Skip to main content

Full text of "Allgemeine musikalische Zeitung"

See other formats


Allgemeine 
musikalische Zeitung 




J//y. J?la*. %*Y. Mi /r. 



iWdfc.'Ä--. .'*ä 



)igitized by Google 



Digitized by Google 



Digitized by Google 



Digijized by Google 



ALLGEMEINE 

MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



SIEBENTER JAHRGANG 
vom 3. Oktober 1804 bis 25. September 1805. 




Leipzig, 

h c y Bveitkopf und Härtel. 



Zu ditstm Jahrgang kommen. ? musikalische Beylagcn t 6 Kupftrtoftln und t+ InttUigcnzblätter: 



Digitized by 



Google 



INHALT 

siebenten Jahrgangs 

der 

Allgemeinen Musikalischen Zeitung. 



J. Theoretische Aufsätze. 

C. , Charakteristik dar deutschen, italienischen und 
französischen Mu>ik. Seite 149. 

Ernst, über den Bau der Geige. 49. 

Garber, über dio Eigenheiten der hantigen Kompo- 
nisten. 571. 

Gleichmann, nochmalige Untersuchung über da* 
Mitklingen de* tiefern Toni etc. 377. 

t. Göthe, über Musik. 54o. 

Nach Göthe, Wahrheit und Wahrscheinlichkeit. 789. 
Gut hm an n, mu»ikali»che Gedächtnisskunst. 18t. 
<— über Vortrag und Ausdruck. 5*5. 

— über Abweichen vom Takte. 347. 

— musikalische VieJlhuerey 718» 
— — Expektorationen. 773. 

Hohnbaum, einige Gedanken tu ainer Erfahrung. 

i33. 

— über den Geist der heutigen Setzkunst, 397. 
L. , über Volksgesang. 33. 

Michaeli«, über frühe musikalische Bildung. 117. 

— gegen einen Aufsatz der pädagogischen Biblio- 
thek. »9. 

— über Kirchenkantate und Oratorium. 46i. 491. 

— Berichtigung irriger Begriffe rom Musikunterricht. 
601. 

Schreiber, Aphorismen. 8t« 

Tolev, über Musik beym Schauspiel. 8o5. 

Ungenannter, Über Orgelu und Orgelspieler, 34i. 

— über Musik als Sache de* Staats. 665. 
W. , über da* Stimmen dea Piauoforte. 617. 



IL Historische Aufsätze. 



Tilesius, über Nationalgetange und Tänze 
dalischer Völkerschaften, Seite 261. 

Ungenannter , Zustand der Musik in der Schweiz, 17, 

— Ehemaliger und jetziger Zustand der Musik; in 
Wirtemberg, 3a5. 

— Gegenwärtiger Zustand der Mosik [ia Neapel, 

557, 757. 

— Singanstallen in Deutschland. 60S, 

III. Recensiontn und kurze beurthtüenit 
Anztigtn. 



t. Theoretische Schriften. 

Grosheim, über den Verfall der Tonkunst, S» 66t. 

Guthmann, Methodik de* Klavioropiel*. t64. 

Ueinae, Musikalische Dialogen. 699. 

Hering, neue praktische Klavierschule, und 
Derselbe, neue praktische Generalbassschule. S09, 

Kneoht, Musikalischer Katechismus. 801. 

Singschula des Konservatorium* in Pari*. 39$, 309. 

Schubert, neue Singschule. 3, 34, 59, 88. 

Werner, kurze Anweisung cum Orgelspiel. 55j. 

%. Historische Schriften. 
Meissner, Biographie Naumann* , » »er Th. 357. 

3. Poeai«. 

Schreiber, Harmonie, ein musikaU Gedicht. 5;3. 



Digitized by Google 



III — 

4. Mu.ik. 

a) Gelang. 

a. Kirchenmusik. 

Jon 0 Iii, Miserere, Pailitur. Seile 78. 

Heine', Klopstod* Aufe**tchuugsgesang, Partitur. 

C95. 

K. unsen, Halleluja. Partitur. 137. 

KUvieraiuzug. u5. 
Mozart, Tc Denm, Partitur. 79. 

— zwey Missen , Partitur, rjj. 

— Hymne, Partitur, und 
Motette, Partitur. lGj. 

— Hymne, Partitur. 687. 

Ungenannter , Melodieen zu den neuen Wirzburgischea 
Kirchenliedern. 81 j. 

ß. Andere Kanteten. 
Kanne, Sappho. 657. 
Winter,. KanUtinen. 821. 

Zu msteeg, der Abschied, Partitur und Auazng. 227- 

■ 

f. Opera im Klarieranszqge. 

Cimirois, 11 matrimonio per raggiro 645. 
Gretry und Flacher, Blaubart, agt. 
Mozart, Operngeaänge. 441. 
Paer, I Fuoruaciti, und 

— Sargino. C.j5. 
Righini, Arntida, und 

— La Sclra iocanlata , und 
Goruaalemma liberal*. 83o. 

■ 

i. Fünf-, Vier-, ürey- and zweystim- 
mige Gesänge. 

Assioli, Duetti (mit Begleitung des Pianoforte) G4. 
Bierey, Quintett (mit Pianoforte), i5. 
de Call, Duetten (mit Guitarre). 96. 

— Terzelten (mit Pf.). 160. 
Ferrari, Canoni (mit Pf.). 634." 
Orlando, komisches Duett (mit Pf.). 608. 



IV 

t. Lieder and audere Sologesänge mit Be- 
gleitung des Pianofokte oder der 
Guitarre. 

Amon, Lieder (mit Pianoforte oder Guitarre). Seile 

Assioli, Arietie (mit Pianof.) 6i. 

Barth, Lieder (mit Pf.) 7 *3. 

Beethoren, Lieder (mit Pf.) 769. 

Bortolazzi, Airs (mit Guit.) 179. 

Danzi, Singübangen (mit Pf.) 533. 

Frä'nzl, Romances (mit Pf.) 787. 

Härder, Gesänge (mit Guit.) 676 

Haydn, Altschottische Rai laden und Lieder (mit Pf.) 

Kleinheinz, der Kampf (mit Pf.) 731. 

Maurer, Romanze (mit Pf.) 259. 

S c h e i b I e r , Lieder. 828. 

Schreiber, Lieder (mit Pf.) 678.' 

Schulz, Jigerlicder (mit Pf. oder Waldhorn). 476 • 

Schuster, Quodlibet (mit Pf.) i5. 

Winter, Kanzonettcn (mit PI.) und 

— dergl. , 821. 

- 

b) Instrumentalmusik, 
is. Konzerte. 

BeethoTen, grand Concerto ponr le Pianoforte. 

ß. Zwey- bis rierslimmige SliicLe. 

Beethoren, Sonate (Pf. und Viol.) und 

— grand Trio (Pf., Klarin. uud Cello). 7C9. 

Danzi, Sonate (Pf. und Horn oder Cello). bo5. 

De mar, Trio (Harfe and 2 Waldhörner). 333. 

Gjrotrsls, 3 Quatuora (2 Viol., Br. nnd Cello). 
724. 

Hirsch, 3 Duo» (2 Flöten). 356. 

Hummel, grand Trio (Pf., Viol. und Cello). 187. 

Leasei, gr. Trio (Pf., Klarin. und Horn). 324- 




Digitized by Gc 



Mozart, Quartetten (in Partitur) Seite 47« 
Sterkel, Sonal. (Pf. und Viol.) a44. 
Schul a, gr. Trio (Pf., Viol. und Cello). 3a5. 
Zapf, Skiazen (Pf., Viol. und Cello). i5. 

y. Sonaten Hit da* Pianofoite ohne De» 
gleituxig. 

Dnpuis, 3 Sonat. 744. 
Eberl, gr. Sonat. 748. 
Fatch, 6 Sonat, 735. 
Haydn, Sonate. 711. 
Lauaka, 3 Sonaten. G4a; 
Liste, 3 Sonaten. 284. 
Riem, Sonate , und 

— 3 Sonaten. 458. 
Schneider, 3 Sonaten. 053. 
Stadler, 3 Sonateu. 28*. 
Steibclt, Sonate. 49». 

i. Andere Musikstücke für daa Pianofortc. 

Gabler, Variat. 413. 
Hummel, Belli tedescbi. 8o3« 

— Fautaisie. 7*9. 
Liparaky, grand Rondeau, 3a» 

Möller, Fantaisie et Fugue. 5oG. 
Müller, Uebungastücke. 6i4. 
Neumaoo, Variat. 360. 
Riotte, Variat. 195. 
Schmitt, Variat. 196. 

Llngenannter , Ballet, die verliebten Thorheiten. jg5. 
\. Weber, Variat. 375. 

SchUtt, a Sonaten. 6 7 3. 

£ Harfe. 
Magazin für die Harfe. 35a. 



IV. Nachrichten* 

Aua Berlin — i3, 56, in, 143, i56, 193, 197, a54, 

338, 369, 4"> , 4^7» 4*9 1 » 547 * 686 ' 

S94, 7>6, 809. 

Aua Braunschweig — ao6. 

Aua Danzig — 71. 

Aus Dresden — 637« 

Aus Frankfurt am 

5 »9, 578, 6C1. 

1 

Au* Freyberg, 7r3. 
Aus IlalbenUdt, 6a3. 
Aus Hildburghausen , 795. 
Aua Königsberg, 74. 

Aus Leipzig , • 4a , 86, i48, i55 , aoi ; 21a , -37» 

a5i , 4oa , 477, 544. 
Aus London, 45», 470. 
Aus Magdeburg, Cqt. 

Aus München, an, ai8, 5a3, 4o; , 437, 458 » 5a *" 

6?5, 709, 7'»». 
Aus Neapel — 5a 4 , 799. 

Aus Paris, 44, 85, i3g , ai5, 3o5, 417» 3-6, l$o- 

Aus Rom , 4o6. 

Aus Salsburg, 6a5 (l 7G6.. 

Aua Stettin, 319. 

Aus Stuttgart, 66a. 

Aus Südpreussen, aa4. 

Au» Wien, 4o, n3, 17s, a4i , 5«9, 35o, 394, 4a?, 
468, 5oo, 53a, 670, 5fji, 610, 6a8, Ü89, 766- 
810. 

V. Mit etilen. 

Anekdoten — 62 , 80, i3a , »64, aaS, S.o. 355, 
371, 37a, 4a8, 444, 460, 49a, 53g, !><ß , 648, 
6«3, 664, 712, 737, 744, 8ao. 

Engelmann, Mnsik als Erziehungsmittel. 633» 
F., Musikalische Vergnügungen eis/ dem Lande 739. 
Gothmann, Applikatur beym Choralspiel. Cg3. 

— über Erziehung für Muaik. 834. 

— über Kadenzen. 619. 



Digitized by Google 



VII 



Hering, mnaileliiehe Cliarade, Seit« C8o. 
Hoielig, die Dorfachule tu Istrup. 176. 

— GfOihrifli. 178. 

M., "her Pitterlin. 4i4. 

Die Redaktion, über Gior&ovichi. aio, 

_ über Philipp Barth. 37*. 
_ — über Karl Spaxicr. 5u6. 

— — Jfrrau« Ern.r, 5t j. 
_ — Pietio Gugliolmi. 

. Georg Tromlitz. 537. 

_ — ' über Bocherioi. 766. 
__ über GeatewiU. 768. 

Rorlilitz7 die Wanderer und ihre Wegweiser. 

4i3. 

Schi eiber, Wcchaeigesang der Farben und Tö- 
ne. 1. 

Umnanntet , daa Openxbeater und sein Publikum au 

Krahwinkel. 97. 
_ Aufforderung. 5gC. 
_ über Reinharda Kotendruck C4o. 

über Ko«P'»itioncfl für« Waldhorn, 65i. 
W., VoracUU'g« aur BenuUung alter Flügel. 635. 

VL Inltlli&tMbldtttr. 



VIH 

VII. Beylagtn* 

1. M u a i k : 

Abeille, Lied nach Florian. 

B i c r e y , Trauermanch mit Gesang. 

Härder, Rochlila Lied a. d. Laute. 

— Gütlie't Lied, de«. Schüfe« Klage. 

C. r. Miltia, Rochlita Lied am Abend. 

Pitterl in, Schillert Lied der Thekla. 

Riem, Malthiiaon» Lied, Melancholie. 

Schmidt, Herklota Lied am der Oper, der OnLel. 

Wilhelm Schneider, Noralis Hymne an die Nacht. 

a. Kupfer. 

Joieph Haydn. (Titel riguette.) 
Jomelli. 



Salicri. 
Sänger aua 
Abbildung der 



Digitized by Google 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 3 ten October. 



N2 I. 



1804. 



Wtchstlgtsang der FarUn und Tönt, 



Die Farben. 

* ' * * »ii 
Scheuend »pieleo dl* Farben 
Um die Kelche der Blumen, 
Und e» wiegt sich ihr Schimmer 
Auf den Perlen de» Mergenthaus. 

Die T 6 a e. 

Leise beben die Töne 

Auf den goldenen Seiten, 

Und in weichen Akkorden 

Schmilzt die et erbend« Wehnrath hin. 

> 

Die Farben. 

Wir grinsen mit heiterem Grün da« Gefilde, 
Da duftet die Flur von ambrosischer 
Uad unsern schimmernden Schmelz 
Schüttelt der Lern 
Von ätherischen Locken. 
Der Saft der 
Und 



Die Töne. 

* 

Aber ins Säuseln der Lüfte 

Weben harmonische Lieder wir! 
Da koset der Zephyr in Itlüthen and Quellen," 1 
Es rauschet der Bach in meludiichen Wellen, 
Das Flüstern der Haine wird Sprache) 
Das Wehen der Lüfte — Gesang! 

Die Farben. 

Und sanft gefasst in zartes Grün 
Entfaltet sich der Rose Glüh'n, 
Ein Bild der hoffnungflammenden Liebet 



7. Jahrg. 



Die Tftne. 

Und schmelzend girrt ist süssen 
Der Liebe namenloses Sehnen 
Die wehmu thflöteude Nachtigall! 
•> 

Die Farben. 

In den Farben blüht das Leben, 
Freundlich ist des Aethers Licht. 
Psyche taucht den Lilienfittig 
In der Farben bunten Schimmer; 
Tanben aiehn Cytherecs Wagen 
Mit den goldbesäumten Schwingen, 
Uitd auf lichten Wolken malen 
Sich Anroreae Purpurttrahien. 

Die Töne. 

Holden Einklang süsser Freuden 

Knüpft der Töne Melodie; 
Aber auch iu ihre Sailen 

Weinet die Melancholie! 
Horch! — — — tuf dunklen Meeresxrogca 
Krei**t der Schwan im stillen Bogen, 

Wiegt das zarte Gefieder, 

Hebt die ätherische Brust! — 
Seine Töne schweben nieder. 
Schweigend f e y e r t die Natur. 
Nymphen lauschen an den Quellen, 

Die Najaden wiegt die Flut, 
Psyche schwimmt auf goldnen Wellen, 

Taucht sich ia de« Liedes Glut. 

Die P a r b e n. 

Wir schmücken dem Augo die Myrthe, 

Der köstlichen Lilie Glsnz { 
Uns lacht die Bläue des Himmels, 
Der feuchte Spiegel des Meeres, 

Der Fluren Teppich, der Haine Kranz. 

1 



Digitized by Google 



1804. October. 



Die Tön». 

W'it schmücken da« Auge Ynit Thräaea, 

Mit schönem Gefühlen «U* Herl, 
Wir senken euf »ioitende Wimper 
Die Ahnung himmlischer Freude, - ^ 
Auf rosige Lippen den Scherz \ 

Der Sänger. 

SchEucr lächelt ihr, liebliche Farben, 

Keilender flüstert ihr, liebliche Töne, 
O knüpft' euch ein freundlicher Gott, 
Tön' und Farben, in ewigen Bund 1 

Siiu ist der Schimmer der Ferben, 

Üiiss ist der Zauber der Töne, 

O welch ein himmlischer Wisjjlerbuad ! 

Christian Schreiber. 



Rbcehsioh. 



Ntue Singschult oder gründlidu und vollstän- 
dig* Anwisung zur Singkunst in 3 Aithti- 
lungin mit hinlünglichtn UeSungsstücien von 
J. F. Schubtrf). Leipzig, bey fireilkopf und 
Härtel. (Fr. a Thlr. 16 Gr.) 

Die Kunst des Gesanges hielt seit einiger 
Zeit mit der Ausbildung der Instrumentalmusik 
nicht gleichen — oder mau könnte auch sa- 
gen: sie hielt mit derselben allzu-gleicben 
Schritt. Sie erwählte die leztere cur Führe- 
rin und Gebieterin , ahmte die Ucberladungen 
derselben oft zwecklos nach, und schien so 
ihre eigentliche Bestimmung uud Würde zu 
verkennen. Doch die Abweichung vom Wege 
der Natur kann nicht allzulange dauern« 
Ueberau dringt man jezt, im gesellschaftlichen 
Leben wie in den schönen Künsten, auf das 



4 

von 
keit 



Einfache, Edle, Gründliche, und achtet, vor. 
der bunten, geschmacklosen Maonichfahigkmt 
übersättigt, nur diejenigen Kunstprodukte,« 
worin die erwähnten Eigenschaften herrschen. 
'Selbst in der Instrumentalmusik wird der Ge- 
schmack des Zeitalters bald diese Richtung 
nehmen , wo sie möglich ist. Denn schon in 
der Behandlung desjenigen Instruments, das 
für immerwahrende Verzierungen das stärkste 
Privilegium zu haben scheint, in der Behand- 
lung der Violin sucht man seit Rode'« wohl- 
thätiger Erscheinung — welche an Franz 
Benda's seelenvolles, fast verloren geglaubtes, 
Spiel erinnert — mehr innere Kraft, als äus- 
sern Glanz. Darf da wol der Gesang zurück- 
bleiben? Nein, er darf und wird es auch 
nicht. Zwar fehlt ihm das Mittel, was ihm 
am schnellsten zur Wiedererlangung seines 
Werthes verhelfen könnte: die Kirchen- 
musik. In katholischen Landern verliert sie 
sich in üppigen , theatralischen Prunk; in pro- 
testantischen Gegenden (Deutschlands näm- 
lich) verstummt sie fast ganz, und ist, mit 
seltener Ausnahme, kaum der Rede werlh. 
Aber dafür errichtet man in grossen und klei- 
neren Städten Siuginstitule, wo kraftvoller, ed- 
ler Gesang geübt wird. Die treffliche Sing- 
akademie in Berlin liefert ein schönes Mu- 
ster dazu, und es ist 'zu hoffen , dasa der Nut- 
zen solcher Anstalten sich nicht blos auf Pri- 
vatunterhalluogen, sondern auch auf die Pa- 
radeplätze der Siugkunst, auf Konzerte und 
Theater erstrecken werde, wo, besondersauf 
dem letztern , hey vielem Dünkel noch vieler 
Ungeschmack angetroffen wird. Inzwischen 
ist die Reform bey weitem noch nicht vollen- 
det, und Hillers Klage: »Jedermann singt, 
aber der grösste Theil singt — schlecht," hat 
noch lange nicht ihr e Gül ligkeit verloren. Da» 



*) Wir gebe« diese Ree. unverkürzt, objdion «Je die nns gesteckten Grämen überschreitet, weil sie 
nicht bios eis Uec. , sondern zugleich als eigene Ausflihrnag verschiedner , für die Theorie and Me- 



thodik de* Gesanges nichtiger Meterien 



d. Redikt. 



Digitized by Co 



1804. Oktober. 



liegt anstreitig weniger an dem Willen derer, 
welche Gesaug üben, als an dem Mangel 
tüchtiger Privaüehrer desselben. Diese 
herbey au schaffen uud sie lum Fleisse au er- 
muntern, ist freylich nicht die Sache eines 
einzelnen Mannes, wäre er auch der grösste 
Kenner und eifrigste Freund der Kunst. Aber 
er kann doch etwas thun; er kann denen, 
welche Unterricht in der Singkunst ertheilen, 
und uicht schon liefe Kenntnis und Erfahrung 
darin besitzen , oder auch denen, welche kei- 
nen guten Lehrer haben, und sich doch mit 
den rohen Naturgaben nicht begnügen wollen, 
ein zweckmässiges Lehrbuch in die Hände ge- 
ben, durch dessen Studium und Anwendung 
der Gesang — dieser herrliche Talisman ge- 
gen manche üble Aufwallungen des Ge- 
mütha — wenigstens hio und da vor Herab- 
würdigung gesichert wird. Jedes Unterneh- 
men der Art, wäre es auch ein nicht ganz ge- 
lungener Versuch, verdient Dank und freund- 
liche Aufnahme, denn er hilft einem Bedürf- 
nis der Zeit ab, und macht die Aufmerksam- 
keit auf etwas rege, worüber so manche Sän- 
ger und Sängerinnen zum Schaden der Kunst 
und ihrer aelbst schon hinweg su seyn 
glaubten. 

Mit diesen Betracht ungen nahm Ree. das 
Werk des Hrn. S. in die Hand. Schon eine 
flüchtige Uebersicht offenbarte ihm die Mühe, 
welche der eben so bescheidene , als mit Er- 
fahrung ausgerüstete Verf. sich gegeben hat, 
seinen Zweck zu erreichen, und bey genaue- 
rer Untersuchung fand er, dass er hier mehr 
als einen blossen Versuch, dass er ein sehr 
brauchbares Werk zu beurlheijen halte. 

Ein Kompendium der Singkunst zu schrei- 
ben, das überall auzuwenden seyn soll, 
führt seine ganz eigenen Schwierigkeiten mit 
sich , die Hrn. S. nicht entgangen sind , und 
welche er auch, wo nicht ganz, doch grosse n- 
theils überwunden hat. Wir Deutsche besit- 
zen, ausser manchen fragmentarischen Bemer- 



kungen über den Gesang nur zwey Lehrbü- 
cher desselben von Bedeutung, Tosi's und 
Hillers Anweisungen. Beyde haben ihre 
Vorzüge nnd ihre Mängel. Tosi's Werk 
an sich enthält manche gute Regeln, aber 
sie sind theils ohne genauen Zusammenhang 
nur so hingeworfen, theils schwimmen sie 
gleichsam in einer Brühe von bitlern Dekla- 
mationen gegen die Sänger seiner Zeit, wes- 
halb es wol längst ganz vergessen wäre, wenu 
Agrico la' s Kommentar es nicht noch im An- - 
denken «hielt. In der That machen .die Be- 
merkungen des lezlern dieses Buch, besonders 
für den, djfe dio Singkunst ganz aus dem 
Grunde una zwar nicht blos in praktischer, 
sondern auch in wissenschaftlicher Hinsicht 
studiren will, zu einer köstlichen Fundgrube 
von Belehrungen über die Natur des Gesanges, 
welche selbst durch Hrn. Schuberts Werk 
nicht überflüssig gemacht sind, aber es auch 
nicht werden sollten. Hill er s Anweisung 
ist zwar an sich klar und gründlich, aber theils 
halt er sich zu lange bey Dingen auf, die 
eigentlich zur Propädevtik des Gesanges gehö- 
ren, und von Hrn. S. (Seite 19) mit Recht 
ausgeschlossen oder vielmehr vorausgesetzt 
sind* theils taugt die von ihm gewählte Zerstüc- 
kelung der Materien , wenn sie gleich hier und 
da bey m mündlichen Unterricht, besonders der 
Knaben, nöthig wird, doch für ein Kompen- 
dium nicht — Beyde Verfasser scheiterten mit 
ihren Büchorn an einer Klippe, der zu entge- 
hen nicht leicht ist. Sie nahmen uicht gehö- 
rige Rücksicht darauf, dass das weibliche 
Geschlecht an Ausübung der Singkunst den 
wichtigsten Antheil, und msn, um es dafür 
zu gewinnen, einen andern Weg, als den ge- 
wöhnlichen, einschlagen muss. Am besten 
wSre es freylich, ein eignes Lehrbuch des Ge- 
sanges für Frauenzimmer zu schreiben; wo 
nicht, so kann. man von diesen doch nur dann 
Lust zum Gebranch eines Kompendiums er- 
warten , sobald darin — nicht die Gründlich- 
keit, aber der Schein der Gründlichkeit ver- 
mieden, der Elementarunterricht besonders 



Digitized by Google 



1804. October. 



8 



durch gefällige Einkleidung # annehmlich ge- 
macht, in kurze, fassliche ' Sätze aufgelöst, 
und mit solchen Beyspielen reichlich ver- 
sehen ist , welche an reizende (bekannte) Me- 
lodieen erinnern und den Wunsch nach Ver- 
mehrung der Kräfte theils rege machen, theils 
bald zu ei füllen versprechen. Auf die 
Wahl und Menge der Beyspiele kommt hier 
alles an ; sie müssen sich gegen den Text ver- 
halten wie 4 oder 5 zu a, sonst ist Ermüdung 
und Ueberdruss die Folge davon. Für den 
mündlichen Unterricht, worauf man dabey 
sehr rechnen muss , kann der Verf. dem Leh- 
rer in einzelnen Anmerkungen lisflberzeige ge- 
nug zu solchen Erinnerungen geben, die er 
aus dem Text weglassen wollte oder musstc. 
Sie müssen jedoch nicht gelehrte Kootroversen 
berühren, sondern eine besondre Rüge prak- 
tischer, herrschender Fehler enthalten. Je 
kürzer aber im Ganzen der Verf. beym Ele- 
mentarunterricht ist oder vielmehr nur zu 
seyn scheint, de»to ausführlicher wird er 
die höheren Grade der Kunst behandeln. 
Hier wo das Mechanische der Kunst nur 
Nebensache, das Aesthetische aber 
Hauptsache wird* hier ist die geschmackvolle 
Einkleidung der Lehre viel leichter, und hier 
wird er auch, fast unvermerkt, in seinen 
Exetopeln Gelegenheit geben , dass die Sänge- 
rin es fühle, ob sie etwas im Elementarunter- 
richt zu schnell ubergangen habe oder nicht. 

Die erste dieser Forderungen an ein 
Lehrbuch der Singkunst ist von Hrn. S. meh- 
rentheile erfüllt; er hat sich beym Elero. Un- 
terricht der Kürze beflissen und eine hinrei- 
chende Anzahl guter Solfeggis geliefert, wodurch 
dieses Kompendium einen besondern Vorzug 
vor den bisherigen Lehrbüchern enthält. — Al- 
lein diese Kürze herrscht auch im dritten Theil, 
und das ist nicht wohl gethan. Gerade hier 
sind noch wichtige Lücken auszufüllen. II i l- 
ler und Tosi strebten beyde darnach, aber 
jener in seinem zweyten Theile nicht ganz 



vor den Ergi essungen seiner Galle nicht dazu 
kommen, andere, als negative Bemerkungen 
zu machen. Fast alle unsre musikalischen 
Lehrbücher siud reichhaltig, so lange sie im 
Gebiet des Mechanischen verweilen, aber wo 
es ins Gebiet der Aesthetik Ubergeht, werden 
sie dürftig, lassen den Lehrling im Dunkeln 
Uppen, finden ihn mit allgemeinen Bemerkun- 
gen ab, die er sich leicht selbst machen könn- 
te, und nehmen ihre Zuflucht zu aolchen Ent- 
schuldigungen: «darüber Hessen sich keine 
Kegeln geben, es sey Sache des Gefühls und 
Geschmacks o. dergl. m." Hrn. S., obschon 
auch er eine solche Zerschneidong des Knotens 
manchmal gebraucht, trifft dieser Vorwurf 
nicht ganz. Er hat aucli hier manche speciellen 
Bemerkungen angebracht, wenn schon das 
Meiste im dritten Theil nicht über das Be- 
kannte und Allgemeine hinausgeht. (M. $. 
S. iat-135 u. f.) Treffende, sowohl muster- 
als fehlerhafte Beyspiele von analysireti- 
dera Raisoonement begleitet, thäten hier be- 
sonders Noth. Indessen muss man billig seyn 
und bedenken, dass Hr. S. — wie aus der 
Vorrede und aus dem ganzen Buche erhellet—— 
vornehmlich das Theater zum Ziele hatte. 
Da ist schon alles das sehr verdienstlich, was 
Hr. S. leistete. Nähmen nur alle Theatersänger 
und Sängerinnen den Inhalt dieses Buchs recht 
zu Herzen j wir würden gerade an dem Orte, 
der uns die schönen Künste in einem schönen 
Buude darstellen soll, bald nicht mehr über 
stümperhaften oder geschmackwidrigen Gesang 
zu klagen haben. 

Der Verf. hat sein Werk in drey Theile 
getheilt. Der erste enthält allerhand Erin- 
nerungen an Dinge, die man wissen soll und 
muss, ehe man noch seine Stimme in Bewe- 
gung setzt, um sie zu üben. Der zweyte 
den Elementarunterricht, der dritte dieLeb- 
re von Vortrage. Die zum zweyten Theil ge- 
hörigen Kapitel sind folgende: l) Von der 
Bildung der Stimme. 3) Vom Treffen der 



glücklich und voU* tändig, und dieser konnte j Noten. 5) Von den wesentlichen Manieren« 



Digitized by Google 



1804. October. 



10 



4) Von den Passagen. 5) Von den willkür- 
lichen Manieren, Nuancen, Fermaten und 
Der dritte Theil handelt auf 26 
«vom Vortrage — von der Deklama- 
tion — ■ Deutlichkeit in der Ausführung — 
Ausdruck — schwerem und leichtem Vortra- 
ge — musikalischen Accenten — zweckmäs- 
sigem Gebrauch der Manieren — gehöriger 
Stärke und Schwäche — Recitativ • — 

Ree. kann nicht umhin, au gestehen, dass 
ihm diese Eintheilnng nicht ganz gelallt Er 
Würde indessen nicht weiter davon reden, wä- 
re sie, wie Hr. S. laut der Vorrede meynt, 
blosse Geschmackssache. Das ist sie aber 
keinesweges, (obgleich selbst in diesem Falle 
das Für und Wider zur Entscheidung ge- 
bracht, oder mit andern Worten, über den 
Geschmack in Kunstsachen gestritten werden 
darf, denn sonst gäbe es gar keinen). Einem 
Lehrbuche ist systematische Folge, also auch 
logische Anordnung der Materien in allen Un- 
terabiheil engen eine unet lässliche Eigenschaft. 
Diese -wird bestimmt theils durch das Bedürfnis 
des Lehrlings, von einer Stuffeder Erkennt» 
nis tur andern ohne Sprung und Lücken fort- 
zuschreiten, theils durch die inner n Begrän- 
zungen der Wissenschaft oder Kunst selbst, 
nach ihrem dermaligen Zustande. — Au« 
dem allen folgt: dass das Leichtere dem 
Schwerern, das Einfache dem Verwickelten, 
das Unentbehrliche (blos zur sichern Dar- 
stellung führende) dem , wober Willkühr (zur 
Verschönerung) statt ^finden kann, also im 
vorliegenden Falle, das Mechanische dem 
Aesthelischen vorangehen müsse } — aber 
auch: dass man die Materien ao zusammen- 
halte und absondre, wie es die verschiedenen 
Grade der Kunst fordern, mithin weder früher 
abhandle, waa später gelehrt werden muss, I 
noch umgekehrt — Wo Zweifel hierüber 1 
entstehen, ist es in einem praktischen 
Lehrbuche besser, eine Materie, die allenfalls 
früher erörtert werden könnte, so lange auf- 
zuschieben, bis der Lehrling so weit ist, die 



Anwendung derselben sogleich damit za 
verbinden, oder wenigstens klar zu begrei- 
fen. Nach diesen — hoffentlich unbestreit- 
baren — Grundsätzen hätte Hr. S. manches 
in den dritten Theil bringen sollen, was schon 
im zweyten umständlich berührt ist, z. B. das 
dritte Kap. ron den wesentlichen Manieren 
(worüber Ree. in der Folge noch besonders zu 
sprechen Gelegenheit nehmen wird) ; dagegen 
bedürfte der dritte Theil einer andern Form, 
als die er erhalten hat. Um sich jedoch durch 
ein blos negatives Urtheil nicht den bekannten 
Vorwurf zuzuziehen : dass Tadeln leichler sey 
als BessSrmajchen, hält Ree. es für Pflicht, 
hier kurz anzugeben, wie er nach seiner 
Ueberzeugung den Plan dieses Werks abgeän- 
dert haben würde. 



Der erste Theil, da er nur aphoristische 
Einleitung ist, mag unberührt bleiben. Der 
zweyte betrifft den Elementarunterricht. Er' 
umfasst das blos Mechanische der Singkunst, 
und hat, ausser den Anfangsgründen der Ton- 
kunst überhaupt (die hier , wie schon erwähnt, 
mit Recht weggelassen sind) einen doppelten 
Zweck: z) sichere, reine, gleiche Intonation, 
und 2) Geläufigkeit der Kehle. Demnach 
zerfällt er in zwey Hauptkapitel : in die Lehre 
vom Treffen nebst den Intervallen- Uebun- 
gen (das Kapitel von Bildung der Stimme ge- 
hört theils hierher, theils in die Einleitung) 
und in die von den Passagen. Dass es we- 
nigstens unnöthig ist, zwischen beyden das 
Kapitel von den wesentlichen Manieren ein- 
zuschalten, beweist Hr. S. selbst, indem er in 
den Solfeggi's von S.y5 bis 100 von keiner ein- 
zigen Manier — den Triller ausgenommen, 
der aus einem andern Grunde schon ganz im 
Anfauge bearbeitet werden muss — Gebrauch 
gemacht hat. — 

Nun käme der dritte Theil, die Lehre von 
der schönen Darstellung der Melodieen 
oder vom Ausdruck — (nicht Vortrag, 
denn dieser ist überall, auch beym schlechten 



Digitized by CjOOqIc 



II 

Gesänge , aber nicht der A u • d r u c k) — etwa 
nach folgenden Uuterablheiliuigen : 

•A) Amdruck einzelner Töne. 

a) Accentuation , ohne Hinzufügnng 
andrer Töne. Hierher gehört schon, 
was S. ior-3 von den Nuancen und S. 
x3o-i35 angeführt ist. 

b) Accentuation durch Hinzufügnng 
andrer Töne — dahin die Vorschlage, 
Schleifer u. s. w. 

B) Ausdruck ganzer Tonreilien; 

a) Insofern nur der Sinn des Komponi- 
sten nicht verfehlt werden darf. — - 
Dahin unter andern die Kapitel S. m, 
ia5 u. f. *) 

b) Insofern erder Willkjühr des Sän- 
gers überlassen bleibt - Dahin S. 
i3o, i35, i58. — 

a) Erweiterungen und V) 
dor Melodie. 



1804. October. 



ß) Fermaten und 

C) Ausdruck ganzer Tonstücke. 

a) Nach den darin herrschenden Zustan- 
den des Gemüths z. B. des Frohsinns, 
der Wehnrath,- Bangigkeit, Wuth u. 
g. w. — Dazu die besondern Regeln 
bey Darstellung des Zärtlichen, Nai- 
ven , Pathetischen , Possierlichen und 
dgL m. in sofern sie blos durch die 
Art des Gesanges geschieht. 

b) Nach der Verschiedenheit ihres in- 
nernZwecks, oder den verschiede- 



nen Formen derselben. Dabin 
die Charakteristik upd die Darstellung 
des Liedes, der Arie, desReci- 
talivs, des mehrstimmigen Ger 
Sanges u. s. w. 

c) Nach der Verschiedenheit ihres all- 
gemeinen aussein Zwecks — 
für Pri v alz irkcl, Konzerte, 
Theater, Kirche u. s. w. 

Von C. a. finden sich bey Hrn. S. nur zer- 
streute Anmerkungen , von C. b. nur die Leh- 
re vom Recitativ und S. 139 ein Paar Wiuke 
über die andern Arten von Gesangs lücken, 
von C. c. aber fast uichu. Und doch wate 
dies alles vop grosser Wichtigkeit; denn nur 
so wird der Lehrling allm&hlig zu einer immer 
höheren Ansicht der Singkuuat geführt und 
sein Geschmack gut geleitet. Dazu bedürfte 
es aber nicht blos allgemeiner, sich mehren» 
Üieils von selbst verstehender Regeln, sou- 
dern einer, mit psychologischem und ästheti- 
schem Tiefblick abgefassten und mit analysir- 
ten Beyspielen versehenen Entwickelung der 
s. C. angeführten Materien. Hr. S. beurtheile 
selbst, ob die hier vorgeschlagene Anordnung 
der Kapitel — die Ree. noch gar nicht für 
fehlerfrey und musterhaft ausgeben will — 
doch dem natürlichen Gange des Unter- 
richts, d.h. wie er seyn sollte, nicht ange- 
messener und zugleich systematischer wäre, 
als die von dem Verf. gewählte. Die Klavier- 
oder Violinschulen können hier uicht zum 
Maasstabe dienen , denn ihre Verfasser hatten 
theils andre Zwecke , welche dem Instruraen- 
tisten genügen, theils gehört auch in diesen 
Werken, bey all ihrer inner n Vor trefllich- 
keit und Brauchbarkeit, doch eine logische 
Anordnung des Ganzen nicht immer zu den 



Wa* in den Beitimmungen bey dieier EintheUung noch dunkel tejn möchte, wird im Verfolg der 
«ufgehellt und gerechtfertigt 



Digitized by Google 



13 



1804. October. 



14 



Vorzügen derselben. Indess will Ree. mit die- 
sen iiemerkuiigen keineswegs sagon, dass Hrn. 
S. Werk auch in der von ihm gebrauchten An- 
ordnung nicht sehr nutzbar scy. Es kann 
vielmehr Fälle geben, wo dem Lehrlinge wc- 
nig*daran liegt, seinen Kursus vom Anfang 
an Schritt vor Schritt zu machen oder die 
Kunst in ihrem ganzen Umfange kennen zu 
lernen. Für solche ist hier mehr als genug 
gethan. Nur die, welche sich der Kunst 
ganz widmen und kein Studium scheuen, hät- 
ten wol noch reichlicher und sorgfältiger be- 
dacht werden können. Denn verdankt ein 
Lehrbuch sein Daseyn dem Bedürfniss 
der Zeit, so hat dies einen doppelten Sinn. 
Es enthält entweder nur diejenige Anweisung, 
wodurch der Lehrling zu der Vollkommen- 
heit erhoben und vor den bedeutenden Feh- 
lern und Irrthümern bewahrt werden soll, 
welche das gegenwärtige Zeitalter dafür 
erkennt; oder man hat dabey zugleich — (wie 
Kant das Ziel der Pädagogik bestimmt) — 
die noch bessere Generation vor Augen, und 
sucht, (ohne Anmassung, aber auch ohne 
Scheu vor herrschenden Vorurtheilen) mit 
tiefem, kühnem ßlick eine höhere Ansicht 
der Kunst zu begründen , die den freyen Flug 
des Genie's nicht hemmt, nicht auf blosse 
Nachahmung einschränkt, sondern ihn in 
neue Regionen mit Sicherheit leitet 
Welche unter diesen Aufgaben die wichti- 
gere, aber anch schwerere aey, bedarf kei- 
ner Frage. 

Soviel über das Ganze dieses Werks, 
nun zu den Erinnerungen über einzelne 
Stellen desselben. 

(Der Betchltut folgt.) 

- 



Nachrichten. 



Berlin, d. 27ten Sept. Den i8ten dies, gab 
die achtjährige Klavierspielerin, Dem. Ernestine 



Adam, im Theatersaale ein Konzert, das aber* 
die von auswärts erregten hohen Erwartungen 
gewaltig tauschte, und das Sie mir daher zu 
schildern erlassen werden, ohngeachtet eiuige 
hiesige Künstler und Mad. Lanz es vor dem 
gänzlichen Fall sicherten. Den i4ten gab man 
im Nationallheater: die Freskatanerin , Opera 
buffa in drey Akten von Philipp Livigni , mit 
Musik von Paisiello. Viele erinnerten sich 
dieser «Ifen Bekanntschaft, da diese Oper 
durch die ehemalige königliche, kleine italie- 
nische Gesellschaft gegeben worden war. 
Leichter, melodischer Gesang, komische Lau- 
ne, Gewandheit undjgute Charakteristik smd 
diesem, wie andern Werken Paisicllo's gar 
uicht abzusprechen, ohngeachtet ein bekann- 
ter Kritiker in einem unsrer öH'eullicben Blät- 
ter bey Gelegenheit dieser alt- neuen Erschei- 
nung allen Werken Paisiello's, zum grossen 
Verdruss der Kenner, das Charakteristische 
abzusprechen sich erlaubte. Auch den i5ten 
halte jeder gebildete Freund der Musik in Mo- 
zarts Don Juan einen hohen — freylich ganz 
andern Genuas. Auch diesmal verliess schwer- 
lich Ein Zuhörer das Usus, ohne neue Schön- 
heiten an der reichen , genialischen Komposi- 
tion entdeckt zu haben. Die Ausführung ge- 
lang in jedem Betracht, und darum ist nichts 
einzeln anzuführen; nur der Dem. Willich 
(als Zerlina) sey ein gutes Wort gesagt, da 
sie bey jedem Auftreten Fortschritte des Fleis- 
ses und Talents wahrzunehmen Gelegenheit 

Zum nächsten Karneval werden keine 
neuen Opern gegeben, denn zu Himmels 
neuestem Werke, das dazti bestimmt war, 
fehlt — — ein Tenörist. Wir hören des- 
halb Reichardts Rossmunda uud Naumanns 
Medea. 



Digitized by Google 



»5 



i8o£. October. 



i6 



Kurze Anzeige». 



Quodlibet aus dem SingipM: DU unruhig* 
* Nachbarschaft, mir Begl. des Pianof von 
Schuster. Wien, bey Eder. (45 Xr.) 

Wenn ein Quodlibet in «einer »cheinbaven 
Unordnung eine gewi.se Anordnung, Sinn und 
W it« - verbirgt, dann U.»t tich-wol Jeder 
einen «olchen Scherz gefallen } wenn aber 
Dinge, wie «. ß. hier S. 5 ff. 



La« dir .«r Ader, durch un^ra Bader da. th«t 
J ir gm — ein r.hmann i.t «n armer W .cht - 
i. rl»lo.c P l. »nch» .ich nichU dr.u., er fai'l 
,ieh überall hcrau. etc. 

ohne Sinn und Geschmack «waramengestcllt 
werden, «o muss man ^ Verf bedauern, 
der ohne Erwägung und Achtung für da. Pu- 
blikum «olche Dinge — drucken lies». 



Zmyttr Thtü. Wien, bey Eder. (Preii 
3 Fl. 45 Xr.) 

Eine Sammlung unzusammenhängender 
musikalischer AufsäUe (wahrscheinlich alle 
vom Herausgeber «elbsl) die an innerem Gehalt 
«ich nicht gleich aind. Da« erate Adagio er- 
innert flüchtig an ein ahnliche» von Mozart, 
da« iu don lezten Heften der Sammlung seiner. 
Werke erschienen ist; ich «age nur flüch- 
tig, denn da« Mozartsche i»t kun»tvoller und 
rhythmischer ausgeführt. Sehr gutgeschrie- 
ben ist da« auf dieses Adagio folgende Presto, 
wo der Verf. mit reger Phantasie richtige Ein- 
sicht und Anordnung verbindet. Weniger ge- 
lungen ist da« Allegretto No. 5. Es wieder- 
holt »ich zu oft. Den Beschlus« macht ein 
Thema mit Variationen, die recht gut ausge- 
führt sind. 



Qulnutt für 5 Singstimmen mit Begleitung dt, 
K Piano/, von G. B. Bure?. Le.pz.g, bey 
Breitkopf und Härtel. (Pr. 3 Gr.) 

Die Stimmen sind mit Kunst und geschick- 
ter Anordnung, immer eine in die andere ein- 
greifend und übergehend, durchgeführt, und 
L Ganze vereint »ich zu einer schönen und 
kräftigen Harmonie. Warum aber der Verf. 
i„ den letzten Zeilen auf die Worte: dufrgen 
„nd «chönsten, so den Ruhepunkt legt, das« 
«licSyiben gen und sten ganz wider allen bmn 
davon abgerissen werden, i.t nicht emau.ehen. 

Ä*iz«n für das Fortepiano, mit »echselsmiser 
Begleitung tiner Violine und Flöte, undVio- 
lonctlU (eines VioloncelU,) von J. Nep. ZapJ. 



Die musihaL Beylage No. I. 

enthält die vier«timmige Komposition des Hrn. 
Wilhelm Schneider zu Novali» bekannter 
Hymne an die Nacht. Der Komponist hat 
«ich schon durch «eine Musik zu Schlegel« 
Arion , durch mehrere Lieder etc. denen em- 
pfohlen, welchen e« mit ihrer Muaik nicht blo« 
um einen Spas, oder um uothdürflige Ausfül- 
lung leerer, langweiliger Stunden zu thun ist, 
und wird die Achtung, die er «ich erworben, 
durch diese neue Arbeit gewiss vermehren. 
Das« da» Stück mit Einsicht und Gefühl vorge- 
tragen seyu will, versiebet sich von selbst; der 
Komponist darf die» aber auch um so mehr er- 
warten, je mehr er selbst mit Einsicht und Ge- 
fühl geschrieben, und auch an die Sänger, in 
Absicht auf Mittel, »o wenige Forderungen 
gemacht hat. 

* d. Redakt. 



(Hierbey die Beylage No. 1.) 



Litiusi 



■ BT 



gllllltll VBB 



Hliui. 



Digitized By Google 



.ALLGEMEINE 

MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 1 o tcn October. N=. 2. 



1804« 



Nachrichte h. 
L T «4<r dtn Zustand der Musii in dtr Schwtiz. 



Uns er in so vielein Betracht von allen gebildeten 
Nationen geleyertea Vaterland ist in Hinsicht 
auf Musik last noch eins terra incognita. Ab- 
gerechnet, was Reiaebeschreiber hm und wie- 
der von uoscrn Nationalgesängen, Kuhreigen 
u. dgl. gesagt haben, ist von unsrer Musik 
schwerlich irgend Meldung geschehen. Die 
Hauptursachrn hiervon mögen wol seyn , weil 
die vielen Reisenden, die unser Land durch- 
stehen, im Sommer kommen, wenn die 
Kunst feyert, und weil die Virtuosen, die bey 
uns ihre Rechnung fanden, so selten geru 
achreiben, als — wir selbst. Denn an Stoff, 
etwas, wol auch dem Ausländer Interessantes 
und zum Ganzen des Gemäldes vom Zustand 
der Kunst in Europa Gehöriges, zu sagen, 
fehlt es nicht, mögen wir nuu auf die Anlagen 
und den Sinn der' Schweizer für Musik und 
die kunstlosen Ergüsse dieser Anlagen und die- 
ses Sinnes sehen, oder auf die Kultivirung der 
eigentlichen Kunst in den grösseru Stadien. 

Was jene Naturgaben anlangt, so werden 
uns diese von allen zugestanden ; aber ich ge- 
traue mich zu behaupten, wir haben mehr 
Anlage und einen richtigem Sinn für Musik, 
als z. ü. ansre Nachbarn , die Franzos« n — 
Nation gegen Nation angeschlagen ! in Anse- 
hung der Bildung für die Kunst, so erlaubt die 
von so verschiedenen Regierungen, in 
einem so kleinen, der Oekooomie so be- 
7 Jahrs. 



dürft : gen Lande geführte Verwaltung freylich 
nicht, da»s vom Staate Kapellen oder stehende 
Operngesellschaften besoldet, dadurch den 
Talenten aufgeholfen und der Geschmack be- 
lebt, genährt und weiter verbreitet würde: 
aber fast in jeder beträchtlichen Stadt, wie in 
Zürich, Bern, Winterthur, Luzern etc. be- 
stehen seit langer Zeit Verbindungen von 
Freunden der Toukunst, die sich dm ch bin- 
dende Gesetze zu dauerhaften Instituten erho- 
ben, und in welchen sich Mitglieder beyder- 
ley Geschlechts, in Vokal - und Instrumental- 
musik, so hervorgethan haben, dass man die 
Virtuosen von Profession nicht beträchtlich 
vermisste. Unter diesen Instituten zeichnete 
sich immer das Musikkol legi um. in Zürich vor- 
züglich aus, und, irr* ich mihi, auch darum, 
weil in ihm nie Rücksicht genommen wurde 
auf Stand und äussere Verhältnisse, sondern 
nur auf Talente; auch hat Zürich verschiede- 
ne Komponisten aufzuweisen, die sich nicht 
ohne Glück, besonders im Gesang, gezeigt 
haben. Auch in Luzern wird Musik sehr ge- 
liebt und kultivirt. Doch nicht nur Haupt- 
städte, sondern auch kleinere Orte h ihen ihre 
musikalischen Versammlungen und sogar ih- 
re — freylich nicht glänzenden, doch anstäu- 
digen Mudik(V*lc. So wurden z. B in Mo rat 
(Mutten) Oratorien, wio Grauns Tod Jesu, 
von einer sehr geschickten Liebhaberin diri- 
girl und mit Bey fall aufgeführt; in dem , durch 
unsern Pestalozzi so bekannt gewordenen 
Burgdorf wurde jährlich beym Kinderfest eine 
feyerliche Kirchenmusik nur von Liebhabern 
ausgeführt u. dgl. Wenn diese Ausladen 
auch, wie gesagt, an sich nicht glänzend und 



Digitized by Google 



19 



i8o4« October. 



20 



in einer allgemeinen Geschichte der Kunst 
au.'tcicbnenswerth sind : so beweisen sie doch, 
dass man Musik achte, Jgcbe, und auch aus- 
zuführen gebildet sey. 

Iu der detaillirten Darstellung des Zuslan- 
des der Musik in der Schweiz verweile ich 
diesmal bey Bern; ich kenne diesen Ort am 
genauesten, und mau kann auch allenfalls Tun 
ihm auf andere Hauptstädte srhliessen, die 
ihm uii hl nachstehen, zum Theii aber ihn 
übertreffen. 

Schon iu der ersten Hälfte des vergangenen 
Jahrhunderts zeichneten sich die jungen Theo- 
logie Studirendeu iu Bern dadurch aus, dass 
aie nicht nur, im Singeu geübt zu seyu sich mit 
zur BerufspJhcht ma-hlcu, sondern auch ge- 
wisse Stunden der Woche zu uiusikal. Ver- 
sammlungen ansetzten, die ihnen aiigerathe- 
pen Werke der grossten Kircheukouipoui- 
eten — Handels, Pergolesi's und Auderer — 
aus« haften, lleissig sludirten, und sie, mit 
Unterstützung einiger Instrumenttsten , die 
Musiker von Profession waren, iu kleinen 
Konzerten , zu welchen man unentgeldlich 
Zutritt halle, ausiuhreten. Die damalige Re- 
gierung nahm wohlgefälligen Autbeil an die- 
sen wahrhaft lühiulicheu Bestrebungen, und 
Unterstützte das geisllicho Musikkollc- 
g ium (so uantite au h die Gesellschaft; durch 
einige nicht uubet rächt liehe haare Voilhetle 
und ein anständiges Lokale. Es wurde der 
Gesellschaft ein kleinerer Saal für ihre Privat- 
ühungen , ein grosser für ihre Konzerte einge- 
räumt; d. es weckte den Eifer no. h mehr und 
au h allgemeinere Thciluahme : es traten an- 
dere Mitglieder, ausser jenen Theologen, dazu, 
eine Menge Zuhörer fand sich ein , uud das 
Institut hielt «ich viele Jahre sehr anständig, 
liier höi len wir au<*h zuweilen grosse Virtuo- 
sen — z. B. die zauheri8< he Mara. Der Nut- 
zen dieses Kollegiums, abgerechnet, d«ss es 
so Viele-i eine Veranlassung zu edlerer Freude 
gab, als sie sieb soust vielleicht verschallt 



hätten — war gross. Die Mitglieder, die 
hernach als Prediger anderwärts angestellt 
wurden, nahmen ihre Liehe zur Tonkunst 
und ihre Geschicklichkeit mit, unterzogen 
sich nun der Muhe, den Kirchengesaug ihrer 
Gemeinden zu verbessern, uud brachten es 
auch darin, sogar auf manchen Dörfern, wirk- 
lich weit — - — 

Die Revolution stürzte im Jahr 1798 - — 
wie so vieles .Schöne, Gute und Nützliche, so 
auch diese Anstalt. Doch flulie der Genius der 
Tonkunst uud die Liebe zu ihr noch nicht von 
Bei u. Sogar wahrend des Versinkeus der al- 
ten, glücklichem Verfassung uud der Schrek- 
keusscenen von maucherley Art, furiuule sich 
aus Liebhabern eine Thealergesell.11 halt und 
spielte iu dem schönen Saal des Huld de mu- 
sique, neben manchen neuen Schauspielen 
(besonders von KoUrbue und llHand.) auch 
mehrere kleinere uud grössere Opern , zu v ie- 
ler Freude der zahlreichen Zuhörer. Mit der 
Eiunahinc unterstützte man. auf löbliche Wei- 
se, die unglücklichen Untcrwaldner. deren 
Vaterland verheeret war. Als hernach — 
der Schatten der Ruhe, wenn aurh nicht sie 
selbst, zurückkelu ele, wurde eine Subskrip- 
tion zur Errichtung eines Liehhaberkouzerta 
für das Winterhalbjahr eröirhet. Ausser der 
vortrefflichen jungen Beruerin, Dem. Fuclcr, 
von welcher ich iu der Folge mehr sagen inuss, 
uml die durch ihren Gesang sehr erfreuete, 
traten noch andere juugeFrauenziuiraer im Ge- 
sang und als Klavierspielerinnen, so wie au< h 
Liebhaber der Flute, des Fagotts und Violou- 
cells, zu voller Befriedigung aller Zuhö- 
rer, auf. 

Ausser der Unterstützung dieses Konzerts 
bewies sich auch die Anhänglichkeit der Ber- 
uer an Musik durch gute Aufnahme des den 
grössleu Theil des Jalires sich hier aufhallen- 
den französischen uud deutschen Theaters. 
Beyde Truppen wechseln. Freylich äussert 
sich, wie überall in Bern, so auch bey dieser 



Digitized by Google 



51 



1804. October. 



Angelegenheit; die entschiedet Vorliebe für 
das Französische, und sie äussert sieh nicht 
selten* über die Gebühr uud auffüllend. Ein 
Personale von etwa zwölf Artisles fraeeois 
würde selbst ein» ansehnliche und treff- 
lich orgauisirte deutsche Gesellschaft in 
Schatten stellen. Werden Sie es glauben, dass 
dieser unbillige Vorzug zuvörderst auf Man- 
gel au Kennluis der Muttersprache beruhet? 
Und doch ist es so! Die Damen entscheiden 
über Gegenstände der feinern Unterhaltung 
und des geselligen Vergnügens am Ende über- 
all — aber hier vornehmlich: diese aber re- 
den und schreiben weit besser, und folglich 
weit lieber, französisch, als deutsch. Es ge- 
het damit so weit, dass selbst Männer, sogar 
gebildete (nur nicht ausschliesslich für die 
Wissenschaften gebildete) Männer, die gram- 
malisch- und orthographisch-richtiges Deutsch 
schreiben, wirklich unter die Seltenheiten ge- 
hören. Das hat nun auch beträchtlichen Ein- 
fluss auf die Musik und vornehmlich auf die 
Oper. Französische Opernmusik, heisst es 
allgemein, sagt nun ein- für allemal uns bes- 
ser zu, als deutsche, die wol auch ihr Gutes 
haben mag, dos aber für uns weit weniger ist. 
'Wie unwahr, blos nachgesprochen, und lee- 
res Vorurtheil das sey , liesse sich nicht leich- 
ter und einleuchtender erweisen, als dass man 
guten deutschen Operu französisch« Texle 
unterlegte: sie würden zuverlässig ausge- 
zeichnetes Glück machen. 

Mit dem Jahr i8o4 fing sich noch ein neues 
und beträchtliches musikal. Institut in der mu- 
sikalischen Akademie an, die sehr an- 
gesehene Mitglieder zählt. Die Zwecke und 
Gesetze dieses Instituts, so wie das, was es 
gleich vom Anfang au leistete, könnten ihm 
wahrscheinlich nn entscheidendes Ueberge- 
wicht und lange Dauer sichern, wenn nicht — 
Doch wir wollen Heber das Gute, was sich da 
eben zeigte, anführen, als das Ueble, was sich 
etwa in der Folge zeigen möchte , prophezei- 
hen. Die Gesellschaft üng mit einem Orato- 



rium eines hiesigen Komponisten und mit dor 
Schöpfung von Haydn an, und es wurde, 
z. B. die letztere, so gut ausgeführt, dass Ken- 
ner, die sie in Wien und in audern grossen 
Orten gehört hatten, zwar die dort stärker© 
Besetzung, aber im übrigen nichts Wesent- 
liches vorinissten. Die erste Sängerin, 
obengenannte Dem. Fueter, entzückte npvzüg- 
lii Ii in der Rolle des Gabriel durch ihre schö- 
ne, reine Stimme uud ihren gefühlvollen Aus- 
druck. Auch die zweyto Diskantistin, Dem. 
Nägeli, singt mit ihrer vollen Flötenstimme 
sehr einnehmend. Die Dem. Jenni, Bay, 
Gryph, Fueter die jüngere, sind ebenfalls im 
Stande Soloparthieen mit Glück auszuführen, 
und die Anzahl der Ripienstimmen ist nicht 
unbeträchtlich. Eine ausgezeichnete Tenor- 
stimma, verlohr die Akademie vor kurzem durch 
die Abreise des Herrn Kopp, eines jungen 
Luzerners, der mit vieler Einsicht, nur etwas 
zu reich verziert, «ingt, auch ein schäzbarer 
Geiger ist Seine Stelle in beyden Hinsichten! 
nimmt nun Herr Durheim ein, und ein drit- 
ter guter Tenorist für Soli ist Hr. Käfermann, 
ein junger Studirender. Hr. Bay, ein junger 
Prediger, singt einen angenehmen Bass, und 
Hr. Ebersold, ein geschickter Maler, hat für 
dieselbe Parthie eine herrliche Stimme. Die 
Ripienisten aller Parthieen sind hinlänglich, 
Chöre anständig zu besetzen, obschou sie noch 
vermehret werden könnten. 

Von den Liebhabern, die Instrumente kul- 
tiviren, nenne ich nur die vorzüglichsten: Hr. 
Amts - Stadlhalter Herrmann, Violoncellist,' 
nahm, ohngeachtet seines vielbedeulenden und 
geschäftvoll en Amtes, immer thätigen Antheil 
als Mitglied des Orchesters; Hr. Meisoer ist 
Virtuos auf demselben Instrumente; Hr. Bau- 
meister Haller spielt Soli auf dem Fagott sehr 
gut und rein , übrigens auch Flöte ; Hrn. Gre- 
bers Vortrag auf der Violin ist besonders von 
Seiten der Delikatesse zu rühmen ; Hr. Fueter, 
Vater jener Sängerinneu, spielt Contraviolon, 
und Hr. Müller ut ein vortrefflicher Flötist, der 



Digitized by Google 



n 



1804. October. 



24 



durch jedes Solo die Zuhörer begeistert. Eine 
Menge, als Ripienspiclcr brauchbarer Liebha- 
ber übergehe ich. Wo es für das obligate Spiel 
noch an Liebhabern fehlt, nehmen hiesige Mu- 
siker die Plätze ein. Von diesen nenne ich 
nur: IJrn. Cuering, einen auazeichnenswer- 
then Künstler, der, mit seiner Viotiu bisher 
das Orchester anluhrete , und ausserdem ein 
trefflicher Tenorist und Waldhoruist ist ; die 
Hrn. Korbmann, Vater und zwey Söhne, 
zeichnen sich auf Klarinette und Fagott aus — 
erster apielt jedoch gewöhnlich Coutiabass und 
ist übrigens auch ein angenehmer Komponist ; 
die Gebrüder Janilsch, deren ältester sonst 
obligate Violin spielte, sich aber vernachläs- 
sigt hat und nun blöde wird j die Violinisten, 
Bi üder Till, u. s. w. 

Die Akademie wird während des Winter- 
halbjahrs jeden Sonnabend im schönen Saale 
das ehemaligen äussern Staatsrathshauses gehal- 
ten. Den einen Sonnabend ist eigentliche 
Akademie — Auswahl , Vorübung und Pro- 
be derjenigen Musikstücke, welche den zwey- 
ten Sonnabend, im Konzert, aufgeführt wer- 
den sollen. Zur Akademie haben nur dieSub- 
scribenten, wie es auch billig ist, Zutritt j 
zum Konzert, ausser diesen, Jedermann, der 
für den gesetzten Preis eine Karte löset. Die 
Konzerte sind bisher sehr stark besucht wor- 
den, so dass sich der Saal jedesmal anständig 
füllete. 

Ausser diesen öffentlichen Anstalten , und 
ausser denen, die daran thätigrn Antheil neh- 
men, zählt aber Bern der Liebhaber — und 
auch der sehr geschickten Liebhaher, noch 
viele, so dass sich noch eine beträchtliche An- 
zahl junger Leute, besonders im Gesang und 
mit Klavier- und Violinspiel, hören lassen 
könnten, wenn sie — wollten. Mancher 
aber ist zu schüchtern dazu, Manchen halten 
jedoch auch gewisse Vorurüieile ab , die selbst 
durch die Beyspielc angesehener Häuser noch 
nicht ganz haben ausgerottet werden können. 



An Lehrern in der Musik fVhll es nicht, und 
an wahrhaft guten und gründlichen wenigstens 
nicht mehr, als an andern Orten von gleicher 
Grösse, wie Bern. Einen wackern Mann, 
der zugleich ein gründlicher Komponist ist, 
und z. ß. vor kurzem eine Sammlung neuer, 
drey- und vierstimmiger Kompositionen zu 
Gellerts Liedern mit Begleitung des Pianofoi te 
herausgegeben hat ■ — uenne ich Ihnen noch : 
es ist der Kantor an der hiesigen Hauplkirche, 
Iii-. Kasennaun. 



R B C B N B I O N. 



Neue Singschulc etc. von J. F. Sdiubcrt. 
(ForUctsung.) 

Seite 10 §. 54. empfiehlt Hr. S. die Ucbung 
des Trillers, weil er eine schöne Manier sey. 
Aber das ist nicht der einzige Nutzen dieser 
Uebung; sie hat auch den: dass der Sänger 
sich dabey den Unterschied des halben und 
ganzen Tons (die Grundlagen alles reinen 
Treffens) geläufig macht. Deshalb muss sie 
auch gleich zu Anfange vorgenommen werden. 

Von §. 36 bis 4o finden sich Bemerkungen 
über die ric h lige A u ssp räch e. Es wäre 
sehr] zu wünschen, Hr. S. hätte sich bey diesem 
Punkt etwas länger verweilt und nicht blos das 
Bekannte wiederholt, denn er berührt hier ct- 
' was sehr Wichtiges. Ree. hält es daher für 
Pflicht, hiervon ausführlich zu reden. — Noch 
immer ist die Klage über undeutliche Ausspra- 
che unsrer Sänger sehr gegründet. Das er- 
fährt jeder, der ein deutsches Thealer besucht. 
Wer hier eine Operette zum erstettmale hört, 
und sein Arieubudi nicht vorher durchgelesen 
oder es nicht immer vor Augen hat, versteht 
sicher kaum die Hälfte von dem, was gesun- 
gen wird, wenn er es nicht aus dem Zusam- 
menhange arfälh, besonders bey 



1 



Digitized by Google 



«5 



1804. October. 



26 



gen Salzen , als Finales , Chören u. dergl. — 
Gau« anders bey den Italiener n. Hier 
vernimmt man, auch bey dein vollsten Orche- 
ster, und ohne auf die Aktion zu sehen, den 
Inhalt ihres Gesanges, es müsste denn seyn, 
dass auch sie durch einen längern Aufenthalt 
in Deutschland von der trägen Aussprache der 
Deutschen angesteckt waren. Wie geht das 
■u ? — Der verschiedene Genius beyder Spra- 
chen trügt davon nur einen — vielleicht den 
geringsten — Theil der Schuld. Nehmen 
wir unser morgenlandisches, den Westeuro- 
päern fremdes ch (pß), unser scharfes z und un- 
ser nachtönendes n iu vielen Endsylbcn aus, 
so hat die italienische Sprache, der es an 
scharfen Konsonanten (r, *, ce, cio etc.) nicht 
fehlt, an sich, d. h. in den Materialien zum 
Sprach gebäu de , vor der unsern keinen Vor- 
zug. Es ist wahr, sie endigt viel mehr (doch 
nicht alle) Sylben auf Vokale als wir; aber 
beym Gesänge muss eigentlich jede Sylbe in 
jeder Sprache, wo kein lluhepunkl ist, sich 
mit einem Vokal endigen ; denn der Konso- 
nant tönt ja gar nicht, sondern hemmt viel- 
mehr den Ton. Er besiebt nur in der 'Bewe- 
gung eines Organs während des Lautes, (Vo- 
kals) oder vor oder nach demselben , und kann 
ohne Beyfügung des letztern, wäre es auch 
nur das leiseste Schtva oder i, nicht gehört 
werden. — Die Hauptursache, warum der 
Italiener deutlicher spricht uud singt als wir, 
liegt dann, dass jener nicht blos seine Konso- 
nanten scharf nngiebt, sondern seine Vokale 
genau und weit genug von einander absondert, 
so das» jeder darunter seine eigenlhütnlicbe 
vollständige Vibration erhält. Die dorti- 



I gen Gesanglehrer pflegen mit lobenswerlher 
' Strenge darauf zu sehen, dass der Lehrling 
jedem Vokal sein volles Recht widerfahren 
lasse, und ihn darin besonders zu üben, noch 
ehe er einen Ton singen darf. — Könnten 
und sollten wir das nicht auch? — Allerdings 
ist das die Pflicht der Aeltern und Lehrer; 
denn schon früh wird der Grund zu einer gu- 
ten oder schlechten Aussprache gelegt. Wäre 
man darin eben so sorgfällig, wie man jetzt 
die Fehlergegen die Verwechselung der Casus 
u. dgl. zu verhindern sucht, so würde das nicht 
nur auf den Gesang, sondern auch auf die Be- 
schaffenheit und Menge unsrer Dialekte 
einen wohlthätigen Einfluss haben. *) Es giebt 
ja Regeln, wonach die Reinheit jedes Vokals zu 
bestimmen ist ; ausserdem aber führt das Ge- 
hör, wenn es nicht ganz verwahrloset wird, 
schon dahin. . . 

S. ?o empfiehlt Hr. S. als erste Uebung 
das Auf- und Absteigen der diatonischen Ska- 
la. Diese Methode ist die gewöhnliche, aber 
wol nicht die beste. Den Unterschied des 
grossen und kleinen halben und des ganzen 
Tons dem Gehöre einzuprägen, darauf kommt 
es vor allen Dingen an. — Wäre aber 
nicht überhaupt folgeudes Verfahren das kür- 
zeste und sicherste? — Man fängt mil dem 
Tone an, welcher der noch ungeübten Stimme 
am leichtesten ist, (z. B. g) «.etzl ihn erst 
fest, d. h. lässt deu Sänger — mittelst eines 
gebrochenen Accoinpagnemenls und des Or- 
gelpuokts — diesen seinen ersten Ton sich so 
eidprägen, dass er ihn jediM-zcit, auch ohne 
Instrument, in verschiedenen Graden der 



•) In der schwenkenden Aumprache der Vokate werden wir freylich noch von den Engländern iiber- 
trafien, boy denen die» sogar Sprarhgetetx isr. Wer da» schön linden kann, mit dem will Itcc. so 
-wenig rechten, wie Ucr RoUuiker mit dum bleuen Gai tcnliebhabcr , der die ^eiulHcii Blumen am mei- 
sten schilt, welche jtuom — Misgeburten »ind. Aber sollt« nicht diese »chivankcnclc AiiSiprirlic ilcr 
Vokale neb*l dem imuu-rwj'hrcudcii Züngeln und Lispeln — Ursache oder Wirkung de» u'imu»iU- 
lischen Gehör» und Sinne» »eyn , welchen mau der engliachcn Nation im Gaiuen vorwirft? — Der 
Anthropolog enUcheide ! ■ 



Digitized by Google 



27 



i8o4- October. 



Sl*rkc sMier uud rein angeben kann. (Auch 
hierin dienen italienische Gesanglehrer zum 
Musler. welche bey der Bildung eine* einzigen 
Tons in der Kehle oft mehrere Stunden lang 
verweilen, besonder» solcher Töne, welche 
den Ucbergang von der Bruslstimme zum Fal- 
set macheu.) Sodann wird dieser Ton als der 
Mittelpunkt — als eine llauptstation der Rei- 
se behandelt, und man nimmt von ihm 

zweckmässige Kxcursionen nach seinen näch- 
sten halben und ganzen Tönen vor. Darauf 
macht man es mit andern höheren und lieferen 
Tönen eben so. Zuletzt kommen die erwähn- 
ten Uebcrgjiigslöne. Bey dieser Uebung, die 
etwas Geduld und genaue Aufmerksamkeit for- 
dert, verweile man Unger als gewöhnlich, 
denn sie ist in Absicht des Treffens, zur Ver- 
hütung des Detooirens und zur Bildung einer 
gleichen Stimme von der grössten Wichtig- 
keit. Hat man den Lehrling dariu befestigt, 
so achreite man sogleich zur Uebung der 
Akkorde, etwa nach folgendem Schema : 



I 



i — *cM 



j 




Hierbey werden nun bald diese, bald jene In- 
tervalle a u s g c 1 a s s c n. Dies geschieht eben- 
falls in allen a4 Tonleitern. Hier hat man den 
leichtesten Weg zur Uebung der beyden Ter- 
tien (dur und moll abwechselnd), ferner der 
beyden 6ten, der gr. 7tne, der 5te, ove und 
4te u. s. w. Hierauf fügt man zu diesen Ak- 
korden — wovon der zweyte als Hauptakkord 
für sich , aber auch als Ob. Dom. Akkord mit 
Wcglassung der wesentlichen 7 sich einprägt, 

noch diese 7* ninzu. 



und wenn dies geübt ist, auch die None 



der Dominante — ; 




welche zugleich 6 der Tonica und 3 des Un- 
ter- Dom. Akk. ist. Nuu hat man alle Töne 



der diatonischen Tonleiter und alle drey Haupt- 
akkorde derselben (ord. und beyde Dom. Akk.) 
und zwar zuerst in harmonischer Bezie- 
hung aufeinander, welches für die Bildung 
des Gehörs, und um sich gleich in jedem Stück 
zu orientiren, weit zweckmassiger ist.' als das 
blos melodische Auf- und Niedersteigen der 
Skala. Das letztere kann nur als Probe 
dienen, ob man die Intervalle richtig ge- 
fasst hat, aber als erste Lebung scheint ea 
Ree. eben so zweckwidrig, wie das blos stu- 
fenweise Singen derselben Intervalle, z.B. 
mehrerer 4, 6, 7 hintereinander. — Bey 
dem sogenannten Skalasingen ist aber, wenn 
es mit Accompagnement geschieht, noch 
zweyci ley zu erinnern : 1) dass die dazu ge- 
wählten Akkorde keine anderen seyn müssen, 
als die zn den Hauptakkorden der zu übenden 
Tooleiter gehören (ord. und beyde Dom. Akk.) 
damit diese sich fest imprimireu; mithin wäre 
der 5le Akkord in den vordem Beyspielen S. 
a6, Tab. L t F. 1. (es milder 2) ob er gleich 
ein Leitakkord des Unt. Dom. Akk. ist, doch 
nicht gut, weil er die Tonica zur Dominant» 
und die 4 zur Tonica macht, also dem Lehr- 
linge zwey verschiedene Tonleitern (b und f) 
ins Gehör bringt — 2) darf der Uehrer , nach- 
dem er den Grundion angegeben hat, die fol- 
genden Akkorde — - besonders, wenn er den 
zu singenden Ton mit angeben will, was al- 
lenfalls nur im Anfange gut ist — nicht 
vor oder mit dem Tone seines Lehrlings an- 
schlagen, sondern danu erst, wenn er die- 
sen Ton fest uud rein gefunden hat , und der 
Lehrling zu einem andern Tone übergehen 
soll. Beobachtet der Lehrer dies nicht , so 
wird er den Schüler gewöhnen, dass er sich 
auf das Instrument verlädst uud also die siche- 
re Intonation hindern. — Ueberhaupt muss 
das Gehör des Lehrers, und nicht das 
Instrument, den Sohüler leiten. Dies führt 
zu einer andern Bemerkung: Hr. S. sagt in 
einer Note, S. ao : „zur Begleitung der Siog- 
übungen schickt sich ein Fot tepiano am besten. 
Hioraus folgt, das« die Wahl eines Ge- 



Digitized by Google 



29 



1804. October. 



30 



sanglehrers auf einen Klnvieristen falleu müs- 
se " Dieser Schi uss tot uicht bündig. Zwar 
kann man nicbt ein guter Sänger seyu ohne 
Kruulnis der Regeln der Ilariuouie, wozu die 
Bekauutschafl mit dem Klaviere die beateu 
Die aale leistet; aber uuigekehrl fehlt dem Sat- 
ze noch viel an seiner Richtigkeit. Der 
blosse Klavierist, wäre er seines Instru- 
ments und selbst der Komposition noch so 
mächtig, taugt deshalb noch nicht zuin Ge- 
sauglehrer. Nur der Sänger bildet im Privat- 
unterricht Sänger; das Instrument ist eigent- 
lich nur Nulhhüjfe, zu der man freilich aus 
Bequemlichkeit öfter seine Zuflucht nimmt, 
als recht ist. Zwar arbeitet sich das Genie 
auch durch eine verkehrte oder mangelhafte 
Methode hindurch, aber darf das zur Ent- 
schuldigung für den grossen Haufen gelten? 
und liegt uicht in dieser Gewohnheit, nur 
einen KJavinvisten^zum Gesanglehier anzuneh- 
men, unbekümmert, ob er seihst ordentlich — 
wenn auch gerade nicht mit einer schöum 
Stimme — singau kann, eine vorzügliche Ur- 
sache des Verfall« der achten Siugkunst? ») — 
In der Thal hat der blosse Ki tvierist, dem die 
Töne «chou da. liegen, und dessen Instrument 
nicht immer, ganz rein ist .:— > (wie selten Gu- 
del man dergleichen , die mehrere .Tag« und 
Wochen ganz rein bleiben ! uud kann mau bey 
jeder Lektion erst das Instrutueut durebstim- 
men?) — nicht eiumal Gelegenheit, sein mu- 
sikalisches Gehör so zu bilden, wie z.B. der 
Violinist, der sich seine Töne suchen muss, 
viel weniger es zu dem Grade der Scharfe und 
Feinheit zu erheben , welches beytti Unterricht 
im Gesauge durchaus nolhig ist. Uebrigena 
bleibt zwar ein Fortcpiauo , daseineu vollen, 
runden Ton hat, unter den gangbaren In- 
strumenten noch das beste zu. n Gesänge; aber 



bey den ersten Uebungeu, besonders da, wo 
Gehör uud Tonfestigkeit viele.Schwierigkeiten 
verursachen, möchte der Gebrauch eines gu- 
ten, — wohl zu merken : mit einem Schwel- 
ler versehenen, Positivs sehr wirksam seyu. 
Uqch ist auch hierbey Vorsicht und Abwech- 
selung nöthig, damit die Stimme nicht zu hart 
uud unbiegsam uud zum ausdrucksvollen So- 
logesänge uu tauglich werde. 

1 

S. 47 hat Hr. S. deu Begriff des Ti e f f e u s, 
wider den Sprachgebrauch, zu weit ausge- 
dehnt und darunter auch mit augegeben, waa 
eigentlich zur Lehre vom Takt gehört. 

S. 39 wo Hr. S. von den verschiedenen 
Klanggeschlechteru spricht, heisst es: „man 
übt die enhai mimischen Töne im Gesauge 
in eiuerley Tougiös*« aus." — Für den 
gemeinen Sänger mag das hinreichen, aber 
den höher «Webenden könnte das leicht irre 
führen uud ihn eines Vortheila berauben, wel- 
chen djo Menschenstimme vor andern lnshu- 
menten hat, nämlich einen und denselben 
Ton, wie er in unserm Syslom bestimmt ist, 
nach seiuen verschiedenen harmonischen Be- 
ziehungen auch verschieden anzugeben, 
ohne zu detoniren. Auf dem Klaviere 
gehl das freylich nicht, und wer nur darnach 
singeu lernt, wird sich zu dieser vnllkommeu 
reiueu und feinen Intonation nie erheben. 
Aber aus den Anfangsgründen der Haimonik 
ist ja bekannt: dass uitht nur ein uud derselbe 
Ton anders vibrirt, wenn er ein audres luter- 
vall ausmacht; (z. B. dis als 5r von/t, uud ts 
als 5 1 » von c) sondern d*ss ein und dasselbe 
Intervall in verschiedenen Tonleitern andre 
Yerhältuisse hat (/.. H. die grosse 3 in c und in 
ßs dur). Wenn das Klavier dies nicht darstel- 



— 



») Mit dieser Alhitigigluit des G'Mn&e* Tom KUvier und der daiau« erw.vh»eiidcn Wilhcilc uud Naib- 
tbeiie 4at •• ong»f»lir «Hr Hewmdoif , wio mit d«r ehemaligen (?) Abhängigkeit der Schale» ron den 
Kiichen. — Eine P*i«Ueles, «Ii« »ich weit uud inler«&»ant au*nuu«a lic»«c, ki-er — hier uküt weiter 
hei gehört. 



Digitized by Google 



3» 



1804. October. 



3« 



Jen kann, so ist das kein Votzug, sondern 
ein durch die Nalur dieses Instruments unver- 
meidlicher Mangel desselben, den man ver- 
mittelst einer geschickten Temperatur nicht 
heben, sondern nur verdecken kann. - Auf 
andern Instrumenten lässt sich dieser, dem 
geübten Ohre sehr vernehmbare Unterschied 
sehr gut ausdrücken. So wird z. B. der Vio- 
linist , dem es um die höchste Reinheit der In- 
tonation zu thun ist, dis als Leittun von e an- 
ders nehmen, als «, die 5^ von c — und 
der Menschenstimuie, die im Um lange eines 
ganzen Tons noch an 100 verschiedene Töne 
herausbringen kann, (siehe Agrico I a S. xh) 
sollte eine solche Nüanzirung nicht möglich 
seyn? — Dem widerspricht die Theorie und 
die Ei fahrung. Ein geübter, achter Sänger 
weiss, wenn er ein Stück hört, nicht nur aus 
welchem Tone es geht, ohne auf die Noten zu 
sehen, sondern er ist sich auch jedes Inter- 
valls, ja jedes einzelnen Ton« in seiner Kehle 
so deutlich bewusst, fühlt ihn von den übrigen 
so abgesondert, dass er gleich gewahr wird, 
ob er im Stande ist, einem Tone in eu har- 
monischer Beziehung etwas zuzulegen, 
oder abzunehmen. Zu einer solchen Vereini- 
gung der Bestimmtheit mit der Biegsam- 
keil gelangt man nur, wenn mau bey den vor- 
hin erwähnten ersten Uebungen hinlänglich 
verweilt. Daun wird es auch keine Unbe- 
quemlichkeit verursachen, zu einem Instru- 
mente zu singen , das höher oder tiefer steht, 
als das, woran man gewöhnt ist. Mag es 
übrigens auch nur seilen darauf ankommen, 
einen Ton in verschiedenen Grössen zu 
singen , so giebt es doch eriharmonische Wcn- 
duugen und leidenschaftliche Stellen , die ohne 
eine solche Kunstfertigkeit nicht vollkommen 
exekutirt werden können. 



S. 35 hätten aus der Intervallentabelle die 
verminderten Sexten, weil sie uach un*crm 
System — nur auf dem Papier existiren, weg- 
bleiben sollen. 

(Der Bcschlui» folgt.) 



Kurze Anzeige. 



Grand Rondtau- Fantaisie sur la premiire Ro- 
muttee de r Optra: Helene, de Mthul, comp, 
pour tt Pianoform par Jos. Lipavtky. Op. 
2Ö. A Vieune, au Bureau d'ails et d' In- 
dustrie. (Pr. 56 Xr.) 

Die« ist ein recht braves Werkchen, daa 
Kenner und Liebhaber gut aufnehmen werden, 
und das durchaus etwas Eigenes und Ach- 
tungswerthes hat. Man möchte es eher sehr 
frey behandelte, und unter «ich verbundene 
Variationen über jenes Thenia nennen. Der 
Verfasser nimmt erst Mehtits angenehmes 
Thema, (A moll) wie es ist, und bringt es, 
nach einem kurzen, analog und gut geschrie- 
benen Zwischenspiel, recht schönend /liessend 
varürt, wieder. Hierauf folgt ein mehr ab- 
weichender Zwischensatz, (Ddür) der aber 
an sich zu unbedeutend und auch dem Thema 
gar zu fremd ist Nach diesem kehret er zum 
Thema zurüik, nimmt es in den Bass und 
giebt der rechtcu Hand eine messende und 
nicht erzwungene Melodie dazu. Sehr gut 
schliesst Meli hieran der interessante Zwischen- 
satz in hVmoll, und eine mehr figurirte Va- 
riirung des Thema besihliesst das Ganze, das 
jedem, der imht nur durch seiner Pinger 
Werk glänzen und auch an grosse Werke sich 
eben nicht machen will, besteus empfohlen 
weiden darf. 



(Hierzu da* IntoIügenxliUtt No. I. ) 



Limit, sst Bukiskof» vmo Hhi 



Digitized by GooqU 



INTELLIGENZ - BLATT 
zur Allgemeinen Musikalischen Zeitung. 



October. 



Ni. I. 



1804. 



Neuer Vtrla ß des Musik - Comtoirs zu Braun- 



J^ieolo Iioosrd, Der tt:rfcischo Arzt, oder der 
Verrückt*, komische Oper ia einen Akt. Klavier- 
•usttig. a Thlr. 

Müller, Ch,, Douzc Walzea p. lo Pianof. 6 Gr. 

— — Auswahl vorcüglicaer Lieder, sunt Singen 
am Klarier für Anfänger. Heft I. 10 Cr. 



fhtattra n zeigt. r . 

Der türkische Artt, «der der Verrückte, komi- 
•«■he Oper ia einem Akt, Musik *ou Nicolo Isouard, 
für deutsche Bühnen bearbeitet. 

Partitur und Dialog bietet unter*, irhnete Ver- 
lagshandlung den Direktionen-, die dar«uf refiektire» 
wollen, au billigem Preiae an, und haftet für kor- 
rekte und deutliche Abschriften. 

Bramuihweig, im Sept. 1804. 

Musik-Comtoir. 



Neue Murikalitn, von verschiedenen Verlegern, 
weiche bty Breit köpf und Härtel zu haben sind. 

r. Beethoven, Lw, Grand Concerto p. le 

Pianof. Op. 5 7 . 5 Thlr. 
— — Sinfonie ägr. Orth. Op. 56. 5 Thlr. 

Calmbach, V. A. , J Sonate« p. le Violou »». acc 

de Q«»,e. O*. 2a. , '. h i r . 6 Cr. 
Schneider, C. A, , 3 Qnsiuor» p. a Violona, A. 

-^IL-Vür*- °?* 2 °' a Th,r - 8 Gr. 
Krommer, Fr., Couccrto p. flute, i Thlr. YcTCr. 
Stumpf, J., Quatior p. le Baaaoo, V., A. et Vlle. 
» TLlr. a Cr. 



Goepfert, C. A. , Quatnor p. La Clarinette , Viol., 
A. et Vlle. No. 3. aa Gr. 

— — Concerto pour la Clarinette« Op. >• 

i Thlr so Gr. 
Mehul, une Folie, Opera en a Artea arr. en Quint. 

p. a Viol., a A. et VUe. 3 Thlr. 4 Gr. 

Kuittelmai r, L. , ja Allemaudea tirtis dea ldde« 
de Haydn, Mozart, Cramer, Clement!, Beethoven etc. 
p. le Pianof. j6 Gr. 

Bernhardt, Duoa fädlet p. 3 Violona an. de diff. 
Opera«, aa Gr. 

Kreith, C, Recueil d'Aira varida ponr la Flut* 
aeul. 14 Gr, 

Siotrock, H., 18 Düos p. a Cor», Op. 3, 1 Thlr. 6 Gr. 

6 Contredanaea p. le Pianof. par d'fler. Autenra. 
Lit. j et 3. 14. Gr. , 

6 Ecoaaoisea p. le Pianof. par diff. Maitrci. 7 Gr. 

Ferrari, J. G., 3 Duoa facile« et agreables p. aFld- 
te«. 13 Gr. 



Gross, H. , Sonate p. le Vlle aree acc. de Baste. 
Op. 1. 16 Gr. 

Himmel, F. H. , 5 Sonate« p. Te Pianof. tr. sc«, 
de Viol. et Vlle. Op.17. Liv. 1. r Thlr. 8 Cr. 

— - — 12 deuttche und fransös. Lieder mit Beglei- 
tung der Gtatarre. x Thlr. 4 Cr. 

— — Quadrille de Ia Reioe p. Fe Pianof. 16 Gr. 

Himmel, R ei c Hardt und Righini,' 6 Lieder' 
mit Begleit, de« Pianof. 16 Gr. 

Mottet, Quadrille der Bergschotten f. d. P. f. 8 Gr. 

Niale, J., 6 Echoa p. a Cor«. Op. 3. ja Gr. 

Reichard t, J. F., ja Elegie« et Romance« ar. ace, 
de Pianof. öu Marpe. t Thlr. 8 Gr. 

Monatsfrti< hte f. Klar, und Gesang, f.tes Heft. 1 Thlr. 

Hl o "za rt , XV. X*. r prineipaut OtnrBori T r-a- Viol} 
A. et Vlle. Op. 10. en ParUtiou. a Cahiera. 
S Thlr.' ff Gr. * ^ 



Digitized by Go( 



1. 



Rccueil Je pitee» favoritea tir. de plusienrs Op. «rr 
p. le Pianof. Np. 3 — 6, l ia Gr. 2 thtr. i '■. < 

Kybler, J , gr. Qujntetto d. 'Viol. , a A. Vlle et 
Contrabatte. Op. ü. No. 3. 1 Tblr. 8 Cr. 

Bernardi, F., 10 Variat. p. unr Fl. No. 1. 8 Gr. 

Traf g, And.. 10 Variat. «ur im Therm- de IIa It. -f. 
Die Tatuerin von Athen et*:, p. le Pianof. Op. .». 
n Gr. 

Rode, Gm« Coneerto arr. p. la Clar. par D. Franco. 
1 Tblr. 11 Gr. 

Breval, J. B. , Traue de Violonc. Op. 4a. G Tblr. 

Faieiello, Oorert. et Aire etr. de Nina: P*»ea p«.-r 
Amore, av. acc. de Pianof. 4 Tiitr. ia Gr.. 

Himmel, F. H. , 5 Sonate» p. le Pianof. av. acc. 
de Viol. et Vlle. Op. 16. 5 Thlr. 

P»cr, J., Ouvertüre de la Criaelda k gr. Orche»tre. 
1 Tblr. is Gr. 

— — la mfme errangee p. Harmonie. \ Tlilr. 4 Gr. 

— — la memo arr. p. le Piano'. 16 Gr. 

_ OuverUue, Air«, Duoa etr. de la Griielda 
av. acc. de Pianof 5 Tblr. >8 Gr. 

Dalayra.c, Ouvertüre de» Troi» Sultanol arr. p. le 

Pianof. iC Gr. 
Cimaro»a, Our. et A«r» degli Orazi e i Curiari, 

Op. »e'rieux, arr. p. le Pianof. 3 Thlr. 
t. Beet hören, gr. Quintette per 3 Viol., a Viola 

e Vlle. No. 1 et a. 5 Tblr. 
Fleyel, Sinfonie periodione. No. afl. 1 Thlr. la Gr. 
Viotti, 3 Duoa conr. p. 1 Viol. Li*. 6. I Tblr. 12 Gr. 

— 3 do Lir. 7. 1 Thlr. >a C». 
Facha, G. J., 3 Duoa p. Clar. et Vi©'. Lir. 5. 

j Thlr. 13 Gr. ' - 

SchoenehreV, fi Duoa eonc, p. » Vllea. Op. ia. 

LW, 1 et 3. 3 Tblr. , Ä . _ 

Moutt, 5 gr. Sinfonie» «rr. p. a Viol., a Alto», 

Ba**e, Contrabusae et Flute par J. B. Ciwidor. 

Lir. 1. 4 Thh. 13 Gr. 

_ 5 do Li». 2. 4 TMr. ia Gr. 

Roll«, A., 3 Duo» p. a Viol. Op. C. j Thlr. u Cr. 
Mozart, gr. Quintttto p. 3 Viol., 3 A. et Vlle. 

No. 8. 1 Tblr. ia Gr». 



Cimiron, Air» du Matrimonio tegreto arr. p. ft 
Vtol., par. N. Schmitt. ,2 Thlr. \ V 

— — — Lei memo» p. 1 FI. 3 Thlr. 

Reich«, A. . Etüde dci Tradition* et ?. Fantai»ie* 
p. leTianor. Op. 3i. 1 Thlr. Cr. 

Kanne, F. A. , Journal p. 1« Guit. t ab. a. » Thlr. 

Rinck, J, C^, Spaate p. ltFiauoL. av. Viol. et Vlle 

obl. Op. 1. iö Gr. 
Eder, P., Öonate p. le Piauof. av. ocr. d' un Viol. 

Op. 5. 10 Gr. 
Boiihlieu, Ouvertüre de 1'OpeVa: 1« Calif ue Bag- 
dad, ü {;r, Orcb. 1 Thlr. 11 Gr. 
M chul, Ouvert. de POp uue Folie arr. p. le Pianof. 
«r. Viol. ia Cr. 

• - ■ .. 
C i maro ia, D., Concertante pour 3 Flute» «v. «er. 

* * 

Op. poilh. 1 Tblr. 20 Gr. 
Kanne, F. A. , 3 Chaaaona «v. acc. de Pianof. oa 

de Guittrre. Op. 9. Liv. 1. kj Gr. 
Stumpf, J. , -te Conrerto p. le Ba*»on. 1 Thlr. ju Gr. 
Uugot, A., oc Conccrto p. Flute. 1 Tblr. ia Gr. 
Wacher, P. , 3 KU» varic» p. 1 tc VfolAtt av. acc. da 
Baue. Op. i3. 1 Thlr. -i Gr. 

— — Loa memea »dpaWe« i « Qr. 

_ — Homancc d'Ariodant v«r. p. 1« FIAte. 8 Gr. 

__ Li meine p. Viol. 8 Gr. , 

^mm — do do p. Clarinetto. 8 Gr. 

Cimaroaa', Ana degli Arti^iaoi , av\ acV. rtc FortepJ 
av. le» partics »epaieVs. "a Thlr. 
jl'aisjello, D^O 'le Prcuerpiii* av. arr. de Pianof 

av. le» pailie» aeparert. t Thlr. 13 Gr. 
! Tuch, H. G., 6 EconsoIIt* >. Ic Pianof. 8 Gr. 

K«oae*,;F. L A., Da» Il-Ueluja der ochÖpXuu^ 

Paititui. C Thlr. 
_ Daa»elbe im Klav ierauizugr. 3 Thlr. 

Mu«iL.ati«the Kun»twerko im »trunken S:>1 7r Heft, 
entb. 3o Variationen füc da* Klarier von Job. Scb. 
Bach. 3 Thlr. 

(Wird forg«etit0 



L« »IT JU.tiOt» «HO HS.TMIm 



Digitized by Google 



ALL G £ M EINE 

MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den i7« cn October. 3. 



1804- 



Einige Bemerkungen über VoUsgesoag; bty Ge~ 
hgenhtii des Briefs einte Reitenden im 36. St. 
des 6ttn Jahrgange der M, Z. 



In dem angeführten Briefe, welcher zwar an 
die Redaktion gerichtet, zunächst aber auf di« 
„Landgeistlichen und kleinen Kantoren" be- 
rechnet ist, klagt der Reisende, „dass nur an 
wenig Orten für die Verbesserung des Volks- 
gesangs, Sonderlich des Gesangs der Landleu- 
te , ernstliche Austeilen gemacht würden. Das 
Mildheimisclie Liederbuch, zu diesem Zwecke 
das dienlichste, scy gar nicht so bekannt , als 
es seyn sollte. Er empfiehlt „das erfreuliche 
Beyspiel einiger Hildburghausischen Ortschaf- 
ten:" wo er mehrere Lieder aus diesem Buche 
ordentlich vierstimmig singen gehört; das 
Werk thatigev Schullehrer, welche es sich 
zum Geschäft gemacht, die fähigsten der länd- 
lichen Junglinge mit Hülfe der Chor- Adjuvan- 
ten auf den vierstimmigen Gesang einzu- 
üben u. a. w. " 

Ohne weder Landgeistlicher noch Kantor 
(kleiner öden grosser) au seyn, halte ich mich 
dennoch, da ich an aufrichtigem Sinn und 
Willen für die sittliche Verbesserung des 
Volks keinem derselben weiche, für berech- 
tigt, folgende Bemerkungen über die vorlie- 
genden Gegenstände den Lesern dieser Zeitung 
sa weiterer Prüfung vorzulegen. 

Es wXre an wünschen , der Reisende hatte 
sich , wenn euch kurz , doch bestimmter dar- 
üb er erklar t, worin er den eigentlichen Ge- 
7. Jahr^. 



genstand seiner Beschwerde, das Verderbnis 
des Volksgesangs , setze, und wodurch es ihm 
veranlasst scheine. Meines Bedünkens Igiebt 
unsre Zeit dem Beobachter und Volksfreunde 
zu einer gedoppelten Klage in dieser Bezie- 
hung Anlass: einmal, dass an manchen Or- 
ten gar nicht gesungen und die reine Freude an 
erheiternden Liedern und Gesangen entweder 
von dem engen Treiben irdischer Geschäftig- 
keit, oder von rohen und albernen Spielen, 
oder von wahrer Büberey verdrangt wird; 
dann, dass entweder Sitten verderbende oder 
von Geist, Gefühl und Phantasie entblosste 
Lieder im Schwange gehen, die, wenn auch 
an sich nicht bösartig , doch der Kraft erman- 
geln , die edlern Menschenkrafte aufzuregen, 
und dem Gemüthe zu leisten, 'was es in Sehn- 
sucht, Leid nud Freude an Erquickung und 
Trost bedarf. 

In allen diesen Rücksichten nun, glaube ich 
behaupten zu dürfen, haben unsre neuem 
Volksschriftsteller, statt das Bessere zu for- 
dern, vielmehr das Schlimmere, worüber ge- 
klagt wird, dem grössern Theile nach, her- 
beygeführt. Von beschrankten Ansichten des 
Lebens und der Kunst ausgehend, auf dürfti- 
ge Begriffe von Popularität und Korrektheit in 
poetischen Werken fussend, machten sie ea 
sich zum Geschäft, die grossentheils treffli- 
chen Lieder und Romanzen, welche vormals 
in allen Landen deutscher Zunge lebten, aus 
dem Munde des Volks zu verdrangen, und 
statt dieser Erzeugnisse einer frischen Phanta- 
sie, eines innigen, zarten, kühnen Gefühls, 
einer freyen, muntern, kindlich - naiven Lau- 



Digitized by Google 



35 



1804. October. 



36 



ne, sogenannte Gedtchto einzufühlen, die, 
bey ihrer wasserklaien Verständlich keil unpo- 
pulair, bey ihre» moralischen Nüchternheit - 
und Mäßigkeit langweilig, bey ihrer zahm tu 
Korrtklheit unerquicklich, -das unbefangne 
kindliche Gemütb so wenig ansprechen, als 
das gebildete, durch den Genuss aihlpoett- 
scher Kuust wei ke genährte, -in uteineu-Augeu 
ist es d ther ein gutes Zeichen , wenn derglei- 
chen Gedichte unter. dem Volke keinen Ueyfall 
finden; es deutet auf unvei doi benen , kraftvol- 
len Sinn. Gerade diejenige Klasse, weiche 
die gemeine heisst, erkennt nicht selten am 
eisten das Gemeine für gemein; bey ihrem 
festen Takt für das Hechte und Schickliche 
kumiuen die gewöhnlichen Begriffe von Popu- 
larität uud Korrektheit und Anständigkeit uicht 
•elten sehr ins Gedränge; das Schwungvollste 
und Kühnste fassl sie oft wunderbar leicht, 
und mit deti seltsamsten Gestaltungen der 
Phantasie, wovor der ästhetische Schönfärber 
erschrickt, ist sie bald bel'reuudeL 

Lasset also, möchte man denen zurufen, 
welche von dieser Seite her auf das Volk zu. 
wirken gedenken; lasset dem Volke seiue allen, 
treuhetzigeu Lieder, aus weichen ihm zum 
Theil die Gestalt der lieben ui väterlichen Zeil 
in stets frischen Farben entgegen blühet; und 
ihr, welche die Natur mit der Feuertaufe der 
Dichtkraft zu ihren Lieblingen weihte, dich- 
tet in ihrem Sinne 1 Nicht darauf kommt es 
au, dass dem Landmann für jedes seiner länd- 
lichen Geschäfte , dem Bürger für jeden Zweig 
seine« Gewerbes ein Lied werde, gleichsam 
nin ihn dabey festzuhalten; nicht darauf, dass 
die Ruthe des Sittenpredigers überall den ar- 
men Arbeiter verfolge: sondern darauf: dass 
ihm etwas gebotheu werde, was seine Phanta- 
sie (die edelste Kraft der menschlichen Natur) 
anregt, ihn über dielies< bi ankung seines Krei- 
ses und Ges häfts zu erheben und mit ilneu 
zarten Gespinnsten die schweren Etdensovgeu 
gclüilig tu umhüllen; darauf, dass ihm sein ir- 
discher Beruf erleichtert uud versüsat weide, 



indem man ihn veranlasst, selbst in den müh- 
seligen Fesseln desselben; seinen Geist iuit 
einem kiudtjehen Spei zu ergötzen. 

Die» .ist, wie ich glaube, der sittlichsle 
Zweck, welchen sich Volksdichler und Ton- 
kunstler vorsetzen kötrnen. Was aber von 
unser u alte» Volksliedern , (deren wir in der 
llerder'scheu Sammlung eine so köstliche 
Auswahl haben) dasselbe gilt auch von ihren 
Melodieeu; als Produkte des setteu irieudea 
Naturgelühls, sind sie meist richtig und zart 
empfunden. Mau sollte sie (wie bereits Herr 
Reicbardt in seinem Kunstmagazin mit 
einigen geiban) sammeiu und durch dseSchri^ 
festhalten; gewiss würde dieses eine Samm- 
lung werden von weit tieferem Gehalt, als so 
manche der heurigen, worin die armseligen 
Meludieeu mit Her zusammengeborgten, Beglei- 
tung ihre Blüsse kümmerlich decken. 

Um den mehrstimmigen G^sau,g,i*l es al^' 
leVdinga eine herrliche Sache/ woran das' 
VVohlgelalleu tief in der Natur begründet liegt.' 
Sofern aber Geistliche und S> buileVirer elwae 
für denselben leisten sollen, müssten sie sich* 
wie mich dunkt, lediglich auf geistli« he Lie- 
der (Volkslieder im edelsten Sinne des Worts) 
uud deu Choralgesang . cinschrauken. Das 
Volk (das unverdorbene, un verschrobene, mey- 
ue ich) hai emen entschiedenen Widetw.len 
dagegeu,' wenu sich der Geistliche, auch im 
besten Wobltneynen, mit „weltlichen" Din- 
gen befassl; Maas und Gehalt seiner Freudeu 
soll er ihm vorschreiben, nicht aber auf das 
Detail derselbeu, es sey denn warnend und ab- 
mahneud, snh einlassen. Die aufgeklärten 
Versuche, das Volk zu bearbeiteu, sind dem 
Volke -selbst ein Spott; es lacht und ärgert 
sich über die ökonomischen, medizinisch^ 
polizeilichen Predigten , uud auch hierin be- 
wahrt sich sein richtiger Sinn. Hingegen 
werden Geistliche uud S hullehrer seinen Bey- 
fall und Dauk eiuarndten und etwas sehr ver- 
dienstliches leisten, weun sie 



Digitized by Google 



ST 



1804. October. 



35 



durch besiimmlr Uebungen dafür sorgen» dass 

Choräle, detten wir so manche kraftvolle, rüh- 
rende und Ucfzei'hebende ehenfalis aus der al- 
ten Zerit haben, vüu-suiMnig gesungen, und 
•o mit dem Gefühl für die edle Harmonie (wel- 
ches sich bey den andern Liedern schon von 
selbst wirksam erzeigen wird;) zugleich die 
Gefühle -der Andacht und Frömmigkeit genährt 
und befestigt werden», »> 



Und hier möchte ich fragen: warum hat 
man, da es durch die einstimmige Meynuog 
der bewahrtesten Kenner entschieden ist, dass 
die Hebung im Choralgesang nicht allein ein 
vorzügliches Mittel zur Bildung eiues ächten 
und edeln Geschmacks in der Musik , sondern 
selbst für da« Mechanische des Gesanges, Fe- 
stigkeit im Ton,, im Tragen der Stimme u. 
s. w. überaus vortheilhaft sey — warum , sage 
ich, bat man noch keine zum bequemen Ge- 
branch eingerichtete Sammlung der schönsten 
Choralmelodieen für häusliche und freund- 
schaftliche Zirkel? Welche reiche Ausbeute 
sich für diesen Zweck aus den (auf eine 
Vollständigkeit berechneten nnd in 
mehrern hieraus fliessenden Rücksichten für 
den erwähnten Gebrauch nicht ganz geeigne" 
ten) vortrefflichen Werken eines Seb. Bach, 
eines Hilter, Kühnau, Vierling u. a. m. zie- 
hen? Wie lehrreich und ergötzend müsste es 
nicht selbst für den blosseti Liebhaber aeyn, 
au einer Melodie verchiedene Harmonieen 
vortrefflicher Meisler zo vergleichen , und den 
Sinn, womit sie nach Verschiedenheit ihrer 
Individualität Text und Melodie aufgefasst, 
herauszufühlen? Fünf und zwanzig der schön- 
sten Choräle Hessen sich wohl in ein Bändchen 
zusammenfassen , welches vermöge des massi- 
gen Preises jedes Mitglied gesangliebender 
Zirkel sich anschaffen und so des Vortheils ge- 
messen könnte, neben seiner Stimme die gan- 
ze Harmonie zu übersehen: würden nuu die 
Texte von den grossentheils unschicklichen 
und entkräftenden Verbesserungen, welche 
sie in neuern Gesangbüchern erfahren, gerei- 



nigt; würden dem Sinn nnd 1 'Geist steht er Ki r . 
chenlieder verwandte, wenn auch in der Form 
abweichend« Stücke, wie z'.' B. die überaus 
herrlichen Fasch'ischen Versetti in der Berl. 
rausik. Zeit. d. J. 1795. hinzugefügt — so 
müsste dies eine Sammlung werden, welche 
jedes für höhere Geistesfreuden, für Andacht 
und Religion gestimmte Gemüth inuig zu er- 
freuen nicht verfehlen könnte. 

Was das Mildheim. Liederbuch betrifft, 
welches der Reisende als das dienlichste zur 
Verbesserung des Volksgesanges anpreiset, so 
muss ich mich offenherzig zur entgegengesetz- 
ten Meynung bekennen und eingestehn, dass 
mir bey Anfertigung dieses Buches weder ein 
ganz fester sittlicher, noch ästhetischer Takt 
obgewaltet zu haben scheine. Als Vater, 
Geistlicher, Schullehrer würde ich es nicht 
wagen, denen, aufweiche ich in allen diesen 
Beziehungen wirken könnte, jenes Buch zu 
empfehlen; denn, Gottl mit welcher Miene 
könnte ich es anhören, wenn z. B. meine 
Tochter in dem Kostüm eines unschuldigen 
Laudraädcheus aus Ho. 409 von ihrem Liebha- 
ber mir vorsänge: 

Dieser heistt , da« Ohr gospitatl 
Wilhelm , uad so ferner. 

Aber wenigstens bis iUt, 
Tragt er ksino Hörn« J 

Oder: 

Traut Midchea, leichte« Rittern nicht! 
Sie löffeln wohl und wandern 
Von einer zu der andern u. s. w. 

Oder: 

So man man kühne Junker prellen, 
Die armen Mäd.heu Netze stellen. 

(Die Moral einer eben so säubern Romanze.) 
Oder wenn Sohn oder Schüler sänge : 

Und als das Mägdlein melkend sass 
Ds bot ich guten Abend, 
Und sah durchs Buseatnch hinein 

u. s. ST. 



Digitized by Google 



39 



i8o*. Octoben 



AI« Geistlicher würde mir unheimlich zu 
Muthe werden, weun ich ein Brautpaar vom 
Chorus der Gute mit lullender Mural äuge- 
sungen hörte: 

Die Frau musi nicht am Fenster etehn, 

flach jungen Herrn su gaifeu, 

Der Mann hat bloa auf sie cn «ahn, 

Mit amiern nithta «u schaffen. 

Der Mann iat Herr, doch wn er will, 

Muas er nicht streng gebietheii, 

Und brummt er ja, so schweig sie still, 

Und halt ihr Maul in Frieden! 

Ist es schön , wenn der Schneider zu sei- 
ner Freundin sagt: 

Ich bin kein Bock, sonst mSsst' ich ja, 
Mein iJU! auch Homer haben. 
Denkst d« im Ehestand etwa 
Mich damit au begaben? u. *. xr. 

Oder der Scheerenschleifer : 

- 

Wie manchen feilten BachuMoha 

* 

Plagt Wind and Indigestion u. s. W. 
Doch frag ich nicht nach Mädchenguiist, 
Denn, o wie bald ist die rerhunet u. s. w. 

Dergleichen Stellen könnten, wenn man 
nicht von der guten Absicht des Herrn Her- 
ausgebers im voraus überzeugt wäre, über die 
•ittenbessernde Tendenz seines Bucha einige 
Zweifel erregen; ich gestehe, es würde mir 
die Kategorie «der Fröhlichkeit, welche dun 
Kopf nicht hängt," über die Gebühr erwei- 
tern, heisaen , wenn man Scherze solcher Art 
darunter befassen wollte. Die angeführten 
Stellen, (weiche sich noch mit^ielen ähnlichen, 
zum Theil ekelhaftem vermehren lieaseu,) 
charaklerisiren Mgieich- die ästhetische Seite 



des Bucht; man wird in ihm Beysptrie finden 
für Alle Nuancen der Plattheit und Geisliosig- 
keit *). — Das Bu h dt« Hrn. Klitscher 
kenne i«h nicht und habe also kein l/rtlml 



Liederbücher für das Militär, wie sie 
der Reisende am Schlüsse seines Aufsaue« 
wünscht, scheinen mir ein sehr ungründliche* 
Heilmittel gegen das Verderbnis, worüber er 
klagt, su seyn, so lange die Verhältnisse und 
Umstände fortdauern, weiche die ünaitüich» 
keit in diesem Stande begünstigen, und die 
I<ust an uneüohrigen Liedern erzeugen und 
nähren. Es ist ein charakteristischer Zug un- 
ser« Zeitalter«, dsss es für erhöhte Sittlichkeit 
und Religiosität so viel von äussern (äslheti- 
sehen) Mitteln erwartet. In einein ähnlichen 
Sinne hört man manche, sonst gar nicht un- 
verständige Menschen eine Recüfiximng de« 
öffentlichen Gottesdienstes milteist der Aesthe— 
tik wünschen. Ich glaube, es lässt sich aei- 
gen, dass bey dergleithen Ansichten eine grosso 
Verkehrtheit zum Grunde liege; nur wurde 
es mich, wenn ich es hier versuchen wollte, 
zu weil führen, uad meiner diesmaligen Ab- 
sicht entgegen »eyn. 



CHRICHTEN. 



Wien, den 5. Oct. Der September hat 
wenige musikalische Neuigkeiten von Bcdeu- 



*) Einer meiner Freunde, ein Landgeistlicher und ein Mann Ton dem reinsten Eifer für alles Hute, ver- 
achrieh «ich mehrere Exemplare des Buches, ohne ea noch genauer rti kennen, und vcrthtiltc sie hin 
und wieder unter seiner Gemeinde. Allein mehrere Glieder drr.*elbcn nahmen Anstoss daran, und 
fanden es befremdcnii , sich solche Dinge von ihrem Geistlichen mitgcthrilt- au sehen. Er, in dor 
Lauterkeit eeiaes Sinnes,, konnte ihr Gefühl nisal Lugen strafen^ and- liesa ab, das Buch weiter su 



Digitized by Go( 



qt 1804. 

•iung gebracht. Moserls Co«? fan tutfe wurde 
unter dem Titel Mädchen treu* im Hof» 
thcate r railBeylall gegeben, So albern immer 
die lotrigue ist, dass «Wey Liebhaber von ih- 
ren Mädchen nicht erkanut wei den , zu denen 
*ie einige Stunden nach ihrer Abreite vcrkiei- 
d<l wiederkehren; so schön und blühend ist 
dazu Mozart« musikalische Behandlung, die 
jeden Stull*, er aey auch noch so gemein, su 
einem herrlichen Gebilde su verwaudeln im 
Staude war. I>ie beyden Liebhaber wurden 
von Neumann und Vogel gana gut gesungen, 
viel vortheilhafler aber zeigten sich die, Dem. 
Saal und Laudier in den Mädvhem ollen. Dem. 
Eichensatz spielte, das Kammermädchen mit 
vieler Gewandtheit. Besonders aber konnte 
man mit dein braven Bassisten Weinraüller 
zufrieden seyn. Der alte schlaue Weiberkeu- 
ner, welcher dte Schwärmereyen junger Lieben- 
der spöttisch belächelt, gelang ihm meisterhaft. 
Ueberbaupl muss man gestehen , dass sich Or- 
chester und Sanger alle Muhe gaben, die wirk- 
lich schwere Musik gut auszuführen. — Der 
italienische Buflo Linparini ist in Cimarosa's 
Nemici geuerosi nicht ohne Beyfall aufge- 
treten. 

Schikaneders Direktion im Theater an der 
Wien will keinen guten Fortgang nehmen. 
Seme erste Oper war der Stein der Wer- 
sen, nach Wieland« Nadir und Nadine bear- 
beitet. »Die Musik ist von verschiedenen Mei- 
stern, und hat stellenweise recht artige Sachen ; 
e\ B. eine im grossen Slyle kompenirte und 
aehr schon instrumentirte Bassarie aus E dur, 
womit der unterirdische Herrscher Kutifronte 
aus der Erde emporsteigt; ein Cyklopenchor; 
ein Duett im zweyten Akte, wo Lubanara nur 
miauen kann, u. m. a. Aber der bessere 
Theil des Publikums ist nun entschieden gegen 
Schikaneders Arbeiten eingenommen, und 
alle jene Musikstücke, deren Wiederholung 
man vor 10 Jahren ohngefähr, als die Oper das 
erstemal gegeben wurde, mit Kuthus-asmu» 
verlangte, wurden jetzt sehr kalt, oder gar 



Öctober. 4* 

k 

I mit Zischen aufgenommen, Eben so wenig, 
gefiel der Tyroler Wastel, ein National- 
stück, welches Haibel mit einer sehr roillel- 
mässigen Musik versehen, ond worin Hr. Schi* 
kaneder auch einsmals geglänzt halte. 

Hi*. Srhoppanzigh gab zu seinem Vorthei- 
le noch ein Konzert im Augartensaale. Er 
spielte eiu Konxtrt von Violti, mit einem an- 
genehmen, lebhaften Vortrage, vieler Ge- 
wandtheit und Eleganz: aber er hat nicht ge- 
nug Ton, und »o fein er auch das Piano trak- 
tirt, so unterhalt es doch mehr und schmei- 
chelt dem Ohre, als dass es das Herz rührte« 
Sein Schüler Maiscder, mit dem Sch. ein 
Duo von Kannabich spielte, giebt die besten 1 
Hoffnungen zu einem sehr braven Violinspie- 
ler, und dürfte seinen Meisler bald erreichen. 
Glucks Ouvertüre aus Iphigenie machte auch 
hier die hinieissende Wirkung, welche das 
wahre Genie immer da hervorbringen musa, 
wo es verstanden und gefühlt werden kann. 
Die Ouvertüre aus Tigrane von Bighini wur- 
de gut und genau gegeben. 

Man erwartet verschiedene neue Opern 
von Salieri, Klement (einem recht braven Vio- 
linisten) Gyrowetz u. a. Von dem Erfolge 
dieser Arbeiten »oll Sie mein nächster Brief 
unterrichten. 



Leipzig, Unsere Winterkonzerte haben, 
wie gewöhnlich, mit dem Michaelistage ihren 
Anfang genommen. Das Direktorium, das 
immer gleich -achtsam ist, UeheUtände, die 
einschleichen wollen, abzustellen, und zur 
Vervollkommnung des Instituts hinzuzufügen, 
wa» nur thunlich ist — hatte einige neue, 
vorteilhafte Vorkehrungen in beyden Hin- 
sichten getroffen, und das Publikum scheint 
erkenntlich dafür zu seyn. Für das erste 
Vierlel-ahr ist Drm. Alherghi, Tochter des 
churfürsllirhen Kammersangers aus Dresden, 
als erste Sängerin engagirt, uud wenn diese 



Digitized by Google 



43 



i8o4. October. 



schon vorige« Jahr mit Vergnügen gehört wur- 
de, so kann man dasselbe dies Jahr um so 
mehr erwarten, da ihre Stimme fester und 
biegsamer geworden, auch mehr Höhe gt- 
wounen hat.. Wir wünscheu nur, dass sie 
immer wahrhaft gute Kompositionen wählen 
möge, und ,wünachen dies nicht nur um un- 
sertwillen, sondern auch des Publikums und 
ihrer selbst wegen ; denn die hiesigen Freunde 
der Musik sind wirklich schon seit Hitlers Zeit 
alliniihlig darau gewöhnt wo;deu, auserlesene 
Kompositionen zu hören und diese hoch zu 
achten, die Geschicklichkeiten der Virtuosen 
aber nicht allzugross anzuschlagen, wenn sie 
ihuep als Zweck, nicht als Mittel zu einem 
hohem Zivi zu gelangen, geboten werden. 
"Was in den öffentlichen Konzeiten auszeich- 
nenswerlh ist, lassen wir auch dies Jahr zu- 
»ammenkommen und sprechen am Ende jedes 
Vierteljahrs darüber : hier werde nur Einiges 
über die fremden Virtuosen gesagt, die 
sich hören Hessen. 

Hr. Christ. Barth, zweyter Sohn des 
königl. dan. Kammermusikus, (bekanntlich 
vormals eines der vortrefflichsten Oboisten det 
Welt) ein talentvoller, fleissiger und bescheid- 
ner Jüngling von siebzehn Jahren , der in die 
Fusatapfen seines Vaters tritt und Hoffnung 
giebt , seine Stelle einmal würdig auszufüllen. 
Er spielte zwey Konzerte, von seinem altern 
Bruder Phil. B. sehr brav geschrieben, und 
spielte wie ein Mann. Sein Ton ist rein, znrt 
und schön; er hat ihn sehr gut in der Gewalt, 
was bey seinem lustruraent so schwierig ist, 
wodurch es aber eines der ausdrucksvollesteu 
wird; er besitzt viel Fertigkeit und Sicherheit: 
sein Vortrag ist solid, und verrälh Einsicht 
und Gefühl — kurz, es ist alles da, was 
wenn er auf seinem Wege mit Eifer und un 
verrückt fortgehet, Um sicher zu einem der 
vortrefflichsten Oboisten machen wird. 

Madame Dussek Cianchcttini, Kla- 
vierspielerin, Schwester des rühmlich be- 



kannten Komponisten und Virtuosen, spielte 
nicht ohne Fertigkeit ein Konzert von ihres 
Bruders, und ein anderes, wie auch ein Quar* 
telt,. von ihrer eigenen Komposition; zugleich 
trug ihr fünfjähriger Sohn mehrere kleine 
Handslücke auf dem Fianoforte recht -artig vor. 

* ■ 

Hr. Alberghi aus Dresden ist/ schon 
längst als ein in jedem Betracht vortrefflicher 
Tenorist bekannt, und es ist auch von uns 
vorige« Jahr mehr über ihn gesagt worden ? 
weshalb wir nur hinzusetzen, dass <er auch 
diesmal allen, die ihn hörten, einen 
Genuss gewahrete. 



Paris , d. Sien Octbr. Der September ist 
aufuusrrn Theatern mit Wiederholungen und 
Zurüstuugen hingebracht worden ; ausser den 
Theatern giebt es aber, wahrend des Sommer- 
halbjahrs , keine öffentliche Musik von Bedeu- 
tung. Einige Kleinigkeiten der untergeordue- 
ten Theater sind für den Ausländer gar nichts, 
und kommen und verschwinden auch bey uns 
mit dem Tage. Auf dem kaiserl. Theater wer- 
den die Barden , nach kleiner Pause, wieder 
vorgenommen werden ; die zwölf ersten Vor- 
stellungen haben der Kasse auf 100,000 Flan- 
ken eingetragen — und im Sommer! Dar 
bey kann man bestehen: und darum soll auch 
bald Lesüeurs Tod Adams, das Gedicht 
ebenfalls von GuÜlard nach Klopstock, geger 
beu werden. Weil mau aber dies Werk mit der 
ei forderlichen Grösse und Herrlichkeit nicht 
schnell genug herzustellen im Stande ist, und 
man doch das Eisen schmieden möchte, so 
lang' esheissist: führt man uachstens Lesüeurs 
Telemaque auf, der ihm vor etwa zehn bis 
zwölf Jahren ebenfalls verworfen, und dann 
vom Komponisten ohne Kecilalive auf das 
Thealer Feydcau gebracht worden war. — - 
Dass Pajsiello die jetzige Luft nicht mehr ver- 
tragen konnte, sondern nach Neapel zurück- 
ging, werden Sie schon aus andern Blättern 
wissen. — Gretry, Mon#iguy und d' Alay- 



Digitized by Go< 



45 



1804. October. 



46 



rac sind nun auch zu Mitgliedern der Ehrenle- 
gion «nimmt Gretry , dieser um unsre Mu- 
sik seit fast einem halben Jahrhundert ver- 
diente Greis , dessen Werke bey dem , der das 
wahrhaft Originelle, auch wenn es nicht das 
vollkommenste ist, zu schätzen weiss, immer 
beträchtlichen Werth behalten werden: Gre- 
try hatte neulich das Vergnügen, von eiuem 
wirklich schönen Feste überrascht zu wer- 
den. Ich befand mich eben selbst im Thea- 
ter und konnte es nicht ohne herzliche 
Rühruug und Freude mit ansehen. Man gab 
Grelr v'a L u ci 1 e. G. sass in der Loge. S4o- 
-ger urid Orchester boten alle Kralle auf: es 
war eine herrliche Darstellung. Jetzt kam das 
berühmte, treffliche Quartelt: Üu peut-on 
elre itiieux iju'au sein de sa faraille? der lau- 
teste JJeyfall des euthusiasmirieu Publikums 
bracli aus- da wendete sich Blasius, der. Or- 
ebeaterdircklor, huldigend um nach- Grelry'a 
luige-, ein Tusch mit Trompeten und Pauken 
bei ein, das ganze 1 Haus war ein langauhal- 
tsmler Jabel, und die beliebte Schauspielerin, 
Mad. Crctü. nabele sich, wahrend des unaus- 
gesetzten Bravorufen*, dem Komponisten und 
bekränzte ihn mit Lorbeer. Der gute alle 
Mann srhien sehr tief erschüttert, Schmählc 
matt stuf unser Publikum, wie mau will, und 
«ey nism^uch genöthigt zuzugestehen, dass es 
nicht sehen gar arge Misgritfr thue: es ist 
doch angenehm unter Menschen zu leben, die, 
wenn ihnen nur erst das Schöne und Gute ein- 
leuchtend gemacht wird, dies auch mit so hel- 
lem Enthusiasmus uud voller Seele aufneh- 
men! — 

Sonnabends d. ifsten Seplbr. hielt die Klas- 
se der sthouen Künste des Nation»l<nstituts 
ihre fryerliche Sitzung und Preisverteilung. 
Uiehcr gehört uur, was Musik bvtraJ» 
breton , der Sekretär dieser Kia>se , le^le erst 
einen Bericht ab über die voi zuglu-hsten Ar- 
beiten der Mitglieder «ähieud dieses Jahres, 
dann wurden einij;»* Abhandlungen vorgelesen, 
unter deueu sich eine: Paradoxes tuusicaux, 



(von Mehül, Gosse«, und einigen Andern ge- 
meinschaftlich verfasst.) vornehmlich aus- 
zeichnete, und von welchen ich Ihnen in Zu- 
kunft mehr zu sagen gedenke. Nun kam es 
zur Eulscheidung über die Preisbewerber, de- 
ren Proben ich Ihnen neulich gemeldet habe, 
uud von deneu der vorzüglichste auf Konten 
der Regierung fünf Jahre in Italien sludrren 
soll. Der erste Preis wurde keinem zuer- 
kannt, aber der sweyte zweyen: Gasse, aus 
Neapel, uud Dourlens, beyde Gossec's Schü- 
ler. Dann machte der Sekretär die wirkinh 
traurige Nachricht bekanut , da*s der ausseist 
talentvolle Jüngling, Androt, der das letzte- 
mal den höchsten Preis errungen uud demnach, 
iu Rom gelebt halte, an einem Blutslui z plötz- 
lich gestorben sey. Man durfte von den Ta- 
lenten, Kenutnissen und dem Eifer dieses'jun- 
gen Kütisllcrs etwas ganz ausserordentliches 
erwarten, uud die Nachricht von seinem frü- 
hen Tode, der meistens Folge übertriebener' 
Anstrengung war, wurde mit lauter Theilnah- 
ido angenommen. Kurz vor seinem Tode 
hatte er noch au die Klasse der st höuen Kün- 
ste nach Paris zvvey neue Kompositionen ein- 
gesandt — jeder Zögling, der im Auslände 
erhalten wild, rauss, was sehr zu lohen ist, 
jährlich Proben seiner Fortschritte einsenden; 
die eine war eine religiöse Kantate, die zwev- 
te ein komisches Duett aus einer Oper, die 
ihm zu schreiben von einem Thealer iu Rom 
aulgetragen war. Beyde Stmke wuideu auf- 
geführt; beyde fanden und verdienten vielen 
Bey fall; ich würde aber der Kunt.ilc den Vor- 
zug geben. — Dit? allerliebste .Sängerin St. 
Auiiin, (die Tochter,) uud der Violinist , Dü- 
ret, der voriges Jahr vom Coiiscrvaloire deu 
ersten Preis erhielt, haben einander geheyra- 
thet: ein sehr junges, liebenswürdiges Pär- 
chen l — Ihr wackerer Y.oliuiM, Mallhei, 
i*t mir nun bekannt worden. Er ist, vor- 
uchmlul) unter Kreutzer, der ihn sehr s« liätzt, 
recht emsig, und Sie können darauf rechnen, 
■ dass Sie an ihm einen jungen Mann zurückbe- 
kommen, der der achluugswerlhen Gesell- 



Digitized by Google 



47 



1804. October. 



Leipziger, die ihn Lieber geschickt bat, wie 
unsern Meistern, und sich selbst, Ehre ma- 
chen wird. — Die Hrn. Boieldieu und Rode 
werden Petersburg verlassen und nach Paris 
zurückkehren, sobald der frauz. Gesandte 
Russland verlässt — sagt man! Wir sind 
Patrioten. Uebrigen* hat man in Petersburg, 
und noch mehr in Moskwa, wo Rode so ganz 
ausgezeichnete Aufnahme und ungeheure Be- 
zahlung erhalten, ihn etwas prüde und stolz 
gefunden. Wir hatten sonst an ihm gerade 
das Gr gentheil an rühmen. Sollte er auch un- 
ter diejenigen frauaösischen Helden gehören, 
die eine massige Belohnung bey Anerkennung 
ihrer Verdienste mit Anstand «u tragen wuss- 
ten, und hernach vom allangroasen Glück 
schwindlich wurden? — 



Recbniiov. 



Partition dt totuvre w, tavoir dt» $ix princi- 
paus Quatuors dt W. A. Mozart. Cah. i. 

• contenant j Quatuors. Cah. a cont. 3 Quat. 
Vienne, che* Jean Traeg et lila. (.Vr. 
a Thlr. x6. Gr.) 

Was jeder Freund Mozarts, des gTÖasten 
Harmonisten neuester Zeilen, langst wün- 
achen muaste; was mancher Kunstkenner zu 
seinem Vergnügeo, mancher junger Tonküust- 
ler zu seiner Belehrung für sich im Stillen un- 
ternahm , ist hier auf eine eben so lobenswer- 
te , als für die Kunst wohlthäUige Art ausge- 
führt. Die sechs Quartetten Mozarts, deren 
hoher Werth von ganz Europa anerkannt ist, 
erscheinen hier in einer schön gestochenen 



48 

korrekten Partitur. Jeder, der an das Le- 
sen von Partituren gewöhnt ist, — und Man- 
cher schöpft darin ein eben so lehrreiches Ver- 
gnügen, als beym Lesen des durchdachtesten 
Buches, • — kann sich nun selbst überzeu- 
gen , wie tief, wie unerschöpflich die Kennt-« 
nisse dieses originellen, für die Kunst noch 
nicht ersetzten Mannes waren. 

Wie nützlich so ein Unternehmen auch 
für den jungen , angehenden Tonkünstler sey, 
brauchen wir nicht erat zu bemerken. Er 
wird nicht nur durch das Studium dieser Par- 
tituren, die eine unerschöpfliche Goldgrube 
von Harmonieen sind, gründlich gebildet; er 
lernet auch, wenn er sie ausführen hört, und 
dabey wohl bemerkt, was auf ihn nnd andere 
die grösste Wirkung macht, warum so man- 
ches, das ihn entzückt, auf dem Papier ao 
einfach, so anspruchslos dasteht, manche« 
andere, da» so künstlich und gelehrt aussieht, 
von dem er sich so viel verspricht, seine 
Erwartung tauscht — kurz, er lernet 
neben harmonischer Gründlichkeit die Wir- 
kungen der Musik, mit deren Gründen, 
kennen. 

■ • » . 

Möge der Herr Unternehmer so viele Un- 
terstützung rinden, dass er aufgemuntert wer« 
de, etwas ähnliches mit Haydnschen Quartet- 
ten zu versuchen. Da deren So viele sind, 
würde wohl eine Auswahl müssen getroffen 
werden. Doch schwer ist es , unter so vielen 
vortrefflichen und originellen zu wählen. 
Haydn würde am besten selbst bestimmen, 
worauf er den höchsten Werth setzt I — 



Lntiii, aav Buition Iii Blml. 



Digitized by Google 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



— - - ■ — — a— aa* 

Den 24 lcn October. N=. 4-« 



1804. 



Noch etwas, über den Bau der Geige (in Be- 
ziehung auf einen Aujtatt in dieser Heilung 
Sur Jahrg. S. fdp u. folgg.). 

j . t ■ 

E« wnrde in dem angeführten Aufsätze gesagt: 
da» man in neu tri» Zeilen viele audere musi- 
kalische lostrumenie verbessert und zu meh- 
rerer Vollkommenheit gebracht hätte, nur die 
Violin wäre zurück, geblieben; und zugleich 
worden verschiedene Ideen und Vorschläge zu 
einer andern Gestalt der Geige cur Prüfung 



Nach den vielfältigen und raancberley 
Versuchen, die ich seit etlichen uud zwanzig 
Jahren mit diesem lustrumeute gemacht habe, 
iinde ich, dass es seiner Form und Struktur 
nach, wie wir es von den besten italienischen 
und deutschen Meistern haben, keiner Ver- 
besserung mehr fabig ist, besonders was den 
Korper bc lullt. Auch kanu bewiesen werden, 
dass an keinem Instrumente so viel Versuche 
sur Verbesserung und Vervollkommnung ge- 
macht urordeu sind , als eben au der Viyliu. 

Wenn die Verrauthung, die ich in der 
neuen Pariser Violiuschulc von Rhode, Kreutzer 
u .d Baillot lese, Grund hat, das» der Ursprung 
der Geige iu der Lyra zu suchen sey : so hat mau 
wol an keinem Instrument so viel und so lange 
verbessert, als an der Violin, nämlich seit 
Apollo's Zeiten bis in das x6le Jahrhundert 
christli her Zeitrechnung: seitdem aber hat 
man, nach Angabe obgedachtcr Violijischule, 
bis jetzt . a lso länger als 260 jähre , au ihrtin 
1- Jshf 8. 



[ Baue nicht« geändert, sondern ihr die ganze 
Einfachheit gelassen, auf der ihre wunderbare 
Wirkung beruht. 

Alles was in neuern Zeiten zur Verbesse- 
rung derselben geschehen ist, besteht in wei- 
terer Zurücksetzung und Verlängerung de« 
Halses, einem längern Griffbret und in einem 
etwas erböheten Stand des Saiteuhaltera über 
dem Raufte. 

Inzwischen hat ea während dieses Zeitraums 
an Verbesserungsversucheu gar nicht gefehlt; 
allein, weil sie der Erwartung nicht entsprachen, 
so ist auch nichts öffentlich bekannt worden. 
Mau hat z. B. Violinen von Silber, Kupfer uud 
Messing gemacht: sie geriethen aber nicht 
nach Wunsch, waren schwach und unange- 
nehm von Tone. Man machte auch Versuche 
mit verschiedenen ausländischen Holzgattun- 
gen, z. B. mit Schlangenholz, Ebenholz, San- 
delholz etc. zu Böden und Zargen, und Cedern- 
holz zu Decken der Geige: allein auch diese 
gerietheu nicht und konnten nicht gerat hen, 
weil diese Holzgattungen zu hart, au schwer, 
zu weuig elastisch waren, und das Cedernholz, 
ob es gleich mit unserer Fichte oder Rothtsu- 
ne die meiste Aehnlichkeit hat . theils zu weich 
uud theils zu spröde ist, auch selten gleich- 
laufende Jahre hat. 

Mit den metallenen Körpern der Geige 
hatte es nun wieder eine andere Beschaffenheit: 
wurden sie zu slaik gemacht, so konnten sie 
wegen ihrer Härte und Schwere von den 
Darmsailen nicht genug erschüttert werden j 
wurden sie zu schwach gemacht, so wurden 

4t 



Digitized by G 



5i 



1804. October. 



52 



aie wieder von der Laat der angespannlen Sai- 
teu zusammengedrückt, und w enn auch ein Me- 
dium zwischen diesen Extremen zu Ire Ifen 
Wäre , ao muas es immer die gehoifle Wirkung 
verfehlen, weil Darmsaiten sowohl als Drath- 
aailen blos Holz zu ihrer Resouauz haben 
wollen. 

m 

Auch der Luxus hat manche Versuche zu- 
wege gebracht: ao habe ich z. ü. eine alte Violin 
su Eirachberg in Schlesieu von Schildkröte ge- 
sehen, welche 100 Dukaten gekostet hatte; ihr 
Klang aber war schlecht. Wie viele Versuche 
mögen nicht mit den Holzarten zur Violin ge- 
macht worden aeyn, ehe man sich vollkommen 
überzeugt hat , dass kein Holz besser aey, als 
wenn man zum Boden und Zargen das Ahorn- 
nnd zur Decke das Fichtenholz nimmt. 

Was nun die Form oder den Umriaa be- 
trifft, so, ist bekannt, dass man vor ein paar 
hundert Jahren zum Theil noch Violinen ge- 
macht hat, welche die Figur einer Dochelte 
hatten. Sodann — was hat mau nictit 
mit den JF-Löchern allein für Versuche ge- 
macht? Bald schnitt man sie in die Zargen, 
bald in den Boden u. s. w. 

Der Verfasser des angeführten Aufsatzes 
verwirft die vorstehenden Ecken an «den Vio- 
linen, uud betrachtet sie als ein Hiudernis des 
freyeo Ganges der Luft. Ferner sieht er auch 
die Klötzer oben und unten als eiu notwendi- 
ges Uebel an. Ich glaube mit Unrecht. 

Die Ecken an der Violin entspringen na- 
türlich aus den beyden Einbiegungen des Kör- 
pers in der Mitte, ohne die mau den Saiten, 
besonders den ausaersten z Weyen, mit dem 
Bogen nicht nahe genug kommen und sie mit 
gehöriger Freyheit behandeln konnte. Diese 
Einbiegung aber schadet, meiner Meyiioug 
nach, dera Tone nicht, sondern »ie bildet 
vielmehr Reflexionswinkel , an denen sich die 
Schallstrahlen brechen und alsdann mit ver- 
stärkter Kraft ihre Wirkung äussern. Nach* 



dem diese" yier Ecken erfunden waren, welche, 
besonders au don Violinen des Anton Stradi- 
varii lang hervorstehen, gingen einige wenige 
Gcigenmacher in Frankreich noch weiter und 
machten mehrere Ausbietungen im Umrisse 
der Violin, um noch mehrere Reflexionswinkel 
zu erhalten. Alleiu weil die Violinen an Gute 
dadurch nichts gewannen, sondern vielmehr 
zum Spiel in der Höhe unbequem wnreu, in- 
dem dadurch die obern Bugen zu breit wurden, 
so siud in neuem Zeiten keine dergleichen Vio- 
linen, ausser einer mif bvwusslen eiuzigcn, 
die ich selbst habe machen lassen , verfertiget 
worden. 



laugt, 



Was nun die Klötzer oben und unten anbe- 
die der Hr. Verf. als itotliwendige Lehel 
betrachtet, weil derohere gur Befestigung des 
Halses uud der untere zur Befestigung des 
Saitenhalters unentbehrlich ist: so kuuu er— 
wiesen werden, dass auch diese ihr Gutes ha- 
ben. Sie bilden meistens auch Reiicxion^win- 
kel, und dann trägt die Bearbeitung der Decke 
und des Bodeus iu der Gegend und um die 
Klötze herum insgemein viel zu einem festen 
und zugleich angenehmen Tone bey; durch 
die Bearbeitung der Decke und dea Bodens in 
diesen Gegenden wird aber das Prallende de* 
Tons verhindert. Wenn der Verf. glaubt, 
dass die Violin ohne diese Klötzer mehr Starke 
erhalten würde, so irrt er sich; weder mehr 
Starke, noch Annehmlichkeit ist zu erwarten. 
Ich selbst verfertige in meiuen Nebeustunden 
Violineu nach den schönsten Formen des An- 
ton Stradivarii, so stark vom Tone, als ihn 
> das Ohr des Spielers nur vertragen kann, wel- 
che ausserdem bey einem angenehmen, sanf- 
ten Tone, auch durchaus egal sind uud eine 
sehr willige Ansprache haben. Nach einem paar 
Monaten, wenn sie taglich gespielt werden, 
kann man sie zu allem brauchen — als Or- 
chester- Konzert- und Quartetteugeigen , und 
man hört ihnen das Neue- kaum mehr an. 
Die Ursache aber ist: weil sie mehr Holz als 
alle andere haben , und durch eine eigens er- 



Digitized by G 



53 



1804. October. 



54 



f u o Jene Ausmessung und Ausarbeitung aller 
Zwang inwendig beseitiget ist. 

Aeustcrlich ist datier uichls mehr zu erfin- 
den und inwendig auch nichts mehr zu sunpli- 
ficiren. 

Man kann ganz zuverlässig annehmen, 
dass bis zu der Zeil der besltu Cremoneser 
und anderer Meister gewiss sehr scharfsinnige 
Mathematiker den damaligen Geigeuinacltern 
an die Hand gegangen siud, durch deren Hül- 
fe allein nach und nach die Violiu zn der Voll- 
kommenheit gelangeii konnte, wie wir sie von 
ihnen haben. Dieses kanu man tiey den 
Nachmessungen in den Violinen der alten Mei- 
ster am besten wahrnehmen. La ist au be 
dauern , dass wir von der Geschichte der Vio- 
lin so wenig wissen ! 

r 

Man wird gewiss keine geschmackvollere 
und angemessenere Gestalt diese« Instruments 
erfinden, als wir haben. Wechselbälge oder 
Ungestaltet! sind achou genug da gewesen. 
Und gesetzt: Violinen, einer Bratpfanne oder 
einem Teller ähnlich, leisteten eben da«, was 
eine gute Violin von gewöhnlicher Form lei- 
stet — welches aber gar nicht au erwarten 
ist: was gewönne denn die Musik dabey ? 

Dass solche Violinen nicht gut werden 
können, mögen folgende Bemerkungen bewei- 
sen. Ich will zuerst das gegebene Modell zur 
Biatpfaunengeige annehmen. 

Eine solche Violiu soll nach der Idee des 
Verfassers aus einem ganzen Stück gemacht 
werden, welches so hoch ist, dass es die Zar- 
gen nebst der Wölbung des Bodens abgieht. 
Der stärkste Ahornbaum giebt aber erstlich 
kein Scheit, welches gegen den Kern zu diese 
Dicke hat, und hatte er sie auch am untersten 
oder Stamm - Ende, so rauss man wissen, dass 
das Hüls an diesem Tlieile des Baums gerade 
am wenigsten zum Klingen geeignet ist, weil 
es zu hart und zu verwirrt gewachsen ist. So- 
dann — wollte man die Idee deunoch ausfuh- 



ren, so mü'sste ein solcher Körper von einem' 
sehr dicken Stück Bohle gemacht werden: 
allein da bekäme man statt des harten Theila 
einen weichen in die Milte, wo doch eigent- 
lich die meiste Resistenz seyn soll; dieses , 
wäre also ein Uebel. Es würde sich bald wer- 
fen und Unregelroässigkeiten in der Veithei- 
lung der Ki alte, welche alle vom Boden uud 
besonders seiner geometrischen Milte ausge- 
hen , hervorbringen. 

Es ist überhaupt ein Vorurtheil , wenn 
man glaubt, eilt lnsUume^ wäre besser, oder 
cnüssle besser werden , wCnn der Boden und 
auch' die Üecke aus dem Ganzen wäre und 
nichl aus zusammengeleimten Theilen bestün- 
de. Man macht es, wenn man eben das Holz 
dazu hat : allein es muss bey der Ausarbeitung 
eines solchen Bodens oder einer soh heu Decke 
mit vieler Behutsamkeit zu Werke gegangen 
werden, weil eine Hälfte davon immer zäher, 
weicher oder harter ist und hiernach bearbeitet 
seyn will. 

Drittens treten bey der Ausarbeitung eines 
solchen Körpers ganz neue Gesetze wegen der 

Holzslärke ein : diese müssten erst durch yiele 
Versuche bestimmt werden. 



Viertens. An den gewöhnlichen Violinen 
sind die Zargen durchaus langes Holz: an 
jenen würde es meistens Hirnholz seyn. Stark 
dürfen die Zargen nicht seyn, Hirnholz bi iebt 
leicht uud ist dem Klange nachlheilig. Wie- 
der ein Uebel ! 

Fünftens: fallen die Ecken weg, so ver- 
liert dadurch der Körper die Reflex onswinke] 
welche den Schall verstärken und ihn in den 
gewöhnlichen Violinen mit doppelter Kraft 
wieder zurückgeben. 



Sechstem kostete der Bau eines solchen 
Körpers ungeheure Mühe, besonders , da er 
oben gegen die Decke au , noch um und um 
einwärts gehen, und die Decke noch obendrein 
Wie einge&Ut werden soll. Die akkurat* 



Digitized by Google 



55 



i8o4« October. 



56 



Messung der zn - und abnehmenden Holzdicke 
würde, wenn gleich nicht unmöglich, doch 
sehr unsicher und äusserst beschwerlich seyn ; 
die Herstellung eines solchen Instruments 
würde viel kosten. Ein Geigenmacher könnte 
eher drey gewöhnliche Violtuen, als einen 
einstigen solchen Boden mit Zargen aus einem 
Stück recht und gut verfertigen. 

Der Verfasser hat wahrscheinlich immer 
einen sehr sanften und weichen Ton bey seiner 
Idee im Sinne gehabt, darum hat er alles um 
den Rand herum weggewünscht, woran die 
Luft sich stossen könnte, und ist daher noch 
lebhafter zu dem Vorschlage einer Tellcrforra 
für die Violin übergegangen. 

Bey der Violin kommt alles auf Schwin- 
gungen des Körpers an und nicht allein auf die 
darin eingeschlossene Luflmasse. Wenn sich 
die Schwingung der Saite und die Schwingung 
des resonnirenden Körpers wie 1 zu I verhalt: 
so ist der höchste Grad in der Stärke, Fülle, 
Schönheit und Ausgiebigkeit des Tons er- 
reicht — — wenn nämlich das Holz selbst zu 
einem schönen Klange die Eigenschaft hat. 

Wollte mau der Violin einen tellerförmi- 
gen Körper geben: so müsste zu förderst die 
Lauge und Breite einer gewöhnlichen Violin 
auf die Rundung eines Tellers reducirt wer- 
den, damit nicht gegen den gewöhnlichen Fla- 
cheninhalt, den eine Violin haben inuss, ge- 
fehlt würde. 

Der Steg würde gerade in der Milte zu ste- 
hen kommen; aber, um den äusserten zwey 
Saiten gehörig mit dem Bogen bey zukommen, 
von einer unverhäUnissmäsigen Höjie seyn 
müssen» wenn auch die Wölbung an dem Kör- 
per noch so bescheiden, wie etwa an einem 
Betlwärtner oder einer Wärmflasche gemacht 
würde. Ein so hoher Steg könnte aber dem 
Tone nicht günstig seyn; anderer Unbequem- 
lichkeiten nicht zu gedenken — dass nämlich 
ein solcher Steg dem Umfallen sehr aus- 
gesetzt wäre, sich leicht biegen, oder, wenn 



er sehr stark wäre, das Instrument zn sehr 
beschweren und es dampfen würde u. dgl. 

Aber noch ein Hauptmangel an einer Vio- 
lin von dieser Form würde der seyn, dass 
durch die Reduktion der Länge des Körpers in 
die Rundung das Holz von seiuer Schwiu- 
gungsfähigkeit zu viel verlöre, weil aller 
kürzer würde; und wie sollte es erst in der" 
Mitte werden, wo der Steg zu stehen käme? 
Auf der gewöhnlichen Molin steht er auf deru 
schmälsten und stärksten Theile des Körpers, 
der auch folglich den meisten Druck aushalten 
kann: auf einer Tellergeige käme er auf den 
breitesten, der folglich den Druck der Saiten 
am wenigsten zu ertragen im Stande wäre. 
Würde nun an diesem Orte das Holz verhält- 
nismässig stark gelassen, damit sich die Decke 
nicht einsenkte: so würde wieder die Folge da- 
von diese seyn, dass die Suiten den Korper 
nicht genugsam in Bewegung setzen könnten ; 
würde die Decke und der Boden in der ge- 
wöhnlichen Stärke bearbeitet, /o müsste ein 
sehr langerund starker Basshalkcn an dielJek- 
ke geleimt werden , welcher wieder seine Feh- 
ler haben würde. Kurz, je mehr ich darüber 
nachdenke, je weniger Hude ich die Idee zu 
einer Ttllcrgeige mit einem guten Erfolge aus- 
führbar, und zwar noch weit weniger als die 
eiste zur Bratpfannengestalt; und das Resultat 
meines Nachdenkens ist am Ende immer die- 
ses, dass die gegenwärtige Geigenforra schwer- 
lich durch eine noch bessere zu verwech- . 
sein sey. 
Gotha. 

Ernst. 



N A C n TL I C H T E K. 



Berlin, d. Alea Oct. Den Ilten gab Dem. 
Weber vou hier, die 12 Jahre eine musikali- 
sche Reise fast durch ganz Europa gemacht 
hat, vnr ihrer Abreise nach St. Petersburg ein 



Digitized by Google 



57 



i$04. October. 



58 



Konzert im ThealersaäT. Sie selbst spielte ein 
HarfenkouzertvonKleeberg und Variationen von 
Hotfmann mit der von ihr gewohnten 'Sicher- 
heit und Schönheit. Hr. Eunike sang eine 
Arie von Righini, und mit seiner Gattin ein 
Duett von Paer. Auch' Herr Mennig verschö- 
nerte den musikalischen Genuss dieses heitern 
Abends durch ein braves Violinkonzert von 
Aldai. 

Den 26stcu Sept. gab man zuerst und nach- 
her noch einigemal: Die Glücksritter. Komi- 
sches Singspiel in einem Akt. Nach dem 
Franzi*», von HerkloU. Musik von d'Alavrac. 
Die nicht eben vorzügliche Intrigue des Siuoks 
ward durch das gute Spiel und die artige Mu- 
sik im leichteu Styl sehr gehoben. Besonders 
gefiel das erste Terzett, in depo die Piccoiflolc 
ziemlich überraschte, das karikicende Duett 
«wischen Picarros (Hr. Ambroscb) und Diego 
( Hr. Weizmaun ) und eine ■ 'vom letzter* 
eingelegte Arie von Berton , ib dein seine schö- 
ne Stimme sehr glänzte; dagegen einige Zu- 
hörer ungern die erste Arie der Demois. Me- 
bus, der Liebhaberin itn Stück» vermissten. 

Gegen das Ende dieses Monats wird Cle- 
ments« Schüler, Hr. X.Klengel, eine musika- 
lische Akademie geben. , <.[ ^ , . 

Key der diesjährigen Ausstellung der Kunst- 
werke der köuigl. Akademie der bildenden 
Künste und mechanischer* Wissenschaften sind 
auch einige Arbeiten hiesiger müslkal. Instru- 
menlenmachcr. ' 1 Heri^J. Müller hat zWey auf- 
rechtstehende Piauoforte'' düf «Weyerley Art 
nach eigener Erfindung geliefert; ffr. J'. G. 
Conrad ein Furiepiano vöri Mahagoniholz in 
ovaler jForra mit Bronze verziert} Hr. M. G. 
Schulze ein Fortepiano in Klaviciformat von 
Mahagoniholz raitBronz* verziert, von Coutra- 
E bis viergestrlcheir C; ffr. F. AVMrke ein 
Pianofolte} Hr. G. 'Hoflmaiin' em Fortepiano 
in rumlem Format, von Contra -F. biY vierge- 
strichdn C; die Herren Wagner und Ewert ein 
Ätffr^httttfieildtjs Forteplanb , '*iit- Marnior- 



uud AlabasrerveTzIerungen, in der Form einer 
Cylinders, mit einem Auftätz, worauf sich eine 
Athttageuhr befindet} endlich Hr. Schramm 
ein Klavier uud eiu aufrechtstehendes Forte- 
piano. 



Nach Öffentlichen Blättern scheint der Auf- 
enthalt in llaTieii auf die Gesundheit des Hrn. 
Kapelim. Righini sehr wohlthälig zu wirken. 
Nach , einem kurzen,., Aufe.uthalt in Bologna, 
seiner Vaterstadt, (wo er zugleich mit unsei m 
braven Carapagnoli die erste Bildung für Mu- 
sik erhielt,) ist Hr. R. nach Venedig gegan- 
gen, \yo er eine Oper für das dortige Theater 
schreiben, und Dem. Fischer von Berlin in 
der ersten Parthie derselben auftreten wird. 

Hr. Kapell m. Winter, ist zu Anfang die- 
ses Monats wieder iu München eingetroffen. 

" In Dessau sind vor kurzem die zwey 
neuen, und noch nicht nach Würden auf die 
andern deutschen Theater verbreiteten Opern : 
Klara ven Bretanuien von Bierey, und Fan- 
chon das Leyermädchen von Himmel, mit An- 
stand, Fleiss und Geschicklichkeit gegeben 
worden, und haben beyde den verdienten Bey- 
falJ gefunden. 

In Dresden sind die diesjährigen Winler- 
vorstellungen mit einer neuen Oper von Paer: 
Leuore osia l'amore conjugale, eröffnet wor- 
den. Die feurige Overtura, einige Charak- 
terarien, und mehrere vortreffliche Ensem- 
bles, mit Geist, Erfahrung und ungemeiner 
Gewandheit ausgeführt, fanden ausgezeichne- 
ten Bcyfall : doch halte mau sich von dem 
Ganz eu noch mehr Wirkung versprochen. 
Hr. P. ist nach Italien gereiset , wohin er be- 
rufen worden, um auf verschiednen liaupt- 
theatern seine \Y«rke aufzuführen. 



'Jtt iC.l»< 



Digitized by Google 



59 



1804. October. 



60 



RSCEHSION. 



Iftue Singschul* tic. von J. F. Schubert. 

(ForUaUang.) 

S, 5a. gehört das sechste Beyspiel ru 
den kurxea Vorschlägen — conf. Tosi, 
S. Oo. 

S. 53. heiaat es: »der völlige Tonachluss 
su Ende eiues ganzen Stücks ist hiervon — 
namüch, dass da lange Vorschlage angebracht 
werden können — ausgenommen. • War- 
um dies? Nur bey SchlussfäUeo , deren letale 
T*kte iu wiederholten Abwechaelungen des 
ord. und 7- Akkordes — wie in Sinfonie« — 
bestehen, findet diese Ausnahme statt; aber 
die langen Vorschlüge aind sonst auch ganz am 
Ende eines Stüeka passend, besonders, wo die 
Kaden* sich Unger bey den Leilakkurdeu ver- 
weilt, und den Hauptakhoid nur in der leüsten 
Mote hören läsaL 

S. 56. Der Ausdruck „cercar della 
nola 41 hat, ausser den hier angegebenen Be- 
deutungen, auch noch eine andre. Er heisst 
auch: ein schwereres oder entlegene» es Inter- 
vall mittelst leiser Angabe eines dazwischen 
liegenden oder leichteren Intervalls suchen (z. 
B. die 4 durch die 3). Ein Fehler, worein d i e 
Sanger leicht verfallen, welche als Anfänger 
dieses Hillersche Erleichteruogsmittel des 
Treffens au häufig gebrauchen. 

S. 68 hat Hr. S. ein Wort in seiner Zeit 
geredet, indem er vor der Bebung langer 
Töne warnt. Soll aie eine Manier, eine 
Schönheit seyn , so muss sie, wieAgricola 
bemerkt, nicht nur den Ton weder hölier noch 
tiefer machen und erst am Ende desselben an- 
gebracht werden, sondern überhaupt nur sel- 
ten, nur bey dem Ausdruck des höchsten Af- 
fekts, des S hmerzes, der Wuth u. s. w. statt 
'fiuden. Daran kehren sich aber viele unsrer 



jetzigen Sanger nicht. Kaum haben aie eine et- 
was lauge Note angegeben , ao geht es gleich 
an das beben, uichl selten an ein widriges Her- 
auf- und Herunterziehen des Tons, unbeküm- 
mert um den Affekt, den sie darstellen sollen. 
Die Mode aanclionirt den üblen Gebrauch, 
und hilft so eiue Blosse der Nalur oder Kuust 
des Saugers decken, uämlirh den Mangel an 
reiner, fester luKmalion und an Gcsi bickli. h- 
keit im Herausziehen der Stimme (.inessa cji 
voce). Schon Mosart klagte, wie bekam. t, 
darüber, dass die Leute keinen langen Ton 
mehr ordentlich aushalten könnten und des 
Verbram eus kein Ende wäre. Seit der Zeit 
ist es, wo möglich, noch ärger gewuideu, 
und es bleibt jetzt vorzügliche Fflicht eines Ge. 
sanglebrers, wenn er vou den Mattieren und 
Versierungen spricht, immer eine Warnung 
anzubringen , dass sie nicht zu häufig gebraucht 
werden, wie auch Hr. S. an mehreren Stellen, 
rühmlich getban hat. — Ree. fühlt — was 
die Bebung betrifft — seinerseits sich gedrun- 
gen , des Hrn. S. bescheidenes Unheil darüber 
in der Note S. 60 dahin an ergänzen , dass er 
diese Manier — auch die ächte — höchstens 
bey Fermaten in gewissen Fällen billigen kann, 
sonst aber überall geschmacklos findet, wo 
nicht der vorhin erwähnte höchst leiden- 
schaftliche Ausdruck zur Bebung einer sehr 
langen Note a m E n d e derselben Anlass giebt. 

S. 70 heisst es x „ist die Passage su lang, 
so kann man eine unbedeutende Nute aus- 
lassen und in dieser Zeit Athem schöpfen." 
Dies wird mit ein paar Bey»plelen erläutert. 
Aber weder ür. S. noch seine beydeu Vorgän- 
ger geben Regel u und Gründe an, wornach 
man diese unbedeutenden Noleu leicht heraus- 
findet Uud doch ist das für den Bravoursan- 
ger sehr wichtig. Wer mit der Harmonik 
und Rhythmik ganz vertraut ist, wird zwar 
in vorkommenden Fällen leicht dir rechte Note 
Wählen: aber diese Bekanntschaft darf mau 
nicht von jedem Sänger und noch weniger vou 
jeder Saugerin erwarten. Ree. will daher 



Digitized by Google 



6i 



1804. öctober. 



62 



einige dieser Regeln hier angeben, und über- 
hast es Hrn. S.j sie bey einerneuen Ausgabe 
seines Werks genauer zu bestimmen und mit 
andern zu suppliren. x) Die wegzulassende 
Nute darf in der Kegel nur eine durchge- 
hende (n. calina) seyu. *) Wird am besten 
ein Ton dazu gewählt, der in dem Akkord, 
welcher der Figur zum Grunde liegt, ein Ne- 
beniulervall ist, und dem ein andrer Ton des- 
selben Akkords entweder unmittelbar voran- 
ging oder ihm folgt (wie das ausgelassene c in 
dem ersten Beyspiele S. 70). 3) Scheint sich 
dazu auch eine — uiciit iiuiem Akk., aber 
in der Tonleiter befindliche — durchgehende 
Note im Intervall von einer ü,< hinter welcher 
der. vorige Ton wiederholt wird (a. ß. von .c, 
h, c, das/i) zu eignen, es wäre! denn > dass ge- 
rade sie — als neuer Lei Hon — das Cha- 
rakteristische der Figur ausmachte. Aber in 
einem geraden Laufe von auf- oder abstei- 
genden aen oder .^en findet keine Auslassung 
statt. 4) Hat man unter . mehreren Noten 
nach obigen Regeln die Wahl, so lasse mau 
<Jie aus, wo eine solche Pause die lange Pas- 
sage in gleiche Theile theilt; nämlich die, 
welche auf die Cäsurnole folgt. 5) Auch die 
erste Note eines Takts kann mitten io einer 
Fassage weggelassen werden, wenn entweder 
der ßass sie in der 8 angiebt, oder sie zum 
Akkord gehört, der dabey zum Gruude 
liegt, u. a. w. 

S. 75 oben. — Das 4te und 5te Beyspiel 
a. wie bey b. vorzutragen ist zwar gewöhnlich, 
aber falsch, weil dann ganz andre Schleifun- 
gen zum Vorschein kommen, als der Kompo- 
nist gewollt hat. 

S. 75 bis 96. — Die hier gelieferten Sol- 
feggi sind zwar im Ganzen zweckmassig; doch 
hatten manche darunter abgekürzt nnd dafür 
einige aus den fehlenden Tonarten (z. B. b e 
dur , a e moll etc.) eingeschaltet werden sol- 
len. Ferner giebt es hier zu viel kahle Trom- 
melbässe , besonders in n. q. , wo 8. 90, T. 5, 
und S. 91, Syst. 5, T. ua sogar etwas — 



polnisch klingen. Auch vermisst Ree. 
drey stimmige Solfeggi, wovon die mittel- 
ste Stimme geübt werden soll. Das wäre ge- 
wiss nützlich und riöthig. Ob übrigens Hr. 
S. nicht gut gelhan hatte, für Altisten und 
Bassisten besondre Solfeggi zuschreiben 
oder wenigstens anzuzeigen, wie tief sie 
transponirt und wo sie dann am besten abgeän- 
dert werden müssten (s. B. n. 6 transponirt 
der Bassist sich eine Underime tiefer u.a. w.) — 
das leidet wenigstens einigen 

(Der Beschliu« folgt.) 



X E K D O T B. 



Ein guter, eifriger Musikliebhaber aus 

einer preussischen Provinzialstadt las voriges 
Jahr in den Zeitungen, dass Glucks Alceste 
zum Karneval in Berlin gegeben würde. Er 
konnte dem Wunsche, das berühmte Werk zu 
hören, nicht widerstehen und machte die be-- 
trächtliche Reise im schrecklichsten Wetter zu 
Fuss. Er iömtot ins Wirthshaus — aber, 
ist es nun zu spät, oder fehlt es ihm an allen 
Bekanntschaften : kurz, or kann durchaus kein 
Billet mehr bekommen. Er ist ausser sich. 
Der Wirth richtet ihn mit der vertrauten In- 
sinuation auf, dass die Mililairwache es 
manchmal bey dieser Gelegenheit nicht allzuge- 
genau nehme und einem preussiteben halben 
Gulden woi schwerlich widerstände. Ich ver- 
stehe! sagt der Liebhaber erfreut; Jasseu Sie 
mich machen! — Er eilt nach dem grossen 
Theater der italienischen Oper, er tritt in die 
weiten Umgebungen — - Ganz unbekannt mit 
dem Terrain, durch den Glockenschlag und 
die da- und dorthin strömende Menge noch 
mehr verwirret, von den Lichtern geblendet, 
weiss er sich gar nicht zu helfen, gehet aber 
in der Betäubung frisch drauf los. Er kömmt 
an eine Thüre mit War he besetzt: „Billet!" 
schnurrt diese. Mein Freund, entgegnet dor 



Digitized by Google 



I8P4. ©ctober. 



63 

Fremde leise und beweglich; ich bin zu apat 
und fernher gekommen: wenn Er mir zum 

Eintritt verhelfen wollte Er drückt 

ihm den halben Gulden in t <h> Hand., Schon 
gut! sagt der Schnurrbarl freundlicher: d» 
gehen Sie nur rechts nach der nächsten Thür. 
Der Fremde gehet, er kömmt zur nächsten 
Thür: wieder eine We.he: „B.llctl" — 
Sein Kamerad hat mich an ihn gewinn* — 
legt er; übrigen* — Alle«, wie oben! -— 
Der Fremde gehet immer weiter recht«, er 
hört zitlernd von iiineu dit» Instrumente ein- 
stimmen : endlich wi« der eine Thür und wie- 
der eine Wache ; Allee, wie vorher, ausser 
das* der Soldat wirklich die Thür öffnet, den 
Entzückten echnell hinaus schiebt, und 
aihnapp! die Thür hinter ihm wieder zu- 
w ,rfU Jetzt will jener frey athincu , reibt 
•ich die Augen, weil er nichl* siebet, und 
entdeckt endlich, das« er — unter Got- 
tes frey e ru H im ro e l «lebet, und nur in 
der äussern Galerie die Ruude gens um das 
Hau« herum gemacht haL 



6i4 



t kleinen, artigen Werkchen. Gleich der An- 
fang der ersten Rom. ist sehr anziehend. Sull- 
len diese Stücke uh.ht aus P^rlhiecn für Blas- 
iustrumeule enlslai)d«n aeyn? : .Wenigsten«, 
lassen sie «ich sehr gut als solche denken und 
einrichten; auch manche Leeren, wie S. io> 
Ende, und Seite n von vom, so wie et- 
wa* Weichliches im Ganzen, schein* .dar-, 
auf hinzudeuten. Doch wird Niemand, 
; besonders, den ersten und dritten Satz, ohne 
Vergnügen hören. Auszuführen sind sie 
sehr leicht. 



t * 
Kvkze Anzeige k. 



Troi» Romanets ou Andantt pour U Piana- 
foru comp, par Jostph Lipavsky. Op. 19. 
A Vienne, au Bureau d'arts et d* Indu- 
strie. (Pr. 54 Xr.) 

1 

Romanzen ist hier in dem Sinne gebraucht, 
wie es zuerst die Franzosen in die Instrumen- 
talmusik eingeführt haben. Sehl' geftllige und 
fliessende Melodieeu sind das Beste an dem 



1) Tri Artttte coW aecompegnamtnto dl Pia- 
no/orl« oWgato — Optra VW. (Prix ' 
4 Livr.) und 

3) Tre Dutttl ptr Soprano c Tenore rotf* «c- 
comp. di Pianyfartt — cbmpott. da jBonl- 
facio Assioli. lu Zurigo. presso Giov. 
Giorg. Negheli. (Pr. 3 Eivr.) 

♦ ■ 

Nach dem, was No. 9. des 6ten Jahrgang« 
der inuaik. Zeit, über die ausgeführtem und 
mit durchgehend* obligatem Pianoforte ge- 
setzten Arietten dieses Komponisten, wie 
über die kürzern Duetten mit nur beglei- 
teudem Accompagncmenl, gesagt worden, 
ist hier nur hinzuzusetzen , dass die jetzt 
genannten Werkchen sich sowohl in Absicht 
auf den Geist, als auch in Absicht auf die 
Ausführung und Manier, ganz au jene an- 
schließen, und des Beyfalia eben su gewiss 
seyn köuuen, als jene. 

< .u 




Hu»'»» 



11t Biimori v«» H »111 u 



- - . .-Ii 



Digitized by Google 



ALLGEMEINE 



M US I KAI, IS C H E Z E ITUN G. 



-. 



»i ■ . » 

fl-t .•• .. i • •». » ! . I HN I . III . II » ' I 1 ' .! — — *— 

D?n a^QcCob*. , JMii 5. . ,504. | 

i'i 1 n 



.»»- j{ i. ■• • • ' 

a X C. B W » I O M * IT., 

' •'• •"-•> 1 • 11 " > : '•» 

-i . "■?« .:• $1 ..G " ♦«».•'« -«1 ■ M, ' 

Kantate: Wir ist dir gktth, du Einziger tu. 
für 4 Singst, mit Begleit, dt» Orch. von 
J. R. Zumsueg. Part. No. I. 28 S. Querfol. 
Leipzig, bey Broitkopf und Hirtel. (Pr. 

' 18 Gr.) 

• » * 

Kaniatt: Gott.' Urquell der Gnade, ftir 4 Singst, 
mit Begleit, de» Orch. , v. Zumst. Part. 
No. n. aa S. Querfol. Ebend. (Pr. 18 Gr.) 

Kantate: Bringet dem Herrn Ruhm und Triumph 
etc. für 4 finget, mit Begleit, du Orch. \ 
v. Zumst. , Part. No. j. a4 S. Querfol. 
Ebeud. (Pr. 18 Gr.) 

t^antate: Mein Goff! mein Goti! warum ver- 
lassest du tte. . für 4 Singst, mit Btgleit. ' 
des O'ch. v. Zumst. Part. No. 4. aß $. 
Querfol. Ebeud. (Pr. 18 Gr.) 
t *~ . ■>"■ - • * .1 ' 

Wieviel die Kunst durch. Zumst eeg's früh- ; 
Keiligen Tod verlohren. habe, ist deu Kennern 
nod Liebhabern der Musik bekanut genug. 
Ree, der die Tonkunst am liebsten würdiget, 
weun er «ie nach der höchsten Stufe ihres j 
Zwecks strebend erblickt, nahm diese theurCj 
Verlassenschaft des Verewigten mit grosser' 
Erwartung cur Hand, und, legte sie mehrmals , 
wieder beyseite , um der Wehmuth Raum au 
lassen, welche der Verlust eines so liebens- 
würdigen Tonkün»Uers bey ihm erzeugte, von 
dem die VVelt ; gewiss noch viele , wphllhätige 
Kunstwerke edlern Gärung würde erhal-' 

7. Jaiutf. 



r - ■ ( ■ t 

ten haben. Da seit einiger Zeit d i e Kunstp 
dukte im , Kircheuaty ie , weiche au allgemeine? 
Brauchbarkeit geeignet sind, seltner öffentlich 
erscheinen: so ist es um so mehr erfreulich» 
diese Kaptaten als höchstschatzbare H Ulf* mit*, 
tel zur Belebung religiöser Empfindungen aq r 
zuzeigen. 

No. 1. bebt mit einem Chor des vollen Oft» 
ehestere adagio maestoso an, wovon das Ritotv 
von 9 Takten vollkommen gut zur Frage 
des Chors: Wer ist dir gleich, du Einziger? 
einleitet. Das ganze Chor von So Takten 
hat vortreffliche Haltung und so viel Energie, 
das« auch in dem rofaesten Herzen der Affekt 
der Bewunderung, der aus der Vorstellung 
der Grösse des höchsten Wesens erzeugt wird, 
durch die Musik so sehr verstärkt werden 
muss, dass woblthatige religiöse Ehrfurcht das 
Innerste durchdringt. — Was den Satz be- 
trifft, so wünscht Ree dass das Ifeberapriogen 
in den Singstimmen seltner , angebracht seyn 
möchte. Auch sollte wohl die Dehnung der 
ersten Sylbe von dem Worte Allmacht S. 5 
nicht zu billigen seyn ; denn na< h drey Takte» 
hört man erst die zweyte Sylbe. Der Kom- 
pouist muss zuerst den Text so weit zusam- 
menhangend vortragen lassen, -ehe* er lange 
Pehnungen 'anbringt, bis man,, den Sin« we- 
nigstens erralhen kann, -r- S. ö, T. 6 würde 
wol die Altstimme statt des Tenors die 
Singparthie schicklicher . übernehmen kön- 
nen. — Die darauf folgende Sopran- 
arie verlangt einen guten Sanger. Auch hier 
ist gleich beym Eintritt der Singstimme auf daa 
.exate Wörtchen wenn eint JJeUuuug über * 

5 



Digitized by Google 



6? 



i$04. ' Öctööer. . 



68 



Tafcto getagt, jrod das Folgende ist so behau- ' 
delt, das* erat im 20»teü Takle die"Worte been- 
digt aiod : „ Wenn ich dies Ganse, wessen Macht 
am ersten aller Tage es ans detn Nichts her- - 
vorgebracht? voll Dnrst nach Weisheit frage." 
Bier lenkt sich der Gesang in die Dominante, 
und der Nachsalz, im Texte: „So nennt-« mir,- 
du Erster» dich" — ist so. bearbeitet, dass 
die Musik die Dominante der Molltonart er- 
greift und 9 Takte so fort modulirt,' endlich 
wieder sich nach der Durdommante neigt und 
dahin förmlich kadeuzirt. • Diese Wendung 
nach der Molltonart scheint aber, nach Ree. 
Gefühl, den Text zu beeiu trächtigen. Gegen 
das Ende der Arie kommt noch eine Dehnung 
Ton 9 Takten mit Koloraturen vor, welche 
Wenigstens im Kircuenslyle der festere Ge- 
acHmack nicht billigen Wird. — Das & bluas- 
chor: Sinkt in den Staub hin; betet 
an! macht guten Effekt. Sollte denn aber 
Wol der «weyte Theil des Textes: 

Gott spricht: IA kiu tlUin dar Herr, 
Ich Aio, ick war, itk w»rdo ssjn, 
Dm ick bin. K.«ün Anderer 
I» Ui»».J, auf dar £rd. hat m.inw ^ m 4 »«1 

Nam.nl — . ( , 

au einem Chore geeignet seyn? — Die letzten 
Worte treten mit einem fugii enden Satze ein. 
der schon etwas verbraucht ist. Folgende 
Stelle all 1 unisono S. a4 



»»J.Sa 



ist dem Komponisten entschlüpft nnd für den 
Kirchenstyl tu iiäedel. S. i4, Takt' 8. 9. Ut 
die Forlecbreüung im Aft und Sopran wider 
den reinen Sats, welche durch den kleinen 
Eins hnitt nicht entschuldigt werden kann. 
Auch den Gang der Viole im dritten Takte 
kann d e Regel nicht wol erlauben. — Nach 
dem leisten Chore fing Ree. an cu verniuthen, 
da&a dieses Muck vialieicht au den frühcru Ar- 



beiten des sei. fcumeteeg's gehören dürft*. Man 
kann übrigens dupeh eine kleine Abänderung 
im Texte dem letztem Theile des Schlusscho-; 
re» eine leidlichere Wendung geben. 

No. 2. Gott, ÜVqa elf der Gnade! *— 
ist aiokt-so euvk besetzt; denn von Blasinstru- 
menten ist nur eine lioboe und oin Fagott mit 
kleiuen Soloparlhieen dabey. Diese Kantate 
ist überhaupt wagen ihrer einfachen 1 und leich- 
ten Bearbeitung sabcauchbar, dass sie auch 
Kautoren in kleinern Städten willkommen 
seyn musa; Es herrscht ein devoter , kiiidJU 
vher Sinn dariu. Dem ersten Chor wünsc ht 
man eine etwas läogere Dauer,, d«*nn die 45 
Takle köuuten füglich bis aof einige siebzig 
ausgesponneu seyn. — Das Terz» tl längt sich 
im | Takt andante an, verändert aber nach 12 
Tatten da* Tempi» in \ Andntino, worin 
es bis auiu Schlüsse fortfährt, wozu den Verf. 
die Versart i>ewogeu haben mag, obugeathtet 
teser nicht angenehmen Veränderung wol 
auszuweichen war. Ks wäre überhaupt au 
wüuscheu, dass es mit dem Tersett etwaa 
streuger genommen Werden möchte. Nach 
Ree Meynung ist dieser Text eigentlich nicht 
zum Terzelt geeignet S. i5 dürfte wol die 
Passage der awey Soprans timmen nicht am 
rechten Orte angebracht seyn : Frieden lächelt 
der versöhnte Vater 



tm 



slen Biisser zu. 



Das Schlusschor ist wieder ziemlich 
nnd leicht behandelt. Die Stelle: 



le fehl - ten 



möchte eher die Zu r riedenheit mit sieh sethsk 
ausdrücken. «■ Auch daa Ende dea Texte« 



Digitized by Google 



4JJ04. October« 



der Chorform «b: Dukftin«st 
- erneu« dein Ebenbild in mir. 



No. 3. Bringet dem Herrn etc. ist 
der agste Psalm nach einer neuen Ueberset- 
euQg, und von dem Komponisten im Ganzen 
sehr schön bearbeitet. Nur Hoboen und Hör- 
»er begleiten neben den Bogen ins trumeuten 
den Chor. Den Eingang macht ein vierstim- 
miger Sologesang ohne Instrumentalbegleitung 
nur durch die Bisse unterstützt, in B dar, 
mit der Aufforderung: 
■ " * 

Bringet dem Ileiro, Söhne dir Crossen ! Uahm ud 

Triumph. 

Bringet dem Herrn Ruhm seines Namen* l 
Meilig geschmückt betet ihn an! 

Ein edler, schöner, harmoniereicher Salz! 
(Nur eine kleine Abänderung bedarf die Deh- 
nung auf be-tet ihn an. Nach Rae. Gefühl 
rauss der Komponist in Kircbenstücken sorg« 
faltig verhindern, dass der Wils keine lächer- 
liche Nebenidee herbeyfübren könne.) Nun 
fallen die Instrumente AUegro spirituoso ein 
und machen ein Ritornell, worauf der Chor 
nach,. de 0 * Dominantenakkord in B dur anhebt: 
m Stimme des Herrn rollt über Fiutheo. • (Zur 
Erleichterung des reinen Intonirens könnt« die 
erst« Note der Singstimm« der Einklang 
seyn). — „ Stimme des Herrn erhaben. Stim- 
me des Herrn sersplittert Libanons Zedern. 
Gott der Ehre donnert über Ja» acht ige Fluthen." 
Alles sehr gut behandelt, oiino grosse Kunst 
und doch energisch« Die folgenden Worte des 
Textes: Lasst hüpfen sie wie muthiges Kalb, 
Libanon und Schirion wie junge« Reh — hät- 
ten wol eine -Abänderung ohne Versündigung 
erleiden können, — Der darauf folgende 
-Satz hat nur eine matte Stell« : . Gott sass zur 
Süudfluth. auf dem Throne, 4 * iwo es scheint, 
eis wäre der Komponist des Texte« wegen ver- 
legen gewesen. Der letale Sate AUegro viva- 
ce schien dem Ree. wieder etwa« su kura j. denn 
.die 48 Takte könnten durch einige Wendun- I 
jen der Kunst»' die hier nicht übel angebracht j 



seyn würden, leicht cur doppelten Anzahl an- 
wachsen. — S. a3 wird die AiUÜmme roa 
dem Bass und Tenor übersprungen. Die 
Schwierigkeiten übrigens, die mit der Aus- 
führung] verbunden sind, können leicht über- 
wunden werden, daher auch Kantoren an 
kleinen Orten diesen Psalm recht gut ' 
brauchen können. 



No. 4. Mein Gert! 
kunstlose, jedoch angenehme und schätzbare 
Arbeit. Der Text dasu ist aus dem 23. Psalm 
genommen: nämlich die ersten 6 und die lata, 
ten 9 Verse, nach einer neuen Uebersetzung. 
Ree steht in der Meynung, das* die ehrwür- 
digen Nachlasse der ebraischen Dichter mehr 
au Materialien für den Prediger, als für deq 
Komponisten geeignet seyen, und daaa letzte- 
rer sorgfältiger in der Auswahl der Stellen 
seyn müsse, je grösser der Unterschied «wischen 
Ablesen und Absingen isL Stellea, welche nur 
Bezug auf jene Nation und ihre besondern Zu- 
stand« haben; Stelleu, welche Bilder enthal- 
ten, die nur ihren Sitten, ihrer Denkungaart 
und ihrem Spracbgenios eigen sind, aollten 
von dem Komponisten nur mit Vorsicht aufge- 
nommen werden und könnten hier und da, 
'ine dass er sich versündigte, von ihm ab- 
geändert werden. Ree. will nicht Über die 
Brauchbarkeit des vorliegenden Textes ent- 
scheiden, sondern nur seine Meynung über 
des Komponisten Arbeit äussern, welche dem 
Texte sehr gut angepasst ist. Zwey Blasin- 
strumente, Hoboe und Fagott, begleiten das 
Ganse mit Soloparthieen. Dar erste Sats hebt 
nach einem Ritornell in F moll andante mit 
Sologesang in einer Tenorstimme an: Mein 

Gott! warum verlassest du mich 1 welches 

der Verf. sehr zart und gefühlvoll behandelt 
bat. Darauf tritt der Chor in Aa dur eint 
Aber du Allerheüigater thronest unter Lobge- 
sängen Israels! Dies macht mit dem Folgen- 
den einen so herrlichen Effekt, dass man schon 
beyin Lesen durch die Phantasie in den Tem- 
pel de« L Volks Gottes ve/setat wird. Nur die 



Digitized by 



7* 



1804. Öctobeiv 



Wendnng am Schluss riaclr F dur befremdet; 
denn da der folgende Bat« in Fdui- anWngt , so 
koonte dtrUebergaug allmählich gemacht wer- 
den. Der folgende Satz mit einigen Solopas- 
sagen für Hoboe und Fagolt ist ohne Kunat- 
aufwand, aber gut bearbeitet, bis auf einige 
Dehnungen. S; i4 tind S. i3, von denen achon 
oben gesagt wurde, iu wiefern sie zu missbilli- 
gen wären. S. 19 ist der Eintritt im letzten 
Takte für die Sänger bedenklich , uud S. 20, 
T. 1a die Fortschrei lurtg'der äussern Stimmen 
wider den reinen Satz. Im folgenden Satze, 
der übrigens gut angelegt ist. frappirt wieder 
eine Stelle, Wo den Komponisten ein kanoni- 
scher Gedanke verfuhrt bat Die Stelle ist so: 




Ge-ichleeh-wr der Het-<Wn be 

• ,{'• , . * . . ; . '•».. i *. -v ■ 
$ 



ten dich an. 

Das Ganze schliesst «nil einem Satse an der 
Durtonart auf eine sehr befriedigende Weise. 
Uebrigens wird diese Kantate auch darum vie- 
len willkommen seyn, weil sie nicht zu stark 
besetz* ist und auch leicht exekulirt .werden 
kann. Was aber Reo. über diese 4 Kantaten 
geäussert hat, ist aus Achtung für die Kunst 
und angehenden Komponisten «ur Nachach- 
tung gescheht). Das ist ein ehrenwerther 
Künstler, und das sind sehr ach itzbare Werke, 

und doch 



das Königs 

in 

< 



en darf! — 



tfachriehten eines Rt'atnitn Bier 
Hrgtr und Danxiger Theater, 
cuf MusUt. 



Danziger Theater tu beobachten, und tb eile 
Ihnen, was ich bemerkt habe, als-kurte, unu 
partheyische Notisen mit. 

• • ■ .• 

Der Zustand der hiesigen Theatermusik 
hat sich seit einigen Jahren sehr verbessert. 
Vorzüglich hat das Orchester durch die An- 
führung des Musikdirektors Hiller gewonnen, 
der jetzt in die Fusstapfen seines würdigen, 
verstorbenen Vaters zu treten scheint. Als 
Komponist ist derselbe (ausser einigen Liedern 
etc.) mit einer vom Hrn. Oberforstrath Jester 
verfassten (Operette: „das Schmuckkästchen* 
uiit'Beyfall aufgetreten. — Als Direktor aber 
verdient er besonders Lob in Rücksicht der 
richtigen Tempos, die er theils durch sehr 
zweckmässiges Taktiren, theils durch Auge- 
ben auf dem Pianoforte, nimmt und erhalt. 
Wer vormals die unvollkommene Anfährung 
und daraus folgeöde schlechte Ausführung der 
Opern hörte (wo die Singstionqea auf der-Yiio* 
lin des Anführers jederzeit, aogar bey/ Reei- 
tafiven (!) mitgespielt wurden und der Gin- 
Irabas.tist meistens das Tempo angab) der wird 
sirb jetzt gewiss über das Ensemble desürche- 
sters und die möglichst gute Ausführung von 
Seiten der singenden Personen freuen. 

Unter diesen zeichnen sich vOrtheilhaft 
aus: Dem. Bessel die altere. Obgleich nur 



— Bey meiner Durchreise nach Berlin 
hatte ich Gelegenheit, da» Könrgsberger und 



mit einer schwachen, jedoch an genehr 
Stimme von der Natur begabt, verdient diese 
Künstlerin wegen ihres durchdachten , richti- 
gen und geschmackvollen Vortrage die grösate 
Aufmunterung. Bey dem gründlichen Unter- 
richte, den sie in Berlin cu gemessen Gelegen- 
heit gehabt hat , liest sich ihre Vervollkomm- 
nung immer mehr, erwarten. Ihr musikali- 
sches Talent wird durch ihre angenehme Ge- 
stalt und durch ihr richtiges Spiel «och gel- 
tender gemacht. — Mad. Schwarz leistet 
viel und ist, besonders wegen ihrer Thätig- 
keit und Sicherheit im Binstudtren , ein. für 
die hiesige Oper unentbehrliches Mitglied. 
Bravourparthieen sollte sie nicht übernehmen, 



Digitized by 'Google 



n 

da ihrem Stidimorgan die hierzu erforderliche 
Raadung fehlt, die aber im Cantabile durch 
ihre biegsame» weiche Stimme hinlänglich er- 
setzt wird. — Dem. Bessel die jüngere, 
obgleich vorzüglich im Schauspiel brauchbar, 
vorspricht auch im Soubrellenfach der Ope- 
rette nüzlicb zu werden. Sie spielt und singt 
z. ß. die Nanetle in Mozarts Weiber treue, 
(Cosi faatutte) anver besser lieh. Mad. Lant 
sollte bey ihrem beisern Organ wenigstens kei- 
ne Singparlhieen übernehmen.» 

