dem Innersten der Nation, mei-
stens bewusstlos, und beyde wirken auch
dann nur ganz, wie siesollen, zurück,, wenn
sie sich so gebildet haben. Ich wünschte,
dass man es mit meinem Beyspiel von der
Sprache genau nähme, weil ich es hier
nicht ausfuhren kann, diese aber mir nicht
nur den besten Uebergang auf -die Musik,
sondern auch eine forllaufende, erläuternde
Parallele mit dieser su gewähren scheint.
Dieselbe Eintheilung der Nationen Euro»
pa's, die nach dem Klima stattfindet, (südli-
— . i > — — — ■
♦
Ausserdem, da*« dieser, die Sache freylieh sieht ertrhöpfende Aufsltt doch manchen aehr guten Ge-
decken enthält, der vielen Leaern der nut. Z. noch nicht geläufig ceyn'mag, kann et wol euch nicht
nninterestsat teyn , wie ein Mann in Frankreich , dem gewitt Niemand <lae Stimmrecht Uber Musik stiel«
«ig machen wird, über die untrige urtheilt. -.Vielleicht iat ea eben jetat um ao iatereaaaoter , diea Urtheil uad
Ton ihm selbst tu leten, da «iber den Zattand der Literatur und der Künate in DeuUchland überhaupt, in *ie-
und gelesensteii französischen Schrillen einmal wieder auf dat aUerherabwürdigsmrlaU),
1, uud, man darf mit Grund tagen, toll et te dsraiaonnirt wird.
d. Redakt.
7. Jahrg.
10
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»5*
che und nördliche) bleibt auch, wenn
auf die Sprachen Rücksicht nimmt — und
muss, uach Obigem, stattfinden. Nach
dieser Abtheilung, wäre Italien das erste
südliche, Deutschland das erste nördliche
Reicht und Frankreich schwebte (oder viel-
mehr: sUude fest) zwischen beyden. Je
beisser nun das Klima, je empfindlicher und
reizbarer, folglich auch, je heftiger und
flüchtiger die Nation $ im Gegentbeil, je
rauher das Klima, je weniger empfindlich
uud reisbar, aber atfeh, einmal ergriffen,
je energischer, ausdauernder, wiederhalüger
die Nation. Jeüe kaun durch das Kleinste,
diese nur durch Starkes aufgeregt werden.
Der einfachste, sanfteste uud sarteste Aus-
druck des Gefühls reisst jene schon dahin,
Während er die Herzen dieser noch kaum
berührt. Diese verlangt tiefgreifende, hefti-
ge, wol gar gewaltsame Mittel, um erschüt-
tert su werden; jene würde dadurch un-
angenehm, widerlich, wol gar peinlich, bis
cum Schmers , aufgereist.
•
Indem sich hiervon die Anwendung anf
die Musik von selbst macht, entdeckt man
zugleich den Charakter südlicher und nörd-
licher Musik, begreift den Grand ihrer Ver-
schiedenheit, begreift, warum die eine im
Klima und bey der Empfindung« weise der
andern — von Einzelneu zwar gekannt, ge-
schätzt, wol aueb nachgeahmt, nie aber von
der Nation eigentlich geliebt seyn kann,
sondern von ihr gemeiniglich herabgesetzt,
gemieden wird. Unsre Melodie ist natürli-
cher, Messender, leichter, gewandter, rüh-
render, unsre Harmonie einfacher, weniger
gesucht, nie erkünstelt — sagen die südli-
ehen Musiker. Beyde sind bey uns auser-
r, leidenschaftlicher, energischer —
1804. Decernber.
15a
sagen die nördlichen. Ich aber sage: Ihr
glücklichen Rivale, hört endlich auf, einan-
der eure Vorzüge streitig zu machen! Un-
ter so verschiedenem Himmel können sie
nicht verbunden seyn ! Ihr seyd beyde gleich-
begünsligt vom Gott der Harmonie, und
jeder hat die Gabe des Ausdruck« empfan-
gen, womit Er rühren, erfreuen, belebeu
kann und soll! Diese hallet Werth und
bildet sie immer höher aus! Warum wollt
ihr das Eure über dem Streben nach Frem-
den, wol gar über dem Streiten darüber,
weniger werthachten und anbauen! Stem-
met euch nicht gegen die Natur! Sie gab
eueru Nerven nicht gleiche Reizbarkeit,
euren Herzen nicht gleiche Empfindung:
wollt ihr diese aussagen, so müsst ihr es
in so verschiedeneu Sprachen — und mit
eurer Musik, auf welche doch der Hegriff
und die Konveution weit weniger Einfluss
haben, sollte es nicht so seyn? Da sollte
Einer sprechen, wie der Andere? Da sollte
der Andere, der als ein Anderer spräche,
weniger werth seyn? —
Nein , so wie der Geist dieser Nationen
verschieden ist, wie ihre Sprachen verschie-
den sind, so soll auch ihre Musik verschie-
den seyn. Wie der Italiener *) in seinen
Sitten mehr Saufies, Weiches, Schmeicheln-
des behalten wird, wie er»s auch in seiner
Sprache behalt: so behalte er's auch in sei-
ner 'Musik! Wie der Deutsche in seinen
Sitten mehr Rauhes, mehr Feststehendes,
mehr Düstere« behalten wird, wie er's auch
in seiner Sprache behalt: so behalte er's
auch in seiner Musik! Die rasche, wollü-
stige Sinnlichkeit des Eislern gehet in sei-
ne Melodie; die langsame, ernste Reflexion
des Zweyten in seiue Harmonie über. Bey
>) Ich nenn* ihn vorzüglich, am tau de« südlichen Europäers überhaupt, weil ihm in diesem Streite
L t # Wi« den» Deutsche*, unter den nördlichen Europäern.
«, Verf.
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1&04. December.
i54
Jenem wogt es, wenn ich so sagen darf,
immerfort, beym kleinsten Lüftchen und zu
kleinen Zwecken: dieser bleibt «tili und
kalt, bia ilira etwas zukommt, das ihn derb
angreift. So leistet Hey dem Ersten eine
einfache, fein gewendete Melodie, nur un-
terstützt von durchsichtiger Harmonie,
vollkommen das, was, bey dem Zweyten hef-
tige, gleichsam vom Affekt herausgeschrieene
Melodieen, mit kräftiger und durchge-
führter Harmonie leisten.
Nichts ist demnach ungerechter , als wenn
man gegen den Geschmack dieser Nationen
in der Musik dekjarnirt oder witzelt. Die
huhe Stufe, auf welche sich die Kunst bey
heyden erhoben hat, das unwandelbare Glück,
in weichem sieb die ihnen eigenen Gattun-
gen in ihren heimischen Landern zu erhal-
ten wissen, im Gegensatz der fremden, die
treulichen Werke der grösaten Meister beyder
Nationen, deneu die ganze Welt die Achtung
nicht versagen kaun: alles das zeigt, das»
aich beyde Volker auf den Wegen befinden,
welche die Natur sie gehen heisat, und wel-
che deshalb, l ür sie die rechten sind.
Kann nun Frankreich in Absicht auf sni-
ne Musik dasselbe von stell behaupten? Ich
glaube, neinl Bia auf Rameau lag unare
Musik, im Dunkel,^ sein Genie beschleunigte
ihre Morgenröthe : nun hallte . aber die Son-
ne hervortreten sollen, die — ■ nicht hervor
trau — Im Gegentheil — wollten wir nioht
gegen unser eigenes Vergnügen streben,
mussten wir unsre Eigenliebe bekämpfen,
den grossem Meistern jener Nationen die
Platze räumen, und ihre Ueberlegenheit an-
erkennen. Dies geschähe, und die Neuheit
dieses fremden Genusses machte. da*s man-
nen selbst über ihm vergass, und vom sud-
lichen Melodiker zum nördlichen Harmoniker,
und von diesem zu jenem eilte, ohne zur
Ruhe oder auch nur zu einem gründlichem
Urlheil zu kommen, ala z, B.i dies« Deut-
schen — wie trefflich sind aie! wenn aie
nur etwas von der Grazie Italiens anneh-
men wollten! Diese Italiener — wie himm-
lisch sind sie ! wenn aie nur etwas von der
Krad und Besonnenheit der Deutscheu an-
nehmen möchten! —
■
So verblutet es bey uns noch immer.
Eins könule uns befestigen — aber dies ist
noch nicht da: wenn man nämlich den
Franzosen Werke gäbe, die ihrem eige-
nen Sinn — uud, wenn ich so sagen darf,
ihrem Klima ganz angemessen waren. Dann
hörten jene Neckereyen auf: wir bewunder-
ten den Geist unsrer Nachbarn, wir gäben,
ihren bessein Werken Bey fall: eher wir
sahen auch ein, dasa sie uns eben 'so we- •
nig ganz zusagen, gans befriedigen könn-
ten, als ihre Poesie und alles, was aus ih-
rem Innersten hervorgehet — wie das der
Fall mit dem Upsrigen bey ihnen bleiben
müsste, ohne dass wir darüber scheel sä-
hen. — Wie müsste aber wol diese Musik
beschaffen seyn? Ich wage nur einige Muth-
inassungen.
Der scharfsinnige und geschmackvolle
Dübos (Reflexions critiquee sur la poesie et
la peiuture) bemerkt schon, dasa wir im
Innern der Seele weniger innig empfinden,
als die Italiener; auch liegt Paris, das denn
doch über Kunst und Kunstwerke in Frank-
reich entscheidet, .Deutschland weit näher,
uud ist im Klima ihm weit ahnlicher, ala
Italien t sollte demnach unare Musik nicht
der deutschen sich mehr nabern müssen , als
der italienischen?. — Die Erfahrung scheint
dies zu bestätigen: man liebt vorzügliche
ital. Werke, aber die entscheidenden und
forldauernden Siege, die die deutschen er-
halten, sind jenen nie an Theil geworden. —
Wie, wenn wir diesem Winke folgten?
wenn wir darauf hinarbeiteten, die grossen
Züge, die effektvolle Melodie, die glancen-
de, salbst zuweilen die rauhe Harmonie, die
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»55
i8o4* December.
156
schnellen Ueberglinge und überraschenden
Modulationen, die Tiefe der Ausführung
ihuen nachzubilden, aber auch ihre nicht
seltene Hizarrerie, Künsteley und Grellheit
durch die anmuthige Zartheit und sanfte
Grazie des Süden zu versüssen uns bemü be-
ten? Ich weiss es nur allzu wohl, dass das
leicht zu ' sagen > aber unendlich schwer aus-
aulübreo ist, wenn es — durch blosses
Studium geschehen soll: aber was ist dein
Genie unmöglich, oder auch sehr
, wenn es nur erst die rechte Rich-
erhalten hat? Vielleicht haben wir
eben jetzt einige eminente Köpfe, die hier
tbfttig aeyn ■ könüten : wie glücklich wollte
ith mieba schätzen; Wenn ich durch diese
Vorstellungen sie für den angegebnen Weg
gewönne — denn , das bin ich gewiss,
er ist für Franzosen der rechte, der
C. in Paria.
Nachrichten.
Leipzig. Den a6sten Nor. gab Dem.
Louise Janitsch, Tochter des Ben t bei in -
Steinfurthischen Kapellmeisters , eine Sänge-
rin von eilf Jahren — und, dem Ansehn
nach, kaum so alt — ein Konzert, und
liess sich darin mit nicht weniger als vier
Bravourarien, von Salieri, Paer, Schuster
und Süssmayr, hören. Vom Gesang, als
Kunst , so wie vom Gefühl für das , was ge-
sungen wird, kann hier die Rede nicht
aeyn: aber die Sicherheit des Kindes in der
Intonation, im Takt, der weite Umfang
■einer Stimm» (von e bis e) und auch man-
che glückende schwierige Paesagd, erregten
Verwunderung, und werden dies geschickte,
artige Mädchen überall Aufmerksamkeit finden
lassen. Wie wird es. aber um eine Stimm*-,
wird, in reifern Jahren sieben? und wie
um die Gesundheit des zxirten Geschöpfs,
wenn es durch BeyPall noch mehr gereizt
wird, sich zu übernehmen?
Fortgesetzte detailirte Nachricht über «fic Kon-
zerte in Berlin.
In einer sogenannten musikalischen Aka-
demie, welche Hr. Klengel, Schüler von
Muzio Clement!, den Ölen Novbr. im tfaale
des Nationaltheatera gab, zeichnete dieser
talentvolle Klavierspieler eich durch einen
grossen Aufwand von bewundernswürdiger
Fertigkeit, sowol iu einem von ihm gesetz- -
ten Konzert, als in einer freyen Phantasie
aua, worin auch ein Thema aus liimmeia,
noch immer hier' beliebter Pancbon glück-
lich angebracht und ausgeführt wurde. Hrn.
K. ist zum vollendeten Virtuosen nichts, alz
die feinere Ausbildung im geerhmack vollen
Vortrage zu wünschen. Zu bedauern war
es, dass er durch so wenige Zuhörer viel-
leicht kaum für die Kosten aeiuea Konzertsr
entschädigt wurde.
.'■»-•' 1 • • j
Den 8t e» Nov. wurde das zweyte Abon-
neraenlkonzert der Hrn. Schick und Bohrer
mit einer wenig bekannten schönen Sinfonie
von Haydn ans D<* eröffnet. Die Kxekution
war« wie fast immer, ohne Tadel. Befolgte
eine recht hübsche Srene von Winter, vonMad.
Buotcke mit Geschmack vorgetragen, Kino
von Hrn. Klengel sehr brav gespielte Sonate
seiner Komposition beschtoss den ersten Theil.
Der zweyte ward mit der Overtura aus Che-
rubini's lilisa erönuet Welcher Reichthun
der Harmonie! wie charakteristisch schildert^,
d eses treffliche Musikstück den Inhalt der '"
Oper! Freylich muss man aber an diese
denken-, um die Folge von grellen, schnei-»
denden Modulationen am Sehluss des wihleu,
welcher so früh so sehr vieles zugemuthet , betäubenden AHegroa, (das gegen den sauf.
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157 »8o4.
teil Gesang des vorangehenden mit den Hör-
nern anfangenden Audanle, welche» an den
Kuhreigen der Aelpler erinnern soll, treff-
lich absticht,) gen i essbar zu finden. Hrn.
Schick'a Verdienst um die pracise Ausfüh-
rung dieser schweren Overtura ist unver-
kennbar. Auszeichnend schön wurden wie-
der die kleinen Solos der Horner (besonders
bey diesen das schwache Einsetzen und Stei-
gen des Tons,) und der Klariuette gege-
• ben. — Hr. Eunicke sang hierauf eine Sce-
ne von Par mit gewohnter Sicherheit. Es
folgte ein von Schröck geblasenes Flötenkon-
zert von Devieune aus Db, das Kenner und
Liebhaber entzückte. Die Komposition war
schön, und welche Vervollkommnung im
achöuen Ton , in Rundung der Passagen,
zeigte der geschalte Künstler, der gewiss
hier jetzt der erst« Flötenblaser ist! Allge-
meiner Beyfall lohnte sein bescheidenes Ver-
dienst, und wird ihn gewiss noch immer
mehr anspornen. Die Overtura aus Gluck's
Ipbigenia machte den Beschluss dieses wie-
der so schön arrangirtcn zweyten KouzerU.
Das Dritte, vom i5tenNov., begann mit
der hier, in den vorjährigen Konzerten mit
so vielem und verdientem Beyfall aufgenom-
menen vortrefflichen Sinfonie von Beethoven
aus C dur. Mit wahrer Freude bemerkte
jeder Kenner wieder den vortrefflichen Künst-
ler, Hrn. Weslenholz, bey der Oboe. Dank
sey es Aeskulap und den Musen , die von
einer beynahe^ tödtli<hen Krankheit ihu der
Kunst wiederschenkten! Möchte Hr. W. nur,
bey seiner nicht zu starken Konstitution sich,
in der Beschäftigung mit seinem so schwie-
rigen als angreifenden Instrument, fürs erste
besonders schonen und sich uns noch recht
lange erhalten! (Auch Hr. Barmaun war
heute bey in ersten Fagott, und es blieb da-
her von Seiten der Blasinstrumente keine voll-
kommnere Besetzung zu wünschen übrig).
Gedachtr grosse Sinfonie, dieses so herrli-
che» klare, harrooniereich und doch nicht
Oecember. 158
hizarr gesetzte Meisterstück B.s im Genre
der neuesten grossen Instrumeiitalkoinposi-
tion, wurde durchaus mit Energie und Ge-
schmack exekutirL Wie prachtig wogte das
erste AUegro in den Stürmen der Empfin-
dung und aller Affekte hin und her! wie
angenehm beruhigte das Quasi - Ailegretto
die aufgeregten Sinne! Wie unübertrefflich
schön trugen die Blasinstrumente den Ge-
sang im Trio der Menuett vor, indem die
Violinen die fortgehenden Bewegungen voll-
kommen gleich ausführten! — Nicht gan«
war dies beym Anfang des Finale der Fall,
der allerdings sehr schwierig bey so starker
Besetzung ist, wo die genaueste Gleichheit
im Strich und Ausdruck erfordert wird! Das
Ganze aber war vortrefflich. — : Es folgte
eine Srene von Righini, von Mad. Müller
mit wohlerwogenem Vortrag uud sehr rieh»
tigern Ausdruck gesungen. Es ist in der
That bewundern* Werth , wie diese brave Sttn-
gerin ihre Stimme konservirt, und besondere'
zu loben, dass sie nicht, wie so manche
Virtuoseu, es weit genug gebracht zu haben
glaubt, um ferneres Studium der Kunst nicht
zu bedürfen. Mad. M. geht mit dem Geist
der Zeit und lasst dahey die gründliche
Schul« nicht aus den Augen. Dafür wird
sie auch lange noch als bewahrte Künstlerin
die ungeteilte Aufmerksamkeit der Kenner
festhalten. — Eiu Bratscheu konzer t von Arnold
trug Hr. Semler heute nicht durchaus mit den
sonst gewohnten Sicherheit vor, da besonders
im ersten Salze einige Passagen und das Errei-
chen einiger hohen Töne verunglückte, wor-
an jedoch äussere, zufällig« Umstände Schuld
seyn können. Das etwas leer gesetzte Ada-
gio trog Hr. S. mit vielem Gefühl vor uud
durch die lebhaft gespielte Polonaise und
einen wirklich meisterhaften Uebergang als
Kadenz 1 erwarb er sich wieder allgemeinen
Heylall. Etwas minder scharfen Strich und
dagegen mehr Zaitheit würde Hrn. S. zujn
ersten BratschrnspieJer erheben, da seine
Fertigkeit ausserordentlich ist. (Ob aber wo!
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•59
iSo4- December.
160
das öftere Tempo rubato bey eintretenden
Passagen uothwendig ist? uud ob nicht viel-
mehr dev Effekt des Ganzen darunter leidet,
da besonders, wie heule bey den Blasin-
strumenten der Fall war, die Begleitung zu
sehr schwankt, ungeachtet Hr. Schick, als
aufmerksamer Direktor, das Seine bey Be-
zeichnung des abwechselnden Zeittiiaasses
thal?) — Dia bekannte Romanze: Zu Stef-
fen sprach im Traume, von Hrn. Fischer
in seiner gewohnten Manier mit Bey fall ge-
sungen« beschloss den ersten Theil. — Den
zweyten eröffuele die Ouvertüre aus Mont-
•Iban von Winter. Von vorzüglich schöner
Wirkung war das Solo der Flöte im voran-
gehenden Largo mit schwacher Begleitung
der Pauken. Trompeten und Hörnet*. Diese
Idee des Komponisten ist von rührender
Wirkung, wozu die weiche Tonart C. das
ihrige beyträgL Das feurige Allegro wurde
sehr gut exekutirt. — Hr. Bärmann blies
ein Fagotlkonzert von Winter mit Geschmack
und vieler Fertigkeit. Vorzüglich gelangen
ihm die hohen Töne bis c mit bewunderns-
würdiger Reinheit und Anmuth. Hr. B. ist
gewiss auf dem Wege unsern würdigen Rit-
ter einst zu ersetzen. — Das Terzett aus Cle-
xnenza di Tito von Mozart: Quello di Tito
e il volto, wurde, vorzüglich von Seilen der
Mad. Müller, mit vielem Ausdruck vorge-
tragen. Hr. Grell war ein wenig unsicher
nnd sang deshalb schwach, und Hr. Fischer
sang, wie eres auf dem grossen Operntheater
gewohnt ist, mithin gegen die beyden an-
dern Stimmen zu stark. Das Ganze passt
nicht recht für den Konzertsaal, da der Ef-
fekt mit auf die Handlung berechnet ist.
Die Ouvertüre aus derselben Oper (Titus)
bescliloss dies dritte Konzert prachtvoll.
Berlin, den »7ten Nov.
Kurfürsten von Wlrtemherg für immer nnd
unter sehr günstigen Verhältnissen als Kam*
mersängerin eugagirt worden.
Nach Öffentlichen Blättern hat Hr. Win*
ter nicht nur sein Amt als erster kurfürstl.
Kapellmeister wieder angetreten, sondern,
wird auch bald eine neue, grosse, deutsche.
Oper vollendet haben, von welcher sich um
so mehr Vor treuliches erwarten lässt, da.
Herr Prof. Babo sie gedichtet hat Nach
dieser wird Hr. W. eine audere gross
für das k. k. Hoftheater in Wien, auf
sen Einladung, kouiponireo.
Reck KaiOMKK.
Dem. Böheim, diese verdiente Sänge-
rin aus Berlin, ist von Sr. Durch).', dem
Gt*öng€ für [Sopran, Ttnor und Bofs, mit
Begleitung des Klaviers , von Leonard dt
Call. Werk Vif. No. i. a. 5. Wien,
im Verlage des Kunst - und Industrie*.
Comptoirs. (Preis: jede No. 56 Xr.)
Wie die Perle in feinem Golde, also
zieret ein Gesang das Mahl — sagt Salomo.
Es scheinet denn doch, als ob man endlich
in Deutschland das nicht nur wüsste und
zugestände, sondern es auch wieder, wio
bey unsern Vorfahren Sitte war, praktisch
erweisen wollte: man fangt an mehrern'
grossem Orten Deutschlands wieder an, die
oft so langweiligen, peinlichen Gastmahle zu
beleben und zu erheitern durch Gesang —
nämlich, durch vernünftigen uud nicht ge-
schmacklosen Gesang! Es wird darum auch
jetzt weit mehr zu diesem Behuf geschrie-
ben, als noch vor kurzem, und das ist «a
loben, ja es hat sogar etwas Verdienstliches,
wenn man für die Beförderung und Näh-
rung und Fortbildung dieser Liebhaberey
thälig ist — aber, wohl zu merken« auch
wirklich etwas Gutes dafür leistet, weil man
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i6i
1804. December.
i6j
sie sonst theils irre leitet, theils verekelt.
Herr de Call, clor freylich jetzt sehr viel
.schreibt, unti darum uichl immer vorzüg-
lich, hat doch in dieser Gattung manches
Angenehme und auch zu jenem specicllcn
Behuf sehr Zweckmässige gegeben — ja,
gerade in dieser Zweckmässigkeit findet Reo.
den namhaftesten Vorzug «eiuer Arbeiten die-
ser Art: denn allerdings — sehr gelehrte,
so wie ganz frivole und gemeine Musik
dient nicht, wo gemischte Gesellschaft beyin
Mahle unterhalten uud erfreuet werden soll.
Er aber, Hr. de Call, tri Ol überall so ziem-
lich den rechten Ton: ist augenehm, gcfal-
Jig, heiter, leicht und populsir, ohne (we-
nige Sielleo ausgenommen) ganz gemein zu
werden — und zwar ist er dies sowol in
den hier angezeigten dreystimmigen Gesän-
gen mit Accompagoemeut , (das, mit Recht,
zwar nicht vieles Obligate, aber denn doch
zuweilen eine eigene Figur zur Belebung
und Auszierung hat,) als «och in ahnlichen
Gesäugen für zwey Tenor- und swey Baas-
slimraen, ohne Accompagnement , die Ree.
vor kurzem bekannt, uud grössslenlheils lieb
geworden sind. Es sind nicht eigentliche
Gesellschafls-Eieder, die hier gegeben
werden, aber auch nicht eigentliche Terzet-
te, die eine Ausarbeitung dreyer, ver-
bundener Stimmen erfordern; sondern jede
Nummer enthalt einen in freyem Styl aus-
geführten hübschen Gesang, uud fast nur
in Num. 1. kommen (wie S. 3.) einige kuust-
gemässere Verkettungen der Stimmen vor.
Ihren Reiz scheint der Verf. durch öflern
Weihset der Stimmen haben ersetzen zu
wollen, und zuweilen ist ihm dieses (wie
Num. II. S. 9.) recht sehr gelungen. Num.
II. ist übrigens durth Wiederholungen etwas
gedehnt, (vergl. S. 5, Syst. 1, Takt 2 und
Jolgg«)* dasselbe ist in einigen Stellen der
Nu. 11. III der Fall, in welcher sich Über-
haupt die Popularität des Verf. denn doch
Wol zu <<ehi- gesenkt hat. Man sollte auch
in solchen Werkchen «ich nicht tiefer «o
dem ganz Ungebildeten herablassen, als nö-
thig ist, um ihn höher heben zu können.
Möchte dieser Komponist zwar fortfahren
sein Talent und seine Beliebtheit für Ande-
re und sich selbst an benutzen, aber denn
doch sich nicht übereilen und dem Publi»
kum von dem, was er geben könnte, nur
das Beste geben — wodurch er ja doch
am Ende auch für «ich selbst am besten
sorgen würde.
Hymnt: Preist dir Gottheil! durch alte Him-
mel (Spltndtnt* te Deus etc.) für vier <Sing-
ttlmmen mit Begleit, des Orchesters von IV.
A. Mozart. Partitur. Nu. 1. 58 S. Fol.
pz
bey Breitkopf und Hirtel. (Pr.
x Thlr. 8 Gr.)
Motette.' Ob fürchterlich lobend tieft
hebtn etc. (Nie pulvis et clnlt süperbe etc.)
für vier Singst, mit Begleit, des Orchesters,
von W. A. Mozart. Part. No. 2. 5o S.
Fol. Ebenda«. (Pr. 1 Thlr. 8 Gr.)
No. 1. iat in eben dem Sinne wie No. a.
Motette, nämlich «o wie es die Franzosen
nehmen, wekhe bekanntlich ein jedes Ktr-
chenslück über eiuen lateinischen Text, wenn
es auch mit Instrumentalbegleitung versehen
ist, Motette nennen. Die beyden vortreff-
lichen Werke sind schon in Abschriften zn
bekannt worden, als dass es nölhig seyn
sollte, sie weitläufig durchzugehen, und die
Menge ihrer Schönheiten, die sich längst
dem Gefühl jedes Hörers unvergesslich ein-
geprägt Laben, zu zergliedern. Hier er-
seheinen sie zuerst öffentlich, und, neben
dem lateinischen, mit deutschem Texte} es
mag deshalb nur das erwähut werden, was
zunächst auf Veranlassung dieser Ausgabe
zu sagen ist. No. 1. ist mit einem so vor-
trefflichen deutschen Texte versehen, dass
viele Stellen desselben besser cur Musik
passen , als die lateinischen. Nur die Wor-
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1804. December.
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te: Durch alle Himmel tönt dein Ruhm,
hallen nicht mit der Musik gleichen Schrill.
Allen Iiier hat Mozart, nach Ree. Mey-
nuug, daa: Discussa trisiis est nox,
etwas schielend behandelt, iudero ihm nur
trislia nox und daa Verschwinden vor-
schwebte. Exaudi precaules mit Trom-
peten und Pauken hat weit mehr richtigen
musikalischen Sinn erhallen durch das deut-
sche: Erschallet ihr Lieder. Hey der drit-
ten Soloparthie wäre zu wünschen, dass im
deutschen Texte der Sinn beendigt wäre, so
wie im lateinischen , denn es will nicht recht
passen, dasa die beyden obern Stimmen deu
Sinn dea £atzea schiieasen, welchen die un-
tern angefangen haben. Uebrigens hat das
Ganze bekanntlich ein grosses, energisches
Gepräge , ao dass man den Mozai tscheu
Geist überall darauf ruhen siebt. Auch ist
es nicht ao* schwer zu. exekultren , als gehö-
zu besetzen. Wo denn aber Letzterea
ann, wird die Wirkung ohnfehlbar
jo gewaltig seyn, dass jeder nicht ganz abge-
stumpfte Menach seiue Hände wird unwill-
kürlich falten. Die Zeitdauer beträgt oho-
.geiähr «ieben Minuten.
No. 2. iat eben so stark besetzt, dürfte aber,
besonders der erste Abschnitt« etwas schwerer
zu exekutiren aeyn: denn hier komiut* nicht
nur auf Fertigkeit, sondern auch vorzüglich auf
Feinheit im Vortrage an. Mozart Usst den
Engel dea Herrn mit warnender Stimme
ans Gewitterwolken rufen: Ne pulvis et
cinis süperbe le geras; dann fleht der
Chor: Nos pulvis et cinis tiinentes, tremen-
~tes , proatrati plorainua ad to. Und so er-
hält daa Ganze mehr Einheit, als nach dem
deutschen Text. Hier fängt eine Baasstim-
ra e — welche aber kräftig und durchgrei-
fend seyn muas — mitten im Sturme an:
Ob furchlcrlirli tobrml »ich Stürme erhoben.
Die Sauten dea Himmel» aclbit wanken und beben ;
Ob Aufruhr der Völker den Untergang droht,
Macht una nitlu mutulo«, nicht Schrecken , nicht Tod.
Dies wird zwar etwas stärkern Effekt
machen, alleiu da der Chor einlallt: Ob
fürchterlich tobend sich Stürme erheben , wir
flehen Ei naher zu dir etc. und man da nach
einer ao muthigeu Aeusseiung eines Einzel-
nen erwartet, dass der ganze Coetus von dem
nämlichen Geiste belebt seyn werde, ver-
liert daa Ganze etwas am richtigen Zusam-
menhange, üb die Trompeten con Sordini
jedem gefallen werden, daran zweifelt Ree.
8. 7 gehen die Bratschen mit dem Violon
im Einklänge! Die Abänderungen in dea
Singslimmen S. 9, sollten der Deutlichkeit
wegen mit kleinerm Notendruck angegeben
seyn.
Ahezdoti.
Im Parterre zu — stehet Wache und
bat das Recht, unartige Störer anständig zur
Ruhe zu verweisen. Es wird Axur gegeb-
nen. Einige junge Herren sitzen vor einem
aufmerksamen Zuhörer, gleich neben dem
wachhabenden Soldaten, und schwatzen laut
und ungezogen während der Ouvertüre.
Jener hofft , sie werden wenigstens aufhören,
wenn der Vorhang aufgehet: nichts weni-
ger! Tarar und Astasia fangen eben ihr schö-
nes Duett an — da wendet sich der Ge-
störte an die Wache: Freund, sag' doch,
dass die da still sind! Der Soldat erwidert:
Das wollt' ich wol : aber ich muss ea leise
sagen, und da müssl* ich erat hinten 'tum
gehen! ich darf aber meinen Posten nicht
verlassen ! — Er glaubte nämlich , man ver-
lange von ihm, er sollte die Singenden zi
SlilUchweigeu
Limit, sav BaaiTZorr vi» H Sarai.
Digitized by
ALLGEMEINE
» «
MUSIKALISCHE ZEITUNG.
Deni2« en December. N=. II. . 1804.
. *
1 " 1 -
Recensiow.
Al<j/»odiA de* Xfai-ier- und Piaruforufpith von
Frudrich Guthmann. Nürnberg und Leip-
zig, bey Campe. iÜo5. (Pr. i6 Gr.)
Es scheint, al« ob die «ich jetzt zur
Herrschaft emporarbeitenden pädagogischen
Systeme, in wiefern «ie durch airenge Be-
handlung de« mechanischen Theils der Wis-
senschalten gleich in den ersten Jahren der
Bildung dem an allem nur kostenden, über
alles nur plaudernden Dilettantismus entge-
gen-, und der ernstern und strengern An-
sicht der Diuge durch jenes sichere 'Funda-
ment vorarbeiten — seit kurzem auch
EinÜuss in die Lfhrbücher der Tarnst ge-
wonnen. Cum grano salie eine solcne Methode
angewendet, hatte «" an h' el * gewiss so viel
Gutes von ihr tu hohen, als in irgend einer
andern Kunst oder Wissenschaft} „to aber
das Salz dumm wird H — ein freylieb nicht
immer zu vermeidender F*all — wäre doch
hier wenigstens nicht »o viel, als in so
mancher andern Absicht zu befürchten. Doch
davon wtad'sich zu anderer Zeit pausender
mrcclien l;is*cns hier eey »uv das Faktum
iffcrrrl , des* wirklich mehrere ' denkende
Männer sie* jetzt fiir <da« fast aus-
»chliesslic Ii mechanische Bebändern der
Musik in früherer Zeil and- bis die Schüler
schon zu «ehr bedeutenden* und ganz* sichern
Fortschritten in . dem ; n*e*hani«ehan 1 TheHe
diese» Kunst- gelangt sind/ erklaW haben.
7. J »bi g. t
Aufmerksame Leser dieser Zeitung habe«
schon mehrere solche Aeusserungen hier
gefunden, und zu gleicher Zeit ist nun die
oben genannte Methodik, und Hrn. Musikd.
Müller'* grosse Klavierschule, (Jena, bey
Frommann) die eine, wie die andere nach
jenen Grundsätzen, und bey de in vielen Re-
sultaten nicht nur, sondern au<h in man-
chen einzelnen Anweisungen , Vorschlagen,,
tieyspielen u. dgl. ganz zusammentreffend,
ohngeachtet keiner der beyden Veif. von dem
Vorhaben des andern wusste — erschienet!.
> -
Ree, der übrigen« nicht untersuchen
will , ob diese Methode überhaupt , öder auch
in Anwendung auf Musik neu, oder ob sie
nur die geläuterte und • vernünftiger und
zweckmässiger gewendete älteste sey — be-
kennet sich, nach Grundsätzen, wirnach viel-
fältigen Proben , ganz 2u derselben, und ist
in der Erziehung — auch für Musik, nicht«
so abhold, als dem süsslirhen, tändelnden,
schmeichelnden, missverstandeaen Phi-
lanthropismos — was er glaubt hier voraus
Sagen zu müssen, damit es ihm', wenn er
mit der Methodik des Hrn. G. nicht ganz
zufrieden seyn kann, nicht für Parthey fith-
keit gegen die Methode ausgelegt werde. '
' Hr. G., der sich den Lesern dieser Zeit,
chirch manche gute praktische Bemerkungen"
und Nachweisungen schon früher empfohlen
bat 1 , hat nämlich hier keineswegs eine eigent-
liche (systematische) Methodik, auch kein
vollständiges , praktisihes Handbuch dersel-
ben, 1 ' aber* nicht wenige sehr 3chätzbar»Dätz
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i6 7
1804., December.
168
zü einem künftigen , geliefert Diese zer-
streueleo, tarn Theil dem Verf. gau* eige-
nen, feineu und gründlichen Bemerkungen,
wie beym Unterrichte im Klavierspiel zu
verfahreu sey — (nicht wae zu lehren 1
da« gehört dem Lehrbuch — ) dieae aind
es, die der Meinen Schrift wahren Werth
gebcu und weshalb sie .Männern von Einsicht
überhaupt, und denkenden Lehrern der Mu-
sik insbesondere, zu empfehlen ist. Durch
das Ganze aber blickt nicht selten Flüchtig-
keit und Uebereilung hindurch. So gut eini-
ge einzelne Kapitel, namentlich über die
ersten Vorübungen, (mit den sehr zweck-
mässigen Beyspielen , ) über das Crleruen
des Takts. u. s. w. ausgefallen t»iud,'so enl-
halteu mehrere (besonders gegen das Ende
des Buchs) - nur das Bekannte, und enthal-
ten dies sogar, bey. aller Kürze dea Buchs,
nicht ohne Öftere Wiederholungen, und so-
gar auch mit manchen Widersprüchen.
Jene« findet sich zu oft, als das* e-s dabey
der Beweise bedürfte; diese» muss erwicseu
werden — es geschehe aber nur an E.i iiem
Hauptpunkte, um nicht über die, Gebühr
bey wenigen Biogen verweilen zu müssen,
Hr. G. giebt nirgends bestimmt an, was
•r sich für Schüler denkt — vqu welcheu
Kräften, Jahren u. s, w. Daraus entstehet
vieles Schwankende und Widersprechende.
Ein einz,igesmal sagt er; der Unterriebt dür-
fe schon , im fünften bis sechsten Jahre an-
fangen. Schliesat man nun daraus , dass
dies die Schüler siud, die er im Auge be-
halt : so wird das meiste passend — wie
aber mit Regeln, wie: dass man nicht mit
eiuzelnen Tönen zu spielen anfangen müs-
ae* sondern mit Terzen, weil sie die Hand
zur rechten Lage zwangen? (Die Regel .isf.
neu, und vortrefflich für den Unterricht Kr T
Wachsener — . nicht nur, aus dem. vom.Vert,
angeführten Hauptgründe, sondern weil auch
der Spielende dann seinen ungleichen An^
.Uüag , laicht . bemeikt und «eh, ifo». abgq,
t-
wohnt: Kindern jener Jahre aber ist deren
Befolgung, wenn man diese ja erzwingen
wollte, (deuu erzwungen mUsste sie wer-
den,) eine Qual, die ihnen die ganze Aus-
übung der Musik leicht auf immer verlei-
den könnte!) Wie nun vollends gar mit
Korderungen, wie: da»s die gewöhnlichen
Manieren, Triller, Doppelschlag u. s. w.
schon in den ersten Vorübungen und zwar
in beyden Händen und für verschiedene Fin-
ger vorkommen und eingeübt werden müss~
ten? (Einen Erwachsenen kann ich durch
Erweise der Wuhllhätigkeit solcher frühen
Anstrengung für das Schwierigste, auch uol
durch Reizung der Ambition dafür, eben
weil es sehr schwierig ist, gewinnen: aber
ein solches Kind — ?) So wird feiner ge-
schrieben, daas man, um dem Schuler die
erste Uebung im Nuteulesen zu verschaffen»
ihm dieselben Stucke, die er schon aus-
wendig nach dem Gehör gelernt hat, in
Noten vorlege. Dass er beym Spielea
nicht mehr, wie vorher, auf die Finger,
sondern auf die Nuten die Augen rich-
te, kann man erzwingen: aber es wird bey
weniger Lebhaften ein dumpfes, gedauketilo-
soa, und beym Lebhaften ein zeratreuetes, un-
achtsames Hiublicken werden, wodurch,
wenn ja alltnählig ein Weniges von jeuer
Seite gewonnen werden sollte, von der an-
dern mehr verloren gehen dürfte. (Auch
hier ist es ein anderes beym Erwachsenen,
den ich durch Vorstellungen überzeugen,
und so zur Selbstbeherrschung bewegen
kann — obschon auch er, wie das Kiud,
lieber Stücke spielen wird , die er noch nicht
auawoudig weiss, und wo er die Aufmerksam-
keit auf Fiuger und Noten anfängt ick
theilen und allmäh Ug von jeuen immer mehr
auf diese wenden daajf^ , Nho*t man, aber
einen erwachsenen Zögling, an , so pa*»t diea
und ahnliubes: aber darf ich diesem halb«
Jahre lang (Ree, glaubt sogar irgendwo von
Jahren M aaleseu. au haben, kann aber die
Stalle n#kt Wieq>*uden , umi will eiu»a.
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>
169
•1804. December.
170
Irrlliurn eeinea Gedächtnisses als möglich zu-
gestehen,) zumotheu, sich nur mit Uebun-
gcn xu beschäftigen, bey denen er gar nichts
eu denken , gar nichts zu empfinden be-
kömmt? ja die auch, ihrer Natur nach, und
der sehr häufigen Wiederholungen wegen,
seinem Ohr widrig neiden müssen? Nur
der Knabe, etwa von 9 bis 12 Jahren, schlingt
allenfalls alles hinab ; das nichts sagende
Schema «luer Konjugation oder eine nichts
sagende Klavierpassage — gleichviel , wenn's
nun einmal aeyn tuuss! —
Reo. übergehet andere, ähnliche Punkte,
die er sich ooürt hat, und die ähnliche In«
konsequenten — wenigstens veranlassen
könnten. Diesen Einen wollte er aber be-
rühren, theils sein obiges Urtheil au bele-
gen, theils au zeigen, wie vieles auf der
nun gebrochenen bahn Hrn. G. oder An-
dern noch zu tbun aey — keineswegs aber
•in ' hoaes Vocurtheil gegen dies Werkchen,
das, es sey wiederholt, so vieles einzelne
Gute hat, zu erregen. Es sey nun noch
erlaubt, dem Verf. mit kürzern Bemerkun-
gen auch durch einzelne Kapitel mit glei-
cher Unpaiiheyliohkeit zu folgen.
S. 4. wirdangegeben, „worauf ein me-
thodischer Unterricht im Klavierspiel (wor-
auf man bey einem meth. UnL im Kla-
viersp.) vorzüglich zu sehen habe;" nämlich:
e
lY auf Erwerbung der grössten Stärke,
Leichtigkeit, Sicherheit und Geschwindigkeit
mit alleu Fingern beyder Ilande;
2) auf Gewöhnung des Auges Und der
Aufmerksamkeit, die Noten geschwind und
richtig aufzufassen}
5) auf Bildung und Gewöhnung des Ge-
hörs und musikalischen Gedächtnisses;
4) auf Erlernung eines guten Vortraps,
Erweckung und Leitung des Gefühls dir
Musik und einer richtigen Uilheilskraft.
I Nach dieser Einteilung ordnet der VerC
sein Buch. Man siebet aber, dass beson-
ders No. 4. sehr schwankend gestimmt, und
wenigstens darin zu viel unter einander ge-
worfen ist. Vielleicht hätte der Verf. wenn
er sich auch nur an diese Punkte halten,
wollte, sie wenigstens also besser geordnet:
1) Mechanischer Thril — wo denn jene er-
sten drey Hauptruhriken abgehandelt wor-
den wären. 2) Aesthetischer Theil Er-
weckung des Gefühls für Kunst überhaupt
nnd für Musik insbesondere; Nahrurig und
Leitung desselben, (indem man dem Schü-
ler vorzügliche Werke bekannt macht, sie
selbst vorträgt, wie sie vorgetragen aeyn
müssen, ihn auf das Vorzüglichste aufmerk-
samer macht durch Zergliederung u. s. w.)
ZurücKführung des Gefühls auf Grundsätze;
Anleitung, von diesem allen nun beym eige-
nen Spiet Gebrauch zu marhen — was
denn eben den «guten Vortrag* giebt, der
aber besser der schöne Vortrag heissea
würde, zum Unterschiede des richtigen
Vortrags, der in genauer Ausfuhrung des
Mechanischen, im weitesten Sinne, beste-
net » — Der mehr oder weniger unbestimm-'
te, lockere, so wie der bestimmte, streng
abgesteckte Plan wird immer von beträcht-
lichem Einfluss auf jedes, besonders auf
jedes theoretische Werk bleiben — was sich
auch hier in der Folge, besonders wo jene
No. 4. abgehandelt werden soll, zeigt; und
rhetorische Wendungen, wie .die Mittei-
lung eines interessanten, lieblichen Zaubers
kömmt bey einem guten Vortlage mit Reiht
in Betracht" — ersetzen nichts , und sind
in einer solchen Schrift auch gar nicht an
ihrem Orte. —
Die Ausführung der oben angegebenen
No. 1. ist dem Verf. sehr gut gerathen, und
wir wünschen alle Musiklehrer darauf auf-
merksam zu machen. S. 8 verlangt der
VerC vom Lehrer unablässig auch Ge-
nia —7 Wenn man einmal wünscht, so
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1804. Dcceraber.
17t
wünscht man freylich gern alle«: das giebt
aber hernach eben die frommen Wünsche,
die nirgends ganz erfüllt werden. Der ge-
nialische Mensch hat selten Lehrtalent, (am
seltensten Geduld, Beharrlichkeit , und re-
gelmässigen Fleiss): wir glauben, dass
ein Lehrer mit Geschicklichkeit und gebil-
detem Geschmack (welche bey de der Verf.
anzufühlen vergessen hat) nicht nur aus-
reiche, sondern selbst mehr und besser auf
Schüler, vornehmlich auf frühe und ange-
hende, wirke. Ueberdies bedürfte das Ge-
nie auch keiner .Nachhülfe, z. B. keiner
Methodik;, denn Genie ist ja eben, was
trifft, — Die, nähern Bestimmungen der
Erfordernisse guter Vorübungen , 8. y fblgg.,
find sehr gut, so wie auch die Beyspiele,
von denen geschickte Lehrer den besten Ge-
brauch machen können. Der Verf. setzt ein
jede* derselben aber doppelt — einmal in
Violinschlüssel für die rechte, eiumaj in
Bassschlüssel für die linke Hand her. Dm
ist bey solch einem kleinen Buche Ver-
schwendung des Bauras, und man dürfte au
die Stelle der Wiederholungen lieber auch
vierstimmige Uebungen wünschen, die der
Verf. der kleinen Hände der Zöglinge we-
gen weglies« — indem ja nicht blos kleine
Kinder Musik zu lernen anfangen. Ueber-
dies rathet er in der Folge, mit Recht, das
eigene Abschreiben der Noten als ein gutes
Ilülfsmittel , mit ihnen genauer bekannt zu
werden, an: so lasse man die Schüler diese
Beyspiele abschreiben, und swar für die
linke Hand transponiren , wo man neben
jener Ersparnis einen neuen Vortheil er-
langt! —
Die S. ao. angegebene Figur ist wirklich
neu erfunden und von vortrefflichem Nut-
zen. Sie macht mehr, als jede andere in
andern Lelubüchern. die Finger ganz los
und gl eich- fest. Wenn sie nur eine bes-
sere Harmonie gäbel — Sehr gut ist auch
die Vorschrift S. 54, das« die AppUkatur
zwar über den Noten beraeYkt Seyn müsse,
aber durchaus nicht, wo sie sich von selbst
verstehet oder sehr leicht Huden lässt, weil
sonst das Auge ohne Nutzen zerstreuet, das
Spiel erschwert und das eigene Nachdenken
des Schülers gebindert wild. Viele, übri-
gens lobenswcrtiie Lehrbücher thnu auch
hier des Guten bey weitem zu viel, *o das«
es nicht mehr gut ist, und' die Selbsttätig-
keit des Schülers, auf die es ja doch hier,
wie bey aller pädagogischen Nachhülfe, am
meisten abgesehen seyn sollte, weit mehr
gehindert, als gefordert wird. — Was über
das Einstudiren der Stücke gesagt wird, ist
nicht neu, aber gut zusammengestellt, uud
bestens zu empfehlen. — Doppelsonaten
(oder vielmehr kleine Handstücke iür Leh-
rer und Schüler) werden vom Verf. mit
Recht, zunächst zur Befestigung im Takt,
empfohlen: nur wird sie der Lehrer dar-
um nicht zu oft anwenden dürfen, weil
sich der Schüler denn doch «Jabey in einer
genirten Richtung befindet, auch fast immer
einerley Schlüssel mit beyden Händen spie-
len muss, beyde« aber ihn verwöhnen wür-
de. — • S. 39. findet «ich wieder eine gute
Bemerkung, gegen welche geräde von den
sorgsamsten und fleissigsten Lehrern oft ge-
fehlt wird. Der Verf. sagt : Mitten im Spiel
muss der Lehrer oft einen kleinen Fehlt!!*
ungerügl lassen und den Schüler erst nach
der Vollendung des Satzes zur Verbesserung
desselben anhalten. Ganz recht! Widrigen-
falls wird nicht nur der Schüler zu ängstj
lieh gemacht, sondern man erzeugt auch daa
widrige Stocken, das dem Stottern im Spre-
chen gleicht, und das sich späterhin so
schwer, wie diese«, und oft niemals, able-
gen lässt — So wenig dem denkenden Le-
ser die Lehre vom Vortrag, wie schon
oben erwähnt, im Ganzen Genüge leisten
wird: so finden sich doch auch hier meh-
rere gute Andeutungen und Winke. W r a»
da tiu aber folgt, ist su flühiig hingeworfen,
als da«« wir dabey verweilen wollen.
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i8o4* December.
»74
Das Buch ist übrigens munter, ganz popu-
lär, aber etwas nachlässig geschrieben , und
schön gedruckt.
Der Verf., dem es gewiss am die gute
Sache der Kunst und -Erziehuug ein Ernst
ist, wird dieselbe Gesionung auch in dieser
Anzeige seiuer Schrift nicht verkennen, und
darum nicht missdeuten, was der Ree.
auszustellen sich kein Bedenken gemacht hat.
Sollten Mitarbeiter an Einem Institut, eben
weil sie dies sind, . sich mit Schmeicheln,
oder doch mit Verheimlichen und Beschö-
nigen entgegen gehen, und nicht vielmehr.
Andern, die so gern überall Parthey 1 ich keil
willern, weil sie sie in sich tragen, zum
Muster, recht streng und gerade gegen ein-
ander seyn? Ich dachte, das Letzte, und
wünsche
als das! —
Auch ein Voglerisches Oratorium im Rc—
doutensaale: die Chöre aus Racine* Athalia,
hat nicht gelalleu; man vermisste jenen
Schwung der Phantasie, der das Gemülh zu
erheben und zu erweitern geschickt ist, und
den die Kirchenmusik so wesentlich verlangt.
Denn diese Chöre muss man doch wol zur
Jeztern Gattung rechnen, da der letzte blos
aus einer sehr ausgeführten Fuge besteht?
Die Aufführung war sehr mangelhaft) die
Rolle der Sulamith sollte anfangs von Ma-
rianna Sessi, dann von Dem. Milder gesun-
gen werden, endlich musste sie noch am
letzten Tage Dem. Laucher übernehmen.
Mit dieser Rücksicht leistete sie waa
sie konnte, aber es konnte so nicht vor-
züglich seyn. Die Chöre gingen nicht zu-
sammen, besonders wurde die letzte Fuge
bey .eigenen Arbeiten nichts, j gauz ohne Präzision vorgetragen. Die Ein*
NAC
RICHTEN,
Wien, den 27ten Nov. Auf dem Hof-
thealer haben Terziani's Campi d'lvri nicht
gefallen, auch ist der Text sowol als die
Musik ohne Interesse. Heinrich der vierte
von Frankreich hat sein Lager vcrltttattif
am in den Armen der schönen Gabriele
die Beschwerden des Krieges zu vergessen.
Sein Feldherr entdeckt des Königs Aufent-
halt, und erschöpft vergebens alle Gründe,
ihn zur Rückkehr zum Heere zu bewegen,
bis er endlich diese Absicht durch einen
falschen Bericht erreicht, welcher die Nolh
der Armee und ihre Unordnung schildert.
Weder in den musikalischen Ideen, noch
in der Behandlung derselben findet sich eini-
ge Neuheit. Die Ouvertüre ist sehr ge-
wöhnlich und ohne Feuer; und die Chöre,
welche dem Tonsetzer vierstimmig zu Ge-
bote standen, sind grösstenteils nur zwey-
süinmig gehalten. .
Im Theater an der Wien wurde eine
neue grosse Oper von Treitachke mit Mu-
sik von SaJieri ohne Beyfall gegeben. Lord
Falkland liebt die Tochter des Gouverneurs
Dellail, wird aber durch Kabalen seines
Feindes und Nebenbuhlers Bedfort vertrie-
ben. Der letztere hat es schon mit Hülfe
eines ehrgeizigen Weibes bis zum Kom-
mandanten der englischen Truppen gebrächt,
als Falkland als Neger verkleidet zurück-
kommt und iu seine Dienste tritt. Der Gou-
verneur erhalt min die Beweise von Falk-
lands Unschuld und will Bedfort zur Ver-
antwortung ziehen, der ihn, sich zu reiten,
durch Falkland vergiften lasst. Am Ende
wird Bedfort vollständig entlarvt, und es
entdeckt sich, dass der Gouverneur nur
einen Schlaftrunk erhallen habe.
Sie sehen, wie gernein nnd abgenuzt der
Plan dieser Oper ist; schon der gänzliche
Mangel an Neuheit musste der Wirkung
sehr im Wege seyn. Aber auch die Aus-
führung hat gar nichts Ausgezeichnetes
- -
Google
»73
i£o4. December.
176
Zwar ist die Sprache durchaus rein, auch seng sehr hübsch; sie wird, und mit Recht,
_ 1 ^ t_ 1 • l_ t * 1 ■ • j r> 1 1 - 1
an der Verifikation kann man,
rerri falschen Reimen, nicht vieles tadeln:
aber das sind auch nur die negativen Eigen-
schaften einer Oper. Die Hauptsache ist
die lebendige Cbarakterisirung in der Hand-
lung, und lyrische Empfindungen in den
Musikstücken; diese Stücke aber findet man
hier so wenig, als eineu raschen, runden
Dialog. Um einen Charakter zu schildern
ist es nicht genug, dass der eine z. B. im-
mer tugendhaft» der andere immer laster-
haft spreche — denn niemand in der Welt
tragt immer so sichtbar sein eigentümliches
Gepräge zur Schau, am wenigsten der La-
sterhafte, welcher durch Schleichwege em-
porzukommen sucht. Dadurch , dass die
Handlung so wenig Interesse hat, und dass
die - Charaktere zwar in einen moralischen,
aber nicht in motivirle psychologische Kon-
traste gesetzt sind, erhält das Ganze etwas
Mattes und Gedehntes, welches bey der
Aufführung besonders missfallen musste.
Die heitern Scenen sind ebenfalls nicht ge-
rathen; es ist blos eine ergrübelle, also kalte
Lustigkeit darin, statt einer heitern Phanta-
sie oder gemülhlichen Laune, die sehr sel-
ten ihre Wirkung verfehlt
Von dem Tonsetzer des Azur, der Grotte
des Trofonio und so vieler anderer gelunge-
ner Opern konnte mau mit Recht etwa»
Vorzügliches erwarten: aber auch in dieser
Rücksicht fand man sich nicht befriedigt.
Zwar giebt es besonders im ersten Akte
mehrere sehr artige Stellen, und ein Marsch
der Neger, wo den gehaltenen Noten der
Violinen ein hübscher Bass pizzicato aecom-
pagniit, und darauf ein schönea Oboe -Solo
einfällt, welches später die Violin übernimmt,
verdient eine ehreuvolle Erwähnung: aber
im Ganzen vermisste man jene Kraft und
Charakteristik, die man hier an den Mo-
znrlschen und Cherubinischen Werken im-
mer mehr schätzen lernt. Dem. Lauoher
immer mehr ein . Liebling des Publik
Mit einer sehr angenehmen Stimme und ei-
ner geschmackvollen Methode verbindet sie
ein leichtes und gewandtes SpieL
In Brünn, der Hauptstadt Mährens, hat
sich, nach einer Anzeige der Ostreichischen
Annalen, eine Musikgrstllschaft gebildet, woiv
in wücbeutlich Smfonieen , Konzerte uud
Gesangstürke von den besten Meistern ge-
geben weiden sollen. Die Theilnehincr be-
tleben aus Dilettanten und Musikfreunden \
die monatliche Einlage ist auf ewey Gul-
den festgesetzt.
Am Katharinentage (a5. November) oder
am darauf folgenden Sonntage wird jährlich
filr die Peuaioiisaustalt bildender Künstler
eine Redoute gegeben, und neue Tänze wer-
den dazu verfertigt. Für dieses Jahr waren
die im grossen Saale von Molitor, im klei-
nen von Eberl. Von den letztem .fand man
einige ausgezeichnet artig, alle aber sehr
schön instrumenlirt ; au>h sind sie gleich
am Tage nach der Redoute im Kunstcomp-
töir gestochen erschienen.
Dorfichul* zu Intrup.
Als eine musikalische Merkwürdigkeit
verdient die Landschule in dem Lippisrhen
Dorfe Istrup, eine Viertelstunde von Blom-
berg, den Freunden des Guten uud Schönen
bekannt zu werden. Lange schon hat man
in Deutsi hland , vorzüglich in Niedersachsen
uud Westphalen, gute Volksgesänge i Q den
Schulen zu lehieu angefangen. Hannover
ging mit einem schönen Beyapiele voran.
Hoppensladts Lieder erschienen früher, als
das Mildheimische Liederbuch, und erleich-
terten sich den Eingang in die S hulen durch
die Fingerzeige für den Lein er, den ver-
besserten Volksgesang an religiöse Ideen an-
. **•--
... >'
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'77
1804. December.
zuknüpfen. Die Tonkunst gewann dadurch
befiacülliLJie \ oitlirjle. Der kreischende
Gesang der Scnulkiuder, der alle gute Stim-
men verdarb und die minder guten völlig
unerträglich machte, wurde durch sanftere
Welud.eeu gemildert und durch gefälligere
Abwechslung und Foitsrhioitung der Töne
veraiiiiehinlicht Die Kiuder lernten den
Gesaug, 40 wie die Schule selbst, worin er
gelehrt wurde, liebgewinuen , und wieder-
holten auf der Sirasse, was sie in der Schu-
le gelernt hatten.
liiti sehr wackerer Mann und tbatiger Beför-
derer des Guten, der P. Sthoufrld zu Reelkir-
chen im Lippe- Uetmoidischen — .bekauiit durch
seine herz hjl|e Verteidigung gegeu eine
gante Räuberbande , noih mehr aber wür-
dig bekannt zu seyu wegen des vieieu Gu-
ten, was er für die Jugend thut — dieser
Manu ging noch einen Schritt weiter. Er
gab sich die Mühe, einige Dorf kiuder die
Flöte zu lehren , vielleicht auf Veranlassung
des Schulfestes, welches nach seiner Ver-
anslultuug auf dem Spiel berge jahrlich mit
Musik, geieyert wurde. Einer seiuer Dorf-
ach ullehr er benutzte die Gelegenheit, und
lernte selber die Flöte, um sie die Schul«
kiuder wieder lehren au können. Zu mei-
ner nicht geriugen Verwunderung fand ich
in seiuer Schule, wohin mich der P. Scbön-
feld führte, nicht weniger als neun gangba-
re Flöten, die von den Dorfkindern so gut
geblasen wurden, wie man es nicht hatte
erwarten sollen. Mit diesen Flöteu, wovon
die Hälfte ohngefahr die erste, die andre
Hälfte die zweyle Stimme führte, wurde der
Gesang begleitet, den die ganze Schule aus
dem HoppensUdtischeu Liederbuche anstimm-
te. Mühsam hatten die Kuabeu sich die
Tabelle der Tonleiter mit beigesetzter Fin-
gerordnung und Benennung der Töne von
ihrem. Schulmeister abgeschrieben , und mit
Leichtigkeit werden sie nun auch alle vor-
gelegte Melodieen nach Noten, spielen ler-
nen, da sie einmal der Lust die Bahn ge-
brochen haben. Aber wie in aller Welt
machten Sie es, fragte ich, um die Kinder
oder ihre Aeltern au bewegen, dass sie sich
die Flöten ankauften? Ich spielte ihnen vor,
sagte der brave Stölting, uud machte be-
kannt, dass, wer von den Kindern eine Flö-
te mitbringen wollte, den wollte ich auch so
spielen lehren. „ Wir haben keine Flöle au
Hause. - — - Das thut nichts, eine Flöte kann
man leicht zu kaufen bekommen. Wenn
eure Aeltern wollen , so will ich euch selbst
eine kaufen. Auf diese Weise haben wir
eine Flöte nach der andern gekauft, so gut
wir sie erhalten konnten.
Die arge Welt! würde mancher Schul-
inspektor sagen: da sieht man, wozu die
Leute Geld haben. Papier und Tinte sind
sie nicht vermögend, den Kindern' au kau-
fen, wenn sie auch nur zwey Groschen da-
für geben sollten ; aber eine Pfeife, die einen
Thaler kostet, die ist ihnen nicht au theuer!
Stille, stille, lieber Herr, wenn die Kinder
auf der Flöte blaseu, muss nicht geplaudert
werden. Höre lieber, wie es klingt, oder
wenn du es nicht hören magst, so gehe still
zur Thüre hinaus und bille Gott, dass
er dich mit keinen Kindern, oder wenigsteus
doch mit keiner Schule plagen möge.
Ho rat ig.
G r o s h e
i m.
Auf mannich faltige Weise macht sich
dieser als Komponist schon längst bekannte
Mann um die Tonkunst verdient. Schon
seit mehrern Jahren unterhält er zu Kassa
im Winter ein Liel<haberkouzcrt, welches
er auf der Einlasskarte mit dem Namen :
Conservatorinm bezeichnet, worin der Ken-
ner und Liebhaber der Musik gleich» Be-
friedigung findet. Sein Versuch, über die
Geschichte der Musik, wöchentliche Vorle-
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*79
1804. December.
igo
sungeo zu halten, die auch jetzt wieder,
einer öffeiillicheo Anzeige zu Folge, ihren
Anfang nehmen werden , ist uicht ohne auf-
munternden Erfolg geblieben. Der Verlag
Ton Musikalien, den er in seinem Hause
etablirt hat, enthalt die vorzüglichsten neuern
Produkte der Vokal - und lustruinenlalmu-
sik in einer hinlänglichen Anzahl von meh-
rern Exemplaren. Der musikalische Unter-
richt, den er den Seminaristen im Gesänge
8OW0I. als im Orgelspielen erlheilt, ist
musterhaft und einzig in seiner Art. Die
von ihm herausgegebenen Motetten, wovou
nächsten» die erste Sammlung im Druck er-
scheint, können zum Beweise dienen, was
Grösheim in dieser Galtung zu leisten ver-
mag. Seine eigenen Gedanken über das,
was der Beförderung des guten und richti-
gen Geschmacks in der Musik im Wege
steht, -und ihre zweckmässige Anwendung
verhindert, scheinen einer öffentlichen Be-
kanntmachung nicht unwürdig zu seyn.
Horstig.
Kurze Anzeige.
VT Air» Ual'unn avte T aecomp. de Iß Guitarre,
composis et dedits ä Modem. Henriette Wol-
ny per B. Bortolazzi. Oeuv. 11. Berlin,
chez les Freres Schiavonelti. (Pr. 16 Gr.)
Hr. B. hat sich auf seinen Reisen einen
Ruf dorch sein allerliebstes Mandolinspiel
erworben, und man liebt nun auch seine
Arielten, obschon Manche sich durch .des
Komp. lebhaften und graziösen Vortrag der-
selben tauschen und den Gesängen zurech-
nen mögen, was dem Sanger zuzurechn n
ist. Doch ist zu gestehen — so enge der
Kreis ist, in welchem sich Hrn. ß.s Werk-
chen immerfort bewegen, so bewegen sie
sich darin doch angenehm, und so ahnlich
eine Sammlung seiner Arielten der andern ist,
so finden sich doch in jeder wenigstens eini-
ge Stücke, die man eine Zeit lang zu Lieb-
lingen wählen mag, bis man sie — wie die.
andern früher — zu arm und süsslirh fin-
det. So verhält es sich nun auch mit ge-
genwärtiger Sammlung, und bleibt darum
nichts hinzuzusetzen; denn dass Hrn. Bor-
tolazzi's Konipos. ganz dem Instrumente au-
gemessen sind , weiss man. Das Aeussere
dieses Werkeheus ist sehr gut«
Die musikal. Beylage No.
enthält eine Ariette aus der komischen Oper,
der Onkel, vom Hrn. Her k lots. Theater-
dichter beym königl. Nationaltheater in Ber-
lin, gedichtet, und vom Hrn. Kammer -As-
sessor Schmidt iu Berlin, einem durch
mehrere von Geist uud Geschmack zeugende
Kompositionen (z. B. zu Schiller'« Monolog
der Jungfrau v. Orleans) dem Publikum wei-
then Liebhaber, in Musik gesetzt. Theater,
direktionen, welche diese Oper zu besitzen
wünschen, haben sich an den Komponisten
(Berlin, breite Strasse, So. 8.) zu wenden,
wo sie richtige Abschritten für eine sehr
massige Entschädigung erhallen werden.
(Hierin die mu»ik. Dcjrl.ge No. III. )
—
Lxirsio, «KT Btiixcorr v x o Htint,
Digitized by Q(
ALLG EM E INE
MUSIKALISCHE ZEITUNG.
Den l Q ,en December. N=. 12.
1804,
Utbtr mutUtalisdu Geddchtniskurui (Mnimonli).
M an scheint jetzt immer mehr die Not-
wendigkeit der GctUclitnubildung einzusehen
und sie beym Unterrichte in Künsten OWd
Wissenschaften zu berücksichtigen.' Auch
in der Musik ist sie höchst wichtig. Da
inir noch nichts hierüber in musikalisch«" Fßn-
sicht bekannt ist, so hoffe ich auf Wachsich?
und Entschuldigung, wenn die vorgetragenen
Gedanken und Vorschlage nicht die stiengs(e
Ordnung und allseitige Prüfung haben, soll-
ten. Jch bin sehr zufrieden, ' wenn n^ajl
sie nur als Saamcnkörner cum Weilern
Nachdenken, nicht ganz verwerflich finden
möchte.
Musikalisches Gedächtnis besteht
in dem Vermögen der Seele, gehabte musi-
kalische Ideen zu behalten und sich ihrer
willkuhrlich mit Bewusstseyn deutlich zu
erinnern oder sie wieder zu crueuern und
hervorzurufen.
Derjenige rauss es nothwendig zu einem
grössern Grad der Vollkommenheit in der
Musik bringen, welcher sein Gedächtnis auch
iu musikalischer Hinsicht kultivirte.
Auch hier versteht man das Folgende
erst ganz, wenn man das Vorhergehende
recht fas»le, behielt, und sich dessen wieder
erinnern kann. — Unsre Phantasie will im-
mer Nahrung haben, wenn ihre eigenen
Quellen nicht vertrocknen sollen. Nicht eine
flüc htige, vo rübergehende Rührung, sondern
7. J«**«.
bleibender Eindruck kann ihr nur diese Nah-
rung geben. — Der Virtuos nimmt, ohne
Kultur des Gedächtnisses, doch nur haupt-
sächlich an Fertigkeit, und an Reizbarkeit sei-
ner Nerven zu. Ganz anders ist es hinge-
gen wenn er sich gewöhnt, das Gespielte
auch, wenigstens der Hauptsache nach, zu
behalten. Er verwahrt dann einen wahren
Schatz in seinem Innern, mit dem er hun-
dertfältigen Wucher treiben kann. Er wird
dadurch geschickt, bey dem Kenner und
Nichtkenner, im Boudoir der galanten Dam*
und im Konzertsaale, gleich zu gefallen , in-
dem ihm sein Gedächtnis immer Materia«
lien liefert, einem jeden nach seinem eige-
nen Geschmack etwas eu produciren. —
Sein Gedächtnis liefen ihm Stoff, den er
nun nach seiner Weise bearbeiten, und
so gewissermassen immer etwas Originelles
wieder hervorbringen kann, -y^«,
■ . . j- • .i ». .
Die Regeln der Harmonie und ihre viel-
seitige Anwendung müssen dem Gedächtnisse
so eingeprägt werden, dass man sich ihrer
bey der Anwendung nicht einmal jederzeit
deutlich bewusst ist, und bey dem Fluge
der Phantasie nicht einmal immer bewusat
seyn kann. Wie ist dieses alles ohne sorg-
fältige Kultur des Gedächtnisses möglich?
Unter die Vollkommenheiten des musir
kaiischen Gedächtnisses sind zu rechnen :
X;
0 Leichtigkeit mus* das Dar-
gestellte ohne grosse Anstrengung mit Ge-
schwindigkeit aullässen;
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184
3) Dauer — man muss eich des Ge-
hörten und Empfundenen nach einer langen
Zeit wieder erinnern können;
5) Treue — es muss nicht blos eine
dunkle Vorstellung von dem Gehörten und
Empfundenen , sondern auch wirkliche Deut-
lichkeit , welche einer bestimmten Ausein-
andersetzung fähig ist, vorhanden aeyn;
4) Geschwindigkeit — vorzüglich
bey der Hückerinnerung. Diese Eigenschaft
äussert sich dadurch, dass man nicht lauge
nachsinnen muss, um sich etwas wieder zu
vergegenwärtigen. Die Einbildungskraft spielt
hier, so wie in jeder schönen Kunst, eine
Wichtige Rolle.
5) Grösse — diese besieht darin, dass
man sowohl viele als auch schwere —
verwickelte Ideen zu behalten im 8lande ist.
Ein ganzes Dutzend von leichten Marschen
und Tänzen behalt sich viel leichter, als
nur zwey Zeilen von einer verwickelten
Fuge.
Wer. sein Gedächtnis in dieser fünffa-
chen Hinsicht zweckmässig ausgebildet hat,
der mochte unstreitig alles gelban haben,
was ihm möglich wäre. — Bey Manchem
hat es die Natur schon in einem gewissen
Grade getban ; i$t sie jedoch auch nicht «ehr
freygebig gewesen, so wird anhallender Fleiss
Lebhafte Einbildungskraft ist das
Haupthülfsmittel des musikalischen Gedächt-
nisses. Ihre Operationen sind aber so mau-
nichfaltig und so geheimnisvoll, dass wir
nie ihr Wesen ganz aufdecken werden.
Ein zarter Nervenbau befördert ihre Reiz-
barkeit und erhöht die Stärke und Dauer der
Eindrücke, welche sie bekommt. — Ver-
möge der Einbildungskraft hallen die Töne
in uuserer Seele noch immer fort, wenn
sie dem äussern Ohre schon lange entflohen
eind. Sie ist im Stande, die zarten Saileu
unserer Seele auf eine so grosse , wenn nicht
noch grössere Art , zu berühren , als es ver-
möge des äussern Schalles möglich ist. Ihre
Schwingungen haben etwas Sympathetisches;
es bedarf hTo» einer kleinen Veranlassung,
eines kleinen Slosses, um eine ganze Mas-
se und Reihe von Empfindungen zu erregen. —
Der gefühlvolle Musiker vergisst wahrend
des Hörens oder Spielens sich selbst, das
Spiel, und was ihn umgiebt; er lebt blos
in den Tönen und ist -sieh blos dieser be-
wusst.
! Der Verstand, das Gesicht und Gehör,
die ganze Theorie der Musik müssen bey dem
Belialten die Einbildungskraft blos vor Irr-
thum bewahren, uud ihr von Zeit zu Zeit
die uö'lhigeu Stösse und Veranlassungen ge^
ben. Sie producirt daun von selbst.
Alles was folglich die Einbildungskraft
vervollkommnet, z. ß. Dichtkunst, Mahle-
rey etc. wirkt in entfernter Beziehung auch
auf Ausbildung des musikalischen Gedächt-
nisses.
Bey dem Gedachtnisse kommen vorzüg-
lich drey Hauptpunkte in Betrachtung: a) daa
Auffassen, b) das Behalten, und c) daa
wilikührliche Erinnern.
Etwas auffassen heisst so viel als, es
hören uud verstehen, und man bat hier daa
Was? und Wie? zu berücksichtigen.
Was muss der Musiker vorzüglich an
einem Satze, und vor allen andern Theilen
desselben auflassen?
a) das Thema. Dieses wird in einem
gut gearbeiteten Satze immer mehr erweitert,
verändert, durchgeführt, wiederholt etc. Hat
man daher das Thema in seiner wahren Ge-
stalt und seinem Inhalte nach gefasst, so hat
man den Schlüssel zu dem Folgenden. —
Gewisse Themas sind schwer cu behal-
ten daxunter gehören 1., die ganz trivialen,
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welche wegen ihrer Alltäglichkeit die Auf-
merksamkeit nicht fesseln und sich leicht
mit andern verwcch»elo} 2., die verschrobe-
nen oder absichtlich zu künstlichen. Hier
bleibt das Gefühl ron'at stumm, das Inter-
esse maugelt, die Phantasie hat keine Nah'
xuugs- und Vergleiihuogspunkle.
Die sangbarsten; einfachsten, gefälligen
(doch darum nicht alltäglichen) behalten ajeh
am besten. Sie schmeicheln dem Ohre und
Eine gewiss niebt^ zu verwerfende Probe
der Güte von einem Thema ist die, indem
man sieht, ob es sich leicht und angenehm
merkt.
Bey dem Thema selbst hat man zu mer-
ken , auf die Tonart, das Tempo, die Har-
monie, die Taktart, die Art von Figuren,
aus denen es besteht.
Hat man Zeit, Last und Gelegenheil
eirh etwas Gehörtes selbst vorzuträilem oder
vorzusingen, so behält man es um desto
sicherer.
b) muss man auf die Uebergänge und
Zwischensätze genau merken. — Der Man-
gel an Aufmerksamkeit auf dieselben kann
und wird Verwechslungen and Irrungen nach
•ich ziehen.
c) die Folge der cum Grunde liegenden
harmonischen Akkorde. Wer diese richtig
auffasst, dem wird die damit verbundene
Melodie wenig Schwierigkeiten machen.
d) die Acccntnation und Interpunktion
ist etwas Charakteristisches und verdient da-
her beyra Auflassen nicht aus der Acht ge-
lassen zu werdeu.
e) Wer sich genau einprägt, auf wel-
chem Blatte dies oder jeues steht, auf wel-
cher Seite u. s. w. der wird seinen Zweck
Weit eher erreichen, als wer jene Dinge aus
der Acht lässt. Die Erfahrung kann hier
nur entscheiden,' und diese spricht meine«
Erachtens sehr für die Befolgung der obi-
gen Hegel.
Wie
a) vergleichend. Je mehr Verglei-
chungspunkte wir mit andern uns bekannten
und gehörten Sachen auffinden können, um
desto eher werden wir uns etwas einprägen.
b) aufmerksam. Wir müssen uns der
Musik mit ganzer Seele hingeben, und uns
nicht durch fremde Gegenstände zerstreuen.
c) nicht zu viel auf Einmal.
Sonst wird Konfusion und Ueberladung; das
Gedächtnis unterliegt, weil man ihm zu viel
aufbürdet Das Zuviel oder Zuwenig muss
durch die natürliche Anlage und gehabte
Uebung bestimmt werden. Besser ist es,
sich weniges ganz, als vieles nur halb zu
merken*, im erstem Feile wird es uns nicht
nur leichter, sondern auch nützlicher. — .
Wer elwaa ganz gut behalten will, der muse
gleich darauf nichts Fremdartiges hören.
Das Gedächtnis muss gleichsam ein wenig
ruhen und erst Muse haben, daa Gegebene
von allen Seiten zu betrachten.
d) mit deutlichem Bowusstseyn:
Eine allgemeine Empfindung ist aum Auf-
fassen (und zum Behalten) nicht genug.
Man muss sich der Sätze, Figuren, Passa-
gen u. #. w. deuüich bewusst seyn , d. h. sie
alle von einander absichtlich unterscheiden,
und ihren Eindruck von ihrem Wesen wohl
absondern. Das Behalten des eben
Aufgefasslen wird wenig Schwierigkeit ha-
ben, wenn das Letztere mit der nölhigen
Sorgfalt Statt fand. Oefteres Erinnern dar-
an ist das N billigste, was man zu tbun hat.
Man gehe das zu Behaltende öfters in Ge-
danken ganz ohne Instrument für sich zu
Hause, auf Spaziergängen durch, versetze
es in andere Tän$, verändere (in Gedanken)
daa Tempo u. s. w., Lun man nehme so
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18S
viele willkuhrliche Veränderungen damit vor,
•Ts man kann und will, nur behalte man
immer das Eigentümliche, ' das was
man behalten will, scharf im Auge. Sonst
versähe man über dem Mittel den Zweck.
Erinnern. Hier ist nur von willkühr-
lichem Erinnern die Rede , nicht von jenem,
wo uns etwas ohne unsere Absicht und ohne
unser Zuthun von selbst beyfrllt. Man muss
«ich erinnern dass und was man gehabt
oder gehört uhd empfunden hat« Es ist da
nöthig an das zuerst zu denken, was die an-
dern Empfindungen leicht wieder herbey-
fuhren kann. Hierher wäre wol zu rech-
nen das Thema, die Taktart, die Auswei-
sungen n. s. w.
Auch ist das Lokale, wo man etwas
körte, die Umgebungen , die Gesellschaft,
das lustrument, der Spieler u. s. w. nicht
aus der Acht zu lassen. Dergleiohen Sa-
tehen haben oft keinen unbedeutenden Ein-
Ausa auf die Hauptsache. Man erinnert sich
leirhter an eine Arie, wenn man sich die
Gesten des Schauspielers, die Dekorationen
des Theaters vorstellt.
Natürlich muss auch bey der Gedächt-
nisbildung ein eigener Kursus vom Leich-
tern zum Schwerern Statt finden. Wer es
mit dem versucht, was ihm der Zufall vor-
bringt, der möchte nicht weit kommen.
Noch möchte es einen Unterschied ge-
ben zwischen der Gedächtnisbildung des prak-
tischen Musikers und des Theoretikers, des
Dilettanten und des Virtuosen.
Friedrich Guthmann.
Rxcxmsiok..
!'.
Xtand Trh pour h Ptanoforn, Vioton «f TTo-
" lohctlU cönartant, compasi par Jean 'Ntp.
Mumnul ä* Vitnnt* Op. XII. A Vienne,
au Bureau d' art» et d* iutiuatrie. (Prix
i tU 4» Xr.)
Unter den Beweisen, dass es mit der In-
strumentalmusik in Deutschland schnell auf-
wärts gehe, wäre wol auch der anzuführen:
dass es unter uns gar manche, wahrhaftig
treffliche Männer giebt, die in früherer Zeit,
nur noch vor ungefähr zwanzig Jahren, das
grössle Aufsehen und Epoche gemacht hätten,
jetzt aber vei gleichungsweise nur kleine Zir-
kel haben und nicht einmal in ihrem Valeriao-
de nach Würden bekannt sind. Ree, ein
halber Landsmann Hrn. Hümmels, gestehet,
dass er ihn zwar längst von seinen Reisen als
vortrefflichen Klavierspieler schätzte, auch
manches Gefällige von seiner Komposition
kannte: aber durch dies Werk, dasdasgrand
auf dem Titel nicht mit Unrecht trägt-, sehr
und auf das angenehmste überrascht wurde.
Wahrlich, seit Mozart'« schönen Trios und
Quartetten für das Pianof. erinnere ich mich
keines Werks dieser Gattung, in welchem (an-
dere Vorzüge — Andern zugestanden!) ori-
ginelle Ideen mit gründlicher Ausführung,
Neuheit ohne Bizarrerie, Gelehrsamkeit ohne
Prunk, sehr schöne Melodie mit oft glänzen-
der Harmonie, eine' so gute Anordnung und
Rundung des Ganzen , und endlich eine so er-
fahrne Benutzung der effektvollsten Eigenhei-
ten aller drey lustrumente, so wie hier ver-
bunden wären ; und der Fremde , der Wien
und manche seiner, hierin Anschlag zu brin-
gende Verhältnisse nicht kennt, wird sich
kaum denken können, wie es komme, dass
*. B. von diesem und jenem denn doch nur mit-
telmäßigen Komponisten, der auch als Vir-
tuos mit lfm. H. bey weitem nicht zusammen-
gestellt, viel weniger über ihn erhoben wer-
den kann, so vieles Rühmen, Preisen und
Schmeicheln in den feinen Zirkeln, und au»
diesen in den meisten öffentlichen Blättern ge-
macht, und dagegen Hrn. Hümmels, des wah-
ren, gediegenen Künstlers, fast gar nicht ge-
dacht wird. Eben dieses Umständes wegen
Werden die Leser meine breite Einleitung;
entschuldigen; Und was ich im Einzelnen
über diea wirklich schöne Werk zu sagen.
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habe, in zeYstreueteu Anmerkungen sich
gefallen lassen, da ich gewohnter hin als
Künstler, denn als Schriftsteller, mich mit-
zulheilen.
Ich habe schon berührt, dass Hr. II. alle
drey Iiislrumeule sehr gut behandelt hat.
Jedem ist eine l'arthie zugelheilt, die, recht
vorzutragen, zwar gar nicht leicht, doch aber
dadurch, dass der Komponist alle nichtsnutzi-
gen — ich möchte sagen verrenkten Figuren
n. dgl. vermieden hat, so wie durch schulge-
masse Applikatur und guten Fluss der Ideen,
erleichtert wird; aber jedes Instrumeut ist
auch in seinem Charakter , und zwar von der
einnehmendsten Seite desselben, behandelt,
und das ist wirklich, nach Mozarts Zeit, et-
was seltnes geworden, da man, besonders bey
KU viens! L-n , nur zu oft auch in den Geigen
und Viokmcell das Piauoforte hört, ja zuwei-
len den vor dem Pianof. sludirenden und pro-
birenden Verfasser zu sehen sich nicht er-
wehren kann. Nicht so Hr. H. Man ach-
Violin. »♦ fc»
te z. B. darauf, wie er das ViolonceTI so
eigen und effektvoll nicht selleu für die Mit-
tel stimme benutzt, so dass es, gut gespielt,
die Wirkung eines schönen obligaten Tenors
iu einem Gesangslück bekömmt — —
Das erste Allegro ist ein ernstes, prächti-
ges tfnd feuriges Stück, ganz in diesem Cha-
rakter festgehalten? und alles — die Ideen
selbst, die Aus - uud Durchführung derselben,
besonders auch die sehr bedeutenden, und
doch nicht schneidenden Modulationen, tra-
gen dazu bey. Von den letzten kann ich
mich nicht enthalten eine Probe zu geben. S.
6, Syst. 3 folg., ist Hr. II. im aten Theile des
Allegio (aus Ea dur) im Hauptakkord g moll,
aber in der Dominante desselben, aus welcher
er nun in Es dur und in das Thema des Gan-
zen zurückgehen will. Das thut er also —
wobey man sich aber hinzudenken muss , dass
er auusi iu den Figuren allmählig in den An-
fang übergehet , und alles aus den Hauptideen
des Ganzen gewebt ist :
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»propre legato
11^--=^
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Eine* {Kommen Urs braucht diese Stelle so we-
nig, alt das Game einer detaillirten Empfeh-
lung, wenn man gesagt hat, dass es sich im-
mer in solchem Adel halt* Nur der singulare
Schluss i n der Fermate und durch diese , den
Hr. H. au lieben acheint, (ich erinnere mich,
ihn öfters von ihm gehört «u haben) nimmt
sich tu diesem ernsten Stück nicht ganz
gut aus.
Das Andante ist ebenfalls meisterhaft, und
um so mehr jetzt zu schätzen, da wir so we-
nig wahrhaft schöne Andantes für das Klavier
bekommen — ja von Franzosen und iu Eng-
land lebenden Künstlern fast gar keine mehr.
Kann etwas einfacher und doch anziehender,
einschmeichelnder seyn, als schon dieser
Hauptgedanke, besonders wie er hier ange-
ordnet und unter die Instrumente vertheilt ist,
und wie ich ihn so gern anführte, wenn ich
nicht den Raum schonen müsate? Was aber
der einsichtsvolle Künstler aus diesem Gedan-
ken gebildet hat , kann durchaus nur aus
Zusammenhange eingesehen und nach VYün
geschätzt werden. Oer imposante Zwischen-
satz S. 13 ist allerdings sehr heterogeu , wird
aber so gut vermittelt und wenigstens am Ende
so gut zu dem übrigen herübergenommen, daaa
man sich seiner nur freuen kann. Uebrigena
ist besonders das Violoncell in diesem Andante
auf eine eigene, und wirklich reizende Art be-
handelt, wovon man die Beweise, der Sache
selbst wegen, nicht im Einzelnen anfuhren
kann; wer das Werk nicht selbst durchge-
hen will, kann dies schon nach der weniger
beträchtlichen, oben angeführten Probe dem
Ree. aufs Wort glauben.
Das Finale endlich ist ein kräftiges, ra-
sches, aber, wenn man es in dem sehr schnel-
len Tempo, das es verlangt, nehmen will,
auch schwieriges Bravourstück für alle drey
Instrumente, das ungemein viel Schönes, aber
im Ganzen weniger Eigeuthümiirhes hat. Der
Satz : S. 4 u. S. 3 im i. Syst., u. besonders der
Gang der Violiu u. des Viotouc gegen einander,
ist, was mir in Absieht auf Reinheit der Schreib-
art missfkllt. Uebrigens verdiente die ganze
Stelle S. 19, Syst. 2 von der enharmonischea
Rückung an, bis S. ao, Syst. 3, als Muster
gelehrter und doch auch effektvoller Auafüh-
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rung ausgehoben eu werden, wenn diese An-
zeige nicht ohnehin lang geworden wäre —
Kurs, jeder Kunstkenner und gebildete Lieb-
haber kann ohne alles Bedenken dies Werk
anter seine Lieblinge, und gleich, mit der
Ueberzeugung aufnehmen, dass er hier nicht
ein-, «wey mal, sondern oft und immer mehr
Vergnügen finden werde.
Es soll mich übrigens von Herzen freuen,
weuu ich durch diese unpartheyische Aner-
kennung der Verdienste dieses Künstlers dazu
bey tragen sollte, dass auch Andere dieselben
mehr, als bisher geschehen zu seyn scheint,
anerkennen, und er vom Publikum, und
durch die Mittelsmänner desselben , die Ver-
leger, veranlasst wird, mehr solche grössere
Werke herauszugeben, und nicht nur ange-
nehme Kleinigkeiten , die ihm allerdings nicht
zur Unehre gereichen, aber auch von gar
manchen Andern so gut gegeben werden kön-
nen — was bey jenen wahrlich nicht der
Fall ist.
Das Aeussere des Werks ist schön und
der Preis massig.
N
Berlin, den Sten Dec. Den inten Nov.
gab man ein Stück , das mehrere Jahre ge-
ruht hatte, und wiederholte es einige Tage
nachher mit Beyfallt Raoul de Crequi, Sing-
spiel in 3 Akten. Aus dem Franz. Musik
von d'Alayrac. Der Kapellmeister Weber
hat in die artige französische Musik einige
trefliebe Parlhieen eingelegt, die sich ganz
dem Styl, des französischen Komponisten na-
hern, und von denen vorzüglich das Ter-
seit : Triuk guter Mann u. s. w. ausgehoben
SU werden verdient — Den aosten gab
man zuerst, den Opemschneider , komisch-
pantomimisches Ballet in 2 Akten von Lau-
chery. Musik von Gürrlich. Das Ballet hat
manche langweilende, aber auch, und be-
sonders im zweyten Akt im Redoutensaal,
mehrere sehr interessirende Scenen, welche
das hiesige Publikum in einen fast unglaub-
lichen Enthusiasmus dafür gebracht haben,
so dass lange vor dem Anfang kein Ein-
gaugsbillet mehr zu haben war. Die Musik hat
viel angenehme und melodieeureiche Stellen.
Kurze Anzeige ».
1
Unter deu Musikhandlungen, die sich vor-
nehmlich bemühen, den Liebhabern kleiner
Modeneuigkeiten oft angenehme Gelegenheit
zur Befriedigung ihrer Neigung su geben,
zeichnet sich auch die, „des k. k. Hoftheater-
Musikverlags * (besorgt durch Hrn. Kapellm.
Thade Weigl) in Wien aus. Man findet
da immer eiue Meuge artiger Novitäten , be-
sonders Lieblingsstücke ) die eben zur Zeit
Glück auf den dortigen Theatern machen;
ond wiewol nicht alles vorzüglich ist, was
dort Glück macht, (wo wäre das Theater,
bey welchem nur das Gute gälte!) so kann
es doch nicht fehlen, dass sich nicht in den
meisten solcher vom Publikum begünstigten
Stücke wenigstens irgend Etwas von Werth
fände. Jede solche Kleinigkeit auch nur
zu nennen, ist hier unmöglich, zumal da
manche, ehe sie dazu gelangeu könnte, schon
ihr Schmetterlingsleben vollendet hat: was
aber von dem, das uns bekannt wird, nach
unsrer Ueberzeugung, eine längere Dauer
vorzüglich verdient, und, abgesehen von lo-
kalem oder temporairen Interesse, erfreuen
kann — das wollen wir von Zeit zu Zeit aus-
heben, und ohne zu fragen, ob es in Wien
noch Neuigkeit und Liebhaberey des Tages
sey, den Lesern wenigstens vorführen.
Dieses Präsentatiousrerht hat nun unter
den letzten in Leipzig angekommenen Werk-
chen vorzüglich folgendes;
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Ausgttviihltt Stüde aus dem Ballet: DU vtr.
labten Thorhtittn, («in Hallet »o «u betiteln,
nbchte wol «lbjt oine teya,") für das Piano-
forte.
Der Komponist hat sich nicht genannt
und wir kennen ihn auch nicht: das müs-
sen wir aber gestehen, dass wir geraume Zeit
keine so raclodieenreiche, graziöse, und, bey
a 1er Anspruchslosigkeit, anziehendere Ballet-
musik kennen geleruet haben. Wer auch
der Verf. scy, er ist ein Mann von Talent,
und wie für das komische, oder vielleicht
noch mehr, das ländliche Ballet gemacht.
Dass nicht nuter ii Nummern, deren man-
che wieder mehrere Sätze enthalten, (den
8cblua« machen z. B. Variationen über ein
sehr einfaches, aber woblgevvählles The-
ma) — • dass nicht unter diesen, besonders
da der Komponist nie über die einfachsten
Harmonieen hinaus gewollt hat, manches
Gleichgültigere mit unterlaufen, auch man-
ch« Ldpe an Pleyl, Martin und ähnliche
Komponisten, erinnern sollte — wird man
nicht erwarten« und darum, wenn man es
so findet t gern entschuldigen: das Werk-
ehen behält dennoch so viel Interesse, dass
man es, selbst nur als Sammlung kleiner
musikalischer Miacellen, jedem, dem die
ganze Gattung werlh ist, empfehlen darf.
Der Klavierauszug ist gut gemacht und
äusserst leicht zu spielen.
O Neu/ Variation* pour le Piano/orte , compo-
tttt et didiets ä Madem, fileline Brtntano
pur P. J. Riol lt. No. 1. A Offenbach,
chez Jean Andre. (Pr. 45 Xr.)
3) Dlx Variation» pour le Piano/orte tur U n
Thime de Mosart — de'd. ä — Monseign*
F Eltcteur - Archichancelier par A. Schmitt,
eleve d'Antoine Andre. Oeuv. 1. Ebenda«.
(Pr. 48 Xr.;
1
Beyde Werkelten gehören nicht unter
die schlechten ihrer GaUung, obschon) Va-
riationen solcher Art immer dasselbe wie-
derbringen, nur hin und wieder mit andern
Worten. Die, No. 1., sind messender, leichter
auszuführen und meistens ziemlich artig : die
No. 2. machen mehr Prätensionen, haben aber,
ungeachtet der vielen Noten, manchen sehr
alltaglichen Satz. (Was ist denn nun z. B.
eine Variat., wie No.4., und welcher Lieb-
haber, auch ohne Schule, nur mit einiger
Uebung, extemporirte dergleichen nicht?)
Dagegen fehlt es auch nicht an manchen
guten Gedanken, wohin auch der gehört,
dass der Komponist in der Coda den auf
das Thema in der ursprünglichen Arie von
Mozart folgenden Gedanken mit anbringt und
recht hübsch aufstellt — wogegen die Coda
vou No. 1. dürftig ausgefallen ist. Warum
aber Hr. Sch. ganz ohne Nolh zuweilen
schwere Konzerlpassagen angebracht hat, be-
greift sich kaum: wer diese spieleu kann,
nimmt seine Variat. schwerlich zur Hand'
und wer diese zur Hand nimmt, kann*
jene schwerlich spielen. Doch sey es wie-
derholt, dass das Werkchen, als ein
Oeuvre 1., wol nicht übersehen zu wer-
den verdient.
( Hierzu da* lnt«lligenr.blau No.' IV. )
L >!>•!•, BBT BlIIIIOM VWB Hift TXfc .
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INTELLIGENZ - BLATT
m • • • " * *
zur A llßtemt i nen,Mu s i lct,li scjie n Zt it. ung.
Decembe?r.
Nl IV.
1804.
n
1 ür
lil itairische Orchester und für allo
Freunde dar Htrmonie-Huiik.
Um dem Mangel an vorzüglichen Musikalien für
Ilautboüten und Janitacharen -Cbüre abzuhelfen, wer-
de ich in Verbindung mit dem Lieutenant im von
Borkschcn Infanterie Regiment tu Stettin, Herrn von
Sydow in meinem Verlage in auf einander folgen-
den Heften ein
Journal militairischer Musik
herausgeben. Der Inhalt wird aus Märschen, Pas do
Mauoeuvres, Tänzen, und aas grössern Musik -Pieren
bestehen. Jedes Heft wird mehrere Stücke für Haut-
boisten 6, 7 oder 8*timoiig , und eben so viele für
Janitacharen -Chöre enthalten, welche theils aus Ori-
ginalen vorzüglicher Komponisten bestehen, theils aus
den Werken von , van Beethoven , Clement! , Cheru-
bini , Dusaek, J. Haydn, Himmel, Mehbl , Mozart,
Nauman, Faisiello , Reichardt, Rigbini, Weber, Zum-
u. a. m. arrangirt werden sollen.
Da dieses Journal zunächst dem Militair gewid-
met ist , aber auch grössern und kleiucrn Kapellen
und denjenigen Stadtmusilern , die sich über das Ge-
wöhnlich« erheben , eben so nützlich als angenehm
aeyn wird, so hoffe ich, da»s man dieses Untcraeh-
von mehreren Seiten unterstützen werde.
Di« einzelnen Hefte von 7 bis 8 Bogen erschei-
in unbestimmten Zeiträumen, etwa 3 oder 4 in
em Jahre, sauber und korrekt gestochen. Daa
erat« Heft erscheint im Anfange des künftigen Jahres.
Man pränumerirt oder subscribirt auf ein einzel-
nes Heft 1 Thlr. Pr. Cf 1. , auf 3 auf einander fol-
geude Heft« a Tbl. ia Gr. Pr. Crt. in poatftejou
Briefen. Bey Bestellung von 6 Exemplaren
man das 7t« frey.
Man wendet sich mit Bestellungen direkt« an
mich, oder an solide Buch- und Mueikhaudiungcn.
und namentlich für Berlin an den Buchhändler Hein-
rich Fröhlich*
Oranienburg, im Decbr. 1804.
Rudolph Werkmeister,
Miiaik-Verlegshiodler.
Neu« Musikalien im Verlage von Breitiopf und
Härtel in
Müller, A. E., Uebungsstücke f.*daa Piauof. mit
vorgezeichneter Fingersctznug. »« Heft. »6 Gr.
Dussek, J. L. , 6 nouv. Welzes p. le Pianof. «v.
Viol. «t Vlle. ad lib. 8 Gr.
Schneider, F., 3 Soaajee p. lo Pianof. Op. 1.
1 Tklr. 8 Gr.
Niale.'J. F., Trio p. 1« Pianof., Viola et Vlle. »Thlr.
Bach, J. S., Choratvorspiele. 3* Heft. 16 Gr.
Mosart, Concerto p. le Pianof. No. 19. Frau. Pr.
r e 1 Thlr. Ladenpr. i a Thlr. N
Sehlelt, J., a Sonates p. Harmonie*. ia Gr.
Mozart, Piece d'harmouie. Liv. No. 7. iC Gr.
Kraft, Concerto p. Violoncello, a Thlr.
Danzi. F., 3 Quatuors p. a V. , A. et VII«. Op. 29.
a Thlr ia Gr.
Schneider, G. A., Etode de Flute ea 3 Duo* be^-
mollise's. Op. a8. »6 Gi.
— — 3 Duos p. a Basson«. Op. ao. 1 Thlr. ,
Cimarosa, Ouv. a. d. Op. H matrimonio per rag-
giro, (die Heurath durch LUt) f. Klar. 4 Cr.
Digitized by Google
»um Steeg, GesSnge arr. f. d. Guitarre t. Härder,
aa Heft. 12 Gr.
Wöiri, Arie aus der Oper: Die romanhafte Liebe.
No. 4. 4 Gr.
•■" ~~ do do do No. 6. 10 Gr. _
Moaart, Arien m. Begl. d. Pianof. No. 8.9.10. »8 Gr.
Handel, Kantate; Empfindungen am Grabe Je»u.
Partitur, a Thlr.
Moaart, Hymne: Gottheit dir aey Preis u. Ehre. Par-
titor. 1 Thlr. 8 Gr.
Z umateeg, Kantate: Eh ich diea rollendet et»
No. 11. 8 Gr.
r, Schwertern. No. 1a. la Gr.
Neue Musikalien von verschiedenen Verlegern,
mlehe tey Breilkopf und Härtel zu haben sind.
"K a ner, La Nymphe du Danube arr. p. a Flutea.
No. a. aa Gr.
Henkel, M. , Vieritimmigea Choralmclodienbuch aa
dem: »ach dem Sinn der katholischen Kirche eia-
Chruten. 1 Thlr. 16 Gr.
Koebler, H. , 6 Sonatinei p. 2 Flöte«. Op/18. 16 Gr.
puaaek, J. L. , 6 Sonatinca p. le Pianof. ev. acc.
de Viol. Op. 46- Lir. 1 et a. 1 Thlr. 8 Cr.
_ — 3 Sonates p. le Pianof. ar. acc. do Viol.
Op. 8. No. 1. 16 Cr.
— Do. No. a. 16 Gr.
Wanhall, Kurze und leichte Klavierstücke. i»te
Lief, to Gr.
Himmel, Fr. H. , Cesa'nge an« Tiedge'a Urania mit
Begl. dea Fianof. 3 Thlr,
Naumann, ta Canons f. 3 Siogstimmeu mit deutsch,
und ital. Text. 18 Cr.
Himmel, Fr. H. , Fanehon , das Lejernvidchen.
Kta». Aua*, ir Akt. 1 Thlr. 13 Gr.
— Ouvertüre daraus einzeln. 10 Gr.
m- — Arie daraua: In Saroyen bin ich |gcborcn.
8 Gr.
Müller, C. G. , la Variat. a-ir l'air : Gestern Abend
war etc. p. le Pianof. ta Gr.
Weber, C. M. , 8 Vsriai. p. le Pianof. surf Air de
•Ballet; Caator et Polln«, la Cr.
Amüsement p. la Flute ou 34 fav. pieces des di£T.
auteurs. 13 Gr.
Kre-itiii-Ch. , 6 VstflttWÄs sur" un älr fsvörne- f ' U
Flute. Op. 96. 10 Gr.
Maurer, Fr. A., Romanze von Biirgrr: Der Ritter
- nnd -aetn -Liebehen, "m"; BeJI. 'd. 'Pianof. ta Gr.
Schüta, W. , grand Trio p. le Pianof., Viol. et
VUe. 1 Thlr. 14 Gr.
Leaael, Fr., gr. Trio p. la Pinnof. ar. Clarin. et
Cor. Op. 4. 1 Thlr. 18 Gr.
Bachmann, G. , Quintuor p. le Pianof. ar. Flute,
Viol., A. et Vlle. Op. 43. 1 Thlr. 16 Gr.
Kauer, J., grand Trio p. Viol., Alto et Violone.
1 Thlr. 11 Gr.
Bortolaaai, B. , 6 Aira ital. ar. ace. de la Guit.
Op. 11. 1C Gr.
Tag, Ch. C, . Worrliu, eine Ode, mit Be$l. dea
Pianof. 1 Thlr. 8 Gr.
Moaart, W. A. , Cadencea on pointa d' Orgue p. le
Pianof. No. 1 et a. a Thlr.
Martin, V., 8 Airs de l'Op. Una Cosa rara , arr*
p. le Pianof. av. Viol. ad. Ii b. p. J. Andre. 16 Gr.
R i o 1 1 e , P. J. , 6 Walaea et 3 Ecossoises p. 3 Viol.,
B. , fct. Fl., 3 Clarin., a Cors, Tromp. et gr.
Tamb. 1 Thlr.
Becker, C. L. , 1a Walses p. le Pianof. 16 Gr.
— — 18 Variat. p. le Pianof. ao Gr.
Sterkel, Sonate p. le Pianof. arec acc. de Viol.
Op. 4«. 1 Thlr. 4 Gr.
Schmidt, A. , 10 Variat. p. le Pianof. sur an Thi-
me de Mozart. No. 1. 13 Gr.
Riotte, P. J. 9 Variat. p. le Pianof. No. 1. 12 Gr..
— - — 9 Do. No. 3. la Gr.
Cimaroaa, Morceaux choiiia de' I Zingari in Fiera),
arr. p. a Clar- , 3 Fl. , a Cora et a Bass. a Thlr.
Wunhai , J,, Kurze und leichte Klavierstücke, to Gr.
(Wird fortgesezt.)
Linn«, nsr Biutioii ans Hiitn.
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ALLGEMEINE
MUSIKALISCHE ZEITUNG.
Den 3 6 ,en December. N= . 1 3*
1804.
XACHaxcKTEtr.
Btrlintr Konzert musik.
(ForUeUuug.)
Herlin» den i5(en Dec. Da« -Ite Abonne-
nientkoQiert wurde mit einer zwar bekann-
ten, aber einer der vorzüglichsten Sinfonieen
von Haydn aus B dui* eröffnet Das impo-
sante Largo, der kräftig ausgeführte AUe-
grosats, das mit vieler Kunst und angeneh-
men Gesänge ausgestattete Andante aus F,
die originelle MeimcU mit dem so schön von
der Oboe vorgetragenen Trio, das feurige
Finale — rissen bey der durchaus vollkom-
menen Ausfahrung alle Zuhörer zu lautem
Bey fall hin, und jeder Kenner zoü4e»'<aufs
neue dem würdigen Patriarchen der Kom-
ponisten die aufrichtigste Bewunderung. —
W ie sehr stach auf einen solchen harmoni-
schen Genus* die äusserst mager und zu-
weilen fehlerhaft gesetzte italienische Scene
ab, welche Mad. Eunicke mit möglichster
Ausschmückung, aber doch auch nicht in
dem Grade der Vollkommenheit vortrug,
den man von ihr erwarten darf — woran
aber besondere. Verhältnisse Schuld sind.
Das Recitativ deklamirte sie vortrefflich. —
Ein neues, mit chromatischen Gängen und
eilharmonischen Verwechselungen zuweilen
bis zur Bizarrem ausgestattete* Fortepiauo-
kunzert von Beelhoven, besefaloss den ersten
TheiL Die Salop&rthie war sehr schwierig
und wurde von Ilm. Wustrow, mit vieler
Fertigkeit gegeben. Die sehr starke Beglei-
tung war äusserst oxaet. Der erste Satz,
7. Jahrg.
war vortrefflich gearbeitet: doch ach weiften
die Modulationen allzusehr aus; das Ada*
gio aus As dur war ein äusserst angeneh-
mes, melodieeureiches Stück, und wurde
durch die obligate Klarinette ungemein ver-
schönert Der lezte Satz : All' Inglese , zeich-
nete eich nur durch ungewöhnliche Rhyth-
men aus, und wurde ebenfalls sehr gut exe-
kutirt. — Der zweyte Theil begann mit der
schon voriges Jahr hier gehörten Ouvertüre
aus der Oper Tamerlan, von Winter. —
Nach langer Zeit hörten wir hierauf wieder
die umiberUeffbar schönen Töne des p Hrn.
Westenholz auf der Oboe, in einem von
ihm selbst geschmackvoll gesetzten und mit
der grössten Vollkommenheit vorgetragenen
Konzerte, Der erste Satz aus f dur begann
im Solo mit einem zarten Gesänge der Oboe*
von Fagotten begleitet, und gab dem Vir-
tuosen vornehmlich auch Gelegenheit seine
Fertigkeit in Passagen zu zeigen, so wie"
so seltene Töne wie
bewun-
dern zu lassen; auch war ein angenehmer
Satz aus der Ouvertüre von Himmel'* Fan-
chon schicklich darein verwebt!. Das An«
dante aus B dur war ein liebliches Can la-
bile, dem eine früher von Hrn. W. kompo-
nirte Arjetle zum Grunde zu liegen schien.
Es folgte ein Rondo alla Polacca, geschmack-
voll gesetzt nnd vorgetragen. Wiederholter
Bey fall lohnte dem vortrefflich«* und be*
«cheidenen Künstler. — *- Nach einem voil
Hm. und Mad. Eunicke mit Beyfaü
i3
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199
1804. December.
200
genen Duett von Pir, beschloss für heule
den. vortrefflichen Kttnstgenuss, die Overtura
aus der Oper Arianua von Righini.
Das 5le Abonnementkonzert wurde durch
eine vom Hrn. Kapellra. Himmel elegant
gesetzte und schön gespielte Sonate aus C.
fürs Fortep. mit Begleitung von Violin und
Violoncell, (Hr. Seidler und Krantz), so
wie durch zwey, von Mad. Müller gesun-
gene Stücke von Righini, ersteres eine im-
posante Charakteraric aus B., mit vielem
Feuer, und die zweyte das vortreffliche Re-
citativ und Rondo aus F : „ Ah se il Cieto
a me ooncede," mit Kunst und Aumuth
vorgetragen, ausgezeichnet. — Auch Herr
Fischer sang die berühmte Bravourarie aus
Brennus: Roma superba, in der unser Rei-
chardt so ganz in seinem Kraftstyl wirkt,
mit Nachdruck und Fertigkeit.
. * *
Das 6te Konzert wurde mit der vortreff-
lichen Mozarischen Sinfonie ans Es dur er-
öffnet, welche, besonders von Seiten der
Blasinstrumente vortrefflich exekutirt wurde.
Welcher Reichthum von Melodie und Har-
monie lebt und webt in diesem Stück! Mau
darf es mit Recht für eine der ausgezeich-
netsten Mozartachen Inatrnmentalkomposi-
tionen halten. Welcher Genuas, es so aus-
fuhren zu hören 1 — Eine von Mad. Eunick«
mit Geschmack gesungene Polonaise von
Trento zog jedoch aus den höhern Regionen
der Ideenwelt nur zu schnell den Zuhörer
in das gemeine Irdische herab. Solche Kon-
traste müssten bey der Anordnung eines so
bedeutenden Konzerts vermieden werden* —
Es folgte ein von Hrn. Henning (wenigstens
in den Soloparthieen) selbst geaeztea und mit
Sicherheit (vorzüglich im Erreichen der ho-
hen Töne) Fertigkeit und gutem Vortrag
geapieltea Violinkonzert. Eine von Herrn
Eunicke brav 'gesungene Scene beachloss deD
ersten Theil. Der zweyte begann mit der
harrnoniereichen, in hohem Styl ausgearbei-
teten Ovextura, die unser Hi> Kapelim. YVe-
ber zum Trauerspiel Regulus komponirt
hat. Sie wurde mit vielem Feuer gegeben*
Das darauf folgende tioborkonzert von Win«
ter, welches Hr. Westenholz uns schon öf-
ters hören Hess , wurde auch diesmal mit ver-
dientem Bey lall aufgenommen. D;e Ouver-
türe aus Deinophoon von Vogel «chloss dies
Konzert.
Das ?le begann mit der achon einmal
gegebnen schönen Haydnachcu Sinfonie aus
D , welche auch diesmal präcis ausgeführt
wurde. Es folgte eine Scene aus der Oper:
Helena und Paris , von Winter , welche Mad.
Schick mit Geist und mit guter Rundung
und Fertigkeit in den schwierigen Laufen
vortrug, wobey aie aufs beste durch die
Hrn. Schröck, Wipert, Bar mann und Schna-
ke (Obligate Flöte, Klarinette, Fagott und
Horn) untevstüzt wurde. _ Ausser einigen
sehr, sangbaren Stellen finde ich. aber in der
Komposition nicht viel vorzügliches. — Hr.
BHesener blies hierauf ein Klarineilkonzert
von Kiommer. Es ist in grossem Styl ge-
schrieben, das Ganze voll neuer und gut
ausgeführter Ideen, die Begleitung der Blas-
iustrumente von vielem Effekt; da nun Hr.
B. auch im Too, Vortrag und Fertigkeit auf
diesem schwierigen Instrumente sehr viel
leistete, so laset sich der nicht lebhaft ge-
nug bezeigte Aolheil der Zuhörer nur dar-
aus erklaren, dass man die Klarinette im
Allgemeinen hier als Soloinstrument über-,
haupt nicht besonders zu lieben scheint, (wel-
ches auch Tages zuvor im Kircbgessnerschen
Konzerl bemeikJich war) und dass heute zu
viele Parlhieen für Blasinstrumente auf ein-
ander folgten. Ganz versagte man indess
Hrn. B. die mit vollem Recht verdiente Auf-
munterung nicht, — Der zweyte Theil
wurde mit einer bedeutenden Ovcrtur
Beethoven aus C eröffnet. Das hierauf
gende Flötenkonzert von A. E. Müller aua
E moll wurde ganz dem . Werth der Kom-
position angemessen von Hrn. Schröck
-
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201
1804. December.
getragen, der heute den Preis davon trug.
In der Thal war diesmal in noch höherm
Grade, als man es sonst von ihm gewohnt
ist, der reine vortreffliche Ton uud die
Rundung der Passagen, welche dieser sich
immer mehr und mehr vervollkommnende
brave Künstler mit der äusserslen Leichtig-
keit giebt, zu bewundern. Der grössere
Tbeü des Publikums halte wahrscheinlich
nach diesem Genuss die folgende grosse Sce-
ne von Pär gern entbehrt, welche, wegen
Mangel des sehr schwierigen Ensemble und
Uniicherbeit der die obligate Violin und Viola
ausführenden Spieler, nicht Rum Besten aus-
fiel. Hr. Weitsmann, der hier wieder nach
Rückkehr zuerst im Konzert auftrat,
mit Geläufigkeit und mehr ausgebilde-
tem Geschmack. Nur die wahre ßrust-
stimme und reine Intonation vermisst man
zuweilen. Pas entere Requisit muss frey-
lich Mutter Natur liefern ; bey einem guten
Gehör kann aber der langer vieles durch
Uebung und Aufmerksamkeit in Absicht auf
das leztere leisten. Die kräftige Ouvertüre
ans Reichard ts Brennus wurde zum Schlus»
mit Energie gegeben und erregte aufs neu«
allg
Leipzig. Den loten Dee. gab der her-
zoglich - braunschweigische Kammermusikus,
Hr. Spohr, ein Konzert, und den i7ten,
auf Aufforderung vieler Freunde der Ton-
kunst, ein zweytes; in beyden aber gewährte
er uns einen so begeisternden Genuss, als,
ausser Rode, kein Violinist uns gewahret
hatte, so weit wir zurückdenken können.
Hr. Spohr gehört ohne allen Zweifel unter
die vorzüglichsten jetzt lebenden Violinspie-
ler, und man würde über das, was er, be-
sonders noch in so jungen Jahren, leistet,
erstaunen , wenn man vor Entzücken zum
kalten Erstaunen kommen könnte. Er gab
uns ein grosses Konzert von seiner Kora-
i, (D moil) und dies, auf Begehren,
2Ö2
zweymal, nnd ein andere«, ebenfalls von
ihm selbst geschrieben; (erster Satz E moil)
ferner, das bekannte Rodesche aus A moil
und die Variationen aus G dor, die dieser
Künstler hier, wie an vielen Orten, spielte,
und eins der geistreichsten Trio's von ViotbV
öffentlich zu hören: privatim aber Quartet-
ten u. dgl. der verschiedensten Gattnno««
und Meister. Seine Konzerte gehören
den schönsten, die nur vorhanden sind, und
besonders wissen wir dem, aus D moil,
durchaus kein Violinkonz,
wol in Absicht auf Erfindung,
Reiz, als auch in Absicht auf Strenge und
Gründlichkeit. — Seine Individualität neigt
ihn am meisten zum Grossen und in sanf-
ter Wehmuth Schwärmenden. So ist nun
auch sein herrliche« Spiel. Hr. Spohr kann
alles: aber durch jene« reitst er am mei-
sten dahin. Was vorerst Richtigkeit de«
Spiels, in weitester Bedeutung, heilst, ist
hier, gleichsam als sicheres Fundament, nur
vorausgesetzt; vollkommene Reinheit, Si-
cherheit, Präcision, die ausgezeichnetote Fer-
tigkeit, alle Arten des Bogenstrichs, alle
Verschiedenheiten des Geigentons, die un-
gezwungenste Leichtigkeit in der Handha-
bung von diesem allen aelbst bey den gröss-
ten Schwierigkeiten — das macht ihn zu
einem der geschicktesten Virtuosen, Aber
die Seele, die er seinem Spiel einbaucht —
der Flug der Phantasie, das Fener, die
Zartheit, die Innigkeit des Gefühls, der fei-
ne Geschmack; und nun seine Einsicht in
den Geist der verschiedensten Kompositio-
nen, und seiue Kunst, jede in diesem ih-
rem Geiste darzustellen: das macht ihn zum
wahren Künstler. Diesen letztem Vorzug
haben wir noch an keinem Violinisten in
dem Maasse zu bewundern Gelegenheit
gehabt, als an Herrn Spohr, und zwar
vornehmlich bey seinem Quartettspiel. Er
ist fast ganz ein Anderer, wenn er z. B.
Beethoven, (seinen Liebling, den er trefflich
behandelt,) oder Mozart, (sein Ideal,) oder
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*>3
Rode,( dessen Grandioses er sehr gut anzu-
nehmen weiss, ohne mit ihm an das Scharfe
und Schneidende zu streifen, und ihm nur
Wenige«, besonders in Dicke des Ton», zu-
vorlassend,} oder wenn er Viotti und ga-
lante Komponisten, vorträgt: er ist ein. An»
derer, wie sie Andere sind. Kein Wunder
daher, wenn er überall wohlgefällt, und
fast gar keinen Wunsch zurücklässt, als
das« man ihn behalten und immer hören
mochte. Durch die Unterstützung seines
Herzogs , der jetzt so vieles, und' so sehr
zweckmässiges- für Musik thut, ist er in den
Stand gesetzt gewesen, auf beträchtlichen
Reisen die ausgezeichnetsten Virtuosen ken-
nen zu lernen und zu benutzen j und durch
•eine anspruchslose Bescheidenheit, wie durch
«ein anständiges, gesittetes, einnehmendes
Betragen, gewinnt er auch als Mensch über-
•JL Er reiset so eben nach Berlin.
Wir sind unserm Orchester schuldig zu
bemerken, dasa es, durch ihn selbst begei-
stert^ ihn conamore, und so begleitete, wie
eigentlich jeder Virtuos begleitet werden soll-
te; und der Dem. Alberghi, dass sie in bey-
deu Konzerten, besonders aber im ersten,
rächt schon sang.
Frankfurt a. M. deu i7len Nov. Ge-
stern gab uns Herr Poulleau ein Konzert.
Um Sie damit , und mit dem Künstler selbst,
bekannt zu machen, rücke ich den Anschlag-
zettel wörtlich ein i
Mit hoher obrigkeitlicher Bewilligung,
wird Herr Poulleau, privilegirter Tonkünst-
ler Sr. Majestät Alexanders 1. Kaisers von
Kussland etc. die Ehre haben, Freytag den
16. Nov. i8o4. im grossen Saal des rothen
Hauses auf seinem neu erfundenen Instru-
ment, genannt: Orcbestrino oder kleines
Orchester, ein Konzert zu geben. Dieses,
in seiner Art einzige Instrument, hat den
204
Beyfall versebiedner berühmter Künstler er-
halten. Es vereinigt die Töne der Violine,
Alto, Violoncello, Viola d'Amour, .Oboe,
auch zuweilen die der Harmonika und der
Orgel , und drückt die verschiedenen musi-
kalischen Grade, als: piano, crescendo, mez-
zo Voile, forte, fortissimo, smorzaudo, piz-
zicato, staccalo, soslenuto, legato , vollkom-
men aus. Um die Täuschung zu erhöhen,
wird auf Aurathen der Künstler dieses In-
strument erstlich verdeckt gestellt, und der
Erfinder desselben wird verschiedene Solo'*
der oben angefühl ten Instrumeute, jedes ein-
zeln darauf spielen. Nachher wird es öf-
fentlich von der ganzen Gesellschaft zu se-
hen und zu hören seyn. Hr. Poulleau ver-
sichert übrigens, dass, obgleich man die
Orgellöne vollkommen hört, doch keine Pfei-
fen an diesem Instrument angebracht sind,
sondern dass es auf gewöhnlichen Saiten,
wie die der Violin, Violoncello uud Alto
gespielt wird. — Die Einrichtung des Kon-
zerts ist folgende : 1) Hr. Poulleau wird sich
auf dem Orcheslrino in verschiedenen
Stücken seiner Koniposition, einem Thema
von Pleyel mit Variationen nebst einem Ron-
deau hören lassen. 2) wird er ein grosses
Konzert mit Begleitung zweyer Waldhör-
ner und eines Contra -Basses, und 3) cum
Schlüsse, mehrere einzelne Stücke und Va-
riationen von ihm selbst arrangirt, spielen.
Um alle die angegebenen Eigenschaften
dieses Instruments zu linden, bedatf man
einer sehr lebhaften Einbildungskraft, und
da diese nicht Jedem gegeben ist, so fanden
nicht alle Zuhörer ihre Erwartung befrie-
digt. Soviel ist indess gewiss, dass der
Ton, der die mebrste Aehnlichkeit mit dem
eines Bogenklaviers hat , ungemein ange-
nehm, obgleich die Wirkung des Ganzen
nicht gross ist. Die Bogeninslruuiente. als
VioJoncell, Viola d'Amour, sind täuschend
nachgeahmt, auch die Hoboe ist gut Die
Aehnhchkcit mit der Orgel und Harmonika
1804. 'December.
20 5
i$o4* Becember.
2ÜÖ
könnt© man mehr an -der* gebundenen Spiel- \ von Preussen beehrti? die Vorstellung mit
ihrer Gegenwart, und übersaudte Tags dar-
auf dem Orchester ein königliches Geschenk,
zürn Beweis allerhöchster Zufriedenheit. Mit
demselben traf zugleich die Nachricht von
dem Absterben eines armen Musikers, ehe-
maligen Mitglieds der Gesellschaft, ein, der
eine Frau ohne Brod nachUsst: das Orche-
ster bestimmte sogleich die königliche Gabe
fiir diu Wittwe des Verblichenen , und be-
wies dadurch, dass es wol verdient hat,
nach 'sieben Jahren, so wie bisher die
Schauspieler, auch einmal die Bewilliguug
su einer Benefizvorstelluog xu erhalten ! — —
Den 2ten Dec. In diesen Tagen wurden
wir durch einen Besuch des Hrn. Kalkbren-
uer aus Paris erfreut* Er kam von Wien.
Nachdem er sich in mehrern der angesehen-
sten Familien durch sein vortreffliches Spiel
auf dem Fortep. sehr empfohlen, und dafür
Bewunderung und Dank geürndtet hatte, be-
kamen wir ihn auch öffentlich zu hören,
wofür ihm der Dank des gvössern Publi-
kums nachfolgte. Da kein schicklicher Tag:
zu einem öffentlichen Konzerte für ihn frey 1
war und er sich nur wenige Tage hier aufhal-
ten konnte, weil er nach Paris zurück eilte:
so verband er sich mit den Hrn. Gebrüdern
Redecke und C. Franzi, Waldhornisten am
hiesigen Theaterorcbesler, welche schon
einen Tag zu einem Konzert bestimmt und
die nöthigen Vorbereitungen getroffen hat-
ten. Durch dieso Verbindung bekamen wir
hier am 5o. Nov. ein Kouzert zü hören, des-
sen Erinnerung uns immer angenehm blei-
ben wird. Auf eine Siufonie von Haydn
folgte ein Klavierkonzert von Stcibelt aus E
dur, von Hrn. Kalkbrenner gespielt, wie es
nur ein Virtuos erster Grösse spielen kann.
Dem. Horu, Liebhaberin, saug eine Arie
von Pär mit obligater Hoboe, sehr schön;
sie bewies, dass ihre schöne Stimme auch
Stellung. Man wühlte die Räuberhöhle von
PäP. Ihr© Majestät die verwittwete Königin | m der äassersten Höh© — sie sang das f
art, als am Ton erkennen. Die musikali-
schen Grade:, als: p. pp. f. ff. cresc. , wur-
den zum. Thal sehr gut ausgedrückt. Hr.
F. steht übrigens als Virtuos seines Instru-
ments höher, denn als Komponist, und wird
überall genug Bewunderer, nnd den Heyfall
finden, der ihm gebührt.
Vor einiger Zeit Hess aueh ein gewisser
Hr. A. Böhme, Mechanikns aus Duisburg,
eine von ihm erfundene Windharmonika
hier hören, die ihm selbst auf 10000 Gul-
den kommen soll. Dieses Instrument, das
wol seine grössten Vorzüge in der innerö
Mechanik haben mag, kann ich nur nach
der Wirkung, die es hervorbrachte, beur-
theilen. Es spielt allein einige Stücke zum
Bewundern schön, da man auch nicht das
Geringste ausser dem Ton hört ; einige Stük-
ke sind von sehr braver Komposition: aber
der Choral: O Haupt voll Blut und Wun-
den, schreitet unerträglich in matten Ak-
korden daher. Es ist überdrm noch ein
Klavier von drey Oktaven daran angebracht,
das sich sehr leicht behandeln lasst. Es
phantasirte ein hiesiger Künstler darauf, den
ich nicht kannte, aber seine Modulationen
waren sehr kalt, und so blieb auch das Pu-
blikum. Dieses mochte wol hauptsächlich
daher kommen, dass er fast durchgehends
im Walzertempo spielte, und der Ton des
Instruments nur 4 Fuss ist, weshalb man
auch sehr merklich an die Messorgeln erin-
nert wurde.
Folgende rühmenswürdige Handlung des
hiesigen Theaterorchesters verdient allerdings
einen Platz, auch in den Annalen der Ton-
kunst: Das Orchester, das unter der Lei-
tung seines würdigen Vorstehers, des Hrn.
Schmitt, täglich neue Fortschritte macht,
erhielt von der Direktion eine BeneGzvor-
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207
i8o4« ^Dccember.
208
ganz reiii — angenehm^" und -da, wie in
der Tiefe, ganz in ihrer Gewalt ist Die
Hrn. Gebrüder Itedecke Wiewen ein florn-
konzertaat von Doroaua und Andre , das aber
nicht recht gefallen wollte, ob es gleich
recht gut gegeben wurde: ein anderes für
Ein Horn von Witt, von Hrn. Franzi ge-
blasen, gefiel besser: aber Hr. Fränzl zeigte
auch dass er mit seinem Instrument ma-
chen kann, was er will — Fertigkeit der
Zunge, ungemeine Tiefe und durchaus an-
genehmer Ton, bestimmen seinen Werth.
Diesem folgte, ein Quintett für die Harfe,
von Dem. Gondart, einer Liebhaberin, vor-
trefflich gespielt — und begleitet vom For-
tepiano und drey Waldhörnern. Das Stück
ging aus Es dur, und ist, wenn ich nicht
irre, von Dussek, ursprünglich für zwey
Harfen und zwey Hörner ad libitum ge-
schrieben, hat aber fast gar nichts Ausge-
zeichnetes — ist weder schlecht noch schon.
eher, bestimmt und hat all» Gewandheitj
lang» Passagen von weitem Umfang bringt
er mit der grössten Leichtigkeit äusserst
pracis heraus; ich habe ubch nie , besonders
rollende Passagen, mit einer oder beyden
Händen, mit so viel Geschwindigkeit, Si-
cherheit und Leichtigkeit, runder und bes-
ser machen höreu, als von ihm, ob ich
gleich schon Gelegenheit hatte, mehrere der
grössten Klavierspieler zu hören. Weun
auch Virtuosität der Seele sein Erbtheil
wird, wie man holten darf, da er noch ein
sehr junger Mann ist: so kann man die Er-
wartungen von ihm nicht zu hoch spannen.
Er spielte auf einem neuen Instrument von
dem hiesigen Iustruruentenmacher Schwab,
das durch seinen starken und schönen —
besonders in der Höhe glockenartigen Ton,
allgemeinen Bey fall fand, und der wol ge-
recht seyn mochte, da Herr K. auch auf
einem Pariser von Erhard, von denen zwey.
Hierauf sang Hr. Lang, ein Liebhaber , eine | eins zu 800 Fl. und eins zu i5oo Fl. hier
Bassarie von Zingarelli, recht gut; da sie in Kommission stehen, hätte
aber italienisch und durchaus komisch war,
so konnte sie den Effekt nicht machen, den
der Komponist berechnet halle. Ueberbaupt
möchte ich fragen, unter welchen Umstan-
den und Einschränkungen es zweckmässig
aey, komische Singstücke in öffentlichen
Konzerten aufzuführen? — Die Herren Re-
decke und Fränzl bliesen noch einige Trios;
da sie aber ermüdet schienen, so wollten
einige das Ensemble vermissen , das bey der-
gleichen Stücken nothwendig ist, wenn sie
Anspruch auf Bey fall inachen wollen. Zum
Schluss spielte Hr. Kalkbrenner einige Va-
riationen auf de^m Fortepiano. Die kurze
Einleitung — eine Art Phantasie, oder was
es seyn sollte — war eine buntschttckige
Karikatur von Akkorden, Läufen, ausgelas-
senen Sprüngen und Kapriolen, die mir nicht
gefallen wollte. Sein Spiel ist indess in
Absiebt auf alles, was Virtuosität der Fin-
hetrifft ausserordentlich, und wahrhaft
Zu bewundern: sein Anschlag ist leicht, si-
Dcn jten Dec. Der berühmte blinde
Flötenspieler Hr. Dülon befindet sich seit
einigen Tagen hier, und wird wahrschein-
lich Konzert geben, von dem ich Ihnen
io meinem nächsten Brief Nachricht geben
werde. —
Es heisst, Hr. Fischer, ersler Bassist
bey der hiesigen Oper, werde uns bald ver-
Braunschweig. Fortsetzung. Theater«
Die Aufführung der Zauberflöte am -6. Aug.
war sehr prachtvoll, und fiel, zumal mit
der letztern deutschen verglichen, sehr vor-
teilhaft aus. (Sarastro — Reindre ; Tami-
no — Colin; Monostalos — Denys; Papa-
geno — Bursay; Königin der Nacht — Dem.
Duquenoy; Pamina — Dem. Serignyj Pa-
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209
1804* December.
210
pa^eua — Dem. Zelencka). Ebeo so waren
die Damen u. die Genien besser besetzt, als
wir e» in den letztem Zeiten von deutschen
Gesellschaften gehört haben. Die ganse Auf-
führung ging von Seiten der Akteurs und
des Orchesters mit der grössten Präzision.
Vorzüglich gut sang Demois. Duquenoy die
beyden Arien, und erhielt allgemeinen Bey-
fall. Unter den Maschineneen zeichneten
sich der Wolkenwagen und der Sonnentem-
pel aus. — — Es giebt unter der grossen
Menge Zuschauer, die sich bey dieser Vor-
stellung einfanden, viele, die behaupten,
die französische Sprache sey für Mo-
zartsche Musik zu schwach. Original ist
freylich etwas anders als Kopie , und bey
allen ins Deutsche übersetzten Opern der
nlmliche Fall. Wer aber im Stande ist sol-
che billige Rücksichten zu nehmen, dem
wird diese Aufführung genügt haben. —
Nachher hörten wir folgende Opern: Ana-
ercon chez Polycrate r. Gretry; Traite nul
t. Gaveaux; Une heure de mariage v. Da-
layrac; Le grand deuil v. fierton. Wieder-
holt wurden häufig: Le Caltf" de Bagdad;
Ma tante Aurore; Alme; Le medecin turc;
Une Colie u. s. w. —
Die Magdebargiscbe Gesellschaft gab in
voriger Messe nur : Den Korsar von Weigl
und die Hussilen, übrigens Schauspiele.
Virtuosenkonzerte. Hr. Konzertm.
Straus aus Wien gab in der Messe ein Kon-
zert, in dem seiu fertiges Violinspiel gelobt
wurde. In der Messe bleibt aber Virtuosen
kein einziger günstiger Tag übrig, an dem
ihre Anstrengungen für sie,, Erfolg haben
könnten, da Schauspiel und Maskerade die
Abende ausfüllen. Den 8. Sept. gab Ur. v.
Buhm, weiland Hauptmann in Holländischen
Diensten ein grosses Vokal- und Instrumen-
ta LLunzert : „ IntradeV die zwölf schlafenden
Jungfrauen, vorgestellt auf zwölf blasenden
Instrumenten.* Da sich aber der Hr. H. gegen
mehrere Musiker etwas martialisch benom-
men hatte, so fehlten einige der zu blasen-
den Jungfrauen, und die Lücken musetea
durch Saiteninstrumente ersetzt werden* — •
Romanze: »Zu Steffen sprach,* mit Varia-
tionen des Pianoforte. Ode von Jacobi und
Kunzen. Ode an die Freude von Schiller
uud Ferguson, weiter ausgeführt vom frem-
den Konzeitgeber, wie er sich nannte, und
zwar auf folgende Art: zwischen jede Stro-r
pbe war ein langer konzertirender Satz ein-
geschaltet, der im Orchester reiheherum
ging, und zuweilen sein Ende nicht finden
konnte. Sehe naiv war der Stelle : m Rettung
von Tyrannenkelten , * ein Recitativ aus
Haydns Schöpfung angepasst, und erinnerte
( sehr lebhaft an die Fabel von der Dole.
Der Hr. H. erreichte aber seinen Zweck
vollkommen, t indem die AlHciien sehr gross
waren und die Jungfrauen obenan standen«
Dafür legte er aber auch dem Publikum auf
die schmeichelhafteste Weise seine Einnahr
me und Ausgabe durch die öffentlichen Blu-
ter vor, und machte uns zn einem ander-
weitigen Konzerte Hoffnung, dem wir mit
banger Erwartung entgegensahen; doch bia
jetzt Vergehens, da wir erfahren, dass Hr.
v. B. anf eine andre Art dafür gesorgt hat»
sein Angedenken noch lange bey uns zu. er?
Den 24sten Sept. liess sich Dem. Janisch
mit mehrern Gesangstücken hören, und fand,'
als ein solches Kind, vielen Beyfall. Den
1. Oct. gab Hr. d'Aymard, Professeur de
Guitarre et Vocale alliiier, ein Konzert, in
dem er sich in beyden Künsten bewundern
lies«. CJnpartheyische sollen über seine
Fertigkeit gewaltig den Kopf geschüttelt ha-
ben — zum Staunen halte freylich jeder
Gelegenheit. Uebrigens bemerke ich nur,
dass Hr. d'A. hier die Guitarre mit 6 Sai-
ten auf 5 reducirte, und iu seinem Prospe-
etns der Apologie de Guitarre sich wundert,
wie die deutschen Komponisten so auf den
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x8o4- D6ceraber.
211
Kopf gefallen waren , dass sie auf die .Titel
ihrer Werke setzen könnten, „mit Beglei-
tung des Klaviers oddr der Gailarre," da
docb beyde Instrumente . so himmelweit un-
terschieden wären. Hr. d'A. hatte jedoch
nur die Titel angesehen.
• Den i5ten Nov. gab Dypa. Zclencka eiu
grosses Vokalkonzert in der Aegidienkirche
und führte nach einer Ouvertüre v. Rigbini
Rosetü's Oratorium: »Jesus auf Gethsema-
ne " auf. Wenn aber ein Konzert so übel
berechnet wird, als es hier der Fall war,
dann kann das Unternehmen nicht anders,
als unfruchtbar seyn. Bey strenger KtJte
ist die Kirche kein Lokale für ein zahlrei-
ches Auditorium, und auf ein solches muss
Dem. Z. gerechnet haben, indem sie die
hiesigen Konzertsäle zu klein fand. Es wür-
de wahrlich Männern, die in dergleichen
Anlagen Praxis besitzen, wie oben eraanlt
ist, sehr sauer werden, die Kirche unter
aolchen Umständen nur zum sehnten Theile
su füllen: wie wird nun die Bescheidenheit
damit zarecht kommeo! —
212
München , Ende Nov. Von neuen Opern
wurde Griselda von Pär gegeben. Wenn
ein Künstler Meisterwerke geliefert hat, so
ist es grausam, seine Jugendarbeilen vor dem
Publikum auszustellen. Hätten wir nicht
Achilles und Sargino gehört: wie schief, wie
ungerecht müsste man nicht Hrn. Pär nach
der Griselda beürtheilen +). Es kömmt da so-
gar eine Concertant- Arie vor! Ob sie wirk-
lich von P. geschrieben , oder nur eingelegt
worden, wissen wir nicht; das aber wissen
wir, dass Hr. Musikdir. Cannabich sie mit
allen erdenklichen Künsteleyen und artigen
Tändeleyen für seine Gattin und seine Vio-
lin auMtaiiiret hat.
■
Hr. Kalkbreuner, der Klavierspieler aua-
Paris, war hier. Er spielte am Hofe hm
eiuem Kabinetskonveit, dem nur wenige Er-
wählte beywohnen können. Man rühmt seiue
Fertigkeit, ziehet aber die Spielart des Hrn*
Gramer von London , den wir vor fünf Jahren
hörten, weit vor. Sehr , natürlich ! Gramer
ist ein erfahrner, geprüfter, Kalk.br. noch
ein sehr junger Künstler! —
Hrn. Kapellm. Winter begleiteten Ehre
und Ruhm aus London. Sein KünsUerglück
steht eben im Meridian. Selbst Babo** ernste
Muse leihet ihm Reize. Verschiedue* vou
seinen in London verfertigten Arbeiten wurde
theils im Kabineis-, theils im Liebbaberkon^
zert gegeben ; unter anderm , der ganae erste
Akt de* Telemaque. Jch 89h reibe ihnen?
nichts davon, bis ich die grosse Oper, die
Dabo dichtet, und Caelor und Pollux, ge-
! hört habe — beyde werden künftigen Januar«
aufgeführt : dauu aber desto ausführ-
licher! —
•) Der Komponiit btt die»« Mittik neuerlich durch He rau werfe 11 unbeträchtlicher und Einlegen neuer
bedeutender Stucke »ehr umgc.uhet : sellU man in München nicht ron dieren Vcrbe».erun 6 on Ge-
d. R e d a L t.
LltMIO
• t Y
Bisttnort «.» H X n, * « a.
■
4,
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ALLGEMEINE
MUSIKALISCHE ZEITUNG.
Den 5 n Januar. N=. 14-*
1805.
Nachricht e-h.
Musik in Leipzig.
MioLael bi» Weihnacht 1304.
Von Kirchenmusik finden wir vornehm-
lich auszuzeichnen die Aufführungen von fol-
genden durch den Druck bekannten gros-
sem Werken : Mozarts Hymnen und Haydns
Messen, (Breitkopf- Härtel) Kanzens Halle-
lu/a der Schöpfung, (Nägeli) Naumanns
Psalm (Wiener Indüstr. Compt.) und von der
nicht gedruckten Kiöuungs- Messe von Ri-
shini. Von diesen Werken selbst ist öf-
ters gesprochen wordeu; in der Ausführung
gelangen die Chöre immer am besten.
Die rühmliche Thoilnahme des gebildet-
sten Theils des Publikums am wöchentli-
chen Konzert im Saale des Gewandhauses
dauerte fort, so wie die Bemühung der Di-
rektion, es dieser Theünahme werth zn er-
hallen. Dem. Alberghi, von welcher
ebenfalls schon gesprochen worden , erfreuet«
jeden, der ihre jugendlichfrische, sehr schöne,
und, in Absicht auf vollkommene Gleich-
heit durch den ganzen Umfang ihrer Töne,
äusserst seltene Stimme, so wie ihren feiuen
Vortrag zu schätzen wusste. Sie würde ohn-
streitig noch ausgezeichnetem und allgemei-
nern Beyfall erhalten haben, wenn sie nicht
»uweileu Unsicherheit im Takt u. dgl. ver-
rie th; und nicht, fast ohne alle Ausnahme,
7. Jahrg.
nur Kompositionen von Pär sänge. Dadurch
raus« , obschon sie immer gute Stücke wählt,
unvermeidlich Monotonie in unsern Solo-
Gesang gebracht werden, und Monotonie er-
zeugt immer Kälte — zu geschweigen, dasj
dadurch die Direktion zuweilen zu Zusam-
mensetzungen von Stücken genöthigt wird,
die einander ganz widersprechen und ihre
Wirkung gegenseitig aufheben, wie es z.B.
mit einer an sich schönen Scene aus Pars
Wegelagerern war, die unmittelbar auf Mo-
zarts schauerliche Sinfonie aus G moll folgte,
und der bekannten frommen Hymne Schul-
zens: Gott Jehovah, sey hoch gepreist,
vorherging. Dem. Alberghi sollte, wenn
auch nicht aus Rücksicht auf das hiesige Pu-
blikum, bey dem sie nur einige Zeit ver-
weilet, doch ihrer eigenen Vervollkommnung
wegen, ihre Sludien weiter ausbreiten, um
nicht einseitig und manierirt zu werden, wo-
bey man, bey so viel Talent, Geschicklich-
keit und Fleiss, zwar immer eine interes-
sante Sängerin, aber nh* eine wahre Künst-
lerin werden kann. Nur au« wahrer Ach -
tung gegen diese ihre Vorzüge und aus der
Ueberzeugung, dass sie eine Zierde des Kon-
zerts und Thealers werden könne, haben
wir diese Anmerkung nicht unterdrücken
wollen. — Von Kompositionen führen wir
nur die an, die noch wenig bekannt sind,
oder wobey wir sonst glauben, etwas be-
merken zu müssen. Die Pirschen Arien,
Scenen und Chöre wollen wir übergehen, da
über sie öfter gesprochen ist, und die Opern,
aus denen sie genommen worden, nun auch
auf mehrein deutschen Theatern gegeben
i4
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215 ^OS-
werJen. Die übrigen Sologesänge von R i g h i-
ni, Guglielmi, Winter, Nasolini,
u. A. sind ebenfalls schon sonst gegeben
worden und daram zu übergehen. Bey Cho-
ren von llaydn, Schicht, Schmiedt, Sacchini
(das treffliehe: Tacite otnbre — ) u. Andern,
ist derselbe Fall; so auch mit Scholiens
Hymne, Naumanns grosser Messe, Zum-
Steegs Kantate: Wer ist dir gleich, du Ein-
ziger; und Kunzens Ilalleluja, das von neuem
mit ausgezeichnetem und verdientem Beyfall
aufgenommen wurde. Eine Kantate von
Reichardl' an die Musik, (Schönste Tochter
des Himmels u. s. w.) ist wahrscheinlich
aus seiner frühern Zeit; man würde sonst
das Trockene des Ganzen und die zuweilen
bis zur Ueberraschung trivialen Gedanken
an diesem berühmten Manne unerklärlich
finden. Auch hat der (ungenannte) Dichtet
der Tonkunst eben nicht das Schmeichelhaf-
teste gesagt, wenn er ihr vorschlagt, sie
solle »segnend, segnend vom hohen Olymp*
herabkommen ,
Wenn Bich Sorgen de« Tags
Jhr Vater des Volk»
Lad der Weieaait Prie.ter
Dor Ruh entgegeneilt, u. i. w.
Von Sinfonieen wiederholte man meh-
rere der vorzüglichsten Haydnscben und Mo-
zart sehen : doch gab man verschiedene die-
sen Winter nicht so gut, als voriges Jahr.
Woher mag das kommen? sollte man die
Proben scheuen? oder gegen den ehrenvol-
len Ruf, eins der vorzüglichsten unter den,
von Fürsten nicht besoldeten Orchestern
auszumachen, gleichgültig werden? Die
neueste Sinfonie von Beethoven (D dur) wur-
de, ohngeachtet ihrer grossen Schwierigkei-
ten., zweymai so gegeben, dass mau sie
ganz gemessen konnte. Auch wir finden,
wie man von Wien und Berlin aus bemerkt
hat, das Ganze zu lang und Einiges über-
künstlich; wir setzen hinzu: der allzuhäu-
fige Gebrauch aller Blasinstrument« verbin-
Januar. 216
dert die Wirkung vieler schöner Stellen und
das Finale halten wir, auch jetzt, nach ge-
nauer Bekanntschaft, für allzu bizarr, wild
und grell: aber alles das wird durch den
gewalligeu Feuergeist, der in diesem kolos-
saleu Produkt wehet, durch den Reichthum
an neuen Ideen und die fast durchaus origi-
nelle Behandlung derselben , so wie auch
durch die Tiefe der Kutistgelehrsamkeit , so
weit überwogen, dass man dem Werke das
Horoskop stellen kann, es werde bleiben und
mit immer neuem Vergnügen gehört werden,
wenn tausend eben jetzt gefeyerte Modesa-
chen längst zu Grabe getragen sind. Beet-
hovens frühere und freundlichere Sinfonie,
(C dur) die sehr schön ausgeführt wurde,
ist ein Lieblingsstück des hiesigen Konzert-
publikums: man hörte aber auch jene düst-
rere mit aller Aufmerksamkeit, unverkenn-
barer Theilnahme und vielem Beyfall. Das
erste Allegro und die durchaus originelle
Menuett wurden vom Publikum varzügüclk
goulirt. — Eine neue Sinfonie von .Danzi
(mit fugiriem Schluss Satz) zeigte von neuem,
dass dieser Komponist nicht nach Würden
gekannt ist. Er hat hier in Manchem —
und mit Recht, obschon sich darum das grös-
sere Publikum erst an sein Werk gewöhnen
niuss — . den jetzt gewöhnlichen Zuschnitt
verlassen, Und ein gewiss schätzenswerthes
Stück geliefert. Nur gegen des Andante ist
mit Grund einzuwenden, dass die Blasinstr.
zu vieles allein haben — so vieles, dass «a
fast als sogenannte Harmonie erscheint, und
als solche viel zu lang ist. — Von Ouver-
türen führen wir nur an: die hier immer
mehr beliebte von Righiui aus Alcide, die
Mozartsche aus Idomeneo, die von Beetho-
ven aus C dur, die früher schon näher be-
zeichnete von Kunzen, einige von Winter,
(besonders die zu Moutalban, die als Kunstwerk
nicht eben hoch stehet, aber einen sehr bril-
lanten und starken Effekt macht,) die neue-
ste von Pär» (aus seiner Lenore) die sehr
lebhaü und anziehend ist» und die von Dana«
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«7
i8°5. Januar.
21S
zur Kantate: das Freudenfest, die, wie es
der Gegenstand wollte, leicht, aber keines-
wegs oberflächlich behandelt worden und sich
recht gut ausnimmt. (Ein Chor aus dieser
Kantate war nicht bedeutend.) Von Kou-
zerten linden wir folgende am meisten aus-
zuzeichnen: das neueste von Dussek (G rooll)
und das neueste von Beethoven, (C moll)
beyde in grossem Styl herrlich ausgeführt,
doch das letzte in jedem Betracht weit her-
vorstechend, und, wenn auch vielleicht zu
lang und in einigen Stellen gesucht, doch
gewiss eins der vortrefflichsten Stücke unter
allen, die in dieser Gattung nur je geschrie-
ben worden. Mail. Müller spielte beyde,
und vorzüglich das zweyte, angeachtet sei-
ner ausserordentlichen Schwierigkeiten, mei-
sterhaft, auch zeigten sich die Zuhörer, von
der Komposition, wie vom Vortrag dersel-
ben, lebhaft begeistert« Hr. Musikd. Mül-
ler wiederholte eins seiner brillantesten Flö-
lenkonzerte (Ü dur) mit an ihm gewohnter
Virtuosität. Hr. Konzertm. Canrpagnoli er-
freuete Alte ganz vorzüglich durch ein neues
Konzert von Kreutzer, (A dur) das wol für
die grosseste und schönste der Arbeiten die-
ses Meisters zu erklären seyn möchte, ohn-
geachtet der dritte Satz manche seiner Lieb-
lingsweudungen wiederbringt Herr Camp,
trug es, obschon Kreutzers Styl dem seini-
gen sehr entfernt liegt und man glauben
sollte, die Jahre würden es ihm unmöglich
machen, so grosse und so lang ausgeführte,
lauge fortgehaltene Schwierigkeiten zu besie-
gen — — mit Jugendfeuer, Präcision, Innig-
keit, Anmuth und Gewandtheit vor. Er
fand die lebhafteste Erkenntlichkeit beym
Publikum. Hr. Org. Voigt gab vorzüglich
ein kräftiges und sehr gut ausgeführtes Vio-
loncellkonzert von Krafft. Hr. Barth spielte,
unter andern, ein neues Klarinettkonzert von
Krommer, das treffliche neue Ideen, schöne
Ausarbeitung und doch nicht Ueberladung
des Accompagnemenls hat , und für die Kla-'
vinette . zwar schwer, aber praktikabel nnd
äusserst vorteilhaft ist. Hr. B. trug es mit
ungemeiner Fertigkeit und Genauigkeit vor.
Eben so wurde von ihm und Hrn. Maurer
das schöne Konzert für zwey Klarinetten,
ebenfall« von Krommer, ausgeführt, und
mit demselben lauten Beyfall, wie ander-
wärts, aufgenommen. Herrn Fuchs, einen
geschickten und fleissigen Fagottisten, be-
dauern wir, dass er nicht eben so gute
Kompositionen für sein Instrument findet,
als die vorhin genannten. Hr. Herr«, ein
neues Mitglied des Orchesters , zeigte im er-
sten Salze seiues Waldhornkonzerts noch zu
viel Aengsllichkcit, spielte aber das Andante
und Rondo so, dass wir manches Gute von
ihm glauben erwarten zu dürfen. Noch sind
aber seine Passagen zu undeutlich und zu
wenig Uebereinstimmung zwischen den na-
türlichen und künstlichen Tönen seines In-
struments. — Von fremden Virtuosen
ist zu der Zeit gesprochen worden, als sie
sich hören Hessen.
(Der BeseUuu folgt.)
München, den 9. Dec Unsere musika-
lischen Winterunterhai lungen haben vorige
Woche mit dem dritten Liebhaberkonzert des
dritten Jahrgangs begonnen , in welchem auf-
geführt wurde-—: in der ersten Abtheilung,
eine Ouvertüre von Beethoven aus C dur
(nicht das beste, was er geliefert hat) dann
ein Konzertant von Winter, für 6 eder 7
obligate Instrumente, das sich durch gar
nichts auszeichnet, und ein Terzelt aus dem
Raub der Proserpina, auch von Win-
ter, welches sehr schön ist; in der zwey-
ten Abiheilung ein Akt von Winters T e-
lemach, worin Madame Cannabich die
Hauptparlhie vortrefflich sang. Das Ganze
erhielt nur mässigen Beyfall, indem man
fand , dass ein Konzert , worin alle Stücke —
mit Ausnahme der Ouvertüre — von Einem
Meister sind, wären sie auch noch so schön,
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2J9 1805.
gleichwol eine All von Monotonie hervor-
bringen müsse. Dazu kannte man den In-
halt der Oper, au« welcher der ganze Akt
gegeben wurde, nicht, uud das Interesse an
dieser Musik musste daher uothwendig ein-
seitig seyn. — Laut Anzeige, wird diesen
Winter hindurch jeden Montag Abend, Mu-
sik auf dem Museum seyn, womit vorigen
Montag bereit* der Anfang gemacht worden.
Stettin, im Dec. iSoi. — So sehr
ich vor einiger Zeit Ursache hatte in diesen
Blattern darüber zu klagen, dass die Musik
hier erstarrt wäre , oder es wenigstens schie-
ne; so angenehm ist es mir, jetzt von ih-
rer Auferstehung sprechen zu können. Ja,
sie ist wieder erwacht, mit einer Regsam-
keit erwacht, welche viel Gutes hoffen lässt.
Bestimmte musikalische Zusammenkünfte,
kleinere und grössere, drängen sich fast ein-
ander. An Privatgesellschaften zur Quar-
tettübung für Saiten- und andern für Utas-
Instrumente, auch vollstimmigeren Uebungs-
konzerten fehlt es nicht. Ausserdem sind
»Wey grössere öffentliche Konzerte, eins in
der neuen Ressource nnd eins im Saal des
englischen Hauses, errichtet. Beyde gewäh-
ren manchen Genuss, obgleich jetzt keine
Solospicler, die auf den Namen Virtuosen
Anspruch machen könnten — unsern M. D.
liauk ausgenommen — hier einheimisch sind.
Dies hindert indessen, wie bekannt, die gute
Ausführung der Ensembles nicht, wenn jedes
Mitglied des Orchesters nur gehörig Acht
giebt, und seine Bestimmung als subordinir-
ter Tbeil des Ganzen, nicht verkennt. Da-
neben bestellt eine- Anstalt zur Uebung des
Gesanges, die schon im Anfange über 00
Mitglieder aus allen Standen zahlt. Dieses
Singinstitut (auch Singakademie genannt,
denn der Name wirkt oft viel,) könnte leicht
von heilsamen Einfluss, selbst auf unser ge-
sellschaftlichen Leben, seyn, wenn erst die
natürliche Blödigkeit der noch Ungeübten
Januar. 22p
überwunden ist, und — die Literesseuten
Beharrlichkeit zeigen. — Unter den V i r-
tuoseukonzerten in dieser Zeit verdie-
nen zwey bemerkt zu werden. Eins von
'dem Violoncellisten, Herrn Kalmus. Er
trug uns ein geschmackvoll komponirtes Kon-
zert (von Arnold, das Adagio von Danzi,)
hiemächst eine l'ontasie nebst Variationen
vor, und bewies durch beydes, dass er so-
wol den Kenner als den blosen Liebhaber
zu befriedigen verstehe. Dafür .ward ihm
auch der allgemeinste Bey fall, nitht durch
Händeklatschen, (denn diese Sitte, wel-
che eigentlich nur fürs Thealer gehört, uud
an manchen Orten, z. B. in bei Im, sehr
übertrieben, aber eben deshalb auch zu ei-
nem sehr unsichcni Zt-iciieu des Bey falls
wird, ist aus uusern Konzerten längst ver-
bannt — ) sondern durch die tiefste Stille
während der Musik und durch ein unwill-
kürliche* frohes Getöse nach Endiguug der-
selben. — Noch zu einer Bemerkung giebt
mir dieses Konzert Anlass. Viele reiseudo
Virtuosen befolgen die Maxime, ihre Kunst
an einem Orte nicht eher zu zeigen , als
bis sie ihr Konzert geben, damit — die Zahl
ihrer Zuhörer nicht verringert werde. Da«
kann hier und da seinen guten Gruud ha-
ben; aber es erregt auch leicht den Ver-
/ dacht: der Virtuos wisse mit seinen einge-
lernten Stücken die Zuhörer nur zu blen-
den, uud fürchte, man werde ihn zu wie-
derholten malen nicht mit immer neuem Ver-
gnügen hörtn. Hr. Kalmus zeigte, dass
man bey der entgegengesezlen Maxirae leicht
besser fahren könne. Ehe er sein ange-
kündigtes Konzert gab, spielte er nirht nur
in Privatgesellschaften, sondern licss sich so-
gar auch im Ressourcenkonzert Öffentlich
hören, und doch halte er hernach ein sehr
zahlreiches Auditorium, so zahlreich, wie seit
dem Hierseyn der Mad. Mara keins gewe-
sen war. Frey lieh trug dazu, ausser seiuer
anerkannten Virtuosität, auch sein liebens-
würdiger Privatdbarakter, sein gefälliges,
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.*8o5- i Januar.
222
«obres Betragen, -wodurch er «ich vor so
vielen seiner Kunstgenüssen rühmlich aus-
zeichnet» gewiss nicht wenig bey. .Möchtest
das •. doch manche Virtuosen bedenken,, die
voll Stolz auf ihre Kunst, alle., andre Uück-
aichleu yerachleu, und daun oft dem Publi-
kum zur Lust legen, was — sie selbst ver-
schuldeten. .. , . ...
• i
Ein andres Konzert gab der Violinist,
Ilr. Moser aus Berlin. Das Talent dieses
Virtuosen, seine grosse Fertigkeit, Reinheit,
Fräcision u. s. w. sind tu bekannt, als dass
mau uölhig balle, darüber noch etwas zu
sagen. Aber wir fauden die Art seines Vor-
trags etwas verändert. Ehedem spielte er
iu Viotlis, jetzt, mehr in Hod» Manier.
Sein Adagio hat dadurch -unstreitig gewon-
nen, — es ist einfacher, edler, geworden;
pb er aber, im Ganzen an dieser Verände-
rung wohl gethan, oh er seine Individuali-
tät als Künstler gehörig dabey zu Ratbe ge-
zogen hat, möchte ich bezweifeln. Offen-
bar glüuzt Hr. M* aui meisten im R,oüdo,
in der Polonaise n. dgl.j allein dazu passt
mehr ein weicher (in der Kunstsprache, mol-
liger) als ein schneidender Ton , mehr eine
schwebende, als eine gewichtige Spielart.
Uebiigcns erwarb Herr M. sich auch hier
durch seinen brillanten Vortrag der .Quar-
telten von Haydn,, Beethoven u. a. zu wie-
derholten malen df n Dank vieler Musikfreun-
de, in «einem Konzert gab uns auch Herr
Kapellm. Himmel Etwas auf dem Forte-
piano und ein Slück aus seiner Urania, wel-
ches leztere sehr gefiel. Bey Gelegenheit die-
ses Besuchs hatten wir auch noch das Vergnü-
gen, auf unserm Theater die so viel ge-
fieyerte und besprochene Operette: Fan-
chon, zu hören. Sie erregte hier, wie
überall, den Enthusiasmus des Publikums,
ungeachtet die Darstellung nicht sonderlich
ausfiel. Denn nur die Rolle der Fanchon
ward durch eine Dem. Feige brav ausge-
führt, (obgleich Mad. Unzelmann, welche
vor einigen Tagen die Fanchon hier als
Gastrolle gab, in Absicht auf Kunst, wie
ruau denken kann, jene weit überwog — )}
von dem Spiel der übrigen lifess sich wenig
und von ihrem Gesänge fast gar nichts lo-
ben. — Woher aber jener Enthusiasmus
für diese Operette? ist er denn wirklich 60
verdient? und auf welcher Stufe steht Fan-
chon als Kunstwerk, besonders als musika-
lisches Kunstwerk? Diese Fragen sollte man
vielleicht nicht eher aufwerfen, als bis mm
sich an dem Stücke satt gesehen und gehört
bat; aber es ist schon in öffentlichen But-
lern manches Für und Wider erschollen.
Ein Theil rühmt z. B. das Berliner Publi-
kum wegeu seines Enthusiasmus für die F.,
andere urlbeilen anders. Weit entfernt , dar-
über entscheiden zu wollen, will ich nur z*
erklären suchen, wie beydes zugeht. Die
Lobpreiser stützen sich auf die lieblichen
Melodieen, die gefallige Instrument irung, die
Verse, welche nicht solchen Unsinn enthal-
ten , wie die gewöhnlichen Operetten , und —
die geschmackvolle Darstellung auf dem B— r '
Theater. Ursachen genug zum Vergnügen
an dieser- Operette. Die Tadler hingegen
sagen: das Slück ist an sich ohne dramati-
schen Werth ; es hat z. B. gar keine Hand-
lung, nur die Episode verursacht die Bewe-
gung darin u. s. w. Die Verse? nun, sie
sind erträglicher, als man sie sonst findet,
enthalten mitunter erbauliche Sentenzen , *bev
nichts Lyrisches, — ausser einigen Liedern
der Fanchon, und nächstdem des Eduard —
nichts, wobey man nicht fragen müsste:
warum wird das nicht lieber gesprochen, als '
gesungen? — Die Musik? sie steht frey-
lich höher als die der Donaunymphe, aber
reicht noch nicht einmal an die kleineren
Sachen eines Cherubini, Mehül u. a,
viel weniger an die eines Mozart, Win-
ter, Salieri u. a. Sie ist, um es kurz
zu sagen, ein niedlicher Potpourri, wor-
in manche hübsche Blumen — besonders
einige Lieder und Cavatincn (denn cigentli-
Pigitized tjy Google
433
1805. Januar.
224
che Arie» giebt es hier fast gar nicht) der
Fanchon duften. Doch wuss inao, wie einst
Voltaire, den Hut bey der Hand haben,
um so manche alte Bekannte aus der Zau-
berflöte u. a. Opern, mitunter auch — wie
im Finale des zweyten Akts — aus der ge-
meineren Klasse, freundlich au grüssen u. s.
w. — Ich will diese tadelude Ansicht nicht
für die mein ige ausgeben, aber ich gestehe r
es hat mich empört, neulich in einem öf-
fentlichen Blatte zu lesen: „Salier»'« Casar
müsae geringeren Werth haben, weil — das
Haus dann leer, in der Fanchon aber voll
sey .
nud der Geschmack des Publikums
(welcher mit dem Gefühl einerley eeyn soll)
doch entscheide." — Auf die Gefahr, einer
greulichen Ketzerey oder wol gar Unhöflich-
keit beschuldigt zu werden, setze ich jenem
Urtheil nur folgende einfachen Bemerkungen
entgegen. Geschmack und Publikum
sind zwey Begriffe, die man eigentlich nie
zusammenstellen sollte. Der Geschmack ist
eine ideef welche sich nur durch die Ein-
geweihten, einer Kunst ausspricht. Da»
Publikum — die« ungleichartige Masso,
dieses blose Aggregat von 'Köpfen — kann
zufällig (gemeinhin durch Nachsprechen
der wirklichen oder vermeinten Kenner) mit
jener Idee zusammentreffen; aber seine -Ent-
scheidung geschieht nie von Rechts-, «on-
dern nur von Gewalts wegen, und ist im
Grunde Anmaasung. Jeder Mensch hat die
Befuguias, zusagen: das gefällt mir, (rich-
tiger: das vergnügt mich) aber nur dem
wirklichen Kenner gebührt es , zu sagen :
das ist schön. Beydes ist oft sehr ver-
schieden — Hätte jemand Lust, diese —
mich dünkt, einleuchtenden Satze zu bestrei-
ten, dem würde ich zur weiteren Erörte-
rung gern Rede -stehen. —
Aus Südpreussen. Es wird in Ihrer
Zeitschrift seltener über den Zustand der
Musik im ehemaligen Polen gesprochen, ahr
man wünscht, Und als' wol auch geschehen
S0IU04 ida- die Polen in der Musikliehe den
Böhmen' nicht« nachgeben-*); da hier die
Musik einen Hatrpttheil der bessern" Erzie-
hung ausmacht, und da fast durchgängig
Jedermann gern singt und tanzt. Etwas
scheint zwar diese Musikliebe seit der hetz-
ten Theilnng gesunken zu seyn : allein wenn
auch nicht mehr jeder bemittelte Edelmann,
wie sonst« «ein* 1 eigene 'kleiner Kapelle hat
und darauf sieht, dass seine ganze Diener-
schaft musikalisch ist; so ist noch diese Lie-
be deshalb noch nicht ausgestorben, sondern
den Zeitumständen gemäss nur eingeschränkt.
Dass sie noch fortdauere, sieht man schon
aus Folgendem. Fas! in jedem Hause, in
welchem man auf einige Bildung Anspruch
macht, findet man ein Flügelforlepiano, aus
Wien, Dresden, Berlin oder Breslau, und
Jemand, der es, nicht selten vortrefflich,
spielt. Bey der Annahme eines Erziehers?,
ist es immer die zweyte Frage: ob er auch
musikalisch sey, wenigstens gut das Klavier
spiele? Reisende Meister der Tonkunst ge-
hen unsere gröjseru Städte selten vorüber
und werden noch seltener Ursache haben,
über schlechte Aufnahme zu klagen. So ha-
ben sich die Gebrüder Pixis voriges Jahr in
Werschs*; Kaiisch und 'Fosen, zu ihrem
Und des Publikums Voitheil, hören lassen;
dies Jahr die Donna Marrhetti Fautoazi in
Posen, die mit ihrer rielumfassenden Stim-
me heym Hiuschwinden ins kaum hörbare
Pianissimo manche Zuhörer so getäuscht hat,
dasa «sie glaubten, sie würde wegbleiben;
allein iltVe Stimme belebte sich wieder und
wuchs, allmählig in die Tiefe hinuntersteigend,
*) Aber auch »o unfern schreiben, wie diese — «ras wir xui Beantwortung de« etwanigen Vorwurf*
hiorutefaen wollen.
d. Red-skt.
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225
i805* Januar,
226
xu einer schauerlichen Starke Und stfhloss
die Kadenz mit einem Trillar, der. Mark,
und Bein durchdrang. Ich hörte sie selbst,
als sie in dem neuen, vortrefflichen Schau-
spttlhause, Hero und Leander gab, und war
bezaubert: allein .die Mara erreicht sie in
DeJikalease und Vollendueg der. Passagen
doch nicht. Da« Chchezter. that: sein JVlög-
lichatea ,, und doch »oll . sie nicht fttit ihm
zufrieden gewesen «eyn; wiewol.- ea nicht
schlecht apielte» Ausser diesen haben sich
mehrere merkwürdige Musiker hören lassen;
und ich führe nur diese wenigen, als Ihren
Lesern vorzüglich bekannt« hier auf. —
lu Warschau besitz man ein -trefflidiös Or-
chester, und das polnische Theater daselbst
hat Sängerinnen , die mit Uhren neben mau-
che der gefeyertsten deutschen Theatcrszn-
geriunen treten könnten. Auch ist es ein
leeres Vorurtheil, wenn man auswärtig glaubt,
die polnische'Sprache sey, ihrer vielen Kon-
•onauten wegen , für.deu-Gesaag wenig ge-
eignei. Man höre nur erst, wie der feine
Pole sie spricht; und wie schön sie dann
im Munde der gebildeten Sängerin wird,
loh bin ein- Deutscher und mithin nicht durch
nationale Vealiebe oder lange Gewöhnung
eingenommen: aber, ausser der italienischen,
kenne ich keine* Spräche, die sich so schön
an den Gesang schmiegte; wie die polnische,
rollkommen ausgesprochen ! —
Aach che Juden nehmen an der allge-
meinen Musikliebe Polens Theü. So kenne
ich z. B.» ein Chor jüdischer Musikanten in
Philane, (einer kleinen Stadt in dem jetzigen
We»1preussen,) das die herrlichste Tanzmu-
sik macht und eben so eingespielt tat, als
die Prager Studenten. Besonders spielen die-
se- Kinder Israels die Polonaise in üchtpolni-
acbem Geist und Sinn', den so leicht kein
Ausländer, war' es auch der geschickteste
Spieler, trifft Dies eeheint vielleicht man-
chem unglaublich: aber man komme, und -
höre, wie der Pole seinen Nationaitanz spielt;
man komme und sehe; wie er ihn tanzt;
und ich bin überzeugt, ein jeder wird, bey-
desufür unübertrefflich schön und ganr ori-
ginell halten. Man lasst aioh dezhalb auch
die sogenannten Polonaisen, die jetzt bis zur
Ungebühr überall angebracht werden , zwar
hier gefallen, wenn sie an weh gut sind,
aber nur für Polonaisen kann man sie eben
so wenig gelten lassen ,~atz die humoristischen
Mittelsatze der Haydnschen Sinfonieen für
eigentliche Menuetten gelten können.
Einst zogen einige Juden im Laude um-
her und Hessen ihre Musik auch auf un-
seren Hofe hören. Sie war nicht schlecht:
aber "was meine ganze Aufmerksamkeit auf
eich, zog, war der Baasspieler ohne Bass-
geige. Die Töoe dieses Instruments wirss-
te er mit seiner Kehle so natürlich hervor-
zubringen, dass man mit abgewandtem Ge-
sichte» geschworen, hütte, eine tüchtige Baß-
geige zu hörep. Und dabey that er weiter
nichts, alz dass er den Daumen und den
Zeigefinger an den II als anstemmte und da-
mit die Töne wandelte; indes» sähe man
ihm die Anstrengung auf dem Gesichte, das
öfters ganz braun ward, nur allzudeutlich
an. Er spielte seinen Bass aber auch schön
und schöner,' alz hundert andere auf wirk-
lichen .Bassgeigen. Er erzählte? mir: ein ge-
wisser polnischer Fürst hatte die iBizarrerie
gehabt sich ein ganzes Chor jüdischer Mu-
siker anzuschaffen und abrichten zu lassen,
aus dem -jeder, wie er, sein Instrument btoe
mit der Kehle spielen musste. (So etwas 1
kömmt, Gott sey Dank i nun hier auch' nicht
mein* zu Staude, so wehig, als hoffentlich
die in ganz besonderin Sinn fürchterlich-
schöne liorntdusik in Russland ihren Flor
und Glane wieder erlangen wird). Wah-
rend der letzten Insurrektion war der Fürst
gefluchtet, die seltsame Kapelle aus einander
gegangen, nnd Er, der Bassist, hatte sich
zum Heromaieben entschliesseh
spielte den i]&sa~mil dem Mj
in den Muud zu bekommen.
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227
1805. Januar.
228
Die neue Erfindung eines harmonischen
Klavier» von einem polnischen Uhrmacher
in Polen, Namens Maslowaky, ist Ihren
Lesern schon von Berlin aus bekannt, und
jeh erinnere hier nur noch einmal daran,
als an eiue Sache , die nicht mit Kälte und
Stillschweigen aufgenommen werden sollte.
:: »••» • u •-: ". • ->
.».;
Kdhu Axzbice.
An Fanny (oder der Abtch'ud) Kantate für
«in« Singstimmt mit Begleitung des Orche-
sters, von Zumsteeg. Partitur. Leipzig,
bey Breilkopf und Härtel. (Pr. 16 Gr.)
Dito mit Btgltit. dts Klaviers. (12 Gr.)
Bey dem Worte: Kantate, denkt man
gewöhnlich ah ein grösseres Musikstück, mit
mehrern Recitativen, Arien, Chören u-s. w.
So ist es hier nicht gemeynt. Das Werk-
chen besieht nnr aus einem Recitativ und
einer darauf folgenden ziemlich langen
Arie — beydes für die Bassstimme.
1 . *i . , «i
Die ganze Kantate ist in jenem sanfLen,
gefälligen Styl geschrieben, den man andern
verewigten Zumsteeg längst kannte und schätz-
te. De übrigens diese Art musikalischer
Stücke nur für den vertraulichen Zirkel von
Freunden, kaum für einen Konzertsaal
bestimmt seyn kano: so werden künftige
Komponisten bey ahnlichen Fällen die Blas-
instrumente mit Recht weglassen können,
indem die Stimme in einem so engen Räu-
me zu sehr betäubt wird. Desto genauer
aber sollte man ia Beobachtung der Dekla-
mation, Rhythmik und Metrik seyn, indem
man bey so einfachen .Werken jeden' Ver-
stoss um so leichter bemerkt. So kommen
hier z. B. nicht wenige kurze Sylben vor,
die Herr Z. langen Taküheilen unterlegt
Zum Beyspiel dient gleich der Anfang der
Arie: Der Verfolger Neid — wo die
Sylbe „der" auf dem dritten .Viertel des
Viervierteltaktes, und sogar im Adagio, ste-
het. Hat auch der Dichter die Sylbe falsch
gebraucht, so darf der Komponist ihm nicht
folgen, indem ' beym Recitrreu gar. Manches
allenfalls verdeckt und weniger bemerkiieher
gemacht werden kann, was bey m Singen um
so mehr auffällt. Die Arie seihst ist schön,
hat einen sehr rührenden , schmelzenden Ge-
lang, welches bey Hassanen eiue Schwere,
und deswegen ziemlich seltene Sache ist.
Doch geht sie sehr tief, und ist ohne Ver-
änderung nicht für jeden ausführbar,
Klavierauszug ist gut und korrekt.
Der
A N K X D O T B»
Ein berühmter Sänger der Pariser Oper
stehet in ausgezeichneter und nicht ganz un-
bekannter Guust bey einer Dame, ,4ie, we*
ui^stens dep Deuten, aus der grossen Welt
ebenfalls bekannt geuug ist Der. GfneoaJ
— — machte der Dame sonst die Cour;
und, wie man wis.-en will, vergebens. Die-
ser trifft den. A«teur in einer sehr zahlrei-
chen Gesellschaft Der junge Manu trägt
eine Kleidung, ,.die für Uniform angesehen
werden kann. Der General, ihu;* u ehier
Antwqrt zu «wringen, die ihn läiherjicli ma-
chen raüsste, wendet sich , plötzlich laut
und scheinbar unbefangen, als kenne er ihn
nicht, mit der Frage an ihn:
Unter welchem Corps dienen Sie?
Moi ? antwortete der ^Schlaukopf leck
je commaudo uu Corps, ou V«is mvez
servi depuis hmglemsl
-
Lumii, 111 Biiniori «m» Hlitit.
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ALLGEMEINE
MUSIKALISCHE ZEITUNG.
Den g len Januar.
m 13.
1805.
Ueber einen Aufsatz mit der Ueberschrift : Wol-
len alle Deutsche Musikanten werden? (in der
Bibliothek der pädagog. Literatur, herausgtg-
von Gutlismuths, November
Herr Hofr. Guthsmuths theilt in dem
angeführten Aufsätze über die sich unter den
Deutschen höhern nnd niedern Standes inH
mer mehr ausbreitende Gewohnheit» Musik
zu einem wesentlichen Stück des Kinderun-
terrichU zu machen, Gedankea mit, welche
er selbst nur im Votbeygehen zu geben
»unser t, nnd der Prüfung empfiehlt. Fast
zu gleicher Zeit ist meine Abhandlung über
die Vortheile der frühen musikali-
schen Bildung in der Musikalischen Zei-
tung No. 8. i8o4. erschienen. Ich fürchte
zwar nicht, dass der leztere Aufsatz durch
jenen bey aufmerksamen Lesern an Ueber-
zeugungskraft verlieren werde; da aber der
gewünschte Eiudruck doch durch die
peYsiflirende Laune, womit sich der ge-
schützte Pädagog über die Modesucht des
Musikunterrichts auslässt, bey flüchtigeren
Lesern geschwächt weiden könnte, und der
Verf. selbst nähere Prüfung verlangt, so
mögen hier eiuige Bemerkungen zur Ehren-
rettung der von mir empfohlucn musikali-
schen Bildung folgen.
Die Frage: Wollen denn alle Deut-
sche Musikanten werden? würde ich
so beantworten: Sie wollen das gewiss nicht.
Nimmt man das Wort Musikant vollends
di« Frage noch siehe-
7. Jahrg.
rer verneinen. Denn man unterscheidet,
nach gegenwärtigem Sprachgebrauch, den
Musikus vom Musikanten ungefähr so,
wie den Schauspieler vom Komödianten.
Jener übt die Musik als edle freye Kunst,
die sich selbst belohnt, wenigsten« nickt
nach Brot gehen mag, sich nicht zur Lohn-
kunst herabwürdiget, ob sie zwar für den
Künstler, weil und sofern er, wie jeder
Andre, Lebensbedürfnisse hat und seiner
Kunst manchen Aufwand opfern muss, be-
lohnende Aufmunterungen nicht verschmäht.
Der Musikant hingegen behandelt die Kunst
blos als Erwerbzweig, bequemt sich daher
ganz nach den willkührlichen Forderungen
seines jedesmaligen , oft <aehr geschmacklosen
Publikums, und nimmt auch mit den klein-
sten Gaben fürlieb. Der Musikus hingegen
wird entweder anständig besoldet, oder er
überlässt es edler Freigebigkeit der Kunst»
freunde, durch Belohnungen ihm die Ach-
tung für «eine Kunst aufmunternd zu er-
kennen zu geben; oft lebt er unabhängig
als privarisirender Künstler. Entfernt, seine
Kunst nach den Einfällen der Zuhörer zu
bequemen, oder mit ihr den Leidenschaften
nnd Bedürfnissen selbst des Pöbels zu fröhnen,
will er vielmehr den Geschmack des Publi-
kums immer mehr für seine Kunst bilden,
es zur Höhe derselben emporheben. Er
strebt nach der Kenner Beyfall nnd ist stolz
auf denselben ; lieber wählt er sich eine klei-
ne Zahl ächter Verehrer, anstatt nach dem
Zuklalscben des gemeinen groj&en Hanfens
zn jagen. Der Musikant aber ist im Grun-
de blosser Handwerksmann, der nach Be-
x5
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231 J 805.
Stellung arbeilet, und auch von Künstlcrlau-
nen frey genug ist, um für Lohn nach jedes
Belieben aufzuspieleu. Indess hat der Mu-
sikant, wenn er wahre Kunstfertigkeit und
ein reiches musikalische» Gedächtniss besitzt,
und selbst die Lieblingsslücke des Volks mit
einigem Geschmack zu behandele, vorzüg-
lich aber mit Siun und Auswahl die bes-
sern Stücke und Gesäuge zu verbreiten weiss,
seineu guten Werth. Der verachtete, un-
bekannte Musikant kann sich oll durch Ta-
lent dem Virtuosen nahem, und durch An-
spruchlosigkeit und Gefälligkeit grosse Vor»
süge vor ihm behaupten. Die niedern Klas-
seu des Volks wollen auch erheitert aeyn,
und bedürfen der Erheiterung bisweilen noch
mehr, als die höheren Stande. Will man
ihnen die, welche Musik gewahrt, misgön-
nen? Wie viel würde ihuen mit ihr feh-
len, wenn sie z. B. nach vollbrachter- Aernle
unter freyem Himmel sich aum Tanz ver-,
aammlen?
Will deswegen Alles Musikant werden,
wenn Manche, auch» im Bürger- und Bauer-
staude, singen und ein Instrument spielen
lernen? Dies geschieht oft mit geringem
Zeit- und Kuitenauiwande , und es giebt
ihrer genug, welche, wie es auch recht ist,
mit Ausübung einiger musikalischen Ge-
schicklichkeit ihre Berufsarbeiten treulich ver-
binden, und von ihr nur bey festlichen Ge-
legenheiten oder cur Erholung Gebrauch
machen. Auch in den niedrigsten Stauden
entwickelt sich manchmal ein seltenes Ta-
lent auf Anläse einer jugendlichen Unterwei-
sung. Statt den Musikunterricht bey dem
Bürger- und Bauerstande in Miskredtt zu
bringen, sollte man lieber, wo nicht Ver-
hältnisse ihn von selbst einschränken oder
verbieten, dahin arbeiten, dass in den Schu-
len die Bildung des Gehörs, des musikali-
schen Sinnes, der Singekunst, und, wenn
si< h Lust und Fähigkeit zeigte, einige Be-
kanntschaft mit einem musikalischen Instru-
Januar. 232
mentc, zweckmässig eingeleitet, und hier-
durch Geschmack für edle Musik und Poe-
sie, geselliger und häuslicher Frohsinn , ohne
Eintrag der übrigen Kultur für die nöthi-
geu Brrufaferligkciten , befördert wüide.
Das Geschmacklose, welches bis je*!, ht-y
den zum Tbcil auch sehr unvcllkonimnen
Anstalten, sich oft aufdriugt, darf uns nicht
wider die ganze Sache, der Mikhrauch nicht
wider das an sich Gute einnehmet!. Zudem
giebt es in unseru Städten und Dörfern
grössere und kleinere Aemler, wt-Uhe mu-
sikalische Kenntnis, Lehrgabe und Geschick-
lichkeit erfordern. Sie bieten so manchen,
welche in der Kindheit mit Glück Musik
leruten, einen Wirkungskreis dar, der ihren
Unterhalt erleichtert und iu das allgemeine
Beste wohllhätig eingreift.
Freylich verdient es die Rüge des rirn.Hofr.
G. , wenn die Modesucht uud Eitelkeil un-
ter den Deutschen höhern und niedern Stan-
des einreisst, alle Kinder fortgesetzt Musik
lernen zu lassen, sie mögen Sinti und Ta-
lent für dieselbe zeigen oder nicht. Mau
kann aber, dünkt mich, hierüber schwerlich
zu Gewissheit kommen, ohne einige Versu-
che mit dem Musikunterricht fürs Erste zu
wagen. Zeigt sich nun, auch bey der fass-
lichsten Methode, kein merklicher Fort-
schritt, verräüt das Kind immerfort die
grösste Gleichgültigkeit bey Gesang und Mu-
sik, oder wol gar Abneigung; so Üiut man
freylich besser, es weiter ui< ht zu^einer Kunst
anzuhalten, die zwar zu den edelsten, aber
doch nicht zu den unentbehrlichen gehört,
uud welcher lieber gar nicht, als mit knech-
tischem, engherzigen Sinnen oder mit kraft-
loser Fähigkeit gehuldigt werden sollte.
Horcht das Kind aber aufmerksam, wenn
Mutter oder Vater am Klavier sitzt, oder
wenn sonst Jemand im Gesänge oder mit
! einem Instrumente sich hören lässt; wird es
ihm nicht schwer, alltnahlig kleine Meie—
. dieeu nachzusingen; drängt es sich gern
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«33 «803.
*
zum Fortepiano, um einige Töne su grei-
fen, und merkt es eich willig, auch die
flüchtige Anweisung, die ihm selb»t ein
Fremder su einem leichten Stuckchen geben
mag, um der Mutter Freude damit su ma-
chen -r-: dann hat man schon einigen An-
trieb, seine wahrscheinliche Fähigkeit wei-
ter su prüfen und zu entwickeln.
Ist es gut, fragt Hr. Guthsmuths, in
den testen Plan der Erziehung fast ohne
Ausnahme auch Musik aufzunehmen? —
Warum sollte es schädlich seyn? möchte
ich darauf antworten. Im Voraus kann mau
nicht wissen, wozu Fähigkeit und Lust da
sey. Mich dünkt aber, höchst seltene Fälle
ausgenommen, lässt sich boy jedem gesun-
den Kinde Anlage zum Gesänge und zur
Auffassung und Unterscheidung musikali-
scher Töne, kurz einige Grundlage sur Ton-
kunst (als Sache des Geschmacks oder der
Ausübung) voraussetzen. Ich verlange , da«
man diese wecke und bilde. Ohne Versu-
che durch die Elemente des Musikunterrichts
bey dem Kinde angestellt zu haben, kann
man nicht leicht wissen, ob es wirklich von
der Natur hierin verwahrlost sey. Pass
manche Kinder es zu gar nichts bringen,
und ihnen der Musikunterricht verleidet
wird, liegt auch oft an der schlechten, ab-
schreckenden oder übel angebrachten Me-
thode. Die Bildung des musikalischen Ge-
hörs und Talents "kann auch nur allmäh-
lig geschehen; ja manches Talent kann sich
erst spät entwickeln welches bey der er-
sten schlechten Methode ganz zu mangeln
schien. Durch das anfangliche Mislingen ist
man also nicht befugt, über die gänzliche
Talentlosigkcit abzusprechen und sich wi-
4er den ganzen Musikunterricht einnehmen
su lassen. Dass das Gehör auch durch Ge-
aangtöne und Musik entwickelt und gebildet,
dass Schönheit*- und Verhältnisgefühl auch
vermittelst ' dieses Sinnes und auf dem Wege
des Musikunterrichts geweckt, geschärft und
Januar. 2*4
verfeinert werde, und dass die Stimme
Uebung und Ausbildung erhalte, ist doch
, nicht zu miabilligen, wenn der Mensch, so
viel möglich von allen Seiten zur Entwick-
lung gelangen soll und man nur diese Bil-
dung nicht einseitig behandelt. Man lässt
ja die Kinder vieles lernen, was blos zur
Entwicklung und Uebung der Kraft dient,
und in der Folge, als ausser ihrem Talent
und Beru&kreise liegend, beyseit gesezt wird.
Sollte denn, wenn man auch Instrumental-
musik nicht so allgemein machen wollte,
der Gesaug, eine der ersten natürlichsten
Künste des unbefangenen Menschen, nicht
verdienen unter die Elemente des Unter-
richts aufgenommen zu seyn? Wo die Natur
die Fähigkeit dazu ganz versagt, wie doch
selten der Fall ist, wird man von selbst da- ,
von abstehen, obwol durch das blosse An-
hören der Gesänge und Musikstücke ein so
wichtiger fruchtbarer Sinn, als das Gehör
ist, viel Bildung gewinnen dürfte»
Ist der Musikunterricht Jahre lang ver-
geblich, wie Hr. G. bemerkt, so wäre es
freylich Üiörigt, Zeit, Mühe und Geld lan-
ger zu verschwenden, — vorausgesetzt, dasa
mau überhaupt den rechten Weg eingeschla-
gen hatte.
4
t
Oft. sagt der Verf. , konnte ich den reeji
len Zweck nicht auffinden. Mich dünkt,
dieser liegt wenigstens schon in der Bildung
des Gehörs, der Stimmwerkzeuge, des Ge-
schmacks, der Gewandtheit des Geistes und
Körpers, wenn auch die Musik in der Folge
andern, nothwendigen Beschäftigungen auf*
geopfert werden sollte. Auch lässt sich an
den Musikunterricht manche nützliche Be-
lehrung historischer und artistischer Art,
z. B. über den Bau und die Vervollkomm-
nung der musikalischen Instrumente, über
den Notendruck, über Deklamation u. dgl.
knüpfen. Bitdung des Gehörs gehört zu
den Uebungen der Sinne; lnslrumeutalmu-
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235
1805. Januar.
256
«iL zu den Uebungen der Körperkräfte . wel-
che zugleich Geist und Her« beschäftigen.
Sollte man den musikalischen Unterricht da-
her nicht als ein Stück, der Gymnastik
betrachten dürfen, durch die weuigstens die
jugendlichen Kräfte überhaupt entwickelt,
gestärkt und kultivirt werden?
AU Gründe, welche man für die allge-
meine Aufnahme der Musik unter die Un-
terrkhtsgegenslände anzuführen pflegt, be-
gleitet Hr. G. folgende mit seinen Bemer-
kungen. Ich füge gelegentlich auch die
steinigen bey.
1. Der empfehlende EinfJuss mu-
sikalischer Geschicklichkeit im ge-
selligen Verhältniss. Dieser, meint
der Verf., gilt auch von jeder andern ange-
nehmen und nützlichen Fertigkeit, welche
oft schneller und wohlfeiler erreicht werden
kann. (Wahr ist es, ausser der musikali-
schen Geschicklichkeit giebt es andre Seiten
der Kultur, welche nicht minder empfehlend
sind. Wollte man auch nicht zugebeu, dass
jene, wegen der leichten allgemeinen Mit-
theilbarkeit der Musik, sich in vorzügli-
chem Grads für die geselligen Verhältnisse
eigne, und manche andre Seiten des Men-
schen im Umgange an schnellem und tiefem
Effekt übertreffe; so hat man doch nicht
Ursache, die musikalische Bildung, (welche
in der Regel so manche andre Kenntnis* und
Kultur voraussetzt oder nach sich zieht) in
der Besorgniss herabzusetzen, als möchte
durch sie aller andern Bildung Abbruch ge-
schehe n, oder als sollte sie auf Unkosten
der übrigen und wider alle Anlage und Nei-
gung erzwungen werden. Diesen Fehlgriff
würde mit Recht die Rüge des Hrn. Guths-
muths treffen).
9. Glückliches Fortkommen,
ser Empfehlungsgrand kann nur gelten, wo
hervorstechendes Talent vorbanden ist (Dass
frühe, gute Unterweisung
weder entdecken, noch entwickeln köuns»
hübe ich schon bemerkt).
5. Die ästhetische und übet hau pt
veredlende Kraft der Musik. „Aber
warum längt man zu diesem hohen Zweck
mit einer Menuett oder einem Walzer an?
Man stürze den Zögling in die Fluten eines
Konzerts, wie es schon gebildete Musiker
erschauen, dass der Funken entglimme u.
3. w. # cDie Probe des Sinnes, und Talen-
tes für Tonkunst, zu welcher Hr. G. den
Besuch eines Konzerts vorschlägt, kann aber,
wie mir scheint, nicht wol ausschlagen,
ohne dass der junge Zögling schon vorher
zu Hause oder auf Schulen einige musikali-
sche Biiduug erhalten habe. Das Kind, zu-
mal ohne alle musikalische Unterweisung,
wird von den kunstvollen Musikstücken des
Konzerts kaum Etwas fassen, noch weniger
von ihnen gerührt werden) und dennoch
kann es in der Folge in der Tonkunst glück-
liebe Fortschritte machen. Entscheiden für
oder wider den anzulangenden Musik—
Unterricht möchte also der Eindruck gut
aufgeführter Musikstücke auf das Kind schwer-
lich; aber wol eher einen Wink geben, ob
und wie die Unterweisung fortau&etzeu
sey oder nicht. Könnte nicht ein geschick-
ter Musiklebrer schon durch beseelten Vor-
trag der schönsten , jedoch kindlich einfachen
Tonstücke, oder durch geistvollen Gesang,
dos Gefühl des Zöglings wecken, ,und des-
sen Sinn und Geschmack prüfen, ehe dio
Empfänglichkeit für den Reichthum der zu-
sammengesetzten verwickelten Kunstwerke
eines öffentlichen Konzerts entwickelt ist?)
4. Hübscher, anständiger Zeit-
vertreib. (Der Vei t verwirft mit Rech*
diesen Grund. Kein« edle Kunst soll zum
blossen Zeitverlreibe dienen, ob uns wol
bey ihr die Zeit verschwindet. Man setz»
aber, anstatt des verbassten Wortes, Be-
schäftigung oder Ausfüllung der Zeit
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«57 i80j.
kultivirenden Uebungen, wodurch wenigsten«
noetile, unnütze Zettvertieibe vertrieben
weiden ).
5. Thei'Inahrae an öffentlichen
Gesängen. (Diesem Grunde giebt der Verf.
mit Recht vollen ßeyfRU. Eioen Choral
vierstimmig rein- singen zu lernen, aey ein
schöner Zweck, dem es nachzustreben wul
Werth wäre, der aber eines so langen Un-
terrichts nicht bedürfe. Ungeachtet dieses
unbestimmten Zusatzes gesteht der Verf. doch
die Schwierigkeit, es so bald dahin zu brin-
gen. Ueberdies lässt sich die Dauer des
Unterrichts nur in Beziehung auf seinen
Zweck und in Vergleichung mit der Dauer
des andern Unterrichts beurtheilen. Auch
ist die Methode bey einem Zöglinge in kur-
zer Zeit glücklicher, als bey dem andern.
Und wo vollends Musik Hnuplstudium wäre,
Wurde das Lernen und Studiren nie zu lange
dauern).
Wenn man nun endlich ans der Invek-
tive des Verf. gegen die Modesucht des Mu-
siklernens das Resultat ziehen darf, welches
ihn vielleicht zu dem ganzen Aufsatz ge-
stimmt hat: Es ist besser, Gesang und
Musik ganz bey Seite zu setzen, als
mit ewiger Stümperey sich und An-
dre zu quälen; so kann über die Wahr-
heit dieses Ausspruchs gar kein Streit seyn.
Leipzig.
C. P. Michaelis.
Nachrichten.
Musik in Leipzig.
Hichael bis Weihnacht iflo*. Beachlata.
■
Die deutsehe Oper kann sieh noch im-
tter Akht der Unterstützung erfreuen, die
Januar. " 8 jg
innn von dem hiesigen Publikum erwarten,
uud der Gesellschaft jetzt um so m*hr gem-
neu dürfte, da »ie — nicht vollkommen , auch
nicht mit den sehr wenigen vorzüglichen
Operntbeatern in Deutschland zusammenzu-
stellen, aber doch in jedem Betracht w*it
besser ist. als man sie hier seit mehr er u
I Jahren gehabt hat, und dabey so achtsam
und fleissig, dass sie gewiss sich noch höher
heben wurde, weun sie nicht durch Man, el
an Aufmunterung von der einen, und durch
laute Aeuseerungen offenbarer Parlheylich-
keit oder Unwissenheit und Geschmacklosig-
keit von der andern Seile, gedruckt würde. — >
•Die Gesellschaft besitzt jetzt mehrere sehr
brauchbare neue Mitglieder, und sucht durch
gute Wahl der Stücke und deren sorgfältige,
genaue Ausführung zu ersetzen, was ihr an
vorzüglichen Taleuten in manchen Rollenfä-
chern abgehet. Zum erstenmal wurden in
diesem Vierteljahr folgende Opern auf unsre
Bühne gebracht : Die Wegelagerer (Fuor-
nsciü) von Pär, eine an schönen Melodieen
vorzüglich reiche, äusserst angenehme, und
unter allen uns bekannten Arbeiten diese«
Komponisten auch am fleissigsten ausgeführte
Musik, die, ia seinem Geist und Sinn vor-
getragen, überall ausgezeichneten Beyfall fin-
den wird. Sie wurde von der Gesellschaft, die
zum Theil sie unter Pärs eigener Aufhihruog
in Dresden gehört hatte, sehr gut gegeben,
alle die vielen und zum Theil uiebt leich-
ten Ensembles- gingen trefflich zusammen,'
und die beyden ersten, sehr schwierigen
Partbieen de* ersten Soprans und ersten Te-
nors (vom Komponisten für seine Gattin und
Hrn. Benelli geschrieben,) wurden von Mad.