* 

- Zwey gute Tenoristen sind: Hr. Weiss 
und Hr. £mter; erster er in Annehmlichkeit 
der Stimme, letzterer durch Fertigkeit sich 
auszeichnend. Hr. P eichmann singt eben- 
falls einen guten Bariton. Unter den Bassi- 
sten sind vorzüglich Hr Beinhöfer und Hr. 
Schwarz bemerkenswert!.. Hr. Beinhö- 
fer bat eine volle , starke Stimme und ist «ehr 
fest im Takt: ein gewisse« Ansetzen oder Vor» 
achlagen des Tons fällt Anfangs etwa« auf, ist 
aber im komischen Gesaug nicht hinderlich. 
Er ist ein vortrefflicher ßuffo (z. B. als Lepo- 
rollo im Don Juan). Hr. Schwarz hat, wie 
man sich auszudrücken pflegt, viel Musik; 
nur seine Stimme ist rauh und unsonorisch : 
er thut jedoch das Seine sie auszubilden und 
jst bey seinem Verdienst als Schauspieler im- 
mer ein dem Theater (zugleich als Regisseur) 
•ehr nützliche* Mitglied. 

Es werden hier beynahe alle Mozarische 
.Operu und wirklich recht gut gegeben. Von 
den neuern französischen Musiken erhielten, 
hier »der Wasserträger" (les denx Journees) 
von Cherubini, besonders durch Beinhöfers 
Spiel und Gesang, und »Je toller je besser'* 
.(Unofolie) von Mehul, vielen Bey fall. We- 
niger gefiel: ,Ma Tante Au rore." -— Näch- 
sten Herbst und Winter soll Mehul« „Schatz- 
gräber,* auch wie man «agt Salieri'e „Paloii- 
.ra** herauskommen. — Zunächst erwartet 
man eine vom Kammerassessor Schmidt in 
Berlin ».{dem Komponisten des für Gesang und 



1804. October. 



74 



Forteplano herausgekommenen Monologs der 
Jungfrau von Orleans) in Musik gesetzte ko- 
mische Operelte von Herklols „die Onkel" be- 
titelt. — Die Musik soll in leichtem, gefälli- 
gem Styl seyn. — 

Was das hier gut besetzte Schauspiel 
betrifft, so gehört die Kritik darüber nicht 
hierher. — Zu bedauern ist die schlechte und 
unzweckmässige Bauart des nach dem Brand 
hier von einem Particulicr aus blossem Privat- 
interesse aufgeführten Schauspielhauses , das 
kaum diesen Namen verdient und hoffentlich 
nach der Ausführung der von hiesigen Hono- 
ratioren intendirten neuen Errichtung eines 
würdigem Musentempels — leer stehen blei- 
ben wird. 

Königsberg,' im August igoi. 



Die Theatergesellschaft der Geschwister 
Schuch hat sich seit drey Jahren getheilr. 
Hr. Steinberg hat sich in Königsberg fixirt, und 
Hr. Jean Bacbraann hat zu seinem bchauspiel- 
Kessort die SudleOanzig, Elbing und Marien- 
werder gewählt. An ersterm Orte hält die 
Gesellschaft sich grösstentbeils und gewöhn- 
lieh vom Anfange des besuchten Domnich» 
(Jahrmarkts) im August bis zum nächsten 
Frühjahr auf. Ein Theil der hiesigen reichen 
Kaufmannschaft hat auf Aclien den Fond zur 
Erbauung eines neuen Schauspielhauses zu- 
sammengebracht. Dieses sehr wohlgeratheuft 
Gebäude steht auf dem Holzmarktc neben dem 
sonst so berülunteu Zeug hause; es ist oral- 
rund, simpel, aber mit Geschmack gebaut 
und ähnelt dem neuen Berliner Nationaltheater, 
zeichnet sich ausserlich aber noch durch das 
schön gewölbte mit Kupfer gedeckte Dach aus 
(wie die St. Hedwigs -Kirche in Berlin). Auch 
hier ist der Haupteintritt durch einen Säulen- 
gang verziert, dessen vollkommene Dekoration 
jedoch noch nicht beendigt seyn soll. Die 
Plätze für die Zuschauer bestehen in zwey Par- 



Digitized by Google 



75 i$04. 

terre's, iwey Reihen Logen, Amphitheater 
und Galerie. Ein Fehler in der Bauart ist es, 
da ss die nächsten Logen keinen Frospekt auf 
die Milte, noch weniger auf den Hintergrund 
des Theaters haben. Das Theater ist sehr ver- 
hältnismässig und besonders breit angelegt; 
die Maschinerie ist vortrefflich, nur wäre mehr 
Tiefe zu wünschen. Das Orchester ist etwas 
cu klein und die Garderoben sind zu- eng für 
die Bequemlichkeit der Schauspieler. — Was 
das Theaterpersonale betrifft, so beschränke 
ich mich nur auf die Beschreibung der Oper, 
indem die Beurtlieilung des Schauspiels (wo 
freylich noch vieles au wünschen übrig bleibt 
und vieles besser seyn könnte, wenn nicht so 
viel Partheylichkcit herrschte) nicht hierher 
gehört. 

Man entdeckt zuerst eine grosse Lücke, 
indem man die erste Sängerin vermisst , eine 
Rolle, die sonst so ganz genügend durch Mad. 
Ackermann, gebohrne Bachmann ersetzt wur- 
de ; seit diese schätzbare Sängerin aber mit ih- 
rem Gatten (einem ehedem sehr braven Teno- 
risten und Sänger a prima vista) vom Theater 
abging, ist ihre Stelle bisher unbesetxt geblie- 
ben. Dem. Wotruba die ältere ist eigentlich 
zwar'|dafiir engagirt, erfüllt jedoch die kunst- 
gerechten. Forderungen nicht hinlänglich, da 
sie zwar Biegsamkeit und einen ziemlich ge- 
bildeten Vortrag, aber nicht hinlängliche Fer- 
tigkeit und Empfindung in ihrem Gesang zeigt, 
auch ihre Stimme zu schneidend ist. Madam 
CiKax hat nur eine achwache Stimme, übri- 
gens aber angenehme Figur und gutes Spiel. 
Nun sind aber auch die eigentlichen Sängerin- 
nen genannt, denn Dem. W otruba die jüngere, 
Dem. Willmann (die aber tödlich krank am 
Nervenfieber ist,) Dem. Toscani's YVinkel- 
mann, Mad. Schmied, sind — Anfängerin- 
nen , die mehr oder weniger Hoffnung geben. 
Schade duss Mad. Zander durch eine gewisse, 
für eine Sängerin doppelt schädliche Nei- 
gung — — ihr natürliches Talent ganz zu 
Grabe bringt. Der Tenbr ist sehr gut durch 



October. 76 

Hm. Bachmann den altern und Hrn. Ciliax be- 
setzt. Erster hat eine vortreffliche Stimme 
von Natur und letzterer ist ein durchaus gebil- 
deter uud geschmackvoller Sän?er und Musi- 
ker. Beyde sind auch gute Schauspieler und 
lassen in ihrem Fach nichts zu wünschen übrig. 
DerBass ist durch Hrn. Bachmann den jungem 
(einen braven komischen Schauspieler) , Hrn. 
Schmied, Krampe u. s. w. besetzt. — Da* 
Orchester ist meistens durch Hoboislen , im 
Einzelnen nicht übel besetzt, nur dos Ensen»« 

ble ist schlecht und die Direktion der Musik 

ohne Klavierinstrument, ohne Taktiren ■— 
keineswegs zu loben. Wie kann es fehlen, 
dass die meisteu Tempo'* unrichtig genom- 
men, schlecht gehalten werden u. dgl., und 
welche Wirkung macht auf ein musikalische« 
Ohr das Mitspielen, der Singstimmen auf — • 
einer nicht fein behandelten Violin und da« 
Sumpfen mit dem Fas«. An gehörige Schau 
tirung des po. , pp., crescend., mf., forte, ffmo 
ist übrigem gar nicht zu denken. — Was den 
Geschmack in der Wahl der Opern betrifft, 
so bleiben die grössten und besten entweder 
liegen oder sind nicht besetzt, z. B. Baum der 
Diana, Palmira, Don Juan, Clemenza di Tito, 
Cosi fan tutte, u. s. w. Im Gange sind denn 
doch noch der Wasserträger, Je toller je bes- 
ser, — vorzüglich aber der Tyroler Wastel, 

die Schwestern von Frag und Konaorten. 

Ich war so glücklich bey der Durchreise de« 
Hrn. und der Mad. Ackermann (letztere die 
ehemalige Mad. Lippert) nach Riga, einige 
gute Opern hier zu hören. Jene Künstler ka- 
men von Schwerin über Berlin, wo Mad. A. 
mit vielem Bey fall die Astasie und Diana ge- 
geben hatte, und debütirten hier in Axur, Hr. 
A. als Axur und Mad. A. als Astasia. Hr. a! 
will eigentlich nicht für einen Sänger geJtrai 
obgleich er einen guten Miltelbass singt; da er 
jedoch mehr Schauspieler ist, so enthalte ich 
mich hier seiner näheren Benrtheilnng. Mad. 
A. aber ist eine sehr ausgebildete, man darf 
sagen bey nahe vollendete Sängerin. Ihr« 
Stimme ist sonor, stark und hat Metall — ihr 



Digitized by Google 



1804. October. 



Vortrag zeugt von einer guten Schule; jede 
Manier i»l an ihrem Ort, nicht« uuz weck massig 
angebracht. Jeder Ton wird ao bestimmt uud 
rein, mit einer Rundung augegeben , die dem 
K< nuer Achtung t'iir daa Talent uud die Kunst 
der Mad. \. einllösst. Als Astasia zeichnete 
aie sich besonders im ersten Duett des ersten 
Akts nnd der grossen Scene im dritten Akt 
vorlbpilhaft aus. Ihr Spiel ist ausdrucksvoll 
und leidenschaftlich, ihre Deklamation unta- 
dclhuil. Sie trat ausserdem als Rosalia im 
Doktor und Apotheker, als Konstanze im 
Wasserträger auf (in welcher Parlhic sie be- 
sonders mit leidenschaftlichem, wahrem Aua* 
druck das vortrehliche Duelt: «Zu trennen 
mich von dem Ge mahle , * die schwierigen So- 
los teilen im Kinale des ersten Akts uud ein im 
dritten Akt eingelegtes Rondo von Himmel aus 
der Oper: Aleaa&udio, vortrug, und im 
Ailagio dieser Arie sich durch Haltung und 
das jedem Sanger so unentbehrliche Porta men- 
to der Stimme auszeichnete). — — Als Diaua 
zeigte Mad. A. dass sie auch Bravoursangerin 
«eyit könne , in der grossen Arie : . Noch fühl' 
ich meiue Starke" — welche aie sehr krafi- 
Toll und sicher vortrug : wirklich bezaubernd 
aber war ihr Gesang in dem Duett und dem 
Rondo des zweyteu Akts. — • Hatte das hie- 
aige Publikum doch mehr Achtung für wahres 
.Verdienst durch zahlreichern Resuch dea 
Schauspielhauses am Abend dieser Benefizvor- 
atellutig fiir Hrn. und Mad. A. bewiesen J Hof- 
fentlich wird das für Musik gebildetere Rigaer 
• Publikum diese Künstlerin mehv zu schätzen 
w issen.- Zu wünschen wäre es übrigens gewe- 
. aeu, dass Mad. A. beym Berliner National - 
theater Engagement , erhalten und dort eine 
Lücke, beaondera im Vortrag dea Adagio und 
Caulabile, ausgefüllt hatte: denn eigentlicher 
Bravour- und deklamatorischer Gesang ist al- 
lerdings durch Mad. 'Schick geuügend besetzt, 
Wenn man dieser würdigen Künstlerin nicht 
(wie es neuerlich auf eine bittre Art in oSeut- 
lichen Berliner Blättern geachehen ist,) das 
grösale Unrecht thun will. Auch Mad, Euui- 



78 



ke und Müller leisten gewiss in ihrem Fache 
das möglichst vollkommene. Als Röachen 
in der Müllerin trat Mad. A. hier zum letzten- 
mal mit ungeteiltem ßeyfall auf und erfreuet« 
das Publikum noch durch ein eingelegtes Ron- 
do alla Polacca von Viotti. — Da nun wie- 
der die schöne Marketenderin u. dgl. an der 
Tagesordnung ist, so schlieeee ich 
meinen Bericht 

Im September i8o4 geschrieben. 



Kaan A 1 1 1 1 g 1 1< 



Miserere o Salmo 5o dl Davide a du* Conti 
soli t * Violini, Viola e Basso da Nico*» 
Jomelli. Partitur. Leipzig, bey Breilkopf 
uud Härtel. (Pr. 1 Thlr. 12 Gr.) 

Es hat Jemand in der musikalischen Zei- 
tung die Bemerkung gemacht, dass jetzt die 
Zeit wäre, wo musikalische Todte wiederauf- 
stünden. Glück zu, ihr Todtenei werker, 
wenn ihr anders nur Setige, nicht auch Ver- 
worfene auferstehen lasset! Der oruste Jomelli 
steht vor uus, nicht auf seinem theatralischen 
Kothurn; nein! im bescheidenen Gewand der 
kirchlichen Muse: der Psalm Miserere mit 
italienischen Worten Tür xwey Sopranstimmeo 
gesetzt, eben so, wie einst Pergofeai gethan. 
Die Begleitung besteht nur aus zwey Violinen, 
einer Viole und Baas. Kenner mögen nun 
vergleichen, nnd, mit Gründen belegt, ent- 
scheiden, wer den Erfordernissen einer guten 
Kirchen musik naher war : Pergolesi , Jomel- 
li, oder unsere neuem Kircheukompouislen. 

Für Schüler der musikalischen Kunst is( 
das Studium solcher Werke eine wohlthtftige 
Vaccine, um die verdorbenen lmisikafis« hrn 
Safte, 'die sich auf eine ansteckende Art so 
weit au verbreiten drohen, abzuleiten und zu 



Digitized by Google 



79 



i8o4. "October. 



reinigen. Möge sie so wohlthälig für musika- 
lische Kinder werden, «I» es dieächutzblatteYn 
"für die' andern Kinder sind. 

r • 

Dem italienischen Texte sind auch recbl 
gute deutsche Worte beigefügt, so, das* dies 
Werk in beydeu Sprachen gleich gut kaun ge- 
•ungea werden. 



80 



Tt D«um £ 4. voci tolP occompognamtnto di 
duo Violini, Ru$ti t Qrgano composta da 
W. A. Mozart. Mit unurgtUgum dtut- 
schtm Ttxle vom Prof. Clodius. Leipzig, 
bey Breitkopf und Härtel. (Fr. 16 Gr.) 

Dieses kurze , eines Mozarts nicht unwür- 
dige Kiroheustück ist wahrscheinlich schon 
seit längerer Zeit in katholischen Kirchen be- 
kannt. Wenn gleich das erste grosse Tutti, 
mit dem folgenden kurzen Adagio und Chor 
im Oreyvierteltakte in seiner Anlage nichts 
Neuea oder Abweichendes von den gewöhnli- 
chen Kirchenstücken dieser Art darbietet; so 
ist doch die Behandlung der Violinen und der 
Bässe C Blasinstrumente sind hierbey nicht ge- 
setzt} ausgezeichnet» uud beweiset beym er- 
sten Anblick, dass Mozart sie gesetzt habe. 
Die Finalfuge: In te Domine, besieht aus 
sweyen Subjekten, und ist meisterhaft ge- 
schrieben. In wenigen Fugen dieser Art wird 
man so viel Wahrheit, natürliche Melodie, in 
dem jeder Singstimme von der Natur ange- 
wiesenen Tonumfang finden. Sie ist in der 
Ausführung von der schönsten Wirkung. 

So kam also kein , wann auch nur kleines 
Werk aus Mozarts Händen , dem er nicht den 
Stempel seines grossen Genius aufzudrücken 
wusstc i 



A K 



E K D O T B, 



Ein Musiker, der nicht Französisch ver- 
stand, liess sich eine musikalische Bibliothek 
zeigen. Die Werke waren nach deii Meistern 
georduet und über jedem Fache stand der Na- 
me des Autor*. Endlich kam man au das 
»eiste, bey weitem grüsseate Fach, wohin man 
alles geworfen hatte, was ganz ohne Werth 
war: Die Ueberschi ift war: Tri* - mauvats 
(Schofel;. Mein Gott J rief der Musiker : was 
ist der S c h o f e I (tres -mauvais} für ein fruchte 
barer Autor. 



Utbtr di* muu ikal. Beylagt No. JL 



Das mit zartem Sinn aufgefasste nnd 
im angemessenen Ausdruck wiedergegebene 
Lied des Hrn. Bar. von Miltiz, (chui Inrath 
Kammerjunkers und Capitain's in Dresden,) 
eines talentvollen und ausgebildeten Freundes 
der Künste, und der Tonkunst insbesonde- 
re — wird jeder liebgewinnen, der es gut 
vortragen hört. Zu diesem guten Vortrag« 
wird aber hier vornehmlich, ausser dem Por- 
tamenlo und genauem Abmessen der 
Nuanr.en zwischen Forle und Fianissimo, 
diskrete Behandlung des werblichen Ausgang« 
am Schluss gehören , den man mit mehr Ge- 
wandheit vom Komponisten umkleidet wün- 
schen darf. 

Das Lied von unserm Riem, der durch 
grössere Kompositionen so ehrenvoll aufgetre- 
ten ist, bedarf keiner Nachweisung: e« ist So 
einfach und innig, wie Er selber. 



(Hierbey die Berlage No. II.) 



Linn«, ssv Buiiiofi dt H Xa r a t, 

* * 





Digitized by 



N.s ii. ' : 



Beilage zur allgemeinen musikalischen Zeitung. 



> 



DES ABENDS, 
(eigentlich vierstimmig und oline Begleitung zu «ingen.) 



Ii- 



Adagio t stmpre foflo voce 



C. VON MiLTIZ. 




fül - le 



heisa niedre Sorgen »chweigeii; die Blu-iae lenXt du Haupt und schliesst sich schlummernd 

* J J J 



mi > ■< — — • 1 

fcn! Ws* v»n der Cr - de tebt ; ist auf-gc - loir in Ruhj 



«... d,rf 
ist. darf 




Wal von der Er 



da lebt, i»t auf- ge - lost in Ruh! Was himm- lisch in — darf 

de lebt, iit auf. S e - luit u> Kuh! Was himsa . lisch m, darf sich je 

. 




sie 1» ge - trost nun »ei - gen 




: ■ ■% . •# ■ - - » 



Der Sterne Heer beginnt den hell'gen Reigen 
Cnd Liebe in da« Band, das ewig tie umzieht! * 
Tum Herxen , da* geheim in gleicher Liebe glUht. Und lebtet ihr vereint 

Scheint »ich ihr Chor so schwesterlich zu neigen. Euch wäre 



Wohl euch , die sich der Göttlichen ergebest. 
Euch sinkt, was irrdisch ist. in ödes Nichts zurück ; 



Fatioucd Rochlu. 



r. 



Digitized by Google 



M E LA NCHOLIE. 



Andante. 



W. F. Riem. 



i I jllbll 



I 



Die Nach-tl - »aH — klagt bang' im Blulhenschatten. wie um den Lieb - ling die verlais - ne Braut ; 
A - bend-stern — blickt .iuf die Veilchrnraatten, bUs» wie dcrSebjaert auf Sarkofa - ge 



— — der 














schaut 


-' ' r - 3 

. — ein ' 


rrauerflor leheirtt ob dem See *u wal-len s der Felsen-Horner 1 


deicht ein falbes Licht , wie 




-1 1 

et» : — a 




| j j .'■ H 






^ ^ U i i k 






Vollmond s;l.ini — in dunk-le Klo - ster-hal-len, durch tru 



be Scli»>i-ben brich), durch trü 



he Schei-bfn 




bricht, durch trU - be Schei - ben bricht. — ■ 



* g-kr-S 



cresc. 





Ihr Birkenlirthn , ihr Wlesengrtiiide, lachtet 
Einst hohler niir, alt Gessners Hirtenwelt I 
Da glUJit' am See. den Scliwertnulh od umnachtet. 
Der Zaubrrichein , so Lothes Blumen hellt. 
Gebirge, Th.lter, Aun . ihr bliebt dieselben | 
Doch den VeritTten von der Hoffnung .Spur 
Wird iedt-r Stern Hl Lamp in Sarggcwölbcn, 
/.um (Jr.'bthol jede Flur. 

Matthiijon. 



s 

• Digitized by Google 



ALLGEMEINE 

MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 7 tea November. Ö. 



1S04. 



Aphorismen. 



a» spricht inniger da« Gefühl de« Menschen 
au, als die Tone der Musik V und wer fasst es 
Vehr iu seinen geheimsten Tiden auf. uud 
regt es schaffend zu. neuen Einbindungen? 
Aber schnell verhallen die Töne, und ihre 
/Wirkung halt kciu Gesetz in ihrem Fluge auf. 
ihr Einiimck ist gross, aber er muss kargen 
mit der Zeit, und sie ganz erfüllen — 
denn nur darin besteht seine Ewigkeit! 

Mau sagt, der Geschmack sey nicht eher 
da , wie seiu Gegenstand. Dies las st sich auf 
manches musikalische Produkt anwenden. Zwar 
darf nichts, was Anspruch auf tuuere Vollen- 
dung »nacht, den evt igen Kegeln de« Schönen 
und des Wohlklangs zuwider seyn : aber ts ist 
doch oll der l all, dasa ein musikalisches 
Kunstwerk, das uns aufangs so wenig gehel, 
wie dm ineisteu Lesern zum erstenmal Ari- 
sluphanes — in der Folge ein Gegenstand un- 
serer Üewunderuug wird. 

Der Gesang gieht dem Menschen etwas 
Feyeiinhe» und Heiliges. Ich glaube, der 
gcauukeusle Bösewicht inusste zurüefcschaueru, 
Wenn er die Unschuld morden wollte, deren 
Lippen im andachtsvollen Gesauge über- 
strömten! — 

Es ist gegen allen Geschmack , opernhaAe 
Oraloiifu, oder oratorische Opern zu dichteu; 
Und lächerlich . erusten musikalischen Styl 
mi t Tanzuie lodieco, und umgekehrt , zu ver-, 

7. i*ixtg. 



wehen. — Wie die schönste Bilderspra- 
che an uud für sich noch nicht Poesie ist» 
so ist die geschickteste Zusammensetzung der 
Akkorde — blos und allein — noch näht 
Musik. — Das schöne Ganze macht das 
Kunstwerk, nicht das schöne Einzel- 
ne. Nur ein vollendetes, klar ausgesproche- 
nes Ganze hiuteilässt einen unauslöschlichen 
Eindruck im Gemüthe: das Einzelne zerstört 
der kommende Moment wieder. Wer wollt* 
auch nicht lieber einen kleinen wohlgeordne- 
ten Kranz — als einen dicken lilumrnstrau« 
wählen , in dem Feldblumen und Wassergras 
mit einigen wohlriechenden Blulben sich 
paaren? 

Die Musik kann nicht bestimmte Ge- 
genstände malen, so weoig als ein Maier seine 
Zeichnungen musiziren kenn. Aber sie soll 
die Empfindung, die das Gemülh bey allrn 
Vorfallen des Lebens hat, welche sich auf das- 
beziehen, für jedes Iudividuum deutlich 
rechen, und so dem überfüllten Heizen 
gleichsam zu Hülfe kommen. Indes« gic-bl ea 
eiue gewisse Malerey der Musik, wrun z. B. 
Verwirrung des Lebens durch Verwirrung der 
Töne, Ruhe durch Ebeninaas, Grö«»e dur> h 
Giovse u. s. w. ausgedrückt wild. Dies sind 
aber immer zusatntuengesi-zle unbestimmte 
Vorstellungen, deren eiizelue individuelle 
Ausmalung jedem überlassen bleibt. Und 
hierin liegt auch ein bedeutender Vorzug der 
Musik. Sie macht die Phantasie im Menschen 
rege, aber sie beschränkt sie nicht. Jeder 
kann mit ihr hi «flattern, wohin er will, denn 
«ie schmiegt «ich jeder Regung des Heizens 

6 



Digitized by Google 



85 



1804» November. 



84 



mit Wanne nnd Liebe aaJ Dies ist nicht der 
Fall bey der Malerey, die uusem Sinn au das 
vorliegende Kunstwerk bestimmt fesselt« und 
ihn Frey urtheileu , aber nicht schaffen lälsst. 

Jede Daretellang *) muss sich an Handlun- 
gen aussprechen ; die der Musik, die schwerste, 
weil alles in uns inelir optisch uis akustisch ist, 
an der Darstellung menschlicher Verhältnisse, 
in welche Musik nur einwirkt. 

An der Romanze und Ballade ist eigentlich 
nichts lyrisch, als das Sylbenmaas. Daher ist 
es eiue fehlet hafte Idee des Komponisten , sol- 
che Gedichte wie — Lieder anzusehen, und 
aie so au komponiren. Zelters Versuch, 
Schillers Ballade: der Taucher, mit eiuer 
Melodie, die acht balladenmassig ist , und wo 
man nur mit dem Arcompagnemeut abwech- 
selt, au begleiten, scheint mir der Sache am 
angemessensten su seyn. 

Die Fuge ist der Dithyrambus der Musik. 

Ueber nichts wird mehr geurtlieilt, als 
über Musik. Von dem Eindruck, den eiu 
musikalisches Produkt auf das Gefühl macht, 
glaubt sich jeder berechtigt, sogleich (ohne 
au bedenken, in welchem Zn stand des 
Gemülhs er sich vielleicht bey Anhörung des- 
eelbeo befaud.) über dessen Wtrth oder Un- 
werth etitscheideu au dürfen. Man sollte den 
Rousseauschen Grundsatz: »die erste und 
vorzüglichste Erfordernis* jeder Musik ist: 
dass sie dem Ohr gefalle* uicht zur allgemei- 
nen Basis des musikalischen Urlheils anneh- 
men. Denn jeder, der ein Ohr hat, es mag 
noch so untauglich, oder verwohnt seyn , kann 
alsdann urtheileu, wie er will. Besser würde 
die Regel seyn: die Haupterforderniss einer 
guten Musik ist, dass sie einen bestimmten 
Zweck haben, ihn ganz erfüllen, zu einem 
echöuen Gänsen sich runden, und in allen ih- 



ren Theileu dem gnten Geschmack entspre- 
chen muss. Das Öhr alleiu darf nicht Rnh- 
tt>r seju. 

* a 

Deu Aceent der Sprache bestimmt der 
Dichter, der Komponist muss ihn auffassen, 
und musikalisch d«r»ielleu. 

Die Hauptsache bey einem Gesangsknm- 
ponisten ist, ausser dem Studium und der 
Kenntnis der musikalischen Theorie, reges 
Gefühl für alles Schöne und Et habeiie der Poe- 
sie. Fehlt ihm dies, so wird er vielleicht 
zwar immer eine gute Komposition — aber 
nie das hervorbringen, was das Höchste der 
Musik ist — Ausdruck des Gesanges. 
Ein Konrpoiiist dieser Art war der vor einiger 
Zeit zu Jena verstorbene — als Mensch uud 
Künstler sonst sehr a< iitunqswürdige Slam itz. 
Ich lasse seinen Kompositionen alle Gerechtig- 
keit widerfahren , die sie verdienen: aber er 
war nicht im Stande, für deu Gesaug irgend 
etwas erträgliches zu liefern, weil es ihm 
ganz au poetischein (uicht an musikalischem) 
Siun uud Gefühl fehlte. Einst hatte ihm 
ein — langst verschollener Thealerdichter 
eine Oper zur Komposition zugesandt. Man 
kann nichts schlechteres sich denken , als die- 
ses poetische Ungeheuer, in dem sogar ein 
Scharf rr hier sein Amt verrichtete — aber 
SL machte sieh des ungeachtet an die Ausrüh- 
raug. Die Oper war fertig. Niemand wollte 
sie auffuhren. Unwillig darüber zerstückeile 
er sie endlich in fünf Theile, und siehe da , er 
halte fünf seiner schönsten Sinfonieen und 
Quartetten gemacht, wo alles regelmassig auf 
einander folgte, Allegro, Adagio, Menuet, 
Presto oder Rondo. Er durfte nur den Text 
weg» Leichen. 

C. Schreiber. 



*) Diese Bemerkung Ut «u* »mein üxUfe unter« J«*a Fsal Fr. Richters an Bück — gezoge«. g. 



Digitized by Google 



1804. November. 



86 



85 

Nachrichten. 



Pari«, den aoslen Oct. Auch diesmal 
schreibe ich Ihneu nur, dass ich nichts zu 
schreiben habe: immer nur noch Zurüstuu- 
geu — was Sie aber diesmal weniger, als 
sonst, befremden wird, da uns erst da« 
Eude des kiiiiftigeu Monal« so v i e 1 er 1 oy Gros- 
ses bringen soll. Es kursiren darüber, auch in 
Absicht auf Musik, hier verschiedene otten!- 
liche Geheimnisse: aber wer würde so etwas 
im voraus vcrrathenl Wir wollen es also erst 
abwarten. Auf u na ein Operulheatern sind 
immer wieder allere und belieble Stücke gege- 
ben worden, aber zum Theil so gut, dass man 
sie fleiasig besucht, und allenfalls nur bey der 
Ankündigung, nicht nach der Vorstellung, 
unzufrieden ist. Eine einzige eiuigermassen 
beträchtliche Neuigkeit war die Oper: l'Amou- 
reux par surprice ou le Droit d'ainesse, in 
einem Akt; sie wurde aber durch eine 
Krankheit der ersten Sängerin, durch unge- 
schicktes Herausstreichen mehrerer Haupt- 
scenen, uud durch nachlässige Behandlung der 
Schauspieler, so entstellt, dass sie keinen 
Bey fall fand uud wahrscheinlich nicht wieder 
gegeben wird. Ich bedauere den jungen Dich- 
ter, wie den jungen Korapooisteu, die sich 
dazu vereinigt hatten, und nenne sie, weil sie 
jenes Schicksal nicht verdienten, nicht öffent- 
lich. Nach dieser einzigen Vorstellung kann 
ich nur sagen, dass das Süjet artig, obschon 
nicht ganz neu, die Ausführung weniger gut, 
die Musik aber, zwar ungleich, doch mit 
recht schönen Stücken ausgestaltet ist. Die 
Ouvertüre, (leicht und fröhlich, aber sehr 
anziehend,} ein niedliches Duett zwischen 
Kammermädchen und Bedienten, und das 
erste, weiter ausgeführte charakteristische 
Quartett, sind das vorzüglichste von dem, 
was man nicht ausliess, und in der That 
sehr schätzbare Musikstücke. — Die Italie- 
ner kündigen Paers -Camilla an. — Das« der 
Kaiser unter den neuen, von zehn Jahren zu 



zehn Jahren zu ertheilenden Preisen zur Auf- 
munterung der Wissenschaften und Künste, 
(es verstehet sich, vornehmlich der mechani- 
schen,) auch einen Preis fhr die beste, auf 
dem grossen Theater innerhalb dieser sehen 
Jahre gegebene Oper — uud zwar einen Preis 
von 10000 Pranken gesetzt hat, ist Ihnen 
wahrscheinlich st hon sus unsern Zeitungen 
beksuuU — Endlich wird es auch Ernst mit 
der feyerJichen Aufführung von Mozarts Re- 
quiem. Das Conservaloire hat akh selbst 
dazu vereinigt. Die Aufführung findet in der 
Kirche St. Germain - 1' Auxerrois statt; es 
wird das Institut, zur Unterstützung der Witt- 
wen der Mitglieder des ConservaU damit ein- 
geweihet; die vorzüglichsten Sänger und Mu- 
siker vereinigen sich dazu j man hat Grund, 
etwas ganz Ausserordentliches sn er- 
warten. Gelingt es mit dem Gesänge, wie es 
mit der Instrumentalparthie ganz gewiss ge- 
lingt: so wird dies Meisterwerk exekutirt, wie 
wahrscheinlich noch nirgends , und man kann 
wenigstens von der ihm inwohnenden bei- 
spiellosen Kraft mancher Hauptsätze erwar- 
ten, dass es auch die leichtsinnigen Dilettan- 
ten oder italienisirenden Amateurs gewinnen 
werde. 



Leipzig. Den aSsten Oct. gab die vortheil- 
haft bekannte Harmouikaspielerio , Demoi«. 
Kirchgessner, ein Konzert. Sie fing mitZum- 
steeg's Ballade, üna, aus den .kleinen Bai lad. 
und Liedern, " an. Wenn sich der Ton selbst 
des schönsten Soprans nicht gut mit dem der 
Harmonika verbindet, so verbindet sich der 
Tenor noch weniger gut damit — Dem. K. 
Hess die Ballade aber vom Tenor singen. 
W enn die Harmonika, besonders bey der 
Spielart dieser Virtuosin, die von der Tiefe 
nicht viel Gebrauch macht, schon zur Beglei- 
tung eines Soprans zu spitz klingt, so rauss 
dies beym Tenor noch viel mehr der Fall 
seyn — Dem K. legte den Bass nicht selten 
höher, als die Melodie des Sangers; wenn da« 



Digitized by Google 



87 



überall zu tadeln ist, so mtaueabey dieser Bal- 
lade ooch weit mehr eu tadeln seyn, da Z. 
hier offenbar auf die üefslo Oktav dea Fiano- 
forte vornehmlich rechnete, aowohl in Ab- 
sicht auf den Effekt des Ganzen , als auch in 
Absicht auf die Führung der Harmonie — 
(man denke sich z. B. den Uebergaug in des, 
in der Mitte des Stücks — durch das angehal- 
tene tiefste dt» und dann den | Akkord auf 
dieser Note: wenn nun, wie hier geschähe, 
diese Grundstiinme gegen die Melodie des Sin- 
gers, als Sopran gegen den Basa erscheint — ) 
Dem. K. wollte aber dessen ungeachtet dies 
Stück geben, uod wenn die Damen wollen, 
so — wollen sie. Das Stück geliel auch der 
sahireichen Versammlung keineswegs. — 
Dem. K. spielte hernach ein für sie geschriebe- 
nes Quartelt von Brandl: Harmonika, zwey 
Violen und Violoucell. Die Komposition war 
sehr gut, und besouders auszuzeichnen der 
vorletzte Satz; der letzte, eine rasche Polo- 
naise, lief denn doch allzusehr gegen das We- 
sen dieses Instruments. Die l'atlbie der Dem. 
K. war sehr schwer, und wurde von ihr, be- 
sonders in allem, was die rechte Hand zu thun 
hatte, mit ungemeiner Fertigkeit, und auch 
(vornehmlich in den Verzierungen, Fermaten, 
u. dgl.) mit feinem Geschmack und sehr guter 
Wirkung ausgeführt. Das Vorteilhafteste 
für ihr Instrument und für sie selbst war ein 
Thema mit Variationen ohne Accompague- 
ment, womit sie beschloss. Die Komposition 
war artig und die Ausführung iu jedem Be- 
tracht zu rühmen, besouders aber in Absicht 
auf Fertigkeit, Präzision und Delikatesse in 
den zwey höhern Oktaven wahrhaft bewun- 
dernswert. Hr. Lieheskind, Organist an der 
hiesigen reforniirten Kin-he, gab auf dem Pia- 
nofoile ein Konzerl von Himmel, das lebhaft 
und sehr anziehend geschrieben war, und 
spielte mit Einsicht, Geschmack, Sicherheit 
und viel Fertigkeit. Hr. Büttner sang eine schöne 
Tenorarie von ßjghini (aus Ataianta) mit obli- 
gatem Fagott. 



1804. November. 

R 



88 



ECKNSIONEV. 



Neue Singschult ttc. von J. F. Schubert. 

(Deithlu»*.) 

Die Erklärungen der wesentlichen und 
will kührlicheu Manieren S. bo fg. S. 101 
sind nicht treffend. Wer sich den Unterst hied 
derselben nicht aus den'Beyspielcn abstrahirt, 
wird ihn in den Definitionen nicht finden. 
Denn beyde sagen im Grunde eins und dassel- 
be, und scharfe Definitionen sind doch ein 
llaupterfordernis eines guten Kompendiums. 
Aber schon die Einteilung in wesentliche und 
willkührliche Manieren ist nicht ganz philoso- 
phisch richtig. Wesentlich heisst : was 
von einem Dinge nicht getrennt werden kaun, 
ohne dessen ganze Natur zu verändern; mit- 
hin wären wesentliche Manieren diejenigen 
Verzierungen einzelner Töne, welche der 
Komponist ausdrücklich vorgeschrieben hat, 
und woran der Sauger uichts andern darf, 
ohne den Siuu des Komponisten zu verfehlen. 
Dann wäre «s aber genug gewesen , deu Lehr« 
liug im iünften Kapitel nur mit der Ausfüh- 
rung dieser sogenannten Manieren bekannt zü 
machen, ohne ihm zu sagen, wo er sie an- 
wenden soll, wenn sie auch nicht vorgeschrie- 
ben sind, wie das S. 5<i u. 5y geschehen ist. — 
Doch Hr. S. tragt nicht ganz die Schuld dieses 
Widerspruchs. Es herrscht über diesen 
Punkt — wie Ree. schou bey einer andern 
Gelegenheit eriuuerte — in unseru musikali- 
schen Lehrbüchern noch manche Unbestimmt- 
heit, welche weder durch E. Bach, noch 
Türk, noch andre Theoretiker aufgehoben 
ist. Hr. S. glaubte genug zu thun, wenn er 
so bedeutenden Autoritäten folgtr ; aber eine 
genauere Prüfung dieser Lehre halte ihm zei- 
gen köunen, dass das Kapitel von den Verzie- 
rungen — wohin auch schon das 5te und 5te 
gehört — einer solideren Grundlage bedarf, 
und zwar um so mehr, da Hr. S. nar auf diese 
Weise seine lobcnswerlhe Absicht, die Sänger 



89 



1804. November. 



90 



von der modischen Vensierungssttrhl zu ent- 
fernen , erreichen konnte. — Was Hr. S. 
unter wesentlicher Manier versteht, (das Wort 
„Manier" taugt hier überhaupt nichts) sind 
Verzierungen (Melisrucn, Figuren., Um- 
gebungen) eines einzelnen Tons, deren 
Zweck die Heraushebung desselben vor 
andern Töneu ist, in so fern diese nicht durch 
den blossen Grad der Starke oder die Verräk- 
kung der Noten von ihren Taktlheilen — Ac- 
rcntualion uud Syncopatiuii -— geschehen 
soll. Dabin gehören nun die eigentlichen 
(kurzen) Vorschlage, Triller, Schleifer u. dg!, 
m., auch die sogenannten veränderlichen Vor- 
schläge (ebenfalls ein unpassender Ausdruck, 
wofür man besser, Vorhalte, sagen würde; 
denn sie sind nichts anders als Relardatiouen, 
welche das Verlangen nach der Auflösung in 
den eigentlichen simplen Ton rege machen, 
mithin diesen herausheben, wenn er gleich 
matter vorgetragen wird, als seine Vorhalte). 
Alle diese Verzierungen können und sollen, 
wie gesagt, vom Komponisten entweder mit 
den gewöhnlichen Zeichen angedeutet, oder — 
was überall , den Triller und die kurzen Vor- 
schläge ausgenommen, besser wäre, wie auch 
Hill er schon erinnert — ganz ausgeschrie- 
ben werden. Der W i 1 1 k ü h r des Darstel- 
lers darf hierbey nichts überlassen bleiben. 
Fände er dennoch'Gelegenheit, hier oder da 
eine Manier, der Idee des Komponisten unbe- 
schadet , anzubringen und diese dadurch zu 
verschönern, so hat — der Komponist 
gefehlt , und seinen Satz zu nackt und unvoll- 
ständig hingeschrieben. Ehedem, wo man 
auch in der Musik gern etwas zu errathen gab, 
oder au« h den Sängern nicht zu viel Fesseln 
anlegen wollte, weil man glaubte, sich auf 
ihre Kenntnisse der Harmonie und ihren Ge- 
schmack verlasset! zu können, ehedem war es 
Sitte und vielleicht auch zweckmässig, eine 
Melodie in ihren Grundstrichen gleichsam nur 
hinzuwerfen, und die geschickte Ausfüllung 
derselben von dem Darsteller zn erwarten. 
Aber die Zeiten haben sieb geändert. U n s r e 



Komponisten üben in Bezeichnung der Verzie- 
rungen eine fast ängstliche Genauigkeit aus. uud 
müssen es auch, z. B. Haydn, Mozart, Gie- 
men U u. a. Selten kann und darf man da 
noch Noten hinzuthun, wenn der Vortrag 
nicht zu kraus werden soll, und diese Ent- 
haltsamkeit ist dem Säuger noch nölhiger, als 
dem lnstrumentisten. 

Inzwischen giebt es doch Fälle, wo dem 
Darsteller das Hinzufügen mehrerer Töne 
überlassen bleibt, ohne dass er d*tn Siune des 
Komponisten zu nahe tritt. Hr. S. neunl dies 
willkührliche Manier, begreift darunter 
aber auch manches, was eigentlich nicht dahin 
gehört. — Solcher Fälle sind nun vornehm- 
lich zwey: 1) bey der Wiederholung der- 
selben Melodie, und a) bey allgemeinen 
Ruhepunkten (Fermaten u. Cadeuzen). ]n 
bey den Fällen ist es nicht, wie bey jenen Ver- 
zierungen, auf das Herausheben einzelner 
Töne abgesehen, sondern auf Erweiterung 
einer simplen Tonreihe, die auf gleichen har- 
monischen Grundlagen gebaut ist, oder auf 
Ausfüllung einer Leere, die der Komponist 
absichtlich dem Darsteller überlässt. Triflc, 
im ersten Falle die Erweiterung einen gan- 
zen Satz, und ist da bey zugleich auf die har- 
monischen Beziehungen des Theina's und auf 
rhythmische Einheit Rücksicht genommen, so 
nennen wir sie eine Variation. — Auch 
dabey wird , wie bey der Wiederholung ein- 
zelner Takte, die I'Yeyheit des Darstellers von 
unsein Komponisten. — und mit Recht — 
immer mehr beschränkt , wie Mozarts u. a. 
Exuiupel zeigen. — Nur bey dem Vortrage 
alter Stücke oder bey Fermaten etc. wild also 
jetzt der Säuger Gelegenheit finden, seine Kennt- 
nisse und seinen Geschmack bey eignen Er- 
findungen an den Tag zu legen. Zu diesem 
letztem Zweck hätte Hr. S. sich nicht mit Auf- 
stellung von ein paar Hey spielen (S. io3 und 
io4 elc) begnügen, sondern auch eine Ana- 
lyse derselben hinzufügen sollen, df>mit riem 
Sänger die Reg ein und Winke, woruach er 



Digitized by Google 



9» 



1804. November. 



92 



in solchen Fällen zu verfahren habe, deutli- 
cher würden , ohne das« er in einseitige Nach- 
ahmuug geriethe. 

8. i3i sagt Hr. S. .gebunden heisst die 
Schreibart, wenn die Regeln der Harmonie 
vom Komponisten auf da» strengste beobachtet 
worden sind ; frey heisst sie ; wenn sich der 
' Tonsetzer nicht so genau an die Regeln der 
SeUkunst gebunden uud sich — kühue Wen- 
dungen u. s. w. — erlaubt hat." — Das 
Hauptkriteriutn der gebundenen Schreib- 
art ist die künstliche Verflechtung der 
Rhythmen. Doch dadurch allein würde sie 
dem Ohre unverständlich oder gar widrig wer- 
den wenn sie dies nicht durch die Aehn- 
liohkeit der Melodieen (in den ürakehrun- 
gen und Nachahmungen) und durch genaue 
harmonische Beziehungen gleichsam wieder gut 
machte. Hieraus folgt also, das» die ge- 
bundene Schreibart strenge «eyn muas, da» 
heisst, es ist i h r h ö c h s t e s Gesetz : sich keine 
Harten, keine unvorbereiteten Dissonanzen, 
leeren ForUchreitungen (8ven), Harmonieen- 
»prünge (6ten), plötzliche Ausweichungen u. 
dgl. zu erlauben. Die f r e y e Schreibart wird 
aber der gebundenen nicht geradezu entge- 
gen gesetzt. Sie ist ebenfalls an die Regeln 
der Setzkunst gebunden , sonst wäre sie nicht 
frey, sondern zügellos. Aber sie hat audre, 
für sie höhere Zwecke, als jene, %. B. den 
Ausdruck eines Affekts u. dgl. Zu deren Be- 
huf — aber sonst nicht — darf sie sich 
Ausnahmen von jenen Regeln erlauben, wo 
nämlich ein solcher Zweck ohne Verletzung 
der Regel nicht erreicht werden kann. F rey 
heisst sie also uur deshalb, weil ihre Salze 
nicht so in einander verkettet und in ihren ein- 
r.elucn Theilen nicht so genau abgemessen 
aind, wie in der gebundenen Schreibart, aber 
nicht wegen der vermeyuten Befuguis», die 
Regeln der Komposition — insofern diese in 
der Natur der Tonkunst gegründet sind — 
auch ohne Nolh zu übertreten. — Dies zur 
Berichtigung eiuer Stelle, welche von 



chem Sänger nicht schief gedeutet und bey 
seinen Verzierungen gemisbraucht werben 
könnte. 

S. x4i ist der Begriff des Rhythmus hier 
in einer Note sehr mangelhaft angegeben. In 
der Poesie ist er vom Metrum eben so ver- 
schieden, wie in der Musik von den Takub- 
schnitten, uud hier an diese eben so wenig wie 
dort an die metrische Zeile gebundeu. R h y t h- 
m u s heisst das regelmässige ZeitverbäUnis 
ganzer Ton reihen gegen* einander. Der 
Takt bestimmt das regelmässige Zeitverhältnis 
einzelner Töne. Diesem letztern korre- 
spondirt das Metrum, d. fa. die Bestimmung 
der Zahl uud Dauer (oder Stärke) der einzel- 
nen Sylben. Rhythmus ist in der Poesie und 
Musik von gleicher Bedeutung, nur in dieser 
letztem leichter wahrzunehmen, weil sie ge- 
naue Zeichen für die Dauer und Wichtigkeit 
ihrer Momente hat, welche der Poesie, we- 
nigstens bey uns, fehlen. Takt und Metrum 
sind äussere Kunstformen durch das Medium 
der Zeit; Rhythmus — eine innere Kunst- 
form durch dasselbe Medium. Jene wirken 
mechanisch, dieser dynamisch. — In- 
sofern man die rhythmische Begrenzung der 
Tonreihen (Anfang und Ende) wahrnehmen 
kann, pflegt man diese auch für sich Rhyth- 
men (Absätze, Einschnitte) zu nennen, u. 9. 
w. — AUe» dieses hätte beachtet werde» 
sollen , um dem Lehrlinge nicht zu unrichti-. 
gen ßegriffon Anlass zu geben. 

Manche« liesse sich noch sagen über ein- 
zelne Stellen diese» Buchs, z. B. über die erste 
Anmerkung S. 12, welche mit der zweyten 
Kolumne der Note S. lü im Wideispi u< h /steht, 
ferner über die Anmerk. S. i44 u. «. w. Doch 
die« und audre Kleinigkeiten, wogegen sich 
etwas erinnern liesse. übergebt Ree, um sich 
nicht den Vorwurf der Kritteloy zuzuziehen. 
Diese wäre doppelt ungerecht gegen ein Werk, 
das im Ganzen so brauchbar und verdienstlich, 
isu — Nur der muthmaaalich« weile Wir- 



Digitized by 'Google 




93 



1804. November. 



94 



kungskreis demselben machte es dem Ree zur 
Pilicht, »ich Hey manchen ihm bedeutend 
scheinenden Dingen länger aufzuhalten, als es 
sonst nöthig gewesen wäre. Hoffentlich wird 
Hr. S. dieses, selbst da, wo ihm der Ree. nicht 
Hecht zu haben scheint, duch als einen Be- 
weis von Achtung und Aufmerksamkeit anse- 
hen, Ebendeshalb, furchtet Ree. auch nicht, 
von dem Verf. mißverstanden su werden, 
wenn er hier noch folgenden Wun»ch äussert : 
Mochte doch die Erscheinung dieses Werks 
aucii andre Mäuuer reizen, die mit Einsicht in 
das Wesen der Tonkunst zugleich wissen- 
schaftliche Kenntnisse uud mehrjährige Uebung 
im Unterricht des Gesanges verbinden, ir- 
gendwo in einzelnen Aufsätzen ihre Bemer- 
kungen uud bVfahrungeu über die zweckmäs- 
sigsle Methode bey diesem Uuterricht öf- 
fentlich milzulheilen 1 — Möchten unter andern 
(Ree. wagt es, hier «in paar um den Gesang 
so verdiente Manner zu nennen,) ein Zelter 
oder Reich ar dt Mus« und Lust dazu 



Noch muss hier sowohl der fasslichen 
Schreibart des Verf., als der vorzüglichen ty- 
pographischen Eleganz, womit dieses Werk 
emhieueu ist, rühmlich Erwähnung gesche- 
hen. — Druckfehler, die sich nicht leicht 
von selbst verbessern Hessen,- hat Reo. nicht 
gefunden. Nur ein Paar scheinen des Bemer- 
kens werth; nämlich: S. 54 0. a muss es stau 
„Secunden — Terzen heissen, und S. 58 
bey dem dritten Notenbeyspiele van oben ist 
nicht o sondern A fehlerhaft. 



Jtfme a 4 voix evte aecomp. de a Violons et 
Jiürse, 2 Uautbois, A TrompetttS, Tunbült 
ti Ürgue. No. I. 

Mtsst ü 4 voix. No. II. .Partitur. Bey dt 
von Moaar/. Leipzig, bey Breitkopf und 
Härtel. (Pr. jede No. 3 Thlr.) 



Wenige Künstler siud, glauben wir, in 
ihrem Lebeu von ihren Kunstgenüssen mehr 
getadelt, weuige nach ihrem Tode von Meh- 
rern geachtet und lobgepricseu, auih nach- 
geahmet wurden , — welches leztere doch von 
Manchem füglich häLle unterbleiben können — 
als unser Mozart. Es ist dies ein gewöhnliches 
Schicksal originaler Köpfe. Da sie, ohne 
sich an das Hergebrachte, oder an die gewöhn- 
lichen Formen zu binden , für steh allein da- 
stehen , eigene Bahnen sich öffneten , die Fes- 
seln des Schlendrians mit kühner Uand von 
sich warfen ; so erhebt sich nun sogleich , wie 
natürlich, die Stimme der Zaghaften, die Stim- 
me der Neider, die Stimme aller, die im In- 
nern , ihrer Schwäche sich bewusst, das Her- 
annahen ihres baldigen Unterganges fühlen, 
um sich so gut und solange sie können, zu weh- 
ren. Indessen, wie ein Waldstrum drängt 
sich das Genie durch alle Hindernisse durch; 
es sucht nicht sich ängstlich, gleichsam für die 
Schule zuzurichten und allmählich sich selbst 
heranzuziehen: es steht gleich Au fang« in 
voller Kraft da, die es uur nach verschiedenen 
Umständen auf verschiedene All äussert, und 
ist in kleinern und frühern Unternehmungen 
eben so unverkennbar, als in aeinen grossem 
und spätem. 

So dachten wir beym Anblick dieser bey- 
den Mozarischen Messen, die jedem Musik- 
liebhaber längst bekannt sind, und hier in 
Folge der Heransgabe sämtlicher Werke die- 
ses grossen Künstlers in vollständiger Partitur 
erscheinen. 

Wenn tiefe, aber schon cum Spiel gewor- 
den« Kenntnis der Harmonie ; wenn mit Kühn- 
heit und Feuer hingeworfene, mit Genialität 
ausgeführte Ideen; weuu schmelzende, ganz 
das II iz durchdringende Melodieen die cha- 
rakteristischen Merkmale vou Mozarts Muse 
sind: so wird sie dei Kenner in diesen zweyen~ 
Messen, die unter die kurzen gehören, wie 
in seinen gröasern Werken, auf < 



Digitized by Google 



93 



1804. November. 



96 



Art bemerken. Wai ist wohl kühner, «1* der 
wie rin llecilauV geformte Anfang des Kyrie 
von der Messe Nu. a? , 

Welcho neue, gewagte Harmonieenfolge 
in dem Incarnatu« No. 1? Nichts kann 
wohl sanfter und andachterregender seyn, als 
das Agnus Uei von Nu. I. und zum Theil 
das Incarnatu» von No. a. Der schöne 
SdlK für die vier Siugstimmeu in den beiden 
Benedictus, die so trelllühe Behandlung 
derselben, uiuss jedem, der diese Ai bell sieht 
oder mit gebildetem Ohr höret, Wohlge- 
fallen und Be wunderung abgewinnen. So voll- 
kommener Uerr und Meister ist Mozart über 
seinen Muaikstoll, den er sich in jede Form 
nach Gefallen modelt! — 

% 1 ■ 

Von der brillanten Behandlung des Orche- 
sters sagen wir nichts. Jedermann weiss, 
da«« Mozart in dieser Sache Schöpfer, und 
immer der erste war, der die Instrumental- 
musik aus der Art von Dienslbarkeil , in der 
sie, den Sangern so gefall ige Komponisten 
hielten, zog, und sie in ihre Keclue.eiüseLae. 

Indes* fehlt es diesen beydep Werken auch 
nicht an schwierigen, wir mdchUu sagen, an 
einzelnen harten Stelleu. Dazu rechnen wir 
die zwey Credo'«, und besonders in No. a. 
die Stellen vom zweytou T/ikt pag. 36 bis zum 
•vierten Takt- p. So,. — • Wir bemerkeu, dass 
bey diesen Stellen, die wir so oft aufführen, 
hörten, das ganze Musikchor jederzeit in eine 
gewisse Verwirrung und Stockung gerieth. 
Musikdirektoren Werden also wohl daran ihuu, 
wenn sie die Kräfte ihre« Orchesters und ihrer 



Sanger in Erwägung ziehen, und nicht durch 
zu geschwinde* Tempu , wie d' es •*> häufig ge- 
schieht, oJerdünh zu rssi-he« f ot teilen , das 
sie im Feuer der F.&rkuliou nehmen , den 1.1- 
fekt gauz verwirren , wel« hes in gi oa»en Kir- 
chen, lür welche diese W erke do« Ii eigentlich 
geschrieben sind, so oft der Fall ist. 

Auch deutscher Text ist d'esen Mes- 
sen untergelegt. Fin guter Gedanke, um 
diese Art Meisterstücke gemeiuuulziger an 



.Kurte Anzeige. 



Gesänge ßir Sopran und Tenor mit Begleitung 
der Ouiiarre, von- Ltonard de Call. Werk 
XK.' .Wien, im Verlage des Kunst- und 
IndujsU'iß - Comtoir«. . (Pr. 36 Xr.) 

* * * ■ * 

Was man von Guitarrenliedchen verlan- 
gen Ifann , «findet man in diesen zwey Uuet- 
tett:' Angenehme Melodie, saulU-n Ausdruck, 
guten WvrlMel und faßliche : Verbindung der 
Stimmen, und leichte Begleitung. Dichter 
und Komponist scheinen sie zunächst bestimmt 
zu haben , dass sie von — - Braut und Bräu- 
tigam auf dem Sopha gesungen und gespielt 
werden: dazu aiud sie auch recht sehr brauch- 
bar. •Stellen, wie S. 7, sind wirklich au 
loben.- • 



(Hiersu das inteHigeasbiatt No. II.) 



H lata *. 



Digitized by Google 



* INTELLIGENZ - BLA TT 
zur Atigemeinen Musikalischen Zeitung. 



: 



November. 



■ 

Ns. IL 



1804. 



Ntut Musikalien im Verlage von Breitkopf und 
Härtel in Leipzig. 



^iorjCMituls de» Conscrvatorinm» der Mu*ilk in Pari», 
»ollst.V.J.g.. Ausgabe (jiiclit im Ansauge) mit frau- 
rö.ischrm uud deutschen» Text« , in 3 Ablheiluageu, 
enthaltend: 

1) Dl« Grundsätze das Gesanges und Singeübungen. 

a) Solmisatiouer/ an« dca besten altera und neuem 
Werken. 

3) Arien in allen TakUrten und von allen Charak- 
teren. 6 Thlr. 

Jede Abteilung wird auch einzeln rerkauft, und 
kostet 3 Thaler. 

Riem, Quintetto p. a Viol., A. et VUe. 0 P . 6. 
1 Thlr. 



p. !• Pianof. Op. 7. , Thlr. 

Dauxi, Sonate p. Ie Pianof. a». acc. d'on Cor on 
VUe. Op. 38. r6 Gr. 

Clementi, Oeorre» compl. p. le Pianof. Cah. VI. 

cont. 7 Sonate«, j Toccate et 3 Caprice«. Prauu- 

merationspr. 1 Thlr. ra Gr. Ledeapr. 5 Thlr. 
Mozart, Coacertos p. le Piai of. N 0 . 17 und j8. 

Pranomerationsprei* k 1 TbJr. Ladenpr. k a Thlr. 
Znmstecg, Kantate ■• De« Ewigen ist die Erde etc. für 

4 Singstimmen mit Orchetlerbegleitung , in Partitur 

Ho. 6. 18 Gr. 
~— da: Die Himmel entstanden, Wo. 7. 18 Gry 

— — do Dem wir mit kindlichem Vertrauen. 
Ko. 8. »8 Gr. 

_ _ do Liebet eure Frinde. J No. 9. ra Gr. 

— — do Lernt Bescheidenheit. No. 10. 18 Gr. 
Pettoletti, 3 Duo« pour a Violona, Oeurre 4. 



Re'ieha', A. , L"art de »arier ou 57 Variation» p. le 
Pianof. Ocut. 57. j Thlr. 13 Gr. 

— — Fantaisie pour le Pianoforte. Oeur. 5o. 
Ko. 1. 6 Gr. 

— '— ' do do No. a. 6 Gr. 
Hugot, Conccrto p. Ie Pianof. Oeuv. b. 1 Thlr. 
Crem er, Etüde« p. le Piauof. 1 Thlr. 8 Gr. 

Schn/a, C., ta Jfgarlieder mit Begl. dee Klavie» 

uqd a Hörnern. , 1 Thlr. 

■''•■'.». 

Wölfl, 3 Sonate« p. le Pianof. av. acc d'ua Viol. 
Oeur. 19. 3 Thlr. 

Gabler, 9 Variation« p. le Pianof. eur l'air: Nel 

cor piu non rai tento. Oeu». a5. la Gr. 
' — — Gr. Senate P . le Pianof. Oeuv. 36. 16 Gr. 
Steibelt, Sonate p. le Pianof. Oeav. €0. 1 Thlr, 

Schneider, Wiflhelm, FantaUie (Ballet de« Vvt-^ 
rre» et Ballet de« Gräce«) p. le rianof. 13 Gr. 

— 3 Sonate« p. I» Piaubf. t Thlr. 8 Gr. 

Wölfl, J. , Conctit p. le Pianol". Oeuv. af«. 3 Tiilr. 

— — Arien an« der Oper : Die romanhafte Liebe 
(Amour romanetrjne). No. a ot 6. 4 Gr. 

Möller, J. C, Fantaisie et Fugue p. lc Tiauoforte, 
Ocur. 4. 8 Gr. •= ( ,» ( -L 

PJr, F., Die Wegelagerer (I Fnorueciti) Oper ja 

Klavierauszuge , ital. t. detiUch. i» Thlr. , 
Bortolacai, Anweisung die Maadoliue ton selbst 
, nebst Uebungutücken. »6 Gr. , , 



Musikati»che Anzeige. 



Vom Hey fall de« Publikum* wird e» abhängen, 



Liv. 



»ansi. Kantate: Da« Frendcnfeat, für * Singal. m* f ähnlichen Arbe 
O«*. aThlr. ,6 Cr. ' ' | 'cÄeln^lnn , 1 Ai 



e "_ TIe ob meino erste Öffentliche ausgestellte musikalische 

** pKomposition , die " kh ihm hiermit anbi 



anbiete, mich «u 
ten bestimmt , und ich 
damit fortfahren au dürfen. 



Digitized by Google 



I 



Der erate Paalm, »on mir in Muaik gcaetzt, »oll 
aamlich in Partitur in der Breitkopf- nad Hä'rtelacben 
Mutikhandlung au Leiptig. in grou Querfolio »ur 
0»ierme»«e 180& heraufkommen. 

Pränumeration an 'i TTflr. S5cht. wird bry mir 
»der der genannten Verlag*hendlung ia poitfreyeu 
Briefen bi« 14 Tage ror der Metae angenommen; 
aui.erdem itt der neefaherig« Ladrnpreia 1 Thlr. 8 Gr. 
Säcbaiech. 

Derjenige , der die Güte tat , Pränumeranten zu 
tammlen, erhält daa 7t« Exemplar fray. 

Schleiu, den a4ten Octbr. 1804. 

Chriatian Gattlieh Oertcl. 
In der HcinrichtitatU datelbat. 



Ntue Musikalien t von veruhitdtnm Vtrltgvm, 
Weicht bey Brtitkopf und Hättet zu haben »Ind. 



Aaioll, Bon., S Dnetti per Sopran» • Tenoro 

coli' aec. di Pianof. 18 Gr. 
_ — 5 Aiietu coli* acc. di Pianof. obligato. 

Qp. 8. 1 Thlr. 
Heuachkel, J. P., 6 Waliea 4 4 »»'«u p0 ut le 

Pianof. 1 Thlr. 4 Gr. 

Canaler, (Mdeile), Qoatuor p. la Pianof. ar. acc 
de Violon , Alto et VUe. 3 Thlr. 

Paiiiello, La Liberia e la Paliitodia, Canaoni dal 
Mctaataaio, coli act. di CUricemb. a Thlr. »a Gr. 

Cr am er, J. B. , Binde p. le Pianof. en 43 «xercice* 

dane lea diff. Tone. 4 Thlr. 13 Cr. 
Marrheai, L. , 6 Caozoni con aecomp» di Pianof. 

1 Thlr. ia Gr. 
Catel, 6 Sonatinee p. le Pianof., dont a »out ar. 

aec. de Viol. obl. 1 Thlr. ia Gr. 

O 1 i , Daoe. cone, p. a Bitioot, Ofr B. 1 Thlr. 6 Gr. 

q 0> Q 0a Op- C« 1 Thlr. C Gr. 
Batllol, P», aa Cooeerl ponr le Violon, Op. 4. 

1 Thl/. 6 Gr. 
Boieldieu, Ourert. da Calif da Bagdad arr. p. » 

Flute«. 8 Gr, , , . 



Walch, Fr., Sammlung deuUrhej Tinie f. d. Fortcp. 
mh einer Flöte ad Irb. - 13 Gr. ' 

Wranitaky, Oarert. de 1' Op. Oberon , arr. p. Ie 
Pianof. ar. Flute. 10 Gr. 

•Pxer, Oorerr. de 1' Opera "Criaclda arr. p.*&Flu- 
tei. 8 Gr. 

Righini, Vinc, 13 deutsche Lieder mit Boglei t. det 
Fortep. Op. 9. 1 Thlr. 8 Gr. 

Koehler, Duetto dell' Op. La Molinnra , con Va- 
riazioni per Fortep. et Flaum. Op. ig. 8 Gr. 

— — ia Air» farorit« varic« p. la Flute aeulc. 
Op. ia. ia Gr. 

Qnatra Theme« rariee p. la Flute «etile comp, par difiT. 
Autcura L. 1. 8 Gr. 

Auawahl der rorxügl. Arien , Romanzen elf. aua den 
beliebteaten Opern f. eine Flöte. L. 4. iG Gr. 

Sammlung beliebter Walaer f. eine Flöte. Li*, a.' 
8 Gr. 

Boieldieu, OurcTt. de l'Op. Ma Tante Aurora arr. 
p. le Pianof. ar. acc. de Fl. 10 Gr. 

Wiedebetn, G., Variationa p. le PiAnof. («nr 1« 
Thetae : Zu StelTen aprach etc.) No. 1. ia Gr. 

Collection dea Romanroi frencoüe» arr. p. 3 Flute». 
Cah. 1. vx Gr. 

Gui- 



Collection dea Romanraa fran«. aecomp, d'i 
tarra et Fl. ou Viol. Cah. 1. ia Gr. 

Elite dea Soaatea «an» aecomp. p. le Fortep. dea ploa 
celcbre» Compotiteur«. Cah, 1. 1 Thlr. 13 Gr. 

Fatoh, Ch., Sonate p. le Fortep. Ko. a. 8 Gr. 

Favoritmärarh* der franxö«. Truppen in Hannover i, 
a Flöten arr« 1 -™~ 3. Lief. 16 Gr. 

Lebrüa, beliebteet« Geelnge aua der Oper Marce- 
lin oder Pichtet Robert. Klar. Aua«, m. frans, n. 
deutacheoa Texte. 18 Gr. 

lUmbargiarhe« Journal de« Geaanges mit Guharre- 
Begteitung, eingerichtet von A. £. Rodatz. i«tcs 
Heft. 1 Thlr. 

Ländliche Unlerbellungea Fox Damen am Foitepiano. 
ia Ueib, 16 Cr. 

(Wird fortgeseat.) 



— 



t'tiii« 



t SIT 



B.i.ttorr «no 



HS AT Xt. 



Digitized by Google 



ALLGEMEINE 

..." - -'....« : • 

MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 14'™ November. N=. 7« 



1S04. 



D01 Oftrntheatir und sein Publikum 
zu Krähwinkel. 



Meine Freunde A. und B. polterten zur Thür 
herein: Sagten wir*« doch! de sitzt er wieder 
an dem heutigen, vielleicht letzten, schönen 
Herbsttage, wie angepflockt! — Und nun ging 
es an ein Schelten und Schmähen, weil 
ich nicht mitgehen, sondern fortfahren woll- 
te , — wie sie meynten — ■ mir durch Defen- 
sionen und Berichterstattungen Stumpfsinn 
nnd Hypochondrie an den Hals zu schrei- 
ben. — Liebe Freymüthige , begann ich 
endlich gelassen : lasset doch von eurer Unart, 
su schmähen, ehe ihr wisset, wovon die Rede 
ist. Wenn ich auch hier wirklich einen B e- 
richt erstattete, so ist es doch kein juri- 
stischer, wiewohl ein rechtlicher: ich habe 
ein berühmtes Operntheater und sein Publi- 
kum für die musikalische Zeitung geschildert, 
und da gehet es, wie ihr wisst, so wenig, als 
bey einem Spaziergange, ohne Scherz und 
Freude ab. — Das ist 'was andres! sagte A* 
Und legte Hut und Stock ab. So lass doch hö- 
ren! fiel B. ein und setzte sich. Welches 
Theater hast du geschildert? Unsers etwa? — 
Oder unsers? fragte A. (Sie sind aber ans 
sweyen der vornehmsten deutschen Residen- 
zen gebürtig). Oder dein Hoftheater? oder 
das hiesiee '! fragten Beyde. Ich habe in dem 
Aufsatze dem Publikum das Theater absicht- 
lich erst am Ende genannt: ich will es mit 
euch auch so machen. Ich hoffe, ihr gebt mir 
be y dieser P rozedurBe weise , ob meine Schilde- 
7. Jahrg. 



1 

rung getroffen ist oder nicht. Denn, das ver» 
siebr' ich euch: das Original kennet ihr bey- 
de. — Nun so lies: wir wollen's schon tref- 
fen! sagten sie, und ich las, nachdem ich als, 
Vorerinnerung bemerkt hatte, ich habe meine. 
Bemerkungen in eine Sceue gekleidet, um bes-, 
ser zu unterhalten und die Leser gleich in 
mediam rem zu führen; den Ort aber nenne 
ich, obschon von einer berühmten Stadt die 
Rede sey, vorlaufig Krahwinkel, nicht .des, 
Winkels, sonderndes Krähens halber. 

„Das Stück, das diesen Abend gespielt, 
wurde, war — — Die Krähwinkler trugen, 
ohne eben zu wissen warum, grosse Ehrer- 
bietung für den Namen dieses Dichters und al- 
les , was diesen Namen trug. Verschiedne 
seiner Singspiele waren schon öfters aufge- 
führt, und allemal sehr schön gefanden 
worden. Das heutige, eins der neuesten, 
wurde jetzt zum erstenmal auf die Krähwinkel- 
sche Schaubühne gebracht. Der. hiesige Ka- 
pellmeister hatte die Musik dazu gemacht, und 
(wie er seinen Freunden ziemlich laut ins Ohr 
sagte) diesmal sich selbst übcetroffen; das 
heisst, der Mann hatte sich vorgesetzt., alle 
seine Künste auf einmal zu zeigen, und dar-' 
über war ihm der gute Dichter unvermerkt 
ganz aus den Augen gekommen. Kurz, Herr 
halte sich seihst komponier, unbe- 
kümmert, ob seine Musik den Text, oder der 
Text seine Musik zu Unsinn mache * — ' wel- 
ches denn gerade der Punkt wttt, der aruttb die* 
Krähwinkler an) wenigsten kümmerte: " Ge- 
nug, sie machte grossen Lärm, hatte (wie 1 
seine Brüder, Vettern, Schwäger, Klienten' 

7 



Digitized by Google 



99 



1804. November. 



100 



und Hausbedlenlen , als sämmllichc Kenner, 
versicherten) «ehr erhabene mid rü In en- 
de Stellen, und (wurde mit dem lautesten, ent- 
schiedensten Beyfalk aufgenommen. — 

Aha! unterbrach mich A., ich fange an 
meine lieben Landslcute zu erkennen , und»— 
küss' die Hand. ... ^_ 

„ Nicht, als ob. nicht auch in Krähwinkel 
hier und da Leute , gesteckt halten, die einan- 
der unter vier Augen gestanden: dass der 
Komponist, mit aller «einer Anpassung ein 
Orpheus zu seyh, nui ein Lcyei mann, und 
das beste seiner Werke eine Rhap»odie ohue 
Geschmack, und meistens auch ohne Siun 
*ey. Diese Wenigen hatten sich ehemals so- 
gar erkühut, etwas vou dieser ihrer Heterodo- 
xie ins Publikum erschallen zu lassen: aber 
de waren jedesmal von den Verehrern der 
— sehen Muse so übel empfangen worden, 
dasa sie, um mit heiler Haut davon zu kom- 
men, fiir gut befauden, sich in Zeiten der 
Majorität zu submittiren; und nun 
waren diese Herren immer die, die bey deu 
elendesten Stellen am ersten und lautesten 
klatschten. 4 ' 

- • ■ : . .'»• '.: r .f - ': "* 

Lass' Et*« man gut aeyn ! fiel B. ein, 
indem er A. auf die Achsel klopfte. Er 
eiehet, es ist von meiner Vaterstadt die 
Rede — schwör' ich ihm zu! 

■ 

„Das Orchester that diesmal sein Stnsser- 
stes, utn sich seines Oberhauptes würdig zu 
zeigen. Ich bab* ihnen aber auch alle Hantle 
voll zu thun gegeben, sagte — , und schien 
•ich viel darauf zu gut zu thun, dass die ar- 
men Leute im zweyten Akt keinen trocknen 
Faden mehr am Leibe hatten. 

ivln. • ■< - 

Im.yorbeygfhu gesagt, das Orchester 

war (?K)% voA den Instituten, worin die Krttli- 
Wickler es mit allen StÄdten der Welt aufnah- 
mt». Das erste, waa sie einem Fremden. da- 
von «ßtsu, wart dass es so und so viel Köpfe 



alarlcsey. Damit lässt sich denn 'was ausrich- 
ten! setzten sie mit bedeutendem AccciU hin» 
za. Wirklich felüte es unter so vielen nicht 
an geschickten Leuten : aber was half das dem 
hiesigen Musikwesen? Es war nun einmal im 
Götterrathe beschlossen, dass in Kiabw. nichts 
an seinem Platze , nichts seinem Zwecke ent- 
sprechend, nichts recht und nichts ganz 
seyn sollte. Weil die Leute wenig für ihre 
Mühe hatten , so glaubte man auch nicht viel 
von ihnen fordern zu können; und weil man 
mit einem jedeu zufrieden war, der seinBr- 
stes that, (wie 8 j e . # nannten) so that Nie- 
mand sein Bestes. — Die Geschicktesten 
wurden liUaig, und Wer uoch auf halbem Wege 
war, verlohr den Muth und zuletzt auch 
das Vermögen, weiter zu kommen. Wofür 
hätten sie «ich am Ende auch Mühe um Voll- 
kommen heit geben sollen, da sie für Krah- 
winklisibe Ohren, arbeiteten? Frey lieh hat- 
ten die leidigen Fr-e-mden auch Ohren: aber 
sie hatten doch keine Stimme zu geben, fan- 
den's auch nicht einmal der Mühe wtrtl», oder 
waren zu höflich, oder zu politisch, gegen den 
Geschmack von Krfthw. Sturm laufen zu wol- 
len. Der Kapellmeiater merkte zwar «elbst so 
gut als ein anderer, dass es nicht «o recht ging, 
wie ea sollte. Aber ausserdem, dass er kei- 
nen Geschmack halte, oder (welches auf Em« 
hinauslief) dass ihm nichts schmeckte, was er 
nicht selbst gekocht hatte, und er also immer 
die rechten Mittel, wodurch es besser werden 
konnte, verfehlte — war er auch zn tvago 
und zu ungeschmeidig, sich mit Andern 
auf die gehörige Art abzugeben. Vielleicht 
mocht' er's auch am Eude wohl leiden , dasa 
er, wenn sein Leyerwerk (wie wohl zuweilen 
geschah) sogar deu Krähwinklern nicht recht 
zu Ohren gehen wollte , die Schuld aufs Or- 
chester schieben , und die Herren und Damen, 
die ihm ebreuthalber ihr Kompliment deswegen 
machten, versichern konnte: dass nicht eine 
Note, so wie er sie gedac ht nud geschrieben 
habe,; vorgetragen worden sey. Allein das 
war doch immer nur eine Feuerthür für den 



Digitized by 



101 



1804. November. 



Nothfall. Denn ans dem naserümpfenden 
Tone , womit er von allen andern Orchestern 
zu sprechen pflegte, und aus den Verdiensten, 
die er sich um das Krahwinkelsche beylegle, 
xnusste man scbliesson, dass er so gut damit 
zufrieden war, als e« — einem patrioti- 
schen Kapellmeister von Krahw. ziemte.* — 

Höre, Freund! fiel B. zu A. ein: nicht 
als ob das nicht auch so ziemlich auf unsere 
Vaterstädte passte: so scheint uns doch D. 
aulanglich absichtlich getäuscht zu haben; 
denn wer erkennt nicht nuu »eine gelasse- 
ne Residenz , die sich so gern damit bcguügt, 
durch Verjährung die kuustliebende zu heis- 
*eu? Liebster, meynen Sie nicht? 

Ich stillete die Einredenden mit Jona 
Worten : 

Wer darf — 
. Richten n.ch Schein? Wirte du Ead' «b! 

Oft bricht Sonä! aui Gewölk. Zügio den Mund ! 

„Wie es aber auch mit der Musik des heuti- 
gen Stücks und ihrer Ausführung beschaffen 
aeyn mochte: gewiss ist, dasa in langer Zeit 
kein Stück so allgemein gefallen hatte. Dem 
Sanger, der den Helden spielte, wurde so ge- 
waltig zugeklatscbt, dass er mitten in der 
schönsten Scene aus dem Tone kam. Die Hel- 
din musste die Scene, wo sie von allen Freun- 
den verlassen, dem Zorn der Götter Preis ge- 
geben, angstvoll das Ungeheuer erwartet, 
'wiederholen. Der Kapellmeister konnte seine 
Freude über einen so glanzenden Erfolg nicht 
bündigen. Er ging zwischen den Akten von 
Reihe zu Reihe herum, den Tribut von Lob 
einzusammlen, der ihm ans allen Lippen ent- 
gegenschallete: und mitten unter der Versi- 
cherung, dass ihm zu viel Ehre wiederfahr«, 
gestand er, dasa er selbst mit keinem seiner 
Spielwerke (wie er seine Opern mit vieler Be- 
scheidenheit zu nennen beliebte) so zufrieden 
sey, wie mit dieser heutigen« — - 



r io'a 

Nein, sagte A., so gut diese eitle Be- 
scheidenheit, diese übertünchte Anmassung, 
auf den und jenen Höflichen passen mag: 
so ist doch D.'s sanftes Publikum , selbst in 
der Begeisterung, nicht so lebhaft, als ea 
hier geschildert wird. Ich kehre zu meiner 
eisten Mcynung zurück. 

„Indessen halt' er doch, um sich selbst 
und den Ki ah wink lern Gerechtigkeit zu erwei- 
sen, wenigstens die Hälfte des glücklichen 
Erfolgs auf Rechnung der Sängerin E. setzen 
müssen , die zwar vorher schon im Besitz zu 
gefallen war, aber heute Gelegenheit fand, 
«ich in einem so vorteilhaften Lichte zu zeigen, 
dass die jungen und alten Herren von Krahw. 
sich gar nicht satt an ihr — sehen konnten. 
Denn da war so viel zu sehen, dass an'« 
Hören gar nicht zu denken war. E. war 
eine grosse, wohlgedrehete Figur — » zwar 
um ein namhaftes materieller, als man in 
Athen zu einer Schönheit erforderte, aber in 
diesem Stücke waren die Krahwinkler (wie 
in vielen andern J ausgemachte Thracier^ 
und ein Madchen, aas welchem ein Bildhauer 
in Sicyon zwey gemacht hatte, war nach ih- 
rem angenommenen Ebenmaas ein 
von einer Nymphenfigur. • 

Ich bin zu Hause! rief A. 

„Da die Heldin nur sehr dünne angezogen 
seyn durfte, so hatte E., die sieh stark be- 
wusst war, worin eigentlich die Kraft ihres 
Zaubers liege, eine Drapperie von roseofarb- 
nera Flor erfunden, unter welchem, ohne dass 
der Wohlstand sich allzusehr beleidigt finden 
konnte, von den schönen Formen, die man an 
ihr bewunderte, wenig oder nichts ftlr die Zu- 
schauer verlohren ging. Nun hatte sie gut 
singen. Die Komposition hatte , wo möglich' 
noch abgeschmackter, und ihr Vortrag noch 
zehnmal fehlerhafter seyn können; immer 
wurde sie ihre Haupt scene haben wiederholen 
müssen, weil das doch immer der ehrlichste 
i Vorwand war, sie desto langer mit lüsternen 



Digitized by Google 



io3 



.1804. November. 



104 



Blicken — betasten zu können. Wahrlich, J 
ein herrliche« Stück! sagte einer cum .andern 
mit halbgeschlossenen Augein «in unver- 
gleichliches Stück! — Aber finden Sie nicht 
auch, dass C. heute wie eiue Göttin singt? — 
„ O über allen Ausdruck ! " — 

Bravo! rief B. Wollt ihr uns nun noch 
streitig machen, was uns zugehört? 

»Die Damen, wie leicht zu erachten, fan- 
den di« E. nicht ganz so wundervoll , als die 
Mannspersonen. — „Nicht übel! Ganz ar- 
tig! sagten sie. Aber wie kommt's, dass die 
Rollen diesmal so unglücklich ausgelheilt wur- 
den? Das Stück verlohr dadurch. Man hätte 
die Rollen vertauschen und die Mntter der 
dicken E. geben sollen !• — Gegen ihren An- 
fing, Kopfputz etc. war auch viel zu erinnern. 
«.Sie war nicht zu ihrem Vortheil aufgesetzt. 
Der Gürtel war zu hoch , und zu stark ge- 
schürzt. " Besonders fand man die Ziererey 
itrgerlich, immer ihren Fuss zu zeigen, auf 
dessen unpropor tioni rte Kleinheit sie 
•ich ein wenig zu viel einbilde — sagten die 
Damen , die aus dem entgegengesetzten Grun- 
de die ihrigen zu verbergen pflegten. Indes- 
sen kamen doch Frauen und Herren sammtlirh 
darin überein, dass sie überausschön sin- 
ge, und dass nichts niedlicher seyn könne, 
als die Arie, worin sie ihr Schicksal bejam- 
merte.» 

Nun? sagt* ichs nicht? rief B., und 
eetzte eine militairische Betheurung 
hinzu. 

»E. , wiewohl ihr Vortrag wenig taugte, 
.hatte eine gute, klingende und biegsame Stim- 
me , aber was sie eigentlich zur Lieblings»an- 
gerinder Kräh winkler gemacht hatte, war die 
Mühe, die sie sieb mit ziemlichem Erfolg ge- 
geben, den Nacht igalleu gewisse Läufer 
und Tonfälle abzuleruen, in welchen sie sich 
selbst und ihren Zuhörern so wohl gefiel, dass 
tie solche überall, zu rechter Zeit und zurUn— 



men war. Sie mochte zu tliun haben, was sie 
wollte, zu lachen oder zu weineu, zu klagen 
oder zu zürnen, zu hoffen oder zu fürchten : 
immer fand sie Gelegenheit ihre Nachtigallen 
anzubringen, und war immer gewiss beklatscht 
zuwerdeu, wenn sie gleich die besten Stellen 
damit verdorben halle." 

Ich citire öffentliche Blatter, wenn du 
so frech bist, uns da« zu entziehen! sagte 
A. zu B. 

Ich will aber die Unterbrechungen der 
beyden lebhaften Freunde in der Folge weg- 
lassen; es war ja doch eitel Wurrosaa- V 
men, wie's Shakespeare nennet, was sie aus- 
streueten. Und vielleicht reibt sich, wtn's 
juckt, ohne dass man an den Hand die iHänd- 
chen mit ausgestreckten Zeigefingern zu malen 
braucht. 

»Von den übrigen Tersonen finden wir 
nicht viel mehr tu sagen, alt data man im 
Einzelnen zwar sehr viel au ihnen auszusetzen 
hatte, im Ganzen aber s e h r w ob 1 mit ihnen 
zufrieden war. Der tragische Held war ein 
schön gewachsener Meusch, und hatte ein 
grosses, Taleut einen — Krihwiukelscben 
Pickelharing zu machen. Panageno war seiue 
Hauptrolle. Er spiell die Helden gar schön, 
sagten die Krith winkler; nur Schade, dass ihp 
immer unvermerkt der Papagcno dazwischen 
kommt. — Die zweyte heroische Sängerin, 
ein kleines zicrafliges Ding, voll angemaßter 
Grazie, hatte keinen einzigen natürlichen Ton} 
aber, sie galt alles bey der Geraalin des — — , 
hatte eine gar drollige Manier kleine Liederchea 
zu singen, und that ihr Bestes. Der 
Priester brüllte einen ungeheuren Malro- 
senbass; uud A. sang so elend, als einem 
zweyten Liebhaber zusieht Er sang 
zwar «nch nicht hesser, wenn er den ersten 
machte; aber weil er sehr gut — tanzte, so 
hatte er eine Art von Freybrief erhalten, desto 
schlechter singen zu dürfen. Er tanzt sehr 
• c h ö n , war immer die Antwort der Kräh r 



Digitized- by Google 



io5 



1804. November. 



106 



winkler, wenn jemand anmerkte, dass sein 
Krächzen unerträglich sey; indessen tanzte A. 
«ehr selten und saug hingegen in allen Opern. 

Von den Dekorationen wollen wir, be- 
liebter Kürze halber, weiter nichts sagen, 
als da* 3 sie von den Kr&hwinklern sehr 
schöu befunden wurden. Iusouderheit be- 
wunderte man einen Sonnenuntergang, 
den sie vermittelst eines mit langen Schwefel- 
hölzern besteckten VVindmühlenrades zuwege 
brachten; Welches einen guten Effekt getban hat- 
te, sagten sie, wenn es nur ein wenig schneller 
umgelrieben worden wäre. Bey der Art, wie 
der Held aufs Theater augeflogen kam, 
wünschten die Kr ah Winkelsetten Ken- 
ner, dass man die Stricke, in denen er hing, 
In ft farbig angestrichen hätte, damit sie 
nicht so gar deutlich iu die Augen gefallen 
waren. — 

Sobald das Stück geendigt war, und das 
betäubende Klatschen ein Wenig nachliess, 
fragte man einander, wie gewöhnlich: Nun, 
wie hat Ihneu das Stück gefallen ? und erhielt 
überall die gewohnliche Antwort: Sehr 
wohl! — Einer von den jungen Herrn, der 
für einen vorzüglichen Kenner galt, richtete 
die grosse Frage auch an einen etwas bejahr- 
ten Fremden, der in einer der mittlem Rei- 
hen sass und dem Ansehen nach kein gemeiner 
Mann zu seyn schien. Der Fremde, der sichs 
vielleicht schon gemerkt hatte, was man 
su Krähwinkel auf eine solche Frage antwor- 
ten musste, war so ziemlich bald mit seinem 
£ ehr wohl heraus: aber weil seine Miene 
diesen Beyfall etwas verdachtig machte, und 
sogar eine unfreywiliige, wiewohl ganz schwa- 
che Bewegung der Achseln , womit er ihn be- 
gleitete, für ein Achselzucken ausgedeu- 
tet werden' konule , so Hess ihn der junge Herr 
nicht so wohlfeil durchwischen. — Es scheint, 
aagte er, das Stück bat Ihnen nicht gefallen? 
£• passirt doch für eine der besten Piecen 



Das Stück mag nicht so übel seyn , erwie- 
derte der Fremde. 

So haben Sie vielleicht an der Musik etwas 
auszusetzen? 

An der Musik? Owas die Musik betrifft, 
die ist eine Musik — wie man sie nur zu 
Krahwinkel hört. 

Sie sind sehr höflich ! InderThat, unser 
Kapellmeister ist ein grosser Mann — in sei- 
ner Art. 

Ganz gewissl 

So sind Sie vermuthlich mit den Sängern 
nicht zufrieden? 

Ich bin mit der ganzen Welt zufrieden. 

Ich dächte docli , die E. hatte' ihre Holle 

■ 

charmant gemacht? 
O sehr charmant 1 

Sie thut einen grossen Effekt: nicht 
wahr? 

Das werden Sie am besten wissen j ich bim 
dazu nicht mehr jung genug. 

Wenigstens gestehen Sie doch, dass P. ein 
grosser Schauspieler ist? 

In derThat, ein hübscher, wohlgewach- 
sener Mensch. 

Der Fremde schien des Krahwinklers satt 
zu seyn, und wollte sich damit zurückziehen, 
dass er die Krähw. glücklich pries, an allen 
diesen Dingen so viel Freude zu haben. 

Mein Herr, sagte der Gelbscbuabel in 
einem spöttelnden Tone, gestehen Sie nur, 
dass das Stück die Ehre und das Glück nicht 
gehabt hat, Ihren Beyfall zu erhallen. 

Wae ist Ihnen an meinem Beyfall gelegen? 
Die Majora entscheiden. 

Da haben Sie Recht. Aber ich möchte 
doch um Wunders willen hören, was Sie denn 
■ gegen unsre Musik oder gegen nnsre Schau- 
spieler einwenden könnten? 



Digitized by Google 



*o 7 



1804» November. 



108 



Könnten? sagte der Fremde etwas 
schnell, hielt aber gleich wieder an «ich — 
Verzeihen Sie mir, ich mag Niemand sein 
Vergnügen abdispatiren. Das Stück, wie es 
da gespielt wurde, hat zu Krähwinkel allge- 
meiu ( gefaUcn; was wollen Sie mehr ? 

Nicht so allgemein, da es Ihnen nicht ge- 
fallen ha»! 

Ich bin ein Fremder — 

Fremd oder nicht, Ihre Gründe möcht* 
ich hören! (><-ht) Ihre Grunde, mein Herr, 
Ihre Gründe! die werden doch wenigsten« 
keine Fremde seyn? (Ucht nieder) 

Dem '.Fremden fing die Geduld an auszuge- 
ben. Junger Herr, sagte er, ich habe ge- 
klatscht, wie ein anderer. Lassen Sie'«, da- 
mit gut seyn. Ich bin im Begriff wieder abzu- 
reisen. Ich habe meine Geschäfte. 

Ey ey , sagte ein anderer Krähwinkelscher 
junger Mensch, der dem Gespräch zugehört 
hatte; Sie werden uns ja nicht schon verlas- 
sen wollen? Sie scheinen ein grosser Kenner 
sn seyn; Sie haben unsre Neugierde, unsre 
Lehrbegierde (er sagte das mit einem dumm- 
naseweisen Hohnlächeln) gereizt; wir lassen 
Sie wahrlich nicht gehn, bis Sie uns ge- 
sagt haben, was Sie an dem heutigen Singspiel 
Ett tadeln finden. Ich will nichts von den 
Worten sagen — ich bin kein Ken- 
ner: aber die Musik, dächt' ich, war doch 
unvergleichlich ? 

Das müsslen am Ende doch wohl dio 
Worte entscheiden, wie Sie's nennen, sagte 
der Fremde. 

Wie meynen Sic das? Ich denke, Musik 
ist Musik, und mau braucht nur Ohren zu ha- 
ben , um zu hören, was schön ist. 

Irli gebe Ihnen zu, wenn Sie wollen, er- 
wiederle jener, dass schöne Stellen in dieser 
Musik sind; es mag überhaupt eine qelehrte, 
naeli t!eu Regeln der Kunst zugeschnittene, 



schulgerechte, artikelmassige Musik seyn: 
ich habe dagegen nichts; ich sage nur,' dass 
es keine Musik zu diesem Gedicht ist. 

Sie meynen, dass die Worte besser aus- 
gedrückt seyn sollten? 

O die Worte sind zuweilen nur zu 
sehr ausgedrückt; aber im Ganzen, meine 
Herrn, ist der Sinn und Ton des Dichters 
verfehlt. Der Charakter der Personen, die 
Wahrheit der Leidenschaften und Empfindun- 
gen, das eigene Schickliche der Situationen — 
das, was die Musik seyn raus«, damit der 
Dichter auf ihr wie in seinem Elemente 
schwimme, und emporgetragen, nicht 
ersäuft werde — das alles ist durchaus ver- 
fehlt. Kurz, das Ganze taugt nichts. Da 
haben Sie meine Beichte in drey Worten. 

Das Ganze, schrieen die beyden Kräh- 
winkl er, das Ganse taugt nichts? Nun, das 
ist viel gesagt! Wir möchten wohl hören, wie 
Sie das beweisen wollen? 

Wie ich das beweisen wollte? Ich werde 
es nicht beweisen. Wenn Sie das Stück ge- 
lesen, die Aufführung gesehen, die Musik ge- 
hört haben, und können noch verlangen , dass 
ich Ihnen mein Unheil davon beweisen soll: 
so würd* ich Zeit und Athem verlieren , wenn 
ich mich weiter mit Ihnen einliesse. — 

Es waren Mehrere sehr inleressirt herzu- 
getreten, denn es galt die Ehre ihres Thea- 
ters. Der Herr da hat etw as» wider das Stück 
einzuwenden? schriee ein kurzer, dicker 
Ralhsherr. Das möcht' ich hören ! (lacht) Eins 
der besten Stücke, mein Treu! die seit lan- 
gem aufs Theater gekommen sind ! Viel Ak- 
tion! viel — ä — a — Was ich sage! ein 
schön Stück! Und schöne Moral! — Endlich 
tritt anch der Kapellmeister herzu , achselauk- 
kend, naserümpleud, übermüthig: So? hat 
raeiue Komposition nicht das Glück dem Hurra 
zu gefallen? Er ist also ein Kenner? (Ia«»u) 
Versteht ohne Zweifel die Setskunst? Ha? 



Digitized by Google 



io 9 



1804. November. 



110 



.. Es ist der Kapellmeister I sagle Jemand 
dem Fremden in« Ohr, um ihn durch diese 
En (dockung auf einmal zu Boden tu achlagen. 
Der Fremde machte dem Kape 11 meiste r sein 
Kompliment, wie'« in Ktätliw. Sitte war, und 
schwieg. 

Nun ich möchte doch hören, was der Herr 
gegen die Komposition vorzubringen hatte? 
Für die Fehler des Orchesters geb* ich kein 
gut Wort, aber hundert Gulden für einen 
Fehler in der Komposition ! (lacht n-iumphirend) 
Nun? lassiu Sie hören! 

Ich weis« nicht was Sie Fehler nennen, 
sagte der Fremdet meine« Bedünken« hat die 
ganze Musik, wovon die Hede ist, nur Einen 
Fehler. 

Und der ist? grinzte der Kapellmeister na- 
sci üinnlend. 

Dass der Sinn und Geist des Dich- 
ters durchaus verfehlt ist, antwortete der 
Fremde. 

So? Nichts weiter? ()■<*() Ich hätte also 
den Dichter nicht verstanden? lind das 
wissen Sie? Denken Sie, dass «vir hier unsre 
Muttersprache nicht verstcheu? Oder haben 
Sie dem Poeten etwa im Kopfe gesessen? (UcLt) 

Man wird hitziger, der Komponist provo- 
cirt auf den Dichter, welchem er seine 
Musik zusenden, und der den Ausspruch 
thun «oll. 

Die Mühe können Sie sich ersparen, sagte 
der Fremde lächelnd; deun um dem Handel 
mit Einein Wort ein Ende zu machen, der 
Dichter, an den Sie appelliren, bin ich 
selbst. — 

So weit war ich, als ihr mich störtet, sagte 
ich zu meinen Freuuden. 



Bey uns wird diese Wendung deinem 
Dichter gar nichts helfen , sagte A. Was be- 
kümmern wir uns um Dichter! und besonders 
im Verhältnis zu Musikern 1 



Bey uns hilft sie ihm auch nichts, fiel 
B. ein. Was gehen uns bey de, der Dichter 
und Komponist, an, um eine vernünftige, an- 
ständige Untersuchung über sie und ihre Wer- 
ke anzustellen ! Wir haben mehr und ganz an- 
dere Dinge zu thun ! Wir machten einige Bon- 
mots über beyde, Dichter und Komponisten, 
und damit wJtr's aus. 



In meiner Residenz hilft dem Dichter 
sein Erscheinen auch nichts, setzte ich hinzu. 
Man wird ihn roh ig und mit sanften Mienen 
anhören, und dann bey Seite sagen: er ist 
kein übler Mann, für einen Dichter nämlich ; aber 
Geschmack, den rechten, wahren, eigentli- 
chen Geschmack hat er so wenig, als fast alle 
seine Brüder in dieser jetzigen, wunderlichen 
und excentrischen Periode. 

Wie aber hier, an unserm Aufenthalts- 
orte ? fragte A. Was wirkt das Hervortretest 
eines Poeten da? 

Auch nichts , denn mag er immer hervor- 
treten : man nitmnl dennoch von ihm und 
dem was er sagt, keine Notiz. Ueber sein 
und des Korapouisleu Werk hatte man sich gar 
nicht so weit, wie iu Krahwinkel geschehen, 
eingelassen; hätte es vorlaufig, wie alle«, iuder 
Kürsse verum feu und miserabel befunden, bis 
den Elegaulen irgend ein Unheil, schwarz 
auf weiss wohlausgedruckt, zur Hand ge- 
kommen wäre — was sie dann nachgespro- 
chen hatten. 

Und warum erscheint er denn? fragte A. 

Ihr werdet das sogleich erfahren ! 

Und welches Theater schilderst du denn 
eigentlich? fiel fl. ein. Denn mir kömmt es 
vor, als gehe es mir mit deiner Schilderey, 
wie mir's oft mit guten Portrait« gegangen ist: 
ich fand sie getroffen und glaubte durchaus das 
Origiual zu kenneu, obschon es viel leic ht schon 
ein paar hundert Jahre im Staube lag — weil 
das Gemeinsame einer gewissen Galtung 
von Menschen so trefflich dargestellt war. 



Digitized by Google 



III 



1804. November. 



112 



Auch das wird »ich sogleich entziffern. 
Thut mir aber ersl deB.Gcfallen, und vergehet 
mir mein Vorlesen dadurch, daas ihr aus die- 
aem Buche diea und die« Kapitel mir vorleset. 

Das sind, ja Vater Wielands Abderi tenl 
sagte A. Hier — des zweyten Bandes drittes 
Buch, fünftes und sechstes Kapitel meyiist du? 

A. las wenige Zeilen, und fuhr auf« Wie? 
das ist ja wörtlich deine Schilderung des 
Theaters zu Krähwinkel — wörtlich bis an's 
Ende, und nur mit vertauschten Namen? 
Abdera! das verkehrte, verduzte, vonFrö- 
aehen besiegte Abdera? Und doch so ge- 
troffen? 

Denke an das Gemeinsame, das Freund 
B. vorhin erwähnte! 



Nachrichten. 



Berlin, d. 3. Nor. Den i6ten Oct. gab man 
zur Feyer des Geburtstags der Königin Mutter 
im Nalionallhealer : Cäsar auf Pharmakusa. 
Singspiel in zwey Akten, frey nach dem Ilal. 
von Treiuchke. Musik vou Salieri. Das Stück 
hat bereits vor einigen Jahren in Wien grossen 
Beyfall gefunden. Der Plan ist ernst und he- 
roisch , mit abwechselnden komischen Zügen. 
Da die Musik von der Ouvertüre bis zum 
Schluss kraftvoll und originell j ist, so gefiel es 
Kennern sehr, und wird gewiss, besonders da 
auch Theaterpomp von mancherley Art ange- 
bracht ist , sich auch bald den noch mangeln- 
den Beyfall des Publikums erringen. Aus- 
zeichnung verdienen die achöne, brillante, und 
der Würde des Charakters angemessene, Arie 
des Cäsar: Ueber Bosheit hoch erhaben etc. die 
Hr. Eunike schön und delikat vortrug; das 
Echo und Duett des Tullus (Hr. Beschort) und 
die Lucia (Mad. Eunike); die Arie des Nika- 
nor : der Held , der Manu von Stärke etc. , das 
charakteristische Duett des Tullus und der Lu- 



cia: Des Gesanges schöne Gabe, mit dem 
schön vorgetragenen Flötensolo des Hrn. Kö- 
nig; das grosse melodische Finale, worin das 
schöne Duett: O goldae Sonne etc. mit schönen 
Klarinett- Solostellen, von Um. Bliesener brav 
vorgetragen, und. der meisterhafte, gewalt- 
sam fortreissende Schluss desselben } das Ter- 
zett des Cäsar: Amena lass dir danken etc.; 
das Quartett mit dem Chor: Ich sollte dich 
strafen etc. ; Megistons Arie : Zage nicht, mein 
liebes Mädchen; die Arie der Lucia : Amor mit 
beflügelten etc. und die der Amena (Mad. Mül- 
ler) : Rasche Flucht etc. 

Den aasten gab man zum Benefiz Tür Hrn. 
Reinwald: Drey Freyer auf einmal, Singspiel 
in einem Akt nach den Pretendus von Schmie- 
der. Musik von le Moyne. Text und Musik 
sind gleich erbärmlich. Sie können also den 
anglücklichen Erfolg des Stücks , ungeachtet 
es gut gespielt und gesungen ward, leicht er- 
ralhen. 

» 

Auch haben wir wieder ein Paarnene al- 
lerliebste Rullets gesehen. Den i;len die Ver- 
wandlungen aus Liebe oder Vertumnus und 
Pomona , heroischpantonümisches Ballet vom 
königl. Ballelmeister Lauchery. Musik vom 
königl. Kapellmusikus Gürrlich. Das Ballet 
ist sehr reizend; die Musik wirklich schön. Ge- 
dankenfülle und Charakter bezeichnen die Ein- 
leitung, mehrere einzelne Scenen und das bril- 
lante Finale. Den24sten: Der Dorfschulmei- 
ster, komischpantomimisches Ballet ven Lau- 
chery. Musik von Gürrlich. Das Ballet, 
dessen Titel schon eine Farce erwarten lässt, 
hat viel komische, unterhaltende Handlung, 
und die Musik viel Melodie und Charakter. 

Vorgestern haben auch die Herren Schick 
und Bohrer im Konzertsaal des Theaters ihre 
Abonnementkonzerts eröffnet, von deqen acht 
vor und vier nach dem Karneval seyn werden. 
Man kann erwarten , dass sie sich des grossen 
Beyfalls immer würdiger machen werden. 
Bald mehr davon, ao wie von der nun auf 

v 



Digitize 



TIS 



114 



künftigen Dienstag von Hrn Klengel angekün- 
digten musik. Akademie, -öabed Sie schon 
von «lern harmonischen Klavie^les Uhrmacher« 
.Maslowsky zu Posen gehört? Dieser Manu hat 
aich bereits durch verschiedene Ertiuduugcu, 
z. B. den schwimmenden: Sekundenzeiger auf 
Taschenuhren, eine militärische, I hr, dio 
durch einen Druck den Tritt des gewöhnlichen 
Soldatenuiarsches und durch einen andern 
Druck den Trilt des Gesrhwindtnai sehe» auf 
das genaueste, berechnet, durch, einen nnnkli- 
chen Schlag der Hand, mittheilt, ala einen ge- 
schickten Mechaniker ausgezeichnet. Sein 
musikalisches Instrument soll durch seine 
schonen, sanften Tone die Harmonika, wo 
nicht übertreffen» doch ihr an die Seite gesetzt 
zu weiden verdienen. Aus dem senkrecht 
stehendon Resonanz eines , Hügels lockt der 
Künstler durch sanftes Streichen kleiner an den 
Seiten befestigter Hölzer, die im Bass langer 
und starker uud bis zur möglichsten Höhe im 
Diakant verhalt 11 issmässig kürzer und, dünner 
fortlaufend gleich einer Klaviatur angebracht 
find, wie man erzahlt, unnachahmliche 
Töne. 

; — f 



Wien, den 5osten Octbr. Auf unserm 
Hofloeater wurde, eine grosse Oper: Seliko, 
mit Musik vom Kapellmeister Gyrowetz gege- 
ben. Seliko, der Sohn einer armen Wittwr, 
liebt die Tochter d>s Oberpriesters, und bat 
mit der Gegenliebe des Mädchens auch die Ein- 
willigung des Vaters erhalten. Schon ist der 
Tag festgesetzt, an dem sie verbunden werden 
aollen, da fallt eine erobernde Horde über die 
friedliche Sladt her, und macht alles ringsum 
zur Einöde. Der Oberpriester selbst bleibt in 
dem Tempel, seine Tochter aber flüchtet er in 
ein verborgenes Thal , sie wird dort von den 
Soldaten des Eroberers gefunden, und in sei- 
nen Harem gebracht, wo sie aber alle Anträ- 
ge standhaft abweist. — Seliko hat sich in - 
seiner Matter ins Gebirge geflüch- 
dem drückendsten Mangel 



1 < y* » 



preisgegeben ist. Die Noth erreicht den äua- 
aersteo Grad: da Joosen die Brüder, wer von 
ihnen sich ala Sklave verkaufen lassen soll, *• 
übrigen zu retten. Das Looa triffV Seliko 
als er aber auf den Markt kömmt, hört ev 
einen Ausrufer dem eine grosse Summe anbie- 
ten, welcher den Verbrecher entdecken würde, 
der die vorige Nacht eine Lieblingssultanin 
rauben wollte. Seliko giebt sich für den Thä- 
ter aus, uud wird mit der Schuldigen, welche 
natürlich seine Geliebte ist, zum Tode ver r 
dämmt. Jetzt eilt der OJjm priester herbey 
uud klagt sieb selbst als ilen TbiUer an. Der 
Köuig vergiebt allen. 

- 1 I »; m .«:•;: > . , . . • u. . 

Soll- diese Floriansche Novelle von einer 

dramatischen. Wirkung aeyn, so musste viele 
Kunst darauf verwendet werden , um beson- 
ders im ersten Theile das durch Chsjpktei> 
Zeichnung und lebhaften Dialog zu ersetzen, 
was der Handlung an Interesse abgeht. Das 
war aber hier gas; nicht der Fall. HerrnHum- 
mel fehlt es völlig an dem Talente zu rharaky 
lerisiren, an der Geschicklichkeit eine Erzäh- 
lung dramatisch in Handlung zu setzen, selbst 
an Kenntnis de« Versbaues und der Sprache, 
Alles schleppt sich durch eine Menge vielstim- 
miger Musikslücke ohne alle VViikung fort; 
und einige komisch seyn sollende Scenen'sind 
recht arg missralhcn. 

' Ueber die Musik sind die Stimmen ganz 
gelheilt. Nach dem Ende des Stücks wurde 
der Tonsclzcr von einem Theile dts v Publikums 
herausgerufcii, während der andre sein Miss- 
fallen zu erkennen gab. Man. würde unge- 
recht seyn, wenn man Herrn Gyrowetz nicht 
manche Verdienste zugestehen wollte. Eigen- 
thümliches und besonders Kräftiges findet man 
wenig; dafür aber eine fleusige, überlegte 
Arbeit, stellenweise gelungene charakteristi- 
sche Behandlung und eine reiche Instrument!- 
rung, wovon gleich «WeYecht brave Ouvertüre 
ein Beyspiel geben kann. 1 Die Fehler, weh he 

man G."init~ftecht 'vorwerfen 

>aaU » » 1 , • 1 x « 1 < J 



Digitized by Google 



»5 



1804. 



viel zu häufige Gebrauch der Blasinstrumente, 
wodurch oft die Singstimmen ganz verdeckt 
weiden; zu wenigSorge für da« Brillante der 
Vokalstimmen, besonders in vielstimmigen 
Gcsängstü^ken ; datfti die Behandlung der Chö- 
re, die immer kräftiger Und feuriger zu wün- 
schet! wären. Am meisten aber bat sich G . 
durch die Menge auf einander folgender viel- 
stimmiger Stü ke geschadet, welche das Ohr 
betäuben und ' die Fassungskraft ermüden. 
t)ie Ouer gefällt im Ganzen nicht. Di« dritte 
Vorstellung war leer. 

Im Theater an der Wien wurde die Kara- 
vane nach .Kairo, aus dem Französischen mit 
Gretryscher Musik , gegeben; ein Spektakel- 
atück, in dem mehrere Schlachten vorkommen. 
Die Musik hat manche liebliche Stelle, z. ß. 
•inen recht artigen Kanon im ersten Akte u. a. 
Das Stück gefiel so ziemlich. Ein Melodram 
aus dem Französischen: Salomo'a Urtheil, mit 
Musik von Guaisin , ist ohne musikalischen 
Werth ; es gefällt nur durch das treffliche Spiel 
8er Dem. Eigensatj^ l überhaupt dürfte ein 
Melodram von drey Akten wbl ia lahg seyn. 
!Nur eine leidenschaftliche Empfindung , wel- 
che sich ihrer Natur nach in lyrischen Sp: ini- 
gen äussert, kann so von Musik unterbrochen 
werden , welche diese Uebergänge dem Gemü- 
the des Zuhörers bemerkbar macht. Aber in 
einem so langen Stücke muss zu viel Dramati- 
sches geschehen, es kömmt zu viel blosser 
Ideentausch vor, welcher mir diese lyrische 
Behandlung nicht wol zu vertragen scheint. 
Es wird dann ein Schauspiel daraus . welches 
nur unwesentlich an willkührlichen Stelleu mit 
Musik unterbrochen ist. 



Kurze Anzeige. 



Das Halltluja der Schupfung von E. X. A. 
, Kunzcn. Klavier auszug. Zürich, bey Nä- 
geli. (Pr. 4 Thlr. 

*>I«* B *** , " -B " — mmmmmmmmmm msmfmma^^^ms^99K^^^s^msmsms^m^ms^^^m 



itfi 

Klavierauszüge aller Art, die oft auf eine 
sehr huntschäckige Weise Passagen darstellen, 
welche keine Hand herauszubringen vermag, 
giebt es genug. ' Nicht jeder ist' geeignet , sfeh 
an so eine Arbeit tu machen. Was t. B. lür 
die Violin passend ist , kann nicht immer auch 
für das Kiavier ausführbar oder kann auch hier 
von ganz andrer Wirkung seyh, und muss 
durch ähnliche Formen, die aber dem Instru- 
mente angemessen sind , dargestellt werden. 

Wir haben in diesem ganzen Klavieraiiszug 
keine Stelle gefunden, die nicht jodet mittel- 
mässig geübte Klavierspieler leicht Und rein 
herausbringen/könnte. Auch sind alle Trom- 
meleyen, die das Instrument so oft zum Hack- 
bret herabwürdigen, überall vermieden. 

Dafür ist aber auch die Begleitung oft gar 
zu einfach ; ja wenn hiehrere Stimmen zusam- 
men singen Sollten, Wird man auch das beste 
Fortepiano stellenweis nur wenig vernehmen 
können. Dies ist besonders der Fall im letz- 
ten, p. 65 — wo die einfachen haltenden No-* 
len der rechten Hand von gar keiner Wirkung 1 

sind, auch 67 1 — 1^1 wo «man gebrochene 

Akkorde, verstärkte Bässe etc. hätte anbringen 
sollen. Die linke Hand ist oft zu leer gesetzt. 
Der Spieler wird hier mit Verdoppelungen 
und Akkorden nachhelfen müssen. — Das 
Aeussete des Werks ist sehr schön. Die 
Komp. selbst ist aus der Partitur bekannt. 

. . // • II ' < ' 1 i l 



I 



Ima pmftf. 



C A N O N 

von Joseph H a y d n. 




tut. 
Geist: 



Thun shalt tiitvt moki o - th4r GuJf Out 
Im e\\' - {,tn Wecluel ichau ruir-jen 



',VS*0 u->S-.i|tvi nv 



»m tut) $p»Q 



Jtt(t - o 



|stB>eA\ uaS 



, H9 
II' Hi 





•nl' tu/ 



1 . 



fFf* 71 



- ALLGEMEINE » 

M U S I KA LISCHE ZEITUNG. 



:.«" i. 



Den 2 i tCD November. N=. O. 



■ ■ 

i* i. ■ 



1804. 



1 



-1 . 



Einigt GtdanUtn Öfcw dU VcnheiU dtr frtihtn 
1 muiikalUchen Bildung* 



1 



- — 1 ■ 



I 

' . r. 



Die Empfindungen, rnit denen der Genius 
unser« aufkeimenden Lebens sich befreundete, 
lassen tiefe Spuren turUok, »welche in den 
SchattiruogeK und Gertaritengen des reifen Al- 
ters noch hervorblicken. Mächtig dreht im- 
zarten Sprössling die Natur Uadi'jSritWicklung.- 
Tausend Quellen- öffnet die Sinnenweit der 
Einbildungskraft, und hastig eignet diese Le- 
bensgöttin Alles sich an, was Beschäftigung" 
und Genuss verbcisst, und die Anlageu des 
Menschen entfalten hilft. Strömet aber der 
Einbildungskraft aus den Sinnen die erste und 
stärkste Nahrung tu , und gebührt ihnen selbst 
die Ehre, die höhereu Guraütbsvermögeri' er- 
weckt und mannich faltig beschäftigt cu haben; 
dann gebieten gewiss mit nicht unbedeutender 
Macht die ersten, häufigsten, tiofsten Ein- 
drücke der unbefangenen Kindheit über die 
charakteristische Form uusers spateren geisti- 
gen und sinnliche» Lebens. Und soll der 
Meusch in seiner Bildung nicht dem blossen 
Spiele des Zufalls- Preis gegeben werden , der 
uns ja für keine wahre zweckmässige Bildung 
Bürge ist; so verschmähe man es nicht, die 
offenen Sinne des kleinen Zöglings mit solchen 
Empfindungen zu erfüllen, die, zwar der 1 
Kunst eutftossen , doch auf dem Wege der Na- 
tur eine edle Kultur begründen helfen. Wir 
verweileu hier nur bey dem Gehörsinn, 
welcher, bey seinem innigen Zusammenhange 
mit dar Sprach«, diesem grossen KVnrize^ 
eh er der V efnüHftigkcit^ -cthW ffctiah Rang 

7. J »lir g. 



unter den Bildungsqnellen behauptet. Wie 
dieser Sinn in der frühen Kindheit am öfter- 
sten und innigsten berührt und durchdrungen 
wird , davon scheint ein grosser Theil der fol- 
genden Entwicklung und Bildung anzuhangen. 
Denn das Gehör gewährt dem Nachahmungs- 
triebe des Kindes vielerley Stoff und Manier, 
Gedanken 1 and Empfindungen laut werden zu 1 
käsen* weckt Bilder, Ideen, Affekte undf 
Leidenschaften im kindlichen Gemülh, und 
giebt durch seine Sensationen selbst dem zar<-' 
ten Nervensystem eine eigene Stimmung 1 . 
Was anfangs nur dem- duu?effr3eWtf*»tseyn 
vorschwebte, das- lässt doch Spuren für die 
Erinnerung, und cigriet sich* bft ; unvertnerkf 
dem Gemüth so 1 innig an, daäs es nachv 
he¥ alreih Bestandteil fri dem 1 heitern, deut- 
lichem Bewusstseyn unverkennbar, ja kaum' 
zu vertilgen ist Diese Wichtigkeit der frühesten 
Eindrücke aufden Gehörsinn des Kindes im All- 
gemeinen vorausgesetzt j wird man folgenden 
Bemerkungen über den wohlthätrgen Einfrass 
der Truhen mnsikatischen Erziehung und Un- 
terweisung nicht allen Bey fall versagen. So 
oft man diese Bemerkungen auch schon im 
Stillen gemacht haben mag, so lieset man sie 
vielleicht doch gern bestimmter ausgespro- 
chen, durch Gründe bestätigt; und^-zu weite- 
rer Prüfung und Anwendung hier n«Tgetbeilt. 

Wie bald ünd wie das Kind 1 apre* 
chen und singen lerne, kommt wesentlich 
mit auf die 'Beschaffenheit und Entwicklung 
seines Gehörs an! Verwahre daher, lie- 
bende Mdtter, diesen 'zarten' Sinn bey deinem 
Säugling^'vW^wirubeudbür &Hö**> vor aller 

3 



Digitized by Google 



ii9 



i8o4. November. 



120 



innern und Mussera Schwächuug and Hem- 
mangl Uebe hald deinen Liebling die uian- 
cherlcy Schalle, Laute und Klange zu unter- 
»cheiden , ihre Grade, ihre Beschaffenheit, ih- 
ren Entslehungsott anzugeben, -anti «össe-ihm 
die nachzuahmenden Töne der liolden Musik 
lief in die Seele! Bald belohnt dich für dfese 
Sorge die Gewandtheit und Sicherheit der 
Stimme deine» Kindes, der Wohllaut seines 
Sprechens, und seine Gelehrigkeit im Singen* 
Du erfreust, dich in Kuvaern seiner reinen me- 
lodischen Sprache, und wunderst dich nun 
nicht mehr über die eintönige , rohe Mundart 
der verwilderten oder verbildeten Kinder der 
«orglosen Nachbarn. Wie hebt sich dein Mut- 
terherz, wenn Sohn oder Tochter deine Melo- 
dieen, bald »}ur Erheiterung der < Einsamkeit, 
bald zur geselligen Müsse, lieblich ertönen 
läsat! Bilmes* du auch keine Virtuose» der 
Kunst, so. vergnügt es dich doch schon herz- 
lich, dass deine Kinder nach dem Umfang ih- 
rer Stimme singen, und weder falsche Töne 
noch, widriges Gekreisch zu hören geben, 
Leas also, liebende Mutter, schon doin un- 
mündiges Kind, oft sanfte,; liebliche,, ein fache 
Melodieen, zarte, reine, unschuldige Gesaur 
gehören! Allmäblig, wiowohl unmerklich, 
wird es mit ihnen vertraut, und gewinnt damit 
nicht nur eine Vorbereitung zur Entwicklung 
und Bildung seiner Stimme, sondern auch 
«inen wohlthätigeu Einflnss auf sein inneres 
Gefühl. Lernt es nun nachsingen, lernt es 
•uch den fasslichen , lehrreichen, dem kiudli- I 
eben Sinne sich anschmiegenden Inhalt der 
kleinen Lieder verstehen: wie vielfach, Mut- 
ter, bist dann du, wie vielfach ist dein Kind 
belohnt! Oas Nachsingen macht seine Stimme 
geschmeidig und biegsam, auch zum Sprechen 
und Lesen, es bekömmt, wie man sagt, mehr 
Ton in die Kehle. Und wie versüsst den Um- 
gang schou eine wohllönende Aussprache! 
Leichter und schneller entwickeln überhaupt 
deine musikalischen Vorübungen ihm die 
Sprachprganev.. pahey öffnest undj bildest du 
suialcich schon «hm %, dw£cb,<*n« > wen T< 



dest Gefühl und Geschmack dem Sanften, Ed- 
len, Liebreichen zu. Aus dem Inhalt der Ge<* 
säuge schöpft dein Kind Nahrung für Versland, 
Herz und jugendliche Phantasie. Heiterkeit, 
Ruhe und Klarheit verbreitest du in seiner 
Seeie. Mütter, treue Wärterinnen oder Ge-, 
schwister, wenn ihr den Kindern vorsingt und' 
sie neue Melodieen lehrt, kettet ihr sie da- 
durch zärtlicher an euch an! Und welche 
Nahjuug zieht nicht die süsse Anhänglichkeit 
an die Heymath, oder die Valerlandshebe, 
aus deu von Kindheit au gewohuten einhei- 
mischen Liedern und Weisen, aus den eigen- 
thünilicbcn Gesäugen oder Tonstücken der 

Nation? . . . , 

Wundert euch nicht • das« der j unge Emil 
ao, ,sti|l und verschlossen . ist. Ihm war$ iu> 
seiner Kindheit keine freundliche Umgebung. 
Einsylbig war der Eaniilienkreis um ihn her. 
Kein Liedchen, keine Melodie, dem Klavier, 
der Harfe oder der Guitarre entlockt, weckte 
ihn zn frohen, Empfindungen; nichts lehrte 
ihn , sympathetisch sein Gefühl im Gesänge 
^der im musikalischem Spiel ausdrücken. Das 
herzzerschneidende Geschrey oder Geheul der 
sonntäglichen Kirchen Versammlungen, die der 
zarte Knabe besuchen musste , verstimmte 
früh genug den Sinn für Musik , welcher wol 
unter den sanften Chorälen und Oigeltönen bey 
einer Herrnhn tischen Gemeinde wohllhätig 
hätte entwickelt, und geleitet werden können. — 
Eduards unfreundlicher, roher Ton stöast 
uns zurück, immer glaubt man ihn zanken zn 
böi-en, auch wenn von gleichgültigen Dingen 
die Rede isL Wundern darf uns das nicht» 
Viel von dieser Unart erklärt «ich au» den rau- 
hen, wilden Tönen, aus den schreyenden 
Lauten, unter deuen das Kind, bey der vollen, 
Lebhaftigkeit seines Nachahmungstriebes, auf- 
gewachsen ist. Denn wie oft entspringt nicht 
au» dem rohen häufigen Umgange grosse Ver- 
äbnlichung der Sitten und besonders des Ac- 
centes der Sprache! Sollten aber nicht sanfte 
Gesänge* wohllautende Modulationen der 
Stimme, im aufkeimenden Gcmülhe Ruhe der 



r 

Digitizeci by Google 
J 



121 



1804- November. 



Stimumng, Milde de« Ausdrucks, wenigstens 
begünstigen, wo nicht bewirken helfen? 

Frühe Bildung des Musiktalents , frühe 
Beschäftigung mit Musik füllet manche Leere 
im noch schwankenden Leben Jes Jugendalters 
aus, welche leicht verderbliche Verirrungen 
aufnehmen oder begünstigeu könnte. Sie bie- 
tet dem jugeudlicheu Geist und Herzen ein an- 
ziehendes Studium, eine schöne Unterhaltung, 
welche manche schädliche Leidenschaft abhält, 
verscheucht, besänftiget oder ableitet. Oft 
versüsst der Musikgennss das Leben und ent- 
schädiget gegen manche bittre Entbehrung. 
Leider finden sich freilich auch unter Musik- 
freunden und Tonkünstlern feindselige Leiden- 
schaften. Allein , wo sich solche Flecken 
verralhen, da ward schwerlich die wahre 
Würde der Kunst innig gefühlt, da ward sie 
gewiss zum blossen gemeinen Erwerbzweige, 
oder zur Sklavin der Eitelkeit, des Ehrgeizes 
und des- Luxus von schon verdorbenen Men- 
schen herabgewürdigeu Sonst wird man un- 
ter ihren Ächten Freunden nicht leicht bösarti- 
ge Störer der menschlichen Glückseligkeit, 
nicht leicht heimtückische Menschenfeinde an- 
zugeben wissen. Vielmehr rauss, wie bey 
dem Studium jeder schönen Kunst, so ganz 
vorzüglich bey dem Studium der Musik die 
Humanität und der weltbürgerliche Sinn ge- 
winnen. Denn das Interesse geht von der 
Kunst auf die Künstler über, welche durch 
ihre Werke so erfreulich auf Mitwelt und 
Nachwelt wirken. Ja es dehnt sich auch auf 
andre Kunstfreunde in der Nähe und Ferne 
aas, und bringt den Kunstverehrcr oder 
Künstler mit Andern in manche liebe, herzli- 
che Berührung. Die Zuneigung und Bewuu- 
derung, welche Kunstverwandte nnd Kunst- 
freunde für einander einzunehmen pflegt, so- 
bald nicht der niedrigste Neid sich einmischt, 
leicht Freundschaften und zärtliche 



In sich selbst hat die Tonkunst und 

Werth, welche 



ttl 

jede nicht einseitige, sondern möglichst har- 
monische Tuätigkoit des veredelten Menschen 
behauptet. Dieses setze ich voraus, wenn 
ich jetzt fortfahre nur die woh Ithatigen Bezie- 
hungen der frühen musikalischen Bildung an- 
zudeuten. 

Lernen die Kinder, nachdem schon ihr 
Gehör und ihre Einbildungskraft günstig vor- 
bereitet ist, nun nach einer guten, progressi- 
ven Methode den Gesang oder ein Instrument, 
so füllt ihnen dies manche sonst vertändelte 
oder verdorbene Zeit nützlich und edel aus. 
VVie viel gewinnt aber vollends der Familien- 
sinn, wenn die Aeltern oder die erwachsenern 
Geschwister die Kleinen unterrichten, oder 
doch theilnehmend ihre bey dem Musiklehrer 
■u machenden Fortschritte befördern! Wel- 
chen Frohsinn kann nicht ein guter, freund- 
schaftlicher Mann dieser Art in <ler Familie 
verbreiten, wenn er die Konstprogressen bey 
den jungen Leuten liebreich aufmuntert, ihre 
Musikübungen unterstützt, nnd als Haus- 
freund , veil Kunstsinn und Humanität, im 
traulichen Kreise willkommen ist! Welche 
Nahrang edler Geselligkeit gewahrt die Musik, 
sie werde bald mehr , bald minder gemein- 
schaftlich, jedoch nie ohne alle wechselseitige 



in Stunden der Erholung, oder 
zu festlichen Zeiten, bald zur andachtsvollen 
Erhebung, bald zur blossen häuslichen Freu- 
de, and zur Ergötsung einkehrender Fremden 
and Freunde ausgeübt! Wer zweifelt au der 
Veredlung, zu welcher die Aufführung schö- 
ner, und erhabener Singstücke von geistvollem 
Inhalt im Schoosse der Familie beyzutragcn 
Vermag! Musik und Gesang öffnen ja unser 
Herz erst recht dem Zauber der lyrischen 
Poesie. - - — - 

üebrigens scheint das Musikstudium (es 
betreue das blosse Singeu, oder das Spielen 
der Instrumente) auch in folgender Hinsicht 
den heilsamen Einfiuss der übrigen Erziehung 
befördern zu helfen. Der Sinn für ReaeWs- 



Digitized by Google 



123 



1804. November. 



124 



sigkcit, Richtigkeit, Ordnung und Harmonie ' 
kann bcy dem Ueiasigen Anhören und bey der 
sorgfältigen Aut'luhrung guter Kompositionen 
.nicht ohne Bildung bleiben. Nur aorge die 
Erziehung, dass dieser Sinn auch ausser 
dem Gebiete der Musik Befriedigung suche, 
und nicht Vertiefung in die Knust oder Stolz 
und Affektation alle Kegeln des übrigen Lebens 
aus den Augen setzen. Die Aufmerksamkeit 
und die Untei Scheidungsfähigkeit werden bey 
dem Notenlesen und Noten tretfen vorzüglich 
geschärft. Die Taktiibungen (besonders bey 
vielstimmigen Stücken, Fugen u. d. gl.) for- 
dern beyde lebhaft auf, und nöthigen zur Gei- 
stesgegenwart, tu einer besondern Festigkeit 
und Besonnenheit des Gemütha. Der junge 
mu3ika,liacbe ;j ,ZögJing gewinnt durch seine 
Kunst eine aohjtUbare Gewandtheit, tuannich- 
faltige Formen achaell aulzufassen- und nach- 
subi|d«|i- . Bey dem innigen Zusammenhange 
und der genauen Wechselwirkung der mensch- 
liehen Kraftaut&erungen scheint min <fce musi» 
kaiische Bildung oieht etwa einseitige, son- 
dern allgemeine und intensive Bntwickehang 
der : Kräfte tu gewahren, unter der Voraus- 
setzung, dassrdte Methode de» Unterrichts sich 
den, Entwickelungsgesetzeu und den > indivi- 
duellen Anlagen, Richtungen und Stirn mun» 
gen des ganzen Menschen anzuschmiegen 



In den höheren Standen rechnet man zu 
unseru Zeilen fast allgemein Musik zu den 
vorzüglichsten Stü< ken einer eleganten Erzie- 
hung, oft freylich mehr aus Modegeist und 
Sucht zu glänzen., als aus Achtung für den in« 
nern Werth der Kunat und für ihre bildenden, 



veredelnden Wvrkangenv Aber aucb*in den 
niedein Standen würde einige musikalische 
Bildung bey der zarten Jugend, sowohl der 
angegebenen allgemeinen, als andrer besonder 
rer Vorlheile wegen, zu wünschen aeyn. 
Da« man dem Unterricht im Singen schon seil 
Jahrhunderten,, und vorzüglich aus erweiter- 
ter Ciusichl in den neuesten Zeiten, in Ele- 
mentar- und Volks- und selbst in gelehrten 
Schulen ziemlich allgemein angeordnet hat, 
ist daher aehr zu schätzen *). Wie manches 
treffliche Talent für die Kunst. ist ans den nie- 
dern Ständen und aus solchen Anstalten her- 
vorgegangen ! Grosse Bey spiele vou Komponi- 
sten und Virtuosen sind bekannt. Für die 
niedern Volksklassen aber muss musikalische 
Bildung, ausser den angeführten Hinsichten 
auf Entwicklung und Kultur der Kräfte, sehr 
oft wohJthätig werden. Musikalischer Sinn, 
und, wo möglich, einige musikalische Ge- 
schicklichkeit, würde ihnen manchen «rhö'nen, 
edlen Genuss, manche Erhcilruug gewähren, 
deren sie nicht selten sehr bedürfen , und ih- 
nen die Zuflucht zu verderblicheu Ergötzlich- 
keiten und Unterhaltungen entbehrlich machen. 
Nur inüsste der Geschmack mehr vou solcher 
Musik abgeleitet werden, welche hlos die ge- 
meine Sinnlichkeit reizt und rohe Lustigkeit 
befördert. Musik im edlern Sinne würde oft 
die Liebe zur Häuslichkeit befördern und man- 
che elende Zeilvertreibe verdrängen. Mit früh 
und zweckmässig entwickeltem musikalischen 
Sinn würde der gemeine Mann mehr Gesch mack 
an herzerhebender Kirchenmusik gewinnen, 
die Kirchengesänge reiner und sanfter singen; 
otid so seine und Andrer Erbauung mehr be- 
fördern **). Zölluer sagt in seinem Werke 



*) Die Leipxiger Tftoiuaaecliule ,be»tcht -seit langet! Zeiten als eine- der interessantesten und schätzbarsten. 
Bil<luiig*an»taltcii für Musik und Gelehrsamkeit , • ■ uwd besundess verdankt üir die raligioae Tc 
viele edle Kultur und Aufmunterung. 



**) Der verewigte O. C. R. Zöllner eril?rt »ich In seinem vortreffliche» Werke: Ideen Iber Na. 
tiouaUrsnh«»» 1. Thail (tteriiiiV »8<*) : S; nk ff. ..hr sur fimpfchlung dea UaU.richi, im Ga- 



Digitized by Google 



über Nation al er zieh urtg (r. Tli. 8. ia5.): 
.Sehr triftige Gründe Hessen sich für die all- 
gemein e K i n iü h r u n g d e * U n t er r i c h t s 
in der Instrumentalmusik beybringen ; 
aber alle werden durch die einzige Betrachtung 
abgewiesen, dass dieselbe dem, der nicht aus- 
gezeichnete Talente und vorzügliche Neigung 
dazu hat, allzuviele Zeit kostet. M — Sollte 
dieses Letztere ganz gegründet *eyn? Eine 



1804. November. **6 

leyen oder auf oft im Werthe zo hoch ange- 
schlagene Uebungen (z. B. das modische, für 
Gesundheit und Leben nicht selten verderblich 
gewordene Tanzen) wendet. Es wird ja nicht 
verlangt, lauter Sanger und Musiker von Pro- 
fession zu bilden, sondern nur den Sinn und 
die Fähigkeit, welche ihr Gesang und Ton- 
kunst in der Seele des Kindes liegen, zum 
ganzen Erziehung«weck nicht, unbenutzt z» 



"gute Methode, die früh anfangend vom Leich- lassen. Verhaltnisse und hervorragende Ta- 
taren zum Schwereren fortgeht, und sich | lente werden schon über die Wahtdea musika- 
nach den Anlagen richtet, wird nicht viel 
Zeit rauben, wenigstens nicht mehr Zeit for- 
dern, als man selbst auf manche leere Tände- 



lischen Berufes entscheiden. 
Leipzig 



C. F. MitfhaeUs* 



sangc. „Endlich mochte ich gern in den allgemeinen Kreis der Jugendbildung noch einige Ucbung \ti 
»in gen ziehen. In der protestantischen Kirche itr der Genug ein wesentlicher Theil der Öffentli- 
chen Gottesverehrong , und wer leugnen wollte, das» bt es in seyn verdiene, der würde üben »• we- 
nige Bekanatacheft mit dem Geist* der Erbauung , al« mit der -Allgewalt, welche die Totrkunat in Verr 
biuduirg mit der Poesie Uber daa menaohüehe Geaütfc aiMÜbt, verraüien. Aher wie aehr verejhwindet 
die »eht>ne Wirkung, wenn die Qemeige ohne Gefühl, Harmonie und Ordaimg ihre Stimme ertiebf, 
und es da« Ansehen gewinnt, als ginge Jeder nur darauf au», den Nachbar zu übertchreyen ! Würde 
die Jugend seiibt , rein, mit Ausdruck, wenigsten» zweistimmig, und mit gemässigter Stimme iu ti*>- 
gen: to würde der Kirehengesang «einen Zweck in einem viel höheren Maasse erfüllen und selbst die 
hauatich« -Srbtuiung fdr feumnse Gesnüther einen viel grosseren Reiz bekommen. — Ffir «He Relir 
gionsparthejen erhalt der Gesang hiernach» t dedsirch einen grosson Werth, dass er ei* ,ao treffliche» 
Mittel ist, »cheine Bniphndungen und edle Grundsätze tief in die Seele zu pngen , dem Gemüihe eine 
heitere Stimmung zu geben, und als ein Bend drr Geselligkeit zu dienen. Die* wird allgemein so 
tief gefühlt, dass es wenige Völler giebt, bey denen da» gemeinschaftlich : Singen nicht in einigem 
Gebrauche wäre. Im nördlichen Thcile unser» deutschen Vaterlandes, der sich überhaupt nicht »ehr durch 
Frohsinn ansaeiehnet, wird zwar weniger gesungen, al» unter den südlichen Deutschen ' avft den Fr«a- 
zosen. Aber doch hört man öfter» von den Schnittern, die im Schatten ihre Arbelt tfarch eine kurze 
Ruhe unterbrechen, von den jungen Leuten auf deen Plaue vor der Sahen*.»-, m« den Soldaten, in der 
Wachstube, von heimkehrenden Milchmädchen u. «. w. ein Lied anstimmen, welches ganz Autirruck 
innerer Fröhlichkeit ist. Schade nur , das» hüuCg dieser Ausdruck und drr Inhalt der Lieder gleich- 
weit von Sittlichkeit und Anstand entfernt sind , to dass der gemeine Mann in vielen Gegenden Dentscrr- 
laixis gerade» allen Gesang, nach »einer Redensart, in Gotteswort und Seh elm stfreke erat heilt. 
Diesem Uebel aber würde abgeholfen und zugleich dos Guten vielerley gestiftet werden , wenn die 
Jugend früh schon geistvolle Lieder angenehm singen lernte. Freylich müstte aher nnVR diesem He— 
dürfnissc durch unsere Dichter abgeholfen werden; denn obgleich viele tausend Verse und Heime über 
alle die Gegenstände, die für den Voltsgesaog gehören, voiliandon sind: so giebt es doch fürwahr 
»ehr wenige Lieder, die in Gedanken und Autdruck gaiii dazu geeignet sind, einen besscrou Geschmack, 
ein edleres Gefühl, patriotische und fromme Gesinnungen und anständige Fröhlichkeit uuirr fem gros- 
»en Haufen zu verbreiten. An passenden, einfachen und leirhteu M. toiliecu mochte es •weniger fehlen. 
Wau mache indessen nur den Anfang mit dem, was da ist- AJlnianllg wird sich der Yorr.ith wol 
•eermehren." 

Auch der edle Schweizerische Pädagog, Pestalozzi,, »vlilt (nach einigen Angalten in seine» 
Schrift: Wie Gertrud ihre Kinder lehrt S. 9', und it., und zufolge seiner hier nur vorläu- 
fig angedeuteten Lehre von den Gesangtönen S. 170. 181. 18a.) Musik und Singen unter die Er- 
forde«i»»e »eiaer neo orgaoitirteo Unterrichtsmethode. 



"ägitized by Google 



«7 



j8o4. November* 



128 



ß B C B H t t O K. 



Das Halltluja dir Schöpfung von F. L. A. 
Künztn. Partitur*). Zürich, bey Niigeli. 
CPr. 3 Thür.) 

Ein in man« her Hinsicht merkwürdige! 
Kunstprodukt. Um davon rieht ger urthei en 
zu können, wollen wir erat einen Blick auf 
das Gedicht werfen, da« ihm «um Grunde 
liegt. 

Ein Loblied auf die Schöpfung! gewiss, 
ein Stoff, eben so reichhaltig, al» sur musi- 
kaliaehen Bearbeitung geeignet. Das« ihn der 
Dichter an «ich gut behandelt hat, ist ganz 
offenbar, und braucht hier nicht untersucht 
su werden. Ob Übrigeos Dichter, wenn sie 
nicht zugleich Komponisten sind, und doch 
ohne Uebereinkunft mit einem Komponisten 
für die Musik arbeiten, zweckmässig arbeiten, 
ist eine Frage, die woi einer Auseinanderset- 
zung werth wäre. Die Dichter klagen, das« 
Komponisten ihre Verse verkürzen, verder- 
ben; die Komponisten — dase Dichter Werke 
liefern , die sie nicht setzen können : wie vie- 
les wäre nicht hierüber zu sagen ! Nicht jedes 
«chön versifizirto Gedicht ist deswegen auch 
»chon ein musikalisches Gedicht, so oft es auch 
der Titel ankündiget. Doch sollte auch der 
Komponist nicht sogleich klagen, wenn der 
Dichter neue Sylbeurnaase, neue Wendungen 
wählet, und sich über seine vierfüssigen Jam- 
ben und Trochäen erhebet» er sollte seinerseits 



auch auf neue musikalische Formen denken, 
da sich die jetzt gangbarsten ja meist so ähnlich 
sind, als die chinesischen Gesichter. Ree. 
glaubt, und gestehet seinen Glauben, obschon 
er Widerspräche genug linden wird — dass 
man, um gute musikalische Gedichte zu be- 
kommen, der Verse und der poetischen Bilder- 
sprache gar nicht nölhig habe. Er» lere muss 
der Komponist ohnehin wieder iu Prosa auflö- 
sen, er darf die Sylben nicht so zahlen (»can- 
diren) wie sie der Dichter zählet, und iu der 
Musik giebt es keine Hexameter und Peutame- 
ter, keine Alkäische oder Sapphisohe Strophe: 
es ist am Ende alles nur Prosa. Und die Bil- 
dersprache ! Nur selten gewährt sie dem Kom- 
ponisten Vortheile. Poetische Prosein kurzen, 
rhythmischen, ungekünstelten Satten, unge- 
fähr so, wie Gessner sie schrieb, ist, nach 
Ree. Meynung, am allerbesten für die Musik 
geeignet) und so mitleidig anch Mancher auf 
die Worte von Haydus Schöpfung herab- 
sieht, so sind sie doch für Musik vortrefflich. 
Ich möchte tneyuen, Haydn habe sie selbst 
machen helfen. Anders ist es in den Jahres- 
seiten. Die schönen T Ii orason' scheu liJeen 
zwangen den Künstler für die Phantasie zu ar- 
beiten; er war nicht in seinem f ach. — Dieses 
Wenige vorausgesetzt, können wir von der vor- 
liegenden Poesie behaupten, dass sie — so vor- 
trefflich, so rein und erhaben sie auch ist — doch 
für Musik zu einfärbig, zuwenig abwechselnd 
in Empfindungen ist. Es gehört Kunst dazu, 
diese gehäuften Loh- und .Preischöre iu inter- 
essante Haltung zu bringen. 



Unter die Versuche , «Her Einseitigkeit der Urlheile in untern Blättern vorzubeugen , gehftrt auch der, 
das» wir, wenn von ausgezeichneten Künstlern oder auvh Ton einzelnen wichtigen Werken der Ton- 
Vuiut mehr als einmsl gesprochen werden muss, dafür sorgen, da» darüber nicht nur unier nördliches 
Deutschland . sondern auch das südliche gehört werde. Die verschiedensten Ansichten loiton den Achtsame« 
oft erst auf den Mittelpunkt; aus den verschiedensten Beortheilungen resultirt oft erst das Unheil. 
Konzern Halleluja wurde vor einigen Jahren aus dem Manuscript des Komponisten in Leipzig aufge- 
fühit, und wir haben damals (ater Jahrgang 1800 , S. 03o folgg.) ausführlich darüber gesprochen. Die 

iit von einem sehr geachteten Komponisten und Kunstrichter im südliche« 



hier folgeudo 
Deutschland. 



•)« Redakt. 



Digitized by Google 



129 



1804. November«; 



130 



Seim wir nun, wie Hr. Künzell den Text 
behandelt habe — denn die Anordnung de« 
Ganzen, die Verbreitung des Lichts und 
Schatteos , das Hins treuen der Theile su 
einem grossen Effekt, ist eigentlich die Sache 
des denkenden Künstlers, und dadurch kann 
er auch iniltelmässige Stoffe erhaben be- 
handeln l 

Das Stück Hingt im Adagio, mit Piano, 
nnd mit dem Quintsextenakkord an. So neu 
und überraschend letzteres ist, so möchten wir 
darauf rechneu , dass es in jedem. Saale, wenn 
er auch nur miltelmässig mit Menschen ange- 
füllt ist, von weniger Wirkung seyn kann. 
Delhi üngcathtef des dreyinaligen Klopfens' 
unsrer Musikdirektoren ist es doch Anfangs 
nie so stille, dass mm solch eine Feinheit 
bemerken könnte. Besser einen Anfang, po- 
puläres Vincentem strepitus, um durch einen 
imponireuden Schlag zu geschäftige Zungen zu 
lahmen. Doch Hr. Kunze n halt sich nicht 
lango in diesem Adagio auf; sein still anfan- 
gender Chor bricht sogleich , wie es der Text 
sagt, in ein feuriges, erhabenes Loblied aus, 
das unaufhaltsam ganze 70 Takte hinströmt, 
«ich dann in ein sehr schön geschriebenes Re- 
citativ verliert , dem noch der kurze, dann öf- 
ters vorkommende Chor : Hallelujah, wir 
leben, du bist, du warst, du bleibest 
.ewig, .Herr, uuserGott, bergt füget ist. 

Wir hätten gewünscht, dieser Chor 
schlösse in der Tonart , in welcher der erstere 
geschrieben, nämlich in Es, oder er wäre 
wenigstens durch eiue Wendung, durch einen 
melodischeil Gedanken mit dem vorigen ver- 
bunden oder aus demselben gezogen ; so wäre 
das ein harmonisches Ganze ganz vortrefflich 
als Einleitung und zum Hallen der Aufmerk- 
samkeit, da diese beyden Chöre, so wie sie 
jetzt sind, als zwey uu verhältnismässige Slük- 
ke ohne eigentliche innere Verbindung da- 
stehen. 

Nun folgt eine Sopranarie mit obligater 

yioitn, dann eine Tenorarie - nnt 

.... .» «. 



hängtem kurzen, eben bemerkten Chor : H a 1- 
leluja, du bist, du warst ete. An die- 
sen «chlieaat sieb ein WechseJgesang — ein 
schönes, mit Geschmack und vieler Feinheit 
geschriebenes Stück , voll der schönsten Wen- 
dungen und angenehmsten Melodieen. Auch 
diesem Duo ist der kurze Chor: Halleluja, 
du bist etc. angehängt, und zwar folgt auf 
denselbeu sogleich ein anderer, ohne Verbin- 
dung, ohne Zwischenspiel, ohne Eingaugs- 
sinfonie. Man siebt, es ist dies ein Versehen 
des Dichters , dem der Komponist zu nachge- 
bend folgte; denn schon vorige drey Arien ste- 
hen zu isolirt da. — Doch der Chor, von 
dem hier die Rede ist, hätte wol der am mei- 
sten hervorstechende Theil der ganzen Kantale 
werden köonen,hätte derKompooist die erhabene 
Schilderung des Unge witters von den Worten: 
Dein Thron wird Nacht, bis: dumpf 
rollt sein Dennerwageo, mit Chören 
vermischt So singt aber diese schönen Sätze 
eine einzelne Basstimme , und der, Chor lässt 
«ich nur vom Anfang und zuletzt kurz und ein- 
fach hören. Man sieht, Hr. Kunzen ist von 
seinem Dichter zu voll; er wagt es sieht, sich 
über ihn hinauszusetzen, oder gar, wie so 
viele thun, dessen Worte nur als Gelegen- 
heitssprache zu betrachten, um seiue Kunst 
an den Mann zu bringen. Die darauffolgende 
Aria parlante : Selbst wenn des Lebens 
Engel alle flüchten, ist eins der schön- 
sten Stücke, das dem Ree. in dieser Art vor- 
gekommen, voll Zartheit und Innigkeit, das 
tief ins Herz geht. Doch folgt gleich darauf 
ein Duo: Gerechter Richter! das eben 
in dem sanften Styl geschrieben, aber not- 
wendiger Weise nicht auffallend seyn kann, 
da es wieder ohne Zwischenrecitaliv — ohne 
Zusammenhang vorkömmt. 

'■■ 

Ein schönes Recitativ macht die Einleitung 
zum letzten Chor — eigentlich zu den letzten 
Chören: denn, man denke, mehr als 4o Verse 
sind von dem Dkhter für fortdauernden Chor 
bestimmt Wenn die Musik bej der Aufitih- 



Digitized by Google 



I3i 



i8o4,: November. 



132. 



ntng Iii« i- tilcht ermüdend wird — wahrhaf- 
tig, t,oh it Hr. Künzen vitles, ja alle« gelei- 
stet, was Musik in diesem Falle leisten kauu. 

Man' sieht aus der Hererzählüug der Mu- 
sikstücke dieser Kantate, das« der Dichter sei- 
nen Stoff nicht immer musikalisch gut gerei- 
ltet, und dass der Komponist , anstatt sich 
über ihn hinauszusetzen, sieh zu ängstlich au 
denselben gehalten hat. Es ist, um ein inter- 
essantes Ensemble hervorzubringen, nicht 1 
gleichgültig, ob hier ein Allegro, oder ein 
Adagio, ob da« Recitativ , der Ohor, hier oder 
dort stehe. Nut 4 zu oft macht ein schönes Mu- 
sikstück,' Wie jeder aufmerksame Beobachter 
eingeben wird, bloa deswegen die erwartete 
Wirkung nicht, weil es nicht mit dem vorher- 
gehenden, oder dem darauffolgenden in das 
gehörige Licht gesetzt worden. Dichter soll- 
ten also wol ihren Stoff nack den Wünschen 
des Tonkünstlers nnd Erfordernissen der Kunst 
ordnen, nicht den Komponisten ihrer Phantasie 
oder Laune unterwerfen wollen, und Kompo- 
nisten zwar dem Dichter nachfühlen, aber doch 
ihre Kunst nie aus dem Auge verlieren. 

Noch bleibt uns übrig über Hm. Kon- 
zens Musik als praktisches Werk zu apre- 



Wendungen und harmouische Kunstgriffe zu 
moltvireti. De*»cn ungeachtet muss das Werk 
wegen seines gefälligen Slyls und anderer schon 

■ bemerkten Schönheiten bey der Aufführung 
von vieler Wirkung seyn. Besonders gut 
wird sich da auch da* : Heilig, das mit dein 
letzten Chor verwebt, nur von Singstimiuen 

, ohne Instrumente gesungen wird, ausnehmen. > 
Die Partitur ist in t'oliolortnat, auf Pflich- 
tigem Papier sehöu uud korrekt gestochen. , 

A K S K D 'O T B, 

Der schützbare französische Kircheukotn» 
ponist, Giruust, den das Schicksal, von »ei- 
nen, Landsleuleu ungemessen gepriesen, von, 
Ausländern ganz übersehen zu werden , ohu-i 
gefähr in gleichem Maasse uorecht, trilü — 
Giroust debütirte im Publikum Also — (nicht 
ganz, wie es Laborde erzahlt). 

176Ö hatte ein Kunstfreund eine goldene 
Medaille bey Danvergne, dem Direktor der 
geistlichen Konzerts , niedergelegt zur Beloh- 
nung für die beste Komposition des Psalmen« 
Super fluiniua. Zwey und zwanzig \,Ve«k.« 
liefen ein. Die drey vorzüglichsten wurden 



chen. Ree. gestehet , dass erste überall kor- | erwählt und aufgeführt: welches den ausge- 
rekt, fliessend, geschmackvoll und den W01- zeichnetsteu ßeyfall des Publikums fände, 
ten anpassend gefunden. Das Sanfte und Rüh- 
rende scheint vorzüglich des Komponisten Sa- 
che zu seyn , und ihm mehr zu gelingen , als 
das Erhabene und Grosse. Ueberall fühlte er 
seinen Dichter, leihet ihm seinen musikali- 
schen Ausdruck, wobey er aber, wie gesagt, 
nicht selten sich selbst vergisst. Man ver- 
misst in seinem Werk Abwechslung von Mo- 
dulationen, die Tonarten sind nicht immer ge- 
nug gewählt, man könnte von dieser langen 
KanUle beynahe wie von einer Sonate sagen, 
sie gehe aus Es Dur, so herrschend ist diese 
Tonurl ; der Komp. versehmäht es seine Ka- 
denzen nach Art andrer Komponisten durch 



sollte gekrönt werden — so war es ausge- 
macht. Aber das Publik, entschied ganz mit 
gleicher Theilnahme für zweye in. ganz ver- 
schiedenem Styl; das eine ernst, majestat sch 
düster, aber imposant, das andere saufter, 
wehmülhiger und in freyerer Schreibart. 
Man halte aber nur eine Medaille. Die Di- 
rektion jenes Konzerls liess also ciue zweyte 
schlaget!, um bey de Rivale krönen zu kön- 
nen, und nun wurden die versiegelten Zettel 
geöffnet, die die Namen der Komponisten ent- 
hielten! Man fand mit Verwunderung, dass 
beyde Preise Ein Komponist sich erwürben 
habe, und dieser Komponist war Giroust. 



( liieren Salicri'i Portrait alt Bejlaj;« nnd da* Intsliigeniblatt Wo. 

— r 



. . ■ ... .. ! 
Leirti«, s e y a (*r 



HI.) 



Korr (HO H A K T S L. 



( 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 2 S ,<jn November. 



m 9. 



1804. 



Einigt Gedauktn zu ein«r Erfahrung. 



— 



• - • ■:- : J 

Jis lässt «ich eine- gewisse Polarität der 
Empfindungen sowol durch die höheren als 
niederen Siune nicht verkeonen. Was dir 
letzteren angeht , so setzen wir schon im gc- 
meineu Leben dem Sauren das Süsse, dem 
Uebel- das Wohlriechende, dem Ranheu das 
Glatte u. a. f. entgegen. In den Empfmdun- 
gen der höheren Sinne sprechen sich diese 
Gegensätze eben so klar aus, auch wo wir 
sie nicht zu finden glauben, und dann lie- 
gen aie wol nur dem wenig kultivirten oder 
dem gröber organiairten Sinne verdeckt. So 
empfinden z. B. gewisse Individuen den Mis- 
laut nicht als diesen; so wird uur. das ge- 
übte Auge des Künstlers die w*hre Ziikel- 
Ggur von der falschen unterscheiden u. •«.£ 

Ich habe oben das Wort Polarität zur 
Bezeichnung des Begriff« gewählt, den ich 
mit der Sache verbunden wissen will, und 
noch iu auderer Rücksicht ist es der pas- 
aeude. So wie nämlich Ein Pol dem andern 
entgegen steht, und so wie + E — E ver- 
nichtet, und umgekehrt, so auch mit den 
Empfindungen des höheren Sinnes: dem be- 
sonderen unreinen Anblick entspricht nur 
der besondere reine; die Wehklage tilgt- 
der ihr entsprechende Siege* klang u. s. w. 



Der genialische Künstler wird mich verste- 
hen, ihm wird es nicht schwer werden für 
Eine Idee eine« Kunstwerks eine andere die- 
ser entgegenstehende zu finden, ja sie dringt 
sich ihm von selbst auf, wenn er die ersle- 
re rein aufgefasst hat, und ich -behaupte, da« 
es von höherem Sinue des Künstlers zeuge, 
wenn er diese Gegensätze ins Detail zu ver- 
folgen und seine Ideen vom Gegensatze 
streug zu sondern vermag. Ja es lässt sich 
ein solches Streben in vollendetem Werken 
aowol der bildenden Künste, als der Ton- 
kunst, nachweisen und die Bemerkung aus 
der in , der Note angeführten Schritt »), dass 
gewisse Hajfdnache Sinfunieen einen beson* 
dem Chai akter, eine Figur, wie es der 
sinnreiche Verfasser nennt, an sich tragen, 
deutet darauf hin. Zur Bezeichnung meiner 
individuellen Empfindungsweise mag, noch, 
folgendes Beyspiel dienen, was mir noch im 
frischen Andenken ist; man wird das Re- 
sultat, was irh daraus in Hinsicht auf mu- 
sikalische Produktionen ziehe, nicht für über- 
trieben halten, wenn- mau überhaupt mehr 
auf Eindrücke, die sie auf unser Gefühl 
machen, Acht haben wird, und nicht blos 
mit den äussern Ohren hört. 

t 

Im verflossenen Sommer reiste ich nach 
dem gelobten Schwabenlande, mit vielen 
Erwartungen, besonders aber mit vieler Re-' 



•) Et»! .ut 1» perf. etiontte.nont de« beaux-srt» p.r 1e. .eience» ei.rte« , ou clcul. «t hrpothe... ,ur 
1* poetic, U pemture et 1» mu^qn«. p„ R, 5. C Pari« ifc»3. II To»«, od* i m Ausioa« in 

No. MM,*.,.- 



7. Jahr«. 



9 



Digitized by Google 



135 



i8©4- November. 



«36 



ceptivität für Harmonie, da ich ein ganzes 
Jahr beynahe ohne sie vegeiirel halte. In* 
einem Neu - Wii leinbergischen Kloster: 
Schönthal, wo ich einen Freund erwartete, 
war ich vier Tage zu verweilen genöthiget, 
Weil dieser nicht kommen wollte. Schon die*» 
getauschte Hoffnung und noch andere Um- 
stände machten mir meinen Aufenthalt da- 
selbst sehr unangenehm. Unter den letale- 
ren führe ich hier einen geringen, aber mei- 
ner damaligen mislaunigen Lage sehr gün- 
stigen an. Meinem Zimmer gegenüber stand 
in dem meines Nachbars eine Uhr, die mit 
jeder Stunde einen,' ich glaube Wirtetuber- 
ger, militärischen Marsch abspielte. Der Be- 
sitzer der Uhr, der sie, wie ich hörte, eist 
yor wenigen Tageu bekommen halle, mochte 



zu viel Gefallen an dem pompösen Marsch 
haben, als dass er ihn nicht mit jeder Stun- 
de aufs Neue gerne gehört hätte. Ich da- 
gegen war des Spielen* der Uhr herzlich 
müde. ' Ich' verliess das Zimmer, um im 
Frcyen Zerstreuung eu linden/ aber auch da 
verfolgte mich der skandalöse Marsch, weun 
ich nicht wachsam g«nug über mich selbst 
Cwarj vier Tage quälte er mich mit und 
zwischen dem Staudenschlag, Endlich liess 
mir ein guter Dämon in der dorligen Klo- 
sterkirche das heilige Lied hören, was ich 
hie* auch für diejenigen niederschreibe, .Viel- 
ehe an so etwas Interesse finden können, 
auch wenn es Urnen in keiner su peinlichen 
Zeit kommt, als 




Sey Mut.ter d*r B*rm-her -»Ig-kelt, sey Kö-ni-gin ge - grtU.ie», 

<larch die uns L,c • ben flies -jet. 




De» J> • b r „1 Trost und SUs - $ ig - keit, 1 



Zu dir o Mut ter 




dir • Mat ter ru-fen vrjr, mit Thronen seufeen 



wir, mit Thr&nen 



wir xu dir. 



In einem Moment waren alle Töne des 
Harsches in mir vertilgt, und ob ich ihn 
gleich nachher noch verschiedenem,! le hörte, 
ao behielt ich dessen ungeachtet nichts mehr 
davon im Gedächtniss , so sehr ich mir auch 
in. der Folge, der Sonderbarkeit wegen, Mu- 
he gab. 



Diejenigen, die taglich an einer von ge- 
mischten Gerichten der musikalischen Kunst 
besetzten Tafel schwelgen, mögen mich be- 
lächeln, da ihnen der Akt im Künstlerlebea 
fremd geworden ist, wo der Mensch nach 
dem Gcnuss frugaler Kost einmal ein ge- 
würztes Gericht mit begierigen Sinnen an 
sich zu ziehen strebt, denn es ist nicht zu 
verhehlen, dass unsere meisten Konzerte, 
Opern u. s. f. uns übersättigen, anstatt uns 
eigentlich satt zu macheu. Wie bunt lau- 
fen da die musikalischen Charaktere in ein- 
ander. Der ßuffoue tritt in der Oper kurz 



Digitized by C, 



>37 

nach dem ersten Opferpriester auf; wir hö- 
re» eine religiöse Sceue und daran 1' ein Vir- 
tuosensulu ; wir. hören gleich nach dem Al- 
legro con spirito da« Largo oder Adagio 
aQcttuoso, beyde in ihrer Sphäre vortreff- 
lich. Welcher theilnchniende Zuhörer ver- 
mag nur Eine« von beydeu festzuhalten, da 
die Tendenz heyder sich gerade entgegeu- 
gesetzl ist? Woher dieses Streben des Küust- 
lers nach Kontrast?*) Steht es nicht mit 
dem Begriff von Harmonie (Einheit, in einer 
andern Bedeutung, als der gewöhnlichen in 
der Musik) in Widerspruch? Weshalb ver- 
drangt ihr Ein Gefühl , was das wahre Kunst- 
werk in dem menschlichen Herzen erweckt 
hat, durch ein anderes so schnell? ist doch 
im grossen Weltorganism der Wechsel von 
Tag nnd Nacht, Geräusch und Stille auf 
.langete Zwischenräume hinauagerückt 1 Ver- 
trägt der menschliche Geist die stärkeren 
Schläge leichter, als aein vegetireuder Kör- 
per? oder ist er durch Ucbcrmaas krank 
und kann nur durch wechselnde Reitze er- 
weckt werden? i%* letalere ist mir wahr- 
scheinlich und daher die ungesunden ürtheile 
des hörenden Publikums über musikalische 
Werke , des Genies; daher der beständige 
. Streit, ob Mozart mehr Genie, als. Haydn, 
Cherubim mehr als Winter u. s. L sey. 
Mir daucht, weun man die Produktionen 
dieser Männer weniger bunt durch einander 
vernähme, würde man nie auf dergleichen 
Fragen Stessen, man wurde nicht Ein Genie 
«um Maasslab für das andere nehmen; ein 
daraus abgeleitetes Ürtheil verunglückt im- 



1804. November. 



*38 



mer; ein anderes, auf die Kunst des reinen 
Salzes gegründete lasse ich dabey in seinem 
Werth.— Gcuiesset nicht so, dass ihr eine 
Komposition Eines Künstlers mit der eines 
andern verdrängt, mischet nicht in Einer 
Stunde das Komische mit dem Ernsten und 
es wird ench an wahrem und ungestörtem 
Geouss nicht fehlen. Ein kleines Lied voll 
Wahrheit wird immer dem Künstler mehr 
seyn , als ein grosses Konzert voll zehn ver- 
schiedener Kompositionen uud wird ihm län- 
geren Genuas gewähren; oder will er Kon- 
zerte, so sey das Eine den religiösen; das 
andere den komischen; das dritte 
riöeeu Produktionen des warmei 
Himmels geweiht u. s. w. 

Nur in Einem Falle denke ich mir den 
Wechsel zur gehörigen Zeit, nämlich wenn* 
es die Absicht seyn soll, nur durch eine 
Empfindung die andere vorzubereiten und in 
stärkeres Lieht zu setzen; doch dürfte auch 
dann die Aufeinanderfolge nicht zu schnell 
geschehen. Ich kenne nichts grösseres der ' 
Art, als die Charfrey tags - und am Abend 
die darauffolgende Auferstehungsmusik (letz- 
tere von Hasse) in Dresden. Nicht Klop- 
sloek, nicht Paul Rubens malen eine erha- 
benere Auferstehung. Der Eindruck bleibt 
dem- Hörer ewig! 

D. Hohnbaum. 



») Man wird mir hier einwenden, dtw ja Muaik überhaupt auf immer wechselnden Polaritäten und ihren 
Abstufungen beruhe, als ff und pp i Höhe und Tietej Consonaui und Dissonanz u. s. w. und ich er- 
iriedere hierauf, daaa ein «oltmor Wechsel in einem und demselben Tonatttck allerdings »eine Stell* 
findoi ob ea mir gleieh scheint, alt sab« man auch hier daa richtig« Maas überschritten) eine Ver- 
gleicbung dea alten musikalischen Styls mit dem heutigen mag dies besonder* belegen; i<* 
erinnere hier an die Kompositionen eines Leo, Pergoleai und anderer; an die alten Kirche 
dieen 0. a. w kl» behalte mir e. rör, an einem andern Orte hierüber mein« Meinung bt 



tor au tagen. 



■ 



Digitized by Google 



139 



1804. November. 



140 



Nachrichten. 



Paris , d. 7ten Nov. Es geschiehet mit 
guter Absicht, dass ich Ihnen schon wieder 
schreibe : nicht als h&tte ich viel Ausgezeich- 
netes zu melden, sondern um mich des we- 
niger Ausgezeichneten und doch zur Sache 
Gehörigen zu entladen, und dann desto frey- 
ern Raum fiir das erhoffte Vorzügliche zu 
gewinnen — wenn anders nicht so ebeu 
Berge kreissen. 

Die katserl. Akademie der Musik (Sie 
wissen., dass das heisstt das grosse Opern- 
theater,) hat, zwischen den Wiederholun- 
gen der Barden, auch an der fast wieder 
zur herrschenden Mode werdenden Erhebung 
" Gretry's Theil nehmen wollen, und neulich 
seinen Pauurge wieder auf die Bulme gebracht. 
Aber was fiir einen Panurge gab Düfresne! 
einen solchen, dass, wörtlich genommen, al- 
les davonlief. Die Direktion war nun wol 
gezwungen , die noch immer fortwährende 
Spannung zwischen ihr und den Lehrern 
am Conservatoire au vergessen, und gab die 
Holle Hrn. fiounet, einem noch sehr jungen 
Sauger und Zögling jenes Iustituta, der denn 
auch sehr brav spielte und sang, aber nun 
wieder vom Publikum mit so ganz unmäßi- 
gem Bevfaü verfolgt wurde , dass man fürch- 
tenkann, seine Last werde den jungen Maun 
erdrücken, und daas ich mir zur Pflicht ma- 
che, zu gestehen, dass er vollkommen lei- 
stete, was man fordern, aber noch lange 
nicht, was man wünschen und vom Künst- 
ler erwarten darf. — Das Theater der Kai- 
serin hat nun Paer's Camilla gegeben. Man 
hatte mit dieser Oper dep Versuch gemacht, 
die ntchtobiigaten Recitative, die sonst be- 
kanntlich auf diesem Theater, wie auf den 
deutschen , in gesprochenen Dialog verwan- 
delt werden, zu singen: aber theils siud unse- 
re Sauger der komischen Opern theater dar- 



auf zu wenig eingerichtet; theils macht der 
Franzos , seine deklamatorische Musik (und 
hier mit Recht) hochhaltend, an das Reci- 
tativ weit höhere und ganz andere Ansprü- 
che, als der Italiener; theils zog sich die 
Vorstellung dadurch so ausserordentlich iu 
die Lange und Breite — dass der Versuch 
gauz misslang, und das Auditorium, ohne 
die Schönheilen der eigentlichen Gesangstücke 
zu verkennen , eine erstarrende Langeweile 
empfand, so dass auch das wahrhaft Vor- 
zügliche der Oper den HUekt nicht machte, 
den es sonst gemacht haben wurde. Ueber 
die Oper selbst Ihnen zu schreiben, wäre 
Wasser in den Brunnen tragen: sie ist ja 
auf den deutschen Theatern trüber und ge- 
nauer gekannt, als hier. Wir finden hier« 
die angenehmen Melodieeu des Verfassers der 
Oriselda wieder, glauben aber ans der Vev- 
gfeichung behaupten zu können, dass alles 
Grösse und Pathetische seinem Genius wi- 
derstehe und von ihm (wie in mehrern Sco- 
nen der Camilla) nur erkünstelt, folglich nie 
ganz glücklich erreicht ifcrden könne. Dem 
Publikum geHelen vorzüglich das Duett, das. 
auf die Introduktion folgt, das erste Finale, 
und das Duett, womit der zweyte Akt an- 
fangt — nnd auch ich zahle diese unter die 
besten Stücke des Werks. Das Orchester 
spielte ganz vortrefflich und ganz in der ge- 
wandten, delikaten, und doch nicht matten 
Weise, in welcher die Arbeiten neuerer Ita- 
liener vorgetragen seyn wollen. Dem. Stri- 
nasacchi spielte die, zuweilen bis zom Pein- 
lichen anstrengende Rolle der Camilla mit 
Kraft und Feuer, und sang sie — Zwar 
nicht übel, aber doch bey weitem nicht voll- 
kommen. Von den Andern war, im Spiel 
und Gesang, vornehmlich Nozari (Loredan) 
zu loben. Das zuletzt genannte Duett führte 
er mit Martinelli meisterhaft aus. Beym ge- 
mischten Publikum dürfte aber wol diese 
Oper dem sich eben erst gründenden Rufe 
Paer's in Frankreich mehr schaden als nut- 
zen. — Die franz. komische Oper (Opera- 



Digitized by Google 



i 4 i 



i8<>4. November. 



142 



comique - national ) gab eine neue Oper in 
einem Akt: l' Avis aux tenimes, von Pixe- 
recourt, Musik von Gaveaux. Das Gedicht 
ist nach der Erzählung der Fr. von Geulis : 
Le Mari insliluleur, aber etwas verballhornt: 
doch gefiel es, und auch die Musik, obschon 
ich diese gar nicht vorzüglich ßnden kann. 
Gav., wiewohl ohne alle eminente Talente, 
ist doch in «einer engern Sphäre gar nicht 
am verachten; hier hat er aber iin Styl Ci- 
marosa's (in dessen letzten Werken) schrei- 
ben wollen, und wiewohl er dies als ein ge- 
schickter und erfahrner Mann gethau hat, 
ist ' doch nur ein Machwerk herausgekom- 
men. Warum steht man nun nicht lieber 
auf eigenen Füssen — versteht sich, wenn 
man nicht ohne sie gebohren ist — soll- 
ten sie auch nicht zum schönsten geformt 
aeyn? — 

Die Winterkonzerte sind endlich mit 
einem sehr rnh mens wertheu der schon frü- 
her genannten Spanierin, Donna Isabella 
Colbran , (Sängerin der Königin von Spanien) 
nachdem sie sich mit Beyfall vor dem Kal- 
ter und der Kaiserin hatte hören lassen , er- 
öffnet Wörden. Bs hatte sich vieles verei- 
nigt dies Debüt zu verherrlichen: der Ruf, 
Frivatverhältuisse, gut gewählte Kompositio- 
nen , ausser drr wirklich ausgezeichneten Sän- 
gerin noch einige wackere Virtuosen, ein aus- 
erwäbltes und starkes Orchester, von Kreut- 
ler ganz vortrefflich angeführt und zusam- 
mengehalten, und endlich auch ein glänzen- 
des Auditorium. Ich dürfte dies Konzert 
also wol im Einzelnen durchgehen, wenn es 
mir auch nicht Gelegenheit böte, von einigen 
Ihnen uoeh nicht bekaunten, aber schäzba- 
ren Künstlern zu reden. Es wurde mit 
einer meisterhaft ausgeführten Ouvertüre von 
Ilaydn (No. 1.) erötlhet, dann sang Lam- 
bert, ein noch nicht öffentlich- aufgetretener 
junger Sänger, eine Arie aus Dardanas, mit 
einer schönen, biegsamen, klingenden, doch 
etwa« weichen, und daium gerade für diese 



• Arie weniger geeigneten Stimme ; und nun gab 
uns Wölfel (hier immerfort Wolf genannt) 

I ein neues Konzert von seiner Komposition 
auf dem, Pianoforte. Das Konz, war treff- 
lich geschrieben, wenigstens eben so geist- 
reich, lebhaft, neu und gut durchgeführt, aber 
weniger bizarr, als frühere von ihm — knra, 
ich harte es für sein bestes; und sein, Ihne» 
hinlänglich bekanntes, glänzendes und äusserst 
fertiges Spiel, dem in der Welt nichts su 
schwer scheint, fand ungeteilten Beyfall — was 
hier, unter einer beträchtlichen Anzahl wirk- 
lich ausgezeichneter Klavierspieler wol etwas 
sagen will. Nun sang Dem. Colbran eine 
ital. Scene — wovon hernach. Den zwey- 
ten Theil eröffnete Cherubini's Ouvertüre 
zum portugiesischen Gasthof. Es ver- 
dient wol gefragt zu werden, wenn man 
auch keine Antwort zu erhalten hoffen, darf, 
warum man gerade diese Cherubinische 
Ouvertüre so sehr (weit mehr als alle übri- 
gen) hier goutirt? Nach einer Arie der 
Dem. Colbran folgte ein Violinkonzert, kom- 
ponirt und gespielt von Libon, -einem Zög- 
ling Viotti*« und Kapellisten bey der Köni- 
gin von Portugal. (Sie sehen, wir gehen 
jetzt in der Musik, wie viele Ihrer Lauda- 
leute in der Poesie, immer weiter- — links: 
ob wür einmal, gemeinschaftlich mit diesen, 
zusanflhenkommen werden in — Indien?) 
Die Komposition war mehr für die Damen— 
die auch ganz bezaubert schienen; sie mö- 
gen aie vor mir behalten: aber den netten, 
zarten, tieinen, graziösen VörUag Libou* 
möchte ich mir dafür ausbillen, wenn sich 
so etwas weggebeu und empfangen fcesse. 
Den Beschluß machte Dero. Colbi rfö mit eh«* 
grossen Scene, mit Chören. Diese Spanie- 
rin ist zwar eine Modeblume, aber wahr- 
haftig dies nicht allein, sondern auch eine 
Sängerin, die zu allen Zeiten und unter 
allen Moden mit Ehren bestehen könnte. 
Ihre Stimme ist an sich nicht ganz vorzüg- 
lich ■ — in der ersten Arie, von Ziuga-- 
relli, klang sie sogar ein Wenig stumpf, ver- 



Digitized by Google 



1804. November, 



143 

braucht*)} dann aber wurde sie klingender. 
Wa» jedoch Bildung, «owohl niedere, der 
Schale, al» höhere, der Kunst und de* Ge- 
schmacks, m**»igen Talenten gewähren kann, 
da« besitzt und wendet die Donna trefflich 
an. So hilft sie auch, «. B. durch Beschrau- 
ken ihrer Stimme nur auf da«, wa» die«e 
vollkommen beawiugt und" ganz frey, leicht 
und graziös handhaben kann — ihrer Stim- 
me selbst auf, und gewinnet dadurch mit 
den Beurtheilenden zugleich da« Vorurtheil. 
Ihren «chönen Au«druck, ihre Genauigkeit 
in der Intonation und Ausführuug der Pas- 
sagen, und da« Einschmeichelnde ihrer gan- 
zen Manier konnte «ie noch mehr in den 
folgenden Stücken (von Creacentini und Por- 
togallo) entwickeln , und hier erntete «ie all- 
gemeinen Beyfall ein. 

Das neulich genannte junge Weibchen, 
Mad. St. Aubin-Duret, ist in die kaiserliche 
Kapelle aufgenommen und zugleich Kammer« 
•äugerin der Kaiserin geworden. 

.! 

Dttoita Ü*er Konzertmusik in Btrlin**). 



Mi 



Ich' fange mit dem er»ten November mei- 
nen Bericht an, der die hiesigen Konzerte, in- 
sofern sie etwas Ausgezeichnet*-« liedR, Ih- 
ren Lesern in genauem Detail darstellen und 
«in getreues, unparlheyische» Bild des jeui- 
gen Znstande« der Musik und des Geschmak- 
ke« in B. liefern wird. • 

Mit Recht darf man behaupten, dass die- 
ser, was Konzertmusik betrifft, von Jahr zu 



Jahr nicht nur verfeinerter, sondern wirk- 
lich gebildeter wird. Die« haben wir: — be- 
sonders in Absicht auf Instrumentalmusik 
und deren Ausführung, den vielen Virtuo- 
sen, welche die königliche. Kapelle besitzt, 
und zum Theil auch den durchreisenden 
fremden Künstlern zu verdanken, welche 
richtigen, auf Grundsätze der Knust zurück- 
zuführenden Geschmack auf die grosse An- 
zahl ausübender und auch blos zuhörender 
Musikliebhaber verbreiten. — Eine diesen 
•chönen Zweck ebenfalls vorzüglich beför- 
dernde Anstalt ist aber das seit vorigem Jahre 
wieder eingeführte AboDncnieulkonzert der 
Hrn. Schick und Bohrer, »eiche« acht Don- 
nerstage hinter einander angesezt ist, durch 
die Weihnachts- und Karnevalsseit unter- 
brochen, und nach Beendigung der letztem 
noch viermal gegeben wird. Das Lokal» 
dazu, in dem Konzertsaal des königlichen 
Nationaltheater« , läset bey der zweckmässi- 
gen Einrichtung, Eleganz und schönen Er» 
leuebtung« nicht« ala etwa« weniger Wieder- 
hall (besonders der Trompeten und Pauken) 
an einigen Stellen, der vielleicht dnreh die 
Anlage der Logen gerade dem erhöbeten 
Orchester gegen über entstanden seyn kann, 
zu wünschen übrig. — Da Berlin «eil eini- 
gen Jahren keine bestimmten Öffentlichen 
Wiuterkonzerte gehabt und daher eine rich- 
tige Leitung des Geschmacks für Konzert- 
umsik entbehrt hat, so haben die Hrn. Schick 
und Bohrer sich durch die mit vielen Schwier 
rigkeiten und .Kosten verknüpfte, anfänglich 
gewagte Einführung gedachter Aboonement- 
konzerte ein wahres Verdienet um das inu- 
•ikliebende Publikum erworben. Ungethcil- 



•) Um dieser jetzt berühmten Dame nicht Unrecht su 
Kurrasp. her* er schreibt: terne. 



Wort de« 



•») Der nebtungswerth« Hr. Verf. dieses Aufaatae» wird ihn von Zeit tu Zeit fortsei sea , ohne daas 

um die, Ton einem andern Verf. in anderer Abeicht monatlich nitgotheiltMi Lursea Leberaichten aller 
snuiikal. Neuigkeiten in Berlin, unterbrochen würden. 

. . . . J fi. ae.dakt. 



1 



Digitized by 



»45 



1804. November. 



146 



tcr BeyfaU aud zahlreicher Bestich lohnt da- 
für jetzt auch ihre Bemühungen. — Das 
Orchester ist mit verdienstvollen Musikern, 
zum Theil Atta der kouigl. (Capelle, und mit 
geübten Dilettanten besetzt. Herr Schick 
führt bey der ernten Violin dasselbe sehr 
zweckmässig an und bemüht sich durch die 
jedesmaligen Proben, welche mit Ernst und 
Anstrengung gehalten werden, dem Ganzen 
das möglichste Ensemble au geben. Sing» 
raohen dirigirt Hr. Kaminerrausikus Gürrlich 
aiu Piauofoiie. Lobeoswerth ist die Verstär- 
kung der Hasse uud die vot iheübaflo Stel- 
lung der Instrumente. — 

'■■j.-, » 

Nach diesen allgemeinen Bemerkungen 
komme ich auf meinen eigentlichen End/. weck, 
eiu Detail des erste u diesjährigen Konzerts zu 
geben, zurück. Es wurde mit einer neuen 
grossen Sinfonie von Beelhoven aus D$ er- 
ofluet. (Wien. Industrie- Couiptoir). Diese 
war iu der Thal das schwierigste Problem, das 
einem nicht rar beständig zusammen einge- 
spielten Orchester aufgegeben werden kann, 
und ei wurde rühmlich gelöst. Die Violi- 
nen waren ziemlich egal und die verschie- 
denartigen Figuren wurden präcis und mit 
Feuer, die oft grellen Modulationen richtig 
und rein ausgeführt. Bratschen und Basse 
waren kraftig und prompt. Die Blasinstru- 
mente, durch die Herren Schröch, Grosse, 
Bhesener, Kreuzwatis, Böttcher, Schneider 
und mehrere besetzt, fielen richtig ein und 
die oTteren Solosatze wurden mit Geschmack 
vorgetragen. Flöte und Hörner zeichneten 
sich besonders aus: der Fagott war etwas 
zu stark und bey der Oboe vermisste man 
«nsers Westen holz schönen Ton. (Er krän- 
kelt leider). Was die Komposition dieses 
Stücks betrifft, so herrscht dariu viel Ori- 
ginalität. Rckhthuro, oft Ueberfluss der Har- 
monie, mituuter aber auch Bizarrerie. Die 
Sinfonie beginnt mit einem kurzen Largo 
imposant , mit kantabeln Solosatten der ßlas- 

I, and geht in ein 



sehr durchgeführtes Allegro über. Das An- 
dante quasi Allegretto aus A $ hat viel an- 
genehme Melodie, uud weite Ausführung. 
Die Menuett nebst Trio ist ganz neu, uud 
auch kleine Züge, z. B. das mitten einfal- 
lende kleine Hornsolo, sind von besonderer 
Wirkung. Das leute Presto geht zuweilen 
ins Wilde über, ist aber vortrefflich aus- 
gearbeitet. Im Allgemeinen erregte diese Sin- 
fonie nicht solche Sensation, als Mozartsche 
und Haydnsche. Der BeyfaU der Kenner 
dankte jedoch den Musikern für die beyuaho 
drey Viertelstunden lang ausgeführten, und 
glücklich überwundenen Schwierigkeiten. 

Es folgte eine Scene von Cimaroaa mit 
grossein Kraflaufwande gesungen von Mad. 
Schick. Die Komposition war in der ge- 
wöhnlichen italienischen Mauier, angenehm, 
nicht ausgezeichnet. Der Vortrag der Mad. 
S. war klar und schön; der einige Töne, 
hinter einander heraufgehende Triller legte 
einen neuen Beweis von dem Studio dieser 
bewahrten (jetzt öfters mit Unrecht verkann- 
ten) Küustlerin ab: nur sollte Mad. S., die 
lange genug ihr Recht als Bravoursangeria 
geltend gemacht hat, jetzt weniger Sachen 
wühlen , wo sie die höheren Töne forcken 
muss, sondern dafür lieber mehr in der 
Sphäre des ~recitirenden, deklamatorischen 
Gesanges bleiben, wo sie, wie z. B. als Iphi- 
genie, in Deutschland so ganz einzig ist. 
Zudem erlaubt der Konzertsaal keine über- 
triebene Anstrengung der Stimme , (die in 
dem angeheuern Theater vielleicht nothwen- 
dig seyn mag) weil der Schall ausserordent- 
lich den Ton, der Menschenstirome beson- 
ders, verstärkt. — Hierauf zeigte Herr 
Louis Maurer, Schüler des Hrn. Konzert- 
meister* Hucke, seine Forlschritte im rei- 
nen geschmackvollen Vortrag auf der Violin, 
in einem Konzert von KrcuUer. — Den 
Beschlues des ersten Theil* machte ein Quar- 
tett und Chor aus der im vorigen Carueval 

Oper von Mayr: Gi- 



Digitized by Google 



M7 



igo4- November. 



148 



uevia di Srozia. Mad. Schiel, Mad. Lanz, I gene Konzertante dir zwey Klarinetten von 



die Ilm. Fischer und Grell führten die So- 
loparlhieen mit Kunst und Pricision aus und 
mit Freude bemerkte so manchev Freund 
deJ Gesänge« die mehrere Ausbildung der 
von Natur so sonoren, nur etwas schwa- 
chen Tenorstimnie des Hrn. Grell , die sich 
in diesem Saal weit vorthcilhafler als auF 
dem grossen Operntheater ausnahm. Frey- 
lieb war dort auch die eigentlich für einen 
Kastraten gesetzte Parthie des Luacanio, die 
nun also von dem eigentlichen Tenore, und 
besonders von der starken Stimme des Hrn. 
Mandini immer unterdrückt wurde , für Hrn. 
Greils erstes Aufueten auf ein so grosses 
Theater, nicht günstig. Obgleich Madame 
Schick alles Mögliche in dieser schweren 
Bravourparthie leistete, konnte man Mad. 
Marcbetti als Ginevra, und besonders ihre 
Leichtigkeit, Schwierigkeiten zu besiegen, 
doch nicht ganz vergessen. — 

Den zweyten Theil dieses schönen Kon- 
zerts eröffuete die charakteristische Ouver- 
türe aus Cheruhini's Lodoiska, welche vor- 
trefflich exekutirt wurde. Ausdruck und 
Feuer im Ganzen, zart vorgetragene kleine 
Solo's, z. B. der Klarinette: 




und der schöne Ton der Hrn. Böttcher und 
Schneider auf dem Horn bey dem Einslosseil 
des frappanten E., so wie der lärmende 
Schlus«, brachten die erwünschteste Wir- 
kung hervor. Es folgte nun eine von den 
Herrn Bliesener und Reinhardt mit der 
grössten Fertigkeit und Rundung vorgetra- 



Krommer aus E b. Die Tutüs waren sehr 
reich instruraentirt und brillant, die Soloa 
für das Instrument berechnet: das Ganze er-, 
hielt mit Recht aUgemeiueu Bey fall. — Den 
Besch luss machle das sehr angenehme (wie-, 
wol auf den Theatereß'ekt berechnete) Schluss- 
chor aus der Oper Semiraraia von Himmel j— , . 
uud jeder Zuhörer vcrliesa den Saal mit fro- 
her Stimmung* .vollkommen befriedigt und;» 
mit den angenehmsten Erwartungen für «he>: 
Zukunft. 