Köhl und Hrn. Uhing schön' gesungen,
lias Liebes fea-t in Katalonien von Mar«
tin bar einige artige Cavalinen und interes-
sante Stücke in den Finalen, ist aber im
Ganzen zu ärmlich, ah dass man den Kom-
ponisten vonjCoaa rära oder l'Arbore di Dia-
na wiederfände. Ueberdies ist das Stück wäh-
rend des Aufenthalts Martina in Spanien ge-
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"1
239
iSo5* Januar.
240
schrieben, und darum nicht nur überhaupt
ganz auf dortigen Grund uud Boden gepflanzt,
sondern auch mit spanischen Nationalliedern
und Tänzen verwebt, mit denen man näher
vertraut seyn muss, ats es einem gemisch-
ten Publikum zuzurautben üt, um durch sie
angezogen zu werden. AI ine von Bei ton
ist von naehrern Theatern bekannt genug.
Die Rolle der Aline wurde gut gespielt,
und das Ganze war mit Einsicht, Anstand
und vielem Kostenaufwand arrangirL We-
der das unbeträchtliche Gedicht, noch die
oft bizarre Musik, (die jedoch einzelne sehr
gute Satze hat und überall den guten Kopf
uud erfahrnen Theaterkomponisten verrälb,)
noch auch der nicht gut gespielte erste Lieb«
haber, waren Schuld, dass die Oper uicht
aufkam. Griselda von Pär, nach den spa-
ter vom Komponisten vorgenommeneu Abän-
derungen in der Musik, wurde mit vielem
Fleiss durchaus genau, uud sowol in den
Ensembles , als auch in einigen der Solopar-
thieen, in Absicht auf den Gesang, trefflich
ausgeführt Mad. Köhl als Griselda und Hr.
Meitzer als Marchcse sangen vorzüglich schön«
Doristella wurde von einer noch sehr jungen
Anfängerin (Dem. Krügel) gegeben» die ih-
rer frischen, biegsamen und sonoren Stim-
me, wie ihres Fleissea wegeu, alle Aufmun-
terung verdient. Der Komposition selbst
bOrt man allerdings an , dass sie eine Jugend-
arbeit Pärs ist — sie unterscheidet mehrere
Charaktere zu wenig, hat zu viele Anläufe
ohne festes Fortgehen auf dem rasch betre-
tenen Wege, Einiges ist veraltet, Einiges zu
leer, sehr lange und nichts vermittelnde Bi-
tornelle hemmen das Fortschreiten der Hand-
lung — ( aber die meisten Iiauptacenen , für
eine und für mehrere Stimmen, siud mit
Geist und Kunst geschrieben, und werden
überall, wo man sie gut giebt, mit vielrm
Vergnügen gehört werden. — Nach langem
Ruhen wurden auf die Bühne zurückge-
führt: Romeo und Julie von Götter und
Bonda, (wo die Julie gut gespielt, aber nicht.
gut gesungen wurde — was .beym Romeo'
gerade umgekehrt der Fall war t— und sich
die schöne Anordnung und Ausführung der
Trauerscenen im dritten Akt auszeichnete,)
und Weibertreue — Cosi fsn tulle —
von Mozart, (welche sehr genau einstudirt
war, vom Orchester, aus alter, treuer An-
hänglichkeit, vortrefflich gespielt wurde, aber
aus Mangel an vorzüglichen Stimmen, auf
welche doch der Komponist hier durchaus
gerechnet hat, wenig Glück machen konnte.
Mad. Lanius war in den Verkleidungen als
Doktor und Notar wirklich possierlich). Von
Wiederholungen bekannter Opern sind vor-
nehmlich der Wasserträger und Axur
auszuheben. — So sehr wir wünschen, dass
diejenigen, die nun einmal anstatt des Publi-
kums die Stimme erheben, nicht einzelne
Mitglieder durch Beyfall am unrechten Orte
oder im Uebermaas bezeigt, eingebildet, an-
messend, oder nachlässig machen: so sehr
wünschen wir auch, dass man, was wirk-
lich Gutes geleistet wird, nicht übersehe,
und niemals vergesse, dass es leicht sey,
durch einzelne glückliche Züge zu imponiren,
aber schwer, ein so komplicirtes Ganze, als
denn doch unsre meisten jetzigen Opern sind,
anständig, fleissig, genau, und wenn auch
nur mit so viel Kunstsinn auszuführen, dasa
wirklich ein Ganzes heraus kömmt, welches
die Intention des Dichters und Komponisten
nicht verfehlt, sondern sie für Aufmerksame
vernehmlich hervorgehen lässt.
Der berühmte Violinspieler Jamowick
(auch Giarnovichi) ist vor zwey Monaten
in Petersburg gestorben. Bekanntlich war
er einer der vorzüglichsten Virtuoseu auf sei-
nem Instrumente, das er hesonder» mit "Ge-
nauigkeit Anmulh und Zierlichkeit behandelte,
ihm den reinsten und einschmeic helndsten Ton
zu entlocken und eine Seele einzuhauchen
wusste, welcher man sich mit Entzücken
hingab. Seihst späte Jahre hatten diese seiue
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*4* J 805.
Vorzüge nur wenig vevnngert. Als Kompo-
nist stand er niedriger. Seine Sinfonieen
■intl jetzt nicht mehr in Betracht zu ziehen,
und seine Konzerte mu asten durch sein treff-
liches Spiel erst Leben and Nachdruck er-
halten. Er brat hie den grössleq Theil sei-
aes Lebens auf Ueiseu zu, und hielt sich
am längsten in Berlin, Paris und Petersburg
auf. — Di« in mehrere deutsche uud fran-
zösische Blätter verbreitete Nachricht, Joseph
IJaydn sey todt, ist falsch. Er befindet sich
wohl und geniesst noch immer eines ehren-
vollen» heilern und thäligen Allers. Möge
ihm dies Gluck noch recht lange zu Theil
werden.
Wien, d. »6ten Dec. i3o4. Die Bühne
hat uns nicht viele musikalische Neuigkeiten
von Bedeutung gegeben. Auf dem Thealer
an der Wien erhielt d'Alayrac's Schloss von
Montenero wenig Beyfall. Die Toohler eines
friedlichen Thalbewohners wird von dem
grausamen und machtigen Besitzer des B ein-
schlösse* Montenero geliebt, und als man
seinen Anträgen kein Gehör giebt, entführt.
In einen tiefen Kerker geworfen, soll sie
zwischen ihrem Tode, oder der Liebe des
Tyrannen wählen : da erblickt sie vor dem
Gilter ihres Gefängnisses ihren Geliebten,
der als Schild wache verkleidet, endlich auf
eiue höchst unwahrscheinliche Art den Wü-
therich ermordet , und seine Geliebte befreyt.
Die Ouvertüre aus G tnoll ist artig und er-
regte Erwartungen, die — nicht befriedigt
wurden. Denn, ein einziges Terzett im Ker-
ker ausgenommen, wo Laura ihren Geliebten
erkennt, ist alles Uebrige Unbedeutend, uud
besonders der ganze erste Akt gehaltlos. Dem.
Eichensat« spielte mit der Wahrheil und
Wärme, die man von ihr gewohnt ist; ihr
Gesang lässt noch immer sehr vieles zu
wüschen übrig.
Konzertmns ik. Schon zu Anfange des
Winters häufen sich diesmal die Konzerte auf
Januar. 242
■ »
eine ungewöhnliche Weise. Eine Dem. Blan-
chini spielte im Redoutensaal ein Violinkon-
zert von Viotti mit Gewandtheit und einem
ferrigen, geübten Bogen, aber ohne hinläng-
liche Sicherheit und Präciston. Man war aber
galant, und aie konnte mit Eyinahme und
Beyfall zufrieden seyn. Als Kaminersaugorin
der Churfürstin von Pfalabayern sang sie auch
ein Duett mit Dem. Laucher; aber weder
ihre Stimme, noch ihr Vortrag hat etwas
Ausgezeichnetes. — Ein Hr. Wolf gab ein
Konzert im Jahuischen Saale. Er spielte ein
Konzort auf der Guilarre mit ungemeiner
Leichtigkeit, Geschwindigkeit, und einem
recht angenehmen Vortrage ; überhaupt weiss
er sein Instrument recht gut zu behandeln.
Seine Frau trug ein Mozartsches Klavierkon-
zert aus D moll mit Fleiss und Geschicklich-
keit vor, aber mit uosern vorzüglichsten Kla-
vierspielerinnen, einer Kurzbök, Hohrnadl,
Spielmann und andern , steht sie bey weitem
nicht auf einer Stufe. — Weit ausgezeichne-
ter war in dieser Hinsicht das Klavierkonzert,
welches Mad. Bigot de Morogue» im Jahniscben
Saale gab. Sie spielte das grosse Mozartsche
Konzert aus C dur mit Eleganz, Leichtigkeit
und Delikatease; nnr Schade, dass wieder
die Blasinstrumente so vieles an jenem herr-
lichen Geniewerke verdarben.
Auch die Musiken bey dem Herrn von
Wurth haben wieder angefangen. Das Kunst-
vergnügen wird dort noch durch das humane,
gefällige Benehmen des Herrn vom Hause,,
und durch eine sehr gewählte Gesellschaft
vermehrt. Für dieses Jahr geschah die Er-
öffnung mit der herrlichen Moaui lachen Sin-
fonie aus C dur, welche mich bey jeder Auf-
führung von neuem begeistert. Das lezle fu-
girte Stück ward , wie die schwere Ouvertüre
aus Cherubini's Medea (F moll), mit Feuer
und Präcision vorgetragen. Der Yiolinspielcr
Klement, welcher diese Musiken dirigirt,
spielte ein Rhodesches Violinkonzert mit all'
der Gewandtheit, Eleganz uud Feinheit , die
man hier durchgängig an ihm bewundert und
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243
.1805. "Januar.
244
liebt; doch durfte »ein Vortrag durch mehr
Einfachheit noch gewiuoen. Besonder« wird
jeder wahr« Freund der Kunst wünschen,
dass der Kouzertspieler nie seiue Fermaten
sa langen Fantasieeu ausdehne, und dadurch,
den Zusammenhang, wie ihn der Komponist
gegeben hat, ganz will kührlich unterbreche.
Wenn ja lange Fermaten zugelassen werden
sollen, «o dürfen sie doch nie den Hauptge-
danken ganz fallen lassen, sondern er soll
immer bemerklich zum Grunde liegen. Dies
ist denn auch der Fall bey den besten Kom-
positionen dieser Art, z. B. bey dem vortreff-
lichen Eberischen Klavierkonzert aus C dur,
wo die fermate immer den »-eichen und blü-
hend«n Instrumentalsau mit dem brillanten
Solo verbindet: freylich müssle aber dann
die Fermate schon vom Komponisten ausge-
schrieben seyn. Diese Betrachtung abgerech-
net, überwand Hr. Kiemen! die erstaunlich-
sten Schwierigkeiten mit einer ganz ausser-
ordentlichen Leichtigkeit, Sicherheit und
Kühnheit. Eine Ouvertüre von eben diesem
Künstler ist nicht von Werth; aus E moll
geht der Komponist durch ein« Menge sehr
gesuchter Ausweichungen und Tonarten, wel-
che aber keinen Effekt machen, ins E dur über,
worin dies Stück sohliesst, in welchem manchmal
Reminiszenzen aas Cherubini sehr bemerkbar
sind. — In dem zweyten dieser Konzerte wur-
de eine Haydnsche Sinfonie aus Es mit Ge-
nauigkeit und Feuer vorgetragen; dann folg-
te ein OboeKonzert von Gannabich, (F dur)
von Hrn. Damm, Churbayrischen Karamer-
musikus, sehr schön vorgetragen. Dieser
Künstler hat einen angenohmen, reinen Ton,
eine ungemeine Höhe (bis ins f), und be-
handelt sein Instrument mit der grösaten
Zartheit und Leichtigkeit. Die Ouvertüre
aus üemophoon (F moU) von Vogel, der
bekanntlich zu Paris starb, gefiel um so
mehr, je weniger sie bis jetzt hier bekannt
gewesen war. Sie ist in einem sehr grossen
Charakter und mit bewundernswürdiger Kraft
durchgeführt, welche sogar zuweilen bis ans
Wilde streift Auch die Ouvertüre aus Che-
rubini's Lodoiska wurde sehr gut gegeben.
Man erwartet auch diesmal dh) grossen Eberl-
scheu und Beelhovenschen Siofonieen, die das
verflossene Jahr den Kennern so vielen Ge-
nuas verschallten.
Kurze As zeig s.
Sonatt pour It Pianoforu avec F aecomp. i>iut
Violon compotee et dediet ä Madamt Strti-
c/ier nee Stein % par Sterkel. Oeuv. 4i A
Offenbach ches Jean Andre. (Pr. 1$ Fl.)
Gewiss haben Hrn. Sterkeis angenehme,
lebhafte, wohl in Ohren und Hände fallende,
und elegante Kompositionen in Deutschland
und Frankreich nicht wenig Freunde; und
sollte man ihnen diese, da sie die hier an-
gegebnen Eigenschaften besitzen, nicht gön-
nen, wenn sie auch einander ähnlicher se-
hen und weniger eigentliche Ausfuhrung ha-
ben, als man ihnen wol wünschen möchte,
und als sie auch besitzen könnten, ohne ih-
rer Gattung entnommen zu werden? Was
von den Sterkeischen Klaviersonaten über,
haupt gesagt worden, trifft ganz auch vor-
liegende, und es bleibt zu dem, was früher
über dergleichen geortheilt worden, nichts
hinzuzusetzen, als dass diese Sonate anter
die bessern ihres Verfasseis gehöre, und sich
vor vielen vornehmlich durch ihr schönes
Finale auszeichne. Schwer ist weder Kla-
vier-, noch Violinstimme auszufuhren.
— r
Hilm,
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A L L G E r M £ 1 N E
MUSIKAL IS CHE Z EI TUN G.
, : I
Dal 16'«° Jänuar.
1805.
Paris, d. isten Jan. Ich wollte Ihnen nicht
eher wieder schreiben, bis ich etwas über
die Aufführung des Mozartechen Requiem
sagen könnte; und da sich nun diese, wie
Ihnen aus aridem Blattern bekannt ist, von
Zeit zu Zeit verzog, so verzog sich auch
mein Brief. Diese Aufführung ist mir zu
wichtig, als dass ich nicht gleich damit an-
fangen sollte.
Zuvor ein 'Wort des Dankes an den treff-
lichen, unpailheyischen , jedes wahre künst-
lerische Verdienst aufsuchenden, ehrenden,
und, wo er kann, es hervorgehenden Cheru-
bini, dem man in Paris so vieles verdan-
ken sollte, und so scheu etwas wirklich ver-
dankt! den das Publikum (die grosse, viel-
köpfige Masse, meyn' ich,) so wenig be-
greift! der selbst von dein grossem Haufen
der Musiker und Dilctlauten nur, wie bis-
her Mozart, «war gerühmt, aber nicht gern
gehört wird! Cherubim faasle zuerst den
Gedanken, nachdem vor etwa zehn Jahren
Mozarts Figaro ausfallen, und vor einigen,
seine Zauberflöle (freyüch blos durch unsre
Schuld) wenig gefallen hatte, mit dem Re-
quiem durchzudringen, dem grösstco Kom-
ponisten der neueateu Zeil sein Recht, und,
gelange es, sein Publikum «u verschaffen}
und Er ist es auch zuvörderst, durch den —
und mit welchem Eifer ! mit welcher Mü-
he! — dieser Gedanke so glücklich ausge-
führt worden ist! Diesen Eifer,
könnte ich schildern, will es aber nicht,
weil ich Oherobini'* Bescheidenheit verletz
zen , und manche Andre ohne Nutzen reizen
würde: 6ie können «ich «her sehon daran«
Einiges abstrahiren, das« man hier denn
duch auf die Ausführung solchea Gesanges*
gar nkht im geringsten eingerichtet war,
nnd fast die ganze hiesige Welt die)
musikalische) das Requiem für unausführ-
bar, nur gelehrt, aber wirkungslos ver-
schrieen hatte, und das« man deshalb, eine
klein« Gesellschaft Meister ausgenommen,
nicht mit dem betten Willen und Vertrauen
daran ging, sondern nur erat durch -aufge-
regten Enthusiasmus gewonnen werden mu sä-
te. Der Erfolg war eo gut, als er nur seyn
konnte. Ein Werk für den grossen Haufen«
hat Moz. hier eben so wenig geben wollen^
als Raphael in den Logen; doch, sind nur
erst die Bessern Ungezogen, so geben die An-
dern mit. und rühmen Wot auch — Mozarten,
wie Raphael'n. Und so ist es jetzt Wirklich
hier. Von allen Seiten kommen Aufforde-
rungen zur Wiederholung , und man wird
sie nicht veraasen — — . -
7. Jibr(.
Ueber das Werk selbst in Ihren BUt-
tern zu sprechen , WaTB UberHüssig ; nur das
sey erwähnt, dass man die gründliche und
ausführliche Recension, die Sie vor einigen
Jahren davon gaben, hatte übersetzen las-
sen, Und sie, ganz, oder in Auszügen und
Bearbeitungen ad ho m inem,~ durch öffent-
lirhe Blätter bekannt werden Hess, tbeils,
nur erst die Aufmerksamkeit überhaupt dar-
auf zu richteu, theila, um hernach sie auf
x6
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247
1805«: JätaOkr.i \
24S
das Rechte zu lenken *). Dies Verfahren
griff ein. Die Ausführenden-^ wussten' tor-*"
her , worauf es zunächst ankam ; die Unter-
richteten im Publikum, wofür sie sich am
nur in Siellea — die aber freylich ein
' zaltlr trieft es Chor zut v VerV.weifluog > brln*
ge?n könnten — vrte: Orb süpplex et'accli-
uis etc. bemerkte ich, da ich dir Musik fast
sorgfältigsten z
u sanimlen u
zusparen hatten; die Menge wussle wepig-
stens , dass es hier etwas Ausserordentlichcs-
*uf."> «trawenrirg Jrann^ tiuiges Schwanken, oder
sr wollte an der Ausfuhrung theil-
nebmen: Cher. verstand bu 'gut, 'das* hier
die Grösse der Masse weit weniger,, . als
etwa bey einem Handeischen Werk, entschei-
den helfe, sondern dass auf die Vollkom-
men hei t derselben alles ankomme : er nahm
poch picht ganz zwey hundert zur Ausfüh-
rung — aber das waren auch Leute I Un-
ter «einer Oberdirektion führten an: Gras-
set, (Chore) Kreutzer, (erste) Baillol {zwey-
te Violin). Die besten Sängerinnen und
Sänger der Theater, des Couservatou« etc.
waren angestellt, und die Solopartbieen den
Damen, ßranchii und Pelet, und de* Hro.
Bicher, Quichard und Bertin anvertrauet.
Das Ganse ging bis zur Bewunderung derer,
die dies Weik und seine Schwierigkeiten,
so wie die hiesigen Mittel kennten — gut.
Cherubini nahm die Tempos trefflich, und
nur den SaU: Rex treraendae MajesUtis, q.
den : Hoslias et preces, noch ein wenig zu
schnell. Gehalten wurde alles meister-
haft Di» Solostimmen der Sänger konnten
genügen — auch durften sie durchaus nichts
Verzieren, .sondern mussten einzig durch
Ausdruck, in die vorgeschriebenen Töne
gelegt, wirken. Die Chöre gingen gut, und
vitltijcjrf einiges besorgte 'Horchen auf die
unterstützenden Instrumente. Doch hatten
gebe. Eine grosse Anzahl- Musiker und sie, im Verhältnis zum Orchester, etwas
stärker besetzt seyn können. Die Bässe wa-
ren stark, gepug, jdieTetiora und Alte nicht,
doch wurde dies in raehreru Hauplstellen
durch die Posaunen gedeckt: die Soprane wa-
ten zwar etwas stärker, als die MitlelttiioV
men, da sie aber durch keine Posaune un-
terstützt werden, durfte man xie doch noch
starker wüuschen. Uebei haupl sind die fran-
spsischen Tenor- mid Altstimmen, fast ohua
Ausnahme, für solche Musik *u weich«
Das Orchester iuiGauzep; im Eiiizcluru, aber,
eiuige Blaainslrum'utc, und vorzüglich die
Violinen, kauu die Well nicht schöner hö-
ren. Welch eine Piäcision, Reinheit, Kraft
und Zartheit! Die Basset hörner , die ich an
einigen Orlen Deutschlands zwar noch schö-
ner gehört habe, hatten suh doch besonders
für Solostelleu, wie gleich zu Anfang, so
eingespielt und mit den Fagotten so abge-
messen, dass die himmlische Melodie, in
welche sie vei flochten sind, wie von Eiuem
Instrument — in Absicht auf Ausdruck, und
sogar auf Ton — zu kommen schien. Ne-
ben mir stand ein ältlicher Mililair von Er-
ziehung, der aber, wie ich aus seinem Ge-
spräch vor Aufing des Stücks abnehmen
konnte , keine Musik verstand , aonderlP der
*) Diese untre Reo., ron der, 'da sie erschien, in Deutschland kein Journal NoIm nahm, (wogegen wir
nicht» haben, denn sie ist doch nur Eine unter andern ehen so guten — ) wird jetst ron deutschen
Journalisten aus der Ueb'ersetiang, worin obendrein an einigen Stellen das Original mis verstanden wor-
den, sehr gerühmt — und das ist gnt, dann sie »erdient es ; dass sie unser sey, wird nirgends er*
wäbnt — .und darüber, wurden wir nichts sagen, denn wir sind es ron öfter m ähnlichen Vei fahren
gewohnt ; aber mau scheint sie uns «an Muster, wonach wir «u stieben, halten, vorstellen su wollen 1
docit an arg , und *
das ist
wenigsten» dieser Anmerkung Werth.
•i. w ■ : — ;tr 1- ,
. 1 . ■. .
•>■■
...... . ...1 ;
d. RedaLt,
Digitizex
1
4
249
1805. Jaijinfr.
250
nur mit Ernst und grosser Aufmerksamkeit
dastand und die Hauptsätze auf einem Blat-
te sich uotii t hatte. So wie jeue Instru-
mente nacheinander leise eintraten, hob sich
seine Brust sichtbar höher und das bärtige
Gesicht richtete sich empor: als aber nun
(S. 7 der Breitkopf - llärtetachen Ausgabe)
die ersten, ins innerste Mark eingreifenden
vollen Akkorde der Geigen < forte , von den
Posaunen unterstützt, eintraten: da stürzten
Thraueii aus seinen Angen, er druckte meine
Hand bis zum Schmerz, und riet: Allmäch-
tiger Gott! -~ Die giössesle Wirkung auf
daa Publikum schienen folgende. Satze zu
machen: Requiem aeternam — (die Fuge
aller Fugen: Kyrie eleison, ging kräftig und
ziemlich gut: man ist aber hier noch zu
wenig an solchen Styl gewöhnt) Dies irae —
Tuba mirum apargeus sonum — Rex tremen«
dae mejestatis — Lacrimosa dies illa —
Sauclus und Agnus Dei. Füi Masik 1 mehr
Gebildete setzen, was den Effekt betrifft,
vornehmlich noch hinzu: Recordare Jesu etc.
und Benedictas. —
Uebrigens hsb' ich sehr wenig Neues
von Wichtigkeit zu beriebteu. Zur Musik
bey der Kaiserkrönung gelang mir nicht, zu
kommen; sie soll gut, doch nicht voizüglirh
gewesen seyn : auch wäre das Vorzügliche
hier weder bemerkt, noch genossen worden,
da Jedermaun zu viel zu sehen und — zu
denken halte. Die Konzerte kommen nun
erst recht in den Gang, indem, wie unsre
Tageszeiten, so auch unsre- Jahreszeiten so
sehr hinausrücken. So fangen denn auch z.
B. die feyerlichen Uebuugen der Zöglinge
des Conservatoire (alle i4 Tage) jetzt erst
an. Die Theater haben einige kleine, un-
bedeutende oder gar schlechte Neuigkeiten
gebracht, die ich gar nicht einmal nennen
will. Nur zwey Werke verdienen ' Ihrer
Leser Aufmerksamkeit. Milloh, komische
Oper in einem Akt, von Dieulafoi, mit
Spoolini, und das Ballet dei
grossen kaiaerl. Theafel*, Aohüle a Sryres,
von Ga del , mit Musik 'von Cherubini. Die
Oper liai viel Glück' gemacht, wie Ihnen die
Journale langst verkündigt haben werden;
denn — sie hat ein hübsches Gedieht und
ward gnt gespielt; ich setze aber hinzu:
die Musik ist, einige sehr artige Kleinigkei-
ten ausgenommen, höchst imttel massig —
Oft malt, gedehnt, ei borgt u. s. w. und ge-
sungen wird sie auch mit viel Bequemlich-
keit. Man wurde die Oper, irr* ich nicht,
auf deutschen Theatern lieber als kleines
Schauspiel bearbeitet, denn als Oper über-
tragen sehen. Der Komponist, der früher
schone Erwartungen erregte, scheint sie nicht
zu erfüllen; wenigstens stehet dies Produkt,
wo er doch durch den Dichter so trefflich
unterstützt war, unter einigen seiner frü-
hem. Im dem Ballet zeigt sich Cherubini
wieder, zugleich als hochachlungswürdigen,
seinen als den rechten anerkannten Weg
unverrückt verfolgenden Mann, und als gros-
sen Kunstler. Sie wissen , dass die Tänzer
Und auch das Publikum in 'Ballelen durch-
aus schon bekannte Lieblingsstücke aus Sin-
fonie»», Opern u. a. w. eingeschoben haben
wolled: nein, sagt Cherubini, so kann nie ein
schönes Gänze entstehen; ich schreibe alle'«
und ser gut iebs vermag, aber auch wie ich
es recht finde — oder nichts. Er schreibt;
man murret, man neckt, selbst in Journa-
len : er läset es noch einigemal darauf
ankommen die Vernünftigem merken
endlich anf '— er erhält den glänzend-
sten Sieg: alles ist nun voll Rühmens uua
Preisens! Wer wollte dem wackern Man-
ne dies nicht mit Freuden .gönnen? Aber
auch der treuliche Künstler verdient es!
Die Musik gehört durchaus unter seine ge-
nialischsten Produkte, und ist ganz, was
sie seyn soll. Graziöser, fliessender und
ungesuchter,- als manches in seinen Opern,
besitzt sie doch dieselbe Gründlichkeit, Tie*
te; Neuheit, Kraft Und Charaklerisirung der
Pereonau. _ Alles, was die Tänzer jxuuhea
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251
1805. Januar.
222
solleii, ist ia ihr angedeutet, und so trägt
sie auch voa dieser Seile den Stempel der
Vollendung, den ich, unter aller mir be-
kenn Leu ßalletcausik, nur an der Gluckseben
erkenne. Wie' sie aber Ton den Tänzern
genau studirt eeyn will, will sie auch vom
Publikum mehr als einmal gehört seyn, bis
man in ihre echönsteu, feinern Züge ein-
dringen kann. Jede Wiederholung macht
sie dem Zuhörer lieber. Einzelne Stücke
*usiu heben ist bey einem so vollkommen
gruppivten Gänsen wenigstens überflüssig;
- docti sey genannt: die., wieder ganz origi-
S el e und trefflich durchgeführte Ouvertüre,
dia> vermittelst .eines sehr edlen Marsches,
ja welchen sie ausgebet , in die erste Situa-
tion des Stüuks überfuhrt ; die glänzende und
ganz eigene Scene des Bacchanals, und die
Wunderlich«», wo die Mädchen, um Musik
au machen, Instrumente' wählen und versu-
eheu, alle Blasinstrumente nun nach einan-
der ibte eigensten und schönsten Töne und
kleiaon Figuren, wie probirend, angeben,
und diese nun insgesamt au einem selt-
1, aber bezaubernden ganzen Orche»
verarbeitet sind. Wenn Jemand
nweifelte» pb-Cber., wo er*s für recht und
gut halt; höchst einfach und -doch von lie-
fsr Wirkung, aey» könne, dein möchte ich
nur —-» b* B. den schauerlichen Marsch der
Griechen, oder den süssen Abschied der
Thetis und de« AöhHles hören lassen! —
Und (Uesen Mann beschäftigt man nicht für
die grosse Oper, Weil er vor ' — nicht
fin Staube kriecht, und in seinen Werken
weder den Theaterpriozesainneu, noch den
Sieganten im Volk sohmeicheltl Tausendmal
ist mir eingefallen. Was ich Einmal auszusa-
gen mir kein Bedenken mache: Er roüsste
in Wien' seyn, und da von: Allgemeinen gu-
ten Willen unterstützt, und vor allem, was
ihm ein Bein
«hert werden! —
Der he ilgen Cacilia wurde an ihrem Na-
Messe in der Rochuskirche gehuldigt. Voa
der Musik, so viel Lärmen davon gemacht
wurde, und so viel Lärmen sie auch selbst
machte, ist nichts zu sagen. Dagegen ist
der treffliche Aufsatz: Die heilige Cacilia,
mit den Zusätzen: die Feynr der heiligen
Cäcilia, den Ihr Friedrich Rocblitz vo-
riges Jahr in Ihrer Zeitung gab, hier sehr
gut übersetzt herausgekommen, (ohne daas
man den Verf. genannt hat!) und erregt
Aufmerksamkeit — wie er sie ja hoffent-
lich auch in Deutschland erregt hat? Frey-
lich stehet man in der, jetzt hier herrschen-
den Stimmung besonders die Geschichte
der Heiligen, die nach den' ältesten Legen«
den so schön erzählt ist, aus einem gauz
andern Gesichtspunkt an, .und liebt d>e»e
Darstellung auch wol aus gana audern Grün-
den, als welche der Verf. im Auge hatte J —
Hr. Pleyl hat seinen langen und wich-
tigen Prozess gegen Sivers,, üoer* sein Eigen-
thumsreefat an einem gewissen Verlagswerke,
nun verloren, uod die Sache ist auch, für
Ausländer wichtig, indem das Gesetz auf
diese' Veranlassung dahin bestimmt ist, das»
keinem Künstler, der nicht eingebohrner «der
natural isirlcr franz. Bürger ist, seibat wenn
er in Paris lebte, das Eigentumsrecht an
seine Werke ferner durch die Verfassung
garantirt wird. So gehet es also nur Kompo-
nisten, die franz. Bürger sind, in Zukunft
hier besser, in Absicht auf die Sicher-
heit ihrer Aechte an ihre Werke, als in
Deutschland. —
Leipzig. Dem. Therese Mager aus
Itastadt, eine Violinspielerin von kaum vier-
zehn Jahren, gab Konzert, und liesa eich
darin mit einem sehr angenehm geschriebe-
nen und schwierigen Konzert von Mestrino,
mit dem bekannten vortrefflichen Violinquar»
tett von Rode, und mit muntern Variatjo-
c feyerüch angekündigten J neu von Wranitxky -»-> . ausserdem aber in
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253
1805. Januar.
Familien mit Quartetten u. dgl. von Haydn
und Andern, hören. Sie besitzt offenbar
ein ausgezeichnete« Talent. Was sie ist, ist
aie fast ahein durch sich selbst: und sie ist
nichts Alltägliches. Was mau hohe Schule
nennet, kam» man von ihren Jahren und
Verhältnissen nicht erwarten; aber «ras ein
leiner Geist, «in weiches Herz, ausgezeich-
nete natürliche Geschicklichkeit und uner-
tnüdeter Fieiss hervorbringen — da« be-
sitzt und leistet sie in nicht gemeinem Gra-
de. IhYe Passagen, besonders mit kurzem,
springenden Bogen, sind rasch, reinlich und
Bett, ihr Takt sicher, ihr Ausdruck ange-
nehm, aie lieset viel und genau a vista etc.
Bey diesen Vorzügen, bey ihrer sittsamen
Unschuld, bey so kindlicher Anspruchslosig-
keit und iituiger Kunslliebe, taud sie sehr
aufmunternden Beyfall und auch anständige
•Unterstützung. Ihr höchster Wunsch ist,
an einem Orte, wo grosse Meister sich auf-
fallen, verweiten und diese benutzen zu
können t wie leicht war' es vielen Reichen,
ihr dies, sich seihst damit viel Freude, und
zugleich der Welt mit der Zeit eine treffli-
che Künstlerin zu verschaffen! Möchten wir
doch solche durch dies gutgemeynte Wort
•uF die gute Kleine aufmerksam machen,
die überdies mit ihrem Violinspiel noch ih-
re ganze zahlreiche, vaterlose Familie fast
•Hein erbill! —
Endlich scheint man in mehrern beträcht-
lichen protestau tischen Städten etwas auf-
merksamer auf Kirchenmusik zu werden.
Da aber Messen aufzuführen in mehrern ge-
gen den Gebrauch ist, muss man den Man-
gel an guten deutschen Kirchenkantaten auch
um so mehr bemerken. Dass die Vei lag»hand-
lung dieser Zeitung dienern Mangel durch den
Druck verechiednei Handfischer, Haydnscher,
Jalozartacher, Zumsteegscher etc. hat entgegen
kommen wollen, ist bekannt . ist zu verdanken,
uud bletb* gewiss nicht ohne Einfluss. £»
ist aber sehr zu wünschen, dass man damit
fortiahre, dass auch andre vorzugliche Kompo-
nisten für dies so vernachlässigte Fach arbei-
ten, und diese, so wie andere Verlags ha nd-
lungeo, dem Publikum zutrauen mögen , es
werde, was sie auch in dieser Gattung lie-
fern, wenn es gut ist, hochschätzen uud
unterstützen.
Keinem Kenner und gebildeten Musik-
liebhaber wird es gleichgültig seyn, zu. er-
fahren, dass wir in kurzem wieder eine
neue (die dritte) grosse Sinfonie von Beet-
hoven , und eine andere mit konzer tiren den
Instrumenten, auch mehrere grosse Klavier-
senaten von ebendemselben zu erwarten
haben. Der Verleger ist uns noch unbe- .
kannt ; wahrscheinlich kommen sie in Wien
heraus. Auch von Vater Joseph Haydn ha-
ben wir bald etwas Neues, und »war Quar-
tettmusik, zu erwarten, so wie von Förster
in Wien eine Anweisung zur Komposition.
In dem so eben erschienenen VI. Heft
der vollständigen Werke Clementi's befinden
•ich mehrere der originellsten und geist-
reichsten Stücke dieses Meisters, die von
ihm, bey seiner Anwesenheit in Leipzig, so
wesentlich verändert und zum Theil fast
ganz umgesL'httflen worden sind, dass sie
nun zu dem, in .jedem Betracht Vollendet-
sten gehören, was man von Musik für das
Pianofoiie seit Jahren erhalten hat.
Berlin, den aiten Decbr. Reicher als
meine zeithengen Berichte von unserer öf-
fentlichen Musik in diesem Winter wird
der heutige seyn. Selten vereinigten steh
aber auch so viele ausgezeichnete Talente,
als srit wenigen Wochen, zur Freude aller
Kunstliebhaber geschah. — Den 5ten gab
Mad. S<hraidt, geboroe Janitscb, Konzert-
meislerin in Bern, ein Konzert, in dem sie
sich mit ziemlicher Gewandtheit in zwey
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1805. Januar.
von ihr komponirten Violinkonzerten hören
lless. Auch spielt« ein gewisser Hr. Koch
einige Variationen auf der Guitarre. Den
loten gab die kürzlich von Wien zurück-
gekeimt- Dem. Schmalz ein Konzert, in wel-
chem sie den schon vorausgegangenen Huf
von ihrer Vervollkommnung in Oeslreichs
Hauptstadt begründete. Sie sang eine Scene
vou Zingarelli, eine Arie von Himmel und
ein Rohdo von CYesceuliui. Der Kapelim.
Himmel spielte von ihm gezeigte Variatio-
nen auf dem Fortepiano mit obligatem Vio-
loucell, uud Hr. Seidler Variationen auf der
Violiu, geaeUt von Rode. Den islen gab
Dem. Kirchgassuer ein Konzert, daa zwry
Damen sehr brillant machten. Einmal die
bescheidne Künstlerin selbst, deren unge-
meine Fertigkeit auf der Harmonika noch
immer in lebhaftem Andenken schwebte und
von neuem bewundert wurde; und dann Mad.
Fleek , die uns hier zuerst einen Vorachmack
ihrer Darstellung der Jungfrau von Orleans
gab, die seit dem Abgang der Mad. Meyer
eine verlassne Schöne ist* Dem. Kircbgäss-
ner spielte ein von Winter für die Harmo-
nika variirtes Thema, und begleitete den
schon erwähnten Monolog aus dem 4ten Akt
der Schiller«i hen Tragödie, von Hrn. Ka-
pellmeister Weber für die Harmonika ge-
setzt, ao wie eine Ballade von Zumsteeg,
gesungen von Dem. Willicb. Auch Hr. Fl-
acher sang eine Arie von Righiui. Nicht
wenig gefiel ein Quartett von Brandl für
Harmonika, 2 Altvioleu und Violoucell , und
ein Mozartsches Trio für Forlepiano mit
obligater Klarinette. — Deq i6ten gab die
konigl. Kapelle zum Besten ihres Wiltwen-
und Waiseniustituls ihr erstes Konzert im
Operuhause. Wenn ich Ihnen die einzel-
nen Tbeile diese« meisterhaften Vereins nen-
ne, so lobe ich auch alles. Auf eine Sin-
fonie von Beethoven folgte ein Rondo aus
Himmels Oper: Vasco di Gania, gesungen
von Mad. Marchetti; ein Fagott konzerl von
Winter, gehlasen von Hrn. Ritter, (brav
und mit vielen neuen Ideen in der Ausfüh-
rung). Recitativ und Arie von Cimadoro,
gesungen von Hrn. Tombolini * endlich ein
neues Violinkonzert von Kreutzer, gespielt
von Hrn. Seidler, auf den Rode's Uegenwart
mächtig gewirkt hat. Im 2tcn Theil horten
wir die erste Abiheilung des Handelschen
Messias, mit den von Mozart dazu gesetz-
ten Blasinstrumenten — keineswegs nach Wür-
den ausgeführt. (Die beyden übrigen Tbei-
le weiden übermorgen, so wie am letzten
Sonntag dieses Jahrs Haydns Schöpfung ge-
geben). Die Solopai lliieen sangen Madame
Schick, Dem. Koch (eine Dilettantin mit
einer angenehmen, aber für das grosse Haus
zu schwachen Altstimme) und die Hrn. Fi-
scher und Hurka. — Nehmen Sie nun noch
dazu die Abonnementskonzerte der Herren
Schick und Bohrer, vou deuen gestern das
achte und letzte vor dem Karneval gegeben,
und über welche Ihre Leaer durch einen
andern Korresp. ausführlicher unterrichtet
worden: so werden Sie zugestehen, dass wir
an guter und zum Theil vortrefflicher Kon-
zertmusik jetzt wirklich reich sind. . :
< . " .• « *
Das Theater übereilt sich mit muaikaJ»
Neuigkeiten eben nicht. Den J7ten wurde
zum ßeiieüz für Hrn. Uuzelmann zum er-
stenmal gegeben: Die Steruenköuigin. Ro-
mantisches Feeumarrhen wil Gesang in 5
Akten. Musik von Kauer. a Diese Steruen-
köuigin ist das höher gehaltene Sternenmad-
chen im Maidlinger Walde. So wie diese«
ist sie reich an l'omp, Geisterscenen , Ver»
Wandlungen und Theatercoups aller Art,
die ich Ihnen nifht nennen mag. Das Stück
verspricht der Theaterkasse eine grosse
Aerndle und reichlichen F.rsatz Sur den nun
wol endlich bald verschwindenden Opern-
schneider, der noch gestern bey überfülltet*
Hause bewundert wurde. Die Musik diese«'
Stücks ist ein wahres Quodlibet: Kauer steht
auf den Anzeigeblatlern ; aber eben so gut
halten auch Weber, Himmel. Righiui und
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*5l
1805. Januar.
25S
Winter genannt werden köunen. Denn nur
die Ourerture, die wirklich Charakteristik
sehen Ciiöre, ein Kanon und mehrere me-
lodis< he Lieder sind von Kauer. Dagegen
■saug die Sternetikönigin Selbst (Mad. Schick)
besondert Webersrhe Suchen , und der Knap-
pe Kilian (Herr' Weizrnann) unter andern
eine schöne Arie von Himmel. Auch die
andern Sachen von Righini und Winter G»us
1 Pyramiden) waren sehr ausgezeichnet.
Frankfurt a. M. Anfang Jan. Sie fra-
gen ! warum meine Briefe seit einiger Zeit
seltener sind? Die hie»igen inusikaL Neuig-
keiten waren ziemlich rar, oder doch der
Art, dass sie mir nicht genug Interesse fürs
grossere Publikum zu haben schienen. Alle
Opern , welche hier aufs Theater kommen,
kennen Sie schon von andern Orten zu ge-
nau , als dass ich Ihnen mehr, als die Auf-
nahme, die sie hier finden, davon sagen
könnte; und das hiesige Publikum hat doch
wol im Ganzen zu wenig Urlbeil, ab dass
es auf die Kunst, oder eiu Kunstprodukt, viel
Einfluss haben könnte. — - Pars Opern: Sargin
und Räuberhöhle (Wegelagerer), wurden, seit
nicht langer *Zeit, aufs hiesige Theater ge-
bracht} beyden Stücken fehlt es an musikal.
Schönheiten so wenig, als an Spektakel, so
dass für jede Klasse der Opernliebhaber ge-
sorgt zu seyn scheint, und doch Huden sie
den Beyfall nicht, den man erwartete; wo-
her dieses kommt, wage ich nicht zu unter-
suchen. Konzerte hallen wie diesen Winter
noch nicht viel, weil sie von der Jahreszeit
nicht geuug begünstigt waren: sie haben
aber bereits angefangen, und ich werde Ih-
nen von allen , sie mögen von hiesige n oder
fremden Künstlern veranstaltet aejn, wenn
auch kurz, doch wenigstens Anzeige machen.
Die Liehhaherkonzerte, die zwar auch im
Summer nicht ganz ausgesetzt waren , wer-
den, wie gewöhnlich, regelmässig alle li Ta-
ge gehalten; man vermisst aber deu Eifer,
besonders von Seilen der mitspielenden Lieb-
haber, den mau sonst gewohnt war. Es ist
, mir wirklich recht leid, wenn ich bedenke,
dass dadurch der gute Portgaug dieses In-
stituts gehindert würde. ich- werde Ihnen
am Schlüsse des Winterhalbjahres eine kurze
Uebersicht von dem Bedeutendsten, was wir
dieser Anstalt zu danken haben , geben , wenn
unter dieser Zeit keine ausserordentliche
Veränderung damit Statt bat; besonder«
wünschte ich Ihnen recht bald sagen su kön-
nen, -dass diejenigen Herren, die ihre Posten
an den Violinen" und Violoncells verlassen
haben, die sie sonst so würdig füllten, diese
wieder angetreten hatten; ich würde sie mit
Namen nennen , wenn ich nicht fürchtete,
der Bescheidenheit dieser
ber zu nahe zu treten.
* - * -
Ein anderes, diesem ähnliches, Liebha-
berkonzert, das ich voriges Jahr schon
erwähnte, reift sehr langsam, und diesen
Winter ist noch nicht eins gegeben worden,
obgleich schon seit einiger Zeit alle Wochen
Paoben gehalten werden. Auch von diesem
sollen Sie den Fortgang oder — die Auf-
lösung erfahren.
Von 5 bis 4 Familienkonzerten, die mir
bekannt sind, und die regelmässig alle 8 oder
i4 Tage gehalten werden, gebe ich Ihnen
vielleicht in meinem folgenden Briefe nähere
Nachricht.
Eine andere musikalische Versammlung,
die nur aus Kindern einiger der angesehen-
sten hiesigen Familien, und ihien Erziehern
besteht, nenne ich Ihnen nur, da ich sie zu
wenig kenue, um mich ausfühilich darüber
einlassen zu können, aber auch das Weni-
ge, was ich davon weiss, verspricht die be-
sten Folgeu für die Kunst und ihie Aus-
übung, bey diesen jungen Seelen. Die Er-
zieher haben dieser Zusammenkunft, welche
alle Samstage Abends ist, den Namen: Igno-
rantenkonzert gegeben. Hauptsachlich wird
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a59 i8os.
gelungen, und zwar keine einseinen Arten
oder derg)., sondern die ganze Gesellschaft
(togt — Lieder der besten Dichter, mit
Musik von Reichardt, Schills u. s. w. t und
die Zöglinge legen, cur Abwechslung, Be-
weise ihrer Fortschritte, die sie auf einem
Und dem andern Instrument gemacht habe«,
•b, und erhalten dafür Lob oder Tadel.
Einer Von den Erziehern dieser Kinder,
Hr. Engelmann, hat in letaler Herbstmesse
einen musikalischen Kiaderfretind herausge-
geben, welcher die Lieder gi ösatcntheil* enl-
hält, die da gesungen werden. Die ganze
Anstalt hat für mich so viel Anziehendes,
und acheint mir so zweckmässig für die
frühere Bildung in Musik, daaa ich glaube
auch andern zu nützen , wenn ich Ihnen,
nachdem ich mich näher davon habe unter-
richten lassen, künftig mehr davon sage.
(Die ForU«t*a»g folgt.)
-
Kunz AriiuIh.
Romamt von Bürger.- Dar Bitter und $tin
Liebchen, mit Begleitung dt* Piano/orte, von
Franz Anu Maurer. Wien, bey Eder am
Graben. (Pr. 48 Xr.)
Referent weiss nicht, ob diese Musik von
dem in Müuchen verstorbnen trefflichen Bas-
sisten ist, der wo! zuweilen dergleichen klei-
ne Stücke schrieb; gewiss aber vereichet der
Verf. den Gesang, waa man an der einfa-
chen, leichten, fliessenden, und doch nicht
uninteressanten und dem Sänger vortheilhaf-
ten Behandlung leioht bemerkt. Die Ballade
ist nicht dramausch, aondern nur Ueder-
Januar. 260
massig, und fast tändelnd behandeil ; zwey
Strophen aind immer zusammengenommen,'
und die Wiederholungen unterscheiden . sich
nur durch kleine Verzierungen der Melodie»
Die Lebendigkeit verliert da bey allerdings *
und schon, dass der Dichter hier zwey ganz
einander entgegengesetzte Personen redend
eingeführt hat, hätte zu anderer Behandlung*
veranlassen sollen: da diese nun aber ein«
mal nicht da ist, ist es gut, dass der .Komp*
durch sehr einfaches, nur begleitende« Ac—
compagnement den Vortrag sehr in die Will-
kühr des Sängers gegeben hat, der nun durch
Veränderung dea Ausdrucks leicht nachhel-
fen kann. Der Verzierung Seite 2, Syst. 9^
Takt a, in der Singst., widerspricht das Ac-
eomp., Eins von bey den muss wegbleiben i
man hört zwar leider oft dergleichen Ver-<
zieruogen, z. B. vom Theater, man sollte
aber eben darum solchen Verstassen, indem
man sie niederschreibt, nicht noch mehr Vor-
schub thun. Doch das ist eine sogleich zo ver-
bessernde Kleinigkeit. Der Stich ist achön»
Variation» p. le Pianoforle tur tair de Vopera
Hanno c Giulietta par Crescentini , conipo-
iees par F. A. Ntumann. A Vieuue, chez
Thade Weigl. (Pr. 45 Xr.)
Das Thema ist einfacher, melodiöser Ge-
sang, und die Variat., ohne eben tief einzu-
greifen, siud angenehm und unterhaltend^
auch zeichnen sich einige durch wirklich
neue Figuren und (besonders die sechste)
durch gute Ausführung der Ideen, ohne alle
Schwierigkeit oder Künsteley, aus. Von der
pten, in F moll, hätte Referent mehr erwar-
tet. Stich und Papier siud gut und das Gan-
se, als Uoterhaltungsslück für nicht ganz
ungeübte Liebhaber, zu empfehlen.
(Hiettu dt« Iatslligenzblstt No. V.)
U >(*■•« , ■ a t BiimtFi in HltTii.
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INTELLIGENZ - BLATT -
zur Allgemeinen Musikalischen Zeitung.
Januar.
18Q5-
A n
* * i g e.
DieJ.icbl.ab., der Mluit mA dM Gesanges haben
dem Thcl h '" tt ' 8ekoa,Bette « Monatahcfto unter
Jtfii«ii<7/iacAe ^raietAen.
Liebling.stücVe .u. dea neuesten Opera, fiir Klarier
n,,d Gesang . herausgegeben roo Zucker, mit .„
v.elern Bcyfall aufgenommen, d.s. wir au. cnt.chlos-
h * b< V?' e,nen lwe y tcn Jrtrgang unter dea nämli-
chen Bedingungen xu veranstalten.
Schon die Wohlfeilheil de* Prei.es — wir ba
ben im vorigen Jahre meh r als «o Bogen Mn.it, fi if
Jen geringen Pranumer.tionsprei. von 4 Thlr. gelie-
fert während der gewöhnliche Notcuprei, wenigsten,
noch einmal .0 viei betragen haben würde — Un d
noch mehr die gute Auawabl „ nd Neuheit der Stücke,
welch. blo. durch die Verbindungen de. Herausge-
bers d.e.er Musikalien tu bewirken seyn dürfte, la S -
im uoi auch in diesem Jahre auf die gutia* Thcil-
tuhme dea Publikums hoffen.
Im vorigen Jahrgänge liud enthalten t ia Duet-
ten von Par , a von Bergt und Wcigl, , Ter.ett von
Moart, 1 Quartett ron Pär, a Arien von PSr und
Naumann. 4 Märsche and Walicr ron Pär, 3 Cava
•inen von Par und Weigl , a R on ,,o, von Mozart und
Dt, und a Ouvertüren ron Par und Winter.
Wer .ich „„mitten,« an un. wendet ,,„d
fl=.ch auf den „.u Cn J.hrpang Bestellung macht, er-
halt den vorigen noch für den Pivoiumerationsprci.
'on 4 Thlr. — drirch alle andre Buch- und Mu.il-
fcandlangon aber für 5 TUr. Der Ladenpreis eine.
H*n Jahrgangs i,t 6 Thlr. — Dresden, den aten
i8o5.
Ankündigung.
Den Liebhabern der Singktmst möchte wol d&d
Anzeige einer Sammlung schöner Sing»tüch* keine .
unwillkommene Erscheinung «eyn. Da e», schon »cit
mehreren Jahren mein Hauptgeschäft war, die neue
slen und vorzüglichsten Arieu, Duetten, Terzetten
s. w. in Partitur von den bellen italienischen^
deutsohen, nnd andern Meistern an sammma; »o ma-
che ich diese* hiermit öffentlich bekannt, und ich
glaube, vermöge der Manuichfaltigkeit und strengen
Auswahl meiner gesammlcten Singstäcke, >pden Lieb-
haber, der mich mit Aufträgen beehren wird, zur
vollkommenen Zufriedenheit bedienen xn können. Bey
Arien mit italienischen Texten Bann auch auf Ver»-;
langen «in deutscher Text unterlegt werden. Mein«
Wohnung ist in Frankfurt a. M. Lit. fi. No. 20G.
Briefe an mich, bjtte ich mir franco *n ubermacheu.
Ludwig,
Musikus bey dem Nationalthcater
in Frankfurt a. M.
Ntue Musikalien von *,nchM*tm Verlern,
miehe bty BreltkopJ und Härttl xu ImUn und. ;
Arnoldsche Buch- und Kon.thandl
ung.
Berton, Duo de POp. Ali'ne, Reine de Golconda,
arr. p. le Pianof. ia Cr.
— — 3 Aricttes de la mime Op.' N6. 1 et a. 8 Gr.
Sei, mit, J., a Walzes, a Quadr. , a Angl., a Ec<5.'
und 4 Hopser I. a Viol., a Klarin., Pfote, 2 Hor-
ner, et Bass. 16 Gr.
Bornhardt, J. H. C. , Kleinere Lic.lor und Ro-
man.en beliebter Komponisten f. die Cuit. eiliger. ~
ae Lief. ia Gr. < .
Collcction compl. des oenv. de musique p. le Pianof
comp, par L. v. Beethoven. Call. 1 et a. ~ "
Sterkel, R.cneil d* ^ piice , p , Vitao[ , ,
maius. 1 Thlr. 8 Gr.
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-
19
KoehIer,H. t 1a piece» p. a Flui«» Uc» faules.
Op. ai. la Gr.
— — 3 Duo»,.conc. p. a Fl. Op. 3o. aä Gr.
— — 5 Sonate» p. nue Fl. trav. Op. 3i. 19 Gr -
Ho ff mann, H. A. , 3 Qual. p. a Viol., A. et Vlle.
Op. 7. a Thlr.
Muller, W. t 2 Romauaen au. der Zauberaiiter uud
dem Sonntag.k. ns. Begl. d. Guit. u. FL 8 Gr.
Recueil d* Air» p. a Flageolet». 10 Gr.
Mi eurer, B. J., 6 Sonatiue. progr. p. la Guit. et
Viol. Op. 1. Lir. 1 et a. aa Gr.
Kreith, C, Recueil d'Air. »ari«. p. la Flut« »eule.
Cah. 1 et a. 2 Thlr. 6 Gr.
Da» Donauweibchen Ser Thail f. 1 Flöte. 11 Gr.
Schoeniger, Variat. p. a Guitarre». 14 Gr.
Koaeluch, L., Hermoni« p. a Htb. ou Flute», a
Clarinette», a Cor», a B«»»on» et Contr« - B«*ie.
No. a. 1 Thlr. ia Gr.
Duport, J. P. t 6 Sonate» p. le Violonc. Op. 4«
3 Tblr. 6 Gr.
Wranitxky, A., 3 Duo» p- a Violon». a Thlr.
M e h u 1 , Un« Folie (Li.t und Liebe) Op. in a Akt.
Ktarieraiuiug mit franaö». und deuücham Text.
4 Thlr. 16 Gr.
_ — Une Folie Op. «rr. en Quint, p. a Viol. , a A.
•t Violouc. 3 Thlr.
Paar, F., Out. et Air» d'Achille. arr. p. le Pianof.
(ital. u. deuUch). 3 Thlr.
Righin i, V, Eaereice» pour »e perfectionner dan» Part
da Chant. Op. 10. 1 Thlr. ao Gr.
Paer, F., 6 Ariette» a». acc. de Pianof. aa Gr.
_ — Eloi.e et AbeilarJaua cbamp» Ely«ea», Can-
tate k a Voix «». acc. de Pianof. 1 Thlr. 8 Gr.
Kann«, 3 Chau.on. aT. acc de Pianof. ou de Guit.
Op. 9. Li», a. 19 Gr «
T. Dalberg, F., Die Zukunft, ein Lied mit Begl.
de» Pianof« 9 Gr.
Schneider, G. A. , 3 Duo. p. a Flute». Op. at.
1 Thlr. 8 Gr.
_ — Do. Op. aa. 1 Thlr. 8 Gr.
_ Do. Op. a3. « Thlr. 8 Gr.
ao
H u rk. , F. F. , 6 Lieder f. Pianof. Samml. ia Cr.
Himmel, 6 Lieder f. PUnor. •. S.mml. 16 Gr.
reu«»er, 7 deut.cbe Lieder f. Pianof. 16 Gr.
Joerg, N. , Recueil de ta P i*c« P- » F 1 " 1 «' ür "
de* Op. nou».
t. Beethoven, gr. Quintett» p. a Viol., a A. et
Ylle. No. 3. « Thlr. ia Gr.
Kanne, F. A. , Sapho, Monodrama »on Noeller, mit
Begl. d. Piauof. Op. 7. ia Gr.
_ II primo Amore, Cantala di Meta.ta.io,
comp, per »oce »ola con aecomp. di Pianof. [Ha
d.ut.chem Teat), ia Gr.
Reich.rd, J. Fr., Trauejode auf den Tod d«
Gro»»für»tiu Helena etc. nach Klop.tock» Od«: Ui«
todt« Clarixa. Kla». Au.z. >a Gr.
Dala, rac, Ouvertüre de. 3 SulUne», 1 gr. Oich.
1 Thlr. ia Gr.
Domnich, H. , 6 Romance» a». acc. de Pianof. ou
Harpe. 6e Recueil. 1 Thlr. ia Gr.
H .ydn, J., 3 Duo. p. a Viol. Op. io5. Li»« >«
, Thlr. ta Gr.
_ 6 Trio. P . Flöte, Viol. et Vlle« L ,r « 1.
1 Tblr. ia Gr.
Hoffmei.ter, 3 Trio, progr«.!»«» p. a Viol. e»
Vlle. Li». 1 et a. . Thlr. 14 Gr.
De et hören, 6 Walxc. P . le Pianof. 7 Gr.
— 6 Contredao.e* do. 7 Gr,
Romberg, A., Oden u. Lieder f. Kla». 1 Tbl. 8 G».
Ma.ch.ck, P., 6 pet. Ronde.ux P . le Pianof- "Gr.
De mar, Heb.. Trio conc. P . Harpe et a Cor. (0.
a Alto»). Op. 40. a Tblr.
_ _ 5 Sonate» »on difbcile« p. 1« Harp« «»•
Viol. Op. 47« » Thlr.
_ _ Concerto p. le Viol. Op. 3a. a Thlr. 6 Gr
_ — Air de Nina »ar. p. la Harpe. » Thlr.
_ 3e Potpourri p. le Fianof. 1 Thlr.
, p e r. Methode p. lc Flagcolct. 1 Tblr. 10 Cr.
(Wird fort S e»«t.)
Linn«, ■** Ba.ai«a;o»» HlaT»
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ALLGEMEINE
MUSIKALISCHE ZEITUNG.
Den 2 3 len Januar. N= # YJ .
1805,
Bachia, oder Kamtsehadalischer Bä-
rentanz, Nationalmuiik und Tanz,
und
Das Menschenfresser-Lied der Mar-
autzas-lnsulaner auf Nukahiwah, ein
Nationalgesang)
von Herrn Ho fr. Tilesiua, Mitglied der Kru-
seusternscheii Reisegesellschaft, vom Si. Peter-
Pauls -Hafen anf Kamtschatka , am 1. Sept.
i3o4, dem Tage der Abreise nach Japan, an
«eine Freunde nach Leipzig abgesandt. >
Den j uwärtigen Freunden nnscra wackern Tilesiui
au* »einem Briefe hier nor die Nachricht, das* er
ihrer mit immer gleicher Liebe und Treue gedenkt,
and eich (wie auch die ganio Gesellschaft ) so wohl
befindet , als ea in so unrrirthbaren Gegenden and iu
der Auslicht auf die BeschitTung dea gefährlichsten
aller Meere nur immer möglich ist; den Andern, die
dieser äusserst wichtigen Reise mit Aufmerksamkeit
and Erwartung folgen, die Worte seines Briefs: „So
lang ich lebe, arbeite ich, und nicht für mich —
das ists, was mich erquickt und mir alle die Freu-
den ersetzt, die ich entbehren nun; ich achreibe nun
wieder von Japan und Cap de bonue Esperance durch
die Uolländor. " — Von so vielem Interessanten,
was unser Frenad eingesandt bat, wühlen wir hier
t, und über lassen das übrige
i. Redakt.
7. Jahrg.
acht
Herr T.
de Notizen.
.Gleich nach nnarer Ankunft im St Peter-
Paula- Hafen von Kamtschatka, den 16. Jul.
i8o4, wurde dem Genetal -Gouverneur Grku-
achef durch eine Eataffette unsre Ankunft
gemeldet, und er, nach dem Hafen zu kom-
men, eingeladen. Die Ansicht der waldi-
gen Berge, der Awatsrhka- Bay , der Kostb-
ka, der Laudaeeu, der Erdzungen, und der
*7
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263
1805. Januar.
264
himmelhohen, ihre Zackerhut- Spitzen über
die Wolken erhebenden feucrspeyeuden Ber-
ge im Hintergrunde, ist überaus malerisch
und angenehm; wozu noch zur Verschöne-
rung kömmt, dass das ruhige Wasser des
Feter -Pauls -Hafen, durch die Erdzunge
der Koschka von dem wilden Meerwasser
der Bay getrennt und bis auf "fünfzig Schritte
Kommunikationsraum eingeschlossen , —
alle diese Gegenstande treu, wie in einem
Spiegel süssen Wassers, darstellt. Durch
den engen Kommunikationsraum müssen die
Schifie passiren, die in den P. P. Hafen ein-
gehen. Der Ort selbst aber ist schlechter,
als das ärmlichste Dorf in Deutschland an-
susehn, und doch ist er, seit Lapeyruuseus
Hierseyo, um die Hälfte mit Gebäuden ver-
mehrt worden. Die kleinen russischen Häu-
ser oder Hütten sind ganz von — nur ein
wenjg und grobzu behauenen Bäumen, der
Länge nach auf einander gelegt; sehen aber
in der Ferne doch noch elender aus , als sie
wirklich sind. — Als der Generalgouver-
neur angelangt und die gegenseitigen Erkiä
rangen gegeben waren , lud er uns des Abends
in ein erleuchtetes Zelt und gab uns hier
einen Kamtschadalischen Tanz zum Besten,
wozu er alle Weiber dea Orts hatte rufeu
hissen, und wo ich obige Musik niederge
schrieben habe. Ein russischer Soldat, der
zehn Jahre hier lebt und ganz nalionalisirt
ist, eröffnete den Ball — er galt für einen
starken Tänzer — und gab mir Gelegenheit,
manches Zuverlässige über die Natur und
Beziehung dieser Nationaltänze zu bemerken.
Alle Tänze geben, meiner Meynung nach,
aus — mehr oder weniger roher, sinnlicher
Liebe hervor, und führen, in mehr oder we-
niger Umschweifen, zu deren Befriedigung.
Nur wie- dieser Grund und Zweck geäussert
wird, ist freylich sehr verschieden — -dem
Grade nach, je nachdem die Nation mehr
oder weniger, oder auch gar nicht kultivirl,
und mehr oder weniger von heftigen Lei-
denschaften ist ; der Art nach, je nachdem
Gewohnheiten und andere Veranlassung den
Sinn und Geschmack der Nationen modifi-
ciren. Der Kamtschadale z. B., siebet be-
ständig Bären und Vogel sich begalten, (in
Paradunka sähe ich sechs Bären auf einem
Platze.) und so nimmt seine Aeusserung*
des Geschlechtstriebes etwas — Bärisches
an, und gehet im Tanz ganz in eine Nach-
ahmung der Bewegungen dieser Thiere bey
jenem Geschäft über. Erbaulich und ge-
schmackvoll isU freylich nicht. Der Ka
tschadale brummt iu abgebrochenen,
den Tönen, wie der Bär, nur nach dem
Takte, und seine — Bärin stöhnt auf ähn-
liche Weise nach dem Taktstrich. Die Nach-
ahmung des Brgattungsakts der Vögel liefern
die zärtlichen Tänzer btos in den Bewegun-
gen; die jedoch im Bareutanze noch weit
charakteristischer und -— ausdrucksvoller
sind, und wobey das gewallige Stampfen
mit den Füssen auf die Erde keine Neben-
sache ist — doch alles im gr hörigen Takt.
Sowohl Tänzer als Täuzerinnen fangen nur
leise, mit schwachen, doch vernehmlich ge-
nug bezeichnenden Bewegungen des Kopfs
an; dann gqhet die Bewegung in die. Schul-
tern über, und zuletzt auch iu die ,Hüften,
wo es denn ein wenig arg, und nach dem Takte
dazu geächzt wird. Die Stelleu, auf welche
dieser senkende Accent fällt, sind hier von
mir mit »ach? 1 — bezeichnet, welches ohn-
gefähr der Laut ist, den sie dabey ausgös-
sen. Den Kopf eines der vorzüglichsten
hiesigen — Künstler, Feodor Petro witsch,
eines gebohrnen Kamlschadaleu und eine
ächte Nationalphysiognomie, habe ich sorg-
fältig gezeichnet und lege ihn bey. (S. die
Kupfertafel Figur 1.)
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265 J805. Januar.
■■t
Das Menschenfresser-Lied
der Marquezas-Insulancr auf Nukahiwab,
*■ ein » Natt onalgetang.
266
Choral: In, melancholischem Ton und ganz unisono gesungen *).
Eine Btlütimmr
Tat* m »mb - o - g k
i tu - hna M
— ta mm • hm - mm
th
<
Wo ist — das ' — Licht T« Es ist auf der Insel Christi -na! Wo-tu das — FeurT Um deu
Alle. ' ^ ^ Alle.
immmm. '
Alle.
y
■« • (a *oh. Ja <«
Feind zu bra-ten ! L.a«t uns
th. Tau-i mm-mah tht tmm-i - nah mm - tht «•
-ben! Wir ha -ben Feur! Wir woUn ihn bra - tenf Wirha-ben
13= , p _ a^
t-=H=4
iiin! Er woUtent flfthn! Man ist et tod — — die
!=^^^^^ ,
sei - ne
iprafe^-j^^-gfr^i:
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'"
- : r f :
I , tt - oU - «0 - rl, , .1 - hi - tu - rh , rt
r.sie-ben •
**-»«, 1» - fti »1 - hvh , u
<h. « ho »>.
Tai; fXied ist aus!
*) Ich setze die Uebertetsung lieber gana wörtlich hinan-, als dats ich sie gan« genau der Motia a
•Alte , wodurch ich geuöthigt würde , wenigsten* die Noten' in der Geltung so rerändern.
d. Verf.
; Hierzu macht Hr. T. folgende Bemer-
kungen.
4Jie Inseln Sii Christina (mai-cjuesanisch:
Taubüala Montanioh) sind die benachbarten
Ms> quezas -Inseln, die man bey hellem Wet-
ter auf den höchalen Beugen, von Nukahi-
wab aus, sehen kann. Die Einwohner von
St. Christ, geratben mit denen .von Nukah.,
«uweiten ia Krieg. Darauf beziehet sieb das
Lied. Es ist dramatisch, und enthält, wie
icha finde, folgende Darstellung. Die Na-
tion kömmt aus der Sh lacht. Es ist Nacht.
Einer stehet in der Perne auf der feindli-
chen Insel Feuer aufgeben , und fragt t Wo
ist das Feuer? der Chor antwortet: Auf
Tauhuata Montanioh, bey unsern Keimten!
man röslet unsre Erschlagenen und Ge-
fangeneu 4 . — Das reizt zur Wiedel ver-
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267
1805. Januär«
268
geltang, die man an den Erschlagenen und
Gefangenen des feindlichen Heeres ausüben
kann. Man ruft nach Feuer, um den er-
legten Feind, der «um , Siegesmahl bestimmt
ist, nun auch au rösten. Das Feuer wird
angerieben, man freuet sich seines Besitzes,
und seines Vermögens , das Wiedervergel-
tungsrecht auszuüben. Man erinnert sich
•einer Kühnheit, seiner Gefangennehmung,
seiner versuchten Flucht*), und seiner
Erlegung — — doch nicht ganz ohne Mitleid,
indem man an Gattin, Kinder und Eltern
deukt, die nun weinen. Zuletzt überzahlt
man die Tage, vom ersten bis zehnden, als
wie lange man von den Leichen der Er-
schlagenen wird schmaussen und das Sie-
gesmahl feyern können. Sonach ist das
Lied ganz charakteristisch und legt dieGruud-
süge des Sinnes dieses Volks vor Augeu.
Bey dergleichen Siegeamahlen wird nun
auch getanzt. Eine Menge Minner und
Jünglinge — von zwey- bis sechs hundert —
schlügt mit hohler Band anf eine, durch
den Druck des Oberarms an den Brualtnus-
kel, gebildete hohhj Stelle, welches
starken, fast glockenartigen Klang giebt.
Diese Schlage fallen nach dem Rhythmus,
zugleich , und in bestimmtem Takt, - grössten-
teils so t d J J | A J J | u. s. w.
Dazwischen schlagen wieder andere — etwa
hundert — Mos mit hohlen Händen, Ach-
tel , und es werden zugleich , besonders wenn
Tanz und Schmaus vorzüglich solenn wer-
den sollen, wegen bedeutenden Sieges und rei-
cher Beule--— vier Trommeln aus dem Mo-
rai- Hause herbeygebräeht und in demselben
Takte mit den Händen gerührt. Zu dieser
Musik tanzen sie denn und singen zugleich
jenen höchst 'traurigen, choralmassigen Ge-
sang in Mull, von dessen musikal. Eigen*
heilen ich nur noch Einiges bemerken will. «1
So bekannt und oft wiederholt auch die
Berflerkung ist, das« fast alte Gesänge wil-
der Völker, und sogar die der minder ge-
bildeten europäischen Nationen, aus Molltö-
nen gehen: so erscheint sie mir doch im-
mer sonderbar und ich habe noch keinen be-
friedigenden Grund davon erfahren können**).
•) Timaoh ist der fliegende Fi*ch (Exocetu* Tolitans^Lin.) welcher bekanntlich in grossen Schaaren ana
den Wellen emporfliegt, am «einem Feinde, dem ßonilan, (Scomber Pelemys , Lin.) au entgehen, dar
ihm aber Ellen hoch in die Luft nachspringt und ihn bieweUcn noch über dem Wasser flogt. Man
aiehet, daa Bild ist wirklich treffend und schön, und kann als Beweis dienen, das» auch diese äusserst
sind,
d. Verf.
**) Sollte »sein Freund nicht in Folgendem — was ich hier nur in ewigen Sätzen andeuten kann —
einen aolchen Grund finden? Affekten schaffen die Musik, in wiefern sie Naturprodukt ist. Bey allen
frohen Affekten hat der Mensch vielerley, und «um Theil noch stärkere, mithin dem Rohen willkomm-
nere Mittel, eich auszulassen,, als Musik-, alle traurige Affekten hingegen beugen, nnd lassen wenig
Mittel übrig, sich ansaulassen, als Töne. Zu diesen wendet sich also der sckmenlich .Erregte > und
ao müssen wol «eine Lieder in trauernden Mailtönen sich bewegen. Was TUesiu» in der Folge von
der Hinneigung nnd Vorliebe aur Ter« Ocy dieser Nation, und aur Quarte bey den russischen Matro-
sen, ssgt, ist dem ähnlich, was ich an den Nationalliedern der gemein ste n Rassen bemerkt habe —
aur data diese sich eben so «ntaehieden aur Quinte neigen. Ich habe mir nämlich oft von rohen
russischen Sklaven, wie aie, ia Diensten ms*. Kaufleute, ansve Messen besurbetr, solche Lieder vor-
AlU.bewegten «ich ia diesem Baume:
T" 1
e ♦
aber g und d ws-
269
1805. Januar.
270
Gans ausgezeichnet und charakterisch iat es
aber, dass dieser Marquezas- Volksgesaug
nicht in halben Tönen, wie ich ihn habe
aufzeichnen müssen, da unsie Notenzeichen
nicht weiter reichen, sondern in Vier-
tel« -Tönen steigt und fallt — oder viel-
mehr dabinschwebt, und sich nur dann über
die kleine Ter« von e bis g hinaus wagt,
wenn er sich, doch selten, in das üis senkt.
Ferner wird er durchaus unisono gesungen,
oder höchstens, von Junglingen, die diese Tie-
fe noch nicht erlangt haben, in der Oktav,
(von Weibern sehr selten). Oer Vortrag isl
durchaus (schleppend und summend, düster
und melancholisch; ersetzt, wie unsre Cho-
räle, ab, und hat Aehnlichkeit mit der Li-
la ney, (Kyrie eleison) wie «ie in manchen
Kirchen Deutschlands gesungen wird ,- oder
auch mit den Horis der Mönche. Ohnge-
achtet dieses blossen Summens und Brum-
mens , hört man die bestimmte Angabe der
Vierteltöne dennoch , und man könnte viel-
leicht , wie man an wilden 'Nationen so oft ihr
acharfes Auge bewundert hat, an vielen eben
ao das scharfe Ohr bewundern, worauf die
Reisenden bisher nnr noch nicht gemerkt ha-
ben. Bey jedem Einschnitt, der hier mit
dem Raheseiehen / T S bemerkt ist , halten die
Sauger einige Sekunden still, und ziehen auf
die eigene Art, die man auf Geigen nach-
I machen kann, mit all mahl ig abnehmender
Stimme von dem zuletzt abgehaltenen g in
das e herunter, was ich mit dem Strichet
habe bezeichnen wollen. Auch diese Eigen-
heit beweist, dass dieser rohe, wilde Na-
turmensch, in dem gewiss keine Spur von
Kultur ist, die kleine Terz liebt. Sollte sie
nur am leichtesten und bequemsten in der
Kehle liegen? Ich glaub' es nicht: aber wo-
her diese Ei scheinuug, weiss ich auch nicht.
In den Gesängen der russischen Matrosen
bemerke ich ebenfalls, dass alle aus Moll
gehen, und zugleich, eine Vorliebe zur
Quarte, wie hier snr Tera. Doch haben
diese zuweilen einen Uebergaug in Dur, der
aber bald, nach zw ey, drey Takten, wieder
in Moll surückkehrt. Da aber diese ruse.
Gesänge durchaus mehrere Stimmen, (Har-
monie) auch ra unteres Tempo, und über-
haupt mehr musikalischen Sinn und auch
lLnltut verreibe«, so machen sie mit ihren
Molltönen keinen traurigen, melancholischen
Eindruck. Diea ist aber bey jenem Men-
schenfresser -Liede im höchsten Grade der
Fall, besonders verbunden;. mit jenem JCjatr
«eben und Trommele , und zwar aus der
Ferne. Es ist etwas Entsetzliches darin uud
möchte Einen tfnr Verzweiflung treiben.
Man glaubt schon seinen eigenen Grabgesang
au hören, wobey die starken, hohlklingen-
!!•.
■ ' 1 i ' . i , , IJ
überall di- Haupttönc, nnd die »wischen innen liegenden wurden faat nur — wie ea der Musiker
■eont , durch laufen ,— s. B. in einem einlachen und autdruclarolleh Abulncdsliede eines Liebenden
von «einer Geliebten, desaen Melodie und deren Vortrag, ao gut et" »ich durch Zeichen- augebaa Uaat,
eich atao ausnimmt; • •■ .. h >»•'
Gicbt der Himmel Musae — über diesen und verwandte Gegenstände su anderer Zeit mehr, in dieaea
Blättere. j * friedlich RoVulita.
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deu Schlage iu ganzen Taklea die grälsslich-
*le Todtenglocke abgeben. Eine ganze
ISacht, die diese von Natur wirklich gut-
luuÜMgeu Menschen mir zu Ehren durch-
sangen, hab' ich in solcher Pein — zum ,
Besten der niusikal. Zeitung», durchgebracht,
ludessen siud diese Menschen dabey guter
Dinge und freuen sich des Tanze*, der doch
in nichts weiter bestehet, als in einem ro-
hen, willkührlichen und gesetzlosen Hüpfen
und Springen, wobey sie mit den.^auage-
«•tracklea J-liinden ; abwechselnde, schneUe, .
aillerude Bewegungen machen.
< Ich zeichne Ihnen noch einen dieser
Insulaner. (Siehe d.'KupferL Fig. a.) Sie
•ind gross, gut gebauet und sehr gutmüthig,
obschon sie rok grosser. Begierde ihre Feinde
-verzehren. Den Ko£f tragen sie , bis auf
Tswef Stellen der Scheitelknochen, abgescho-
ren: diese «wey Haarbüschel werden aber,
•Wie zWey Höroehew, aufgebunden. Ihr K»
■lorit ist nicht viel dunkler, als das euro-
päische. Sie pflegen die ganze Haut au tat-
tawiron, (punktireo) und »war mit regelmäs-
sigen Figuren, ;idie den Arabesken und, He-
truttkea nicht uiiaJinlicb. sind. Dieselben Fi-
guren findet man anoh auf ihren Kauota,
Stelzen, Keule», Grabmt*ern u . e. w. Die
Farbe der Punkte ist bläulich. Die Natio-
nalphysiognoiuie, so wie die Stellung , darf
ich ganz getroffen nennen. So sassen diese
"Wilden und gaflW an« an, als wir zum
erstenmal zu ihnen kamen. Sie gehen ganz
nackend; die tattawtrten Figuren vertreten
die Stelle der Kleidung. Bios um. die Ge-
schlechtsteile schlagen sie eine Binde aus
der geschlagenen Rinde, des Papicrmaulbeer-
baums. Sie Bind zum Erstaunen gewandt in
körperlichen Geschicktidtkoilen — Stelzen-
laufen, Schleudern, Tragen, und anderer
kOrperlicher^KralUlusserung. Sie liegen gan-
ze Tage im Meere uud schwimmen ohne
alle Anstrengung — —
Januar. 272
Nachrichten.
' . " 1 • *l I
Frankfurt a. M. im Januar. Fortset-
zung. Am lateu üec. gab Hr. Dulon auf
seiner Reise nach Frankreich , hier ein Kon-
zert. Der Ruf dieses wahrhaft grossen Vir r
tuosen ist so lauge schon begründet, das* ich
nur seineu Namen zu nennen brauchte: doch
will ich Ihnen sagen, was er uns zu hören
gab. Den Aufing machte eine alte Haydn-
sche Sinfonie, aus Es, wahrscheinlich eine
vou denen, die schon vor Pley eis Periode
so sehr bewundert wurden; lange habe ich
kein- Stück mit so viel Aufmerksamkeit an-
hören sehen, als dieses; nach dem Sihluss
eines jeden Satzes bewegten sich die Hände
der Zuhörer ganz unwdlkührJich zum Ap*
plaudiren , und zwar ohne Vorurtheil, d>nn
der Name des Komponisten war nicht be-
kannt, und dieses nahm ich als Beweis j dass
das, Auditorium — zwar nicht kehr gross —
gröaatentheil* aber aua gebildeten Musuliebha-
bern bestand, und für den Werth des Stucks«
Hr. Dulon blies ein. Kpnzert aus g dur von
Krommer und ein anderes aus d. minor von
A* E. Muller, so schön und gut, das« nicht«
zu yünschen übrig blieb, man nmsst« denn
etwas mehr Feinheit, oder Geschmack, wie
ichs nennen soll, im Vortrag verlangen, oder
die Solostimme besonders im letzten Konzert
von -Müller, den» Ganzen, von -Seiten -des
Virtuosen, mehr angepasst wünschen. Man
muss D. hören, wenn man einen wahren
Begriff von seiner Virtuosität haben will.
Mögen es immer einige für kleinlich hallen,
so kann ich doch, nicht unterlassen, einen
Trttler zu, bemerken, den er «ach der
dene im ersleu Konmi hören liras; und der
minutenlang dauerte ; nicht etwa bios weil er
so lange- dauerte, arwahu' ich- flihv sondern
weil er durch die Gleichheit, die Rundung
uud Geschwindigkeit zom Muster eines gu-
ten Trillers wurde. Mad. JLange sang eine
Bravourarie voii Nasoliui mit seljr yiej Kunst
1
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273 I 8°5-
mid zu allgemeiner Bewunderung. Die Arie
seihst war im allital. Geschmack: sie ging
von der Tonica auf dem breiten Wege zur
Dominante, und von da lebt ital., schuur-
stracks wieder zurück zur Tonica ; da sie
nach ihrer Absicht nicht von Herzen ge-
kommen war, «o ging sie auch nicht zu Her-
zen, deöto mehr Gelegenheit gab sie t aber
der Künstlerin die Fertigkeit ihrer Kehle
zu zeigen: nur eine sehr gute Sängerin, wie
Mad< L-, wird die Schwierigkeiten, die für
sie darin liegen, mit Leichtigkeit überwin-
den. Zum Besi'hlttss gab Hr. Uulon einige
Var., ohne Begleitung, über ei« polnisches
Lied, die recht gut gemacht waren, und
eben ao' gegeben wurden. Das Echo, 1 wel-
ches man in diesen Var. zu hören bekam,
und auf das das Publikum schon auf dem
Anschlagzettel aufmerksam gemacht wurde,
mag ich k*ura erwähnen , da ea wenig Ef-
fekt machte, und auch kein groases Kunst-
stück ist.
Am 25ten Dec. gab unsre Mad. Lange,
im Stadtschauspielhause ein Konzert, das
mit dem ersten Allegro einer Sinfonie aus
d dur von Haydn eröffnet wurde; dieses wurde
mit der Kraft, Präeision und Genauigkeit
ausgeführt, wie man es von dem hiesigen
Orchester zu hören gewohnt ist. Mad. Lange
sang eine Sceue mit Chören von Righini,
wie 6ie kann, wenn sie will, und da muss sie
gewiss auch der Tadelsüchtige beschämt be-
wundern. Hr. Thieriot, jelzt in Diensten
des Herrn Bernard in Offenbach, spielte ein
Violinkonzert. Er hat viel Ton, schönen
Bogenstrich und viel Fertigkeit; er scheint
nach der Manier des Herrn Rode zu stre-
ben, und in manchen Stücken mit Glück.
Noch fehlt es indessen seinem Vortrog an Be-
stimmtheit, selbst an Takt, und den Passagen
an Rundung — Eigenschafleu, die gerade
den geschickten Künstler bezeichnen, nnd
die er sich vielleicht eher zueignen könnte,
wenn er weniger ängstlich und gesucht seine
Januar. 274
' M oster zu kopiren suchte. Er erhielt vief
Beyfall und erregt ausgezeichnete Erwartun-
gen. Dem. Buchwieser sang mit Mad. Lange
ein Duell von - Nasolini; erslere bemühte
sich lez lerer nicht nachzustehen, und es ge-
lang ihr zum bewundern, weiter hatte aber
auch dieses Duett gar nichts Anziehendes.
Die zweyte Abiheilung wurde mit einer
Ouvei iure von Kunzen angefangen, die sehr
gefiel, und auch wirklich viel wahre Schön-^
heiten hat; es sind mehrer» Solos einzelner
Instrumente in sie gestreut, die mauche tadeln,
andere aber, als in einer Ouvertüre zu einem
Konzert, zweckmässig finden dürften.
' Daun sang Dem. Buchwieser mit Mad. Lange
noch ein Duett von Florio, blos von 2 Gui-
tarreu und einer Klarinette begleitet; dieses.
Stück möchte sich aber doch wohl in einem
Zimmer, wenn die Guilarren gut gespielt
werden, besser ausnehmen, als in einem
Schauspielhause. Hr. 'Hofmann r der Klari-
nettist, blies eiu Kqüzert von Krommer , und
es erging ihm wie immer, nämlich nach
jedem Solo wurde ihm applaudirt, uud mit
Recht • Zum Schluss sang Dem. Buch wie-
ser', Mad. Lange, Hr. Hasloch und Hr. Fi-
scher ein Quartett von Righini, wie manges
nur von diesen vortrefflichen Künstlern er-
warten konnte, doch war das Tempo ein bis-
chen übereilt.
Der bekannte Virtuos auf der Mundhar-
monika, Hr. Koch, befindet sich hier, und
wird ein öffentliches Konzert geben. In meh-
rern Familien hat er sich schon hören las-
-'s
sen, und alle — in Verwunderung gesetzt
Dem. Jagemann, Sängerin am Hoftheater
in Weimar, ist hier, wird einige Gastrol-
len geben und als Myirha im Opferfest
auf treten.
Einer der bravsten Virtuosen, PJtHrpp
Barth; (ältester Sohn des noch lebenden
und ehemals so berühmten Hoboespielers C.
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2 75
1805» Januar.
S. Barth), ebenfalls Virtuos aof der Hoboe,
ist im 5o. Jahr als Mitglied der k. Kapelle
iu Kopenhagen gestorben. Mit ihm verliert
die Welt «iuen der trefflichsten Virtuosen
auf diesem ausdrucksvollen Instrumente, uud
zugleich einen gar nicht unbedeutenden Kom-
ponisten für dasselbe, wie auch für andere
Blasinstrumente. Sein alter Vater betrauert
seinen Tod aus der Ferne, und setzt seine
Hoffnung nur in seinen «weyten Sohn, von
welchem wir, vor einiger Zeit, als er sich
hier in Leipzig, gleichfalls auf der Hoboe,
1 löten lieas, ebenfalls vieles Vorzügliche rüh-
men konnten. Der Vater und dieser jüngere
Sohn halten sich jetzt in Braunscbweig auf,
bis ihnen die Jahreszeit die Rückreise uach
Dänemark möglich macht
Kukze Anzeige.
Huit Variation* p. k Pianofortt iur Fair dt
BaUtt de Cattor ei PoUux pur Mr. VAöbt
■ VogUr, compoites et dediees ä Sa Majutd
Imperiale RoyaU Maru Therese, par Charl.
Mari* B* dt Weber. Vieuue, chez Joseph
Eder. (Pr. 46 Xr.)
Ein sehr artiges Werkchen , das aus der
vorübereilenden Fluth alltäglicher Variatio-
nen gerettet werden rauss ! Schon das höchst-
einfache, niedliche Thema Voglers ist etwas
werth. (Ware aber nicht , dieser naiven Ein-
fall unbeschadet, die Mittelstirome des 6ten
und 7ten Taktes interessanter zu führen ge-
wesen — wenn auch nur, vom aten b an,
in Sexten von der Oberstimme?) Die erste
Variation führt die Bezeichnung con grazia.
mit vollem Recht } die zweyte aber ist zu ge-
sucht in ihren vierstimmigen, liegenden Ver-
webungen — was besonders auch Takt 6
zu 7. bemerklich werden wird. Die vierte
Variation ist von vorzüglich guter Wir-
kung — es versteht sich, dass die rechte
Hand die Triolen sehr priteis und einander
gleich anschlägt und sie gut bindet, wo die»
Harmonie Uebergänge macht ; in der linken
aber die Millelslimme recht pikant heraus-
gehoben wird. Var. 6 nimmt die Melodie
in die linke Hand uud setzt für die rechte
eine neue hinzu: aber jene ist dazu, in
Absicht auf Charakter gar nicht» in Absicht
auf äussere Form, wenig geeignet: (man.
vergleiche, was letztere betrifft, die Ausgan-
ge;) und so fflu« das Ganze verküostelt
hervorgehen. So etwas schreibt doch wol
an solchem Orte kein Komponist, ausser
um zu zeigen* dass er es machen könne?
Nun, wir wollen das Hm. v. W. garanti-
ren; und Er, wenn er wieder solche nied-
liche Variationen schreibt, wird dafür nicht
mit dem kontrapunktischen Schulstabe dreiu-
schlagen — den wir in allen Ehren halten,
aber doch nur, wo er hin gehört! Die yte
Variation ist cm acht— masurischer Tanz,
der an sich sehr hübsch, und hier »echt
gut an seinein Plaue ist. — »
•
Wir wünschen sehr, dass Hr. v. We-
ber den Dilettanten öfter leichte, freumlii» he
und doch nicht oberflächliche Werkchen,
wie dies, seinen meisten Stücken nach, ist,
bieten möge! Stich und Papier sind gut.
(Hierin eine KupferUfd. )
Littst», aav Baaivaor* v » » H hu k
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4
ALLG EME INE
MUSIKALISCHE ZEITUNG.
Den 3 o*» Januar. N=. l8. 1805.
NochmaVgt Untersuchung Uber das Mitklingen
eines liefern Tones zu zvrty angegebenen höhern.
J-/.e Entdeckung der in einem jeden Tone
nach bestimmten Verhältnissen mitklingen-
den Nebentöne, hat so virlen Einfluss auf
die Theorie der Musik gehabt, das» dadurch
eine ganz neue Herleitung aller lutervallen,
die mit einigen Abäuderuugen in eiuem jeden
einzelnen Tone schon enthalten sind, uud
ein ganz neues Tonsystem, welches auf si-
cherer Basis ruht, entstanden ist. Die Na-
tur ist nun selbst Wegweiserin geworden;
sie giebl durch das iu einem jeden Tone,
in vollkommenster Harmonie Mit- und Zu-
sanimeuMiugen aller Inteivallen die ersteu
Grundlagen der musikalischen Theorie und
Setzkuust an; zeigt besonders, in welcher
Entfernung vom ürundtone diese ihrer Na-
tur nach am besten zu setzen sind, welche
von ihnen am meisten verdoppelt werden
können, und bestätigt den Erfahrungssatz,
dass die Dissonauzun in gehöriger Entfer-
nung von diesen erträglicher werden.
Weniger aufmerksam ist man aber bis-
her im Allgemeinen auf den mitklingenden
tiefern Ton zu angegebenen höhern gewesen.
Bios Hr. Abt Vogler hat diese Naturerschei-
nung so gut benutzt, dass er sein bekann-
tes Stinplifikationssystem der Orgeln darauf
gegründet hat.
Da nun aber die nähere Beobachtung
dieses Tones noch mehrere Vortheile, sowol
fü r die pr aktische als theoretische Musik
7- i»i>f g .
gewahren könnte, so wSre zu wünschen;
dass derselben mehr Aufmerksamkeit gel
schenkt würde. Vielleicht geben folgende
kurze Bemerkungen Anlass, dass dieser Ge-
genstand näher untersucht und die Resultate
öffentlich mitgetheilt werden.
■
EiBe jede Zusammenstimmnng von zwej
Tönen (den Einklang und die Oktave aus-
genommen) giebt einen mitklingenden tiefern
Ton, oder doch, wie die Folge beweisen
wird, eine tonähnliche Bewegung in der
Luft. Dieser mitklingende Ton ist immer
de*, jenen ihn erzeugenden Tönen ent-
sprechende Grundton , und ist nach Verhält-
nis tiefer oder höher, rein oder unrein,
nachdem die angegebenen Töue selbst in
einem einfachen oder vielfachen Verhältnisse
stehen, rein oder unrein angegeben sind.
Bey zwey in einem weitläufigen Verhältnis;
angegebenen, nahe beysammen liegenden tie-
fen Tönen, kann er seine Schwingungen so
langsam machen, dass sie nicht mehr als
Ton erscheinen, sondern als ein bloses Be-
ben, so dass man jeden einzelnen Schlag
unterscheiden, und darnach die Geschwin-
digkeit der Schwingungen eines jeden Tones
berechnen kann. Er enUteht nicht, wie
mehrere andere Töne, durch das Miterzit-
tern irgend eines mit den angegebenen
Tönen in genauem Verhältnis stehenden ela-
stischen Körpers, sondern bildet sich bloa
in der Luft, durch das Zusammentreffen
der Schwingungen. Folgende Darstellung
wird es deutlich machen, auf welche Art
dieses geschehen mus*.
x3
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2 7 9
1805. Januar.
280
Ein reiner Ton entsteht nur, wenn durch
das Ereiltem irgend eine» Körpers eine fort-
gesetzte gleiche Bewegung in der Luft be-
wirkt wird; oder wenn die Schläge, die
der in Bewegung gesetzte Körper macht,
in ganz gleichen Zeiträumen und in einer
solchen Geschwindigkeit geschehen , dass man
die Zwischenieit nicht bemerkt. Er besteht
also aas einer scheinbar zusammenhängen-
den Reihe von gleichseitigen Schlägen in
der Lud, und ist mit einer aus lauter Punk-
ten zusammengesetzten Linie zu vergleichen,
bey welcher unser Auge die vorhandenen
Zwischenräume nicht gewahr wird.
Stellt man nun diese Reihe von Schlä-
gen in der Luft, welche unserm Ohr als
Ton erscheinen, dem Auge als eine Reihe
gleich weit von einander entfernter Punkte
vor, so ist dieses auch das Mittel, das Zu-
sammentreffen einzelner Schläge von zwey
Reihen derselben, und das dadurch entste-
hende Mitklingen eines tiefern Tones an-
schaulich zu machen.
Das Verhältnis*' der Töne gegen einan-
der ist nichts anders, als das Verhältnis der
Geschwindigkeit ihrer Schwingungen, und
dieses, nachdem es nämlich einfach oder
vielfach ist, giebt immer bestimmt das frü-
here oder spätere Zusammentreffen dersel-
ben an, und daher auch das Verhältnis des
dadurch entstehenden mitklingenden Tones.
Denn die Zahl des Verhältnisses zweyer
Töne ist zugleich die Zahl der Schläge, die
jeder einzelne machen muss, ehe sie zusam-
mentreffen j die Länge der Zeit zwischen
dem Zusammentreffen ist die Grösse ( Höhe
oder Tiefe) des (mitklingenden Tones; da-
her — je grösser die Zahl des Verhältnisses
der angegebenen Töne , desto tiefer der mit-
klingende, und umgekehrt.
Der Einklang und die Oktave geben kei-
nen mitklingenden Ton. Denn der Einklang
besieht aus zwey im gleichen Verhältnis ste-
henden Tönen , die zwey Reihen von gleich-
zeitigen Schwingungen in der Luft bilden,
jedesmal zusammentreffen, dadurch jeden
einzelneu Schlag verdoppeln, und also nur
eine Reihe von verstärkten Schlägen, oder
einen verstärkten Ton ausmachen. Fig. 1.
Die Oktave besteht aus zwey Reihen
von Schwingungen im Verhältnis wie 1. a.
Der höhere Ton nämlich macht zwey Schlä-
ge, indem der tiefere einen macht; sie tref-
fen zusammen, und jeder Schlag des letz-
tern wird durch den zweyten des eralrru
verdoppelt, wodurch die Reihe des letztem,
also hlos der tiefere Ton verstärkt wird.
Die Quinte ist das erste Intervall, wel-
ches einen unterschiedenen tiefem Ton mit-
klingen lässt. Denn die Reihen der Schwin-
gungen beyder Töne sind so beschaffen,
da«« der höhere Ton drey, und der tiefere
auch zwey machen muss, ehe sie zusam-
mentreffen und einen Schlag verdoppeln.
Durch diesen verdoppelten Schlag, der jedes-
mal mit dem zweyten des tiefsten der an-
gegebenen Töne geschiebt, muss eine dritte
Reihe von Schwingungen entstehen, die noch
einmal so langsam sind, als die des letztern,
folglich ein Ton sich bilden, der noch einmal
so tief ist, als der tiefere der Quinte. Fig. 3.
Das Verhältnis der Terz, 4 zu 5, ist in
der kleinsten Zahl noch einmal so gross,
als das der Quinte, daher ihr mitklingender
Ton noch einmal so tief. Denn der tiefere
Ton derselben muss 4 Schwingungen ma-
chen , eh' er mit der 5ten des höhern zu-
sammentrifft; die neue Reihe der dadurch
verdoppelten Schläge ist also noch zwey mal
so langsam, als die des tiefsten der Terz,
folglich auch der mitklingende Ton noch
zweymal so tief. Fig» 4.
Sofort lassen alle Töne, die in einer
Saite mitklingeud sind, und achon gleichkam
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«&i 1805.
selbst einen Theil von ihrem Tone ausma-
chen, denselben wieder hören, und »war in
eben der Entfernung, als er sie mitklingend
erzeugt; und man sieht, wie genau die bey-
deu Arten mil klingender' Töue zusammen«
hingen. Fig. 9. Duck machen diejenigen
Tone hiervon eine Ausnahme, welche unter
sich noch in einem engern Verhältnis ste-
hen, und auch als mitklingende Tone einer
andern Saite betrachtet werden können, wie
z. ß. in der Saite C, 1 die Töne g £ und
d $ welche, weun sie zusammen augegeben
werden, den Ton g f hören lassen; so auch
die Töne g T * und h -fr. Fig. 7. 8.
Es versteht sich von selbst, dass wenn 1
den Tun C bezeichnet, die in dieser Ton-
leiter aufgenommene Quarte £ als umgewen-
dete Quinte, mit c nicht wieder c, sondern
f hören lasst, weil dieses der eigentliche
Grundtoo ist. Eben so die Sexte a als rei-
ne Terz von f. Fig. 5. 6.
Hieraus sieht man nun, dass alle Intervalle,
in weichem Verhältnis sie auch stehen mö-
gen, einen mitklingenden tiefen Ton erzeu-
gen müssen; es scy denn, dass nach Maas-
gabe des Verhältnisses uud der Tiefe der
angegebenen Töue, die nothwendig entste-
hende neue Reihe von Schwingungen so lang-
same Schlage machte, dass sie ausser den
Grenzen, in welchen dieselben unserm Ohr
als Ton erscheinen, lagen. Alsdann wird
man, wie schon oben gesagt ist, anstatt des
Tones, blos ein leises Schnurren oder Be-
ben bemerken; und dieses bemerkt man
auch wirklich beym Stimmen der Orgeln,
wenn beyde zu stimmende Töne noch un-
rein oder sehr tief sind , oder auch bey tie-
fen dissonirenden Tönen von andern Instru-
menten.
Es ist also gewiss, dass alle Terzen,
Sexten u. s. f. mitklingend ihren Gruudlon
hören lassen , und es scheint daher die Beob-
achtung dieses mitklingenden Tons x) haupU
Januar. 282
stichlich für Violinspieler nothwendig za
seyn; denn da sich auf der Violin bey Dop«
pelgriffen dieser Ton besonders deutlich hö-
ren lasst, und entweder falsch oder gar
nicht mitklingt, wenn diese Griffe nicht rein
sind : so wird' er hierdurch nicht nur der
Maßstab, nach welchem die Töne auf die-
sem Instrumente in ihrer höchsten Reinheit
angegeben werden können, sondern es scheint
auch dadurch zu erhellen, dass zuweilen
ein und derselbe Ton, nachdem ihm eist
verschiedener Grundton gegeben ist, auf ver-
schiedene Art genommen werden raus«,
wenn nicht eine Disharmonie entstehen soll«
Bin Beyspiel wird diesen Satz rechtfertigen.
In dem *ten Konzert von Rode in A moll,-
kommt zu Anfang des zweytun Solos fol-
gender SaU vor:
wo zu dem zweylen Takte die Harmonie
natürlich II dur, und a die Septime ist.
Wird nun die Terz fis a wie gewöhnlich
genommen, so ist es Terz und Quinte von
dem Grundton D, welcher also auch mit«*
klingt und zu dem Dis in der Harmonie Et
eine unerträgliche Dissonanz macht. Ware
auch dieser Salz ohne alle Begleitung, so
würde er, auf diese Art genommen, eine
nicht minder unbefriedigende Wirkung ma-
chen, denn , zu den beyden Terzen ^ -J^
klingen ohnfehlbar die Grandtöne E> D io
gleicher Bewegung mit, die keinem zarten
Ohr verborgen bleibeu können und wodurch'
eine jedes Ohr beleidigende Uarmonieeufolge
entsteht. Hier also wird es notbweudig
seyn, die Terx fis a so zu nehmen, dass fis
die reine Quinte und a die Unterbalfungs*'
septime $ von H ist» (die Terz etwas en-
ger) wozu dann der Ton H mitklingt, und
die Harmonie rein und befriedigend wird.
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1805. Januar.
284
Dergleichen Sätze kommen in Violinstücken
öfters vor, und es ist gewiss nicht ohne
Nutzen für den Spieler, sowol dabey, als
überhaupt bey Doppelgriffen, auf den mit-
klingenden Ton zu achten, und darnach die
Reinheit seiner Töne zu beurlbeilen.
a) Kann durch diesen mitklingenden tie-
fen Tun genau berechnet werden, wieviel
Schwingungen ein jeder Ton in einer be-
stimmten Zeit macht ; und welches die Gren-
ze ist , wo unaerm Ohre die Luflschwingun-
gen als Ton oder als ein bloses Schuurren
oder Beben erscheinen. Man giebt nämlich
auf einer OrgeJ, oder sonst einem rein und
festtönenden Instrumente, zwey rein ge-
stimmte Töne, so tief, .und in einem sol-
chen Verbältnisse an, dass die durch das
Zusammentreffen der Schwingungen dieser
Töne nolhwendig entstehende neue Reihe
vou Schwingungen dieselben so laugsam
macht, dass sie ganz einzeln als ein bloses
Beben erfolgen, und leicht zu zählen 3iud.
Da man nun doch weiss, welcher Ton die-
ses Beben seyn müsste, wenn unser Ohr ge-
schaffen wäre es als solchen zu bemerken:
so kann nach der zu findenden Anzahl die-
ser Schläge in einer bestimmten Zeit, eben-
falls gefunden werden, wieviel ein wirkli-
cher Ton, der in einem bestimmten Ver-
hältnis mit jenem steht, dergleichen in der
nämlichen Zeit machen muss, nnd wieviel
alle andere Töne nach ihren Verhältnissen.
Um nun die Grenze bemerken zu kön-
nen, wenn die Luftschwingungen als Ton
erscheinen, und was für eine Geschwindig-
keit derselben dazu erforderlich ist, wird
mau nur die beyden Töne stufenweis immer
höher, oder andere Tonverhältnisse, die eine
nach Graden immer geschwindere Reihe
Schwingungen hervorbringen müssen , neh-
men dürfen; es wird dann mit angestreng-
ter Aufmerksamkeit möglich seyn zu hören,
wenn diese Schwingungen, deren Geschwin-
digkeit nach den angegebenen Tönen leicht
zu berechnen ist, anfangen Ton zu werden.
Hildburghausen.
F. A, Gl eichmann.
Recensxokeh.
1) Deux Sonattt pour U Pianoforte, compo-
sets par Antoine Liste. (Pr. ö Liv.) und
■ • ■
a) Deux Sonntet suivits d'une Fugue pour U
Piano/orte, comp, par l' Abbe Maximilien
Stadler. (Pr. 8 Liv.) beyde im Verlag
Hans <Georg Nägeli's in Zürich.
Hr. Nägeli verharrt treulich bey seinem
rühmlichen Plan, in diesem sein Repertoire (von
welchem die genanntem Werke den. Sien und
Qten Heft ausmachen,) nichts aufzunehmen,
was nicht wahren inner 11 Werth halte und auch
in Absicht auf äussere Form sich über das Ge-
wöhnliche der Sonaten erhübe, in einem
freyern Feldesich bewegte, uud so der Kunst
selbst, wie diesem Unternehmen des Heraus-
gebers, Vortheile gewähren könnte.
•
No. 1. Ree. gestehet, dass ihm dieser
Komponist hier zuerst bekannt wird , und da
dies der Fall der meisten Leser seyn möchte,
auch dies Werk so vieles wahrhaft Ausgezeich-
nete hat, wird es erlaubt seyn, etwas länger
bey ihm zu verweilen. Hr. L. soll, nach öf-
fentlichen Blattern, einer der talentvolleren
Komponisteu, ein ausserordentlicher Klavier-.
Spieler, und noch ein junger Mann seyn:
man könnte vielleicht von alle dem Merk-
male in diesen Sonaten finden; wir wollen
aber von diesen historischen Umständen abse-
hen, und uns nur an die Komposition selbst
halten. Beyde Stücke sind wirklich, was man
jetzt hur oft so tauft — grosse Sonaten , in
Absicht auf Gedanken und Auaführung j sind
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1805. Januar.
286
Frey gehalten, und nähern «ich so deuPhanta-
sieen, dass sie, und besonders die zweyte,
wol auch so genannt «erden könnten — Ge-
nialität ist bey dem Verl. nicht zu verkennet!,
nur halte sie zuweilen des Zügels — oder lie-
ber, er selbst halle der Kunstbildung mehr be-
durft, als ihm noch zu Theil worden seyn
mag. Indess ist nicht zu läugnen, dass eine
solche jugendlich- üppige. Fülle , ein zuweilen
zu ausschweifendes Gefühl des eignen Vermö-
gens, diesem Verf. iu seinem Werke ein ge-
wisses Ansehen von Wohlhabenheit, Ueber-
fluss und splendidem Wesen giebt, das dem
\ • *» <
Beschauer; im Geistigen wie im Körperlichen,
wohlthiit, seihst wenn er es nicht eigentlich
schön findet. Der Styl ist deutsch, doch
nicht ganz rein durchgehalten. Wir folgen
nun dem Verf. genauer, und fugen über das
Einzelne kurze Bemerkungen bey, wie sich
Stoff dazu fiudet.
Der Verf. fangt (Largo) mit einigen pathe-
tischen Akkorden, durch freye Figuren ver-
ziert und verbunden, an, und gehet dann in
das Allegro con espressiune über, dessen An-
fang und in der Folge vielseitig gewendete«
Thema dieses int:
3=3
i
- ' 4- ~~~"T" — _| t* y
7
n
>W 7 VZ
Man sieht schon hieraus, dass der Verf. volle
Harmonie, besouders auch viel Leben in den
Mittelstimmen, und dabey einen einfachen,
guten Gelang lieb'; und mau findet das auch
durch das YVerk selbst bestätigt. Dieses be-
kommt eine grosse, weite und breite Ausfüh-
rung, welcher es aber auch an zarten , anmu-
thigen Zwischensätzen (wie S. 3, Syst 3) gar
^nicht fehlt, und wobey eben so wenig die bril-
lanten Passagen gespart sind. In dieser Ausfuh-
rungaber vermisst man noch das Gehaltene —
das, was der Maler deu T$»n des Bildes nen-
net, und möchte statt dessen lieber gewisse
Wiederholungen, (z. B. S. 3, Syst. 2, Takt 5
folgg., das die Folge ganz wiederbringt,) so
wie manche gar zu weil entfernende Exkurse,
vermissen. Auch möchte man manchen Pas-
sagen mehr Rundung uud Fluss wünschen,
(z. B. S. 4, Syst. 3, und wo sie wiederkömmt,)
uud das koLellirende Anbringen manches Ver-
alteten, ohne sonderlichen Effekt , dürfte sei-
nes Zwecks , wie gemeiniglich alle absichtliche
Koketterie, verfehlen, (z. B. S. 4, letzter, u.
S. 5, ersten Takte, so wie in mehreru ähnli-
chen Stellen der Folge). Dahingegen thnt es
ungemein wohl , wenn der Verf. S. 5, zu dem
angeführten Hauptgedanken und jenen leben-
digen Miltelsliuimen zurückkehrt und mit die-
sen nun tiefer eingehet, was, nachdem er zu
dem ersten Largo zurückgekehrt ist, noch
einnehmender wird, wo nach dem üotuinan-
tenschluss des Es dur, jenes Thema in H dur
beginnt — (der Leser transponire sich die an-
geführte Stelle um eine Quarte tiefer, wo
daun der Verf. also fortfährt) :
- . ♦
1
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287
180J. Januar.
283
• -a>- «*~ -a» ae aä s» j ' I ii. I I
len
•3-
— — C S
■ tempu
Und so weiler, wie im Anfang und wie oben
abgeschrieben worden. Wenn diese Stelle an
sich schon sehr gut ist , so ist sie es noch mehr
in ihrem Zusammenhange, und die ihr
ähnliche, S. lo, nach einem überraschen»
den, aber auch all zu fremdartigen Zwischen-
spiele, das als Impromptu betrachtet seyn
will — noch tiefer eingreifend, aber zu
laug, um ausgehoben zu werden. An diese
schliesst sich, nach einem leidenschaftlichen,
heftigen Schluss, (S. IO, Syst 4 und 5) sehr
willkommen ein melodiöses, beruhigendes
Adagio iuCdur, welches einen Miltelaatz in
Moll bekommt, der eine singhare, einfache
Melodie, aber auch wieder sehr volle Mittcl-
stimmen erhält, welche die aus dem ersten
AUegro, wie sie in den hier angegebnen Bey-
spieleu vorkamen, imitirt, wodurch beyde
Sätze schön verbunden werden, und auch, von
diesem abgesehen, eine sehr gute Wirkung
hervorgebracht wird ; nur möchte man dieser
Melodie a n si ch noch mehr Hervorstechendes
wünschen, um dieser reichen harmonischen
Behandlung ganz würdig zu seyn, und in der
letztein das Absichtliche weniger bemerkluh
werden zu lassen. Neu , überraschend und
seltsam ist der Lebergang S. io, Syst. i5, und
sehr angenehm die unmittelbar folgende Par-
thie bis, nach ausgeführter, freyer, aber ganz
ausgeschriebener Verzierung, das Thema in
As dur wiederkehrt, nach welchem, auf ein
anfangs schneidendes , dann immer heitere»:
werdendes Zwischenspiel, ein strenger ausge-
führtes Finale, Presto, folgt, das in Erfin-
dung, Anordnung und Ausfuhrung einigen
grossen Rondos von Cramer ähnelt. Diea
ist schwer auszuführen, auch gehet es, nach
meinem Dafürhallen, denn doch darin zu-
weilen gar zu wild und kraus her. — Di«
zweyte Sonate ist ein eben so genialisches,
aber weniger zusammengesetztes und seltner
ausschweifendes Ganze, das m i r noch gen les-
barer ist und meine Achtung gegen den talent-
vollen Verf. noch erhöhet. Sie fängt mit
einem pathetischen Grave an, das durch sei-
nen Charakter und manche neue, imposaute
Wendungen , (zu welchen nur die etwas ver-
brauchte Imitation, S. 5t, Syst. 5 und 4 nicht
recht passen will,) den Geist erhebt und
kraftiget, und gehet vortrefflich und fein in
das AUegro über, das brillanter als die er-
ste Sonate gehalten, auch enger in sich selbst
abgeschlossen, und, bey aller Mannich faltig-
keil in den Details, im Ganzen ziemlich ein-
fach bleibt, wenigstens nicht zu grell wird,
wenn map das nochmalige Davonlaufen in
der letzten Zeile, die sich aber von jedrm,
der so etwas spielt, leicht abändern, wenig-
stens abkürzen lässt — ausnimmt. Nur die
Beschränkung des mir verstatteten Raums
hält mich ab. dem Komponisten nicht auch
hier in das Einzelne zu folgen, und einige
Ausstellungen an beydea Sonaten in Absicht
auf Reinheit des Satzes, (die jedoch nicht
von Erheblichkeit seyn könnten.) hinzuzuset-
zen. Auf die treffliche Stelle S. 4i, Syst. 5,
bis S. 4a, Syst 4, will ich aber noch die
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a89 j 8o5.
Studirenden aufmerksam machen — warum?
das wird ihnen Verstand und Herz schon
selbst aagm. Uebrigens verlangen diese So-
naten einen tüchtigen Spieler, der nicht
nur Si<h<iheit und Fertigkeit in den Hän-
den, sondern auch ein Herz im Busen, und
Einsicht im Kopte hat — letztere haupt-
sächlich auch um die nicht selten verwickel-
ten ilauptideen gehörig aufzufinden und gut
hervortreten au lassen r aber leicht — wirk-
lich leicht siud sie noch im Vergleich mit
No 2. Hr. Abbe Stadler ist als einer der
einsichtsvolleslrn .Lehrer der Tonkunst und
als einer der gründlichsten, gelehrtesten Koin-
pouisten in ganz Wien bekannt, und von
dem letzlern zeugen alle, vornehmlich aber
am Ii diese seine Kompositionen s aber eben
diese haben zugleich, ausser dem Schwie-
rigen Pur die Ausführung, (das hier zu-
weilen nur gar zu nahe au das Uuausführ-
bare gränzt.) auch eine gewisse Schwere —
ein Uebermaas der Ausführlichkeit, einen
gotliischen Reichlhum , eine lastende Fülle;
von beydem, jenem Schwierigen und diesem
Schweren, 'fühlt mau sich aber zuweilen
wirklich gedrückt, bis zur Ermattung. Es
verstehet sich — ein Gegenstand der speku-
lativen Philosophie kann nicht so gemein-
fasslich und gefallig ausgesagt werden, wie
etwa am Theetiach ein Raisonnement über
die Eitelkeit der Frauen; so kann auch ein
Kunstwerk dieser Gattung nicht so darge-
stellt werden, dass es der flüchtigen Stim-
mung und der geringen Kunstgeschicklich-
keit gewöhnlicher Liebhaber zusagte: aber
es giebt doch überall -'ein Maas und Ziel,
und muss es geben; ja, wenn man über
das gesuchte Dunkel und die absichtliche
Verhüllung ' des Auszusagenden bey manchrn
Philosophen, als über einen sträflichen Ob-
scurantismue -klagt: sollte man nicht noch
mehr Grund haben zu solcher Beschwerde
bey ähnlichem Verfahren maoeher Künstler
in ihren Werken? Sollte nicht alles Wahre
Januar. 290
so gesagt, und alles Schöne so dargestellt
werden können, dasa es von jedem, der des
Sinnes dafür nicht ermangelt, verstanden
und genosseu werden könnte*? und wenn da»
so ist: sollten nicht die Künstler wie die
Schriftsteller , zu einer ihrer Hauptbestre-
bungen machen , es auch so zu sagen und
so darzustellen — wobey die Sache selbst
überall, sie selbst aber bey den Würdigsten,
allezeit gewinnen würden? Raphael ist, in'
jenem Sinn, plan und fasslich; Lebrün ist
es nicht; alle Achtung gegen Lebrün, aber
wer ginge nicht lieber vor zehn Lebrün»
vorüber, als vor einem Raphael?
Hr. St, den ich wahrhaft ehre, verzeihe
mir, wenn ich bey der durch ihu gebotenen
Gelegenheit einige Worte nicht unterdrücken
mochte, die mir eben jetzt manchen Künst-
lern zu sagen nöthig schienen, wenn sie
ihn auch nicht mehr,' als andere treffen soll-
ten; und der Leser lasse mir zu, dasa ich i
dieser Werke, der angegebenen Beschaffen-
heit derselben wegen , nur mit Achtung
kurz gedenke; das erste Allegro der zweyten
Sonate ihm, als auch für die Wirkung gut,
heraushebe — (es ist im Geist und in der
Wirkung ohngefabr, wie die ersten pathe-
tischen Allegros grosser Konzerte, wie man
sie jetzt mit Recht vorzüglich liebt); dasa
ich ferner beklage , wenn Hr.- St., was man
von ihm zu empfangen so sehr gewünscht
hätte — Adagio's, gar nicht gegeben hat,
und dass ich endlich dem Verf. meine auf-
richtige Bewunderung seiner reichen Kunst
in der Bachischen Ausführung der angehäng-
ten Fuge nicht verschweige, obseßou ich
nicht zWeifeln kann, dass auch diese, nfcht etwa
nur mehr Freunde finden, sondern wirklich
an innerm Werth gewonnen haben würde,
wenn sie nicht schon folgendes gesuchte The-
ma erhaiten hätte r — — - — ~ ■ ,~
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1805. Januar.
29*
Je reich« uud künstlicher die Ausfüh-
rung einer Fuge ist, je einlacher, dächte
ich aber bedeulend, charakteristisch,
wirklich etwas aussagend, suille das Thema
seyn: wie soll es sonst der Hörer fasten
ohne zu rechneu, oh oe den Verstand allein
zu beschäftigen was ja doch der Künst-
ler nicht will und auch nicht beabsichtigen
soll? Bewunderung köuneu solche Werke
erhallen, und verdienen sie auch: aber es
iat. denn doch ein kaltes Diug uro das Be-
wundern;, lieb gewinuen kauu sie nur der,
welcher sie als Mittel zu einem besondern
Z W eck — als Studien, Bildungsmittel an-
siehet; und als solches ist auch diese Fuge
ganz vorzüglich zu empfehlen.
. Dass das Aeussere dieser ganzen Samm-
lung vortrefflich ist, ist bekannt} doch fin-
den wir hier den schönen Pariaer Stich nicht
ganz so korrekt, .»U,#on»t». welchem jedoch
der achtsame Herauag. bey spätem Abdrük-
ken wahrscheinlich abgeholfen haben wud.
Kurze Anzeige.
Ausgewählte Stücke aus dem Singspiel.- .flau/
, der Blaubart, von Gretry und Fischer, für
. das Piano/orte. Wien, b. Thade WeigU
Man scheint in. Wien an der Verherr-
lichung Grctry's in Paiisaj-ft einiger Zeit
Theil genommen za^0at^f indem man
seinen Blaubart mi^rosseftt Aufwand wie-
der auf die Bühne gebracht und ihn dadurch
dem Publikum hat geniessharer machen wollen,
dass mau Herrn Fischer mehrere und mo-
dernere Musikstücke hat einlegen lassen.
Diese Stücke, so weit sie sich aus dem
Auazuge beuilheilen lassen, zeugen wirklich
von Geist, Feuer und Geschicklichkeit des
Komponisten, koolrastiren aber nicht selten
gegen Grctry's Musik. Dass aber diese,
wenn man sie nur von der rechten Seile
ausiehet — denn von Einer. Seite will sie
freylich angesehen seyn — wahren Werth
habe, ist bekannt. Der obige ist nur ein
gemeinschaftlicher Titel für die auch einzeln
zu habenden Stücke, von denen diejenigen
genannt werden sollen, die sich auch beym
Pianofor(e am vorzüglichsten ausnehmen.
Ourertüre von Fischer, (Pr. 56 Xr.) mit
Lebendigkeit und Energie ohngefahr in der
Manier der neuesten französischen ausgeführt,
(der Sprung, von Takt 4 in 5, 8.», Syst 1,
ist deun doch zu sehr, Luftsprung!) Duett
von Gretry: Ja ja, ich gebe deine Schwüre
u. s. w. (Pr. ai Xr.) iu diese» Komponisten
deklamatorischem Gesänge sehr gut ausge-
führt. Die Scene, mit Chor: O Gott, da
wirst sie stärken u. s. w. (Pr. 24 Xr.) ist
ein feyerliclier und schöner Gesang, der Hrn.
Fischer Ehre macht. ^ Endlich die längst
rühmlich bekannte Scene Gretry*«: (Terzett)
Schwester, Schwester, siehyt du nichts?
(.hier nicht so gut: Vergi, ach theure Schwe-
ster u. s. w.) wird, ohngeachtet einiges Bi-
zarreu und der Berechnung auf Aktion, auch
beym Pianof. nicht gleichgültig lassen.
( Hierzu eine Kupfcrtafol. )
L 11 »
• *
sie» iit.Binliisu .111 Blmt,
-
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■ ■
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ALLGEMEINE
MUSIKALISCHE ZEITUNG.
Den 61« Februar.
N". 19.
1805.
Recbksio«.
Singschute des Konservatoriums d. Musik in Paris.
Mit franz. u. deutsch. TeXte\ in 3 Abtheilungtn.
Enthaltend : 1) Die Grundsatze des Gesanges u.
Singeubungen. 3) Solmisationen aus den besten
altern und neuem Werken, j) Arien in allen
Taktarten und von allen Charakteren. Leipzig,
bey Bivilkopf und Härtel. Pr. 6 Tblr. Jede
Abtlieiluog wird auch eiazeln verkauft, und
koatel 2 Tblr.
Welche merkwürdige, glänzende, jedem
wahren Freunde der Tonkunst äusserst
willkommene Erscheinung ist dieaea Werk ! —
Lange schon war die allgemeine Aufmerk-
samkeit auf ein lnatitut gerichtet, daa in
dem Umfange und mit der Kraft, wie ea
d* steht, uur in . Paris gegründet werdeu,
nur in Paria gedeihen konnte. Wie dieses
Konservatorium sich unter allen Stürmen
«od Kabalen emporhob, welche Fortachritte
die ZOgliuge desselben , besonders in der In-
strumentalmusik, machten, daa weias jeder,
der die Berichte davon in dieaen Blattern
gelesen hat. Wer dürfte es einem de ut-
achen Tonkünstler verargen, wenn er —
eingedenk , dasa die schönen Künste in sei-
nem lieben Vaterlande mehreulheiU sieh
selbst überlassen werden ) dasa unare Kapel-
len — ™* mehren theils keine zweck massigen
Pflansscbuleo sind, und die Unternehmun-
gen einzelner braver Manner, s. B. zur Be-
förderung des Gesänge«, «war Theilnahme
erregen nnd 'Nutten stiften« aber — ohne
be deutenden Fond, ohue gehörige UnierstüG-
7* isarg.
I
sang von oben her — steh oft nur mit
Mühe erhalten — : wenn er um des will est
mit gerechlem Neide auf jenes Konserva-
torium blickt? — Allein diese Empfindung
weicht bald einer andern , su der auch die
Erscheinung des hier anzuzeigenden Werks
Aolaas giebt. Es ist die Freude darüber,
daas daa Konservatorium auf einem so schö-
nen Wege wandelt, die unveränderlichen
Gesetze der Natur sur Richtschnur wühlt,
dem Ideale der Kunst nachstrebt, und mit
edlem Muthe jeden Eiufluss des einseitigen
Nationalgeschmacks und der National vorur-
theile von sich su entfernen sucht. Oder
sollte es für den Kosmopoliten nicht- herz-
erhebend seyn, wenn er — nicht blos aus
Nachrichten, wo doch Partheylichkeit mög-
lich ist, hört, sondern mit seinen eigne«
Augen sieht, wie die ersten Künstler eines
Volks, das seit Jahrhunderten den Geschmack
des übrigen Europa au leiten pflegt, den
ächten Grundsätzen der Kunst huldigen nnd
sie gegen die Verirrungen ihrer eignen
Landsleule im Schutz nehmen? — sollte die
Aussicht nicht erfreuen, dass daa Ansehen
solcher Mäuner, deren vereinte Bemühun-
gen nm die Praxis und Theorie der Ton-
kunst dort schon so wohllhälig gewesen ist,
manchen Virtuosen und Liebhaber dea Ge-
sanges bewegen würde, Solidität filr Frivo-
lität, innere Kraft und Würde ffir eitlen
Schimmer einzutauschen, nnd so den üblen
Eindruck su schwächen, den die französi-
sche Art su singen bisher bey Italienern
und Deutschen hervorbrachte? — In der
That hat Frankreich, das in altern
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1805. Februar.
296
neuem Zeiten unbeschreiblich viel Gutes,
aber auch Böses wirkte, in Absicht auf die-
sen Punkt noch sehr viel gut zu machen.
Es war und ist noch immer den schonen
Künsten, was die Mittagssonne den PHeu-
sen ist. Mit Macht entfaltet sie sie, aber ver-
aengt sie auch oft, und so hemmte Frank-
reichs Kunstpflege nicht selten das zweck-
mäßigere Gedeihen, was die Künste durch die
Morgensonne (Italiens) erhielten, oder durch
die Abendsonne (Deutschland») erhalten konn-
ten. Zwar fand die übertreibende , nicht acht
musikalische Singart der Franzosen nie so
allgemeinen Eingang, weder in Italien noch
Deutschland, wie ihre Kleidermodeu ; aber
aie wirkte dqch hie und da, besonders auf
de in deutschen Theater, und das musste um
ao leichter geschehen, da theils die franzö-
aischen Operellen in dramatischer Hinsicht
den italienischen und deutschen so überle-
gen waren, theils das lebhafte, ausdrucks-
volle Spiel franz. Theatergesellschaften, die
sich in Deutschland angesiedelt hatten, die
Mangel ihres Gesäuges verdeckte. Wer
weiss, wohin es noch damit gekommen
Wäre: denn die politische Gährung des
Mutterlandes der Singkunst hatte es auch
in artistischer Hinsicht zu unbedeutend ge-
macht, um dem Jeinreissenden Strome weh-
ren zu können; und Deutschland — mit
eeiner hohen Kultur der Instrumentalmusik
und seiuem, die bessere Ueberzeugung oft
unterdrückenden Hang zur Nachahmung des
Auslandes, — würde der Autorität einer
{rossen tonangebenden Nation ebenfalls nur
einen schwachen Damm entgegen gestellt ha-
ben, da die so überaus nützlichen Singaka-
demieen immer .noch nicht genug geschätzt
und noch nicht allenthalben eingeführt sind. —
Aber welch ein Triumph der guten Sache,
dassj selbst aus der» Gegend, von woher
das Uebel drohte, eine so bedeutende Stim-
me zur Unterdrückung desselben erschallt,
die nicht ohne grosse Wirkung bleiben kann!
Diez' zeigt schon die Art, wie dieses
Werk entstanden ist. Das Konservat. halte
mehrere seiner Vorzüglichsten Mitglieder er-
nannt, um ein Lehrbuch de* Gesanges für
seine Eleven zu besorgen. Darunter war
Bernardo -Mengoz*«', ein Sänger aua
liernachi's Schule, der irn Vorbericht
wegen seiner Talente und seiner Metbode
sehr gerühmt wird. Er unterzog sich die-
ser Arbeil, aber der Tod raffte ihn früh
dahin. Die Kommission legte seine Ideen
bey diesem Werke zum Grunde und beauf-
tragte C her ubi 11 i, die nun vollendete Sin—
geschule zur Prüfung vorzulegen. Dies ge-
schah; mau discutirie hierauf gemeinschaft-
lich Artikel für Artikel — (so nur muss
eiti solches Lehrbuch entstehen!) — und
nun ward es erst vom Konservatorium sank-
tionirl. — Durch dieses Verfahien sowol
als durch die Berühmtheit vieler Mitglieder
der Kommission ( C h e r u b i n i , %l e h u I ,
Gossec, Giugueue, Garai u. a.) wird
schon ein günstiges Vorürtheil für dieses
Buch erweckt. Man vermuthet hier keiuen
losen Zusammenhang der Malarien, keine
unnützen Digressiouen, keine unreifen Be-
hauptungen, kurz, ein gerundetes vollende-
tes Werk; und — fiudet seine Erwartung
nicht nur nicht getauscht, sondern in man-
chen Stücken sogar übertreffen. Ree. glaubt
nicht zuviel zu sagen, wenn er behauptet:
dass vielleicht noch kein Lehrbuch irgend
einer Wissenschaft oder Kunst existire, wel-
ches mit einer bündigen Kürze so ungemeine
Klarheit und Gründlichkeit in sich vereinigt,
wie diese Methode de Chant. Fast jedes
Wort ist gewählt, und daraus ergiebt sich
schon die sichere ruhige Haltung, welche
sich über das Ganze verbreitet; ein Vorzug,
der sonst den französischen Schriftstellern
eben nicht eigen zu seyn pflegt. Warlich,
wenn die französ. Nation dieses Werk
•och ohne Rücksicht darauf, das« die Re-
gierung es beförderte — nicht mit gerech-
tem Enthusiasmus aufnähme, wenn sie .ihm
nicht eine, man möchte sagen, kanoni-
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1805. Februar.
*9%
sehe Autorität zugestünde; — es würde
ihr au keiner Ehr« gereichen.
Um einem solchen Buche volle Gerech-
tigk t wieder fahren su lassen, muss tu in den
eigentlichen nächsten Zweck deaseloeu
nicht aus den Augen verlieren. Es soll
nichts enthalten; und enthalt auch wirklich
nichts, als (im 1 ersten Theilj die Grund-
tatze, wornach ein guter Lehre! - verfah-
ren muss, und (im 2. u. 5. Th.) die prak-
tischen Hülfsmittel, deren er sich zu bedie-
nen hat, um seinen Zögling, wie auf einer testen
Leiter, allmäblig und sicher zur möglichsten
Kunsthöhe su führen. Jn der Thal ist es
kein geringes Verdienst der Verf., dass sie
sich in diesen Schranken hielten. Hatten
sie, — wie man es in Deutschland zu ver-
langen pflegt — alles erschöplen wollen»
was man wissen und bedenken muss , um
sich selbst, auch ohne Hülfe eines Leh-
rers zum Sänger zu bilden ; - so würden sie
kein Ende gefunden und, troz aller Weit-
läufigkeit, bey der noch fortdauernden Gäh-
rung der Aeslhetik, doch viele Lucken ge-
lassen haben. Ein solcher Misgriff herrscht,
wo nicht in allen, doch in sehr vielen uns-
rer Kunstlehrhücher. Sie kündigen sich als
Werke an, welche alle andre Hülfe ent-
behrlich machen, oder verrathen wenigstens
die Tendenz, alles geben zu wollen, da-
mit es dem Lehrer oder Lehrlinge hübsch
bequem werde, uud — geben gerade des-
halb hier su viel und da zu wenig. In
einer Wissenschaft, in einer mechanischen
Kunst, ja sogar auf einem Instrumente,
wenn man die ersten Elemente hinter sich
hat, kann man es durch bloses Selbststu-
dium weit bringen, wie die Erfahrung zeigt;
aber sich selbst, ohue persönliche Mitwir-
kung eines Andern, singen, — ordeutlicb,
kunstgemäss singen — lehren, — das kann
kein Mensch, und wenn er auch, wer weiss
wie viel d«r vortrefflichsten Lehrbücher su
Rathe zöge. Dazu bedarf er schlechterdings,
vom ersten Anlange au t einer
mündlichen Zurechtweisung und Hülfe.
Hiermit ist nicht gesagt: dass ein Sanger,
der schon einen guten Grund gelegt, und
siih mit anderweitigen musikalischen Kennt-
nissen versehen hat, aus diesem Buche nicht
für sich allein manche nützliche Winke und
Belehrungeu nehmen könnte; sondern nur:
dass die Verf. sehr wohl thaten, bey ihrem
Plan auf einen tüchtigen Privatiebrer
mit zu rechnen, wie es auch die nächste
Bestimmung dieses Werks, — für die Ele-
ven des Konserv. — fordert.
Wo nun die Kritik schon bey der Ver-
fertigung eines Buchs so geschäftig gewesen
ist, wie hier, da findet sie natürlicherweise
nach Vollendung desselben wenig mehr zu
tbun. Mag es denn Pflicht scheinen, sich
gerade in solchem Falle mit einem Mikro-
skop zu bewaffnen; Ree. halt es für nützli-
cher', wenn er hier jenen Grundsatz: „ubi
p>nra nitent etc.* befolgt,' als wenn «r dar-
auf ausginge, kleine Mängel auszuspähen,
die auch bey dem vollendetsten Produkt des
menschlichen Fleisses unvermeidlich sind.
Doch wird ihn weder der gerechte Enthusias-
mus lür dieses Werk, noch die Hochachtung
gegen die Urheber desselben hindern , bey der
(tilgenden Inhaltsanzeige hie und da au sa-
gen , was er vermisst oder geändert wünscht,
und — ihm von Bedeutung scheint.
Das erste Kapitel drs ersten Theils
handelt vom Mechanismus der Stim-
me, und enthält eine kurze physiologische
Erklärung der Organe, welche zur Stimm-
bildung beytragen. Hier heisst es gleich zu
Anfange : „Die Stimme ist das Organ des
Sprechens und Singens. Dies Organ phi-
losophisch zu erörtern, wäre unnütz in
einer Singekunst u. s. w." (Wohl wahr! aber
eine kurze physiologische Erörterung,
w i e der Akt des Siugens von dem des Spre-
chens verschieden ausgeübt wird, wärt
hier ganz an ihrer Stelle gewesen, theils,
weil der übrige lohalt dieses Kapitels dies
gleichsam zu fordern scheint, ihcü» in be?
1805. Februar.
299
soudrer Beziehung auf das Recitaliv, Von«
dem letztem wird 8. 77 mil Ret ht verlangt :
dass es zugleich gesungen und gesprochen
werden «oll. Freylich Usst sich dies nicht
mit Worten beschreiben, aber selbst man-
che sonst geschickte Lehrer verlebten hier
den rechten Weg, und eben deshalb möch-
ten einige Fingerzeige über den spezifi-
schen Unterschied des Lesens, Rezitirens,
D'kUmirena and Singens — wenigstens in
irgend einer Anmerkuug — nicht überflüs-
sig gewesen seyn). 2tes Kap. vom A t h-
xnen. — (Kurz, aber lehrreich.) Eben so
das 3te Kap. vom Angeben des Tons. —
(Hier sieht eine Bemerkung* welche beson-
ders deutsche Sauger beherzigen sollten.
.Wird der Ton nicht rasch angegeben, so
wiid er — guttural (Kehlenton, be-
stimmter: Gurgelton} deqn alle Gesang
tÖue sind Kehlentöne)." Unsre deutsche
Spiaobe ist von- Natur und durch Gewohn-
heit sehr gurgelnd. Der Ton geht mehr in
den Schlund hinein, als heraus. Deshalb
erinnern uns auch unsre Sprat hmeister mit
Recht: das Franzis., Engl, und Ital. vorn am
Muhde (an bout dea levres) auszusprechen.
Welchen nachtheihgen Einflus aber jene Ge-
wohnheit auf den Gesang habe, sieht jeder
leuht ein. Der Ton wird matt, undeuüich
und klanglos)* —
4. Kap. — Eintheitnng der Stim-
men. — (Die bekannte, nur dass den
männlichen Stimmen, und mit Recht, der
Koutraait (haute-couüe) abgesprochen wird).
5. Kap. — Von den Registern der
Stimme. — (Die Verf. bezeichnen damit,
nach dem Beyspiel der Italiener, sehr tref-
fend die verschiedene (materielle) Qualität
der Stimme. Diese entsteht durch den
grossem oder geringem Grad des Kraft und
Thätigkeit der Geaaogorgane und der daraus
crfolgeuden Richtung und Repercussion .des |
300
cola (zu Tosi S. 34 — 37) mit triftigen
Gründen: dass Kopfstimme uud Falset
nicht eins und dasselbe sind. Den Verf. der
Meth. de Chant ist dieser scharfsinnige Kom-
mentar wahrscheinlich nicht bekannt; sonst
hatten sie woi hierbey uud auch bey andern
Dingen darauf Rücksicht genommen, s. B*
iu dem folgenden 6. Kap. — vom Umfan-
ge der Stimme. — Hier wird zwar die
weibliche Stimme in Brust - Mittel - uud
Kopftöue richtig eiugetheilt; aber die Gren-
zen dieser Register sind zu bestimmt ange-
gebeu. Sie halten dabey erinnern sollen,
dass , — die verschiedene Stimmung der In-
strumente, wubey die Probe uud Uebuug
vorgenommen wird, ungerechnet, — die
Wechseltöne iuan> hes Frauenzimmers oft um
eiuen halben Ton und zuweilen uo« Ii höher
oder tiefer von den Weciiseitöntu eines an-
dern ludividuums diHeruen. Hau sith der
Lehrer an den Bu tittabeti der angegebnen
Kegel, so kann er bey manchen seiner Ele-
ven iu den Wechseilöncn irren. Doch ist
S. 16 uuten gesagt: .der Lehrer muas dies
beurlheileii," sber es hatte schon früher (ß,
y.) angemerkt werden «ollen).
7, K*p. — von der Mutation. —
(Wichtig und zweckmässig). — Der zwey-
te Theil handelt von der Ausübung der
Methode. 1. Kap. — Stellung dea
Schülers surUebungder Skala. (Nülz-
li- he Erinnerungen, wovon in unsero Lehr-
büchern wenig vorkommt. — In die Be-
hauptung S. 12 „ unter al en Singübungen ist
das Skalasingen das notwendigste," kann
Reo. nur einstimmen, in sofern man sie nicht
als allererste Uebung fordert, oder sie
auders einrichtet, als S. i4 angegeben ist.
Bey BeurtheUung eines ähnlichen Werks hat
Ree. sich vor kurzem in diesen Blutern (S.
26 — 28 dieses Jahrgangs) über den
wähnten Punkt umständlich geäussert, be
zieht sich hier darauf, und wünscht, da er
«innen schon Agri- j noch nicht Grund rnufet, jene Behnuntung
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301
xurücksuaehmen, lach das Urükcil Sach-
verständiger daiüber su lesen).
9. Kap. — Skalaübuog. 5. Kap.
Vokalisatioa (Singen aut Vokalen) —
lutooation — Uebergangatöne — Por-
timento — V ersieruogen des Gesa n-
gea — musikaliache Phrase — Sol-
snisation, — (Alles dieses ist mit einer
Genauigkeit behandelt, welche faat nichta xu
wünschen übrig iä»st. Nur S. ig atebl eine
.Behauptung, die, wenn aie ala Kunst- Fr i n-
a i p gelten aoll , Ree. nicht umhin kann , ge-
radezu Tür irrig su erkoren. Es beisst
nämlich dort: „Es iat eine allgemeine und
beständige Regel lür den Gesang, daaa der
höhere Ton kralliger ai tikulirt weiden muss,
al* der liefe, au das*, wie die Töne steigen,
ihre Kraft wachst, wie sie aber (allen, ab-
nuninl. " — In der Methode de Vio-
lon haben die Herten Baillet, Rede und
Kreuts er dieselbe Maxime angenommen,
nnd, wie aie seibat sagen, aus dieser Meth.
de Cbant entlehnt. Dagegen bemerkt Herr
Schubert in seiner neuen Singschule (S.
7'j) aehr wahr : daae dies nicht als allgemei-
ne Regel gelten könne. Aber ao bedeuten«
den Autoritäten darf man keine blossen
Macblsprürhe entgegen Selxen» Ree muss
also hier elwss umständlicher aeyn. — Ganz
anders ist, was man von Nstur, d. h. ge-
wöhnlich, thut, und — was man thun soll.
Hier tritt ein Fall ein, wo airh die Kunat
von der blosen Natur trennt, oder vielmehr
nur xu trennen scheint; denn man muss
die (physische) Natur der Individuen mit
dem Zweck der Kunat, der — in einem
andern Sinne — wieder mit der Natur
zusammentrifft , nicht verwechseln. Jene
nacht es allerdings xur Regel : dass der hö-
here Tou (c!tt. par.) slajker gesungen wer-
den aoll-, ala der liefe, weil er von Natur
eine grössere Austreugong fordert, als der
Jextere. Aus diesem Zusammendrücken
dar Kahle, diesem
1305. Februar.
302
sen der Luft entsteht natürlicherweise
die Verstärkung eine» Tons , wenn der Wille
des Sangers dabey unlhatig bleibt, und es
ist oft weit schwerer, eine Passage herauf
klar, aber in abnehmender oder glei-
cher Starke xu singetL, als, bey gleicher
Oekouomie des Atheme, in vermehrter
Kraft. Allein, was eine gewöhnliche un>
willkührliche Folge der Auatrengong ist,
wird dadurch noch nicht unsre Pflicht. Die
Regel bleibt die. bemühe dich, eine Passage
auf and ab in gleicher Stärke su sin-
gen! — Von den Ausnahmen, welche der
spezielle Ausdruck irgend .einer Pas-
sage uolhwendig macht, iat hier, wie steh
verstellt, die Rede nicht. — Was geben
aber die Verf. für einen Grund su ihrer
Maxime an? — Sie sagen 8. 19 in der Nole:
„die Töne werden dünner und — folg-
lich (?) ach wächer, je höher sie werden."
Dawider streitet die Theorie und Erfahrung,
wenigstens die gemeine Erfahrung in Deutsch-
land. Bin hoher Schall ist deshalb noch
nicht dünn, und von beyden Eigenschaften
ist die Starke noch unabhängig. Hoch
heisa* der Ton, dessen Vibrationen in einer
gegebenen Zeit schneller auf einander fol-
gen, ala die eines andern, — weshalb er
auch mehr a uflellt, ala der tiefere. Dünn,
wenn ein geringes Volumen von Luft vi-
brirt. Schwach, weun die anstossende
Kraft (in der Lunge u. s. w ) nur gering
ist oder surückgehalten oder durch die grös-
sere Elastizität der vibrirenden Korper nicht
erselxt wird. Diese Dinge haben an sich
nichts mit einander gemein. Geht s. B. die
Luft durch eiuen verengten Raum, wodurch
die Höhe bewirkt wird; so folgt daraus
allein noch nicht, dass die Longe weniger
angestrengt (der Ton schwacher), und eben
so wenig, dass ihr vibrrrendes Luftvolumen
geringer (der Ton dünner) seyj es ist nur
mehr zusammengedrückt. Man sieht
aus dem allen leicht, dass die nicht genug-
tu jenem Fehl-
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1805. Februar.
3°4
schluss führte; aber man bemerkt auch zur
Entschuldigung der Verfasser, dasa sie bey
jener Regel auf ihre Landsleute besondre
Rücksicht ualtmen. In Deutschland haben
die meisten Sangerinnen von Natur volle
runde Töne in der Hohe; gegen die Mitte
werden sie flach und buhl. Die Französin«
neu hingegen haben gewöhnlich in den Bruat-
und Millektönen mehr Fülle, ala in den hö-
heren. Somit wäre also obige Maxime in
der Meth. de Ch. als eine partikulare Klug-
heitsregel gerechtfertigt, aber nicht als
allgemeines Prinzip). —
(Der Bcichlius folgt.)
Nachdichte».
Paria , d. aosten Jan. In dem Paar Wo-
chen seit meinem letalen Briefe sind auch
nur ein Paar Neuigkeiten vorgefallen, deren,
kurze Erwähnung Ihnen genügen wird.
Die Ihnen schon zu anderer Zeit ge-
nannten drey stehenden Konzerte sind nun
im Gange, werden aber, so viel ich bemer-
ken kann, von dem ewigen eich umberlrei-
hen in Festen und andern berauschendem,
tumulluarischern Fieuden, so wie vor lau-
ter Geselhfchaftlichkeitjohne allejGese lligkeit —
nicht lebhaft unterstützt und noch weniger
mit dem schönsten Beyfall, dem, der ge-
spannten Aufmerksamkeit und stillen Freude,
autgemuiilert. In einem der Konzerte des
Redoutensaals (rue de Grenelle) hörte ich
einen mir bisher nicht bekannten Klarinetti-
sten der kaiaerl. Kapelle, Dacoata, der viel
Fertigkeit, Bravour, und auch einen ange-
nehmen Ton hat, der aber eine sehr alltäg-
liche Komposition (von ihm selbst) vortrug;
und eine Hymne an die Sonne, von Le»
aueur, die gewaltigen Lärm machte, und
stückweise auch wol, was man im beaaern
Sinn Effekt nennt; die übrigena viel ge-
rühmt wird — wie sich das jetzt von selbst
versteht, aber als Kunstwerk weit, weit hin-
ler Mozarts Hymnen zurückbleibt — wie
aich das wol auch von aelbat versteht. Mehr
Vergnügen als die grösaern Konzerte, die
nicht selten Assemblern genannt werden
könnten, wo mau sich in möglichster Pracht
versammlet, schwatzt u. s. w. , und zum.
Üeberfiuss Musik machen lässt — gewahren
dem wahren Freunde der Kunst die Kon-
zerle der Eleven dea Couser vatoire , wo man
last Niemand trifft, ala wer wirklich Musik
verstehet, liebt und eben mit ganzer Seele
genieaaen will; wo deshalb wirklich grosse
Aufmerksamkeit, gerechtes Urtheil, und
mithin wahre Aufmunterung herrscht. Neu-
lich hörte ich hier G'herubiui'a Ouvertüre za
seinem Anakreon trefflich ausfuhren, und
könnte von neuem bitter und böse werden
über das S« hickzal dieses Werks — wenn e»
nur 'waa hülfe. Die Ouvertüre iat ein herr-
lichea Produkt ,- und Sie werden dies gewias
bestätigen, sobald sie nach Deuts« bland wan-
dert. Daa Recordare dea Mozartseben Re-
quiem war nicht gut gewählt 1 so etwas
sollte man nicht vereinzelt hinstellen zwi-
schen eine brillante und aehr heitre Sinfo-
nie von Haydn und — eiu Flotenkonzert.
Die Inalrumentalparthie wurde vollkommen
gut gegeben, aber vom Gesänge müsste ich
wiederholen, was ich neulich bey Gelegen-
heit der Aufführung des ganzen Werks sagte.
Ueberhaupt ists von mehr als Einer Seite
traurig zu bemerken, wie auch in diesem,
wahrlich mit allem Fleiss gepflegten Insti-
tut, wo offenbar eine bessere Methode, eine
giössere Genauigkeit, mehr und edlerer Ge-
schmack auch in Absicht auf Gesai
im-
mer mehr Wurzel fasst — doch wahrhaft
gute — ja, ich darf sagen, nur wahlhaft
unverdorbene Stimmen immer sei tu er
werde*. Der Zögling Mazas, den ich vor
dem Jahr schon rühmen ruusste, macht sei-
nen , Lehrern immer mehr Ehre und wird,
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3°5
1805. Februar.
506
allem Ansehn nach, einer der trefflichsten
- Geiger aus der franz. Schule. Ein Knabe.
Tu Ion, den ich noch nicht habe erwähnen
können, spielte mit mehr Geist, Gefühl und
Kunst, als man von seinen Jahren nur im-
mer au hoffen berechtigt war, ein Flöten-
konzert — und hatte es auch selbst gesetzt.
Es gehet in der Komposition zwar noch ein
wenig bunt her, auch trifft man manchen
guten Bekannten darin: aber ich bin (wie
»eine Lehrer) überzeugt, er werde auch als
Komponist, wenn er in Fleiss und Eifer
ausharret, bald allgemeine Aufmerksamkeit
erregen. — Doch ich erinnere mich, dass
von solchen Eiuzelnheiten in einer Ueber-
siebt des Standes der Kultur der hiesigen
Musik zwar etwas gesagt, aber nicht alles
genagt werden müsse, was hier interessant
und namentlich mir kehr lieb und werth
ist. — Cberubini schreibt eben- eine Kan-
tate zum Preis J. Haydus , und Kreutzer bat
wieder ein treffliches Violinkongert fertig;
wir bekommen beydes in kurzem öffentlich
zu hören.
Ich komme auf Tbcaterneuigkeiten ! Ich
habe deren zwey — eine, die nicht mehr
ist, und eine, die noch nicht ist! Jene ist
SoJie's neue Oper: Deux oncles, nach dem
bekannten alten Lustspiel von Forgeot, mit
lÄusik, die man ebenfalls bekannt und alt
nennen dürfte. Die zweyte Neuigkeit ist,
dass Mozarts D. Giovanni nun wirklich in
einigen Wochen auf dem grossen kaiserl.
Theater gegeben wird — mit ungeheuerm
Pomp und grosser Pracht , dafür kann man
stehen, aber, ob im Geist und Sinn des
Komponisten, oder auch nur so gut, als es
die Damen und Herren, wenn sie wollten,
leicht vermöchten — dafür möchte ich kei-
neswegs stehen. Es sind dieselben, die Mo-
zarts Figaro herunter, und seine Zauberflöle
wenigstens nicht hinaufgebracht haben! die-
selben, durch die, was sie von Cherübiui
auszuführen bekamen, zu Grunde ging —
und aehon hört man, wie sich diese und
jene über das, was sie hier leisten sollen,
und erst lernen müssten, beschweren, mo-
kiren u. dgl. Mozart hat aber (eben jetzt
hier so lebhafte und so zahlreiche Freunde,
dass, wenn jene es zu bemerkbar machen
-sollten, es stehe ihnen der Auslander nicht
an und sie möchten nun ein- für allemal
ihm nicht sein Recht wiederfahren lassen,
ein heilloses Wetter über sie losbrechen
kann. Aber freyliih, solche Welter lärmen
nur, schlagen nicht ein; wer etwa« harthö-
rig ist, siehet es ruhig mit au.
Karl Spazier,
fürstlich Neuwiedscher Hoirati,
wurde, wie den Lesern der musik. Z. aua
andern Blättern schon bekannt ist, den igten
Januar in Leipzig, nach kurzer Krankheit,
durch den Tod aus dem Kreise seiner Fa-
milie und aus einer Tätigkeit , die von nicht
unbeträchtlichem Einfluss auf das grössere
Publikum war, hinweggerissen. In der von
ihm gestifteten, mit Aufopferung seiner Ge-
sundheit und vielleicht selbst seines Lebens,
eifrig fortgesetzten Zeitung für die ele-
gante Wel t, die, mit sehr billiger Rück-
sicht auf die Hiuterlassenen, fortgesetzt wird,
wird wahrscheinlich über ihn, seine Arbei-
ten, und seine mannichfalügen, zum Theil
sehr seltsamen Schicksale gesprochen wer-
den — und wo würde Einem auch schick-
licher ein Denkmal errichtet, als im aelbst-
gepfUnzten Garten? Hier sey es darum ge-
nug,, zu erwähnen, was uns von Spaziere
lebhaften Bestrebungen für die Tonkunst be-
kannt ist.
Er bekam sehr früh musikalische Bit*
dungj aang, schon als Knabe, sehr gut, und
spielte — wenn nicht als Virtuos, doch sehr
genau und ausdrucksvoll, Klavier; auch fand
er schon damals in Berlin Gelegenheit,, sich
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3 o 7
i8oj. Februar.
durch beydes öflentlich bemerkbar und be-
liebt zu machen. Die» weckte bald in ihm
da. Talent und die Lust «ur Komposition,
und er He« schon in frühen Jüoglingsjabren
einige Sammlungen Lieder mit Melodieen
drucken. Obachon in diesen frühen Pro-
dukten ein zu enge. AnschÜessen , erst an
Schul* und dann an Reichardt — und zwar
ein Ausohliessen nicht de« Gefühls, sondern
der Reflexion — «ehr bemerklich wird.- so
finden »ich doch auch manche «chalabare Ge-
säuge darin. Als Lehrer am Dessauischen
Philanthropin gab er heraus: Chöre, im
philanthr. Betsaale gesungen, unter welchen,
so viel auch die grammatische Kritik gegen
sie einzuwenden hat, mehrere Stucke sind,
die in Absicht auf den Geist , und noch
mehr in Absicht auf Zweckmässigkeit, lautes
Lob verdienen. Er wurde von jener Kritik
sehr hart mitgenommen, und von nun an
nahm ers genauer im Studium des reinen
Sataes, wie in der Beobachtung der Regeln
desselben bey spätem Arbeiten. Auch wand
er sich immer mehr, vornehmlich durch wei-
tere Bekanntschaft mit neuern Werken grosser
Meister, von dem los, was man ehemals
(und damals nicht mit Unrecht) Berliner
Wortkritik und Schulmusik nannte — was
denn auch nicht ohne Einfluss auf diese seine
spätem Arbeiten blieb. Seine neuern Lieder
sind weit freyer, ausdrucksvoller, flicsseuJer
und ungesuchter, als jene frühem, und ver
achiedene derselben können denen, seiner
Mu»ter, mit Recht an die Seite geseilt wer-
den. Auch «ebrieb er mehrere Gelegenheits-
kantaten u. dgl., die Beyfall fanden, aber
nicht in» Publikum , und auch nicht zu uns-
rer Bekanntschaft gekommen sind.
Von mehr Einfluss, nnd wo! auch von
mehr Verdienst war, was er als Kritiker für
die Toukuusl gewirkt hat. Unter
ley Aufsätzen, die in Journalen oder
einzeln gedruckt erschienen, führen wir uur
«wey aus späterer Zeit an, als er sich von
jener Einseitigkeit losgemacht halte, deren
Erzeugnisse er selbst gern vergessen haben
wollte — : über den Charakter GJuck'scher
Musik, (wenn sich Referent recht erinnert,
sunäebst auf Veranlassung der Verpflanzung
der Iphigenie jenes grossen Mannes auf daa
Berliner Nationallheater, geschrieben,) undr
über Lieder und Kirchengejiange, (in Spaziere
Schrift« Freymüthige Gedanken über die Got-
tesverehrung der Pro tes tan tan). Sie enthal-
ten viele Beweise eines trefflichen Kopfs, gu-
ten Beobachters Und vielseitig gebildeten Man.
ues. An dem Vormals iu Berlin erscheinen-
den rouaikaL Woche ab lall , das dann alz rau-
aikal. Monatsschrift fortgesetzt wurde, nahm
er vielen Antheil. In diese unsere Zeitung
hat er einig« echzubare Abhandlungen, die
mit seinem Namen unterzeichnet sind, und,
(iu den vier ersten Jahrgängen) neben eini-
gen ausführlichen Reoensiouen, viele kürze,
beut theüenüe Anzeigen , vornehmlich von
Musik für Klavier, und Gesang bey demsel-
ben, geliefert, di« sämmtlich den guten Kopf,
den wohlunterrichteten Kuuslfreund, und den
lebhafteu, gewandtem Schriftsteller verrat heb.
Bekannt ists, dass später in der Zeit, für
die elegante Welt sich ebenfalls nicht selten
sehr treffende Urlheile über neue Musik
lebhaft und nachdrücklich
(Hierbsy «aa
No. VL)
LiiiiUi az« Btmstii «aa Hieras»
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INTELLIGENZ - BLATT
zur Allgemeinen Musilali sehen Zeitung.
Februar.
Ni. FL
1805.
Ntut Musikalien von vergehlidenen Verlegern,
»itche Uy Breitkopf und Härtel zu haben sind.
Pichl, W. , 1 Sinfonie a grand 0 reheitre. Op. a|.
Lir. t. a Thlr. iCr. •
— — 1 Do Do Op. a4. Lir. 3. a Thlr. iCr.
— — 1 Do Do Op. aS. Lir. 3. a Tliir. > Gr.
Wranitaky, F., Sin/. Op. bo. a Thlr. »C Gr.
— — Do Do Op. 61. a Thlr. 16 Gr.
— — D» Do Op.ii. j Thlr. 16 Gr.
Witt, P. , 1 Sinfonie. No. 3. a Thlr. »6 Gr.
Pichl, W., gr. Sinfonie. Op. aS. Lir. 4. » Thlr.
Brenn, J. , Sinfonie conc, p. a Cor* princ., a Viol«
A. , B. , a Fl. et a Cor», a Thlr. 6 Gr.
Danii, Fr., Siiif, eonc. p. 3 Viol., A. etVIIe, Baa-
•oa«, Cor« et CiariaeUe*. No. 1. a Thlr. 6 Gr.
Lottin, D., 1er Concerto p. !• Violon Op. 3.
a Thlr. 6 Gr.
Miintiberger, jeune , 3e Concerto p. Vcelle aree
Orch. a Thlr. 6 Gr;
Rode, P. , Air wie p. Violon prineip. «ree Orche-
»tre. 16 Gr. .. .
— — ' 8« Concerto d« Viol««
1 Thlr. 8 Gr.
Li*. 011, P. , ae
3 Thlr. 6 Gr.
Iromner, P.,
> Thlr. 4 Gr.
Kreutzer, R. , Conc. p. Viol. Litt. C. a Thlr. 6 Gr.
Kromoaer, Fr., 3 Qiutuori p. a Viol. , A. et Vlle.
Gr.
de Violon «r. Orcfteitre.
Concerto p. Violon, Op. 41.
Op. So.
- — 3 Qn.em.re B . a Viol* AJt* Vcelle
Op. 48. a Thl*. 8 Gr.
Wranitsky, P., 1 Quatuo» p. a VioL A. «t Vlle.
Op. 4u » Thlr. 8 Gr.
— — . 1 Quatnor p. a Violon» , Alto et Violone.
Op. 45. » Thlr. 8 Gr.
— — 1 Do Do Op. 49. » Thlr. » Gr «
Wölfl, J. , 3 Qoatuor« p. a Violone, Alto et B.
Op. 3o. No. 1 — 5. 4 Thlr. 1a Gr.
Rode, P., Qnatuor p. a Violone.» Alto tt B. fc-Itfo
1 Thlr. G Gr.
Gyroweta, 3 Quatoore p. a VW., Alto et Vcelle.
Op. 44. a Thlr. 8 Gr.
Dana). a% pet. Duo« p. a Violone. tir. <•» Op. de
Moaart. » Thlr. 1a Gr.
PI eye I, J. , 5 gr. Duo. 'p. a Violone. ©p.
1 Thlr. 1» Gr.
— — Lee meine« p. Vk>!. et Alto. 1 Thlr. ta Gr.
Viotti, 3 Duo« p. a Violon«. Op. 10. 1 Thlr. n Gr.
Hoffmei.ter, 3 Trio« progr. p. a Viol. et Vlle.
Op. 38. Lir. 1. 14 Gr.
— — Do Lir. a. 14 Gr.
Viotti, 5 Trio» p. a Violini et Baaao. Op.. 9.'
1 Thlr. 18 Gr.
Wutky, Le Maltre et l'Eeolier ou 6 Dno« p. a Viol.
Op. ». » Thlr. 4 Gr.
— — Do Do Op. 3. 1 Thlr. 4 Gr.
Maatonneau, L., 6 Duo» p. a Violon». .Op. 1.
t Thlr. 13 Gr.
Wranittke, A. , 3 Duo« p. a Vi'oloo». Op. 1a.
r Thh. 8 Gr.
Foreitter, A. H. , 3 Duo« «oncertasU p. a Vio-
' Ion« ao Gr.
Rode, P. , S Duoe pour 3 Violon«. Op. ia.
— i Thlr. *
Münte borg er, le jeune, Trio 1 Vlle ob), er. arc.
de Viul. et B. Op. 4>. L»'. 3. * IhJr. fi Gr.
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fl5r
Wüntaberger, la jeune , Son. p. Vl!e et D. Op. 38.
Liv. 3. i Thlr.
de Marin, 3 Trio» p. Vio!. , A. et Baue. Op. ao.
a Thlr. 6 Gr.
Viott4,-& Duo» con
Lir. i et a. 3 Thlr.
Op. tu
Fodor, J. , 3 Duo» ponr a Violouc. Op. a5.
i Thlr. 18 Gr.
Kreutzer, 3 Son. p. Viol. av. B. L. B. l Thlr. la Gr.
Lacroix, Ant., la aira tir. de diff. op. arr. p. a
Viol, io Cr.
♦ * * •
Bortolazai, B,. 6 The-me» av. Var. p. Violon ou
la Maiirlolina evec accomp. de Guitarre. Op. 16.
Lir. l et a. i Thlr. 4 Gr.
j Viotti, 3 Duo» coajc. p. a Flute« errang** par B.
Gebauer, a Thlr.
PI eye), },, 3 gr. Diso» p. a FL i Thlr. la Gr.
Auswahl der vorzügl. Ariern und Romanzen au», bej.
Opern f. I Flöte. 5« Heft. ' 16 Gr.
* " *
Fa vor Hga« Sage für s Flöten oder a Violinen arr., au»
den Opern : Fanchon , der Tollkopf and Je toller
je beiter. l Thlr.
■ • ■
Streitwolf, G. , a Trio» p. Flute, Cuiu et Vlle.
Op. i Thlr. 6 Gr.
Kreith, Ch. , 3 Duoa p. a Fl. Op. 78. » Thlr. 6 Gr.
FattQfitniirarhe dar franzö«. Truppen f. a Flöten arc*
Lir. 1 et a. 16 Gr.
Will ing, J. L., 6 Echo» p. a Flöten. 8 Gr.
Juidorf, J. C. , The*me Favorit: Da« waren mir
selige Tage etc. rar. p. a Fl. conc. Op. ao. 8 Gr.
M e h u I , Le Tre*sor tuppoae (Der Schatzgräber) arr.
p. a Flute*. 32 Gr.
Bernardi, F., Variation« p. nne Flute. 8 Gr.
Kromtner, Fr., Grand Quin tuor p. la Flute t Viol.,
A. et Vlle. Op. 4a. 1 Thlr. 4 Gr.
de Call , 3 Dooa p. a Flutee, Op. 17. 1 Thlr. 4 Gr.
Schneider, G. A. , 3 Duo» p. a Flinte«. Op. a3.
1 Thlr. 13 Gr.
Müntzberger, le jeune , 3 Trio» arr. p. la Flute,
Viol. et B. par Be.oszi. a Thlr.
Wrauilzkv, P„ 3 Duoa p. aFl. Op. 4a. 1 Thlr. 8 Gl.
: r a4
Marrhe» du Couronneraent de Napoleon arrang. p. a
Flutet. 8 Gr.
Stumpf, J. , Concerto p. la Flöte avec Orchestre.
Op. 5. a Thlr.
-Wiederkehr, VTtioVpVTTaieY CTarinette "eT"Ba*-
»on. ie Liv. de Trio»; 1 Thlr. ta Gr.
Kreutzer, 5 Sonate« arr. p. Flute er. acc. de B.
par Chalon. 1 Thlr. ia Gr.
H e n n i g , C. , Our. et Chanion« far. de 1' Op. Fan-
chou de Himmel, arrang. p. Flüte et Violon ou
a Violon». 16 Gr.
Viotti, 3 Duo* conc. arr. p. a Clarin. a Thlr.
Loessncr, J. G. , Thema con 8 Variar. ptr il
Corno di Bassctto, a Viol., Viola, a Fl., 2 Corui
et Bai.o. 16 Gr.
K reibe,, F., Concerto p. Claripetu et B. Op. a.
1 Thlr. 16 Gr.
Willing, J. C. , Concerto p. Hantboi«. Op. aG.
t Thlr. ia
38 petitea- piece* far.'p. a Cor«. 1 Thlr.
CAIcxander, A., gr, Quatuor p. Claiiuette, Flüte,
Viol. et Vor IIa. :Op. 4. i Thlr. 8 Gr.
de Call, L., 3 Duo» p. Heutboia et Basson conc.
Op. n. i Thlr. 8 G.r.
Kille, J., ia Duettino« p, 3 Cor«, Op. 4 la Gr.
Gyrowet«, gr. Trio p. Pianof. , CUrinette ou Viol.
et Violouc. cuncert. Op. 43. 1 Thlr. 4 Gr.
(Wird f»rtge»eat.>
Anzeige.
Durch die verstärkte Auflag« der Musikalischen
Zdtomg, und dte dadurch «rhöiieten Cruckkoaten fü»
das lutelligensblatt derselben, finden wir uns genö-
thigt^die luscrtiansgebühreu auf 1 Groschen 6
nige für die gedruckte Zeile zn setzen.
Breitkop« und Hirtel.
. . / 1. . •
LitMi», • » t Baut
. " ■
«or t vn'» H* ».rax.
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ALLGEMEINE
M U S I KALISCHE ZEITUNG.
Den 1 3 ten Februar. N=. 20.
1805.
Becbmsion.
Singschul* dts Konservatorium* dir Musik in
Pari* u. s. w.
4. Kap. — von der Aussprache. —
(Hier durfte man wünschen, das« der Uebcr-
setxer, von dem sich im ganzen Werke nur
eine einzige eigne Anmerkung (S. 70) fin-
det, . dem Original nachgeahmt, und was
hier von der fehlerhaften Aussprache dea
Französischen gesagt ist, auf daa Deutsche
angewendet hatte. Iis thate unseru Sängern >
und Sängerinnen gar sehr noth. Vielleicht
geschieht ea bey einer neuen Auflage).
5. l£.«ip. — — von den verschiedenen A r—
ten des Gesanges, — Recitativ — Kanta-
büe — Andante — u. s. w. —
6. Kap. — vom Ausdruck. — (S. 0,5
sagen die Verfasser : „ Ausdruck im Gesänge
iat eine Naturgabe, weh he die Kunst ver-
gebens nachzuahmen, streben wurde u. s. w.*
In dieser Erklärung vermisst Ree. abermals
die Genauigkeit, welche sonst in diesem Werke
herrscht. Die Verf. scheinen die Mangel-
haftigkeit derselben selbst bemerkt zu haben,
denn es heisst gleich darauf: „der Ausdruck
kommt aus dem Gefühl (sensibilite) ; — um
immer ausdrucksvoll zu seyn, muss man
•ich nicht atets dem Gefühl ganz überlas-
en. • — Wie reimt sich dieser Wider-
spruch? Denn, wenn Ausdruck nichts als
Naturgabe, als Wirkung des Gefühls, wäre,
so müaste es ja unrecht aeyn, sich nicht
7. Jslirg.
ganz dem Gefühl zu überlassen, sobald man
etwas ausdrücken will. Der Punkt, worauf
es hier, wie man sieht, ankommt, ist bey
uus Deutschen längst zur Sprache, und, in
unsrer scharfer bestimmenden Philosophie,
aufs Reine gebracht. Es betrifft nämlich den
Unterschied zwischen dem Naturalisten
und dem ächten Künstler. Jener über-
lässt sich auf gut Glück seinem Gefühl, trifft
dahey oft das Wahre, und täuscht dadurch
sich und die Menge, aber verfehlt auch oft
die Wahrheit, und wird es schwerlich ver-
meiden , dass bey seinem Haschen nach Aus-
druck seine Individualität nicht sehr stark
hervorrage. Dem ächten Künstler kann das
nicht leicht begegnen. Er idealisirt sich
mit Hülfe der ihm immer gegenwärtigen
Kunstgesetze sein Objekt, ea mag nun eine
ästhetische Idee oder ein bestimmter Charak-
ter seyn, und beobachtet (also fühlt
nicht blos), wie das Besondre sich anter der
Subsumtion des Allgemeinen (Ideellen) äus-
sert. Darnach richtet er seine Darstellung
ein. Bey ihm ist alles berechnet, ohne
es zu scheineu (artis est, celare arlem).
Ob er selbst fühlt, was er darstellt, ob
er z. B. gerade in dem Augenblick Zärtlich-
keit, Wuth u. s. w. empfindet, ob er sich
ein Achill oder Alexander zu seyu dünkt,
darauf kommt es gar nicht an, sondern
nur darauf, ob seine Aeusserung in Gcberdeu,
Worten oder Tönen dem angemessen ist,
was der Dichter oder Komponist gewollt
hat. Wohl kann die eigne Lebendigkeit sei-
ner Empfindungen ihm den richtigen und schö-
nen Ausdruck erleichtern; aber schaf-
20
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1805. Februar.
311
fen soll, und mit Sicherheit gewahren kann
sie ihn nicht. Mit einem Wort:- Auf-
druck (Kunstausdruck) ist des Produkt de»
Studiums der Kunst und der Natur, aber
keinesweges blose Nalurgabe oder Wirkung
des Gefühls.
Doch noch schlimmer — m» könnte
wol sagen : gefährlicher — als jene Behaup-
tung der Verf., ist das, was sie in der Note
'S. 96 über den Geschmack anfuhren. Es
beisst hier: „Das Wort Geschmack be-
deutet nicht Anmuih und Zierlichkeil (grace
et elegance), die ein fertiger Sanger dem
Xieaange geben kann. Es bedeutet das Ver-
mögen, welches die Natur giebt, in der
Keihe der Dinge jedes an seinen Platz zu
«teilen, der ihm gehört." — Der Geschmack
also eine Naturgabe? etwas blos subjekti-
ves? also mit dem Gefühl einerley? — 1**«*
und die ganze oberflächliche Definition be-
darf für deutsche philosophische Leser, web-
che mit den Erörterungen der Geschmncks-
lehre von unserm Kant u. a. vertraut sind,
keiner Widerlegung. Ferner heisst es:
.Dies ist der Geschmack, der, vom Aus-
druck herrührt.* -r- Umgekehrt; der Aus-
druck rührt vom Geschmack her. Dieser
verhalt sich gegen jenen» wie die .gesetzge-
bende gegen die exekutive Gewalt. — Al-
lein am schädlichsten ist die Vorstellung:
„dass Anmuth und Zierlichkeit vom Ge-r
Schmack ganz verschieden und jene das Ei-
genthnm der wandelbaren Mode waren (man
vergL S. 79 oben).* — Jene Verschieden-
heit ist, wenn ea nur auf Worte r klär un-
gen ankommt, allerdings gegründet; aber
so hingeworfen, wie diese Behauptung hier
steht, kann sie nichts Gutes wirken. Wollte
mau strenge — doch nicht ungerecht — seyn ;
so könnte man erweislich sagen: die Verf. hat-
ten mit diesen Bemerkungen einen Haupt-
nutzen ihres eignen Werks, nämlich die Be-
wahrung ihrer Landsleute vor übertriebenen
und unschicklichen Verzierungeu desGesau-
3»2
ges , wo • nicht zerstört doch , untergraben.
Wie? wenn ein Kleve, dem sein Lehrer
über seine Verbrämungen Vorwürfe machte»
eine ähnliche Ausflucht suchte, wie ehedem
die verketzerten Scholastiker mit ihrer Ent-
schuldigung: „der Satz sey in der Philo-
sophie wahr, aber nicht in der Theolo-
gie? - wenn- er seinem Lehrer erwidertet
„du magst Recht haben, der Geschmack
billigt ea nicht, aber die Mode heiligt es*
der oder der sehr applaudirte Sänger macht
es so, und ihr habt ja selbst erklärt, d«ss
man anmuUlig und zierlich singen könne,
ohne Geschmack zu haben?" Was könnte
ihm der Lehrer darauf wol mit Grunde ant-
worten , wenn er diese Stellen in der M. de
Ch. uicht wegstreichen oder nicht anders
drehen will, als sie da stehen? — — Nein,
der Mudegeschroa ck und der Kunstge-
schmack siud zwar leider iu Praxi (wie
Politik und Moral) versohicoene Dinge; aber
jener soll diesem schlechterdings und über-
all, selbst in Kleinigkeiten^ sobordinirt
seyn, sonst steht es mit dem Geschmack
einer Nation übeihaupt mislich. Bey den
Griechen war jenes der Fall, darum glän-
zen sie noch bis auf den heutigen l ag als
die mit Aecbt bewunderten Gesetzgeber "des
Geschmacks, und erlangten «inen Ruhm,
den die Franzosen, nur in Ermangelung
eines Bessern, für das nenere Enropa
behaupten, und ihn — so lange sie jene
Maximen noch so häufig umkehren,
geschieht — • zum Nacktheit der
kultivirten Welt nur — usnrpiren. — — -
Verhält sich denn .Anmuth und Zierlichkeit
zum Geschmack anders, als das Partielle
zum Generellen, als der Zweig zum Bau-
me? — Den Verf. ist hier also, wol wider
ihren Willen» eine Inkonsequenz, eine na-
tiouclle Huldigung der Mode entschlüpft,
wehhe um so eher eine ernstliche Kritik
verdient, da sie nicht zu uns kälteren Deut-
schen, sondern zu Leuten reden, die sirh
noch« weit leichter , alz wir vom Gefühl des
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313
igo5. Februar.?
314
Augenblick« hinreissen - lassen, Schimmer
(echu) uikI Bey lall der Menge hoher zu ach-
ten pflegen, ab den der solideren Kenner,
und in Allem, seibat in der Philosophie,
den leidigen Empirismus gern' zum obersten
l uhrer wählen). —
Den Beachlosa der ersten Abtheilung ma-
chen Erinnerungen über di« harmonischen
und literarischen Kenntnisse, welche der
Sauger haben soll, und über die Erhaltung
der Stimme. »Sowol diese als alle vorherge-
henden, nur iura angeiiihrten, Kapitel ent-
halten soviel Vor! reifliches, dass sie — wenn
man die Recensiou nicht über die Gebühr aus-
dehnen will — keines Auszugs fähig sind. —
Auch von der zweyten Abtheilung des
Werks, einer Sammlung von 5o Solfeggi,
la*at sich deshalb nichts anmerken, als, dass
sie nicht nur an sich zweckmassig gewählt
sind, sondern sich auch durch Bezeichnung
der Momente, wo man am schicklichsten
ganzen und halben Athem
Her dritte Band bestellt aus s4 Arien
he rühmtet- Komponisten in verschiedenen Cha-
rakteren * und zwar solcbeu, die sonst sel-
ten su haben sind. In diesem letzlern Um-
stand« muss man eine Entschuldigung der
Herausgeber suchen, warum sie in diese
Sammlung nur Stücke von ital. und deutsch.
Komponisten (als Ioraelli, Piccini, Has-
an, W. Bach, Majo u. a.) und keine von
ftanzös. oder überhaupt neueren Komponi-
sten,' selbst keine Scene von Gluck aufnah-
Parthcylichkeit war gewiss nicht Schuld
1; sie setzten nnr voraus, dass die letz-
tem bekannter wären, und weisen im ersten
Tbeil (z. B. S. 92 und 94) selbst auf einige
hin« Ein.. andrer Grund war wol auch der:
GJsrTk» Arbeiten sind nicht als einzelne
Uebungsstücko zu gebrauchen. Jeder seiner
S**e greift an st.br in das Ganse ein , und
die Behandlung seiner
' es hier ankommt'. — macht bey ihm nur
einen Theil der Darstellung aus. Eine
ähnliche Rucksicht auf den ganzen (dra-
matischen) Charakter der singenden Person,
ob gleich nicht in so hohem Grade, fände
bey den mehraten Werken unsers Mozarts
u. a. statt. Endlich drittens erlauben die
altera Arien, besonders die langsamem
Sätze, mehr will kü h rl i che Verzierungen
als die neueren, und man kann also den.
Geschmack des Eleven dabey mehr prüfen
und leiten, als beyra Vortrage moderner Sa-
chen. Sollte Ree. sich auch in dieser An-
gabe der Bewegungsgründe zur Auswahl der
Ariensammlung irren, so — irrt er wenig-
stens gern. — Nur einen Wunsch kann -
er nicht unterdrücken. Das ganze Werk ist
auf Bildung tüchtiger, geschmackvoller So-
lo sänger angelegt. Vom mehrstimmi-
gen Gesänge ist nirgends etwas erwähnt.
Die be sondern, von dem des Solosäugers
noch verschiedenen, Pflichten des Duettislea,
des Chorsängers u. s. w. sind ganz über-
gangen , und es giebt deren denn doch nicht
wenige. Schon die Nalur — um hier nur
Eins anzuführen — macht einen Unterschied
zwischen dem Solo - und dem Chorsäuger
durch grössere, oft unüberwindliche Harte
oder Weichheit der Stimme u. dgl. m. und
die Kunst fordert von dem Sanger, der eine
Mitlelsti rnmc «— obligat oder ripien — vor-
zutragen hat, oft in Ansehung des Tons und
der Verzierungen ein andres Verfahren, als -
beym Sologesänge. Sollten die Herausgeber
dies für eine Kleinigkeit gehalten haben, und
es bloa der mündlichen Anweisung überlas-
sen wollen'. Da widerspricht ihnen so man-
che Erfahrung in Theatern und Kirchen.
I Geben sie also durch ihr Stillschweigen
nicht Gelegenheit zu dem schädlichen Wahn :
der Solosänger hätte, wenn er mit mehre-
ren singen soll, nichts weiter zu beobach-
ten, als was er für sich allein ausüben
muss? — Vielleicht scheuten sie die allzu*
grosse Ausdehnung- des Werks, oder liefern
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a»5
1805. Februar.
316
noch irgend einen Nachtrag; worin sie diese
Pflichten auseinandersetzen. Daun — doch
nach der Ueberzeugung desRec. nur dann —
aind sie wegen dieses Stillschweigens -ent-
schuldigt.
• Die Uebersetzung ist im Ganzen treu
und verständlich. Zum Beschtuss dieser Ree.
mag hier noch die Anzeige einiger Verse-
hen bey der Uebersetzung oder beym Druck
folgen.
S. 6. Anmerk, — öccuper de 1« reapiration —
(Alhmcn — soll h. die Aufmerksamkeit auf da»
Athcm nehmen). S. 7. guttural — (Kehlenton —
*. h. Gurgeltoii). S. 7. Z. 4 v. u. — houuet (Aerh-
S en — «. h. Scbluchsen). S. 7, Z. 1 v. o. — ob
xie ch. pa» long-teinps (a. h. man wird nickt lange
«ehr singen). S. 8 Aum. Z. a u. 3 — caracWro —
(i.ebiet — 1. h. mateiielle Befeltafleuheit od. Quali-
tät). S. 9 . Z. 1a r. o. — au La — ( h f. h. a ).
8. ii, Z. 3o o. — iura fait perdre (verloren hat —
«, h. »erlieren wird). S. u, Z. 7 v. u. — datige-
reux emploi etc. ( ». h. üblen Gebrauch der Naturan-
lagen). S. 1a, Z. 1a ». o. — doit d* abord se por-
tcr (». h. Zu erat darauf gerichtet aeyn). 8. 14,
Anta. Z. 1 gamme d'ut — (E .Skala, 1. h. C Skala).
S. 18 , Z. 6 t. o. — ut — (e a. h. ?). S. 47 en
i« portant rera etc. (begiebt, s. h. hinaufsieht).
S. 74, Z. la r. 0. traita (Züge, «. b. Wendungen,
Veränderungen , Meliamen). S. 79, Z. i3 r. o. de-
«lamation notee (nach Noten, a. h. in musikalischen
Tönen). S. 79 , Z. a o. mode »lu'on ne »aurait
iuer (unbestimmbaren, h, wandelbaren). S. 80,
Anm. '£. 5 Vexasögeruag , a. h. Vcrserrung. S. 8t
»aus» im untersten Beyspiet statt de» Abschlüsse! s der
Tenor S. stehen. S. 8a im sweyten Deyipiel eben-
falls. S. 88, Z. 20 y. o. — (Ausfallen, *. h. Au»-
haileu). S. 91 , Z. i3 aq. Cc point »oit etc. (». h.
Er muas, man mag ihn durch Verzieruugen rerlün-
gem, oder — in einem (Einem) Athem gesangen
en. S. 91, Anm. Z. 5 r. o. d' cxcellento» rsi-
(herrlicbe, 1. h. triftige Gründe).
Nachrichten.
Den i5ten Jan. starb in J&otha Franz
Anton Ernst, heccogL Sachs. Golh. Kon« 1
zertmeister, im 6osten Lebensjahre. Er war
ein Böhme, hatte seine Kunst anfänglich in
Prag, hernach auf Reisen studirt, und sich
cum Konzerlspieler auf der Violin haupt-
sächlich durch Lolli und Stad (in Strasburg)
gebildet. Er vermochte die grösslen Schwie-
ligkeiten zu besiegen, doch war sein Spiel,
wenigstens in spätem Jahren, etwas tiuk-
keu. Er beschäftigte sich seit geraumer
Zeit sehr anhallend mit dem lnsli-unienten-
Bau und dessen Verbesserung. Einige sei-
ner Aufsätze über diese uud verwandte Ge-
genstände befinden sich in uusrer Zeitung.
Unter seinen Papieren wird sich noch man-
ches iiuden, das von Bedeutung ist , uud uns
von ihm freuudftchaillich rnitgelheüt worden.
Es ist zu wünschen, dass es von Männern,
die geübter als er schreiben, bearbeitet und
dann dein Publikum nicht entzogen werde.
Mehrere Umstände seinem Lebens erzählt
Gerber im Tuukunstler- Lexikon.
In Wien starb vor einigen Wochen Wen-
zel Pichl, Kapelim, beym Erzherzog Fer-
dinand (vormals in Brüssel), im 63slcn Jahre.
Er War in früher Zeit als ein trefflicher
Violinist berühmt, legte sich aber hernach,
zugleich mit seinem Freunde Dittersdorf,
auf Komposition, und hat eine nicht unbe-
trächtliche Zahl acliäzbater Werke geliefert.
Seine Quartetten und Sipfonieen können mit
liaydoschen uud MozarUchen freylich nicht
Ausammeugeslellt werden, sollen e» aber auch
nicht; seine Konzerte werden noch immer nicht
ungern gehört. In späterer Zeit schrieb er
auch Kirchenmusik, und wahrscheinlich ist
er hier am glücklichsten gewesen: wenig-
stens kennet Referent einige Missen von
ihm (z. B. eine solenne mit Credo. Kyrie
aus J? rnoll), die unter' die besten der neue-
sten Wiener Kompositionen in diesem Fa-
che gehören uud in! Absicht auf Erfindung
und Styl aich vielleicht am nächsten mit
den besten von Brtii »usamraeustelien las-
sen. Und wer Brök kennet j. weiss, da»
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3»7
1805. Februar.
318
da« nicht wenig sagen will. Gerade in die-
lem Fach fand Pichl wenig oder gar keine
Aufmunterung.
Noch in den letzten Wochen dea vori-
gen Jahres starb zu Rom Pietro G uglielmi,
«1s einer der Kapellmeister des Papstes. Er
war i;a8 zu Ma*»a-Carara gebohren, wur-
de daselbst im Conservatorio unter Duiante
gebildet, that «ich schon als Jüngling durch
Opern hervor, die Beyfall fanden, und hat
deren in der Folge eine grosse Auzahl ge-
liefert, die zunächst für Venedig, Florenz,
Rom , (einige auch für Loudon , wo er eine
Zeit lang sich aufhielt), dann fast alle für
Neapel, wo er viele Jahre als königl. Ka-
pellmeister lebte, geschrieben sind; sie wur-
den nicht nur durch ganz Italien be-
liebt, sondern sind auch in Frankreich
und Deutschland geschützt worden. Die
französischen Unruhen vertrieben ihn aus
Neapel, wo ihm freylich auch in spätem
Zeiten die glänzendem Verdienste Cimai osa's
und Paisiello's nicht alizuweich und ange-
nehm gebeltel hatten, und der gutmüthige
Papst nahm ihn in Dienste — noch mehr,
in Versorgung. Er war weder durch Ge-
nie,, noch durch Tiefe der Bildung eminent;
schrieb -aber wie ein Mann von Talent, viel
Empfindung, guter Einsicht, feinem Ge-
schmack , und langer Erfahrung. Ein an-
genehmer, fliesseuder Gesang, "dem Ohr
schmeichelnd und wol zuweilen auch bis
zum Herzen dringend; eine leichte, man-
sichfallige, immer gefällige Begleitung, und
eine einfache und wenigstens leidlich reine
Httrcponie — das sind die Vorzüge seiner
Kompositionen. Mithin war die Opera buffa
sein Feld, und er bat auch hier l»ey wei-
tem am meisten und glücklichsten gearbei-
tet besonders da ihm auch das Komische,
vornehmlich das feinere, recht gut gelang.
Er hat zwar auch ernsthafte Opern gesetzt,
d. h. jeUt in Italien, solche, wo die erste
Sängerin und der erste Tenor einige weiter
ausgeführte und weniger komisch gehaltene
Sccnen haben müssen; sie sind' aber, wie
die der meisten jetzigen Italiener, im Styl
wenig vom Styl der kom. Oper unterschie-
den — an Grösse, an heroischen, oder gar
tragischen Charakter ist gar nicht weiter zu
denken. Auch als Kirchenkompouist hat G.
einen bedeutenden Ruf in seinem Vatei lande.
Referent kennet nur ein Te Deum und eine
Missa aus späterer Zeit von ihm, die uuter
seiue besten Werke dieser Gattung gezählt
werden; kann aber nichts weiter von ihnen
rühmen, als dass sie unter die bessern neue-
sten ital. Kirchenkompositioneu gehören, und
so gut geschrieben sind — wie ein Mann
von jenen Vorzügen, invita natura, zu schrei-
ben vermag. Viele seiner Werke neunt
Gerber im Tonkünstler -Lexikon, s. Gughel-
mi, Th. 1. S. 5ao.
Er wird aber auch sehr als Lehrer, so-
wol des Gesangs, als, in spätem Zeiten,
der Komposition — und als ein redlicher,
gulmülhiger, äusserst gefälliger, sanfter,
achtutig.s- und liebenswürdiger Manu ge-
rühmt, der jedem Talent aufhalf, wo er
wussle und konnte, und der von Rivalen lie-
ber Unrecht über sich ergehen liess, als
dass er ihnen nach ihrer Weise begegnet
wäre — ein Charakter, der, wie mehr oder
weniger ja immer, auch in seine Werke
überging. Er verdiente, dass ihm der Him-
mel ein so gesundes, spätes Aller, und in
demselben ein ruhiges, sorgenfreyes Leben
schenkte, wo er Beschäftigung hatte, die
»einer Neigung und seinen Kräften angemes-
sen War, und d<Ts durch einen säurten, from-
men Tod beschlossen wurde«
Er hinlerlä'sst einen Sohn, der, dem Ruf
nach, seinem Vater als Komponist sehr ähn-
lich seyn und ihn in kurzem ersetzen wird.
Er ist aum in des Vaters Stelle in Rom
eingerückt.
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]
319
1805. Februar,
(Nach öffentlichen Blättern) In Tu-
rin i«t das grosse, jetzt kaisei liehe Theater
zum Karneval mit J. Haydus Armida eröff-
net worden. Die Oper gefiel massig.
In Petersburg zahlt der musikal. Klubb dem
berühmten Rüde dafür, dass er in den Ver-
sammlungen dieses Winters siih höivii lässt,
2600 Rubel. Ein gewisses schreckliches Ge-
rücht aber ihn, das auch an uns nach Leip-
zig schou vor fast zwey Monaten sehr em-
sig geschrieben worden war, und das wir,
aus Achtung gegen diesen Künstler, auch
nicht einmal als Gerücht reteriren wollten,
ist ganz ungegründet. — Iu Genua eröff-
nete man das Karneval mit einer neuen,
ernsthaften Oper von Portogallo: Oie Wie-
derkehr des Xerxes : sie fiel total. Die Ur-
sache soll das höchst langweilige Gedicht,
und das zwar zum Theil dem Ohr sehr An-
genehme und Schmeichelnde, aber allzu Un-
bestimmte und Charakterlose der Musik seyn.
Wenigstens rauss man gestehen, dass, wenn
Gedicht und Musik so war, die Oper zu
fallen verdiente, und dass es von dem Ge-
schmack in Geuua eine bessere Meyuung
erweckt, als man sie jetzt von vielen gros-
sen Italien. Städten haben kann, wo Ge-
- dicht und Musik um jener Eigenschaften
Willen nicht gefallen wären.
320
Wien, d. sOten Jan. Die musikalischen
Neuigkeiten unserer Theater sind seit eini-
ger Zeit von geringer Bedeutung. Farincl-
li's riti d'Efeso, worin Mad. Mariane Sessi
eine freye Einnahme hatte, gefielen nicht
sehr, obgleich die Musik in manchen Stel-
len leicht und melodisch fortgeht, und man-
ches recht hübsch gearbeitet ist. Eine klei-
ne Oper nach dem Französischen: Die Sprö-
de auf : der Probe, Musik von ti'Alayrao,
fiel auf dem Hofiheater durch; man fand
die Singstücke unbedeutend, und auch die
kleine Verwicklung ahgenuzl und ohne Inter-
esse. Es kommen Mos Frauenzimmer darin
vor. Die Gebrüder Seyfried haben ein,
neues Melodrama, Montezuma, auf das Thea-
ter an der Wien gebracht. Es gefiel gar.
nicht, der Plan ist alltäglich und anspruchs-
voll, die Musik ohne Feuer und Effekt,,
auch den Situationen nicht immer genau an-
gemessen. Die Musik zu einem Melodra-
ma, wenn sie vorzüglich seyn soll, ist über-
haupt keine so leichte Sache, als sie Man-
chem scheinen mag; sie fordert, ausser dem,
was jede gute Musik forden, noch beson-
ders das genaueste Studium des Textes, und
eiue grosse Kraft der Charakterisirung und
des Ausdrucks. Wenn man auf diese For-
derungen keine Rücksicht nimmt, ist es
fieylich sehr leicht ein Schauspiel mit Mu-
sik zu begleiten und zu unterbrechen.
Im Redoutensaale wurde cum Besten der
hiesigen anueu Bürger ein Oratorium, Saul,
gegeben, welches nach dem Anschlagzettel
in Paris allgemeinen Beylall erhalten hat-
te *). Hier war dies nicht der Fall. Mau
fand, dass noch kein Meisteiwerk entsiehe
wenn mehrere bekannte schöne Musikstücke
zusamroengereibt werden, sondern dass hier
ausser dem Reize der Neuheit, auch dal
edlere Interesse der Einheit fehle, ohne wel-
che sich kein vollständiges, wie viel weni-
ger ein vollkommenes Kunstwerk nur den-
ken lässL So meisterlich z. ß. das fugirte
*) Nach den Berichten unaeri
Korrespondenten aus Pari« !..»>. «.« ». . —
bern gefallen; und „ur g«wi«e Jo.un.lute« prieaen 1* a ' „ d " SlKc * " edflr Kennera noch Liebh«.
gerade *„, eben .0 wenig anfahren ml. J~ T\ ? Ursachen , die er wol errathen tls.t, «her
vorigen Winter. ' * ^ Man .ehe .eine Briefe* , om
Redakt.
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3« *8o5.