Wie solche eintreffen werden, sollen Sie. 
in der Folge erfahren I Berlin, den 5ien 
November. 



In Leipzig liess sich Dem, Adam, eine 
achtjährige Klavierspielerin, mit verschiede- 
nen, zum Theil schwierigen Kompositionen hö- 
ren, und spielte — wie nun wol auch manche 
andere achtjährige Klavierspielerin, die fleissig 
angehalten worden, spielt. Wir wünschen, 
dass wir uns irren, wenn wir in diesem 
Kinde mehr ein Opfer» ab eine Friesterin 
der Kunst erblicken. , 

Wenig Tage darauf trat Hr. Weiimann, 
vom kouigl. Naliunaltheater in Berlin, auf 
dem Theater als Belinonte in Mozarts Ent- 
tuhrung, und im Konzert mit Arien von. 
Naumann und Winter auf. Ourch sei- 
ue sehr angenehme Stimme, deren wei- 
ten Umfang und ungemeine Biegsamkeit, so 
wie durch seinen lebhaften und zierlichen- 
Vortrag, erwarb er sich allgemeinen Bey fall. 



Liirn«, » « Tf B»niioH «MB HIezcl. 



Digitized by Google 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 5 ,en December. N=. 10. 



1804. 



Ueber den Qiarakirr, dtn die Ualitnü<ht und 
duitscht Musik habtn, und du JranwMudu 
huUn sollu *). 



Seit den berüchtigten Fehden der Picciniiten 
Und Gluckislen in Frankreich hat es eine 
Pailhey fiir italienische und eine für deut- 
sche Musik gegeben: der Aufschlag für eine 
von bcyden schwankt bey Musikern zwar 
nicht mehr so gans unentschieden , als vor- 
mals, aber beym Publikum desto mehr. 

Hiervon mag es raancherley Ursachen 
geben: die fortwährend für Eine Gattung 
entschieden sich äussernden Stimmen von 
Männern von Gewit-hl; die auageseichneten 
Schönheiten, die man in beyden Gattungen 
findet; der Ruhm und das Genie der grösa- 
ten Meister beyder Partheyen, deoen man 
Beyfall zollen mus*; endlich auch das vor- 
laute , absprechende Geschrey unkundiger 
Skribler — vielleicht gehören diese unter 
die Uauptursachen. Sollte es aber nicht et- 
was tiefer, und diesem allem zum Grunde 
liegeode geben? leb glaube! und ich wage 



um so eher, meine Meynung darüber su 
sagen, je uupartheyischer ich mich seibat 
dabey fiihle. 

Es ist sehr oft gesagt und nie wider- 
sprochen worden , dass jede Nation durch 
Bildung zwar die Werke der andern ken- 
nen, schützen, ehren lernen, aber Joch nur 
diejenigen gans gemessen, in sich aufneh- 
men, mit voller Seele lieben könne, die ih- 
ren eigenen Geist aussprechen. Es ist in 
dieser Absicht mit der Kunst, wie mit der 
Sprache: beyde bilden sich — ich möchte 
sagen : aus dem Innersten der Nation, mei- 
stens bewusstlos, und beyde wirken auch 
dann nur ganz, wie siesollen, zurück,, wenn 
sie sich so gebildet haben. Ich wünschte, 
dass man es mit meinem Beyspiel von der 
Sprache genau nähme, weil ich es hier 
nicht ausfuhren kann, diese aber mir nicht 
nur den besten Uebergang auf -die Musik, 
sondern auch eine forllaufende, erläuternde 
Parallele mit dieser su gewähren scheint. 

Dieselbe Eintheilung der Nationen Euro» 
pa's, die nach dem Klima stattfindet, (südli- 



— . i > — — — ■ 

♦ 

Ausserdem, da*« dieser, die Sache freylieh sieht ertrhöpfende Aufsltt doch manchen aehr guten Ge- 
decken enthält, der vielen Leaern der nut. Z. noch nicht geläufig ceyn'mag, kann et wol euch nicht 
nninterestsat teyn , wie ein Mann in Frankreich , dem gewitt Niemand <lae Stimmrecht Uber Musik stiel« 
«ig machen wird, über die untrige urtheilt. -.Vielleicht iat ea eben jetat um ao iatereaaaoter , diea Urtheil uad 
Ton ihm selbst tu leten, da «iber den Zattand der Literatur und der Künate in DeuUchland überhaupt, in *ie- 
und gelesensteii französischen Schrillen einmal wieder auf dat aUerherabwürdigsmrlaU), 
1, uud, man darf mit Grund tagen, toll et te dsraiaonnirt wird. 

d. Redakt. 



7. Jahrg. 



10 



Digitized by Google 



»5* 

che und nördliche) bleibt auch, wenn 
auf die Sprachen Rücksicht nimmt — und 
muss, uach Obigem, stattfinden. Nach 
dieser Abtheilung, wäre Italien das erste 
südliche, Deutschland das erste nördliche 
Reicht und Frankreich schwebte (oder viel- 
mehr: sUude fest) zwischen beyden. Je 
beisser nun das Klima, je empfindlicher und 
reizbarer, folglich auch, je heftiger und 
flüchtiger die Nation $ im Gegentbeil, je 
rauher das Klima, je weniger empfindlich 
uud reisbar, aber atfeh, einmal ergriffen, 
je energischer, ausdauernder, wiederhalüger 
die Nation. Jeüe kaun durch das Kleinste, 
diese nur durch Starkes aufgeregt werden. 
Der einfachste, sanfteste uud sarteste Aus- 
druck des Gefühls reisst jene schon dahin, 
Während er die Herzen dieser noch kaum 
berührt. Diese verlangt tiefgreifende, hefti- 
ge, wol gar gewaltsame Mittel, um erschüt- 
tert su werden; jene würde dadurch un- 
angenehm, widerlich, wol gar peinlich, bis 
cum Schmers , aufgereist. 
• 

Indem sich hiervon die Anwendung anf 
die Musik von selbst macht, entdeckt man 
zugleich den Charakter südlicher und nörd- 
licher Musik, begreift den Grand ihrer Ver- 
schiedenheit, begreift, warum die eine im 
Klima und bey der Empfindung« weise der 
andern — von Einzelneu zwar gekannt, ge- 
schätzt, wol aueb nachgeahmt, nie aber von 
der Nation eigentlich geliebt seyn kann, 
sondern von ihr gemeiniglich herabgesetzt, 
gemieden wird. Unsre Melodie ist natürli- 
cher, Messender, leichter, gewandter, rüh- 
render, unsre Harmonie einfacher, weniger 
gesucht, nie erkünstelt — sagen die südli- 
ehen Musiker. Beyde sind bey uns auser- 
r, leidenschaftlicher, energischer — 



1804. Decernber. 



15a 



sagen die nördlichen. Ich aber sage: Ihr 
glücklichen Rivale, hört endlich auf, einan- 
der eure Vorzüge streitig zu machen! Un- 
ter so verschiedenem Himmel können sie 
nicht verbunden seyn ! Ihr seyd beyde gleich- 
begünsligt vom Gott der Harmonie, und 
jeder hat die Gabe des Ausdruck« empfan- 
gen, womit Er rühren, erfreuen, belebeu 
kann und soll! Diese hallet Werth und 
bildet sie immer höher aus! Warum wollt 
ihr das Eure über dem Streben nach Frem- 
den, wol gar über dem Streiten darüber, 
weniger werthachten und anbauen! Stem- 
met euch nicht gegen die Natur! Sie gab 
eueru Nerven nicht gleiche Reizbarkeit, 
euren Herzen nicht gleiche Empfindung: 
wollt ihr diese aussagen, so müsst ihr es 
in so verschiedeneu Sprachen — und mit 
eurer Musik, auf welche doch der Hegriff 
und die Konveution weit weniger Einfluss 
haben, sollte es nicht so seyn? Da sollte 
Einer sprechen, wie der Andere? Da sollte 
der Andere, der als ein Anderer spräche, 
weniger werth seyn? — 

Nein , so wie der Geist dieser Nationen 
verschieden ist, wie ihre Sprachen verschie- 
den sind, so soll auch ihre Musik verschie- 
den seyn. Wie der Italiener *) in seinen 
Sitten mehr Saufies, Weiches, Schmeicheln- 
des behalten wird, wie er»s auch in seiner 
Sprache behalt: so behalte er's auch in sei- 
ner 'Musik! Wie der Deutsche in seinen 
Sitten mehr Rauhes, mehr Feststehendes, 
mehr Düstere« behalten wird, wie er's auch 
in seiner Sprache behalt: so behalte er's 
auch in seiner Musik! Die rasche, wollü- 
stige Sinnlichkeit des Eislern gehet in sei- 
ne Melodie; die langsame, ernste Reflexion 
des Zweyten in seiue Harmonie über. Bey 



>) Ich nenn* ihn vorzüglich, am tau de« südlichen Europäers überhaupt, weil ihm in diesem Streite 

L t # Wi« den» Deutsche*, unter den nördlichen Europäern. 

«, Verf. 



Digitized by G< 



1&04. December. 



i54 



Jenem wogt es, wenn ich so sagen darf, 

immerfort, beym kleinsten Lüftchen und zu 
kleinen Zwecken: dieser bleibt «tili und 
kalt, bia ilira etwas zukommt, das ihn derb 
angreift. So leistet Hey dem Ersten eine 
einfache, fein gewendete Melodie, nur un- 
terstützt von durchsichtiger Harmonie, 



vollkommen das, was, bey dem Zweyten hef- 
tige, gleichsam vom Affekt herausgeschrieene 
Melodieen, mit kräftiger und durchge- 
führter Harmonie leisten. 

Nichts ist demnach ungerechter , als wenn 
man gegen den Geschmack dieser Nationen 
in der Musik dekjarnirt oder witzelt. Die 
huhe Stufe, auf welche sich die Kunst bey 
heyden erhoben hat, das unwandelbare Glück, 
in weichem sieb die ihnen eigenen Gattun- 
gen in ihren heimischen Landern zu erhal- 
ten wissen, im Gegensatz der fremden, die 
treulichen Werke der grösaten Meister beyder 
Nationen, deneu die ganze Welt die Achtung 
nicht versagen kaun: alles das zeigt, das» 
aich beyde Volker auf den Wegen befinden, 
welche die Natur sie gehen heisat, und wel- 
che deshalb, l ür sie die rechten sind. 

Kann nun Frankreich in Absicht auf sni- 
ne Musik dasselbe von stell behaupten? Ich 
glaube, neinl Bia auf Rameau lag unare 
Musik, im Dunkel,^ sein Genie beschleunigte 
ihre Morgenröthe : nun hallte . aber die Son- 
ne hervortreten sollen, die — ■ nicht hervor 
trau — Im Gegentheil — wollten wir nioht 
gegen unser eigenes Vergnügen streben, 
mussten wir unsre Eigenliebe bekämpfen, 
den grossem Meistern jener Nationen die 
Platze räumen, und ihre Ueberlegenheit an- 
erkennen. Dies geschähe, und die Neuheit 
dieses fremden Genusses machte. da*s man- 
nen selbst über ihm vergass, und vom sud- 
lichen Melodiker zum nördlichen Harmoniker, 
und von diesem zu jenem eilte, ohne zur 
Ruhe oder auch nur zu einem gründlichem 
Urlheil zu kommen, ala z, B.i dies« Deut- 



schen — wie trefflich sind aie! wenn aie 
nur etwas von der Grazie Italiens anneh- 
men wollten! Diese Italiener — wie himm- 
lisch sind sie ! wenn aie nur etwas von der 
Krad und Besonnenheit der Deutscheu an- 
nehmen möchten! — 

■ 

So verblutet es bey uns noch immer. 
Eins könule uns befestigen — aber dies ist 
noch nicht da: wenn man nämlich den 
Franzosen Werke gäbe, die ihrem eige- 
nen Sinn — uud, wenn ich so sagen darf, 
ihrem Klima ganz angemessen waren. Dann 
hörten jene Neckereyen auf: wir bewunder- 
ten den Geist unsrer Nachbarn, wir gäben, 
ihren bessein Werken Bey fall: eher wir 
sahen auch ein, dasa sie uns eben 'so we- • 
nig ganz zusagen, gans befriedigen könn- 
ten, als ihre Poesie und alles, was aus ih- 
rem Innersten hervorgehet — wie das der 
Fall mit dem Upsrigen bey ihnen bleiben 
müsste, ohne dass wir darüber scheel sä- 
hen. — Wie müsste aber wol diese Musik 
beschaffen seyn? Ich wage nur einige Muth- 
inassungen. 

Der scharfsinnige und geschmackvolle 
Dübos (Reflexions critiquee sur la poesie et 
la peiuture) bemerkt schon, dasa wir im 
Innern der Seele weniger innig empfinden, 
als die Italiener; auch liegt Paris, das denn 
doch über Kunst und Kunstwerke in Frank- 
reich entscheidet, .Deutschland weit näher, 
uud ist im Klima ihm weit ahnlicher, ala 
Italien t sollte demnach unare Musik nicht 
der deutschen sich mehr nabern müssen , als 
der italienischen?. — Die Erfahrung scheint 
dies zu bestätigen: man liebt vorzügliche 
ital. Werke, aber die entscheidenden und 
forldauernden Siege, die die deutschen er- 
halten, sind jenen nie an Theil geworden. — 
Wie, wenn wir diesem Winke folgten? 
wenn wir darauf hinarbeiteten, die grossen 
Züge, die effektvolle Melodie, die glancen- 
de, salbst zuweilen die rauhe Harmonie, die 



Digitized by Google 



»55 



i8o4* December. 



156 



schnellen Ueberglinge und überraschenden 
Modulationen, die Tiefe der Ausführung 
ihuen nachzubilden, aber auch ihre nicht 
seltene Hizarrerie, Künsteley und Grellheit 
durch die anmuthige Zartheit und sanfte 
Grazie des Süden zu versüssen uns bemü be- 
ten? Ich weiss es nur allzu wohl, dass das 
leicht zu ' sagen > aber unendlich schwer aus- 
aulübreo ist, wenn es — durch blosses 
Studium geschehen soll: aber was ist dein 
Genie unmöglich, oder auch sehr 
, wenn es nur erst die rechte Rich- 
erhalten hat? Vielleicht haben wir 
eben jetzt einige eminente Köpfe, die hier 
tbfttig aeyn ■ könüten : wie glücklich wollte 
ith mieba schätzen; Wenn ich durch diese 
Vorstellungen sie für den angegebnen Weg 
gewönne — denn , das bin ich gewiss, 
er ist für Franzosen der rechte, der 



C. in Paria. 



Nachrichten. 



Leipzig. Den a6sten Nor. gab Dem. 
Louise Janitsch, Tochter des Ben t bei in - 
Steinfurthischen Kapellmeisters , eine Sänge- 
rin von eilf Jahren — und, dem Ansehn 
nach, kaum so alt — ein Konzert, und 
liess sich darin mit nicht weniger als vier 
Bravourarien, von Salieri, Paer, Schuster 
und Süssmayr, hören. Vom Gesang, als 
Kunst , so wie vom Gefühl für das , was ge- 
sungen wird, kann hier die Rede nicht 
aeyn: aber die Sicherheit des Kindes in der 
Intonation, im Takt, der weite Umfang 

■einer Stimm» (von e bis e) und auch man- 
che glückende schwierige Paesagd, erregten 
Verwunderung, und werden dies geschickte, 
artige Mädchen überall Aufmerksamkeit finden 
lassen. Wie wird es. aber um eine Stimm*-, 



wird, in reifern Jahren sieben? und wie 
um die Gesundheit des zxirten Geschöpfs, 
wenn es durch BeyPall noch mehr gereizt 
wird, sich zu übernehmen? 



Fortgesetzte detailirte Nachricht über «fic Kon- 
zerte in Berlin. 



In einer sogenannten musikalischen Aka- 
demie, welche Hr. Klengel, Schüler von 
Muzio Clement!, den Ölen Novbr. im tfaale 
des Nationaltheatera gab, zeichnete dieser 
talentvolle Klavierspieler eich durch einen 
grossen Aufwand von bewundernswürdiger 
Fertigkeit, sowol iu einem von ihm gesetz- - 
ten Konzert, als in einer freyen Phantasie 
aua, worin auch ein Thema aus liimmeia, 
noch immer hier' beliebter Pancbon glück- 
lich angebracht und ausgeführt wurde. Hrn. 
K. ist zum vollendeten Virtuosen nichts, alz 
die feinere Ausbildung im geerhmack vollen 
Vortrage zu wünschen. Zu bedauern war 
es, dass er durch so wenige Zuhörer viel- 
leicht kaum für die Kosten aeiuea Konzertsr 
entschädigt wurde. 

.'■»-•' 1 • • j 

Den 8t e» Nov. wurde das zweyte Abon- 

neraenlkonzert der Hrn. Schick und Bohrer 
mit einer wenig bekannten schönen Sinfonie 
von Haydn ans D<* eröffnet. Die Kxekution 
war« wie fast immer, ohne Tadel. Befolgte 
eine recht hübsche Srene von Winter, vonMad. 
Buotcke mit Geschmack vorgetragen, Kino 
von Hrn. Klengel sehr brav gespielte Sonate 
seiner Komposition beschtoss den ersten Theil. 
Der zweyte ward mit der Overtura aus Che- 
rubini's lilisa erönuet Welcher Reichthun 
der Harmonie! wie charakteristisch schildert^, 
d eses treffliche Musikstück den Inhalt der '" 
Oper! Freylich muss man aber an diese 
denken-, um die Folge von grellen, schnei-» 
denden Modulationen am Sehluss des wihleu, 



welcher so früh so sehr vieles zugemuthet , betäubenden AHegroa, (das gegen den sauf. 



Digitized by -Google 



157 »8o4. 

teil Gesang des vorangehenden mit den Hör- 
nern anfangenden Audanle, welche» an den 
Kuhreigen der Aelpler erinnern soll, treff- 
lich absticht,) gen i essbar zu finden. Hrn. 
Schick'a Verdienst um die pracise Ausfüh- 
rung dieser schweren Overtura ist unver- 
kennbar. Auszeichnend schön wurden wie- 
der die kleinen Solos der Horner (besonders 
bey diesen das schwache Einsetzen und Stei- 
gen des Tons,) und der Klariuette gege- 
• ben. — Hr. Eunicke sang hierauf eine Sce- 
ne von Par mit gewohnter Sicherheit. Es 
folgte ein von Schröck geblasenes Flötenkon- 
zert von Devieune aus Db, das Kenner und 
Liebhaber entzückte. Die Komposition war 
schön, und welche Vervollkommnung im 
achöuen Ton , in Rundung der Passagen, 
zeigte der geschalte Künstler, der gewiss 
hier jetzt der erst« Flötenblaser ist! Allge- 
meiner Beyfall lohnte sein bescheidenes Ver- 
dienst, und wird ihn gewiss noch immer 
mehr anspornen. Die Overtura aus Gluck's 
Ipbigenia machte den Beschluss dieses wie- 
der so schön arrangirtcn zweyten KouzerU. 

Das Dritte, vom i5tenNov., begann mit 
der hier, in den vorjährigen Konzerten mit 
so vielem und verdientem Beyfall aufgenom- 
menen vortrefflichen Sinfonie von Beethoven 
aus C dur. Mit wahrer Freude bemerkte 
jeder Kenner wieder den vortrefflichen Künst- 
ler, Hrn. Weslenholz, bey der Oboe. Dank 
sey es Aeskulap und den Musen , die von 
einer beynahe^ tödtli<hen Krankheit ihu der 
Kunst wiederschenkten! Möchte Hr. W. nur, 
bey seiner nicht zu starken Konstitution sich, 
in der Beschäftigung mit seinem so schwie- 
rigen als angreifenden Instrument, fürs erste 
besonders schonen und sich uns noch recht 
lange erhalten! (Auch Hr. Barmaun war 
heute bey in ersten Fagott, und es blieb da- 
her von Seiten der Blasinstrumente keine voll- 
kommnere Besetzung zu wünschen übrig). 
Gedachtr grosse Sinfonie, dieses so herrli- 
che» klare, harrooniereich und doch nicht 



Oecember. 158 

hizarr gesetzte Meisterstück B.s im Genre 
der neuesten grossen Instrumeiitalkoinposi- 
tion, wurde durchaus mit Energie und Ge- 
schmack exekutirL Wie prachtig wogte das 
erste AUegro in den Stürmen der Empfin- 
dung und aller Affekte hin und her! wie 
angenehm beruhigte das Quasi - Ailegretto 
die aufgeregten Sinne! Wie unübertrefflich 
schön trugen die Blasinstrumente den Ge- 
sang im Trio der Menuett vor, indem die 
Violinen die fortgehenden Bewegungen voll- 
kommen gleich ausführten! — Nicht gan« 
war dies beym Anfang des Finale der Fall, 
der allerdings sehr schwierig bey so starker 
Besetzung ist, wo die genaueste Gleichheit 
im Strich und Ausdruck erfordert wird! Das 
Ganze aber war vortrefflich. — : Es folgte 
eine Srene von Righini, von Mad. Müller 
mit wohlerwogenem Vortrag uud sehr rieh» 
tigern Ausdruck gesungen. Es ist in der 
That bewundern* Werth , wie diese brave Sttn- 
gerin ihre Stimme konservirt, und besondere' 
zu loben, dass sie nicht, wie so manche 
Virtuoseu, es weit genug gebracht zu haben 
glaubt, um ferneres Studium der Kunst nicht 
zu bedürfen. Mad. M. geht mit dem Geist 
der Zeit und lasst dahey die gründliche 
Schul« nicht aus den Augen. Dafür wird 
sie auch lange noch als bewahrte Künstlerin 
die ungeteilte Aufmerksamkeit der Kenner 
festhalten. — Eiu Bratscheu konzer t von Arnold 
trug Hr. Semler heute nicht durchaus mit den 
sonst gewohnten Sicherheit vor, da besonders 
im ersten Salze einige Passagen und das Errei- 
chen einiger hohen Töne verunglückte, wor- 
an jedoch äussere, zufällig« Umstände Schuld 
seyn können. Das etwas leer gesetzte Ada- 
gio trog Hr. S. mit vielem Gefühl vor uud 
durch die lebhaft gespielte Polonaise und 
einen wirklich meisterhaften Uebergang als 
Kadenz 1 erwarb er sich wieder allgemeinen 
Heylall. Etwas minder scharfen Strich und 
dagegen mehr Zaitheit würde Hrn. S. zujn 
ersten BratschrnspieJer erheben, da seine 
Fertigkeit ausserordentlich ist. (Ob aber wo! 



Digitized by Google 



•59 



iSo4- December. 



160 



das öftere Tempo rubato bey eintretenden 
Passagen uothwendig ist? uud ob nicht viel- 
mehr dev Effekt des Ganzen darunter leidet, 
da besonders, wie heule bey den Blasin- 
strumenten der Fall war, die Begleitung zu 
sehr schwankt, ungeachtet Hr. Schick, als 
aufmerksamer Direktor, das Seine bey Be- 
zeichnung des abwechselnden Zeittiiaasses 
thal?) — Dia bekannte Romanze: Zu Stef- 
fen sprach im Traume, von Hrn. Fischer 
in seiner gewohnten Manier mit Bey fall ge- 
sungen« beschloss den ersten Theil. — Den 
zweyten eröffuele die Ouvertüre aus Mont- 
•Iban von Winter. Von vorzüglich schöner 
Wirkung war das Solo der Flöte im voran- 
gehenden Largo mit schwacher Begleitung 
der Pauken. Trompeten und Hörnet*. Diese 
Idee des Komponisten ist von rührender 
Wirkung, wozu die weiche Tonart C. das 
ihrige beyträgL Das feurige Allegro wurde 
sehr gut exekutirt. — Hr. Bärmann blies 
ein Fagotlkonzert von Winter mit Geschmack 
und vieler Fertigkeit. Vorzüglich gelangen 

ihm die hohen Töne bis c mit bewunderns- 
würdiger Reinheit und Anmuth. Hr. B. ist 
gewiss auf dem Wege unsern würdigen Rit- 
ter einst zu ersetzen. — Das Terzett aus Cle- 
xnenza di Tito von Mozart: Quello di Tito 
e il volto, wurde, vorzüglich von Seilen der 
Mad. Müller, mit vielem Ausdruck vorge- 
tragen. Hr. Grell war ein wenig unsicher 
nnd sang deshalb schwach, und Hr. Fischer 
sang, wie eres auf dem grossen Operntheater 
gewohnt ist, mithin gegen die beyden an- 
dern Stimmen zu stark. Das Ganze passt 
nicht recht für den Konzertsaal, da der Ef- 
fekt mit auf die Handlung berechnet ist. 
Die Ouvertüre aus derselben Oper (Titus) 
bescliloss dies dritte Konzert prachtvoll. 
Berlin, den »7ten Nov. 



Kurfürsten von Wlrtemherg für immer nnd 
unter sehr günstigen Verhältnissen als Kam* 
mersängerin eugagirt worden. 

Nach Öffentlichen Blättern hat Hr. Win* 
ter nicht nur sein Amt als erster kurfürstl. 
Kapellmeister wieder angetreten, sondern, 
wird auch bald eine neue, grosse, deutsche. 
Oper vollendet haben, von welcher sich um 
so mehr Vor treuliches erwarten lässt, da. 
Herr Prof. Babo sie gedichtet hat Nach 
dieser wird Hr. W. eine audere gross 
für das k. k. Hoftheater in Wien, auf 
sen Einladung, kouiponireo. 



Reck KaiOMKK. 



Dem. Böheim, diese verdiente Sänge- 
rin aus Berlin, ist von Sr. Durch).', dem 



Gt*öng€ für [Sopran, Ttnor und Bofs, mit 
Begleitung des Klaviers , von Leonard dt 
Call. Werk Vif. No. i. a. 5. Wien, 
im Verlage des Kunst - und Industrie*. 
Comptoirs. (Preis: jede No. 56 Xr.) 



Wie die Perle in feinem Golde, also 
zieret ein Gesang das Mahl — sagt Salomo. 
Es scheinet denn doch, als ob man endlich 
in Deutschland das nicht nur wüsste und 
zugestände, sondern es auch wieder, wio 
bey unsern Vorfahren Sitte war, praktisch 
erweisen wollte: man fangt an mehrern' 
grossem Orten Deutschlands wieder an, die 
oft so langweiligen, peinlichen Gastmahle zu 
beleben und zu erheitern durch Gesang — 
nämlich, durch vernünftigen uud nicht ge- 
schmacklosen Gesang! Es wird darum auch 
jetzt weit mehr zu diesem Behuf geschrie- 
ben, als noch vor kurzem, und das ist «a 
loben, ja es hat sogar etwas Verdienstliches, 
wenn man für die Beförderung und Näh- 
rung und Fortbildung dieser Liebhaberey 
thälig ist — aber, wohl zu merken« auch 
wirklich etwas Gutes dafür leistet, weil man 



Diqitized by de 



i6i 



1804. December. 



i6j 



sie sonst theils irre leitet, theils verekelt. 
Herr de Call, clor freylich jetzt sehr viel 
.schreibt, unti darum uichl immer vorzüg- 
lich, hat doch in dieser Gattung manches 
Angenehme und auch zu jenem specicllcn 
Behuf sehr Zweckmässige gegeben — ja, 
gerade in dieser Zweckmässigkeit findet Reo. 
den namhaftesten Vorzug «eiuer Arbeiten die- 
ser Art: denn allerdings — sehr gelehrte, 
so wie ganz frivole und gemeine Musik 
dient nicht, wo gemischte Gesellschaft beyin 
Mahle unterhalten uud erfreuet werden soll. 
Er aber, Hr. de Call, tri Ol überall so ziem- 
lich den rechten Ton: ist augenehm, gcfal- 
Jig, heiter, leicht und populsir, ohne (we- 
nige Sielleo ausgenommen) ganz gemein zu 
werden — und zwar ist er dies sowol in 
den hier angezeigten dreystimmigen Gesän- 
gen mit Accompagoemeut , (das, mit Recht, 
zwar nicht vieles Obligate, aber denn doch 
zuweilen eine eigene Figur zur Belebung 
und Auszierung hat,) als «och in ahnlichen 
Gesäugen für zwey Tenor- und swey Baas- 
slimraen, ohne Accompagnement , die Ree. 
vor kurzem bekannt, uud grössslenlheils lieb 
geworden sind. Es sind nicht eigentliche 
Gesellschafls-Eieder, die hier gegeben 
werden, aber auch nicht eigentliche Terzet- 
te, die eine Ausarbeitung dreyer, ver- 
bundener Stimmen erfordern; sondern jede 
Nummer enthalt einen in freyem Styl aus- 
geführten hübschen Gesang, uud fast nur 
in Num. 1. kommen (wie S. 3.) einige kuust- 
gemässere Verkettungen der Stimmen vor. 
Ihren Reiz scheint der Verf. durch öflern 
Weihset der Stimmen haben ersetzen zu 
wollen, und zuweilen ist ihm dieses (wie 
Num. II. S. 9.) recht sehr gelungen. Num. 
II. ist übrigens durth Wiederholungen etwas 
gedehnt, (vergl. S. 5, Syst. 1, Takt 2 und 
Jolgg«)* dasselbe ist in einigen Stellen der 
Nu. 11. III der Fall, in welcher sich Über- 
haupt die Popularität des Verf. denn doch 
Wol zu <<ehi- gesenkt hat. Man sollte auch 
in solchen Werkchen «ich nicht tiefer «o 



dem ganz Ungebildeten herablassen, als nö- 
thig ist, um ihn höher heben zu können. 
Möchte dieser Komponist zwar fortfahren 
sein Talent und seine Beliebtheit für Ande- 
re und sich selbst an benutzen, aber denn 
doch sich nicht übereilen und dem Publi» 
kum von dem, was er geben könnte, nur 
das Beste geben — wodurch er ja doch 
am Ende auch für «ich selbst am besten 
sorgen würde. 



Hymnt: Preist dir Gottheil! durch alte Him- 
mel (Spltndtnt* te Deus etc.) für vier <Sing- 
ttlmmen mit Begleit, des Orchesters von IV. 
A. Mozart. Partitur. Nu. 1. 58 S. Fol. 



pz 



bey Breitkopf und Hirtel. (Pr. 



x Thlr. 8 Gr.) 

Motette.' Ob fürchterlich lobend tieft 

hebtn etc. (Nie pulvis et clnlt süperbe etc.) 
für vier Singst, mit Begleit, des Orchesters, 
von W. A. Mozart. Part. No. 2. 5o S. 
Fol. Ebenda«. (Pr. 1 Thlr. 8 Gr.) 

No. 1. iat in eben dem Sinne wie No. a. 
Motette, nämlich «o wie es die Franzosen 
nehmen, wekhe bekanntlich ein jedes Ktr- 
chenslück über eiuen lateinischen Text, wenn 
es auch mit Instrumentalbegleitung versehen 
ist, Motette nennen. Die beyden vortreff- 
lichen Werke sind schon in Abschriften zn 
bekannt worden, als dass es nölhig seyn 
sollte, sie weitläufig durchzugehen, und die 
Menge ihrer Schönheiten, die sich längst 
dem Gefühl jedes Hörers unvergesslich ein- 
geprägt Laben, zu zergliedern. Hier er- 
seheinen sie zuerst öffentlich, und, neben 
dem lateinischen, mit deutschem Texte} es 
mag deshalb nur das erwähut werden, was 
zunächst auf Veranlassung dieser Ausgabe 
zu sagen ist. No. 1. ist mit einem so vor- 
trefflichen deutschen Texte versehen, dass 
viele Stellen desselben besser cur Musik 
passen , als die lateinischen. Nur die Wor- 



Digitized by Google 



163 



1804. December. 



164 



te: Durch alle Himmel tönt dein Ruhm, 
hallen nicht mit der Musik gleichen Schrill. 
Allen Iiier hat Mozart, nach Ree. Mey- 
nuug, daa: Discussa trisiis est nox, 
etwas schielend behandelt, iudero ihm nur 
trislia nox und daa Verschwinden vor- 
schwebte. Exaudi precaules mit Trom- 
peten und Pauken hat weit mehr richtigen 
musikalischen Sinn erhallen durch das deut- 
sche: Erschallet ihr Lieder. Hey der drit- 
ten Soloparthie wäre zu wünschen, dass im 
deutschen Texte der Sinn beendigt wäre, so 
wie im lateinischen , denn es will nicht recht 
passen, dasa die beyden obern Stimmen deu 
Sinn dea £atzea schiieasen, welchen die un- 
tern angefangen haben. Uebrigens hat das 
Ganze bekanntlich ein grosses, energisches 
Gepräge , ao dass man den Mozai tscheu 
Geist überall darauf ruhen siebt. Auch ist 
es nicht ao* schwer zu. exekultren , als gehö- 
zu besetzen. Wo denn aber Letzterea 
ann, wird die Wirkung ohnfehlbar 
jo gewaltig seyn, dass jeder nicht ganz abge- 
stumpfte Menach seiue Hände wird unwill- 
kürlich falten. Die Zeitdauer beträgt oho- 
.geiähr «ieben Minuten. 

No. 2. iat eben so stark besetzt, dürfte aber, 
besonders der erste Abschnitt« etwas schwerer 
zu exekutiren aeyn: denn hier komiut* nicht 
nur auf Fertigkeit, sondern auch vorzüglich auf 
Feinheit im Vortrage an. Mozart Usst den 
Engel dea Herrn mit warnender Stimme 
ans Gewitterwolken rufen: Ne pulvis et 
cinis süperbe le geras; dann fleht der 
Chor: Nos pulvis et cinis tiinentes, tremen- 
~tes , proatrati plorainua ad to. Und so er- 
hält daa Ganze mehr Einheit, als nach dem 
deutschen Text. Hier fängt eine Baasstim- 
ra e — welche aber kräftig und durchgrei- 
fend seyn muas — mitten im Sturme an: 

Ob furchlcrlirli tobrml »ich Stürme erhoben. 

Die Sauten dea Himmel» aclbit wanken und beben ; 



Ob Aufruhr der Völker den Untergang droht, 
Macht una nitlu mutulo«, nicht Schrecken , nicht Tod. 

Dies wird zwar etwas stärkern Effekt 
machen, alleiu da der Chor einlallt: Ob 
fürchterlich tobend sich Stürme erheben , wir 
flehen Ei naher zu dir etc. und man da nach 
einer ao muthigeu Aeusseiung eines Einzel- 
nen erwartet, dass der ganze Coetus von dem 
nämlichen Geiste belebt seyn werde, ver- 
liert daa Ganze etwas am richtigen Zusam- 
menhange, üb die Trompeten con Sordini 
jedem gefallen werden, daran zweifelt Ree. 
8. 7 gehen die Bratschen mit dem Violon 
im Einklänge! Die Abänderungen in dea 
Singslimmen S. 9, sollten der Deutlichkeit 
wegen mit kleinerm Notendruck angegeben 
seyn. 



Ahezdoti. 



Im Parterre zu — stehet Wache und 
bat das Recht, unartige Störer anständig zur 
Ruhe zu verweisen. Es wird Axur gegeb- 
nen. Einige junge Herren sitzen vor einem 
aufmerksamen Zuhörer, gleich neben dem 
wachhabenden Soldaten, und schwatzen laut 
und ungezogen während der Ouvertüre. 
Jener hofft , sie werden wenigstens aufhören, 
wenn der Vorhang aufgehet: nichts weni- 
ger! Tarar und Astasia fangen eben ihr schö- 
nes Duett an — da wendet sich der Ge- 
störte an die Wache: Freund, sag' doch, 
dass die da still sind! Der Soldat erwidert: 
Das wollt' ich wol : aber ich muss ea leise 
sagen, und da müssl* ich erat hinten 'tum 
gehen! ich darf aber meinen Posten nicht 
verlassen ! — Er glaubte nämlich , man ver- 
lange von ihm, er sollte die Singenden zi 
SlilUchweigeu 



Limit, sav BaaiTZorr vi» H Sarai. 



Digitized by 



ALLGEMEINE 

» « 

MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Deni2« en December. N=. II. . 1804. 

. * 

1 " 1 - 



Recensiow. 



Al<j/»odiA de* Xfai-ier- und Piaruforufpith von 
Frudrich Guthmann. Nürnberg und Leip- 
zig, bey Campe. iÜo5. (Pr. i6 Gr.) 

Es scheint, al« ob die «ich jetzt zur 
Herrschaft emporarbeitenden pädagogischen 
Systeme, in wiefern «ie durch airenge Be- 
handlung de« mechanischen Theils der Wis- 
senschalten gleich in den ersten Jahren der 
Bildung dem an allem nur kostenden, über 
alles nur plaudernden Dilettantismus entge- 
gen-, und der ernstern und strengern An- 
sicht der Diuge durch jenes sichere 'Funda- 
ment vorarbeiten — seit kurzem auch 
EinÜuss in die Lfhrbücher der Tarnst ge- 
wonnen. Cum grano salie eine solcne Methode 
angewendet, hatte «" an h' el * gewiss so viel 
Gutes von ihr tu hohen, als in irgend einer 
andern Kunst oder Wissenschaft} „to aber 
das Salz dumm wird H — ein freylieb nicht 
immer zu vermeidender F*all — wäre doch 
hier wenigstens nicht »o viel, als in so 
mancher andern Absicht zu befürchten. Doch 
davon wtad'sich zu anderer Zeit pausender 
mrcclien l;is*cns hier eey »uv das Faktum 
iffcrrrl , des* wirklich mehrere ' denkende 
Männer sie* jetzt fiir <da« fast aus- 
»chliesslic Ii mechanische Bebändern der 
Musik in früherer Zeil and- bis die Schüler 
schon zu «ehr bedeutenden* und ganz* sichern 
Fortschritten in . dem ; n*e*hani«ehan 1 TheHe 
diese» Kunst- gelangt sind/ erklaW haben. 
7. J »bi g. t 



Aufmerksame Leser dieser Zeitung habe« 
schon mehrere solche Aeusserungen hier 
gefunden, und zu gleicher Zeit ist nun die 
oben genannte Methodik, und Hrn. Musikd. 
Müller'* grosse Klavierschule, (Jena, bey 
Frommann) die eine, wie die andere nach 
jenen Grundsätzen, und bey de in vielen Re- 
sultaten nicht nur, sondern au<h in man- 
chen einzelnen Anweisungen , Vorschlagen,, 
tieyspielen u. dgl. ganz zusammentreffend, 
ohngeachtet keiner der beyden Veif. von dem 
Vorhaben des andern wusste — erschienet!. 

> - 

Ree, der übrigen« nicht untersuchen 
will , ob diese Methode überhaupt , öder auch 
in Anwendung auf Musik neu, oder ob sie 
nur die geläuterte und • vernünftiger und 
zweckmässiger gewendete älteste sey — be- 
kennet sich, nach Grundsätzen, wirnach viel- 
fältigen Proben , ganz 2u derselben, und ist 
in der Erziehung — auch für Musik, nicht« 
so abhold, als dem süsslirhen, tändelnden, 
schmeichelnden, missverstandeaen Phi- 
lanthropismos — was er glaubt hier voraus 
Sagen zu müssen, damit es ihm', wenn er 
mit der Methodik des Hrn. G. nicht ganz 
zufrieden seyn kann, nicht für Parthey fith- 
keit gegen die Methode ausgelegt werde. ' 

' Hr. G., der sich den Lesern dieser Zeit, 
chirch manche gute praktische Bemerkungen" 
und Nachweisungen schon früher empfohlen 
bat 1 , hat nämlich hier keineswegs eine eigent- 
liche (systematische) Methodik, auch kein 
vollständiges , praktisihes Handbuch dersel- 
ben, 1 ' aber* nicht wenige sehr 3chätzbar»Dätz 



Digitized by Google 



i6 7 



1804., December. 



168 



zü einem künftigen , geliefert Diese zer- 
streueleo, tarn Theil dem Verf. gau* eige- 
nen, feineu und gründlichen Bemerkungen, 
wie beym Unterrichte im Klavierspiel zu 
verfahreu sey — (nicht wae zu lehren 1 
da« gehört dem Lehrbuch — ) dieae aind 
es, die der Meinen Schrift wahren Werth 
gebcu und weshalb sie .Männern von Einsicht 
überhaupt, und denkenden Lehrern der Mu- 
sik insbesondere, zu empfehlen ist. Durch 
das Ganze aber blickt nicht selten Flüchtig- 
keit und Uebereilung hindurch. So gut eini- 
ge einzelne Kapitel, namentlich über die 
ersten Vorübungen, (mit den sehr zweck- 
mässigen Beyspielen , ) über das Crleruen 
des Takts. u. s. w. ausgefallen t»iud,'so enl- 
halteu mehrere (besonders gegen das Ende 
des Buchs) - nur das Bekannte, und enthal- 
ten dies sogar, bey. aller Kürze dea Buchs, 
nicht ohne Öftere Wiederholungen, und so- 
gar auch mit manchen Widersprüchen. 
Jene« findet sich zu oft, als das* e-s dabey 
der Beweise bedürfte; diese» muss erwicseu 
werden — es geschehe aber nur an E.i iiem 
Hauptpunkte, um nicht über die, Gebühr 
bey wenigen Biogen verweilen zu müssen, 

Hr. G. giebt nirgends bestimmt an, was 
•r sich für Schüler denkt — vqu welcheu 
Kräften, Jahren u. s, w. Daraus entstehet 
vieles Schwankende und Widersprechende. 
Ein einz,igesmal sagt er; der Unterriebt dür- 
fe schon , im fünften bis sechsten Jahre an- 
fangen. Schliesat man nun daraus , dass 
dies die Schüler siud, die er im Auge be- 
halt : so wird das meiste passend — wie 
aber mit Regeln, wie: dass man nicht mit 
eiuzelnen Tönen zu spielen anfangen müs- 
ae* sondern mit Terzen, weil sie die Hand 
zur rechten Lage zwangen? (Die Regel .isf. 
neu, und vortrefflich für den Unterricht Kr T 
Wachsener — . nicht nur, aus dem. vom.Vert, 
angeführten Hauptgründe, sondern weil auch 
der Spielende dann seinen ungleichen An^ 
.Uüag , laicht . bemeikt und «eh, ifo». abgq, 

t- 



wohnt: Kindern jener Jahre aber ist deren 
Befolgung, wenn man diese ja erzwingen 
wollte, (deuu erzwungen mUsste sie wer- 
den,) eine Qual, die ihnen die ganze Aus- 
übung der Musik leicht auf immer verlei- 
den könnte!) Wie nun vollends gar mit 
Korderungen, wie: da»s die gewöhnlichen 
Manieren, Triller, Doppelschlag u. s. w. 
schon in den ersten Vorübungen und zwar 
in beyden Händen und für verschiedene Fin- 
ger vorkommen und eingeübt werden müss~ 
ten? (Einen Erwachsenen kann ich durch 
Erweise der Wuhllhätigkeit solcher frühen 
Anstrengung für das Schwierigste, auch uol 
durch Reizung der Ambition dafür, eben 
weil es sehr schwierig ist, gewinnen: aber 
ein solches Kind — ?) So wird feiner ge- 
schrieben, daas man, um dem Schuler die 
erste Uebung im Nuteulesen zu verschaffen» 
ihm dieselben Stucke, die er schon aus- 
wendig nach dem Gehör gelernt hat, in 
Noten vorlege. Dass er beym Spielea 
nicht mehr, wie vorher, auf die Finger, 
sondern auf die Nuten die Augen rich- 
te, kann man erzwingen: aber es wird bey 
weniger Lebhaften ein dumpfes, gedauketilo- 
soa, und beym Lebhaften ein zeratreuetes, un- 
achtsames Hiublicken werden, wodurch, 
wenn ja alltnählig ein Weniges von jeuer 
Seite gewonnen werden sollte, von der an- 
dern mehr verloren gehen dürfte. (Auch 
hier ist es ein anderes beym Erwachsenen, 
den ich durch Vorstellungen überzeugen, 
und so zur Selbstbeherrschung bewegen 
kann — obschon auch er, wie das Kiud, 
lieber Stücke spielen wird , die er noch nicht 
auawoudig weiss, und wo er die Aufmerksam- 
keit auf Fiuger und Noten anfängt ick 
theilen und allmäh Ug von jeuen immer mehr 
auf diese wenden daajf^ , Nho*t man, aber 
einen erwachsenen Zögling, an , so pa*»t diea 
und ahnliubes: aber darf ich diesem halb« 
Jahre lang (Ree, glaubt sogar irgendwo von 
Jahren M aaleseu. au haben, kann aber die 
Stalle n#kt Wieq>*uden , umi will eiu»a. 



Digitized by Google 



> 



169 



•1804. December. 



170 



Irrlliurn eeinea Gedächtnisses als möglich zu- 
gestehen,) zumotheu, sich nur mit Uebun- 
gcn xu beschäftigen, bey denen er gar nichts 
eu denken , gar nichts zu empfinden be- 
kömmt? ja die auch, ihrer Natur nach, und 
der sehr häufigen Wiederholungen wegen, 
seinem Ohr widrig neiden müssen? Nur 
der Knabe, etwa von 9 bis 12 Jahren, schlingt 
allenfalls alles hinab ; das nichts sagende 
Schema «luer Konjugation oder eine nichts 
sagende Klavierpassage — gleichviel , wenn's 
nun einmal aeyn tuuss! — 

Reo. übergehet andere, ähnliche Punkte, 
die er sich ooürt hat, und die ähnliche In« 
konsequenten — wenigstens veranlassen 
könnten. Diesen Einen wollte er aber be- 
rühren, theils sein obiges Urtheil au bele- 
gen, theils au zeigen, wie vieles auf der 
nun gebrochenen bahn Hrn. G. oder An- 
dern noch zu tbun aey — keineswegs aber 
•in ' hoaes Vocurtheil gegen dies Werkchen, 
das, es sey wiederholt, so vieles einzelne 
Gute hat, zu erregen. Es sey nun noch 
erlaubt, dem Verf. mit kürzern Bemerkun- 
gen auch durch einzelne Kapitel mit glei- 
cher Unpaiiheyliohkeit zu folgen. 

S. 4. wirdangegeben, „worauf ein me- 
thodischer Unterricht im Klavierspiel (wor- 
auf man bey einem meth. UnL im Kla- 

viersp.) vorzüglich zu sehen habe;" nämlich: 
e 

lY auf Erwerbung der grössten Stärke, 
Leichtigkeit, Sicherheit und Geschwindigkeit 
mit alleu Fingern beyder Ilande; 

2) auf Gewöhnung des Auges Und der 
Aufmerksamkeit, die Noten geschwind und 
richtig aufzufassen} 

5) auf Bildung und Gewöhnung des Ge- 
hörs und musikalischen Gedächtnisses; 

4) auf Erlernung eines guten Vortraps, 
Erweckung und Leitung des Gefühls dir 
Musik und einer richtigen Uilheilskraft. 



I Nach dieser Einteilung ordnet der VerC 
sein Buch. Man siebet aber, dass beson- 
ders No. 4. sehr schwankend gestimmt, und 
wenigstens darin zu viel unter einander ge- 
worfen ist. Vielleicht hätte der Verf. wenn 
er sich auch nur an diese Punkte halten, 
wollte, sie wenigstens also besser geordnet: 
1) Mechanischer Thril — wo denn jene er- 
sten drey Hauptruhriken abgehandelt wor- 
den wären. 2) Aesthetischer Theil Er- 
weckung des Gefühls für Kunst überhaupt 
nnd für Musik insbesondere; Nahrurig und 
Leitung desselben, (indem man dem Schü- 
ler vorzügliche Werke bekannt macht, sie 
selbst vorträgt, wie sie vorgetragen aeyn 
müssen, ihn auf das Vorzüglichste aufmerk- 
samer macht durch Zergliederung u. s. w.) 
ZurücKführung des Gefühls auf Grundsätze; 
Anleitung, von diesem allen nun beym eige- 
nen Spiet Gebrauch zu marhen — was 
denn eben den «guten Vortrag* giebt, der 
aber besser der schöne Vortrag heissea 
würde, zum Unterschiede des richtigen 
Vortrags, der in genauer Ausfuhrung des 
Mechanischen, im weitesten Sinne, beste- 
net » — Der mehr oder weniger unbestimm-' 
te, lockere, so wie der bestimmte, streng 
abgesteckte Plan wird immer von beträcht- 
lichem Einfluss auf jedes, besonders auf 
jedes theoretische Werk bleiben — was sich 
auch hier in der Folge, besonders wo jene 
No. 4. abgehandelt werden soll, zeigt; und 
rhetorische Wendungen, wie .die Mittei- 
lung eines interessanten, lieblichen Zaubers 
kömmt bey einem guten Vortlage mit Reiht 
in Betracht" — ersetzen nichts , und sind 
in einer solchen Schrift auch gar nicht an 
ihrem Orte. — 

Die Ausführung der oben angegebenen 
No. 1. ist dem Verf. sehr gut gerathen, und 
wir wünschen alle Musiklehrer darauf auf- 
merksam zu machen. S. 8 verlangt der 
VerC vom Lehrer unablässig auch Ge- 
nia —7 Wenn man einmal wünscht, so 



Digitized by Google 



1804. Dcceraber. 



17t 



wünscht man freylich gern alle«: das giebt 
aber hernach eben die frommen Wünsche, 
die nirgends ganz erfüllt werden. Der ge- 
nialische Mensch hat selten Lehrtalent, (am 
seltensten Geduld, Beharrlichkeit , und re- 
gelmässigen Fleiss): wir glauben, dass 
ein Lehrer mit Geschicklichkeit und gebil- 
detem Geschmack (welche bey de der Verf. 
anzufühlen vergessen hat) nicht nur aus- 
reiche, sondern selbst mehr und besser auf 
Schüler, vornehmlich auf frühe und ange- 
hende, wirke. Ueberdies bedürfte das Ge- 
nie auch keiner .Nachhülfe, z. B. keiner 
Methodik;, denn Genie ist ja eben, was 
trifft, — Die, nähern Bestimmungen der 
Erfordernisse guter Vorübungen , 8. y fblgg., 
find sehr gut, so wie auch die Beyspiele, 
von denen geschickte Lehrer den besten Ge- 
brauch machen können. Der Verf. setzt ein 
jede* derselben aber doppelt — einmal in 
Violinschlüssel für die rechte, eiumaj in 
Bassschlüssel für die linke Hand her. Dm 
ist bey solch einem kleinen Buche Ver- 
schwendung des Bauras, und man dürfte au 
die Stelle der Wiederholungen lieber auch 
vierstimmige Uebungen wünschen, die der 
Verf. der kleinen Hände der Zöglinge we- 
gen weglies« — indem ja nicht blos kleine 
Kinder Musik zu lernen anfangen. Ueber- 
dies rathet er in der Folge, mit Recht, das 
eigene Abschreiben der Noten als ein gutes 
Ilülfsmittel , mit ihnen genauer bekannt zu 
werden, an: so lasse man die Schüler diese 
Beyspiele abschreiben, und swar für die 
linke Hand transponiren , wo man neben 
jener Ersparnis einen neuen Vortheil er- 
langt! — 

Die S. ao. angegebene Figur ist wirklich 
neu erfunden und von vortrefflichem Nut- 
zen. Sie macht mehr, als jede andere in 
andern Lelubüchern. die Finger ganz los 
und gl eich- fest. Wenn sie nur eine bes- 
sere Harmonie gäbel — Sehr gut ist auch 
die Vorschrift S. 54, das« die AppUkatur 



zwar über den Noten beraeYkt Seyn müsse, 
aber durchaus nicht, wo sie sich von selbst 
verstehet oder sehr leicht Huden lässt, weil 
sonst das Auge ohne Nutzen zerstreuet, das 
Spiel erschwert und das eigene Nachdenken 
des Schülers gebindert wild. Viele, übri- 
gens lobenswcrtiie Lehrbücher thnu auch 
hier des Guten bey weitem zu viel, *o das« 
es nicht mehr gut ist, und' die Selbsttätig- 
keit des Schülers, auf die es ja doch hier, 
wie bey aller pädagogischen Nachhülfe, am 
meisten abgesehen seyn sollte, weit mehr 
gehindert, als gefordert wird. — Was über 
das Einstudiren der Stücke gesagt wird, ist 
nicht neu, aber gut zusammengestellt, uud 
bestens zu empfehlen. — Doppelsonaten 
(oder vielmehr kleine Handstücke iür Leh- 
rer und Schüler) werden vom Verf. mit 
Recht, zunächst zur Befestigung im Takt, 
empfohlen: nur wird sie der Lehrer dar- 
um nicht zu oft anwenden dürfen, weil 
sich der Schüler denn doch «Jabey in einer 
genirten Richtung befindet, auch fast immer 
einerley Schlüssel mit beyden Händen spie- 
len muss, beyde« aber ihn verwöhnen wür- 
de. — • S. 39. findet «ich wieder eine gute 
Bemerkung, gegen welche geräde von den 
sorgsamsten und fleissigsten Lehrern oft ge- 
fehlt wird. Der Verf. sagt : Mitten im Spiel 
muss der Lehrer oft einen kleinen Fehlt!!* 
ungerügl lassen und den Schüler erst nach 
der Vollendung des Satzes zur Verbesserung 
desselben anhalten. Ganz recht! Widrigen- 
falls wird nicht nur der Schüler zu ängstj 
lieh gemacht, sondern man erzeugt auch daa 
widrige Stocken, das dem Stottern im Spre- 
chen gleicht, und das sich späterhin so 
schwer, wie diese«, und oft niemals, able- 
gen lässt — So wenig dem denkenden Le- 
ser die Lehre vom Vortrag, wie schon 
oben erwähnt, im Ganzen Genüge leisten 
wird: so finden sich doch auch hier meh- 
rere gute Andeutungen und Winke. W r a» 
da tiu aber folgt, ist su flühiig hingeworfen, 
als da«« wir dabey verweilen wollen. 



Digitized by Google 



i8o4* December. 



»74 



Das Buch ist übrigens munter, ganz popu- 
lär, aber etwas nachlässig geschrieben , und 
schön gedruckt. 

Der Verf., dem es gewiss am die gute 
Sache der Kunst und -Erziehuug ein Ernst 
ist, wird dieselbe Gesionung auch in dieser 
Anzeige seiuer Schrift nicht verkennen, und 
darum nicht missdeuten, was der Ree. 
auszustellen sich kein Bedenken gemacht hat. 
Sollten Mitarbeiter an Einem Institut, eben 
weil sie dies sind, . sich mit Schmeicheln, 
oder doch mit Verheimlichen und Beschö- 
nigen entgegen gehen, und nicht vielmehr. 
Andern, die so gern überall Parthey 1 ich keil 
willern, weil sie sie in sich tragen, zum 
Muster, recht streng und gerade gegen ein- 
ander seyn? Ich dachte, das Letzte, und 



wünsche 
als das! — 



Auch ein Voglerisches Oratorium im Rc— 
doutensaale: die Chöre aus Racine* Athalia, 
hat nicht gelalleu; man vermisste jenen 
Schwung der Phantasie, der das Gemülh zu 
erheben und zu erweitern geschickt ist, und 
den die Kirchenmusik so wesentlich verlangt. 
Denn diese Chöre muss man doch wol zur 
Jeztern Gattung rechnen, da der letzte blos 
aus einer sehr ausgeführten Fuge besteht? 
Die Aufführung war sehr mangelhaft) die 
Rolle der Sulamith sollte anfangs von Ma- 
rianna Sessi, dann von Dem. Milder gesun- 
gen werden, endlich musste sie noch am 
letzten Tage Dem. Laucher übernehmen. 
Mit dieser Rücksicht leistete sie waa 
sie konnte, aber es konnte so nicht vor- 
züglich seyn. Die Chöre gingen nicht zu- 
sammen, besonders wurde die letzte Fuge 



bey .eigenen Arbeiten nichts, j gauz ohne Präzision vorgetragen. Die Ein* 



NAC 



RICHTEN, 



Wien, den 27ten Nov. Auf dem Hof- 
thealer haben Terziani's Campi d'lvri nicht 
gefallen, auch ist der Text sowol als die 
Musik ohne Interesse. Heinrich der vierte 
von Frankreich hat sein Lager vcrltttattif 
am in den Armen der schönen Gabriele 
die Beschwerden des Krieges zu vergessen. 
Sein Feldherr entdeckt des Königs Aufent- 
halt, und erschöpft vergebens alle Gründe, 
ihn zur Rückkehr zum Heere zu bewegen, 
bis er endlich diese Absicht durch einen 
falschen Bericht erreicht, welcher die Nolh 
der Armee und ihre Unordnung schildert. 
Weder in den musikalischen Ideen, noch 
in der Behandlung derselben findet sich eini- 
ge Neuheit. Die Ouvertüre ist sehr ge- 
wöhnlich und ohne Feuer; und die Chöre, 
welche dem Tonsetzer vierstimmig zu Ge- 
bote standen, sind grösstenteils nur zwey- 
süinmig gehalten. . 



Im Theater an der Wien wurde eine 
neue grosse Oper von Treitachke mit Mu- 
sik von SaJieri ohne Beyfall gegeben. Lord 
Falkland liebt die Tochter des Gouverneurs 
Dellail, wird aber durch Kabalen seines 
Feindes und Nebenbuhlers Bedfort vertrie- 
ben. Der letztere hat es schon mit Hülfe 
eines ehrgeizigen Weibes bis zum Kom- 
mandanten der englischen Truppen gebrächt, 
als Falkland als Neger verkleidet zurück- 
kommt und iu seine Dienste tritt. Der Gou- 
verneur erhalt min die Beweise von Falk- 
lands Unschuld und will Bedfort zur Ver- 
antwortung ziehen, der ihn, sich zu reiten, 
durch Falkland vergiften lasst. Am Ende 
wird Bedfort vollständig entlarvt, und es 
entdeckt sich, dass der Gouverneur nur 
einen Schlaftrunk erhallen habe. 

Sie sehen, wie gernein nnd abgenuzt der 
Plan dieser Oper ist; schon der gänzliche 
Mangel an Neuheit musste der Wirkung 
sehr im Wege seyn. Aber auch die Aus- 
führung hat gar nichts Ausgezeichnetes 



- - 



Google 



»73 



i£o4. December. 



176 



Zwar ist die Sprache durchaus rein, auch seng sehr hübsch; sie wird, und mit Recht, 

_ 1 ^ t_ 1 • l_ t * 1 ■ • j r> 1 1 - 1 



an der Verifikation kann man, 
rerri falschen Reimen, nicht vieles tadeln: 
aber das sind auch nur die negativen Eigen- 
schaften einer Oper. Die Hauptsache ist 
die lebendige Cbarakterisirung in der Hand- 
lung, und lyrische Empfindungen in den 
Musikstücken; diese Stücke aber findet man 
hier so wenig, als eineu raschen, runden 
Dialog. Um einen Charakter zu schildern 
ist es nicht genug, dass der eine z. B. im- 
mer tugendhaft» der andere immer laster- 
haft spreche — denn niemand in der Welt 
tragt immer so sichtbar sein eigentümliches 
Gepräge zur Schau, am wenigsten der La- 
sterhafte, welcher durch Schleichwege em- 
porzukommen sucht. Dadurch , dass die 
Handlung so wenig Interesse hat, und dass 
die - Charaktere zwar in einen moralischen, 
aber nicht in motivirle psychologische Kon- 
traste gesetzt sind, erhält das Ganze etwas 
Mattes und Gedehntes, welches bey der 
Aufführung besonders missfallen musste. 
Die heitern Scenen sind ebenfalls nicht ge- 
rathen; es ist blos eine ergrübelle, also kalte 
Lustigkeit darin, statt einer heitern Phanta- 
sie oder gemülhlichen Laune, die sehr sel- 
ten ihre Wirkung verfehlt 

Von dem Tonsetzer des Azur, der Grotte 
des Trofonio und so vieler anderer gelunge- 
ner Opern konnte mau mit Recht etwa» 
Vorzügliches erwarten: aber auch in dieser 
Rücksicht fand man sich nicht befriedigt. 
Zwar giebt es besonders im ersten Akte 
mehrere sehr artige Stellen, und ein Marsch 
der Neger, wo den gehaltenen Noten der 
Violinen ein hübscher Bass pizzicato aecom- 
pagniit, und darauf ein schönea Oboe -Solo 
einfällt, welches später die Violin übernimmt, 
verdient eine ehreuvolle Erwähnung: aber 
im Ganzen vermisste man jene Kraft und 
Charakteristik, die man hier an den Mo- 
znrlschen und Cherubinischen Werken im- 
mer mehr schätzen lernt. Dem. Lauoher 



immer mehr ein . Liebling des Publik 
Mit einer sehr angenehmen Stimme und ei- 
ner geschmackvollen Methode verbindet sie 
ein leichtes und gewandtes SpieL 

In Brünn, der Hauptstadt Mährens, hat 
sich, nach einer Anzeige der Ostreichischen 
Annalen, eine Musikgrstllschaft gebildet, woiv 
in wücbeutlich Smfonieen , Konzerte uud 
Gesangstürke von den besten Meistern ge- 
geben weiden sollen. Die Theilnehincr be- 
tleben aus Dilettanten und Musikfreunden \ 
die monatliche Einlage ist auf ewey Gul- 
den festgesetzt. 

Am Katharinentage (a5. November) oder 
am darauf folgenden Sonntage wird jährlich 
filr die Peuaioiisaustalt bildender Künstler 
eine Redoute gegeben, und neue Tänze wer- 
den dazu verfertigt. Für dieses Jahr waren 
die im grossen Saale von Molitor, im klei- 
nen von Eberl. Von den letztem .fand man 
einige ausgezeichnet artig, alle aber sehr 
schön instrumenlirt ; au>h sind sie gleich 
am Tage nach der Redoute im Kunstcomp- 
töir gestochen erschienen. 



Dorfichul* zu Intrup. 

Als eine musikalische Merkwürdigkeit 
verdient die Landschule in dem Lippisrhen 
Dorfe Istrup, eine Viertelstunde von Blom- 
berg, den Freunden des Guten uud Schönen 
bekannt zu werden. Lange schon hat man 
in Deutsi hland , vorzüglich in Niedersachsen 
uud Westphalen, gute Volksgesänge i Q den 
Schulen zu lehieu angefangen. Hannover 
ging mit einem schönen Beyapiele voran. 
Hoppensladts Lieder erschienen früher, als 
das Mildheimische Liederbuch, und erleich- 
terten sich den Eingang in die S hulen durch 
die Fingerzeige für den Lein er, den ver- 
besserten Volksgesang an religiöse Ideen an- 



. **•-- 



... >' 



Digitized by G 



'77 



1804. December. 



zuknüpfen. Die Tonkunst gewann dadurch 
befiacülliLJie \ oitlirjle. Der kreischende 
Gesang der Scnulkiuder, der alle gute Stim- 
men verdarb und die minder guten völlig 
unerträglich machte, wurde durch sanftere 
Welud.eeu gemildert und durch gefälligere 
Abwechslung und Foitsrhioitung der Töne 
veraiiiiehinlicht Die Kiuder lernten den 
Gesaug, 40 wie die Schule selbst, worin er 
gelehrt wurde, liebgewinuen , und wieder- 
holten auf der Sirasse, was sie in der Schu- 
le gelernt hatten. 

liiti sehr wackerer Mann und tbatiger Beför- 
derer des Guten, der P. Sthoufrld zu Reelkir- 
chen im Lippe- Uetmoidischen — .bekauiit durch 
seine herz hjl|e Verteidigung gegeu eine 
gante Räuberbande , noih mehr aber wür- 
dig bekannt zu seyu wegen des vieieu Gu- 
ten, was er für die Jugend thut — dieser 
Manu ging noch einen Schritt weiter. Er 
gab sich die Mühe, einige Dorf kiuder die 
Flöte zu lehren , vielleicht auf Veranlassung 
des Schulfestes, welches nach seiner Ver- 
anslultuug auf dem Spiel berge jahrlich mit 
Musik, geieyert wurde. Einer seiuer Dorf- 
ach ullehr er benutzte die Gelegenheit, und 
lernte selber die Flöte, um sie die Schul« 
kiuder wieder lehren au können. Zu mei- 
ner nicht geriugen Verwunderung fand ich 
in seiuer Schule, wohin mich der P. Scbön- 
feld führte, nicht weniger als neun gangba- 
re Flöten, die von den Dorfkindern so gut 
geblasen wurden, wie man es nicht hatte 
erwarten sollen. Mit diesen Flöteu, wovon 
die Hälfte ohngefahr die erste, die andre 
Hälfte die zweyle Stimme führte, wurde der 
Gesang begleitet, den die ganze Schule aus 
dem HoppensUdtischeu Liederbuche anstimm- 
te. Mühsam hatten die Kuabeu sich die 
Tabelle der Tonleiter mit beigesetzter Fin- 
gerordnung und Benennung der Töne von 
ihrem. Schulmeister abgeschrieben , und mit 
Leichtigkeit werden sie nun auch alle vor- 
gelegte Melodieen nach Noten, spielen ler- 



nen, da sie einmal der Lust die Bahn ge- 
brochen haben. Aber wie in aller Welt 
machten Sie es, fragte ich, um die Kinder 
oder ihre Aeltern au bewegen, dass sie sich 
die Flöten ankauften? Ich spielte ihnen vor, 
sagte der brave Stölting, uud machte be- 
kannt, dass, wer von den Kindern eine Flö- 
te mitbringen wollte, den wollte ich auch so 
spielen lehren. „ Wir haben keine Flöle au 
Hause. - — - Das thut nichts, eine Flöte kann 
man leicht zu kaufen bekommen. Wenn 
eure Aeltern wollen , so will ich euch selbst 
eine kaufen. Auf diese Weise haben wir 
eine Flöte nach der andern gekauft, so gut 
wir sie erhalten konnten. 

Die arge Welt! würde mancher Schul- 
inspektor sagen: da sieht man, wozu die 
Leute Geld haben. Papier und Tinte sind 
sie nicht vermögend, den Kindern' au kau- 
fen, wenn sie auch nur zwey Groschen da- 
für geben sollten ; aber eine Pfeife, die einen 
Thaler kostet, die ist ihnen nicht au theuer! 
Stille, stille, lieber Herr, wenn die Kinder 
auf der Flöte blaseu, muss nicht geplaudert 
werden. Höre lieber, wie es klingt, oder 
wenn du es nicht hören magst, so gehe still 
zur Thüre hinaus und bille Gott, dass 
er dich mit keinen Kindern, oder wenigsteus 
doch mit keiner Schule plagen möge. 

Ho rat ig. 



G r o s h e 



i m. 



Auf mannich faltige Weise macht sich 
dieser als Komponist schon längst bekannte 
Mann um die Tonkunst verdient. Schon 
seit mehrern Jahren unterhält er zu Kassa 
im Winter ein Liel<haberkouzcrt, welches 
er auf der Einlasskarte mit dem Namen : 
Conservatorinm bezeichnet, worin der Ken- 
ner und Liebhaber der Musik gleich» Be- 
friedigung findet. Sein Versuch, über die 
Geschichte der Musik, wöchentliche Vorle- 



Digitized by Google 



*79 



1804. December. 



igo 



sungeo zu halten, die auch jetzt wieder, 
einer öffeiillicheo Anzeige zu Folge, ihren 
Anfang nehmen werden , ist uicht ohne auf- 
munternden Erfolg geblieben. Der Verlag 
Ton Musikalien, den er in seinem Hause 
etablirt hat, enthalt die vorzüglichsten neuern 
Produkte der Vokal - und lustruinenlalmu- 
sik in einer hinlänglichen Anzahl von meh- 
rern Exemplaren. Der musikalische Unter- 
richt, den er den Seminaristen im Gesänge 
8OW0I. als im Orgelspielen erlheilt, ist 
musterhaft und einzig in seiner Art. Die 
von ihm herausgegebenen Motetten, wovou 
nächsten» die erste Sammlung im Druck er- 
scheint, können zum Beweise dienen, was 
Grösheim in dieser Galtung zu leisten ver- 
mag. Seine eigenen Gedanken über das, 
was der Beförderung des guten und richti- 
gen Geschmacks in der Musik im Wege 
steht, -und ihre zweckmässige Anwendung 
verhindert, scheinen einer öffentlichen Be- 
kanntmachung nicht unwürdig zu seyn. 

Horstig. 



Kurze Anzeige. 



VT Air» Ual'unn avte T aecomp. de Iß Guitarre, 
composis et dedits ä Modem. Henriette Wol- 
ny per B. Bortolazzi. Oeuv. 11. Berlin, 
chez les Freres Schiavonelti. (Pr. 16 Gr.) 

Hr. B. hat sich auf seinen Reisen einen 
Ruf dorch sein allerliebstes Mandolinspiel 
erworben, und man liebt nun auch seine 
Arielten, obschon Manche sich durch .des 
Komp. lebhaften und graziösen Vortrag der- 



selben tauschen und den Gesängen zurech- 
nen mögen, was dem Sanger zuzurechn n 
ist. Doch ist zu gestehen — so enge der 
Kreis ist, in welchem sich Hrn. ß.s Werk- 
chen immerfort bewegen, so bewegen sie 
sich darin doch angenehm, und so ahnlich 
eine Sammlung seiner Arielten der andern ist, 
so finden sich doch in jeder wenigstens eini- 
ge Stücke, die man eine Zeit lang zu Lieb- 
lingen wählen mag, bis man sie — wie die. 
andern früher — zu arm und süsslirh fin- 
det. So verhält es sich nun auch mit ge- 
genwärtiger Sammlung, und bleibt darum 
nichts hinzuzusetzen; denn dass Hrn. Bor- 
tolazzi's Konipos. ganz dem Instrumente au- 
gemessen sind , weiss man. Das Aeussere 
dieses Werkeheus ist sehr gut« 



Die musikal. Beylage No. 



enthält eine Ariette aus der komischen Oper, 
der Onkel, vom Hrn. Her k lots. Theater- 
dichter beym königl. Nationaltheater in Ber- 
lin, gedichtet, und vom Hrn. Kammer -As- 
sessor Schmidt iu Berlin, einem durch 
mehrere von Geist uud Geschmack zeugende 
Kompositionen (z. B. zu Schiller'« Monolog 
der Jungfrau v. Orleans) dem Publikum wei- 
then Liebhaber, in Musik gesetzt. Theater, 
direktionen, welche diese Oper zu besitzen 
wünschen, haben sich an den Komponisten 
(Berlin, breite Strasse, So. 8.) zu wenden, 
wo sie richtige Abschritten für eine sehr 
massige Entschädigung erhallen werden. 



(Hierin die mu»ik. Dcjrl.ge No. III. ) 



— 



Lxirsio, «KT Btiixcorr v x o Htint, 



Digitized by Q( 



ALLG EM E INE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den l Q ,en December. N=. 12. 



1804, 



Utbtr mutUtalisdu Geddchtniskurui (Mnimonli). 



M an scheint jetzt immer mehr die Not- 
wendigkeit der GctUclitnubildung einzusehen 
und sie beym Unterrichte in Künsten OWd 
Wissenschaften zu berücksichtigen.' Auch 
in der Musik ist sie höchst wichtig. Da 
inir noch nichts hierüber in musikalisch«" Fßn- 
sicht bekannt ist, so hoffe ich auf Wachsich? 
und Entschuldigung, wenn die vorgetragenen 
Gedanken und Vorschlage nicht die stiengs(e 
Ordnung und allseitige Prüfung haben, soll- 
ten. Jch bin sehr zufrieden, ' wenn n^ajl 
sie nur als Saamcnkörner cum Weilern 
Nachdenken, nicht ganz verwerflich finden 
möchte. 

Musikalisches Gedächtnis besteht 
in dem Vermögen der Seele, gehabte musi- 
kalische Ideen zu behalten und sich ihrer 
willkuhrlich mit Bewusstseyn deutlich zu 
erinnern oder sie wieder zu crueuern und 
hervorzurufen. 



Derjenige rauss es nothwendig zu einem 
grössern Grad der Vollkommenheit in der 
Musik bringen, welcher sein Gedächtnis auch 
iu musikalischer Hinsicht kultivirte. 

Auch hier versteht man das Folgende 
erst ganz, wenn man das Vorhergehende 
recht fas»le, behielt, und sich dessen wieder 
erinnern kann. — Unsre Phantasie will im- 
mer Nahrung haben, wenn ihre eigenen 
Quellen nicht vertrocknen sollen. Nicht eine 
flüc htige, vo rübergehende Rührung, sondern 
7. J«**«. 



bleibender Eindruck kann ihr nur diese Nah- 
rung geben. — Der Virtuos nimmt, ohne 
Kultur des Gedächtnisses, doch nur haupt- 
sächlich an Fertigkeit, und an Reizbarkeit sei- 
ner Nerven zu. Ganz anders ist es hinge- 
gen wenn er sich gewöhnt, das Gespielte 
auch, wenigstens der Hauptsache nach, zu 
behalten. Er verwahrt dann einen wahren 
Schatz in seinem Innern, mit dem er hun- 
dertfältigen Wucher treiben kann. Er wird 
dadurch geschickt, bey dem Kenner und 
Nichtkenner, im Boudoir der galanten Dam* 
und im Konzertsaale, gleich zu gefallen , in- 
dem ihm sein Gedächtnis immer Materia« 
lien liefert, einem jeden nach seinem eige- 
nen Geschmack etwas eu produciren. — 
Sein Gedächtnis liefen ihm Stoff, den er 
nun nach seiner Weise bearbeiten, und 
so gewissermassen immer etwas Originelles 
wieder hervorbringen kann, -y^«, 

■ . . j- • .i ». . 

Die Regeln der Harmonie und ihre viel- 
seitige Anwendung müssen dem Gedächtnisse 
so eingeprägt werden, dass man sich ihrer 
bey der Anwendung nicht einmal jederzeit 
deutlich bewusst ist, und bey dem Fluge 
der Phantasie nicht einmal immer bewusat 
seyn kann. Wie ist dieses alles ohne sorg- 
fältige Kultur des Gedächtnisses möglich? 

Unter die Vollkommenheiten des musir 
kaiischen Gedächtnisses sind zu rechnen : 

X; 

0 Leichtigkeit mus* das Dar- 

gestellte ohne grosse Anstrengung mit Ge- 
schwindigkeit aullässen; 

13 



Digitized by Google 



i83 



1804. December. 



184 



3) Dauer — man muss eich des Ge- 
hörten und Empfundenen nach einer langen 
Zeit wieder erinnern können; 

5) Treue — es muss nicht blos eine 
dunkle Vorstellung von dem Gehörten und 
Empfundenen , sondern auch wirkliche Deut- 
lichkeit , welche einer bestimmten Ausein- 
andersetzung fähig ist, vorhanden aeyn; 

4) Geschwindigkeit — vorzüglich 
bey der Hückerinnerung. Diese Eigenschaft 
äussert sich dadurch, dass man nicht lauge 
nachsinnen muss, um sich etwas wieder zu 
vergegenwärtigen. Die Einbildungskraft spielt 
hier, so wie in jeder schönen Kunst, eine 
Wichtige Rolle. 

5) Grösse — diese besieht darin, dass 
man sowohl viele als auch schwere — 
verwickelte Ideen zu behalten im 8lande ist. 
Ein ganzes Dutzend von leichten Marschen 
und Tänzen behalt sich viel leichter, als 
nur zwey Zeilen von einer verwickelten 
Fuge. 

Wer. sein Gedächtnis in dieser fünffa- 
chen Hinsicht zweckmässig ausgebildet hat, 
der mochte unstreitig alles gelban haben, 
was ihm möglich wäre. — Bey Manchem 
hat es die Natur schon in einem gewissen 
Grade getban ; i$t sie jedoch auch nicht «ehr 
freygebig gewesen, so wird anhallender Fleiss 



Lebhafte Einbildungskraft ist das 
Haupthülfsmittel des musikalischen Gedächt- 
nisses. Ihre Operationen sind aber so mau- 
nichfaltig und so geheimnisvoll, dass wir 
nie ihr Wesen ganz aufdecken werden. 
Ein zarter Nervenbau befördert ihre Reiz- 
barkeit und erhöht die Stärke und Dauer der 
Eindrücke, welche sie bekommt. — Ver- 
möge der Einbildungskraft hallen die Töne 
in uuserer Seele noch immer fort, wenn 
sie dem äussern Ohre schon lange entflohen 
eind. Sie ist im Stande, die zarten Saileu 



unserer Seele auf eine so grosse , wenn nicht 
noch grössere Art , zu berühren , als es ver- 
möge des äussern Schalles möglich ist. Ihre 
Schwingungen haben etwas Sympathetisches; 
es bedarf hTo» einer kleinen Veranlassung, 
eines kleinen Slosses, um eine ganze Mas- 
se und Reihe von Empfindungen zu erregen. — 
Der gefühlvolle Musiker vergisst wahrend 
des Hörens oder Spielens sich selbst, das 
Spiel, und was ihn umgiebt; er lebt blos 
in den Tönen und ist -sieh blos dieser be- 
wusst. 

! Der Verstand, das Gesicht und Gehör, 
die ganze Theorie der Musik müssen bey dem 
Belialten die Einbildungskraft blos vor Irr- 
thum bewahren, uud ihr von Zeit zu Zeit 
die uö'lhigeu Stösse und Veranlassungen ge^ 
ben. Sie producirt daun von selbst. 

Alles was folglich die Einbildungskraft 
vervollkommnet, z. ß. Dichtkunst, Mahle- 
rey etc. wirkt in entfernter Beziehung auch 
auf Ausbildung des musikalischen Gedächt- 
nisses. 

Bey dem Gedachtnisse kommen vorzüg- 
lich drey Hauptpunkte in Betrachtung: a) daa 
Auffassen, b) das Behalten, und c) daa 
wilikührliche Erinnern. 

Etwas auffassen heisst so viel als, es 
hören uud verstehen, und man bat hier daa 
Was? und Wie? zu berücksichtigen. 

Was muss der Musiker vorzüglich an 
einem Satze, und vor allen andern Theilen 
desselben auflassen? 

a) das Thema. Dieses wird in einem 
gut gearbeiteten Satze immer mehr erweitert, 
verändert, durchgeführt, wiederholt etc. Hat 
man daher das Thema in seiner wahren Ge- 
stalt und seinem Inhalte nach gefasst, so hat 
man den Schlüssel zu dem Folgenden. — 

Gewisse Themas sind schwer cu behal- 
ten daxunter gehören 1., die ganz trivialen, 



Digitized by Googl 



i85 



1804. December. 



j86 



welche wegen ihrer Alltäglichkeit die Auf- 
merksamkeit nicht fesseln und sich leicht 
mit andern verwcch»elo} 2., die verschrobe- 
nen oder absichtlich zu künstlichen. Hier 
bleibt das Gefühl ron'at stumm, das Inter- 
esse maugelt, die Phantasie hat keine Nah' 
xuugs- und Vergleiihuogspunkle. 

Die sangbarsten; einfachsten, gefälligen 
(doch darum nicht alltäglichen) behalten ajeh 
am besten. Sie schmeicheln dem Ohre und 



Eine gewiss niebt^ zu verwerfende Probe 
der Güte von einem Thema ist die, indem 
man sieht, ob es sich leicht und angenehm 
merkt. 

Bey dem Thema selbst hat man zu mer- 
ken , auf die Tonart, das Tempo, die Har- 
monie, die Taktart, die Art von Figuren, 
aus denen es besteht. 

Hat man Zeit, Last und Gelegenheil 
eirh etwas Gehörtes selbst vorzuträilem oder 
vorzusingen, so behält man es um desto 
sicherer. 

b) muss man auf die Uebergänge und 
Zwischensätze genau merken. — Der Man- 
gel an Aufmerksamkeit auf dieselben kann 
und wird Verwechslungen and Irrungen nach 
•ich ziehen. 

c) die Folge der cum Grunde liegenden 
harmonischen Akkorde. Wer diese richtig 
auffasst, dem wird die damit verbundene 
Melodie wenig Schwierigkeiten machen. 

d) die Acccntnation und Interpunktion 
ist etwas Charakteristisches und verdient da- 
her beyra Auflassen nicht aus der Acht ge- 
lassen zu werdeu. 

e) Wer sich genau einprägt, auf wel- 
chem Blatte dies oder jeues steht, auf wel- 
cher Seite u. s. w. der wird seinen Zweck 
Weit eher erreichen, als wer jene Dinge aus 
der Acht lässt. Die Erfahrung kann hier 



nur entscheiden,' und diese spricht meine« 
Erachtens sehr für die Befolgung der obi- 
gen Hegel. 

Wie 



a) vergleichend. Je mehr Verglei- 
chungspunkte wir mit andern uns bekannten 
und gehörten Sachen auffinden können, um 
desto eher werden wir uns etwas einprägen. 

b) aufmerksam. Wir müssen uns der 
Musik mit ganzer Seele hingeben, und uns 
nicht durch fremde Gegenstände zerstreuen. 



c) nicht zu viel auf Einmal. 
Sonst wird Konfusion und Ueberladung; das 
Gedächtnis unterliegt, weil man ihm zu viel 
aufbürdet Das Zuviel oder Zuwenig muss 
durch die natürliche Anlage und gehabte 
Uebung bestimmt werden. Besser ist es, 
sich weniges ganz, als vieles nur halb zu 
merken*, im erstem Feile wird es uns nicht 
nur leichter, sondern auch nützlicher. — . 
Wer elwaa ganz gut behalten will, der muse 
gleich darauf nichts Fremdartiges hören. 
Das Gedächtnis muss gleichsam ein wenig 
ruhen und erst Muse haben, daa Gegebene 
von allen Seiten zu betrachten. 

d) mit deutlichem Bowusstseyn: 
Eine allgemeine Empfindung ist aum Auf- 
fassen (und zum Behalten) nicht genug. 
Man muss sich der Sätze, Figuren, Passa- 
gen u. #. w. deuüich bewusst seyn , d. h. sie 
alle von einander absichtlich unterscheiden, 
und ihren Eindruck von ihrem Wesen wohl 
absondern. Das Behalten des eben 
Aufgefasslen wird wenig Schwierigkeit ha- 
ben, wenn das Letztere mit der nölhigen 
Sorgfalt Statt fand. Oefteres Erinnern dar- 
an ist das N billigste, was man zu tbun hat. 
Man gehe das zu Behaltende öfters in Ge- 
danken ganz ohne Instrument für sich zu 
Hause, auf Spaziergängen durch, versetze 
es in andere Tän$, verändere (in Gedanken) 
daa Tempo u. s. w., Lun man nehme so 



t 

Digitized by Google 



>S7 



1804. December. 



18S 



viele willkuhrliche Veränderungen damit vor, 
•Ts man kann und will, nur behalte man 
immer das Eigentümliche, ' das was 
man behalten will, scharf im Auge. Sonst 
versähe man über dem Mittel den Zweck. 

Erinnern. Hier ist nur von willkühr- 
lichem Erinnern die Rede , nicht von jenem, 
wo uns etwas ohne unsere Absicht und ohne 
unser Zuthun von selbst beyfrllt. Man muss 
«ich erinnern dass und was man gehabt 
oder gehört uhd empfunden hat« Es ist da 
nöthig an das zuerst zu denken, was die an- 
dern Empfindungen leicht wieder herbey- 
fuhren kann. Hierher wäre wol zu rech- 
nen das Thema, die Taktart, die Auswei- 
sungen n. s. w. 

Auch ist das Lokale, wo man etwas 
körte, die Umgebungen , die Gesellschaft, 
das lustrument, der Spieler u. s. w. nicht 
aus der Acht zu lassen. Dergleiohen Sa- 
tehen haben oft keinen unbedeutenden Ein- 
Ausa auf die Hauptsache. Man erinnert sich 
leirhter an eine Arie, wenn man sich die 
Gesten des Schauspielers, die Dekorationen 
des Theaters vorstellt. 

Natürlich muss auch bey der Gedächt- 
nisbildung ein eigener Kursus vom Leich- 
tern zum Schwerern Statt finden. Wer es 
mit dem versucht, was ihm der Zufall vor- 
bringt, der möchte nicht weit kommen. 

Noch möchte es einen Unterschied ge- 
ben zwischen der Gedächtnisbildung des prak- 
tischen Musikers und des Theoretikers, des 
Dilettanten und des Virtuosen. 

Friedrich Guthmann. 



Rxcxmsiok.. 



!'. 



Xtand Trh pour h Ptanoforn, Vioton «f TTo- 
" lohctlU cönartant, compasi par Jean 'Ntp. 
Mumnul ä* Vitnnt* Op. XII. A Vienne, 
au Bureau d' art» et d* iutiuatrie. (Prix 
i tU 4» Xr.) 



Unter den Beweisen, dass es mit der In- 
strumentalmusik in Deutschland schnell auf- 
wärts gehe, wäre wol auch der anzuführen: 
dass es unter uns gar manche, wahrhaftig 
treffliche Männer giebt, die in früherer Zeit, 
nur noch vor ungefähr zwanzig Jahren, das 
grössle Aufsehen und Epoche gemacht hätten, 
jetzt aber vei gleichungsweise nur kleine Zir- 
kel haben und nicht einmal in ihrem Valeriao- 
de nach Würden bekannt sind. Ree, ein 
halber Landsmann Hrn. Hümmels, gestehet, 
dass er ihn zwar längst von seinen Reisen als 
vortrefflichen Klavierspieler schätzte, auch 
manches Gefällige von seiner Komposition 
kannte: aber durch dies Werk, dasdasgrand 
auf dem Titel nicht mit Unrecht trägt-, sehr 
und auf das angenehmste überrascht wurde. 
Wahrlich, seit Mozart'« schönen Trios und 
Quartetten für das Pianof. erinnere ich mich 
keines Werks dieser Gattung, in welchem (an- 
dere Vorzüge — Andern zugestanden!) ori- 
ginelle Ideen mit gründlicher Ausführung, 
Neuheit ohne Bizarrerie, Gelehrsamkeit ohne 
Prunk, sehr schöne Melodie mit oft glänzen- 
der Harmonie, eine' so gute Anordnung und 
Rundung des Ganzen , und endlich eine so er- 
fahrne Benutzung der effektvollsten Eigenhei- 
ten aller drey lustrumente, so wie hier ver- 
bunden wären ; und der Fremde , der Wien 
und manche seiner, hierin Anschlag zu brin- 
gende Verhältnisse nicht kennt, wird sich 
kaum denken können, wie es komme, dass 
*. B. von diesem und jenem denn doch nur mit- 
telmäßigen Komponisten, der auch als Vir- 
tuos mit lfm. H. bey weitem nicht zusammen- 
gestellt, viel weniger über ihn erhoben wer- 
den kann, so vieles Rühmen, Preisen und 
Schmeicheln in den feinen Zirkeln, und au» 
diesen in den meisten öffentlichen Blättern ge- 
macht, und dagegen Hrn. Hümmels, des wah- 
ren, gediegenen Künstlers, fast gar nicht ge- 
dacht wird. Eben dieses Umständes wegen 
Werden die Leser meine breite Einleitung; 
entschuldigen; Und was ich im Einzelnen 
über diea wirklich schöne Werk zu sagen. 



kJ by Google 



i89 



1804. December. 



190 



habe, in zeYstreueteu Anmerkungen sich 
gefallen lassen, da ich gewohnter hin als 
Künstler, denn als Schriftsteller, mich mit- 
zulheilen. 

Ich habe schon berührt, dass Hr. II. alle 
drey Iiislrumeule sehr gut behandelt hat. 
Jedem ist eine l'arthie zugelheilt, die, recht 
vorzutragen, zwar gar nicht leicht, doch aber 
dadurch, dass der Komponist alle nichtsnutzi- 
gen — ich möchte sagen verrenkten Figuren 
n. dgl. vermieden hat, so wie durch schulge- 
masse Applikatur und guten Fluss der Ideen, 
erleichtert wird; aber jedes Instrumeut ist 
auch in seinem Charakter , und zwar von der 
einnehmendsten Seite desselben, behandelt, 
und das ist wirklich, nach Mozarts Zeit, et- 
was seltnes geworden, da man, besonders bey 
KU viens! L-n , nur zu oft auch in den Geigen 
und Viokmcell das Piauoforte hört, ja zuwei- 
len den vor dem Pianof. sludirenden und pro- 
birenden Verfasser zu sehen sich nicht er- 
wehren kann. Nicht so Hr. H. Man ach- 
Violin. »♦ fc» 



te z. B. darauf, wie er das ViolonceTI so 
eigen und effektvoll nicht selleu für die Mit- 
tel stimme benutzt, so dass es, gut gespielt, 
die Wirkung eines schönen obligaten Tenors 
iu einem Gesangslück bekömmt — — 

Das erste Allegro ist ein ernstes, prächti- 
ges tfnd feuriges Stück, ganz in diesem Cha- 
rakter festgehalten? und alles — die Ideen 
selbst, die Aus - uud Durchführung derselben, 
besonders auch die sehr bedeutenden, und 
doch nicht schneidenden Modulationen, tra- 
gen dazu bey. Von den letzten kann ich 
mich nicht enthalten eine Probe zu geben. S. 
6, Syst. 3 folg., ist Hr. II. im aten Theile des 
Allegio (aus Ea dur) im Hauptakkord g moll, 
aber in der Dominante desselben, aus welcher 
er nun in Es dur und in das Thema des Gan- 
zen zurückgehen will. Das thut er also — 
wobey man sich aber hinzudenken muss , dass 
er auusi iu den Figuren allmählig in den An- 
fang übergehet , und alles aus den Hauptideen 
des Ganzen gewebt ist : 




Digitized by Google 



1804. December. 




»propre legato 





11^--=^ 

44 



Eine* {Kommen Urs braucht diese Stelle so we- 
nig, alt das Game einer detaillirten Empfeh- 
lung, wenn man gesagt hat, dass es sich im- 
mer in solchem Adel halt* Nur der singulare 
Schluss i n der Fermate und durch diese , den 
Hr. H. au lieben acheint, (ich erinnere mich, 
ihn öfters von ihm gehört «u haben) nimmt 
sich tu diesem ernsten Stück nicht ganz 
gut aus. 

Das Andante ist ebenfalls meisterhaft, und 
um so mehr jetzt zu schätzen, da wir so we- 
nig wahrhaft schöne Andantes für das Klavier 
bekommen — ja von Franzosen und iu Eng- 
land lebenden Künstlern fast gar keine mehr. 
Kann etwas einfacher und doch anziehender, 
einschmeichelnder seyn, als schon dieser 
Hauptgedanke, besonders wie er hier ange- 
ordnet und unter die Instrumente vertheilt ist, 



und wie ich ihn so gern anführte, wenn ich 
nicht den Raum schonen müsate? Was aber 
der einsichtsvolle Künstler aus diesem Gedan- 
ken gebildet hat , kann durchaus nur aus 
Zusammenhange eingesehen und nach VYün 
geschätzt werden. Oer imposante Zwischen- 
satz S. 13 ist allerdings sehr heterogeu , wird 
aber so gut vermittelt und wenigstens am Ende 
so gut zu dem übrigen herübergenommen, daaa 
man sich seiner nur freuen kann. Uebrigena 
ist besonders das Violoncell in diesem Andante 
auf eine eigene, und wirklich reizende Art be- 
handelt, wovon man die Beweise, der Sache 
selbst wegen, nicht im Einzelnen anfuhren 
kann; wer das Werk nicht selbst durchge- 
hen will, kann dies schon nach der weniger 
beträchtlichen, oben angeführten Probe dem 
Ree. aufs Wort glauben. 

Das Finale endlich ist ein kräftiges, ra- 
sches, aber, wenn man es in dem sehr schnel- 
len Tempo, das es verlangt, nehmen will, 
auch schwieriges Bravourstück für alle drey 
Instrumente, das ungemein viel Schönes, aber 
im Ganzen weniger Eigeuthümiirhes hat. Der 
Satz : S. 4 u. S. 3 im i. Syst., u. besonders der 
Gang der Violiu u. des Viotouc gegen einander, 
ist, was mir in Absieht auf Reinheit der Schreib- 
art missfkllt. Uebrigens verdiente die ganze 
Stelle S. 19, Syst. 2 von der enharmonischea 
Rückung an, bis S. ao, Syst. 3, als Muster 
gelehrter und doch auch effektvoller Auafüh- 



Digitized by Google 



193 



1804. December. 



194 



rung ausgehoben eu werden, wenn diese An- 
zeige nicht ohnehin lang geworden wäre — 
Kurs, jeder Kunstkenner und gebildete Lieb- 
haber kann ohne alles Bedenken dies Werk 
anter seine Lieblinge, und gleich, mit der 
Ueberzeugung aufnehmen, dass er hier nicht 
ein-, «wey mal, sondern oft und immer mehr 
Vergnügen finden werde. 

Es soll mich übrigens von Herzen freuen, 
weuu ich durch diese unpartheyische Aner- 
kennung der Verdienste dieses Künstlers dazu 
bey tragen sollte, dass auch Andere dieselben 
mehr, als bisher geschehen zu seyn scheint, 
anerkennen, und er vom Publikum, und 
durch die Mittelsmänner desselben , die Ver- 
leger, veranlasst wird, mehr solche grössere 
Werke herauszugeben, und nicht nur ange- 
nehme Kleinigkeiten , die ihm allerdings nicht 
zur Unehre gereichen, aber auch von gar 
manchen Andern so gut gegeben werden kön- 
nen — was bey jenen wahrlich nicht der 
Fall ist. 

Das Aeussere des Werks ist schön und 
der Preis massig. 



N 



Berlin, den Sten Dec. Den inten Nov. 
gab man ein Stück , das mehrere Jahre ge- 
ruht hatte, und wiederholte es einige Tage 
nachher mit Beyfallt Raoul de Crequi, Sing- 
spiel in 3 Akten. Aus dem Franz. Musik 
von d'Alayrac. Der Kapellmeister Weber 
hat in die artige französische Musik einige 
trefliebe Parlhieen eingelegt, die sich ganz 
dem Styl, des französischen Komponisten na- 
hern, und von denen vorzüglich das Ter- 
seit : Triuk guter Mann u. s. w. ausgehoben 
SU werden verdient — Den aosten gab 
man zuerst, den Opemschneider , komisch- 
pantomimisches Ballet in 2 Akten von Lau- 



chery. Musik von Gürrlich. Das Ballet hat 
manche langweilende, aber auch, und be- 
sonders im zweyten Akt im Redoutensaal, 
mehrere sehr interessirende Scenen, welche 
das hiesige Publikum in einen fast unglaub- 
lichen Enthusiasmus dafür gebracht haben, 
so dass lange vor dem Anfang kein Ein- 
gaugsbillet mehr zu haben war. Die Musik hat 
viel angenehme und melodieeureiche Stellen. 



Kurze Anzeige ». 

1 



Unter deu Musikhandlungen, die sich vor- 
nehmlich bemühen, den Liebhabern kleiner 
Modeneuigkeiten oft angenehme Gelegenheit 
zur Befriedigung ihrer Neigung su geben, 
zeichnet sich auch die, „des k. k. Hoftheater- 
Musikverlags * (besorgt durch Hrn. Kapellm. 
Thade Weigl) in Wien aus. Man findet 
da immer eiue Meuge artiger Novitäten , be- 
sonders Lieblingsstücke ) die eben zur Zeit 
Glück auf den dortigen Theatern machen; 
ond wiewol nicht alles vorzüglich ist, was 
dort Glück macht, (wo wäre das Theater, 
bey welchem nur das Gute gälte!) so kann 
es doch nicht fehlen, dass sich nicht in den 
meisten solcher vom Publikum begünstigten 
Stücke wenigstens irgend Etwas von Werth 
fände. Jede solche Kleinigkeit auch nur 
zu nennen, ist hier unmöglich, zumal da 
manche, ehe sie dazu gelangeu könnte, schon 
ihr Schmetterlingsleben vollendet hat: was 
aber von dem, das uns bekannt wird, nach 
unsrer Ueberzeugung, eine längere Dauer 
vorzüglich verdient, und, abgesehen von lo- 
kalem oder temporairen Interesse, erfreuen 
kann — das wollen wir von Zeit zu Zeit aus- 
heben, und ohne zu fragen, ob es in Wien 
noch Neuigkeit und Liebhaberey des Tages 
sey, den Lesern wenigstens vorführen. 

Dieses Präsentatiousrerht hat nun unter 
den letzten in Leipzig angekommenen Werk- 
chen vorzüglich folgendes; 



Digitized by Google 



195 



1804. December. 



196 



Ausgttviihltt Stüde aus dem Ballet: DU vtr. 
labten Thorhtittn, («in Hallet »o «u betiteln, 
nbchte wol «lbjt oine teya,") für das Piano- 
forte. 

Der Komponist hat sich nicht genannt 
und wir kennen ihn auch nicht: das müs- 
sen wir aber gestehen, dass wir geraume Zeit 
keine so raclodieenreiche, graziöse, und, bey 
a 1er Anspruchslosigkeit, anziehendere Ballet- 
musik kennen geleruet haben. Wer auch 
der Verf. scy, er ist ein Mann von Talent, 
und wie für das komische, oder vielleicht 
noch mehr, das ländliche Ballet gemacht. 
Dass nicht nuter ii Nummern, deren man- 
che wieder mehrere Sätze enthalten, (den 
8cblua« machen z. B. Variationen über ein 
sehr einfaches, aber woblgevvählles The- 
ma) — • dass nicht unter diesen, besonders 
da der Komponist nie über die einfachsten 
Harmonieen hinaus gewollt hat, manches 
Gleichgültigere mit unterlaufen, auch man- 
ch« Ldpe an Pleyl, Martin und ähnliche 
Komponisten, erinnern sollte — wird man 
nicht erwarten« und darum, wenn man es 
so findet t gern entschuldigen: das Werk- 
ehen behält dennoch so viel Interesse, dass 
man es, selbst nur als Sammlung kleiner 
musikalischer Miacellen, jedem, dem die 
ganze Gattung werlh ist, empfehlen darf. 
Der Klavierauszug ist gut gemacht und 
äusserst leicht zu spielen. 



O Neu/ Variation* pour le Piano/orte , compo- 
tttt et didiets ä Madem, fileline Brtntano 
pur P. J. Riol lt. No. 1. A Offenbach, 
chez Jean Andre. (Pr. 45 Xr.) 



3) Dlx Variation» pour le Piano/orte tur U n 
Thime de Mosart — de'd. ä — Monseign* 
F Eltcteur - Archichancelier par A. Schmitt, 
eleve d'Antoine Andre. Oeuv. 1. Ebenda«. 
(Pr. 48 Xr.; 

1 

Beyde Werkelten gehören nicht unter 
die schlechten ihrer GaUung, obschon) Va- 
riationen solcher Art immer dasselbe wie- 
derbringen, nur hin und wieder mit andern 
Worten. Die, No. 1., sind messender, leichter 
auszuführen und meistens ziemlich artig : die 
No. 2. machen mehr Prätensionen, haben aber, 
ungeachtet der vielen Noten, manchen sehr 
alltaglichen Satz. (Was ist denn nun z. B. 
eine Variat., wie No.4., und welcher Lieb- 
haber, auch ohne Schule, nur mit einiger 
Uebung, extemporirte dergleichen nicht?) 
Dagegen fehlt es auch nicht an manchen 
guten Gedanken, wohin auch der gehört, 
dass der Komponist in der Coda den auf 
das Thema in der ursprünglichen Arie von 
Mozart folgenden Gedanken mit anbringt und 
recht hübsch aufstellt — wogegen die Coda 
vou No. 1. dürftig ausgefallen ist. Warum 
aber Hr. Sch. ganz ohne Nolh zuweilen 
schwere Konzerlpassagen angebracht hat, be- 
greift sich kaum: wer diese spieleu kann, 
nimmt seine Variat. schwerlich zur Hand' 
und wer diese zur Hand nimmt, kann* 
jene schwerlich spielen. Doch sey es wie- 
derholt, dass das Werkchen, als ein 
Oeuvre 1., wol nicht übersehen zu wer- 
den verdient. 



( Hierzu da* lnt«lligenr.blau No.' IV. ) 



L >!>•!•, BBT BlIIIIOM VWB Hift TXfc . 



Digitized by Google 



INTELLIGENZ - BLATT 

m • • • " * * 

zur A llßtemt i nen,Mu s i lct,li scjie n Zt it. ung. 



Decembe?r. 



Nl IV. 



1804. 



n 



1 ür 



lil itairische Orchester und für allo 
Freunde dar Htrmonie-Huiik. 



Um dem Mangel an vorzüglichen Musikalien für 
Ilautboüten und Janitacharen -Cbüre abzuhelfen, wer- 
de ich in Verbindung mit dem Lieutenant im von 
Borkschcn Infanterie Regiment tu Stettin, Herrn von 
Sydow in meinem Verlage in auf einander folgen- 
den Heften ein 

Journal militairischer Musik 

herausgeben. Der Inhalt wird aus Märschen, Pas do 
Mauoeuvres, Tänzen, und aas grössern Musik -Pieren 
bestehen. Jedes Heft wird mehrere Stücke für Haut- 
boisten 6, 7 oder 8*timoiig , und eben so viele für 
Janitacharen -Chöre enthalten, welche theils aus Ori- 
ginalen vorzüglicher Komponisten bestehen, theils aus 
den Werken von , van Beethoven , Clement! , Cheru- 
bini , Dusaek, J. Haydn, Himmel, Mehbl , Mozart, 
Nauman, Faisiello , Reichardt, Rigbini, Weber, Zum- 
u. a. m. arrangirt werden sollen. 



Da dieses Journal zunächst dem Militair gewid- 
met ist , aber auch grössern und kleiucrn Kapellen 
und denjenigen Stadtmusilern , die sich über das Ge- 
wöhnlich« erheben , eben so nützlich als angenehm 
aeyn wird, so hoffe ich, da»s man dieses Untcraeh- 
von mehreren Seiten unterstützen werde. 



Di« einzelnen Hefte von 7 bis 8 Bogen erschei- 
in unbestimmten Zeiträumen, etwa 3 oder 4 in 
em Jahre, sauber und korrekt gestochen. Daa 
erat« Heft erscheint im Anfange des künftigen Jahres. 

Man pränumerirt oder subscribirt auf ein einzel- 
nes Heft 1 Thlr. Pr. Cf 1. , auf 3 auf einander fol- 
geude Heft« a Tbl. ia Gr. Pr. Crt. in poatftejou 



Briefen. Bey Bestellung von 6 Exemplaren 
man das 7t« frey. 

Man wendet sich mit Bestellungen direkt« an 
mich, oder an solide Buch- und Mueikhaudiungcn. 
und namentlich für Berlin an den Buchhändler Hein- 
rich Fröhlich* 

Oranienburg, im Decbr. 1804. 

Rudolph Werkmeister, 
Miiaik-Verlegshiodler. 



Neu« Musikalien im Verlage von Breitiopf und 
Härtel in 



Müller, A. E., Uebungsstücke f.*daa Piauof. mit 
vorgezeichneter Fingersctznug. »« Heft. »6 Gr. 

Dussek, J. L. , 6 nouv. Welzes p. le Pianof. «v. 
Viol. «t Vlle. ad lib. 8 Gr. 

Schneider, F., 3 Soaajee p. lo Pianof. Op. 1. 

1 Tklr. 8 Gr. 
Niale.'J. F., Trio p. 1« Pianof., Viola et Vlle. »Thlr. 
Bach, J. S., Choratvorspiele. 3* Heft. 16 Gr. 
Mosart, Concerto p. le Pianof. No. 19. Frau. Pr. 
r e 1 Thlr. Ladenpr. i a Thlr. N 
Sehlelt, J., a Sonates p. Harmonie*. ia Gr. 
Mozart, Piece d'harmouie. Liv. No. 7. iC Gr. 
Kraft, Concerto p. Violoncello, a Thlr. 

Danzi. F., 3 Quatuors p. a V. , A. et VII«. Op. 29. 
a Thlr ia Gr. 

Schneider, G. A., Etode de Flute ea 3 Duo* be^- 
mollise's. Op. a8. »6 Gi. 

— — 3 Duos p. a Basson«. Op. ao. 1 Thlr. , 

Cimarosa, Ouv. a. d. Op. H matrimonio per rag- 
giro, (die Heurath durch LUt) f. Klar. 4 Cr. 



Digitized by Google 



»um Steeg, GesSnge arr. f. d. Guitarre t. Härder, 
aa Heft. 12 Gr. 

Wöiri, Arie aus der Oper: Die romanhafte Liebe. 
No. 4. 4 Gr. 

•■" ~~ do do do No. 6. 10 Gr. _ 

Moaart, Arien m. Begl. d. Pianof. No. 8.9.10. »8 Gr. 

Handel, Kantate; Empfindungen am Grabe Je»u. 
Partitur, a Thlr. 

Moaart, Hymne: Gottheit dir aey Preis u. Ehre. Par- 
titor. 1 Thlr. 8 Gr. 

Z umateeg, Kantate: Eh ich diea rollendet et» 
No. 11. 8 Gr. 

r, Schwertern. No. 1a. la Gr. 



Neue Musikalien von verschiedenen Verlegern, 
mlehe tey Breilkopf und Härtel zu haben sind. 



"K a ner, La Nymphe du Danube arr. p. a Flutea. 
No. a. aa Gr. 

Henkel, M. , Vieritimmigea Choralmclodienbuch aa 
dem: »ach dem Sinn der katholischen Kirche eia- 
Chruten. 1 Thlr. 16 Gr. 



Koebler, H. , 6 Sonatinei p. 2 Flöte«. Op/18. 16 Gr. 

puaaek, J. L. , 6 Sonatinca p. le Pianof. ev. acc. 
de Viol. Op. 46- Lir. 1 et a. 1 Thlr. 8 Cr. 

_ — 3 Sonates p. le Pianof. ar. acc. do Viol. 
Op. 8. No. 1. 16 Cr. 

— Do. No. a. 16 Gr. 

Wanhall, Kurze und leichte Klavierstücke. i»te 
Lief, to Gr. 

Himmel, Fr. H. , Cesa'nge an« Tiedge'a Urania mit 
Begl. dea Fianof. 3 Thlr, 

Naumann, ta Canons f. 3 Siogstimmeu mit deutsch, 
und ital. Text. 18 Cr. 

Himmel, Fr. H. , Fanehon , das Lejernvidchen. 
Kta». Aua*, ir Akt. 1 Thlr. 13 Gr. 

— Ouvertüre daraus einzeln. 10 Gr. 

m- — Arie daraua: In Saroyen bin ich |gcborcn. 
8 Gr. 

Müller, C. G. , la Variat. a-ir l'air : Gestern Abend 
war etc. p. le Pianof. ta Gr. 



Weber, C. M. , 8 Vsriai. p. le Pianof. surf Air de 
•Ballet; Caator et Polln«, la Cr. 

Amüsement p. la Flute ou 34 fav. pieces des di£T. 
auteurs. 13 Gr. 

Kre-itiii-Ch. , 6 VstflttWÄs sur" un älr fsvörne- f ' U 
Flute. Op. 96. 10 Gr. 

Maurer, Fr. A., Romanze von Biirgrr: Der Ritter 
- nnd -aetn -Liebehen, "m"; BeJI. 'd. 'Pianof. ta Gr. 

Schüta, W. , grand Trio p. le Pianof., Viol. et 
VUe. 1 Thlr. 14 Gr. 

Leaael, Fr., gr. Trio p. la Pinnof. ar. Clarin. et 
Cor. Op. 4. 1 Thlr. 18 Gr. 

Bachmann, G. , Quintuor p. le Pianof. ar. Flute, 
Viol., A. et Vlle. Op. 43. 1 Thlr. 16 Gr. 

Kauer, J., grand Trio p. Viol., Alto et Violone. 
1 Thlr. 11 Gr. 

Bortolaaai, B. , 6 Aira ital. ar. ace. de la Guit. 
Op. 11. 1C Gr. 

Tag, Ch. C, . Worrliu, eine Ode, mit Be$l. dea 
Pianof. 1 Thlr. 8 Gr. 

Moaart, W. A. , Cadencea on pointa d' Orgue p. le 
Pianof. No. 1 et a. a Thlr. 

Martin, V., 8 Airs de l'Op. Una Cosa rara , arr* 
p. le Pianof. av. Viol. ad. Ii b. p. J. Andre. 16 Gr. 

R i o 1 1 e , P. J. , 6 Walaea et 3 Ecossoises p. 3 Viol., 
B. , fct. Fl., 3 Clarin., a Cors, Tromp. et gr. 
Tamb. 1 Thlr. 

Becker, C. L. , 1a Walses p. le Pianof. 16 Gr. 

— — 18 Variat. p. le Pianof. ao Gr. 

Sterkel, Sonate p. le Pianof. arec acc. de Viol. 
Op. 4«. 1 Thlr. 4 Gr. 

Schmidt, A. , 10 Variat. p. le Pianof. sur an Thi- 
me de Mozart. No. 1. 13 Gr. 

Riotte, P. J. 9 Variat. p. le Pianof. No. 1. 12 Gr.. 

— - — 9 Do. No. 3. la Gr. 

Cimaroaa, Morceaux choiiia de' I Zingari in Fiera), 

arr. p. a Clar- , 3 Fl. , a Cora et a Bass. a Thlr. 
Wunhai , J,, Kurze und leichte Klavierstücke, to Gr. 
(Wird fortgesezt.) 



Linn«, nsr Biutioii ans Hiitn. 



Digitized by Goo£ 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 3 6 ,en December. N= . 1 3* 



1804. 



XACHaxcKTEtr. 



Btrlintr Konzert musik. 
(ForUeUuug.) 

Herlin» den i5(en Dec. Da« -Ite Abonne- 
nientkoQiert wurde mit einer zwar bekann- 
ten, aber einer der vorzüglichsten Sinfonieen 
von Haydn aus B dui* eröffnet Das impo- 
sante Largo, der kräftig ausgeführte AUe- 
grosats, das mit vieler Kunst und angeneh- 
men Gesänge ausgestattete Andante aus F, 
die originelle MeimcU mit dem so schön von 
der Oboe vorgetragenen Trio, das feurige 
Finale — rissen bey der durchaus vollkom- 
menen Ausfahrung alle Zuhörer zu lautem 
Bey fall hin, und jeder Kenner zoü4e»'<aufs 
neue dem würdigen Patriarchen der Kom- 
ponisten die aufrichtigste Bewunderung. — 
W ie sehr stach auf einen solchen harmoni- 
schen Genus* die äusserst mager und zu- 
weilen fehlerhaft gesetzte italienische Scene 
ab, welche Mad. Eunicke mit möglichster 
Ausschmückung, aber doch auch nicht in 
dem Grade der Vollkommenheit vortrug, 
den man von ihr erwarten darf — woran 
aber besondere. Verhältnisse Schuld sind. 
Das Recitativ deklamirte sie vortrefflich. — 
Ein neues, mit chromatischen Gängen und 
eilharmonischen Verwechselungen zuweilen 
bis zur Bizarrem ausgestattete* Fortepiauo- 
kunzert von Beelhoven, besefaloss den ersten 
TheiL Die Salop&rthie war sehr schwierig 
und wurde von Ilm. Wustrow, mit vieler 
Fertigkeit gegeben. Die sehr starke Beglei- 
tung war äusserst oxaet. Der erste Satz, 



7. Jahrg. 



war vortrefflich gearbeitet: doch ach weiften 
die Modulationen allzusehr aus; das Ada* 
gio aus As dur war ein äusserst angeneh- 
mes, melodieeureiches Stück, und wurde 
durch die obligate Klarinette ungemein ver- 
schönert Der lezte Satz : All' Inglese , zeich- 
nete eich nur durch ungewöhnliche Rhyth- 
men aus, und wurde ebenfalls sehr gut exe- 
kutirt. — Der zweyte Theil begann mit der 
schon voriges Jahr hier gehörten Ouvertüre 
aus der Oper Tamerlan, von Winter. — 
Nach langer Zeit hörten wir hierauf wieder 
die umiberUeffbar schönen Töne des p Hrn. 
Westenholz auf der Oboe, in einem von 
ihm selbst geschmackvoll gesetzten und mit 
der grössten Vollkommenheit vorgetragenen 
Konzerte, Der erste Satz aus f dur begann 
im Solo mit einem zarten Gesänge der Oboe* 
von Fagotten begleitet, und gab dem Vir- 
tuosen vornehmlich auch Gelegenheit seine 
Fertigkeit in Passagen zu zeigen, so wie" 



so seltene Töne wie 




bewun- 



dern zu lassen; auch war ein angenehmer 
Satz aus der Ouvertüre von Himmel'* Fan- 
chon schicklich darein verwebt!. Das An« 
dante aus B dur war ein liebliches Can la- 
bile, dem eine früher von Hrn. W. kompo- 
nirte Arjetle zum Grunde zu liegen schien. 
Es folgte ein Rondo alla Polacca, geschmack- 
voll gesetzt nnd vorgetragen. Wiederholter 
Bey fall lohnte dem vortrefflich«* und be* 
«cheidenen Künstler. — *- Nach einem voil 
Hm. und Mad. Eunicke mit Beyfaü 

i3 



DigitiZed by Google 



199 



1804. December. 



200 



genen Duett von Pir, beschloss für heule 
den. vortrefflichen Kttnstgenuss, die Overtura 
aus der Oper Arianua von Righini. 

Das 5le Abonnementkonzert wurde durch 
eine vom Hrn. Kapellra. Himmel elegant 
gesetzte und schön gespielte Sonate aus C. 
fürs Fortep. mit Begleitung von Violin und 
Violoncell, (Hr. Seidler und Krantz), so 
wie durch zwey, von Mad. Müller gesun- 
gene Stücke von Righini, ersteres eine im- 
posante Charakteraric aus B., mit vielem 
Feuer, und die zweyte das vortreffliche Re- 
citativ und Rondo aus F : „ Ah se il Cieto 
a me ooncede," mit Kunst und Aumuth 
vorgetragen, ausgezeichnet. — Auch Herr 
Fischer sang die berühmte Bravourarie aus 
Brennus: Roma superba, in der unser Rei- 
chardt so ganz in seinem Kraftstyl wirkt, 
mit Nachdruck und Fertigkeit. 

. * * 

Das 6te Konzert wurde mit der vortreff- 
lichen Mozarischen Sinfonie ans Es dur er- 
öffnet, welche, besonders von Seiten der 
Blasinstrumente vortrefflich exekutirt wurde. 
Welcher Reichthum von Melodie und Har- 
monie lebt und webt in diesem Stück! Mau 
darf es mit Recht für eine der ausgezeich- 
netsten Mozartachen Inatrnmentalkomposi- 
tionen halten. Welcher Genuas, es so aus- 
fuhren zu hören 1 — Eine von Mad. Eunick« 
mit Geschmack gesungene Polonaise von 
Trento zog jedoch aus den höhern Regionen 
der Ideenwelt nur zu schnell den Zuhörer 
in das gemeine Irdische herab. Solche Kon- 
traste müssten bey der Anordnung eines so 
bedeutenden Konzerts vermieden werden* — 
Es folgte ein von Hrn. Henning (wenigstens 
in den Soloparthieen) selbst geaeztea und mit 
Sicherheit (vorzüglich im Erreichen der ho- 
hen Töne) Fertigkeit und gutem Vortrag 
geapieltea Violinkonzert. Eine von Herrn 
Eunicke brav 'gesungene Scene beachloss deD 
ersten Theil. Der zweyte begann mit der 
harrnoniereichen, in hohem Styl ausgearbei- 
teten Ovextura, die unser Hi> Kapelim. YVe- 



ber zum Trauerspiel Regulus komponirt 
hat. Sie wurde mit vielem Feuer gegeben* 
Das darauf folgende tioborkonzert von Win« 
ter, welches Hr. Westenholz uns schon öf- 
ters hören Hess , wurde auch diesmal mit ver- 
dientem Bey lall aufgenommen. D;e Ouver- 
türe aus Deinophoon von Vogel «chloss dies 
Konzert. 

Das ?le begann mit der achon einmal 
gegebnen schönen Haydnachcu Sinfonie aus 
D , welche auch diesmal präcis ausgeführt 
wurde. Es folgte eine Scene aus der Oper: 
Helena und Paris , von Winter , welche Mad. 
Schick mit Geist und mit guter Rundung 
und Fertigkeit in den schwierigen Laufen 
vortrug, wobey aie aufs beste durch die 
Hrn. Schröck, Wipert, Bar mann und Schna- 
ke (Obligate Flöte, Klarinette, Fagott und 
Horn) untevstüzt wurde. _ Ausser einigen 
sehr, sangbaren Stellen finde ich. aber in der 
Komposition nicht viel vorzügliches. — Hr. 
BHesener blies hierauf ein Klarineilkonzert 
von Kiommer. Es ist in grossem Styl ge- 
schrieben, das Ganze voll neuer und gut 
ausgeführter Ideen, die Begleitung der Blas- 
iustrumente von vielem Effekt; da nun Hr. 
B. auch im Too, Vortrag und Fertigkeit auf 
diesem schwierigen Instrumente sehr viel 
leistete, so laset sich der nicht lebhaft ge- 
nug bezeigte Aolheil der Zuhörer nur dar- 
aus erklaren, dass man die Klarinette im 
Allgemeinen hier als Soloinstrument über-, 
haupt nicht besonders zu lieben scheint, (wel- 
ches auch Tages zuvor im Kircbgessnerschen 
Konzerl bemeikJich war) und dass heute zu 
viele Parlhieen für Blasinstrumente auf ein- 
ander folgten. Ganz versagte man indess 
Hrn. B. die mit vollem Recht verdiente Auf- 
munterung nicht, — Der zweyte Theil 
wurde mit einer bedeutenden Ovcrtur 
Beethoven aus C eröffnet. Das hierauf 
gende Flötenkonzert von A. E. Müller aua 
E moll wurde ganz dem . Werth der Kom- 
position angemessen von Hrn. Schröck 

- 



Digitized by Google j 



201 



1804. December. 



getragen, der heute den Preis davon trug. 
In der Thal war diesmal in noch höherm 
Grade, als man es sonst von ihm gewohnt 
ist, der reine vortreffliche Ton uud die 
Rundung der Passagen, welche dieser sich 
immer mehr und mehr vervollkommnende 
brave Künstler mit der äusserslen Leichtig- 
keit giebt, zu bewundern. Der grössere 
Tbeü des Publikums halte wahrscheinlich 
nach diesem Genuss die folgende grosse Sce- 
ne von Pär gern entbehrt, welche, wegen 
Mangel des sehr schwierigen Ensemble und 
Uniicherbeit der die obligate Violin und Viola 
ausführenden Spieler, nicht Rum Besten aus- 
fiel. Hr. Weitsmann, der hier wieder nach 
Rückkehr zuerst im Konzert auftrat, 
mit Geläufigkeit und mehr ausgebilde- 
tem Geschmack. Nur die wahre ßrust- 
stimme und reine Intonation vermisst man 
zuweilen. Pas entere Requisit muss frey- 
lich Mutter Natur liefern ; bey einem guten 
Gehör kann aber der langer vieles durch 
Uebung und Aufmerksamkeit in Absicht auf 
das leztere leisten. Die kräftige Ouvertüre 
ans Reichard ts Brennus wurde zum Schlus» 
mit Energie gegeben und erregte aufs neu« 
allg 



Leipzig. Den loten Dee. gab der her- 
zoglich - braunschweigische Kammermusikus, 
Hr. Spohr, ein Konzert, und den i7ten, 
auf Aufforderung vieler Freunde der Ton- 
kunst, ein zweytes; in beyden aber gewährte 
er uns einen so begeisternden Genuss, als, 
ausser Rode, kein Violinist uns gewahret 
hatte, so weit wir zurückdenken können. 
Hr. Spohr gehört ohne allen Zweifel unter 
die vorzüglichsten jetzt lebenden Violinspie- 
ler, und man würde über das, was er, be- 
sonders noch in so jungen Jahren, leistet, 
erstaunen , wenn man vor Entzücken zum 
kalten Erstaunen kommen könnte. Er gab 
uns ein grosses Konzert von seiner Kora- 
i, (D moil) und dies, auf Begehren, 



2Ö2 

zweymal, nnd ein andere«, ebenfalls von 
ihm selbst geschrieben; (erster Satz E moil) 
ferner, das bekannte Rodesche aus A moil 
und die Variationen aus G dor, die dieser 
Künstler hier, wie an vielen Orten, spielte, 
und eins der geistreichsten Trio's von ViotbV 
öffentlich zu hören: privatim aber Quartet- 
ten u. dgl. der verschiedensten Gattnno«« 



und Meister. Seine Konzerte gehören 
den schönsten, die nur vorhanden sind, und 
besonders wissen wir dem, aus D moil, 
durchaus kein Violinkonz, 
wol in Absicht auf Erfindung, 
Reiz, als auch in Absicht auf Strenge und 
Gründlichkeit. — Seine Individualität neigt 
ihn am meisten zum Grossen und in sanf- 
ter Wehmuth Schwärmenden. So ist nun 
auch sein herrliche« Spiel. Hr. Spohr kann 
alles: aber durch jene« reitst er am mei- 
sten dahin. Was vorerst Richtigkeit de« 
Spiels, in weitester Bedeutung, heilst, ist 
hier, gleichsam als sicheres Fundament, nur 
vorausgesetzt; vollkommene Reinheit, Si- 
cherheit, Präcision, die ausgezeichnetote Fer- 
tigkeit, alle Arten des Bogenstrichs, alle 
Verschiedenheiten des Geigentons, die un- 
gezwungenste Leichtigkeit in der Handha- 
bung von diesem allen aelbst bey den gröss- 
ten Schwierigkeiten — das macht ihn zu 
einem der geschicktesten Virtuosen, Aber 
die Seele, die er seinem Spiel einbaucht — 
der Flug der Phantasie, das Fener, die 
Zartheit, die Innigkeit des Gefühls, der fei- 
ne Geschmack; und nun seine Einsicht in 
den Geist der verschiedensten Kompositio- 
nen, und seiue Kunst, jede in diesem ih- 
rem Geiste darzustellen: das macht ihn zum 
wahren Künstler. Diesen letztem Vorzug 
haben wir noch an keinem Violinisten in 
dem Maasse zu bewundern Gelegenheit 
gehabt, als an Herrn Spohr, und zwar 
vornehmlich bey seinem Quartettspiel. Er 
ist fast ganz ein Anderer, wenn er z. B. 
Beethoven, (seinen Liebling, den er trefflich 
behandelt,) oder Mozart, (sein Ideal,) oder 



Digitized by Google 



*>3 

Rode,( dessen Grandioses er sehr gut anzu- 
nehmen weiss, ohne mit ihm an das Scharfe 
und Schneidende zu streifen, und ihm nur 
Wenige«, besonders in Dicke des Ton», zu- 
vorlassend,} oder wenn er Viotti und ga- 
lante Komponisten, vorträgt: er ist ein. An» 
derer, wie sie Andere sind. Kein Wunder 
daher, wenn er überall wohlgefällt, und 
fast gar keinen Wunsch zurücklässt, als 
das« man ihn behalten und immer hören 
mochte. Durch die Unterstützung seines 
Herzogs , der jetzt so vieles, und' so sehr 
zweckmässiges- für Musik thut, ist er in den 
Stand gesetzt gewesen, auf beträchtlichen 
Reisen die ausgezeichnetsten Virtuosen ken- 
nen zu lernen und zu benutzen j und durch 
•eine anspruchslose Bescheidenheit, wie durch 
«ein anständiges, gesittetes, einnehmendes 
Betragen, gewinnt er auch als Mensch über- 
•JL Er reiset so eben nach Berlin. 

Wir sind unserm Orchester schuldig zu 
bemerken, dasa es, durch ihn selbst begei- 
stert^ ihn conamore, und so begleitete, wie 
eigentlich jeder Virtuos begleitet werden soll- 
te; und der Dem. Alberghi, dass sie in bey- 
deu Konzerten, besonders aber im ersten, 
rächt schon sang. 



Frankfurt a. M. deu i7len Nov. Ge- 
stern gab uns Herr Poulleau ein Konzert. 
Um Sie damit , und mit dem Künstler selbst, 
bekannt zu machen, rücke ich den Anschlag- 
zettel wörtlich ein i 

Mit hoher obrigkeitlicher Bewilligung, 
wird Herr Poulleau, privilegirter Tonkünst- 
ler Sr. Majestät Alexanders 1. Kaisers von 
Kussland etc. die Ehre haben, Freytag den 
16. Nov. i8o4. im grossen Saal des rothen 
Hauses auf seinem neu erfundenen Instru- 
ment, genannt: Orcbestrino oder kleines 
Orchester, ein Konzert zu geben. Dieses, 
in seiner Art einzige Instrument, hat den 



204 

Beyfall versebiedner berühmter Künstler er- 
halten. Es vereinigt die Töne der Violine, 
Alto, Violoncello, Viola d'Amour, .Oboe, 
auch zuweilen die der Harmonika und der 
Orgel , und drückt die verschiedenen musi- 
kalischen Grade, als: piano, crescendo, mez- 
zo Voile, forte, fortissimo, smorzaudo, piz- 
zicato, staccalo, soslenuto, legato , vollkom- 
men aus. Um die Täuschung zu erhöhen, 
wird auf Aurathen der Künstler dieses In- 
strument erstlich verdeckt gestellt, und der 
Erfinder desselben wird verschiedene Solo'* 
der oben angefühl ten Instrumeute, jedes ein- 
zeln darauf spielen. Nachher wird es öf- 
fentlich von der ganzen Gesellschaft zu se- 
hen und zu hören seyn. Hr. Poulleau ver- 
sichert übrigens, dass, obgleich man die 
Orgellöne vollkommen hört, doch keine Pfei- 
fen an diesem Instrument angebracht sind, 
sondern dass es auf gewöhnlichen Saiten, 
wie die der Violin, Violoncello uud Alto 
gespielt wird. — Die Einrichtung des Kon- 
zerts ist folgende : 1) Hr. Poulleau wird sich 
auf dem Orcheslrino in verschiedenen 
Stücken seiner Koniposition, einem Thema 
von Pleyel mit Variationen nebst einem Ron- 
deau hören lassen. 2) wird er ein grosses 
Konzert mit Begleitung zweyer Waldhör- 
ner und eines Contra -Basses, und 3) cum 
Schlüsse, mehrere einzelne Stücke und Va- 
riationen von ihm selbst arrangirt, spielen. 

Um alle die angegebenen Eigenschaften 
dieses Instruments zu linden, bedatf man 
einer sehr lebhaften Einbildungskraft, und 
da diese nicht Jedem gegeben ist, so fanden 
nicht alle Zuhörer ihre Erwartung befrie- 
digt. Soviel ist indess gewiss, dass der 
Ton, der die mebrste Aehnlichkeit mit dem 
eines Bogenklaviers hat , ungemein ange- 
nehm, obgleich die Wirkung des Ganzen 
nicht gross ist. Die Bogeninslruuiente. als 
VioJoncell, Viola d'Amour, sind täuschend 
nachgeahmt, auch die Hoboe ist gut Die 
Aehnhchkcit mit der Orgel und Harmonika 



1804. 'December. 



20 5 



i$o4* Becember. 



2ÜÖ 



könnt© man mehr an -der* gebundenen Spiel- \ von Preussen beehrti? die Vorstellung mit 

ihrer Gegenwart, und übersaudte Tags dar- 
auf dem Orchester ein königliches Geschenk, 
zürn Beweis allerhöchster Zufriedenheit. Mit 
demselben traf zugleich die Nachricht von 
dem Absterben eines armen Musikers, ehe- 
maligen Mitglieds der Gesellschaft, ein, der 
eine Frau ohne Brod nachUsst: das Orche- 
ster bestimmte sogleich die königliche Gabe 
fiir diu Wittwe des Verblichenen , und be- 
wies dadurch, dass es wol verdient hat, 
nach 'sieben Jahren, so wie bisher die 
Schauspieler, auch einmal die Bewilliguug 
su einer Benefizvorstelluog xu erhalten ! — — 

Den 2ten Dec. In diesen Tagen wurden 
wir durch einen Besuch des Hrn. Kalkbren- 
uer aus Paris erfreut* Er kam von Wien. 
Nachdem er sich in mehrern der angesehen- 
sten Familien durch sein vortreffliches Spiel 
auf dem Fortep. sehr empfohlen, und dafür 
Bewunderung und Dank geürndtet hatte, be- 
kamen wir ihn auch öffentlich zu hören, 
wofür ihm der Dank des gvössern Publi- 
kums nachfolgte. Da kein schicklicher Tag: 
zu einem öffentlichen Konzerte für ihn frey 1 
war und er sich nur wenige Tage hier aufhal- 
ten konnte, weil er nach Paris zurück eilte: 
so verband er sich mit den Hrn. Gebrüdern 
Redecke und C. Franzi, Waldhornisten am 
hiesigen Theaterorcbesler, welche schon 
einen Tag zu einem Konzert bestimmt und 
die nöthigen Vorbereitungen getroffen hat- 
ten. Durch dieso Verbindung bekamen wir 
hier am 5o. Nov. ein Kouzert zü hören, des- 
sen Erinnerung uns immer angenehm blei- 
ben wird. Auf eine Siufonie von Haydn 
folgte ein Klavierkonzert von Stcibelt aus E 
dur, von Hrn. Kalkbrenner gespielt, wie es 
nur ein Virtuos erster Grösse spielen kann. 
Dem. Horu, Liebhaberin, saug eine Arie 
von Pär mit obligater Hoboe, sehr schön; 
sie bewies, dass ihre schöne Stimme auch 

Stellung. Man wühlte die Räuberhöhle von 

PäP. Ihr© Majestät die verwittwete Königin | m der äassersten Höh© — sie sang das f 



art, als am Ton erkennen. Die musikali- 
schen Grade:, als: p. pp. f. ff. cresc. , wur- 
den zum. Thal sehr gut ausgedrückt. Hr. 
F. steht übrigens als Virtuos seines Instru- 
ments höher, denn als Komponist, und wird 
überall genug Bewunderer, nnd den Heyfall 
finden, der ihm gebührt. 

Vor einiger Zeit Hess aueh ein gewisser 
Hr. A. Böhme, Mechanikns aus Duisburg, 
eine von ihm erfundene Windharmonika 
hier hören, die ihm selbst auf 10000 Gul- 
den kommen soll. Dieses Instrument, das 
wol seine grössten Vorzüge in der innerö 
Mechanik haben mag, kann ich nur nach 
der Wirkung, die es hervorbrachte, beur- 
theilen. Es spielt allein einige Stücke zum 
Bewundern schön, da man auch nicht das 
Geringste ausser dem Ton hört ; einige Stük- 
ke sind von sehr braver Komposition: aber 
der Choral: O Haupt voll Blut und Wun- 
den, schreitet unerträglich in matten Ak- 
korden daher. Es ist überdrm noch ein 
Klavier von drey Oktaven daran angebracht, 
das sich sehr leicht behandeln lasst. Es 
phantasirte ein hiesiger Künstler darauf, den 
ich nicht kannte, aber seine Modulationen 
waren sehr kalt, und so blieb auch das Pu- 
blikum. Dieses mochte wol hauptsächlich 
daher kommen, dass er fast durchgehends 
im Walzertempo spielte, und der Ton des 
Instruments nur 4 Fuss ist, weshalb man 
auch sehr merklich an die Messorgeln erin- 
nert wurde. 

Folgende rühmenswürdige Handlung des 
hiesigen Theaterorchesters verdient allerdings 
einen Platz, auch in den Annalen der Ton- 
kunst: Das Orchester, das unter der Lei- 
tung seines würdigen Vorstehers, des Hrn. 
Schmitt, täglich neue Fortschritte macht, 
erhielt von der Direktion eine BeneGzvor- 



Digitized by Google 



207 



i8o4« ^Dccember. 



208 



ganz reiii — angenehm^" und -da, wie in 
der Tiefe, ganz in ihrer Gewalt ist Die 
Hrn. Gebrüder Itedecke Wiewen ein florn- 
konzertaat von Doroaua und Andre , das aber 
nicht recht gefallen wollte, ob es gleich 
recht gut gegeben wurde: ein anderes für 
Ein Horn von Witt, von Hrn. Franzi ge- 
blasen, gefiel besser: aber Hr. Fränzl zeigte 
auch dass er mit seinem Instrument ma- 
chen kann, was er will — Fertigkeit der 
Zunge, ungemeine Tiefe und durchaus an- 
genehmer Ton, bestimmen seinen Werth. 
Diesem folgte, ein Quintett für die Harfe, 
von Dem. Gondart, einer Liebhaberin, vor- 
trefflich gespielt — und begleitet vom For- 
tepiano und drey Waldhörnern. Das Stück 
ging aus Es dur, und ist, wenn ich nicht 
irre, von Dussek, ursprünglich für zwey 
Harfen und zwey Hörner ad libitum ge- 
schrieben, hat aber fast gar nichts Ausge- 
zeichnetes — ist weder schlecht noch schon. 



eher, bestimmt und hat all» Gewandheitj 
lang» Passagen von weitem Umfang bringt 
er mit der grössten Leichtigkeit äusserst 
pracis heraus; ich habe ubch nie , besonders 
rollende Passagen, mit einer oder beyden 
Händen, mit so viel Geschwindigkeit, Si- 
cherheit und Leichtigkeit, runder und bes- 
ser machen höreu, als von ihm, ob ich 
gleich schon Gelegenheit hatte, mehrere der 
grössten Klavierspieler zu hören. Weun 
auch Virtuosität der Seele sein Erbtheil 
wird, wie man holten darf, da er noch ein 
sehr junger Mann ist: so kann man die Er- 
wartungen von ihm nicht zu hoch spannen. 
Er spielte auf einem neuen Instrument von 
dem hiesigen Iustruruentenmacher Schwab, 
das durch seinen starken und schönen — 
besonders in der Höhe glockenartigen Ton, 
allgemeinen Bey fall fand, und der wol ge- 
recht seyn mochte, da Herr K. auch auf 



einem Pariser von Erhard, von denen zwey. 
Hierauf sang Hr. Lang, ein Liebhaber , eine | eins zu 800 Fl. und eins zu i5oo Fl. hier 
Bassarie von Zingarelli, recht gut; da sie in Kommission stehen, hätte 
aber italienisch und durchaus komisch war, 
so konnte sie den Effekt nicht machen, den 
der Komponist berechnet halle. Ueberbaupt 
möchte ich fragen, unter welchen Umstan- 
den und Einschränkungen es zweckmässig 
aey, komische Singstücke in öffentlichen 
Konzerten aufzuführen? — Die Herren Re- 
decke und Fränzl bliesen noch einige Trios; 
da sie aber ermüdet schienen, so wollten 
einige das Ensemble vermissen , das bey der- 
gleichen Stücken nothwendig ist, wenn sie 
Anspruch auf Bey fall inachen wollen. Zum 
Schluss spielte Hr. Kalkbrenner einige Va- 
riationen auf de^m Fortepiano. Die kurze 
Einleitung — eine Art Phantasie, oder was 
es seyn sollte — war eine buntschttckige 
Karikatur von Akkorden, Läufen, ausgelas- 
senen Sprüngen und Kapriolen, die mir nicht 
gefallen wollte. Sein Spiel ist indess in 
Absiebt auf alles, was Virtuosität der Fin- 
hetrifft ausserordentlich, und wahrhaft 



Zu bewundern: sein Anschlag ist leicht, si- 



Dcn jten Dec. Der berühmte blinde 
Flötenspieler Hr. Dülon befindet sich seit 
einigen Tagen hier, und wird wahrschein- 
lich Konzert geben, von dem ich Ihnen 
io meinem nächsten Brief Nachricht geben 
werde. — 

Es heisst, Hr. Fischer, ersler Bassist 
bey der hiesigen Oper, werde uns bald ver- 



Braunschweig. Fortsetzung. Theater« 
Die Aufführung der Zauberflöte am -6. Aug. 
war sehr prachtvoll, und fiel, zumal mit 
der letztern deutschen verglichen, sehr vor- 
teilhaft aus. (Sarastro — Reindre ; Tami- 
no — Colin; Monostalos — Denys; Papa- 
geno — Bursay; Königin der Nacht — Dem. 
Duquenoy; Pamina — Dem. Serignyj Pa- 



Digitized by GoogJ 



209 



1804* December. 



210 



pa^eua — Dem. Zelencka). Ebeo so waren 
die Damen u. die Genien besser besetzt, als 
wir e» in den letztem Zeiten von deutschen 
Gesellschaften gehört haben. Die ganse Auf- 
führung ging von Seiten der Akteurs und 
des Orchesters mit der grössten Präzision. 
Vorzüglich gut sang Demois. Duquenoy die 
beyden Arien, und erhielt allgemeinen Bey- 
fall. Unter den Maschineneen zeichneten 
sich der Wolkenwagen und der Sonnentem- 
pel aus. — — Es giebt unter der grossen 
Menge Zuschauer, die sich bey dieser Vor- 
stellung einfanden, viele, die behaupten, 
die französische Sprache sey für Mo- 
zartsche Musik zu schwach. Original ist 
freylich etwas anders als Kopie , und bey 
allen ins Deutsche übersetzten Opern der 
nlmliche Fall. Wer aber im Stande ist sol- 
che billige Rücksichten zu nehmen, dem 
wird diese Aufführung genügt haben. — 
Nachher hörten wir folgende Opern: Ana- 
ercon chez Polycrate r. Gretry; Traite nul 
t. Gaveaux; Une heure de mariage v. Da- 
layrac; Le grand deuil v. fierton. Wieder- 
holt wurden häufig: Le Caltf" de Bagdad; 
Ma tante Aurore; Alme; Le medecin turc; 
Une Colie u. s. w. — 



Die Magdebargiscbe Gesellschaft gab in 
voriger Messe nur : Den Korsar von Weigl 
und die Hussilen, übrigens Schauspiele. 

Virtuosenkonzerte. Hr. Konzertm. 
Straus aus Wien gab in der Messe ein Kon- 
zert, in dem seiu fertiges Violinspiel gelobt 
wurde. In der Messe bleibt aber Virtuosen 
kein einziger günstiger Tag übrig, an dem 
ihre Anstrengungen für sie,, Erfolg haben 
könnten, da Schauspiel und Maskerade die 
Abende ausfüllen. Den 8. Sept. gab Ur. v. 
Buhm, weiland Hauptmann in Holländischen 
Diensten ein grosses Vokal- und Instrumen- 
ta LLunzert : „ IntradeV die zwölf schlafenden 
Jungfrauen, vorgestellt auf zwölf blasenden 
Instrumenten.* Da sich aber der Hr. H. gegen 



mehrere Musiker etwas martialisch benom- 
men hatte, so fehlten einige der zu blasen- 
den Jungfrauen, und die Lücken musetea 
durch Saiteninstrumente ersetzt werden* — • 
Romanze: »Zu Steffen sprach,* mit Varia- 
tionen des Pianoforte. Ode von Jacobi und 
Kunzen. Ode an die Freude von Schiller 
uud Ferguson, weiter ausgeführt vom frem- 
den Konzeitgeber, wie er sich nannte, und 
zwar auf folgende Art: zwischen jede Stro-r 
pbe war ein langer konzertirender Satz ein- 
geschaltet, der im Orchester reiheherum 
ging, und zuweilen sein Ende nicht finden 
konnte. Sehe naiv war der Stelle : m Rettung 
von Tyrannenkelten , * ein Recitativ aus 
Haydns Schöpfung angepasst, und erinnerte 
( sehr lebhaft an die Fabel von der Dole. 
Der Hr. H. erreichte aber seinen Zweck 
vollkommen, t indem die AlHciien sehr gross 
waren und die Jungfrauen obenan standen« 
Dafür legte er aber auch dem Publikum auf 
die schmeichelhafteste Weise seine Einnahr 
me und Ausgabe durch die öffentlichen Blu- 
ter vor, und machte uns zn einem ander- 
weitigen Konzerte Hoffnung, dem wir mit 
banger Erwartung entgegensahen; doch bia 
jetzt Vergehens, da wir erfahren, dass Hr. 
v. B. anf eine andre Art dafür gesorgt hat» 
sein Angedenken noch lange bey uns zu. er? 



Den 24sten Sept. liess sich Dem. Janisch 
mit mehrern Gesangstücken hören, und fand,' 
als ein solches Kind, vielen Beyfall. Den 
1. Oct. gab Hr. d'Aymard, Professeur de 
Guitarre et Vocale alliiier, ein Konzert, in 
dem er sich in beyden Künsten bewundern 
lies«. CJnpartheyische sollen über seine 
Fertigkeit gewaltig den Kopf geschüttelt ha- 
ben — zum Staunen halte freylich jeder 
Gelegenheit. Uebrigens bemerke ich nur, 
dass Hr. d'A. hier die Guitarre mit 6 Sai- 
ten auf 5 reducirte, und iu seinem Prospe- 
etns der Apologie de Guitarre sich wundert, 
wie die deutschen Komponisten so auf den 



Digitized by Google 



x8o4- D6ceraber. 



211 

Kopf gefallen waren , dass sie auf die .Titel 
ihrer Werke setzen könnten, „mit Beglei- 
tung des Klaviers oddr der Gailarre," da 
docb beyde Instrumente . so himmelweit un- 
terschieden wären. Hr. d'A. hatte jedoch 
nur die Titel angesehen. 

• Den i5ten Nov. gab Dypa. Zclencka eiu 
grosses Vokalkonzert in der Aegidienkirche 
und führte nach einer Ouvertüre v. Rigbini 
Rosetü's Oratorium: »Jesus auf Gethsema- 
ne " auf. Wenn aber ein Konzert so übel 
berechnet wird, als es hier der Fall war, 
dann kann das Unternehmen nicht anders, 
als unfruchtbar seyn. Bey strenger KtJte 
ist die Kirche kein Lokale für ein zahlrei- 
ches Auditorium, und auf ein solches muss 
Dem. Z. gerechnet haben, indem sie die 
hiesigen Konzertsäle zu klein fand. Es wür- 
de wahrlich Männern, die in dergleichen 
Anlagen Praxis besitzen, wie oben eraanlt 
ist, sehr sauer werden, die Kirche unter 
aolchen Umständen nur zum sehnten Theile 
su füllen: wie wird nun die Bescheidenheit 
damit zarecht kommeo! — 



212 



München , Ende Nov. Von neuen Opern 
wurde Griselda von Pär gegeben. Wenn 
ein Künstler Meisterwerke geliefert hat, so 
ist es grausam, seine Jugendarbeilen vor dem 
Publikum auszustellen. Hätten wir nicht 
Achilles und Sargino gehört: wie schief, wie 
ungerecht müsste man nicht Hrn. Pär nach 



der Griselda beürtheilen +). Es kömmt da so- 
gar eine Concertant- Arie vor! Ob sie wirk- 
lich von P. geschrieben , oder nur eingelegt 
worden, wissen wir nicht; das aber wissen 
wir, dass Hr. Musikdir. Cannabich sie mit 
allen erdenklichen Künsteleyen und artigen 
Tändeleyen für seine Gattin und seine Vio- 
lin auMtaiiiret hat. 
■ 

Hr. Kalkbreuner, der Klavierspieler aua- 
Paris, war hier. Er spielte am Hofe hm 
eiuem Kabinetskonveit, dem nur wenige Er- 
wählte beywohnen können. Man rühmt seiue 
Fertigkeit, ziehet aber die Spielart des Hrn* 
Gramer von London , den wir vor fünf Jahren 
hörten, weit vor. Sehr , natürlich ! Gramer 
ist ein erfahrner, geprüfter, Kalk.br. noch 
ein sehr junger Künstler! — 

Hrn. Kapellm. Winter begleiteten Ehre 
und Ruhm aus London. Sein KünsUerglück 
steht eben im Meridian. Selbst Babo** ernste 
Muse leihet ihm Reize. Verschiedue* vou 
seinen in London verfertigten Arbeiten wurde 
theils im Kabineis-, theils im Liebbaberkon^ 
zert gegeben ; unter anderm , der ganae erste 
Akt de* Telemaque. Jch 89h reibe ihnen? 
nichts davon, bis ich die grosse Oper, die 
Dabo dichtet, und Caelor und Pollux, ge- 
! hört habe — beyde werden künftigen Januar« 
aufgeführt : dauu aber desto ausführ- 
licher! — 



•) Der Komponiit btt die»« Mittik neuerlich durch He rau werfe 11 unbeträchtlicher und Einlegen neuer 
bedeutender Stucke »ehr umgc.uhet : sellU man in München nicht ron dieren Vcrbe».erun 6 on Ge- 

d. R e d a L t. 



LltMIO 



• t Y 



Bisttnort «.» H X n, * « a. 



■ 



4, 



Digitized by Google 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 5 n Januar. N=. 14-* 



1805. 



Nachricht e-h. 



Musik in Leipzig. 
MioLael bi» Weihnacht 1304. 



Von Kirchenmusik finden wir vornehm- 
lich auszuzeichnen die Aufführungen von fol- 
genden durch den Druck bekannten gros- 
sem Werken : Mozarts Hymnen und Haydns 
Messen, (Breitkopf- Härtel) Kanzens Halle- 
lu/a der Schöpfung, (Nägeli) Naumanns 
Psalm (Wiener Indüstr. Compt.) und von der 
nicht gedruckten Kiöuungs- Messe von Ri- 
shini. Von diesen Werken selbst ist öf- 
ters gesprochen wordeu; in der Ausführung 
gelangen die Chöre immer am besten. 

Die rühmliche Thoilnahme des gebildet- 
sten Theils des Publikums am wöchentli- 
chen Konzert im Saale des Gewandhauses 
dauerte fort, so wie die Bemühung der Di- 
rektion, es dieser Theünahme werth zn er- 
hallen. Dem. Alberghi, von welcher 
ebenfalls schon gesprochen worden , erfreuet« 
jeden, der ihre jugendlichfrische, sehr schöne, 
und, in Absicht auf vollkommene Gleich- 
heit durch den ganzen Umfang ihrer Töne, 
äusserst seltene Stimme, so wie ihren feiuen 
Vortrag zu schätzen wusste. Sie würde ohn- 
streitig noch ausgezeichnetem und allgemei- 
nern Beyfall erhalten haben, wenn sie nicht 
»uweileu Unsicherheit im Takt u. dgl. ver- 
rie th; und nicht, fast ohne alle Ausnahme, 
7. Jahrg. 



nur Kompositionen von Pär sänge. Dadurch 
raus« , obschon sie immer gute Stücke wählt, 
unvermeidlich Monotonie in unsern Solo- 
Gesang gebracht werden, und Monotonie er- 
zeugt immer Kälte — zu geschweigen, dasj 
dadurch die Direktion zuweilen zu Zusam- 
mensetzungen von Stücken genöthigt wird, 
die einander ganz widersprechen und ihre 
Wirkung gegenseitig aufheben, wie es z.B. 
mit einer an sich schönen Scene aus Pars 
Wegelagerern war, die unmittelbar auf Mo- 
zarts schauerliche Sinfonie aus G moll folgte, 
und der bekannten frommen Hymne Schul- 
zens: Gott Jehovah, sey hoch gepreist, 
vorherging. Dem. Alberghi sollte, wenn 
auch nicht aus Rücksicht auf das hiesige Pu- 
blikum, bey dem sie nur einige Zeit ver- 
weilet, doch ihrer eigenen Vervollkommnung 
wegen, ihre Sludien weiter ausbreiten, um 
nicht einseitig und manierirt zu werden, wo- 
bey man, bey so viel Talent, Geschicklich- 
keit und Fleiss, zwar immer eine interes- 
sante Sängerin, aber nh* eine wahre Künst- 
lerin werden kann. Nur au« wahrer Ach - 
tung gegen diese ihre Vorzüge und aus der 
Ueberzeugung, dass sie eine Zierde des Kon- 
zerts und Thealers werden könne, haben 
wir diese Anmerkung nicht unterdrücken 
wollen. — Von Kompositionen führen wir 
nur die an, die noch wenig bekannt sind, 
oder wobey wir sonst glauben, etwas be- 
merken zu müssen. Die Pirschen Arien, 
Scenen und Chöre wollen wir übergehen, da 
über sie öfter gesprochen ist, und die Opern, 
aus denen sie genommen worden, nun auch 
auf mehrein deutschen Theatern gegeben 

i4 



Digitized by Google 



215 ^OS- 
werJen. Die übrigen Sologesänge von R i g h i- 
ni, Guglielmi, Winter, Nasolini, 
u. A. sind ebenfalls schon sonst gegeben 
worden und daram zu übergehen. Bey Cho- 
ren von llaydn, Schicht, Schmiedt, Sacchini 
(das treffliehe: Tacite otnbre — ) u. Andern, 
ist derselbe Fall; so auch mit Scholiens 
Hymne, Naumanns grosser Messe, Zum- 
Steegs Kantate: Wer ist dir gleich, du Ein- 
ziger; und Kunzens Ilalleluja, das von neuem 
mit ausgezeichnetem und verdientem Beyfall 
aufgenommen wurde. Eine Kantate von 
Reichardl' an die Musik, (Schönste Tochter 
des Himmels u. s. w.) ist wahrscheinlich 
aus seiner frühern Zeit; man würde sonst 
das Trockene des Ganzen und die zuweilen 
bis zur Ueberraschung trivialen Gedanken 
an diesem berühmten Manne unerklärlich 
finden. Auch hat der (ungenannte) Dichtet 
der Tonkunst eben nicht das Schmeichelhaf- 
teste gesagt, wenn er ihr vorschlagt, sie 
solle »segnend, segnend vom hohen Olymp* 
herabkommen , 

Wenn Bich Sorgen de« Tags 

Jhr Vater des Volk» 

Lad der Weieaait Prie.ter 

Dor Ruh entgegeneilt, u. i. w. 

Von Sinfonieen wiederholte man meh- 
rere der vorzüglichsten Haydnscben und Mo- 
zart sehen : doch gab man verschiedene die- 
sen Winter nicht so gut, als voriges Jahr. 
Woher mag das kommen? sollte man die 
Proben scheuen? oder gegen den ehrenvol- 
len Ruf, eins der vorzüglichsten unter den, 
von Fürsten nicht besoldeten Orchestern 
auszumachen, gleichgültig werden? Die 
neueste Sinfonie von Beethoven (D dur) wur- 
de, ohngeachtet ihrer grossen Schwierigkei- 
ten., zweymai so gegeben, dass mau sie 
ganz gemessen konnte. Auch wir finden, 
wie man von Wien und Berlin aus bemerkt 
hat, das Ganze zu lang und Einiges über- 
künstlich; wir setzen hinzu: der allzuhäu- 
fige Gebrauch aller Blasinstrument« verbin- 



Januar. 216 

dert die Wirkung vieler schöner Stellen und 
das Finale halten wir, auch jetzt, nach ge- 
nauer Bekanntschaft, für allzu bizarr, wild 
und grell: aber alles das wird durch den 
gewalligeu Feuergeist, der in diesem kolos- 
saleu Produkt wehet, durch den Reichthum 
an neuen Ideen und die fast durchaus origi- 
nelle Behandlung derselben , so wie auch 
durch die Tiefe der Kutistgelehrsamkeit , so 
weit überwogen, dass man dem Werke das 
Horoskop stellen kann, es werde bleiben und 
mit immer neuem Vergnügen gehört werden, 
wenn tausend eben jetzt gefeyerte Modesa- 
chen längst zu Grabe getragen sind. Beet- 
hovens frühere und freundlichere Sinfonie, 
(C dur) die sehr schön ausgeführt wurde, 
ist ein Lieblingsstück des hiesigen Konzert- 
publikums: man hörte aber auch jene düst- 
rere mit aller Aufmerksamkeit, unverkenn- 
barer Theilnahme und vielem Beyfall. Das 
erste Allegro und die durchaus originelle 
Menuett wurden vom Publikum varzügüclk 
goulirt. — Eine neue Sinfonie von .Danzi 
(mit fugiriem Schluss Satz) zeigte von neuem, 
dass dieser Komponist nicht nach Würden 
gekannt ist. Er hat hier in Manchem — 
und mit Recht, obschon sich darum das grös- 
sere Publikum erst an sein Werk gewöhnen 
niuss — . den jetzt gewöhnlichen Zuschnitt 
verlassen, Und ein gewiss schätzenswerthes 
Stück geliefert. Nur gegen des Andante ist 
mit Grund einzuwenden, dass die Blasinstr. 
zu vieles allein haben — so vieles, dass «a 
fast als sogenannte Harmonie erscheint, und 
als solche viel zu lang ist. — Von Ouver- 
türen führen wir nur an: die hier immer 
mehr beliebte von Righiui aus Alcide, die 
Mozartsche aus Idomeneo, die von Beetho- 
ven aus C dur, die früher schon näher be- 
zeichnete von Kunzen, einige von Winter, 
(besonders die zu Moutalban, die als Kunstwerk 
nicht eben hoch stehet, aber einen sehr bril- 
lanten und starken Effekt macht,) die neue- 
ste von Pär» (aus seiner Lenore) die sehr 
lebhaü und anziehend ist» und die von Dana« 



Digitized by Google 



«7 



i8°5. Januar. 



21S 



zur Kantate: das Freudenfest, die, wie es 
der Gegenstand wollte, leicht, aber keines- 
wegs oberflächlich behandelt worden und sich 
recht gut ausnimmt. (Ein Chor aus dieser 
Kantate war nicht bedeutend.) Von Kou- 
zerten linden wir folgende am meisten aus- 
zuzeichnen: das neueste von Dussek (G rooll) 
und das neueste von Beethoven, (C moll) 
beyde in grossem Styl herrlich ausgeführt, 
doch das letzte in jedem Betracht weit her- 
vorstechend, und, wenn auch vielleicht zu 
lang und in einigen Stellen gesucht, doch 
gewiss eins der vortrefflichsten Stücke unter 
allen, die in dieser Gattung nur je geschrie- 
ben worden. Mail. Müller spielte beyde, 
und vorzüglich das zweyte, angeachtet sei- 
ner ausserordentlichen Schwierigkeiten, mei- 
sterhaft, auch zeigten sich die Zuhörer, von 
der Komposition, wie vom Vortrag dersel- 
ben, lebhaft begeistert« Hr. Musikd. Mül- 
ler wiederholte eins seiner brillantesten Flö- 
lenkonzerte (Ü dur) mit an ihm gewohnter 
Virtuosität. Hr. Konzertm. Canrpagnoli er- 
freuete Alte ganz vorzüglich durch ein neues 
Konzert von Kreutzer, (A dur) das wol für 
die grosseste und schönste der Arbeiten die- 
ses Meisters zu erklären seyn möchte, ohn- 
geachtet der dritte Satz manche seiner Lieb- 
lingsweudungen wiederbringt Herr Camp, 
trug es, obschon Kreutzers Styl dem seini- 
gen sehr entfernt liegt und man glauben 
sollte, die Jahre würden es ihm unmöglich 
machen, so grosse und so lang ausgeführte, 
lauge fortgehaltene Schwierigkeiten zu besie- 
gen — — mit Jugendfeuer, Präcision, Innig- 
keit, Anmuth und Gewandtheit vor. Er 
fand die lebhafteste Erkenntlichkeit beym 
Publikum. Hr. Org. Voigt gab vorzüglich 
ein kräftiges und sehr gut ausgeführtes Vio- 
loncellkonzert von Krafft. Hr. Barth spielte, 
unter andern, ein neues Klarinettkonzert von 
Krommer, das treffliche neue Ideen, schöne 
Ausarbeitung und doch nicht Ueberladung 
des Accompagnemenls hat , und für die Kla-' 
vinette . zwar schwer, aber praktikabel nnd 



äusserst vorteilhaft ist. Hr. B. trug es mit 
ungemeiner Fertigkeit und Genauigkeit vor. 
Eben so wurde von ihm und Hrn. Maurer 
das schöne Konzert für zwey Klarinetten, 
ebenfall« von Krommer, ausgeführt, und 
mit demselben lauten Beyfall, wie ander- 
wärts, aufgenommen. Herrn Fuchs, einen 
geschickten und fleissigen Fagottisten, be- 
dauern wir, dass er nicht eben so gute 
Kompositionen für sein Instrument findet, 
als die vorhin genannten. Hr. Herr«, ein 
neues Mitglied des Orchesters , zeigte im er- 
sten Salze seiues Waldhornkonzerts noch zu 
viel Aengsllichkcit, spielte aber das Andante 
und Rondo so, dass wir manches Gute von 
ihm glauben erwarten zu dürfen. Noch sind 
aber seine Passagen zu undeutlich und zu 
wenig Uebereinstimmung zwischen den na- 
türlichen und künstlichen Tönen seines In- 
struments. — Von fremden Virtuosen 
ist zu der Zeit gesprochen worden, als sie 
sich hören Hessen. 

(Der BeseUuu folgt.) 



München, den 9. Dec Unsere musika- 
lischen Winterunterhai lungen haben vorige 
Woche mit dem dritten Liebhaberkonzert des 
dritten Jahrgangs begonnen , in welchem auf- 
geführt wurde-—: in der ersten Abtheilung, 
eine Ouvertüre von Beethoven aus C dur 
(nicht das beste, was er geliefert hat) dann 
ein Konzertant von Winter, für 6 eder 7 
obligate Instrumente, das sich durch gar 
nichts auszeichnet, und ein Terzelt aus dem 
Raub der Proserpina, auch von Win- 
ter, welches sehr schön ist; in der zwey- 
ten Abiheilung ein Akt von Winters T e- 
lemach, worin Madame Cannabich die 
Hauptparlhie vortrefflich sang. Das Ganze 
erhielt nur mässigen Beyfall, indem man 
fand , dass ein Konzert , worin alle Stücke — 
mit Ausnahme der Ouvertüre — von Einem 
Meister sind, wären sie auch noch so schön, 



Digitized by Google 



2J9 1805. 

gleichwol eine All von Monotonie hervor- 
bringen müsse. Dazu kannte man den In- 
halt der Oper, au« welcher der ganze Akt 
gegeben wurde, nicht, uud das Interesse an 
dieser Musik musste daher uothwendig ein- 
seitig seyn. — Laut Anzeige, wird diesen 
Winter hindurch jeden Montag Abend, Mu- 
sik auf dem Museum seyn, womit vorigen 
Montag bereit* der Anfang gemacht worden. 



Stettin, im Dec. iSoi. — So sehr 
ich vor einiger Zeit Ursache hatte in diesen 
Blattern darüber zu klagen, dass die Musik 
hier erstarrt wäre , oder es wenigstens schie- 
ne; so angenehm ist es mir, jetzt von ih- 
rer Auferstehung sprechen zu können. Ja, 
sie ist wieder erwacht, mit einer Regsam- 
keit erwacht, welche viel Gutes hoffen lässt. 
Bestimmte musikalische Zusammenkünfte, 
kleinere und grössere, drängen sich fast ein- 
ander. An Privatgesellschaften zur Quar- 
tettübung für Saiten- und andern für Utas- 
Instrumente, auch vollstimmigeren Uebungs- 
konzerten fehlt es nicht. Ausserdem sind 
»Wey grössere öffentliche Konzerte, eins in 
der neuen Ressource nnd eins im Saal des 
englischen Hauses, errichtet. Beyde gewäh- 
ren manchen Genuss, obgleich jetzt keine 
Solospicler, die auf den Namen Virtuosen 
Anspruch machen könnten — unsern M. D. 
liauk ausgenommen — hier einheimisch sind. 
Dies hindert indessen, wie bekannt, die gute 
Ausführung der Ensembles nicht, wenn jedes 
Mitglied des Orchesters nur gehörig Acht 
giebt, und seine Bestimmung als subordinir- 
ter Tbeil des Ganzen, nicht verkennt. Da- 
neben bestellt eine- Anstalt zur Uebung des 
Gesanges, die schon im Anfange über 00 
Mitglieder aus allen Standen zahlt. Dieses 
Singinstitut (auch Singakademie genannt, 
denn der Name wirkt oft viel,) könnte leicht 
von heilsamen Einfluss, selbst auf unser ge- 
sellschaftlichen Leben, seyn, wenn erst die 
natürliche Blödigkeit der noch Ungeübten 



Januar. 22p 

überwunden ist, und — die Literesseuten 
Beharrlichkeit zeigen. — Unter den V i r- 
tuoseukonzerten in dieser Zeit verdie- 
nen zwey bemerkt zu werden. Eins von 
'dem Violoncellisten, Herrn Kalmus. Er 
trug uns ein geschmackvoll komponirtes Kon- 
zert (von Arnold, das Adagio von Danzi,) 
hiemächst eine l'ontasie nebst Variationen 
vor, und bewies durch beydes, dass er so- 
wol den Kenner als den blosen Liebhaber 
zu befriedigen verstehe. Dafür .ward ihm 
auch der allgemeinste Bey fall, nitht durch 
Händeklatschen, (denn diese Sitte, wel- 
che eigentlich nur fürs Thealer gehört, uud 
an manchen Orten, z. B. in bei Im, sehr 
übertrieben, aber eben deshalb auch zu ei- 
nem sehr unsichcni Zt-iciieu des Bey falls 
wird, ist aus uusern Konzerten längst ver- 
bannt — ) sondern durch die tiefste Stille 
während der Musik und durch ein unwill- 
kürliche* frohes Getöse nach Endiguug der- 
selben. — Noch zu einer Bemerkung giebt 
mir dieses Konzert Anlass. Viele reiseudo 
Virtuosen befolgen die Maxime, ihre Kunst 
an einem Orte nicht eher zu zeigen , als 
bis sie ihr Konzert geben, damit — die Zahl 
ihrer Zuhörer nicht verringert werde. Da« 
kann hier und da seinen guten Gruud ha- 
ben; aber es erregt auch leicht den Ver- 
/ dacht: der Virtuos wisse mit seinen einge- 
lernten Stücken die Zuhörer nur zu blen- 
den, uud fürchte, man werde ihn zu wie- 
derholten malen nicht mit immer neuem Ver- 
gnügen hörtn. Hr. Kalmus zeigte, dass 
man bey der entgegengesezlen Maxirae leicht 
besser fahren könne. Ehe er sein ange- 
kündigtes Konzert gab, spielte er nirht nur 
in Privatgesellschaften, sondern licss sich so- 
gar auch im Ressourcenkonzert Öffentlich 
hören, und doch halte er hernach ein sehr 
zahlreiches Auditorium, so zahlreich, wie seit 
dem Hierseyn der Mad. Mara keins gewe- 
sen war. Frey lieh trug dazu, ausser seiuer 
anerkannten Virtuosität, auch sein liebens- 
würdiger Privatdbarakter, sein gefälliges, 



Digitized by Google 



.*8o5- i Januar. 



222 



«obres Betragen, -wodurch er «ich vor so 
vielen seiner Kunstgenüssen rühmlich aus- 
zeichnet» gewiss nicht wenig bey. .Möchtest 
das •. doch manche Virtuosen bedenken,, die 
voll Stolz auf ihre Kunst, alle., andre Uück- 
aichleu yerachleu, und daun oft dem Publi- 
kum zur Lust legen, was — sie selbst ver- 
schuldeten. .. , . ... 

• i 

Ein andres Konzert gab der Violinist, 

Ilr. Moser aus Berlin. Das Talent dieses 
Virtuosen, seine grosse Fertigkeit, Reinheit, 
Fräcision u. s. w. sind tu bekannt, als dass 
mau uölhig balle, darüber noch etwas zu 
sagen. Aber wir fauden die Art seines Vor- 
trags etwas verändert. Ehedem spielte er 
iu Viotlis, jetzt, mehr in Hod» Manier. 
Sein Adagio hat dadurch -unstreitig gewon- 
nen, — es ist einfacher, edler, geworden; 
pb er aber, im Ganzen an dieser Verände- 
rung wohl gethan, oh er seine Individuali- 
tät als Künstler gehörig dabey zu Ratbe ge- 
zogen hat, möchte ich bezweifeln. Offen- 
bar glüuzt Hr. M* aui meisten im R,oüdo, 
in der Polonaise n. dgl.j allein dazu passt 
mehr ein weicher (in der Kunstsprache, mol- 
liger) als ein schneidender Ton , mehr eine 
schwebende, als eine gewichtige Spielart. 
Uebiigcns erwarb Herr M. sich auch hier 
durch seinen brillanten Vortrag der .Quar- 
telten von Haydn,, Beethoven u. a. zu wie- 
derholten malen df n Dank vieler Musikfreun- 
de, in «einem Konzert gab uns auch Herr 
Kapellm. Himmel Etwas auf dem Forte- 
piano und ein Slück aus seiner Urania, wel- 
ches leztere sehr gefiel. Bey Gelegenheit die- 
ses Besuchs hatten wir auch noch das Vergnü- 
gen, auf unserm Theater die so viel ge- 
fieyerte und besprochene Operette: Fan- 
chon, zu hören. Sie erregte hier, wie 
überall, den Enthusiasmus des Publikums, 
ungeachtet die Darstellung nicht sonderlich 
ausfiel. Denn nur die Rolle der Fanchon 
ward durch eine Dem. Feige brav ausge- 
führt, (obgleich Mad. Unzelmann, welche 



vor einigen Tagen die Fanchon hier als 
Gastrolle gab, in Absicht auf Kunst, wie 
ruau denken kann, jene weit überwog — )} 
von dem Spiel der übrigen lifess sich wenig 
und von ihrem Gesänge fast gar nichts lo- 
ben. — Woher aber jener Enthusiasmus 
für diese Operette? ist er denn wirklich 60 
verdient? und auf welcher Stufe steht Fan- 
chon als Kunstwerk, besonders als musika- 
lisches Kunstwerk? Diese Fragen sollte man 
vielleicht nicht eher aufwerfen, als bis mm 
sich an dem Stücke satt gesehen und gehört 
bat; aber es ist schon in öffentlichen But- 
lern manches Für und Wider erschollen. 
Ein Theil rühmt z. B. das Berliner Publi- 
kum wegeu seines Enthusiasmus für die F., 
andere urlbeilen anders. Weit entfernt , dar- 
über entscheiden zu wollen, will ich nur z* 
erklären suchen, wie beydes zugeht. Die 
Lobpreiser stützen sich auf die lieblichen 
Melodieen, die gefallige Instrument irung, die 
Verse, welche nicht solchen Unsinn enthal- 
ten , wie die gewöhnlichen Operetten , und — 
die geschmackvolle Darstellung auf dem B— r ' 
Theater. Ursachen genug zum Vergnügen 
an dieser- Operette. Die Tadler hingegen 
sagen: das Slück ist an sich ohne dramati- 
schen Werth ; es hat z. B. gar keine Hand- 
lung, nur die Episode verursacht die Bewe- 
gung darin u. s. w. Die Verse? nun, sie 
sind erträglicher, als man sie sonst findet, 
enthalten mitunter erbauliche Sentenzen , *bev 
nichts Lyrisches, — ausser einigen Liedern 
der Fanchon, und nächstdem des Eduard — 
nichts, wobey man nicht fragen müsste: 
warum wird das nicht lieber gesprochen, als ' 
gesungen? — Die Musik? sie steht frey- 
lich höher als die der Donaunymphe, aber 
reicht noch nicht einmal an die kleineren 
Sachen eines Cherubini, Mehül u. a, 
viel weniger an die eines Mozart, Win- 
ter, Salieri u. a. Sie ist, um es kurz 
zu sagen, ein niedlicher Potpourri, wor- 
in manche hübsche Blumen — besonders 
einige Lieder und Cavatincn (denn cigentli- 



Pigitized tjy Google 



433 



1805. Januar. 



224 



che Arie» giebt es hier fast gar nicht) der 
Fanchon duften. Doch wuss inao, wie einst 
Voltaire, den Hut bey der Hand haben, 
um so manche alte Bekannte aus der Zau- 
berflöte u. a. Opern, mitunter auch — wie 
im Finale des zweyten Akts — aus der ge- 
meineren Klasse, freundlich au grüssen u. s. 
w. — Ich will diese tadelude Ansicht nicht 
für die mein ige ausgeben, aber ich gestehe r 
es hat mich empört, neulich in einem öf- 
fentlichen Blatte zu lesen: „Salier»'« Casar 
müsae geringeren Werth haben, weil — das 
Haus dann leer, in der Fanchon aber voll 



sey . 



nud der Geschmack des Publikums 



(welcher mit dem Gefühl einerley eeyn soll) 
doch entscheide." — Auf die Gefahr, einer 
greulichen Ketzerey oder wol gar Unhöflich- 
keit beschuldigt zu werden, setze ich jenem 
Urtheil nur folgende einfachen Bemerkungen 
entgegen. Geschmack und Publikum 
sind zwey Begriffe, die man eigentlich nie 
zusammenstellen sollte. Der Geschmack ist 
eine ideef welche sich nur durch die Ein- 
geweihten, einer Kunst ausspricht. Da» 
Publikum — die« ungleichartige Masso, 
dieses blose Aggregat von 'Köpfen — kann 
zufällig (gemeinhin durch Nachsprechen 
der wirklichen oder vermeinten Kenner) mit 
jener Idee zusammentreffen; aber seine -Ent- 
scheidung geschieht nie von Rechts-, «on- 
dern nur von Gewalts wegen, und ist im 
Grunde Anmaasung. Jeder Mensch hat die 
Befuguias, zusagen: das gefällt mir, (rich- 
tiger: das vergnügt mich) aber nur dem 
wirklichen Kenner gebührt es , zu sagen : 
das ist schön. Beydes ist oft sehr ver- 
schieden — Hätte jemand Lust, diese — 
mich dünkt, einleuchtenden Satze zu bestrei- 
ten, dem würde ich zur weiteren Erörte- 
rung gern Rede -stehen. — 



Aus Südpreussen. Es wird in Ihrer 
Zeitschrift seltener über den Zustand der 
Musik im ehemaligen Polen gesprochen, ahr 
man wünscht, Und als' wol auch geschehen 
S0IU04 ida- die Polen in der Musikliehe den 
Böhmen' nicht« nachgeben-*); da hier die 
Musik einen Hatrpttheil der bessern" Erzie- 
hung ausmacht, und da fast durchgängig 
Jedermann gern singt und tanzt. Etwas 
scheint zwar diese Musikliebe seit der hetz- 
ten Theilnng gesunken zu seyn : allein wenn 
auch nicht mehr jeder bemittelte Edelmann, 
wie sonst« «ein* 1 eigene 'kleiner Kapelle hat 
und darauf sieht, dass seine ganze Diener- 
schaft musikalisch ist; so ist noch diese Lie- 
be deshalb noch nicht ausgestorben, sondern 
den Zeitumständen gemäss nur eingeschränkt. 
Dass sie noch fortdauere, sieht man schon 
aus Folgendem. Fas! in jedem Hause, in 
welchem man auf einige Bildung Anspruch 
macht, findet man ein Flügelforlepiano, aus 
Wien, Dresden, Berlin oder Breslau, und 
Jemand, der es, nicht selten vortrefflich, 
spielt. Bey der Annahme eines Erziehers?, 
ist es immer die zweyte Frage: ob er auch 
musikalisch sey, wenigstens gut das Klavier 
spiele? Reisende Meister der Tonkunst ge- 
hen unsere gröjseru Städte selten vorüber 
und werden noch seltener Ursache haben, 
über schlechte Aufnahme zu klagen. So ha- 
ben sich die Gebrüder Pixis voriges Jahr in 
Werschs*; Kaiisch und 'Fosen, zu ihrem 
Und des Publikums Voitheil, hören lassen; 
dies Jahr die Donna Marrhetti Fautoazi in 
Posen, die mit ihrer rielumfassenden Stim- 
me heym Hiuschwinden ins kaum hörbare 
Pianissimo manche Zuhörer so getäuscht hat, 
dasa «sie glaubten, sie würde wegbleiben; 
allein iltVe Stimme belebte sich wieder und 
wuchs, allmählig in die Tiefe hinuntersteigend, 



*) Aber auch »o unfern schreiben, wie diese — «ras wir xui Beantwortung de« etwanigen Vorwurf* 
hiorutefaen wollen. 



d. Red-skt. 



Digitized by Google 



225 



i805* Januar, 



226 



xu einer schauerlichen Starke Und stfhloss 
die Kadenz mit einem Trillar, der. Mark, 
und Bein durchdrang. Ich hörte sie selbst, 
als sie in dem neuen, vortrefflichen Schau- 
spttlhause, Hero und Leander gab, und war 
bezaubert: allein .die Mara erreicht sie in 
DeJikalease und Vollendueg der. Passagen 
doch nicht. Da« Chchezter. that: sein JVlög- 
lichatea ,, und doch »oll . sie nicht fttit ihm 
zufrieden gewesen «eyn; wiewol.- ea nicht 
schlecht apielte» Ausser diesen haben sich 
mehrere merkwürdige Musiker hören lassen; 
und ich führe nur diese wenigen, als Ihren 
Lesern vorzüglich bekannt« hier auf. — 
lu Warschau besitz man ein -trefflidiös Or- 
chester, und das polnische Theater daselbst 
hat Sängerinnen , die mit Uhren neben mau- 
che der gefeyertsten deutschen Theatcrszn- 
geriunen treten könnten. Auch ist es ein 
leeres Vorurtheil, wenn man auswärtig glaubt, 
die polnische'Sprache sey, ihrer vielen Kon- 
•onauten wegen , für.deu-Gesaag wenig ge- 
eignei. Man höre nur erst, wie der feine 
Pole sie spricht; und wie schön sie dann 
im Munde der gebildeten Sängerin wird, 
loh bin ein- Deutscher und mithin nicht durch 
nationale Vealiebe oder lange Gewöhnung 
eingenommen: aber, ausser der italienischen, 
kenne ich keine* Spräche, die sich so schön 
an den Gesang schmiegte; wie die polnische, 
rollkommen ausgesprochen ! — 

Aach che Juden nehmen an der allge- 
meinen Musikliebe Polens Theü. So kenne 
ich z. B.» ein Chor jüdischer Musikanten in 
Philane, (einer kleinen Stadt in dem jetzigen 
We»1preussen,) das die herrlichste Tanzmu- 
sik macht und eben so eingespielt tat, als 
die Prager Studenten. Besonders spielen die- 
se- Kinder Israels die Polonaise in üchtpolni- 
acbem Geist und Sinn', den so leicht kein 
Ausländer, war' es auch der geschickteste 
Spieler, trifft Dies eeheint vielleicht man- 
chem unglaublich: aber man komme, und - 
höre, wie der Pole seinen Nationaitanz spielt; 



man komme und sehe; wie er ihn tanzt; 
und ich bin überzeugt, ein jeder wird, bey- 
desufür unübertrefflich schön und ganr ori- 
ginell halten. Man lasst aioh dezhalb auch 
die sogenannten Polonaisen, die jetzt bis zur 
Ungebühr überall angebracht werden , zwar 
hier gefallen, wenn sie an weh gut sind, 
aber nur für Polonaisen kann man sie eben 
so wenig gelten lassen ,~atz die humoristischen 
Mittelsatze der Haydnschen Sinfonieen für 
eigentliche Menuetten gelten können. 

Einst zogen einige Juden im Laude um- 
her und Hessen ihre Musik auch auf un- 
seren Hofe hören. Sie war nicht schlecht: 
aber "was meine ganze Aufmerksamkeit auf 
eich, zog, war der Baasspieler ohne Bass- 
geige. Die Töoe dieses Instruments wirss- 
te er mit seiner Kehle so natürlich hervor- 
zubringen, dass man mit abgewandtem Ge- 
sichte» geschworen, hütte, eine tüchtige Baß- 
geige zu hörep. Und dabey that er weiter 
nichts, alz dass er den Daumen und den 
Zeigefinger an den II als anstemmte und da- 
mit die Töne wandelte; indes» sähe man 
ihm die Anstrengung auf dem Gesichte, das 
öfters ganz braun ward, nur allzudeutlich 
an. Er spielte seinen Bass aber auch schön 
und schöner,' alz hundert andere auf wirk- 
lichen .Bassgeigen. Er erzählte? mir: ein ge- 
wisser polnischer Fürst hatte die iBizarrerie 
gehabt sich ein ganzes Chor jüdischer Mu- 
siker anzuschaffen und abrichten zu lassen, 
aus dem -jeder, wie er, sein Instrument btoe 
mit der Kehle spielen musste. (So etwas 1 
kömmt, Gott sey Dank i nun hier auch' nicht 
mein* zu Staude, so wehig, als hoffentlich 
die in ganz besonderin Sinn fürchterlich- 
schöne liorntdusik in Russland ihren Flor 
und Glane wieder erlangen wird). Wah- 
rend der letzten Insurrektion war der Fürst 
gefluchtet, die seltsame Kapelle aus einander 
gegangen, nnd Er, der Bassist, hatte sich 
zum Heromaieben entschliesseh 
spielte den i]&sa~mil dem Mj 
in den Muud zu bekommen. 



Digitized by Google 



227 



1805. Januar. 



228 



Die neue Erfindung eines harmonischen 
Klavier» von einem polnischen Uhrmacher 
in Polen, Namens Maslowaky, ist Ihren 
Lesern schon von Berlin aus bekannt, und 
jeh erinnere hier nur noch einmal daran, 
als an eiue Sache , die nicht mit Kälte und 
Stillschweigen aufgenommen werden sollte. 
:: »••» • u •-: ". • -> 



.».; 



Kdhu Axzbice. 



An Fanny (oder der Abtch'ud) Kantate für 
«in« Singstimmt mit Begleitung des Orche- 
sters, von Zumsteeg. Partitur. Leipzig, 
bey Breilkopf und Härtel. (Pr. 16 Gr.) 

Dito mit Btgltit. dts Klaviers. (12 Gr.) 

Bey dem Worte: Kantate, denkt man 
gewöhnlich ah ein grösseres Musikstück, mit 
mehrern Recitativen, Arien, Chören u-s. w. 
So ist es hier nicht gemeynt. Das Werk- 
chen besieht nnr aus einem Recitativ und 
einer darauf folgenden ziemlich langen 

Arie — beydes für die Bassstimme. 

1 . *i . , «i 

Die ganze Kantate ist in jenem sanfLen, 
gefälligen Styl geschrieben, den man andern 
verewigten Zumsteeg längst kannte und schätz- 
te. De übrigens diese Art musikalischer 
Stücke nur für den vertraulichen Zirkel von 
Freunden, kaum für einen Konzertsaal 
bestimmt seyn kano: so werden künftige 
Komponisten bey ahnlichen Fällen die Blas- 
instrumente mit Recht weglassen können, 
indem die Stimme in einem so engen Räu- 
me zu sehr betäubt wird. Desto genauer 
aber sollte man ia Beobachtung der Dekla- 
mation, Rhythmik und Metrik seyn, indem 
man bey so einfachen .Werken jeden' Ver- 
stoss um so leichter bemerkt. So kommen 
hier z. B. nicht wenige kurze Sylben vor, 



die Herr Z. langen Taküheilen unterlegt 
Zum Beyspiel dient gleich der Anfang der 
Arie: Der Verfolger Neid — wo die 
Sylbe „der" auf dem dritten .Viertel des 
Viervierteltaktes, und sogar im Adagio, ste- 
het. Hat auch der Dichter die Sylbe falsch 
gebraucht, so darf der Komponist ihm nicht 
folgen, indem ' beym Recitrreu gar. Manches 
allenfalls verdeckt und weniger bemerkiieher 
gemacht werden kann, was bey m Singen um 
so mehr auffällt. Die Arie seihst ist schön, 
hat einen sehr rührenden , schmelzenden Ge- 
lang, welches bey Hassanen eiue Schwere, 
und deswegen ziemlich seltene Sache ist. 
Doch geht sie sehr tief, und ist ohne Ver- 



änderung nicht für jeden ausführbar, 
Klavierauszug ist gut und korrekt. 