Fi aale aus Mosaria Don Juan in die drama-
tische Situation passt, im- welche es geachrie-
ben Ut, so wenig passt es hier auf die
Israeliten. Indessen war der Saal voll und
■ die Bürger machten eine gute Einnahme.
i
Bey Herrn von Wurth wurde die Beet-
hovensche Sinfonie au's C dur mit Präzision
«nid Leichtigkeit gegeben. Eine herrliche
Kunatsctiöpfuug. Alle Instrumente sind treff-
lich benutzt , ein ungemeiner Reich ihn m schö-
ner Ideen ist darin prächtig und anmuthig
entfaltet, und doch herrscht überall Zusam-
menhang, Ordnnng und Licht. Eine ganz
ueue Sinfonie Beethovens, (zu unterscheiden
von der zweyten, die vor einiger Zeit im
hiesigen Kuust-uud Industrie- Coroptoir er-
achienm ist), ist in einem ganz andern Styl
gescuneben. Diese lange, für d.e Ausfüh-
rung äusserst schwierige Komposition ist
eigentlich eine sehr weit ausgeführte, kühne
uud wilde Phantasie. Es fehlt ihr gar nicht
"Än frappanten und schönen Stellen, in de-
nen man den energischen, talentvollen Gei»t
ihres Schöpfers erkennen muss: sehr oft aber
scheiut sie sich ganz ins Regellose zu ver-
lierend Die Sinfonie beginnt mit einem sehr
stark instrumentirten Allegro aus Es, dar-
auf folgt ein Trauermarsch aus G moll,
welcher in der Folge fugenartig durchgefühl t
ist. Nach diesem kommt eiu Allegro Scher-
zo und eiu Finale, beyde ans Es. Ref. ge-
hört gewiss zu Hrn. v. Beethovens aufiich-
tigsten Verehrern; aber bey dieser Arbeit
muss er doch gestehen, des Grellen nnd Bi-
zarren allzuviel zu finden , wodurch die
Ucbersicht ausseist erschwert wird und die
Einheit beynahe ganz verloren geht. — Die
Eberlsche Sinfonie aus Es gefiel wieder aus-
serordentlich, und wirklich hat sio so viel
Schönes und Kralliges, ist mit so viel Ge-
nie und Kunst behandelt, das* sie ihre Wir-
kung schwerlich irgendwo verfehlen wird,
wo mao sie gut einstudirt hat. Ganz vor-
trefflich ist das letzte Stück, wo eine ein-
Februar. - 322
fache aber liebliche Idee durch das Ganze
herrscht, und sehr schön und kunstvoll
gewendet und durchgeführt ist;
Am 25ten d. M. gab Hr. Eberl im Jani-
schen Saale ein grosses Konzert mit dem
allgemeinsten Beyfall. Die Ouvertüre aus
eiuer in Petersburg komponirten Kantate ist
gut gearbeitet; ganz vortrefflich aber ist da»
Doppelkonzert aus B. Dur. Statt dea An-
dante ist ein schöner Marsch eingelegt, bey
welchem die Blasinstrumente mit der gröbs-
ten Einsicht und dem feinsten Geschmack»
benuzt sind. Eben so ist das letzte Stück,
mit einem sehr angenehmen fugirten Salze,
meisterlich. Herr Eberl und seine Schüle-
rin, Fraulein Hohenadl, spielten mit all der
Leichtigkeit, Präzision, Starke und Delika-
tesse, die man an ihnen kennt — Auch
eine ganz neue Sinfonie von Eberl ans- D
gehört zu seinen gelungensten Kompositio-
nen. Sie beginnt mit einem kurzen Largo
aus D moll, in welches dann ein kühner,
schön ausgeführter Marsch aus D dur ein-
fallt. Darauf folgt ein . sehr schön gearbei-
tetes Allegro, auf dieses ein schönes, aus-
drucksvolles Andante, und endlich s.hliesst
da* Ganze mit einer majestätischen Doppel-
fuge. Diese letzte ist bey aller Kraft und
Schönheit doch sehr streng gearbeitet, das
Strello ganz genau beobachtet, und das The-
ma des Finale als zweyles Kontrasubjekt sehr
geschickt und mit grosser Kunst verarbeitet.
Die Ausführung war im Ganzen ziemlich
präzis: nur die Flöte war nicht gut besezt»
Die Sinfonie erhielt r wie da» Doppelkoozert,
den lautesten Bey fall. Auch gefielen Varia-
tionen über den Marsch aus Gietry's Blau-
hart, von Eberl koenponirt uud mit Fräu-
Jein Hohenadl auf zwey Pianofortes gespielt,
so sehr, dass sie wiederholt werden musi-
ten. Sie sind für zwey Pianof. äusserst ef-
fektvoll, aber etwas schwierig. Mlle Bian-
gini spielte artige Variationen auf 'der Vio-
lin: ein feuriges Chor auf Instrumente ge-
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323
1805. Februan
324
zezt, schloss das Gante, mit dem Alle« uu-
gi-raein zufrieden war.
München, den hosten Jan. Daa vierte
Liebhabet konzert wurde mit einer Sinfonie
von Haydu eröffnet, darauf folgte ein Fa-
gottkouzert von Danzi, welches von Herrn
Franz Lang, einein ganz jungen Mann,
der einst ein recht guter 1 agoltist zu wer-
den verspricht, sehr brav vorgetragen wur-
de; dann sang dessen Schwester, ein fünf-
zehnjähriges Mädchen, Schülerin von Danzi,
eine Arie von Par, die sie, soviel es ihr*
bescheidne Furcht (sie sang zum erstenmal
öffentlich) zuliess, recht hübsch ausführte:
sie zeigt viel Anlage,. — Der zweyte Theil
begann mit der bekannten schönen Jagdsin-
fo nie von Mehül, die, wie gewöhnlich, mit
Feuer und grosser Präzision gegeben wurde.
Darauf folgte ein neues Flötenkonzert von
Danzi, geblasen von unser in Mezger, der
auch diesmal sein grosses Talent bewahrte.
Zum Schluss wurde ein Quintett von Win-
ter, aus dem Kampf der Elemente (lern
3ten Theil der Zauberflöle) mit ßey fall ge-
geben. — Die interessanten kleinen Kon-
zerte im Museum dauern fort; es wird,
durch unsere vorzüglichsten Künstler, Can-
nahich, Bohrer, Mezger, Fladt, .und
andere, eine rech^schöne Auswahl von Quar-
tellen und Sextelten, darin gegeben.
Kurze Anzeige».
Qrand Trio pour k Piano/orte , Violon et Vio-
loneelU, compot. par Wenc. Schütz. Wieu,
bey Eder. 38 S. (Pr. 3 Fl. a4 Xr.)
Dieses leichte, in gewöhnlicher Manier -
gesetzte Trio zeichnet sich durch keine ori-
ginellen Gsdanken aus. Der Styl ist ziemlich
flicsseud, doch nicht korrekt Der erste Satz
fangt mit einem gemeinen und verbrauchten
(iedauken au. Das Adagio ist verhältnis-
mässig zu laug. Der darauf folgenden „Po-
lotiotse caracterislique de qualrea agitaliuns:
la melaucolie, le desespoir, la reflexiou, 1«
tranquilite," ist die Uebersrbrift unentbehr-
lich. Ein solcher Grad von Melancholie und
Verzweillung fallt niemanden beschwerlich.
In der Verzweiflung ist der Verf. aus dem
Dominantenakkord von F null in die- Domi-
nante von Ges gekommen, anstatt auf dem
Des deu übermässigen Sextenakkord zu neh-
men; doch, siehe dal die Reflexion tritt ge-
rade zur rechten Zeit mit der Verbesserung
des Fehlers ein. Im letzten Allegrosatzc hinkt
das Metrum zwischen £ u. J Takte.
Grand Trio p. U Pianof. av. Clarintttt tt Cor
compos. par Francnis Lts&tl. Vienue, bey
Eder. S. 37. (2 Fl. 56 Xr.)
Dieser 4te nicht unbedeutende Versuch
des Herrn Lessei enthalt zwar manche Re-
miuiscenzeu , jedoch hal der Verfasser gezeigt,
duss ky die Gedanken gut kombiiiircu könne,
und kleiue Nachlässigkeiten kann man gern
übersehen bey dem , was er giebt. Der Styl
ist blühend und erhebt sich über das Ge-
meine, daher denn der Komponist zu er-
muntern ist, seiu Genie zu pflegen und im
korrekten Style auf dem Wege der Na-
tur seine Forts hrille zu machen. Daa
Adagio spidl sich hier und da eiu weuig
bakelich, welche Setzart nur dann zu erlau-
ben ist, wenn der Spieler einen reellen Ge-
dankengewinn vou dem Eiustudiren hal.
Wo man übrigen« die zum Accompague-
ment erforderlichen Instrumente haben kann,
uud das Ganze delikat vorgetragen wird)
wird dieses Trio eine angeuehme Unterhal-
tung gewahren.
Laim», bst Bait T ao*» * MB Klarst,
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INTELLIGENZ - BLATT
zur All gem ei nen Musikalischen Zeitung.
Februar.
Ni VII.
1805.
Pränumeralionsanzeige
der «
Zwölf Orgelstücke
Ton
M. G. Fisrhrr
Musikdirektor und Organist tu Erfurt.
Zwiyter Tlieil.
Der erste Theil bürgt hinlänglich für die Güte
und Brauchbarkeit de« zweyten, uid nur diejenigen,
ao noch nicht im liesitz «loa eriten Thrila find,
braucht man auf die Kritik in der musikalischen Zei-
tung aufm-rksam au muhtfa , wo der Rccensent nach
laujtrm und rulldl tigern Lobe fol^endcrma sien
ai'hlieaat' Recenscnt nimmt keinen Anstand, diese
kleine Sammlung unter die beuten neuem tu zahlen,
und aie allen, die sich Für echtes OrjjfUpiel bilden
■wollen , an oi Studien und fleissigen Gebrauch bcatena
SU empfehlen.
Der Prinumerationepreia ist 8 Gr. si'rh«. «nd
wird in jeder Buchhandlung angenommen. Ende Fe-
bruar« können die Exemplare nach eiagegt)U£ncu ße-
alelluiigen versandt werden.
Erfurt, den i. Jnnuar 1S0.S.
J. F. C. Rudolph».
iV*u< Musikalien von verschiedenen Verttotrn r
H eiche bey BreitkopJ und Hanel zu haben und.
C>G«"baucr, F. R. , Gi> Li-e^nt mMhodifiues en Duo p.
dar. a l'usege «des icommtmc. Üp. io. a Thlr. C Gr.
Ni»4e, S., ia l/iiettinoe p. a Cor». Op. 4 «» Gr.
4c Call, L. , 5 Duo* p. Hautboie et Batann conc.
Op. >3. > 'lhlr. 8 Gr.
Winter, P., Partita p. 3 Hamb., 3 Clarin. , a Cor»
et a Bassons. 1 Thlr.
Mozart, Sinfonie en Harmonie arr. par C. A. Goep-
fert. No. i. 1 Thlr. ao Gr.
Boieldieu, A. , 6 A^rch. milit. en Harm, a Tlilr.
Lintant, 10 Aira rar. p. Guit. ou Lyra. 18 Gr.
— — 5 .Sonatci progres. p. la Guit. ar. aecomp.
d'Alto. 1 Thlr. 4 Gr.
Rodatz, A. E. , Hamburgisehe* Journal des Gesaaga
mit Guitarrbeglcit. a* Heft. 1 Thlr.
Ciuiarosa, 4 Duetten f. a Guit. 14 Gr.
Willima.nn, E. A. , Gr. Sooato p. la Guitarre.
Op. t. 10 Gr.
de Call, L. , Serenade ponr une Guitarre »enle.
Op. a3. 16 Gr.
— — Serenade p. a Guit. Op. 34. «6 Gr.
Tändle r, F r. , Pet. pieces p. la Guitarre aaole.
Op. a. 8 Gr.
— — Variat. p. la Gnit. et lo Viol. Op. 3. 10 Gr.
de Call, Gesinge m Bc^l. d. Guit. Op. i3. iG Gr.
— — 3 Son. p. la Guit. Op. 33. 10 Gr.
Auswahl der vorzüglichsten Arien und Romanzen aus
Opern, für die Diskant- und Tenorslimmc m. Begl.
der Guit. aa Heft, ta Gr.
Me t h fess e I, Giierre et Paix arec 1' Amour (Krieg
u. Fr. mit Amor) av. arc. de Guit. Ojj. 7. it Gr.
Bornhardt, Taschenb. f. Guilarrspielcr. 16 Gr.
Härder, A. , 6 Lieder mit Begl. d. Guit. 13 Gr.
Hinmrl, F. H. , Favoritaiicn aus I'a.chon mit
Guitarrbegleitung. 16 Gr.
Bevilarqua, M. . Dnetlo del Op. Guilletta et Ro-
mvo ri«l otto p. GuiUrra. 8 Gr.
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27 —
de C * 1 1 , L. , Variation» pour tute Guitarre sculc.
Op. 37. 8. Gr.
de Mo n tg er o ul t , II., Piücei p. lc Pianof. Op. 3.
1 Thlr. 6 Gr.
Newton, S., to Watzel p. le Tianof. » Tltlr.
Rüttinger, 6 Sonatinca ä 4 maioa p. lo Pianof.
1 Thlr. 4 Cr.
C lerne nti, Duo ä 4 maina p. le Pianof. 1 Tltlr. 6 Gr.
Wilma, J. W. , Sonate p. le Pianof. a 4 maini.
Op. 7. i Thlr. 4 Gr.
Glas, 16 Allemandea p. le* Pianof. ai Gr.
Six Quailntlea p. le Piancf. 8 Gr.
T. Beethoven, Sonate k 4 maina p. la Pianof.
Op. 6. 14 Gr.
Du iirck, Sonate p. le Clav, on Pianof. av. acc.de
Vijl. Op. 8. No. 3. ifi Gr.
_ _ 3 Sonatei p. lo Piaaof. av. acc. de Viol.
Op. la. No. 1 — 3. a Thlr.
St ei bei t, 1 Sonate p. le Pianof. av. Viol. obl.
Op. 11. No. 1. ao Gr.
- - 1 Do av. Fl, obl. Op. 11. No. 3. ao Gr.
Beuel Ii, A., Sonate p. il Clavicemb. ia Gr.
Stanaen, J. L. , Sonate p. le Pianof. ar. Viol. et
Violonc. Op. 10. 18 Gr.
Mchul, Ou«erture de l'Op. I' Irato arr. p. le Pianof.
ar. Fl. et Viol. ad üb. 1a Gr.
Dix Dan»e» earacteriatiqnea p. le Pianof. 8 Gr.
Elite dea Sonatra aaua aecompagnment p. le Piauof.
Cah. a. 1 Thlr.
T. Beethöven, ae gr. Sonate p. le Pianor. 13 Gr.
Faach, C. , Sonate p. le Pianof. No. 1. 10 Gr.
— — Do Do No. a. 8 Gr.
No. 5. 8 Gr.
No. 4. 10 Gr.
Do No. 5. 10 Gr.
Do No. 6. 8 Gr.
Ploycl, J., Sammlung kleiner und leichter Klavier-
atucle. . 3* Heft, ao Gr.
Do Do
Do Do
Do
Do
28
Coacerto p. le Pianof.
Parademärsche der franaöiiaehen Truppen, f. Pianof.
eiliger, t. Koerner. 3« Heft 8 Gr.
r. Beethoven, L. , ^,1
Op. 37. 5 i'hir.
Wanhal, J. , Fantaiiie attivie d' ono Marrhc , d'un
Uoudeau et des Var. p. le Pianof. la Gr.
Hummel, J. N. , Sun. p. le Pianof. Op. i3. ao Gr.
v. Beethoven, Variation» p. le 1'ianof. aur le Thd-
me: Rule firiUnnia. No. a6. »a Gr.
Hartmann, 34 Walle* p. le Pianof. 10 Gr.
Stadler, J., 11 Allemandea p. le Piano*", 10 Gr.
t. ßeeth#ven, Variat. p. lo Pianof. aur le themc:
God »ave the King. No. 26, 11 Gr.
Reichart, J. K., Var. p. le Pianof. Op. 4. 8 Gr.
Lipavaky, J. , 3 Komau.ce» ou Andante» pour le
Pianof. Op. 19. 1» Gr.
— — Gr. Rondeau Fantaiiie aur la te Rnmancc
do l'Op.; Helene, p. le l>i B ., 0 f. Op. i3. m Gr.
— — Duo de l'Op.: Le Uftor »uppoac, arr. cn
Roudeau lac. p. lc l'iaaof. io Gr.
de Dalberg, F., Sonate i 4 maina p. lo Pianof.
Op. 34. a Thlr.
Uac benenn, C., Sonate ä 4 maina p. le Pianof.
Op. 4t. 1 Thlr. 3 Gr.
Zoncada. G., Air fa*orit do Bianchi : Silenzio che
»ento etc. var. p. le l'ianof. ou Guil. 10 Gr.
Wilma, J. W., taWalaea p. le Pianof. Op. 8. 14 Gr.
v. Beethoven, gr. Trio p. le Pianof., Clarin. ou
Viol. et Vlle. Op. 7. 1 Thlr.
Gyrowetx, Gr. Trio p. Pianof., Clarinrtte on Viol.
et Vlle com. Op. ,,3. 1 Thlr. , t Gr.
Cannabich, Ch. , 1? V»r. et Caprire *ur l'AIr : II e«t
trop tard etc. p. le l'ianof. No, 3. ig <; r ,
Repertoire dea Clavirii,i«te», No. 8- cont. Stadler M.
a Son. auivic» d'unc Fugue. 1 Thlr.
— — Do No. 9. com. Liate, A. , a Sonatea
p. le Pianof. 3 Thlr.
Borahardt, Taschenbuch f. Klavierspieler, jß Gr
(Wird fortgoaezt.)
Laia-aio, aatv Bu mi) M nun U Ä » t 1 1.
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ALLGEMEINE
MUSIKALISCHE ZEITUNG.
Den. 2Q teD Februar.
N" 21,
1805.
—
Üebtr den ehemaligen und Jetzigen 'Zustand 1 der
Musik in WirttmUrg.
> .
Unter der beyoahe fünfzigjährigen Regie-
ruug des Herzogs Karl, wo Künste und Wis-
senschaften in ihrem glänzendsten Flor stan-
den , erreichte auch die Musik ihren höchsten
Gipfel. Schubert tagt in »einer Geschichte der
italienischen Musik bis aut iomelli: (siehe
die Musikalische Zeitung No. i5. i8o4) die
Welsche Tonkunst, besonders die dramatische,
habe vom labr 1740 bis 17 5o in Neapel und
fsVriio in einem ausnehmenden Grade geblüht;
und dasselbe gilt von der Musik des wirtemb.
Hufes von 1760 bis 1770. Es ist bekannt,
mit «reicher Pracht und Verschwendung jener
Fürst sein damaliges italienisches Theater zu
•in ein der ersten in Europa emporhob. Die
ersten Virtuosen aller Instrumente eierten
da* Orschesler, an dessen Spitze der feurige,
genialische Iomelli, als erster Kapellmeister,
viele lehre glänzte. Der berühmte Noverre
erwarb sich die Bewunderung aller Fremden
durch seine grossen Bailete. Die prächtigen
Drkoratiunen eines Columba zeugen noch
heute von dem damaligen Glänze des Thea-
ter». Selbst Kaiser Joseph konnte späterhin
auf seiner Reise durch Stuttgart bey der
Vorstellung der lomellischen Oper Dido und
eines Noverrischen BalleU, sein Erstaunen und
•eine Bewunderung nicht genug äussern. Jezt
sind sie noch die einzigen kostbaren Ueber-
reste jener theatralischen Feenzeit, und ge-
wa hren, be y den seltenen Vorstellungen auf
7. J 4h» ß.
dem grossen Theater,' einen entzückende«)
Geuuss. Es wimmelte damals von Schaaren
italienischer Stöger und Tanzer in allen Stra-
ssen Ludwigiburgs; gleich einer Ebb' und
Floth kameu und gingen ganze Familien von
Italien hin und her, welche durch Kehle,
Hände oder Füsse dem glänzenden Hofe Ver-
gnügen zu macheu berufen waren. Jeuee
prächtige, schon vor einigen Jahren leider
abgebrochene Opernhaus wurde in den Jah-
ren 176J mitten im Winter in drey Monaten
zu der grossen lomellischen OperPhaetou nach
dem Modell des Sultgarter Theaters, aber
nach einem grossem Masslab' und mit meh-
re rn Logen, erbaut. — Doch dieses magi-
sche Zaubcrsuiel konnte natürlich wegen des
damaligen grossen Hufslats, des Militairs, und
der kostbareu Reise nach Venedig mit einem
Theilo des Hof» und Theaters (was zusam-
men ungeheure Kosten erforderte) von keiner
langen Dauer seyn, und halte in der Mitte
der Jahre von 1760 bis 1770 sein Summum
erreicht; denn gleich nach Karls Zuiink-
kunft von Venedig wurde eine grosse Reduk-
tion vorgenommen, die Opera scria und das
grosse Ballet abgedankt, und nur die Opera
buffa noch einige Iahre beybeliallen.
Es fing nun g?#rhsam eine neue Regie-
rnngsperiode an. Stillere* Vergnügen au länd-
licher Ruhe folgte auf den vollen Genus» üp-
piger Freuden des Hofs. Nun wurde die
Solitude mitten aus den Wildnissen durch Karls
Anordnungen zu den schönsten Anlagen um-
geschaffen, und auf den höchsten Gipfel einer
waldigen Gegend ward jeues geschmackvolle
31
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3^7
1805. Februar.
3*8
Schlosz erbaut, von welchem man der rei- | auszeichneten, der Aufruf, sich ganz der Mu-
zeudslen Aussicht in die schönsten Gegen-
den .'de.i Landes geniesst. Bald darauf grün-
dete dieser warme Freund der Wissenschaf-
ten und Künste eine militärische Pfläuzschule,
aus welcher späterhin die Karlshubesi hule io
Stuttgart entstand. Anfangs wurden uur etwa
fünfzig Söhne von Militärpersonen dariu,
theils cum Bauweseu, theils zu Gartenge-
schäften angehalten. Bald aber wuchs die
Zahl auf 5oo an, und so stieg diese, erst
gering scheinende Anstalt von Stufe zu Stufe
zu der nachmaligen bedeutenden Höhe, woraus
nicht nur dem Vaterla:ido, Sündern auch den
entferntesten Gegenden Curupens so mancher
höchstbedeutende Mensch hervorging. Ich
will nur Schiller, v. Thürheim, von Mas-
ienbach, Hetsch, Danueker und Scheffuuer
nennen. Die Musik wurde zuerst auch hier
bey den Zöglingen als Licbhaberey behan-
delt: jeder durfte sich zu seinem Vergnügen ein
Instrument zum Lernen wählen. Karl, ob-
achon bisher an die vortreffliche Musik seines
grossen Orsthester* gewöhnt , wobey er selbst
in Proben öfters am Klaviere dirigirte, konnte
deunoi h sich nun stundenlang am erhärmlich-
s)ten Geklimper seiner Zöglinge, welche kaum
aerhs Wochen den musikalischen Unterricht ge-
nossen hatten, vergnügen, und eine Menuet,
ein kleines Balletstükthen, auf die küm-
merlichste Art berausgewürgt , gewährte ihm
ao viel Unterhaltung, dass er sichs nicht
verdriessen lies«, von einer kleinen Land-
reise öftere 12 bis i5 Stunden nach der So-
litude Zu kommen, um des Sonntags bey
jenen kleinen Konzerten Augenzeuge der all-
mähligen Fortschritte jener Zöglinge zu seyn.
Er kommandirte eigrnlli^ selbst dabey die
Forte uud Piano der raschen Iomeiiisrhen
Sin'bnieen. Jeder harrete .seines Winks; er
belebte durch kleine Geschenke die Talci<te,
und ermunterte _den Schwee hen uud Furcht-
famen durch Nachsicht und durch die huld-
vollste Herablassung. Bald erging an die,
durch musik. Talente vorzüglich
stk »u widmen. v Ufr damalige Kapellen. Bo»
roni und der- Violoncellist Foli wurden von
dem vorigen glänzende» Orsrbester zurück-
behalten und aJU Lehrer augestellt} auch Wur-
de iiallelti als tiallelmcister auf die Solitude
berufen. In kurzer Zeit sah man franzO**^
sehe -und italienische Opern nicht übel auf-
geführt. Als aber im fahr ir?5 Karl die
Akademie nach Stuttgart verlegte, wurden
die zu Musik und BdJlet bestimmten Zöglinge
aus den allgemeinen Ablheilungeit ausgeso-
gen uud besonders 4ogirt. Nun keimte ba d
das deutsche Schau spiel aus den Zöglingen
der Akademie, uud aus der E<ole dt« Ue-«r
moiselles (einem wohleingerichteien Neben—
institute) hervor. Uie druia<rie Oper wurile
mit Aufführung der von einem Zöglinge der
Akademie (Dieter) koiupouitlcn Op^relta
„der hchulz im Uorl" im. grossen Theater,
erollnet, uud kurz* darauf das kleine Komö-
dieuhaua erbaut, worin nachher jede Woche
sweymaL.jgegen. Bezahlung derLutree, mei—
steutheils deutsch gespielt, französische uud>
italienische Opern und grosse Ballets hinge-
gcirnur bey feyei luheu Gelegeuheilen auf dem
grossen Theater gratis gegeben wurden. So»
bald aber Kurl seinen Landsitz mit Hintan-
setzung der Solitude in Hohenheim aufschlug,
kam er weniger in seine Akademie uud
besuchte die deutsche Oper selten , weil er
bloa italienische Musik liebte; ordnete aber
bey feyerlicheu Gelegenheiten Hofkonzerte aa
und berief bey Anwesenheit hoher Fremden,
zu den Mittagstafeln nach Hohenheim , Öfteres
die Blasinstrumente. Aus jenen Zöglingen be-
steht nun wirklich noch der grössere Theil
des heutigen Orsi hesters; vom Schauspiele
aber sind, ausser Hr. Webeiliüg und Mad.
Gauss, keine mehr übrig. Viele starben,
uud mehrere suchten durch die Launen dea
Schicksals umhei getrieben, in der grossen
Welt ihr Glück. Frey lieb ists sehr zu be-
dauern, dass nun mit ungleich giössern
Kosten da« jeta/ge Schauspiel und Opernper-
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329 J 8°5'
sonale weniger gut besezt ist, «I« damals,
Wo Halter, Gauss, Curie, Reuaud, Schwei-
zer, Mllc. Sandmaier, Balletti, Schübarl, mit
einem geriiigeu Gehalt^ von drey bis vier*
hundert Gulden die Bewunderung aller Ken-
ner im Publikum erregten. Sie konnten so-
gar in dreyerley Sprachen spielen. — —
Znr Uebung des Oraiheslers wurden wöchent-
lich zweymal die nachgelassenen Iomellischen
Opern , ohne Gesang , durch den nachberigen
Kapelim. Poli mit solcher Genauigkeit einstu-
dirt , dass Ein Bogenstrich, Ein Feuer
das Ganze belebte, und hierdurch allein die
achte Schale und der wahre Vortrag de*
Iomellischen Stil* fortgepflanzt wurde *).
So wie nun aber späterhin bey der Vei-
aorgnng jener Zöglinge kein Unterschied mehr
statt fand, und d*m talentvollsten , wie
dem weniger geschickten gleicher Gehalt mit
9uo Gulden ausgesezt wurde, so hatten Mut-
losigkeit und Nahrungssorgen cur Folge, dass
der Eifer für die Kunst allmählig erkaltete.
Oekonoinisrhe Umstände hinderten Manchen,
fein Talent mehr auszubilden und sich dem
Ziele zu nahern, dem er bey andern Verhält-
nissen sicher zugeeilt wäre. Zum Steeg selbst,
der erste Schüler des Boroni und Poli , würde
* eher bekannt gewordeu seyn , wenn sein Ta-
lent durch Reisen ins Ausland mehr ermun-
tert worden wäre. Er blieb bis an sein Ende
in den Mauern von Stuttgart, und musste
•ich die Bildung, die ihn als Menschen und
Künstler so achlungswerth machte, nur
hier aelbst erwerben. Ob er sich gleich durch
•eine spätem Kompositionen auch im Aus-
Februar. 330
I lande rühmlichst bekannt machte, so wurde
er gleichwöl in seinem Vaterland© nicht
nach Verdienst belohnt. Erst sein früher
Tod zeigte, was man an ihm verlor; er
wurde zu spät geschäzt, und zu frühe be-
wein!.
■
Die Nachfolger Karls, die beyden Brü-
der Ludwig und Friedrich, zeigten sich zwar
als Freunde der Tonkunst, (baten aber im
Grunde nichts zu ihrer bessern Aufnahme.
Das Theater wurde bald einem Entrepreueur
- übergeben, welcher auf alle Art seinen Vor-
theil zu erhaschen suchte. Seit zehen, fünf-
zehn Jahren ward es manchem Wechsel in
Ansehung seiner Direktion unterworfen.
Mihule, Möller, Hasselmaier hatten es ne-
ben einer herrschaftlichen Intendanz wech-
selsweis im Pacht. Seit dem Regierungsan-
tritte des nunmehrigen Churfürsten Fried-
rich II. ist es wiederum herrschaftlich, und.
vorerst dem geb. Rath v. Mandelslohe, und
ein Jahr nachher dem Staats- und Confe-
renzminister Grafen v. Winzingrode überge-
ben worden. Jetzt wird gewöhnlich wö-
chentlich viermal gespielt ; Opern und Komö-
dien wechseln ab, uud Sonntags wird immer,
eine Oper mit aufgehobenem Abonnement
gegeben. Während des Sommeraufenthalte
des Uofs in Ludwigsburg wird alle Wochen
einmal eine Komödie oder kleine Operette
aufgeführt; Diäten zu ersparen, besorgen die
Musik nicht die Hofmusiker, sondern die,
von dem dort in Garnison liegenden Batail- .
Ion v. Sekendorf, und zwar geben sie tür-
kische Musik zu Enlreacts der Schauspiele.
*) Bey dem Brand de« kleinen KomödienhanMs im Sept. 1803, wo man unbegreiflicher Weite in uer
Bestürzung von der Garderobe und iiu dem Miisikmagazin durchaus nichU su retten «acht«, wurden
towot alle auf jenem Theater bis dahin aufgeführte Opern, Siafonieen u. dgl., hauptsächlich aber alle
Iomelliacben Werke, welch« er ehemals an diesem Hofe kotnponirte, and wovon Herzog Karl seine
Maouscripte als einen kostbaren Srhats selbst unterm Schlüssel viele Jahre verwahrte, ein Raab der
verhrereoden Flammen. Aussee Kopieen einiger seiner vorzüglichsten Opern sind nur noch hin uu«
da einzelne abgerissene Scenen von den übrigen aeratreut. Schade, daas niemand da« Ganze an samm-
len Enthusiasmus genug hat! —
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33t
1805. Februar.
332
Bcy den vielen wöchentlichen Vorstellungen I wo auch reisende Virluoien zuweilen ehez*
wird der ökonomische Zweck für die Kasse
keineswegs erreicht, weil theils das Publi-
kum nicht sehr zahlreich ist und die öftern
Wiederholungen alter Stücke dem Abonne-
ment schaden, theils aber zum Einstudiren
neuer Stücke nicht die gehörige Zeit gelas-
sen wird, und daher die Opern übereilt, und
weder von den Sängern genugsam memo-
rirt, noch durchs Orchester, wie sonst, mit
der gehörigen Pracision vorgetragen wer-
den können.
Ehemals war auch die Musikliebhaberey
grösser, als jetzt. Stuttgart halle viele Di-
lettanten aufzuweisen, worunter sich voll-
kommene Virtuosen befanden. Man hörte
zuweilen in Liebhaberkonzerten — besonders
Flöte und Klavier — ausgezeichnet schön
spielen. Nun aber haben seit inehrern Jah-
ren nicht nur alle Privatkonzerte ganzlu h
aufgehört, sondern es finden sich auch bey
angekündigten Konzerten reisender Virtuosen
so wenig Liebhaber ein, dass diese öfters
nicht einmal die Kosten zur Beleuchtung des
Saals damit bestreiten können. Ausnahmen
hiervon sind Dem. Kirchgässncr, Herr Ek,
Und einige andere, welche durch besondere
Empfehlung eine Aufnahme fanden, wie es
ihre Talente verdienten. — Wie wenig Ge-
schmack an Konzerten und überhaupt an
Musik anter dem Stuttgarter Publikum jezt
su finden ist, beweiset auch Folgendes. Die
Theaterdirektioh kündigte im Dec. zweymal
Konzerte auf den Sonnabend im Iledouteu-
aaale des grossen Theaters an. Beydemal
wurde derselbe festlich beleuchtet, aber die
Geladenen wollten nicht kommen. Das er-
stemal fanden sich zehn, das zweyteraal
sechs Personen , die bezahlt halten, ein; und
somit wurde das Unternehmen wieder auf-
gegeben. In kleinen Städten, wie Heilhronn,
Tübingen, wo kein stehendes Theater ist, wer-
den zur Unterhaltung iu den langen Win-
terabenden Liebhaberkouzerto veranstaltet,
ihren Vortheil finden, als in der Residenz,
wo sie alles kostbarer, weitläufiger und doch
am Eude weniger erkenntlich Iii. den.
Hr. D. Chladni kam diesen Herbst wie-
derum nach Stullgart, lies« sein Instrument
hören, und zeigte nachher seine akustischen
Versuche über die Verbreitung des Klangs :
auch Er fand wenig Zuspruch. Kurz dar-
auf kam Ilr. Kalkbrenner, (ein Zögling des»
Consei valoire von Paris) auf seiner Reise
von Wien hier durch und gab ein grosse«
vollständiges Konzert. Durch seine bedeu-
tenden Empfehlungen und durch die Ver-
wendungen der französischen Gesandtschaft
fand er einen ziemlich zahlreichen Zuspruch.
Er spielte ein Klavierkonzert von Mozart
aus C dur, und am Ende Variationen, sei-
ner Komposition. Ungeteilter Bcy fall über
seine bewundernswürdige Fertigkeit und sein
Feuer ward ihm aufs lobhafteste zugeklatscht.
*
Seitdem Herr Krebs wieder von seinem
viermonatlichen Aufenthalte in Wien zurück-
gekommen ist, wurde Zumstcegs Geisterin-
sel in vierzehn Tagen zweymal gegeben.
Sie ist uud bleibt immer eine der Lieblings-
opern des hiesigen Publikums, und darf mit
den ersten Oporu der letzten Jahre um den
Vorzug streiten. Mit Recht wurde aber das
Publikum über die Dirckliou miamuthig, wel-
che sichs, Gott weiss warum, unterfangen,
die Gottersche Bearbeitung zu verstümmeln,
indem sie die gleich nach der Sinfonie fol-
gende Arie der Miranda wegliess, und mit
dem Chor hinler der Scene (ohne Begleitung
der Blasinstrumente) den Anfang zu machen
vorschrieb. Hierauf folgte sogleich, ganz
ohne vorbereitenden Dialog, das Finale des
ersten Akts , in welchem auch Kalibans er-
ster Auftritt ausgelassen wurde. Kaliban
stiegerst bey der Stelle: »Wo bin ich? was
erblick ich?" unter Blitx und Donner aus
der Erde hervor (?). Kurz nach dem Slur-
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353
1805. Februar.
334
nie folgte erat seine Arie: »Ein schlaues
Blendwerk* — Alles übrige wurde vom er-
sten Akt weggelassen, und den Zuhörern
das schöne Duett aus B: Vernimm die
Schiecken — und sogar Auch das im letz-
ten Akt: Traurige Korallen — entzogen.
Ueberhaupt wurde diese Oper so unbarm-
herzig abgekürzt und zugestuzt, dass sie
über eine Stunde kürzer dauerte. Das schö-
ne Ducti: Ja Freund, mein Busen —
wird bey jeder Vorstellung mit dem lebhaf-
testen Beyfall aufgenommen, und muss jedes
mal wiederholt weiden. Es war auch ein
Lieblings» kick der Franzosen , als sie in
Stuttgart waren, uud mancher liess sirh's
kopiren; und jetzt werden einzelne Arien,
Duetten u. s. w. in allen Theilen Frank-
reichs gesungen. Herr Krebs erhält auch
hier, wie in einer audern seiner vorzüglich-
sten Rolleu, in Pars Achilles, jedesmal ver-
dienten Beyfall. Wenn er aber seine häu-
figen Rouladen und ungebetenen Verschnör-
keluugen vvegüesse, und sich mehr eines
reinen und einfachen Vortrags befleissigen
wollte, so würden es ihm die wahren Ken-
ner und Freunde der Kunst noch mehr
Dank wissen ; indem diese seine Verzierun-
gen zuweilen gegen alle harmonischen Ge-
setze anstossen, und die mit sogenannten
Bockstrillern verwebten Termaten nirgends,
und gewiss auch in Wien nicht, gefallen
können — und zwar von Rechts wegen.
Recensiowen.
Trio eonetriant pour Harpt tt dtux Cors ou
dtux Altos, in !•' dur par <S*6. Dtmcr. Op.
4o. A Paris. (7 E. 10 S.)
Eine sehr empfehlungswerthe Komposition.
Sie besteht aus einem AI legro maestoso, und
einem Adagio, welches in ein Rondo cosaco
übergeht, und durchaus s^hr f>ul gehalten ist.
Nur eine einzige Stelle wünschte Ree. abgemil-
dert zu sehen: nämlich S. 7, Z. 2, T. 5, wo
das erste Horn mit dem Bass eine unangeneh-
me und harte "7 und ''y Bewegung macht}
auch würde er den Bass zu der Stelle: Z.5,T3:
3 T
lieber — wenigstens fc£
also abändern:
rrff
Uebrigens werden sehr brave Waldbornisten
dazu erfordert. Die Harfenparthie ist weniger
schwer, inuss aber sehr brillant gespielt wer-
den, wenn sie neben ihren Rivalen, den meist
singenden Hörnern, als Hauptparthie mit Eh-
ren besteheu will. Stich und Papier sind
schon. Nur haben sich einige Fehler mit
eingeschlichen: nämlich in der Harfenstimme
S. 5, Z. 4, T. 5, muss statt h, ä, und Z. 6,
T. 3, statt des 2len ä ein g stehen; S. l5,
Z. 6, T. 2, ist vor dem as das b ausgelas-
sen worden. In der ersten Hornstimme
muss S. 2, Z. 5, T. 10, statt des ersten
B nii ajjT, und S. 5, im vorlezlen Takt statt
des g auch eiuD stehen. Die 2(0 Horuslimrae
veranlasst mich zu einer kleinen Bemerkung.
Hr. Deinar lirss nämlich in folgendeu Stel-
len, (wobey ich nur den Bass der Harfe an-
führen will)
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335
1805. Februar.
336
das F + bey dem aten Horn weg und gab
ihm dafür ein C — «ehr wahrscheinlich
aus dem Grunde, weil das F schwer an-
giebt, und dumpf klingt Zugegeben nun,
d tss der guten und musikalisch gebildeten
YValdhornisten verhältnismässig weuige sind,
und mau häufig dialouische Läufer auf dem
Horn so vorlrageu hört , als bedeckte und
öffnete man sich das Ohr mit der Hand fast
bey jedem Ton : so würde ich doch lieber
das F beibehalten haben als das C, erstens
weil dieses F als ein gedämpfter Ton mit
dem a des ersten Horns gleichförmig ist,
zweyten« um den angefangenen Terzengang
nicht am Schlüsse abzureissen , aud drittens
um meinen Kompositionen einen gleit hen
Charakter zu erhalten, welcher durch einen
einzigen Ton dieser Art, wenn er, wie es
öfters bey Waldhornisten geschieht, gleichsam
hingeknallt wird, in das Bizarre übergeht.
Singlibungtn für eine Soprenstimme , von JF*.
Danzi. Queerf. Leipz. b. Breitk. u. Hertel.
1. Heft 1 Thlr. — 2. Heft 16 Gr.
Diese Uebungsstücke im modernen Ge-
schmacks sind für Sänger, welche die Ele-
mentarübungen längst überwunden Jjaben,
und sich nun bemühen, die Stimme geiPmiei-
diger zu machen, den Ton abzurunden und
einen geschmackvollen Vortrag zu erlernen.
Es wäre zu wünschen , dass der würdige
Verf. seine verdienst rollen Arbeiten mit eiuer
Vorrede über den rechten Gebrauch dersel-
ben möchte begleitet haben ; denn die Aeusse-
rungen eines 40 erfahrnen Touküustlers müss-
ten schätzbare Beylräge für die Kunst lie-
fern. — Das erste Heft enthält 18 Uebungs-
stücke ohne Text, blos mit einem unterge-
legten bezifferten Basse. Sollte es nicht dem
Sänger angenehmer seyn , wenn es dem Hrn.
D. beliebt hätte, die Begleitung förmlich da-
zuzusetzen wie im aten Hefte? denn unter
10 Säugern ist gewi»« höchstens nur einer
fähig, einen bezifferten Bass abzuspielen. —
Mit steigender Schwierigkeit führt der Hr.
Verf. den Sänger fort und lehrt ihn theits
hey Wiederholung der Hauptgedanken dea
Gesang zu koloriren und die Figuren schick-
lich zu verändern , thcils bey schnellen und
unerwarteten Ausweichungen Festigkeit im
Tone und Fertigkeit im reinen Intoniren zu
erhallen, theils auch durch allmählich ver-
längerte Fassagen sich an sparsamen Ver-
brauch dea Athema zu gewöhnen. — Ja
Rücksicht des Salzes konnte Ree. mit dem
Hrn. Verf. in folgenden Stellen nicht einver-
standen, seyn : No. 1. die Fortschreitung vom
3ien zum o,len Takte, wo der Bass, oh n ge-
achtet der beendigten Periode, mit g und $
eintreten sollte. T. ao. ist dio melodische
Forlschreitung h eis zum F-durakkoid zu
hart. No. 7. T. 11. No. i4. S. 21. T. 4 — 5.
(Auch die Fassage vom 16 T. an bis T. 21.
und die ähnliche im aten Abschnitte scheiat
eine starke Zumuthung für den Sänger zu
aeyn, da sie mehr für ein Instrument ge-
eignet ist.) No. 16. T. 5 und 6 und No. 17.
T. aa. hart koiorirle Melodie.
Das ate Heft enthält 5 Uebungsstücke mit
italienischem Texte und Fiauofortbegleilung.
Das erste ist mit 7 Variationen versehen,
welche hier und da zuviel von dem Sänger
verlangen. Ree. gesteht gar gerne, dass er
gegen die üppigen Mode Verbrämungen des.
Gesangs zu rigorös seyn mag, aliein solche
Stellen S. 9. V. 5.
Andantino.
r- — ntia i-ra — — ~
kann auch der nachgiebigste Beurtheiler nicht
erleidlich finden. S. 6. V. 5. nimmt der va-
riirte Gesang seinen Weg nach e moll bey
dem zum Grunde liegenden G-durakkord«
Die Koloraturen auf dem Vokal i, welche it*
den Variationen öfters vorkommen, und nti£
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357
1805. Februar.
338
dem U im aten Uebnngsstücke einer Arie aus
dem Barbier vou /Sevilla — sollten ebenfalls
vermieden seyn. Das 3te Uebungsstück, ein
niedliche» Lied von Righini, hat 6 Strophen,
wovon jede angenehm und der Behandlung
de« Liede* gemäss variirt i«l.
Anfang Februars starb hier in Leipzig
Hr. Job. Georg Tromlitz, im 79. Lebens-
jahre, und bis zu den letalen Tagen munter
und thatig. Er war in Sachsen gebohren
und hat den grossten Theil seines Lebens
iu Leipzig zuge ira. hu Aus früherer Zeit ist
er als einer der vorzüglichsten Flötiston und
Lehrer des Flölenspiels berühmt ; späterhin
beschäftigte er sich vornehmlich mit dem
Bau der Flöt*. nnd es ist bekannt, wie ein-
sichtsvoll, sorgfaltig und hochslgeiiau er da-
bey verfuhr, und dass man ihm auch man-
che sehr achäzbare Erfindung an der Flöte
vetddukr. Ais Virtuos war er durch Fer-
tigkeit, noch mehr aber durch vollkommene
Reinheit und Sicherheit des Tons, wie durch
Genauigkeit im Spiel ausgezeichnet. Er
war auch einer der Ersten, und in Absiebt
auf Eiuiluss der Erste, die die jetzt gewöhn-
liche bravour- und kouzertmässige Behand-
lung der Flöte und vornehmlich den dazu
am besten geeigneten starken, scharfen Ton
und häufigen, künstlichem Gebrauch der
Doppelzunge einführten und durch Schüler
eine, der ehemaligen Quanzischen in dio«er
Absicht entgegengesetzte Schule st 1 Helen, die
sich nun jetzt überall verbreitet und das
f Jötenspi» 1. vornehmlich in jenem Betracht,
cu so bewund.-i nawerther Höhe gebracht
hat. Theila deich seine Schüier, deren er
Vonrais unter den hiesigen Studireuden so
viele und aus allen Gegenden h;»tte," theils
durch «eine Reisen, w« er besonders in
Russlaud sich vielen Beyfall und beträchtli-
che Vortheile erwarb, theils durch seine
sehr berühmten Flöten hätte er Bekannte
und Korrespondenten in allen Weltthcilen. —
Seiue Kompositionen sind nicht von Bedeu-
tung, wol aber seine Schriften über Flöten-
spiet und noch mehr über Flölenbau. Was
von diesen wahrend der Dauer dieser Zei-
tung herausgekommen, ist ausführlich ange-
zeigt und beurtheilt; auch ist über mehrere
seiner Behauptungen, wie über die Eigen-
heiten seiner Flöten, von mehrern ausge-
zeichneten und erfahrnen Kennern und Vir.
tuosen in diesen Blättern gesprochen wor-
den. Zu bedauern ist, dass Tr. sein letztes,
vollständigstes Werk, das, seinem Verspre-
chen nach, alle seine Erfahrungen und ge-
heimem Kunstgriffe bekannt macheu sollte,
nicht hat vollenden könuen — wenn es an-
ders nicht in den letzten Jahren vollendet,
und nur noch nicht herausgegeben worden.
Einige Aufsätze über Flötenspiel und Flö-
tenbau, die mit seinem Namen unterzeich-
net sind, und einige Recenstonen, h.it er'
zu dieser untrer Zeitung .geliefert. Als
Mensch kennen wir ihn als einen ordentli-
chen, strengen, rechtlichen, arhtuiiKswer-
then, wenn auch hitzigen und etwas kampf-
lustigen Charakter. /
Berlin, den 6ten Febr. Die brillanten
und in jedem Betracht rühmenswei ihcn
Konzerte des trefflichsten aller jetztiebenden
Violoncellisten, des Hrn. Bernhard Romberg,
sind schon in andern B atiern früher geschil-
dert worden: ich nenne sie darum nur, und
setze hinzu, dass man sich mit der Hoff-
nung schmeichelt, Hrn. R. hier zu behalten.
Am 25slen Jan. gab der königl.^ammer-
mosikus Seidler ein sehr brillantes Konzert
im Thealersaal. Ouvertüren von Mozart
ans der Zauhei flöte und Don Juan eröffne-
ten d:e beydeii Theile. Herr Seidler selbst
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319
1805. Februar.
34o
«pielte ein neues Violinkonzert und Varia-
tionen mit Begleitung des Orchester» von
Rode, und mit Hrn. Möser ein Doppelkun-
'zert Ton Kreutzer. Hr. Kapellmeister Him-
mel begleitete auf dem Fortepiano, so wie
Hr. Bernhard Bömberg auf dem Violoncell,
die Florianscbe Romanze , Cotnplainte de Ma-
rie Stuart, vom Fürsleu Radzivil kompu-
nirt und von Dem. Schmalz gesungen. Hr.
Weizmann sang eine Arie von Reichard mit
obligatem Waldhorn, geblasen von Herrn
Brun, und mit Hrn. Fischer und den Dem.
Schmalz und Koch ein Quartett aus Him-
mels Urania. Den 5ten dies, führte der ehe-
mals polnische Kapellmeister Bcczwarzowsky
in demselben Lokale die vier Jahreszeiten
von Haydn im Ganzen recht gut auf. Die
Soloparthieen in den beyden ersten Thcilen
«angen Mad. Müller uud die Hrn. Ambrosch
und Fischer, und in den beyden letzten Mad.
Lanz und die Hrn. Eunike und Gern.
Dtn 21. Jan. wurden zum Benefiz für
Mad. Uuzelmann «Wey neue Stücke auf dem
Nationaltheater gegeben. Das erste: Die
Wette, Singspiel in einem Akt nach dem
Franz.: Un quart d'heure de sUeuce. Musik
vom Kapellmeister Weber. Der Inhalt de»
Stucks ist in Ihrer Zeitung schon ausführ-
lich bey Gelegenheit seiner Aufführung in
Paris dargestellt worden. Die neue Musik
des Berliner Tonkünstlers überraschte durch
die Neuheit ihres leichten, melodischen Stils,
da man zeither fast nur Arbeiten im höhen»
Stil von ihm hörte. Die Ouvertüre isl glänzend
und kräftig, und nur für dies S'ü< k viel-
leicht au reich. Unter den einzelneu Slük-
ken möchten das Duett zwischen Alexan-
drine (Mad. Unzelmann) und Floricourt (Hr.
Beschort), das Terzelt des Hrn. von Du-
breuil (Hr. Gern) mit den beyden Madchen
(Mde Unzelraann und Mlle Weber) nnd Du-
breuils Arie wol das Vorzüglichste seyn,
obgleich alles einen sehr gefall igen Gang hat*
Die zweyte jener Operetten: Michel Angelo,
Singspiel in einem Akt aus dem Franz. frey
übersetzt durch Heikluts; Musik von Nitx>-
lo Isouard. Auch dieses Stück ist schon
aus der frühem Charakteristik der Auffüh-
rung desselben in Paris in Ihrer Zeitung
hinlänglich bekannt Die Musik gefallt durch
ihre Originalität gewiss . überall, und iIas
Stück erwarb sich auch hier lauten Reyfall.
Wegen der plötzlichen Krankheit der
Königin Mutter ist das Karneval seither auf-
geschoben gewesen. Leber morgen wird es
aber gewiss eröffnet. Dass wir Naumanns
Medea und Heichards Rosmonda cu hören
bekommen, hab' ich Ihnen schon früher ge-
schrieben.
h k x j> o t s.
Ein berühmter Schauspieler war oft ia
einem gewissen vornehmen Hause. Einer
der Bedienten bittet ihn einmal um ein Frey-
billet ins Theater, wo er noch niemals ge-
wesen sey. Er bekömmt's, gehet hin. Nun,
wie hat's ihm denn getulleu ? fragt der Schau-
spieler nach einiger Zeit. O. prächtig! Und
nun erzählt er von den Dekorationen, den
schön geputzten Herreu und Damen u. dgl.
„ Recht gut: aber was die Heuen und Da-
men sagten und thatenV* — Erlauben Sie:
was die Herrschaften unter aich vorhaben
darum niuss unser Einer sich nicht beküm-
mern! zu dem Ohre 'rein, zu dem »raus:
da fährt man am besten ! — Auf der Gale-
rie sagt man das , in den ersten Logcu macht
roan's oft so, und sagt's nur nicht, meynte
der Schauspieler.
(Hierbey dsi Intelligcnzblatt No. Vit.)
Lzirsio, 111 Bumon v « » H X a * « 1..
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ALLGEMEINE
»
MUSIKALISCHE ZEITUNG.
Den 361« Februar. N" ü^.
1805
I 8 C E L L E N.
Einige Worte über Orgeln und Orgelspieler.'
D ass der Gesang bey öffentlichen Gottes-
verehruugen au vielen Orlen, und besonder«
in kleinen Stadien und auf dem Lande, ei-
ner grossen Verbesserung noch bedürfe, wird
.Niewand leugnen, der Gelegenheit hat, meh-
rere Kirchen zu besuchen. Das unmäßige
Sctireyen ungebildeter Sauger abzuschaffen,
und dadurch den Gesang feyerlicher und
herzerhebeuder zu machen, duifte wol vor
allen Dingen nölhig seyu. Ein grosses
Hindernis* hieibey ist oft die Orgel. In
vielt-n Kirchen kleiner Städte, und nueh mehr
auf deu Dorfern, besteheu die alten Orgel-
Werke fast aus lauter jungen, schreienden
Stimmen: Principal 2 Fuss höchstens 4 Fuss,
>lis.lur 3 fach und 1 Fuss, Quinte ii Fuss,
Octave 3 Fuss, Supeioitave 1 Fuss, und etwa
Grobgcdackt 3 Fuss uud Kleinged. 4 Fuss,
nebst einem üass ib Fuss — oft fehlt au> h das
Fedal ganz. Am Ode des Eins, steht in
der ziemlich grossen Kirche, die oft 5 bis
600 Menschen besuchen, ein alles Werk mit
ja Summen: darunter sind zwey 16- fussige,
sehr schwache Basse, 5 Stimmen 8 Fuss,
und Principal 4 Fuss, das übrige ist lauter
klägliches Schreywerk. Wenn nun der Ge-
aaug mit soh hen widrigen und schneidenden
Tönen, die mit den menschlichen Stimmen
in gar keinem Verhältnis stehen, und noch
ob endrein v on einem schlechten Spieler, be-
7. Jahrg.
gleitet wird, so müssen nothwendig dadurch
die unmusikal. Säuger auch zu dem so zweck-
widrigen Gekreisch verleitet werden, uud
schwer davon abzubringen aeyn. Ein Orgel-
spieler, der einigen Geschma. k hat, wird man
einwenden, kann ja bey einem soh hen Wer-
ke die schreyenden Stimmen weglassen , oder,
wenu er die volle Orgel brauchen will, eine
Octave licfer spielen. Das erstere gehl oft
uicht an, weil die wenigen soliden Stimmen,
nicht hinreichend sind, um die Singer im
Ton zu erhalten, und das andere Hüll» mit-
tel ist wegen der kurzen 0<tave, die man
gemeiniglich bey solchen Werken findet, sel-
ten au< h anzuwenden. Durch bessere Orgel-
werke würde der Gesang, das so ki all ige
Mittel zur Erweckung guter Empfindungen,
ungemein gewinnen, und Kirthr-npatrone,
Superintendenten und Prediger, sollten sichs
ernstlich angelegen seyn lassen , ihre Gemem-
drn, wo es nölhig ist, mit einer guten Or-
gel zu versehen. Dies kann mit weit we-
nigem Kosten geschehen, als man glaubt, wenn
man diejenigen Stimmen, die sonst von eng-
lischem Zinn oder Metall gemacht wurden,
von lauter Holz machen Jasst. Mancher Or-
gelbauer wird freylich aus Interesse oder Vor-
urlheil dagegen seyn; dass dies aber mög-
lich und zugleich sehr voi theilhaft ist, mag
die nachstehende Beschreibung eiuer fast gunz
von Holz erbauten, sehr schönen Orgel be-
weisen. Nach einer solchen Disposition
könnte man in eine Dorlkinhe ein Werk
mit 9—10 soliden Stimmen in einem ein-
fachen Gehätuse für 5 bis 4ooThlr.. und ein
schon bedeutendes Werk mit a Klavieren
23
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343
für 7 — 800 Thlr. erhalten, welche« , zu-
mal in den Dörfern, deren Einwohner jetzt
meistens wohlhabend sind, wol aufzubrin-
gen seyn würde. Wenn dem Orgelbauer
die alte Orgel mit einbedungen, oder das alte
Zinn nach dem Gewichte verkauft wird , so
kann jener Preis noch sehr vermindert wer-
den. Bey Verdingung neuer Orgeln sollte
nur allemal ein Sachverständiger die Dispo-
sition angeben, weil die meisten Orgelbader
noch für die schreienden Stimmen sind. —
Manchem Orte fehlt es freylich weniger an
einer guten Orgel , als an einem guten Spieler.
Wo eine Kirche so schlecht versorgt ist, das»
durch geschmackloses Getriller und jämmer-
liches Gedudel des Orgelspielers der Gesang
mehr verunstaltet als verherrlicht wird, da
sollte wenigstens dem Uebel dadurch einiger-
masaea abgeholfen werden, dass dem Spieler
ernstlich angedeutet würde: die Choralmelo-
dieen ganz einfach und nach einem guten
Choralbuche vorzutragen, und sich dea Hin-
zufügen» seiner eignen Erfindungen gänzlich
zu enthalten. Bey Besetzung neuer Stellen
sollte man allezeit ein Subjekt wählen, wel-
ches das so würdige Geschäft des Orgelspie-
lens mit Versland und Gschmack zu verrich-
ten wüsste. Freylich wird dieser Zweck nicht
immer erreicht werden, so lange man nicht
die grösstenteils äusserst geringen Besoldung
gen der Schullehrer auf dem Lande (die zu-
gleich das Orgclspiclen verrichten müssen)
und der Organisten in den Städten, erhö-
het. Da jetzt die meisten solcher Stellen
mit Seminaristen besetzt werden, so wäre
wol zu wünschen, dass in diesen Anstalten,
aus welchen so trefliche Schulmänner hervor-
gehen, etwas mehr für Musik, und beson-
ders fürs Orgelspielen gethan würde. Die
Einrichtung in den 'meisten Semiuarien, dass
die Zöglinge Abends, wo sie Zeit zu musi-
kal. Uebungen hallen, kein Lieht in ihre
Kammern bekommen, (manche besitzen auch
kein Klavier.) die Notwendigkeit, dass viele 1
geben, und ihren I
1805. Februar.
344
eignen Unterricht in der. Musik versäumen
müssen; und mehrere andere Hindernisse
sind wol Ursache, dass mancher Seminarist
weniger im Orgelspielen leistet, als man er-
wartet, ob ihn schon seine Bildung überhaupt
über die ganz geschmacklosen Und rohen
Spieler erhebt.
Disposition der Orgel zu Wolkenburg
bey Pen ig (1801 erbauet.)
Manual.
8 Fum.v
8 F. I
8 F. I
4 f. y
\ F. I
iG F. I
c a F. /
Holr.
1) Principal 8 Fuaa.^
2) Octare
5) Gedakt
4) Gedakt
6) OrUve
6) Rurdun
7) W.ldflöte
8^ Coraet 3 fach.
9) Quinta 5 Faa«.
to) Mixtur 4 fach (a Fum)
Im Ftdil.
1) Violon Bau 16 Fo»
1) Suhbati iC F.
3) Ocuvbaa« 8 F.
\ HoU S
Nabaatüge.
Koppel.
Trent ulant..
I " \
Dieses Werk hat einen äusserst schö-
nen, vollen und kräftigen Ton, der jeden
Kenner befriediget. Das Regierwerk geht
ohne alles Geräusch. Die Stimmen stehen
so, dass man zu jeder Pfeife bequem kom-
men kann. Das Gehäuse ist, weil bey die-
sem Bau keine Kosten gescheuet worden, sehr
geschmackvoll. Statt der zinnernen Pfeifen
stehen höl«erne lakirte Röhre von gleicher
Länge und Stärke im Gesicht, und ein seid-
ner Vorhang hinter denselben verhindert,
dass man nicht ins Werk siehet. Der Er-
bauer ist: Herr Holland, Orgelbauer in
Schmiedfeld bey Suhl. Die Disposition hat
der Herr Kantor Tag in Hohenstein an-
gegeben,
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345 ' J 8o5.
Gedanken libtr musikalischen Vortrag
und Ausdr^c*.
Ungeachtet die praktische Musik jetzt in
einem hohen Grade kultivi.t isl und noch
täglich weiter ausgebildet Wird, so hat sie
doch gewiss noch lange nicht deu höchsten
Punkt ihrer Bildung — wenn wir uns einen
als endlich denken — erreicht. Wenn wir
auch bisweilen kaum sagen können, wie
die roechanischfertige Behandlung der ein-
zelnen Instrumente höber getrieben werden
könnte, so leuchten uns doch die Mangel
im eigentlichen, wahren Vortrage gleich von
selbst ein. Es ist wahr, man giebt sich
jetzt mehr als jemals Mühe, Ausdruck her-
vorzubringen — • man fängt immer mehr an,
diesen der blosen mechanischen Fertigkeit
vorzuziehen, und diese, wenigstens ohne
jenen, weniger zu schätzen — : alles dieses
ist sehr löblich, und erfreulich; aber glau-
ben dürfen wir ja noch, nicht, dass wir das
Wesen des wahren Ausdrucks immer zu
hören bekommen.
„Man verwechselt gar zu oft (beym
Spiel, beym Zuhören and bey der Beur-
theilung) den natürlichen Ausdruck
mit einem gekünstelten, die Spra-
che des Herzens mit affektirtem
Gefühl.«
Kommt der Ausdruck aus dem Herzen
und nicht aus Affeklion oder aus blinder
Nachahmungssucht, so bleibt er sich im
ganzen Satze immer gleich/ dahingegen im
andern Falle er bald hin- und bersch wankt,
allerhand Drehungen, Wendungen, Exkla-
roationen und Exaltationen producirt, denen
man es gleich anmerkt, dass sie blose
Kunststücke sind. Wer überall — bey
der kleinsten Piece, so wie bey dem pathe-
tischen Satze — gleich in grosse Rührung
sju versinken scheint, wer von jeder Klei-
nigkeit eben so wie von bedeutendem Sa-
Februar. 346
chen gerührt wird; der ist gewise in drn
meisten Fallen ein Heuchler. — So srhr
es auch von der Sprache sehr vieler Musi-
ker abweichen mag, so behaupte ich doch:
der wahre Ausdruck rauss in dem
Satze selbst schon liegen, wenn er
anders natürlich seyn soll; er musa
gefühlt und entwickelt werden- hin-
ein tragen kann 'man ihn nicht; er
ist dann blos erkünstelt.
Bey dem Musiker, welcher gleich sei-
nen Satz in vollem Pathos anfangt zu spie-
len, muss man eine schon vorhergehen-
de Exaltation voraussetzen, sonst ist sein
Zustand nicht natürlich. Der Satz musa
ihn erst nach und nach erwarmen und seine
Nerven stärker erzittern machen. Dann
macht er mit dem Zuhörer Einen Weg. —
Könnte man sich freylich auf das Anböten
einer Musik ordentlich willkührlich vorbe-
reiten , d. h. sein Einpfindungssystem in ein»
gewisse Spannung versetzen: dann würde
die* Musik weit mehr Eindruck auf uns ma-
chen. Dann würde der Mensch gl« ich die
ersten Noten und Takle begierig aullangen,
sie würden seine ganze Natur erfüllen. Ist
und kann dieses nicht immer der Fall seyn,
so ist und bleibt auch jene augenblickliche
Spannung, jenes plötzliche Pathos, unnatür-
lich, und der Spieler, welcher es erheu-
chelt, hat seinen Vortrag nicht auf die Em-
pfindungen des Menschen berechnet.
Der natürliche Ausdruck reisst uns un-
willkührlicb hin, der gekünstelte geht vor un-
serer Seele, wie eine Gankeley , wie eine
Taschenspielerkunst, vorüber. Es kann
jedoch einige Falle geben, wo diese erheu-
chelte Rührung durch die anstrengende»
wülkührüche Exaltation in natürliche Em-
pfindung übergebt. Nur dass diese nicht
auf dem natui gemessen Wege erreicht wird.
Wenn der Virtuos durch Umstände zu ganz
-ungelegenen Zeiten spielen und nicht ganz
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rauss,
so 18t es
347
■chlecht spielen will
allerdings gut für ihn, wenn er seine Em-
pfindungen aufzuregeu weiss
Es »st leichter eine eigene gehabte
Empfindung wieder hervorzurufen, und sie
lebhaft wieder darzustellen, als iu die eines
Fremden sich hineinzudenken } daher selten
die Komponisten mit dem Spiel ihrer Kompo-
sitionen von andern Künstlern zufrieden sind,
wenn diese sich auch alle Mühe geben
Der Spieler mit fühlendem Herzen darf
sich nur den Ideen des Komponisten
theilnehmend und aufmerksam hingeben, so
wird er selten den wahren Ausdruck ver-
fehlen; er wird dann die Empfindungen wie-
dergeben, welche in ihm selbst erregt wei-
den; und nur dann spielt er mit Ausdruck,
nicht, wenn er Gefühle heuchelt, die dem
Satze fremd sind.
■ * *
Friedrich Gothmann.
1805. Februar.
34S
lieber Abweichung vom Takte.
Unter Abweichung vom Takte verstehe
ich das örtliche Eilen und Zögern, welches
der Spieler aus Gefühl oder Grundsatz sich
erlaubt, ohne dass es gerade der Kompo-
nist deutlich vorgeschrieben hat. Dem Spie-
ler sagt es eignes Gefühl. — Nicht mit
Unrecht »fragt man : ob diese Abweichung
vom Takle erlaubt sey ? Ich sage : Ja ! —
Den Dilettanten zum Besten will ich -diese
Mcyuung kurz belegen und auseinander
setzen, indem ich oft sähe und hörte, dass
diese , von Nachahmungssucht grosser Vir-
tuosen angetrieben, obne jedoch dazu die
nölhige Beurtheilung zu gebrauchen — jenes
Eilen uud Zögern ganz willkührlich und
sehr oft am unrechten Orte anbrachten.
Wer überhaupt mit Empfindung und
Ausdruck spielen will, der muss nebst einem
gewissen Grade mechanischer Fertigkeit und
allgemeiner musikalischästhetischer Bildung
ein reizbares Nervensystem haben, welches
leicht zu rühren ist. Ein sol< her wird dann
leicht in den Geniiilhszustand versetzt, welclien
der Komponist zum richtigen Vortrag seines
Stückes erfordert. Er wird von selbst gut
vortragen, wenn auch der Kompouist kein
einziges Zeichen oder Wort zur Andeutung
des Ausdrucks hingesetzt hätte. Uud dieser
wird auch, wenu er seine Empfindungen
| nur einigermassen versteht und sie zu zü-
geln weiss, in den meisten 1 allen die Stel-
len, wo er von der vorgeschriebem-n Bewe-
gung abweichen darf» — wie viel — - und
wie lange — richtig treffen. — Allgemeine
'Kegeln lassen sich hieiüber nicht geben.
Blinde Nachahmung bringt nur etwas Feh-
lerhaftes hervor.
Nun etwas zur Vertheidigung dieser
Abweichungen. — Jede s< höne Kunst liebt
eiue gewisse — zwar nicht regellose,
aber auch nicht in die Regel gepressto
Freyheit. Diese würde im letztem Kalle
ganz aufhören. « — Nur zu oft opfert man
den Zweck dem Mittel auf. Der Takt ist
Mittel,, um unsere Empfindungen desto freyer
und besser äussern zu konneu. Er soll sie
aber nicht hemmen. Unsere Empfindung
kann — • weun ich so sagen darf — wol
überfliesseu, aber nicht überströ-
mejn — Das Steigen und Fallen dersel-
ben ist so aUmählig, der rasche oder lang-
same Flug der Phantasie hängt so sehr
von dem geistigen Stoffe, welcher produ-
zirt wird, ab — dass man gewiss nicht
im Stande «eyn kann, dies aUes durch No-
ten und Worte nur anzudeuten, geschweige
denn bestimmt vorzuschreiben. — Der Red-
ner wird im Fortgang seiner Rede bald feu-
riger, bald ernster; der Gegenstand erfüllt
seine Seele immer mehr, je länger er sich
mit ihm beschäftigt; seine Worte werden
leiser und lauter, seine Sprache wird lei-
denschaltlich — er spricht vom Herzen zum
Heizen. Eben so der Spieler. Er 'fangt
Digitized by GOOjgl
349
i8Qj. Februar.
350
ziemlich ruhig an, daa musikalische Sujet
interessirt ilm, erwärmt ihn immer mehr,
seine Empfindungen weiden tiefer und star-
ker, jeder Acctnt macht die Suiten «einer
Seele starker erklingen — was Wunder,
wenn er, ohne sich es seihst hewusst zu
seyu, nach und uach eilt oder zögert ? Wäre
es recht, würde es gemässern Ellekt machen,
wenn er es nicht thate Fürwahr, derjenige
ist nicht der beste Tänzer, der seine Pas
mathematisch mit Aeugsllichkeit abziikelt,
der nicht bisweilen mit Grazie eine kleine
Abweichung und Variation machen kann.
(Kreylich spreche ich vom Soluspiele und
Gesänge !)
Diese absichtliche Abweichung vom Takle
ist jedoch wohl von jener Taktlosigkeit zu
unterscheiden, welche entweder aus Mangel
au Taktgefühl, oder aus Mangel an Beherr-
schung des Gefühls und aus Unachtsamkeit her-
rührt. Man darf nicht glauben, dass es
der schöne Vortrag erfordere, wiükührlich,
ohne Grund, im Takte hin und her zu
schwanken, oder gleich dem ungeschickten
Akteur Bewegungen zu rfuachen , die unnütz
sind, und hinter welchen nichts steckt. —
Die Leidenschaften müssen in der Musik —
so wie im Leben — grzügelt werden, wenn
sie uns nützen und nicht schaden sollen.
Durch vieles Studium, verbunden mit in-
neren musikalischen Takte, wird man da-
hin gelangen , einer jeden Stelle die ihr an-
gemessene Bewegung zu geben. — Di«
verhaltene Empfindung muss gleichsam nur
durchschimmern, aber nicht ungestüm her-
vorbrechen. Nur auf diese Weise erwärmt
der Spieler das Herz seiner Zuhörer. —
Im Ganzen genommen muss die Bewegung
sich immer gleich bleiben', wenn sie gleich
in eiuzeluen Stellen abweicht. — Wo ein
Thema- von verschiedenen Seiten dargestellt
wird, da kann man auch billig nach Um-
ständen die Bewegung ohne besondere An-
deutung ein wenig darnach modifkiren.
Friedrich Guthinann.
N A C H B. I C
UTEN.
Wien, am l^ten Febr. Die italienischen
lloloperisten gaben vor kurzem zum ersteu-
male: Ire sposi per uno, von Guglielmi , dem
jungem. Die Intrigue, wie sich ein Bauer-
mädchen mit ihren drey Liebhabern herum-
Heckt, ist ganz auf italienische Weise, ohne
Geist und Interesse ausgeiührt, die Musik
aber hat manche rege, brillante Stellen. So
ist z. B. ein Quintett im ersten Akte recht
artig. Ein Duett und ein Finale, vom Ka-
pellmeister Gyrowetz eingelegt, wollten nicht
gefallen.
Dcvienne's Musik zu den reisenden
Komödianten, einer Reihe Scenen aus dem
Lebeu einer herumziehenden Baude, hat nichts
Ausgezeichnetes, wat auf eigentlichen Kunst-
werth Anspruch machen könnte: mehrere
Arien sind ganz im ältern französischen Stile
geschrieben. Doch lass>t sich das Ganze recht
gut anhören. Das Beste ist das Finale des
ersten ^\kts und eine Tenorarie im aten,
worin der erste Liebhaber, freylich mit wenig
Laune, die Ingredienzien zu einer moder-
nen Oper beschreibt. Im Ganzen dürften
die Blasinstrumente zu viel, oder vielmehr
die Saiteninstrumente zu wenig benuzt seyn. '
Dem. Laudier sang und spielte recht gutj
auch mit Herrn Vogel war man zufrieden,
wenn man gleich nicht Leichtigkeit genug in
seinem Spiele fand.
So unglücklich Herr Tayber bisher mit
seinen Opern war, von denen noch keine
einzige gefiel, so rüstig fährt er doch im-
mer fort, für das Theater zu schreiben.
Seiue Musik zu dem Zerstreuten, einer
neuen Oper vou Huber, gleicht den mei-
sten seiner vuiigeu Aihciten. odei steht wol
gar noch auf einer niedrigem 'Stufe. Sie ist
na< h französiM her Art zugeschnitten, aber
ohne sich durch die Leichtigkeit und Be-
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35*
1805. Februar.
352
wegluhkeit auszuzeichnen , die «clbst in bes-
sern französischen Kompositionen eine flies-
sende Melodie und reiche lnstrumenliruog
oft ersetzen müssen. Nirgends ist ergrei-
fende Kraft des Talents, oder jenes Stu-
dium sichtbar, wekhes, vom Genie geleilet,
zur Vollkommenheit führt. Da nun auch
der Text von Herrn Huber recht arg mis-
rathen war, da nach dem einstimmigen Ur-
theile aller Zuseher die Zerstreuung sehr
oft in Narrheit übergeht: so ist der völlige
Fall dieser Oper «ehr leicht zu erklären.
Dem. Müller spielle sehr mittelmässig Kla-
vier, und wurde eben so von Herrn Schika-
neder auf der Violin accompagnirU Dem.
Milder zeigte, wie gewöhnlich, eine ausser-
ordentlich reine, volle, schöne Stimme, in
die sie alier weder Anmuth noch Ausdruck
zu legen weiss, auch scheint sie schon Eini-
ges von ihrer Höhe verloren zu haben. An
dem letztem mögen nun häufige Unpäßlich-
keiten Schuld seyn, die der Anschlagend
oft von dieser Sängerin kund machL
irden
In den Würthischen Musiken wun
wieder einige herrliche Mozartsche Sinfo-
nieen, aus G. moll, Es und D, mit gröss-
tem Eeyfall gegeben. Mit einer neuen Sin-
fonie eines Herrn Kanne aber war man gar
nicht zufrieden, und neben den Meisterwer-
ken eines Mozart, Haydu, Eberl, Beetho-
ven u. a. die man hier höret, nahm sie sich
wirklich sonderbar genug aus. Man trifft hie
und da eine sehr merkliche Reminiscenz, be-
sonders aus Haydn und Cherubini, sonst
aber weder neue und '" schöue Gedankeu,
noch kräftige Harmonie, ja nicht einmal
eine gewöhnliche Kenntnis des Instrumen-
taleflekts. So gehen in dem unbedeutenden
Andante aus As die Flöten und aten Vio-
linen lange ohne allen Effekt allein mit
einander.
Beethovens Schüler, Herr Ries, spielte
das Konzert seines Meisters aus C moll mit
Geschicklichkeit, Fertigkeit und Ausdruck.
Es ist meisterlich instrutnentirt uud hat viele
glänzende Parthieen. Doch streift das An-
dante aus E dur manchmal ans Grelle.
Fräulein Kurzböck spielte das schöne Mo-
zartsche Klaviei quartett aus G moll vortreff-
lich; eben so wurde sie von Clement, Mai-
seder und Krallt accompagnirU Ein Quin-
tett von Dussek vom Fräulein Leitersdorfer
nicht ohne Reiz vorgetragen, gefiel nicht:
man ;fand es zu lang, und die Harmonie
auf die begleitenden Instrumente nicht voll-
ständig und kuuatmässig genug vertheilt.
Eine Ouvertüre aus Cherubin i's Ana-
kreon ist eine liebliche, heitere Phantasie-
schöpfung. Anmuth und Kraft sind aufs
schönste darin vereint. Die Ouvertüren aus
Glucks Alceste, Mozarts Don Juan und Ido-
meneo, und Mehüls Stratonice wurden mit
Feuer und Fleiss ausgeführt
R B C B
K 8 I O N B N.
Magazin pour la Harpe. Cahier t et 3. Au
Magazin de musique auf der Höhe ä
Bronswic. (Pr. 1 Thlr.)
in
Ree, der vorliegende Komposition
der Hoffnung zur Hand nahm, recht viel
Gutes und Schönes darin zu entdecken, fand
sich in solchem Grade getäuscht, dass er
glaubt, einem jeden die Anschaffung eines
solchen Machwerks abrathen zu müssen.
Man findet hier ein wahres Magazin scha-
len, geschmack- und kraftlosen Gcleyers,
welches (mit Ausnahme der zwar modernen,
aber sehr schülerhaft arrangirten Lieder)
aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts her-
vorgerufen zu seyn scheint, und womit man
nun für die gegenwärtige Zeit die liebe Harfe
mit recht langen Manschetten, (wahrschein-
lich in Bezug auf iluen Ursprung) fein säu-
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353
1805. Februar.
354
berlich wieder ausstatten will. Folgende j lege dienen : D. l. Heft fang t an mit einem A ! -
Beispiele mögen meinem Unheil zum Be- f legro maestoso in C Dur mit einer Violin.
Dieses majestätische Thema wird zu An-
fang des zwcyten Theils in der Quinte wie-
derholt, erscheint aber nach 13 Takten wie-
der im Grandton. Im ersten Theil («ter
Takt) findet man folgenden Satz, der im 2ten
Theil eben so wiederholt wird:
Das Rondo Allegro ist, so wie auch das
Finale, aus einer alten Harmonie für Blas-
instrumente gezogen, welche zwar an sich
sehr gut, aber nicht gut übertragen worden
ist. Ich übergehe Beyspiele, den Raum
Der zweyte Heft fängt an mit einem
AUegro con Spirito. Im i4ten Takt — welch
ein gewaltiger Fall! Im aiten Takt, welch
ein Gang der Violin, die, anstatt die grosse
Terz hören zu lassen, ^aich bequemer an
den Bass halt:
„ &
d fc^.. l — ir —14- 4-L
Wie nahe lag es jedem, der nur Eini-
ges von der Komposition verstehet, die Vio-
lin zu schreiben:
Im 27ten Takt ist der * Akkord durch
das eis im Bass sehr verunstaltet:
Im 2ten Theil im i2ten Takt ist eine
genialische Stelle; nämlich:
bi_i_J
4». * * m *
wm
PN-
■ * ^ r y--
Uebrigens ist in diesem kurzen Allegro
das spirituöse Sätzchen:
nicht öfter als neunzehnmal wiederholt
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355
Auch scheint der Hr. Komponist mit
dem Noteusyatem noch nicht ganz im Rei-
nen zu seyn, denn er hezeichnet daa eiuge-
striiline c mit zwey Strichen c, und ao
durchgeheuds alle übrigen Koten; auch ist
bey dieser Komposition zu bemerken, das»
sie nur auf Harfen gespielt werden kann,
an welchen, nach Backufeus Angabe, die Ha-
ken durchaus gehen, damit sie auch mit
der rechten Hand dirigirt. werdeu köuneu.
Eine gute Eigenschaft ist diesem Werk-
chen nicht abzusprechen, Dämlich der Plan
dieses Magazius selbst.
Jedes Heft fängt mit einer Sonate an,
dann folgen einige Lieder, und den Bea«.hlasa
machen Marsche, Walzer, Ecoaaoiaes u. s. w.
Elien darum, und um vielleicht einen bes-
sern Komponisten zur Ausfuhrung d«esea
Plans zu erwecken, werde von diesem, somit
ganz mit Stillschweigen zu übergehenden
Werke, in dieser Zeitung gesprochen. . ;
1805. Februar.
35<*>
Anekdote.
Die sehr arme Wittwe eines vorzüglichen
und beliebten Sängers, eine rerhla^ balln«
und sehr feiue Frau, wendet sich, wie man
ihr gerathen hatte, an eine -der vornehmsten
Damen der Stadt, welche so oft von dem
geschickten Künstler erfreuet worden war.
Die Dame ist nicht allein, als man die Bit-
tende zu ihr lässt. Diese schildert kurz und
mit Anstand ihr Unglück: die Dame wür-
digt sie nur eines zerstreueten Streifblicks.
Sie fragt: Wie viel Kinder haben Sie? —
*Drey! a — Die Dame wendet sich wieder
au ihren Freutidinnen , setzt das unterbro-
chene Ge»prä«h tort, und Vehrt sich nach,
langer Weile erst wieder zur Unglücklichen:
Haben Sie viei Kinder, Madame? — Gnädige
Frau, erwiedert die Wittwe, seit der Zeit,
als ich Ihuen sagte, dass ich drey habe,
bin ich nicht wieder in Wochen gewesen ! —
Damit ging sie. —
Kurze Anzeige.
Trois Duos concertans pour dtux Hütts , com-
posee$ tt deduts u Möns, le Lvmu Charles
de Harr ach — — par Ltofmid Hirsch.
, Oeuv. V. A Yienue, chez Thaüe Wcigl.
(Fr. 1 11. 5o Zr.)
Drey ganz moderne und lobenawerlhe
Duellen, die nitht ungeschickten Flötenspie-
lern zur Uebuug uud zur Unterhaltung
gleichgulc Dienate leisten weiden. Sie sind
gut erfunden, (viele tiefe und uberall ueuo
Ideen wird man von dieser ganzen Gattung
von Musik ni ht verlangen), sind angenehm
und nicht «bei üäi blich ausgeführt, und dem
Instrumente, in Absicht auf Wirkuig und
Applikator, ganz angemessen. Den Schwie*
rigkeileii nach sind sie ohngel'ahr der äbnti-
ohen llolDneisl«! sehen Flötemnusik, die sah
i« jedes Liebhaber« 1 Luiden befindet, an
die Heile zu stellen ; auch srnd sie eben so
instruktiv, als diese.
(liieret! 4h Beylage Ioraelli's Portrail.)
Laitato, iiT Biiitioii oao Hhtri.
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ALLGEMEINE
MUSIKALISCHE ZEITUNG*
Den fit»» März. N" 20.
1805.
Recbnsion.
Bruchstücke zur Biographit J. G. Naumann*
von A. G. Meissner. Z wey ter 'f heil. Prag,
b. Karl Barlh. i3o4.
Ea ist bey der Anzeige des ersten Theils
dieser interessanten Schrift (S. musik. Z. v.
Jahr i3o5, No. $9 und 4o.) den Lesern ein
zusammenhangender Aussog dessen, was
einen Auszug zuliess, gegeben, und dabey
angemerkt worden, was uns in irgend einem
Betracht anzumerken schien. Obngeachlet
nun seitdem über anderthalb Jahre verflossen
sind, so halten wir uns doch — theils ge-
gen die (hoffentlich nicht wenigen) Leser,
die unsre Z., nicht wie ein Flugblatt durch-
laufen und vergessen, theils gegen die Ma-
nen des verehrten Naumanns, theils auch
gegen dieses schätzbare Buch selbst, das all-
gemein gekannt zu werden verdient, für ver-
pflichtet, jenen Auszug fortzusetzen, und so
diese Konture aus dem ausgeführten Gemäl-
de Naumanns hier zu vollenden. Wir wer-
den auch hier unsre Anmerkungen mit aller
Offenherzigkeit, aber auch mit der Anstän-
digkeit, die man diesem, Künstler und diesem
Biographen so vorzüglich schuldig ist, in der
Kürze beybringen , wo sich Gelegenheit zeigt.
Leugnen wollen wir gleich im voraus nicht,
dass es uns Leid thut, dass Hr. M. unsre
Bitte, die Bildungsgeschichte, Charakteristik
und genauere Ent Wickelung der Verdienste
N. des Ku nstlers, so wie die strengere
7 . Jahrg.
Analyse und Würdigung seiner Werke nicht
zu übergehen, sondern sich, erforderlichen
Falls, lieber mit dazu fähigen Tonkünstlern
und Kunstkennern m Verbindung zu set-
zen — nicht erfüllet hat, sondern seinem
Plane, mehr das Historische und eigentlich
M enschliche aufzufassen und vollständig und
anziehend darzustellen, auch in diesem zwey-
ten (und letzten) Theile ganz getreu geblie-
ben ist. Doch enthalt dieser zweyte Theit
wenigstens mehr Data und beylxufig auch
treffendere Winke zu einer solchen lehi-rei 1 -
chen und angenehmen Darstellung,- wofür
wir, und wahrscheinlich alle Leser, die das
öffentliche Wirken N.s näher angeht, als das
private, dem Verf. Dank sagen.
Wir nehmen den Faden der Geschichte
da auf, wo wir ihn mit dem Schluss des*
ersten Theils fallen lassen mussten — näm-
lich nach N.s Rückkehr von der dritten Reise
nach Italien, das heisst, von der Zeit an,
wo er als Mensch und Künstler fester auf
eignen Füssen zu stehen und die Werke
zu liefern anfing, durch welche er sich in
der allgemeinen Geschichte der Tonkunst
einen ehrenvollen Platz , und in der ihn um-
gebenden Welt Hochachtung, Ruhm und
Vortheile erwarb.
* ♦
Naumann stand jetzt im 54slen Jahre.
Sein Geschick, und in vielem er selbst, änderte
sich, wie auch zum Theil der Geist seiner
Arbeiten. Jetzt wurde er Vornehmlich im
Norden von Europa' berühmt, und dann auch
in seinem Vaterlande mehr geehrt. Aus Va-
25
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359
1805. März.
360
terlandsliebe achlag er die ehrenvollsten und
vorteilhaftesten Antrüge nach Berlin, Kopen-
hagen und Stockholm aua. Doch ging er eini-
gemal auf beträchtliche Zeit nach Stockholm
und Kopenhagen , die Kapellen und die Oper
einzurichten, und diese, besonders in Schwe-
den t mit eigenen Werken einzuweihen und
nationaler umzubilden. Amphion war die
ersle dieser schwedischen Opern. Sie
fand , wie alles , was N. hier von sich bekannt
werden Hess, den lautesten Beyfall. — Vor-
nehmlich erklärte dieaen König Gustav aehr
lebhaft und auf alle nur mögliche Weise:
er schätzte und liebte überdies den Künstler
persönlich. (Die nahern Verhältnisse —
nicht nur N.s an diesem Hofe, sondern, in
mancherley Hinsicht, dieses Hofes selbst,
sind von Hrn. M. aehr interessant erzählt;
dies Kapitel ist aber keines Auszug* fähig.
Uebrigens wären jedoch hier, wie in der Folge,
die vielen Präsente und Lobsprüche, die N.
erhielt, wol beaser nicht ao im Detail ange-
führt worden. Dagegen ist die Anekdote, S.
4a, zu possierlich, als dass wir ihr nicht auch
hier ein Plätzchen einräumen sollten. Kö-
nig Gnatav verstand vollkommen Deutsch,
aprach es aber sehr selten, und zu N. nur
ein einzigesmal. Als nämlich der König
mit einer kleinen erwählten Gesellschaft einer
Probe von N.a Oper Gustav Waaa beywohnte
und sich sehr auf das kleine Fest freuete,
hatte der alte Kammermas. Adam beym
Kommen das Unglück, die Parterretreppe hin-
unter zu fallen und ein Bein zu brechen.
Der König selbst kam ihm zu Hülfe, war
aber nuu verstimmt, und sagte die Probe
ab, indem er zu N. diese — - eben die ein-
zigen deutschen Worte, aus dem alten
Kirchengesange, sagte: durch Adams Fall ist
all's verderbt! — Noch drolliger ist folgende,
die N. gern und sehr belustigend erzählte.
Ala er die schwedische Gränze zum ersten-
mal betrat und vom Unteroffizier streng exa-
miuirt wurde, war es ihm durchaus un-
möglich, dem Manne begreiflich zu macheu,
was ein Kapellmeister sey. Endlich sagte
er: Ich bin der General aller thursächsi-
sehen Musikanten, und reise auf Begehren Ih-
res Königs nach Stockholm, um dort alle
köntgl. Musikanten exerziren zu lehren ! Ah,
aagle der Unteroffizier mit Ehrerbietung —
Ew. Excellenz passiren! Bursche, 'raus in's
Gewehr! Chnrsächsiscfaer Musikanten- Gene-
ral! Die Wache stürzt heraus, tritt ins Ge-
wehr, N. fährt mit mühsam erhaltenem Ernst
durch ihre militärische Ehrenbezeigungen in
die Stadt.) Cora war die zwevte Oper, die
N. für das schwed. Theater schrieb. Der
König hatte nicht, wie die Sage gehl, das
Gedicht nach Märmontel ausgearbeitet, son-
dern nur es gewählt uud einen flüchtigen Ent-
wurf niedergeschrieben. Das Lob, das dir »er
Naumanuschen Komposition S. 54 folg. er-
theilt wird, unterschreiben wir nicht nur,
sondern möchten es noch mehr also bestim-
men: in keiner spätem Arbeit, selbst in der
weit reichern und kunstvollem Medca nicht,
hat sich, unsrer Einsicht nach , N.a Künstler-
Individualität so treuherzig, rein, frey und
ungekünstelt ausgesprochen.
(Die Anekdote S. 65 folg. gereicht N. ,
als Künstler und Menschen zur wahren Eh-
re. Wie viele der jetztlebenden Komponi-
sten würden iu gleichem Fall und unter glei-
chen Umständen so handeln?) Cora wurde
mit, in Schweden unerhörter, Pracht von N.
selbst aufgeführt und fand so ausgezeichne-
ten Beyfall — nicht nur d^r Menge, son«
dem auch des gebildetsten Auditoriums, das»
selbst die Gegner und Neider sich schämten
und still schwiegen. — Die dritte grosse Oper,
die N. für das schwed. Theater komponirte,
war Gustav Wasa. Zu dieser hatte der Kö-
nig nicht nur den Plan entworfen, sondern
auch den prosaischen Dialog geschrieben und
in (Kellgreens) Gesängen noch vieles verän-
dert. Unter N.s Papieren befindet sich die
eigene Handschrift des Königs. Es ist zu
verwundern, dass diese Oper , deren Gedicht
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3& »805.
dem der Cor« wenigstens gleichzustellen, de-
ren Musik mit jener wetteifert, und die auch
einen noch grössern Thealereffckl hervor-
bringen muss, nicht uhei setzt, auf kein anderes
Unat er gebracht, und auch nie im Au*-
auge herausgegeben worden ist Sie verdiente
sehr, dass dieses alles jetzt noch geschähe;
denn wenn sie auch einen Theil des so
ganz ausgezeichneten Bey falls in Stockholm
dem zu verdanken hatte, dass sie recht eigent-
lich national war: so kann doch gar kein
Streit darüber «eyn, dass sie die meisten der
seitdem verfassten Opern, und zwar als Ge-
dicht und als musik. Kunstwerk, weit über-
trifft — üeber N.s Aufenthalt in Kopen-
hagen, dia königl. Kapelle einzurichten, nnd
über den Zustand derselben, wie auch über
manche andere damit zusammenhängende,
nicht uninteressante Verhältnisse, ist das
Buch selbst nachzulesen, das sich darüber
«ehr ausführlich verbreitet. N.s Verfahren
bey dem ganzen Geschäft der Organisation
der Hufmusik ist musterhaft, und verdiente
von Manchem , der in unser n' Tagen ähnli-
che Versuche macht und — nichts zu Stan-
de bringt, uachgeabmt zu werden. Be-
kanntlich schrieb N. lür das dänische Thea-
ter seinen Orpheus, der ebenfalls grossen
Bey fall erhielt, und dessen treuliche Musik
auch mehr bekannt seyn sollte, als sie es
ist. Die Ursache von Letzterm entwickelt
Hr. M. sehr treffend. Dass N. auch die
glänzendsten Anerbietungen der dänischen
Regierung ablehnte, um dem geliebten Va-
terlande treu zu bleiben, das ihn weit we-
niger belohnte, und wo man ihn nun, seit
er die Augen schlcss, wenigstens in Dres-
den, so weit mau kann, der Vergessenheit
übergeben, zu wollen scheint — das ist schon
oben erwähnt. Drollig genug ist die Anek-
dote S. i55. Man gab in Kopenhagen N.s
Cora , nnd der Hof schickte dem Komponi-
sten eine Tabatiere zur Belohnung. Die
Dresdner Accise wollte theilen, und ver-
langte dreyssig Thaler Impost. N. fühlte
März. 362
«ich allerdings beleidigt, nnd bestand nun
eben so fest darauf, nichts zu bezahlen, all
die Accise, dreyssig Thaler zu bekommen.
Endlich erklärte N. : „Accise gebe ich nicht;
ich sende aber die Dose, von der Post ver-
siegelt, an den danischen Hof zurück, bitte,
dass man sie verkaufe und mir das Geld
dafür sende , welches doch nicht auch ao-
cisbar seyn wird. Zugleich las»' ich in alle
Zeitungen setzen, wenn sich ein König oder
Fürst elwa einfallen lassen sollte, (welcher
Fall leicht möglich wäre,) mir ein Geschenk
zn schicken, er es ja in baarem Gelde thue,
weil man auf Ehrenzeichen hier unerhörte
Accise lege. 41 Da ging's denn, und die.
Dose wurde accisfrey gesprochen. —
•
Es ist vollkommen gegründet, was Hr:
M. S. 157 sagt, und in der Folge sehr
gründlich entwickelt, dass in und durch
diese nicht - italien. Werke N.s Kigenthüm-
lichkeit und Tiefe erst aus seinem Innern
herausgebildet, und dass besonders, was
Grosses und Edles in ihm lag^^nur durch sie
geweckt, und nun für immer in'ihm gleichsam
belästiget wurde. Auch als Mensch war er
durch diese seine Laufbahn im Norden weit
mehr gebildet, gekräfliget und selbslständig
geworden, da er bis dahin » eine Folg«
seiner frühern Schicksale — immer in ge-
wisse Abhängigkeit von andern Menschen
oder von Verhältnissen sich selbst begeben
hatte. Nicht Stolz, aber nur Selbstgefühl,
das seine Bescheidenheit nicht verdrängte,
zeigte sich nun an ihm; doch ging dieses
nicht selten , wie wir hinzusetzen dürfen , be-
sonders in den spätem, kränklichem Jahren,'
in ein gewisses , leicht erregbares Misbeha-
gen bey kleinen Vorfällen, die ihm Ver-
kennung, Harabsetzung zu verratheil schie-
nen, über — auch wenn sie gewiss nur
ihm dies tu verratben schienen.
Verschiedene seiner Psalmen und geistl. -
Kantaten schrieb N. für den damaligen Her«?
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1805. März.
364
jog von Meklenburg-Strelitz, einen eifrigen
Freund und Uuleratützer der Kirchenmusik.
Sie sind bekannt , haben viel Treffliches und
fanden nicht nur den Beytall jenes Fürsten,
sondern finden ihn auch noch überall, wo
man sie zu hören bekömmt.
Bekannter nnd sehr ehrenvoll sind die
Auszeichnungen aller Art, die König Friedr.
Wilhelm II. von Preussen N. zukommen
liess. Er übergab ihm Hin. Himmel, und
später Dem. Schmalz, zur musik. Ausbil-
dung , trug ihm die Komposition der Medea
auf, die dann. „ uhngeaehtet man sich viel»*.
Muhe gegeben hitte, zwischen N. und der
ersten Sängerin, 'der berühmten Todi, den
Saarneu der Zwietracht auszustreuen, " " und
ohngeachtet des — gär wunderlichen Ge-
dichts des hekauuteu Hrn. Filistri, mit gro-
aser und verdienter Auszeichnung aufgenom-
men wurde. Der Kon<g achtete ihn nicht
Dur als Künstler, sondern liebte ihn auch
als biedern Mann. Kr trug ihm ferner die
Kompusilion des Prolesilao auf, in welches
kaum mitlelmässige Gedicht sich Reichardt
und N. , wegen Kürze der Zeit, auf des
Königs eigenen Vorschlag, so theillen. dass
aie um die Akte loseten , wo denn R. den
ersten, N. den zweyten bekam. Da sie
ohne besondere Uebereinkunft schrieben,
Und ihre Grundsätze, wie ihre Talente, so
•ehr verschieden waren, konnte kein eigent-
liches Ganze entstehen, sondern jeder Akt
jat als ein solches für" sich bestehend änzu-
sehn. Beyde Komponisten setzten hernach
d <s ganze Stüek in Musik. Ueber die Anek-
dote, Hrn. Reichardt betreffend, (S. io5
folgg.) die von diesem selbst in seinem Kunat-
magazin etwas abweichend erzählt wird,
Wullen wir eben so wenig mitsprechen, als
über die Aeusserungen Hrn. Meisners in Ab-
•icht auf .gereizte Empfindlichkeit und Scheel-
sucht * Berlinischer Künstler.
Aus den vielen Arbeiten, die N. für
ausländische Fürsten und ihre Theater lieferte,
schliesse man aber nicht, dass er unter die-
jenigen Musiker gehörte, die ihre schönsten
Ki alte und beste Zeit darauf verwendet) , sich
auswärts Jlühtn und Brlohnungeu zu erwer-
ben, uud darüber verabsäumen oder mit
den Resten ihres Geistes und ihrer Thätig-
keit abfertigen, wozu aie zunächst berufen
sind und wofür ihnen eine sichere Existenz
gewähret wird. N. arbeitete viel und gut
tu uud für Dresden, obsebou er überhaupt
etwas langsam und nicht ohne beträchtliche
Anstrengung, ja zuweilen, besonders in spä-
tem Jahren, »ogar mit allzugrosst-r Besorg-
lichkeit und ängstlicher Bedächtigkeit schrieb.
Wir nennen nur diejenigen Werke, welche
uns die vorzüglichst« 11 scheinen t Elisa,
seine erste semi-seria, wo besonders die
sentimentalen Parthieen vortielllich gelun^*n
sind. D'S Gedicht ist nichts werth. Tulto
per aruore ist der Elisa vielleicht im Can-
aeu noch vorzuziehen. Interessanter, auch
in Absicht auf das Gedicht, ist: La Dama
Soldalu, von welcher wir ausführlicher ge-
sprochen haben, als sie vor zwey Jahrt-n
deutsch auf das hiesige Theater gebracht
wuide. Auf ein gemischtes Publikum
möchte wul diese Oper unter all* n neun,
(üi* das Dresdner Ho 0 beater geschriebenen,
die meiste und vorteilhafteste Wirkung her-
vorbringen} für Gebildete und Kenner, die
sich nicht blos hingeben , sondern denkend
iu die Intentionen des Künstlers eingehen
und ihnen folgen, acheint uns N.a letzte
Open Aci e Galatea, (was man ehemala
ein Schälei spiel nannte), von welcher bey
ihrer ersten Erscheinung auf dem Dresdner
Theater ebenfalls in diesen Blättern eine
ausführliche uud gründliche Beurtheilung
gegeben worden — die vorzüglichste zu
seyo. Auch ist das Gedicht nicht ohne In-
teresse und hat manche wahrhaft poetische
und gut eingreifende, selbst den grossen
Hänfen anziehende Situationen. Es kann
unter die Merkmale aufgenommen werden»
wie es eben jetzt um den Geschmack der
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1805. März. 366
365
meisten Operndirektionen und de« Theils
vom Publikum, auf weicht n sie zunächst
•eben, stehe, das« mau diese Oper auch
nirgends, ausser Dresden, gegeben, und sie
auch dort, uach den ersten Aufführungen
und N.a Tode, (wie alle aeiue Kompositio-
nen, selbst die geistlichen) hat — ruhen
lassen. — Naumanns Kompositionen für
die Dresdner katholische Kirche, würfen
aber ihn allein schon zu einem der ach-
tuugswurdigslen Künstler der neuem Zeit
macheu. Die churf. Hofkapelle besitzt sie-
ben und zwanzig grosse Messen und neun
od**r zehn Oratorien von N. , und besitzt
die meisten ganz allein. Unter beyden (uu-
•enn Unheil uach, vornehmlich unter den
ersten) sind Meisterstücke, die ein ewiges
Leben verdienen. Sehr wenige sind ausser
Dresden brktout, Wo sie, wie gesagt, nun
auüi nicht mehr gegeben werden.
Unter den vielen kleinen Kompositionen,
von denen Hr. Vi. ebenfalls mehrere anführt,
scheint uns bemerkenswert!}, das» N. auch
zwey Psalmen für die Herrnhulsche Brü-
dri gemeine setzte, die, wie hier behauptet
wini, (wir kennen sie nicht,) meisterhaft
aind, und einer weitern Verbreitung aller«
dinga Werth wären. — Harmonikaspielern
wird es willkommen seyn, zu erfahren, dass
N., der bekanntlich «ehr schön spielte, un-
ter allen Instrumenten zur Begleitung der
Harmonika keines passend fand, als — was
von ihnen wol noch keiner versucht hat —
die Laute. — lieber N.s trefLVche Kom-
position d s Klopstokischeu Vater Unser,
oder vielmehr über die Veranlassung dazu
and die Geschichte desselben, ist von S. 279
sehr ausführlich, aber, als sie zuerst in Dres-
den erschien, auch in dieser Zeitung au ge-
nügend gesprochen worden, als dass wir
durch weitere Verbreitung darüber diesen,
ohnehin langen Aufsalz verlängern dürften.
Nnr der Wuns« Ii sey geäussert, dass eiue
der Verlagshaudiungen , die die sehr rühm-
liche Geneigtheit der jetzigen gebildetem Mu-
sikfreunde, Partituren zu kauten, benutzen,
doch auch dieses treffliche Werk N.s, daa
von ihm jahrelang mit der allergrößten
Sorgfalt bis iu seine kleinsten Theile gefeilt
und vollendet wurde und das zugleich als
die gründlichste aller seiner geistlichen Kom-
positionen anzusehen ist, herausgeben möge!
Ebeu jetzt, scheint es uns, wäre hieibey
nichts zu wagen, und wahrscheinlich etwas
zu gewinnen — wenn wir auch alles uner-
wähnt lassen wollen, was einen wackeru
Verleger denn doch auch von auderer Seite
reizen sollte 1
Von S. 3oo an betrachtet Hr. M. Nau-
mannen nur als Menschen — das heiast
von einer Seite, wo er ebenfalls die grösste
Achtung verdient. Sem liebenswürdiger Cha-
rakter überhaupt , su wie so viele bürgerli-
che, häusliche uud geseilige Tugenden, die
er besass, sind aber theils zu bekannt, theils
von dem Verf. uud zum Theil von der Fiatl
v. d. Kecke, so anziehend geaihildert, das«
wir das Interesse dieser Kapitel nicht durch
Auszuge schmälern wollen, zumal da in die-
sen Blattern denn doch mehr vom Künst-
ler die Rede seyn kanu. Jedem aber, der
N. kennen lernen , oder sich überhaupt eines
guten Meusrhen erfreuen, vielleicht auch
sich von so vielen entgegengesetzten Erfah-
rungen au andern berühmten Musikern er-
holen und ein daraus nur allzuleicht sich
gegen alle einschleichendes Voruilheil nie-
derschlagen will — jedem solchen empfeh-
len wir diese Kapitel zur eigenen Durch-
sicht. Dass Hr. M. auch hier, ohne Nach-
theil, ja zum Vortheil der Sache und der
Darstellung, zuweilen etwas kürzer hälle
seyu können , ist zwar einzugestehen » wer
würde es aber dem, der vom Freunde
zunächst für Freunde schreibt, hoch an-
rechnen ?
Was Herr M. gegen den Scheins dee
Buchs über N.« Verdienste als Tuukunslicr
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367 «805.
nochmals in der Kürze zusammenlast, aey
hier wiederholt und aas wahrer Ueberzeu-
gung ohne Einschränkung uoterachrieben :
(S. 580 »N« gehörte zu den ausgezeichnet-
alen Tonkünstlern seiner Zeit uud uuaera
Vaterlands ; zu der kleinen Zahl , durch wel-
che Deulai bland dreist mit allen seinen
Nachbarn wetteifern kann. Sey es, daas er
nicht für den Urheber eines neuen Ge-
sthmacka (wir würden das etwa ausdrücken:
einer neuen Epoche der allgemeinen Kunst-
geschichte, einer höhern Stufe der allgemei-
nen Kunstbildung,) gelten kann; er war
wenigstens ein thätiger Anhänger und Ver-
breiter des ächten und wahren: zwar minoW
originell, als vortrefflich, minder auffallend,
als untadelhaft zn nennen. Wo er hinkam,
erwarb er sich Beyfall und Ruhm durch
eigene Kraft. Ohne Partheyhaupt zu seyn,
genoss er die Achtung der widersprechend-
sten Partheyen. Ohne der Mode zu fröh-
neu, kam er selbst nie aus der Mode." —
Aus dem, was Hr. M. in der Folge, gleich-
sam als Kommentar zu Obigem giebt, nur
einige einzelne Bemerkungen! Hasse, Han-
del, Graun, Gluck und Haydn achtete N.
am höchsten. Von den Werken des letz-
tern waren ihm die sieben Worte .das
Wertheste. Mit der Schöpfung war er
weit weniger zufrieden (und musste es, nach
seiner Ansicht, seyn! Aus eben dieser
Ansiebt der Kunst, so wie aus dem Be-
wusstseyn und starken Gefühl seiner eigenen
Künstlerindividualitüt, konnte er auch Mo-
zart zwar sehr hoch, aber doch nur als ge-
nialischen Revolutionair , schätzen). Erhielt
die Tonkunst für „eine Sprache der höhern,
geheimem Natur und für eine kräftige Beför-
dererin von Moralität und Tugend;" glaubte
fest, dass durch sie „die Seele vom irdi-
schen entfesselt, und mit den Vorgefühlen
des Himmels und der Unsterblichkeit begei-
stert werden könne.* Daher verlangte er
auch, dass nur ein reiner Geist sich ihrem
Dienste widmen solle; es kränkten ihn die
März. 368
Erfahrungen, die er vom Gegenlbeil an Ton-
künsllern machte, tief; er hütrte sich seihst
suigfällig vor jeder Entweihung seiner, ihm
heiligen Kunst« Er erwartete bey seinen
Arbeiten weniger vom ersten Wurf, uud
gestand selbst, dass ihm , womit er selbst
zufrieden seyn solle, Anstrengung und Aus-
harren koste. Er war sehr empfänglich für
die Schönheiten der Natur, uud benutzte
ihre Eindrücke für seine Kunst. Als er x.
B. in Gesellschaft eines Freundes auf der
Schneekoppe in Schlesien die Sonne aufge-
hen sähe, stellte sich seinem Geiste eius
seiner kräftigsten und gelungensten Glorfa,
selbst so detaillirt vor, dass er es sogleich,
troz der Müdigkeit von der Wanderschaft,
zu skitziren sich nicht enthalten konnte.
Im Urtheil über die Arbeilen Anderer war
er nie vorlaut oder unbescheiden, heuchelte
aber auch nie ein Lob. Sich selbst über-
si haute er nicht, obgleich ihm der, zuwei-
len allerdings übet massige Weihrauch sei—
uer Freunde leicht hätte den Kopf benebeln
können. Er war stolz darauf, der „ Baueru-
kuabe aus Blasewitz " zu seyn, und äusserte
dies oft und gern. Er war — ' eine Folge
des Drucks, unter welchem ihm seine frü-
here Lebenszeit verfloss — nicht schnell
mit seinem Vertrauen gegen Andere, aber
desto treuer blieb er denen , die er einmal
als Freunde bewährt gefunden hatte, und
auch seine Delikatesse gegen diese war und
blieb gross. Er besass Ehrgeiz, war aber
ganz frey von Gewinnsucht } im Gegenlheil
hat er stets Beweise einer edlen Mildthälig-
keit, gegen Einzelne und gegen ganze Ge-
sellschaften, gegeben. Strenge Oiduung in
allem, selbst in seinen Vergnügungen , schien
unentbehrlich zu seiner Existenz. Er ging
mit Jedermann glimpflich und sanft um: nur
in Musik- Proben, vornehmlich seiner eige-
nen Werke, schien er ein ganz anderer —
war leidenschaftlich, hitzig, selbst ungestüm'
und hart. (Bey einer Probe aeines Prote-
silao in Berlin, wo der König aelbst mit-
3^9 1805.
spielte und zwar Violoncell, rief er über-
laut: Mehr preussisches Feuer! Ich höre
die Basse nicht!) Gegen «eine Schüler war
er streng: dennoch wusste er, neben der
Scheu, ihre herzliche Liebe zu gewinnen.
Ueber sein letztes trauriges Schicksal ist
in diesen Blattern, gleich als es erfolgte,
gesprochen worden, und zwar, der Sache
selbst nach, ganz «o, wie es hier von einer
Augenzeugin, der würdigen Frau von der
Recke, erzahlt wird«
Nachrichten.
Berlin, den aasten Februar. Den i3ten
gab der königl. Kammersanger und Schau-
spieler, Herr Franz, im Konzertsaal des
Nationaltheatera ein schon lange vorher an-
gekündigtes Konzert, iu dem er selbst nur
eine Sceue von Winter, Mad. Marchetti-
Fantozzi aber eine Srene von Naumann und
ein Rondo von Righini, beyde mit der von
ihr bekannten Prüci&ion und Schönheit, sang.
Herr Barmann spielte ein Klariuettkonzert
seines Lehrers Bar, Herr Maurer ein Vio-
linkonzert von Mestrino, und Hr. Westen-
holz eine von ihm gesetzte sehr gefallige Po-
lonaise für die Hoboe.
. » .
• Den i?ten gab der Schauspieler, Herr
Arobrosch ein Konzert im Saal der grossen
National- Mullerloge zu den drey Weltku-
geln, in dem er selbst eine Arie von Ri-
gbini und mit seiner Tochter ein Duett von
Par sang. Eben diese Demois. Ambrosch
spielte auch mit vieler Fertigkeit ein For-
tepianokunzert von Mozart, und eine Sonate
fürs Portepiano von Kreutzer mit obligater,
von Hrn. Hetuiig gespielter Violin, der auch
ein von ihm selbst gesetztes Violinkonzert
spielte. Den Uten wurde unter Direktion j
März. ^70
I des Hrn. Kammermusikus Gürilich (da Hr.
Kapellm. Himmel krank war) zum ersten-
mal die Oper Medea von Naumann, mit
dem Ballet: Das Urtheil des Paris, im kö-
niglichen Opernhause gegeben. Die Oper
selbst, eine der gelungensten Arbeilen des
verewigten Naumann, ist zu bekannt, als
dass ich ausführlich davon hier sprechen
kann. Aber die trefflichen Dekorationen,
die schönen in der Oper selbst vorkommen-
den Tanze, (unter denen ohne allen Streit
der, hinter Gaze vorgestellte Zauberspiegel,
in dem Medeens künftiges Schicksal von der
Sibille verkündet wird) und das noch vom
vorjährigen Karneval her allbeliebte Ballet: das
Urlheil des Paris, in dem die schönsten
Tanze nach den lieblichsten Melodieen eines
Haydn, Mehul, Pleyel u. a. mit der Pracht
der Dekorationen wetteifern, gewahren einen
seltnen, reizenden Genuas.
* *
Den i4ten wurden zum Benefiz für Mad.
Müller zum erstenmal im National thealer
zwey kleine nach dem Frauzös. bearbeitete
Operetten gegeben. Die erste: Philipp und
Georgette, Singspiel in einem Akt aus dem
Franz. des Monvel, von A. W. Schlegel
übersetzt. Musik von d'Alayrac. Das Ori-
ginal hatte in Paris und auf dem franzöa.
Theater zu Hamburg »ehr gefallen. Aber
die geringe und sehr verbrauchte Handlung
und die sehr miltelmassige Musik machten,
das« die hiesige Darstellung nicht interes-
sirte. Die zweyte: Die Heirath auf eine
Stunde. Lustspiel in einem Akt mit Ge-
sangen. Musik von d'Alayrac. Die inter-
essantem Situationen uud die angenehmere
Musik machten, dass das Stück sehr gefiel. Be-
sonders interessirte das brav gearbeitete
Quintett, wo alle Personen des Stücks treff-
lich sangen; es waren Mad. Eunike, Mad.
Müller, und die Herren Eunike, Gern uud
Weizmann. —
Gestern gab Hr. Hoffmann , Mitglied des
churfurstl. Badenschen Hoflheateia iu Man-
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37'
1805. März.
372
heim, den l'apageno in Mozarts Zauberflöle
als Gastrolle, und wird ihn übermorgen wie-
derholen. Sein Spiel geHel «ehr , der Leich-
tigkeit wegen; auch »eine Stimme wegen
ihrer Deutlichkeit. Allein diese ist nicht
roll und stark, und jene« nicht komisch ge-
nug , welche« zu dieser Rolle denn doch ein
Hauplerfbrderois ist.
Anxkdote N.-
Folgende Bestrafung der blindeu und
oft auch das wirklich Vorzügliche herunter-
bringenden Nachahmerey, ist vielleicht pos-
sierlich genug, um erzahlt zu werden.
_ — brachte vor einiger Zeit als
eifersüchtiger Ehemann unter tausend
belustigenden Zügen auch den an» das« er
auf ganz eigene Weise und blitzschnell den
Chapeaubas aus der rechten Hand unter den
linken Arm warf. Das ganze liaus musste
hell auflachen über die« kleine Manövre.
„Sollst« nachthun 1 * dachte sein armer
Nachahmer, exerzierte da« Stückchen vor
dem Spiegel, und bracht' e» an — Aber,
indem er mit — —'s Hitze und Eil den
Hut wirft, fliegt er hinten durch den Arm,
hoch auf, und in die Kulisse. Man lacht
den Herrn aus, statt das« man über seinen
Spas« lachen sollte; aber das war noch nicht
Strafe genug, sondern es erzahlt Einer an
öffentlichem Ort, er habe parodiren
und lächerlich machen wollen, habe absicht-
lich gelhan, was wirklich Unglück war: und
der arme Mann wird nun so grausam ver-
folgt, dass ichs aus Mitleid nicht erzählen
will. Drum dächt' ich, es sollte lieber jeder
auf eigene, nicht fremde Hand klug, oder
auch, kaun's nicht ander» seyn, albern thun ;
in jenem Fall wird's doch wenigstens
manchmal gescheid, in diesem aber im-
mer albern.
Ein Herr in Paria, der vor der Revo-
lution l'erückenmacher gewesen war und
während derselben durch mancberley saubere
Stückchen sich ungeheures Geld verdient hatte,
so dass er jetzt, als Mann von Stande, Ge-
sellschaften halt, wo nur zurückgekehrte
Emigranten traktirt werden, hoch spielt,
«als grosser Herr sein kleines Haus in
der Vorstadt hat," wie irgendwo stehet — :
dieser ging vor 1 kurzem spazieren, und zwey
beliebte,; junge Schauspieler, deren Einer jenes
von ihm wusste, gingen denselben Weg. Dieser,
durch possierliche Einfälle und lustige Strei-
che bekannt genug, sagt zum andern: Was
gilt die Welle, dem geb' ich einen Tritt
vor den — — , ohne dass er's übel nimmt? —
Bist du toll? sagt der andere, und will ihn
abhalten. — Jener halt die Hand hin: Was
gilt's? — Nun — so und so viel! — Ein
Wort! — Er läuft, den Herrn einzuholen,
applicirt den kräftigsten Sloss mit dem
Kniee — der Herr wendet sich erschrok—
ken und äusserst entrüstet' um — : wio vor
Schrecken vernichtet, sagt der Schelm: Ah,
bitte tausendmal um Verzeihung ! ich hielt
Sie für den Herrn Grafen von . . . Beru-
higen Sie sich: so 'was kann Einem begeg-
nen! sagt der Herr, durch solches Ver-
kennen geschmeichelt, und gehet lächelnd
seiner Wege.
(Hienu alt Bcylage Naumann'* Portrait und 'da» Intelligeosblatt No. VIII.)
Limit, »*v Baaicsorr v ■ s Hlitu.
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INTELLIGENZ - BLATT
zur Allgemeinen Musikalischen Zeitung.
März.
Ni. VUL
1805.
Heue Musikalien im Verlage von Brtitkopf und
Härtel in Leipzig.
äfnd,I, c. F., Oratorium: Empfindungen am Gra-
be Jesu. Partitur, a Thlr.
Mo«.rt W. G., Hymne: Gottheit, dir sey Prei.
und Ehre etc. f. 4 Singst, mit ßeglcit. de. Or-
chesters. Partitur. No. 3. 1 Thlr. 8 Gr.
— — Lob der Freundschaft. Partitur. 1 Thlr.
Zumsteeg, J.R., Kanlate No. 11 : Eh ich dita roll-
endet etc. Partitur. 8 Gr.
"~.-.T d ° „ No - ,s - Brii «'"-. Schwestern, die ihr
stille etc. Partitur. la Gr.
~v ~. N °* ™ * Cy dem G °"« Zeb.oth.
Partitur. 1 Thlr.
— — No. ,4. Unendlicher I Gott unser Herr.
Partitur. 1a. Gr.
w< Vi* HtiU&t heiliß « heiu «' «•«
Partitur. 18 Gr.
— — No. 16. Kyrie eleison, väterlich sieh Tom
Thron. Partitur. 8 Gr.
— — No. 17. Lernt im dunkeln Erdenthaie.
Partitur 8 Gr.
Heine, F., Klopstocla Auferstehungsgesang , für 4
Singst, mit Begl. d. Orch. Part. 8 Gr.
bischer, A. G. , 4 Motetten und 4 Arien für Sin-
gechöre. 16 Gr.
Mozart, W. G., Art., No. t: (Mia sperauaa). Die
Orchester -Stimmen. ja Gr.
— — do Arle: (Per pieta, non ricercate). Kla-
nerausaug. No. 8, 8 Gr. '
"rnZJ**- f'K T rauM " h dich
(Mratre t> la*cio>. No. 9, 1» Gr.
d ° A "' : Nein ' Trette dirf nJch « w»nken,
INö , ca. noo .«i cep.ee). No. ,0. 8 Or.
Moiart, \V. G., Scene : Ach, was verbrach (Ma,
ehe »i fece). No. 11. 8 Gr.
— — Arie: Lais Geliebter, las* mich fAl desio
di chi). No. „. 8 Cr.
Orlando, Komisches Duett: Eben sagte mir Nan-
nette. mit Begl. des Pisnof. 8 Gr.
Wen dt, A. , Lieder ron Göthc mit Begleitung des
Klaviers. 16 Gr.
Wölfl, Arie aus der Oper: Die romanhafte Liebe
No. 1. 4 Gr.
Winter, P., Drey Kantatinen (ital. n. deutsch) mit
Begl. des Pianof. Op. i5. 1 Thlr.
— — 9 Cansouetten (ital. u. deutsch) mit Begl.
d. Pianof. Op. 16. 1 Thlr.
— — 6 Causonetten , 1 Duett , 1 Terzett , 1 Quar-
te« (ital. u. deutsch) mit Begleitung des Pianof.
Op. 17. 16 Gr.
Zumsteeg, J. R. , Johanuens Lebewohl, mit Begl.
d. Pianof. 3 Gr.
Riem, W. F., Gesänge mjt Beglcit. des Pianof.
Op. 8. 16 Gr.
Ferrari, J. G. , Sei Canoni s tre roci coli' ace.
di Pianof. 8 Gr.
Härder, Lieder ?. Reichard und Righini mit Eegl.
der Gukarre. 8 Gr.
— — Gesänge mit Begl. d. Gnit. Op. 8. u Cr.
Zumsteeg^ Gesänge mit Begleit, der GuiUrre arr.
r. Härder. Zweytes Heft. 1a Gr.
Violoncelle. Op. 4-
Kraft, A., Concerto
Lir. 1. » Thlr.
Rode, huitieme Conc. p. Violoo avee aecomp. de
POrchestre. Op. ia. 1 Thlr. 8 Gr.
~" "~ A,r «"< P- Viol. princ. a». aecomp. de
I'Oxch. Op. ,3. 16 Gr.
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5i —
Rod., Qnatoor T . a Viel., Viol« et Violoncelle.
Op. ii- »6 Gr.
Demi. F., 3 Quatuor» p. a Viol., VioU et Vcelle.
Op. ig. » TMr i? Gr.
«» Cone. p. FlAte princ. Op. So. l Th!r. ia Gr.
do do do Op. 3i. i Thlr. i? Gr.
Scbwe 6 ler. 3 Üuo» p. a Flutea. Op. 3. »G Gr. ,
Schneider, G. A., Etu.le de Flute « 5 Duo» conc.
bemolliae*. Op. 38. »6 Gl.
, 3 Duo« p. 2 Basion«. Op. ao. l Thlr.
pour le ritnof.. per
Bach, J. S., Choralvorspiele. 3r Heft. »C Gr.
Cimaroaa, Our. a. d. Op. Ii matrimonio per rag-
giro , (die Heurath durch Li»t) f. Klav. 4 Gr. ■
Conrad, J. C.. ia leicht. Vor.pi.le f. Aofioger
im Orgehpiele. ar Heft. 6 Gr.
Dn.aek, J. L. , 6 nouv. Walava p. le Pianof. av.
Viol. et Flute ad üb. & Gr.
Ha jdn, J. , (nourelle) Sonate p. Clav. Op. 9 3. 8 Gr.
Laude, F. L., 3 Sonate, p. L Piwot Op. 19.
1 Thlr. 8 Gr.
Moaart, Cooe.rtoa p. le Pianof. No. 19 und ao.
Prinumerationapr. 1 Thl. Ladenpr. a Thlr.
Kuller, A. E. , Uebungaatücke f. das Pianof. mit
Torgeaeichneter Fingeraetaung. Er.ler Heft. 16 Gr.
Niile, J. F., Trio p. Pianof., Viola et Vlle. 1 Thlr.
Riem, W. F.. Quatnor p. Pianof., 3 Alto« et Vlle.
Op. 8. > Thlr.
Schlott, 3., a Sonata» p. Harmonica. 1a Gr.
Schneider,, F. 3 Sonatea p. lo Pianof. Op. 1.
1 Thlr. 8 Gr.
Wöl". J., deuaiime Coneerto poor le Pianoforte.
Op. a6. a Thlr.
_ _ Fantalaie et Fugue p. le Pianof. Op. »8. 8 Gr.
ITtue Musikalitn von verschiedenen Verlegern,
Wiche bey Brätkopf und Härtel zu haben *ind.
Sa
Pleyel, J., 3 Sonatea p. le Pianof., le»
»v. acc. de Viol. et Vlle, ad. lib, et la troiaieme
a 4 maiua. Op. 6<j. a Thlr. 6 Cr.
Repertoire dea Clavicini.tea :
No. 10. cont«n.nt 3 Sor
Clementi. 2 Thlr.
No. 11. conl. a Sonate» p. le Pianof, P" L. tJb
BeethoTen. a Thlr.
No. 1a. cont. x Sonate precedee d'une Introduktion
et Fugue p. le Pianof. p. J. Wölfl, a Thlr.
No. i3. cont. Variation, et Roodeaua P . le Pianof.
par F. Pollini, 3 Thlr.
Riottc, P. J., 3 Sonatia'e. poar le Pimofort.
Op. a. >6 Gr.
_ 8 Variat. p. le Pianof. No. a. ia Cr.
__. 9 Variat. p. le Piano. No. 4. 16 Gr.
_ 8 Variat. P . le Pianof. No. 5. >a Gr
Damenalmen.ch am Klav. Dritte. Heft, t Thlr.
Kinder.piele am Klav. Zwreytca Heft, i8 Gr.
Marchea do Conronnement da Napoleon arrang. pour
le Pianof. 8 Gr.
do do p. le Pianof. arr. a 4 matn«. n Cr.
6 petite» Piece, f.c. P . le Cl.vecin Liv. t 8 Gr.
Uoieldieu, A., Walae. p. le Piauof. er. Tri.» 6 U:
1 Thlr 4 Gr.
Wittaaek, J., 6 Menuette, p. le Pianof. 8 Gr.
Zeaner, Ch., Air de !• Op. : Zoniao et Zulnar. 8 Gr.
Vannhal, J., 14 Variationen aus Molinare : Nel eo;
piü non mi aento, per il Pianof. 10 Gr.
Gyrowet«, 6 Pr.lude* fac. p. lc Pianof. 8 Gr.
Gelinek, Variationa P . le Pianof. *ur une Romane«
de BoioUUeu. la Gr.
Eberl, A. , ta Menuetten f. Pianof. 12 Gr.
,1 deutsche Tänze f. Pianof. 14 Gr.
, _ Gr. Sonate p. le Pianof. Op.27. j Thl. 4 Cr.
T. Beethoven, L. , Lied mit Veränderungen an i
HänOam No. 17. iß Gr.
Hanf, F., Sonate ». P-nof. .t. tec. de Viol. et
Vlle. Op. 3. Liv. 1. 1 Thlr. 8 Gr.
(Wird fortgeseit.)
Litmo, nt"BintKOit. HX»t»i.
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ALLGEMEINE
MUSIKALISCHE ZEITUNG.
Den 13^ März. N=. 24*
1805,
Recbhsxos.
Harmonia oder das Reich der Tone , ein mu-
sikalisches Gedicht von Christian Schreiber.
Leipzig, bey Breitkopf und Härtel. i8o5.
(Pr. 16 Gr.)
Wenn sich die Poesie des menschlichen
Geistes in irgend einem bisher noch wenig
benutzten Felde zeigt, so ist es allerdings
das Gcs hallt der Theorie, den neuen Gang,
welchen derselbe nimmt, su beobachten.
Allein es gehören gewöhnlich mehrere dich-
terische Versuche Einer Galtung dazu, eh
»ich theoretisch beslimmeu lässt, sowol was
in einzelnen Fallen geleistet worden, als
auch überhaupt, was hätte geleistet werden
sollen. Su schwer es auf der einen Seite '
für den Dichter ist, der eine noch wenig
belrelne Bahn geht, seine Tendenz — wenn
man diese modische Kuustsphrase noch brau-
chen darf — bestimmt auszusprechen ; so sel-
ten kann es danu andrerseits dem Theoretiker
gelingen, von der Arbeit des Dichters ciue
genügende Metdung zu thun. Der soust
schon rühmlich bekannte Verfasser dieser
Uarmonia scheint die Schwierigkeit des
ersten Falls gefühlt zu haben, da er das
Gedicht seihst einen Versuch nennt. Und
eben so aufrichtig gesteht Ree, dass er die
Schwierigkeit des zweyten Falls empfinde.
Er glaubt nicht kürzer und deutlicher an-
geben su können, was Uarmonia dem
Pu blikum x u bringen scheine, als wenn er
die drej Gedichte, aus denen sie besteht,
einige glückliche Skizzen zu einem
Lehrgedichte über die Musik, nennt.
Schon jedes poetische Produkt, da es
einen musikalischen Theil hat oder wenig-
stens haben soll, kann in dieser Rücksicht
ein Gesichtspunkt für unsre Zeitung wer-
den , um wie viel mehr rauss uns ein dich-
terisches Werk interessant seyn, das die
Musik selbst zum Gegenstände hat, und' die
zwey leider zu sehr von einander getrenn«
ten Künste — sey es auch nur auf didak-
tischem Wege — wieder in eioe nähere
Verbindung zu bringen sucht. Herr Schrei-
ber nennt, vermuthlich um diese Absicht
anzudeuten, Harmonia ein musikali-
sches Gedicht. Ohne gerade pedantisch
über Worte zu rechten, musa jedoch die
Kritik diesen Ausdruck in Anspruch neh-
men, der dem Leser einen falschen Gesichts-
punkt giebt. Nur das küizere lyrische Schluss-
gedicht ist seiner . Natur nach melodisch,
und möchte die Bestimmung haben, mit Mu-
sik, als Kantate, verbunden zu werden. Der
übrige Theil ist didaktisch, entfeint sich
vielleicht hier und da nur zu sehr von den Ge-
setzen des Wohllauts und kann also wol
eben so wenig musikalisch heissen, als
ein Lehrgedicht ü!>er die Medizin ein medi-
zinisches. Die Trias, aus der Harmo-
nia besteht, führt folgende lieber Schriften»
1) Geist der Töne, a) das Reich der Töne,
5) Feyer der Töne. Das erste Stück kann,
als eine Hymne auf den Genius der Mu-
sik, auf die Uikraft und Unsterblichkeit der
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375
1805.
März.
376
Töne, dem Ganzen zu einer lyrischen Ein-
leitung dienen. Es hat einige glückliche
Strophen, z. B.
r.mpfiuJung i*ts , wu neugeboren
Dein lliiu.ncUodeui angeregt,
In Traum und Phantasie verloren
Steht selbst das kalte Her« bewegt.
Das leere füllt si-h mit Gestalten,
Was nimmer sprach wird Laut und Ton,
Und in dein Aufdruck hoher Lieder
Steigt Kraft und Schönheit bildend nieder.
Denn achreitend durch den Raum der Sterne
Zu de» Olyrapo» Sonnenbahn
Knüpft sie in uaermessner Ferne
Dt* schöne Land der Geiiter an.
Wohin sie naht, entströmt da* Leben
Den reichen Adern der Natur,
Und jubelnd alhmcn lautend Zungen
Von de« Gesäuges Glut durchdrungen.
Im Ganzen genommen ist abftr der Stil
in diesem Gedichte etwas gezwungen und
gesucht. Z. B. gleich anfangs: Die Horc.
die ihre« Siegel« ernste Machte am Sar-
kophage der Nalur auf die Spur der
Vor weit drückt, die Götterkraft, die —
leia* entfaltet, ein Zephirhauch auf'fetn-
pes Flur, dem Adel der Natur treu bleibt.
Hier sind der Tropen zu viele bunt unter
einander gemischt Dies setzt die Einbil-
dungskraft in eine unförmliche Bewegung,
welche bey der Schönheit des Hauptgedan-
kens unnütz, ja wol gar für den Totalein-
druck schädlich wird. Schillers Künstler,
an die man hierbey zuweilen erinnert wird,
drücken ahnliche didaktische Ideen weit ein-
facher aus. Auch stösst man in einem Ge-
dicht zum Lobe des Wohllauts ungern auf
Reime, wie Oede, Rede, Schlacht-
trommete, Rede, Götter frieden, VVü-
then, Wesen, lösen, zumal in d«?n weih-
licheu Distichen am Ende der Stanze, wo
der meiste Accent liegt.
Das zweyte Stück, das auf dieses ly-
rische Fiontispis folgt, Das Reich der
Töne betitelt, inuss als das Hauptgebäude
des ganzeu didaktischen Werks augesehn
werden. Es ist in Hexametern, besteht aus
drey Gesungen und hat v.elc glänzende und
originelle Stellen. Die ldeenreihe i«t fol-
gende :
Erster Gesang. Anruf der Musik
als einer Göttin und Beschreibung ihrer
Macht, feyerlich, wie Lucrei die Macht der
Venus beschreibt.
Alles neiget »ich dir, und deiner Ank u n ft entgrgcu,
Kussend den heiliget. Stab, mit dem du I'elieu
*
durch bebest u. a. w.
Dann giebt der Dichter seinen Inhalt an.
Er will singen das Reich der Töne
das dem stummen Gedanken
Leben und Sprache giebt und mit unondli< !.eu Krizen
Nach den GeseUvu dir Kunst sich luiinl in des
Genius Händen.
Jetzt wird ein metaphysischer Salz aufge-
stellt, der die Zweckmässigkeit der Töne,
durch die alles erst Bedeutung erhält, «ehr
fein und poetisch andeutet:
Im ätherischen Raum, dem Auge trügend rer-
schioisen,
Wohnt der tönende Schall, der UrkUng jeder
Bewegung.
Ueberall leise verbreitet sind seiue zarten Gewebe
Durch das Reich der Natur, dass keine Leruhrung
der Formen
Unbcrnerkbar entschlüpft in die schweigende Nacht
dos Vergangnen.
Alles ist Musik im Weltall, oder wird
mit Musik begleitet. Die« wird durch in-
dividuelle Bilder anschaulich gemacht. —
Dann geht der Dichter auf die eigeullich«
Kunst der Musik über, die in dem Chaos
der Töne zuerst Ordnung schuf:
•s wurdo der sanfte Laut von den
starken geschieden
Und die Höh" *on der Tiefe, dass jede* im lieb-
lichen Wechsel
Und mit eigner Gewalt der rufenden CÖttin sich
«eige. —
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377
1805. März.
37S
Die diatonische Skale, das Gesetz des
Dreyklarigs, das Verbot der Quinte, chro-
matische, enhainaom'sche Leiter — der Takt
(warum ist hier dir Rhythmus übergangen,
die freygeschwungene Gesttll, weiche die
Zeitrcilie annimmt, der Hauptzauber, die
reiue Zeichnung der Musik, da der Takt
nur das bestimmte Glcichmaas augiebt?) wer-
den als eine Erfindung der Göttin angeführt.
Hierauf folgt in einer angenehmen Episode
die Geschichte Paus und der Flöte — Dann
schildert der Dichlor die unendliche Wirk-
samkeit der Musik auf das mens, bliebe Herz
mit aller Warme seines bekannten Enthu-
siasmus für diese Kunst. Die Geschichte
von Orpheus und Euridicc, die hier folgt,
gebort freylich vor allen hierher und hat
eiuige interessante Zöge. Nur Schade, dass
mau es dabey nicht vergessen kann, wie
sehr Virgil dur« h die Bearbeitung derselben
die Gewalt der Mu.-ik bewiesen hat. Doch
der Dichter kehrt zu allgemeinen Betrach-
tungen zurück, deren poetischer Ausdruck
ihm allerdings besser gelingt:
Grost ist der Töne Gewalt, in ihren feurigen
Strömen
Schmilzt da« glühende Hers, wie Wach« in den
Händen de« Bildners.
Auf dem Leben der Nerve liegt eng verschwi-
«teit die Freude
Neben dem zärtlichen Gram, and wio im wandeln-
den Leben
Mit der Blüthe die Frucht, da* Lieht sich wech-
»ott mit Schatten,
" Also aebwebet auf Dur and Holl der Fing dea
Gesänge«,
Frey , wie daa waltende Schick*«! , 'daa ewig zeu-
gend au« Grabern
Blumen entlockt. . . .
Jetzt wird der Charakter des Adagio und
Allegro angegeben. Hierauf kömmt der
Dichter auf den Gedanken , dass die Musik
neben der Empfindung auch die Gestalt der
Natur ausdrücke, und idealisire:
Denn farbtoa iit das Cewebe
Der chaotischen Macht, verworrene Kräfte ver-
mischen
Sich in wechselnder Form und wideratrebendc
Stoffe
Reitsen »ich gshrend los zu ordnnngslceren Ge-
stalten.
Aber waa dem Begriff, dein Gedanken ewig ge-
schlummert,
Stelleu die Töne dar in ihrer unendlichen Fügung,
Denn in ihnen erscheint die regellose Verwirrung
Todter Kriftel die Schwere liegt auf tiefen Ak-
korden ,
Bisconirend entsteiget und sinkt der Kampf der
Naturen
Und durch chromatische Ginge wälzt «ich die trä-
ge Bewegung
Wer wird sich bey folgender Stelle nicht
mit Vergnügen an Haydn's Ouvertüre zur
Schöpfung erinnern, was auch manche, be-
sonders französische Kritiker wider dieselbe
haben einwenden wollen?
Bald ordnet der Zufall
Ein melodische« Bild, bald reitst es der Strom
von einander,
Der sich flutend verliert in schweren Gewichte«
der Meise.
Jetzt auf dem Rauschen der Wasser erhebt sieb die
Stimme der Gottheit,
verstummt f sie gebeut: ea werde
Licht ....
Der erste Gesang
schönen Wunsche:
O könnt ich in deinen
Heitern Gefilden vergehn, und auf dem sterben-
den Od>m
Dea entfliehenden Tons in schönere Fluren eut-
achweben,
Die ein strenges Geschick von unserem Hoffen ge-
schieden.
Dürft ich das bleiche Bild de« kommenden Todes
nicht «eben,
Und ein reiner Akkord, im Ruhepunkte de« Daseyn«
Sanft verschwinden su heiligen SchaUen entfernte-
rer Tage.
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379 »8°5-
Wie gut hatte der Gesang hier geendet !
Die noch folgenden sechs Verse enthalten
nichts, was nicht dunkel schon in den vori-
gen gesagt wäre. Das lichte Bild der Auf-
erstehung, welches sie darstellen, giebt lan-
ge kein so poetisches Gefühl, als der Ru-
hepunkt des Daseyns und die Schatten
entfernterer Tage. So selten gelingt es
den Dichtern auf eine Art zu schüessen,
welche den Totaleindruck nicht wieder
schwächt!
Im Anfange des zweyten Gesanges
verspricht uns der Dichter den Geist in die
verborgenen Tiefen der musikalischen Kräfte
zu fuhren, und die Bildung der Töne in den
einzelnen sterblichen Formen zu zeigen.
Doch nur bey dem letztern hält er sich auf.
— in» Reich der Natur vermag der Geist
nicht su wirken,
Wenn nicht irdische. Kraft ihn bewegt, nnd leer
und gestaltlos
Steht der ewige Reim der reinen geistigen Psyche
Ohne die sterbliche Form , die wie eiu magischer
Spiegel
Phänomene haacht, und dem innern A,ugc »ic
darstellt.
Dies führt den Dichter auf die ver-
schiedenen Instrumente. Die Schwierigkeit,
eine technische Beschreibung derselben poe-
tisch auszudrücken, ist zum Theil glücklich
tiberwunden. Erst beschreibt er das musi-
kalische Wesen der Viblone (oder Vio-
line) — hierauf die Laute:
Oft wenn über die Rosen der Abondschlcier ge-
t unken .,
Und die achweigende Nacht die atilleo Haine ver-
hüllte,
Fand die Mitternacht noch mich deine Stilen
durchirren,
Süsse Laute, du riefst in deine Weisen die
Schwermuth,
Die mir die Seele verschlos«, du gabst mir trö-
stendo Ruhe,
Wenn mit GIgantcnscbritt in die Gefilde des
Lebens
lärz. 3S0
Ernst das Schicktal trat und meiner Hoünuagei:
schönste
In den eiieruen Händen zerschellt' — dann rieht
du den süssen
Namen der Liebe zurück , den laugst die Lüfte
verwehet,
Längst die Erde gefesselt hielt in Urnen des Todei,
So schön und passend hier das Bild —
die blasse Gestalt der vergangenen Liebe —
mit der Laute verbunden ist, so unzurei-
chend ist dagegen in den folgenden Venen
der romantische Charakter der G ui I a r re,
und der feyerliche der Harfe, geschildert.
Besonders hätte die Harfe, die uns au den
Psaltnislcn und an Ossian erinnert, es wol
verdient, mehr herausgehoben zu werden. —
Klavier, Fortepiauo — Harmonika
erhalten den Preis, der ihnen gebührt, be-
sonders die letztere:
Den Räumen entrückt ist die erhobene Seele
Und unendlich liegt es vor ihr in foyciuder Stille,
Der verschwiegenen N.clit. Und auf der Leiter
der Töne
Steigen Engel herab in stiller heiliger Klarheit,
Mit der ätherischen Hsnd die ürudererde zu famen.
Einen guten Konirast macht damit die
Schilderung der melallncn Blasinstrumente
und überhaupt der kriegerischen Musik, wo-
bey in einer Episode Jasons Fahrt auf der
musikalischen Argo erwähnt wird. — Die
Posaune:
Erde füllend und Meer nnd den «lies wöl-
benden Himmel
erinnert an Sinai und das Feld der Aufer-
stehung. Die sanfte Flöte hatte vielleicht
noch mehr Gelegenheit zu heilern, arkadi-
schen Bildern geben können. — Der hellere
schneidende Ton derUoboe, das verwandle
sauflere Fagott und die Kl ar in e Ue sind
nicht vergessen. Das Jagdhorn lässt ap
den Wald im Morgenlicht und au die freu-
dige Mordlust der Jäger, die Janitscha-
renmusik an Scenen des Schiachtfelds
denken. Aber:
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38i 1805.
Welch erhabener Ban ron dickten Stolen geregelt
Stellt dem Auge süh dar iu mojesiätischer Ordnung?
Die Beschreibung der majestätischen Or-
gel, welche alle Töne zu Itühern ilarmo-
uieen vereinigt, ist dem Dichter vorzüglich
geglückt, besonders die Geschichte der hei-
ligen Cacilia, mit welcher dieser Gesang
sihliesst.
Der dritte Gesang beginnt mit einer
Betrachtung über das Grundgesetz der
Harmonie:
Tief verborgen iu jeglichem Seyn, in jeglichem Leben
Waltet der ewige Grund, der alle« mit Liebe
geschaffen.
Für einen didaktischen Dichter treibt
sich der Verfasser hier freylich ein wenig
zu sehr — in völlig unbestimmten Begrif-
fen herum, kommt wieder auf den Takt,
Wohllaut, und dann auf die menschliche
Stimme, welche die Musik begleitet:
Auf dem zitternden Ton Dient die erhabene Sprache
Wie auf Blüthen der Thau — die Worte werden
zu Bildern,
Und die Empfindung Tcrcint »ich dem Krciae »til-
ler Gedanken,
Hier wird die Geschichte Arions und
Terpanders eingewebt und das Ganze schliesst
mit eiuem Liede der Polyhymuia zum Preise
der Tonkunst; aus dem wir nur noch fol-
gende vorzügliche Stelle anführen wollen:
Föbo» Fügte auerst den Bund harmoni-
achcr Kräfte,
TJod mit der Töne Gewalt entzückt' er den hohen
Olympus.
Kimmer achwiegen fortan im Göttersaale die Tone.
Ewig »trömend entOoss aua der Begeisterung Qnelleri
, Ihre milde Gewalt, und erhob die himmlischen Herzen.
, Seiner leuchtenden Hand entlegte Chronoa Erzeugter
Die verzehrende (Jlut , uud mit melodischem Flügel
Schlug su Füssen des Throns der Adler mil-
dere Lüfte —
v . ' ' ' \ . •
Schon aus diesem kurzen Auszuge wird
man ersehn, dass das -Gedicht auf der
einen Seite eben so reich an interessan-
ten Stellen ist, als es ihm andrer Seits an
Plan felilL Der Mangel an Ordnung in
März. 382
der Ideenreihe, die allzugrosse Unbestimmt-
heit der Begriffe und Bilder macht die Le-
sung desselben schwer, die auch nicht ein-
mal durch das Zeichen eines Absatzes, bey
den immer fortgehenden Versen , unterstützt
wird. Der Dichter scheint sich sein Ziel
selbst nicht fest genug gesteckt zu haben.
So schwankt er zwischen einer Hymne auf
die Musik, zwischen einer blossen Beschrei-
bung ihrer mannichfalligen Wirkungen und
äussern Apparate, und zwischen dem eigent-
lichen Lehrgedicht. Als Hymnus, im alt-
griechischen Sinne, ist das Gedicht nicht sym-
bolisch , nicht intlividualisirend genug; als
blos beschreibendes Gedicht, das nur die
Einbildungskraft unterhalten soll, ist es zu
lang, uud die Bilder gelin ohne Einheit mit
verschwimmenden G ranzen zu bunt durch
einander. Ueberhaupl scheint die Musik
kein Gegenstand für die fortgehende, formli-
che Beschreibung, weil sie nichts aubstan-
zielles ist, das in der Zeit als ein ganzes,
bestimmtes Objekt beharrte. Es bleibt also
nichts übrig, als diese drey Gesäuge wie ein
didaktisches Ganze anzusehn. Allein, wenn
wir diesen Standpunkt nehmen , vermissen
wir den regelmässigen Plan des. Systems,
der bey aller künstlichen Unordnung und
Verstecktheit doch ganz vorhanden seyn
muss, und von den besten didaktischen
Dichtern beobachtet wird. Bey alle den ein-
zelnen glücklichen Betrachtungen, die hier
wie Winke hingeworfen oder wie einzelne
synthetische Sätze aufgestellt werden, be-
kommt doch der Versland kein Licht über
den Zusammenhang der Begriffe, uud sieht
analytisch weder das Verbältuis der Mu-
sik zur Natur, noch zu den menschlichen
Seelenkräften genugsam ein. Er wird also
nicht interessirt uud seine Operationen nicht
hinlänglich idealisirt, welches doch bey
einem didaktischen .Gedicht der l'all seyn
soll. Freylich kann ein didaktisches Ge-
dicht über das Weseu der Musik nicht eher
möglich seyn, bis auch die Aeslhelik weit
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353
März.
384
genug seyn wird, das was in der Musik
eigentlich schone Kunst ist, uud unsein
hinein Naturanlagen korrespoudirt, bealimml
anzugeben — eine Sache, die bey dem
schneidenden Kontraste unsrer bald zu bür-
gerlichen, bald zu adlichen Aeslhetiken noch
im weilen Felde zu seyn scheint, weun
nicht ein didiktisrher Dichter — als Er-
finder in der Theorie und in der Poesie zu-
gleich — dazwischen tritt und Versöhnung
stillet. Herr Schreiber wird vielleicht bey
Ausführung und Bearbeitung dieser Skizzen
dahin gelangen, das Grundprinzip zum Pla-
ne eines Werks der Art zu finden. Daun
werden wir uns herzlich freuen, ein di-
daktisches Gedicht über einen Gegen-
stand zu erhalten, der unsers Wissens noch
von keinem bedeutenden Dichter, wenigstens
von keinem deutschen, bearbeitet worden ist;
über einen Gegenstand, der recht bearbeitet,
an poetischem Interesse die meisten andern
der didaktischen Poesie unendlich weit hin-
ter sich zurück lassen muss , weil er, wenn
man sich auch nicht in Tartinische SchwSr-
mereyen dabey verlieren wollte, doch in
die innersten Tiefen der Seele dringt. Ohne
Zweifel wird der Verfasser alsdann dunh
seinen Stoff angezogen, auch mehr Sorgfalt
auf den aussei n Ausdruck — auf Prosodie
und Bau des Hexameters wenden , welches
bey einem Gedichte über die Musik billig
um so ifjehr verlangt werden kann. So
viel sich auch Poesie des Stils in den drey
Gesängen findet, so giebt es doch auch viele
ganz matte Stellen. Ueber die terminos
techuicos entschuldigt sich der Verf. in dem
Vorbericht, und man kann sie ihm zuwei-
len nachlassen. Nor kommt freylich alles
auf die Stellung der Worte an. Ein Vers,
wie der S. 26 z
Milchte dt* Dur mit dem Moll, da« Forte
mit dem t'iano
wird nie gefallen können. Auch möchte
gewiss jeder bey den leisen Nuancen der
Freude S. 68, bey dem sonorischen Ton
S. los und mehrmals, in aller Angst naih
dem Catnpe'scheu Wörterbucbe gl eilen. Oft
ist der Stil des Verf. zu prosaisch und ab-
strakt, z. B. S. 5y:
Völlige Harmonie uud nuunichfiltige Weites —
Alle» ist Leben und Kr»H (S. ü ,.)
Wiid ihm die Wahrheit groia uud der Meaicb-
heit Streben unendlich (S. 107.)
Dald am niedere Staube thicrisch Liebt (.■». *..)
(von der Seele)
Neige den Blick dem Singer gnädig hernieder
S. 14 (in der Anrede an die Mim*).
Oft ist der Ausdruck zu unverständlich.
Wenn gleich der Gegenstand ein gewisses
romantisches Dunkel vei langt, so touss doch
immer in einem Gedichte etwas bestimmtes
gedacht werden:
Wie weun , in de« Abgrunde Tiefen rertchlosien
Glut eich den feindlichen Händen entfallt, und
schwächer und leitcr
Wird der Kampf, und ei reicht das eine die Fei-
ert (?) dem andern (S. 4J.)
Was ins besondere die Prosodie und den
Hexameter, worauf doch in einem didakü-
schen Gedichte, bey dessen undankbarem
Stoff, vorzüglich zu sehen ist, betrifft, so
macht es sich ebenfalls der Verf. gerade so
leicht, wie, (Klopstok und Voss ausgenom-
men), die meisten deutschen Dichter. Eine
kleine Herzensei leichterung darüber wird
hier ni< ht am unrechten Orte seyn, weil
das Musikalische unsrer Sprache dadurch* so
sehr zui Ulkgesetzt wird. Hr. S. gebraucht
die wenigen Spondaeu, die unsre Sprache
noch in zusammengesetzten Worteu aufzu-
weisen hat, sämtlich als Trochäen. Sehkraft
S. 79. Ankunft, S. i4. Sehnsucht.
(S. a&) Urklang, (S. 20) Einklang, (S. 19)
Anschaun, (S. 23) Wehmut (S. 73} Ur-
theil, (S. 76) Jagdspiess geschätzt, (S. |a5)
— W V* —
der Sprache Wohllaut zu geben (S. 19)
Heymath, (Sw g4) Thiäuen theilnehmen-
der(S. 36) Wohnsitz, Eindruck (S. 87)
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385 1805.
Eintracht (S. 86) Schicksal. — Auch
einzelne Stammaylben, warst (S. 89) liegt,
tcii webt, CS. 27) werden kurz gebraucht. —
Wider Klopsloks aehr richtige llt-gel, dass
im reinen Daktylus die nur kürzere Sylbe
nicht hinter der kürzesten atchu könne, fiu-
det man häufige Daktylen der Art: Fluthen
durchschwimmet, (S. 27) Vaterlands, (S. 64)
Bugen dunhiueislert (S. 53 u. s. w. Ebenso
wiilkührlich uud auctoritale werden die
kurzen Sylben selbst im Anfang des Hexa-
meters lang gebraucht, z. B.: Der Natur
gewoben, (S. 4o) Der entflohenen Liebe,
(5. 37) wo der — Genitiv uud nicht einmal
das Detnonstrativnm ist. — Gleich der jüt-
falteten Rose (S. 35 ). — Die ätherische
Binde (S. 58). Durchdringt | es mit |
unendlichen Mächten (S. 86). Verse mit dein
— 1/ — —
Hiatus, z. B . Muse ilzt singe die Kraft
der unendlichen Töne, den Zauber — ohne
alle Cäsnr: S. 37 mit den gewöhnlichen
blos daktylischen Epitbeten
Nur in | dmikelen | Fernen | ceigt dann | Hebe
den | Schleier,
Und auf | purpurnen | Lippen | flog der J
•cherxeode | Amor. S. io3.
sind sehr häufig^ — Auch hab«-n die He-
xameter in diesem Gedichte den Fehler,
welchen die meisten deutschen Dichter nicht
vermeiden , dass immer dieselbe Hauplcäsur
wiederkehret, gewöhnlich in der ersten Syl-
be des dritten Pusscs, wodurch der Vers
in ziemlich gleiche Hälften gelheilt und die
Monotonie des Alexandriners bewirkt wird:
8. 5i z. B. herrscht sie ununterbrochen
durch alle Verse dieser Seite — S. 5o, und
mehrmals ist Acrent und Quantität durch die
Casur in Widerspruch geralhen —
März.
In die Gefahren des Leben* —
386
Nicht« halt der Flüchtigen Lite
Der Rhythmus am Schlüsse des poeti-
schen Perioden in den Hexametern verliert
im Deutschen oft durch die zu häufigen
schwachen Trochäen und das immer aasu-
nirende E . . . Hier musa sich der Dich-
ter, besonders nach Klopstoks Beyspiele,
durch leichte Inversionen helfen, die ohne-
dies der Sprache mehr Schwung geben. Hr.
S. sagt S. 2'J :
Jede* trat an den eigenen Plat«. Ein himmlischer
Wohllaut
Flo**, wie liebliche* Wehen der Nacht, um die
reinen Acceute.
Gewiss hier hätte Klopstok den Vers so
gewendet :
um die reinen Aecente
Flo*», wie liebliche* Wehen der Nacht, «in himm-
lischer Wohllaut.
Besonders die Infinitiven und übrigen
Biegungen der Zeitwörter kommen mit ih-
ren E bey dem Verf. gewöhnlich ans Ende
des Hexameters zu stehn, gerade an die
Stelle wo diese Versart eine rein melodi-
sche Cadenz verlaugt: S. a5.
Oft beaucht er den Ort, und eimt als Zephir
rera tu motte,
Und die schweigende Nacht die stillen Fluren
verhüllte
Nahm er ein längliches Rohr aus dem holen Schilf
uud versuchte —
Diese Monotonie fällt eben so auf, als
das E am Ende, das mit der Cäsur in der
Mitte reimt:
Und die melodischen Worte verhallt die ein»«.
mc Ferne. S. »8.
S. 19.
Doch nur de* Genius Hand veimag die Wesen zu
ordnru
Und xur liebenden Eintracht die schwebende Stim-
me su rufen,
wo cs poetischer den Rhythmus schliessen
würde, wenn es hiess.. :
*u ordnen die \\\$cn
Und die schwebende Stimme su rufen iur lieben-
den Lintracht.
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SS7 ^05.
S. Gi.
Wcnu die beuctzte Hand den Saum der GU«er
berühret,
Und der Harmonika Flug diu weichen Akkorde
iirniickel,
Ach! hinüber gewiegt iu» Meer der Wonnen
verweilet.
S.72 verfahrt i!er Verf. eben so mit deu Par-
ti eipie 11, getragen, geregelt u. s.w. Anstatt
Durch die Seele den Gci»t iu Tiefen der Andacht
versenkend,
Wie weit rhythmischer war« nicht die
Inversion :
ver*enkcnd in Tiefen der Andacht.
Was würde es S. 76, Z. 2 von unten,
S. 77, Z. von unten, gekostet haben, zu
Selxen: ist gedrungen dein Flehn? — und:
zu hören des (lichtenden Urtheil, statt: des
Richtenden Unheil xu hören — S. 86,
Z. a: Wo sich Glied verlieret in Glied.
S. ua : der himmlischen Kräfte Berührung,
alatt des ewigen trochäischen Aufgangs noch
dazu ohne Cäsur: die Berührung himmli-
scher Kräfte. — Wie viel gewandter wird nicht
oft von so einer kleinen Inversion dieConslruc-
tion , z. B. im erzählenden Tone S. «3.
vom Jagen ermüdet
(Jod von der Hitze de* Tage» gedruckt,
wird die Wirkung leichter und poetisch-
mannicbfaltiger , wenn es heisst:
Und gedrückt von der Hitze de» Tag*. —
In eben dieser Erzählung 8. 26 würde
Ovid gewiss, um das Echo auszudrücken,
den Hexameter so gewendet haben:
Seufzend aatik er an* Schilf uud Seufzer tönten
im Schüfet
weil das Seufzer ertönten, welches dem
Seufzend sank er ans Ufer korrespon-
diren soll, für ein Echo zu lebhaft ist. Auf
eben dieser Seile drückt der He.\amcter:
— —wo
Im bewegten Rohr, wie Stimmen de» aärtlichen Troitc*
keineswegs seinen Inhalt aus. Das Wort
Trost ist zum Schluss zu unmusikalisch,
der Daktylus im vierten Fusse zu lebhaft.
Diesem allem, uud zugleich der Cäsuilosig-
März. 388
keit wäre vielleicht abgeholfen worden , wenn
der Dichter geschlossen hätte :
— — —.OL»
wie zärtlich trollende Stimmen.
S. 26 ist ein Fall, wo der Trochäus zum
Schluss des rhythmischen l'eriodeu für den
Tonausdruck besser gewesen wäre:
Und e* lernten die Hirien da* Spiet der erfände-»
nen Flöte,
Syrinx, wird sie genannt, verlorener Liebe zumDenkmal*
Der nicht ganz reine Daktylus im fünf-
ten Fusse, und das spondaische Denkmal
sind für diese sanfte Empfindung zu hart. Es
wäre zu wünschen, dass sich hier mit v e r 1 o r e-
u er Liebe schliessen liesse. Ungefähr so: '
Und et lernten da* Spiel der erfundenen Flöte
die Hirten,
oder:
Uud die Hirten lernten da* Spiel der erfundenen Syrina.
Noch gedenket ihr Nam* an Pom verlo-
ren* Lieb*. Fr ey 1 i ch wäre : Denkmal
verlorner Liebe uoch poetischer.
Das dritte und letzte Stück, der Har-
ra onia ist Feier der Töue überschrie-
ben. Es inövhte an Wohlklang der Verse
den vorbeigehenden weit vorzuziehen seyn,
und köunte, wie Meissners Lob der Musik,
als Kantate komponirt werden. Der Dich-
ter erinnert sich bey den verschiedenen Ab-
wechslungen der musikalischen Tonreihen
an analoge Zustände und Sceuen des mensch-
lichen Lebens. Zum Bt-yspiel diene nur
folgende Stelle vom Tanze:
Wetteifernd wechnelt
Zum K.rei»o die Hand,
Und »ilierzend Hattert «
Ha» leichte Gewand.
Nun drehen »ich alle vereint im Gewrbe,
Ei zeichnet den Boden die ma^ueüe Spur,
So »chliugt um den Slab sieb die brüu«iige liebe.
Su wallen die Saaten auf luftiger Flur.
Die Liebe jjentaltet die achwebeude Kunde,
Sie wandelt im goldenen Schimmer voran,
Vereint die Geweihten zum aeligen Bunde,
Und fuhrt »ic cum harrenden Ziele heran.
Von der lyrischen Charakteristik des
Adagio und Allegro sey uns nur erlaubt
noch deu Au£aug anzuführen:
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3S9 »805.
Dat Adagio.
Iii de* TTerjent Tiefen dringt mein Schweben,
Die Gefühle, sie verstummen oder Icbeu,
Wallen in des Lied et Oteao.
Dunkle Bilder flattern aui und nieder,
Blulhen duften im Gesang dar Lieder
Lad auf .Silberwellen wogt der Schwan.
Da» Allegro.
Wenn de» Adagio '.\'«i»ou ermatten,
Leite lieh senfct die melodische Ruh,
Eil ich die Töne der Freude au galten.
Wehe dem Herzen Entaüekungen iu.
Und et gestalten sich frohe Gesänge,
Und es beflügelt sich leicht der Akkord,
Freudig verwehen die zitternden Klänge
Jubelnd rermiicht sich den Tönen daa Wort.
Doch genug l der Musikfreund , der durch
seine Vorliebe für die Musik noch nicht
gegen alle höhere, ernstere Künste des Gei-
stes abgestumpft worden ist, wird das Ge-
dicht llarmonia gewiss interessant finden,
und diese ausführliche Anzeige als eine Einla-
dung ansehn, sich naher damit bekannt zu ma-
chen. Hr. S. aber wird hoffentlich die gemach-
ten Erinuerungen als keine unherzliche R echt-
habe rey , sondern, wie es bey literarischen An-
zeigen immer der Fall seyn sollte, als eiuen Be-
weis anschn, welchen Theil Ree. an dessen Ar-
beitennimmt. Utiiuter bonos benc agier oportet.
Nachrichten.
•
Frankfurt am Main, Ende Febr. Herr
Danzi gab am uten Jan. ein Konzert. Den
Anfang machte eine Sinfonie aus Es you
Mozart, die hier nur selten gegeben wird;
sie wurde sehr gut ausgeführt, nur, nach
meinem Gefühl, das erste Allegro etwas zu
geschwind. Mad. Lange sang eine Arie
von Kighini. Dem. Harnier, eine Liebha-
beria von ohogefahr 10 Jahren, spielte eine
Klaviersonate mit Begleitung voo Violin und
Bass, von Pleyel, sehr nett und gut, und
mit einem Ausdruck, der von diesem Alter
kaum su erwarten ist. Die Sonate ging aus
es dur und ist eine der schwersten dieses
Komponisten. Ob es übrigens immer gut ist,
dass man Kinder — es seyen «Liebhaber oder
auch solche , die ganz für die Kunst erzogen
7. J ahr g. -
Marz.
werden sollen— offen tl ich auftreten hlsst, isteine
Frage, deren gründliche Beantwortung von vie-
len Lesern Ihrer Zeitung gern gelesen würde.
Eine Ouvertüre von Beethoven eröffnete
die zweyte Abtheilung. Dann spielte. Dem.
Gontard, eine Liebhaberin, mit ihrem Leh-
rer, Hrn. Presttl, eiue Sonate für zwey
Harfen sehr hübsch, und man konnte in
Absicht auf Vortrag, oft die Schülerin vom
Meister nicht unterscheiden. Herr Danzi
spielte ein Violinkonzert von Eck, obgleich,
wie nicht zu verkennen war, ängstlich, doch
sehr richtig und gut, auch mit feinem Aus«
druck: aber als Held zu schimmern, ist
nicht seine Sache j dazu fehlt es ihm an
Bravour. Ich kann nicht umhin zu wieder«
holen, was ich schon voriges Jahr von die-
sem verdienten Künstler sagte: im Quartett,
zur Begleitung am Klavier und als Ripienist
ist er unübertrefflich , und wird da gewiss von
vielen sonst glanzenden Konzertspielern nicht
erreicht.—» Zum Beschluss sangen Dem. ßueh-
wiser, Hr. Fischer, Hr. Hassloch und Hr. Haas
ein Quartett von Righini recht brav.
Am 6. Februar gab Hr. Arnold Konzert,
von dem der Anfang dem Frankfurter musik-
liebenden Publikum merkwürdig seyn musste,
da zum erstenmal die Sinfonie aus G roo I von
Mozart ganz gegeben wurde , und zwar beson-
ders das erste Allegro und die Menuett mit einer
hinreissenden Kraft und Präzision. Möchte
uns nur das Orchester dieses Stü k bald wie-
der hören lassen, denn man muss es mch-
reremal hören, um es ganz verstehen und
geniessen zu können. — Mad. Lange sang
eine Arie von Martini. — - Hr. Arnold spielte
ein neues Violoncelikonzert aus D dur von sei-
ner Komposition mit viel Geschmack und Fer-
tigkeit; der schöne, singende, schmeichelnde,
und dabey volle Ton, den er seinem Instru-
ment zu entlocken weiss, und die Leichtig-
keit, mit der er nicht blos scheinbare Schwie-
rigkeiten überwand, würden den Zuhörern
lauten Beyfall abgenöthigt haben , wenn auch
die Komposition des Konzerts nicht so vor-
züglich gewesen wäre, als sie wirklich ist.
24
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39i
1805. März.
392
Sie ist eine «einer bessern Arbeiten und ge-
hört unstreitig zu den besten Konzerten , die
man dir dieses Instrument hat. Die Rilor-
neli sind sehr kräftig und gut gearbeitet, und
spannen cur Erwartung; die Solos haben
durchaus schöne, gefällige Melodie, und die
Fassagen werden immer von einzeluen Sal-
ven aus dem Ritornel, vou verschiedenen
Instrumenten abwechselnd, zweckmässig be-
gleitet, und erhallen dadurch Kenner wie
Liebhaberin bestandiger Aufmerksamkeit. Das
Ganze ist ein sehr harmonieenreiches Werk.
Die zweyte Abiheilung wurde mit dem er-
sten Allegro einer Mozartscheu Sinfonie aus
P dur angefangen , worauf der Sohn des Hrn.
Arnold von 11 bis 12 Jahren, ein Klavier-
jolo (die Fantasie von Mozart aus C muH)
•ehr nett und richtig spielte. Obgleich der
Sinn dieses Stucks für seiue Jahre zu gross
*heini, so bewies er doch durch die Art
«eines Vortrags, indem er sich in Absicht
des Auadrucks nicht blos auf ff f und p pp
u. a. w. einschränkte, dass er hier und da
dm Sinn, der darin liegt, wenigstens zu ah-
nen schien, und berechtigt dadurch zu deu
braten Erwartungen. Mad. Lange und Dem.
Buchwiser sangen ein Duett von Nasolini,
das, ob es gleich mit allen, — Leibeskräf-
ten gesungen wurde, doch von vielen über-
hört wurde, und den Bey fall nicht fand,
den diese Künstlerinnen zu ärndlen gewohnt
sind. Eine Conzertante von Krommer für
Flöte (geblasen von Hrn.. Berney, einem
Liebhaber, aber auf seinem Instrumente wah-
ren Virtuosen) Oboe, (geblasen von Herrn
Schmidt) Violin, (gespielt von Hrn. Hofhtann)
Viola, (gespielt von Hrn. Danzi) die ungemein
gefiel, machte den Bcschluss.
Am aoten Febr. gaben die Hrn. Gebrü-
der Hoffmann (Klavierspieler und Violinist)
uud Hr. G. Hoffmaon (Klarinettist) ein Kon-
zert. -Hie grosse, volltönige, glänzende und
feurige Sinfonie aus C dur von Mozart,
machte den Anfang, and erschütterte durch
grosse und kühne Gedanken alle Seelen der
Zuhörer. Dem. JJuthwiser sang eine schö-
ne Arie mit obligater Klarinette ; Hr. H. A.
Iloffmaun spielte ein neues Violinkonzert
aus D uioll von seiner Komposition, mit sehr
viel Delikatesse uud Gewandtheit. Das Kon-
zert selbst hat viel schöne Gedauken, die
durchaus in einer grossen Manier, und in
der diesem Komponisten eigenen Art, be-
handelt sind. Viel gewagte Sprürge u. dgl.
hat es zwar nicht, ob es gleich an schwie-
rigen Passagen nicht fehlt ; dagegen hat der
Komponist mehr Rücksicht aufs cantabile,
das dieses Instrument so angenehm geben
kann, genommen, und es mit ungemeiner
Zartheit vorgetragen. — - Mad. Lauge und
Dem. Buchwiser sangen ein Duett, das wir
diesen Winter schon einigemal gehört hallen.—
Hr. G. Holtmann blies ein KlariuettkonzerC
von Will mit unbeschreiblicher Anmulb. Die-
ses Konzert ist übrigens keine von den besten
Arbeitet! dieses braven Komponisten; im Rondo
nahm er seiue Zuflucht vergeben» zur grossen
Trommel uud Veränderung des Tempo, um Ef-
fekt zu erregen. — Der Klavierspieler Holt-
mann wurde durch eine plolzln he Uupassiicli-
keit gehindert, da* Klaviersolo zu spielen, wel-
ches auf dem Anschlagezettel angekünd gl war.
Beym Schlüsse dieses sey es mir er-
laubt einen Uehelstand des Orchesters bey
den hiesigen Konzerlen , und der heute be-
sonders auffallend war, zu rügen: Es ia%
dieses das laute Stimmen a'.ler zugleich, vor
deu Ohren der Zuhörer, und das ungesi tö-
tete Präludiren. Man könnte ganz bequetn
in einem Nebenzimmer stimmen, (wie es
bey den Liebhaberkoozerten auch jedesmal
geschieht) wahrscheinlich wird es aber des-
wegen nicht gethan, weil sich die Instru-
mente, wenn sie aus dem Zimmer in den
warmern Saal kommen, leicht verziehen;
allein es ist doch auch gewiss, dass bey
dem Stimmen aller zugleich und wahrend
dem unerli äglichm Phantasmen und Dudeln
nicht jeder seinen Ton genau börenund gaus
rein stimmen kann, uud auf diese Weise dt«
Instrumente — nicht rein , und die Zuhörer
verstimmt werden, und die Musik au ihrer
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393 *3°5-
Wirkung gehindert wird. Man lese was Fried-
rich Kochlitz über diesen Punkt, in den Briefen
an einen jungen Tonkünatler, im 4len Stück des
2len Jahrgang» dieser Zeitung gesagt hat.
Llr. Koch, Virtuos auf der Mundhar-
monika, hat sich mehrere Wochen bey uns
aufgehalten und auch Konzert gegeben, in
welchem er aber bloa mit seinem Instru-
mente das Auditorium zu unterhalten suchte.
Allerdings mussle dieses langweilig werden.
Er spielte mancherley Stücke, deren einige
er Sinfonie nannte, Variationen, Lieder,
Choiäle u. s. w., und bewies durchaus, dass
er es auf seinem Instrument zu einer un-
glaublichen Vollkommenheit gebracht hat,
nnd hriugt damit Wirkungen hervor, die
man von diesem beschrankten Instrument
nicht erwartet. So gab er z. E. ein Stück,
betitelt i die Geisterstunde, wo er bey ver-
dunkeltem Saal, mit seinem Instrument den
Giockensihlag zwölf hören, tiess, und dar-
auf die bekannte Melodie eu dem Liede:
Wie sie so sanft ruhn u. s. w. spielte, das
einen ganz eigenen, schauerlichen Effekt
machte, und zu tiefer Wehmuth stimmte.
Er fand viel Bey fall und hat in vielen der
besten Familieu gespielt, unter andern bey
dem Hrn. geheimen Rath Wilmer, der sich
•einer überhaupt mit der rühmlichsten Thä-
tigkeit auf die edelste Weise annahm. Hier
apielte er auch vor einer zahlreichen Gesell-
schaft einige Lieder vou der Guilarre be-
gleitet, die sich besonders gut ausnahmen.
Die Guilarre wurde aber auch von Dem»
Jung, einer Dilettantin, meisterhaft gespielt.
Diese schätzbare Liebhaberin besitzt über-
haupt viele Vorzüge und Talente zur Musik ;
so Laon sie z. ß'. mit ihrer äusserst ange-
nehmen Stimme und ihrem geschmackvollen
Vortrag manche Künstlerin vou Profession
beschämen. Nur Schade, dass sie aus all-
zugrosser Bescheidenheit und Aengsllichkeit
•elten in Gesellschaft singt, und dadurch
vielen Musikliehenden Genüsse entzieht, die
für diese so grossen Weiih halten.
Der Bassist, Hr* Fischer,' hat das hiesige
März. 394
I Theater verlassen und ist an das Hoftheater nach
Stuttgard gegangen. Es ist dadurch bey der Oper
eine beträchtliche Lücke entstanden, die man je
eher je lieber ausgefüllt wünschen muss.
Wien, den 2. Marz. Es freuet mich,
dass nach so vielem Millelroässigen im Fache
der Theaterrausik , womit ich raeine frühern
Briefe anfüllen musate, doch wieder etwas
Vorzügliches auf unserm Hofthealer erschie-
nen ist. Der Kapellmeister Joseph Weigl
hat nämlich eine italienische Oper , welche er
für die Kaiserin koraponifte, in einer deut-
schen Umarbeitung von Treilschke mit gros-
sem Bey fall auf die Bühne gebracht. ich
glaube, dass Ihnen ein etwas umständlicher
Bericht nicht unangenehm seyn werde.
Nach einer leichten Ouvertüre, in wel-
cher ein sehr angenehmer Gedanke mit Kunst
und Lebhaftigkei^durchgefübrt ist, öffnet sich
die Bühne, und stellt eine landliche, von
Hrn. Platzer vortrefflich gemahile Gegend
vor. Bastian, der Sohn des Schulmeisters,
bringt seiner l'auliue eiu Ständchen, das mit
einem hübschen, pizzicato accompagniiien
Chor die Introduzion beschliesst. Die ländli-
chen Musiker ziehen ab, und Bastian bespricht
sich mit seinem Madchen über die Schwierig-
keiten, die ihrer Verbindung im Wege stehen.
Paulinens Vater, der Dorfrichter, will durch-
aus einen Soldaten zum Schwiegersöhne ha-
ben, der Schulmeister hingegen aus seinem
Sohne eineu Gelehrten bilden. Pauline über-
redet ihren Geliebten, eine alte Um form an-
zuziehen, die schon lange vergessen und un-
benutzt liegt; so werde er die Einwilligung
ihies Vaters leichler erhalten. Nach einigen
Einwendungen versteht sich Bastian zu die-
sem Vorschlage. — Die Sctne ändert sich
und stellt das Wohnzimmer des Kühlers vor,
welches ganz mit S< hlachfgemäldeu behangt
ist. Der Hu hier kommt mit einer Schaar
Bauern, denen er d e Zeitungen vorliest und
die fleldeiithuten seines Bruders erzahlt, uf
wel. he sich jene Ceinalde beziehen. Die gan-
ze Scene. die Ba>sane sownl. als der damit
verbundene Chor, ist vortrefflich gearbeitet
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395
und von einem ausgezeichneten Effekte; auch
wurde sie von Hin. Weinmüller ganz vor-
trefflich gesungen und gespielt. Der neue
Soldat kommt mit seinem Mädchen, und nach-
dem der Schulmeister vor Aerger fortgegan-
gen ist, beginnt awischen dem Richter, sei-
ner Tochter und ihrem Geliebten, ein schö
nes Terzett, das durch den Grenadiermarsch
und die türkische Musik der uuter dem Feil-
ster vorbeyziehenden Soldaten auf das glän-
zendste arcompagnirt ist, und den laute-
sten Beyfall erhielt. Der Richter will nun
durchaus seinen neuen Schwiegersohn selbst
dem Truppenkommando zufuhren, welches
in» Dorf eiugerückt ist. — — Das Theater
stellt eine audere Seite des Dorfes vor: die
östreichischen Soldaten ziehen eben herein.
Der Richter kommt mit seinem neuen Rekru-
ten, der aber bey den Fragen des Haupt-
manns in Verlegenheit geräth, und von die-
sem als ein Verdächtiger ins nahe Lager ge-
schickt wird. Durch die Dunkelheit eines
Gewitters begünstigt, überfallen die Feinde
das Dorf, werden aber von den sich schnell
sammledden Oestreichern zurückgeschlagen.
Nun aber kommen sie in verstärkter Zahl
wieder, das Dorf wird bombardirt, angezün-
det, eingenommen und geplündert Der Effekt
dieser achönausgeführten Dekoration ist un-
glaublich: die Bomben, das nach und nach
aufflammende Feuer, das Krachen .und Stür-
zen der verbrannten Pfosten, das häufige
Schiessen, daa Jammern der Bauern, der
Jubel der Ueberwinder — - alles das brachte
zusammen eine ungemeine Wirkung hervor.
Der zwryte Akt eröffnet sich im Lager,
wo uns ein frisches Gemälde des freyen , aber
wilden Soldatenlebens, artig gruppirt vorge-
führt wird. Hier lernen wir endlich in dem
heldenmütigen Bruder — einen Wachtmei-
ster kennen» der seine Tapferkeit vorzüglich
gegen das schöne Gesohlecht äussert. Der
Richter, der Schulmeister und Pauline kom-
men ins Lager, den guten Bastian aufzusu-
Liiiiii, »st Bn
396
chen , der als Spion hingerichtet werden soll.
Hierein schönes Quintett, nach w.elcuem der
Wachtmeister in die Schlacht zieht. — tta-
sliau im Kerker; er beklagt sein Schicksal,
als seine Geliebte in Uniform erscheint, ihn
zur Flucht bewegt, und an seiner Stelle zu-
rückbleibt. Als der Audileur mit den Ver-
wandten des Gefangenen kommt, den leztern,
weil die Schlacht anfingt , in bessere Verwah-
rung zu bringen — entsteht ein schönes Sex.
tett, nach welchem alles abtritt. Die Schlacht
beginnt; auf dem Theater vertheidigt sich
eine Schanze mit Kanonen , und wird eben
so angegriffen. Durch einen glücklichen Zu-
fall gelingt es Bastian, sich an die Spitze
der weichenden Truppen zu stellen, uud .
durch Einnahme einer wichtigen Batterie das
Gefecht zum Vortheil der Oeslreichrr zu ent-
scheiden. Nach gewonnener Schlacht will der
General Pauiinen statt des Spions hinrichten
lassen, da entdeckt sich alles, die Liebenden
werden vereinigt, und ziehen von der Achtung
des Feldherrn begleitet in ihr Dorf zurück.
Ich schweige von den Fehlern oder Vor-
zügen der Bearbeitung und des Planes : nur
von der Musik bemerke ich, dass sie durch-
aus melodisch, leicht, schön instrumental,
bezeichnend, brillant und dankbar für die
Singstimmen ist, wenn mau gleich in einigen
Parthieen mehr Kraft wünschen dürfte. Hr.
Weinmüller spielte und sang vortrefflich, eben
so Hr. Demmer als Schulmeister, und Hr. Vo-
gel als Wachtmeister. Man konnte überhaupt
mit dem Ganzen der Darstellung sehr zufrie-
den seyn. Hr. Kapelim. Weigl erhielt (seit
vielen Jahren das erste Bryspiel) die dritte Ein-
nahme, bey welcher er ein volles Hau» hatte.
Dem. Saal betrat am 25. Febr. als Pauline
zum letztenmalc daa Theater, von dem sie
eine vortheilhafte Heyrath entfernt. Wir ver-
lieren an ihr eine gute Sängerin und brauch-
bare Schauspielerin, deren sehr rein« und
liebliche Stimme aber seil einigen Jahren be-
trächtlich abgenommen hatte.
Hlmi.
1805. März.
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ALLGEMEINE
MUSIKALISCHE ZEITUNG.
Den 2o ton März. N=. 25.
1805.
Gedanktn Über den Geitt der heutigen
deuttchen Setzkuntt.
Vorerinnerung «fei Herausgebers.
N iemand würde wol im Ernste von dein
Kritiker der deutscheu Setzkunst fordern , er
müsse seinen Beruf dazu durch Selbslpro-
duktionen verbürgen , d. Ii. selbst Komponist
seyn. Doch stehe das Bekenntnis, dass ich
es nicht sey, hier gleich in der Vorerinne-
rung, damit ich diejenigen, die eine solche
Forderung machen könulen, der Mühe über»
hebe, es erst in den folgenden Ideen auf-
spüren zu müssen. Uebrigens bleibt mir
auch noch für diese ein Entschuldigungsgrund
meines Unternehmens , nümlich dieser: es
muss dem deuts« hen Tonsetzer nicht ohne
Werth seyn , ausser dem' Urtheil seines Glei-
chens noch das des Nicht -Tonsetzers zu
hören. Ist es nicht oft treffender in Hin-
sicht auf den Geist musikalischer Schö-
pfungs werke? ist es ohne allen Einfluss auf
dio Handlungsweise des Tunsetzers? und
hört er es nicht täglich mündlich? — Nun
so stehe denn hier auch ein solches schrift-
liches, uud was die obigen Gründe dafür
nicht entschuldigen, das entschuldige das Be-
kenntnis, dass irh mein Urtheil einem hö-
heren bereitwillig nachsetze.
Der Deutsche kann es, ohne den Vorwurf
de s Nationa lstolzes auf sich zu laden, aus-
7- Jafcrg.
sprechen, dass ihm bis heute unter allen
Nationen im Fache der Tonsetzkunst die
ersto* Stelle gebühre. Mozart und Haydn,
diese beydeu Heroen, oder Sonnen, aus
denen der G^ist sich in Harmonieen über
unser Vaterland ergost, zeichneten den Übri-
gen jetzigen Tonsetzern die Richtung vor, die
sie zu nehmen hatten und nahmen, und
noch 1 heule würde in den Werken dieser der
Geist jener fortleben, wenn von ihren eige-
nen Werken auch keine Spur mehr übrig
wäre. Genialische Menschen sind immer
die ' Erwecker des sogenannten Geistes der
Zeit, und für uns waren es diese Männer
im Fache der Tonsetzkunst. Eine männli-
che, ernste Gestalt ward sie in ihren Hän-
den; sie raubten ihr das Flittergold, das so
viele in voriger Zeit für acht ausgaben, 1 und
gaben uns gediegenes dafür. Bis jetzt giebt
es für un* keine höhere Muster der Bil-
dung, und das Streben, sie zu erreichen
und in ihrem Geiste zu leben und zu han-
deln, nährt wol jeder Tonsetzer unseres
deutschen Vaterlandes, und schämt sich des
Vorwurfs nicht, ihre Pfade betreten zu ha-
ben. Es fragt sich nun aber, und jeden
mus* eine befriedigende' Beantwortung der
Krage interessiren : was mag Wol aus uuse-
rer Tonsetxkunst werden, bey dem Bestre-
ben im Geiste jener Männer zu denken und
zu schreiben? ich sage, in ihrem Geiste,
und bitte diesen nicht mit Manier zu ver-
wechseln, welche sich anzueignen, wol
nur das Geschäft des musikalischen Trosses
seyn mag.
Ich würde mich nie unterfangen, meine
25
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399
1805. März.
400
Meynung über obigen Gegenstand hier nie-
derzulegen, weoil irh nicht in den Produk-
tionen, die seit dieser neuen, von Havdn's
mittlem Jahren und Mozart an beginnenden
Epoche, fiir die deutsche Tonsetzkunst ent-
sprangen, schon den zukünftigen Geist der-
aelben einigermassen vorauszusehen walinte.
Das ernste, -männliche Gepräge, was die un-
sterblichen Werke jener Genies bezeichnet
und welches überhaupt den Deutschen vor
andern Nationen eigen zu seyn scheint, nur-
<Je, noch schlummernd in dem Gemülhe
manches deutschen Tonsetzers und unter-
drückt vom Studium des fremden Volksge-
schmacks, durch sie hervorgerufen; nun erst
gab sich der deutsche Tonsetzer in seinen
Produktionen wie er war, er fand jetzt erst
die Sprache für seine Gefühle, so wie sie
früher schon Dichter und Philosophen un-
serer Nation fanden. Das wäre wol Gewinn
für die Kuust, auf diesem Pfade weiter zu
schreiten ; wir würden dann den Vorwurf
der Nachahmungssucht vermeiden , der uns
so oft, aber mit Unrecht, gemacht wird;
denn was macht der Deutsche zum Gegen-
stand seiner Nachahmung? etwa den Rock
des Franzosen oder den Wagen des Eng-
länders? hat man uoch viel von Nachah-
mung ausländischer Philosophie, oder eines
andern wissenschaftlichen Zweiges gehört ? —
Man verzeihe mir diese Digression,
jetzt beschäftigt mich schon wieder meine
erstere Frage ; wäre es Gewinn für die Kunst,
wenn unsre Tonsetzer auf Mozarts und
Haydn's Pfad weiter forlschritten und sich so
einen eigenen, nationalen Stil aneigneten,
so wie ihn z. B. der Italiener hat und ihm
bis jetzt uoch treu bleibt? Ich glaube; neinl
Hier folgen meine Gründe:
Unsere deutsche Tonsetzkunst würde auf
diesem Wege, gleich dem Beyspiele von
Deutschen bearbeiteter Wissenschaft, zu ab-
stract werden, wenn ich mich dieses Aus r
di uiks bedienen darf; sie würde einen ih-
rer Hauptzwecke, Rührung des Gemüths,
ganz verlehlen, da es nicht zu erwarten
stunde , dass sie immer alle Eigenschaften
vereinigle, die wir in den Werken jeuer
grossen Vorgänger bewundern müssen; der
Tonseizer winde endlich zugleich sein zwey-
tes Ich, d. h. ein, ihm au Kenntnissen ganz
gleiches Individuum, zum Höier machen
müssen. Man schenke mir den Beweis, war-
um es so werden würde, denn w^iklich fin-
det sich schon in den neuesten Produktionen
deutscher Tonsetzer die Tendenz nach die-
sem Ziele ausgesprochen, und ich setze ihre
Bekanntschaft voraus , wenn ich ihre nähere
Charakteristik hier verschweige. Auch au
Bcyspielen in älteren Zeiten fehlt es nicht;
ich nenne nur Sebastian Bach, dessen Ver-
dienst ich dabey gar nicht zu nahe treten
will und welcher iu vieler Hinsicht gar
nicht genug verehrt werden kann: aber ich
frage jeden, der mit Herz und Geist sich
für unsere deutsche Tonselzkunst inleres-
sirt — wünscht er dessen Stil unbedingt in
die heutige Tonsetzkunst übergetragen? —
Dahin soll es doch wol mit der Kunst
nicht kommen? Wenn ihr iu diesem Falle
alsdann kein Vorwurf gemacht weiden könn-
te, so wäre es doch der, der Einseitigkeit.
Wir wären in das entgegengesetzte Extrem
des Italieners gefallen, hey dem die Kunst
vor lauter Weichheit verweichlicht ist. Auch
bey dem gebildetsten Tonkünstirr würden die
tiefgedachten Werke solcher Kunst besser
das Auge (wie Telemanns küusllichcr Re-
genbogen) als das Ohr ansprechen; denn
man bedenke nur, wie wenig beharrend die
Schönheilen eines Tonstürks überhaupt in
der Aufführung für das Ohr sind! Nur das
wahre Kunstweik. bey dem die einzelneu
Schönheiten, wie die Glieder dem organischen
Leibe, dem Ganzen dienen, fciue Schönheit
dem Sinne darbieten, wird beharrlicher für
das empfängliche Gemulh. Und das ist es,
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40i
1805. Mäii.
402
waa ich raeyne, was bey dem Bestreben,
gelehrt zu sc lireiheu (,tu drückt sich der
IJngelrhrte aus) me erreicht werde» kann ;
denn das Bestreben immer nue, unfassliche
Ideen dem Geiste zu entlocken und eine der
andern ohne fühlbaren Zusammenhang fol-
gen zu lassen, tritt jenem auf dem Fusse
nach und findet, mit Eigenliebe und Sucht
zu glänzen verbunden, keine Gränze; und
Jihmt sonnt ein anderes, edleres liest reben,
jene erwähnte organische Vollkommenheit zu
erreichen. Um diese aber wäre es uus allein
zu thun und sie zu finden sey das alleinige
Ziel des deutschen Tonsetzers. Wer führte
ihu aber diesem Ziele näher? Nicht daa
Studium der* Werke einzelner berühmter
Tonaelzer, sondern aller; nicht der Wille,
durch tiefe Ideen zu imponiren , welche zu
finden bey näherer Einsicht und nach mehr-
maliger Anhörung, nur dem vollendeten
Tonkunsller glückt, sondern durch Klarheit
und Wahrheit zu dem gebildeten Ohre und
empfänglichen Gemülhe zu sprechen, denn
auch das letztere hat Anspruch zu machen,
von dem Tonsetzer berücksichtigt zu wer-
den, wenn es auch von kanonischer Schreib-
art, von enharmoniseben Verwechselungen
und dergleichen Dingen nichts weiss. Fer-
ner bleibe deutscher Ernst das Nationalzei-
chen unserer Tonsetzer, nur ohne gelehrten
Prunk, doch mit italienischer Milde ver-
einigt. Üass diese nicht blos und allein auf
welschem, sondern auch auf deutschem Bo-
den gedeihe, haben mehrere deutsche Ton-
setzer hinreichend bewiesen; ja, was Ge-
sang angeht, so können letztere, ohne die
Wahrheit zu verleugnen, schon nicht an-
ders, als die weichen, warmen Töne jenes
Himmelsstrichs ergreifen. Nur Kirchenge-
sang werde ausgenommen; dieser verhalte
sich zu jenem , wie ,das eherne Bild zum
wächsernen; deutsche Wurde weiche nie von
ibrn, oder werde ihm vielmehr wieder zu
Theil, denn leider! war sie in neuerer Zeit
auch nicht immer sein 1 * Gefährtin? und
möge au<h er nicht ohne Klarheit seyn und
sich nicht in unverständliches Dunkel hül-
len ! Er vermag noch manches Gemülh zu
erquicken, was noch nicht durch von ihm
erborgte uiul entweihte Töne in Opernhäu-
sern und Konzertsälen die Empfänglichkeit
dafür verlor, und zu wünschen wäre deswe-
gen , dass eine künftige Generation deutscher
Tonselzer verstehen lernte, den wahren Kir-
chenstil auch nicht auf das Theater und in
das Kontert zu bringen, überhaupt aber,
dass sie ihren Werken mehr Einheit geben
und schon bey ihrem ersten Eulwurf sich
eine bestimmte Haltung des Ganzen vorset-
zen möchten, damit nicht Kriegsgeschrey
und Sonnenschein, Anbetung des Ewigen
und Seufzer des Geliebten — - denn so lau-
tet manches musikalische Potpourri in die
gewöhnliche Sprache übersetzt — das Ge-
mülh des Hörers nach entgegengesetzten Sei-
ten verzerren, wenn sie in ein und demsel-
ben Stück neben einander Platz genommen
haben. —
Was wahr an meinen Wünschen ist;
werde geprüft, von deutschen Tonsetzern
befolgt, und dies wäre der letzte Wunsch.
D. Hohnbaum.
Nachrichten.
Leipzig. Den Uten März nnd in meh-
rern nächstfolgenden Tagen theatralischer
Vorstellungen wurde hier Weisse'« Ge-
dächtnis fever auf eine sehr würdige,
und den edlen Verstorbenen nicht nur, son-
dern auch alle dabey interessirte Personen
wahrhaft ehrende Weise begangen. Man
darf sagen, das« die bessern Menschen aller
Stände und Klassen in Leipzig eine lebhafte
Erkenntlichkeit gegen ihren verehrten Mit-
bürger, den verdienten Dichter, einen der
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4"3
ltfoj. März
Stifter der bessern Erziehung und vielleicht
den wirksamsten Beförderer derselben
in Deutschland, den thätigen Menschen-
freund, und den, bis ins Gleisenalter, alles
Gute und Schöne mit herzlicher Liebe um-
fassenden Mann — fühlten, und bey dieser
Gelegenheit an den Tag legten. Der Ma-
gistrat , die zu jenem Zweck zu vereinigen-
den Künstler und thätigen Theilnehmer über-
haupt, so wie auch das, bey den erbetenen
öftern Wiederholungen immer äusserst zahl-
reiche Publikum, bezeugten dies. Herr
Mahlmann hatte das Gedicht, Hr. Musikd.
Bierey die Musik verfertigt; die prächtige,
geist- und geschmackvolle Dekorirung war
vom Hrn. Baudir. Daute entworfen, von
Hrn. Schnorr und Arnold (aus Dresden)
ausgeführt ; und zur möglichst vollkomme-
nen theatralischen Darstellung bot die ganze
Gesellschaft des Hrn. Jos. Sekonda alle
Kräfte auf.
Von allem, was nicht zunächst in un-
sere Blätter gehört, mögen andere spre-
chen ; hier sey nur Ein Umstand erwähnt,
weil er auf -die musikalische Ausführung
entscheidendem Einfluss hatte. Man bedurfte
zur Verstärkung der Gesangchöre einiger
Alumnen der Thomasschule: die braven
Jünglinge wünschten- nun sämmtlich theil-
nehmen zu dürfen; und es zeugt von den
liberalen Gesinnungen derer, an welche sich
dieser Wunsch, wenden musste, ao wie es
öffentlichen Dank verdient, dass sie hier
von der, an sich gewiss nicht zu tadelnden
RegeJ, jenen jungen Leutchen den Besuch
des Theaters nicht zu verstatten , eine Aus-
nahme zuliessen, so dass ein Chor von sieb-
zig bis . achtzig guten, aufs vollkommenste
einstudirlen, und nicht hinter Kulissen ver-
steckten Singstimmen zu Stande kam; ein Chor,
der, in unserm Hanse von nur. mittlerer
Grösse, die erschütterndste ■ uud edelste
Wirkung hervorbrachte.
Erst wurde Weisse's und Hitlers Jagd,
and mit unverkennbarer Liebe und Freude,
gegeben. Hieran schloss sich, der Idee
nach, das Nachspiel. Hrn. Bierey's Musik
ist meisterhaft, und zeigt, unserm Unheil
nach, noch mehr, als irgend eine seiner
frühern schatzbaren Kompositionen , was wir
an ihm besitzen — zeigt es um so viel
mehr, je einfacher, aber auch je grösser
und edler er dieses sein Werk gehalten hat.
Nach einer kurzen, feyerlichen Ouver-
türe, und einem Monolog, der die Exposi-
tion des Stücks enthält, beginnet der Trauer-
marsch mit Gesang, den wir hier im Kla-
vierauszuge beylegen , ohngeachlet dies Stück
einen nicht unwesentlichen Theil seiner
Schönheit der trefflichen Insfrumcntirung
verdankt. (Alle andere Sätze sind für einet
solche Bey läge zu lang). Wahrend dieser
Musik, die ganz ist, was sie seyn soll,
ist der Aufzug zum Grabe gekommen; ein
Bäumeben wird gepflanzt, und dabey singen
Soprau uud Tenor, (Mad. Köhl und Her»
Neffrer — und sie sangen sehr schon!)
Empfangt, o hei Ige Schatten,
Und pflegt das aarte Koia!
Und laaat e* Wune) »chlagen,
Und epäten Seiten tagen : ■ •
Hier icbiaft ein. edler GreUl
Dies wird hernach vom Chor wiederholt.
Die. Melodie und Harmpnie . ist höJtst ein r *
fach und nur von leisem Accompagnjement
mit Geist .auserlesener Instrumente begleitet«
uud wir kennen keinen der jetzt .schreibenden
Opernkomponisten , dem dieser Satz nicht
Ehre machen könnte. — Nun wird daa
Grab von Kindern mit Blumen umhängen
und bestreuet, wobey die Kinder singen — .
dreystiiumigl, zwey Soprane und Alt,
aber Tuttii ^,
Vater, Du achtffit? Hönt' Du ee 'nicht,' " ' '
"Wn deiner Lieblinge Stimme apricKtT \i. f. Wi
Hjier hätte »chou d a « Unwiderstehliche
vieler g.uter hoher Stimmen, das Gedicht,
Digitized by Google
405 1805.
and die Handlung selbst, die beabsichtigte
Wirkung hervorgebracht, wenn auch die
Mutik weniger ausgezeichnet gewesen wäre.
Aus dem sich anschliessenden Chor, in wel-
chem die Ideen des Solo weiter benutzt
sind, heben wir nur die kräftige, und ins
inuerste Mark dringende Stelle:
Dank, ron Allen dargebracht,
Heitre deine .tili. Nach't i
mit einstimmigem Lobe des Verstandes und
Gefühls aus.
Um nicht durch zu viele unmittelbar auf
einander folgende ganz langsame Sätze ein-
förmig isu werden, benutzte der Komponist
die folgenden Solos, die eine etwas lebhaf-
tere Farbe und Hallung zuliessen; behielt
jedoch die Glänzen, die ihm der Text und
die Situation selbst steckten, immer im Auge.
Die kunstreiche Verwebung dieser Solos mit
dem Chor verdienet eine besondere Aus-
zeichnung, und wurde auch von den Sin-
genden vortrefflich ausgeführt. (Die Solo-
stimmen von Mad. Köhl, Dem. Krügcl, Hrn.
Neffrer und Hrn. Wagner).
Nun schweigt die Musik während einer
dialogisirten Sccne, in welcher das talent-
volle Kind, Dem. Koch, (als Genius,) ver-
dienten ßeyfall einärndtete. Auf deu Wink
dieses Genius und beym Schlüsse seiner,
auf dem Grabe gehaltenen Rede:
Wie iba die . Nachwelt preist , vrill ich in Bild
auch aeigen!
verwandelt sich das Theater: es zeigt sich
ein Triumphbogen — das schönste, was
wir jemals hier in dieser Art gesehen ha-
beu — und zugleich ertönt der höchst ein-
fache, feyet liehe, nur in vollen, klaren
Akkorden gehaltene und nur von Posau-
nen y»d Pauken begleitete Chor hinter
der Buhne:
März. 406
Heil Dir! Heil!
Lobgesaug
Und Harfeaklang,
Frommer Herzen frommer Dank
Wird von Deutschland* edlen Söhnen
Dir die späte Nachwelt tönen.
Heil Dir! Heil!
Jetzt aber fallt der glänzende allge-
meine Chor, und zu diesem alles, was
von Sängern und lnstrumentisten versamm-
let war, ein:
Heil Dir! Heil!
Du hast den Preis errungen,
Du hast dirh aufgeschwungen !
Heil Dir! Heil!
Wen Lieb und Dank unsterblich macht,
Triumph! Triumph! der hat vollbracht!
Mi t diesem ausgeführten Chor schltessl
sich das Ganze — ganz, wie es bey def
Gedächtnisfeyer eines so edlen und wohltbä^
ligen Mannes seyn soll : nicht in weicher
Schwermuth, sondern in feyerlichem
Jubel und mit grosser Kraft
Horn, den 7ten Febr. (Von einem Deut-
scher!). Paers neue Oper, hier von ihm
selbst aufgeführt, bat sehr gefallen; es war
aber ein Glück, dasa der Komponist nicht
auf ein deutsches Orchester gerechnet halte,
— denn Sie glaubten mir nicht, wenn ich.
Ihnen schilderte, wie schlecht jetzt die Or-
chesler <lnrcb ganz Italien, fast nur Vene-
dig ausgenommen, sind. Ich höre Musiker
über Paers Schwierigkeiten, (!) als über
, teuflische," in allen Ecken fluchen. Mau
wird von Italien als dem Vaterlande der
Tonkunst bald nur so sprechen können, wie
von Griechenland, als dem Vaterlande der
bildenden Künste, Righini , der, von Vene-
dig aus, Bologna, seine Vaterstadt, besucht,
hat, hat nur wenige seiner ehemaligen
Freunde noch gefunden, und die „ ersten
Meister" sind erschrocken vor der Gelehv-»
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407
1805. März.
403
simUil und dem Reichthum einiger seiner
Werke, die er ihuen initgelheill hat. Das
war dm Herren alle« unerhört; sie hallen
»ichs nie ernstlich einfallen lassen , nachzu-
fragen .
wie es um ihre Kunst ausser Ita-
l.cn — und nun vollends gar in Deutsch-
Lind — stehe. An eiue öffentliche Auffüh-
rung Righini'sther — wie viel weniger,
schwererer Opern, ist hier nicht zu denken:
wer brächte solch ein Ensemble zusammen!
In Venedig, hör' ich, sey es Iligli. sehr wühl
gegangen, und man habe seinen Komposi-
tionen in Konzerten und Privalakademieeu
ausgezeichneten, das heisst, verdienten Bey-
fall gegeben. Dort hat auch seine Schü-
lerin, Dem. Fischer, gefallen, aber nicht
auf dem Theater, wo sie mit der schö-
nen, und vieleropfohluen Sessi zu rivalisi-
ren, uod eine Menge von Menschen gegen
sich hatte, die — von besoudern Rück-
sichten Geleitete noch abgerechnet — nur
auf ein schmelzendes Organ hören, gegen
alles aber, wo dies nicht im voilesten Maase
sich zeigt, mögen übrigens noch so grosse
Vorzüge da seyn, gleich stampfen und lär-
men. So sithet es in den meisten italieni-
schen Städten jetzt aus, in Absiebt auf Mu-
sik: Ein reizendes Weib, eine reizende,
weiche Stimme, gewisse Kenntnisse und
Fertigkeiten, beydes wieder auf das reizend-
ste gellend zu machen — dann allenfalls
die matteste Guitarrenarielle, oder die un-
sinnigste .Passagenarie, „und alles schreyt:
Mirakel!- —
München, d. iSten Febr. Von Winters
neuen Opern versprach ich in meinem letz-
teu Briefe Ihnen ausfüllt lieh zu schreiben;
ich bin aber dazu ausser Stand gesetzt, denn
die von Babo gedichtete ist, wegen der Nie-
derkunft der Kurfurstin, auf unbestimmte
Zeil verschoben, und Castor und Pol-
lux wurde nur Einmal bisher gegeben.
Warum? das will ich Ihnen genau referi-
ren, und zwar ohne Anmerkungen ; will
man solche daraus ziehen, so kann ich nicht
dafür. Die twey Hauptrollen der Oper
(die, des Cast. und die, des Poll.) sind für
zwey Suprane geschrieben. Madain Cauna-
bich und Dom. Harlaas sollten sie singen.
Drey Tage vor der Vorstellung, welche den
iSten Jan. statt hatte, wird Mad. Cannabich
plözlich unpässiieh. Hr. Tochtei mann über-
nimmt ihre Rolle, studiit sie wahrend der
kurzen Zeit, tritt auf, und leistet alles , was
mau unter diesen Umständen nur erwarten
konnte. Dio Oper wird zum zweytenmal
angekündigt: den Abeud vor dieser zweyten
Vorstellung wird auch Dem. Harlass von
einer Unpäßlichkeit befallen. Die Oper
wird zum drittenmal, selbst in den Zeitun-
gen, auf den ölen Febr. augeseiet; man
fängt den Tag vorher die Probe an: da
kömmt die Botschaft von Dem. Harlass, sie
sey noch unpass. Inzwischen trat Mad.
Cannabich den i2len rebr. wieder auf in
der Oper: Das ik bloss von Moutcnero.
Jetzt stehet es zu erwarten, ob auch Dem.
Harlass wieder hergestellt seyn, oder diese
sehr störende Wcchselkraukheit noch länger
fortdauern wird. So ist denn also nur Eure
Vorstellung jeuer grossen Oper zu Stande
gekommen, und von dieser über ihren Werth
entscheiden zu wollen, wäre übereilt; zumal
da Winters Arbeiten gewöhnlich nichts Auf-
falleudes, gewaltsam Hinreissendes haben,
sondern man ihrem schönen Gesänge, ihrer
kräftigen Deklamation, ihrem richtigen K ben-
inaas und herzigem Ausdruck, ruhig, aber
oft folgen muss, um sie ganz zu verstehen
und ganz zu gemessen — was bey den
hier, nicht sowol unterlegten, als untrr-
pressten deutschen Worten, (zu denen sie
nicht geschrieben ist) bey öftWn Versetzun-
gen der Tonarten u. dgl. mehr, vollends
gar unmöglich wurde.
Ebendaher d. 1. März. D. aa. Febr. wurde
Winters neue Oper; Castor und Poll uz,
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409
1805. März.
410
zum zweylenmal gegeben. Mad. Cannabich
saug uü hu Die Hullen dea Caslor uud Pol-
lux, die für zwey Teuore, (nicht, wie ich
aus Vergehen in meiner letzten Nachricht
sagte, lür zwey Soprane geschrieben siud,)
wurden von Hrn. Tochter mann uud Dem.
Harlass ausgeführt. Der U ebelstand, der
aus dem Unterschied der Figuren und Stim-
men für die Illusion dea Ganzen entsprang,
konnte nicht vermieden werden, ao gut und
schön auch beyde sangen. Doch der Preis
dieses Tages gehört Mad. Elise Lang , ehe-
mals Mad. Peyerl. „Von den Verdiensien
dieser Frau wird, wie es scheint, im Aus-
lande wenig gesprochen. Sie siud aber von
jedermann anerkannt, und eben dies ist
auch vielleicht die Ursache, dasa man we-
niger davon spricht — denn wozu noch
Worte, wenn man über die Vollkommen-
heit der Sache einig ist? — Ihre immer
schöne, helle Stimme, die Leichtigkeit und
Reinheit, mit der sie alles vorträgt, lässt
»elbst dem Kenner fast nichts mehr zu wün-
schen übrig. Da sie auch eine sehr gute
Schauspielerin ist, so wird ihr Werth da-
durch noch erhöhet. Sie sang und spielte
die Rolle der Tclaira, ursprünglich für Mi-
ttles* Uillington geschrieben, mit einem
Feuer, einer Würde, einem Ausdruck, der
Alles dahinriss. Sie erregte Enthusiasmus;
der ßeyfall war allgemein, einzig. —
Schade, dass diese so vortreffliche Frau
in Singspielen so selten auf das Thaler
kommt. Da sie nämlich in das Fach der
Hddinnrn u. dgl. übergetreten ist, wir uns
meist nur von ausländischen leichten Ope-
retten nähren, und hiesige Komponisten we-
nig für hiesiges Theater schreiben: so findet
suli für diese Künstlerin wenig, zu thun. —
Die Musik selbst fand das zweytemal noch
mehr Ueyfall als das erstemal. Man müsste
sie aber mit italienischen Worten, verständ-
lich vorgetragen, hören, oder in Partitur
seben, weun man im Detail, und gründ-
lich genug darüber urtheilen wollte. Dar-
um hier nur so viel t Kitler Prunk, blo»
schimmerndes Flittergold findet sich da nicht.
Hr. Winter sucht Schönheiten, die für alle
Orte, für alle Zeiten schön sind. Jeder
Akt bildet sieb nach einem durchdachten
Plane, uud rundet sich zu eiuem Ganzen.
Mit welcher» Feinheit er die Worte behand-
le, wie er die Musik der Poesie anzupassen
suche, wie er überhaupt den reinen Gesaug
sich zur Hauptsache mache, und obgleich
Meister im lnslrumcnlalsatz, doch immer
das Orchester dem Gesänge auf eine ver-
nünftige Weise unterordne: davon kann man
sich heym Durchlesen seines Tanierlans über-
zeugen, wenn man es nicht schon weiss,
oder Caslor und Pollux nicht bört. — Um
doch etwas im Einzelnen auszuzeichnen,
führe ich an, was das Publikum am mei-
ste 11 hinzureissen schien, einen grossen Chor
mit der eineu Arie, mit obligater Beglei-
tung eines ViolonceHs, ohne Violin, ver-
bunden, eine grosse Scene von Telaira etc.
Mein eis kann ich Ihnen aus dem Ge- ,
dächtnis nicht nachholen. — Dies mag
für jetzt genügen. Nächstens wird die neue
Oper: Frauenbund, von Uabo und Win-
ter für unser Theater geschrieben, gegeben.
Daun ein mehreres.
Berlin, den gten März. Durch den Tod
der Köuigin Mutter wurden die öflenliuheu
Vergnügungen unterbrochen. Das C'anirval,
das gleich anfänglich eine Hernimmt; erlitt,
hörte ganz auf, und nur die Vot Stellungen
der dazu bestimmten Opern uud Balk is wer-
den künftige Woche den Au fang nehmen,
so dass iu der ersten Woche Medea mit
dem Ballet Paris, und in der zweylen Ro-
samunde mit dem Ballet die Dausomanie,
gegeben werden. Aik-Ii die Darstellungen
des köuigl. Nationallht-alers wurdt-u acht
Tage ausgesetzt. Die Wiederei öinung der
Bühue geschähe den Tag nach der stillen
•1805. März.
412
Beerdigung der hochsei. Königin, den 5ten
Marz, durch ein Trauerkonzeil, bey dem
«Jas ganze Theaterperaonal in tiefer Trauer
erschien. Die Dekoration der ßübne stellte
eine hohe Tempelhalle vor, die durch flint
mit Florfestons verbundne Lustres erleuch-
tet ward. Die Aufführung geschah zum Be-
sten der Armen, die in der Verstorbenen
eine Hauptstütze verlohren. Die Ouvertüre
von Glucks Alceste eröffnete in ihrem tra-
gischen Stil sehr passend den Trauerakt.
Dann folgte das Requiem von Mozart. Den
Beschluss machte das Chor: Hallelujah, aus
Handels Messias. — Vorgestern trat Hr.
Ilofmann in einer zweyten Gastrolle, als
Don Juan in Mozarts Oper, aber mit noch
weniger Beyfall denn neulich als Papageuo,
auf. So wie hier in Hinsicht der komi-
schen Darstellung Herrn Unzelmann , so
stand er als Don Juan Hrn. Beschort sehr
weit nach.
An demselben Tage war auch das erste
von den vier letzten Abonneraentkonzerts der
Hrn. Schick und Bohrer, von dem, so wie
von den angekündigten Konzerten der Dem.
Kirchgessner, (die von ihrer Augenverletzung
durch unsern -braven Generalchirurgus Gerke
glücklich wieder hergesteilt ist), des Herrn
Spohr, Hr. Kapelim. Himmel,' der auch zu
seinem Benefiz seine allbeliebte Oper Fan-
chon im Nationallheater selbst dirigiren wird,
und Mad. Dussek, künftig mehr.
Frankfurt d. 1. Marz. Hr. Fischer, Bassist,
hat das hiesige Theater verlassen und ist
an das Hoftheater nach Stuttgart gegangen;
dadurch ist bey der hiesigen Oper eineL.uk-
ke entstanden , die man je eher je lieber
wieder ausgefüllt wünschen muss.
Kurse Anzeige.
IX Variation* zur T air: Nel cor non piü
ml sento, pour It Piano/orte, composits et
didiees ä Son Altesst Mad. la Dudussc de
Wirtembtrg — — par C. *A. Gabler.
Oeuv. 25. A Leipsic, chez Breitkopf et
Härtel. (Pr. 12 Gr.)
Hr. G. soll ein zahlreiches Publikum,
besonders unter Klavierspielerinneu haben,
und man kann es glauben, da er fasslich,
angenehm, leicht ausführbar, und doch
ziemlich lebhaft schreibt. Auch diese seine
Arbeit wird gewiss Freunde finden, und da
sie von ähnlichen frühern sich in nichts
wesentlichem entfernt, mögen nur diese we-
nigen Bemerkungen hier stehen. Herr G.
sollte gerade diesem Publikum nicht so
weite Spannungen zumuthen, wie S. 5, Syst.
5, das tiefe F, und in der Folge öfter j er
sollte ihm auch so feines Ohr zutrauen,
um Stellen, wie der Schluss beyder Theile
der aten Var., unangenehm zu empfinden,
wenn ihm auch nicht geradezu fehlerhafte
entgingen — wie schon im Thema, Syst. 2,
Takt 4, wo statt c e b der linken Hand
besser C g b stünde. Variat. 4. hat etwas
Originelles im Plan und ist artig ausgeführt;
so ist auch Var. 6., pracis vorgetragen, von
sehr gutem Effekt.
(Hierbcy die Boylige No. IV.)
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N2. IV.
Beilage zur allgemeinen musikalischen Zeitung.
TRAUER- MARSCH
aus F. Weisse' s Ge d fleh tili sfey er
Tüll
Mahl mann und Biereij,
am 11. t3. i5. 17 und iS. M'irz auf dem Thealer in Leipzig gegeben.
Andante quasi Largo.
h a e i° p
F
f
So prano. So \°- if P, ■ t
^,, 0 --)»» » » I " 1 » *f 1
Einsame, ht-Ure Schatten» hört unxr leises
T^no r«. Solo. ■ . s , ■ f J.J JJ Jj .
Einsame, heils»- Soliatten, hört unjer leises
jÜ
Lied
! den wir am liebsten litten, d.r ging von uns und schied! Einsame, hei Ige Sch.it - ten , hört un-s«r lci-seä
Liedl den vrir.m liebsten hatten, der jing \ on uns und schied! Einswme, heiige Schal - ten , hört unser lei-frs
y - — p ~~
IMI
T
Solo
Sj
/ i 11,111 / /
den wir. im lieb • Sten hat - U*n — Jcr (in{ von uniimil sc*>ied! Wir bringen ei-ne Ca - be, ein
■C- <rr :
r-r-r-r
I
Lied I den wir am lieb- neu hat - ten — Jtr ging von um und schied! Wir bringen ti-ne Ca - be, et
-
T u t i i.
I l ^ I / ✓
Bäuinchen jung and schön, das soll an «einem Ora-be dprLiebeDenkm.il itehn. Wir bnnjrn ri-ne Ga - be , ein
I
Iii aTii i J j,^. J. Ji i * i d T °"> J J>> i j. j j ' i '
Baumelten jung uni schon , das soll /n seinem Ora-be der Liebe Denkmal >tehn. Wir bringen ei - ne Ca - be, ein
2 r
Baumchen jung und schön , das soll an lei-nem Cra - be der Lie be Denkmal Hehn.
"1 ff :
— T
H Ii j t J i J ' ' 1
T
■d. J. J i i Iii
Baumchen ;ung und schon, das sollau sei ■ nein Lira - be der Lie-be Denkmal stehn.
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A L L.G EMEINE
M • f
MUSIKALISCHE ZEITUNG.
Den 27*» März. N=. 20.
1805.
DU Wandtrir und ihre Wegtvti$er.
Ein junger Wanderer verwettete, da die
Sonne eben uutergeheu wollte, einige Mi-
nuteu auf seinem Wege , blickte xui ück,
welch eine Strecke er zurückgelegt hatte,
Und freuele «ich, dass er denn doch sebon
so weit wäre. Du wirst doch aber auch
auf dein rechten Wege seyn? fragte er sich
hernach selbst, und es wollte ihm ein
wenig banglich werden, da er die Stadt,
das Ziel seiner Reise, das er naher geglaubt
hatte, in der Ferne kaum entdeckte. Dies
schien ihm sogar jetzt weiter entfernt» als
etwa vor eiuer Stunde. Indess, er behielt
guten Muth: du wirst ja sehen! sagte er,
und wollte eben weiter gehen, *l» ein
Mann zu ihm trat — finster, rauh,
uatnuthig. Im barschen Tone fuhr er den
Wanderer an:
Was bist du fiir ein Burscb? Was hast
du hier bey uns zu suchen? Und wie siehst
du aus von Staub und Scü weiss? Schämst
du dich picht so iu die elegante Stadt zu
gehen? Doch damit hat's Zeit! denn
siehst du nicht, wo du bist? Dort hinaus
liegt; die Stadt!, und. hier — recht«, der
Morast; links der Felsenabhang : vor div
tiefer Sand und weiter hin der Busch, in
dem e« schon j jetzt rabenschwarze Nacht
»eyn jnusal Schöne Aussichten für einen
Patron, der,, wie du, uoch so weit zu ge-
be n hau t od ite »cho» luakU ,
7. J*hr j.
Das machte den jungen Wanderer zehr
verwirst, denn er bemerkt« mm* das« er
vorher, von der Sonne geblendet, da» aUe*
nicht gesehen hatte. Der rauhe Mann hatte
höchstens übertrieben, gelogen aber keines-
wegs. Der Wanderet aagte halb, trotzig,
halb zaghaft. (
So zeige mir einen bessern Weg, da du
hier mehr Bescheid weifst! Nimm dich
meiner an! führe mich! —
' i • '■ ' ■ *
Ich ? sagte jener. Das war' meine' Se>
che! Sieh, wie du selber fortkömmst 4 — f
Er ging. Der junge Wanderer stand
nun noch zaghafter, wagte zweifelnd kei-
nen Schritt zu thun, und brach endlich: iaj
laute Klagen über den Störenfried aus.
Bau» er mich: dach nur gehen lassen , rief
er; w«r weiss, ob ich mich nicht endlich
dooh zurechtgefunden hatte! — .Da gesell
lele «ich wieder Einer zu ihm. Was fehlt
dir? fragte der Mann mit gesetzter , aber
freundlicher Stimme. Der Wanderer er-
zählte, was ihm begegnet war.
Nun, entgegnete jener; Unrecht hatte
der Murrkopf nicht, und mithin geziemt's
dir uicht, ihn zu. schmähen. Loben aber
kann ich ihn fieylich auch nicht, öbscboi)
er mein' Nachbar ist. Du bist wirklich fehl
gegangen, auch ist deine Kostumirung nicht
eben empfehlend: «her Geduld, und guten
Muth! auch Zutrauen , das« es Leute in
der Stadt geben weide, die den braven
Mann um d«r schabte* JÜfcadiuf willen
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4*5
1805. März.
nicht verkennen! Komm nur, ich will dich
auf den rechten Weg bringen, und dann
frisch, und mit Anstrengung aller Kräfte
vorwärts! Denn* wahr ists, der Abend
bricht ein, ehe du dicha verstehest, und zu
Hause sind wir sobald noch nicht! Also —
frischauf! du wirst mir doch folgen?
O dir — ! Ich verdiente ja uio in die
Stadt su kommen, verdiente in dieser
Wildnis su Grunde zu gehen, wenn ich
dir nicht gern folgte! —
Der Ort war wie verzaubert: die mei-
aten, die in die Stadt wollten, verirreten
sich hier. Schon am Morgen stand wieder
ein Wanderer auf demselben Platze. Die-
ser halte mehr sinnliche Lebendigkeit und kör-
perliche Kraft — es war ja noch früh — er
hätte mitbin fröhlicher nach Hause kommen
können. Da trat jener erste Wegweiser
auch zu ihm, nnd machte ihn auf dasselbe
aufmerksam, worauf er gestern den Andern'
aufmerksam gemacht hatte; auch that er's in
demselben Tone —
Kerl ? rief der Wanderer : was unter-
stehst du dich? Du willst mich repnmau-
diren? du? mich? £y dich soll ja
Er hob, unter ungezogenen Schmähun-
gen, Steine auf, nach dem Wegweiser zu
werfen. Dieser ging, der Wanderer lachte
überlaut ihm nach. Da kam eine Rotte
Wüstes Gesindel durch den Morast gewadet,
und sprang, unter üppigen Scherzen und
lautem Jubel, aufs Trockene. Sie machten
sich an den jungen Wandersmann. Will-
kommen, Herr Bruder! riefen sie. Wo
willst du hin?
Nach der Stadt , ihr Herren und Damen !
Dummes Zeug! La ss dn Stadt, Stadt
seyn, und komm* mit uns! Du bist
ein Kerlchen, wie ein Dans; du gefällst
uns: was willst du mehr? Wir gehn zum
Schmausse, und du sollst uns Spass machen
helfen! Au Essen uqd Trinken soll dir*e
nicht fehlen, und hübsche Dirnen, die dir
um den Bart gehen, haben wir auch —
du siebest ja hier einige schmucke Exem-
plare! Nach der Stadt ist weit: du müss-
test dir's erst noch sauer werden lassen.
Bey uns bist du gleich zu Hause, hasl's
bequem, und findest deinen Bey fall! Dort
müsslest du dich geniren: hier machst du*«
je toller, je besser — —
Topp, ihr Herren! rief der Wanderer,
und wollte eben mit ihnen gehen, als jener
sweyte Wegweiser zu ihm trat, ihn auf die
Nullität dieser Gönnerschaft aufmerksam
machte, und hinzusetzte, was er gestern
dem andern Wanderer gesagt hatte.
Herr Doktor Klagmund, erwiederte der
junge Mensch, und seine Gesellschafter bra-
chen in ein wieherndes Lachen aus ; wenn Er
gescheid ist, so gehet er, woher er gekom-
men, und zwar ganz mäuschenstill! Was
zum Henker, gebt ihr mir denn, ihr Kna-
sterbärte all' zusammen , wenn ' ich euren
Moralien folge, he? Da lob* ich mir diese
meine Gönner, Beschützer und Freunde!
die honoriren! Ja, vorausgesetzt, man
würde von euch nach langem , sauerm Wege
endlich in die Stadt eskorlirl: machen denn,
eure feinen, zarten Mensehleinchen dort so
einen hellen Jubel mit unsereinem, wie diese
kräftigen Naturen — wenn ich auch an den
lieben Bauch und an noch 'was gar nicht
denken wollte? Marsch mit dir! Und ihr
Herren — holla höh! zum Schmausse! zu
tausend Spass! •
Holla höh! rief die Gesellschaft und
klatschte entzückt in die Hände, dass es
weit umher schaltete. So sogen sie fort,
und trugen ihren Liebling fast auf den Hän-
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1805. März.
418
dea — so lange der Schmants wah-
re Je. Hernach konnten sie ihu nicht wei-
ter brauchen, denn »eine Spässe waren er-
schöpft; sie vergessen ihn und suchten sich
einen Andern, um diesen ebeu so su beloh-
nen nnd eben so au vergessen. Jener erste
Wanderer war aber indessen in die Stadt
gekommen, und lebt da noch immer, von
den Besten geachtet und geliebt, in schö-
ner Tbätigkeit, uud in bleibendem, obsehon
nicht tumnllnarischem Beyf&ll.
Friedrich Rochlits.
Nachricht« n.
Paris, d. 4ten Mar«. So wie ich bey
meinem letzten Berichte die Aufführung von
Mozarts Requiem abwartete, wollte, ich beym
jetzigen die Aufführung des Don Juan
abwarten : ich muss aber diesen Vorsat« auf-
geben , weil die Herren von der kaiserlichen
.Akademie jene Vorstellung einmal wieder
um — einige Monate hinausgeschoben ha-
ben.- Wir wolleu's einander nur sagen:
sie fühlen, dass sie den meisten Rollen in-
Absicht auf Gesang nicht gewachsen sind}
nun ist die Erwartung aber sehr hoch ge-
spannt: man möchte sie also erst gern ab-
kühlen. Bey der Besetzung der Rolle des
D. J. hatten sie, freylich mit Recht, haupt-
sächlich mit auf eine schöne Figur und rasches,
gewandtes, einnehmendes Spiel gedacht : aber
so bekam sie ein Tenorist! Nächster Tage
stand nun in den Zeitungen: ob man sich
lächerlich machen wolle? D. J. fordere
einen durchgreifenden Bass ! ob man auch hier
etwa alles umzuschreiben gedenke, was nicht
sogleich in den Kram passte, den man
eigenmächtig auslege u. s. w. Die Sache
hatte su vielen Grund, als dass man nicht
darauf hätte achten sollen : die Rolle
■urückgenommen, und
scheinlich das ganze Stück zurück, wenn
nicht schon, zu viel J-ierm gemacht, und su
viel Geld darauf verwendet wäre. Zu dem
Ball beym Schluss des ersten Akts, cu der
Scene auf dem Begrabnisplats, und zu der»
wo D. J. zu Grunde gehet, hat man die'
prachtvollesten Dekorationen zu erwarten.
Üebrigens glauben Sie an den Enthusiasmus
für Mozart doch ja nicht so, wie es viele
Journale Sie könnten glauben machen; es
sind verhältnismässig noch immer nur We-
nige, die ihn wirklich kennen, ehren nnd
lieben. Das Publikum hat interessante Anek-
doten von ihm zu lesen bekommen, hat sich
mit diesen eine Zeit lang getragen: und»'
seyn Sie gewiss, bey weitem der £rös*te
Theil derer, die Mozart und immer Mo-r
satt im Munde führen, weiss weiter nichts
von ihm und mag auch nichts weiter wis-
sen, als eben jene Anekdoten. Sind diese
endlich erschöpft nnd nieder-erzählt, so
wird «he Menge sehr gleichgültig gegen den
Künstler und alle seine Werke seyn. Denu
warum unterstützt man denn keine Wieder-
holung des Requiem? Man war das erste-
mal wegen der bekannten wunderbaren Anek-
dote über seine Entstehung neogierig hin-
gegangen; nun ist die Neugierde gestillet
nnd damit ists abgethan. Was aber die
— jetzt auch verklungenen , öffentlichen Auf-
forderungen zur Wiederholung anlangt, so
könnte es wol zweyen unsrer bravsten Mei-
ster, wenn sie einander begegneten und frag-
ten, damit gehen, wie dem Cicero mit dem
Augur! — Oder warum giebt man Mozarts
unübertroffene Sinfonieen nie in unsera
Konzerten? warum hört man nie seine Kla-
vierkonzerte ? Die öffentlichen Konzerte ko-
sten hier viel; man muss darum viele Zu-
hörer zusammenbringen, nnd weiss, dass
Mozarts Musik nicht vielen gefallen würde!
Sollte jene Aufführung des D. Juan ganz
ausserordentlich gelingen, und ganz ausser-
ordentlich viel Glück machen, so dass es
nähme wahr- | Mode und Ton wurde, die Oper oft zu
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4»9
1805. März.
deu
hören, davon entrückt su «eyn a. s.
ja, dann wendete «ich «lies ander«:
Bessern ginge da« Verständnis auf, die an-
dern thalen , als war» es bey ihnen auch «o,
die Unternehmer, die dergleichen Stimmun-
gen hier mehr cu benutzen und feiner su
•erhalten wissen, ala irgendwo, gaben nun
Mozart und eine Weile immer Mos.; dann
sähe man ihn als naturalisirt und national i-
*irt an, und nun standen alle seine Werke
•ine lange Zeit fest und unerschütterlich in
-der allgemeinsten Achtung. So war e« mit
"Gluck, und darum stehet er noch immer
%o hoch, und -fest nnter uns. So war und
. «st -es : auoh mit Haydns Sinfonieen. Denn
4at muss man auch dem hiesigen Publikum
Inn Ruhme nachsagen : hat es -einmal -etwa«
In AffeVtion genommen, ist dann der eiste
-Schwindel dafür — die Erbkrankheit der
Franzosen — ■ vorüber ^ und findet «ich nün
in der Sache wirklich so viel -Geheilt und
gediegener Werth, dass die VerslSndigern,
♦Einsichtsvollen! und 'Geachteten «ich fort-
während dafür lutefessiren mögen: so nimmt
snan es auch recht ernstlich damit, sucht
gen* -einzudringen, alle« in «ich aufzuneh-
men , und ««hütet gegen die Anlauf« de*
Gegner., wie gegen deü Andrang der Neuig-
keiten und Launen de« Zufall« oder der
Menschen.
* »
Ich habe hier einmal das Hers auszu-
schütten mir verstattet: Ihre Leser lernen
durch so etwas von Paris mehr kennen und
lichtiger urtheiien, als wenn ich jedes vor-
übergehende Ereignis in der musikal. Weh
-einzeln und ängstlich referirte. Doch will
ich, was von diesen der Erwähnung wcrtli
ist, darum nicht ganz übergehen.
Die drey stehenden Konzerte , (Clery,
€renelle, Conservatoire) «iud r seit Neujahr
tdmgefkhr, sämmtlicb in voller Thütigkeit.
Ich will, Ihre Leaer nicht zu verwirren,
das erste noch bey seinem alten, »eil vielen
420
Jahren «o berühmten Kamen nennen, ob*
gleich e« nicht mehr in jener Siraste iat,
sondern einen weit prachtvollem, aber für
die Musik nicht ganz so günstigen Saal
gewählt hat. (Salle ülympique, rue -de la
Victoire) lih müsste von allen, den Haupt-
sachen nach, wiederholrn, was ich schon
öfter» gesagt habe, wenn ich ine Einzeln«
gehen wollte. Clery behält den Preis, und
die Instrumentalmusik iat köstlich. Der
Gesang bleibt, wie er ist. Haydna Sinfo-
nien bleiben ebenfalle hier da« Hauptge-
richt, und auch die Lockspeise. Man giebt
deren an jedem Tage -zwey. In dem ersten
dieser Kouzerle kamen die Schönen man
weiss ja — als hätten sie sich beredet , mei-
stens erst unter der Sinfonie. Die« erregte
nicht nur allgemeinen Unwillen, sondern
laute Beschwerden, und sie mussten, um
nicht beleidigt zu werden, «ich« schon ge-
fallen lassen , die andern male vor Anfang
da zu «eyn. Das ist ein Triumph Haydna
über die Galanterie, und das will hier
wahrlich etwas bedeuten. Das« nnsre gröss-
ten Virtuosen hier auftreten — doch bisher
selten — wissen Sie auch. Kreutzer brachte
Vor drey Wochen wieder ein neues Konzert
-von «einer Komposition zum Vorschein, auf
welches ich die deutschen Virtuosen beson-
ders aufmerksam machen muss — - deun
Wahrscheinlich wird es bald gestochen er-
scheinen. Kr. hat den seltsamen Einfall ge-
habt, da« ganze Konzert au« Ideen von
Haydn — in dessen schönsten und bekann*-
testen Werken — su schaffen. Die Aus-
führung ist ihm sehr wohl geralheo: denn
er hat, wie sichs von ihm verstehet, mit
Geist und Geschmack zii wühlen gewusst.
Preylich muss man aber mit Haydns Wer-
ken genau bekannt seyn, um überall den
seltsamen und ganz eigenen Reiz, der aus
dieser ' Zusammenstellung und originellen
Verkettung (besonders im Finale) entstehet,
vollkommen empfinden zu können. Kreutzer
spielte vortrefflich — solch ein Adagio
Digitized by Googl
I
4«
i8o 5 .
hört man höchst selten — ' aber
er wusstc auch noch io •einem Spiel die
Haydnscben Ideen , . welche den Zuhörern
vornehmlich kennbar werden sollten, so fein
und nachdrücklich an'« Herz su legen, dass
es eine Freude war. Und damit Ihr Pu-
blikum eben dieser Freude durch Ihre Vir-
tuosen theilbafüg werde, mache ich diese
eben hierauf aufmerksam. — Grenelle iat
Nachahmerin von Clery , und leistet dasselbe,
nur in Absicht auf Vollendung der Pro-
duktionen am mehrere Grade aohwächer Und
niedriger. Ueber die Eleven des Conaerv.
habe ich neulich ausführlich geschrieben,
und habe nichts su widerrufen oder einzu-
schränken. Die angenehme Sängerin, üem.
4iimm, macht ' grosse und schnelle Fort-
schritte; sie kann sehr viel werden. Ein
iiubscher Jüngling, Henry, spielte neulich
ein Fagoltkonsert seines Lehrers/, Ozy, com
Bewundern« mar noch ein wenig ängstlich.! an diesen Formalitäten hangt:) ein kaltee,
Iomelli's berühmtes Offertorium -wurde nicht
gut gesungen ; man kann, bey allem Fleis
der Lehrer, die jungen Leute im Ganzen ; auftretend — da haben Sie die Ursachen,
durchaus noch nicht in den eigentlichen Kir-
chenstil hinüber bringen. Besser ging nnd, wenigstens vor der Hand, «uirncLge*-
jedoch ein Theil des lomelli'tehen Requiem, «oniinen wurde. Ich nbüsste mich sehr irp
wo eben auch Dem. Himra den Preis er-
hielt. Cherubini hat, ohne sich darum zu
"kümmern, ob man sie je geben wird, eine
Iphigenie zu schreiben angefangen. Er liess
neulich ein Terzett daraus versuchen. Es
war einfach, edel und herrlich. Der- Text
ist italienisch.
od»
Die Operntheater haben an Neuig-
keiten nirht viel Vorzügliches geliefert.
Lesüeurs Caverne ist wieder aufs Theater
.gebracht worden; ich kann diesem rohen,
.wilden, bizarren Werke keinen Geschmack
abgewinnen, obwol ich einzelne geistreiche
Stellen darin au schkizen weiss. Dem Pu-
blikum schien es wie mir au gehen. Die
Barden sind nun iu Partitur gestochen er-
schienen und dem Kaiser gewidmet , dar sie
Märti
sehr gnadig aufgenommen haben soll. Fer-
nando ou lea Maures, eine neue heroi-
sche Oper in drey Akten, deren Dichter
und Komponist jetzt noch Verborgen blei-
ben wollen und darum auch von mir nicht
genannt werden, obschon viele sie kennen —
hat kein Glück, gemacht; dass sie aber mis-
fallen habe , wie Sie in den voreiligen Flog-
blattern gelesen haben werden, ist nicht
wahr. Es ist eine Sottise dem Publikum
getagt, wenn man schreibt, es habe dies
Produkt schlecht gefunden. Das Gedicht,
ans dem romantischen Zeitalter der Spanier;,
-ist besser« als zwey Drittheile der eben jetat
bey uns und überall beklatschten , und die
-Musik ist brav, hat sogar einzelne, vor Ire üb-
liche rartbieen. Aber, kein berühmter N*-
me auf dem Titel, eine heroische Oper
.auf dem! kom-.i sehen Theater« (Sie glau-
ben nicht-, wie lacherjteh man noch immer
zum Theil ungeschicktes -Spiel, und keim»
der .am meisten begünstigten Subjekte darin
warum die Oper nicht viel OUük machte.
»n-
tgn , oder man würde in Deutschland sich
gerechter gegen sie benehmen, und dort —
würde sie willkommen seyu. L'lntrigue
aux Fenetres, in einem Akt, vprt Dü-
paty und Bouilly, mit Musik von .Nicolo
Isoüard, ist ein ganz allerliebsles Simk, auf
welches ich Ihre Direktionen vorzüglich auf-
merksam mache. Ich kenne kaum ein Pro-*
dukt .dieser Gattung, worin 'so viel von
der achten französischen Lustigkeit (gaiete)
vom Anfang bis zu Ende herrschte, ohne
dass der Geschmack oder feinere Sinn im
geringsten beleidigt würde* Dabey ist die
Fabel neu, nnd hat einige der allerpoasier-
lichsten und überraschendsten Situationen i
die Charaktere aind ebenfalls gut gezeichnet,
und alles ist obendrein für ein gebildetes
und gutgelauntes Personaie nicht einmal
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1805. Mär*.
423
schwer auszuführen. Die Musik ist,
sie hier seyn niusste — lebhaft, leicht, an-
genehm. Die Ensembles sind das beste im
Gesang. Das Orchester ist gut and gefällig
beschäftigt, ohne überladen zu seyn. Selten
hat eine kleine Oper solch Glück gemacht;
man wird sich noch lange niobt satt daran
sehen, und hier hat man Recht. — Die
ewig sich selbst wiederkauende italienische
Oper hat neulich denn doch nach Jahren
eine Neuigkeit zur Welt gebracht. Ihr
Musikd. Mosca hat eine Giner ra di Seo-
ul a in Musik gesetzt: eine seria! aber
was für eine! Man hat den Dichter ausge-
lacht und Jen Komponisten belächelt; beyde
haben's verdient, und darum
ärmlichen Produkt! —
4*4
Statt eines Postscripts sage ich noch,
die Achseln. 'Gelehrte Quartetten? sagt er
nochmals, indem er blättert, und zuckt no<h.
mehr. Ich wünschte , Sie schrieben miv-
eine kleine Suite Walzer, die ich gern an-
ständig honoriren würde. Wollen Sie mir
wol einen Bogen Notenpapier geben? sagt
Wölfl, indem er ihm die Quartetten weg-
nimmt, und sich mit dem Blatt au's Pult
setzt. Der Mann hat ein Weilchen andere
zu thun; als er zurückkömmt, giebt ihm
Wölfl die eben hingeschriebnen Walser und
bittet sich ein tüchtiges Honorar aus, das
er auch erhalt. Die Dingerchen sind
darum doch nicht gerade schlecht*
Magdeburg, am x8ten Febr. igo5. Es
gewährt mir ein angenehmes Gefühl, auf
das Grab eines verdienstrollen Mannes, des
dass die niedliche St. Aubin, die Tochter,* ohnlängst verstorbenen Musikdirektors der
als Sängerin auf dem besten Wege rasch
vorwärts gehet — sie ist nun auch prima
Donna des Konzerts Clery ; dass Wölfls neue-
ste, vor etwa zwey Monaten hier herausge-
kommene Quartetten (zwey Violinen, Brat-
sehe und Violoncell) die schönsten sind, die
er je geschrieben hat, dass sie den besten, ,
die jetzt irgendwo und von irgend einem
gesehrieben werden, mit Ehren an die Seite
zu setzen sind; das« Paisieilo bald nach sei-
ner Ankunft in Neapel, zu feyerlichen Exa-
quien, ein sehr unfeyerliches , fast komi-
sches Requiem geschrieben hat, das jedoch,
weil man es wahrscheinlich wie Scenen aus
der Opera buffa angesehen, Beyfali gefun-
den hat, und ihn dann gewiss auch verdie-
net haben wird} und endlich, dass Wölfl
einen Heft Walzer hat stechen lassen, (alles
will jetzt hier Walaer tanzen und spielen)
unter der folgenden spashaften Bewandnis.
Wölfl hat die vorhin genannten gründ-
lichen und trefflichen Quartetten fertig und
gehet zu einem der hiesigen beträchtlichsten
Musikhändler, ihm das Manuseript anzutra-
gen. Quartetten? sagt der Mann und zuckt
hiesigen Nationalbühne, Pitterlin, ein Blüm-
eben streuen und dadurch seinen in einem
bekannten andern Journale vor nicht gar
langer Zeit so uogerechter Weise verun-
glimpften Talenten ein kleines Ehr enden k-
zu
Der verstorbene Pitterlin war ein Mann
von vieler Bildung, in ästhetischer uud mu-
sikalischer Hinsicht. In seinen Jünglings-
jahren sludirte er in Leipzig Theologie; sei-
ne Vorliebe für die Musik aber, hiess ihn
früh .das ernste Studium derselben, seinem
Hange für letztere nachsetzen.
Ueber seine damalige und nachherige
Carriere enthält ein eigenhändiger, unter sei-
nen Papieren vorgefundener Aufsatz, der
jetzt vor mir liegt, unter andern nicht hier-
her gehörigen Nachrichten, folgendes: (wel-
ches manchem seiner hiesigen und auswär-
tigen Freunde nicht ganz unwillkommen
seyn dürfte).
Ich ging 1735 auf die Universität nach
Leipzig, geh mich da viel mit Musik ab,
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42j
1305. März.
426
koinponirle verschiedene Ballet* und Pan-
tomimen für die 1788 da spielende Joseph
Secondaische Schauspielergesellschaft, und
verstaud mich dazu, während des Aufent-
halts derselben in Leipzig, die Opern ein-
zusludiren und bey der Aufführung zu diri-
giren. Endlich engzgirie ich mich mit Aus-
gange des Jahres 1789 bey dieser Gesell-
schaft als Musikdirektor. — Während mei-
nes Aufenthalts bey derselben, kompooirte
ich verschiedene Prologe und Gelegenheits-
stücke. Im Februar 1794 ging ich von da ab
sur Döbbelinschen Gesellschaft, wohin ich
verschrieben war. Hier komponirte ich
auch verschiedene musikalische Arbeiten fürs
Theater, und ging am a5ten Juny 1796 von
da ab zum Magdeburgischen Theater, wo-
hin ich als Musikdirektor berufen war. —
Eheliches Misgeschick und ejne schwäch-
liche Konstitution Hessen den Verstorbenen
in diesem letztern Posten nicht immer so
thätig seyn, als er ohue diese Umstäude ge-
wiss gewesen seyn würde; indessen ver-
wandte er auch in Magdeburg die Stunden
seiner Müsse auf mehrere grössere und klei-
nere, unter seinem Nachlass befindliche Kom-
positionen, die aber «e in e wirklich muster-
hafte Bescheidenheit nicht ins Publikum
kommen lies», und womit er nur zuweilen
seine vertrautern Freunde bekannt machte.
So lange indes* das Magdeburger Thea-
ter mit brauchbaren Subjekten für die Oper
besetzt war,, rp* welches gegenwärtig, lei-
der! der Fall gar nicht mehr ist, weil die
Direktion des Theajters ihren eigenen Vor-
theil nicht kennet und kenneu will, — r so
hOrte das musikliebende Publikum unter Pit-
terlin's Anführung die meisten.der schönen Mo-
zartseben und andern guten Opern, an deren
Statt es zieh jetzt mit Ehra Wenzel* neuem
Sonn tags lu nde und den famösen Schwestern
von Prag*, oder», wenn es hoch hergeht, .mit .
den neuen Arkadiern begnügen mus*, weil
Gefühl für das Bessere und Schöne ausser
der Sphäre des jetzigen, an Pitterlin's Stelle
getretenen Musikdirektors Zachariae zu lie-
gen scheint.
Bey Pitterlin's Lebzeilen wurde frey-
lich auch dann und wann eine von den Vor-
erwähnten musikalischen Misgeburten aufge-
tischt, dagegen aber erhielt der Musikfreund
auch durch eine, wenn gleich langsam ein-
studirte, neue gute Oper, wieder Ersatz,
und die Winterkonzerte der hiesigen Frei-
maurerloge und Harmonie- Gesellschaft, hat»
ten unter Pitterlin's Leitung) Reite und
Schwung zugleich, da solche in der Regel,
das Angenehme mit dem Schönen und Kunst-
reichen verbanden, uud dem Kenner wie
dem Dilettanten in gleicher Maasse Befrie-
digung gewährten.
Jetzt, seit Pitterlin's Hinscheiden, ist
auch dieser Genuss für den Musikfreund
dahin, indem, was von jenen Konzerten
noch während des gegenwärtigen Winters
j hier existirt und fortgesetzt wird, um 3o
Jalire zurück dalirt werden muss, wo des,
; übrigens verdienstvollen Rolle's : Schon ist
Abel der Hirt, u. dergl.,, da*, jetzt wieder an
der Tagesordnung ist, noch etwa* Neue*
' und Gute* war, und wo man mit dem, '
, durch die verjährte Kunst des hiesigen Or-
ganisten Märiens verbildeten Gesang einer
Jungfer Lampen, der Tochter eine* Zim-
: mergqsellen , jetzt hiesigen forcirten Kou-
i zertsängerin, nicht mehr vorlieb nimmt.
Wie «chö* der verblichene PitterKn —
(er starb am islen Ootober i8o4 an der
Auszehrung) — fühlte, wie richtig er den
■ Sinn des Dichters in seinen Kornpositionen
zu treffen wüsste, davon möge Ihnen die
beylirgende ' Komposition de* Schilierscben
.Liedes ans den bey den Piccolomfoi: Der
Eichwald brauset ü. s. W. als Beleg dieneu.
_ Ich.yünsche.djejs. Kleigigjkejj^,dj£,nacli
meinem Gefühl eine* Zum»leeg'* würdig i»t,
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4-7
J805-' März.
428
in Ihr« musikalischen Zei tarig bekannt ge-
macht zu sehen, und sie sey das Blümchen,
welche* ich auf da« Grab des oft verkann-
ten und verunglimpften Pitterlin's, als einen
Beweis streue, — das« er fühlender und
denkender Musiker war.
Eine neue Erscheinung in Wien ist zu
interessant , als dass wir nicht unsre Leser
im voraus darauf aufmerksam machen soll-
ten,; da andere öffentliche Blatter vielleicht
ebenfalls früh davon sprechen und sie mit-
hin um die angenehme Ueberraschung brin-
gen weiden. Den 8ten Aprü wird der
junge Mozart zum Erstenmale in einem
öffentlichen Konzert auftreten. Er hat eine
Kantate auf Haydns Geburtstag komponirt.
Männer , die er damit bekannt gemacht hat
Und denen allerdings ein Urtneil zustehet,
versichern uns, es Seyen Stücke darin/ die
selbst seinem Vater keine Unehre machen
würden. Um den Eintritt des hoffnungsvoll'
len Jünglings feyerl icher zu machen, wird 1
sein Onk^l, Hr. Hofschauspieler Lang, eine
kleine Anrede an das Publikum halten , und
so ihn in die grosse Welt einfuhren. J. Hrfydn
selbst sollte ihn, nath dem ersten Plan;'
dem Publikum vorstellen ; man besorgte aber,
es möchte dies den würdigen Greis zu sehr
erschüttern, und traf daher jene Abänderung.
9ass alles in der angenehmsten Erwartung^
isiy versteht sich von selbst, und es ist nur
su wünschen , dass man in 'dieser Erwar-
tung die Forderungen an den funken Künst-
ler nicht überspanne. 1
r :
Berlin, d, ai. März. Den i^Jen gab
Mad. Düsse k - Qvfnchetlini efn Konzert im
Theatersaal, in. dem , sie ein von ihr gesetz-
tes Konzert für das Pianoforte und mit ih-
rem fünfjährigen Sohn© Variationen ftir 4
Hände über die Arie: God save the King,
und ein Rondo spielte. Auch ihr Bruder,
der Hr. Kapelim. Uussek, spielte ein von
ihm gesetztes grosses Koiuert in G minore.
Dies nennen, heisst es loben. Die Gebrü-
der ßärmanri verschönerten das Konzert
durrh ein Konzertant für Klar ine tt und Fa-
gott von Schneider.
Den igten wurde im Nationaltheater straf
Beneßz für Hrn. und Mad. Eunike zum
erstenmal gegeben: Die zwölf schlafeiidea
Jungfrauen. Erster Theil. Romantische«
Scheuspiel mit Gesang in 4 Akten. Muaik
von Wenzel Müller. Die Haudrang dieses
Stücks ist nach dem bekannten Spiesiscben-
Roman gearbeitet. Ihre Leser wissen schon
aus audern ähnlichen Bey spielen, dass es
hier nöch sehr viele giebt, denen so etwas'
gefällt; so fand- denn auch dies Werk^hen-
einen lauten Beyfall, der nur durch man-'
cherley Unordnungen bey der oft noch sehr
mangelhaften Mechanik im vierten Akt
terbroehen wurde.
-■■ . » u.U ' ) 1 - i^ i j j'. i n •» . . 1
:•. :.:\ .M j ! . , -.:
A X I K A O t Ei
.. i:
-..1
Eine junge 8angerin suchte Enga ceroent.
( Der 'Enlreprenenr verwies sie zuerst so-'
den Musikdirektor , der sie
Mamsell', sagte dieser« singen Sie vom
te? (a visu) „Was ich auswendig kann —
o ja!" war die Antwort.
1 ::. ,.
14 . ',r- t\iV+.Ki.U I ...
1 vi
(Hicrbey die B^Hg* No. V.)
j '1 1 ■,:
■ hihi -
: t-
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K*. V. * f
Beilage zur altgemeinen musikalischen Zeitung,
LIED
aus Schillers Piccolomin i.
konip. von Pitterlin.
Ter* -Gi Qn; ei MMN »ich die Wet-le mit Ali du: mit
* * — p » v - A '
lie. liog» hin - aus in
» 0-
3^
• -
x~r-— ?■ — *» — ■«
3
i:i die Ji . . ■ • •■■ Ä*cJu, da« Au - ffi
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Hera ist ge . itor ■ ben die Welt ist leer, und vrei - Urr giebt *ie dem
h* - be ge - noi - sen dai irr - dt • i che Gltt.k i ich ha • be ge - lebt
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- ALLGEMEINE
MUSIKALISCHE ZEITUNG.
■ * •
Den 3 t« April. N=. 27 •
1805,
Nachrichte k.
Berlin , den 6ten März. Nachdem wegen
des Todes der Königin Frau Mutler (auch
einer so würdigen Beschützerin der Tonkunst)
die Opernvorstellungen unterbrochen, und
auch die täglichen Vorstellungen des Natio-
naltheatera ausgesetzt waren» wurde den
Tag nach der Begräbmsfeyerlichkeit, am
flen Mars,, letzteres wieder mit der Auf-
führung des Mosartsohen. Requiem eröffnet.
Vergönnen Sie mir eine kurze Beschreibung
dieser rührenden Todteofeyer, die mit Ge-
schmack und Würde v«
ausgeführt, wurde»
1 .
Um sieben Uhr Abends war das
Haus gedrängt voll , doch herrscht» eine
feyerliche Stille — ein Beweis von patrio-
tischer Theiinahme und noch nicht ganz |
mangelnden anständigem Sitten, sobald guter
Wille da ist Die Plätze des ausgeräumten
Orchesters waren ebenfalls mit Zuschauern
der ersten Klassen angefüllt and überall
herrschte die gespannteste Erwartung. —
Jetzt erhob sich langsam der Vorhang: man
erblickte das Innere eines Tempels , mit
Kronleuchtern er heilet, die durch grossei
Festons von schwarzem Trauerflor mit ein-
ander verbunden waren; der Fussboden war
schwarz belegt }. auf'' heyded ' Setteo in 'ain-
philheatralischen Erhöhungen befand sich
das ganze männliche und weibliche Theater-
in 1. feiststes /Iraner, ejtsterss livn*
7. Jahrg.
Direktor IfQand an der Spitz«} in der Mitte
des Theaters Hr. Kepellm. Weber am Flü-
gel, um ihn herum das ganze und -cum
Theil durch die Königl. Kapella verstärkte
Orchesterpersonale, nebst den Chören zrt
beyden Seiten , ■ und im Hintergrunde ei*J
dampfte Räucherwerk auf Altttren — '
Diese Umgebungen und die vortreffliche
Overtura aus Glucks Aleeste , versetzten alle
Gern üi her in die edelste Trauer. Sanft
schluss sich nun der erste Satz des Requiem
an, das vollkommen nach dar Vorschrift
des Komponisten, nur mit Ausnahme der
durch Klarinetten vertretenen Bassethörner;
besetzt war. Mit abgemessenem , feyerli-
rhein Gange näherten sich die Solosänger
und Sängerinnen dem Vordergründe nnd
furmirten daselbst eine Reihe, indem die
Posaunen kräftig einfielen. Ganz dem erha«i
benen Geiste angemessen wurde das Re-
quiem aeternam etc. so wie besonders dar-
in die' Stelle: et lux perpetua, ausgeführt;
Das kleine Sopransolo i te decet hymnns
ete: saug Dem. Willich ein wenig furoht*
tarn. Die Fuget Kyrie Eleison, wurde sehr
brav gegeben ; eben' so imposant das: Dies
irae, nur war das Tempo nicht AUegro as-
ssi sondern moderato. (Mich dünkt, das ist
wider Mozarts Absiebt, ein Bild der gänz-
lichen Zerstörung der Welt zu liefern >
Das vortreffliche: Taba änirum «pargen*
sonum , wurde, mit der nicht üblen -VeT-"
tausebung eines Borna' statt der Posaune«
von Hrn. Gern ganz vorzuglich schön und
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43»
mann und Mad. Schick (welche letztere heute
durchgängig die Altparthie übernommen halte,
und dadurch eine beträchtliche Lücke er-
seUte) gaben die, obgleich kleinen, doch
äusserst «chönen Solos mit richtigem Ge-
fühl; nur Mad. Lauz schien in dem So-
pransolo: Quid sum miser, nicht gäna an
ihrer Stelle au aeyn, da ihre starke Stim-
me sich nicht genug tragen Hess und be-
sonders das: Cnm vix justus, au sehr her-
ausgepreßt wurde. Das: Rex tremendae,
wurde mit vieler Energie gegeben. Das
sanfte: Recor dare , wurde von Mad. Eunike,
Mad. Schick, Hrn. Eunicke und Gern so
vollkommen ausgeführt, dass Mozart selbst
sich darüber gefreuet haben würde. In dem :
Coufutatis, machten die neuen, vortreff-
lichen Modulationen den schönsten Effekt.
Zart wurde das : Eacrymosa , und mit Kraft
das: Domino Jesu, so wie: Hostias et pre-
ces, gegeben. Das prächtige: Sanctua, mit
dem sich anschliessenden: Osanna, wurde
aehr gut ausgeführt und erhob die Gemü-
ther der Zuhörer, die dann zu sanfter Sehn-
sucht gestimmt wurden durch das folgende
herrliche Benediclus. Mad. Müller, Mad.
Schick, Hr. Ambrosch und Hr. Frans tru-
gen die Soloparthieen desselben mit vielem
Geschmack vor, und besonders Mad. Müller
mit der zartesten Empfindung. Die Posau-
nen machten hier einen pompösen Effekt,
und sämmtliche Blasinstrumente aeichneten
•ich durch sanfte Behandlung rühmlichst
aus. Der Schluss war der erhabenen Aus-
führung des Ganzen angemessen. — Nach
einer kurzen Pause fiel das Halleluja aus
dem Händeischen Messias ein, und mit be-
ruhigtem Gefühlen verliess nach der voll-
kornmnen Ausführung denselben jeder Zu-
hörer, der ein Hers mitgebracht hatte, daa
Schauspielhaus, und nnr aus Achtung gegen
die* Traueretikette verstummten die lauten
Aeusserungen des verdienten Bey falls. —
Am nächsten Tage fingen die täglichen Schau-
spielvorstellungen mit Wallensteina Tod wie-
43«
der an. Die Opern werden erst den i8len
d. M. fortgesetzt, wo aber hlos zum Besten
milder Stiftungen noch zwey Geldvorstellun-
gen der Oper Medea und der Oper Ros-
monda mit den Balleten: Das Urlheil des
Paris« und, Die Tanzsucht, gegeben wer-
den. Ueber beyde Opern ausführlich mich
auszulassen, werden Sie mir in der Folge
erlauben. —
Auch die unterbrochenen Konzerte sind
nun wieder in Gang gekommen. Das gte
Abonnementkonzert der Herren Schick und
Bohrer war am 7ten d. M. in dem gewöhn-
lichen Lokal. Es wurde die schon öfter er-
wähnte grosse, neue Sinfonie von Beethoven
aus D dur wiederholt und diesmal mit noch
grösserer Präcision gegeben. Hierauf folgte
eine Seeue von Cannabich , ven Mad. Eunicke
sehr fertig und geschmackvoll vorgetragen.
Ein Doppelklarinettkonzert von Tausch , von
den Hrn. Bliesener und Reinhardt mit der
grösslen Rundung und Sauberkeit geblasen,
erhielt allgemeinen nnd verdienten Beyfail.
Die darauf folgende Seena von Rigb. sang Hr.
Fischer mit vorzüglicher Kraft und Hess die
Klarheit seiner tiefen Töue bewundern.— Den
aweyten Theil eröffnete eine Inlroductioa
ans der Oper Medea von Chernbini — die
bekannte Ouvertüre aus F moil war es aber
nicht, also wahrscheinlich eine von den Zwi-
schenmusiken der folgenden Akte : sie passte
nicht ins Konzert, so viel Schönheiten auch
für den Kenner darin enthalten waren. Ein
Violinkonzert von Kreutzer wurde von Hrn.
Maurer recht gut gespielt Mad. Eunicke
sang noch ein Rondo von Righini, und die
schöne Ouvertüre aus Figaro von Moaert
beschloss dies angenehme und wieder sehr
zahlreich besuchte Konzert.
Am Uten März gab die nun ziemlich
wieder hergestellte Dem. Kirchgessner vor
ihrer Abreise nach Breslau noch ein Kon«
zeit im Englischen Hause und. hatte dies-
1805. Apiil. ,
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433
igo5. April;
mal bey der ohnehin schon vorteilhafteren
Wahl des nicht so ungeheuer grossen Lo-
kals, das fiif ein so zartes Instrument nicht
passt, die Vorsicht gebraucht, auf dem An-
schlagzettel sich einen leeren Zwischenraum
▼on den Instrumenten bis an die erste Reihe
Stühle auszubedingen. Es war diesmal ein
Konzert ohne grosses Orchester: denn es
wurden bloe swey Violinquartetten und ein
Duett von-Par (von Dem. Willich und Hrn.
Weitsmann gesungen) als Zwischensätze ge-
geben. Dem. Kirchgessuer spielte das be-
kannte schöne Quintett von Mozart, ein
Solo und Variationen auf das Thema: O
Isis und Osiri*, aus der Zauberflöte, von
Reiche — mit bekannter Delikatesse und
Fertigkeit. Man war sehr zufrieden.
Tags darauf, den i5ten, gaben Dem.
Alberghi aus Dresden und Hr. Spohr ein
interessantes Konzert im Saale des königl.
Nationallheaters , worin sich erstere im Ge-
sang mit zwey Scenen von Par und lezterer
mit zwey Violinkonzerten hören Hess*, der
Verdiente BeyJall war allgemein , jedoch die
Einnahme sehr maasig, da jetzt wieder zu
oft Konzerte auf einander folgen.
•
Den i4ten war das lote Abonnement-
konzert der Hrn. Schick und Bohrer wieder
zahlreich besucht. Es zeichnete sich durch
eine Auswahl Ton grossen Musikstücken aus,
die aber diesmal nicht durchgangig so gut
als sonst exekutirt wurdeo. Die sehr schwie-
rige grosse Sinfonie von Mozart aus G b
eröffnete dies Konzert und liess den Ken-
ner anfs neue dieses Komponisten uner-
schöpflichen Reichthum der Harmonie be-
wundern. Andaute und Menuett interessir-
4S4
ten vorzüglich durch ihre zugleich sehr an-
genehme' Melodie. Die ' folgende von Mad.
Schick recht brav, nur mit etwas zu be-
merkbarer Anstrengung gesungene Seena
von Righini wurde mit grosser Kalte auf-
genommen: da Mad. S. diese billigerweise
nicht verdiente, so sey hier das gebührende
Lob ihres ausdrucksvollen Vortrags ihr eini-
ger Ersatz für die wahrscheinlich unange-
nehmen Empfindungen jenes Abends, und
möge sie um so mehr aufmerksam darauf
machen , das* sie nicht mehr durch eigent-
lichen Bravourgesang, sondern mit weit we-
niger Anstrengung sich durch ihre andern
eigenthümlichen Vorzüge in der allgemei-
nen Gunst des Publikums als beliebte Sän-
gerin erhalten könne. — Das folgende
tepianokonzert von Mozart aua C dur,
Hrn. Wustrow mit vieler Fertigkeit vorge-
tragen, erhielt lauten Bey fall. Eben so die
Scene von Righini, welche Herr Eunicke
sehr kunstreich vortrug, obgleich er von der
Begleitung im Adagio nicht gehörig unter-
stützt wurde. — ' Der zweyte Theil begann
mit der bekannten Haydn'schen Sinfonie aua
G Sur mit Begleitung von Janitscharenmu-
sik; sie wurde sehr gut ausgeführt. Mad.'
Schick sang hierauf noch ein Rondo, und
den Beschluss machte eine Ouvertüre von
Beethoven, die auch schon früher er-
wähnt ist — —
Brief* eines in England reistndtn Dtutschtn.
Erster Brief, aus dem nördlichen
"'heile Englands *). Eingedenk Ihres Wun«
•) Der Hr. Verf. will all« Namen yerechwfcjnm wiuon, theil»,
Den , theiii , weit et bey einem «Wjjemrinen Bild« de«
nickt ankoiaae — worin er allerdings Recht hat.
do*to unbefangener anheilen an
und der Kultur Tür Musik auf
d. Redakt.
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435
1805. April. .
436
eches, Ihnen auf meinen Reisen durch dies
Land vou Zeit an Zeit Nachricht au er-
teilen, wie ich die Musik hier finde, und
die Menschen im Verhältnis au ihr — fan-
ge ich schon jetat an, ohngeachlet ich nur
noch diesen Theü der schönen Insel kenne,
und nur noch aus Proviuzialstädten Bericht
erstatten kann. Sie wissen aber, dass es
sehr betrat htliche sind, und was das in Eng-
land heisst! Nehmen Sie Folgendes als
Vorläufer, als Einleitung, oder wie Sie wol-
len, bjs ich wichtigere gebe! -r-
Neulich wohnte ich einem Konaert bey,
das schon darum einer Schilderung werlh
ist, weil die Musiker — bekanntlich ein
seltener Fall — säm rotlich ao* Englän-
dern bestanden. Der Saal war von der
Grösse Ihres schönen Saals in Leipzig.
Ueber, dem Orchester, das, wie eine Buhne,
beträchtlich erhöhet t stand, war die Mauer
ejliptisch gewölbt. Das Orchester, bestand
a,ua vierzig, und einigen Personen. - l>a»a
ajch Dilettanten darunter befanden, kündig-
ten gleich die ersten 'Hakte einer Haydu-
s^cben Sinfonie an, und es schien, als wollte
man diesen grossen Mann zu Grabe tragen
-— aber in einem andern Sinn, als es ge-
sneynt war« Es war nämlich die falsche
^schriebt von seinem Tode eben auch hier
angelangt, und dia, Spielenden wollten mit
jener Produktion seines Werks sein Ge-
dächtnis feyern, so wie auch mit ihren
schwanen Kleidern, in welchen sie sämnit-
lich erschienen waren. Ich konnte nichts
von näherer Theilnahme dem Publikum ab-
merken, und auch das Orchester nahm sich
weit weniger zusammen, als bey dem fol-
genden sinfonieenmässigen Konaert von —
Corelli, das freylich in Deutschland nur
noch etwa vor vieriig Jahren bitte einiges
Glück machen können. Dies wurde mit
mehr Lebhaftigkeit ausgeführt, und des Ap-
plaudireus war gar kein Ende.
Die Hsuptperson des ganzen Konzerts
war ein im nördlichen Theil von England
berühmter Baasist, au dessen Benefiz die
Versammlung gehalten wurde. Meine Er-
wartung war darum nicht gering* Ein Gleo
(ein mehrstimmiger Gesang ohne Instrumen-
talbegleitung) war das erste, was er dem
Publikum zu hören gab. Er zeigte aber-
eine abgebrauchte Stimme, die durch man-
cherley Mistone noch unangenehmer ward.
Hernach wurden einige Arten von ihm mit
ärmlichen Kadensen und traurigen Trillern
stahl rt. Es war ein Kreuz. Besser sang
ein Tenorist, und hernach ein dreizehnjäh-
riger Knabe, der noch ohne Bildung, aber
nicht ohne Anlage war. Was den lante—
slen und allgemeinsten Beyfall fand, war — •
rathen Sie: was? — nun: sein Talent, in
den von ihm producirten Jagdstiicken daa
Geschrey der Jäger und Getön der Hörner
1 nachzuahmen! • — Bin Violin- nnd ein Flö-
fenkonaert, rocht ohne Virtuosität vorgetra-
gen, Verdieuten wirklich Beyfall , in Absicht
auf Exekution; aber desto kläglicher war
die Komposition, die ein wahrer musikali-
scher Nonsens, und zugleich ein Inbegriff
aller Kompositionsschnitzer war. Doch hie«
es einige Tage darauf in der Zeitung, diea
Konzert habe ungetheilten BeyfaU ge-
funden! —
. ■ •
Was aber an diesem Abende den stärk-
sten Eiudruck machte, war der bekannte
Volksgesang: God save the King, der zum.
Schluns von dem ganzen Auditorium mit
voller Begleitung des Orchesters angestimmt
wurde, und womit hier fast, jedes Konaert
beschlossen wird. In der besten Stimmung
und voller Zufriedenheit ging man nun hin-
weg. Als Mensch kann ich mich darüber
freuen; als Kunstfreund habe ich nichts
dazu zu sagen. —
Eine sehr erfreuliche Erscheinung war
mir bald darauf die Aufführung einer Haydu-
schen Messe, (No. 3. bey Brrilkopf und
Härtel) welche in einer anderu dieser groa-
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437
aen Provitunalstädte , aber von einem Deut-
schen , au Stande gebracht wurde. Das
Auditorium war sahireich, die Ausführung
nicht Übel, der Bey fall lebhaft.
1JJ05, April, 43g
dene Weltsprache , wie die französische,
nach guten Mustern zu erlernen und au
kultiviren.
So viel für heute, nächstens mehr und
hoffentlich, fc-tm.«^««'
München. Der Sänger Briszi wird dieser
Tage hier eintreffen, wo er auf dem- kur-
fürstlichen Hof- und Nationallheater in
cJrey Rollen sechsmal auftreten und dafür
eine Belohnung von 2000 Gulden erhalten
wird. Das sonderbare bey der Sache ist,
daaa das dortige Sing personale, welches ganz
aus gebornen Deutschen und grösstenteils
aus Inländern' besteht, einem einzelnen frem-
den Virtuosen zu Liebe italienische Opern
einatudiien rouss. Viele wollen in dieser
Erscheinung die Vorbedeutung finden, dass
anstatt der deutschen Oper, rar welche
Ton uosern vaterländischen Dichtern und
TonaeUern so wenig förderliches geleistet
Wird, gar bald die italienische wieder Ein-
gang finden dürfte, so wie man auch in
München stark von der Aufnahme einer
französischen Komödie spricht. Einige ge-
ben dem Betragen einiger deutschen Schau-
spieler die Schuld; andere .behaupten gera-
dehin, die theatralische Kunst, welche,
nach den eignen Grundsätzen unsrer neue-
sten deutschen Poeten, nur zum Phantasie-
spiel und zum Amusiren gemacht sey, wäre
an keine Sprache gebunden und in allen
Zungen einheimisch: der Franzose allein
wäre zum Schauspieler geboren, und da
ohnehin aller moralische Zweck bey der
Schaubühne, nach der neuesten Theorie,
hinweg fiel, so wäre es besser, sich mit
Witz und lebhafter Darstellung, als mit
hochpoetisiben Dialogen und mit schwerfäl-
liger sogenannter Charakteristik amusiren
zu laasen, und obendrein hätte man noch
den Vortheil, eine so noth wendig gewor-
ECKNSIONBN.
1) Senat« p. h Pianofortt , comp, ex dt'dite ä
ton Aitesse Monsdgn. U Princt Charit» dt
Lichnwtky, par W. R Mtm. JLeipsic,
chez Breitkopf et Härtel. Oeuvre 4.
(Pr. ia Gr.)
a) JDeux Sonatu p. k Pianofortt, comp, et
dtd. ä son ami Chr. Aug. Bötiger par W»
F. Riem. Oeuv. 7. (Ebenda*. Pr. t Thlr.)
Waa ein anderer Ree. bey Anzeige des
Ersten Werks dieses jungen Künstlers vor-
aussagte — dass er gegründete Hoffnung
gebe, einer der vorzüglichsten Komponisten
für das Klavier au werden — scheint sich
zur Freude aller, denen ihre Kunst wirk-
lich etwa« ist und die nicht nur immer sich
selbst iu dem Spiegel derselben erblicken
wollen, zu bestätigen. Welcher unter den
jetzllebenden Musikern bat, wie Hr. Riem
in Op. 1., erster und dritter, Op. zweyte 1
Sonate, Op. 5., zweyter, und Op. 4. erster
und zweyter Sala — angefangen? Aber
eben darnm wird ihn jeder Wöhlsneynendo-
Warnen müssen, nicht zu schnell zu schrei«
neu, einem Hange zum Gekünstelten sich
nicht zu überlassen, und mehr das tiefer
Greifende in seinen Werken festzuhalten
und auszuführen, statt dass er in einigen
der neuern zuweilen allzuweit gehet in der
Ausführung im Kleinen und Einzelnen;
Jetzt zu den oben angeführten! Sie haben
manche Aebnlichkeiten ftnter einander, nur
dass Op. 7 freundlicher und leichter gear-
beitet ist — weshalb man nur bey Ei
länger zu verweilen braucht.
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1805. April.
439
Od. 4. ist durch «He drey Satze originell,
wie da» meiste, waa Hr. R. bekannt ge-
macht hat; aber der dritte Satz verspricht
zu Anfange weit mehr, als er hei nach lei-
stet; ja, Hoc. will mit denen nicht rech-
teu, die dasselbe, obschun in minderm Gra-
de, aogar beym ersten dieaar Satze lin-
den. Dieser erste Salz kt feurig, aber dabey
sehr ernst — eben darum würde eine fe-
stere Haltung und Ausdauer desto erwünsch-
ter aeyn. Er ist übrigena voller achöner,
kontrapunktischer Wendungen, die meistens
ungezwungen erscheinen. Meistens — doch
nicht immer! So veiliert z. B. die an sich
»ehr schöne, und wo sie zuerst einfach auf-
tritt, auch sehr gut behandelte Idee, (S. 3,
Z 5 T. 3,) durch die gekünstelte Imita-
tion,'^. 7. Takt 6 u ' Fol * e ' ao wie b 'y
den Wiederholungen,) und wird nur Für
das Auge elwaa werth, wobey daa Ohr lei-
det. Der sweyle Satz iat höchst einfach,
sanft beruhigend und von sehr achöner
Wirkung, welche besonders auch durch
solche Rückkehr in das Majore nach dem
B«rt klagenden Minore und den absterbenden
Schluaa vermehrt wird. Vom dritten SaU
iat schon erwähnt, daaa er trefflich begin-
ne — in Absicht auf Geist und Charakter,
wie auf den Entwurf zu kunstgemÄner Aus-
führung — «b« r in beydero Betracht nicht
genügend fortgehalten acy. Das» er dessen
ungeachtet intereasiro» uud mehrmals gern
gehört werden könne, veratehet »ich von
wlbst; ich meyne nur — wer einmal »o
ernst ergriffen und so ge.paimet worden,
▼erlangt viel, und füWt »ich am Ende
selbst dessen unbehaglich, wa» ihm, wenn
er auf nicht» Ausgezeichnetes vorbereitet
wäre, vollkommen genügen würde. Herr
Riem' kann nach einzelnen Stücken eeiner
Arbeiten die» wahrhaft Auagezeichnete wirk-
lich geben: wer e» aber kann, der »ollle
es auch, besonder» wenn ihn, wie hier,
sein Geniu» »chon auf einen gut« Weß
geleilet hatte.
440
Op. 7. hat, wie «chort g*«gt, einige
Familienähnlichkeit mit jenem, und zeigt
eben so »ehr von des Künstlers Geist und
Einsicht, obsebon nicht im Ma&sac der oben
angeführten Stücke. Ich glaube vor allen
den letzten Satz der zweyten Sonate aushe-
ben zu müssen, weil dieser Hrn. R. von
einer neuen Seite zeigt. Doch giebt ea
unter den andern auch »ehr brave Stücke:
man sehe gleich den Anfang des sehr ein-
lachen, kurzen, anspruchlosen , aber (aehr gut
vorgetragen, besonder* auch inAbsioht auf die
in Kontrast geaetzten Bindungen und abge-
stos»uen Noten) reizeuden Andante, S. 8:
•9 — r
mj-
1 1
-a •
(So würde ich nämlich die Ausdruckazei-
1 heu geschrieben haben ! ) Das Scherzo
Seite So. entwickelt Herrn. Riems Ta-
lent auch für diese, bey allem Schein von
flüchtiger Leichtigkeit, äusserst schwierige,
und ohne ganz besondere Naturgabe, bey
Aller Geschicklichkeit nicht zu erreichende
Gattung, auf eine ausgezeichnete Weiae.
Es ist nicht ohne geistreiche Einfalle, e»
hat auch eine Menge seltsamer Kaprizen,
und ist doch, der letztern unbeschadet, ia
Google
44i
1805. April.
runden, und anch leicht übersehba-
reu Gänsen, da« eine sehr angenehme Wir-
kung macht, verarbeitet.
Uebrigena sind beyde Werke, im Ver-
gleich mit Hrn. Riems Op. 1. u. a. , sehr
leicht auszuführen , und schön und auch
fast ganz korrekt gestochen — nur ist
Op. 7. S. 33. am Ende des 4ten System*
ein ganzer Takt am
plirt werden kann :
t +£
Oftrngu'dnge von W, A. Mozart, tvelihe zu
seinen btkaanttn Optra nicht gthören, son-
dern von ihm einzeln guchritbtn tvordtn sind,
Im KlavitrauMzuge von C. Schulz. Erster
HefC No. 1 — 6. Leipzig; bey Breit-
kopf und Hirtel. (Pr. a Thir.)
Hr. Sch. erwirbt sich durch diese mit
Einsicht und Sorgfalt veranstaltete Samm-
lung gewiss den Dank sehr Vieler, und
Ree. ist unter diesen. Moz. war nämlich,
theils durch den Kaiser Joseph , seinen Gön-
ner, veranlasst, die kleinen italienischen
Opern , die der kunatliebende Kaiser mit so
lebhafter Theilnahme in frühem, glückli-
chen Zeiten auf seinem Frivattiieater auf-
fuhren üess, mit eingelegten Gesaugslücken
mehr zu beleben und aufzuputzen; theils
konnte der gefallige Komponist, der, beson-
ders auf seinen vielen Reisen, m so viele
Konnexionen, und von inancherley Art, mit
Sängerinnen, Sängern und Theaterdirektio-
nen gerieih — den Billen, oder auch den
Quälereyeu derer nicht entgeht-n, die etwas
Vorzügliche», gerade für sie und für sie
allein gesetzt, besitzen, und damit glänzen
"442
und Geld gewinnen wollten. Moz. hat, wie
Ree. genau angeben kann, eine grosse An-
zahl solcher grossen uud kleinern, doch,
schon der Bestimmung gemäs, immer be-
deutenden Scenen, Arien, Duetten, Terzet-
ten u. dgi. meistens von hohem Werth ge-
schrieben, von denen er selbst oft nicht einmal
Abschriften behielt, und aus welchen, wenn
Hr. Sch. oder die Verlagahandlung die Be-
sitzer solcher Manuscriple zur Mitlheilung
derselben bringen können, hier ein Schatz
gesammlet werden kann, der ungemein viel
Freude und Genuss gewähren, ja auch zu
so vielen andern noch einen neuen Beweis
von Mozarts unerschöpflichem Geist und im-
mer neuer Kunst liefern kann. Da gar
nicht zu zweifein ist, es werden sehr viele
Sänger, Liebhaber und Kunstfreunde, die
etwas wirklich Bedeutendes ausführend be-
zwingen, oder auch nur studirend und ver-
suchend gemessen könuen, dies Unterneh-
men reichlich unterstülzen: so machen wir
e» Hrn. Sch. recht wichtig, und bitten ihn,
ja mit dem Fleiss, der Geschicklichkeit,
und mit dem Geschmack fori zufahren, wie
er iiier begonnen hat. Hier ist seine Wahl
untadelhaft, und eben so, sein Klaviers us-
eug, in welchem man den Komponisten
selbst nod das Ganze seines Werks kennen
lernen kann, ohne dass darum der Auszug
unausführbar oder auch nur schwierig ge-
worden wäre. Einige wenige Stellen, wo
Hr. Sch. die Verstärkungen durch die Ok-
taven mehrerer Blasinstrumente gar zu treu
wiedergegeben hat — gar zu treo, weil
sie auf dein Pianoforte nicht so in einander
schmelzen, keinen so starken Gegenball haben,
wie im Orchester, und darum einen andern
Effekt machen, wie z. B. Arie r, S. 6,
Syst. 3, Takt 3, und wo die Stelle in der
Folge wiederkömmt — diese WKW wahr-
scheinlich Hr. Sch. in der Felge vermeiden.
Diese Kleinigkeiten sind aber auch das Ein-
zige, was wir auszustellen finden. Die
deutsche Uuterlegung neben dem ilalieni-
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443 l8 °J
sehen Originaltext tat zwar ungleich, doch 1
nirgends schlecht, stellenweis aber «ehr wohl
gelungen, und überall gut angepasst.
Die Stücke selbst ausführlich durchzu-
gehen, wäre weder an der Zeit , da sie nicht
neu aiud, noch am Ort , da nur vom Auszuge
hier die Rede ist: aber einige Nachweisun-
gen wird man sich erlauben dürfen. Die
erste Scene schrieb Moz. für seine Scbwä-
geriu , die damals entzückende Mad. Lange.
Daa Rondo ist binreiisend schön, und wenn
auch die ausserordentliche Höhe, die der
Komponist der Singstimme zumuthel, und
jener Singstimme znmuthen durfte, nölbig
machen wird, dass einige Wendungen für
die meisten Sängerinnen umgeschrieben
werden müssen: so wird sie auch dann kein
Mensch, dem Ohr and Hers nicht ver-
schlossen sind, ohne reichen Genuas htiren
können. No. a. macht weniger Ansprüche
auf den Umfang oder auf Gewandtheit* aber
desto mehr auf Energie der Stimme und
grossen Charakter im Ausdruck, und ist
von trefflicher , strenger Ausführung. No. 3
ist ein ganz allerliebstes komisches Terzett
für Sopran, Tenor und Be»», und eins von
den allergelungensteo Werken Mozarts im
Stil der besten neuesten Italiener, zunächst
Cimarosa's, ohne dass es darum aufhörte
ganz Mozarts zu seyn. Das Terzett wurde,
wenn Ree. sich noch recht besinnet, so wie
das Seitenslück dazu, das Quartett, No.
(das aber so viel Grazie und auch so viel
achte vim comicam, als dies, nicht hat,)
für den Kaiser Joseph geschrieben, da die-
ser auf dem kleinen Theater seines Hauses
Cimarosa's Villauella rapila aufführen Hess,
wohin diese Stücke eingelegt wurden. Ree.
kennet sehr wenig Kompositionen der al-
lervorzüglichsten Meister, worin innige,
April.
444
naive Zärtlichkeit und possierliche Buffone-
ric so glucklich verschmolzen und au einen»
so reizenden Ganzen verarbeitet wären —
welche demnach diesem, in seiner, Gattung,
an die Seite gesetzt werden könnten; vor-
zuziehen weiss er ihm (aus dieser Gattung)
nicht Eins. Die grosse Sceue No. 4. scheint
aus früherer Zeit, wo Mozarts Geist noch
im Ausführen, in den Harmonieen und in
Modulationen, zuweilen schwelgte; aie
ähuelt ohngefahr denen , im idomeneoj
No. 5. enthält, nach einem kurzen Recita-
tiv, ein schönes Gegenstück zu No. 4.,
ein einfaches, sanftes, graziöses und ein-
schmeichelndes Rondo, im Zuschnitt der be-
sten italienischen, und ohne alle Schwierig-
keiten, in den Ideen, wie in der Ausfuh-
rung der Sängerin, Von einer weichen,
angenehmen Stimme vorgetragen, hört man.
sich nicht satt daran , in so engen Gra'ozea
ea »ich auch hält.
Die Stücke werden auch einzeln, jedes
zu 8 oder is Groschen, verkauft, und bey
allen ist bey gedruckt, dass auch die Orc'he-
sterstimmeo dasu su haben seyen, ;Wir
sehen der Fortsetzung dieser Sammlung mit
Vergnügen entgegen. »
r f .<• •'■:>.:.. i in
A> N B X D O T
• " .... !
.» ... . r
' .1 "t
S., eben ao allgemein als äusserst belu-f
stigender Gesellschafter, wie als Künstler
bekannt, starb, wie er gelebt hatte. Einig«.
Verwandle und Freunde standen weinend«
.um sein Sterbebett: Kinder, sagte er, lasscl
'das bleiben: ihr könnt -doch nicht -so viel-
über mich weinen, als ihr über mich ge-
lacht habt.
Lerne, iimmnori od i jirit.
• • ■ . -
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ALLGEMEINE
MUSIKALISCHE ZEITUNG.
Den io' en April. N=. 28.
1805.
Rzcinsio
Grand CWerio pour U Piano/orte avtc accom-
pagntment de 2 Violons, Alto, 2 flütes,
a Hautbois, a Clarintttes, 2 Cur«, 2 Bas-
sens, 2 Trompettts et Timbales, Viulonetllt
et Bant, compose tt dedii a ton Altesse
Hoyale Monstigntur lt Prince Louis Ferdi-
nand de Prusst, par Louis van Beethoven.
Oeuvre 37. A Vienne au Bureau d'Arts
et d'Iudustrie. (Pr. 4 FL 3o Xr.)
Gegenwärtiges grosse Konzert gehört
su den bedeutendsten Werken, die seit
einigen Jahreu von diesem genialen Meister
erschieueu sind, und dürfte sich von man-
cher Seile sogar vor ihnen allen, und zu
seinem Verlheile, auszeichnen. Wenigstens
findet Ree. iu keinem seiner neuesten origi-
nellen Werke, neben einer solchen Summe
schöner und edler Ideen, eine so gründli-
che und doch nicht ins Schwülstige oder
Allzugesuchle übergehende Ausführung,
einen so festgehaltenen Charakter ohne Aus-
schweifung, und, in Absicht auf Arbeit,
eine solche Einheit. Ueberau*, wo es gut
ausgeführt werden kann, wird und muss
es von der gröbsten und schönsten Wirkung
»eyn, selbst wo man — wie in Leipzig —
die grössern Mozartschen Konzerte gut zu
hören gewohnt ist und mit gerechter Vor-
liebe betrachtet, wird dies der Fall aeyn,
nnd ist es schon gewesen* Daniber ist denn
auch schon früher — vornehmlich von Wien
aus, und aus Leipzig von der Redakt. dieser
Z. selbst — öfters und ausführlich gespro-
7. Jabrz,
chen worden. Indem nun die Redakt. «fr,
dem Musiker, die weitere Beurtheilung die-
ses Werks aufträgt, hat sie ohnstreitig dto
wohlerwogene Absicht, dass nun auch nä-
her in den artistischen und technischen ThcH 5
desselben eingegangen werde; und ich — .
wie Jedermann — muss dies zu löblich fin-
den, als dass ich nicht in diese Absicht ein-,
gclien, und, so viel ich vermag, zu deren
Erreichung beytragen sollte. Ich wieder-
hole also nur nochmals mit zwey Zeilen:
dies Konzert ist in Absicht auf Geist und)
Effekt eins der vorzüglichsten unter allen/
die nur jemals geschrieben worden sind 1 ,
und versuche nun aus dem Werke selbst
zu erklären, woher dieser Effekt komme,
in Wiefern derselbe durch die Materie und
deren Konstruktion erreicht wird.
Den ersten Satz, ein Allegro con brio
in C moll, fangen die Saiteninstrumente
mit diesem Gedanken im Unisono an, wel-
cher dann von Hoboen, Fagotten und Hör-
nern auf der zum Grunde liegenden Domi-
nante wiederholt wird:
Allegro con brio
so wie denn im Verfolg des Ganzen dieser
Gedanke und dieser Rhythmus, bald ganz,
bald th eil weise, den Figuren u. dgl. zum
Grunde liegt und ausgeführt winL Be-
28 i
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447 ,8 °5- A P riK
sonders glücklich hat B. die wenigen No-
lles dritten Takts ^räE5rjl=iilp
448
tcn
fast durch den ganzen Sat« , oft sehr uner-
wartet, angebracht, und dadurch das Uete-
teu und verschmolzen. Alle die verschie-
denen Stellen, wo das Letztere mit vielem
Glück geschehen ist, können hier nicht an-
geführt werden: es mögen nur e nige die
Behauptung belegen, und die Alt und Weise
der Behandlung vor Augen stellen !
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449 >8°5.
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1*1 " I
Einer weile ;i Auseinandersetzung bedarf
das so wenig, als einer Hindeutung auf die Wir-
kung, die dadurch bey dem Aufmerksamen her-
vorgebracht wird. Aber nur uoch einer solchen
Stelle will ich aus diesem Satze gedenken, da sie
auch in anderer Absicht so vorzüglich ist!
2 ViolLni e Viola
April. 450
\ .-ich der Kadenz macht B. einrn Trug-
schluss, (iiiganuu) tritt vom Doraiuantensep-
liruenakkord in den Terzquartenakkord des
kleinen Scptimenakkord* von c, uud lässt
nun da* Pianoforte bis zum völligen Schlüte
noch fort kontertiren. Der Effekt diese«
Schlusses ist an sich schon sehr überra-
schend und den Geist ungemein angenehm
spannend; er wird es aber noch mehr, durch
die treffliche Wahl und Behandlung der In-
strumente — die durch das ganze Werk
gehet, aber sich hier schon durch eine Klei-
nigkeit belegen lässt. Ich meyne die Stelle,
gleich in den ersten Takten nach der Kadenz,
WO die Pauken jene wenigen, aber bedeu-
tenden, und hier um so nachdrücklichem
Noten, während de« Sulos des Pianoforte,
hören lassen.
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Titnpani * '
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1805. April.
45»
Ein Hauplmittcl, die beabsichtigte Wir-
kung in solch einem Werke zu erreichen,
ist ferner die zweckmässige Vo rb er e it u n g
und alltnählige Hinüberleitung des Zuhö-
rers zu dem Höchsten und Entscheidendsten.
Hierzu dienen nun vornehmlich die Tuttis,
wenn sie, theils im Charakter des Ganzen
abgefasst sind , theils aber auch die in der
'Folge vorkommenden Hauptgedanken schon
andeuten, und zwar jenem Charakter gern äs
andeuten, ohne jedoch den Solos, und der
tiefer eingehenden Ausführung während der-
selben und durch dieselben, ihr Hervorste-
chendes und Pikuutes im voraus wegzuneh-
men. Auch dieses Mittels hat sich 15. hier
meisterhaft bedient; die Hauptideen des
Ganzen sind in den llitornells — wie es
hier seyn musslo — einfach, aber kräftig
angegeben , und scheinen sich aus dieser
einfachen Andeutung uberall nur wie von
selbst zn entwickeln. Hiervon lassen sich
keiue ßeyspielo anführen, eben weil das
Gauze Beleg und Beyspiel ist.
452
4 f •
Ein anderes, besonders bey einem so
langen und weitausgeführten Musikstück
notwendiges Hülfsmiltcl , die Aufmerksam-
keit der Zuhörer immer von neuem anzu-
regen und zu spannen, sind Auswekhungrn
in entfernt liegende Tonarten. Sie sind
Würze — aber eben deswegen nur seilen
und für das Vorzüglichste anzuwenden; Weil
sonst, wie in den meisten der neuesten
Kompositionen geschieht, die zu starken Por-
tionen der Würze einen Uebcrreiz hervor-
bringen, der, statt seinen Zweck zu errei-
cheu, Ermattung hervorbringt. ß. , der
sich sonst dieses Fehlers wo! auch zuwei-
len schuldig macht, hat ihn in diesem Kun-
zerl glücklich vermieden; er giebt derglei-
chen Ausweichungen, aber selten, und wo
er sie giebt, sind sie am rechten Orte, und
eben darum von gehöriger Wirkung. Eine
solche Stelle will ich ebenfalls hierher set-
zen, obschon sie ihr Bezeichnendes erst im
Zusammenhange erhalt.
Q t'ianofortr.
ftm
*
fr'
i -i" 1 1 r
Contra BajJo
2S£
1 — n
Der zweyte Satz ist ein Largo in e dur
mit gedampften Violinen, das also anfangt:
Larao. itnw sord. e pianU. -=> con sord
1 >j—
I 6 i a ~J&U ; ^ j ; ; : ] j |||
4: jt:tc
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*ord. con tord/^"^«
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1
und empiiuduugsreichslen Insli umcntal*lüc kc,
Digitized by Google
453
i8o 5 . Aprii.
454
die jemals geschrieben worden sind, und
Wo es, vom Konzertspieler und dem gin-
gen Orchester sehr gut vorgetragen , (was
aber hier nicht wenig sagen will) keine
Sensation macht, kann es nur an dem
Auditorium liegen. Man kanu es den Ver-
such eines bis in die feinsten Nüanzen aus-
gemalten Bildes der VVehmuth einer edlen
Seele nennen; und darum scheint es nur
(eben so wie die Tonart, e dur gegen c moll)
schneidend zu kontrastiren, und ist vielmehr
nur ein, iu der Natur der Seele vollkom-
men begründeter Wechsel. Dieser Salz ist
.aber aus so sehr vielen, und doch vortreff-
lich verbbudnen Details gewebt, dass ich
nicht sehe, wie sich für meinen Zweck et-
was ausheben Hesse, das nicht entweder Bo-
gen füllete oder gar zu sehr entstellet würde.
Ich merkedarum nur Eins an : B. hat hier mehr,
•I» von frühern Komponisten für das Pianof.
irgend einer, alle Mittel, die dies' Instru-
ment «um Ausdruck sanfter Gefühle be-
sitzt, ins Spiel gesetzt; und denen, die
aus altem Glauben — etwa an ßach-
sche, Schwanbeigersche und dergleichen
'Klavierkonzerte — immer noch einan-
der nachsagen, es fehle dem Pianofurte
denn doch an zarterm Ausdruck, ist das
gehörige Vorspielen dieses Stücke* we-
nigstens eine eben so vollständige Wider-
legung, als das Gehen jenes Philosor
phen eine Widerlegung der Zweifel sei-
nes JUllegeu war, der die Bewegung
leugnete.
Indem der Komponist seinem Instinkt
nachging, der ihn auch ganz richtig leitete,
liess er auf dies Largo ein, wahrhaft lei-
denschaftliches Finale folgen, das, in Ab-
sh bt auf Ausarbeitung, dem ersten Allegro
vollkommen gleich zu achten ist. Gleich
Allegro.
.1
••»••• >
•■t ■ .:
wo der Akkord der Dominante sum Grunde
liegt und in die kleine None geschritten
wird, ist das Rechte ankündigend und be-
zeichnend, und sehr originell. Die Aufhal-
tung des ersten völligen Schlusses in die
Tonika durch zwey und dreyssig Takte reizt
und spannet immer höher, und fesselt den
Zuhörer unwiderstehlich. Ein Gleiches be-
wirkt B. ganz vollkommen, unter andern,
auch in den Stetten, wo er wieder in das
Thema einteilet, uud dann gewöhnlich durch
die chromatische Tonleiter eine oder meh-
rere Oktaven hindurch bis zur kleinen 7
oder 9 aufsteigt, den Zuhörer aber noch
nicht, zur Beruhiguug kommen lässt, son-
dern ihn in Spannung erhält, bis das The-
ma völlig zu Ende ist.
Diese Spannung könnte aber am Ende
zu weit gehen und dann würde sie Ueber-
druss und widrige Gefühle erregen, — wie^
das wirklich bey einigen andern der neuesten
Komponisten, die ihre eigenen guten Ideen bis
zum Tode ausführen, der Fall ist — wenn
nicht B. zu rechter Zeit — wenigstens zu
hoher Zeit — sich der Milderungsmittel be-
dienete. Hierher gehöreten die Auswei-
chungen in die harte Tonart, die hier sehr
klüglich aufgespart und darum von sehr
schöner Wirkung sind ; aber noch eigener,
und vorii eillich wieder auf den verlassnen
Weg einteukend sind die Stellen, wo der
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455 *>J'
Komponist das Thema in dur anfangt, mit
dem Jten Takle aber wieder durch die kleine
None in inoll übergeht — und dann, wo
er in As dur tritt, und die Klarinette dem
Pianoforte die Melodie, die dieses nachher
in der linken Hand mit Sextoleu in gebro-
chenen Akkorden wiederholt , wie freund-
lich einladend , erst vorspielt. Am Schluss
dieses Perioden in As dur, überrascht der
Komponist den Kenner, wie den Ej^baber,
dadurch angenehm, da»» er das Thema sei-
TuUi.
April.
456
nes Finalem von den Saiteninstrumenten pia-
nissimo fugiren lasst, und dann, da er wie-
der nach c moll einleitet, von der Domi-
noute G, statt nach C zu gehn , in die kleine
Übersekunde a> schreitet, dieses as dann
von dem Pianoforte aufiuhmen und abwech-
selnd in beyden Händen anschlagen lasst,
und durch eine Verwechselung des, Klang-
geschlechts , wo aus dem as gis wird, nach
E ß modulirL
I
Solo.
dtetese: P* seivi- i lord no
sr* 2 ZZ
ii ZZ *
geht,
Da, wo die Modulation wieder nach C moll
legt B. die ersten drey Noten des
in die Begleitung, und lasst das Pia-
noforte dazwischen durch den verminderten
7_ Akkord arpeggirend ei.ilnten, welches,
da die Saiteninstrumente ga. z schwach in
Achteln furlgehn, einen tiefen, seltsame»
Eiudruck macht.
# jf **• *r «r
Den völligen Schluss dieses Satzes macht
ein Presto, f Takt in c dessen Thema
und das Ganze eben so iuleressant schliesst,
als es angefangen hat, aber etwas ruhiger
und freundlicher, wie es denn auch Hecht
ist. Ich beschlösse hiermit diese Anzeige,
die nur für diejenigen geschrieben ist, die
bey ihrem Genüsse auch denkoo, oder die
das Werk selbst studireu wollen. Diese
besonders die Letztern, werden nun freylich
wol auch kleine Mangel — aber deren ge-
wiss wenige — entdecken: eben darum kann,
ich mir ersparen, sie aufzuzahlen, was mir
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457
1805.
bey einem solchen Produkt, wo das Vor-
zügliche so unendlich überwiegend ist,
•elir herbe ankommen würde.
April. 458
Nachrichten.
Das Konzert verlangt ein Orchester, das
viel vermag, das besle will, und, um es
auch wirklich zu leisten, verstehet, was es
spielt} und einen tüchtigen Solospieler,
der bey alle dem, was man gewöhnlich Vir-
tuosität nennet, auch Kenntnisse im Kopfe
und ein Herz im Busen hat — sonst wird,
auch bey der ausgezeichnetsten Fertigkeit
und Sicherheit, gerade das Vorzüglichste zu-
rückbleiben. Ein solcher wahrer Virtuos
kaun aber auch durch dies Konzert gUuzen;
deun so reich es besetzt und durch alle In-
strumente ausgeführt ist, so hervorstechend
und dankbar ist doch die Kouzertstimme.
Der Komponist ist übrigens — was eben-
falls zu loben ist — allem willkührlichen
Verschnörkeln dadurch zuvorgekommen , dass
•r, was wirklich verzieren kann, sehr ge-
nau und sorgfältig ausgeschrieben hat. Wer
nur Noten spielt, dem wird dadurch zwar
manche Stelle ungeheuer schwer vorkommen;
aber, wie gesagt, für den ist dies Werk
auch nicht.
Der Stich hat nur wenig Fehler. Sie
sind also zu verbessern : Klavierslimme S. 8
im Diskantsystem Takt 5, muss vor dem
d ein b stehen; Seite 16 muss die erste
Note des letzten Diskantsysletns nicht I son-
dern d heissen; Seite 19, Takt 5, müssen
alle Noten einmal mehr gestrichen werden.
In der Bassstimme muss zu Anfang des
Largo statt £, £ stehn, und Seile 5, Z. 3,
Takt i, müssen die beyden i6theile nicht
H, A, sondern eis, H heissen. In der er-
sten Hoboe, Seite a, Zeile 10, Takti, muss
die zweyle Note ein punktirtes Viertel , und
München , d. 26. Marz. Babo's nnd Win-
ters längst erwartete Oper: Der Frauen-
bund, wurde den i7len und gestern auf-
geführt. Dies ist denn doch endlich einmal
wieder eine wahre Bereicherung der deut-
schen Bühne durch deutsche Originale! Der
Inhalt und der Plan des Gedichts ist vor-
trefflich; die Ausfuhrung des Binzeinen, be-
sonders der Bau und die Diktion der Verse,
läset Wünsche anrück: aber man weiss ja,
dass in dem Freskogemälde einer romanti-
schen Oper hiervon vieles, ohne beträcht-
lichen .Nachtheil, durchschlüpft. Die Ge-
schichte knüpft sich an die Sagen von der
berühmten, zauberischen Herzogin vou Böh-
men, Libussa, an, und ist, den Haupt-
momeuten nach, folgende. VJasta, (Mad.
Elise Lang} Dame vom Hof dieser Fürstin,
entflöhe aus Prag* verschmäheter Liebe we-
gen, erbauete in den Böhmischen Wäldern
die Burg Frauenberg, und errichtete einen
Weiberorden, der sich, wie die Amazonen,
gegen die Männer verschwor, sich zum Krie-
ge abhärtete, und nun allen Männern weit
umher, selbst dem Herzog von Böhmen,
furchtbar wurde. Der Krieg zwischen bey-
den wird aufs grausamste geführt, nnd mei-
stens siegen die Weiber — durch Muth,
Gewandtheit und den Ruf der Zauberey.
Helena, (Mad. Canoabich) Tochter des deut-
schen Königs, Heiurichs des ersten, (Herr
Muck) liebt Albert, Grafen von Oldenburg;
(Hr. Tochtermann) beyde werden von dem
strengen Vater so bedrängt, däss sie entflie-
hen, und in der Verborgenheit der Böhmi-
schen Wälder Zuflucht suchen. Helena
muss Theil an jenem, Bunde nehmen. Jede
Verbündete muss nun den ersten Mann, den
sie nach der Aufnahme erblickt, ermorden:
Helena verspricht es, mit Ausnahme eiues
Einzigen — sie meynt ihien Albert, der
unbekannt in den Wäldern verborgen lebt.
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459
•i8oj. April.
460
Sie ziehen aus, sie entdecken einen Mann —
er ist jener Eine! .Nun aber muss auch He-
lena unwiderruflich den jetzt zuerst sich
Zeigenden erlegen. Ihr Vater, Heinrich,
kömmt auf einem Zuge gegen diese Räube-
rinnen von seinem Gefü Ige ab, verirret sich
in den Wäldern, will verschmachten: da
findet ihn ein Einsiedler und nimmt sieb
seiner an. Der Einsiedler ist der verstossene
Alberl. (Diese rurtrelHicbe Situation erin-
nert an Glosler und Edgar in Shakespeare 1 *
Lear). Endlich kann der König nicht Wei-
ter: er sinkt nieder, entschlaft, und — die
verbündeten Weiber erscheinen mit Helena,
die nun ihren Vater ermorden soll, und in-
dem sie den Dolch zückt, ihn erkennet.
(Auch diese Situation zeigt den Meister und
ist von grosser Kraft). Man denkt sich nnn
»c hon selbst, dass der König, dem Bunde
verzeihet, die Tochter und Albert vermählt
o. s. w. Winters Musik zeichnet sich vor-
nehmlich durch Klarheit, schöne Haltung,
Geschmack in der Bearbeitung aller Theile,
Und einen durchaus lieblichen Gesang ans.
Das Ganze hat eine grosse Anmuth. Ge-
waltsam erschüttert wird das Herz nicht,
aber mit den angenehmsten Empfindungen
erfüllt. Vorzüglich achön sind — im ersten
Akt zwey Anetten der Helena, in neuer,
genialisch gefundener Form geschrieben; im
zweyten, ein Duett zwischen Helena und
Albert, und im dritten eine rührende,
«ehmelzende Arie der Vlasta. Auch fehlt
es, wie man das von Winter ohnehin er-
wartet, keineswegs an brillanten Stellen; nur
scheint es uns, als habe der Komponist im
ersten Pinale mit den Bravourstücken, die
er der Helena da zu singen giebt, zu viel
getändelt. — Dass übrigens die Theaterin-
teudanz den Inhalt des Stücks auf den An-
kurz angegeben halte, ist zu
loben und verdient Nachahmung. Bin Zu-
satz dieser Anzeige klingt beynahe, als habe
man besorgt, es möchten Chronologen und
Grammatiker vom Dichter die alldeutsche
und slavische Sprache des zehnten Jahrhun-
derts, in welchem das Stück spielt, er-
warten! —
Anekdote
Eine gewisse Opernsängerin , die aich als
ein hübsches, aber auch sehr lockeres Mad-
chen, auf mehrern deutschen Theatern be-
kannt gemacht hat, enlschloss sich vor kurzem
einen ehrlichen Krämer zu heyrathen uud eine
ordentliche Frau zu werden. Sie kündigte den
Wechsel ihres Geschicks also in einer Zeitung
an: Ich habe das Theater und seine man-
n ich falligen Unruhen verlassen, um an der
Hand eines Gatten, des , ruhig und
glücklieh zu werden. Ich mache die* hier-
mit bekannt — meinen Verwandten, da-
mit sie mich nachahmen, meinen Freun-
den, damit sie mich Vergessen , raeinen
Feinden, damit sie mich beobachten und
nun meine Freunde werden.
Die berühmte, äusserst witzige and tue*
serst unordentliche vormalige Sängerin, Dem.
Arnould in Paris, kam in spätem Jahren
so herunter, dass sie ihre sehr schönen Mö-
beln und Galanteriesachen verkaufen musste»
Mehrere Damen beschwerten sich, dass sie
zu hohe Preise mache. Meine Damen, Sie
möchten sie wol lieber für das, was sie
mich kosten? sagte sie.
IiF'PttO, ZBT IKDITXOri OSO 1 llTIli
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ALLGEMEINE
MUSIKALISCHE ZEITUNG.
Den 17'« April. N"
i 1 ■» 1
l305.
Einigt Bemerkungen Übtt dit Kirxhtnkanlatt
und das Oratorium.
Unter der Kirchrnkantate
Siugslück, weiche« tum Ausdruck religiöser
Empfindungen und Gesinnungen vor einer
Kircheugetneiude geeignet ist. Poesie und
Musik vereinigen sich in derselben, nicht
blos die religiösen Empfindungen Einzelner,
sondern auch die gemeinschaftliche Gemüths-
erhebung einer ganten andichtigen Menge
su frommen Gefühlen, Betrachtungen und
Entschließungen auszudrücken. Wenn man
nicht im weiteren Sinne jedes, auch das -ein-
fachste, musikalische Kircheostürk, da« zur
Erbauung der Kircheugemeinde aufgeführt
wird, Kirchenkantate nennen will, so besteht
dieselbe, gewöhnlirhermassen wenigstens, aus
eiuern Chor und einer Arie, oder aus Solo-
pa rtbieea nnd mehrstimmigen Gesingen. Je
mannigfaltiger und reicher die Zusammenset-
zung, desto grösser ist sie ihrer äusseren Fora
nach, und sie enthalt dann mehrere Arien,
Duetten, Terzellen n. s. f., Recitative und
Cudre, welche zusammen ein genan verbun-
denes Ganze bilden. Die dramatische
Bezeichnung der einzelnen Gesaogalückedurch
bestimmte Personen ist wenigstens der
Kantate nicht nothwendig, und man kann das
Oratorium unter dieser hinzukommenden
form, welche auch schon einen grossem Um-
-£ang des Werkes mit sich führt , von der ein-
fachen Kircaenkantale
,gi a*heilung in Chöre, Arien,
3. Jahrg.
«. w. entspringt an« der Art und Weise t
•ich menschliche Empfindungen über einen
wissen Gegenstand ausbreiten und in
verschiedenen Nuancen aussprachen, mithin
aus den Gesetzen der ins Mannigfa tige ent-
wickelten und ausgeführten lyrischen Dich-
tung. Das Allgemein - Menschlich«
wird vorzüglich durch das C b o r ausgespro-
chen; ihm vornehmlich kommt der Herzens-
erguss über grosse, ailgemeinwichtige An-
sichten , allgemeine Religiooswahrheilen, all-
gemeingültige En (Schliessungen und Gesinnun-
gen, über Ideen und Bedürfnisse zu, weiche
die Meuschheit überhaupt oder doch die ganze
Kirchengemeine angehen. Die Solopar-
thieen aber heben einzelne Empfindungen
und Gedanken mehr nach individuellen
Seiten hervor. Das Recitativ an sieh dient
zur Verbindung - zwischen Sologesingen und
Chören, und enthalt nur im Vorübergehen
lyrischen Ausdruck: nähert sich nach dem
wachsenden Grade desselben bisweilen als
Arioso der Arie,
eigentlich auf das Gebiet «
Schilderung und Erzählung.
Da wir gegenwärtig noch keinen Ueherflus«
an musikalischen Gedichten haben, die sieh
zu Kirchen kantalen eigneten, und eben so sehr
eine gereinigte religiöse Denkart atbmeten , als
Fassungskraft einer nicht ganz ungebildeten
Gemeine angemessenen Sprache ausdrückten,
so glaube ich , geschmackvollen Kirchenk om-
ni
Titel
29
ist:
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463
1805. April.
464
Hymnus auf Gott, musikalische» Gedicht,
nebst einigen geistl. Liedern. Neuer, ver-
besserter Abdruck. (Magdeburg, bey
Keil. i3o4. 79 S. kl. 8.) Der Hr. Verf., F. v.
Köpken, bestimmte dieses Singstück allein
zur Aufführung in Kirchen und Konzerlen,
und gab demselben eine Einrichtung, über die
er sich in der Vorrede erklart. Einige Bemer-
kungen verdienen hier ausgehoben und erwo-
gen su werden«
„Längere Singstücke in gewöhnlicher Kan-
tatenform (sagt d. Verf.) tritft nicht selten der
Vorwurf, welcher in den Blättern von d e u t-
scher Art und Kunst dem Ramierschen
Tod Jesu gemacht wird: wer spricht?
wer singt? ist es der Dichter selbst: wo-
her die Veranlassung au Duellen, Chören,
und au der nöthigen Mannigfaltigkeit in deu
SiugeparLhieen? sind es aber eingemischte er-
säht ende Personen: woher bey diesen der
Ausbruch in den stärkeren Affekt und dessen
musikalische Darstellung?"
Mich düokt, wenn die Kantate als ein
in sich vollendetes lyrisches Kunstwerk
betrachtet wird, so bedarf der ästhetische Ge-
nuas desselben gar nicht der Frage nach dem
Urheber, nach der Person, welche spricht
oder aingt. Frey lieh würde sie unvollkom-
men aeyn, wenn sie auf diese Frage führte,
und ihre Beschaffenheit nicht aus ihr selbst be-
greiflich wäre. Ich erkläre mich näher. Wenn
iu der Kantate nicht, eine dialogische Form
herrscht, also keine bestimmten Personen in
ihr eingeführt sind (wie es auch gar nicht we-
sentlich ist), so findet natürlich an sich keiue
Rücksieht auf bestimmte singende oder spre-
chende Peraouen Statt, und dann ist der Dich-
ter blos das unsichtbare Organ solcher Gefühle,
Gesinnungen rund Gedanken , wie sie in un<s
selbst bey einem gewiasen Gegenstände ent-
stehen würden. Bey der Situation, in die er
und der Komponist uns setzen, vergessen
wir uns (als bestimmte Individuen) ganz in
dem poetisch -musikalischen Ausdruck der
religiösen Begeisterung oder in den ausgespro-
chenen Gefühlen, und verlieren uns durch
Sympathie in denselben. Gerade das äusser-
lich Beziehungslose, das unsichtbare
Eintreten der heiligen Gesänge, das fr eye
Ertönen erhabener Wahrheiten und schöner
Gefühle, ohne Zurückbeziehung auf beschränk-
te Individualitäten, scheint den Chören, Arien
u. a. Gesängen der religiösen Tonkunst einen
eigenen hohen Reiz , eine grosse Gewalt über
unser Herz zu geben. Wir denken an keine be-
stimmten Personen, sondern versenken uns
in das Allgemeine- Menschliche, oder in das
Ideale und Göttliche.
Die Verlheilung der musikalischen Poesie
in Chöre, Soloparthieen , Duelteu. Recitative
u.a. w. hat, wie mir scheint, ihren Grund
1) in der Verschiedenheit der Reihen von Em-
pfindungen und Gedanken, je nachdem sie ein-
zelnen Individuen, oder einer ganzen Volks-
menge, oder der ganzen Menschheit angehö-
ren ; 2 ) in der Beschaffenheit und den Ab-
stufungen des Gedanken - und Gefüblsaus-
drucka iu dieser oder jener Part hie der Kan-
tale , wonach manche die vereinigte Kraft im
vielstimmigen Gesänge, manche den sanftem
Vortrag im Singen oder Sprechen Einzelner
erfordert, und 3) in der ästhetischen, poe-
tischen und musikalischen Notwendigkeit der
Mannigfaltigkeit, der Abwechslung und des
Kontrastes*
. • •
Dass eingemischte erzählende Personen in
slärkereu Affekt ausbrechen, dies muss in dem
lyrischen Sujet, in ihrer Situation, in dem
Faktum begründet seyn, welches sie in ge-
wisse lebhafte Empfindungen setzt.
' .Die lyrisch-dramatische Form (sagt
der Verf. ferner), welche mehrere Dichter ge-
wählt haben (um jenen Vorwürfen auszuwei-
chen) hat entschiedene Vorzüge. — Aber
bey der in Kirchen und Konzerten fehlenden
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465 1805.
Pantomime und theatralischen Darstellung
kann die nölhige Täuschung uicbt entstehen,
oder wird immer gestört. — So viel ist we-
nigstens gewiss : eine erst entstehende und sich
vor un>ern Augen selbst allinahlig enlwik-
kclude Handlung erregt an sich schon ein weit
grösseres Interesse, als die Erzählung einer
bereits vorgegangenen Begebenheit. Das
Lyrische der Erzählung ersetzt den Mangel
der Intuition nicht. Lebhafter fühlt und spricht
auch der Handelnde, als der blose Erzähler.»
Gewiss giebt man dem Verf. im Ganzen
hierin Recht. ~In unseru geistlichen Oratorien
wird der Eindruck sehr gestört durch Incon-
venienz in Ansehung der Sanger und Sange-
rinnen, welche die Rollen der dramatischen
Interlokuten übernehmen müssen. Itore In-
dividualität , so viel sie auch als Künstler lei-
sten mögen, drangt sich den Augen und Oh-
ren zu leicht auf, und stört uns um so mehr,
je mehr sie idealische Wesen oder geheiligte
Personen aus der patriarchalischen Welt oder
aus der geistlichen Geschichte vorstellen sol-
len. Ware uns der (freylich in andrer Hin-
sicht oft so interessante) Anblick des Orche-
sters entzogen, so würde hier für die Illusion
wenigstens Etwas gewonnen seyu. Daher
haben, wie mir scheint, Kantaten, wo
keine bestimmten Personen auftreten, einen
Vorzug.
Folgende Bemerkung theüen gewiss die
meisten Leser mit dem Verfasser. „Dasjeni^-
ge, was auf der Bühne eine Schönheit ist, viel
Handlung und oft unterbrochener lebhafter
Dialog, macht im Konzer tvorl rage (und man
kann hinzusetzen, auch in der Kirche), wo
die Rollen, oft selbst die weiblichen, von
Phors. hülerh, das Blatt iu der Hand, steif ab-
gesungen wYrden — wie dies in den mehre*
•ten Stadteh der Fall ist — immer die wenig-
ste und oft gerade die entgegengesetzte Wir-
kung. Denn mehr als einmal bemerkte der
Verf., daas bey den tragischen, affektvoilsten
April. ^ 4 ß6
Stellen sich auch bey ernsthaften Zuhörern die
Miene zum Lächeln verzog."
Nicht einmal die theatralische Dar-
stellung würde bey geistlichen Dramen unsern
ästhetischen Ansprüchen ganz Genüge thun
können, weil die Ehrfurcht, die wir vor den
heiligen Personen aus der jüdischen oder
christlichen Geschichte hegen , sich mit einer
konkreten Darstellung durch Menschen der
gegenwartigen Zeit, wobey dem Ideal in un->
serm Geiste unvermeidlich immer Abbruch
geschieht, nicht recht aussöhnen kann. Den-
noch würde eine hochgetriebene theatralische
Kunst uns auf einige Zeit in eine schöne Illu-
sion setzen könuen, wenn das Kostüm treu.'
beobachtet, und uns nur gleichsam ein beleb-
tes Gemaide, vereinigt aus den treffendsten,
imposantesten Darstellungen der erhabensten
Maler, vorgehalten würde. Allein in Ora-
torien der Kirchen und Konzerte kann die Illu-
sion von dieser Seite nicht erreicht und rnusa
nur zu leicht durch die musikalische Beset-
zung der Rollen gestört werden. Stimme und
Sprache ist uns ein zu bedeutungsvolle« Kenn-
zeichen einer Person. Nun erhalten aber im
Oratorium die Personen der heiligen Ge-
schichte, welche uns nur noch als i de a ti-
sche Wesen vorschweben — die wir selbst
nicht bestimmt zu zeichnen wagen — ihren
eigenen musikalischen Charakter durch die
Vertbeilung der Stimmen. Unsre Einbil-
dungskraft wird hier durch Individualitäten ge-
bunden, welche ihrem Ideal widersprechen',
oder wenigstens die hehren Gestalten, die sie
nur aus grauer Ferne erblickt, und selbst nicht
naher zu bestimmen wagt, ihr unter willkür-
lichen Modifikationen zu nahe bringen. Auch
leidet die hohe Simpliritüt, welche wir jenen
Charakteren beylegen, nur ZU leicht unter
dem Aufwände der Kunst unserer Zeit. Die
Anlagen und Aufführung eines geistlichen
Oratoriums hat daher ihre eigenen Schwierig-
keiten, Wenn alles Anstössige vermieden und
das gebildete Gemüth einigermassen befriediget
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l'
467
1805. April.
468
werdpn soll. Dichter and Komponist werden
auf hohe Simplicitäl hinarbeiten müssen, wo-
durch die Einbildungskraft so wenig als mög-
lich beschränkt und nur an ästhetischen Ideen
belebt wird. Die blose Kantate, oder das
Oratorium, welches nicht die heiligen Perso-i
nen selbst, sondern nur Andere, als Zeugen
oder Erzähler ihrer Theten, als Theilnehmer
ihrer Handlungen und Empfindungen einfuhrt,
acheint mir aus den angegebenen Gründen
einen Vorzug vor den Singstücken zu behaup-
ten, in welchen die Personen der h. Geschichte
aelbst redend vorgestellt sind. Mögen es pro-
fane (d. h. nicht unmittelbar zu dem ehrwür-
digen geheiligten Kreise selbst gehörige) Zeit-
genossen, oder Nachlebende seyn , welche
lyrisch uns Begebenheiten der Geschichte ver-
gegenwärtigen; ao fällt nicht nur hier der An-
stoss am verletzten Ideale weg, sondern die
Sympathie , mithin der Eindruck musa ge-
winnen.
Es ist wahr, eine sich vor unsera Augen
entwickelnde Handlung macht mehr Wirkung
auf uns, als die blose Erzählung. Doch ist
hier Folgendes zu unterscheiden. Die Hand-
lung rnuss, um jenen Vorzug zu haben, auch
wirklich ganz vor unsern Sinnen (theatra-
lisch) erscheinen. Dies fällt bey Oratorien
(jJie nur durchs Gehör Eingang finden sollen)
hinweg. Auf der andern Seite kann unser
Gemüth durch Sympathie stärker bewegt, uns-
re Einbildungskraft mehr begeistert werden,
wenn wir an dem Ausdruck der Gefühle theil-
nehtnen, von welchem Gesänge, auf Anlass
einer bedeutenden (wenn auch längst vergan-
genen) Handlung, an die sie uns lebendig er-
innern, überfliessen. Die Passiunskantate
und jede andre Kirchenkantate wird uns daher
innig rühren, ergötzen und erheben, wenn die
Gesäuge unsre eignen edelsten Empfindungen
über religiöse Gegenstände in vielfachen Auf-
wallungen, in sanftem und stärkern Strömen,
aushallt- n lassen. Wir «ympathisiren leichter
'mit den Repräsentanten uosrer eignen He neu,
wenn der Dichter und der TonkÜnstler sich
ihrer Sprache zu betneistern gewuaai haben.
(Der Bo*chtu«i folgt.)
Nachrichten.
Wien, den 5ten April. Die Konzerte ha-
ben sich in dieser Fastenzeit au.-aerordentlicb,
bey uns gehäuft, aber die wenigsten Virtuo-
sen mögen dabey ihre Rechnung gefunden ha-
ben. Die vielen Privatmusiken, in denen man
so viele vortreffliche Dilettanten die YVeike
der besten Komponisten schön und gest bmack-
voll vortragen hört, stehen den öffentlichen
Konzerten im Wege ; und nur ein sehr belieb-
ter oder berühmter Künstler kaun sich bry den
beträchtlichen Kosten, welche der Jahusche
Saal, das Orchester, die Proben erfordern,
einen ansehnlichen Gewinn versprechen.
Hradezky spielte ein Konzert auf dem Wald-
horne. Er behandelt das Instrument mit Kunst
nnd Geläufigkeit , aber es fehlt ihm an der De-
likatesse und dem feinen Geschmack, wodurch
Punto und Dornaus bezauberten , und welche,
nach meinem Urtheile, besonders in einem
nicht grossen Saale, das Waldhorn allein im
Konzerte angenehm machen können. Ham-
burger, ein Schüler des fürstlich Esterhazi«
srhen Kapellmeisters Hummel , spielte ein
Steibeltsches Klavierkonzert nicht ohne Ge-
•«hicklirhkeit, und zeigte Anlagen, die aber
freylich noch einer sehr sorgfältigen Pflege be-
dürfen. In dem Konzerte auf E dur hatte
Hamburger keine gute Wahl getroffen; das
Andante worin das P. f. blos von Flöten und
Violoncell ia Oktaven, dann von Fagott und
Contrabass begleitet wird, ist ohne allen Ef-
fekt. In dem Hummelsrhen Trio aus es, fanu
man eine grosse Gewandtheit im Satze, die
aber zu absichtlich zur Schau gelegt ist, und
Geist und Feuer nicht an allen Stellen ersetzt.
Bewundernswürdig ist die Kühnheit» womit
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1805. ' April/
470
es na Herr Mög 1 i eh wagten koorite, ein Vio-
linkonzert öfleulhrh vorzutragen. Ea fehlt
ihm ganz an Ton und Präzision , an Reinheit,
Geschwindigkeit, kurz an Allem! fieynabe
jede Patsage verunglückte auf eine klägli-
che Art.
Herr Teyber gab im Theater an der
Wien ein Oratorium von «einer Komposition:
Der sterbende Jesus. Trotz sechs in verschie-
dene Töne gestimmter Pauken wurde es aus-
gezischt, und verdiente dies Schicksal voll-
kommen. Mad. Aueruhammer spielte ein
Mozartsches Klavierkonzert auf ihre gewöhn-
liche Weise — nicht ohne Geschwindigkeit,
aber ohne Ausdruck und Präzision. Variatio-
nen von ihrer Komposition über ein Thema aus
Mebuls 0 uue Folie * sind äusserst unbedeutend.
Herr Eimen reich beschäftiget seit eini-
ger Zeit die Aufmerksamkeit des Publikums.
Er ist im .verliebten Schuster," und im •Ka-
pellmeister 4 ' aufgetreten. Die Stimmen über
sein Spiel, seine Stimme und seinen Gesang,
sind sehr getbeilt: doch wurde er jedesmal
hervorgerufen. Ich werde noch einige seinem
Rollen abwarten, um dann ausführlicher von
ihm zu sprechen.
Bey Herrn von Wurth worden wieder
einige Haydnsche Sinfonieen recht gut gege-
ben. Mad* Bigot de Morogue» spielte ein
Mozartsches Klavierkonzert aus B uud Hra-
d e z k y ein Konzert auf dem Waldhorne } von
bey den ist schon gesprochen worden. FrStu-
lein Kurzbök spielte ein Mozartsches Kla-
vierkonzert aus C dur mit jener Delikatesse,
Anmuth und Zierlichkeit, die man an ihrem
Vortrage so sehr liebt, welchen etwas mehr
Schallen,. Sicherheit, und Kraft zum Vortreff-
lichen erhöhen könnten. Eberl hatte einig»
schöne, undpassende, neue Fermaten zu
diesem Konzert verfertigt. Das Ganze wurde
mit dem lautesten ßeyfalJ aufgenommen.
Fräulein Kozeluch, die Tochter des be-
kannten Kapellmeisters, trug ein Konzert ih-
res Vatera mit vieler Gewandtheit, Fertigkeit
und Kunst vor 5 nur mit der Komposition
(C dur) war man nicht zufrieden: sie steht
hinter den vortrefflichen Mozartschen, Eberl-
achen und Beelhovenschen Werken dieser Art
weit zurück. Eine Wintersche Sinfonie mit.
obligater Violin, Klarinette, Waldhorn und
Fagott, tauschte die Erwartungen, die der
Name Winter gemacht hatte: ohne eigentli-
che Kraft, Neuheit und Feuer, scheint sie ein
Jugendwerk dieses achtungswürdigen Kompo-
nisten. Von Ouvertüren wurden die, von
Cberubini's Gefangnen und portugiesischem
Gasthof, v.Winters Opferfest, Righiui'sTigra-
nes und Mozarts Entführung aus dem Serail,
aufgeführt. Ein Kirchensiück von Hummel
ist gut gearbeitet; auch Variationen diesea
Meisters für das ganze Orchester fallen ganz
angenehm ins Gehör. Nächsten Sonntag sol-
len ftteydns sieben Worte diese interessanten
Konzerte beschliessen , welche Kennern und
Liebhabern der Musik so ausgezeichneten und.
reichhaltigen Genusa verschafften»
London' d. 4ten März *). Sie wissen, ich
bin mit geringen Erwartungen, in Absicht
anf Musik, hierhergegangen. „ Der Englän-
der bat kein Genie- für Tonkunst ; er a< biet
und liebt eigentlich nur, was sieb sein Natio-
nalstolz als Nationaltalent oder Nationalpro-
dukt anschlagen kann : da aber die Musik ihm
fast ganz durch Fremde zukömmt, so kaiin.
seine Achtung und Liebe zu ihr nicht gros«
•) Nicht »011 denwelben
Musik io diesem Lande
« Ii • « t '
•us Roghnd , der im vorigen Stack eine Reihe tob Briefen iibsr
d. Redakt.
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47*
1805. April.
'472
W yn: der alles verschlingende Spekulations- I Meine eigenen Beobachtungen in den vie-
geist bey den meisten Männern ; die ausgelas- I len und sehr bedeutenden Hausern, wo ich
sene Ruhbett uud Siltenlosigkeit bey den mei-
sten Jünglingen, kann alle Künste und Wis-
senschaften (abgerechnet , was eben diese Trie-
be befriedigen lulfi) höchstens gleichgültig dul-
den, und sie den stillen, beschränkter und
strenger erzogenen Weibern überlassen u. s.w.
Das war es, was ich mir schon vor meiner
Ankunft dachte, und schon bald nach meiner
Ankunft vollkommen gegründet fand — denn
man trägt das alles hier zu Schau — ; aber
nun, nach längerem Aufenthalt, habe ich
noch immer und immer mehr abrechnen müs-
sen, so dass am Ende wahrlich fast gar nichts
geblieben ist. Es ist zwar Sitte, dass die
Deutschen, was sie hier Fehlerhaftes bemer-
ken, bemänteln, oder es wenigstens so gelind
als möglich behandeln, das Lobenswerthe aber
aus allen Kräften erheben; und das ist sehr
leicht begreiflich — schon darum , weil das
Ungeheure des Welt -Handels den armen,
die bewundernswürdige Industrie den fleissi-
gen, der Wohlstand und die Sauberkeit der
gemeinen Klassen (die wir alle lieben) den ge-
rechten und ordentlichen, die unbeschränkte
Rede und ungebundene Handlungsweise den
Freyheit, wenigstens im Geheim, hebenden
Deutschen ( erst imponireu, dann äusserst
wohlthun und gewinnen; und da weiss man
ja, wie auch der aufmerksamste Beobachter
siebet! Es ist eiqe meiner vorzüglichsten Be-
strebungen, mich vor solchen verschönernden
Augengläsern zu verwahren; bey dem aber,
worüber ich Ihnen zu schreiben habe, ist
das nicht einmal nöthig, denn jeder Deutsche,
selbst wenn er unsre grössern Städte nicht ge-
sehen, nur nicht lebenslang in Krähwinkel ge-
hatiset hätte, würde doch viel mehr und viel
Besseres in Absicht auf Musik (vom We-
sentlichen, und Ganzen sprech' ich) ken-
nen, als er hier fände; es würde ihm also
schon darum nicht imponirt, er würde hier-
in nicht wohllhätig berührt, nicht gewon-
nen werden.
Zutritt habe, haben mich gelehrt, und die
Erfahrungen der vorzüglichsten hiesigen
Künstler, die ich oft s.ehe, bestätigen e«:
Künstliche, und vornehmlich Liebe zur Musik
als Kunst (nicht, als mechanischer Ge-
schicklichkeit,) ist auf dieser Insel nicht zu
finden , und kann auch hier nicht einheimisch
werden, so lange der Engländer Engländer
bleibt — das heisst, ewig! Man muss aber
hier Üben, und die tausenderley Dinge vor
Augen haben, welche am Ende auf Einen
Hauptpunkt zusammentreffen, den Charakter
des Engländers so abrunden und feststellen,
und wahre Kunst uud Kunstliebe geradehin
ausschliessen — man muss sie vor Augen
habeu, sag' ich, denn schriftlich stellt sich»
nicht dar, eben weil es aus tausenderley Mo-
menten zusammengesetzt ist, und diese fast
sämmtlich von allem, was man auf dem festen
Lande siehet, so sehr abweichen, dass man
über jeden einzelnen weitläufig werden müsste,
worüber dann wieder das Ganze aus dem Ge-
sichtskreise käme. Wer also über Kunst in
Britannien sprechen «oll , muss den angegebe-
nen Satz als ein Postulat heischen; und er darf
das um so mehr, je mehr er ihn praktisch
nachweisen und mit allem, was er antrifft uud
referirt, belegen kann. Sie wenden mir viel-
leicht ein: Wir wissen aber doch, dass fast
in jedem wohlhabenden Hände, namentlich
Londons, Musik getrieben wird! Sie haben
da ganz recht; die Männer bekümmern sich'
zwar nicht darum, aber die Damen lernen
Piano f. und Harfe spielen, und singen, treiben
das auch zum Thoil recht fleissig; aber gerade
so, wie gewöhnliche, feinere Frauenzimmerar-
beit. Man lernt Musik, wie fein nahen: es
gehört einmal zur gdten Erziehung, zum An-
stand, zur Unterscheidung vom Pöjiel, und
hilft überdies die leeren Stunden auslullen.
Nach diesem Maasstabe siehet man auch die
Musiklehrer au, obschön man die berühmtem
ausserordentlich reich bezahlt; so ist es auch
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473
1805. April.
474
fast gleichgültig, was man spielt, und an ein
Fortgehen mit der Kuuat darum fast gar nicht
zu denken. (Es verstehet sich, hier und über-
all, dass ich einzelne Ausnahmen zugebe ; aber
sie sind sehr selten). Dies Fortgehen wird
sogar durch konslituliotismässige Hindernisse
ungemein erschwert Alle Hütfsmittel dazu,
die das Ausland bietet, sind hier angesehen,
als fremde — Fabrikate, und fremde Fabri-
kate sind mit Abgaben belastet und ihre Ein-
fuhr, wie ihr Bekanntwerden, auch ausser-
dem sehr erschwert. Dahin gehören nun auch
fremde Musikalien, Instrumente u. s. w. Von
neuer Musik des Auslands lässt man darum
sehr selteu mehr, als Ein Exemplar kommen,
damit man es 11 achstechen könne, wenn'» in
den Kram passt, wie er eben hier schon ist.
Es passt aber sehr wenig in diesen Kram, was
über 1. 2. oder 5 Schilling Sterl. kostet; denn
fast nur das wird viel gekauft. Vollständige
Musik, Partituren u. dgl. kann liier Niemand
drucken, weil sie ihm auf dem Lager bleiben.
Auch behalten die hiesigen Musikhändler in
der öffentlichen Meyuung den Vorzug; Aus-
länder würden nichts verkaufen können
Liebhaberkonzerte — was' wirklich die-
sen Namen verdiente — giebl es hier, in
London, nicht; in grossen Provincialstädten
soll es deren geben, sie mögen aber auch dar-
nach seyn! Engländer und Engländerinnen von
Erziehung und gutem Hause würden sich lief
herabsetzen, würden in der öüentlichen Mey-
nung vernichtet werden, wenn sie in irgend
einem Kouzerle mitspielten oder mitsängen;
eder wenn sie überhaupt nur selbstlhätig au
einem Orte aufträten, wo Musiker auAreten,
die, wenn s>e auch die grösalen Meister in ih-
rer Kunst sind, denn do«h Fiddlers (Fiedler)
sind und bleiben, und auch so heissen. Nie-
mand also, der nicht selbst ein Fiedler heissen
will, berührt da ein Instrum ent. — Man
ner, wie Clementi. steheu «war in Achtung:
aber, namentlich dieser, weil man "ihn als
einen geschickten Mechaniker, grossen iuatru-
roenten-Fabrikanten nnd Musikhändler kenuet,
wobey man sichs gefallen lassen kann, dass er,
wie man meynet, auch nebenbey komponirt
und spielet, aber — und das ist ein Haupt-
moment — nicht öffentlich! (Clementi
ist übrigen« von seiner grossen Heise immer
noch nicht zurück, sondern, so viel ich weiss,
jetzt in Neapel).
Dass man grosse Opern, dass man öffent-
liche Konzerte hat, weiss freylich Jedermann.
Aber lachen muss der, welcher mit Kunst«
kenntnis und Erfahrung über den Stand der
Kunst in andern Ländern hierher kömmt, und
nun die hiesigen Journale u. dgl. davon spre-
chen hört; und uoch mehr lachen, wenn ihm
dann so manche deutschen Blätter vor die
Augen kommen , wo man die Londoner Arli.
kel aus jenen lobpreisenden Berichten schöpft
Ich werde darüber zu anderer Zeit mehr ins
Einzelne gehen ; glauben Sie indessen meinem
Worte, dass selbst die wellberühmte, und,
ungeachtet ihrer gewaltigen Korpulenz, mit
Geld aufgewogene Billington von dem, der die
Kunst kennet, für nichts, als eine ganz vor-
trefflich aptirte Sing -Maschine erklärt wer-
den kann , und dass diese glänzenden Institute
überhaupt, im Wesen iiichen, sehr, sehr
weit zurück sind. Es mag sonst weit besser
um sie gestanden haben — man sagt es, nnd
ich kann uicht widersprechen, weiMchs nicht
weiss ; aber dass es j e t z t so ist , wie ich sag«,
daraufbauen Sie, und nicht auf Schilderungen
anderer Deutsrhen, die Musik nicht kenne»,
durch die Fracht der Dekorationen u. dgl. ge-
blendet, oder durch den lärmenden Kuthusias-
mus des Publikums für seine Lieblinge mit
fortgerissen weiden. Sonarh könnte mau,
ohne Ungerechtigkeit, ohne Ueherlreibung,
und ohne den Sinn verwirrendes Worisph-I sa-
gen , London habe jetzt keine wahre Musik ;
man begnüge sich mit dem S«hein, mit <<eo
\ussendiugen , und mit dem, was zu ihr lüh-
ren könnte, wenn niau — den Geist uud Sina
dafür- umbrächte.
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475
1805. April*
4?6
Die geschicktesten hiesigen Musiker sind
sämtnllich Deutsche. Ich führe Ihnen kürz-
lich mehrere der vorzüglichsten und auch be-
liebtesten an» übergehe aber die, von welchen
Sie und Ihre Leser schon unterrichtet genug
sind — wie Gramer u. s. w. Pernio und Stei-
beltsind sehr gesucht, weiden sehr hoch be-
zahlt, und verdienen beydes, Sie sind gebor-
ne Berliner. Der Erste war sonst Kapelim,
des Prinzen Heinrich v. Preussen; der zweyte
ist als Komponist und Virtuos auf dem Piano-
forle auch in Deutschland bekannt genug.
Saust, aas ßullensladt, sonst Mitglied der Des-
taui scheu Kapelle, ist ein braver, und vor-
züglich ein sehr angenehmer Flötiet. Köhler,
aus Dresden, spielt sehr gut und unterrichtet
irt Pianufurte. J. G. Schmidt, aus Thürin-
gen bey Erfurt, bat einen ausgebreiteten Ruf.
Von seinem Spiel der Trompete und des Bugle-
Ilorns ist auch in den englischen Blattern oft
rühmlich die Rede. Seine langen, schweren,
nnd doch pricisen Passagen und sein ecböuer
Ton auf jenem, und seine angenehmen Solos
auf diesem Instrumente, das nur fünf natür-
liche Töne hat, sind wirklich zu bewundern.—
Dass Unter den ausländischen Komponisten für
den Gesang jetzt Winter den meisten Beyfall
hat, wissen Sie. Seine bey den hier geschrie-
benen Opern sind sehr oft aufgeführt und im-
■ter mit Auszeichnung aufgenommen worden.
Ur hat auch mehrere kleinere VVerkcheu hier
verfasst und herausgegeben — italienische
Anetten« Duetten u. dgU und auch diese sind
aehr beliebt. —
Einzelne Erscheinungen in der musikal.
Welt, die wirklich von Wichtigkeit waren,
Auslander interessiren und in einer Darstel-
lung des Zustandes der Musik überhaupt auf-
geführt werden könnten, giebl es diesen Win-
ter wirklich nicht, und so kann ich Ihnen
nichts über Neuigkeiten schreiben — —
Kurze Avzbige.
Zwölf Jägtrlieder, in Musik getezt und
Freunde, Herrn Jokitch- Scheuer eck — — .
zugeeignet von C. Schulz. Auch mit WeuU
hornbegleiiuiig im Freyen zu singen. Leip-
zig, h. ßreitkopf u. Härtel. (Pr. 1 Thir.)
Der Gedanke, Liebhabern der Jagd eine
Sammlung der besleu Gedichte für Jager, in
Musik gesetzt , zu geben, und zwar so, dais
die Lieder beym Pianoforte im Zimmer, uud
auch mit Waldhornbegleitung (die auf beson-
dere Blatter abgedruckt dabeyliegt) im Freyen
gesungen weiden können — ist in der Tust
sehr hübsch. Und die Ausführung ist e«
auch — ist zugleich angenehm und zweck-
mässig. Dass die Musik zunächst auf Be-
gleitung der Waldhörner und den Genus» im
Freyen berechnet ist, bemerkt sich leicht, und
ist ganz zu billigen. Die Lieder haben sämnU-
lich den frischen, kraftigen Charakter, und
die Popularität, die sie haben mussten. Aus-
gezeichnet brav scheinen Referenten folgende:
No. II. S. 4., No. V. S. 10., No. VI. S.A.,
No. IX. S. 18 — welches letztere jedoch für
die Waldhornisten, wie man sie bey Jagden
haben kann, etwas zu schwer ist, uud aicb
beym Pianof. besser ausnimmt — und Na. X.
S. ao. Das Aeussere des Werkchens ist sehr
anständig und bequem eingerichtet, der Druck
ganz korrekt. Und «o verdient es denn in
jedem Betracht denen empfohlen zu werden,
für welche es bestimmt ist.
Druckfehler. No. aS. *er»te Seite, i*t, statt:
fastera au lesen. Man bittet, auf
MUsveraUadnia
de* Herausgeber«, de« Ver-
achten, da er aanat ein doppelte*
L»re>eio, ur iiiiitsu um bj>x<«&.
. ■
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ALLGEMEINE
MUSIKALISCHE ZEITUNG.
Den H len ApriL N=. 30.
1805,
Nachrichten.
Leipzig. (Ucberticbt der tifleodichen mu*i-
ktlitcheu Produktionen ron Ntttjahr bit Odern ^
Wir freuen uns, auch diesmal mit der Nach-
richt anfangen zu können, dass alle« Gute,
was wir vorher belassen, Bestand hatte, und
wo eine Abänderung stattfand, diese nur zum
Vortheil der Sache selbst war. Leipzig ge-
hört nun zwar unter die Städte, von denen es
seit geraumer Zeit fast herkömmlich gewor-
den, dass man in andern öffentlichen Blättern
hur das Mangelhafte aufsucht, und dies, gut
öder schlecht, wie man's gelernt hat, züch-
tiget — so wie es im Gegentheil bekanntlich
einige andere deutsche Städte gicbt, von denen
Herkommens ist, die Schwächen stillschwei-
gend zu verdecken, und das Löbliche nur aus
vollen Backen zu rühmen und zu preisen,
sollte das auch, in Ermangelung anderer
Herolde, von den interessirten Personen selbst
geschehen müssen; und so könnten Manche
es uns vielleicht zur Pflicht machen , auch von
dem, was wir lobenswerthes besitzen, wenig-
stens so stark, als es mit Grund geschehen
könnte, in dtfe Posaune zu atossen:' Wir wol-
len aber dennoch lieber dem Grundsatz treu
bleiben , dem wir bey diesen Berichten immer
treu geblieben sind — nur kurz und genau zu
referiren', und blos bey dem zu verweilen,
was weit 'mehr um Anderer, 1 als um liniert-
willen anzuführen ist. " ' '<
• 1 .
Das wöchentliche Konzert im Ge-
w and ha u so gab folgende der Auszeichnung
y. Jaiirg.
werthe Instrumentalmusik. Ausser de*
Wiederb olungen vorzüglicher Hayd oscher.
Mozartscher und Beethovenscher Slnfo-
niee'n — von denen vornehmlich die Aua-
fuhrung ch»r Haydnschen ans fis'dur , die mit
dem Paäkenwfrbel anfängt, und der Beethoi
venschen aus O dur, vollkommen gelang —
hörten wir folgende neue. — Die Sinf. von
Andreas Romberg ans Bs dnr gehört, ohne
Zweifel, unter die anziehendsten Instrument
talstücke, die seit mehrern Jahren geschnei
ben worden sind; Sie ist vom ersten bis süni
letzten Takt ein so zusammenhängendes lind
in sich selbst abgerundetes Ganze, dass man
verlegen seyn würde, wenn man etwas Ein-
zelnes ausheben sollte. Sie macht keine An-
sprüche auf die gewaltsamen, einschneidenden
EQekte , die die Mode eben jetzt in diese Gat-
tung einfuhrt, sondern ist ein kunstreiches
Gewebe durchaus schöner und angenehmer
Ideen, von denen die meisten nen und sehr*
singbar sind. Die Ausführung zeigt den Mei-
ster, und scheint uns hoch ganz vorzüglich
durch die jetzt seltene, 1 überall reine, klsrej
saubere Arbeit, Ohne Prunk oder Flitterstaat,
zu rühmen. Irrcu wir nicht*, so bedarf die
jetzige Zeit gsmz besonders so Icher Stöcke.
Diese Sinf. wird keinem einigermassen geübten
Orchester schwer vorzutragen, verlangt aber
allerdings Genauigkeit, Sauberkeit, und Sinn 1
für das^ was man spielt. Sd wurde sie auch
hier, besonders das zweyteiÜal, gegeben. Sie
ist so eben im hiesigen 'Bureau de Musicjue ge-
stochen herausgekommen. — = In einer neuen,
noch nicht gestocheneil , grossen Sinfonie hat
Hr. Hoffmeister ganz die Bahn verlassen, auf
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479 > J 5°5-
welcher er bisher in «einen Kompositionen
ging, und hat sich dem Stil Beethovens und
Cherubim'* , doch nicht ohne Eigentümlich-
keit, genähert. Er hat die schwierige Aufga-
be gelöset,, wie ein Mann von Talent, von
Kenntnissen u. von langer Erfahrung. SoJlte er,
vor der ' öffentlichen Bekanntmachung, sich
dazu verstehen können , einige Stellen, wo die
aehr fremden Modulationen allzuscbnell und
allzuscbueiilend hervortreten, oder wo die
Kontraste einander gar zu nahe gerückt sind,
dem Ganzen aufzuopfern: so würde dies schäs-
bare Werk , unsrer Meynung nach , noch viel
gewinnen. Hr. H. selbst wird darüber ohn-
•treitig am besten entscheiden können, wenn
er seine Arbeit eine Zeit lang hat ruhen las-
aen, und sie dann von neuem streng vor-
nimjnU — Von bekannten Ouvertüren
(Mozarts, Glucks, Vogels, Winters, Kun-
zens,) haben wir, der trefflichen Ausführung
wegen, vornehmlich die Glucksche zur Alce-
ste und die Vogelscbe zum Demophoon auszu-
geben; und dabey wollen wir den Wunach
nicht unterdrücken, dass man uns künftig auch
andere, hier im Publikum noch fast unbe-
kannte, Glucksche Ouvertüren — besonders
etwa die vortrefflichen au beyden Iphigenien
und zur Armida — geben möge. Es ist
wahr, Gluck behielt bey seinen Ouvertüren
die Opern» denen er sie vorsetzte, so fest im
Auge, dass man sie nur dann ganz, in eilen
^febenzügen, verstehen kann, wenn man auch
mit diesen bekannt wird — wozu in Leipzig
keine Gelegenheit ist : aber schon durch ihren
'Adel und ihr Grandioses verfehlen sie ihre
Hauptabsicbt nirgends, und überdies kann,
sie recht auszuführen, eine vortreffliche
Schule für alle jetzige Orchester seyn, die
durch die vielen kleinen Details und äusserst
behenden Konzertpassagen der meisten neue-
sten Instrumentalmusik vom Vortrage des fe-
ster zu Haltenden, Stetigem, Nachdrückli-
chem, leicht abgebracht werden könnten.
Auch würde es gewiss mit Wohlgefallen vom
Publikum aufgenommen werden, wenn man,
April. 480
in Absicht auf die Wahl der Haydnschen Sin-
fonieen, jenes pariser Konzert nachahmete, *
und, statt nur die neuesten zu wiederholen,
diesen altere an die Seite setzte, und zwar
zwey ganz verschiedene in Einem Konzert,
und so, dass man die weniger Unterrichteten
gleich auf den Konzertzetteln darauf aufmerk-
sam machte. Ee würde zwar nicht ohne Einr
schränkung zu rathen seyn , dass man einem so
gemischten Publikum die frühesten Arbei-
ten H.s vorfiihrete t aber wer würde die, auf
seiner mittlem Zeit nicht mit vielem Vergnü-
gen hören , da manche darunter den neuesten
an wahrem Gehalt schwerlich nachstehen, und
sie durch jene Zusammenstellung noch eine«
besondern Reiz gewinnen würden ?
Von Konzerten zeichneten sich vor-
nehmlich folgende aus. Das neueste Beelho-
vensche aus C moll, das nach dem Wunsche
aller, die es einige Monate früher gehört hat-
ten, von Mad. Müller wiederholt, und wie-
der meisterhaft vorgetragen wurde. Ueber
das Konzert selbst ist bey seinem ersten Er-
scheinen von uns gesprochen worden j das Pu-
blikum bezeigte auch diesmal die lebhafteste
Thetlnahme. Eben so wurde von Mad. Mül-
ler vorgetragen , und vom Auditorium aufge-
nommen, das bekannte, grosse Mozartsche
Konzert aus D moll , das man nur zu nennen
braucht, da es jeder Freund der Musik al*
eins der vortrefflichsten unter alten vorhande-
nen kennet. Hr. Musikd. Müller gab eiunen
von ihm komponirtes und noch nicht gesto-
chenes Konzert für die Flöte , und ebenfalle
nach den Wünschen des Publikums, z weymal,
zu hören. Dies Konzert hatte zu viel Eigenee
und zeigte auch die Virtuosität des Hm. M.
von zu vorteilhafter Seite, als dass wir nicht
etwas länger dabey vei weilen sollten. Es
scheint bey der Komposition desselben eine
Hauptabsteht gewesen zu seyn, Gelegenheit
zu bekommen, zu erweisen, dass die Fiöte,
wenn sie nur vollkommen behandelt wird,
die Vorwürfe der Unreinheit und Ungleichheit
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481 1805.
einaeloer Töne; «o wie det weniger einneh-
menden Tiefe, keineswegs verdiene. Der er-
ste und dritte Satz sind aus F dur geschrieben,
bekanntlich einer der bedenklichsten Tonarten
in Ansehung jener ersten zwey Eigenheiten. Das
erste AI legro ist körnig und lebhaft ausgeführt,
und zeichnet sich anch durch manche schöne,
neue Wendungen der Harmonie aus. Daa Finale
ist feurig und galant: vielleicht Hesse sich aber
dagegen einwenden, dass es dies Ganse nicht
edel genug beschliesse und im Tempo allzuoft
wechsele. Zu loben ist jedoch an beyden,
dass der Komp. die, den Spieler wie den Zu-
hörer, mehr quälenden, als erfreuenden,
Künsteleyen , Sprünge u. dgl. , von denen die
meisten Flötenkonzerte voll sind, hier ver-
schmähet hat. Noch mehr zeichnete sich daa
Adagio aus — schon an sich, als ein höchst
einfaches , nnd tiefgreifendes , treffliches Cha-
rakterstück. Das Majore desselben ist aus Des
dur, das Minore ans Cis moll geschrieben,
die Flöte fuhrt die Melodie allein, und zwar
immer in tiefen, starken, lang und fest gehal-
tenen, gebundenen Tönen, zu denen die Sai-
teninstrumente pianissimo nur die Akkorde an-
geben. Hr. M. führte es meisterhaft, durch-t
aus rein und in allen Modifikationen der Star-
ke und Schwlcbe der Töne aus; und so wurde
es «war eine glücklich gelösele mechanische
Aufgabe, aber diese nicht allein, sondern
zugleich eine Produktion von überraschen-
der, sehr angenehmer, nachdrücklieber
und ganz eigener Wirkung. So nahm es auch
das ganze Publikum auf und belohnte es mit
der lebhaftesten Auszeichnung. — Unser
braver Konzertmeister, Hr. Campagnoli, Hess
■ich mit einem der frühem Konzerte von Ro-
de, und einem der vorzüglichsten von Viotti
hören, nnd führete beyde mit aller der Sau-
berkeit, Lebhaftigkeit, Delikatesse und Au-
mnth aus, welche man an ihm zu hören ge-
wohnt ist, und mit Recht so hoch schätzt. —
Das Orchester begleitete alle diese Konzerte
mit Lust, Liebe und Anstrengung; und so
gelang auch daa Schwierigste uutadelhaft.
April.
Von fremden Virtuosen J die sich hö-
ren Hessen, ist schon in frühern Bhtttern d. Z.
gesprochen worden. Ausser jenen genannten
gab der Kammermusikus, Hr. Rauchschindel
aus Dessau , ein Konzert von Westerhoff auf
der Klarinette. Er zeigte einen angenehmen
Ton auf seinem Instrumente, übrigens aber
auch nicht einmal , was man von einem geüb-
ten Spieler, wie viel weniger, was man von
einem Virtuosen fordert. Sollte Aengstlich-
keit daran Schuld gewesen «eyn, so ist Hr,
R zu bedauern : wir aber können nichts refe-
riren, als was wir zu hören bekamen. — Herr
Pfau spielte ein| Konzert auf dem Waldhorn
vou Koprasch , in welchem er' manche gute
Passage, auch einen angenehmen Ton hören
Hess, im Ganzen aber zeigte, dass er sein In*
•trument noch viel zu wenig beherrschen kön-
ne. — Eine interessante Erscheinung war der
junge Thomaner, Mühling, der mit einem,
von ihm selbst gesetzten Violinkonzert auftrat.
In der Komposition ist zwar noch sehr viel
Jugendliches, auch hatte er selbst seinem
Spiel durch Ueberladung und Verdeckung der
Solos mit Blasinstrumenten geschadet, aber es
I zeigten sich doch darin Spuren von Geist, und
sein Spiel zeichnete sich durch Reinheit, Fer-
tigkeit, vollen, kraftigen Ton, und trefflich
geübten Bogen, sehr vorteilhaft aus, so dass
man in ihm, wenn er in Studium, Fleiss, und
Strenge gegen sich selbst fortfahrt, einen wah-
ren Virtuosen erwarten darf.
. * . . 'Mi-
Gesang. Die erste Sopranparthie war
dies Vierteljahr der Mad. Köhl, der ersten
hiesigen Theatersangerin , übertragen. Sie kam
zu MitlNelis i8o4 mit Talent, und einer geüb-
ten, eindringenden, in dem beträchtlichen
Umfang ihrer Töne überall gleichen, und sehr
angenehmen Stimme hierher; selten wird man
aber die Erfahrung machen,dass eine Sängerin in
so . kurzer Zeit in dem , was höhere Schule
und Gefühl giebt, so schnelle Fortschritte
macht, als Mad. K. es that. Sie sang meh-
rere , doch nicht eben vorzügliche Arien und
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485
1805- April,
484
See neu von Valesi, ihrem Vater, und be- |
kanntere, von Paer, Prati, Winter, Haydn
(a. d. Schöpfung) u. Andern; und man konnte
mit Vergnügen bemerken, wie sie von Zeit zu
Zeit sich mehr vervollkommne und in glei-
chem Verhältnis Beweise vom ßeyfall des
Auditoriums erhalte. In einem Konzert zum
Besten dieser Sängerin , (wo sie sich ganz vor-
züglich heryorthat) saugen auch die Herren
Uhink und Neflzer, vom hiesigen Theater,
sehr brav und fanden ungetheilten Beyfall. —
Hr. Büttner (Tenor) und Hr. Schulz (Bass)
gaben auch verschiedene schöne Kompositio-
nen zu hören, unter denen uns zwey Scenenaus
Pärs neuester Oper, Leonore, und die Righi-
oisch» Scene: Ove son? mit der Arie: Dolce
sporne, (eine herrliche Komposition) vor-
züglich auszuzeichnen scheinen. Unter mehr-
stimmigen, wenig bekannten Stücken, deren
Ausführung sehr wohl geJang , führen wir nur
folgende an : das Duett aus der Geiaterinsel
von Fleiscbmann: Friedsam ruht vor deinen
Blicken u. s. w. Wenn diese Komposition der
Geisterinsel viel — in Ansehung der Ideen,
wie der Ausführung, so treffliche Stücke hat,
so muss man sehr beklagen, das* sie durch
Kollision mit Reichardts und Zumsteegs Mu-
sik , und durch den frühen Tod des talentvol-
len und kunstgelehrten FI., nicht aufgekom-
men ist. Ein komischea Terzett von Salieri
aus Grotla di Trophonio: Ma perche in ordine
il tutto vada, ist sehr angenehm und einneh-
mend geschrieben. Das grosse Ensemble aus
Palmira von demselben Meister t das mit. dem
Chor : O delle umane sorti arbitro eterno ?tc.
anfängt, wurde auch diesmal, vortrefflich gege-
ben und fand den verdienten Beyfall,« Schon
bekannte Chöre von Haydn, Mozart, Schicht
n. s. w. übergehen wir, und kommen auf di»
grössern Kompositionen, die ungetheilt gege-
ben wurden. Der erste Akt des Achilles von
Pär zeigte , wie mehrere Opern dieses Kompo-
nisten, neben einzelnen trefflichen Stücken,
vieles Flüchtige. Haltung des Ganzen ist hier
«o wenig» als in allen Opern, die jetzt in Ita-
lien geschrieben werden. Ausser einigen
mehrstimmigen Stücken, die als Konzert-
musik sehr zu loben sind, ist nur die Partie
der eisten Sängerin und des ersten Tenora
hervorgehoben und mit Geist und FJeiss aus-
geführt. (Einen wunderlichem Agamemnon
z. B., als den hier gelieferten, kann man sich
kaum denken.) Auch werden die unzählichea
Fermaten, die häufigen Ueberraschungen durch
plözlich einfallende Trompeten und Pauken,
fremde Tonarten u. dgl., die eben, weil sie
so häufig vorkommen, uicht überraschen,
den neuesten Pirschen Kompositionen gewiss
nur höchstens ein flüchtiges Interesse verschaf-
fen , und der Komponist wird tiefer eingehen
müssen, (wie er ea in einigen seiner Arbei-
ten auch wirklich thut) wenn er sie in der ih-
nen zu Theil gewordenen Achtung erhallen
will. In dieser Oper sang Den}. Jaime, vom
Dessauer HofUjealer, die schon vorher mit
einigen Mozartschen Arien sich halle hören
lassen , die Rolle der Briseis , mit Einsicht
und Kunstfertigkeit ; aber ihre Stimme hat seit
einiger Zeit zu viel verloren, als dass der Bey-
fall hätte allgemein seyn können. — Ein»
Wiederholung des Mozartschen Requiem (an
welchem das hiesige Publikum alle Jahre so
vorzüglichen Antheil nimmt) verdient lautes
Lob. Das Ganze ging ohne den geringsten
Fehler , und das meiste wurde von den Sän-
gern und vom Orchester vortrefflich darge-
stellt. Diese Aufführung zeichnete sich auch
vor frühern dadurch aus, dass man die Posau-
nen nicht weggelassen halte, durch welche
mehrere Stellen, z. B. Et lux perpelua, und
die dieser Stelle ähnliche im Benediclus, Dies
irae, Oro supplex — erst in ihrer ganzen Fülle
und Kraft hervortraten. Man hatte aber früher
diese Instrumente nicht zu besetzen wagen
können, weil sie von Mozart sehr schwer (zu-
weilen über die Gebühr) geschrieben wordeu
siud, wir aber keine Posaunisten besassen, die
das alles sicher uod gut hätten ausführen
können. Jetzt aber hat sich unter den jungen
Männern, die nach der verbesserten
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485 »805.
tung mit den Sudtmusikern, hier Instrumen-
talmusik studiren, eiu Chor Posaunen gebil-
det, das schon jetsst vorzüglich genannt werden
darf, und sich bey dieser, so wie bey andern
Produktionen des Konzerts , und des Theaters,
sehr vortheilhaft zeigte. Für jene verbesserte
Einrichtung aber gebührt dem aufmerksamen
und thätigeu Magistrat aufrichtiger Dank. —
Alles , was wir von dieser Aufführung des Re-
quiem loben konnten, wäre auch von der, der
sieben Worte des Erlösers am Kreuz von
Haydn (diesmal mit deutschem Text erst im
Konzert, dann auch in den Hauptkirchen) zu
loben; und auch hier halfen die Posaunen
manche treffliche Stelle noch mehr verherrli-
chen. Wenn die Folge der Zeit fast alle
Werke der jetzigen Tonkünstler verschlänge, [
und nur einzelne, sehr wenige überblieben:
dies Werk Haydns wird unter den sehr we-
nigen seyn! — Von ganz eigener, seltsam-
feyerlicher Wirkung war das Konzert, in wel-
chem zwey der grossesten Meisterwerke der
Bache neben einander gestellt waren — im
ersten Theil die grosse, zweychörige Messe
Sebastian Bachs, und im zweylen, das be*
rühmte zweychörige Heilig seines Sohnes, K.
Ph. Emanuel. Das erste trat wie eiu aus den
Ruinen der grauen Vorzeit herausgegrabener
Obelisk hervor, und erfüllte das Gcmüth mit
einein Schauer der Ehrfurcht gegen die Kraft
und Gewalt der Vorfahren, u. gegen das Grosse
und Heilige ihrer Kunst Vornehmlich ver-
fehlen die Sätze: Kyrie eleison, Gloria, und
Domine Fili, ihre Wirkung bey keinem Zu-
hörer, der noch durch Kunst erhoben werden
kann , und sich nicht durch solche Massen nur
gedrückt fühlt in seiner Kleinheit, Schwäche
und ausschliessenden Anhänglichkeit am Nied-
lichen und angenehm Tändeloden : sie verfeh-
len ihre Absicht um so weniger, da sie (so wie
das Ganze) gai' nicht etwa, wie Viele befürch-
ten möchten, finaler, über künstlich, nur ge-
lehrt, sondern, bey aller Tiefe und allem
Reicht hum, äusserst einfach, klar und so
gearbeitet sind, dass man ihnen, bey Era-
ApriU
pfänglicbkeit und Aufmerksamkeit, überall sehr
gut folgen kann. Dergleichen Werke sind
aber von dem, was jetzt gewöhnlich geschrie-
ben und vorgetragen wird , so sehr weit ent-
fernet, dass man kaum verlangen kann, sie
ganz so zu hören, wie sie eigentlich ausge-
führt werden sollten ; man gab diese Messe mit
Kraft und vollkommen richtig — was denn
hier schon so viel sagen will , dass man wol
damit zufrieden seyn kann. Das Heilig, das sich
schon mehr unsern Zeiten nähert, wurde noch
besser ausgeführt und freylich auch von dem
zahlreichen, gemischten Publikum noch mehr
ausgezeichnet. Es ist als eine der originell-
sten und geistreichsten Kompositionen jenes
Meisters zu bekannt, aoeh haben wir in frü-
hern Jahrgängen d. Z. schon zu ausführlich
darüber gesprochen, als dass wir hier mehr
sagen dürften. — Endlich wurde auch nooh
in diesem Konzert die bisher nur in Dresden .
bekannte Komposition Naumanns zu Metasta-
sio's Passionsoratorium (nach der Ueberset-
zung von Herklots) aufgeführt. . Sie iat eine,
der neuesten N. sehen Kompositionen, und
theilt mit andern ähnlichen Werken dieses
Meislers aus seiner letzten Zeit, die Vorzüge,
Ideen zu enthalten, die sich zwar innerhalb
eines nicht sehr grossen Kreises, bewegen, aber
diesen auch ganz ausfüllen; und dass die Aus-
führung überall den gelehrten uud ge-
schmackvollen, erfahrnen und sehr sorgsamen
Künstler zeigt. Das Oratorium ist aber auch
nicht frey von dem Nachlheiiigeu, nicht selten
zu lang und etwas kalt gehalten zu seyn. Dass
es des Hauptvorzugs unsers jetzigen Gesanges,
der ausgeführten Ensembles , ermangelt, dar-
an ist N. nicht Schuld , sondern bekanntlich
der Dichter; es ist aber zu bedauern, da N*
diese Gattung vortrefflich bearbeiten konnte,
und der stete Wechsel zwischen Recitativ und
Arie, besonders im ersten Theile, wo der
langsamen Arien so viele seyn müsseu —
etwas Monotonisches bewirkt, obgleich der
Komponist den Recitativen möglichste Mannig-
faltigkeit, durch Begleitung gegeben und sie
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1805. April.
453
mit grosser Kunst geschrieben hat. Wer mit-
hin sich nur mit offenen Sinnen der Musik hin-
gab, fand (besonders im ersten Theile) sich
nicht ganz befriedigt} wer aber beym Geniessen
euch zu denken gewohnt ist, dem gewehrete
N.s Arbeit reichen Stoff zur Betrachtung und
Freude, selbst wo er manches anders wünsch-
te. Die meistens begleiteten und den Mei-
ster unverkennbar zeigenden Recitative,
(unter denen wir vornehmlich das erste des
Joseph, und das , der Magdalena, mit obligat.
Violoncell, beyde im zweyten Theile, auszu-
zeichnen finden), wird ein solcher Zuhörer
gewiss hoch halten; von den Arien aber
wahrscheinlich die erste des Petrus, die erste
des Joseph, die zweyle des Petrus, and das
Duett, im ersten; im zweyten Theile die des
Joseph, die des Johannes mit dem Chor, und
die folgeude der Magdalena ; so wie unter den
Chören, das erste (Theures Opfer) und das
Schlusschor des Ganzen auszeichnen. Die
Ausführung gelang, bis auf einige Kleinigkei-
ten, sehr gut.
Ausser diesem wöchentlichen Konzert,
erhielt sich das ebenfalls .wöchentliche, auf
der Thomasschule, in Ansehn und seinem bis-
herigen Gange, und noch ein drittes wur-
de, von jungen Studirenden, mehr zu ihrer
Uebung, errichtet. In diesem sind fast alle
Theilnehmer Dilettanten, und wiewohl sie
noch zu keinem vollständigen Ensemble ge-
kommen sind , so ist doch manches bedeutende
und schwierige Stück recht gut von ihnen aus-
geführt worden. Wegen dieser Menge von
Konzerten und des , für ein zahlreiches Or-
chester nicht vortheilhaflen Lokals, ist das
Konzert, das mildem Beygangschen Museum
verbunden war, sehr zweckmässig dahin ab-
geändert worden, dass die Gesellschaft der
Mitglieder jener rühmenswerthen Anstalt sich
alle vierzehn Tage einmal versammlet, und
abwechselnd durch Vorlesungen und ausge-
suchte Quartettmusik, vorzügliche Sonaten
u. dgl. unterhalten wird.
Von dem , was in den Kirchen gegeben
wurde, können wir, den Kaum zu schonen,
nur noch das Werk Handels anführen: Em-
pfindungen am Grabe Jesu — doch auch dies
nur uennVn, wobey wir uns auf eine, in kur-
zem in diesen Blättern erscheinende Receu—
sion beziehen wollen. Es ist nämlich daa
Werk so eben im Verlag dieser Z. in Partitur
gedruckt erschienen, und obgleich es keins der
ausgeführtesten Werke H.s ist, bleibt es doch
des grossen Mannes durchaus würdig und eine
um so mehr bemerkeuswerthe Erscheinung,
da es bisher in Deutschland gar nicht bekannt
worden war. Hr. Musikd. Schicht führete es
den Charfreytag in der neuen Kirche auf. Die
Ausführung wird durch das Einfache und dia
wenige Instrumentalbegleitung des Werks sehr
erleichtert Das Ganze ist zunächst auf eine
grosse Kirche und starke Singchöre vorlreff-r
lieh berechnet. — —
Ueber die Oper dürfen wir sehr kurz
seyn , denn es wurden , ausser den Wieder-
holungen bekannter, vorzüglicher Opern, nur
w*enige gegeben, die hier noch nicht bekannt
waren ; und auch diese sind auf andern Thea-
tern schon früher eingeführt worden. E«
konnten deren nicht mehrere gegeben werden,
denn die verlangten, sehr häufigen Wieder-
holungen der Fanchon, von Kolzebue (a. d.
Franz.) und Himmel, Hessen wenig Zeit übrig.
Diese Fanchon — eine sehr anziehende und
schön kolorirte Modeblume, zu deren Her-
vorbringung sich zwey Männer von Talent und
von genauer Kenntuia des Publikums und des-
sen gegenwärtiger ^immung verbunden hat-
ten; diese Fanchon, das artigste und gefällig-
ste unter allen Produkten, die seit mehrera
Jahren in dieser kleinern Gattung geliefert
worden sind — gefiel hier ungemein, und
wird überall gefallen, wo man sie in ihrer
Gattung genau auffasst, sorgfältig einstudirt,
und gut — nicht nur singt, sondern auch
spielt. Etwas wichtigeres, tieferes und fester
Steheudes , als eben eine angenehme Modebla-
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489
1805. April.
490
zue, werden der Dichter und der Komponist
(man dar! ihnen das wul zutrauen) selbst nicht
daraus machen; aber eben darum scheint es
uns ein wenig pedantisch , den Schulstab dage-
gen aufzuheben. Wenn man behauptet, dass
Kotzebue für die Handlung des Stücks mehr
hatte lhun, nicht so oft singen lassen sollen.
Wo durchaus nichts zu singen ist u. s. w. ; dass
Himmel vieles nachlassig behandelt, sich oft
und über die Gebühr bey andern Komponisten
su Gaste gebeteu habe u. dg!.: so ist das alles
freylich gegründet und zuzugestehen, und
doch wird man beyden für ihr Werkchen ver-
bunden bleiben, und es mit frischen Sinnen
gemessen müssen , bis es von selbst verwelkt
und vergessen wird. Von einigen Stücken
desselben wird diese Zeit aber ganz gewiss
nicht zu bald eintreten, und sie werden, auch
wenn sie keine Neuigkeit mehr sind, mit Ver-
gnügen von Vielen gesungen und immer wie-
der gesungen werden. Mad. Köhl als Fan-
chon, Hr. Köhl, als Husarenoifizier, und Hr.
Ströbel, als Fanchons Bruder, fandeu vielen
Beyfall. — II Bondokani oder der Calif von
Bagdad hat eine interessante und besonders auf
Theatereffekt gut berechnete Musik von Boiel-
dieu ; dasselbe kann man von Lehmann , oder
der Thurm zu Neustadt, sagen, in welcher
Oper sich ein Terzett des ersten Akts und
mehrere sehr charakteristische Chöre vor-
nehmlich auszeichnen. In der ersten dieser
beyden Opern war der Schauspieler, dem der
Calif zu Theil worden war, nicht an seinem
Platze, wodurch das Ganze verlieren musste;
in der zweyten wurde der Hauptmann Leh-
mann von Herrn Wagnewishr brav dargestellt,
und das Ganze mit Genauigkeit und Anstand
ausgeführt. — Von Weisse s Todtenfeyer,
von Mahlmann und Bierey, ist schon früher
in diesen Blattern mit gebührendem Lobe ge-
sprochen worden. — Pachter Robert, über-
setzt vom Hrn. v. Seyfried , (und zwar oft äus-
serst unbeholfen) mit Musik von Lebrun,
wurde mit Fleiss gegeben, geßel aber, bey
der verbrauchten Handlung und der nur durch
einige angenehme Kleinigkeiten inleressiren-
den Musik, nur wenig, Hr. Wagner gab in
der Rolle des Raibiers eine schätzbare Kari-
katur. — Hr. Hofimann, Mitglied der Mann-
heimer Bühue, trat als Papageno und als O.
Juan auf, und fand, besonders in der zwey-
ten Rolle, durch schöne Figur, lebhaftes Spiel
und sehr angenehmen Gesang, vielen Bey fall.
In dieser letzten Oper sangen auch Mad. Kohl,
als Donna Anna, und Hr. Lanius, als
mandant, sehr gut.
Berlin, d. 1 3. Apr. Konzertmusik. Den
10. zeigte Hr. Masloski aus Posen sein neues
musikalisches Instrument, das ich Ihnen schon
in einem frühem Brief beschrieben habe. Der
Hofrath und Professor Huüi zu Frankfurt an
der Oder hat es das Preussfsche Coelison ge-
nannt. Ausser der grössern Wohlfeilbeit und
Dauerhaftigkeit bewirkt dies Saiteninstrument
mit seiner neuen Klaviatur einen der Harmo-
nika sehr ähnlichen Ton.
Vorgestern gab Hr. J. D. Baux, Schüler
von Viotti , der schon vor 4 Jahren mit vielem
Beyfall hier gespielt hatte, ein Konzert im
Saal des königl. Nalionaltheaters. El* selbst
spielte ein Violiukonzert von Rode und ein
Rondo von Viotti, und aecompagoirte eins
von dem jungen Meyer Bar gespielte Sonate
für das Portepiano von Kreutzer mit obligater
Violin. Besonders gefiel ein neues von Tausch
komponirtes Sextett für 2 Bassethöruer, 2 Fa-
gott und 2 Waldhörner, geblasen von dem
jungem Tausch, Reinhard, Schwarz, Grie-
bel, Böttcher und Schneider. Bey Gelegen-
heit dieses Konzerts hat Mad. March etü in den
öffentlichen Blättern die Unart des Hrn. Baux
gerügt, dass er, ohne sie einzuladen und sie
selbst zu kennen, angekündigt habe, sie wer*
de in seinem Konzert singen, und sich nach-
her, um sich gegen das Publikum aus der Af-
feire zu ziehen , sie in den Anzeigen krank ge-
meldet habe, da sie. sich doch sehr wohl be*
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1805. April.
49 r
finde. Gestern gab Med. Bachmann zu ihrem
Benefiz in dem Opernsaal den Tod Jesu von
Graun. Ich habe schon bey Gelegenheit der
frühem Darstellungen dieses Meislerwerks von
der ausserordentlichen Präzision und Rundung
derselben gesprochen, und will jetzt nichts
weiter erwähnen, als das» die Soloparthieen
von Dem. Voitus und Koch , und von den Hrn.
Greil und Fischer, so wie die Choräle, Chöre
u. s. w. vun der gesammlen Zelterschen Sing-
akademie unvergleichlich exekutirt wurden.
Kurze Anzeige.
Sotläle pour le Pianoforte comp, et dedii a
Mad. la Duchtsse de Courlande par D. Stei-
belt. Ocuv. 60. A Leipsic, chez Breit-
kopf et Härtel. (Pr. 1 Thlr.)
Ueber St. lässt sich, nach dem, was schon
mehrmals in diesen Blättern gesagt worden,
schwerlich etwas Nenes sagen. Er hat seine
Stufe und feststehende Manier: da ist er in-
teressant, aber darüberhinaus kann er nicht,
und diese seiue Manier ist Jedermann bekannt.
Diese seine neueste Sonate ist eine seiner bril-
lantesten, und er hat es damit ernstlich ge-
nommen. Der erste Satz hat viel Feuer , der
BWeyte (ein Adagio ist nicht da) viel Gefälli-
ges. Wenn nur die übrige Länge der angeneh-
men Wirkung nicht Eintrag thäte ! Ein Allegro
i5, und, noch schlimmer, ein Rondo vi grosse
Folio - Seiten 1 Sehr schwer ist die Sonate
nicht, verlangt aber rasche und präcise Spie-
ler , wo sich dann die reichen Passagen , be-
sonders des ersten Satzes , recht sehr gut aus-
nehmen. Dass das Instrument bis viergestri-
chen c benutzt ist, ist nicht zu tadeln; aber
•u loben ist dabey, dass alle Stellen, die über
da« d roygestrichene f gehen , vom Komponi-
sten mit Verstand umgeschrieben und beyge-
aetzt sind. So gesebiehet jedem Recht, und
so sollte es immer aeyn.
Aeusaere ist sehr schön.
492
Der Stich und alles
Anekdote.
D., einer der vorzüglichsten Bufibns, doch
nur von einem kleinen Theater in Paris, ist ein
in verschiedenen Wissenschaften, besonders in
der Historie, wohl bewanderter Mann. Er
befindet sich lesend in einem Zimmer der Bi-
bliothek, als der Bibliothekar den Präsidenten
du Harley hereinführt, und nach einem histo-
rischen Werke sucht, das dieser verlangt hatte,
ohne jedoch den Titel bestimmt angeben zu.
können. Man kann das Buch nicht finden,
Harley giebt genauer an, was darin stehe; der
Bibliothekar kann sich noch nicht besinnen : D.
kennet und nennet es — man sucht nach, es ist
wirklich das rechte. Harley, der den Mann
nicht kennet, dankt ihm, lässt sich in ein Ge-
spräch ein, findet ihn eben so wohlunterrichtet,
als angenehm, und bittet ihn den Mittag zu
Tisch. D. kömmt, findet eine Gesellschaft der
angeschensten Herren und Damen, und be-
nimmt sich mit bescheidenem Anstand. Einige
erkennen ihn, und scherzen bey Seite mit dem,
sonst so steifen und stolzen Wirtbe, dasa er
ihnen diesen muntern Gesellschafter zuführe.
Wer wäre das? fragt er erstaunt, und als
man es ihm sagt, wendet er sich mit äusserst
beleidigendem Ton an D. und wundert sich,
wie Er, »der Harlequin" seine Einladung
habe annehmen können. — Warum nicht?
sagtD. bescheiden, da ich Ihr Vetter und Nach-
folger bin. — Wer? was? rief der Herr nun
gar laut. — Nun, erwiederte jener; Ihr Ur-
grossvaler war Harley der erste, Ihr Grossva-
ter Harley der zweyte, Ihr Vater Harley der
dritte, Sie sind Harley der vierte, und ich bin
Harley der fünfte ! (Arle- quin) Alle lachten,
und der Wirth war klug genug , die beste Par*
thie ZU nehmen und mitzulachen*
Litrcio, 111 imiiori aas ■lirst*
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A L L,5« MEINE
MUSIKALISCHE ZEITUNG.
Den i tdn May.
m 3i.
-i <
1805.
• • • *
£in(g« Bemerlungen üfcr die Krichenkantat*
und das Oratorium,
(B«tchlu(» dt« Aufs, i« 29*** .Stück*)
1 . .:. j 1
1 '■' ■ . . . > ;
• Musik (fahrt der Verf. S. 8. fort) zoll in
der Seele des Sängers jetzt entstehende und
gerade gegenwärtige Empfindung ausdrücken
und lebendig darstellen. Kann und darf also
der Tonkünstler sich bey dem Ausdruck einer
fremden, schon vorübergegangenen Empfin-
dung, oder einer schon geschehenen Handlung,
die der Dichter erzählt , verweilen , sie durch
Töne vergegen wirtigen und ausma-
len? Upd fallen hier nicht die häufigen Wie-
derholungen selbst des grossen Handel in das
Unnatürliche?«
Es ergiebt sich hieraus, daaa das Vergan-
gene nur in sofern lebhafte musikalische Aus-
führlichkeit in der Kantate erlaubt' und oft
^uch verlangt, als es durch die lyrische Poe-
sie in der Betrachtung des empfindungsvollen
Menschen mit aller Lebendigkeit eines Gegen-
wartigen erscheint. Die Erinnerung ver-
gegenwärtigt irgend eine grosse, rührende Be-
gebenheit oder einzelne interessante Seiten
einer Handlung so lebhaft , wie es im Zustan-
de der lyrischen Begeisterung natürlich ist,
-Und selbst die lyrischen Hersensei giessungen
begreiflich macht. Dann, dünkt mich, darf
auch der Kumpositeur diese, mit innigen Er-
innerungen verwischten und durch aie veran-
las sten Gef ühle nach, ihrem, ganzen Inhalte
7. J aiir g.
auamalen, doch nur «ofern dieses wirklich
auf die gegenwärtige Empfindung Bezug hat
und hey dem Zustande der lyrischen. Begeiste-
rnag in Betrachtung k<uafl"V AMes, wae^pn
demselben ; entfernt liegt mus* n«ch den» Gr*»
de der Entfernung schwächer bezeichnet, wer*
den. Der Komponist darf also die poetischen
Gedanken weder bloa nach ihrem inner« Ge-
halte, noch nach der relativen Wichtigkeit
welche aie iur ihn haben mögen, sondern nur
nach ihrer lyrischen Bedeutung für die Pprept
nen , welche in der Kanute singend oder recatr
tirend eingeführt sind , musikalisch behandeln.
Der Verf. „ dachte s»ch nun aus der Nach-
ahmung des Hymnus der Alten und der
Chöre in den frühern griechischen Trauer»
spielen — r die bekann lermassen nur Chor wa-
ren, welchem einige Geschichte zwischenge-
setzt wurde eine Miltelgattung von musi-
kalischen Gedichten möglich, die für unsre
Konzerte und feyerlicheo Kirchenmusiken pas-
sender waren. Man mache z. B. den Hymnus
zum Hauptsüjet des Stücks), Um diesem mehr
Umfang, Mannigfaltigkeit und Interesse zu
geben', und den Ausdruck der Empfindungen
durch Individualität zu verstarken, bestimme
man die Situation, worin gesungen wird ; ver-
webe irgend eine Art von Handlung damit,
lasse das- Volk und einzelne Personep daran
Theil nehmen, durch sie den darans natürlich
entstehende» Affekt ausdrücken, und so rVeu-
de, Klage, Trost, Belehrung, nach den Um-
stünden abwechseln. Weil aber das Lyrische
hifr die Hauptsache ist, und die Falle der
Empfindungen gewbse. Unordnungen,. Sjjt
3i
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495
i805. May.
ge and Lücken macht: so durfte die Hand-
lung nur »ehr einfach, und nach Art der alte-
aten griechischen Schauspiele mehr episodisch,
die Verbindung alao nicht strenge seyn, und
der Plan nur durchschimmern. Das Ganze
aber raüaste im hohen, begeisterten, Jeideu-
achaftlichen Tone gehalten werden. — Zwar
nähert man sich durch diese Einrichtung etwas
der dramatischen Form. Wenn man aber
eigentlichen Dialog gans vermeidet, die sin-
genden Personen nicht «u genau bestimmt,
sondern ea dem Zuhörer überhast, sie sich
nach seiner besondern Stimmung and der Lo-
kalität «a denken, und dae Lyriache der
herrschende Ton des Stucks bleibt, ao verliert
e ich das Anatöaaige* was sonst hierin bey der
Konsertmusik liegt. Dagegen gewinnt der
Komponist freyes Feld , and wird durch den
Auadruck der Empfindung im Augenblick des
Entatehms leidenschaftliches Mitgefühl bey
dem Zuhörer sicherer erwecken. «
•i j .
Ich glaube nicht leicht, daaa Jemand dem
Verf. über diese Idee (die ihm hauptsächlich
aus der herrlichen Schulziacben Musik au den
Chören der Athalie entstand) aeinen Beyfall
versagen werde. Und nach meinem Gefühl
und Ermessen ist diese Idee auch in dem Ge-
dicht, das schon 179a aum erstenmal erschien,
und Klopstock gewidmet war, vortrefflich
•^geführt. Zur Probe setae ich nur einige
Stücke hierher, in welchen vorzüglich der
glü klichste Wetteifer des Dichters und des
Kompositeura um den herrlichsten Effekt mög-
lich ist. S. 57 t
— Gottl acht best di
gessca? —
Kein Vater, echan« (besser: «ah') ani mich
herab t
Ach ich erlieget — Ratte mich! — —
Hein PM i.t schroffer Pels — ««d fürchterlich
Lieat Nacht um nsic
h, (besser: umhiebt »ich
Nacht) und Tod, nud offne« Grab!
Doch geh' ich ihn, den Ptad! Er führt an du I
lab weiss, da buiat, ataia Vater, sairl
< ■
496
(Dia Musik kündigt in einigen Takten die
aufgebeluerc Scoue an.)
Seht, welcher Glani bricht durch die Nacht
Der Wolken, und umltucbtet ihn!
Ein Strahlenschimmer, lieblicher
AU Rcgcnbogenferben,
Schwebt durch die Luft,
Und grünst anf ihn herab!
Er atbmet neue« Leben,
Dea Himmels Wonne strahlt aoa eeinem
Wie ist mir, Gott! —
Wie Palmen schimmert's ia der licbUn Höhe I
Waa webt um mich? —
Ich fühl', ich fühle der Himmlischen Wehen t
Gleich Saitenhall reuecht ihrer Flügel Schlag! —
(Man bort eine ferne Musik.)
Und Engelhannonie ertönt darein. —
t! — Ks naht!
(Die Musik Terstlrkt eich unter den folg«
den abgebrochen , gesungenen Zeilen , bis
der Chor von de« Hallen des Tempel 1
voll einfallt)
Und nlher —'immer nüher! —
Gottl welcb ein Schauer fasset mich!
•
Ucb«r wunden , überwunden
Hast du bald, nach kurzem Streit!
Heil dir! deines Kampfes Stunden
Lohnt der Preis der Ewigkeit.
Blick hinauf >u Gottes Thron !
Glansend strahlt des Siegera Lohn! n.s.w.
Noch einige Bemerkungen aua der schatts-»
baren Vorrede acheinen in dieser Zeitschrift
um ao weniger am unrechten Orte, da der
Verf. selbst zum Urtheil öffentlich auffordert
und da sie mir noch zu Reflexionen Aulasa
geben.
S. 11., Bey der Bweyfarhen Bestimmung
seines Singstückes für die Kirche und für den
Konsertaaal muaste der Verf. Chöre mit He-
ettatiren und Arien abwechseln lassen.
Der Chorgesang ist für die Kirche die
Hauptsache. Und hatte er für diese allein
gearbeitet | ao wurde er nur Chöre auf eine
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497 l8 ° 5 '
schickliche Art tu verbinden gesucht* haben.
Denu gemeiniglich verliert sich in einem wei-
ten Gebäude die schwache Stimme eines einsei-
nen Singers su sehr, als dass sie Eindruck
machen könnte ; im Zimmer aber betäuben su
viel Chöre. Er glaubte daher durch zweck-
nussige Verkeilung von Arien, einfachen
und begleiteten Recitativen und Chören,
ein gewisses mittleres Verhältnis treuen zu
müssen. Und diese gewöhnliche Form, so
wie sie dem Komponisten die angenehmste ist,
fand er auch seinem Plan zur Abstufung der
verschiedenen Empfindungen am angemessen-
sten." Zum Schlus* bemerkt der bescheidene
Verf., .mit welchen Schwierigkeiten der mu-
sikalische Dichter mehr, als jeder andre, su
kämpfen habe, welche strenge Forderungen
der Komponist an ihn mache , wie gern er die
Poesie seiner Musik unterordne , und wie oft
er aus dem Grunde, dass die Musik dem Dich-
ter su den lyrischen Abwechslungen und
Sprüngen nicht folgen könne, den hohen Flug
der Imagination hemme. Dies i*t ohne Zwei-
fel die Ursache, warum das Fach der musika-
lischen Poesie unter allen Dichtungsarten bey
uns am wenigsten angebaut ist* and warum
von unsern gtössern Dichtern nur R am ler,
Niemeyer nnd Schiebler (welcher letz-
tere für sie leider su früh starb) uns eigent-
liche Singstücke von Bedeutung geliefert
haben •). (?)
Ich achliesse diesen Aufsatz mit Andeu-
tung einiger Regeln und Erfordernisse der
'geistlichen Kantate, in Rücksicht auf Musik
und Poesie. v
Der Dichter hat in der geistlichen Kantate
sehr oft lauter übersinnliche Gegenstände, wie
Tugend, Gottheit, Ewigkeit su besingen, oder
May. 49 g
doch solche Beschaffenheiten nnd Verhältnisse
bald mehr, bald weniger ausführlich darzu-
stellen, welche durch allgemeine Begriffe ge-
dacht werden, und leicht su einem abstrakten
Text verleiten. Hierbey ist er oft auf weni-
ge Strophen beschränkt, in welchen das Aus«
malen so reichhaltiger Begriffe nicht selten
unmöglich ist. Die Schwierigkeiten der sinn-
lichen Einkleidung und der lyrischen Darstel-
lung sind daher nicht gering, da das Abstrak-
te, welches das Hers nicht erwärmt, so via
möglich vermieden werden soll. Schon das
didaktische G/tdicht erfordert in dieser Hin-
sicht viel Kunst. Die Kantate darf aber keine
didaktische Form haben. Das Belehrende
derselben muss im Lyrischen verborgen
seyn. Die Wahrheiten dürfen nicht nakt,
nicht in ihrer abgezognen Allgemeinheit, son-
dern nur auf Anlas* de* effektvollen Herzens;
also in pathetischer Einkleidung, hervortre-
ten. Dies wird auch erleichtert durch die Sa-
che selbst, durch des Menschen stete Besie-
hung suf die sinnliche Welt, in allen, auch
den geistigsten Verhältnissen. Die Chöre
können aber am ersten Lehren enthalten,
jedoch auch nur als Gedanken , zu denen sich
die von einem Gefühl durchdrungenen Her-
zen einer religiösen Menge selbst empor-
schwingen. Kurs , das Didaktische darf nicht
als Dogma theoretisch, sondern nur als Maxi-
me oder moralische üeberseugung praktisch
erscheinen, muss wenigstens in dem Lyri-
schen verschmolzen seyn, so wie selbst das
Beschreibende dem Lyrischen unlerzuordS
nen ist.