Der 



A N K X D O T B» 



Ein berühmter Sänger der Pariser Oper 
stehet in ausgezeichneter und nicht ganz un- 
bekannter Guust bey einer Dame, ,4ie, we* 
ui^stens dep Deuten, aus der grossen Welt 
ebenfalls bekannt geuug ist Der. GfneoaJ 
— — machte der Dame sonst die Cour; 
und, wie man wis.-en will, vergebens. Die- 
ser trifft den. A«teur in einer sehr zahlrei- 
chen Gesellschaft Der junge Manu trägt 
eine Kleidung, ,.die für Uniform angesehen 
werden kann. Der General, ihu;* u ehier 
Antwqrt zu «wringen, die ihn läiherjicli ma- 
chen raüsste, wendet sich , plötzlich laut 
und scheinbar unbefangen, als kenne er ihn 
nicht, mit der Frage an ihn: 

Unter welchem Corps dienen Sie? 

Moi ? antwortete der ^Schlaukopf leck 

je commaudo uu Corps, ou V«is mvez 
servi depuis hmglemsl 

- 



Lumii, 111 Biiniori «m» Hlitit. 



Digitized by Google 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den g len Januar. 



m 13. 



1805. 



Ueber einen Aufsatz mit der Ueberschrift : Wol- 
len alle Deutsche Musikanten werden? (in der 
Bibliothek der pädagog. Literatur, herausgtg- 
von Gutlismuths, November 



Herr Hofr. Guthsmuths theilt in dem 
angeführten Aufsätze über die sich unter den 
Deutschen höhern nnd niedern Standes inH 
mer mehr ausbreitende Gewohnheit» Musik 
zu einem wesentlichen Stück des Kinderun- 
terrichU zu machen, Gedankea mit, welche 
er selbst nur im Votbeygehen zu geben 
»unser t, nnd der Prüfung empfiehlt. Fast 
zu gleicher Zeit ist meine Abhandlung über 
die Vortheile der frühen musikali- 
schen Bildung in der Musikalischen Zei- 
tung No. 8. i8o4. erschienen. Ich fürchte 
zwar nicht, dass der leztere Aufsatz durch 
jenen bey aufmerksamen Lesern an Ueber- 
zeugungskraft verlieren werde; da aber der 
gewünschte Eiudruck doch durch die 
peYsiflirende Laune, womit sich der ge- 
schützte Pädagog über die Modesucht des 
Musikunterrichts auslässt, bey flüchtigeren 
Lesern geschwächt weiden könnte, und der 
Verf. selbst nähere Prüfung verlangt, so 
mögen hier eiuige Bemerkungen zur Ehren- 
rettung der von mir empfohlucn musikali- 
schen Bildung folgen. 

Die Frage: Wollen denn alle Deut- 
sche Musikanten werden? würde ich 
so beantworten: Sie wollen das gewiss nicht. 
Nimmt man das Wort Musikant vollends 

di« Frage noch siehe- 



7. Jahrg. 



rer verneinen. Denn man unterscheidet, 
nach gegenwärtigem Sprachgebrauch, den 
Musikus vom Musikanten ungefähr so, 
wie den Schauspieler vom Komödianten. 
Jener übt die Musik als edle freye Kunst, 
die sich selbst belohnt, wenigsten« nickt 
nach Brot gehen mag, sich nicht zur Lohn- 
kunst herabwürdiget, ob sie zwar für den 
Künstler, weil und sofern er, wie jeder 
Andre, Lebensbedürfnisse hat und seiner 
Kunst manchen Aufwand opfern muss, be- 
lohnende Aufmunterungen nicht verschmäht. 
Der Musikant hingegen behandelt die Kunst 
blos als Erwerbzweig, bequemt sich daher 
ganz nach den willkührlichen Forderungen 
seines jedesmaligen , oft <aehr geschmacklosen 
Publikums, und nimmt auch mit den klein- 
sten Gaben fürlieb. Der Musikus hingegen 
wird entweder anständig besoldet, oder er 
überlässt es edler Freigebigkeit der Kunst» 
freunde, durch Belohnungen ihm die Ach- 
tung für «eine Kunst aufmunternd zu er- 
kennen zu geben; oft lebt er unabhängig 
als privarisirender Künstler. Entfernt, seine 
Kunst nach den Einfällen der Zuhörer zu 
bequemen, oder mit ihr den Leidenschaften 
nnd Bedürfnissen selbst des Pöbels zu fröhnen, 
will er vielmehr den Geschmack des Publi- 
kums immer mehr für seine Kunst bilden, 
es zur Höhe derselben emporheben. Er 
strebt nach der Kenner Beyfall nnd ist stolz 
auf denselben ; lieber wählt er sich eine klei- 
ne Zahl ächter Verehrer, anstatt nach dem 
Zuklalscben des gemeinen groj&en Hanfens 
zn jagen. Der Musikant aber ist im Grun- 
de blosser Handwerksmann, der nach Be- 

x5 



Digitized by Google 



231 J 805. 

Stellung arbeilet, und auch von Künstlcrlau- 
nen frey genug ist, um für Lohn nach jedes 
Belieben aufzuspieleu. Indess hat der Mu- 
sikant, wenn er wahre Kunstfertigkeit und 
ein reiches musikalische» Gedächtniss besitzt, 
und selbst die Lieblingsslücke des Volks mit 
einigem Geschmack zu behandele, vorzüg- 
lich aber mit Siun und Auswahl die bes- 
sern Stücke und Gesäuge zu verbreiten weiss, 
seineu guten Werth. Der verachtete, un- 
bekannte Musikant kann sich oll durch Ta- 
lent dem Virtuosen nahem, und durch An- 
spruchlosigkeit und Gefälligkeit grosse Vor» 
süge vor ihm behaupten. Die niedern Klas- 
seu des Volks wollen auch erheitert aeyn, 
und bedürfen der Erheiterung bisweilen noch 
mehr, als die höheren Stande. Will man 
ihnen die, welche Musik gewahrt, misgön- 
nen? Wie viel würde ihuen mit ihr feh- 
len, wenn sie z. B. nach vollbrachter- Aernle 
unter freyem Himmel sich aum Tanz ver-, 
aammlen? 

Will deswegen Alles Musikant werden, 
wenn Manche, auch» im Bürger- und Bauer- 
staude, singen und ein Instrument spielen 
lernen? Dies geschieht oft mit geringem 
Zeit- und Kuitenauiwande , und es giebt 
ihrer genug, welche, wie es auch recht ist, 
mit Ausübung einiger musikalischen Ge- 
schicklichkeit ihre Berufsarbeiten treulich ver- 
binden, und von ihr nur bey festlichen Ge- 
legenheiten oder cur Erholung Gebrauch 
machen. Auch in den niedrigsten Stauden 
entwickelt sich manchmal ein seltenes Ta- 
lent auf Anläse einer jugendlichen Unterwei- 
sung. Statt den Musikunterricht bey dem 
Bürger- und Bauerstande in Miskredtt zu 
bringen, sollte man lieber, wo nicht Ver- 
hältnisse ihn von selbst einschränken oder 
verbieten, dahin arbeiten, dass in den Schu- 
len die Bildung des Gehörs, des musikali- 
schen Sinnes, der Singekunst, und, wenn 
si< h Lust und Fähigkeit zeigte, einige Be- 
kanntschaft mit einem musikalischen Instru- 



Januar. 232 

mentc, zweckmässig eingeleitet, und hier- 
durch Geschmack für edle Musik und Poe- 
sie, geselliger und häuslicher Frohsinn , ohne 
Eintrag der übrigen Kultur für die nöthi- 
geu Brrufaferligkciten , befördert wüide. 
Das Geschmacklose, welches bis je*!, ht-y 
den zum Tbcil auch sehr unvcllkonimnen 
Anstalten, sich oft aufdriugt, darf uns nicht 
wider die ganze Sache, der Mikhrauch nicht 
wider das an sich Gute einnehmet!. Zudem 
giebt es in unseru Städten und Dörfern 
grössere und kleinere Aemler, wt-Uhe mu- 
sikalische Kenntnis, Lehrgabe und Geschick- 
lichkeit erfordern. Sie bieten so manchen, 
welche in der Kindheit mit Glück Musik 
leruten, einen Wirkungskreis dar, der ihren 
Unterhalt erleichtert und iu das allgemeine 
Beste wohllhätig eingreift. 

Freylich verdient es die Rüge des rirn.Hofr. 
G. , wenn die Modesucht uud Eitelkeil un- 
ter den Deutschen höhern und niedern Stan- 
des einreisst, alle Kinder fortgesetzt Musik 
lernen zu lassen, sie mögen Sinti und Ta- 
lent für dieselbe zeigen oder nicht. Mau 
kann aber, dünkt mich, hierüber schwerlich 
zu Gewissheit kommen, ohne einige Versu- 
che mit dem Musikunterricht fürs Erste zu 
wagen. Zeigt sich nun, auch bey der fass- 
lichsten Methode, kein merklicher Fort- 
schritt, verräüt das Kind immerfort die 
grösste Gleichgültigkeit bey Gesang und Mu- 
sik, oder wol gar Abneigung; so Üiut man 
freylich besser, es weiter ui< ht zu^einer Kunst 
anzuhalten, die zwar zu den edelsten, aber 
doch nicht zu den unentbehrlichen gehört, 
uud welcher lieber gar nicht, als mit knech- 
tischem, engherzigen Sinnen oder mit kraft- 
loser Fähigkeit gehuldigt werden sollte. 
Horcht das Kind aber aufmerksam, wenn 
Mutter oder Vater am Klavier sitzt, oder 
wenn sonst Jemand im Gesänge oder mit 

! einem Instrumente sich hören lässt; wird es 
ihm nicht schwer, alltnahlig kleine Meie— 

. dieeu nachzusingen; drängt es sich gern 



Digitized by GooqI 



«33 «803. 

* 

zum Fortepiano, um einige Töne su grei- 
fen, und merkt es eich willig, auch die 
flüchtige Anweisung, die ihm selb»t ein 
Fremder su einem leichten Stuckchen geben 
mag, um der Mutter Freude damit su ma- 
chen -r-: dann hat man schon einigen An- 
trieb, seine wahrscheinliche Fähigkeit wei- 
ter su prüfen und zu entwickeln. 

Ist es gut, fragt Hr. Guthsmuths, in 
den testen Plan der Erziehung fast ohne 
Ausnahme auch Musik aufzunehmen? — 
Warum sollte es schädlich seyn? möchte 
ich darauf antworten. Im Voraus kann mau 
nicht wissen, wozu Fähigkeit und Lust da 
sey. Mich dünkt aber, höchst seltene Fälle 
ausgenommen, lässt sich boy jedem gesun- 
den Kinde Anlage zum Gesänge und zur 
Auffassung und Unterscheidung musikali- 
scher Töne, kurz einige Grundlage sur Ton- 
kunst (als Sache des Geschmacks oder der 
Ausübung) voraussetzen. Ich verlange , da« 
man diese wecke und bilde. Ohne Versu- 
che durch die Elemente des Musikunterrichts 
bey dem Kinde angestellt zu haben, kann 
man nicht leicht wissen, ob es wirklich von 
der Natur hierin verwahrlost sey. Pass 
manche Kinder es zu gar nichts bringen, 
und ihnen der Musikunterricht verleidet 
wird, liegt auch oft an der schlechten, ab- 
schreckenden oder übel angebrachten Me- 
thode. Die Bildung des musikalischen Ge- 
hörs und Talents "kann auch nur allmäh- 
lig geschehen; ja manches Talent kann sich 
erst spät entwickeln welches bey der er- 
sten schlechten Methode ganz zu mangeln 
schien. Durch das anfangliche Mislingen ist 
man also nicht befugt, über die gänzliche 
Talentlosigkcit abzusprechen und sich wi- 
4er den ganzen Musikunterricht einnehmen 
su lassen. Dass das Gehör auch durch Ge- 
aangtöne und Musik entwickelt und gebildet, 
dass Schönheit*- und Verhältnisgefühl auch 
vermittelst ' dieses Sinnes und auf dem Wege 
des Musikunterrichts geweckt, geschärft und 



Januar. 2*4 

verfeinert werde, und dass die Stimme 
Uebung und Ausbildung erhalte, ist doch 
, nicht zu miabilligen, wenn der Mensch, so 
viel möglich von allen Seiten zur Entwick- 
lung gelangen soll und man nur diese Bil- 
dung nicht einseitig behandelt. Man lässt 
ja die Kinder vieles lernen, was blos zur 
Entwicklung und Uebung der Kraft dient, 
und in der Folge, als ausser ihrem Talent 
und Beru&kreise liegend, beyseit gesezt wird. 
Sollte denn, wenn man auch Instrumental- 
musik nicht so allgemein machen wollte, 
der Gesaug, eine der ersten natürlichsten 
Künste des unbefangenen Menschen, nicht 
verdienen unter die Elemente des Unter- 
richts aufgenommen zu seyn? Wo die Natur 
die Fähigkeit dazu ganz versagt, wie doch 
selten der Fall ist, wird man von selbst da- , 
von abstehen, obwol durch das blosse An- 
hören der Gesänge und Musikstücke ein so 
wichtiger fruchtbarer Sinn, als das Gehör 
ist, viel Bildung gewinnen dürfte» 

Ist der Musikunterricht Jahre lang ver- 
geblich, wie Hr. G. bemerkt, so wäre es 
freylich Üiörigt, Zeit, Mühe und Geld lan- 
ger zu verschwenden, — vorausgesetzt, dasa 
mau überhaupt den rechten Weg eingeschla- 
gen hatte. 

4 

t 

Oft. sagt der Verf. , konnte ich den reeji 
len Zweck nicht auffinden. Mich dünkt, 
dieser liegt wenigstens schon in der Bildung 
des Gehörs, der Stimmwerkzeuge, des Ge- 
schmacks, der Gewandtheit des Geistes und 
Körpers, wenn auch die Musik in der Folge 
andern, nothwendigen Beschäftigungen auf* 
geopfert werden sollte. Auch lässt sich an 
den Musikunterricht manche nützliche Be- 
lehrung historischer und artistischer Art, 
z. B. über den Bau und die Vervollkomm- 
nung der musikalischen Instrumente, über 
den Notendruck, über Deklamation u. dgl. 
knüpfen. Bitdung des Gehörs gehört zu 
den Uebungen der Sinne; lnslrumeutalmu- 



Digitized by Google 



235 



1805. Januar. 



256 



«iL zu den Uebungen der Körperkräfte . wel- 
che zugleich Geist und Her« beschäftigen. 
Sollte man den musikalischen Unterricht da- 
her nicht als ein Stück, der Gymnastik 
betrachten dürfen, durch die weuigstens die 
jugendlichen Kräfte überhaupt entwickelt, 
gestärkt und kultivirt werden? 

AU Gründe, welche man für die allge- 
meine Aufnahme der Musik unter die Un- 
terrkhtsgegenslände anzuführen pflegt, be- 
gleitet Hr. G. folgende mit seinen Bemer- 
kungen. Ich füge gelegentlich auch die 
steinigen bey. 

1. Der empfehlende EinfJuss mu- 
sikalischer Geschicklichkeit im ge- 
selligen Verhältniss. Dieser, meint 
der Verf., gilt auch von jeder andern ange- 
nehmen und nützlichen Fertigkeit, welche 
oft schneller und wohlfeiler erreicht werden 
kann. (Wahr ist es, ausser der musikali- 
schen Geschicklichkeit giebt es andre Seiten 
der Kultur, welche nicht minder empfehlend 
sind. Wollte man auch nicht zugebeu, dass 
jene, wegen der leichten allgemeinen Mit- 
theilbarkeit der Musik, sich in vorzügli- 
chem Grads für die geselligen Verhältnisse 
eigne, und manche andre Seiten des Men- 
schen im Umgange an schnellem und tiefem 
Effekt übertreffe; so hat man doch nicht 
Ursache, die musikalische Bildung, (welche 
in der Regel so manche andre Kenntnis* und 
Kultur voraussetzt oder nach sich zieht) in 
der Besorgniss herabzusetzen, als möchte 
durch sie aller andern Bildung Abbruch ge- 
schehe n, oder als sollte sie auf Unkosten 
der übrigen und wider alle Anlage und Nei- 
gung erzwungen werden. Diesen Fehlgriff 
würde mit Recht die Rüge des Hrn. Guths- 
muths treffen). 



9. Glückliches Fortkommen, 
ser Empfehlungsgrand kann nur gelten, wo 
hervorstechendes Talent vorbanden ist (Dass 
frühe, gute Unterweisung 



weder entdecken, noch entwickeln köuns» 
hübe ich schon bemerkt). 

5. Die ästhetische und übet hau pt 
veredlende Kraft der Musik. „Aber 
warum längt man zu diesem hohen Zweck 
mit einer Menuett oder einem Walzer an? 
Man stürze den Zögling in die Fluten eines 
Konzerts, wie es schon gebildete Musiker 
erschauen, dass der Funken entglimme u. 
3. w. # cDie Probe des Sinnes, und Talen- 
tes für Tonkunst, zu welcher Hr. G. den 
Besuch eines Konzerts vorschlägt, kann aber, 
wie mir scheint, nicht wol ausschlagen, 
ohne dass der junge Zögling schon vorher 
zu Hause oder auf Schulen einige musikali- 
sche Biiduug erhalten habe. Das Kind, zu- 
mal ohne alle musikalische Unterweisung, 
wird von den kunstvollen Musikstücken des 
Konzerts kaum Etwas fassen, noch weniger 
von ihnen gerührt werden) und dennoch 
kann es in der Folge in der Tonkunst glück- 
liebe Fortschritte machen. Entscheiden für 
oder wider den anzulangenden Musik— 
Unterricht möchte also der Eindruck gut 
aufgeführter Musikstücke auf das Kind schwer- 
lich; aber wol eher einen Wink geben, ob 
und wie die Unterweisung fortau&etzeu 
sey oder nicht. Könnte nicht ein geschick- 
ter Musiklebrer schon durch beseelten Vor- 
trag der schönsten , jedoch kindlich einfachen 
Tonstücke, oder durch geistvollen Gesang, 
dos Gefühl des Zöglings wecken, ,und des- 
sen Sinn und Geschmack prüfen, ehe dio 
Empfänglichkeit für den Reichthum der zu- 
sammengesetzten verwickelten Kunstwerke 
eines öffentlichen Konzerts entwickelt ist?) 

4. Hübscher, anständiger Zeit- 
vertreib. (Der Vei t verwirft mit Rech* 
diesen Grund. Kein« edle Kunst soll zum 
blossen Zeitverlreibe dienen, ob uns wol 
bey ihr die Zeit verschwindet. Man setz» 
aber, anstatt des verbassten Wortes, Be- 
schäftigung oder Ausfüllung der Zeit 



Digitized by Google 



«57 i80j. 

kultivirenden Uebungen, wodurch wenigsten« 
noetile, unnütze Zettvertieibe vertrieben 
weiden ). 

5. Thei'Inahrae an öffentlichen 
Gesängen. (Diesem Grunde giebt der Verf. 
mit Recht vollen ßeyfRU. Eioen Choral 
vierstimmig rein- singen zu lernen, aey ein 
schöner Zweck, dem es nachzustreben wul 
Werth wäre, der aber eines so langen Un- 
terrichts nicht bedürfe. Ungeachtet dieses 
unbestimmten Zusatzes gesteht der Verf. doch 
die Schwierigkeit, es so bald dahin zu brin- 
gen. Ueberdies lässt sich die Dauer des 
Unterrichts nur in Beziehung auf seinen 
Zweck und in Vergleichung mit der Dauer 
des andern Unterrichts beurtheilen. Auch 
ist die Methode bey einem Zöglinge in kur- 
zer Zeit glücklicher, als bey dem andern. 
Und wo vollends Musik Hnuplstudium wäre, 
Wurde das Lernen und Studiren nie zu lange 
dauern). 

Wenn man nun endlich ans der Invek- 
tive des Verf. gegen die Modesucht des Mu- 
siklernens das Resultat ziehen darf, welches 
ihn vielleicht zu dem ganzen Aufsatz ge- 
stimmt hat: Es ist besser, Gesang und 
Musik ganz bey Seite zu setzen, als 
mit ewiger Stümperey sich und An- 
dre zu quälen; so kann über die Wahr- 
heit dieses Ausspruchs gar kein Streit seyn. 

Leipzig. 

C. P. Michaelis. 



Nachrichten. 
Musik in Leipzig. 

Hichael bis Weihnacht iflo*. Beachlata. 

■ 

Die deutsehe Oper kann sieh noch im- 
tter Akht der Unterstützung erfreuen, die 



Januar. " 8 jg 

innn von dem hiesigen Publikum erwarten, 
uud der Gesellschaft jetzt um so m*hr gem- 
neu dürfte, da »ie — nicht vollkommen , auch 
nicht mit den sehr wenigen vorzüglichen 
Operntbeatern in Deutschland zusammenzu- 
stellen, aber doch in jedem Betracht w*it 
besser ist. als man sie hier seit mehr er u 

I Jahren gehabt hat, und dabey so achtsam 
und fleissig, dass sie gewiss sich noch höher 
heben wurde, weun sie nicht durch Man, el 
an Aufmunterung von der einen, und durch 
laute Aeuseerungen offenbarer Parlheylich- 
keit oder Unwissenheit und Geschmacklosig- 
keit von der andern Seile, gedruckt würde. — > 
•Die Gesellschaft besitzt jetzt mehrere sehr 
brauchbare neue Mitglieder, und sucht durch 
gute Wahl der Stücke und deren sorgfältige, 
genaue Ausführung zu ersetzen, was ihr an 
vorzüglichen Taleuten in manchen Rollenfä- 
chern abgehet. Zum erstenmal wurden in 
diesem Vierteljahr folgende Opern auf unsre 
Bühne gebracht : Die Wegelagerer (Fuor- 
nsciü) von Pär, eine an schönen Melodieen 
vorzüglich reiche, äusserst angenehme, und 
unter allen uns bekannten Arbeiten diese« 
Komponisten auch am fleissigsten ausgeführte 
Musik, die, ia seinem Geist und Sinn vor- 
getragen, überall ausgezeichneten Beyfall fin- 
den wird. Sie wurde von der Gesellschaft, die 
zum Theil sie unter Pärs eigener Aufhihruog 
in Dresden gehört hatte, sehr gut gegeben, 
alle die vielen und zum Theil uiebt leich- 
ten Ensembles- gingen trefflich zusammen,' 
und die beyden ersten, sehr schwierigen 
Partbieen de* ersten Soprans und ersten Te- 
nors (vom Komponisten für seine Gattin und 
Hrn. Benelli geschrieben,) wurden von Mad. 
Köhl und Hrn. Uhing schön' gesungen, 
lias Liebes fea-t in Katalonien von Mar« 
tin bar einige artige Cavalinen und interes- 
sante Stücke in den Finalen, ist aber im 
Ganzen zu ärmlich, ah dass man den Kom- 
ponisten vonjCoaa rära oder l'Arbore di Dia- 
na wiederfände. Ueberdies ist das Stück wäh- 
rend des Aufenthalts Martina in Spanien ge- 



Digitized by Google 



"1 



239 



iSo5* Januar. 



240 



schrieben, und darum nicht nur überhaupt 
ganz auf dortigen Grund uud Boden gepflanzt, 
sondern auch mit spanischen Nationalliedern 
und Tänzen verwebt, mit denen man näher 
vertraut seyn muss, ats es einem gemisch- 
ten Publikum zuzurautben üt, um durch sie 
angezogen zu werden. AI ine von Bei ton 
ist von naehrern Theatern bekannt genug. 
Die Rolle der Aline wurde gut gespielt, 
und das Ganze war mit Einsicht, Anstand 
und vielem Kostenaufwand arrangirL We- 
der das unbeträchtliche Gedicht, noch die 
oft bizarre Musik, (die jedoch einzelne sehr 
gute Satze hat und überall den guten Kopf 
uud erfahrnen Theaterkomponisten verrälb,) 
noch auch der nicht gut gespielte erste Lieb« 
haber, waren Schuld, dass die Oper uicht 
aufkam. Griselda von Pär, nach den spa- 
ter vom Komponisten vorgenommeneu Abän- 
derungen in der Musik, wurde mit vielem 
Fleiss durchaus genau, uud sowol in den 
Ensembles , als auch in einigen der Solopar- 
thieen, in Absicht auf den Gesang, trefflich 
ausgeführt Mad. Köhl als Griselda und Hr. 
Meitzer als Marchcse sangen vorzüglich schön« 
Doristella wurde von einer noch sehr jungen 
Anfängerin (Dem. Krügel) gegeben» die ih- 
rer frischen, biegsamen und sonoren Stim- 
me, wie ihres Fleissea wegeu, alle Aufmun- 
terung verdient. Der Komposition selbst 
bOrt man allerdings an , dass sie eine Jugend- 
arbeit Pärs ist — sie unterscheidet mehrere 
Charaktere zu wenig, hat zu viele Anläufe 
ohne festes Fortgehen auf dem rasch betre- 
tenen Wege, Einiges ist veraltet, Einiges zu 
leer, sehr lange und nichts vermittelnde Bi- 
tornelle hemmen das Fortschreiten der Hand- 
lung — ( aber die meisten Iiauptacenen , für 
eine und für mehrere Stimmen, siud mit 
Geist und Kunst geschrieben, und werden 
überall, wo man sie gut giebt, mit vielrm 
Vergnügen gehört werden. — Nach langem 
Ruhen wurden auf die Bühne zurückge- 
führt: Romeo und Julie von Götter und 
Bonda, (wo die Julie gut gespielt, aber nicht. 



gut gesungen wurde — was .beym Romeo' 
gerade umgekehrt der Fall war t— und sich 
die schöne Anordnung und Ausführung der 
Trauerscenen im dritten Akt auszeichnete,) 
und Weibertreue — Cosi fsn tulle — 
von Mozart, (welche sehr genau einstudirt 
war, vom Orchester, aus alter, treuer An- 
hänglichkeit, vortrefflich gespielt wurde, aber 
aus Mangel an vorzüglichen Stimmen, auf 
welche doch der Komponist hier durchaus 
gerechnet hat, wenig Glück machen konnte. 
Mad. Lanius war in den Verkleidungen als 
Doktor und Notar wirklich possierlich). Von 
Wiederholungen bekannter Opern sind vor- 
nehmlich der Wasserträger und Axur 
auszuheben. — So sehr wir wünschen, dass 
diejenigen, die nun einmal anstatt des Publi- 
kums die Stimme erheben, nicht einzelne 
Mitglieder durch Beyfall am unrechten Orte 
oder im Uebermaas bezeigt, eingebildet, an- 
messend, oder nachlässig machen: so sehr 
wünschen wir auch, dass man, was wirk- 
lich Gutes geleistet wird, nicht übersehe, 
und niemals vergesse, dass es leicht sey, 
durch einzelne glückliche Züge zu imponiren, 
aber schwer, ein so komplicirtes Ganze, als 
denn doch unsre meisten jetzigen Opern sind, 
anständig, fleissig, genau, und wenn auch 
nur mit so viel Kunstsinn auszuführen, dasa 
wirklich ein Ganzes heraus kömmt, welches 
die Intention des Dichters und Komponisten 
nicht verfehlt, sondern sie für Aufmerksame 
vernehmlich hervorgehen lässt. 



Der berühmte Violinspieler Jamowick 
(auch Giarnovichi) ist vor zwey Monaten 
in Petersburg gestorben. Bekanntlich war 
er einer der vorzüglichsten Virtuoseu auf sei- 
nem Instrumente, das er hesonder» mit "Ge- 
nauigkeit Anmulh und Zierlichkeit behandelte, 
ihm den reinsten und einschmeic helndsten Ton 
zu entlocken und eine Seele einzuhauchen 
wusste, welcher man sich mit Entzücken 
hingab. Seihst späte Jahre hatten diese seiue 



Digitized by Google 



*4* J 805. 

Vorzüge nur wenig vevnngert. Als Kompo- 
nist stand er niedriger. Seine Sinfonieen 
■intl jetzt nicht mehr in Betracht zu ziehen, 
und seine Konzerte mu asten durch sein treff- 
liches Spiel erst Leben and Nachdruck er- 
halten. Er brat hie den grössleq Theil sei- 
aes Lebens auf Ueiseu zu, und hielt sich 
am längsten in Berlin, Paris und Petersburg 
auf. — Di« in mehrere deutsche uud fran- 
zösische Blätter verbreitete Nachricht, Joseph 
IJaydn sey todt, ist falsch. Er befindet sich 
wohl und geniesst noch immer eines ehren- 
vollen» heilern und thäligen Allers. Möge 
ihm dies Gluck noch recht lange zu Theil 
werden. 



Wien, d. »6ten Dec. i3o4. Die Bühne 
hat uns nicht viele musikalische Neuigkeiten 
von Bedeutung gegeben. Auf dem Thealer 
an der Wien erhielt d'Alayrac's Schloss von 
Montenero wenig Beyfall. Die Toohler eines 
friedlichen Thalbewohners wird von dem 
grausamen und machtigen Besitzer des B ein- 
schlösse* Montenero geliebt, und als man 
seinen Anträgen kein Gehör giebt, entführt. 
In einen tiefen Kerker geworfen, soll sie 
zwischen ihrem Tode, oder der Liebe des 
Tyrannen wählen : da erblickt sie vor dem 
Gilter ihres Gefängnisses ihren Geliebten, 
der als Schild wache verkleidet, endlich auf 
eiue höchst unwahrscheinliche Art den Wü- 
therich ermordet , und seine Geliebte befreyt. 
Die Ouvertüre aus G tnoll ist artig und er- 
regte Erwartungen, die — nicht befriedigt 
wurden. Denn, ein einziges Terzett im Ker- 
ker ausgenommen, wo Laura ihren Geliebten 
erkennt, ist alles Uebrige Unbedeutend, uud 
besonders der ganze erste Akt gehaltlos. Dem. 
Eichensat« spielte mit der Wahrheil und 
Wärme, die man von ihr gewohnt ist; ihr 
Gesang lässt noch immer sehr vieles zu 
wüschen übrig. 

Konzertmns ik. Schon zu Anfange des 
Winters häufen sich diesmal die Konzerte auf 



Januar. 242 

■ » 

eine ungewöhnliche Weise. Eine Dem. Blan- 
chini spielte im Redoutensaal ein Violinkon- 
zert von Viotti mit Gewandtheit und einem 
ferrigen, geübten Bogen, aber ohne hinläng- 
liche Sicherheit und Präciston. Man war aber 
galant, und aie konnte mit Eyinahme und 
Beyfall zufrieden seyn. Als Kaminersaugorin 
der Churfürstin von Pfalabayern sang sie auch 
ein Duett mit Dem. Laucher; aber weder 
ihre Stimme, noch ihr Vortrag hat etwas 
Ausgezeichnetes. — Ein Hr. Wolf gab ein 
Konzert im Jahuischen Saale. Er spielte ein 
Konzort auf der Guilarre mit ungemeiner 
Leichtigkeit, Geschwindigkeit, und einem 
recht angenehmen Vortrage ; überhaupt weiss 
er sein Instrument recht gut zu behandeln. 
Seine Frau trug ein Mozartsches Klavierkon- 
zert aus D moll mit Fleiss und Geschicklich- 
keit vor, aber mit uosern vorzüglichsten Kla- 
vierspielerinnen, einer Kurzbök, Hohrnadl, 
Spielmann und andern , steht sie bey weitem 
nicht auf einer Stufe. — Weit ausgezeichne- 
ter war in dieser Hinsicht das Klavierkonzert, 
welches Mad. Bigot de Morogue» im Jahniscben 
Saale gab. Sie spielte das grosse Mozartsche 
Konzert aus C dur mit Eleganz, Leichtigkeit 
und Delikatease; nnr Schade, dass wieder 
die Blasinstrumente so vieles an jenem herr- 
lichen Geniewerke verdarben. 

Auch die Musiken bey dem Herrn von 
Wurth haben wieder angefangen. Das Kunst- 
vergnügen wird dort noch durch das humane, 
gefällige Benehmen des Herrn vom Hause,, 
und durch eine sehr gewählte Gesellschaft 
vermehrt. Für dieses Jahr geschah die Er- 
öffnung mit der herrlichen Moaui lachen Sin- 
fonie aus C dur, welche mich bey jeder Auf- 
führung von neuem begeistert. Das lezle fu- 
girte Stück ward , wie die schwere Ouvertüre 
aus Cherubini's Medea (F moll), mit Feuer 
und Präcision vorgetragen. Der Yiolinspielcr 
Klement, welcher diese Musiken dirigirt, 
spielte ein Rhodesches Violinkonzert mit all' 
der Gewandtheit, Eleganz uud Feinheit , die 
man hier durchgängig an ihm bewundert und 



Digitized by Google 



243 



.1805. "Januar. 



244 



liebt; doch durfte »ein Vortrag durch mehr 
Einfachheit noch gewiuoen. Besonder« wird 
jeder wahr« Freund der Kunst wünschen, 
dass der Kouzertspieler nie seiue Fermaten 
sa langen Fantasieeu ausdehne, und dadurch, 
den Zusammenhang, wie ihn der Komponist 
gegeben hat, ganz will kührlich unterbreche. 
Wenn ja lange Fermaten zugelassen werden 
sollen, «o dürfen sie doch nie den Hauptge- 
danken ganz fallen lassen, sondern er soll 
immer bemerklich zum Grunde liegen. Dies 
ist denn auch der Fall bey den besten Kom- 
positionen dieser Art, z. B. bey dem vortreff- 
lichen Eberischen Klavierkonzert aus C dur, 
wo die fermate immer den »-eichen und blü- 
hend«n Instrumentalsau mit dem brillanten 
Solo verbindet: freylich müssle aber dann 
die Fermate schon vom Komponisten ausge- 
schrieben seyn. Diese Betrachtung abgerech- 
net, überwand Hr. Kiemen! die erstaunlich- 
sten Schwierigkeiten mit einer ganz ausser- 
ordentlichen Leichtigkeit, Sicherheit und 
Kühnheit. Eine Ouvertüre von eben diesem 
Künstler ist nicht von Werth; aus E moll 
geht der Komponist durch ein« Menge sehr 
gesuchter Ausweichungen und Tonarten, wel- 
che aber keinen Effekt machen, ins E dur über, 
worin dies Stück sohliesst, in welchem manchmal 
Reminiszenzen aas Cherubini sehr bemerkbar 
sind. — In dem zweyten dieser Konzerte wur- 
de eine Haydnsche Sinfonie aus Es mit Ge- 
nauigkeit und Feuer vorgetragen; dann folg- 
te ein OboeKonzert von Gannabich, (F dur) 
von Hrn. Damm, Churbayrischen Karamer- 
musikus, sehr schön vorgetragen. Dieser 
Künstler hat einen angenohmen, reinen Ton, 
eine ungemeine Höhe (bis ins f), und be- 
handelt sein Instrument mit der grösaten 
Zartheit und Leichtigkeit. Die Ouvertüre 
aus üemophoon (F moU) von Vogel, der 
bekanntlich zu Paris starb, gefiel um so 
mehr, je weniger sie bis jetzt hier bekannt 



gewesen war. Sie ist in einem sehr grossen 
Charakter und mit bewundernswürdiger Kraft 
durchgeführt, welche sogar zuweilen bis ans 
Wilde streift Auch die Ouvertüre aus Che- 
rubini's Lodoiska wurde sehr gut gegeben. 
Man erwartet auch diesmal dh) grossen Eberl- 
scheu und Beelhovenschen Siofonieen, die das 
verflossene Jahr den Kennern so vielen Ge- 
nuas verschallten. 



Kurze As zeig s. 



Sonatt pour It Pianoforu avec F aecomp. i>iut 
Violon compotee et dediet ä Madamt Strti- 
c/ier nee Stein % par Sterkel. Oeuv. 4i A 
Offenbach ches Jean Andre. (Pr. 1$ Fl.) 

Gewiss haben Hrn. Sterkeis angenehme, 
lebhafte, wohl in Ohren und Hände fallende, 
und elegante Kompositionen in Deutschland 
und Frankreich nicht wenig Freunde; und 
sollte man ihnen diese, da sie die hier an- 
gegebnen Eigenschaften besitzen, nicht gön- 
nen, wenn sie auch einander ähnlicher se- 
hen und weniger eigentliche Ausfuhrung ha- 
ben, als man ihnen wol wünschen möchte, 
und als sie auch besitzen könnten, ohne ih- 
rer Gattung entnommen zu werden? Was 
von den Sterkeischen Klaviersonaten über, 
haupt gesagt worden, trifft ganz auch vor- 
liegende, und es bleibt zu dem, was früher 
über dergleichen geortheilt worden, nichts 
hinzuzusetzen, als dass diese Sonate anter 
die bessern ihres Verfasseis gehöre, und sich 
vor vielen vornehmlich durch ihr schönes 
Finale auszeichne. Schwer ist weder Kla- 
vier-, noch Violinstimme auszufuhren. 



— r 



Hilm, 



Digitized by Google 



A L L G E r M £ 1 N E 

MUSIKAL IS CHE Z EI TUN G. 



, : I 



Dal 16'«° Jänuar. 




1805. 



Paris, d. isten Jan. Ich wollte Ihnen nicht 
eher wieder schreiben, bis ich etwas über 
die Aufführung des Mozartechen Requiem 
sagen könnte; und da sich nun diese, wie 
Ihnen aus aridem Blattern bekannt ist, von 
Zeit zu Zeit verzog, so verzog sich auch 
mein Brief. Diese Aufführung ist mir zu 
wichtig, als dass ich nicht gleich damit an- 
fangen sollte. 

Zuvor ein 'Wort des Dankes an den treff- 
lichen, unpailheyischen , jedes wahre künst- 
lerische Verdienst aufsuchenden, ehrenden, 
und, wo er kann, es hervorgehenden Cheru- 
bini, dem man in Paris so vieles verdan- 
ken sollte, und so scheu etwas wirklich ver- 
dankt! den das Publikum (die grosse, viel- 
köpfige Masse, meyn' ich,) so wenig be- 
greift! der selbst von dein grossem Haufen 
der Musiker und Dilctlauten nur, wie bis- 
her Mozart, «war gerühmt, aber nicht gern 
gehört wird! Cherubim faasle zuerst den 
Gedanken, nachdem vor etwa zehn Jahren 
Mozarts Figaro ausfallen, und vor einigen, 
seine Zauberflöle (freyüch blos durch unsre 
Schuld) wenig gefallen hatte, mit dem Re- 
quiem durchzudringen, dem grösstco Kom- 
ponisten der neueateu Zeil sein Recht, und, 
gelange es, sein Publikum «u verschaffen} 
und Er ist es auch zuvörderst, durch den — 
und mit welchem Eifer ! mit welcher Mü- 
he! — dieser Gedanke so glücklich ausge- 
führt worden ist! Diesen Eifer, 



könnte ich schildern, will es aber nicht, 
weil ich Oherobini'* Bescheidenheit verletz 
zen , und manche Andre ohne Nutzen reizen 
würde: 6ie können «ich «her sehon daran« 
Einiges abstrahiren, das« man hier denn 
duch auf die Ausführung solchea Gesanges* 
gar nkht im geringsten eingerichtet war, 
nnd fast die ganze hiesige Welt die) 
musikalische) das Requiem für unausführ- 
bar, nur gelehrt, aber wirkungslos ver- 
schrieen hatte, und das« man deshalb, eine 
klein« Gesellschaft Meister ausgenommen, 
nicht mit dem betten Willen und Vertrauen 
daran ging, sondern nur erat durch -aufge- 
regten Enthusiasmus gewonnen werden mu sä- 
te. Der Erfolg war eo gut, als er nur seyn 
konnte. Ein Werk für den grossen Haufen« 
hat Moz. hier eben so wenig geben wollen^ 
als Raphael in den Logen; doch, sind nur 
erst die Bessern Ungezogen, so geben die An- 
dern mit. und rühmen Wot auch — Mozarten, 
wie Raphael'n. Und so ist es jetzt Wirklich 
hier. Von allen Seiten kommen Aufforde- 
rungen zur Wiederholung , und man wird 
sie nicht veraasen — — . - 



7. Jibr(. 



Ueber das Werk selbst in Ihren BUt- 
tern zu sprechen , WaTB UberHüssig ; nur das 
sey erwähnt, dass man die gründliche und 
ausführliche Recension, die Sie vor einigen 
Jahren davon gaben, hatte übersetzen las- 
sen, Und sie, ganz, oder in Auszügen und 
Bearbeitungen ad ho m inem,~ durch öffent- 
lirhe Blätter bekannt werden Hess, tbeils, 
nur erst die Aufmerksamkeit überhaupt dar- 
auf zu richteu, theila, um hernach sie auf 

x6 



Digitized by Google 



247 



1805«: JätaOkr.i \ 



24S 



das Rechte zu lenken *). Dies Verfahren 
griff ein. Die Ausführenden-^ wussten' tor-*" 
her , worauf es zunächst ankam ; die Unter- 
richteten im Publikum, wofür sie sich am 



nur in Siellea — die aber freylich ein 
' zaltlr trieft es Chor zut v VerV.weifluog > brln* 
ge?n könnten — vrte: Orb süpplex et'accli- 
uis etc. bemerkte ich, da ich dir Musik fast 



sorgfältigsten z 



u sanimlen u 



zusparen hatten; die Menge wussle wepig- 
stens , dass es hier etwas Ausserordentlichcs- 



*uf."> «trawenrirg Jrann^ tiuiges Schwanken, oder 



sr wollte an der Ausfuhrung theil- 
nebmen: Cher. verstand bu 'gut, 'das* hier 
die Grösse der Masse weit weniger,, . als 
etwa bey einem Handeischen Werk, entschei- 
den helfe, sondern dass auf die Vollkom- 
men hei t derselben alles ankomme : er nahm 
poch picht ganz zwey hundert zur Ausfüh- 
rung — aber das waren auch Leute I Un- 
ter «einer Oberdirektion führten an: Gras- 
set, (Chore) Kreutzer, (erste) Baillol {zwey- 
te Violin). Die besten Sängerinnen und 
Sänger der Theater, des Couservatou« etc. 
waren angestellt, und die Solopartbieen den 
Damen, ßranchii und Pelet, und de* Hro. 
Bicher, Quichard und Bertin anvertrauet. 
Das Ganse ging bis zur Bewunderung derer, 
die dies Weik und seine Schwierigkeiten, 
so wie die hiesigen Mittel kennten — gut. 
Cherubini nahm die Tempos trefflich, und 
nur den SaU: Rex treraendae MajesUtis, q. 
den : Hoslias et preces, noch ein wenig zu 
schnell. Gehalten wurde alles meister- 
haft Di» Solostimmen der Sänger konnten 
genügen — auch durften sie durchaus nichts 
Verzieren, .sondern mussten einzig durch 
Ausdruck, in die vorgeschriebenen Töne 
gelegt, wirken. Die Chöre gingen gut, und 



vitltijcjrf einiges besorgte 'Horchen auf die 
unterstützenden Instrumente. Doch hatten 



gebe. Eine grosse Anzahl- Musiker und sie, im Verhältnis zum Orchester, etwas 

stärker besetzt seyn können. Die Bässe wa- 
ren stark, gepug, jdieTetiora und Alte nicht, 
doch wurde dies in raehreru Hauplstellen 
durch die Posaunen gedeckt: die Soprane wa- 
ten zwar etwas stärker, als die MitlelttiioV 
men, da sie aber durch keine Posaune un- 
terstützt werden, durfte man xie doch noch 
starker wüuschen. Uebei haupl sind die fran- 
spsischen Tenor- mid Altstimmen, fast ohua 
Ausnahme, für solche Musik *u weich« 
Das Orchester iuiGauzep; im Eiiizcluru, aber, 
eiuige Blaainslrum'utc, und vorzüglich die 
Violinen, kauu die Well nicht schöner hö- 
ren. Welch eine Piäcision, Reinheit, Kraft 
und Zartheit! Die Basset hörner , die ich an 
einigen Orlen Deutschlands zwar noch schö- 
ner gehört habe, hatten suh doch besonders 
für Solostelleu, wie gleich zu Anfang, so 
eingespielt und mit den Fagotten so abge- 
messen, dass die himmlische Melodie, in 
welche sie vei flochten sind, wie von Eiuem 
Instrument — in Absicht auf Ausdruck, und 
sogar auf Ton — zu kommen schien. Ne- 
ben mir stand ein ältlicher Mililair von Er- 
ziehung, der aber, wie ich aus seinem Ge- 
spräch vor Aufing des Stücks abnehmen 
konnte , keine Musik verstand , aonderlP der 



*) Diese untre Reo., ron der, 'da sie erschien, in Deutschland kein Journal NoIm nahm, (wogegen wir 
nicht» haben, denn sie ist doch nur Eine unter andern ehen so guten — ) wird jetst ron deutschen 
Journalisten aus der Ueb'ersetiang, worin obendrein an einigen Stellen das Original mis verstanden wor- 
den, sehr gerühmt — und das ist gnt, dann sie »erdient es ; dass sie unser sey, wird nirgends er* 
wäbnt — .und darüber, wurden wir nichts sagen, denn wir sind es ron öfter m ähnlichen Vei fahren 
gewohnt ; aber mau scheint sie uns «an Muster, wonach wir «u stieben, halten, vorstellen su wollen 1 
docit an arg , und * 



das ist 



wenigsten» dieser Anmerkung Werth. 

•i. w ■ : — ;tr 1- , 



. 1 . ■. . 



•>■■ 



...... . ...1 ; 



d. RedaLt, 



Digitizex 



1 



4 



249 



1805. Jaijinfr. 



250 



nur mit Ernst und grosser Aufmerksamkeit 
dastand und die Hauptsätze auf einem Blat- 
te sich uotii t hatte. So wie jeue Instru- 
mente nacheinander leise eintraten, hob sich 
seine Brust sichtbar höher und das bärtige 
Gesicht richtete sich empor: als aber nun 
(S. 7 der Breitkopf - llärtetachen Ausgabe) 
die ersten, ins innerste Mark eingreifenden 
vollen Akkorde der Geigen < forte , von den 
Posaunen unterstützt, eintraten: da stürzten 
Thraueii aus seinen Angen, er druckte meine 
Hand bis zum Schmerz, und riet: Allmäch- 
tiger Gott! -~ Die giössesle Wirkung auf 
daa Publikum schienen folgende. Satze zu 
machen: Requiem aeternam — (die Fuge 
aller Fugen: Kyrie eleison, ging kräftig und 
ziemlich gut: man ist aber hier noch zu 
wenig an solchen Styl gewöhnt) Dies irae — 
Tuba mirum apargeus sonum — Rex tremen« 
dae mejestatis — Lacrimosa dies illa — 
Sauclus und Agnus Dei. Füi Masik 1 mehr 
Gebildete setzen, was den Effekt betrifft, 
vornehmlich noch hinzu: Recordare Jesu etc. 
und Benedictas. — 

Uebrigens hsb' ich sehr wenig Neues 
von Wichtigkeit zu beriebteu. Zur Musik 
bey der Kaiserkrönung gelang mir nicht, zu 
kommen; sie soll gut, doch nicht voizüglirh 
gewesen seyn : auch wäre das Vorzügliche 
hier weder bemerkt, noch genossen worden, 
da Jedermaun zu viel zu sehen und — zu 
denken halte. Die Konzerte kommen nun 
erst recht in den Gang, indem, wie unsre 
Tageszeiten, so auch unsre- Jahreszeiten so 
sehr hinausrücken. So fangen denn auch z. 
B. die feyerlichen Uebuugen der Zöglinge 
des Conservatoire (alle i4 Tage) jetzt erst 
an. Die Theater haben einige kleine, un- 
bedeutende oder gar schlechte Neuigkeiten 
gebracht, die ich gar nicht einmal nennen 
will. Nur zwey Werke verdienen ' Ihrer 
Leser Aufmerksamkeit. Milloh, komische 
Oper in einem Akt, von Dieulafoi, mit 
Spoolini, und das Ballet dei 



grossen kaiaerl. Theafel*, Aohüle a Sryres, 
von Ga del , mit Musik 'von Cherubini. Die 
Oper liai viel Glück' gemacht, wie Ihnen die 
Journale langst verkündigt haben werden; 
denn — sie hat ein hübsches Gedieht und 
ward gnt gespielt; ich setze aber hinzu: 
die Musik ist, einige sehr artige Kleinigkei- 
ten ausgenommen, höchst imttel massig — 
Oft malt, gedehnt, ei borgt u. s. w. und ge- 
sungen wird sie auch mit viel Bequemlich- 
keit. Man wurde die Oper, irr* ich nicht, 
auf deutschen Theatern lieber als kleines 
Schauspiel bearbeitet, denn als Oper über- 
tragen sehen. Der Komponist, der früher 
schone Erwartungen erregte, scheint sie nicht 
zu erfüllen; wenigstens stehet dies Produkt, 
wo er doch durch den Dichter so trefflich 
unterstützt war, unter einigen seiner frü- 
hem. Im dem Ballet zeigt sich Cherubini 
wieder, zugleich als hochachlungswürdigen, 
seinen als den rechten anerkannten Weg 
unverrückt verfolgenden Mann, und als gros- 
sen Kunstler. Sie wissen , dass die Tänzer 
Und auch das Publikum in 'Ballelen durch- 
aus schon bekannte Lieblingsstücke aus Sin- 
fonie»», Opern u. a. w. eingeschoben haben 
wolled: nein, sagt Cherubini, so kann nie ein 
schönes Gänze entstehen; ich schreibe alle'« 
und ser gut iebs vermag, aber auch wie ich 
es recht finde — oder nichts. Er schreibt; 
man murret, man neckt, selbst in Journa- 
len : er läset es noch einigemal darauf 
ankommen die Vernünftigem merken 

endlich anf '— er erhält den glänzend- 
sten Sieg: alles ist nun voll Rühmens uua 
Preisens! Wer wollte dem wackern Man- 
ne dies nicht mit Freuden .gönnen? Aber 
auch der treuliche Künstler verdient es! 
Die Musik gehört durchaus unter seine ge- 
nialischsten Produkte, und ist ganz, was 
sie seyn soll. Graziöser, fliessender und 
ungesuchter,- als manches in seinen Opern, 
besitzt sie doch dieselbe Gründlichkeit, Tie* 
te; Neuheit, Kraft Und Charaklerisirung der 
Pereonau. _ Alles, was die Tänzer jxuuhea 



Digitized by Google 



251 



1805. Januar. 



222 



solleii, ist ia ihr angedeutet, und so trägt 
sie auch voa dieser Seile den Stempel der 
Vollendung, den ich, unter aller mir be- 
kenn Leu ßalletcausik, nur an der Gluckseben 
erkenne. Wie' sie aber Ton den Tänzern 
genau studirt eeyn will, will sie auch vom 
Publikum mehr als einmal gehört seyn, bis 
man in ihre echönsteu, feinern Züge ein- 
dringen kann. Jede Wiederholung macht 
sie dem Zuhörer lieber. Einzelne Stücke 
*usiu heben ist bey einem so vollkommen 
gruppivten Gänsen wenigstens überflüssig; 
- docti sey genannt: die., wieder ganz origi- 
S el e und trefflich durchgeführte Ouvertüre, 
dia> vermittelst .eines sehr edlen Marsches, 
ja welchen sie ausgebet , in die erste Situa- 
tion des Stüuks überfuhrt ; die glänzende und 
ganz eigene Scene des Bacchanals, und die 
Wunderlich«», wo die Mädchen, um Musik 
au machen, Instrumente' wählen und versu- 
eheu, alle Blasinstrumente nun nach einan- 
der ibte eigensten und schönsten Töne und 
kleiaon Figuren, wie probirend, angeben, 
und diese nun insgesamt au einem selt- 
1, aber bezaubernden ganzen Orche» 
verarbeitet sind. Wenn Jemand 
nweifelte» pb-Cber., wo er*s für recht und 
gut halt; höchst einfach und -doch von lie- 
fsr Wirkung, aey» könne, dein möchte ich 
nur —-» b* B. den schauerlichen Marsch der 
Griechen, oder den süssen Abschied der 
Thetis und de« AöhHles hören lassen! — 
Und (Uesen Mann beschäftigt man nicht für 
die grosse Oper, Weil er vor ' — nicht 
fin Staube kriecht, und in seinen Werken 
weder den Theaterpriozesainneu, noch den 
Sieganten im Volk sohmeicheltl Tausendmal 
ist mir eingefallen. Was ich Einmal auszusa- 
gen mir kein Bedenken mache: Er roüsste 
in Wien' seyn, und da von: Allgemeinen gu- 
ten Willen unterstützt, und vor allem, was 
ihm ein Bein 
«hert werden! — 

Der he ilgen Cacilia wurde an ihrem Na- 



Messe in der Rochuskirche gehuldigt. Voa 
der Musik, so viel Lärmen davon gemacht 
wurde, und so viel Lärmen sie auch selbst 
machte, ist nichts zu sagen. Dagegen ist 
der treffliche Aufsatz: Die heilige Cacilia, 
mit den Zusätzen: die Feynr der heiligen 
Cäcilia, den Ihr Friedrich Rocblitz vo- 
riges Jahr in Ihrer Zeitung gab, hier sehr 
gut übersetzt herausgekommen, (ohne daas 
man den Verf. genannt hat!) und erregt 
Aufmerksamkeit — wie er sie ja hoffent- 
lich auch in Deutschland erregt hat? Frey- 
lich stehet man in der, jetzt hier herrschen- 
den Stimmung besonders die Geschichte 
der Heiligen, die nach den' ältesten Legen« 
den so schön erzählt ist, aus einem gauz 
andern Gesichtspunkt an, .und liebt d>e»e 
Darstellung auch wol aus gana audern Grün- 
den, als welche der Verf. im Auge hatte J — 

Hr. Pleyl hat seinen langen und wich- 
tigen Prozess gegen Sivers,, üoer* sein Eigen- 
thumsreefat an einem gewissen Verlagswerke, 
nun verloren, uod die Sache ist auch, für 
Ausländer wichtig, indem das Gesetz auf 
diese' Veranlassung dahin bestimmt ist, das» 
keinem Künstler, der nicht eingebohrner «der 
natural isirlcr franz. Bürger ist, seibat wenn 
er in Paris lebte, das Eigentumsrecht an 
seine Werke ferner durch die Verfassung 
garantirt wird. So gehet es also nur Kompo- 
nisten, die franz. Bürger sind, in Zukunft 
hier besser, in Absicht auf die Sicher- 
heit ihrer Aechte an ihre Werke, als in 
Deutschland. — 



Leipzig. Dem. Therese Mager aus 
Itastadt, eine Violinspielerin von kaum vier- 
zehn Jahren, gab Konzert, und liesa eich 
darin mit einem sehr angenehm geschriebe- 
nen und schwierigen Konzert von Mestrino, 
mit dem bekannten vortrefflichen Violinquar» 



tett von Rode, und mit muntern Variatjo- 
c feyerüch angekündigten J neu von Wranitxky -»-> . ausserdem aber in 



Digitized by Google 



253 



1805. Januar. 



Familien mit Quartetten u. dgl. von Haydn 
und Andern, hören. Sie besitzt offenbar 
ein ausgezeichnete« Talent. Was sie ist, ist 
aie fast ahein durch sich selbst: und sie ist 
nichts Alltägliches. Was mau hohe Schule 
nennet, kam» man von ihren Jahren und 
Verhältnissen nicht erwarten; aber «ras ein 
leiner Geist, «in weiches Herz, ausgezeich- 
nete natürliche Geschicklichkeit und uner- 
tnüdeter Fieiss hervorbringen — da« be- 
sitzt und leistet sie in nicht gemeinem Gra- 
de. IhYe Passagen, besonders mit kurzem, 
springenden Bogen, sind rasch, reinlich und 
Bett, ihr Takt sicher, ihr Ausdruck ange- 
nehm, aie lieset viel und genau a vista etc. 
Bey diesen Vorzügen, bey ihrer sittsamen 
Unschuld, bey so kindlicher Anspruchslosig- 
keit und iituiger Kunslliebe, taud sie sehr 
aufmunternden Beyfall und auch anständige 
•Unterstützung. Ihr höchster Wunsch ist, 
an einem Orte, wo grosse Meister sich auf- 
fallen, verweiten und diese benutzen zu 
können t wie leicht war' es vielen Reichen, 
ihr dies, sich seihst damit viel Freude, und 
zugleich der Welt mit der Zeit eine treffli- 
che Künstlerin zu verschaffen! Möchten wir 
doch solche durch dies gutgemeynte Wort 
•uF die gute Kleine aufmerksam machen, 
die überdies mit ihrem Violinspiel noch ih- 
re ganze zahlreiche, vaterlose Familie fast 
•Hein erbill! — 



Endlich scheint man in mehrern beträcht- 
lichen protestau tischen Städten etwas auf- 
merksamer auf Kirchenmusik zu werden. 
Da aber Messen aufzuführen in mehrern ge- 
gen den Gebrauch ist, muss man den Man- 
gel an guten deutschen Kirchenkantaten auch 
um so mehr bemerken. Dass die Vei lag»hand- 
lung dieser Zeitung dienern Mangel durch den 
Druck verechiednei Handfischer, Haydnscher, 
Jalozartacher, Zumsteegscher etc. hat entgegen 
kommen wollen, ist bekannt . ist zu verdanken, 
uud bletb* gewiss nicht ohne Einfluss. £» 



ist aber sehr zu wünschen, dass man damit 
fortiahre, dass auch andre vorzugliche Kompo- 
nisten für dies so vernachlässigte Fach arbei- 
ten, und diese, so wie andere Verlags ha nd- 
lungeo, dem Publikum zutrauen mögen , es 
werde, was sie auch in dieser Gattung lie- 
fern, wenn es gut ist, hochschätzen uud 
unterstützen. 

Keinem Kenner und gebildeten Musik- 
liebhaber wird es gleichgültig seyn, zu. er- 
fahren, dass wir in kurzem wieder eine 
neue (die dritte) grosse Sinfonie von Beet- 
hoven , und eine andere mit konzer tiren den 
Instrumenten, auch mehrere grosse Klavier- 
senaten von ebendemselben zu erwarten 
haben. Der Verleger ist uns noch unbe- . 
kannt ; wahrscheinlich kommen sie in Wien 
heraus. Auch von Vater Joseph Haydn ha- 
ben wir bald etwas Neues, und »war Quar- 
tettmusik, zu erwarten, so wie von Förster 
in Wien eine Anweisung zur Komposition. 

In dem so eben erschienenen VI. Heft 
der vollständigen Werke Clementi's befinden 
•ich mehrere der originellsten und geist- 
reichsten Stücke dieses Meisters, die von 
ihm, bey seiner Anwesenheit in Leipzig, so 
wesentlich verändert und zum Theil fast 
ganz umgesL'httflen worden sind, dass sie 
nun zu dem, in .jedem Betracht Vollendet- 
sten gehören, was man von Musik für das 
Pianofoiie seit Jahren erhalten hat. 



Berlin, den aiten Decbr. Reicher als 
meine zeithengen Berichte von unserer öf- 
fentlichen Musik in diesem Winter wird 
der heutige seyn. Selten vereinigten steh 
aber auch so viele ausgezeichnete Talente, 
als srit wenigen Wochen, zur Freude aller 
Kunstliebhaber geschah. — Den 5ten gab 
Mad. S<hraidt, geboroe Janitscb, Konzert- 
meislerin in Bern, ein Konzert, in dem sie 
sich mit ziemlicher Gewandtheit in zwey 



Digitized by Google 



*55 



1805. Januar. 



von ihr komponirten Violinkonzerten hören 
lless. Auch spielt« ein gewisser Hr. Koch 
einige Variationen auf der Guitarre. Den 
loten gab die kürzlich von Wien zurück- 
gekeimt- Dem. Schmalz ein Konzert, in wel- 
chem sie den schon vorausgegangenen Huf 
von ihrer Vervollkommnung in Oeslreichs 
Hauptstadt begründete. Sie sang eine Scene 
vou Zingarelli, eine Arie von Himmel und 
ein Rohdo von CYesceuliui. Der Kapelim. 
Himmel spielte von ihm gezeigte Variatio- 
nen auf dem Fortepiano mit obligatem Vio- 
loucell, uud Hr. Seidler Variationen auf der 
Violiu, geaeUt von Rode. Den islen gab 
Dem. Kirchgassuer ein Konzert, daa zwry 
Damen sehr brillant machten. Einmal die 
bescheidne Künstlerin selbst, deren unge- 
meine Fertigkeit auf der Harmonika noch 
immer in lebhaftem Andenken schwebte und 
von neuem bewundert wurde; und dann Mad. 
Fleek , die uns hier zuerst einen Vorachmack 
ihrer Darstellung der Jungfrau von Orleans 
gab, die seit dem Abgang der Mad. Meyer 
eine verlassne Schöne ist* Dem. Kircbgäss- 
ner spielte ein von Winter für die Harmo- 
nika variirtes Thema, und begleitete den 
schon erwähnten Monolog aus dem 4ten Akt 
der Schiller«i hen Tragödie, von Hrn. Ka- 
pellmeister Weber für die Harmonika ge- 
setzt, ao wie eine Ballade von Zumsteeg, 
gesungen von Dem. Willicb. Auch Hr. Fl- 
acher sang eine Arie von Righiui. Nicht 
wenig gefiel ein Quartett von Brandl für 
Harmonika, 2 Altvioleu und Violoucell , und 
ein Mozartsches Trio für Forlepiano mit 
obligater Klarinette. — Deq i6ten gab die 
konigl. Kapelle zum Besten ihres Wiltwen- 
und Waiseniustituls ihr erstes Konzert im 
Operuhause. Wenn ich Ihnen die einzel- 
nen Tbeile diese« meisterhaften Vereins nen- 
ne, so lobe ich auch alles. Auf eine Sin- 
fonie von Beethoven folgte ein Rondo aus 
Himmels Oper: Vasco di Gania, gesungen 
von Mad. Marchetti; ein Fagott konzerl von 
Winter, gehlasen von Hrn. Ritter, (brav 



und mit vielen neuen Ideen in der Ausfüh- 
rung). Recitativ und Arie von Cimadoro, 
gesungen von Hrn. Tombolini * endlich ein 
neues Violinkonzert von Kreutzer, gespielt 
von Hrn. Seidler, auf den Rode's Uegenwart 
mächtig gewirkt hat. Im 2tcn Theil horten 
wir die erste Abiheilung des Handelschen 
Messias, mit den von Mozart dazu gesetz- 
ten Blasinstrumenten — keineswegs nach Wür- 
den ausgeführt. (Die beyden übrigen Tbei- 
le weiden übermorgen, so wie am letzten 
Sonntag dieses Jahrs Haydns Schöpfung ge- 
geben). Die Solopai lliieen sangen Madame 
Schick, Dem. Koch (eine Dilettantin mit 
einer angenehmen, aber für das grosse Haus 
zu schwachen Altstimme) und die Hrn. Fi- 
scher und Hurka. — Nehmen Sie nun noch 
dazu die Abonnementskonzerte der Herren 
Schick und Bohrer, vou deuen gestern das 
achte und letzte vor dem Karneval gegeben, 
und über welche Ihre Leaer durch einen 
andern Korresp. ausführlicher unterrichtet 
worden: so werden Sie zugestehen, dass wir 
an guter und zum Theil vortrefflicher Kon- 
zertmusik jetzt wirklich reich sind. . : 
< . " .• « * 

Das Theater übereilt sich mit muaikaJ» 
Neuigkeiten eben nicht. Den J7ten wurde 
zum ßeiieüz für Hrn. Uuzelmann zum er- 
stenmal gegeben: Die Steruenköuigin. Ro- 
mantisches Feeumarrhen wil Gesang in 5 
Akten. Musik von Kauer. a Diese Steruen- 
köuigin ist das höher gehaltene Sternenmad- 
chen im Maidlinger Walde. So wie diese« 
ist sie reich an l'omp, Geisterscenen , Ver» 
Wandlungen und Theatercoups aller Art, 
die ich Ihnen nifht nennen mag. Das Stück 
verspricht der Theaterkasse eine grosse 
Aerndle und reichlichen F.rsatz Sur den nun 
wol endlich bald verschwindenden Opern- 
schneider, der noch gestern bey überfülltet* 
Hause bewundert wurde. Die Musik diese«' 
Stücks ist ein wahres Quodlibet: Kauer steht 
auf den Anzeigeblatlern ; aber eben so gut 
halten auch Weber, Himmel. Righiui und 



Digitized by Google 



*5l 



1805. Januar. 



25S 



Winter genannt werden köunen. Denn nur 
die Ourerture, die wirklich Charakteristik 
sehen Ciiöre, ein Kanon und mehrere me- 
lodis< he Lieder sind von Kauer. Dagegen 
■saug die Sternetikönigin Selbst (Mad. Schick) 
besondert Webersrhe Suchen , und der Knap- 
pe Kilian (Herr' Weizrnann) unter andern 
eine schöne Arie von Himmel. Auch die 
andern Sachen von Righini und Winter G»us 
1 Pyramiden) waren sehr ausgezeichnet. 



Frankfurt a. M. Anfang Jan. Sie fra- 
gen ! warum meine Briefe seit einiger Zeit 
seltener sind? Die hie»igen inusikaL Neuig- 
keiten waren ziemlich rar, oder doch der 
Art, dass sie mir nicht genug Interesse fürs 
grossere Publikum zu haben schienen. Alle 
Opern , welche hier aufs Theater kommen, 
kennen Sie schon von andern Orten zu ge- 
nau , als dass ich Ihnen mehr, als die Auf- 
nahme, die sie hier finden, davon sagen 
könnte; und das hiesige Publikum hat doch 
wol im Ganzen zu wenig Urlbeil, ab dass 
es auf die Kunst, oder eiu Kunstprodukt, viel 
Einfluss haben könnte. — - Pars Opern: Sargin 
und Räuberhöhle (Wegelagerer), wurden, seit 
nicht langer *Zeit, aufs hiesige Theater ge- 
bracht} beyden Stücken fehlt es an musikal. 
Schönheiten so wenig, als an Spektakel, so 
dass für jede Klasse der Opernliebhaber ge- 
sorgt zu seyn scheint, und doch Huden sie 
den Beyfall nicht, den man erwartete; wo- 
her dieses kommt, wage ich nicht zu unter- 
suchen. Konzerte hallen wie diesen Winter 
noch nicht viel, weil sie von der Jahreszeit 
nicht geuug begünstigt waren: sie haben 
aber bereits angefangen, und ich werde Ih- 
nen von allen , sie mögen von hiesige n oder 
fremden Künstlern veranstaltet aejn, wenn 
auch kurz, doch wenigstens Anzeige machen. 
Die Liehhaherkonzerte, die zwar auch im 
Summer nicht ganz ausgesetzt waren , wer- 
den, wie gewöhnlich, regelmässig alle li Ta- 
ge gehalten; man vermisst aber deu Eifer, 



besonders von Seilen der mitspielenden Lieb- 
haber, den mau sonst gewohnt war. Es ist 
, mir wirklich recht leid, wenn ich bedenke, 
dass dadurch der gute Portgaug dieses In- 
stituts gehindert würde. ich- werde Ihnen 
am Schlüsse des Winterhalbjahres eine kurze 
Uebersicht von dem Bedeutendsten, was wir 
dieser Anstalt zu danken haben , geben , wenn 
unter dieser Zeit keine ausserordentliche 
Veränderung damit Statt bat; besonder« 
wünschte ich Ihnen recht bald sagen su kön- 
nen, -dass diejenigen Herren, die ihre Posten 
an den Violinen" und Violoncells verlassen 
haben, die sie sonst so würdig füllten, diese 
wieder angetreten hatten; ich würde sie mit 
Namen nennen , wenn ich nicht fürchtete, 
der Bescheidenheit dieser 
ber zu nahe zu treten. 

* - * - 

Ein anderes, diesem ähnliches, Liebha- 
berkonzert, das ich voriges Jahr schon 
erwähnte, reift sehr langsam, und diesen 
Winter ist noch nicht eins gegeben worden, 
obgleich schon seit einiger Zeit alle Wochen 
Paoben gehalten werden. Auch von diesem 
sollen Sie den Fortgang oder — die Auf- 
lösung erfahren. 

Von 5 bis 4 Familienkonzerten, die mir 
bekannt sind, und die regelmässig alle 8 oder 
i4 Tage gehalten werden, gebe ich Ihnen 
vielleicht in meinem folgenden Briefe nähere 
Nachricht. 

Eine andere musikalische Versammlung, 
die nur aus Kindern einiger der angesehen- 
sten hiesigen Familien, und ihien Erziehern 
besteht, nenne ich Ihnen nur, da ich sie zu 
wenig kenue, um mich ausfühilich darüber 
einlassen zu können, aber auch das Weni- 
ge, was ich davon weiss, verspricht die be- 
sten Folgeu für die Kunst und ihie Aus- 
übung, bey diesen jungen Seelen. Die Er- 
zieher haben dieser Zusammenkunft, welche 
alle Samstage Abends ist, den Namen: Igno- 
rantenkonzert gegeben. Hauptsachlich wird 



Digitized by Google 



a59 i8os. 

gelungen, und zwar keine einseinen Arten 
oder derg)., sondern die ganze Gesellschaft 
(togt — Lieder der besten Dichter, mit 
Musik von Reichardt, Schills u. s. w. t und 
die Zöglinge legen, cur Abwechslung, Be- 
weise ihrer Fortschritte, die sie auf einem 
Und dem andern Instrument gemacht habe«, 
•b, und erhalten dafür Lob oder Tadel. 
Einer Von den Erziehern dieser Kinder, 
Hr. Engelmann, hat in letaler Herbstmesse 
einen musikalischen Kiaderfretind herausge- 
geben, welcher die Lieder gi ösatcntheil* enl- 
hält, die da gesungen werden. Die ganze 
Anstalt hat für mich so viel Anziehendes, 
und acheint mir so zweckmässig für die 
frühere Bildung in Musik, daaa ich glaube 
auch andern zu nützen , wenn ich Ihnen, 
nachdem ich mich näher davon habe unter- 
richten lassen, künftig mehr davon sage. 

(Die ForU«t*a»g folgt.) 

- 

Kunz AriiuIh. 



Romamt von Bürger.- Dar Bitter und $tin 
Liebchen, mit Begleitung dt* Piano/orte, von 
Franz Anu Maurer. Wien, bey Eder am 
Graben. (Pr. 48 Xr.) 

Referent weiss nicht, ob diese Musik von 
dem in Müuchen verstorbnen trefflichen Bas- 
sisten ist, der wo! zuweilen dergleichen klei- 
ne Stücke schrieb; gewiss aber vereichet der 
Verf. den Gesang, waa man an der einfa- 
chen, leichten, fliessenden, und doch nicht 
uninteressanten und dem Sänger vortheilhaf- 
ten Behandlung leioht bemerkt. Die Ballade 
ist nicht dramausch, aondern nur Ueder- 



Januar. 260 

massig, und fast tändelnd behandeil ; zwey 
Strophen aind immer zusammengenommen,' 
und die Wiederholungen unterscheiden . sich 
nur durch kleine Verzierungen der Melodie» 
Die Lebendigkeit verliert da bey allerdings * 
und schon, dass der Dichter hier zwey ganz 
einander entgegengesetzte Personen redend 
eingeführt hat, hätte zu anderer Behandlung* 
veranlassen sollen: da diese nun aber ein« 
mal nicht da ist, ist es gut, dass der .Komp* 
durch sehr einfaches, nur begleitende« Ac— 
compagnement den Vortrag sehr in die Will- 
kühr des Sängers gegeben hat, der nun durch 
Veränderung dea Ausdrucks leicht nachhel- 
fen kann. Der Verzierung Seite 2, Syst. 9^ 
Takt a, in der Singst., widerspricht das Ac- 
eomp., Eins von bey den muss wegbleiben i 
man hört zwar leider oft dergleichen Ver-< 
zieruogen, z. B. vom Theater, man sollte 
aber eben darum solchen Verstassen, indem 
man sie niederschreibt, nicht noch mehr Vor- 
schub thun. Doch das ist eine sogleich zo ver- 
bessernde Kleinigkeit. Der Stich ist achön» 



Variation» p. le Pianoforle tur tair de Vopera 
Hanno c Giulietta par Crescentini , conipo- 
iees par F. A. Ntumann. A Vieuue, chez 
Thade Weigl. (Pr. 45 Xr.) 

Das Thema ist einfacher, melodiöser Ge- 
sang, und die Variat., ohne eben tief einzu- 
greifen, siud angenehm und unterhaltend^ 
auch zeichnen sich einige durch wirklich 
neue Figuren und (besonders die sechste) 
durch gute Ausführung der Ideen, ohne alle 
Schwierigkeit oder Künsteley, aus. Von der 
pten, in F moll, hätte Referent mehr erwar- 
tet. Stich und Papier siud gut und das Gan- 
se, als Uoterhaltungsslück für nicht ganz 
ungeübte Liebhaber, zu empfehlen. 



(Hiettu dt« Iatslligenzblstt No. V.) 
U >(*■•« , ■ a t BiimtFi in HltTii. 



Digitized by Google 



INTELLIGENZ - BLATT - 
zur Allgemeinen Musikalischen Zeitung. 



Januar. 



18Q5- 



A n 



* * i g e. 



DieJ.icbl.ab., der Mluit mA dM Gesanges haben 
dem Thcl h '" tt ' 8ekoa,Bette « Monatahcfto unter 

Jtfii«ii<7/iacAe ^raietAen. 

Liebling.stücVe .u. dea neuesten Opera, fiir Klarier 
n,,d Gesang . herausgegeben roo Zucker, mit .„ 
v.elern Bcyfall aufgenommen, d.s. wir au. cnt.chlos- 
h * b< V?' e,nen lwe y tcn Jrtrgang unter dea nämli- 
chen Bedingungen xu veranstalten. 

Schon die Wohlfeilheil de* Prei.es — wir ba 
ben im vorigen Jahre meh r als «o Bogen Mn.it, fi if 
Jen geringen Pranumer.tionsprei. von 4 Thlr. gelie- 
fert während der gewöhnliche Notcuprei, wenigsten, 
noch einmal .0 viei betragen haben würde — Un d 
noch mehr die gute Auawabl „ nd Neuheit der Stücke, 
welch. blo. durch die Verbindungen de. Herausge- 
bers d.e.er Musikalien tu bewirken seyn dürfte, la S - 
im uoi auch in diesem Jahre auf die gutia* Thcil- 
tuhme dea Publikums hoffen. 

Im vorigen Jahrgänge liud enthalten t ia Duet- 
ten von Par , a von Bergt und Wcigl, , Ter.ett von 
Moart, 1 Quartett ron Pär, a Arien von PSr und 
Naumann. 4 Märsche and Walicr ron Pär, 3 Cava 
•inen von Par und Weigl , a R on ,,o, von Mozart und 
Dt, und a Ouvertüren ron Par und Winter. 

Wer .ich „„mitten,« an un. wendet ,,„d 
fl=.ch auf den „.u Cn J.hrpang Bestellung macht, er- 
halt den vorigen noch für den Pivoiumerationsprci. 
'on 4 Thlr. — drirch alle andre Buch- und Mu.il- 
fcandlangon aber für 5 TUr. Der Ladenpreis eine. 
H*n Jahrgangs i,t 6 Thlr. — Dresden, den aten 
i8o5. 



Ankündigung. 

Den Liebhabern der Singktmst möchte wol d&d 
Anzeige einer Sammlung schöner Sing»tüch* keine . 
unwillkommene Erscheinung «eyn. Da e», schon »cit 
mehreren Jahren mein Hauptgeschäft war, die neue 
slen und vorzüglichsten Arieu, Duetten, Terzetten 
s. w. in Partitur von den bellen italienischen^ 
deutsohen, nnd andern Meistern an sammma; »o ma- 
che ich diese* hiermit öffentlich bekannt, und ich 
glaube, vermöge der Manuichfaltigkeit und strengen 
Auswahl meiner gesammlcten Singstäcke, >pden Lieb- 
haber, der mich mit Aufträgen beehren wird, zur 
vollkommenen Zufriedenheit bedienen xn können. Bey 
Arien mit italienischen Texten Bann auch auf Ver»-; 
langen «in deutscher Text unterlegt werden. Mein« 
Wohnung ist in Frankfurt a. M. Lit. fi. No. 20G. 
Briefe an mich, bjtte ich mir franco *n ubermacheu. 

Ludwig, 
Musikus bey dem Nationalthcater 
in Frankfurt a. M. 



Ntue Musikalien von *,nchM*tm Verlern, 
miehe bty BreltkopJ und Härttl xu ImUn und. ; 



Arnoldsche Buch- und Kon.thandl 



ung. 



Berton, Duo de POp. Ali'ne, Reine de Golconda, 
arr. p. le Pianof. ia Cr. 

— — 3 Aricttes de la mime Op.' N6. 1 et a. 8 Gr. 

Sei, mit, J., a Walzes, a Quadr. , a Angl., a Ec<5.' 
und 4 Hopser I. a Viol., a Klarin., Pfote, 2 Hor- 
ner, et Bass. 16 Gr. 

Bornhardt, J. H. C. , Kleinere Lic.lor und Ro- 
man.en beliebter Komponisten f. die Cuit. eiliger. ~ 
ae Lief. ia Gr. < . 

Collcction compl. des oenv. de musique p. le Pianof 
comp, par L. v. Beethoven. Call. 1 et a. ~ " 

Sterkel, R.cneil d* ^ piice , p , Vitao[ , , 
maius. 1 Thlr. 8 Gr. 



Digitized by Google 



- 



19 

KoehIer,H. t 1a piece» p. a Flui«» Uc» faules. 
Op. ai. la Gr. 

— — 3 Duo»,.conc. p. a Fl. Op. 3o. aä Gr. 

— — 5 Sonate» p. nue Fl. trav. Op. 3i. 19 Gr - 
Ho ff mann, H. A. , 3 Qual. p. a Viol., A. et Vlle. 

Op. 7. a Thlr. 
Muller, W. t 2 Romauaen au. der Zauberaiiter uud 

dem Sonntag.k. ns. Begl. d. Guit. u. FL 8 Gr. 
Recueil d* Air» p. a Flageolet». 10 Gr. 
Mi eurer, B. J., 6 Sonatiue. progr. p. la Guit. et 

Viol. Op. 1. Lir. 1 et a. aa Gr. 
Kreith, C, Recueil d'Air. »ari«. p. la Flut« »eule. 

Cah. 1 et a. 2 Thlr. 6 Gr. 
Da» Donauweibchen Ser Thail f. 1 Flöte. 11 Gr. 
Schoeniger, Variat. p. a Guitarre». 14 Gr. 
Koaeluch, L., Hermoni« p. a Htb. ou Flute», a 
Clarinette», a Cor», a B«»»on» et Contr« - B«*ie. 
No. a. 1 Thlr. ia Gr. 
Duport, J. P. t 6 Sonate» p. le Violonc. Op. 4« 

3 Tblr. 6 Gr. 
Wranitxky, A., 3 Duo» p- a Violon». a Thlr. 
M e h u 1 , Un« Folie (Li.t und Liebe) Op. in a Akt. 

Ktarieraiuiug mit franaö». und deuücham Text. 

4 Thlr. 16 Gr. 
_ — Une Folie Op. «rr. en Quint, p. a Viol. , a A. 

•t Violouc. 3 Thlr. 
Paar, F., Out. et Air» d'Achille. arr. p. le Pianof. 

(ital. u. deuUch). 3 Thlr. 
Righin i, V, Eaereice» pour »e perfectionner dan» Part 

da Chant. Op. 10. 1 Thlr. ao Gr. 
Paer, F., 6 Ariette» a». acc. de Pianof. aa Gr. 
_ — Eloi.e et AbeilarJaua cbamp» Ely«ea», Can- 

tate k a Voix «». acc. de Pianof. 1 Thlr. 8 Gr. 
Kann«, 3 Chau.on. aT. acc de Pianof. ou de Guit. 

Op. 9. Li», a. 19 Gr « 
T. Dalberg, F., Die Zukunft, ein Lied mit Begl. 

de» Pianof« 9 Gr. 
Schneider, G. A. , 3 Duo. p. a Flute». Op. at. 

1 Thlr. 8 Gr. 
_ — Do. Op. aa. 1 Thlr. 8 Gr. 
_ Do. Op. a3. « Thlr. 8 Gr. 



ao 

H u rk. , F. F. , 6 Lieder f. Pianof. Samml. ia Cr. 
Himmel, 6 Lieder f. PUnor. •. S.mml. 16 Gr. 

reu«»er, 7 deut.cbe Lieder f. Pianof. 16 Gr. 
Joerg, N. , Recueil de ta P i*c« P- » F 1 " 1 «' ür " 

de* Op. nou». 
t. Beethoven, gr. Quintett» p. a Viol., a A. et 

Ylle. No. 3. « Thlr. ia Gr. 
Kanne, F. A. , Sapho, Monodrama »on Noeller, mit 
Begl. d. Piauof. Op. 7. ia Gr. 

_ II primo Amore, Cantala di Meta.ta.io, 
comp, per »oce »ola con aecomp. di Pianof. [Ha 
d.ut.chem Teat), ia Gr. 
Reich.rd, J. Fr., Trauejode auf den Tod d« 
Gro»»für»tiu Helena etc. nach Klop.tock» Od«: Ui« 
todt« Clarixa. Kla». Au.z. >a Gr. 
Dala, rac, Ouvertüre de. 3 SulUne», 1 gr. Oich. 

1 Thlr. ia Gr. 
Domnich, H. , 6 Romance» a». acc. de Pianof. ou 

Harpe. 6e Recueil. 1 Thlr. ia Gr. 
H .ydn, J., 3 Duo. p. a Viol. Op. io5. Li»« >« 

, Thlr. ta Gr. 
_ 6 Trio. P . Flöte, Viol. et Vlle« L ,r « 1. 

1 Tblr. ia Gr. 
Hoffmei.ter, 3 Trio, progr«.!»«» p. a Viol. e» 

Vlle. Li». 1 et a. . Thlr. 14 Gr. 
De et hören, 6 Walxc. P . le Pianof. 7 Gr. 

— 6 Contredao.e* do. 7 Gr, 
Romberg, A., Oden u. Lieder f. Kla». 1 Tbl. 8 G». 
Ma.ch.ck, P., 6 pet. Ronde.ux P . le Pianof- "Gr. 
De mar, Heb.. Trio conc. P . Harpe et a Cor. (0. 

a Alto»). Op. 40. a Tblr. 
_ _ 5 Sonate» »on difbcile« p. 1« Harp« «»• 

Viol. Op. 47« » Thlr. 
_ _ Concerto p. le Viol. Op. 3a. a Thlr. 6 Gr 
_ — Air de Nina »ar. p. la Harpe. » Thlr. 

_ 3e Potpourri p. le Fianof. 1 Thlr. 

, p e r. Methode p. lc Flagcolct. 1 Tblr. 10 Cr. 

(Wird fort S e»«t.) 



Linn«, ■** Ba.ai«a;o»» HlaT» 



Digftized by Google 



ALLGEMEINE 

MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 2 3 len Januar. N= # YJ . 



1805, 



Bachia, oder Kamtsehadalischer Bä- 
rentanz, Nationalmuiik und Tanz, 
und 

Das Menschenfresser-Lied der Mar- 
autzas-lnsulaner auf Nukahiwah, ein 
Nationalgesang) 

von Herrn Ho fr. Tilesiua, Mitglied der Kru- 
seusternscheii Reisegesellschaft, vom Si. Peter- 
Pauls -Hafen anf Kamtschatka , am 1. Sept. 
i3o4, dem Tage der Abreise nach Japan, an 
«eine Freunde nach Leipzig abgesandt. > 



Den j uwärtigen Freunden nnscra wackern Tilesiui 
au* »einem Briefe hier nor die Nachricht, das* er 
ihrer mit immer gleicher Liebe und Treue gedenkt, 
and eich (wie auch die ganio Gesellschaft ) so wohl 
befindet , als ea in so unrrirthbaren Gegenden and iu 
der Auslicht auf die BeschitTung dea gefährlichsten 
aller Meere nur immer möglich ist; den Andern, die 
dieser äusserst wichtigen Reise mit Aufmerksamkeit 
and Erwartung folgen, die Worte seines Briefs: „So 
lang ich lebe, arbeite ich, und nicht für mich — 
das ists, was mich erquickt und mir alle die Freu- 
den ersetzt, die ich entbehren nun; ich achreibe nun 
wieder von Japan und Cap de bonue Esperance durch 
die Uolländor. " — Von so vielem Interessanten, 
was unser Frenad eingesandt bat, wühlen wir hier 
t, und über lassen das übrige 



i. Redakt. 



7. Jahrg. 




acht 




Herr T. 
de Notizen. 

.Gleich nach nnarer Ankunft im St Peter- 
Paula- Hafen von Kamtschatka, den 16. Jul. 
i8o4, wurde dem Genetal -Gouverneur Grku- 
achef durch eine Eataffette unsre Ankunft 
gemeldet, und er, nach dem Hafen zu kom- 
men, eingeladen. Die Ansicht der waldi- 
gen Berge, der Awatsrhka- Bay , der Kostb- 
ka, der Laudaeeu, der Erdzungen, und der 

*7 



Digitized by Google 



263 



1805. Januar. 



264 



himmelhohen, ihre Zackerhut- Spitzen über 
die Wolken erhebenden feucrspeyeuden Ber- 
ge im Hintergrunde, ist überaus malerisch 
und angenehm; wozu noch zur Verschöne- 
rung kömmt, dass das ruhige Wasser des 
Feter -Pauls -Hafen, durch die Erdzunge 
der Koschka von dem wilden Meerwasser 
der Bay getrennt und bis auf "fünfzig Schritte 
Kommunikationsraum eingeschlossen , — 
alle diese Gegenstande treu, wie in einem 
Spiegel süssen Wassers, darstellt. Durch 
den engen Kommunikationsraum müssen die 
Schifie passiren, die in den P. P. Hafen ein- 
gehen. Der Ort selbst aber ist schlechter, 
als das ärmlichste Dorf in Deutschland an- 
susehn, und doch ist er, seit Lapeyruuseus 
Hierseyo, um die Hälfte mit Gebäuden ver- 
mehrt worden. Die kleinen russischen Häu- 
ser oder Hütten sind ganz von — nur ein 
wenjg und grobzu behauenen Bäumen, der 
Länge nach auf einander gelegt; sehen aber 
in der Ferne doch noch elender aus , als sie 
wirklich sind. — Als der Generalgouver- 
neur angelangt und die gegenseitigen Erkiä 
rangen gegeben waren , lud er uns des Abends 
in ein erleuchtetes Zelt und gab uns hier 
einen Kamtschadalischen Tanz zum Besten, 
wozu er alle Weiber dea Orts hatte rufeu 
hissen, und wo ich obige Musik niederge 
schrieben habe. Ein russischer Soldat, der 
zehn Jahre hier lebt und ganz nalionalisirt 
ist, eröffnete den Ball — er galt für einen 
starken Tänzer — und gab mir Gelegenheit, 
manches Zuverlässige über die Natur und 
Beziehung dieser Nationaltänze zu bemerken. 
Alle Tänze geben, meiner Meynung nach, 
aus — mehr oder weniger roher, sinnlicher 
Liebe hervor, und führen, in mehr oder we- 
niger Umschweifen, zu deren Befriedigung. 
Nur wie- dieser Grund und Zweck geäussert 
wird, ist freylich sehr verschieden — -dem 
Grade nach, je nachdem die Nation mehr 



oder weniger, oder auch gar nicht kultivirl, 
und mehr oder weniger von heftigen Lei- 
denschaften ist ; der Art nach, je nachdem 
Gewohnheiten und andere Veranlassung den 
Sinn und Geschmack der Nationen modifi- 
ciren. Der Kamtschadale z. B., siebet be- 
ständig Bären und Vogel sich begalten, (in 
Paradunka sähe ich sechs Bären auf einem 
Platze.) und so nimmt seine Aeusserung* 
des Geschlechtstriebes etwas — Bärisches 
an, und gehet im Tanz ganz in eine Nach- 
ahmung der Bewegungen dieser Thiere bey 
jenem Geschäft über. Erbaulich und ge- 
schmackvoll isU freylich nicht. Der Ka 
tschadale brummt iu abgebrochenen, 
den Tönen, wie der Bär, nur nach dem 
Takte, und seine — Bärin stöhnt auf ähn- 
liche Weise nach dem Taktstrich. Die Nach- 
ahmung des Brgattungsakts der Vögel liefern 
die zärtlichen Tänzer btos in den Bewegun- 
gen; die jedoch im Bareutanze noch weit 
charakteristischer und -— ausdrucksvoller 
sind, und wobey das gewallige Stampfen 
mit den Füssen auf die Erde keine Neben- 
sache ist — doch alles im gr hörigen Takt. 
Sowohl Tänzer als Täuzerinnen fangen nur 
leise, mit schwachen, doch vernehmlich ge- 
nug bezeichnenden Bewegungen des Kopfs 
an; dann gqhet die Bewegung in die. Schul- 
tern über, und zuletzt auch iu die ,Hüften, 
wo es denn ein wenig arg, und nach dem Takte 
dazu geächzt wird. Die Stelleu, auf welche 
dieser senkende Accent fällt, sind hier von 
mir mit »ach? 1 — bezeichnet, welches ohn- 
gefähr der Laut ist, den sie dabey ausgös- 
sen. Den Kopf eines der vorzüglichsten 
hiesigen — Künstler, Feodor Petro witsch, 
eines gebohrnen Kamlschadaleu und eine 
ächte Nationalphysiognomie, habe ich sorg- 
fältig gezeichnet und lege ihn bey. (S. die 
Kupfertafel Figur 1.) 



Digitized by Google 



265 J805. Januar. 

■■t 

Das Menschenfresser-Lied 

der Marquezas-Insulancr auf Nukahiwab, 

*■ ein » Natt onalgetang. 



266 



Choral: In, melancholischem Ton und ganz unisono gesungen *). 



Eine Btlütimmr 




Tat* m »mb - o - g k 



i tu - hna M 



— ta mm • hm - mm 



th 



< 



Wo ist — das ' — Licht T« Es ist auf der Insel Christi -na! Wo-tu das — FeurT Um deu 

Alle. ' ^ ^ Alle. 

immmm. ' 



Alle. 

y 



■« • (a *oh. Ja <« 
Feind zu bra-ten ! L.a«t uns 



th. Tau-i mm-mah tht tmm-i - nah mm - tht «• 
-ben! Wir ha -ben Feur! Wir woUn ihn bra - tenf Wirha-ben 



13= , p _ a^ 

t-=H=4 



iiin! Er woUtent flfthn! Man ist et tod — — die 




!=^^^^^ , 



sei - ne 










iprafe^-j^^-gfr^i: 


O 1 




'" 




- : r f : 





I , tt - oU - «0 - rl, , .1 - hi - tu - rh , rt 

r.sie-ben • 



**-»«, 1» - fti »1 - hvh , u 



<h. « ho »>. 
Tai; fXied ist aus! 



*) Ich setze die Uebertetsung lieber gana wörtlich hinan-, als dats ich sie gan« genau der Motia a 
•Alte , wodurch ich geuöthigt würde , wenigsten* die Noten' in der Geltung so rerändern. 

d. Verf. 



; Hierzu macht Hr. T. folgende Bemer- 
kungen. 

4Jie Inseln Sii Christina (mai-cjuesanisch: 
Taubüala Montanioh) sind die benachbarten 
Ms> quezas -Inseln, die man bey hellem Wet- 
ter auf den höchalen Beugen, von Nukahi- 
wab aus, sehen kann. Die Einwohner von 
St. Christ, geratben mit denen .von Nukah., 
«uweiten ia Krieg. Darauf beziehet sieb das 



Lied. Es ist dramatisch, und enthält, wie 
icha finde, folgende Darstellung. Die Na- 
tion kömmt aus der Sh lacht. Es ist Nacht. 
Einer stehet in der Perne auf der feindli- 
chen Insel Feuer aufgeben , und fragt t Wo 
ist das Feuer? der Chor antwortet: Auf 
Tauhuata Montanioh, bey unsern Keimten! 
man röslet unsre Erschlagenen und Ge- 
fangeneu 4 . — Das reizt zur Wiedel ver- 



Digttized by Google 



267 



1805. Januär« 



268 



geltang, die man an den Erschlagenen und 
Gefangenen des feindlichen Heeres ausüben 
kann. Man ruft nach Feuer, um den er- 
legten Feind, der «um , Siegesmahl bestimmt 
ist, nun auch au rösten. Das Feuer wird 
angerieben, man freuet sich seines Besitzes, 
und seines Vermögens , das Wiedervergel- 
tungsrecht auszuüben. Man erinnert sich 
•einer Kühnheit, seiner Gefangennehmung, 
seiner versuchten Flucht*), und seiner 
Erlegung — — doch nicht ganz ohne Mitleid, 
indem man an Gattin, Kinder und Eltern 
deukt, die nun weinen. Zuletzt überzahlt 
man die Tage, vom ersten bis zehnden, als 
wie lange man von den Leichen der Er- 
schlagenen wird schmaussen und das Sie- 
gesmahl feyern können. Sonach ist das 
Lied ganz charakteristisch und legt dieGruud- 
süge des Sinnes dieses Volks vor Augeu. 

Bey dergleichen Siegeamahlen wird nun 
auch getanzt. Eine Menge Minner und 
Jünglinge — von zwey- bis sechs hundert — 
schlügt mit hohler Band anf eine, durch 
den Druck des Oberarms an den Brualtnus- 
kel, gebildete hohhj Stelle, welches 



starken, fast glockenartigen Klang giebt. 
Diese Schlage fallen nach dem Rhythmus, 
zugleich , und in bestimmtem Takt, - grössten- 
teils so t d J J | A J J | u. s. w. 

Dazwischen schlagen wieder andere — etwa 
hundert — Mos mit hohlen Händen, Ach- 
tel , und es werden zugleich , besonders wenn 
Tanz und Schmaus vorzüglich solenn wer- 
den sollen, wegen bedeutenden Sieges und rei- 
cher Beule--— vier Trommeln aus dem Mo- 
rai- Hause herbeygebräeht und in demselben 
Takte mit den Händen gerührt. Zu dieser 
Musik tanzen sie denn und singen zugleich 
jenen höchst 'traurigen, choralmassigen Ge- 
sang in Mull, von dessen musikal. Eigen* 
heilen ich nur noch Einiges bemerken will. «1 

So bekannt und oft wiederholt auch die 
Berflerkung ist, das« fast alte Gesänge wil- 
der Völker, und sogar die der minder ge- 
bildeten europäischen Nationen, aus Molltö- 
nen gehen: so erscheint sie mir doch im- 
mer sonderbar und ich habe noch keinen be- 
friedigenden Grund davon erfahren können**). 



•) Timaoh ist der fliegende Fi*ch (Exocetu* Tolitans^Lin.) welcher bekanntlich in grossen Schaaren ana 
den Wellen emporfliegt, am «einem Feinde, dem ßonilan, (Scomber Pelemys , Lin.) au entgehen, dar 
ihm aber Ellen hoch in die Luft nachspringt und ihn bieweUcn noch über dem Wasser flogt. Man 
aiehet, daa Bild ist wirklich treffend und schön, und kann als Beweis dienen, das» auch diese äusserst 

sind, 
d. Verf. 



**) Sollte »sein Freund nicht in Folgendem — was ich hier nur in ewigen Sätzen andeuten kann — 
einen aolchen Grund finden? Affekten schaffen die Musik, in wiefern sie Naturprodukt ist. Bey allen 
frohen Affekten hat der Mensch vielerley, und «um Theil noch stärkere, mithin dem Rohen willkomm- 



nere Mittel, eich auszulassen,, als Musik-, alle traurige Affekten hingegen beugen, nnd lassen wenig 
Mittel übrig, sich ansaulassen, als Töne. Zu diesen wendet sich also der sckmenlich .Erregte > und 
ao müssen wol «eine Lieder in trauernden Mailtönen sich bewegen. Was TUesiu» in der Folge von 
der Hinneigung nnd Vorliebe aur Ter« Ocy dieser Nation, und aur Quarte bey den russischen Matro- 
sen, ssgt, ist dem ähnlich, was ich an den Nationalliedern der gemein ste n Rassen bemerkt habe — 
aur data diese sich eben so «ntaehieden aur Quinte neigen. Ich habe mir nämlich oft von rohen 
russischen Sklaven, wie aie, ia Diensten ms*. Kaufleute, ansve Messen besurbetr, solche Lieder vor- 



AlU.bewegten «ich ia diesem Baume: 





T" 1 


e ♦ 

















aber g und d ws- 



269 



1805. Januar. 



270 



Gans ausgezeichnet und charakterisch iat es 
aber, dass dieser Marquezas- Volksgesaug 
nicht in halben Tönen, wie ich ihn habe 
aufzeichnen müssen, da unsie Notenzeichen 
nicht weiter reichen, sondern in Vier- 
tel« -Tönen steigt und fallt — oder viel- 
mehr dabinschwebt, und sich nur dann über 
die kleine Ter« von e bis g hinaus wagt, 
wenn er sich, doch selten, in das üis senkt. 
Ferner wird er durchaus unisono gesungen, 
oder höchstens, von Junglingen, die diese Tie- 
fe noch nicht erlangt haben, in der Oktav, 
(von Weibern sehr selten). Oer Vortrag isl 
durchaus (schleppend und summend, düster 
und melancholisch; ersetzt, wie unsre Cho- 
räle, ab, und hat Aehnlichkeit mit der Li- 
la ney, (Kyrie eleison) wie «ie in manchen 
Kirchen Deutschlands gesungen wird ,- oder 
auch mit den Horis der Mönche. Ohnge- 
achtet dieses blossen Summens und Brum- 
mens , hört man die bestimmte Angabe der 
Vierteltöne dennoch , und man könnte viel- 
leicht , wie man an wilden 'Nationen so oft ihr 
acharfes Auge bewundert hat, an vielen eben 
ao das scharfe Ohr bewundern, worauf die 
Reisenden bisher nnr noch nicht gemerkt ha- 
ben. Bey jedem Einschnitt, der hier mit 
dem Raheseiehen / T S bemerkt ist , halten die 
Sauger einige Sekunden still, und ziehen auf 
die eigene Art, die man auf Geigen nach- 



I machen kann, mit all mahl ig abnehmender 
Stimme von dem zuletzt abgehaltenen g in 
das e herunter, was ich mit dem Strichet 
habe bezeichnen wollen. Auch diese Eigen- 
heit beweist, dass dieser rohe, wilde Na- 
turmensch, in dem gewiss keine Spur von 
Kultur ist, die kleine Terz liebt. Sollte sie 
nur am leichtesten und bequemsten in der 
Kehle liegen? Ich glaub' es nicht: aber wo- 
her diese Ei scheinuug, weiss ich auch nicht. 
In den Gesängen der russischen Matrosen 
bemerke ich ebenfalls, dass alle aus Moll 
gehen, und zugleich, eine Vorliebe zur 
Quarte, wie hier snr Tera. Doch haben 
diese zuweilen einen Uebergaug in Dur, der 
aber bald, nach zw ey, drey Takten, wieder 
in Moll surückkehrt. Da aber diese ruse. 
Gesänge durchaus mehrere Stimmen, (Har- 
monie) auch ra unteres Tempo, und über- 
haupt mehr musikalischen Sinn und auch 
lLnltut verreibe«, so machen sie mit ihren 
Molltönen keinen traurigen, melancholischen 
Eindruck. Diea ist aber bey jenem Men- 
schenfresser -Liede im höchsten Grade der 
Fall, besonders verbunden;. mit jenem JCjatr 
«eben und Trommele , und zwar aus der 
Ferne. Es ist etwas Entsetzliches darin uud 
möchte Einen tfnr Verzweiflung treiben. 
Man glaubt schon seinen eigenen Grabgesang 
au hören, wobey die starken, hohlklingen- 



!!•. 



■ ' 1 i ' . i , , IJ 

überall di- Haupttönc, nnd die »wischen innen liegenden wurden faat nur — wie ea der Musiker 
■eont , durch laufen ,— s. B. in einem einlachen und autdruclarolleh Abulncdsliede eines Liebenden 
von «einer Geliebten, desaen Melodie und deren Vortrag, ao gut et" »ich durch Zeichen- augebaa Uaat, 
eich atao ausnimmt; • •■ .. h >»•' 





Gicbt der Himmel Musae — über diesen und verwandte Gegenstände su anderer Zeit mehr, in dieaea 
Blättere. j * friedlich RoVulita. 



Digitized by Google 



deu Schlage iu ganzen Taklea die grälsslich- 
*le Todtenglocke abgeben. Eine ganze 
ISacht, die diese von Natur wirklich gut- 
luuÜMgeu Menschen mir zu Ehren durch- 
sangen, hab' ich in solcher Pein — zum , 
Besten der niusikal. Zeitung», durchgebracht, 
ludessen siud diese Menschen dabey guter 
Dinge und freuen sich des Tanze*, der doch 
in nichts weiter bestehet, als in einem ro- 
hen, willkührlichen und gesetzlosen Hüpfen 
und Springen, wobey sie mit den.^auage- 
«•tracklea J-liinden ; abwechselnde, schneUe, . 
aillerude Bewegungen machen. 

< Ich zeichne Ihnen noch einen dieser 
Insulaner. (Siehe d.'KupferL Fig. a.) Sie 
•ind gross, gut gebauet und sehr gutmüthig, 
obschon sie rok grosser. Begierde ihre Feinde 
-verzehren. Den Ko£f tragen sie , bis auf 
Tswef Stellen der Scheitelknochen, abgescho- 
ren: diese «wey Haarbüschel werden aber, 
•Wie zWey Höroehew, aufgebunden. Ihr K» 
■lorit ist nicht viel dunkler, als das euro- 
päische. Sie pflegen die ganze Haut au tat- 
tawiron, (punktireo) und »war mit regelmäs- 
sigen Figuren, ;idie den Arabesken und, He- 
truttkea nicht uiiaJinlicb. sind. Dieselben Fi- 
guren findet man anoh auf ihren Kauota, 
Stelzen, Keule», Grabmt*ern u . e. w. Die 
Farbe der Punkte ist bläulich. Die Natio- 
nalphysiognoiuie, so wie die Stellung , darf 
ich ganz getroffen nennen. So sassen diese 
"Wilden und gaflW an« an, als wir zum 
erstenmal zu ihnen kamen. Sie gehen ganz 
nackend; die tattawtrten Figuren vertreten 
die Stelle der Kleidung. Bios um. die Ge- 
schlechtsteile schlagen sie eine Binde aus 
der geschlagenen Rinde, des Papicrmaulbeer- 
baums. Sie Bind zum Erstaunen gewandt in 
körperlichen Geschicktidtkoilen — Stelzen- 
laufen, Schleudern, Tragen, und anderer 
kOrperlicher^KralUlusserung. Sie liegen gan- 
ze Tage im Meere uud schwimmen ohne 
alle Anstrengung — — 



Januar. 272 
Nachrichten. 

' . " 1 • *l I 

Frankfurt a. M. im Januar. Fortset- 
zung. Am lateu üec. gab Hr. Dulon auf 
seiner Reise nach Frankreich , hier ein Kon- 
zert. Der Ruf dieses wahrhaft grossen Vir r 
tuosen ist so lauge schon begründet, das* ich 
nur seineu Namen zu nennen brauchte: doch 
will ich Ihnen sagen, was er uns zu hören 
gab. Den Aufing machte eine alte Haydn- 
sche Sinfonie, aus Es, wahrscheinlich eine 
vou denen, die schon vor Pley eis Periode 
so sehr bewundert wurden; lange habe ich 
kein- Stück mit so viel Aufmerksamkeit an- 
hören sehen, als dieses; nach dem Sihluss 
eines jeden Satzes bewegten sich die Hände 
der Zuhörer ganz unwdlkührJich zum Ap* 
plaudiren , und zwar ohne Vorurtheil, d>nn 
der Name des Komponisten war nicht be- 
kannt, und dieses nahm ich als Beweis j dass 
das, Auditorium — zwar nicht kehr gross — 
gröaatentheil* aber aua gebildeten Musuliebha- 
bern bestand, und für den Werth des Stucks« 
Hr. Dulon blies ein. Kpnzert aus g dur von 
Krommer und ein anderes aus d. minor von 
A* E. Muller, so schön und gut, das« nicht« 
zu yünschen übrig blieb, man nmsst« denn 
etwas mehr Feinheit, oder Geschmack, wie 
ichs nennen soll, im Vortrag verlangen, oder 
die Solostimme besonders im letzten Konzert 
von -Müller, den» Ganzen, von -Seiten -des 
Virtuosen, mehr angepasst wünschen. Man 
muss D. hören, wenn man einen wahren 
Begriff von seiner Virtuosität haben will. 
Mögen es immer einige für kleinlich hallen, 
so kann ich doch, nicht unterlassen, einen 
Trttler zu, bemerken, den er «ach der 
dene im ersleu Konmi hören liras; und der 
minutenlang dauerte ; nicht etwa bios weil er 
so lange- dauerte, arwahu' ich- flihv sondern 
weil er durch die Gleichheit, die Rundung 
uud Geschwindigkeit zom Muster eines gu- 
ten Trillers wurde. Mad. JLange sang eine 
Bravourarie voii Nasoliui mit seljr yiej Kunst 



1 



Digitized by Google 



273 I 8°5- 

mid zu allgemeiner Bewunderung. Die Arie 
seihst war im allital. Geschmack: sie ging 
von der Tonica auf dem breiten Wege zur 
Dominante, und von da lebt ital., schuur- 
stracks wieder zurück zur Tonica ; da sie 
nach ihrer Absicht nicht von Herzen ge- 
kommen war, «o ging sie auch nicht zu Her- 
zen, deöto mehr Gelegenheit gab sie t aber 
der Künstlerin die Fertigkeit ihrer Kehle 
zu zeigen: nur eine sehr gute Sängerin, wie 
Mad< L-, wird die Schwierigkeiten, die für 
sie darin liegen, mit Leichtigkeit überwin- 
den. Zum Besi'hlttss gab Hr. Uulon einige 
Var., ohne Begleitung, über ei« polnisches 
Lied, die recht gut gemacht waren, und 
eben ao' gegeben wurden. Das Echo, 1 wel- 
ches man in diesen Var. zu hören bekam, 
und auf das das Publikum schon auf dem 
Anschlagzettel aufmerksam gemacht wurde, 
mag ich k*ura erwähnen , da ea wenig Ef- 
fekt machte, und auch kein groases Kunst- 
stück ist. 

Am 25ten Dec. gab unsre Mad. Lange, 
im Stadtschauspielhause ein Konzert, das 
mit dem ersten Allegro einer Sinfonie aus 
d dur von Haydn eröffnet wurde; dieses wurde 
mit der Kraft, Präeision und Genauigkeit 
ausgeführt, wie man es von dem hiesigen 
Orchester zu hören gewohnt ist. Mad. Lange 
sang eine Sceue mit Chören von Righini, 
wie 6ie kann, wenn sie will, und da muss sie 
gewiss auch der Tadelsüchtige beschämt be- 
wundern. Hr. Thieriot, jelzt in Diensten 
des Herrn Bernard in Offenbach, spielte ein 
Violinkonzert. Er hat viel Ton, schönen 
Bogenstrich und viel Fertigkeit; er scheint 
nach der Manier des Herrn Rode zu stre- 
ben, und in manchen Stücken mit Glück. 
Noch fehlt es indessen seinem Vortrog an Be- 
stimmtheit, selbst an Takt, und den Passagen 
an Rundung — Eigenschafleu, die gerade 
den geschickten Künstler bezeichnen, nnd 
die er sich vielleicht eher zueignen könnte, 
wenn er weniger ängstlich und gesucht seine 



Januar. 274 

' M oster zu kopiren suchte. Er erhielt vief 
Beyfall und erregt ausgezeichnete Erwartun- 
gen. Dem. Buchwieser sang mit Mad. Lange 
ein Duell von - Nasolini; erslere bemühte 
sich lez lerer nicht nachzustehen, und es ge- 
lang ihr zum bewundern, weiter hatte aber 
auch dieses Duett gar nichts Anziehendes. 
Die zweyte Abiheilung wurde mit einer 
Ouvei iure von Kunzen angefangen, die sehr 
gefiel, und auch wirklich viel wahre Schön-^ 
heiten hat; es sind mehrer» Solos einzelner 
Instrumente in sie gestreut, die mauche tadeln, 
andere aber, als in einer Ouvertüre zu einem 
Konzert, zweckmässig finden dürften. 
' Daun sang Dem. Buchwieser mit Mad. Lange 
noch ein Duett von Florio, blos von 2 Gui- 
tarreu und einer Klarinette begleitet; dieses. 
Stück möchte sich aber doch wohl in einem 
Zimmer, wenn die Guilarren gut gespielt 
werden, besser ausnehmen, als in einem 
Schauspielhause. Hr. 'Hofmann r der Klari- 
nettist, blies eiu Kqüzert von Krommer , und 
es erging ihm wie immer, nämlich nach 
jedem Solo wurde ihm applaudirt, uud mit 
Recht • Zum Schluss sang Dem. Buch wie- 
ser', Mad. Lange, Hr. Hasloch und Hr. Fi- 
scher ein Quartett von Righini, wie manges 
nur von diesen vortrefflichen Künstlern er- 
warten konnte, doch war das Tempo ein bis- 
chen übereilt. 

Der bekannte Virtuos auf der Mundhar- 
monika, Hr. Koch, befindet sich hier, und 
wird ein öffentliches Konzert geben. In meh- 
rern Familien hat er sich schon hören las- 

-'s 

sen, und alle — in Verwunderung gesetzt 

Dem. Jagemann, Sängerin am Hoftheater 
in Weimar, ist hier, wird einige Gastrol- 
len geben und als Myirha im Opferfest 
auf treten. 



Einer der bravsten Virtuosen, PJtHrpp 
Barth; (ältester Sohn des noch lebenden 
und ehemals so berühmten Hoboespielers C. 



Digitized by Google 



2 75 



1805» Januar. 



S. Barth), ebenfalls Virtuos aof der Hoboe, 
ist im 5o. Jahr als Mitglied der k. Kapelle 
iu Kopenhagen gestorben. Mit ihm verliert 
die Welt «iuen der trefflichsten Virtuosen 
auf diesem ausdrucksvollen Instrumente, uud 
zugleich einen gar nicht unbedeutenden Kom- 
ponisten für dasselbe, wie auch für andere 
Blasinstrumente. Sein alter Vater betrauert 
seinen Tod aus der Ferne, und setzt seine 
Hoffnung nur in seinen «weyten Sohn, von 
welchem wir, vor einiger Zeit, als er sich 
hier in Leipzig, gleichfalls auf der Hoboe, 
1 löten lieas, ebenfalls vieles Vorzügliche rüh- 
men konnten. Der Vater und dieser jüngere 
Sohn halten sich jetzt in Braunscbweig auf, 
bis ihnen die Jahreszeit die Rückreise uach 
Dänemark möglich macht 



Kukze Anzeige. 



Huit Variation* p. k Pianofortt iur Fair dt 

BaUtt de Cattor ei PoUux pur Mr. VAöbt 
■ VogUr, compoites et dediees ä Sa Majutd 

Imperiale RoyaU Maru Therese, par Charl. 

Mari* B* dt Weber. Vieuue, chez Joseph 

Eder. (Pr. 46 Xr.) 

Ein sehr artiges Werkchen , das aus der 
vorübereilenden Fluth alltäglicher Variatio- 
nen gerettet werden rauss ! Schon das höchst- 
einfache, niedliche Thema Voglers ist etwas 
werth. (Ware aber nicht , dieser naiven Ein- 
fall unbeschadet, die Mittelstirome des 6ten 
und 7ten Taktes interessanter zu führen ge- 
wesen — wenn auch nur, vom aten b an, 
in Sexten von der Oberstimme?) Die erste 



Variation führt die Bezeichnung con grazia. 
mit vollem Recht } die zweyte aber ist zu ge- 
sucht in ihren vierstimmigen, liegenden Ver- 
webungen — was besonders auch Takt 6 
zu 7. bemerklich werden wird. Die vierte 
Variation ist von vorzüglich guter Wir- 
kung — es versteht sich, dass die rechte 
Hand die Triolen sehr priteis und einander 
gleich anschlägt und sie gut bindet, wo die» 
Harmonie Uebergänge macht ; in der linken 
aber die Millelslimme recht pikant heraus- 
gehoben wird. Var. 6 nimmt die Melodie 
in die linke Hand uud setzt für die rechte 
eine neue hinzu: aber jene ist dazu, in 
Absicht auf Charakter gar nicht» in Absicht 
auf äussere Form, wenig geeignet: (man. 
vergleiche, was letztere betrifft, die Ausgan- 
ge;) und so fflu« das Ganze verküostelt 
hervorgehen. So etwas schreibt doch wol 
an solchem Orte kein Komponist, ausser 
um zu zeigen* dass er es machen könne? 
Nun, wir wollen das Hm. v. W. garanti- 
ren; und Er, wenn er wieder solche nied- 
liche Variationen schreibt, wird dafür nicht 
mit dem kontrapunktischen Schulstabe dreiu- 
schlagen — den wir in allen Ehren halten, 
aber doch nur, wo er hin gehört! Die yte 
Variation ist cm acht— masurischer Tanz, 
der an sich sehr hübsch, und hier »echt 
gut an seinein Plaue ist. — » 

• 

Wir wünschen sehr, dass Hr. v. We- 
ber den Dilettanten öfter leichte, freumlii» he 
und doch nicht oberflächliche Werkchen, 
wie dies, seinen meisten Stücken nach, ist, 
bieten möge! Stich und Papier sind gut. 



(Hierin eine KupferUfd. ) 



Littst», aav Baaivaor* v » » H hu k 



Digitized by Google 



1 




y Google 



Digitized by Google 



4 

ALLG EME INE 

MUSIKALISCHE ZEITUNG. 

Den 3 o*» Januar. N=. l8. 1805. 



NochmaVgt Untersuchung Uber das Mitklingen 
eines liefern Tones zu zvrty angegebenen höhern. 



J-/.e Entdeckung der in einem jeden Tone 
nach bestimmten Verhältnissen mitklingen- 
den Nebentöne, hat so virlen Einfluss auf 
die Theorie der Musik gehabt, das» dadurch 
eine ganz neue Herleitung aller lutervallen, 
die mit einigen Abäuderuugen in eiuem jeden 
einzelnen Tone schon enthalten sind, uud 
ein ganz neues Tonsystem, welches auf si- 
cherer Basis ruht, entstanden ist. Die Na- 
tur ist nun selbst Wegweiserin geworden; 
sie giebl durch das iu einem jeden Tone, 
in vollkommenster Harmonie Mit- und Zu- 
sanimeuMiugen aller Inteivallen die ersteu 
Grundlagen der musikalischen Theorie und 
Setzkuust an; zeigt besonders, in welcher 
Entfernung vom ürundtone diese ihrer Na- 
tur nach am besten zu setzen sind, welche 
von ihnen am meisten verdoppelt werden 
können, und bestätigt den Erfahrungssatz, 
dass die Dissonauzun in gehöriger Entfer- 
nung von diesen erträglicher werden. 

Weniger aufmerksam ist man aber bis- 
her im Allgemeinen auf den mitklingenden 
tiefern Ton zu angegebenen höhern gewesen. 
Bios Hr. Abt Vogler hat diese Naturerschei- 
nung so gut benutzt, dass er sein bekann- 
tes Stinplifikationssystem der Orgeln darauf 
gegründet hat. 

Da nun aber die nähere Beobachtung 
dieses Tones noch mehrere Vortheile, sowol 
fü r die pr aktische als theoretische Musik 
7- i»i>f g . 



gewahren könnte, so wSre zu wünschen; 
dass derselben mehr Aufmerksamkeit gel 
schenkt würde. Vielleicht geben folgende 
kurze Bemerkungen Anlass, dass dieser Ge- 
genstand näher untersucht und die Resultate 
öffentlich mitgetheilt werden. 

■ 

EiBe jede Zusammenstimmnng von zwej 
Tönen (den Einklang und die Oktave aus- 
genommen) giebt einen mitklingenden tiefern 
Ton, oder doch, wie die Folge beweisen 
wird, eine tonähnliche Bewegung in der 
Luft. Dieser mitklingende Ton ist immer 
de*, jenen ihn erzeugenden Tönen ent- 
sprechende Grundton , und ist nach Verhält- 
nis tiefer oder höher, rein oder unrein, 
nachdem die angegebenen Töue selbst in 
einem einfachen oder vielfachen Verhältnisse 
stehen, rein oder unrein angegeben sind. 
Bey zwey in einem weitläufigen Verhältnis; 
angegebenen, nahe beysammen liegenden tie- 
fen Tönen, kann er seine Schwingungen so 
langsam machen, dass sie nicht mehr als 
Ton erscheinen, sondern als ein bloses Be- 
ben, so dass man jeden einzelnen Schlag 
unterscheiden, und darnach die Geschwin- 
digkeit der Schwingungen eines jeden Tones 
berechnen kann. Er enUteht nicht, wie 
mehrere andere Töne, durch das Miterzit- 
tern irgend eines mit den angegebenen 
Tönen in genauem Verhältnis stehenden ela- 
stischen Körpers, sondern bildet sich bloa 
in der Luft, durch das Zusammentreffen 
der Schwingungen. Folgende Darstellung 
wird es deutlich machen, auf welche Art 
dieses geschehen mus*. 

x3 



Digitized by Google 



2 7 9 



1805. Januar. 



280 



Ein reiner Ton entsteht nur, wenn durch 
das Ereiltem irgend eine» Körpers eine fort- 
gesetzte gleiche Bewegung in der Luft be- 
wirkt wird; oder wenn die Schläge, die 
der in Bewegung gesetzte Körper macht, 
in ganz gleichen Zeiträumen und in einer 
solchen Geschwindigkeit geschehen , dass man 
die Zwischenieit nicht bemerkt. Er besteht 
also aas einer scheinbar zusammenhängen- 
den Reihe von gleichseitigen Schlägen in 
der Lud, und ist mit einer aus lauter Punk- 
ten zusammengesetzten Linie zu vergleichen, 
bey welcher unser Auge die vorhandenen 
Zwischenräume nicht gewahr wird. 



Stellt man nun diese Reihe von Schlä- 
gen in der Luft, welche unserm Ohr als 
Ton erscheinen, dem Auge als eine Reihe 
gleich weit von einander entfernter Punkte 
vor, so ist dieses auch das Mittel, das Zu- 
sammentreffen einzelner Schläge von zwey 
Reihen derselben, und das dadurch entste- 
hende Mitklingen eines tiefern Tones an- 
schaulich zu machen. 

Das Verhältnis*' der Töne gegen einan- 
der ist nichts anders, als das Verhältnis der 
Geschwindigkeit ihrer Schwingungen, und 
dieses, nachdem es nämlich einfach oder 
vielfach ist, giebt immer bestimmt das frü- 
here oder spätere Zusammentreffen dersel- 
ben an, und daher auch das Verhältnis des 
dadurch entstehenden mitklingenden Tones. 
Denn die Zahl des Verhältnisses zweyer 
Töne ist zugleich die Zahl der Schläge, die 
jeder einzelne machen muss, ehe sie zusam- 
mentreffen j die Länge der Zeit zwischen 
dem Zusammentreffen ist die Grösse ( Höhe 
oder Tiefe) des (mitklingenden Tones; da- 
her — je grösser die Zahl des Verhältnisses 
der angegebenen Töne , desto tiefer der mit- 
klingende, und umgekehrt. 

Der Einklang und die Oktave geben kei- 
nen mitklingenden Ton. Denn der Einklang 
besieht aus zwey im gleichen Verhältnis ste- 



henden Tönen , die zwey Reihen von gleich- 
zeitigen Schwingungen in der Luft bilden, 
jedesmal zusammentreffen, dadurch jeden 
einzelneu Schlag verdoppeln, und also nur 
eine Reihe von verstärkten Schlägen, oder 
einen verstärkten Ton ausmachen. Fig. 1. 

Die Oktave besteht aus zwey Reihen 
von Schwingungen im Verhältnis wie 1. a. 
Der höhere Ton nämlich macht zwey Schlä- 
ge, indem der tiefere einen macht; sie tref- 
fen zusammen, und jeder Schlag des letz- 
tern wird durch den zweyten des eralrru 
verdoppelt, wodurch die Reihe des letztem, 
also hlos der tiefere Ton verstärkt wird. 

Die Quinte ist das erste Intervall, wel- 
ches einen unterschiedenen tiefem Ton mit- 
klingen lässt. Denn die Reihen der Schwin- 
gungen beyder Töne sind so beschaffen, 
da«« der höhere Ton drey, und der tiefere 
auch zwey machen muss, ehe sie zusam- 
mentreffen und einen Schlag verdoppeln. 
Durch diesen verdoppelten Schlag, der jedes- 
mal mit dem zweyten des tiefsten der an- 
gegebenen Töne geschiebt, muss eine dritte 
Reihe von Schwingungen entstehen, die noch 
einmal so langsam sind, als die des letztern, 
folglich ein Ton sich bilden, der noch einmal 
so tief ist, als der tiefere der Quinte. Fig. 3. 

Das Verhältnis der Terz, 4 zu 5, ist in 
der kleinsten Zahl noch einmal so gross, 
als das der Quinte, daher ihr mitklingender 
Ton noch einmal so tief. Denn der tiefere 
Ton derselben muss 4 Schwingungen ma- 
chen , eh' er mit der 5ten des höhern zu- 
sammentrifft; die neue Reihe der dadurch 
verdoppelten Schläge ist also noch zwey mal 
so langsam, als die des tiefsten der Terz, 
folglich auch der mitklingende Ton noch 
zweymal so tief. Fig» 4. 

Sofort lassen alle Töne, die in einer 
Saite mitklingeud sind, und achon gleichkam 



Digitized by Google 



«&i 1805. 

selbst einen Theil von ihrem Tone ausma- 
chen, denselben wieder hören, und »war in 
eben der Entfernung, als er sie mitklingend 
erzeugt; und man sieht, wie genau die bey- 
deu Arten mil klingender' Töue zusammen« 
hingen. Fig. 9. Duck machen diejenigen 
Tone hiervon eine Ausnahme, welche unter 
sich noch in einem engern Verhältnis ste- 
hen, und auch als mitklingende Tone einer 
andern Saite betrachtet werden können, wie 
z. ß. in der Saite C, 1 die Töne g £ und 
d $ welche, weun sie zusammen augegeben 
werden, den Ton g f hören lassen; so auch 
die Töne g T * und h -fr. Fig. 7. 8. 

Es versteht sich von selbst, dass wenn 1 
den Tun C bezeichnet, die in dieser Ton- 
leiter aufgenommene Quarte £ als umgewen- 
dete Quinte, mit c nicht wieder c, sondern 
f hören lasst, weil dieses der eigentliche 
Grundtoo ist. Eben so die Sexte a als rei- 
ne Terz von f. Fig. 5. 6. 

Hieraus sieht man nun, dass alle Intervalle, 
in weichem Verhältnis sie auch stehen mö- 
gen, einen mitklingenden tiefen Ton erzeu- 
gen müssen; es scy denn, dass nach Maas- 
gabe des Verhältnisses uud der Tiefe der 
angegebenen Töue, die nothwendig entste- 
hende neue Reihe von Schwingungen so lang- 
same Schlage machte, dass sie ausser den 
Grenzen, in welchen dieselben unserm Ohr 
als Ton erscheinen, lagen. Alsdann wird 
man, wie schon oben gesagt ist, anstatt des 
Tones, blos ein leises Schnurren oder Be- 
ben bemerken; und dieses bemerkt man 
auch wirklich beym Stimmen der Orgeln, 
wenn beyde zu stimmende Töne noch un- 
rein oder sehr tief sind , oder auch bey tie- 
fen dissonirenden Tönen von andern Instru- 
menten. 

Es ist also gewiss, dass alle Terzen, 
Sexten u. s. f. mitklingend ihren Gruudlon 
hören lassen , und es scheint daher die Beob- 
achtung dieses mitklingenden Tons x) haupU 



Januar. 282 

stichlich für Violinspieler nothwendig za 
seyn; denn da sich auf der Violin bey Dop« 
pelgriffen dieser Ton besonders deutlich hö- 
ren lasst, und entweder falsch oder gar 
nicht mitklingt, wenn diese Griffe nicht rein 
sind : so wird' er hierdurch nicht nur der 
Maßstab, nach welchem die Töne auf die- 
sem Instrumente in ihrer höchsten Reinheit 
angegeben werden können, sondern es scheint 
auch dadurch zu erhellen, dass zuweilen 
ein und derselbe Ton, nachdem ihm eist 
verschiedener Grundton gegeben ist, auf ver- 
schiedene Art genommen werden raus«, 
wenn nicht eine Disharmonie entstehen soll« 
Bin Beyspiel wird diesen Satz rechtfertigen. 
In dem *ten Konzert von Rode in A moll,- 
kommt zu Anfang des zweytun Solos fol- 
gender SaU vor: 




wo zu dem zweylen Takte die Harmonie 
natürlich II dur, und a die Septime ist. 

Wird nun die Terz fis a wie gewöhnlich 
genommen, so ist es Terz und Quinte von 
dem Grundton D, welcher also auch mit«* 
klingt und zu dem Dis in der Harmonie Et 
eine unerträgliche Dissonanz macht. Ware 
auch dieser Salz ohne alle Begleitung, so 
würde er, auf diese Art genommen, eine 
nicht minder unbefriedigende Wirkung ma- 
chen, denn , zu den beyden Terzen ^ -J^ 

klingen ohnfehlbar die Grandtöne E> D io 
gleicher Bewegung mit, die keinem zarten 
Ohr verborgen bleibeu können und wodurch' 
eine jedes Ohr beleidigende Uarmonieeufolge 
entsteht. Hier also wird es notbweudig 
seyn, die Terx fis a so zu nehmen, dass fis 
die reine Quinte und a die Unterbalfungs*' 
septime $ von H ist» (die Terz etwas en- 
ger) wozu dann der Ton H mitklingt, und 
die Harmonie rein und befriedigend wird. 



Digitized by Google 



1805. Januar. 



284 



Dergleichen Sätze kommen in Violinstücken 
öfters vor, und es ist gewiss nicht ohne 
Nutzen für den Spieler, sowol dabey, als 
überhaupt bey Doppelgriffen, auf den mit- 
klingenden Ton zu achten, und darnach die 
Reinheit seiner Töne zu beurlbeilen. 

a) Kann durch diesen mitklingenden tie- 
fen Tun genau berechnet werden, wieviel 
Schwingungen ein jeder Ton in einer be- 
stimmten Zeit macht ; und welches die Gren- 
ze ist , wo unaerm Ohre die Luflschwingun- 
gen als Ton oder als ein bloses Schuurren 
oder Beben erscheinen. Man giebt nämlich 
auf einer OrgeJ, oder sonst einem rein und 
festtönenden Instrumente, zwey rein ge- 
stimmte Töne, so tief, .und in einem sol- 
chen Verbältnisse an, dass die durch das 
Zusammentreffen der Schwingungen dieser 
Töne nolhwendig entstehende neue Reihe 
vou Schwingungen dieselben so laugsam 
macht, dass sie ganz einzeln als ein bloses 
Beben erfolgen, und leicht zu zählen 3iud. 
Da man nun doch weiss, welcher Ton die- 
ses Beben seyn müsste, wenn unser Ohr ge- 
schaffen wäre es als solchen zu bemerken: 
so kann nach der zu findenden Anzahl die- 
ser Schläge in einer bestimmten Zeit, eben- 
falls gefunden werden, wieviel ein wirkli- 
cher Ton, der in einem bestimmten Ver- 
hältnis mit jenem steht, dergleichen in der 
nämlichen Zeit machen muss, nnd wieviel 
alle andere Töne nach ihren Verhältnissen. 

Um nun die Grenze bemerken zu kön- 
nen, wenn die Luftschwingungen als Ton 
erscheinen, und was für eine Geschwindig- 
keit derselben dazu erforderlich ist, wird 
mau nur die beyden Töne stufenweis immer 
höher, oder andere Tonverhältnisse, die eine 
nach Graden immer geschwindere Reihe 
Schwingungen hervorbringen müssen , neh- 
men dürfen; es wird dann mit angestreng- 
ter Aufmerksamkeit möglich seyn zu hören, 
wenn diese Schwingungen, deren Geschwin- 



digkeit nach den angegebenen Tönen leicht 
zu berechnen ist, anfangen Ton zu werden. 

Hildburghausen. 

F. A, Gl eichmann. 



Recensxokeh. 



1) Deux Sonattt pour U Pianoforte, compo- 
sets par Antoine Liste. (Pr. ö Liv.) und 

■ • ■ 

a) Deux Sonntet suivits d'une Fugue pour U 
Piano/orte, comp, par l' Abbe Maximilien 
Stadler. (Pr. 8 Liv.) beyde im Verlag 
Hans <Georg Nägeli's in Zürich. 

Hr. Nägeli verharrt treulich bey seinem 
rühmlichen Plan, in diesem sein Repertoire (von 
welchem die genanntem Werke den. Sien und 
Qten Heft ausmachen,) nichts aufzunehmen, 
was nicht wahren inner 11 Werth halte und auch 
in Absicht auf äussere Form sich über das Ge- 
wöhnliche der Sonaten erhübe, in einem 
freyern Feldesich bewegte, uud so der Kunst 
selbst, wie diesem Unternehmen des Heraus- 
gebers, Vortheile gewähren könnte. 

• 

No. 1. Ree. gestehet, dass ihm dieser 
Komponist hier zuerst bekannt wird , und da 
dies der Fall der meisten Leser seyn möchte, 
auch dies Werk so vieles wahrhaft Ausgezeich- 
nete hat, wird es erlaubt seyn, etwas länger 
bey ihm zu verweilen. Hr. L. soll, nach öf- 
fentlichen Blattern, einer der talentvolleren 
Komponisteu, ein ausserordentlicher Klavier-. 
Spieler, und noch ein junger Mann seyn: 
man könnte vielleicht von alle dem Merk- 
male in diesen Sonaten finden; wir wollen 
aber von diesen historischen Umständen abse- 
hen, und uns nur an die Komposition selbst 
halten. Beyde Stücke sind wirklich, was man 
jetzt hur oft so tauft — grosse Sonaten , in 
Absicht auf Gedanken und Auaführung j sind 



Digitized by Google 



285 



1805. Januar. 



286 



Frey gehalten, und nähern «ich so deuPhanta- 
sieen, dass sie, und besonders die zweyte, 
wol auch so genannt «erden könnten — Ge- 
nialität ist bey dem Verl. nicht zu verkennet!, 
nur halte sie zuweilen des Zügels — oder lie- 
ber, er selbst halle der Kunstbildung mehr be- 
durft, als ihm noch zu Theil worden seyn 
mag. Indess ist nicht zu läugnen, dass eine 
solche jugendlich- üppige. Fülle , ein zuweilen 
zu ausschweifendes Gefühl des eignen Vermö- 
gens, diesem Verf. iu seinem Werke ein ge- 
wisses Ansehen von Wohlhabenheit, Ueber- 
fluss und splendidem Wesen giebt, das dem 
\ • *» < 



Beschauer; im Geistigen wie im Körperlichen, 
wohlthiit, seihst wenn er es nicht eigentlich 
schön findet. Der Styl ist deutsch, doch 
nicht ganz rein durchgehalten. Wir folgen 
nun dem Verf. genauer, und fugen über das 
Einzelne kurze Bemerkungen bey, wie sich 
Stoff dazu fiudet. 

Der Verf. fangt (Largo) mit einigen pathe- 
tischen Akkorden, durch freye Figuren ver- 
ziert und verbunden, an, und gehet dann in 
das Allegro con espressiune über, dessen An- 
fang und in der Folge vielseitig gewendete« 
Thema dieses int: 



3=3 



i 



- ' 4- ~~~"T" — _| t* y 

7 



n 



>W 7 VZ 



Man sieht schon hieraus, dass der Verf. volle 
Harmonie, besouders auch viel Leben in den 
Mittelstimmen, und dabey einen einfachen, 
guten Gelang lieb'; und mau findet das auch 
durch das YVerk selbst bestätigt. Dieses be- 
kommt eine grosse, weite und breite Ausfüh- 
rung, welcher es aber auch an zarten , anmu- 
thigen Zwischensätzen (wie S. 3, Syst 3) gar 
^nicht fehlt, und wobey eben so wenig die bril- 
lanten Passagen gespart sind. In dieser Ausfuh- 
rungaber vermisst man noch das Gehaltene — 
das, was der Maler deu T$»n des Bildes nen- 
net, und möchte statt dessen lieber gewisse 
Wiederholungen, (z. B. S. 3, Syst. 2, Takt 5 



folgg., das die Folge ganz wiederbringt,) so 
wie manche gar zu weil entfernende Exkurse, 
vermissen. Auch möchte man manchen Pas- 
sagen mehr Rundung uud Fluss wünschen, 
(z. B. S. 4, Syst. 3, und wo sie wiederkömmt,) 
uud das koLellirende Anbringen manches Ver- 
alteten, ohne sonderlichen Effekt , dürfte sei- 
nes Zwecks , wie gemeiniglich alle absichtliche 
Koketterie, verfehlen, (z. B. S. 4, letzter, u. 
S. 5, ersten Takte, so wie in mehreru ähnli- 
chen Stellen der Folge). Dahingegen thnt es 
ungemein wohl , wenn der Verf. S. 5, zu dem 
angeführten Hauptgedanken und jenen leben- 
digen Miltelsliuimen zurückkehrt und mit die- 
sen nun tiefer eingehet, was, nachdem er zu 
dem ersten Largo zurückgekehrt ist, noch 
einnehmender wird, wo nach dem üotuinan- 
tenschluss des Es dur, jenes Thema in H dur 
beginnt — (der Leser transponire sich die an- 
geführte Stelle um eine Quarte tiefer, wo 
daun der Verf. also fortfährt) : 



- . ♦ 



1 



Digitized by Google 



287 



180J. Januar. 



283 




• -a>- «*~ -a» ae aä s» j ' I ii. I I 



len 



•3- 




— — C S 



■ tempu 



Und so weiler, wie im Anfang und wie oben 
abgeschrieben worden. Wenn diese Stelle an 
sich schon sehr gut ist , so ist sie es noch mehr 
in ihrem Zusammenhange, und die ihr 
ähnliche, S. lo, nach einem überraschen» 
den, aber auch all zu fremdartigen Zwischen- 
spiele, das als Impromptu betrachtet seyn 
will — noch tiefer eingreifend, aber zu 
laug, um ausgehoben zu werden. An diese 
schliesst sich, nach einem leidenschaftlichen, 
heftigen Schluss, (S. IO, Syst 4 und 5) sehr 
willkommen ein melodiöses, beruhigendes 
Adagio iuCdur, welches einen Miltelaatz in 
Moll bekommt, der eine singhare, einfache 
Melodie, aber auch wieder sehr volle Mittcl- 
stimmen erhält, welche die aus dem ersten 
AUegro, wie sie in den hier angegebnen Bey- 
spieleu vorkamen, imitirt, wodurch beyde 
Sätze schön verbunden werden, und auch, von 
diesem abgesehen, eine sehr gute Wirkung 
hervorgebracht wird ; nur möchte man dieser 
Melodie a n si ch noch mehr Hervorstechendes 
wünschen, um dieser reichen harmonischen 
Behandlung ganz würdig zu seyn, und in der 
letztein das Absichtliche weniger bemerkluh 
werden zu lassen. Neu , überraschend und 
seltsam ist der Lebergang S. io, Syst. i5, und 
sehr angenehm die unmittelbar folgende Par- 
thie bis, nach ausgeführter, freyer, aber ganz 
ausgeschriebener Verzierung, das Thema in 



As dur wiederkehrt, nach welchem, auf ein 
anfangs schneidendes , dann immer heitere»: 
werdendes Zwischenspiel, ein strenger ausge- 
führtes Finale, Presto, folgt, das in Erfin- 
dung, Anordnung und Ausfuhrung einigen 
grossen Rondos von Cramer ähnelt. Diea 
ist schwer auszuführen, auch gehet es, nach 
meinem Dafürhallen, denn doch darin zu- 
weilen gar zu wild und kraus her. — Di« 
zweyte Sonate ist ein eben so genialisches, 
aber weniger zusammengesetztes und seltner 
ausschweifendes Ganze, das m i r noch gen les- 
barer ist und meine Achtung gegen den talent- 
vollen Verf. noch erhöhet. Sie fängt mit 
einem pathetischen Grave an, das durch sei- 
nen Charakter und manche neue, imposaute 
Wendungen , (zu welchen nur die etwas ver- 
brauchte Imitation, S. 5t, Syst. 5 und 4 nicht 
recht passen will,) den Geist erhebt und 
kraftiget, und gehet vortrefflich und fein in 
das AUegro über, das brillanter als die er- 
ste Sonate gehalten, auch enger in sich selbst 
abgeschlossen, und, bey aller Mannich faltig- 
keil in den Details, im Ganzen ziemlich ein- 
fach bleibt, wenigstens nicht zu grell wird, 
wenn map das nochmalige Davonlaufen in 
der letzten Zeile, die sich aber von jedrm, 
der so etwas spielt, leicht abändern, wenig- 
stens abkürzen lässt — ausnimmt. Nur die 
Beschränkung des mir verstatteten Raums 
hält mich ab. dem Komponisten nicht auch 
hier in das Einzelne zu folgen, und einige 
Ausstellungen an beydea Sonaten in Absicht 
auf Reinheit des Satzes, (die jedoch nicht 
von Erheblichkeit seyn könnten.) hinzuzuset- 
zen. Auf die treffliche Stelle S. 4i, Syst. 5, 
bis S. 4a, Syst 4, will ich aber noch die 



Digitized by Google 



a89 j 8o5. 

Studirenden aufmerksam machen — warum? 
das wird ihnen Verstand und Herz schon 
selbst aagm. Uebrigens verlangen diese So- 
naten einen tüchtigen Spieler, der nicht 
nur Si<h<iheit und Fertigkeit in den Hän- 
den, sondern auch ein Herz im Busen, und 
Einsicht im Kopte hat — letztere haupt- 
sächlich auch um die nicht selten verwickel- 
ten ilauptideen gehörig aufzufinden und gut 
hervortreten au lassen r aber leicht — wirk- 
lich leicht siud sie noch im Vergleich mit 

No 2. Hr. Abbe Stadler ist als einer der 
einsichtsvolleslrn .Lehrer der Tonkunst und 
als einer der gründlichsten, gelehrtesten Koin- 
pouisten in ganz Wien bekannt, und von 
dem letzlern zeugen alle, vornehmlich aber 
am Ii diese seine Kompositionen s aber eben 
diese haben zugleich, ausser dem Schwie- 
rigen Pur die Ausführung, (das hier zu- 
weilen nur gar zu nahe au das Uuausführ- 
bare gränzt.) auch eine gewisse Schwere — 
ein Uebermaas der Ausführlichkeit, einen 
gotliischen Reichlhum , eine lastende Fülle; 
von beydem, jenem Schwierigen und diesem 
Schweren, 'fühlt mau sich aber zuweilen 
wirklich gedrückt, bis zur Ermattung. Es 
verstehet sich — ein Gegenstand der speku- 
lativen Philosophie kann nicht so gemein- 
fasslich und gefallig ausgesagt werden, wie 
etwa am Theetiach ein Raisonnement über 
die Eitelkeit der Frauen; so kann auch ein 
Kunstwerk dieser Gattung nicht so darge- 
stellt werden, dass es der flüchtigen Stim- 
mung und der geringen Kunstgeschicklich- 
keit gewöhnlicher Liebhaber zusagte: aber 
es giebt doch überall -'ein Maas und Ziel, 
und muss es geben; ja, wenn man über 
das gesuchte Dunkel und die absichtliche 
Verhüllung ' des Auszusagenden bey manchrn 
Philosophen, als über einen sträflichen Ob- 
scurantismue -klagt: sollte man nicht noch 
mehr Grund haben zu solcher Beschwerde 
bey ähnlichem Verfahren maoeher Künstler 
in ihren Werken? Sollte nicht alles Wahre 



Januar. 290 

so gesagt, und alles Schöne so dargestellt 
werden können, dasa es von jedem, der des 
Sinnes dafür nicht ermangelt, verstanden 
und genosseu werden könnte*? und wenn da» 
so ist: sollten nicht die Künstler wie die 
Schriftsteller , zu einer ihrer Hauptbestre- 
bungen machen , es auch so zu sagen und 
so darzustellen — wobey die Sache selbst 
überall, sie selbst aber bey den Würdigsten, 
allezeit gewinnen würden? Raphael ist, in' 
jenem Sinn, plan und fasslich; Lebrün ist 
es nicht; alle Achtung gegen Lebrün, aber 
wer ginge nicht lieber vor zehn Lebrün» 
vorüber, als vor einem Raphael? 

Hr. St, den ich wahrhaft ehre, verzeihe 
mir, wenn ich bey der durch ihu gebotenen 
Gelegenheit einige Worte nicht unterdrücken 
mochte, die mir eben jetzt manchen Künst- 
lern zu sagen nöthig schienen, wenn sie 
ihn auch nicht mehr,' als andere treffen soll- 
ten; und der Leser lasse mir zu, dasa ich i 
dieser Werke, der angegebenen Beschaffen- 
heit derselben wegen , nur mit Achtung 
kurz gedenke; das erste Allegro der zweyten 
Sonate ihm, als auch für die Wirkung gut, 
heraushebe — (es ist im Geist und in der 
Wirkung ohngefabr, wie die ersten pathe- 
tischen Allegros grosser Konzerte, wie man 
sie jetzt mit Recht vorzüglich liebt); dasa 
ich ferner beklage , wenn Hr.- St., was man 
von ihm zu empfangen so sehr gewünscht 
hätte — Adagio's, gar nicht gegeben hat, 
und dass ich endlich dem Verf. meine auf- 
richtige Bewunderung seiner reichen Kunst 
in der Bachischen Ausführung der angehäng- 
ten Fuge nicht verschweige, obseßou ich 
nicht zWeifeln kann, dass auch diese, nfcht etwa 
nur mehr Freunde finden, sondern wirklich 
an innerm Werth gewonnen haben würde, 
wenn sie nicht schon folgendes gesuchte The- 
ma erhaiten hätte r — — - — ~ ■ ,~ 



Digitized by Google 



291 



1805. Januar. 



29* 



Je reich« uud künstlicher die Ausfüh- 
rung einer Fuge ist, je einlacher, dächte 

ich aber bedeulend, charakteristisch, 

wirklich etwas aussagend, suille das Thema 
seyn: wie soll es sonst der Hörer fasten 
ohne zu rechneu, oh oe den Verstand allein 
zu beschäftigen was ja doch der Künst- 
ler nicht will und auch nicht beabsichtigen 
soll? Bewunderung köuneu solche Werke 
erhallen, und verdienen sie auch: aber es 
iat. denn doch ein kaltes Diug uro das Be- 
wundern;, lieb gewinuen kauu sie nur der, 
welcher sie als Mittel zu einem besondern 
Z W eck — als Studien, Bildungsmittel an- 
siehet; und als solches ist auch diese Fuge 
ganz vorzüglich zu empfehlen. 

. Dass das Aeussere dieser ganzen Samm- 
lung vortrefflich ist, ist bekannt} doch fin- 
den wir hier den schönen Pariaer Stich nicht 
ganz so korrekt, .»U,#on»t». welchem jedoch 
der achtsame Herauag. bey spätem Abdrük- 
ken wahrscheinlich abgeholfen haben wud. 



Kurze Anzeige. 



Ausgewählte Stücke aus dem Singspiel.- .flau/ 
, der Blaubart, von Gretry und Fischer, für 
. das Piano/orte. Wien, b. Thade WeigU 

Man scheint in. Wien an der Verherr- 
lichung Grctry's in Paiisaj-ft einiger Zeit 
Theil genommen za^0at^f indem man 
seinen Blaubart mi^rosseftt Aufwand wie- 
der auf die Bühne gebracht und ihn dadurch 



dem Publikum hat geniessharer machen wollen, 
dass mau Herrn Fischer mehrere und mo- 
dernere Musikstücke hat einlegen lassen. 
Diese Stücke, so weit sie sich aus dem 
Auazuge beuilheilen lassen, zeugen wirklich 
von Geist, Feuer und Geschicklichkeit des 
Komponisten, koolrastiren aber nicht selten 
gegen Grctry's Musik. Dass aber diese, 
wenn man sie nur von der rechten Seile 
ausiehet — denn von Einer. Seite will sie 
freylich angesehen seyn — wahren Werth 
habe, ist bekannt. Der obige ist nur ein 
gemeinschaftlicher Titel für die auch einzeln 
zu habenden Stücke, von denen diejenigen 
genannt werden sollen, die sich auch beym 
Pianofor(e am vorzüglichsten ausnehmen. 

Ourertüre von Fischer, (Pr. 56 Xr.) mit 
Lebendigkeit und Energie ohngefahr in der 
Manier der neuesten französischen ausgeführt, 
(der Sprung, von Takt 4 in 5, 8.», Syst 1, 
ist deun doch zu sehr, Luftsprung!) Duett 
von Gretry: Ja ja, ich gebe deine Schwüre 
u. s. w. (Pr. ai Xr.) iu diese» Komponisten 
deklamatorischem Gesänge sehr gut ausge- 
führt. Die Scene, mit Chor: O Gott, da 
wirst sie stärken u. s. w. (Pr. 24 Xr.) ist 
ein feyerliclier und schöner Gesang, der Hrn. 
Fischer Ehre macht. ^ Endlich die längst 
rühmlich bekannte Scene Gretry*«: (Terzett) 
Schwester, Schwester, siehyt du nichts? 
(.hier nicht so gut: Vergi, ach theure Schwe- 
ster u. s. w.) wird, ohngeachtet einiges Bi- 
zarreu und der Berechnung auf Aktion, auch 
beym Pianof. nicht gleichgültig lassen. 



( Hierzu eine Kupfcrtafol. ) 



L 11 » 

• * 



sie» iit.Binliisu .111 Blmt, 



- 



Digitized by Google 



■ ■ 




■ 




Digitized by Google 




ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 61« Februar. 



N". 19. 



1805. 



Recbksio«. 



Singschute des Konservatoriums d. Musik in Paris. 
Mit franz. u. deutsch. TeXte\ in 3 Abtheilungtn. 
Enthaltend : 1) Die Grundsatze des Gesanges u. 
Singeubungen. 3) Solmisationen aus den besten 
altern und neuem Werken, j) Arien in allen 
Taktarten und von allen Charakteren. Leipzig, 
bey Bivilkopf und Härtel. Pr. 6 Tblr. Jede 
Abtlieiluog wird auch eiazeln verkauft, und 
koatel 2 Tblr. 

Welche merkwürdige, glänzende, jedem 
wahren Freunde der Tonkunst äusserst 
willkommene Erscheinung ist dieaea Werk ! — 
Lange schon war die allgemeine Aufmerk- 
samkeit auf ein lnatitut gerichtet, daa in 
dem Umfange und mit der Kraft, wie ea 
d* steht, uur in . Paris gegründet werdeu, 
nur in Paria gedeihen konnte. Wie dieses 
Konservatorium sich unter allen Stürmen 
«od Kabalen emporhob, welche Fortachritte 
die ZOgliuge desselben , besonders in der In- 
strumentalmusik, machten, daa weias jeder, 
der die Berichte davon in dieaen Blattern 
gelesen hat. Wer dürfte es einem de ut- 
achen Tonkünstler verargen, wenn er — 
eingedenk , dasa die schönen Künste in sei- 
nem lieben Vaterlande mehreulheiU sieh 
selbst überlassen werden ) dasa unare Kapel- 
len — ™* mehren theils keine zweck massigen 
Pflansscbuleo sind, und die Unternehmun- 
gen einzelner braver Manner, s. B. zur Be- 
förderung des Gesänge«, «war Theilnahme 
erregen nnd 'Nutten stiften« aber — ohne 
be deutenden Fond, ohue gehörige UnierstüG- 

7* isarg. 



I 



sang von oben her — steh oft nur mit 
Mühe erhalten — : wenn er um des will est 
mit gerechlem Neide auf jenes Konserva- 
torium blickt? — Allein diese Empfindung 
weicht bald einer andern , su der auch die 
Erscheinung des hier anzuzeigenden Werks 
Aolaas giebt. Es ist die Freude darüber, 
daas daa Konservatorium auf einem so schö- 
nen Wege wandelt, die unveränderlichen 
Gesetze der Natur sur Richtschnur wühlt, 
dem Ideale der Kunst nachstrebt, und mit 
edlem Muthe jeden Eiufluss des einseitigen 
Nationalgeschmacks und der National vorur- 
theile von sich su entfernen sucht. Oder 
sollte es für den Kosmopoliten nicht- herz- 
erhebend seyn, wenn er — nicht blos aus 
Nachrichten, wo doch Partheylichkeit mög- 
lich ist, hört, sondern mit seinen eigne« 
Augen sieht, wie die ersten Künstler eines 
Volks, das seit Jahrhunderten den Geschmack 
des übrigen Europa au leiten pflegt, den 
ächten Grundsätzen der Kunst huldigen nnd 
sie gegen die Verirrungen ihrer eignen 
Landsleule im Schutz nehmen? — sollte die 
Aussicht nicht erfreuen, dass daa Ansehen 
solcher Mäuner, deren vereinte Bemühun- 
gen nm die Praxis und Theorie der Ton- 
kunst dort schon so wohllhälig gewesen ist, 
manchen Virtuosen und Liebhaber dea Ge- 
sanges bewegen würde, Solidität filr Frivo- 
lität, innere Kraft und Würde ffir eitlen 
Schimmer einzutauschen, nnd so den üblen 
Eindruck su schwächen, den die französi- 
sche Art su singen bisher bey Italienern 
und Deutschen hervorbrachte? — In der 
That hat Frankreich, das in altern 



Digitized by Google 



295 



1805. Februar. 



296 



neuem Zeiten unbeschreiblich viel Gutes, 
aber auch Böses wirkte, in Absicht auf die- 
sen Punkt noch sehr viel gut zu machen. 
Es war und ist noch immer den schonen 
Künsten, was die Mittagssonne den PHeu- 
sen ist. Mit Macht entfaltet sie sie, aber ver- 
aengt sie auch oft, und so hemmte Frank- 
reichs Kunstpflege nicht selten das zweck- 
mäßigere Gedeihen, was die Künste durch die 
Morgensonne (Italiens) erhielten, oder durch 
die Abendsonne (Deutschland») erhalten konn- 
ten. Zwar fand die übertreibende , nicht acht 
musikalische Singart der Franzosen nie so 
allgemeinen Eingang, weder in Italien noch 
Deutschland, wie ihre Kleidermodeu ; aber 
aie wirkte dqch hie und da, besonders auf 
de in deutschen Theater, und das musste um 
ao leichter geschehen, da theils die franzö- 
aischen Operellen in dramatischer Hinsicht 
den italienischen und deutschen so überle- 
gen waren, theils das lebhafte, ausdrucks- 
volle Spiel franz. Theatergesellschaften, die 
sich in Deutschland angesiedelt hatten, die 
Mangel ihres Gesäuges verdeckte. Wer 
weiss, wohin es noch damit gekommen 
Wäre: denn die politische Gährung des 
Mutterlandes der Singkunst hatte es auch 
in artistischer Hinsicht zu unbedeutend ge- 
macht, um dem Jeinreissenden Strome weh- 
ren zu können; und Deutschland — mit 
eeiner hohen Kultur der Instrumentalmusik 
und seiuem, die bessere Ueberzeugung oft 
unterdrückenden Hang zur Nachahmung des 
Auslandes, — würde der Autorität einer 
{rossen tonangebenden Nation ebenfalls nur 
einen schwachen Damm entgegen gestellt ha- 
ben, da die so überaus nützlichen Singaka- 
demieen immer .noch nicht genug geschätzt 
und noch nicht allenthalben eingeführt sind. — 
Aber welch ein Triumph der guten Sache, 
dassj selbst aus der» Gegend, von woher 
das Uebel drohte, eine so bedeutende Stim- 
me zur Unterdrückung desselben erschallt, 
die nicht ohne grosse Wirkung bleiben kann! 
Diez' zeigt schon die Art, wie dieses 



Werk entstanden ist. Das Konservat. halte 
mehrere seiner Vorzüglichsten Mitglieder er- 
nannt, um ein Lehrbuch de* Gesanges für 
seine Eleven zu besorgen. Darunter war 
Bernardo -Mengoz*«', ein Sänger aua 
liernachi's Schule, der irn Vorbericht 
wegen seiner Talente und seiner Metbode 
sehr gerühmt wird. Er unterzog sich die- 
ser Arbeil, aber der Tod raffte ihn früh 
dahin. Die Kommission legte seine Ideen 
bey diesem Werke zum Grunde und beauf- 
tragte C her ubi 11 i, die nun vollendete Sin— 
geschule zur Prüfung vorzulegen. Dies ge- 
schah; mau discutirie hierauf gemeinschaft- 
lich Artikel für Artikel — (so nur muss 
eiti solches Lehrbuch entstehen!) — und 
nun ward es erst vom Konservatorium sank- 
tionirl. — Durch dieses Verfahien sowol 
als durch die Berühmtheit vieler Mitglieder 
der Kommission ( C h e r u b i n i , %l e h u I , 
Gossec, Giugueue, Garai u. a.) wird 
schon ein günstiges Vorürtheil für dieses 
Buch erweckt. Man vermuthet hier keiuen 
losen Zusammenhang der Malarien, keine 
unnützen Digressiouen, keine unreifen Be- 
hauptungen, kurz, ein gerundetes vollende- 
tes Werk; und — fiudet seine Erwartung 
nicht nur nicht getauscht, sondern in man- 
chen Stücken sogar übertreffen. Ree. glaubt 
nicht zuviel zu sagen, wenn er behauptet: 
dass vielleicht noch kein Lehrbuch irgend 
einer Wissenschaft oder Kunst existire, wel- 
ches mit einer bündigen Kürze so ungemeine 
Klarheit und Gründlichkeit in sich vereinigt, 
wie diese Methode de Chant. Fast jedes 
Wort ist gewählt, und daraus ergiebt sich 
schon die sichere ruhige Haltung, welche 
sich über das Ganze verbreitet; ein Vorzug, 
der sonst den französischen Schriftstellern 
eben nicht eigen zu seyn pflegt. Warlich, 

wenn die französ. Nation dieses Werk 

•och ohne Rücksicht darauf, das« die Re- 
gierung es beförderte — nicht mit gerech- 
tem Enthusiasmus aufnähme, wenn sie .ihm 
nicht eine, man möchte sagen, kanoni- 



Digitized by Google 



297 



1805. Februar. 



*9% 



sehe Autorität zugestünde; — es würde 
ihr au keiner Ehr« gereichen. 

Um einem solchen Buche volle Gerech- 
tigk t wieder fahren su lassen, muss tu in den 
eigentlichen nächsten Zweck deaseloeu 
nicht aus den Augen verlieren. Es soll 
nichts enthalten; und enthalt auch wirklich 
nichts, als (im 1 ersten Theilj die Grund- 
tatze, wornach ein guter Lehre! - verfah- 
ren muss, und (im 2. u. 5. Th.) die prak- 
tischen Hülfsmittel, deren er sich zu bedie- 
nen hat, um seinen Zögling, wie auf einer testen 
Leiter, allmäblig und sicher zur möglichsten 
Kunsthöhe su führen. Jn der Thal ist es 
kein geringes Verdienst der Verf., dass sie 
sich in diesen Schranken hielten. Hatten 
sie, — wie man es in Deutschland zu ver- 
langen pflegt — alles erschöplen wollen» 
was man wissen und bedenken muss , um 
sich selbst, auch ohne Hülfe eines Leh- 
rers zum Sänger zu bilden ; - so würden sie 
kein Ende gefunden und, troz aller Weit- 
läufigkeit, bey der noch fortdauernden Gäh- 
rung der Aeslhetik, doch viele Lucken ge- 
lassen haben. Ein solcher Misgriff herrscht, 
wo nicht in allen, doch in sehr vielen uns- 
rer Kunstlehrhücher. Sie kündigen sich als 
Werke an, welche alle andre Hülfe ent- 
behrlich machen, oder verrathen wenigstens 
die Tendenz, alles geben zu wollen, da- 
mit es dem Lehrer oder Lehrlinge hübsch 
bequem werde, uud — geben gerade des- 
halb hier su viel und da zu wenig. In 
einer Wissenschaft, in einer mechanischen 
Kunst, ja sogar auf einem Instrumente, 
wenn man die ersten Elemente hinter sich 
hat, kann man es durch bloses Selbststu- 
dium weit bringen, wie die Erfahrung zeigt; 
aber sich selbst, ohue persönliche Mitwir- 
kung eines Andern, singen, — ordeutlicb, 
kunstgemäss singen — lehren, — das kann 
kein Mensch, und wenn er auch, wer weiss 
wie viel d«r vortrefflichsten Lehrbücher su 
Rathe zöge. Dazu bedarf er schlechterdings, 
vom ersten Anlange au t einer 



mündlichen Zurechtweisung und Hülfe. 
Hiermit ist nicht gesagt: dass ein Sanger, 
der schon einen guten Grund gelegt, und 
siih mit anderweitigen musikalischen Kennt- 
nissen versehen hat, aus diesem Buche nicht 
für sich allein manche nützliche Winke und 
Belehrungeu nehmen könnte; sondern nur: 
dass die Verf. sehr wohl thaten, bey ihrem 
Plan auf einen tüchtigen Privatiebrer 
mit zu rechnen, wie es auch die nächste 
Bestimmung dieses Werks, — für die Ele- 
ven des Konserv. — fordert. 

Wo nun die Kritik schon bey der Ver- 
fertigung eines Buchs so geschäftig gewesen 
ist, wie hier, da findet sie natürlicherweise 
nach Vollendung desselben wenig mehr zu 
tbun. Mag es denn Pflicht scheinen, sich 
gerade in solchem Falle mit einem Mikro- 
skop zu bewaffnen; Ree. halt es für nützli- 
cher', wenn er hier jenen Grundsatz: „ubi 
p>nra nitent etc.* befolgt,' als wenn «r dar- 
auf ausginge, kleine Mängel auszuspähen, 
die auch bey dem vollendetsten Produkt des 
menschlichen Fleisses unvermeidlich sind. 
Doch wird ihn weder der gerechte Enthusias- 
mus lür dieses Werk, noch die Hochachtung 
gegen die Urheber desselben hindern , bey der 
(tilgenden Inhaltsanzeige hie und da au sa- 
gen , was er vermisst oder geändert wünscht, 
und — ihm von Bedeutung scheint. 

Das erste Kapitel drs ersten Theils 
handelt vom Mechanismus der Stim- 
me, und enthält eine kurze physiologische 
Erklärung der Organe, welche zur Stimm- 
bildung beytragen. Hier heisst es gleich zu 
Anfange : „Die Stimme ist das Organ des 
Sprechens und Singens. Dies Organ phi- 
losophisch zu erörtern, wäre unnütz in 
einer Singekunst u. s. w." (Wohl wahr! aber 
eine kurze physiologische Erörterung, 
w i e der Akt des Siugens von dem des Spre- 
chens verschieden ausgeübt wird, wärt 
hier ganz an ihrer Stelle gewesen, theils, 
weil der übrige lohalt dieses Kapitels dies 
gleichsam zu fordern scheint, ihcü» in be? 



1805. Februar. 



299 

soudrer Beziehung auf das Recitaliv, Von« 
dem letztem wird 8. 77 mil Ret ht verlangt : 
dass es zugleich gesungen und gesprochen 
werden «oll. Freylich Usst sich dies nicht 
mit Worten beschreiben, aber selbst man- 
che sonst geschickte Lehrer verlebten hier 
den rechten Weg, und eben deshalb möch- 
ten einige Fingerzeige über den spezifi- 
schen Unterschied des Lesens, Rezitirens, 
D'kUmirena and Singens — wenigstens in 
irgend einer Anmerkuug — nicht überflüs- 
sig gewesen seyn). 2tes Kap. vom A t h- 
xnen. — (Kurz, aber lehrreich.) Eben so 
das 3te Kap. vom Angeben des Tons. — 
(Hier sieht eine Bemerkung* welche beson- 
ders deutsche Sauger beherzigen sollten. 
.Wird der Ton nicht rasch angegeben, so 
wiid er — guttural (Kehlenton, be- 
stimmter: Gurgelton} deqn alle Gesang 
tÖue sind Kehlentöne)." Unsre deutsche 
Spiaobe ist von- Natur und durch Gewohn- 
heit sehr gurgelnd. Der Ton geht mehr in 
den Schlund hinein, als heraus. Deshalb 
erinnern uns auch unsre Sprat hmeister mit 
Recht: das Franzis., Engl, und Ital. vorn am 
Muhde (an bout dea levres) auszusprechen. 
Welchen nachtheihgen Einflus aber jene Ge- 
wohnheit auf den Gesang habe, sieht jeder 
leuht ein. Der Ton wird matt, undeuüich 
und klanglos)* — 

4. Kap. — Eintheitnng der Stim- 
men. — (Die bekannte, nur dass den 
männlichen Stimmen, und mit Recht, der 
Koutraait (haute-couüe) abgesprochen wird). 



5. Kap. — Von den Registern der 
Stimme. — (Die Verf. bezeichnen damit, 
nach dem Beyspiel der Italiener, sehr tref- 
fend die verschiedene (materielle) Qualität 
der Stimme. Diese entsteht durch den 
grossem oder geringem Grad des Kraft und 
Thätigkeit der Geaaogorgane und der daraus 
crfolgeuden Richtung und Repercussion .des | 



300 



cola (zu Tosi S. 34 — 37) mit triftigen 
Gründen: dass Kopfstimme uud Falset 
nicht eins und dasselbe sind. Den Verf. der 
Meth. de Chant ist dieser scharfsinnige Kom- 
mentar wahrscheinlich nicht bekannt; sonst 
hatten sie woi hierbey uud auch bey andern 
Dingen darauf Rücksicht genommen, s. B* 
iu dem folgenden 6. Kap. — vom Umfan- 
ge der Stimme. — Hier wird zwar die 
weibliche Stimme in Brust - Mittel - uud 
Kopftöue richtig eiugetheilt; aber die Gren- 
zen dieser Register sind zu bestimmt ange- 
gebeu. Sie halten dabey erinnern sollen, 
dass , — die verschiedene Stimmung der In- 
strumente, wubey die Probe uud Uebuug 
vorgenommen wird, ungerechnet, — die 
Wechseltöne iuan> hes Frauenzimmers oft um 
eiuen halben Ton und zuweilen uo« Ii höher 
oder tiefer von den Weciiseitöntu eines an- 
dern ludividuums diHeruen. Hau sith der 
Lehrer an den Bu tittabeti der angegebnen 
Kegel, so kann er bey manchen seiner Ele- 
ven iu den Wechseilöncn irren. Doch ist 
S. 16 uuten gesagt: .der Lehrer muas dies 
beurlheileii," sber es hatte schon früher (ß, 
y.) angemerkt werden «ollen). 

7, K*p. — von der Mutation. — 
(Wichtig und zweckmässig). — Der zwey- 
te Theil handelt von der Ausübung der 
Methode. 1. Kap. — Stellung dea 
Schülers surUebungder Skala. (Nülz- 
li- he Erinnerungen, wovon in unsero Lehr- 
büchern wenig vorkommt. — In die Be- 
hauptung S. 12 „ unter al en Singübungen ist 
das Skalasingen das notwendigste," kann 
Reo. nur einstimmen, in sofern man sie nicht 
als allererste Uebung fordert, oder sie 
auders einrichtet, als S. i4 angegeben ist. 
Bey BeurtheUung eines ähnlichen Werks hat 
Ree. sich vor kurzem in diesen Blutern (S. 
26 — 28 dieses Jahrgangs) über den 
wähnten Punkt umständlich geäussert, be 
zieht sich hier darauf, und wünscht, da er 



«innen schon Agri- j noch nicht Grund rnufet, jene Behnuntung 



Digitized by Google 



301 

xurücksuaehmen, lach das Urükcil Sach- 
verständiger daiüber su lesen). 

9. Kap. — Skalaübuog. 5. Kap. 
Vokalisatioa (Singen aut Vokalen) — 
lutooation — Uebergangatöne — Por- 
timento — V ersieruogen des Gesa n- 
gea — musikaliache Phrase — Sol- 
snisation, — (Alles dieses ist mit einer 
Genauigkeit behandelt, welche faat nichta xu 
wünschen übrig iä»st. Nur S. ig atebl eine 
.Behauptung, die, wenn aie ala Kunst- Fr i n- 
a i p gelten aoll , Ree. nicht umhin kann , ge- 
radezu Tür irrig su erkoren. Es beisst 
nämlich dort: „Es iat eine allgemeine und 
beständige Regel lür den Gesang, daaa der 
höhere Ton kralliger ai tikulirt weiden muss, 
al* der liefe, au das*, wie die Töne steigen, 
ihre Kraft wachst, wie sie aber (allen, ab- 
nuninl. " — In der Methode de Vio- 
lon haben die Herten Baillet, Rede und 
Kreuts er dieselbe Maxime angenommen, 
nnd, wie aie seibat sagen, aus dieser Meth. 
de Cbant entlehnt. Dagegen bemerkt Herr 
Schubert in seiner neuen Singschule (S. 
7'j) aehr wahr : daae dies nicht als allgemei- 
ne Regel gelten könne. Aber ao bedeuten« 
den Autoritäten darf man keine blossen 
Macblsprürhe entgegen Selxen» Ree muss 
also hier elwss umständlicher aeyn. — Ganz 
anders ist, was man von Nstur, d. h. ge- 
wöhnlich, thut, und — was man thun soll. 
Hier tritt ein Fall ein, wo airh die Kunat 
von der blosen Natur trennt, oder vielmehr 
nur xu trennen scheint; denn man muss 
die (physische) Natur der Individuen mit 
dem Zweck der Kunat, der — in einem 
andern Sinne — wieder mit der Natur 
zusammentrifft , nicht verwechseln. Jene 
nacht es allerdings xur Regel : dass der hö- 
here Tou (c!tt. par.) slajker gesungen wer- 
den aoll-, ala der liefe, weil er von Natur 
eine grössere Austreugong fordert, als der 
Jextere. Aus diesem Zusammendrücken 
dar Kahle, diesem 



1305. Februar. 



302 



sen der Luft entsteht natürlicherweise 
die Verstärkung eine» Tons , wenn der Wille 
des Sangers dabey unlhatig bleibt, und es 
ist oft weit schwerer, eine Passage herauf 
klar, aber in abnehmender oder glei- 
cher Starke xu singetL, als, bey gleicher 
Oekouomie des Atheme, in vermehrter 
Kraft. Allein, was eine gewöhnliche un> 
willkührliche Folge der Auatrengong ist, 
wird dadurch noch nicht unsre Pflicht. Die 
Regel bleibt die. bemühe dich, eine Passage 
auf and ab in gleicher Stärke su sin- 
gen! — Von den Ausnahmen, welche der 
spezielle Ausdruck irgend .einer Pas- 
sage uolhwendig macht, iat hier, wie steh 
verstellt, die Rede nicht. — Was geben 
aber die Verf. für einen Grund su ihrer 
Maxime an? — Sie sagen 8. 19 in der Nole: 
„die Töne werden dünner und — folg- 
lich (?) ach wächer, je höher sie werden." 
Dawider streitet die Theorie und Erfahrung, 
wenigstens die gemeine Erfahrung in Deutsch- 
land. Bin hoher Schall ist deshalb noch 
nicht dünn, und von beyden Eigenschaften 
ist die Starke noch unabhängig. Hoch 
heisa* der Ton, dessen Vibrationen in einer 
gegebenen Zeit schneller auf einander fol- 
gen, ala die eines andern, — weshalb er 
auch mehr a uflellt, ala der tiefere. Dünn, 
wenn ein geringes Volumen von Luft vi- 
brirt. Schwach, weun die anstossende 
Kraft (in der Lunge u. s. w ) nur gering 
ist oder surückgehalten oder durch die grös- 
sere Elastizität der vibrirenden Korper nicht 
erselxt wird. Diese Dinge haben an sich 
nichts mit einander gemein. Geht s. B. die 
Luft durch eiuen verengten Raum, wodurch 
die Höhe bewirkt wird; so folgt daraus 
allein noch nicht, dass die Longe weniger 
angestrengt (der Ton schwacher), und eben 
so wenig, dass ihr vibrrrendes Luftvolumen 
geringer (der Ton dünner) seyj es ist nur 
mehr zusammengedrückt. Man sieht 
aus dem allen leicht, dass die nicht genug- 

tu jenem Fehl- 



Digitized by Google 



1805. Februar. 



3°4 



schluss führte; aber man bemerkt auch zur 
Entschuldigung der Verfasser, dasa sie bey 
jener Regel auf ihre Landsleute besondre 
Rücksicht ualtmen. In Deutschland haben 
die meisten Sangerinnen von Natur volle 
runde Töne in der Hohe; gegen die Mitte 
werden sie flach und buhl. Die Französin« 
neu hingegen haben gewöhnlich in den Bruat- 
und Millektönen mehr Fülle, ala in den hö- 
heren. Somit wäre also obige Maxime in 
der Meth. de Ch. als eine partikulare Klug- 
heitsregel gerechtfertigt, aber nicht als 
allgemeines Prinzip). — 

(Der Bcichlius folgt.) 



Nachdichte». 



Paria , d. aosten Jan. In dem Paar Wo- 
chen seit meinem letalen Briefe sind auch 
nur ein Paar Neuigkeiten vorgefallen, deren, 
kurze Erwähnung Ihnen genügen wird. 

Die Ihnen schon zu anderer Zeit ge- 
nannten drey stehenden Konzerte sind nun 
im Gange, werden aber, so viel ich bemer- 
ken kann, von dem ewigen eich umberlrei- 
hen in Festen und andern berauschendem, 
tumulluarischern Fieuden, so wie vor lau- 
ter Geselhfchaftlichkeitjohne allejGese lligkeit — 
nicht lebhaft unterstützt und noch weniger 
mit dem schönsten Beyfall, dem, der ge- 
spannten Aufmerksamkeit und stillen Freude, 
autgemuiilert. In einem der Konzerte des 
Redoutensaals (rue de Grenelle) hörte ich 
einen mir bisher nicht bekannten Klarinetti- 
sten der kaiaerl. Kapelle, Dacoata, der viel 
Fertigkeit, Bravour, und auch einen ange- 
nehmen Ton hat, der aber eine sehr alltäg- 
liche Komposition (von ihm selbst) vortrug; 
und eine Hymne an die Sonne, von Le» 
aueur, die gewaltigen Lärm machte, und 
stückweise auch wol, was man im beaaern 



Sinn Effekt nennt; die übrigena viel ge- 
rühmt wird — wie sich das jetzt von selbst 
versteht, aber als Kunstwerk weit, weit hin- 
ler Mozarts Hymnen zurückbleibt — wie 
aich das wol auch von aelbat versteht. Mehr 
Vergnügen als die grösaern Konzerte, die 
nicht selten Assemblern genannt werden 
könnten, wo mau sich in möglichster Pracht 
versammlet, schwatzt u. s. w. , und zum. 
Üeberfiuss Musik machen lässt — gewahren 
dem wahren Freunde der Kunst die Kon- 
zerle der Eleven dea Couser vatoire , wo man 
last Niemand trifft, ala wer wirklich Musik 
verstehet, liebt und eben mit ganzer Seele 
genieaaen will; wo deshalb wirklich grosse 
Aufmerksamkeit, gerechtes Urtheil, und 
mithin wahre Aufmunterung herrscht. Neu- 
lich hörte ich hier G'herubiui'a Ouvertüre za 
seinem Anakreon trefflich ausfuhren, und 
könnte von neuem bitter und böse werden 
über das S« hickzal dieses Werks — wenn e» 
nur 'waa hülfe. Die Ouvertüre iat ein herr- 
lichea Produkt ,- und Sie werden dies gewias 
bestätigen, sobald sie nach Deuts« bland wan- 
dert. Daa Recordare dea Mozartseben Re- 
quiem war nicht gut gewählt 1 so etwas 
sollte man nicht vereinzelt hinstellen zwi- 
schen eine brillante und aehr heitre Sinfo- 
nie von Haydn und — eiu Flotenkonzert. 
Die Inalrumentalparthie wurde vollkommen 
gut gegeben, aber vom Gesänge müsste ich 
wiederholen, was ich neulich bey Gelegen- 
heit der Aufführung des ganzen Werks sagte. 
Ueberhaupt ists von mehr als Einer Seite 
traurig zu bemerken, wie auch in diesem, 
wahrlich mit allem Fleiss gepflegten Insti- 
tut, wo offenbar eine bessere Methode, eine 
giössere Genauigkeit, mehr und edlerer Ge- 
schmack auch in Absicht auf Gesai 



im- 



mer mehr Wurzel fasst — doch wahrhaft 
gute — ja, ich darf sagen, nur wahlhaft 
unverdorbene Stimmen immer sei tu er 
werde*. Der Zögling Mazas, den ich vor 
dem Jahr schon rühmen ruusste, macht sei- 
nen , Lehrern immer mehr Ehre und wird, 



Digitized by Google 



3°5 



1805. Februar. 



506 



allem Ansehn nach, einer der trefflichsten 
- Geiger aus der franz. Schule. Ein Knabe. 

Tu Ion, den ich noch nicht habe erwähnen 
können, spielte mit mehr Geist, Gefühl und 
Kunst, als man von seinen Jahren nur im- 
mer au hoffen berechtigt war, ein Flöten- 
konzert — und hatte es auch selbst gesetzt. 
Es gehet in der Komposition zwar noch ein 
wenig bunt her, auch trifft man manchen 
guten Bekannten darin: aber ich bin (wie 
»eine Lehrer) überzeugt, er werde auch als 
Komponist, wenn er in Fleiss und Eifer 
ausharret, bald allgemeine Aufmerksamkeit 
erregen. — Doch ich erinnere mich, dass 
von solchen Eiuzelnheiten in einer Ueber- 
siebt des Standes der Kultur der hiesigen 
Musik zwar etwas gesagt, aber nicht alles 
genagt werden müsse, was hier interessant 
und namentlich mir kehr lieb und werth 
ist. — Cberubini schreibt eben- eine Kan- 
tate zum Preis J. Haydus , und Kreutzer bat 
wieder ein treffliches Violinkongert fertig; 
wir bekommen beydes in kurzem öffentlich 
zu hören. 

Ich komme auf Tbcaterneuigkeiten ! Ich 
habe deren zwey — eine, die nicht mehr 
ist, und eine, die noch nicht ist! Jene ist 
SoJie's neue Oper: Deux oncles, nach dem 
bekannten alten Lustspiel von Forgeot, mit 
lÄusik, die man ebenfalls bekannt und alt 
nennen dürfte. Die zweyte Neuigkeit ist, 
dass Mozarts D. Giovanni nun wirklich in 
einigen Wochen auf dem grossen kaiserl. 
Theater gegeben wird — mit ungeheuerm 
Pomp und grosser Pracht , dafür kann man 
stehen, aber, ob im Geist und Sinn des 
Komponisten, oder auch nur so gut, als es 
die Damen und Herren, wenn sie wollten, 
leicht vermöchten — dafür möchte ich kei- 
neswegs stehen. Es sind dieselben, die Mo- 
zarts Figaro herunter, und seine Zauberflöle 
wenigstens nicht hinaufgebracht haben! die- 
selben, durch die, was sie von Cherübiui 
auszuführen bekamen, zu Grunde ging — 



und aehon hört man, wie sich diese und 
jene über das, was sie hier leisten sollen, 
und erst lernen müssten, beschweren, mo- 
kiren u. dgl. Mozart hat aber (eben jetzt 
hier so lebhafte und so zahlreiche Freunde, 
dass, wenn jene es zu bemerkbar machen 
-sollten, es stehe ihnen der Auslander nicht 
an und sie möchten nun ein- für allemal 
ihm nicht sein Recht wiederfahren lassen, 
ein heilloses Wetter über sie losbrechen 
kann. Aber freyliih, solche Welter lärmen 
nur, schlagen nicht ein; wer etwa« harthö- 
rig ist, siehet es ruhig mit au. 



Karl Spazier, 

fürstlich Neuwiedscher Hoirati, 



wurde, wie den Lesern der musik. Z. aua 
andern Blättern schon bekannt ist, den igten 
Januar in Leipzig, nach kurzer Krankheit, 
durch den Tod aus dem Kreise seiner Fa- 
milie und aus einer Tätigkeit , die von nicht 
unbeträchtlichem Einfluss auf das grössere 
Publikum war, hinweggerissen. In der von 
ihm gestifteten, mit Aufopferung seiner Ge- 
sundheit und vielleicht selbst seines Lebens, 
eifrig fortgesetzten Zeitung für die ele- 
gante Wel t, die, mit sehr billiger Rück- 
sicht auf die Hiuterlassenen, fortgesetzt wird, 
wird wahrscheinlich über ihn, seine Arbei- 
ten, und seine mannichfalügen, zum Theil 
sehr seltsamen Schicksale gesprochen wer- 
den — und wo würde Einem auch schick- 
licher ein Denkmal errichtet, als im aelbst- 
gepfUnzten Garten? Hier sey es darum ge- 
nug,, zu erwähnen, was uns von Spaziere 
lebhaften Bestrebungen für die Tonkunst be- 
kannt ist. 

Er bekam sehr früh musikalische Bit* 
dungj aang, schon als Knabe, sehr gut, und 
spielte — wenn nicht als Virtuos, doch sehr 
genau und ausdrucksvoll, Klavier; auch fand 
er schon damals in Berlin Gelegenheit,, sich 



Digitized by Google 



3 o 7 



i8oj. Februar. 



durch beydes öflentlich bemerkbar und be- 
liebt zu machen. Die» weckte bald in ihm 
da. Talent und die Lust «ur Komposition, 
und er He« schon in frühen Jüoglingsjabren 
einige Sammlungen Lieder mit Melodieen 
drucken. Obachon in diesen frühen Pro- 
dukten ein zu enge. AnschÜessen , erst an 
Schul* und dann an Reichardt — und zwar 
ein Ausohliessen nicht de« Gefühls, sondern 
der Reflexion — «ehr bemerklich wird.- so 
finden »ich doch auch manche «chalabare Ge- 
säuge darin. Als Lehrer am Dessauischen 
Philanthropin gab er heraus: Chöre, im 
philanthr. Betsaale gesungen, unter welchen, 
so viel auch die grammatische Kritik gegen 
sie einzuwenden hat, mehrere Stucke sind, 
die in Absicht auf den Geist , und noch 
mehr in Absicht auf Zweckmässigkeit, lautes 
Lob verdienen. Er wurde von jener Kritik 
sehr hart mitgenommen, und von nun an 
nahm ers genauer im Studium des reinen 
Sataes, wie in der Beobachtung der Regeln 
desselben bey spätem Arbeiten. Auch wand 
er sich immer mehr, vornehmlich durch wei- 
tere Bekanntschaft mit neuern Werken grosser 
Meister, von dem los, was man ehemals 
(und damals nicht mit Unrecht) Berliner 
Wortkritik und Schulmusik nannte — was 
denn auch nicht ohne Einfluss auf diese seine 
spätem Arbeiten blieb. Seine neuern Lieder 
sind weit freyer, ausdrucksvoller, flicsseuJer 
und ungesuchter, als jene frühem, und ver 
achiedene derselben können denen, seiner 
Mu»ter, mit Recht an die Seite geseilt wer- 
den. Auch «ebrieb er mehrere Gelegenheits- 
kantaten u. dgl., die Beyfall fanden, aber 
nicht in» Publikum , und auch nicht zu uns- 
rer Bekanntschaft gekommen sind. 