Der Kirchengesang und die Kirchenmusik
sollen msnnigfsltige Gefühle edler Art in Be-
zugauf die erhabensten Verhältnisse des Men-
schen wecken und unterhalten. Zu Gesin-
(*) Jet« können wir auch Baggeten hinxntageri, welcher in seinem grotien Hsllelnja mit dra
trefflichen Kunzen gewetteifert bat, eins der erbabenetea Werke der rereinigteo Dicht- and Toukun«t
fir die Kirch* aalMSUlle»*
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499
1365. April.
500
«rangen der Tagend (z. B- der Menschenliebe,
der Sündhaftigkeit, Denrath, GroMmuth,
und besonders zur Andacht) erheben. Wie
feyerlich, wie würdevoll, wie warm und le-
bendig, wie sohöugehaiten muss also der Aas-
druok seyn!
> ♦ ;
In dem eigentlichen Oratorium , welches
ich von der blosen Kantate unterscheide, er-
hält die Poesie eigene Bestimmungen durch
'die dramatische Form. Der Dialog des
dramatisch -lyrischen Gedichts bringt In-
dividualität des Ausdrucks «in dessen ver-
schiedene Theile. Manche Arien, Chöre n.
dgl. in der Kantate sind blos das Austönen und
Aussprechen der Empfindung und Gesinnung
des Menschen überhaupt, und drücken nichts
Persönliches, nichts Individuelles aus. Sie
.sind nicht dramatisch charakterisirt. Andre
-Arien, Chöre u. dgl., anch iu der blosen Kan-
-tate, haben mehr dramatische Form, mehr
■Ausdruck persönlicher Eigenheiten,' oder tra-
gen das Gepräge vom Charakter einer ganzen
Menschenklasse. Die richtige Bezeichnung
und Haltung der Charaktere ist dann für den
Dichter und Tonsetzer eine wichtige Obiie-
So wie nun der Dichter' absichtlich die
Kantate für den Gesang bestimmt, die Poesie
also durch Geschmeidigkeit, Wohllaut und
leichte Slngbarkeit der Worte und Verse,
durch psycbölogischrichtige Wahl des Vers-
inaases, durch schickliebe Abwechslung des-
selben, durch den lyrischen Inhalt u. e. f.
ganz der musikalischen Behandlung fähig seyn
und sich mit der Musik verschmelzen muss:
so giebt es von Seilen der Tonkunst wichtige
Erfordernisse, unter denen ich nur an einige
-erinnere. Sie bestehen unterwandern to'ider
weisen Wahl des Rhythmus zur Darstellung*
und Erregung der beäbsichteten Affekte, in
der, bey aller Mannigfaltigkeit der Modulation
und der einzelnen Parthieeo, durchzuführen-
den grossen Einheit und Simplicitat des Gän-
sen, in dem Ausdrucke des Sinnes der Poesie
ohae falsche unverhältnistnassige Ausmalung;
einzelner Gedanken , in der richtigen Behand-
lung der Worte, in der Hallung des herr»-
schenden Tones, in der Vermeidung unschick-
licher, auf heberliche Zweydeutigkeit führen«
der, Dehnung oder Zuaammenziehuug man-
cher Sylben, u. dgl. m.
Michaelis.
Nachrichten.
Wien, am Qten April. Die letzten Fa—
stenwochen sind bey uns gewöhnlich reich au
Konzerten. So auch diesesraal. Der bek&nn-
te Mandolinspieler Bortolaszi zeigte in dem
Konzerte, worin er sich von seinem Sohne auf
der Guitarre begleiten Hess, viele Gewandtheit,
Feinheit, Leichtigkeit und Delikatesse; sonst
ist von diesem Abende nichts zu bemerken,
als dass eine Pleyelsche Sinfonie unsern Beet-
hovensohen und Eberischen höchstens zur Folie
dienen könnte, wenn sie deren bedürften, und
dass das schlechtbesetzte Orchester bey einer
Tenorarie, die Abbe Beviiaqua recht hübsch
sang , ganz in die vollkommenste Verwirrung
Ungleich interessanter War ein sehr häufig
besuchtes Konzert des Musikdirektors Kleineut
im Theater an der Wien. Kiernent ist ein
Liebling des hiesigen Publikums» und zwar
mit vollem Rechte. Er spielt die Violin vor-
trefflich und ist in seiner Art vollkommen,
vielleicht einzig. Aber freylieh in seiner
Art, Es ist nicht das markige«, könne* kräf-
tige Spiel , das ergreifende, eindringende Ada-
gio, die Gewalt des Bögen» irnd~TöneT,' wel-
che die Rodesch« und Viotlisihe Schule. cha-
rakterisirt: aber eine unbeschreibliche Zier-
lichkeit, Nettigkeit und Eleganz.; eine äusserst
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50i .1805.
liebliche Zartheit und Reinheit des Spiel« , die
Klemeut unstreitig unter die vollendetsten
Violinspieler stellt. Dabey hat er eine ganz
eigene Leichtigkeit, welche mit den unglaub-
lichsten Schwierigkeiten nur spielt, und eine
Sicherheit, die ihn auch bey den gewagtesten
und kühnsten Passagen nicht einen Augenblick
verlas&L Er spielte ein Konzert von seiner
Komposition au» D , wovon besonders das er-
ste und letale Allegro recht brav gearbeitet
und schön instrumentirt sind, das Adagio im
Stile der Mosartsrhen Romanze aus dem Kla-
vierkonzert aus D moU, fordert und begün-
stigt mehr ein angenehmes, als ein tiefes und
ausdrucksvolles Spiel. In diesem Konzerte
hörte ich die neue Beethovensche Sinfonie aus
Es, C au * dem Anschlagzettel war unrichtig Dis
augegeben) von dem Komponisten selbst diri-
girt, von einem sehr gut besetaten Orchester
aulTiihren. Aber auch diesesroal fand ich gar
keine Ursache, raein schon früher darüber ge-
fälltes Unheil zu ändern* Allerdings hat diese
neue B.erhe Arbeit grosse und kühne Ideeu,
und wie man von dem Genie dieses Komponi-
sten erwarten kann, eine grosse Kraft der
Ausführung; aber die Sinfuuie würde unend-
lich gewinnen, (sie dauert eine ganze Stun-
de) wenn sich B. enUchliessen wollte sie ab-
zukürzen, und in das Ganze mehr Licht,
Klarheit und Einheit zu bringen ; Eigenschaf-
ten , welche die Mpzartschen Sinfooieen aus
G moU und C dur, die Beethovenschen aus
C und D, und die Eberischen aus Es und U,
bey allem Ideenreicbthume, bey aller Verwe-
bung der Instrumente, und bey allem Wech-
sel überraschender Modulationen durchaus nie-
mals verlassen. So ist hier z. B. statt des An-
dante ein Trauermarsch aus C moll, der in der
Folge fugenartig durchgeführt wird. Aber
jeder Fugensatz ergötzt, blos durch die wahr-
genommene» Qtdnuug in scheinbarer Verwir-
rang: wenn nun, auch bey öfterem Anhören
.der Zusammenhang selbst der angestrengten
Aufmerksamkeit entgeht, so muss die« jedem
uneingenoramenen Musikkenner sonderbar
May. 502
auffallen. Auch fehlte sehr viel, dass die Sin-
fonie allgemein gefallen hätte. Die Ouvertüre
und mehrere Stücke aus Cherubini's Auakreon
wurden sehr gut aufgenommen. Mlle Müller
zeigte in einer Sceue von Nasolini, dass sie
mit vielem Erfolge in der Kunst und Methode
vorwärts zu kommen sich bestrebe; wirklich
hat sie sich in einigen Jahren zu einer ge-
schmackvollen, recht bravan Sängerin gebil-
det, wenn sie gleich nicht von einer sehr aus-
gezeichneten Stimme unterstützt wurde. Kle-
ment phantasirte noch mit Laune und Kunst,
und wurde von dem Publikum sehr ehrenvoll
entlassen.
*s
Herr Eimenreich ist einigemal im Ka-
pellmeister aufgetreten. Es ist eine bekannte
ilaiien. Farce, in welcher die Ouvertüre mit
dem Stimmen der Instrumente anfangt, in wel-
ches dann ein ziemlich gewöhnlicher Satz ver-
webt ist Sonst legt sieb jeder Sänger die Arien
ein, welche für seine Sliinme am besten pas-
sen. E. nahm eine Arie von Cimarosa, ein
Quodlibet, in dem er besonders seine tiefen
Töne zeigte, und wenn ich nicht irre bis ins
liefe C ging, dann eine sehr schön komponirte
schottische Ballade, die er aber, weil sie nicht
gefiel, bey den letzten Vorstellungen wegliess.
E.s Stimme ist biegsam und von betrachtlichem
Umfange, doch muss erst eine grössere Rolle
seine ganze Stärke und Kunst zeigen.
Am 8ten trat Mozarts i3jähriger Sohn zum
erstenmal vor einem sehr zahlreichen Publi-
kum als Klavierspieler und Komponist auf.
DtrfcKonzert eröffnete sich mit der herrlichen
Mozai Ischen Sinfonie aus G moll, dieser un-
sterblichen Arbeit des grossen Komponisten,
welche mit höchster Erhabenheit die grosste
Schönheit verbindet , nud doch nie ins Wilde
und Abentheuerliche abschweift. Es ist ein
kolossales Bild, aber von den schönsten Ver-
hältnissen; ein Jupiter des Phidias, der zu-
gleich Ehrfurcht und Liebe einflösst Nur
Schade, dass die Ausführung dieses Meister-
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5°3
1805. May.
504
W e,ke» seinem Werthe mcht entsprach. Die
V olinen und Bisse wäre« jzu schwach besetzt,
„od überhaupt da, ganze Orchester der G.ö.se
Z Theater.' nicht angemessen. Nun wurde
der iuoge Mottrt von .einer Multer dem l u-
fcfki« Wdhrt, und mit lautem Beyfal
Loraneen Er spielte da« grosse, schöne
Ärkon^ert seine, Vater, au. C dur zwar
£ etwa, langsamen Tempo,, aber mU Nett^-
keit und Präzision, und zeigte viele Anlagen
Da, begleitende Orchester, besonder, die Blas
iuatrumente, Hessen auch h.er noch viele.
Ansehen. Auf da. Konzert folg,« : eme Kan-
tate nach dem Anschlagzettel von dem jungen
Mozart komponirt, auf Haydn. 7 3ten Geburl.-
tae E, ist zwar nicht wahr.cheinhch, das«
d.ecanze Justrumentirung von demKnaben war,
-her — der Text war angemessen, die Mu-
.»k lebhaft und versprechend j ein dreistim-
miger unbegleiteter Vokal.atz recht artig —
und da. Ganze gefiel. Möge der verdiente
Bcvfcll, mit dem der junge Mozart entlassen
wurde, dem werdenden Kunstler nur eme ver-
äppelte Anregung werden, den F«..Upf«n
.eine, grossen Vater, »achzu.treben ! Möge er
nie vergessen, das. ihm der Name Mozart
•war für jetzt Nachsicht bewirke, in der Folge
»her .trenge und grosse Forderungen an ihn
richte; da., endlich der Weg der Kun.t nicht
ohn e Rto..e und beschwerliche An*tre.gu»gen
.urixckgelegt werden könne. - Die zweyte
Abtheiluug füllten verschiedene Stucke aus
Idomeneo, bekanntlich einer Jugendarbeit Mo-
zart*. Ein Marsch musste wiederholt wer-
den Den Schlus. machten VariaÜonen für
das Pianof. au. der bekannten Mennett inVDon
Juan, von denen einige sehr artig waren, und
die auch gut vorgetragen
eher und Hr. Welnmuller übernommen. Im
Theater an der Wieu wurde Mozarts unüber-
treffliche. Requiem aufgeführt. Ueber die«
Meisterstück ist er.l vor kurzem, von Pari«
aus, auf eine .ehr befriedigende Art von Ih-
rem Korrespondenten gesprochen worden.
Durch diese zweyTage wurde in den Hof-
theatern von mehr ab 200 Künstlern jcde.m.1
die Schöpfung und nach dem e.u.timmigen
Urtheile der Kenner .ehr gut gegeben. Die
Hauplstimmen halten Abbe Bevil.qua, in
Diensten de. Fürsten Esterbazy, Dem. L«u-
Am Qten hörten wir im Hoftheater Win-
ter. Tamerlan al. Oratorium, von Herrn Hof-
theater -Sekret ür Sonnleitner metrisch in»
Deutsche übertragen. W'inler ist al. ein geüb-
ter und talentvoller Thealerkomponist bekaunt,
und ich glaube, dass diese Oper, wo sie gege-
ben wird, .einen Ruf gewiss noch fester grün-
den werde. Da* Gauze enthalt einen Reich-
thum .chönerJÜelodieen, eine woblberecbnete
und elTektvoUe Instrumentirung und eine »ehr
brillante Behandlung der Siugstiromen , wel-
cher doch nur »elten die richtige CharakterUi-
rung aufgeopfert ist. Die Chöre sind voll
Kraft und Feuer, die Arien flieaaend, melo-
disch und bezeichnend, und da* Ganze mit *•>
viel Leben und Mannigfaltigkeit ausgegleitet,
das* es billig unter die gelungensten neuen
Operukompoeitionen gesetzt' werden kann.
Hr. Weinmüller «ang mit Auadruck und
Kunat ; er hat »eit einigen Jahren einen aus-
trat delikaten und schönen Vortrag gewon-
nen , welcher den Effekt .einer schönen Bass-
alimme .ehr erhöht. Auch Hr. Vogel aang
•ehr gut, nur das» «eine Stimme für die Rolle
de* Tamerlan nicht überall hinreichend atark
ist. Wollte man doch in der Komposition
der Oper etwas tadeln, so dürfte es der Stil
de. Ganzen seyn, der «ich freylich dem Rö^
man tischen mehr, als dem Tragischen nähert.
Wenn man aber bedenkt , wie sehr oft selbst
bey grossen Komponisten das Tragische durch
das Grelle, Wilde und Ungeheure bezeichnet
werden soll ; wenn man ferner in Betrachtung
zieht, da** Winter diese Oper zu Pari* und
für Franzosen schrieb — .0 wird man dem
Komponisten auch von dieaei Seite Gerechtig-
keit wiederfahren lassen.
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5<>5 .1805.
Rbcbnsionbx.
Sonate pour le Pianoforte avec accomp. <f un
Cor uu Violonctllt, composie par F. Danzi.
Oeuv. a3. A Leipsic, che« Breitkopf et
Hirtel. (Pr. 16 Gr.)
Eine auszeichnenswerlhe Sonate, die we-
der dem Kenner» noch dem Liebhaber allein
gefallen» sondern von Jedermann •ehr gern
gebort werden wird, obschon sie von Auf-
fallendem wenig oder gar nichts hat and
haben will. Frey von dem wilden, grellen
Getöse, welches für überwältigende Kraft an-
gesehen seyn will, und oft nur überwältigte
Ohnmacht ist; frey auch von der gesuchten
Ziererey , in welcher sich eben jetzt — viel-
leicht grossentheils durch den Einfloss fran-
zösischer Ouvertüren u. dgl. — so viele deut-
sche Komponisten zu gefallen anfangen — ge-
het Hr. D. den Weg, den ihn seine Individua-
lität und Einsicht leitet: den Weg bedeutsamer
Anmulh und gemässigter Lebendigkeit. Auch
in dieser Sonate sind die Melodieen angenehm
und fliessend , die Harmonie ist fasslich und
leicht, ohne eben darum gemein, leer und
verbraucht zu seyn. Nach einer kurzen Ein-
leitung folgt ein ziemlich brillantes Allegro,
dann ein Andante mit ausdrucksvollem Gesang,
und eudlich ein Finale, das zwar einige mat-
tere Stellen hat, aber, wenn es mit Geist und
so pikant vorgetragen wird, wie es der Kom-
ponist vorgetragen sich gedacht haben muss —
doch eine nicht unangenehme Wirkung macht.
Die Verbindung des Pianoforte mit dem
Waldborn nimmt sich uugemein hübsch
aus, und man siehet aus der Behandlung des
letztern, dass Hr. D. viele Vortheile vou die-
sem Einfall zu ziehen verstanden hat. Der
Klavierspieler hat nur maasige Schwierigkeiten
zu besiegen — es liegt alles gut in der Hand
Und ist l'r<y von Hokuspokus, wie von gesuch
ten Krilteleyen j aber der Waidhornist muss
May. 5 c6
schon ein gut eingeübter und fester Spieler
seyn , der vorzüglich auch einen schönen Ge-
sang aus seinem Instrumente zu locken im
Stande ist. Hat man diesen nicht', so dienet
die umgeschriebene, für das Violoucell gut
arrangirte Stimme des Waldhorns , die beson-
ders abgedruckt dabey liegt, zum Accompa-
gnement; und die Sonate verliert auch so nicht
viel von dem beabsichtigten Effekt, vorausge-
setzt, dass der Spieler vornehmlich einen
schönen Ton und feinen Vortrag hat. Gegen
niedere oder höhere musikalische Grammatik
ist Ree. nichts aufgestossen ; und so glaubt er
dies Musikstück von allen Seiten denen em-
pfehlen zu können, die das [suchen, was er
oben kurz zu charaklerisiren bemüht gewc~
«en ist
Fantaitle et Fugue pour le Pianoforte, camp,
et did. ä Msr. Herrmann et ä Mets.
Schanert, Lother et EUentraul — — par
J. C. Möller. Oeuv. 4. A Leipsic, che«
. Breilkopf et Härtel. (Pr. 8 Gr.)
»Es bat einer der einsichtsvollsten Mitar-
beiter an dieser Zeituug vor einiger Zeit den
Wunsch geäussert, man. möchte doch eben
jetzt, da so viele Werke wahrer, aber roher
Genialität erscheinen, auch nicht vergessen
audere bekannt zu inachen, die, wenn auch
nicht eigentlich genialisch, aber streng und
gründlich ausgearbeitet wären ; ein Wunsch,
den gewiss jeder, dem es ein Ernst ist um sei-
ne Kunst, mit jenem Schriftsteller theilt, und
die von ihm angeführten Ursachen und Folgen
aus Ueberzeugung unterschreibt. Dies Mu-
sikstück von einem Manne , den Ree. , so wie
dessen frühere Arbeilen , noch gar nicht ken-
nen gelernt hat, der aber einer der scbäzbar-
sten Schüler des berühmten Kittel in Erfurt
ist — ist nun ein solches schäzberes Produkt.
Nach einigen 'Pakten Grave, zum Eingänge,
die als ezeitirend sehr gut sind, folgt, in dem-
selben Tempo, die kunstgerechte Ausführung
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1805. May.
507
einer guten . doch eben nicht neuen Idee j auf
aiese ein Adagio cantabüe, das Ree, aufrich-
tig gestanden, gar nicht gefüllt, und wovon
es ihm lieb ist, dass es nur kurz gehalten wor-
den. Die Ideen selbst, ja auch die Motive,
erinnern nämlich zu nahe an Mozarts Andante
in der Fanlaisie aus C moll , das Ganze er-
scheint hier zerstückelt, das Thema fast nur
in andere Tonarten versetzt — kurz, der
Komponist scheint hier nicht an seinem Platze
zu seyn, und diese zwey Seiten hätten, we-
nigstens in solch ein Ganzes, nicht aufge-
nommen werden sollen. Nun aber gehet der
Komp. in einen lebhaften Allegrosatz über,
dessen ernste und kräftige Hauplidee festge-
halten, charakteristisch begleitet, und in
kunstreichen Wendungen streng ausgeführt
wird , die besonders auch durch die oft frappi-
renden , aber ganz gerechten Vorhaltungen de»
Harmonie , sehr interessant werden. Dieser
brave Satz, den man gern noch einmal so lang
sehen möchte, gehet über in das Grave des
Anfangs, von da an, wo es Ausführung be-
kam, erhält aber hier manche gute Verände-
rungen, und daran schliesst sich nun eine Fu-
ge, die den Hauptgedanken jenes Allegro, von
den Verzierungen dea freyen Stils beschnitten,
als Hauptthema auffasst und mit doppelten Ge-
gensätzen so streng und fest, nach den Regeln
der ättern Meister, und ohne* alle die hier
gewiss lächerlichen Verbrämungen einiger der
neuesten Fugenfabrikanten, durchführt, dass
hian seine Freude hat, und nicht anders kann,
als den Verf. ermuntern, gerade in diesem und
den angränzenden Fächern — wohin sich ja
auch mehr Geschmack und Gefühl tragen lässt,
als oft die ällern Meister dabin getragen ha-
ben — mehr zu arbeiten , oder vielmehr,
mehr davon bekannt zu machen ; denn dass er
viel hier gearbeitet haben müsse, ist wol un-
verkennbar. Dass dieser Wunsch wohl er-
508
wogen $ej , glaubt Ree. auch dadurch zu be-
weisen, dass er eben so aufrichtig den zwey-
ten gestehet, dass Hr. M. da, wo die Phan-
tasie freyer schaden sollte, eine grwisee
Trockenheit in Zukunft, so viel als ihm mög-
lich, zu vermeiden mehr bemühet seyn sollte,
als er es hier gewesen zu seyn scheint; und
dies wird ihm hier auch wirklich möglich
werden, da der, dem der Kontrapunkt ganz
geläußg ist, nie eigentlich trocken werden
muss, wenn er nur sich aller der Hülfsmit-
tcl bedienen will, die ihm da zu Gebote stehen 1
Es ist wahrlich Unwissenheit, die das ander«
wissen will! — —
Eben sagte mir Nanette — Komitches Duett
von Orlando. Leipzig, bey Breitkopf und
Härtel. (Pr. 8 Gr.)
Aus der Oper t I Furbi alle nozze — Re-
ferent weiss aber nichts von dieser Oper und
von diesem Komponisten; schwerlich wissen
auch wol viel Deutsche von beyden etwas.
Das Duett selbst ist aber ein ächtes, italieni-
sches Karikatur-Duett , das— freylich, mit Spass
vorgetragen! — sehr belustigen kann, uud
das in der Schreibart und auch im Werth sich
denen sehr nähert, durch die Martin vor eini-
gen Jahrzehnden so viel Glück machte — wie
z. B. das erste in Una cosa rara. Die Scene
ist zwar abgerissen , man errath aber die
Situation der beydeh komplimentirendtn
Windbeutel leicht. Die deutsche Ueberaet-
zung ist sehr gut ; nur an einigen Orten nicht
gefügig genug. Aber der Italien. Originaltext
sollte dabeystehen ; dergleichen Dinge singt
fast jedermann lieber in dieser Sprache, und
sie lassen ihr auch wirklich weit besser.
LVKCIO, »BT IMITISI t V MO ■{.KXSfc.
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ALLGEMEINE
MUSIKALISCHE ZEITUNG.
■ -
■m
♦
Den 8 ,en May. * N=. 32. 1805.
R Z C E H • I O K.
No. 1. Neue prci/jjc/je tf/avier/tnule /ür Xin-.
der, nach einer »i*/ier ungewöhnlichen , sehr
leichten Methode, von M. C. G. Hering,
Conrektor an der Schute und Organist zu
Oschatz. Erstes Bündchen. i3o5.
No. a. Neue, sehr erleichterte, praktische Ge-
neralbassschul* für junge Musiker, zugleich
als ein nbthiges Hülfsmittel für diejenigen,
weicht den Generaltass ohne mündlichen Un-
terricht in kurzer Zeit leicht erlernen wollen,
von ebendemselben. Beyde, Oschatz und
Leipzig, bey dem Verfasser und in Com-
roiesion in d. v. Kleefoldschen Bucuhand.
laug. i8o5.
Es fehlt bekanntlich nicht an Klavier- und
Generalbassschulen, welche dem Inhalte
nach wol alles erschöpfen, was man von ihnen
fordern kann. Doch aind dämm diese beyden
Werkchen nicht überflüssig; das zeigt ihre
Form und ihr besondrer Zweck. — Jene
Bücher setzen einen geschickten Lehrer vor-
ana , und sollen ibm nur als Hülfsmittel beym
mündlichen Unterrichte dienen; doch man-
cher geübte und kenntnissreiche Klavierspie-
ler weiss zwar , was, aber nicht, wie er leh-
ren soll. Am seltensten ist die Gabe, bey
Anweisung kleiner Kinder sich zu deren Fas-
sungskraft herabzulassen, durch ihre langsa-
meren Fortschritte nicht ungeduldig zu wer-
den', und eben deshalb im Unterricht keine
7 Jahrg.
Sprünge zu machen. Ueherdiea wünschen
manche Aeltern , die etwas Musik erlernt ha-
ben , ihre Kinder in Nebenstunden selbst dar-
in zu unterrichten, sind aber über die Metho-
de in Zweifel, und verstehen es nicht, jene
mehr zuaammengedrlngten Lehrbü-
cher schicklich zu handhaben. Endlich hatte»
auch wol manche Erwachsene Lust zum Kla-
vier, aber zugleich auch Gründe, weder für
die ersten Elemente einen Lehrer anzunehmen*
noch sich durch jene Bücher durchzuarbeiten,
die zwar an sich zweckmässig, aber nicht durch- .
aus so populär und leichtfasslich geschrieben
aind , wie es hierzu nöthig wäre. — Alle«
dieses rechtfertigt die Existenz dieser beyden
Schriften des Hrn. H. vollkommen, Sie stre-
ben darnach , den erwähnten Bedürfnissen ab-
zuhelfen, und, mit einem Worte, man kann
sie als einen nicht übel gelungenen Versuch,
den Unterricht im Klavierspielen und Genefal-
bass zu pestalozzisiren, ansehen. Der
Verf. erklärt .eich darüber umständlich in der
Vorrede zu No. i, und sagt unter andern
(S. 2) sehr wahr: »Die Einrichtung einer Klar
vierschule für Kinder mass nach den Fähig-
keiten und Einsichten der Kinder berechnet
aeyn. Alle Uebungen und Aufgaben müssen
durch leichte allmählige UebergJtnge sich an
einander anschliessen, eine muss aus der an-
tlern sich entwickeln, alle müssen die Auf-
merksamkeit des Lernenden an eich ziehen,
alle müssen ihm nur kleine Schwierigkeilen
darbieten, damit er immer bald die Freude
haben könne, sie überwunden zu sehen.
Mannichfaltig und interessant, doch mit
einer gewissen Einheit des Ganges in den
3a
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5tt 1805.
allraahligen Fortschi Uten, muss das Ganze
aeyu." —
Diesen Grundsätzen ist Hr. H. fast durch-
gängig (wo es nach der Meynung des Ree. nicht
geschehen ist, wird er anzeigen) treu gehlie- !
ben. Ueber den ganzen Werth der beyden
Werke kann man frey lich erst nach ihrer Voll-
endung urtheilen, doch lassen die ersten Bänd-
chen auch von der Fortsetzung viel Gutes er-
warten.
In der Einleitung zu No. l. spricht der
Verf. unmittelbar mit den Kindern selbst,, und
will dadurch Aeltern und Lehrern einen Fin-
gerzeig geben, wie sie es machen müssten.
Diese Einleitung lehrt die Töne, nämlich die
der Untertasten, kennen. Sie ist im Ganzen
gut, nur etwas allzu schmeichelnd und tän-
delnd, besonders gegen das Ende, geschrie-
ben, was, wenigstens beym Lesen, auf etwas
verständige Kinder nicht zum Besten wirken
möchte. — Auch giebt es hier noch man-
che kleine Unrichtigkeiten. Z. B. dass wir
unsre natürliche Tonleiter nicht mit a, son-
dern mit c , anfangen , soll aus bioser Will-
kühr und deshalb geschehen seyn, weil —
„die Menschen gern das Oberste zu Unterst
kehren." Wer Musikgeschichte kennt, weiss,
wie natürlich es damit, wie mit der Verwand-
lung des b in h, zugegangen ist. Wozu also
diese unrichtige Bemerkung ? und wozu über-
haupt das Historische (S. u) in diesem Bu-
che? — Für Erwachsene ist es zu wenig
'und für Kinder zu viel. — Ferner ist das
Beyspiel S. 10 : „Freut euch u.a. w." nicht
gut dargestellt. Es müssle in g oder c dur
stehen, denn hier (in f) kommt b vor, und
im ganzen Buche ist noch nicht von den Ober-
tasten die Rede. Auch findet sich hier ein
Druckfehler, nämlich eingestrichen c statt des
zweygestrichenen. — Die erste Sektion enl-> '"
hält Anweisungen zur Notenkenntnis«. Hier
vermisst Ree. etwas sehr Wesentliches. Ehe
Kinder die Noten lernen, muss man ihnen zei-
May. 512
gen, wie sie ihren Körper und ihre Hand etc.
zu linlten haben, wenn sie spielen. Sieht man
darauf nicht mit äusserster Strenge, so wird
der Lehrling leicht für immer verdorben. Es
hätten also uothwendig solche Bemerkungen
für den Lehrter (wie man sie unter andern in
Pleyel und Guthraanu findet) voran ge-
schickt werden müssen , z. B. dass alle Kraft
sich in den Fingern zusammen drängen, Leib
und Kopf gerade und ruhig seyn, der Arm
nur horizontal sich bewegen , die Hand mehr
nach auswärts gekehrt und mit allen Fingern
immer über den Tasten gehalten werden muss,
u. dgl. m. — Bey der mündlichen Anwei-
sung (im Lehrbuche geht es freylich nicht)
thut man auch am besten, das Kind sogleich
wie es die Tasten unterscheiden gelernt hat,
mit den Hauptregeln der Applikatur und mit
dem Takte im Allgemeinen bekannt zu ma-
chen, und es in Solfeggis und kleinen Stück-
elten zu üben. Ist das eioe geraume Zeit
geschehen, dann erst führe man die Kinder
zu den Noten, und sie werden nicht nur in
ein paar Stunden damit — (mit Discant- und
Bassnoten, wie mit den Versetzungszeichen)
fertig, sondern auch desto sicherer seyn, daa«
'sie durch das Notenlesen die Aufmerksamkeit
auf die Haltung des Körpers und der Hand so
wenig wie auf die Applikatur verlieren. Ree.
hat diese Methode bey seinen eignen fünf- und
sechsjährigen Kindern angewendet und sehr
bewährt gefunden. — Dies bey Seile gesetzt,
ist die Art, wie den Kindern hier Anweisung
zur Nolenkenntniss gegeben wird, sehr an-
schaulich und klar. Eben das gilt von den
folgenden Kapiteln« — An den Uebung«-
Exempeln dürfte mau doch mit Recht eine
allzu grosse Monotonie tadeln , welche die
Lust des Kindes am Unterricht eben sowohl
vermindert, als eine zu grosse, verwirrende
Mannigfaltigkeit. Es ist nicht leicht, sich
vor beyden I'.xtremen zu hülen. Um indessen
das erstere zu vermeiden, hatte die so bald be-
greifliche Lehre von den Obertaslen und den
Versetzungszeichen gleich nach der drillen
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5'3
1805. May.
5'4
Lektion eingeschaltet werden sollen. Auch
wäre es nicht zuviel gewesen, bey den Appli-
kalurübungm die Kinder gleich mit den vier
Arten der Fingerveräudei ungeu — Ueber-
nnd Unterschlagen (oder Uebersetzeu, wie der
Verf. aagt,) Aualassen und Abwechseln —
bekannt su machen. Nicht minder halte , so«
viel ohne mündliche Anweisung möglich ist,
schon S. 30 die Lehre vom Takte au sich —
und nicht blos die von den Takt * eichen —
erklärt werden müssen. — Unter den niebt
bemerkten Druckfehlern verdient nur der Aus-
druck: un bestrichene, statt ung estrichene,
S. i3 und i5 Erwähnung. — ,
Die Generalbaasschule No. 3. hat ähnliche
Eigenschaften wie No. 1. — Sie besteht aus
Uebuugsexempelu , die fasslich erklärt sind.
Indessen setzt man hierbey schon erwachsenere
Kinder voraus; auch kommt es hier nur auf
ein Wissen, nicht, wie in N6. 1., mehr auf
mechanische Uebung an. Bey der Gene-
ralbasalebre muss man also in der Folge und
Behandlung der Materien schon genauer seyn,
und nicht bloa scheinbar, sondern in der That
Schritt vor Schritt gehen. Hier darf man
nicht, (wie in No. 1. am Ende der Einleitung
erwähnt ist) eine spätere Lektion früher vor-
nehmen, und jedes U ebergehen wesentlicher
Dinge da, wo sie hingehören, rächt sich in
der Folge von selbst durch unnöthige Wieder-
holungen, wozu man «ich gezwungen sieht.
80 ist hier z. B. gleich im Anfange über den
wichtigen, auch ohne mathematische Erklä-
rung fasslichen Unterschied des grossen und
kleinen halben Tons noch nichts gesagt, die In-
tervallenlehre nur zum Theil abgehandelt, u.
dgl. m. Da muss nun also noch nachgeholt
werden, was füglich früher gelehrt werden
konnte, and zwar ohne Anstrengung des
Schülers.
Alles dieses schadet jedoch im Ganzen der
Brauchbarkeit des Buchs wenig oder nichts,
und diese Erinnerungen sollen nur Winke für
den Verf. seyn, den folgenden Theilen beyder
Schriften (oder auch einer neueu Auflage)
möglichste Rundung zu geben. Mit Recht
darf man wünschen und hoffen, das« alle die-
jenigen, welche sich in den anfangs erwähnten
Fällen befinden, diese, auch durch ein saube-
res Aeussere sich empfehlenden, Werkchen
ankaufen. Sie werden ihnen oder ihren Kin-
dern nützlich seyn.
Nachrichten.
Berlin, d. i4. Apr. (Konzertmusik)
Von der überschwenglichen Ansah! Konzerte
im verflossnen Winter war das, am <j8. März
vom königl. Kapelim. Hrn. Himmel gege-
bene geistliche, eins der vorzüglichsten. Hr.
H. hatte die von ihm in Musik gesetzten Ge-
sänge aus Tiedge's Urania angekündigt : Neu-
gier lockte die Menge hin und verschafte für
bedeutende Aufopferung von Zeit und Kräften
dein talentvollen Künstler den möglichsten Er-
satz. Die Gegenwart des Hofes trug ebenfalls-
seh r zur Verherrlichung dieses Abends bey.
Der erste Theil des K onzerls wurde also durch,
Urania ausgefüllt. Ohne mich über die vielen
Schönheiten des Gedichts hier auslassen zu
können,. welche den Komponisten wol in Be-
geisterung versetzen und ihn zum Auffassen
musikalischer Rhapsodiecn bewegen konnten,
so wenig die Gattung den Gesang, und beson-
ders den figurirten, eigentlich vorstaltrt —
will ich nur die Hauptmomente der musikali-
schen Bearbeitung und des Effekts der dies-
maligen Darstellung angeben. — Da das
Ganze aus Rhapsodieen besteht, so war die
öffentliche, ununterbrochene Aufführung viel-
leicht gewagt, indem die Folge der Tonarten
zuweilen etwas hart, das Gedicht durchgän-
gig ernst und erhaben ist , besonders da auch
einer Melodieöflers viele Verse untergelegt wor-
den. Die vollkommne Besetzung und Ahr
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1805. May.
5»5
wechslung der Singsliromen mit der trefflichen
Begleitung de« Hrn. H. selbst aa einem «Ur-
ion , schonen Fortepiano lies« jedoch dem
achtsamen Zuhörer, in dem Augenblicke we-
nigstens , vor dein Wechsel lebhafter Empfin-
dungen au dergleichen Reflexionen keine Zeit
Übrig. Demois. Voitus, die Herrn Hurka,
Eunicke, Gern, and Hr. Kapelltn. Himmel
selbst, trugen die Geaangparthieen mit dem
grössten und feinsten Ausdruck von Wahrheit
und Schönheit vor. Ganz besonders anziehend
waren folgende Gesänge: Die Hoffnung,
ein so sanft tröstender, sohöncr Satz, der
ganz den Schüler Naumanns charakterisiit,
wurde innig empfunden wiedergegeben j «Gott,
«in GottJ ach, irrend such* ich ihn!" ein
Stück von lobens werther Erfindung und
Ausführung — „Heil'ge Nacht, du führest
deine Globen* 1 ist sehr kunstreich modulirt
und begleitet — die Stelle: „Die Lyra tönte
sanft, wie Aeolsharfen Laut,* war in der
That hinreiasend. Vortrefflich und überzeu-
gend ist der Hymnus an Gott deklamirU —
Schade, dass die zu vielen, untergelegten
Verse der lieblichen Psyche nicht ganz güu-
alig sind! — Von grosser Wirkung war
heym folgenden Gesänge das vorschrei lende
Eintreten von 9,5, und zuletzt 4 Stimmen in
der rührenden Steile: „Getheiller Schmerz
iat halber Schmerz. " — Das folgende Quar*
teil aus A dur 1 „ Lieb und Freundschaft "war
nicht minder angetiehin. — Meisterhaft ist
in dem folgenden begleiteten Recitaliv der Aus-
druck des festen Glaubens einer künftigen
Fortdauer bey den Stellen : „ Seyn werd* ich,
weil ich bin* «od: „Ich bin und darum werd'
ich seyn!" — - Der folgende Gesang an die
Unsterblichkeit wurde von Hrn. Hurka ganz
vorzüglit h vorgetragen und die sehr schwie-
rige Begleitung vom Hrn. Himmel mit dem
grössten Feuer gegeben. Letzterer trug selbst
4«n folgenden Gesang recht deutlieh vor. —
Herzerhebend war aber daa folgende für Te-
nor und Bas« dreystimmig ausgesetzte Stück:
„Flamme Gottes , ist die Weihung," voraüg-
5l6
lieh die Ausweichung' in ges im Unisono auf
die dritte Strophe jedes Verses, und der kräf-
tige Schluss gab diesem Gesänge tiefen
Nachdruck. Es wäre zu wünschen, dass
Hr. H. oder der Verleger der Urania diesen
Gesang einzeln oder lieber mit noch einigen
vorzüglich mit Erfolg auch von Liebhabern zu
exekutirenden Stücken, (z. B. den Gesängen
an die Hoffnung, Glückseligkeit, u. dgl.) her-
ausgeben, und ihnen dadurch mehr Publicilat
verschaffen möchten , da die ganze Urania für
viele ,theils zu achwidrig, theils zu lang, und
auch im Ladenpreise zu kostbar ist. — Ich
erwähne nur noch des auch mit zu vielen Ver-
sen begabten Gesanges : „Mit dem Hochgefühl
des Sehnens," den Hr. Hurka mit der deut-
lichsten Artikulation vortrug und worin vor*
züglich der Schluss jeder Strophe: »und un
einem Scheidewege * von tiefer Wirkung war.
Das letzte Recitativ: „Unsterblichkeit! Ge-
danke, der du Leben und Licht ins Daseyn
strahlst," wurde v. Hru Himmel selbst kraf-
tig und wahr recitirt. — Der letzte Ge-
sang: „Wenn Graun der Nacht an meinem
Pfade lausch^," aus As dur, ohnehin schon
die Krone des Ganzen, wurde noch eindrin-
gender durch die vortrefflich gesezte vierstim-
mige Harmonie, welche vollkommen schön
durch Dem. Voitus , und die Hrn. Eunicke,
Hurka und Geru gegeben wurde. — Sehr
rührend war besonders .die vortreffliche Stelle :
„ Ein Mensch, ein müder Pilger schiiesset. " —
und herzerhebend der Schluss: „Ein Gott
beginnet seinen Lauf!" — Das Publikum
bezeigte keinen lauten Beyfall : man darf 4hm
aber zutrauen , daas es darum das wahrhaft
Schöne in dieser Musik doch zu geniessen und
zu verdanken verstand. Mit desto grösserm
Lärmen wurde die sanfte Empfindung, in wel-
che das Herz versetzt war, durch das den
zweiten Theil des Konzerts ausfüllende Te
Deutn unterbrochen. Sowohl die Chöre als
das Orchester waren axuserordenilich stark
besetzt; lezteres führte Hr. Schick an. —
Es ist nicht zu lauguen, dass dieser Kontrast
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5*7
1805. May.
eingriff. — Die Solosingparlhieen führten
Dem. Schmale, Hr. Conciaiini, Hr. Hurka
Upd Hr. Gern aus. Die Komposition im Gan-
«zenwar allerdings mehr für das Konzert, als
die Kirche geeignet; wahrscheinlich waren
auch darum z. B. Leine eigentlichen Fugen
darin. Die Chöre waren aber kräftig durch-
geführt und imposant begleitet; vorzüglich der
Anfang: Te Deum laudamus, das Sanclua,
Tu Rex gloriae, und der Schlüte In te Domi-
ne speravi. — Ausgezeichnet schön wurde
Ton Dem. Schmalz die Soprausoloparthie und
vorzüglich das: Salvum fac populum, gege-
ben, das blos von vier obligaten Violoncella,
(von den Hrn. Duport, Grosse, Kraatz und
Weiss meisterhaft gespielt), sehr schön be-
gleitet war. — Auch der aJte brave Sänger
Conciaiini zeigte noch seine wohlerhaltene
Stimme und seinen gut nüancirten Vortrag in
dem: Te ergo quaesumus. — Hr. Gern trug
mit W,ürde da«: Tu ad liberandum «useeptu-
rufl hominem, vor. — Auch war das, Dig-
oare Domine, für vier Singalimmen, mit Blas-
instrumenten begleitet, ein sehr angenehmes
Stück. Das Ganze wurde mit Prücision und
Geschmack ausgeführt, und mit Vergnügen
erinnert sich der wahre Musikfreund an die-
sen genussreichen Abend 1 —
Das nie Abonnementkonzert wurde mit
der vortrefflichen Sinfonie vou Mozart aus G b
eröffnet, die, äusserst 'brav ausgeführt wurde.
Kino Arie aus Alalanta von Kighini mit oblig.
Fagott (von Hrn. fiärmann sehr ausdrucksvoll
geblasen) sang Mad, Müller mit dem an ihr ge-
wohnten schönen Vortrage. Hr. Westenholz
trug ein neues , von ihm gesetztes Hobockon-
zert mit bewundernswürdiger Präzision vor,
und sein ausgebildeter Geschmack war
eben so wenig in der Komposition zu verken-
nen. — Den zweyten Theil füllten ans: die
Ouvertüre aus Tauiprlan von Winter, aus C
rooll, mit Energie gegeben, eine Cavatine von
Muaaini,,von Mad. Müller sehr nett vorgetra-
gen, ein FlötenkonZect von A. E. Müller aus
D moll — (diese schöne Komposition wurde
von Hrn. Schröck in der Soloparthie volikom- -
men ausgeführt, so wie auch die sehr gut gear-
beiteten Tultia kräftig und präcis gegeben wur-
den;) und die Ouvertüre aus Brennus von
Reichardt machte den Beschluss.
# »
Wegen des am folgenden Donnerstage auf
höhern Befehl festgesetzten geistlichen Kon-
zerts des Hrn. Kapellm. Himmel, von dem ich
oben gesprochen habe , wurde das zwölfte und
letzte Abonnement erst den 8ten April gegeben*
Sehr lobenswerth und eben so einträglich für
die Unternehmer war die Idee, zum Beschlusa
der für die Kunst so werthen musikalischen
Wettstreite, wo den Herbst und Winter über
so mancher Kenner auf lange Zeit Stoff zu
Ideen sammelte und nicht selten herrlichen Ge-
nuas hatte, mancher Liebhaber aeinen Ge-
schmack berichtigte und feiner ausbildete — •
Haydn's Meislerwerk : die Schöpfung, zu
geben. — Das Orchester war sehr stark und
auserlesen besetzt. Die Ohöre waren es eben-
falls. Die Solosingparlhieen wurden vortreff-
lich gegeben, indem Dem. Schmalz den Ga<*.
briel, Mad. Lauz die Eva, Hr. Eunicke den
üriel, Hr. Fischer den Raphael und Hr. Franz
den Adam sangen. In der Vorstellung des
Chaos zeichneten sich die Blasinstrumente
vortheilhaft aus. Die Stelle: und e» ward
Liebt, war, ohachon man sie nun kennet und
nicht mehr blos überrascht wird, erschütternd.-
In der folgenden Arie hatte Hr. Eanicke zu
wenig Tiefe der Stimme, als das» man die»
Worte hätte vernehmen könnten; das eintre-*
tende Chor war sehr brav. — Um nicht zu
ermüden nenne ich nur die in der Aufführung
jenes Abends sich am meisten auszeichnenden-
Stücke. Diese waren — aus der Parlhie
dea Gabriel: die mit den feinsten Nüansen
des geschmackvollen Vortrags von Deuiois.
Schmalz gesungene gefühlvolle Arte: Nun
beut die Flur; die noch kunstvoller vorge-
tragene Arie: Auf starkem Fitlig, wo Dem.
S, durch die schönen kurzen Triller und dia
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5ig »895.
zart gedachten Kadenzen bey den wiederkeh-
renden Fermaten auf der Stelle: „und Liebe -
ihre Bildung auch für das Höhere in ihrer
Kunst deutlich zu erkennen gab. Da« Accomp.
der Flöte war sehr schön. — In der Parlhie
des Uriel ward die vortreffliche Arie: Mit
Schöubcit, Stark' und Muth begabt, von Hrn.
Eunicke am vorzüglichsten gegeben. — Hr.
Fischer sang beyde grosse Arien des Ra-
phael: Rollend in schaumenden Wellen,
und: Nun scheint in vollem Glänze der Him-
mel, mit Würde und Ausdruck, und nur bey
den Fermaten der zweyten, musste man die,
gegen die Harmonie verstossenden Verzierun-
gen wegwünschen. — Die Parthie der Eva
wurde diesmal von Mad. Lanz besonders gut
vorgetragen, und auch Hr. Franz als Adam
leistete Geniige. — Das Duett mit dem pp.
eintretenden Chore : Von deiner Gut' o Herr,
und dem kurzen Paukenwirbel, machte vor-
züglichen Effekt. — Sämmtliche Recitative
wurden so ausdrucksvoll recitirt und diskret
begleitet, das«, sich hier nichts detailliren
lüMt. — Von den Chören wurden ausge-
zeichnet gegeben: das. Schlusschor des er-
sten Theils, in welchem besonders auch der,
Kontrast der sanften dreystimmigen Steilen:*
Die Nacht die verschwand , und : In alle Welt,
ergeht das Wort, unübertrefflich vorgetragen,
jedes Herz erhob, und snr rechten Aufnahme
des grossen, erschütternden Schlusses dessel-
ben Chors fähig machte. — Eben so schön
wurde das im. zweyten Tbeil eintretende Chor:
Der Herr ist gross, und die diesen Theil
schließende Fuge gegeben. — Mit Recht
kann man diese Aufführung der Schöpfung
unter eine der vorzüglichsten rechnen, die wir
hier von diesem Kunstwerk zu geniessen so
glücklich waren. Allgemein befriedigt ver-
liess daher jeder den Saal und gewiss viele
Kunstfreunde bedauern, dass jetzt diese Kon-
zerte geendigt sind. *
Weniger ausgezeichnete Konzerte gaben:
Hr. Semin ler, der «ich mit einem Brat-
May. 520
schenkonzert von Arnold und einer Polonaise
von Violti hören liess , und einige Pieren aus
Erwin und Elmue von Reichardt dem Kunst-
freunde wieder ins Gedäcfitniss rief; und Hr. <
J. D. Baux, Violinist, der jedoch manchrrley
widrige Zufälle zu erlragen hatte. — Herr
Maslovsky ans Posen lässt sich auf seinem nea-
orfundenen Instrument hören, von welchem
schon früher in Ihren Blättern gesprochen
worden ist. Es hat einen Umfang von vier
Oktaven und Drathsaiten, die ihre Schwin-
gung durch das Anstreichen eines dünnen , ho-
rizontal liegenden hölzernen Stabes erhalten.
Der Ton ist sehr angenehm, der Harmonika
ähnlich, und kann schwach, anwachsend,
stark und abnehmend, wie beym Bogen in-
strumento hervorgebracht werden. Aufmun-
terung und Belohnung ist dem Künstler sehr
zu wünschen! — Am Charfreylage wurde
auch der hier immer noch sehr geschalte Tod
Jesu von Ramler und Graun wieder im Kon-
zertsaale des grossen Opernhauses zum jähr-
lich wiederkehrenden Benefiz der Mad. Bach-
mann, mit vielem lieyfall vor einerglänzen-
den, zahlreichen Versammlung aufgeführt.
Die Chöre waren wie gewöhnlich, von der
Faschsohen Singakademie — also vollkom-
men besetzt, und die SoIopartRieen wurden
mit vielem Geschmack und richtigem Ausdruck
von Dem. Voitus, Dem. Koch, Mad. Wach-
mann, den Hrn. Gern, Hellwig u. m. ausge-
führt. Leider ist dies die einzige Kirchenmu-
sik, die wir inder heiigen Woche, die in Dres-
den, und Leipzig so äusserst interessant in die-
ser Hinsicht ist, zu hören bekommen, da nun
auch die sonstigen mittelmässigen Aufführun-
gen in verschiedenen Kirchen, seit dem letzten
ärgerlichen Anstoas, in dem durch Mad. Ma-
ra's Mitwirkung so verherrlichten Konzerte in
der — Kirche, auf höhern Befehl (für Geld)
nicht mehr statt finden dürfen. Es ist kein
Wunder, wenn man auch daraus argumentier,
dass wir armen Berliner in unsrer verrufenen
Freygeisterey immer weiter gingen. Doch
die Sache ist -wirklich 'tu ernsthaft, als dass
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521 1805.
man «ich darüber viel Sehers erlauben dürfte.
Wahrlich, ei sollte uns ein to wirksames Mit-
tel der Erhebung und wahren Erbauung nicht
abgehen ! Und auch für die Kunst selbst ist
ja eine einzige solche Aufführung, (gut ge-
wählt und eben so dargestellt) von mehr uod
Weit bessern) Erfolg , als alle die nur amüsi-
renden Virluoserikonzerte, die noch immer
kein Ende nehmen und worüber Sie bald mehr
hören aollen.
Ob ich gleich nur übernommen habe , Ih-
nen von Zeit au Zeit die hiesigen Kouserte
au schildern, so kann ich doch nicht unterlas-
sen , Ihnen auch einiges über eine) neue thea-
tralische Produktion su sagen , da sie in der
fortgehenden Darstellung der Bestrebungen
der jetzigen Künstler nicht übergangen wer-
den -darf.
Den Sisten März gab nämlich Mad» Mar-
chetti im königl. Opernhause su ihrem Bene-
fiz die Vorstellung eines eigens dazu von Hrn.
de Filistri bearbeiteten Singspiels, oder soge-
nannten thespischen Trauerspiels, Callirrboe
betitelt. Nach dem , nicht ohne gelehrte Breite
ausgeführtem literarischen Vorbericht des Hrn.
Verfassers bestand das Eigentümliche dieses
Dramas darin, dass nur Eine Hauptperson
(Mad. March) die Handlung ausführte und
von dem Chor unterstützt wurde, dass ferner
keine Abtheilung in Akte statt fand, sondern,
nach der ursprünglichen griechischen Tragoe-
die, der Prolog, das Episodium und der Exo-
dus die Hauptabschnitte ausmachten. — Das
war nun ganz gut gemeynt: im Grunde glich
das Ganze aber doch sehr einer gewöhnlichen
italienischen Oper, da Recilative, Arien, Bal-
let und Chöre abwechselten. Die Musik war
vom Hrn. Kammermusikus Gürlith theils neu
komponirt, theils arrangirt und aus de» Wer-
ken verschiedener Komponisten zusammenge-
tragen. Nach einer- kurzen Einleitung ( D
moll) begann die Ouveiture aus Idomeneo
von Mozart die theatralische Darstellung. Der
May. 522
erste Chor der Priester im Tempel von Hrn.
G. war sehr charakteristisch. Sehr zweck-
mässig war auch bald daraul ein Marsch vooRi-
ghini mit untergelegtem Text als Chor benutzt.
Recht angenehme Stücke enthielt das von Hrn.
G. durchaus komponirte Ballet, worin sich
Dem. Hentschel, Mad. Laucbery u. Hr. Sca-
lesi auszeichneten. Man bemerkte jedoch an
der Unsicherheit des Orchesters in Ansehung
der Tempos, die man in dem Lokale am we-
nigsten gewohnt ist , dass wenige Proben vor-
hergegangen waren oder das Personale der kö-
nigl. Kapelle durch die vielen Proben der
Opern Vorstellungen in dem sonst so bemerk-
baren Eifer erkaltet war. Vortrefflich war
der Chor, welcher der Heldin den Ausspruch
de» Orakels, ihren Tod, verkündet, wie auch
die , von Mad. Marchelti mit grosser Kunst
und glücklichem Erfolg vorgetragene Arie von
Righinit „ Ah! termini la morle. • — — Die
Pantomime, wo der Oberpriester Coresus,
(als stumme Person) so unmotivirl sich er-
sticht, fiel ziemlich schlecht aus. Dafür ent-
schädigte aber der sehr schöne Chor aus Es:
Sommo Divo, gran Padre dol Regno, sehr
kräftig begleitet; und der Exodus war ebenfalls
sehr ausdrucksvoll recitirt. — So schön dem-
nach mehrere einzelne Stücke ausgeführt wur-
den , so machte doch das Ganze nicht die Wir-
kung, die wenigstens der Dichter erwartet ha-
ben mochte, da schleppende Handlung mitun-
ter kaum zu vermeideu gewesen war, und man
in unsern Zeilen sich schwerlich wird so weit
zurückstimmen können, Eine Person, und
wttr' es die talentvollste, zwry Stunden lang
allein handeln zu sehn. — Das Haus war
ziemlich voll , desto leerer aber dei> Tag dar-
auf bey der schonen Vorstellung der letzten
Oper Rosmonda von Reichel dt. Gaudia gau-
düs obstantl —
München, d. 24sten April. Hr. Bris ei,
der berühmte Sänger aus Wien , hat dreymal
am Hofe gesungen, wohin er berufen und mit
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i$p$. May;
swey tausend Gulden entschädigt war, und
hat alle enUuckt, die ihn au hören bekamen.
Dies muaate nun auch die allgemeine Erwar-
tung auf die Rollen, in welchen er vor dem Publi-
kum auftreten wollte, sehr hoch spannen,
und er befriedigte diese Erwartung vollkom-
men — so dass ich glaube, es sey hier nie-
mals ein Sänger mit solchem Enthusiasmus
und Jubel aufgenommen worden. Er trat
zuerst gestern, den a5aten, öffentlich auf,
und «war als Achilles.
Gewiss, ilr. B. ist ein seltenes Talent.
Der Umfang seiner schönen Stimme übersteigt
«wey volle Oktaven — vom G des Basses bis
zum eingestrichenen b. Diese seine Stim-
me ist in allen ihren Tönen klar und rein $
sehr voll und stark in den tiefern , sehr ange-
nehm in deuanittlern Tönen der Brust, und
mit letztern verbindet er nun, auf eine feine
und kunstreiche Weise, die hohen Töne so,
dass seine Stimme wirklich Eine Stimme ist,
und nicht, wie das so oft aich findet, aus zwey
oder drey Stimmarten (Registern) bestehet.
Alle seine Töne kommen dabey leicht und na-
türlich hervor, ohne Zwang, ohne Nasen-
oder Halstöne. — Zu diesem kömmt seine
übrige gründliche Kunftbildung. Vermöge
deren versteht er'a, einen Gesang aufrühren-
de, schmelzende Weise durchzuführe», und
doch auch durch Schwierigkeiten, die ihm
aber leicht aus der Brust zu strömen scheinen,
Bewunderung zu erregen. Kurz, er ist ein
Sanger im vollen Sinne des Worts — das
heisst, ein Künstler, der durch Einsicht,
Fleiss, Gründlichkeit und Geschmack schöne
Naturanlagen ausgebildet hat. Auch seine
Aussprache ist deutlich und rein. Fangt z. B.
ein musikal. Salz, oder auch eine Roulade,
mit einein A an , so wird dies A in seinem
524
Munde nicht etwa zu S, o, u. s. w., wie bey
so vielen Sängern, sondern es bleibt immer
ein reines A. — Die Recitative deklamirte
er wie ein Meister. Man verstand — doch
nicht in den Recitativen allein , sondern auch
in den Arien — alle Worte. Mag dies nun
ein noch so seltenes Phänomen seyn , mögen
die meisten jetzigen Sänger sich dagegen auf-
lehnen — ich behaupte dennoch : nur ein
solcher Gesang, wo zugleich der Text dem
Zuhörer an's Herz gelegt wird, ist ein wahrer
und kann vernünftige Menschen befriedigen ;
ein Sänger aber oder Singmeisler, der diesen
wesentlichen Punkt, die reine und deutliche
Artikulation, vernachlässigt, muss immer
beschränkt, klein, geschmacklos bleiben,
wenn er es auch in Gewandtheit der
Kehle mit der — Nachtigall aufzunehmen
versuchte, der er's jedoch ewig nicht gleich
thuu wird. *
Auch als Schauspieler ist Herr Brizzi zu
schätzen. Er ist auf dem Theater wie zu
Hause. — Er wird in allem sechsmal auf-
treten, und da wird sichs denn zeigen, ob er
im Stande seyn wird, den Enthusiasmus, den
er durch seine erste Rolle erregt hat, fortzu-
balten. Sie werden von mir aufrichtigen Be-
richt darüber erhalten. Von dem rühmlichen
Bestreben nnsrer Künstler im Orchester und
auf dem Theater, sein Auftreten zu verherr-
lichen, werde ich dann ebenfalls meine Ge-
danken mittheilen.
Neapel. »Nach Briefen daher ist Hr. Ka-
pelltn, Rightni jetzt dort mit seiner rühmlich
bekannten Schülerin, der Dem. Fischer aus
Berlin, und diese auf ein Jahr als prima Douna
beym grossen Theater San Carlo engagirt. *
(Hierher da. Intel UgentbUtt No. IX.)
Lj«ir»IO, BEY ltllltori »HD
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INTELLIGENZ - BLATT
zur Allgemei nen Musikalischen Zeitung.
May.
Ni. IX.
1805.
Piano forte - Schule
de«
Conservatorium der Musik
in Pari«.
j* Conaervatnrium der Musik in Paris liat seine
gross an Verdienste um den Unterricht in der Musii.
durch ein klassisches Werk, durch eine neue nnd
vollständige Pianoforte - Schule vermehrt. Die Na-
uen der Professoren , welche sirb «u Ausarbeitung
derselben vereinigt haben, (Cherubini, Mehul,
Adam, Jadin, Gossec, Catel, Gobert und
£!er) so wie die Einführung derselben als Lehr-
buch für «lio Zöglinge des Conservatorium verbürgen
ihre Vortreflicbkeit« Eine deutsche Ausgabe diesea
Werks, von aachkundigen Männern besorgt, ist bey
»ns unter der Presse, und wild in wenigen Wochen
«rscheineu. Da wir vertrauen dürfen, das» sie eine
allgemeine Verbreitung in Deutschland finden werde,
10 werden wir mit einem anständigen Aeuajern der-
selben einen möglichst wohlfeilen Preis zu ver'uin-
Leipsig, ins May, 1806.
Breitkopf und Härtel.
Nachricht.
für Liebhaber der Harfe.
Unterzeichneter hat bereits im vorigen Jahre, durch
ilicsc Blk'lter, die verschiedenen wesentlichen Verbes-
j miigcn bekannt gemacht, die er, narlt der Angabe
des Herrn v. Wo Ifen an, an die von ihm verfer-
tigten David»harfen anbringet: vermöge welcher man,
>uu wie *»** damals nur aus 5, nunmehr aus 6 (euch
wol an» 7) der beliebtesten Töne, ohne umzuslira-
wen , spielen kann. Er w»r auch so glücklich, auf
seine Bekanntmachung hin , nicht nur den ganzen Vor-
rat!! «einer Harfen zur Zufriedenheit der Abnehmer.'
theils im In - theüs im Auslände , au Mann zu brin-
gen , sondern auch neue Bestellungen darauf zn er-
halten. — Durch gegenwärtige Anzeige findet der-
selbe für nöthig , die Liebhaber dieses Instruments
auf eino neuerdings hinzugekommene Verbesserung
(gleichfalls ton der Erfindung des Herrn v. Wo He-
nau) aufuierksvji zu machen, die in der Anbringung
eines besondern Hakens (Semiton») für die Saite A,
bestehet ; welches bis jetzt ein Bedürfnis geblieben
ist. Da nun dieser neue Haken auf eine Art geformt
ist, dass man beym Ergreifen und Drehen desselben,
durch den nächsten Nebenhaken (der «wischen F nnd
G liegt) nicht gehindert wird («o auch umgekehrt^
nnd man folglich, auch während dam Spielen, be-
quem aus as a , oder aus a as machen kann — da
ferner «uch auf diese Weise keine Saite mehr ieolirt
dastehet, so werden Kenner dieses Instrumenta, ohne
Zweifel , den nicht unbedeutenden Vortbeil einsehen,
nnd zo schätsen wi»»en , den diese neue Verbesserung
gewähret. — Kaum bedarf e» der ßemrrkung, datj
die Davids - oder Hakenharfe nunmehr wol alle mög-
liche Verbesserung erhalten haben dürfte. Inzwischen
ist unterzeichneter weit entfernt glauben machen «n
wollen, als wäre dieselbe dergestalt vervollkommnet,
dass sie die Pedalharfe entbehrlich- machte. Eine
Harfe ohne Pedale , sie mag was immer für eine
Verbesserung nnd Einrichtung erhalten haben, mos«
unstreitig der Pedallitrfc, als der voükoromnern , nach-
stehen. Käme man selbst auf den Einfall: an der
Erstem die Zahl der Saiten, nehmen wir an bis auf
65 (wenn sie wenigstens den Umfang vom Contra- uf
bis zum dreygestrichenen g haben solltb), zu vermeh-
ren, um die diatonisch . chromatische Tonleiter (alle
halbe Töne) in jeder Oktave, gerade so wie beym
Klaviere, schon da su haben, mithin ohne Hülfe der
Pedale und der Haken,, aus allen Dnr- und Molltö-
nen spielen au können; 10 möchte die« doch nnr eine
Harfe, werden, die mehr «um Gebrauch der Engel «I«
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der Mens eben wir« i denn, diese würden auf derselben
höchstens (und zwar erst nach einer fleißigen Vor-
übung) Stücke Ton langsamer Bewegung (Adagio)
apielen können. Nicht allein das* es aich auf einer
aolchen Harfe, wie leicht au begreifen ist, äusserst
achwer spielen müsste, sondern es würde sich auch
dabey mehr ala ein unvermeidlicher widriger Umstand
«eigen. Man atello sich unter andern nur das immer-
währende Verstimmen bey einer so grossen Anzahl
(NB. Darm-) Saiten, nnd das Öftere Reissen der-
selben vor. Kurs, jeder, wmn auch- noch so
fertige Spieler, der von einem Instrumenta dieser Art
Gebrauch machen wollte , müsste notwendigerweise
•ine gute Portion anhaltender Geduld besiUcn, sonst
dürfte das unschuldige Ding Gefahr laufen, ein oder
das andere Mal an die Wand geworfen, und so ein
Opfer dea Zorne an werden. — Unteraeichneter
hält aich überzeugt, daaa sowohl Mademoiaelle M ü Il-
se r , unsere Virtuosin auf der Harfe , als auch an-
dere echte Kenner dieses Instrumenta, aeiuer Mci-
aung Tollkommeu beystimmen.
Johann Wideman n ,
bürgert. Tischlermeister, Pedal- und Da-
vidsharfenmacher in Wien, wohnhaft in der
Leopoldstadt in der Haupt- oder Tabor-
atrasse No. 2<j6.
Es ist fast handgreiflich, data die aweyte Hälfte
obiger Nachriebt auf eine in Wien (versteht sich von
einer andern Hand) verfertigt* , mit beylSuhg 60 Sai-
ten »exogene Harfe dectet, welche, wie ea scheint
was auch nicht schwer au glauben ist — nidit
recht brauchbar ausgefallen seyn muss , die man aber
dessen ungeachtet über die Pedalharfe hat erheben
wollen. Wäre ea nun wirklich so, dan:
aich fxeylich gröblich versündigt.
Der bedeutsame Stern im Norden —
heroische Oper in 3 Aufzügen — die Musik von
dem Kammermusik ua Göpfert, der Text von dem
Doktor Ibling au Mainingen , wird nächstens im Pu-
blikum erscheinen. Dieso Oper zeichnet sich in
mehr als einer Hinsicht vor vielen ihrer äfltern
Schwestern vortheilbaft -zu*, und verdient es, daaa
man nicht nnr alle Theater, sondern auch alle und
jede Freunde der Dichtkunst und Mnsik schon aum
voraus daraaf aufmerksam macht. nichter und Kom-
ponist boten sich hier freundlich die Hand, und, ver-
traut mit drm geläuterten Geachmack dea Zeitalters
suchten sie Dichtung und Komposition in schöne Har-
monie zu stellen, welcher Vorzug so mancher ge-
schützten Oper
h tnangolte,
historische Stoil",
4o
der* dem Stücke cum Grunde liegt, gewährt hob«
Interesse. Aber auch die ganae innere Eiaricktini
oder Ockonomie dieses Kunstprodukts ist würdig
beathtet an werden, indem die Verfasser dsrin
einen Versuch wagten, das Wesen der Oper nodt
mehr zu heben , ihren Geist reiuer uud richtiger auf-
zufassen und nach dem einzigen wahren Ziele, du
auch hier aufgesteckt ist, voll Kraft und Konit-
sinn zu streben. Dahin gehört unter andern A't
awcckmässige x Anordnung der Chöre, d*s nese Cs-
wand, in welches die Rolle des Helden gekteidtt
ist, die gelungenen Scblussscenen , worin sich iu
höchste Geseta der Oper oder der Punkt , nach wel-
chem sie hinstrebt, aufs deutlichste darstellt a. 1.«.
Denn so riel auch neuerer Zeit die übrigen ZwtifS
der dramatischen Kunst gewonnen lubea , 10 wc«5
hat man doch für die höhere Ausbildung der Oper gttha".
Dessen ungeachtet wird aich das Stück auih durdi
Leichtigkeit und Anmuth empfehlen.
Die Verfasser haben ao ganz con araore gearlti-
tet und sind dem Publikum schon durch nunc!*
schöne Produkte rühmlich bekannt. Der Doktor Il-
ling ist unter andern Verfasser eines historischen Ge*
dichte: Der Gesundbrunnen au Liebenstrta — m«"
neuerlich auch eines Romans : Die Geheimnis»
Lebens. Dass man aber auch von dem Ksmoiertauiii«»
Göpfert etwas allgemein Gefallendes erwsriea kasa,
beweisen seine beliebten Konzerts für Klsriaeite usJ
Oboe, seine rnancherley gut behandeilen Haxssonii«
für blasende Instrumente, seine geachmackvollen Lisi«
aar Erhöhung gesellschaftlicher Freuden n. s. w. verisj-
lich aber aeine ansgezeichneten ConcerUntes für 3Wili-
haruer, worin eine, solche Behandlung der Tonnt-
wechsln ng fürdieses Instrument, ohne besondere Schmf*
rigkeiten angebracht ist, wie dies bisher noch nicht iet
Pall war. Der Kürze wegen mag hier zum Helege nsr eint
Stelle aua einem Adagio in Fmoll ausgehoben werden:
C o >■ n 1 in F. ^ ^ ^
cre:c.
Solche Stellen haben die Hörtaer Öfters allein uo*
wer siebt nicht den grossen Effekt davon ror Auge« ' -
D. Sch.
lutii»! ■ sj t fiiutitri tu Ulitib
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ALLGEMEINE
MUSIKALISCHE ZEITUNG.
Den I5 ten May.
m 53.
1805*
Nachrichten.
Paris, den 25slen April. Uoare Haupttheater
— wiederholen. Was «ich seit meinem letz-
ten Schreiben von den wenigen Neuigkeiten
bemerkbar gemacht hat und auch für das Aus-
land bemerkenswert!) ist , zeige ich an. Un-
sere Konzerte haben ziemlich guten Fortgang.
-Was in diesen sich wahrhaft auszeichnete,
Will ich gleichfalls kurz berühren.
Julie, ou le Pot de fleura , von
Spontini komponirt, hat, um einiger lustiger
Wendungen der, freylich grössteutbeils ver-
brauchten, Inlrigue, um des raschen, witzigen
Dialogs , und um einiger sehr hübschen Cou-
plets willen (sehr hübsch im Text und in der
Musik) gefallen. Das ist aber auch alles,
was man davon sagen kann ; und wiewohl das
allerdings etwas ist, so ists doch nicht viel.
Hr. Sp. schreibt offenbar zu viel, und eben
darum zu flüchtig. Es mag wol schwer seyu,
wenn man ein junger, talentvoller Mann ist
und Beyfaü findet, sich zurückzuhalten, und
et Was besseres Zu geben, als was man ohne
Mülie nur so hinwirft, wie es vdn dem grossen
Haufen verlangt wird j will man aber nicht zu
Grunde gehen und nach wenigen Jahren auch
sogar von der Menge vergessen , verachtet
sOyU, so nun wan's doch! Mit jedem
neuen Werke der Sdilauderey wird es aber
Schwerer, und; vielleicht nach wenigen Jah-
Vän, unmöglich. D.is snTIten sich Viele der
Jetfcfg*?n jungen Komponisten von Talent, und
unter diesen äuch Spontini merken. — F'o r-
Bl n ^t 'D ctville, üü VaiMtau amirtl,
7. Jahrg.
in einem Akt, mit Musik von Berton, hat vie-
len Zulauf gehabt, aber wahrscheinlich mehr,
weil Jedermann sehen wollte , wie das Theatsr
ein möglichst vollständiges Admiralschiff vor-
stelle, in welchem das Stück spielt, als des
Werths oder Unwerlhs des Gedichts und der
Musik halben. Jene wunderliche Dekoration
war wirklich sehr hübsch ausgeführt und auch
das Leben auf einem grossen Schiffe nicht
übel nachgeahmt. Man sieht das einmal recht
gern } hernach ists aber vorbey., da weder der
Dichter, noch der Komponist etwas geliefert
hat, das sich über dem Mittelmäßigen , Leid«
liehen, allenfalls Amüsirenden, zu erhalten
vermöchte. Doch hübsche, sehr hübsche De-
tails haben beyda, der Dichter und der Kom-
ponist — das soll ihnen unbenommen bleiben t
aber das Schiff — ach, das Schiff ist doch die
Hauptsache! — Auf dem berüchtigten Thea-
ter Montanster giebt man eine komische Oper:
le Diablo en vaeänce, mit Musik vott
Gaveanx, die leicht und angenehm ist. Das
Gedicht — so zu sagen 1 — ist ein Bischen
srhtimm, pro tempore et loco, hat aber
wahrhaft belustigende S cenen. Mit einigen
Hölingen Modifikationen, und bey sehr raschem,,
gewandten, fröhlichen Spiel, müsste ,das
Werkchen, dächt' ich, auch in Deutschland
Glück — besonders viel Kasse machen. —
Aus 1 jrisern Konzerten hebe ich Folgendes
ans. . Concor t des Amateurs: (sonst
Clery ) jfAnt neue kouzertirende Sinfonie (für
Klarinette and Fagott obligat J von Xavier Le-
fevre ist mit FeUer upd Kunsteifalirenheit,
aber bline tiefem Zusammenhang, gesucht und
zumThoil grell geschrieben. Sie wurde mei-
53
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5^7
1805. May
5^8
■terhaft au»geführt und gefiel darum sehr —
wie den» überhaupt die konzertii enden Sinfo-
Cicen jeUt hier «Utk Mode sind und viel Glück
machen. Ein neues Konzert von Kreutzer
(G dur) ist wieder sehr originell und geist-
reich geschrieben, und unterscheidet sich so-
gar von seinen frühem Arbeiten — anch da-
durch, dass es weniger gekünstelt, graziöser
und weit kürzer ist. Es wird, wenn es be-
kannt wird, sehr viele Freunde finden. Kr.
spielte es unübertrefflich. Ein neues Konzert
für das Waldhorn, gesetzt und gespielt von
dem berühmten Frederic Uuvernoy verdiente
weit mehr durch den kunstreichen Vortrag,
als die Komposition dieses Virtuosen zu gefal-
len. Ein neues Konzeit, von Baillot kompo-
nirt und gespielt, verdient alle Aufmerksam-
keit. Baillot hatte einen Theil des Wiuters in
Bordeaux zugebracht, wohin man ihn berufen
halte, und trat mit diesem Konzert zuerst wie-
der hier auf. Es ist, wie seine frühern, in dem
ernsten Stil, mit der Würde und Kraft ge-
schrieben, welcher dieser wahre Meister. hul-
' digt, und zugleich ganz dem Instrumente —
aber in der kunstreichsten Benutzung seiner Ei-
genheiten — angemessen , sowohl was Aus-
führung des Spielers, als auch was Effekt auf
das Publikum anlangt. Sein Allegro ist pa*
thetisch und prachtig , 'sein Adagio hiureissend,
sein Finale freundlich, doch nie tändelnd.
Ganz so ist auch ßaillots Spiel, von dem ich
voriges Jahr ganz ausführlich in Ihren Blattern
gesprochen habe. Er schmeichelt und buhlt
nicht um Beyfall der Menge: aber er imponirt
ihr, durch Komposition und Vortrag; so erhält
er wenigstens Achtung und Scheu bey dieser,
und dass ihm der ausgezeichnetste Beyfall der
Kenner nie fehlt, ist bekannt. Ausser jenem
energischen Geist und der grössteu Vollendung
in Absicht auf alles, was man unter dem weit-
umfassenden Worte, mechanische Vollkom-
menheit, (justesse) befasst, zeichnet si«b im-
mer jedes seiner Konzerte noch durch irgend
•twas besonderes in Absicht auf Figuren und
dgl., wohin der Verf. zunäthst steuert, aus —
ungefähr wie bey Clement! in mehrern seiner
Klaviei sonalen. Bey diesen*/ neuen Produkt
war es der Kall in Absicht aof Vollgriffe, be-
sonders Doppelgriffe. Man muss viel eigene
Versuche gemacht haben, um das, was 13.
hierin leistete , und ganz vollendet leistete, in
Reinheit, in Gleichheit der verbundenen Töne
und der -Starke derselben , in Klarheit , Be-
stimmtheit, zwanglosester Leichtigkeit —
man muss, sag' ich, selbst viel eigene Ver-
suche gemacht haben, um dies nur für mög-
lich auf der Violiu zu halten. Könnte das
Conservatoire ihn entbehren und liebte er's
nicht, seine grosse, herrliche Manier durch
seine Schüler auszubreiten — (bisher sind die
vorzüglichsten Geiger, die aus jenem Institut
gekommen sind, aus seiner Schule, wie
auch das treffliche Lehrbuch des Violinspiels,
nach welchem im Conservatoire unterrichtet
wird, bey weitem zum grösslen Theil von ihm
aHein ist,) wollte er Deutschland oder die
nordischen Reiche besuchen und sich da nie»
derlaasen: ich bin gewiss, er würde dort ein
Glürk machen, wie unter allen jetzigen Violi-
nisten keiner. Wenn seine Kompositionen
jetzt noch in Deutschland nicht recht haben
eingreifen wollen und wenig bekannt scheinen,
so liegt das wol nur daran, dass er deren T>is
jetzt nur wenige herausgegeben hat — er ist
auch hierin äusserst streng, und wenn ihm
nicht alles so dastehet, wie er's gemeint hat,
legt er's lieber zurück — dass sie gewallige
Spieler verlangen , dass sie ganv in aeiner
grossen Manier vorgetragen seyn wollen, und
dass sie der Menge und dem leidigen Dilettan-
tismus gar nicht schmeicheln. — Von Sin-
fonieen giebt man immerfort die Haydnsrheo«
Die versprochenen Mozartsihen sind noch
nicht erschienen. Die Herren sind zu vornehm
undjzubequem, viel zu probiren : auf jene sind
sie nun ganz eingespielt, auf. diese müsstep sie
es doch erst werden, da sie sie, ihres. eigenem
Ruhms wegen, nicht weniger gut geben wol-
Ieu, als jene; und so legen sie sie lieber von
einer Zeit zur andern zurück. — Gesungen
. :
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509
1805. May.
5*o
hat] fast immer die mit Recht belieble juoge
Duret-St.-Aubin. Neuere italienische Musik
singt sie, und französische deklamirt sie sehr
schön; was sie aber von Mozart (aus Figaro
und Don Juan) gab, verunglückte mehr oder
weniger. Sie fühlt sich da au eingeschränkt,
müsste da su viel eigentlich sludiren, nicht
blos exerzireu, müsste oft eigene Vortheile um
dea schönen Ganzen willen aufopfern — und
das will man denn nicht, besonders wenn man
ein hübsches, junges Weibchen ist. Es gehet
ihr wie den Italienern mit diesem grossen,
deutschen Genius. —
Von der zweyten Konzertanstalt (Grenelle)
ist nichts zu sagen, das Sie interessirte» Sie
hält sich ziemlich gut. Neue und zugleich
dort nicht gehört.
Das Konzert der Eleven des Conser-
v a t o i r e hat den Freunden der Tonkunst und
dieses Instituts wieder manchen schönen Ge-
auss gewahrt. Ich will nur .weniges auszeich-
ne«. Die Instrumentalmusik macht auch liier
immer grössere, und wahrhaftig erstaunens-
wert!» Fortschritte; aber, trotz allen Bemü-
hungen der besten Lehrer, bleibt die Vokal-
musik noch immer ausser Verbaltnia zurück.
Es fehlt an dem ßraten — an vorzüglichen
Stimmen; es fehlt auch an einem, durch den
Kunsllujius nicht verwöhnten Publikum, das,
was schön , aber nicht auffallend oder pikirend
ist, aufzunehmen und zu verdanken verstände.
Die braven Lehrer gehen nun zwar ungestört
ihren .Weg und kümmern -sich auch um die
frivolen Journalisten nicht, die dem eben so
frivolen Dilettantismus die öffentliche Sprache
leihen: aber man vermisst doch an den mei-
sten jungen Leutchen den Eifer, den, wenn
wir aufrichtig seyn wollen, in Ulis allen, ao
lange wir jung, sind, nicht der über-
zeugte Versland, die bessere Einsicht, son-
dern das öffentliche und laute Urtheil zu er-
zeugen pflegt. Unter den >ungen Violinisten
zeichnete sich vor allen Mazasaus, von dem
habe. Eins der besten und schwierigsten
Viottischen Konzerte z. B., mit welchem er
auftrat, kann, was Geist, Stil und Virtuo-
sität anlangt, nicht schöner gespielt werden.
Neben ihm ist der kleine Dessale, Kreutzers
Zögling von etwa 11 Jahren, anzuführen, und
als Phänomen noch bewundernswürdiger;
denn in solchem Alter ist wol schwerlich die
Sicherheit, Reinheit, Fertigkeit, Genauigkeit,
und zugleich das Feuer und die Kraft, gehört
worden. Alle Zuhörer waren entzückt , und
wenn der Knabe, ohne übernommen zu wer-
den , so fort geleitet wird und auch selbst so
bleibt, so wird er unstreitig ein Virtuos, der
überall, selbst neben den ersten Meistern, je-
dermann in Erstaunen und Freude versetzen
muss. Benazet, Levasseurs Zögling, spielte
ein schweres Rombergsches Violoncellkoiizert
richtig, genau, aber ohne den lebendigen
Geist, den der Komponist hinein gelegt hat.
Das sanftere Andante gelang besser, und der
junge Mann giebt die beste Hoffnung. Haydn-
sche Sinfonieen und Ouvertüren von Chera-
bini etc. gingen brav. Waa den Gesang betrift,
so ist es sehr «u rühmen, dass die Lehrer
die verschiedensten Gattungen und Schreibar-
ten bey der Wahl der Stüoke berücksichtigen,
und jedes, so weit es möglich, in dem ihm ei-
genen Charakter studiren und vortragen las-
sen — wenn nur die Zuhörer, wie gesagt,
auch alles gehörig su würdigen verständen.
In den freyesten, galantesten Stücken der
jetzigen Italiener zeichneten sich die liebens-
würdige Himm, nnd Eloy, mit seiner schmei-
chelnden Stimme und seinem angenehmen Vor-
trag, vorzüglich aus. (Vergleichen Sie über
beyde meine frühern Nachrichten.) Mehrere
ernsthafte Stücke, von Cherubini zum Theil
zu diesem Behuf geschrieben , gelangen weni-
ger;, und die Hauptsätze der in Deutschland
nicht unbekannten grossen Messe von Pergolesi
gar- nicht. Fast möchte man das auch , was
Gesang betrift, von Haydns Stabat asater
aagen. • Nur einige Soloa gelangen — beson-
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I
531 ißo5.
der Dem. Himm. Die Chöre waren schwach
und wankend. Sonach konnte da« Ganze , in
welchem sie die Grundpfeiler auwwachen, die
gehörige Wirkung nicht erreichen. — Ich
kann die« Institut nicht verlassen, ohne we-
nigstens einige Worte über den jungen Gasse,
den ich auch schon früher erwähnt habe, au
sagen. Er macht bey der Instrumentalmusik
gewöhnlich den Anführer, und macht ihn,
wie ein Mann , im vollgültigsten Sinne des
Worts. Sein Werk ist zunächst die treffliche
Ausführung der Sinfonieeo und Ouvertüren;
#r ruhet nicht, bis er all« ins Feuer gesetzt
•and fähig gemacht bat, dass das Ganse geben
jgauss, wie es gehen «oll. Ks ist eine Freude,
Jen jungen Menschen mit seiner Geige und
meinem .gewaltigen Bogen — auch nur zu s e-
aiQ. Hierin gebet er ganz auf dem Wege
feines vormaligen Lehrers, Rode. — —
Das Couserval. mit seinen Lehrern wird
in,d*n «icbjstco Tagen Mozarts Requiem noch-
mals öffentlich ««ffiihrea, und Glucks De
.profandis soll vorhergehen. — Die grosse
Oper ( Academie imperiale de musique) be-
quemt sich endlich zum öffeutlichen Geständ-
nis« dass «s ihr fast ganzem guten Siagstim-
men fehlt, und hat, im Nameu der Regierung,
jdle weUeebildete junge Leute van. i8 bis a£
Jahren, die vorzüglich gute Alt-, Tenor-,
oder Basstimme besitzen, über die Elemente
.de« Gesangs und der Musik überhaupt hinaus
«ind, .und sich der grossen Oper widmen wol-
Jen, eufgefur,de«l, «ich mit den hinlänglichen
Zeugnissen vor ihren Departementpräfekteti zu
stellen , von welchen sie nach Paris empfohlen,
da nochmals geprüft, »und, wenn sie tauglich
befunden weiden, Weiter gebildet, wenn man
sie nicht tauglich findet, mit Erstattung alier
Kosten und Entschädigung für elwätinige Ver-
bauoaniss, cwüokgesohiokt werden «oiien. Die
teian behält, werden mit allem, was au ihrer
Jlilduug oderaoeb zu ihrer Erhaltung erforder-
lich ist, von der Regierung versorgt; und
auch die, welche nach einiger ZeM erst als
May. 532
gungen in ihre vorherigen Verhältnisse zu-
rükgeseudel. Wenn es auf d i es e Weise nicht
gelingt, su weiss ich nicht, auf wrl he es ge-
lingen konnte! — Dass Satieri in Wien, der
vornehmlich um seines frtHlichen Tarare's
( Axur) willen noih hier in verdienter Hoch»
schlung stehet, zum auswärtigen Mitglied de*
Klasse der Künste am Natioualiustilut, au des
verstorbenen Guglielini's Stelle, ist erwählt
wurden, ist Ihnen wol Schön aus andern blät-
tern bekannt. — Von der Aufführung des
Passionsoratoriums von Paisiello in der Opera
buffa und durch deren Personale ( — Sie se-
hen, dass unsre Frömmigkeit jetzt überall zu-
dringt—) hab* ich nichts zu sagen, weonbch
das bekannte Konmut einer deutschen Dame
wiederholt und gesagt habe, dass ich es nicht
nur, wie es genieynt war, auf die Komposi-
tton dieses Werks, sondern auch anf den
Vortrag nnsrerBufibns bezogen haben will — :
ich finde darin , sagte die Dame, alle Passio-
nen, nur nicht die des Erlösers. Und von
einem neuen Pasticcio, aus — der Himmel
mag wissen, welchen deutschen, italienischen
und französischen Werken zusammengetragen,
-und die Eroberung von Jericho betitelt,
ist auch nichts su sagen, obgleich die fröm-
melnden oder schmeichelnden Journale es sehr
■rühmen und preisen. Dass manches schöne
.Stück mitunter lief, dass einige auch ziemlich
gut ausgeführt wurden , ist wahe ; dass aber
nie ganze snsammengeqnirlte Gattung eine
Ausartung und namentlich dies W'erk dem
bekannten Saul, 1 vom vorigen Jahre, noch
weit nachzusetzen ist, ist es nicht minder.-—
Wien, Anfang des Maya. - Wir haben
Cherubiui's Anakreon als Oratorium im gros-
sen Kedoutensaale. gehört,, und — ich mos«
gestehen, dass mir das Musfallen der Pariaer»
an diesem Werke, etwas erklärbarer geworden
ist. Angenommen , dass mythologische Optra
bey den aVranzoaen beliebter und gewöhnlicher
sind, al« in fieuUcaiand, «e ist es dech
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53* x ß°5-
•ehlechler^irtgt gar kein« dramatische
Handlung, da« Amor als ein armer Knabe
bey Anakreoo einkehrt, uud dort van seiner
Müller wiedergefunden wird. Eine lyrische
Handlung aber, wie »ie hier heisat, i«t ein
•ehr unbestimmter Begriff, und kann höch-
stens eine . Handlung anzeigen, die Gelegen«
holt au lyrischen Aeuaserungen giebt. Von
dieser Art aber sind alle interessanten Bege-
benheilen, weil die Ausbrüche jedes Affekts
lyrisch sind. Was' könnte man nicht unter
diesen Namen fassen ! Doch ich lenke zu weit
von meinem Zwecke ab. < —
Der Text war vom Hofschanspieler Steg-
meyer höchst elend übersetzt. Man atollte sich
doch, wol eiuigei massen nm Grammatik und
Prosodi» bekümmern, ehe man «o öffent-
lich, und noch dazu namentlich auftritt I Aber
auch die Musik achten mir au dem Süjet nicht
ganz passe od. Voraüge hat sie allerdings,
grosse, entschiedene Vorzüge : all jenes Peuer,
jene Starke, jene effektvolle Inetmmentirung,
die Cherubini'e Wej ke ao hoch heben — aber
eine Musik zum Anakreon ist aie schwer-
lich. Wer die leichten, frryen, muntern,
anspruchslosen Gesänge des tejiseben Greises
kennt, in welchen er mit der ungetrübtesten
Naturansicht noch im hohen Alter den Freu-
den des Lebcna huldigt , der muss Cherubini's
Cuarakterisirung verfehlt finden. Schon die
Ouvertüre, welche mit einem bedeutenden,
schweren Grave beginnt, und dann sich in ein
feuriges, schönes, aber stürmisches AHegro
entwickelt, ist nicht bezeichnend. So oft Aha*
kreon von den entflohenen Zeiten seiner Ju*
gend spricht, gebt Cherubini in klagende, du-
atre Tonarten, ala wollte eme Gattin am Sar-
kophage ihres Mannes trauern. Das ist nicht
der Geist der aoakreontischen Klage! Wenn j
der Greis aich seiner lugend erinnert , ao iat
immendaa frohe Gefühl herrschend, aie weise
genossen zu haben; selbst auf den Tod- blickt
er .nur, si.h den Genuas des Augenblicks durch
die Voretellung zu erhöhen i dass allea acbneÜ |
vorüberrausche: ' I
May. 534
Wafür hHfi. de« Grsbetein Mibe*
Und reraebei« Speaereyea
Auf dea »chwsrien Uoden schütten ?
Lieber «albo mich in Leheu ,
Schmücke diese« Haupt mit Roten
Und bestell« meine Freundin.
Amor ! eh' wh aotih .bJnaitSer
Zu den Todeatänsen wandle,
Hcis» ich «Ho Sorgen Hieben.
Würde wol an diesem Gedichte z. B. das
trübe Cmoll passen? würde nicht vielmehr eine
freyere, heitere, wenn gleich gemässigte Ton-
art, etwa Es oder As dur genommen werden
müssen?
Am besten sind Cherubini die Chöre gelun*
gen. Ein Gewitter an Ende der ersten Ab*
theilung ist mit einer ausserordentlichen, bia
zu Ende steigenden Kraft durchgeführt, und
der Chor zu Ehren des Baihus im aten Akte
kann eine wahre mnsikaiisebe Dithyrambe ge-r
nannt werden. Die Aufführung war nicht
vorzügliche weder Sangeir noch Orchester law
steten dem Pnbtik uro Genüge. Man mau
aber aneh geetehen, dass der ungeheure Re-
doulerisaal der Mnsik sehr ungünstig ist} die
letzteren im Saale können weder die Sauger
verstehen, noch die Musik an leisem Siellea
vernehmen* Ueberhaupt wird ein passender
Konzertaaal für Wien noch lange ein frommer
Wunsch bleiben. •
Den vorigen Winter hat sich hier -eine
musikalische Anstalt gebildet, welche durch
reichliche Unterstützung noch fortdauert, und
die in ihrer Art wirklich vollkommen ist* Dies
sind Quartetten, welche m einetn Prvrathause
auf die Art gegeben werden , dass der Zuhörer
für vier Produktionen immer fünf Gulden vor-
ausbezahlt. Schuppanrigh , der Unternehmer,
weiss -bey seinem vertrefflichen QuartHten-
Tortrage in den Geist der Kompositionen gew
naa einzudringen, Und darFeörige, Kräftige,
öder auch Feinere, Zarte, Hnmoristts^he,
Liebliche, Tändelnde, aö bezeichnend bei aus-
zuheben, dass die erste Violin kaum besser be-
seiet seyn könnte. -Ihn aecoropagnirt aii r üVr
zweyten Viehn eben ao vortrefflich sein Svhü-i
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535
1805. May.
536
ler Mayieder, ein sehr mlentvoUer Jüngling,
von dem erst neulich in Ihren Maltern gespro-
chen wurde. Die Viole behandelt Schreiber,
in Diensten des Fürsten von Lobkowilz, mit
Leichtigkeit und Genauigkeit Da» Violoncell
ist durch den altern Herrn Kraft Tortreiflich
besetzt; er bat einen schönen vollen Ton, un-
gemein viele Leichtigkeit und Sicherheit, uud
opfert dem Effekte seine« Instrumentes nie das
Ganze auf. Natürlich sind es nur die vorzüg-
lichsten , ausgezeichnetsten Kompositionen,
welche von solchen Meislern sorgfaltig einslu-
dirt, und erst nach einigen Proben öffentlich
vorgetrogen werden» Bi< Jetzt sind Quartelten
vdnMozart,Haydn, Beethoven, Eberl und Rom-
berg gegeben worden. Zuweilen werden wol
auch grössere Stücke aufgeführt) unter diesen
gefiel vorzüglich das schöne Beelhovensche Sex-
tett aua Es, eine Komposition» die durch schöne
Melodieen, einen ungezwungenen Harmonie-
Auas und einen Reiehlhum neuer und über-
raschender Ideen glänzt. Die Klarinette wur-
de dabey von Herrn Pär, in Diensten des fürst-
lich Lubtensteinachen Hauses, äusserst voll-
kommen vorgetragen. Dieser Künstler hat
nebst einer ausserordentlichen Leichtigkeit und
Sicherheit auch einen so äusserst lieblichen
und angenehmen Ton, und weiss ihn beson-
ders im Piano zu einer so zarten und hinreis-
sende!» Delikatesse zu schmelzen 1 des* er ge-
wiss wenige Gleiche auf b einem Instrumente
finden' wird.:
1 EU» gewisser Kreutzer, der »ich alz Kon-
zertmeister von Zürich ankündigte, gab ein
Konzert im Jahnischen Saale, wobey aber sehr
wenig Zuhörer augegen \varcn.| Wer in Wien
nicht beliebt, oder schon sehr vorteilhaft be-
kannt Ut, kann sehr selten auf ein einträgli-
ches Konzert rechnen« Kreutzer gab zuerst
•eine Ouvertüre- . aua einer unaufgefübrten
Op*r: da« FriedensfesW Sie begann mit einem
sehr trüben« ibey nahe melancholischen, viel
au langen Adagio au* D moll und ging dann in
ein hübsches Allegro .über , das aber auch kein
1. U überhaupt hat dieser Kompo-
nist die Kon«! aufzuhören noch.ehrsorgfallig zn
studiren. Darauf spielte er ein Klavierkonzert
aus E dur von seiner Komposition, aber Weder
von dieser, noch von seiner Ausfuhrung laust sich
viel Vorteilhaftes sagen. Kr. hat zwar Ge-
läufigkeit, aber es fehlt ihm an Reinheit , Si-
cherheit und völlig an Ausdruck. Ein Klari-
nelkonzert von seiner Komposition ist viel bes-
ser gearbeitet und hat manche hübsche Stellea,
auch wurde es von ihm ganz angenehm und mit
Geschicklichkeit vorgetragen. Hr. Kreutzer
würde gewiss besser tbun, sich ganz diesem
Instrumente zu widmen , auf dem er es in der
Folge vielleicht zu einer ausgezeichneten Voll-
kommenheit bringen könnte.
Am isten May wurde der Augarten mit ei-
nem schönen Konzerte der Mad. ßigot de Mo-
roguea eröffnet. Ihr Klavierspiel hat wirklich
entschiedene Vorzüge: ihr Vortrag ist reio,
angemessen, und am gehörigen Orte delikat
und fein. Zugleich wurde die neue grosse
Eberische Sinfonie aus D gegeben — eine ge-
waltige, kühne Dichtung, in welcher die Kraft
dieses Tonsetzers und das Feuer seines Geistes
frey und keck herausbricht. In dem letzten
fugirtea Stücke liegt grosse Stärke, und in, dem
schönen Marsche ein ganz vorzüglicher Instru-
mentalefiekt. Seit den Mozartseben , Haydn-
schen und Beethovenseben Sinfonieen ist wol
nichts in dieser Gauting erschienen , das sirh
so ehrenvoll jenen zur Seite stellen könnte. Es
ist wirklich zu wünschen, das Eberls vortreff-
liche, grössere Werke, seine Sinfonieen ao-
wol als seine ganz im Mozartsehen Geiste
| geschriebenen Klavierkonzerte, durch den Stich
bald allgemein verbreitet werden möchten.
Der hiesige Instrumentenmacher Müller
hat die von dem verstorbenen Röllig erfundene
Xanorphika, verbessert, in einem Konzerte
gezeigt. Das Wesentliche dieses Instruments
befrtoht darin, dass es mit einer Tastatur ver-
sehen, und wie ein Pianoforte gespielt, die
Harmonie eines Violinqnartetts nachahmt. Im
Adagio gelingt es ziemlich, obsrhon auch hier
nicht alle 'X
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. 1805. May.
538
die Modulation durch die Mos mittelbare Be-
rührung der Saite verliert. Das Allegro aber
ist noch mangelhaft. Hier bat das Instrument
mehr einen Harfen- als Violiiiton, und scheint
die gebundenen Noten nur unvollkommen zu
geben. Oa der Spielende auch mit den Füaaen
arbeiten muaa, und die Behandlungsart über-
haupt schwierig scheint« ao dürfte diea Instru-
ment für Frauenzimmer nicht passen. Uebri-
gena bleibt es immer eine artige Erfindung,
die sich vielleicht noch bedeutend entwickeln
kann.
Im Bigoischen Konzerle lernte ich eine
neue Sängerin , Mad. Schmidt kennen. Sie hat
eine reine , schöne , volle Stimme, und im
Gesänge Feuer und Affekt. Wenn sie noch in
der eigentlichen Kunstbildung weiter schreitet,
kann sie eine hohe Stufe erreichen.
Dresden , den a4sten April. Wenn ich
etwas mit voller Ueberzeugung zu Joben fin-
de, denn zehret' ich Ihnen sicher — -r
Es tat in Ihrer Zeitung bey Gelegenheit der
Recenaion von Naumanns Biographie, zwey-
tem Theil , stark ,' aber anständig zur Sprache
gebrecht worden , dass seit dem Tode dieses
Meisters durchaus nichts von ihm gegeben
werde. Das war vollkommen gegründet. Sie
sehen aber« wenn man in einer gerechten
Sache, bestimmt, doch mit gehörigem Anstand
spricht, und die Vorstellung dahin, dringt,
Woher die Entscheidung kommen muss : so
bleibt hier ein solches Bemühen nicht ohne;
wohltätige Folgen. Es wurde nun wirklich
deu Osler- Vorabend in der katholischen Kir-
che eiu , noch nicht öffentlich bekannt gewor-
denes Nauttjannschea Oratorium: Betulia. li-
beral«, von Mttasjasio, aufgeführt. Jedem
wahren Freunde der Kunst war dieser Tag ein
Feattag. Obscbon diea Oratorium nicht das
vollkommenste unter den Nauinaunscheu ist,
lo bleibt es"doch sehr s'chätzenswerOi und sei-
nes Urhebers wüidig. Vornehmlich zeichnen
•ich die meisterhaften Chöre, einige Arien der
Herrn Benelli und Sassaroli , nnd das grosse
Recitaliv mit Accompagucment aus, wo Judith
die Enthauptung des Holofernes erzahlt. Die
Ausführung gelang aebr gut, und unter den
Sängern zeichneten sich die bevden genannten
ganz vorzüglich aua. Eine Anmerkung sey
mir aber erlaubt, da aie gegründet ist, nur
aua uninteressirter Theilnahme an der Sache
selbst entspringen kann, und, wenn man
bey etwaniger Wiederholung jenes Werks
darauf Bücksicht nimmt, (es ist gewöhnlich,
dass ein neues Oratorium das nächste Jahr
wieder gegeben wird,} für dasselbe vorteil-
haft aeyn möchte. Es ist bekannt, wie vor-
teilhaft die genannte Kirche für Musik er-
bauet jst; aber man muss aie kennen, um so
für sie zu schreiben, dasa es von gehöriger —
und dann vortrefflicher — Wirkung ist. Die
Hauptregel dabey ist: vermeide, so viel nur
immer möglich, geschwind auf einander fol-
gende Noten, weil der allzustarke Nachball
des Gebäudes schnell vorüberrauschende Sätze
in einander verflossen und undeutlich zu hören
giebt. Naumann wusste das nicht nur, son-
dern verstand auch, es trefflich zu benutzen,
und wachte,- auch in dieser Absicht, mit der
von ihm gewohnten Sorgfalt und Genauigkeit
Üb^C. seine Arbeiten. Nun bekamen wir. in
dieaem Oratorium allerdings mehrere Stellen,
besonders viele zerstreute Solos für Blasinstru-
mente, des Nachhella wegen, in einander ge-
flossen und ganz undeutlich zu hören. Das
scheint mir ganz unwidersprechluh darznthun.
dasa Naumann diese Satze nicht so geschwind
im Tempo genommen haben wollte, als sie
genommen wurden. Und wirklich könnte es,
wenigstens bey einigen, auch nicht schwer
aeyn* na c hzuweisen — und zwar schon aue
dem Sinne des Komponisten und noch abgese-
hen von jener notwendigen Rücksicht auf das
Lokair - dass, sie, zu 'geschwind genommen
wurden. Der diesmalige Hr. Direrteur, von
dem. man gewiss die beste Gesinnung gegen den *
verewigten Naumann und seine Werke vorauf
— -
aetzen darf, wird .eben darum meine Bemer-
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l8o5. May.
540
kung ohnstreitig nicht übel aufnehmen. — Im
F r e y m ü t h i g e n lese ich so eben eine Nach-
richt von derselben hier angeführten Produk-
tion. Der — Dresdner scheint sich über jene
Bemerkung Ihres Recensenten *u beschweren,
Halt Sie zu verdanken, and setzt hinzu, sie (die
Monate froher gedruckte üud bis dabin unwi-
dersprethliche) werde durch dies (Monate spä-
tere) Faktum der Auffdhrnng dieses Nauman-
schen Werks widerlegt etc. Lassen Sie das
hingehen, so wie auch das unaufhörliche und
ungemeine Lohpreisen von hieraus in andern
öffentlichen Blättern. Bey dem letzten dauert
mich hui- das wirklich Vortreffliche, das wir
besitzen, von dem man nun doch auch nichts wei-
ter sagen kann, als vom Mittelmässigen — weil
man die Ausdrücke und Wendungen erschöpft
hat — und das sich darum unter jenem ver-
liert imÜrlhelte des auswärtigen Publikums ! —
Hr. Kapelllu. Schuster hat eine neue, originelle
und brillante Messe geschrieben, die ich nicht
übergehen darf, wenn ich anfahre, wa* ich
Wirklich lobenswmäig finde. —
Anekdote.
In Neuraartns Biographie (2ten Th. S. 19.)
findet sich folgende Anekdote. Als Naumann
zum erstenmal nach Stockholm kam, fand er,
ausser andern grossen Üebelständen, dass sichs
die Musiker äusserst bequem machten Und na-
mentlich auch keine Proben halten mochten.
Wurden diese ja gehalten , so dfspensirten sich
mehrere der vorzüglichsten Mitglieder,' öder
Warteten nur einen Theil davon ab u. dgL m.
Der Vorsteher und Directeur tfer müiilili»chen
Institute (Baroekow) war ein ehrlicher Mann, der
aber Von Musik gfTade soviel verstand, «Ts —
doch die Anekdote verräth das schon selbst 1 Nau-
mann führte Beschwerde übet jeneBequfemlidh^
lieitundNachlässigkehUesTheafe'r-untfKäpel^
t 1 . II! .r-*:;.r i«» . .H»».i 7.
Personali, und führte, wie gehörig, die Be-
schwerde bey die«em Manne, als der höchsten
Instanz, ausser dem König. Der Directeur befahl
bey strenger Strafe, mau solle sich bessern, und
in der nächsten Probe fehlte doch sogar der erste
Violinist. Er kömmt zwar noch, aber sehr spät.
Der Directeur, der sich diesmal angriff, wirk-
lich gegenwärtig war, ubd «einen Platz absicht-
lich so gewählt hatte, dass er jeden su spät Eintre-
tenden bemerken und empfangen köunte.liess ihn
hart an. Der Musiker kannte seinen Mann und
erwiderte ganz gefasst: Ew. Excelleuz werden)
nun auch mich anhören ! Mir War engesagt, ich
möchte mich mit meiner C- Violin einfinden. Ich?
that es pünktlich. Schon an der Thür hörte ich
aber am Stimmen, dass wir heute E- Violinen
brauchen. Ich eile nach Hanse : unglücklicher
Weise ist raeine E- Violin nicht bezogen. Ich be-
ziehe sie so schnell als möglich : aber freylich,
einige Zeit gehet hin ! Doch hoff* ich, Ew. Ex-
cellenz werden mir das Recht wiederfahren- las-
ten, dass das meine Schuld nicht war. — Nun,
nun ! antwortete der Directeur der musikali-
schen Anstalten; wenn's so ist, mag's diesmal
noch hinschleichen ! — *
(Für Leser, die von Musik so gar nichts ver-
stehen, wie dieser Directenr, der Zusatz: Ei
giebt gar keine C- oder E- Violin, sondern nur
Eine, auf welcher alles gespielt wird.)
An einem deutschen Hofe erlebte man vor
kurzem einen, jenem wenigstens von Einer Seite
ähnlichen Vorfall. Inder Opernprobe fehlUder
erstrBasssänger unter den Choristen, die von der
dortigen Schule genommen werden. Man will
tiach ihm schicken : das macht ja Aufenthalt, sagt
der Directeur der musikalischen Ansraiten *, wie
Wollen indessen 1 einen von den Kleinen dorthin
steifen! Und nicht ohrfeMühe macht 1hm der
Kapellmeister begreiflich , dass man die Stelle
des erAeh Baisirten ülcHl mit einen Di&anti"
Äen 'besetzen könne; «■ < > '■ 1
_
(Hiejbey InUlIigeiublatt' ko. k.)
. . 1 ,
Latrs'ieS Vk* %*t 1 1 k6* » 't * b iMif,
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INTELLIGENZ - BLATT
zur Allgemeinen Musikalischen Zeitung.
May.
1805.
M U 8
ikanztlg
Den Freunden de« Gesanges kündige ich awölf
Lieder ron Matthison und andern guten Dichtern auf
Pränumeration au, welche bey den Herren Breitkopf
und Hirtel in Leipzig gedruckt werden.
Man kann in gedachter MusikliartcHuug in Leipzig,
bay dem Herrn Orgelbauer Treutmanti in üarby , den
Herrn Burclurt , Organist an der Jacobi -Kirche, in
Magdeburg, Herrn Wangemann , neue Jacobs -Strasse
No. i3. in Berlin, und bey mir iu Witttok von
heute an, bii «um ersten October a. c. mit «8 Gr.
Goar. Münze auf ein Exemplar in poatfreyen Briefen
pränumeriren.
Den gütigen Sammlern wird daa 7te Exemplar
gana, und da* 5to halb frey gegeben, und der naebhe-
rige Ladenpreia auf » Rthlr. 8 Gl. erhöhet werden.
Wit.tok,
den ersten März.
180Ö,
J. S. Wange mann*
A n h ü n d
1 S u » 8-
r-
Znr Unterstütinng efner armen nnd »ahtreichea,
harten Schlägen dca Schickaal» niedergebeugten
Familie erscheinen so bald wie möglich, ron einem
bekannten Komponisten, Fantasieen und Gesänge unter
dem Titel:
Schwärmereyen am Klavier.
Der Prä'numerationspreia ist 16 Gr. prens*. Cour,
der naebherige Ladenpreis 1 Rthlr 4 Gr. Buch- und
Moslkhandluogen, wel'he die Gute haben wollen Prä-
" 1 , erhalten davon 36 p. C.
Für andere edle Beförderer ist da» 7te Exemplar frey.
Die Einsendung des Geldes geschieht Postfrey an die
Maur ersehe Buchhandlung in Berlin.
Dia auf Pränumeralion angekündigten
Zwölf Orgelstücke
TOD
M. G. Fischer.
siod erschienen , und werden von heute am «n die
Herren Sammler abgegeben; zugleich bemerke ich, d»j
beyde Hefte noch bis aur bevorstehenden Jubilatc-
Mesae i8o5. um den Piäoumeratious- Preis für 16 Gr.
eächs. , in allen Buchhandlungen sowohl als bey mir.
J. E. G. Rudolph!.
Brfurt r den a3. Müs»
i8o5.
Nttur Verlag dts Musik- Comtoirs zu
Braunschtvtig.
N. Isouard, Maria und Berton, 5 Romanzen mit
Guitarre und Flöte. 13 Ggr.
0. H. Bink, 6 Quadrille» i 4 mafns. L. 1. 6 Ggr.
— 6 Menuet» arce Trios a 4 mains. L. 1.
6 Ggx.
F. Kauor. Daa • Sternen mädchen , Oper im leichten
KJavierauMug. 1 Rthlr. 4 Ggr.
— — • Dito filr a Flöten, j* Gr.
Marach de» Mamcluckeneorp» bey Kapoleons
* Ggr.
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Anfragt,
i. Lichtenberg giebt im 5ten Bande mner vermischten
Schriften , Seite 81. eine Verbesserung der Aeols-
harfe an : hat jemand damit schon Versuche ge-
macht, und 'wie »bid diese ausgefallen?
a. Man hat die Harmonika mit einer Tastatur vene-
heu. >Der dadurch auf das Duplum erhöhte Preis
berechtigt^iu der Erwartung, das» dieaea Instru-
ment dadurch nicht bloa an Bequemlichkeit dea
gpielens gewonnen, sondern auch an leichter Htr-
vorbringuog und Reinheit der Töne nichu verloren
habe ? 'Einsender dieses hat nicht Gelegenheit ge-
habt, eine Harmonika von vorgenannter Art au hö-
ren, und da aelbat Dem. Kirchgessner sich nur ei-
ner gewöhnlichen bedient , 10 stiegen in ihm einige
Zweifel auf, oh die Tastatur wirklich eine Vei-
he sse rang der Harmonika »ey.
Sachverständige werden durch Beantwortung die-
eer Fragen den Einsender sehr verbinden.
W. —
Ntue Musikalien, von vtrschUdenen Vtrltgern,
Wtlcht bty Brütkopf und Hdrttl zu habtn find.
Beethoven, a Sonate* facile», pour re Pianof.
Op. 49. > Thlr.
Albrechts berger, G., Prelude et Fugue pour le
Pianof. a 4 »»«na. ig Gr.
Müller, Ouv. aus der Oper: das Sonnenfes* der
Brammen, für das Pianof. mit Fl. 8 Gr.
Paer, Ouvert. au» der Op. Achilles, für* Klavier.
6 Gr.
Weigel, Our. de l'Op, l'Amor morinaro pour le
Pianof. 6 Gr.
Mehol, Our. de l'Op. l'Irato, arr. p, le Pianof. av.
Fl. et Viol. ad lib. 1a Gr.
Kreuzer et Nieolo, Ouv. du petit Page, arr. p.
le Pianof. avec aecomp. de Viol. 18 Gr.
£ 1 e r , Ouv, de l'Habit du Chevalier de Gramtnont,
p. le Pianof. ar. acc. da Violoo. ai Gr.
Sarchi, beliebteste Ceslnge aus der Oper: tob
Gasthof au Gasthof. Klar. Aus». 1 Thlr.
Cherubini, Ouv. und Favorit. Polonoise aua d. Op.
Lodoiska, f. Klav. i4 Gr.
»
Winter, Stnfonia e Canti dell» Op. Belita, per il
Cembalo. 1 Thlr. 8 Cr. .
Benelli, A. , Rondo: In aueslo mio coro etc.
6 Gr.
Haibel, Sinf. und Favoritgesänge au» der Oper:
der Tyroler Wastei. Klar. Aus*, ao Gr.
Isouard, N.,' der Türkische Arat oder der Vor-
ruckte , kam. Op. Kl. Aus», a Thlr.
Weber, Bernb. Au«., Gesänge, Marsch und Chor
aum Schauspiel: Wilhelm Teil, Klar. Atuiug.
ta Gr.
B er ton, Gesänge etc. aus der Oper: Aline, Köni-
gin von Golconde, im Klav. Aus». No. 1 — b.
t Thlr. 4 Gr.
8eyfried, J, von, ausgewählte Stücke au» der Op.
Cynt», im Kl, Aus». 1 Thlr. 4 Gr.
Isouard, N. t ausgewählte Stücke au» der Oper:
der Türkische Arzt. Klsv. Aus«. 1 Thlr. 4 Gr.
Boieldieu, der Kalif von Bagdad, Oper im Klav.
Aus», augleich für die Harfe eingerichtet, 1 Thlr.
4 Gr.
— — ausgewählte Stück« an» der Oper: Tante
Aurore , Klav. Aus». 1 Thlr. ao Gr.
Berton, Favorit Arie und Duett a* d. Oper: die
tiefe Trauer. Kl. Aus». 6 Gr.
Mehul, «wey Favoritetücke au» der Oper: Ariodant.
Kl. Aus». 8 Gr.
Weber, B. A., Gesänge an Wilh. Teil, f. Klar.
No. 1 — 4. »6 Gr;
No. t. Hiftenlied, 4 Gr.
— 3. Fischerlied, 4 Or.
— 3. Jägerlied, 4 Gr.
— 4. *ar«<* «« BauernhochteJt, 4 Gr.
■
CWird forgeaeut)
11 'I ■
La triie, mm* Bttitttti tu Hslttb
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ALLGEMEINE
MUSIKALISCHE ZEITUNG.
Den 22 ,en May. N=. 2>4-«
1805,
Gütht äb€r Mutik.
(Das* ein tiefer und grosser Geist, der das
Ganze umfasset, eben duram auch Von den
.Tfaeiien Ansichten gewinne, die die grössle
Aufmerksamkeit verdienen, versteht sich von
selbst, uud es ist zwar ein Vortheil mehr,
wenn er auch die einzelnen Theile, über wel-
che er sich erklärt, noch besonders weiter
kullivirt hat, aber nothwendig ist es nicht.
Götho hat sich in einer seiner sehr merk-
würdigen Anmerkungen zu dem von ihm aus
Dtderots Manuscript übersetaten Dialog :
Rumeau's Neffe, (so eben bey Göschen in
•Leipzig erschienen) über Musik erklärt —
freyhcb zunächst in Beziehung auf jene
-Schritt; aber wer würde ihn nicht auch hier
mit aller Aufmerksamkeit hören wollen ?
Jene äusserst interessante Schrift handelt
überhaupt an vielen Stellen von Musik, und
zwar, obwohl zuvörderst von lokaler und
temporärer, doch mit so viel Geist und Scharf-
sinn, dasa 1 davon in der Folge mehr zu sagen
seyn wird — wo aurh über einige der hier
folgenden Satze etwas weiteres beigebracht
werden kann.)
Alle neuere Musik, sagt Gölhe S. 4ao
folgg., wird auf zweyerley Weise bebandelt:
entweder, dasa man sie als eine selbs (ständige
Kunst betrachtet, sie in sich selbst aasbildet,
Sinn geniesst, wie es der Italiener zu ihun
pflegt; oder dasa man sie in Bezug auf Ver-
sta nd, Emp findung, Leidenschaft setzt und sie
7. ithig.
dergestalt bearbeitet, dass sie mehrere mensch-
liche Geislea- und Seelenkiafte in Anspruch
nehmen könne, wie es die Weise der Franzo-
sen , der Deutschen und aller Nordländer ist
und bleiben wird.
Nur durch diese Betrachtung, als durch
einen doppelten ariadneischen Faden, kann man
sich aus der Geschichte der neuern Musik und
aus dem Gewirr partheyischer Kämpfer her-
aushelfen, wenn man die beyden Arten ds),
wo sie gelrennt erscheinen, wohl bemerkt und
ferner 'Untersucht, wie sie sich an gewissen
Orten, zu gewissen Zeiten, in den Werken
gewisser Individuen zu vereinigen gestrebt und
sich auch wol für einen Augenblick zusam-
mengefunden, dann aber wieder auseinander
gegangen , nicht ohne sich ihre Eigenschaften
einander mehr oder weniger mitgetheÜt zu
haben, da sie sichjleon in wunderbaren, ih-
ren Hauptasten mehr oder weniger annähern^
den Ramifikatioeen über die Erde verbrei-
teten.
Seit einer sorgfältigen Ausbildung der
Musik in mehrern Landern mussle sich diese
Trennung zeigen, und sie besteht bis auf den
heutigen Tag. Der Italiener wird sich der
lieblichsten "Harmonie, der gefälligsten Melo-
die befleisaigen j er wird sich an dem Zusam-
menklang, an der Bewegung, als solchen, er-
götzen; er wird des Sängers Kehle zu Käthe
siehe, und das, was dieser, an gehaltenen
oder schnell auf einander folgenden Tönen und
deren mannich faltigstem Vortrag leisten kann-,
auf die glücklichste Weise hervorheben, und
so das gebildete Ohr seiner Landsleute ent-
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543
1805. May.
544
für alle Völker musterhaften Grade gelangt
zücken. Cr wird aber auch dem Vorwurf
nicht entgehen, seinem Text— da er cum
Gesang doch einmal Text haben muss — kei-
neswegs genug gethan au haben.
Die andere Parthey hingegen hat mehr
©der weniger den Sinn, die Empfindung, die
Leidenschaft, welche der Dichter ausdrückt,
Tor Augen ; mit ihm tu wetteifern hält sie für
Pflicht. Seltsame Harmonieen, unterbroche-
ne Melodieen, gewaltsame Abweichungen und
Uebergäuge sucht man auf, um den Schrey
des Entzückens , der Angst und der Verzweif-
lung auszudrücken. Solche Komponisten
werden bey Empfindenden, bey Verständigen,
ihr Glück machen, aber dem Vorwurf des
beleidigten Ohrs, in so fern es für sich ge-
messen will, ohne an seinem Genuss Kopf und
Hers Theil nehmen zu lassen, schwerlich ent-
gehen.
Vielleicht läast sich kein Komponist nen-
nen, dem in seinen Werken durchaus die
Vereinigung beyder Eigenschaften gelangen
Wäre; doch ist es keine Frage, dass sie sich in
den besten Arbeiten der besten Meister finde
und nothwendig finden müsse.
1 »
Uebrigens was diesen Zwiespalt betritt, so
istei wol nie gewaltsamer, erschienen, als in
dem Streit der Gluckisten und Piccinislen , da
.denn auch der Bedeutende vor dem Gefalligen
die Palme erhielt. Ja, haben wir nicht noch
in unsern Tagen den lieblichen Paisiello durch
einen ausdrucksvollem Komponisten verdrängt
gesehen — eine Begebenheit, die sich in Paris
immerfort wiederholen wird?
Wie der Italiener mit dem Gesang, so
verfuhr der Deutsche mit der Instrumental-
musik. Er betrachtete sie auch eine Zeit lang
als eine besondere, für sich bestehende Kunst,
vervollkommnete ihr Technisches, und übte
aie, fast ohne wettern Bezug auf Gemüths-
kräfte, lebhaft aus, da sie denn bey ei-
ner, dem Deutschen wohl gemessen, tiefern
Behandlung der Harmonie zu einem hohen,
( Das Uebrige schliesst sich zu nahe an den
Dialog selbst, um seinen Sinn zu erläu-
tern, als dass es eiuzeln hier aufzustellen
Wäre.) ,
N A C H II x c n 1 E K.
Leipzig. Die Konzerte dieser Messe
wurden vornehmlich durch den vortrefflichen
Gesang der Dem. Haser, sonst Mitglied des
hiesigen Konzerls, jetzt bekanntlich kurfürsll.
Opernsätigerin in Dresden, verschönt. Es ist
zum Bewundern» und, so weit unsere Er-
.iabrung reicht, ohne Bey spiel, welche Fort-
schritte' dieses, in jedem Betracht sehr
achtungswürdige Frauenzimmer seit Jahr und
Tag gemacht bat. Nur durch seltene Konkur-
renz der glücklichsten Umstände, und zwar
eben in den Jahren, wo der Mensch an Kräf-
ten am reichsten ist, aber sie noch nicht ein-
seitig oder auf Nebendinge zu verwenden ge-
wöhnt worden — grosse Anlagen und frühe,
gründliche Schule allerdings vorausgesetzt — :
nur dadurch werden dergleichen Fort-
schritte möglich. Unter jene glücklichen Um-
stände gehören unstreitig vor allen die Gnade,
der Bey fall, der Schutz, die aufmunternde
reiche Belohnung eines edlen, verehrten Für-
sten; ein unpartheyisches, au Einsicht und an
Empfänglichkeit für das Schönste ausgezeich-
nete Publikum; Theilnahme an einem Insti-
tut, das nicht nur einzelne vortreffliche Mit-
glieder, die als Muster dienen und das . ange-
strengteste Streben wach erhalten können, be~
sitzt, sondern das auch ein schönes Ganze
bildet — wie das bey der Dresdner Hofmusik
der Fall ist; öftere Gelegenheit, sich in dem
Bedeutendsten zu versuchen und hervorzu-
thunj und endlich — dass der Künstler, auch.
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545 »805.
als Mensch, so gut, so bescheiden , und durh
so voll innerer Lebenskraft und LebrnswXt nie
sey, wie sich dies bey Dem. Häaer fiudet.
Die Summe von Kunslmitlelu, die sie in
ihrem Gesang entwickelte, und zwar so, dass
es nicht zu verkennen war, sie seyen ihr
ganz eigen, und werden von ihr so leicht
und spieleud beherrscht, wie dort der Löwe
durch den Amor — ist uns an einer Sängerin
von diesen Jahren der ersten jungfräulicher
Bliilhe noch niemals vorgekommen. Mit
ganz aicherra, vollkommen reinen, hinläng-
lich starken, gleichen, und durchaus angeneh-
men Ton beherrscht sie fast drey volle Okta-
ven j jeden dieser Töne verwendet sie, zu
was sie will, und nur in den behendesten Kol-
loraturen und Flotenläufen machen ihr einige,
doch nur einige, der jetzllebenden berühm-
testen Sängerinnen den Vorrang streitig. Die-
ser Vorzug lässt sich durch Zeichen einiger-
massen anschaulich machen; es mögen, als
Belege, einige ihrer kürzern Fermaten,
die wir ihr abhörten, hier stehen, wenn wir
vorhergesagt haben , daas sie sie ganz voll-
kommen und ohne allen Zwang ausführte
«— was sich freylich nicht durch Zeichen dar-
stellen Usst:
Sie recitirt vollkommen deutlich, und im-
mer mit angemessenem Ausdruck, besonders,
May. Siß
wohin es gehört, mitVViiide und edlem An-
stand. Ihr Vertrag ist überhaupt dem Cha-
rakter der Komposition stets angemessen; sie
behandelt darum — wie es »ich freylich von
selbst verstcheu sollte, aber so höchst selten
findet — Deutsche ganz anders, als Italiener.
Auch bey dem verzierten, fxeyen Gesang ita-
lienischer Muaik überladet sie jedoch nirgend»,
und die treffliche Schule, die ihr zu Theil wor-
den , lässt sie auch nie in einen Verstos ge-
gen die Harmonie verfallen. — Doch das
alles ist am Ende nur das Materiale, aus wel-
chem der Geist erst das Werk schallt; und
dieser ist eben so wenig in Worte und Phra-
sen einzufangen und hinzustellen, als der
süsse Silberton der jugendlichen, frischen —
man möchte sagen, der unschuldigen
Stimme. Es sey mithin nur noch hinzuge-
setzt, dass Dem.Häser (öffentlich) die Haupt-
»cene der EnrichelU aus Winters 1 fratelli ri-
vali , eine einzeln geschriebene Scene mit Chor
vou Paer, die Uauptscene der Diana in l'Ar-
bore di Diana, von Martin, ein schönes, und
zu freyem Variiren eingerichtete« Rondo von
Naumann, (wo ihre Verändernngen von sel-
tener Einsicht auch in dieses Gebiet der Virlü
zeugten) und eine treffliche Bravoursrene vom
Ilighini sang; und dass das in beyden Konzer-
ten äusserst zahlreich versammelte Publikum
so entzückt war, dass es ihr einen Bey fall be-
wies* , der für den ausgezeichnetsten Triumph
gelten konnte. Der liebenswürdigen Künstle-
rin aber haben wir, ausser unserm Dank für
so schöne, gennssreiche Stunden, nichts zu
sagen , als die wohlgemeynte und ganz unei-
gennützige Bitte, dass sie, als Mensch und als
Künstlerin gerade auf dem Wege fortgehen
möge , auf welchem sie jetzt ist , ohne sich,
durch ungemessene Schmeicheleyen , oder
durch Lockungen der ungebildeten Men-
ge, oder durch Neid mancher Kunstgenoa-
sen — (an alle diesem kann es ihr nicht
fehlen) — im geringsten irre machen zu.
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1805. May«
548
Berlin, & 7ten May. Den 2isten April
i Hr. H urica ein Konzert im Saal der
Luge Royal - York. Den eilten Theil füllte
.Uimiuels Urania, die auch hier wieder die
zahlreich versammelten Zuhörer sehr erfreute.
Im zweyteu Tbeil spielte Dutsek ein von ihm
gesetzte* Foitepianokonzert, und Dem. Wil-
lich sang eine Arie alla polacca von Paer. Den
Beachluss machte ein Terzelt von Righiui,
gesungen von Dem. Willich und den Hm«
Finne und Hurka. — Den aSaten gab Hr.
Möser, den wir nun behalten, ein Konzert
iin Theatersaal. Er selbst spielte mit Hrn.
Dussek ein Notturno Iura Fortepiano mit Be-
gleitung einer obligateu Violin, vom Prinzen
Louis Ferdinand komponirt ; und mit Hrn.
Seidler ein Violin- Doppelkonzert von Dupuy.
Im zweytea Tbeile hörten wir Haydna letzte
Messe, in der die 9oloparlbieen von Mad.
Mart heUi, Dem. Koch und den Hrn. Eunike,
Gern und Hellwig gesungen wurden. — . In
demselben Lokal gab am a6sten der, .köni
>1.
Kammermus. Gross ein Konzert, in dem er
selbst ein von ihm gesetztes Violoncellkdäzert
und Variationen mit Rondo frirs Vioroneell
mit Orchesterbegleitung, auch von seiner
Komposition, spielte. Hr. Kapellm. Himmel
spielte ein von ihm gesetzte« Sextett fürs For-
tepiano mit Begleitung von zwey Brauchen,
zwey Hörnern und einem obligaten Violoncell.
Das Conservatorio harmoniert, von dem Srh
Ihnen schon neulich schrieb, exekulirte wie-
der mehrere Stücke mit allgemeinem Beyfall.
hl ad; Marehetti sang zwey Arien , wie immer,
mit grosser Kraft und Schönheit — Den
aasten gab man im Nation« Itheater zum Bene-
fiz für Hrn. Gern zum erstenmal den drillen
Theil der Donaunymphe. Vom Inhalt s< bwei-
ge ich; an Unsinn übertrifft dieser dritte Theil
die beyden ersten. Aber die Musik ist wieder
leicht, melodisch und überraschend. Beson-
ders gefiel auch eine eingelegte Arie voir Him-
mel, die Larifari (Hr. Unzelmann) mit den,
ihm für Sachen dieser Art eignen Talenten
vortrug. — Den aasten wurde zum Benefiz
I für den Kapellm. Himmel unter «einer Direk-
tion die allbeliebte Fanchön gegeben —
der eiste Fall in Berlin, dass dem Komponi-
sten einer Oper die Einnahme einer Vorstel-
lung bestimmt wurde. Möchte dies öfter der
Fall seyn: wir würden dann vielleicht noch
mehr ausgezeichnete Kompositionen hiesiger
Meister erhalten ! vielleicht auch von dem ta-
lentvollen und fleissigen Manne, von dem neu-
lich eine treffliche Polouoise und ein äusserst
liebliches Andanle mit Variationen mit lautem
Beyiall (ein hier ungewöhnlicher Fall) in den
Zwischenakten von Ifflands Vaterhause am
röten gegeben und von dem Orvh* sler brav
exekutirt wurden ! Man will an uns Berli-
nern sonst den Fehler allzu grosser Beschei-
denheit eben niihl bemerken; aber an diesem
wackern Manne findet er sich wirklich. Ich
spreche vom Hrn. Musikd. Seidel. — Noch
vor dem Anfang der Fanchon erhielt Himmel
ein Kabinetschreiben vom König nnd als
sprechendes Denkmal der Zufriedenheit des
Königs eine sehr schöne goldene Tabaliere.
Auch das Pul.likum hatte durch ein sehr vol-
les Haus seinen Bryfflll über diese allbe-
liebte Musik zu erkennen gegeben , und
die Darstellung dieses vielgeühten Stücks
war auch heute sehr genau und präzis. Wah-
rend des letzten Fioals flogen auf Veranstal-
tung einer hiesigen Gesellschaft drey Gedichte
in mehr «]s 3ooo Exemplaren vom Amphi-
theater und der Gallerte ins Parterre, und
wurden Mad. Unzelmann (der Fanchon) vom
Tapezier überreicht. Sie "waren überschrie-
ben : «Berlins Fanchou," .Verein der Ta-
lente" und „dem Komponisten der Fanchon.'
Hier ist das .letzte;
Du haat ein aeuet Reich der Töne dir geschaffen,
Wo leichte Anmuth die Gelänge webet,
Und tiefe Wisaeuachaft in Hartnonieen lebet:
Ea achlug vernichtem! de« Partheygeiaia
Waffen,
Trieb Volk and Renner preisend dich zu hcree,
Und froh su stauaea wie vor Hiam<li- Choren.
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549 f 8°*
Frankfurt a. M. Anfang des Maya.
Zwry monatliche Ueberaicht. Am lslen Mars
gab Hr. Baumgartner, Klarinettist bey dem
hiesigen Theaterorchester , ein Konzert. Auf
eine Sinfonie aus D dur von Mozart folgte ein
Terzott — ein'aehr mittel massiges Fabrikat—'
für Guitarre, Violin und Violoncell. Die
Guitarre wurde von Dem. Gontard, einer jun-
gen Liebhaberin, sehr artig gespielt. Dem.
Stackenacbnctder, Liebhaberin , sang — zwar
mit Zittern und Zagen, aber doch gut — eine
Arie mit obligatem Fagott von Paer; hierauf
folgte ein allerliebstes Quintett von Mozart,
für eine Klarinette, zwey Violinen, Viola und
Violoncell, daa sehr gut gegeben wurde.- Die
zweyle Ablhfilung wurde mit eiuer Ouvertüre
von Paer angefangen, dann aang Frau Majorin
Schweizer eine Arie mit Chören von ßianchi,
mit aehr viel Ausdruck, ; in wahrer italieni-
scher Manier. Zum Besrhluss blieasen die
Hrn. Baumgartner und Hotforann ein Duett-
Konzert für zwey Klarinetten von Tausch, wie
man ea nur von guten Virtuosen erwarten
darf.
i.
Den 6ten März gab Hr. F. Heronz Kon-
zert. Die erste Abtheilung wurde mit dem
ersten Satz, und die aweyte mit dem Finale
der Beethovenschen Sinfonie aus D dur ange-
fangen, aber nicht vorzüglich exekutirl, wovon
wol die Hauptursache seyn mochte, dass zu
viel Liebhaber an der Ausführung Theil nah-
men, die die Probe nicht gehörig mitgemacht
hatten. Ueber das Stück selbst enthalte ich
mich alles Urtheila, bis ich es besser gehört
habe.- Dem. Porgold, eine Liebhaberin , sang
eine sehr schöne Svene mit Chören von Simon
Mayr, ganz vortrefflich; die Chöre waren
kurz, und hinkten, von Seiten der Ausfüh-
rung, hinten nach. Dem. Geyer, Liebhabe-
rin, spielte das Klavierkonzert aus C moll von
Beelhoven mit der Vuitibiütat eines geübten
Meisters und dabey mit der Zartheit eines
Frauenzimmers. Dies Konzert gehVl mir fast
besser als die Sinfonie; aber so sehr and an-
May. 550
| genehm es Überrascht, wenn det Komponist
im letzten Satz daa Thema zu fugfren aufangt,
so wehe that es — wenigstens meinem Ge-
| fühl, dass er ea zu bald wieder verlasat, und
gerade in einem Moment, wo man aufs neue
gespannt war. Dem. Horn, Liebhaberin,
sang eine Arie von Cannabich, und zum
Schluss spielte Hr. Karl Heroux ein Violin-
konzert von Kreutzer äusserst brav.
Dem. Catharina Buchwieser, gab am Uten
Marz Konzert. Auf die aeböne Sinfonie aus
D dur von Krommer folgte eine eben so scho-
ne Scene aus Teiemach, von Winter, von
Dem. Buchwieser aehr gut gesungen} dann
spielte Dem. Sinzheim das Konzert aus E dar
von Steibelt ungemein flink und fertig. In der
zweyten Abtheilung blies Hr. G. Hofmann ein
Klai'inellkonzert mit gewohntem Geschmack
und Ton« nnd eben so sangen auch Mad. Lan-
ge und Dem/ Buchwieser ein Duett von Zin-
garellL
Am 2östen März gab Mad. ürspruch Kon-
zert, in der gewöhnlichen Form.i eine' Sin-
fonie von Haydn eröffnete die erste Und *Jihe
Ouvertüre von Cannabich die aweyte Abthei-
lung. Mad. ürspruch sang eine Svene mit
Chören von Simon Mayr, Wol gut, ab*» ein
bischen steif. Hr. Heroux sen. blies ein FlÖ-
tenkoneert, von Müller, zwar ohne grosse
Bravour, aber doch durchaus dem Geist der
Komposition, der so deatlich spricht . ange-
messen , und das verrülli immer den geschick-
ten, erfahrnen Künstler. Hr. Barrien er ker,
Violinist am hiesigen Theaterorchester, trat
heute zum erstenmal hier als Konzeitgeiger
auf; er spielte ein Konzert von Kreutzer mit
viel Gewandtheit und Fertigkeit; wird er mit
diesen Eigenschaften bessern Vortrag und
mehr Ausdiurk zu verbinden wissen, so ist
an diesem jungen Künstler ein wa< kerer Vir-
tuos zu hoffen. Mad Ürspruch und Hr. Hass-
loch sangen zum Schluss ein schönes Duett von
Ziugarelli recht gut.
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35i i8oj.
Deu 5teo April wurde zum VortUeil der
sämmllicheu Mitglieder vom Theaterurchester,
welche bcy dein Liebhabet konzeit angestellt
lind,, eine grosse musikal. Akademie gehatten,
an deren Ausführung viele junge Liebhaberin-
pen und Liebhaber Antheil nahmen, um den
Künstlern die Dankbarkeit für die Unter-
stützung des Liebhabet konzerts zu bezeugen,
und wir bekamen zugleich Gelegenheit, die,
Kunstfertigkeit mehrerer Liebhaberinnen zu
bewundern; denn nur Dilettanten traten mit
Solo-Gesang und Solo-Spiel auf.. Den ganzen
ersten Theit füllte eine Kantate «nit Chören
und sechs Solostimmen von Hrn. Buch wieser,
betitelt s Die Feyer des Frühlings und der
Tonkunst. Den, poelisch freylich ganz un-
bedeutenden, aber für den Komponisten, zu
Verherrlichung seiner Kunst, vortheilhaft und
bequem eingerichteten Text hatte ein Liebha-
ber verfaaat. Die Solostimmen wurden von
Dem. Guaila, Purgold, Bugler t Horn und
den Hrn. von Hennezel und Lang gesungen,
und gelangen, besonders was Fertigkeit der
Kehle betrifft, recht sehr gut. Die Chöre
waren ziemlich stark besetzt, und klangen
dock kraftlos, aber sie waren aueb kraft-
lo* Ueber die Komposition dieser Kantate
sage ich weiter nichts, als dass ich sie dut ch-
atte an komisch und mitunter wahrhaft poa-
airlica fand; manche Satze würden in, einer
komischen Oper von sehr guter Wirkung aeyn
und da Gelegenheit geben, den Witz des V er-
lassen zu bewundern : aber in einer Kantate,
wo es zum Theil gar auf Rührung abgesehen
iai — ! — Zum Anfang der zweyten Ab-
theilung wurde — wieder ein Theil der
Beethovenseben Sinfonie aus D dur gegeben,
und auch wieder nicht so, wie sie, nacli meinem
Urtheil, gegeben werden müsste, und wie ich
sie von dem hiesigen Theaterorchester gewiss
nocti zu hören bekomme. Frau Majorin
Schweizer aang eine Arie mit Chören von
Bianchi, mit dem edelsten Ausdruck, und zum
Beschluss wurde eine grosse Konzertante für
das ganze Orchester von yV'M vortrefflich ge-
May. 552
geben. Bie Musik hat hie und da hinreissen-
de Harraonieeufolge, aber als Konzertante
mauchei gegeu sich.
Am 5ten April gab Mad. Heinemann Kon«
zert. Ausser der bekannten, trefflichen Sin-
fonie aus C von Beethoven und der Meister-
Ouvertüre zur Zaube. flöte, die beyde muster-
haft gegeben wurden, hörten wir auch noch
von.Inslrumeutabitücken in der zweyten Ab-
theilung ein Sextett für Violin, Klarinette,
Fagott, Violoncell, Viola, Horn und Contra-
bass von Beethoven, das als Kunstprodukt ge-
wiss sehr hoch steht, sehr zweckmassig vor-
tragen. In der ersten Abtheilung sang Mad.
Heinemann eine Arie mit Chören von Zinga-
relli, mit viel Kehlenfertigkeit, aber ohne Ge-
schmack , ja ich möchte fast sagen , sogar ohne
mechanisches Gefühl; beynahe eben so bliea
Hr. G. Hofmaun ein Klarinettkonzert. Am
Ende sangen Mad. Urspruch, Dem. Scbafra-
nek, Mad. Heinemann, Hr. Hassloch und Hr.
Haas ein Quintelt von Müller — wahrschein-
lich von Wenzel Müller — so gut, als sich so
ein Quintett singen lasst.
(Dor Betchluu f 0 l s t.)
Recenstow.
Kürzt Anweisung für angelunde und ungeübte
OrgeispieUr, Chorals zweckmässig mit der
Orgel zu begleiten, riebst Zwischenspielen für
mthrtre Fülle, von J. G. Werner', Orga-
nisten zu Frohburg, Penig, bey F. Die-
nemann und Kompagnie. iöo5.
Da die Orgel, die Begleiterin unserer got-
tesdienstlicben Gesänge, oft, und besoudera
an kleinen Orten, sich unter solchen Händen
befindet, welche dieses Instrument, seinem
Zwecke gemäss, nicht zu behandeln verste-
hen, so hat man diejenigen Lehrbücher,
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553
i8o5
welche etwas Gute« und Brauchbares zu die-
sem Behuf liefern, sehr will kommen zu heis-
sen. Zu diesen Lehrbüchern gehört nun auch
das oben angeführte, dessen Zweck der Titel
anzeigt, und die Ausführung entspricht diesem
Zweck fast durchgängig.
Der Verf. sammelte für den Unterricht
einiger jungen Leute, die sich, in Absicht auf
Musik, uuter seinerLeitung zu künftigen Land-
schullehrern bilden, was sich in den Werken
eines Bach, Kittel, Knecht u. a. m. für
seinen Zweck vorfand, vereinigte damit seine
eigenen Bemerkungen und praktischen Exem-
pel von Zwischenspielen , und so entstand
dieses brauchbare Werkchen für angehen-
de und ungeübte Orgelspieler.
Die Einleitung giebt einen kurzen Urariss
von dem Ursprung und der weitern Verbrei-
tung des bey öffentlichen Gottesverehrungen
allgemein eingeführten Choralgesauges, und
von dem doppellen Zwecke der Orgelbeglei-
tung desselben, nämlich , um die Säuger in
dem angenommenen Tone zu erhalten, und den
Gesang durch die Fülle der Harmonie zu ver-
schönern und herzerhebender au machen.
Aus diesem angegebenen Zwecke leitet der
Verf. die bey der Oi gelbegleilung der Choräle
zu beobachtenden Regeln , in Betreff der Me-
lodie de« Chorals, der harmonischen Beglei-
tung, der Wahl des Tons, aus welchem er ge-
spielt wird, der Bewegung, der Schwäche
und Stärke der Begleitung, und den zu dem
Inhalte des Liedes unter gleichen zu wählen-
den .Melodieen. — Sind auch die hier gelie-
ferten Bemerkungen nur kurz, so sind sie
doch für Anfänger sehr zu beheizigen, da
diese gemeiniglich , aus Mangel an gutem Un-
terrkhte, oder durch Nachahmung schlechter
Muster, die hier gegebenen Regeln nicht ken-
nen und ausüben, und in die hier gerügten
Verirrungen und Fehler verfallen. — Von
diesen Regeln gehl der Ver£ zu den verschie-
•• Ma y« 554
denen Arten der Orgelbegleitung des Choral-
gesanges, und zeigt in eigenen und entlehnten
Beispielen die enge, zerstreute, veräuderte,
und fünfslimmige Harmonie. — Dann folgt
eine für den Choralspieler nöthige und deut-
liche Erklärung der Tonarten der alten Grie-
chen, wo besonders die im fünften Jahrgang
dieser tnusikal. Zeitung im lösten Stücke be-
findliche Abhandlung benutzt worden ist. Der
Satz : mit der Taste C wird auch der Ton ces
angegeben, ist ein Druckfehler. Die Be-
hauptung S u 1 z er s : als könne in unsern bey-
den Tonarten keine so ausdrucksvolle und
herzangreifende Melodie gesetzt werdeo, als
in den alten Tonarten, kann wol nicht so oh-
ne alle Einschränkung zugestanden werden:
ja, die alte Jonische und Aeolische Tonart ist
ja, bekanntlich, unsern beyden Tonarteu
gleich. Ueberhsupt hat wol der poetisirende
oder schwärmerische Geist in diese Dinge von
Jeher mehr gelegt, als darin zu finden ist. Es
lässt sich hier , so nebenbey , nicht weiter
darüber sprechen; aber nur das Einzige:
Welch eine Begeisterung, welch eine Höh-
heit, Kraft und Pracht herrscht nicht in Lu-
thers Melodie zu seinem trefflichen Liede s
Ein* feste Burg ist unser Gott ! Und diese ist
in der Jonischen Tonart, in welcher Manche
Wol einen ganz andern Charakter suchen.
Welche Einfachheit, Würde und welcher
Ausdruck herrscht in der (sogenannten neuen
Leipziger) Melodie zu dem Lirde: Jesus
meine Zuversicht ' Der Verf. hat diese in
Sachsen Sehr bekannt gewordene und häufig
eingeführte Melodie übergangen, und dafür
die in Hillers Choralmelodieenbucbe sieb
befindende dritte Melodie angenommen.
Nach der Erklärung dieser alten Ton-
arten ineilt der Verf. zwölf Melodieen aus ei-
nem altem, zu Johann Hussens Zeiten im
Gebrauch geweseneu und jetzt sehr selten ge-
wordenen Choralbuche mit , welche zuerst
durch die musikalische Zeitung bekannt ge-
macht wurden. In No. u. Melodie: Ach
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555 '8°5-
Gott and Herr, in der ersten Zeile nach der
drillen Casur, ist ein Druckfehler. Anstatt
c, a, d, c, in der Melodie, lieat Recena.
c | h, d, c. — So eben achlägt Recens.
diese Melodie in der musikalischen Zeitung
nach, und findet daseibat zwar auch : c, a,
d, c, doch veranlasst ihn dieses nicht, seine
Berichtigung zurückzunehmen, wenn anders
der dieser Stelle untergeordnete Ba*s richtig
j 8 t. — Der Verf. sagt nun auch Einiges
über zweckmassige Vorspiele, und empfiehlt
zur Ucbung einige vorzügliche Sammlungen
von berühmten Meistern.
Den vorzüglichsten Theil dieses Werk-
chens (von Seite 17 bis 56) machen nun aber
die Zwischenspiele selbst aus, über deren
Zweck und, Einrichtung der Verf. zuvor das
Nöthige «agt, und dann die mauuichfaltigeu
Arten der Zwischenspiele su hundert der
gewöhnlichsten Chorahuelodieen nach dem be-
kannten Hillerachen Choralbuche praktiach
yorlegt. Von jeder Choralmelodie ist bloea
die Anfangs- und Schluasnote jeder Zeile an-
geführt, und dieser leisten folgt da» zu der
Anfanganote der folgenden Zeile überleitende
Zwischenspiel.
Diese Zwischenspiele aind meistens dem
der Melodie ursprünglichen Ljede. angemes-
sen und belehren den Anfanger, wie er diese
Uebergange auf mancherley Weise bilden 1
»ber auch bey jedem Verse eine gewisse E i n-
heit derselben beobachten könne und solle.
Bey No. 6. soll das siebente Sechszebntheil der
rechten Hand d aeyn. Bey No. a4. ist im
letzten Zwischenspiele, wegen des vorherge-
henden Schluaa- und darauf folgenden An-
fangsaecordea anstatt fis allemal f au nehmen-
May. 55 6
Auch soll No. 25. da« erste Zwischenspiel so
berichtigt weiden:
No. 4o. wird in dem ersten Zwischen-
spiele das dis der Miltelatimtne des gleichen
Hasses wegen iu h verwandelt, und dem nach-
folgenden d ein Kreuz vorgesetzt. — Quin-
ten wie Seite 55, unter (a) (») sollten ver-
mieden, eben so sollte bey No. 99. im ersten
Zwischenspiele der Baas, so wie am Ende,
deu Mittelstimmen naher gebracht seyn und
dgl. mehr. Diese vielen Beyspiele im Einzel-
nen durchzugehen, muaa sich Ree. versagen;
es wird aber auch , nach dem , was überhaupt
von ihnen geaagt worden, nicht nölhig aeyn,
sondern die Leser der musikalischeu Zeitung
werden schon aus dieser Anzeige selbst abneh-
men , was sie hernach bey . Bekanntschaft mit
dem Werkchen bestätigt finden können : daa«
es, seiner Idee und Tendenz, und auch aei«
ner Abführung wegen — die, wenn gleich
in manchem Einzelnen bey weitem nicht voll-
kommen, doch ' im Ganzen genügend ist —
allen angehenden oder verwöhnten Orgelspie-
lern, so wie denen empfohlen werden kaun,
die, «. ö. iu Seminaiien, junge Ol genialen zu
bilden haben.
Der nette Druck, daa gute Papier und
der massige Preis machen dem Verleger
Ehre.
■
— — — _
(Hierbey da. IntalligeasbUtt tfc». XL)
1 1
L»imio, 111 iintiori tu ahrib
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zur
INTELLIGENZ - BLATT
Allgemeinen Musikalischen Zeit un g.
May.
Ni. XL
Neut Musikalien im Verlagt von Breit köpf
und Härtel in Leipzig.
Piano forte - Schule
des Conservaturium der Muaik iu Paria.
Erater Theü. l Thlr. j? Gr.
— J«, — Zweiter Thcil, e.ith. 5o Urbimgsstücke v.
fortschreitender Sch\vicri t fccit. i Thlr. 12 Gr,
Fischer, A. G. , 4 Motetten und 4 Arien für Sin-
gechöre. 16 Gr.
Masart, W. A., Arie: No. 3. (Bella mia fiamma)
Die Orcheiterstimraeo. 12 Gr.
I, No. 3. (Mandina amabile) 16 Gr.
— — Seena, No. 4. (Ah, lo providi) 16 Gr.
— — do. No. b. (Ah quetto aeno!) 8 Gr.
_ — - Scene , No. 7. (Miaera ! dove aoa etc.) »1 Gr.
— Arie, No, 8. (Per pieti , aoa etc.) 12 Gr.
— — do. No. 9. (Mentre Li laacio) 16 Gr.
— — Scene 11. (Ma che vi free) 13 Gr.
^JN a u m a n n , J. G. , der e/Cate Psalm : Singet dem
Herrn etc. Partitur. 1 Thlr. 8 Gr.
Bierey, G. B., Trauermarsch a. Weissen» Cedücht-
nissfcyer. 4 Gr.
Cimaroea, D. , die Htarath durch List (II matri-
monip per raggiro ). Klar. Ausa. 3 Thlr. 12 Gr.
II eil w ig, 16 Lieder mit Begl. dea Pianof. 16 Gr,
Himmel, F. H., Faachoa, da« Leyeraaidcben. £1,
Aniz. 1 Thlr. ,
Krebs, 6 Lieder mit Begl. dea Pianof. 13 Gr.
Mozart, W. A., der Schauspieldirektor. Kl. Abis.
N. A. » Thlr.
Righini, W., Armida. Kl. Auax. iu 2 Akten, jede.
2 Thlr. 12 Gr.
— — der Zaabervtald (1t aelva incantata). KI
Auaa. 2 Thlr.
Righini, W„ das befreyte Jerusalem (Gieruaalemm
liberata). Kl. Ausx. 2 Thlr.
Schule, C. , 6 Volkslieder mit Begl, dea Piauol
Op. 6. 12 Gr.
Waller, II,, 16 leichte Lieder am Klar, «o aluge*,
12 Gr.
Wölfl", J. , Duett: No. 4. Lernt' ich manches Mäd-
chen etc. au* der Oper: die romanhafte Liebe. Kl.
Autz. tj Gr.
Zu ms teer., J. R., kl. Balladen u, Lieder. 7r.Hft.
1 Thlr. 11 Gr,
Himmel, Gesänge aus Fanchon für die Guitarre ein
gerichtet von Lehmann , 3 Hefte, 1 Thlr.
Köhler,' H. , 3 Duo» p. s Flute». Op. 2i, 16 Cr.
Kreut er, R. , 3 Quarnor» p. 2 Via. Via. et Vcell».
Op. 3. 2 Thlr.
— — 3 Sonate* poar Violon arec ace. de Basse.
» Thlr.
Kummer, G. H., Variation» pour na Baston priBcip.
16 Gr.
Mozart, W. A. , Sonata p. Basaoa et Vi<4oacellc.
Oeuvre posthume, 8 Gr.
Müller, A. L., Coneert p. Fhte. Op. 24. * Thlr.
— — Exercicea p. Ia Flute d'une difficult* pro-
greasive. Op. 26. Liv. 1. 12 Gr,
Rode, C, Quatnor pour 1 VI». Via. et Vcelle.
Op. i5. 1C Gr.
Bömberg, B,, gr. Trio p. VioWelle, Vlon ei
Alto. 16 Gr.
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Romberg, 5 Duo» p. jViolone. Op. 9. 1 Thir. 11 Gr.
Wölfl, J., 3 Qaataors p. a VI», Vla/tt Vcelle
Op. 3. 3 Thlr.
Pleyel, J., 5 Sonate» p. Harpe a eroehett arr. par
II. Backofen, a Thlr.
K r i 1 1 • , Ausweichungen au» C dnv und C noil in
die übrigen Dur- und Moll -Töne, 8 Gr.
Match ek, V., deutsche Tänae fürr Pianof. No. 3.
8 Gr.
Schneider, W., gr. Fantaisie p. Piano/, avoc acc.
de l'Orch. Op. 2. * Thlr.
— — Variation» p. Pianof. Op. 3. 16 Gr.
Vtrvottkommnete, der Gesundheit unschädliche,
messingne Blasinstrumente,
Eine lange Erfahrung hat mich fiberteuft, wie
nachtheilig die bisherigen messingenen Blasinstrumente
der Gesundheit de» Bla»eoden »ind. Nach vielfältigen
Verwehen hin ich endlich auf ein Mittel geratheu dem
Uebel abzuhelfen. Die»e» Mittel bestehet- in einem
Lack, welcher von grossei Feinheit, Zähe und Fertig-
keit i»t, mit welchem ich die innern Rohren de» Io-
•trumenta übersieh« und aolcbe damit auf immer Tor
aller Ausatossung de» Griinapan» verwahre. Da» ,
feate Aufliegen die»»» Lack» be» titigt »ich durch da»
Schallhorn , de»»en innere Seite gleichfall» damit über-
aogen wird ; indem dieser Lack der schärfsten Rei-
bung widersteht und nur mit einem schufen shernen
Instrumente abzukratzen ist. Man mag die»en Laek
auch noch »o »ehr mit dem schärfsten Essig anfeuch-
ten, ea wird »ich keine Spur von Grünspan zeigen.
E» i»t aber bekannt, da»» der durch die zurückblei-
bende Feuchtigkeit »ich entwickelnde Grümpen ein »ehr
schädliche» Gift in. AI» ich in Pari* b*y der vor-
maligen königl. Academie de mnsique erster Wald-
hornist war , vergiftete aich ein Mensch dadurch , das»
er mit Grünspan geschwängertes Wasser mit dem
Munde aus sc Lue m Hörne sog. Ich habe Horner ge-
•ehn, die dergestalt vom Rost angefressen waren, das»
überall Löcher in demselben et.titaoden ; norfa öflet
aber habe ich bemerkt, dass Horner, die auf das voll-
kommenste gearbeitet waren, durch den Rost und die
dadurch entstehende Rauheit in kurter Zeit falsch ge-
worden sind.
• ,
Mein Verfahren die Hörner nnd Trompeten vor
diesem Rost nnd aller Ausstossung des Grünspans tu
bewahren , wodurch solche zugleich rein werden usd
rein bleiben , leicht an sprechen und einen schönen
Ton geben, erfüllt demnach einen doppelten Zweck:
nä'mlich die Reinheit de» Tons und die Gesundheit des
Bläsers. Ich bediene mich schon längst solcher Hörner
und habe diese meine Verbesserung nicht eher bekannt
machen wollen, bis ich selbst aus eigener Erfshrung
vollkommen vonr der Wirkung dieser Erfindung über-
zeugt war. Ja selbst das Nehmen und Angebe» der
gestopften Töne ist auf meinen Hörnern viel leich-
ter als es bisher gewesen.
Wer mich nun mit seinem Zutrauen beehrt» and
Horner oder Trompeten rou mir kaufen will , erhält
solche durchaas reinttimtnend und mit meinem Nssten
bezeichnet. Die Preise sind folgende:
- e Ein Paar grosse gewundene fnventrons-
Hörner von meiner Aptintng mit «llen Tönen, »i
Fricdj ichsd'or.
Ein Paar kleine dito, ao Frdsd'or.
Ein Paar g r o « • - oder klein- gewanden»
Einfache Hörner. 8 Frdsd'or.
Ich bin endlich im Stande, diese meine Erfindung
auch bey alten Instrumenten anzuwenden , besonders
um solche für die Gesundheit unschädlich tu uuenee.
Wenn aber die Beschaffenheit der Rohren an tluo
Hörnern gar au ungleich ist ; so kann ich der Unrein-
heit nur »um Theil abhelfen, indem der Lack aar
äusserst dünn« und fein aufgetragen wird.
Briefe und Bestellungen erbitte ich mir frsotirt;
so wie auch Emballage und Transport der Instrumen-
te auf Kosten des Käufers besorgt wird.
Barlin, den loten Wey, 1806.
* J, Brna.
Erster Waldhornist der König!. Pr.u»i.
Capelle.
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Lasaata, aar Btuttsii »»» Hlitiu
x Digitized
A L LX5 EMIINE
MUSIKALISCHE ZEITUNG.
Den 29 1 « 0 May. N 5 . 35.
1805.
Gtgtnsrtlrtiger Znstand dtr MusB in Tfuipd.
Bericht. Neapel d. Ilten Min.
Vorerinnerung.
S.K i„
Gründung die*«« uneera Institut« baden wir
Mühe, noch an toNll fehle« la«»en ,
von Zeil iu Zeit hinjangiseho , gründliche und «?er-
lässige Nachrichten aber den Zustand der Musik in
Italien «im den Quellen »elbel «u erhalten : aber die
politischen Verhältnisse die.« Li««*», die Schreib-
echeu und Sorglosigkeit eeauer U« wohne», der Man-
gel an literarischer Verbindung, in welchem nicht
otwa Dur Italien mit audern Ländern, »ondern die
Frorinaen diese* Lande« unter eich selbst stehen, die
Fartheyaucht de» meieten «einer Künstler nod Kunst-
freunde etc. dieae aidd Uruoh, das* e» uns bisher,
damit nicht nach Wunsch «»tun gen iat. Uehee «*»-
che «inaeine hedeuteod« Breignisa« und. über menpbe»
Lokale «ind tvir unsere Leaer auwcilen von Italie-
nern oder Deutschen in Italien unterrichtet worden:
das war aber auch alles, waa wir geben konnten, da
wir, hier und überall, daa Fabriairen »on Berichte«
in Journalen und Zeitungen ana ioareejeu und Zei-
tungen, daa in Deutschland immer gewöhnlicher wird,
verschmähen — waa her Italien , eben weg«« der
dort so sehr herrschenden Parthetsncht , und wejl
man ( aus Mangel an gründliche« Studium und an
Kenntnis« der Fortschritte der Kumt in andern LIn
Jetst endlich sind wir in den Stand gesetzt, an-
aern Lesern die Erfüllung jene« Wunsches — ■ nicht
bot versprechen in' dürfen , sondern ihnen angleieh
den Anfang dieser Erfüllung »orteaea an können. Der
"Br. Verfasser der folgenden , und ton Zeit tu Zeit
' Tortau»« treaden Schilderung, iat ein Mann, der nicht
nur durch saagebrestete Keentniae« «n den Wisaeu-
| Jahrg.
schaffen und Künsten überhaupt, nnd durch fhätig«
Liebe an ihnen berühmt und verehrt ist; ein Mann,
der «einen Geist nnd »eine Bemühungen unter dienen
auch gana besonders der Tonkunst schenkt: eOndeen
der auch «*» was bey Italien doppelt wichtig wird
durch hohen Rang , bedeutenden Einflnss , und durch
gana besondere Untersttttsung und Vergünstigung de«
knnstliebendea neapotrtsniiofieo Hofe« auch flr
diesen, unsern Zweck, weit mehr leisten kann, «1«
vielleicht irgend Jemand, ohne Konkurrent so vieler
günstiger Verhältnisse, an lauten t ermöchte. Wir
erkennen da« hier öffentlich mit deaa lebhaftesten
Dank gegen den Hrn. Verf., so wie gegen «eine er-
habenen Gönnen übergehen ehre nähere Angabe be-
RucktUhien, führen ahrr davon doch . daa an , wea
hier für die Sache seihst sehr bedeutend iet das»
der Hr. Verf. nicht nur die bedeutendsten Werke der
Tonkunst aua alter, neuer und neuester Zeit kennet,
aoüdern auch, tot seinem Aufenthalt in Neapel, »Ich
über den gegenwärtigen Zustand der Musik in den
. HanptssJdtnn — vornehmlich Frankreich» updi|smjacb-
Wae diesmal vom Hrn. Verf. gegeben wird,
Will tr «erbet nur als fragmrntamehe Einleitung und
als Gmmdi Im angesehen wiese« , woran er in der Fot-
ge «eine w«iter naannfuhrendea Ideen knüpfen könne,
und waa. vornehmlich auch «in «einen, «»Deutschland
herrschenden Vorurtheilen über Italien* begegnen
«olle. Schon dieae Vorläufigen Blätter eutbelten aber
ao rielee in Deutschland bisher — theils gans Unbe-
kannte , theil« Entstellte , data wir uiia eine Anprei-
sung derselben, ao wie eine lebhaftere *
Erwartung für die Folge , ersparen
d, Redakt.
Da»s Italien, da« Vaterland der trenern
Mu»k änd deren Erzieherin big ätor die
Jugendjahre hiaai» — daaa Itaitea jettt
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559
1805."" May.
560
nicht mehr die mit Vorliebe gesachte Hei-
niaih dieser Kunal «ey f ist bekannt genug,
und selbst liier -behauptet nur die vom- ein-
gewurzelten , Jahrhunderte lang emporge-
schossenen Voruitheil beherrschte Menge,
oder die Kitelkeit, die Unwissenheit und der
Dunkel eins einer Meisler, das Gegenlheil.
Anhänglichkeit, Liebe, Jagen nach Musik,
als fröhlichem Zeil vertreib, und auch Fleiss
in ihr, wiefern sie zu diesem Behuf taugt,
hat sich »war nicht vermindert, und wird
aich unter einem Volke, das, bey seinen
Wenigen (geistigen und körperlichen) Bedürf-
nissen, bey seiner üppigen Natur, unter
seinem verklärten Himmel, so gern nichts
thut, aber eben so gern süss trau rat und
heiter spielt — nie vermindern, wenigstens
nie verlieren: aber Musik, als wahre Kunst,
oder wol gar als Produkt der Kunstgelehr-
•amkeit, des Kunstfleisses, der höhern in-
tellektuellen Ausbildung, ist hier fast
gar nicht mehr iu finden. Alles spricht
von Musik , und mit einem gewissen ' richti-
gen Takt des Ohres and des sinnlichen Ge-
fühls Uberhaupt, der sehr oft das Wahre
trifli; alles treibt Musik — bey weitem vor
aliein Gesang, und thut da« mit einer Ge-
schicklichkeit, Fertigkeit, Sicherheit, die
sehr oft den Ausländer in Verwunderung
setzt : aber das alles ist nur momentanes
Bedürfnis*, uud wird nur sehr selten weiter
ausgebildet, als um diesem für den Augen-
blick abzuhelfen; ist Galanterie — Gewohn-
heit — gehört zur Lebensweise — ziehet
für den Moment an, uud verfliegt mit dem
Moment — —
So ist es im mittlem, so ist es noch
viel mehr i>o untern Italien , das ja aber
doch eigentlich, und durch die Natur selbst,
aliein, cum vollendeten — Italien ge-
macht ist. Ich bleibe vorerst bey ihm, bey
Neapel, stehen.
Die seltenen und schwachen Ueherreste
der, ehemaligen, u&vergleichlichen, neapoli-
tanischen Schule sind jetzt die einzigen Stüt-
zen, ohne welche das allmälig, du/ch mei-
stens zügellose Uuaittiichkeit, durch wissen-
schaftliche Beschränktheit, uud durch so
manche ander« im Auafai.de nicht uube-
kauute Verhältnisse uniergrabene Gebäude
der Kunst zusammenstürzen würde. Diea
Gebäude wird nicht dadurch gehalten, dass
man immerfort singt und überall spielt;
da*s, wie hier wirklich, fast täglich Privat-
konzerle gehalten weiden und dgl. : dies
wird gehalten, wenn man das Vortreffliche
singt und spielt, und es mit Einsicht, Ernst
und Eifer treibt
will nur Musik für den Gesang von
italienischen Komponisten; und zwar, wo
möglich, nur solche von ihtien, die durch
gewisse schmachtende Acc/nle dem innigen
Italiener beym ersten Anhören ein wollusti-
ges Stöhnen auspressen, bevm zweiten von
.ihm schon nachgelrallert, beym dritten ge-
nügend nachgesungen werden kunn. Die
Ununterrichteten, wenn auch übrigen« fei-
nen Leute wissen z. B. von deutschen Mei-
stern nichts, und mögen nichts wissen. Es
fährt ein schnelles, unwilikührliches Zucken
über ihr Gesicht, wenn man deutsche Mu-
sik nennet. Die Unterrichteten kennen die
Namen, Haydn, Mozart, auch wol man-
che der Werke dieser Meister; sie haben
aber mehr scheue Achtung, als Ernst und
Liebe für sie. Doch achtet man auch auf
dieser Meister Gesänge noch mehr, als auf
ihre Instrumentalmusik, die man überhaupt
(ein Lieblingsglcichniss feiner Leute!) uur
als. den Rahmen um das Gemälde zu be-
trachten pllegt — «1« R 8 J, men , j er aicn
•chön vergolden, an dem «ich schönes
Schuh* werk anbringen latsc, der dann auch
wol das Gemälde t.ell»t heben helfe — wei-
ter aber doch auch nicht« — —
Es giebt hier noch jetzt zwey Conser-
vatorien, die dur< h das Unglück der leis-
ten Jahre nicht aersiöu aind , und worin
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561 i$05»
eine nicht unbeträchtliche Anzahl junger
Leute in der Musik unterrichtet wird. Sie
bleiben den alten, trefflichen Planen, Wenig-
atens iu Absicht auf Anordnung des Unter-
richts, ziemlich treu : durch mehrere Klas-
seu kann der junge Mensch von den ersten
Elemeuleu der theoretischen und praktischen
Kunst bis zur Komposition, diese mit ein-
geschlossen , geführt werden. Singen und
die Kenniniss des Satzes sind auch hier
Hauptzwecke — und mit Recht; man lehrt
aber auch Klavier, Violin — alle Instru-
mente, und übt praktisch in der Komposi-
tion. ' Aus diesen lustilulen Neapels gingen
hervor: Piccini, Jomelli, Sala, Paiaiello,
Citnarosa, Tritto, Zingarelli etc. Zu wel-
cher Vollkommenheit könnte die Tonkunst
in Deutschland erhoben werden, wenn sie auch
dort in ' dergleichen Instituten gepflegt wur-
de! Und die Sache ifct weder so weitaus-
sehend und schwierig, noch auch so zeit-
und kostspielig, als sie zu aeyn scheint,
leb werde mir zur Pflicht machen, durch
möglichst genaue Detailliruog dar Einrich-
tung und der Verhältnisse dieser Anstalten
dies in der Folge zu belegen, um vielleicht
einige kunslliebendo Fürsten Deutschlands
für Nachahmung derselben Zugewinnen, und -
auch den Männern, denen so etwas auszufüh-
ren aufgetragen werden möchte, die Entwer-
fung der Plane und den Anfang zur Realiai-
rung derselben zu erleichtern — —
Ich komme zurück auf das, was DeuU
sehe so vorzüglich iuteressirt : auf Inatru-
meutalmusik. Sie ist hier, in Absiebt
auf Komposition, wie auf Ausführung, im
Yerbaltniss zu Deutschland und Frankreich,
äusserst — ich sage: Äusserst zurück.
Pieyls Musik ist noch - immer bey weitem
die bekannteste, geschätzteste, beliebteste.
Ausser dieser kennet man einige der
leichtern Kompositionen von Haydn, Stei-
belt. Gelinek, uud auch wol Mozart. Ich
glaube jedoch nicht, dass es, wie mau ge-
May: 562
wöhnlich angiebt, an der Versunkenheit der
Natioo für alles Ernstere, Gedachtere liege
— man findet wirklich nicht selten Wiss-
begierde und den Wunsch, neue, bedeuten-
dere, kraftigere Musik kennen zu lernen;
aber es fehlt dieser guten Regung an weite-
rer Aufmunterung, an zweckmässiger, all-
mäh liger Leitung, da es an Männern ge-
bricht, die die ausländische Musik genug'
kenueten und selbst kullivirten. Werden,
Sie es glauben — um diesmal nur Eins an-
zuführen: iu dieser Ungeheuern Stadt, die,
gegen 600,009 Eiuwohner zählt, sind nur'
zwey mittelmässige Klaviermeister, dagegen
vielleicht zweyhunderl vortreffliche Sing-,
meisten Wie glücklich wäre hier ein
Tausch mit Deutschland ! wie viel würden
beyde Theile , udd auch die Kunst Bolbtt,-
durch solchen Tausch gewinnen!
; *, • * s ■■ *• 1 '
Die grossen Schwierigkeiten, die der
Verkehr der ausländischen Musikhan d-
lung^en hieher fiudet, und die so gross
sind, dass fast gar nichts mehr ankömmt,
sind ein neues, sehr beträchtliches Minder«
niss der fortgehenden, und mehrseitigen Bil-
dung» Hoffentlich wird aber diesem nun,
durch eine von dem Hofe selbst begünstigte
Unternehmung abgeholfen, welches um so
mehr zu wünschen ist, da hier keine ein-
zige Musikhandlung ist, die diesen Namen
verdient. Neapel hat einhundert und
sieben und dreysig Kopisterieen — d.h.
Gewölber, wo Musik (bey weitem am mei-
sten Vokalmusik und zwar flüchtige Mode-
satben) abgeschrieben wird; aber ganz Nea-
pel hat nicht Eine irgend bedeutende Ver-
lagshandlung ■ — ja, ganz Italien hat, genau
genommen, nicht Einet Nor in einigen
— in sehr wenigen Häusern besitzt man seit
kurzem die Hay dnschen and Mozarischen
Quartetten, nach Pieyls Pariser Ausgabe,
und fängt denn do< h an , sie zu spielen ;
und siehet man auch gleich fast alle Minu-
ten an den weichlichen, äusserst reizbaren
■
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5<fe **<>5-
Zuhörern jenes krampfhafte Zucken der
Muskeln beym Eintreten scharfer Dissonan-
zen, oder bey einem- überraschenden Sfor-
za udo : so ist doch ein Anfang gemacht,
und man darf es der VortrefQichkeit solcher
Meisterwerke selbst zutrauen, da« er auch
einen Fortgang haben weide *
Die berühmtesten, jetztlebenden Kom-
ponisten in Neapel sind: Tnttu (Giaco-
mo), Paisiello, Fenaroli, Mosca (Luigi),
Andreozai, Guglielmi (Pietro Carlo), Capo-
torti, Palma, Baron Leykam, Signorillo,
Cocchia etc. Ich versuche, sie und ihre
Werke kurz, doch für diesen Bericht hin-
lauglirh, zu cbarakterisiren.
Unter allen diesen Meistern verdient in
jeder Hinsicht — nicht der vielgeteyerle
Paisiello, sondernder still«, würdige Tri tto
den ersten Rang, denn er schreibt gleich -
gründlich und. gleich r> schon (und auch —
reipl) für das ernste Theater CC*p*ra sc-
rja) und für die Kirchev Wer Terzetten,
Quartetten, Chöre und Fugen vuu/J'.iUu
gehört hat, der ist überzeugt, dass die edle
alte Schule Neapels noch nicht ganz aus-
gestorben ist, and , reiche ihm wahrscheü*-
lich unter allen jetztlfbendpii italienischen
Meistern die PaUne «■■» wenigstens sind kaum
noch Einige übrig,, die darüber zwciielhaU
machen konnten. In seinen Werken zeigen
sich auagezeichnete Naturgaben, Tiefe der
Theorie , und Grosse der Ausführung« Auch
als Mensch verdient er grosse Achtung; und
nur sein reiner Kunsteutbusiasmus, seine
Uueigennützigkcit , und- seine zutrauliche
Biederkeit konnten ihm die Feinde zuziehen,
die seinen verdienten Ruf zu unterdrücken
suchen* Diesen in , das Ausland zu tragen,
verhinderten ihn Prif atverhaltnisae, und vor-
nehmlich eine sehr zahlreiche Familie. De-
«torarhr hielt ich« für Pflicht, Deutschland
auf ihn aufmerksam au machen» Jetzt scheint
sich indes*, sein Horizont aufzuhellen j er
stehet hier >k Rtfe der- Heiligkeit, dua:
May, 564
gewinnet die Menge-, und vornehmlich durch
seine letzte Oper: Cesare in Eggyto, hat er
die Musiker gewunuen. Diese heroische
Oper ist so ausgezeichnet schön, dass selbst
seine Feinde zum Schweigen gebracht wur-,
den. Tritto ist übrigeus Maestro dei primo
Conservatorio.
1
Paisiello ist, auch in Deutschland, be-
kannt genug, und viele seiner besten Wer-
ke sind es auch. Er ist hier der Mann des«
Volks nnd der feinen Zirkel, in wiefern
diese beyde Theil an Musik nehmen. Man
rühme dem linunterrichteteu irgend einen
grossen Meisler — e» lasst sich* eino Wedel
gefallen s dann bringt er aber gewiss sein
„Ma" — und aein .Paisiello," und dies,
mit den glänzendsten Bey Wörtern, alle im
Superlativ ! Doch hat Paisiello jetzt hier.
'auch eine starke und viel bedeutende Pan»
they gegen sich. Er. würde die*e,. als
Künstler und, in seinem Fache, nicht
haben, wenn er sich mit dem Vorzüglichen
begnügte, was er wirklieh besitzt und gr-
instet hat; aber das war nie seine Sache!
Er hasset alle neuern Komponisten,, uod am "
, meisten die genialen — er fühlt im geheim
Wol, warum ? Er unterdrückt sie, wo er
nur kann ; bringt oft talentvolle Meister
durch niedrige Kabalen um Ruf und Brod,
und zwingt nicht wenige schön aufkeimende
| junge Geister , ehe sie zur Reife kommen
können, ihr Vaterland zu verlassen. Er
hatte sich in voriger Zeit zum Diktator der
Musik, aufgeworfen, und es war ihm gelun-
gen, sich geraume Zeit in dieser Würde sn
erhalten, so dass man in Neapel fast keine
Note hörte, die nicht von ihm kam. Aber
'der vortreffliche Gimarosa — oder nein,
;nicht eigentlich Er, sondern erst der Schat-
ten dieses H ingeopferten v der auch übrigens
' Ursach genug hat , Paieiello'n dräuend zu
erscheinen — dieser richte sich für trüber
erduldete Misshandlungen, und. warf eine
i Gegenpart hey auf,, die immer, bedeutender
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5fr i&>5.
wird und sich «ach durch Toteranz gegen
jede gute (selbst ausländische) Musik aus-
zeichnet. Paisiello, so fein ihn die Welt
und das Hufleben abgerieben haben und so
alt er nun. ist, ist doch auch noch immer
au leidenschaftlich , als das« er dies mit
Ruhe ertragen könnte, und zwar scheint,
seit seinem Triumph in Frankreich , sich
sein Unwille ganz besonders gegen die Deut-
schen su richten« Neulich konnte er sich
bey Haydns schöner Ariadue so wenig
massigen , dass er rief : Che porcheria te-
desoa ! (Was für deutsche Sauerey). So
etwas ist ohne Schonung bekannt zu ma-
chen ; ' denn wenn die unbegrenzte und bis
cur grössten Ungerechtigkeit führende An-
maasung und Eitelkeit im Possess ist:
was soll , was karni sie strafen , als die ge-
heim« Pein , dir das Bewustseyn giebt —
die Welt kennet auch die Seite an dir, die
du sn verbergen- mit solcher Anstrengung,
mit solcher Aufopferung strebst?'—
Fenaroli könnte man den italienischen
Albrech tsberger nennen. Er ist ein würdi-
ger Greis, der sich blos mit dem Unter-
richt im Kontrapunkt abgiebt. In diesem
Gebiet der musikalische» Kunst hat er viele,
nachher berühmte Manner gebildet, unter
denen ich nur Cimarosa und Zingarelli nen-
nen will* Er hat auch vor kurzem eine
kleine Anweiaung zum Genera-lbass
herausgegeben, die, wenn sie auch nichts
aasgezeichnetes hätte, schon als Erschei-
nung au sich, in einem Lande auszuzeich-
nen aeyn würde, wo man so wenig schreibt,
noch weniger theoretisirt, und am allerwe-
nigsten über schwierige, abstrakte Gegen-
stände. Er ist übrigens Maestro del secon-
do conservatorio.
Mes-ca (Luigi), ein angenehmer und
beliebter Komponist, schreibt serio und buffo.
Er hat übrigens eine treffliche — man sagt,
die beste — Singnelhode und daher die
meisten SahüJerj Er ist 'so eben nach Paris,
May. 566-
Iala erster Singmeister des Conservatoire be-
rufen, wird jedoch schwerlich gehen. Die
betteu seiner Arbeiten scheinen in Deutsch-
land ganz unbekannt, verdienten aber be-
kannt zu seyn.
Andreoszi komponirt serio, 'und —
spricht viel. Vielleicht sind darum man-
che seiner Werke nach Deutschland gegan-
gen i denn diese selbst sind — einzelne nicht
üble, aber ganz dem Modeschlendrian angtf-
passte Stücke ausgenommen — unter der
Kritik» ,
Gugli.elmi (Pietro Carlo), Sohn des
jüngstverstorbenen berühmten Guglieimi: ein
junger, talentvoller Komponist, dessen ko-
mische Opern hier viel Glück machen,
und es auch verdienen» Sein Stil ist leicht,
gewandt, flüchtig.
f Capolorti ist Kapellmeister von San
.Carlo: dass er dies ist, ist merkwürdig,
, aber, auch das einzige Merkwürdige an ihm.
Palma hat sich weder als genialen,'
noch- als tiefen Künstler — wenigstens dem
Pnblikum nicht — gezeigt, ist aber dennoch,
. und nicht mit Unrecht, bekannt und beliebt,
! und zwar Vornehmlich" durch seine Oper:
lila pietrfc simpatica, die sehr nett und hübsch
geschrieben ist.
' Baron Leykam, ein Deutscher von Ge-'
hurt, halt sich seit einigen Jahren hier auf
und ist ein achtungswerther Komponist , der
in seinen Arbeiten eine reiche Phantasie und'
( ein lebhaftes Gefühl im seltenen Bunde mit
' geläutertem Geschmack an den Tag legt.
Deshalb ist auch seine Musik hier sehr ge-
liebt uud gesucht. Er gehört wirklich un-
ter die vorzüglichsten der, jetzt in Italien
schreibenden Meister, und die Italiener nen-
nen ihn sogar den Ihrigen! —
Cercia, Signorillo, Caselli, Trit-
to (Sohn), Manila, Rimualio etc. sind
Meisler, von denen, mamhes Artige gelie-
' fert worden ist. Die Zahl dar Vokalkom-
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5<57
1805. May.
568
pooistcn iat aber hier so gross» dass man
unmöglich alle, die sich nicht ganz beson-
ders auszeichnen, kennen lernen kann; uud
keuuete man sie, so würde Ihnen doch mit
deren Namen nicht gedient seyn, iudem ih-
re Weikchen meist Produkte de« Moments
sind, mit dem Moment schwinden, mithin
die Ferne nie erblicken, und, grossentheils
wenigstens, dies Schicksal auch verdienet! —
womit ihnen aber, wie gesagt, weder alles
Interesse für den Augenblick, noch auch al-
ler Werth abgesprochen seyn soll — —
Neapel hat acht Theater, von denen
aber nur vier bedeuteud und hier anzufüh-
ren sind: San Carlo — das grosseste in
Europa j es werden nur ernsthafte Opern
und grosse Ballet* hier gegeben — Fio-
rentini — nur komische Opern, aber die
Gesellschaft iat hier stets vorzüglich gut —
Teatro nuovo— nur komische Opern —
Fondo — nur komische Opern und in der
Fastensei t geistliche Oratorien.
Die italienische Sitte, nach welcher je-
des bedeutende Theater sich seine Opern
selbst, und, wenigstens auf gewisse Zeit,
nur für eigenen liebrauch dichten und kom-
poniren lässt ; nach welcher man folglich
den Poeten ( hier meistens eine, ärmliche
Person, ohngefähr gleich über den Souffleur
su setzen) und. den Komponisten, eben so
wie den Sanger, engagirt — ist auch in
Deutschland bekannt. Dass dadurch eine
gewisse Regsamkeit erhalten, manches sonst
unbekannte Taleut hervorgezogen , es zur
möglichsten Anstrengung gereilzt, und auch
noch -andei es Gute bewirkt werde, ist zuzu-
gestehen; aber was dies Verfahren von an-
derer Seite für die Kunst selbst wirkt, ver-
dient einmal weiter ausgeführt zu werden —
wo auch die ganze Prozedur , wie hier
Opern zu Stande kommen und das werden,
was sie sind, zu schildern eeyn wird. Jetzt
nur so viel: der Dichter ist Sklav des Kom-
ponisten, der Komponist SklaV der ersten
Sängerin und des ersten Sängers, und die
ersteu Singenden sind Sklaven der Schreyer
im Publikum, die eher auf alles, als auf
das Ganze eines Werks achten. Daas sich
hingegen Männer von tmineutem Geist und
schon befestigtem Ruf über diese Verhält-
nisse erheben und sie beherrschen, habe
ich wol kaum nöthig hinzuzusetzen.
Indem ich Ihnen hier die vollständige.
Liste der seit drey Jahren hier aufgeführ-
ten ganz neuen Opern, mit ihren Mei-
stern und der Aufnahme derselben beym.
Publikum hersetze, denke ich die Ueber-
sicht des gegenwärtigen Zustande« deses
Zweiges der Tonkunst, der durch ganz Ita-
lien bey weitem entscheidet, zu erleichtern,
und zugleich den deutschen Direktionen, die
ihre Repertoire von hier aus rekruliren wol-
len, einen Dienst zu leisten. l«h übergehe
aber bey allen diesen vier Hauptlbeatern,
die ältern Korapositiouen, die zwischen-
durch wiederholt worden sind. Das Zei-
chen (•) bedeutet, die Oper hat gefallen 5
das Zeirheu (°°), sie hat daj
ste Glück gemacht.
Teatro San Carlo.
* Cincvra e Ariodante,
*♦ Cli Americani ,
Araida e ftinaldo
* Setoatri
* Cartageoa
Aateria e Teaco
Periliea e Telamone
* EBgPDia ia Aulide
11 Ciro
Ciacomo TriUo.
detto.
Andreoxai.
detto,
Dom. Cercia.
PioUr. CarL Cngli.
Nicolini.
Pict. Trffito.
C.polorti.
Teatro dei Fiorentini.
** L'amore per inganoo,
Lo »po»o ia periglio
♦ La Ficra
** L'infenDO ad arle
Le noste per impegno
11 Ballone aerotUtico
L'uuuitc
»on L. Mo«ca.
— De B'aaia.
— Gugliahni.
— ürgiuno.
— Capotorti.
— Palma.
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5 6g
1805. May.
570
Ii Ritorno inaapettato,
II Serro furbo
Lie Convcnienae tcatrali
II NauTiagio fortunalo
L'mganno noo dma
L'Eijiuroco dolli Spoai
Ton Moses.
— Prota.
— Guglielmi.
— Guglielmi.
— Farinelli.
— P.C. Guglielmi.
Teatro naovo.
** La Ser*a bizarra, ron P. C, GagHehai.
** II Geioao ainceralo — Nicolini.
La Donna dt bell' noort — Dclia.
N01 ci fscciaaio conto aenza
l'oata — Sartorio.
* lVirapoalnra — Moaca.
* GU Mattimonj in Maachtra — Cocchia.
Teatro del Fondo.
Oratorien.
* Sanlle von Andrtosai.
Ladiatrtuaionodi Geruaalenune — P.C. Go^ieln».
Von theoretischen Werken ist,
ausser dem oben angeführten kleinen, von
Fenaroli, nur das berühmte grosse, von
Nicola Sala erschienen, welches ohnsti ei-
lig etwas bedeutendes and in seiner Art sehr
auszeiebnenswerthe ist. Es soll eine voll-
ständige Theorie aeyn , und enthalt in di ey
Bänden gross Folio (zusammen über 4uo Sei-
ten) zwar nur ganz kurze Regeln und Grund-
sätze, aber viele und vortreffliche Beyspiele.
Der Konig von Neapel liess es, zum Ge-
brauch der beydeu Conservatorien , auf seine
eigenen Kosten verleben. Der Stich ist sehr
gross und s- hön. Ü<*s Exemplar kostet hier
13 JJucati (etwas über 10 Thaler) — —
Zum S'hluss noch einige Worte über
Nebensachen. Die Kultur der Instiu-
menle ist hier, in der Regel, Nebensache $
und kein Instrument wird so kultivirl, aU
jie Guitarte. Wahr ist es indessen.
es gteht hier brave Komponisten für dies
kleine Wesen, und trrffluhe Virtuosen, in
einem böh>rn Sinn, als man bey der Goi-
tarre vcxmuiheu sollte , auf derselben. Die
Liebhaberey zu befriedigen, hat man nnzahU
bare Lehrer, und zwey Fabriken, die Gui-
tarren aller Art verfertigen. — - Dasa man
hier mehrere Fabriken hat, die die besten
Saiten in der Welt verfertigen, und sie in
alle Länder verseuden, ist bekannt. — —
Nach spätem Briefen aus Neapel ist Hr.
Kapellm. Righini jetzt dort mit seiner rühm-
lich bekannten Schülerin, der Dtm. Fischer
aus Berlin, und diese auf ein Jahr als prima
Donna beym grossen Theater San Carlo eu-
gagirt.
N
ACHBICKTEaT.
Wien, den taten May. Hr. Zeuner,
Ktavjermeister bey der Fürstin vun Galizin,
gab im Augarten um die iMitlagsstunde ein
Konzert mit vielem Beyfall. Es eröffnete
sich mit einer Hayduschen Sinfonie, welche,
wie gewöhnlich die Anfangstücke der Kon-
zelte, (?) halb überhört wuide: dann folgte
eine Arie von Ciinarusa, von der Frau von
Sehmidt gesungen , aber diesmal mit weni-
ger Feinheit, Schwung und Ausdruck, als
im Bigotsrhen Konzerte. Nuu spielte Zeu-
ner. ein Klavieikonzert von seiner Kompo-
sition. Nach diesem zu urtheilen gehört er
zwar nicht uuter die giössten. aber gewiss
unter die angenehmsten hiesigen Klavier-
spieler. Zwar waren es keine außerordent-
lichen Schwierigkeiten, weh he Zeuner über-
wand: aber dafür Ii it sein V 01 trag eine un-
gewöhnliche Zartheit, Leichtigkeit und i>e-
likaiesse, ohne da»s daium (he kraf rgt-n
Slcleii an bexei« hniiug verlohreu hatten ;
da bey weiss er Licht und Svbatfen sehr ef-
fektvoll zu geben. Nicht so vorteilhaft
kanu man von der Komposition de« Kon-
zerts urtheileo. Das eiste Grave aus A moll,
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571 «805«
ein «dir pathetischer, ernster Tnstrumental-
aats, pa«M zu dem leiten Rondo in A dar
nicht, welche« durchaus in sehr tändelnden,
zuweilen ins Spielende fallenden Passagen
hinrollt» Ueberbaupt iat in dieser Kompo-
sition «lies viel mehr darauf berechnet, das
Instrument glänzend au aeigen, als ein ei-
gentliche» musikalisches Kunstwerk, aufzustel-
len, wo das Ineinanderwirken aller Instru-
mente, von dem Pianoforte nur vorzüglich
geführt, dem Komponisten au dem höhein
Zwecke dient, eine Reihe glänzender und
angenehmer Ideen durch allen Reichthum
der Harmonie zu entwickeln. Das ist die
Stufe, auf welcher jetzt das Klavierkonzert
steht, und worauf die herrlichen Mozart-
scheu, Eberischen und Beethovenschen Wer-
ke diesef^Äldng glänzen. Statt einer zwey-
ten Arie der Mad. Schmidt folgte Mehuls
Ouvertüre aus Adrian; darauf spielte Z. ein
Rondo und Allegro von setner Komposition,
auf welches sich das meiste so eben Gesagte
gleichfalls anwenden lässt. Eimenreich sang
eine schottische Uallade, und der gröaste
Theil des Publikums entfernte sich. Von
mehrere Freunden aufgefordert, endete Zeu-
ner mit Variationen von «einer Kompo-
sition.
Der allbeliebte Creicentini ist nach sei-
ner Wiederkunft aus Italien in Cimarosas
Oper: die Horazier und Kuriazier, aufge-
treten. Von der Musik zu dieser Oper
lieise sich im Ganzen eben das sagen, was
Euripides in Wielands Abderiten dem No-
mopbylax dieser berühmten Stadt über die
Komposition seiner Andromeda antwortete:
es könne zwar eine sehr regelmässige; kunst-
gerechte, woblgeavbeitete Mnsik seyn, nur
eine Musik au diesem Stück scy sie ge-
wiss nicht. Das ist buchstäblich hier der
FalL Von dem Heroischen des Stoffes fin-
May. 572
det sich in der musikalischen Behandlung
keine Spur ; ich glaube, dass man ohne
grosse Mühe irgend einen andern Text, aus
dem bürgerlichen Leben etwa , unterlegen
könnte« Zudem wird die Oper durch eine
ungeschickte Behandlung de« Textes (dec
Kampf wird im entscheidenden Momente
durch dun Obetpriester recht ärgerlich auf-
geschoben) durch endlose Recitalive und sehr
viele Wiederholungen, so sehr iu die Län-
ge gedehnt, dass das Theater bey der er-
sten Vorstellung erst nach eilf Uhr geendet
war. Cresceotini gefiel wieder ausserordent-
lich. Sein schöuer, hoher, ausdrucksvoller
Sopran, seine, jetzt vielleicht einzige Kunst
des Gesanges ; sein Schweben der Stimme,
die vom zartesten Piano bis zum helleslen,
klingendsten Fortissimo mit gleicher Rein-
heit anschwellt, weiden ihm die Liebe des
Publikums gewiss noch lange Zeit erhalten.
In dieser Oper trat auch ein neuer italieni-
scher Tenor, Hr. Biancbi, sum erstenmal«
auf. Dieser Sänger ist mehr Bariton, als
eigentlicher Tenor; sein Ton ist weder hell,
noch sehr angenehm , doch scheint er die
italienische Manier so ziemlich inne zu.
haben.
Im Theater an der Wien fand man eine
Operette mit Musik voa Fischer: die Ver-
wandlungen, nicht bedeuteud, uud in der
Musik manche Reminiszenzen. Nächstens
soll eine neue Oper Beelhovens auf die
Bühne gebracht werden. Man ist sehr ge-
spannt auf diese Arbeit, in welcher Beetho-
ven zuerst als dramatischer Komponist auf-
treten wird. In dem Texte soll Beethoven
mit Paer zusammengetroffen seyn , der auch
die nämliche „Leonore" voriges Jahr zu
Dresden in Musik setzte.
,111, ,,
Latrsio, aar saairzorF iib zlaraa.
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ALLGEMEINE
* » .
MUSIKALISCHE ZEITUNG.
Den 5 leo Juny. N=. OÖ. 1805.
Nachtrag zu den, in No. flS. der Leipziger
musikalischen Zeitung tgoj. eingerückten
• „Gedanken über den Geist 4er heutigtn
deutschen Sttzkuntt."
Nach meiner Ueberaeugung verdienen die
Erinnerungen
des Hrn. D. Hohn bäum aller-
dings unsere ganze Aufmerksamkeit und dae
in mehr als einer Rücksicht. Zwar mochte
es eben so schwer seyn, den überströmen-
den Fluthen des Rheine eine unschädlichere
Richtung geben, als den allgemein angenom-
menen Kunstgeschmack umändern au wol-
len. Indessen kann doch eine Warnung
nicht schaden, und der irrende Wanderer
gewinnt um so mehr, j* früher er auf sei-
nen falschen Weg aufmerksam gemacht wird.
Wäre es also möglich, mit unserer Instru-
mentalmusik wieder einlenken au können;
■o wäre es damit hohe Zeit : denn schon
gleichen mehrere unserer Phantasie- Sonaten
jenem bekannten Gemälde von den aüsgelas-
aenen und wülhenden Bestürmen* der Pari-
aer Bastille. Vergebens sucht selbst der •
geübte Zuhörer den Padeu des Kompouisten
su erhaschen: die Sprünge der Phantasie in
diesen Stücken machen es unmöglich. Wie
lässt sich nun wol von dem der Musik Un-
kundigen einige Theiluahrae beym Anhören
solcher Stücke denken? — Diesen in uu-
sern musikalischen Kunstwerken jetzt herr-
schenden Geist der Zügellosigkeit und Wild-
heit haben wir aber einzig und allein un-
aerm grossen Mozart und seinen Nachah-
mern au danken. Und wer hätte ihm nicht
nachahmen sollen, da man nur seine Wer-
ke göttlich fand l Selbst unser würdiger Va-
ter Haydn aahe sich genöthigt, dem reis-
senden Strome zu folgen } wie «eine seit
1^30 geschriebenen Werke beweisen. Aehn-
liche Wahrnehmungen mit denen, welche
uns Hr. D. Hohnbaum miltheilt, bewo-
gen mich schon vor acht Jahren, bey dem
Entwürfe des Artikels Mozart, zum neuen
Lexikon der Tonkünstler, diesem Ar-
tikel einige Betrachtungen über Mozart«
Einwirkung auf den Zeitgeschmack, anzu-
hängen. Da nun diese Hrn. Hohnbaum'«
Gedanken «um Theil in ein noch helleres
Licht setzen , zum Theil auch' noch mehr be-
kräftigen; so glaube ich hier um so eher
davon Gebranch machen zu können, je we-
niger sich noch zur Zeit der Abdruck die-
ses Werks bestimmen hast *). Beyher zeigt
sich auch, dass diea Lexikon nicht bloss
*) Nicht aar der Künstler, der Kritiker, der Kunstfreund überhaupt, sondern auch der Historiker mid
Literator müssen wünschen , da»s ee. dem achtungrwürdigen .Verfaaaer recht bald möglich werde , dieses
sein wichtig« »ad wahrhaft rerdianstliche» Werk herauszugeben. — Uebrigeas kann man den Lesern
dieser Zeitung sntranaa, aie werden bey data hier naitgetheilten Auftaue nicht rergeaeea, data — al-
tera paxa spreche, and freylieh such gehört sa werden rerdieae.
d- Radskt,
7. Jahrg. 56
■
• i 1
♦
■
• # " • Digitized by Google
573
1805. Juny.
Geburt«- und Sterbe - Register enthält. Es
heust , mit Uebeigthuog de« nicht hieher
gehörigen, daselbst aber also:
— „ Fast kann mau sich der paradox
scheidenden Bemerkung nicht enthalten, dass
Mozart zu früh auf dein Schauplätze er-
schien und zu früh wieder abtrat. Noch
hatte er uns nicht alle Schönheiten in ihrer
Tollkoramenen Entwicklung gezeigt, die,
so zu sagen, in den Falten seines Genies
▼erborgen lagen, als er starb) — und doch
war das, was er uns bey seinem kurzen
Verweilen auf der Erde gab, gross und er-
haben genug, um öfters an das Unbegreif-
liche zu gränzen. Er war ein Meteor am
musikalischen Horizonte, auf dessen Er-
scheinung wir noch nicht vorbereitet waren ;
noch klimmten wir an den Bergen , welche
uns auf unserer musikalischen Laufbahn zu-
rückhielten , als er dieselben mit einem Rie-
aenschriue übersprang, uns zurück liess, und
gleichsam von der Ferne die Vollkommenheit
schon zeigte, zu der wir una noch in unbe-
stimmter Erwartung der Zukunft, auf dem
langsamen Wege der Natur entwickelten.'
■
»Dies halte denn eine doppelt nachlheiii-
ge, dem Menschenfreunde eben so, als dem.
Freunde der Musik wehe thuende Folge,
Auf der einen Seite wurden wir durch die
Vollkommenheiten und Schönheiten, die wir
an seinen Kunstwerken empfanden, geblen-
det und begeistert, und vergessen in dem,
die bessere Zukunft ahnendem Gefühle die
Gegenwart; wie an den Tafeln reicher Pras-
*er, verdarben wir durch die ungewöhnlich
cusammengesetzten Leckerbiasen und haut-
gout- Gerichte den Geschmack an gewöhn-
licher gesunder Hausmannskost. "Wir schwelg-
ten zehn Jahre hindurch in den üppigen
Früchten und schäumenden Ergiessuugeu
seines Genies, um mit schuöder Undankbar-
keit auf ewig zu vergessen, was Fl aase,
Graun, Benda, Hiller, Schulz und
andere grosse Künstler mehr für uns ge-
374
than hatten — diese Männer, die bey ih-
ren gründlichen ästhetischen Einsichten nnd
bey ihren grossen Erfahrungen im Effekte,
ihren Text gar wohl zu bearbeiten verstan-
den, die keine Note ohne Bedacht hinschrie-
ben, die, wenn es den Ausdruck betraf, ih-
rer lebhaften Imagination auch eine gesun-
de, durch Wissenschaften geläuterte Ver-
nunft als Hüterin beygeben konnten, welche
aie lehrte manche Note wegzulassen und
manche wieder auszustreichen, wenn aie der
Drang der Ideen oder auch die Eitelkeit vez*-
ieiten wollte, die Zeilen ihrer Partituren
mit obligaten Stimmen zu überladen.
Ueberhaupt befolgten sie noch den goldenen
Grundsatz, bey keiner Sache viele Mit-
tel anzuwenden, die durch wenige ausge-
führt werden konnte, und vertraut mit der
Gewandheit und Zulänglichkeit der Bogen-
Instrumente, zur Darstellung des grössten
Theils alles Darzustellenden, bedurften sie in
ihren Orchestern keines Organ ons von
sechszehn Blasinstrumenten, wel-
ches, indem es den Zuhörer betäubet, dem
Sänger die Möglichkeit benimmt, sich vom
Thealer verständlich zu machen. Diese
Männer vergessen wir, welche, wenn aie
für grosse Hauser und grosse Orchester
schrieben , zwar auch malten , aber ni< ht
wie Denn er seine Köpfe, um daran die
sichtbaren Schweisalöcujr und Mikhhaare
bewundern zu können, sondern wie erfahr-
ne Dekorationsmaler , mit grossen Pinselslrt-
chen, auf die Wirkung grosser Massen in
die Ferne berechnet; künatler, die ihre Zu-
hörer bis zu Thi änen zu rühren wussleo,
ohne ihre Melodieen durch jenen aflrklirten
Schmelz von chromatischen Uebergängen un-
natürlich, ansang- und ungenießbar zu
. Nach solchen Grundsätzen, die freylich
den fetzigen Freyheitssinn zu sehr geniren,
waren die Werke gearbeitet, welche Mo-
zart verdrängte. Und noch schritten die
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575 1805.
Künstler mit Fleiss and Thätigkeit rahig
auf diesem aichern and geraden Wege der
Kunst fort und näherten airh ihrer Voll-
kommenheit, nach den Gesetzen der Natur,
zwar langsam, aber auch um ao sicherer
und wirksamer, als plötzlich Mozart er-
achten, und durch die Sprünge aeineä Ge-
niea eine so allgemeine Revolution in dem
Kunstgeschmacke bewirkte. Mit einer Ein-
bildungskraft, die, um daa Ganze einer em-
pfindungsreicben Situation in einem Bilde
zusammen zu fassen , jedes einzelne Gefühl
bis zu seiner unbemerktesten Nuance ver-
folgte, unterstützt durch ein Genie, das
diese Bilder ordnete und, durch Hülfe einer
allumfassenden praktischen Kunstkennlniss
und Fertigkeit, den ganzen Umfang des
Tonsystems mit scharfem üeberblrck be-
herrschte, um die Bilder so vollkommen in
der Wirklichkeit darstellen zu können, wie
aie ihm Gefühl und Phantasie vorhielten,—
mit diesen Hülfsmitteln , sage ich, lieferte
er Kunstwerke, die von alle dem, was man
bisher von praktischer Anwendung der
Kunstgeselze gehört und gesehen hatte,
weit abzuweichen schienen. Da herrschte
ein Reich thum an Erfindung, eine Fülle und
Kraft in der Darstellung, deren Schönheit
nur wenige kunstmässig entwickeln und zer-
gliedern — die meisten nur fühlen konnten.
Zu diesen letztern gehört unter andern der
grosse Tross von Nachahmern, die alle mit
dem Fluge des Icarus die Höhe zu er-
streben sachten, zu der sich Mozart auf
den Fittigen seines göttlichen Genies empor-
geschwungen hatte, aber fast alle ohne Aus-
nahme das Schicksal ihres unglücklichen
Vorbildes erfuhren ; — indem sie sich
dem glanzenden Ziele, wo Mozarts Ge-
nie strahlte, näherten, fielen sie verblendet
in die Tiefe hinab. So tummelte sich das,
mit Horn m sprechen , Servum pecus
imitatorum auf diesem neueröffneten Felde
mit einer Freyheit herum, die nbüi wendig
in Zügellosigkeit und, Ungebundenheit tue-
arten musste, wenn sie nicht dnrcli die Lei-
tung eines Mozartschen Genies im Gleise
gehalten wurde. Denn das blosse Gefühl
war ein zn unsicherer Führer auf diesem
noch ao ungebahnten Wege, um gegen je-
nes grundsatzlose Schwanken zu sichern,
das nicht wenig Aehnlichkeit hat mit der
Anarchie eines Staats, in dem blinde Wili-
kühr, statt positiver Gesetze herrscht.«
„Drum sollten sie sich warnen lassen,
diese Nachahmer, durch die Erfahrung, die
una Horas schon über ein ähnliches Ver-
hältniss mittheilt. in Mozarts Name«
ruft er ihnen zu :
Liberi p«r Tarawa po»ni rattiaia princep«,
Noa aliena meo preui ped«.
Und wer hier, um mit Mozart in gleicher
Höhe über andere hinwegzuragen , erst nö-
thig hatte, auf die Schultern seiner Vorgän-
ger zu treten, der reichte bey weitem' noch
nicht an den erstrebten Punkt.«
»Diese grosse Revolntion im. musikali-
schen Gesch macke hat sich aber mit ihren
Folgen noch weiter verbreitet; denn ausser-
dem, dass sie die Talente des Künstlers er-
schöpfte , indem sie dieselben zu Ueber-
spannungen ihrer ohnmächtigen Kräfte sporn-
te, verleitete sie andere, das Publikum, für
die ihm bisher aufgetischten kunstvollen und
gewürzten Gerichte, ;durch eine Menge von
oft nur zu faden Walzer- Opern in nur zu
reichem Maasse schadlos zu halten. Und
violleicht hinderte dieses Ueberschwankeu
auf die entgegengesetzte Seite noch, dass
sich bey dieser Revolution nicht gar eins
Art von degont an der Musik überhaupt,
bey den Unkundigen, erzengte. Denn man
staunte lange bewunderungsvoll- die Ergies-
sungen des Mozartschen Genius an , und
hielt sich durch die seligen Empfindungen,
die seine Darstellungen erweckten, für be-
friedigt. Allein eine Befriedigung durchs
Digitized by Google
577 «?°5-
blosse Gefühl, ja seh/ oft durch blosses
vorgebliches Gefühl and afiektirten Bey-
fall, kann den Forderungen des Kunstsinns
auf die Länge hin unmöglich ein Geniige
leisten* Ware es also wol Wunder ge-
wesen, wenn der allgemeine Enthusiasmus
für Mozarts dekorirte Msnier im Aus-
drucke eine gänzliche Uebersaltigung nach
■ich gezogen hatte? und dies um so mehr,
da durch seine errungene Alleinherrschaft,
besonders auf dem Theator, der Wechsel
mit andern Stücken sehr eingeschränkt wor-
den war? Ein grosser Theil seiner Ver-
ehrer konnte und musste daher des Nach-
belens seines Ruhms um so eher überdrüs-
sig werden, je weniger er im Stande war,
dessen Kunsthöbe zu begreifen und zu gou-
tiren. Und gesetzt, alle unsere Künstler
Wären Mozarte geworden — so würde
doch keine Kunst hinreichen, die übersät-
tigte und erschlaffte Menge wieder zu rei-
zen. "
» Gewiss würden Deutschlands Künstler
mit der Zeit auch dahin gekommen seyfr,
Wohin ihnen Mozarts Genie mit Riesen-
schritten vorgeeilt war, und zwar mit dem
Doppelten Vortheile, dass sie zureichende
Empfänglichkeit für ihre Kunstwerke in den
Ohren ihrer Zuhörer gefunden und diese zu
keiner Undankbarkeit gegen ihre braven Vor-
gänger veranlasst halten.*-
„Nach* diesen Bemerkungen kann man
meines Erachtens beurtheilen, ob uns Mo-
zarts dramatische Werke wirklich völligen
Ersatz für alle das Gute erstatten >. was durch
seine bewirkte Revolution in Deutschlands
musikalischem Geschmacke auf einmal fade
und ungeoiessbar wurde, und ob nicht Jdas
Löos der Italiener in . dieser Rücksicht zu
beneiden ist. In Italien nämlich, wo es
vielleicht an geschickten Ausführen! oder
hinlänglich gebildetem Kunstsinne su Mo-
marts Werken fehlt , scheint sein Kunst-
Genius ganz ohne Einüuss geblieben zu
Juny. 578
seyn. Dies hat aber die guten Folgen, dasi
die dasigen Ohren noch eben so viel Reize
und Schönheiten in den Werken ihrer äl-
tern und neuern Meister vom Pergolesi bis
cum Paisiello finden, als vorher.*
»Noch weniger aber scheint die Kunst
durch seine ausserordentliche praktische Fer-
tigkeit gewonnen zu haben. Wird nicht
endlich der Virtuos künftig seine Uebungen
in der Wiege anfangen und alle anderwei-
tige Kenntnisse , die zum guten Künst-
ler und selbst zum guten Menschen gehören,
aussetzen müssen , um sich unter jenen
Luftspringern und Seiltänzern auszeichnen
zu können — der Musikus, welchen Kant
so schon halb und halb -zum sinnlichen
Thiere herabwürdigt? Kann das dumpfe
Anstaunen dieser Gaukeleyen jene süssen
Thränen der Rührung ersetzen, welche un-
sere Väter durch ihre wenigen und simpeln
Noten hervorbrachten? Und wer soll, wer
kann diese übermässigen Anstrengungen«,
welche nur die kurze Zeit der höchsten Ju-
gendkraft durchdauern können , ebenmä'ssig
belohnen? Muss nicht auf solche Weise mit
der Zeit die Kunst von selbst zu sinnlosem
Getöne und Geklimper herabsinken , wenn
den Künstlern keine Zeit mehr übrig bleibt,
ihren Verstand und ihre Kenntnisse auch
durch andere nölhige Wissenschaften gehö-
rig zu bilden und zu bereichern?" —
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Er. Ludw. Gerber.
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Am Charfreytage führte Hb. Mnsikdir.
Schmidt die Schöpfung, im StadtoohauipieU
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579 J &°5*
hause, ta seinem Vortheil auf. Da« Or-
chester war durch die Gefälligkeit vieler
mitspielenden Liebhaber sehr stark besetzt,
und bey der Ausfuhrung möglichst prompt.
Die Soloparlhieen wurden durchaus gut und
manche, ohne windige Schnörkeleyen , der
Würde des Gegenstandes angemessen, vor-
trefflich gesungen. Die Chöre gingen, was
Präcision anlangt, wie es nur zu wünschen
ist; aber au wünschen wäre auch noch ge*
Wesen, dass sie mehr gesungen, und man-
che Stimmen nicht so unmassig wären ge-
schrieen worden! Der Beyfall war indessen
allgemein und das Auditorium sehr zahl-
reich,
Ann ersten Osterfeyertage gab Hr, N.
Heroux, Flötenspieler, ein Konzert. Die
Sinfonie aus G moll von Mozart worde sehr
exakt gegeben; Mad. Lange sang eine Arie
von Cimarosa sehr ausdrucksvoll ; Hr. N.
Beroux spielte ein FJöleokonzert — der
Komponist war nicht angegeben — voll un-
dankbarer Passagen , wie ein Meister des
Instruments; Hr. Arnold spielte ein effekt-
volles Violoncellkonzert von seiner Kompo-
sition; Mad. Ursprueh und Dem. Bucbwie-
ser sangen ein schönes Duett von Porto-
gallo ausserordentlich schön und gut, und
damit waren die Konzerte für diesen Winter
geschlossen.
Ich hoffe, Sie werden nicht übersehen
haben, wie oft unsere Konzerte diesen Win-
ter von den Talenten mehrerer Liebhaber
unterstützt wurden, und zwar von so fein
{•bildeten Liebhabern, das« sie den Konzer-
ten, wie der hiesigen Kunstbildung, wahre
Zierden sind; dass sie diese, wie sieh selbst,
durch öffentliches Auftreten ehren, und den
Dank- de« Publikum« und der Künstler ver-
fchanen und erhalten. Der Nutzen, den da-
durch die. Kunst im Allgemeinen, und ins-
besondere hier, davon hat, ist so einleuch-
tend, dass^ es überflüssig wäre noch ein
Wort dazu zu sagen. Auch hatten «ich .die
Juny. 530
Künstler immer eines «ehr starken Audito-
riums zu erfreuen. Ferner werden Sie auch
aus meinen Berichten gesehn haben, dass
schon die Wahl der Stücke Beyfall und
Aufmunterung verdiente. Wir hatten die
Freude, fast alle Mozartsche Sinfonieen, die
Sinfooieen von Beethoven und Krommer zu
hören, so wie viele ausgesnchte Singslücke
und Konzerte ; und fast alle diese Sachen,
wnrden mit einer Genauigkeit, Aufmerk-
samkeit und einem Eifer vorgetragen, das«
man nicht selten in seinen Erwartungen
über troffen werden musste, wenn man da-
bey bedachte, dass die meisten, selbst die
vorzüglichsten Künstler, durch Unterrichten
tt. «. w. ihre Kunst fast bi« zum Ekel zu
treiben genöthigt sind, ohne dass ihnen da-
durch deren Ausübung zu einer sauern Ar-
beit zu werden schien. Es war daher um
so erfreulicher, die Lu«t und den Eifer so
deutlich zu bemerken, die nothwendig Ida
seyn müssen, Wenn -man erst einzeln für sich
in der Kunst immer vollkommener werden,
und dann dadurch zur Vollkommenheit de«
Ganzen beytragen will.
Das Liebhaber- Konzert hat seinen ge-
wöhnlichen Gang gehalten. Die Fortschritt
te, die seit der Errichtung dieses Konzert«
von den hiesigen Liebhabern zur Vollkom^
menheit gethan wurden, sind «ehr siebtbar.
Wir haben das Vergnügen gehabt, manche«
schöne und schwere Stück, sowohl an Vo*
kal — als Instrumentalmusik, so genau aus-
fuhren zu hören, wie es irgend von Lieb-
habern, die doch nur die Musik als Neben-
sache treiben, ZU erwarten ist. Besonders
haben uns mehrere hiesige junge Frauen-
zimmer durch ihren Gesang viel Vergnügen
gemacht, und viele von ihnen würden auch
da, wo man nur sehr guten Gesang zu hö-
ren gewohnt ist, mit allem Beyfall auftre-
ten. • Eben so haben uns andere durch ihr
schönes Fortepianospiel in der That in Er-
staunen- gesetzt. • Ich nehme keinen Anstand
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5 Si »805.
0
ihre Namen xo nennen, da sie iu denen
gehören, die den ersten und wichtigsten
Schritt zur feinem und allgemeinem Aus-
bildung der Kunst in Frankfurt Ihaten, und
man darf hoffen , das« sie auch von Auswär-
tigen mit Achtung werden gelesen, wie sie
von den Hiesigen dankbar bewundert wer-r
den. Im Gesang traten gewöhnlich auf mit
Stücken der besten italienischen und deut-
schen Komponisten: die Dem. Quaita, Horn,
Purgold, Bugler, r. Hartwig, Scheibler,
Wissen, Scharf, Pfählcr, und Stackenschnei-
der. Auch Hr. v. Hennesel ist durch sei-
nen wabieu and richtigen Ausdruck mau-
chem nicht ungebildeten Musiker an die Seile
su setzen; so auch Hr. Lang, besonders in
komischen Gesangslacken. Von Med. Koch,
Dem. Geyer, v. Hartwig und Krug haben
wir Konzerte auf dem Pisnofbrte von Mo-
zart, Beethoven und Wölfl vertragen hö-
ren, dass sich mancher Virtuos von ihnen
übertreffen fühlen würde. Hr. Berney. auf
der Flöte könnte sich mit Dalon messen*
Hr. dOrville spielte Konzerte auf der Vio-
lin von Rode, Franzi, Kreuzerl etc. wie
ein Meisler, und auf dem Violoncell Herr
Mezler. — Am Orchester nehmen, wie
ich schon früher erwähnt habe, mehrere
Mitglieder von dem Theaterorchester Theilj
wir haben aber auch Sinfonieen von Mozart,
Haydn, Beethoven, Danzi, aufführen hören,
dass es schwer seyn würde, etwas daran zn
tadeln.
Ein anderes Privat- Konzert, von dem
ich schon mebrmalen Erwähnung gethan habe,
hat sich aufgelöst; dagegen ist aber, unter
der Leitung des Hrn. v. Hennezel, ein neues,
unter dem Namen: musikalische Akademie,
entstanden, das nur aus Liebhabern besteht,
von dem ich aber wenig sagen kann, weil
ich selbst noch keinen Theil daran nehmen
konnte. Es wurden aber auch bis jetzt nur
zwey Vorstellungen gegeben, auf die jedes-
mal ein Ball folgte. Herr von Hernie**!
Juny. 58t
scheint dabey besonders sein Augenmerk auf
mehrstimmige Gtfsangsiücke, Chöre etr. au
richten, und das ist zu loben, weil diese
Gattung Musik hier noch sehr vernachläs-
sigt ist. Dass aber jedesmal ein Ball damit
verbunden seyn soll , kann ich nicht ganz
zweckmässig linden, denn die meisten Mit-
glieder möchten das Konzert als ein Mittel
ansehen, um auf den Ball zu kommen, (ob
es gleich Hr. von Hennezel aus dem entge-
gengesetzten Gesichtspunkte sehen mag) und
diese werden der Sache immer mehr scha-
den, als nützen. Die Mitglieder einer sol-
chen Anstalt müssen aus wahrem Eifer und
reiner Absicht und Liebe zur Kunst die,
Sache betreiben , wenn sie gelingen soIL
Die Folge wird indessen zeigen , wie weit
dies Unternehmen deni Hrn. von Hennezel
gelingen wird; ihm aber bleibt immer dai
Verdienst, dass grossen Theils durch ihu,
seinen warmen Eifer für die Musik und sei-
ne rastlosen und beharrlichen Bemühungen,
die Kunst unter den hiesigen Liebhabern ei-
nen eigenen Schwung bekommen hat, der
von den schönsten Folgen ist ; denn auch
vorzüglich durch ihn, ist das andere Lieb-
haberkonzert so weit gediehen, wie es jetzt
dasteht, und die schöne Orduung, in der es
fortdauert, verbürgt auch die Einsicht und
die Liebe zum Schönen und Guten der
übrigen, mir aber unbekannten Hrn. Mit-
direktoren.
Auf unserm Theater wurden seit kur-
zem zwey neue Opera gegeben: Aline, Kö-
nigin von Golconda mit Musik von Herion.
Es ist dasselbe Sujet , welches von dem
französischen Dichter Scdaiuc entlehnt und
vor ungefähr zwanzig Jahren in Paris voa
Monsigny und nachher von Schulz in Beins-
berg koinponirt wurde. Bertons Musik hat
nichts vorzügliches und fand sehr massigen
Beyfall. Die andere ist Cor* und Alonzo
von Simon Meyr. Sie erhielt gar keinen
Beyfiül. Man wurde besonders oft sehr he*
•
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I
583
stimmt an Sätze anderer Komponisten erin-
nert , wie <Uu bey Mayr überhaupt der
Fall ist.
Am igten April gab Hr. Fridzeri —
Professor der Musik, (seit dem ersten Jahre
seines Atters blind,) und des Lyceuma der
Künste su Paris, so wie verschiedener Aka-
demieen und anderer gelehrten Gesellschaf«
ten Mitglied — hier ein Konzert. Er war
schon vor drryssig Jahren und länger, tbeils
durch seine Kompositionen mehrerer Opern
nnd anderer Werke, theils durch sein Spiel
auf der Violine und Mandoline , in Frank-
reich berühmt, und seine Konzerte etc. die
er hier spielte, könuen immer noch vielen
der neuesten französischen Kompositionen
der Art an die Seile gesetzt werden. Seine
Spielart ist indessen alt und seltsam, wie sein
Vortrag; doch nicht ohne die grösste Ver-
wunderung hört man ihn, in kauderwelschen
Stricharten und Applikaturen , schwere Pas-
sagen bestimmt, nett und rein vertragen.
Seine Demoiselle Tochter, die ihn begleitet,
spielt sehr gut Harfe und Violio, und singt
auch; aber auch sie folgt nur ihrem Genie,
Und tt°<lgt alles regellos vor, überwindet aber
auf ihren Iustrutneoten und mit ihrer schö-
nen Stimme Schwierigkeilen, die den Zuhö-
rer staunen macheu. Die Kompositionen,
die sie zu hören gaben , waren alle von
Hrn. Fridzeri, und hatten durchaus das Ge-
präge der Freundlichkeit und guten Laune,
die auch so- lebhaft aus dem Gesichte des in-
teressanten V erfassers sprechen. Möchte doch
dieser gute Alte mit seiner talentvollen Toch-
ter auf seinen Reisen überall eine gute Auf-
nahme, und die ihm gebührende Ächtung
und Unterstützung finden I — —
In deh ersten Tagen dieses Monats ver-
lor in Offenbach die Kunst eine wichtige
Stütze, durch den Tod des Hrn. Bernard*,
der auch im Auslande ehrenvoll und rühm-
lich bekannt ist , nnd zwar vornehmlich
durch seine ausserordentliche Liebe und
584
Neigung zur Musik, auf die er bedeutende
Summen verwandte. Vor mehrern Jahren
anterhielt er ein vollständiges Orchester, an
dessen Spitze Hr. Franzi , der berühmte
Violinspieler , als Direktor stand , und das
unter seinen Mitgliedern mehrere Künstler
zählte» die Namen als .Virtuosen haben, und
die zusammen ein unübertreffliches Ganzes
bildeten. Und noch bis an sein Ende hatte
er eine kleine Gesellschaft von ausgezeich-
neten Künstlern im Sold nnd um sich, von
denen ich nur den eben jetzt so berühmten
Franzi, und den Klavierspieler Hofrnann zu
nennen brauche; aber auch die Violinapieier
Tbieriot und Nenninger und der Violoncelr
list Mangold machen seiner Wahl nnd sei-
nem Geschmack Ehre, so wie dieser dea
Küostlern selbst, da B. durch viele Erfahrung
und recht eigentliches Studium der Kunst
im Stande war, den Werth oder Unwerlb
der Künstler sehr richtig zu schätzen, und
alles MiUelmasaige von sich wies«. — —
Jör. Simrok von Bonn brachte eine, in
seinem Verlag so eben erschienene, Sonate
fürs Klavier mit obligater Viotin von Beet-
hoven zur jetzigen Messe, die gewiss zo
den bedeutendsten Werken dieses genialischen
Komponisten gehört , und ich mache das
Publikum im voraus darauf aufmerksam»
Sie ist dem berühmten Kreuzer in Paris de-
dicht, und verlangt zur Ausführung zwey
Künstler, die ihrer Instrumente ganz mäch'»
tig sind und sie mit Sinn nnd Gefühl za
behandeln verstehen. Man findet da nicht
willkührliches Geräusch mit Tönen , sondern
man glaubt ein eindringliches, fest fortge-
führtes Gespräch zu vernehmen, das uusere
Einbildung und Empfindung in Bewegung
setzt und unterhält, und bekömmt dadurch
einen neuen Beweis von dem Genie, von
der Kunsrbildung, nnd dem beharrlichen
Fleisse dea originelles Verfassers.
— Vom irten May. Dem. Schmalz,
königl. Preuea. Kammersängerin, gab, auf
1805. Juny.
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585
1805. Juny.
586
ihrer Rei*e nach Italien, gestern hier ein
grosses Kouzert, dt«, obgleich das Entree
einen Laublhaler (gewöhnlich kostet es hier
nur halb so viel) kostete, doch «iemlich
stark besucht war. Sie sang einige sehr
schöne Stücke (eine Scene aus Romeo und
Julie von Zingarelli, . eine Arie mit Chören
▼on Nasoliiii und eine Arie von Creacentini)
mit allgemeinem Beyfallj wie konnte e» aber
auch anders seyn , da man durchaus sehr
wohl bemerken konnte, dass sie sehr gute
Schule lleissig benutzt hat, und schon von
der Nalur mit einer grossen, imponirenden
Stimme begabt ist, die sie dann mit Kunst
und Geschmack, und in der «weckmassig-
sten Methode au benutzen gelernt hat. Ich
wage es nicht , mir ein näheres und be-
stimmteres Urtheil über ihren Gesang, in
Absicht auf Kunst und Slimmorgan, zu er-
lauben , da einmaliges Hören dazu nicht hin-
reicht, und Künstler, besonders Sanger und
Sangerinnen, oft von günstigen oder ungün-
stigen Zufallen abhängen-, indessen glaube
ich , dass ihr eine Reise nach Italien noch
von manchem Nutzen seyn könne, ob sie
gleich schon eine grosse Sängerin ist. —
In der ersten Abtheilung spielte Hr. Arnold
«in Violoncellkonzert von seiner Komposi-
tion, von dem ich nichts sagen kann, wenn
ich nicht wiederholen will, was ich schon
mehrere mal von diesem geschickten Künst-
ler gesagt habe. Zum Schluss spielte Hr.
IL Hofmann ein Klarinetlkonzert, und be-
zauberte die Zuhörer durch seinen unaus-
sprechlich schönen Ton. Wäre es ihm
möglich, »einem Vortrag, unbeschadet des
bezaubernden Tons, etwas mehr Geist und
Leben zu geben, , dann, behaupte ich, könn-
te er der erste Klarinettist in der Welt wer-
den. Zum Anfang der ersten Ablheilung
wurde das erste Allegro und die Menuett
der gewaltigen Sinfonie aus C dar von Mo-
zart, und zum Anfang der aweyten Abthei-
lung das erste Allegro einer grossen Sinfo-
nie aus D dur, auch von Mozart, gegeben,
und zwar mit hinreissender Kraft und Ge-
walt. Der Mensch , ' der sich von solchen
Stücken, und so gegeben, nicht ergriffen
fühlt , ist wahrlich zu bedauern.
Es heisst, dass nächstens Mozart* Re-
quiem in der hiesigen Domkirche, zur
Todesfeyer des seel. ßernards in Offen-
bach, mit allem Pomp gegeben werden
soll.
Berlin, d. i8ten May. Den 8ten May,
am jährlichen Busstag, an dem das Theater
geschlossen ist, gab der Kapellmeister We-
ber ein Concert-Spirituel im Nationallhea-
ter. Glucks. Ouvertüre zur Alceste nachte
die Einleitung zum Mozartseben Requiem.
Den zweyten Theil füllten eine Choralvesper
vom Abt Vogler mit Instrumentalbegleitung
und Händeis Hallelujah. Die Sänger trod
Sängerinnen , und das durch mehrere aus
der Kapelle verstärkte Orchester des Natio-
naltheaters befriedigten auch die gespannte-
sten Erwartungen. Demselbigen fleissigea
und für seine Kunst tbätigen Kapellmeister
Weber verdanken wir auch die trefflich©
Musik zn KoUebue's neuestem Trauerspiel:
Heinrich Reusa von Plauen oder die Bela-
gerung von Marienburg.
üebermorgen wird zum Benefiz für Md.
Schick Glucks Armida mit giöaster Pracht
gegeben.
L»< Fll«| IST. B
uttiori 11a aXarafc.
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A L LG £ M ß I N £
MUSIKALISCHE ZEITUNG.
! Den ia ,eD Juny.
N=. 37.
1805.
R z c 1 ■ t x o ».
Altschottisehe Balladm und £f*tjvr m/t Ä7tf-
vierbeglthung nach dtn cittchotthchen Mtlo-
dittn aiugtstm 9on Joseph Bafdn , mit
dtuuchtr Nachbildung von J. W. (auf dem
zweyten Hefte heiaat ei von G. A.)
Wagntr. Zwey Hefte. Leipzig, bey
Breitkopf und Härtel. ( Bejde Hefte
1 Tbaler.)
Eine interessante Erscheinung, auf welche
ich nicht nur Musiker, die hier mehr zu
«tudiren finden, ah es auf den' «raten An-
blick scheint, sondern jeden, der steh an
den, »eit. Herder, .auch in Deutschland be-
rühmten Resten der britltschrn Volkspoesie
ergolseu'üud ihren wahreb Werth anschla-
gen kann , aufmerksam inachen mochte.
Brittisch — sag' ich, denn schottisch
sind sie nicht sämmllich, auch findet man
bey genauerer Ansicht, dass sie nicht alle
alt sind. Sie sind aus der grossen und
•ehr theuern Londoner Sammlung gewählt,
und die dort von Haydo su den Volksme-
lodieen gesetzte harmonische Begleitung ei-
ner VioKn uud eines bezifferten Basses, ist
hier, sehr zweckmässig, in eine Klarier-
ttimme zusammengesetzt.
Die hier gelieferten Gedichte sind -sämmt-
• lieh nicht ohne? Ifferth, und mehrere, be-
sonders im ersten Hefte, dürfen vortrefflich
( genannt werden. Die äusserst treue Nach-
bildung ist stelleoweia cum Bewundern ge-
lu ngen, un d zeigt unverkennbar einen Mann,
7. Jaarx.
der bey der Sprachen mächtig und dem kei-
neswegs fremd ist, worauf es hier zunächst
ankam. Es ist alles wiedergegeben worden;
jeder ganze, halbe und Doppelreim, nicht
selten selbst der Klang der Vokalen u. dgl. ;
kurz alles, bis — auf den schönen, einfachen,
milden« ungekünstelten Fluss der Rede, um
welchen man aber, besonders wenn man die
Lieder singt, freylich manches von jenem,
der Sprache zuweilen sehr aufgezwungenen«
missen möchte. Doch bleibt auch,' was,
und wie es gegeben worden, immer schätz-
bar.
Von den. Melodieen ist, ausser der un-
verkennbaren , meistens geistreichen, zuwei-
len sehr seilsamen, in jedem einzelnen alten ■
Stuck aber für sich stehenden Originalität,' '
vornehmlich das innige Verfliessen derselben
mit der Poesie xu rühmen. ' So etwas wird
nie, oder höchstens in sehr seltenen, äus-
serst glücklichen Momenten von einem Kom-
ponisten getroffen, wenn er nicht zugleich
Dichter seines Werks ist, wie es jetoe Sän-
ger und die Sänger der alten Welt waren*
Aber ausserdem wird dem Unterrichteten
bey genauer Betrachtung dieser Melodieen
vieles merkwürdig werden. Ich will nur
einiges kurz anfuhren. Bey weitem die mei-
sten dieser Melodieen, und besonders die
meisten von denen, die für die ältesten an-
zuerkennen sind, sind nicht in Moll, son-
dern in Dur — wie, ausser den deutschen,
so viel ich weiss, keine. Sie sind ferner -
ohne alte Beziehung auf irgend ein Instru-
ment empfangen und geboren , und unter-
scheiden sich dadurch wieder von den deut-
57
»
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587
1805. Juny.
588
«eben, deren Beziehung — grossentheils
auf Begleitung von Waldhörnern, so wie
die der italienischen und spanischen • auf
Begleitung von Zitier, von Manuoline ete.
unverkennbar ist. Sodann : sie sind Ur-
sprünglich ganz ohne Beziehung auf eine
regelmässige Harmonie gebildet, obschon sie
den Haupt - und Grundlos halten , und ,
wenn sie einen Haupteinschnitt haben, die-
sen gewöhnlich in die Dominante, oder auch
wieder in jenen, machen — wodurch sie
sich ebenfalls von allen bekannt gewordenen
Nationalgesängen anderer, nicht wilder Na-
tionen unterscheiden, die zwar nicht sämmt-
lich mit Bewustseyn einer solchen Harmo-
nie erfunden sind, aber doch so, dass man
das dafür empfängliche Ohr, oder den dazu
gestimmten Sinn entdeckt, weshalb es auch
naht so schwer ist, eine regelmässige Be-
gleitung für sie zu finden, wie es hier ge-
wesen. ' Ferner: was von Beziehung auf
Harmonie gesagt worden, gilt fast ganz
auch von Beziehung auf Takt. Wiewol die
Lieder in diesem Betracht beym Aufzeichnen
nicht wenig gelitten haben mögen: so zeigt
sich doch, bey' aller Bestimmtheit der
Rhythmen und trotz, der hinzugesetzten
regelmässigen Takteintheilungen , hin und
wieder eine gänzliche Taktlosigkeit, beson-
ders bey mebrern der ältesten in der Origi-
nal-Sammlung, die hier nicht aufgenommen
sind. Bey einem kriegerischen Volke
ist auch dies bemerkenswert!», da es sonst
nur den müssigen Hirten und andern still-
sitzenden oder achtlos hinschlendernden Sän-
gern südlicher Nationen eigen ist. Doch
ich höre auf, dergleichen Dinge herzuzäh-
len, die eine eigene Ausführung finden wer-
den, und mache nur noch den Kunstver-
ständigen auf gewisse Ton -Fälle, und auf
gewisse Verzierungen aufmerksam; von
den letztern mag zwar manche hier stehende
nicht alt und nicht ächt seyn, andere aber
unterscheiden sich von diesen sogleich, und
diese meyn' ich.
Indem ich nun zu tagen habe, waa von
der hinzugekommenen harmonischen Beglei-
tung zu halten, thät es vielleicht Noth, zu-
vor eine Depi ekatiuu einzulegen - — der
Schwachen, nicht der Kenner, auch nicht
des grossen, verdienstvollen, verehrten Grei-
ses wegen, von dem diese Arbeit herrührt.
Dies GesUndnias sey aber anstatt der De-
prekation; es versteht sich übrigens von
selbst, dass, was ich oben gesagt habe uud
hier sage, nicht länger gellen soll, bis ein
Anderer etwas Besseres darüber vorbringt
und erweiset. Der Gedanke nämlich, jene
Melodieen auf unare Haimonie zu beziehen,
ist schon an sich nicht der glücklichste :
sie, die ursprünglich im Unisono gesungen
wurden, und höchstens in den Sthlussfälle n,
oder wo der Umfang. mancher St rome nicht
hinreichte) eine Nebenstimme erhielten — «
sie hätten auch so aufgezeichnet werden und
bleiben müssen. Nun wäte zwar nichts
durch diese Zusätze verloren , denn man
dürlte sie ja nur wegdenken: aber es ist
sehr zu besorgen, dass, wer eine regellose
Melodie mit der. Absicht, sie regelmässig zu
begleiten, auffängt und niederschreibt, daran
auch, und wär' es seiner selbst ganz mibe-
wusst, modele und sie uns uud unsrer Mu-
sik zubeuge. Sollte nun aber einmal eine
harmonische Begleitung dazu gesetzt wer-
den, so hätte sie wol die kunstloseste und
einfachste von der Well seyn müssen; viel-
leicht wäre sie nicht einmal zweystimmig
fortzuführen, sondern nur auf Akkorde zu
reduciren gewesen, unbesorgt, ob diese nach
unserm System einander so folgen dürften.
Sollte es nun aber auch dabey nicht blei-
ben, sondern durchaua in der Harmonie et-
was unsern Zeiten sich nähernde und
zugleich auch kunstgerechte gegeben wer-
den, so wäre doch vor allem, meiner Ein-
aicht nach, das Figurirte and Kunst-
gelehrte gänzlich zu vermeiden gewesen.
Was Haydn gegeben, ist wahrhaft hewun-
dernawerth, denn er hat Schwierigkeiten,
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589
und so
1805. Juny.
590
besiegt, als es Niemand I schaulich zu machen; aet2e ich nur Eine
rhle, wer nicht ein eben ao gründli-
cher und sugleich eben so gewandter
Harmouiker war, als er: aber die Lieder
aind dadurch ihrer Gattung enthoben, sind
«ich selbst entfremdet wurden. Um das an-
stelle her, aus dem schön gedichteten und
schön komponirten Liede : Margretens
Geist, (ister Heft, S. 6.) das eins der
regelmässigen ist und darum auch dem we-
niger Geübten das Unheil erleichtert.
« 9? . . . « — v
m
t 1 8
* -- »-^»> — t, — f
Win - t r - g'wulJt
1
ftim cte.
1 -ISuf ^
J h wiederhofe : soilteu nun einmal die-
se Lieder nach unsrer Weise begleitet wer-
den, so war es mit einer Begleitung genug,
wie ich sie hier von derselben Stelle ver-
suchen will, wobey ich aber sehr gern zu-
gebe, dass, wenn Haydn sie in dieser
Weise hätte gehen wollen , sie besser aus«
gefallen seyn würde. Doch, damit die Le-
ser wenigstens etwas Ganses gleich vor
Augen haben , schreibe ich lieber die Be-
gleitung jenes ganzen Liedes nach
Vorschlage um !
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59L
i8oa. Juny.
59«
W«i nun hier gesagt' worden, glaubte
rnan der Sache selbst und der Kunst schul-
dig su seyn. Haydus Arbeit bleibt immer
achtuog» - und echätaenawerlh , so wie die
Veranstaltung der Verlagshandlung , ohne
welche schwerlich etwas von diesem wah-
ren Schals nach Deutschland gekommen wä-
re, Dank verdienet — den auch ich hiermit
von Herzen bezeigt haben will. Wer Sinn
für die Hauptsache hat, halte sich an die
Melodieen, die möglichst unverändert geblie-
ben sind; wer sich durch eine hinzukom-
mende 'fremde, aber wahrlich bedeutende
Subjektivität nicht irre machen Htsst , wird
auch in dieser viel Anziehendes finden; und
Wem endlich eine einfachere Begleitung no-
thig dünkt und er ist der Mann dazu, der
aetze sie sich aus, und er wird, wenn sie
gut werden soll, vielen Stoff zum Nach-
denken und cur lehrreichen und angeneh-
men Urbung in seiner Kunst finden. Das»
aber jeder, den dieser ganze,* gewiss nicht
unwichtige Gegenstand nur überhaupt in-
teressiren und der nicht Guineen dafür aus-
geben kann , sich die kleine Sammlung er-
schaffen werde, ist wol vorauszusehen, und
braucht nicht erst gewünscht zu Werden.
; Brauest
i - '<
i
N A- G H m 1 C ■ T E H.
Wien» den i5ten May» Unter unsere
.musikalische« Neuigkeiten nimmt ein Re-
quiem sür Todesfeyer 1 des Kaisera Leo-
pold II. den vorzüglichsten Platz ein. Es
• ist von dem Vice- Hof kapellmeister Eybler,
und wurde am Sterbetage des Kaisers in
der HoIkapeJlc ganz vortrefflich aufgeführt.
Diese Komposition sengt von' Feuer und Es-
-fiodoogskraft und ist in dem ernsten un^l
erhabenen Stile geschrieben , welcher aur
düsteren Feyer eines solchen Festes passt.
In d«.r ganzen Arbeij .( erster SsU aus C
moll) sind die Singstimmen so wol als die
begleitenden Instrumente schön sum Total-
effekte verwendet, und jene blos brillan-
ten Stellen und Fassagen vermieden,
die in der Kirchenmusik nie an ihrem
Platze sind. Besonders gelungen ist eine
kraftige, schön durchgeführte Fuge aus G
moll, und das Agnus Dei mit gedämpften
Violinen; das Dies irae, wenn gleich sehr
schön gearbeitet, steht doch hinter dem
schauerlich erhabenen Mozartschen zurück.
Auch das Beoedictus ist von vieler Wir-
kung, nur hat die Idee eine auffallende
Aehnlichkeit mit der Gluckschen Ouvertüre
su Iphigenie en Tauride. Das ganze Re-
quiem steht gewiss" auf einer hohen Stufe
der Kirchenmusik und bestätigt Hrn. Ey-
hrers Talente in diesem Fache auf eine glan-
sende Art.
Ein Konzert welches . Mad. Brizzi im
Redoutensaale gab, war leer, und nicht von
grosser Bedeutung. Sie spielte ein Doppel-
konzerl von Hummel aus G dur für ein
Pianoforte und eine Violin, und wurde von
Hrn. Wranitzky, in Diensten des Fürsten
von Lobkowitz, aeconipagnirt. Mau war
weder mit der Komposition, noch mit der
Ausführung zufrieden. Das Konzert selbst
hat wol manche gefallige Stellen, aber auch
viele Reminiszenzen, besonders aus Mozart-
schen Werken, und gar nichts, wodurch
sich der eigene schöpferische Geist des Kom-
ponisten beurkundete. So besteht ,das Anp
dante (C dur) aus ganz gewöhnlichen Va-
riationen, welche auf die verschiedenen In->
strumente verlheilt sind ; auch die Violin ist
für das Ganze zu wenig benutst. Auf dem
Anschlagzettel war eine Phantasie j( ImprAvi*-
sata) angekündigt, und diese wurde wenig-
stens auf eine neue Art ausgeführt." M«dV
firissi fing nämlich aus D moll «u präludi«
rep an, ging dann su dem, Zingareliischen
Thema: Ombra adorata, über, und spielte
einige gestochene Variationen von. Nc.umaim|j
. - . — ......)
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593
lSoy. Juny.
darauf kam sie mit einem Uebergange zu
einem Marsche aus Aline , wo ebenfalls
wieder einige gustoebene Variationen von
Neumann zum Vorschein kamen, und end-
lich — fiel eine von der Violin und dem
Violoncell accoropagoirle Polonoise von
Bimmel ein, womit sich denn diese sonder*
bare Phantasie tum £rstaunen aller Zu-
schauer schloss.
Viel interessanter war das häufig besuch»
te Konzert des jungen Violinspielers May-
seder im Jahnischen Saale, Er spielte das
schöne Fränzelsche Konzert, welches in D
moll anfängt und in A moll endet, mit
Leichtigkeit, Freiheit, Reinheit und Präzi-
sion. Besonders richtig und genau der
Komposition angemessen ist , jedesmal , seine
Bogenhezeichnung; überhaupt verspricht sein
ganzes Spiel in der Folge einen vollendeten
Virtuosen.
Mdlle. Saal, die erste Sängerin nnsrer
deutschen Oper, wurde vor kurzem durch
eine Heyrath vom Theater eutfernt. Pau-
line, in Weigl« Uniform, war ihre letzte
Rolle. Bey ihrem ersten Erscheinen war
ihre Stimme, wenn gleich nicht sehr atark
oder von einem ausgezeichneten Umfange,
doch rein, biegsam und ausdrucksvoll, und
die Eva in Haydns unsterblicher Schöpfung
wird schwerlich noch einmal mit dieser In-
nigkeit> Zartheit und heiligen Unbefangen-
heit vorgetragen werden, womit sie Mdlle.
Saal sang. Gegen das Ende ihrer kurzen
theatralischen Laufbahn hatte diese Sängerin
Sowol an dem Gehalte, als am Umfange
Ihrer Stimme wesentlich verloren , dafür
aber ein etwas leichteres und freyeree Spiel
gewonnen. • • ' '* '
Audh Mad. ' Tomeonjl die erste Sängerin
der iielieniacheji Optra bnßa, betrat Vor ei-
eigen. Tagen, zum 4et*Aenmale die .Bühne,
von welcher sie, wie man sagt, eine bs-
Lcäohfuche Erbschaft nbrie/. Sie, war durch
594
viele Jahre ein- Liebling des Publikums ge*
wesen, und verdankte diesen Beyfall gros-
sentbeils ihrer reizenden Gestalt und ihrem
feurigen, äusserst lebhaften Spiele, welches
auch wol zuweilen die Schranken des Au-
slandes hart streifte. Sonst war ihre Stim-
me zwar in den Zeiten ihrer Blüthe äus-
serst hell, stark und rein, aber nicht von
beträchtlichem Umfange; anch sang und in-
louirte sie nicht immer richtig. Das Stück,
in welchem sie zum letzlenmale auftrat t
II Segreto, mit Musik von Mayr, spielt
ganz lustig fort, ist aber sonst von keinem
Werthe. Ein Edelmann,, welcher einen
unglücklichen Freund in ein geheimes Zim-
mer verborgen bat, reizt dadurch die Eifer-
sucht seiner Frau und die Neugierde seines
dummen Dieners, wodurch denu mehrere
komische Situationen entstehen. Von dev
Musik verdient höchstens ein Duett zwi-
schen »der Frau und der Geliebten des Verbor-
genen ausgezeichnet zu. werden. Mad. To-
ra eoni spielte- die Eifersüchtige vortrefflich,
und Hr. Brochi den Bedienten mit Leben
und komischer Kraft,
Berlin, den a8sten May. Am ?9sten
veranstaltete der Herr Kammermasikut
Schick zu Gunsten des Ihnen schon öftere
genannten Herrn Masloski aus Pose» ein
Konzert im Theatersaal. Hr» Masloski spiel»
te Choräle' auf seinem netterfundenen luelrup
ment Ctftison, und zeigte abermals, dass »ei-
ne Erfindung sehön- , aber das Instrument
noch einer Vervollkommnung fähig sey.
Hr. Kapelim. Himmel spielte, begleitet von
ihn Hrn. Mtiser und Kreuts, ein von ihm
geseiltes Trio für das Fertepiano, so wie
Hr. Seidler ein Violinkonzert von Rode,
Hr. und Mad. Eunike, und Hr. Gern san-
gen »ehr gut.
Am 3 ©sie» wurde ZQm Benefiz für AUd.
Schick ziMAi.eitftennjsJ und seitdem noch
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593 /l8o 5.
dreymal bey überrollem Hause gegeben :
Armida, einb grosse heroische Oper iu 5
Aalen , aui dem Französischen de» Qui-
naull übersetzt von J. von Voss, kompouirt
vom Ritter Gluck. Eine Beurtheilung die-
ses langst bekannten Meislerwerks Gluckt,
das ihm den Beyuamen des musikalischen
Sbakspeare erwarb, erwarten Sie nicht} das
herrliche Werk ist unvergleichlich — im
Ganzen, vornehmlich durch den grossen,
überall -festgehaltenen Charakter, im Einzel-
nen, durch die meisterhafte Darstellung der
Ausbrüche der verschiedenartigsten Aflekten.
Durch jenen imponirt, durch diese spannet
und reizt es sogar auch den für Musik
gar nicht gebildeten, oder überhaupt aehr
gleichgültigen Zuhörer; und dass der gebil-
dete , und nun besonders auch der für Ton*
kuust gebildete, der fragen kann, warum
das? und der imn, wie bey Gluck in seinen
lezten Arbeiten immer, das Darum im Wer-
ke selbst auffindet — dass dieser hier einen
Reichthum an Genuss, wie an Belehrung
finde, ist bekannt. — Die Ausführung war
von Seiten des Orchesters über Erwartung,
wenn man daran dachte, dass dieao ^Gesell-
schaft Musiker so oft Donauweibcheu und
Sternen köni ginnen auezuführen hat. Der
Hr. Kapell m. -Weber verdient ausgezeichne-
ten Dank des Publikum» für seine unver-
drossenen Bemühungen, uns diesen seltnen
Genuss auch, so viel nur möglich, durch
Mangel ungestört zu gewahren. Ohne Med.
Schick hatte abe* diese Armida gar nicht
gegeben werden können. Denn nicht bloss
Gesangfertigkeit und schwierige musikalische
Deklamation , sondern in beyden grosser
Charakter, dabey ausgearbeitetes Spiel, enüV
lieh selbst eine ungemeine körperliche Fe-
stigkeit und Kraft , aind unentbehrlich zur
Darstellung dieser achtfranzösischen Heldin.
Hr. Eunike, als Rinald, nahm durch schö-
nen, reinen, gefühlvollen Gesang Jedermann
ein. Nur die Furie des Hasses müsate ein
kräftigeres Organ haben, um ihre Partie im
Juny.
596
vierten Akt würdiger und ausdrucksvoller
zu geben ; vielleicht verhinderte Jugend und
wenige Uebung die Dem. Engel, jenen For-
derungen zu genügeu, und sie wird in ih-
rer neuen Laufbahn in Weimar Gelegen-
heit haben, steh eben so schön auszubilden,
wie Dem. Maass, die als Dämon Lucinde
allgemein gefiel. Auch Hrn. Franz , als
Hidraot, wäre mehr Gefühl zu wünschen ;
dann würde z. B. die schöne Stelle im Duett
des ersten Akts : „ Glucksel'gcs Loos , in.
reiner Harmonie dem Erwählten sich ver-
trauen" gewiss nicht mehr, wie bisher, her-
ausgepollert werden. Die schönen zur
Handlung gehörigen Ballets von Furien,
vom Volk zu Damas, von Schäfern und
Schäferinnen, N »jaden etc. machen ihrem
Erfinder, dem KönigL Ballctmeister JLauche-
ry, viel Ehre.
Heute tritt Mad. Unzelmann unter ihrem
neuen Namen, ab Mad. ßethtnann, zuerst
in Schilters Braut von Messina auf, wozu,
wie ich Ihnen schon vor ein Paar Jahren
meldete, Weber eine kraft- und gefühlvolle
Aufforderung
cn muiikalischt R*cht$gtlthrtt>
Sohon oft und lange sind zwischen dem
Kantor und Organisleu eines 0»'ts (die über-
haupt selten gute Freunde sind und bleiben}
Streitigkeiten über die Frage entstanden: ob
der Organist gehalten sey, ein ihm vorge-
legtes Stück auf der Orgel ex tempore zu
tranaporiirea , d. h. jede dastehende Note
mit ihrem begleitenden Akkorde nicht as>
wie geschrieben- steht, sondern, wenn, wie
gewöhnlich, die Orgel im Chorton steht,
um eiuen ganzen Ton tiefer tu spielen, und
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597
1805. Juny.
598
also z. B. ein Stack an« Et, in De«, ein
Stück aus As, in Ges zu spielen — oder
ob vielmehr der Kantor gehalten tey, dem
Organisten seine Orgelstimme mit denjeni-
gen Noten zu übergeben, welche den zu
spielenden Tönen gehören» Das« jenes ge-
genannte Transponiren von Seiten de« Or-
ganisten viel Uebung und grosse Aufmerk-
samkeit voraussetzt, besonders, wenn die
Schlüssel abwechseln, und dass der Kantor,
wenn er ein böse« Herz hat, dadurch Ge-
legenheit finden kann, den Organisten zu
chikaniren, i»t bekannt.
' Einsender die«e», der an einer treulichen
Von liäoel erbauelen und im Kammer-
tone stehenden Orgel als Organist «ich be-
findet, bat nun bereits zehn Jahre lang auf
folgende eigene Weise zu transponiren be-
kommen: er hat seine Stimme, welche für
diejenigen^Orte, wo die Orgel im Chortone
steht, schriftlich um einen ganzen Ton
tiefer transponirt worden war, auf sei-
ner Orgel sogleich vom Blatte weg wieder
in den vorigen Ton zu rück transponiren
müssen. Er bereuet es nicht, sich hierin
einige Fertigkeit erworben zu haben, die,
so hoshaft auch die Veranlassung hierzu
war, doch so nützlich für ihn gewesen ist.
Er fragt aber doch, nicht sowol um sein
selbst, als um Anderer willen an, ob ein
solche« Transponiren fnr den Organisten ein
Befugnis« ist, oder bloss eine Gefälligkeit
von seiner Seite bleibt? Er will sein auf
Gründen beruhendes Urtheil einstweilen zu-
rückhalten, um erst die Stimme Anderer
au hören, und hoffentlich wird gegenwarti-
ge musikalische Zeitung, um diese Disso-
nanz aufzulösen und Ruhe zu stiften, gern
Antworten Uber diesen Streitpunkt auf-
Ea scheint der Redakjjon «Ja werde die»
Aufiagc weitlauftigei Antworten nicht
bedürfen, da die Sache sehr klar ist Ge-
fordert kann von einem Organisten nur
werden , das« er da« richtig und gut vortra-
ge, was ihm vorgelegt wtrd, und wie e»
ihm vorgelegt wird. Steht nun aber die
Orgel im Chorton, und der Kantor ist zu
bequem , die Stimme tiefer zu transponiren :
so folgt von selbst, dass es eine Gefällig-
keit des Organisten ist, wenn er sie' Irans-
v ponirt vorträgt. Eine Gefälligkeit darf ich
aber von dem Andern nicht fordern, son-
dern sie ihm, «o wie auch die Geschicklich-
keit, sie auszuführen — nur zutrauen
und erbitten. Das würde nun auch der
Fall mit dem oben angegebeneu rückwärts-
transponiren seyn. Da dies aber, weil die
meisten Orgeln im Chorton stehen , nur
sehr selten vorkommen kann , ( wenn nicht
jener wunderliche, vom Verfasser berührte;
Umstand eintritt,) und mithin auch der,
übrigens vielleicht sehr geschikte Organist
hierauf nicht eingeübt ist: «o ist es um so
uo bescheidner, zudringlicher und anmessen-
der, diese Tranaposition ihm zuzumutheil.
Der Fall, wie er oben vorgelegt worden»
scheint jedoch offenbar eine gehässige Ab-
sicht za veirathen; und dass man gehässig«
Absichten nicht haben, _und damit .Niemand
(vollends gar eiuen Kollegen, dem mau die
Hände bieten sollte, und dem man so eben
eine Gefälligkeit zumulhet) necken soll-
te: des verstehet sich von selbst; gescbiehet
es dennoch, .so entscheidet es gegen den
Charakter, und gehört nicht vor ein mu-
sikalische« Forma* —
An* x D o t
Madam — — » unsere mit Recht alTgc
geschätzte Sängerin, warne neulich i
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59*
1805. . Juny.
600
•loa unsrer reichsten Häuser geladen. (Ich
nenne Niemand, da ich hoffen darf, ohne
Namen meinen Zweck zu erlangen* eonst
W erd' ich die Namen nachholen). Sie wusste
nicht, wie sie an der Auszeichnung kam,
fuhr aber hin. Man empHng sie zuvorkom-
mend, die Gesellschaft schien auserlesen.
E. that der > Leid, eben so aehr hei-
aer tu seyn, daaa aie kaum reden, aingen
gar nicht konnte: denn aie aahe voraus , man.
werde aie zu dieaem auffordern. Dies ge-
achahe, aie entachuldigte sich, und um zu
beweisen, sie könne wirklich nicht singen,
versuchte sie den ersten Vera eiue« kleinen
Liedchens. Die Gesellschaft war überzeugt,
»ber die Tochter des Hauaea nicht — eine
der jungen Demoiaellen, die sich, im Ver-
trauen auf das Geld des Herrn Papa, an-
masste Kunstrichterin, Dichterin, Koraponi-
alin und Virluosin zu seyn, weil sie nichts
weiter, als dahin einschlagende Dinge trieb
was denn die jungen Herren, die sie um-
flatterten, und die altern, die des Herrn
Papa»s kostbare Weine austranken, göttlich
fanden. Die Dcrooiselle trat also zur guten
t . Ah , eine kleine Suite Liederchen,
die ich selbst gedichtet und komponirt habe,
werden Sie schon singen! ( Man sprach
französisch - welche Wuth ja jetzt fast
Überall in Deutschland wieder epidemisch
wird). Mit Freuden wiird» ichs! aber 8ie
.eben, wie roir's ganz unmöglich ist. —
Ab es wird schon gehen — Mein Gott,
Si, quälen mich! Trauen Sie mir doch zu
iÄgle die geangstete Frau mit der herz-
igsten Vorbitte. So ging es noch eine
Weile herüber und hinüber: aber was stört
aolch ein eitles Ding! — Nun, sehen Sie,
nur hier diese meine Lieder! Ich werde
Ihnen accompagniren. — Wenns seyn
muss, sagte endlich die — — , freylich ein
wenig pikirt : singen kann ich sie nicht,
so werd* ich sie pfeifen! (sifflerai — be-
kanntlich auch auspfeifen). Einige lachten
verstohlen; gepfiffen wollte die Demoiselle
nicht seyn: man tiess also die arme — —
in Ruhe. Aber wie entstellte man durch
Uebertreibungen und Zusätze in den vor-
nehmen Klatschzirkeln jenes, ihr mit Ge-
walt abgepresste Wortl Alle «gute Häu-
ser" hielten sich für beleidigt. Als die — —
wieder auftrat, schön spielte, ganz vortreff-
lich sang, handhabten die jungen Herren
das r*austrecht, und pochten und zischten
überlaut, wenn ihr jemand Beyfall bezeigen
wollte. Alle Arten öffentlicher Den ülbi-
gung wurden ersonnen, uud die „feine
Welt" schien sich daran zu erlualigen.
Freylich verloren wir dadurch in kurzem
diese Perle unsers Theaters, und müssen
nicht — wir und alle, die uns in diesem
Betracht gleichen, alles Gute verlieren und,
wie planmäasig, unsre Theater itntnt-r mehr
herunterbringen, wenn wir Verständigem «0
saumselig, oder so blaff ig , oder au lurcht-
sam sind, deu , jeunes geus* (man
weiss, das« unter sie nicht alle junge
Leute gehören) die eutscheidende Summe
wieder zu enlieisaeu, und die ungezogenen
oder offenbar bestochenen im Nothfall aus
dem Theater hinauszuwerfen? Tbeils um
dieser Frage willen, tbeils auch, lim der
braven Frau ihr Recht zu schaffen, indem
einige der hiesigen Häuser durch ihre Ver-
bindungen aie auch anderwärts verfolgen —
hat/ ich das Geschichtchen erzählt.
i .
Lairar», » et »aa iJt«« » ✓ » » 0 a Xa f as,
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A L LG E M EI N E
MUSIKALISCHE ZEITUNG.
Den I9 !en Juny.
N2. Oö.
1805.
Berichtigung irrigtr Begrifft vom Musik-
VnUrricht.
De günstige Aufnahme, welche musikali-
sche Geschicklichkeiten weit und breit fin-
den, und achun das häusliche Vergnügen,
welches sie gewähren, bewegt viele Aeliern,
ihre Kiuder Mu>ik lernen zu lassen. Scha-
de nur, dass es ihnen, wie in der Erzie-
huugsangelegeuheit überhaupt, so insbeson-
dere in Ansehung der musikalischen Unter-
weisung so häufig an richtigen Einsichten
und an Maximen der Beurlheilung fehlt,
und sie daher so oft bry dem besten Wil-
len ihren Zweck verfehlen. Sic sind nicht
selten in der Wahl des Lehrers unglück-
lich. Entweder beurtheilen sie seinen
Werth falsch, und sehen zu wenig auf die
wesentlichsten Erfordernisse zur guten Un-
terweisung, nehmen daher Lehrer an, de-
nen die Lehrgabe und eine fruchtbare Me-
thode mangelt, oder sie binden auch dem
geschickten Lehrer so die Münde , dass er
seinen überlegten Plan nicht ausführen, und
seine besten Anweisungen in ihrem Port-
gange vereitelt sehen muss. Es ist bekannt,
dass der berühmte Virtuos nirht gerade im-
mer der beste Lehrer, zumal für Anfänger
ist; dass er oft gar nirht die Gabe besitzt,
sich zur Fassungskraft und eingeschränkten
Ansicht der Kleinen herabzulassen , dass
ihm oft die Geduld maugelt, sich mit den
Anfangsgründen der Musik und bey den
langsamen Fortschritten der Schüler laug
aufzuhalten, ja dass ihm oft bey der herr-
lichsten Praxis alle Theorie der Kuust, alle
7. Jahr«.
pädagogische Und psychologische Kenntnis*
fehlt. Was hilft es, sich mit dem Namen
eines berühmten Lehrers zu schmeicheln,
wenn dieser mit seiner grossen Virtuosität
doch den Lehrling nicht auf den Weg su
ähnlicher Kunstfertigkeit briugen konnte,
dies theils siebt verstand, tbeils sich darum
auch wirklich keine Muhe gab! Wenn sie
nun vollends einen Musiklehrer bloa des-
wegen Andern vorziehen, weil er in An-
sehung der einzelnen Slundeu wohlfeiler ist,
oder mit pünktlicher Ordnung vom Glocken-,
schlage bis zum Glockenschlage sich mit
dem Scholaren beschäftigt, zu keinen Ver-
säumnissen Anlass giebt, den musikalischen
Zögling mit seltener Ruhe und Gleichmü-
thigkeU behandelt und nie etwa durch ern-
ste Eriunerungen und Verweise böse macht;
wenn sie dabey nicht erwägen, ob nicht
vielleicht ein ungleich theueier Lehrer mit
seinem kostbaren Unterricht in kürzerer
Zeit weit mehr vor sich bringe, und bey
allen seinen etwannigen Versäumnissen dem
Ziele schneller nahe komme, bey allem sei.
nen Ernst und manchraaligero Streit mit
dem leichtsinnigen oder mutbwilligen Scho-
laren, doch ihm merklicher nütze, als der
kaltblütigste, sanftmüthigste Musikmeister,
welcher zur .Unzeit Nachsicht beweiset;
kurz, wenn sie den Musikunterricht mehr
nach dem äussern Schein von Wohlfeilheit
und Angemessenheit, als nath seiner innern
Güte und Zweckmässigkeit schätzen j wie
sehr verrechnen sie sich dann! Viele oder
lange Stundeu zu nehmen, entscheidet nicht
über die Fortschritte. In wenig Wochen
leistet der vernünftige Mann mehr, lest ein
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6o3
<
1805. Juny.
604
dauerhafteres Fundament bey «einem Schu-
lt r, als ein anderer, der die Anlagen nicht
su entwickeln und auszubilden versteht, in
Jahren, und am Ende ist der dem Anschein
nach kusthare Unterricht, welcher den kür-
zesten Weg einschlug, und obwul langsa-
me, doch sichere Fortschritte bewirkte, un-
gleich wohlfeiler in Absiebt auf Zeit und
Geld gewesen , als die dem Stundenmass
nach wohlfeile Unterweisung, bey welcher
der Zögling zwar fleissig tu seyn schien,
aber nicht vom Flecke kam, oder nachher
Seitlehens Luckru und Mangel in den Ele-
menten der Musik gewahr werden musste.
Oft dankt man einen Leh;er ab, blos weil
er nicht pünktlich kam oder einige Stunden
versäumte, so glü< klich er übrigens mit sei-
nem Unterricht bey dem Scholaren war,
und so gut er einsah, dass das Mass der
Stunden hier nichts entscheiden konnte. So
wird nun der Zögling sich selbst überlassen,
oder einem andern Lehrer übergeben, der
auf dem eingeschlagenen Wege ihn viel-
leicht nicht fortzuführen weiss , und geräth
in Gefahr, mehr rückwärts als vorwärts zu
kommen. Oft aber sieht sich der beste
Lehrer durch die Forderungen, Wünsche
und Erwartungen seiner Prinzipale in Ver-
legenheit gesetst. Sie verlangen bisweilen
das Unmögliche. Der gründliche Unter-
richt geht ihnen su langsam. Der kleine
Zögling soll' doch bald ein Stück, einen mo-
dischen Tanz oder ein beliebtes Lied spie-
len und sich damit vor der Gesellschaft
produziren. Mit Verdruss hören sie, dass
er noch immer mit den Tonieitern und
man« herley Passagen in beyden Händen be-
schäftigt ist, wobey man weder tanzen noch
singen kann. Sie abuden nicht, dass dieser
dem Anschein nach langwierige Unterricht
den Musikschüler in den Elementen befe-
stigt und allmählich zu der Fertigkeit bringt,
nicht nur jene beliebten Walzer und schot-
tischen Tanze, sondern selbst Sonaten uud
Konzerte in Kurzem besser und leichter zu
spielen, als manchem Andern gelingt, der
nicht früh genug damit anlangen konnte.
So soll der denkende Lehrer nach dem eit-
len Verlangen der Prinzipale seine Maxi-
men verleugnen, uud Olicrüai Michkeil an
die Stelle der Giündlichkeit setzen. Durch
solches verkehrtes Verfahren wird die Eitel-
Leit der jungen Leute geweckt und genährt,
und es entstehen aus ihnen stümperhafte, an-
messende Dilettanten, welche, unkuudig des
achten musikalischen V01 träges, sich es
leicht mit Eigendünkel herausnehmen, mit
den schwersten Kompositionen selbst vor
Kennern sich hören zu las>en, da sie nur
damit zu glänzen glauben, und lieber et-
was Schweres uud Grosses schlecht, als et-
was Leichtes und Einfaches wenigstens er-
träglich und richtig spielen. Hieizu kommt
noch die afleklu-te .Nachahmung grosser
Meister in ihren Manieren. Sie verachten
die. blosse Richtigkeit und Accuratesse, uud
streben nach Zierlichkeit uud Energie, be-
leidigen aber nur um so mehr durch Feh-
ler im Takt, durch verworrenen Vortrag,
durch unreines Spiel , des Kenners Ohr,
welchen ihr Blendwerk nicht bestechen kann.
Manche Lehrer eilen auch, nach dem Wun-
sche der Aeltern und der Kinder, im Un-
terricht von einem zum andern, so dass
diese allerdings vielerley mit einiger Fertig,
keit wegspielen lernen, genau betrachtet
aber kein einsiges unter der Menge Musik-
stücke vollkommen richtig, vielweniger
mit Präoision, Anmulh. Kraft, Reinheit und
Schönheil vortragen. Diese Ungründlichkeit
und Eilfertigkeit verdirbt den Geschmack,
die Denkungsart und die Fähigkeit für ächte
musikalische Virtuosität; erzeugt Leichtsinn,
Eitelkeit, Eigendünkel, und Flatterhaftigkeit
in der Ausübung der Tonkunst. Der Wahn,
vieles oder wol gar Alles vom Blatte spie-
len su können, verbindet sich leicht mit
einer Anmassnng im Absprechen über die
Fähigkeiten und Talente Aodier, oder mit
dem stolzen Hange , sich her vors udi äugen.
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1805; Juny.
606
wo mancher reife Künstler, mancher geübte
Meiiter doch bescheiden «ich zurückhält.
M.
Fragmente tinet Briefe «Mi einem in Deutsch-
land reuenden Lehrer de» Gttangu.
— — Dass die Singstimme, wie irgend
ein Instrument, der Schule, und zwar recht
eigentlicher Schule bedürfe, in welcher die
Bildung der Stimme, von der Bilduug
des Vortrags (des Ausdrucks, Ge-
schmacks,) ganz gesondert ist — wird wol
Niemand leugnen; auch horten ja, ohne
sie, die Sänger auf, Künstler to «eyn, und
Würden nur Liebluber des Gesanges. Wo
finden sich nun aber Anstalten für solche
eigentliche Kunst-Schulen in Deutschland?
Was einzelne Männer in dieser Absicht f ü r
Einzelne thun, weiss ich zu schützen: aber
auf das Ganze kann das doch nicht wirken!
Was sich in einigen wenigen Anstalten
erhalten hat und jetzt gleichsam von selbst
— gut oder schlecht — langsam fortgehet,
ist mir auch nicht fremd : aber . es ist zu
besonderin Zweck verwendet, schrankt
sich auf Ein Fach der Kunst ein — ». B.
Chorgesang, Kirchenmusik — ist ebenfalls
nicht von Erfolg für's Ganze, uud kann und
soll es auch nicht seyn —
Dans in jenem Mangel eins der Grund-
end Hauptübel liege, indem man bey Er-
lernung der Ausübung von Instrumenten
sich, ein gutes Lehrbuch an der Hand, al-
lenfalls selbst helfrn kann, beym Gesänge
ohne guten mündlichen Unterricht nicht
— ist offenbar; aber ich will jetzt nicht
weiter fragen : woher kömmt's ? sondern
nur: was ist gekommen? was findet sich
eben jetzt wirklich in Deutschland? Was
halfen auch jene Fragen—! Ich halte das
Glück Eweyen der edelsten und thatigslen
Fürsten vorgestellt zu werden, die beyde
als wahre Freunde der Tonkunst langst be-
kannt sind. Die Milde des Einen hörte
mich aus; dann wurde mir erwiedcrt: Die
jetzigen Zeitläufte begünstigen alle solche
Unternehmungen zu wenig, und erschöpfen
wol den besten Willen in Sorgen für drin-
gende, erste Bedürfnisse! Die Munterkeit
des Andern unterbrach mich: Recht schön!
aber das Heranziehen dauert lang: so grei-
fen wir lieber nach dem, was schon da ist,
und nehmen allenfalls vorlieb ! — Ver-
schiedene der vornehmen Herren Direktoren,
Intendanten und Inspektoren berühmter
Operngesellschäften , Kapellen u. s. w. konn-
te ich, wenn sie ja aufmerkten, nicht wei-
ter bringen, als zu einem verschiedenartig
modifizirten Lächeln lind zu so tiefen Be-
merkungen, wie: .Das ist wol wahr, aber
es gehet nicht!" — „Das wäre wol mög-
lich, aber wer soll sich den Mund verbren-
nen?" — .Wir haben uns bisher be-
hvlfen , so wird's ja auch ferner ge-
hen!" — „Das kostete wenigstens ein'ge«
Geld, Und sonach bleibt's beym guten Wun-
sehe!« — —
Also: waa findet sich in Deutschland, im
Ganzen, in Absicht auf öffentlichen, kunst-
in äs s igen Gesang? Das findet «ich: unge-
achtet mancher löblichen Bemühungen Ein-
zelner, ist unsere Singkunst im Sinken.
Unser Vaterland brachte im verflussnen
Jahrhundert manche vorlrefliche Sangerin-
nen und Sänger hervor ; und jetzt — 1
Die Damen A. B. C, die Herren X. Y. Z.
passiren säinmllich für Sängerinnen und Sän-
ger vom ersten Range; sie sind bey den er»
sten Theatern und Kapellen mit ansehnli-
chen Gehalten angestellt, uud — was noch
mehr sagen will — sie gemessen vom Pu-
blikum, das, aus Mangel des Vollendeten,
für das ziemlich Gute wirklich noch ii
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1805. Juny.
608
tüut, was et vermag, Achtung, Lob, tliä- I
tige Ermunterung. Nun, ich habe nach I
uud nach diese Damen und Herren gehört»
bin mit Uuparlheylichkeit und mit dem auf»
richtigen Wunsche, endlich einmal wieder
etwas wahi hall Befriedigendes kennen zu
lernen , gekommen ; habe beym Würdigen
die menschliche Beschränktheit überhaupt,
und mamh« vorübergehende durch Verhält-
nisse u. dgl. immer mit in Anschlag ge-
bracht : und duch wurde meiue Erwartung
getäuscht. Einzelne sehr bedeutende Vor-
züge sind Einzelnen allerdings zuzuge-
stehen , aber ein Ganzes , wie es sich nicht
etwa nur die Phantasie träumen oder das
höhere Interesse wünschen kann , saudern
wie es menschlich realisirt werden könnte
und vormals wirklich hin und wieder reali-
sirt war, weiss ich jetzt durchaus nicht auf-
zustellen« Ich bewundere z. B. bey A,
grosse GeläuBgkcil, bey B,, bey C. auch :
aber A. ist eine treffliche Maschine, B.
ruscbelt, C. bat wenig Stimme und ver-
schnörkelt deshalb selbst das Adagio .bis zum
Unsinn. Ich erfreue mich innig der schö-
nen Stimme und Sicherheit von D., aber es
fehlt an Feuer und Charakter. Und so
weiter ! — Von dem , was man aber i m
Einzelnen jetzt am meisten vermisst, was
die Schule geben sollte, uud- auch wirklich
geben könnte, führe ich besonders Folgen-
des an - — wo ich aber allerdings Ausnah-
men bald da bald dort zugestehe. Man
hört jetzt fast gar kein wahrhaft schönes
und regelmässiges Trillo; sehr selten voll-
kommene Mordenten; sehr selten ein wah-
res, unaffektirtes, seelrnergreifendes Porta-
menlo; sehr selten, auch bey den sehr be-
rühmten Sangerinnen und Sängern, Gleich-
heit der Töue und feste Haltung der-
selben in den verschiedenen Nuanzen des
Zu- und AbnehmenS; die meisten, sobald
sie letzteres versuchen und sich nicht hinter
Schnörkel verstecken — der gewöhnliche
Behelf derer, die hier ihre Schwäche füh^
len — distoniren sogar, die Weiber und
Tenoristen ziehen gewöhnlich auf, die Bas-
sisten unter. — Sodann : alles strebt nach
Bravour — nun gut ! aber wie ist sie be-
schallen? Mad. — , die vielbelobte erste
Sängerin des berühmten — uer Hofthea-
ters, hat zwey bis drey Figuren, die sie gut
wacht, besonders in der Hohe; nun roust
ihr Mann ihr diese in seinen Kompositio-
nen anbringen, uud ist sie genölhigt Kompo-
sitionen Anderer zu singen, so muss man sie
jeneu • ähnlich umschreiben. Die berühm-
te macht gewaltiges Zeug, aber ihre
l'assagen sind so, als wenn man (wie der
Baron Bagge in Paris, seeligen Andenkens!)
mit demselben Finger auf eiuer Violinsaite
auf- und abrutscht. Der bewunderte — —
macht Rouladen, dass das liebe Publikum
sich die Hände wund klatscht, uud doch
sind sie ohne Unterschied alle ein Stoccalo,
und zwar eins, wo die Töne, statt einer
Reihe ausgesuchter Perlen zu gleichen, sich
wie die ÖpiUen einer Verpalisadirung aus-
nehmen. Der aus langem Herkommen im-
mtrforl gelobte fäugt seine Bravour-
arie Allegro assai an: so wie die Passagen
kommen, macht er sichs ungemein bequem,
lässt Moderato draus werden, und das Or-
chester muss nachgeben, sonst schreyt er,
dass es entsetzlich ist. Ich könnte den
ganzen Bogen voll schreiben von ähnlichen
Belegen, aber ich will nur noch Eins an-
fuhren. Bey mehrero der gefeyerten Da-
men und Herten fand ich die Unverschämt-
heit, dass sie, was sie nicht konnten und
nicht lernen mochten, geradehin für abge-
schmackt oder veraltet erklärten. Ein wirk-
lich berühmter Maun antwortete bey solcher
Gelegenheit in seinem säubern Konversa-
tionston: S'ischt ein' alte Kühl (Es ist ein
alter Goüt.) So? Was ihuu denn uns re
ausgezeichnetsten Instrumenlisten ? Märzen
diese auch aus, was ihnen nicht von selbst
in die Finger läuft? oder bat das Studium
einzelner Bravo urtätze ihrer Grösse, oder
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Sog
1805. Juny.
610
auch ihrem Auadrnck i ihrer Delikatesse,
geschadet? Der wahrhaft grosse Cleraenti,
der überdies schon lange nicht einmal mehr
öffentlich spielt, exercirt noch heutiges Ta-
ges, wo ihm etwas, beyra Durchspielen der
Werke Anderer, oder beyra eigenen Phan-
tasmen, schwer vorkömmt, Ciuen Gedanken,
Eine Passage u. dgl. lange — so lange, ohne
sich an Zeit zu binden, bis er sie ganz
vollkommen und leicht, ungezwungen, frey
herausbringt; so macht's auch Rode, der
hernach solches Künstliche nicht einmal öf-
fentlich . vortragen mag , sondern nur seiu
eigenes Kunstvermögen dadurch erweitern
und eben ,damit sich in den Stand setzen
will, was er dann giebt, ganz vollkommen
zu geben. Und ihr, ihr Sängerinnen uud
Singer, die ihr grossenlheils von der Sache
selbst, vom Geist und Weseu der Kunst,
gar nichts verstehet, statt dass jene Män-
ner auch darin Meister sind — ihr wollt
wegwerfen , wollt aburthelnd verschreyen,
was ihr gelerot haben solltet» aber nicht
könnt?
Ausser der Bravonr sind es nun vor-
nehmlich noch die kleinern, einschmeicheln-
den, kokeltirenden Broderieen und Ziera-
then, wonach jetzt fa»t alles jagt und geizt.
Es sey; der wäre ein Pedant, der sie nicht
gern hörte und lobte, wo sie an ihrem
Platze sind, und wenn sie wirklich voll-
kommen ausgeführt werden. Das letzte
iat aber jeder und- jedem unmöglich, der
nicht strenge Schule gemacht uud vielen
Fleiss di angewendet hat; und «ine Zierslh
— d. b. etwas an sich Ueberflüssiges —
die nicht nett und wirklich hübsch ist , ist
ja offenbar eine Albernheit, und entstellet*
An ihrem Platze, sagt* ich auch — '.
bekanntlich ist der berühmte Manhesi Er-
finder und erster Verbreiter dieser reich
verbrämten Manier. Ich kenne den wackern
Marchesi, der recht gut weiss, was zur
Sache gehört; seinem eignen Geständnis«
nach erfand er jene Manier für sich —
das heisst, die Sache geradezu mit dem
rechten Namen genannt : um die Naturfeh-
ler «einer Stimme zu decken! — — Also,
lieben Leute: ihr müsst auch diese niedli-
chen Tagsblümchen erzeugen können, aber
darüber die herrlichen Zeitlosen nicht
verabsäumen, verdrängen, wol gar verachten
wollen , und jene überall an deren Stelle
setzen ! Es ist noch kein volles Jahr , da
hörte ich den berühmten Tenoristen — — «
in — , und zwar, unter andern, auch in
einer seiner glänzendsten Rollen, als Achil-
les, in Paers bekannter Oper gleiches Na-
mens. Nur Ein Wort davon! In der ent-
scheidenden, tragischen Scene, wo Achilles
Uber Patroklus trauert, die von dem Kom-
ponisten wenigstens gross gemeynt und so
geschrieben ist, dass sie sich vom Sänger- so
bebandeln lässt— > da trillerte er und scher-
wenzle mit unaufhörlichen Cadenzen und
mit dem dünnen, oder überschrieenen Fi—
stelstimmchen bis eingestrichen D hinauf,
und fütterte . und flackerte auch auf diesem
Tone noch, wie ein Flämmchen, in da« der;
Zephyr blaset ; und nun dazu, sobald er,
dergleichen herauszutrillern und recht an**
Herz, der Zuhörer zu legen, nicht stillstand,
da« heftigste Losfahren im Schreyen der.
Stimme und in der Aktion, die übrigens,
als das Tragische parodirend, in einer so-
genannten heroisch- komischen Oper recht
gut gewesen wäre — ! — —
Meine Damen und Herren ! ertauben
Sie mir, auch Ihnen die Kautel vorzulegen,
die Jean Paul in seiner Aeslhetik den Poe-
tikern als die erste zuruft : Lieben Leute,
wollet nicht toll seynl —
NACIfAICHTEN.
Wien, den 5ten Jnny. —
unser Huflbeater
— Seihst
su alten
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6n »805.
•
französischen Opern «eine Zuflucht. So
winde vor kurzem d'Alleyraes Jlaoul von
Crequi mit einigen eiiigeleglen Stücken dea
Kapellmeisters Weber von Berlin aufge-
füllt. Daa schönste musikalische Stück dar-
in ist wol daa Quartett im zweyten Akte
aus C dur, wo der Kerkerineiater in einer
Arie seine Trinklust, die beyden Kinder in
einem andern Gesänge ihre Besorgnisse aua-
drucken, während der Gefangene im anstos-
■enden Kerker aeiue Leiden beklagt, und
alte diese Melodieen sich dann ungezwungen
und leicht in ein Ganzes verschlingen.
Weinroüllera Geaang war wieder vortreff-
lich; ao gelang ihm s. B. auch in dieaem
Quartett, den Auadruck der Trunkenheit in
aeiue Stimme zu legen, ohne dadurch die
Harmonie su Stohren, oder cum undeutli-
chen Stammeln herabzusinken. Nur sein
Spiel dürfte durch etwaa weniger Gemein-
heit noch gewonnen haben. Dem. Eigeusatz
aang recht artig und epielte aehr gut. Nur
Nruraanus Stimme war und blieb durch-
aus zu achwach. Die Oper erhielt wenig
Beyfall.
Im Theater an der 'Wien hat der all-
zeiiiertige Operndichter Huber, Camma, die
Heldin Bojariena, melodramatisch eingerich-
tet, und ein Herr von Blumenthal eine Mu-
sik dazu komponirt Der Text hat wahr-
lich nichts gewonnen; es ist ein äusserst
gewöhnlicher Trauerspielstoff, matt und
schülerhaft bearbeitet. Eine Wittwe rächt
sich auf eine «ehr feige Art durch Meuchel-
mord an ihrem Brautwerber, der den vori-
gen Gemahl ermorden lies«. Erinnere ich
mich recht, so ist im Originale Camma ge-
swungen sich selbst au tödlen, damit auch
der Mörder der Rache nicht entgehe. Da-
durch entsteht denn doch eine tragische Si-
tuation. Huber hingegen hat die sinnreiche
Verbesserung angebracht, dass die Heldin
nur den Feldberrn vergiftet, sich selbst aber
— an einen andern verheyrathet. Die Mu-
sik hat gar nichts Ausgezeichnete« j sie ist,
Juny. 6.2
bey allem Streben nach Eigenheit, doch
sehr gewöhnlieh. Es scheint überhaupt,
als ob die Kunst durch eine aolche Erwei-
terung des Melodrams nicht das genügst*
gewinnen könne. Eine ganze lange Hand-
lung enthält so vieles, daa zur musikali-
schen Behandlung dieser Art gar nicht ge-
eignet ist — Exposition, Erörterungen, mo-
tiviiende Unterredungen n, dgl.; ao dass die
Musik oft, wie es hier immer der Fall ist,
ganz wilikührlich einfällt, wodurch dann
eine äusserst vage und unbestimmte Form,
hervorgehet, welche der sorglosen und be-
quemen Mittelmässigkeit den weitesten Spiel-
raum öffnet. Denn wenn man in dieser
Gattung nicht mehr genialiach erfundene
und sorgfaltig ausgearbeitete Charakteristik,
sondern blos abgerissene, nnzusamroen hän-
gende Musiksätze verlangt, so wird sie der
Komponist freylich der Oper vorziehen,
welche durch die delikate Behandlung der
Siugstimme so schwierig wird.
Im Augartensaale liess sich ein Herr
Posch auf der Xänorphika hören. (Ihre
Leser erinnern sich aus »reinen frühem
Briefen, dass das vnm verstorbenen Köllig
erfundene und von Müller verbesserte bö-
ge nkla vier also heisst.) Man inuss geste-
ben, dass Hr. Posch dieses schwierige In-
strument sehr geschickt zu behandein ver-
stehe, und die gewählten Stücke mit Fer-
tigkeit und Geschmack vortrug. Allein in
einer Phantasie ohne Ende bewiese er einen
auffallenden Mangel kontrapunktischer
Kenntnisse, ohne welche man es nicht wa-
gen sollte — wenigstens vor einem , fur-
Mu*ik gebildeten Publikum, wie das hiesige,
auf diese Art aufzutreten. Weil er sich
z, B. mehrere aufsteigende vierstimmige Ac-
corde in gerader Bewegung erlaubte , so
musstrn dadurch nolhwendig Quinten io den
Mittel - und Oktaven in den äussern Stim-
men entstehen etc. Auch in dem Hayda-
schen Liede 1 Gott erhalte Franz den Kaiser,
hat Posch die ganze schöne Harmonie, und
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6,3
1805. Juny.
614
freylich nicht zu ihrem Vortheile, verän-
dert
Die diesjährigen abonnirten Augarten-
konzerte haben mit ungünstigen Auspizien
begonnen. Schuppanzigh hat die Abände-
rung getroffen, dass jetzt für fünf Konzerle
fünf Guldeu vorausbezahlt werden mimen,
"Wogegen der Abnehmer jedesmal zwey Bil-
lelte erbalt. Im ersten Kouzerte, an einem
trüben Morgen, war es sehr leer, ungeach-
tet eine schone Muzartsche Sinfonie aufge-
führt wurde, Ried daa Beethoveutcbe Kon-
zert aus C muH spielte, und Dem. Milder
eine Pärsche Arie gar nicht übel sang. Viel
besuchter war das zweyle Konzert. Es be-
stand aus einer Haydnsi hen Siufonie, der
Ouvertüre zu Prometheus, einer Arie der
Dem. Hakel, und einem Klarinettkonzerte,
das ein Herr Firnak recht angenehm vor-
trug, wenn er gleich in Hinsicht auf Prä-
zision und Fertigkeit nicht alle Forderungen
befriedigte.
Am alen Juny gab das Hoflheater eine
grosse Akademie zum Besten der hiesigen
Aimenanstalteu. Die präzise und vortreff-
liche Ausführung der schweren Muzartschen
Sinfunie aus G inoll unter Wranitzky's Di-
rektion verdient alles l*ob und macht dem
Orchester wahre Ehre. Die Tempos wur-
den so richtig genommen, die Biasinstru-
meute — besonders auch die schwierige
Oltoe, von dem braven CzerwenKa behan-
delt — fielen so rein und präzis eiti , und
spielten ihre Solos so delikat und geistvoll,
dass der Effekt vollkommen war. Schade
dass man die furchtbar- schone Menuett aus-
liest! — Die Wahl der Singstücke war
nicht glücklich} beyuahe keine der Mayr-
achen und Nasolinischen Kompositionen er-
hob sich über das Mitteliuassige. Aurh die I
Ausführung war nicht ganz befriedigend ;
Bevilaqua distonirte oft sehr n erklich etc.
Am besten gefiel der churpfalzhay tische |
Kammersänger Brizzi , welcher eine Mayr- j
sehe Arie mit seiner gewöhnlichen Kunst j
und Feinheit Vortrag. Die bekannte Virtuo*
sin auf der Pedalharfe, Dem. Müller, phan*
taairte so fertig, delikat und anmuthig, da.<s
sie noch einmal hervorgerufen wurde.
Recenbio
UtbungitÜcke für das Pianoforu mit vorge-
zeichneter Fingertet zung, von A. E. Maller,
Musikdirektor in Leipzig. Eiste» Heft.
Leipzig, bey Breitkopf und Härtel. (Pr.
16 Gr.).
■
Hr. Musikdirektor Müller, dem grossen
Publikum als Virtuos auf dem Pianoforte,
der Orgel und der Flöte, wie als gründli-
cher Komponist für diese Instrumente,
längst bekannt, hat auch eis Privatlehrer
mehrere treffliche Schüler gesogen, und
macht nun von seinen Erfahrungen beym
Unterrichte, in Verbindung mit jenen Vor-
zügen, auch für das grössere Publikum Ge-
brauch , indem er fast zu gleicher Zeit sei-,
n« growe Klavierschule herausgegeben und
diese Sammlung Ucbuogsslücke angefangen
hat. Man kann von solchen kleineu Haid-
stücken nicht fordern, dass sie als Kunst-
werke — sowul in Absicht auf Geist und
Erfindung, als auch in Absicht auf Kunst
und Ausführung — hoch stehen; w<il aber,
üass sie auch in diesem Betracht Etwas,,
und nicht ganz ohne Weith »ind. Diese
Forderung wird nun vou den vorliegenden
zum gröbsten Theile, Und in nan ha Hern
Grade, erfüllet. So siod z. B. die Sätze:
Menuette allegretlo S. a. , Marcia S. 7.,
einige der Variationen, die S. 8. anfangen,,
Allegretlo S. i5., und fast alle Variationen
S. 19. folgg« über Schulzen« Melodie zu
Vossens Liede: Beschaltet von der Pappel-
wcide — ihren pädagogischen Zweck noch
nicht betrachtet, schon sehr hübsche, unter-
haltende Musikstücke, und nur einige sind,
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6i3
1805. Juny.
616
in diesem Betracht, wie das Rondo S. 4.,
*u übergehen. Aber von Seilen der
Zweckmässigkeit — hier denn doch die
Hauptsache — gehört die ganze Sammlung
su den besten, die eine gleiche Bestimmung
haben. Sie fingt von sehr leichten , fast
durchgängig nur zweystinimigen Stücken an,
die sich si hr gut da anschl.essen , wo der
blos grammatische Unterricht, mit einzel-
nen la.- sagen und andern ahnlichen Uebun-
gen, auliuren und zur Fortsetzung von je-
nem die Ilrweckung und Leitung des Zög-
lings auf den Sinn der Musikstücke und auf
den Geschmack, hinzukommen sollte. Die
Fortschreituiig vom Leichtesten zum eini-
gerroassen Schwierigen ist nicht slreug und
au das Einzelne gebunden, sondern halt
sich mehr an das Ganze der Stücke; auch
ist es freylicli wahr, das* hier viel indivi-
duelles bey den Zöglingen bleiben wird —
so dass dem Einen schwer ist, was dem
Andern leicht wird, woiauf denn frühere
oder spatere Schule, besondere Hindernisse
oder Erleichterungen in den Nalnranlagen
ah, a. w. Eiufluss behalten — weshalb e,ui
Verständiger und erfahrner Lehrer beyo kei-
ner ahnlichen Sammlung ganz die Reihe,
in welcher die Stücke stehen, ü bar all wird
beibehalten können. So mag ein ^solcher
Lehrer denn auch hier verfahren, und dar-
auf scheint Hr. Müller gerechnet zu haben ;
Recenseut möchte jedoch nicht behaupten,
dass nicht Einiges, s. B. in den Variationen
8. 9., bequemer geordnet seyn könnte; die
Variation 6, S. 23,., dürfte aber wol io die*
aem Hefte noch gar nicht angebracht seyn.
Ungemein gut erfunden ist, in Absicht auf
Haltung der Hände und Uebung nnd Si-
cherung der Finger, vornehmlich die er-
ste Reihe Variationen, von S. 9., und auch
mehrere in denen, von S. 19. an. Richtige
Applikatur ist ein Hauptaugenmerk des Ver-
fassers durch das ganze Werkcheii. Ganz»
liehe •Ueheieinstitnmung in allen einzelnen
Fallen ist hier bey allen Klavierspielern un-
möglich , und auch nicht nölhig; namentlich
wird der, der, wie Recensent, Clementi'a
Applikatur (die, nach den „Etudes," auch.
Cramers zu seyn scheint,) gewöhn* ist, bin
und wieder etwas anders nehmen : aber
nach der genauesten Durchsicht hat Recen-
seut auch uicht Eine Stelle gefunden, wo er
Hrn. Müller geradezu und aus hinlänglichem
(j runde widersprechen könnte. Zu loben
ist übrigens bierbey auch, dass der Verf.
nicht überall die Ziffern beygesrhrieben hat,
durch deren Meuge sonst der Blick de«
Schülers zerstreuet, und diesem auch alle
eigene Geistesthäligkeit abgeschnitten wird.
.Wo aber der aufmerksame Lehrling uur feh-
len könnte, da ist die Bezeichuuog nicht
übergangen.
Demnach ist auch dieses ein Werkchen,
zu welchem man Lehrer und Schüler fast
ohne Einschränkung verweisen darf* Es ist
übrigens auch sehr gut gedruckt.
Zur musikalischen Beylage No. 6.'
Hrn. Härder« Lieder, mit Klarier- oder Gui»
tarren-Beplcitung , «eine kleinen Uebungistiicke, »o
wie »eine mit Einticht und Geschmack arrangirlen Ge-
lange anderer Komponisten, haben zu guten Eingang
in die Zirkel gefunden, welchen aie bestimmt sind,
ata dai« e* nötliig wire, «ie, oder auch die swey
neuen Lieder leiner Komposition , die wir untern Le-
sern hier raitthcilen, tu empfehlen. Wen eine ein-
lache, leichte, melodische Muiik, die xugleirb dem
Dichter «ein Recht anthut , erfreuen kann, dem wer-
den dieae beydea Liedereben willkommen seju, und
um «o willkommener, je öfter jetzt, wn durch die
Dichter einfach, leicht und geftllig dargeboten wor-
den, »ou Komponisten »erkünstelt, schwerfällig und
mühsam wiedergegeben wird. d. Kedakt.
(Hierbey die Beylage No. VI.)
Lpifsio, in mitxori ovo aX K |Sa,
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^ ALLGEMEINE
M Ü S I KALISCHE ZEITUNG-
Den Juny. N=. Uty
1805»
Utier dat Stimmtn dtr Forttplanos.
Eu gehört jetzt wirklich zur feinen Lebens-
erl, eiu gutes Fortepiauo zu besitzen, und
wenigatens Etwa« darauf spielen zu können.
Der gute Abgang dieser Instrumente und
die hvh^n Preise, mit welchen man sie be-
zahlt , reizte viele Künstler, .sie mit immer
grosserer V ollkomuiruheit zu bauen, und
die elegante Weit reichlich damit zu ver-
sorgen. Man fiudet aber manches Forte*
piano vxm vortrefflichem Tun und vorzüg-
licher Hauart, das, wenn es einige Zeit aus
den Händen seines Vei fertiger* war, bey
Weitem nicht mehr so brauchbar ist, als es
«eyn köuute und sollte. Die Ursache liegt
Wol hauptsachlich darin, dass das Instru-
ment von seinem Besitzer in Rücksicht der
Stimmung nicht sorgfältig genug behandelt
wird. Man stellt sich gemeiniglich das
Stimmen als ein sehr leichtes, blos mecha-
nisches Gesihaft vor; überlädst es, zum
grössten Nachtheii für djs Instrument, dem
ersten besten, der sich damit abgiebt, und
ist zufrieden, wenn man >edeu Ton einzeln
für steh oder mit seiner Oktave, nur noth-
dürflig rein findet. Der theoretische Musi-
ker weiss, dass, ausser einem äusserst ge-
bildeten und feinen Ohr, eine genaue, viel
Studium erfordernde Bekanntschaft mit un^
serra Ton-System und der Temperatur dazu
gehört, ein Klavier oder Fortepiano wirk-
lich rein zu stimmen, so dass alle Ton-
arten einander gleich sind. Es würde, .zu
w eitUtuftig werden, die« dem blossen
?• JSttfl.
Unten hier uaistandlieh zu beweisen. Wer
aber nur in Sulzers Theorie der sehe*,
nen Künste, die Artikel Harmonie,
Klang, Monochord, Saite, Tempera-
tur, Tonart, u.a.m. lesen will, der
wird^ das Geschäft des Stimmens gewiss
hochschätzen lernen. ich habe schon man*
eben gebildeten und delikaten Fortepiano«
spieler darüber klagen hören, dass er Nie-
mand Huden könne, der ihm sein Instrument
zu Dank zu stimmen Woeste* In mancher
bedeutenden Stadt ist unter den Funfzigea
und Huuderten, die Instrumente ums Lohn
stimmen, vielleicht, nicht Einer, der die«
Geschäft nach richtigen Grundsätzen, und
folglieh so wie es seyn muss, zu verrichten
im Stande wäre. Viele beeitsen nicht ein-
mal die nöthige mechanische Geschicklich-
keit dazu. Man hat oft einen Stimmhara-
-mer, der den Wirbel nur an- der Spitz«
fasst, statt dass er ganz tief greifen sollte,
und schwankt beym Drehen, welches mit
fester Hand geschehe« muss, hin und her«
Dadurch werden nach and nach die Wir-
bellöcher so ausgedreht, dass die Wirbel
nicht mehr fest genug stehen, nnd das In-
strument gar keine Stimmt ng mehr halten
kann. -Nun muss immer öfter gestimmt
Warden, und man verderbt immer mehr.
Ich weiss sogar ein Bey spiel, dass ein IdJ
strumentmacher an einem sehr guten Forte-
piano die Wirbel absichtlich auf diese
Weise locker gemacht hatte, um hernach
dem Instrumente, das um vieles besser war,
als die von ihm verfertigten, den
Tedcl geben zu können,
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1805. Juny.
C20
Stimmung halle. Auch dar Fall ist nicht
selten, daaa manche Lohustimmer die Vyiibel-
löcher mit Fleiss ausdrehen, damit man ihnen
desto öfter elwaa au verdienen geben muss.
Selbst die meisten Instrumentmacher kön-
nen dem Kenner nicht Gnüge leisten, weil
sie immer nur nach ihrem tiehör stimmen,
Welches, da sie selten musikalisch sind, un-
möglich fein genug seyn kann, ob es schon
mancher durch vieljahrige Uebung dahin
gebracht hat, dass er leidlich rein stimmt.
„Wem sull man nun aber aein Instrument
jwtr Stimmung übergehen ? wild man fra-
gen. Der gelehrte Musiker giebt sich mit
diesem mühsamen Geschäft nicht ab, und
in kleinen Stadien oder auf dem Lande kann
man meistens seine Zuflucht nur zu den
Schullehrern nehmen, die wol selten der
Sache völlig kundig »eyu möchten.* Ich
ratbe folgendes : Wer ein gutes Fortepiano
hat, der übergebe es keiuem cur ■ Stimmung,
von 'dem er nicht weiss, das« er dies Ge«'
echaft nach richtigen Grundsätzen, mit ei-
nem gebildeten Ohr, und mit gehöriger me-
chanischer Geschicklichkeit su verrichten im
Staude iat. Fehlt, es au. einem solches) Sub-
jekt, (welchee oft der Fall aeyn wird) so
Würde es das beste seyn,' wenn man sich
von einem, mit der Rational - Rechnung
Wohl bekannten Künstler ein Monochord mit
Tier Saiten verfertigen liess, nach welchem
dann ein Instrument leicht und völlig rein
gestimmt werden kann. Eine Beschreibung
des Monochorde uebst einer Abbildung fin-
det man in Sulzers Theorie der schö-
nen. Künste (Art. Monochord) und
jyjs> e* su verfertigen und zu gebrauchen
ist, kann man aus Zangs Vollkommnen
Orgclmacher etc. (Nürnberg bey Weigel,
»oo4. 40 Gr.) lernen. Es ist wirklich an
bedauern, dass der Gebrauch des Mono-
ehorda jetat so ungewöhnlich geworden ist.
Die Mueikhandlungen, welche zugleich daa
Pubicum mit Fortepianos aller Art , nebsf
allen dazu gehörigen Dingen, versorgen.
wüiden, meines Erachtens, etwas sehr Ver-
dienstliches unternehmen, wenn sie von einein
dazu geschickten Künstler > Monochorde,
oder gehörige Stimmpfeifen verfertigen Hes-
sen, und die lu*trumentenbt-silzer damit
versorgten. In dem nur genannten Buche
von Zang findet man auch eine genaue
Anweisung, eine Völlig richtige Stimmpteife
nach dem Monochord zu verfertigen. Wenn
man nach dem Monochord oder der Stirn m-
pfeife die eingestricheue Oktave de« Piano torle
leicht und völlig rein stimmen kann, ae
wird es mit einein guten Gehör nicht schwer
werden, nach dieser dann die übrigen Okta«
ven zu stimmen.
W. in F,
Ja, wenn man diese Oktave völ-
lig rein stimmen kann — oder viel-
mehr, völlig rein gestimmt hat! Das ist
aber eben die Schwierigkeil ? Da« Grnud- \^
liebste, Kürzeste, und am leichtesten An-
wendbare , was «ich auch uns durch Ver»
suche vollkommen erprobt hat. und was daa
Neinstimmen in gleichschwebender Tempe-
ratur ungemein erleichtert , ist von A. E.
Müller in seiner neuen Klavierschule
(bey Frommann in Jena vor einigen Mona-
ten erschienen) sehr genau nnd deutlich an«
gegeben worden. Da die Sache vielen wich-
tig aeyn rouss, und dies wirklich bedeutende*
in vielem Betracht ganz ausgezeichnete Werk
noch nicht durch öffentliche Anzeigen be-
kannt genug worden — etwa« wirklich Be-
titelst liebes ist über solch eine reichhaltige
und so vieles Eigene enthaltende Schrift
nicht segfeirh hingeschrieben — t so wollen
wir die »wey, zunächst hierher gehörigen
Paragraphen wörtlich hersetzen.
| $. «fos. folg. sagt Hr. Müller: D7e leicb»
I teste nnd doch auch sicherste Methode, ein
I jüavienaetrumeat gleichschwebend zu tem-
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62t
1805. Juny.
periren, ist folgende — ein feines and auch
musikalisch gebildetes Ohr vorausgesetzt :
Man stimme zuerst da« ungestrichene ( klei-
ne) e mit seiuer Oktav, dem c» dann zum
eisten c die grosse Terz e, zu diesem e
die grosse Terz gis. "Sind die grossen Ter-
zeu völlig rein — und oh sie es sind, be-
merkt man leicht, denn das gis muss zwi-
schen e und "c also gestimmt seyo , das« die
grosse Terz e-gis völlig ehen so rein ist,
a]s die grosse Terz as (gis) ~q — ; dann
stimme man zu c die Quiute g, zum g die
Quinte d~ etc. wie man die ganze Verfah-
rungsart anschaulicher im folgenden Noten-
ley spiel« findet:
3* ^ ^ ^
Ist man bis zu diesem e , als Quinte von
a>~, gekommen: ao untersuche man erst, ob
man nicht gefehlt habe — nicht zu hoch
oder zu tief worden sey. Man schlage
nzmlich das zuerst gestimmte e zu diesem
zuletzt gestimmten e an, Wo es sich derth
gleich zeigen muss, ob, Und wie man ge-
fehlt habe. Hat man gefehlt, ao ists nö-
thig , bis zum g zurückzugehen, und die
Quinten so lange z,u verbeisern, bis das e
zum e ganz rein stimmt. Nun fange man
abermals an von g, d und a die grossen
Terzen zu stimmen, wie es vorher bey Ö
Hier müssen nun die grossen Terzen, (be-
sondere muss auch der durch beyde Ver-
setzungszeichen bemerkte Tou) genau wie-
der ao, wie im Anfange bey c, eingestimmt
werden. Ist dies geschehen, so fahre man
fort das Instrument durch Oktaven vollends
rein su stimmen.
Die zweyfe, ebenfalls tum Zweck füh-
rende, aber in der Anwendung schwerer«
Methode, ist folgende: Man stimme c~ und
c ganz rein , alsdann die Quinte g~ ein we-
nig unter sich schwebend, damit die grosse'
Terz e um so leichter dazwischen gestimmt
werden könne. Dieser Accord muss nun'
erst ganz berichtigt werden; ist er es, ao
stimme mau die kleine Septime b~ dazu,
und zwar ao scharf, als es der Wohllaut
vcrrstaUet; zu diesem b stimme man es,
doch ao, dass das b~, als Quinte, dagegen
ein wenig unter sich achwebt $ zu dem äs
stimme man die Quarte äs — (ob diese
richtig wt, erfahrt man leicht durch Ver->
gleichung mit dem schon vorher gestimmten
e_— ) zu dem äs als gii, die Unter-Quinte'
eis, zu diesem die Quarte ns, zu diesem
die Quarte h — (die Richtigkeit des "E
wird ebenfalls durch Vergleichung mit dem
e" erprobt — ) hierauf lasse man ä"; als
Quarts zum e, nun d als Unter- Quinte,
üud_Euletzt_das 7, als' Quarte oder Quinte
zu c oder ~c folgen. Findet aich am Ende, ,
dass die zuletzt gestimmten Intervalle ent-
weder zu hoch oder zu tief sind , dass viel-
leicht besonders das Tals Quarte von "b «*'
tief ist — so muss man bis zum b~ zurück«
gehen nnd dieses ein wehig tiefer stimmen»
Einem geübten Ohre wird die Verbesserung
dieses Fehlers nicht schwer fallen. Zu '
mehrerer Deutlichkeit stehe diese Vorstel-
lung hier :
So weit Hr. Muller. Wir aber wün-
schen, dass man, wie über diese, ao über,
verwandte und vom Verfasser obigen Auf-
satzes berührte Gegenstände, Müllera VVerk^
selbst weiter nachsehen möge, und zwar in
den Kapiteln: Ueber Klavierinstrumetiie im
Allgemeinen , und : Von der Temperatur und
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1805. Juny.
624
Stimmong. Nächst diesem wiftsen wir kein
über jene Angelegenheit brauchbarer« Buch
au empfehlen , als : Weilers Versuche,
Klaviere und Oigeln auf eine leichtere Art,
ala auf die gewöhnliche dos Quinteuzirkels,
gleichschwebend zu temperiren. (Leipzig,
i8o5.)
d. Redakt.
Nachkzcbtbv.
Halb er Stadt — — Ich erfülle Ih-
ren Wunsch, Ihnen den Zustand unsrer
Musik in kurzer Uebersicht vorzulegen, um
so lieber, da Ihre Zeitung, so viel mir be-
kannt ist, noch nie etwa«, davon meldete.
Vorzügliches kann ich nicht rühmen. Jn
einer Provinzialstadt, wo Kapellen , : stehende
Theater und vielvermögende Beförderer feh-
len, kann das Vorzügliche nicht festen Fuss
fassen« Was aber dann doch gesehiehet,
wenn es nur nicht ohne allen wahren Werlh
ist, wird dadurch um so rühmlicher» das*
es freye« Werk der Liebe und des Fieia-
ses ist.
. Es fehlt uns nicht an guten Musikern.
Die vier Gebrüder Barnbeck spielen Violon-
cell, Fagott, Bratsche und Hoboe gleich
fertig und ausdrucksvoll. Der Hoboiat
Nolde iat ein Klarinettist von gutem Aus-
druck, und die beyden Gebrüder Müller
sind geschmackvolle Orgel- und fertige Kla-
vierspieler. Der jüngere wirdf Ihnen bereits
als Komponist von Liedern, Variationen,
Sonaten und Opern bekannt seyn. Von be-
rßerkenswei then Dilettanten und Dilettantin-
nen nenne ich Ihnen — als Sänger, den
Kollaborator Sachse, auf der Flöte den Ma<*
jor von Wiuleben, auf dem Klavier die
Gräfin von der Schulenburg, Fräulein von
Biedersee, Audjteur Ziegler und Kollaborator
Frantz, Eraterer ist sugleich ein braver:
Violoncello* und Orgelspieler; letzterer hat
Lieder und Sonaten herausgegeben. Wenn
sich alle Musiker mit den Dilettanten unsrer'
Stadt vereinigen, gleichen Fleias und Eifer*
zeigen : so können sie wirklich etwas Aus-
zeiehnenswerthes liefern; wie dies vor kur-
zem mit der wohlgerathenen Aufführung der
Schöpfung, der Jahrszeilen ond des Requiem
in drey ausserordentlichen Konzerten der
Fall war. Sonst haben wir jeden Winter
öffentliche Konzerte ; auch erfi-euen uns zu-
weilen durchreisende Virtuosen durch Spiel
und Gesang *), und mehrere Musikfreunde,
z. B. der Graf von Wernigerode, Regie-
rungspräsident von Biedersee, Major von
Wilzleheu und Kriegsrath Klüger, veran-
stalten, wiewol nur selten, IVivatkonzerte.
Das Fortepiaoospiel wird sehr geliebt,
besonders seit wir mehrere neue/ Instrumente
.in Flügel- und Tafelförm nach dem jetzt
beliebten Wiener Mechanismus eingerichtet,
von Blum in Braunschweig, Dörge in Dal-
bei stadt, den Gebrüdern Sanderhoff und von
Wesche, in Neinstedt, Steckienberg und
Veltheim, d reyen Halberstädtischen Dörfern,
erhalten haben. Desto schlechter ist oft der
Unterricht, den nicht selten Stümper ohne
Takt, Geschmack und richtige Applikator
ertbeilen. Längst wünschte ich, dass ihnen
Grenzen gesetzt würden, denn der Schaden,
den sie stiften, ist gross. Sie entziehen
gründlichem Musikern durch wohlfeilen Un-
terricht würdigen Lohn, und verderben ihre
Schüler auf immer.
*) So hörten yiit In den letzten jähren die Gebrüder Pixia, Dülon, Spohr, D. Chladai auf den
KO*TUjfb»acr und Koch, auf d V doppelten MuudJiainioaiU.
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6*5 1805,
■ Ich erwähnte oben die Geb rader Müller
«Ii brave Orgelspieler; und du sind sie in
der That. Der allere, Samuel, ist Orga-
nist an der Domkirche, der jüngere, Karl,
Organist an der Martinikirche. fieyde sind
der ihnen anvertrauten voll- und starkklin-
groden, registerreichen Orgeln würdig« Man
hört ihre Produktionen mit Liebe, und
sollte ich den Geist, der sie während des
Spiels beseelt, charakterisiren , so würde ich
sagen, das* der altere geregelter, besonne-
ner und mit mehr Talent, der jüngere hin-
gegen kühner, freyer und mit mehr Genie
phantasirt Auch die Liebenfraücn - Orgel
verdient, {wegen der ihr kürzlich vom hie-
sigen Orgelbauer Bode-raitgetheilten Vervoll-
kommnung eine rühmliche Erwähnung.
Was die Kirchenmusiken betrifft, so sind
sie grösstenteils schlecht, schwach besetzt,
unrein in der Ausführung, die Texte dazu
oft voll von dogmatischem Wust und frosti-
gen Allegorieen. Eben so schlecht sind
unsre diey Singechöre. An Verbesserun-
gen iat fürs erste nicht zu denken. Da für
beyde, die Unterstützungen des hiesigen
Domkapituls abgerechnet, hinreichende Fonds
fehlen.
Es mangelt uns in Halberstadt ein Mu-
sikdirektor, dem die Direktion der Singe-
chöre, der Kirchenmusiken , und aller Kon-
zerte anvertrauet wäre, und der sich seiner
ihm obliegenden Geschäfte mit Geist, Liebe,
Geschmack und unermüdetero, strengen,
rücksichtslosen Eifer annähme. — Diesem
Mangel tnuss man auch giösstentheils die
üble Beschaffenheit des diesjährigen Winler-
konzerts beymesaer., das gleich im Anlange
allgemeinen Unwillen erregte.
Salzburg. — Ich versuche ea , die
Darstellung unser s Musikwesens an histori-
sche Ereignisse der letzten Monate zu knü-
pfen , die so zugleich' die verdiente Ei wäh-
Juiiy. 626
nung erhalten. Bey der Anwesenheit dca
iöm. Kaisers und der Kaiserin Majestät ge-
noss unser verehrter Michael llaydu (jetzt
auch Ehrenmitglied der königl. Akadem e
zu Stockholm) manche wohlverdiente Aus-
zeichnung. Er halte früher schon zwey la-
teinische Messen für die Kaiserin geschrie-
ben , die ihr sehr werth zu seyn scheinen,
und sie bestellte bey einer Haydn gewahrten
Audienz ein Requiem und ein Libera
me, Domine, und zwai , wie sie, diese
Wahre Freundin der Tonkunst, sich ana-
drückte, im höchsten Kirchenstil. Bey ei-
nem Konzert, das der Kurfürst beyden Ma-
jestäten gab, wurde eine neue Messe vom
Kapellmeister Gatli gegeben , welche die
Kaiserin wohlgefällig aufnahm. Dann legten
Seine Durchl. die zweychörige Messe Mich.
Heydns auf, die dieser vormals nach Spa-
nien, verfertigte, und die der Kaiserin noch
nicht bekannt war. Sie gefiel ihr so , dasa ' *
sie sie zu besitzen wünschte. Haydn ist
nun mit jenem Requiem beschäftigt. —
Bey einem Beauche des Kur- und Erbprin-
zen von Bayern war bey Hofe öfters Kon-
zert t ehtesmals auch beym französischen
Gesandt**]. Dies war aber, wegen des da-
mit verbundnen Balles etc. zu beschrankt,
als das* etwas, ausser einzelnen Musik-
stücken , hätte gegeben werden können. Un-
ter diesen zeichneten sich aus eine Arie mit
Chor von Mayr, gesungen von unserra Hof-
»Inger Tomasel Ii, (Tenor) ein Rondo von
Nasolini, gelungen von filise Neukomm —
Schwester des jetzigen Kapellmeisters beym
deutschen Theater in Petersburg, von wel-
cher t llhre Zeitung schon mit verdientem 1
Lobe, Jahrg. V. No. 5i. S. 865, gespror
eben hat — und ein Duett mit Chor von
Winter. Alles ging mit grosser Präcision
und trefflich. — Hr. Elhnenreich gab auch
hier seinen Schuster und Kapellmeister, und
gefiel im ersten mehr, als im letzten. Mu-
tik verständige bedauern, dass dieser Sanger,
der von der Nätuf so viele Mittel, beaon-
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627
1305. Juny.
628
der« einen so . ausserordentlichen Umfang der
Stimme, erhalten hat, diese nicht auf be-
deutende Stücke, condern nur auf Anetten
und andere Kleinigkeiten verwendet, die für
den Augenblick zwar interessireu , aber wei-
ter auch nichts. — Hr. D. Chladni be-
suchte um, und zeigte «einen Klavicyliniler,
so wie manche «einer ansehenden akusti-
schen Experimente. Es war ein allgemeiner
Wunsch, er mochte wenigsten« ein Halb-
jahr bey una verweilen und Vorlesungen
Über Akustik hallen; er reisete aber nach
Wien ab. — Die Konzerte des um die
Tonkunst in Salzburg sehr verdienten Hrn.
Fürslea von Schwarzenberg, zu welchen ihm
der Kurfürst die jetzt wahrhaft lobeusweith
eingerichtete Kapelle verwilltgte, verdienen
vorzüglich eine dankbare Erwähnung. Der
Fürst selbst, und auch die theilnehmeaden
Musiker, thaten alles mögliche, sie nicht
*nnr glänzend, sondern auch vortrefflich her-
vorgehen su lassen. Volle Instrumental -
Konzert- und Klavier- Musik wechselte mit
Harmooiestücken und Gesang ab. Die
Wahl der Kompositionen zeugte von Ein-
sicht und Geschmack : Alltägliche» wurde
gar nicht gegeben. Die Stücke gab der
Fürst selbst au« seiner reichen 1 Sammlung.
Die Ausführung gelsog immer gut, und ich
finde besonders auch den Gesang auszuzeich-
nen, da er gerade jetzt an so wenig Orten
auszeichnenswerth ist. Um diesen erwirbt
sich hier der genannte «ehr schätzbare To-
maselli wahre Verdienste. Fast alle Sänge-
rinnen nud Sänger, von Profession oder
Liebhaber , «iod seine Zöglinge, tbeils von
den Elementen an, the»l» in der böhern
Ausbildung. Der Fürst, der mit ausge-
zeichnetem Talent gründliche Einsichten,
wahre Liebe und anhaltendes Studium der
Kunst verbindet, sang selbst öfters —
Arien uud andere Solo«, auch in den Fina-
len seine Partie. Seine Stimme und sein
Vortrag sind ungemein einnehmend; sie zeu-
gen von wahrem Gefühl, wie von guter
. Schule. Aach Er ttnäjrt unter
Die genannte EÜse Neukomm, jetzt erst
dreyzehn Jahr und mit einem Umfang der
Stimme von b bis zweygestrichen b, kann
schon eine ausgebildete Sängerin genannt
werden, und ist es ebenfalls durch Toma-
selli, der sie von den ersten Elementen an,
und unentgeldhch , gebildet hat. Der Fürst
ist jetzt ihr Wohitbäler, und sie sucht sich
durch Fleiss überhaupt und durch Aufbie-
ten aller Kräfte zur Verschönerung seiner
Konzerle, dankbar zu beweisen. Diese
wurden nun auch, im Gesang, durch die
Talente der Fräulein von Zwehl, de« Gra-
fen von Daun, Grafen von Kiuigl, Fürsten,
von Salm- Salm, Frau Gräfin von Strasoldo»
Fräulein von Fichtl, Fräulein von Barisani
etc. verherrlicht. Auch tritt Hr. Tomaselli
öfters hier als Sänger auf. Als solcher ist
er längst rühmlich bekannt; aber als Theo»
retiker und Singmeister mache ich mir zur
Pflicht, ihn hier bekannt zu machen. Sein
Unterricht ist nicht mechanisches Wieder-
holen des Erlernten, sondern auf Grund-
sätze gebauet, die er aus den besten Lehr-
büchern aller Zeiten aufgenommen ' oder '
durch eigenes Nachdenken und Erfahrung
gefunden hat. Er kennet die verschiedenen
Methoden aller Schulen und wählt au« jeder
das beste. Seine reichen musikalischen
Sammlungen unterstützen ihn, wie seine
Schüler. Von seinem unermüdeten Flcissc
zeigt was er schon geleistet, und man darf
sich von der Foige uoch mehr versprechen.
Belohnung wird ihm zwar nur spärlich zu.
Theil; aber an dieser, so wie an nach-
drücklicher Aufmunterung überhaupt, fehlt
es hier. Sechs Männer, wie Fürst Schwar-
zenberg — : was würde Salzburg nicht
in Absicht auf Tonkunst werden! —
Wien, den i6ten Juny. Die italieni-
schen Hof-Operislen haben eine neue Oper
von Gardi gegeben: La muta per amore.
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629
iäo5. Juny.
630
Dio schlecht ausgeführte Intrigue besteht
dann, das« ei» verliebtes Mädchen sich
stumm stellt, und ein gemeiner Kerl durch
Prügel gezwungen wird , sich für einen
Arzt auszugeben — eine Maske, in welcher
er endlich den Liebenden zn ihrer Vereini-
gung hilft. Die Musik zeichnet sich durch
nichts von den gewöhnlichen neuen italieni-
schen Opi-rn aus, und das ist eben nicht
sehr rühmlich für sie. Auch die französi-
sche Musik Gaveaux'a cur Operette : So
bessert man die Männer , ist sehr mittel-
mfesig.
Die Konzerte folgen auch im Sommer
Schlag auf Schlag, aber gewöhnlich sind sie
nur sparsam besucht. Der Piager Tenorist
Siboiii gefiel, ohne Aufsehen zu erregen;
kaum war sein Anschlagzettel abgerissen,
als schon Ankündigungen eines Abschirds-
konzertes für Mad. Marianus Sessi und ei-
ner Musik «um Besten der Wohlthatigkeits-
anstalLrn angeheftet wurden. Mad. Sessi
hatte «ich nämlich frey willig angeboten, ihr
Konzert zu jenem edlen Zwecke zu wieder-
holen. Sie gab durchaus Singstücke von
P*r, Faiiuclli uud Mayr. Schon dadurch,
dass gar kein luslruinentalstück vorkam,
•wurde da« Konzert eintönig ; noch mehr
verlor es an Abwechselung durch die ziem-
lich gleiche Manier der Komponisten , deren
Werke man gewählt halte. So beliebt Ma-
rianus Sessi auch war, so viele warme Ver-
ehrer sie sonst gezahlt hatte, so wenig ent-
sprach hier der Erfolg ihren Wünschen.
Viele Herrschaften und Privaten waren
schon aufs Laud gegangen, die jetzt heisse
Mittagsstunde mochte Manchen nicht gele-
gen sey(r., der Enthusiasmus war schon ab-
gekühlt kurz, ea waren für diese Ge-
legeah-evt sehr m»nige-,Zubtäj'er , obgleich
Joseph Weigl ein recht hubeehes Terzett rt»
gen* dazu kornptmirt hatte. . < Aach dem
Konzerte- tür die WoMthätigkeitsanstalleu am
folgenden Tage ging, e* sucht besser
Die Somtnerkonzerte im Augarten fan-
gen an merklich zu sinken: man findet die-
ses Jahr viel weniger Zuhöfer, als sonst ;
auch weiden maridte Stücke ziemlich nach-
lässig ausgeführt Hamburger, ein Schüler
Hümmels, spielte das Steibeltsche Klavier-
konzert ans E dur, von dem schon einmal
in Ihren Blättern gesprochen wurde, höchst
mittelmassig; in vielen Stellen fehlte er auf
eine auffallende Art. Zum Glücke hatte
man das Adagio weggelassen. Ein Flölen-
konzei-t wurde von Bernhardt nicht ohne
Geschicklichkeit, aber völlig ohne Sicherheit
vorgetragen ; die Passagen mit der Doppel-
zuuge missglück len sehr oft. Ein Hr. Stein
spielte ein Beelhovensches Pianofortekonzert,
aber, wenn er gleich Fertigkeit besitzt, so
fehlt ihm doch jene richtige uud ausdrucks-
volle Bezeichnung, weiche grösstenteils den
wahren Werth des ausübenden Künstlers be-
stimmt. Dami ist er -im Takte nicht sicher:
sein Schwanken bewirkte im Andante eine
merkliche Verwirrung. Ein Dilettant;^ Hr.
Zenker f zeigte in einem Triebeuseescheu,
recht hübsch komponirten Klarinettkonzerlo
eiuen reinen, rollen, angenehmes Ton; nur
mag er eine noch grössere Fertigkeit in
Laufen , und ein zarteres Piano Zu erreichen
suchen. Eine Haydnsrhe Sinfonie ans Ea
wurde ohne Pracision gegeben ; die Flöteo
fehlten im letzten Stücke auf- eine sehr un-
angenehme Weise. Das nämliche gilt von
der Ouvertüre ans Don Juan, in welcher
das erste Grave bey weitem nicht langsam
genug genommen wurde , und dadurch,
offenbar von seiner impookenden Grosse
verlor.
Elmenrefch hat not* fofl «n» Abschied
genommen . Die StiHamen über seine Ver-
dienst v -.bfi eben sehe gerheil«:, -mehr wäre»
gegen, ate für ihov Er rpiett manchmal
fein r aber nie eigentlich- kV.mi«^hv zeine-
Stimme geht freylich bis unter da» riefe G\
aber diese Töne sind dam» auch undeutlich,
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631
1805. Juny.
633
schwach, und scheinen unnatürlich heraus-
grpiesst. Lr gefiel noch am besten im Ka-
pellmeister; au Wasserträger fand man *eiu
Spiel fehlerhaft und aeinen Gesang achwach
und ausdruckslcer.
Der rühmlich bekannte Komponist und
Mus'ikvei leger l'leyel befindet aich gegen-
wärtig in Wien. Wenn man gleich aeine
Kompo^tionen bey weitem nicht mehr ao
allgemein spielt, als sonst, ao bekennen doch
alle Unbefangenen, das» er für aeine Zeiten
viele Verdienste hatte, und durch glückliche
und angenehme Melodieen, und ein« gewis-
se zarte und IV ine Behandlung, vielen Hei/,
über aeine Werke zu verbreiten wusale. Er
hat neue Quartetten mitgebracht : aie wer-
den beweisen , wie der neuere Muaikge-
achmack auf ihn einwirkte.
Kurze Anzeige.
Sei Canoni a trt voci coW aecompagnamtnto
dtl Piano/orte cumposti da J. G. Ferrari.
Lipaia preaso Breilk. e Hand. (8 Gr.)
Im:
Eine der niedlichsten und lustigsten
Kleinigkeiten, die Ref. nur jemals vorgekon>
men sindl Die Canona aind nicht überall
ganz streng gearbeitet: aber wer könnt»
hier vor Lachen dazukommen, es gar zu
genau au nehmen? und eigentliche Unred-
lichkeit der Arbeit findet sieh auch nicht
einmal ! Alle diese possirlühen Produkteken
der heitersten Laune eines trefflichen Sän-
gers uud erfahrnen Komponisten aind flies-
aend, leicht — kurz, aind, was sie seyn
aullen, und das sehr gut gewählte Accora-
p.ignement gieht noch mehr Mannigfaltig«
keit, halt die Sanger in Ordnung, über-
stimmt sie nirgends, nnd vermehrt die an-
genehme Wirkung. Nett und naiv vorge-
tragen, kann man in froher Gesellschaft —
gleichsam zum Dcsert eines musikalischen
Schmausses — nichts Artigers hören. Da-
mit man dies Lob nicht für übertrieben
halle, setze ich eins dieser Stücke bieher —
nicht als ob eben das das vorzüglichste wä-
re, (im Gegrutheil, es ist eins der unbe-
deutendsten,) sondern weil ea das kürze«
ste ist ;
Vi:
1 r . . 1 ■ Ii • na fa be - be, U cur - nacchia f* er*- er«, qu.mdo sei vi-ci-noa
■
mc, il luo co-re Et-pin die fa!
l ... M 7/ ai
L • t r • 1 o , »tr iMiuorr 111 liitii.
Google
ALLGEMEINE
MUSIKALISCHE ZEITU N G.
Den 3 ten July.
N9. 40.
1805,
Mutik alt Er Ziehungsmittel,
(Mit Rücksicht auf einige Aufsätze in der muiikel.
Zeitung und in der pädagogischen Bibliothek.)
Mir haelis schätzbare und interessante Oe-
dankeo über die Vorlheile der frühen
musikalischen Bildung (musikal. Zei-
langst in meiner Seele lag, was längst die
Erfahrung auch mir bewahrt halte;* sie bil-'
1 igten,' was Ich als Erzieher schon seit Jah-
ren su thou gewohnt war. Durch ihr
Wahres mussten sie mir lieb und werlh
seyn, aber durch jene Umstände mich noch
mehr einnehmen. Dem Verfasser dafür
meinen wärmsten Dank! — Darauf trat
GutsMuths in seiner pädagogischen Biblio-
thek mit der Frage auf: Wollen alle
tung, 21. Nov. i8o4.) sprechen aus, was Deutsche Musikanten werden *) ?
*) Ea haben nni Mehrere gefragt , warum wir diesen Aufist* , der doch tarn allerwenigsten das Kind mit
dem Bade au*«chKtte, nicht beantworteten. Wir marhlen einen untrer würdigsten Mitarbeiter, den das
Publikum ala Gelehrten Uberhaupt, als Psychologen und Kunstkenner insbesondere , ehrt, und der
überdies ala theoretischer und praktischer Erzieher «ehr viel Rühmliche« geleistet hat — : ihn machten
wir auf jenen Aufsats der pädagogischen Bibliothek aufmerksam. Er achrieb uns zurück: »Nein,
nicht antworten, sondern dio gute Sache selbst desto sorgsamer fördern! Was wäre auch dem su
tagen, dar also fragen kann? etwa ihm, dem lebhaften Gymnastiker, die gans gleiche Gegenfraget
Sollen alle Deutsche Laftspringer werden? Und was käme dabey heraus? tyahrachernlich ein Streit«
wie wir deren, bis ror kursem, sum Ekel haben mit ansehen müssen — — ein Streit, wobey die
Hauptsache ron beyden Parteyen ana den Angen gelauen and über Worte, höchstens über Missbräuche,
die Jedermann dafür erkennet, ohne daas aie der Sache selbst «chadeten, gekämpft wird; einStreit, wobey
sich das Publikum auf Unkosten beyder Parteyen lustig macht, am Ende wol beyde verächtlich findet,
und, was das Schlimmste ist, dio Sache selbst, die sie mit Poltern angreifen oder rertheiiligcn,
obendrein! Nein, nicht so! Das* mit Masikliebbaberey , so wie mit Kunatliebhsberey , wol gar
Kunstkenners y , überhaupt, jetst viel ThÖrigtea und Lächerliches getrieben wird, weiaa ja Jedermann;
dass diea aber der Knuaüiebe und Kunatkenntniss nicht schaden könne, weiss msn ebenfalls. Nun hat
jene Thorheit ihren, leicht nachsuweisenden Grand im Geiste dtr Zeit, wie er sich besonder« in den
feinen Persöuchen beyder Geachtechter jetst ausspricht. Gegen diesen siehot man aber umsonst zu
Felde , besonders mit der Klopfkeule ! Man lässt ihn ako gewähren — ein Produkt der Zelt , vergeht
er auch mit ihr; oder will, wer ron grossem Einflusa tat, etwaa dagegen thna, «o hebe er da» tiessercr
desto glänzender hervor, wo denn der Schatten desselben von seibat desto dunkler erscheint und die,
welche ihm nachliefen, sich selbst desto eher lächerlich verkommen müssen. Ich seht dergleichen
Explosionen des Zeitgeistes an der Masse an , wie Eaplosionen der Affekten an Binzetnen — in
jedem t und auch in dem Betracht, das« man durch heftigen Widerstand nUr mehr reist; wenn
7. Jahrg.
40
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635
1805. July.
636
Auch mich hatte der Misslmiurh der Musik,
welchen er unter dieser Rubiik zu rügeu
vermeynt, bald gekränkt, bald zum La-
chen gereizt. — Wollte man nun aber
auch die Art, wie GutsMulbs dagegen auf-
tritt, aus der Acht lassen, so bedurften
doch seine Behauptungen selbst einer Be-
richtigung. Diese- wollte ihnen Michaelis
angedeihen lassen ; (s. musikat. Zeit. XV.
l8o5.) aber es gelang ihm nicht, die Sache
su erschöpfen. Ueberhaupt — was mir,,
als Erzieher, am wichtigsten schien, war in
allen diesen Aufsätzen gar nicht, oder nur
flüchtig berührt. Musik nämlich, ist, nach
meiner Ueberzeugung, nicht bloss für die
Jugeud zu empfehlen als Mittel zur Ge-
achmacksbildung, als edle Unterhaltung etc.
unendlich wichtiger ist sie (ist vorzüglich
der Gesang) ala das trtfflichste Erziehungs-
mittel, um das Gemüth rein und edel zu
atimmen , um die Liebe zum Guten und
Schönen überhaupt, zur Tugend und Reli-
gion, tief und innig mit unserm Wesen zu
vei flechten, so dass sie ewig unzertrennlich
bleiben. — Von diesen Ideen, die ich
achon oft in meinem Leben bewährt fand,
geleitet, suchte ich vor füuf Jahren eine
kleine Anstalt zu Stande zu bringen — ei*
ne Anstalt, von der ich nicht öffentlich ge-
sprochen haben würde , wenn nicht ein
Dritter ihrer in No. 16 der musikalischen
Zeitung erwähnt hätte. In Bezug auf meine
obigen Behauptungen und auf die erwähnten
Aufsätze der Herren GutsMuths und Mi-
chaelis — wie auch, um nicht mit meinen
Freunden in den Augen Mancher ata Die-
ser der Eitelkeit grosser und kleiner Kinder
zu erscheinen, stehen einige Worte hier
von dem Kinderkonzert , das jener Korre-
spondent aua Frankfurt am Mayn erwähnt.
— Die Kinder waren noch klein und ver-
standen wenig oder gar nichts von Musik,
ala ich sie schon gern horchen sah, wenn
ich das Klavier zum Echo meiner Gefühle
machte. Mögen Andere musikalische Expe-
rimente an Elephaulen und Spiuuen ma-
chen, daohte icb; die mit der. zarten Kin-
derseele sollen dir erfreulichere Resultate
gehen. Ich spielte einfache Gesäuge —
Melodie und Text so rein und zart, wie
diese schuldlosen Seeleu; sie drängten sich
näher herbey und versuchten mit zu singen*
Das erlaubte ich! — Von nun an spiel-
te ich ihnen zuweilen etwas vor. Bald
versammelten sich auch ihre kleinen Freun-
de dazu. Nun wurden regeln Sssige Ver-
sammlungen verabredet ; der letzte Abend
der Woche wurde zu einem dun haus an-
spruchlusen , fröhlichen Igiioianteukonzert
bestimmt. Wir waren da alle wie die
Kindlein — waren unersättlich, die schö-
nen, herzvollen Gesinge zu singen, welche
immer sorgfällig gewählt wurden. Die Kin-
der lernten Musik : bald trafen wir daher
die Veränderung, dass nach jedem Liede
eins der Kinder auf seinem Instrumente et-
was spielte, so gut es konnte. Dies be-
förderte das Vergnügen der Kinder an ih-
rem Instrumente und ihre Fortschritte un-
gemein — obgleich Eitelkeit uud Sucht zu
glänzen, als Todfeinde wahrer Veredelung,
durchaus (so weit man wenigstens ihnen
nachspüren kann) verbannt sind. Nach und
nach ist so dies kleine Konzert eiu ange-
nehmer Ztikel geworden, auf den sich alt
und jung kindlich freut. — Was der. klei-
nen Anstalt in meinen Augen den reelalen
Werth giebt, sind und bleiben immer die
gemeinschaftlichen Gesinge. Ihr Sinn ist
ein Anklang des Göttlichen in unserm eig-
nen etwu dagegen thun will,
d. Rsdakt.
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657
1805. July.
65S
nen Geraülhe. Gesang ist die beste Lehr-
melhoda für das Heilige und Schöne — er
erspart manche Lehrstunde *), manchen mo-
ralischen Sermon — Ich spreche hier von
Qnsera deutschen Liedern, (woran wir ei-
nen noch unerkannten Schatz besitzen) nicht
von den — wenigstens dem Inhalto nach —
meistens geschmack-, oft sinn- und herz-
losen Opernarien. — In dem ( No. 16 der
musikal. Zeitung erwähnten) musikalischen
Kinderfreunde habe ich die meisten unserer
Liehlingsstucke nach den oben angegebenen
Grundsätzen gesammelt — und ich fordere
Herrn Michaelis auf, das Werkchen nach
seinen eignen und nach den oben geäusser-
ten Grundsätzen zu beurlheilen, und zu er-
klären, ob es unnütz, oder gut und zweck-
mässig ist
Frankfurt am Mayn.
Engelmann.
Vorschläge zur Benutzung aher t unbrauchbarer
J'liigtl und Fortepianos.
So wie jetzt jeder Klavierspieler sich ein
gutes Fortepiano wünscht, so schätzte man
•ich vor etwa fünfzig Jahren glücklich, ei-
nen guten Flügel zu besitzen. Mehrere
Künstler, z.B. Friederici, Silbermann
u. a. m. verfertigten dergleichen Instrumente
mit vorzüglich gutem Ton, äusserst akku-
ratem Mechanismus, und auch mit ^— nach
damaligem Geschmack, sehr schöner äusse-
rer Arbeit. Da das Klavierspielen seit un-
zwanaig bis dreyssig Jahren mit
1. su einer Crossen Voll-
kommenheit gediehen ist, so konnte man die
Flügel wegen ihres Mechanismus natürlich
nicht mehr recht brauchbar finden, und die
Stein'schen Flügel - Fortepianos , die man
bald aller Orten nachzumachen suchte, ver-
drängten sie vollends ganz. Mancher schö-
ne und theure Flügel steckt nun unterm
Dache, oder in einem andern Winkel, und
mancher, der mit »5o Thalern, und drüber,
angekauft worden war, ist, bey noch völlig
gutem Zustande, für 10 bis i5 Thaler wie-
der verkauft worden, um ihn nur los zu
werden. Jetzt kauft auch für den gering-
sten Preis nicht leicht Jemand mehr einen,
und mancher ist nun verdorben oder dem
Verderben nahe, um den es wirklich Scha-
de ist. Manches andere, unbedeutende, alto
Kunstwerk bewahrt man der Seltenheit we-
gen auf: dies kann mit diesen Instrumenten
nicht füglich geschehen , weil sie zu viel
Raum wegnehmen. Schon vor etlichen Jah-
ren kam Einsender dieses auf den Gedan-
ken: ob es nicht möglich seyn könnte, ei-
nen Flügel mit dem Mechanismus eines
Fortepianos zu versehen. Er theilte diese
Idee einem geschickten Instrumentmacher
mit, und dieser hat sie wirklich glücklich
ausgeführt, und einen alten Flügel zu ei-
nem brauchbaren Fortepiano umgeschaffen.
Ungeachtet er einen neuen Resonanzboden
drauf machte, und die alto Klaviatur natür-
lich auch nicht brauchen konnte, so liess er
sich doch für seine Arbeit nur etliche drey.
sig Thaler bezahlen. Unter den unzähligen
Klavierspielern, die man jetzt findet, ist der
grösste Theil nicht im Stande, nur etwa 100
Thaler zur Anschaffung eines der wohlfeil-
sten Flügel -Fortepiano zu verwenden. Viel-
leicht ist daher manchem, der einen alten
aber guten Flügel besitzt, oder solchen um
1 •■
f"Ti " : 1
•) la alle« Ern.t, lieber Herr College! Versteht
'Naturgeschichte, Rechne*, Schreiben,
»ich, data wir aber Mathematik un
■1
d Geographie, Ge-
lehren.
y d. Yrrf.
v Digitized by Google
639
einen sehr geringen Preie zu kaufen Gele-
genheil hat, die Mittheiluug diese« wirklich
ausführbaren Vorschlags, angenehm. Ein
spicher, von einem guten Instrumentmacher
umgeschaflner Flügel, wird gewiss viel
brauchbarer seyn , als die meisten Forte-
pianos in Klavier-Form , wie sie zu Dutzen-
den, für nicht unbeträchtliche Preise, ver-
fertiget werden; er kann auch wol, nach
Beschaffenheit der Umstünde, in Rücksicht
des Tons und Haltung der Stimmung, da
das Holz gewiss hinläugtich ausgetrocknet
ist, manchem neuen, eleganten und theuern
Flügel -Fortepiano, dessen Vcr fertiger, aus
Mangel an Verlag , nicht das beste Holz
verarbeiten konnte , vorgezogen zu werden
verdienen. Wol noch häufiger als die Flü-
gel, findet man auch alte Fortepiaoos in
Klavierform, die wegen ihres Mechanismus,
da die Hämmer uur mit Leder oder Perga-
ment angeleimt sind und keinen Absprung
haben, auch nicht füglich mehr gebraucht
werden können , so gut auch sonst ihr Ton
pnd die übrige Beschaffenheit ist, wie z. B.
die .von Beck au» Werdau gebauten. Auch
diese sind mit einem bessern Mechauismus,
wie man ihn jetzt verfertigt, nämlich, mit
Hämmern, die Absprung und gleichen An-
schlag haben, (welches letztere bey der er-
wähnten alten Bauart nicht zu erlangen und
.zu erhalten war,) und mit brauchbarem
Dämpfern zu versehen* Die Kosten köu-
uen, wenn das Instrument sonst noch völ-
lig gut ist, mit 10 bis ia Thalern bestritten
werden. Vielleicht könnte auch aus einem
alten Flügel, den mau der Umschail'ung zu
einem Fortepiano nicht Werth achtete, wenn
der Kasten nur noch gut wäre, ein recht
süchtiges Pedal verfertiget werden* Ueber-
haupt wäre es wol an wünschen, dass ge-
schickte Instrumentmacher versuchten, Pe-
dale zu bauen. Natürlich gehörte dazu, da
das Pedal sechssehn Fuss -Ton halten
muaste, ein besondrer Kasten, aufweichen
ein Fortepiano gesetzt werden könnte. Wie
640
viel roüssle dann nicht ein guter Spieler auf
zwey solchen woblgerathenen Instrumenten
leisten können!
F. W — r.
Utbtr die Epreuvt Stereotype des Caractiret de
Musique dt* Hrn. Franz Reinhard zu
Strasburg.
Hr. Reinhard hat seiner neu erfunde-
nen Art von Notendruck mit ganzen Plat-
ten, nicht ohne besondere Mühe und Kosten,
durch schwarze Nuten auf blassblauen Li-
nien noch ein eigenes, malerische« Ansehen
zu geben versucht: wodurch er aber Gefahr
läuft, seinen schönen Notendruck für ge-
sunde Augen schädlich und für blöde ganz
unbrauchbar zu machen. Denn da das Auge
beym Lesen dieses farbigen Drucks zweyer
Aktionen zu gleicher Zeit bedarf, erstlich
die Note zu bemerken und dann noch , ver-
mittelst einer besondern Anstrengung, die
Linien aufzuzählen; so tnuss selbst daa be-
ste Auge leiden , welches ein so gedrucktes
vielstimmiges Klavierstück bey Lichte an-
haltend studirt. Ja, die Erfahrung hat be-
reits gelehrt, das« bey Lichte schwächere
Augen schon auf den Vortrag einer Stimme
•einer gedruckten Pleyl'schen Quartetten
Verzicht tbun müssen. Ueberhaupc aber
scheint beym Notendrucke die Bewirkung
einer malerischen Ansicht ganz unstatthaft
au seyn. Denn die Noten, welche hier
vermittelst ihrer Schwärze, als Hauptfigur,
gleichsam in den Vordergrund hervortreten
und sich ans den blassen Linien herausheben
sollen, sind weiter nichts, als Zeitzeichen,
allenfalls Noten für Trommeln und Trian-
geln. Tonzeichen werden sie erst durch
die Stelle, welche sie auf den Linien ein-
nehmen; dadurch werden aber diese Linien
1805. July.
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641
1805. July.
642
der Nole ein ebeo so wesentlich notwen-
diges Stück, als selbst der Kopf, und müss-
ten, da sie obendrein der zärteste Tbeil
sind, durch in die Augen fallende Schwar-
ze gerade am meisten hervortreten. Schon
die Mctache des zwölften Jahrhunderts sa-
hen die Notwendigkeit ein, dein Auge die
Uebersicht der Linien aufs möglichste zu
erleichtern; indem sie tu diesem Zwecke
sogar rothe , gelbe und schwarze Linien
über einander setzten. Also findet bey ei-
nem Nolenblatle keine andere Schönheit,
als Reinlichkeit und etwa Gleichheit der
Köpfe und Striche, und kein anderer Hin-
tergrund, als das weisse Papier, statt.
Was man übrigens Schönes und fürs Auge
Gefalliges von Notenblättern fordern kann,
liefern schon die Pley Ischen, Nagelischeo,
-Simrockischen , Hofmeisterschen und An-
. dreischen OOicineo. (Proben von dem neuen
.Notendrücke der Herren Unger und Härtel
sind mir noch nicht zu Gesicht gekom-
men.) Aber keiner von allen diesen hat
zieh einfallen lassen , diese Schönheit
noch durch verschieden Druckerfarbe zu
erhöhen. Endlich könnten auch wol
nach Zeit und Umstanden Herrn Reinhards
Noten bleich oder gelb werden: wohin
•würden aber dann seine blassblauen Linien
.schwinden ?
*
Diese letztern abgerechnet, lssst übrigens
Herrn Reinhards Notendruck nichts zu wün-
schen übrig, da besonders an seinen Linien
und Strichen durchaus kein Zwischenraum
bemerkbar ist; und bedient er sich künftig
einer und derselben schwarzen Farbe , so
verdient er das beste Lob für seine Erfin-
dung und die thätigste Unterstützung des
/Publikums bey seinen künftigen Unterneb-
• orangen. .1 » *
»•••■■ •' + +
* * r.
.A- ...
»*•* 1 • «4 ■ . » M * . 4 t i ■» 1
• * «
R 1 c i v t 1 o h,
Trois Sonata pour h Pianoforu composits
per F. Lautka. Oeuvr. 19. A Leipsir,
chez Breitkopf et Härtel. (Preis 1 Thlr.
8 Gr.)
Herr Lauska ist als ein vorzüglicher
Klavierspieler und Mnsiklebrer in Berlin
bekannt und mit Recht geschätzt: es hat mir
darum Leid gelhan, dass er als Komponist
manche hsrle (doch nicht ungerechte) Ur-
theile hat über sich ergehen lassen müssen,
woran das Schuld ist, dass seine frühen
Jugeudarbeileu , vielleicht gegen seinen
Wunsch in reifern Jahren, ins Publikum
gebracht worden sind. Aber eben darum
macht es mir desto mehr Freude, hier eine
seiner neuesten, gereiften, uud sehr wohl-
gcralhenen Kompositionen anzeigen zu kön-
nen, die den Eindruck jener frühern -r-
wenn sie Eindruck sollten hinterlassen ha-
ben — gewiss ganz vernichten kann.
Hr. Lauska ist, als Komponist, wol zu-
nächst zu Clementi's Soltule zu zählen; und
das muss jedem Kenner um so lieber seyn,
fe trefflicher diese Schule ist, und je unbe-
suchter sie eben jetzt in Deutschland (nicht
in England) zu seyn scheint Ith will die
Sonaten kurz durchgehen. Die erste hat et-
was Ungewöhnliches im Entwurf, das zu
loben ist, da man des ewigen Schlendrians
im Zuschnitt der Sonaten endlich müde wer-
den muss. ' Nach einem ziemlich brillanten
Allegro folgt eine Menuett mit Alternativ.,
im Sinn der Sinfonieen - Menuetten , und
hierauf eine lang, und sehr fignrirt gehalte-
ne Polonaise. Das Ganze rundet sich so
nicht übel : nuszeichnenswerth scheint mir
aber nur jener mittlere Satz, der Geist und
Kraft verrttlb; doch ist die Polonaise, frisch*
-und nett vorgetragen, auch angenehm zu
•hören, besonders wegen ihrer muntern und
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643
i8o5. Ju1y,
644
ungekünstelten Melodieen, so wie wegen der
anziehenden Lebendigkeit und Fülle in hey-
den Händen , ohne allzugrosse Schwierigkei-
ten in der Ausfiiürung. — Die zweyle So-
nate ist mir im Ganzen noch lieber. Auf
ein sehr brillantes, reich Bgurirtes, aber
doch gut zusammengehaltenes Allegro folgt
ein kurzes, singharcs, aber nicht malles,
und sehr gut vierstimmig behandeltes Adagio,
das man eben darum länger und weiter aus--
geführt wünschen darf } und hieran schliesst
stell ein rasches Rondo, im Sinn und im
Stil den Clementi'schen aus der mittlem Zeit
dieses Meislers ähnlich. Ich habe hierbey
nur folgendes zu bemerken. Es ist in die-
ser (und der folgenden) Sonate sehr oft bis
ins viergestrichene c geschrieben worden ;
das ist nicht zu tadeln: denn warum soll
ein Komponist nicht alles benutzen , was er
zu betiutzen vorfindet ? Aber es haben
denn doch bey weitem die meisten Spieler
nicht solche Instrumente! warum sind also
nicht die Stelinn, die über f oder g gehen,
umgeschrieben beygesetzt worden? Weil es
Verwirrung machen kann? Ich dachte,
wer so etwas spielt," wird nicht mehr so
leicht verwirret ! — Ferner : sollte, dem
Verf. nicht die ganze Stelle, S. x5, vom
Syst. 2, Takt 3 an,' bis zur Rückkehr ins
Thema, leer und schwach erscheinen, un-
geachtet des gelehrten Apparats von enhar-
monischen Uebergätigcn ? Oder vielmehr
gerade um dieser willen '. So etwas ist an
sich wenig oder nichts — denn was sind
denn dergleichen blose Rückungen? —
es spannet im Gegentheil zu hohen Erwar-
tungen, und so muss eine an sich nicht
üble, aber nicht tiefgreifende, nicht affektvolle
Stelle, matt, und, wenn ich meinem Gefühl
trauen darf, sogar widrig klingen. Es ist
damit ungefähr wie mit sehr künstliches,
unnatürlichen, gesuchten Wendungen der
Sprache in einem Sonnet oder muntern •
Li edel Warum nun so etwas suchen?.
Ja; gesucht ist das hier von dem Kom-
ponisten: denn was er ungesuent giebt, zeigt
überall mehr Eebeu ;
Das beweiset vorzüglich auch der fol-
' gende Satz : das erste Allegro der dritten
Sonate, das eiuen gemessenen , festen Gang
hat und in jedem Betracht dem Verf. Ehre
macht. Er ist gut erfunden, fest gehalten
— in Absicht auf den Sinn, wie auf die
mechanische Behandlung — ist gründlich,
sogar gelehrt ausgeführt, und doch einfach,
klar, leicht und sehr angenehm. Dieser Salz
i»t weniger mit Cleraenti's Sonaten, als mit
Haydns treulichen Moderatos in den Quar-
tellen seiner mittlem Zeit (die kein Kenner
in spätem gern vermissl) su vergleichen.
Auf ihn folgt ein Polonoisen- artiges Scherzo,
das artig , doch für seine Stelle vielleicht zu
unbeddutend ist, (hier wäre, meines Erach-
tens, ein schön und gründlich ausgeführtes,
ernstes, nicht weichliches Adagio, wie wir
ebenfalls deren in jenen Haydnschen Quar-
tetten finden, an seinem Platze- gewesen,)
und nun bescbliesst ein rasches und kräfti-
ges Finale das Gajye.
Die Ausführung ist für den Spieler nicht
allzuschwierig $ es liegt alles gut in der
Hand: aber Fertigkeit, Präzision önd Net-
tigkeit des Spiels verlangen diese Sonaten.
Die meistens reine, gute Schreibart des Verf.
ist ebenfalls su loben. Das Aeussere des
Werks ist gut r und nur Eine, aber eine
bedeutende Irrung des Stichs ist mir aulge-
stossen. S. 12, Syst. 5, Takt 4 paast der
Bass nicht, und kann am leichtesten so ab-
geändert werden, dass die linke Hand ein
doppeltes d (halbe Note mit dem Punkt)
nimmt Auch ist die Figur der rechten
-Hand in dem unmittelbar vorhergehenden
Takle nicht gut gewählt; wollte der Verf.
nicht wenigstens lieber, statt des ersten
der beyden dreygeslrichnen g in bey den
Takten, fis nehmen? Mehr über das Tech-
nische zu sagen, verspare ich, den Raum.
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N
645 I805.
zu schonen, auf andere Werke dieses Kom- }
ponisten.
Kurze Anzeige.
1) II matrimonio per raggira ( IJeyralh darch
List) komische Oper in zwey Akten , von 61-
marosa , im Klavierauszuge von Bierey.
(Pr. 3 Thlr. xa Gr.)
2) / Fuoruscitl, (die Wegelagerer) komische
Oper in zwey Akten , von Paer, Klav'urausz.
(Pr. 5 Tiilr.)
5) Sargino, ossia tallitvo deli' amore, (Sar-
gin, oder der Zögling der .Liebe) heroisch-
komische Oper in zwey Akten t von JPaer.
Klavierauszug. (Pr. 5 Thlr.)
(Sämmllich bey Breilkopf und Härtel in
Leipzig.)
Von einer Oper kann , der Natur der
Sache nach, eine eigentliche Recension (ein
abgeleitetes, raotivirles Urlbeil) nur gegeben
Werden, wenn man sie erst vom Theater
gehört und dann aus der Partitur atudnt
hat; eine uneigentliche Recension, der Aus-
spruch eiues subjektiven Unheils , stehet
dem zu , der wirklich ein achtungswerthes
Subjekt ist und die Oper vom Thealer ge-
hört hat : wer sie aber nur aus Auszügen
kennet, der darf sich blos eine Anzeige er-
lauben, auch wenn er der Mann dazu wäre,
selbst eine gute Oper zu schreiben.- Darum
begnüge ich mich mit einer solchen Rela-
tion, obgleich hier von drey sehr schätzba-
ren Produkten die Rede ist. Man kann
sich das um so mehr gefallen lassen* da es
von diesen Werken schon bekannt worden,
da*s No. 1. id Italien sehr beliebt ist, (auf
deutschen Theatern möchte sie des Textes
wegen, der, wenn man ihn als irgend et-
July. 646
was anderes, denn als Vehikel, singen zu
können, ausiehet, miserabel erseheint, we-
niger Glück raachen,) dass No. 2. auf ila- .
lienischen und deutschen Theatern ausge-
zeichneten Beyfall gefunden hat, und dass
No. 3. in Dresden ein Lieblingsstück ist,
und auch auf deutschen Theolern Glück
macht, wo man nicht blos gut singen, son-
dern auch gut spielen kann.
No. 1. ist (ich spreche nur von den
Auszügen, wie sie vor mir liegen,) für ge-
wandte, komisehe Sänger, und für eine lu-
stige, leicht sich araü sirende Gesellschaft.
Die achte italienische ttulfonerie ist schwer»
lieh irgendwo in der Musik weiter gelrie-
ben, und nur mehrere Scenen in Matrimo-
nio segreto von demselben Komponisten und
einige seltene von Paisiello, stehen auch in
diesem Betracht höher. Das erste Quintett,
die Arie: ' Pöco fa lei non mi disse, (Sag-
ten Sie mir nicht vor kurzem) das Duett:
La tua figlia vuol marito, (Braut will deine
Tochter werden? was besser hiesse: Einen
Mann will deine Tochter ? ) Die Arie 1
Frascöncello civettone, (Ganz zum StuUer
nur geboren) das Quartett: Di quesla dorin-
dana , ( Bey fürchterlichen Blitzen ) und
dergl. — : wenn sie von Personen von Ge-
wandtheit , gutem Humor und geläufiger
Zunge — denn rühren muss man sich in
ihnen — vorgetragen werden, so roöcht' ich
den sehen, der sich nicht freuen, .uicht la-
chen roüsste ! oder vielmehr, ich möchte
den nicht sehen! — Und dahey ist die
Musik nicht nur mit Geist , sondern auch
meistens — wie z. B. in den zwey ange-
führten mehrstimmigen Stückeu — mit Fleisa.
und recht gut geschrieben. Das Ganze ist
also ein honneter Spas.
Nö. 3 und 5. sind mit mehrern ernst-
haften Sin< ken nnd grossen Bravotirscenen
gemischt, und (so wie No. 3. noch mehr)
höher gestellt. Hier giebt ea auch über-
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647
i$o$. July.
648
haupt mehr Maonichfaltigkeit, aber nicht
die Frischheit und da« Lockere in den ko-
mischen Partieen. Die Ensembles sind fast
alle, vorzüglich ia No. 3., auszeichnens-
werth. Von den Sceften für Einzelne ma-
chen , auch beytn Pianoforte, folgende eine
treuliche Wirkung : In No. 3. Duett x
Quello sguardo, (Diese Blicke,) Romanze
mit unterbrechenden Tuttie : Una fida pa-
storella, (Einem treuen Hirten raubte) Duett :
Nume benefico, (Liebe, du Schöpferin,)
Duett: Se tu mi sposi, (Willst du mich
freyea,) — In No. 5., wo der ganze
Dialog im Zusammenhange vorgedruckt ist,
was sehr zu loben, und wo es vom Kompo-
nisten mehr auf Hervorstechen der beyden
Hauptrollen, der Liebhaberin und des Lieb-
habers , abgesehen ist : die Scene mit der
Arie: Ah So Ina , mio caro bene, (Ach So-
phia, süsses Leben,) Duett: Voi non ve-
deste roai, (Man kann ihr ohn' Entzücken,)
Terzett: Quel labbro ola sciogliete, (Jetzt
du dich erklären,) Scene mit der
Arie: Una voce al cor mi paila, (Ja, ich
höre tief im Herzen,) etc.
Die deutsche Unterlegung ist bey allen
drey Opern nicht raissrathen, obgleich, be-
sonders die Possen in No. 1. und die zärt-
lichen Scenen in No. 3. und 3. weit besser
italienisch zu singen sind. Das ist nun ein-
mal dem Italienischen eigen und verliert im
Deutschen sehr, selbst wenn dies noch so
geschickt behandelt wäre — wogegen das
Tragische und Grandiose, italienisch gesun-
gen, immer einen Anstrich von Parodie,
etwas Lächerliches bekömmt. Der Klavier-
auszug ist mit Sorgfalt und guter Einsicht
gemacht. Sonach hat man gegen nichts
Einwendungen, ausser gegen das weiche,'
leicht reissende Papier, das man bey dieser
Veilagshandlung nicht zu erhalten gewohnt
ist, und bey keiner zu erhalten gewöhnt
werden sollte. Ein Flugblättchen, ein Mode-
liedchen, das — wie dort stehet — heute
blüht und morgen in den Ofen geworfen
wird: so 'was mag allenfalls auf Papier ge-
geben werden, das nicht länger dauert, als
was drauf steht; aber etwas, wie hier ge-
geben ist, durchaus nicht! —
Ahbxdotb.
Ein östreichischer General gab dem
türkischen Commandanten zu Belgrad, swi-
scheu dieser Festung und Semlin, ein Fest
auf der Donau. Beyde hatten ihre Musik
bey sich. Nachdem die türkischen Virtuo-
sen eine Zeit lang Lerm gemacht hatten,
liess der General von seiner trefflichen Har-
monie einige schöne Sätze blasen.
W T ie gefällt Ihnen das? fragte er «einen
Gast.
Das ist keine Kunst» erwiederte der
Türke ; Ihre Leute blasen aus Büchein,
aber raeine — die machen'« auf der Stelle
selbst.
Hierbey d*t latslligeixblatt No. XII.)
—
Lllfll«, IlT milKOM iit alaTBL.
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INTELLIGENZ - JSLATT
zur All gemeinen Musikalischen Zeitung,
July.
Ni. XU.
1805.
M.
Uioen entfernteren Freunden die Nachricht, da*«
eine Sammlung meiner Gedichte in Berlin bej Frö-
lich ao eben erschienen, nad in allen üuchhaudluu-
Chri.tian Schreiber.
Eitenach.
In n atenn Verlage ist 10 eben erachienen :
Musikalisches ABC Buch oder Ltit-
fadtn beym ersten Unterricht im Klavierspie-
len nebst Anmerkungen für den Lehrer, und
Handstücken für Anfänger von J. G. Wer-
ner, Organist zu Frohburg. Schweiser-
papier in gr. Quart, Preia ao Gr. oder
1 Fl. 5o Xr. rhein.
k a *
Schul lehrern in Städten nnd auf dem Lande,
Hauslehrern , SeminarUten , Gymnasiasten nnd vielen
andern , die oft Unterricht im Klarierapielen ertheilen
müssen, ohne dass sie sich je auf diesea Geschäft
gehörig vorbereiten konnten, so wie auch denjenigen,
die ohne mündlichen Unterricht von selbst Klavier
spielen lernen wollen, wird dieses Werk willkommen
eeyn. Die ersten und wichtigsten Grundbegriffe der
Musik sind darin anf eine, jedem Kinde fassliche
Art und so vorgetragen, da» man beym Unterricht
den Lernenden daa Buch «etbst in die Hände geben
kann. In besondern Anmerkungen findet der Lehrer
die nöthigen Winke, seinen Unterricht gründlich,
deutlich und möglichst leicht und angenehm su ma-
chen , in gehöriger Stufenfolge fortauschreiten , das
Musikalische Gefühl su wecken und au bilden u. s. w.
Auch sind dem Werkchen kleine Stücke su aweckmis.
«igen Finger- und Tsktübungen angehängt, ■— Von
demselben Verfesser erschien vor kunem bej ans:
Anweisung für angehende und ungeübte Orgel-
spieler, Choräle zweckmässig mit der Orgel
zu begleiten , nebst Zwischenspielen für meh-
rere Falle von J. G. Werner. Schwtpap.
mit Breitkopfachen kleinen Noten in gr.
Quai I. Prei. 1 Tblr. oder 1 FJ. 48 Xr.
Statt aller Empfehlung diesea Werkt
wir die Leser auf die Recension in der Leipsiger
musikalischen Zeitung, Nr. 34. — Da daa
Orgelspielen noch auf einer, für unsere Zeiten äus-
serst niedern Stufe der Kultur stehet , so wurden sich-
Kirchenpstrone oder Prediger ein wirkliches Ver-
dienst erwerben, wenn sie den Orgsniiten ihrer Ktf^
che dieses so sehr nütaliche Lehrbuch in die Hände
zu
Penig im Jucy, »8o5.
F. Dienemann und Comp.
Neue Musikalien, von verschiedenen Verhgertt,
Welche bey Breitkopf und Härtel zu haben sind.
Dallayree, Favorit • Duett a. d. Op. der Glücks-
ritter. 8 Gr.
*
Pätr, Ouvertüre und PavorÜarien a. d. Op. der Hit*,
köpf. Klavierauas.
Weigl, J., Notturno, a. d. Op. die Hcrruhuterwaen,
6 Gr.
Daa Würfelspiel, ein Lied mit Begleitung des Pianof.
5 Gr.
Kallenbachs Lied: Weinf nicht, füra Klavier.
J Gr.
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Groatheimt Lied: Da* Mädchen aa* dar Fremde.
a Gr.
Autwahl, eorzügl icher Lieder «or Uebnng de* Getan»
gei am Klavier, für • Anfänger, ir Heft. 10 Gr.
Lindeinann, F., a engl. Lieder mit untergelegtem
deutschen Test, für da* Fortep. 6 Gr.
Grote heim, 6 Lieder mit Begleitung dea Fortep.
8 Gr.
B'anchi, Sehnsucht mit Klar. Begl. 3 Gr.
— — die Eracheinung do. 3 Gr.
— — Einladung aur Freude do. 3 Gr.
Kleinheina, F. X., der Kampf, ein Gedicht ton
Schiller. Op. U- U Gr, .
de Call, Gesang Tür i Tenor« n. a Bitte , ohne Begl.
Op. 10. No. 3. io Gr,
Bachmann, G. , Klage der Ceres, ein Gedicht von
Schiller, 14 Gr. • •
Eunice.«, J. F. , 6deuracheLiedermitBegl.de*
Fianof. 12 Gr.
Reichert, F. F.» Liedertpiele mit KlarierbegJ.
a Thlr.
f. Klarier.
a Thlr.
Gerat, 3 Romaneea aree ace. de • Fianof. 09 Harpe,
Op. 5. 1 Thlr.
— . — Bdisaire, romaoee avee ace. de Pianof. on
Harpe. 1a Gr.
Sterkel, 6 Chantona Italiennet aree ace. da Pianof.
Lir. 1. 1 Thlr. 4 Gr,
. — 6 do. Lir. a. > Thlr. 4 Gr.
Aria ana Rinaldo: In dea Walde* ate. 3 Gr.
— der nächtliche Beauch. Wen« die Nacht etc.
4 Gr.
Arie, die Einaamleit : Um mich her ete» 4 Gr,
Bonbon* sum nützlichen Gebrauch füre Klar. No. 1.
8 Gr.
Wiegenlied für Karl* Enkel. 4 Gr.
Kanne, F. A., 6 Ge*änge au* Herden Samml. dar
Volkslieder. Op. »1. 16 Cr.
— — do. do. Op. 22. 16 Gr.
Monethslrtichte Pur* Pianof. und Gesang, sr Jahrg.
»» Heft.
Bach mann, G., 6 Gesänge bejm Klar. Op. 4&
ao Gr.
BigotdeMor-oguet, 5 Romances aree ace. de
Pianof. 8 Gr.
Frenzel, F., 6 Romaneea aree aecomp. de Pianof.
Op. 10. 1 Thlr.
Amon, J. , 6 Lieder mit Begl. de* Klar, oder der
Guitarre. aa Gr.
Stärket, ' Geaänge mit Begl. de* Klar. c,te Samml.
1 Thlr. 8 Gr.
Scheibler, Allgemeine Beichte a. d. GeiclUchafti- .
liedern von Göthe. 6 Gr.
Guthmann, Fr., Methodik de» Klavier- und Pia-
iG Gr.
Albrechtiberger, G. , Kurze Regeln de* rcintlea
Satze*, alt Auhang zu dessen griiadl. Anweisung
.or Kompoaition, 12 Gr.
Meinatr, A. G. , Bruchstücke zur Biographie J. G.
Naumann*, jr Theil. a Thlr.
Naumann, J. A. , der 3te Psalm, vierstimmig ge-
setzt mit vollem Orchester. In Stimmen. 3 Thlr. '
Jomelli, N. , OfTcrtorio: Connrma hoc Deti*, per
. La Domenica di Pentecoste a 1 Sopr», Alto. Ten.,
Baaao ed Organo. In Parti tura e Parti eeparat.
1 Thlr. 4 Gr.
Gyroweta, A., Recitativo ed Aria dalt» Op. 8e«
miramide. In Partum* • Parti separate. 1 Thlr.
i Gr.
G*re*> ler, Sonate p. ta Harpe. 4 Gr.
Magetin p. la Harpe. Cah. 1 — a. i Thlr.
de Marin,, pet. Air*, atr. ponr la Harpe. .Op. i8.
1 Thlr. 4 Gr.
Müllner, ]., Mar.ch für. die Harfe oder Pianof«
6 Gr.
Weber, B. A., Andante p. la Harpe on Piaarof. »r.
acc. da la Plate. ' & Gr.
(Wird forgeseUU)
Linn«, »»» Ba.iiTK.orr v ■ n Hlirii.
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ALLGEMEINE
MUSIKALISCHE ZEITUNG,
Den io tcn Jüly.
m 41.
1805.
Uebe'r Kadtnzen*
Es ist sehr bedenklich und gewagt einer,
JVU'v'nung zu widersprechen , die mehrere
Jahrzebende hindurch allgemein als wahr
und gat anerkannt und die durch das Bey-
«piel trefllicher Männer gleiehsam autorisirt
worden ist. Hierher rechne ich denn vor-
züglich auch die Meynung von der Not-
wendigkeit, Schönheit und Zweckmassigkeit
der ausgeführten Schiusa - Kadenzen (Fer-
maten). Nur wenige Virtuosen in den letzten
Jahren wagten es an ihrer Notwendigkeit
und Zweckmassigkeit zu zweifeln, bey weitem
die meisten folgten dem Beyspiel ihrer Vor-
ganger und packten in ihre Kadenzen beym
Koneertspiel so viel hinein, als nur immer
gehen wollte. Ich hatte mehrmals Gelegen-
heit von Virtuosen — die übrigens unter
die beträchtlichen gehörten — Kadenzen zu
hören. Ich muaa aber (was man auch da-
von denken mag) aufrichtig gestehen, da«
ich ihnen allen lieber ihre Kadenz ganz ge-
schenkt hatte, selbst dann, wann sie die-
selbe, nach den angenommenen Begriffen,
g u t spielten. Man wird doch allemal in
der Empfindung unterbrochen, welche im
Sat/.e selbst liegt. Der Uebergang darr und
znuse — wenn jene Unterbrechung njeht
Statt finden soll — nur in. wenigen, aber
sehr gewählten Takten geschehen« Wozu
hier gerade die, Fertigkeit zeigen? Wenn
in dar Schriftsprache ein Gedankenstrich
vorkommt, ao ut dieser ein Zeichen, das»
zn ap^ gleirh aam ein wenig mit der Spräche
7- Jsfcrg.
ruhen und die Gedanken sich selbst über-
lassen soll. Eben so die Kadenz. Wenn
der Virtuos gut gespielt hat, so
müssen sich die Zuhörer die Kadens
in Gedanken selbst machen: sie
muss bey aller äussern Ruhe in ih-
rer Seele ei klingen. Weg also mit der
langen, ermüdenden Kadenz! — Es freute
mich daher nicht wenig, als ich bey der
verbesserten und umgearbeiteten Ausgabe
der ehemals Löhleinschen — jetzt Löhlein-
Müllerscben Klavierschule nicht ein Wort
von Kadenzen fand. Wahrscheinlich wollte
Hr. Musikd. Müller dadurch stillschwei-
gend zu erkennen geben, was er von ih-
nen hält. — Und in der That darf derje-
nige am wenigsten eine Kadenz machen,
der noch dazu eioer Anweisung bedarf.
Wer sein Spiel allseitig gebildet hat, bey
dem finden sieb die wenigen Ideen zum
Uebergange, ohne langes Suchen, von
selbst. Das Gefühl lehrt sie ihn. Derje-
nige, bey dem dieses nicht der Fall ist,,
sollte lieber ganz schweigen. Nicht selten
waren Kadenzen weiter nichts, als ein bun-
ter Lappen, ein Stückchen Flittergold, an
ein einfaches Gewand gehängt. — Gesetzt
aber auch dass die Kadenz , ihrem Stoffe
und ihrer Bearbeitung nach, sich gerade ao
den Satz ansebhesst — welches jedoch wol
nicht in den meisten Fällen Statt findet, da
sich die lieber glänzende Fertigkeit auch
zeigen will — ; wozu doch dieser Ueber-
fluaa? Die. Seele des Zuhörers hat bey den
meist langen Konterten ohnehin genug z*
tbun, si« braucht nicht erst durch die Ka-
4i
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6 5 i
1805. July.
652
denz noch ermüdft oder doch zerstreuet
und vom regelmäßigen Gange des ganzen
Stücks abgezogen zu weiden. Ein Ueber-
fluss an Kräften und aufgewendeten Mitteln
kann gerade zum Verfehlen des Zwecks bey-
tragen.
•* *
Da ich sehr wohl fühle, wie heterodox
dieses alles in den Ohren manches Musikers
klingen mag, so kann ich nicht umhin —
ob ich gleich die entgegengesetzte Meynung
nicht furchte — doch eine Autorität anzu-
führen, zwar (wahrscheinlich!) von keinem
Musiker von Profession, aber doch von ei-
nem Manne, in dessen Seele mehr Harmo-
nie ist, als in manchem Kompendium der
Tonkunst, und der deswegen gewiss auch
hier ein Wort sprechen kann. Der Ver-
fasser des goldnen Kalbes sagt, Th. 3.
S. 3oo. .Es giebt Pausen im Leben, weU
„che allein den Werth eines ganzen Lebens
„umfassen. Dor Virtuos hält ein,
„und in den gerührten Seelen lebt
„und bebt eine Fülle von Eropfin-
„dung und Regung, indess man
„nichts hört; ein Reichthum von
„Nachhall und Vorahnung, welche
„dem nie unterbrochenen Spiel des
.gewöhnlichen Musikers bey stets
„erfülltem Gehör nicht zu Theil
»wird.«
Friedrich Guthmann.
Utbtr Komposition fürs Waldhorn.
Herr Dornaus, der berühmte Virtuos
auf dem Waldhorn , machte vor einigen Jah-
ren in dieser Zeitung den Komponisten
Hoffnung, etwas Ausführliches über den
Gebrauch der Waldhörner zu schreiben,
und seine damals gegebenen Winke bewie-
sen schon , dass er der Mann dazu sey.
Sollte es aber für jetzt bey diesen Winken
bleiben ; so möchte ich wenigstens noch
hinzulhun: dass man sich doch ja nicht im-
mer bey der Komposition auf llörner der
Tonika einschränke. Devienne z. B. hat
V Hörner zu C dur (also die Hürner der 4)
meisterlich benutzt. Wie und wo man
aber auch die Hörner der 1 und ^3 , der
5 und 4, der 4 und *>3, der 4 und 1, der
4 und ^7, der 4 und 2, als Prime und Se-
cunde brauchen könne — dies wird uns
Herr Dornaus hoffentlich bald deutlich und
ausführlich sagen. Hier nür bloss ein "Paar
Beyspiele der 5 und i, und der 4 und fc 3,
oder des Horns der Quarte mit dem Hörne
der Quinte; und des Quarten - Horns mit
dem Klein - Terzen - Hörne.
Beyspiel von dem Quinten - und Quarten-
Horne. 5 und 4.
(Der Choral: O Haupt voll Blut und Wun-
den etc. aus B dur.)
-Bz^-^Cr^^ r
m
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v
653
i8oj. July.
654
Hey spiel des Quarten - und Klein -Terzen-
Horn^. 4 und *5.
(Choral: Nun sich der Tag geendet hit etc.
aus C rooll.)
Toni F.
1
i
Bby.
c. s.
Rbcensionkn.
%ro\s Sonatu pour /< Pianofortt pexr F.
Schneider. Oeuvrt 1. Leipzig chez Breit-
kopf et Härtel (Pr. 1 Thlr. 8 Gr.)
Es kann schwerlich ein angenehmeres
Geschäft für einen Ree. geben, als das ist,
welches so eben mir obliegt: die erste, und
eine so vorzüglich wohlgeralhene Arbeit ei-
nes jungen Mannes — und mit dieser, ihn
selbst in der grössern Welt einzuführen.
( Man wird diesen Hrn. F. Schneider nicht
mit zwey andern, ebenfalls geschauten Kom-
ponisten dieses Familiennamens verwechseln.)
In diesem Werke zeigt sich ein lebhafter,
kräftiger, an Erfindung nicht überreicher,
aber nichts weniger als armer, vielseitig ge-
wendeler, und durch gute Schule befestig-
ter Geist, ein warmes Heiz und eine weit
mehr als jugeudliche Kunslerfahrung ; von
llem aber, was man sonst, mit nachsichti-
gem Tadel, Jugendlichkeit nennet, finden
sich nur wenig Spuren. Sonach ist es ein
Werk, das ein geübter Künstler gern ge-
schrieben haben könnte, das aber einem De-
bütirenden desto mehr Ehre macht und die
schönsten Erwartungen erregt. Es verdie-
net von jedem, der interessante Neuigkeiten
liebt, und vorzüglich auch von dem, der in
denselben den Gang der Kunst in gegenwar-
tiger Zeit zu beobachten gewohnt ist, ge-
kannt su w erden : es wird keinen ohne
Theilnahmo lassen ! Hier aber werde e*
mit möglichster Genauigkeit Satz für Sau
durchgegangen.
Die erste Sonate ist mir, als Ganzes,
die liebste: das bedeutende, kraftige, ernste
Allegro; (D moll) das einfache, sanft be-
ruhigende Adagio, (B dur) und das heftige,
tief eingreifende, leidenschaftliche Finale,
moll) durch welches aber einzelne,
freundliche Stellen (wie S. i4.) gewebt sind,
und das sich endlich auch freundlicher,
doch mit Recht kräftig bleibend, schlieft — :
dies rundet sich vortrefflich, mag man es
nun ats Darstellung eines bestimmten See-
Jenzustandes, oder als Kunstarbeit ansehen.
Im Einzelnen haben aber die zwey folgen-
den Sonaten vorzüglichere Partieen. Ge-
gen einige Stellen in dieser ersten finde ich
Folgendes zu bemerken. S. 4. Syst. 3.
Takt 6, bis Syst. 5, Takt 8, und wo die
Stelle in der Folge wiederkömmt, ist die
Melodie verbraucht und die Harmonie gar
zu unbedeutend. Ich weiss recht wohl,
dass die Stelle gegen Vorhergegangenes und
Nachfolgendes kontrastiren soll; aber über«
all — ne quid nimis! In dem Adagio, so
brav und ganz an seinem Platze es ist,
wollen sich doch die Haupttheile nicht eng
und fest genug umschlingen, und daran
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6j5
1805. July.
656
zeigt sich denn etwa« Jugendliches; e« ist
dies aber zu seht- Sache des Gefühls und im
Einzelnen durch Worte nicht bestimmt ge-
nug nachzuweisen, weshalb ich es ebenfalls
nur dein Gefühl des Komponisten und der
gebildeten Spieler anheimstellen uxtfss. Man
könnte es nur dadurch näher vor das Auge
rücken, dass man aus diesen Theilen selbst
ein anderes Ganze bauet e, was aber der
Raum verbietet. Das Finale ist ein durch-
aus vortrefflich gearbeitetes, geist - und
kunstreiches Stück, da«, mit Feuer und
Präzision vorgetragen, bey jeder Wiederho-
lung nene Freude gewährt, und gegen das
ich nicht das Geringste einzuwenden finde
— es iniisste denn die, Kleinigkeit seyn,
dass S. 17, Syst. 2, Takt 4, 5, 6, uud
Syst. 5, Takt 1, wegbleiben konnten, indem
man heut su Tage al lau-sorgsame Vermitt-
lungen fremder Ausweichungen nict)t. mehr
bedarf, und in einem so rasch fortschreiten*,
den Satze noch' weniger.
■
♦' Das erste Allegro der zweyten Sonate
ist ebenfalls ein lebhafter, doch weniger ef-
fektvoller und auch weniger origineller Salz.
Die Wiederholung der zwey letzten Takte
des dritten Systems,. (S. 19.) ganz ohne
Veränderung, sollte man jetzt nicht mehr
achreiben. S. 19. Syst. 5. Takt 3 und 4. , .
zweyte fiälAen, vermisse ich^ da der ganze
Satz und äurh diese Idee vierstimmig ge-
dacht und- geführt ist, die grosse Septime,
(aisj die. dann in dem h mit der Oberstim-
me immer zusammenfallen möchte, upgern.
Die Stelle 'kömmt öfter auf verschiedenen
Stufen wieder, und wäre in gleichem Ver-
hältnis« der Stimmen zu ergänzen. Die
sehr gut entworfene Harmoniefolge , von
S; ai. Syst. 1. Takt 5 an bis gegen daa En-,
de der Seite, hätte nicht nur pikanter ge-
macht, sondern auch enger zusammengehal-
ten werden können , wepn der Komponist
da, wo er in den Dreyklang zurücktritt,, die
-ie noch einen Takt vorgehalten hälfe —
z. B. Syst. 5. Takt 5. das eis statt de» dis
der rechten Hand. Sollte er sich nicht die
Stelle so gedacht haben und es wäre ihm
nur nicht gelungen, sie ganz ins Reine zu
bilden? Es verstehet sich, dass hier nicht
die Rede ist von einem Fehler; denn die*
sen hat die Stelle keineswegs — wie denn
überhaupt die sorgfältige Bildung de« reinen
Satzes durch das ganze Werk sehr zu rüh-
men, und an einem so jungeu Manne um
so mehr auszuzeichnen Ut. — Das Adagio
dieser zweyten Sonate ist ein schöner, ein-
facher^ und doch künstlich verwebter Satz,
dessen Hauplschluss mir nur etwa« gesucht
und diese« Stück nicht ganz befriedigend
zu beendigen scheint. Das rasche Finale
ist von guter Wirkung, obschon nicht eben
ueu erfunden.
■
Die dritte Sonate fängt mit einem, nicht
zu schnell zu nehmenden Allegro an, (es
könnte wol Moderato- dazu gesetzt «eyn,)
das wie «in gutes, singbares Quartelt 'be-
ginnet. Dieser Satz ist der vorzüglichste
dieser Sonate ; er hat gut erfundene, schön
gruppirte, und zum Tbeil trefflich gehaltene'
und ausgemalte Ideen, und bleibt seinem ge-
messenen, ruhig-edlen Charakter ganz treu.
Die Stelle, S. 3i. Syst. 4. Takt 10 und n,
_und überall wo sie wiederkehrt , würde/
meine« Erachten«, beträchtlich gewonnen ha-
ben, und ohne dass der Orgelpunkt an «ei-
ner Kraft verloren hätte, wenn der Kompo-
nist r statt der 'Verdoppelung der Oktav,
erst die None, dann die Septime geschrie-
ben hätte ; ich meyne also — um die Figur
nicht zu verändern:
ffF!
Die Ursachen habe ich ihm nicht nöthig
anzuführen: der Liebhaber lasse sein Ohr
entscheiden. Sodann— warum wählte er das
fremde, fast bedeutungalose fii iur gehaitc-
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657 *8<>5.
neu Grundnote des zehnten Taktes, S. 5i.
Syst. 6. (und wo die Stelle wiederkömmt,
das b in gleichen Verhältnissen) und nicht
das nahe liegende, ungezwungene und doch
keineswegs unedle gia (am zweyten Orte
eis)? — Das Andante ist nicht betracht-
lich und das Presto lebendig und gut unter-
haltend , doch nicht vorzüglich auszu-
zeichnen.
Hoffentlich sehen die Leser der musikaf.
Zeitung, auch wenn sie das Werk nicht bey
der liaud haben, selbst aus diesem Tadel,
dass hier von einem schätzbaren Produkt
die Rede ist, mit welchem man es aus wah-
rer Achtung und Freude so genau genom-
men haL Ich drücke dem juugen [Künstler
in Gedanken die Hand mit Herzlichkeit,
Freude, und — wenn er mir zutrauet, dass
ich ihm diese zu geben befugt bin — mit
Aufmunterung. Hoffentlich lerne ich und
lernet auch das Publikum ihn schon weiter
kennen; das wird denn mir, und, wenn ich
nicht sehr irre, auch dem Publikum, will-
kommen seyn! Und zum Abschiede für
diesmal nur noch Bin Wort: Er hat durch
dieses Werk einen guten ° Grundstein zu
Achtung und Ruf gelegt : eben darum wache
er desto sorgsanier über sich und was er
der Welt vorlegt — aber ja, ohne der
Aengstlichkeit oder dem Zweifel an sich
seihst Raum zu geben! Wer leisten kann,
was er vermag., für den ist jene Aengstlich-
keit ein Popanz j aber dieser Zweifel ist —
hier, und überall, wo es ein hohes Ziel
gilt — der verwünschenswertheste Erbfeind
und wahre verlarvle Teufel.-— Schwer aus-
zuführen sind diese Sonaten gar nicht; doch
verlangen sie eine geüble und sichere Hand.
Der Stich ist korrekt, deutlich und gut.
Scppho, Monodrama von Nölkr, in Musik gt-
—m von F. A. Kann: Otuvrt ?. Penig
July. 658
, und Leipzig bey Dienemann und Comp.
(Pr. 13 Gr.)
Ich jnuss gestehen, dass nach aller an-
gewandten- Mühe, den rechten Gesichtspunkt
zu lassen, nach welchem Hr. Kanne dieses
Monodrama* komponirt hat, ich noch eben
so klug darüber bin, als vorher. Es ist
des Ree. erste Pflicht, sich in den Geist ei-
U--S Werks hineinzudenken, um sich gleich*
tarn mit dem Verfasser zu idenüfiziren, und
dann erst es in seiner Zusammensetzung zu
prüfen , ob alle Gliedmassen eine schöne
Gestalt koustilüiren. Hier aber ging meine
Kunst sowol , als mein Eifer verloren.
Bey dem ersten Durchspielen dachte ich:
es soll eine Art Phantasie seyn, die ohne
sogleich sichtbare Ordnung doch bis zum
höchsten Interesse steigt. Bey näherer Be-
leuchtung aber rausst' ich mir gestehen, ■
dass wenn einer meiner Freunde also phan-
tasirte, ich zuvörderst um seine Gesundheit:
besorgt seyn würde. — Dann dacht' ich mir:
das Wort Monodrama hat den Komponi-
sten verleitet eine blosse Deklamation daran»
jzü' verfertigen. Aber das war es wieder
nicht; denn es enthält gerade von der Seite
wirklieh grobe Schnitzer, schleppt sich lang-
weilig von einer Scene zur andern fort, und'
der Verfasser liess die Vortheile, die das
wahrhaft schöne Gedicht an die Hand gab,
meistens ganz unbenutzt. Nun, dache ich,
so ist's eine gewöhnliche Kantate, wo Reci-
tativ und Arioso nach Bedürfnis« abwech-
seln: allein, nun fand es sich, dass viele
Stellen, die rechnend hätten behandelt wer-
den sollen, gerade zum Arioso geworden:
waren, und umgekehrt — und sonach gab
ich das Rathsei anC
Zum Beweise des oben gesagten folge
hier eine kurze Zergliederung des Werkes
Es beginnt mit einem Andante, dessen Ge-
sang nicht einfach genug ist, um sich an-
genehm singen zu lassen, und nicht künst-
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659
1805. July.
660
lieb genug, um durch Neuheit oder Dekla-
mation zu überraschen. Dahey scheint da«
Metrum den Komponisten hier and da und
dort und — sehr oft in Verlegenheit ge-
setzt zu haben. Die Verse waren ihm für
die gewählte Melodie zu lang; daraus folgt
eine widerliche Monotonie: denn fceynahe in
jedem andern Takt besteht die eine Takt»
hälfle aus zwey, die andere aus vier Syl-
ben — und so durch das ganze t nicht kur-
ze, Gedicht. Die zweyle Strophe ist, Klei-
nigkeiten ausgenommen, wie die erste. Bey
der dritten Strophe verlässt Hr. Kanne den
Gesang der beyden ersten, und nun folgen
einige Strophen hindurch — verba et voces,
und Modulationen , die so wenig natürliche,
als künstliche Verbindung besitzen, bey de-
nen man noch überdies die Absicht und den
Zweck nicht begreift. Bey den Worten :
Seht, schon naht sie sich ApolPs
Altäre, steht ein fürchterlicher Uebergaug,
ohne Vorbereitung, und — beynahe möcbt*
ich sagen, für seine Gesuchlheit, auch ohne
Motiv, wobey die verba et voce« noch im-
mer ihren irren Gang fortgehen. — - Bis-
her war das Monodrama erzählend, nittf
aber spricht Sappho selbst, und eine Art
Hymnus beginnt, (in der Poesie nümlich)
der sehr schön ist, den aber der Komponist
ganz ausser Acht gelassen, denn seine voces
gehen immer ihren schleppenden, gleichen
Gang, nur mit noch widrigem und sonach
zwecklosem Modulationen. ßeym höhern
Anschwellen von Sappho's Empfindung, bey
ihrem wilder ausbrechenden Schmerz , gehet
der Komponist noch immer, unbekümmert
um Sappho's Leiden, seine sandige Strasse
fort, ohne Abwechslung des Tempo, der
Taktart; nur dass er von E moll nun nach
Es übergeht, wo er aber eben so wenig
verweilt, und wo die schöne Stelle: Ach
umsonst bekämpf' ich diese Schmer-
zen etc. eben so matt sich forttrügt, wie
alles Uebrige. So bey:
Phftbn«, ach! an deinem «tUien Strahl«
Weidet eich wein Blick sua letxtcn Male.
wie oben. — „Also sang sie" — nein,
das kann ich unmöglich glauben! auch hatte
dann ihr Name unsere spate Zeiten wol
nicht erreicht. — Nun folgt die Katastro-
phe, die mit dem nämlichen Arioso, womit
das Ganze begann, begleitet wird, obwol
zwischen der ruhigen Erzählung im Anfan-
ge und der tragischen Begebenheit des
Schlusses gar keine Annäherung zu finden
ist. Zum völligen Beschlüsse hören wir
noch vom Klavier, wie die Sängerin, in
Apoll's Schwan verwandelt, sich wolkenan
hebet, welches nicht das am mindesten Er-
bauliche in dieser Kantate ist. Ueber Hrn.