Von mehr Einfluss, nnd wo! auch von 
mehr Verdienst war, was er als Kritiker für 
die Toukuusl gewirkt hat. Unter 
ley Aufsätzen, die in Journalen oder 
einzeln gedruckt erschienen, führen wir uur 
«wey aus späterer Zeit an, als er sich von 
jener Einseitigkeit losgemacht halte, deren 
Erzeugnisse er selbst gern vergessen haben 
wollte — : über den Charakter GJuck'scher 
Musik, (wenn sich Referent recht erinnert, 
sunäebst auf Veranlassung der Verpflanzung 
der Iphigenie jenes grossen Mannes auf daa 
Berliner Nationallheater, geschrieben,) undr 
über Lieder und Kirchengejiange, (in Spaziere 
Schrift« Freymüthige Gedanken über die Got- 
tesverehrung der Pro tes tan tan). Sie enthal- 
ten viele Beweise eines trefflichen Kopfs, gu- 
ten Beobachters Und vielseitig gebildeten Man. 
ues. An dem Vormals iu Berlin erscheinen- 
den rouaikaL Woche ab lall , das dann alz rau- 
aikal. Monatsschrift fortgesetzt wurde, nahm 
er vielen Antheil. In diese unsere Zeitung 
hat er einig« echzubare Abhandlungen, die 
mit seinem Namen unterzeichnet sind, und, 
(iu den vier ersten Jahrgängen) neben eini- 
gen ausführlichen Reoensiouen, viele kürze, 
beut theüenüe Anzeigen , vornehmlich von 
Musik für Klavier, und Gesang bey demsel- 
ben, geliefert, di« sämmtlich den guten Kopf, 
den wohlunterrichteten Kuuslfreund, und den 
lebhafteu, gewandtem Schriftsteller verrat heb. 
Bekannt ists, dass später in der Zeit, für 
die elegante Welt sich ebenfalls nicht selten 
sehr treffende Urlheile über neue Musik 
lebhaft und nachdrücklich 



(Hierbsy «aa 



No. VL) 



LiiiiUi az« Btmstii «aa Hieras» 



Digitized-by'Google 



INTELLIGENZ - BLATT 
zur Allgemeinen Musilali sehen Zeitung. 



Februar. 



Ni. FL 



1805. 



Ntut Musikalien von vergehlidenen Verlegern, 
»itche Uy Breitkopf und Härtel zu haben sind. 



Pichl, W. , 1 Sinfonie a grand 0 reheitre. Op. a|. 
Lir. t. a Thlr. iCr. • 

— — 1 Do Do Op. a4. Lir. 3. a Thlr. iCr. 

— — 1 Do Do Op. aS. Lir. 3. a Tliir. > Gr. 
Wranitaky, F., Sin/. Op. bo. a Thlr. »C Gr. 

— — Do Do Op. 61. a Thlr. 16 Gr. 

— — D» Do Op.ii. j Thlr. 16 Gr. 

Witt, P. , 1 Sinfonie. No. 3. a Thlr. »6 Gr. 

Pichl, W., gr. Sinfonie. Op. aS. Lir. 4. » Thlr. 

Brenn, J. , Sinfonie conc, p. a Cor* princ., a Viol« 
A. , B. , a Fl. et a Cor», a Thlr. 6 Gr. 

Danii, Fr., Siiif, eonc. p. 3 Viol., A. etVIIe, Baa- 
•oa«, Cor« et CiariaeUe*. No. 1. a Thlr. 6 Gr. 



Lottin, D., 1er Concerto p. !• Violon Op. 3. 
a Thlr. 6 Gr. 

Miintiberger, jeune , 3e Concerto p. Vcelle aree 
Orch. a Thlr. 6 Gr; 

Rode, P. , Air wie p. Violon prineip. «ree Orche- 
»tre. 16 Gr. .. . 

— — ' 8« Concerto d« Viol«« 
1 Thlr. 8 Gr. 

Li*. 011, P. , ae 
3 Thlr. 6 Gr. 

Iromner, P., 
> Thlr. 4 Gr. 

Kreutzer, R. , Conc. p. Viol. Litt. C. a Thlr. 6 Gr. 

Kromoaer, Fr., 3 Qiutuori p. a Viol. , A. et Vlle. 

Gr. 



de Violon «r. Orcfteitre. 



Concerto p. Violon, Op. 41. 



Op. So. 

- — 3 Qn.em.re B . a Viol* AJt* Vcelle 
Op. 48. a Thl*. 8 Gr. 



Wranitsky, P., 1 Quatuo» p. a VioL A. «t Vlle. 
Op. 4u » Thlr. 8 Gr. 

— — . 1 Quatnor p. a Violon» , Alto et Violone. 
Op. 45. » Thlr. 8 Gr. 

— — 1 Do Do Op. 49. » Thlr. » Gr « 
Wölfl, J. , 3 Qoatuor« p. a Violone, Alto et B. 

Op. 3o. No. 1 — 5. 4 Thlr. 1a Gr. 
Rode, P., Qnatuor p. a Violone.» Alto tt B. fc-Itfo 

1 Thlr. G Gr. 
Gyroweta, 3 Quatoore p. a VW., Alto et Vcelle. 

Op. 44. a Thlr. 8 Gr. 
Dana). a% pet. Duo« p. a Violone. tir. <•» Op. de 

Moaart. » Thlr. 1a Gr. 

PI eye I, J. , 5 gr. Duo. 'p. a Violone. ©p. 
1 Thlr. 1» Gr. 

— — Lee meine« p. Vk>!. et Alto. 1 Thlr. ta Gr. 
Viotti, 3 Duo« p. a Violon«. Op. 10. 1 Thlr. n Gr. 
Hoffmei.ter, 3 Trio« progr. p. a Viol. et Vlle. 

Op. 38. Lir. 1. 14 Gr. 

— — Do Lir. a. 14 Gr. 

Viotti, 5 Trio» p. a Violini et Baaao. Op.. 9.' 
1 Thlr. 18 Gr. 

Wutky, Le Maltre et l'Eeolier ou 6 Dno« p. a Viol. 
Op. ». » Thlr. 4 Gr. 

— — Do Do Op. 3. 1 Thlr. 4 Gr. 

Maatonneau, L., 6 Duo» p. a Violon». .Op. 1. 
t Thlr. 13 Gr. 

Wranittke, A. , 3 Duo« p. a Vi'oloo». Op. 1a. 

r Thh. 8 Gr. 
Foreitter, A. H. , 3 Duo« «oncertasU p. a Vio- 
' Ion« ao Gr. 

Rode, P. , S Duoe pour 3 Violon«. Op. ia. 

— i Thlr. * 

Münte borg er, le jeune, Trio 1 Vlle ob), er. arc. 
de Viul. et B. Op. 4>. L»'. 3. * IhJr. fi Gr. 



Digitized by Google 



fl5r 



Wüntaberger, la jeune , Son. p. Vl!e et D. Op. 38. 
Liv. 3. i Thlr. 

de Marin, 3 Trio» p. Vio!. , A. et Baue. Op. ao. 
a Thlr. 6 Gr. 



Viott4,-& Duo» con 
Lir. i et a. 3 Thlr. 



Op. tu 



Fodor, J. , 3 Duo» ponr a Violouc. Op. a5. 
i Thlr. 18 Gr. 

Kreutzer, 3 Son. p. Viol. av. B. L. B. l Thlr. la Gr. 

Lacroix, Ant., la aira tir. de diff. op. arr. p. a 
Viol, io Cr. 

♦ * * • 

Bortolazai, B,. 6 The-me» av. Var. p. Violon ou 
la Maiirlolina evec accomp. de Guitarre. Op. 16. 
Lir. l et a. i Thlr. 4 Gr. 



j Viotti, 3 Duo» coajc. p. a Flute« errang** par B. 
Gebauer, a Thlr. 

PI eye), },, 3 gr. Diso» p. a FL i Thlr. la Gr. 

Auswahl der vorzügl. Ariern und Romanzen au», bej. 
Opern f. I Flöte. 5« Heft. ' 16 Gr. 

* " * 

Fa vor Hga« Sage für s Flöten oder a Violinen arr., au» 

den Opern : Fanchon , der Tollkopf and Je toller 

je beiter. l Thlr. 

■ • ■ 

Streitwolf, G. , a Trio» p. Flute, Cuiu et Vlle. 

Op. i Thlr. 6 Gr. 

Kreith, Ch. , 3 Duoa p. a Fl. Op. 78. » Thlr. 6 Gr. 

FattQfitniirarhe dar franzö«. Truppen f. a Flöten arc* 
Lir. 1 et a. 16 Gr. 

Will ing, J. L., 6 Echo» p. a Flöten. 8 Gr. 

Juidorf, J. C. , The*me Favorit: Da« waren mir 
selige Tage etc. rar. p. a Fl. conc. Op. ao. 8 Gr. 

M e h u I , Le Tre*sor tuppoae (Der Schatzgräber) arr. 
p. a Flute*. 32 Gr. 

Bernardi, F., Variation« p. nne Flute. 8 Gr. 

Kromtner, Fr., Grand Quin tuor p. la Flute t Viol., 
A. et Vlle. Op. 4a. 1 Thlr. 4 Gr. 

de Call , 3 Dooa p. a Flutee, Op. 17. 1 Thlr. 4 Gr. 

Schneider, G. A. , 3 Duo» p. a Flinte«. Op. a3. 
1 Thlr. 13 Gr. 

Müntzberger, le jeune , 3 Trio» arr. p. la Flute, 
Viol. et B. par Be.oszi. a Thlr. 

Wrauilzkv, P„ 3 Duoa p. aFl. Op. 4a. 1 Thlr. 8 Gl. 



: r a4 

Marrhe» du Couronneraent de Napoleon arrang. p. a 
Flutet. 8 Gr. 

Stumpf, J. , Concerto p. la Flöte avec Orchestre. 
Op. 5. a Thlr. 

-Wiederkehr, VTtioVpVTTaieY CTarinette "eT"Ba*- 
»on. ie Liv. de Trio»; 1 Thlr. ta Gr. 

Kreutzer, 5 Sonate« arr. p. Flute er. acc. de B. 
par Chalon. 1 Thlr. ia Gr. 

H e n n i g , C. , Our. et Chanion« far. de 1' Op. Fan- 
chou de Himmel, arrang. p. Flüte et Violon ou 
a Violon». 16 Gr. 

Viotti, 3 Duo* conc. arr. p. a Clarin. a Thlr. 

Loessncr, J. G. , Thema con 8 Variar. ptr il 
Corno di Bassctto, a Viol., Viola, a Fl., 2 Corui 
et Bai.o. 16 Gr. 

K reibe,, F., Concerto p. Claripetu et B. Op. a. 
1 Thlr. 16 Gr. 

Willing, J. C. , Concerto p. Hantboi«. Op. aG. 
t Thlr. ia 

38 petitea- piece* far.'p. a Cor«. 1 Thlr. 

CAIcxander, A., gr, Quatuor p. Claiiuette, Flüte, 
Viol. et Vor IIa. :Op. 4. i Thlr. 8 Gr. 

de Call, L., 3 Duo» p. Heutboia et Basson conc. 

Op. n. i Thlr. 8 G.r. 

Kille, J., ia Duettino« p, 3 Cor«, Op. 4 la Gr. 

Gyrowet«, gr. Trio p. Pianof. , CUrinette ou Viol. 
et Violouc. cuncert. Op. 43. 1 Thlr. 4 Gr. 

(Wird f»rtge»eat.> 



Anzeige. 



Durch die verstärkte Auflag« der Musikalischen 
Zdtomg, und dte dadurch «rhöiieten Cruckkoaten fü» 
das lutelligensblatt derselben, finden wir uns genö- 
thigt^die luscrtiansgebühreu auf 1 Groschen 6 
nige für die gedruckte Zeile zn setzen. 

Breitkop« und Hirtel. 



. . / 1. . • 



LitMi», • » t Baut 



. " ■ 

«or t vn'» H* ».rax. 



Digitized by Gooa 



ALLGEMEINE 



M U S I KALISCHE ZEITUNG. 



Den 1 3 ten Februar. N=. 20. 



1805. 



Becbmsion. 



Singschul* dts Konservatorium* dir Musik in 
Pari* u. s. w. 

4. Kap. — von der Aussprache. — 
(Hier durfte man wünschen, das« der Uebcr- 
setxer, von dem sich im ganzen Werke nur 
eine einzige eigne Anmerkung (S. 70) fin- 
det, . dem Original nachgeahmt, und was 
hier von der fehlerhaften Aussprache dea 
Französischen gesagt ist, auf daa Deutsche 
angewendet hatte. Iis thate unseru Sängern > 
und Sängerinnen gar sehr noth. Vielleicht 
geschieht ea bey einer neuen Auflage). 

5. l£.«ip. — — von den verschiedenen A r— 
ten des Gesanges, — Recitativ — Kanta- 
büe — Andante — u. s. w. — 

6. Kap. — vom Ausdruck. — (S. 0,5 
sagen die Verfasser : „ Ausdruck im Gesänge 
iat eine Naturgabe, weh he die Kunst ver- 
gebens nachzuahmen, streben wurde u. s. w.* 
In dieser Erklärung vermisst Ree. abermals 
die Genauigkeit, welche sonst in diesem Werke 
herrscht. Die Verf. scheinen die Mangel- 
haftigkeit derselben selbst bemerkt zu haben, 
denn es heisst gleich darauf: „der Ausdruck 
kommt aus dem Gefühl (sensibilite) ; — um 
immer ausdrucksvoll zu seyn, muss man 
•ich nicht atets dem Gefühl ganz überlas- 
en. • — Wie reimt sich dieser Wider- 
spruch? Denn, wenn Ausdruck nichts als 
Naturgabe, als Wirkung des Gefühls, wäre, 
so müaste es ja unrecht aeyn, sich nicht 

7. Jslirg. 



ganz dem Gefühl zu überlassen, sobald man 
etwas ausdrücken will. Der Punkt, worauf 
es hier, wie man sieht, ankommt, ist bey 
uus Deutschen längst zur Sprache, und, in 
unsrer scharfer bestimmenden Philosophie, 
aufs Reine gebracht. Es betrifft nämlich den 
Unterschied zwischen dem Naturalisten 
und dem ächten Künstler. Jener über- 
lässt sich auf gut Glück seinem Gefühl, trifft 
dahey oft das Wahre, und täuscht dadurch 
sich und die Menge, aber verfehlt auch oft 
die Wahrheit, und wird es schwerlich ver- 
meiden , dass bey seinem Haschen nach Aus- 
druck seine Individualität nicht sehr stark 
hervorrage. Dem ächten Künstler kann das 
nicht leicht begegnen. Er idealisirt sich 
mit Hülfe der ihm immer gegenwärtigen 
Kunstgesetze sein Objekt, ea mag nun eine 
ästhetische Idee oder ein bestimmter Charak- 
ter seyn, und beobachtet (also fühlt 
nicht blos), wie das Besondre sich anter der 
Subsumtion des Allgemeinen (Ideellen) äus- 
sert. Darnach richtet er seine Darstellung 
ein. Bey ihm ist alles berechnet, ohne 
es zu scheineu (artis est, celare arlem). 
Ob er selbst fühlt, was er darstellt, ob 
er z. B. gerade in dem Augenblick Zärtlich- 
keit, Wuth u. s. w. empfindet, ob er sich 
ein Achill oder Alexander zu seyu dünkt, 
darauf kommt es gar nicht an, sondern 
nur darauf, ob seine Aeusserung in Gcberdeu, 
Worten oder Tönen dem angemessen ist, 
was der Dichter oder Komponist gewollt 
hat. Wohl kann die eigne Lebendigkeit sei- 
ner Empfindungen ihm den richtigen und schö- 
nen Ausdruck erleichtern; aber schaf- 

20 



Digitized by Google 



1805. Februar. 



311 

fen soll, und mit Sicherheit gewahren kann 
sie ihn nicht. Mit einem Wort:- Auf- 
druck (Kunstausdruck) ist des Produkt de» 
Studiums der Kunst und der Natur, aber 
keinesweges blose Nalurgabe oder Wirkung 
des Gefühls. 

Doch noch schlimmer — m» könnte 
wol sagen : gefährlicher — als jene Behaup- 
tung der Verf., ist das, was sie in der Note 
'S. 96 über den Geschmack anfuhren. Es 
beisst hier: „Das Wort Geschmack be- 
deutet nicht Anmuih und Zierlichkeil (grace 
et elegance), die ein fertiger Sanger dem 
Xieaange geben kann. Es bedeutet das Ver- 
mögen, welches die Natur giebt, in der 
Keihe der Dinge jedes an seinen Platz zu 
«teilen, der ihm gehört." — Der Geschmack 
also eine Naturgabe? etwas blos subjekti- 
ves? also mit dem Gefühl einerley? — 1**«* 
und die ganze oberflächliche Definition be- 
darf für deutsche philosophische Leser, web- 
che mit den Erörterungen der Geschmncks- 
lehre von unserm Kant u. a. vertraut sind, 
keiner Widerlegung. Ferner heisst es: 
.Dies ist der Geschmack, der, vom Aus- 
druck herrührt.* -r- Umgekehrt; der Aus- 
druck rührt vom Geschmack her. Dieser 
verhalt sich gegen jenen» wie die .gesetzge- 
bende gegen die exekutive Gewalt. — Al- 
lein am schädlichsten ist die Vorstellung: 
„dass Anmuth und Zierlichkeit vom Ge-r 
Schmack ganz verschieden und jene das Ei- 
genthnm der wandelbaren Mode waren (man 
vergL S. 79 oben).* — Jene Verschieden- 
heit ist, wenn ea nur auf Worte r klär un- 
gen ankommt, allerdings gegründet; aber 
so hingeworfen, wie diese Behauptung hier 
steht, kann sie nichts Gutes wirken. Wollte 
mau strenge — doch nicht ungerecht — seyn ; 
so könnte man erweislich sagen: die Verf. hat- 
ten mit diesen Bemerkungen einen Haupt- 
nutzen ihres eignen Werks, nämlich die Be- 
wahrung ihrer Landsleute vor übertriebenen 
und unschicklichen Verzierungeu desGesau- 



3»2 



ges , wo • nicht zerstört doch , untergraben. 
Wie? wenn ein Kleve, dem sein Lehrer 
über seine Verbrämungen Vorwürfe machte» 
eine ähnliche Ausflucht suchte, wie ehedem 
die verketzerten Scholastiker mit ihrer Ent- 
schuldigung: „der Satz sey in der Philo- 
sophie wahr, aber nicht in der Theolo- 
gie? - wenn- er seinem Lehrer erwidertet 
„du magst Recht haben, der Geschmack 
billigt ea nicht, aber die Mode heiligt es* 
der oder der sehr applaudirte Sänger macht 
es so, und ihr habt ja selbst erklärt, d«ss 
man anmuUlig und zierlich singen könne, 
ohne Geschmack zu haben?" Was könnte 
ihm der Lehrer darauf wol mit Grunde ant- 
worten , wenn er diese Stellen in der M. de 
Ch. uicht wegstreichen oder nicht anders 
drehen will, als sie da stehen? — — Nein, 
der Mudegeschroa ck und der Kunstge- 
schmack siud zwar leider iu Praxi (wie 
Politik und Moral) versohicoene Dinge; aber 
jener soll diesem schlechterdings und über- 
all, selbst in Kleinigkeiten^ sobordinirt 
seyn, sonst steht es mit dem Geschmack 
einer Nation übeihaupt mislich. Bey den 
Griechen war jenes der Fall, darum glän- 
zen sie noch bis auf den heutigen l ag als 
die mit Aecbt bewunderten Gesetzgeber "des 
Geschmacks, und erlangten «inen Ruhm, 
den die Franzosen, nur in Ermangelung 
eines Bessern, für das nenere Enropa 
behaupten, und ihn — so lange sie jene 
Maximen noch so häufig umkehren, 
geschieht — • zum Nacktheit der 
kultivirten Welt nur — usnrpiren. — — - 
Verhält sich denn .Anmuth und Zierlichkeit 
zum Geschmack anders, als das Partielle 
zum Generellen, als der Zweig zum Bau- 
me? — Den Verf. ist hier also, wol wider 
ihren Willen» eine Inkonsequenz, eine na- 
tiouclle Huldigung der Mode entschlüpft, 
wehhe um so eher eine ernstliche Kritik 
verdient, da sie nicht zu uns kälteren Deut- 
schen, sondern zu Leuten reden, die sirh 
noch« weit leichter , alz wir vom Gefühl des 



Digitized by Google 



313 



igo5. Februar.? 



314 



Augenblick« hinreissen - lassen, Schimmer 
(echu) uikI Bey lall der Menge hoher zu ach- 
ten pflegen, ab den der solideren Kenner, 
und in Allem, seibat in der Philosophie, 
den leidigen Empirismus gern' zum obersten 
l uhrer wählen). — 

Den Beachlosa der ersten Abtheilung ma- 
chen Erinnerungen über di« harmonischen 
und literarischen Kenntnisse, welche der 
Sauger haben soll, und über die Erhaltung 
der Stimme. »Sowol diese als alle vorherge- 
henden, nur iura angeiiihrten, Kapitel ent- 
halten soviel Vor! reifliches, dass sie — wenn 
man die Recensiou nicht über die Gebühr aus- 
dehnen will — keines Auszugs fähig sind. — 
Auch von der zweyten Abtheilung des 
Werks, einer Sammlung von 5o Solfeggi, 
la*at sich deshalb nichts anmerken, als, dass 
sie nicht nur an sich zweckmassig gewählt 
sind, sondern sich auch durch Bezeichnung 
der Momente, wo man am schicklichsten 
ganzen und halben Athem 



Her dritte Band bestellt aus s4 Arien 
he rühmtet- Komponisten in verschiedenen Cha- 
rakteren * und zwar solcbeu, die sonst sel- 
ten su haben sind. In diesem letzlern Um- 
stand« muss man eine Entschuldigung der 
Herausgeber suchen, warum sie in diese 
Sammlung nur Stücke von ital. und deutsch. 
Komponisten (als Ioraelli, Piccini, Has- 
an, W. Bach, Majo u. a.) und keine von 
ftanzös. oder überhaupt neueren Komponi- 
sten,' selbst keine Scene von Gluck aufnah- 
Parthcylichkeit war gewiss nicht Schuld 
1; sie setzten nnr voraus, dass die letz- 
tem bekannter wären, und weisen im ersten 
Tbeil (z. B. S. 92 und 94) selbst auf einige 
hin« Ein.. andrer Grund war wol auch der: 
GJsrTk» Arbeiten sind nicht als einzelne 
Uebungsstücko zu gebrauchen. Jeder seiner 
S**e greift an st.br in das Ganse ein , und 
die Behandlung seiner 



' es hier ankommt'. — macht bey ihm nur 
einen Theil der Darstellung aus. Eine 
ähnliche Rucksicht auf den ganzen (dra- 
matischen) Charakter der singenden Person, 
ob gleich nicht in so hohem Grade, fände 
bey den mehraten Werken unsers Mozarts 
u. a. statt. Endlich drittens erlauben die 
altera Arien, besonders die langsamem 
Sätze, mehr will kü h rl i che Verzierungen 
als die neueren, und man kann also den. 
Geschmack des Eleven dabey mehr prüfen 
und leiten, als beyra Vortrage moderner Sa- 
chen. Sollte Ree. sich auch in dieser An- 
gabe der Bewegungsgründe zur Auswahl der 
Ariensammlung irren, so — irrt er wenig- 
stens gern. — Nur einen Wunsch kann - 
er nicht unterdrücken. Das ganze Werk ist 
auf Bildung tüchtiger, geschmackvoller So- 
lo sänger angelegt. Vom mehrstimmi- 
gen Gesänge ist nirgends etwas erwähnt. 
Die be sondern, von dem des Solosäugers 
noch verschiedenen, Pflichten des Duettislea, 
des Chorsängers u. s. w. sind ganz über- 
gangen , und es giebt deren denn doch nicht 
wenige. Schon die Nalur — um hier nur 
Eins anzuführen — macht einen Unterschied 
zwischen dem Solo - und dem Chorsäuger 
durch grössere, oft unüberwindliche Harte 
oder Weichheit der Stimme u. dgl. m. und 
die Kunst fordert von dem Sanger, der eine 
Mitlelsti rnmc «— obligat oder ripien — vor- 
zutragen hat, oft in Ansehung des Tons und 
der Verzierungen ein andres Verfahren, als - 
beym Sologesänge. Sollten die Herausgeber 
dies für eine Kleinigkeit gehalten haben, und 
es bloa der mündlichen Anweisung überlas- 
sen wollen'. Da widerspricht ihnen so man- 
che Erfahrung in Theatern und Kirchen. 
I Geben sie also durch ihr Stillschweigen 
nicht Gelegenheit zu dem schädlichen Wahn : 
der Solosänger hätte, wenn er mit mehre- 
ren singen soll, nichts weiter zu beobach- 
ten, als was er für sich allein ausüben 
muss? — Vielleicht scheuten sie die allzu* 
grosse Ausdehnung- des Werks, oder liefern 



Digitized by Google 



a»5 



1805. Februar. 



316 



noch irgend einen Nachtrag; worin sie diese 
Pflichten auseinandersetzen. Daun — doch 
nach der Ueberzeugung desRec. nur dann — 
aind sie wegen dieses Stillschweigens -ent- 
schuldigt. 

• Die Uebersetzung ist im Ganzen treu 
und verständlich. Zum Beschtuss dieser Ree. 
mag hier noch die Anzeige einiger Verse- 
hen bey der Uebersetzung oder beym Druck 
folgen. 

S. 6. Anmerk, — öccuper de 1« reapiration — 
(Alhmcn — soll h. die Aufmerksamkeit auf da» 
Athcm nehmen). S. 7. guttural — (Kehlenton — 
*. h. Gurgeltoii). S. 7. Z. 4 v. u. — houuet (Aerh- 
S en — «. h. Scbluchsen). S. 7, Z. 1 v. o. — ob 
xie ch. pa» long-teinps (a. h. man wird nickt lange 
«ehr singen). S. 8 Aum. Z. a u. 3 — caracWro — 
(i.ebiet — 1. h. mateiielle Befeltafleuheit od. Quali- 
tät). S. 9 . Z. 1a r. o. — au La — ( h f. h. a ). 
8. ii, Z. 3o o. — iura fait perdre (verloren hat — 
«, h. »erlieren wird). S. u, Z. 7 v. u. — datige- 
reux emploi etc. ( ». h. üblen Gebrauch der Naturan- 
lagen). S. 1a, Z. 1a ». o. — doit d* abord se por- 
tcr (». h. Zu erat darauf gerichtet aeyn). 8. 14, 
Anta. Z. 1 gamme d'ut — (E .Skala, 1. h. C Skala). 
S. 18 , Z. 6 t. o. — ut — (e a. h. ?). S. 47 en 
i« portant rera etc. (begiebt, s. h. hinaufsieht). 
S. 74, Z. la r. 0. traita (Züge, «. b. Wendungen, 
Veränderungen , Meliamen). S. 79, Z. i3 r. o. de- 
«lamation notee (nach Noten, a. h. in musikalischen 
Tönen). S. 79 , Z. a o. mode »lu'on ne »aurait 
iuer (unbestimmbaren, h, wandelbaren). S. 80, 
Anm. '£. 5 Vexasögeruag , a. h. Vcrserrung. S. 8t 
»aus» im untersten Beyspiet statt de» Abschlüsse! s der 
Tenor S. stehen. S. 8a im sweyten Deyipiel eben- 
falls. S. 88, Z. 20 y. o. — (Ausfallen, *. h. Au»- 
haileu). S. 91 , Z. i3 aq. Cc point »oit etc. (». h. 
Er muas, man mag ihn durch Verzieruugen rerlün- 
gem, oder — in einem (Einem) Athem gesangen 
en. S. 91, Anm. Z. 5 r. o. d' cxcellento» rsi- 
(herrlicbe, 1. h. triftige Gründe). 



Nachrichten. 



Den i5ten Jan. starb in J&otha Franz 
Anton Ernst, heccogL Sachs. Golh. Kon« 1 



zertmeister, im 6osten Lebensjahre. Er war 
ein Böhme, hatte seine Kunst anfänglich in 
Prag, hernach auf Reisen studirt, und sich 
cum Konzerlspieler auf der Violin haupt- 
sächlich durch Lolli und Stad (in Strasburg) 
gebildet. Er vermochte die grösslen Schwie- 
ligkeiten zu besiegen, doch war sein Spiel, 
wenigstens in spätem Jahren, etwas tiuk- 
keu. Er beschäftigte sich seit geraumer 
Zeit sehr anhallend mit dem lnsli-unienten- 
Bau und dessen Verbesserung. Einige sei- 
ner Aufsätze über diese uud verwandte Ge- 
genstände befinden sich in uusrer Zeitung. 
Unter seinen Papieren wird sich noch man- 
ches iiuden, das von Bedeutung ist , uud uns 
von ihm freuudftchaillich rnitgelheüt worden. 
Es ist zu wünschen, dass es von Männern, 
die geübter als er schreiben, bearbeitet und 
dann dein Publikum nicht entzogen werde. 
Mehrere Umstände seinem Lebens erzählt 
Gerber im Tuukunstler- Lexikon. 

In Wien starb vor einigen Wochen Wen- 
zel Pichl, Kapelim, beym Erzherzog Fer- 
dinand (vormals in Brüssel), im 63slcn Jahre. 
Er War in früher Zeit als ein trefflicher 
Violinist berühmt, legte sich aber hernach, 
zugleich mit seinem Freunde Dittersdorf, 
auf Komposition, und hat eine nicht unbe- 
trächtliche Zahl acliäzbater Werke geliefert. 
Seine Quartetten und Sipfonieen können mit 
liaydoschen uud MozarUchen freylich nicht 
Ausammeugeslellt werden, sollen e» aber auch 
nicht; seine Konzerte werden noch immer nicht 
ungern gehört. In späterer Zeit schrieb er 
auch Kirchenmusik, und wahrscheinlich ist 
er hier am glücklichsten gewesen: wenig- 
stens kennet Referent einige Missen von 
ihm (z. B. eine solenne mit Credo. Kyrie 
aus J? rnoll), die unter' die besten der neue- 
sten Wiener Kompositionen in diesem Fa- 
che gehören uud in! Absicht auf Erfindung 
und Styl aich vielleicht am nächsten mit 
den besten von Brtii »usamraeustelien las- 
sen. Und wer Brök kennet j. weiss, da» 



Digitized by Google 



3»7 



1805. Februar. 



318 



da« nicht wenig sagen will. Gerade in die- 
lem Fach fand Pichl wenig oder gar keine 
Aufmunterung. 



Noch in den letzten Wochen dea vori- 
gen Jahres starb zu Rom Pietro G uglielmi, 
«1s einer der Kapellmeister des Papstes. Er 
war i;a8 zu Ma*»a-Carara gebohren, wur- 
de daselbst im Conservatorio unter Duiante 
gebildet, that «ich schon als Jüngling durch 
Opern hervor, die Beyfall fanden, und hat 
deren in der Folge eine grosse Auzahl ge- 
liefert, die zunächst für Venedig, Florenz, 
Rom , (einige auch für Loudon , wo er eine 
Zeit lang sich aufhielt), dann fast alle für 
Neapel, wo er viele Jahre als königl. Ka- 
pellmeister lebte, geschrieben sind; sie wur- 
den nicht nur durch ganz Italien be- 
liebt, sondern sind auch in Frankreich 
und Deutschland geschützt worden. Die 
französischen Unruhen vertrieben ihn aus 
Neapel, wo ihm freylich auch in spätem 
Zeiten die glänzendem Verdienste Cimai osa's 
und Paisiello's nicht alizuweich und ange- 
nehm gebeltel hatten, und der gutmüthige 
Papst nahm ihn in Dienste — noch mehr, 
in Versorgung. Er war weder durch Ge- 
nie,, noch durch Tiefe der Bildung eminent; 
schrieb -aber wie ein Mann von Talent, viel 
Empfindung, guter Einsicht, feinem Ge- 
schmack , und langer Erfahrung. Ein an- 
genehmer, fliesseuder Gesang, "dem Ohr 
schmeichelnd und wol zuweilen auch bis 
zum Herzen dringend; eine leichte, man- 
sichfallige, immer gefällige Begleitung, und 
eine einfache und wenigstens leidlich reine 
Httrcponie — das sind die Vorzüge seiner 
Kompositionen. Mithin war die Opera buffa 
sein Feld, und er bat auch hier l»ey wei- 
tem am meisten und glücklichsten gearbei- 
tet besonders da ihm auch das Komische, 

vornehmlich das feinere, recht gut gelang. 
Er hat zwar auch ernsthafte Opern gesetzt, 
d. h. jeUt in Italien, solche, wo die erste 



Sängerin und der erste Tenor einige weiter 
ausgeführte und weniger komisch gehaltene 
Sccnen haben müssen; sie sind' aber, wie 
die der meisten jetzigen Italiener, im Styl 
wenig vom Styl der kom. Oper unterschie- 
den — an Grösse, an heroischen, oder gar 
tragischen Charakter ist gar nicht weiter zu 
denken. Auch als Kirchenkompouist hat G. 
einen bedeutenden Ruf in seinem Vatei lande. 
Referent kennet nur ein Te Deum und eine 
Missa aus späterer Zeit von ihm, die uuter 
seiue besten Werke dieser Gattung gezählt 
werden; kann aber nichts weiter von ihnen 
rühmen, als dass sie unter die bessern neue- 
sten ital. Kirchenkompositioneu gehören, und 
so gut geschrieben sind — wie ein Mann 
von jenen Vorzügen, invita natura, zu schrei- 
ben vermag. Viele seiner Werke neunt 
Gerber im Tonkünstler -Lexikon, s. Gughel- 
mi, Th. 1. S. 5ao. 

Er wird aber auch sehr als Lehrer, so- 
wol des Gesangs, als, in spätem Zeiten, 
der Komposition — und als ein redlicher, 
gulmülhiger, äusserst gefälliger, sanfter, 
achtutig.s- und liebenswürdiger Manu ge- 
rühmt, der jedem Talent aufhalf, wo er 
wussle und konnte, und der von Rivalen lie- 
ber Unrecht über sich ergehen liess, als 
dass er ihnen nach ihrer Weise begegnet 
wäre — ein Charakter, der, wie mehr oder 
weniger ja immer, auch in seine Werke 
überging. Er verdiente, dass ihm der Him- 
mel ein so gesundes, spätes Aller, und in 
demselben ein ruhiges, sorgenfreyes Leben 
schenkte, wo er Beschäftigung hatte, die 
»einer Neigung und seinen Kräften angemes- 
sen War, und d<Ts durch einen säurten, from- 
men Tod beschlossen wurde« 

Er hinlerlä'sst einen Sohn, der, dem Ruf 
nach, seinem Vater als Komponist sehr ähn- 
lich seyn und ihn in kurzem ersetzen wird. 
Er ist aum in des Vaters Stelle in Rom 
eingerückt. 



Digitized by Google 



] 



319 



1805. Februar, 



(Nach öffentlichen Blättern) In Tu- 
rin i«t das grosse, jetzt kaisei liehe Theater 
zum Karneval mit J. Haydus Armida eröff- 
net worden. Die Oper gefiel massig. 

In Petersburg zahlt der musikal. Klubb dem 
berühmten Rüde dafür, dass er in den Ver- 
sammlungen dieses Winters siih höivii lässt, 
2600 Rubel. Ein gewisses schreckliches Ge- 
rücht aber ihn, das auch an uns nach Leip- 
zig schou vor fast zwey Monaten sehr em- 
sig geschrieben worden war, und das wir, 
aus Achtung gegen diesen Künstler, auch 
nicht einmal als Gerücht reteriren wollten, 
ist ganz ungegründet. — Iu Genua eröff- 
nete man das Karneval mit einer neuen, 
ernsthaften Oper von Portogallo: Oie Wie- 
derkehr des Xerxes : sie fiel total. Die Ur- 
sache soll das höchst langweilige Gedicht, 
und das zwar zum Theil dem Ohr sehr An- 
genehme und Schmeichelnde, aber allzu Un- 
bestimmte und Charakterlose der Musik seyn. 
Wenigstens rauss man gestehen, dass, wenn 
Gedicht und Musik so war, die Oper zu 
fallen verdiente, und dass es von dem Ge- 
schmack in Geuua eine bessere Meyuung 
erweckt, als man sie jetzt von vielen gros- 
sen Italien. Städten haben kann, wo Ge- 
- dicht und Musik um jener Eigenschaften 
Willen nicht gefallen wären. 



320 



Wien, d. sOten Jan. Die musikalischen 
Neuigkeiten unserer Theater sind seit eini- 
ger Zeit von geringer Bedeutung. Farincl- 
li's riti d'Efeso, worin Mad. Mariane Sessi 
eine freye Einnahme hatte, gefielen nicht 
sehr, obgleich die Musik in manchen Stel- 
len leicht und melodisch fortgeht, und man- 



ches recht hübsch gearbeitet ist. Eine klei- 
ne Oper nach dem Französischen: Die Sprö- 
de auf : der Probe, Musik von ti'Alayrao, 
fiel auf dem Hofiheater durch; man fand 
die Singstücke unbedeutend, und auch die 
kleine Verwicklung ahgenuzl und ohne Inter- 
esse. Es kommen Mos Frauenzimmer darin 
vor. Die Gebrüder Seyfried haben ein, 
neues Melodrama, Montezuma, auf das Thea- 
ter an der Wien gebracht. Es gefiel gar. 
nicht, der Plan ist alltäglich und anspruchs- 
voll, die Musik ohne Feuer und Effekt,, 
auch den Situationen nicht immer genau an- 
gemessen. Die Musik zu einem Melodra- 
ma, wenn sie vorzüglich seyn soll, ist über- 
haupt keine so leichte Sache, als sie Man- 
chem scheinen mag; sie fordert, ausser dem, 
was jede gute Musik forden, noch beson- 
ders das genaueste Studium des Textes, und 
eiue grosse Kraft der Charakterisirung und 
des Ausdrucks. Wenn man auf diese For- 
derungen keine Rücksicht nimmt, ist es 
fieylich sehr leicht ein Schauspiel mit Mu- 
sik zu begleiten und zu unterbrechen. 

Im Redoutensaale wurde cum Besten der 
hiesigen anueu Bürger ein Oratorium, Saul, 
gegeben, welches nach dem Anschlagzettel 
in Paris allgemeinen Beylall erhalten hat- 
te *). Hier war dies nicht der Fall. Mau 
fand, dass noch kein Meisteiwerk entsiehe 
wenn mehrere bekannte schöne Musikstücke 
zusamroengereibt werden, sondern dass hier 
ausser dem Reize der Neuheit, auch dal 
edlere Interesse der Einheit fehle, ohne wel- 
che sich kein vollständiges, wie viel weni- 
ger ein vollkommenes Kunstwerk nur den- 
ken lässL So meisterlich z. ß. das fugirte 



*) Nach den Berichten unaeri 



Korrespondenten aus Pari« !..»>. «.« ». . — 

bern gefallen; und „ur g«wi«e Jo.un.lute« prieaen 1* a ' „ d " SlKc * " edflr Kennera noch Liebh«. 
gerade *„, eben .0 wenig anfahren ml. J~ T\ ? Ursachen , die er wol errathen tls.t, «her 
vorigen Winter. ' * ^ Man .ehe .eine Briefe* , om 

Redakt. 



Digitized by Google 



3« *8o5. 

Fi aale aus Mosaria Don Juan in die drama- 
tische Situation passt, im- welche es geachrie- 
ben Ut, so wenig passt es hier auf die 
Israeliten. Indessen war der Saal voll und 
■ die Bürger machten eine gute Einnahme. 

i 

Bey Herrn von Wurth wurde die Beet- 
hovensche Sinfonie au's C dur mit Präzision 
«nid Leichtigkeit gegeben. Eine herrliche 
Kunatsctiöpfuug. Alle Instrumente sind treff- 
lich benutzt , ein ungemeiner Reich ihn m schö- 
ner Ideen ist darin prächtig und anmuthig 
entfaltet, und doch herrscht überall Zusam- 
menhang, Ordnnng und Licht. Eine ganz 
ueue Sinfonie Beethovens, (zu unterscheiden 
von der zweyten, die vor einiger Zeit im 
hiesigen Kuust-uud Industrie- Coroptoir er- 
achienm ist), ist in einem ganz andern Styl 
gescuneben. Diese lange, für d.e Ausfüh- 
rung äusserst schwierige Komposition ist 
eigentlich eine sehr weit ausgeführte, kühne 
uud wilde Phantasie. Es fehlt ihr gar nicht 
"Än frappanten und schönen Stellen, in de- 
nen man den energischen, talentvollen Gei»t 
ihres Schöpfers erkennen muss: sehr oft aber 
scheiut sie sich ganz ins Regellose zu ver- 
lierend Die Sinfonie beginnt mit einem sehr 
stark instrumentirten Allegro aus Es, dar- 
auf folgt ein Trauermarsch aus G moll, 
welcher in der Folge fugenartig durchgefühl t 
ist. Nach diesem kommt eiu Allegro Scher- 
zo und eiu Finale, beyde ans Es. Ref. ge- 
hört gewiss zu Hrn. v. Beethovens aufiich- 
tigsten Verehrern; aber bey dieser Arbeit 
muss er doch gestehen, des Grellen nnd Bi- 
zarren allzuviel zu finden , wodurch die 
Ucbersicht ausseist erschwert wird und die 
Einheit beynahe ganz verloren geht. — Die 
Eberlsche Sinfonie aus Es gefiel wieder aus- 
serordentlich, und wirklich hat sio so viel 
Schönes und Kralliges, ist mit so viel Ge- 
nie und Kunst behandelt, das* sie ihre Wir- 
kung schwerlich irgendwo verfehlen wird, 
wo mao sie gut einstudirt hat. Ganz vor- 
trefflich ist das letzte Stück, wo eine ein- 



Februar. - 322 

fache aber liebliche Idee durch das Ganze 
herrscht, und sehr schön und kunstvoll 
gewendet und durchgeführt ist; 

Am 25ten d. M. gab Hr. Eberl im Jani- 
schen Saale ein grosses Konzert mit dem 
allgemeinsten Beyfall. Die Ouvertüre aus 
eiuer in Petersburg komponirten Kantate ist 
gut gearbeitet; ganz vortrefflich aber ist da» 
Doppelkonzert aus B. Dur. Statt dea An- 
dante ist ein schöner Marsch eingelegt, bey 
welchem die Blasinstrumente mit der gröbs- 
ten Einsicht und dem feinsten Geschmack» 
benuzt sind. Eben so ist das letzte Stück, 
mit einem sehr angenehmen fugirten Salze, 
meisterlich. Herr Eberl und seine Schüle- 
rin, Fraulein Hohenadl, spielten mit all der 
Leichtigkeit, Präzision, Starke und Delika- 
tesse, die man an ihnen kennt — Auch 
eine ganz neue Sinfonie von Eberl ans- D 
gehört zu seinen gelungensten Kompositio- 
nen. Sie beginnt mit einem kurzen Largo 
aus D moll, in welches dann ein kühner, 
schön ausgeführter Marsch aus D dur ein- 
fallt. Darauf folgt ein . sehr schön gearbei- 
tetes Allegro, auf dieses ein schönes, aus- 
drucksvolles Andante, und endlich s.hliesst 
da* Ganze mit einer majestätischen Doppel- 
fuge. Diese letzte ist bey aller Kraft und 
Schönheit doch sehr streng gearbeitet, das 
Strello ganz genau beobachtet, und das The- 
ma des Finale als zweyles Kontrasubjekt sehr 
geschickt und mit grosser Kunst verarbeitet. 
Die Ausführung war im Ganzen ziemlich 
präzis: nur die Flöte war nicht gut besezt» 
Die Sinfonie erhielt r wie da» Doppelkoozert, 
den lautesten Bey fall. Auch gefielen Varia- 
tionen über den Marsch aus Gietry's Blau- 
hart, von Eberl koenponirt uud mit Fräu- 
Jein Hohenadl auf zwey Pianofortes gespielt, 
so sehr, dass sie wiederholt werden musi- 
ten. Sie sind für zwey Pianof. äusserst ef- 
fektvoll, aber etwas schwierig. Mlle Bian- 
gini spielte artige Variationen auf 'der Vio- 
lin: ein feuriges Chor auf Instrumente ge- 



Digitized by Google 



323 



1805. Februan 



324 



zezt, schloss das Gante, mit dem Alle« uu- 

gi-raein zufrieden war. 

München, den hosten Jan. Daa vierte 
Liebhabet konzert wurde mit einer Sinfonie 
von Haydu eröffnet, darauf folgte ein Fa- 
gottkouzert von Danzi, welches von Herrn 
Franz Lang, einein ganz jungen Mann, 
der einst ein recht guter 1 agoltist zu wer- 
den verspricht, sehr brav vorgetragen wur- 
de; dann sang dessen Schwester, ein fünf- 
zehnjähriges Mädchen, Schülerin von Danzi, 
eine Arie von Par, die sie, soviel es ihr* 
bescheidne Furcht (sie sang zum erstenmal 
öffentlich) zuliess, recht hübsch ausführte: 
sie zeigt viel Anlage,. — Der zweyte Theil 
begann mit der bekannten schönen Jagdsin- 
fo nie von Mehül, die, wie gewöhnlich, mit 
Feuer und grosser Präzision gegeben wurde. 
Darauf folgte ein neues Flötenkonzert von 
Danzi, geblasen von unser in Mezger, der 
auch diesmal sein grosses Talent bewahrte. 
Zum Schluss wurde ein Quintett von Win- 
ter, aus dem Kampf der Elemente (lern 
3ten Theil der Zauberflöle) mit ßey fall ge- 
geben. — Die interessanten kleinen Kon- 
zerte im Museum dauern fort; es wird, 
durch unsere vorzüglichsten Künstler, Can- 
nahich, Bohrer, Mezger, Fladt, .und 
andere, eine rech^schöne Auswahl von Quar- 
tellen und Sextelten, darin gegeben. 



Kurze Anzeige». 



Qrand Trio pour k Piano/orte , Violon et Vio- 
loneelU, compot. par Wenc. Schütz. Wieu, 
bey Eder. 38 S. (Pr. 3 Fl. a4 Xr.) 

Dieses leichte, in gewöhnlicher Manier - 
gesetzte Trio zeichnet sich durch keine ori- 
ginellen Gsdanken aus. Der Styl ist ziemlich 
flicsseud, doch nicht korrekt Der erste Satz 



fangt mit einem gemeinen und verbrauchten 
(iedauken au. Das Adagio ist verhältnis- 
mässig zu laug. Der darauf folgenden „Po- 
lotiotse caracterislique de qualrea agitaliuns: 
la melaucolie, le desespoir, la reflexiou, 1« 
tranquilite," ist die Uebersrbrift unentbehr- 
lich. Ein solcher Grad von Melancholie und 
Verzweillung fallt niemanden beschwerlich. 
In der Verzweiflung ist der Verf. aus dem 
Dominantenakkord von F null in die- Domi- 
nante von Ges gekommen, anstatt auf dem 
Des deu übermässigen Sextenakkord zu neh- 
men; doch, siehe dal die Reflexion tritt ge- 
rade zur rechten Zeit mit der Verbesserung 
des Fehlers ein. Im letzten Allegrosatzc hinkt 
das Metrum zwischen £ u. J Takte. 



Grand Trio p. U Pianof. av. Clarintttt tt Cor 
compos. par Francnis Lts&tl. Vienue, bey 
Eder. S. 37. (2 Fl. 56 Xr.) 

Dieser 4te nicht unbedeutende Versuch 
des Herrn Lessei enthalt zwar manche Re- 
miuiscenzeu , jedoch hal der Verfasser gezeigt, 
duss ky die Gedanken gut kombiiiircu könne, 
und kleiue Nachlässigkeiten kann man gern 
übersehen bey dem , was er giebt. Der Styl 
ist blühend und erhebt sich über das Ge- 
meine, daher denn der Komponist zu er- 
muntern ist, seiu Genie zu pflegen und im 
korrekten Style auf dem Wege der Na- 
tur seine Forts hrille zu machen. Daa 

Adagio spidl sich hier und da eiu weuig 
bakelich, welche Setzart nur dann zu erlau- 
ben ist, wenn der Spieler einen reellen Ge- 
dankengewinn vou dem Eiustudiren hal. 
Wo man übrigen« die zum Accompague- 
ment erforderlichen Instrumente haben kann, 
uud das Ganze delikat vorgetragen wird) 
wird dieses Trio eine angeuehme Unterhal- 
tung gewahren. 



Laim», bst Bait T ao*» * MB Klarst, 



Digitized by Google 



INTELLIGENZ - BLATT 
zur All gem ei nen Musikalischen Zeitung. 



Februar. 



Ni VII. 



1805. 



Pränumeralionsanzeige 
der « 

Zwölf Orgelstücke 

Ton 

M. G. Fisrhrr 

Musikdirektor und Organist tu Erfurt. 
Zwiyter Tlieil. 

Der erste Theil bürgt hinlänglich für die Güte 
und Brauchbarkeit de« zweyten, uid nur diejenigen, 
ao noch nicht im liesitz «loa eriten Thrila find, 
braucht man auf die Kritik in der musikalischen Zei- 
tung aufm-rksam au muhtfa , wo der Rccensent nach 
laujtrm und rulldl tigern Lobe fol^endcrma sien 
ai'hlieaat' Recenscnt nimmt keinen Anstand, diese 
kleine Sammlung unter die beuten neuem tu zahlen, 
und aie allen, die sich Für echtes OrjjfUpiel bilden 
■wollen , an oi Studien und fleissigen Gebrauch bcatena 
SU empfehlen. 

Der Prinumerationepreia ist 8 Gr. si'rh«. «nd 
wird in jeder Buchhandlung angenommen. Ende Fe- 
bruar« können die Exemplare nach eiagegt)U£ncu ße- 
alelluiigen versandt werden. 

Erfurt, den i. Jnnuar 1S0.S. 

J. F. C. Rudolph». 



iV*u< Musikalien von verschiedenen Verttotrn r 
H eiche bey BreitkopJ und Hanel zu haben und. 



C>G«"baucr, F. R. , Gi> Li-e^nt mMhodifiues en Duo p. 
dar. a l'usege «des icommtmc. Üp. io. a Thlr. C Gr. 

Ni»4e, S., ia l/iiettinoe p. a Cor». Op. 4 «» Gr. 

4c Call, L. , 5 Duo* p. Hautboie et Batann conc. 
Op. >3. > 'lhlr. 8 Gr. 



Winter, P., Partita p. 3 Hamb., 3 Clarin. , a Cor» 
et a Bassons. 1 Thlr. 

Mozart, Sinfonie en Harmonie arr. par C. A. Goep- 
fert. No. i. 1 Thlr. ao Gr. 

Boieldieu, A. , 6 A^rch. milit. en Harm, a Tlilr. 



Lintant, 10 Aira rar. p. Guit. ou Lyra. 18 Gr. 

— — 5 .Sonatci progres. p. la Guit. ar. aecomp. 
d'Alto. 1 Thlr. 4 Gr. 

Rodatz, A. E. , Hamburgisehe* Journal des Gesaaga 
mit Guitarrbeglcit. a* Heft. 1 Thlr. 

Ciuiarosa, 4 Duetten f. a Guit. 14 Gr. 
Willima.nn, E. A. , Gr. Sooato p. la Guitarre. 
Op. t. 10 Gr. 

de Call, L. , Serenade ponr une Guitarre »enle. 
Op. a3. 16 Gr. 

— — Serenade p. a Guit. Op. 34. «6 Gr. 

Tändle r, F r. , Pet. pieces p. la Guitarre aaole. 
Op. a. 8 Gr. 

— — Variat. p. la Gnit. et lo Viol. Op. 3. 10 Gr. 
de Call, Gesinge m Bc^l. d. Guit. Op. i3. iG Gr. 

— — 3 Son. p. la Guit. Op. 33. 10 Gr. 

Auswahl der vorzüglichsten Arien und Romanzen aus 
Opern, für die Diskant- und Tenorslimmc m. Begl. 
der Guit. aa Heft, ta Gr. 

Me t h fess e I, Giierre et Paix arec 1' Amour (Krieg 
u. Fr. mit Amor) av. arc. de Guit. Ojj. 7. it Gr. 

Bornhardt, Taschenb. f. Guilarrspielcr. 16 Gr. 

Härder, A. , 6 Lieder mit Begl. d. Guit. 13 Gr. 

Hinmrl, F. H. , Favoritaiicn aus I'a.chon mit 
Guitarrbegleitung. 16 Gr. 

Bevilarqua, M. . Dnetlo del Op. Guilletta et Ro- 
mvo ri«l otto p. GuiUrra. 8 Gr. 



Digitized by Google 



27 — 

de C * 1 1 , L. , Variation» pour tute Guitarre sculc. 
Op. 37. 8. Gr. 



de Mo n tg er o ul t , II., Piücei p. lc Pianof. Op. 3. 
1 Thlr. 6 Gr. 

Newton, S., to Watzel p. le Tianof. » Tltlr. 

Rüttinger, 6 Sonatinca ä 4 maioa p. lo Pianof. 
1 Thlr. 4 Cr. 

C lerne nti, Duo ä 4 maina p. le Pianof. 1 Tltlr. 6 Gr. 

Wilma, J. W. , Sonate p. le Pianof. a 4 maini. 
Op. 7. i Thlr. 4 Gr. 

Glas, 16 Allemandea p. le* Pianof. ai Gr. 

Six Quailntlea p. le Piancf. 8 Gr. 

T. Beethoven, Sonate k 4 maina p. la Pianof. 
Op. 6. 14 Gr. 

Du iirck, Sonate p. le Clav, on Pianof. av. acc.de 
Vijl. Op. 8. No. 3. ifi Gr. 

_ _ 3 Sonatei p. lo Piaaof. av. acc. de Viol. 
Op. la. No. 1 — 3. a Thlr. 

St ei bei t, 1 Sonate p. le Pianof. av. Viol. obl. 
Op. 11. No. 1. ao Gr. 

- - 1 Do av. Fl, obl. Op. 11. No. 3. ao Gr. 

Beuel Ii, A., Sonate p. il Clavicemb. ia Gr. 

Stanaen, J. L. , Sonate p. le Pianof. ar. Viol. et 
Violonc. Op. 10. 18 Gr. 

Mchul, Ou«erture de l'Op. I' Irato arr. p. le Pianof. 
ar. Fl. et Viol. ad üb. 1a Gr. 

Dix Dan»e» earacteriatiqnea p. le Pianof. 8 Gr. 

Elite dea Sonatra aaua aecompagnment p. le Piauof. 
Cah. a. 1 Thlr. 

T. Beethöven, ae gr. Sonate p. le Pianor. 13 Gr. 

Faach, C. , Sonate p. le Pianof. No. 1. 10 Gr. 

— — Do Do No. a. 8 Gr. 
No. 5. 8 Gr. 
No. 4. 10 Gr. 

Do No. 5. 10 Gr. 
Do No. 6. 8 Gr. 

Ploycl, J., Sammlung kleiner und leichter Klavier- 
atucle. . 3* Heft, ao Gr. 



Do Do 
Do Do 
Do 
Do 



28 



Coacerto p. le Pianof. 



Parademärsche der franaöiiaehen Truppen, f. Pianof. 
eiliger, t. Koerner. 3« Heft 8 Gr. 

r. Beethoven, L. , ^,1 
Op. 37. 5 i'hir. 

Wanhal, J. , Fantaiiie attivie d' ono Marrhc , d'un 
Uoudeau et des Var. p. le Pianof. la Gr. 

Hummel, J. N. , Sun. p. le Pianof. Op. i3. ao Gr. 

v. Beethoven, Variation» p. le 1'ianof. aur le Thd- 
me: Rule firiUnnia. No. a6. »a Gr. 

Hartmann, 34 Walle* p. le Pianof. 10 Gr. 

Stadler, J., 11 Allemandea p. le Piano*", 10 Gr. 

t. ßeeth#ven, Variat. p. lo Pianof. aur le themc: 
God »ave the King. No. 26, 11 Gr. 

Reichart, J. K., Var. p. le Pianof. Op. 4. 8 Gr. 

Lipavaky, J. , 3 Komau.ce» ou Andante» pour le 
Pianof. Op. 19. 1» Gr. 

— — Gr. Rondeau Fantaiiie aur la te Rnmancc 
do l'Op.; Helene, p. le l>i B ., 0 f. Op. i3. m Gr. 

— — Duo de l'Op.: Le Uftor »uppoac, arr. cn 
Roudeau lac. p. lc l'iaaof. io Gr. 

de Dalberg, F., Sonate i 4 maina p. lo Pianof. 
Op. 34. a Thlr. 

Uac benenn, C., Sonate ä 4 maina p. le Pianof. 
Op. 4t. 1 Thlr. 3 Gr. 

Zoncada. G., Air fa*orit do Bianchi : Silenzio che 
»ento etc. var. p. le l'ianof. ou Guil. 10 Gr. 

Wilma, J. W., taWalaea p. le Pianof. Op. 8. 14 Gr. 

v. Beethoven, gr. Trio p. le Pianof., Clarin. ou 
Viol. et Vlle. Op. 7. 1 Thlr. 

Gyrowetx, Gr. Trio p. Pianof., Clarinrtte on Viol. 
et Vlle com. Op. ,,3. 1 Thlr. , t Gr. 

Cannabich, Ch. , 1? V»r. et Caprire *ur l'AIr : II e«t 
trop tard etc. p. le l'ianof. No, 3. ig <; r , 

Repertoire dea Clavirii,i«te», No. 8- cont. Stadler M. 
a Son. auivic» d'unc Fugue. 1 Thlr. 

— — Do No. 9. com. Liate, A. , a Sonatea 
p. le Pianof. 3 Thlr. 

Borahardt, Taschenbuch f. Klavierspieler, jß Gr 

(Wird fortgoaezt.) 



Laia-aio, aatv Bu mi) M nun U Ä » t 1 1. 



Dlgitized by Google 



ALLGEMEINE 

MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den. 2Q teD Februar. 



N" 21, 



1805. 



— 



Üebtr den ehemaligen und Jetzigen 'Zustand 1 der 
Musik in WirttmUrg. 



> . 



Unter der beyoahe fünfzigjährigen Regie- 
ruug des Herzogs Karl, wo Künste und Wis- 
senschaften in ihrem glänzendsten Flor stan- 
den , erreichte auch die Musik ihren höchsten 
Gipfel. Schubert tagt in »einer Geschichte der 
italienischen Musik bis aut iomelli: (siehe 
die Musikalische Zeitung No. i5. i8o4) die 
Welsche Tonkunst, besonders die dramatische, 
habe vom labr 1740 bis 17 5o in Neapel und 
fsVriio in einem ausnehmenden Grade geblüht; 
und dasselbe gilt von der Musik des wirtemb. 
Hufes von 1760 bis 1770. Es ist bekannt, 
mit «reicher Pracht und Verschwendung jener 
Fürst sein damaliges italienisches Theater zu 
•in ein der ersten in Europa emporhob. Die 
ersten Virtuosen aller Instrumente eierten 
da* Orschesler, an dessen Spitze der feurige, 
genialische Iomelli, als erster Kapellmeister, 
viele lehre glänzte. Der berühmte Noverre 
erwarb sich die Bewunderung aller Fremden 
durch seine grossen Bailete. Die prächtigen 
Drkoratiunen eines Columba zeugen noch 
heute von dem damaligen Glänze des Thea- 
ter». Selbst Kaiser Joseph konnte späterhin 
auf seiner Reise durch Stuttgart bey der 
Vorstellung der lomellischen Oper Dido und 
eines Noverrischen BalleU, sein Erstaunen und 
•eine Bewunderung nicht genug äussern. Jezt 
sind sie noch die einzigen kostbaren Ueber- 
reste jener theatralischen Feenzeit, und ge- 
wa hren, be y den seltenen Vorstellungen auf 

7. J 4h» ß. 



dem grossen Theater,' einen entzückende«) 
Geuuss. Es wimmelte damals von Schaaren 
italienischer Stöger und Tanzer in allen Stra- 
ssen Ludwigiburgs; gleich einer Ebb' und 
Floth kameu und gingen ganze Familien von 
Italien hin und her, welche durch Kehle, 
Hände oder Füsse dem glänzenden Hofe Ver- 
gnügen zu macheu berufen waren. Jeuee 
prächtige, schon vor einigen Jahren leider 
abgebrochene Opernhaus wurde in den Jah- 
ren 176J mitten im Winter in drey Monaten 
zu der grossen lomellischen OperPhaetou nach 
dem Modell des Sultgarter Theaters, aber 
nach einem grossem Masslab' und mit meh- 
re rn Logen, erbaut. — Doch dieses magi- 
sche Zaubcrsuiel konnte natürlich wegen des 
damaligen grossen Hufslats, des Militairs, und 
der kostbareu Reise nach Venedig mit einem 
Theilo des Hof» und Theaters (was zusam- 
men ungeheure Kosten erforderte) von keiner 
langen Dauer seyn, und halte in der Mitte 
der Jahre von 1760 bis 1770 sein Summum 
erreicht; denn gleich nach Karls Zuiink- 
kunft von Venedig wurde eine grosse Reduk- 
tion vorgenommen, die Opera scria und das 
grosse Ballet abgedankt, und nur die Opera 
buffa noch einige Iahre beybeliallen. 

Es fing nun g?#rhsam eine neue Regie- 
rnngsperiode an. Stillere* Vergnügen au länd- 
licher Ruhe folgte auf den vollen Genus» üp- 
piger Freuden des Hofs. Nun wurde die 
Solitude mitten aus den Wildnissen durch Karls 
Anordnungen zu den schönsten Anlagen um- 
geschaffen, und auf den höchsten Gipfel einer 
waldigen Gegend ward jeues geschmackvolle 

31 



Digitized by Google 



3^7 



1805. Februar. 



3*8 



Schlosz erbaut, von welchem man der rei- | auszeichneten, der Aufruf, sich ganz der Mu- 
zeudslen Aussicht in die schönsten Gegen- 
den .'de.i Landes geniesst. Bald darauf grün- 



dete dieser warme Freund der Wissenschaf- 
ten und Künste eine militärische Pfläuzschule, 
aus welcher späterhin die Karlshubesi hule io 
Stuttgart entstand. Anfangs wurden uur etwa 
fünfzig Söhne von Militärpersonen dariu, 
theils cum Bauweseu, theils zu Gartenge- 
schäften angehalten. Bald aber wuchs die 
Zahl auf 5oo an, und so stieg diese, erst 
gering scheinende Anstalt von Stufe zu Stufe 
zu der nachmaligen bedeutenden Höhe, woraus 
nicht nur dem Vaterla:ido, Sündern auch den 
entferntesten Gegenden Curupens so mancher 
höchstbedeutende Mensch hervorging. Ich 
will nur Schiller, v. Thürheim, von Mas- 
ienbach, Hetsch, Danueker und Scheffuuer 
nennen. Die Musik wurde zuerst auch hier 
bey den Zöglingen als Licbhaberey behan- 
delt: jeder durfte sich zu seinem Vergnügen ein 
Instrument zum Lernen wählen. Karl, ob- 
achon bisher an die vortreffliche Musik seines 
grossen Orsthester* gewöhnt , wobey er selbst 
in Proben öfters am Klaviere dirigirte, konnte 
deunoi h sich nun stundenlang am erhärmlich- 
s)ten Geklimper seiner Zöglinge, welche kaum 
aerhs Wochen den musikalischen Unterricht ge- 
nossen hatten, vergnügen, und eine Menuet, 
ein kleines Balletstükthen, auf die küm- 
merlichste Art berausgewürgt , gewährte ihm 
ao viel Unterhaltung, dass er sichs nicht 
verdriessen lies«, von einer kleinen Land- 
reise öftere 12 bis i5 Stunden nach der So- 
litude Zu kommen, um des Sonntags bey 
jenen kleinen Konzerten Augenzeuge der all- 
mähligen Fortschritte jener Zöglinge zu seyn. 
Er kommandirte eigrnlli^ selbst dabey die 
Forte uud Piano der raschen Iomeiiisrhen 
Sin'bnieen. Jeder harrete .seines Winks; er 
belebte durch kleine Geschenke die Talci<te, 
und ermunterte _den Schwee hen uud Furcht- 
famen durch Nachsicht und durch die huld- 
vollste Herablassung. Bald erging an die, 
durch musik. Talente vorzüglich 



stk »u widmen. v Ufr damalige Kapellen. Bo» 
roni und der- Violoncellist Foli wurden von 
dem vorigen glänzende» Orsrbester zurück- 
behalten und aJU Lehrer augestellt} auch Wur- 
de iiallelti als tiallelmcister auf die Solitude 
berufen. In kurzer Zeit sah man franzO**^ 
sehe -und italienische Opern nicht übel auf- 
geführt. Als aber im fahr ir?5 Karl die 
Akademie nach Stuttgart verlegte, wurden 
die zu Musik und BdJlet bestimmten Zöglinge 
aus den allgemeinen Ablheilungeit ausgeso- 
gen uud besonders 4ogirt. Nun keimte ba d 
das deutsche Schau spiel aus den Zöglingen 
der Akademie, uud aus der E<ole dt« Ue-«r 
moiselles (einem wohleingerichteien Neben— 
institute) hervor. Uie druia<rie Oper wurile 
mit Aufführung der von einem Zöglinge der 
Akademie (Dieter) koiupouitlcn Op^relta 
„der hchulz im Uorl" im. grossen Theater, 
erollnet, uud kurz* darauf das kleine Komö- 
dieuhaua erbaut, worin nachher jede Woche 
sweymaL.jgegen. Bezahlung derLutree, mei— 
steutheils deutsch gespielt, französische uud> 
italienische Opern und grosse Ballets hinge- 
gcirnur bey feyei luheu Gelegeuheilen auf dem 
grossen Theater gratis gegeben wurden. So» 
bald aber Kurl seinen Landsitz mit Hintan- 
setzung der Solitude in Hohenheim aufschlug, 
kam er weniger in seine Akademie uud 
besuchte die deutsche Oper selten , weil er 
bloa italienische Musik liebte; ordnete aber 
bey feyerlicheu Gelegenheiten Hofkonzerte aa 
und berief bey Anwesenheit hoher Fremden, 
zu den Mittagstafeln nach Hohenheim , Öfteres 
die Blasinstrumente. Aus jenen Zöglingen be- 
steht nun wirklich noch der grössere Theil 
des heutigen Orsi hesters; vom Schauspiele 
aber sind, ausser Hr. Webeiliüg und Mad. 
Gauss, keine mehr übrig. Viele starben, 
uud mehrere suchten durch die Launen dea 
Schicksals umhei getrieben, in der grossen 
Welt ihr Glück. Frey lieb ists sehr zu be- 
dauern, dass nun mit ungleich giössern 
Kosten da« jeta/ge Schauspiel und Opernper- 



Digitized by Google 



329 J 8°5' 

sonale weniger gut besezt ist, «I« damals, 
Wo Halter, Gauss, Curie, Reuaud, Schwei- 
zer, Mllc. Sandmaier, Balletti, Schübarl, mit 
einem geriiigeu Gehalt^ von drey bis vier* 
hundert Gulden die Bewunderung aller Ken- 
ner im Publikum erregten. Sie konnten so- 
gar in dreyerley Sprachen spielen. — — 
Znr Uebung des Oraiheslers wurden wöchent- 
lich zweymal die nachgelassenen Iomellischen 
Opern , ohne Gesang , durch den nachberigen 
Kapelim. Poli mit solcher Genauigkeit einstu- 
dirt , dass Ein Bogenstrich, Ein Feuer 
das Ganze belebte, und hierdurch allein die 
achte Schale und der wahre Vortrag de* 
Iomellischen Stil* fortgepflanzt wurde *). 

So wie nun aber späterhin bey der Vei- 
aorgnng jener Zöglinge kein Unterschied mehr 
statt fand, und d*m talentvollsten , wie 
dem weniger geschickten gleicher Gehalt mit 
9uo Gulden ausgesezt wurde, so hatten Mut- 
losigkeit und Nahrungssorgen cur Folge, dass 
der Eifer für die Kunst allmählig erkaltete. 
Oekonoinisrhe Umstände hinderten Manchen, 
fein Talent mehr auszubilden und sich dem 
Ziele zu nahern, dem er bey andern Verhält- 
nissen sicher zugeeilt wäre. Zum Steeg selbst, 
der erste Schüler des Boroni und Poli , würde 
* eher bekannt gewordeu seyn , wenn sein Ta- 
lent durch Reisen ins Ausland mehr ermun- 
tert worden wäre. Er blieb bis an sein Ende 
in den Mauern von Stuttgart, und musste 
•ich die Bildung, die ihn als Menschen und 
Künstler so achlungswerth machte, nur 
hier aelbst erwerben. Ob er sich gleich durch 
•eine spätem Kompositionen auch im Aus- 



Februar. 330 

I lande rühmlichst bekannt machte, so wurde 
er gleichwöl in seinem Vaterland© nicht 
nach Verdienst belohnt. Erst sein früher 
Tod zeigte, was man an ihm verlor; er 
wurde zu spät geschäzt, und zu frühe be- 
wein!. 

■ 

Die Nachfolger Karls, die beyden Brü- 
der Ludwig und Friedrich, zeigten sich zwar 
als Freunde der Tonkunst, (baten aber im 
Grunde nichts zu ihrer bessern Aufnahme. 
Das Theater wurde bald einem Entrepreueur 
- übergeben, welcher auf alle Art seinen Vor- 
theil zu erhaschen suchte. Seit zehen, fünf- 
zehn Jahren ward es manchem Wechsel in 
Ansehung seiner Direktion unterworfen. 
Mihule, Möller, Hasselmaier hatten es ne- 
ben einer herrschaftlichen Intendanz wech- 
selsweis im Pacht. Seit dem Regierungsan- 
tritte des nunmehrigen Churfürsten Fried- 
rich II. ist es wiederum herrschaftlich, und. 
vorerst dem geb. Rath v. Mandelslohe, und 
ein Jahr nachher dem Staats- und Confe- 
renzminister Grafen v. Winzingrode überge- 
ben worden. Jetzt wird gewöhnlich wö- 
chentlich viermal gespielt ; Opern und Komö- 
dien wechseln ab, uud Sonntags wird immer, 
eine Oper mit aufgehobenem Abonnement 
gegeben. Während des Sommeraufenthalte 
des Uofs in Ludwigsburg wird alle Wochen 
einmal eine Komödie oder kleine Operette 
aufgeführt; Diäten zu ersparen, besorgen die 
Musik nicht die Hofmusiker, sondern die, 
von dem dort in Garnison liegenden Batail- . 
Ion v. Sekendorf, und zwar geben sie tür- 
kische Musik zu Enlreacts der Schauspiele. 



*) Bey dem Brand de« kleinen KomödienhanMs im Sept. 1803, wo man unbegreiflicher Weite in uer 
Bestürzung von der Garderobe und iiu dem Miisikmagazin durchaus nichU su retten «acht«, wurden 
towot alle auf jenem Theater bis dahin aufgeführte Opern, Siafonieen u. dgl., hauptsächlich aber alle 
Iomelliacben Werke, welch« er ehemals an diesem Hofe kotnponirte, and wovon Herzog Karl seine 
Maouscripte als einen kostbaren Srhats selbst unterm Schlüssel viele Jahre verwahrte, ein Raab der 
verhrereoden Flammen. Aussee Kopieen einiger seiner vorzüglichsten Opern sind nur noch hin uu« 
da einzelne abgerissene Scenen von den übrigen aeratreut. Schade, daas niemand da« Ganze an samm- 
len Enthusiasmus genug hat! — 



Digitized by Google 



33t 



1805. Februar. 



332 



Bcy den vielen wöchentlichen Vorstellungen I wo auch reisende Virluoien zuweilen ehez* 



wird der ökonomische Zweck für die Kasse 
keineswegs erreicht, weil theils das Publi- 
kum nicht sehr zahlreich ist und die öftern 
Wiederholungen alter Stücke dem Abonne- 
ment schaden, theils aber zum Einstudiren 
neuer Stücke nicht die gehörige Zeit gelas- 
sen wird, und daher die Opern übereilt, und 
weder von den Sängern genugsam memo- 
rirt, noch durchs Orchester, wie sonst, mit 
der gehörigen Pracision vorgetragen wer- 
den können. 

Ehemals war auch die Musikliebhaberey 
grösser, als jetzt. Stuttgart halle viele Di- 
lettanten aufzuweisen, worunter sich voll- 
kommene Virtuosen befanden. Man hörte 
zuweilen in Liebhaberkonzerten — besonders 
Flöte und Klavier — ausgezeichnet schön 
spielen. Nun aber haben seit inehrern Jah- 
ren nicht nur alle Privatkonzerte ganzlu h 
aufgehört, sondern es finden sich auch bey 
angekündigten Konzerten reisender Virtuosen 
so wenig Liebhaber ein, dass diese öfters 
nicht einmal die Kosten zur Beleuchtung des 
Saals damit bestreiten können. Ausnahmen 
hiervon sind Dem. Kirchgässncr, Herr Ek, 
Und einige andere, welche durch besondere 
Empfehlung eine Aufnahme fanden, wie es 
ihre Talente verdienten. — Wie wenig Ge- 
schmack an Konzerten und überhaupt an 
Musik anter dem Stuttgarter Publikum jezt 
su finden ist, beweiset auch Folgendes. Die 
Theaterdirektioh kündigte im Dec. zweymal 
Konzerte auf den Sonnabend im Iledouteu- 
aaale des grossen Theaters an. Beydemal 
wurde derselbe festlich beleuchtet, aber die 
Geladenen wollten nicht kommen. Das er- 
stemal fanden sich zehn, das zweyteraal 
sechs Personen , die bezahlt halten, ein; und 
somit wurde das Unternehmen wieder auf- 
gegeben. In kleinen Städten, wie Heilhronn, 
Tübingen, wo kein stehendes Theater ist, wer- 
den zur Unterhaltung iu den langen Win- 
terabenden Liebhaberkouzerto veranstaltet, 



ihren Vortheil finden, als in der Residenz, 
wo sie alles kostbarer, weitläufiger und doch 
am Eude weniger erkenntlich Iii. den. 

Hr. D. Chladni kam diesen Herbst wie- 
derum nach Stullgart, lies« sein Instrument 
hören, und zeigte nachher seine akustischen 
Versuche über die Verbreitung des Klangs : 
auch Er fand wenig Zuspruch. Kurz dar- 
auf kam Ilr. Kalkbrenner, (ein Zögling des» 
Consei valoire von Paris) auf seiner Reise 
von Wien hier durch und gab ein grosse« 
vollständiges Konzert. Durch seine bedeu- 
tenden Empfehlungen und durch die Ver- 
wendungen der französischen Gesandtschaft 
fand er einen ziemlich zahlreichen Zuspruch. 
Er spielte ein Klavierkonzert von Mozart 
aus C dur, und am Ende Variationen, sei- 
ner Komposition. Ungeteilter Bcy fall über 
seine bewundernswürdige Fertigkeit und sein 
Feuer ward ihm aufs lobhafteste zugeklatscht. 

* 

Seitdem Herr Krebs wieder von seinem 
viermonatlichen Aufenthalte in Wien zurück- 
gekommen ist, wurde Zumstcegs Geisterin- 
sel in vierzehn Tagen zweymal gegeben. 
Sie ist uud bleibt immer eine der Lieblings- 
opern des hiesigen Publikums, und darf mit 
den ersten Oporu der letzten Jahre um den 
Vorzug streiten. Mit Recht wurde aber das 
Publikum über die Dirckliou miamuthig, wel- 
che sichs, Gott weiss warum, unterfangen, 
die Gottersche Bearbeitung zu verstümmeln, 
indem sie die gleich nach der Sinfonie fol- 
gende Arie der Miranda wegliess, und mit 
dem Chor hinler der Scene (ohne Begleitung 
der Blasinstrumente) den Anfang zu machen 
vorschrieb. Hierauf folgte sogleich, ganz 
ohne vorbereitenden Dialog, das Finale des 
ersten Akts , in welchem auch Kalibans er- 
ster Auftritt ausgelassen wurde. Kaliban 
stiegerst bey der Stelle: »Wo bin ich? was 
erblick ich?" unter Blitx und Donner aus 
der Erde hervor (?). Kurz nach dem Slur- 



Digitized by "Google 



353 



1805. Februar. 



334 



nie folgte erat seine Arie: »Ein schlaues 
Blendwerk* — Alles übrige wurde vom er- 
sten Akt weggelassen, und den Zuhörern 
das schöne Duett aus B: Vernimm die 
Schiecken — und sogar Auch das im letz- 
ten Akt: Traurige Korallen — entzogen. 
Ueberhaupt wurde diese Oper so unbarm- 
herzig abgekürzt und zugestuzt, dass sie 
über eine Stunde kürzer dauerte. Das schö- 
ne Ducti: Ja Freund, mein Busen — 
wird bey jeder Vorstellung mit dem lebhaf- 
testen Beyfall aufgenommen, und muss jedes 
mal wiederholt weiden. Es war auch ein 
Lieblings» kick der Franzosen , als sie in 
Stuttgart waren, uud mancher liess sirh's 
kopiren; und jetzt werden einzelne Arien, 
Duetten u. s. w. in allen Theilen Frank- 
reichs gesungen. Herr Krebs erhält auch 
hier, wie in einer audern seiner vorzüglich- 
sten Rolleu, in Pars Achilles, jedesmal ver- 
dienten Beyfall. Wenn er aber seine häu- 
figen Rouladen und ungebetenen Verschnör- 
keluugen vvegüesse, und sich mehr eines 
reinen und einfachen Vortrags befleissigen 
wollte, so würden es ihm die wahren Ken- 
ner und Freunde der Kunst noch mehr 
Dank wissen ; indem diese seine Verzierun- 
gen zuweilen gegen alle harmonischen Ge- 
setze anstossen, und die mit sogenannten 
Bockstrillern verwebten Termaten nirgends, 
und gewiss auch in Wien nicht, gefallen 
können — und zwar von Rechts wegen. 



Recensiowen. 



Trio eonetriant pour Harpt tt dtux Cors ou 
dtux Altos, in !•' dur par <S*6. Dtmcr. Op. 
4o. A Paris. (7 E. 10 S.) 

Eine sehr empfehlungswerthe Komposition. 
Sie besteht aus einem AI legro maestoso, und 
einem Adagio, welches in ein Rondo cosaco 
übergeht, und durchaus s^hr f>ul gehalten ist. 
Nur eine einzige Stelle wünschte Ree. abgemil- 



dert zu sehen: nämlich S. 7, Z. 2, T. 5, wo 
das erste Horn mit dem Bass eine unangeneh- 
me und harte "7 und ''y Bewegung macht} 
auch würde er den Bass zu der Stelle: Z.5,T3: 




3 T 



lieber — wenigstens fc£ 
also abändern: 



rrff 



Uebrigens werden sehr brave Waldbornisten 
dazu erfordert. Die Harfenparthie ist weniger 
schwer, inuss aber sehr brillant gespielt wer- 
den, wenn sie neben ihren Rivalen, den meist 
singenden Hörnern, als Hauptparthie mit Eh- 
ren besteheu will. Stich und Papier sind 
schon. Nur haben sich einige Fehler mit 
eingeschlichen: nämlich in der Harfenstimme 

S. 5, Z. 4, T. 5, muss statt h, ä, und Z. 6, 

T. 3, statt des 2len ä ein g stehen; S. l5, 
Z. 6, T. 2, ist vor dem as das b ausgelas- 
sen worden. In der ersten Hornstimme 
muss S. 2, Z. 5, T. 10, statt des ersten 

B nii ajjT, und S. 5, im vorlezlen Takt statt 

des g auch eiuD stehen. Die 2(0 Horuslimrae 
veranlasst mich zu einer kleinen Bemerkung. 
Hr. Deinar lirss nämlich in folgendeu Stel- 
len, (wobey ich nur den Bass der Harfe an- 
führen will) 




Digitized by Google 



335 



1805. Februar. 



336 



das F + bey dem aten Horn weg und gab 
ihm dafür ein C — «ehr wahrscheinlich 
aus dem Grunde, weil das F schwer an- 
giebt, und dumpf klingt Zugegeben nun, 
d tss der guten und musikalisch gebildeten 
YValdhornisten verhältnismässig weuige sind, 
und mau häufig dialouische Läufer auf dem 
Horn so vorlrageu hört , als bedeckte und 
öffnete man sich das Ohr mit der Hand fast 
bey jedem Ton : so würde ich doch lieber 
das F beibehalten haben als das C, erstens 
weil dieses F als ein gedämpfter Ton mit 
dem a des ersten Horns gleichförmig ist, 
zweyten« um den angefangenen Terzengang 
nicht am Schlüsse abzureissen , aud drittens 
um meinen Kompositionen einen gleit hen 
Charakter zu erhalten, welcher durch einen 
einzigen Ton dieser Art, wenn er, wie es 
öfters bey Waldhornisten geschieht, gleichsam 
hingeknallt wird, in das Bizarre übergeht. 



Singlibungtn für eine Soprenstimme , von JF*. 
Danzi. Queerf. Leipz. b. Breitk. u. Hertel. 
1. Heft 1 Thlr. — 2. Heft 16 Gr. 

Diese Uebungsstücke im modernen Ge- 
schmacks sind für Sänger, welche die Ele- 
mentarübungen längst überwunden Jjaben, 
und sich nun bemühen, die Stimme geiPmiei- 
diger zu machen, den Ton abzurunden und 
einen geschmackvollen Vortrag zu erlernen. 
Es wäre zu wünschen , dass der würdige 
Verf. seine verdienst rollen Arbeiten mit eiuer 
Vorrede über den rechten Gebrauch dersel- 
ben möchte begleitet haben ; denn die Aeusse- 
rungen eines 40 erfahrnen Touküustlers müss- 
ten schätzbare Beylräge für die Kunst lie- 
fern. — Das erste Heft enthält 18 Uebungs- 
stücke ohne Text, blos mit einem unterge- 
legten bezifferten Basse. Sollte es nicht dem 
Sänger angenehmer seyn , wenn es dem Hrn. 
D. beliebt hätte, die Begleitung förmlich da- 
zuzusetzen wie im aten Hefte? denn unter 
10 Säugern ist gewi»« höchstens nur einer 



fähig, einen bezifferten Bass abzuspielen. — 
Mit steigender Schwierigkeit führt der Hr. 
Verf. den Sänger fort und lehrt ihn theits 
hey Wiederholung der Hauptgedanken dea 
Gesang zu koloriren und die Figuren schick- 
lich zu verändern , thcils bey schnellen und 
unerwarteten Ausweichungen Festigkeit im 
Tone und Fertigkeit im reinen Intoniren zu 
erhallen, theils auch durch allmählich ver- 
längerte Fassagen sich an sparsamen Ver- 
brauch dea Athema zu gewöhnen. — Ja 
Rücksicht des Salzes konnte Ree. mit dem 
Hrn. Verf. in folgenden Stellen nicht einver- 
standen, seyn : No. 1. die Fortschreitung vom 
3ien zum o,len Takte, wo der Bass, oh n ge- 
achtet der beendigten Periode, mit g und $ 
eintreten sollte. T. ao. ist dio melodische 
Forlschreitung h eis zum F-durakkoid zu 
hart. No. 7. T. 11. No. i4. S. 21. T. 4 — 5. 
(Auch die Fassage vom 16 T. an bis T. 21. 
und die ähnliche im aten Abschnitte scheiat 
eine starke Zumuthung für den Sänger zu 
aeyn, da sie mehr für ein Instrument ge- 
eignet ist.) No. 16. T. 5 und 6 und No. 17. 
T. aa. hart koiorirle Melodie. 

Das ate Heft enthält 5 Uebungsstücke mit 
italienischem Texte und Fiauofortbegleilung. 
Das erste ist mit 7 Variationen versehen, 
welche hier und da zuviel von dem Sänger 
verlangen. Ree. gesteht gar gerne, dass er 
gegen die üppigen Mode Verbrämungen des. 
Gesangs zu rigorös seyn mag, aliein solche 
Stellen S. 9. V. 5. 

Andantino. 




r- — ntia i-ra — — ~ 



kann auch der nachgiebigste Beurtheiler nicht 
erleidlich finden. S. 6. V. 5. nimmt der va- 
riirte Gesang seinen Weg nach e moll bey 
dem zum Grunde liegenden G-durakkord« 
Die Koloraturen auf dem Vokal i, welche it* 
den Variationen öfters vorkommen, und nti£ 



Digitired by Goo 



357 



1805. Februar. 



338 



dem U im aten Uebnngsstücke einer Arie aus 
dem Barbier vou /Sevilla — sollten ebenfalls 
vermieden seyn. Das 3te Uebungsstück, ein 
niedliche» Lied von Righini, hat 6 Strophen, 
wovon jede angenehm und der Behandlung 
de« Liede* gemäss variirt i«l. 



Anfang Februars starb hier in Leipzig 
Hr. Job. Georg Tromlitz, im 79. Lebens- 
jahre, und bis zu den letalen Tagen munter 
und thatig. Er war in Sachsen gebohren 
und hat den grossten Theil seines Lebens 
iu Leipzig zuge ira. hu Aus früherer Zeit ist 
er als einer der vorzüglichsten Flötiston und 
Lehrer des Flölenspiels berühmt ; späterhin 
beschäftigte er sich vornehmlich mit dem 
Bau der Flöt*. nnd es ist bekannt, wie ein- 
sichtsvoll, sorgfaltig und hochslgeiiau er da- 
bey verfuhr, und dass man ihm auch man- 
che sehr achäzbare Erfindung an der Flöte 
vetddukr. Ais Virtuos war er durch Fer- 
tigkeit, noch mehr aber durch vollkommene 
Reinheit und Sicherheit des Tons, wie durch 
Genauigkeit im Spiel ausgezeichnet. Er 
war auch einer der Ersten, und in Absiebt 
auf Eiuiluss der Erste, die die jetzt gewöhn- 
liche bravour- und kouzertmässige Behand- 
lung der Flöte und vornehmlich den dazu 
am besten geeigneten starken, scharfen Ton 
und häufigen, künstlichem Gebrauch der 
Doppelzunge einführten und durch Schüler 
eine, der ehemaligen Quanzischen in dio«er 
Absicht entgegengesetzte Schule st 1 Helen, die 
sich nun jetzt überall verbreitet und das 
f Jötenspi» 1. vornehmlich in jenem Betracht, 
cu so bewund.-i nawerther Höhe gebracht 
hat. Theila deich seine Schüier, deren er 
Vonrais unter den hiesigen Studireuden so 
viele und aus allen Gegenden h;»tte," theils 
durch «eine Reisen, w« er besonders in 



Russlaud sich vielen Beyfall und beträchtli- 
che Vortheile erwarb, theils durch seine 
sehr berühmten Flöten hätte er Bekannte 
und Korrespondenten in allen Weltthcilen. — 
Seiue Kompositionen sind nicht von Bedeu- 
tung, wol aber seine Schriften über Flöten- 
spiet und noch mehr über Flölenbau. Was 
von diesen wahrend der Dauer dieser Zei- 
tung herausgekommen, ist ausführlich ange- 
zeigt und beurtheilt; auch ist über mehrere 
seiner Behauptungen, wie über die Eigen- 
heiten seiner Flöten, von mehrern ausge- 
zeichneten und erfahrnen Kennern und Vir. 
tuosen in diesen Blättern gesprochen wor- 
den. Zu bedauern ist, dass Tr. sein letztes, 
vollständigstes Werk, das, seinem Verspre- 
chen nach, alle seine Erfahrungen und ge- 
heimem Kunstgriffe bekannt macheu sollte, 
nicht hat vollenden könuen — wenn es an- 
ders nicht in den letzten Jahren vollendet, 
und nur noch nicht herausgegeben worden. 
Einige Aufsätze über Flötenspiel und Flö- 
tenbau, die mit seinem Namen unterzeich- 
net sind, und einige Recenstonen, h.it er' 
zu dieser untrer Zeitung .geliefert. Als 
Mensch kennen wir ihn als einen ordentli- 
chen, strengen, rechtlichen, arhtuiiKswer- 
then, wenn auch hitzigen und etwas kampf- 
lustigen Charakter. / 



Berlin, den 6ten Febr. Die brillanten 
und in jedem Betracht rühmenswei ihcn 
Konzerte des trefflichsten aller jetztiebenden 
Violoncellisten, des Hrn. Bernhard Romberg, 
sind schon in andern B atiern früher geschil- 
dert worden: ich nenne sie darum nur, und 
setze hinzu, dass man sich mit der Hoff- 
nung schmeichelt, Hrn. R. hier zu behalten. 

Am 25slen Jan. gab der königl.^ammer- 
mosikus Seidler ein sehr brillantes Konzert 
im Thealersaal. Ouvertüren von Mozart 
ans der Zauhei flöte und Don Juan eröffne- 
ten d:e beydeii Theile. Herr Seidler selbst 



Digitized by Google 



319 



1805. Februar. 



34o 



«pielte ein neues Violinkonzert und Varia- 
tionen mit Begleitung des Orchester» von 
Rode, und mit Hrn. Möser ein Doppelkun- 
'zert Ton Kreutzer. Hr. Kapellmeister Him- 
mel begleitete auf dem Fortepiano, so wie 
Hr. Bernhard Bömberg auf dem Violoncell, 
die Florianscbe Romanze , Cotnplainte de Ma- 
rie Stuart, vom Fürsleu Radzivil kompu- 
nirt und von Dem. Schmalz gesungen. Hr. 
Weizmann sang eine Arie von Reichard mit 
obligatem Waldhorn, geblasen von Herrn 
Brun, und mit Hrn. Fischer und den Dem. 
Schmalz und Koch ein Quartett aus Him- 
mels Urania. Den 5ten dies, führte der ehe- 
mals polnische Kapellmeister Bcczwarzowsky 
in demselben Lokale die vier Jahreszeiten 
von Haydn im Ganzen recht gut auf. Die 
Soloparthieen in den beyden ersten Thcilen 
«angen Mad. Müller uud die Hrn. Ambrosch 
und Fischer, und in den beyden letzten Mad. 
Lanz und die Hrn. Eunike und Gern. 

Dtn 21. Jan. wurden zum Benefiz für 
Mad. Uuzelmann «Wey neue Stücke auf dem 
Nationaltheater gegeben. Das erste: Die 
Wette, Singspiel in einem Akt nach dem 
Franz.: Un quart d'heure de sUeuce. Musik 
vom Kapellmeister Weber. Der Inhalt de» 
Stucks ist in Ihrer Zeitung schon ausführ- 
lich bey Gelegenheit seiner Aufführung in 
Paris dargestellt worden. Die neue Musik 
des Berliner Tonkünstlers überraschte durch 
die Neuheit ihres leichten, melodischen Stils, 
da man zeither fast nur Arbeiten im höhen» 
Stil von ihm hörte. Die Ouvertüre isl glänzend 
und kräftig, und nur für dies S'ü< k viel- 
leicht au reich. Unter den einzelneu Slük- 
ken möchten das Duett zwischen Alexan- 
drine (Mad. Unzelmann) und Floricourt (Hr. 
Beschort), das Terzelt des Hrn. von Du- 
breuil (Hr. Gern) mit den beyden Madchen 



(Mde Unzelraann und Mlle Weber) nnd Du- 
breuils Arie wol das Vorzüglichste seyn, 
obgleich alles einen sehr gefall igen Gang hat* 
Die zweyte jener Operetten: Michel Angelo, 
Singspiel in einem Akt aus dem Franz. frey 
übersetzt durch Heikluts; Musik von Nitx>- 
lo Isouard. Auch dieses Stück ist schon 
aus der frühem Charakteristik der Auffüh- 
rung desselben in Paris in Ihrer Zeitung 
hinlänglich bekannt Die Musik gefallt durch 
ihre Originalität gewiss . überall, und iIas 
Stück erwarb sich auch hier lauten Reyfall. 

Wegen der plötzlichen Krankheit der 
Königin Mutter ist das Karneval seither auf- 
geschoben gewesen. Leber morgen wird es 
aber gewiss eröffnet. Dass wir Naumanns 
Medea und Heichards Rosmonda cu hören 
bekommen, hab' ich Ihnen schon früher ge- 
schrieben. 



h k x j> o t s. 



Ein berühmter Schauspieler war oft ia 
einem gewissen vornehmen Hause. Einer 
der Bedienten bittet ihn einmal um ein Frey- 
billet ins Theater, wo er noch niemals ge- 
wesen sey. Er bekömmt's, gehet hin. Nun, 
wie hat's ihm denn getulleu ? fragt der Schau- 
spieler nach einiger Zeit. O. prächtig! Und 
nun erzählt er von den Dekorationen, den 
schön geputzten Herreu und Damen u. dgl. 
„ Recht gut: aber was die Heuen und Da- 
men sagten und thatenV* — Erlauben Sie: 

was die Herrschaften unter aich vorhaben 

darum niuss unser Einer sich nicht beküm- 
mern! zu dem Ohre 'rein, zu dem »raus: 
da fährt man am besten ! — Auf der Gale- 
rie sagt man das , in den ersten Logcu macht 
roan's oft so, und sagt's nur nicht, meynte 
der Schauspieler. 



(Hierbey dsi Intelligcnzblatt No. Vit.) 



Lzirsio, 111 Bumon v « » H X a * « 1.. 



Digitized by Google 



ALLGEMEINE 

» 

MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 361« Februar. N" ü^. 



1805 



I 8 C E L L E N. 



Einige Worte über Orgeln und Orgelspieler.' 



D ass der Gesang bey öffentlichen Gottes- 
verehruugen au vielen Orlen, und besonder« 
in kleinen Stadien und auf dem Lande, ei- 
ner grossen Verbesserung noch bedürfe, wird 
.Niewand leugnen, der Gelegenheit hat, meh- 
rere Kirchen zu besuchen. Das unmäßige 
Sctireyen ungebildeter Sauger abzuschaffen, 
und dadurch den Gesang feyerlicher und 
herzerhebeuder zu machen, duifte wol vor 
allen Dingen nölhig seyu. Ein grosses 
Hindernis* hieibey ist oft die Orgel. In 
vielt-n Kirchen kleiner Städte, und nueh mehr 
auf deu Dorfern, besteheu die alten Orgel- 
Werke fast aus lauter jungen, schreienden 
Stimmen: Principal 2 Fuss höchstens 4 Fuss, 
>lis.lur 3 fach und 1 Fuss, Quinte ii Fuss, 
Octave 3 Fuss, Supeioitave 1 Fuss, und etwa 
Grobgcdackt 3 Fuss uud Kleinged. 4 Fuss, 
nebst einem üass ib Fuss — oft fehlt au> h das 
Fedal ganz. Am Ode des Eins, steht in 
der ziemlich grossen Kirche, die oft 5 bis 
600 Menschen besuchen, ein alles Werk mit 
ja Summen: darunter sind zwey 16- fussige, 
sehr schwache Basse, 5 Stimmen 8 Fuss, 
und Principal 4 Fuss, das übrige ist lauter 
klägliches Schreywerk. Wenn nun der Ge- 
aaug mit soh hen widrigen und schneidenden 
Tönen, die mit den menschlichen Stimmen 
in gar keinem Verhältnis stehen, und noch 
ob endrein v on einem schlechten Spieler, be- 
7. Jahrg. 



gleitet wird, so müssen nothwendig dadurch 
die unmusikal. Säuger auch zu dem so zweck- 
widrigen Gekreisch verleitet werden, uud 
schwer davon abzubringen aeyn. Ein Orgel- 
spieler, der einigen Geschma. k hat, wird man 
einwenden, kann ja bey einem soh hen Wer- 
ke die schreyenden Stimmen weglassen , oder, 
wenu er die volle Orgel brauchen will, eine 
Octave licfer spielen. Das erstere gehl oft 
uicht an, weil die wenigen soliden Stimmen, 
nicht hinreichend sind, um die Singer im 
Ton zu erhalten, und das andere Hüll» mit- 
tel ist wegen der kurzen 0<tave, die man 
gemeiniglich bey solchen Werken findet, sel- 
ten au< h anzuwenden. Durch bessere Orgel- 
werke würde der Gesang, das so ki all ige 
Mittel zur Erweckung guter Empfindungen, 
ungemein gewinnen, und Kirthr-npatrone, 
Superintendenten und Prediger, sollten sichs 
ernstlich angelegen seyn lassen , ihre Gemem- 
drn, wo es nölhig ist, mit einer guten Or- 
gel zu versehen. Dies kann mit weit we- 
nigem Kosten geschehen, als man glaubt, wenn 
man diejenigen Stimmen, die sonst von eng- 
lischem Zinn oder Metall gemacht wurden, 
von lauter Holz machen Jasst. Mancher Or- 
gelbauer wird freylich aus Interesse oder Vor- 
urlheil dagegen seyn; dass dies aber mög- 
lich und zugleich sehr voi theilhaft ist, mag 
die nachstehende Beschreibung eiuer fast gunz 
von Holz erbauten, sehr schönen Orgel be- 
weisen. Nach einer solchen Disposition 
könnte man in eine Dorlkinhe ein Werk 
mit 9—10 soliden Stimmen in einem ein- 
fachen Gehätuse für 5 bis 4ooThlr.. und ein 
schon bedeutendes Werk mit a Klavieren 

23 



Digitized by Google 



343 

für 7 — 800 Thlr. erhalten, welche« , zu- 
mal in den Dörfern, deren Einwohner jetzt 
meistens wohlhabend sind, wol aufzubrin- 
gen seyn würde. Wenn dem Orgelbauer 
die alte Orgel mit einbedungen, oder das alte 
Zinn nach dem Gewichte verkauft wird , so 
kann jener Preis noch sehr vermindert wer- 
den. Bey Verdingung neuer Orgeln sollte 
nur allemal ein Sachverständiger die Dispo- 
sition angeben, weil die meisten Orgelbader 
noch für die schreienden Stimmen sind. — 
Manchem Orte fehlt es freylich weniger an 
einer guten Orgel , als an einem guten Spieler. 
Wo eine Kirche so schlecht versorgt ist, das» 
durch geschmackloses Getriller und jämmer- 
liches Gedudel des Orgelspielers der Gesang 
mehr verunstaltet als verherrlicht wird, da 
sollte wenigstens dem Uebel dadurch einiger- 
masaea abgeholfen werden, dass dem Spieler 
ernstlich angedeutet würde: die Choralmelo- 
dieen ganz einfach und nach einem guten 
Choralbuche vorzutragen, und sich dea Hin- 
zufügen» seiner eignen Erfindungen gänzlich 
zu enthalten. Bey Besetzung neuer Stellen 
sollte man allezeit ein Subjekt wählen, wel- 
ches das so würdige Geschäft des Orgelspie- 
lens mit Versland und Gschmack zu verrich- 
ten wüsste. Freylich wird dieser Zweck nicht 
immer erreicht werden, so lange man nicht 
die grösstenteils äusserst geringen Besoldung 
gen der Schullehrer auf dem Lande (die zu- 
gleich das Orgclspiclen verrichten müssen) 
und der Organisten in den Städten, erhö- 
het. Da jetzt die meisten solcher Stellen 
mit Seminaristen besetzt werden, so wäre 
wol zu wünschen, dass in diesen Anstalten, 
aus welchen so trefliche Schulmänner hervor- 
gehen, etwas mehr für Musik, und beson- 
ders fürs Orgelspielen gethan würde. Die 
Einrichtung in den 'meisten Semiuarien, dass 
die Zöglinge Abends, wo sie Zeit zu musi- 
kal. Uebungen hallen, kein Lieht in ihre 
Kammern bekommen, (manche besitzen auch 
kein Klavier.) die Notwendigkeit, dass viele 1 

geben, und ihren I 



1805. Februar. 



344 

eignen Unterricht in der. Musik versäumen 
müssen; und mehrere andere Hindernisse 
sind wol Ursache, dass mancher Seminarist 
weniger im Orgelspielen leistet, als man er- 
wartet, ob ihn schon seine Bildung überhaupt 
über die ganz geschmacklosen Und rohen 
Spieler erhebt. 

Disposition der Orgel zu Wolkenburg 
bey Pen ig (1801 erbauet.) 



Manual. 



8 Fum.v 

8 F. I 

8 F. I 

4 f. y 

\ F. I 

iG F. I 

c a F. / 



Holr. 



1) Principal 8 Fuaa.^ 

2) Octare 

5) Gedakt 
4) Gedakt 

6) OrUve 

6) Rurdun 

7) W.ldflöte 
8^ Coraet 3 fach. 
9) Quinta 5 Faa«. 

to) Mixtur 4 fach (a Fum) 



Im Ftdil. 

1) Violon Bau 16 Fo» 
1) Suhbati iC F. 
3) Ocuvbaa« 8 F. 



\ HoU S 



Nabaatüge. 

Koppel. 
Trent ulant.. 



I " \ 

Dieses Werk hat einen äusserst schö- 
nen, vollen und kräftigen Ton, der jeden 
Kenner befriediget. Das Regierwerk geht 
ohne alles Geräusch. Die Stimmen stehen 
so, dass man zu jeder Pfeife bequem kom- 
men kann. Das Gehäuse ist, weil bey die- 
sem Bau keine Kosten gescheuet worden, sehr 
geschmackvoll. Statt der zinnernen Pfeifen 
stehen höl«erne lakirte Röhre von gleicher 
Länge und Stärke im Gesicht, und ein seid- 
ner Vorhang hinter denselben verhindert, 
dass man nicht ins Werk siehet. Der Er- 
bauer ist: Herr Holland, Orgelbauer in 
Schmiedfeld bey Suhl. Die Disposition hat 
der Herr Kantor Tag in Hohenstein an- 
gegeben, 



Digitized by Google 



345 ' J 8o5. 

Gedanken libtr musikalischen Vortrag 
und Ausdr^c*. 



Ungeachtet die praktische Musik jetzt in 
einem hohen Grade kultivi.t isl und noch 
täglich weiter ausgebildet Wird, so hat sie 
doch gewiss noch lange nicht deu höchsten 
Punkt ihrer Bildung — wenn wir uns einen 
als endlich denken — erreicht. Wenn wir 
auch bisweilen kaum sagen können, wie 
die roechanischfertige Behandlung der ein- 
zelnen Instrumente höber getrieben werden 
könnte, so leuchten uns doch die Mangel 
im eigentlichen, wahren Vortrage gleich von 
selbst ein. Es ist wahr, man giebt sich 
jetzt mehr als jemals Mühe, Ausdruck her- 
vorzubringen — • man fängt immer mehr an, 
diesen der blosen mechanischen Fertigkeit 
vorzuziehen, und diese, wenigstens ohne 
jenen, weniger zu schätzen — : alles dieses 
ist sehr löblich, und erfreulich; aber glau- 
ben dürfen wir ja noch, nicht, dass wir das 
Wesen des wahren Ausdrucks immer zu 
hören bekommen. 

„Man verwechselt gar zu oft (beym 
Spiel, beym Zuhören and bey der Beur- 
theilung) den natürlichen Ausdruck 
mit einem gekünstelten, die Spra- 
che des Herzens mit affektirtem 
Gefühl.« 

Kommt der Ausdruck aus dem Herzen 
und nicht aus Affeklion oder aus blinder 
Nachahmungssucht, so bleibt er sich im 
ganzen Satze immer gleich/ dahingegen im 
andern Falle er bald hin- und bersch wankt, 
allerhand Drehungen, Wendungen, Exkla- 
roationen und Exaltationen producirt, denen 
man es gleich anmerkt, dass sie blose 
Kunststücke sind. Wer überall — bey 
der kleinsten Piece, so wie bey dem pathe- 
tischen Satze — gleich in grosse Rührung 
sju versinken scheint, wer von jeder Klei- 
nigkeit eben so wie von bedeutendem Sa- 



Februar. 346 

chen gerührt wird; der ist gewise in drn 
meisten Fallen ein Heuchler. — So srhr 
es auch von der Sprache sehr vieler Musi- 
ker abweichen mag, so behaupte ich doch: 
der wahre Ausdruck rauss in dem 
Satze selbst schon liegen, wenn er 
anders natürlich seyn soll; er musa 
gefühlt und entwickelt werden- hin- 
ein tragen kann 'man ihn nicht; er 
ist dann blos erkünstelt. 

Bey dem Musiker, welcher gleich sei- 
nen Satz in vollem Pathos anfangt zu spie- 
len, muss man eine schon vorhergehen- 
de Exaltation voraussetzen, sonst ist sein 
Zustand nicht natürlich. Der Satz musa 
ihn erst nach und nach erwarmen und seine 
Nerven stärker erzittern machen. Dann 
macht er mit dem Zuhörer Einen Weg. — 
Könnte man sich freylich auf das Anböten 
einer Musik ordentlich willkührlich vorbe- 
reiten , d. h. sein Einpfindungssystem in ein» 
gewisse Spannung versetzen: dann würde 
die* Musik weit mehr Eindruck auf uns ma- 
chen. Dann würde der Mensch gl« ich die 
ersten Noten und Takle begierig aullangen, 
sie würden seine ganze Natur erfüllen. Ist 
und kann dieses nicht immer der Fall seyn, 
so ist und bleibt auch jene augenblickliche 
Spannung, jenes plötzliche Pathos, unnatür- 
lich, und der Spieler, welcher es erheu- 
chelt, hat seinen Vortrag nicht auf die Em- 
pfindungen des Menschen berechnet. 

Der natürliche Ausdruck reisst uns un- 
willkührlicb hin, der gekünstelte geht vor un- 
serer Seele, wie eine Gankeley , wie eine 
Taschenspielerkunst, vorüber. Es kann 
jedoch einige Falle geben, wo diese erheu- 
chelte Rührung durch die anstrengende» 
wülkührüche Exaltation in natürliche Em- 
pfindung übergebt. Nur dass diese nicht 
auf dem natui gemessen Wege erreicht wird. 
Wenn der Virtuos durch Umstände zu ganz 
-ungelegenen Zeiten spielen und nicht ganz 



Digitized by Google 



rauss, 



so 18t es 



347 

■chlecht spielen will 
allerdings gut für ihn, wenn er seine Em- 
pfindungen aufzuregeu weiss 

Es »st leichter eine eigene gehabte 
Empfindung wieder hervorzurufen, und sie 
lebhaft wieder darzustellen, als iu die eines 
Fremden sich hineinzudenken } daher selten 
die Komponisten mit dem Spiel ihrer Kompo- 
sitionen von andern Künstlern zufrieden sind, 
wenn diese sich auch alle Mühe geben 

Der Spieler mit fühlendem Herzen darf 
sich nur den Ideen des Komponisten 
theilnehmend und aufmerksam hingeben, so 
wird er selten den wahren Ausdruck ver- 
fehlen; er wird dann die Empfindungen wie- 
dergeben, welche in ihm selbst erregt wei- 
den; und nur dann spielt er mit Ausdruck, 
nicht, wenn er Gefühle heuchelt, die dem 
Satze fremd sind. 

■ * * 

Friedrich Gothmann. 



1805. Februar. 



34S 



lieber Abweichung vom Takte. 



Unter Abweichung vom Takte verstehe 
ich das örtliche Eilen und Zögern, welches 
der Spieler aus Gefühl oder Grundsatz sich 
erlaubt, ohne dass es gerade der Kompo- 
nist deutlich vorgeschrieben hat. Dem Spie- 
ler sagt es eignes Gefühl. — Nicht mit 
Unrecht »fragt man : ob diese Abweichung 
vom Takle erlaubt sey ? Ich sage : Ja ! — 
Den Dilettanten zum Besten will ich -diese 
Mcyuung kurz belegen und auseinander 
setzen, indem ich oft sähe und hörte, dass 
diese , von Nachahmungssucht grosser Vir- 
tuosen angetrieben, obne jedoch dazu die 
nölhige Beurtheilung zu gebrauchen — jenes 
Eilen uud Zögern ganz willkührlich und 
sehr oft am unrechten Orte anbrachten. 

Wer überhaupt mit Empfindung und 
Ausdruck spielen will, der muss nebst einem 
gewissen Grade mechanischer Fertigkeit und 



allgemeiner musikalischästhetischer Bildung 
ein reizbares Nervensystem haben, welches 
leicht zu rühren ist. Ein sol< her wird dann 
leicht in den Geniiilhszustand versetzt, welclien 
der Komponist zum richtigen Vortrag seines 
Stückes erfordert. Er wird von selbst gut 
vortragen, wenn auch der Kompouist kein 
einziges Zeichen oder Wort zur Andeutung 
des Ausdrucks hingesetzt hätte. Uud dieser 
wird auch, wenu er seine Empfindungen 
| nur einigermassen versteht und sie zu zü- 
geln weiss, in den meisten 1 allen die Stel- 
len, wo er von der vorgeschriebem-n Bewe- 
gung abweichen darf» — wie viel — - und 
wie lange — richtig treffen. — Allgemeine 
'Kegeln lassen sich hieiüber nicht geben. 
Blinde Nachahmung bringt nur etwas Feh- 
lerhaftes hervor. 

Nun etwas zur Vertheidigung dieser 
Abweichungen. — Jede s< höne Kunst liebt 
eiue gewisse — zwar nicht regellose, 
aber auch nicht in die Regel gepressto 
Freyheit. Diese würde im letztem Kalle 
ganz aufhören. « — Nur zu oft opfert man 
den Zweck dem Mittel auf. Der Takt ist 
Mittel,, um unsere Empfindungen desto freyer 
und besser äussern zu konneu. Er soll sie 
aber nicht hemmen. Unsere Empfindung 
kann — • weun ich so sagen darf — wol 
überfliesseu, aber nicht überströ- 
mejn — Das Steigen und Fallen dersel- 
ben ist so aUmählig, der rasche oder lang- 
same Flug der Phantasie hängt so sehr 
von dem geistigen Stoffe, welcher produ- 
zirt wird, ab — dass man gewiss nicht 
im Stande «eyn kann, dies aUes durch No- 
ten und Worte nur anzudeuten, geschweige 
denn bestimmt vorzuschreiben. — Der Red- 
ner wird im Fortgang seiner Rede bald feu- 
riger, bald ernster; der Gegenstand erfüllt 
seine Seele immer mehr, je länger er sich 
mit ihm beschäftigt; seine Worte werden 
leiser und lauter, seine Sprache wird lei- 
denschaltlich — er spricht vom Herzen zum 
Heizen. Eben so der Spieler. Er 'fangt 



Digitized by GOOjgl 



349 



i8Qj. Februar. 



350 



ziemlich ruhig an, daa musikalische Sujet 
interessirt ilm, erwärmt ihn immer mehr, 
seine Empfindungen weiden tiefer und star- 
ker, jeder Acctnt macht die Suiten «einer 
Seele starker erklingen — was Wunder, 
wenn er, ohne sich es seihst hewusst zu 
seyu, nach und uach eilt oder zögert ? Wäre 
es recht, würde es gemässern Ellekt machen, 
wenn er es nicht thate Fürwahr, derjenige 
ist nicht der beste Tänzer, der seine Pas 
mathematisch mit Aeugsllichkeit abziikelt, 
der nicht bisweilen mit Grazie eine kleine 
Abweichung und Variation machen kann. 
(Kreylich spreche ich vom Soluspiele und 
Gesänge !) 

Diese absichtliche Abweichung vom Takle 
ist jedoch wohl von jener Taktlosigkeit zu 
unterscheiden, welche entweder aus Mangel 
au Taktgefühl, oder aus Mangel an Beherr- 
schung des Gefühls und aus Unachtsamkeit her- 
rührt. Man darf nicht glauben, dass es 
der schöne Vortrag erfordere, wiükührlich, 
ohne Grund, im Takte hin und her zu 
schwanken, oder gleich dem ungeschickten 
Akteur Bewegungen zu rfuachen , die unnütz 
sind, und hinter welchen nichts steckt. — 
Die Leidenschaften müssen in der Musik — 
so wie im Leben — grzügelt werden, wenn 
sie uns nützen und nicht schaden sollen. 
Durch vieles Studium, verbunden mit in- 
neren musikalischen Takte, wird man da- 
hin gelangen , einer jeden Stelle die ihr an- 
gemessene Bewegung zu geben. — Di« 
verhaltene Empfindung muss gleichsam nur 
durchschimmern, aber nicht ungestüm her- 
vorbrechen. Nur auf diese Weise erwärmt 
der Spieler das Herz seiner Zuhörer. — 
Im Ganzen genommen muss die Bewegung 
sich immer gleich bleiben', wenn sie gleich 
in eiuzeluen Stellen abweicht. — Wo ein 
Thema- von verschiedenen Seiten dargestellt 
wird, da kann man auch billig nach Um- 
ständen die Bewegung ohne besondere An- 
deutung ein wenig darnach modifkiren. 

Friedrich Guthinann. 



N A C H B. I C 



UTEN. 



Wien, am l^ten Febr. Die italienischen 
lloloperisten gaben vor kurzem zum ersteu- 
male: Ire sposi per uno, von Guglielmi , dem 
jungem. Die Intrigue, wie sich ein Bauer- 
mädchen mit ihren drey Liebhabern herum- 
Heckt, ist ganz auf italienische Weise, ohne 
Geist und Interesse ausgeiührt, die Musik 
aber hat manche rege, brillante Stellen. So 
ist z. B. ein Quintett im ersten Akte recht 
artig. Ein Duett und ein Finale, vom Ka- 
pellmeister Gyrowetz eingelegt, wollten nicht 
gefallen. 

Dcvienne's Musik zu den reisenden 
Komödianten, einer Reihe Scenen aus dem 
Lebeu einer herumziehenden Baude, hat nichts 
Ausgezeichnetes, wat auf eigentlichen Kunst- 
werth Anspruch machen könnte: mehrere 
Arien sind ganz im ältern französischen Stile 
geschrieben. Doch lass>t sich das Ganze recht 
gut anhören. Das Beste ist das Finale des 
ersten ^\kts und eine Tenorarie im aten, 
worin der erste Liebhaber, freylich mit wenig 
Laune, die Ingredienzien zu einer moder- 
nen Oper beschreibt. Im Ganzen dürften 
die Blasinstrumente zu viel, oder vielmehr 
die Saiteninstrumente zu wenig benuzt seyn. ' 
Dem. Laudier sang und spielte recht gutj 
auch mit Herrn Vogel war man zufrieden, 
wenn man gleich nicht Leichtigkeit genug in 
seinem Spiele fand. 

So unglücklich Herr Tayber bisher mit 
seinen Opern war, von denen noch keine 
einzige gefiel, so rüstig fährt er doch im- 
mer fort, für das Theater zu schreiben. 
Seiue Musik zu dem Zerstreuten, einer 
neuen Oper vou Huber, gleicht den mei- 
sten seiner vuiigeu Aihciten. odei steht wol 
gar noch auf einer niedrigem 'Stufe. Sie ist 
na< h französiM her Art zugeschnitten, aber 
ohne sich durch die Leichtigkeit und Be- 



Digitized by Google 



35* 



1805. Februar. 



352 



wegluhkeit auszuzeichnen , die «clbst in bes- 
sern französischen Kompositionen eine flies- 
sende Melodie und reiche lnstrumenliruog 
oft ersetzen müssen. Nirgends ist ergrei- 
fende Kraft des Talents, oder jenes Stu- 
dium sichtbar, wekhes, vom Genie geleilet, 
zur Vollkommenheit führt. Da nun auch 
der Text von Herrn Huber recht arg mis- 
rathen war, da nach dem einstimmigen Ur- 
theile aller Zuseher die Zerstreuung sehr 
oft in Narrheit übergeht: so ist der völlige 
Fall dieser Oper «ehr leicht zu erklären. 
Dem. Müller spielle sehr mittelmässig Kla- 
vier, und wurde eben so von Herrn Schika- 
neder auf der Violin accompagnirU Dem. 
Milder zeigte, wie gewöhnlich, eine ausser- 
ordentlich reine, volle, schöne Stimme, in 
die sie alier weder Anmuth noch Ausdruck 
zu legen weiss, auch scheint sie schon Eini- 
ges von ihrer Höhe verloren zu haben. An 
dem letztem mögen nun häufige Unpäßlich- 
keiten Schuld seyn, die der Anschlagend 
oft von dieser Sängerin kund machL 



irden 



In den Würthischen Musiken wun 
wieder einige herrliche Mozartsche Sinfo- 
nieen, aus G. moll, Es und D, mit gröss- 
tem Eeyfall gegeben. Mit einer neuen Sin- 
fonie eines Herrn Kanne aber war man gar 
nicht zufrieden, und neben den Meisterwer- 
ken eines Mozart, Haydu, Eberl, Beetho- 
ven u. a. die man hier höret, nahm sie sich 
wirklich sonderbar genug aus. Man trifft hie 
und da eine sehr merkliche Reminiscenz, be- 
sonders aus Haydn und Cherubini, sonst 
aber weder neue und '" schöue Gedankeu, 
noch kräftige Harmonie, ja nicht einmal 
eine gewöhnliche Kenntnis des Instrumen- 
taleflekts. So gehen in dem unbedeutenden 
Andante aus As die Flöten und aten Vio- 
linen lange ohne allen Effekt allein mit 
einander. 

Beethovens Schüler, Herr Ries, spielte 
das Konzert seines Meisters aus C moll mit 



Geschicklichkeit, Fertigkeit und Ausdruck. 
Es ist meisterlich instrutnentirt uud hat viele 
glänzende Parthieen. Doch streift das An- 
dante aus E dur manchmal ans Grelle. 
Fräulein Kurzböck spielte das schöne Mo- 
zartsche Klaviei quartett aus G moll vortreff- 
lich; eben so wurde sie von Clement, Mai- 
seder und Krallt accompagnirU Ein Quin- 
tett von Dussek vom Fräulein Leitersdorfer 
nicht ohne Reiz vorgetragen, gefiel nicht: 
man ;fand es zu lang, und die Harmonie 
auf die begleitenden Instrumente nicht voll- 
ständig und kuuatmässig genug vertheilt. 

Eine Ouvertüre aus Cherubin i's Ana- 
kreon ist eine liebliche, heitere Phantasie- 
schöpfung. Anmuth und Kraft sind aufs 
schönste darin vereint. Die Ouvertüren aus 
Glucks Alceste, Mozarts Don Juan und Ido- 
meneo, und Mehüls Stratonice wurden mit 
Feuer und Fleiss ausgeführt 



R B C B 



K 8 I O N B N. 



Magazin pour la Harpe. Cahier t et 3. Au 
Magazin de musique auf der Höhe ä 
Bronswic. (Pr. 1 Thlr.) 



in 



Ree, der vorliegende Komposition 
der Hoffnung zur Hand nahm, recht viel 
Gutes und Schönes darin zu entdecken, fand 
sich in solchem Grade getäuscht, dass er 
glaubt, einem jeden die Anschaffung eines 
solchen Machwerks abrathen zu müssen. 
Man findet hier ein wahres Magazin scha- 
len, geschmack- und kraftlosen Gcleyers, 
welches (mit Ausnahme der zwar modernen, 
aber sehr schülerhaft arrangirten Lieder) 
aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts her- 
vorgerufen zu seyn scheint, und womit man 
nun für die gegenwärtige Zeit die liebe Harfe 
mit recht langen Manschetten, (wahrschein- 
lich in Bezug auf iluen Ursprung) fein säu- 



Digitized by Google 



353 



1805. Februar. 



354 



berlich wieder ausstatten will. Folgende j lege dienen : D. l. Heft fang t an mit einem A ! - 
Beispiele mögen meinem Unheil zum Be- f legro maestoso in C Dur mit einer Violin. 




Dieses majestätische Thema wird zu An- 
fang des zwcyten Theils in der Quinte wie- 
derholt, erscheint aber nach 13 Takten wie- 
der im Grandton. Im ersten Theil («ter 
Takt) findet man folgenden Satz, der im 2ten 
Theil eben so wiederholt wird: 




Das Rondo Allegro ist, so wie auch das 
Finale, aus einer alten Harmonie für Blas- 
instrumente gezogen, welche zwar an sich 
sehr gut, aber nicht gut übertragen worden 
ist. Ich übergehe Beyspiele, den Raum 



Der zweyte Heft fängt an mit einem 
AUegro con Spirito. Im i4ten Takt — welch 
ein gewaltiger Fall! Im aiten Takt, welch 
ein Gang der Violin, die, anstatt die grosse 
Terz hören zu lassen, ^aich bequemer an 
den Bass halt: 

„ & 

d fc^.. l — ir —14- 4-L 




Wie nahe lag es jedem, der nur Eini- 
ges von der Komposition verstehet, die Vio- 
lin zu schreiben: 



Im 27ten Takt ist der * Akkord durch 
das eis im Bass sehr verunstaltet: 




Im 2ten Theil im i2ten Takt ist eine 
genialische Stelle; nämlich: 









bi_i_J 






4». * * m * 


wm 


PN- 

■ * ^ r y-- 



Uebrigens ist in diesem kurzen Allegro 
das spirituöse Sätzchen: 




nicht öfter als neunzehnmal wiederholt 



Digitized by Google 



355 

Auch scheint der Hr. Komponist mit 
dem Noteusyatem noch nicht ganz im Rei- 
nen zu seyn, denn er hezeichnet daa eiuge- 

striiline c mit zwey Strichen c, und ao 
durchgeheuds alle übrigen Koten; auch ist 
bey dieser Komposition zu bemerken, das» 
sie nur auf Harfen gespielt werden kann, 
an welchen, nach Backufeus Angabe, die Ha- 
ken durchaus gehen, damit sie auch mit 
der rechten Hand dirigirt. werdeu köuneu. 

Eine gute Eigenschaft ist diesem Werk- 
chen nicht abzusprechen, Dämlich der Plan 
dieses Magazius selbst. 

Jedes Heft fängt mit einer Sonate an, 
dann folgen einige Lieder, und den Bea«.hlasa 
machen Marsche, Walzer, Ecoaaoiaes u. s. w. 
Elien darum, und um vielleicht einen bes- 
sern Komponisten zur Ausfuhrung d«esea 
Plans zu erwecken, werde von diesem, somit 
ganz mit Stillschweigen zu übergehenden 
Werke, in dieser Zeitung gesprochen. . ; 



1805. Februar. 



35<*> 



Anekdote. 



Die sehr arme Wittwe eines vorzüglichen 
und beliebten Sängers, eine rerhla^ balln« 
und sehr feiue Frau, wendet sich, wie man 
ihr gerathen hatte, an eine -der vornehmsten 
Damen der Stadt, welche so oft von dem 
geschickten Künstler erfreuet worden war. 
Die Dame ist nicht allein, als man die Bit- 
tende zu ihr lässt. Diese schildert kurz und 
mit Anstand ihr Unglück: die Dame wür- 
digt sie nur eines zerstreueten Streifblicks. 
Sie fragt: Wie viel Kinder haben Sie? — 



*Drey! a — Die Dame wendet sich wieder 
au ihren Freutidinnen , setzt das unterbro- 
chene Ge»prä«h tort, und Vehrt sich nach, 
langer Weile erst wieder zur Unglücklichen: 
Haben Sie viei Kinder, Madame? — Gnädige 
Frau, erwiedert die Wittwe, seit der Zeit, 
als ich Ihuen sagte, dass ich drey habe, 
bin ich nicht wieder in Wochen gewesen ! — 
Damit ging sie. — 



Kurze Anzeige. 



Trois Duos concertans pour dtux Hütts , com- 
posee$ tt deduts u Möns, le Lvmu Charles 
de Harr ach — — par Ltofmid Hirsch. 
, Oeuv. V. A Yienue, chez Thaüe Wcigl. 
(Fr. 1 11. 5o Zr.) 

Drey ganz moderne und lobenawerlhe 
Duellen, die nitht ungeschickten Flötenspie- 
lern zur Uebuug uud zur Unterhaltung 
gleichgulc Dienate leisten weiden. Sie sind 
gut erfunden, (viele tiefe und uberall ueuo 
Ideen wird man von dieser ganzen Gattung 
von Musik ni ht verlangen), sind angenehm 
und nicht «bei üäi blich ausgeführt, und dem 
Instrumente, in Absicht auf Wirkuig und 
Applikator, ganz angemessen. Den Schwie* 
rigkeileii nach sind sie ohngel'ahr der äbnti- 
ohen llolDneisl«! sehen Flötemnusik, die sah 
i« jedes Liebhaber« 1 Luiden befindet, an 
die Heile zu stellen ; auch srnd sie eben so 
instruktiv, als diese. 



(liieret! 4h Beylage Ioraelli's Portrail.) 



Laitato, iiT Biiitioii oao Hhtri. 



Digitized by Google 



Digitized by Co 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG* 



Den fit»» März. N" 20. 



1805. 



Recbnsion. 



Bruchstücke zur Biographit J. G. Naumann* 
von A. G. Meissner. Z wey ter 'f heil. Prag, 
b. Karl Barlh. i3o4. 

Ea ist bey der Anzeige des ersten Theils 
dieser interessanten Schrift (S. musik. Z. v. 
Jahr i3o5, No. $9 und 4o.) den Lesern ein 
zusammenhangender Aussog dessen, was 
einen Auszug zuliess, gegeben, und dabey 
angemerkt worden, was uns in irgend einem 
Betracht anzumerken schien. Obngeachlet 
nun seitdem über anderthalb Jahre verflossen 
sind, so halten wir uns doch — theils ge- 
gen die (hoffentlich nicht wenigen) Leser, 
die unsre Z., nicht wie ein Flugblatt durch- 
laufen und vergessen, theils gegen die Ma- 
nen des verehrten Naumanns, theils auch 
gegen dieses schätzbare Buch selbst, das all- 
gemein gekannt zu werden verdient, für ver- 
pflichtet, jenen Auszug fortzusetzen, und so 
diese Konture aus dem ausgeführten Gemäl- 
de Naumanns hier zu vollenden. Wir wer- 
den auch hier unsre Anmerkungen mit aller 
Offenherzigkeit, aber auch mit der Anstän- 
digkeit, die man diesem, Künstler und diesem 
Biographen so vorzüglich schuldig ist, in der 
Kürze beybringen , wo sich Gelegenheit zeigt. 
Leugnen wollen wir gleich im voraus nicht, 
dass es uns Leid thut, dass Hr. M. unsre 
Bitte, die Bildungsgeschichte, Charakteristik 
und genauere Ent Wickelung der Verdienste 
N. des Ku nstlers, so wie die strengere 

7 . Jahrg. 



Analyse und Würdigung seiner Werke nicht 
zu übergehen, sondern sich, erforderlichen 
Falls, lieber mit dazu fähigen Tonkünstlern 
und Kunstkennern m Verbindung zu set- 
zen — nicht erfüllet hat, sondern seinem 
Plane, mehr das Historische und eigentlich 
M enschliche aufzufassen und vollständig und 
anziehend darzustellen, auch in diesem zwey- 
ten (und letzten) Theile ganz getreu geblie- 
ben ist. Doch enthalt dieser zweyte Theit 
wenigstens mehr Data und beylxufig auch 
treffendere Winke zu einer solchen lehi-rei 1 - 
chen und angenehmen Darstellung,- wofür 
wir, und wahrscheinlich alle Leser, die das 
öffentliche Wirken N.s näher angeht, als das 
private, dem Verf. Dank sagen. 



Wir nehmen den Faden der Geschichte 
da auf, wo wir ihn mit dem Schluss des* 
ersten Theils fallen lassen mussten — näm- 
lich nach N.s Rückkehr von der dritten Reise 
nach Italien, das heisst, von der Zeit an, 
wo er als Mensch und Künstler fester auf 
eignen Füssen zu stehen und die Werke 
zu liefern anfing, durch welche er sich in 
der allgemeinen Geschichte der Tonkunst 
einen ehrenvollen Platz , und in der ihn um- 
gebenden Welt Hochachtung, Ruhm und 
Vortheile erwarb. 

* ♦ 

Naumann stand jetzt im 54slen Jahre. 
Sein Geschick, und in vielem er selbst, änderte 
sich, wie auch zum Theil der Geist seiner 
Arbeiten. Jetzt wurde er Vornehmlich im 
Norden von Europa' berühmt, und dann auch 
in seinem Vaterlande mehr geehrt. Aus Va- 

25 



Digitized by Google 



359 



1805. März. 



360 



terlandsliebe achlag er die ehrenvollsten und 
vorteilhaftesten Antrüge nach Berlin, Kopen- 
hagen und Stockholm aua. Doch ging er eini- 
gemal auf beträchtliche Zeit nach Stockholm 
und Kopenhagen , die Kapellen und die Oper 
einzurichten, und diese, besonders in Schwe- 
den t mit eigenen Werken einzuweihen und 
nationaler umzubilden. Amphion war die 
ersle dieser schwedischen Opern. Sie 
fand , wie alles , was N. hier von sich bekannt 
werden Hess, den lautesten Beyfall. — Vor- 
nehmlich erklärte dieaen König Gustav aehr 
lebhaft und auf alle nur mögliche Weise: 
er schätzte und liebte überdies den Künstler 
persönlich. (Die nahern Verhältnisse — 
nicht nur N.s an diesem Hofe, sondern, in 
mancherley Hinsicht, dieses Hofes selbst, 
sind von Hrn. M. aehr interessant erzählt; 
dies Kapitel ist aber keines Auszug* fähig. 
Uebrigens wären jedoch hier, wie in der Folge, 
die vielen Präsente und Lobsprüche, die N. 
erhielt, wol beaser nicht ao im Detail ange- 
führt worden. Dagegen ist die Anekdote, S. 
4a, zu possierlich, als dass wir ihr nicht auch 
hier ein Plätzchen einräumen sollten. Kö- 
nig Gnatav verstand vollkommen Deutsch, 
aprach es aber sehr selten, und zu N. nur 
ein einzigesmal. Als nämlich der König 
mit einer kleinen erwählten Gesellschaft einer 
Probe von N.a Oper Gustav Waaa beywohnte 
und sich sehr auf das kleine Fest freuete, 
hatte der alte Kammermas. Adam beym 
Kommen das Unglück, die Parterretreppe hin- 
unter zu fallen und ein Bein zu brechen. 
Der König selbst kam ihm zu Hülfe, war 
aber nuu verstimmt, und sagte die Probe 
ab, indem er zu N. diese — - eben die ein- 
zigen deutschen Worte, aus dem alten 
Kirchengesange, sagte: durch Adams Fall ist 
all's verderbt! — Noch drolliger ist folgende, 
die N. gern und sehr belustigend erzählte. 
Ala er die schwedische Gränze zum ersten- 
mal betrat und vom Unteroffizier streng exa- 
miuirt wurde, war es ihm durchaus un- 
möglich, dem Manne begreiflich zu macheu, 



was ein Kapellmeister sey. Endlich sagte 
er: Ich bin der General aller thursächsi- 
sehen Musikanten, und reise auf Begehren Ih- 
res Königs nach Stockholm, um dort alle 
köntgl. Musikanten exerziren zu lehren ! Ah, 
aagle der Unteroffizier mit Ehrerbietung — 
Ew. Excellenz passiren! Bursche, 'raus in's 
Gewehr! Chnrsächsiscfaer Musikanten- Gene- 
ral! Die Wache stürzt heraus, tritt ins Ge- 
wehr, N. fährt mit mühsam erhaltenem Ernst 
durch ihre militärische Ehrenbezeigungen in 
die Stadt.) Cora war die zwevte Oper, die 
N. für das schwed. Theater schrieb. Der 
König hatte nicht, wie die Sage gehl, das 
Gedicht nach Märmontel ausgearbeitet, son- 
dern nur es gewählt uud einen flüchtigen Ent- 
wurf niedergeschrieben. Das Lob, das dir »er 
Naumanuschen Komposition S. 54 folg. er- 
theilt wird, unterschreiben wir nicht nur, 
sondern möchten es noch mehr also bestim- 
men: in keiner spätem Arbeit, selbst in der 
weit reichern und kunstvollem Medca nicht, 
hat sich, unsrer Einsicht nach , N.a Künstler- 
Individualität so treuherzig, rein, frey und 
ungekünstelt ausgesprochen. 

(Die Anekdote S. 65 folg. gereicht N. , 
als Künstler und Menschen zur wahren Eh- 
re. Wie viele der jetztlebenden Komponi- 
sten würden iu gleichem Fall und unter glei- 
chen Umständen so handeln?) Cora wurde 
mit, in Schweden unerhörter, Pracht von N. 
selbst aufgeführt und fand so ausgezeichne- 
ten Beyfall — nicht nur d^r Menge, son« 
dem auch des gebildetsten Auditoriums, das» 
selbst die Gegner und Neider sich schämten 
und still schwiegen. — Die dritte grosse Oper, 
die N. für das schwed. Theater komponirte, 
war Gustav Wasa. Zu dieser hatte der Kö- 
nig nicht nur den Plan entworfen, sondern 
auch den prosaischen Dialog geschrieben und 
in (Kellgreens) Gesängen noch vieles verän- 
dert. Unter N.s Papieren befindet sich die 
eigene Handschrift des Königs. Es ist zu 
verwundern, dass diese Oper , deren Gedicht 



Digitized by Google 



3& »805. 

dem der Cor« wenigstens gleichzustellen, de- 
ren Musik mit jener wetteifert, und die auch 
einen noch grössern Thealereffckl hervor- 
bringen muss, nicht uhei setzt, auf kein anderes 
Unat er gebracht, und auch nie im Au*- 
auge herausgegeben worden ist Sie verdiente 
sehr, dass dieses alles jetzt noch geschähe; 
denn wenn sie auch einen Theil des so 
ganz ausgezeichneten Bey falls in Stockholm 
dem zu verdanken hatte, dass sie recht eigent- 
lich national war: so kann doch gar kein 
Streit darüber «eyn, dass sie die meisten der 
seitdem verfassten Opern, und zwar als Ge- 
dicht und als musik. Kunstwerk, weit über- 
trifft — üeber N.s Aufenthalt in Kopen- 
hagen, dia königl. Kapelle einzurichten, nnd 
über den Zustand derselben, wie auch über 
manche andere damit zusammenhängende, 
nicht uninteressante Verhältnisse, ist das 
Buch selbst nachzulesen, das sich darüber 
«ehr ausführlich verbreitet. N.s Verfahren 
bey dem ganzen Geschäft der Organisation 
der Hufmusik ist musterhaft, und verdiente 
von Manchem , der in unser n' Tagen ähnli- 
che Versuche macht und — nichts zu Stan- 
de bringt, uachgeabmt zu werden. Be- 
kanntlich schrieb N. lür das dänische Thea- 
ter seinen Orpheus, der ebenfalls grossen 
Bey fall erhielt, und dessen treuliche Musik 
auch mehr bekannt seyn sollte, als sie es 
ist. Die Ursache von Letzterm entwickelt 
Hr. M. sehr treffend. Dass N. auch die 
glänzendsten Anerbietungen der dänischen 
Regierung ablehnte, um dem geliebten Va- 
terlande treu zu bleiben, das ihn weit we- 
niger belohnte, und wo man ihn nun, seit 
er die Augen schlcss, wenigstens in Dres- 
den, so weit mau kann, der Vergessenheit 
übergeben, zu wollen scheint — das ist schon 
oben erwähnt. Drollig genug ist die Anek- 
dote S. i55. Man gab in Kopenhagen N.s 
Cora , nnd der Hof schickte dem Komponi- 
sten eine Tabatiere zur Belohnung. Die 
Dresdner Accise wollte theilen, und ver- 
langte dreyssig Thaler Impost. N. fühlte 



März. 362 

«ich allerdings beleidigt, nnd bestand nun 
eben so fest darauf, nichts zu bezahlen, all 
die Accise, dreyssig Thaler zu bekommen. 
Endlich erklärte N. : „Accise gebe ich nicht; 
ich sende aber die Dose, von der Post ver- 
siegelt, an den danischen Hof zurück, bitte, 
dass man sie verkaufe und mir das Geld 
dafür sende , welches doch nicht auch ao- 
cisbar seyn wird. Zugleich las»' ich in alle 
Zeitungen setzen, wenn sich ein König oder 
Fürst elwa einfallen lassen sollte, (welcher 
Fall leicht möglich wäre,) mir ein Geschenk 
zn schicken, er es ja in baarem Gelde thue, 
weil man auf Ehrenzeichen hier unerhörte 
Accise lege. 41 Da ging's denn, und die. 
Dose wurde accisfrey gesprochen. — 

• 

Es ist vollkommen gegründet, was Hr: 
M. S. 157 sagt, und in der Folge sehr 
gründlich entwickelt, dass in und durch 
diese nicht - italien. Werke N.s Kigenthüm- 
lichkeit und Tiefe erst aus seinem Innern 
herausgebildet, und dass besonders, was 
Grosses und Edles in ihm lag^^nur durch sie 
geweckt, und nun für immer in'ihm gleichsam 
belästiget wurde. Auch als Mensch war er 
durch diese seine Laufbahn im Norden weit 
mehr gebildet, gekräfliget und selbslständig 
geworden, da er bis dahin » eine Folg« 
seiner frühern Schicksale — immer in ge- 
wisse Abhängigkeit von andern Menschen 
oder von Verhältnissen sich selbst begeben 
hatte. Nicht Stolz, aber nur Selbstgefühl, 
das seine Bescheidenheit nicht verdrängte, 
zeigte sich nun an ihm; doch ging dieses 
nicht selten , wie wir hinzusetzen dürfen , be- 
sonders in den spätem, kränklichem Jahren,' 
in ein gewisses , leicht erregbares Misbeha- 
gen bey kleinen Vorfällen, die ihm Ver- 
kennung, Harabsetzung zu verratheil schie- 
nen, über — auch wenn sie gewiss nur 
ihm dies tu verratben schienen. 

Verschiedene seiner Psalmen und geistl. - 
Kantaten schrieb N. für den damaligen Her«? 



Digitized by Google 



3 6 5 



1805. März. 



364 



jog von Meklenburg-Strelitz, einen eifrigen 
Freund und Uuleratützer der Kirchenmusik. 
Sie sind bekannt , haben viel Treffliches und 
fanden nicht nur den Beytall jenes Fürsten, 
sondern finden ihn auch noch überall, wo 
man sie zu hören bekömmt. 

Bekannter nnd sehr ehrenvoll sind die 
Auszeichnungen aller Art, die König Friedr. 
Wilhelm II. von Preussen N. zukommen 
liess. Er übergab ihm Hin. Himmel, und 
später Dem. Schmalz, zur musik. Ausbil- 
dung , trug ihm die Komposition der Medea 
auf, die dann. „ uhngeaehtet man sich viel»*. 
Muhe gegeben hitte, zwischen N. und der 
ersten Sängerin, 'der berühmten Todi, den 
Saarneu der Zwietracht auszustreuen, " " und 
ohngeachtet des — gär wunderlichen Ge- 
dichts des hekauuteu Hrn. Filistri, mit gro- 
aser und verdienter Auszeichnung aufgenom- 
men wurde. Der Kon<g achtete ihn nicht 
Dur als Künstler, sondern liebte ihn auch 
als biedern Mann. Kr trug ihm ferner die 
Kompusilion des Prolesilao auf, in welches 
kaum mitlelmässige Gedicht sich Reichardt 
und N. , wegen Kürze der Zeit, auf des 
Königs eigenen Vorschlag, so theillen. dass 
aie um die Akte loseten , wo denn R. den 
ersten, N. den zweyten bekam. Da sie 
ohne besondere Uebereinkunft schrieben, 
Und ihre Grundsätze, wie ihre Talente, so 
•ehr verschieden waren, konnte kein eigent- 
liches Ganze entstehen, sondern jeder Akt 
jat als ein solches für" sich bestehend änzu- 
sehn. Beyde Komponisten setzten hernach 
d <s ganze Stüek in Musik. Ueber die Anek- 
dote, Hrn. Reichardt betreffend, (S. io5 
folgg.) die von diesem selbst in seinem Kunat- 
magazin etwas abweichend erzählt wird, 
Wullen wir eben so wenig mitsprechen, als 
über die Aeusserungen Hrn. Meisners in Ab- 
•icht auf .gereizte Empfindlichkeit und Scheel- 
sucht * Berlinischer Künstler. 

Aus den vielen Arbeiten, die N. für 
ausländische Fürsten und ihre Theater lieferte, 



schliesse man aber nicht, dass er unter die- 
jenigen Musiker gehörte, die ihre schönsten 
Ki alte und beste Zeit darauf verwendet) , sich 
auswärts Jlühtn und Brlohnungeu zu erwer- 
ben, uud darüber verabsäumen oder mit 
den Resten ihres Geistes und ihrer Thätig- 
keit abfertigen, wozu aie zunächst berufen 
sind und wofür ihnen eine sichere Existenz 
gewähret wird. N. arbeitete viel und gut 
tu uud für Dresden, obsebou er überhaupt 
etwas langsam und nicht ohne beträchtliche 
Anstrengung, ja zuweilen, besonders in spä- 
tem Jahren, »ogar mit allzugrosst-r Besorg- 
lichkeit und ängstlicher Bedächtigkeit schrieb. 
Wir nennen nur diejenigen Werke, welche 
uns die vorzüglichst« 11 scheinen t Elisa, 
seine erste semi-seria, wo besonders die 
sentimentalen Parthieen vortielllich gelun^*n 
sind. D'S Gedicht ist nichts werth. Tulto 
per aruore ist der Elisa vielleicht im Can- 
aeu noch vorzuziehen. Interessanter, auch 
in Absicht auf das Gedicht, ist: La Dama 
Soldalu, von welcher wir ausführlicher ge- 
sprochen haben, als sie vor zwey Jahrt-n 
deutsch auf das hiesige Theater gebracht 
wuide. Auf ein gemischtes Publikum 
möchte wul diese Oper unter all* n neun, 
(üi* das Dresdner Ho 0 beater geschriebenen, 
die meiste und vorteilhafteste Wirkung her- 
vorbringen} für Gebildete und Kenner, die 
sich nicht blos hingeben , sondern denkend 
iu die Intentionen des Künstlers eingehen 
und ihnen folgen, acheint uns N.a letzte 
Open Aci e Galatea, (was man ehemala 
ein Schälei spiel nannte), von welcher bey 
ihrer ersten Erscheinung auf dem Dresdner 
Theater ebenfalls in diesen Blättern eine 
ausführliche uud gründliche Beurtheilung 
gegeben worden — die vorzüglichste zu 
seyo. Auch ist das Gedicht nicht ohne In- 
teresse und hat manche wahrhaft poetische 
und gut eingreifende, selbst den grossen 
Hänfen anziehende Situationen. Es kann 
unter die Merkmale aufgenommen werden» 
wie es eben jetzt um den Geschmack der 



Digitized by Google 



1805. März. 366 



365 

meisten Operndirektionen und de« Theils 
vom Publikum, auf weicht n sie zunächst 
•eben, stehe, das« mau diese Oper auch 
nirgends, ausser Dresden, gegeben, und sie 
auch dort, uach den ersten Aufführungen 
und N.a Tode, (wie alle aeiue Kompositio- 
nen, selbst die geistlichen) hat — ruhen 
lassen. — Naumanns Kompositionen für 
die Dresdner katholische Kirche, würfen 
aber ihn allein schon zu einem der ach- 
tuugswurdigslen Künstler der neuem Zeit 
macheu. Die churf. Hofkapelle besitzt sie- 
ben und zwanzig grosse Messen und neun 
od**r zehn Oratorien von N. , und besitzt 
die meisten ganz allein. Unter beyden (uu- 
•enn Unheil uach, vornehmlich unter den 
ersten) sind Meisterstücke, die ein ewiges 
Leben verdienen. Sehr wenige sind ausser 
Dresden brktout, Wo sie, wie gesagt, nun 
auüi nicht mehr gegeben werden. 

Unter den vielen kleinen Kompositionen, 
von denen Hr. Vi. ebenfalls mehrere anführt, 
scheint uns bemerkenswert!}, das» N. auch 
zwey Psalmen für die Herrnhulsche Brü- 
dri gemeine setzte, die, wie hier behauptet 
wini, (wir kennen sie nicht,) meisterhaft 
aind, und einer weitern Verbreitung aller« 
dinga Werth wären. — Harmonikaspielern 
wird es willkommen seyn, zu erfahren, dass 
N., der bekanntlich «ehr schön spielte, un- 
ter allen Instrumenten zur Begleitung der 
Harmonika keines passend fand, als — was 
von ihnen wol noch keiner versucht hat — 
die Laute. — lieber N.s trefLVche Kom- 
position d s Klopstokischeu Vater Unser, 
oder vielmehr über die Veranlassung dazu 
and die Geschichte desselben, ist von S. 279 
sehr ausführlich, aber, als sie zuerst in Dres- 
den erschien, auch in dieser Zeitung au ge- 
nügend gesprochen worden, als dass wir 
durch weitere Verbreitung darüber diesen, 
ohnehin langen Aufsalz verlängern dürften. 
Nnr der Wuns« Ii sey geäussert, dass eiue 
der Verlagshaudiungen , die die sehr rühm- 



liche Geneigtheit der jetzigen gebildetem Mu- 
sikfreunde, Partituren zu kauten, benutzen, 
doch auch dieses treffliche Werk N.s, daa 
von ihm jahrelang mit der allergrößten 
Sorgfalt bis iu seine kleinsten Theile gefeilt 
und vollendet wurde und das zugleich als 
die gründlichste aller seiner geistlichen Kom- 
positionen anzusehen ist, herausgeben möge! 
Ebeu jetzt, scheint es uns, wäre hieibey 
nichts zu wagen, und wahrscheinlich etwas 
zu gewinnen — wenn wir auch alles uner- 
wähnt lassen wollen, was einen wackeru 
Verleger denn doch auch von auderer Seite 
reizen sollte 1 

Von S. 3oo an betrachtet Hr. M. Nau- 
mannen nur als Menschen — das heiast 
von einer Seite, wo er ebenfalls die grösste 
Achtung verdient. Sem liebenswürdiger Cha- 
rakter überhaupt , su wie so viele bürgerli- 
che, häusliche uud geseilige Tugenden, die 
er besass, sind aber theils zu bekannt, theils 
von dem Verf. uud zum Theil von der Fiatl 
v. d. Kecke, so anziehend geaihildert, das« 
wir das Interesse dieser Kapitel nicht durch 
Auszuge schmälern wollen, zumal da in die- 
sen Blattern denn doch mehr vom Künst- 
ler die Rede seyn kanu. Jedem aber, der 
N. kennen lernen , oder sich überhaupt eines 
guten Meusrhen erfreuen, vielleicht auch 
sich von so vielen entgegengesetzten Erfah- 
rungen au andern berühmten Musikern er- 
holen und ein daraus nur allzuleicht sich 
gegen alle einschleichendes Voruilheil nie- 
derschlagen will — jedem solchen empfeh- 
len wir diese Kapitel zur eigenen Durch- 
sicht. Dass Hr. M. auch hier, ohne Nach- 
theil, ja zum Vortheil der Sache und der 
Darstellung, zuweilen etwas kürzer hälle 
seyu können , ist zwar einzugestehen » wer 
würde es aber dem, der vom Freunde 
zunächst für Freunde schreibt, hoch an- 
rechnen ? 

Was Herr M. gegen den Scheins dee 
Buchs über N.« Verdienste als Tuukunslicr 



Digitized by Google 



367 «805. 

nochmals in der Kürze zusammenlast, aey 
hier wiederholt und aas wahrer Ueberzeu- 
gung ohne Einschränkung uoterachrieben : 
(S. 580 »N« gehörte zu den ausgezeichnet- 
alen Tonkünstlern seiner Zeit uud uuaera 
Vaterlands ; zu der kleinen Zahl , durch wel- 
che Deulai bland dreist mit allen seinen 
Nachbarn wetteifern kann. Sey es, daas er 
nicht für den Urheber eines neuen Ge- 
sthmacka (wir würden das etwa ausdrücken: 
einer neuen Epoche der allgemeinen Kunst- 
geschichte, einer höhern Stufe der allgemei- 
nen Kunstbildung,) gelten kann; er war 
wenigstens ein thätiger Anhänger und Ver- 
breiter des ächten und wahren: zwar minoW 
originell, als vortrefflich, minder auffallend, 
als untadelhaft zn nennen. Wo er hinkam, 
erwarb er sich Beyfall und Ruhm durch 
eigene Kraft. Ohne Partheyhaupt zu seyn, 
genoss er die Achtung der widersprechend- 
sten Partheyen. Ohne der Mode zu fröh- 
neu, kam er selbst nie aus der Mode." — 
Aus dem, was Hr. M. in der Folge, gleich- 
sam als Kommentar zu Obigem giebt, nur 
einige einzelne Bemerkungen! Hasse, Han- 
del, Graun, Gluck und Haydn achtete N. 
am höchsten. Von den Werken des letz- 
tern waren ihm die sieben Worte .das 
Wertheste. Mit der Schöpfung war er 
weit weniger zufrieden (und musste es, nach 
seiner Ansicht, seyn! Aus eben dieser 
Ansiebt der Kunst, so wie aus dem Be- 
wusstseyn und starken Gefühl seiner eigenen 
Künstlerindividualitüt, konnte er auch Mo- 
zart zwar sehr hoch, aber doch nur als ge- 
nialischen Revolutionair , schätzen). Erhielt 
die Tonkunst für „eine Sprache der höhern, 
geheimem Natur und für eine kräftige Beför- 
dererin von Moralität und Tugend;" glaubte 
fest, dass durch sie „die Seele vom irdi- 
schen entfesselt, und mit den Vorgefühlen 
des Himmels und der Unsterblichkeit begei- 
stert werden könne.* Daher verlangte er 
auch, dass nur ein reiner Geist sich ihrem 
Dienste widmen solle; es kränkten ihn die 



März. 368 

Erfahrungen, die er vom Gegenlbeil an Ton- 
künsllern machte, tief; er hütrte sich seihst 
suigfällig vor jeder Entweihung seiner, ihm 
heiligen Kunst« Er erwartete bey seinen 
Arbeiten weniger vom ersten Wurf, uud 
gestand selbst, dass ihm , womit er selbst 
zufrieden seyn solle, Anstrengung und Aus- 
harren koste. Er war sehr empfänglich für 
die Schönheiten der Natur, uud benutzte 
ihre Eindrücke für seine Kunst. Als er x. 
B. in Gesellschaft eines Freundes auf der 
Schneekoppe in Schlesien die Sonne aufge- 
hen sähe, stellte sich seinem Geiste eius 
seiner kräftigsten und gelungensten Glorfa, 
selbst so detaillirt vor, dass er es sogleich, 
troz der Müdigkeit von der Wanderschaft, 
zu skitziren sich nicht enthalten konnte. 
Im Urtheil über die Arbeilen Anderer war 
er nie vorlaut oder unbescheiden, heuchelte 
aber auch nie ein Lob. Sich selbst über- 
si haute er nicht, obgleich ihm der, zuwei- 
len allerdings übet massige Weihrauch sei— 
uer Freunde leicht hätte den Kopf benebeln 
können. Er war stolz darauf, der „ Baueru- 
kuabe aus Blasewitz " zu seyn, und äusserte 
dies oft und gern. Er war — ' eine Folge 
des Drucks, unter welchem ihm seine frü- 
here Lebenszeit verfloss — nicht schnell 
mit seinem Vertrauen gegen Andere, aber 
desto treuer blieb er denen , die er einmal 
als Freunde bewährt gefunden hatte, und 
auch seine Delikatesse gegen diese war und 
blieb gross. Er besass Ehrgeiz, war aber 
ganz frey von Gewinnsucht } im Gegenlheil 
hat er stets Beweise einer edlen Mildthälig- 
keit, gegen Einzelne und gegen ganze Ge- 
sellschaften, gegeben. Strenge Oiduung in 
allem, selbst in seinen Vergnügungen , schien 
unentbehrlich zu seiner Existenz. Er ging 
mit Jedermann glimpflich und sanft um: nur 
in Musik- Proben, vornehmlich seiner eige- 
nen Werke, schien er ein ganz anderer — 
war leidenschaftlich, hitzig, selbst ungestüm' 
und hart. (Bey einer Probe aeines Prote- 
silao in Berlin, wo der König aelbst mit- 



3^9 1805. 

spielte und zwar Violoncell, rief er über- 
laut: Mehr preussisches Feuer! Ich höre 
die Basse nicht!) Gegen «eine Schüler war 
er streng: dennoch wusste er, neben der 
Scheu, ihre herzliche Liebe zu gewinnen. 

Ueber sein letztes trauriges Schicksal ist 
in diesen Blattern, gleich als es erfolgte, 
gesprochen worden, und zwar, der Sache 
selbst nach, ganz «o, wie es hier von einer 
Augenzeugin, der würdigen Frau von der 
Recke, erzahlt wird« 



Nachrichten. 



Berlin, den aasten Februar. Den i3ten 
gab der königl. Kammersanger und Schau- 
spieler, Herr Franz, im Konzertsaal des 
Nationaltheatera ein schon lange vorher an- 
gekündigtes Konzert, iu dem er selbst nur 
eine Sceue von Winter, Mad. Marchetti- 
Fantozzi aber eine Srene von Naumann und 
ein Rondo von Righini, beyde mit der von 
ihr bekannten Prüci&ion und Schönheit, sang. 
Herr Barmann spielte ein Klariuettkonzert 
seines Lehrers Bar, Herr Maurer ein Vio- 
linkonzert von Mestrino, und Hr. Westen- 
holz eine von ihm gesetzte sehr gefallige Po- 
lonaise für die Hoboe. 

. » . 

• Den i?ten gab der Schauspieler, Herr 
Arobrosch ein Konzert im Saal der grossen 
National- Mullerloge zu den drey Weltku- 
geln, in dem er selbst eine Arie von Ri- 
gbini und mit seiner Tochter ein Duett von 
Par sang. Eben diese Demois. Ambrosch 
spielte auch mit vieler Fertigkeit ein For- 
tepianokunzert von Mozart, und eine Sonate 
fürs Portepiano von Kreutzer mit obligater, 
von Hrn. Hetuiig gespielter Violin, der auch 
ein von ihm selbst gesetztes Violinkonzert 
spielte. Den Uten wurde unter Direktion j 



März. ^70 

I des Hrn. Kammermusikus Gürilich (da Hr. 
Kapellm. Himmel krank war) zum ersten- 
mal die Oper Medea von Naumann, mit 
dem Ballet: Das Urtheil des Paris, im kö- 
niglichen Opernhause gegeben. Die Oper 
selbst, eine der gelungensten Arbeilen des 
verewigten Naumann, ist zu bekannt, als 
dass ich ausführlich davon hier sprechen 
kann. Aber die trefflichen Dekorationen, 
die schönen in der Oper selbst vorkommen- 
den Tanze, (unter denen ohne allen Streit 
der, hinter Gaze vorgestellte Zauberspiegel, 
in dem Medeens künftiges Schicksal von der 
Sibille verkündet wird) und das noch vom 
vorjährigen Karneval her allbeliebte Ballet: das 
Urlheil des Paris, in dem die schönsten 
Tanze nach den lieblichsten Melodieen eines 
Haydn, Mehul, Pleyel u. a. mit der Pracht 
der Dekorationen wetteifern, gewahren einen 
seltnen, reizenden Genuas. 

* * 

Den i4ten wurden zum Benefiz für Mad. 
Müller zum erstenmal im National thealer 
zwey kleine nach dem Frauzös. bearbeitete 
Operetten gegeben. Die erste: Philipp und 
Georgette, Singspiel in einem Akt aus dem 
Franz. des Monvel, von A. W. Schlegel 
übersetzt. Musik von d'Alayrac. Das Ori- 
ginal hatte in Paris und auf dem franzöa. 
Theater zu Hamburg »ehr gefallen. Aber 
die geringe und sehr verbrauchte Handlung 
und die sehr miltelmassige Musik machten, 
das« die hiesige Darstellung nicht interes- 
sirte. Die zweyte: Die Heirath auf eine 
Stunde. Lustspiel in einem Akt mit Ge- 
sangen. Musik von d'Alayrac. Die inter- 
essantem Situationen uud die angenehmere 
Musik machten, dass das Stück sehr gefiel. Be- 
sonders interessirte das brav gearbeitete 
Quintett, wo alle Personen des Stücks treff- 
lich sangen; es waren Mad. Eunike, Mad. 
Müller, und die Herren Eunike, Gern uud 
Weizmann. — 

Gestern gab Hr. Hoffmann , Mitglied des 
churfurstl. Badenschen Hoflheateia iu Man- 



Digifl£ed by Google 



37' 



1805. März. 



372 



heim, den l'apageno in Mozarts Zauberflöle 
als Gastrolle, und wird ihn übermorgen wie- 
derholen. Sein Spiel geHel «ehr , der Leich- 
tigkeit wegen; auch »eine Stimme wegen 
ihrer Deutlichkeit. Allein diese ist nicht 
roll und stark, und jene« nicht komisch ge- 
nug , welche« zu dieser Rolle denn doch ein 
Hauplerfbrderois ist. 



Anxkdote N.- 



Folgende Bestrafung der blindeu und 
oft auch das wirklich Vorzügliche herunter- 
bringenden Nachahmerey, ist vielleicht pos- 
sierlich genug, um erzahlt zu werden. 

_ — brachte vor einiger Zeit als 
eifersüchtiger Ehemann unter tausend 
belustigenden Zügen auch den an» das« er 
auf ganz eigene Weise und blitzschnell den 
Chapeaubas aus der rechten Hand unter den 
linken Arm warf. Das ganze liaus musste 
hell auflachen über die« kleine Manövre. 
„Sollst« nachthun 1 * dachte sein armer 
Nachahmer, exerzierte da« Stückchen vor 
dem Spiegel, und bracht' e» an — Aber, 
indem er mit — —'s Hitze und Eil den 
Hut wirft, fliegt er hinten durch den Arm, 
hoch auf, und in die Kulisse. Man lacht 
den Herrn aus, statt das« man über seinen 
Spas« lachen sollte; aber das war noch nicht 
Strafe genug, sondern es erzahlt Einer an 

öffentlichem Ort, er habe parodiren 

und lächerlich machen wollen, habe absicht- 
lich gelhan, was wirklich Unglück war: und 
der arme Mann wird nun so grausam ver- 
folgt, dass ichs aus Mitleid nicht erzählen 
will. Drum dächt' ich, es sollte lieber jeder 



auf eigene, nicht fremde Hand klug, oder 
auch, kaun's nicht ander» seyn, albern thun ; 
in jenem Fall wird's doch wenigstens 
manchmal gescheid, in diesem aber im- 
mer albern. 



Ein Herr in Paria, der vor der Revo- 
lution l'erückenmacher gewesen war und 
während derselben durch mancberley saubere 
Stückchen sich ungeheures Geld verdient hatte, 
so dass er jetzt, als Mann von Stande, Ge- 
sellschaften halt, wo nur zurückgekehrte 
Emigranten traktirt werden, hoch spielt, 
«als grosser Herr sein kleines Haus in 
der Vorstadt hat," wie irgendwo stehet — : 
dieser ging vor 1 kurzem spazieren, und zwey 
beliebte,; junge Schauspieler, deren Einer jenes 
von ihm wusste, gingen denselben Weg. Dieser, 
durch possierliche Einfälle und lustige Strei- 
che bekannt genug, sagt zum andern: Was 
gilt die Welle, dem geb' ich einen Tritt 
vor den — — , ohne dass er's übel nimmt? — 
Bist du toll? sagt der andere, und will ihn 
abhalten. — Jener halt die Hand hin: Was 
gilt's? — Nun — so und so viel! — Ein 
Wort! — Er läuft, den Herrn einzuholen, 
applicirt den kräftigsten Sloss mit dem 
Kniee — der Herr wendet sich erschrok— 
ken und äusserst entrüstet' um — : wio vor 
Schrecken vernichtet, sagt der Schelm: Ah, 
bitte tausendmal um Verzeihung ! ich hielt 
Sie für den Herrn Grafen von . . . Beru- 
higen Sie sich: so 'was kann Einem begeg- 
nen! sagt der Herr, durch solches Ver- 
kennen geschmeichelt, und gehet lächelnd 
seiner Wege. 



(Hienu alt Bcylage Naumann'* Portrait und 'da» Intelligeosblatt No. VIII.) 



Limit, »*v Baaicsorr v ■ s Hlitu. 



Digitized by Google 



• 




y Google 



Digitized by Google 



INTELLIGENZ - BLATT 
zur Allgemeinen Musikalischen Zeitung. 



März. 



Ni. VUL 



1805. 



Heue Musikalien im Verlage von Brtitkopf und 
Härtel in Leipzig. 



äfnd,I, c. F., Oratorium: Empfindungen am Gra- 
be Jesu. Partitur, a Thlr. 

Mo«.rt W. G., Hymne: Gottheit, dir sey Prei. 
und Ehre etc. f. 4 Singst, mit ßeglcit. de. Or- 
chesters. Partitur. No. 3. 1 Thlr. 8 Gr. 

— — Lob der Freundschaft. Partitur. 1 Thlr. 
Zumsteeg, J.R., Kanlate No. 11 : Eh ich dita roll- 

endet etc. Partitur. 8 Gr. 

"~.-.T d ° „ No - ,s - Brii «'"-. Schwestern, die ihr 
stille etc. Partitur. la Gr. 

~v ~. N °* ™ * Cy dem G °"« Zeb.oth. 

Partitur. 1 Thlr. 

— — No. ,4. Unendlicher I Gott unser Herr. 
Partitur. 1a. Gr. 

w< Vi* HtiU&t heiliß « heiu «' «•« 

Partitur. 18 Gr. 

— — No. 16. Kyrie eleison, väterlich sieh Tom 
Thron. Partitur. 8 Gr. 

— — No. 17. Lernt im dunkeln Erdenthaie. 
Partitur 8 Gr. 

Heine, F., Klopstocla Auferstehungsgesang , für 4 
Singst, mit Begl. d. Orch. Part. 8 Gr. 

bischer, A. G. , 4 Motetten und 4 Arien für Sin- 
gechöre. 16 Gr. 



Mozart, W. G., Art., No. t: (Mia sperauaa). Die 
Orchester -Stimmen. ja Gr. 

— — do Arle: (Per pieta, non ricercate). Kla- 
nerausaug. No. 8, 8 Gr. ' 

"rnZJ**- f'K T rauM " h dich 

(Mratre t> la*cio>. No. 9, 1» Gr. 

d ° A "' : Nein ' Trette dirf nJch « w»nken, 
INö , ca. noo .«i cep.ee). No. ,0. 8 Or. 



Moiart, \V. G., Scene : Ach, was verbrach (Ma, 
ehe »i fece). No. 11. 8 Gr. 

— — Arie: Lais Geliebter, las* mich fAl desio 
di chi). No. „. 8 Cr. 

Orlando, Komisches Duett: Eben sagte mir Nan- 
nette. mit Begl. des Pisnof. 8 Gr. 

Wen dt, A. , Lieder ron Göthc mit Begleitung des 
Klaviers. 16 Gr. 

Wölfl, Arie aus der Oper: Die romanhafte Liebe 
No. 1. 4 Gr. 

Winter, P., Drey Kantatinen (ital. n. deutsch) mit 
Begl. des Pianof. Op. i5. 1 Thlr. 

— — 9 Cansouetten (ital. u. deutsch) mit Begl. 
d. Pianof. Op. 16. 1 Thlr. 

— — 6 Causonetten , 1 Duett , 1 Terzett , 1 Quar- 
te« (ital. u. deutsch) mit Begleitung des Pianof. 
Op. 17. 16 Gr. 

Zumsteeg, J. R. , Johanuens Lebewohl, mit Begl. 
d. Pianof. 3 Gr. 

Riem, W. F., Gesänge mjt Beglcit. des Pianof. 

Op. 8. 16 Gr. 
Ferrari, J. G. , Sei Canoni s tre roci coli' ace. 

di Pianof. 8 Gr. 



Härder, Lieder ?. Reichard und Righini mit Eegl. 

der Gukarre. 8 Gr. 
— — Gesänge mit Begl. d. Gnit. Op. 8. u Cr. 

Zumsteeg^ Gesänge mit Begleit, der GuiUrre arr. 
r. Härder. Zweytes Heft. 1a Gr. 



Violoncelle. Op. 4- 



Kraft, A., Concerto 
Lir. 1. » Thlr. 

Rode, huitieme Conc. p. Violoo avee aecomp. de 
POrchestre. Op. ia. 1 Thlr. 8 Gr. 

~" "~ A,r «"< P- Viol. princ. a». aecomp. de 
I'Oxch. Op. ,3. 16 Gr. 



Digitized by Google 



5i — 

Rod., Qnatoor T . a Viel., Viol« et Violoncelle. 

Op. ii- »6 Gr. 
Demi. F., 3 Quatuor» p. a Viol., VioU et Vcelle. 
Op. ig. » TMr i? Gr. 

«» Cone. p. FlAte princ. Op. So. l Th!r. ia Gr. 

do do do Op. 3i. i Thlr. i? Gr. 

Scbwe 6 ler. 3 Üuo» p. a Flutea. Op. 3. »G Gr. , 
Schneider, G. A., Etu.le de Flute « 5 Duo» conc. 
bemolliae*. Op. 38. »6 Gl. 

, 3 Duo« p. 2 Basion«. Op. ao. l Thlr. 



pour le ritnof.. per 



Bach, J. S., Choralvorspiele. 3r Heft. »C Gr. 
Cimaroaa, Our. a. d. Op. Ii matrimonio per rag- 

giro , (die Heurath durch Li»t) f. Klav. 4 Gr. ■ 
Conrad, J. C.. ia leicht. Vor.pi.le f. Aofioger 

im Orgehpiele. ar Heft. 6 Gr. 
Dn.aek, J. L. , 6 nouv. Walava p. le Pianof. av. 

Viol. et Flute ad üb. & Gr. 
Ha jdn, J. , (nourelle) Sonate p. Clav. Op. 9 3. 8 Gr. 
Laude, F. L., 3 Sonate, p. L Piwot Op. 19. 

1 Thlr. 8 Gr. 
Moaart, Cooe.rtoa p. le Pianof. No. 19 und ao. 

Prinumerationapr. 1 Thl. Ladenpr. a Thlr. 
Kuller, A. E. , Uebungaatücke f. das Pianof. mit 

Torgeaeichneter Fingeraetaung. Er.ler Heft. 16 Gr. 
Niile, J. F., Trio p. Pianof., Viola et Vlle. 1 Thlr. 
Riem, W. F.. Quatnor p. Pianof., 3 Alto« et Vlle. 

Op. 8. > Thlr. 
Schlott, 3., a Sonata» p. Harmonica. 1a Gr. 
Schneider,, F. 3 Sonatea p. lo Pianof. Op. 1. 

1 Thlr. 8 Gr. 
Wöl". J., deuaiime Coneerto poor le Pianoforte. 

Op. a6. a Thlr. 
_ _ Fantalaie et Fugue p. le Pianof. Op. »8. 8 Gr. 



ITtue Musikalitn von verschiedenen Verlegern, 
Wiche bey Brätkopf und Härtel zu haben *ind. 



Sa 

Pleyel, J., 3 Sonatea p. le Pianof., le» 

»v. acc. de Viol. et Vlle, ad. lib, et la troiaieme 
a 4 maiua. Op. 6<j. a Thlr. 6 Cr. 

Repertoire dea Clavicini.tea : 
No. 10. cont«n.nt 3 Sor 
Clementi. 2 Thlr. 
No. 11. conl. a Sonate» p. le Pianof, P" L. tJb 

BeethoTen. a Thlr. 
No. 1a. cont. x Sonate precedee d'une Introduktion 

et Fugue p. le Pianof. p. J. Wölfl, a Thlr. 
No. i3. cont. Variation, et Roodeaua P . le Pianof. 
par F. Pollini, 3 Thlr. 
Riottc, P. J., 3 Sonatia'e. poar le Pimofort. 
Op. a. >6 Gr. 

_ 8 Variat. p. le Pianof. No. a. ia Cr. 
__. 9 Variat. p. le Piano. No. 4. 16 Gr. 

_ 8 Variat. P . le Pianof. No. 5. >a Gr 

Damenalmen.ch am Klav. Dritte. Heft, t Thlr. 
Kinder.piele am Klav. Zwreytca Heft, i8 Gr. 
Marchea do Conronnement da Napoleon arrang. pour 

le Pianof. 8 Gr. 
do do p. le Pianof. arr. a 4 matn«. n Cr. 

6 petite» Piece, f.c. P . le Cl.vecin Liv. t 8 Gr. 
Uoieldieu, A., Walae. p. le Piauof. er. Tri.» 6 U: 

1 Thlr 4 Gr. 
Wittaaek, J., 6 Menuette, p. le Pianof. 8 Gr. 
Zeaner, Ch., Air de !• Op. : Zoniao et Zulnar. 8 Gr. 
Vannhal, J., 14 Variationen aus Molinare : Nel eo; 

piü non mi aento, per il Pianof. 10 Gr. 
Gyrowet«, 6 Pr.lude* fac. p. lc Pianof. 8 Gr. 
Gelinek, Variationa P . le Pianof. *ur une Romane« 

de BoioUUeu. la Gr. 
Eberl, A. , ta Menuetten f. Pianof. 12 Gr. 

,1 deutsche Tänze f. Pianof. 14 Gr. 

, _ Gr. Sonate p. le Pianof. Op.27. j Thl. 4 Cr. 

T. Beethoven, L. , Lied mit Veränderungen an i 
HänOam No. 17. iß Gr. 



Hanf, F., Sonate ». P-nof. .t. tec. de Viol. et 
Vlle. Op. 3. Liv. 1. 1 Thlr. 8 Gr. 



(Wird fortgeseit.) 



Litmo, nt"BintKOit. HX»t»i. 



Digitized by "Google 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 13^ März. N=. 24* 



1805, 



Recbhsxos. 



Harmonia oder das Reich der Tone , ein mu- 
sikalisches Gedicht von Christian Schreiber. 
Leipzig, bey Breitkopf und Härtel. i8o5. 
(Pr. 16 Gr.) 

Wenn sich die Poesie des menschlichen 
Geistes in irgend einem bisher noch wenig 
benutzten Felde zeigt, so ist es allerdings 
das Gcs hallt der Theorie, den neuen Gang, 
welchen derselbe nimmt, su beobachten. 
Allein es gehören gewöhnlich mehrere dich- 
terische Versuche Einer Galtung dazu, eh 
»ich theoretisch beslimmeu lässt, sowol was 
in einzelnen Fallen geleistet worden, als 
auch überhaupt, was hätte geleistet werden 
sollen. Su schwer es auf der einen Seite ' 
für den Dichter ist, der eine noch wenig 
belrelne Bahn geht, seine Tendenz — wenn 
man diese modische Kuustsphrase noch brau- 
chen darf — bestimmt auszusprechen ; so sel- 
ten kann es danu andrerseits dem Theoretiker 
gelingen, von der Arbeit des Dichters ciue 
genügende Metdung zu thun. Der soust 
schon rühmlich bekannte Verfasser dieser 
Uarmonia scheint die Schwierigkeit des 
ersten Falls gefühlt zu haben, da er das 
Gedicht seihst einen Versuch nennt. Und 
eben so aufrichtig gesteht Ree, dass er die 
Schwierigkeit des zweyten Falls empfinde. 
Er glaubt nicht kürzer und deutlicher an- 
geben su können, was Uarmonia dem 
Pu blikum x u bringen scheine, als wenn er 



die drej Gedichte, aus denen sie besteht, 
einige glückliche Skizzen zu einem 
Lehrgedichte über die Musik, nennt. 

Schon jedes poetische Produkt, da es 
einen musikalischen Theil hat oder wenig- 
stens haben soll, kann in dieser Rücksicht 
ein Gesichtspunkt für unsre Zeitung wer- 
den , um wie viel mehr rauss uns ein dich- 
terisches Werk interessant seyn, das die 
Musik selbst zum Gegenstände hat, und' die 
zwey leider zu sehr von einander getrenn« 
ten Künste — sey es auch nur auf didak- 
tischem Wege — wieder in eioe nähere 
Verbindung zu bringen sucht. Herr Schrei- 
ber nennt, vermuthlich um diese Absicht 
anzudeuten, Harmonia ein musikali- 
sches Gedicht. Ohne gerade pedantisch 
über Worte zu rechten, musa jedoch die 
Kritik diesen Ausdruck in Anspruch neh- 
men, der dem Leser einen falschen Gesichts- 
punkt giebt. Nur das küizere lyrische Schluss- 
gedicht ist seiner . Natur nach melodisch, 
und möchte die Bestimmung haben, mit Mu- 
sik, als Kantate, verbunden zu werden. Der 
übrige Theil ist didaktisch, entfeint sich 
vielleicht hier und da nur zu sehr von den Ge- 
setzen des Wohllauts und kann also wol 
eben so wenig musikalisch heissen, als 
ein Lehrgedicht ü!>er die Medizin ein medi- 
zinisches. Die Trias, aus der Harmo- 
nia besteht, führt folgende lieber Schriften» 
1) Geist der Töne, a) das Reich der Töne, 
5) Feyer der Töne. Das erste Stück kann, 
als eine Hymne auf den Genius der Mu- 
sik, auf die Uikraft und Unsterblichkeit der 



Digitized by Google 



375 



1805. 



März. 



376 



Töne, dem Ganzen zu einer lyrischen Ein- 
leitung dienen. Es hat einige glückliche 
Strophen, z. B. 

r.mpfiuJung i*ts , wu neugeboren 

Dein lliiu.ncUodeui angeregt, 
In Traum und Phantasie verloren 

Steht selbst das kalte Her« bewegt. 
Das leere füllt si-h mit Gestalten, 

Was nimmer sprach wird Laut und Ton, 
Und in dein Aufdruck hoher Lieder 
Steigt Kraft und Schönheit bildend nieder. 

Denn achreitend durch den Raum der Sterne 

Zu de» Olyrapo» Sonnenbahn 
Knüpft sie in uaermessner Ferne 

Dt* schöne Land der Geiiter an. 
Wohin sie naht, entströmt da* Leben 

Den reichen Adern der Natur, 
Und jubelnd alhmcn lautend Zungen 
Von de« Gesäuges Glut durchdrungen. 

Im Ganzen genommen ist abftr der Stil 
in diesem Gedichte etwas gezwungen und 
gesucht. Z. B. gleich anfangs: Die Horc. 
die ihre« Siegel« ernste Machte am Sar- 
kophage der Nalur auf die Spur der 
Vor weit drückt, die Götterkraft, die — 
leia* entfaltet, ein Zephirhauch auf'fetn- 
pes Flur, dem Adel der Natur treu bleibt. 
Hier sind der Tropen zu viele bunt unter 
einander gemischt Dies setzt die Einbil- 
dungskraft in eine unförmliche Bewegung, 
welche bey der Schönheit des Hauptgedan- 
kens unnütz, ja wol gar für den Totalein- 
druck schädlich wird. Schillers Künstler, 
an die man hierbey zuweilen erinnert wird, 
drücken ahnliche didaktische Ideen weit ein- 
facher aus. Auch stösst man in einem Ge- 
dicht zum Lobe des Wohllauts ungern auf 
Reime, wie Oede, Rede, Schlacht- 
trommete, Rede, Götter frieden, VVü- 
then, Wesen, lösen, zumal in d«?n weih- 
licheu Distichen am Ende der Stanze, wo 
der meiste Accent liegt. 

Das zweyte Stück, das auf dieses ly- 
rische Fiontispis folgt, Das Reich der 



Töne betitelt, inuss als das Hauptgebäude 
des ganzeu didaktischen Werks augesehn 
werden. Es ist in Hexametern, besteht aus 
drey Gesungen und hat v.elc glänzende und 
originelle Stellen. Die ldeenreihe i«t fol- 
gende : 

Erster Gesang. Anruf der Musik 
als einer Göttin und Beschreibung ihrer 
Macht, feyerlich, wie Lucrei die Macht der 
Venus beschreibt. 

Alles neiget »ich dir, und deiner Ank u n ft entgrgcu, 

Kussend den heiliget. Stab, mit dem du I'elieu 

* 

durch bebest u. a. w. 

Dann giebt der Dichter seinen Inhalt an. 
Er will singen das Reich der Töne 

das dem stummen Gedanken 
Leben und Sprache giebt und mit unondli< !.eu Krizen 
Nach den GeseUvu dir Kunst sich luiinl in des 
Genius Händen. 

Jetzt wird ein metaphysischer Salz aufge- 
stellt, der die Zweckmässigkeit der Töne, 
durch die alles erst Bedeutung erhält, «ehr 
fein und poetisch andeutet: 

Im ätherischen Raum, dem Auge trügend rer- 
schioisen, 

Wohnt der tönende Schall, der UrkUng jeder 
Bewegung. 

Ueberall leise verbreitet sind seiue zarten Gewebe 
Durch das Reich der Natur, dass keine Leruhrung 
der Formen 

Unbcrnerkbar entschlüpft in die schweigende Nacht 
dos Vergangnen. 

Alles ist Musik im Weltall, oder wird 
mit Musik begleitet. Die« wird durch in- 
dividuelle Bilder anschaulich gemacht. — 
Dann geht der Dichter auf die eigeullich« 
Kunst der Musik über, die in dem Chaos 
der Töne zuerst Ordnung schuf: 

•s wurdo der sanfte Laut von den 
starken geschieden 

Und die Höh" *on der Tiefe, dass jede* im lieb- 
lichen Wechsel 

Und mit eigner Gewalt der rufenden CÖttin sich 
«eige. — 



Digitized by CjOOQle 



377 



1805. März. 



37S 



Die diatonische Skale, das Gesetz des 
Dreyklarigs, das Verbot der Quinte, chro- 
matische, enhainaom'sche Leiter — der Takt 
(warum ist hier dir Rhythmus übergangen, 
die freygeschwungene Gesttll, weiche die 
Zeitrcilie annimmt, der Hauptzauber, die 
reiue Zeichnung der Musik, da der Takt 
nur das bestimmte Glcichmaas augiebt?) wer- 
den als eine Erfindung der Göttin angeführt. 
Hierauf folgt in einer angenehmen Episode 
die Geschichte Paus und der Flöte — Dann 
schildert der Dichlor die unendliche Wirk- 
samkeit der Musik auf das mens, bliebe Herz 
mit aller Warme seines bekannten Enthu- 
siasmus für diese Kunst. Die Geschichte 
von Orpheus und Euridicc, die hier folgt, 
gebort freylich vor allen hierher und hat 
eiuige interessante Zöge. Nur Schade, dass 
mau es dabey nicht vergessen kann, wie 
sehr Virgil dur« h die Bearbeitung derselben 
die Gewalt der Mu.-ik bewiesen hat. Doch 
der Dichter kehrt zu allgemeinen Betrach- 
tungen zurück, deren poetischer Ausdruck 
ihm allerdings besser gelingt: 



Grost ist der Töne Gewalt, in ihren feurigen 
Strömen 

Schmilzt da« glühende Hers, wie Wach« in den 

Händen de« Bildners. 



Auf dem Leben der Nerve liegt eng verschwi- 

«teit die Freude 

Neben dem zärtlichen Gram, and wio im wandeln- 
den Leben 

Mit der Blüthe die Frucht, da* Lieht sich wech- 

»ott mit Schatten, 
" Also aebwebet auf Dur and Holl der Fing dea 

Gesänge«, 

Frey , wie daa waltende Schick*«! , 'daa ewig zeu- 
gend au« Grabern 

Blumen entlockt. . . . 

Jetzt wird der Charakter des Adagio und 
Allegro angegeben. Hierauf kömmt der 
Dichter auf den Gedanken , dass die Musik 
neben der Empfindung auch die Gestalt der 
Natur ausdrücke, und idealisire: 



Denn farbtoa iit das Cewebe 
Der chaotischen Macht, verworrene Kräfte ver- 
mischen 

Sich in wechselnder Form und wideratrebendc 

Stoffe 

Reitsen »ich gshrend los zu ordnnngslceren Ge- 
stalten. 

Aber waa dem Begriff, dein Gedanken ewig ge- 
schlummert, 

Stelleu die Töne dar in ihrer unendlichen Fügung, 
Denn in ihnen erscheint die regellose Verwirrung 
Todter Kriftel die Schwere liegt auf tiefen Ak- 
korden , 

Bisconirend entsteiget und sinkt der Kampf der 

Naturen 

Und durch chromatische Ginge wälzt «ich die trä- 
ge Bewegung 



Wer wird sich bey folgender Stelle nicht 
mit Vergnügen an Haydn's Ouvertüre zur 
Schöpfung erinnern, was auch manche, be- 
sonders französische Kritiker wider dieselbe 
haben einwenden wollen? 

Bald ordnet der Zufall 
Ein melodische« Bild, bald reitst es der Strom 

von einander, 
Der sich flutend verliert in schweren Gewichte« 

der Meise. 

Jetzt auf dem Rauschen der Wasser erhebt sieb die 

Stimme der Gottheit, 
verstummt f sie gebeut: ea werde 
Licht .... 



Der erste Gesang 
schönen Wunsche: 



O könnt ich in deinen 
Heitern Gefilden vergehn, und auf dem sterben- 
den Od>m 

Dea entfliehenden Tons in schönere Fluren eut- 

achweben, 

Die ein strenges Geschick von unserem Hoffen ge- 
schieden. 

Dürft ich das bleiche Bild de« kommenden Todes 

nicht «eben, 

Und ein reiner Akkord, im Ruhepunkte de« Daseyn« 
Sanft verschwinden su heiligen SchaUen entfernte- 
rer Tage. 



Digitized by Google 



379 »8°5- 

Wie gut hatte der Gesang hier geendet ! 
Die noch folgenden sechs Verse enthalten 
nichts, was nicht dunkel schon in den vori- 
gen gesagt wäre. Das lichte Bild der Auf- 
erstehung, welches sie darstellen, giebt lan- 
ge kein so poetisches Gefühl, als der Ru- 
hepunkt des Daseyns und die Schatten 
entfernterer Tage. So selten gelingt es 
den Dichtern auf eine Art zu schüessen, 
welche den Totaleindruck nicht wieder 
schwächt! 

Im Anfange des zweyten Gesanges 
verspricht uns der Dichter den Geist in die 
verborgenen Tiefen der musikalischen Kräfte 
zu fuhren, und die Bildung der Töne in den 
einzelnen sterblichen Formen zu zeigen. 
Doch nur bey dem letztern hält er sich auf. 

— in» Reich der Natur vermag der Geist 
nicht su wirken, 
Wenn nicht irdische. Kraft ihn bewegt, nnd leer 

und gestaltlos 
Steht der ewige Reim der reinen geistigen Psyche 
Ohne die sterbliche Form , die wie eiu magischer 

Spiegel 

Phänomene haacht, und dem innern A,ugc »ic 

darstellt. 

Dies führt den Dichter auf die ver- 
schiedenen Instrumente. Die Schwierigkeit, 
eine technische Beschreibung derselben poe- 
tisch auszudrücken, ist zum Theil glücklich 
tiberwunden. Erst beschreibt er das musi- 
kalische Wesen der Viblone (oder Vio- 
line) — hierauf die Laute: 

Oft wenn über die Rosen der Abondschlcier ge- 

t unken ., 

Und die achweigende Nacht die atilleo Haine ver- 
hüllte, 

Fand die Mitternacht noch mich deine Stilen 

durchirren, 

Süsse Laute, du riefst in deine Weisen die 
Schwermuth, 

Die mir die Seele verschlos«, du gabst mir trö- 

stendo Ruhe, 

Wenn mit GIgantcnscbritt in die Gefilde des 

Lebens 



lärz. 3S0 

Ernst das Schicktal trat und meiner Hoünuagei: 

schönste 

In den eiieruen Händen zerschellt' — dann rieht 

du den süssen 

Namen der Liebe zurück , den laugst die Lüfte 

verwehet, 

Längst die Erde gefesselt hielt in Urnen des Todei, 

So schön und passend hier das Bild — 
die blasse Gestalt der vergangenen Liebe — 
mit der Laute verbunden ist, so unzurei- 
chend ist dagegen in den folgenden Venen 
der romantische Charakter der G ui I a r re, 
und der feyerliche der Harfe, geschildert. 
Besonders hätte die Harfe, die uns au den 
Psaltnislcn und an Ossian erinnert, es wol 
verdient, mehr herausgehoben zu werden. — 
Klavier, Fortepiauo — Harmonika 
erhalten den Preis, der ihnen gebührt, be- 
sonders die letztere: 

Den Räumen entrückt ist die erhobene Seele 
Und unendlich liegt es vor ihr in foyciuder Stille, 
Der verschwiegenen N.clit. Und auf der Leiter 

der Töne 

Steigen Engel herab in stiller heiliger Klarheit, 
Mit der ätherischen Hsnd die ürudererde zu famen. 

Einen guten Konirast macht damit die 
Schilderung der melallncn Blasinstrumente 
und überhaupt der kriegerischen Musik, wo- 
bey in einer Episode Jasons Fahrt auf der 
musikalischen Argo erwähnt wird. — Die 
Posaune: 

Erde füllend und Meer nnd den «lies wöl- 
benden Himmel 

erinnert an Sinai und das Feld der Aufer- 
stehung. Die sanfte Flöte hatte vielleicht 
noch mehr Gelegenheit zu heilern, arkadi- 
schen Bildern geben können. — Der hellere 
schneidende Ton derUoboe, das verwandle 
sauflere Fagott und die Kl ar in e Ue sind 
nicht vergessen. Das Jagdhorn lässt ap 
den Wald im Morgenlicht und au die freu- 
dige Mordlust der Jäger, die Janitscha- 
renmusik an Scenen des Schiachtfelds 
denken. Aber: 



Digitized by Google 



38i 1805. 

Welch erhabener Ban ron dickten Stolen geregelt 
Stellt dem Auge süh dar iu mojesiätischer Ordnung? 

Die Beschreibung der majestätischen Or- 
gel, welche alle Töne zu Itühern ilarmo- 
uieen vereinigt, ist dem Dichter vorzüglich 
geglückt, besonders die Geschichte der hei- 
ligen Cacilia, mit welcher dieser Gesang 
sihliesst. 

Der dritte Gesang beginnt mit einer 
Betrachtung über das Grundgesetz der 
Harmonie: 

Tief verborgen iu jeglichem Seyn, in jeglichem Leben 
Waltet der ewige Grund, der alle« mit Liebe 

geschaffen. 

Für einen didaktischen Dichter treibt 
sich der Verfasser hier freylich ein wenig 
zu sehr — in völlig unbestimmten Begrif- 
fen herum, kommt wieder auf den Takt, 
Wohllaut, und dann auf die menschliche 
Stimme, welche die Musik begleitet: 

Auf dem zitternden Ton Dient die erhabene Sprache 
Wie auf Blüthen der Thau — die Worte werden 

zu Bildern, 

Und die Empfindung Tcrcint »ich dem Krciae »til- 
ler Gedanken, 

Hier wird die Geschichte Arions und 
Terpanders eingewebt und das Ganze schliesst 
mit eiuem Liede der Polyhymuia zum Preise 
der Tonkunst; aus dem wir nur noch fol- 
gende vorzügliche Stelle anführen wollen: 

Föbo» Fügte auerst den Bund harmoni- 
achcr Kräfte, 

TJod mit der Töne Gewalt entzückt' er den hohen 

Olympus. 

Kimmer achwiegen fortan im Göttersaale die Tone. 

Ewig »trömend entOoss aua der Begeisterung Qnelleri 
, Ihre milde Gewalt, und erhob die himmlischen Herzen. 
, Seiner leuchtenden Hand entlegte Chronoa Erzeugter 

Die verzehrende (Jlut , uud mit melodischem Flügel 

Schlug su Füssen des Throns der Adler mil- 
dere Lüfte — 
v . ' ' ' \ . • 

Schon aus diesem kurzen Auszuge wird 
man ersehn, dass das -Gedicht auf der 
einen Seite eben so reich an interessan- 
ten Stellen ist, als es ihm andrer Seits an 
Plan felilL Der Mangel an Ordnung in 



März. 382 

der Ideenreihe, die allzugrosse Unbestimmt- 
heit der Begriffe und Bilder macht die Le- 
sung desselben schwer, die auch nicht ein- 
mal durch das Zeichen eines Absatzes, bey 
den immer fortgehenden Versen , unterstützt 
wird. Der Dichter scheint sich sein Ziel 
selbst nicht fest genug gesteckt zu haben. 
So schwankt er zwischen einer Hymne auf 
die Musik, zwischen einer blossen Beschrei- 
bung ihrer mannichfalligen Wirkungen und 
äussern Apparate, und zwischen dem eigent- 
lichen Lehrgedicht. Als Hymnus, im alt- 
griechischen Sinne, ist das Gedicht nicht sym- 
bolisch , nicht intlividualisirend genug; als 
blos beschreibendes Gedicht, das nur die 
Einbildungskraft unterhalten soll, ist es zu 
lang, uud die Bilder gelin ohne Einheit mit 
verschwimmenden G ranzen zu bunt durch 
einander. Ueberhaupl scheint die Musik 
kein Gegenstand für die fortgehende, formli- 
che Beschreibung, weil sie nichts aubstan- 
zielles ist, das in der Zeit als ein ganzes, 
bestimmtes Objekt beharrte. Es bleibt also 
nichts übrig, als diese drey Gesäuge wie ein 
didaktisches Ganze anzusehn. Allein, wenn 
wir diesen Standpunkt nehmen , vermissen 
wir den regelmässigen Plan des. Systems, 
der bey aller künstlichen Unordnung und 
Verstecktheit doch ganz vorhanden seyn 
muss, und von den besten didaktischen 
Dichtern beobachtet wird. Bey alle den ein- 
zelnen glücklichen Betrachtungen, die hier 
wie Winke hingeworfen oder wie einzelne 
synthetische Sätze aufgestellt werden, be- 
kommt doch der Versland kein Licht über 
den Zusammenhang der Begriffe, uud sieht 
analytisch weder das Verbältuis der Mu- 
sik zur Natur, noch zu den menschlichen 
Seelenkräften genugsam ein. Er wird also 
nicht interessirt uud seine Operationen nicht 
hinlänglich idealisirt, welches doch bey 
einem didaktischen .Gedicht der l'all seyn 
soll. Freylich kann ein didaktisches Ge- 
dicht über das Weseu der Musik nicht eher 
möglich seyn, bis auch die Aeslhelik weit 



Digitized by Google 



353 



März. 



384 



genug seyn wird, das was in der Musik 
eigentlich schone Kunst ist, uud unsein 
hinein Naturanlagen korrespoudirt, bealimml 
anzugeben — eine Sache, die bey dem 
schneidenden Kontraste unsrer bald zu bür- 
gerlichen, bald zu adlichen Aeslhetiken noch 
im weilen Felde zu seyn scheint, weun 
nicht ein didiktisrher Dichter — als Er- 
finder in der Theorie und in der Poesie zu- 
gleich — dazwischen tritt und Versöhnung 
stillet. Herr Schreiber wird vielleicht bey 
Ausführung und Bearbeitung dieser Skizzen 
dahin gelangen, das Grundprinzip zum Pla- 
ne eines Werks der Art zu finden. Daun 
werden wir uns herzlich freuen, ein di- 
daktisches Gedicht über einen Gegen- 
stand zu erhalten, der unsers Wissens noch 
von keinem bedeutenden Dichter, wenigstens 
von keinem deutschen, bearbeitet worden ist; 
über einen Gegenstand, der recht bearbeitet, 
an poetischem Interesse die meisten andern 
der didaktischen Poesie unendlich weit hin- 
ter sich zurück lassen muss , weil er, wenn 
man sich auch nicht in Tartinische SchwSr- 
mereyen dabey verlieren wollte, doch in 
die innersten Tiefen der Seele dringt. Ohne 
Zweifel wird der Verfasser alsdann dunh 
seinen Stoff angezogen, auch mehr Sorgfalt 
auf den aussei n Ausdruck — auf Prosodie 
und Bau des Hexameters wenden , welches 
bey einem Gedichte über die Musik billig 
um so ifjehr verlangt werden kann. So 
viel sich auch Poesie des Stils in den drey 
Gesängen findet, so giebt es doch auch viele 
ganz matte Stellen. Ueber die terminos 
techuicos entschuldigt sich der Verf. in dem 
Vorbericht, und man kann sie ihm zuwei- 
len nachlassen. Nor kommt freylich alles 
auf die Stellung der Worte an. Ein Vers, 
wie der S. 26 z 

Milchte dt* Dur mit dem Moll, da« Forte 

mit dem t'iano 

wird nie gefallen können. Auch möchte 
gewiss jeder bey den leisen Nuancen der 



Freude S. 68, bey dem sonorischen Ton 
S. los und mehrmals, in aller Angst naih 
dem Catnpe'scheu Wörterbucbe gl eilen. Oft 
ist der Stil des Verf. zu prosaisch und ab- 
strakt, z. B. S. 5y: 

Völlige Harmonie uud nuunichfiltige Weites — 
Alle» ist Leben und Kr»H (S. ü ,.) 
Wiid ihm die Wahrheit groia uud der Meaicb- 
heit Streben unendlich (S. 107.) 
Dald am niedere Staube thicrisch Liebt (.■». *..) 

(von der Seele) 
Neige den Blick dem Singer gnädig hernieder 
S. 14 (in der Anrede an die Mim*). 

Oft ist der Ausdruck zu unverständlich. 
Wenn gleich der Gegenstand ein gewisses 
romantisches Dunkel vei langt, so touss doch 
immer in einem Gedichte etwas bestimmtes 
gedacht werden: 

Wie weun , in de« Abgrunde Tiefen rertchlosien 

Glut eich den feindlichen Händen entfallt, und 

schwächer und leitcr 

Wird der Kampf, und ei reicht das eine die Fei- 
ert (?) dem andern (S. 4J.) 
Was ins besondere die Prosodie und den 
Hexameter, worauf doch in einem didakü- 
schen Gedichte, bey dessen undankbarem 
Stoff, vorzüglich zu sehen ist, betrifft, so 
macht es sich ebenfalls der Verf. gerade so 
leicht, wie, (Klopstok und Voss ausgenom- 
men), die meisten deutschen Dichter. Eine 
kleine Herzensei leichterung darüber wird 
hier ni< ht am unrechten Orte seyn, weil 
das Musikalische unsrer Sprache dadurch* so 
sehr zui Ulkgesetzt wird. Hr. S. gebraucht 
die wenigen Spondaeu, die unsre Sprache 
noch in zusammengesetzten Worteu aufzu- 
weisen hat, sämtlich als Trochäen. Sehkraft 
S. 79. Ankunft, S. i4. Sehnsucht. 
(S. a&) Urklang, (S. 20) Einklang, (S. 19) 
Anschaun, (S. 23) Wehmut (S. 73} Ur- 

theil, (S. 76) Jagdspiess geschätzt, (S. |a5) 

— W V* — 

der Sprache Wohllaut zu geben (S. 19) 
Heymath, (Sw g4) Thiäuen theilnehmen- 
der(S. 36) Wohnsitz, Eindruck (S. 87) 



Digitized by Google 



385 1805. 

Eintracht (S. 86) Schicksal. — Auch 

einzelne Stammaylben, warst (S. 89) liegt, 

tcii webt, CS. 27) werden kurz gebraucht. — 
Wider Klopsloks aehr richtige llt-gel, dass 
im reinen Daktylus die nur kürzere Sylbe 
nicht hinter der kürzesten atchu könne, fiu- 

det man häufige Daktylen der Art: Fluthen 

durchschwimmet, (S. 27) Vaterlands, (S. 64) 
Bugen dunhiueislert (S. 53 u. s. w. Ebenso 
wiilkührlich uud auctoritale werden die 
kurzen Sylben selbst im Anfang des Hexa- 
meters lang gebraucht, z. B.: Der Natur 

gewoben, (S. 4o) Der entflohenen Liebe, 
(5. 37) wo der — Genitiv uud nicht einmal 

das Detnonstrativnm ist. — Gleich der jüt- 

falteten Rose (S. 35 ). — Die ätherische 

Binde (S. 58). Durchdringt | es mit | 
unendlichen Mächten (S. 86). Verse mit dein 

— 1/ — — 

Hiatus, z. B . Muse ilzt singe die Kraft 
der unendlichen Töne, den Zauber — ohne 
alle Cäsnr: S. 37 mit den gewöhnlichen 
blos daktylischen Epitbeten 

Nur in | dmikelen | Fernen | ceigt dann | Hebe 

den | Schleier, 

Und auf | purpurnen | Lippen | flog der J 

•cherxeode | Amor. S. io3. 

sind sehr häufig^ — Auch hab«-n die He- 
xameter in diesem Gedichte den Fehler, 
welchen die meisten deutschen Dichter nicht 
vermeiden , dass immer dieselbe Hauplcäsur 
wiederkehret, gewöhnlich in der ersten Syl- 
be des dritten Pusscs, wodurch der Vers 
in ziemlich gleiche Hälften gelheilt und die 
Monotonie des Alexandriners bewirkt wird: 
8. 5i z. B. herrscht sie ununterbrochen 
durch alle Verse dieser Seite — S. 5o, und 
mehrmals ist Acrent und Quantität durch die 
Casur in Widerspruch geralhen — 



März. 

In die Gefahren des Leben* — 



386 



Nicht« halt der Flüchtigen Lite 

Der Rhythmus am Schlüsse des poeti- 
schen Perioden in den Hexametern verliert 
im Deutschen oft durch die zu häufigen 
schwachen Trochäen und das immer aasu- 
nirende E . . . Hier musa sich der Dich- 
ter, besonders nach Klopstoks Beyspiele, 
durch leichte Inversionen helfen, die ohne- 
dies der Sprache mehr Schwung geben. Hr. 
S. sagt S. 2'J : 

Jede* trat an den eigenen Plat«. Ein himmlischer 

Wohllaut 

Flo**, wie liebliche* Wehen der Nacht, um die 

reinen Acceute. 

Gewiss hier hätte Klopstok den Vers so 
gewendet : 

um die reinen Aecente 
Flo*», wie liebliche* Wehen der Nacht, «in himm- 
lischer Wohllaut. 
Besonders die Infinitiven und übrigen 
Biegungen der Zeitwörter kommen mit ih- 
ren E bey dem Verf. gewöhnlich ans Ende 
des Hexameters zu stehn, gerade an die 
Stelle wo diese Versart eine rein melodi- 
sche Cadenz verlaugt: S. a5. 

Oft beaucht er den Ort, und eimt als Zephir 

rera tu motte, 
Und die schweigende Nacht die stillen Fluren 

verhüllte 

Nahm er ein längliches Rohr aus dem holen Schilf 

uud versuchte — 

Diese Monotonie fällt eben so auf, als 
das E am Ende, das mit der Cäsur in der 
Mitte reimt: 

Und die melodischen Worte verhallt die ein»«. 

mc Ferne. S. »8. 

S. 19. 

Doch nur de* Genius Hand veimag die Wesen zu 

ordnru 

Und xur liebenden Eintracht die schwebende Stim- 
me su rufen, 

wo cs poetischer den Rhythmus schliessen 
würde, wenn es hiess.. : 

*u ordnen die \\\$cn 
Und die schwebende Stimme su rufen iur lieben- 
den Lintracht. 



Digitized by Google 



SS7 ^05. 

S. Gi. 

Wcnu die beuctzte Hand den Saum der GU«er 

berühret, 

Und der Harmonika Flug diu weichen Akkorde 

iirniickel, 

Ach! hinüber gewiegt iu» Meer der Wonnen 

verweilet. 

S.72 verfahrt i!er Verf. eben so mit deu Par- 
ti eipie 11, getragen, geregelt u. s.w. Anstatt 
Durch die Seele den Gci»t iu Tiefen der Andacht 

versenkend, 

Wie weit rhythmischer war« nicht die 
Inversion : 

ver*enkcnd in Tiefen der Andacht. 
Was würde es S. 76, Z. 2 von unten, 
S. 77, Z. von unten, gekostet haben, zu 
Selxen: ist gedrungen dein Flehn? — und: 
zu hören des (lichtenden Urtheil, statt: des 
Richtenden Unheil xu hören — S. 86, 
Z. a: Wo sich Glied verlieret in Glied. 
S. ua : der himmlischen Kräfte Berührung, 
alatt des ewigen trochäischen Aufgangs noch 
dazu ohne Cäsur: die Berührung himmli- 
scher Kräfte. — Wie viel gewandter wird nicht 
oft von so einer kleinen Inversion dieConslruc- 
tion , z. B. im erzählenden Tone S. «3. 

vom Jagen ermüdet 
(Jod von der Hitze de* Tage» gedruckt, 

wird die Wirkung leichter und poetisch- 
mannicbfaltiger , wenn es heisst: 
Und gedrückt von der Hitze de» Tag*. — 
In eben dieser Erzählung 8. 26 würde 
Ovid gewiss, um das Echo auszudrücken, 
den Hexameter so gewendet haben: 

Seufzend aatik er an* Schilf uud Seufzer tönten 
im Schüfet 

weil das Seufzer ertönten, welches dem 
Seufzend sank er ans Ufer korrespon- 
diren soll, für ein Echo zu lebhaft ist. Auf 
eben dieser Seile drückt der He.\amcter: 

— —wo 

Im bewegten Rohr, wie Stimmen de» aärtlichen Troitc* 

keineswegs seinen Inhalt aus. Das Wort 
Trost ist zum Schluss zu unmusikalisch, 
der Daktylus im vierten Fusse zu lebhaft. 
Diesem allem, uud zugleich der Cäsuilosig- 



März. 388 

keit wäre vielleicht abgeholfen worden , wenn 
der Dichter geschlossen hätte : 

— — —.OL» 

wie zärtlich trollende Stimmen. 

S. 26 ist ein Fall, wo der Trochäus zum 
Schluss des rhythmischen l'eriodeu für den 
Tonausdruck besser gewesen wäre: 

Und e* lernten die Hirien da* Spiet der erfände-» 

nen Flöte, 

Syrinx, wird sie genannt, verlorener Liebe zumDenkmal* 
Der nicht ganz reine Daktylus im fünf- 
ten Fusse, und das spondaische Denkmal 
sind für diese sanfte Empfindung zu hart. Es 
wäre zu wünschen, dass sich hier mit v e r 1 o r e- 
u er Liebe schliessen liesse. Ungefähr so: ' 
Und et lernten da* Spiel der erfundenen Flöte 

die Hirten, 
oder: 

Uud die Hirten lernten da* Spiel der erfundenen Syrina. 
Noch gedenket ihr Nam* an Pom verlo- 
ren* Lieb*. Fr ey 1 i ch wäre : Denkmal 
verlorner Liebe uoch poetischer. 

Das dritte und letzte Stück, der Har- 
ra onia ist Feier der Töue überschrie- 
ben. Es inövhte an Wohlklang der Verse 
den vorbeigehenden weit vorzuziehen seyn, 
und köunte, wie Meissners Lob der Musik, 
als Kantate komponirt werden. Der Dich- 
ter erinnert sich bey den verschiedenen Ab- 
wechslungen der musikalischen Tonreihen 
an analoge Zustände und Sceuen des mensch- 
lichen Lebens. Zum Bt-yspiel diene nur 
folgende Stelle vom Tanze: 

Wetteifernd wechnelt 

Zum K.rei»o die Hand, 
Und »ilierzend Hattert « 
Ha» leichte Gewand. 
Nun drehen »ich alle vereint im Gewrbe, 

Ei zeichnet den Boden die ma^ueüe Spur, 
So »chliugt um den Slab sieb die brüu«iige liebe. 

Su wallen die Saaten auf luftiger Flur. 
Die Liebe jjentaltet die achwebeude Kunde, 

Sie wandelt im goldenen Schimmer voran, 
Vereint die Geweihten zum aeligen Bunde, 
Und fuhrt »ic cum harrenden Ziele heran. 
Von der lyrischen Charakteristik des 
Adagio und Allegro sey uns nur erlaubt 
noch deu Au£aug anzuführen: 



Digitized by Google 



3S9 »805. 

Dat Adagio. 
Iii de* TTerjent Tiefen dringt mein Schweben, 
Die Gefühle, sie verstummen oder Icbeu, 
Wallen in des Lied et Oteao. 
Dunkle Bilder flattern aui und nieder, 
Blulhen duften im Gesang dar Lieder 
Lad auf .Silberwellen wogt der Schwan. 
Da» Allegro. 
Wenn de» Adagio '.\'«i»ou ermatten, 

Leite lieh senfct die melodische Ruh, 
Eil ich die Töne der Freude au galten. 
Wehe dem Herzen Entaüekungen iu. 
Und et gestalten sich frohe Gesänge, 

Und es beflügelt sich leicht der Akkord, 
Freudig verwehen die zitternden Klänge 

Jubelnd rermiicht sich den Tönen daa Wort. 

Doch genug l der Musikfreund , der durch 
seine Vorliebe für die Musik noch nicht 
gegen alle höhere, ernstere Künste des Gei- 
stes abgestumpft worden ist, wird das Ge- 
dicht llarmonia gewiss interessant finden, 
und diese ausführliche Anzeige als eine Einla- 
dung ansehn, sich naher damit bekannt zu ma- 
chen. Hr. S. aber wird hoffentlich die gemach- 
ten Erinuerungen als keine unherzliche R echt- 
habe rey , sondern, wie es bey literarischen An- 
zeigen immer der Fall seyn sollte, als eiuen Be- 
weis anschn, welchen Theil Ree. an dessen Ar- 
beitennimmt. Utiiuter bonos benc agier oportet. 



Nachrichten. 

• 

Frankfurt am Main, Ende Febr. Herr 
Danzi gab am uten Jan. ein Konzert. Den 
Anfang machte eine Sinfonie aus Es you 
Mozart, die hier nur selten gegeben wird; 
sie wurde sehr gut ausgeführt, nur, nach 
meinem Gefühl, das erste Allegro etwas zu 
geschwind. Mad. Lange sang eine Arie 
von Kighini. Dem. Harnier, eine Liebha- 
beria von ohogefahr 10 Jahren, spielte eine 
Klaviersonate mit Begleitung voo Violin und 
Bass, von Pleyel, sehr nett und gut, und 
mit einem Ausdruck, der von diesem Alter 
kaum su erwarten ist. Die Sonate ging aus 
es dur und ist eine der schwersten dieses 
Komponisten. Ob es übrigens immer gut ist, 
dass man Kinder — es seyen «Liebhaber oder 
auch solche , die ganz für die Kunst erzogen 

7. J ahr g. - 



Marz. 

werden sollen— offen tl ich auftreten hlsst, isteine 
Frage, deren gründliche Beantwortung von vie- 
len Lesern Ihrer Zeitung gern gelesen würde. 

Eine Ouvertüre von Beethoven eröffnete 
die zweyte Abtheilung. Dann spielte. Dem. 
Gontard, eine Liebhaberin, mit ihrem Leh- 
rer, Hrn. Presttl, eiue Sonate für zwey 
Harfen sehr hübsch, und man konnte in 
Absicht auf Vortrag, oft die Schülerin vom 
Meister nicht unterscheiden. Herr Danzi 
spielte ein Violinkonzert von Eck, obgleich, 
wie nicht zu verkennen war, ängstlich, doch 
sehr richtig und gut, auch mit feinem Aus« 
druck: aber als Held zu schimmern, ist 
nicht seine Sache j dazu fehlt es ihm an 
Bravour. Ich kann nicht umhin zu wieder« 
holen, was ich schon voriges Jahr von die- 
sem verdienten Künstler sagte: im Quartett, 
zur Begleitung am Klavier und als Ripienist 
ist er unübertrefflich , und wird da gewiss von 
vielen sonst glanzenden Konzertspielern nicht 
erreicht.—» Zum Beschluss sangen Dem. ßueh- 
wiser, Hr. Fischer, Hr. Hassloch und Hr. Haas 
ein Quartett von Righini recht brav. 

Am 6. Februar gab Hr. Arnold Konzert, 
von dem der Anfang dem Frankfurter musik- 
liebenden Publikum merkwürdig seyn musste, 
da zum erstenmal die Sinfonie aus G roo I von 
Mozart ganz gegeben wurde , und zwar beson- 
ders das erste Allegro und die Menuett mit einer 
hinreissenden Kraft und Präzision. Möchte 
uns nur das Orchester dieses Stü k bald wie- 
der hören lassen, denn man muss es mch- 
reremal hören, um es ganz verstehen und 
geniessen zu können. — Mad. Lange sang 
eine Arie von Martini. — - Hr. Arnold spielte 
ein neues Violoncelikonzert aus D dur von sei- 
ner Komposition mit viel Geschmack und Fer- 
tigkeit; der schöne, singende, schmeichelnde, 
und dabey volle Ton, den er seinem Instru- 
ment zu entlocken weiss, und die Leichtig- 
keit, mit der er nicht blos scheinbare Schwie- 
rigkeiten überwand, würden den Zuhörern 
lauten Beyfall abgenöthigt haben , wenn auch 
die Komposition des Konzerts nicht so vor- 
züglich gewesen wäre, als sie wirklich ist. 

24 



Digitized by Google 



39i 



1805. März. 



392 



Sie ist eine «einer bessern Arbeiten und ge- 
hört unstreitig zu den besten Konzerten , die 
man dir dieses Instrument hat. Die Rilor- 
neli sind sehr kräftig und gut gearbeitet, und 
spannen cur Erwartung; die Solos haben 
durchaus schöne, gefällige Melodie, und die 
Fassagen werden immer von einzeluen Sal- 
ven aus dem Ritornel, vou verschiedenen 
Instrumenten abwechselnd, zweckmässig be- 
gleitet, und erhallen dadurch Kenner wie 
Liebhaberin bestandiger Aufmerksamkeit. Das 
Ganze ist ein sehr harmonieenreiches Werk. 
Die zweyte Abiheilung wurde mit dem er- 
sten Allegro einer Mozartscheu Sinfonie aus 
P dur angefangen , worauf der Sohn des Hrn. 
Arnold von 11 bis 12 Jahren, ein Klavier- 
jolo (die Fantasie von Mozart aus C muH) 
•ehr nett und richtig spielte. Obgleich der 
Sinn dieses Stucks für seiue Jahre zu gross 
*heini, so bewies er doch durch die Art 
«eines Vortrags, indem er sich in Absicht 
des Auadrucks nicht blos auf ff f und p pp 
u. a. w. einschränkte, dass er hier und da 
dm Sinn, der darin liegt, wenigstens zu ah- 
nen schien, und berechtigt dadurch zu deu 
braten Erwartungen. Mad. Lange und Dem. 
Buchwiser sangen ein Duett von Nasolini, 
das, ob es gleich mit allen, — Leibeskräf- 
ten gesungen wurde, doch von vielen über- 
hört wurde, und den Bey fall nicht fand, 
den diese Künstlerinnen zu ärndlen gewohnt 
sind. Eine Conzertante von Krommer für 
Flöte (geblasen von Hrn.. Berney, einem 
Liebhaber, aber auf seinem Instrumente wah- 
ren Virtuosen) Oboe, (geblasen von Herrn 
Schmidt) Violin, (gespielt von Hrn. Hofhtann) 
Viola, (gespielt von Hrn. Danzi) die ungemein 
gefiel, machte den Bcschluss. 

Am aoten Febr. gaben die Hrn. Gebrü- 
der Hoffmann (Klavierspieler und Violinist) 
uud Hr. G. Hoffmaon (Klarinettist) ein Kon- 
zert. -Hie grosse, volltönige, glänzende und 
feurige Sinfonie aus C dur von Mozart, 
machte den Anfang, and erschütterte durch 
grosse und kühne Gedanken alle Seelen der 
Zuhörer. Dem. JJuthwiser sang eine schö- 



ne Arie mit obligater Klarinette ; Hr. H. A. 
Iloffmaun spielte ein neues Violinkonzert 
aus D uioll von seiner Komposition, mit sehr 
viel Delikatesse uud Gewandtheit. Das Kon- 
zert selbst hat viel schöne Gedauken, die 
durchaus in einer grossen Manier, und in 
der diesem Komponisten eigenen Art, be- 
handelt sind. Viel gewagte Sprürge u. dgl. 
hat es zwar nicht, ob es gleich an schwie- 
rigen Passagen nicht fehlt ; dagegen hat der 
Komponist mehr Rücksicht aufs cantabile, 
das dieses Instrument so angenehm geben 
kann, genommen, und es mit ungemeiner 
Zartheit vorgetragen. — - Mad. Lauge und 
Dem. Buchwiser sangen ein Duett, das wir 
diesen Winter schon einigemal gehört hallen.— 
Hr. G. Holtmann blies ein KlariuettkonzerC 
von Will mit unbeschreiblicher Anmulb. Die- 
ses Konzert ist übrigens keine von den besten 
Arbeitet! dieses braven Komponisten; im Rondo 
nahm er seiue Zuflucht vergeben» zur grossen 
Trommel uud Veränderung des Tempo, um Ef- 
fekt zu erregen. — Der Klavierspieler Holt- 
mann wurde durch eine plolzln he Uupassiicli- 
keit gehindert, da* Klaviersolo zu spielen, wel- 
ches auf dem Anschlagezettel angekünd gl war. 

Beym Schlüsse dieses sey es mir er- 
laubt einen Uehelstand des Orchesters bey 
den hiesigen Konzerlen , und der heute be- 
sonders auffallend war, zu rügen: Es ia% 
dieses das laute Stimmen a'.ler zugleich, vor 
deu Ohren der Zuhörer, und das ungesi tö- 
tete Präludiren. Man könnte ganz bequetn 
in einem Nebenzimmer stimmen, (wie es 
bey den Liebhaberkoozerten auch jedesmal 
geschieht) wahrscheinlich wird es aber des- 
wegen nicht gethan, weil sich die Instru- 
mente, wenn sie aus dem Zimmer in den 
warmern Saal kommen, leicht verziehen; 
allein es ist doch auch gewiss, dass bey 
dem Stimmen aller zugleich und wahrend 
dem unerli äglichm Phantasmen und Dudeln 
nicht jeder seinen Ton genau börenund gaus 
rein stimmen kann, uud auf diese Weise dt« 
Instrumente — nicht rein , und die Zuhörer 
verstimmt werden, und die Musik au ihrer 



Digitized by Google 



393 *3°5- 

Wirkung gehindert wird. Man lese was Fried- 
rich Kochlitz über diesen Punkt, in den Briefen 
an einen jungen Tonkünatler, im 4len Stück des 
2len Jahrgang» dieser Zeitung gesagt hat. 

Llr. Koch, Virtuos auf der Mundhar- 
monika, hat sich mehrere Wochen bey uns 
aufgehalten und auch Konzert gegeben, in 
welchem er aber bloa mit seinem Instru- 
mente das Auditorium zu unterhalten suchte. 
Allerdings mussle dieses langweilig werden. 
Er spielte mancherley Stücke, deren einige 
er Sinfonie nannte, Variationen, Lieder, 
Choiäle u. s. w., und bewies durchaus, dass 
er es auf seinem Instrument zu einer un- 
glaublichen Vollkommenheit gebracht hat, 
nnd hriugt damit Wirkungen hervor, die 
man von diesem beschrankten Instrument 
nicht erwartet. So gab er z. E. ein Stück, 
betitelt i die Geisterstunde, wo er bey ver- 
dunkeltem Saal, mit seinem Instrument den 
Giockensihlag zwölf hören, tiess, und dar- 
auf die bekannte Melodie eu dem Liede: 
Wie sie so sanft ruhn u. s. w. spielte, das 
einen ganz eigenen, schauerlichen Effekt 
machte, und zu tiefer Wehmuth stimmte. 
Er fand viel Bey fall und hat in vielen der 
besten Familieu gespielt, unter andern bey 
dem Hrn. geheimen Rath Wilmer, der sich 
•einer überhaupt mit der rühmlichsten Thä- 
tigkeit auf die edelste Weise annahm. Hier 
apielte er auch vor einer zahlreichen Gesell- 
schaft einige Lieder vou der Guilarre be- 
gleitet, die sich besonders gut ausnahmen. 
Die Guilarre wurde aber auch von Dem» 
Jung, einer Dilettantin, meisterhaft gespielt. 
Diese schätzbare Liebhaberin besitzt über- 
haupt viele Vorzüge und Talente zur Musik ; 
so Laon sie z. ß'. mit ihrer äusserst ange- 
nehmen Stimme und ihrem geschmackvollen 
Vortrag manche Künstlerin vou Profession 
beschämen. Nur Schade, dass sie aus all- 
zugrosser Bescheidenheit und Aengsllichkeit 
•elten in Gesellschaft singt, und dadurch 
vielen Musikliehenden Genüsse entzieht, die 
für diese so grossen Weiih halten. 

Der Bassist, Hr* Fischer,' hat das hiesige 



März. 394 

I Theater verlassen und ist an das Hoftheater nach 
Stuttgard gegangen. Es ist dadurch bey der Oper 
eine beträchtliche Lücke entstanden, die man je 
eher je lieber ausgefüllt wünschen muss. 

Wien, den 2. Marz. Es freuet mich, 
dass nach so vielem Millelroässigen im Fache 
der Theaterrausik , womit ich raeine frühern 
Briefe anfüllen musate, doch wieder etwas 
Vorzügliches auf unserm Hofthealer erschie- 
nen ist. Der Kapellmeister Joseph Weigl 
hat nämlich eine italienische Oper , welche er 
für die Kaiserin koraponifte, in einer deut- 
schen Umarbeitung von Treilschke mit gros- 
sem Bey fall auf die Bühne gebracht. ich 
glaube, dass Ihnen ein etwas umständlicher 
Bericht nicht unangenehm seyn werde. 

Nach einer leichten Ouvertüre, in wel- 
cher ein sehr angenehmer Gedanke mit Kunst 
und Lebhaftigkei^durchgefübrt ist, öffnet sich 
die Bühne, und stellt eine landliche, von 
Hrn. Platzer vortrefflich gemahile Gegend 
vor. Bastian, der Sohn des Schulmeisters, 
bringt seiner l'auliue eiu Ständchen, das mit 
einem hübschen, pizzicato accompagniiien 
Chor die Introduzion beschliesst. Die ländli- 
chen Musiker ziehen ab, und Bastian bespricht 
sich mit seinem Madchen über die Schwierig- 
keiten, die ihrer Verbindung im Wege stehen. 
Paulinens Vater, der Dorfrichter, will durch- 
aus einen Soldaten zum Schwiegersöhne ha- 
ben, der Schulmeister hingegen aus seinem 
Sohne eineu Gelehrten bilden. Pauline über- 
redet ihren Geliebten, eine alte Um form an- 
zuziehen, die schon lange vergessen und un- 
benutzt liegt; so werde er die Einwilligung 
ihies Vaters leichler erhalten. Nach einigen 
Einwendungen versteht sich Bastian zu die- 
sem Vorschlage. — Die Sctne ändert sich 
und stellt das Wohnzimmer des Kühlers vor, 
welches ganz mit S< hlachfgemäldeu behangt 
ist. Der Hu hier kommt mit einer Schaar 
Bauern, denen er d e Zeitungen vorliest und 
die fleldeiithuten seines Bruders erzahlt, uf 
wel. he sich jene Ceinalde beziehen. Die gan- 
ze Scene. die Ba>sane sownl. als der damit 
verbundene Chor, ist vortrefflich gearbeitet 



Digitized by Google 



395 

und von einem ausgezeichneten Effekte; auch 
wurde sie von Hin. Weinmüller ganz vor- 
trefflich gesungen und gespielt. Der neue 
Soldat kommt mit seinem Mädchen, und nach- 
dem der Schulmeister vor Aerger fortgegan- 
gen ist, beginnt awischen dem Richter, sei- 
ner Tochter und ihrem Geliebten, ein schö 
nes Terzett, das durch den Grenadiermarsch 
und die türkische Musik der uuter dem Feil- 
ster vorbeyziehenden Soldaten auf das glän- 
zendste arcompagnirt ist, und den laute- 
sten Beyfall erhielt. Der Richter will nun 
durchaus seinen neuen Schwiegersohn selbst 
dem Truppenkommando zufuhren, welches 
in» Dorf eiugerückt ist. — — Das Theater 
stellt eine audere Seite des Dorfes vor: die 
östreichischen Soldaten ziehen eben herein. 
Der Richter kommt mit seinem neuen Rekru- 
ten, der aber bey den Fragen des Haupt- 
manns in Verlegenheit geräth, und von die- 
sem als ein Verdächtiger ins nahe Lager ge- 
schickt wird. Durch die Dunkelheit eines 
Gewitters begünstigt, überfallen die Feinde 
das Dorf, werden aber von den sich schnell 
sammledden Oestreichern zurückgeschlagen. 
Nun aber kommen sie in verstärkter Zahl 
wieder, das Dorf wird bombardirt, angezün- 
det, eingenommen und geplündert Der Effekt 
dieser achönausgeführten Dekoration ist un- 
glaublich: die Bomben, das nach und nach 
aufflammende Feuer, das Krachen .und Stür- 
zen der verbrannten Pfosten, das häufige 
Schiessen, daa Jammern der Bauern, der 
Jubel der Ueberwinder — - alles das brachte 
zusammen eine ungemeine Wirkung hervor. 

Der zwryte Akt eröffnet sich im Lager, 
wo uns ein frisches Gemälde des freyen , aber 
wilden Soldatenlebens, artig gruppirt vorge- 
führt wird. Hier lernen wir endlich in dem 
heldenmütigen Bruder — einen Wachtmei- 
ster kennen» der seine Tapferkeit vorzüglich 
gegen das schöne Gesohlecht äussert. Der 
Richter, der Schulmeister und Pauline kom- 
men ins Lager, den guten Bastian aufzusu- 

Liiiiii, »st Bn 



396 

chen , der als Spion hingerichtet werden soll. 
Hierein schönes Quintett, nach w.elcuem der 
Wachtmeister in die Schlacht zieht. — tta- 
sliau im Kerker; er beklagt sein Schicksal, 
als seine Geliebte in Uniform erscheint, ihn 
zur Flucht bewegt, und an seiner Stelle zu- 
rückbleibt. Als der Audileur mit den Ver- 
wandten des Gefangenen kommt, den leztern, 
weil die Schlacht anfingt , in bessere Verwah- 
rung zu bringen — entsteht ein schönes Sex. 
tett, nach welchem alles abtritt. Die Schlacht 
beginnt; auf dem Theater vertheidigt sich 
eine Schanze mit Kanonen , und wird eben 
so angegriffen. Durch einen glücklichen Zu- 
fall gelingt es Bastian, sich an die Spitze 
der weichenden Truppen zu stellen, uud . 
durch Einnahme einer wichtigen Batterie das 
Gefecht zum Vortheil der Oeslreichrr zu ent- 
scheiden. Nach gewonnener Schlacht will der 
General Pauiinen statt des Spions hinrichten 
lassen, da entdeckt sich alles, die Liebenden 
werden vereinigt, und ziehen von der Achtung 
des Feldherrn begleitet in ihr Dorf zurück. 

Ich schweige von den Fehlern oder Vor- 
zügen der Bearbeitung und des Planes : nur 
von der Musik bemerke ich, dass sie durch- 
aus melodisch, leicht, schön instrumental, 
bezeichnend, brillant und dankbar für die 
Singstimmen ist, wenn mau gleich in einigen 
Parthieen mehr Kraft wünschen dürfte. Hr. 
Weinmüller spielte und sang vortrefflich, eben 
so Hr. Demmer als Schulmeister, und Hr. Vo- 
gel als Wachtmeister. Man konnte überhaupt 
mit dem Ganzen der Darstellung sehr zufrie- 
den seyn. Hr. Kapelim. Weigl erhielt (seit 
vielen Jahren das erste Bryspiel) die dritte Ein- 
nahme, bey welcher er ein volles Hau» hatte. 

Dem. Saal betrat am 25. Febr. als Pauline 
zum letztenmalc daa Theater, von dem sie 
eine vortheilhafte Heyrath entfernt. Wir ver- 
lieren an ihr eine gute Sängerin und brauch- 
bare Schauspielerin, deren sehr rein« und 
liebliche Stimme aber seil einigen Jahren be- 
trächtlich abgenommen hatte. 



Hlmi. 



1805. März. 



Digitized by Google 



ALLGEMEINE 

MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 2o ton März. N=. 25. 



1805. 



Gedanktn Über den Geitt der heutigen 
deuttchen Setzkuntt. 



Vorerinnerung «fei Herausgebers. 



N iemand würde wol im Ernste von dein 
Kritiker der deutscheu Setzkunst fordern , er 
müsse seinen Beruf dazu durch Selbslpro- 
duktionen verbürgen , d. Ii. selbst Komponist 
seyn. Doch stehe das Bekenntnis, dass ich 
es nicht sey, hier gleich in der Vorerinne- 
rung, damit ich diejenigen, die eine solche 
Forderung machen könulen, der Mühe über» 
hebe, es erst in den folgenden Ideen auf- 
spüren zu müssen. Uebrigens bleibt mir 
auch noch für diese ein Entschuldigungsgrund 
meines Unternehmens , nümlich dieser: es 
muss dem deuts« hen Tonsetzer nicht ohne 
Werth seyn , ausser dem' Urtheil seines Glei- 
chens noch das des Nicht -Tonsetzers zu 
hören. Ist es nicht oft treffender in Hin- 
sicht auf den Geist musikalischer Schö- 
pfungs werke? ist es ohne allen Einfluss auf 
dio Handlungsweise des Tunsetzers? und 
hört er es nicht täglich mündlich? — Nun 
so stehe denn hier auch ein solches schrift- 
liches, uud was die obigen Gründe dafür 
nicht entschuldigen, das entschuldige das Be- 
kenntnis, dass irh mein Urtheil einem hö- 
heren bereitwillig nachsetze. 



Der Deutsche kann es, ohne den Vorwurf 
de s Nationa lstolzes auf sich zu laden, aus- 
7- Jafcrg. 



sprechen, dass ihm bis heute unter allen 
Nationen im Fache der Tonsetzkunst die 
ersto* Stelle gebühre. Mozart und Haydn, 
diese beydeu Heroen, oder Sonnen, aus 
denen der G^ist sich in Harmonieen über 
unser Vaterland ergost, zeichneten den Übri- 
gen jetzigen Tonsetzern die Richtung vor, die 
sie zu nehmen hatten und nahmen, und 
noch 1 heule würde in den Werken dieser der 
Geist jener fortleben, wenn von ihren eige- 
nen Werken auch keine Spur mehr übrig 
wäre. Genialische Menschen sind immer 
die ' Erwecker des sogenannten Geistes der 
Zeit, und für uns waren es diese Männer 
im Fache der Tonsetzkunst. Eine männli- 
che, ernste Gestalt ward sie in ihren Hän- 
den; sie raubten ihr das Flittergold, das so 
viele in voriger Zeit für acht ausgaben, 1 und 
gaben uns gediegenes dafür. Bis jetzt giebt 
es für un* keine höhere Muster der Bil- 
dung, und das Streben, sie zu erreichen 
und in ihrem Geiste zu leben und zu han- 
deln, nährt wol jeder Tonsetzer unseres 
deutschen Vaterlandes, und schämt sich des 
Vorwurfs nicht, ihre Pfade betreten zu ha- 
ben. Es fragt sich nun aber, und jeden 
mus* eine befriedigende' Beantwortung der 
Krage interessiren : was mag Wol aus uuse- 
rer Tonsetxkunst werden, bey dem Bestre- 
ben im Geiste jener Männer zu denken und 
zu schreiben? ich sage, in ihrem Geiste, 
und bitte diesen nicht mit Manier zu ver- 
wechseln, welche sich anzueignen, wol 
nur das Geschäft des musikalischen Trosses 
seyn mag. 

Ich würde mich nie unterfangen, meine 

25 



Digitized by Google 



399 



1805. März. 



400 



Meynung über obigen Gegenstand hier nie- 
derzulegen, weoil irh nicht in den Produk- 
tionen, die seit dieser neuen, von Havdn's 
mittlem Jahren und Mozart an beginnenden 
Epoche, fiir die deutsche Tonsetzkunst ent- 
sprangen, schon den zukünftigen Geist der- 
aelben einigermassen vorauszusehen walinte. 
Das ernste, -männliche Gepräge, was die un- 
sterblichen Werke jener Genies bezeichnet 
und welches überhaupt den Deutschen vor 
andern Nationen eigen zu seyn scheint, nur- 
<Je, noch schlummernd in dem Gemülhe 
manches deutschen Tonsetzers und unter- 
drückt vom Studium des fremden Volksge- 
schmacks, durch sie hervorgerufen; nun erst 
gab sich der deutsche Tonsetzer in seinen 
Produktionen wie er war, er fand jetzt erst 
die Sprache für seine Gefühle, so wie sie 
früher schon Dichter und Philosophen un- 
serer Nation fanden. Das wäre wol Gewinn 
für die Kuust, auf diesem Pfade weiter zu 
schreiten ; wir würden dann den Vorwurf 
der Nachahmungssucht vermeiden , der uns 
so oft, aber mit Unrecht, gemacht wird; 
denn was macht der Deutsche zum Gegen- 
stand seiner Nachahmung? etwa den Rock 
des Franzosen oder den Wagen des Eng- 
länders? hat man uoch viel von Nachah- 
mung ausländischer Philosophie, oder eines 
andern wissenschaftlichen Zweiges gehört ? — 

Man verzeihe mir diese Digression, 
jetzt beschäftigt mich schon wieder meine 
erstere Frage ; wäre es Gewinn für die Kunst, 
wenn unsre Tonsetzer auf Mozarts und 
Haydn's Pfad weiter forlschritten und sich so 
einen eigenen, nationalen Stil aneigneten, 
so wie ihn z. B. der Italiener hat und ihm 
bis jetzt uoch treu bleibt? Ich glaube; neinl 
Hier folgen meine Gründe: 

Unsere deutsche Tonsetzkunst würde auf 
diesem Wege, gleich dem Beyspiele von 
Deutschen bearbeiteter Wissenschaft, zu ab- 
stract werden, wenn ich mich dieses Aus r 



di uiks bedienen darf; sie würde einen ih- 
rer Hauptzwecke, Rührung des Gemüths, 
ganz verlehlen, da es nicht zu erwarten 
stunde , dass sie immer alle Eigenschaften 
vereinigle, die wir in den Werken jeuer 
grossen Vorgänger bewundern müssen; der 
Tonseizer winde endlich zugleich sein zwey- 
tes Ich, d. h. ein, ihm au Kenntnissen ganz 
gleiches Individuum, zum Höier machen 
müssen. Man schenke mir den Beweis, war- 
um es so werden würde, denn w^iklich fin- 
det sich schon in den neuesten Produktionen 
deutscher Tonsetzer die Tendenz nach die- 
sem Ziele ausgesprochen, und ich setze ihre 
Bekanntschaft voraus , wenn ich ihre nähere 
Charakteristik hier verschweige. Auch au 
Bcyspielen in älteren Zeiten fehlt es nicht; 
ich nenne nur Sebastian Bach, dessen Ver- 
dienst ich dabey gar nicht zu nahe treten 
will und welcher iu vieler Hinsicht gar 
nicht genug verehrt werden kann: aber ich 
frage jeden, der mit Herz und Geist sich 
für unsere deutsche Tonselzkunst inleres- 
sirt — wünscht er dessen Stil unbedingt in 
die heutige Tonsetzkunst übergetragen? — 

Dahin soll es doch wol mit der Kunst 
nicht kommen? Wenn ihr iu diesem Falle 
alsdann kein Vorwurf gemacht weiden könn- 
te, so wäre es doch der, der Einseitigkeit. 
Wir wären in das entgegengesetzte Extrem 
des Italieners gefallen, hey dem die Kunst 
vor lauter Weichheit verweichlicht ist. Auch 
bey dem gebildetsten Tonkünstirr würden die 
tiefgedachten Werke solcher Kunst besser 
das Auge (wie Telemanns küusllichcr Re- 
genbogen) als das Ohr ansprechen; denn 
man bedenke nur, wie wenig beharrend die 
Schönheilen eines Tonstürks überhaupt in 
der Aufführung für das Ohr sind! Nur das 
wahre Kunstweik. bey dem die einzelneu 
Schönheiten, wie die Glieder dem organischen 
Leibe, dem Ganzen dienen, fciue Schönheit 
dem Sinne darbieten, wird beharrlicher für 
das empfängliche Gemulh. Und das ist es, 



Digitized by Google 



40i 



1805. Mäii. 



402 



waa ich raeyne, was bey dem Bestreben, 
gelehrt zu sc lireiheu (,tu drückt sich der 
IJngelrhrte aus) me erreicht werde» kann ; 
denn das Bestreben immer nue, unfassliche 
Ideen dem Geiste zu entlocken und eine der 
andern ohne fühlbaren Zusammenhang fol- 
gen zu lassen, tritt jenem auf dem Fusse 
nach und findet, mit Eigenliebe und Sucht 
zu glänzen verbunden, keine Gränze; und 
Jihmt sonnt ein anderes, edleres liest reben, 
jene erwähnte organische Vollkommenheit zu 
erreichen. Um diese aber wäre es uus allein 
zu thun und sie zu finden sey das alleinige 
Ziel des deutschen Tonsetzers. Wer führte 
ihu aber diesem Ziele näher? Nicht daa 
Studium der* Werke einzelner berühmter 
Tonaelzer, sondern aller; nicht der Wille, 
durch tiefe Ideen zu imponiren , welche zu 
finden bey näherer Einsicht und nach mehr- 
maliger Anhörung, nur dem vollendeten 
Tonkunsller glückt, sondern durch Klarheit 
und Wahrheit zu dem gebildeten Ohre und 
empfänglichen Gemülhe zu sprechen, denn 
auch das letztere hat Anspruch zu machen, 
von dem Tonsetzer berücksichtigt zu wer- 
den, wenn es auch von kanonischer Schreib- 
art, von enharmoniseben Verwechselungen 
und dergleichen Dingen nichts weiss. Fer- 
ner bleibe deutscher Ernst das Nationalzei- 
chen unserer Tonsetzer, nur ohne gelehrten 
Prunk, doch mit italienischer Milde ver- 
einigt. Üass diese nicht blos und allein auf 
welschem, sondern auch auf deutschem Bo- 
den gedeihe, haben mehrere deutsche Ton- 
setzer hinreichend bewiesen; ja, was Ge- 
sang angeht, so können letztere, ohne die 
Wahrheit zu verleugnen, schon nicht an- 
ders, als die weichen, warmen Töne jenes 
Himmelsstrichs ergreifen. Nur Kirchenge- 
sang werde ausgenommen; dieser verhalte 
sich zu jenem , wie ,das eherne Bild zum 
wächsernen; deutsche Wurde weiche nie von 
ibrn, oder werde ihm vielmehr wieder zu 
Theil, denn leider! war sie in neuerer Zeit 
auch nicht immer sein 1 * Gefährtin? und 



möge au<h er nicht ohne Klarheit seyn und 
sich nicht in unverständliches Dunkel hül- 
len ! Er vermag noch manches Gemülh zu 
erquicken, was noch nicht durch von ihm 
erborgte uiul entweihte Töne in Opernhäu- 
sern und Konzertsälen die Empfänglichkeit 
dafür verlor, und zu wünschen wäre deswe- 
gen , dass eine künftige Generation deutscher 
Tonselzer verstehen lernte, den wahren Kir- 
chenstil auch nicht auf das Theater und in 
das Kontert zu bringen, überhaupt aber, 
dass sie ihren Werken mehr Einheit geben 
und schon bey ihrem ersten Eulwurf sich 
eine bestimmte Haltung des Ganzen vorset- 
zen möchten, damit nicht Kriegsgeschrey 
und Sonnenschein, Anbetung des Ewigen 
und Seufzer des Geliebten — - denn so lau- 
tet manches musikalische Potpourri in die 
gewöhnliche Sprache übersetzt — das Ge- 
mülh des Hörers nach entgegengesetzten Sei- 
ten verzerren, wenn sie in ein und demsel- 
ben Stück neben einander Platz genommen 
haben. — 

Was wahr an meinen Wünschen ist; 
werde geprüft, von deutschen Tonsetzern 
befolgt, und dies wäre der letzte Wunsch. 

D. Hohnbaum. 



Nachrichten. 



Leipzig. Den Uten März nnd in meh- 
rern nächstfolgenden Tagen theatralischer 
Vorstellungen wurde hier Weisse'« Ge- 
dächtnis fever auf eine sehr würdige, 
und den edlen Verstorbenen nicht nur, son- 
dern auch alle dabey interessirte Personen 
wahrhaft ehrende Weise begangen. Man 
darf sagen, das« die bessern Menschen aller 
Stände und Klassen in Leipzig eine lebhafte 
Erkenntlichkeit gegen ihren verehrten Mit- 
bürger, den verdienten Dichter, einen der 



Digitized by Google 



4"3 



ltfoj. März 



Stifter der bessern Erziehung und vielleicht 
den wirksamsten Beförderer derselben 
in Deutschland, den thätigen Menschen- 
freund, und den, bis ins Gleisenalter, alles 
Gute und Schöne mit herzlicher Liebe um- 
fassenden Mann — fühlten, und bey dieser 
Gelegenheit an den Tag legten. Der Ma- 
gistrat , die zu jenem Zweck zu vereinigen- 
den Künstler und thätigen Theilnehmer über- 
haupt, so wie auch das, bey den erbetenen 
öftern Wiederholungen immer äusserst zahl- 
reiche Publikum, bezeugten dies. Herr 
Mahlmann hatte das Gedicht, Hr. Musikd. 
Bierey die Musik verfertigt; die prächtige, 
geist- und geschmackvolle Dekorirung war 
vom Hrn. Baudir. Daute entworfen, von 
Hrn. Schnorr und Arnold (aus Dresden) 
ausgeführt ; und zur möglichst vollkomme- 
nen theatralischen Darstellung bot die ganze 
Gesellschaft des Hrn. Jos. Sekonda alle 
Kräfte auf. 

Von allem, was nicht zunächst in un- 
sere Blätter gehört, mögen andere spre- 
chen ; hier sey nur Ein Umstand erwähnt, 
weil er auf -die musikalische Ausführung 
entscheidendem Einfluss hatte. Man bedurfte 
zur Verstärkung der Gesangchöre einiger 
Alumnen der Thomasschule: die braven 
Jünglinge wünschten- nun sämmtlich theil- 
nehmen zu dürfen; und es zeugt von den 
liberalen Gesinnungen derer, an welche sich 
dieser Wunsch, wenden musste, ao wie es 
öffentlichen Dank verdient, dass sie hier 
von der, an sich gewiss nicht zu tadelnden 
RegeJ, jenen jungen Leutchen den Besuch 
des Theaters nicht zu verstatten , eine Aus- 
nahme zuliessen, so dass ein Chor von sieb- 
zig bis . achtzig guten, aufs vollkommenste 
einstudirlen, und nicht hinter Kulissen ver- 
steckten Singstimmen zu Stande kam; ein Chor, 
der, in unserm Hanse von nur. mittlerer 
Grösse, die erschütterndste ■ uud edelste 
Wirkung hervorbrachte. 

Erst wurde Weisse's und Hitlers Jagd, 
and mit unverkennbarer Liebe und Freude, 



gegeben. Hieran schloss sich, der Idee 
nach, das Nachspiel. Hrn. Bierey's Musik 
ist meisterhaft, und zeigt, unserm Unheil 
nach, noch mehr, als irgend eine seiner 
frühern schatzbaren Kompositionen , was wir 
an ihm besitzen — zeigt es um so viel 
mehr, je einfacher, aber auch je grösser 
und edler er dieses sein Werk gehalten hat. 

Nach einer kurzen, feyerlichen Ouver- 
türe, und einem Monolog, der die Exposi- 
tion des Stücks enthält, beginnet der Trauer- 
marsch mit Gesang, den wir hier im Kla- 
vierauszuge beylegen , ohngeachlet dies Stück 
einen nicht unwesentlichen Theil seiner 
Schönheit der trefflichen Insfrumcntirung 
verdankt. (Alle andere Sätze sind für einet 
solche Bey läge zu lang). Wahrend dieser 
Musik, die ganz ist, was sie seyn soll, 
ist der Aufzug zum Grabe gekommen; ein 
Bäumeben wird gepflanzt, und dabey singen 
Soprau uud Tenor, (Mad. Köhl und Her» 
Neffrer — und sie sangen sehr schon!) 

Empfangt, o hei Ige Schatten, 

Und pflegt das aarte Koia! 

Und laaat e* Wune) »chlagen, 

Und epäten Seiten tagen : ■ • 

Hier icbiaft ein. edler GreUl 

Dies wird hernach vom Chor wiederholt. 
Die. Melodie und Harmpnie . ist höJtst ein r * 
fach und nur von leisem Accompagnjement 
mit Geist .auserlesener Instrumente begleitet« 
uud wir kennen keinen der jetzt .schreibenden 
Opernkomponisten , dem dieser Satz nicht 
Ehre machen könnte. — Nun wird daa 
Grab von Kindern mit Blumen umhängen 
und bestreuet, wobey die Kinder singen — . 
dreystiiumigl, zwey Soprane und Alt, 
aber Tuttii ^, 

Vater, Du achtffit? Hönt' Du ee 'nicht,' " ' ' 
"Wn deiner Lieblinge Stimme apricKtT \i. f. Wi 

Hjier hätte »chou d a « Unwiderstehliche 
vieler g.uter hoher Stimmen, das Gedicht, 



Digitized by Google 



405 1805. 

and die Handlung selbst, die beabsichtigte 
Wirkung hervorgebracht, wenn auch die 
Mutik weniger ausgezeichnet gewesen wäre. 
Aus dem sich anschliessenden Chor, in wel- 
chem die Ideen des Solo weiter benutzt 
sind, heben wir nur die kräftige, und ins 
inuerste Mark dringende Stelle: 

Dank, ron Allen dargebracht, 
Heitre deine .tili. Nach't i 

mit einstimmigem Lobe des Verstandes und 
Gefühls aus. 

Um nicht durch zu viele unmittelbar auf 
einander folgende ganz langsame Sätze ein- 
förmig isu werden, benutzte der Komponist 
die folgenden Solos, die eine etwas lebhaf- 
tere Farbe und Hallung zuliessen; behielt 
jedoch die Glänzen, die ihm der Text und 
die Situation selbst steckten, immer im Auge. 
Die kunstreiche Verwebung dieser Solos mit 
dem Chor verdienet eine besondere Aus- 
zeichnung, und wurde auch von den Sin- 
genden vortrefflich ausgeführt. (Die Solo- 
stimmen von Mad. Köhl, Dem. Krügcl, Hrn. 
Neffrer und Hrn. Wagner). 

Nun schweigt die Musik während einer 
dialogisirten Sccne, in welcher das talent- 
volle Kind, Dem. Koch, (als Genius,) ver- 
dienten ßeyfall einärndtete. Auf deu Wink 
dieses Genius und beym Schlüsse seiner, 
auf dem Grabe gehaltenen Rede: 

Wie iba die . Nachwelt preist , vrill ich in Bild 

auch aeigen! 

verwandelt sich das Theater: es zeigt sich 
ein Triumphbogen — das schönste, was 
wir jemals hier in dieser Art gesehen ha- 
beu — und zugleich ertönt der höchst ein- 
fache, feyet liehe, nur in vollen, klaren 
Akkorden gehaltene und nur von Posau- 
nen y»d Pauken begleitete Chor hinter 
der Buhne: 



März. 406 

Heil Dir! Heil! 

Lobgesaug 

Und Harfeaklang, 

Frommer Herzen frommer Dank 

Wird von Deutschland* edlen Söhnen 

Dir die späte Nachwelt tönen. 

Heil Dir! Heil! 

Jetzt aber fallt der glänzende allge- 
meine Chor, und zu diesem alles, was 
von Sängern und lnstrumentisten versamm- 
let war, ein: 

Heil Dir! Heil! 

Du hast den Preis errungen, 

Du hast dirh aufgeschwungen ! 

Heil Dir! Heil! 

Wen Lieb und Dank unsterblich macht, 
Triumph! Triumph! der hat vollbracht! 

Mi t diesem ausgeführten Chor schltessl 
sich das Ganze — ganz, wie es bey def 
Gedächtnisfeyer eines so edlen und wohltbä^ 
ligen Mannes seyn soll : nicht in weicher 
Schwermuth, sondern in feyerlichem 
Jubel und mit grosser Kraft 



Horn, den 7ten Febr. (Von einem Deut- 
scher!). Paers neue Oper, hier von ihm 
selbst aufgeführt, bat sehr gefallen; es war 
aber ein Glück, dasa der Komponist nicht 
auf ein deutsches Orchester gerechnet halte, 
— denn Sie glaubten mir nicht, wenn ich. 
Ihnen schilderte, wie schlecht jetzt die Or- 
chesler <lnrcb ganz Italien, fast nur Vene- 
dig ausgenommen, sind. Ich höre Musiker 
über Paers Schwierigkeiten, (!) als über 
, teuflische," in allen Ecken fluchen. Mau 
wird von Italien als dem Vaterlande der 
Tonkunst bald nur so sprechen können, wie 
von Griechenland, als dem Vaterlande der 
bildenden Künste, Righini , der, von Vene- 
dig aus, Bologna, seine Vaterstadt, besucht, 
hat, hat nur wenige seiner ehemaligen 
Freunde noch gefunden, und die „ ersten 
Meister" sind erschrocken vor der Gelehv-» 



Digitized by Google 



407 



1805. März. 



403 



simUil und dem Reichthum einiger seiner 
Werke, die er ihuen initgelheill hat. Das 
war dm Herren alle« unerhört; sie hallen 
»ichs nie ernstlich einfallen lassen , nachzu- 



fragen . 



wie es um ihre Kunst ausser Ita- 



l.cn — und nun vollends gar in Deutsch- 
Lind — stehe. An eiue öffentliche Auffüh- 
rung Righini'sther — wie viel weniger, 
schwererer Opern, ist hier nicht zu denken: 
wer brächte solch ein Ensemble zusammen! 
In Venedig, hör' ich, sey es Iligli. sehr wühl 
gegangen, und man habe seinen Komposi- 
tionen in Konzerten und Privalakademieeu 
ausgezeichneten, das heisst, verdienten Bey- 
fall gegeben. Dort hat auch seine Schü- 
lerin, Dem. Fischer, gefallen, aber nicht 
auf dem Theater, wo sie mit der schö- 
nen, und vieleropfohluen Sessi zu rivalisi- 
ren, uod eine Menge von Menschen gegen 
sich hatte, die — von besoudern Rück- 
sichten Geleitete noch abgerechnet — nur 
auf ein schmelzendes Organ hören, gegen 
alles aber, wo dies nicht im voilesten Maase 
sich zeigt, mögen übrigens noch so grosse 
Vorzüge da seyn, gleich stampfen und lär- 
men. So sithet es in den meisten italieni- 
schen Städten jetzt aus, in Absiebt auf Mu- 
sik: Ein reizendes Weib, eine reizende, 
weiche Stimme, gewisse Kenntnisse und 
Fertigkeiten, beydes wieder auf das reizend- 
ste gellend zu machen — dann allenfalls 
die matteste Guitarrenarielle, oder die un- 
sinnigste .Passagenarie, „und alles schreyt: 
Mirakel!- — 



München, d. iSten Febr. Von Winters 
neuen Opern versprach ich in meinem letz- 
teu Briefe Ihnen ausfüllt lieh zu schreiben; 
ich bin aber dazu ausser Stand gesetzt, denn 
die von Babo gedichtete ist, wegen der Nie- 
derkunft der Kurfurstin, auf unbestimmte 
Zeil verschoben, und Castor und Pol- 
lux wurde nur Einmal bisher gegeben. 
Warum? das will ich Ihnen genau referi- 



ren, und zwar ohne Anmerkungen ; will 
man solche daraus ziehen, so kann ich nicht 
dafür. Die twey Hauptrollen der Oper 
(die, des Cast. und die, des Poll.) sind für 
zwey Suprane geschrieben. Madain Cauna- 
bich und Dom. Harlaas sollten sie singen. 
Drey Tage vor der Vorstellung, welche den 
iSten Jan. statt hatte, wird Mad. Cannabich 
plözlich unpässiieh. Hr. Tochtei mann über- 
nimmt ihre Rolle, studiit sie wahrend der 
kurzen Zeit, tritt auf, und leistet alles , was 
mau unter diesen Umständen nur erwarten 
konnte. Dio Oper wird zum zweytenmal 
angekündigt: den Abeud vor dieser zweyten 
Vorstellung wird auch Dem. Harlass von 
einer Unpäßlichkeit befallen. Die Oper 
wird zum drittenmal, selbst in den Zeitun- 
gen, auf den ölen Febr. augeseiet; man 
fängt den Tag vorher die Probe an: da 
kömmt die Botschaft von Dem. Harlass, sie 
sey noch unpass. Inzwischen trat Mad. 
Cannabich den i2len rebr. wieder auf in 
der Oper: Das ik bloss von Moutcnero. 
Jetzt stehet es zu erwarten, ob auch Dem. 
Harlass wieder hergestellt seyn, oder diese 
sehr störende Wcchselkraukheit noch länger 
fortdauern wird. So ist denn also nur Eure 
Vorstellung jeuer grossen Oper zu Stande 
gekommen, und von dieser über ihren Werth 
entscheiden zu wollen, wäre übereilt; zumal 
da Winters Arbeiten gewöhnlich nichts Auf- 
falleudes, gewaltsam Hinreissendes haben, 
sondern man ihrem schönen Gesänge, ihrer 
kräftigen Deklamation, ihrem richtigen K ben- 
inaas und herzigem Ausdruck, ruhig, aber 
oft folgen muss, um sie ganz zu verstehen 
und ganz zu gemessen — was bey den 
hier, nicht sowol unterlegten, als untrr- 
pressten deutschen Worten, (zu denen sie 
nicht geschrieben ist) bey öftWn Versetzun- 
gen der Tonarten u. dgl. mehr, vollends 
gar unmöglich wurde. 

Ebendaher d. 1. März. D. aa. Febr. wurde 
Winters neue Oper; Castor und Poll uz, 



Digitized by Google 



409 



1805. März. 



410 



zum zweylenmal gegeben. Mad. Cannabich 
saug uü hu Die Hullen dea Caslor uud Pol- 
lux, die für zwey Teuore, (nicht, wie ich 
aus Vergehen in meiner letzten Nachricht 
sagte, lür zwey Soprane geschrieben siud,) 
wurden von Hrn. Tochter mann uud Dem. 
Harlass ausgeführt. Der U ebelstand, der 
aus dem Unterschied der Figuren und Stim- 
men für die Illusion dea Ganzen entsprang, 
konnte nicht vermieden werden, ao gut und 
schön auch beyde sangen. Doch der Preis 
dieses Tages gehört Mad. Elise Lang , ehe- 
mals Mad. Peyerl. „Von den Verdiensien 
dieser Frau wird, wie es scheint, im Aus- 
lande wenig gesprochen. Sie siud aber von 
jedermann anerkannt, und eben dies ist 
auch vielleicht die Ursache, dasa man we- 
niger davon spricht — denn wozu noch 
Worte, wenn man über die Vollkommen- 
heit der Sache einig ist? — Ihre immer 
schöne, helle Stimme, die Leichtigkeit und 
Reinheit, mit der sie alles vorträgt, lässt 
»elbst dem Kenner fast nichts mehr zu wün- 
schen übrig. Da sie auch eine sehr gute 
Schauspielerin ist, so wird ihr Werth da- 
durch noch erhöhet. Sie sang und spielte 
die Rolle der Tclaira, ursprünglich für Mi- 
ttles* Uillington geschrieben, mit einem 
Feuer, einer Würde, einem Ausdruck, der 
Alles dahinriss. Sie erregte Enthusiasmus; 
der ßeyfall war allgemein, einzig. — 

Schade, dass diese so vortreffliche Frau 
in Singspielen so selten auf das Thaler 
kommt. Da sie nämlich in das Fach der 
Hddinnrn u. dgl. übergetreten ist, wir uns 
meist nur von ausländischen leichten Ope- 
retten nähren, und hiesige Komponisten we- 
nig für hiesiges Theater schreiben: so findet 
suli für diese Künstlerin wenig, zu thun. — 
Die Musik selbst fand das zweytemal noch 
mehr Ueyfall als das erstemal. Man müsste 
sie aber mit italienischen Worten, verständ- 
lich vorgetragen, hören, oder in Partitur 
seben, weun man im Detail, und gründ- 



lich genug darüber urtheilen wollte. Dar- 
um hier nur so viel t Kitler Prunk, blo» 
schimmerndes Flittergold findet sich da nicht. 
Hr. Winter sucht Schönheiten, die für alle 
Orte, für alle Zeiten schön sind. Jeder 
Akt bildet sieb nach einem durchdachten 
Plane, uud rundet sich zu eiuem Ganzen. 
Mit welcher» Feinheit er die Worte behand- 
le, wie er die Musik der Poesie anzupassen 
suche, wie er überhaupt den reinen Gesaug 
sich zur Hauptsache mache, und obgleich 
Meister im lnslrumcnlalsatz, doch immer 
das Orchester dem Gesänge auf eine ver- 
nünftige Weise unterordne: davon kann man 
sich heym Durchlesen seines Tanierlans über- 
zeugen, wenn man es nicht schon weiss, 
oder Caslor und Pollux nicht bört. — Um 
doch etwas im Einzelnen auszuzeichnen, 
führe ich an, was das Publikum am mei- 
ste 11 hinzureissen schien, einen grossen Chor 
mit der eineu Arie, mit obligater Beglei- 
tung eines ViolonceHs, ohne Violin, ver- 
bunden, eine grosse Scene von Telaira etc. 
Mein eis kann ich Ihnen aus dem Ge- , 
dächtnis nicht nachholen. — Dies mag 
für jetzt genügen. Nächstens wird die neue 
Oper: Frauenbund, von Uabo und Win- 
ter für unser Theater geschrieben, gegeben. 
Daun ein mehreres. 



Berlin, den gten März. Durch den Tod 
der Köuigin Mutter wurden die öflenliuheu 
Vergnügungen unterbrochen. Das C'anirval, 
das gleich anfänglich eine Hernimmt; erlitt, 
hörte ganz auf, und nur die Vot Stellungen 
der dazu bestimmten Opern uud Balk is wer- 
den künftige Woche den Au fang nehmen, 
so dass iu der ersten Woche Medea mit 
dem Ballet Paris, und in der zweylen Ro- 
samunde mit dem Ballet die Dausomanie, 
gegeben werden. Aik-Ii die Darstellungen 
des köuigl. Nationallht-alers wurdt-u acht 
Tage ausgesetzt. Die Wiederei öinung der 
Bühue geschähe den Tag nach der stillen 



•1805. März. 



412 



Beerdigung der hochsei. Königin, den 5ten 
Marz, durch ein Trauerkonzeil, bey dem 
«Jas ganze Theaterperaonal in tiefer Trauer 
erschien. Die Dekoration der ßübne stellte 
eine hohe Tempelhalle vor, die durch flint 
mit Florfestons verbundne Lustres erleuch- 
tet ward. Die Aufführung geschah zum Be- 
sten der Armen, die in der Verstorbenen 
eine Hauptstütze verlohren. Die Ouvertüre 
von Glucks Alceste eröffnete in ihrem tra- 
gischen Stil sehr passend den Trauerakt. 
Dann folgte das Requiem von Mozart. Den 
Beschluss machte das Chor: Hallelujah, aus 
Handels Messias. — Vorgestern trat Hr. 
Ilofmann in einer zweyten Gastrolle, als 
Don Juan in Mozarts Oper, aber mit noch 
weniger Beyfall denn neulich als Papageuo, 
auf. So wie hier in Hinsicht der komi- 
schen Darstellung Herrn Unzelmann , so 
stand er als Don Juan Hrn. Beschort sehr 
weit nach. 

An demselben Tage war auch das erste 
von den vier letzten Abonneraentkonzerts der 
Hrn. Schick und Bohrer, von dem, so wie 
von den angekündigten Konzerten der Dem. 
Kirchgessner, (die von ihrer Augenverletzung 
durch unsern -braven Generalchirurgus Gerke 
glücklich wieder hergesteilt ist), des Herrn 
Spohr, Hr. Kapelim. Himmel,' der auch zu 
seinem Benefiz seine allbeliebte Oper Fan- 
chon im Nationallheater selbst dirigiren wird, 
und Mad. Dussek, künftig mehr. 



Frankfurt d. 1. Marz. Hr. Fischer, Bassist, 
hat das hiesige Theater verlassen und ist 
an das Hoftheater nach Stuttgart gegangen; 
dadurch ist bey der hiesigen Oper eineL.uk- 



ke entstanden , die man je eher je lieber 
wieder ausgefüllt wünschen muss. 



Kurse Anzeige. 



IX Variation* zur T air: Nel cor non piü 
ml sento, pour It Piano/orte, composits et 
didiees ä Son Altesst Mad. la Dudussc de 
Wirtembtrg — — par C. *A. Gabler. 
Oeuv. 25. A Leipsic, chez Breitkopf et 
Härtel. (Pr. 12 Gr.) 

Hr. G. soll ein zahlreiches Publikum, 
besonders unter Klavierspielerinneu haben, 
und man kann es glauben, da er fasslich, 
angenehm, leicht ausführbar, und doch 
ziemlich lebhaft schreibt. Auch diese seine 
Arbeit wird gewiss Freunde finden, und da 
sie von ähnlichen frühern sich in nichts 
wesentlichem entfernt, mögen nur diese we- 
nigen Bemerkungen hier stehen. Herr G. 
sollte gerade diesem Publikum nicht so 
weite Spannungen zumuthen, wie S. 5, Syst. 
5, das tiefe F, und in der Folge öfter j er 
sollte ihm auch so feines Ohr zutrauen, 
um Stellen, wie der Schluss beyder Theile 
der aten Var., unangenehm zu empfinden, 
wenn ihm auch nicht geradezu fehlerhafte 
entgingen — wie schon im Thema, Syst. 2, 
Takt 4, wo statt c e b der linken Hand 
besser C g b stünde. Variat. 4. hat etwas 
Originelles im Plan und ist artig ausgeführt; 
so ist auch Var. 6., pracis vorgetragen, von 
sehr gutem Effekt. 



(Hierbcy die Boylige No. IV.) 



Digitized by Google 



N2. IV. 

Beilage zur allgemeinen musikalischen Zeitung. 



TRAUER- MARSCH 
aus F. Weisse' s Ge d fleh tili sfey er 

Tüll 

Mahl mann und Biereij, 

am 11. t3. i5. 17 und iS. M'irz auf dem Thealer in Leipzig gegeben. 



Andante quasi Largo. 






h a e i° p 



F 



f 



So prano. So \°- if P, ■ t 




^,, 0 --)»» » » I " 1 » *f 1 

Einsame, ht-Ure Schatten» hört unxr leises 



T^no r«. Solo. ■ . s , ■ f J.J JJ Jj . 



Einsame, heils»- Soliatten, hört unjer leises 



jÜ 




Lied 



! den wir am liebsten litten, d.r ging von uns und schied! Einsame, hei Ige Sch.it - ten , hört un-s«r lci-seä 



Liedl den vrir.m liebsten hatten, der jing \ on uns und schied! Einswme, heiige Schal - ten , hört unser lei-frs 




y - — p ~~ 

IMI 



T 



Solo 




Sj 



/ i 11,111 / / 

den wir. im lieb • Sten hat - U*n — Jcr (in{ von uniimil sc*>ied! Wir bringen ei-ne Ca - be, ein 



■C- <rr : 



r-r-r-r 



I 



Lied I den wir am lieb- neu hat - ten — Jtr ging von um und schied! Wir bringen ti-ne Ca - be, et 




- 



T u t i i. 



I l ^ I / ✓ 

Bäuinchen jung and schön, das soll an «einem Ora-be dprLiebeDenkm.il itehn. Wir bnnjrn ri-ne Ga - be , ein 
I 



Iii aTii i J j,^. J. Ji i * i d T °"> J J>> i j. j j ' i ' 



Baumelten jung uni schon , das soll /n seinem Ora-be der Liebe Denkmal >tehn. Wir bringen ei - ne Ca - be, ein 






2 r 



Baumchen jung und schön , das soll an lei-nem Cra - be der Lie be Denkmal Hehn. 



"1 ff : 



— T 



H Ii j t J i J ' ' 1 



T 



■d. J. J i i Iii 



Baumchen ;ung und schon, das sollau sei ■ nein Lira - be der Lie-be Denkmal stehn. 





Digitized by GoCölc 



A L L.G EMEINE 



M • f 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 27*» März. N=. 20. 



1805. 



DU Wandtrir und ihre Wegtvti$er. 



Ein junger Wanderer verwettete, da die 
Sonne eben uutergeheu wollte, einige Mi- 
nuteu auf seinem Wege , blickte xui ück, 
welch eine Strecke er zurückgelegt hatte, 
Und freuele «ich, dass er denn doch sebon 
so weit wäre. Du wirst doch aber auch 
auf dein rechten Wege seyn? fragte er sich 
hernach selbst, und es wollte ihm ein 
wenig banglich werden, da er die Stadt, 
das Ziel seiner Reise, das er naher geglaubt 
hatte, in der Ferne kaum entdeckte. Dies 
schien ihm sogar jetzt weiter entfernt» als 
etwa vor eiuer Stunde. Indess, er behielt 
guten Muth: du wirst ja sehen! sagte er, 
und wollte eben weiter gehen, *l» ein 
Mann zu ihm trat — finster, rauh, 
uatnuthig. Im barschen Tone fuhr er den 
Wanderer an: 

Was bist du fiir ein Burscb? Was hast 
du hier bey uns zu suchen? Und wie siehst 
du aus von Staub und Scü weiss? Schämst 
du dich picht so iu die elegante Stadt zu 
gehen? Doch damit hat's Zeit! denn 
siehst du nicht, wo du bist? Dort hinaus 
liegt; die Stadt!, und. hier — recht«, der 
Morast; links der Felsenabhang : vor div 
tiefer Sand und weiter hin der Busch, in 
dem e« schon j jetzt rabenschwarze Nacht 
»eyn jnusal Schöne Aussichten für einen 
Patron, der,, wie du, uoch so weit zu ge- 
be n hau t od ite »cho» luakU , 

7. J*hr j. 



Das machte den jungen Wanderer zehr 
verwirst, denn er bemerkt« mm* das« er 
vorher, von der Sonne geblendet, da» aUe* 
nicht gesehen hatte. Der rauhe Mann hatte 
höchstens übertrieben, gelogen aber keines- 
wegs. Der Wanderet aagte halb, trotzig, 
halb zaghaft. ( 

So zeige mir einen bessern Weg, da du 
hier mehr Bescheid weifst! Nimm dich 
meiner an! führe mich! — 
' i • '■ ' ■ * 

Ich ? sagte jener. Das war' meine' Se> 
che! Sieh, wie du selber fortkömmst 4 — f 

Er ging. Der junge Wanderer stand 
nun noch zaghafter, wagte zweifelnd kei- 
nen Schritt zu thun, und brach endlich: iaj 
laute Klagen über den Störenfried aus. 
Bau» er mich: dach nur gehen lassen , rief 
er; w«r weiss, ob ich mich nicht endlich 
dooh zurechtgefunden hatte! — .Da gesell 
lele «ich wieder Einer zu ihm. Was fehlt 
dir? fragte der Mann mit gesetzter , aber 
freundlicher Stimme. Der Wanderer er- 
zählte, was ihm begegnet war. 

Nun, entgegnete jener; Unrecht hatte 
der Murrkopf nicht, und mithin geziemt's 
dir uicht, ihn zu. schmähen. Loben aber 
kann ich ihn fieylich auch nicht, öbscboi) 
er mein' Nachbar ist. Du bist wirklich fehl 
gegangen, auch ist deine Kostumirung nicht 
eben empfehlend: «her Geduld, und guten 
Muth! auch Zutrauen , das« es Leute in 
der Stadt geben weide, die den braven 
Mann um d«r schabte* JÜfcadiuf willen 

36 



Digitized by Google 



4*5 



1805. März. 



nicht verkennen! Komm nur, ich will dich 
auf den rechten Weg bringen, und dann 
frisch, und mit Anstrengung aller Kräfte 
vorwärts! Denn* wahr ists, der Abend 
bricht ein, ehe du dicha verstehest, und zu 
Hause sind wir sobald noch nicht! Also — 
frischauf! du wirst mir doch folgen? 

O dir — ! Ich verdiente ja uio in die 

Stadt su kommen, verdiente in dieser 

Wildnis su Grunde zu gehen, wenn ich 
dir nicht gern folgte! — 



Der Ort war wie verzaubert: die mei- 
aten, die in die Stadt wollten, verirreten 
sich hier. Schon am Morgen stand wieder 
ein Wanderer auf demselben Platze. Die- 
ser halte mehr sinnliche Lebendigkeit und kör- 
perliche Kraft — es war ja noch früh — er 
hätte mitbin fröhlicher nach Hause kommen 
können. Da trat jener erste Wegweiser 
auch zu ihm, nnd machte ihn auf dasselbe 
aufmerksam, worauf er gestern den Andern' 
aufmerksam gemacht hatte; auch that er's in 
demselben Tone — 

Kerl ? rief der Wanderer : was unter- 
stehst du dich? Du willst mich repnmau- 
diren? du? mich? £y dich soll ja 

Er hob, unter ungezogenen Schmähun- 
gen, Steine auf, nach dem Wegweiser zu 
werfen. Dieser ging, der Wanderer lachte 
überlaut ihm nach. Da kam eine Rotte 
Wüstes Gesindel durch den Morast gewadet, 
und sprang, unter üppigen Scherzen und 
lautem Jubel, aufs Trockene. Sie machten 
sich an den jungen Wandersmann. Will- 
kommen, Herr Bruder! riefen sie. Wo 
willst du hin? 

Nach der Stadt , ihr Herren und Damen ! 

Dummes Zeug! La ss dn Stadt, Stadt 
seyn, und komm* mit uns! Du bist 



ein Kerlchen, wie ein Dans; du gefällst 
uns: was willst du mehr? Wir gehn zum 
Schmausse, und du sollst uns Spass machen 
helfen! Au Essen uqd Trinken soll dir*e 
nicht fehlen, und hübsche Dirnen, die dir 
um den Bart gehen, haben wir auch — 
du siebest ja hier einige schmucke Exem- 
plare! Nach der Stadt ist weit: du müss- 
test dir's erst noch sauer werden lassen. 
Bey uns bist du gleich zu Hause, hasl's 
bequem, und findest deinen Bey fall! Dort 
müsslest du dich geniren: hier machst du*« 
je toller, je besser — — 

Topp, ihr Herren! rief der Wanderer, 
und wollte eben mit ihnen gehen, als jener 
sweyte Wegweiser zu ihm trat, ihn auf die 
Nullität dieser Gönnerschaft aufmerksam 
machte, und hinzusetzte, was er gestern 
dem andern Wanderer gesagt hatte. 

Herr Doktor Klagmund, erwiederte der 
junge Mensch, und seine Gesellschafter bra- 
chen in ein wieherndes Lachen aus ; wenn Er 
gescheid ist, so gehet er, woher er gekom- 
men, und zwar ganz mäuschenstill! Was 
zum Henker, gebt ihr mir denn, ihr Kna- 
sterbärte all' zusammen , wenn ' ich euren 
Moralien folge, he? Da lob* ich mir diese 
meine Gönner, Beschützer und Freunde! 
die honoriren! Ja, vorausgesetzt, man 
würde von euch nach langem , sauerm Wege 
endlich in die Stadt eskorlirl: machen denn, 
eure feinen, zarten Mensehleinchen dort so 
einen hellen Jubel mit unsereinem, wie diese 
kräftigen Naturen — wenn ich auch an den 
lieben Bauch und an noch 'was gar nicht 
denken wollte? Marsch mit dir! Und ihr 
Herren — holla höh! zum Schmausse! zu 
tausend Spass! • 

Holla höh! rief die Gesellschaft und 
klatschte entzückt in die Hände, dass es 
weit umher schaltete. So sogen sie fort, 
und trugen ihren Liebling fast auf den Hän- 



Digitized by Google 



4'7 



1805. März. 



418 



dea — so lange der Schmants wah- 
re Je. Hernach konnten sie ihu nicht wei- 
ter brauchen, denn »eine Spässe waren er- 
schöpft; sie vergessen ihn und suchten sich 
einen Andern, um diesen ebeu so su beloh- 
nen nnd eben so au vergessen. Jener erste 
Wanderer war aber indessen in die Stadt 
gekommen, und lebt da noch immer, von 
den Besten geachtet und geliebt, in schö- 
ner Tbätigkeit, uud in bleibendem, obsehon 
nicht tumnllnarischem Beyf&ll. 

Friedrich Rochlits. 



Nachricht« n. 



Paris, d. 4ten Mar«. So wie ich bey 
meinem letzten Berichte die Aufführung von 
Mozarts Requiem abwartete, wollte, ich beym 
jetzigen die Aufführung des Don Juan 
abwarten : ich muss aber diesen Vorsat« auf- 
geben , weil die Herren von der kaiserlichen 
.Akademie jene Vorstellung einmal wieder 
um — einige Monate hinausgeschoben ha- 
ben.- Wir wolleu's einander nur sagen: 
sie fühlen, dass sie den meisten Rollen in- 
Absicht auf Gesang nicht gewachsen sind} 
nun ist die Erwartung aber sehr hoch ge- 
spannt: man möchte sie also erst gern ab- 
kühlen. Bey der Besetzung der Rolle des 
D. J. hatten sie, freylich mit Recht, haupt- 
sächlich mit auf eine schöne Figur und rasches, 
gewandtes, einnehmendes Spiel gedacht : aber 
so bekam sie ein Tenorist! Nächster Tage 
stand nun in den Zeitungen: ob man sich 
lächerlich machen wolle? D. J. fordere 
einen durchgreifenden Bass ! ob man auch hier 
etwa alles umzuschreiben gedenke, was nicht 
sogleich in den Kram passte, den man 
eigenmächtig auslege u. s. w. Die Sache 
hatte su vielen Grund, als dass man nicht 
darauf hätte achten sollen : die Rolle 
■urückgenommen, und 



scheinlich das ganze Stück zurück, wenn 
nicht schon, zu viel J-ierm gemacht, und su 
viel Geld darauf verwendet wäre. Zu dem 
Ball beym Schluss des ersten Akts, cu der 
Scene auf dem Begrabnisplats, und zu der» 
wo D. J. zu Grunde gehet, hat man die' 
prachtvollesten Dekorationen zu erwarten. 
Üebrigens glauben Sie an den Enthusiasmus 
für Mozart doch ja nicht so, wie es viele 
Journale Sie könnten glauben machen; es 
sind verhältnismässig noch immer nur We- 
nige, die ihn wirklich kennen, ehren nnd 
lieben. Das Publikum hat interessante Anek- 
doten von ihm zu lesen bekommen, hat sich 
mit diesen eine Zeit lang getragen: und»' 
seyn Sie gewiss, bey weitem der £rös*te 
Theil derer, die Mozart und immer Mo-r 
satt im Munde führen, weiss weiter nichts 
von ihm und mag auch nichts weiter wis- 
sen, als eben jene Anekdoten. Sind diese 
endlich erschöpft nnd nieder-erzählt, so 
wird «he Menge sehr gleichgültig gegen den 
Künstler und alle seine Werke seyn. Denu 
warum unterstützt man denn keine Wieder- 
holung des Requiem? Man war das erste- 
mal wegen der bekannten wunderbaren Anek- 
dote über seine Entstehung neogierig hin- 
gegangen; nun ist die Neugierde gestillet 
nnd damit ists abgethan. Was aber die 
— jetzt auch verklungenen , öffentlichen Auf- 
forderungen zur Wiederholung anlangt, so 
könnte es wol zweyen unsrer bravsten Mei- 
ster, wenn sie einander begegneten und frag- 
ten, damit gehen, wie dem Cicero mit dem 
Augur! — Oder warum giebt man Mozarts 
unübertroffene Sinfonieen nie in unsera 
Konzerten? warum hört man nie seine Kla- 
vierkonzerte ? Die öffentlichen Konzerte ko- 
sten hier viel; man muss darum viele Zu- 
hörer zusammenbringen, nnd weiss, dass 
Mozarts Musik nicht vielen gefallen würde! 
Sollte jene Aufführung des D. Juan ganz 
ausserordentlich gelingen, und ganz ausser- 
ordentlich viel Glück machen, so dass es 
nähme wahr- | Mode und Ton wurde, die Oper oft zu 



Digitized by Google 



4»9 



1805. März. 



deu 



hören, davon entrückt su «eyn a. s. 
ja, dann wendete «ich «lies ander«: 
Bessern ginge da« Verständnis auf, die an- 
dern thalen , als war» es bey ihnen auch «o, 
die Unternehmer, die dergleichen Stimmun- 
gen hier mehr cu benutzen und feiner su 
•erhalten wissen, ala irgendwo, gaben nun 
Mozart und eine Weile immer Mos.; dann 
sähe man ihn als naturalisirt und national i- 
*irt an, und nun standen alle seine Werke 
•ine lange Zeit fest und unerschütterlich in 
-der allgemeinsten Achtung. So war e« mit 
"Gluck, und darum stehet er noch immer 
%o hoch, und -fest nnter uns. So war und 
. «st -es : auoh mit Haydns Sinfonieen. Denn 
4at muss man auch dem hiesigen Publikum 
Inn Ruhme nachsagen : hat es -einmal -etwa« 
In AffeVtion genommen, ist dann der eiste 
-Schwindel dafür — die Erbkrankheit der 
Franzosen — ■ vorüber ^ und findet «ich nün 
in der Sache wirklich so viel -Geheilt und 
gediegener Werth, dass die VerslSndigern, 
♦Einsichtsvollen! und 'Geachteten «ich fort- 
während dafür lutefessiren mögen: so nimmt 
snan es auch recht ernstlich damit, sucht 
gen* -einzudringen, alle« in «ich aufzuneh- 
men , und ««hütet gegen die Anlauf« de* 
Gegner., wie gegen deü Andrang der Neuig- 
keiten und Launen de« Zufall« oder der 
Menschen. 
* » 

Ich habe hier einmal das Hers auszu- 
schütten mir verstattet: Ihre Leser lernen 
durch so etwas von Paris mehr kennen und 
lichtiger urtheiien, als wenn ich jedes vor- 
übergehende Ereignis in der musikal. Weh 
-einzeln und ängstlich referirte. Doch will 
ich, was von diesen der Erwähnung wcrtli 
ist, darum nicht ganz übergehen. 

Die drey stehenden Konzerte , (Clery, 
€renelle, Conservatoire) «iud r seit Neujahr 
tdmgefkhr, sämmtlicb in voller Thütigkeit. 
Ich will, Ihre Leaer nicht zu verwirren, 
das erste noch bey seinem alten, »eil vielen 



420 

Jahren «o berühmten Kamen nennen, ob* 
gleich e« nicht mehr in jener Siraste iat, 
sondern einen weit prachtvollem, aber für 
die Musik nicht ganz so günstigen Saal 
gewählt hat. (Salle ülympique, rue -de la 
Victoire) lih müsste von allen, den Haupt- 
sachen nach, wiederholrn, was ich schon 
öfter» gesagt habe, wenn ich ine Einzeln« 
gehen wollte. Clery behält den Preis, und 
die Instrumentalmusik iat köstlich. Der 
Gesang bleibt, wie er ist. Haydna Sinfo- 
nien bleiben ebenfalle hier da« Hauptge- 
richt, und auch die Lockspeise. Man giebt 
deren an jedem Tage -zwey. In dem ersten 

dieser Kouzerle kamen die Schönen man 

weiss ja — als hätten sie sich beredet , mei- 
stens erst unter der Sinfonie. Die« erregte 
nicht nur allgemeinen Unwillen, sondern 
laute Beschwerden, und sie mussten, um 
nicht beleidigt zu werden, «ich« schon ge- 
fallen lassen , die andern male vor Anfang 
da zu «eyn. Das ist ein Triumph Haydna 
über die Galanterie, und das will hier 
wahrlich etwas bedeuten. Das« nnsre gröss- 
ten Virtuosen hier auftreten — doch bisher 
selten — wissen Sie auch. Kreutzer brachte 
Vor drey Wochen wieder ein neues Konzert 
-von «einer Komposition zum Vorschein, auf 
welches ich die deutschen Virtuosen beson- 
ders aufmerksam machen muss — - deun 
Wahrscheinlich wird es bald gestochen er- 
scheinen. Kr. hat den seltsamen Einfall ge- 
habt, da« ganze Konzert au« Ideen von 
Haydn — in dessen schönsten und bekann*- 
testen Werken — su schaffen. Die Aus- 
führung ist ihm sehr wohl geralheo: denn 
er hat, wie sichs von ihm verstehet, mit 
Geist und Geschmack zii wühlen gewusst. 
Preylich muss man aber mit Haydns Wer- 
ken genau bekannt seyn, um überall den 
seltsamen und ganz eigenen Reiz, der aus 
dieser ' Zusammenstellung und originellen 
Verkettung (besonders im Finale) entstehet, 
vollkommen empfinden zu können. Kreutzer 
spielte vortrefflich — solch ein Adagio 



Digitized by Googl 



I 



4« 



i8o 5 . 



hört man höchst selten — ' aber 
er wusstc auch noch io •einem Spiel die 
Haydnscben Ideen , . welche den Zuhörern 
vornehmlich kennbar werden sollten, so fein 
und nachdrücklich an'« Herz su legen, dass 
es eine Freude war. Und damit Ihr Pu- 
blikum eben dieser Freude durch Ihre Vir- 
tuosen theilbafüg werde, mache ich diese 
eben hierauf aufmerksam. — Grenelle iat 
Nachahmerin von Clery , und leistet dasselbe, 
nur in Absicht auf Vollendung der Pro- 
duktionen am mehrere Grade aohwächer Und 
niedriger. Ueber die Eleven des Conaerv. 
habe ich neulich ausführlich geschrieben, 
und habe nichts su widerrufen oder einzu- 
schränken. Die angenehme Sängerin, üem. 
4iimm, macht ' grosse und schnelle Fort- 
schritte; sie kann sehr viel werden. Ein 
iiubscher Jüngling, Henry, spielte neulich 
ein Fagoltkonsert seines Lehrers/, Ozy, com 



Bewundern« mar noch ein wenig ängstlich.! an diesen Formalitäten hangt:) ein kaltee, 



Iomelli's berühmtes Offertorium -wurde nicht 
gut gesungen ; man kann, bey allem Fleis 



der Lehrer, die jungen Leute im Ganzen ; auftretend — da haben Sie die Ursachen, 



durchaus noch nicht in den eigentlichen Kir- 



chenstil hinüber bringen. Besser ging nnd, wenigstens vor der Hand, «uirncLge*- 
jedoch ein Theil des lomelli'tehen Requiem, «oniinen wurde. Ich nbüsste mich sehr irp 
wo eben auch Dem. Himra den Preis er- 



hielt. Cherubini hat, ohne sich darum zu 
"kümmern, ob man sie je geben wird, eine 
Iphigenie zu schreiben angefangen. Er liess 
neulich ein Terzett daraus versuchen. Es 
war einfach, edel und herrlich. Der- Text 
ist italienisch. 

od» 

Die Operntheater haben an Neuig- 
keiten nirht viel Vorzügliches geliefert. 
Lesüeurs Caverne ist wieder aufs Theater 
.gebracht worden; ich kann diesem rohen, 
.wilden, bizarren Werke keinen Geschmack 
abgewinnen, obwol ich einzelne geistreiche 
Stellen darin au schkizen weiss. Dem Pu- 
blikum schien es wie mir au gehen. Die 
Barden sind nun iu Partitur gestochen er- 
schienen und dem Kaiser gewidmet , dar sie 



Märti 

sehr gnadig aufgenommen haben soll. Fer- 
nando ou lea Maures, eine neue heroi- 
sche Oper in drey Akten, deren Dichter 
und Komponist jetzt noch Verborgen blei- 
ben wollen und darum auch von mir nicht 
genannt werden, obschon viele sie kennen — 
hat kein Glück, gemacht; dass sie aber mis- 
fallen habe , wie Sie in den voreiligen Flog- 
blattern gelesen haben werden, ist nicht 
wahr. Es ist eine Sottise dem Publikum 
getagt, wenn man schreibt, es habe dies 
Produkt schlecht gefunden. Das Gedicht, 
ans dem romantischen Zeitalter der Spanier;, 
-ist besser« als zwey Drittheile der eben jetat 
bey uns und überall beklatschten , und die 
-Musik ist brav, hat sogar einzelne, vor Ire üb- 
liche rartbieen. Aber, kein berühmter N*- 
me auf dem Titel, eine heroische Oper 
.auf dem! kom-.i sehen Theater« (Sie glau- 
ben nicht-, wie lacherjteh man noch immer 



zum Theil ungeschicktes -Spiel, und keim» 
der .am meisten begünstigten Subjekte darin 



warum die Oper nicht viel OUük machte. 



»n- 

tgn , oder man würde in Deutschland sich 
gerechter gegen sie benehmen, und dort — 
würde sie willkommen seyu. L'lntrigue 
aux Fenetres, in einem Akt, vprt Dü- 
paty und Bouilly, mit Musik von .Nicolo 
Isoüard, ist ein ganz allerliebsles Simk, auf 
welches ich Ihre Direktionen vorzüglich auf- 
merksam mache. Ich kenne kaum ein Pro-* 
dukt .dieser Gattung, worin 'so viel von 
der achten französischen Lustigkeit (gaiete) 
vom Anfang bis zu Ende herrschte, ohne 
dass der Geschmack oder feinere Sinn im 
geringsten beleidigt würde* Dabey ist die 
Fabel neu, nnd hat einige der allerpoasier- 
lichsten und überraschendsten Situationen i 
die Charaktere aind ebenfalls gut gezeichnet, 
und alles ist obendrein für ein gebildetes 
und gutgelauntes Personaie nicht einmal 



Digitized by Google 



1805. Mär*. 



423 

schwer auszuführen. Die Musik ist, 
sie hier seyn niusste — lebhaft, leicht, an- 
genehm. Die Ensembles sind das beste im 
Gesang. Das Orchester ist gut and gefällig 
beschäftigt, ohne überladen zu seyn. Selten 
hat eine kleine Oper solch Glück gemacht; 
man wird sich noch lange niobt satt daran 
sehen, und hier hat man Recht. — Die 
ewig sich selbst wiederkauende italienische 
Oper hat neulich denn doch nach Jahren 
eine Neuigkeit zur Welt gebracht. Ihr 
Musikd. Mosca hat eine Giner ra di Seo- 
ul a in Musik gesetzt: eine seria! aber 
was für eine! Man hat den Dichter ausge- 
lacht und Jen Komponisten belächelt; beyde 
haben's verdient, und darum 

ärmlichen Produkt! — 



4*4 



Statt eines Postscripts sage ich noch, 



die Achseln. 'Gelehrte Quartetten? sagt er 
nochmals, indem er blättert, und zuckt no<h. 
mehr. Ich wünschte , Sie schrieben miv- 
eine kleine Suite Walzer, die ich gern an- 
ständig honoriren würde. Wollen Sie mir 
wol einen Bogen Notenpapier geben? sagt 
Wölfl, indem er ihm die Quartetten weg- 
nimmt, und sich mit dem Blatt au's Pult 
setzt. Der Mann hat ein Weilchen andere 
zu thun; als er zurückkömmt, giebt ihm 
Wölfl die eben hingeschriebnen Walser und 
bittet sich ein tüchtiges Honorar aus, das 
er auch erhalt. Die Dingerchen sind 
darum doch nicht gerade schlecht* 



Magdeburg, am x8ten Febr. igo5. Es 
gewährt mir ein angenehmes Gefühl, auf 
das Grab eines verdienstrollen Mannes, des 



dass die niedliche St. Aubin, die Tochter,* ohnlängst verstorbenen Musikdirektors der 



als Sängerin auf dem besten Wege rasch 
vorwärts gehet — sie ist nun auch prima 
Donna des Konzerts Clery ; dass Wölfls neue- 
ste, vor etwa zwey Monaten hier herausge- 
kommene Quartetten (zwey Violinen, Brat- 
sehe und Violoncell) die schönsten sind, die 
er je geschrieben hat, dass sie den besten, , 
die jetzt irgendwo und von irgend einem 
gesehrieben werden, mit Ehren an die Seite 
zu setzen sind; das« Paisieilo bald nach sei- 
ner Ankunft in Neapel, zu feyerlichen Exa- 
quien, ein sehr unfeyerliches , fast komi- 
sches Requiem geschrieben hat, das jedoch, 
weil man es wahrscheinlich wie Scenen aus 
der Opera buffa angesehen, Beyfali gefun- 
den hat, und ihn dann gewiss auch verdie- 
net haben wird} und endlich, dass Wölfl 
einen Heft Walzer hat stechen lassen, (alles 
will jetzt hier Walaer tanzen und spielen) 
unter der folgenden spashaften Bewandnis. 
Wölfl hat die vorhin genannten gründ- 
lichen und trefflichen Quartetten fertig und 
gehet zu einem der hiesigen beträchtlichsten 
Musikhändler, ihm das Manuseript anzutra- 
gen. Quartetten? sagt der Mann und zuckt 



hiesigen Nationalbühne, Pitterlin, ein Blüm- 
eben streuen und dadurch seinen in einem 
bekannten andern Journale vor nicht gar 
langer Zeit so uogerechter Weise verun- 
glimpften Talenten ein kleines Ehr enden k- 
zu 



Der verstorbene Pitterlin war ein Mann 
von vieler Bildung, in ästhetischer uud mu- 
sikalischer Hinsicht. In seinen Jünglings- 
jahren sludirte er in Leipzig Theologie; sei- 
ne Vorliebe für die Musik aber, hiess ihn 
früh .das ernste Studium derselben, seinem 
Hange für letztere nachsetzen. 

Ueber seine damalige und nachherige 
Carriere enthält ein eigenhändiger, unter sei- 
nen Papieren vorgefundener Aufsatz, der 
jetzt vor mir liegt, unter andern nicht hier- 
her gehörigen Nachrichten, folgendes: (wel- 
ches manchem seiner hiesigen und auswär- 
tigen Freunde nicht ganz unwillkommen 
seyn dürfte). 

Ich ging 1735 auf die Universität nach 
Leipzig, geh mich da viel mit Musik ab, 



Digitized by Google 



42j 



1305. März. 



426 



koinponirle verschiedene Ballet* und Pan- 
tomimen für die 1788 da spielende Joseph 
Secondaische Schauspielergesellschaft, und 
verstaud mich dazu, während des Aufent- 
halts derselben in Leipzig, die Opern ein- 
zusludiren und bey der Aufführung zu diri- 
giren. Endlich engzgirie ich mich mit Aus- 
gange des Jahres 1789 bey dieser Gesell- 
schaft als Musikdirektor. — Während mei- 
nes Aufenthalts bey derselben, kompooirte 
ich verschiedene Prologe und Gelegenheits- 
stücke. Im Februar 1794 ging ich von da ab 
sur Döbbelinschen Gesellschaft, wohin ich 
verschrieben war. Hier komponirte ich 
auch verschiedene musikalische Arbeiten fürs 
Theater, und ging am a5ten Juny 1796 von 
da ab zum Magdeburgischen Theater, wo- 
hin ich als Musikdirektor berufen war. — 

Eheliches Misgeschick und ejne schwäch- 
liche Konstitution Hessen den Verstorbenen 
in diesem letztern Posten nicht immer so 
thätig seyn, als er ohue diese Umstäude ge- 
wiss gewesen seyn würde; indessen ver- 
wandte er auch in Magdeburg die Stunden 
seiner Müsse auf mehrere grössere und klei- 
nere, unter seinem Nachlass befindliche Kom- 
positionen, die aber «e in e wirklich muster- 
hafte Bescheidenheit nicht ins Publikum 
kommen lies», und womit er nur zuweilen 
seine vertrautern Freunde bekannt machte. 

So lange indes* das Magdeburger Thea- 
ter mit brauchbaren Subjekten für die Oper 
besetzt war,, rp* welches gegenwärtig, lei- 
der! der Fall gar nicht mehr ist, weil die 
Direktion des Theajters ihren eigenen Vor- 
theil nicht kennet und kenneu will, — r so 
hOrte das musikliebende Publikum unter Pit- 
terlin's Anführung die meisten.der schönen Mo- 
zartseben und andern guten Opern, an deren 
Statt es zieh jetzt mit Ehra Wenzel* neuem 
Sonn tags lu nde und den famösen Schwestern 
von Prag*, oder», wenn es hoch hergeht, .mit . 
den neuen Arkadiern begnügen mus*, weil 



Gefühl für das Bessere und Schöne ausser 
der Sphäre des jetzigen, an Pitterlin's Stelle 
getretenen Musikdirektors Zachariae zu lie- 
gen scheint. 

Bey Pitterlin's Lebzeilen wurde frey- 
lich auch dann und wann eine von den Vor- 
erwähnten musikalischen Misgeburten aufge- 
tischt, dagegen aber erhielt der Musikfreund 
auch durch eine, wenn gleich langsam ein- 
studirte, neue gute Oper, wieder Ersatz, 
und die Winterkonzerte der hiesigen Frei- 
maurerloge und Harmonie- Gesellschaft, hat» 
ten unter Pitterlin's Leitung) Reite und 
Schwung zugleich, da solche in der Regel, 
das Angenehme mit dem Schönen und Kunst- 
reichen verbanden, uud dem Kenner wie 
dem Dilettanten in gleicher Maasse Befrie- 
digung gewährten. 

Jetzt, seit Pitterlin's Hinscheiden, ist 
auch dieser Genuss für den Musikfreund 
dahin, indem, was von jenen Konzerten 
noch während des gegenwärtigen Winters 
j hier existirt und fortgesetzt wird, um 3o 
Jalire zurück dalirt werden muss, wo des, 
; übrigens verdienstvollen Rolle's : Schon ist 
Abel der Hirt, u. dergl.,, da*, jetzt wieder an 
der Tagesordnung ist, noch etwa* Neue* 
' und Gute* war, und wo man mit dem, ' 
, durch die verjährte Kunst des hiesigen Or- 
ganisten Märiens verbildeten Gesang einer 
Jungfer Lampen, der Tochter eine* Zim- 
: mergqsellen , jetzt hiesigen forcirten Kou- 
i zertsängerin, nicht mehr vorlieb nimmt. 

Wie «chö* der verblichene PitterKn — 
(er starb am islen Ootober i8o4 an der 
Auszehrung) — fühlte, wie richtig er den 

■ Sinn des Dichters in seinen Kornpositionen 
zu treffen wüsste, davon möge Ihnen die 
beylirgende ' Komposition de* Schilierscben 

.Liedes ans den bey den Piccolomfoi: Der 
Eichwald brauset ü. s. W. als Beleg dieneu. 

_ Ich.yünsche.djejs. Kleigigjkejj^,dj£,nacli 
meinem Gefühl eine* Zum»leeg'* würdig i»t, 



Digitized by Google 



4-7 



J805-' März. 



428 



in Ihr« musikalischen Zei tarig bekannt ge- 
macht zu sehen, und sie sey das Blümchen, 
welche* ich auf da« Grab des oft verkann- 
ten und verunglimpften Pitterlin's, als einen 
Beweis streue, — das« er fühlender und 
denkender Musiker war. 



Eine neue Erscheinung in Wien ist zu 
interessant , als dass wir nicht unsre Leser 
im voraus darauf aufmerksam machen soll- 
ten,; da andere öffentliche Blatter vielleicht 
ebenfalls früh davon sprechen und sie mit- 
hin um die angenehme Ueberraschung brin- 
gen weiden. Den 8ten Aprü wird der 
junge Mozart zum Erstenmale in einem 
öffentlichen Konzert auftreten. Er hat eine 
Kantate auf Haydns Geburtstag komponirt. 
Männer , die er damit bekannt gemacht hat 
Und denen allerdings ein Urtneil zustehet, 
versichern uns, es Seyen Stücke darin/ die 
selbst seinem Vater keine Unehre machen 
würden. Um den Eintritt des hoffnungsvoll' 
len Jünglings feyerl icher zu machen, wird 1 
sein Onk^l, Hr. Hofschauspieler Lang, eine 
kleine Anrede an das Publikum halten , und 
so ihn in die grosse Welt einfuhren. J. Hrfydn 
selbst sollte ihn, nath dem ersten Plan;' 
dem Publikum vorstellen ; man besorgte aber, 
es möchte dies den würdigen Greis zu sehr 
erschüttern, und traf daher jene Abänderung. 
9ass alles in der angenehmsten Erwartung^ 
isiy versteht sich von selbst, und es ist nur 
su wünschen , dass man in 'dieser Erwar- 
tung die Forderungen an den funken Künst- 
ler nicht überspanne. 1 



r : 



Berlin, d, ai. März. Den i^Jen gab 
Mad. Düsse k - Qvfnchetlini efn Konzert im 
Theatersaal, in. dem , sie ein von ihr gesetz- 



tes Konzert für das Pianoforte und mit ih- 
rem fünfjährigen Sohn© Variationen ftir 4 
Hände über die Arie: God save the King, 
und ein Rondo spielte. Auch ihr Bruder, 
der Hr. Kapelim. Uussek, spielte ein von 
ihm gesetztes grosses Koiuert in G minore. 
Dies nennen, heisst es loben. Die Gebrü- 
der ßärmanri verschönerten das Konzert 
durrh ein Konzertant für Klar ine tt und Fa- 
gott von Schneider. 



Den igten wurde im Nationaltheater straf 
Beneßz für Hrn. und Mad. Eunike zum 
erstenmal gegeben: Die zwölf schlafeiidea 
Jungfrauen. Erster Theil. Romantische« 
Scheuspiel mit Gesang in 4 Akten. Muaik 
von Wenzel Müller. Die Haudrang dieses 
Stücks ist nach dem bekannten Spiesiscben- 
Roman gearbeitet. Ihre Leser wissen schon 
aus audern ähnlichen Bey spielen, dass es 
hier nöch sehr viele giebt, denen so etwas' 
gefällt; so fand- denn auch dies Werk^hen- 
einen lauten Beyfall, der nur durch man-' 
cherley Unordnungen bey der oft noch sehr 
mangelhaften Mechanik im vierten Akt 
terbroehen wurde. 



-■■ . » u.U ' ) 1 - i^ i j j'. i n •» . . 1 

:•. :.:\ .M j ! . , -.: 

A X I K A O t Ei 



.. i: 



-..1 



Eine junge 8angerin suchte Enga ceroent. 

( Der 'Enlreprenenr verwies sie zuerst so-' 



den Musikdirektor , der sie 
Mamsell', sagte dieser« singen Sie vom 
te? (a visu) „Was ich auswendig kann — 
o ja!" war die Antwort. 



1 ::. ,. 



14 . ',r- t\iV+.Ki.U I ... 



1 vi 



(Hicrbey die B^Hg* No. V.) 



j '1 1 ■,: 
■ hihi - 



: t- 



Digitized by Google 



K*. V. * f 
Beilage zur altgemeinen musikalischen Zeitung, 



LIED 

aus Schillers Piccolomin i. 



konip. von Pitterlin. 




Ter* -Gi Qn; ei MMN »ich die Wet-le mit Ali du: mit 




* * — p » v - A ' 

lie. liog» hin - aus in 



» 0- 



3^ 



• - 



x~r-— ?■ — *» — ■« 



3 



i:i die Ji . . ■ • •■■ Ä*cJu, da« Au - ffi 





Digitized by Google 




Hera ist ge . itor ■ ben die Welt ist leer, und vrei - Urr giebt *ie dem 




h* - be ge - noi - sen dai irr - dt • i che Gltt.k i ich ha • be ge - lebt 




Digitized by Google 



- ALLGEMEINE 

MUSIKALISCHE ZEITUNG. 

■ * • 



Den 3 t« April. N=. 27 • 



1805, 



Nachrichte k. 



Berlin , den 6ten März. Nachdem wegen 
des Todes der Königin Frau Mutler (auch 
einer so würdigen Beschützerin der Tonkunst) 
die Opernvorstellungen unterbrochen, und 
auch die täglichen Vorstellungen des Natio- 
naltheatera ausgesetzt waren» wurde den 
Tag nach der Begräbmsfeyerlichkeit, am 
flen Mars,, letzteres wieder mit der Auf- 
führung des Mosartsohen. Requiem eröffnet. 
Vergönnen Sie mir eine kurze Beschreibung 
dieser rührenden Todteofeyer, die mit Ge- 
schmack und Würde v« 
ausgeführt, wurde» 



1 . 



Um sieben Uhr Abends war das 
Haus gedrängt voll , doch herrscht» eine 
feyerliche Stille — ein Beweis von patrio- 
tischer Theiinahme und noch nicht ganz | 
mangelnden anständigem Sitten, sobald guter 
Wille da ist Die Plätze des ausgeräumten 
Orchesters waren ebenfalls mit Zuschauern 
der ersten Klassen angefüllt and überall 
herrschte die gespannteste Erwartung. — 
Jetzt erhob sich langsam der Vorhang: man 
erblickte das Innere eines Tempels , mit 
Kronleuchtern er heilet, die durch grossei 
Festons von schwarzem Trauerflor mit ein- 
ander verbunden waren; der Fussboden war 
schwarz belegt }. auf'' heyded ' Setteo in 'ain- 
philheatralischen Erhöhungen befand sich 
das ganze männliche und weibliche Theater- 
in 1. feiststes /Iraner, ejtsterss livn* 



7. Jahrg. 



Direktor IfQand an der Spitz«} in der Mitte 
des Theaters Hr. Kepellm. Weber am Flü- 
gel, um ihn herum das ganze und -cum 
Theil durch die Königl. Kapella verstärkte 
Orchesterpersonale, nebst den Chören zrt 
beyden Seiten , ■ und im Hintergrunde ei*J 

dampfte Räucherwerk auf Altttren — ' 
Diese Umgebungen und die vortreffliche 
Overtura aus Glucks Aleeste , versetzten alle 
Gern üi her in die edelste Trauer. Sanft 
schluss sich nun der erste Satz des Requiem 
an, das vollkommen nach dar Vorschrift 
des Komponisten, nur mit Ausnahme der 
durch Klarinetten vertretenen Bassethörner; 
besetzt war. Mit abgemessenem , feyerli- 
rhein Gange näherten sich die Solosänger 
und Sängerinnen dem Vordergründe nnd 
furmirten daselbst eine Reihe, indem die 
Posaunen kräftig einfielen. Ganz dem erha«i 
benen Geiste angemessen wurde das Re- 
quiem aeternam etc. so wie besonders dar- 
in die' Stelle: et lux perpetua, ausgeführt; 
Das kleine Sopransolo i te decet hymnns 
ete: saug Dem. Willich ein wenig furoht* 
tarn. Die Fuget Kyrie Eleison, wurde sehr 
brav gegeben ; eben' so imposant das: Dies 
irae, nur war das Tempo nicht AUegro as- 
ssi sondern moderato. (Mich dünkt, das ist 
wider Mozarts Absiebt, ein Bild der gänz- 
lichen Zerstörung der Welt zu liefern > 

Das vortreffliche: Taba änirum «pargen* 
sonum , wurde, mit der nicht üblen -VeT-" 
tausebung eines Borna' statt der Posaune« 
von Hrn. Gern ganz vorzuglich schön und 



Digitized by Google 



43» 

mann und Mad. Schick (welche letztere heute 
durchgängig die Altparthie übernommen halte, 
und dadurch eine beträchtliche Lücke er- 
seUte) gaben die, obgleich kleinen, doch 
äusserst «chönen Solos mit richtigem Ge- 
fühl; nur Mad. Lauz schien in dem So- 
pransolo: Quid sum miser, nicht gäna an 
ihrer Stelle au aeyn, da ihre starke Stim- 
me sich nicht genug tragen Hess und be- 
sonders das: Cnm vix justus, au sehr her- 
ausgepreßt wurde. Das: Rex tremendae, 
wurde mit vieler Energie gegeben. Das 
sanfte: Recor dare , wurde von Mad. Eunike, 
Mad. Schick, Hrn. Eunicke und Gern so 
vollkommen ausgeführt, dass Mozart selbst 
sich darüber gefreuet haben würde. In dem : 
Coufutatis, machten die neuen, vortreff- 
lichen Modulationen den schönsten Effekt. 
Zart wurde das : Eacrymosa , und mit Kraft 
das: Domino Jesu, so wie: Hostias et pre- 
ces, gegeben. Das prächtige: Sanctua, mit 
dem sich anschliessenden: Osanna, wurde 
aehr gut ausgeführt und erhob die Gemü- 
ther der Zuhörer, die dann zu sanfter Sehn- 
sucht gestimmt wurden durch das folgende 
herrliche Benediclus. Mad. Müller, Mad. 
Schick, Hr. Ambrosch und Hr. Frans tru- 
gen die Soloparthieen desselben mit vielem 
Geschmack vor, und besonders Mad. Müller 
mit der zartesten Empfindung. Die Posau- 
nen machten hier einen pompösen Effekt, 
und sämmtliche Blasinstrumente aeichneten 
•ich durch sanfte Behandlung rühmlichst 
aus. Der Schluss war der erhabenen Aus- 
führung des Ganzen angemessen. — Nach 
einer kurzen Pause fiel das Halleluja aus 
dem Händeischen Messias ein, und mit be- 
ruhigtem Gefühlen verliess nach der voll- 
kornmnen Ausführung denselben jeder Zu- 
hörer, der ein Hers mitgebracht hatte, daa 
Schauspielhaus, und nnr aus Achtung gegen 
die* Traueretikette verstummten die lauten 
Aeusserungen des verdienten Bey falls. — 
Am nächsten Tage fingen die täglichen Schau- 
spielvorstellungen mit Wallensteina Tod wie- 



43« 

der an. Die Opern werden erst den i8len 
d. M. fortgesetzt, wo aber hlos zum Besten 
milder Stiftungen noch zwey Geldvorstellun- 
gen der Oper Medea und der Oper Ros- 
monda mit den Balleten: Das Urlheil des 
Paris« und, Die Tanzsucht, gegeben wer- 
den. Ueber beyde Opern ausführlich mich 
auszulassen, werden Sie mir in der Folge 
erlauben. — 

Auch die unterbrochenen Konzerte sind 
nun wieder in Gang gekommen. Das gte 
Abonnementkonzert der Herren Schick und 
Bohrer war am 7ten d. M. in dem gewöhn- 
lichen Lokal. Es wurde die schon öfter er- 
wähnte grosse, neue Sinfonie von Beethoven 
aus D dur wiederholt und diesmal mit noch 
grösserer Präcision gegeben. Hierauf folgte 
eine Seeue von Cannabich , ven Mad. Eunicke 
sehr fertig und geschmackvoll vorgetragen. 
Ein Doppelklarinettkonzert von Tausch , von 
den Hrn. Bliesener und Reinhardt mit der 
grösslen Rundung und Sauberkeit geblasen, 
erhielt allgemeinen nnd verdienten Beyfail. 
Die darauf folgende Seena von Rigb. sang Hr. 
Fischer mit vorzüglicher Kraft und Hess die 
Klarheit seiner tiefen Töue bewundern.— Den 
aweyten Theil eröffnete eine Inlroductioa 
ans der Oper Medea von Chernbini — die 
bekannte Ouvertüre aus F moil war es aber 
nicht, also wahrscheinlich eine von den Zwi- 
schenmusiken der folgenden Akte : sie passte 
nicht ins Konzert, so viel Schönheiten auch 
für den Kenner darin enthalten waren. Ein 
Violinkonzert von Kreutzer wurde von Hrn. 
Maurer recht gut gespielt Mad. Eunicke 
sang noch ein Rondo von Righini, und die 
schöne Ouvertüre aus Figaro von Moaert 
beschloss dies angenehme und wieder sehr 
zahlreich besuchte Konzert. 

Am Uten März gab die nun ziemlich 

wieder hergestellte Dem. Kirchgessner vor 
ihrer Abreise nach Breslau noch ein Kon« 
zeit im Englischen Hause und. hatte dies- 



1805. Apiil. , 



Digitized by Google 



433 



igo5. April; 



mal bey der ohnehin schon vorteilhafteren 
Wahl des nicht so ungeheuer grossen Lo- 
kals, das fiif ein so zartes Instrument nicht 
passt, die Vorsicht gebraucht, auf dem An- 
schlagzettel sich einen leeren Zwischenraum 
▼on den Instrumenten bis an die erste Reihe 
Stühle auszubedingen. Es war diesmal ein 
Konzert ohne grosses Orchester: denn es 
wurden bloe swey Violinquartetten und ein 
Duett von-Par (von Dem. Willich und Hrn. 
Weitsmann gesungen) als Zwischensätze ge- 
geben. Dem. Kirchgessuer spielte das be- 
kannte schöne Quintett von Mozart, ein 
Solo und Variationen auf das Thema: O 
Isis und Osiri*, aus der Zauberflöte, von 
Reiche — mit bekannter Delikatesse und 
Fertigkeit. Man war sehr zufrieden. 

Tags darauf, den i5ten, gaben Dem. 
Alberghi aus Dresden und Hr. Spohr ein 
interessantes Konzert im Saale des königl. 
Nationallheaters , worin sich erstere im Ge- 
sang mit zwey Scenen von Par und lezterer 
mit zwey Violinkonzerten hören Hess*, der 
Verdiente BeyJall war allgemein , jedoch die 
Einnahme sehr maasig, da jetzt wieder zu 
oft Konzerte auf einander folgen. 

• 

Den i4ten war das lote Abonnement- 
konzert der Hrn. Schick und Bohrer wieder 
zahlreich besucht. Es zeichnete sich durch 
eine Auswahl Ton grossen Musikstücken aus, 
die aber diesmal nicht durchgangig so gut 
als sonst exekutirt wurdeo. Die sehr schwie- 
rige grosse Sinfonie von Mozart aus G b 
eröffnete dies Konzert und liess den Ken- 
ner anfs neue dieses Komponisten uner- 
schöpflichen Reichthum der Harmonie be- 
wundern. Andaute und Menuett interessir- 



4S4 

ten vorzüglich durch ihre zugleich sehr an- 
genehme' Melodie. Die ' folgende von Mad. 
Schick recht brav, nur mit etwas zu be- 
merkbarer Anstrengung gesungene Seena 
von Righini wurde mit grosser Kalte auf- 
genommen: da Mad. S. diese billigerweise 
nicht verdiente, so sey hier das gebührende 
Lob ihres ausdrucksvollen Vortrags ihr eini- 
ger Ersatz für die wahrscheinlich unange- 
nehmen Empfindungen jenes Abends, und 
möge sie um so mehr aufmerksam darauf 
machen , das* sie nicht mehr durch eigent- 
lichen Bravourgesang, sondern mit weit we- 
niger Anstrengung sich durch ihre andern 
eigenthümlichen Vorzüge in der allgemei- 
nen Gunst des Publikums als beliebte Sän- 
gerin erhalten könne. — Das folgende 
tepianokonzert von Mozart aua C dur, 
Hrn. Wustrow mit vieler Fertigkeit vorge- 
tragen, erhielt lauten Bey fall. Eben so die 
Scene von Righini, welche Herr Eunicke 
sehr kunstreich vortrug, obgleich er von der 
Begleitung im Adagio nicht gehörig unter- 
stützt wurde. — ' Der zweyte Theil begann 
mit der bekannten Haydn'schen Sinfonie aua 
G Sur mit Begleitung von Janitscharenmu- 
sik; sie wurde sehr gut ausgeführt. Mad.' 
Schick sang hierauf noch ein Rondo, und 
den Beschluss machte eine Ouvertüre von 
Beethoven, die auch schon früher er- 
wähnt ist — — 



Brief* eines in England reistndtn Dtutschtn. 



Erster Brief, aus dem nördlichen 
"'heile Englands *). Eingedenk Ihres Wun« 



•) Der Hr. Verf. will all« Namen yerechwfcjnm wiuon, theil», 
Den , theiii , weit et bey einem «Wjjemrinen Bild« de« 
nickt ankoiaae — worin er allerdings Recht hat. 



do*to unbefangener anheilen an 
und der Kultur Tür Musik auf 



d. Redakt. 



Digitized by 



435 



1805. April. . 



436 



eches, Ihnen auf meinen Reisen durch dies 
Land vou Zeit an Zeit Nachricht au er- 
teilen, wie ich die Musik hier finde, und 
die Menschen im Verhältnis au ihr — fan- 
ge ich schon jetat an, ohngeachlet ich nur 
noch diesen Theü der schönen Insel kenne, 
und nur noch aus Proviuzialstädten Bericht 
erstatten kann. Sie wissen aber, dass es 
sehr betrat htliche sind, und was das in Eng- 
land heisst! Nehmen Sie Folgendes als 
Vorläufer, als Einleitung, oder wie Sie wol- 
len, bjs ich wichtigere gebe! -r- 

Neulich wohnte ich einem Konaert bey, 
das schon darum einer Schilderung werlh 
ist, weil die Musiker — bekanntlich ein 
seltener Fall — säm rotlich ao* Englän- 
dern bestanden. Der Saal war von der 
Grösse Ihres schönen Saals in Leipzig. 
Ueber, dem Orchester, das, wie eine Buhne, 
beträchtlich erhöhet t stand, war die Mauer 
ejliptisch gewölbt. Das Orchester, bestand 
a,ua vierzig, und einigen Personen. - l>a»a 
ajch Dilettanten darunter befanden, kündig- 
ten gleich die ersten 'Hakte einer Haydu- 
s^cben Sinfonie an, und es schien, als wollte 
man diesen grossen Mann zu Grabe tragen 
-— aber in einem andern Sinn, als es ge- 
sneynt war« Es war nämlich die falsche 
^schriebt von seinem Tode eben auch hier 
angelangt, und dia, Spielenden wollten mit 
jener Produktion seines Werks sein Ge- 
dächtnis feyern, so wie auch mit ihren 
schwanen Kleidern, in welchen sie sämnit- 
lich erschienen waren. Ich konnte nichts 
von näherer Theilnahme dem Publikum ab- 
merken, und auch das Orchester nahm sich 
weit weniger zusammen, als bey dem fol- 
genden sinfonieenmässigen Konaert von — 
Corelli, das freylich in Deutschland nur 
noch etwa vor vieriig Jahren bitte einiges 
Glück machen können. Dies wurde mit 
mehr Lebhaftigkeit ausgeführt, und des Ap- 
plaudireus war gar kein Ende. 

Die Hsuptperson des ganzen Konzerts 
war ein im nördlichen Theil von England 



berühmter Baasist, au dessen Benefiz die 

Versammlung gehalten wurde. Meine Er- 
wartung war darum nicht gering* Ein Gleo 
(ein mehrstimmiger Gesang ohne Instrumen- 
talbegleitung) war das erste, was er dem 
Publikum zu hören gab. Er zeigte aber- 
eine abgebrauchte Stimme, die durch man- 
cherley Mistone noch unangenehmer ward. 
Hernach wurden einige Arten von ihm mit 
ärmlichen Kadensen und traurigen Trillern 
stahl rt. Es war ein Kreuz. Besser sang 
ein Tenorist, und hernach ein dreizehnjäh- 
riger Knabe, der noch ohne Bildung, aber 
nicht ohne Anlage war. Was den lante— 
slen und allgemeinsten Beyfall fand, war — • 
rathen Sie: was? — nun: sein Talent, in 
den von ihm producirten Jagdstiicken daa 
Geschrey der Jäger und Getön der Hörner 
1 nachzuahmen! • — Bin Violin- nnd ein Flö- 
fenkonaert, rocht ohne Virtuosität vorgetra- 
gen, Verdieuten wirklich Beyfall , in Absicht 
auf Exekution; aber desto kläglicher war 
die Komposition, die ein wahrer musikali- 
scher Nonsens, und zugleich ein Inbegriff 
aller Kompositionsschnitzer war. Doch hie« 
es einige Tage darauf in der Zeitung, diea 
Konzert habe ungetheilten BeyfaU ge- 
funden! — 

. ■ • 

Was aber an diesem Abende den stärk- 
sten Eiudruck machte, war der bekannte 
Volksgesang: God save the King, der zum. 
Schluns von dem ganzen Auditorium mit 
voller Begleitung des Orchesters angestimmt 
wurde, und womit hier fast, jedes Konaert 
beschlossen wird. In der besten Stimmung 
und voller Zufriedenheit ging man nun hin- 
weg. Als Mensch kann ich mich darüber 
freuen; als Kunstfreund habe ich nichts 
dazu zu sagen. — 

Eine sehr erfreuliche Erscheinung war 
mir bald darauf die Aufführung einer Haydu- 
schen Messe, (No. 3. bey Brrilkopf und 
Härtel) welche in einer anderu dieser groa- 



Digitized by Google 



437 



aen Provitunalstädte , aber von einem Deut- 
schen , au Stande gebracht wurde. Das 
Auditorium war sahireich, die Ausführung 
nicht Übel, der Bey fall lebhaft. 



1JJ05, April, 43g 

dene Weltsprache , wie die französische, 

nach guten Mustern zu erlernen und au 
kultiviren. 



So viel für heute, nächstens mehr und 

hoffentlich, fc-tm.«^««' 



München. Der Sänger Briszi wird dieser 
Tage hier eintreffen, wo er auf dem- kur- 
fürstlichen Hof- und Nationallheater in 
cJrey Rollen sechsmal auftreten und dafür 
eine Belohnung von 2000 Gulden erhalten 
wird. Das sonderbare bey der Sache ist, 
daaa das dortige Sing personale, welches ganz 
aus gebornen Deutschen und grösstenteils 
aus Inländern' besteht, einem einzelnen frem- 
den Virtuosen zu Liebe italienische Opern 
einatudiien rouss. Viele wollen in dieser 
Erscheinung die Vorbedeutung finden, dass 
anstatt der deutschen Oper, rar welche 
Ton uosern vaterländischen Dichtern und 
TonaeUern so wenig förderliches geleistet 
Wird, gar bald die italienische wieder Ein- 
gang finden dürfte, so wie man auch in 
München stark von der Aufnahme einer 
französischen Komödie spricht. Einige ge- 
ben dem Betragen einiger deutschen Schau- 
spieler die Schuld; andere .behaupten gera- 
dehin, die theatralische Kunst, welche, 
nach den eignen Grundsätzen unsrer neue- 
sten deutschen Poeten, nur zum Phantasie- 
spiel und zum Amusiren gemacht sey, wäre 
an keine Sprache gebunden und in allen 
Zungen einheimisch: der Franzose allein 
wäre zum Schauspieler geboren, und da 
ohnehin aller moralische Zweck bey der 
Schaubühne, nach der neuesten Theorie, 
hinweg fiel, so wäre es besser, sich mit 
Witz und lebhafter Darstellung, als mit 
hochpoetisiben Dialogen und mit schwerfäl- 
liger sogenannter Charakteristik amusiren 
zu laasen, und obendrein hätte man noch 
den Vortheil, eine so noth wendig gewor- 



ECKNSIONBN. 



1) Senat« p. h Pianofortt , comp, ex dt'dite ä 
ton Aitesse Monsdgn. U Princt Charit» dt 
Lichnwtky, par W. R Mtm. JLeipsic, 
chez Breitkopf et Härtel. Oeuvre 4. 
(Pr. ia Gr.) 

a) JDeux Sonatu p. k Pianofortt, comp, et 
dtd. ä son ami Chr. Aug. Bötiger par W» 
F. Riem. Oeuv. 7. (Ebenda*. Pr. t Thlr.) 

Waa ein anderer Ree. bey Anzeige des 
Ersten Werks dieses jungen Künstlers vor- 
aussagte — dass er gegründete Hoffnung 
gebe, einer der vorzüglichsten Komponisten 
für das Klavier au werden — scheint sich 
zur Freude aller, denen ihre Kunst wirk- 
lich etwa« ist und die nicht nur immer sich 
selbst iu dem Spiegel derselben erblicken 
wollen, zu bestätigen. Welcher unter den 
jetzllebenden Musikern bat, wie Hr. Riem 
in Op. 1., erster und dritter, Op. zweyte 1 
Sonate, Op. 5., zweyter, und Op. 4. erster 
und zweyter Sala — angefangen? Aber 
eben darnm wird ihn jeder Wöhlsneynendo- 
Warnen müssen, nicht zu schnell zu schrei« 
neu, einem Hange zum Gekünstelten sich 
nicht zu überlassen, und mehr das tiefer 
Greifende in seinen Werken festzuhalten 
und auszuführen, statt dass er in einigen 
der neuern zuweilen allzuweit gehet in der 
Ausführung im Kleinen und Einzelnen; 
Jetzt zu den oben angeführten! Sie haben 
manche Aebnlichkeiten ftnter einander, nur 
dass Op. 7 freundlicher und leichter gear- 
beitet ist — weshalb man nur bey Ei 
länger zu verweilen braucht. 



*Digitized by Google 



1805. April. 



439 

Od. 4. ist durch «He drey Satze originell, 
wie da» meiste, waa Hr. R. bekannt ge- 
macht hat; aber der dritte Satz verspricht 
zu Anfange weit mehr, als er hei nach lei- 
stet; ja, Hoc. will mit denen nicht rech- 
teu, die dasselbe, obschun in minderm Gra- 
de, aogar beym ersten dieaar Satze lin- 
den. Dieser erste Salz kt feurig, aber dabey 
sehr ernst — eben darum würde eine fe- 
stere Haltung und Ausdauer desto erwünsch- 
ter aeyn. Er ist übrigena voller achöner, 
kontrapunktischer Wendungen, die meistens 
ungezwungen erscheinen. Meistens — doch 
nicht immer! So veiliert z. B. die an sich 
»ehr schöne, und wo sie zuerst einfach auf- 
tritt, auch sehr gut behandelte Idee, (S. 3, 
Z 5 T. 3,) durch die gekünstelte Imita- 
tion,'^. 7. Takt 6 u ' Fol * e ' ao wie b 'y 
den Wiederholungen,) und wird nur Für 
das Auge elwaa werth, wobey daa Ohr lei- 
det. Der sweyle Satz iat höchst einfach, 
sanft beruhigend und von sehr achöner 
Wirkung, welche besonders auch durch 
solche Rückkehr in das Majore nach dem 
B«rt klagenden Minore und den absterbenden 
Schluaa vermehrt wird. Vom dritten SaU 
iat schon erwähnt, daaa er trefflich begin- 
ne — in Absicht auf Geist und Charakter, 
wie auf den Entwurf zu kunstgemÄner Aus- 
führung — «b« r in beydero Betracht nicht 
genügend fortgehalten acy. Das» er dessen 
ungeachtet intereasiro» uud mehrmals gern 
gehört werden könne, veratehet »ich von 
wlbst; ich meyne nur — wer einmal »o 
ernst ergriffen und so ge.paimet worden, 
▼erlangt viel, und füWt »ich am Ende 
selbst dessen unbehaglich, wa» ihm, wenn 
er auf nicht» Ausgezeichnetes vorbereitet 
wäre, vollkommen genügen würde. Herr 
Riem' kann nach einzelnen Stücken eeiner 
Arbeiten die» wahrhaft Auagezeichnete wirk- 
lich geben: wer e» aber kann, der »ollle 
es auch, besonder» wenn ihn, wie hier, 
sein Geniu» »chon auf einen gut« Weß 
geleilet hatte. 



440 



Op. 7. hat, wie «chort g*«gt, einige 
Familienähnlichkeit mit jenem, und zeigt 
eben so »ehr von des Künstlers Geist und 
Einsicht, obsebon nicht im Ma&sac der oben 
angeführten Stücke. Ich glaube vor allen 
den letzten Satz der zweyten Sonate aushe- 
ben zu müssen, weil dieser Hrn. R. von 
einer neuen Seite zeigt. Doch giebt ea 
unter den andern auch »ehr brave Stücke: 
man sehe gleich den Anfang des sehr ein- 
lachen, kurzen, anspruchlosen , aber (aehr gut 
vorgetragen, besonder* auch inAbsioht auf die 
in Kontrast geaetzten Bindungen und abge- 
stos»uen Noten) reizeuden Andante, S. 8: 



•9 — r 



mj- 
1 1 



-a • 




(So würde ich nämlich die Ausdruckazei- 
1 heu geschrieben haben ! ) Das Scherzo 
Seite So. entwickelt Herrn. Riems Ta- 
lent auch für diese, bey allem Schein von 
flüchtiger Leichtigkeit, äusserst schwierige, 
und ohne ganz besondere Naturgabe, bey 
Aller Geschicklichkeit nicht zu erreichende 
Gattung, auf eine ausgezeichnete Weiae. 
Es ist nicht ohne geistreiche Einfalle, e» 
hat auch eine Menge seltsamer Kaprizen, 
und ist doch, der letztern unbeschadet, ia 



Google 



44i 



1805. April. 



runden, und anch leicht übersehba- 
reu Gänsen, da« eine sehr angenehme Wir- 
kung macht, verarbeitet. 

Uebrigena sind beyde Werke, im Ver- 
gleich mit Hrn. Riems Op. 1. u. a. , sehr 
leicht auszuführen , und schön und auch 
fast ganz korrekt gestochen — nur ist 
Op. 7. S. 33. am Ende des 4ten System* 
ein ganzer Takt am 
plirt werden kann : 



t +£ 



Oftrngu'dnge von W, A. Mozart, tvelihe zu 
seinen btkaanttn Optra nicht gthören, son- 
dern von ihm einzeln guchritbtn tvordtn sind, 
Im KlavitrauMzuge von C. Schulz. Erster 
HefC No. 1 — 6. Leipzig; bey Breit- 
kopf und Hirtel. (Pr. a Thir.) 

Hr. Sch. erwirbt sich durch diese mit 
Einsicht und Sorgfalt veranstaltete Samm- 
lung gewiss den Dank sehr Vieler, und 
Ree. ist unter diesen. Moz. war nämlich, 
theils durch den Kaiser Joseph , seinen Gön- 
ner, veranlasst, die kleinen italienischen 
Opern , die der kunatliebende Kaiser mit so 
lebhafter Theilnahme in frühem, glückli- 
chen Zeiten auf seinem Frivattiieater auf- 
fuhren üess, mit eingelegten Gesaugslücken 
mehr zu beleben und aufzuputzen; theils 
konnte der gefallige Komponist, der, beson- 
ders auf seinen vielen Reisen, m so viele 
Konnexionen, und von inancherley Art, mit 
Sängerinnen, Sängern und Theaterdirektio- 
nen gerieih — den Billen, oder auch den 
Quälereyeu derer nicht entgeht-n, die etwas 
Vorzügliche», gerade für sie und für sie 
allein gesetzt, besitzen, und damit glänzen 



"442 

und Geld gewinnen wollten. Moz. hat, wie 
Ree. genau angeben kann, eine grosse An- 
zahl solcher grossen uud kleinern, doch, 
schon der Bestimmung gemäs, immer be- 
deutenden Scenen, Arien, Duetten, Terzet- 
ten u. dgi. meistens von hohem Werth ge- 
schrieben, von denen er selbst oft nicht einmal 
Abschriften behielt, und aus welchen, wenn 
Hr. Sch. oder die Verlagahandlung die Be- 
sitzer solcher Manuscriple zur Mitlheilung 
derselben bringen können, hier ein Schatz 
gesammlet werden kann, der ungemein viel 
Freude und Genuss gewähren, ja auch zu 
so vielen andern noch einen neuen Beweis 
von Mozarts unerschöpflichem Geist und im- 
mer neuer Kunst liefern kann. Da gar 
nicht zu zweifein ist, es werden sehr viele 
Sänger, Liebhaber und Kunstfreunde, die 
etwas wirklich Bedeutendes ausführend be- 
zwingen, oder auch nur studirend und ver- 
suchend gemessen könuen, dies Unterneh- 
men reichlich unterstülzen: so machen wir 
e» Hrn. Sch. recht wichtig, und bitten ihn, 
ja mit dem Fleiss, der Geschicklichkeit, 
und mit dem Geschmack fori zufahren, wie 
er iiier begonnen hat. Hier ist seine Wahl 
untadelhaft, und eben so, sein Klaviers us- 
eug, in welchem man den Komponisten 
selbst nod das Ganze seines Werks kennen 
lernen kann, ohne dass darum der Auszug 
unausführbar oder auch nur schwierig ge- 
worden wäre. Einige wenige Stellen, wo 
Hr. Sch. die Verstärkungen durch die Ok- 
taven mehrerer Blasinstrumente gar zu treu 
wiedergegeben hat — gar zu treo, weil 
sie auf dein Pianoforte nicht so in einander 
schmelzen, keinen so starken Gegenball haben, 
wie im Orchester, und darum einen andern 
Effekt machen, wie z. B. Arie r, S. 6, 
Syst. 3, Takt 3, und wo die Stelle in der 
Folge wiederkömmt — diese WKW wahr- 
scheinlich Hr. Sch. in der Felge vermeiden. 
Diese Kleinigkeiten sind aber auch das Ein- 
zige, was wir auszustellen finden. Die 
deutsche Uuterlegung neben dem ilalieni- 



Digitized by Google 



443 l8 °J 

sehen Originaltext tat zwar ungleich, doch 1 
nirgends schlecht, stellenweis aber «ehr wohl 
gelungen, und überall gut angepasst. 

Die Stücke selbst ausführlich durchzu- 
gehen, wäre weder an der Zeit , da sie nicht 
neu aiud, noch am Ort , da nur vom Auszuge 
hier die Rede ist: aber einige Nachweisun- 
gen wird man sich erlauben dürfen. Die 
erste Scene schrieb Moz. für seine Scbwä- 
geriu , die damals entzückende Mad. Lange. 
Daa Rondo ist binreiisend schön, und wenn 
auch die ausserordentliche Höhe, die der 
Komponist der Singstimme zumuthel, und 
jener Singstimme znmuthen durfte, nölbig 
machen wird, dass einige Wendungen für 
die meisten Sängerinnen umgeschrieben 
werden müssen: so wird sie auch dann kein 
Mensch, dem Ohr and Hers nicht ver- 
schlossen sind, ohne reichen Genuas htiren 
können. No. a. macht weniger Ansprüche 
auf den Umfang oder auf Gewandtheit* aber 
desto mehr auf Energie der Stimme und 
grossen Charakter im Ausdruck, und ist 
von trefflicher , strenger Ausführung. No. 3 
ist ein ganz allerliebstes komisches Terzett 
für Sopran, Tenor und Be»», und eins von 
den allergelungensteo Werken Mozarts im 
Stil der besten neuesten Italiener, zunächst 
Cimarosa's, ohne dass es darum aufhörte 
ganz Mozarts zu seyn. Das Terzett wurde, 
wenn Ree. sich noch recht besinnet, so wie 
das Seitenslück dazu, das Quartett, No. 
(das aber so viel Grazie und auch so viel 
achte vim comicam, als dies, nicht hat,) 
für den Kaiser Joseph geschrieben, da die- 
ser auf dem kleinen Theater seines Hauses 
Cimarosa's Villauella rapila aufführen Hess, 
wohin diese Stücke eingelegt wurden. Ree. 
kennet sehr wenig Kompositionen der al- 
lervorzüglichsten Meister, worin innige, 



April. 



444 



naive Zärtlichkeit und possierliche Buffone- 
ric so glucklich verschmolzen und au einen» 
so reizenden Ganzen verarbeitet wären — 
welche demnach diesem, in seiner, Gattung, 
an die Seite gesetzt werden könnten; vor- 
zuziehen weiss er ihm (aus dieser Gattung) 
nicht Eins. Die grosse Sceue No. 4. scheint 
aus früherer Zeit, wo Mozarts Geist noch 
im Ausführen, in den Harmonieen und in 
Modulationen, zuweilen schwelgte; aie 
ähuelt ohngefahr denen , im idomeneoj 
No. 5. enthält, nach einem kurzen Recita- 
tiv, ein schönes Gegenstück zu No. 4., 
ein einfaches, sanftes, graziöses und ein- 
schmeichelndes Rondo, im Zuschnitt der be- 
sten italienischen, und ohne alle Schwierig- 
keiten, in den Ideen, wie in der Ausfuh- 
rung der Sängerin, Von einer weichen, 
angenehmen Stimme vorgetragen, hört man. 
sich nicht satt daran , in so engen Gra'ozea 
ea »ich auch hält. 

Die Stücke werden auch einzeln, jedes 
zu 8 oder is Groschen, verkauft, und bey 
allen ist bey gedruckt, dass auch die Orc'he- 
sterstimmeo dasu su haben seyen, ;Wir 
sehen der Fortsetzung dieser Sammlung mit 
Vergnügen entgegen. » 

r f .<• •'■:>.:.. i in 



A> N B X D O T 



• " .... ! 

.» ... . r 

' .1 "t 



S., eben ao allgemein als äusserst belu-f 
stigender Gesellschafter, wie als Künstler 
bekannt, starb, wie er gelebt hatte. Einig«. 
Verwandle und Freunde standen weinend« 
.um sein Sterbebett: Kinder, sagte er, lasscl 
'das bleiben: ihr könnt -doch nicht -so viel- 
über mich weinen, als ihr über mich ge- 
lacht habt. 



Lerne, iimmnori od i jirit. 



• • ■ . - 



Digitized by Google 



ALLGEMEINE 

MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den io' en April. N=. 28. 



1805. 



Rzcinsio 



Grand CWerio pour U Piano/orte avtc accom- 
pagntment de 2 Violons, Alto, 2 flütes, 
a Hautbois, a Clarintttes, 2 Cur«, 2 Bas- 
sens, 2 Trompettts et Timbales, Viulonetllt 
et Bant, compose tt dedii a ton Altesse 
Hoyale Monstigntur lt Prince Louis Ferdi- 
nand de Prusst, par Louis van Beethoven. 
Oeuvre 37. A Vienne au Bureau d'Arts 
et d'Iudustrie. (Pr. 4 FL 3o Xr.) 

Gegenwärtiges grosse Konzert gehört 
su den bedeutendsten Werken, die seit 
einigen Jahreu von diesem genialen Meister 
erschieueu sind, und dürfte sich von man- 
cher Seile sogar vor ihnen allen, und zu 
seinem Verlheile, auszeichnen. Wenigstens 
findet Ree. iu keinem seiner neuesten origi- 
nellen Werke, neben einer solchen Summe 
schöner und edler Ideen, eine so gründli- 
che und doch nicht ins Schwülstige oder 
Allzugesuchle übergehende Ausführung, 
einen so festgehaltenen Charakter ohne Aus- 
schweifung, und, in Absicht auf Arbeit, 
eine solche Einheit. Ueberau*, wo es gut 
ausgeführt werden kann, wird und muss 
es von der gröbsten und schönsten Wirkung 
»eyn, selbst wo man — wie in Leipzig — 
die grössern Mozartschen Konzerte gut zu 
hören gewohnt ist und mit gerechter Vor- 
liebe betrachtet, wird dies der Fall aeyn, 
nnd ist es schon gewesen* Daniber ist denn 
auch schon früher — vornehmlich von Wien 
aus, und aus Leipzig von der Redakt. dieser 
Z. selbst — öfters und ausführlich gespro- 
7. Jabrz, 



chen worden. Indem nun die Redakt. «fr, 
dem Musiker, die weitere Beurtheilung die- 
ses Werks aufträgt, hat sie ohnstreitig dto 
wohlerwogene Absicht, dass nun auch nä- 
her in den artistischen und technischen ThcH 5 
desselben eingegangen werde; und ich — . 
wie Jedermann — muss dies zu löblich fin- 
den, als dass ich nicht in diese Absicht ein-, 
gclien, und, so viel ich vermag, zu deren 
Erreichung beytragen sollte. Ich wieder- 
hole also nur nochmals mit zwey Zeilen: 
dies Konzert ist in Absicht auf Geist und) 
Effekt eins der vorzüglichsten unter allen/ 
die nur jemals geschrieben worden sind 1 , 
und versuche nun aus dem Werke selbst 
zu erklären, woher dieser Effekt komme, 
in Wiefern derselbe durch die Materie und 
deren Konstruktion erreicht wird. 

Den ersten Satz, ein Allegro con brio 
in C moll, fangen die Saiteninstrumente 
mit diesem Gedanken im Unisono an, wel- 
cher dann von Hoboen, Fagotten und Hör- 
nern auf der zum Grunde liegenden Domi- 
nante wiederholt wird: 
Allegro con brio 




so wie denn im Verfolg des Ganzen dieser 
Gedanke und dieser Rhythmus, bald ganz, 
bald th eil weise, den Figuren u. dgl. zum 
Grunde liegt und ausgeführt winL Be- 

28 i 



Digitized by Google 



447 ,8 °5- A P riK 

sonders glücklich hat B. die wenigen No- 
lles dritten Takts ^räE5rjl=iilp 



448 



tcn 



fast durch den ganzen Sat« , oft sehr uner- 
wartet, angebracht, und dadurch das Uete- 



teu und verschmolzen. Alle die verschie- 
denen Stellen, wo das Letztere mit vielem 
Glück geschehen ist, können hier nicht an- 
geführt werden: es mögen nur e nige die 
Behauptung belegen, und die Alt und Weise 
der Behandlung vor Augen stellen ! 



Co rin in Kb • 

& — — — 


j 


1 

| r» = , 


Violuii * Baiio • 

5 p—~ 1 


' : : T "H 

— i 




O p y 


■ y 7~i~r — • ~\ 
p 




'^^^^^ 

PUaoiorte 






Jrdc=rjr ** 

1 A 







Violino I 



\ 101,1 




^ — • T |. c 




2" X 




Violinu 



Vlol.1 



\ lolino 









U 1 










m 










« « 



con sordino 




^^^^^^ ^^^^^^^^^^ 



Digitized by Google 



449 >8°5. 



<2: :Q: 



1*1 " I 



Einer weile ;i Auseinandersetzung bedarf 
das so wenig, als einer Hindeutung auf die Wir- 
kung, die dadurch bey dem Aufmerksamen her- 
vorgebracht wird. Aber nur uoch einer solchen 
Stelle will ich aus diesem Satze gedenken, da sie 
auch in anderer Absicht so vorzüglich ist! 

2 ViolLni e Viola 



April. 450 

\ .-ich der Kadenz macht B. einrn Trug- 
schluss, (iiiganuu) tritt vom Doraiuantensep- 
liruenakkord in den Terzquartenakkord des 
kleinen Scptimenakkord* von c, uud lässt 
nun da* Pianoforte bis zum völligen Schlüte 
noch fort kontertiren. Der Effekt diese« 
Schlusses ist an sich schon sehr überra- 
schend und den Geist ungemein angenehm 
spannend; er wird es aber noch mehr, durch 
die treffliche Wahl und Behandlung der In- 
strumente — die durch das ganze Werk 
gehet, aber sich hier schon durch eine Klei- 
nigkeit belegen lässt. Ich meyne die Stelle, 
gleich in den ersten Takten nach der Kadenz, 
WO die Pauken jene wenigen, aber bedeu- 
tenden, und hier um so nachdrücklichem 
Noten, während de« Sulos des Pianoforte, 
hören lassen. 









IM— Lfe = -Ug: ^ 

-<=>- 

Titnpani * ' 


^■ ?> ^r^-»- ■ 




-^=—\-^J^. — 

fr ^ |p 






1'ionofort« UM« suriiino e pUiujj 


lll.O 




B.'J.-i ' 

1=*^ \ —4 — : 


# :*£A±f3^j,fl: 

F V 

« P - =_ 






Google 



1805. April. 



45» 

Ein Hauplmittcl, die beabsichtigte Wir- 
kung in solch einem Werke zu erreichen, 
ist ferner die zweckmässige Vo rb er e it u n g 
und alltnählige Hinüberleitung des Zuhö- 
rers zu dem Höchsten und Entscheidendsten. 
Hierzu dienen nun vornehmlich die Tuttis, 
wenn sie, theils im Charakter des Ganzen 
abgefasst sind , theils aber auch die in der 
'Folge vorkommenden Hauptgedanken schon 
andeuten, und zwar jenem Charakter gern äs 
andeuten, ohne jedoch den Solos, und der 
tiefer eingehenden Ausführung während der- 
selben und durch dieselben, ihr Hervorste- 
chendes und Pikuutes im voraus wegzuneh- 
men. Auch dieses Mittels hat sich 15. hier 
meisterhaft bedient; die Hauptideen des 
Ganzen sind in den llitornells — wie es 
hier seyn musslo — einfach, aber kräftig 
angegeben , und scheinen sich aus dieser 
einfachen Andeutung uberall nur wie von 
selbst zn entwickeln. Hiervon lassen sich 
keiue ßeyspielo anführen, eben weil das 
Gauze Beleg und Beyspiel ist. 



452 



4 f • 

Ein anderes, besonders bey einem so 
langen und weitausgeführten Musikstück 
notwendiges Hülfsmiltcl , die Aufmerksam- 
keit der Zuhörer immer von neuem anzu- 
regen und zu spannen, sind Auswekhungrn 
in entfernt liegende Tonarten. Sie sind 
Würze — aber eben deswegen nur seilen 
und für das Vorzüglichste anzuwenden; Weil 
sonst, wie in den meisten der neuesten 
Kompositionen geschieht, die zu starken Por- 
tionen der Würze einen Uebcrreiz hervor- 
bringen, der, statt seinen Zweck zu errei- 
cheu, Ermattung hervorbringt. ß. , der 
sich sonst dieses Fehlers wo! auch zuwei- 
len schuldig macht, hat ihn in diesem Kun- 
zerl glücklich vermieden; er giebt derglei- 
chen Ausweichungen, aber selten, und wo 
er sie giebt, sind sie am rechten Orte, und 
eben darum von gehöriger Wirkung. Eine 
solche Stelle will ich ebenfalls hierher set- 
zen, obschon sie ihr Bezeichnendes erst im 
Zusammenhange erhalt. 



Q t'ianofortr. 



ftm 



* 

fr' 



i -i" 1 1 r 




Contra BajJo 



2S£ 



1 — n 



Der zweyte Satz ist ein Largo in e dur 
mit gedampften Violinen, das also anfangt: 
Larao. itnw sord. e pianU. -=> con sord 




1 >j— 



I 6 i a ~J&U ; ^ j ; ; : ] j ||| 



4: jt:tc 



L 1 



r 

V. 



^ ^ HB l; " | ' j 

*ord. con tord/^"^« 





2* 










•- — 




$ 

1 



und empiiuduugsreichslen Insli umcntal*lüc kc, 



Digitized by Google 



453 



i8o 5 . Aprii. 



454 



die jemals geschrieben worden sind, und 
Wo es, vom Konzertspieler und dem gin- 
gen Orchester sehr gut vorgetragen , (was 
aber hier nicht wenig sagen will) keine 
Sensation macht, kann es nur an dem 
Auditorium liegen. Man kanu es den Ver- 
such eines bis in die feinsten Nüanzen aus- 
gemalten Bildes der VVehmuth einer edlen 
Seele nennen; und darum scheint es nur 
(eben so wie die Tonart, e dur gegen c moll) 
schneidend zu kontrastiren, und ist vielmehr 
nur ein, iu der Natur der Seele vollkom- 
men begründeter Wechsel. Dieser Salz ist 
.aber aus so sehr vielen, und doch vortreff- 
lich verbbudnen Details gewebt, dass ich 
nicht sehe, wie sich für meinen Zweck et- 
was ausheben Hesse, das nicht entweder Bo- 
gen füllete oder gar zu sehr entstellet würde. 
Ich merkedarum nur Eins an : B. hat hier mehr, 
•I» von frühern Komponisten für das Pianof. 
irgend einer, alle Mittel, die dies' Instru- 
ment «um Ausdruck sanfter Gefühle be- 
sitzt, ins Spiel gesetzt; und denen, die 
aus altem Glauben — etwa an ßach- 
sche, Schwanbeigersche und dergleichen 
'Klavierkonzerte — immer noch einan- 
der nachsagen, es fehle dem Pianofurte 
denn doch an zarterm Ausdruck, ist das 
gehörige Vorspielen dieses Stücke* we- 
nigstens eine eben so vollständige Wider- 
legung, als das Gehen jenes Philosor 
phen eine Widerlegung der Zweifel sei- 
nes JUllegeu war, der die Bewegung 
leugnete. 

Indem der Komponist seinem Instinkt 
nachging, der ihn auch ganz richtig leitete, 
liess er auf dies Largo ein, wahrhaft lei- 
denschaftliches Finale folgen, das, in Ab- 
sh bt auf Ausarbeitung, dem ersten Allegro 
vollkommen gleich zu achten ist. Gleich 



Allegro. 





.1 



••»••• > 



•■t ■ .: 



wo der Akkord der Dominante sum Grunde 
liegt und in die kleine None geschritten 
wird, ist das Rechte ankündigend und be- 
zeichnend, und sehr originell. Die Aufhal- 
tung des ersten völligen Schlusses in die 
Tonika durch zwey und dreyssig Takte reizt 
und spannet immer höher, und fesselt den 
Zuhörer unwiderstehlich. Ein Gleiches be- 
wirkt B. ganz vollkommen, unter andern, 
auch in den Stetten, wo er wieder in das 
Thema einteilet, uud dann gewöhnlich durch 
die chromatische Tonleiter eine oder meh- 
rere Oktaven hindurch bis zur kleinen 7 
oder 9 aufsteigt, den Zuhörer aber noch 
nicht, zur Beruhiguug kommen lässt, son- 
dern ihn in Spannung erhält, bis das The- 
ma völlig zu Ende ist. 

Diese Spannung könnte aber am Ende 
zu weit gehen und dann würde sie Ueber- 
druss und widrige Gefühle erregen, — wie^ 
das wirklich bey einigen andern der neuesten 
Komponisten, die ihre eigenen guten Ideen bis 
zum Tode ausführen, der Fall ist — wenn 
nicht B. zu rechter Zeit — wenigstens zu 
hoher Zeit — sich der Milderungsmittel be- 
dienete. Hierher gehöreten die Auswei- 
chungen in die harte Tonart, die hier sehr 
klüglich aufgespart und darum von sehr 
schöner Wirkung sind ; aber noch eigener, 
und vorii eillich wieder auf den verlassnen 
Weg einteukend sind die Stellen, wo der 



Digitized by Google 



455 *>J' 

Komponist das Thema in dur anfangt, mit 
dem Jten Takle aber wieder durch die kleine 
None in inoll übergeht — und dann, wo 
er in As dur tritt, und die Klarinette dem 
Pianoforte die Melodie, die dieses nachher 
in der linken Hand mit Sextoleu in gebro- 
chenen Akkorden wiederholt , wie freund- 
lich einladend , erst vorspielt. Am Schluss 
dieses Perioden in As dur, überrascht der 
Komponist den Kenner, wie den Ej^baber, 
dadurch angenehm, da»» er das Thema sei- 

TuUi. 



April. 



456 



nes Finalem von den Saiteninstrumenten pia- 
nissimo fugiren lasst, und dann, da er wie- 
der nach c moll einleitet, von der Domi- 
noute G, statt nach C zu gehn , in die kleine 
Übersekunde a> schreitet, dieses as dann 
von dem Pianoforte aufiuhmen und abwech- 
selnd in beyden Händen anschlagen lasst, 
und durch eine Verwechselung des, Klang- 
geschlechts , wo aus dem as gis wird, nach 
E ß modulirL 

I 

Solo. 




dtetese: P* seivi- i lord no 



sr* 2 ZZ 



ii ZZ * 




geht, 



Da, wo die Modulation wieder nach C moll 
legt B. die ersten drey Noten des 
in die Begleitung, und lasst das Pia- 
noforte dazwischen durch den verminderten 
7_ Akkord arpeggirend ei.ilnten, welches, 
da die Saiteninstrumente ga. z schwach in 
Achteln furlgehn, einen tiefen, seltsame» 
Eiudruck macht. 

# jf **• *r «r 





Den völligen Schluss dieses Satzes macht 
ein Presto, f Takt in c dessen Thema 




und das Ganze eben so iuleressant schliesst, 
als es angefangen hat, aber etwas ruhiger 
und freundlicher, wie es denn auch Hecht 
ist. Ich beschlösse hiermit diese Anzeige, 
die nur für diejenigen geschrieben ist, die 
bey ihrem Genüsse auch denkoo, oder die 
das Werk selbst studireu wollen. Diese 
besonders die Letztern, werden nun freylich 
wol auch kleine Mangel — aber deren ge- 
wiss wenige — entdecken: eben darum kann, 
ich mir ersparen, sie aufzuzahlen, was mir 



Digitized by Google 



457 



1805. 



bey einem solchen Produkt, wo das Vor- 
zügliche so unendlich überwiegend ist, 
•elir herbe ankommen würde. 



April. 458 
Nachrichten. 



Das Konzert verlangt ein Orchester, das 
viel vermag, das besle will, und, um es 
auch wirklich zu leisten, verstehet, was es 
spielt} und einen tüchtigen Solospieler, 
der bey alle dem, was man gewöhnlich Vir- 
tuosität nennet, auch Kenntnisse im Kopfe 
und ein Herz im Busen hat — sonst wird, 
auch bey der ausgezeichnetsten Fertigkeit 
und Sicherheit, gerade das Vorzüglichste zu- 
rückbleiben. Ein solcher wahrer Virtuos 
kaun aber auch durch dies Konzert gUuzen; 
deun so reich es besetzt und durch alle In- 
strumente ausgeführt ist, so hervorstechend 
und dankbar ist doch die Kouzertstimme. 
Der Komponist ist übrigens — was eben- 
falls zu loben ist — allem willkührlichen 
Verschnörkeln dadurch zuvorgekommen , dass 
•r, was wirklich verzieren kann, sehr ge- 
nau und sorgfältig ausgeschrieben hat. Wer 
nur Noten spielt, dem wird dadurch zwar 
manche Stelle ungeheuer schwer vorkommen; 
aber, wie gesagt, für den ist dies Werk 
auch nicht. 

Der Stich hat nur wenig Fehler. Sie 
sind also zu verbessern : Klavierslimme S. 8 
im Diskantsystem Takt 5, muss vor dem 

d ein b stehen; Seite 16 muss die erste 
Note des letzten Diskantsysletns nicht I son- 
dern d heissen; Seite 19, Takt 5, müssen 
alle Noten einmal mehr gestrichen werden. 
In der Bassstimme muss zu Anfang des 
Largo statt £, £ stehn, und Seile 5, Z. 3, 
Takt i, müssen die beyden i6theile nicht 
H, A, sondern eis, H heissen. In der er- 
sten Hoboe, Seite a, Zeile 10, Takti, muss 
die zweyle Note ein punktirtes Viertel , und 



München , d. 26. Marz. Babo's nnd Win- 
ters längst erwartete Oper: Der Frauen- 
bund, wurde den i7len und gestern auf- 
geführt. Dies ist denn doch endlich einmal 
wieder eine wahre Bereicherung der deut- 
schen Bühne durch deutsche Originale! Der 
Inhalt und der Plan des Gedichts ist vor- 
trefflich; die Ausfuhrung des Binzeinen, be- 
sonders der Bau und die Diktion der Verse, 
läset Wünsche anrück: aber man weiss ja, 
dass in dem Freskogemälde einer romanti- 
schen Oper hiervon vieles, ohne beträcht- 
lichen .Nachtheil, durchschlüpft. Die Ge- 
schichte knüpft sich an die Sagen von der 
berühmten, zauberischen Herzogin vou Böh- 
men, Libussa, an, und ist, den Haupt- 
momeuten nach, folgende. VJasta, (Mad. 
Elise Lang} Dame vom Hof dieser Fürstin, 
entflöhe aus Prag* verschmäheter Liebe we- 
gen, erbauete in den Böhmischen Wäldern 
die Burg Frauenberg, und errichtete einen 
Weiberorden, der sich, wie die Amazonen, 
gegen die Männer verschwor, sich zum Krie- 
ge abhärtete, und nun allen Männern weit 
umher, selbst dem Herzog von Böhmen, 
furchtbar wurde. Der Krieg zwischen bey- 
den wird aufs grausamste geführt, nnd mei- 
stens siegen die Weiber — durch Muth, 
Gewandtheit und den Ruf der Zauberey. 
Helena, (Mad. Canoabich) Tochter des deut- 
schen Königs, Heiurichs des ersten, (Herr 
Muck) liebt Albert, Grafen von Oldenburg; 
(Hr. Tochtermann) beyde werden von dem 
strengen Vater so bedrängt, däss sie entflie- 
hen, und in der Verborgenheit der Böhmi- 
schen Wälder Zuflucht suchen. Helena 
muss Theil an jenem, Bunde nehmen. Jede 
Verbündete muss nun den ersten Mann, den 
sie nach der Aufnahme erblickt, ermorden: 
Helena verspricht es, mit Ausnahme eiues 
Einzigen — sie meynt ihien Albert, der 
unbekannt in den Wäldern verborgen lebt. 



Digitized by Google 



459 



•i8oj. April. 



460 



Sie ziehen aus, sie entdecken einen Mann — 
er ist jener Eine! .Nun aber muss auch He- 
lena unwiderruflich den jetzt zuerst sich 
Zeigenden erlegen. Ihr Vater, Heinrich, 
kömmt auf einem Zuge gegen diese Räube- 
rinnen von seinem Gefü Ige ab, verirret sich 
in den Wäldern, will verschmachten: da 
findet ihn ein Einsiedler und nimmt sieb 
seiner an. Der Einsiedler ist der verstossene 
Alberl. (Diese rurtrelHicbe Situation erin- 
nert an Glosler und Edgar in Shakespeare 1 * 
Lear). Endlich kann der König nicht Wei- 
ter: er sinkt nieder, entschlaft, und — die 
verbündeten Weiber erscheinen mit Helena, 
die nun ihren Vater ermorden soll, und in- 
dem sie den Dolch zückt, ihn erkennet. 
(Auch diese Situation zeigt den Meister und 
ist von grosser Kraft). Man denkt sich nnn 
»c hon selbst, dass der König, dem Bunde 
verzeihet, die Tochter und Albert vermählt 
o. s. w. Winters Musik zeichnet sich vor- 
nehmlich durch Klarheit, schöne Haltung, 
Geschmack in der Bearbeitung aller Theile, 
Und einen durchaus lieblichen Gesang ans. 
Das Ganze hat eine grosse Anmuth. Ge- 
waltsam erschüttert wird das Herz nicht, 
aber mit den angenehmsten Empfindungen 
erfüllt. Vorzüglich achön sind — im ersten 
Akt zwey Anetten der Helena, in neuer, 
genialisch gefundener Form geschrieben; im 
zweyten, ein Duett zwischen Helena und 
Albert, und im dritten eine rührende, 
«ehmelzende Arie der Vlasta. Auch fehlt 
es, wie man das von Winter ohnehin er- 
wartet, keineswegs an brillanten Stellen; nur 
scheint es uns, als habe der Komponist im 
ersten Pinale mit den Bravourstücken, die 
er der Helena da zu singen giebt, zu viel 
getändelt. — Dass übrigens die Theaterin- 
teudanz den Inhalt des Stücks auf den An- 
kurz angegeben halte, ist zu 



loben und verdient Nachahmung. Bin Zu- 
satz dieser Anzeige klingt beynahe, als habe 
man besorgt, es möchten Chronologen und 
Grammatiker vom Dichter die alldeutsche 
und slavische Sprache des zehnten Jahrhun- 
derts, in welchem das Stück spielt, er- 
warten! — 



Anekdote 



Eine gewisse Opernsängerin , die aich als 
ein hübsches, aber auch sehr lockeres Mad- 
chen, auf mehrern deutschen Theatern be- 
kannt gemacht hat, enlschloss sich vor kurzem 
einen ehrlichen Krämer zu heyrathen uud eine 
ordentliche Frau zu werden. Sie kündigte den 
Wechsel ihres Geschicks also in einer Zeitung 
an: Ich habe das Theater und seine man- 
n ich falligen Unruhen verlassen, um an der 

Hand eines Gatten, des , ruhig und 

glücklieh zu werden. Ich mache die* hier- 
mit bekannt — meinen Verwandten, da- 
mit sie mich nachahmen, meinen Freun- 
den, damit sie mich Vergessen , raeinen 
Feinden, damit sie mich beobachten und 
nun meine Freunde werden. 



Die berühmte, äusserst witzige and tue* 
serst unordentliche vormalige Sängerin, Dem. 
Arnould in Paris, kam in spätem Jahren 
so herunter, dass sie ihre sehr schönen Mö- 
beln und Galanteriesachen verkaufen musste» 
Mehrere Damen beschwerten sich, dass sie 
zu hohe Preise mache. Meine Damen, Sie 
möchten sie wol lieber für das, was sie 
mich kosten? sagte sie. 



IiF'PttO, ZBT IKDITXOri OSO 1 llTIli 



Digitized by Google 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 17'« April. N" 

i 1 ■» 1 



l305. 



Einigt Bemerkungen Übtt dit Kirxhtnkanlatt 
und das Oratorium. 



Unter der Kirchrnkantate 
Siugslück, weiche« tum Ausdruck religiöser 
Empfindungen und Gesinnungen vor einer 
Kircheugetneiude geeignet ist. Poesie und 
Musik vereinigen sich in derselben, nicht 
blos die religiösen Empfindungen Einzelner, 
sondern auch die gemeinschaftliche Gemüths- 
erhebung einer ganten andichtigen Menge 
su frommen Gefühlen, Betrachtungen und 
Entschließungen auszudrücken. Wenn man 
nicht im weiteren Sinne jedes, auch das -ein- 
fachste, musikalische Kircheostürk, da« zur 
Erbauung der Kircheugemeinde aufgeführt 
wird, Kirchenkantate nennen will, so besteht 
dieselbe, gewöhnlirhermassen wenigstens, aus 
eiuern Chor und einer Arie, oder aus Solo- 
pa rtbieea nnd mehrstimmigen Gesingen. Je 
mannigfaltiger und reicher die Zusammenset- 
zung, desto grösser ist sie ihrer äusseren Fora 
nach, und sie enthalt dann mehrere Arien, 
Duetten, Terzellen n. s. f., Recitative und 
Cudre, welche zusammen ein genan verbun- 
denes Ganze bilden. Die dramatische 
Bezeichnung der einzelnen Gesaogalückedurch 
bestimmte Personen ist wenigstens der 
Kantate nicht nothwendig, und man kann das 
Oratorium unter dieser hinzukommenden 
form, welche auch schon einen grossem Um- 
-£ang des Werkes mit sich führt , von der ein- 
fachen Kircaenkantale 
,gi a*heilung in Chöre, Arien, 
3. Jahrg. 



«. w. entspringt an« der Art und Weise t 
•ich menschliche Empfindungen über einen 
wissen Gegenstand ausbreiten und in 
verschiedenen Nuancen aussprachen, mithin 
aus den Gesetzen der ins Mannigfa tige ent- 
wickelten und ausgeführten lyrischen Dich- 
tung. Das Allgemein - Menschlich« 
wird vorzüglich durch das C b o r ausgespro- 
chen; ihm vornehmlich kommt der Herzens- 
erguss über grosse, ailgemeinwichtige An- 
sichten , allgemeine Religiooswahrheilen, all- 
gemeingültige En (Schliessungen und Gesinnun- 
gen, über Ideen und Bedürfnisse zu, weiche 
die Meuschheit überhaupt oder doch die ganze 
Kirchengemeine angehen. Die Solopar- 
thieen aber heben einzelne Empfindungen 
und Gedanken mehr nach individuellen 
Seiten hervor. Das Recitativ an sieh dient 
zur Verbindung - zwischen Sologesingen und 
Chören, und enthalt nur im Vorübergehen 
lyrischen Ausdruck: nähert sich nach dem 
wachsenden Grade desselben bisweilen als 
Arioso der Arie, 
eigentlich auf das Gebiet « 
Schilderung und Erzählung. 

Da wir gegenwärtig noch keinen Ueherflus« 
an musikalischen Gedichten haben, die sieh 
zu Kirchen kantalen eigneten, und eben so sehr 
eine gereinigte religiöse Denkart atbmeten , als 



Fassungskraft einer nicht ganz ungebildeten 
Gemeine angemessenen Sprache ausdrückten, 
so glaube ich , geschmackvollen Kirchenk om- 



ni 



Titel 
29 



ist: 



Digitized by Google 



463 



1805. April. 



464 



Hymnus auf Gott, musikalische» Gedicht, 
nebst einigen geistl. Liedern. Neuer, ver- 
besserter Abdruck. (Magdeburg, bey 
Keil. i3o4. 79 S. kl. 8.) Der Hr. Verf., F. v. 
Köpken, bestimmte dieses Singstück allein 
zur Aufführung in Kirchen und Konzerlen, 
und gab demselben eine Einrichtung, über die 
er sich in der Vorrede erklart. Einige Bemer- 
kungen verdienen hier ausgehoben und erwo- 
gen su werden« 

„Längere Singstücke in gewöhnlicher Kan- 
tatenform (sagt d. Verf.) tritft nicht selten der 
Vorwurf, welcher in den Blättern von d e u t- 
scher Art und Kunst dem Ramierschen 
Tod Jesu gemacht wird: wer spricht? 
wer singt? ist es der Dichter selbst: wo- 
her die Veranlassung au Duellen, Chören, 
und au der nöthigen Mannigfaltigkeit in deu 
SiugeparLhieen? sind es aber eingemischte er- 
säht ende Personen: woher bey diesen der 
Ausbruch in den stärkeren Affekt und dessen 
musikalische Darstellung?" 

Mich düokt, wenn die Kantate als ein 
in sich vollendetes lyrisches Kunstwerk 
betrachtet wird, so bedarf der ästhetische Ge- 
nuas desselben gar nicht der Frage nach dem 
Urheber, nach der Person, welche spricht 
oder aingt. Frey lieh würde sie unvollkom- 
men aeyn, wenn sie auf diese Frage führte, 
und ihre Beschaffenheit nicht aus ihr selbst be- 
greiflich wäre. Ich erkläre mich näher. Wenn 
iu der Kantate nicht, eine dialogische Form 
herrscht, also keine bestimmten Personen in 
ihr eingeführt sind (wie es auch gar nicht we- 
sentlich ist), so findet natürlich an sich keiue 
Rücksieht auf bestimmte singende oder spre- 
chende Peraouen Statt, und dann ist der Dich- 
ter blos das unsichtbare Organ solcher Gefühle, 
Gesinnungen rund Gedanken , wie sie in un<s 
selbst bey einem gewiasen Gegenstände ent- 
stehen würden. Bey der Situation, in die er 
und der Komponist uns setzen, vergessen 
wir uns (als bestimmte Individuen) ganz in 



dem poetisch -musikalischen Ausdruck der 
religiösen Begeisterung oder in den ausgespro- 
chenen Gefühlen, und verlieren uns durch 
Sympathie in denselben. Gerade das äusser- 
lich Beziehungslose, das unsichtbare 
Eintreten der heiligen Gesänge, das fr eye 
Ertönen erhabener Wahrheiten und schöner 
Gefühle, ohne Zurückbeziehung auf beschränk- 
te Individualitäten, scheint den Chören, Arien 
u. a. Gesängen der religiösen Tonkunst einen 
eigenen hohen Reiz , eine grosse Gewalt über 
unser Herz zu geben. Wir denken an keine be- 
stimmten Personen, sondern versenken uns 
in das Allgemeine- Menschliche, oder in das 
Ideale und Göttliche. 

Die Verlheilung der musikalischen Poesie 
in Chöre, Soloparthieen , Duelteu. Recitative 
u.a. w. hat, wie mir scheint, ihren Grund 
1) in der Verschiedenheit der Reihen von Em- 
pfindungen und Gedanken, je nachdem sie ein- 
zelnen Individuen, oder einer ganzen Volks- 
menge, oder der ganzen Menschheit angehö- 
ren ; 2 ) in der Beschaffenheit und den Ab- 
stufungen des Gedanken - und Gefüblsaus- 
drucka iu dieser oder jener Part hie der Kan- 
tale , wonach manche die vereinigte Kraft im 
vielstimmigen Gesänge, manche den sanftem 
Vortrag im Singen oder Sprechen Einzelner 
erfordert, und 3) in der ästhetischen, poe- 
tischen und musikalischen Notwendigkeit der 
Mannigfaltigkeit, der Abwechslung und des 
Kontrastes* 

. • • 
Dass eingemischte erzählende Personen in 
slärkereu Affekt ausbrechen, dies muss in dem 
lyrischen Sujet, in ihrer Situation, in dem 
Faktum begründet seyn, welches sie in ge- 
wisse lebhafte Empfindungen setzt. 