Kanne' s Art zu moduliren habe ich zwar
mich schon geäussert; hier darüber jedoch
noch so viel. Er macht sich eben kein
Gewissen daraus, eine Dissonanz in eine an*
dere aufzulösen, oder auch gar nicht auf-
zulösen; denn zuweilen verschwindet eins
Septime, ohne dass man eigentlich weiss,
was aus ihr geworden ist. Eben so wenig
.findet man reinen, ansprechenden Gesang iu
diesem Werke, und seine Deklamation ist
oft geschraubt, oft hart, oft unrichtig. Ei-
ne Stelle ist besonders auffallend: Seite 5,
System 1 und a, von den Worten an:
Kosen, die kein Thau erfrischet
etc. Aber die Sucht, Minerven zum Trotz,
originell seyn zu wolleu, verleitet oft auf
Abwege; und nicht alles was neu ist, ist
auch schön. Schönheit aber ist doch wol
Hauplbedingniss, wie Wahrheit, welche letz-
tere auch oft über der Bizarrerie zu Grun-
de geht.
Herr Kanne hat in mehrern frühem,
kleinem Gesangstücken, die auch wohl auf-
1 genommen worden sind, gezeigt, dass er
Gefühl und auch wol Phantasie besitze, ob-
gleich man diesen Liedern auch schon ab-
merken konnte, dass es ihm an dem gebre-
che, was zugleich daseyn oder hinzukommen
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I
66i 1805.
rouss, um Arn Künstler zu vollenden. Es
ist Hrn. Kanne auch wol zu bemerken ge-
geben worden: aber er hat, wie diese und
einige ähnliche Arbeiten beweisen, gerade den
Weg eingeschlagen, der dem, den er nehmen
niussle, entgegengesetzt ist. Es wäre Scha-
de, wenn er so fort-, das heisst in der
Ine, ginge, und. darum hat Ree. Einmal
recht gerade aus zu ihm sprechen wollen.
Er überlasst es nun ganz seinem rahigen
Ermessen, wie er es aufnehmen wolle.
Nachdichte».
Frankfurt ». M. , den aasten Iuny.
Jetzt sehen auch wir Fanohon, Den So
May wurde sie zuerst gegeben. Schönes
Wetter und Gewohnheit, dieses hier in den
reizenden Umgebungen zu geoiessen, kamen
in Kollision mit deu günstigsten Urtheilen,
vornehmlich aus Berlin selbst : die letzten
siegten, das Haus war so voll, als selbst im
Winter selten. Von dem vielbeliebten Stück
weiss ich nichts zu sagen, da ich weder das
daran zu tadelnde, noch das überwiegende
Schöne, welches beydes schon von Andern
in Ihren Iii altern früher gründlich bemerkt
worden, wiederholeu will. Der Beyfall war
auch hier allgemein, obgleich die meisten
Rollen nicht vorzüglich gut gespielt, und
noch weniger gut gesungen worden. Samt-
val , Andre und Vincent wurden von bra-
ven Schauspielern gegeben, die aber ihr
Lebelang wenig gesungen haben mögen, de«
ren Stimmen mithin, wenn sie auch von
Katar besser gewesen waren, doch wenig
Sonores haben konnten. Dem. Buchwieser,
als Fanchon, und Hr. Hill, als Oberst, san-
gen die meisten ihrer Liedeben allerliebst,
und werden gewiss auch die übrigen in der
Folge gut singen, wenn sie sich erst mehr
in diese Galtung von Musik eingerichtet ha-
July. 662
ben. — Dem. Schmal«, von deren Kon-
tert ich Ihnen vorigen Monat sdirieh, blieb
ungefähr noch vier Wochen bey uns und
gab die Gastrollen: Astasia im Axur, Diana
im Baum der Diana, und Briseis im Achil-
les. Es ist schon früher in andern Journa-
len darüber gesprochen worden ; es sey
darum genug, anzumerken, dass sie iu allen
drey Rollen ausgezeichneten Beyfall fand und
<u linden verdiente.
Die neulich Ihnen gemeldete öffentliche,
solenne Aufführung des Mozartschen Re-
quiem findet nicht Statt. Warum ? Sie
wird nicht erlaubt. Die Sache ist: das hie-
sige Thealei orchestcr, das unter seinen Mit-
gliedern viele Katholiken zfthlt, von denen
manche vormals in der Kapelle des verstor-
benen Befnard waren, wollte, mit Unter»
Stützung des ganzen Opernpersonale, um
zugleich seine Gefühle der Hochachtung
und Liebe gegen Bernard , ihren würdigen
Freuud, einigermassen an den Tag zu le-
gen, ihm in der Domkirche eine Seelen-
messe mit alle den religiösen Feyerlichkei-
ten halten, wodurch das Ganze, und selbst
jene Musik, erst die hohe Vollendung und
die ganze Summe der erhabenen, frommen
Wirkungen auf die Gemüther bekömmt.
Als man beym Domvikariat förmlich um
Erlaubuiss anhielt, wurde das Gesuch zu-
rückgewiesen, weil — — doch: requiem
aeternaml Nur das tuuss ich erinnern, dass
Bernard Protestant war.
Stuttgard, d. 2Qten Juny. Ich schrei-
be Ihnen so selten, weil hier selten etwas
in der musikalischen Welt vorfallt , das
auswärtig interessieren und mit Ree hl in eine
allgemeine Zeitgeschichte der Tonkunst auf-
genommen werden könnte. Was sich eben
letzt sagen lasst, kann sehr kurz zusammen-
£efks«t werden. Dem. Schmalz hat auch
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66s
1805. July.
664
hier mehrere Gastrollen, und mit allgemei-
nem ßeyfall gegeben. Mad. Graff, vorma-
lige Dem. Böhoiro aus ßerlio, geniesst und
yerdieut fortdauernd Achtung uud BeyfalL
Morgen wird die vielgelobte Fanchon hier
zum erstenmal gegeben, und Mad. Graff
wird in der Rolle des Leyermädchens auf-
treten. Unser erster Bassist, Hr. Fischer,
der zuvor in Frankfurt am Mayn angestellt
war« ist ein Stein des Anstosses für den
gi össteii Theil der Mitglieder des Theater -
uud" Orchester - Personales. Beyde waren
nämlich durch die Kränklichkeit des Hrn.
Kapellin. Kranz — zwar nicht kränklich,
doch aber etwas schläfrig geworden, so dasl
«ie die lebhafte Thätigkeit des Hrn. Fischer,
das Ganze in mehr und bessert; Bewegung
zu bringen, sehr auangenehm finden. So
bekam auoh Hr. Sulor während der Anwe-
senheit der Dem. Schmalz den Auftrag, die
Oper, ungefähr nach unsers, noch immer
nicht vergessnen Zumsteegs Weise, zu diri-
giren ; es glückte dies Hrn. Sulor weit
mehr, als Hrn. Abeitle, der sonst, bey
kränklicher .Abwesenheit des Hrn. Kran4,
dirigirt 1 aber der indolente Theil des Per?
aonales nahm auch diese lebhafte Direktion
übel auf und fiel etwas unbarmherzig über
Hrn. Sulor her. Der Beyfall unsers Kur-
fürsten, der Ober- Direktion und des gebil-
detem Theils des Publikums entschädigte ihn
aber. Man spricht wieder davon, Hr. Kranz
werde zur Ruhe gesetzt und Hr. Weigl in
Wien an seine Stelle berufen werden. — -
Anekdoten.
lür eine Kleinigkeit die Schuhe Peinigen
lässL Die vornehmen dieser arlistes de-
crotteurs halten, ihre Kunden während
des Geschäfts zu amüsiren, Journale, Mode»
kornodien u. dgl. Der Dichter findet unter
denen, die in gleicher Absicht wie er einge-
treten sind, einen Bekaunten, der ihn nennt-
Der Künstler-Schuhputzer stutzt und präsen-
tirt ihm ein Exemplar seiner neuesten Ope-
relte mit gehörigem Respekt. Mein Herr,
sagte er dann; Sie besitzen so viel Talent:
es kostete Ihnen nicht viel Mühe, uns eini-
ge Verschen sur lnscriplion über unsre
Boutique zu liefern, und Sie machten unser
Glück! — Der Dichte» fand das allerdings
sehr possirlich, der Künstler sagte -ihm aber
so viel verbindliches über seine neueste Oper,
und sagte es wirklich so hübsch, dass jener
die Schieibtafel herauszog, und während sei-
ne Stiefeln — freylich so .blank nur. immer
möglich gemacht wurden, diese niedlichen
Verse aufschrieb — - die auch noch heul«
über der Boutique stehen:
Ans pondrea doi 4l6i, «ux eroltes de* hirera
Nona lirtona ans guerre ardente et legitime t
Lea tyrmo* «battiM derraient' noua rendre 6er* 5
Si tioua Uüioo» le pied, c'est aao» boatevetaai
Tout en brojaat du ooir, U gälte noua »mme;
Mai* nul n'a plus que noua ßttuji de revera.
Einer der besten pariser
gebet, wie es gebräuchlich ist,
Operndichter
vor kurzem
tu eine Bude der Schuhputzer, wo man sich
Boileau befand sich in einem Zirkel-, we
.man Musik machen wollte, und besonders in
die junge, schöne, aber sehr eitle Frau von
Hause drang , zu singen und Klavier so
spielen, obschou sie ihr mittrlmttssiges Ta-
lent fast gar nicht kuitivüt halle. Sie spielte
und sang — fast schlecht, aber alles that
entzückt und sagte ihr Sobmeicheleyen. Boi-
leau durfte doch nicht ganz zurückbleiben,
und sagte ihr — boeliaft zweydentig:. Alle*
hat man Sie gelehrt, nur nicht.su gefaUtn:
und doch treffen Sie das am besten 1 —
1 ■
LKirsi», ilt imiiiofi oid ■ Xs.tzi.. >
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ALLGEMEINE
MUSIKALISCHE ZEITUNG.
Den if"> .July.
1 So
Ueber die Benutzung der Musik zur Veredlung
der Landleute, als Sache des Staates.
ssere Kultur der Landleu Ic tat in
neuem Zeiten offenbar gestiegen. Die vie-
len Verbesaeiungen im Ackerbau und in der
Viehzucht, nebst den hohen Preisen der
Landeserzeugnisse, haben in vielen Dörfern
Reich ihum und Luxus veranlasst. Nicht so
ist ihre innere Kultur gestiegen. Noch im-
mer gebären Trunkenheit, Spielsucht, niedri-
ger Eigennutz und Verletzung gegebener Zu-
sagen zu ihren Lieblingsfehlern; und achmu-
zige Lieder, unsaubre Scherze, hauOge
Beschädigungen nützlicher Anlagen und
schöner Kunstwerke u. dgl. zeigen, wie roh
ihr Gefühl ist, und wie wenig Sinn sie für
das Schöne haben.
»
Man hat durch mehrere, dem Zeitgeist
angemessene Mittel, sie zu veredeln, vor-
geschlagen, auch wol hin und wieder versucht.
Es sind Volkslieder gedichtet und gesammlet,
gemeinnützige . Kenntnisse von Natur uud
Kunst verbreitet, ea ist manches zur Ver-
besserung ihrer Vergnügungen gethan u.s.w.
Auch Musik, diese geist- und herzstärkende
Kunst, diese Pflegerin des Sinnes für alles
Schöne und Gute , ist gewiss ein treffliches
Mittel , .jenen würdigen Zweck zu erreichen.
Doch bedarf sie als solches höherer Hülfe.
Def Staat muss ihr seine Fürsorge schen-
ken, und durch heilsame Maximen und
Maassregeln ihrem sanften und mildern Geist
den Eingang zum Landmann erleichtern. -
7. ithrg,
Dankbar rauss man gestehen , das» meh-
rere Fürsten Deutschlands, (S. ien Journal
für Prediger, B. 36. 6u 4. und B. 38. St. 1.
die Nachrichten aus Baden und Wirtero-
berg} uud mehrere in der musikal. Zeitung
serstreuete Berichte) durch diese Ansicht
geleitet, vieles Gute versucht haben. Indes-
sen ist dies Gute bey weitem noch nicht
allgemein, und, wo es ist, könnte es ver-
mehrt werden. Es sey mir daher erlaubt,
meine Gedanken über einen Gegenstand
milzulbeilen , der zwar schon oft sur Spre-
che gebracht ist, der aber vielleicht den
Lesern dieser Zeitung durch Zusammenstoß
lung alles dessen, was dahin gehört, nicht
unwillkommen seyn wird.
*" Der Landmann liebt Musik, in und
ausserhalb der Kirche. t
Wie sehr die Tonkunst und ihre Schwe-
ster, die Poesie, von hoher Einfalt uud
Würde geleitet, die Andacht in der Kirche
beleben und das Herz mit den edelsten Ge-
sinnungen und Vorsätzen erfüllen , haben
Keouer und Laven; haben selbst Menschen,
denen sonst Religion gleichgültig ist, lebhaft
empfunden und laut geäussert. Dass beyde,
wie sie nun aber bey den gottesdienstlichen
Versammlungen sehr vieler Orte angewendet
werden, der Andacht mehr schaden, eis nützen,
ist bekannt. Noch immer singt manche
Gemeinde Lieder, die durch mystische Tan -
deleyen, rohsiunliche Bilder und grobe An-
turopomorphistnen nicht nur dem Gebildeten
anslössig sind, sondern seibat den Verstand
4a
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66 7
i80j. July.
668
und das Gefühl de* gemeinen Mannes be-
leidigen. Und wie unerbaulich ibt der Ge-
sang selbst und das Orgelspiel in so vielen
Dorfkircben ! Da wird nicht gesungeri,
. sondern aus voller Kehle geschrieen. Die
Organisten lassen in den Ein- und Ausgän-
gen da« unsinnigste Machwerk hören. Ihre
Vor- und Zwischenspiele sind burleske
Phrasen, die nicht selten an den Tanzboden
erinnern, und den Choral selbst verbiainen
aie mit so vielen Schnörkeln, dass man den
oanlas firmus, wenn die Gemeinde schwie-
ge, nicht erkennen würde. Die Prediger
intoniren mit roher und anreiner Stimme
die Kollekten und Segenssprüche, und die
Kantoren und Gemeinden respoudiren mit
ao schneidenden Stimmen, dass Mark und
Gebein' erbeben
Erbaulicher, wohlthuender für Kopf und
Herz würde Kirchcngesang und Orgelspiel,
ao wie überhaupt die ganze musikalische
Liturgie werden, wenn der Staat folgende,
auf Religion, Sittlichkeit und Kunst abzielen-
de Vorschläge erwagte, und durch Aufmun-
terungen, Ermahnungen und Befehle kür
Erfüllung brachte: '";
1) Die Prediger, deren Gemeinden ein
besseres Gesaugbuch bedürften, bey Einfüh-
rung desselben zu unterstützen. (Es ist
»war wünschenswert!! , dass das Bessere mit
Bey sfiramung derer, die es geniessen aollen,
eingeführt werde. Aber: hinc iltae lacry-
inae ! Klugheit der Prediger kanu vieles
ausrichten, aber nicht alles. Sie müssen
die Bey hülfe des Staates haben, die aie in
diesem Fall, wo es moralisch -Unmündige
gilt, zu fordern berechtigt sind.)
a) In den Lehrplan der Landschullehrer-
Sominarien einen den Bedürfnissen künftiger
Landschullehrer 'angemessenen, theoretisch-
praktischen Unterricht in der Musik aufaeh-
meo, und
5) bey den Prüfungen der Kantaren und
Organisten, als Landscbuilehrern, auf dtevmu-
sikalisrhen Kenntnisse der Examinanden,
nach Maassgabe der mehr oder weniger ein-
traglichen Stellen , strengere Rücksicht neb»
meo zu lassen. (Die meisten Kantor- und
Organitttenstellen auf dem Lande sind nach
dem jetzigen Preise der Bedürfnisse des Le-
bens sehr schlecht dotirt. Daher zum Tbeil
die geringen Einsichten und Fertigkeiten in
der Musik bey den Bewerbern um diese
Stelleu; daher die bescheidenen Forderungen
der Obern. Da aber Musikunterricht jetzt
überall, es sey nun aus Uehcrzeugung von
seinem Werth, oder aus Mode und Sucht
zu glänzen zur Erziehung gerechnet wird :
so können Kantor und Organist eines Dorfe
im Hause des Edelmannes, Amtmannes und
Predigers durch Musikslunden ihre Einnah-
men vermehren, und durch Spiel und Ge-
sang sich überhaupt sehr beliebt machen.
Sollten also künftige Landschullr hier und
ihre Examinatoren es mit der Fertigkeit in
dieser Kunst nicht strenger nehmen? *)
4) Zu befehlen, dass aus der Kirchen-
kasse jeder Gemeinde ein Choralbuch für
den Organisten angeschafft werde. (Die Art
der Einrichtung eines solchen Choralbuchs
verdient eine besondere Abhandlung. Daher
hier nur folgendes. Der Choral mimte
sich in seiner ursprünglichen Reinheit und
Kraft bewegen, und durch keine Verzierun-
gen in den einzelnen Stimmen entstellt wer-
den, die überdies nur zu falschen Beziffe-
rungen und Harten in der Harmonie verlei-
ten und die Gemeinde irre machen. Die
*} Ee i«t wol hier norh hinsuintetzen , da*» zu diesen Prüfungen Männer gezogen werden
wirklich Uiuik verstehen — was bey sehr vielen Examinatoren gar nicht der Fall i*t.
d. Kedaku
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66 9
1805. July.
6;o
.Harmonie mÜMte anageschrieben «eyn, weil
mau gründliche Einsicht in den Generalbass
von keinem Dorforgauisten fordern kann:
doch dürfte die Bezifferung de« Basses nicht
fehlen, weil sie Akkordkenntnise veranlassen
kann, die dem Organisten in vielen Fallen
nützlich ist. Ein Grundbass wäre hinrei-
chend, damit durch öftere Wiederholung
desselben und der darauf gebauten Mittel-
Stimmen, die Gemeinde allmählig zum vier«
stimmigen Gesang gewöhnt würde. Wenn
der Befehl zur Anschaffung eines solchen
Choialbuchs gegeben wäre, so würden auch
Komponist und Verleger sich finden, und
die Anschaffung selbst könnte nicht schwie-
lig aeyn, da das Buch als Invenlarium der
Kirche bliebe.)
5) Die Prediger zu verpflichten : in
Fredigten nnd Kalechisalionen gelegentliche
Bemerkungen über erbauliches Singen au
machen; dem Organisten Winke aur zweck-
mässigen Begleitung desselben zu geben ;
ihn auf nützliche Schriften (die wichtigsten
Pflichten eines Organisten von Türk. Halle,
1787, Preis 16 Gr.} Taschenbuch für Sän-
ger und Organisten, von Horstig, Mindun,
»801, Pr. 4 Gr.; über die Struktur, Er-
haltung, Stimmung, Prüfung u. s. w. der
Orgel, von Schlimmbach, Leipzig, 1801,
Pr. 1 Thlr. 8 Gr. u. a. m.) aufmerksam zu
machen, und die Schulkinder die Choräle
uuler Leitung eines Schullehrers, rein und
sanft singen zu lassen, damit so von unten
herauf der Kirchengesaug verbeaaert werde;
endlich
6) Künftigen Theologen die Weisung an
geben, ihre Stimmen auszubilden. (Singe-
slunden für künftige Gelehrte sind auf vie-
len gelehrten Schulen schon eingerichtet,
aber noch nicht überall. Und doch sind sie
Bedürfnjss, besonders für künftige Theolo-
gen lutherischer Konfession »). Sie verfei-
nern Geschmack und Gefühl, bilden die
Sprachorgane und die Stimmen der Schüler,
die mehrentheils roh und unrein sind. Ein
Positiv, das man dabey nöthig hätte,
würde auch zugleich den Frühgesang in den
Klassen verbessern. In Ermangelung sol-
cher Singestunden köunten die Singechöre
besucht werden; doch müssten sie nicht
Schulversäumniss veranlassen , und der
Gesundheit nicht schaden.)
Wenn der Kirchengesang beym Land*
mann wirklich oft nur Folge des Herkom-
mens nnd der Gewöhnung an Beobachtung
kirchlicher Gebräuche zu seyn scheint : so
zeigt sich der natürliche Sinn des Land-
manns für Musik jeder Art ausserhalb der
Kirche in unverkennbaren Aeuszerungen.
Wer weiss nicht, wie oft hier Feld und
Stube. Spielplatz und Schenke von Freuden-
und irauerliedoro ertönen. Manche seiner
Mclodieen sind ungemein zart gedacht,
leicht, ' gefällig und- schön gerundet, in ein
einfaches Gewebe von Harmonie gehüllt
nnd originell in ihren Wendungen. Desto
schlechter sind oft die Texte, unverständ-
lich durch historische und mythologische
Gleichnisse, und unzüchtig durch schlüpfri-
ge Bilder und Unfläthereyen. Längst hat
man das Bedürfnis», die Volkslieder zu ver-
bessern, gefühlt. Daher die vielen Lieder-
sammlungen , obgleich nicht alle ihren
Zweck erreichen. Es ist gerade nicht nö-
thig, da«s man dem Landmann für jedes
») Warna der katholischen Konfeasion weniger? Sie wären
nach, noch aothwendiger. Oer katholiache Geistliche mui
ata — and wie hört aau'a oft tob ihm vortragen I
«ehr
Liturgien
, hat fiesaerea au lin-
d. Redalt.
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671
i8o5. Jüly.
672
seiner Geschäfte ein Lied anweise, ihn nach
der Arbeit an die Arbeit erinnere, beyra
Freudcuraahl ängstlich ihm Grenz' und
Mass vorschreibe: vielmehr heisst das, sei-
nen Geist in ein moralisches Joch einzwän-
gen und ihm das Singen verleiden. Nur
solche Lieder sind nOlhig, die den Land-
mann über seinen drückenden Beruf erbe-
ben, auf den Schwingen der Phantasie Ver-
gangenheit und Zukunft ihm vorführen, die
mit züchtigem Sinn gedacht und ausgespro-
chen, fasslich sind in Sach' und Form, die
Kopf und Herz reinigen , das Leben ihm
würzen, und eine Fröhlichkeit wecken, die
nicht rastt und die Kräfte lähmet. Nur
solche Lieder sind Bedürfnis» für ihn; und
diese singt er auch mit Liebe.
Unmittelbare Verbreitung guter Lieder
kann man vom Staate nicht fordern. Aber
billig sollte er den Leuten Grenzen setzen,
welche die Kunst zu einem Kopf, Herz
und Sinn verderbenden Frwerbszweig ma-
chen. Das würde z. B. geschehn durch das
Verbot von schmuzigen Liedern, dur^b. de-
ren wohlfeile Vertiödeluog au die Land*>
Ieule Coiporteurs und Bänkelsänger Saa~
nien der Unsittlichkeit und des Verderbnis-
ses überhaupt ausslreun. Oft stehen diese
Leole im Solde der Buchdrucker, die den
rohen Geschmack der Landleute zu benutzen
suchen', und sie durch klüglich gewählte
'Aushängeschilder zum Kauf ihrer Waaren
einladen. Um jedem Betrüge vorzubeugen,
müssten die Buchdrucker die Weisung er-
hallen, die Genehmigung der Censur- Kom-
mission zu allen Liedern, die sie verkaufen
wollen, nachzusuchen , und auf das Titel-
blatt, Jahrszahl, üruckoit, Namen des
Druckers und Verwilligung des Drucks zu
setzen So würden sich gute Liedertexte
verbreiten, und die Singerhöre könnten mit
unter die Melodieen bekannt machen. (Ver*
gleiche meinen Aufsalz im vierten Jahrgi
der musikal. Zeitung, St. 4a.)
Auch bey Verpachtung der musikali-
schen Aufwartungen in den Dörfern sollte
man auf die Kunst selbst mehr Rücksicht
nehmen. Nicht Stümpern, Landstreichern
und Vagabonden sollten sie überlassen wer-
den, die zur Schande der Kunst und Mensch-
heit, bey Kindtaufen, Hochzeiten und an-
dern ländlichen Feilen, mit der niedrigsten
Gewinnsucht, ohne Kenntniss der Noten
und Takt, das Geld sich erbiasen und er—
kratzen, allen reinen Sinn für Musik tilgen«,
und durih Schwelgen nnd jede Art von
Lüderlichkeit ein böses Beyspiel geben, das *
um so nachtheiliger wirkt, weil Ort und
Zeit ihm güustig sind. Geprüfte Stadt-
musiker sollten sie nur pachten dürfen, die
bey mehrern Oesellen und Burschen, die sie
brauchen, oft geringen Gehalt aus den Ma-
gistrats- und Kirchenkassen bekommen. So
würden sie, wenn auch hin und wieder
dem feinen Vortrag schadend, vielleicht auf
die Kunst selbst durch Vermehrung der
Die Centur müttte aber such mit mehr Geitt and Sinn, nnd sogleich mit mehr Kenntnitt de« Land-
■Mnnt da* GetehSft -erwalten , alt es hin und wieder getchiehet. Durch Bemühung «ine« »iel ver-
mögenden Ceneors in einem für «ehr aufgeklärt autgetchrieenen Staat« wurden tot wenigen Jähe-
ren die unter den Landleuten gangbaren Lieder : Freut euch dos Leben« , nnd : Ohne Lieb' und ohne
Wein, verboten — jene«, nicht etwa weil e« wirklich ohne poetitchen Werth i«t — daran war
■chwerlich gedacht wurden — «andern weil e» »um Matetialitmu« fuhren und vom Gedanken an jene»
Leben ableiten könnte; dieie« — ohne Lieb* und ohne Wein — wegen de« in gegenwärtigen Zeit«
lauften doppelt gefährlichen: »Wenn die Grotten «ich erfrenn etc.« — Die «chutdloaeeteu Lieder
von Hölty und Voss waren ebenfallt, aas ähnlichen Gründen, im Verbot autgezeichnet.
d. RedakU
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6 7 3
Einnahmen wohlthälig zurückwirken ; sie
verschönerten die Feste de« Landmannes,
nährten Kunstsinn, wo er sich findet, wie
z. ß. in Thüringen und Hohenstein, und
könnten selbst Anlass geben, kirchliche
Feyerlichkeiten zu erhöhen.
«
Masik sey und bleibe freye Kunst !
Keine Fessel der Zunft bindre ihre Geweih»
ten, den Sinn fürs Schöne zu bilden und
zu verfeinern. Aber sie schaffe anch Frey-
heit ! Sie reinige Herz und Sinn von
schändlicher Begier, und stärke uns in Freud
und Leid durch die Feuertaufe ihres Gei-
stes ! Nicht ausgeschlossen bleibe dabey
die Klasse der Menschheit, die bey grossen
Schlacken von Ilohheit, so viel gediegenes
Gold von Weisheit und gesundem Verstand
hat ! Fern ist sie noch von dem Ziel , fer-
ner als vielleicht der erste Sternseher von
der Herrscheischen Milchstrasse ! Aber sie
erstrebe dieses Ziel und erfreue sich der
mächtigen ßeyhülfe des Staates!
1
RZCEHSIOIV.
Deiix Sonattt pour V Harmonien compotees par
Joseph Schlttt. Leipaic, chez ßreitkopf et
Hirtel. (Preis ia Gr.)
Endlich einmal erscheint auch wieder et-
was für die Freunde dieses reitendsten aller
Instrumente! und es erscheint hier etwas
Gutes! Die Sonaten sind vom Komponisten
frey behandelt , und vom Spieler noch fi eyer
Zu bebandeln — wie es das Herz, und wie
es an manchen Stellen wo) auch das Instru-
ment verlangt. Einige Stellen sind nämlich
■ehr- schwer, gut auszuführen, und man
könnte aus ihnen veriouthen, der Verfasser
spiele entweder nicht selbst oder sein Instru-
ment habe manche« Eigene im Mechanis-
674
mus. Ausser dem, dass manche Griffe der
linken Hand, auch bey ziemlich englie-
genden Glocken, kaum zu erlangen sind,
und mit der hier geforderten Präzision ge-
wiss nicht angegeben werden können, hat
auch die Melodie öfters Wendungen , die
auf dem Papier sehr leicht Aussehen, auf
fast allen andern Instrumenten, besonders
dem Pianofortc, sehr leicht sind, aber ge.
rade auf diesem kaum gehörig gefuhrt
werden könuen. Dahin gehört schon das
Durchlaufen einiger Oktaven in halben Tö-
nen, schnei) und gebunden; dahin gehört
eigentlich alles, was in der Geschwindigkeit
ein Verrücken der Hand nölhig macht —
wogegen dem Spieler vieles zugemutbet
werden kann, wenn die Hand still stehet;
vieles, was jedem, der nicht selbst spielt,
sehr schwer scheint, und doch sehr leicht
und auch von guter Wirkung ist — was
c. ß., und vorzüglich, Naumann in seinen
frühem sechs Sonaten so gut, aber der
Verf. der gegenwärtigen nicht benutzt hat
Darum bleiben diese Sonaten aber doch
etwas Gutes. Sie zeigen unverkennbar
Geist und ein warmes Gefühl ; die Ideen
sind angenehm, und, besonders in der er-
sten Sonate, nicht gemein und verbraucht;
die Ausführung ist dein Instrumente (in
Absiebt auf Ausdruck) ganz angemessen,
und apeh, bey aller Beschränkung durch
das Instrument selbst , nicht oberflächlich.
Darum empfiehlt sie Ree. jedem Harmonika-
spieler — zumal da gewisse Figureu und
Lagen der Akkorde, die oben gerügt wor-
den sind, für die, wo es Noth thut, leicht
umgeschrieben werden können. Er will
nur noch den Wunsch äussern, das« der
Verfasser wenigstens etwas gegeben haben
mochte, worin er sich dem gebundoen Stil
mehr näherte, da dieser auf diesem Instru-
mente so unbeschreiblich schön wirkt und
gleichsam die schwache Natur desselben
adelt. — Das cea der rechten, ao unmit-
1805. July.
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1805. July.
telhar narTi dem e der linken Hand, S. 2.
Syst. 5. (und Aehnliches in der Folge)
sollte man von der Harmonika nicht ver-
langen , da hier weder der allmählige Ue-
hergang, wie auf Saiteninstrumenten, noch
das urplötzliche Abschneiden des Tons, wie
beym Pianofovle, möglich ist. Da mag sich
denn der Spieler einige Freyheit erlauben,
und cum grano aalis verweilen. Fol-
gende Stichfehler sind zu verbessern: S. 6.
Z. 4. T. 6. fehlt nach der halben Note das
Violiozeirhen; S. 7. Z. 3. ist statt a immer
ais gemeyut. S. 8. Z. 8. muas da« leUte
Viplinzeichen ein Bauzeichen seyn.
Nachkichtem.
München, den soften Juny. Gestern
wurden wir mit einer neuen Oper über-
raschst. Hr. Blangini, Bruder der geschick-
ten Violiuspielerin und leidlichen Sängerin,
die seil etwa einem Jahre Kammerfrau der .
Kurfürst in ist, kam vor einigen. »Monaten
hier an, sang mit seiner Schwester italieni-
sche Kanzonetten u. dgl. in Kabinetkonzer- ,'
ten, und nun wollte der kluge junge Mann
die günstigen Umstünde weiter benutzen.
Er schrieb eine kurze Oper in einem Akt,
nach italienischem oder französischem' Text,
den ein hiesiger grosser Gönner ihm deutsch
übersetzte, denn Blangini versteht kein deut-
sches Wort. Die Oper wird aufgeführt.
Man ist hier, wie billig, gegen Fremde
sehr gefällig} ich weiss nicht, ob die recht
haben, die behaupten, man sey das, um
es gegen Inländer desto weniger seyn zu
dürfen. Ich will darum auch nichts ,von
dieser entlehnten, kadenzen reichen Kompo-
sition sagen. Dem. Lang, eine junge hiesi-
ge Sängerin, trat darin zum zweytenmal auf
und sang sehr artig. Man rief sie, wie
hier sehr oft geschiehet, am Ende des Stücks
heraus. Der Vorhang gehet auf und es er-
scheint— Herr Blangini selbst. (Seine Oper
heiast: Ein Kalifenstreich!) Ihn halte man
aber nicht gewollt; man lermt nnd ruft lauter*
vernehmlicher: nun kömmt Dem. Lang. —
Uebrigens giebt es hier viel Musikalisches,
wenn auch nicht viel Neues. Der Deutsche,
also auch der Bayer , schätzt sich selbst sehr
wenig, und desto mehr das Ausland. Jetzt
zeigt unare musikalische Magnetnadel nach
Italien. Brizzi ist kurfürstlicher Sanger mit
3ooo Gulden jährlichen Gehalts, und braucht
sich doch nur, sechs Jahr hindurch, jähr-
lich etwa vier Monate hier aufzuhalten.
Nach dieser Zeit ist er ganz unser — ein
Glück für ih n, ein Unglück für uns, wenn
er dann etwa ohne Stimme wiederkehren
sollte! Künftigen Monat hören wir ihn
hier wieder in Groevra, die bey Gelegen-
heit der Geburlefeyer unsrer Durch). Kur—
fürslin aufgeführt wird. Auch soll er die
Sessi nnd noch andere italienische Sängerin-
nen mitbringen. Sogar eine Professorin der
Singkunst ist hier angenommen: Mad. Gü-
the, Tochter der noch lebenden Wendling,
aber seit länger als zwölf Jahren in Man«
heim verheyrathet. Sie erhält 1200 Gulden,
nnd auch ihr Gemahl, der sich nicht von
ihr trennen kann, soll seinen Talenten nach
angestellt werden. Wo sie ihren Lehrstuhl
aufschlagen wird, wissen wir noch nicht,
aber das wissen wir, dass sie, Öffentlich zu
singen, nie verbunden ist. Es giebt Leute,
die sich über letzleres verwundern. Auch
zwey interessante junge Mädchen, die oben
genannte Dem. Lang , und Dem. Peyerl,
sind vor kurzem als Sängerinnen aufgetre-
ten. Beyde versprechen viel Gutes. Be-
sonders hat Letztere durch die Wahrheit
ihres Ausdrucks, der durch ihre jugendlich-
edle Schüchternheit noch einnehmender-
wurde, bey dem Kenner grosse Hoffnungen
erweckt.
■
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1805. July.
678
Kurze Anzeigen.
Gesänge mit Begleitung der Guitarre, in Musik
gesetzt und dem Herrn Baron Paul von
Medem gewidmet von A. Herder. Op. g,
Leipzig, bey ßreitkopf und Härtel. (Pr.
ia Gr.)
Herrn Härders frühere Lieder fanden
schon eine gule Aufnahme, wegen der gu-
ten Wahl der Texte, der verstandigen Be-
handlung derselben, uud wegen der zarten,
wenn auch nicht immer originellen und zu-
weilen etwas weichlichen Musik. Die
neuern Werkrhen Hrn. Härders — das
angezeigte, wie andere in anderm Verlag —
Werden um so mein gefallen, je mehr mau
findet, er habe das l.öhlirhe der frühem
bey behalten und das J adelnswei (he sorgfäl-
tig, und fast überall mit Glü<k, zu verbes-
sern gesucht. Seine Individualität scheint
ihn fast ausschliesslich zu dtin Sentimenta-
len zu neigen; und wiewol wir dies frey-
lich nicht für das Höchste halten, so sehen
wir doch auch nichts, als eine zuweilen et-
was albern auftretende Mode darin, das«
dies von nicht Wenigen nun eben jetzt mit
solchem Hohn oder mit solcher Bitterkeit
verfolgt wird. Dass Hr. Härder diesem
Zuge in seinen Arbeiten gerade für die
Guitarre am meisten naebgiebt, ist, bey
der Beschränkthm und dem Wesen dieses
Instruments, vollends gar nicht zu tadeln.
Die hier gelieferten Lieder, deren acht
sind, haben einige vortreffliche, und nur
ein Paar unbedeutende. Unter jenen ist
S. 6. vorzüglich auszuzeichnen, ungeachtet
einiger kleinen Unebenheiten in Behandlung
des (freylich schwierigen) Metrums. Gö-
the's inniges Liedthen: Des Schäfers Klage,
ist vielleicht hundertmal komponirt : aber
jedermann wird die hier gelieferte Musik
gern hören, und es zeigt von der gesunden
Beurlheilnng des Komponisten, dass er ge-
rade hier der Begleitung, die er sonst nicht
arm zu behandeln pflegt, nur die nothwon-
digsten Akkorde gegeben hat. Zur Ueber-
schrift sollte noch gesetzt seyn : doch nicht
zu langsam. Dass die ungewöhnliche Takt-
art nicht Kaprize ist, merkt man bald; und
der denn doch etwas zu starke Einschnitt
nach „tausendmal," fallt bey den andern
Strophen weg. Das Lied S. 10. folg. ist
sehr artig, und (hier zweckmassig) reicher
begleitet. Die zwey letzten sind nicht
schlecht, aber auch nicht bedeutend, und
das Lied S. 7. ist vergriffen , und nur im
Mechanischen nachgebildet — zu ge-
schweigen, dass der doppelte Schluss in die
Tonika eine Nachlässigkeit ist.
Sechszehn Lieder von Gothe, Mahlmann,
' theshis, Schlegel, Schreiber etc. mit Beglei-
tung des Piano/orte von C. Schreiber. Leip-
zig, bey Breitkopf uud Härtel. (Preis
1 Thlf.)
" Die Leser der mustkal. Zeitung verdan-
ken Hrn. D. Schreiber, ausser seinem schätz-
baren Gedicht, Harmonia, auch manchen
lehrreichen und angenehmen Hey trag zu
diesen Blattern; eben darum werden wir im
Lobe dieses seines Werkchens nur kurz und
sehr gemessen seyn : weil wir aber nicht
viel zu tadeln finden, so kann auch die
ganze Anzeige nicht anders, als kurz aus»
fallen. Je gewöhnlicher das Gegentheii in
manchen andern Journalen wird, wo denn
eine Haud die andere wäscht, je sorgfälliger
werden wir immer auf eine solche Delika-
tesse gegen unsre Freunde und Theilnehmer
halten.
Schon die Erscheinung, dass ein ausge-
zeichneter Dichter auch ein bedeutender
Komponist ist, hat etwas Einnehmendes,
theila, indem es an die alten, poetischem
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6/9
i8oj.
Zeiten erinnert, wo das gewöhnlich war,
iheils, indem et im voraus verspricht, man
werde von einem aolchen, durch zwey Mu-
sen Begünstigten, Musik bekommen» die
gans der Poesie, und Poesie, die gans der
Musik angemessen, oder vielmehr, wo bey-
des au Einem geworden ist. Und so ist es
auch wirklich hier. Tiefe Originalität ,
grosse Kunst- Gelehrsamkeit, schwere, mü-
hevolle Ausführung und dgl. findet man in
dieser Musik nicht; aber eine lebendige
Phantasie, ein warmes Hers und einen im-
mer angemessenen Ausdruck — dies findet
man in allen, aber gans vorsüglich in den
eignen Lieder des Verf., wo wahrscheinlich
Musik und Poesie sugleich entstanden, sich
wechselseitig gleich in der Geburt bilden
halfen, und in denen, die den seiuigen am
nächsten kommen. Schwierigere und seiner
Individualitat fremdere,* gelingen ihm weni-
ger, wie s. ß. Schlegels verfehlte Stun*
de, ja auch wenn er sie selbst gedichtet
hat, wie die aeolische Harfe: aber wo
er sich dichtend leichter und freyer gelten
lässt, oder, wie gesagt, wo die Eigentüm-
lichkeit eines andern Dichters 4er «einigen
steh nähert, da kömmt auch eine -allerliebste
Musik su Stande. Das ist der Fall ganz
vorzüglich bey folgenden : Frühling und
Liebe, von Malthesius, S. i., die Geliebte,
von Schreiber, S. 21., die Sprache der Blu-
men, von demselben, S. a6., der Geist der
Harmonie, v. dem«., S. 28., Trinklied im
Freyen, von Malthesius, S. 16. Man muss
sehr am Schweren hangen, und wol auch
selbst sehr schwer seyn, wenn man diese
angeführten Lieder nicht mit Freuden singt
und wieder singt.
July. 680
Musikalische € h a r a d e,
von Htring.
Kantate,
nach sehr bekannten V 0 1 kt me 1 o J ieee.
Chor.
Wer tu uns will gehen,
Mo»e da* Ding verstehen,
Wi« man wol ein Meuter werden kann.
Wer die «rite nicht will recht atudiren,
Der mag Baren mit der Trommel fuhren :
Fort! er i»t für'« Ganze nicht der- Mann!
Bass solo.
Hört an, ich sag' euch ron der «wejten:
Er, den *io nennt, will wahrlich 'waa bedeuten!
Er führt vorerst ein {roste* Maul,
Dann trägt er Mähnon, langer als ein Gaul.
Nur selten betuoht er uns, und awar 10m weiten (
Doch wenn 's uns «elber nicht anwider war'.
Kam' er wot gar mit all» flen Seines herl
Recitativ.
t
Die dritte Sjlbe an<V
Im altmodischen ABCbuch ;
Die iwejl' und dritte zusammen
Sind, leider, oft nicht klug.
Schlussfu Je.
Wir gingen alle in der Irre,
1
• i
' V.
( Die Auflösung im
Stück.)
Laircio, iet »iiiitori i|s itant,
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ALLGEMEINE
MUSIKALISCHE ZEITUNG.
Den 2^ ten July.
N2. 43.
1805.
Recensiohew.
I/escr «Vit Virfall d<r Tonlunsf , von G. C.
Grosheim, Götlingen, i8o5, bey Die-
terich.
Klagen über Mängel sind ein Bedürfnis«
dessen, der diese bemerkt; und wiewol
nichts damit gethan wird — . es müsste denn
hier ergehen, wie in jenem Evangelio vom
lieblosen Richter und der armen Wittwe —
so sind sie dem Wohlgesinueten doch ge-
wiss nachzusehen. Nur müssen sie gegrün-
det — über wirklich vorhandene Mängel
erhoben, müssen nicht übertrieben, Und
nicht in Erbitterung auagestossen aeyn}
denn, ausserdem daas sie sonst eine Unge-
rechtigkeit am Zeitalter sind , schlagen sie
entweder darnieder und matten zaghaft,
oder reizen ebenfalls zur Erbitterung, und
Eii desto mehr Trotz und Beharrlichkeit
beym Getadelten. Hr. Grönheim, der, wie
Ree. mit Vergnügen aus dieser und andern
Zeitungen erfahren, ein sehr geschickter
und thätiger Musiker und Lehrer seiner
Kunst seyu soll, verfällt in dieser Schrift in
die hier angegebenen Fehler, und verfällt
darein in einem Maasse, wie seit langer Zeit
keiner, der gegen die jetzige Musik aufge-
treten ist. Man glaubt einen Eiferer nicht
' von i8o5 , sondern von 1705 zu hören,
und — seltsam genug — man hört auch
fast dieselben Klagen und Vorwürfe, nur
ein wenig auders gewendet. Da« ist es
eben '. Es geht dem musikalischen Rigoii-
7. ialii«-
sten,- wie dem moralischen. Jetzt, jetzt ist
fast alle Sitte verschwunden; das tiefste
Verderben ist da-, nie ist es so gewesen —
ruft dieser; und vor hundert Jahren, ja zu
allen Zeiten, haben «eines Gleichen gerade
so gerufen, und werden auch immer so ru-
fen: denn immer wird es gutgesinnte, leb-
hafte Leute geben, die das Mögliche mit
dem Wirklichen, das Bild, das sich in ih-
nen darstellt, mit dem, was die Welt zeigt,
verwechseln; durch die Abweichungen des
letztern vom ersten erbittert werden, die
Realisirung von diesem für leicht möglich
halten, und sich durch Ausmalen dieser
Idee, oder durch Nahrung des Gefühls der
SuperioriWt (welches leicht wieder das
„siehe besser denken kennen,* mit dem
„es besser machen* .verwechselt) sich einen
angenehmen Genuas verschaffen, auch wol
— was jedoch, nach jenen Nachrichten
über Hrn. Grosheim, nicht auf ihn passt —
sich durch Deklamiren von allem Thun loa«
kauten, und die innere Anforderung dea
höhern Berufs zu diesem mit jenem abr
finden wol
Der Verf. bestimmt den Zweck seiner
Schrift seihst : er will «einige Worte über
die heutige Anwendung der Tonkunst sagen,
und beweisen, dass, obgleich beynahe Alles,
was da lebet, dieser Kunst huldigt, ihr
wahrer Zweck dennoch von den meisten
Menschen ganz und gar verkannt wird.*
Man dürfte schon hier dem Verf. die Ge-
genfrage vorlegen : welches Dinges wahrer
Zweck denn nicht von den meisten Men-
43
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6S3
, 1805. July»
sehen verkannt werde — welches, unter
allen göttlichen uud menschlichen ? Doc h
_ wir woiren lieber hören , wie der Verf. sei-
nen Beweis führt, und, um sogar allen
Schein von Parthey lichkeit zu vermeiden,
so wie ihm alle Veranlassung zur Unzufrie-
denheit zu benehmen, ihn seihst, so viel
möglich, sprechen lassen, auch über vieles
Wunderliche in seiner Schreibart u. dgl.
kein Aufheben machen.
. Er giebt, vorerst ein Gegenbild, was die
Tonkunst seyn und wirken könne und solle;
er gehet dabey die Lebensalter etc. durch
— ungefähr wie Meissner in seinem be-
kannten Gedicht: das Lob der Musik. Hier,
in der poetischen Welt, ist da« recht gut;
Hr. Gr os heim spricht aber von der wirk-
lichen — sie soll ja geladelt werden; und
was kann er nun sagen, wenn z. B. ich auf
Bemerkungen, wie: »wenn nun die Pilger-
fahrt. zu Ende gehet, der welke Greis den
lange ersehnten. Hafen erblickt, stimmt er
dann nicht, mit freudig zitternder Stimme,
4ie Hymne an, die er am Throne des All-
liebenden iu vollenden hofft M — ganz
trocken meine Bemerkung vorlegte:
Nein, das kann der welke Greis ioou Ster-
ben nicht? oder, Aeltern, denen ihr -gelieb-
tes Kind stirbt » vermögen „nahe de» Ver-
zweiflung, mit .starren Bücken, thranonlosen
Augen , die, selbst den Arzt für sie zittern
machen keineswegs einen „milden Trost-
gesang * anzustimmen? Da wären wir denn
beyde, Hr. Grosheim und ich, gerade so
weit, als vorher; und aus un&ern beider-
seitigen Bemerkungen folgte — nichts.
So geben wir denn die Bilder auf, und fol-
gen dem Verf. dahin, wo er sich im Leben
umstehet, und referirt, was er da gefunden
haben will.
Er gehet vorerst „in den Tempel des
Herrn,* und hört beynahe ein „Bacchanten-
geheul.« Das erste Lied: Komm, hnil'gcr
Geist, erscheint als ein „ekelhaftes Signal
zum Niedersinken* etc. Diesem augemes-
sen findet er Orgelspiel, Kirchenmusik etc.
Nun fuhrt er die Leser zum Konzertsaale.
.Welch verworrenes, Fieber erregendea
Tongewimmel schallt uns entgegen ?" Die
Leute stimmen nämlich. „Und wie stehet
es um unsern Diapason? Auch er hat den
ebenen Weg der Wahrheit verlassen und
sich zur Sprosse der verächtlichen Leiter,
die zum Tempel des hohlesten aller Götzen
führt, erniedrigen müssen" — ist zu sagen:
sie stimmen zu hoch! „Sollte das so fort-
gehen — dann würden uusre Tongelehr len
sich in die Notwendigkeit versetzt sehen,
eine neue Charakteristik der Töne zu schrei-
ben." Nun, Wenu's weiter nichts wäre!
„Wir betrachten die Kohzertafüscfae. Welch
eine bunte St a hl karte ! " (Wir achreiben
buchstäblich ab!) Man giebt nämlich vie-
lerley und von verschiedenen Komponisten.
Nun werden die einzelnen Slücke ebenfalls
durchgegangen: Sinfonie, Arie, Konzert —
man denkt sich, nach Obigem, schon von
selbst, wie? Das Konzert z. B. kann „ab-
seifen des Mechanischen wohl Bewunderung
erregen, aber keine Gefühle für das Schöne
— mau kann sich glücklich schatten, wenn
nicht das Heulen der Hunde, Miauen der
Katzen, oder anderer Thicre liebliche Musik
nachgemacht wird" — für Liebhaber — !
„Die Liebhaberey ist überhaupt eine närri-
sche Sache. Man erzählt, dass, als Da-
mians hingerichtet wurde, der Nachrichter
einen vornehmen Herrn unter aeine Pro-
tektion genommen und den Umstehenden
zugerufen habe: Place pour Monsieur, il
est amateur." — (Wir schreiben buch-
stäblich ab 1 ) Der Verf. besucht nun die
Oper und findet sich „noch mehr, wie je-
mals" getäuscht Nun denke man sich die
Schilderung! Endlich wird's Nacht, man
hört eine Serenade — wieder ganz 'was
Entsetzliches! Und „ein Glück, wenn nicht
alle betrunken sind* etc. Militärische und
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685 J 8o5.
I ♦ r
Volks-Musik — immer wieder nichts bes-
te rs ! Endlich, Musik in kleinem Zirkeln
— ja» da kömmt man erst schön au!
»Hier geht es, wo möglich, noch schlim-
mer au, als in öffentlichen Konzerten.* Ey
du lieber Gott ! Was ist dazu zu sagen,
ausser dass man den wohlgesinnten Verf.
bedauert, dass er unter solche musikalische
Huronen gerathen ist» und dem Himmel da-
bey von Herzen dankt , weil er dieses
ihr Land so klein gemacht oder doch so
verborgen hat, dass es andern Leuten gar
nicht bekannt worden ist? Es giebt zwar
an andern Orlen auch manche von den
Thoi heilen und Verkehrtheilen, die der
Verf. rügt : aber in dem Maasse und so al-
leiuherrscltend — : nein, bis dahin sind nur
jene verruchten Seelen versunken ! vollends
wenn man no<h dazu nimmt, was der Verf.
in der Folge bey bringt, ungeachtet er sich
«elbst zugerufen hat: „Doch weg mit die-
aem traurigen Gemälde!" Das Gemälde
gehet nämlich — wie das nun mit einge-
wurzelten üebeln ist — noch nicht weg;
sondern nachdem sieb „ Fehler der Erzie-
hung von der einen, und Geiz von der an-
dern Seite"* präseutirt haben als Quellen des
allgemeinen Verderbens: so gehet der Verf.
noch manchen Sündern zu Leibe — i. B.
„den pedantischen Schulinonarchen , * denen
„die lingua lalina, das graeoum , hebraicum
etc. die Pfeiler des Staats* sind; deu stüm-
perhaften Dilettauten, zu welchen sich «die
zaubern Musikanten gesellen, denen das Can-
tores amant humores ein willkommener
Spruch ist, und die mit dem Instrumente
auch den Menschen bey sch Ii essen * .—
Diese verfuhren denn die Liebhaber zu
entsetzlichen Dingen „und bringen ein Ende
bei bey, dass xuna die Liebhabet ey der
Kunst verfluchen muss." Au diese
Grundsäulen des Jammers schliet&rn sich
noch andere an, die „unserm Pubiico die
helle Brille Vorhallen-
July. 686
Doch endlich entschliesst »ich der Verf.,
nach der Zuchtruthe des Gesetzes, das Ocl
des Evangeliums zu reichen — oder} sein
Bild herzustellen i er stürzt sein elegisches
Konterfey um, und versucht es, ein solches
zu bilden, «das uns über das Schicksal der
Tonkunst völlig beruhigt.* Wir schöpfen
wieder Odem, und erstaunen, dasa ihm das
herkulische Werk so leicht wird. Denn,
wie wir sehen , brauchte er ja nur den
Spiess geradezu umzukehren — z. B. wo
er vorher gesagt hatte: der Organist spielt
Hopser, zu bemerken: er spielt (in Zu-
kunft nämlich ) keine Hopser ! Der Kon-
zertdirektor giebt vielerley: nun giebt er ei-
nerley etc. So macht es denn auch Hr.
Grosheim. Ungeachtet nun in diesem Theile
des Büchleins nichts vorkömmt, was sich
nicht von selbst verstände, und was irgend
Jemand, der nur je mit Menschenverstand
an Musik nnd deren Anwendung gedacht
hat, unbekannt aeyn könnte: so ist doch
hier einiger Nutzen — wenigstens möglich,
indem an manche gute Weisung wieder er-
innert wird. Dasa nicht auch hier noch'
manches Wunderliche niitunteiliele; dass
nicht auch der Verf. , wie er oben vieles
angegiifTen hat, was man an keinem nur
eiuigermassen gesitteten Orte findet , nun
hier auch manches wünschte, was an den
ineisten langst erfüllt ist — das erwartet
man, nach dem Vorhergegangenen, wol oh-
ne unsere Erinnerung.
Wir wünschen sehr, dass Hr. Grosheim«
der so vieles schwatz siebet, was wahrlich
nicht schwarz ist, nicht etwa auch in dieser
Anzeige irgend etwas suche, was seine in-
nere Verstimmung vermehren könnte, son-
dern vielmehr, dass er diese selbst daraus
erkenne, sieb davon befreye, nnd als prak-
tischer Lehrer mit Glück ausführe, was er
als theoretischer mit Unglück darzustellen
bemühet gewesen ist.
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687 i8o5.
Hymne — Gvltluit, dir sey Preist und Ehrt!
etc. für vitr Singstimmen mit Begleitung
des Orchesteri, von W. A.- Mozart. Par-
titur iVo. 3. Leipzig, bey Breilkopf und
Härtel. (Pr. 1 Thür. o Gr.)
Diese vortreffliche Hymne Mozarts, wel-
che «gewiss, schon in vieler Hau den seyn
wir«) — Ree. hatte selbst eine Kopie mit
einem andern Texte, und einigen kleinen
Abänderungen — verdient einen vorzügli-
chen Platt unter den Prachtstücken eines
jeden Kantors oder Musikdirektors. Dies
geistreiche und energische Werkchen muss
zwar stark besetzt werden, denn ausser den
Klarinetten das Stück geht aus D dur —
sind alle übrige Inatrumente dabey; auch
-verlangt der prachtvolle, glänzende Charak-
ter des Hauptchors oine etwas starke Be-
setzung; es können jedoch im Notbfalle
die Posaunen — so herrlich ihre Wirkung
hier ist, ganz besonders in einigen gewalli-
gen, fremdartigen, originellen Eintritten —
mit einigen kleinen Abänderungen, wegblei-
ben.. Uebrigeus ist die Ausführung sehr
leicht. — Nach einem früher herausge-
kommenen Klavierauszuge zu urlheilen, hat
die Partitur durch einen verbesserten Text
besonders an Brauchbarkeit gewonnen, wie
auch. durch einige Abänderungen am Schlüs-
se -— Das ganze Stück hat das eigentüm-
liche Gepräge des grossen Kunstgenie's,
welches jedem Kunstkenner und Kunstlieb-
haber Bewunderung abdringt, und ihn auf
seinen. Pitiigen mit empor reisst. Der
gross angelegte Plan , die durchaus gute
Haltung und Einheit der kombiotrten Ge-
danken, der stets interessirende Hermonie-
strom und die von Herzen und zu Herzen
gehende Melodie, das — dem Anscheine
nach — Unberech riete, und nur im Augen-
blick einer religiösen Begeisterung Ueber-
•trömende — : das cbarakterisirt auch die-
ses herrliche Kunstprodukt des grossen
Mannes. — Ein erhabenes Adagio maesto-
July. 6S8
-
so macht die Einleitung und Begleitung de«
Chors, der sich dem Altar der Gottheit uä-
heit mit dem Ausruf: Gottheit, dir
»ey Preiss und Ehre! Darauf folgt ein
feuriger Satz, der sich allgewaltig in seinen
Harmonieen empor schwingt. Sodann tritt
ein freundliches Allcgretto auf der Domi-
nante ein. worin die beyden tiefen Stimmen
mit den hohen wechselsweise Solo- Partieen
im sogenanuten französischen Duettenstile
haben. Ein einfacher, aber — besondere
nach jenem Prachtstück — äusserst rühren-
der Herzenserguss ! — Der Chor greift
endlich wieder ein und endet mit einem, 1
dem ersten, bis auf einige schöne Wendun-
gen, gleichen feurigen Satze, wodurch das
Ganze seinen Zweck völlig erreicht, und*
sich vortrefflich in sich selbst abrundet. —
Kaum wagt es Ree. bey den Solostellen
S. 35 und a6.
Tenor. ^ v Sopran«.
dei.nei
- HuW
V
- treu-
en etc.
zu wünschen, das« entweder nur Eine Stim-
me diesen Gedanken zusammenhängend vor«
trüge, oder auch zwey Stimmen zugleich.
Auf dem Theater, wo mehrere Sänger sich
wechselsweise in- die Rede fallen und die
Aktion es begüustigt, können solche Stellen
nicht auffallen ; allein hier erinnert es nur
allzuleicht an das gemeinschaftliche Beten
mit lauter Stimme, wo man bald eine
Stimme wegbleiben, bald eine andere eintre-
ten hört« Doch will sich der Ree. hiermit
keine Kritteley zu Schulden kommen lassen,
sondern nur ein leises Wörtchen zn sei-
ner Zeit für solche Musiker gesagt ha-
ben , die auch auf Kleinigkeiten Rücksicht
nehmen.
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689
1805. July.
690
Nacrkicrtsh.
Wien, den 5ten July. In den Som-
mermonaten sind unsere musikalischen Neuig-
keiten gewöhnlich nicht von Bedeutung.
Die Sclwupanzigschen Augartenkonzerte sind
nun auch eingestellt, vermulhlich weil sie
*u geringe U Uterstützung fauden. In der
letzten Akademie horte ich einen Herrn
Raischel ein Violtisches Violinkonzert recht
hübsch vortragen. Dieser junge Mann hat
einen sehr angenehmen Ton , eine grosse
Leichtigkeit des Bogens, und spielt nett und
rein. Wenn ihm eine fortgesetzte Bemü-
hung noch grossere Sicherheit in den
schwierigsten Passagen geben wird, kann er
es »ehr weit briogeu. Eine solche Er-
scheinung muss um so willkommner aeyn,
da man der eigentlichen Virtuosen auf der
Violin hier nicht sehr viele zahlt.
Das Hoftheater gab eine neue italieni-
sche Oper mit Musik von Fioiavanti : die
gebesserte Eigensinnige. Der Text ist wirk-
lich albern genug. Die Schöne bringt gleich
einen Liebhaber zu ihrem Verlobten mit,
verkleidet sich als Zauberin, und treibt eine
Meuge unsinniges Zeug. In der Musik sind
manche hübsche Stellen; sie ist nicht ohne
Werth, weou man den von Gölhe für Italien
jüngst aufgestellten Maassstab annimmt) wel-
cher nur den Reiz fürs Ohr, ohne Bezug
Auf geistige Kräfte, berücksichtiget. Nach
unserer Schätzungsweise aber, insoferue
nämlich auch Geist und Gewülh angespro-
chen werden sollen, hat sie wenig Ver-
dienst. Mad. Bulla, welche darin zum ersten
Male auftrat, hat ein freyes, gewandtes
Spiel, und eine schöne, biegsame Altstim-
me, die einigermaassen dem Tone un-
sers Cresceotini ähnelt, Manche der Ver-
zierungen, womit sie nach italienischer
Sitte ihren Gesang reich ausschmückt, ge-
lingen ihr sehr gut ; nur selten m issglückt
eine Stelle. Sie gefiel und wurde heraus-
gerufen.
Gaveaux's kleiner Matrose kam auch
wieder auf dem Hoftheater zum Vorschein.
Wie Spiessens Alter Ueberall und Nirgends
erstehen bey uns die vergessenen alten fran-
zösischen Operelten wieder aus ihren Grä-
bern, und werden so aus einer gewissen
Ehrfurcht noch geschätzt. Indessen hat
auch jene Operette manches Artige, und
der kleine Malrose wurde von Dem. Eigen-
salz recht gut gespielt. Gesungen ? Nun,
eben nicht am vorzüglichsten ! Es fehlt
noch immer Sicherheit und reine Into-
nation.
Im Theater an der Wien sahen wir ei-
ne ueue Zauberoper: Swetards Zauberthal,
mit ganz ungemeiner Pracht an Dekoratio-
nen und Kleidungen aufführen. Der Ver-
fasser des Textes war nur mit einigen Buch-
staben bezeichnet, aber alles rielh auf Scbi-
kaueder, und wie ich glaube mit dem voll-
sten Rechte. So wenig sich auch der Dia-
log oder die Versifikalion nnr im geringsten
loben lässt, so viel Theatcrkriintniss ist
doch überall sichtbar, so glücklich sind
manche Situationen auf Wirkung und musi-
kalische' Behandlung berechnet, so gut ist
endlich alles fürs Auge gruppirt. Dass
Schikaneders Opern diese Vorzüge besitzen,
an denen nun freylich das dichterische Ta-
lent geringen Antheil haben mag, darin
liegt die Ursache, warum sie, wenn ihnen
eine gute Musik zu Theil wird, doih oft
gefallen, wenn im Gcgenlheile die Opern
sonst geistreicher und verdienter Dichter,
bey aller Ausarbeitung des Dialoges uud al-
lem Reize des Versbaues, doch völlig k«ilt
lassen. Die Musik von Fischer zeigt von
einem bedeutenden-, hoffnungsvollen Talente,
und vieler Kunstkeonlniss. Die Oper be-
steht beynahe durchaus aus vielstimmigen
Stücken; sie sind fast alle melodisch, geist-
voll, und charakteristisch entworfen, und
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69 1 1805.
reich begleitet. Nur in wenigen Stellen
kann man Ueherladung tadeln, uud hier und
da eine Rrinuiseena bemerken. Ausgezeiih-
nel ist ein Quintelt itn eisten Akte, wo
Swetard iu «einer Zauberhöle zu den Göt-
tern fleht, während auf der andern Seile
des Theaters die Elemenlargeister , um
das Grabmal seiner Tochter schön grup-
pirt, sie ins Leben zurül-krufeu; dann ein
Terzett im zweyten Akte , von dem
Chore begleitet und unterbrochen. Fi-
scher hat «war vier Höroer, zwey Trompe-
ten, zwey Posaunen und noch eiue Harmo-
nie auf dem Theater benutzt, aber mit lo-
benswei'lher Mässigung. Er fahre auf die-
sem Wege fort und der Uubefangenen ßey-
fail wird ihm nicht entgehen.
Baron Braun wird nächstem aus Paris
zurückkommen. Man versichert hier allge-
mein, er werde Cherubini mitbringen, der
sich zwey Opern für das hiesige Theater
zu schreiben verpflichtet habe. Cherubini
wird hier, wo man seine Werke ausseror-
dentlich liebt, gewiss höchst ehrenvoll em-
pfangen weiden.
Magdeburg, im July. Es ist wenig,
und noch dazu wenig Erfreuliches, was ich
Ihnen auch diesmal von dem Musikzustaudt-
unsrer Stadt zu melden habe. Das Opern-
personale beym Nationalthealer ist sehi
spärlich besetzt : wir behelfen uns schon
lange ohne einen ersten Liebhaber. Liegt
dies daran, dass die prima Donna nicht lie-
benswürdig genug ist? — Ich weiss es
nicht. — Grössere Opern, wie der Wassei-
tiäger, die Entführung, in welchen beyden
Hr. Weizraann aus Berlin vorigen November
hey uns auftrat, dürfen wir jetzt gar nicht
mehr erwarten. Hr. Unzelmann, der sich
im vorigen Monate einige Wochen bey uns
aufhielt, konnte sich daher auch nur im
July. 692
Sonntagskinde', Zinngiesser, dem Geheim-
nis etc. und als Kapellmeister in dem be-
kannten Intermezzo zeigen.
Unsre Öffentlichen Konzerte waren im
vergangenen Winter unbedeutend. Die Ge-
sellschaft , die sich zu denselben auf der
itessource — von Militaira und höhern Ci-
vilpersoneii , — und auf der Harmonie —
von Kauf.eutcn, — versammelte, schenkte
der Musik im Allgemeinen zu wenig Auf-
merksamkeit und Theilnahme. Mau ging
bloss der Gesellschaft und des Abendessens,
auch wol des nachher folgenden Tanzes we-
gen hin. — Unsre, im vorigen Jahre auch
durch öffentliche Bläller bekannt gewordene
Natursängerin , Dur. Lampe, fand in der
letzten Zeit wenig Bey fall mehr. Die mei-
ste Aufmunterung erhielt und verdiente auch
wol der hoffnungsvolle junge Violinspieler,
Hr. Feska, ältester Sohn der, ehemals als
Dem. Podoleska bekannten Schülerin Hilleis,
welcher uns aber gegenwärtig, um au einem
andern Orte «ich mehr zu bildeu, verlässt«
— Die hiesige Revue am Ende Mays ver-
einigte auf ?iue Woche eine beträchtliche
Anzahl von Musikern der Regimenter in
unseru Mauern, aber Niemand war, der
diese Gelegenheit zu eiuera recht brillanten
Konzerte benutzt hätte, so wie vor zwey
Jahren unser seitdem verstorbener 1'itleHm,
der im Theater Haydtis Jahiszeileu gab.
Unser jetziger Mangel an Saugern mochte
wol daran Schuld seyn. Ks wird freylich
wenig gelhan, um diesen zu ersetzen, und
•las Publikum selbst scheint sich nicht sehr
ihr die Sache zu interessiren. Schoo vor
einigen Jahren hiess es, es sollte eine Sing-
akademie nach dem Muster der Berlinischen
hier errichtet werden ; und an den Bemü-
hungen eines der ersten und vereintesten
Männer unsrer Stadl lag es wenigstens nicht,
wenn die Freunde, besonders religiöser Mu-
I sik, darauf vergebens warteten. Doch ist
I den ieUteven seit Ostern eine andere sYrett-
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I
693
de geworden, die sie auch grossentheils
demselben verdienten Manne verdanken.
Wir haben nämlich ein neues Gesangbuch
erhallen; eine Sammlung von Liedern, die
gewiss den besten jetzt vorhandenen an die
Seite gesetzt werden kann. Nun soll auch
der Gesang in den Kirchen verbessert, die
alten zum Theil korrumpirlen, oft in ver-
schiedenen' Kirchen verschieden gesungenen,
Melodieen revidirt, und einige neue einge-
führt weiden. — Hiervon in der Folge ein
M obreres.
Einig* Worte Über die ApplHatur beym Choral'
tpitl auf der Orgel und auf dem
Pianoforte.
Ungeachtet ich sehr gut weiss, dass ich
jetzt dem geübten Spieler nichts Neues sa-
gen werde, so halte ich einige Bemerkungen
über den angezeigten Gegenstand doch nicht
für zwecklos, indem theils gewiss ein gros-
ser Theil der Leser dieser Zeitung die Mu-
sik nur als Nebensache betreibt und ihnen
daher eine Bemerkung neu und nöthig «eyu
kann , welche dem Kenner langst bekannt
ist, theils weil mich die Erfahrung gar zu
oft überzeugt hat, dass selbst sonst nicht
ungeschickte Spieler doch gerade in die-
sem Punkte häufig und recht auffallend
fehlten.
Man irrt sich sehr, wenn man glaubt,
eine Applikalur, welche in geschwinden,
lebhaften und brillanten Sachen vielleicht
•ehr gut und brauchbar 'ist, sey eben so
anwendbar bey langsamen, gezogenen und
enge verbundenen Stellen. Ith mochte im
Gegentheil fast sagen, ein jedes musikali-
sches Genre, eine jede Setzart, eine jede
Leidenschaft verlange etwas Eigenes in
69* .
der Applikalur; wenigstens muss die letzte-
re unaufhörlich nach den Empfindungen
des darzustellenden Salzes modifkirt werden.
Ich kann mich bey dieser Gelegenheit nicht
enthalten, allen angehenden Musik- und vor-
züglich Klaviermeistern eine Wahrheit einzu-
schärfen , welche wol ihre volle Beherzigung
verdient : Es ist nicht genug, dass dem an-
gehenden Spieler im Allgemeinen und über-
haupt die Regeln der Fiugersetzung beyge-
bracht werden, sondern eine Hauptsache
dabey ist, diese Regeln dem Ausdrucke der
verschiedenen Empfindungen auf eine vor-
teilhafte Art anzupassen; nicht den
Ausdruck der Pinger s e tz ung aufzu-
opfern.
Unter allen Fehlern beym Choralspiel
ist einer der wesentlichsten — Mangel
au Zusammenhang der Töne unter
sich; oder Mangel au engem Anschtiessen
des einen Tons au den andern, vorzüglich
in der Melodie. Wie unangenehm würde
es nicht seyn, wenn ein Sauger auf jeder
Sylbe Ajthem holen wollte ! Und doch be-
gehen gerade diesen Fehler viele Spieler
durch das häufige Absetzen zwischen den
Tönen der Melodie. Was mag sie dazu
verleiten?' Ueberhaupt wol Mangel an Ge-
schmack, aber auch vorzüglich eine falsche
Fiugersetzung. Es fehlt ihnen au Kenutniss und
Gewandheitim stillen Einsetzen oder im
Wechsel zweyer Finger auf Einer Taste,
ohne doch den Anschlsg su wiederholen.
An jeder Stelle , wo dieser Wechsel wegen
Mangel au vorrälhigen Fingern zur folgen-
den Note, und um sio mit der vorherge-
henden eng zu verbinden, nöthig ist, darf
er ja nicht verabsäumt werden ! Dieses
stille Einsetzen ist dem Unter- und
Ueberschlagen der Finger, und dem Fort-
rutschen derselben Finger auf die nächsten
Tasten bey langsamen Stellen, wo man in
der Fingersetzung wählen kann, weit vorzu-
ziehen. Es ist hier nicht der Ort, die«
1805. July.
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695
1805. July.
696
durch Beyspiele weilläuftiger darzuthun; ich
beschränke mich bloss auf das Choralspiel,
wo es unerlässlich ist. Da ich aber be-
fürchten muss, bey alle meinem Bestreben
doch in dem Gesagten Manchem noch nicht
ganz deutlich gewesen zu seyn: so gebe ich
auch hier noch einige Beyspiele in Noten,
so wie sie mir gleich vorkommen, zum Be-
sten, aus deren angemerkter Fingersetzung
man die weitere Erklärung ziehen, and die
fernere Anweuduug machen wird.
AS ,
Eben so muss man bey der Orgel auf
dem Pedale in den nöthigen Fällen den ei-
nen Fuss an den Ton einsetzen, welchen
der andere Fuss tritt, noch ehe er aufgeho-
ben wird, um die Töno mehr zu ver-
Friedrich Guthmann.
K l R z tl Anzeige.
Klopstocks Auferstehungsgesang nach der Bear-
beitung im neuen Meklenburgischen Gesang-
buche für vier Singstimmen und Orchester'
begltitung in Musik gesetzt und Ihro Durch-
taucht der regierenden Herzogin von Meilen-
burg- Schwerin — — gewidmet von Fried-
rich Heins, Mtklenburg- Schwer mischtm Kam-
mermusikus. Leipzig, bey Breilkopf und
Härtel. <Pr. 8 Gr.)
Hr. Heine ist als ein schätzbarer Kom-
ponist für den Gesang schon durch Lieder-
sammlungen u. dgl. bekannt. Das: Aufer-
stehn , ja auferstehn wirst du — ist im
Charakter so gut, wie bey Graun, getrof-
fen, und hat hier wol noch etwas mehr
Schwung und Energie; auch konnten hier,
wo die Strophen einzeln gesetzt wurden,
einige Abweichungen der Verse genauer be-
handelt und in Absicht auf Deklamation
sorgfältiger angepasst werden. Die Einrich-
tung ist sehr bequem: das Lied kann bloss
vierstimmig , dann vierstimmig mit Orgelbe-
gleitung, endlich a*üch mit allen edlem In-
strumenten des ganzen Orchesters unterstützt,
vorgetragen werden. Die Behandlung der
letztern beweiset einen erfahrnen Musiker,
Referent hat es auf letzlere Weise aus-
führen lassen , und die Wirkung war sehr
schön.
Auflösung der musikalischen Charade in»
vorhergehenden Stück.
8pielleute.
LEIPZIG, 111 B . r ukd Hiarii..
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A L h'OEM EINE
MUSIKALISCHE ZEITUNG,
RxCBUtlO*.
II;'!:«
■ ■ ! 1 l .- i . , l .1. . J ;
Den3i««July. : N=. ÄA. 1 : :, V 1805. '
- — : : , . 1 ;--.. !' 1 > J- . ,1
» .. . •• ' . j d.i. ' ' ' - ■ •
gefahr die erate Hälfte de« Bucht, wegen
»manches wenn- auch nicht neuen, nicht
liefen*}, doch hellen udd .treffenden Gedao-
-keua., /lebendig, . kräftig b od oft «igeothttn^-
lich'auagr «prochen, ^gedruckt zu werden ver-
diente} und su loben finden wir auch, da«
der Herausgeber in diesem Theile de« Bucht
an dorn' swair oft ausschweifenden und un-
regdmässigen , aber, auch blühenden, charab-
.•eristiechen Stil den Ver& nichts ' äderte,
sondern, die Aufsitze gab, wie isie waren,
mit allen ihren jugendlichen Thorheiten ur/d
Vorzügen. Die sweyte, zum Glück, klei-
nere Hälfte des Buchs tat aber desto jniss-
ratuener. Eine erhitzte, nicht einmal hitzr-
ge> Phaolaaie .treibt da ihr poetisches und
prosaMohe« Unwesen mit Prinzessinnen, mit
Grazien, mit Griechen, .mit Plenen aar to-
talen Reform der ganzen Welt , mit Schel-
sen auf. alle*, was diese nun eben in sich
hält, und dgl. Da die Au&ätze in keiner
Verbindung mit einander stehen und mithin
<das Werkcban so leicht getheilt werden
koBfale,,, hätte es auch getheilt und jene«
EnteteJUende durchaus weggeworfen werden
sollen. — » Wir wollen unsern Lesern ge-
naue Rechenschaft von dem seltsamen Buche
Musikalisch* Dialogin , oder fhUonphUcht t/n-
- urrtdungtn btruhmttr Gelehrttn, Dkhtsr und
Touktinstltr übtr den Kunst gvetynack in d*r
Musik. Ein Nechlast von titinst t Vtrfasstr
des Ardin ghtUo und ('dar) tiiidtgard von
Hohwthal. Leipzig , bey Heinrich Griff,
l3o5, (Pr. t6 Gr.) - -• Ji ; » )
. • • •• . ••' i! . i', . i'
Mao Eennt und achtet den geistreichen,
feurigen Verlasset- des Ardinghello und der,
wenn auch weit schwachem , doch ebenfalls
schätzbaren Hildegard, viel zu »ehr., als
dass man nicht anit Eifer auch nach, dieser
seiner Schrift greifen sollte. Aber schon !
die Vorrede des Herausgebers (Arnold ken-
net er sich) schlägt manche Erwartung , dar-
nieder. Heiuse wurde nicht etwa durch
der» Tod an der Vollendung des Bucha ger
hindert, sondern schrieb eis schon »776 ode*
«777. Seitdem haben, «ich aber .nicht" nur,
«-wie der Herausgebor bemerkt, die Ansichten
-der Kunst überhaupt v and der Tonkunst
insbesondere, sehr geludert, sondern auch
•diese Kunst selbst ist, , vornehmlich in
»Deutschland, und vor allem die fr eye
,Kunat der Inahumeutaimüiik,<«u ferner Hohe
< gehoben worden, die Heina«, datnala noch
nicht ahnen konnte 4 10 diu nicht nur,
was er in diesem Betracht tadelt und
schilt, fast gar nicht mehr vorbanden, son-
dern auch, was er wünscht, von den heilen
der« spatern .iVlusiker ü b e r t roXf e o worden
■ ist . Denn och 'bleibt .zuzugestehen, dass, un-
7. Jaurg.
geben. . *
». • ' i " i i»' • ,\ t t.
Hemse fängt sejbat mit einer wunderli-
chen- Vorrede au, wo er mit dem Publikum
darüber kwmplimeutirt und zankt, dass er
kaum zwahzig Jahre alt sey und- doch schon
schreibe. Ifir ; läset sich von den Lesern
roancherfey Kluges und Albernes repliciren.
-(Wie loomuxeu aber hier Fichte und Scble-
44
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699
gel in Erwähnung? Da hat denn doch der
Herausgeber, ungeachtet feiner Prolestalion,
(lie Uand nicht von der Tafel hallen kön-
nen. Indes«, jene Männer werden auch nur
genannt!) In Heinsens Dupliken findet man
einzelqe, doch nur wenige Fuuken von Ar-
dioghelloV Geiste, und fast allein sein hef-
tiges Ansireben gegen das, Was Sitte heisst
— man weiss aber, was alles Heinse unter
diesen Begriff' d ringele; und jene leiden-
schaftlich« Huldigung der Natur — da»
Wort ebenfalls . in Heinaess Sinne genommen.
Uebrigens, und besonders für den -wissen^*
achaftlichen Zwack des Bucha, ist dieser
dialogisirte Vorbericht unbedeutend.
Den ersten Dialog fuhren J. J. Roneseau
und Jomelli. Heiuse giebt , erat wieder
eine Vorrede, und «war eine t beeret isirende.
8. 29. folgg. «Der Hauptentzweck der
Musik ist die Nachahmung oder vielmehr
Erregung der Leidenschaften. Aus der Er-
fahrung weiss man, dass die Melodie das
meiale dazu beytragt. Die Melodie, muss
folglich etwas Aehuliehes von den Lekleni-
sohaften in sich haben ; und worin- dies 1
Achubcbe bestehe, . muss ein musikalisches
Genie wissen. Diese Wissenschaft kann
ihm unmöglich 1 angeboren werdeu } man ,
anuss sie also aus Erfahrung lernen. (Wir ,
referiren mit des Verf. Worten; juato sisbet,
dass sie bey weitem- nicht bestimmt' genug
sind, aber doch auch, was er will.) 1 Wie
dieses an bewerkstelligen sey, glauben nuane
Theorieenmacher der schönen Künste und
Wissenschaften vollkommen au wissen.
Darum geben sie Kegeln; und diese schreibt
Einer vom Andern ab." (Dies soll zu-,
nächst die Franxoeedi und Sulzer und j
: Ramler . treffen.) Die vornehmste dieser'
Regeln soll, nach Heiuse, vorschreiben,
man müsse sich Melodieen suchen in den
gewöhnlichen Aeusserungen der Menseben,
in der Deklamation deren , die «ich in Lei-
denschaft befinden. Das predigte Aous-
7OO
seau, Diderot, Ramler, Mendelssohn — —
( Man wird die Zeit nicht vergessen, in
welcher dies geschrieben wurde, und wo
Heiuse die deutschen Manner nicht kennen
könnte, die dies uchwankende, ungefähr zu
gleichen Theilen wahre und falsche Raison-
Dement wegwarfen, und mit unverkennbarem
Erfolg etwas Festes, Konsequentes und tie-
fer Greifendes au seine Stelle au setaen be-
mühet waren. Uebrigena stellet Heinse daa
System dieser Mauoer weuigstens eben
so schroff und hart dar, treibt es eben so
'hoch hinauf hie* zu seiner stumpfen Spitze,'
wie Kant das System der Eudämonisten. Frey-
lich wird es dann um so leichter, sie ganz
schlecht zu machen!) Gegen diese ängstli-
che , gleichsam beklommene , pedantisch
rechnende ' Musik der damaligen französi-
schen Musiker und Philosophen, so wie ge-
gen die, letalem nachsprechenden, deutschen
Kunstrichter Jener' Zeit — denen aber be-
kanntlich die italienischen Künstler immer,
und einige der deutschen schon dainala ent-
gegentraten, nicht 'durch Theorieen, sondern,
wie es ihnen ankam, durch Kunstwerke sel-
ber t gegen diese Musik und Kritik Usst
Heinse nun sehr gut den genialischen , küh-
nen , allen Zwang einseitigen Regelwerks
verachtenden Jomelli aufstehen. Jomelli hat
eben keine schwere Arbeit, das ihm vorge-
legte Aggregat halbverstandener Reflexionen
zu Widerlegen $ er würde aber schwere Ar-
beit haben, wenn er alle die zugespitzten
Sophismen und rhetorischen Ergüsse Rous-
seau'* ans dem Wege räumen sollte, die
dessen Wörterbuch, die die Heloise etc. — •
die eher dieser Dialog nicht enthalt. Was
hingegen Heinse Rousseau'n hier vorbringen
lüsst, widerlegt oder berichtigt Jomelli
ziemlich gut; wobey jedoch anzumerken ist,
dass Heinse daa Beste und ihm Eigcnthüm—
liehe, was hier vorkömmt, schon in seine
Hildegard aufgenommen hat, und dass es
ihm hier, so wie in diesem ganzen Buche,
an der eigentlichen Kunst des Dialogisireos
1805. July.
• 1
■
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701 1805.
gänzlich gebricht. Die Redenden sind zwar
ziemlich getroffen, und besonders iat es
Rousseau, aus seinen Schriften; aber ihre
Meynungen und Urtheile entwickeln sich
nicht über dem Sprechen, sondern jeder
sagt sie nur aus auf Veranlassung von
dem Andern.
Der ganze Gang der Unterhaltung kann
hier nicht wiederholt werden, besonders da
er so oft abschweift und nicht überall fest-
gehalten ist ; die Resultate sind folgende.
Das Genie arbeilet nach Regeln, aber nach
unbekannten. Der Musiker weiss, diese
Melodie wird die Wirkung thun , die er
beabsichtigt: allein, er weiss nicht, warum?
— Die Wunder der Tonkunst lassen sich
weit eher aus der Wirkung des Tons der
Nerven des menschlichen Körpers erklären,
(wie Mendelssohn versuchte,) als aus den
Accenten der Sprache, (wie die Franzosen
behaupteten). - — Die Natur schafft musi-
kalische Genies und giebt ihnen die feinste,
vollkommenste Sinnlichkeit, das allorzärllich*
ato Ohr (und das empfindlichste Herz).
Aus diesen Quellen allein schöpft der ge-
nialische Künstler. Regeln thun nichts, es
anüsste denn die einzige gegeben werden :
Studire die Natur der Töne und die Wir-
kungen, welche die verschiedenen Verbin-
dungen derselben auf das menschliche Herz
naacheu. Auch die Regeln der Harmonie
liegen schon in der Natur, und sind darum
•o leicht zu begreifen, dass blosse Erfah-
rung hinreicht. — — Von den abschwei-
fenden, aber meistens feinen Nebenbemer-
kungen wollen wir nur die eine anführen,
die Rousseau macht. Er meynt : ebeu
daraus , dass der Musiker so gar wenig in
•ich hinein zu bringen brauche, um in sei-
ner Kunst ausgezeichnet zu seyn, erklär«
•ich» wol auch, warum so viele vorzügliche
Ton künstlet' (Er druckt's noch allgemeiner
aus,) ,.•<> »ehr dumme Menschen" waren;
aber Jomelii widerspricht, und findet, —
July. 702
was .auch unsre Meynung ist die Be-
merkung selbst beruhe auf einer Täuschung,
indem wir das, was Viele Virtuosen (und
Komponisten) nur durch Gewöhnung von
früh an besitzen, was sie andern abgehört,
auswendig gelernt, aber gut eingeübt haben,
(so wie das Analoge in der Komposition,)
für Produkt ihres eigenen Geistes nehmen,
weil wir sie nur wenige Momente beobachten;
würden wir sie oft hören, (oder viele ihrer
Kompositionen sludiren,) so könnten wir
uns nicht mehr so tauschen , und damit
würde der r ganze Erfahrnngssatz hinfallen.
Der „dummköpfige u Virtuos kann wirklich
für den Augenblick interessiren , kann ver-
gnügen, rühren, aber wie der Gesangvogel;
entzücken, erheben kann nur das Genie.
Der aweyte Dialog, zwischen einer Prin-
z essin und Metaslasio, bewegt sich mehr in
gewisser — lyrischer Unordnung; ist im
Ganzen schwacher, aber Einzelnes darin
doch «ich t ohne Interesse. Die Prinzessin
hebt an mit einer sehr langen, pretiösen,
bis auf lateinische Floskeln gelehrten Tirade
über das Genie, über die Fürsten, über die
Griechen, und endlich über den „göttli-
chen" Metastasio, der eben im Dichten be-
griffen und von ihr beobachtet ist. Sie
pflückt ihm eine „ Helene unter den Rosen,"
und fragt, ob sie nicht schön sey. Der
galante Poet versetzt : So war die Göttin
von Papboe in der Phantasie unsrer Titiane;
wie Sie hier mit der Rose in den Fin-
gern stehen; allein sie konnte nicht so
unbeschädigt aus ihren Köpfen , wie aus
der Muschel auf Pap hos, ins Leben gehen.
Die Prinzessin bestellet bey der Rose und will
wissen, warum sie schön Sey? Das sollte
sie sich, frey lieh von ihren Sinnen sagen
lassen, und es ist schon recht, dass sie
vom Dichter nichts rechts darüber erfahrt.
Nach vielen wechselseitigen Komplimenten
kömmt, die Prinzessin > auf "das Gedicht, das
Metaslasio eben geschrieben habe und will
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;c3 1805.
es sehev; nach vielfältig«'» Bitten um Gnade
und Erbarmuug gi«bt ei'* hin. (Es mag
das.wol in Metastasio'* Charakter aeyn, aber
im Charakter einer Prinzessin schwerlich,
und -interessant ganz gewiss nicht.) Da*
Gedicht besieht aus einigen artigen Zeilen.
Nachdem die Prinzessin schon bey der er-
sten gefunden hat, dass die italienische
Sprache allein das. Uebermeuschlirhe, Gött-
liche, im Tone etc., besitze, gehet sie die
Verse. Wort für Wort durch, macht ent-
zückt zu jedem. Anmerkungen, -and findet in
jedem jene, so wie Metastasio*« Göttlichkeit,
von neuem bewahrt. Jetzt endlich kommt
Heinse zur Sache. Das Gedichlchen ist so
musikalisch, dass der Komponist die Melo-
die sogleich, finden rauss. Doch nein; viel-
leicht ist gerade dies Ueberzarte, Reingeisti-
ge am schwersten zu erhaschen und lest zu
halten ? „ Das kann nur der Genius. "
„Aber, auch er rauss dann noch bessern
Und feilen.«' Das. will der Dame nicht ein-
leuchten; der Dichter meynt aber, es müsse
doch wol gescheiten, nur — mit Maass.
Damit ist dies« wichtige 'Sache, zwar kurz,
aber gar nicht gut, abgemacht, und die
Prinzessin kömmt, für den Leser etwas zur
Unzeit, und — wie es nun die Damen ma-
chen — man weiss nicht wie, nicht warum,
auf den etwas albernen, und freylich j?tzt
als albern längst anerkannten Vorwurf, der
der Oper von Seiten der nüchternen Natür-
lichkeit gemacht wird. Man findet es lä-
cherlich, meynt sie, wenn z.B. ein Alezan-
der seine heroischen Entschlüsse absingt;
aber nur eisköpfige Philosophen können das
lacherlich finden. Ist den Grazien der Ge-
•
sang unnatürlich? — Wie' aber mit den
menschlichen Helden? — ; Diesen ist das
Singen nooh. mehr angemessen, als selbst
den Göttern.
Man siehet, ohne untre Anmerkung,
dass auch dies« Materie halte« Sehr interes-
sant werden kdaocn, wenu >om Prinzessin
•JuJy. 704
dabey gebliehen und der Dichter durch sie
veranlasst worden wäre, tiefer einzugeben ;
aber kaum hat er einige Wolle zu jenem
letzten, etwas paradoxen Salze hinzugesetzt,
so fällt sie plötzlich wieder mit der verzwei-
felt naiven Krage ein: Herr Melaslasio,
sollten wir nicht eben so weit in der dra->
malischen Kunst seyn, als die Griechen?
Metastasio erklärt die Oper für das Höchste
der diamalischen Kunst. Die griechisch«
Tragödie war noch lauge keine Oper, meynt
er; so wie der Gesang der Griechen höch-
stens unserin llecilaliv sich näherte und ihm
Instrumente uur diirflig begleiten konnten, 1
obschon jene Nation in dieser engern Sphäre
das Vollkommenste erreicht haben mag. E»
wird nun allerley, schon hundertmal Gesag-
tes von der Musik der Griechen beyge-
bracht, wobey nichts auszeichueiiswerth ist,
als die, in der That sehr verständige Ent-
scheidung des Herüber und Hinüber von
Meta»tasio: die neuere Musik ist ganz etwa«
anders, als die, der Alten; sie können dar-
um einander nicht zum Maassstabe dienen
und alle Vergleichung zwischen ihnen ist
lächerlich — ist es um so viel mehr, da
wir von der Musik der Allen nichts mehr
Übrig haben. ,. Aber die dramatischen Dar-
stellungen der Allen blieben doch natürli-
ch er.«« — „Das wäre erst zu erweisen."
( Und würde es erwiesen : was wäre am En-
de damit gewonnen?) Doih dem sey, wie
ihm wolle, fchrt Metastasio fort; während}
der guten AulTührung einer guten Oper
glaubt man den wahren Alezander und dgl.
zu sehen und zu hören : weiter kann nnd
will Poesie und Kunst nicht«, und das ist
•u oh vollkommen genug. Wer nun aber
in < die poetische Well nicht versetzt
werden kann , für den ist weder Kunst,
noch Poesie. Er mag ein recht solider und
verständiger Mann seyn t hier ist von ihn
die Rede nicht weiter, und wir gönnen ihm
den Ruh'm, dass er immer sich gleich blei-
be, wie — ein Stein. „Wie gehet aber
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7°5 '805,
denn doch wunderliche Täuschung zu?" —
,, Wo Natur ist, kann der Dichter und
Touküustlcr die Uowahrscbeinlichkeit leicht
•us den Köpfen der Zuhörer hin wegzau-
bern; (S. ia5.) ja, sein Werk hört auch
nie auf natürlich tu seyn, wenn er dasjeni-
ge hinzulhut, was dem Natürlichen (Wirk-
lichen) an Schönheit und Vollendung fehlt
CS. i3u). M (Das ist allerdings gegründet
und kann sogar befriedigen, wenn man sich
alles das hinzudenkt, was Heins« sich hin-
tugeducht haben mag, aber nicht hinzugesetzt
hat; denn was er seinen Metaslasio darüber
Weiter sprechen lasst, greift nicht in die
Sache, sondern spielt nur, zum Theil artig
and nicht ohne Geist, darum her.)
Die manrherley Rathschlüge, die Heinae
S. i5ü. fnlgg. den Operndichteni und Musi-
kern geben Istsst, sind nicht neu, aber gut,
nnd i.nmer zu wiederholen , da man sie
noch nicht au fassen scheint, oder doch sie
häufig vernachlässigt, obgleich nur auf die-
sem Wege die Oper das wird, was sie
werden kann und folglich werden sollte.
Wenn er übrigens , beym Vergleich der
Oper mit der griechischeu Tragödie, jene
weit über diese stellt — selbst über die
vollkommensten Ueberreste derselben: so
brauchen wir nicht erst anzuführen, dass er
in denselben Fehler verfalle, den er mit
Recht oben an denen gerügt hat, die die
alte und neue Musik zusammenstellen und
die eiue um der andern willen herabsetzen.
Auch dies sind ja zwey ganz verschiedene
Gattungen; uud hört denn Minerva auf
schön zu seyn, weil Venus es ist, und jede
eine ganz andere? oder wird darum die
eine nur weniger vollkommen ? Will man
sie ja vergleichen und vergleichend examini-
ten : so sollte das nur geschebn, um jede
naher und genauer iu allen ihren Eigenhei-
ten kennen zu lernen, uud eben dadurch
sich den Sinn für beyde zu schürfen, den
Geuuss an beyden zu erhöhen.
July. 706
Gut gedacht und gut gesagt ist, was
man S. i54 folgg. über das Ideal oud das
ewige Streben des Menschen nach demsel-
ben — nach Winkelmann, der aber uirbt
angeführt wird — findet; einseilig hingegen
und missverstanden, was über die Darstel-
lung der Karikatur, S. i36 folg., bey ge-
bracht worden , und was hier besonders auch
auf die komische Oper, und zwar in Ab-
sicht auf Musik nicht weniger, als iu Ab-
sicht auf Poesie, hatte angewendet werden
müssen ; und was hernach gar gegen die
„allzusehr verschönte Natur,*' gegen die
„allzuhohe Vollkommenheit," die uns „zur
Last falle, wenn wir sie nicht erreichen
können," von Melastasio gefabelt wird, das
ist gesprochen — nun ja, ungefähr wie
Metaslasio im Tete- a- tele mit einer jun-
gen, schönen Dame gesprochen haben
mag, wo aber d aa Publikum nicht zuzuhö-
ren hat. Werth ist es, von dieser Dame,
Wie hier geschiehet, mit der Schlusssentena
belohnet zu werden: Eben darum siud Sie,
Herr Metaslasio, den griechischen, engK*
sehen und französischen Trauerspieldiohtern
weil vorzuziehen. — •
Nun tritt Heinse selbst in einem neuen
Vorbericht, der eher ein Nachbericht
heissen könnte, auf und haranguirl mit Hef.
ligkrit die Grossen Deutschlands, dass sie,
und dass besonders ihre Prinzessinnen, sich
nicht so mit den Dichtern zu unierhalten
pflegen; dann die Gelehrten, dass sie ihm
nicht Recht geben würden , wenn er Meta-
slasio den grössten Dichtern Griechen-
lands nnd Roms gleichstelle. Heinse
mochte wol in seinem Innern etwas
Widersprechendes fühlen, und versucht*
deshalb diese Schutz - und Trutzrede.
Dieser Weg ist aber von lebhaften Leuten,
die sich selbst noch nicht klar sind, zu
oft befahren worden, als dass sich noch
Jemand durch ihn in die Irre führen
lies». —
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707 1805.
Der Autor gehet jetst ab und die Gra-
sieu treten auf. Metasla«io hatte sie oäui-
lich in jenem Gedichtchen besungen. Die
Himmlischen schwatzen nun in abgesetzten
Zeilen, die sich oft reimen, oft auch nicht
. mit gutem Gewissen kann ich die Form
ihrer Reden nicht anders bezeichnen — von
roancberley listigen Streichen Amors, wo-
bey die Mutier ihm durch die Finger sähe.
Die Huldgöllinnen werden bös darüber und
fassen sämmllich den Entschluss, die Göttin
der Liebe zu verlassen und alle die Reize,
womit sie sie bisher geschmückt haben, ei-
ner so eben gebornen Sterblichen zuzuwen-
den; welche Sterbliche denn eben jene Prin-
zessin ist. Hr. Arnold würde bey der gan-
sen Welt und ganz gewiss auch bey Heinsens
Geiste es sehr leicht haben verantworten kön-
neo, wenn er dies bogenlange Kompliment bey
Seite gelegt hätte} und wie es unter „phi-
losophische Unterredungen berühmter Ge-
lehrten» Dichter und Tonkünstler über den
Kunstgeschmack in der Musik*? komme, ist
vollends £ar nicht abzusehn.
Nun folgt ein Dialog, der, der Ueber- I
schrift nach, von der musikalischen Bildung
handeln soll, aber — es ist gar nicht auf-
suzithlen, von was allem er handelt. Es
treten darin auf Herr Löwe, Herr Wald-
mann, ein Kantor und drey Mädchen.
Löwe und Waldmann sind eben in Ent-
zückung über ein Terzett von Salieri, und
— thun recht wohl daran ; doch daran
nicht, dass sie ihr Entzücken so abschwei-
fend, weitläuftig und keifend aussprechen.
Die Madchen lauschen der Musik der Her-
ren; als diese aber aus Bosheit singen: Da
der Grossvater die Grossmutter nahm —
gefällt's ihnen noch besser, und sie kommen
herbey und wollen's auch lernen. Zu Hau-
se gehel's nicht : Papa will's nicht haben.
Löwe wird menschlicher und singt ein bes-
seres, aber verbuhltes Lied. Die Mädchen
horchen. Da kömmt der Kantor dazu,
July. 708
skandalisirt sieh': 'die Mädchen müssen fort,
bestellen sich aber erst die Herren zur
Fortsetzung. Der Kantor will den beyden
Gymnasiasten da* Gewissen schärfen; meynt,
wenn sie noch die Arie gesungen hatten,
die sie morgen in der Kirche vorzutragen
hätten, so möcbt's drum seyn: am allerbe-
sten aber wär» es, wenn sie zu Hause blie-
ben und 'was lernelen. Dagegen erhitzen
sich die Herren : Bücher machen Dumm-
köpfe — Natur will Geselligkeit — Na-
tur will Mädchen für Jünglinge, Jünglinge
für Mädchen, et caetera. Sie spielen nun
ein Trio von — Fils. Die jungen Herren
finden es göttlich, der Kantor abgeschmackt,
weil es nicht gelehrt ist, und sie erscheinen
ihm nicht besser, weil sie es loben, ohne
es nach den Regeln des Kontrapunkt« ge-
prüft zu haben. (Wir hatten andere Grün-
de für des Kantors Meyoung von den Her-
ren!) Der Leser denkt sich nun schon
selbst, wie Heinse seine zottigen Natur kin-
der — nicht etwa gegen Pedanterey der
rechnenden Musiker, sondern gegen Regeln
überhaupt, gegen deutsche Kirchenmusik,
gegen Erziehung junger Künstler etc. los-
ziehen und ihre gemeinen Herzensergiessun-
gen strömen lässt. Von der Musik kom-
men die Herren aus dem Gymnasium auf
— alles Mögliche, und cheileu Plane zur
Verbesserung der ganzen Welt in extenso
mit Das ganze Ding ist nicht werth
gelesen, viel weuiger, weiter ausgezogen zu
werden. Was darin ja noch wahr ist, Mu-
sik betreuend, weiss jetzt jeder nur leidlich
unterrichtete junge Mann im Schulroeisler-
seminariuin; und wa.s Musik nicht betrifft,
ist meistens baarer Unsinn, und nicht sel-
ten aufs pöbelhafteste ausgesprochen. Wir
sehen nicht ein, wie der Herausg. die Be-
kanntmachung dieser Sudeley bey Heinse'«
Manen, beym Publikum, und bey sich selbst,
verantworten will.
Schon dieser mit Sorgfalt gemachte Aus-
zug kann den Leser von der Unpartheylich-
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7 o 9
1805. July.
710
keit unsers oben gefrlleten Urtbeils über das
Ganze überführen. Man muss viel guten
Willen und nicht gewöhnliche Toleranz zu
dem Buche mitbriugen , wenn man um sei-
ner ersten Hälfte willen die zweyle dulden,
und nicht wegen dieser auch j
fea soll.
München, den i6ten July. Die Feste,
Welche den laten und i3ten dieses Monats
zur Verherrlichung des Namensfestes der
Kurfurs lin sind veranstaltet worden, haben
der Direktion viel Ehre und dem Publikum
viel Vergnügen verursacht. Den laten dio
grosse Oper: Ginevra. Vierzehn Tage
vorher war Madame Sessi hier angekom-
men. Jodermann glaubte, sie würde in
dieser Oper mit auftreten. Es geschah
nicht. Ich will die besondern Ursachen
und .Rücksichten, die dabey ihr Spiel hat-
ten, nicht anführen. Sie würden im Aus-
lande wenig gelten. — Aber Hr. Brizzi
sang, und zwar in jeder Hinsicht sehr
hübsch. Doch wie oft ein Publikum seine
besondern Launen hat ! Schon im Titus
dachte man mit Vergnügen an Hrn. Toch-
lermann, der vor Hrn. Brizzi diese Rolle
mit ao vieler Würde und Empfindung vor-
getragen hatte. Diesmal wollte man nichts
anders an Spiel und Vortrag des Gesanges
finden, als was man schon dreyraal im
Achilles gehört hatte. Man sprach viel,
besonders nachdem Tages darauf Mad. Sessi,
swar nur in dem Konzert, sang, von über-
triebenen, übrigens einförmigen Koloraturen,
die mit Absicht daständen und so oft wie-
derkämen, um den Nichlkenner den Mangel
schöner' Brusttöne vergessen zu machen.
Doch , wie gesagt , man bat oft seine Lau-
— Mad. Harlass saug mit vieler Ge-
wandtheit nnd Einsicht j aie erhielt
theilten Beyfall. Mad. Cannabich strengte
alle Kräfte ihrer Kunst an} sie glühte von
Feuer, um zu imponiren: sie hat auch das
Ziel ihrer Wünsche zum Tbeil gewiss er-
reicht. - — Was die Dekorationen und Klei,
der betrifft, so muss man gestehen , dass
man diesmal hier Wunder gethan. Noch
nie sah man Eier etwas, was diesem au
Geschmack und Pracht gleich gekommen
wäre. — Von der Musik spreche ich zu-
letzt, weil sie, meiner Meynung nach, ver-
gleichungsweise das Unwichtigste an dem
Slück ist : kein Leben in den langen Reci-
tativen, keine harmonische Kraft in den
Chören, keine neuen Gedanken, keine aus-
tli ucksvollen Wendungen in den Arien!
Nur ein March es i, Cresceulini, viel-
leicht auch eine Sessi, hätten so eine todte
Masse beleben können. Hr. Simon Mayr
ist, wie Sie wissen werden, unser Lands-
mann. Sio sehen, dass Partcylichkeit nicht
unter unsere Gebrechen gehört. —
Den i3ten sang Mad. Sessi in dem Hof-
konzeft zu Nymphen bürg. Ich will nicht
aus einer Arie, und einem Duo, mit Brizzi
gesungeu, ein abschliessendes Urtheil wa-
gen. Nur das will ich Ihnen sagen : ihr
Gesang rührte mich bis zu Thrätien. Welch
eine Stimme! welch eiue seelenvolle, erha-
bene Methode ! Wie Blumenkränze sich
lieblich an einander schlingen , so schmelzen
ihre Silbertöne, verschmähend alle Kolora-
turen, sanft rührend dahin. Man ist einig,
dass man seit Mad. Todi nichts bessers hier
gehört habe. Dies sey Ihnen für heute ge-
nug. Wir haben die Hoffnung, sie auf
dem Theater zu hören, noch nicht gauz auf-
gegeben. Sollleu Mir uns aber in unsern
Hoffaungen täuschen, sollte man uns diesen
Genuas nicht gewähren : so bleibt dem un-
befangenen Liebhaber der Kunst, der ohne
Rücksicht auf Parteygeist nur das Schöne
ehret, nichts übrig, als öffentlich sein auf-
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71 1 »805.
richtiges Bedauern so lüstern. — Die
Nacht hindurch war der Garten einem wah-
ren Feeupalaat ähnlich. Der darin ange-
brachte See war romantisch beleuchtet. Die
kurfürstliche Familie fuhr auf dem See.
Chöre erhoben «ich unsichtbar aus dem um-
gebenden Walde; Echo« Hessen sich hören*
Chöre mit Trompeten und türkischer Muaik
schlössen die Feyer.
N. S. Herr Blangini , Komponist des
Kalifenstreichs, ist nun wirklicher kur-
pfalzbayriacher Kapellmeister. Sie wünsch«
ten tu hören , wer dieser Künstler scy.
Er ist ein geborner Italiener, kam in seiner
frühesten Jugend nach Paris, wo er sich
immer aufhielt; vor einigen Monaten kam
er hieher, präsentirte sich gut und schrieb
sein Operettchen. Zwar sprach man schon
lange von einem fremden Kapellmeister, der
hierher, sollte berufen werden; man glaubte,
es wäre Paer oder Vogler, der geniali-
sche Künstler — er, der im hiesigen Or-
chester au Hause ist und mit der ihm eigenen
Kraft Zauber durch dasselbe hervorbrachte.
Doch das Schicksal bat es anders gefügt.
Es kam Blangini. Möge sein musikalischer
Genius ihm bessere Werke einflössen, als
•ein Werkchen von neulich war! —
Kill! A I I I t G I.
Sonate pour /« Piano/orte composie par Joseph
Uaydn. Oeuvre pj. Leipsic, chez Breit-
kopf et Haertel. (Pr. 8 Gr.)
July. 715
scheinlich aus sehr früher Zeit dieses Mei-
sters, uod vielleicht als Gelegenheilsslück
für Jemand geschrieben gewesen, der als
Klavierspieler noch wenig geübt war und
doch etwas van Haydn spielen wollte. • Sie
bestehet nur aus zwey Sauen : ans einem
einfachen, singbaren Andante, wie deren
mehrere in Haydns frühem Klavieraachen
stehen, und aus einem Finale, das die schö-
nen Blüthen des heitern Humors und dabey
der tiefen Kunst, wie aie in den besten spit-
tern Stücken dieser Art sich reich und üp-
pig entfaltet haben, wie in kleinen Keimen,
aber dem nur einigerinaassen geübten Auge
unverkennbar, darlegen. Wenn sonach da«
Werkchen wenig geübten Spielern zunächst
iu empfehlen ist, bat es doch auch ei was
Anziehendes für ernsthaftere Kunstfreunde.
AxEKDOTS.
m
Eine junge Sängerin trat zum erstenmal
in einer bedeutenden Rolle auf, die eine
ältere bisher gegeben und auf welche sie
sich viel cu gut gethan halte. Jene gefiel
ausserordentlich t man rief sie heraus. Die
Rivalin stand voll Ingrimm in der Kulisse,
und redete das junge Madchen an:
Ey, du mein Himmel : daa nenn' ich
Beyfa.ll! Was weiden aber die Neiderinnen
dazu sagen , Mamsell?
■ ■ «»
Das frag» ich Sie, Madami war die
Antwort.
Diese Sonate erscheint wirklich zum er-
stenmal im Publikum; sie ist aber wahr-
L»i»»i«, iit iuiuoh 11» ilatib
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ALLGEMEINE
MUSIKALISCHE ZEITUNG.
Den 7 ten August.
N2. 4-5-
1805.
Nachsicht* h.
Freyberg. Es kann freylich nicht jede
mutiere Provinzialstadl auf ein Denkmal in
diesen Blattern Anspruch inachen; doch ge-
bührt denjenigen, in wehben, hey viel Em-
pfänglichkeit , auch viel Kegnarnkeit und
geistiges, uneigennütziges Interesse für die
Tonkunst au linden ist , wol ««weilen eine
kurze Erwähnung. Mao kann von Kreyberg
jenes Löldiehe allerdings rühmen , und
darum sey hier kuntlich zusammengestellt,
Wie ea hier um Musik stehet, und was im
Laufe von etlichen Jahren iur diese Kunst
getlian worden.
In den Kirchen werden, zu AnPange des
Gottesdienstes — Missen sind immer unter-
geordnet — Missen von Naumann, Haydn,
Mozart und einigen andern guten Kompo-
nisten aufgeführt; dte druisiheu Kantaten —
die Hauplionsik — sind theiis von densel-
ben Komponisten, mit untergelegten deut-
schen Texten, (z. B. Mozarts Requiem,
seine übrigen für die Kirche geeigneten
Kantaten, Haydus Te Ueum , dessen Worte
des Erlösers am Kreuz,) theils von Han-
del Schulz, Rcichardl, Knecht, Zumsleeg,
Danzi, Himmel, u. A.; kurz, mau henuizt
die vorzüglichsten Musikalien, die öffentlich
SU haben sind. Nächst diesen gab unser
achlungsvvurdiger K-mlor, Hr. Fischer, ein-
belra. htlH he Anzahl seiner eigenen Kompo-
sitionen zu hören, wovon ich nur «wey
Pa»jii iiAautatcn für »8o4 und iüo5. unü
7. Jalug.
seine Kantaten auf hohe Feste anfüh-
ren will.
Die Kirchenmusik wird durch den Stadt -
musikus besetzt, der dazu verpflichtet ist;
aus Gefälligkeit und — man muss es laut
rühmen — ohne alle Entschädigung, neh-
men aber stets auch das Artillerie- und das
Berg - Hautboisten - Chor tbätigen Autheit.
Da der Singechor einer der stärksten in
Sachsen ist — noch jetzt gewöhnlich an
sechzig Personen — so sind die Chöre
stark und gut besetzt, und es findet sich
darunter auch mancher recht brave Solo-
sänger. Mehrere ans dem Singerhor sind
auch 'für Instrumente geübt. So wurde ea
möglich, auch grosse und schwierige Ge-
ssngstücke , wie z. B. Haydns Schöpfung
und Jahrszeilen, sehr anständig auszu-
führen.
,1
Seit 179a hat der Stadtmusikas , Hr,
Siegert, ein Koueert veiaustaltet, das Win-
terszeit auf dem grossen Kaufhaus- Saale
acht- bis zwölfmal gehalten, und von dem
hiesigen PuMikura zahlreich besucht und
unterstützt wird. Man hat alle Ursache da-
mit zufrieden zu seyn. Mau bekömmt hier
die neuesten und besten Siulonieen zu hö-
ren, und überhaupt spart der thälige und
t<e$i lückte Unternehmer keine Mühe noch
Kosten, um das Konzert im Flor zu rthal*
Ich. Sein Eifer geht so weit, dass er keine
Sinfonie zweimal gi»"l>t, wenn es nicht aus.
drücUicn vii langt wird, was abeV bey Mo-
^arlschen, Hayuuschen, Beclhoveuschcm und
45
7'5
1805. August,
716
Ki ommerschen oft geschieh et. Einsender I
hat noch keine Sinfonie in der musikalischen
Zeitung angeführt gefunden , die hier nicht
wäre gehört worden. Die Besetzung itt je«
derzeit : fünf erste, fünf zweyte Violinen,
zwey Bratschen, zwey Violoncells und zwey
Violone, nebat allen Blas - Instrumenten,
selbst Posaunen. Auch hier nehmen die
beyden Hau tboisten -Chöre thatigen Antheil;
mehrere aus ihnen spielen auch fertig und
geschmackvoll Konzerte auf ihren Instru-
menten. Endlich zieht Hr. Siegert immer
mehrere junge Leute, die sich auf diesem
oder jenem Instrument hören lassen. Das
ganze Personale ist ungefähr dreyssig Per-
sonen, und wenn Gesangstücke sind, einige
vierzig. Die Einrichtung ist wie in andern
Städten; darum erwähne ich nur noch, dass
man, ausser von jenen Mitgliedern, nicht
selten auch von theilnehmenden Liebhabern
gute Konzerte auf der Violin, der Hoboe,
dem Fagott, der Flöte, der KJarinelte, dem
Horn, und dem Pianoforte hört. Ich wurde
einige der ausgezeichnetsten Liebhaber nen-
nen, wenn ich nicht fürchtete, ihre Beschei-
denheit au verletzen.
Zu Ende dieser jWinterkonzerte wird
allemal eins zum Besten der Armen gege-
ben, worin gemeiniglich eins der beliebtesten
Gesangstücke aufgeführt wird, z. B. Haydns
Schöpfung und Jahreszeiten, Mozarts Re-
quiem, das Lob der Musik von Schuster
u. dgl. Dies Jahr wurde die Feyer der
Christen am Charfreytage von dem vorteil-
haft bekannten Komponisten, Bergt, (Or-
ganist in Bautzen) gegeben, und das Audi-
torium war sehr gerührt, durch die schätz-
bare Musik selbst, wie durch die brave
Ausführung; jeder einzelne Sänger und In*
strumentist that, wie man leicht bemerken
konnte, alles mögliche, daa Ganze in dem
Sinne des einsichtsvollen Komponisten her-
vorgehen zu lassen. Wir wünschen sehr,
mehr ähnliche Werke von ihm zu erhalten)
bisher sind uns nur, ausser diesem, sein
kräftiges Te Deum und einige Sinfonieen
bekannt worden.
Ausserordentliche Konzerte werden wol
auch von Zeit zu Zeit gegeben: aber wenig
fremde Virtuosen finden bey niesen ihre
Rechnung. Unter denen, die ausgezeichne-
ten Beyfall fanden, waren die Binder Pixis,
die Herren Hossa, Durand, Clement, Dem.
Kirchgässner und Dem. Mager. Ausserdem/
sind hier in der Dnmkircbe in besondern
Konzerlen, die Schöpfung von Haydn zwey-
tnal, im Saale, die Jahreszeiten voo eben-
demselben auch zweymat, und der Messiaa
von Händel, nach Mozarischer Bearbeitung,
gegeben worden. Alle diese Werke wurden»
ohne beträchtliche Fehler, und die meisten
recht gut ausgeführt.
Berlin, den aosten July. Nur um
keine Lücke zu lassen, erwähne ich einige
musikalische Produktionen, von denen hie-
sige Blätter schon gesprochen haben; aber
eben weil diese es gelban haben, bin ich
ganz .kurz, und werde es hey ähnlichen
Fällen immer seyn — vorausgesetzt, dass
nicht die Produkt ionen selbst oder jene frü-
hen Anzeigen bedeutende Gelegenheit geben,
lauger zu verweilen. Hr. Wilhelm Ehlers,
vormals Schauspieler am We im arischen
Theater, gab den löten dieses Konzert und
erfreucle darin die Freunde seines hübschen
Gesanges in unsrer Stadt. Er sang ein©
Scene von Paer, und mehrere von ihm ge-
setzte Gesänge mit Begleitung der Guitarre,
die er selbst sehr brav spielte. Die Ihnen
schon vortheilhaft bekannte Dem. Voitoa
sang eine. Scene von Himmel. Die Hrn.
Tausch d. Jung, und «Reinhardt bliesen «in
Konzert für zwey Klarinetten und Herr
Gsreis spielte ein Bratschenkonzert von Ar-
nold. Die gaoze Unterhaltung war ange-
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V7
1805. August.
7*8
nehm. Hr. Ehlers gab auch auf dem Theater
einige Gastrollen} und zwar, den Adolf in
Adolf und Klara, den Feldscher Sichel im
Doktor und Apotheker, den Johann in Je
toller je bester, den Don Juan, und den
Ofest in der Iphigenie in Tauris. Sein
Sjiiei ist leicht, heiter und frey, aber bey
weitem noch nicht so vollkommen , wie
mehrere seiner Freunde glaubten, und —
er nicht minder. Auch, sein Gesang hat
viel angenehmes; doch wird mehr- Uebung
ihm auch in dieser Hinsicht sehr nützlich
seyn. Bey Gelegenheit des Don Juan ent-
stand ein durch mehrere Blatter durchge-
führter Streit über eine Stelle, wo Hr. Eh-
lers h gesungen und b nach der Partitur halle
singen sollen ; er wollte sich dnreb den Um»
stand rechtfertigen, dass auch in Mannheim
und Wien h gesungen würde. Wie wenig
aber dies beweiset, sieht jeder, und da der
Gang der Stimme b begünstigt, die Beglei-
tung aber es verlangt, und Mozart Hirten
dieser Art in seinen bessern Werken nicht
schrieb: so kaon wol gar keine Frage seyn,
auf welcher Seile das Recht war. Desto
auffallender waren die Seitenblicke, die Hr.
Ehlers bey jener Gelegenheit auf den ver-
dienten Künstler warf, der den Don Juan
gewöhnlich giebt, und dem in der Leichtig-
keit, Feinheit und Wahrheit des Spiels
gleich au kommen , Hrn. Ehlers so bald
noch nicht gelingen dürfte.
Den i6ten July gab man nach einer
zwölfjährigen Pause und nach einer neuen
Bearbeitung Ciinarosa'a heimliche Ehe:
( Malrimonio segrettoj. Die tr ellliche Musik
ist berühmt genug; daher nur die Bemer-
kung, dass das Stück sehr gut gegeben wur-
de. Hr. Gern (Roms) und Hr. Beschort
(der Graf von Tiefenthal) sangen das schö-
ne Duett im An fange des aweyten Akts,
das Muster Sehl komischer Musik, so schön,
dass man da- capo rief, und die Herren
überraschten das Publikum äusserst bq ge-
nehm, dass sie rs sehr brav und noch pos-
sierlicher italienisch wiederholten. Mad.
Müller (Karoline) trug vorzüglich eine ein-
gelegte sehr schöne Arie von Righini
steinalt vor.
Die Wittwe Unger hat ein ausschliessli-
es Privilegium der von ihrem Manne an-
gelegten Notendruckerey auf fünfzehn Jahre
erhalten, und wird nächstens einen Preis-
kourant von den bekanntesten Formaten aus
ihrer Noteugiesserey und Notendruckerey
herausgeben.
Musikalisch* Vitllhu*rtj.
Ausser Zweifel ist es, dass sich die
Ausführung der Musik jetst auf eine hohe
Stufe der Vollkommenheit geschwungen hat.
Leider, wird nur die Freude darüber dem
aufmerksamen Beobachter nicht wenig ge-
trübt, wenn er eben nicht die glücklichsten
Auspicien für die Zukunft bemerkt , indem
der Hang zum eingebildet Originellen, zum
Excentrischen , zum Auffallenden immer
mehr um sich greift, und — vereinigt mit
noch vielen andern Ursachen — uns eher
Rückgang als Fortschreiten wahrscheinlich
macht« — Ich habe jetst weder Lust noch
Müsse diesen eben nicht angenehmen Gedan-
ken weiter au verfolgen, sondern begnüge
mich bloss mein Hera über einen Gegen-
stand zu erleichtern , der jene Furcht ge-
wiss nicht weuig nährt, und das Gefürchtete
nach sich siehen hilft. Ich meyne die
musikalische Vielthuerey, welche so
allgemein um sich greift. Man beschrankt
sich nicht auf ein Instrument, sondern
möchte sie lieber alle, wenigstens die gang-
barsten oder doch die Mode -Instrumente,
erlernen. Kaum versteht man die Noten
uud kann eine leichte Menuett auf dein
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7 l 9
1805. August.
Forlepiano klimpern, so fängt man auch die
Viulin an. Kaum hat man die Scala ge-
sungen — .oder noch lieber, diese gar nicht,
sondern gleich ein süsses ArieLlcben — so
will man auch schon auf der Guitarre dazu
klimpern. Es giebt wol Dilettanten, die
fünf bis sechs Instrumente spielen können :
— freylich ist es darnach ! Aber sie sind
doch in ihrer Meynung und in der Mey-
nung vieler Anderer , nicht ungeschickte
Musiker. Man nimmt sie zum Unterrichte.
Das 13 ey spiel verführt. Man will es ihnen
nachthun. Was kann anders werden, als
Stümperey? —
Hat man bey der Erlernung eines In-
struments nur die ersten Anfangsgründe
begriffen, so will man gleich grosse und
schwere Sachen spielen. Mit Mühe und
Noth kann man endlich eine Sonate her-
stoppcln, freut sich darüber und denkt :
nun bin ich ein Spieler ! —
v ■
Man schreibt Noten zusammen, die nicht
der Dinte wertb sind; dadurch raubt man
•ich die Zeit mm Spielen. ist die- Ab-
schrift fertig, so wird sie tu dem unnützen
Wust der andern geworfen. Lieber schaffe
mau sich doch wenige, gute ond korrekt
gestochene oder gedruckte Noten von aner-
kannt guten Meistern an, spiele diese — *•
nicht doch — studire sie, und das
Wenige wird wahren Nutzen bringen; Es
giebt in der That unter manchen Musikern
•ine höchst verderbliche, abstumpfende, zeit-
freasende Abschreibe wu th, welche über-
dies die Zeit zum Studium raubt.
Man lerne Ein. Instrument erat ganz
und wie sichs, gebührt ; ist man da auf«
Keine, wohl, so schreite man su einem an-
dern. Wie viele Zeit — wie manches
Jahr — wird aber nur zur Erlernung eines
einsigen Instruments erfordert! Höchst
verderblich für dje wahre. Kunst ist das.:
tun Je.deju -etwas wissen. — Man wähle
sich eine bestimmte Musikgattung, ftir weU
che man (nach eigener Prüfung und nach
Beurteilung eines guten Mtisters) das mei-
ste Taleut hat, z. Ii. das Allegrp, oder
Adagio — das Feurige, das Launige, das
Erhabene, das Sanfte eic — und studiro
dieses, zwar nicht mit Ausschliessung alles
andern, um nicht einseitig zu werden, ab««
doch ganz vorzüglich, und beseitige den Tab
sehen Wahn, als ob es nöthig wäre, id
Allem zu glänze«. Solcher universeller
Genies giebt es wenige. Viele tlaudwerfct)
verderbeu den Meister l gilt auch in der
Musik. Diese besteht aus mehrern Brau-
chen , aus welchen man sieb eine wählen
und bey ihr bleiben muss.
Noch einig* Worte über das KomponiA
ren* Kaum verspürt einer einen Funken
von Phantasie in sich, kaum hat er einmal
einen nicht Übeln Einfall , flugs will er auch
koinponiren. Was hilft der Welt die
Menge von mittlem und schlechten Konipo±
silioueu? Sie erschweren den guten den
Weg, fegen den Beutel, verderben de« Ge-
schmack und machen gegen das Bessere«
wenn's nicht einen schon berühmten Namerl
trägt, mistrauisch. Jedes wirkliche Talent
sollte seine Schule erst bis auf eine gewisse)
Stufe der Vollkommenheit gemacht haben;
ehe es vor dem Publikum auftritt. Bloss
um etwas komponirt zu haben, ohne duch
vorzügliche» Genie dazu zu besitzen, sollte
niemand seine Produkte zur Schau stellen.
Will er für sich insgeheim die Komposition
betreiben; gut! nur prüfe er sich weislich,
ob er auch Anlagen, Zeit und Gelegenheit
hat, es zu etwas Vorzüglichem zu bringen;
sonst verwende er «eine Zeit lieber zu et-
was anderni.
Wie gut wUC es, wenn in allen Bran-
chen ein Repertoriura des Vorzüglichsten
und Ausgezeichnetsten von einer MusikhaaoV
luug unternommen wüsde , . «o wis es Nae-
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«
7 2t
1805. .August;
722
geli in Zürich durch sein Repertoire de«
Clavecinistee im Sinne -hat!
Als der wahren Kunst höchst nachthei-
jjg verdient uorh die Sucht gerügt zu wer-
den, grössere Meisterwerke, wozu ein vol-
les und geübtes Orchester gehört, an klei-
nern Oileu in nuce aufzuführen. Solche
Bestrebungen sind mir immer lächerlich,
•her auch höchst ärgerlich gewesen* Das«
sich doch die Menschen in keiner. Sache zu
beschränken wissen ! Fürwahr, wenn der
B^anlpr Y in seinem Städtchen Z mit wich-
tiger Miene von der Aufführung der Schöp-
fung von Haydn spricht und »ich damit
viel weiss, so habe ich Mühe, ihm meinen
Unwillen zu verbergen. Beschränke mau
»ich doch auf ein einfaches Quartett, auf
«in Trio etc. an solchen kleiuen Orlen. Ein
grosses Werk , wird bpy aller Anstrengung
doch mehr oder weniger verhunzt und alte
Mühe und Arbeit ist vergeblich. Nicht zu
gedenken, dass das vorhandene Publikum an
aolchen Orten, der Masse nach, ganz
pnd gar nicht jene Arbeilen gouliren kann.
Wenn es aufmerksam ist und etwas zu füh-
len scheint oder vorgieht, so ist es bloss die
Furcht und Eitelkeit, keinen Mangel an Beur-
teilung su erkennen zu geben, was es dazu
antreibt.
Möchten diese abgerissenen und schmuck-
losen Gedanken von einsichtsvollem .Män-
nern geprüft und besser ans einander ge-
setzt werden, als es hier geschah. Meine
mir bewussle gute Absicht lässt mich Nach-
sicht und geneigtes Ohr hoffen.
Friedrich Cuthmann.
RECEN9IONEN.
; — yrrrii
TXr Kampf, ein Gedicht von Friedrich Schittet t
' in Musik gesetzt und dun Herrn Grafen
Georg von Birenyi gttoidmtt von Franz
Xav. Kleinheinz. Wirk 14. Im Verlage
des Kunst- und Industrie -Comploirs zu
Wien. (Pr. 48 Xr.)
• ' '.
Wenn die Tonkunst hauptsächlich ge-
schaffen ist, Empfindungen auszudrücken,
und wenn diese durch die Verbindung der
Musik mit der Dichtkunst nähere Bestim-
mung erhalten, oder vielmehr — was we-
nigstens heut zu Tage Sitte ist — wenn die
Dichtkunst der Tonkunst, und nicht umge-
kehrt diese jener , die Empfindungen vor-
zeichnet : so ist es leicht erklärbar, dass
gerade die sinnvollsten Gedichte, deren In-
halt aber mehr den Verstand beschäftigt,
als das Gefühl unmittelbar anspricht, am
wenigsten geschickt «ind, ein musikalisches
Gewand anzunehmen und dass andere, die
nur einen gewissen bestimmten Gemütbszur
stand — Traurigkeit, Ruhe, Freude u. s. w.
ausdrücken, sich mehr dazu eignen. Be-
denkt man aber, dass Gedanken, wenn sie
wirklich poetisch sind — - und andere soll
man ja nicht in Musik setzen — • immer*
Empfindungen erzeugen müssen , und das*
die gehaltvollsten, sublimsten Ideen gewiss
auch die lebhaftesten, edelsten Gefühle hey
denen, die sie ganz gefasst haben, erwecken t
so sieht man ein, dass diese Empfin-
dungen auszudrücken und eben (dadurch
sie auch in andern' aufzuregen, das höchste
Ziel der Musik sey. Aber mau begreif!
auch, wie schwer es ist, dieses Ziel zu er-
reichen $ welch ein gebildeter Künstler dazu
gehört, zu dergleichen Empfindungen nur
erst sich selbst zu erheben , dann sie leben>-
ditg r bestimmt, fast^au fassen, und nun end-
lich si»4n der Musik rein und hoch erhöht
wieder *igeben. L : ^ r ■ « i
Die meisten Gedichte von Schiller sind
von dieser Art? ''und es ist daher nicht zu
Verwundem, - dass 1 man so wenig ganz, ge-
lungene Kompositionen derselben findet.
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7 23
1805. August
Und eben daher hat sich Herr Kteinbeinz,
keine leicht au wandelnde Bahn vorgezeich-
net, wenn er, wie ea acheint, ausschlies-
send Gedichte dieses Verfassers zu «einen
Kompositionen wählen will; denn schon frü-
her sind swey derselben von ihm in Musik
gesetzt erschienen. Ree. sind diese ersten
Werke nicht bekannt, aber er weiss durch
die Beurtheiluug derselben in diesen Blät-
tern, dass sie nicht gerade zu den mißlun-
genen Versuchen zn zählen sind. Auch
dieses vorliegende Werkchen ist nicht unter
diese Klasse zn rechne«. . Das Ganze ist in
seinem Umfange gut eingerichtet j es ist
Plan und Ordnung in seinen einzelnen Thei-
len; und man findet zuweilen sehr schönen,
fliessenden Gesang. Besonders angenehm ist
das Andante : »Sie sieht den Wurm an
meiner Jugend Blume nagen* etc. Dage-
gen sind aber verschiedene andere Stellen —
vielleicht eben um dea Ganzen willen —
etwas hart und unmelodisch geworden, und
die Worte scheinen mehrmals mühsam in
Takt nnd Rhythmus gezwungen zu aeyu.
Besonders möchte die durch einen Zwischen-
aatz verursachte Trennung der Worte :
„Zerrissen sey, was wir bedungen haben;"
und die dreimalige gesehwinde. Wiederho-r
lung der Worte: «sie liebt mich* zu ta-
deln seyn. Die Wichtigkeit der letztem
hätte durch einen einzigen Aufschwung in
der Melodie, verbunden mit einer angemes-
senen Harmonie, besser angedeutet werden
können, da sie ohnehin in der Folge, noch
einigemal wiederholt sind. Der Salz ist bis
auf einige Stellen, S. 8. T. 1 — 3 und
T. 11 — 12, wo durch Uebergehuag eines
verwandten Zwischenakkords , ' unharmoni-
sche Fortschreitwngbn entstunden sind, rein.
Uebrigens ist die Begleitung der Singslimme
angemessen und leicht; nur hätte Ree. bey
vollstimmigen Akkorden, um, der Klarheit
der Harmonie willen » Fuwfilea einige ver-
doppelte grosse Terzep -.und .Dissonanzen
hiuwegge wünscht.
1
•1
724
Es wird Hrn. Kleinheins bey seinem
hervorleuchtenden Talent nicht schwer wer-
den, dergleichen kleine Mängel zu verbes-
sern und zu vermeiden, und dadurch sei-
nen Werken in Zukunft einen höhern Werth
zu geben.
Trois Quatuon pour deux Violons , Alto tt
Violonsellt, comptnete par Adalbert Gyro-
wttz. Oeuv. 4+ A Vienne, au Bureau
d'arls et d'industrie. (Pr. 5 FI. 5o Xr.)
Man sieht auch an diesen Quartetten,
die vor vielen der frühern des Hrn. Gy-
rowelz sich vorteilhaft auszeichnen, dasa
er an Erfindung nicht arm und gewandt in
der Harmonie ist. Sie enthalten manche
neue, angenehme Melodie, manche frappan-
te Wendung der Harmonie und Modulation;
auch ist oft der Hauptgedanke durch das
ganze Stück getreulich verfolgt. Wenn sie '
aber dessen ungeachtet Ree. nicht gans be-
friedigt haben, so ist gewiss nicht Mangel
an guten Ideen die Ursache, sondern bloss
Mangel an Oekonomie. Zn verschwende-
risch ist der Verfasser mit seinen musikali-
schen Vorräthcn umgegangen, und beson-
ders zu oft wifd das Gefühl durch schnell«
Ausweichungen in fremde Tonarten unter-
brochen, und dadurch zu oft die Einheit
und der genauere Zusammenhang des Gan-
zen gestört. Gewiss ist es , durch wohlan-
gebrachte fremdartige Modulatioueu werden
die schönsten Wirkungen hervorgebracht;
aber auch hierin, so wie bey der Anwen-
dung ariderer Kunstmiltel, vornehmlich aber
deren, die als Würze dienen sollen, muss
hausgehalten, und am wenigsten darf das,
was angewendet wird, mit dem, wozu es
anzuwenden, (was damit zu bewirken) ver-
wechselt, die Mittel dürfen nicht zum
Zwecke erhoben werden», üenn bestehet ein
T,onstück bloss aus vielen willkürlichen,
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PS
wenn auch noch so gelehrten nnd kühnen
Ausweichungen , ohue. Rücksicht auf' den
Zusammenhang des Ganzen, so wird man
zwar die Menge der Kunslmiltel bewundern
müssen, aber das Gefühl, welches dasselbe
— dem Hörer oft unbewusst — als ein
Ganzes iu sich aufnimmt, und eine bestimmte
Ordnung in denselben verlangt, bleibt un-
befriedigt, und der Zweck ist verfehlt.
So ist es denn nun bey 'verschiedenen
Salzen dieser Quartelten ; nnd zum Beweise
ausschweifender Tonführung dient gleich der
Anfang des ersten. Es L ist in G dur,
$ Takt, Allegro. Ehe noch die Tonart
selbst feit genug gegründet ist, ist man im
igten Takt in D dur, im a~>slen in H dur,
im a5sten in E moll, im 37sten in A dur,
im agsten in D moll, im 5islen in 8 dur,
im 53sten in G moll, im 58sten in Es dur,
u. a. w. Gewiss , so schnell wollte die
durch den ersten angenehmen Satz erregte
Empfindung nicht durch die beynabe ganze
Verwandtschaft .der Haupllouart geführt
aeyn ! — Ausserdem haben diese Quartet-
ten, wie schon oben zugestanden worden,
manche Vorzüge, uud werden sowohl von
Kennern als Liebhabern .nicht ungern ge-
hört werden; besonders wird das zweyte,
welches .schon einen bestimmtem Charakter
an sich trägt, gefallen. Papier nnd Stich
sind schön.
VX Sonata pour U Clavtcin ou Forupiano,
eompotia par Charlu Fatch. Berlin bey
Rellatab. (Pr. a Thlr. 6 Gr.)
Questo gusto h passato könnte viel-
leicht mancher an die neuern Kompositio-
nen für das Klavier gewöhnte Spieler aus-
rufen; allein neben den Myriaden von So-
naten, welche seit Vater Corelli'a Zeiten als
Ausflüsse nnd Auswüchse der musikalischen
726
Begeisterung erschienen sind, werden im-
mer diese Arbeilen des verewigten Fasen,
ihren Platz, und zwar unter der vorzügli-
chem Gattung von Klavier « Sonaten be-
haupten. Das Pianoforle hat in einigen
Oecenuien durch seine blendenden Eigen-
schaften das schlichte, bescheidene Klavi-
chord verdunkelt, und letzteres ist beynahe
zu einem blossen Uebungs - und Inlenms-
inslrumente geworden, daher deun auch die
wahren Klaviersonaten unter den neuem
musikalischen Produkten eine Seltenheit
sind. Ob nun durch diesen Zeitgeschmack,
welcher das einfache Klavichord vernachläs-
sigt und dadurch ein Feld deir Komposition
braoh liegen lässt, der Tonkunst selbst nicht
ein bedeutender Nahrungszweig geraubt
werde, überlässt Ree. den selbstdenkenden
Künstlern und Kennern zur Betrachtung 1
so viel weiss er aber ans eigner Erfahrung»
dass er vom Pianoforto oft au seinem Kla-
viere schleicht und die Sonaten eines Ph*
E. Bachs, Hasslers, und Anderer genug be-
kannte*' Komponisten für dieses Instrument,
zu seiner Erbauung spielt. Am besten
bleibt es wol, das Eine thun, aber darum
das Andere nicht lassen ; und wenn die
Klavierspieler voriger Zeit in ihrem Hase
gegen das Pianoforle einseitig waren , so
sind es die Pianofortespieler in ihrer Ver-
achtung des Klavichords am Ende doch
auch: denn so wahr e» ist, dass die jetzi-
gen Pianofortes der besten Meister mit ih-
ren eigenen auch manche Vorzüge dea
Klavichords verbinden, so wahr ist es auch,
dass sie dieselben nicht alle aufnehmen,
und aufnehmen können.
Diese besondere Rücksicht anf das In-
strument nun bey Seile gesetzt, und k die
voi liegenden Arbeilen des verdienten Fasch
an und für sich selbst erwogen, so lässt
sich mit Sicherheit voraussagen, es werde
sie der Kenner nicht unbefriedigt aus der
Hand legen, und der junge studirende Kla-
1805. August.
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72*
i8o5» August
vierspiefer nicht' ohne Nützen durcharbeiten.
Obgleich kein hoher Schwang der Gedanken
sie auszeichnet, so geben ihnen doch Reinheit
des Satzes, ungezwungene harmonische
nnd einfache melodische Wendungen,
ausser jeher den Eigenheiten des Klavichords
angemessenen Bestimmung, einen besondern
Weith. — Das Acussere könnte wol für
•inen ao hohen Preia besser seyn.
7^3
Anskdotk n. :
Eib gewisser vortheilhaft bekannter deut-
scher Basswuger und Bulfo befand sich in
einer GesellarhaA, wo er die Damen und
Herren mit seinen fröhlichen Liederchen uud
Rumansen angenehm unterhielt. Ein junger
Elegant, der der jungen Dame vom Hause
mit schlechlem Erfolg die Cour machte, und
durch nichts sich auszeichnete, als durch den
»ngeheuren Klappbul uud fleissig heaupften
Hahnenkamro — «ahm das übel, rüstete sich
zur bittersten Rache, and trat also sehr laut
zu dem Sanger :
Charmant! Es frenet mich um so mehr,
Ihr Talent kennen an lernen, da ich noch
nicht dazu kommen konnte, es im Thealer
zu bewundern. Neulich gaben Sie den Nar-
ren von Kapelf meister im Intermezzo, dann
den Narren von Hausmeister im Sonntags-
kind: was für einen Narren werden Sie n»o
zunächst vorstellen?
Den einfältigen, eifersüchtigen, groben,
der sich eiueiuTiebenswürdigeufVauen2immer
vergeblich aufdringt und ausgelacht w<rd —
den Osmin in der Entführung! antwortete
der Sauger.
In W., einem Dorfe an der Havel, wur-
de die einträgliche Sie ie des Kauluis und
Orgauisten frey. Es meldeten sich viele, die
Orgel spielen und nicht spielon konnten.
Unter letztem war auch der Küsler des be-
nachbarten Dorfs« Der Prediger fragtet
Kann Er denn Orgel spielen V So etwas,
war die Antwort« aber doch mehr, als der
Herr — , von dem man, hör' ich, so viel
Rühmens macht. Ich spiele die Choräle stle
aus dem Kopfe: ei spielt sie nur nach No-
ten. Nun bedenken Sie, wenn ihm un-
glücklicher Weise das Choralbuch gestohlen
wurde., oder der liebe Gott verhängte
Feuersnoth uud es käme d/iriu um; so hatte
mau wol eine Orgel, aber Niemand, der
sie spielte. Ich hone also, man werde um
deswillen auf mich ganz besondere Rücksicht
uehmeu.
In eiuem öffentlichen Konzert zu B...g
wurde ein QuarU-ll für zwey Violinen,
Viola und Boss gegeben. Nachdem es gc-
eudi^t und gut exekutirt war, gab eiu Zu-
hörer folgendes Urllu.l von sich: O das
Quartett w tir himmlisch, nur hätl* es stärker
besetzt seyn sollen. —
LEIPZIG, itT BuEi Ts.orT »jt» Hiatcu
5 •■•
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ALLGEMEINE
MUSIKALISCHE ZEITUNG.
Den 14'« August. N=. /\£>.
1805.
Mutikcliteht Vergnügungen auf dem Land«.
1. Der Empfang.
Ich hoffe, die folgenden Schilderungen eini-
ger auf dem Lande genossenen Freuden ei-
ner Kumt, die um dorthin so leiten beglei-
tet, werden die Leser ioteressireu , auch
weuu ich ihnen die Beförderer und Theil-
iielimer derselben nicht nenne. Et kommt
ja doch mehr darauf an, da ss das Gute,
als durch wen es geschieht; und wer dem
hier Erzählten seinen Beifall zu geben sich
gedruugen fühlt, der wird ja wol, so viel
an üim ist, auch ohne zu wissen, wem er
nachahmt, hingehen und desgleichen thun.
Gegen Endo des AugusU im vergangenen
Jahre hatte der Graf L. . . eiuige seiner
Freunde, unter diesen auch mich, eingela-
den, die Herbstmonale , bis su der Zeit des
Aufeulhalts iu der Residenz , auf seinem
Landsitze nahe bey S. mit ihm zuzubringen.
Er selbst halte mit seiner Familie schon
Sommer dort gelebt, und sog die-
Dörfchcn, - seiner Umgehungen wegen,
die ihm manchen lehrreichen und angeneh-
men Genuas gewährten, seinen übrigen Gü-
tern weit vor. Die uns in jeder Hinsicht
annehmliche Einladung dorthin . ward uns
noch willkommner durch die zugleich init-
.getlieilte Nachricht von der ebendaselbst im
folgenden Monate au feyerudea Vermahlung
«hier Nichte des Grafen — der Zierde eines
in ihrem väterlichen Hause in der Haupt-
■at adt besteh enden PrivatkonserU — mit einem
?■ isltrg.
. . siechen Rittmeister von U., rdn des Jen
Talenten zu witzigen und launigen Gedicht-
eben Proben in mehrern Zeitschriften nie«
dergelegt sind — , eines Paares also, dessen
Bekanntschaft und näherer Umgang uns Aus-
ser* t wünscheuswerth seyn mustle*
Mehr Zufall als Verabredung liest mich
mit zwey andern der Gaste nahe am Ziele
nnsrer Reise in der Stadt S. zusammen tiei-
fen. Es ward gleich beschlossen, die noch
übrigen zwey Meilen gemeinschaftlich zu
machen, und die eben anlangende schrift-
liche Einladung unsere Gastfreundes, den
angenehmem Weg zu Wasser auf dem von
der iStadt nach dem Gute sich durch die
schone Gegend hinschlangehideo Flüsscbe«
zu wählen, dankbar angenommen. — War
fanden , als wir ins Freye kamen, den hei-
tersten Sommerabend und «die reizendsten
Aussichten ; die Schönheit der nns umgehen-
den Natur lies« uns kaum an die au hof-
fenden Freuden der Kunst, die einsame
Stille um uns her kaum an die fröhliche
Gesellschaft, die unser dort wartete, den-
ken. Je naher wir indess unsrrra Ziele ka-
men, desto glücklicher priesen wir den Be-
sitzer dieses Paradieses, desto mehr benei-
deten wir ihn, bald um die Fruchtbarkeit
des Bodens , , von der ringsumher die Korn-
felder zeugten, bald um die weife Aussiebt,
die ihm ein in der Nabe liegender l>etsächtr
lich hoher Berg gewahrte,- bald um die er-
quickende Kühle eines Waldchens, welches
die Hügel an der einen Seite des Flusses
bedeckte, und in einem angenehmen Tbale
sich bi« zu dem Schlosse hinzog, deasep
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73» 1805.
Thürme wir twiachen den Hügeln von Zeit
zu Zeit ül>er die Bäume hervorragen sahen.
Eben nahmen wir uns vor, an 'lagen, wie
der heutige gewesen war, gemeinschaftlich
den Schallen dieser Birken zu suchen, da,
horch! wie wenn unser Freund uns be-
lauscht halte, und in unser Gespräch sich
von fern mischen wollte — so schallte uns
aus dem Wäldchen von awey Waldhörnern
Hurka's * sanftes : „Oer Wald, der dunkle
Wald ist oft mein Aufenthalt« etc. (Mu-
natsfr. H. 2.) entgegen. — Wir waren
zweifelhaft, oh dies als uosre Bewillkom-
mung anzusehen aey, oder ob zufälliger
Weise die Musiker sich im Wäldchen be-
fänden und etwa zu der Dienerschaft des
Grafen gehörten, der er, wie wir wusslen,
Musikunterricht gehen liess. Auf jeden Fall
wünschten wir eine Gelegenheit, unsre An-
kunft auf ähnliche Art zu erkennen zu ge-
ben. Während wir noch beklagten, dass
Niemand von uns eine Flöte oder derglei-
chen bey sich hatte — siehe, da zeigten
sich am andern Ufer des Flusses, auf dem
Fusssleige, der nach der Stadl führte, zwey
junge Leute, ein Frauenzimmer mit einer
Flöte, am Arme eines — Geliebten —
Bruders — oder Mannes , der ihre Harfe
trug. Augenblicklieb riefen wir ihnen au,
liessen ans Land radern, und baten sie ein-
zusteigen. Sie sahen mit ihren traurigen
Blicken einander eine Minute lang an, dann
reichte der junge Mann seiner Gefahrtin die
Hand, und half ihr in den Kahn. Wir
versprachen uns von ihrem Air eben nicht
die fröhlichsten Airs zur Unterhaltung ,
doch redeten wir freundlich mit ihnen, um
aie vielleicht aufzuheitern. Den Grafen,
au dem wir wollten, schienen sie kürzlich
erst verlassen zu haben, und sehr zu ehren.
Bald merkten sie, dass ihre Traurigkeit uns
unangenehm werden müsse, uud äusserten
dtess. „Spielen und singen Sie nur erst,"
sagte ich zu dem Mädchen — ich konnte
aie, die mir Bildung zu venathen schien,
August. 73a
nicht Du nennen — »und etwas Heiteres;
dann vergehen auch Ihre trüben Gedauken.*
— Das Mädchen nahm ihrem Bruder —
sie waren, wie sie sagten, Geschwister —
die Harfe ab, und begann mit Begleitung
seiner Flöte :
Fort, daaa die Leyer kling«,
Daun wird da* Hers mir »tili :
Geh, Kancbon , geh und «ing«
Kiu fröhlich Vaudcrill! etc.
Wir staunten nicht wenig,' die lieblichen
Töne Fanchons, die kaum erst Berlins Be-
wohner zu entzücken angefangen halten,
schon aus diesem Munde zu vermhruen,
und wurden um so begieriger, von dem
Grafen Aufschluss über dieses Paar, das aus
seiner Geschichte für uns ein Geheimnis
roachle, ihm aber sich anvertraut zu haben
schien, zu erhalten. — Sie halte jctzl ge-
endigt, und wir musslcn gestehn, dass iiire
Stimme, wie ihr Vortrag, inum-bem unsrer
Provinzialthealer würde Ehre gemacht ha-
ben. — Ihr Blick war heitrer geworden,
sie schlug ihre schönen Äugen zu ihrem
Bruder auf, und reichte ihm ihre Harfe. —
Kr präludirte mit ein paar Akkorden, und
fiel dann in Righini's:
Wenn mich mein Röachen liebst
80 bin ich wohlgciauth etc.
(Monatsfr. Hft. 4.)
Dabey sah er auf seine Schwester mit im-
mer zärtlichem Blicken. 'Bey den Wor-
ten : „Den Schatz der ganzen Erde näbra'
ich nicht für mein Glück" etc. — achlang
sie ihren Arm um ihn, und ein Kuss nahm
die . letzten Worte des Liedes von seinen
Lippen.
Und Sie sind Geschwister? fiel- ich ein.
„Wollen Sie uns auch den Schein fröhli-
cher Stimmung wieder rauben ?* fragte sie
webtnüihig. — „Der Herr Graf mag Ih-
nen unsre Geschichte erzählen, aber, ich
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733
bitte i fragen Sie ihn darum erst morgen,
wuifi wir wieder weg sind. Heule, lassen
Sie uns nichl an das Vergangene erinnert
werden. - — Sie griff wahrend de« Spre-
chen« dann und wann iu die Sailen ; an-
fangs wiederholte sie nur die Schlussakkor-
de ihres Bruders , aber bey deu leisten
Worten geriet h sie in die weiche Tonart,
und ging nun klagend über in Hurka's Me-
lodie : s Seit du der andern dich ergehen"
etc. (Mooatsfr. H. 1.). «Aber, Schwester,
sagte ihr Bruder nach der zweyten Strophe;
du siehst, die Herreu Wollen vergnügt seyn,
und du singst da ein so traurige« Lied" —
und im Augenblicke stimmte er Himmel«
Kouebuesches Gesellschafislied an : m Bs
kau ii schon nicht alles so bleibeu " etc.— Sie
xnusste ihn nun begleiten, und auch wir
fielen mit ein. — Wir waren jetzt dem
Schlosse so nahe, dass man bey der Stille
des spaten Abetids uns gewiss hören konn-
te. ffUort, aagte unser Singer, wo der
Flusa bey jenem Hügel eine Krümmung <
macht, können wir den ganzen übrigen Weg
und . den Plate vor dem Schlosse übersehn :
da werden wir gewiss schon AusUlten au
Ihrem Empfange entdecken. O man freut
sich gewiss herzlich auf ihre Ankunft" —
und nun waren beyde uner.chöpflich in dem
Lobe des Grafen uud seiner Familie, und
konnten nicht genug rühmen, wie gut es
ihnen da gegangen s**y.
Aber, fragten wir, werden Sie nicht um
so drückender in der Folge den Mangel em-
pfinden? — »Wir sind mit Wenigem zu-
frieden, antwortete das Madchen, und dabey
glucklich.* Nun fing aie das Pinale der
Fanchon an, und ihr Bruder saug:
Ihr Herren Mauk betlernt,
Ihr Danen bunt geschmückt
Von meiner Schwester lernt,
Wie man das Gluck bestrickt.
Ein schönes Haus
Voll Saus und Schmaus,
Und was hier bliukt und sUshlt — •
734
All das hviahlt
, Ein Liedchen ron Fanchona Leyer!
Wir alimmten in die Reprise fröhlich
mit ein, und hätten sie fast auch aul die
uns gegenüber sitzende Fanchon beziehen
mögen. — Jetzt begann sie:
Di« Lieb« diesen Ms*.
Dem Lvyermädchen gab,
Doch Fanchon tritt nnr daua
Mit sich sufrieden ab —
Wenn ihr — ergötst —
Zu guter letst
Euch freundlich an mir kehrt,
Und gerue hört
Die Töne rou Fanchons Lejeri —
Ehen wollten wir wieder cum Schlüsse
mit einfallen} da tönte plötzlich ganz in
der Nähe eine vollstimmige Instrumental-
musik mit Chorgesang — wir bogen um
die Lrke des Hügels, und die ganze graf-
liche Familie mit einem Chore von Musi-
• kern in fcwey, Gondeln umringte uns. —
Noch während des Schlusschors fielen wir
Freuude einander in die Arme und freuten
uns der Üeberraschung. — Nun wollten
wir auch, als die Musik achwieg, una mit
freundlichem Danke zu unsrer Fanchon keh-
ren , aber — »der offne Mund blieb
stumm!" — denn statt unsere hübscheu
Harfenmädchens sas« eine junge, reich ge-
kleidete, reizende Dame im Arme eines
glänzenden Offiziers vor una. Ihre Reise-
oberröcke lagen neben ihnen. — „Verge-
bung unserm kleinen Betrüge — sagte sie
— mein Onkel wird auch für uns bitten."
— Es bedurfte der Bitten nicht. —
9. Die Vermälilungsfey er.
Der Tag der Vermählung näherte sich;
dorh sahen wir dazu noch wenig Vorberei-
tungen, uud unser Fteuud äusserte sich nut
1805. August,
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735
unbestimmt über du, waa er veranstaltet
habe« Der grosse Saal, sagto er, in wel-
chem meine Kinder mit ihren Gespielen
Sonntags bisweilen ihre deklamatorischen
nnd theatralischen Uebungen halten, ist ja
su mancherley Festlichkeiten im Siande ;
meine Spicllcule und Sanger habe ich in der
Nahe, und was die Fever seihst betritt, so
pflege ich an meinen kleinen Familienfesten
gern erst Abends vorher, oder Morgens zu
überlegen, wie ich sie einrichten will.
Dann giebt sie mir mein volles, gerührles
Hers ein, und sie ergreift die Herzen Au-
derer, wenn sie auch vielleicht die 'strengen
Forderungen des Dramaturgen nicht befrie-
digt. Ich vermisse dabey jetzt besonders
meiner Natalie — für uns alle zu früh —
verewigte Mutter. — Sie Ordnete mit Gin*
ficht und Geschmack recht hübsche theatra-
lische Spiele an, erfand pantomimische Dar.
Stetlungen, und wählte znr musikalischen
Begleitung Stöcke aus Jen schöusleu Opern,
selbst aus Sinfonieen, aufs zweekmassigste,
oft selbst au der Kenner Deyfall, die sich
anfangs von dein Arrangement der vollstim-
mi^rn Begleitung mancher Arien für unser
Orchester und für diesen Zweck, wobey die
Srngstimme in eine lustrumenlatparlie ge-
bracht werden musste, nicht viel Effekt ver-
sprachen. — Vielleicht versuche ich auf
1805. August. 736
den Sonnlag, es ihr ein wenig nachsu-
thun. —
Der Sonnlag kam. — An den vorher*
gehenden Tagen halle ich bemerkt, daas der
Kantor seine Singübungen mit einigen fähi-
gen Knaben des Dorfs, und den Söhnen ei-
niger Prediger und SchuUebrer der benach-
barten Dörfer, häufiger als sonst hielt: ich
durfte daher einen besonders feyerlichea
Gottesdienst erwarten. — Auch land ich
diese Kinder, und noch einige junge Man-'
ner, Schullehrer und Privalerzieher aus der
umliegenden Gegend, n«b»t einigen Bedien-
ten des Grafen, die ehedem in Chören klei-
ner Landstädte gestanden hatten, bey unsrer
Ankunft in der Kirche auf dem Chor der
Orgel versammelt. Der ohnedies angeneh-
me, sanfte Gesang, an welchen der seit
zwanzig Jahren fortdauernde Singeunlerricht
die Gemeine gewöhnt hat, ward heule durch
die Unternlützung dieses Chores noch ein-
drucksvoller. — — Nach der Predigt empfing*
die grafliche Familie das Abendmahl. Wah-
rend dessen schwieg der Gesang der Ge-
meine. Das Chor aber sang mit einer ein-
fachen Orgelbrgleituug Dansi's Salve regina,
wie es durch diese Zeitung bekannt gemacht
worden. Der Prediger halle einen, für die
protestantische Landgemeine zweckmässigem,
deutschen Text untergelegt *).
•) Wer mit den Schwierigkeiten einer solchen Arbeil bekannt i*t, mag über den Werth «Weier Ueber-
eetxung urthcileo. Hier i»t »ie, neb>t der Darstellung , wie die Worte deraelbeu mit denen de« Origi-
mIi unter den Noten cutammeatrenen.
Seite «alte regina «mater mi - »e - ri - eerdiae Tita dulinlo et - ipea
Nahet, nahet anbetend, nahet dem Throne de« Ewigen, glaubend und hoffend, glaubend und
mistr» «alre, aalte Ad te clamamtu exu — tei ezu — lei nlii Hera«
holTend 1 nahet , nahet ! Er hört dai Flehen «ünd'ger — - ach 1 aünd'ger — doch reuiger Rinder f
Ad te tu« - pi ra mua geroente* et flentea in hac lacrima - rutn valte. Ei« ergo
Er Tertiiramt, er vernimmt nn»er Seufzen und Weinen, wir rufeu zu ihm »>u der Tiefe!— Liebevoller,
a-l'ucata noatra illo« luo« mite - ri - corde« o - eu - lot «il no« conrerte, et
liebevoller Vater, du im Himmel, Äu Gott dar Gnade, blick «nf deine Kinder nieder! — Welt-
Jetum Lvne di - dorn fraetuen rentri« tui nobi« poat hoc ezi - linm ottende,
heilajid I der du richte«! Lebendige und Todte, nimm einat una auf aa deine« Himmel« Fremden I —
o clerueoj, o pi«, o dul-ci« virgo M» - ri - «.
Gei.t Gölte«, du Troeter, ach gieu.uns deinen Frieden I' —
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737
1805. August.
Die Ausführung entsprach der Ervrar- * '
lang, «u welcher jnich schon sonstige ange-
nrhme Proben von dem Fleiase und der
Geschicklichkeit de« Anführers und der Mit-
glieder dieser kleinen Singakademie, berech-
tigt halten.
Der angenehmste musikalisch« Genuas
war uns jedoch Tür den Abend au/behalteu.
Die Gesellschaft versammelte sich gegeB
sieben Uhr in dem oben erwähnten Saale,
dessen Dekoration eine ibeAlraliacbe Feier-
lichkeit ankündigte. Das Orchester — was
aus einem Theile jener Sltngergesellschaft
besteht, und von dem ich häutig Quartetts,
bey zahlreicherer Versammlung auch kleine
Sinfouieen recht gut ausfuhren hörte, —
war heut« hinter dem Thealer in einem
Nebenzimmer placirl, und begann von da-
her eine sanfte Musik, wir mussten Vermu-
rhen, als Einleitung zu der folgenden Vor-
stellung. — Es war Reich&rdts einfaches
Liedclien aus der Gei ster inscl i „Ach-
was ist die- Liebe für ein »üs»9S Ding ! * —
Niemand unter uns fühlte das tiefer, als
die Neuvermählten selb*!. — Der Vorhang
giog auf: das Theater stellte einen freyen
Fiats in einem Parke vor} mau sah in der
Witte ein Grabmal, was dem im gräflichen.
Parke befindlichen von Nalaiieiis Muller
glich. — Ein junges Mädchen erschien —
ziemlich kontrastirend mit dem Charakter
jener Ouvertüre, — allein, .einen welken
Blumenkranz in. der gesenkten Hand, uud
ein Miiiialurportrait auf ihrem Busen web-
mülhig betrachtend. Da« erinnerte uns sehr
deullit h an die kaum verflossenen traurigen
Wochen, wahrend welcher die Aussicht ei-
nes nahen Krieges den Grliebtep Nalalieus
ron ihr entfeint, und zu «einem fürstlichen
Ch.f gerufin halte. Die Sehnsucht der
Verlassenen nach dem Gelie>>ten ward jetzt
auch durch die Musik angedeutet, welche
Winter« Arie aus
reu
73*
Opferfeste hö~
Ich wir , wenn ich erwachte,
So heiter, war »o froh, . . .
Es ward dunkler, das Mädchen legte
sich nieder auf eine Rasenbank, aber sie
schie« Hube und Schlaf vergebens zu su-
chen. Erst die letalen Harmonieen der
Waldhörner in jener Arie tönten sie in ei-
nen sauften Schlummer.
Ein Kuabe,, in weissem und schwarzen
'Gewände senkte sich aus einer Wolke nie-
der, stellte sich neben die Schlafende, und
kusste ihre Stirn. Er sollte ihr Mirrba's
„batigen Traum" einflössen. — Nur die
Gefabren des Krieges , denen der Geliebte
entgegen ging, konnten ihrer Phantasie vor-
schweben; sie muttsle ihn sich aber auch
als glücklich in dienen Gefahren , als Sieger
in der Schlacht denken. — Sehr passend
begleitete daher da« Orchester, — ein we-
nig entfernter, als vorher — diesen Traum
mit Zumsteegs Marschaus Ritter Tog-
genburg:
Groüe Thalen dort geschehen
Durch der Heiden Arm
Aber nicht die Rückkehr durfte ea «eyn,
die der Meld ersehnte; nur gedenken rotjsste
er der Geliebten, mu*«te liebevolle Tröstun-
gen schriftlich und durch theilnehmendo
Freunde in ihr Hers gieaaea; darai
uu« Mozart«:
Thrj'nea , Tora F reo od getrocknet,
An aeiner Bruat vergossen:
Bald iat au» euch ' entflotten
Der ew'geu Treue Quell'!
Losa Uber dir die Hitnacl
Mit Schrecken »ich umibürmtB,
Naht dir, bey ihren Murmcn,
Dein Freund, dich zu bc»ch>rmen:
Dem lliuimel bleibt dauit heil! *)
») Nach Roehlils Uebcr»eUuag de« Dos Ju
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739
weichet rührende Slück «ich unmittelbar an
diesen Marsch ansculoss. Hierauf begann
der Maisch wieder und verhallle endlich in
weiter Ferne.
Jetzt erhob sich der Traumgott wieder
in seine Wolke und verschüand. Aber
durch die Schatten der nun völligen Nacht
schwebte von der andern Seile eine S c]l1 *
Gesiall daher, und schaute mit iheilirCTinaen-
den, huldvollem Blicke auf die Schlafende
nieder, w-tlircnd die Musik das Lied an die
Hoffnung aus Himmels Urania bö-
ren lies« :
Dia du «o gern in heilte« Nichten fsyent
Und §»nlt und weich den Gram verechlejer*t,
Der eine »arte Seele quält —
O IIoIJ.iuiij! ! Loh durch dich emporgthobsa
Den Dulder ahnden , da>» dort oben
Sin Eugel ttine Thränen «ählt! —
f •
Der Vorhang liess sich sanft herab. —
Es herrschte einige Minuten lang eine Stille
in unsrer kleinen Versammlung, die endlich
das liebende Paar selbst unterbrach, mit
Aeusserungen der Freude, dass jene trauri-
ge Zeil vorüber, und wenigstens diese Fever
durch keine Kriegesschrecken getrübt aey. —
Da erinnerte uns auch bald die Musik, dass
wir nun freudigere Scenen würden zu er-
warten haben.
£• ertönte, anfänglich in der Ferne,
dann immer näher Zumsteege Friedeus-
marach aus der Lenoret
1805. August, 740
*sohloss,' standen sie vor dem Grabmate,
das Mädchen kniete nieder, und betete; der.
, Geliebte liess sie allein und verschwand hin- .
ter den Blumen: sie nahm die Blumen, mit.
! denen ihr Haar und Busen geschmückt wa-
ren, und streute sie auf den Hügel. — .
Reichardts: Sterbt auf meiner Maja Gra-
be . . . aus der Ge i s t e r i n sei , begleitete
diese Handlung. Die Musik dea Chorea,
was sich an die Arie anscbliesst,
Tiefer im Leben
' Hoffend tu icbaumi
Lindert den Schmer« . . .
Der König und |die Ktiieria
Er ging aber nicht, wie in der Ballade
aelbst , in die Molltonart über , sondern
schloas in Dur. — Nach einer kleinen
Pause rollte der Vorhang mit einem starken
Akkorde, schnell auf; und unter Haydu's
Einleitung aum dritten Theile der Schöp-
, fung erschien das Madchen an der Hand
ihres Geliebten, der glücklichen Wiederver-
einigung hoch erfreut. — Als die Musik
ihat ihre Wirkung; das Mädchen richtete
sich auf, ward fröhlicher, und schien sich
nun ganz deu frohen Aussichten in die Zu-
kunft au überlassen. Mit dem Schlüsse die-
ser Musik erschien der Geliebte wieder mit
einem frisch gewundenen Blumenki-auae :
Flöten und Fagotts begannen mit Begleitung
eines Glockenspiels aus liurka'a Musik
au Schillers Glocke: die Stelle:
Lieblich in der Bräute Locken
'Strahlt der jungfräulich«
...»
Er bekränzte das Mädchen , aie sank in sei-
ne Arme — da erschallte mit vollem Or-
chester Chefubini's Hochzeitsmuaik aus
dem Wasserträger: Jeunes fillettes .
Festlich geschmückte Mädchen zogen jetzt
auf das Thealer; an die Spitze ihres Zuges
atetlten sich die Liebeuden: sie wandten sieht
nach der Seite des Proseemums, kamen die
dort angebrachten Stufen herab : von der
andern Seite schloss sich ein Chor von
Jünglingen ah sie, und nun stimmte allea
in Cherubim's fröhfichps Chor* mit ein,
während dessen die Neuvermählten mit den
schönsten Kränzen geschmü.kl, und ihr
Weg in den Tanzsaal mit Blumen bestreut
ward.
1
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74i • 1805.
N. S. Ich könnte den Lesern die Ge-
schichte noch mehrerer gleich früh dort ver-
lebter Tage raitlheilen; aber, eingedenk de»
Zweckes dieser Zeitschrift, der weniger auf
bloss unterhaltende Lektüre, als auf wissen-
schaftliche Belehrung geht, begnüge ich mich
mit dem hier gelieferten, und wüuscbe nur
noch zum Schlüsse, das« recht viele meiner
Leser, hohen und niedern Standes, deu ihnen
durch meine Erzählung wenn gleich
nicht namentlich — bekannt gewordenen
Personen, von vornehmer und geringer Ge-
bart, ihren kunstfreundschaftlichen Boyfall
nicht versagen mögen.
F. — Af .
NACnRICHTBM.
München, den 22slen July. Gestern
trat Mad. Marianne Sessi im Titus als Sesto
auf. Eiuen vollen, lauge entbehrten Genuss
der edlern, höhern Kunst hat uns dieses
gewähret. Ich will Ihnen hier das Lob der
Mad. Sessi nicht anstimmen. Sie gehört
unter die vorzüglichsten Sängerinnen des
jetzigen Europa. Auch bleibt wol bey Ge-
genständen der angewandten Kunst die Be-
schreibung immer Weit hinter der Sache
aelbst zurück. In meinem letzten Briefe
sprach ich von ihrer hellen, vollen Stimme,
von ihrem einfach -erhabenen Geschmack im
Vortrag. Ich hatte mich nicht getäuscht.
Auch in dem grossem Theater, bey dem
vollsten Hause, bey einer Mozarl'schen In-
strumentalbegleitung, schwebte ihre schöne
Stimme über dem Strome hoher Harmonieen
empor. Ihre leine Intonation,' der sichere,
immer natürliche Gesang, und — was nicht
wenig beytrug , alles in eine angrnehme
Stimmung zu versetzen — ihre so deutli-
che, wahrhaft schöne Ausspreche, dm auch
August 74«
schon ohne Musik dem schmelzenden Wohl-
laute der italienischen Sprache seine liebli-
che Wirkung verschaffte, ohne dass man
der Textbücher bedurfte, die man überhaupt
entbehren kann, wo Meister singen — ;
der überall hindurchblickende hohe Kunst-
sinn, der die Künstlerin allen Flitterprunk,
alle kokeltirende und spielende Küusteleyen
verachten, und nur nach dem Bey fall der
Edleren ringen lehrte t alles das wird von
jedem Unbefangenen an dieser vorlrefllicheu
Sängerin immer hochgeschätzt werden. Mo»
zart selbst, der sich, nach seiner Art, so
derb über die oft so übertriebenen Variatio-
nen der Sänger erklärte, wäre zufrieden ge-
wesen, hätte er gestern seinen Sesto vou
Marianne Sessi vortragen hören. Ein paar
Stoccato in die Höhe ausgenommen, die sie
dem herrschenden Genius der Zeit zum
Opfer brachte , und die ich für meinen
Theil weggewünscht hätte — konnte man
vou allem, was sie sang, sogen: das ist
schön, wahr, edel, gross. Nie werde ich
das Recitaliv : ■ Oh dei , che amania e que-
sta — vergessen. Dies war eigentlich ihr
Triumph. Die »um Himmel schreyendo Stelle 1
Deh conservste, oh dei; und dann die herz-
zerreisseiide : lo saprai — : wer vermag sie
zu schildern? — Uriwillkührlich brach un-
ser Publikum, worunter doch nur der klein-
ste Theil die italienische Sprache kennet,
bey mehrern Stellen dieses genialischen Re-
citativs in einen allgemeinen Bey lall aus,
der, niebl vom lärmenden Klatschen beglei-
tet, nur desto ehrenvoller für die fühlende
Künstlerin ist: denn so kam er unverkenn-
bar ganz aus dem Herzen. Nie hab' ich in
der Fülle' empfunden, was musikalisches
Pathos, was tragische Wirkung durch Mu-
sik ist. O wie tief hiiitth lallt gegen Ein
solches Recitativ ,m so vorgetragen, alle
der flinkernde aber nichts sagende Klitig-
klang, der mit dem Augenblick, wo er ent-
stand, auch vorüberfJaltext und keine Spur
im Herzen »uiütklässt.
7«
1805.
M*d. Sesai iil , übrigen»; «lue Frau ohne
Fraienaioo. Nie wurde hier der so gewölm-
liche Unfug mit Einlegung der Arien weiter
gelrieben,
a i»
en
gestern. Acht Stücke,
grössere Scenen und Arien von den ver-
schiedensten Meiatrrn, waren da ohne Wahl
auf einander gepfropft , und wie in einer
Zauberlaterne paradirlen nach einander:
Winter, Cannabich, Waigel t Simon Mayer,
in Gesellschaft dea grossen Mozart. Doch
am unverzeihlichsten sündigte Hr. Brizzi
selbst. So kam z. B. im zweyten Akt eine
unendliche Arie von ihm vor; ein Chor Sol-
daterf — denn ohne einen Singchor, der,
wie in Trompeten» tössen , die Arie begleitet,
können die heutigen Sänger keine Bravour-
arie mehr zur Welt bringen — fiel wie
aus den Wolken, mit denen unser Titua —
dass er aber Titus sey, hatte der Virtuos
heule wol vergessen — — so arg trillerte, so
ohne Maass schäkerte, so mit Sprüngen und
Koloraturen, in halber Slimroe vorgetragen,
spielte, dass tnuo halte glauben mögen, er
habe sich vorgenommen , auch einmal für
die Galerie zu singen. — Nicht so Mail.
Sc»«. Sie legte keine einzige Arie . ein,
sang nicht Kineo Takt mehr, als den Mozart
hier schrieb, und ungeachtet sie in einer
Gastrolle auftrat und also mehr als andere
glänzen sollte , auch Niemand ihr jenes
Hülfsmittel dazu hatte versagen können,
hielt sie sich doch allein an die Mozartische
Komposition, die überdies nicht immer ganz
für ihre Stimme ist, und suchte aje nur mit
einer Kraft herauszuheben, die ihr Kunst
-und Empfindung darbot. Schöner hatte sie
den unsterblichen Mozart nicht verherrlichen
können! — Sie wurde von « der KurCur-
stin mit einem prtohtigJoa diamantenen Hals-
band beschenkt.
Die italienische Oper, wird ottn auf ge-
raum* Zeit schweigen. Brizzi, Cannabich,
Ramm und Andere machen Haiseo.
August. 744
Koxzk Ahieioe.
Quatrt Sonate* pour h Piano/orte par Mr. (?)
J. /. Dtpuis. Oeuvr. 3. Chcz Hummel a
Berlin et a Amsterdam.
Diese Sonaten würden vielleicht vor
dreyssig Jahren nicht Wenigen gefallen ha-
ben. Sie sind den frühesten Vanhall-
schen ähnlich, aber in Erfindung noch un-
ter ihnen. , Wer nun noch auf jener Stufe
steht und sie nicht verlassen mag; oder auch,
wer sehr wenig ausführen kaiin und doch
Sonaten vortragen will, dabey aber gans
gleichgültig ist, was für welche, wenn er
nur Noten bekömmt, die einigen Zusam-
menhang haben und sich bequem zwischen
Schlafen und Wachen abspielen lassen: der
greife nach diesem Werkchen. Ihn wer-
den auch die häufigen Schulschnilzer nicht
stören.
A X E * D O T
Ein noch lebender berühmter Koraponiat,
der das Geld sehr liebt, hatte das Unglück,
mit einer Frau verbunden zu aeyn , die
schön, liebenswürdig, eine treffliche Sänge-
tin, aber unordentlich, und besonders in je-
nem Charaklerzug gerade das Gegentheil von
ihrem Geniabi war. Sie verdiente viel,
machte aber noch mehr Schulden , und starb.
Nun kamen die Gläubiger und plagten den
betrübten Will wer. Endlich fuhr er, der
sonst sanfte Mann, den .Einen an : Gehn
Sie zum Teufel! — Da kann ich wol Ihre
Frau finden, aber mein Geld nicht! antwor-
tete der Gläubit
—
•■ - ■ .
1—
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ALLGEMEINE
MUSIKALISCHE ZEITUNG.
Den 2V m August.
1805.
R E C T. X 8 I O !f E K.
itutscfu Lieder mit Begleitung ies P' iatt °-
fürte in Musik gtsetzt von Philipp Barth.
Copenhagen, bcy C Lo»o et Comp. (Pr.
1 Thlr.)
ftecensent kennet den Komponisten dieser
Lieder nicht. Sollte er der vor etwa einem
Jabre verstorbene junge Kapellmusiker in
Kopenhagen seyn, so gäbe dies Werkchen
einen neuen Grund, den frühen Tod dieses
talentvollen Jünglings an beklagen, denn es
bewiese offenbar, dasa man an ihm nicht
nur einen vortreffliche» Virtuosen auf der
Hoboe, und einen schätzbaren Komponisten
fiir dieses soin Instrument, sondern auch
einen sehr braven Liederkomponisten verlo-
ren habe. Schon die hier au gebende na-
Ticre Anzeige des Werkchena wird dies be-
legen.
Die Wahl der Texte zeugt von Ver-
stand, Sorgsamkeit und Geschmack} die Be-
handlung derselben, sowol in musikalischer,
als auch in rhetorischer Hinsicht, von Ge-
fühl, Kenntnissen und Fleis». Die Musik
.selbst verrath weniger einen genialischen
und tiefen Geist, als eino empfindliche und
Karte Seele, die sich gern in milden Melo-
dieen ergieest, sich am liebsten an sanften
Liedefn ergötzt , und sich in Tönen mit
Liebe eng an sie schliesst. Sollen Verglei-
che Statt finden, so lassen sich Barths Lie
der. was die Musik an sich betriff!, zu-
7. Jahrg.
nächst mit denen von Himmel
stellen. In dem, was Nachbildung der Formen
des Dichters und die Deklamation angehet,
ist Barth sorgsamer, als es dieser Kompo-
nist in mehrern seiner Lieder ist, und er
nühert sich darin dem wackern Schulz. Wo
es aber auf Lebendigkeit der Phantasie an-
kömmt, bleibt Barth betajtchtiich hinter
Himmel ■ — in dessen bessern Stücken —
zurück. Da er als Liederkomponist noch
gar nicht bekannt ist, darf ich mir wol /er-
statten, auch bcy den einzelnen Sätzen ein
wenig zu verweilen.
Das erste Lied hat einen angemessenen
Ausdruck, eine iiiessende Melodie und ein
nicht unangenehmes Accompagnement : ea
hatte aber dennoch vön der Sammlung auf-
geschlossen bleiben sollen , da es allzunahe
Reminiscenzen enthalt und auch Überhaupt
sich durch nichts auszeichnet, Man kann
es als nicht dastehend betrachten, zumal da
es da* dreyzehnte Ljed ist und doch nur
zwölf auf*: dem Titel versprochen sind.
Overbecks Xiedchen S. 3. ist schon sehr oft
komponirt, aber schwerlich von Jemand im
Ganzeu besser getroffen, als von Barth; im
Einzelnen sind besonder« die Zeilen;: „ so
freundlich r so mädchenhaft* .... nun ja,
sie sind, wie die Worte sagen : so freundlich,
ao mädchenhaft ! Das liebliche Lied , No. 3,
ist |eius der gelungensten und bekanntesten
von Himmel; das Barthische stehet ihm aber
schwerlich nach, und die Schlusszeile, die,
als Refrain, immer wiederkehrt und über
das Ganze heym Dichter entscheidet, ist von
1 Barth offenbar im •naiven Ausdruck nnd in
47
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745
1805. August.
746
der Deklamation basser wiedergegeben wor-
den. Man sehe das Liedchcn selbst: da es
so reizend ist und auch so weuig Kaum
Grazioso.
braucht, mag ihm dieser vergönnet teyn. Die
Verse sind wol als allgemein bekannt vor-
auszusetzen.
lg i^ -gg
■ ** — •»
=33=9:
I. Jungling, wenn ich dich von fern er-blik-ke , wird vor Schmucht mir dal Auge nasi; nihil du
I
-CT-
I I
r ♦ r-r
9T wr
. .all
dich, So halt es michzu-riik -ke, yrie mit Fes.ieln, und ich wein nie n w.u 1 s. Fern von
Schlusf.
=5*
8. lle - ben, und zu tv.ih.len. o dann wein Ich , wen?
3~r t
inniger und auch eigener, und dass es dies,
bey so wenigen aufgewendeten Mitteln ge-
worden, entscheidet noch mehr für des
Komponisten Talent. Das Staudchen S. 10,
ist unbedeutend, und das Lied S. 11 mehr
richtig und sorgsam, als schön und herzlich
behandelt. Der so oft gesungene Traam
Hölty's S. 12, kann mit Ehren neben, wenn
auch nicht über einigen frühem Komposi-
tionen stehen. In dem Abschied S. i3 folg.
hat der Komponist seinen gewöhnlichen
Weg verlassen, hat die Strophen mit wech-
f 1 5 ?
Die Lieder S. 4., 5 und 6, sind nicht
zu tadeln, doch auch nicht ausgezeichnet.
Dagegen finde ich die kleine Tandeley, S. 7,
so ganz unbeträchtlich sie scheint, bemer-
kenswert!). Der Musiker hat das niedliche
Gleim sehe Liedchen wiedergegeben , wie et-
wa Schulz es gemacht haben würde. So
etwas ist freylich in Einem Augenblick em-
pfangen und geboren ; aber bey weitem nicht
Jedermann Ji.it solche Augenblicke. An
Louise, S. 8, ist nicht übel, doch etwas
verbraucht, aber Mein Wunsch, S. 9, weit
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*
747
1805. August.
74S
»elnder Musik begleitet und «ich, wo Gele-
genheit war, zur malerischen Behand-
lung gewendet. Man muss eben so aufrieb»
tig, ala man sein Gutes gerühmt, auch sei-
ne Schwäche in dieser Gattutig hier beken-
nen. So wie er aber diese Bahn verläaat
und gegen das Ende dieses Stücks wieder
zum eigentlichen Ausdruck der Gefühle, zu-
rückkehrt, so wird «v wieder aehr innig
und liebenswerlb. Man sehe aelbat die
Andante.
letzte Strophe, nnd wenn man sie so schön
findet, wie ich, ao ainge man das ganze
Lied auf dieae Muaik, mit den kleinen
Abänderungen , die die Worte anderer
Strophen nöthig machen. Dasa die Fort-
achreitung des Accoropagnements in ei-
nigen Takten gewählter seyu könnte ,
wird zugestanden, ohne dasa darum der
Werth des Ganzen beträchtlich, geschmälert
würde.
1
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Ich
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. ke dein, bit
^ r , rr B
■ -V ^ ¥ — y-
ffr^T rr t r t r r
Lebt der Verfasser noch, so mag ihm
diese Anzeige meine Achtung beweisen;
und mit dieser aetze ich noch hinzu, dass,
wenn er durch fortgehendes Studium und
mehr Versuche in andern Gattungen seinen
Kre>* erweitert, sich selbst eben dadurch
gestärkt, und sein Talent vielseitiger gebil-
det haben wird, er ein Liebling der Freun-
de eines einfachen, aber aeelenvollen Gesan-
ges weiden kann» Kleine Verstösse gegen
die muaikaliache Grammatik — nur kleine
finden »ich — wird er dann von aelbat be-
merken, und z. B. S. i4, Syst. 3, T. 10.
in der Singaliuuno und im Basa cea schrei-
ben , S. 13. keine Oktaven stehen la<
auch wenn sie, wie hier, durch die kurze
Pause bemäntelt würden u. dgl. Der Stich
ist ziemlich korrekt, nimmt aich aber nicht
gut
Grande Sonatt pour. Ja piano/orte, composit a
dtdlit ä Msr. Chtrubini par Antoine Eberl.
Op.2?. A,Vi'enoe, au Bureau d'Arta (de«
Arta) et d'Industrie.* (Pr. 1 Fl. 45 Xr.)
Hr. Eberl hat aich seit einiger Zeit ei-
nen nicht unbeträchtlichen Ruf als Koropo-
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749
ni«t für das Pianoforte,' («eine Orchester-
rausik ist, ausser Wien, nocb wenig oder
gar nicht bekannt,) als Klavierspieler und
ala Musiklehrer erworben, and seine neuem
inden ein sinnlich sab (reiches Pobli'
: darum, so wie der Familienähnlich-
keit wegen, in welcher sie untereinander
stehen, kann man wol voraussetzen , die
Leser wissen so ziemlich , was sie zu er-
warten bähen, und darf bey der Anzeige
auch des hier genannten Werks kurz seyn.
Es gehört unter Hrn. .Eberls beste Klavier-
stücke; hat dieselbe Lebhaftigkeit, dieselbe
gute Führung einze In er Partieen, dieselbe
von Erfahrung zeugende Benutzung aller
Vorzüge eines guten Pianoforte's , dieselben
Vorlbeile für den Spieler, indem es auszu-
führen zwar nicht leicht , aber doch bey
Weitem nicht .so schwer ist, als es scheint
mit einem Worte: es hat alle das Gute,
was *Eber1sche Kompositionen haben , und
vor vielen auch noch das , reiner in der
Schreibart zu seyn. ' Das erste AUegro ist
der ausgezeichnetste dieser Sätze, und werlh,
Cherubini dedicirt zu werden. Es lebt eiu
energischer Geist im Affekt darin. -Das An*
dante, mehr geziert, als zierlich, ond mehr
Ansprüche machend, ala erfüllend, ist weit
unbeträchtlicher. Daa Presto ist aber wie-
der ein lebhafter, interessanter Satz, muss
jedoch durch sehr rasches, präcises und
rundes Spiel gehoben werden, weil die Ideen,
We'der der Erfindung, noch der Ausführung
nach, ausgezeichnet sind. Man kann der*-
gleichen'- Arbeit keineswegs geradehin tadeln)
sie vergnügt auch wahrscheinlich Jedermann
für den Moment: aber es bleibt dem Zuhö-
rer, der mit der Zeit. fortgegangen, doch
dubey ein" Gefühl', all habe er sie schon —
Öfters gehört, wiewol sie durchaus nicht ei-
genilich enflfchnt ' ist* ' üer '.Schwarbe . dea
aweyten und der nicht weit über das Ge-
wöhnliche sich erhellenden Stärke des dritten
Satzes" ungeachtet, ist die Sonate als ein gu-
tes Unterhaltungstück geübten und fertigen
1805» August.
750
Liebhabern zu empfehlen. Dasa das Pianöf.
bis zum dreygestriebnen g benultt, aber je«
de Stelle, die über f gehet, umgeschrieben
beygesatzt worden, ist, so wie die genaue
Angabe der Ausdrucksseichen aller Art, so
loben. Der deutliche und gut ins Auge
lallende Stich hat nur einige wenige Fehler,
die sich sogleich von selbst berichtigen and
Nachuxchte
Paris, den 5ten August. Ich bin mit
musikalischen Neuigkeiten seit mehr als
zwey Monaten im Re»t; aber ganz Paris ist
es auch. Aus nichts hat sich nur Einmal
etwas machen lassen, und zwar etwas Be-
trachters werthes. Was aber seit meinem
letzten Bericht hier, Musik betreuend, vor-
gefallen, ist, für den Ausländer, recht ei-
gentlich nichts '— ksum mit einer einzigen
Ausnahme, über welche zu sprechen jetzt
noch Zeil genug ist.
Es war aber auch, als ob dies JaTir al-
les zusammentreffen müsste, was Apoll zun
Strobwittwer machen könnte. Erstens ist
Ihnen schon bekannt, dass, so wie es Mode
ist «— das heisst in Paris : nolhwendig zur
Existenz gehört — während dea Winter-
halbjahrs die Theater zu besuchen, so ist
es Mode', sie im .Sommer zu verlassen.
Nun ist es zwar wahr , die Natur schien
dies Jahr, bis in den Julius hinein, eine
neue Ordnung der Dinge hei bey zu führen,
und damit — wie es mit den neuen Ord-
nungen der Dinge nicht selten gescliiehet —
die Leute wenigstens in verwirren, indem
«1e an Einem Tage früh Winter, gegen
Mittag Frühling, zum Mittag Sommer ond
dea Abends Herbst werden liess : was aber
ein rechter Franzos ist, das lässt sieh nicht
so leirhl werfen. Wann aieba gehört
macht man Frühling und Sommer, mag'*
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75»
j8o5. August.
752
draussen aussehn, wie es will) und dann
verlässt inen auch die Theater — ausseror-
dentliche Fälle ausgenommen! Sodann, die
Reise des Kaisers und der sehr Vielen, die
ihn begleiteten oder die in seiner Abwesen-
heit zu sich selbst und aus dem Gewöhnli-
chen kommen wollten — ! Hierzu kamen
noch Krankheiten der meisten und vorzüg-
lichsten Mitglieder, und Keisen derer, die
nicht krank waren, und «war fast von al-
- len Theatern; gänzliche Veränderung eiuiger
Truppen — und so weiter«
Die kaiserl. musiLal. Akademie (grosse
franz. Opor) gab also nur Wiederholungen
einiger wenigen grossen und für immer fest*
stehenden Werke — vornehmlich Glucks
beydo Iphigenien und Oedip, und liess da-
mit die Barden, Caravane du Caire und
einige andere gut angeschriebene Werke
Wechseln. Die Cranz, komische Oper (sonst
. Feydeau) brachte nur Eine artige Neuigkeit
su Stande, von der ich hernach sprechen
werde, und srhtoss dann das Haus ganz,
Weil — — darin gebauet werden sollte. So
heisst es wenigstens in den Ankündigungen
und in der Verteidigung der Direktion ge-
gen den luftigen Einfall eines Witzkopfv,
der ankündigte, es würden „heute zum Be-
seht uss aufgeführt : die Schuldleute,
Kein Vertrag, und Ein Haus zu ver-
kauf e n * — bekanntlich hat man drey klei-
ne Stücke unter diesen Titeln. Das Thea-
ter der Kaiserin (verbundene Gesellschaften
der Italiener und des ehemaligen Louvois)
hörte in der ersten Qualität ganz auf. Die
Italiener sind, bis auf Einige, auseinander
gegangen, und, wie ich höre, hat besonders
die Prima Donna, die rühmlich bekannte
Dem. Strinasacchi, schon ihr Glück in Lon-
don begründet. Seit ganz kurzem i»at mah
eine neue Gesellschaft Italiener zusammen-
gebracht, die auch schon eine Oper gegeben
hat; und zwar den allen, bekannten, ver-
brauchten Barone d luso von Cimarosa, ein*
seiner schwächsten Werke. Die Oper wur-
de gut gegeben. Die Gesellschaft scheint
mir jetzt noch, weder besser noch schlech-
ter zu seyti, als die vorige; und dass sie
mit diesem Werke debütirte, erregt eben
nicht die glänzendsten Erwartungen. Seil-
sam ist es, dass wir untre ersten italieni-
schen Sängerinnen aus Ihrer frühern Be-
kanntschaft nehmen : die Strinasacchi hat
sonst bey Ihnen gesungen, und Ihr Lands-
mann .... behauptet, es sey mit unsrer
neuen Prima Donna, Mad. Crespi, derselbe
Fall. ■ (Es ist wirklich so. d. Ä.) Uebri-
getis wird daa französische Publikum, das
gleichsam das eine Ende der theatralischen
Musik festhält, die deklamatorische, sich nie
lebhaft für die Italicner interessiren, da dio-
ee auf dein entgegengesetzten wohnen —
beym Singen fast ohne Rücksicht auf die
Worte. Bey den, verhältnissinässig, weni-
gen Freunden italienischer Opermusik, und
denen, welche dafür angesehn seyn wollen,
würde darum kein solches Theater bestehen
können, wenn nicht die kaiserliche Familie
es begünstigte — , was , wenn auch nicht
groeae baare Unterstützung, doch eine ge-
wisse Achtung, ein gewisses Aufsehen, und
mithin Menschen genug, herbey führt, bey
denen es zum Ton gehört, die Italiener zu
besuchen. Bis jetzt hat sichs jedoch noch
nicht recht damit finden wollen.
Dem Theater Montansier, bekanntlich
dem Lieblingssitz der Venus Pandemos,
fehlt es nicht an Zulauf, und — die Sachen
gehen gut. Man siebet da, ausser dem,
worüber iu einer musikalischen Zeitung
nicht an sprechen ist , vornehmlich die ge-
waltigen Pomp-, Spektakel- und Maschinen-
Stücke, die fast alle, mit Musik versetzt,
Melodramen heissen. Es ist arg, wel-
cher Unfug' jetzt mit dieser wunderlichen
Gattung von Theatermusik gelrieben wird,
und als ich neulich in einem Briefe aus
Wien in Ihren Maliern las, man habe dort
nu«h diese Modr unsrer Nebenlbeater
nachgeahmt: so — nahm nach* Wunder.
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753
i8<>5* August»
754
Das Vaudeville hat jezt vornehmlich mit
Verspottung und Traveslirung jener prun-
kenden Melodramen sein Fest. So sahen
wir z. B. „Colombine dans la Tour
de l'Est, ein grosses Melodram in siebzehn
Scenen," bey dem man ein Alt- Engländer
seyn oder gar nicht wissen rausste , was ei-
gentlich hier verspottet wurde, wenn man
nicht hell auflachte. Die Hauptpersonen
waren: ein Held, (Grenadier) ein Wilder,
ein Ungeheuer, ein liebender Kitler (Harle-
quin) und eine eingesperrte Prinzessin, (Co«
lombitie). Und nun die handgreiflichen Be-
ziehungen im Gedirht, wie in der bald wü-
thenden, bald lispelnden Musik — • — Es
Tcratehet sich übrigens , das» darum die
Melodramen nicht aufhörten, immer neu,
wie Pilse, aus der Erde zu schiessen, und
besucht und beklatscht zu werden. Keine
Nation der Welt verstehet es besser, mit
•ich selbst zu spielen, auch wol sich selbst
auszulachen, als die französische. Spashaft
ist, dass der Dichter jener Colombinr, Dos-
sion, in kurzem seine theatralische Lauf-
bahn mit Glück durch alle Stufen verfolgt
hat : er war erst Souffleur , dann Akteur,
nun Dichter.
Da haben 8ie deam jene« Nichts , Von
dem ich anfangs sprach, in extenso und er-
läutert. Ich erwähne nun das einzige klei-
ne Etwas, das ich als Ausnahrae anführte.
Es ist ein kleines artiges Produktchen un-
ters muntern, geistreichen, sehr fruchtbaren
Dural, der durch frühere Werkchen (Les
deux Jouruees, Maiion a vendre, Le Priaou-
nier etc.) auch in Deutschland beliebt ist.