' .Die lyrisch-dramatische Form (sagt 
der Verf. ferner), welche mehrere Dichter ge- 
wählt haben (um jenen Vorwürfen auszuwei- 
chen) hat entschiedene Vorzüge. — Aber 
bey der in Kirchen und Konzerten fehlenden 



Digitized by Google 



465 1805. 

Pantomime und theatralischen Darstellung 
kann die nölhige Täuschung uicbt entstehen, 
oder wird immer gestört. — So viel ist we- 
nigstens gewiss : eine erst entstehende und sich 
vor un>ern Augen selbst allinahlig enlwik- 
kclude Handlung erregt an sich schon ein weit 
grösseres Interesse, als die Erzählung einer 
bereits vorgegangenen Begebenheit. Das 
Lyrische der Erzählung ersetzt den Mangel 
der Intuition nicht. Lebhafter fühlt und spricht 
auch der Handelnde, als der blose Erzähler.» 

Gewiss giebt man dem Verf. im Ganzen 
hierin Recht. ~In unseru geistlichen Oratorien 
wird der Eindruck sehr gestört durch Incon- 
venienz in Ansehung der Sanger und Sange- 
rinnen, welche die Rollen der dramatischen 
Interlokuten übernehmen müssen. Itore In- 
dividualität , so viel sie auch als Künstler lei- 
sten mögen, drangt sich den Augen und Oh- 
ren zu leicht auf, und stört uns um so mehr, 
je mehr sie idealische Wesen oder geheiligte 
Personen aus der patriarchalischen Welt oder 
aus der geistlichen Geschichte vorstellen sol- 
len. Ware uns der (freylich in andrer Hin- 
sicht oft so interessante) Anblick des Orche- 
sters entzogen, so würde hier für die Illusion 
wenigstens Etwas gewonnen seyu. Daher 
haben, wie mir scheint, Kantaten, wo 
keine bestimmten Personen auftreten, einen 
Vorzug. 

Folgende Bemerkung theüen gewiss die 
meisten Leser mit dem Verfasser. „Dasjeni^- 
ge, was auf der Bühne eine Schönheit ist, viel 
Handlung und oft unterbrochener lebhafter 
Dialog, macht im Konzer tvorl rage (und man 
kann hinzusetzen, auch in der Kirche), wo 
die Rollen, oft selbst die weiblichen, von 
Phors. hülerh, das Blatt iu der Hand, steif ab- 
gesungen wYrden — wie dies in den mehre* 
•ten Stadteh der Fall ist — immer die wenig- 
ste und oft gerade die entgegengesetzte Wir- 
kung. Denn mehr als einmal bemerkte der 
Verf., daas bey den tragischen, affektvoilsten 



April. ^ 4 ß6 

Stellen sich auch bey ernsthaften Zuhörern die 
Miene zum Lächeln verzog." 

Nicht einmal die theatralische Dar- 
stellung würde bey geistlichen Dramen unsern 
ästhetischen Ansprüchen ganz Genüge thun 
können, weil die Ehrfurcht, die wir vor den 
heiligen Personen aus der jüdischen oder 
christlichen Geschichte hegen , sich mit einer 
konkreten Darstellung durch Menschen der 
gegenwartigen Zeit, wobey dem Ideal in un-> 
serm Geiste unvermeidlich immer Abbruch 
geschieht, nicht recht aussöhnen kann. Den- 
noch würde eine hochgetriebene theatralische 
Kunst uns auf einige Zeit in eine schöne Illu- 
sion setzen könuen, wenn das Kostüm treu.' 
beobachtet, und uns nur gleichsam ein beleb- 
tes Gemaide, vereinigt aus den treffendsten, 
imposantesten Darstellungen der erhabensten 
Maler, vorgehalten würde. Allein in Ora- 
torien der Kirchen und Konzerte kann die Illu- 
sion von dieser Seite nicht erreicht und rnusa 
nur zu leicht durch die musikalische Beset- 
zung der Rollen gestört werden. Stimme und 
Sprache ist uns ein zu bedeutungsvolle« Kenn- 
zeichen einer Person. Nun erhalten aber im 
Oratorium die Personen der heiligen Ge- 
schichte, welche uns nur noch als i de a ti- 
sche Wesen vorschweben — die wir selbst 
nicht bestimmt zu zeichnen wagen — ihren 
eigenen musikalischen Charakter durch die 
Vertbeilung der Stimmen. Unsre Einbil- 
dungskraft wird hier durch Individualitäten ge- 
bunden, welche ihrem Ideal widersprechen', 
oder wenigstens die hehren Gestalten, die sie 
nur aus grauer Ferne erblickt, und selbst nicht 
naher zu bestimmen wagt, ihr unter willkür- 
lichen Modifikationen zu nahe bringen. Auch 
leidet die hohe Simpliritüt, welche wir jenen 
Charakteren beylegen, nur ZU leicht unter 
dem Aufwände der Kunst unserer Zeit. Die 
Anlagen und Aufführung eines geistlichen 
Oratoriums hat daher ihre eigenen Schwierig- 
keiten, Wenn alles Anstössige vermieden und 
das gebildete Gemüth einigermassen befriediget 



Digitized by Google 



l' 



467 



1805. April. 



468 



werdpn soll. Dichter and Komponist werden 
auf hohe Simplicitäl hinarbeiten müssen, wo- 
durch die Einbildungskraft so wenig als mög- 
lich beschränkt und nur an ästhetischen Ideen 
belebt wird. Die blose Kantate, oder das 
Oratorium, welches nicht die heiligen Perso-i 
nen selbst, sondern nur Andere, als Zeugen 
oder Erzähler ihrer Theten, als Theilnehmer 
ihrer Handlungen und Empfindungen einfuhrt, 
acheint mir aus den angegebenen Gründen 
einen Vorzug vor den Singstücken zu behaup- 
ten, in welchen die Personen der h. Geschichte 
aelbst redend vorgestellt sind. Mögen es pro- 
fane (d. h. nicht unmittelbar zu dem ehrwür- 
digen geheiligten Kreise selbst gehörige) Zeit- 
genossen, oder Nachlebende seyn , welche 
lyrisch uns Begebenheiten der Geschichte ver- 
gegenwärtigen; ao fällt nicht nur hier der An- 
stoss am verletzten Ideale weg, sondern die 
Sympathie , mithin der Eindruck musa ge- 
winnen. 

Es ist wahr, eine sich vor unsera Augen 
entwickelnde Handlung macht mehr Wirkung 
auf uns, als die blose Erzählung. Doch ist 
hier Folgendes zu unterscheiden. Die Hand- 
lung rnuss, um jenen Vorzug zu haben, auch 
wirklich ganz vor unsern Sinnen (theatra- 
lisch) erscheinen. Dies fällt bey Oratorien 
(jJie nur durchs Gehör Eingang finden sollen) 
hinweg. Auf der andern Seite kann unser 
Gemüth durch Sympathie stärker bewegt, uns- 
re Einbildungskraft mehr begeistert werden, 
wenn wir an dem Ausdruck der Gefühle theil- 
nehtnen, von welchem Gesänge, auf Anlass 
einer bedeutenden (wenn auch längst vergan- 
genen) Handlung, an die sie uns lebendig er- 
innern, überfliessen. Die Passiunskantate 
und jede andre Kirchenkantate wird uns daher 
innig rühren, ergötzen und erheben, wenn die 
Gesäuge unsre eignen edelsten Empfindungen 
über religiöse Gegenstände in vielfachen Auf- 
wallungen, in sanftem und stärkern Strömen, 
aushallt- n lassen. Wir «ympathisiren leichter 
'mit den Repräsentanten uosrer eignen He neu, 



wenn der Dichter und der TonkÜnstler sich 
ihrer Sprache zu betneistern gewuaai haben. 
(Der Bo*chtu«i folgt.) 



Nachrichten. 



Wien, den 5ten April. Die Konzerte ha- 
ben sich in dieser Fastenzeit au.-aerordentlicb, 
bey uns gehäuft, aber die wenigsten Virtuo- 
sen mögen dabey ihre Rechnung gefunden ha- 
ben. Die vielen Privatmusiken, in denen man 
so viele vortreffliche Dilettanten die YVeike 
der besten Komponisten schön und gest bmack- 
voll vortragen hört, stehen den öffentlichen 
Konzerten im Wege ; und nur ein sehr belieb- 
ter oder berühmter Künstler kaun sich bry den 
beträchtlichen Kosten, welche der Jahusche 
Saal, das Orchester, die Proben erfordern, 
einen ansehnlichen Gewinn versprechen. 
Hradezky spielte ein Konzert auf dem Wald- 
horne. Er behandelt das Instrument mit Kunst 
nnd Geläufigkeit , aber es fehlt ihm an der De- 
likatesse und dem feinen Geschmack, wodurch 
Punto und Dornaus bezauberten , und welche, 
nach meinem Urtheile, besonders in einem 
nicht grossen Saale, das Waldhorn allein im 
Konzerte angenehm machen können. Ham- 
burger, ein Schüler des fürstlich Esterhazi« 
srhen Kapellmeisters Hummel , spielte ein 
Steibeltsches Klavierkonzert nicht ohne Ge- 
•«hicklirhkeit, und zeigte Anlagen, die aber 
freylich noch einer sehr sorgfältigen Pflege be- 
dürfen. In dem Konzerte auf E dur hatte 
Hamburger keine gute Wahl getroffen; das 
Andante worin das P. f. blos von Flöten und 
Violoncell ia Oktaven, dann von Fagott und 
Contrabass begleitet wird, ist ohne allen Ef- 
fekt. In dem Hummelsrhen Trio aus es, fanu 
man eine grosse Gewandtheit im Satze, die 
aber zu absichtlich zur Schau gelegt ist, und 
Geist und Feuer nicht an allen Stellen ersetzt. 
Bewundernswürdig ist die Kühnheit» womit 



Digitized by Google 



469 



1805. ' April/ 



470 



es na Herr Mög 1 i eh wagten koorite, ein Vio- 
linkonzert öfleulhrh vorzutragen. Ea fehlt 
ihm ganz an Ton und Präzision , an Reinheit, 
Geschwindigkeit, kurz an Allem! fieynabe 
jede Patsage verunglückte auf eine klägli- 
che Art. 

Herr Teyber gab im Theater an der 
Wien ein Oratorium von «einer Komposition: 
Der sterbende Jesus. Trotz sechs in verschie- 
dene Töne gestimmter Pauken wurde es aus- 
gezischt, und verdiente dies Schicksal voll- 
kommen. Mad. Aueruhammer spielte ein 
Mozartsches Klavierkonzert auf ihre gewöhn- 
liche Weise — nicht ohne Geschwindigkeit, 
aber ohne Ausdruck und Präzision. Variatio- 
nen von ihrer Komposition über ein Thema aus 
Mebuls 0 uue Folie * sind äusserst unbedeutend. 

Herr Eimen reich beschäftiget seit eini- 
ger Zeit die Aufmerksamkeit des Publikums. 
Er ist im .verliebten Schuster," und im •Ka- 
pellmeister 4 ' aufgetreten. Die Stimmen über 
sein Spiel, seine Stimme und seinen Gesang, 
sind sehr getbeilt: doch wurde er jedesmal 
hervorgerufen. Ich werde noch einige seinem 
Rollen abwarten, um dann ausführlicher von 
ihm zu sprechen. 



Bey Herrn von Wurth worden wieder 
einige Haydnsche Sinfonieen recht gut gege- 
ben. Mad* Bigot de Morogue» spielte ein 
Mozartsches Klavierkonzert aus B uud Hra- 
d e z k y ein Konzert auf dem Waldhorne } von 
bey den ist schon gesprochen worden. FrStu- 
lein Kurzbök spielte ein Mozartsches Kla- 
vierkonzert aus C dur mit jener Delikatesse, 
Anmuth und Zierlichkeit, die man an ihrem 
Vortrage so sehr liebt, welchen etwas mehr 
Schallen,. Sicherheit, und Kraft zum Vortreff- 



lichen erhöhen könnten. Eberl hatte einig» 
schöne, undpassende, neue Fermaten zu 
diesem Konzert verfertigt. Das Ganze wurde 
mit dem lautesten ßeyfalJ aufgenommen. 
Fräulein Kozeluch, die Tochter des be- 
kannten Kapellmeisters, trug ein Konzert ih- 
res Vatera mit vieler Gewandtheit, Fertigkeit 
und Kunst vor 5 nur mit der Komposition 
(C dur) war man nicht zufrieden: sie steht 
hinter den vortrefflichen Mozartschen, Eberl- 
achen und Beelhovenschen Werken dieser Art 
weit zurück. Eine Wintersche Sinfonie mit. 
obligater Violin, Klarinette, Waldhorn und 
Fagott, tauschte die Erwartungen, die der 
Name Winter gemacht hatte: ohne eigentli- 
che Kraft, Neuheit und Feuer, scheint sie ein 
Jugendwerk dieses achtungswürdigen Kompo- 
nisten. Von Ouvertüren wurden die, von 
Cberubini's Gefangnen und portugiesischem 
Gasthof, v.Winters Opferfest, Righiui'sTigra- 
nes und Mozarts Entführung aus dem Serail, 
aufgeführt. Ein Kirchensiück von Hummel 
ist gut gearbeitet; auch Variationen diesea 
Meisters für das ganze Orchester fallen ganz 
angenehm ins Gehör. Nächsten Sonntag sol- 
len ftteydns sieben Worte diese interessanten 
Konzerte beschliessen , welche Kennern und 
Liebhabern der Musik so ausgezeichneten und. 
reichhaltigen Genusa verschafften» 



London' d. 4ten März *). Sie wissen, ich 
bin mit geringen Erwartungen, in Absicht 
anf Musik, hierhergegangen. „ Der Englän- 
der bat kein Genie- für Tonkunst ; er a< biet 
und liebt eigentlich nur, was sieb sein Natio- 
nalstolz als Nationaltalent oder Nationalpro- 
dukt anschlagen kann : da aber die Musik ihm 
fast ganz durch Fremde zukömmt, so kaiin. 
seine Achtung und Liebe zu ihr nicht gros« 



•) Nicht »011 denwelben 
Musik io diesem Lande 

« Ii • « t ' 



•us Roghnd , der im vorigen Stack eine Reihe tob Briefen iibsr 

d. Redakt. 



Digitized by Google 



47* 



1805. April. 



'472 



W yn: der alles verschlingende Spekulations- I Meine eigenen Beobachtungen in den vie- 
geist bey den meisten Männern ; die ausgelas- I len und sehr bedeutenden Hausern, wo ich 



sene Ruhbett uud Siltenlosigkeit bey den mei- 
sten Jünglingen, kann alle Künste und Wis- 
senschaften (abgerechnet , was eben diese Trie- 
be befriedigen lulfi) höchstens gleichgültig dul- 
den, und sie den stillen, beschränkter und 
strenger erzogenen Weibern überlassen u. s.w. 
Das war es, was ich mir schon vor meiner 
Ankunft dachte, und schon bald nach meiner 
Ankunft vollkommen gegründet fand — denn 
man trägt das alles hier zu Schau — ; aber 
nun, nach längerem Aufenthalt, habe ich 
noch immer und immer mehr abrechnen müs- 
sen, so dass am Ende wahrlich fast gar nichts 
geblieben ist. Es ist zwar Sitte, dass die 
Deutschen, was sie hier Fehlerhaftes bemer- 
ken, bemänteln, oder es wenigstens so gelind 
als möglich behandeln, das Lobenswerthe aber 
aus allen Kräften erheben; und das ist sehr 
leicht begreiflich — schon darum , weil das 
Ungeheure des Welt -Handels den armen, 
die bewundernswürdige Industrie den fleissi- 
gen, der Wohlstand und die Sauberkeit der 
gemeinen Klassen (die wir alle lieben) den ge- 
rechten und ordentlichen, die unbeschränkte 
Rede und ungebundene Handlungsweise den 
Freyheit, wenigstens im Geheim, hebenden 
Deutschen ( erst imponireu, dann äusserst 
wohlthun und gewinnen; und da weiss man 
ja, wie auch der aufmerksamste Beobachter 
siebet! Es ist eiqe meiner vorzüglichsten Be- 
strebungen, mich vor solchen verschönernden 
Augengläsern zu verwahren; bey dem aber, 
worüber ich Ihnen zu schreiben habe, ist 
das nicht einmal nöthig, denn jeder Deutsche, 
selbst wenn er unsre grössern Städte nicht ge- 
sehen, nur nicht lebenslang in Krähwinkel ge- 
hatiset hätte, würde doch viel mehr und viel 
Besseres in Absicht auf Musik (vom We- 
sentlichen, und Ganzen sprech' ich) ken- 
nen, als er hier fände; es würde ihm also 
schon darum nicht imponirt, er würde hier- 
in nicht wohllhätig berührt, nicht gewon- 
nen werden. 



Zutritt habe, haben mich gelehrt, und die 
Erfahrungen der vorzüglichsten hiesigen 
Künstler, die ich oft s.ehe, bestätigen e«: 
Künstliche, und vornehmlich Liebe zur Musik 
als Kunst (nicht, als mechanischer Ge- 
schicklichkeit,) ist auf dieser Insel nicht zu 
finden , und kann auch hier nicht einheimisch 
werden, so lange der Engländer Engländer 
bleibt — das heisst, ewig! Man muss aber 
hier Üben, und die tausenderley Dinge vor 
Augen haben, welche am Ende auf Einen 
Hauptpunkt zusammentreffen, den Charakter 
des Engländers so abrunden und feststellen, 
und wahre Kunst uud Kunstliebe geradehin 
ausschliessen — man muss sie vor Augen 
habeu, sag' ich, denn schriftlich stellt sich» 
nicht dar, eben weil es aus tausenderley Mo- 
menten zusammengesetzt ist, und diese fast 
sämmtlich von allem, was man auf dem festen 
Lande siehet, so sehr abweichen, dass man 
über jeden einzelnen weitläufig werden müsste, 
worüber dann wieder das Ganze aus dem Ge- 
sichtskreise käme. Wer also über Kunst in 
Britannien sprechen «oll , muss den angegebe- 
nen Satz als ein Postulat heischen; und er darf 
das um so mehr, je mehr er ihn praktisch 
nachweisen und mit allem, was er antrifft uud 
referirt, belegen kann. Sie wenden mir viel- 
leicht ein: Wir wissen aber doch, dass fast 
in jedem wohlhabenden Hände, namentlich 
Londons, Musik getrieben wird! Sie haben 
da ganz recht; die Männer bekümmern sich' 
zwar nicht darum, aber die Damen lernen 
Piano f. und Harfe spielen, und singen, treiben 
das auch zum Thoil recht fleissig; aber gerade 
so, wie gewöhnliche, feinere Frauenzimmerar- 
beit. Man lernt Musik, wie fein nahen: es 
gehört einmal zur gdten Erziehung, zum An- 
stand, zur Unterscheidung vom Pöjiel, und 
hilft überdies die leeren Stunden auslullen. 
Nach diesem Maasstabe siehet man auch die 
Musiklehrer au, obschön man die berühmtem 
ausserordentlich reich bezahlt; so ist es auch 



Digitized by Google 



473 



1805. April. 



474 



fast gleichgültig, was man spielt, und an ein 
Fortgehen mit der Kuuat darum fast gar nicht 
zu denken. (Es verstehet sich, hier und über- 
all, dass ich einzelne Ausnahmen zugebe ; aber 
sie sind sehr selten). Dies Fortgehen wird 
sogar durch konslituliotismässige Hindernisse 
ungemein erschwert Alle Hütfsmittel dazu, 
die das Ausland bietet, sind hier angesehen, 
als fremde — Fabrikate, und fremde Fabri- 
kate sind mit Abgaben belastet und ihre Ein- 
fuhr, wie ihr Bekanntwerden, auch ausser- 
dem sehr erschwert. Dahin gehören nun auch 
fremde Musikalien, Instrumente u. s. w. Von 
neuer Musik des Auslands lässt man darum 
sehr selteu mehr, als Ein Exemplar kommen, 
damit man es 11 achstechen könne, wenn'» in 
den Kram passt, wie er eben hier schon ist. 
Es passt aber sehr wenig in diesen Kram, was 
über 1. 2. oder 5 Schilling Sterl. kostet; denn 
fast nur das wird viel gekauft. Vollständige 
Musik, Partituren u. dgl. kann liier Niemand 
drucken, weil sie ihm auf dem Lager bleiben. 
Auch behalten die hiesigen Musikhändler in 
der öffentlichen Meyuung den Vorzug; Aus- 
länder würden nichts verkaufen können 

Liebhaberkonzerte — was' wirklich die- 
sen Namen verdiente — giebl es hier, in 
London, nicht; in grossen Provincialstädten 
soll es deren geben, sie mögen aber auch dar- 
nach seyn! Engländer und Engländerinnen von 
Erziehung und gutem Hause würden sich lief 
herabsetzen, würden in der öüentlichen Mey- 
nung vernichtet werden, wenn sie in irgend 
einem Kouzerle mitspielten oder mitsängen; 
eder wenn sie überhaupt nur selbstlhätig au 
einem Orte aufträten, wo Musiker auAreten, 
die, wenn s>e auch die grösalen Meister in ih- 
rer Kunst sind, denn do«h Fiddlers (Fiedler) 
sind und bleiben, und auch so heissen. Nie- 
mand also, der nicht selbst ein Fiedler heissen 
will, berührt da ein Instrum ent. — Man 
ner, wie Clementi. steheu «war in Achtung: 
aber, namentlich dieser, weil man "ihn als 
einen geschickten Mechaniker, grossen iuatru- 



roenten-Fabrikanten nnd Musikhändler kenuet, 
wobey man sichs gefallen lassen kann, dass er, 
wie man meynet, auch nebenbey komponirt 
und spielet, aber — und das ist ein Haupt- 
moment — nicht öffentlich! (Clementi 
ist übrigen« von seiner grossen Heise immer 
noch nicht zurück, sondern, so viel ich weiss, 
jetzt in Neapel). 

Dass man grosse Opern, dass man öffent- 
liche Konzerte hat, weiss freylich Jedermann. 
Aber lachen muss der, welcher mit Kunst« 
kenntnis und Erfahrung über den Stand der 
Kunst in andern Ländern hierher kömmt, und 
nun die hiesigen Journale u. dgl. davon spre- 
chen hört; und uoch mehr lachen, wenn ihm 
dann so manche deutschen Blätter vor die 
Augen kommen , wo man die Londoner Arli. 
kel aus jenen lobpreisenden Berichten schöpft 
Ich werde darüber zu anderer Zeit mehr ins 
Einzelne gehen ; glauben Sie indessen meinem 
Worte, dass selbst die wellberühmte, und, 
ungeachtet ihrer gewaltigen Korpulenz, mit 
Geld aufgewogene Billington von dem, der die 
Kunst kennet, für nichts, als eine ganz vor- 
trefflich aptirte Sing -Maschine erklärt wer- 
den kann , und dass diese glänzenden Institute 
überhaupt, im Wesen iiichen, sehr, sehr 
weit zurück sind. Es mag sonst weit besser 
um sie gestanden haben — man sagt es, nnd 
ich kann uicht widersprechen, weiMchs nicht 
weiss ; aber dass es j e t z t so ist , wie ich sag«, 
daraufbauen Sie, und nicht auf Schilderungen 
anderer Deutsrhen, die Musik nicht kenne», 
durch die Fracht der Dekorationen u. dgl. ge- 
blendet, oder durch den lärmenden Kuthusias- 
mus des Publikums für seine Lieblinge mit 
fortgerissen weiden. Sonarh könnte mau, 
ohne Ungerechtigkeit, ohne Ueherlreibung, 
und ohne den Sinn verwirrendes Worisph-I sa- 
gen , London habe jetzt keine wahre Musik ; 
man begnüge sich mit dem S«hein, mit <<eo 
\ussendiugen , und mit dem, was zu ihr lüh- 
ren könnte, wenn niau — den Geist uud Sina 
dafür- umbrächte. 



Digitized by Google 



475 



1805. April* 



4?6 



Die geschicktesten hiesigen Musiker sind 
sämtnllich Deutsche. Ich führe Ihnen kürz- 
lich mehrere der vorzüglichsten und auch be- 
liebtesten an» übergehe aber die, von welchen 
Sie und Ihre Leser schon unterrichtet genug 
sind — wie Gramer u. s. w. Pernio und Stei- 
beltsind sehr gesucht, weiden sehr hoch be- 
zahlt, und verdienen beydes, Sie sind gebor- 
ne Berliner. Der Erste war sonst Kapelim, 
des Prinzen Heinrich v. Preussen; der zweyte 
ist als Komponist und Virtuos auf dem Piano- 
forle auch in Deutschland bekannt genug. 
Saust, aas ßullensladt, sonst Mitglied der Des- 
taui scheu Kapelle, ist ein braver, und vor- 
züglich ein sehr angenehmer Flötiet. Köhler, 
aus Dresden, spielt sehr gut und unterrichtet 
irt Pianufurte. J. G. Schmidt, aus Thürin- 
gen bey Erfurt, bat einen ausgebreiteten Ruf. 
Von seinem Spiel der Trompete und des Bugle- 
Ilorns ist auch in den englischen Blattern oft 
rühmlich die Rede. Seine langen, schweren, 
nnd doch pricisen Passagen und sein ecböuer 
Ton auf jenem, und seine angenehmen Solos 
auf diesem Instrumente, das nur fünf natür- 
liche Töne hat, sind wirklich zu bewundern.— 
Dass Unter den ausländischen Komponisten für 
den Gesang jetzt Winter den meisten Beyfall 
hat, wissen Sie. Seine bey den hier geschrie- 
benen Opern sind sehr oft aufgeführt und im- 
■ter mit Auszeichnung aufgenommen worden. 
Ur hat auch mehrere kleinere VVerkcheu hier 
verfasst und herausgegeben — italienische 
Anetten« Duetten u. dgU und auch diese sind 
aehr beliebt. — 

Einzelne Erscheinungen in der musikal. 
Welt, die wirklich von Wichtigkeit waren, 
Auslander interessiren und in einer Darstel- 
lung des Zustandes der Musik überhaupt auf- 



geführt werden könnten, giebl es diesen Win- 
ter wirklich nicht, und so kann ich Ihnen 
nichts über Neuigkeiten schreiben — — 



Kurze Avzbige. 



Zwölf Jägtrlieder, in Musik getezt und 

Freunde, Herrn Jokitch- Scheuer eck — — . 
zugeeignet von C. Schulz. Auch mit WeuU 
hornbegleiiuiig im Freyen zu singen. Leip- 
zig, h. ßreitkopf u. Härtel. (Pr. 1 Thir.) 

Der Gedanke, Liebhabern der Jagd eine 
Sammlung der besleu Gedichte für Jager, in 
Musik gesetzt , zu geben, und zwar so, dais 
die Lieder beym Pianoforte im Zimmer, uud 
auch mit Waldhornbegleitung (die auf beson- 
dere Blatter abgedruckt dabeyliegt) im Freyen 
gesungen weiden können — ist in der Tust 
sehr hübsch. Und die Ausführung ist e« 
auch — ist zugleich angenehm und zweck- 
mässig. Dass die Musik zunächst auf Be- 
gleitung der Waldhörner und den Genus» im 
Freyen berechnet ist, bemerkt sich leicht, und 
ist ganz zu billigen. Die Lieder haben sämnU- 
lich den frischen, kraftigen Charakter, und 
die Popularität, die sie haben mussten. Aus- 
gezeichnet brav scheinen Referenten folgende: 
No. II. S. 4., No. V. S. 10., No. VI. S.A., 
No. IX. S. 18 — welches letztere jedoch für 
die Waldhornisten, wie man sie bey Jagden 
haben kann, etwas zu schwer ist, uud aicb 
beym Pianof. besser ausnimmt — und Na. X. 
S. ao. Das Aeussere des Werkchens ist sehr 
anständig und bequem eingerichtet, der Druck 
ganz korrekt. Und «o verdient es denn in 
jedem Betracht denen empfohlen zu werden, 
für welche es bestimmt ist. 



Druckfehler. No. aS. *er»te Seite, i*t, statt: 
fastera au lesen. Man bittet, auf 
MUsveraUadnia 



de* Herausgeber«, de« Ver- 
achten, da er aanat ein doppelte* 



L»re>eio, ur iiiiitsu um bj>x<«&. 



. ■ 



Digitized by Google 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den H len ApriL N=. 30. 



1805, 



Nachrichten. 



Leipzig. (Ucberticbt der tifleodichen mu*i- 
ktlitcheu Produktionen ron Ntttjahr bit Odern ^ 

Wir freuen uns, auch diesmal mit der Nach- 
richt anfangen zu können, dass alle« Gute, 
was wir vorher belassen, Bestand hatte, und 
wo eine Abänderung stattfand, diese nur zum 
Vortheil der Sache selbst war. Leipzig ge- 
hört nun zwar unter die Städte, von denen es 
seit geraumer Zeit fast herkömmlich gewor- 
den, dass man in andern öffentlichen Blättern 
hur das Mangelhafte aufsucht, und dies, gut 
öder schlecht, wie man's gelernt hat, züch- 
tiget — so wie es im Gegentheil bekanntlich 
einige andere deutsche Städte gicbt, von denen 
Herkommens ist, die Schwächen stillschwei- 
gend zu verdecken, und das Löbliche nur aus 
vollen Backen zu rühmen und zu preisen, 
sollte das auch, in Ermangelung anderer 
Herolde, von den interessirten Personen selbst 
geschehen müssen; und so könnten Manche 
es uns vielleicht zur Pflicht machen , auch von 
dem, was wir lobenswerthes besitzen, wenig- 
stens so stark, als es mit Grund geschehen 
könnte, in dtfe Posaune zu atossen:' Wir wol- 
len aber dennoch lieber dem Grundsatz treu 
bleiben , dem wir bey diesen Berichten immer 
treu geblieben sind — nur kurz und genau zu 
referiren', und blos bey dem zu verweilen, 
was weit 'mehr um Anderer, 1 als um liniert- 
willen anzuführen ist. " ' '< 



• 1 . 



Das wöchentliche Konzert im Ge- 
w and ha u so gab folgende der Auszeichnung 

y. Jaiirg. 



werthe Instrumentalmusik. Ausser de* 
Wiederb olungen vorzüglicher Hayd oscher. 
Mozartscher und Beethovenscher Slnfo- 
niee'n — von denen vornehmlich die Aua- 
fuhrung ch»r Haydnschen ans fis'dur , die mit 
dem Paäkenwfrbel anfängt, und der Beethoi 
venschen aus O dur, vollkommen gelang — 
hörten wir folgende neue. — Die Sinf. von 
Andreas Romberg ans Bs dnr gehört, ohne 
Zweifel, unter die anziehendsten Instrument 
talstücke, die seit mehrern Jahren geschnei 
ben worden sind; Sie ist vom ersten bis süni 
letzten Takt ein so zusammenhängendes lind 
in sich selbst abgerundetes Ganze, dass man 
verlegen seyn würde, wenn man etwas Ein- 
zelnes ausheben sollte. Sie macht keine An- 
sprüche auf die gewaltsamen, einschneidenden 
EQekte , die die Mode eben jetzt in diese Gat- 
tung einfuhrt, sondern ist ein kunstreiches 
Gewebe durchaus schöner und angenehmer 
Ideen, von denen die meisten nen und sehr* 
singbar sind. Die Ausführung zeigt den Mei- 
ster, und scheint uns hoch ganz vorzüglich 
durch die jetzt seltene, 1 überall reine, klsrej 
saubere Arbeit, Ohne Prunk oder Flitterstaat, 
zu rühmen. Irrcu wir nicht*, so bedarf die 
jetzige Zeit gsmz besonders so Icher Stöcke. 
Diese Sinf. wird keinem einigermassen geübten 
Orchester schwer vorzutragen, verlangt aber 
allerdings Genauigkeit, Sauberkeit, und Sinn 1 
für das^ was man spielt. Sd wurde sie auch 
hier, besonders das zweyteiÜal, gegeben. Sie 
ist so eben im hiesigen 'Bureau de Musicjue ge- 
stochen herausgekommen. — = In einer neuen, 
noch nicht gestocheneil , grossen Sinfonie hat 
Hr. Hoffmeister ganz die Bahn verlassen, auf 



Digitized by Google 



479 > J 5°5- 

welcher er bisher in «einen Kompositionen 
ging, und hat sich dem Stil Beethovens und 
Cherubim'* , doch nicht ohne Eigentümlich- 
keit, genähert. Er hat die schwierige Aufga- 
be gelöset,, wie ein Mann von Talent, von 
Kenntnissen u. von langer Erfahrung. SoJlte er, 
vor der ' öffentlichen Bekanntmachung, sich 
dazu verstehen können , einige Stellen, wo die 
aehr fremden Modulationen allzuscbnell und 
allzuscbueiilend hervortreten, oder wo die 
Kontraste einander gar zu nahe gerückt sind, 
dem Ganzen aufzuopfern: so würde dies schäs- 
bare Werk , unsrer Meynung nach , noch viel 
gewinnen. Hr. H. selbst wird darüber ohn- 
•treitig am besten entscheiden können, wenn 
er seine Arbeit eine Zeit lang hat ruhen las- 
aen, und sie dann von neuem streng vor- 
nimjnU — Von bekannten Ouvertüren 
(Mozarts, Glucks, Vogels, Winters, Kun- 
zens,) haben wir, der trefflichen Ausführung 
wegen, vornehmlich die Glucksche zur Alce- 
ste und die Vogelscbe zum Demophoon auszu- 
geben; und dabey wollen wir den Wunach 
nicht unterdrücken, dass man uns künftig auch 
andere, hier im Publikum noch fast unbe- 
kannte, Glucksche Ouvertüren — besonders 
etwa die vortrefflichen au beyden Iphigenien 
und zur Armida — geben möge. Es ist 
wahr, Gluck behielt bey seinen Ouvertüren 
die Opern» denen er sie vorsetzte, so fest im 
Auge, dass man sie nur dann ganz, in eilen 
^febenzügen, verstehen kann, wenn man auch 
mit diesen bekannt wird — wozu in Leipzig 
keine Gelegenheit ist : aber schon durch ihren 
'Adel und ihr Grandioses verfehlen sie ihre 
Hauptabsicbt nirgends, und überdies kann, 
sie recht auszuführen, eine vortreffliche 
Schule für alle jetzige Orchester seyn, die 
durch die vielen kleinen Details und äusserst 
behenden Konzertpassagen der meisten neue- 
sten Instrumentalmusik vom Vortrage des fe- 
ster zu Haltenden, Stetigem, Nachdrückli- 
chem, leicht abgebracht werden könnten. 
Auch würde es gewiss mit Wohlgefallen vom 
Publikum aufgenommen werden, wenn man, 



April. 480 

in Absicht auf die Wahl der Haydnschen Sin- 
fonieen, jenes pariser Konzert nachahmete, * 
und, statt nur die neuesten zu wiederholen, 
diesen altere an die Seite setzte, und zwar 
zwey ganz verschiedene in Einem Konzert, 
und so, dass man die weniger Unterrichteten 
gleich auf den Konzertzetteln darauf aufmerk- 
sam machte. Ee würde zwar nicht ohne Einr 
schränkung zu rathen seyn , dass man einem so 
gemischten Publikum die frühesten Arbei- 
ten H.s vorfiihrete t aber wer würde die, auf 
seiner mittlem Zeit nicht mit vielem Vergnü- 
gen hören , da manche darunter den neuesten 
an wahrem Gehalt schwerlich nachstehen, und 
sie durch jene Zusammenstellung noch eine« 
besondern Reiz gewinnen würden ? 

Von Konzerten zeichneten sich vor- 
nehmlich folgende aus. Das neueste Beelho- 
vensche aus C moll, das nach dem Wunsche 
aller, die es einige Monate früher gehört hat- 
ten, von Mad. Müller wiederholt, und wie- 
der meisterhaft vorgetragen wurde. Ueber 
das Konzert selbst ist bey seinem ersten Er- 
scheinen von uns gesprochen worden j das Pu- 
blikum bezeigte auch diesmal die lebhafteste 
Thetlnahme. Eben so wurde von Mad. Mül- 
ler vorgetragen , und vom Auditorium aufge- 
nommen, das bekannte, grosse Mozartsche 
Konzert aus D moll , das man nur zu nennen 
braucht, da es jeder Freund der Musik al* 
eins der vortrefflichsten unter alten vorhande- 
nen kennet. Hr. Musikd. Müller gab eiunen 
von ihm komponirtes und noch nicht gesto- 
chenes Konzert für die Flöte , und ebenfalle 
nach den Wünschen des Publikums, z weymal, 
zu hören. Dies Konzert hatte zu viel Eigenee 
und zeigte auch die Virtuosität des Hm. M. 
von zu vorteilhafter Seite, als dass wir nicht 
etwas länger dabey vei weilen sollten. Es 
scheint bey der Komposition desselben eine 
Hauptabsteht gewesen zu seyn, Gelegenheit 
zu bekommen, zu erweisen, dass die Fiöte, 
wenn sie nur vollkommen behandelt wird, 
die Vorwürfe der Unreinheit und Ungleichheit 



Digitized by Google 



481 1805. 

einaeloer Töne; «o wie det weniger einneh- 
menden Tiefe, keineswegs verdiene. Der er- 
ste und dritte Satz sind aus F dur geschrieben, 
bekanntlich einer der bedenklichsten Tonarten 
in Ansehung jener ersten zwey Eigenheiten. Das 
erste AI legro ist körnig und lebhaft ausgeführt, 
und zeichnet sich anch durch manche schöne, 
neue Wendungen der Harmonie aus. Daa Finale 
ist feurig und galant: vielleicht Hesse sich aber 
dagegen einwenden, dass es dies Ganse nicht 
edel genug beschliesse und im Tempo allzuoft 
wechsele. Zu loben ist jedoch an beyden, 
dass der Komp. die, den Spieler wie den Zu- 
hörer, mehr quälenden, als erfreuenden, 
Künsteleyen , Sprünge u. dgl. , von denen die 
meisten Flötenkonzerte voll sind, hier ver- 
schmähet hat. Noch mehr zeichnete sich daa 
Adagio aus — schon an sich, als ein höchst 
einfaches , nnd tiefgreifendes , treffliches Cha- 
rakterstück. Das Majore desselben ist aus Des 
dur, das Minore ans Cis moll geschrieben, 
die Flöte fuhrt die Melodie allein, und zwar 
immer in tiefen, starken, lang und fest gehal- 
tenen, gebundenen Tönen, zu denen die Sai- 
teninstrumente pianissimo nur die Akkorde an- 
geben. Hr. M. führte es meisterhaft, durch-t 
aus rein und in allen Modifikationen der Star- 
ke und Schwlcbe der Töne aus; und so wurde 
es «war eine glücklich gelösele mechanische 
Aufgabe, aber diese nicht allein, sondern 
zugleich eine Produktion von überraschen- 
der, sehr angenehmer, nachdrücklieber 
und ganz eigener Wirkung. So nahm es auch 
das ganze Publikum auf und belohnte es mit 
der lebhaftesten Auszeichnung. — Unser 
braver Konzertmeister, Hr. Campagnoli, Hess 
■ich mit einem der frühem Konzerte von Ro- 
de, und einem der vorzüglichsten von Viotti 
hören, nnd führete beyde mit aller der Sau- 
berkeit, Lebhaftigkeit, Delikatesse und Au- 
mnth aus, welche man an ihm zu hören ge- 
wohnt ist, und mit Recht so hoch schätzt. — 
Das Orchester begleitete alle diese Konzerte 
mit Lust, Liebe und Anstrengung; und so 
gelang auch daa Schwierigste uutadelhaft. 



April. 

Von fremden Virtuosen J die sich hö- 
ren Hessen, ist schon in frühern Bhtttern d. Z. 
gesprochen worden. Ausser jenen genannten 
gab der Kammermusikus, Hr. Rauchschindel 
aus Dessau , ein Konzert von Westerhoff auf 
der Klarinette. Er zeigte einen angenehmen 
Ton auf seinem Instrumente, übrigens aber 
auch nicht einmal , was man von einem geüb- 
ten Spieler, wie viel weniger, was man von 
einem Virtuosen fordert. Sollte Aengstlich- 
keit daran Schuld gewesen «eyn, so ist Hr, 
R zu bedauern : wir aber können nichts refe- 
riren, als was wir zu hören bekamen. — Herr 
Pfau spielte ein| Konzert auf dem Waldhorn 
vou Koprasch , in welchem er' manche gute 
Passage, auch einen angenehmen Ton hören 
Hess, im Ganzen aber zeigte, dass er sein In* 
•trument noch viel zu wenig beherrschen kön- 
ne. — Eine interessante Erscheinung war der 
junge Thomaner, Mühling, der mit einem, 
von ihm selbst gesetzten Violinkonzert auftrat. 
In der Komposition ist zwar noch sehr viel 
Jugendliches, auch hatte er selbst seinem 
Spiel durch Ueberladung und Verdeckung der 
Solos mit Blasinstrumenten geschadet, aber es 
I zeigten sich doch darin Spuren von Geist, und 
sein Spiel zeichnete sich durch Reinheit, Fer- 
tigkeit, vollen, kraftigen Ton, und trefflich 
geübten Bogen, sehr vorteilhaft aus, so dass 
man in ihm, wenn er in Studium, Fleiss, und 
Strenge gegen sich selbst fortfahrt, einen wah- 
ren Virtuosen erwarten darf. 

. * . . 'Mi- 

Gesang. Die erste Sopranparthie war 
dies Vierteljahr der Mad. Köhl, der ersten 
hiesigen Theatersangerin , übertragen. Sie kam 
zu MitlNelis i8o4 mit Talent, und einer geüb- 
ten, eindringenden, in dem beträchtlichen 
Umfang ihrer Töne überall gleichen, und sehr 
angenehmen Stimme hierher; selten wird man 
aber die Erfahrung machen,dass eine Sängerin in 
so . kurzer Zeit in dem , was höhere Schule 
und Gefühl giebt, so schnelle Fortschritte 
macht, als Mad. K. es that. Sie sang meh- 
rere , doch nicht eben vorzügliche Arien und 



Digitized by Google 



485 



1805- April, 



484 



See neu von Valesi, ihrem Vater, und be- | 
kanntere, von Paer, Prati, Winter, Haydn 
(a. d. Schöpfung) u. Andern; und man konnte 
mit Vergnügen bemerken, wie sie von Zeit zu 
Zeit sich mehr vervollkommne und in glei- 
chem Verhältnis Beweise vom ßeyfall des 
Auditoriums erhalte. In einem Konzert zum 
Besten dieser Sängerin , (wo sie sich ganz vor- 
züglich heryorthat) saugen auch die Herren 
Uhink und Neflzer, vom hiesigen Theater, 
sehr brav und fanden ungetheilten Beyfall. — 
Hr. Büttner (Tenor) und Hr. Schulz (Bass) 
gaben auch verschiedene schöne Kompositio- 
nen zu hören, unter denen uns zwey Scenenaus 
Pärs neuester Oper, Leonore, und die Righi- 
oisch» Scene: Ove son? mit der Arie: Dolce 
sporne, (eine herrliche Komposition) vor- 
züglich auszuzeichnen scheinen. Unter mehr- 
stimmigen, wenig bekannten Stücken, deren 
Ausführung sehr wohl geJang , führen wir nur 
folgende an : das Duett aus der Geiaterinsel 
von Fleiscbmann: Friedsam ruht vor deinen 
Blicken u. s. w. Wenn diese Komposition der 
Geisterinsel viel — in Ansehung der Ideen, 
wie der Ausführung, so treffliche Stücke hat, 
so muss man sehr beklagen, das* sie durch 
Kollision mit Reichardts und Zumsteegs Mu- 
sik , und durch den frühen Tod des talentvol- 
len und kunstgelehrten FI., nicht aufgekom- 
men ist. Ein komischea Terzett von Salieri 
aus Grotla di Trophonio: Ma perche in ordine 
il tutto vada, ist sehr angenehm und einneh- 
mend geschrieben. Das grosse Ensemble aus 
Palmira von demselben Meister t das mit. dem 
Chor : O delle umane sorti arbitro eterno ?tc. 
anfängt, wurde auch diesmal, vortrefflich gege- 
ben und fand den verdienten Beyfall,« Schon 
bekannte Chöre von Haydn, Mozart, Schicht 
n. s. w. übergehen wir, und kommen auf di» 
grössern Kompositionen, die ungetheilt gege- 
ben wurden. Der erste Akt des Achilles von 
Pär zeigte , wie mehrere Opern dieses Kompo- 
nisten, neben einzelnen trefflichen Stücken, 
vieles Flüchtige. Haltung des Ganzen ist hier 
«o wenig» als in allen Opern, die jetzt in Ita- 



lien geschrieben werden. Ausser einigen 
mehrstimmigen Stücken, die als Konzert- 
musik sehr zu loben sind, ist nur die Partie 
der eisten Sängerin und des ersten Tenora 
hervorgehoben und mit Geist und FJeiss aus- 
geführt. (Einen wunderlichem Agamemnon 
z. B., als den hier gelieferten, kann man sich 
kaum denken.) Auch werden die unzählichea 
Fermaten, die häufigen Ueberraschungen durch 
plözlich einfallende Trompeten und Pauken, 
fremde Tonarten u. dgl., die eben, weil sie 
so häufig vorkommen, uicht überraschen, 
den neuesten Pirschen Kompositionen gewiss 
nur höchstens ein flüchtiges Interesse verschaf- 
fen , und der Komponist wird tiefer eingehen 
müssen, (wie er ea in einigen seiner Arbei- 
ten auch wirklich thut) wenn er sie in der ih- 
nen zu Theil gewordenen Achtung erhallen 
will. In dieser Oper sang Den}. Jaime, vom 
Dessauer HofUjealer, die schon vorher mit 
einigen Mozartschen Arien sich halle hören 
lassen , die Rolle der Briseis , mit Einsicht 
und Kunstfertigkeit ; aber ihre Stimme hat seit 
einiger Zeit zu viel verloren, als dass der Bey- 
fall hätte allgemein seyn können. — Ein» 
Wiederholung des Mozartschen Requiem (an 
welchem das hiesige Publikum alle Jahre so 
vorzüglichen Antheil nimmt) verdient lautes 
Lob. Das Ganze ging ohne den geringsten 
Fehler , und das meiste wurde von den Sän- 
gern und vom Orchester vortrefflich darge- 
stellt. Diese Aufführung zeichnete sich auch 
vor frühern dadurch aus, dass man die Posau- 
nen nicht weggelassen halte, durch welche 
mehrere Stellen, z. B. Et lux perpelua, und 
die dieser Stelle ähnliche im Benediclus, Dies 
irae, Oro supplex — erst in ihrer ganzen Fülle 
und Kraft hervortraten. Man hatte aber früher 
diese Instrumente nicht zu besetzen wagen 
können, weil sie von Mozart sehr schwer (zu- 
weilen über die Gebühr) geschrieben wordeu 
siud, wir aber keine Posaunisten besassen, die 
das alles sicher uod gut hätten ausführen 
können. Jetzt aber hat sich unter den jungen 
Männern, die nach der verbesserten 



Digitized by Google 



485 »805. 

tung mit den Sudtmusikern, hier Instrumen- 
talmusik studiren, eiu Chor Posaunen gebil- 
det, das schon jetsst vorzüglich genannt werden 
darf, und sich bey dieser, so wie bey andern 
Produktionen des Konzerts , und des Theaters, 
sehr vortheilhaft zeigte. Für jene verbesserte 
Einrichtung aber gebührt dem aufmerksamen 
und thätigeu Magistrat aufrichtiger Dank. — 
Alles , was wir von dieser Aufführung des Re- 
quiem loben konnten, wäre auch von der, der 
sieben Worte des Erlösers am Kreuz von 
Haydn (diesmal mit deutschem Text erst im 
Konzert, dann auch in den Hauptkirchen) zu 
loben; und auch hier halfen die Posaunen 
manche treffliche Stelle noch mehr verherrli- 
chen. Wenn die Folge der Zeit fast alle 
Werke der jetzigen Tonkünstler verschlänge, [ 
und nur einzelne, sehr wenige überblieben: 
dies Werk Haydns wird unter den sehr we- 
nigen seyn! — Von ganz eigener, seltsam- 
feyerlicher Wirkung war das Konzert, in wel- 
chem zwey der grossesten Meisterwerke der 
Bache neben einander gestellt waren — im 
ersten Theil die grosse, zweychörige Messe 
Sebastian Bachs, und im zweylen, das be* 
rühmte zweychörige Heilig seines Sohnes, K. 
Ph. Emanuel. Das erste trat wie eiu aus den 
Ruinen der grauen Vorzeit herausgegrabener 
Obelisk hervor, und erfüllte das Gcmüth mit 
einein Schauer der Ehrfurcht gegen die Kraft 
und Gewalt der Vorfahren, u. gegen das Grosse 
und Heilige ihrer Kunst Vornehmlich ver- 
fehlen die Sätze: Kyrie eleison, Gloria, und 
Domine Fili, ihre Wirkung bey keinem Zu- 
hörer, der noch durch Kunst erhoben werden 
kann , und sich nicht durch solche Massen nur 
gedrückt fühlt in seiner Kleinheit, Schwäche 
und ausschliessenden Anhänglichkeit am Nied- 
lichen und angenehm Tändeloden : sie verfeh- 
len ihre Absicht um so weniger, da sie (so wie 
das Ganze) gai' nicht etwa, wie Viele befürch- 
ten möchten, finaler, über künstlich, nur ge- 
lehrt, sondern, bey aller Tiefe und allem 
Reicht hum, äusserst einfach, klar und so 
gearbeitet sind, dass man ihnen, bey Era- 



ApriU 

pfänglicbkeit und Aufmerksamkeit, überall sehr 
gut folgen kann. Dergleichen Werke sind 
aber von dem, was jetzt gewöhnlich geschrie- 
ben und vorgetragen wird , so sehr weit ent- 
fernet, dass man kaum verlangen kann, sie 
ganz so zu hören, wie sie eigentlich ausge- 
führt werden sollten ; man gab diese Messe mit 
Kraft und vollkommen richtig — was denn 
hier schon so viel sagen will , dass man wol 
damit zufrieden seyn kann. Das Heilig, das sich 
schon mehr unsern Zeiten nähert, wurde noch 
besser ausgeführt und freylich auch von dem 
zahlreichen, gemischten Publikum noch mehr 
ausgezeichnet. Es ist als eine der originell- 
sten und geistreichsten Kompositionen jenes 
Meisters zu bekannt, aoeh haben wir in frü- 
hern Jahrgängen d. Z. schon zu ausführlich 
darüber gesprochen, als dass wir hier mehr 
sagen dürften. — Endlich wurde auch nooh 
in diesem Konzert die bisher nur in Dresden . 
bekannte Komposition Naumanns zu Metasta- 
sio's Passionsoratorium (nach der Ueberset- 
zung von Herklots) aufgeführt. . Sie iat eine, 
der neuesten N. sehen Kompositionen, und 
theilt mit andern ähnlichen Werken dieses 
Meislers aus seiner letzten Zeit, die Vorzüge, 
Ideen zu enthalten, die sich zwar innerhalb 
eines nicht sehr grossen Kreises, bewegen, aber 
diesen auch ganz ausfüllen; und dass die Aus- 
führung überall den gelehrten uud ge- 
schmackvollen, erfahrnen und sehr sorgsamen 
Künstler zeigt. Das Oratorium ist aber auch 
nicht frey von dem Nachlheiiigeu, nicht selten 
zu lang und etwas kalt gehalten zu seyn. Dass 
es des Hauptvorzugs unsers jetzigen Gesanges, 
der ausgeführten Ensembles , ermangelt, dar- 
an ist N. nicht Schuld , sondern bekanntlich 
der Dichter; es ist aber zu bedauern, da N* 
diese Gattung vortrefflich bearbeiten konnte, 
und der stete Wechsel zwischen Recitativ und 
Arie, besonders im ersten Theile, wo der 
langsamen Arien so viele seyn müsseu — 
etwas Monotonisches bewirkt, obgleich der 
Komponist den Recitativen möglichste Mannig- 
faltigkeit, durch Begleitung gegeben und sie 



Digitized by Google 



487 



1805. April. 



453 



mit grosser Kunst geschrieben hat. Wer mit- 
hin sich nur mit offenen Sinnen der Musik hin- 
gab, fand (besonders im ersten Theile) sich 
nicht ganz befriedigt} wer aber beym Geniessen 
euch zu denken gewohnt ist, dem gewehrete 
N.s Arbeit reichen Stoff zur Betrachtung und 
Freude, selbst wo er manches anders wünsch- 
te. Die meistens begleiteten und den Mei- 
ster unverkennbar zeigenden Recitative, 
(unter denen wir vornehmlich das erste des 
Joseph, und das , der Magdalena, mit obligat. 
Violoncell, beyde im zweyten Theile, auszu- 
zeichnen finden), wird ein solcher Zuhörer 
gewiss hoch halten; von den Arien aber 
wahrscheinlich die erste des Petrus, die erste 
des Joseph, die zweyle des Petrus, and das 
Duett, im ersten; im zweyten Theile die des 
Joseph, die des Johannes mit dem Chor, und 
die folgeude der Magdalena ; so wie unter den 
Chören, das erste (Theures Opfer) und das 
Schlusschor des Ganzen auszeichnen. Die 
Ausführung gelang, bis auf einige Kleinigkei- 
ten, sehr gut. 

Ausser diesem wöchentlichen Konzert, 
erhielt sich das ebenfalls .wöchentliche, auf 
der Thomasschule, in Ansehn und seinem bis- 
herigen Gange, und noch ein drittes wur- 
de, von jungen Studirenden, mehr zu ihrer 
Uebung, errichtet. In diesem sind fast alle 
Theilnehmer Dilettanten, und wiewohl sie 
noch zu keinem vollständigen Ensemble ge- 
kommen sind , so ist doch manches bedeutende 
und schwierige Stück recht gut von ihnen aus- 
geführt worden. Wegen dieser Menge von 
Konzerten und des , für ein zahlreiches Or- 
chester nicht vortheilhaflen Lokals, ist das 
Konzert, das mildem Beygangschen Museum 
verbunden war, sehr zweckmässig dahin ab- 
geändert worden, dass die Gesellschaft der 
Mitglieder jener rühmenswerthen Anstalt sich 
alle vierzehn Tage einmal versammlet, und 
abwechselnd durch Vorlesungen und ausge- 
suchte Quartettmusik, vorzügliche Sonaten 
u. dgl. unterhalten wird. 



Von dem , was in den Kirchen gegeben 
wurde, können wir, den Kaum zu schonen, 
nur noch das Werk Handels anführen: Em- 
pfindungen am Grabe Jesu — doch auch dies 
nur uennVn, wobey wir uns auf eine, in kur- 
zem in diesen Blättern erscheinende Receu— 
sion beziehen wollen. Es ist nämlich daa 
Werk so eben im Verlag dieser Z. in Partitur 
gedruckt erschienen, und obgleich es keins der 
ausgeführtesten Werke H.s ist, bleibt es doch 
des grossen Mannes durchaus würdig und eine 
um so mehr bemerkeuswerthe Erscheinung, 
da es bisher in Deutschland gar nicht bekannt 
worden war. Hr. Musikd. Schicht führete es 
den Charfreytag in der neuen Kirche auf. Die 
Ausführung wird durch das Einfache und dia 
wenige Instrumentalbegleitung des Werks sehr 
erleichtert Das Ganze ist zunächst auf eine 
grosse Kirche und starke Singchöre vorlreff-r 
lieh berechnet. — — 

Ueber die Oper dürfen wir sehr kurz 
seyn , denn es wurden , ausser den Wieder- 
holungen bekannter, vorzüglicher Opern, nur 
w*enige gegeben, die hier noch nicht bekannt 
waren ; und auch diese sind auf andern Thea- 
tern schon früher eingeführt worden. E« 
konnten deren nicht mehrere gegeben werden, 
denn die verlangten, sehr häufigen Wieder- 
holungen der Fanchon, von Kolzebue (a. d. 
Franz.) und Himmel, Hessen wenig Zeit übrig. 
Diese Fanchon — eine sehr anziehende und 
schön kolorirte Modeblume, zu deren Her- 
vorbringung sich zwey Männer von Talent und 
von genauer Kenntuia des Publikums und des- 
sen gegenwärtiger ^immung verbunden hat- 
ten; diese Fanchon, das artigste und gefällig- 
ste unter allen Produkten, die seit mehrera 
Jahren in dieser kleinern Gattung geliefert 
worden sind — gefiel hier ungemein, und 
wird überall gefallen, wo man sie in ihrer 
Gattung genau auffasst, sorgfältig einstudirt, 
und gut — nicht nur singt, sondern auch 
spielt. Etwas wichtigeres, tieferes und fester 
Steheudes , als eben eine angenehme Modebla- 



Digitized by Google 



489 



1805. April. 



490 



zue, werden der Dichter und der Komponist 
(man dar! ihnen das wul zutrauen) selbst nicht 
daraus machen; aber eben darum scheint es 
uns ein wenig pedantisch , den Schulstab dage- 
gen aufzuheben. Wenn man behauptet, dass 
Kotzebue für die Handlung des Stücks mehr 
hatte lhun, nicht so oft singen lassen sollen. 
Wo durchaus nichts zu singen ist u. s. w. ; dass 
Himmel vieles nachlassig behandelt, sich oft 
und über die Gebühr bey andern Komponisten 
su Gaste gebeteu habe u. dg!.: so ist das alles 
freylich gegründet und zuzugestehen, und 
doch wird man beyden für ihr Werkchen ver- 
bunden bleiben, und es mit frischen Sinnen 
gemessen müssen , bis es von selbst verwelkt 
und vergessen wird. Von einigen Stücken 
desselben wird diese Zeit aber ganz gewiss 
nicht zu bald eintreten, und sie werden, auch 
wenn sie keine Neuigkeit mehr sind, mit Ver- 
gnügen von Vielen gesungen und immer wie- 
der gesungen werden. Mad. Köhl als Fan- 
chon, Hr. Köhl, als Husarenoifizier, und Hr. 
Ströbel, als Fanchons Bruder, fandeu vielen 
Beyfall. — II Bondokani oder der Calif von 
Bagdad hat eine interessante und besonders auf 
Theatereffekt gut berechnete Musik von Boiel- 
dieu ; dasselbe kann man von Lehmann , oder 
der Thurm zu Neustadt, sagen, in welcher 
Oper sich ein Terzett des ersten Akts und 
mehrere sehr charakteristische Chöre vor- 
nehmlich auszeichnen. In der ersten dieser 
beyden Opern war der Schauspieler, dem der 
Calif zu Theil worden war, nicht an seinem 
Platze, wodurch das Ganze verlieren musste; 
in der zweyten wurde der Hauptmann Leh- 
mann von Herrn Wagnewishr brav dargestellt, 
und das Ganze mit Genauigkeit und Anstand 
ausgeführt. — Von Weisse s Todtenfeyer, 
von Mahlmann und Bierey, ist schon früher 
in diesen Blattern mit gebührendem Lobe ge- 
sprochen worden. — Pachter Robert, über- 
setzt vom Hrn. v. Seyfried , (und zwar oft äus- 
serst unbeholfen) mit Musik von Lebrun, 
wurde mit Fleiss gegeben, geßel aber, bey 
der verbrauchten Handlung und der nur durch 



einige angenehme Kleinigkeiten inleressiren- 
den Musik, nur wenig, Hr. Wagner gab in 
der Rolle des Raibiers eine schätzbare Kari- 
katur. — Hr. Hofimann, Mitglied der Mann- 
heimer Bühue, trat als Papageno und als O. 
Juan auf, und fand, besonders in der zwey- 
ten Rolle, durch schöne Figur, lebhaftes Spiel 
und sehr angenehmen Gesang, vielen Bey fall. 
In dieser letzten Oper sangen auch Mad. Kohl, 
als Donna Anna, und Hr. Lanius, als 
mandant, sehr gut. 



Berlin, d. 1 3. Apr. Konzertmusik. Den 
10. zeigte Hr. Masloski aus Posen sein neues 
musikalisches Instrument, das ich Ihnen schon 
in einem frühem Brief beschrieben habe. Der 
Hofrath und Professor Huüi zu Frankfurt an 
der Oder hat es das Preussfsche Coelison ge- 
nannt. Ausser der grössern Wohlfeilbeit und 
Dauerhaftigkeit bewirkt dies Saiteninstrument 
mit seiner neuen Klaviatur einen der Harmo- 
nika sehr ähnlichen Ton. 

Vorgestern gab Hr. J. D. Baux, Schüler 
von Viotti , der schon vor 4 Jahren mit vielem 
Beyfall hier gespielt hatte, ein Konzert im 
Saal des königl. Nalionaltheaters. El* selbst 
spielte ein Violiukonzert von Rode und ein 
Rondo von Viotti, und aecompagoirte eins 
von dem jungen Meyer Bar gespielte Sonate 
für das Portepiano von Kreutzer mit obligater 
Violin. Besonders gefiel ein neues von Tausch 
komponirtes Sextett für 2 Bassethöruer, 2 Fa- 
gott und 2 Waldhörner, geblasen von dem 
jungem Tausch, Reinhard, Schwarz, Grie- 
bel, Böttcher und Schneider. Bey Gelegen- 
heit dieses Konzerts hat Mad. March etü in den 
öffentlichen Blättern die Unart des Hrn. Baux 
gerügt, dass er, ohne sie einzuladen und sie 
selbst zu kennen, angekündigt habe, sie wer* 
de in seinem Konzert singen, und sich nach- 
her, um sich gegen das Publikum aus der Af- 
feire zu ziehen , sie in den Anzeigen krank ge- 
meldet habe, da sie. sich doch sehr wohl be* 



Digitized by Google 



1805. April. 



49 r 

finde. Gestern gab Med. Bachmann zu ihrem 
Benefiz in dem Opernsaal den Tod Jesu von 
Graun. Ich habe schon bey Gelegenheit der 
frühem Darstellungen dieses Meislerwerks von 
der ausserordentlichen Präzision und Rundung 
derselben gesprochen, und will jetzt nichts 
weiter erwähnen, als das» die Soloparthieen 
von Dem. Voitus und Koch , und von den Hrn. 
Greil und Fischer, so wie die Choräle, Chöre 
u. s. w. vun der gesammlen Zelterschen Sing- 
akademie unvergleichlich exekutirt wurden. 



Kurze Anzeige. 

Sotläle pour le Pianoforte comp, et dedii a 
Mad. la Duchtsse de Courlande par D. Stei- 
belt. Ocuv. 60. A Leipsic, chez Breit- 
kopf et Härtel. (Pr. 1 Thlr.) 

Ueber St. lässt sich, nach dem, was schon 
mehrmals in diesen Blättern gesagt worden, 
schwerlich etwas Nenes sagen. Er hat seine 
Stufe und feststehende Manier: da ist er in- 
teressant, aber darüberhinaus kann er nicht, 
und diese seiue Manier ist Jedermann bekannt. 
Diese seine neueste Sonate ist eine seiner bril- 
lantesten, und er hat es damit ernstlich ge- 
nommen. Der erste Satz hat viel Feuer , der 
BWeyte (ein Adagio ist nicht da) viel Gefälli- 
ges. Wenn nur die übrige Länge der angeneh- 
men Wirkung nicht Eintrag thäte ! Ein Allegro 
i5, und, noch schlimmer, ein Rondo vi grosse 
Folio - Seiten 1 Sehr schwer ist die Sonate 
nicht, verlangt aber rasche und präcise Spie- 
ler , wo sich dann die reichen Passagen , be- 
sonders des ersten Satzes , recht sehr gut aus- 
nehmen. Dass das Instrument bis viergestri- 
chen c benutzt ist, ist nicht zu tadeln; aber 
•u loben ist dabey, dass alle Stellen, die über 
da« d roygestrichene f gehen , vom Komponi- 
sten mit Verstand umgeschrieben und beyge- 
aetzt sind. So gesebiehet jedem Recht, und 



so sollte es immer aeyn. 
Aeusaere ist sehr schön. 



492 

Der Stich und alles 



Anekdote. 

D., einer der vorzüglichsten Bufibns, doch 
nur von einem kleinen Theater in Paris, ist ein 
in verschiedenen Wissenschaften, besonders in 
der Historie, wohl bewanderter Mann. Er 
befindet sich lesend in einem Zimmer der Bi- 
bliothek, als der Bibliothekar den Präsidenten 
du Harley hereinführt, und nach einem histo- 
rischen Werke sucht, das dieser verlangt hatte, 
ohne jedoch den Titel bestimmt angeben zu. 
können. Man kann das Buch nicht finden, 
Harley giebt genauer an, was darin stehe; der 
Bibliothekar kann sich noch nicht besinnen : D. 
kennet und nennet es — man sucht nach, es ist 
wirklich das rechte. Harley, der den Mann 
nicht kennet, dankt ihm, lässt sich in ein Ge- 
spräch ein, findet ihn eben so wohlunterrichtet, 
als angenehm, und bittet ihn den Mittag zu 
Tisch. D. kömmt, findet eine Gesellschaft der 
angeschensten Herren und Damen, und be- 
nimmt sich mit bescheidenem Anstand. Einige 
erkennen ihn, und scherzen bey Seite mit dem, 
sonst so steifen und stolzen Wirtbe, dasa er 
ihnen diesen muntern Gesellschafter zuführe. 
Wer wäre das? fragt er erstaunt, und als 
man es ihm sagt, wendet er sich mit äusserst 
beleidigendem Ton an D. und wundert sich, 
wie Er, »der Harlequin" seine Einladung 
habe annehmen können. — Warum nicht? 
sagtD. bescheiden, da ich Ihr Vetter und Nach- 
folger bin. — Wer? was? rief der Herr nun 
gar laut. — Nun, erwiederte jener; Ihr Ur- 
grossvaler war Harley der erste, Ihr Grossva- 
ter Harley der zweyte, Ihr Vater Harley der 
dritte, Sie sind Harley der vierte, und ich bin 
Harley der fünfte ! (Arle- quin) Alle lachten, 
und der Wirth war klug genug , die beste Par* 
thie ZU nehmen und mitzulachen* 



Litrcio, 111 imiiori aas ■lirst* 



Digitized by Google 



A L L,5« MEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den i tdn May. 



m 3i. 



-i < 



1805. 



• • • * 



£in(g« Bemerlungen üfcr die Krichenkantat* 
und das Oratorium, 

(B«tchlu(» dt« Aufs, i« 29*** .Stück*) 

1 . .:. j 1 
1 '■' ■ . . . > ; 

• Musik (fahrt der Verf. S. 8. fort) zoll in 
der Seele des Sängers jetzt entstehende und 
gerade gegenwärtige Empfindung ausdrücken 
und lebendig darstellen. Kann und darf also 
der Tonkünstler sich bey dem Ausdruck einer 
fremden, schon vorübergegangenen Empfin- 
dung, oder einer schon geschehenen Handlung, 
die der Dichter erzählt , verweilen , sie durch 
Töne vergegen wirtigen und ausma- 
len? Upd fallen hier nicht die häufigen Wie- 
derholungen selbst des grossen Handel in das 
Unnatürliche?« 



Es ergiebt sich hieraus, daaa das Vergan- 
gene nur in sofern lebhafte musikalische Aus- 
führlichkeit in der Kantate erlaubt' und oft 
^uch verlangt, als es durch die lyrische Poe- 
sie in der Betrachtung des empfindungsvollen 
Menschen mit aller Lebendigkeit eines Gegen- 
wartigen erscheint. Die Erinnerung ver- 
gegenwärtigt irgend eine grosse, rührende Be- 
gebenheit oder einzelne interessante Seiten 
einer Handlung so lebhaft , wie es im Zustan- 
de der lyrischen Begeisterung natürlich ist, 
-Und selbst die lyrischen Hersensei giessungen 
begreiflich macht. Dann, dünkt mich, darf 
auch der Kumpositeur diese, mit innigen Er- 
innerungen verwischten und durch aie veran- 
las sten Gef ühle nach, ihrem, ganzen Inhalte 

7. J aiir g. 



auamalen, doch nur «ofern dieses wirklich 
auf die gegenwärtige Empfindung Bezug hat 
und hey dem Zustande der lyrischen. Begeiste- 
rnag in Betrachtung k<uafl"V AMes, wae^pn 
demselben ; entfernt liegt mus* n«ch den» Gr*» 
de der Entfernung schwächer bezeichnet, wer* 
den. Der Komponist darf also die poetischen 
Gedanken weder bloa nach ihrem inner« Ge- 
halte, noch nach der relativen Wichtigkeit 
welche aie iur ihn haben mögen, sondern nur 
nach ihrer lyrischen Bedeutung für die Pprept 
nen , welche in der Kanute singend oder recatr 
tirend eingeführt sind , musikalisch behandeln. 



Der Verf. „ dachte s»ch nun aus der Nach- 
ahmung des Hymnus der Alten und der 
Chöre in den frühern griechischen Trauer» 
spielen — r die bekann lermassen nur Chor wa- 
ren, welchem einige Geschichte zwischenge- 
setzt wurde eine Miltelgattung von musi- 
kalischen Gedichten möglich, die für unsre 
Konzerte und feyerlicheo Kirchenmusiken pas- 
sender waren. Man mache z. B. den Hymnus 
zum Hauptsüjet des Stücks), Um diesem mehr 
Umfang, Mannigfaltigkeit und Interesse zu 
geben', und den Ausdruck der Empfindungen 
durch Individualität zu verstarken, bestimme 
man die Situation, worin gesungen wird ; ver- 
webe irgend eine Art von Handlung damit, 
lasse das- Volk und einzelne Personep daran 
Theil nehmen, durch sie den darans natürlich 
entstehende» Affekt ausdrücken, und so rVeu- 
de, Klage, Trost, Belehrung, nach den Um- 
stünden abwechseln. Weil aber das Lyrische 
hifr die Hauptsache ist, und die Falle der 
Empfindungen gewbse. Unordnungen,. Sjjt 

3i 



Digitized by Google 



495 



i805. May. 



ge and Lücken macht: so durfte die Hand- 
lung nur »ehr einfach, und nach Art der alte- 
aten griechischen Schauspiele mehr episodisch, 
die Verbindung alao nicht strenge seyn, und 
der Plan nur durchschimmern. Das Ganze 
aber raüaste im hohen, begeisterten, Jeideu- 
achaftlichen Tone gehalten werden. — Zwar 
nähert man sich durch diese Einrichtung etwas 
der dramatischen Form. Wenn man aber 
eigentlichen Dialog gans vermeidet, die sin- 
genden Personen nicht «u genau bestimmt, 
sondern ea dem Zuhörer überhast, sie sich 
nach seiner besondern Stimmung and der Lo- 
kalität «a denken, und dae Lyriache der 
herrschende Ton des Stucks bleibt, ao verliert 
e ich das Anatöaaige* was sonst hierin bey der 
Konsertmusik liegt. Dagegen gewinnt der 
Komponist freyes Feld , and wird durch den 
Auadruck der Empfindung im Augenblick des 
Entatehms leidenschaftliches Mitgefühl bey 
dem Zuhörer sicherer erwecken. « 



•i j . 



Ich glaube nicht leicht, daaa Jemand dem 
Verf. über diese Idee (die ihm hauptsächlich 
aus der herrlichen Schulziacben Musik au den 
Chören der Athalie entstand) aeinen Beyfall 
versagen werde. Und nach meinem Gefühl 
und Ermessen ist diese Idee auch in dem Ge- 
dicht, das schon 179a aum erstenmal erschien, 
und Klopstock gewidmet war, vortrefflich 
•^geführt. Zur Probe setae ich nur einige 
Stücke hierher, in welchen vorzüglich der 
glü klichste Wetteifer des Dichters und des 
Kompositeura um den herrlichsten Effekt mög- 
lich ist. S. 57 t 



— Gottl acht best di 
gessca? — 

Kein Vater, echan« (besser: «ah') ani mich 
herab t 

Ach ich erlieget — Ratte mich! — — 

Hein PM i.t schroffer Pels — ««d fürchterlich 

Lieat Nacht um nsic 

h, (besser: umhiebt »ich 
Nacht) und Tod, nud offne« Grab! 
Doch geh' ich ihn, den Ptad! Er führt an du I 
lab weiss, da buiat, ataia Vater, sairl 



< ■ 



496 

(Dia Musik kündigt in einigen Takten die 
aufgebeluerc Scoue an.) 



Seht, welcher Glani bricht durch die Nacht 
Der Wolken, und umltucbtet ihn! 
Ein Strahlenschimmer, lieblicher 
AU Rcgcnbogenferben, 
Schwebt durch die Luft, 
Und grünst anf ihn herab! 
Er atbmet neue« Leben, 
Dea Himmels Wonne strahlt aoa eeinem 

Wie ist mir, Gott! — 

Wie Palmen schimmert's ia der licbUn Höhe I 
Waa webt um mich? — 

Ich fühl', ich fühle der Himmlischen Wehen t 
Gleich Saitenhall reuecht ihrer Flügel Schlag! — 

(Man bort eine ferne Musik.) 

Und Engelhannonie ertönt darein. — 
t! — Ks naht! 



(Die Musik Terstlrkt eich unter den folg« 
den abgebrochen , gesungenen Zeilen , bis 
der Chor von de« Hallen des Tempel 1 
voll einfallt) 

Und nlher —'immer nüher! — 
Gottl welcb ein Schauer fasset mich! 

• 

Ucb«r wunden , überwunden 
Hast du bald, nach kurzem Streit! 
Heil dir! deines Kampfes Stunden 
Lohnt der Preis der Ewigkeit. 

Blick hinauf >u Gottes Thron ! 

Glansend strahlt des Siegera Lohn! n.s.w. 

Noch einige Bemerkungen aua der schatts-» 
baren Vorrede acheinen in dieser Zeitschrift 
um ao weniger am unrechten Orte, da der 
Verf. selbst zum Urtheil öffentlich auffordert 
und da sie mir noch zu Reflexionen Aulasa 
geben. 

S. 11., Bey der Bweyfarhen Bestimmung 
seines Singstückes für die Kirche und für den 
Konsertaaal muaste der Verf. Chöre mit He- 
ettatiren und Arien abwechseln lassen. 
Der Chorgesang ist für die Kirche die 
Hauptsache. Und hatte er für diese allein 
gearbeitet | ao wurde er nur Chöre auf eine 



Digitized by Google 



497 l8 ° 5 ' 

schickliche Art tu verbinden gesucht* haben. 
Denu gemeiniglich verliert sich in einem wei- 
ten Gebäude die schwache Stimme eines einsei- 
nen Singers su sehr, als dass sie Eindruck 
machen könnte ; im Zimmer aber betäuben su 
viel Chöre. Er glaubte daher durch zweck- 
nussige Verkeilung von Arien, einfachen 
und begleiteten Recitativen und Chören, 
ein gewisses mittleres Verhältnis treuen zu 
müssen. Und diese gewöhnliche Form, so 
wie sie dem Komponisten die angenehmste ist, 
fand er auch seinem Plan zur Abstufung der 
verschiedenen Empfindungen am angemessen- 
sten." Zum Schlus* bemerkt der bescheidene 
Verf., .mit welchen Schwierigkeiten der mu- 
sikalische Dichter mehr, als jeder andre, su 
kämpfen habe, welche strenge Forderungen 
der Komponist an ihn mache , wie gern er die 
Poesie seiner Musik unterordne , und wie oft 
er aus dem Grunde, dass die Musik dem Dich- 
ter su den lyrischen Abwechslungen und 
Sprüngen nicht folgen könne, den hohen Flug 
der Imagination hemme. Dies i*t ohne Zwei- 
fel die Ursache, warum das Fach der musika- 
lischen Poesie unter allen Dichtungsarten bey 
uns am wenigsten angebaut ist* and warum 
von unsern gtössern Dichtern nur R am ler, 
Niemeyer nnd Schiebler (welcher letz- 
tere für sie leider su früh starb) uns eigent- 
liche Singstücke von Bedeutung geliefert 
haben •). (?) 

Ich achliesse diesen Aufsatz mit Andeu- 
tung einiger Regeln und Erfordernisse der 
'geistlichen Kantate, in Rücksicht auf Musik 
und Poesie. v 

Der Dichter hat in der geistlichen Kantate 
sehr oft lauter übersinnliche Gegenstände, wie 
Tugend, Gottheit, Ewigkeit su besingen, oder 



May. 49 g 

doch solche Beschaffenheiten nnd Verhältnisse 
bald mehr, bald weniger ausführlich darzu- 
stellen, welche durch allgemeine Begriffe ge- 
dacht werden, und leicht su einem abstrakten 
Text verleiten. Hierbey ist er oft auf weni- 
ge Strophen beschränkt, in welchen das Aus« 
malen so reichhaltiger Begriffe nicht selten 
unmöglich ist. Die Schwierigkeiten der sinn- 
lichen Einkleidung und der lyrischen Darstel- 
lung sind daher nicht gering, da das Abstrak- 
te, welches das Hers nicht erwärmt, so via 
möglich vermieden werden soll. Schon das 
didaktische G/tdicht erfordert in dieser Hin- 
sicht viel Kunst. Die Kantate darf aber keine 
didaktische Form haben. Das Belehrende 
derselben muss im Lyrischen verborgen 
seyn. Die Wahrheiten dürfen nicht nakt, 
nicht in ihrer abgezognen Allgemeinheit, son- 
dern nur auf Anlas* de* effektvollen Herzens; 
also in pathetischer Einkleidung, hervortre- 
ten. Dies wird auch erleichtert durch die Sa- 
che selbst, durch des Menschen stete Besie- 
hung suf die sinnliche Welt, in allen, auch 
den geistigsten Verhältnissen. Die Chöre 
können aber am ersten Lehren enthalten, 
jedoch auch nur als Gedanken , zu denen sich 
die von einem Gefühl durchdrungenen Her- 
zen einer religiösen Menge selbst empor- 
schwingen. Kurs , das Didaktische darf nicht 
als Dogma theoretisch, sondern nur als Maxi- 
me oder moralische üeberseugung praktisch 
erscheinen, muss wenigstens in dem Lyri- 
schen verschmolzen seyn, so wie selbst das 
Beschreibende dem Lyrischen unlerzuordS 
nen ist. 

Der Kirchengesang und die Kirchenmusik 
sollen msnnigfsltige Gefühle edler Art in Be- 
zugauf die erhabensten Verhältnisse des Men- 
schen wecken und unterhalten. Zu Gesin- 



(*) Jet« können wir auch Baggeten hinxntageri, welcher in seinem grotien Hsllelnja mit dra 
trefflichen Kunzen gewetteifert bat, eins der erbabenetea Werke der rereinigteo Dicht- and Toukun«t 
fir die Kirch* aalMSUlle»* 



Digitized by Google 



499 



1365. April. 



500 



«rangen der Tagend (z. B- der Menschenliebe, 
der Sündhaftigkeit, Denrath, GroMmuth, 
und besonders zur Andacht) erheben. Wie 
feyerlich, wie würdevoll, wie warm und le- 
bendig, wie sohöugehaiten muss also der Aas- 

druok seyn! 

> ♦ ; 

In dem eigentlichen Oratorium , welches 
ich von der blosen Kantate unterscheide, er- 
hält die Poesie eigene Bestimmungen durch 
'die dramatische Form. Der Dialog des 
dramatisch -lyrischen Gedichts bringt In- 
dividualität des Ausdrucks «in dessen ver- 
schiedene Theile. Manche Arien, Chöre n. 
dgl. in der Kantate sind blos das Austönen und 
Aussprechen der Empfindung und Gesinnung 
des Menschen überhaupt, und drücken nichts 
Persönliches, nichts Individuelles aus. Sie 
.sind nicht dramatisch charakterisirt. Andre 
-Arien, Chöre u. dgl., anch iu der blosen Kan- 
-tate, haben mehr dramatische Form, mehr 
■Ausdruck persönlicher Eigenheiten,' oder tra- 
gen das Gepräge vom Charakter einer ganzen 
Menschenklasse. Die richtige Bezeichnung 
und Haltung der Charaktere ist dann für den 
Dichter und Tonsetzer eine wichtige Obiie- 



So wie nun der Dichter' absichtlich die 
Kantate für den Gesang bestimmt, die Poesie 
also durch Geschmeidigkeit, Wohllaut und 
leichte Slngbarkeit der Worte und Verse, 
durch psycbölogischrichtige Wahl des Vers- 
inaases, durch schickliebe Abwechslung des- 
selben, durch den lyrischen Inhalt u. e. f. 
ganz der musikalischen Behandlung fähig seyn 
und sich mit der Musik verschmelzen muss: 
so giebt es von Seilen der Tonkunst wichtige 
Erfordernisse, unter denen ich nur an einige 
-erinnere. Sie bestehen unterwandern to'ider 
weisen Wahl des Rhythmus zur Darstellung* 
und Erregung der beäbsichteten Affekte, in 
der, bey aller Mannigfaltigkeit der Modulation 
und der einzelnen Parthieeo, durchzuführen- 
den grossen Einheit und Simplicitat des Gän- 



sen, in dem Ausdrucke des Sinnes der Poesie 
ohae falsche unverhältnistnassige Ausmalung; 
einzelner Gedanken , in der richtigen Behand- 
lung der Worte, in der Hallung des herr»- 
schenden Tones, in der Vermeidung unschick- 
licher, auf heberliche Zweydeutigkeit führen« 
der, Dehnung oder Zuaammenziehuug man- 
cher Sylben, u. dgl. m. 



Michaelis. 



Nachrichten. 



Wien, am Qten April. Die letzten Fa— 
stenwochen sind bey uns gewöhnlich reich au 
Konzerten. So auch diesesraal. Der bek&nn- 
te Mandolinspieler Bortolaszi zeigte in dem 
Konzerte, worin er sich von seinem Sohne auf 
der Guitarre begleiten Hess, viele Gewandtheit, 
Feinheit, Leichtigkeit und Delikatesse; sonst 
ist von diesem Abende nichts zu bemerken, 
als dass eine Pleyelsche Sinfonie unsern Beet- 
hovensohen und Eberischen höchstens zur Folie 
dienen könnte, wenn sie deren bedürften, und 
dass das schlechtbesetzte Orchester bey einer 
Tenorarie, die Abbe Beviiaqua recht hübsch 
sang , ganz in die vollkommenste Verwirrung 



Ungleich interessanter War ein sehr häufig 
besuchtes Konzert des Musikdirektors Kleineut 
im Theater an der Wien. Kiernent ist ein 
Liebling des hiesigen Publikums» und zwar 
mit vollem Rechte. Er spielt die Violin vor- 
trefflich und ist in seiner Art vollkommen, 
vielleicht einzig. Aber freylieh in seiner 
Art, Es ist nicht das markige«, könne* kräf- 
tige Spiel , das ergreifende, eindringende Ada- 
gio, die Gewalt des Bögen» irnd~TöneT,' wel- 
che die Rodesch« und Viotlisihe Schule. cha- 
rakterisirt: aber eine unbeschreibliche Zier- 
lichkeit, Nettigkeit und Eleganz.; eine äusserst 



Digitized by Google 



50i .1805. 

liebliche Zartheit und Reinheit des Spiel« , die 
Klemeut unstreitig unter die vollendetsten 
Violinspieler stellt. Dabey hat er eine ganz 
eigene Leichtigkeit, welche mit den unglaub- 
lichsten Schwierigkeiten nur spielt, und eine 
Sicherheit, die ihn auch bey den gewagtesten 
und kühnsten Passagen nicht einen Augenblick 
verlas&L Er spielte ein Konzert von seiner 
Komposition au» D , wovon besonders das er- 
ste und letale Allegro recht brav gearbeitet 
und schön instrumentirt sind, das Adagio im 
Stile der Mosartsrhen Romanze aus dem Kla- 
vierkonzert aus D moU, fordert und begün- 
stigt mehr ein angenehmes, als ein tiefes und 
ausdrucksvolles Spiel. In diesem Konzerte 
hörte ich die neue Beethovensche Sinfonie aus 
Es, C au * dem Anschlagzettel war unrichtig Dis 
augegeben) von dem Komponisten selbst diri- 
girt, von einem sehr gut besetaten Orchester 
aulTiihren. Aber auch diesesroal fand ich gar 
keine Ursache, raein schon früher darüber ge- 
fälltes Unheil zu ändern* Allerdings hat diese 
neue B.erhe Arbeit grosse und kühne Ideeu, 
und wie man von dem Genie dieses Komponi- 
sten erwarten kann, eine grosse Kraft der 
Ausführung; aber die Sinfuuie würde unend- 
lich gewinnen, (sie dauert eine ganze Stun- 
de) wenn sich B. enUchliessen wollte sie ab- 
zukürzen, und in das Ganze mehr Licht, 
Klarheit und Einheit zu bringen ; Eigenschaf- 
ten , welche die Mpzartschen Sinfooieen aus 
G moU und C dur, die Beethovenschen aus 
C und D, und die Eberischen aus Es und U, 
bey allem Ideenreicbthume, bey aller Verwe- 
bung der Instrumente, und bey allem Wech- 
sel überraschender Modulationen durchaus nie- 
mals verlassen. So ist hier z. B. statt des An- 
dante ein Trauermarsch aus C moll, der in der 
Folge fugenartig durchgeführt wird. Aber 
jeder Fugensatz ergötzt, blos durch die wahr- 
genommene» Qtdnuug in scheinbarer Verwir- 
rang: wenn nun, auch bey öfterem Anhören 
.der Zusammenhang selbst der angestrengten 
Aufmerksamkeit entgeht, so muss die« jedem 
uneingenoramenen Musikkenner sonderbar 



May. 502 

auffallen. Auch fehlte sehr viel, dass die Sin- 
fonie allgemein gefallen hätte. Die Ouvertüre 
und mehrere Stücke aus Cherubini's Auakreon 
wurden sehr gut aufgenommen. Mlle Müller 
zeigte in einer Sceue von Nasolini, dass sie 
mit vielem Erfolge in der Kunst und Methode 
vorwärts zu kommen sich bestrebe; wirklich 
hat sie sich in einigen Jahren zu einer ge- 
schmackvollen, recht bravan Sängerin gebil- 
det, wenn sie gleich nicht von einer sehr aus- 
gezeichneten Stimme unterstützt wurde. Kle- 
ment phantasirte noch mit Laune und Kunst, 
und wurde von dem Publikum sehr ehrenvoll 
entlassen. 

*s 

Herr Eimenreich ist einigemal im Ka- 
pellmeister aufgetreten. Es ist eine bekannte 
ilaiien. Farce, in welcher die Ouvertüre mit 
dem Stimmen der Instrumente anfangt, in wel- 
ches dann ein ziemlich gewöhnlicher Satz ver- 
webt ist Sonst legt sieb jeder Sänger die Arien 
ein, welche für seine Sliinme am besten pas- 
sen. E. nahm eine Arie von Cimarosa, ein 
Quodlibet, in dem er besonders seine tiefen 
Töne zeigte, und wenn ich nicht irre bis ins 
liefe C ging, dann eine sehr schön komponirte 
schottische Ballade, die er aber, weil sie nicht 
gefiel, bey den letzten Vorstellungen wegliess. 
E.s Stimme ist biegsam und von betrachtlichem 
Umfange, doch muss erst eine grössere Rolle 
seine ganze Stärke und Kunst zeigen. 

Am 8ten trat Mozarts i3jähriger Sohn zum 
erstenmal vor einem sehr zahlreichen Publi- 
kum als Klavierspieler und Komponist auf. 
DtrfcKonzert eröffnete sich mit der herrlichen 
Mozai Ischen Sinfonie aus G moll, dieser un- 
sterblichen Arbeit des grossen Komponisten, 
welche mit höchster Erhabenheit die grosste 
Schönheit verbindet , nud doch nie ins Wilde 
und Abentheuerliche abschweift. Es ist ein 
kolossales Bild, aber von den schönsten Ver- 
hältnissen; ein Jupiter des Phidias, der zu- 
gleich Ehrfurcht und Liebe einflösst Nur 
Schade, dass die Ausführung dieses Meister- 



Digitized by Google 



5°3 



1805. May. 



504 



W e,ke» seinem Werthe mcht entsprach. Die 
V olinen und Bisse wäre« jzu schwach besetzt, 
„od überhaupt da, ganze Orchester der G.ö.se 
Z Theater.' nicht angemessen. Nun wurde 
der iuoge Mottrt von .einer Multer dem l u- 
fcfki« Wdhrt, und mit lautem Beyfal 
Loraneen Er spielte da« grosse, schöne 
Ärkon^ert seine, Vater, au. C dur zwar 
£ etwa, langsamen Tempo,, aber mU Nett^- 
keit und Präzision, und zeigte viele Anlagen 
Da, begleitende Orchester, besonder, die Blas 
iuatrumente, Hessen auch h.er noch viele. 
Ansehen. Auf da. Konzert folg,« : eme Kan- 
tate nach dem Anschlagzettel von dem jungen 
Mozart komponirt, auf Haydn. 7 3ten Geburl.- 
tae E, ist zwar nicht wahr.cheinhch, das« 
d.ecanze Justrumentirung von demKnaben war, 
-her — der Text war angemessen, die Mu- 
.»k lebhaft und versprechend j ein dreistim- 
miger unbegleiteter Vokal.atz recht artig — 
und da. Ganze gefiel. Möge der verdiente 
Bcvfcll, mit dem der junge Mozart entlassen 
wurde, dem werdenden Kunstler nur eme ver- 
äppelte Anregung werden, den F«..Upf«n 
.eine, grossen Vater, »achzu.treben ! Möge er 
nie vergessen, das. ihm der Name Mozart 
•war für jetzt Nachsicht bewirke, in der Folge 
»her .trenge und grosse Forderungen an ihn 
richte; da., endlich der Weg der Kun.t nicht 
ohn e Rto..e und beschwerliche An*tre.gu»gen 
.urixckgelegt werden könne. - Die zweyte 
Abtheiluug füllten verschiedene Stucke aus 
Idomeneo, bekanntlich einer Jugendarbeit Mo- 
zart*. Ein Marsch musste wiederholt wer- 
den Den Schlus. machten VariaÜonen für 
das Pianof. au. der bekannten Mennett inVDon 
Juan, von denen einige sehr artig waren, und 
die auch gut vorgetragen 



eher und Hr. Welnmuller übernommen. Im 
Theater an der Wieu wurde Mozarts unüber- 
treffliche. Requiem aufgeführt. Ueber die« 
Meisterstück ist er.l vor kurzem, von Pari« 
aus, auf eine .ehr befriedigende Art von Ih- 
rem Korrespondenten gesprochen worden. 



Durch diese zweyTage wurde in den Hof- 
theatern von mehr ab 200 Künstlern jcde.m.1 
die Schöpfung und nach dem e.u.timmigen 
Urtheile der Kenner .ehr gut gegeben. Die 
Hauplstimmen halten Abbe Bevil.qua, in 
Diensten de. Fürsten Esterbazy, Dem. L«u- 



Am Qten hörten wir im Hoftheater Win- 
ter. Tamerlan al. Oratorium, von Herrn Hof- 
theater -Sekret ür Sonnleitner metrisch in» 
Deutsche übertragen. W'inler ist al. ein geüb- 
ter und talentvoller Thealerkomponist bekaunt, 
und ich glaube, dass diese Oper, wo sie gege- 
ben wird, .einen Ruf gewiss noch fester grün- 
den werde. Da* Gauze enthalt einen Reich- 
thum .chönerJÜelodieen, eine woblberecbnete 
und elTektvoUe Instrumentirung und eine »ehr 
brillante Behandlung der Siugstiromen , wel- 
cher doch nur »elten die richtige CharakterUi- 
rung aufgeopfert ist. Die Chöre sind voll 
Kraft und Feuer, die Arien flieaaend, melo- 
disch und bezeichnend, und da* Ganze mit *•> 
viel Leben und Mannigfaltigkeit ausgegleitet, 
das* es billig unter die gelungensten neuen 
Operukompoeitionen gesetzt' werden kann. 
Hr. Weinmüller «ang mit Auadruck und 
Kunat ; er hat »eit einigen Jahren einen aus- 
trat delikaten und schönen Vortrag gewon- 
nen , welcher den Effekt .einer schönen Bass- 
alimme .ehr erhöht. Auch Hr. Vogel aang 
•ehr gut, nur das» «eine Stimme für die Rolle 
de* Tamerlan nicht überall hinreichend atark 
ist. Wollte man doch in der Komposition 
der Oper etwas tadeln, so dürfte es der Stil 
de. Ganzen seyn, der «ich freylich dem Rö^ 
man tischen mehr, als dem Tragischen nähert. 
Wenn man aber bedenkt , wie sehr oft selbst 
bey grossen Komponisten das Tragische durch 
das Grelle, Wilde und Ungeheure bezeichnet 
werden soll ; wenn man ferner in Betrachtung 
zieht, da** Winter diese Oper zu Pari* und 
für Franzosen schrieb — .0 wird man dem 



Komponisten auch von dieaei Seite Gerechtig- 
keit wiederfahren lassen. 



Digitized by Google 



5<>5 .1805. 
Rbcbnsionbx. 



Sonate pour le Pianoforte avec accomp. <f un 
Cor uu Violonctllt, composie par F. Danzi. 
Oeuv. a3. A Leipsic, che« Breitkopf et 
Hirtel. (Pr. 16 Gr.) 

Eine auszeichnenswerlhe Sonate, die we- 
der dem Kenner» noch dem Liebhaber allein 
gefallen» sondern von Jedermann •ehr gern 
gebort werden wird, obschon sie von Auf- 
fallendem wenig oder gar nichts hat and 
haben will. Frey von dem wilden, grellen 
Getöse, welches für überwältigende Kraft an- 
gesehen seyn will, und oft nur überwältigte 
Ohnmacht ist; frey auch von der gesuchten 
Ziererey , in welcher sich eben jetzt — viel- 
leicht grossentheils durch den Einfloss fran- 
zösischer Ouvertüren u. dgl. — so viele deut- 
sche Komponisten zu gefallen anfangen — ge- 
het Hr. D. den Weg, den ihn seine Individua- 
lität und Einsicht leitet: den Weg bedeutsamer 
Anmulh und gemässigter Lebendigkeit. Auch 
in dieser Sonate sind die Melodieen angenehm 
und fliessend , die Harmonie ist fasslich und 
leicht, ohne eben darum gemein, leer und 
verbraucht zu seyn. Nach einer kurzen Ein- 
leitung folgt ein ziemlich brillantes Allegro, 
dann ein Andante mit ausdrucksvollem Gesang, 
und eudlich ein Finale, das zwar einige mat- 
tere Stellen hat, aber, wenn es mit Geist und 
so pikant vorgetragen wird, wie es der Kom- 
ponist vorgetragen sich gedacht haben muss — 
doch eine nicht unangenehme Wirkung macht. 
Die Verbindung des Pianoforte mit dem 
Waldborn nimmt sich uugemein hübsch 
aus, und man siehet aus der Behandlung des 
letztern, dass Hr. D. viele Vortheile vou die- 
sem Einfall zu ziehen verstanden hat. Der 
Klavierspieler hat nur maasige Schwierigkeiten 
zu besiegen — es liegt alles gut in der Hand 
Und ist l'r<y von Hokuspokus, wie von gesuch 
ten Krilteleyen j aber der Waidhornist muss 



May. 5 c6 

schon ein gut eingeübter und fester Spieler 
seyn , der vorzüglich auch einen schönen Ge- 
sang aus seinem Instrumente zu locken im 
Stande ist. Hat man diesen nicht', so dienet 
die umgeschriebene, für das Violoucell gut 
arrangirte Stimme des Waldhorns , die beson- 
ders abgedruckt dabey liegt, zum Accompa- 
gnement; und die Sonate verliert auch so nicht 
viel von dem beabsichtigten Effekt, vorausge- 
setzt, dass der Spieler vornehmlich einen 
schönen Ton und feinen Vortrag hat. Gegen 
niedere oder höhere musikalische Grammatik 
ist Ree. nichts aufgestossen ; und so glaubt er 
dies Musikstück von allen Seiten denen em- 
pfehlen zu können, die das [suchen, was er 
oben kurz zu charaklerisiren bemüht gewc~ 
«en ist 



Fantaitle et Fugue pour le Pianoforte, camp, 

et did. ä Msr. Herrmann et ä Mets. 

Schanert, Lother et EUentraul — — par 
J. C. Möller. Oeuv. 4. A Leipsic, che« 
. Breilkopf et Härtel. (Pr. 8 Gr.) 

»Es bat einer der einsichtsvollsten Mitar- 
beiter an dieser Zeituug vor einiger Zeit den 
Wunsch geäussert, man. möchte doch eben 
jetzt, da so viele Werke wahrer, aber roher 
Genialität erscheinen, auch nicht vergessen 
audere bekannt zu inachen, die, wenn auch 
nicht eigentlich genialisch, aber streng und 
gründlich ausgearbeitet wären ; ein Wunsch, 
den gewiss jeder, dem es ein Ernst ist um sei- 
ne Kunst, mit jenem Schriftsteller theilt, und 
die von ihm angeführten Ursachen und Folgen 
aus Ueberzeugung unterschreibt. Dies Mu- 
sikstück von einem Manne , den Ree. , so wie 
dessen frühere Arbeilen , noch gar nicht ken- 
nen gelernt hat, der aber einer der scbäzbar- 
sten Schüler des berühmten Kittel in Erfurt 
ist — ist nun ein solches schäzberes Produkt. 
Nach einigen 'Pakten Grave, zum Eingänge, 
die als ezeitirend sehr gut sind, folgt, in dem- 
selben Tempo, die kunstgerechte Ausführung 



Digitized by Google 



1805. May. 



507 

einer guten . doch eben nicht neuen Idee j auf 
aiese ein Adagio cantabüe, das Ree, aufrich- 
tig gestanden, gar nicht gefüllt, und wovon 
es ihm lieb ist, dass es nur kurz gehalten wor- 
den. Die Ideen selbst, ja auch die Motive, 
erinnern nämlich zu nahe an Mozarts Andante 
in der Fanlaisie aus C moll , das Ganze er- 
scheint hier zerstückelt, das Thema fast nur 
in andere Tonarten versetzt — kurz, der 
Komponist scheint hier nicht an seinem Platze 
zu seyn, und diese zwey Seiten hätten, we- 
nigstens in solch ein Ganzes, nicht aufge- 
nommen werden sollen. Nun aber gehet der 
Komp. in einen lebhaften Allegrosatz über, 
dessen ernste und kräftige Hauplidee festge- 
halten, charakteristisch begleitet, und in 
kunstreichen Wendungen streng ausgeführt 
wird , die besonders auch durch die oft frappi- 
renden , aber ganz gerechten Vorhaltungen de» 
Harmonie , sehr interessant werden. Dieser 
brave Satz, den man gern noch einmal so lang 
sehen möchte, gehet über in das Grave des 
Anfangs, von da an, wo es Ausführung be- 
kam, erhält aber hier manche gute Verände- 
rungen, und daran schliesst sich nun eine Fu- 
ge, die den Hauptgedanken jenes Allegro, von 
den Verzierungen dea freyen Stils beschnitten, 
als Hauptthema auffasst und mit doppelten Ge- 
gensätzen so streng und fest, nach den Regeln 
der ättern Meister, und ohne* alle die hier 
gewiss lächerlichen Verbrämungen einiger der 
neuesten Fugenfabrikanten, durchführt, dass 
hian seine Freude hat, und nicht anders kann, 
als den Verf. ermuntern, gerade in diesem und 
den angränzenden Fächern — wohin sich ja 
auch mehr Geschmack und Gefühl tragen lässt, 
als oft die ällern Meister dabin getragen ha- 
ben — mehr zu arbeiten , oder vielmehr, 
mehr davon bekannt zu machen ; denn dass er 
viel hier gearbeitet haben müsse, ist wol un- 
verkennbar. Dass dieser Wunsch wohl er- 



508 



wogen $ej , glaubt Ree. auch dadurch zu be- 
weisen, dass er eben so aufrichtig den zwey- 
ten gestehet, dass Hr. M. da, wo die Phan- 
tasie freyer schaden sollte, eine grwisee 
Trockenheit in Zukunft, so viel als ihm mög- 
lich, zu vermeiden mehr bemühet seyn sollte, 
als er es hier gewesen zu seyn scheint; und 
dies wird ihm hier auch wirklich möglich 
werden, da der, dem der Kontrapunkt ganz 
geläußg ist, nie eigentlich trocken werden 
muss, wenn er nur sich aller der Hülfsmit- 
tcl bedienen will, die ihm da zu Gebote stehen 1 
Es ist wahrlich Unwissenheit, die das ander« 
wissen will! — — 



Eben sagte mir Nanette — Komitches Duett 
von Orlando. Leipzig, bey Breitkopf und 
Härtel. (Pr. 8 Gr.) 

Aus der Oper t I Furbi alle nozze — Re- 
ferent weiss aber nichts von dieser Oper und 
von diesem Komponisten; schwerlich wissen 
auch wol viel Deutsche von beyden etwas. 
Das Duett selbst ist aber ein ächtes, italieni- 
sches Karikatur-Duett , das— freylich, mit Spass 
vorgetragen! — sehr belustigen kann, uud 
das in der Schreibart und auch im Werth sich 
denen sehr nähert, durch die Martin vor eini- 
gen Jahrzehnden so viel Glück machte — wie 
z. B. das erste in Una cosa rara. Die Scene 
ist zwar abgerissen , man errath aber die 
Situation der beydeh komplimentirendtn 
Windbeutel leicht. Die deutsche Ueberaet- 
zung ist sehr gut ; nur an einigen Orten nicht 
gefügig genug. Aber der Italien. Originaltext 
sollte dabeystehen ; dergleichen Dinge singt 
fast jedermann lieber in dieser Sprache, und 
sie lassen ihr auch wirklich weit besser. 



LVKCIO, »BT IMITISI t V MO ■{.KXSfc. 



Digitized by Google 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 

■ - 

■m 

♦ 

Den 8 ,en May. * N=. 32. 1805. 



R Z C E H • I O K. 



No. 1. Neue prci/jjc/je tf/avier/tnule /ür Xin-. 
der, nach einer »i*/ier ungewöhnlichen , sehr 
leichten Methode, von M. C. G. Hering, 
Conrektor an der Schute und Organist zu 
Oschatz. Erstes Bündchen. i3o5. 

No. a. Neue, sehr erleichterte, praktische Ge- 
neralbassschul* für junge Musiker, zugleich 
als ein nbthiges Hülfsmittel für diejenigen, 
weicht den Generaltass ohne mündlichen Un- 
terricht in kurzer Zeit leicht erlernen wollen, 
von ebendemselben. Beyde, Oschatz und 
Leipzig, bey dem Verfasser und in Com- 
roiesion in d. v. Kleefoldschen Bucuhand. 
laug. i8o5. 

Es fehlt bekanntlich nicht an Klavier- und 
Generalbassschulen, welche dem Inhalte 
nach wol alles erschöpfen, was man von ihnen 
fordern kann. Doch aind dämm diese beyden 
Werkchen nicht überflüssig; das zeigt ihre 
Form und ihr besondrer Zweck. — Jene 
Bücher setzen einen geschickten Lehrer vor- 
ana , und sollen ibm nur als Hülfsmittel beym 
mündlichen Unterrichte dienen; doch man- 
cher geübte und kenntnissreiche Klavierspie- 
ler weiss zwar , was, aber nicht, wie er leh- 
ren soll. Am seltensten ist die Gabe, bey 
Anweisung kleiner Kinder sich zu deren Fas- 
sungskraft herabzulassen, durch ihre langsa- 
meren Fortschritte nicht ungeduldig zu wer- 
den', und eben deshalb im Unterricht keine 

7 Jahrg. 



Sprünge zu machen. Ueherdiea wünschen 
manche Aeltern , die etwas Musik erlernt ha- 
ben , ihre Kinder in Nebenstunden selbst dar- 
in zu unterrichten, sind aber über die Metho- 
de in Zweifel, und verstehen es nicht, jene 
mehr zuaammengedrlngten Lehrbü- 
cher schicklich zu handhaben. Endlich hatte» 
auch wol manche Erwachsene Lust zum Kla- 
vier, aber zugleich auch Gründe, weder für 
die ersten Elemente einen Lehrer anzunehmen* 
noch sich durch jene Bücher durchzuarbeiten, 
die zwar an sich zweckmässig, aber nicht durch- . 
aus so populär und leichtfasslich geschrieben 
aind , wie es hierzu nöthig wäre. — Alle« 
dieses rechtfertigt die Existenz dieser beyden 
Schriften des Hrn. H. vollkommen, Sie stre- 
ben darnach , den erwähnten Bedürfnissen ab- 
zuhelfen, und, mit einem Worte, man kann 
sie als einen nicht übel gelungenen Versuch, 
den Unterricht im Klavierspielen und Genefal- 
bass zu pestalozzisiren, ansehen. Der 
Verf. erklärt .eich darüber umständlich in der 
Vorrede zu No. i, und sagt unter andern 
(S. 2) sehr wahr: »Die Einrichtung einer Klar 
vierschule für Kinder mass nach den Fähig- 
keiten und Einsichten der Kinder berechnet 
aeyn. Alle Uebungen und Aufgaben müssen 
durch leichte allmählige UebergJtnge sich an 
einander anschliessen, eine muss aus der an- 
tlern sich entwickeln, alle müssen die Auf- 
merksamkeit des Lernenden an eich ziehen, 
alle müssen ihm nur kleine Schwierigkeilen 
darbieten, damit er immer bald die Freude 
haben könne, sie überwunden zu sehen. 
Mannichfaltig und interessant, doch mit 
einer gewissen Einheit des Ganges in den 

3a 



Digitized by Google 



5tt 1805. 

allraahligen Fortschi Uten, muss das Ganze 
aeyu." — 

Diesen Grundsätzen ist Hr. H. fast durch- 
gängig (wo es nach der Meynung des Ree. nicht 
geschehen ist, wird er anzeigen) treu gehlie- ! 
ben. Ueber den ganzen Werth der beyden 
Werke kann man frey lich erst nach ihrer Voll- 
endung urtheilen, doch lassen die ersten Bänd- 
chen auch von der Fortsetzung viel Gutes er- 
warten. 

In der Einleitung zu No. l. spricht der 
Verf. unmittelbar mit den Kindern selbst,, und 
will dadurch Aeltern und Lehrern einen Fin- 
gerzeig geben, wie sie es machen müssten. 
Diese Einleitung lehrt die Töne, nämlich die 
der Untertasten, kennen. Sie ist im Ganzen 
gut, nur etwas allzu schmeichelnd und tän- 
delnd, besonders gegen das Ende, geschrie- 
ben, was, wenigstens beym Lesen, auf etwas 
verständige Kinder nicht zum Besten wirken 
möchte. — Auch giebt es hier noch man- 
che kleine Unrichtigkeiten. Z. B. dass wir 
unsre natürliche Tonleiter nicht mit a, son- 
dern mit c , anfangen , soll aus bioser Will- 
kühr und deshalb geschehen seyn, weil — 
„die Menschen gern das Oberste zu Unterst 
kehren." Wer Musikgeschichte kennt, weiss, 
wie natürlich es damit, wie mit der Verwand- 
lung des b in h, zugegangen ist. Wozu also 
diese unrichtige Bemerkung ? und wozu über- 
haupt das Historische (S. u) in diesem Bu- 
che? — Für Erwachsene ist es zu wenig 
'und für Kinder zu viel. — Ferner ist das 
Beyspiel S. 10 : „Freut euch u.a. w." nicht 
gut dargestellt. Es müssle in g oder c dur 
stehen, denn hier (in f) kommt b vor, und 
im ganzen Buche ist noch nicht von den Ober- 
tasten die Rede. Auch findet sich hier ein 
Druckfehler, nämlich eingestrichen c statt des 
zweygestrichenen. — Die erste Sektion enl-> '" 
hält Anweisungen zur Notenkenntnis«. Hier 
vermisst Ree. etwas sehr Wesentliches. Ehe 
Kinder die Noten lernen, muss man ihnen zei- 



May. 512 

gen, wie sie ihren Körper und ihre Hand etc. 
zu linlten haben, wenn sie spielen. Sieht man 
darauf nicht mit äusserster Strenge, so wird 
der Lehrling leicht für immer verdorben. Es 
hätten also uothwendig solche Bemerkungen 
für den Lehrter (wie man sie unter andern in 
Pleyel und Guthraanu findet) voran ge- 
schickt werden müssen , z. B. dass alle Kraft 
sich in den Fingern zusammen drängen, Leib 
und Kopf gerade und ruhig seyn, der Arm 
nur horizontal sich bewegen , die Hand mehr 
nach auswärts gekehrt und mit allen Fingern 
immer über den Tasten gehalten werden muss, 
u. dgl. m. — Bey der mündlichen Anwei- 
sung (im Lehrbuche geht es freylich nicht) 
thut man auch am besten, das Kind sogleich 
wie es die Tasten unterscheiden gelernt hat, 
mit den Hauptregeln der Applikatur und mit 
dem Takte im Allgemeinen bekannt zu ma- 
chen, und es in Solfeggis und kleinen Stück- 
elten zu üben. Ist das eioe geraume Zeit 
geschehen, dann erst führe man die Kinder 
zu den Noten, und sie werden nicht nur in 
ein paar Stunden damit — (mit Discant- und 
Bassnoten, wie mit den Versetzungszeichen) 
fertig, sondern auch desto sicherer seyn, daa« 
'sie durch das Notenlesen die Aufmerksamkeit 
auf die Haltung des Körpers und der Hand so 
wenig wie auf die Applikatur verlieren. Ree. 
hat diese Methode bey seinen eignen fünf- und 
sechsjährigen Kindern angewendet und sehr 
bewährt gefunden. — Dies bey Seile gesetzt, 
ist die Art, wie den Kindern hier Anweisung 
zur Nolenkenntniss gegeben wird, sehr an- 
schaulich und klar. Eben das gilt von den 
folgenden Kapiteln« — An den Uebung«- 
Exempeln dürfte mau doch mit Recht eine 
allzu grosse Monotonie tadeln , welche die 
Lust des Kindes am Unterricht eben sowohl 
vermindert, als eine zu grosse, verwirrende 
Mannigfaltigkeit. Es ist nicht leicht, sich 
vor beyden I'.xtremen zu hülen. Um indessen 
das erstere zu vermeiden, hatte die so bald be- 
greifliche Lehre von den Obertaslen und den 
Versetzungszeichen gleich nach der drillen 



Digitized by Goo 



5'3 



1805. May. 



5'4 



Lektion eingeschaltet werden sollen. Auch 
wäre es nicht zuviel gewesen, bey den Appli- 
kalurübungm die Kinder gleich mit den vier 
Arten der Fingerveräudei ungeu — Ueber- 
nnd Unterschlagen (oder Uebersetzeu, wie der 
Verf. aagt,) Aualassen und Abwechseln — 
bekannt su machen. Nicht minder halte , so« 
viel ohne mündliche Anweisung möglich ist, 
schon S. 30 die Lehre vom Takte au sich — 
und nicht blos die von den Takt * eichen — 
erklärt werden müssen. — Unter den niebt 
bemerkten Druckfehlern verdient nur der Aus- 
druck: un bestrichene, statt ung estrichene, 
S. i3 und i5 Erwähnung. — , 

Die Generalbaasschule No. 3. hat ähnliche 
Eigenschaften wie No. 1. — Sie besteht aus 
Uebuugsexempelu , die fasslich erklärt sind. 
Indessen setzt man hierbey schon erwachsenere 
Kinder voraus; auch kommt es hier nur auf 
ein Wissen, nicht, wie in N6. 1., mehr auf 
mechanische Uebung an. Bey der Gene- 
ralbasalebre muss man also in der Folge und 
Behandlung der Materien schon genauer seyn, 
und nicht bloa scheinbar, sondern in der That 
Schritt vor Schritt gehen. Hier darf man 
nicht, (wie in No. 1. am Ende der Einleitung 
erwähnt ist) eine spätere Lektion früher vor- 
nehmen, und jedes U ebergehen wesentlicher 
Dinge da, wo sie hingehören, rächt sich in 
der Folge von selbst durch unnöthige Wieder- 
holungen, wozu man «ich gezwungen sieht. 
80 ist hier z. B. gleich im Anfange über den 
wichtigen, auch ohne mathematische Erklä- 
rung fasslichen Unterschied des grossen und 
kleinen halben Tons noch nichts gesagt, die In- 
tervallenlehre nur zum Theil abgehandelt, u. 
dgl. m. Da muss nun also noch nachgeholt 
werden, was füglich früher gelehrt werden 
konnte, and zwar ohne Anstrengung des 
Schülers. 

Alles dieses schadet jedoch im Ganzen der 
Brauchbarkeit des Buchs wenig oder nichts, 
und diese Erinnerungen sollen nur Winke für 



den Verf. seyn, den folgenden Theilen beyder 
Schriften (oder auch einer neueu Auflage) 
möglichste Rundung zu geben. Mit Recht 
darf man wünschen und hoffen, das« alle die- 
jenigen, welche sich in den anfangs erwähnten 
Fällen befinden, diese, auch durch ein saube- 
res Aeussere sich empfehlenden, Werkchen 
ankaufen. Sie werden ihnen oder ihren Kin- 
dern nützlich seyn. 



Nachrichten. 



Berlin, d. i4. Apr. (Konzertmusik) 
Von der überschwenglichen Ansah! Konzerte 
im verflossnen Winter war das, am <j8. März 
vom königl. Kapelim. Hrn. Himmel gege- 
bene geistliche, eins der vorzüglichsten. Hr. 
H. hatte die von ihm in Musik gesetzten Ge- 
sänge aus Tiedge's Urania angekündigt : Neu- 
gier lockte die Menge hin und verschafte für 
bedeutende Aufopferung von Zeit und Kräften 
dein talentvollen Künstler den möglichsten Er- 
satz. Die Gegenwart des Hofes trug ebenfalls- 
seh r zur Verherrlichung dieses Abends bey. 
Der erste Theil des K onzerls wurde also durch, 
Urania ausgefüllt. Ohne mich über die vielen 
Schönheiten des Gedichts hier auslassen zu 
können,. welche den Komponisten wol in Be- 
geisterung versetzen und ihn zum Auffassen 
musikalischer Rhapsodiecn bewegen konnten, 
so wenig die Gattung den Gesang, und beson- 
ders den figurirten, eigentlich vorstaltrt — 
will ich nur die Hauptmomente der musikali- 
schen Bearbeitung und des Effekts der dies- 
maligen Darstellung angeben. — Da das 
Ganze aus Rhapsodieen besteht, so war die 
öffentliche, ununterbrochene Aufführung viel- 
leicht gewagt, indem die Folge der Tonarten 
zuweilen etwas hart, das Gedicht durchgän- 
gig ernst und erhaben ist , besonders da auch 
einer Melodieöflers viele Verse untergelegt wor- 
den. Die vollkommne Besetzung und Ahr 



Digitized by Google 



1805. May. 



5»5 

wechslung der Singsliromen mit der trefflichen 
Begleitung de« Hrn. H. selbst aa einem «Ur- 
ion , schonen Fortepiano lies« jedoch dem 
achtsamen Zuhörer, in dem Augenblicke we- 
nigstens , vor dein Wechsel lebhafter Empfin- 
dungen au dergleichen Reflexionen keine Zeit 
Übrig. Demois. Voitus, die Herrn Hurka, 
Eunicke, Gern, and Hr. Kapelltn. Himmel 
selbst, trugen die Geaangparthieen mit dem 
grössten und feinsten Ausdruck von Wahrheit 
und Schönheit vor. Ganz besonders anziehend 
waren folgende Gesänge: Die Hoffnung, 
ein so sanft tröstender, sohöncr Satz, der 
ganz den Schüler Naumanns charakterisiit, 
wurde innig empfunden wiedergegeben j «Gott, 
«in GottJ ach, irrend such* ich ihn!" ein 
Stück von lobens werther Erfindung und 
Ausführung — „Heil'ge Nacht, du führest 
deine Globen* 1 ist sehr kunstreich modulirt 
und begleitet — die Stelle: „Die Lyra tönte 
sanft, wie Aeolsharfen Laut,* war in der 
That hinreiasend. Vortrefflich und überzeu- 
gend ist der Hymnus an Gott deklamirU — 
Schade, dass die zu vielen, untergelegten 
Verse der lieblichen Psyche nicht ganz güu- 
alig sind! — Von grosser Wirkung war 
heym folgenden Gesänge das vorschrei lende 
Eintreten von 9,5, und zuletzt 4 Stimmen in 
der rührenden Steile: „Getheiller Schmerz 
iat halber Schmerz. " — Das folgende Quar* 
teil aus A dur 1 „ Lieb und Freundschaft "war 
nicht minder angetiehin. — Meisterhaft ist 
in dem folgenden begleiteten Recitaliv der Aus- 
druck des festen Glaubens einer künftigen 
Fortdauer bey den Stellen : „ Seyn werd* ich, 
weil ich bin* «od: „Ich bin und darum werd' 
ich seyn!" — - Der folgende Gesang an die 
Unsterblichkeit wurde von Hrn. Hurka ganz 
vorzüglit h vorgetragen und die sehr schwie- 
rige Begleitung vom Hrn. Himmel mit dem 
grössten Feuer gegeben. Letzterer trug selbst 
4«n folgenden Gesang recht deutlieh vor. — 
Herzerhebend war aber daa folgende für Te- 
nor und Bas« dreystimmig ausgesetzte Stück: 
„Flamme Gottes , ist die Weihung," voraüg- 



5l6 



lieh die Ausweichung' in ges im Unisono auf 
die dritte Strophe jedes Verses, und der kräf- 
tige Schluss gab diesem Gesänge tiefen 
Nachdruck. Es wäre zu wünschen, dass 
Hr. H. oder der Verleger der Urania diesen 
Gesang einzeln oder lieber mit noch einigen 
vorzüglich mit Erfolg auch von Liebhabern zu 
exekutirenden Stücken, (z. B. den Gesängen 
an die Hoffnung, Glückseligkeit, u. dgl.) her- 
ausgeben, und ihnen dadurch mehr Publicilat 
verschaffen möchten , da die ganze Urania für 
viele ,theils zu achwidrig, theils zu lang, und 
auch im Ladenpreise zu kostbar ist. — Ich 
erwähne nur noch des auch mit zu vielen Ver- 
sen begabten Gesanges : „Mit dem Hochgefühl 
des Sehnens," den Hr. Hurka mit der deut- 
lichsten Artikulation vortrug und worin vor* 
züglich der Schluss jeder Strophe: »und un 
einem Scheidewege * von tiefer Wirkung war. 
Das letzte Recitativ: „Unsterblichkeit! Ge- 
danke, der du Leben und Licht ins Daseyn 
strahlst," wurde v. Hru Himmel selbst kraf- 
tig und wahr recitirt. — Der letzte Ge- 
sang: „Wenn Graun der Nacht an meinem 
Pfade lausch^," aus As dur, ohnehin schon 
die Krone des Ganzen, wurde noch eindrin- 
gender durch die vortrefflich gesezte vierstim- 
mige Harmonie, welche vollkommen schön 
durch Dem. Voitus , und die Hrn. Eunicke, 
Hurka und Geru gegeben wurde. — Sehr 
rührend war besonders .die vortreffliche Stelle : 
„ Ein Mensch, ein müder Pilger schiiesset. " — 
und herzerhebend der Schluss: „Ein Gott 
beginnet seinen Lauf!" — Das Publikum 
bezeigte keinen lauten Beyfall : man darf 4hm 
aber zutrauen , daas es darum das wahrhaft 
Schöne in dieser Musik doch zu geniessen und 
zu verdanken verstand. Mit desto grösserm 
Lärmen wurde die sanfte Empfindung, in wel- 
che das Herz versetzt war, durch das den 
zweiten Theil des Konzerts ausfüllende Te 
Deutn unterbrochen. Sowohl die Chöre als 
das Orchester waren axuserordenilich stark 
besetzt; lezteres führte Hr. Schick an. — 
Es ist nicht zu lauguen, dass dieser Kontrast 



Digitized by Google 



5*7 



1805. May. 



eingriff. — Die Solosingparlhieen führten 
Dem. Schmale, Hr. Conciaiini, Hr. Hurka 
Upd Hr. Gern aus. Die Komposition im Gan- 
«zenwar allerdings mehr für das Konzert, als 
die Kirche geeignet; wahrscheinlich waren 
auch darum z. B. Leine eigentlichen Fugen 
darin. Die Chöre waren aber kräftig durch- 
geführt und imposant begleitet; vorzüglich der 
Anfang: Te Deum laudamus, das Sanclua, 
Tu Rex gloriae, und der Schlüte In te Domi- 
ne speravi. — Ausgezeichnet schön wurde 
Ton Dem. Schmalz die Soprausoloparthie und 
vorzüglich das: Salvum fac populum, gege- 
ben, das blos von vier obligaten Violoncella, 
(von den Hrn. Duport, Grosse, Kraatz und 
Weiss meisterhaft gespielt), sehr schön be- 
gleitet war. — Auch der aJte brave Sänger 
Conciaiini zeigte noch seine wohlerhaltene 
Stimme und seinen gut nüancirten Vortrag in 
dem: Te ergo quaesumus. — Hr. Gern trug 
mit W,ürde da«: Tu ad liberandum «useeptu- 
rufl hominem, vor. — Auch war das, Dig- 
oare Domine, für vier Singalimmen, mit Blas- 
instrumenten begleitet, ein sehr angenehmes 
Stück. Das Ganze wurde mit Prücision und 
Geschmack ausgeführt, und mit Vergnügen 
erinnert sich der wahre Musikfreund an die- 
sen genussreichen Abend 1 — 

Das nie Abonnementkonzert wurde mit 
der vortrefflichen Sinfonie vou Mozart aus G b 
eröffnet, die, äusserst 'brav ausgeführt wurde. 
Kino Arie aus Alalanta von Kighini mit oblig. 
Fagott (von Hrn. fiärmann sehr ausdrucksvoll 
geblasen) sang Mad, Müller mit dem an ihr ge- 
wohnten schönen Vortrage. Hr. Westenholz 
trug ein neues , von ihm gesetztes Hobockon- 
zert mit bewundernswürdiger Präzision vor, 
und sein ausgebildeter Geschmack war 
eben so wenig in der Komposition zu verken- 
nen. — Den zweyten Theil füllten ans: die 
Ouvertüre aus Tauiprlan von Winter, aus C 
rooll, mit Energie gegeben, eine Cavatine von 
Muaaini,,von Mad. Müller sehr nett vorgetra- 
gen, ein FlötenkonZect von A. E. Müller aus 



D moll — (diese schöne Komposition wurde 
von Hrn. Schröck in der Soloparthie volikom- - 
men ausgeführt, so wie auch die sehr gut gear- 
beiteten Tultia kräftig und präcis gegeben wur- 
den;) und die Ouvertüre aus Brennus von 
Reichardt machte den Beschluss. 

# » 

Wegen des am folgenden Donnerstage auf 
höhern Befehl festgesetzten geistlichen Kon- 
zerts des Hrn. Kapellm. Himmel, von dem ich 
oben gesprochen habe , wurde das zwölfte und 
letzte Abonnement erst den 8ten April gegeben* 
Sehr lobenswerth und eben so einträglich für 
die Unternehmer war die Idee, zum Beschlusa 
der für die Kunst so werthen musikalischen 
Wettstreite, wo den Herbst und Winter über 
so mancher Kenner auf lange Zeit Stoff zu 
Ideen sammelte und nicht selten herrlichen Ge- 
nuas hatte, mancher Liebhaber aeinen Ge- 
schmack berichtigte und feiner ausbildete — • 
Haydn's Meislerwerk : die Schöpfung, zu 
geben. — Das Orchester war sehr stark und 
auserlesen besetzt. Die Ohöre waren es eben- 
falls. Die Solosingparlhieen wurden vortreff- 
lich gegeben, indem Dem. Schmalz den Ga<*. 
briel, Mad. Lauz die Eva, Hr. Eunicke den 
üriel, Hr. Fischer den Raphael und Hr. Franz 
den Adam sangen. In der Vorstellung des 
Chaos zeichneten sich die Blasinstrumente 
vortheilhaft aus. Die Stelle: und e» ward 
Liebt, war, ohachon man sie nun kennet und 
nicht mehr blos überrascht wird, erschütternd.- 
In der folgenden Arie hatte Hr. Eanicke zu 
wenig Tiefe der Stimme, als das» man die» 
Worte hätte vernehmen könnten; das eintre-* 
tende Chor war sehr brav. — Um nicht zu 
ermüden nenne ich nur die in der Aufführung 
jenes Abends sich am meisten auszeichnenden- 
Stücke. Diese waren — aus der Parlhie 
dea Gabriel: die mit den feinsten Nüansen 
des geschmackvollen Vortrags von Deuiois. 
Schmalz gesungene gefühlvolle Arte: Nun 
beut die Flur; die noch kunstvoller vorge- 
tragene Arie: Auf starkem Fitlig, wo Dem. 
S, durch die schönen kurzen Triller und dia 



Digitized by G 



5ig »895. 

zart gedachten Kadenzen bey den wiederkeh- 
renden Fermaten auf der Stelle: „und Liebe - 
ihre Bildung auch für das Höhere in ihrer 
Kunst deutlich zu erkennen gab. Da« Accomp. 
der Flöte war sehr schön. — In der Parlhie 
des Uriel ward die vortreffliche Arie: Mit 
Schöubcit, Stark' und Muth begabt, von Hrn. 
Eunicke am vorzüglichsten gegeben. — Hr. 
Fischer sang beyde grosse Arien des Ra- 
phael: Rollend in schaumenden Wellen, 
und: Nun scheint in vollem Glänze der Him- 
mel, mit Würde und Ausdruck, und nur bey 
den Fermaten der zweyten, musste man die, 
gegen die Harmonie verstossenden Verzierun- 
gen wegwünschen. — Die Parthie der Eva 
wurde diesmal von Mad. Lanz besonders gut 
vorgetragen, und auch Hr. Franz als Adam 
leistete Geniige. — Das Duett mit dem pp. 
eintretenden Chore : Von deiner Gut' o Herr, 
und dem kurzen Paukenwirbel, machte vor- 
züglichen Effekt. — Sämmtliche Recitative 
wurden so ausdrucksvoll recitirt und diskret 
begleitet, das«, sich hier nichts detailliren 
lüMt. — Von den Chören wurden ausge- 
zeichnet gegeben: das. Schlusschor des er- 
sten Theils, in welchem besonders auch der, 
Kontrast der sanften dreystimmigen Steilen:* 
Die Nacht die verschwand , und : In alle Welt, 
ergeht das Wort, unübertrefflich vorgetragen, 
jedes Herz erhob, und snr rechten Aufnahme 
des grossen, erschütternden Schlusses dessel- 
ben Chors fähig machte. — Eben so schön 
wurde das im. zweyten Tbeil eintretende Chor: 
Der Herr ist gross, und die diesen Theil 
schließende Fuge gegeben. — Mit Recht 
kann man diese Aufführung der Schöpfung 
unter eine der vorzüglichsten rechnen, die wir 
hier von diesem Kunstwerk zu geniessen so 
glücklich waren. Allgemein befriedigt ver- 
liess daher jeder den Saal und gewiss viele 
Kunstfreunde bedauern, dass jetzt diese Kon- 
zerte geendigt sind. * 

Weniger ausgezeichnete Konzerte gaben: 
Hr. Semin ler, der «ich mit einem Brat- 



May. 520 

schenkonzert von Arnold und einer Polonaise 
von Violti hören liess , und einige Pieren aus 
Erwin und Elmue von Reichardt dem Kunst- 
freunde wieder ins Gedäcfitniss rief; und Hr. < 
J. D. Baux, Violinist, der jedoch manchrrley 
widrige Zufälle zu erlragen hatte. — Herr 
Maslovsky ans Posen lässt sich auf seinem nea- 
orfundenen Instrument hören, von welchem 
schon früher in Ihren Blättern gesprochen 
worden ist. Es hat einen Umfang von vier 
Oktaven und Drathsaiten, die ihre Schwin- 
gung durch das Anstreichen eines dünnen , ho- 
rizontal liegenden hölzernen Stabes erhalten. 
Der Ton ist sehr angenehm, der Harmonika 
ähnlich, und kann schwach, anwachsend, 
stark und abnehmend, wie beym Bogen in- 
strumento hervorgebracht werden. Aufmun- 
terung und Belohnung ist dem Künstler sehr 
zu wünschen! — Am Charfreylage wurde 
auch der hier immer noch sehr geschalte Tod 
Jesu von Ramler und Graun wieder im Kon- 
zertsaale des grossen Opernhauses zum jähr- 
lich wiederkehrenden Benefiz der Mad. Bach- 
mann, mit vielem lieyfall vor einerglänzen- 
den, zahlreichen Versammlung aufgeführt. 
Die Chöre waren wie gewöhnlich, von der 
Faschsohen Singakademie — also vollkom- 
men besetzt, und die SoIopartRieen wurden 
mit vielem Geschmack und richtigem Ausdruck 
von Dem. Voitus, Dem. Koch, Mad. Wach- 
mann, den Hrn. Gern, Hellwig u. m. ausge- 
führt. Leider ist dies die einzige Kirchenmu- 
sik, die wir inder heiigen Woche, die in Dres- 
den, und Leipzig so äusserst interessant in die- 
ser Hinsicht ist, zu hören bekommen, da nun 
auch die sonstigen mittelmässigen Aufführun- 
gen in verschiedenen Kirchen, seit dem letzten 
ärgerlichen Anstoas, in dem durch Mad. Ma- 
ra's Mitwirkung so verherrlichten Konzerte in 
der — Kirche, auf höhern Befehl (für Geld) 
nicht mehr statt finden dürfen. Es ist kein 
Wunder, wenn man auch daraus argumentier, 
dass wir armen Berliner in unsrer verrufenen 
Freygeisterey immer weiter gingen. Doch 
die Sache ist -wirklich 'tu ernsthaft, als dass 



Digitized by Goo 



521 1805. 

man «ich darüber viel Sehers erlauben dürfte. 
Wahrlich, ei sollte uns ein to wirksames Mit- 
tel der Erhebung und wahren Erbauung nicht 
abgehen ! Und auch für die Kunst selbst ist 
ja eine einzige solche Aufführung, (gut ge- 
wählt und eben so dargestellt) von mehr uod 
Weit bessern) Erfolg , als alle die nur amüsi- 
renden Virluoserikonzerte, die noch immer 
kein Ende nehmen und worüber Sie bald mehr 
hören aollen. 

Ob ich gleich nur übernommen habe , Ih- 
nen von Zeit au Zeit die hiesigen Kouserte 
au schildern, so kann ich doch nicht unterlas- 
sen , Ihnen auch einiges über eine) neue thea- 
tralische Produktion su sagen , da sie in der 
fortgehenden Darstellung der Bestrebungen 
der jetzigen Künstler nicht übergangen wer- 
den -darf. 

Den Sisten März gab nämlich Mad» Mar- 
chetti im königl. Opernhause su ihrem Bene- 
fiz die Vorstellung eines eigens dazu von Hrn. 
de Filistri bearbeiteten Singspiels, oder soge- 
nannten thespischen Trauerspiels, Callirrboe 
betitelt. Nach dem , nicht ohne gelehrte Breite 
ausgeführtem literarischen Vorbericht des Hrn. 
Verfassers bestand das Eigentümliche dieses 
Dramas darin, dass nur Eine Hauptperson 
(Mad. March) die Handlung ausführte und 
von dem Chor unterstützt wurde, dass ferner 
keine Abtheilung in Akte statt fand, sondern, 
nach der ursprünglichen griechischen Tragoe- 
die, der Prolog, das Episodium und der Exo- 
dus die Hauptabschnitte ausmachten. — Das 
war nun ganz gut gemeynt: im Grunde glich 
das Ganze aber doch sehr einer gewöhnlichen 
italienischen Oper, da Recilative, Arien, Bal- 
let und Chöre abwechselten. Die Musik war 
vom Hrn. Kammermusikus Gürlith theils neu 
komponirt, theils arrangirt und aus de» Wer- 
ken verschiedener Komponisten zusammenge- 
tragen. Nach einer- kurzen Einleitung ( D 
moll) begann die Ouveiture aus Idomeneo 
von Mozart die theatralische Darstellung. Der 



May. 522 

erste Chor der Priester im Tempel von Hrn. 
G. war sehr charakteristisch. Sehr zweck- 
mässig war auch bald daraul ein Marsch vooRi- 
ghini mit untergelegtem Text als Chor benutzt. 
Recht angenehme Stücke enthielt das von Hrn. 
G. durchaus komponirte Ballet, worin sich 
Dem. Hentschel, Mad. Laucbery u. Hr. Sca- 
lesi auszeichneten. Man bemerkte jedoch an 
der Unsicherheit des Orchesters in Ansehung 
der Tempos, die man in dem Lokale am we- 
nigsten gewohnt ist , dass wenige Proben vor- 
hergegangen waren oder das Personale der kö- 
nigl. Kapelle durch die vielen Proben der 
Opern Vorstellungen in dem sonst so bemerk- 
baren Eifer erkaltet war. Vortrefflich war 
der Chor, welcher der Heldin den Ausspruch 
de» Orakels, ihren Tod, verkündet, wie auch 
die , von Mad. Marchelti mit grosser Kunst 
und glücklichem Erfolg vorgetragene Arie von 
Righinit „ Ah! termini la morle. • — — Die 
Pantomime, wo der Oberpriester Coresus, 
(als stumme Person) so unmotivirl sich er- 
sticht, fiel ziemlich schlecht aus. Dafür ent- 
schädigte aber der sehr schöne Chor aus Es: 
Sommo Divo, gran Padre dol Regno, sehr 
kräftig begleitet; und der Exodus war ebenfalls 
sehr ausdrucksvoll recitirt. — So schön dem- 
nach mehrere einzelne Stücke ausgeführt wur- 
den , so machte doch das Ganze nicht die Wir- 
kung, die wenigstens der Dichter erwartet ha- 
ben mochte, da schleppende Handlung mitun- 
ter kaum zu vermeideu gewesen war, und man 
in unsern Zeilen sich schwerlich wird so weit 
zurückstimmen können, Eine Person, und 
wttr' es die talentvollste, zwry Stunden lang 
allein handeln zu sehn. — Das Haus war 
ziemlich voll , desto leerer aber dei> Tag dar- 
auf bey der schonen Vorstellung der letzten 
Oper Rosmonda von Reichel dt. Gaudia gau- 
düs obstantl — 



München, d. 24sten April. Hr. Bris ei, 
der berühmte Sänger aus Wien , hat dreymal 
am Hofe gesungen, wohin er berufen und mit 



Digitized by Google 



i$p$. May; 



swey tausend Gulden entschädigt war, und 
hat alle enUuckt, die ihn au hören bekamen. 
Dies muaate nun auch die allgemeine Erwar- 
tung auf die Rollen, in welchen er vor dem Publi- 
kum auftreten wollte, sehr hoch spannen, 
und er befriedigte diese Erwartung vollkom- 
men — so dass ich glaube, es sey hier nie- 
mals ein Sänger mit solchem Enthusiasmus 
und Jubel aufgenommen worden. Er trat 
zuerst gestern, den a5aten, öffentlich auf, 
und «war als Achilles. 

Gewiss, ilr. B. ist ein seltenes Talent. 
Der Umfang seiner schönen Stimme übersteigt 
«wey volle Oktaven — vom G des Basses bis 
zum eingestrichenen b. Diese seine Stim- 
me ist in allen ihren Tönen klar und rein $ 
sehr voll und stark in den tiefern , sehr ange- 
nehm in deuanittlern Tönen der Brust, und 
mit letztern verbindet er nun, auf eine feine 
und kunstreiche Weise, die hohen Töne so, 
dass seine Stimme wirklich Eine Stimme ist, 
und nicht, wie das so oft aich findet, aus zwey 
oder drey Stimmarten (Registern) bestehet. 
Alle seine Töne kommen dabey leicht und na- 
türlich hervor, ohne Zwang, ohne Nasen- 
oder Halstöne. — Zu diesem kömmt seine 
übrige gründliche Kunftbildung. Vermöge 
deren versteht er'a, einen Gesang aufrühren- 
de, schmelzende Weise durchzuführe», und 
doch auch durch Schwierigkeiten, die ihm 
aber leicht aus der Brust zu strömen scheinen, 
Bewunderung zu erregen. Kurz, er ist ein 
Sanger im vollen Sinne des Worts — das 
heisst, ein Künstler, der durch Einsicht, 
Fleiss, Gründlichkeit und Geschmack schöne 
Naturanlagen ausgebildet hat. Auch seine 
Aussprache ist deutlich und rein. Fangt z. B. 
ein musikal. Salz, oder auch eine Roulade, 
mit einein A an , so wird dies A in seinem 



524 



Munde nicht etwa zu S, o, u. s. w., wie bey 
so vielen Sängern, sondern es bleibt immer 
ein reines A. — Die Recitative deklamirte 
er wie ein Meister. Man verstand — doch 
nicht in den Recitativen allein , sondern auch 
in den Arien — alle Worte. Mag dies nun 
ein noch so seltenes Phänomen seyn , mögen 
die meisten jetzigen Sänger sich dagegen auf- 
lehnen — ich behaupte dennoch : nur ein 
solcher Gesang, wo zugleich der Text dem 
Zuhörer an's Herz gelegt wird, ist ein wahrer 
und kann vernünftige Menschen befriedigen ; 
ein Sänger aber oder Singmeisler, der diesen 
wesentlichen Punkt, die reine und deutliche 
Artikulation, vernachlässigt, muss immer 
beschränkt, klein, geschmacklos bleiben, 
wenn er es auch in Gewandtheit der 
Kehle mit der — Nachtigall aufzunehmen 
versuchte, der er's jedoch ewig nicht gleich 
thuu wird. * 

Auch als Schauspieler ist Herr Brizzi zu 
schätzen. Er ist auf dem Theater wie zu 
Hause. — Er wird in allem sechsmal auf- 
treten, und da wird sichs denn zeigen, ob er 
im Stande seyn wird, den Enthusiasmus, den 
er durch seine erste Rolle erregt hat, fortzu- 
balten. Sie werden von mir aufrichtigen Be- 
richt darüber erhalten. Von dem rühmlichen 
Bestreben nnsrer Künstler im Orchester und 
auf dem Theater, sein Auftreten zu verherr- 
lichen, werde ich dann ebenfalls meine Ge- 
danken mittheilen. 



Neapel. »Nach Briefen daher ist Hr. Ka- 
pelltn, Rightni jetzt dort mit seiner rühmlich 
bekannten Schülerin, der Dem. Fischer aus 
Berlin, und diese auf ein Jahr als prima Douna 
beym grossen Theater San Carlo engagirt. * 



(Hierher da. Intel UgentbUtt No. IX.) 



Lj«ir»IO, BEY ltllltori »HD 



Digitized by Google 



INTELLIGENZ - BLATT 
zur Allgemei nen Musikalischen Zeitung. 



May. 



Ni. IX. 



1805. 



Piano forte - Schule 

de« 

Conservatorium der Musik 
in Pari«. 



j* Conaervatnrium der Musik in Paris liat seine 
gross an Verdienste um den Unterricht in der Musii. 
durch ein klassisches Werk, durch eine neue nnd 
vollständige Pianoforte - Schule vermehrt. Die Na- 
uen der Professoren , welche sirb «u Ausarbeitung 
derselben vereinigt haben, (Cherubini, Mehul, 
Adam, Jadin, Gossec, Catel, Gobert und 
£!er) so wie die Einführung derselben als Lehr- 
buch für «lio Zöglinge des Conservatorium verbürgen 
ihre Vortreflicbkeit« Eine deutsche Ausgabe diesea 
Werks, von aachkundigen Männern besorgt, ist bey 
»ns unter der Presse, und wild in wenigen Wochen 
«rscheineu. Da wir vertrauen dürfen, das» sie eine 
allgemeine Verbreitung in Deutschland finden werde, 
10 werden wir mit einem anständigen Aeuajern der- 
selben einen möglichst wohlfeilen Preis zu ver'uin- 



Leipsig, ins May, 1806. 

Breitkopf und Härtel. 



Nachricht. 
für Liebhaber der Harfe. 



Unterzeichneter hat bereits im vorigen Jahre, durch 
ilicsc Blk'lter, die verschiedenen wesentlichen Verbes- 
j miigcn bekannt gemacht, die er, narlt der Angabe 
des Herrn v. Wo Ifen an, an die von ihm verfer- 
tigten David»harfen anbringet: vermöge welcher man, 
>uu wie *»** damals nur aus 5, nunmehr aus 6 (euch 



wol an» 7) der beliebtesten Töne, ohne umzuslira- 
wen , spielen kann. Er w»r auch so glücklich, auf 
seine Bekanntmachung hin , nicht nur den ganzen Vor- 
rat!! «einer Harfen zur Zufriedenheit der Abnehmer.' 
theils im In - theüs im Auslände , au Mann zu brin- 
gen , sondern auch neue Bestellungen darauf zn er- 
halten. — Durch gegenwärtige Anzeige findet der- 
selbe für nöthig , die Liebhaber dieses Instruments 
auf eino neuerdings hinzugekommene Verbesserung 
(gleichfalls ton der Erfindung des Herrn v. Wo He- 
nau) aufuierksvji zu machen, die in der Anbringung 
eines besondern Hakens (Semiton») für die Saite A, 
bestehet ; welches bis jetzt ein Bedürfnis geblieben 
ist. Da nun dieser neue Haken auf eine Art geformt 
ist, dass man beym Ergreifen und Drehen desselben, 
durch den nächsten Nebenhaken (der «wischen F nnd 
G liegt) nicht gehindert wird («o auch umgekehrt^ 
nnd man folglich, auch während dam Spielen, be- 
quem aus as a , oder aus a as machen kann — da 
ferner «uch auf diese Weise keine Saite mehr ieolirt 
dastehet, so werden Kenner dieses Instrumenta, ohne 
Zweifel , den nicht unbedeutenden Vortbeil einsehen, 
nnd zo schätsen wi»»en , den diese neue Verbesserung 
gewähret. — Kaum bedarf e» der ßemrrkung, datj 
die Davids - oder Hakenharfe nunmehr wol alle mög- 
liche Verbesserung erhalten haben dürfte. Inzwischen 
ist unterzeichneter weit entfernt glauben machen «n 
wollen, als wäre dieselbe dergestalt vervollkommnet, 
dass sie die Pedalharfe entbehrlich- machte. Eine 
Harfe ohne Pedale , sie mag was immer für eine 
Verbesserung nnd Einrichtung erhalten haben, mos« 
unstreitig der Pedallitrfc, als der voükoromnern , nach- 
stehen. Käme man selbst auf den Einfall: an der 
Erstem die Zahl der Saiten, nehmen wir an bis auf 
65 (wenn sie wenigstens den Umfang vom Contra- uf 
bis zum dreygestrichenen g haben solltb), zu vermeh- 
ren, um die diatonisch . chromatische Tonleiter (alle 
halbe Töne) in jeder Oktave, gerade so wie beym 
Klaviere, schon da su haben, mithin ohne Hülfe der 
Pedale und der Haken,, aus allen Dnr- und Molltö- 
nen spielen au können; 10 möchte die« doch nnr eine 
Harfe, werden, die mehr «um Gebrauch der Engel «I« 



Digitized by Google 



der Mens eben wir« i denn, diese würden auf derselben 
höchstens (und zwar erst nach einer fleißigen Vor- 
übung) Stücke Ton langsamer Bewegung (Adagio) 
apielen können. Nicht allein das* es aich auf einer 
aolchen Harfe, wie leicht au begreifen ist, äusserst 
achwer spielen müsste, sondern es würde sich auch 
dabey mehr ala ein unvermeidlicher widriger Umstand 
«eigen. Man atello sich unter andern nur das immer- 
währende Verstimmen bey einer so grossen Anzahl 
(NB. Darm-) Saiten, nnd das Öftere Reissen der- 
selben vor. Kurs, jeder, wmn auch- noch so 
fertige Spieler, der von einem Instrumenta dieser Art 
Gebrauch machen wollte , müsste notwendigerweise 
•ine gute Portion anhaltender Geduld besiUcn, sonst 
dürfte das unschuldige Ding Gefahr laufen, ein oder 
das andere Mal an die Wand geworfen, und so ein 
Opfer dea Zorne an werden. — Unteraeichneter 
hält aich überzeugt, daaa sowohl Mademoiaelle M ü Il- 
se r , unsere Virtuosin auf der Harfe , als auch an- 
dere echte Kenner dieses Instrumenta, aeiuer Mci- 
aung Tollkommeu beystimmen. 

Johann Wideman n , 
bürgert. Tischlermeister, Pedal- und Da- 
vidsharfenmacher in Wien, wohnhaft in der 
Leopoldstadt in der Haupt- oder Tabor- 
atrasse No. 2<j6. 

Es ist fast handgreiflich, data die aweyte Hälfte 
obiger Nachriebt auf eine in Wien (versteht sich von 
einer andern Hand) verfertigt* , mit beylSuhg 60 Sai- 
ten »exogene Harfe dectet, welche, wie ea scheint 
was auch nicht schwer au glauben ist — nidit 
recht brauchbar ausgefallen seyn muss , die man aber 
dessen ungeachtet über die Pedalharfe hat erheben 
wollen. Wäre ea nun wirklich so, dan: 
aich fxeylich gröblich versündigt. 



Der bedeutsame Stern im Norden — 
heroische Oper in 3 Aufzügen — die Musik von 
dem Kammermusik ua Göpfert, der Text von dem 
Doktor Ibling au Mainingen , wird nächstens im Pu- 
blikum erscheinen. Dieso Oper zeichnet sich in 
mehr als einer Hinsicht vor vielen ihrer äfltern 
Schwestern vortheilbaft -zu*, und verdient es, daaa 
man nicht nnr alle Theater, sondern auch alle und 
jede Freunde der Dichtkunst und Mnsik schon aum 
voraus daraaf aufmerksam macht. nichter und Kom- 
ponist boten sich hier freundlich die Hand, und, ver- 
traut mit drm geläuterten Geachmack dea Zeitalters 
suchten sie Dichtung und Komposition in schöne Har- 
monie zu stellen, welcher Vorzug so mancher ge- 



schützten Oper 



h tnangolte, 



historische Stoil", 



4o 



der* dem Stücke cum Grunde liegt, gewährt hob« 
Interesse. Aber auch die ganae innere Eiaricktini 
oder Ockonomie dieses Kunstprodukts ist würdig 
beathtet an werden, indem die Verfasser dsrin 
einen Versuch wagten, das Wesen der Oper nodt 
mehr zu heben , ihren Geist reiuer uud richtiger auf- 
zufassen und nach dem einzigen wahren Ziele, du 
auch hier aufgesteckt ist, voll Kraft und Konit- 
sinn zu streben. Dahin gehört unter andern A't 
awcckmässige x Anordnung der Chöre, d*s nese Cs- 
wand, in welches die Rolle des Helden gekteidtt 
ist, die gelungenen Scblussscenen , worin sich iu 
höchste Geseta der Oper oder der Punkt , nach wel- 
chem sie hinstrebt, aufs deutlichste darstellt a. 1.«. 
Denn so riel auch neuerer Zeit die übrigen ZwtifS 
der dramatischen Kunst gewonnen lubea , 10 wc«5 
hat man doch für die höhere Ausbildung der Oper gttha". 
Dessen ungeachtet wird aich das Stück auih durdi 
Leichtigkeit und Anmuth empfehlen. 

Die Verfasser haben ao ganz con araore gearlti- 
tet und sind dem Publikum schon durch nunc!* 
schöne Produkte rühmlich bekannt. Der Doktor Il- 
ling ist unter andern Verfasser eines historischen Ge* 
dichte: Der Gesundbrunnen au Liebenstrta — m«" 
neuerlich auch eines Romans : Die Geheimnis» 
Lebens. Dass man aber auch von dem Ksmoiertauiii«» 
Göpfert etwas allgemein Gefallendes erwsriea kasa, 
beweisen seine beliebten Konzerts für Klsriaeite usJ 
Oboe, seine rnancherley gut behandeilen Haxssonii« 
für blasende Instrumente, seine geachmackvollen Lisi« 
aar Erhöhung gesellschaftlicher Freuden n. s. w. verisj- 
lich aber aeine ansgezeichneten ConcerUntes für 3Wili- 
haruer, worin eine, solche Behandlung der Tonnt- 
wechsln ng fürdieses Instrument, ohne besondere Schmf* 
rigkeiten angebracht ist, wie dies bisher noch nicht iet 
Pall war. Der Kürze wegen mag hier zum Helege nsr eint 
Stelle aua einem Adagio in Fmoll ausgehoben werden: 

C o >■ n 1 in F. ^ ^ ^ 




cre:c. 



Solche Stellen haben die Hörtaer Öfters allein uo* 
wer siebt nicht den grossen Effekt davon ror Auge« ' - 

D. Sch. 



lutii»! ■ sj t fiiutitri tu Ulitib 



Digitized by Google 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den I5 ten May. 



m 53. 



1805* 



Nachrichten. 



Paris, den 25slen April. Uoare Haupttheater 
— wiederholen. Was «ich seit meinem letz- 
ten Schreiben von den wenigen Neuigkeiten 
bemerkbar gemacht hat und auch für das Aus- 
land bemerkenswert!) ist , zeige ich an. Un- 
sere Konzerte haben ziemlich guten Fortgang. 
-Was in diesen sich wahrhaft auszeichnete, 
Will ich gleichfalls kurz berühren. 

Julie, ou le Pot de fleura , von 
Spontini komponirt, hat, um einiger lustiger 
Wendungen der, freylich grössteutbeils ver- 
brauchten, Inlrigue, um des raschen, witzigen 
Dialogs , und um einiger sehr hübschen Cou- 
plets willen (sehr hübsch im Text und in der 
Musik) gefallen. Das ist aber auch alles, 
was man davon sagen kann ; und wiewohl das 
allerdings etwas ist, so ists doch nicht viel. 
Hr. Sp. schreibt offenbar zu viel, und eben 
darum zu flüchtig. Es mag wol schwer seyu, 
wenn man ein junger, talentvoller Mann ist 
und Beyfaü findet, sich zurückzuhalten, und 
et Was besseres Zu geben, als was man ohne 
Mülie nur so hinwirft, wie es vdn dem grossen 
Haufen verlangt wird j will man aber nicht zu 
Grunde gehen und nach wenigen Jahren auch 
sogar von der Menge vergessen , verachtet 
sOyU, so nun wan's doch! Mit jedem 
neuen Werke der Sdilauderey wird es aber 
Schwerer, und; vielleicht nach wenigen Jah- 
Vän, unmöglich. D.is snTIten sich Viele der 
Jetfcfg*?n jungen Komponisten von Talent, und 
unter diesen äuch Spontini merken. — F'o r- 
Bl n ^t 'D ctville, üü VaiMtau amirtl, 
7. Jahrg. 



in einem Akt, mit Musik von Berton, hat vie- 
len Zulauf gehabt, aber wahrscheinlich mehr, 
weil Jedermann sehen wollte , wie das Theatsr 
ein möglichst vollständiges Admiralschiff vor- 
stelle, in welchem das Stück spielt, als des 
Werths oder Unwerlhs des Gedichts und der 
Musik halben. Jene wunderliche Dekoration 
war wirklich sehr hübsch ausgeführt und auch 
das Leben auf einem grossen Schiffe nicht 
übel nachgeahmt. Man sieht das einmal recht 
gern } hernach ists aber vorbey., da weder der 
Dichter, noch der Komponist etwas geliefert 
hat, das sich über dem Mittelmäßigen , Leid« 
liehen, allenfalls Amüsirenden, zu erhalten 
vermöchte. Doch hübsche, sehr hübsche De- 
tails haben beyda, der Dichter und der Kom- 
ponist — das soll ihnen unbenommen bleiben t 
aber das Schiff — ach, das Schiff ist doch die 
Hauptsache! — Auf dem berüchtigten Thea- 
ter Montanster giebt man eine komische Oper: 
le Diablo en vaeänce, mit Musik vott 
Gaveanx, die leicht und angenehm ist. Das 
Gedicht — so zu sagen 1 — ist ein Bischen 
srhtimm, pro tempore et loco, hat aber 
wahrhaft belustigende S cenen. Mit einigen 
Hölingen Modifikationen, und bey sehr raschem,, 
gewandten, fröhlichen Spiel, müsste ,das 
Werkchen, dächt' ich, auch in Deutschland 
Glück — besonders viel Kasse machen. — 

Aus 1 jrisern Konzerten hebe ich Folgendes 
ans. . Concor t des Amateurs: (sonst 
Clery ) jfAnt neue kouzertirende Sinfonie (für 
Klarinette and Fagott obligat J von Xavier Le- 
fevre ist mit FeUer upd Kunsteifalirenheit, 
aber bline tiefem Zusammenhang, gesucht und 
zumThoil grell geschrieben. Sie wurde mei- 

53 



Digitized by Google 



5^7 



1805. May 



5^8 



■terhaft au»geführt und gefiel darum sehr — 
wie den» überhaupt die konzertii enden Sinfo- 
Cicen jeUt hier «Utk Mode sind und viel Glück 
machen. Ein neues Konzert von Kreutzer 
(G dur) ist wieder sehr originell und geist- 
reich geschrieben, und unterscheidet sich so- 
gar von seinen frühem Arbeiten — anch da- 
durch, dass es weniger gekünstelt, graziöser 
und weit kürzer ist. Es wird, wenn es be- 
kannt wird, sehr viele Freunde finden. Kr. 
spielte es unübertrefflich. Ein neues Konzert 
für das Waldhorn, gesetzt und gespielt von 
dem berühmten Frederic Uuvernoy verdiente 
weit mehr durch den kunstreichen Vortrag, 
als die Komposition dieses Virtuosen zu gefal- 
len. Ein neues Konzeit, von Baillot kompo- 
nirt und gespielt, verdient alle Aufmerksam- 
keit. Baillot hatte einen Theil des Wiuters in 
Bordeaux zugebracht, wohin man ihn berufen 
halte, und trat mit diesem Konzert zuerst wie- 
der hier auf. Es ist, wie seine frühern, in dem 
ernsten Stil, mit der Würde und Kraft ge- 
schrieben, welcher dieser wahre Meister. hul- 
' digt, und zugleich ganz dem Instrumente — 
aber in der kunstreichsten Benutzung seiner Ei- 
genheiten — angemessen , sowohl was Aus- 
führung des Spielers, als auch was Effekt auf 
das Publikum anlangt. Sein Allegro ist pa* 
thetisch und prachtig , 'sein Adagio hiureissend, 
sein Finale freundlich, doch nie tändelnd. 
Ganz so ist auch ßaillots Spiel, von dem ich 
voriges Jahr ganz ausführlich in Ihren Blattern 
gesprochen habe. Er schmeichelt und buhlt 
nicht um Beyfall der Menge: aber er imponirt 
ihr, durch Komposition und Vortrag; so erhält 
er wenigstens Achtung und Scheu bey dieser, 
und dass ihm der ausgezeichnetste Beyfall der 
Kenner nie fehlt, ist bekannt. Ausser jenem 
energischen Geist und der grössteu Vollendung 
in Absicht auf alles, was man unter dem weit- 
umfassenden Worte, mechanische Vollkom- 
menheit, (justesse) befasst, zeichnet si«b im- 
mer jedes seiner Konzerte noch durch irgend 
•twas besonderes in Absicht auf Figuren und 
dgl., wohin der Verf. zunäthst steuert, aus — 



ungefähr wie bey Clement! in mehrern seiner 
Klaviei sonalen. Bey diesen*/ neuen Produkt 
war es der Kall in Absicht aof Vollgriffe, be- 
sonders Doppelgriffe. Man muss viel eigene 
Versuche gemacht haben, um das, was 13. 
hierin leistete , und ganz vollendet leistete, in 
Reinheit, in Gleichheit der verbundenen Töne 
und der -Starke derselben , in Klarheit , Be- 
stimmtheit, zwanglosester Leichtigkeit — 
man muss, sag' ich, selbst viel eigene Ver- 
suche gemacht haben, um dies nur für mög- 
lich auf der Violiu zu halten. Könnte das 
Conservatoire ihn entbehren und liebte er's 
nicht, seine grosse, herrliche Manier durch 
seine Schüler auszubreiten — (bisher sind die 
vorzüglichsten Geiger, die aus jenem Institut 
gekommen sind, aus seiner Schule, wie 
auch das treffliche Lehrbuch des Violinspiels, 
nach welchem im Conservatoire unterrichtet 
wird, bey weitem zum grösslen Theil von ihm 
aHein ist,) wollte er Deutschland oder die 
nordischen Reiche besuchen und sich da nie» 
derlaasen: ich bin gewiss, er würde dort ein 
Glürk machen, wie unter allen jetzigen Violi- 
nisten keiner. Wenn seine Kompositionen 
jetzt noch in Deutschland nicht recht haben 
eingreifen wollen und wenig bekannt scheinen, 
so liegt das wol nur daran, dass er deren T>is 
jetzt nur wenige herausgegeben hat — er ist 
auch hierin äusserst streng, und wenn ihm 
nicht alles so dastehet, wie er's gemeint hat, 
legt er's lieber zurück — dass sie gewallige 
Spieler verlangen , dass sie ganv in aeiner 
grossen Manier vorgetragen seyn wollen, und 
dass sie der Menge und dem leidigen Dilettan- 
tismus gar nicht schmeicheln. — Von Sin- 
fonieen giebt man immerfort die Haydnsrheo« 
Die versprochenen Mozartsihen sind noch 
nicht erschienen. Die Herren sind zu vornehm 
undjzubequem, viel zu probiren : auf jene sind 
sie nun ganz eingespielt, auf. diese müsstep sie 
es doch erst werden, da sie sie, ihres. eigenem 
Ruhms wegen, nicht weniger gut geben wol- 
Ieu, als jene; und so legen sie sie lieber von 
einer Zeit zur andern zurück. — Gesungen 



. : 



Digitized by Google 



509 



1805. May. 



5*o 



hat] fast immer die mit Recht belieble juoge 
Duret-St.-Aubin. Neuere italienische Musik 
singt sie, und französische deklamirt sie sehr 
schön; was sie aber von Mozart (aus Figaro 
und Don Juan) gab, verunglückte mehr oder 
weniger. Sie fühlt sich da au eingeschränkt, 
müsste da su viel eigentlich sludiren, nicht 
blos exerzireu, müsste oft eigene Vortheile um 
dea schönen Ganzen willen aufopfern — und 
das will man denn nicht, besonders wenn man 
ein hübsches, junges Weibchen ist. Es gehet 
ihr wie den Italienern mit diesem grossen, 
deutschen Genius. — 

Von der zweyten Konzertanstalt (Grenelle) 
ist nichts zu sagen, das Sie interessirte» Sie 
hält sich ziemlich gut. Neue und zugleich 



dort nicht gehört. 

Das Konzert der Eleven des Conser- 
v a t o i r e hat den Freunden der Tonkunst und 
dieses Instituts wieder manchen schönen Ge- 
auss gewahrt. Ich will nur .weniges auszeich- 
ne«. Die Instrumentalmusik macht auch liier 
immer grössere, und wahrhaftig erstaunens- 
wert!» Fortschritte; aber, trotz allen Bemü- 
hungen der besten Lehrer, bleibt die Vokal- 
musik noch immer ausser Verbaltnia zurück. 
Es fehlt an dem ßraten — an vorzüglichen 
Stimmen; es fehlt auch an einem, durch den 
Kunsllujius nicht verwöhnten Publikum, das, 
was schön , aber nicht auffallend oder pikirend 
ist, aufzunehmen und zu verdanken verstände. 
Die braven Lehrer gehen nun zwar ungestört 
ihren .Weg und kümmern -sich auch um die 
frivolen Journalisten nicht, die dem eben so 
frivolen Dilettantismus die öffentliche Sprache 
leihen: aber man vermisst doch an den mei- 
sten jungen Leutchen den Eifer, den, wenn 
wir aufrichtig seyn wollen, in Ulis allen, ao 
lange wir jung, sind, nicht der über- 
zeugte Versland, die bessere Einsicht, son- 
dern das öffentliche und laute Urtheil zu er- 
zeugen pflegt. Unter den >ungen Violinisten 
zeichnete sich vor allen Mazasaus, von dem 



habe. Eins der besten und schwierigsten 
Viottischen Konzerte z. B., mit welchem er 
auftrat, kann, was Geist, Stil und Virtuo- 
sität anlangt, nicht schöner gespielt werden. 
Neben ihm ist der kleine Dessale, Kreutzers 
Zögling von etwa 11 Jahren, anzuführen, und 
als Phänomen noch bewundernswürdiger; 
denn in solchem Alter ist wol schwerlich die 
Sicherheit, Reinheit, Fertigkeit, Genauigkeit, 
und zugleich das Feuer und die Kraft, gehört 
worden. Alle Zuhörer waren entzückt , und 
wenn der Knabe, ohne übernommen zu wer- 
den , so fort geleitet wird und auch selbst so 
bleibt, so wird er unstreitig ein Virtuos, der 
überall, selbst neben den ersten Meistern, je- 
dermann in Erstaunen und Freude versetzen 
muss. Benazet, Levasseurs Zögling, spielte 
ein schweres Rombergsches Violoncellkoiizert 
richtig, genau, aber ohne den lebendigen 
Geist, den der Komponist hinein gelegt hat. 
Das sanftere Andante gelang besser, und der 
junge Mann giebt die beste Hoffnung. Haydn- 
sche Sinfonieen und Ouvertüren von Chera- 
bini etc. gingen brav. Waa den Gesang betrift, 
so ist es sehr «u rühmen, dass die Lehrer 
die verschiedensten Gattungen und Schreibar- 
ten bey der Wahl der Stüoke berücksichtigen, 
und jedes, so weit es möglich, in dem ihm ei- 
genen Charakter studiren und vortragen las- 
sen — wenn nur die Zuhörer, wie gesagt, 
auch alles gehörig su würdigen verständen. 
In den freyesten, galantesten Stücken der 
jetzigen Italiener zeichneten sich die liebens- 
würdige Himm, nnd Eloy, mit seiner schmei- 
chelnden Stimme und seinem angenehmen Vor- 
trag, vorzüglich aus. (Vergleichen Sie über 
beyde meine frühern Nachrichten.) Mehrere 
ernsthafte Stücke, von Cherubini zum Theil 
zu diesem Behuf geschrieben , gelangen weni- 
ger;, und die Hauptsätze der in Deutschland 
nicht unbekannten grossen Messe von Pergolesi 
gar- nicht. Fast möchte man das auch , was 
Gesang betrift, von Haydns Stabat asater 
aagen. • Nur einige Soloa gelangen — beson- 



Digitized by Google 



I 



531 ißo5. 

der Dem. Himm. Die Chöre waren schwach 
und wankend. Sonach konnte da« Ganze , in 
welchem sie die Grundpfeiler auwwachen, die 
gehörige Wirkung nicht erreichen. — Ich 
kann die« Institut nicht verlassen, ohne we- 
nigstens einige Worte über den jungen Gasse, 
den ich auch schon früher erwähnt habe, au 
sagen. Er macht bey der Instrumentalmusik 
gewöhnlich den Anführer, und macht ihn, 
wie ein Mann , im vollgültigsten Sinne des 
Worts. Sein Werk ist zunächst die treffliche 
Ausführung der Sinfonieeo und Ouvertüren; 
#r ruhet nicht, bis er all« ins Feuer gesetzt 
•and fähig gemacht bat, dass das Ganse geben 
jgauss, wie es gehen «oll. Ks ist eine Freude, 
Jen jungen Menschen mit seiner Geige und 
meinem .gewaltigen Bogen — auch nur zu s e- 
aiQ. Hierin gebet er ganz auf dem Wege 
feines vormaligen Lehrers, Rode. — — 

Das Couserval. mit seinen Lehrern wird 
in,d*n «icbjstco Tagen Mozarts Requiem noch- 
mals öffentlich ««ffiihrea, und Glucks De 
.profandis soll vorhergehen. — Die grosse 
Oper ( Academie imperiale de musique) be- 
quemt sich endlich zum öffeutlichen Geständ- 
nis« dass «s ihr fast ganzem guten Siagstim- 
men fehlt, und hat, im Nameu der Regierung, 
jdle weUeebildete junge Leute van. i8 bis a£ 
Jahren, die vorzüglich gute Alt-, Tenor-, 
oder Basstimme besitzen, über die Elemente 
.de« Gesangs und der Musik überhaupt hinaus 
«ind, .und sich der grossen Oper widmen wol- 
Jen, eufgefur,de«l, «ich mit den hinlänglichen 
Zeugnissen vor ihren Departementpräfekteti zu 
stellen , von welchen sie nach Paris empfohlen, 
da nochmals geprüft, »und, wenn sie tauglich 
befunden weiden, Weiter gebildet, wenn man 
sie nicht tauglich findet, mit Erstattung alier 
Kosten und Entschädigung für elwätinige Ver- 
bauoaniss, cwüokgesohiokt werden «oiien. Die 
teian behält, werden mit allem, was au ihrer 
Jlilduug oderaoeb zu ihrer Erhaltung erforder- 
lich ist, von der Regierung versorgt; und 
auch die, welche nach einiger ZeM erst als 



May. 532 

gungen in ihre vorherigen Verhältnisse zu- 
rükgeseudel. Wenn es auf d i es e Weise nicht 
gelingt, su weiss ich nicht, auf wrl he es ge- 
lingen konnte! — Dass Satieri in Wien, der 
vornehmlich um seines frtHlichen Tarare's 
( Axur) willen noih hier in verdienter Hoch» 
schlung stehet, zum auswärtigen Mitglied de* 
Klasse der Künste am Natioualiustilut, au des 
verstorbenen Guglielini's Stelle, ist erwählt 
wurden, ist Ihnen wol Schön aus andern blät- 
tern bekannt. — Von der Aufführung des 
Passionsoratoriums von Paisiello in der Opera 
buffa und durch deren Personale ( — Sie se- 
hen, dass unsre Frömmigkeit jetzt überall zu- 
dringt—) hab* ich nichts zu sagen, weonbch 
das bekannte Konmut einer deutschen Dame 
wiederholt und gesagt habe, dass ich es nicht 
nur, wie es genieynt war, auf die Komposi- 
tton dieses Werks, sondern auch anf den 
Vortrag nnsrerBufibns bezogen haben will — : 
ich finde darin , sagte die Dame, alle Passio- 
nen, nur nicht die des Erlösers. Und von 
einem neuen Pasticcio, aus — der Himmel 
mag wissen, welchen deutschen, italienischen 
und französischen Werken zusammengetragen, 
-und die Eroberung von Jericho betitelt, 
ist auch nichts su sagen, obgleich die fröm- 
melnden oder schmeichelnden Journale es sehr 
■rühmen und preisen. Dass manches schöne 
.Stück mitunter lief, dass einige auch ziemlich 
gut ausgeführt wurden , ist wahe ; dass aber 
nie ganze snsammengeqnirlte Gattung eine 
Ausartung und namentlich dies W'erk dem 
bekannten Saul, 1 vom vorigen Jahre, noch 
weit nachzusetzen ist, ist es nicht minder.-— 



Wien, Anfang des Maya. - Wir haben 
Cherubiui's Anakreon als Oratorium im gros- 
sen Kedoutensaale. gehört,, und — ich mos« 
gestehen, dass mir das Musfallen der Pariaer» 
an diesem Werke, etwas erklärbarer geworden 
ist. Angenommen , dass mythologische Optra 
bey den aVranzoaen beliebter und gewöhnlicher 
sind, al« in fieuUcaiand, «e ist es dech 



Digitized by Google 



53* x ß°5- 

•ehlechler^irtgt gar kein« dramatische 
Handlung, da« Amor als ein armer Knabe 
bey Anakreoo einkehrt, uud dort van seiner 
Müller wiedergefunden wird. Eine lyrische 
Handlung aber, wie »ie hier heisat, i«t ein 
•ehr unbestimmter Begriff, und kann höch- 
stens eine . Handlung anzeigen, die Gelegen« 
holt au lyrischen Aeuaserungen giebt. Von 
dieser Art aber sind alle interessanten Bege- 
benheilen, weil die Ausbrüche jedes Affekts 
lyrisch sind. Was' könnte man nicht unter 
diesen Namen fassen ! Doch ich lenke zu weit 
von meinem Zwecke ab. < — 

Der Text war vom Hofschanspieler Steg- 
meyer höchst elend übersetzt. Man atollte sich 
doch, wol eiuigei massen nm Grammatik und 
Prosodi» bekümmern, ehe man «o öffent- 
lich, und noch dazu namentlich auftritt I Aber 
auch die Musik achten mir au dem Süjet nicht 
ganz passe od. Voraüge hat sie allerdings, 
grosse, entschiedene Vorzüge : all jenes Peuer, 
jene Starke, jene effektvolle Inetmmentirung, 
die Cherubini'e Wej ke ao hoch heben — aber 
eine Musik zum Anakreon ist aie schwer- 
lich. Wer die leichten, frryen, muntern, 
anspruchslosen Gesänge des tejiseben Greises 
kennt, in welchen er mit der ungetrübtesten 
Naturansicht noch im hohen Alter den Freu- 
den des Lebcna huldigt , der muss Cherubini's 
Cuarakterisirung verfehlt finden. Schon die 
Ouvertüre, welche mit einem bedeutenden, 
schweren Grave beginnt, und dann sich in ein 
feuriges, schönes, aber stürmisches AHegro 
entwickelt, ist nicht bezeichnend. So oft Aha* 
kreon von den entflohenen Zeiten seiner Ju* 
gend spricht, gebt Cherubini in klagende, du- 
atre Tonarten, ala wollte eme Gattin am Sar- 
kophage ihres Mannes trauern. Das ist nicht 
der Geist der aoakreontischen Klage! Wenn j 
der Greis aich seiner lugend erinnert , ao iat 
immendaa frohe Gefühl herrschend, aie weise 
genossen zu haben; selbst auf den Tod- blickt 
er .nur, si.h den Genuas des Augenblicks durch 
die Voretellung zu erhöhen i dass allea acbneÜ | 
vorüberrausche: ' I 



May. 534 

Wafür hHfi. de« Grsbetein Mibe* 
Und reraebei« Speaereyea 
Auf dea »chwsrien Uoden schütten ? 
Lieber «albo mich in Leheu , 
Schmücke diese« Haupt mit Roten 
Und bestell« meine Freundin. 
Amor ! eh' wh aotih .bJnaitSer 
Zu den Todeatänsen wandle, 
Hcis» ich «Ho Sorgen Hieben. 

Würde wol an diesem Gedichte z. B. das 
trübe Cmoll passen? würde nicht vielmehr eine 
freyere, heitere, wenn gleich gemässigte Ton- 
art, etwa Es oder As dur genommen werden 
müssen? 

Am besten sind Cherubini die Chöre gelun* 
gen. Ein Gewitter an Ende der ersten Ab* 
theilung ist mit einer ausserordentlichen, bia 
zu Ende steigenden Kraft durchgeführt, und 
der Chor zu Ehren des Baihus im aten Akte 
kann eine wahre mnsikaiisebe Dithyrambe ge-r 
nannt werden. Die Aufführung war nicht 
vorzügliche weder Sangeir noch Orchester law 
steten dem Pnbtik uro Genüge. Man mau 
aber aneh geetehen, dass der ungeheure Re- 
doulerisaal der Mnsik sehr ungünstig ist} die 
letzteren im Saale können weder die Sauger 
verstehen, noch die Musik an leisem Siellea 
vernehmen* Ueberhaupt wird ein passender 
Konzertaaal für Wien noch lange ein frommer 
Wunsch bleiben. • 

Den vorigen Winter hat sich hier -eine 
musikalische Anstalt gebildet, welche durch 
reichliche Unterstützung noch fortdauert, und 
die in ihrer Art wirklich vollkommen ist* Dies 
sind Quartetten, welche m einetn Prvrathause 
auf die Art gegeben werden , dass der Zuhörer 
für vier Produktionen immer fünf Gulden vor- 
ausbezahlt. Schuppanrigh , der Unternehmer, 
weiss -bey seinem vertrefflichen QuartHten- 
Tortrage in den Geist der Kompositionen gew 
naa einzudringen, Und darFeörige, Kräftige, 
öder auch Feinere, Zarte, Hnmoristts^he, 
Liebliche, Tändelnde, aö bezeichnend bei aus- 
zuheben, dass die erste Violin kaum besser be- 
seiet seyn könnte. -Ihn aecoropagnirt aii r üVr 
zweyten Viehn eben ao vortrefflich sein Svhü-i 



Digitized by Google 



535 



1805. May. 



536 



ler Mayieder, ein sehr mlentvoUer Jüngling, 
von dem erst neulich in Ihren Maltern gespro- 
chen wurde. Die Viole behandelt Schreiber, 
in Diensten des Fürsten von Lobkowilz, mit 
Leichtigkeit und Genauigkeit Da» Violoncell 
ist durch den altern Herrn Kraft Tortreiflich 
besetzt; er bat einen schönen vollen Ton, un- 
gemein viele Leichtigkeit und Sicherheit, uud 
opfert dem Effekte seine« Instrumentes nie das 
Ganze auf. Natürlich sind es nur die vorzüg- 
lichsten , ausgezeichnetsten Kompositionen, 
welche von solchen Meislern sorgfaltig einslu- 
dirt, und erst nach einigen Proben öffentlich 
vorgetrogen werden» Bi< Jetzt sind Quartelten 
vdnMozart,Haydn, Beethoven, Eberl und Rom- 
berg gegeben worden. Zuweilen werden wol 
auch grössere Stücke aufgeführt) unter diesen 
gefiel vorzüglich das schöne Beelhovensche Sex- 
tett aua Es, eine Komposition» die durch schöne 
Melodieen, einen ungezwungenen Harmonie- 
Auas und einen Reiehlhum neuer und über- 
raschender Ideen glänzt. Die Klarinette wur- 
de dabey von Herrn Pär, in Diensten des fürst- 
lich Lubtensteinachen Hauses, äusserst voll- 
kommen vorgetragen. Dieser Künstler hat 
nebst einer ausserordentlichen Leichtigkeit und 
Sicherheit auch einen so äusserst lieblichen 
und angenehmen Ton, und weiss ihn beson- 
ders im Piano zu einer so zarten und hinreis- 
sende!» Delikatesse zu schmelzen 1 des* er ge- 
wiss wenige Gleiche auf b einem Instrumente 
finden' wird.: 

1 EU» gewisser Kreutzer, der »ich alz Kon- 
zertmeister von Zürich ankündigte, gab ein 
Konzert im Jahnischen Saale, wobey aber sehr 
wenig Zuhörer augegen \varcn.| Wer in Wien 
nicht beliebt, oder schon sehr vorteilhaft be- 
kannt Ut, kann sehr selten auf ein einträgli- 
ches Konzert rechnen« Kreutzer gab zuerst 
•eine Ouvertüre- . aua einer unaufgefübrten 
Op*r: da« FriedensfesW Sie begann mit einem 
sehr trüben« ibey nahe melancholischen, viel 
au langen Adagio au* D moll und ging dann in 
ein hübsches Allegro .über , das aber auch kein 
1. U überhaupt hat dieser Kompo- 



nist die Kon«! aufzuhören noch.ehrsorgfallig zn 
studiren. Darauf spielte er ein Klavierkonzert 
aus E dur von seiner Komposition, aber Weder 
von dieser, noch von seiner Ausfuhrung laust sich 
viel Vorteilhaftes sagen. Kr. hat zwar Ge- 
läufigkeit, aber es fehlt ihm an Reinheit , Si- 
cherheit und völlig an Ausdruck. Ein Klari- 
nelkonzert von seiner Komposition ist viel bes- 
ser gearbeitet und hat manche hübsche Stellea, 
auch wurde es von ihm ganz angenehm und mit 
Geschicklichkeit vorgetragen. Hr. Kreutzer 
würde gewiss besser tbun, sich ganz diesem 
Instrumente zu widmen , auf dem er es in der 
Folge vielleicht zu einer ausgezeichneten Voll- 
kommenheit bringen könnte. 

Am isten May wurde der Augarten mit ei- 
nem schönen Konzerte der Mad. ßigot de Mo- 
roguea eröffnet. Ihr Klavierspiel hat wirklich 
entschiedene Vorzüge: ihr Vortrag ist reio, 
angemessen, und am gehörigen Orte delikat 
und fein. Zugleich wurde die neue grosse 
Eberische Sinfonie aus D gegeben — eine ge- 
waltige, kühne Dichtung, in welcher die Kraft 
dieses Tonsetzers und das Feuer seines Geistes 
frey und keck herausbricht. In dem letzten 
fugirtea Stücke liegt grosse Stärke, und in, dem 
schönen Marsche ein ganz vorzüglicher Instru- 
mentalefiekt. Seit den Mozartseben , Haydn- 
schen und Beethovenseben Sinfonieen ist wol 
nichts in dieser Gauting erschienen , das sirh 
so ehrenvoll jenen zur Seite stellen könnte. Es 
ist wirklich zu wünschen, das Eberls vortreff- 
liche, grössere Werke, seine Sinfonieen ao- 
wol als seine ganz im Mozartsehen Geiste 
| geschriebenen Klavierkonzerte, durch den Stich 
bald allgemein verbreitet werden möchten. 

Der hiesige Instrumentenmacher Müller 
hat die von dem verstorbenen Röllig erfundene 
Xanorphika, verbessert, in einem Konzerte 
gezeigt. Das Wesentliche dieses Instruments 
befrtoht darin, dass es mit einer Tastatur ver- 
sehen, und wie ein Pianoforte gespielt, die 
Harmonie eines Violinqnartetts nachahmt. Im 
Adagio gelingt es ziemlich, obsrhon auch hier 
nicht alle 'X 



Digitized by Google 



537 



. 1805. May. 



538 



die Modulation durch die Mos mittelbare Be- 
rührung der Saite verliert. Das Allegro aber 
ist noch mangelhaft. Hier bat das Instrument 
mehr einen Harfen- als Violiiiton, und scheint 
die gebundenen Noten nur unvollkommen zu 
geben. Oa der Spielende auch mit den Füaaen 
arbeiten muaa, und die Behandlungsart über- 
haupt schwierig scheint« ao dürfte diea Instru- 
ment für Frauenzimmer nicht passen. Uebri- 
gena bleibt es immer eine artige Erfindung, 
die sich vielleicht noch bedeutend entwickeln 
kann. 

Im Bigoischen Konzerle lernte ich eine 
neue Sängerin , Mad. Schmidt kennen. Sie hat 
eine reine , schöne , volle Stimme, und im 
Gesänge Feuer und Affekt. Wenn sie noch in 
der eigentlichen Kunstbildung weiter schreitet, 
kann sie eine hohe Stufe erreichen. 