Die Oper heissl : La Meprise volontaire, ou
la double Lecon. Mit dem Plan rouss man
ef hier nicht genau nehmen : er taugt
nichts, ausser, dass er zu einigen anziehen-
den und sehr lustigen Situationen, und dem
Dichter Gelegenheit gegeben hat, seineu
muntern Witz und seine bekannte Kunst
des raschen und feinen Dialogs ins Spiel zu
Hier haben Sie wenigstens das Ske-
lett : Valmont, ein hühsrli vernünftiger Lieb-,
h aber, soll Elisen heyrathen. Elise ist ein
Modemädchen im grossen Stil — sie ver-
achtet alle Weiblichkeit, reitet, jagt etc.
kurz, sie ist ein Mann, so weit sichs thun
lassL Ihr Bruder dagegen bat Migraine,
seufzet, schmeichelt, putzt sich, empfiudelt
— ist ein Madchen, so gut als möglich«
Valmont thut, als ob er sie beyde nicht
kenne, wie er von beyden noch nicht ge-
kannt ist; stellt sich, als vermuthe er eines.
Theaterstreich — die Schwester habe sich,
als Bruder, der Bruder alz Schwester ver-
kleidet; behandelt sie nun, alles Protestirena
ungeachtet, so} macht dem Bruder seinen
förmlichen Autrag etc. theilt neben bey auch
tüchtige Pillen, in Absicht auf viele Mode-
thorheiten, aus: am Ende sehen beyde jun-
gen Leute ihre Thorheit ein wollen sich
bessern, und — finnt nupliae. Was aber
das Stück zu einer Merkwürdigkeit macht,
ist die Musik. Nicht als ob sie etwas ganz
Ausgezeichnetes wäre — sie ist heiter,
leicht, artig, fliessend, melodiös, behandelt
besoudera die witzigen Pointen der Gesänge
sehr fein: aber sie ist auch zuweilen gar zu
dünn- «ml durchsichtig; alles, was reicher
seyn sollte, verrath den nicht eben tiefen.
Geist und die ungeübte Hand; sie hat über-
dies der sehr nahen Reminiscenzen nur gar
zu viele. Und dennoch ist sie merkwürdig,
denn sie ist die Arbeit eines neunzehnjähri-
gen — Madebens; einer Dem. Kercado
— mag sie nun wirklich so heissen, oder
sich nur vorläufig so genanut haben. Ich
weiss es nicht anders, als dass dies das er-
ste, wirklich angenehme Produkt i*t, das von
einem Frauenzimmer in dieser Gattung von
Musik jemals geliefert worden. Die Oper
wurde sehr .gut gegeben, und fand bey den
Wiederholungen vielen Bey fall, ao selir
sich auoh die — eleganten Herren gegen
sie, bey der ersten Aufführung, vereinigt
hatten. Ehe sie ein Wort von dem Werk-
chen kannten, vor Anlaug der ersten AuX-
uigiii,
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755
1805. - August.
756
iührung, hatten sie anter sich längst ausge-
macht, es könne gar nichts dran seyn, da
es von einem Fraueuzimtner käme. Wo
man den Weibern die häufigsten und über-
triebensten SchmeiclieJeyen ins Gesicht sagt,
verachtet und drückt man sie immer am
meisten. —
Dass uns die Wiener unsern braven
Cherubini entführt haben, darüber müssen
wir uns freuen, die wir die Kunst und die-
scu Meister lieben. Erstlich erhalten wir
gewiss etwas Vorzügliches an dem, was er
•für das kaiserliche Thealer in Wien schrei-
ben wird; sodanu — kömmt er night zu-
rück, so muss es ihm dort nicht nur über-
haupt besser gefallen , sondern er muss auch
besuuders für seinen Genius und seine
Kunst, welchen er alles aufopfert, einen
fj-eyern und passendem Spielraum finden;
kömmt er zurück, so wird man sich hof-
fentlich unterdessen hier besinnen gelernt
haben, und ihn auch in Paris in eine Tbä-
thigkeit setzen , wo er sein Bestes liefern
und es mit gebührender Wertschätzung
aufgenommen sehen kann.
Dass Mozarts Don Juan nun doch, noch
auf dem grossen kaiserl. Theater gegeben,
und zwar mit ganz ausgezeichneter Pracht
gegeben werden soll, wissen Sie ohnstreitig
schon aus andern hiesigen Journalen ; dann
wissen Sie von der Sache aber auch gerade
ao' viel, als ich. Die Aufführung ist schon
langst wieder in den öffentlichen Theater-
anzeigen versprochen ; Besonders hiess es,
die Rückkunft des Kaisers solle auch durch
dieses Werk gefeyert werden: aber bis jetzt
ist noch nichts erschienen. Vielleicht will
man erst den Herbst, und mit ihm, die
Rückkehr so Vieler zu den Theaterfreuden
erwarten, so dass man die Oper, auf die
so sehr viel verwendet wird, nun auch recht
sehr oft hinler einander geben kann ; und
ist das die Ursache der Verzögerung, so
muss man damit zufrieden seyn.
Zum Schluss' noch eine Bagatelle : Der
berühmte Waldhornist nnd «ehr angenehme,
beliebte Gesellschafter, Frederic- Duvernoy,
ging vor kurzem aus dem Orchester der gros-
sen Oper ab: darauf machte einer folgendes
Epigramm :
A Frederic — Duvernor.
Da vrai Ulent parfait modele,
Tu (Beta pour l'appleudir tuut 1c monde d'aeeord ;
A iea plaisira le Franc,ais eat fidcle,
Et tu n» le chartner en Cor. —
(Cor i»t nämlich ganz, wie unser Horn
zu nehmen; ist abe» im Französischen noch
haslimmler, als im Deutschen, ein Waldhorn
und ein Ende eines Hirschgeweihes, d. R.)
N. S. So eben erfahre ich, dass Wölfl,
der, wie Ihnen bekannt seyn wird, uns
verlassen und seit etwa zwey Monaten sei-
nen Wohnplalz in London aufgeschlagen
hat — sich dort schon einigemal hat öffent-
lich hören lassen und mit ausgezeichnetem
De v fall ist aufgenommen worden. Er führ-
te in seinem Konzert auch eine neue, grosse
Sinfouie von seiner Komposition auf, die
bey den Kennern Aufsehen erregte. Näch-
stens, kommen ein Klavierkonzert, Sonaten
etc. von ihm in Clcmeuti's Verlage heraus;
er wird aber leicht, den Ideen und der
Ausführung nach, schreiben müssen, wenn
seine Sachen im Lande der Fabriken gekauft
werden sollen. Die erste grosse Oper, die
den Winter gegeben wird, soll er, wie es heisst,
auch zu achreiben bekommeu haben.
Vor zwey Monaten starb in Madril Lui-
gi Boccherini, fast 70 Jahr alt. Er war
wirklich einer der ausgezeichnetsten Instru-
mentaikomponislen seines Vaterlands , Ita-
liens. Gegen die Gewohnheil seiner Lands-
leute ging er mit der Zeit und der Ausbil-
dung der Tonkunst a-ich in Deutschland
fort, und nahm von den Fortschrilten der-
»elben, besonders in wiefern sie von seiuem
allen Freunde, Joseph Haydn, bewirkt oder
veranlasst wurden , in sein Wesen auf,
so viel ohne Verleugnung seiner ludividuali-
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757
1805. August.
758
iH geschehen konnte. Italien schätzt ihn
Haydn, in den Quartetten und ähnlicher Musik
bey der, wenigttent gleich) Spanien,
Jen grünten Theil seines tbäligen
verbrachte, zieht ihn dem deutschen Meister,
den man dort zuweilen sn gelehrt findet, in
manchen «einer Werke noch vor} Frank-
reich achtet ihn hoch, ohne ihn I-iydu
gleichstellen zu wollen, und Deutschland
acheint, in aeiner jetzigen Vorliebe für das
Schwierigere, Künstlichere, Gelehrtere, ihn
noch zu wenig zu keimen : wo man ihn
aber kennet und besonders den mclodi-
acheu Theil seiner Werke zu geniessen und
zu würdigen verstehet, hat man ihn lieb
und halt ihn in Ehren. Er hat bis an's
Ende seines Lebe»« geschrieben, nnd erst
vor kurzem sind «chalzbem Quartetten und
Quintetten von ihm in Paria herausgekom-
men. Die Zahl aeiner Wcrko (fast nur In*
atrumentalmusik von der Sonate bia zum
Quintett) ist sehr gross. Ein besonderes
Verdienat um die Instrumentalmusik Italiens,
Spanien«, und wol auch Frankreichs, er-
warb er sich auch dadurch, daaa er der Er-
ste war, der dort Quartetten, worin alle
Instrumente obligat gearbeitet sind, achrieb;
wenigstens war er der Erste, der mit aol-
chen dort allgemeinen Eingang fand. Er,
und bald nach ihm Pleyl in aeinen frühe-
aten Werken, machten dort mit der ange-
gebnen Gattung der Musik noch eher Auf«
aehen, ala Haydn, vor dem man aich da-
mals noch acbeuete. Er war ausaerdem in
früherer Zeit ein trefflicher Violoncellist,
der besonders durch unvergleichlichen Ton
und ausdrucksvollen Gesang auf seinem In-
strumente bezauberte. Alle, dio ihn ge-
kannt haben, rühmen ihn auch ala einen
wackern, braven Mann, dor seine Pflichten
gegen Jedermann treulich zu beobachten ge-
wohnt war. die Redaktion.
: .
Den leten An gast ttat-b in Dresden der,
ala Künstler nnd ala Mensch so «ehr schätz*
bare Gestewite, Mnatkmeiater (Korrepe-
titor) bey der kurfuratL italienischen Oper,
im 4gaten Lebensjahre. AI« Komponist hat
er- weniger ein ausgezeichnete« Genie oder
auch ein eminentes Talent, als gute Kennt»
ntsse upd vielen Pleiaa bewiesen. Mehrere
in verschiedene Opern eingelegte Arien, Fi-
nalen etc. nnd auch einige Missen nnd an-
dere Kirchenstücke zeigen das. Seine Über-
gros5o Bescheidenheit lioss ihn damit aber nur
seiton hervortreten , nnd so wurde er, ah»
Komponist, nnr von Wenigen gekannt. Mehr
Recht lies« man ihm wiederfahren , und weit
mehr wahre« Verdienst erwarb er; sich, als
Lehrer der Musik und vornehmlich de« Ge-
sanges. Gründliche Kenntnisse, treffliche
Methode, anf jene und vielfältige Erfahrung
gebauet, Geschmack, Flci«s, Genauigkeit und
Festigkeit bey aller Sanftmoth , zeichneten sei-
nen Unterricht aus, und mehrere vorzügliche
Talente, die nachher Bewunderung und Ruhm
fanden, waren unau«gebildet geblieben, oder
doch bey weitem nicht das geworden, was sie
wurden, wenn sie nicht in seiner Schule ge-
wesen wären. Wenn man auch dies mehr in
der Stille dankbar (zuweilen auch wol, nicht
dankbar) anerkannte, als laut rühmte, so war
groasentneiJa hieran seine Schüchternheit
Schuld, die ihn veranlasste, sich oft sogar da
zurückzuziehen und sich selbst zu verleugnen,
wo Andere ihren Bemühungen zuschrieben,
wai Er gethan halte. Von seinen Zöglingen
in den letzten Jahren brauchen wir nur die
vortreffliche Sängerin der kurfnrsll. Oper, Dem.
Häser, zu nennen, auf deren höhere Ausbildung
er den meisten Einflusa hatte ; und die junge lie-
benswürdige Dresdneriu, deren ausgezeichnete»
Klavierspiel mehrere Freunde Ihre* Hauses vo-
rige Ostermesse in Leipzig erfreute, wollen wir
nicht einmal durch öffentliche Nennung ihres
Namen« errothen machen. Geslcwitz starb nn-
verinahlt, und von allen, die ihn kannten, herz-
lich bedauert.
LRIPZIG, «bt Dti«iTKo>r '•«• Hltrik
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ALLGEMEINE
MUSIKALISCHE ZEITUNG.
Den 28 tea August, m 48.
805.
Uebtr dtn gegenwärtigen Zustand der Musik in
1, besondtr» in Neapel.
Zweyter Berieht.
(Vergleiche No. 35, de.
Zeitung.)
Ich setze meine Bemerkungen in derselben
Form Fort, wie ich sie angefangen, und
zwar, indem ich allgemeinere Betrachtungen
mit N'athrichten über Neuigkeiten de« Ta-
ge« wechseln lasse; aber auch, inJem ich
voraussetze, man sehe mirdabey nach, wenn
es mir tum Beobachten und Denken 'nie,
wol aber zum Ordnen und Einkleiden, an
Zeü gebricht.
Wenn man noch vor sehn Jahren —
vielleicht uoeb vor iiinf — »ich« «ur Pflicht
machen musste, die Deutschen vor der Ver-
götterung Italiens , als der Heimath der
Tonkunst, zu verwahren) so möchte man
jetzt auf die entgegengesetzte Partey treten,
um die Wage ins Gleichgewicht zu bringen
— jetzt, wo alle« von verachtenden, ja von
verdammenden Urlheilen über diese Nation
wiederballeL Erfahrt man doch kaum , dass
ein fremder Künstler oder Kunstrichtef über
Italien, und vornehmlich über Neapel ein
Öffentliche« L rtheil gefallt habe, so ist man im
voraus überzeugt, er werde »ich nicht e wa
nur, wenn die Rede von Tonkunst kömmt,
mit Bemerkungen , allenfalls mit Klagen,
über den Verlall der hiesigen Vokalmusik
un d üher den fast gauzlichen Mangel an
7. Jaiirg.
guter Inslrumcntalmuzik begnügen, sondern
auch m herabwürdigenden allgemeinen Ur-
theilen die ganze Nation, als veraunken und
«elig in ihrer Veraunkenheit, auch in Ab-
«icht auf jene Kunst, anfallen; nnd sehr
seilen irret man sich in dieser Voraussetzung;
Noch schneidender, noch giftiger werden,
diese Vrrdarnnrangsurtheile, wenn man den
Sprechern obenoreia abmerkt, de haben
nur im Durchfluge ein« oberflächliche Kennt-
uiss der Sache ned der Nation aufgefangen,
und es sey ihnen noch weniger hergekom-
men, bey ihrer Abgabe der Uebel, die" dz
sind , »uch auf die Quellen zurückzugehen,
aus denen sie entspringen müssen, um ihr«
Urlheile nicht bloss streng , sondern auch
gerecht abzufassen. loh will den Haupt«
satzi der Gesang in Neapel ist im Verfall,
(im Vergleich mit ehedem,) an guter In«
•trumentaknuaik fehlt es fast ganz — nicht
bestreiten f-kh gestehe vielmehr, er ist nur
allzu wahr: aber ich, der ich die Nation,
der ich vornehmlich diese ungeheure Stadt,
ohne Vorurlheil und ohne Flüchtigkeit ken-
nen eu lernen bemühet gewesen hin , mus«
mich ihm widersetzen in wiefern man wei-
ter daraus folgert! nun ist gerade Musik
das, wozu die Nation am vorteilhaftesten
organisirt, wofür sie am meisten gel/Wt
ist: wie tief mnas sie folglich überhaupt
versunken, wie gefügig, wie Aifrieden\in
ihrer VersunkenheH 1 muee «je seyo, wenn
sie selbst hier so sehr h erabkömmt.
Der Jüngüog, der, seit der vorläufigen
I Büdung seine* Geistes durrh die Elemente
j der Wissenschaften uud ersten Geschicklidi-
48
v
3
-
> r
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739
.1805. August.
760
keiten, keinen gründlichen Lehrer, kein gutes
Buch, ,€berhfmp'tj gar kein äusseres iJutls-
biittel zur weitern'Erweckung, Nahrung uud
Leitung «eines Geistes und Sinnes bekömmt,
sondern gleichsam in dos Dunkel hinausge-
stossen witd, wenn er kaum gehen gelernt,
und so seinem Schicksal überlassen bleibt — :
kann er bedeutende Fortschritte aufwärts,
machen? und wenn er deren dennoch macht,
werden ihm nicht wenigstens die ersten,
kindischen Cindrüoke und mangelhaften Be-
griffe bleiben müssen, die er in der frü-
hesten Zeit eingesogen hol? Im geheimem
-Verschluss seines Innern wird ihm «war
noch jenes unbestimmte Ahnen und Sehnen
nach dem ungekannten Etwas , naeh dem
Vollkommenen, bleiben : aber wie sollte cr's
aussprechen, wie auch nur so verrathen
können, dass es dem flüchtigen Beobachter
seiner Aussenseite auffiele und kenntlich
würde? Wie mit' diesem Jüngling, kann es
sich mit einer ganzen Nation verhalten, und
verhält es sich wirklich eben jetzt mit die-
ser. Wollt ihr: nun den Jüngling, wollt
jhr die Nation verdammen? Beklagen
nüisst ihr sie; helfe«, wenn und wo ihr
könnt; durch das, was ja noch treuliches
von ihnen gcschiehel, euefn Glauben an sie,
«n d'° Menschheit, an die Natur, an die
Schickung stä/ken, und dies trefiKche bey
eureu Urlheilen über die Beklagenswerthen
— nicht nur nicht übersehen, sondern her-
vorheben! Hervorheben, sag* ich, da-
inj*, «s desto mehr ge ehret werde, denn es
verdient um so mehr geehrt au seyn, in-
dem ys ganz ihnen selbst gehört; indem sie
es keinem der. Helfenden aller Art verdan-
ken, denen ihr so viel verdankt!
80 ist es hiev mit allem, was das gei-
stige 'Lebeif übefhappf, yras besonders auch
wissenschaftliche oder Kmist-<Kullur tuitaugt;
so ist- es denn auijbv mit der Kultur der
Musik. Es fehlt den Neapolitanern gerade-
zu an allen. Hülfsruilteln, weiter — ja auch
nur , nicht aufvltck au k-osamon, und das , • im
Vcrhältuiss, se^ir wenige, was von Hülfa-
niilleln da und. von mir neulich genau ge-
nug angezeigt ist, lasst man durch den
furchtbaren ' Drang der gegenwartigen Um-
stände auch herabsinken. Was sich also
noch von Kunstgei&t, Kunstwissenschaft,
Kunstfertigkeit vorfindet, gehört den Be-
sitzern im vollesten Maas» eigentümlich.
Wir haben keine fremden Künstler, die
durch Muster, keine einheimischen Be-
schützer und Beförderer, die durch nach-
drückliche und durchdringende Bemühung
den glimmenden Funken anfeuerten. Im
Gegentheil haben jene Fremden den Muth
nnd Eifer der Hiesigen, durch immerwäh-
rendes Kritteln, ewiges Tadeln,' wol gar
auoh Schmähen und Schimpfen, noch mehr
unterdrücken helfen; haben schüchtern, oder
verdrossen, oder auch erbittert und hart-
näckig- gemacht) und die wenigen wahren
Meister, die diese Nation seit ihrer grossen
Epoche erzeugte, haben sich alles Wissen-
schaftliche als ein Monopol zugeeignet, und
sind so, gleich den Mönchen in Deutsch-
lands barbarischem Zeitalter, statt ein,Hülfs-
mittel, ein unbesiegbarer Damm der Auf-
klärung und Bildung geworden. Nun neh-
me man dazu, dass in dem letzten Jahr-
eehend eine gräuel volle Revolution allea
zurückwarf; dass verheerende Kriege nnd
deren gewöhnliches, trauriges Gefolge, diese
im Frieden heiter träumende Nation , die
jener Ruhe, jener heitern Träumerey, so-
gar *u ihrer Existenz, wie vielmehr zu ih-
rer Bildung und Knnstthätigkeit bedarf, ge-
waltsam aufrissen > und dann verdamme
man die Neapolitaner, wenn mau — -
kann l
Von jenem traurigen Gefolge de« Krie-
ge» führe ich nur Eins an, als da«, was über
den» Gegenstand , den ich hier eunäehst zn
.befeuchten habe, am meisten entschied: das
-Vermögen, die Fonds ; der beyden Conser—
■ valörten wurden aum Theii geplündert, zum
ThoiL. eingezogen; die Institute leben nur
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761 1805.
noch kümmerlich vom Schweife ihrer 2tög>
linge, statt dass sobal die Zöglinge von deu
Fond« der Conservatorieu anständig lebten.
Die» war der stärkste, und wirklich alle»
lahmende Sofalag. -Seitdem gehet alles rück-
wärts. ' Wenn die Mutter verschmachtet,
stirbt der Säugling. Entblößt fast von allen
gründlichen Lehrern, entbehrend alle vor-
sügliche Meister in der Kunst, besonders in
der Instrumentalmusik : woher sollen die
Jünglinge Unterriebt, woher Muster neh-
men? Ohne Lehrbücher, ja ohne Schriften
überhaupt, ohne Musikalien, ausser etwa
den alltäglichsten Erzeugnissen des Moments:
was sollen sie Studiren? ja, was nur spie-
len ? Darum noch einmal : mau erwäge
das, und dann verdamme man die Nation,
wenn man — .kann 1 leb halte dafür, je-
ner unbeschränkte, unmotivirl* Tadel 'falle
weit mehr auf die leichtsinnigen, flüchtigen
Zugvögel und Reisebest-hreiber zurück.
Schicksal, Verhaltnisse, Drang der Zeitum-
stande salzen die Nation zurück -*- das ist
wahr; aber 1 -Welcher. Mann von Seelenadel
verachtet, verdammt' den Zurückgesetzten,
weil er dies ist? druckt ihn vollends
darnieder, statt ihm, eben' weil ohnehin fast
alles, ohne seine Schuld, auf ihn Instet, de-
sto humaner, desto ermunternder, entgegen-
cukoinineB, und die Narben, die freyisch
jede tiefe Wunde zurücklagst, schonend zu
übersehen? Wer. so lange, so tief gedrückt
gewesen, ist zwar schwer, «ehr schwer wie-
der zu erheben: aber unmöglich, ja sogar
unwahrscheinlich ist es nicht, daaa er wie-
der in Kraft und Leben auftreten werde,
90- lauge der Genius -nicht die Fackel uuige-
kehrt hat und der innere Mensch erstorben
ist. Das aber tat wahrlich nicht Italiens,
iat vornehmlich nicht Neapels fall. Langsam
XU uns hier, bey den .Eigenheiten dieser Na-
tion und bey den gegenwärtigen Verhält-
nissen, — in welche tieler einzugehen mir
der Zweck dieses Klatls, so wie. mein hiesi-
ger bürgerlicher / Beruf verwehrt — langsam
August. 762
muss hier m Abstobt auf Belebung und Er»
hebung des Volks gegm/gen werden; man
würde sonst mehr Unheil als Gutes wirken:
aber wenn man behauptet, es fehle allge-
mein 4u Fähigkeit' und Receplivität für das
Bessere; es gebreche besonders allen 1 denen,
die hier für das Bessere thätig seyn könn-
ten, ganz an gutem Willen, an gehörigen
Einsichten, ganz an zweckmassiger 'J'hälig-
keit : su muss 'man jenes^ Urlbeil 'verschied,
und dieses mit der Schwachheit entschuldi-
gen, die so viele nie ablegen können — sich
dürch vorgegebne Verhältnisse mit wichtigen.
Personen und geheimere Verbindungen bey
andern Schwachen ein Ansehen zu geben.
Wenden Sie alles, was ich hier inV All*
! gemeinen sage,' nun* auch auf ' Mutik' an,
j denn es leidet 'diese Anwendung vbffköm»-
: men. Daos der Geist für hemere TonkanJt,
i dass rücksichtlose Lust und Liebe zu ihr.
' dass ernsthafter Eifer dafür noch nicht unter
■ den Kunstfreunden erloschen sey, belege ich
l Ihnen zum Ucboiflusa noch mit einigen mei-
ner eigenen Erlabrongen. ' •'
Ich ordne zeit geraumer Zerf 'kleine
Konzerte in meinem Hause an.' Es erfreuen
mich dabey ausgezeichnete Personrn aih?r
Art, ohne Rücksicht auf äussere Verhältnis-
se, durch ihre Gegenwart und durch Auf-
merksamkeit. . lch^ machte Versuch ohne)
sie vorher auffallend anzukündigen , und
Hess Afters' Stucke von riaydn, Mozart.
Beethoven , und ähnliche, Spielern Anfang*
lieh erregten sie blwas SUunen , und hin
und 'wieder wurden auch jene augenblicklich
erzeugten und augenblicklich verschwinden»
den säuern Gesichter, die ich neulich schil-
derte, nicht verborgen. Aber dieae kamen
immer seltner zum Vorschein, dos Statt nen
ging in Vergnügen über, und alle Zuhörer
verlangten Abschriften dieser Musikstücke;
— Vor nicht gar langer Zeit gab man
Haydns sieben Worte des Erlösers am
Kreuz« man 1 gab sie mit : vollem Orchester
und grossem Fieiss: alles gerieth in Enüiu-
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763
1805. August.
764
siasmus. — . Mozarts Requiem wird von
den unterrichteisten Kennern und Fnunden
der Kunst jetst nicht selten gesucht, so wie
auch sein Don Juan» — So könnte ich
noch sehr viele Beweise, nur aus meiner
eigenen Erfahrung, herselsen, wenn ich
nicht glaubte, 49 sey das Angeführte schon
genug, um cu überzeugen, dass der Mangel
an Fortschrilten in der Kunst, dass sogar das
offenbare Zurücksinken, vornehmlich in einsei-
nen Gattungen derselben, nicht an der Nation,
sondern in den Umständen liege; dais sie
darum nicht herabzuwürdigen sey; dass ihr,
vielleicht sogar nur durch einige, gute
Köpfe und ausgezeichnete Meister, allmählig
aufgeholfen werden ■ könne. Bs ist selbst
jetzt, unter so ungünstigen Verhältnissen der
meisten, vornehmen and wohlhabenden Mau-
ser, fiOi viel . Empfänglichkeit für die Fort-
schritte der A nslander in jener Kunst- da,
.dass .s. 8. deutsche Klaviermeister, oder
auch Meister auf andern Instrumenten, (vor«
nehrolich auf ,der Violin und der Flöte,)
wenn sie sich der.iilalienischen Sprache so
weit ermächtigt ,hWt«sj, um sie sprechen su
jtqnoon, und wenn sie nicht bloss gründe
liehe Lehrer, sondern auch gute aua-
übende. Künstler _ .w*reo r , um erst durch ihr
Spiel Interesse za erregen — - ein leichtes
und sehr anständiges Fortkommen finden
könnten« • - .
, Diese Herzensergiessung mag bettle, als
Key trag cur allgemeinern Darstellung des
hiesigen Musikwesens , genug seyn j ich
komme nun auf kurze Erwähnung eini-
ger Neuigkeiten, 1 oder andere specielle
Notizen. , . ,
Den poslen May wurde hier tum ersten
Male die neue, grosse, ernsthafte Oper von
Trenlo, Andromeda, im Theater San
Carlo gegeben. Das Gedicht ist von un-
aerm talentvollen und geschickten Giovanni
Schmidt* Hr. Trento, dem ich übrigens
keinen Eintrag thun will, achten aber bey
der Komposition, des gar nicht, üblen Ge-
dichts ganz vergessen su haben, dass nicht
er allein, sondern auch andere Menschen
seine Musik hören sollten. Sie schien vom
Anfang bis su Ende lieblich— geträumt zu
seyn; und darum erregte sie auch vi>m An-
fang bis su Ende — Schlaf, und weiter
nichts. Dem. Fischer, die Tochter des
bekannten Basssängers in Berlin , und die
Zöglingin Righini's, trat zum erstenmal in
dieser leidigen Andromeda, und zwar als
Prima Donna auf. Sie , und Ihre Leser
durch Sie, sind von der schönen Stimme
und der trefflichen .Schule dieser Sängerin
schon un errichtet; ich will nur hinzusetzen,
dass ihr Aufenthalt in Italien unstreitig noch
gar manches an ihrer - Vervollkommnung
bey getragen haben mag* Man lies», in Nea-
pel ihrer Stimme, wie ihrer Methode, alte
Gerechtigkeit wiederfahren : Dem. Fischer
gefiel} und selbst ihr, zu Heldenrollen, frey-
lich sehr kleines Persönchen nahm sich auf
dass man sie auch sehr gern zu aehen
schien« Wenn - Dem. Fischer auf ihrem
jetzigen Wege fortfahrt, so wird sie Deutsch-
land unter seine ersten Sängerinnen su zah-
len bekommen. Sie wurde in dieser Oper
eigentlich aufgeopfert. Indem aber die Mu-
sik, so wie die übrigen slmmtlichen Perao-
aagen, ausgezischt wurden, und Dem. Fi-
acher, die Ausländerin, die Deutsche, al-
lein, schon den ersten Abend, ausgenom-
men wurde : so gereicht ihr diese Ausnah-
me, bey sonst allgemeiner Verstimmung ei-
nes so heftigen Publikums, uro so mehr
zur Ehre. — Die Direktion von San Carlo
ist in >den> Händen' einiger Cavaiiere, die
gar mancherley verstehen rrtöaen, aber was
zur Führung eines solchen Geschäfts erfor-
dert wird, ganz gewiss nicht.
In den übrigen Theatern wurde eine
neue Oper von Palma : I seguacbi di Dia-
na, gegeben. Sie fiel gänzlich, bis aul ein
hübsches Duett, durch.
Vos) nnssrn hiesigen Virtuosen and
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765
1805. August.
766
Dilettanten kann ich nur Folgende« sa-
gen. Mercier, in Italien geboren, ist ein
braver Violinspieler; vornehmlich spielt er
vieles und sicher vom Blatt weg, aber sein
Vortrag, sein Geschmack, ist veraltet und
hinter dem Zeitalter zurückgeblieben. Wie
sollte es, nach Obigem, auch anders?
Filiberto spielt das Violoncell rein und
trifft gut. Creolani und die Gebrüder
Fignieri sind so brave Waldhornisten,
das» sie jedem Orchester Ehre machen wür*
den. Rupp ist ein angenehmer Klarinet-
tist. Dies sind die vorzüglichsten Meister,
und sie verdienen wirklich Achtung. Von
Dilettanten verdienen den ersten Rang :
Bai im Aliprandi, Duca di Civitella, auf
dem Violoncell, die Heyden jungen Cheva-
liers Micheroux, auf dem Pianoforte,
Mad. Rega auf der Harfe, (eine ganz aus-
gezeichnete Virtuosin) und Gennaro Eutori
«ul der Violin. Im Gesänge sind der wirk-
lich ausgezeichneten Diietianteu zu viele, als
das» ich sie nennen, oder durch Anführung
Einzelner , Andere zurücksetzen konnte.
Die Herren Interlandi und Carulli
(Bruder des beliebten Komponisten) sind
wahre Meister auf der Guilarre.
Ueber den Aufenthalt Clementi's und
Righini's unter uns bedaure ich, nur einige
Worte sagen zu können. Ersterer hat nicht
eine Note in Neapel gespielt, ungeachtet al-
les Zuredens, Bittens und Drängens seiner
itaKenisthen Landsleute, die ihn mit so
grosser Achtung aufnahmen und so gern
gesagt hätten: Auch ich habe Clementi ge-
hört 1 Righini lebt fast verborgen und das
Publikum sieht und hört sehr wenig von
ihm. Er wollte Niemand suchen , und frey-
lich gehet es dann dem Fremden nur gar
zu oft so, dass auch er nicht gesucht
wird. Es ist Schade, dass durch solch ge-
genseitiges Benehmen Neapel Righini nicht
schätzen und lieben lernte. Es wäre dies
gewiss geschehen, hätte man ihn nur erst
kennen gelernt. Ihm schien aber daran we-
nig zu liegen; vielleicht ist seine
keit Schuld. — —
Neapel, den aoslen Juny.
Nachdichte«.
Salzburg, d. aten August. Hr. Brizzi
war einige Tage hier und liess sich iu ei-
nem beym Fürsten Schwarzenberg gehalte-
nen Konzert hören, wo er den ungeteilte-
sten Beyfall einärndete.
Abt Vogler ist noch hier und simplificirt
die Orgel in St. Peter.
Wien, d. 5len August. Seit einiger
Zeit werden uns die musikalischen Neuig-
keiten karg zugemessen. Was könnte ich
Ihnen von unser n Theatern Merkwürdiges
berichten ? Aus Voltaire's Zaire hat man
eine italienische heroische Oper geformt, de«
Musik von Federici sich durch nichts
auszeichnet. Mad. Bertinolti trat darin zum
erslenmale auf; sie gefiel nicht besonders,
doch konnte manche verunglückte Stelle auf
Rechnung einer bemerkbaren Heiserkeit
kommen. Das deutsche Singspiel behalf sich
mit d'AUeyraca Wilden. Die Oper ist be-
kannt; ich bemerke nur, dass die Dem. Ei r
gensaU uud Laucher die beyden Kinder
recht gut spielten, und dass man einige
Musikslücke eingelegt hatte, die von dem
Charakter der übrigen Komposition auffal-
lend abstachen.
Cherubim ist hier angekommen , und
hat selbst seine Oper: Die Tage der Gefahr,
(Wasserträger, les deux journees) dirigirt
Er wurde mit Enthusiasmus aufgenommen,
jede schöne Stel e beklatscht, und am Ende
der Komponist einstimmig und mit Jubel
hervorgerufen. Man bemerkte, dass Cheru-
bini das Allrgro der Ouvertüre in eii
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767 **°5-
langsamem Tempo genommen kalte, wo-
durch dieses schwierige Musikstück an Deut-
lichkeit gewann. Ute Romanze hingegen
und das schöne Terzett des ersten Akts lei-
tete Cherubini in eine schnellere und leb-
haftere Bewegung.
Pleyel liess un» einige seiner neuesten
Violinuuar teilen hören. Sie gefielen allge-
mein. Dieser Tonsetzer hat die ihm eigene
Lieblichkeit und Klarheit in diesen Werken
mit grösserer Tiefe und einer reichern Har-
monicverarbeilung vereint , und so etwas
Vorzügliches und Ausgezeichnetes geliefert.
Ich glaube die musikalische Well mit Recht
auf diese neue Erscheinung aufmerksam ma-
chen zu dürfen.
Aus den Augartenkenzerten habe ich Ih-
nen nichts Neues von Bedeutung zu berich-
ten. Denn eine Sonat« fürs Klavier von
Kreutzer gehört wirklich, wegen des vielen
Bekannten, zu dem Aelteren , ob sie gleich
hier zum erstenmate gegeben wurde. Schup-
panxigh spielte die Violin recht gut dazu.
— Vom taten August. Schikaneder halte
«ich kaum zu seiner Zauberoper: Swetarda
ZauberthaJ , bekannt , als er schon bald
darauf eine neue heroische Oper: Vesta'«
Feuer, mit Musik von Joseph Weigl, folgen
Hess. Es fragt sich immer noch im Allge-
meinen, in wiefern das heroische, oder, wie
es hier der Fall seyn soll, tragische Dra-
ma zur musikalischen Behandlung geeignet
«ey; und ich musa bekennen, das* ich, , selbst
bey schönen Opern Metastasio'a , trotz einer
guten, oft vortrefflichen Musik, eine Au-
wandlung von M»e nicht überwinden konn-
te. Das mag vielleicht daher kommen, daaa
ein heroischer, besonders aber ein ge-
schichtlicher Stoff zu sehr ins Leben
greift, und unsere Geistesthatigkeit für jene
äusseren Berührungen zu sehr in Anspruch
nimmt, als dass nicht die fremdartige Ein-
mischung der Musik, welche bloss unser in.
nerstea Getnülb berücksichtigt, einen stören-
den Eindruck hervorbringen sollte. Wie
viel aulfallender aber wird dieser Konirast,
August. 765
wenn der Text gar to elend zusammenge-
tragen ; wenn Sprache, Stansion und Reim
auf das gröbste misshandelt, und aus den.
abgedro* henaten Thealei streichen ein* elen-
de Posse zusammengesetzt ist, die sich selbst
durch ihre Erl 1*1 uiluhkcit travestirt.
Dass Joseph Weigl zu diesem Werke
eine Musik setzte, daran hat er Unstreitig
sehr übel gethan; aber die Muse hat sich
auch dafür gerächt, und ihm oft ihre höhe-
re Eingebung versagt. Manches Schöne und
Wohlausgeführte hat die Musik «war —
(z. B. ein Terzett mit Trompeten im ersten.
Akte, eioe Teuorarie mit obligatem engli-
schen Hörne, ein. Duett zwischen Tenor
und Bass , einige Chöre u. a.) aber von.
Kraft, Tiefe, Neuheit oder Charakteristik
kann doch selten die Rede seyn. Freylich
' hatte Weigl, um nur etwas für diesen Text
zu thun, die ganze Charakteristik urost baf-
fen, und sich eine eigne musikalische aus-*
bilden müssen , wie es z. B. Mozart im Fi-
garo (hat. Aber wäre ea überhaupt nicht
besser, wenn sich so verdiente KoinpoiHsieo,
die nun einmal mit der Theorie der Aesthe*
tik nichts zu thun haben wollen, oder kön-
nen , bey irgend einem sachverständigen
Manne Raths erholten , ehe. sie Zeit und
Talent so unwürdig verschwendeten?
Der Aufwaud an Dekorationen, Kleidung
gen, Aufzügen u. s. f. war ausserordentlich,
aber er konnte die elende Dichtung doch
nicht halten. Zwar wurde Schikaneder von
seinen Freunden am ersten Abende heraus»,
gerufen, aber die ganze gebildete Welt war
höchst aufgebracht, dass er es wagen konnte,
mit solch einem Machwerk aufzutreten»
Möge unser brave Weigl qns bald mit eines:
komischen oder .leicht -romantischen Oper,
etwa wie seine U n i for m» beschenken ! möge
er aber auch einsehen lernen, das> seiu leicht
beachwingeter Genius dem Tragischen nicht
günstig ist ! und möge er vorzüglich nie
mehr seine Kunst mit der Schikanedersc hen
U 11 künde jeder gerechten Forderung des Ge-
schmack« vereinen 1
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7*9 1805.
R E C B X » 6 IT.
j) Sonata per il Piano/orte ed un Violino obli-
gßlo, seritta in uno Stile molio concertantt,
quasi come d'un coneerto, composta t dtdicata
et suo amico R. Kreuzer — — per Louis van
Beethoven. Op. 47. A Bona , che« Simrock,
(Pr. 6 Franken.)
3) Grand Trio pour le Piano/orte avtc taccomp.
de la Qarinetu ou Violon et Violoncelle cun-
certans, d r apres le Septttto Op. so.,
eo'mpose par Louis van Beethoven, arrangi
par lul'tneme et didie ä Msr. Jean Ad.
Schmidt — — Op.38. A Vienae, au Bu-
reau d'arls et dindustrie. (Pr. 5 Fl. 3o Xr.)
5) Acht Lieder trut Begleitung des Klaviers, ge-
setzt von Louis van Beethoven. Op.52. Wien,
im Kunst- und Industrie -Coniploir. (Pr.
1 Fl. So Xr.)
1. Der Zusatz auf dem Tilel: seritta —
coneerto, scheint wunderlich, anmassend und
prahlerisch; er sagt aber die Wahrheit, dient
statt einer Vorrede, und bestimmt das Pu-
blikum so ziemlich, für welches dies selt-
same Werk seyn kann. Dies seltsame Werk,
sag' ich: denn seltsam ist es in der Thatj
und, genau genommen, haben wir noch
nichts der Art — oder vielmehr, noch
nichts, das die Grämen dieser Art so
weit ausdehnte und daun auch wirklich so
ausfüJlele. Wie? das ist die andere Frage.
Ree. glaubt, nach genauer Bekanntschaft mit
dieser Komposition : man muss seine Künst-
liche nur auf einen gewissen Kreis des Ge-
wöhnlichem eingeschränkt haben oder sehr
gegen Beethoven eingenommen seyn, wenn
man dieses weit und breit ausgeführte Mu-
sikslü. k nicht als einen neuen Beweis an-
erkennet von des Künstlers grossem Genie,
seiner lebendigen, oft glühenden Phantasie,
und seiner ausgebreiteten Kenntuiss der tie-
fern harmonischen Kunst; aber auch, man
muss von einer Art des ästhetischen oder ar-
tistischen Terrorismus befangen oder für Beet-
hoven bi« zur Verblendung gewonnen seyn, f
wenn man in diesem Werke nicht einen neuen, I
August 770
offenbaren Beleg davon findet, dass lieh dieser
Künstler seit einiger Zeit nun einmal kaprixire,
mit den trefflichsten Gaben der Natur und sei-
nes Fleisses nicht bloss aufs willkührlichslc zu
schallen, sondern vor allen Dingen uur immer
ganz anders zu seyn, wie» andre Leute; dass
er mithin sein grosses Vermögen nicht nur ge-
waltsam in das Blaue hinauslreibe — was
zwar Ungeheuer hervorbringen konnte, aber
immer bewundernswürdige, — sondern sich
zugleich ein irdisches Ziel, deutlich oder nicht,
vorhalte, wohey weder seine Werke gewin-
nen können, noch die Welt, noch er selbst.
Unter die Erzeugnisse dic«er Laune des
genialischen Mannes gehört also auch diese
Sonate. Ihr inueres Wesen zn entwickeln
und es wörtlich bestimmt zu charakterisier
ist mir unmöglich, und erit mihi magnua
Apollo, der das befriedigend vermag, und
wirklich leistet. Jch habe, mit der Achtung,
die mau diesem Konipoifisten und in der That
auch diesem seinem Werke schuldig ist, ver-
sucht, den Ideengang nur einigermaassen ge-
nügend in Umrissen anschaulich zu mache»,
habe einen Bogen voll , nnr über das erste Pre-
sto, geschrieben: äbW ich verschone die Laser
der mos. Z. damit <— Es muss zu finden seyn,
woher? und wohin? wenn ein Weg beschrie-
ben werden soll. Es habe demnach mit der all-
gemeinen Anzeige sein Bewenden : wenn zwey
Virtuosen, denen nichts mehr schwer ist,
diedabey so viel Geist und Kenntnisse besitzen,
dass »ie, wenn die Uebung hinzukäme, allen-
falls selbst dergleichen Werke schreiben könn-
tet!, und die eben wegen dieses oben über dem
Ganzen schwebendeu Geistes durch diu wun-
derlichsten Auswüchse im Einzelnen nicht ge-
stört werden — : wenn sich diese zusammen-
finden, sich in das Werk einsludiren, (denn
das müsslen auch sie;) wenn sie nun die
Stunde abwarten , wo mau auch das Gt ote&kc-
ute gen 1 esse u kann und ni.ig, vorausgesetzt,
dass es mit Gei«t gemacht ist , und wenn sie es
nun in dieser Stunde vortragen: so werden sie
einen vollen, reichen Genuas davon haben.
Die Sonate bestehet übrigens, nach zwey Zei-
len Einleitung, aus einem affekt vollen Presto,
dessen Klavinrstinune nileiu zwölf enggestoehc~
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77»
1805. August.
772
ne Seiten fället $ am» einem originellen, schonen
Andante, mit vier höchst wunderlichen Varia-
tionen, und dann wieder aus einem Presto,
dem bizarreslen Satze von allen. — Das Werk
ist sehr schön gestochen.
a. Hat erst eine französische Dedikation,
die durch die — eigene Wendung beraerkens-
werth wird , dass der Komponist darin sagt, er
übergebe seinem Gönner gerade dies Werk,
weil es leicht auszuführen *ey. Die
Komposition selbst ist bekanntlich eine der
schönsten, wenigstens eine der angenehmsten
und freundlichsten dieses Meisters , und aus je-
ner Zeit, wo ei* sich noch nicht jenes besondere
Ziel vorsteckte. Die neuo Einrichtung ist ,
wie sich's von dem Verf. von selbst versieht,
«ehr gut. Die Violinstimrae ist, wie sich*
ebenfalls versteht, eine andere, als die der
Klarinette. Wenn man mit beyden Instrumen-
ten wechselt, kann man das Trio desto öfter
mit Vergnügen gemessen, denn es kommen
durch die kleinen Abänderungen beyder noch
einige angenehme Lichter mehr in dos interes-
aaule Gemälde. Doch nimmt sich, nach des
Ree. Gefühl, die Klarinette — vorausgesetzt,
dass sie sehr gut gespielt wird — am vorzüg-
lichsten aus. Das Gaiiy-e gehet heiwor, wie ein
Original, und fast so gut, als auf den sieben
Instrumenten. Die Ausführung der Klavier-
Andanlt.
4
stimme ist» für Beethovenache Musik, wirklich
sehr leicht. Der Stich ist nicht ganz korrekt;
die Verbesserung der Fehler findet sich aber
leicht und bedarf darum keiner Angabe.
Von diesem ausgezeichneten, selbst in seinen
Verirrungen oft bewundernswürdigen Künstler
wart n nun auch
No. 3 . diese acht Lieder? Ist das möglich?
Es muss doch wol, da es wirklich ist ! Wenig-
stens stehet sein Name gross auf dem Titel ge-
stochen, der Verleger ist angegeben, die Lieder
sind in Wien, dem Wohnorte des Komp. her-
ausgekommen, sie führen sogar die Nummer
•eines neuesten Werks — — Hegreif' es, wer
es kann , dass von solch einem Manne etwas so
durchaus Gemeines, Armes, Mnlles, zumTheil
sogar Lächerliches — nicht nur kommen kann,
sondern sogar ins Publikum gebracht wer-
den mag! Nur das erste dieser Lieder ist, durch
einen Anstrich vom Komischen, und das sie-
bente durch etwas Nationales, das man aber
jedem Murmellhierjungen ablernen kann, leid-
lich. Man kann's nicht glauben? Ganz recht!
aber hier sehe man — nicht das schlechteste,
nur eins der kürzesten, und man muss! Will
man die folgende Komp. aber ganz gemessen,
so lege man, wie sichs gehört, auch die andern
Strophen des bekannten trefflichen Texte« unter
— z. ß. gleich die vierte !
Da« Blümchen Wunderhold, von Bürger.
1. Es blüht ein Blümchen ir-gendwo, in ei nem stillen Th.il, das schmeichelt Aug* und Her* so (roh, wie
4. Ach hautest 4a nur die gekannt.die einst mein Kleinod war I der Tod ent - risi Ii« meiner Ha<id,hart
j£ . .
A-bcnd-son-nen-Strahl ; da* Ift viel krtji-li-cher als Coli, als Perl und Dia - mant drum wir. 1 eg Blu chen
hinterm Truual - tar : Dann wurdest du ei ganz, versteh», was Wunderhold yer - mag , und in das Lacht der
W under-hold mit gu-tem Fug ge - njnnt.
Wahrheit geiin, wir in den lirf-l> n Tag.
Hierher das «ehr wohl^ctcuuaiic Portrait rUgluur,, als Beylage.
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ALLGEMEINE
MUSIKALISCHE ZEITUNG.
Den 4* eB September. N=V 4-Q*
1805.
expbctoüationbx uber dib hbutioe
Musik.
Erste Espectoration.
Ueber die allzugrosit Geschwindigkeit des Alle-
gro, und überhaupt über das eingerissen*
Vo\l Staunen frage ich mich manchmal,
wenn ich in Konzerlen. O^ern etc. ein Ai-
legro so rasch spielen höre, dass die Töne
den Aeusserungen eine« Phantasten gleichen,
und das Uhr nicht im Staude ist, ihnen an
folgen — : wo das denn am Ende hinaus
-will? — Nur die geübtesten und grö**>
len Spieler sind im Stande, einen eniiger-
inaasseu schweren Satz mit der nöüiigen
Präzision und dem erforderlichen Ausdrucke
vorzutragen, wenn er so übermässig rasch
genommen wird; wie sollt' es die weit grös-
sere Ausalü der nur mittelmassigen Spieler
können? Wie ist es anders moglieh, als
dass sie über die Töne fluchtig hineilen,
und sie ohne Saft und Kraft halb hören las-
sen, oder wol gar verwischen? — Der
Zuhörer hascht und merkt aber bey al-
ler Aufmerksamkeit ist er doch nicht im
Stande, etwas genau au verstehen, viel we-
niger es zu behalten ; entweder er lasst's
nun ziemlich gleichgültig vor seinen Ohren
hinschwirren, oder er mühet sieh, ohne
Vergnügen , und obendrein vergebens ab und
ist froh, w enn ihm das Ende des Satzes von
> Jahr*.
dieser geist- und nutzlosen Anspannung be-
freyt. Das Beyspiel einiger grossen Künst-
ler, z. B. ein«« Rode, welcher das Tempo
immer sehr massig nimmt, vermag noch
sehr wenig. Inj Gegentheil nimmt man da
ganz irrig einen Mangel an Fertigkeit an,
und bedenkt nicht, dass weit mehr Fertig-
keit dazu gehört, ein Stuck ganz gut, als
bloss übermassig geschwind zu spielen. Für-
wahr es ist jetzt die höchste Zeit, dieser all-
gemein eingerissenen Sucht Ein Kalt zu thun,
uud so wenig als ich den sogenannten Takt-
messern, im Ganzen genommen — wegen
ihres tödlenden Mechanismus — gewogen
bin, so wünschte ich doch, dass sie, um die-
sem Uebel zu steuern, allgemeiner werden
möchten. Sie würden doch immer in den
Schranken halten. Freylich gehört aber ein
unverwöhntes Gefühl dazu, um an einer
dass ich mich des Ausdrucks bedienen darf
— xuhigen, und nicht tobenden Musik,
Wohlgefallen zu Anden. Von der Zeil hoffe
ich , dass man nicht in die Geschwindigkeit,
«ondern in den Vortrag, in das Licht und
den Schatten, in die mit' der gtössten Man-
niehfaltigkeit 'verbundene 1 Einheit, in die
dem Ganzen anpassenden 'Nüanzen etc. und
in den, über dem Ganzen schwebenden, al-
les leitenden , überall hindurchblickeuden,
energischen Geist , di* wahre B r a v o u r
des Spielers »Hzeh ! werde. 1 Es müssen
mehrere Künstler aufsieHeo, die mit Genie,
Mtilh uud Einsicht dem tollen Haufen kühn
entgegen treten; die sich im Bcwnsslseyn ihres
Werths aus dessen Uliheil nichts machen,
denen die Kdusc — die achte — über die
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775
Modesucht geht. Um Be y fall dürfen sie
nicht besorgt seyn : er kömmt ganz gewiss
von selbst ! —
Noch rauss ich insbesondere das un-
mutige Eilen in den aogenannten Minuelten
der Sinfoiüeeu und im Allcgro der Ouver-
türen rügen; Gleich einem verzweifelten
Walzer eilen die eratcn daher, und die
zweyten acheinen ordentlich dazu bestimmt
zu seyn, durch ihre Geschwindigkeit und
durch ihr Getöse dem aich noch schwatzend
unterhaltenden Publikum die Spitze bieten
su wollen*
Ich zweifle nicht, dass noch eine groaae
Anzahl von Musikfreunden mit mir über-
einstimmen wird. Ich konnte nicht umhin*
dasjenige laut zu sagen, was so manche im
Stillen wünschen.
... • ■
Zwsyte Bspeetorat iea,
. • . • • '■■ *
Musikalisch* Jtührungtn.
•;>«»■-• -•
Es gehört zur Mode, viel Empfindung
für Natur und Kunst vorzugeben., man mag
sie haben, oder nicht — ea schickt aich
nun eben! — — Dieae Empfindung »heucheley
erstreckt sich in der Kunst vorzüglich über
Malerey und Müsik, >i; Jetzt bloss von der
Letzlern. Wie oft hört mau nicht in Opern
und Konzerten die Ausdrücke : Wie schön !
wie bimmlisch! wie rührend! Und im
nächsten Augenblicke zeralrent man aich,
gerade dann, wenn, man aich, der Natur
gemäss, dieser Rührung recht hingeben
müsate, wenn man aie vorher gefühlt hät-
te! Nicht zu gedenken, daaa ein grosser
Theil unserer Konzert - und Theatermusik
mehr d i v e r t i r t , als eigentlich r uhrt : ao
gehört auch noch , um . von ihr wirklich
lim durchdrungen zn werden, ; ein grosser
Grad von Aufmerksamkeit, von herrschen-
der Stille, (im Publikum und im Gemüthe
des Einzelnen) von tadelfreyer Exekution,
von geschickter Anordnung der einzelnen
776
Satze, von einer allgemeinen musikalischen
(achten) Bildung der Zuhörer da*zu —
wenn jenes innige GtTübl wirklich Statt
finden soll. Wie seilen man diese Stücke
vereinigt, oder auch nur grösstenteils, bey
dem gemischten Haufen antrifft, beweist
die tägliche Erfahrung. Und eben um des-
willen moss man jene Exklamatiuncn bloss
als Favons de parier ansehen — wie wenn
Jemand sagt: gehorsamer Diener! Derjeni-
ge Zuhörer, welcher alle jene Erforderniaae
in aich vereinigt, und also wirklicher Rüh-
rungen fähig ist, versrhliesst sein Gefühl
mehr, oder äussert ea weuigsteua in einem
freyern, ungekünateltern, nicht immer nach
der Konvenienx abgemessenen Enthusiasmus.
— Unser Herz rauss erst allinähUg er-
wärmt werden; - selten rciast ea ein Gegen-
alaud plötzlich und gewaltsam bjn. So glau-
be ich , dass man bey dem Spiel der mei-
sten Virtuos*« die Schönheiten ihres Vor-
trags mehr bemerkt, als eigentlich tief
empfindet. Alan hört die Kraft, man hört
das Sausein , das Lispeln der Töne etc.,
man weiss., dasa zu dem alleo Kunal erfor-r
derl wird; deswegen beachtet, schätzt man
ea, aber man empfindet es nicht. Die Sän-
gerin läuft den ganzen Umfang ihrer Scala
mit der grösateu Geläufigkeit durch — sie
trillert und zirpt; man ruft: wie schön!
wie herrlich! aber — man empfindet nichts.
— Ganz anders verhält es sich oft bey ei-
nem tief eingreifenden Chor, wol auch bey
mancher kleinen Arietie. Wir fühlen uns
ergriffen, ohne ea uns erst vorzunehmen j
die Musik spricht, ohne dass unser . Ver-
stand erst fragte: was ist das? oder gar:
wie wird das gemacht? und spricht ver-
lieh m lieh , gleichsam überführend, denn sie
spricht zu unserm Herzen. Nun haben die
meisten Zuhörer die — Wunderlichkeit,
dass sie aich dabey nicht getrauen, ihr Ge-
fühl laut werden zu lassen , . wenn sie es
auch könnten; sie getrauen sich nicht, die
Musik zu lpben, dem Sänger oder Virtuosen
1805. September.
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1805. September.
778
Bey fall tu bezeigen : denn dies würde,
fürchten sie, Mangel an Kunst kenntnis* ver-
ralheo I Ueber die Pedanterey von der ei«
oen, und die Unmündigkeit von der andern
Seite !
Ich gestehe es unverholen, dass ich oft
lieber, statt einer maliziös verzerrten, wenn
auch von Küusteleyen strotzenden Sinfonie
einiger unserer heutigen Komponisten, ein
Schultisches Volkslied hören möchte!
Dritte Ei p e c t o r a I i o n.
UeUr Tanzmusik.
Eiu Hauptsweck der ganten Musik ist
_ hoffentlich gestehet man's au — der»
das Hera zur Fröhliclikeit tu stimmen.
VVo würde dieser mehr erreicht, als bey
dem Tante? Wer hatte in seinem Leben
nicht gern getarnt; oder wer fände nicht
wenigstens heimliches Vergnügen an einer
bunten Reihe muntrer Tanzer? — Die
Tanzmusik verdient daher unsere Aufmerk-
samkeit weit a4e,hr, als es wol bisher ge-
schah — ich rede nicht von der höh*rn,
des Bailets, sondern nur von der gemei-
nem , die den Menschen zum Mittunzeu —
der Füs»e und des Herzens, oder dieses al-
lein — erweckt und willig macht. Wer
da glaubt, dass sie eines grossen Oeoie's
011 würdig sey, der irrt sich gar sehr. Ich
glaube vielmehr, dass sie ein eigenes Ge-
nie erfordere. Lehrt uns nicht die Erfah-
rung, dass selbst mehrere uuserer grossten
Komponisten nicht im Stande waren, einen
leichten Tanz, der ans Herz und — •
was denn doch auch dazu gehört, a* die
Fusse sprach, tu setzen? — Die Tanz-
musik erfordert äusserst feine, leichte, sich
dem Charakter des Tanzes iontg anschmie-
gende Mrlodieen. Sie vertragt weder ge-
lehrten, noch eigentlich gemeinen Stil« Eben
wegen ihrer häufigen Wiederholungen muss
bisweilen etwas Pikantes eingestreut werden.
um den Sinn immer rege zu erhalten. —
Ferner steht man auch nur zu oft in dem
irrigen Wahne , als ob zur Tanzmusik
eine zehr sahireiche Instrumentaibesetzung
Aöthig sey. Ich gebe zu, dass eine ernstere
Polonoise, eine pathetische Menüet, von ei-
nem zahlreichen Orchester gespielt, etwas
Imposantes und Angenehmes hat; aber der
grössere Theil unserer' übrigen Tanze ver-
langt nothwendig nicht mehr, als vier bis
sechs Spieler, wenn nicht die Grösse def
Saals, und die Dauer der Taueseit (wegen
Erholung der Spieler) einige Vermehrung
nothwendig machen. Vorzüglich wünschte
ich immer bey den Tanzen das Waldhorn
und das Tambourin — welches letalere wir
Deutschen 1 noch fast gar nicht tu diesem
Behuf anwenden. Ersteres hat etwas ro-
mantisch - Liebliches ; und Letzteres giebt
dem Ganzen mehr Rhythmus, mehr Leben,
mehr Fröhlichkeit. Damit will ich jedoch
nicht sag«<n, «1« ob diese Instrumente im-
mer tonen sollten; nein, nur in die be-
kanntesten Tünte verflochten, wünschte
ich sie. — ' Die Piccol - Flöte , das J lagro-
let, ist für meine Ohren zu schneidepd, alz
dass ich deu fetzt gewöhnlichen häufigen
Gebrauch derselben billigen sollte. Eben
so sind die Pauken selbst in grössern Sälen
zu betäubend. — Map sollte bey - der Tanz-
musik den Volkstanz von dem, der gebilde-
tem Klassen wol unterscheiden. Die Wal-
zer in der Dorfschenke und* in dem kö-t
niglichen Redoutensaale sollten ganz Ver-
schieden seyn. Und so alle übrigen Tünte.
Ein Publikum, welches fast tagtäglich Mu-
sik hört, und sie aum Theil selbst kultivirt,
vertragt schon stärkere Speise. Es ist im
Takte fester; man gebe ihm mehr die
sogenannten Tanzsin fonieen — wo meh-
rere Tauzmelodieen , gleich einer Kette, ab-
wechselnd und pikant verbunden sind. Das
ewige Einerley von acht bis sechstehn Tak-
ten würde dieses Publikum ermüden. —
Au Volkstänzen fehlt es «her bis jetzt noch
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779
j8o5. September,
780
ganz. Die«« müssen die höchste Einfalt
haben, nur schwache Besetzung und wenig
Fertigkeit der Spieler verlangen. Ungeach-
tet ich dem fertigen und geschmack-
vollen Spieler, "bey der Tanzmusik nicht
immer — bey öfterer Wiederholung
— streng an den vorgeschriebenen Vortrag
binden mächte, sondern ihm, um der nöthi-
gen Abwechselung willen, lieber Abweichun-
gen gesUtten will : so muss sich doch der
Spieler von Volkstänzen genau nach dem
bezeichneten Vortrage richten, weil man
bey ihm weniger Bildung voraussetzt, und'
Veränderungen seih Publikum mehr ver-
wirren, als ergötzen.. Eben deswegen muss
auch . der Vortrag bey Volkstänzen sehr
sorgÜUig vonudem. Komponisten bezeichnet
werden. — ' Möchten doch bald einige Mim*
•er ^ich, finden, weiche durch ihr Genie für
Taaaoluaik «dem Publikum nützlich würden,
V<nd die jede Gattung derselben für sich
bearbeiteten! -,
•* 1 • • Friedrich Gothmann.
~"JV. 'S. 'Diese titpectorationten ^sollen von
Zeit zu Zeit -fortgesetzt werden.
— —
V
... ' • - • • 1
R k c k * * r o ü b ic.
..i .; 1 . ' - !
WaniaMe pour H Pianbfotte , Compos/e pour Ma-
■ dornt la Comtesse Caroline de Chodriemcz
. — — > pdr 'Jean Ntp. Hummel de Vienne
' ^- *— Otuvr. 18. Ohne Angabe des Ver-
legers. (Pr. i Fl.)
■ *' •» • ' ■ ■* 1. *
Vor ungefähr einem Jahre machte ein an*
derer Ree. in diesen Blättern zuerst das grös-
sere Publikum auf Hrn. Hümmels ernsthaftere
Kompositionen aufmerksamer, als es bis da-
hin i War; ich eeslebe , dass auch ich da-
durch erst zur nähern Bekanntschaft mit den
Arbeiten dieses Künstlers gebracht wurde,
und dass ich mit gar nicht geringen Erwar-
tungen au die Prüfung des vorliegenden
giug. Meiue Erwartungen wurden — wenn
nicht über trollen , doch ganz .befriedigt; und
ich halte es für Pflicht, diese FanUisie Ken-
nern- und Vorzüglichen Klavierspielern be-
stens zu empfehlen. Vorzüglichen Kla-
vierspielern — : damit meyne ich solche,
die Geist und Sinn haben auch für das Tie-
fere der Kunst; die ferner wenigstens eini-
ges Studium der Kunstmittel und deren re-
gelmässiger Verwendung mitbringen , und
sich freuen können , wenn sie auch da Nah-
rung für ihren Geist finden; und die end-
lich sich Fertigkeit erworben haben, alles,
was ihnen vorgeschrieben worden und des-
sen Absiebt ihnen einleuchtet, auf ihrem,
Instrumente gut auszuführen — alles,
was nur nicht der Natur des Instruments
und der Häode entgegen ist. Solchen Kla-
vierspielern verspreche ich durch dies neue
Produkt — nicht eiuen berauschenden, aber
einen stärkenden und belebenden Genuss,
dessen mehrmalige Wiederholung auch sehr
wohllhuend und belohnend ^1. Ist es ge-
gründet, .was jener Ree. des Huramelschea
Trio's behauptet — die Menge der Musik-
liebhaber in Wien komme diesem Künstler
keineswegs mit der Aufmunterung und
Bereitwilligkeit entgegen, die er verdiene
und womit sie andere überhäufe, die ea
weit weniger verdienen: so finde ich, dem
die Kaisersladt auch nicht ganz» fremd ist,
den Grund darin, dass Hrn. Hümmels Wer-
ken binreisaeode Genialität und lodern-
des Feuer gebricht; dass manches darin,
nicht bloss Empfänglichkeit, sondern Kennt-
nisse verlangt, um geschätzt zu werden ;
dass ferner dieser achtbare Mann für sich ste-
hen und keinem Götzen des Tags nachjagen
will, und dass er endlich auch die, bey
der Menge wirksame Prozedur verschmä-
het, sich so zu gerireo, als wäre er selbst
solch ein Götze. -Doch zurück zu dieser
Komposition 1 selber!
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1805. September.
782
Sie ist in jedem Betracht, and ungeach-
tet einzelner Seil wachen, eine der «chätzbar-
alen Fanlaiaieen , die aeit den Hachen ge-
schrieben wurden sind. Vielleicht belegt
die« schon der Uinriss von dem darin herr-
schenden Ideengange. Der Komponist fäogt
mit einem pathetischen Grave, als Einlei-
tung — zur Aufregung und Stimmung des
Zuhörers für das Ganze und seinen Haupt-
charakler — sehr passend also an :
Andante.
Ich habe nicht nölhig hinzuzusetzen, dass
diese Einlcitungszeilen schon an sich interes-
sant sind: ich sage nur, dass sie auch recht
zweckmassig andeuten, was in der Folge ge-
geben wird} und dass der Verf. in dieser
Folge öftere Rückblicke auf die Einleitung
nimmt, einzelne Ideeu wiederkommen Jässt
etc. bindet die Theile noch naher und er-
leichtert die Uebersicht und - die Nachfolge
im Gefühl. Ich wünschte, dass er es auch
mit dem Andeute, dessen Anfang hier abge-
schrieben worden, so gemacht hatte: das
hat er aber nicht gethan, und es stehet et-
wa« isolirt da, auch wird darin denn doch
ein wenig arg modulirt. Dann folgt ein
ernstes, aber brillantes Allegro mit einigen,
doch wenigen, freundlichen Zwischensätzen.
Es. hält seinen Charakter fest , sowohl in
Ansehung der darin herrschenden Empfin-
dung, als auch in Ansehung der recht braven
Führung des Stils, der aber hier ganz frey
ist. Auch Letzteres finde ich zu loben, theils
weil es dem natürlichen Gange unsrer Ge-
fühle gemäss ist, theils weil so noch eine
Steigerung möglich bleibt — Affekt und
doch Strenge in der Führung. Nach einer
kurzen Allusion auf jenes Capriccio der
Einleitung, die zugleich (als wirklich nöthi-
ger) Erholungspunkt dienet, nimmt der
Komponist dies Allegro und «eine Haupt-
ideen wieder auf und führt sie noch allckt-
voller, und zuweilen etwa« wild dreingrei-
fend, fort, bis es, nun endlich wie erschöpft,
(was recht sehr treffend dargestellt ist) zu
jenem Eiuieitungscnprircio zurücksinkt. Die-
ses wird nun ganz wiederholt und e«
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•cbHesst «ich' daran ein Larglielto cantahile
mit einer leichten, fliessenden , erheiternden
Melodie und einfachen Harmonie. Beyder
bedarf man an diesem Oite allerdings; desto
weniger aber der gar tut vielen Nuten und
mancher Arten von Künsteleien, womit
diese Melodie in der Folge zu sehr verdun-
kelt wird. Gerade an diesem Platze, nach
jenem laugen, heftigen Allrgro, und vor
dem krallige ti Allegro assai, das dann folgt,
iniusle eine recht einfache, sanfte, singbare,
aber doch edle Führung dieser Grundideen
von der Itesleu Wirkung gewesen seyn.
Auch ist dieses Larglielto bis cum Ermüden
laug, und die Menge der Wendungen und
Figuren, wozu man beyna ersten Anblick
manchmal kaum Finger genug herbeyzu-
achallen weiss , hilft diesem nicht ab ; noch
weniger thut das die überladene Fülle der
Verdoppelungen und dgl., wie c. B. auf der
ganzen iSten Seite. Doch ist auch dabey
wenigstens das zu loben, dass immer Rück-
sicht genommen worden auf guten Effekt
durch das Instrument, und manches,
«n sich gar nicht Ausgezeichnete, bleibt
vermittelst dieses erlaubten Kunstgriffs, we-
nigstens für den Moment, nicht ohne In-
teresse. Ich führe als Beyspiel, den Raum
zu schonen, nicht das beträchtlichste, son-
dern nur daa kürzeste dieser Kunststückeben
an. Man sehe dies Schlusstrillo , zu wel-
chem aber eigentlich noch eine gewaltige
Vorbereitung von mehrern Zeileu gehört:
7«4
Man kann zugleich an diesen Takten
abnehmen, dass Hr. Hummel den Spielrrn
wahrhaftig nichts s< henkt, und weun es mit
dem „composee pour" auf dem Titel ernst-
lich gemeynt ist, so tauss man grosse Ach-
tung für daa Kunstvermögen der Frau Cn~
fin Chodriewicz haben.
Sollte nun auch mancher Zuhörer, der
nicht selbst Spieler ist und durch die Kün-
ste dea Virtuosen angezogen wird, über die-
sem Satze ermüdet seyn; ao wird er doch
gewiss durch das folgende Allegro assai ge-
nug wieder belebt, gesrXikt, erhoben. Es
ist ein trelllicber Satz, und erreicht gerado
hier, mit seinem festen, kräftigen Charakter
und der sich selbst dem strengem Stil ni-
beraden Ausführung, «einen Zweck vollkom-
men. Hier ist der Anfang und fast durch-
gängig herrschende Hauptgedanke t
Allcsro titL
rcit-~- er— i — — ■
m — -gfasgi
[ii^ i, , , i
*
Ii' 1 A
ß Jr
fr-;-*
4
•
■
Die Zwischensätze, z. B. S. i«V r sind,
dem Gefühl nach, gut gewühlt, weniger
gut, der Regel nach, denn sie stehen in
keinem aussein Verhaltuiss zum Haupt-
sätze, was doch um so mehr der Fall seyn
sollte, da das Ganze nicht nur von ernstem
Charakter, sondern auch von ernster Schieib-
art ist. Eine gesunde Kritik hat, meine«
Erat Mens, bey aolcher Gelegenheit nicht«
zu sagen, als: beyde Anforderungen an
1S05. September.
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785
1805. September.
?S6
befriedigen, ist besser; fällt das dem Künst-
ler unmöglich, dann iula so besser, als um-
gekehrt. Das ' ziemlich Jaoge Intermezzo
S.'ao. (Esdur, bis aar Rückkehr in G muH)
ist an sich nicht übel, aber auch nicht aus-
gezeichnet; am wenigsten scheint es mir
hier an seiner Stelle zu seyn, da es, «wi-
schen swey «ehr effektvollen , ausgeführten
Stücken, schon wieder zuweilen heftig ein-
schneidet. Ich fiude, aus psychologischen,
«sthcliscbcn uud ailistitcheo Gründen, hier
wäre der Ort gewesen, einen strengen,
koiilrapunkliscken Satz, wie ihn Hr. Hum-
mel gewiss, ohne Steifheit und Pedanterey,
würde achreiben können, in derselben Ton-
art, E»dur„ folgen au lassen, der die Span-
nung erhallen hatte, ohne von neuem zu
reiaen, durch den im Gegen llieil eine ge-
wisse edle Ruhe in der Erhebung bewirkt
Worden wäre, wodurch man eben auch fä-
higer gemacht würde , das energische Presto
sum Schills« besser su gsnicssen. Dieses
Presto ist nun wieder ein treuliches Stück,
in einem ernsten, doch sich allmäklig auf-
heiternden Ansehen, und einer reichen, fast
üppigen Fülle der Ausfuhrung. —
Dass Hu. Hummel rein su schreiben
verstehe, und überhaupt nicht ohne Sorg-
samkeit auch über da* Technische seiner Ar-
beiten wache, ist bekannt. Kleinigkeiten
übergeh' ich.
Wahrscheinlich ist, was- ich hier gesagt
habe, genug, um dem Komponisten meine
Aufmerksamkeit und Achtung, dem Publi-
kum aber meine Unparlhcylichkeit und auch
«las zuzusichern, dass ihm hier wirklich ein
Produkt von beträchtlichem Gehalt vorgelegt
werde. Ich erlaube mir nur noch den
Wunsch, dass Hr. Hummel un verrückt sei-
nen Weg fortgehen "möge, ohne (sich um
gute oder böse Kachharn zur Rechten oder
zur Linken su bekümmern, aber auch, ohne
der- Laune des Publikums in diesem und
jenem Momente irgend" etwas von seiner
Individualität aufzuopfern. Zu leUterm
Wunsche führt mich der Vergleich diese*
seines Werks mit einigen frühern, welche
weit weniger, als dies, von dem — Her-
ben und Sauern haben, das jetzt, vornehm-
lich durch Cherubim, sum Hochgeschniack
— so viel ich weiss, besonders auch in
Wien — erhoben worden. Es kann mir
nicht einfallen , den Ruhm des- treulichen
Cherubini schmälern zu wollen : ich bin ja
der Erste gewesen, der die deutschen Büh-
nen mit seinen dramatischen Arbeiten näher
bekannt machte, und bin noch jetzt über-
zeugt, kömmt Cherubini in eine Lage, wo
er .seinen tiefen Geist freyer entfalten, un-
beschränkt nach dem Ziele streben kann,
das sein Genius sich selbst vorhält, und wo
ihm alle Mitte), sein Inueres ganz auszu-
sprechen, zur freyen ^Disposition über-
lassen werden — Mittel, wie sie namentlich
Wien in so vorzüglichem Maasse besitzt :
dann werden wir noch herrlichere Werke
von ihm erhallen,, als er schon jetzt gelie-
fert bat. Aber eben jene künstlichen Mi-
schungen, jene raifinirten Schärfen, die den
überwürzten Gerichten gleichen, deren hut
geschwächte Magen bedürfen ; eben jene sind
Cherubini's Schwäche — wenigstens in
wiefern er sie auch da anbringt, wo natür-
lichere Mittel vollkommen ausreichen, siche-
rer zum Zweck führten , nnd wo nicht im
letzten Moment gleichsam die Furie euch
heraufgernfen werden solL Die Schwäche
eines grossen Mannes ist aber nur dann mit
gewisser Achtung zu schonen , wenn sie
nun einmal so in seine Individualität aufge-
nommen worden, dass auch vieles von ser-
nem Trefflichsten verloren gehen wurde,
wenn er sie ablegte — wie dies wo! bey
Cherubini der Fall seyn möchte i aber sie
vorsätzlich annehmen, sie nachahmen, sie
sich selbst wo! gar aufzwingen-, ist eine
grosse Sünde— sogsr wider das erste Gebot
des Drkalogus. Und eben jetzt machen sich
in Deutschland viele talentvolle junge Män-
ner dieser Sünde theilbaftig , und andere,
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1805. September,
"SS
sogar auch nicht mehr junge t fahren nun
gar obenaus, verprassen den Reich ih 11 m ih-
rer Kräfte und gehen vielleicht darüber zu
Grunde — ganz wie das der Fall mehrerer
Dichter in der sogenannten Sturm - und
Drangperiode in Deutschland war : eben
darum vergebe mir Hr. Hummel diese Apo-
strophe, su welcher £1* fast nur die Ver-
anlassung, weit weniger den Grund giebt. —
Das Werk ist auf gutes Papier sehr schön
gestochen. Stich fehler , die nicht Leute,
welche diese Komposition gebrauchen) so-
gleich selbst ku verbessern wüssten, sind
mir nicht vorgekommen.
Slx Romane«? acte aeeompagntment de Piano»
Jorte {compostes et) deditet a ton ExceU.
Mod. la Comteste Marie de Raxoumoffeky,
par F. Franzi, Oeuvr. to, JJv. g. de Ro-
mane, franc. A Ofifenbach , eher Jean
Andre. (Pr. 1 Fl. 5o Xr.)
Die auf unsere deutschen Bühnen aeit
einigen Jahren so hautig zurückgelüh teu
französischen Operetten, von denen nicht
wenige ihr Be tes in einer Romanze oder in
den sogenannten Couplets aufstellen, schei-
nen die Liebhoberey an dieser Gattung an-
genehmer Gedichte und einfacher, gefühl-
voller Musik unter uns geweckt au haben,
und man muss es diesen Operetten' Dank
wissen, da beydes meistens — von mehr
oder weniger , aber doch einigem wahren
Gehalt ist. Den Ischen Dichtern hingegen,
so wie deutschen Komponisten, wird es im-
mer schwer fallen, dergleichen Produkte —
mehr der Galanterie» als der Liebe, mehr
der Feinheit, als der Innigkeit, mehr des
glücklichen Augenblicks., als des siunigen
Fleisses, so gut und zugleich so charakteri-
stisch, und auch so national, zn liefern,
wie einige der besten neuern Franzosen sie
geliefert haben. Desto angenehmer wird
man hier durch Hin. Franzis sehr artige*
Werkeben überratchl, das wirklich alle Em-
pfehlung verdient. Mancher französische
Knnslkenner, Komponist, oder Sanger dürf-
te zwar und auch hin und wieder nicht mit
Unrecht, noch mehr Simpliciutt und mehr
Nationales in der Musik, auch an einigen
Stellen eine kleine Aenderung derselben in
Absicht auf eiuzelne Worte des Texte*
wünschen : dafür würde er aber auch der
hier gelieferten Musik mehr Mannigfaltig-
keit, mehr Reife, und mehr fliessenden Ge-
sang, als die meisten französischen Origina-
le besitzen, zugestehen müssen. No. 1. ist
ungemein lieblich und zart, und nur der
au oft gebrauchte verminderte Septimen-
Akkord wegzuwünschen; No. 5. ist vortreff-
lich, in seiner wahrhalt süssen Einfalt
No. 9, 5 and 6, sind sehr artig und auge-
nehm, nahem sich aber mehr der italieni-
schen Kanzonette. No. 4. ist nicht übel,
aber etwas verbraucht. Halte die Verlags-
handlung neben den franzöeisrhen Original-
texten eine gute deutsche Untei legung
beygefugt, da man zwar Kenntnisa der fran-
zösischen Sprache jetzt überall voraussetzen
kann, aber nicht Geschicklichkeit , g u t Fran-
zösisch zu singen : so wäre tür Deutsche,
die nicht so sehr an jenen angeführten For-
derungen des Franzosen hängen , kaum et-
was bey diesem niedlichen Werkeheu zn
Wünschen übrig geblieben.
Die musikalisdu Bey läge No. VII.,
enthalt ein Lied einei dem Publikum achon rorüisit-
haft bekannten Koraponiaten , da» durch frefjUlige, an-
•pruchtloae «od . ilieaeende Mvaik Freunde bilden, aai
die Achtung nicht vermindern wird, die scia Verfa*-
•er schon genietet.
d. Redakt.
(Hierbe? die Beylage No. VII. and da« [ntelligenzblatt No. XIII.)
Laim«, in uiiUQri en» aiarih
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' INTELLIGENZ - BLATT
• r» i t i • • « -
«i/r All gemei nen Musikalischen Zeitung,
September.
iVs. XUL
1805.
Ktue Musikalien von verschiedenen Verlegern,
weicht bey Breiliopfund Härtel zu haben sind.
36.
Pichl, W. , gr. Sinfonie 1 gr. Oreheatre. Op.
Li». 5. a Thlr.
Ejbler, J., Ouvertüre* gr. Oreheatre. Op. 8. 1 Tbl.
8 Gr.
Gluck, Ouvertüre a gr. Orcb. de r-Opeira: Iphigenie
en Tauride. 1 Tlilr. 8 Gr.
Weyae, Sinfonie e gr. Oreheatre. Op. r. a Thlr.
»6 Gr. t
Anon, J., Sinfonie i gr. Orchettre. Op. 3o. x Thlr.
ao Gr.
Romberg, Bernard, Ouvertüre a gr. Orch. Op. ix.
a Thlr.
Andyi, A. , gr. Sinfonie a jgr. Oreheatre. Op. a5.
' '3 Thlr. - •
Leaueur, Ouvert. d' Oeslau 1 gr. Orchestre. 1 Thlr.
ja Gr.
Paer, F., Ouv. de Camilla 1 gr. Oreheatre. 1 Thlr.
xa Gr.
Spo-ntinx, G., Ouvertüre 1 gr. Orch. de Milton.
a Thlr.
Pichl, W., gr. Sinfonie i gr. Orch. Op. a6. L. 6.
1 Thlr. ja Cr.
Nicolo., Our. de l'intrjgae ans feoetree u gr. Oreh.
a.Thlr..
Cjrroweti, A., Ouv. de POp. Seiko, i plein Orch.
Of>. 44. 1 Thlr. 8 Gr.
JlL^lJaj, Sinfonie concertante p. a Violons prineip.
; avec aecomp. do a VII». A. et ßasse, a Haulbois et
,? Cor,,, ,.i,TWr t at Gr, ."..„... .
Kreutier, R., i5me ßo«c. p. .Yiol. •caoanp^d'Orch. .
a Thlr.
Fr Ins 1, F., 3 Air» raese* variee pour le Violon
aecomp. -d'nn aecond Viol., Alto et Baase. Op. ix.
1 Tlilr. ao Gr.
Schneider, G. A., Conc. p. Viol. et Alto princ.
Op. X9. a Thlr. 8 Gr.
— — Conccrto pöui Viola principal. Op. ao.
a Thlr.
Betthoren, L. *., Romanee p. le Viol. princ. ar.
acr. de l>Orch. Op. 5o. x Thlr.
Romberg, Andr. , ime Conc. p. le Viol. av. acc.
do l'Orch. Op. 8. a Thlr.
Viotti, J. D. , Conccrto de Violon D. arec acc. de
rOrcb. J Thlr. 6 Gr.
Kremier, R., Conc.de Violon. L. D. 1 Thlr.
6 Gr.
Dnf-reane, F. 4me Conc. de Viol. Op. 18. a Thlr.
6 Gr.
Haeutler, gr. Seituor eoncertant pour deut
Violona , 3 Cora, Alto, et Violoncello. Op. ax.
1 Thlr. 8 Gr.
CWird
Ankündigung
ganz neuer , populär gesetzter geistlicher
CanUtinen, aur Beförderung der Kirchen-
musik, voruehrnlich in kleinern Orten.
< ■ t '
Von sowohl hiesigen als auirwärtigen Verehrern
der geistlichen Muaik aufgemuntert , hat Muaikdirektor
Kncreht nach einer-neoen Idee mehrere kunre , leich-
. te* gefällig» und -d«oh der Würde der öffentlichen
Gottesverehrung angemessene , vornehmlich für kleine
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Orchester geeignete »geistliche Singatucke tob
vier,, manchmal auch von drey Sing stimmen,
»wey Violinen, einer Briticho, ferner von
zwey, nnr aalten obligaten Flöten oder Klar!»
■ ettea and Horn, deren bolastellcn In den Violin»
stimmen mit kleinen Noten angemerkt »lud, (auf
hohe Feste mit Trompeten und Pauken) eemt
Violoneell und beziffertem Orgelbatte* 1
über die betten, vorzüglich au» dem hiesigen, allent-
halben rühmlich bekannten nruen Geaangbuche sweck-
mäatig gewählten poetischen Texte geaetst , deren
allgemein interessanter Inhalt, anaaer denen, die aus-
schliesslich nur für hohe Fetttage und tur foyerlichen
Begehung dea heiligen Abendmahla bestimmt aind,
eich auf alle andern Zeiten anwenden Ii tat, und wel-
che, weil aie aum Tbeil auch in andern neuen Ge-
sangbüchern an linden aind, von der Gemeine zu ih-
tcr Verständigung und Erbauung nachgelesen werden
können.
Ntch dieaer Ansicht and Einrichtung tat also in
Zukunft kein vollständiger Jahrgang von Kirchen-
stücken mehr nölhig, und mto kann demnach mit
wer Hälfte solcher Stücket wenn aie nach Verflus»
einiger Zeit wiederholt werden , durchs gaiue Jahr
hänauarciehen. Um nun aber die Gemeine noch zu
■ehierer Aufmerksamkeit auf die, von ihr eouet so
wenig geachtete Kirchenmusik und tu wärmerer Theil-
nahmo an derselben ru reisen, kommt in diesen
geistlichen Cantatinen nicht nur öftere gleich im An-
fange ein« achöne Choralmelodie mit einem angeneh-
men und etwas geeierten Gegsngetange begleitet vor,
Idee manchmal noch weiter fortgeführt wird,
ea ist auch darin jedesmal meistens am
Schlisse eine rührende, aber gana einfache Cho-
ralmelodie, welche doch immer vor altem andern auf
den unmueiksiischen Theil dea Volke den gewissesten
Eindruck macht , mit voller Instrumentalbegleitung an-
gebracht, damit die Gemeine dieselbe entweder in
Gedanken, oder, wo ea (wie hier in Biborach) an-
gabt, aogar laut miuingen könne.
Wir wollten nnn gerne diese Csntatioen den In»
terestenten durch einen deutlichen, schönen und kor-
jckUn Notendruck ao wohlfeil , alt es eine aolche
gewagte nnd wen ig lukrative Unternehmung tulasst,
allmählich in die Hände liefern, wenn airh eine An-
aahl wenigstem von 300 Subscribenten hieran vor-
sollte, ohne welch« die Herausgabe derselben
ifisste. Vorerat aber tragen wir nur
auf die Bestellung eUei
che aur Probe dienen eo|l , waa tob dem Ganren n
erwarten ist. — Der Subscriptioaspreis auf dieaea
Probeatück, welchea, ao wie jede andere Canta-
tine, nicht in Partitur, aondera, aar Ersparung der
Schreibkosten gleich in ausgesetzten Stimmen
herauskommen , und auf gntee Papier in Langfolio
gedruckt, 7 bis 8 Bogen enthalten wird, ist 1 Fl,
13 Xr. rheinisch oder 16 gGr. sächsisch , welcher
auch bey allen andern Cantatinen festgesetzt bleibt,
der Ladenpreia aber wird nachher um ein beträchtli-
ches erhöht, — Jährlich wurden sodann 4 — 5,
höchstens 6 solcher Cantatinen erscheinen. Eine ge-
ringe jährliche Geldsuagsbe , worüber sich die ver-
ehrlichen Kirchen Vorsteher nicht wohl beschweren
dürften, und welche, im Fall ein Kirchenfond hier»
unvermögend wä're, durch kleine milde Beyträge edel-
gesinnter Musikfreunde leicht ausammengebracht wer-
Je eher aich eine, die Verlagikoaftn nur eini-
deckende Anzahl von Subscribenten vorerst
auf ein Probestück entweder bey uns oder bey den
ihnen nächstgelegenen Musik - nnd Buchbsndlungr-n,
denen wir für ihre Bemühungen den gewöhnlichen
Rabatt erlassen , in postHreyen Briefen meldet,
desto früher weiden wir mit dea Druck
anfangen.
Biberach,
Gebrüder Knecht.
Btkanntmaehung.
Im Namen der Frau Kapellmeister Naumann wird
dem musikalischen Publikum hiermit bekannt gemacht,
daaa aie aich entschlossen hat, eine vollständige Ausgabe
der Werke ibrea verstorbenen Mannes, dea Herrn
Kapellmeister Naumann, au veranstalten, worüber
nächstens eine nähere Anaeige geschehen wird. Diese
nur vorläufig für unbefugte Verleger, die, ohne von
ihr, der cinaigen rechtmässigen Besitzerin, deau be-
rechtiget worden au seyn, verschiedene Sachen
aelbea etwa herauszugeben gesonnen aeja sollten.
L«i>a<«, aatr Btiii»«»! in HÄara/»
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ALLGEMEINE
MUSIKALISCHE ZEITUNG.
Den i i» eD September. N=. ÖO.
1805.
Wahrhtit und Wahrschtinlicldelt.
£1 in ige ganz neue, und in der Tbat bedeu-
tende Erscheinungen in der musikalischen
Welt, so wie die Art und Weise, womit
»ie eines Theils von achlungswerlhen Spre-
chern im Publikum, andern Theils von die«
aera selbst aufgenommen worden — erinnert
mich an ein Gespräch Göthe'a, das zwar
zunächst in Heziehuug auf bildende Kunst ge-
■fulnt, und worin, was von der Oper gesagt,
zwar mehr episodisch uud ßcyspielsweise be-
handelt worden, wovon aber dieser Theil für
sich bestehen, und, wird er genug beher-
ziget, einer neuen Verwirrung der Kunst-
freunde durch wohl begründet scheinende
nnd doch einander widersprechende Ur-
theile, die eben jetzt nicht unbeträchtlichen
Eingang finden, begegnen kaun. Ich glau-
be daher mir erlauben zu dürfen, dies Ge-
spräch, so weit es hierher gehört, anzu-
führen, und ersuche die Redaktion dieser
Zeitung um dessen Linrückung. (Vtrgl.
Propyl. I. S. 55.),
E«
i 1. Wenn Sie in der Oper sind, empfin-
den Sie nicht ein lebhaftes, vollständiges
"Vergnügen?
2. Wenn alles wohl zusammenstimmt,
eines der vollkommensten , deren ich mir
bewUsst bin.
1. Wenn aber die guten Leute da dro-
ben singen d sich begegnen und bekompli-
7. Jahrg.
mentiren, Billets absingen, die sie erhallen,
ihre Liebe, ihren Hass, alle ihre Leiden-
schaften singend darlegen, sich singend
herumschlagen und singend verscheiden —
können Sie sagen, dass die ganze Vorstel-
lung, oder auch nur ein Theil derselben,
wahr scheine? ja, ich darf sagen, auch nur
einigen Schein des Wahren habe?
2. Fürwahr, wenn ich es überlege, so
getraue ich mich das nicht zu sagen. Es
kommt mir von alle dem freylich nichts
wahr vor.
1. Und doch sind Sie dabey völlig ver-
gnügt und zufrieden.
2. Ohne Widerrede. Ich erinnere mich
zwar "noch wohl , wie man sonst die Oper,
eben wegen ihrer groben Unwahrscheinlich-
keit lächerlich machen wollte, und wie ich
von jeher demungeachlel das grösste Ver-
gnügen dabey empfand, und immer mehr
empfinde, je reicher und vollkommener sie
geworden ist.
1. Und fühlen Sie sich nicht auch in der
Oper vollkommen getäuscht?
2. Getäuscht — ? Das Wort möchte ich
nicht brauchen! Und doch ja — and doch
nein —
t. Hier sind Sie ja in einem völligen
Widerspruch* —
2. Nur ruhig; wir wollen schon ins Kla-
re kommen.
1. * Sobald wir im Klaren sind, werden
wir einig seyn. Wollen Sie mir erlauben,
auf dem Punkt, wo wir stehen, einige Fra-
gen zu thun?
2. Es ist Ihre Pflicht, da Sie mich in
5o
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79»
18051 September.
79*
diese Verwirrung hineingefragt haben, mich
auch wieder herauszutragen.
1. Sie möchten also die Empfindung, in
welche Sie durch eine Oper versetzt wer-
den, nicht gern Täuschung nennen?
2. Nicht gern ; und doch ist es eine Art
derselben, etwas,- das ganz nahe mit ihr
verwandt idt.
1. Nicht wahr, Sie vergessen beyoah
•ich selbst?
2. Nicht beynahe, sondern völlig, wenn
da« Ganze oder der Thcil gut ist.
1. Sie sind entzückt?
2. Es ist mir mehr als einmal ge-
ichehen.
1. Können Sie wol sagen, anter weichen
Umständen ?
a. Es sind so viele Falle, dass es mir
schwer seyn wurde, sie aufzuzählen.
1. Und Uorh haben Sie es schon gesagt)
gewiss am meisten, wenn alles zusammen-
stimmte.
3. Ohne Widerrede,
1. Stimmte eine solche vollkommene Auf*
iuhrung mit sich selbst, oder mit einem an»
dern Naturprodukt zusammen?
2. Wol ohne Frage, mit sich selbst!
1. Und die Uebereinslimmung war doch
wol ein Werk der Kunst?
a. Gewiss.
1. Wir sprachen vorher der Oper eine
Art Wahrheit ah; wir behaupteten, dass
sio keineswegs das, was sie nachahmt, wahr-
stheiulich darstelle: können wir ihr aber
eine innere Wahrheit, die aus der Konse-
quenz eines Kunstwerks entspringt, . ab-
leugnen?
2. Wenn die Oper gut ist, macht sie
freylich eine kleine Welt für sich aus, in
der alles nach gewissen Gesetzen vorgeht;
die nach ihren eignen Gesetzen beurjtheilt,
nach ihren eignen Eigenschaften .gefühlt
seyn will.
1. Sullle nun nicht daraus folgen, dass
das Kunstwabre uud das Naturwahre völlig
verschieden sey; und dass der Künstler kei-
neswegs streben solle, noch dürfe, das«
sein Werk eigentlich als ein Naturwerk er-
scheine ?
-j. Aber es scheint uns doch so oft als
ein Naturwerk — »
x. Ich darf es nicht leugnen. Darf ich
dagegen aber auch aufrichtig sryn?
a. Warum das nicht ? Es ist ja doch
unter uns diesmal nicht auf Komplimente
abgesehen.
1. So getraue ich mir zu sagen : nur
dem ganz ungebildeten Zutchauer kann ein
Kunstwerk als ein Nalurwerk erscheinen;
und ein solcher ist dem Künstler auch lieb
und werth, ob er gleich nur auf der un-.
terslen Stufe steht. Leider aber nur so
lange, als der Künster sich «eu ihm herab-:
lasst, wird jener zufrieden »eyn ; niemals
wird er sich mit dem echten Künstler er-
heben, wenn dieser den Flug, zu dem ihn
das Genie treibt, beginnen, sein Werk im,
ganzen Umfang vollenden muss.
2. Es ist sonderbar, doch lasst sich«,
hören.
1. Sie würden es nicht gern hören, wenn
Sie nicht schon selbst eine höhere Stufe er-
stiegen hatten.
a. Lassen Sie mich nun selbst einen
Versuch machen, das Abgehandelte zu ord-
uen und weiter zu gehen; lassen Sie mich
die Stelle des Fragenden eiuuchinco!
1. Desto lieber.
a. Nur dem Ungebildeten , sagen Su,
könne ein Kunstwerk als ein Naturwerk er-
scheinen.
1. Gewi«*. Erinnern Sie sich der Vö-
gel, die nach des grossen Meisters Kirschen
flogen?
a. Nun, beweist das .nicht), dass die««
Früchte vortrefflich gemalt waren?
1. Keineswegs ; vielmehr beweist ea
mir, dass diese Liebhaber echte Sperlinge
waren.
2. Ich kann mich doch deswegen nicht
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793
1805. September.
erwehren , ein solches Gemälde für vortreff-
lich zu halten.
1. Soll ich Ihnen eine neuere Geschichte
eYzählen?
3. Ich höre Geschichte meistens lieber,
als llaisonneinent.
1. Ein grosser Naturforscher besass un-
ter seinen Hauslhiereu einen Affen, den er
einst vermisste, und nach langem Suchen
in der Bibliothek fand. Dort sass das Thier
nn der Erde, und hatte die Kupfer eines
ungebundneu, naturgeschichüicheu Werks
um sich her zerstreut. Erstaunt über die-
ses eifrige Studium des Hausfreundes, na-
het« sieh der Herr, und sah zu seiner Ver-
wunderung und zu seinem Verdruss, dass
der genaschige Affo die sXmratücheii Käfer,
die er hie und da abgebildet gefunden,
herausgespe iset habe.
2. Die Geschichte ist lustig genug.
1. Und passend, hoffe ich. Sie werden
doch nicht diese illuminirten Kupfer dem
Gemaide eines so grossen Künstlers an die
Seite setzen?
2. Nicht leicht.
1. Aber den AfEen doch unter die un-
gebildeten Liebhaber rechnen?
3. Wohl, und unter die gierigen dazu!
Sie erregen in mir einen sonderbaren Ge-
danken. * Sollte der ungebildete Liebhaber
nicht eben deswegen verlangen , das» ein
Kunstwerk natürlich sey, um es nur auch
auf eine natürliche, oft rohe und gemeine
Weise gemessen zu können?
1. Ich bin völlig dieser Meynung.
2. Und Sio behaupteten daher, 'dass ein
Künstler sich erniedrige, der auf diese Wir-
kung losarbeite ?
1. Es ist ineine feste Uebcrzeugung.
2. Ich fühle aber hier noch immer einen
Widerspruch. Sie erzeigten mir vorhin
und auch sonst schon die Ehr«, mich we-
nigstens unter die halbgebildeten Liebhaber
zu zahlen —
794
1 Unter die Liebhaber , die auf dem
Wege sind, Kenner zu werden.
2. Nun so sagen Sie mir: warum er-
scheint auch mir ein vollkommnes Kunst-
werk als ein Nalurwerk?
i. Weil es mit Ihrer bessern Natur
übereinstimmt; weil es übernatürlich, aber
nicht ausseroatürlich ist. Ein vollkomme-
nes Kunstwerk ist ein Werk des menschli-
chen Geistes , und in diesem Sinne auch
ein Werk der Natur. Aber indem die zer-
streuten Gegenstände in Eius gefasst, und
selbst die gemeinsten in ihrer Bedeutung
und Würde aufgenommen werden, so ist
es über die Natur. Es will durch einen
Geist, der harmonisch entsprungen und ge-
bildet ist, aufgefasst seyn, und dieser findet
das Vortreffliche, das in sich Vollendete,
. auch seiner Natur gemäss. Davon hat der
gemeiue Liebhaber keinen Begriff; er be-
handelt ein Kunstwerk wie einen Gegen**
stand, den er auf dem Markte antrifft)
aber der wahre Liebhaber sieht nicht nur
die Wahrheit des Nachgeahmten , sondern
auch die Vorzüge des Ausgewählten, das
Geistreiche der Zusammenstellung, das Ue-
berirdisehe der kleinen Kunstwelt; er fühlt,
dass er sich cum Künstler erheben müsse,
um das Werk zu gemessen; er fühlt, dass
er sich aus seinem zerstreuten Leben
snmmlen, mit dem Kunstwerke wohnen, es
wiederholt sich vorhalten , und sich'
selbst dadurch eine höhere Existenz geben
3. Gut, raein Freund; ich habe bey Ge-
mälden, im Theater, bey andern Dichtungs-
arten, wol ahnliche Empfindungen gehabt,
nnd das ungefähr geahnet, was Sie fordern.
Ich will künftig noch besser auf mich und
auf die Kunstwerke Acht gebeu — «-—
1. Glücklicher Weise wird die Oper
heute wiederholt ; Sie werden sie doch nicht
versäumen wollen?
2. Keineswegs.
j. Und die UnWahrscheinlichkeiten — ?
1
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1805. Sfepteraber.
796
1. Werden mich nicht verscheuchen,
weil ich mich für etwas besser, als einen
Sperling, Iballc.
Auszug aut dem Briefe eiues Reuttndtn *).
Neulich ward mir auf meiner Reise von
L. nach U. ein Genusa zu Theil, den ich
auf protestantischem Boden nicht erwartete.
Sie erralhen schon, dass ich eine teligiösc
Musik meyne. Ich hörte am Charfreytags-
fesle in llildburghausen , der Ri-sidcnz des
Hersogs, den Tod Jesu von Graun auf-
fuhren. Es war mir beynahe Bedürfitias,
diesen Tag, wo ich anderswo Handels, 11 aa-
se's oder Pergo lese's heilige Töne vernom-
men hatte, auch auf der Reise nicht als
profaner Totikünstler zu verleben} deswegen
freute ich mich innigst auf die ersten Ak-
korde, des Chorals : Du, dessen Augen Aus-
sen etc. und vergase in diesem Augenblicke
alle die Mängel, die ich dem Ganzen vor-
zuwerfen hatte. Auch in meinem Briefe
verweise ich mein Unheil über dasselbe bis
ans Ende, um Ihnen das über die Auffüh-
rung nicht zu Jange vorzuenthalten. Im.
Ganzen war diese gelungen zu nennen.
Besonders gut waren die Soloparlieen be-
setzt und unter ihnen glänzte die regie-
rende Für» (in und ihre Tochter in
wahrhaft edlem Schmuck, ohne eitles Ge-.
prange und ohne glänzen zu wollen. Aus
dem Munde dur erstem drangen nach dem
dunkeln Chore: »Sein Odem ist schwach"
etc., die Worte: 9 Gethsemane, wen hören
deine Mauern," tief in das Herz des Hö-
rers. Sie können denken, wio überrascht
ich war, die Vorzüge des wahren Gesangs —
Reinheit, Fülle, die praciseate Deklamation'
etc. hier vereint zu finden , und wenn auf
ihnen Virtuosität beruht, so dürfte diese
Fürstin eine ehrenvolle Stelle unter unsern
ersten deutschen Sängcriunen einnehmen; ja
im Vortrage des Recilativs würde sich nur
diejenige von ihnen mit ihr messen können,
welche die italienische Freyheit in dieser
Galtung des Gesangs sich eigen zu macheu
verstünde, ohne darüber deutsche Individun-
lilät zu verlieren. Ihr Vortrag des Rrciu-
tivs war anspruchslos, ihre Maniercu seit* 11
und dem ernsten Gegenstande angemessen,
dahey nicht einförmig, sondern neu und aus
religiösem Drang entsprungen. Die letztem
Vorzüge waren in den Momenten, wo ich
das Oratorium hörte, meinem Ohre um so
schmeichelhafter, je mehr ich sie an zwty
SülosSngeru , dem Tenoristen und Basssisten,
verraissle. Beyde hatten übrigens gutes Or-
gan. Die Tochter der Fürstin sang meh-
rere Arien mit Unschuld und Gefühl, 'und
es ist von ihr zu hoffen; dass sie einst die
Kunstfertigkeit ihrer Mutter erreichen wer-
de. Der Gesang in den Chören war im
Verhältnis* zu den Saiteninstrumenten zwar
stark, aber in sich seibat nicht geschlossen
genug; oder mit andern Worten: hier 'trat
diese Stimme, dort eine andere aus den ihr
angewiesenen Schranken heraus. Dasselbe
könnt« man auch der inslrumcntalbegleilumg
zur Last legen; noch mehr aber veruiisste
man an dieser Präoision. So wurde z. B.
in dem Duett und Chor : „Ihr Augen
weint" etc., die. Begleitung im pizzicato
grösstenteils dadurch entstellt, dass mehre-r
re Violinen entweder vqr- oder nachschlu-
gen. Gewöhnlicher Weise deutet ein sol-
ches diverses Spiel auf Maogel an ttöthigea
Proben hin. Die Begleitung mit dem Piä-
no r orte .bcy Recitativen schien mir zu vor-
laut und der gebrochenen Akkorde waren
mir zu viele. Soviel über die Aufführung
*) Durch Zufall Tcrspitigt.
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797
und nun noch einige Worte ober ' den W«"th
oder Unwerth de* Oratorium« selbst.
- Ich gelie nicht darauf au«, diesem 'Wer-
te tfen> lluhra,- den es' seit «einer Entvle*.
hung in ganx' Deutschland behauptet, z«
rauben: aber gestehen muss ich , als ein
genialisches Frödukt für alle Zeit, für wei-
ches e» die meisten seiner Verehrer ansehen
mächten« k< aBn ich es nicht gelten- lassen.
M30 hat nur eine flüchtige Parallele zu lie-
he« . zwischen ilwn. und den Werken*» ^
s. ß. eines Handel«, des Mannes., den VorM
und Nachwelt gleich lieb gewrfftn, uint'dies«
Behauptung wahe au Huden. Wo finden
Sie die Kraft, die Frey heil, die unvergilng-
liehe Form bey Granu, die «ftis bey Jikudt-l
so mächtig anzieht? ' bemerken : öte »fehl
▼ielraehr auf. den ersWn lßHck> das» sieb
jener nun wenig über den' jAlodegoschmack
seiner Zeit erhob? Hey idein in Adde ete^
henden Oratorium kommt hierzu noch, das*
der Dichter au« Jauter Gefälligkeit gegeä*
den Komponisten;, diesen eben deshalb' «0 L
MiMgrrfien verführte-, chd ihm" am enge
©tanzen «eiste , (innerhalb weicher, «einer
Phantasie die frvjle Bewegung mangelte.
Und eben die« begünstigte auch- seinen Hang
an einer einseitigen- modischen Form. Es
urürde micinkbt schwer werden, dies durch
viele BeyspieJe zu ^belegen } hier sollen »be#>
■ur einige . zum Verständnis» meiner Be-
hauptung stehen. In der Ariej «Ihr Weich*
geschaffnen Seelen* etc. gab der Dichter
dem Komponisten die, seiner Meynung nach,
musikalischen Worte: »Bald höret euer
Ohr, das strafende Gewissen, bald weint aus
euch der Schmerz - etc. Da konnte es nun
unmöglich fehlen, dass sich nicht Graun an*
die Strafe und nh das Weinen hielt und
uns beydes so natürlich vormachte, als eres
vermochte, darüber aher vergass , das Haupt-
Wort ßald in die gute la kl Zeit zu setzen,
fassen Sie michs geradeaus gestehen : der-
Komponist kommt mir hier vor, wie etnr
allzeitferLiger Mimtker, der im Deklamiren
i
798
der Worte: »das «trafende Gewissen,* mit
geballter Faust gegen «ein Auditorium an-
läuft, und dem bey den Worten: „Haid
Weint aus euch der Schmer«* vor ; Schluch-
ten die- Stimme ausgeht. Ist es nicht eines
und dasselbe, 'wogegen hier Mimiker und
'Komponist sündigen ?/
Aehnliches finderi wir in der Arie: „So
sieherein Berg Gottes* etc. bey den 'Wor-
ten : Vder Tod mag auf den Blitzen eilen,
fr[ ; mag da« hohlen Flüthen heulen u "Wo".
Ferner in <ht- Arie m Singt den» göttlichen
thrbpheten" etc. bey den Worten: »steig«
bis «um Seraph, steige weiter, Seele* etc.
Wer sollte es glauben, dass ein' Mann,
fler 1 solche Missgrifle beging, : wieder' Satze
schreiben konnte, wie'deVi ersten Ohor, das
erste Recitaiiv etcJ? Dergleichen Saeften
werden' fortleben, 1 oder wifcder auferttehen,
wenn' sie anch einst eine für religiöse' Ge-
fall le hoch ungünstigere Zeit, als die jeläi«
g*, begrabet hättet dagegen alles, was weh»
Heben Glanz 1 an *sic!h- tragt, aaf *w?g verein»
keh'muss. ' Wir" Gliben uns noch zu- freuet*,
dass trh's in den Werken GrauW dos Welt-
liche* von dem Geistlichen grösstenthtfils ge-
schieden gegeben ist; in spateren Zeiten hat
es stell mehr amalgam'irt, " und noch immer
ist unsere meiste Kirchenmusik cui Zwitter,
geschöpf , • halb geistlicher halb weltlicher
Natur.— y
Soviel' für'heule über Grauns Oratorium.
Sind Sie unzufrieden über mich, dass ich
Sie so lange davon unterhielt? Ich meine«
Theüs wünsche, dass das Alle unter uns
noch mehr zur Sprache kommen möge , als
es bishor der Fall war, und von mir iviir-
den Recensronen allerer musikalischer Wer-
ke, mit der gehörigen Einsicht und mit ste-
ter Rücksicht auf die Stufe , auf welcher
unsere heulige Musik steht, entworfen —
was mahrern Mitarbeitern an der Ällgem.
Musikal. Zeitung 'Zugetraut werden dürfte —
mit dem grössten Vergnügen gelesen wei-
den. jL.
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799
igo*. September.
800
N k C H R I C IT T B N.
Neapel» d. aosten August. Diesmal
nur einige Neuigkeiten , um mir selbst
Raum zu schaffen, die von Ihnen gewünsch-
te gründliche Darstellung der Vertussudg,
Methode etc. der hiesigen Konservatorien für
Ihre Blätter rahiger zu bearbeiten! —
Am «Sinn dieses wurde, «im Geburts-
tage der Königin, ein« grosse Oper von be-
trächtlichem Werth, die aber schon früher
einmal auf der. Bühne gewesen war, nrij
mehrern Veränderungen auf das grosse
Theater San Carlo zurückgebracht *). . Sie
kiesa eltanuü«: Gli Arnericani, und hei«a$
jetft : Goosalvo. . Das Gedicht ist you dem
schon früher Ihnen genannten Giovanni
Schmidt; die Musik von Tritto, den ich
Ihren Lesern als einen unsrer vorzüglichste»
Meistor geschildert habe. Die Oper hat an
viel Schönes, der Komponist verdient su
aehr auch in Deutschland naher gekannt zu
werden, und es Usst sich voraussehen t . das«
su viel halbwahre Nachrichten darüber ins
Publikum kommen werden, von Leuten, die
den Zusammenhang nicht übersehen — als
dass ich nicht etwas länger bey diesem
Werke verweilen sollte. ; ■
Tritto schrieb die Oper, da der be-
rühmte Mombelli als erster Tenor zu San.
Carlo sang, und auch ein wackerer Bass-
sänger vorhanden war. Daher ist das Haupt-
interesse k der jMusik in .diese beyden Par-
tieen gelegt. Die übrigen sind nur im Ge-
dicht interessant 1 denn man besass damals
nur eine miUehnässige Prima Donna und
einen unbedeutenden Soprano, denen Tritt»
wenig zumUthen konnte. Jetzt achrieb nun
der Komponist zweyt neue Sceoen und aus-
geführte Arien für unsera Soprano, Hrn.
Velluti, einen jungen, talentvollen, vielver-
sprechenden Künstler 1 dadurch gewann auch
diese Partie aussen ordentlich., < indem bey de
Arien, besonder« die. zweyte^ meisterhaft
gesetzt sind, und auch den ausgezeichnetsten
Beybll erhielten; aber die Partie der Prima
Donos, die ohnehin nicht glänzend war,
wurde nun fast gans in Schatten gestellt.
Eine Italienerin bitte nun bey dem Kompo-
nisten und der Direktion darauf bestanden,
dass auch diese Partie , umgearbeitet, ver-
gröaaert, gehoben würde: aber die beschei-
dene Deutsche , Dem. Fischer,' begnügte
sich, das, was nun eben da war und man
ihr gab, gut vorzutragen, und so muaste
sie hier verdunkelt werden. Bescheidenheit
ist .auf einem italienischen Theater eine
Tugend , die als grosser Fehler angerechnet
wird, wenigstens die Folgen von diesem
herbey fuhrt — .man wird ihr Opfer. Die
erste Cavatine der Dem. Fischer ist hübsch
und hat auch sehr gute Instrumentirung,
die zweyte. Arie ist gar nicht für eine Pri-
ma Donna: Dem. Fischer sang, wie schon
gesagt, bey de, richtig und gut, aber, ohne
ihre Schuld , machte ihr Gesang wenig
Wirkung.
■) So wenig «• unmittelbar in sin« musikalische Zeitung gehört, «o können wir doch nicht unbemerkt
lauen, da»» untrr slorrMpondeat von item Erdbeben in Neapel, das die ölienllirhem Blätter — eine
immer fürobterlicher , als da« andere, besonder« an« franiöauchen Boridileu, darstellen, kein Wort
erwähnt, da doch obiger Brief erit drey Wochen nach jeeon ünglückstage gejeh rieben ist. 1 Entweder
bat «ich da« Erdbeben nur in den Köpfen der Zeituugscbreiber «o furchtbar gezeigt — uad dann liesse
•ich vielleicht «ogar ein« Absicht bej denen vermuthen, durch die «uerst die niederschlagenden Be-
richte erstattet worden ; od«? ea ist wirklich »o gewesen , wie jene Berichte goachildert haben — und
dann ist e* charnktarisirand, genug , da«« man nach kaum awey Wochen achon wieder Opoxa fortjg hat
und frischweg »pialt, (ohne jene« Ereignisias auch nur au gedenken. *
•'• , . d. Bedakt.
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8oi
Die Oper seibat macht dem Dichte* and
dem Komponisten wahre Ehre* Die Hand-
lung ist interessant und gut durchgeführt t
die Versification — für italienische Ohren
fast die Hauptsache — sehr fliessend , aber
auch wirklich schön. Folgende grössere
Stücke stud Meisterwerke t das Terzett des
ersten Akts, die sweyte Arie des Soprano
im zweyten Akt, und die Scene und Arie
des Tenors im zweyten Akt. Nach diesen
auffallend schönen Sätzen verdienen vornehm*
lieh ausgebobeu zu werden: ein Duett, (mit
der Prima Donua) ein anderes, (für Tenor
und Bass) und das Finale des ersten Akts.
Uebrigens ging es aber, von Seiten des
Publikums, dem Komponisten bey nahe, wie
der Dem. Fischer : man lobte ihn , aber
Sensation machte sein Produkt nicht. Es
war nicht ganz neu — ganz nagelneu muss
aber hier alles seyn; und Tritto ist beschei-
den und ruhig. Bey ihm kömmt nun erst
noch hinzu, daas er, ungeachtet seiner nicht
su verkennenden reellen Verdienste, viele
Feinde hat — —
Recensionek.
. • •
•
Knechts allgemeiner musikalischer Katechis-
mus, odtr : Kurzer Inbegriff der allgemei-
nen Mttsiklthre , zum Behufs der MusikleJirer'
und ihrer Zöglinge. Biberach, i8o3. (Pr.
13 Gr.)
Der sehr bekannte Herr Verfasser hat,
laut des Vorbericbls, bey der Ausarbeitung
dieses Werkchens die Absicht gehabt, „die
allgemeinen Grundsalse der theoretischen
und praktischen Musik, welche jeder gründ-
liche Musiker wissen soll, in Vereinigung
des allen Tonsystems mit dem neuen (so
viel möglich) systematisch, deutlich und ge-
drängt vorzutragen." Daa hat er denn
802
auch, so viel als es ih ra na mlicli möglich
gewesen seyn mag, gelhan. Der Hr. Verf.
erkennet, ebenfalls im Vorher ich t, die nähern
Erklärungen des Lehrers bey diesem Buche
als unentbehrlich} dann scheint aber auch
die kalecheüsche Form, die der nölbigen
Gedrängtheit so sehr entgegen ist, desto un-
zweckinässiger zu seyn : denn kein geringer
Theil der 197 Fragen ist unnütz, weil die
dazu gehörigen Antworten , ohne' die Fra-
gen , als kurze Sätze gedrängter dastehen
könuten, wie a. B. S. i5. Fr. 6 — 20.
u. a. m. Ein andrer Theil von Fragen,
dergl, S. 7?. Fr. 19., oder aligemeine,
nach dem Vorbericbt, sind in einem Dehn,
buche der Deutlichkeit geradezu entgegen $-
denn eine unvollständige Antwort ist besser,
als eine solche Frage. ' Doch nicht aHein
unbestimmte und undeutliche Fragen trifft
man in Metige au , sondern auch eben sol-
che Antworten. Man sehe s. B. 8. 11. Fr.
a5 — r'aJ. — Der Verfasser -sagt z. B.
gleich S. 1. m Die -musikalischen Instrumen-
te sondern sich in Sailen - und Blasinstru-
mente ab." Wo gehören denn nun die. ar-
men Pauken hin ? Die himmlische Harmo-
nika ist gar nicht in Betracht gekommen.
— Bey der Charakteristik der Tonarten
S. 81. hat wol Hr. Knecht vergessen auf
Bewegung und Rhythmus Rücksicht zu neh-
men. Denn obsebon die verschiedene Tem-
peratur der Intervalle und die Verschieden»
heilen der Tonarten von einem Komponisten
wohl zu berücksichtigen sind : so wird doch
ganz gewiss das hier angegebene Vcrteich-
niss wenig zu Rathe gezogen werden. Es
heisst nämlich: E dur feurig und wild;
E moll zärtlich klagend; As dur dumpf und
schwarz} (!) D moll sanft Iraurend ; C moll
tief jammernd. Ja ja! wenn der Komponist
tiefen Jammer in der C moll- Tonart aus-
gedrückt hat, dann ist C moll lief (jam-
mernd : — Ree. setzt «ich absichtlich
Grünten , um dem Hrn. Verfasser nicht
wehe zu thun, weil derselbe viel [andere,
1805. September.
803
\So$. . September».
804
nicht zu verkennende . Verdienste uro 'dio
Kunst b*}> und besonders vie| schätzbaren
Eifer , ze;gt, indem er gesonnen ist, laut
Vorbei i~ht, noch einige andere kleine und
wohlfeile musikalische Lehrbücher für den
ersten Unterricht im Singen, Violin- Kla-
vier- uud Orgelspielen, wie auch im Ge-
neralbässe, nachfolgen zu lassen. Freylit.h.
ist er ups die Beendigung der theuern, Yoilf
ständigen Qrgedschule noch schuldig,; jedoqbj-
wofern nui?. die Lehrbücher beeser geralben,
als das gegenwärtige in vielem Betracht,
so- wollen wir, genn warten, besonder* . da
vi«U«ü«Ut der { ^ufacjiub (l de>' t Vollendung; je-
ne«, , v iel«mft*spnd Sft t Wfgki. ..ii^hjt am. Ver-.
faaaer , eiUai ii. liegt, , Uc^rigea*^ , w ürde dieser
musikalische; Kaiechisüjqf , wegen. -seines Ge-
halts und aeinec v Form, > imro«>'hin . noch das
Andenken au die . Kurpfalzische Tonschule"
vearlöschep , ; wofern nicht viele Kunstwörter
anat derselben, entlehnt wären. . , \
1
■
Stl Balli Tedtsehi t duodld Trii ptr ff Pieno-
forte, composti e dedicatl a — — la Sig-
' nora Principessa Maria d'Esttrhazy , du
Giov. Nep: Hummel di Ffcrina — Öp.
jo*. Vienna, pressö Giov. Träg et Figlio.
(Pr. 1 FL) "
i .
Es wird den Wiener und Prager Musi-
kern wol ciiiSliinmig zugestanden, dass sie
»ich auf Komposition und Ausführung der
Tänze, besonders aber der sogenannten deut-
schen, besser verstehen, als alle andere
Musiker. ' Das vorliegende Werkeheu wider-
spricht diesem günstigen Vorurtheil nicht.
Die Tänze sind im Gängen genommen gut,
uud einige sind vortrefflich; auch nehmen sie
sieh- achon auf • dem 'Pianoforle recht hübsch
aus, 'und; da. «je zugleich dem Instrumente
angemessen sind,, darf man sie auch ah
Uebungsstjicke für Lehrlinge empfehlen.
Die. Einrichtung, zu jedem Tanze zwey
Trios zu seUen, macht sich bey der Wie-
derholung sehr gut und vermehrt das Un-
terhaltende,' Da, so viel Ree. weiss, von
diesem, Verfasser' noch keine Tänze bekannt
worden sind', mögen einige ius Einzelne ge-
hende Bemerkungen hier Platz linden.
No. 1., mit dem ersten Trio, ist belebend,
hebend, gefällig, fliessend, und hat doch,
ohne alles Gesuchte , einen Anstrich von
JSeuluNl, der wobllhuU Das zweyte Trio
bekömmt aber wol erst durch Blasinstru-
mente luleresse — was auch .bey. mehrern'
der folgenden zweyten Trink -der Fall ist.
Bey No. a. , die gleichfalls imbach , doch
nicht so ausgezeichnet ist, tat das erste Trio,
ungemein artig, wäre aber schwerlich ohne
ein gewisses Menuetten - Trio in einer der>
neuesten, IJayduschen Sinfouieen eal&tan-
den. Das erste Trio zu No. 5. verdieut
ebenfalls, wegen seines Pikanten und doch
\ Ungekünstelten, Auszeichnung. Dasselbe
ist vom ersten Trio zu No. 5. zu sagen,
das aber mehir den Trios zu sogenannten
! Sinfouieen - Menuetten ähnlich , und darum
1 zum Tanze selbst nicht ganz bequem ist.
Dies gilt auch to» No. 6. und deren erstem
Trio; wogegen das zweyte wieder sich gut
tanzen lässt. Die übrigen Sätze sind nicht
hervorstechend, aber auch nicht ganz all-
täglich. Kurz es ist ein Werkeheu, mit
dem man meistens wohl zufrieden zu seyn,
Uraaoh bat. Auch 'ist sein Aeusseres gefäl-
lig, uud der Stich korrekt.
(Hierkey dt» IntelligenzbUtt No. XIV.)
■ '
Lumio, »* r «** in« ri 0 *» lir.nu
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INTELLIGENZ - BLATT
zur Allgemeinen Musikalischen Zeitung.
September.
Ni. XIV.
1805.
Keue Musikalien von verschiedenen Verlegtrn,
weicht bey Br'eilkopf und Härtel zu haben tind.
We her, Edm. , 3 QuatuorB pour a Violon» , Viol»
et Vcellc. Op. 8. 1 Tlilr. ao Cr.
Pödinger, F. A. , 5 Qn«t. p. a Viol. A. et Vlle.
Op. 8. a Thlr. ia Gr.
Mehol, Out. d'Une folie, arr. en Qoat. P- » Viol,
Viola et Vlle. 19 Gr.
Cherubini, Our. de LodoSaka, arr. cd Quat. p. a
Viol. A. et Vlle. 19 Gr.
Romberg. Andr., 3 Qu.t. p. a Viol. VI«, et Vlle.
Op. 7. 3 Tbl
Beet hören, L. de, Quat. du Bellet intituW: Die
Geecköpfe de« Prometheu., arr. p. a Viol. Via et
Vlle. Op. 9. * Thlr. 1 Gr.
Krommer, 3 Quit. P . a Viol. A. et Vlle. Op. 53.
a Thlr. 16 Gr,
Hän.el, P., 3 Qoat. p. 3 Viol. Alto et Vlle. Op.10.
a Thlr 6 Gr.
_ _ Quint, p. a Viol. a Alt. et Vlle. Op. i3.
, Thlr. ia Gr.
Monh, M. G., 6 Qiwt. P. a Viol. A. et Vlle. Lir. 1.
1 Thlr.
Kreutacf , R., 3 Quat. p. 2 Viol. Alto et Bu».
3 Thlr.
jjeubauer, F., 5 Sonttine» facile* et progreMire.
p. a Viol. Op. 11. »6 Gr.
_ 3 Sonate» progr. p. Viol. et Alto. Op. »a.
\ Thlr.
.6 Duos conc. d'une dilficulte progre... p. a
Viol. Op. »<». 2 Thlr.
Händel, G. F. , 5 Son-U. p. a Viol, et Baue.
x Thlr.
Corelli, A., 6 Son. p. Viol. et flu». » TMr
8 Gr.
Cell, Leon, de, Variet. p. Ia Mandoline on le Viol»
et Ia Guitarre , aar Fair : Qui doro »He Laura.
Qp. a&. ia Gr.
Andre-, A., a Duo. p. a Viol. Op. 37. « TMr.
16 Gr.
Glachanr, 3 Doos p. a Viol. Op. 1. a Thlr*.
Kau.r, gr/Trio p. Viol. VW« et Vlle. 1 Thlr.
6 Gr.
Krommer, P., 6 Duo. p. a Viol. Op. 11. Per-
tie 1. 3. i a Thlr.
Martin, J., 3 Duo. eoncert, p. a Viol. Op. >*.
3 Thlr.
Pleyel, 3., 6 Duo» facile. p. a Viol. L»t. 3.
»6 Gr.
Lacroix, A., 3 Do©, p. a VioL Op. ai. 1 Thlr.
ia Gr.
Call, Leon, de, Variatioir« pour Viol. et Gaitarre.
ia Gr.
Viotti, J. B., 3 Duo. «on« . p. a Viol. Op. 6.
, Lir, 3. » Thlr.
OG ebener, J., 6 Dufte tri. faeilc. p. 3 Viol. Op. W.
' Liv. t. 1 Thlr.
Freubel, J. L. P. L. , 5 Duo» p. 3 Viol. Op. 5:
x Thlr. ia Gr.
Rode, Andante rari* p. le Viol. ar. acc. d'un »ecood
Viol. Alt. et Vlle. 18 Gr.
Mertini, J. , 6 peti« Duo. p. 2 Viel. Op. i3.
1 TMr; 6 Gr.
Cambini, 6 Duo» p. a Viol. Op. ai. 30 Gr.
GaTinie», oVrnleie' Btade m Concerto corapoie«
pour 1'in.trucUon Ucs eUeve» de la premiere CUue.
18 Cr.
JUe.trino, ' N. , Variat. p . 1. Viol. 8 Gr.
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Motel, P., C Variar. »ar uns nurcho de 1'OpcTa :
Aliiie, pour Violon avec accomp. d'nn Viol. »ccond.
6 Gr.
Wacher, P. , Pour Toi, Romonce comp.,,, et var.
p. le Viol. t Thlr.
Hüll er, II. F. , 8 Varia». sur Fair: Conlre le»
ch.gr ,n. de la vie, pour le Viol. ,eul. Oj.. G.
4 Gr. ~ - -~
Khym, C. , 6 Capricea p, un Viol» aeul. Op. i5.
H Gr.
Petite MeUode de Viol. citraile des meilleurt Autcurt.
i Thlr.
Zumtteeg, S. R. , Coarert p. Violoncelle. No. i.
.Thlr.
Romberg, B. f 3 Duo« p. a Violone. Op. g. j Thlr.
6 Gr.
.— — gr- Trio p. Violoncelle, Viol. et A. Op. 8.
», Tblr. u Gr.
T"" — r Fantaisie p. le Violoncelle principal avec
acc. de l'Orcbetlre. Op. 10. i Thlr. 8 Gi.
Rotondi d'Arailza, Ariette alUmande nomroee
Eliten« Abschied, variee p. le Violone. et la! Guit.
u Gr.
Häusler, L. , Conc. p. Violone. ar. acc. d'orch.
Op. 23. i Tblr. 8 Cr.
• ■ * ■ • • • • ,.: •
CWird ibrtgeseUt.)
Das vierte *nd letale Heft meiner Instruktiven
Variationen, eines neuen, wenigsten« bisher nube-»
fcutateu Hiiir*tBi|«eU cur leichtern Erlernung des Kla-
viortpielens and sur Selbttübung wird nun au alle
Psäuuuieranten abgeliefert. Es enthalt vier Themata
mit Variationen aus F, B, As, Gis, Cis , Des, Fis,
Ge», in welchen nach meintr schon bekannten Me-
thode die Regulu anschaulich eingekleidet sind. So
findet man unter andern den Schneller, Anschlag,
Mordest, die Scalen, Gique, Sarabande, Gavotte,
das Echo , die Begleitung u. s. w. Ferner folgt der
erklärenden Einleitung noch eine ausführliche und
leichtfaasKche Anweisung »ur richtigen Aussprache
der iul ienischen Wötter, und überdies is( mach ein
masitalisches Wörterbuth, oder Erklärung der Wör*
ler isud Hedensarten, die einem Klarierspieler zu
wissen nöthig sind , beigefügt. Dieser mauuiciifaltig«
Inhalt des leisten Hefts wird, wie ich holle , mei-
nen Ki'ufern zum Abschied nicht unangenehm seje.
Aber cb?« des Abichieds wegen finde ich es auch
für r.üihig, die Prä'nuoieraüoitsgclder noch vor dei
Absendung der Exemplare su erwarten.' Jedes Heft
kostet bey mir 8 Gr. im Bachhandel iG Cr. Noch
erwähne ich auch mit Achtung und Dank für den
Beyfall eines zahlreichen Publikums und so tieler
verdienstvoller «inner, dass von den vorhergehenden
Heften wieder nene Auflagen , und zwar Tom ersten
Hefte die dritte vermehrte und verbesserte Ausgabe,
ui'«.h»tens erscheinen werden. Oschatz, unweit Leip-
«g, den 19. August, >8o5.
M. Hering.
S u u in
c u i q u e.
Damit dat rnblilnm nicht etwa einen meiner
Nahmensvettor nir den Verfasser des Wcrlgcot
„Ueber den Verfall der Tonkunst« halten, und '/hm
die Ehre welche jenem im 4 3len Stuck der .Ilgen»,
mtu. Zeitung (180S) wiederfährt, »uschreiben mögt
so mache ich hiermit meinen Stand und Wohnort •ge-
kannt. Zugleich versichere den vortrefflichen H. ? ecn-
senlen, das», bey einer aweyten Auflage meinet Büch-
leins, seine Reccnsion als Froaüspke erteiri-
nen soll. '
Den a 3 . August 180S.
Georg Christoph Groshtia.
Musikdirektor zu Kirsel
Irh ersuche die Redaltion , diesen netoeti Cros-
heitntchen Versuch zu schreiben, ohne irgend eise
Gegenbemerkung drucken tu lassen.
• : Der Rccenaent.
l"»» 1 «» ■ n t Jlninoi 1 * v d H Z a, * ■ 1.
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ALLGEMEINE
MUSIKALISCHE ZEITUNG.
Den 1 8 ten September. N=. 5l.
Erna* übtr die Musik beym Schauyitl.
"Die Musik ist xu Agfango and «wischen
den Akten des Schauspiel« wcl immer an-
gewendet worden. Der niedrigste Zweck
dieser Anwendung ist — Vielleicht war er
nach der erste — * die Zuschauer, vor dem
Theaterstück, aufmerksam au machen , «wi-
aefaen den Akten, Tor Langweile au be-
wahren.
Daaa aber die Musik berat Schauspiel
noch zu etwas Mebrerm , als au, blosser
Vertreibung der Langweile dienen könne
und solle, davon war man schon seit langer
Zeit überzeugt, und jeder ,4 dar das Schau-
spiel nicht seit gestern erst besucht, wird
wissen , dass man bey Trauerspielen solche
Tonstücke spielte, die den ernstern Empfin-
dungen, zu denen uns die Handlung auf
dem Theater stimmt, nicht im Wege ste-
hen, und dats man bey Lustspielen eben-
falls aualog verfuhr. Gewiss, es werden
äusserst wenige Bühnen in Deutschland
aeyn, bey welchen so unaslhetiache Musik-
direktoren sich befinden , als der bey der
Bühne in P • dieser üess sein Orchester
beym Schiusa des vierte« Akts in Karl
und Louise, frischweg ein lustiges. Rondo
aus einer Pleyelschen Sinfonie abspielen,
und als am Ende des llondo's , der Vorhang
aufging, sollte der arme Karl hingerichtet
werden — die Sturmglocke ertönte und al-
les schwamm in Tbrancn! Wie kdhnen Sie
Sich aber so vergreifen? fragte den Musik-
di rektor ein er seiner Freunde nach gecudjg-
7. J-urj.
tem Stücke. Mein Gott, antwortete dieser,
des Traurigen so viel hintereinander greift
das Publikum au sehr an t da ist nun ee
ein Rondo eine wahre Erholung.
Sollte aber die Muaik im Schauspiel
nichts weiter thun, als negativ nützen?
die, durch die Handlung erregten Empfin-
dungen bloss nicht stören? Und wMren
dann alle Forderungen au sie erfüllt, wette
}m dieses geleistet htttte? Könnte man nicht
mehr von ihr verlangen? nicht fordern,
liass sie auch positiv nützen solle?
Ich wage es, cur Beantwortung dioter
Frage einige Ideen au Äussern, die ich für
nichts weniger, als neu und originell aus-
gebe, und in Ansehung deren ich, falls sie
schon andevwSü-U bestimmter und gründlicher
ausgeführt seyo sollten, mich gern des Vater«
rechts hegeben will, da meine Helescnheit
im dramaturgischen und musikalisch - ästhe-
tischen Fache nicht eben gross ist.
Die Musik beym Schauspiel soll aller,
diugs mehr als negativ, sie soll positiv
nützen : sie soll also den durch die Hand-
lung in der Seele des Zuschauers aufgereg-
ten Gefühlen und Empfindungen nicht nur
nicht im Wege stehen, sondern soll sie
obendrein wirklich ^efdrdera, und die
durch den Fortgan^Ver Handlung zu erre-
genden Empfindungen* vor bereiten. Ge-
setz der arste Akt eines Stücks schlösse
mit einer Seene, die in der Sesle des Schau-
spielers gänaliche Hoffnungslosigkeit
anzeigte und in dem Zuschauer die Empfin-
dung de# tiefsten Mitleids mit der Lage
,des Unglücklich*« erregte ; der folgende
5i
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So]
1805. September.
808
Akt aber finge mit einem Aufteile an, der
dem Schicksale des Unglücklichen mit einem
Male eine gans andere Richtung giebt, ihn
mit Ruhe und Trost erfüllt, und in der
Seele des Zuschauers die lebhafteste Freude
darüber hervorbringt — so müsste die Mu-
sik zwischen diesen Akten nothwendig nicht
von einerley, sondern von sweyerley
Charakter seynj aie müsste natürlich, viel-
leicht mit einem schwerraüthigen Adagio
oder Largo anfangen, wodurch sie sich an
das Ende des vorhergehenden Akts anschlös-
se, und allraählig, vielleicht in ein Allegro
moderato übergehen*, wodurch die schönste
Verbindung mit dem folgenden Akte bewerk-
stelligt werden würde.
Freylich würde da au von Seiten des" Mu-
sikdirektors eine fast eben so grosse Einsicht
in den Geist des Schauspiels erfordert, als
aie der Komponist einer Oper besitzen muss 1
aber ich glaube, bey dem jetzigen Fort-
achreiten der Musik diesen Fall doch wol
nicht nnler die seltnen rechnen in dürfen.
Es würde allerdings nöthig aeyn, dass sich
der Musikdirektor mit dem Theaterstücke
vorher bekannt machte nnd sich nicht nur
im Allgemeinen darum bekümmerte, ob man
heute, ein Trauer- oder ein Lustspiel auf-
führen werde.
Es würde von nicht geringem Nutzen
aeyn, auch seine hinlänglichen Abnehmer
finden, wenn ein der Sache gewachsener
Mann, der mit einer grossen Geschicklich-
keit in der Komposition eine nicht gemeine
Einsicht in deo ästhetischen Theil der Mu-
sik verbünde — wenn ein solcher, sage ich,
(vor der Hand nur Ä^die gangbarsten und
ausgezeichnetsten Schauspiele) eine Samm-
lung von Tonstücken koroponiren wollte,
die eigends für die Unterstützung der Wir-
lungen des Theaters berechnet wMre. Es
könnten sich auch zwey Männer zu diesem
Unternehmen verbinden; einer, der den
Gang des Stücks und der dadurch bewirkten
Empfindungen untersuchte und darstellte,
nnd ein anderer, der nun nach den Finger-
zeigen Jenes Tonstücke von bestimmtem
Charakter setzte.
Warum wenden wir denn zwischen den
Akten .nicht auch die Vokalmusik au ?
Sie gehört freylich zunächst nur in die
Oper, aber der Eindruck des Drama** wür-
de doch auch in vielen Fällen unendlich
dadurch gewinnen. Dass Text und Kompo-
sition dem Geiste des Ganzen angemessen
seyn müssten, versieht sich von selbst.
Ich erinnere mich noch immer mit innigem
Vergnügen einer Ausführung der Jäger von
iffland, bey welcher unter anderm, nach
Endigung des dritten oder vierten Akts (ich
weiss es nicht mehr genau ) die liebliche
Melodie des Liedchens : Warum sind der
Thränen etc. zwar nicht gesungen, aber von
einer Klarinette , mit Begleitung der übri-
gen Instrumente, geblasen wurde. Der
Eindruck, den es auf das ganze Auditorium
machte, war wirklich unbeschreiblich, und
gewiss halte der Umstand, dass es sich so
herrlich an die Gemüthsslimmung der Zu-
hörer anschmiegte, nicht wenigem, wo nicht
noch grössern Antheil daran, als die Neu-
heit oder Seltenheit des Einfalls. Und von
einer lieblichen Stimme gesungen, müsste
jenes Liedchen unfehlbar einen noch vollen-
detem Eindruck gemacht haben. Um je-
doch den Eindruck nicht au schwächen,
müsste jene Sitte nicht zu oft angewendet
werden.
Nun noch Eins. Gewiss hat jeder
Schauspielbesucher, der, um bequemen Platz
zu bekommen, genölhigt war bey Zeiten
hineinzugehen, das Lästige des stundenlan-
gen Dortsitzens empfunden, ehe das Schau-
spiel anfängt:- Ich kenne sogar mehrere
Personen, die das Schauspiel, gerade utu
jenes Umstände* willen, weit seltner besuchen,
als es ausserdem geschehen würde. Könnte
nicht dfesem Uebci dnreh ein kleines Kon-
zert abgeholfen werden , da» in der Stnude
vor dem Anfange des Schauspiels angesleii:
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809
würde? Natürlich müsste es dem Schau-
spiele angemessen seyn, and sich in der
Folge ap dasselbe anscbljessen ! Die Vor-
theile einer solchen Einrichtung sind wirk*
lieh grösser , als man vielleicht glaubt.
Manches miltelmessige Theaterstück würde,
durch die vorhergegangne Musik unterstützt,
einen günstigem Eindruck machen) als ohne
sie. Dos Publikum wäre (durch die Musik
herbeygelockt) tu Anfange des Schauspiels
hübsch versammelt, und das, leider! so ge-
wöhnliche Schicksal der ersten See Den , durch
Thürenzumacheu, Schlösse* knarren , Sluhl-
rücken etc., vernichtet zu werden, dürfte
dann wol seine Endschaft erreichen.
Wer Augen hat su sehen nnd Ohren zu
hören , der — sehe und höre !
Dresden.
G. K. Tolev.
■ ■- ,
Nachrichtbs.
Berlin, den 6ten September. Auch
diesmal wird mein ßericht von den musi-
kalischen Exbibilionen unsrer Königsstadt
nur sehr mager seyn. Kein Konzert, keine
neue Oper war im vergangenen Monat.
Nur fremde Schauspiele* debütirten im Na-
tionaltheater, nicht immer zur Erbauung der
Zuschauer. Am Sisten July spielte Herr
Ehlers seine sechste und letzte Gastrolle in
der Oper Lilla. Sein guter Gesang und
sein lebhaftes Spiel wurden vom Publikum
mit eben dem Beyfall aufgenommen, als
man jüngst seine Missgriffe als Orest tadel-
te. — Den i7ten August trat Hr. Herbst,
>litglied des Breslauer Theaters, in dem
Sing»piei : Je toller je besser, als Franz
auf* Seine Stimme ist stark, aber unange-
nehm; in seinem Spiel hielt er ziemlich den
Charakter. — Den aösten August trat Hr.
Gehlhaar, auch Vom Breslauer Theater, als
Sio
Axur , den 7os(en als Mafferu im unter-
biocbnen Opferfest, und den aten Septem-
ber als Tita auf; Er hat eben so wenig
im Singspiel, als seine Gattin, die nur ein
einziges Mal auftrat, in der Johanna von
Monlfaucon , gefallen. — Einen desto grös-
sern Genuss gewährte uns Dem. Jagemann
vom Wey manschen Theater, die den Sotten
August in dem unterbrochenen Opferfest als
Myrha auftrat. Ich behalte mir vor, von
ihrem trefflichen Spiel, und — zwar etwas
schwachen, auch nicht immer ganz reinen,
doch ausdrucksvollen Gesang, in meinem
nächsten Briefe Ihnen mehr zu schreiben,
da wir sie auch in andern Aollen sehen
werden.
Den 4ten dieses ward der von Göthe
neu bearbeitete Götz von Berlichingen gege-
ben. Die Eingangsstnfonieen , der Hoch-
zeitgesang der Reisigen und Hausgenossen
des Götz, und das nette Liedchen Georgs,
seines Knappen , das Dem. Mebus leicht
und lieblich sang, verdankten wir wieder
unserm schätzbaren Musikdirektor Seidel.
Die zum nächsten Karneval bestimmten
Opern sind: AchitJe von Paer und G ine vre
di Scozia von Mayr» denn der dazu enga-
girte Tenorist, der Kurpfalzbayrische Sänger
Brizzi , hatte diese Opern bestimmt«
Wien, den gten September. In der
Musik geschieht jetzt wenig von Bedeutung.
Für die Augartenkonzerte hat sich noch ein
Abonnement gesammelt. Dort ist das Aue-
gezeichnetste, ein Knabe, Namens Pehat-
echeck, der ein äusserst vorzüglicher Vio-
linspieler zu werden verspricht Er trug
ein Konzert mit einer solchen Leichtigkeit,
Reinheit, und zugleich für sein Alter von*
10 bis n Jahren so bedeutend vor, dass er
allgemeinen Beyfall fand , und grosse Er-
wartungen erregte. Sein Vater ist als Kom-
ponist der beliebtesten Menuetten und Länd-
I805. September.
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8u
1805. September*
812
Ter bey allen hiesigen Tanzlustigen* sehr
vortheilhaft bekannt. — Ein Hr. Mölzel
spielte ein Dussecksches Pianofortekonzert,
aber die Komposition und Ausfiilirung miss-
fielen in gleichem Grade. Mölzel hat bey
Weitem nicht Sicherheit genug , besonders
misslingen ihm die Passagen im Basse nicht
selten auf eine recht arge Weise. Hr. Sie-
ber, ein Dilettant, spielte das Violinkonzert
seines* Meisters, Hrn. Klement, aus Uj aber
dieses schwierige Stück war offenbar über
seine Kräfte, auch sah man viel Aeugstlich-
keit an ihm. Fleiss und Ausdauer, und da-
bey Gewohnheit, öffentlich zu spielen, kön-
nen ihm vielleicht einst einen ehrenvollen
Platz unter unsern vorzüglichem Violinspie-
lern erwerben.
Die Aufmerksamkeit des ganzen musi-
kalischen Publikums ist jetzt auf Cherubim
gerichtet. Dieser beschäftigt sich fürs erste
bloss damit, seine frühern Arbeiten zu ver-
bessern; und so wenig sie dieses zu bedür-
fen scheinen, so vieles werden sie doch
wahrscheinlich dadurch gewinnen r denn das
Wahre Genie arbeitet nach seinem Ideale,
es ist daher auch grösstenteils sein eigner,
schärfster nnd richtigster Kritiker, Bis jetzt
hat Cherubim zur Lodoiska einige neue
Zwischenakte verfertigt, die sehr schön, nur
vielleicht etwas zu lang sind. Ehen so
Verhält es sich mit einer neu ein gelegten sehr
brillanten Arie für Mad. Catnpi. Eine neue
Arie für Hrn. Mendl, einen äusserst uiil-
teimässigen Tenoristen , hat schöne Stellen,
nur fällt es auf, dass der Komponist zum
Recitative,' wo die Seele des Singenden noch
zweifelt, kämpft, furchtet, das helle C dm'
gewählt hat, uud dann irn Allegro, Wo das
Gemüth sich endlich zum freyeu, mulhigen
Entschlüsse aufschwingt, ins trübe C moll
übergeht. " Aber ein so denkender und ge-
nialer Künstler, wie Cherubim, mag auch
«azu seine -eignen .Ursachen gehabt haben.
Auch in diu deux jouVnees (Wassert rä-
ger) haf Cherubim die Ouvertüre etwas
verändert, und mehrere neue Musikslücke
eingelegt. Das schönste davon, uud von ei-
nem herrlichen Effekte, ist ein Quartelt vom
Chore begleitet im zweyten Akte, wo die
Soldaten Micheli's angebliche Tochter (die
Gräfin) mit Gewalt in die Wachstube schlep-
pen wollen. « — ■ Cherubini wurde, wie je—
dedmul, mit allgemeinem Bey fall empfangen
und entlassen. • '
U s c x 1? s j o N.
Mtlodieen zu den im Bisthum* IVirzburg neu
eingeführten Kirchenliedern.' Mit hochfürst-
Uchem gnädigstem Privilegium, Wir 2 bürg,
bey Sartorius. (Pr. ungebunden 55 Xr.)
Es ist in mehrern öffentlichen Blättern
kurze, und in dem von Ilm. Andres heraus»
gegebenen Archiv ihr Kirchen ~f und Schul-
wesen (Jahrg. iGo4.) ausführlichere Nach«
licht von den Bemühungen gegeben worden,
womit sich Geistliche und Scbüllchrer um
die Einführung des neuen wlrzburgischeit
Gesangbuchs verdient gemacht hoben. Jeden
Freuud der Religion and alles Guten muss
es freuen', wenn er erfährt, dass man wie-
der in einem Land\ nicht nur auf das Be-
dürfnis* besserer und zweck massigerer Kir-
chenlieder aufmerksam wird, sondern auch,
wie hier, thätig Hand an's Werk legt; je-
den Freund der Religion und alles Galen
muss es aber auch schmerzen', wenn er
siehet, dass dem' guten Willen der Regie-
rung und der wohlgemeynlen Thätigkeil der
Theilnehtnenden nicht wirklich mit etwas
vorzüglich Gutem entgegengekommen wird.
Je Schwieriger eine solche Veränderung ist;
je Juehr Vorurtheile 'beyra Volke erst dar*
niedergekämpft werden müssen ; je fester
und länger das, was denn endlich eingeführt
worden , zu stehen , je mehr es nun
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8i3
1805. September.
814
bedeutendem Einflnss auf den Sinn uud
Geüt der gansen Nation, besonders des un-
tern uud mildern Staude«, zu seyn pflegt:
je sorgsamer sollte mau in der Wahl des
Neuern vor dessen Autorisirung und Ein-
führung seyn; je williger sich deshalb an
Marmci- wenden , die wirklich der Sache
ganz gewachsen wären; je eifriger sollten
diese ihre Kräfte den guten Absichten der
Regierung darbieten.
Oie hier angezeigten Molodieen zu
dem neuen wirzburgischen Gesangbuche
(von den Liedern selbst soll hier die Rede
nicht seyn) erfüllen nun durchaus — nicht
nur nicht die strengem, sondern auch nicht
die nachsichtigsten Forderungen, die theils
der Künstler, theils der gebildete Mensch,
theils der gesittete Theiluehmer am öffentli-
chen Gottesdienst an solch eine Sammlung
zu machen berechtiget ist. Dies Urtheil scheint
hart; man lerne; aber die Sammlung selbst
kennen, und man wird kein anderes fallen
können — vorausgesetzt, man ist überhaupt
über diesen Gegenstand stimmfähig. Viele
dieser Melodie«» siud, in Ab.icbl auf den
Geist, dem einfachen, andächtigen, erhabe-
nen , feyei liehen , nur mit Würde frohen,
und kräftigen Charakter des ächten Chorals
ganz entgegen; die meisten von allen den
116, die hier geliefert worden, sind, in Ab-
sicht auf künstlerische Behandlung, voll von
den gröbsten Fehlem ; nicht wenige ma-
chen , in Absicht auf Rhetorik , (Behandlung
des Textes, den Worten nach,) unverzeih-
liche Verstösse. Zu alle diesem sollen aus
der Menge von Beweisen, die gegeben wer-
den könnten, nnr wenige, aber vollkommen
genügende, ausgehoben werden. Ich will
nur gleich von vorn, auf den ersten Seiten
des Buchs, anfangen!
Viele der Melodieen stehen in triplirten
Taktarten — im J, £ , ja gar viele sogar
im £ Takt, der sich, wie jedermann weiss,
sehr gat zum hüpfenden Rondo, aber gar
nicht zum Choral schickt. Gleich der erste
Choral: Hier liegt, vor deiner Majestät —
stehet im \ Takt: daraus entstehen, ausser
dem verfehlten Sinn, der, wie beym Choral
überhaupt, so hey diesem ganz besonders,
den C~takl verlaugt — die zweckwidrigsten
Sylbeudehmtngcn und die schlimmste Be-
handlung des Metrums. Der Verl", hätte
um- die eiste Sylbe im Auftakte (in Arsi)
nehmen sollen, wo dann jene Verstoss«
vermieden woideu wären. No. 2., Gott soll
gcpiiessu werden, hat zwey Melodieen, [de-
ren zweyle in jedem Betracht so ' vollkom-
men als Muster dienen ' kann , wie Choräle
nicht komponirt werden müssen , dasa ich
nicht umhin kann, sie ganz hierher Iza
setzen.
0
^s^-f-j-g-f r » . 1
Gott soU gepriesen
i l
deit i ha
— *-
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Et - den ,rz.t «od in E.wif>
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keit. l.ob.Kuhmundl'reijund Eh - re sei der Drti-eunig - keit ! die g*n-MW*U ver
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8*5
I80j. September,
816
t dei ne Herrlich. keit.
\ ' t
Klingt das nicht— diu Schulschhitzer jetzt
noch nicht erwähnt — als ob Gottes < rösse
durch triviale Tanzmusik in den Kirchen
verherrlicht werden solle? denn kanu nicht
jedermann nach dieser Musik walzen? Oder
kennet der Verfasser keine andere Weise,
Freudigkeit auszudrücken, und nimmt mit-
hin auch beym Ausdruck frommer, religiö-
ser Freudigkeit seine Zuflucht hierher? Auf
ähnliche Art könnten auch die Melodieen,
No. 5, 9, 17, 5i etc. zum Tanze verwen-
det werden J da andere, z. B. No. 5o, 54, 35,
5o, 73 elc ganz den Zuschnitt von gemei-
nen, trivialen Volke- und Liebesliedern ha-
ben.» Vielleicht glaubte der Komponist, der
Kraftlosigkeit und Armuth «einer Musik mit
durchgehenden Noten, Vorschlägen, melia-
matischen Figuren u. dgl., wovon er fast
überall so vieles angebracht hat, aufzuhel-
fen? Wenn ihn auch nicht ein richtigeres
Gefühl gelehrt hätte, dass dies alles hier-
her gar nicht gehört : so hätte er doch
wol, ehe er aich au seine Arbeit machte,
wenigstens die all er bekanntesten Schriftstel-
ler über seinen Gegenstand nachlesen und
sich von ihnen belehren lassen sollen ! Er
würde da, z. B. schon bey Sulzer, Artikel
Choral, gefunden haben:
Vornämlich tnuss man sich vor raelis-
matischen Anszierungen und Läufen
hüten, womit ungeschickte Organisten
dein Choralgesange aufzuhelfen glauben,
da sie ihn doch dadurch gänzlich ver-
Und wenn das den Organisten als Pflicht
vorzuhalten ist, wie vielmehr den Kompo-
nisten ? Sind die Schnörkel Erfindung von
jenem, dem ungeschickten: so wird ihn der
geschickte nicht nachahmen; sind sie aber
durch den Komponisten vorgeschrieben —
werden sie dann vom Organisten umgangen
werden, und überall, auch vom geschickte-
sten, umgongen werden können?
Obiges Beyspiel zeigt zugleich, dass der
Verfasser beyrn Gange (Flusse) seiner Me-
lodieen , auf unmusikalische Gemeinden, die
sie denn doch singen sollen, gar nicht Rück«
sieht genommen hat; und man findet auch
durch dss ganze Buch Sprünge von 6ten,
7inen, b*ven, ja sogar von umen, ismea!
Wenn diese von einer zahlreichen, gemischten»
für Musik nicht gebildeten Gesellschaft —
nicht herausgeschrieen, sondern gesungen, und
rein und anständig gesungen werden kön-
nen : so hat sich die Welt des Gesanges
umgekehrt; denn man weiss ja, dass dies
die Sache gar mancher , nicht gens unge-
übter Sänger von Profession eben nicht ist.
In diesem Betracht sey es mir auch erlaubt,
meine Zweifel bey der Behauptung des oben
angeführten Archivs (1 Bd., Stes Stück,
Intelligenzbl. S. 1.) zu äussern, wo es heisst,
alle diese Gesänge wären , bis auf das To
Deum, von einer ziemlichen Menge abge-
sungen worden, und zwar getren naeh den
Noten, ohne alle Fehler — diejenigen, setz'
ich hinzu, denn doch abgerechnet, dir;
wie ich hier beweise, im Buche selbst
Eine neue — Eigenheit dieser Choräle
sind die vielen Pausen aller Art — ganze,
halbe, Viertel-, sogar Achtel- Pausen j die
punktirten Noten , und die übermässigen
oder verminderten Intervallen — ( z. B,
No. 93.)
Di« häufigen Rosalien — was die etwms
derbe Konversationssprache der Musiker
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8i7
1805. September.
818
Scbusterflecken nennet — «ollen, cur Scho-
nung de« Raums, nur genannt, nicht weiter
nachgewiesen werden. AI« Seltenheit in
jenem, und noch «o manchem andern Be-
tracht, siehe aber noch diese Zeile aus der
io5len Molodie hier:
»reut
\Ot u. I. W.
wo also die christliche Gemeinde nach: war
ich, und nach: im Dienet — einstweilen
au pa usueii «o geneigt aeyn wird!
In Absicht auf Harmonie und Kunst der
Begleitung alle Fehler, oder auch nur alle
Gattungen derselben mit einigen Belegeu ,
anzuführen, wäre Zcitver«chwendung ; e« ha-
be also «ein Bewenden mit der Bemerkung
mehrerer der auffallendsten, sogenannten
Schulschnitzer, und aey zuvor nur noch er-
wähnt, da«« die Bezeichnung de« General-
basse« oft unrichtig, vornamlich aber achwer
cu übersehen ist, weil die Signaturen bald
über, bald unter, bald im Systeme der
Bissnoten selbst, au suchen «ind. Wir ge-
hen nur eine kleine Reihe, eud wieder nnr
ron vorne herein, durch: No. i. Syst. 5, 4,
Takt iG, 17, stehen offenbare Quinten;
No. a. Seile 2, Takt i3, »4, Oktaven in
der Gegenbewegung; No. 2. S. 3. T. 5 , 6,
offenbare Oktaven; No. 4. T. 18, reine
Quinten; No. 6, Seite 3, Takt 1, offen-
bare reine Quinten, und Takt 5. wieder
reine Quinten; No. 7. T. 1, 2, «fehl fol-
ge «der Satz:
Für diese Folge von vier unmittelbar auf
einander folgenden Quinten hat die musika-
lische Terminologie noch keine Benennung.
No. 7« Takt 9, tritt die Septime unvorbe-
reitet ein. No. 8. Takt 4, 9, 11, «lehen
Oktaven. No. 20. Takt 1, offenbare Okta-
ven. No. 23. Takt 3. offenbare Oktaven —
Doch . hoffentlich schon langst genug; und
nur noch, im Vorübergehen, ein einzige«
Beyspicl , das« der Verfasser auch malen
kaun in «einen Chorälen. No. 96. ist da«
Lied^:
O Je«n, wahrer Frömmigkeit
Vollkommenste« Exempel:
Herz, dem Vater
weiht etc.
Wa* Itsst «ich da besser« thnn, als da«
ganz geweiht auch durch ganze Takt-
Noten darzustellen? So hat es aber auch
un«er Komponist gemacht 1
dorn V«. t*r ganz ge - weiht a. >. w.
Unharmonische Queerstilnde, unrichtige Vor«
bereitungen und Auflösungen der Dissonan-
zen und dergl. sollen unerwähnt bleiben,
«ondern nur noch bemerkt werden, das«
sich der Ba«« meisten« nur in der jedesma-
ligen Tonika und Dominante hernmbewegt,
woran« die ermattendste Monotonie entstehen
muss. Uebrigeus stehen die Choräle «ammt-
licb nnr im Diskant und Bas«, wodurch
eine reine, viersiimmige Begleitung vielen
OiganiMan erschwert werden würde, wenn
diese nicht durch die Fehlerhaftigkeit des
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8^9
1805. September.
Basses und der Signaturen selbst, auch dem
geschicktesten , ohnehin schon unmöglich ge-
macht wüte.
Hütte der Verfasser doch , statt solcher
Choräle , lieber eine Sammlung Mu.rk.is
herausgegeben ! Ich hielt es für Pflicht,
diejenigen, die hier ein durchgreifendes
Wort su sprechen haben, auf die Beschaf-
fenheit des Werks aufmerksam zu mache u
i— deön ich ehre die öffentlichen Anstallen
für Religion und Gottes Verehrung, und ehre
auch die Kunst, und weiss, wie viel die
einen durch die andere, so wie diese durch
jene, gewinnen köunen. Sollte der Kom-
ponist mit dieser meiner Anzeige seines
Werks unzufrieden seyu, so stehe ich ihm
mit einem noch weil reichhaltigem Ver-
zeichnis» seiner Fehler au Dienste. Ich
kenne ihn nicht, will ihn auch nicht kennen
lernen: mich gehet nicht die Person, son-
dern die gute Sache an ; und um diese <u
fördern, gehört auch dazu, dass man auf
die schlechte Sache aufmerksam mache.
besonders wenn sie leicht für die
no turnen werden könnte! —
gute ge-
Kottz AmitcE.
Stchs IJedtr mit Begleitung des Klaviers oder
der Gtätarre, seinem Freund« J. D. Lang
gewidmet von J. Aman. JSSIts Wtrk.
Ottenbach, bey Joh. Andre. (Pr. 1 Fl.
5o Xr.)
Hat Hr. Amon diese Lieder komponirt
und auch gedichtet? Fast scheint es so:
•ie sind nicht bekaunt und kein Dichter ist
angegeben. Verse und Musik sind nicht
820
*
übel, aber auch wirbt ausgezeichnet, am
wenigsten durch Originalität. Der Dichter
scheint Höltjr, der Musiker violleicht Ster-
kel zunächst vor Augen gehabt au haben.
Die Melodieen sind fliessend und au den
Texten passend, doch meistens etwas ver-
braucht; die Harmonie ist, besonders wol
der Guitarre wegen, sehr beschränkt, wes-
halb, sich auch die Lieder besser mit dieser,
als mit Klavierbegleitung ausnehmen, und
die Worte der Texte sind ziemlich richtig
behandelt.
A K E
* n O T B.
Jedermann weiss, dass in dem so sehr
— frommen London des Sunnlags Leine
Art öffentlicher Vergnügungen, keine Schau-
spiele, Konzerte und dergl. seyn dürfen;
jedermann weiss auch, dass man dort, durch
Zurücken der Stunden, des Abends za
Mittag, «m Mitternacht au Abend speiset.
Es ist {est gewöhnlicher, als sonst, bey
freundschaillicheu Abcndxii kelu Meine Kon-
zerte zu geben, und man halte den Sonntag
nicht ausnehmen au müssen geglaubt. Da
erschien eine geistliche Ermahnung des Erkv-
biscboܫ, mit Musik nicht den Tag de*
Herrn au entweihen — doch war aie rechl
höflich abgefasst; man erklärte sich dagegen
eben so höflich, es solle dies künftig nicht
geschehen, und au dem Ende würden diese
Konzerle etwa eine Stunde später angefan-
gen werden, weil alsdann — der Tag des
Herrn vorüber wäre.
—
LxtrSIO, »ET BKBITKOrr III tl».TEt.
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ALLGEMEINE
MUSIKALISCHE ZEITUNG.
KnT
Den 25 ten September. N=. C)2. 1805,
Recensiqxen.
U Steh* Canzonttttn, ein Duttt, ein Terzttf,
und ein Quartett, (italienisch und deutsch)
mit Begleitung des Piano/orte t von P. Win-
ter, Kurpfalzbayrischem Kapellmeister. Op. i?.
(Pr. 16 Gr.)
9. Neun Canzonetttn, (ital. und deutsch') mit
Begleitut% des Pianoforte, von P. Winter —
Op. 16. (Pr. 1 Thlr.)
5. Brey Cantatinen, (ital. und deutsch) mit Be-
gleitung du Pianoforte, von P. Winter —
Op. r5. (Pr. 1 Thlr.)
Sämmtlich schön gedruckt, bey Breilkopf
und Härtel in Leipzig.
Der berühmte Verfasser schrieb diese klei-
nen Gesäuge säniintlich, oder doch grössten-
teils, während seines Aufenthalts in Paris
nnd London vor einigen Jahren. Sie ver-
dienten allerdings gesammlet tu werden;
nnd wenn sie, wie das ohnehin kaum an«
üers seyn kann, von sehr verschiedenem
[Werthe sind , so finden sich doch mehrere
ganz vorzügliche Stücke darunter, und kei-
nes, dessen sich dieser treffliche Künstler
geradezu zu schämen hätte. Dass sich diese
Gesänge meistens durch richtigen Ausdruck,
Grazie, fliessende, gefällige Melodie, ein-
fache , aber nicht gemeine Begleitung aus-
zeichnen, erwartet man von Winter, dessen
Schreibart aus seinen frühe», mit Recht so
beliebten Werken bekannt ist, auch ohne
nn sre Versi cherung. Damit die Leser dieser
7. Jahrs.
Zeitung auch erfahren, was sie im Einzel-
nen hier zu erwarten haben, wollen wir die
Werkchen stückweise kurz durchgehen. Eino
Hauptrücksicht verdient da bey der deut-
sche Text, der nicht eigentlich Übersetzung,
öfters auch nicht einmal Benutzung des
Italienischen ist, sondern offenbar von einem
ausgezeichneten Dichter, der zugleich Ken-
ner der Tonkunst und erfahrner Sänger ist,
herrührt, und welcher aus Liebe sich mit
diesen artigen Kleinigkeiten beschäftigt zu
haben scheint, -so dass öfters (besonders in
No. 2.) etwas weit bedeutenderes aus dem
deutschen Gedicht geworden, als das Origi-
nal ist. Nur wo jene bekannte verliebte
Plauderey und Galanterie im Italienischen
spricht, bleibt auch dieser Deutsche, wie fast
alle, besonders wenn man die Worte sin et,
zurück.
1. Die erste nnd zweyle Kanzonctte sind
artig, doch nicht ausgezeichnet; die dritte ist
unbeträchtlich, die vierte aber vortrefflich,
und, ohne im geringsten überladen zu seyn
oder sonst gegen die Gattung zu Verstössen,
kunstreich und sehr anziehend ausgeführt.
(In dem schönen und auch vollkommen an-
gepnssten deutschen Texte, ist S. 5. wol zu -
lesen : Düstere Schatten stummer Nächte,
seyd willkommen!) Gegen diese fallen die
fünfte und sechste Kanzonette in der Musik
beträchtlich ab; das kleine Duett ist aber
wieder sehr niedlich und fein, das Trio
ziemlich angenehm und das Quartelt et-
was oberflächlich , doch nicht unange-
nehm zu hören. — Weit höher stehet,
5a
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8*3
1805. September.
824
und weit mehr ist in jedem Betracht auszu-
zeichnen
2. die Sammlung] der neun Kanzonet-
len, unter denen nur einige nicht eben vor*
zügliche sind. Gleich die erste ist ein
wirklich ailaaea, und die sanfte Fröhlichkeit
und tändelnde Verliebtheit gleichsam leben-
dig hinstellendes Dosenstiick ; die zweyle ist
nicht ausgezeichnet J die dritte ist mehr ein
Andantt.
eigentliches deutsches Lied, denn eine ita-
lienische Kanzonette , aber als solches sehr
schön, und wirklich, wie nur ein Meisler
schreiben kann. Da es zugleich das kürze-
ste unter allen Stücken ist, können wir uns
nicht enthalten, es ganz zu geben, als Pro-
be von Musik und Text. Vom letzten las-
sen wir jedoch, den Raum zu schonen, nur
den deutschen ganz abdrucken: der italieni-
sche hat mehr Strophen, als dieser.
" f-B— "*r • -»T- •-- © ** 1
p r * 1 r— * ir-' i «
Af-fa-m - 10 mie ptn-titr, dim-mi
Dürft ein Ml - ie§ Wortehen nur ich von
^u] |i n,i ,frf n-ir^rn
^1 " a — '■
^S.- ijt ^ö . L-|S '■ V 1
pa - er um toi mo - tuen - to ,
ih- rem Mund'er.Ua-ichen i dUrft'ich lul-gen ih-rer
Im tom-tigC il gim-tlo i 0 vtr , rqut-sto eil ittio tor-mtm-to . mm tni
Spur: nicht mit Gittern wollt* ich t.iuichen ! Ach voll
5 UV S^^gfe ^^^S ^^r^^l
dir, iTnbban- dt - rar, cht ml tlrmg - gt dt dt - slr. Ma con-ti - giia-mia imo-rir t i-.Un-
heis-jfr Sehnsucht jchl.'igt ihr mein treues Her/, be - wegt 1 doch ge-heim, in tie - fer Kruft, glüht il>e
31
hst.
i
tiir Ii sin
un go - ftiJI
/9.
te Luft.
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3S
J J.
Google
825
a. Dürft' ich einmal, einmal nur
Ihres Auge* Lächeln sehen;
Dürft« ich auf der Roseoflur,
Leiser Zephyr, tie umwehen!
Ach »dl heisser Sehnsucht schläft ete.
3. Dürft* ich mit der Saiten Klang
Einmal, was ich fuhlo, nennen,
Und im schmelzenden Gesang
Meinen stillen Schmerz bekennen!
Ach voll heisser Sehoiucht schlägt etc.
Sollten manche die«« Musik denn doch
ein wenig zu künstlich finden, so müssen
wir hinzusetzen, das« die» bey den übrigen
Stücken nicht der- Fall seyn würde. Die
• vierte Kanzonette ist «ehr niedlich, doch
weniger originell, all die vorige, und der^
an »ich wieder «ehr gute deutsche Text
denn doch hier etwa« au ernsthaft genom-
men; die fünfte ist ein gelungene« Seiten-
stürk zur vierten ; die sechste ist nicht
übel, lässt aber nach folgendem Ritornell
mehr erwarten :
Andantt.
Die siebente ist ein artiges, kleines Rondo,
wo der deutsche Dichter dio Hauptideen des
Märchens von Louise Brachmann im ersten
Heft des Journals deutscher Frauen aufge-
nommen und sehr gut — für eine Unterle-
gung unter schon fertige Musik, ganz aus-
gezeichnet schön, doch aber für diese Mu-
sik auch fast all zu bedeutsam ausgeführt hat.
Man höre ihn selbst t
826
1. Sagt, wo iat daa Glück, zu finden
Und de» Lebens höchstes Looa ?
Wohnt es in der Erda Gründen?,
Birgt es der verborgne Schoos?
Trüglich ist der Glans der Erdt,
Und sie salbst des Lebens Grab:
Nur die Müh' und dio Beschwerde
Ringt der Mensch dem Ird'schen ab!
s. Wohnt es in den blaaen Wogen,
In des Meeres tiefem Schlund ?
Strömt es von dem Himmelskogea
Nieder auf der Erde Grund?
In den Wassern herrscht das Grauen j
Feindlich ist das tiefe Meer :
Nkht den Wolken darfst du trauen,
Flattern wechselnd hin und her!
3. Aber in de» Feuers Flammen,
Zahmst du die gewalt'ge Gluth,
Wohnen Lieb* und Licht beysammea
Und der freye Lebensmuth l
Ehrt des Feuers heil'ge Spuren!
Feuer nährt die Iiimmelskraft,
Dio im Kreise der Naturen
Alles halt und alles schafft 1
Da« ist freylich dem ehraamen Italiener
mit seinem ewigen : Vienni amore etc. in
seinem Leben nicht beygekommen ! Di«
achte Kanzonnelte ist nicht übel, und die
neunte mehr dem dramatischen, in der Aus-
führung , «ich nähernd, und als solche«
Stück — - wenn nicht ausgezeichnet, doch
gewiss interessant.
5. Die drey kleinen Kantaten endlich
sind ein sehr schätzbares Geschenk an alle,
die einfachen, ausdrucksvollen, graziösen,
aber auch schon kunstmässigern Gesang lie-
hen und üben. Die Kantaten haben, ausser
der obligaten Begleitung des Pianoforte, noch
die, einer obligaten, und gemeiniglich mit
jenem gut alternirenden, geschickt verschlun-
genen Flöte — was auf dem Titel angege-
ben seyn sollte. Uebrigens sind sie alle für
eine Sopranstimme, doch nur von so massi-
gem Umfang, das« sie auch der Tenor sehr
gut, und allenfalls der Baritono, erreichen
kann. Auch diese drey Stücke sind von
1805. September.
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827
1805. September.
828
verschiednem innern Gehalt und Kunstwerlh,
aber keines ist Winters unwürdig. Das er-
ste fangt mit einem, als Rondo behandelten,
und nicht hervorstechenden Andanlino, (Ma-
jore, Minore, Majore), das aber schicklicher
Allegretlo hiess, an; ein kleines Recitativ
mit Begleitung folgt, und nun beschließt
ein munteres Andantino, das ungemein ar-
tig, schalkhaft und nett ist. üas Ganze
macht wenig Ansprüche, erfüllt aber diese
•ehr gut Dagegen tritt die zweyle Kantate
gleich bedeutender und durchgreifender mit
einem Allegro smanioso con espressione —
was man einfacher Agitato nennet — auf,
und recht schön und innig beginnet auch
hier der deutsche Dichter, den italienischen
hinter sich lassend :
ich kann e», ich kann es (»o »telu e*
gant auch in der Mtuik) nicht tragen !
Gefilden , den Wäldern und Anen,
Und hinan in Jie Luft will ich« klagen elc.
wobey die herrschende Figur der Flöte, die
sanfter klagt und sich an die Sicgstimuie,
mit ihr ollcrnirend, gegen das unruhigere
Accotnpngnement des Pianoforle, anschlieast,
«inen schönen Effekt macht. Ein einfach
vom Pianoforte > begleitetes , aber geistreich
nnd gefühlvoll geschriebenes Recitativ folgt.
Beschlösse nun, statt des freylich nicht üblen,
aber für dies vorhergegangene offenbar zu
flüchtigen, zu tändelnden Allcgro, ein hei-
trer, aber herzlicherer, nachdrücklicherer
Satz : so gehörte diese kleine Kantale zu
den 8 ehr wenigen ganz vorzüglichen, die
wir deutschen Komponisten verdanken , und
könnte neben Haydns Ariadne ohne allen
Nachtheil genossen werden. Die drille
Kanlatine ist ganz komisch, und in dieser
Gattung recht gut gehalten. Der erste Salz
ist fast ganz Anglaise, zum Theil pikant be-
gleitet j und nach einigen Zeilen Recitaliv
folgt ein gesungener, possirl icher, und mit
kleinen lustigen Zwischensätzen ausgeführter
Landerer, der vieles von der echten Wiener
Weise, diese Tänze zn schreiben, bat —
so etwas Seliges, das sich nicht wohl wei-
ter beschreiben lässt! Das Ganzo ist ein
Spas, und als solcher recht gutr hier rnuss
man aber Italienisch singen, denn das Deut-
sche ist an sich schon zu so etwas nicht so
wirksam, und besonders sind die hier unter-
gelegten Worte den Absichten des Musikers
nicht überall günstig.
Schade, dasa der Druck nicht eben so
feblerfrey ist, als schön ! Doch iindel und
verbesseit man die Fehler leicht, weswegen
wir mit deren Aufzahlung den Raum nicht
wegnehmen wollen..
Musikalisch* Erstlinge in zwölf Ludern am
Kiavitr, bearbeitet und (meltrem Damen")
zugeeignet von Wilhelm Scheibler Ks. Sohn.
Auf Kosten des Verfassers. (In Kommis-
sion bey Marlini in Leipzig).
Ree. kennet wenig musikalische «Werke,
worin die seltsame Amalgamation des ech-
ten, schonen Sinnes für die Kunst mit gro-
ben Verstössen gegen alles, was Regel heisst
und Regel will, in dem Maasse verbunden
wäre, als in diesem. Alles scheint ihn
darauf hinzuweisen, der Verfasser sey ein
Avlodidaklos, von Kopf, und von Talent
und Eifer für die Kunst, de* sich aber gar
nicht um das bekümmert habe, was man im
höhern und niedern Siune Schule nennet.
Indem man jenes hier mit Achtung und
Aufmunterung auerkennt, bewegt man ihn
vielleicht, sich nun auch mit diesem zu be-
schäftigen, (was aber freylich halte gesche-
hen sollen, ehe er ins Publikum hervor-
trat,) und dann würde er wahrscheinlich
mit der Zeit otwas Vorzügliches liefern.
Darum finde auch eine nähere Bezeichnung
dieser seiner Lieder hier Pietz.
Das Trinklied No. i. ist dem Text an-
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829
1805. September.
830
gemessen, kräftig, munter , nachdrücklich—»
kurz, recht gut, bi« auf die .Stelle, Syst. a.
Takt 5 — 6, die fast gänzlich entlehnt ist.
No. 3. iat , bis auf die recitalivische Be-
handlung ciaiger Zeilen, von welcher mau
keinen genügenden Grund absiebet, wahr-
haft lobenswerlh, und giebt den Geist und
Sinn des Dichters so l reffend in Tönen*
dass diess einzige Stück für das . Talent
des Verfassers bürgen könnte. No. 3. ist
nicht so hervorstechend — wozu auch das
Gedicht keine Veranlassung gab; aber, wie
dies, der angenehme Erguss einer fröhlichen
Seele. Die leichte Varhrung des Pianqforle
bey der dritten Strophe macht einen gefälli-
gen Eindruck. Nu. 4., das so oft kompo-
nirte : Das Grab ist lief und stille — ist
nicht übel, aber, ungeachtet des Anscheins
von Simplicitat, doch cu gesucht; auch ste-
hen die Summen in keinem guten Verbalt-
niss su einander- - Es folgt eine sweyte,
weit mehr figurirte Musik zu demselben
Gedicht, mit der seltsamen Ueberschrift s
Mit besonderer Hinsicht für Leser Jean
Paul's. Siehe Hundsposttage, ,5tcs lieft,
S. 209. (Der Komponist hat in Ueberschrif-
ten überhaupt etwas gelhan I ) Was soll das
heiasen ? Für Menschen , die die citirte
Stelle eben gelesen haben? oder überhaupt:
für Menschen von viel Phantasie und
schwärmerischem Gefühl ? Dem sey wie
ihm wolle : es ist zu gestehen, die. Musik
ist iunig und rührend. Sie seist aber,
'da ihr Wesentliches in den Vortrag, < der
hier mehr veranlassend angedeutet wordeu,
gesetzt ist, die rechte Stimmung schon vor-
aus; und deswegen ist wol aurh jene Stelle
suvor angeführt worden!, Aber eben dieses
sein Produkt hat der Komponist ,durch eine
Menge unverxeihiieher Verstösse — nicht
nur gegen Grammatik, sondern auch gegen
Geschmack und das nur eiiiigermaassen ge-
bildete Ohr, schlimm entstellt! Wir wol-
len ihn nur auf einige verweisen : S. 7.
Syst. 3. Takt 5, müsste die . letzte Note der
Singstimme und.- müssten die swey letzten
der rechten Hand eis seyn; S. 8. Z. 1.,
müssten die letzten Noten der rechten Hand
Iis uud h hei&sen etc. Die Maynacht S. 9.
ist sehr gut gedacht, und auch nicht übel aus-
geführt, bis — wunderlich ! — zugleich mit
der letzten Strophe plö.tzlich Verirrungen
über Verirrungen eintreten — - wo z. B.
S. 12. Takt 3,4, in der Singstimme kaum
zu ertragen ist, uud nun vollends das Ac-
compagneraent , wenn nun ja jener Ausgang
gemacht werden sollte, wenigstens ganz
anders verlegt werden musste — des häss-
Ijchcn doppelten a, Syst. 2., letzten Noten,
(und dreymai!) noch nicht zu gedenken!
So ist auch das Lied S. i5., was den Cha-
rakter im Ganzen anlangt, ganz richtig auf-
gefasst und wiedergegeben; was ist aber zu
Stellen, wie s. B. im Bass, das gis der er-
sten«, der Gang zu Anfang der letzten Zeile,
zu sagen ? Schjüers Würde der Frauen ist
missglückt, uud auch die übrigen Lieder
haben nur wetiige gelungene Stellen , den
Choral ;S. 18. abgerechnet, der, wenn ni cht
ausgezeichnet, doch da Beweiss ist, dass
der Verf. auch in dieser Gattung etwas Gu-
te« liefern kann, wenn e>r unsern wolliger
meinten JElath befolgen, und sich, oder we-
nigstens seine Arbeiten, vor deren Bekannt-
machung, einem geschickten und gründlichen
Musiker anvertrauen will.
1. Armida, Dramma, eoa musiea di
Righinl, matstro di Capella di S. M. Prus-
siana. Q Klavierauszug, mit italienischem
und deutschem Text; erster Heft, enthaltend
den ersten, zweyter Heft, enthaltend den
zweyten Akt, jeder 2 Thlr. 12 Gr.)
2. La Silva incantata, (der Zauberwald) und
Genufafemme Uber ata t (das befreyete Jerusa-
lem) beyde Opern ebenfalls von Righini, eben-
falls italienisch und deutsch, jede in einem
Hefte zu 2 Thlr. ; der Klavierauszug vom
Musikdirektor Bierey. Sämmlüch im Ver-
0.
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831 1805. Se
Ug von Breitkopf and Hirtel, 'schön ge-
druckt.
Des Hrn. Kapeltmeisters Righini grosse
Opern, Lieblingswerke deren, die einen
schönen, ausdrucksvollen, echt italienischen
Gesang, möglichst mit deutscher Kunst uod
Kraft verbunden, achten und lieben« wer-
den, wie nun einmal jetzt unsre Opernthea-
ter und deren Verhältnisse sind, nur beym
ßcrliuer Karneval, und auch da nur selten
gehört, abgerechnet, dass vorzügliche Sin-
ger ihre Konzerle zuweilen mit einzelnen
Stücken aus diesen Werken bereichern und
ausschmücken. Die Bekanntmachung der
obengenannten, in jedem Betracht vorzügli-
chen Werke wird demnach, anch ohne alle
besondere Empfehlung, deren sie nirgends
bedürfen, und ohne ganz ausführliche Kritik,
die man sich bey .Anzeige der Auszüge
nicht erlauben darf, unstreitig Dank, Bey-
fall nnd sattsame Unterstützung Coden» und
Niemand, der weiss, was Singen, im hö-
here, konstgeraässen Sinne des Worts, ist,
oder wol gar es selbst Übt, wird diese
Werke unter seinen ausgewählten Vor-
räthen missen wollen. Wir beguiigen uns
deshalb mit einigen allgemeinen Anmerkun-
gen über diese Auszüge und deren Privat-
gebraueb, gewiss, es bedürfe nichts weiter, um
allgemeine Aufmerksamkeit darauf zu erregen.
Die Armida schrieb Righini nooh in
Mainz. Sie wurde kurz vor der Revolution
mit glänzendem Bey fall dort aufgeführt.
Doch ist sie weit weniger Theater-, als*
Konzert- Musik; als solche aber meisterhaft,
und eben darum zum Privat- und theilwei-
sen Gebrauch um so mehr geeignet, beson-
ders da sie nur drey grosse Soloparlieen
hat. Bey solchem Gebrauch am Piaooforte
zeichnen sich nun durch die schönste Wir-'
kung, unsrer öftern Erfahrung nach, vor-
nehmlich folgende Stücke aus: Erster
Akt: die Pracht- und Anmuth - volle
Overtara ; aus den eingestreuten Belleten,
iie Sätze S. 39 folgg., 47 foigg., 77 folgg.j
ptember. 832
in den Gesängen, die feurige, körnige Bra-
vourarie S. 5i folgg., und die grosse, aua
vielen Sätzen bestehende Meislerscene S. 56
folgg., wo das herrliche Duett glänzt;
zweyter Akt: Gleich die ganze erste,
ebenfalls aus mehrern ausgeführten Stücken
bestehende Scene, bis tum Schluss der bril-
lanten Bravourarie, (aus welcher man jetzt
nur die Hornsätzcheu wegwünschen wird;)
die vortreffliche Arie S. ai folgg., das mei-
sterhafte Terzett S. 29 folgg.*, mit seinem,
schönen, ausdrucksvollen Gesang, und der
kunstreichen Verwebung seiner verschiede-
nen Tai-tieen ; nnd im Ballet , die ganze
grosse Pantomime mit kurzen eingemischten
Recitativen, Chören etc. S. 54, bis zu En-,
de des Ganzen. — Die deutsche Überle-
gung üt gut gelungen , aowol was den
Geist, als was die Sprache und das Anpas-
sen unter die Musik betrifft; der Auszug
ist, wie jeder seyn soll — alle Hauptsachen
des Ganzen enthaltend nnd doch spielbar.
In No. 3. und 5. sind verschiedene Kn-
sembles, die ein so zahlreiches Personale
an Sängern verlangen, dass sie beym Pia-*
noforte kaum noch brauchbar blieben, und
wodurch der Preis sehr vert heuert worden
wäre, weggelassen worden — was sucht
darum um so zweckmässiger geschehen
konnte, da diese Scenen (so wie die ganzen
Opern) mehr theatralische, anf Effekte,
von der Bühne berechnete, Musik haben,
als Armida. Bekanntlich sind diese zwey,
im Verhaltniss zu einander stehenden, und'
in Berlin vor einigen Jahren auch zusain-
men aufgeführten Werke die neuesten, die
die Welt Righinhi aus dieser Cattung ver-
dankt ; sie würden den Aufmerksamen dies
auch schon selbst lehren, wenn er nicht
historisch' davon unterrichtet wäre, denn sie
zeigen unverkennbar, durch mehrere Frisch-
heit, Fülle, Gedrängtheit, kräftigern Schwung
etc., wie der Komponist mit der Zeit fort-
gegangen ist und neben den Besten unver-
rückt seinen Stand zu halten gewusst hat.
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833
r - fSoj. September,
834
Wir berühren auch hier nur kurz, was itn
Auszuge und bey der Ausführung vor dem
Piauoforle uns vorzüglich bemerkenswert
■cheiul.
Im Zauberwald mag die Overtara
und darauf folgende grosse Einleitung, bey
vollem Orcheslre, lebhafter Handlung, Fracht
der Dekorationen etc. von ausgezeichneter
Wirkung seyo; beyra Pianoforte verliert sie
nicht wenig. Sehr lieblich gehet aber hier
das Duett S. 16 folgg., und prächtig, die
kurze, pathetische Scene für die tiefe Basi-
slimrae (ursprünglich Fischers in Berlin)
S. 22 folgg. hervor. Ueberhaupt ist diese
tiefe Basspartie ein Vorzug, den diese Opern
vor ;der Armida haben. Einen trefflichen
Genuas gewahrt ferner die grosse ■ Pantomi-
me, mit abwechselndem Gesang, die mit
•dem herrlichen Duelt eudigel, S. 27 —58.;
-die kurze, aber ausdrucksvolle Cbarakler-
arie, S. 42 fulgg.; das wahrhaft meisterliche,
weit und gross ausgeführte Terzelt, S. 47
folgg., wo bey so vieler Kunst und reicher
Begleitung doch alles fasslich und leicht,
überall ungezwungener Gesaug, und dieser
die Hauptsache ist; und endlicb S. 69 fulgg.
der feyerliche Schwur mit dein wechselnden
Chore.
Im befreyeten Jerusalem ziehet,
auch im Auszuge, gleich vorn die ganze,
originelle Iulrodaktion, bis S. 10., sehr an;
alles, was auch durch diese ganze Oper der
tiefen Bassstimme gegeben worden, macht
den beabsichtigten imposanten, energischen
Effekt; ganz ungemein schön wirkt, wegen
der Verbindung italienischen Reizes mit
deutscher Kraft, der zarten Melodie mit be-
deutender Harmonie, die Scene S. 25 folgg.,
das allerliebste Ballet, S. 4o folgg., und
endlich das berühmte Quartett, S. 55 folgg.,
die Krone von allem, was hier im Auszuge
gegeben worden.
Der deutsche Text ist in No. 2. und 3.,
was die Poesie anlangt, sehr wohl gerathen,
und nicht seilen mehr werlh, alz das Origi-
nal; er ist aber zuweilen nicht so siugbar,
alz dies , schUesst sich wenigstens nicht
überall so leicht an die Musik. Der Aus-
zug ist, wie man von der Geschicklichkeit
und dem Fleisse des Hrn. Bierey
erwartet, untadelhaft.
Noch tin Wort übtr Erxithung für Musik.
Genau genommen zollte die allgemeine
musikalische Bildung des Menschen schon in
seinen ersten Lebensjahren anheben. Das
Ohr rauss pich — oft noch unbewusst —
an Harmouie und Ton gewöhnen. Diejeni-
ge Kinderfrau, welche eine liebliche Sprach«
und etwas Anlage und Uebung im Gesänge
besitzt, hat einen grossen Vorzug vor einer
andern, der diese Eigenschaften mangeln.
Fast möchte ich auch behaupten, dazs der
Mensch, welcher (auch ohne weitere Bildung,
als die die Mutier .Natur gab) gefühlvoll singt,
nicht von Grunde aus böse seyn kann: eine
solche musikalische Kiudoifiau wäre daher
um so mehr zu empfehlen. Sie mag ihren
Kleinen einfache, liebliche Lieder kunstlos*
hersingen , und sie wird nicht nur ihr Völk-
chen aufheitern, sondern auch unvermerkt
den Keim zur künftigen musikalischen Bil-
dung legen. Ich spreche nämlich hier von
der Bildung, welche jeder Mensch — Mu-
siker oder nicht — als Mensch haben sollte.
Diese besteht vorzüglich in einem gewissen
Takte und Sinn für alles Schöne der Musik,
in der Fähigkeit die Heize derselben zu füh-
len, und in einiger Uebung der Stimme. Ich
wünschte daher, dass man eigentliche
Kinderkoiizerte, theiJs für, theils von
Kindern veranstalten möchte, um jene all-
gemeine Bildung durch dieselbe zu begründen.
Hier wäre nun freylich nicht der Zweck, dass
etwa die Kleinen auf einem Instrumente etwas
mit Mühe beiklappern oder irgend eine bunt
brodirte Arie herkeuchen sollten; sondern ei-
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1805. September.
836
gends dazu verfertigte Kinderlieder— * I scmack abgewinnen J gewönnen aich eben des-
einfach im Gesang und Sinn — abzusingen,
wozu ein Erwachsener auf einem Instrumente
begleiten könnte. Volkslieder würden hier, wenn
der Text für das Kindeaaltcr nicht unpassend
wäre, am rechten Platze seyn. Sie würden
aich der Jugend früh einprägen und so das
ganze Leben im Gedächtnisse b^iben. Dieas
dürfte ein nicht unwichtiger Anfang zur allge-
meinen Einführung von Nationalgesängen
aeyn, woran es uns Deutschen, leider! mangelt.
Ein gutes Forlepiano, eine Flöte, eine Klari-
uelte oder ein Waldborn scheinen mir zu der
nolhwendig ach wachen und simpeln Be-
gleitung hinlänglich. Ungeachtet dieser Siin-
plicilät möchte es doch einem Virtuosen keine
Schande machen, solche Kleinigkeiten tu be-
gleiten, da hier gerade ein gewisse! Etwas er-
fordert wird, welches tiefes Gefühl nnd rtifea
Studium voraussetzt. — Besonders angenehm
aind für mich zur Begleitung solcher Gesän-
ge die Klarinette und das Waldhorn. Letzte-
res hat so etwas Romantisches , welches die
Seele unwillkürlich ergreift und recht gut, zum
Volkacharakter 'passt. — Diese Konzerte
bestimme ich in der Regel für Kinder un-
ter 12 Jahren; ausser der Regel .'für Je«
-'den, der tm~ musikalischer Bildung ein Kind
ist.— Jedoch dürfte man bey diesen kleinen—
quasi - Konzerten die F«hlei* unserer grössern
nicht nachahmen , und immer etwas Neues
"hören wollen. Nein! ein Gesang mnss oft,
'gehr oft — an verschiedenen Tagen — ge-
sungen werden , wenn er wirklich vergnügen
und nützen" soll.
Die Kinder sind in h uqsern grössern Kon-
zerten gar nichts nütze; - ' Sie verstehen nichts
von der Musfk, kennen ihr folglich keinen Ge.
wegen an Unachtsamkeit ; nebenbey lernen sie
wol gar allerhand einfältige Urlheile auf-
schnappen, und um sich ein Air zu geben, sie
wiedererzählen. Das Meer von Harmonieen,
welche dem Obre zuströmen, betäubt es, aber
lä«st sie sich nichts bewusst werden, gemessen
und behalten. — Gerade wenn man Kinder
recht methodisch für die Musik im Allgemei-
nen bildete, würden sie weit fähiger werden,
die grössern Konzerte in der Felge mit Nutzen
zu besuchen.
Sollten erwachsene Menschen sich bey jenen
Kinderkonzerten ennuyiren, ao dürfen aie des-
wegen nicht glauben, es sey auch bey den
Kindern der Fall. Es kann uns etwaa lang-
weilig und einförmig scheinen, was es doch
dem ungebildeten Menschen und* dem Kinde
nicht ist. Den Beweis hierzu giebt eine Men-
ge von Volksliedern , welche einen allgemei-
nen Nationalenthusiasmus hervorbrachten, z. B.
der Kuhreigen u. dgl. — und die doch dem
an höhere Musik gewöhnten Ohre höchst lang-
weilig sind.
Alles dieses sollen nur ein paar Worte
•eyn, um vielleicht* Pädagogen und Musiker
Zugleich an eine Idee zu erinnern, welche in
meinen Augen nicht unwichtig ist.
-:• Friedrich Guthmann.
Es wird dem Veffis^.pr, so wie den Lesern, welch«
ihm Hejfa!l geben, erfreulich sejn , zn erfahren , das«
die hier gemusterten Wünsche wirklich schon an mthrem
Orten Deutschlands nicht übel erfüllet werden. Es soll
darüber u;ich»toiu weiter in diesen Blättern gesprochen
werden, und kitiigo über ein Institut, wio es der
Verfasser '.vüntrhl, findet sich schon S. 633. dieses Jahr-
gangs ron Hrn. En^etmann , dem Stifter eines Kinder-
konzerls in Frankfurt am Majn. rf. Redakt.
Der siebente Jahrgang unsrer Zeituttg schliesst aich mit diesem Stück, zu welchem
Register und Titelblatt, letzteres mit Joseph Haydns Portrait, als Vignette, geliefert wer-
den. Der achte Jahrgang folgt ununterbrochen. Wirvund die Verlagshandlung werden
thun, waa wir vermögen, um ihn so gut auszustatten, dass er wenigstens dieselbe
Zufriedenheit verdiene,, womit das Publikum die bisherigen aufgenommen hat.
Die Redaktion.
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Lmrito, ist lumtori im alttn,
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