Dresden , den a4sten April. Wenn ich 
etwas mit voller Ueberzeugung zu Joben fin- 
de, denn zehret' ich Ihnen sicher — -r 
Es tat in Ihrer Zeitung bey Gelegenheit der 
Recenaion von Naumanns Biographie, zwey- 
tem Theil , stark ,' aber anständig zur Sprache 
gebrecht worden , dass seit dem Tode dieses 
Meisters durchaus nichts von ihm gegeben 
werde. Das war vollkommen gegründet. Sie 
sehen aber« wenn man in einer gerechten 
Sache, bestimmt, doch mit gehörigem Anstand 
spricht, und die Vorstellung dahin, dringt, 
Woher die Entscheidung kommen muss : so 
bleibt hier ein solches Bemühen nicht ohne; 
wohltätige Folgen. Es wurde nun wirklich 
deu Osler- Vorabend in der katholischen Kir- 
che eiu , noch nicht öffentlich bekannt gewor- 
denes Nauttjannschea Oratorium: Betulia. li- 
beral«, von Mttasjasio, aufgeführt. Jedem 
wahren Freunde der Kunst war dieser Tag ein 
Feattag. Obscbon diea Oratorium nicht das 
vollkommenste unter den Nauinaunscheu ist, 
lo bleibt es"doch sehr s'chätzenswerOi und sei- 
nes Urhebers wüidig. Vornehmlich zeichnen 
•ich die meisterhaften Chöre, einige Arien der 



Herrn Benelli und Sassaroli , nnd das grosse 
Recitaliv mit Accompagucment aus, wo Judith 
die Enthauptung des Holofernes erzahlt. Die 
Ausführung gelang aebr gut, und unter den 
Sängern zeichneten sich die bevden genannten 
ganz vorzüglich aua. Eine Anmerkung sey 
mir aber erlaubt, da aie gegründet ist, nur 
aua uninteressirter Theilnahme an der Sache 
selbst entspringen kann, und, wenn man 
bey etwaniger Wiederholung jenes Werks 
darauf Bücksicht nimmt, (es ist gewöhnlich, 
dass ein neues Oratorium das nächste Jahr 
wieder gegeben wird,} für dasselbe vorteil- 
haft aeyn möchte. Es ist bekannt, wie vor- 
teilhaft die genannte Kirche für Musik er- 
bauet jst; aber man muss aie kennen, um so 
für sie zu schreiben, dasa es von gehöriger — 
und dann vortrefflicher — Wirkung ist. Die 
Hauptregel dabey ist: vermeide, so viel nur 
immer möglich, geschwind auf einander fol- 
gende Noten, weil der allzustarke Nachball 
des Gebäudes schnell vorüberrauschende Sätze 
in einander verflossen und undeutlich zu hören 
giebt. Naumann wusste das nicht nur, son- 
dern verstand auch, es trefflich zu benutzen, 
und wachte,- auch in dieser Absicht, mit der 
von ihm gewohnten Sorgfalt und Genauigkeit 
Üb^C. seine Arbeiten. Nun bekamen wir. in 
dieaem Oratorium allerdings mehrere Stellen, 
besonders viele zerstreute Solos für Blasinstru- 
mente, des Nachhella wegen, in einander ge- 
flossen und ganz undeutlich zu hören. Das 
scheint mir ganz unwidersprechluh darznthun. 
dasa Naumann diese Satze nicht so geschwind 
im Tempo genommen haben wollte, als sie 
genommen wurden. Und wirklich könnte es, 
wenigstens bey einigen, auch nicht schwer 
aeyn* na c hzuweisen — und zwar schon aue 
dem Sinne des Komponisten und noch abgese- 
hen von jener notwendigen Rücksicht auf das 
Lokair - dass, sie, zu 'geschwind genommen 
wurden. Der diesmalige Hr. Direrteur, von 
dem. man gewiss die beste Gesinnung gegen den * 

verewigten Naumann und seine Werke vorauf 

— - 

aetzen darf, wird .eben darum meine Bemer- 



Digitized by Google 



539 



l8o5. May. 



540 



kung ohnstreitig nicht übel aufnehmen. — Im 
F r e y m ü t h i g e n lese ich so eben eine Nach- 
richt von derselben hier angeführten Produk- 
tion. Der — Dresdner scheint sich über jene 
Bemerkung Ihres Recensenten *u beschweren, 
Halt Sie zu verdanken, and setzt hinzu, sie (die 
Monate froher gedruckte üud bis dabin unwi- 
dersprethliche) werde durch dies (Monate spä- 
tere) Faktum der Auffdhrnng dieses Nauman- 
schen Werks widerlegt etc. Lassen Sie das 
hingehen, so wie auch das unaufhörliche und 
ungemeine Lohpreisen von hieraus in andern 
öffentlichen Blättern. Bey dem letzten dauert 
mich hui- das wirklich Vortreffliche, das wir 
besitzen, von dem man nun doch auch nichts wei- 
ter sagen kann, als vom Mittelmässigen — weil 
man die Ausdrücke und Wendungen erschöpft 
hat — und das sich darum unter jenem ver- 
liert imÜrlhelte des auswärtigen Publikums ! — 
Hr. Kapelllu. Schuster hat eine neue, originelle 
und brillante Messe geschrieben, die ich nicht 
übergehen darf, wenn ich anfahre, wa* ich 
Wirklich lobenswmäig finde. — 



Anekdote. 



In Neuraartns Biographie (2ten Th. S. 19.) 
findet sich folgende Anekdote. Als Naumann 
zum erstenmal nach Stockholm kam, fand er, 
ausser andern grossen Üebelständen, dass sichs 
die Musiker äusserst bequem machten Und na- 
mentlich auch keine Proben halten mochten. 
Wurden diese ja gehalten , so dfspensirten sich 
mehrere der vorzüglichsten Mitglieder,' öder 
Warteten nur einen Theil davon ab u. dgL m. 
Der Vorsteher und Directeur tfer müiilili»chen 
Institute (Baroekow) war ein ehrlicher Mann, der 
aber Von Musik gfTade soviel verstand, «Ts — 
doch die Anekdote verräth das schon selbst 1 Nau- 
mann führte Beschwerde übet jeneBequfemlidh^ 
lieitundNachlässigkehUesTheafe'r-untfKäpel^ 

t 1 . II! .r-*:;.r i«» . .H»».i 7. 



Personali, und führte, wie gehörig, die Be- 
schwerde bey die«em Manne, als der höchsten 
Instanz, ausser dem König. Der Directeur befahl 
bey strenger Strafe, mau solle sich bessern, und 
in der nächsten Probe fehlte doch sogar der erste 
Violinist. Er kömmt zwar noch, aber sehr spät. 
Der Directeur, der sich diesmal angriff, wirk- 
lich gegenwärtig war, ubd «einen Platz absicht- 
lich so gewählt hatte, dass er jeden su spät Eintre- 
tenden bemerken und empfangen köunte.liess ihn 
hart an. Der Musiker kannte seinen Mann und 
erwiderte ganz gefasst: Ew. Excelleuz werden) 
nun auch mich anhören ! Mir War engesagt, ich 
möchte mich mit meiner C- Violin einfinden. Ich? 
that es pünktlich. Schon an der Thür hörte ich 
aber am Stimmen, dass wir heute E- Violinen 
brauchen. Ich eile nach Hanse : unglücklicher 
Weise ist raeine E- Violin nicht bezogen. Ich be- 
ziehe sie so schnell als möglich : aber freylich, 
einige Zeit gehet hin ! Doch hoff* ich, Ew. Ex- 
cellenz werden mir das Recht wiederfahren- las- 
ten, dass das meine Schuld nicht war. — Nun, 
nun ! antwortete der Directeur der musikali- 
schen Anstalten; wenn's so ist, mag's diesmal 
noch hinschleichen ! — * 

(Für Leser, die von Musik so gar nichts ver- 
stehen, wie dieser Directenr, der Zusatz: Ei 
giebt gar keine C- oder E- Violin, sondern nur 
Eine, auf welcher alles gespielt wird.) 

An einem deutschen Hofe erlebte man vor 
kurzem einen, jenem wenigstens von Einer Seite 
ähnlichen Vorfall. Inder Opernprobe fehlUder 
erstrBasssänger unter den Choristen, die von der 
dortigen Schule genommen werden. Man will 
tiach ihm schicken : das macht ja Aufenthalt, sagt 
der Directeur der musikalischen Ansraiten *, wie 
Wollen indessen 1 einen von den Kleinen dorthin 
steifen! Und nicht ohrfeMühe macht 1hm der 
Kapellmeister begreiflich , dass man die Stelle 
des erAeh Baisirten ülcHl mit einen Di&anti" 
Äen 'besetzen könne; «■ < > '■ 1 



_ 



(Hiejbey InUlIigeiublatt' ko. k.) 



. . 1 , 



Latrs'ieS Vk* %*t 1 1 k6* » 't * b iMif, 



Digitized by Google 



INTELLIGENZ - BLATT 
zur Allgemeinen Musikalischen Zeitung. 



May. 



1805. 



M U 8 



ikanztlg 



Den Freunden de« Gesanges kündige ich awölf 
Lieder ron Matthison und andern guten Dichtern auf 
Pränumeration au, welche bey den Herren Breitkopf 
und Hirtel in Leipzig gedruckt werden. 

Man kann in gedachter MusikliartcHuug in Leipzig, 
bay dem Herrn Orgelbauer Treutmanti in üarby , den 
Herrn Burclurt , Organist an der Jacobi -Kirche, in 
Magdeburg, Herrn Wangemann , neue Jacobs -Strasse 
No. i3. in Berlin, und bey mir iu Witttok von 
heute an, bii «um ersten October a. c. mit «8 Gr. 
Goar. Münze auf ein Exemplar in poatfreyen Briefen 
pränumeriren. 

Den gütigen Sammlern wird daa 7te Exemplar 
gana, und da* 5to halb frey gegeben, und der naebhe- 
rige Ladenpreia auf » Rthlr. 8 Gl. erhöhet werden. 



Wit.tok, 
den ersten März. 
180Ö, 



J. S. Wange mann* 



A n h ü n d 



1 S u » 8- 



r- 

Znr Unterstütinng efner armen nnd »ahtreichea, 
harten Schlägen dca Schickaal» niedergebeugten 
Familie erscheinen so bald wie möglich, ron einem 
bekannten Komponisten, Fantasieen und Gesänge unter 
dem Titel: 

Schwärmereyen am Klavier. 

Der Prä'numerationspreia ist 16 Gr. prens*. Cour, 
der naebherige Ladenpreis 1 Rthlr 4 Gr. Buch- und 
Moslkhandluogen, wel'he die Gute haben wollen Prä- 
" 1 , erhalten davon 36 p. C. 



Für andere edle Beförderer ist da» 7te Exemplar frey. 
Die Einsendung des Geldes geschieht Postfrey an die 
Maur ersehe Buchhandlung in Berlin. 



Dia auf Pränumeralion angekündigten 

Zwölf Orgelstücke 

TOD 

M. G. Fischer. 

siod erschienen , und werden von heute am «n die 
Herren Sammler abgegeben; zugleich bemerke ich, d»j 
beyde Hefte noch bis aur bevorstehenden Jubilatc- 
Mesae i8o5. um den Piäoumeratious- Preis für 16 Gr. 
eächs. , in allen Buchhandlungen sowohl als bey mir. 



J. E. G. Rudolph!. 



Brfurt r den a3. Müs» 
i8o5. 



Nttur Verlag dts Musik- Comtoirs zu 
Braunschtvtig. 

N. Isouard, Maria und Berton, 5 Romanzen mit 
Guitarre und Flöte. 13 Ggr. 

0. H. Bink, 6 Quadrille» i 4 mafns. L. 1. 6 Ggr. 

— 6 Menuet» arce Trios a 4 mains. L. 1. 

6 Ggx. 

F. Kauor. Daa • Sternen mädchen , Oper im leichten 
KJavierauMug. 1 Rthlr. 4 Ggr. 

— — • Dito filr a Flöten, j* Gr. 

Marach de» Mamcluckeneorp» bey Kapoleons 
* Ggr. 



Digitized by Google 



Anfragt, 



i. Lichtenberg giebt im 5ten Bande mner vermischten 
Schriften , Seite 81. eine Verbesserung der Aeols- 
harfe an : hat jemand damit schon Versuche ge- 
macht, und 'wie »bid diese ausgefallen? 

a. Man hat die Harmonika mit einer Tastatur vene- 
heu. >Der dadurch auf das Duplum erhöhte Preis 
berechtigt^iu der Erwartung, das» dieaea Instru- 
ment dadurch nicht bloa an Bequemlichkeit dea 
gpielens gewonnen, sondern auch an leichter Htr- 
vorbringuog und Reinheit der Töne nichu verloren 
habe ? 'Einsender dieses hat nicht Gelegenheit ge- 
habt, eine Harmonika von vorgenannter Art au hö- 
ren, und da aelbat Dem. Kirchgessner sich nur ei- 
ner gewöhnlichen bedient , 10 stiegen in ihm einige 
Zweifel auf, oh die Tastatur wirklich eine Vei- 
he sse rang der Harmonika »ey. 

Sachverständige werden durch Beantwortung die- 
eer Fragen den Einsender sehr verbinden. 

W. — 



Ntue Musikalien, von vtrschUdenen Vtrltgern, 
Wtlcht bty Brütkopf und Hdrttl zu habtn find. 

Beethoven, a Sonate* facile», pour re Pianof. 

Op. 49. > Thlr. 

Albrechts berger, G., Prelude et Fugue pour le 
Pianof. a 4 »»«na. ig Gr. 

Müller, Ouv. aus der Oper: das Sonnenfes* der 
Brammen, für das Pianof. mit Fl. 8 Gr. 

Paer, Ouvert. au» der Op. Achilles, für* Klavier. 
6 Gr. 

Weigel, Our. de l'Op, l'Amor morinaro pour le 

Pianof. 6 Gr. 

Mehol, Our. de l'Op. l'Irato, arr. p, le Pianof. av. 
Fl. et Viol. ad lib. 1a Gr. 

Kreuzer et Nieolo, Ouv. du petit Page, arr. p. 
le Pianof. avec aecomp. de Viol. 18 Gr. 

£ 1 e r , Ouv, de l'Habit du Chevalier de Gramtnont, 
p. le Pianof. ar. acc. da Violoo. ai Gr. 



Sarchi, beliebteste Ceslnge aus der Oper: tob 
Gasthof au Gasthof. Klar. Aus». 1 Thlr. 

Cherubini, Ouv. und Favorit. Polonoise aua d. Op. 

Lodoiska, f. Klav. i4 Gr. 
» 

Winter, Stnfonia e Canti dell» Op. Belita, per il 
Cembalo. 1 Thlr. 8 Cr. . 

Benelli, A. , Rondo: In aueslo mio coro etc. 
6 Gr. 

Haibel, Sinf. und Favoritgesänge au» der Oper: 
der Tyroler Wastei. Klar. Aus*, ao Gr. 

Isouard, N.,' der Türkische Arat oder der Vor- 
ruckte , kam. Op. Kl. Aus», a Thlr. 

Weber, Bernb. Au«., Gesänge, Marsch und Chor 
aum Schauspiel: Wilhelm Teil, Klar. Atuiug. 
ta Gr. 

B er ton, Gesänge etc. aus der Oper: Aline, Köni- 
gin von Golconde, im Klav. Aus». No. 1 — b. 
t Thlr. 4 Gr. 

8eyfried, J, von, ausgewählte Stücke au» der Op. 
Cynt», im Kl, Aus». 1 Thlr. 4 Gr. 

Isouard, N. t ausgewählte Stücke au» der Oper: 
der Türkische Arzt. Klsv. Aus«. 1 Thlr. 4 Gr. 

Boieldieu, der Kalif von Bagdad, Oper im Klav. 
Aus», augleich für die Harfe eingerichtet, 1 Thlr. 
4 Gr. 

— — ausgewählte Stück« an» der Oper: Tante 
Aurore , Klav. Aus». 1 Thlr. ao Gr. 

Berton, Favorit Arie und Duett a* d. Oper: die 
tiefe Trauer. Kl. Aus». 6 Gr. 

Mehul, «wey Favoritetücke au» der Oper: Ariodant. 
Kl. Aus». 8 Gr. 

Weber, B. A., Gesänge an Wilh. Teil, f. Klar. 
No. 1 — 4. »6 Gr; 

No. t. Hiftenlied, 4 Gr. 

— 3. Fischerlied, 4 Or. 

— 3. Jägerlied, 4 Gr. 

— 4. *ar«<* «« BauernhochteJt, 4 Gr. 

■ 

CWird forgeaeut) 



11 'I ■ 

La triie, mm* Bttitttti tu Hslttb 



Digitized by Google 



ALLGEMEINE 

MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 22 ,en May. N=. 2>4-« 



1805, 



Gütht äb€r Mutik. 



(Das* ein tiefer und grosser Geist, der das 
Ganze umfasset, eben duram auch Von den 
.Tfaeiien Ansichten gewinne, die die grössle 
Aufmerksamkeit verdienen, versteht sich von 
selbst, uud es ist zwar ein Vortheil mehr, 
wenn er auch die einzelnen Theile, über wel- 
che er sich erklärt, noch besonders weiter 
kullivirt hat, aber nothwendig ist es nicht. 
Götho hat sich in einer seiner sehr merk- 
würdigen Anmerkungen zu dem von ihm aus 
Dtderots Manuscript übersetaten Dialog : 
Rumeau's Neffe, (so eben bey Göschen in 
•Leipzig erschienen) über Musik erklärt — 
freyhcb zunächst in Beziehung auf jene 
-Schritt; aber wer würde ihn nicht auch hier 
mit aller Aufmerksamkeit hören wollen ? 

Jene äusserst interessante Schrift handelt 
überhaupt an vielen Stellen von Musik, und 
zwar, obwohl zuvörderst von lokaler und 
temporärer, doch mit so viel Geist und Scharf- 
sinn, dasa 1 davon in der Folge mehr zu sagen 
seyn wird — wo aurh über einige der hier 
folgenden Satze etwas weiteres beigebracht 
werden kann.) 

Alle neuere Musik, sagt Gölhe S. 4ao 
folgg., wird auf zweyerley Weise bebandelt: 
entweder, dasa man sie als eine selbs (ständige 
Kunst betrachtet, sie in sich selbst aasbildet, 



Sinn geniesst, wie es der Italiener zu ihun 
pflegt; oder dasa man sie in Bezug auf Ver- 
sta nd, Emp findung, Leidenschaft setzt und sie 
7. ithig. 



dergestalt bearbeitet, dass sie mehrere mensch- 
liche Geislea- und Seelenkiafte in Anspruch 
nehmen könne, wie es die Weise der Franzo- 
sen , der Deutschen und aller Nordländer ist 
und bleiben wird. 

Nur durch diese Betrachtung, als durch 
einen doppelten ariadneischen Faden, kann man 
sich aus der Geschichte der neuern Musik und 
aus dem Gewirr partheyischer Kämpfer her- 
aushelfen, wenn man die beyden Arten ds), 
wo sie gelrennt erscheinen, wohl bemerkt und 
ferner 'Untersucht, wie sie sich an gewissen 
Orten, zu gewissen Zeiten, in den Werken 
gewisser Individuen zu vereinigen gestrebt und 
sich auch wol für einen Augenblick zusam- 
mengefunden, dann aber wieder auseinander 
gegangen , nicht ohne sich ihre Eigenschaften 
einander mehr oder weniger mitgetheÜt zu 
haben, da sie sichjleon in wunderbaren, ih- 
ren Hauptasten mehr oder weniger annähern^ 
den Ramifikatioeen über die Erde verbrei- 
teten. 

Seit einer sorgfältigen Ausbildung der 
Musik in mehrern Landern mussle sich diese 
Trennung zeigen, und sie besteht bis auf den 
heutigen Tag. Der Italiener wird sich der 
lieblichsten "Harmonie, der gefälligsten Melo- 
die befleisaigen j er wird sich an dem Zusam- 
menklang, an der Bewegung, als solchen, er- 
götzen; er wird des Sängers Kehle zu Käthe 
siehe, und das, was dieser, an gehaltenen 
oder schnell auf einander folgenden Tönen und 
deren mannich faltigstem Vortrag leisten kann-, 
auf die glücklichste Weise hervorheben, und 
so das gebildete Ohr seiner Landsleute ent- 



Digitized by Google 



543 



1805. May. 



544 



für alle Völker musterhaften Grade gelangt 



zücken. Cr wird aber auch dem Vorwurf 
nicht entgehen, seinem Text— da er cum 
Gesang doch einmal Text haben muss — kei- 
neswegs genug gethan au haben. 

Die andere Parthey hingegen hat mehr 
©der weniger den Sinn, die Empfindung, die 
Leidenschaft, welche der Dichter ausdrückt, 
Tor Augen ; mit ihm tu wetteifern hält sie für 
Pflicht. Seltsame Harmonieen, unterbroche- 
ne Melodieen, gewaltsame Abweichungen und 
Uebergäuge sucht man auf, um den Schrey 
des Entzückens , der Angst und der Verzweif- 
lung auszudrücken. Solche Komponisten 
werden bey Empfindenden, bey Verständigen, 
ihr Glück machen, aber dem Vorwurf des 
beleidigten Ohrs, in so fern es für sich ge- 
messen will, ohne an seinem Genuss Kopf und 
Hers Theil nehmen zu lassen, schwerlich ent- 
gehen. 

Vielleicht läast sich kein Komponist nen- 
nen, dem in seinen Werken durchaus die 
Vereinigung beyder Eigenschaften gelangen 
Wäre; doch ist es keine Frage, dass sie sich in 
den besten Arbeiten der besten Meister finde 
und nothwendig finden müsse. 

1 » 

Uebrigens was diesen Zwiespalt betritt, so 
istei wol nie gewaltsamer, erschienen, als in 
dem Streit der Gluckisten und Piccinislen , da 
.denn auch der Bedeutende vor dem Gefalligen 
die Palme erhielt. Ja, haben wir nicht noch 
in unsern Tagen den lieblichen Paisiello durch 
einen ausdrucksvollem Komponisten verdrängt 
gesehen — eine Begebenheit, die sich in Paris 
immerfort wiederholen wird? 

Wie der Italiener mit dem Gesang, so 
verfuhr der Deutsche mit der Instrumental- 
musik. Er betrachtete sie auch eine Zeit lang 
als eine besondere, für sich bestehende Kunst, 
vervollkommnete ihr Technisches, und übte 
aie, fast ohne wettern Bezug auf Gemüths- 
kräfte, lebhaft aus, da sie denn bey ei- 
ner, dem Deutschen wohl gemessen, tiefern 
Behandlung der Harmonie zu einem hohen, 



( Das Uebrige schliesst sich zu nahe an den 
Dialog selbst, um seinen Sinn zu erläu- 
tern, als dass es eiuzeln hier aufzustellen 
Wäre.) , 



N A C H II x c n 1 E K. 



Leipzig. Die Konzerte dieser Messe 
wurden vornehmlich durch den vortrefflichen 
Gesang der Dem. Haser, sonst Mitglied des 
hiesigen Konzerls, jetzt bekanntlich kurfürsll. 
Opernsätigerin in Dresden, verschönt. Es ist 
zum Bewundern» und, so weit unsere Er- 
.iabrung reicht, ohne Bey spiel, welche Fort- 
schritte' dieses, in jedem Betracht sehr 
achtungswürdige Frauenzimmer seit Jahr und 
Tag gemacht bat. Nur durch seltene Konkur- 
renz der glücklichsten Umstände, und zwar 
eben in den Jahren, wo der Mensch an Kräf- 
ten am reichsten ist, aber sie noch nicht ein- 
seitig oder auf Nebendinge zu verwenden ge- 
wöhnt worden — grosse Anlagen und frühe, 
gründliche Schule allerdings vorausgesetzt — : 
nur dadurch werden dergleichen Fort- 
schritte möglich. Unter jene glücklichen Um- 
stände gehören unstreitig vor allen die Gnade, 
der Bey fall, der Schutz, die aufmunternde 
reiche Belohnung eines edlen, verehrten Für- 
sten; ein unpartheyisches, au Einsicht und an 
Empfänglichkeit für das Schönste ausgezeich- 
nete Publikum; Theilnahme an einem Insti- 
tut, das nicht nur einzelne vortreffliche Mit- 
glieder, die als Muster dienen und das . ange- 
strengteste Streben wach erhalten können, be~ 
sitzt, sondern das auch ein schönes Ganze 
bildet — wie das bey der Dresdner Hofmusik 
der Fall ist; öftere Gelegenheit, sich in dem 
Bedeutendsten zu versuchen und hervorzu- 
thunj und endlich — dass der Künstler, auch. 



Digitized by Google 



545 »805. 

als Mensch, so gut, so bescheiden , und durh 
so voll innerer Lebenskraft und LebrnswXt nie 
sey, wie sich dies bey Dem. Häaer fiudet. 

Die Summe von Kunslmitlelu, die sie in 
ihrem Gesang entwickelte, und zwar so, dass 
es nicht zu verkennen war, sie seyen ihr 
ganz eigen, und werden von ihr so leicht 
und spieleud beherrscht, wie dort der Löwe 
durch den Amor — ist uns an einer Sängerin 
von diesen Jahren der ersten jungfräulicher 
Bliilhe noch niemals vorgekommen. Mit 
ganz aicherra, vollkommen reinen, hinläng- 
lich starken, gleichen, und durchaus angeneh- 
men Ton beherrscht sie fast drey volle Okta- 
ven j jeden dieser Töne verwendet sie, zu 
was sie will, und nur in den behendesten Kol- 
loraturen und Flotenläufen machen ihr einige, 
doch nur einige, der jetzllebenden berühm- 
testen Sängerinnen den Vorrang streitig. Die- 
ser Vorzug lässt sich durch Zeichen einiger- 
massen anschaulich machen; es mögen, als 
Belege, einige ihrer kürzern Fermaten, 
die wir ihr abhörten, hier stehen, wenn wir 
vorhergesagt haben , daas sie sie ganz voll- 
kommen und ohne allen Zwang ausführte 
«— was sich freylich nicht durch Zeichen dar- 
stellen Usst: 




Sie recitirt vollkommen deutlich, und im- 
mer mit angemessenem Ausdruck, besonders, 



May. Siß 

wohin es gehört, mitVViiide und edlem An- 
stand. Ihr Vertrag ist überhaupt dem Cha- 
rakter der Komposition stets angemessen; sie 
behandelt darum — wie es »ich freylich von 
selbst verstcheu sollte, aber so höchst selten 
findet — Deutsche ganz anders, als Italiener. 
Auch bey dem verzierten, fxeyen Gesang ita- 
lienischer Muaik überladet sie jedoch nirgend», 
und die treffliche Schule, die ihr zu Theil wor- 
den , lässt sie auch nie in einen Verstos ge- 
gen die Harmonie verfallen. — Doch das 
alles ist am Ende nur das Materiale, aus wel- 
chem der Geist erst das Werk schallt; und 
dieser ist eben so wenig in Worte und Phra- 
sen einzufangen und hinzustellen, als der 
süsse Silberton der jugendlichen, frischen — 
man möchte sagen, der unschuldigen 
Stimme. Es sey mithin nur noch hinzuge- 
setzt, dass Dem.Häser (öffentlich) die Haupt- 
»cene der EnrichelU aus Winters 1 fratelli ri- 
vali , eine einzeln geschriebene Scene mit Chor 
vou Paer, die Uauptscene der Diana in l'Ar- 
bore di Diana, von Martin, ein schönes, und 
zu freyem Variiren eingerichtete« Rondo von 
Naumann, (wo ihre Verändernngen von sel- 
tener Einsicht auch in dieses Gebiet der Virlü 
zeugten) und eine treffliche Bravoursrene vom 
Ilighini sang; und dass das in beyden Konzer- 
ten äusserst zahlreich versammelte Publikum 
so entzückt war, dass es ihr einen Bey fall be- 
wies* , der für den ausgezeichnetsten Triumph 
gelten konnte. Der liebenswürdigen Künstle- 
rin aber haben wir, ausser unserm Dank für 
so schöne, gennssreiche Stunden, nichts zu 
sagen , als die wohlgemeynte und ganz unei- 
gennützige Bitte, dass sie, als Mensch und als 
Künstlerin gerade auf dem Wege fortgehen 
möge , auf welchem sie jetzt ist , ohne sich, 
durch ungemessene Schmeicheleyen , oder 
durch Lockungen der ungebildeten Men- 
ge, oder durch Neid mancher Kunstgenoa- 
sen — (an alle diesem kann es ihr nicht 
fehlen) — im geringsten irre machen zu. 



Digitized by Google 



547 



1805. May« 



548 



Berlin, & 7ten May. Den 2isten April 
i Hr. H urica ein Konzert im Saal der 
Luge Royal - York. Den eilten Theil füllte 
.Uimiuels Urania, die auch hier wieder die 
zahlreich versammelten Zuhörer sehr erfreute. 
Im zweyteu Tbeil spielte Dutsek ein von ihm 
gesetzte* Foitepianokonzert, und Dem. Wil- 
lich sang eine Arie alla polacca von Paer. Den 
Beachluss machte ein Terzelt von Righiui, 
gesungen von Dem. Willich und den Hm« 
Finne und Hurka. — Den aSaten gab Hr. 
Möser, den wir nun behalten, ein Konzert 
iin Theatersaal. Er selbst spielte mit Hrn. 
Dussek ein Notturno Iura Fortepiano mit Be- 
gleitung einer obligateu Violin, vom Prinzen 
Louis Ferdinand komponirt ; und mit Hrn. 
Seidler ein Violin- Doppelkonzert von Dupuy. 
Im zweytea Tbeile hörten wir Haydna letzte 
Messe, in der die 9oloparlbieen von Mad. 
Mart heUi, Dem. Koch und den Hrn. Eunike, 
Gern und Hellwig gesungen wurden. — . In 
demselben Lokal gab am a6sten der, .köni 



>1. 

Kammermus. Gross ein Konzert, in dem er 
selbst ein von ihm gesetztes Violoncellkdäzert 
und Variationen mit Rondo frirs Vioroneell 
mit Orchesterbegleitung, auch von seiner 
Komposition, spielte. Hr. Kapellm. Himmel 
spielte ein von ihm gesetzte« Sextett fürs For- 
tepiano mit Begleitung von zwey Brauchen, 
zwey Hörnern und einem obligaten Violoncell. 
Das Conservatorio harmoniert, von dem Srh 
Ihnen schon neulich schrieb, exekulirte wie- 
der mehrere Stücke mit allgemeinem Beyfall. 
hl ad; Marehetti sang zwey Arien , wie immer, 
mit grosser Kraft und Schönheit — Den 
aasten gab man im Nation« Itheater zum Bene- 
fiz für Hrn. Gern zum erstenmal den drillen 
Theil der Donaunymphe. Vom Inhalt s< bwei- 
ge ich; an Unsinn übertrifft dieser dritte Theil 
die beyden ersten. Aber die Musik ist wieder 
leicht, melodisch und überraschend. Beson- 
ders gefiel auch eine eingelegte Arie voir Him- 
mel, die Larifari (Hr. Unzelmann) mit den, 
ihm für Sachen dieser Art eignen Talenten 
vortrug. — Den aasten wurde zum Benefiz 



I für den Kapellm. Himmel unter «einer Direk- 
tion die allbeliebte Fanchön gegeben — 
der eiste Fall in Berlin, dass dem Komponi- 
sten einer Oper die Einnahme einer Vorstel- 
lung bestimmt wurde. Möchte dies öfter der 
Fall seyn: wir würden dann vielleicht noch 
mehr ausgezeichnete Kompositionen hiesiger 
Meister erhalten ! vielleicht auch von dem ta- 
lentvollen und fleissigen Manne, von dem neu- 
lich eine treffliche Polouoise und ein äusserst 
liebliches Andanle mit Variationen mit lautem 
Beyiall (ein hier ungewöhnlicher Fall) in den 
Zwischenakten von Ifflands Vaterhause am 
röten gegeben und von dem Orvh* sler brav 
exekutirt wurden ! Man will an uns Berli- 
nern sonst den Fehler allzu grosser Beschei- 
denheit eben niihl bemerken; aber an diesem 
wackern Manne findet er sich wirklich. Ich 
spreche vom Hrn. Musikd. Seidel. — Noch 
vor dem Anfang der Fanchon erhielt Himmel 
ein Kabinetschreiben vom König nnd als 
sprechendes Denkmal der Zufriedenheit des 
Königs eine sehr schöne goldene Tabaliere. 
Auch das Pul.likum hatte durch ein sehr vol- 
les Haus seinen Bryfflll über diese allbe- 
liebte Musik zu erkennen gegeben , und 
die Darstellung dieses vielgeühten Stücks 
war auch heute sehr genau und präzis. Wah- 
rend des letzten Fioals flogen auf Veranstal- 
tung einer hiesigen Gesellschaft drey Gedichte 
in mehr «]s 3ooo Exemplaren vom Amphi- 
theater und der Gallerte ins Parterre, und 
wurden Mad. Unzelmann (der Fanchon) vom 
Tapezier überreicht. Sie "waren überschrie- 
ben : «Berlins Fanchou," .Verein der Ta- 
lente" und „dem Komponisten der Fanchon.' 
Hier ist das .letzte; 

Du haat ein aeuet Reich der Töne dir geschaffen, 
Wo leichte Anmuth die Gelänge webet, 
Und tiefe Wisaeuachaft in Hartnonieen lebet: 
Ea achlug vernichtem! de« Partheygeiaia 

Waffen, 

Trieb Volk and Renner preisend dich zu hcree, 
Und froh su stauaea wie vor Hiam<li- Choren. 



" Digitized by Google 



549 f 8°* 

Frankfurt a. M. Anfang des Maya. 
Zwry monatliche Ueberaicht. Am lslen Mars 
gab Hr. Baumgartner, Klarinettist bey dem 
hiesigen Theaterorchester , ein Konzert. Auf 
eine Sinfonie aus D dur von Mozart folgte ein 
Terzott — ein'aehr mittel massiges Fabrikat—' 
für Guitarre, Violin und Violoncell. Die 
Guitarre wurde von Dem. Gontard, einer jun- 
gen Liebhaberin, sehr artig gespielt. Dem. 
Stackenacbnctder, Liebhaberin , sang — zwar 
mit Zittern und Zagen, aber doch gut — eine 
Arie mit obligatem Fagott von Paer; hierauf 
folgte ein allerliebstes Quintett von Mozart, 
für eine Klarinette, zwey Violinen, Viola und 
Violoncell, daa sehr gut gegeben wurde.- Die 
zweyle Ablhfilung wurde mit eiuer Ouvertüre 
von Paer angefangen, dann aang Frau Majorin 
Schweizer eine Arie mit Chören von ßianchi, 
mit aehr viel Ausdruck, ; in wahrer italieni- 
scher Manier. Zum Besrhluss blieasen die 
Hrn. Baumgartner und Hotforann ein Duett- 
Konzert für zwey Klarinetten von Tausch, wie 
man ea nur von guten Virtuosen erwarten 
darf. 

i. 

Den 6ten März gab Hr. F. Heronz Kon- 
zert. Die erste Abtheilung wurde mit dem 
ersten Satz, und die aweyte mit dem Finale 
der Beethovenschen Sinfonie aus D dur ange- 
fangen, aber nicht vorzüglich exekutirl, wovon 
wol die Hauptursache seyn mochte, dass zu 
viel Liebhaber an der Ausführung Theil nah- 
men, die die Probe nicht gehörig mitgemacht 
hatten. Ueber das Stück selbst enthalte ich 
mich alles Urtheila, bis ich es besser gehört 
habe.- Dem. Porgold, eine Liebhaberin , sang 
eine sehr schöne Svene mit Chören von Simon 
Mayr, ganz vortrefflich; die Chöre waren 
kurz, und hinkten, von Seiten der Ausfüh- 
rung, hinten nach. Dem. Geyer, Liebhabe- 
rin, spielte das Klavierkonzert aus C moll von 
Beelhoven mit der Vuitibiütat eines geübten 
Meisters und dabey mit der Zartheit eines 
Frauenzimmers. Dies Konzert gehVl mir fast 
besser als die Sinfonie; aber so sehr and an- 



May. 550 

| genehm es Überrascht, wenn det Komponist 
im letzten Satz daa Thema zu fugfren aufangt, 
so wehe that es — wenigstens meinem Ge- 

| fühl, dass er ea zu bald wieder verlasat, und 
gerade in einem Moment, wo man aufs neue 
gespannt war. Dem. Horn, Liebhaberin, 
sang eine Arie von Cannabich, und zum 
Schluss spielte Hr. Karl Heroux ein Violin- 
konzert von Kreutzer äusserst brav. 

Dem. Catharina Buchwieser, gab am Uten 
Marz Konzert. Auf die aeböne Sinfonie aus 
D dur von Krommer folgte eine eben so scho- 
ne Scene aus Teiemach, von Winter, von 
Dem. Buchwieser aehr gut gesungen} dann 
spielte Dem. Sinzheim das Konzert aus E dar 
von Steibelt ungemein flink und fertig. In der 
zweyten Abtheilung blies Hr. G. Hofmann ein 
Klai'inellkonzert mit gewohntem Geschmack 
und Ton« nnd eben so sangen auch Mad. Lan- 
ge und Dem/ Buchwieser ein Duett von Zin- 
garellL 

Am 2östen März gab Mad. ürspruch Kon- 
zert, in der gewöhnlichen Form.i eine' Sin- 
fonie von Haydn eröffnete die erste Und *Jihe 
Ouvertüre von Cannabich die aweyte Abthei- 
lung. Mad. ürspruch sang eine Svene mit 
Chören von Simon Mayr, Wol gut, ab*» ein 
bischen steif. Hr. Heroux sen. blies ein FlÖ- 
tenkoneert, von Müller, zwar ohne grosse 
Bravour, aber doch durchaus dem Geist der 
Komposition, der so deatlich spricht . ange- 
messen , und das verrülli immer den geschick- 
ten, erfahrnen Künstler. Hr. Barrien er ker, 
Violinist am hiesigen Theaterorchester, trat 
heute zum erstenmal hier als Konzeitgeiger 
auf; er spielte ein Konzert von Kreutzer mit 
viel Gewandtheit und Fertigkeit; wird er mit 
diesen Eigenschaften bessern Vortrag und 
mehr Ausdiurk zu verbinden wissen, so ist 
an diesem jungen Künstler ein wa< kerer Vir- 
tuos zu hoffen. Mad Ürspruch und Hr. Hass- 
loch sangen zum Schluss ein schönes Duett von 
Ziugarelli recht gut. 



Digitized by Google 



35i i8oj. 

Deu 5teo April wurde zum VortUeil der 
sämmllicheu Mitglieder vom Theaterurchester, 
welche bcy dein Liebhabet konzeit angestellt 
lind,, eine grosse musikal. Akademie gehatten, 
an deren Ausführung viele junge Liebhaberin- 
pen und Liebhaber Antheil nahmen, um den 
Künstlern die Dankbarkeit für die Unter- 
stützung des Liebhabet konzerts zu bezeugen, 
und wir bekamen zugleich Gelegenheit, die, 
Kunstfertigkeit mehrerer Liebhaberinnen zu 
bewundern; denn nur Dilettanten traten mit 
Solo-Gesang und Solo-Spiel auf.. Den ganzen 
ersten Theit füllte eine Kantate «nit Chören 
und sechs Solostimmen von Hrn. Buch wieser, 
betitelt s Die Feyer des Frühlings und der 
Tonkunst. Den, poelisch freylich ganz un- 
bedeutenden, aber für den Komponisten, zu 
Verherrlichung seiner Kunst, vortheilhaft und 
bequem eingerichteten Text hatte ein Liebha- 
ber verfaaat. Die Solostimmen wurden von 
Dem. Guaila, Purgold, Bugler t Horn und 
den Hrn. von Hennezel und Lang gesungen, 
und gelangen, besonders was Fertigkeit der 
Kehle betrifft, recht sehr gut. Die Chöre 
waren ziemlich stark besetzt, und klangen 
dock kraftlos, aber sie waren aueb kraft- 
lo* Ueber die Komposition dieser Kantate 
sage ich weiter nichts, als dass ich sie dut ch- 
atte an komisch und mitunter wahrhaft poa- 
airlica fand; manche Satze würden in, einer 
komischen Oper von sehr guter Wirkung aeyn 
und da Gelegenheit geben, den Witz des V er- 
lassen zu bewundern : aber in einer Kantate, 
wo es zum Theil gar auf Rührung abgesehen 
iai — ! — Zum Anfang der zweyten Ab- 
theilung wurde — wieder ein Theil der 
Beethovenseben Sinfonie aus D dur gegeben, 
und auch wieder nicht so, wie sie, nacli meinem 
Urtheil, gegeben werden müsste, und wie ich 
sie von dem hiesigen Theaterorchester gewiss 
nocti zu hören bekomme. Frau Majorin 
Schweizer aang eine Arie mit Chören von 
Bianchi, mit dem edelsten Ausdruck, und zum 
Beschluss wurde eine grosse Konzertante für 
das ganze Orchester von yV'M vortrefflich ge- 



May. 552 

geben. Bie Musik hat hie und da hinreissen- 
de Harraonieeufolge, aber als Konzertante 
mauchei gegeu sich. 

Am 5ten April gab Mad. Heinemann Kon« 
zert. Ausser der bekannten, trefflichen Sin- 
fonie aus C von Beethoven und der Meister- 
Ouvertüre zur Zaube. flöte, die beyde muster- 
haft gegeben wurden, hörten wir auch noch 
von.Inslrumeutabitücken in der zweyten Ab- 
theilung ein Sextett für Violin, Klarinette, 
Fagott, Violoncell, Viola, Horn und Contra- 
bass von Beethoven, das als Kunstprodukt ge- 
wiss sehr hoch steht, sehr zweckmassig vor- 
tragen. In der ersten Abtheilung sang Mad. 
Heinemann eine Arie mit Chören von Zinga- 
relli, mit viel Kehlenfertigkeit, aber ohne Ge- 
schmack , ja ich möchte fast sagen , sogar ohne 
mechanisches Gefühl; beynahe eben so bliea 
Hr. G. Hofmaun ein Klarinettkonzert. Am 
Ende sangen Mad. Urspruch, Dem. Scbafra- 
nek, Mad. Heinemann, Hr. Hassloch und Hr. 
Haas ein Quintelt von Müller — wahrschein- 
lich von Wenzel Müller — so gut, als sich so 
ein Quintett singen lasst. 

(Dor Betchluu f 0 l s t.) 



Recenstow. 



Kürzt Anweisung für angelunde und ungeübte 
OrgeispieUr, Chorals zweckmässig mit der 
Orgel zu begleiten, riebst Zwischenspielen für 
mthrtre Fülle, von J. G. Werner', Orga- 
nisten zu Frohburg, Penig, bey F. Die- 
nemann und Kompagnie. iöo5. 

Da die Orgel, die Begleiterin unserer got- 
tesdienstlicben Gesänge, oft, und besoudera 
an kleinen Orten, sich unter solchen Händen 
befindet, welche dieses Instrument, seinem 
Zwecke gemäss, nicht zu behandeln verste- 
hen, so hat man diejenigen Lehrbücher, 



Digitized by Google 



553 



i8o5 



welche etwas Gute« und Brauchbares zu die- 
sem Behuf liefern, sehr will kommen zu heis- 
sen. Zu diesen Lehrbüchern gehört nun auch 
das oben angeführte, dessen Zweck der Titel 
anzeigt, und die Ausführung entspricht diesem 
Zweck fast durchgängig. 

Der Verf. sammelte für den Unterricht 
einiger jungen Leute, die sich, in Absicht auf 
Musik, uuter seinerLeitung zu künftigen Land- 
schullehrern bilden, was sich in den Werken 
eines Bach, Kittel, Knecht u. a. m. für 
seinen Zweck vorfand, vereinigte damit seine 
eigenen Bemerkungen und praktischen Exem- 
pel von Zwischenspielen , und so entstand 
dieses brauchbare Werkchen für angehen- 
de und ungeübte Orgelspieler. 

Die Einleitung giebt einen kurzen Urariss 
von dem Ursprung und der weitern Verbrei- 
tung des bey öffentlichen Gottesverehrungen 
allgemein eingeführten Choralgesauges, und 
von dem doppellen Zwecke der Orgelbeglei- 
tung desselben, nämlich , um die Säuger in 
dem angenommenen Tone zu erhalten, und den 
Gesang durch die Fülle der Harmonie zu ver- 
schönern und herzerhebender au machen. 

Aus diesem angegebenen Zwecke leitet der 
Verf. die bey der Oi gelbegleilung der Choräle 
zu beobachtenden Regeln , in Betreff der Me- 
lodie de« Chorals, der harmonischen Beglei- 
tung, der Wahl des Tons, aus welchem er ge- 
spielt wird, der Bewegung, der Schwäche 
und Stärke der Begleitung, und den zu dem 
Inhalte des Liedes unter gleichen zu wählen- 
den .Melodieen. — Sind auch die hier gelie- 
ferten Bemerkungen nur kurz, so sind sie 
doch für Anfänger sehr zu beheizigen, da 
diese gemeiniglich , aus Mangel an gutem Un- 
terrkhte, oder durch Nachahmung schlechter 
Muster, die hier gegebenen Regeln nicht ken- 
nen und ausüben, und in die hier gerügten 
Verirrungen und Fehler verfallen. — Von 
diesen Regeln gehl der Ver£ zu den verschie- 



•• Ma y« 554 

denen Arten der Orgelbegleitung des Choral- 
gesanges, und zeigt in eigenen und entlehnten 
Beispielen die enge, zerstreute, veräuderte, 
und fünfslimmige Harmonie. — Dann folgt 
eine für den Choralspieler nöthige und deut- 
liche Erklärung der Tonarten der alten Grie- 
chen, wo besonders die im fünften Jahrgang 
dieser tnusikal. Zeitung im lösten Stücke be- 
findliche Abhandlung benutzt worden ist. Der 
Satz : mit der Taste C wird auch der Ton ces 
angegeben, ist ein Druckfehler. Die Be- 
hauptung S u 1 z er s : als könne in unsern bey- 
den Tonarten keine so ausdrucksvolle und 
herzangreifende Melodie gesetzt werdeo, als 
in den alten Tonarten, kann wol nicht so oh- 
ne alle Einschränkung zugestanden werden: 
ja, die alte Jonische und Aeolische Tonart ist 
ja, bekanntlich, unsern beyden Tonarteu 
gleich. Ueberhsupt hat wol der poetisirende 
oder schwärmerische Geist in diese Dinge von 
Jeher mehr gelegt, als darin zu finden ist. Es 
lässt sich hier , so nebenbey , nicht weiter 
darüber sprechen; aber nur das Einzige: 
Welch eine Begeisterung, welch eine Höh- 
heit, Kraft und Pracht herrscht nicht in Lu- 
thers Melodie zu seinem trefflichen Liede s 
Ein* feste Burg ist unser Gott ! Und diese ist 
in der Jonischen Tonart, in welcher Manche 
Wol einen ganz andern Charakter suchen. 
Welche Einfachheit, Würde und welcher 
Ausdruck herrscht in der (sogenannten neuen 
Leipziger) Melodie zu dem Lirde: Jesus 
meine Zuversicht ' Der Verf. hat diese in 
Sachsen Sehr bekannt gewordene und häufig 
eingeführte Melodie übergangen, und dafür 
die in Hillers Choralmelodieenbucbe sieb 
befindende dritte Melodie angenommen. 

Nach der Erklärung dieser alten Ton- 
arten ineilt der Verf. zwölf Melodieen aus ei- 
nem altem, zu Johann Hussens Zeiten im 
Gebrauch geweseneu und jetzt sehr selten ge- 
wordenen Choralbuche mit , welche zuerst 
durch die musikalische Zeitung bekannt ge- 
macht wurden. In No. u. Melodie: Ach 



Digitized by Google 



555 '8°5- 

Gott and Herr, in der ersten Zeile nach der 
drillen Casur, ist ein Druckfehler. Anstatt 

c, a, d, c, in der Melodie, lieat Recena. 
c | h, d, c. — So eben achlägt Recens. 
diese Melodie in der musikalischen Zeitung 
nach, und findet daseibat zwar auch : c, a, 

d, c, doch veranlasst ihn dieses nicht, seine 
Berichtigung zurückzunehmen, wenn anders 
der dieser Stelle untergeordnete Ba*s richtig 
j 8 t. — Der Verf. sagt nun auch Einiges 
über zweckmassige Vorspiele, und empfiehlt 
zur Ucbung einige vorzügliche Sammlungen 
von berühmten Meistern. 

Den vorzüglichsten Theil dieses Werk- 
chens (von Seite 17 bis 56) machen nun aber 
die Zwischenspiele selbst aus, über deren 
Zweck und, Einrichtung der Verf. zuvor das 
Nöthige «agt, und dann die mauuichfaltigeu 
Arten der Zwischenspiele su hundert der 
gewöhnlichsten Chorahuelodieen nach dem be- 
kannten Hillerachen Choralbuche praktiach 
yorlegt. Von jeder Choralmelodie ist bloea 
die Anfangs- und Schluasnote jeder Zeile an- 
geführt, und dieser leisten folgt da» zu der 
Anfanganote der folgenden Zeile überleitende 
Zwischenspiel. 

Diese Zwischenspiele aind meistens dem 
der Melodie ursprünglichen Ljede. angemes- 
sen und belehren den Anfanger, wie er diese 
Uebergange auf mancherley Weise bilden 1 
»ber auch bey jedem Verse eine gewisse E i n- 
heit derselben beobachten könne und solle. 
Bey No. 6. soll das siebente Sechszebntheil der 
rechten Hand d aeyn. Bey No. a4. ist im 
letzten Zwischenspiele, wegen des vorherge- 
henden Schluaa- und darauf folgenden An- 
fangsaecordea anstatt fis allemal f au nehmen- 



May. 55 6 

Auch soll No. 25. da« erste Zwischenspiel so 
berichtigt weiden: 




No. 4o. wird in dem ersten Zwischen- 
spiele das dis der Miltelatimtne des gleichen 
Hasses wegen iu h verwandelt, und dem nach- 
folgenden d ein Kreuz vorgesetzt. — Quin- 
ten wie Seite 55, unter (a) (») sollten ver- 
mieden, eben so sollte bey No. 99. im ersten 
Zwischenspiele der Baas, so wie am Ende, 
deu Mittelstimmen naher gebracht seyn und 
dgl. mehr. Diese vielen Beyspiele im Einzel- 
nen durchzugehen, muaa sich Ree. versagen; 
es wird aber auch , nach dem , was überhaupt 
von ihnen geaagt worden, nicht nölhig aeyn, 
sondern die Leser der musikalischeu Zeitung 
werden schon aus dieser Anzeige selbst abneh- 
men , was sie hernach bey . Bekanntschaft mit 
dem Werkchen bestätigt finden können : daa« 
es, seiner Idee und Tendenz, und auch aei« 
ner Abführung wegen — die, wenn gleich 
in manchem Einzelnen bey weitem nicht voll- 
kommen, doch ' im Ganzen genügend ist — 
allen angehenden oder verwöhnten Orgelspie- 
lern, so wie denen empfohlen werden kaun, 
die, «. ö. iu Seminaiien, junge Ol genialen zu 
bilden haben. 

Der nette Druck, daa gute Papier und 
der massige Preis machen dem Verleger 
Ehre. 

■ 



— — — _ 

(Hierbey da. IntalligeasbUtt tfc». XL) 

1 1 

L»imio, 111 iintiori tu ahrib 



Digitized by Google 



zur 



INTELLIGENZ - BLATT 
Allgemeinen Musikalischen Zeit un g. 



May. 



Ni. XL 



Neut Musikalien im Verlagt von Breit köpf 
und Härtel in Leipzig. 

Piano forte - Schule 

des Conservaturium der Muaik iu Paria. 
Erater Theü. l Thlr. j? Gr. 

— J«, — Zweiter Thcil, e.ith. 5o Urbimgsstücke v. 
fortschreitender Sch\vicri t fccit. i Thlr. 12 Gr, 



Fischer, A. G. , 4 Motetten und 4 Arien für Sin- 
gechöre. 16 Gr. 

Masart, W. A., Arie: No. 3. (Bella mia fiamma) 
Die Orcheiterstimraeo. 12 Gr. 



I, No. 3. (Mandina amabile) 16 Gr. 

— — Seena, No. 4. (Ah, lo providi) 16 Gr. 

— — do. No. b. (Ah quetto aeno!) 8 Gr. 
_ — - Scene , No. 7. (Miaera ! dove aoa etc.) »1 Gr. 

— Arie, No, 8. (Per pieti , aoa etc.) 12 Gr. 

— — do. No. 9. (Mentre Li laacio) 16 Gr. 

— — Scene 11. (Ma che vi free) 13 Gr. 

^JN a u m a n n , J. G. , der e/Cate Psalm : Singet dem 

Herrn etc. Partitur. 1 Thlr. 8 Gr. 



Bierey, G. B., Trauermarsch a. Weissen» Cedücht- 
nissfcyer. 4 Gr. 

Cimaroea, D. , die Htarath durch List (II matri- 
monip per raggiro ). Klar. Ausa. 3 Thlr. 12 Gr. 

II eil w ig, 16 Lieder mit Begl. dea Pianof. 16 Gr, 

Himmel, F. H., Faachoa, da« Leyeraaidcben. £1, 
Aniz. 1 Thlr. , 

Krebs, 6 Lieder mit Begl. dea Pianof. 13 Gr. 

Mozart, W. A., der Schauspieldirektor. Kl. Abis. 
N. A. » Thlr. 



Righini, W., Armida. Kl. Auax. iu 2 Akten, jede. 
2 Thlr. 12 Gr. 

— — der Zaabervtald (1t aelva incantata). KI 

Auaa. 2 Thlr. 
Righini, W„ das befreyte Jerusalem (Gieruaalemm 

liberata). Kl. Ausx. 2 Thlr. 

Schule, C. , 6 Volkslieder mit Begl, dea Piauol 

Op. 6. 12 Gr. 
Waller, II,, 16 leichte Lieder am Klar, «o aluge*, 

12 Gr. 

Wölfl", J. , Duett: No. 4. Lernt' ich manches Mäd- 
chen etc. au* der Oper: die romanhafte Liebe. Kl. 
Autz. tj Gr. 

Zu ms teer., J. R., kl. Balladen u, Lieder. 7r.Hft. 
1 Thlr. 11 Gr, 



Himmel, Gesänge aus Fanchon für die Guitarre ein 
gerichtet von Lehmann , 3 Hefte, 1 Thlr. 



Köhler,' H. , 3 Duo» p. s Flute». Op. 2i, 16 Cr. 

Kreut er, R. , 3 Quarnor» p. 2 Via. Via. et Vcell». 
Op. 3. 2 Thlr. 

— — 3 Sonate* poar Violon arec ace. de Basse. 

» Thlr. 

Kummer, G. H., Variation» pour na Baston priBcip. 
16 Gr. 

Mozart, W. A. , Sonata p. Basaoa et Vi<4oacellc. 
Oeuvre posthume, 8 Gr. 

Müller, A. L., Coneert p. Fhte. Op. 24. * Thlr. 

— — Exercicea p. Ia Flute d'une difficult* pro- 
greasive. Op. 26. Liv. 1. 12 Gr, 

Rode, C, Quatnor pour 1 VI». Via. et Vcelle. 
Op. i5. 1C Gr. 

Bömberg, B,, gr. Trio p. VioWelle, Vlon ei 
Alto. 16 Gr. 



Digitized by Google 



Romberg, 5 Duo» p. jViolone. Op. 9. 1 Thir. 11 Gr. 

Wölfl, J., 3 Qaataors p. a VI», Vla/tt Vcelle 

Op. 3. 3 Thlr. 



Pleyel, J., 5 Sonate» p. Harpe a eroehett arr. par 
II. Backofen, a Thlr. 



K r i 1 1 • , Ausweichungen au» C dnv und C noil in 
die übrigen Dur- und Moll -Töne, 8 Gr. 

Match ek, V., deutsche Tänae fürr Pianof. No. 3. 
8 Gr. 

Schneider, W., gr. Fantaisie p. Piano/, avoc acc. 
de l'Orch. Op. 2. * Thlr. 

— — Variation» p. Pianof. Op. 3. 16 Gr. 



Vtrvottkommnete, der Gesundheit unschädliche, 
messingne Blasinstrumente, 



Eine lange Erfahrung hat mich fiberteuft, wie 
nachtheilig die bisherigen messingenen Blasinstrumente 
der Gesundheit de» Bla»eoden »ind. Nach vielfältigen 
Verwehen hin ich endlich auf ein Mittel geratheu dem 
Uebel abzuhelfen. Die»e» Mittel bestehet- in einem 
Lack, welcher von grossei Feinheit, Zähe und Fertig- 
keit i»t, mit welchem ich die innern Rohren de» Io- 
•trumenta übersieh« und aolcbe damit auf immer Tor 
aller Ausatossung de» Griinapan» verwahre. Da» , 
feate Aufliegen die»»» Lack» be» titigt »ich durch da» 
Schallhorn , de»»en innere Seite gleichfall» damit über- 
aogen wird ; indem dieser Lack der schärfsten Rei- 
bung widersteht und nur mit einem schufen shernen 
Instrumente abzukratzen ist. Man mag die»en Laek 
auch noch »o »ehr mit dem schärfsten Essig anfeuch- 
ten, ea wird »ich keine Spur von Grünspan zeigen. 
E» i»t aber bekannt, da»» der durch die zurückblei- 
bende Feuchtigkeit »ich entwickelnde Grümpen ein »ehr 
schädliche» Gift in. AI» ich in Pari* b*y der vor- 
maligen königl. Academie de mnsique erster Wald- 
hornist war , vergiftete aich ein Mensch dadurch , das» 
er mit Grünspan geschwängertes Wasser mit dem 
Munde aus sc Lue m Hörne sog. Ich habe Horner ge- 



•ehn, die dergestalt vom Rost angefressen waren, das» 
überall Löcher in demselben et.titaoden ; norfa öflet 
aber habe ich bemerkt, dass Horner, die auf das voll- 
kommenste gearbeitet waren, durch den Rost und die 
dadurch entstehende Rauheit in kurter Zeit falsch ge- 
worden sind. 

• , 

Mein Verfahren die Hörner nnd Trompeten vor 
diesem Rost nnd aller Ausstossung des Grünspans tu 
bewahren , wodurch solche zugleich rein werden usd 
rein bleiben , leicht an sprechen und einen schönen 
Ton geben, erfüllt demnach einen doppelten Zweck: 
nä'mlich die Reinheit de» Tons und die Gesundheit des 
Bläsers. Ich bediene mich schon längst solcher Hörner 
und habe diese meine Verbesserung nicht eher bekannt 
machen wollen, bis ich selbst aus eigener Erfshrung 
vollkommen vonr der Wirkung dieser Erfindung über- 
zeugt war. Ja selbst das Nehmen und Angebe» der 
gestopften Töne ist auf meinen Hörnern viel leich- 
ter als es bisher gewesen. 

Wer mich nun mit seinem Zutrauen beehrt» and 
Horner oder Trompeten rou mir kaufen will , erhält 
solche durchaas reinttimtnend und mit meinem Nssten 
bezeichnet. Die Preise sind folgende: 

- e Ein Paar grosse gewundene fnventrons- 
Hörner von meiner Aptintng mit «llen Tönen, »i 

Fricdj ichsd'or. 

Ein Paar kleine dito, ao Frdsd'or. 

Ein Paar g r o « • - oder klein- gewanden» 

Einfache Hörner. 8 Frdsd'or. 

Ich bin endlich im Stande, diese meine Erfindung 
auch bey alten Instrumenten anzuwenden , besonders 
um solche für die Gesundheit unschädlich tu uuenee. 
Wenn aber die Beschaffenheit der Rohren an tluo 
Hörnern gar au ungleich ist ; so kann ich der Unrein- 
heit nur »um Theil abhelfen, indem der Lack aar 
äusserst dünn« und fein aufgetragen wird. 

Briefe und Bestellungen erbitte ich mir frsotirt; 
so wie auch Emballage und Transport der Instrumen- 
te auf Kosten des Käufers besorgt wird. 

Barlin, den loten Wey, 1806. 

* J, Brna. 

Erster Waldhornist der König!. Pr.u»i. 
Capelle. 



by Google 



Lasaata, aar Btuttsii »»» Hlitiu 



x Digitized 



A L LX5 EMIINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 29 1 « 0 May. N 5 . 35. 



1805. 



Gtgtnsrtlrtiger Znstand dtr MusB in Tfuipd. 



Bericht. Neapel d. Ilten Min. 



Vorerinnerung. 



S.K i„ 



Gründung die*«« uneera Institut« baden wir 
Mühe, noch an toNll fehle« la«»en , 

von Zeil iu Zeit hinjangiseho , gründliche und «?er- 
lässige Nachrichten aber den Zustand der Musik in 
Italien «im den Quellen »elbel «u erhalten : aber die 
politischen Verhältnisse die.« Li««*», die Schreib- 
echeu und Sorglosigkeit eeauer U« wohne», der Man- 
gel an literarischer Verbindung, in welchem nicht 
otwa Dur Italien mit audern Ländern, »ondern die 
Frorinaen diese* Lande« unter eich selbst stehen, die 
Fartheyaucht de» meieten «einer Künstler nod Kunst- 
freunde etc. dieae aidd Uruoh, das* e» uns bisher, 
damit nicht nach Wunsch «»tun gen iat. Uehee «*»- 
che «inaeine hedeuteod« Breignisa« und. über menpbe» 
Lokale «ind tvir unsere Leaer auwcilen von Italie- 
nern oder Deutschen in Italien unterrichtet worden: 
das war aber auch alles, waa wir geben konnten, da 
wir, hier und überall, daa Fabriairen »on Berichte« 
in Journalen und Zeitungen ana ioareejeu und Zei- 
tungen, daa in Deutschland immer gewöhnlicher wird, 
verschmähen — waa her Italien , eben weg«« der 
dort so sehr herrschenden Parthetsncht , und wejl 
man ( aus Mangel an gründliche« Studium und an 
Kenntnis« der Fortschritte der Kumt in andern LIn 



Jetst endlich sind wir in den Stand gesetzt, an- 
aern Lesern die Erfüllung jene« Wunsches — ■ nicht 
bot versprechen in' dürfen , sondern ihnen angleieh 
den Anfang dieser Erfüllung »orteaea an können. Der 
"Br. Verfasser der folgenden , und ton Zeit tu Zeit 
' Tortau»« treaden Schilderung, iat ein Mann, der nicht 
nur durch saagebrestete Keentniae« «n den Wisaeu- 
| Jahrg. 



schaffen und Künsten überhaupt, nnd durch fhätig« 
Liebe an ihnen berühmt und verehrt ist; ein Mann, 
der «einen Geist nnd »eine Bemühungen unter dienen 
auch gana besonders der Tonkunst schenkt: eOndeen 
der auch «*» was bey Italien doppelt wichtig wird 
durch hohen Rang , bedeutenden Einflnss , und durch 
gana besondere Untersttttsung und Vergünstigung de« 
knnstliebendea neapotrtsniiofieo Hofe« auch flr 

diesen, unsern Zweck, weit mehr leisten kann, «1« 
vielleicht irgend Jemand, ohne Konkurrent so vieler 
günstiger Verhältnisse, an lauten t ermöchte. Wir 
erkennen da« hier öffentlich mit deaa lebhaftesten 
Dank gegen den Hrn. Verf., so wie gegen «eine er- 
habenen Gönnen übergehen ehre nähere Angabe be- 



RucktUhien, führen ahrr davon doch . daa an , wea 
hier für die Sache seihst sehr bedeutend iet das» 
der Hr. Verf. nicht nur die bedeutendsten Werke der 
Tonkunst aua alter, neuer und neuester Zeit kennet, 
aoüdern auch, tot seinem Aufenthalt in Neapel, »Ich 
über den gegenwärtigen Zustand der Musik in den 
. HanptssJdtnn — vornehmlich Frankreich» updi|smjacb- 



Wae diesmal vom Hrn. Verf. gegeben wird, 
Will tr «erbet nur als fragmrntamehe Einleitung und 
als Gmmdi Im angesehen wiese« , woran er in der Fot- 
ge «eine w«iter naannfuhrendea Ideen knüpfen könne, 
und waa. vornehmlich auch «in «einen, «»Deutschland 
herrschenden Vorurtheilen über Italien* begegnen 
«olle. Schon dieae Vorläufigen Blätter eutbelten aber 
ao rielee in Deutschland bisher — theils gans Unbe- 
kannte , theil« Entstellte , data wir uiia eine Anprei- 
sung derselben, ao wie eine lebhaftere * 
Erwartung für die Folge , ersparen 



d, Redakt. 



Da»s Italien, da« Vaterland der trenern 
Mu»k änd deren Erzieherin big ätor die 
Jugendjahre hiaai» — daaa Itaitea jettt 



Digitized by Google 



559 



1805."" May. 



560 



nicht mehr die mit Vorliebe gesachte Hei- 
niaih dieser Kunal «ey f ist bekannt genug, 
und selbst liier -behauptet nur die vom- ein- 
gewurzelten , Jahrhunderte lang emporge- 
schossenen Voruitheil beherrschte Menge, 
oder die Kitelkeit, die Unwissenheit und der 
Dunkel eins einer Meisler, das Gegenlheil. 
Anhänglichkeit, Liebe, Jagen nach Musik, 
als fröhlichem Zeil vertreib, und auch Fleiss 
in ihr, wiefern sie zu diesem Behuf taugt, 
hat sich »war nicht vermindert, und wird 
aich unter einem Volke, das, bey seinen 
Wenigen (geistigen und körperlichen) Bedürf- 
nissen, bey seiner üppigen Natur, unter 
seinem verklärten Himmel, so gern nichts 
thut, aber eben so gern süss trau rat und 
heiter spielt — nie vermindern, wenigstens 
nie verlieren: aber Musik, als wahre Kunst, 
oder wol gar als Produkt der Kunstgelehr- 
•amkeit, des Kunstfleisses, der höhern in- 
tellektuellen Ausbildung, ist hier fast 
gar nicht mehr iu finden. Alles spricht 
von Musik , und mit einem gewissen ' richti- 
gen Takt des Ohres and des sinnlichen Ge- 
fühls Uberhaupt, der sehr oft das Wahre 
trifli; alles treibt Musik — bey weitem vor 
aliein Gesang, und thut da« mit einer Ge- 
schicklichkeit, Fertigkeit, Sicherheit, die 
sehr oft den Ausländer in Verwunderung 
setzt : aber das alles ist nur momentanes 
Bedürfnis*, uud wird nur sehr selten weiter 
ausgebildet, als um diesem für den Augen- 
blick abzuhelfen; ist Galanterie — Gewohn- 
heit — gehört zur Lebensweise — ziehet 
für den Moment an, uud verfliegt mit dem 
Moment — — 

So ist es im mittlem, so ist es noch 
viel mehr i>o untern Italien , das ja aber 
doch eigentlich, und durch die Natur selbst, 
aliein, cum vollendeten — Italien ge- 
macht ist. Ich bleibe vorerst bey ihm, bey 
Neapel, stehen. 

Die seltenen und schwachen Ueherreste 
der, ehemaligen, u&vergleichlichen, neapoli- 



tanischen Schule sind jetzt die einzigen Stüt- 
zen, ohne welche das allmälig, du/ch mei- 
stens zügellose Uuaittiichkeit, durch wissen- 
schaftliche Beschränktheit, uud durch so 
manche ander« im Auafai.de nicht uube- 
kauute Verhältnisse uniergrabene Gebäude 
der Kunst zusammenstürzen würde. Diea 
Gebäude wird nicht dadurch gehalten, dass 
man immerfort singt und überall spielt; 
da*s, wie hier wirklich, fast täglich Privat- 
konzerle gehalten weiden und dgl. : dies 
wird gehalten, wenn man das Vortreffliche 
singt und spielt, und es mit Einsicht, Ernst 
und Eifer treibt 



will nur Musik für den Gesang von 
italienischen Komponisten; und zwar, wo 
möglich, nur solche von ihtien, die durch 
gewisse schmachtende Acc/nle dem innigen 
Italiener beym ersten Anhören ein wollusti- 
ges Stöhnen auspressen, bevm zweiten von 
.ihm schon nachgelrallert, beym dritten ge- 
nügend nachgesungen werden kunn. Die 
Ununterrichteten, wenn auch übrigen« fei- 
nen Leute wissen z. B. von deutschen Mei- 
stern nichts, und mögen nichts wissen. Es 
fährt ein schnelles, unwilikührliches Zucken 
über ihr Gesicht, wenn man deutsche Mu- 
sik nennet. Die Unterrichteten kennen die 
Namen, Haydn, Mozart, auch wol man- 
che der Werke dieser Meister; sie haben 
aber mehr scheue Achtung, als Ernst und 
Liebe für sie. Doch achtet man auch auf 
dieser Meister Gesänge noch mehr, als auf 
ihre Instrumentalmusik, die man überhaupt 
(ein Lieblingsglcichniss feiner Leute!) uur 
als. den Rahmen um das Gemälde zu be- 
trachten pllegt — «1« R 8 J, men , j er aicn 
•chön vergolden, an dem «ich schönes 
Schuh* werk anbringen latsc, der dann auch 
wol das Gemälde t.ell»t heben helfe — wei- 
ter aber doch auch nicht« — — 

Es giebt hier noch jetzt zwey Conser- 
vatorien, die dur< h das Unglück der leis- 
ten Jahre nicht aersiöu aind , und worin 



Digitized by Google 



561 i$05» 

eine nicht unbeträchtliche Anzahl junger 
Leute in der Musik unterrichtet wird. Sie 
bleiben den alten, trefflichen Planen, Wenig- 
atens iu Absicht auf Anordnung des Unter- 
richts, ziemlich treu : durch mehrere Klas- 
seu kann der junge Mensch von den ersten 
Elemeuleu der theoretischen und praktischen 
Kunst bis zur Komposition, diese mit ein- 
geschlossen , geführt werden. Singen und 
die Kenniniss des Satzes sind auch hier 
Hauptzwecke — und mit Recht; man lehrt 
aber auch Klavier, Violin — alle Instru- 
mente, und übt praktisch in der Komposi- 
tion. ' Aus diesen lustilulen Neapels gingen 
hervor: Piccini, Jomelli, Sala, Paiaiello, 
Citnarosa, Tritto, Zingarelli etc. Zu wel- 
cher Vollkommenheit könnte die Tonkunst 
in Deutschland erhoben werden, wenn sie auch 
dort in ' dergleichen Instituten gepflegt wur- 
de! Und die Sache ifct weder so weitaus- 
sehend und schwierig, noch auch so zeit- 
und kostspielig, als sie zu aeyn scheint, 
leb werde mir zur Pflicht machen, durch 
möglichst genaue Detailliruog dar Einrich- 
tung und der Verhältnisse dieser Anstalten 
dies in der Folge zu belegen, um vielleicht 
einige kunslliebendo Fürsten Deutschlands 
für Nachahmung derselben Zugewinnen, und - 
auch den Männern, denen so etwas auszufüh- 
ren aufgetragen werden möchte, die Entwer- 
fung der Plane und den Anfang zur Realiai- 
rung derselben zu erleichtern — — 

Ich komme zurück auf das, was DeuU 
sehe so vorzüglich iuteressirt : auf Inatru- 
meutalmusik. Sie ist hier, in Absiebt 
auf Komposition, wie auf Ausführung, im 
Yerbaltniss zu Deutschland und Frankreich, 
äusserst — ich sage: Äusserst zurück. 
Pieyls Musik ist noch - immer bey weitem 
die bekannteste, geschätzteste, beliebteste. 
Ausser dieser kennet man einige der 
leichtern Kompositionen von Haydn, Stei- 
belt. Gelinek, uud auch wol Mozart. Ich 
glaube jedoch nicht, dass es, wie mau ge- 



May: 562 

wöhnlich angiebt, an der Versunkenheit der 
Natioo für alles Ernstere, Gedachtere liege 

— man findet wirklich nicht selten Wiss- 
begierde und den Wunsch, neue, bedeuten- 
dere, kraftigere Musik kennen zu lernen; 
aber es fehlt dieser guten Regung an weite- 
rer Aufmunterung, an zweckmässiger, all- 
mäh liger Leitung, da es an Männern ge- 
bricht, die die ausländische Musik genug' 
kenueten und selbst kullivirten. Werden, 
Sie es glauben — um diesmal nur Eins an- 
zuführen: iu dieser Ungeheuern Stadt, die, 
gegen 600,009 Eiuwohner zählt, sind nur' 
zwey mittelmässige Klaviermeister, dagegen 
vielleicht zweyhunderl vortreffliche Sing-, 
meisten Wie glücklich wäre hier ein 
Tausch mit Deutschland ! wie viel würden 
beyde Theile , udd auch die Kunst Bolbtt,- 
durch solchen Tausch gewinnen! 

; *, • * s ■■ *• 1 ' 

Die grossen Schwierigkeiten, die der 
Verkehr der ausländischen Musikhan d- 
lung^en hieher fiudet, und die so gross 
sind, dass fast gar nichts mehr ankömmt, 
sind ein neues, sehr beträchtliches Minder« 
niss der fortgehenden, und mehrseitigen Bil- 
dung» Hoffentlich wird aber diesem nun, 
durch eine von dem Hofe selbst begünstigte 
Unternehmung abgeholfen, welches um so 
mehr zu wünschen ist, da hier keine ein- 
zige Musikhandlung ist, die diesen Namen 
verdient. Neapel hat einhundert und 
sieben und dreysig Kopisterieen — d.h. 
Gewölber, wo Musik (bey weitem am mei- 
sten Vokalmusik und zwar flüchtige Mode- 
satben) abgeschrieben wird; aber ganz Nea- 
pel hat nicht Eine irgend bedeutende Ver- 
lagshandlung ■ — ja, ganz Italien hat, genau 
genommen, nicht Einet Nor in einigen 

— in sehr wenigen Häusern besitzt man seit 
kurzem die Hay dnschen and Mozarischen 
Quartetten, nach Pieyls Pariser Ausgabe, 
und fängt denn do< h an , sie zu spielen ; 
und siehet man auch gleich fast alle Minu- 
ten an den weichlichen, äusserst reizbaren 



■ 



Digitized by Google 



5<fe **<>5- 

Zuhörern jenes krampfhafte Zucken der 
Muskeln beym Eintreten scharfer Dissonan- 
zen, oder bey einem- überraschenden Sfor- 
za udo : so ist doch ein Anfang gemacht, 
und man darf es der VortrefQichkeit solcher 
Meisterwerke selbst zutrauen, da« er auch 
einen Fortgang haben weide * 

Die berühmtesten, jetztlebenden Kom- 
ponisten in Neapel sind: Tnttu (Giaco- 
mo), Paisiello, Fenaroli, Mosca (Luigi), 
Andreozai, Guglielmi (Pietro Carlo), Capo- 
torti, Palma, Baron Leykam, Signorillo, 
Cocchia etc. Ich versuche, sie und ihre 
Werke kurz, doch für diesen Bericht hin- 
lauglirh, zu cbarakterisiren. 

Unter allen diesen Meistern verdient in 
jeder Hinsicht — nicht der vielgeteyerle 
Paisiello, sondernder still«, würdige Tri tto 
den ersten Rang, denn er schreibt gleich - 
gründlich und. gleich r> schon (und auch — 
reipl) für das ernste Theater CC*p*ra sc- 
rja) und für die Kirchev Wer Terzetten, 
Quartetten, Chöre und Fugen vuu/J'.iUu 
gehört hat, der ist überzeugt, dass die edle 
alte Schule Neapels noch nicht ganz aus- 
gestorben ist, and , reiche ihm wahrscheü*- 

lich unter allen jetztlfbendpii italienischen 
Meistern die PaUne «■■» wenigstens sind kaum 
noch Einige übrig,, die darüber zwciielhaU 
machen konnten. In seinen Werken zeigen 
sich auagezeichnete Naturgaben, Tiefe der 
Theorie , und Grosse der Ausführung« Auch 
als Mensch verdient er grosse Achtung; und 
nur sein reiner Kunsteutbusiasmus, seine 
Uueigennützigkcit , und- seine zutrauliche 
Biederkeit konnten ihm die Feinde zuziehen, 
die seinen verdienten Ruf zu unterdrücken 
suchen* Diesen in , das Ausland zu tragen, 
verhinderten ihn Prif atverhaltnisae, und vor- 
nehmlich eine sehr zahlreiche Familie. De- 
«torarhr hielt ich« für Pflicht, Deutschland 
auf ihn aufmerksam au machen» Jetzt scheint 
sich indes*, sein Horizont aufzuhellen j er 
stehet hier >k Rtfe der- Heiligkeit, dua: 



May, 564 

gewinnet die Menge-, und vornehmlich durch 
seine letzte Oper: Cesare in Eggyto, hat er 
die Musiker gewunuen. Diese heroische 
Oper ist so ausgezeichnet schön, dass selbst 
seine Feinde zum Schweigen gebracht wur-, 
den. Tritto ist übrigeus Maestro dei primo 
Conservatorio. 

1 

Paisiello ist, auch in Deutschland, be- 
kannt genug, und viele seiner besten Wer- 
ke sind es auch. Er ist hier der Mann des« 
Volks nnd der feinen Zirkel, in wiefern 
diese beyde Theil an Musik nehmen. Man 
rühme dem linunterrichteteu irgend einen 
grossen Meisler — e» lasst sich* eino Wedel 
gefallen s dann bringt er aber gewiss sein 
„Ma" — und aein .Paisiello," und dies, 
mit den glänzendsten Bey Wörtern, alle im 
Superlativ ! Doch hat Paisiello jetzt hier. 

'auch eine starke und viel bedeutende Pan» 
they gegen sich. Er. würde die*e,. als 
Künstler und, in seinem Fache, nicht 
haben, wenn er sich mit dem Vorzüglichen 
begnügte, was er wirklieh besitzt und gr- 
instet hat; aber das war nie seine Sache! 
Er hasset alle neuern Komponisten,, uod am " 

, meisten die genialen — er fühlt im geheim 
Wol, warum ? Er unterdrückt sie, wo er 
nur kann ; bringt oft talentvolle Meister 
durch niedrige Kabalen um Ruf und Brod, 
und zwingt nicht wenige schön aufkeimende 

| junge Geister , ehe sie zur Reife kommen 
können, ihr Vaterland zu verlassen. Er 
hatte sich in voriger Zeit zum Diktator der 
Musik, aufgeworfen, und es war ihm gelun- 
gen, sich geraume Zeit in dieser Würde sn 
erhalten, so dass man in Neapel fast keine 
Note hörte, die nicht von ihm kam. Aber 

'der vortreffliche Gimarosa — oder nein, 

;nicht eigentlich Er, sondern erst der Schat- 
ten dieses H ingeopferten v der auch übrigens 

' Ursach genug hat , Paieiello'n dräuend zu 
erscheinen — dieser richte sich für trüber 
erduldete Misshandlungen, und. warf eine 

i Gegenpart hey auf,, die immer, bedeutender 



Digitized by Google 



5fr i&>5. 

wird und sich «ach durch Toteranz gegen 
jede gute (selbst ausländische) Musik aus- 
zeichnet. Paisiello, so fein ihn die Welt 
und das Hufleben abgerieben haben und so 
alt er nun. ist, ist doch auch noch immer 
au leidenschaftlich , als das« er dies mit 
Ruhe ertragen könnte, und zwar scheint, 
seit seinem Triumph in Frankreich , sich 
sein Unwille ganz besonders gegen die Deut- 
schen su richten« Neulich konnte er sich 
bey Haydns schöner Ariadue so wenig 
massigen , dass er rief : Che porcheria te- 
desoa ! (Was für deutsche Sauerey). So 
etwas ist ohne Schonung bekannt zu ma- 
chen ; ' denn wenn die unbegrenzte und bis 
cur grössten Ungerechtigkeit führende An- 
maasung und Eitelkeit im Possess ist: 
was soll , was karni sie strafen , als die ge- 
heim« Pein , dir das Bewustseyn giebt — 
die Welt kennet auch die Seite an dir, die 
du sn verbergen- mit solcher Anstrengung, 
mit solcher Aufopferung strebst?'— 

Fenaroli könnte man den italienischen 
Albrech tsberger nennen. Er ist ein würdi- 
ger Greis, der sich blos mit dem Unter- 
richt im Kontrapunkt abgiebt. In diesem 
Gebiet der musikalische» Kunst hat er viele, 
nachher berühmte Manner gebildet, unter 
denen ich nur Cimarosa und Zingarelli nen- 
nen will* Er hat auch vor kurzem eine 
kleine Anweiaung zum Genera-lbass 
herausgegeben, die, wenn sie auch nichts 
aasgezeichnetes hätte, schon als Erschei- 
nung au sich, in einem Lande auszuzeich- 
nen aeyn würde, wo man so wenig schreibt, 
noch weniger theoretisirt, und am allerwe- 
nigsten über schwierige, abstrakte Gegen- 
stände. Er ist übrigens Maestro del secon- 
do conservatorio. 

Mes-ca (Luigi), ein angenehmer und 
beliebter Komponist, schreibt serio und buffo. 
Er hat übrigens eine treffliche — man sagt, 
die beste — Singnelhode und daher die 
meisten SahüJerj Er ist 'so eben nach Paris, 



May. 566- 

Iala erster Singmeister des Conservatoire be- 
rufen, wird jedoch schwerlich gehen. Die 
betteu seiner Arbeiten scheinen in Deutsch- 
land ganz unbekannt, verdienten aber be- 
kannt zu seyn. 

Andreoszi komponirt serio, 'und — 
spricht viel. Vielleicht sind darum man- 
che seiner Werke nach Deutschland gegan- 
gen i denn diese selbst sind — einzelne nicht 
üble, aber ganz dem Modeschlendrian angtf- 
passte Stücke ausgenommen — unter der 
Kritik» , 

Gugli.elmi (Pietro Carlo), Sohn des 
jüngstverstorbenen berühmten Guglieimi: ein 
junger, talentvoller Komponist, dessen ko- 
mische Opern hier viel Glück machen, 
und es auch verdienen» Sein Stil ist leicht, 
gewandt, flüchtig. 

f Capolorti ist Kapellmeister von San 
.Carlo: dass er dies ist, ist merkwürdig, 
, aber, auch das einzige Merkwürdige an ihm. 

Palma hat sich weder als genialen,' 
noch- als tiefen Künstler — wenigstens dem 
Pnblikum nicht — gezeigt, ist aber dennoch, 
. und nicht mit Unrecht, bekannt und beliebt, 
! und zwar Vornehmlich" durch seine Oper: 
lila pietrfc simpatica, die sehr nett und hübsch 
geschrieben ist. 

' Baron Leykam, ein Deutscher von Ge-' 
hurt, halt sich seit einigen Jahren hier auf 
und ist ein achtungswerther Komponist , der 
in seinen Arbeiten eine reiche Phantasie und' 
( ein lebhaftes Gefühl im seltenen Bunde mit 
' geläutertem Geschmack an den Tag legt. 
Deshalb ist auch seine Musik hier sehr ge- 
liebt uud gesucht. Er gehört wirklich un- 
ter die vorzüglichsten der, jetzt in Italien 
schreibenden Meister, und die Italiener nen- 
nen ihn sogar den Ihrigen! — 

Cercia, Signorillo, Caselli, Trit- 
to (Sohn), Manila, Rimualio etc. sind 
Meisler, von denen, mamhes Artige gelie- 
' fert worden ist. Die Zahl dar Vokalkom- 



Digitized by Google 



5<57 



1805. May. 



568 



pooistcn iat aber hier so gross» dass man 
unmöglich alle, die sich nicht ganz beson- 
ders auszeichnen, kennen lernen kann; uud 
keuuete man sie, so würde Ihnen doch mit 
deren Namen nicht gedient seyn, iudem ih- 
re Weikchen meist Produkte de« Moments 
sind, mit dem Moment schwinden, mithin 
die Ferne nie erblicken, und, grossentheils 
wenigstens, dies Schicksal auch verdienet! — 
womit ihnen aber, wie gesagt, weder alles 
Interesse für den Augenblick, noch auch al- 
ler Werth abgesprochen seyn soll — — 

Neapel hat acht Theater, von denen 
aber nur vier bedeuteud und hier anzufüh- 
ren sind: San Carlo — das grosseste in 
Europa j es werden nur ernsthafte Opern 
und grosse Ballet* hier gegeben — Fio- 
rentini — nur komische Opern, aber die 
Gesellschaft iat hier stets vorzüglich gut — 
Teatro nuovo— nur komische Opern — 
Fondo — nur komische Opern und in der 
Fastensei t geistliche Oratorien. 

Die italienische Sitte, nach welcher je- 
des bedeutende Theater sich seine Opern 
selbst, und, wenigstens auf gewisse Zeit, 
nur für eigenen liebrauch dichten und kom- 
poniren lässt ; nach welcher man folglich 
den Poeten ( hier meistens eine, ärmliche 
Person, ohngefähr gleich über den Souffleur 
su setzen) und. den Komponisten, eben so 
wie den Sanger, engagirt — ist auch in 
Deutschland bekannt. Dass dadurch eine 
gewisse Regsamkeit erhalten, manches sonst 
unbekannte Taleut hervorgezogen , es zur 
möglichsten Anstrengung gereilzt, und auch 
noch -andei es Gute bewirkt werde, ist zuzu- 
gestehen; aber was dies Verfahren von an- 
derer Seite für die Kunst selbst wirkt, ver- 
dient einmal weiter ausgeführt zu werden — 
wo auch die ganze Prozedur , wie hier 
Opern zu Stande kommen und das werden, 
was sie sind, zu schildern eeyn wird. Jetzt 
nur so viel: der Dichter ist Sklav des Kom- 
ponisten, der Komponist SklaV der ersten 



Sängerin und des ersten Sängers, und die 
ersteu Singenden sind Sklaven der Schreyer 
im Publikum, die eher auf alles, als auf 
das Ganze eines Werks achten. Daas sich 
hingegen Männer von tmineutem Geist und 
schon befestigtem Ruf über diese Verhält- 
nisse erheben und sie beherrschen, habe 
ich wol kaum nöthig hinzuzusetzen. 

Indem ich Ihnen hier die vollständige. 
Liste der seit drey Jahren hier aufgeführ- 
ten ganz neuen Opern, mit ihren Mei- 
stern und der Aufnahme derselben beym. 
Publikum hersetze, denke ich die Ueber- 
sicht des gegenwärtigen Zustande« deses 
Zweiges der Tonkunst, der durch ganz Ita- 
lien bey weitem entscheidet, zu erleichtern, 
und zugleich den deutschen Direktionen, die 
ihre Repertoire von hier aus rekruliren wol- 
len, einen Dienst zu leisten. l«h übergehe 
aber bey allen diesen vier Hauptlbeatern, 
die ältern Korapositiouen, die zwischen- 
durch wiederholt worden sind. Das Zei- 
chen (•) bedeutet, die Oper hat gefallen 5 
das Zeirheu (°°), sie hat daj 
ste Glück gemacht. 

Teatro San Carlo. 



* Cincvra e Ariodante, 
*♦ Cli Americani , 

Araida e ftinaldo 

* Setoatri 

* Cartageoa 
Aateria e Teaco 

Periliea e Telamone 

* EBgPDia ia Aulide 
11 Ciro 



Ciacomo TriUo. 

detto. 
Andreoxai. 

detto, 
Dom. Cercia. 
PioUr. CarL Cngli. 



Nicolini. 
Pict. Trffito. 
C.polorti. 



Teatro dei Fiorentini. 



** L'amore per inganoo, 
Lo »po»o ia periglio 
♦ La Ficra 
** L'infenDO ad arle 
Le noste per impegno 
11 Ballone aerotUtico 
L'uuuitc 



»on L. Mo«ca. 

— De B'aaia. 

— Gugliahni. 

— ürgiuno. 

— Capotorti. 

— Palma. 



Digitized by Google 



5 6g 



1805. May. 



570 



Ii Ritorno inaapettato, 

II Serro furbo 
Lie Convcnienae tcatrali 
II NauTiagio fortunalo 
L'mganno noo dma 
L'Eijiuroco dolli Spoai 



Ton Moses. 

— Prota. 

— Guglielmi. 

— Guglielmi. 

— Farinelli. 

— P.C. Guglielmi. 



Teatro naovo. 

** La Ser*a bizarra, ron P. C, GagHehai. 

** II Geioao ainceralo — Nicolini. 

La Donna dt bell' noort — Dclia. 

N01 ci fscciaaio conto aenza 

l'oata — Sartorio. 



* lVirapoalnra — Moaca. 

* GU Mattimonj in Maachtra — Cocchia. 

Teatro del Fondo. 

Oratorien. 

* Sanlle von Andrtosai. 

Ladiatrtuaionodi Geruaalenune — P.C. Go^ieln». 



Von theoretischen Werken ist, 
ausser dem oben angeführten kleinen, von 
Fenaroli, nur das berühmte grosse, von 
Nicola Sala erschienen, welches ohnsti ei- 
lig etwas bedeutendes and in seiner Art sehr 
auszeiebnenswerthe ist. Es soll eine voll- 
ständige Theorie aeyn , und enthalt in di ey 
Bänden gross Folio (zusammen über 4uo Sei- 
ten) zwar nur ganz kurze Regeln und Grund- 
sätze, aber viele und vortreffliche Beyspiele. 
Der Konig von Neapel liess es, zum Ge- 
brauch der beydeu Conservatorien , auf seine 
eigenen Kosten verleben. Der Stich ist sehr 
gross und s- hön. Ü<*s Exemplar kostet hier 
13 JJucati (etwas über 10 Thaler) — — 

Zum S'hluss noch einige Worte über 
Nebensachen. Die Kultur der Instiu- 
menle ist hier, in der Regel, Nebensache $ 
und kein Instrument wird so kultivirl, aU 

jie Guitarte. Wahr ist es indessen. 

es gteht hier brave Komponisten für dies 
kleine Wesen, und trrffluhe Virtuosen, in 
einem böh>rn Sinn, als man bey der Goi- 
tarre vcxmuiheu sollte , auf derselben. Die 



Liebhaberey zu befriedigen, hat man nnzahU 
bare Lehrer, und zwey Fabriken, die Gui- 
tarren aller Art verfertigen. — - Dasa man 
hier mehrere Fabriken hat, die die besten 
Saiten in der Welt verfertigen, und sie in 
alle Länder verseuden, ist bekannt. — — 



Nach spätem Briefen aus Neapel ist Hr. 
Kapellm. Righini jetzt dort mit seiner rühm- 
lich bekannten Schülerin, der Dtm. Fischer 
aus Berlin, und diese auf ein Jahr als prima 
Donna beym grossen Theater San Carlo eu- 
gagirt. 



N 



ACHBICKTEaT. 



Wien, den taten May. Hr. Zeuner, 
Ktavjermeister bey der Fürstin vun Galizin, 
gab im Augarten um die iMitlagsstunde ein 
Konzert mit vielem Beyfall. Es eröffnete 
sich mit einer Hayduschen Sinfonie, welche, 
wie gewöhnlich die Anfangstücke der Kon- 
zelte, (?) halb überhört wuide: dann folgte 
eine Arie von Ciinarusa, von der Frau von 
Sehmidt gesungen , aber diesmal mit weni- 
ger Feinheit, Schwung und Ausdruck, als 
im Bigotsrhen Konzerte. Nuu spielte Zeu- 
ner. ein Klavieikonzert von seiner Kompo- 
sition. Nach diesem zu urtheilen gehört er 
zwar nicht uuter die giössten. aber gewiss 
unter die angenehmsten hiesigen Klavier- 
spieler. Zwar waren es keine außerordent- 
lichen Schwierigkeiten, weh he Zeuner über- 
wand: aber dafür Ii it sein V 01 trag eine un- 
gewöhnliche Zartheit, Leichtigkeit und i>e- 
likaiesse, ohne da»s daium (he kraf rgt-n 
Slcleii an bexei« hniiug verlohreu hatten ; 
da bey weiss er Licht und Svbatfen sehr ef- 
fektvoll zu geben. Nicht so vorteilhaft 
kanu man von der Komposition de« Kon- 
zerts urtheileo. Das eiste Grave aus A moll, 



Digitized by Google 



571 «805« 

ein «dir pathetischer, ernster Tnstrumental- 
aats, pa«M zu dem leiten Rondo in A dar 
nicht, welche« durchaus in sehr tändelnden, 
zuweilen ins Spielende fallenden Passagen 
hinrollt» Ueberbaupt iat in dieser Kompo- 
sition «lies viel mehr darauf berechnet, das 
Instrument glänzend au aeigen, als ein ei- 
gentliche» musikalisches Kunstwerk, aufzustel- 
len, wo das Ineinanderwirken aller Instru- 
mente, von dem Pianoforte nur vorzüglich 
geführt, dem Komponisten au dem höhein 
Zwecke dient, eine Reihe glänzender und 
angenehmer Ideen durch allen Reichthum 
der Harmonie zu entwickeln. Das ist die 
Stufe, auf welcher jetzt das Klavierkonzert 
steht, und worauf die herrlichen Mozart- 
scheu, Eberischen und Beethovenschen Wer- 
ke diesef^Äldng glänzen. Statt einer zwey- 
ten Arie der Mad. Schmidt folgte Mehuls 
Ouvertüre aus Adrian; darauf spielte Z. ein 
Rondo und Allegro von setner Komposition, 
auf welches sich das meiste so eben Gesagte 
gleichfalls anwenden lässt. Eimenreich sang 
eine schottische Uallade, und der gröaste 
Theil des Publikums entfernte sich. Von 
mehrere Freunden aufgefordert, endete Zeu- 
ner mit Variationen von «einer Kompo- 
sition. 

Der allbeliebte Creicentini ist nach sei- 
ner Wiederkunft aus Italien in Cimarosas 
Oper: die Horazier und Kuriazier, aufge- 
treten. Von der Musik zu dieser Oper 
lieise sich im Ganzen eben das sagen, was 
Euripides in Wielands Abderiten dem No- 
mopbylax dieser berühmten Stadt über die 
Komposition seiner Andromeda antwortete: 
es könne zwar eine sehr regelmässige; kunst- 
gerechte, woblgeavbeitete Mnsik seyn, nur 
eine Musik au diesem Stück scy sie ge- 
wiss nicht. Das ist buchstäblich hier der 
FalL Von dem Heroischen des Stoffes fin- 



May. 572 

det sich in der musikalischen Behandlung 
keine Spur ; ich glaube, dass man ohne 
grosse Mühe irgend einen andern Text, aus 
dem bürgerlichen Leben etwa , unterlegen 
könnte« Zudem wird die Oper durch eine 
ungeschickte Behandlung de« Textes (dec 
Kampf wird im entscheidenden Momente 
durch dun Obetpriester recht ärgerlich auf- 
geschoben) durch endlose Recitalive und sehr 
viele Wiederholungen, so sehr iu die Län- 
ge gedehnt, dass das Theater bey der er- 
sten Vorstellung erst nach eilf Uhr geendet 
war. Cresceotini gefiel wieder ausserordent- 
lich. Sein schöuer, hoher, ausdrucksvoller 
Sopran, seine, jetzt vielleicht einzige Kunst 
des Gesanges ; sein Schweben der Stimme, 
die vom zartesten Piano bis zum helleslen, 
klingendsten Fortissimo mit gleicher Rein- 
heit anschwellt, weiden ihm die Liebe des 
Publikums gewiss noch lange Zeit erhalten. 
In dieser Oper trat auch ein neuer italieni- 
scher Tenor, Hr. Biancbi, sum erstenmal« 
auf. Dieser Sänger ist mehr Bariton, als 
eigentlicher Tenor; sein Ton ist weder hell, 
noch sehr angenehm , doch scheint er die 
italienische Manier so ziemlich inne zu. 
haben. 

Im Theater an der Wien fand man eine 
Operette mit Musik voa Fischer: die Ver- 
wandlungen, nicht bedeuteud, uud in der 
Musik manche Reminiszenzen. Nächstens 
soll eine neue Oper Beelhovens auf die 
Bühne gebracht werden. Man ist sehr ge- 
spannt auf diese Arbeit, in welcher Beetho- 
ven zuerst als dramatischer Komponist auf- 
treten wird. In dem Texte soll Beethoven 
mit Paer zusammengetroffen seyn , der auch 
die nämliche „Leonore" voriges Jahr zu 
Dresden in Musik setzte. 



,111, ,, 

Latrsio, aar saairzorF iib zlaraa. 



Uigitized by Google 



ALLGEMEINE 

* » . 

MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 5 leo Juny. N=. OÖ. 1805. 



Nachtrag zu den, in No. flS. der Leipziger 
musikalischen Zeitung tgoj. eingerückten 

• „Gedanken über den Geist 4er heutigtn 
deutschen Sttzkuntt." 



Nach meiner Ueberaeugung verdienen die 
Erinnerungen 

des Hrn. D. Hohn bäum aller- 
dings unsere ganze Aufmerksamkeit und dae 
in mehr als einer Rücksicht. Zwar mochte 
es eben so schwer seyn, den überströmen- 
den Fluthen des Rheine eine unschädlichere 
Richtung geben, als den allgemein angenom- 
menen Kunstgeschmack umändern au wol- 
len. Indessen kann doch eine Warnung 
nicht schaden, und der irrende Wanderer 
gewinnt um so mehr, j* früher er auf sei- 
nen falschen Weg aufmerksam gemacht wird. 
Wäre es also möglich, mit unserer Instru- 
mentalmusik wieder einlenken au können; 
■o wäre es damit hohe Zeit : denn schon 
gleichen mehrere unserer Phantasie- Sonaten 
jenem bekannten Gemälde von den aüsgelas- 
aenen und wülhenden Bestürmen* der Pari- 
aer Bastille. Vergebens sucht selbst der • 
geübte Zuhörer den Padeu des Kompouisten 
su erhaschen: die Sprünge der Phantasie in 
diesen Stücken machen es unmöglich. Wie 



lässt sich nun wol von dem der Musik Un- 
kundigen einige Theiluahrae beym Anhören 
solcher Stücke denken? — Diesen in uu- 
sern musikalischen Kunstwerken jetzt herr- 
schenden Geist der Zügellosigkeit und Wild- 
heit haben wir aber einzig und allein un- 
aerm grossen Mozart und seinen Nachah- 
mern au danken. Und wer hätte ihm nicht 
nachahmen sollen, da man nur seine Wer- 
ke göttlich fand l Selbst unser würdiger Va- 
ter Haydn aahe sich genöthigt, dem reis- 
senden Strome zu folgen } wie «eine seit 
1^30 geschriebenen Werke beweisen. Aehn- 
liche Wahrnehmungen mit denen, welche 
uns Hr. D. Hohnbaum miltheilt, bewo- 
gen mich schon vor acht Jahren, bey dem 
Entwürfe des Artikels Mozart, zum neuen 
Lexikon der Tonkünstler, diesem Ar- 
tikel einige Betrachtungen über Mozart« 
Einwirkung auf den Zeitgeschmack, anzu- 
hängen. Da nun diese Hrn. Hohnbaum'« 
Gedanken «um Theil in ein noch helleres 
Licht setzen , zum Theil auch' noch mehr be- 
kräftigen; so glaube ich hier um so eher 
davon Gebranch machen zu können, je we- 
niger sich noch zur Zeit der Abdruck die- 
ses Werks bestimmen hast *). Beyher zeigt 
sich auch, dass diea Lexikon nicht bloss 



*) Nicht aar der Künstler, der Kritiker, der Kunstfreund überhaupt, sondern auch der Historiker mid 
Literator müssen wünschen , da»s ee. dem achtungrwürdigen .Verfaaaer recht bald möglich werde , dieses 
sein wichtig« »ad wahrhaft rerdianstliche» Werk herauszugeben. — Uebrigeas kann man den Lesern 
dieser Zeitung sntranaa, aie werden bey data hier naitgetheilten Auftaue nicht rergeaeea, data — al- 
tera paxa spreche, and freylieh such gehört sa werden rerdieae. 

d- Radskt, 

7. Jahrg. 56 

■ 

• i 1 

♦ 

■ 

• # " • Digitized by Google 



573 



1805. Juny. 



Geburt«- und Sterbe - Register enthält. Es 
heust , mit Uebeigthuog de« nicht hieher 
gehörigen, daselbst aber also: 

— „ Fast kann mau sich der paradox 
scheidenden Bemerkung nicht enthalten, dass 
Mozart zu früh auf dein Schauplätze er- 
schien und zu früh wieder abtrat. Noch 
hatte er uns nicht alle Schönheiten in ihrer 
Tollkoramenen Entwicklung gezeigt, die, 
so zu sagen, in den Falten seines Genies 
▼erborgen lagen, als er starb) — und doch 
war das, was er uns bey seinem kurzen 
Verweilen auf der Erde gab, gross und er- 
haben genug, um öfters an das Unbegreif- 
liche zu gränzen. Er war ein Meteor am 
musikalischen Horizonte, auf dessen Er- 
scheinung wir noch nicht vorbereitet waren ; 
noch klimmten wir an den Bergen , welche 
uns auf unserer musikalischen Laufbahn zu- 
rückhielten , als er dieselben mit einem Rie- 
aenschriue übersprang, uns zurück liess, und 
gleichsam von der Ferne die Vollkommenheit 
schon zeigte, zu der wir una noch in unbe- 
stimmter Erwartung der Zukunft, auf dem 
langsamen Wege der Natur entwickelten.' 

■ 

»Dies halte denn eine doppelt nachlheiii- 
ge, dem Menschenfreunde eben so, als dem. 
Freunde der Musik wehe thuende Folge, 
Auf der einen Seite wurden wir durch die 
Vollkommenheiten und Schönheiten, die wir 
an seinen Kunstwerken empfanden, geblen- 
det und begeistert, und vergessen in dem, 
die bessere Zukunft ahnendem Gefühle die 
Gegenwart; wie an den Tafeln reicher Pras- 
*er, verdarben wir durch die ungewöhnlich 
cusammengesetzten Leckerbiasen und haut- 
gout- Gerichte den Geschmack an gewöhn- 
licher gesunder Hausmannskost. "Wir schwelg- 
ten zehn Jahre hindurch in den üppigen 
Früchten und schäumenden Ergiessuugeu 
seines Genies, um mit schuöder Undankbar- 
keit auf ewig zu vergessen, was Fl aase, 
Graun, Benda, Hiller, Schulz und 
andere grosse Künstler mehr für uns ge- 



374 

than hatten — diese Männer, die bey ih- 
ren gründlichen ästhetischen Einsichten nnd 
bey ihren grossen Erfahrungen im Effekte, 
ihren Text gar wohl zu bearbeiten verstan- 
den, die keine Note ohne Bedacht hinschrie- 
ben, die, wenn es den Ausdruck betraf, ih- 
rer lebhaften Imagination auch eine gesun- 
de, durch Wissenschaften geläuterte Ver- 
nunft als Hüterin beygeben konnten, welche 
aie lehrte manche Note wegzulassen und 
manche wieder auszustreichen, wenn aie der 
Drang der Ideen oder auch die Eitelkeit vez*- 
ieiten wollte, die Zeilen ihrer Partituren 

mit obligaten Stimmen zu überladen. 

Ueberhaupt befolgten sie noch den goldenen 
Grundsatz, bey keiner Sache viele Mit- 
tel anzuwenden, die durch wenige ausge- 
führt werden konnte, und vertraut mit der 
Gewandheit und Zulänglichkeit der Bogen- 
Instrumente, zur Darstellung des grössten 
Theils alles Darzustellenden, bedurften sie in 
ihren Orchestern keines Organ ons von 
sechszehn Blasinstrumenten, wel- 
ches, indem es den Zuhörer betäubet, dem 
Sänger die Möglichkeit benimmt, sich vom 
Thealer verständlich zu machen. Diese 
Männer vergessen wir, welche, wenn aie 
für grosse Hauser und grosse Orchester 
schrieben , zwar auch malten , aber ni< ht 
wie Denn er seine Köpfe, um daran die 
sichtbaren Schweisalöcujr und Mikhhaare 
bewundern zu können, sondern wie erfahr- 
ne Dekorationsmaler , mit grossen Pinselslrt- 
chen, auf die Wirkung grosser Massen in 
die Ferne berechnet; künatler, die ihre Zu- 
hörer bis zu Thi änen zu rühren wussleo, 
ohne ihre Melodieen durch jenen aflrklirten 
Schmelz von chromatischen Uebergängen un- 
natürlich, ansang- und ungenießbar zu 



. Nach solchen Grundsätzen, die freylich 
den fetzigen Freyheitssinn zu sehr geniren, 
waren die Werke gearbeitet, welche Mo- 
zart verdrängte. Und noch schritten die 



Digitized by Google 



575 1805. 

Künstler mit Fleiss and Thätigkeit rahig 
auf diesem aichern and geraden Wege der 
Kunst fort und näherten airh ihrer Voll- 
kommenheit, nach den Gesetzen der Natur, 
zwar langsam, aber auch um ao sicherer 
und wirksamer, als plötzlich Mozart er- 
achten, und durch die Sprünge aeineä Ge- 
niea eine so allgemeine Revolution in dem 
Kunstgeschmacke bewirkte. Mit einer Ein- 
bildungskraft, die, um daa Ganze einer em- 
pfindungsreicben Situation in einem Bilde 
zusammen zu fassen , jedes einzelne Gefühl 
bis zu seiner unbemerktesten Nuance ver- 
folgte, unterstützt durch ein Genie, das 
diese Bilder ordnete und, durch Hülfe einer 
allumfassenden praktischen Kunstkennlniss 
und Fertigkeit, den ganzen Umfang des 
Tonsystems mit scharfem üeberblrck be- 
herrschte, um die Bilder so vollkommen in 
der Wirklichkeit darstellen zu können, wie 
aie ihm Gefühl und Phantasie vorhielten,— 
mit diesen Hülfsmitteln , sage ich, lieferte 
er Kunstwerke, die von alle dem, was man 
bisher von praktischer Anwendung der 
Kunstgeselze gehört und gesehen hatte, 
weit abzuweichen schienen. Da herrschte 
ein Reich thum an Erfindung, eine Fülle und 
Kraft in der Darstellung, deren Schönheit 
nur wenige kunstmässig entwickeln und zer- 
gliedern — die meisten nur fühlen konnten. 
Zu diesen letztern gehört unter andern der 
grosse Tross von Nachahmern, die alle mit 
dem Fluge des Icarus die Höhe zu er- 
streben sachten, zu der sich Mozart auf 
den Fittigen seines göttlichen Genies empor- 
geschwungen hatte, aber fast alle ohne Aus- 
nahme das Schicksal ihres unglücklichen 
Vorbildes erfuhren ; — indem sie sich 
dem glanzenden Ziele, wo Mozarts Ge- 
nie strahlte, näherten, fielen sie verblendet 
in die Tiefe hinab. So tummelte sich das, 
mit Horn m sprechen , Servum pecus 
imitatorum auf diesem neueröffneten Felde 
mit einer Freyheit herum, die nbüi wendig 
in Zügellosigkeit und, Ungebundenheit tue- 



arten musste, wenn sie nicht dnrcli die Lei- 
tung eines Mozartschen Genies im Gleise 
gehalten wurde. Denn das blosse Gefühl 
war ein zn unsicherer Führer auf diesem 
noch ao ungebahnten Wege, um gegen je- 
nes grundsatzlose Schwanken zu sichern, 
das nicht wenig Aehnlichkeit hat mit der 
Anarchie eines Staats, in dem blinde Wili- 
kühr, statt positiver Gesetze herrscht.« 

„Drum sollten sie sich warnen lassen, 
diese Nachahmer, durch die Erfahrung, die 
una Horas schon über ein ähnliches Ver- 
hältniss mittheilt. in Mozarts Name« 
ruft er ihnen zu : 

Liberi p«r Tarawa po»ni rattiaia princep«, 
Noa aliena meo preui ped«. 

Und wer hier, um mit Mozart in gleicher 
Höhe über andere hinwegzuragen , erst nö- 
thig hatte, auf die Schultern seiner Vorgän- 
ger zu treten, der reichte bey weitem' noch 
nicht an den erstrebten Punkt.« 

»Diese grosse Revolntion im. musikali- 
schen Gesch macke hat sich aber mit ihren 
Folgen noch weiter verbreitet; denn ausser- 
dem, dass sie die Talente des Künstlers er- 
schöpfte , indem sie dieselben zu Ueber- 
spannungen ihrer ohnmächtigen Kräfte sporn- 
te, verleitete sie andere, das Publikum, für 
die ihm bisher aufgetischten kunstvollen und 
gewürzten Gerichte, ;durch eine Menge von 
oft nur zu faden Walzer- Opern in nur zu 
reichem Maasse schadlos zu halten. Und 
violleicht hinderte dieses Ueberschwankeu 
auf die entgegengesetzte Seite noch, dass 
sich bey dieser Revolution nicht gar eins 
Art von degont an der Musik überhaupt, 
bey den Unkundigen, erzengte. Denn man 
staunte lange bewunderungsvoll- die Ergies- 
sungen des Mozartschen Genius an , und 
hielt sich durch die seligen Empfindungen, 
die seine Darstellungen erweckten, für be- 
friedigt. Allein eine Befriedigung durchs 



Digitized by Google 



577 «?°5- 

blosse Gefühl, ja seh/ oft durch blosses 
vorgebliches Gefühl and afiektirten Bey- 
fall, kann den Forderungen des Kunstsinns 
auf die Länge hin unmöglich ein Geniige 
leisten* Ware es also wol Wunder ge- 
wesen, wenn der allgemeine Enthusiasmus 
für Mozarts dekorirte Msnier im Aus- 
drucke eine gänzliche Uebersaltigung nach 
■ich gezogen hatte? und dies um so mehr, 
da durch seine errungene Alleinherrschaft, 
besonders auf dem Theator, der Wechsel 
mit andern Stücken sehr eingeschränkt wor- 
den war? Ein grosser Theil seiner Ver- 
ehrer konnte und musste daher des Nach- 
belens seines Ruhms um so eher überdrüs- 
sig werden, je weniger er im Stande war, 
dessen Kunsthöbe zu begreifen und zu gou- 
tiren. Und gesetzt, alle unsere Künstler 
Wären Mozarte geworden — so würde 
doch keine Kunst hinreichen, die übersät- 
tigte und erschlaffte Menge wieder zu rei- 
zen. " 

» Gewiss würden Deutschlands Künstler 
mit der Zeit auch dahin gekommen seyfr, 
Wohin ihnen Mozarts Genie mit Riesen- 
schritten vorgeeilt war, und zwar mit dem 
Doppelten Vortheile, dass sie zureichende 
Empfänglichkeit für ihre Kunstwerke in den 
Ohren ihrer Zuhörer gefunden und diese zu 
keiner Undankbarkeit gegen ihre braven Vor- 
gänger veranlasst halten.*- 

„Nach* diesen Bemerkungen kann man 
meines Erachtens beurtheilen, ob uns Mo- 
zarts dramatische Werke wirklich völligen 
Ersatz für alle das Gute erstatten >. was durch 
seine bewirkte Revolution in Deutschlands 
musikalischem Geschmacke auf einmal fade 
und ungeoiessbar wurde, und ob nicht Jdas 
Löos der Italiener in . dieser Rücksicht zu 
beneiden ist. In Italien nämlich, wo es 
vielleicht an geschickten Ausführen! oder 
hinlänglich gebildetem Kunstsinne su Mo- 
marts Werken fehlt , scheint sein Kunst- 
Genius ganz ohne Einüuss geblieben zu 



Juny. 578 

seyn. Dies hat aber die guten Folgen, dasi 
die dasigen Ohren noch eben so viel Reize 
und Schönheiten in den Werken ihrer äl- 
tern und neuern Meister vom Pergolesi bis 
cum Paisiello finden, als vorher.* 

»Noch weniger aber scheint die Kunst 
durch seine ausserordentliche praktische Fer- 
tigkeit gewonnen zu haben. Wird nicht 
endlich der Virtuos künftig seine Uebungen 
in der Wiege anfangen und alle anderwei- 
tige Kenntnisse , die zum guten Künst- 
ler und selbst zum guten Menschen gehören, 
aussetzen müssen , um sich unter jenen 
Luftspringern und Seiltänzern auszeichnen 
zu können — der Musikus, welchen Kant 
so schon halb und halb -zum sinnlichen 
Thiere herabwürdigt? Kann das dumpfe 
Anstaunen dieser Gaukeleyen jene süssen 
Thränen der Rührung ersetzen, welche un- 
sere Väter durch ihre wenigen und simpeln 
Noten hervorbrachten? Und wer soll, wer 
kann diese übermässigen Anstrengungen«, 
welche nur die kurze Zeit der höchsten Ju- 
gendkraft durchdauern können , ebenmä'ssig 
belohnen? Muss nicht auf solche Weise mit 
der Zeit die Kunst von selbst zu sinnlosem 
Getöne und Geklimper herabsinken , wenn 
den Künstlern keine Zeit mehr übrig bleibt, 
ihren Verstand und ihre Kenntnisse auch 
durch andere nölhige Wissenschaften gehö- 
rig zu bilden und zu bereichern?" — 

f • • 

'S " | " ' , • * • 

Er. Ludw. Gerber. 

'■ ■ ' i ' 

Nachrichten, 

i * ■ • : . t" Iii»-* ' ; •*• • 

ittot tJer rireymonstfichen- UebeWclJl' Ttou Trank- 
i *' . fctrt W. im Statsa Stückjt i: 
. r. : .is!. i ! i i": :,. 

Am Charfreytage führte Hb. Mnsikdir. 
Schmidt die Schöpfung, im StadtoohauipieU 



Digitized by Google 



579 J &°5* 

hause, ta seinem Vortheil auf. Da« Or- 
chester war durch die Gefälligkeit vieler 
mitspielenden Liebhaber sehr stark besetzt, 
und bey der Ausfuhrung möglichst prompt. 
Die Soloparlhieen wurden durchaus gut und 
manche, ohne windige Schnörkeleyen , der 
Würde des Gegenstandes angemessen, vor- 
trefflich gesungen. Die Chöre gingen, was 
Präcision anlangt, wie es nur zu wünschen 
ist; aber au wünschen wäre auch noch ge* 
Wesen, dass sie mehr gesungen, und man- 
che Stimmen nicht so unmassig wären ge- 
schrieen worden! Der Beyfall war indessen 
allgemein und das Auditorium sehr zahl- 
reich, 

Ann ersten Osterfeyertage gab Hr, N. 
Heroux, Flötenspieler, ein Konzert. Die 
Sinfonie aus G moll von Mozart worde sehr 
exakt gegeben; Mad. Lange sang eine Arie 
von Cimarosa sehr ausdrucksvoll ; Hr. N. 
Beroux spielte ein FJöleokonzert — der 
Komponist war nicht angegeben — voll un- 
dankbarer Passagen , wie ein Meister des 
Instruments; Hr. Arnold spielte ein effekt- 
volles Violoncellkonzert von seiner Kompo- 
sition; Mad. Ursprueh und Dem. Bucbwie- 
ser sangen ein schönes Duett von Porto- 
gallo ausserordentlich schön und gut, und 
damit waren die Konzerte für diesen Winter 
geschlossen. 

Ich hoffe, Sie werden nicht übersehen 
haben, wie oft unsere Konzerte diesen Win- 
ter von den Talenten mehrerer Liebhaber 
unterstützt wurden, und zwar von so fein 
{•bildeten Liebhabern, das« sie den Konzer- 
ten, wie der hiesigen Kunstbildung, wahre 
Zierden sind; dass sie diese, wie sieh selbst, 
durch öffentliches Auftreten ehren, und den 
Dank- de« Publikum« und der Künstler ver- 
fchanen und erhalten. Der Nutzen, den da- 
durch die. Kunst im Allgemeinen, und ins- 
besondere hier, davon hat, ist so einleuch- 
tend, dass^ es überflüssig wäre noch ein 
Wort dazu zu sagen. Auch hatten «ich .die 



Juny. 530 

Künstler immer eines «ehr starken Audito- 
riums zu erfreuen. Ferner werden Sie auch 
aus meinen Berichten gesehn haben, dass 
schon die Wahl der Stücke Beyfall und 
Aufmunterung verdiente. Wir hatten die 
Freude, fast alle Mozartsche Sinfonieen, die 
Sinfooieen von Beethoven und Krommer zu 
hören, so wie viele ausgesnchte Singslücke 
und Konzerte ; und fast alle diese Sachen, 
wnrden mit einer Genauigkeit, Aufmerk- 
samkeit und einem Eifer vorgetragen, das« 
man nicht selten in seinen Erwartungen 
über troffen werden musste, wenn man da- 
bey bedachte, dass die meisten, selbst die 
vorzüglichsten Künstler, durch Unterrichten 
tt. «. w. ihre Kunst fast bi« zum Ekel zu 
treiben genöthigt sind, ohne dass ihnen da- 
durch deren Ausübung zu einer sauern Ar- 
beit zu werden schien. Es war daher um 
so erfreulicher, die Lu«t und den Eifer so 
deutlich zu bemerken, die nothwendig Ida 
seyn müssen, Wenn -man erst einzeln für sich 
in der Kunst immer vollkommener werden, 
und dann dadurch zur Vollkommenheit de« 
Ganzen beytragen will. 

Das Liebhaber- Konzert hat seinen ge- 
wöhnlichen Gang gehalten. Die Fortschritt 
te, die seit der Errichtung dieses Konzert« 
von den hiesigen Liebhabern zur Vollkom^ 
menheit gethan wurden, sind «ehr siebtbar. 
Wir haben das Vergnügen gehabt, manche« 
schöne und schwere Stück, sowohl an Vo* 
kal — als Instrumentalmusik, so genau aus- 
fuhren zu hören, wie es irgend von Lieb- 
habern, die doch nur die Musik als Neben- 
sache treiben, ZU erwarten ist. Besonders 
haben uns mehrere hiesige junge Frauen- 
zimmer durch ihren Gesang viel Vergnügen 
gemacht, und viele von ihnen würden auch 
da, wo man nur sehr guten Gesang zu hö- 
ren gewohnt ist, mit allem Beyfall auftre- 
ten. • Eben so haben uns andere durch ihr 
schönes Fortepianospiel in der That in Er- 
staunen- gesetzt. • Ich nehme keinen Anstand 



Digitized by Google 



5 Si »805. 

0 

ihre Namen xo nennen, da sie iu denen 
gehören, die den ersten und wichtigsten 
Schritt zur feinem und allgemeinem Aus- 
bildung der Kunst in Frankfurt Ihaten, und 
man darf hoffen , das« sie auch von Auswär- 
tigen mit Achtung werden gelesen, wie sie 
von den Hiesigen dankbar bewundert wer-r 
den. Im Gesang traten gewöhnlich auf mit 
Stücken der besten italienischen und deut- 
schen Komponisten: die Dem. Quaita, Horn, 
Purgold, Bugler, r. Hartwig, Scheibler, 
Wissen, Scharf, Pfählcr, und Stackenschnei- 
der. Auch Hr. v. Hennesel ist durch sei- 
nen wabieu and richtigen Ausdruck mau- 
chem nicht ungebildeten Musiker an die Seile 
su setzen; so auch Hr. Lang, besonders in 
komischen Gesangslacken. Von Med. Koch, 
Dem. Geyer, v. Hartwig und Krug haben 
wir Konzerte auf dem Pisnofbrte von Mo- 
zart, Beethoven und Wölfl vertragen hö- 
ren, dass sich mancher Virtuos von ihnen 
übertreffen fühlen würde. Hr. Berney. auf 
der Flöte könnte sich mit Dalon messen* 
Hr. dOrville spielte Konzerte auf der Vio- 
lin von Rode, Franzi, Kreuzerl etc. wie 
ein Meisler, und auf dem Violoncell Herr 
Mezler. — Am Orchester nehmen, wie 
ich schon früher erwähnt habe, mehrere 
Mitglieder von dem Theaterorchester Theilj 
wir haben aber auch Sinfonieen von Mozart, 
Haydn, Beethoven, Danzi, aufführen hören, 
dass es schwer seyn würde, etwas daran zn 
tadeln. 

Ein anderes Privat- Konzert, von dem 
ich schon mebrmalen Erwähnung gethan habe, 
hat sich aufgelöst; dagegen ist aber, unter 
der Leitung des Hrn. v. Hennezel, ein neues, 
unter dem Namen: musikalische Akademie, 
entstanden, das nur aus Liebhabern besteht, 
von dem ich aber wenig sagen kann, weil 
ich selbst noch keinen Theil daran nehmen 
konnte. Es wurden aber auch bis jetzt nur 
zwey Vorstellungen gegeben, auf die jedes- 
mal ein Ball folgte. Herr von Hernie**! 



Juny. 58t 

scheint dabey besonders sein Augenmerk auf 
mehrstimmige Gtfsangsiücke, Chöre etr. au 
richten, und das ist zu loben, weil diese 
Gattung Musik hier noch sehr vernachläs- 
sigt ist. Dass aber jedesmal ein Ball damit 
verbunden seyn soll , kann ich nicht ganz 
zweckmässig linden, denn die meisten Mit- 
glieder möchten das Konzert als ein Mittel 
ansehen, um auf den Ball zu kommen, (ob 
es gleich Hr. von Hennezel aus dem entge- 
gengesetzten Gesichtspunkte sehen mag) und 
diese werden der Sache immer mehr scha- 
den, als nützen. Die Mitglieder einer sol- 
chen Anstalt müssen aus wahrem Eifer und 
reiner Absicht und Liebe zur Kunst die, 
Sache betreiben , wenn sie gelingen soIL 
Die Folge wird indessen zeigen , wie weit 
dies Unternehmen deni Hrn. von Hennezel 
gelingen wird; ihm aber bleibt immer dai 
Verdienst, dass grossen Theils durch ihu, 
seinen warmen Eifer für die Musik und sei- 
ne rastlosen und beharrlichen Bemühungen, 
die Kunst unter den hiesigen Liebhabern ei- 
nen eigenen Schwung bekommen hat, der 
von den schönsten Folgen ist ; denn auch 
vorzüglich durch ihn, ist das andere Lieb- 
haberkonzert so weit gediehen, wie es jetzt 
dasteht, und die schöne Orduung, in der es 
fortdauert, verbürgt auch die Einsicht und 
die Liebe zum Schönen und Guten der 
übrigen, mir aber unbekannten Hrn. Mit- 
direktoren. 

Auf unserm Theater wurden seit kur- 
zem zwey neue Opera gegeben: Aline, Kö- 
nigin von Golconda mit Musik von Herion. 
Es ist dasselbe Sujet , welches von dem 
französischen Dichter Scdaiuc entlehnt und 
vor ungefähr zwanzig Jahren in Paris voa 
Monsigny und nachher von Schulz in Beins- 
berg koinponirt wurde. Bertons Musik hat 
nichts vorzügliches und fand sehr massigen 
Beyfall. Die andere ist Cor* und Alonzo 
von Simon Meyr. Sie erhielt gar keinen 
Beyfiül. Man wurde besonders oft sehr he* 



• 



Digitized by Google 



I 



583 

stimmt an Sätze anderer Komponisten erin- 
nert , wie <Uu bey Mayr überhaupt der 
Fall ist. 

Am igten April gab Hr. Fridzeri — 
Professor der Musik, (seit dem ersten Jahre 
seines Atters blind,) und des Lyceuma der 
Künste su Paris, so wie verschiedener Aka- 
demieen und anderer gelehrten Gesellschaf« 
ten Mitglied — hier ein Konzert. Er war 
schon vor drryssig Jahren und länger, tbeils 
durch seine Kompositionen mehrerer Opern 
nnd anderer Werke, theils durch sein Spiel 
auf der Violine und Mandoline , in Frank- 
reich berühmt, und seine Konzerte etc. die 
er hier spielte, könuen immer noch vielen 
der neuesten französischen Kompositionen 
der Art an die Seile gesetzt werden. Seine 
Spielart ist indessen alt und seltsam, wie sein 
Vortrag; doch nicht ohne die grösste Ver- 
wunderung hört man ihn, in kauderwelschen 
Stricharten und Applikaturen , schwere Pas- 
sagen bestimmt, nett und rein vertragen. 
Seine Demoiselle Tochter, die ihn begleitet, 
spielt sehr gut Harfe und Violio, und singt 
auch; aber auch sie folgt nur ihrem Genie, 
Und tt°<lgt alles regellos vor, überwindet aber 
auf ihren Iustrutneoten und mit ihrer schö- 
nen Stimme Schwierigkeilen, die den Zuhö- 
rer staunen macheu. Die Kompositionen, 
die sie zu hören gaben , waren alle von 
Hrn. Fridzeri, und hatten durchaus das Ge- 
präge der Freundlichkeit und guten Laune, 
die auch so- lebhaft aus dem Gesichte des in- 
teressanten V erfassers sprechen. Möchte doch 
dieser gute Alte mit seiner talentvollen Toch- 
ter auf seinen Reisen überall eine gute Auf- 
nahme, und die ihm gebührende Ächtung 
und Unterstützung finden I — — 

In deh ersten Tagen dieses Monats ver- 
lor in Offenbach die Kunst eine wichtige 
Stütze, durch den Tod des Hrn. Bernard*, 
der auch im Auslande ehrenvoll und rühm- 
lich bekannt ist , nnd zwar vornehmlich 
durch seine ausserordentliche Liebe und 



584 

Neigung zur Musik, auf die er bedeutende 
Summen verwandte. Vor mehrern Jahren 
anterhielt er ein vollständiges Orchester, an 
dessen Spitze Hr. Franzi , der berühmte 
Violinspieler , als Direktor stand , und das 
unter seinen Mitgliedern mehrere Künstler 
zählte» die Namen als .Virtuosen haben, und 
die zusammen ein unübertreffliches Ganzes 
bildeten. Und noch bis an sein Ende hatte 
er eine kleine Gesellschaft von ausgezeich- 
neten Künstlern im Sold nnd um sich, von 
denen ich nur den eben jetzt so berühmten 
Franzi, und den Klavierspieler Hofrnann zu 
nennen brauche; aber auch die Violinapieier 
Tbieriot und Nenninger und der Violoncelr 
list Mangold machen seiner Wahl nnd sei- 
nem Geschmack Ehre, so wie dieser dea 
Küostlern selbst, da B. durch viele Erfahrung 
und recht eigentliches Studium der Kunst 
im Stande war, den Werth oder Unwerlb 
der Künstler sehr richtig zu schätzen, und 
alles MiUelmasaige von sich wies«. — — 

Jör. Simrok von Bonn brachte eine, in 
seinem Verlag so eben erschienene, Sonate 
fürs Klavier mit obligater Viotin von Beet- 
hoven zur jetzigen Messe, die gewiss zo 
den bedeutendsten Werken dieses genialischen 
Komponisten gehört , und ich mache das 
Publikum im voraus darauf aufmerksam» 
Sie ist dem berühmten Kreuzer in Paris de- 
dicht, und verlangt zur Ausführung zwey 
Künstler, die ihrer Instrumente ganz mäch'» 
tig sind und sie mit Sinn nnd Gefühl za 
behandeln verstehen. Man findet da nicht 
willkührliches Geräusch mit Tönen , sondern 
man glaubt ein eindringliches, fest fortge- 
führtes Gespräch zu vernehmen, das uusere 
Einbildung und Empfindung in Bewegung 
setzt und unterhält, und bekömmt dadurch 
einen neuen Beweis von dem Genie, von 
der Kunsrbildung, nnd dem beharrlichen 
Fleisse dea originelles Verfassers. 

— Vom irten May. Dem. Schmalz, 
königl. Preuea. Kammersängerin, gab, auf 



1805. Juny. 



Digitized by Google 



585 



1805. Juny. 



586 



ihrer Rei*e nach Italien, gestern hier ein 
grosses Kouzert, dt«, obgleich das Entree 
einen Laublhaler (gewöhnlich kostet es hier 
nur halb so viel) kostete, doch «iemlich 
stark besucht war. Sie sang einige sehr 
schöne Stücke (eine Scene aus Romeo und 
Julie von Zingarelli, . eine Arie mit Chören 
▼on Nasoliiii und eine Arie von Creacentini) 
mit allgemeinem Beyfallj wie konnte e» aber 
auch anders seyn , da man durchaus sehr 
wohl bemerken konnte, dass sie sehr gute 
Schule lleissig benutzt hat, und schon von 
der Nalur mit einer grossen, imponirenden 
Stimme begabt ist, die sie dann mit Kunst 
und Geschmack, und in der «weckmassig- 
sten Methode au benutzen gelernt hat. Ich 
wage es nicht , mir ein näheres und be- 
stimmteres Urtheil über ihren Gesang, in 
Absicht auf Kunst und Slimmorgan, zu er- 
lauben , da einmaliges Hören dazu nicht hin- 
reicht, und Künstler, besonders Sanger und 
Sangerinnen, oft von günstigen oder ungün- 
stigen Zufallen abhängen-, indessen glaube 
ich , dass ihr eine Reise nach Italien noch 
von manchem Nutzen seyn könne, ob sie 
gleich schon eine grosse Sängerin ist. — 
In der ersten Abtheilung spielte Hr. Arnold 
«in Violoncellkonzert von seiner Komposi- 
tion, von dem ich nichts sagen kann, wenn 
ich nicht wiederholen will, was ich schon 
mehrere mal von diesem geschickten Künst- 
ler gesagt habe. Zum Schluss spielte Hr. 
IL Hofmann ein Klarinetlkonzert, und be- 
zauberte die Zuhörer durch seinen unaus- 
sprechlich schönen Ton. Wäre es ihm 
möglich, »einem Vortrag, unbeschadet des 
bezaubernden Tons, etwas mehr Geist und 
Leben zu geben, , dann, behaupte ich, könn- 
te er der erste Klarinettist in der Welt wer- 
den. Zum Anfang der ersten Ablheilung 
wurde das erste Allegro und die Menuett 



der gewaltigen Sinfonie aus C dar von Mo- 
zart, und zum Anfang der aweyten Abthei- 
lung das erste Allegro einer grossen Sinfo- 
nie aus D dur, auch von Mozart, gegeben, 
und zwar mit hinreissender Kraft und Ge- 
walt. Der Mensch , ' der sich von solchen 
Stücken, und so gegeben, nicht ergriffen 
fühlt , ist wahrlich zu bedauern. 

Es heisst, dass nächstens Mozart* Re- 
quiem in der hiesigen Domkirche, zur 
Todesfeyer des seel. ßernards in Offen- 
bach, mit allem Pomp gegeben werden 
soll. 



Berlin, d. i8ten May. Den 8ten May, 
am jährlichen Busstag, an dem das Theater 
geschlossen ist, gab der Kapellmeister We- 
ber ein Concert-Spirituel im Nationallhea- 
ter. Glucks. Ouvertüre zur Alceste nachte 
die Einleitung zum Mozartseben Requiem. 
Den zweyten Theil füllten eine Choralvesper 
vom Abt Vogler mit Instrumentalbegleitung 
und Händeis Hallelujah. Die Sänger trod 
Sängerinnen , und das durch mehrere aus 
der Kapelle verstärkte Orchester des Natio- 
naltheaters befriedigten auch die gespannte- 
sten Erwartungen. Demselbigen fleissigea 
und für seine Kunst tbätigen Kapellmeister 
Weber verdanken wir auch die trefflich© 
Musik zn KoUebue's neuestem Trauerspiel: 
Heinrich Reusa von Plauen oder die Bela- 
gerung von Marienburg. 

üebermorgen wird zum Benefiz für Md. 
Schick Glucks Armida mit giöaster Pracht 
gegeben. 



L»< Fll«| IST. B 



uttiori 11a aXarafc. 



Digitized by Google 



A L LG £ M ß I N £ 

MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



! Den ia ,eD Juny. 



N=. 37. 



1805. 



R z c 1 ■ t x o ». 



Altschottisehe Balladm und £f*tjvr m/t Ä7tf- 
vierbeglthung nach dtn cittchotthchen Mtlo- 
dittn aiugtstm 9on Joseph Bafdn , mit 
dtuuchtr Nachbildung von J. W. (auf dem 
zweyten Hefte heiaat ei von G. A.) 
Wagntr. Zwey Hefte. Leipzig, bey 
Breitkopf und Härtel. ( Bejde Hefte 
1 Tbaler.) 

Eine interessante Erscheinung, auf welche 
ich nicht nur Musiker, die hier mehr zu 
«tudiren finden, ah es auf den' «raten An- 
blick scheint, sondern jeden, der steh an 
den, »eit. Herder, .auch in Deutschland be- 
rühmten Resten der britltschrn Volkspoesie 
ergolseu'üud ihren wahreb Werth anschla- 
gen kann , aufmerksam inachen mochte. 
Brittisch — sag' ich, denn schottisch 
sind sie nicht sämmllich, auch findet man 
bey genauerer Ansicht, dass sie nicht alle 
alt sind. Sie sind aus der grossen und 
•ehr theuern Londoner Sammlung gewählt, 
und die dort von Haydo su den Volksme- 
lodieen gesetzte harmonische Begleitung ei- 
ner VioKn uud eines bezifferten Basses, ist 
hier, sehr zweckmässig, in eine Klarier- 
ttimme zusammengesetzt. 

Die hier gelieferten Gedichte sind -sämmt- 
• lieh nicht ohne? Ifferth, und mehrere, be- 
sonders im ersten Hefte, dürfen vortrefflich 
( genannt werden. Die äusserst treue Nach- 
bildung ist stelleoweia cum Bewundern ge- 
lu ngen, un d zeigt unverkennbar einen Mann, 
7. Jaarx. 



der bey der Sprachen mächtig und dem kei- 
neswegs fremd ist, worauf es hier zunächst 
ankam. Es ist alles wiedergegeben worden; 
jeder ganze, halbe und Doppelreim, nicht 
selten selbst der Klang der Vokalen u. dgl. ; 
kurz alles, bis — auf den schönen, einfachen, 
milden« ungekünstelten Fluss der Rede, um 
welchen man aber, besonders wenn man die 
Lieder singt, freylich manches von jenem, 
der Sprache zuweilen sehr aufgezwungenen« 
missen möchte. Doch bleibt auch,' was, 
und wie es gegeben worden, immer schätz- 
bar. 

Von den. Melodieen ist, ausser der un- 
verkennbaren , meistens geistreichen, zuwei- 
len sehr seilsamen, in jedem einzelnen alten ■ 
Stuck aber für sich stehenden Originalität,' ' 
vornehmlich das innige Verfliessen derselben 
mit der Poesie xu rühmen. ' So etwas wird 
nie, oder höchstens in sehr seltenen, äus- 
serst glücklichen Momenten von einem Kom- 
ponisten getroffen, wenn er nicht zugleich 
Dichter seines Werks ist, wie es jetoe Sän- 
ger und die Sänger der alten Welt waren* 
Aber ausserdem wird dem Unterrichteten 
bey genauer Betrachtung dieser Melodieen 
vieles merkwürdig werden. Ich will nur 
einiges kurz anfuhren. Bey weitem die mei- 
sten dieser Melodieen, und besonders die 
meisten von denen, die für die ältesten an- 
zuerkennen sind, sind nicht in Moll, son- 
dern in Dur — wie, ausser den deutschen, 
so viel ich weiss, keine. Sie sind ferner - 
ohne alte Beziehung auf irgend ein Instru- 
ment empfangen und geboren , und unter- 
scheiden sich dadurch wieder von den deut- 

57 



» 



Digitized by Google 



587 



1805. Juny. 



588 



«eben, deren Beziehung — grossentheils 
auf Begleitung von Waldhörnern, so wie 
die der italienischen und spanischen • auf 
Begleitung von Zitier, von Manuoline ete. 
unverkennbar ist. Sodann : sie sind Ur- 
sprünglich ganz ohne Beziehung auf eine 
regelmässige Harmonie gebildet, obschon sie 
den Haupt - und Grundlos halten , und , 
wenn sie einen Haupteinschnitt haben, die- 
sen gewöhnlich in die Dominante, oder auch 
wieder in jenen, machen — wodurch sie 
sich ebenfalls von allen bekannt gewordenen 
Nationalgesängen anderer, nicht wilder Na- 
tionen unterscheiden, die zwar nicht sämmt- 
lich mit Bewustseyn einer solchen Harmo- 
nie erfunden sind, aber doch so, dass man 
das dafür empfängliche Ohr, oder den dazu 
gestimmten Sinn entdeckt, weshalb es auch 
naht so schwer ist, eine regelmässige Be- 
gleitung für sie zu finden, wie es hier ge- 
wesen. ' Ferner: was von Beziehung auf 
Harmonie gesagt worden, gilt fast ganz 
auch von Beziehung auf Takt. Wiewol die 
Lieder in diesem Betracht beym Aufzeichnen 
nicht wenig gelitten haben mögen: so zeigt 
sich doch, bey' aller Bestimmtheit der 
Rhythmen und trotz, der hinzugesetzten 
regelmässigen Takteintheilungen , hin und 
wieder eine gänzliche Taktlosigkeit, beson- 
ders bey mebrern der ältesten in der Origi- 
nal-Sammlung, die hier nicht aufgenommen 
sind. Bey einem kriegerischen Volke 
ist auch dies bemerkenswert!», da es sonst 
nur den müssigen Hirten und andern still- 
sitzenden oder achtlos hinschlendernden Sän- 
gern südlicher Nationen eigen ist. Doch 
ich höre auf, dergleichen Dinge herzuzäh- 
len, die eine eigene Ausführung finden wer- 
den, und mache nur noch den Kunstver- 
ständigen auf gewisse Ton -Fälle, und auf 
gewisse Verzierungen aufmerksam; von 
den letztern mag zwar manche hier stehende 
nicht alt und nicht ächt seyn, andere aber 
unterscheiden sich von diesen sogleich, und 
diese meyn' ich. 



Indem ich nun zu tagen habe, waa von 
der hinzugekommenen harmonischen Beglei- 
tung zu halten, thät es vielleicht Noth, zu- 
vor eine Depi ekatiuu einzulegen - — der 
Schwachen, nicht der Kenner, auch nicht 
des grossen, verdienstvollen, verehrten Grei- 
ses wegen, von dem diese Arbeit herrührt. 
Dies GesUndnias sey aber anstatt der De- 
prekation; es versteht sich übrigens von 
selbst, dass, was ich oben gesagt habe uud 
hier sage, nicht länger gellen soll, bis ein 
Anderer etwas Besseres darüber vorbringt 
und erweiset. Der Gedanke nämlich, jene 
Melodieen auf unare Haimonie zu beziehen, 
ist schon an sich nicht der glücklichste : 
sie, die ursprünglich im Unisono gesungen 
wurden, und höchstens in den Sthlussfälle n, 
oder wo der Umfang. mancher St rome nicht 
hinreichte) eine Nebenstimme erhielten — « 
sie hätten auch so aufgezeichnet werden und 
bleiben müssen. Nun wäte zwar nichts 
durch diese Zusätze verloren , denn man 
dürlte sie ja nur wegdenken: aber es ist 
sehr zu besorgen, dass, wer eine regellose 
Melodie mit der. Absicht, sie regelmässig zu 
begleiten, auffängt und niederschreibt, daran 
auch, und wär' es seiner selbst ganz mibe- 
wusst, modele und sie uns uud unsrer Mu- 
sik zubeuge. Sollte nun aber einmal eine 
harmonische Begleitung dazu gesetzt wer- 
den, so hätte sie wol die kunstloseste und 
einfachste von der Well seyn müssen; viel- 
leicht wäre sie nicht einmal zweystimmig 
fortzuführen, sondern nur auf Akkorde zu 
reduciren gewesen, unbesorgt, ob diese nach 
unserm System einander so folgen dürften. 
Sollte es nun aber auch dabey nicht blei- 
ben, sondern durchaua in der Harmonie et- 
was unsern Zeiten sich nähernde und 
zugleich auch kunstgerechte gegeben wer- 
den, so wäre doch vor allem, meiner Ein- 
aicht nach, das Figurirte and Kunst- 
gelehrte gänzlich zu vermeiden gewesen. 
Was Haydn gegeben, ist wahrhaft hewun- 
dernawerth, denn er hat Schwierigkeiten, 



Digitized by Google 



589 

und so 



1805. Juny. 



590 



besiegt, als es Niemand I schaulich zu machen; aet2e ich nur Eine 



rhle, wer nicht ein eben ao gründli- 
cher und sugleich eben so gewandter 
Harmouiker war, als er: aber die Lieder 
aind dadurch ihrer Gattung enthoben, sind 
«ich selbst entfremdet wurden. Um das an- 



stelle her, aus dem schön gedichteten und 
schön komponirten Liede : Margretens 
Geist, (ister Heft, S. 6.) das eins der 
regelmässigen ist und darum auch dem we- 
niger Geübten das Unheil erleichtert. 
« 9? . . . « — v 

m 




t 1 8 







* -- »-^»> — t, — f 

Win - t r - g'wulJt 




1 

ftim cte. 


1 -ISuf ^ 





J h wiederhofe : soilteu nun einmal die- 
se Lieder nach unsrer Weise begleitet wer- 



den, so war es mit einer Begleitung genug, 
wie ich sie hier von derselben Stelle ver- 
suchen will, wobey ich aber sehr gern zu- 
gebe, dass, wenn Haydn sie in dieser 
Weise hätte gehen wollen , sie besser aus« 
gefallen seyn würde. Doch, damit die Le- 
ser wenigstens etwas Ganses gleich vor 
Augen haben , schreibe ich lieber die Be- 
gleitung jenes ganzen Liedes nach 
Vorschlage um ! 




igitized by Google 



59L 



i8oa. Juny. 



59« 



W«i nun hier gesagt' worden, glaubte 
rnan der Sache selbst und der Kunst schul- 
dig su seyn. Haydus Arbeit bleibt immer 
achtuog» - und echätaenawerlh , so wie die 
Veranstaltung der Verlagshandlung , ohne 
welche schwerlich etwas von diesem wah- 
ren Schals nach Deutschland gekommen wä- 
re, Dank verdienet — den auch ich hiermit 
von Herzen bezeigt haben will. Wer Sinn 
für die Hauptsache hat, halte sich an die 
Melodieen, die möglichst unverändert geblie- 
ben sind; wer sich durch eine hinzukom- 
mende 'fremde, aber wahrlich bedeutende 
Subjektivität nicht irre machen Htsst , wird 
auch in dieser viel Anziehendes finden; und 
Wem endlich eine einfachere Begleitung no- 
thig dünkt und er ist der Mann dazu, der 
aetze sie sich aus, und er wird, wenn sie 
gut werden soll, vielen Stoff zum Nach- 
denken und cur lehrreichen und angeneh- 
men Urbung in seiner Kunst finden. Das» 
aber jeder, den dieser ganze,* gewiss nicht 
unwichtige Gegenstand nur überhaupt in- 
teressiren und der nicht Guineen dafür aus- 
geben kann , sich die kleine Sammlung er- 
schaffen werde, ist wol vorauszusehen, und 
braucht nicht erst gewünscht zu Werden. 



; Brauest 



i - '< 
i 



N A- G H m 1 C ■ T E H. 



Wien» den i5ten May» Unter unsere 
.musikalische« Neuigkeiten nimmt ein Re- 
quiem sür Todesfeyer 1 des Kaisera Leo- 
pold II. den vorzüglichsten Platz ein. Es 
• ist von dem Vice- Hof kapellmeister Eybler, 
und wurde am Sterbetage des Kaisers in 
der HoIkapeJlc ganz vortrefflich aufgeführt. 
Diese Komposition sengt von' Feuer und Es- 
-fiodoogskraft und ist in dem ernsten un^l 
erhabenen Stile geschrieben , welcher aur 
düsteren Feyer eines solchen Festes passt. 
In d«.r ganzen Arbeij .( erster SsU aus C 



moll) sind die Singstimmen so wol als die 
begleitenden Instrumente schön sum Total- 
effekte verwendet, und jene blos brillan- 
ten Stellen und Fassagen vermieden, 
die in der Kirchenmusik nie an ihrem 
Platze sind. Besonders gelungen ist eine 
kraftige, schön durchgeführte Fuge aus G 
moll, und das Agnus Dei mit gedämpften 
Violinen; das Dies irae, wenn gleich sehr 
schön gearbeitet, steht doch hinter dem 
schauerlich erhabenen Mozartschen zurück. 
Auch das Beoedictus ist von vieler Wir- 
kung, nur hat die Idee eine auffallende 
Aehnlichkeit mit der Gluckschen Ouvertüre 
su Iphigenie en Tauride. Das ganze Re- 
quiem steht gewiss" auf einer hohen Stufe 
der Kirchenmusik und bestätigt Hrn. Ey- 
hrers Talente in diesem Fache auf eine glan- 
sende Art. 

Ein Konzert welches . Mad. Brizzi im 
Redoutensaale gab, war leer, und nicht von 
grosser Bedeutung. Sie spielte ein Doppel- 
konzerl von Hummel aus G dur für ein 
Pianoforte und eine Violin, und wurde von 
Hrn. Wranitzky, in Diensten des Fürsten 
von Lobkowitz, aeconipagnirt. Mau war 
weder mit der Komposition, noch mit der 
Ausführung zufrieden. Das Konzert selbst 
hat wol manche gefallige Stellen, aber auch 
viele Reminiszenzen, besonders aus Mozart- 
schen Werken, und gar nichts, wodurch 
sich der eigene schöpferische Geist des Kom- 
ponisten beurkundete. So besteht ,das Anp 
dante (C dur) aus ganz gewöhnlichen Va- 
riationen, welche auf die verschiedenen In-> 
strumente verlheilt sind ; auch die Violin ist 
für das Ganze zu wenig benutst. Auf dem 
Anschlagzettel war eine Phantasie j( ImprAvi*- 
sata) angekündigt, und diese wurde wenig- 
stens auf eine neue Art ausgeführt." M«dV 
firissi fing nämlich aus D moll «u präludi« 
rep an, ging dann su dem, Zingareliischen 
Thema: Ombra adorata, über, und spielte 
einige gestochene Variationen von. Nc.umaim|j 

. - . — ......) 



Digitized by Google 



593 



lSoy. Juny. 



darauf kam sie mit einem Uebergange zu 
einem Marsche aus Aline , wo ebenfalls 
wieder einige gustoebene Variationen von 
Neumann zum Vorschein kamen, und end- 
lich — fiel eine von der Violin und dem 
Violoncell accoropagoirle Polonoise von 
Bimmel ein, womit sich denn diese sonder* 
bare Phantasie tum £rstaunen aller Zu- 
schauer schloss. 

Viel interessanter war das häufig besuch» 
te Konzert des jungen Violinspielers May- 
seder im Jahnischen Saale, Er spielte das 
schöne Fränzelsche Konzert, welches in D 
moll anfängt und in A moll endet, mit 
Leichtigkeit, Freiheit, Reinheit und Präzi- 
sion. Besonders richtig und genau der 
Komposition angemessen ist , jedesmal , seine 
Bogenhezeichnung; überhaupt verspricht sein 
ganzes Spiel in der Folge einen vollendeten 
Virtuosen. 



Mdlle. Saal, die erste Sängerin nnsrer 
deutschen Oper, wurde vor kurzem durch 
eine Heyrath vom Theater eutfernt. Pau- 
line, in Weigl« Uniform, war ihre letzte 
Rolle. Bey ihrem ersten Erscheinen war 
ihre Stimme, wenn gleich nicht sehr atark 
oder von einem ausgezeichneten Umfange, 
doch rein, biegsam und ausdrucksvoll, und 
die Eva in Haydns unsterblicher Schöpfung 
wird schwerlich noch einmal mit dieser In- 
nigkeit> Zartheit und heiligen Unbefangen- 
heit vorgetragen werden, womit sie Mdlle. 
Saal sang. Gegen das Ende ihrer kurzen 
theatralischen Laufbahn hatte diese Sängerin 
Sowol an dem Gehalte, als am Umfange 
Ihrer Stimme wesentlich verloren , dafür 
aber ein etwas leichteres und freyeree Spiel 
gewonnen. • • ' '* ' 

Audh Mad. ' Tomeonjl die erste Sängerin 
der iielieniacheji Optra bnßa, betrat Vor ei- 
eigen. Tagen, zum 4et*Aenmale die .Bühne, 
von welcher sie, wie man sagt, eine bs- 
Lcäohfuche Erbschaft nbrie/. Sie, war durch 



594 

viele Jahre ein- Liebling des Publikums ge* 
wesen, und verdankte diesen Beyfall gros- 
sentbeils ihrer reizenden Gestalt und ihrem 
feurigen, äusserst lebhaften Spiele, welches 
auch wol zuweilen die Schranken des Au- 
slandes hart streifte. Sonst war ihre Stim- 
me zwar in den Zeiten ihrer Blüthe äus- 
serst hell, stark und rein, aber nicht von 
beträchtlichem Umfange; anch sang und in- 
louirte sie nicht immer richtig. Das Stück, 
in welchem sie zum letzlenmale auftrat t 
II Segreto, mit Musik von Mayr, spielt 
ganz lustig fort, ist aber sonst von keinem 
Werthe. Ein Edelmann,, welcher einen 
unglücklichen Freund in ein geheimes Zim- 
mer verborgen bat, reizt dadurch die Eifer- 
sucht seiner Frau und die Neugierde seines 
dummen Dieners, wodurch denu mehrere 
komische Situationen entstehen. Von dev 
Musik verdient höchstens ein Duett zwi- 
schen »der Frau und der Geliebten des Verbor- 
genen ausgezeichnet zu. werden. Mad. To- 
ra eoni spielte- die Eifersüchtige vortrefflich, 
und Hr. Brochi den Bedienten mit Leben 
und komischer Kraft, 



Berlin, den a8sten May. Am ?9sten 
veranstaltete der Herr Kammermasikut 
Schick zu Gunsten des Ihnen schon öftere 
genannten Herrn Masloski aus Pose» ein 
Konzert im Theatersaal. Hr» Masloski spiel» 
te Choräle' auf seinem netterfundenen luelrup 
ment Ctftison, und zeigte abermals, dass »ei- 
ne Erfindung sehön- , aber das Instrument 
noch einer Vervollkommnung fähig sey. 
Hr. Kapelim. Himmel spielte, begleitet von 
ihn Hrn. Mtiser und Kreuts, ein von ihm 
geseiltes Trio für das Fertepiano, so wie 
Hr. Seidler ein Violinkonzert von Rode, 
Hr. und Mad. Eunike, und Hr. Gern san- 
gen »ehr gut. 

Am 3 ©sie» wurde ZQm Benefiz für AUd. 
Schick ziMAi.eitftennjsJ und seitdem noch 



Digitized by Google 



593 /l8o 5. 

dreymal bey überrollem Hause gegeben : 
Armida, einb grosse heroische Oper iu 5 
Aalen , aui dem Französischen de» Qui- 
naull übersetzt von J. von Voss, kompouirt 
vom Ritter Gluck. Eine Beurtheilung die- 
ses langst bekannten Meislerwerks Gluckt, 
das ihm den Beyuamen des musikalischen 
Sbakspeare erwarb, erwarten Sie nicht} das 
herrliche Werk ist unvergleichlich — im 
Ganzen, vornehmlich durch den grossen, 
überall -festgehaltenen Charakter, im Einzel- 
nen, durch die meisterhafte Darstellung der 
Ausbrüche der verschiedenartigsten Aflekten. 
Durch jenen imponirt, durch diese spannet 
und reizt es sogar auch den für Musik 
gar nicht gebildeten, oder überhaupt aehr 
gleichgültigen Zuhörer; und dass der gebil- 
dete , und nun besonders auch der für Ton* 
kuust gebildete, der fragen kann, warum 
das? und der imn, wie bey Gluck in seinen 
lezten Arbeiten immer, das Darum im Wer- 
ke selbst auffindet — dass dieser hier einen 
Reichthum an Genuss, wie an Belehrung 
finde, ist bekannt. — Die Ausführung war 
von Seiten des Orchesters über Erwartung, 
wenn man daran dachte, dass dieao ^Gesell- 
schaft Musiker so oft Donauweibcheu und 
Sternen köni ginnen auezuführen hat. Der 
Hr. Kapell m. -Weber verdient ausgezeichne- 
ten Dank des Publikum» für seine unver- 
drossenen Bemühungen, uns diesen seltnen 
Genuss auch, so viel nur möglich, durch 
Mangel ungestört zu gewahren. Ohne Med. 
Schick hatte abe* diese Armida gar nicht 
gegeben werden können. Denn nicht bloss 
Gesangfertigkeit und schwierige musikalische 
Deklamation , sondern in beyden grosser 
Charakter, dabey ausgearbeitetes Spiel, enüV 
lieh selbst eine ungemeine körperliche Fe- 
stigkeit und Kraft , aind unentbehrlich zur 
Darstellung dieser achtfranzösischen Heldin. 
Hr. Eunike, als Rinald, nahm durch schö- 
nen, reinen, gefühlvollen Gesang Jedermann 
ein. Nur die Furie des Hasses müsate ein 
kräftigeres Organ haben, um ihre Partie im 



Juny. 



596 



vierten Akt würdiger und ausdrucksvoller 
zu geben ; vielleicht verhinderte Jugend und 
wenige Uebung die Dem. Engel, jenen For- 
derungen zu genügeu, und sie wird in ih- 
rer neuen Laufbahn in Weimar Gelegen- 
heit haben, steh eben so schön auszubilden, 
wie Dem. Maass, die als Dämon Lucinde 
allgemein gefiel. Auch Hrn. Franz , als 
Hidraot, wäre mehr Gefühl zu wünschen ; 
dann würde z. B. die schöne Stelle im Duett 
des ersten Akts : „ Glucksel'gcs Loos , in. 
reiner Harmonie dem Erwählten sich ver- 
trauen" gewiss nicht mehr, wie bisher, her- 
ausgepollert werden. Die schönen zur 
Handlung gehörigen Ballets von Furien, 
vom Volk zu Damas, von Schäfern und 
Schäferinnen, N »jaden etc. machen ihrem 
Erfinder, dem KönigL Ballctmeister JLauche- 
ry, viel Ehre. 

Heute tritt Mad. Unzelmann unter ihrem 
neuen Namen, ab Mad. ßethtnann, zuerst 
in Schilters Braut von Messina auf, wozu, 
wie ich Ihnen schon vor ein Paar Jahren 
meldete, Weber eine kraft- und gefühlvolle 



Aufforderung 
cn muiikalischt R*cht$gtlthrtt> 



Sohon oft und lange sind zwischen dem 
Kantor und Organisleu eines 0»'ts (die über- 
haupt selten gute Freunde sind und bleiben} 
Streitigkeiten über die Frage entstanden: ob 
der Organist gehalten sey, ein ihm vorge- 
legtes Stück auf der Orgel ex tempore zu 
tranaporiirea , d. h. jede dastehende Note 
mit ihrem begleitenden Akkorde nicht as> 
wie geschrieben- steht, sondern, wenn, wie 
gewöhnlich, die Orgel im Chorton steht, 
um eiuen ganzen Ton tiefer tu spielen, und 



Digitized by Google 



597 



1805. Juny. 



598 



also z. B. ein Stack an« Et, in De«, ein 
Stück aus As, in Ges zu spielen — oder 
ob vielmehr der Kantor gehalten tey, dem 
Organisten seine Orgelstimme mit denjeni- 
gen Noten zu übergeben, welche den zu 
spielenden Tönen gehören» Das« jenes ge- 
genannte Transponiren von Seiten de« Or- 
ganisten viel Uebung und grosse Aufmerk- 
samkeit voraussetzt, besonders, wenn die 
Schlüssel abwechseln, und dass der Kantor, 
wenn er ein böse« Herz hat, dadurch Ge- 
legenheit finden kann, den Organisten zu 
chikaniren, i»t bekannt. 

' Einsender die«e», der an einer treulichen 
Von liäoel erbauelen und im Kammer- 
tone stehenden Orgel als Organist «ich be- 
findet, bat nun bereits zehn Jahre lang auf 
folgende eigene Weise zu transponiren be- 
kommen: er hat seine Stimme, welche für 
diejenigen^Orte, wo die Orgel im Chortone 
steht, schriftlich um einen ganzen Ton 
tiefer transponirt worden war, auf sei- 
ner Orgel sogleich vom Blatte weg wieder 
in den vorigen Ton zu rück transponiren 
müssen. Er bereuet es nicht, sich hierin 
einige Fertigkeit erworben zu haben, die, 
so hoshaft auch die Veranlassung hierzu 
war, doch so nützlich für ihn gewesen ist. 
Er fragt aber doch, nicht sowol um sein 
selbst, als um Anderer willen an, ob ein 
solche« Transponiren fnr den Organisten ein 
Befugnis« ist, oder bloss eine Gefälligkeit 
von seiner Seite bleibt? Er will sein auf 
Gründen beruhendes Urtheil einstweilen zu- 
rückhalten, um erst die Stimme Anderer 
au hören, und hoffentlich wird gegenwarti- 
ge musikalische Zeitung, um diese Disso- 
nanz aufzulösen und Ruhe zu stiften, gern 
Antworten Uber diesen Streitpunkt auf- 



Ea scheint der Redakjjon «Ja werde die» 
Aufiagc weitlauftigei Antworten nicht 



bedürfen, da die Sache sehr klar ist Ge- 
fordert kann von einem Organisten nur 
werden , das« er da« richtig und gut vortra- 
ge, was ihm vorgelegt wtrd, und wie e» 
ihm vorgelegt wird. Steht nun aber die 
Orgel im Chorton, und der Kantor ist zu 
bequem , die Stimme tiefer zu transponiren : 
so folgt von selbst, dass es eine Gefällig- 
keit des Organisten ist, wenn er sie' Irans- 
v ponirt vorträgt. Eine Gefälligkeit darf ich 
aber von dem Andern nicht fordern, son- 
dern sie ihm, «o wie auch die Geschicklich- 
keit, sie auszuführen — nur zutrauen 
und erbitten. Das würde nun auch der 
Fall mit dem oben angegebeneu rückwärts- 
transponiren seyn. Da dies aber, weil die 
meisten Orgeln im Chorton stehen , nur 
sehr selten vorkommen kann , ( wenn nicht 
jener wunderliche, vom Verfasser berührte; 
Umstand eintritt,) und mithin auch der, 
übrigens vielleicht sehr geschikte Organist 
hierauf nicht eingeübt ist: «o ist es um so 
uo bescheidner, zudringlicher und anmessen- 
der, diese Tranaposition ihm zuzumutheil. 
Der Fall, wie er oben vorgelegt worden» 
scheint jedoch offenbar eine gehässige Ab- 
sicht za veirathen; und dass man gehässig« 
Absichten nicht haben, _und damit .Niemand 
(vollends gar eiuen Kollegen, dem mau die 
Hände bieten sollte, und dem man so eben 
eine Gefälligkeit zumulhet) necken soll- 
te: des verstehet sich von selbst; gescbiehet 
es dennoch, .so entscheidet es gegen den 
Charakter, und gehört nicht vor ein mu- 
sikalische« Forma* — 



An* x D o t 



Madam — — » unsere mit Recht alTgc 
geschätzte Sängerin, warne neulich i 



Digitized by Google 



59* 



1805. . Juny. 



600 



•loa unsrer reichsten Häuser geladen. (Ich 
nenne Niemand, da ich hoffen darf, ohne 
Namen meinen Zweck zu erlangen* eonst 
W erd' ich die Namen nachholen). Sie wusste 
nicht, wie sie an der Auszeichnung kam, 
fuhr aber hin. Man empHng sie zuvorkom- 
mend, die Gesellschaft schien auserlesen. 

E. that der > Leid, eben so aehr hei- 

aer tu seyn, daaa aie kaum reden, aingen 
gar nicht konnte: denn aie aahe voraus , man. 
werde aie zu dieaem auffordern. Dies ge- 
achahe, aie entachuldigte sich, und um zu 
beweisen, sie könne wirklich nicht singen, 
versuchte sie den ersten Vera eiue« kleinen 
Liedchens. Die Gesellschaft war überzeugt, 
»ber die Tochter des Hauaea nicht — eine 
der jungen Demoiaellen, die sich, im Ver- 
trauen auf das Geld des Herrn Papa, an- 
masste Kunstrichterin, Dichterin, Koraponi- 
alin und Virluosin zu seyn, weil sie nichts 
weiter, als dahin einschlagende Dinge trieb 
was denn die jungen Herren, die sie um- 
flatterten, und die altern, die des Herrn 
Papa»s kostbare Weine austranken, göttlich 
fanden. Die Dcrooiselle trat also zur guten 

t . Ah , eine kleine Suite Liederchen, 

die ich selbst gedichtet und komponirt habe, 
werden Sie schon singen! ( Man sprach 
französisch - welche Wuth ja jetzt fast 
Überall in Deutschland wieder epidemisch 
wird). Mit Freuden wiird» ichs! aber 8ie 
.eben, wie roir's ganz unmöglich ist. — 
Ab es wird schon gehen — Mein Gott, 
Si, quälen mich! Trauen Sie mir doch zu 
iÄgle die geangstete Frau mit der herz- 
igsten Vorbitte. So ging es noch eine 
Weile herüber und hinüber: aber was stört 
aolch ein eitles Ding! — Nun, sehen Sie, 
nur hier diese meine Lieder! Ich werde 
Ihnen accompagniren. — Wenns seyn 



muss, sagte endlich die — — , freylich ein 
wenig pikirt : singen kann ich sie nicht, 
so werd* ich sie pfeifen! (sifflerai — be- 
kanntlich auch auspfeifen). Einige lachten 
verstohlen; gepfiffen wollte die Demoiselle 
nicht seyn: man tiess also die arme — — 
in Ruhe. Aber wie entstellte man durch 
Uebertreibungen und Zusätze in den vor- 
nehmen Klatschzirkeln jenes, ihr mit Ge- 
walt abgepresste Wortl Alle «gute Häu- 
ser" hielten sich für beleidigt. Als die — — 
wieder auftrat, schön spielte, ganz vortreff- 
lich sang, handhabten die jungen Herren 
das r*austrecht, und pochten und zischten 
überlaut, wenn ihr jemand Beyfall bezeigen 
wollte. Alle Arten öffentlicher Den ülbi- 
gung wurden ersonnen, uud die „feine 
Welt" schien sich daran zu erlualigen. 
Freylich verloren wir dadurch in kurzem 
diese Perle unsers Theaters, und müssen 
nicht — wir und alle, die uns in diesem 
Betracht gleichen, alles Gute verlieren und, 
wie planmäasig, unsre Theater itntnt-r mehr 
herunterbringen, wenn wir Verständigem «0 
saumselig, oder so blaff ig , oder au lurcht- 
sam sind, deu , jeunes geus* (man 
weiss, das« unter sie nicht alle junge 
Leute gehören) die eutscheidende Summe 
wieder zu enlieisaeu, und die ungezogenen 
oder offenbar bestochenen im Nothfall aus 
dem Theater hinauszuwerfen? Tbeils um 
dieser Frage willen, tbeils auch, lim der 
braven Frau ihr Recht zu schaffen, indem 
einige der hiesigen Häuser durch ihre Ver- 
bindungen aie auch anderwärts verfolgen — 
hat/ ich das Geschichtchen erzählt. 

i . 



Lairar», » et »aa iJt«« » ✓ » » 0 a Xa f as, 



Digitized by Google 



A L LG E M EI N E 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den I9 !en Juny. 



N2. Oö. 



1805. 



Berichtigung irrigtr Begrifft vom Musik- 
VnUrricht. 



De günstige Aufnahme, welche musikali- 
sche Geschicklichkeiten weit und breit fin- 
den, und achun das häusliche Vergnügen, 
welches sie gewähren, bewegt viele Aeliern, 
ihre Kiuder Mu>ik lernen zu lassen. Scha- 
de nur, dass es ihnen, wie in der Erzie- 
huugsangelegeuheit überhaupt, so insbeson- 
dere in Ansehung der musikalischen Unter- 
weisung so häufig an richtigen Einsichten 
und an Maximen der Beurlheilung fehlt, 
und sie daher so oft bry dem besten Wil- 
len ihren Zweck verfehlen. Sic sind nicht 
selten in der Wahl des Lehrers unglück- 
lich. Entweder beurtheilen sie seinen 
Werth falsch, und sehen zu wenig auf die 
wesentlichsten Erfordernisse zur guten Un- 
terweisung, nehmen daher Lehrer an, de- 
nen die Lehrgabe und eine fruchtbare Me- 
thode mangelt, oder sie binden auch dem 
geschickten Lehrer so die Münde , dass er 
seinen überlegten Plan nicht ausführen, und 
seine besten Anweisungen in ihrem Port- 
gange vereitelt sehen muss. Es ist bekannt, 
dass der berühmte Virtuos nirht gerade im- 
mer der beste Lehrer, zumal für Anfänger 
ist; dass er oft gar nirht die Gabe besitzt, 
sich zur Fassungskraft und eingeschränkten 
Ansicht der Kleinen herabzulassen , dass 
ihm oft die Geduld maugelt, sich mit den 
Anfangsgründen der Musik und bey den 
langsamen Fortschritten der Schüler laug 
aufzuhalten, ja dass ihm oft bey der herr- 
lichsten Praxis alle Theorie der Kuust, alle 
7. Jahr«. 



pädagogische Und psychologische Kenntnis* 
fehlt. Was hilft es, sich mit dem Namen 
eines berühmten Lehrers zu schmeicheln, 
wenn dieser mit seiner grossen Virtuosität 
doch den Lehrling nicht auf den Weg su 
ähnlicher Kunstfertigkeit briugen konnte, 
dies theils siebt verstand, tbeils sich darum 
auch wirklich keine Muhe gab! Wenn sie 
nun vollends einen Musiklehrer bloa des- 
wegen Andern vorziehen, weil er in An- 
sehung der einzelnen Slundeu wohlfeiler ist, 
oder mit pünktlicher Ordnung vom Glocken-, 
schlage bis zum Glockenschlage sich mit 
dem Scholaren beschäftigt, zu keinen Ver- 
säumnissen Anlass giebt, den musikalischen 
Zögling mit seltener Ruhe und Gleichmü- 
thigkeU behandelt und nie etwa durch ern- 
ste Eriunerungen und Verweise böse macht; 
wenn sie dabey nicht erwägen, ob nicht 
vielleicht ein ungleich theueier Lehrer mit 
seinem kostbaren Unterricht in kürzerer 
Zeit weit mehr vor sich bringe, und bey 
allen seinen etwannigen Versäumnissen dem 
Ziele schneller nahe komme, bey allem sei. 
nen Ernst und manchraaligero Streit mit 
dem leichtsinnigen oder mutbwilligen Scho- 
laren, doch ihm merklicher nütze, als der 
kaltblütigste, sanftmüthigste Musikmeister, 
welcher zur .Unzeit Nachsicht beweiset; 
kurz, wenn sie den Musikunterricht mehr 
nach dem äussern Schein von Wohlfeilheit 
und Angemessenheit, als nath seiner innern 
Güte und Zweckmässigkeit schätzen j wie 
sehr verrechnen sie sich dann! Viele oder 
lange Stundeu zu nehmen, entscheidet nicht 
über die Fortschritte. In wenig Wochen 
leistet der vernünftige Mann mehr, lest ein 

58 



Digitized by Google 



6o3 



< 

1805. Juny. 



604 



dauerhafteres Fundament bey «einem Schu- 
lt r, als ein anderer, der die Anlagen nicht 
su entwickeln und auszubilden versteht, in 
Jahren, und am Ende ist der dem Anschein 
nach kusthare Unterricht, welcher den kür- 
zesten Weg einschlug, und obwul langsa- 
me, doch sichere Fortschritte bewirkte, un- 
gleich wohlfeiler in Absiebt auf Zeit und 
Geld gewesen , als die dem Stundenmass 
nach wohlfeile Unterweisung, bey welcher 
der Zögling zwar fleissig tu seyn schien, 
aber nicht vom Flecke kam, oder nachher 
Seitlehens Luckru und Mangel in den Ele- 
menten der Musik gewahr werden musste. 
Oft dankt man einen Leh;er ab, blos weil 
er nicht pünktlich kam oder einige Stunden 
versäumte, so glü< klich er übrigens mit sei- 
nem Unterricht bey dem Scholaren war, 
und so gut er einsah, dass das Mass der 
Stunden hier nichts entscheiden konnte. So 
wird nun der Zögling sich selbst überlassen, 
oder einem andern Lehrer übergeben, der 
auf dem eingeschlagenen Wege ihn viel- 
leicht nicht fortzuführen weiss , und geräth 
in Gefahr, mehr rückwärts als vorwärts zu 
kommen. Oft aber sieht sich der beste 
Lehrer durch die Forderungen, Wünsche 
und Erwartungen seiner Prinzipale in Ver- 
legenheit gesetst. Sie verlangen bisweilen 
das Unmögliche. Der gründliche Unter- 
richt geht ihnen su langsam. Der kleine 
Zögling soll' doch bald ein Stück, einen mo- 
dischen Tanz oder ein beliebtes Lied spie- 
len und sich damit vor der Gesellschaft 
produziren. Mit Verdruss hören sie, dass 
er noch immer mit den Tonieitern und 
man« herley Passagen in beyden Händen be- 
schäftigt ist, wobey man weder tanzen noch 
singen kann. Sie abuden nicht, dass dieser 
dem Anschein nach langwierige Unterricht 
den Musikschüler in den Elementen befe- 
stigt und allmählich zu der Fertigkeit bringt, 
nicht nur jene beliebten Walzer und schot- 
tischen Tanze, sondern selbst Sonaten uud 
Konzerte in Kurzem besser und leichter zu 



spielen, als manchem Andern gelingt, der 
nicht früh genug damit anlangen konnte. 
So soll der denkende Lehrer nach dem eit- 
len Verlangen der Prinzipale seine Maxi- 
men verleugnen, uud Olicrüai Michkeil an 
die Stelle der Giündlichkeit setzen. Durch 
solches verkehrtes Verfahren wird die Eitel- 
Leit der jungen Leute geweckt und genährt, 
und es entstehen aus ihnen stümperhafte, an- 
messende Dilettanten, welche, unkuudig des 
achten musikalischen V01 träges, sich es 
leicht mit Eigendünkel herausnehmen, mit 
den schwersten Kompositionen selbst vor 
Kennern sich hören zu las>en, da sie nur 
damit zu glänzen glauben, und lieber et- 
was Schweres uud Grosses schlecht, als et- 
was Leichtes und Einfaches wenigstens er- 
träglich und richtig spielen. Hieizu kommt 
noch die afleklu-te .Nachahmung grosser 
Meister in ihren Manieren. Sie verachten 
die. blosse Richtigkeit und Accuratesse, uud 
streben nach Zierlichkeit uud Energie, be- 
leidigen aber nur um so mehr durch Feh- 
ler im Takt, durch verworrenen Vortrag, 
durch unreines Spiel , des Kenners Ohr, 
welchen ihr Blendwerk nicht bestechen kann. 
Manche Lehrer eilen auch, nach dem Wun- 
sche der Aeltern und der Kinder, im Un- 
terricht von einem zum andern, so dass 
diese allerdings vielerley mit einiger Fertig, 
keit wegspielen lernen, genau betrachtet 
aber kein einsiges unter der Menge Musik- 
stücke vollkommen richtig, vielweniger 
mit Präoision, Anmulh. Kraft, Reinheit und 
Schönheil vortragen. Diese Ungründlichkeit 
und Eilfertigkeit verdirbt den Geschmack, 
die Denkungsart und die Fähigkeit für ächte 
musikalische Virtuosität; erzeugt Leichtsinn, 
Eitelkeit, Eigendünkel, und Flatterhaftigkeit 
in der Ausübung der Tonkunst. Der Wahn, 
vieles oder wol gar Alles vom Blatte spie- 
len su können, verbindet sich leicht mit 
einer Anmassnng im Absprechen über die 
Fähigkeiten und Talente Aodier, oder mit 
dem stolzen Hange , sich her vors udi äugen. 



Digitized by Google 



6o5 



1805; Juny. 



606 



wo mancher reife Künstler, mancher geübte 
Meiiter doch bescheiden «ich zurückhält. 

M. 



Fragmente tinet Briefe «Mi einem in Deutsch- 
land reuenden Lehrer de» Gttangu. 



— — Dass die Singstimme, wie irgend 
ein Instrument, der Schule, und zwar recht 
eigentlicher Schule bedürfe, in welcher die 
Bildung der Stimme, von der Bilduug 
des Vortrags (des Ausdrucks, Ge- 
schmacks,) ganz gesondert ist — wird wol 
Niemand leugnen; auch horten ja, ohne 
sie, die Sänger auf, Künstler to «eyn, und 
Würden nur Liebluber des Gesanges. Wo 
finden sich nun aber Anstalten für solche 
eigentliche Kunst-Schulen in Deutschland? 
Was einzelne Männer in dieser Absicht f ü r 
Einzelne thun, weiss ich zu schützen: aber 
auf das Ganze kann das doch nicht wirken! 
Was sich in einigen wenigen Anstalten 
erhalten hat und jetzt gleichsam von selbst 

— gut oder schlecht — langsam fortgehet, 
ist mir auch nicht fremd : aber . es ist zu 
besonderin Zweck verwendet, schrankt 
sich auf Ein Fach der Kunst ein — ». B. 
Chorgesang, Kirchenmusik — ist ebenfalls 
nicht von Erfolg für's Ganze, uud kann und 
soll es auch nicht seyn — 

Dans in jenem Mangel eins der Grund- 
end Hauptübel liege, indem man bey Er- 
lernung der Ausübung von Instrumenten 
sich, ein gutes Lehrbuch an der Hand, al- 
lenfalls selbst helfrn kann, beym Gesänge 
ohne guten mündlichen Unterricht nicht 

— ist offenbar; aber ich will jetzt nicht 
weiter fragen : woher kömmt's ? sondern 
nur: was ist gekommen? was findet sich 
eben jetzt wirklich in Deutschland? Was 



halfen auch jene Fragen—! Ich halte das 
Glück Eweyen der edelsten und thatigslen 
Fürsten vorgestellt zu werden, die beyde 
als wahre Freunde der Tonkunst langst be- 
kannt sind. Die Milde des Einen hörte 
mich aus; dann wurde mir erwiedcrt: Die 
jetzigen Zeitläufte begünstigen alle solche 
Unternehmungen zu wenig, und erschöpfen 
wol den besten Willen in Sorgen für drin- 
gende, erste Bedürfnisse! Die Munterkeit 
des Andern unterbrach mich: Recht schön! 
aber das Heranziehen dauert lang: so grei- 
fen wir lieber nach dem, was schon da ist, 
und nehmen allenfalls vorlieb ! — Ver- 
schiedene der vornehmen Herren Direktoren, 
Intendanten und Inspektoren berühmter 
Operngesellschäften , Kapellen u. s. w. konn- 
te ich, wenn sie ja aufmerkten, nicht wei- 
ter bringen, als zu einem verschiedenartig 
modifizirten Lächeln lind zu so tiefen Be- 
merkungen, wie: .Das ist wol wahr, aber 
es gehet nicht!" — „Das wäre wol mög- 
lich, aber wer soll sich den Mund verbren- 
nen?" — .Wir haben uns bisher be- 
hvlfen , so wird's ja auch ferner ge- 
hen!" — „Das kostete wenigstens ein'ge« 
Geld, Und sonach bleibt's beym guten Wun- 
sehe!« — — 



Also: waa findet sich in Deutschland, im 
Ganzen, in Absicht auf öffentlichen, kunst- 
in äs s igen Gesang? Das findet «ich: unge- 
achtet mancher löblichen Bemühungen Ein- 
zelner, ist unsere Singkunst im Sinken. 
Unser Vaterland brachte im verflussnen 
Jahrhundert manche vorlrefliche Sangerin- 
nen und Sänger hervor ; und jetzt — 1 
Die Damen A. B. C, die Herren X. Y. Z. 
passiren säinmllich für Sängerinnen und Sän- 
ger vom ersten Range; sie sind bey den er» 
sten Theatern und Kapellen mit ansehnli- 
chen Gehalten angestellt, uud — was noch 
mehr sagen will — sie gemessen vom Pu- 
blikum, das, aus Mangel des Vollendeten, 
für das ziemlich Gute wirklich noch ii 



Digitized by Google 



6oj 



1805. Juny. 



608 



tüut, was et vermag, Achtung, Lob, tliä- I 
tige Ermunterung. Nun, ich habe nach I 
uud nach diese Damen und Herren gehört» 
bin mit Uuparlheylichkeit und mit dem auf» 
richtigen Wunsche, endlich einmal wieder 
etwas wahi hall Befriedigendes kennen zu 
lernen , gekommen ; habe beym Würdigen 
die menschliche Beschränktheit überhaupt, 
und mamh« vorübergehende durch Verhält- 
nisse u. dgl. immer mit in Anschlag ge- 
bracht : und duch wurde meiue Erwartung 
getäuscht. Einzelne sehr bedeutende Vor- 
züge sind Einzelnen allerdings zuzuge- 
stehen , aber ein Ganzes , wie es sich nicht 
etwa nur die Phantasie träumen oder das 
höhere Interesse wünschen kann , saudern 
wie es menschlich realisirt werden könnte 
und vormals wirklich hin und wieder reali- 
sirt war, weiss ich jetzt durchaus nicht auf- 
zustellen« Ich bewundere z. B. bey A, 
grosse GeläuBgkcil, bey B,, bey C. auch : 
aber A. ist eine treffliche Maschine, B. 
ruscbelt, C. bat wenig Stimme und ver- 
schnörkelt deshalb selbst das Adagio .bis zum 
Unsinn. Ich erfreue mich innig der schö- 
nen Stimme und Sicherheit von D., aber es 
fehlt an Feuer und Charakter. Und so 
weiter ! — Von dem , was man aber i m 
Einzelnen jetzt am meisten vermisst, was 
die Schule geben sollte, uud- auch wirklich 
geben könnte, führe ich besonders Folgen- 
des an - — wo ich aber allerdings Ausnah- 
men bald da bald dort zugestehe. Man 
hört jetzt fast gar kein wahrhaft schönes 
und regelmässiges Trillo; sehr selten voll- 
kommene Mordenten; sehr selten ein wah- 
res, unaffektirtes, seelrnergreifendes Porta- 
menlo; sehr selten, auch bey den sehr be- 
rühmten Sangerinnen und Sängern, Gleich- 
heit der Töue und feste Haltung der- 
selben in den verschiedenen Nuanzen des 
Zu- und AbnehmenS; die meisten, sobald 
sie letzteres versuchen und sich nicht hinter 
Schnörkel verstecken — der gewöhnliche 
Behelf derer, die hier ihre Schwäche füh^ 



len — distoniren sogar, die Weiber und 
Tenoristen ziehen gewöhnlich auf, die Bas- 
sisten unter. — Sodann : alles strebt nach 
Bravour — nun gut ! aber wie ist sie be- 
schallen? Mad. — , die vielbelobte erste 
Sängerin des berühmten — uer Hofthea- 
ters, hat zwey bis drey Figuren, die sie gut 
wacht, besonders in der Hohe; nun roust 
ihr Mann ihr diese in seinen Kompositio- 
nen anbringen, uud ist sie genölhigt Kompo- 
sitionen Anderer zu singen, so muss man sie 
jeneu • ähnlich umschreiben. Die berühm- 
te macht gewaltiges Zeug, aber ihre 

l'assagen sind so, als wenn man (wie der 
Baron Bagge in Paris, seeligen Andenkens!) 
mit demselben Finger auf eiuer Violinsaite 
auf- und abrutscht. Der bewunderte — — 
macht Rouladen, dass das liebe Publikum 
sich die Hände wund klatscht, uud doch 
sind sie ohne Unterschied alle ein Stoccalo, 
und zwar eins, wo die Töne, statt einer 
Reihe ausgesuchter Perlen zu gleichen, sich 
wie die ÖpiUen einer Verpalisadirung aus- 
nehmen. Der aus langem Herkommen im- 
mtrforl gelobte fäugt seine Bravour- 
arie Allegro assai an: so wie die Passagen 
kommen, macht er sichs ungemein bequem, 
lässt Moderato draus werden, und das Or- 
chester muss nachgeben, sonst schreyt er, 
dass es entsetzlich ist. Ich könnte den 
ganzen Bogen voll schreiben von ähnlichen 
Belegen, aber ich will nur noch Eins an- 
fuhren. Bey mehrero der gefeyerten Da- 
men und Herten fand ich die Unverschämt- 
heit, dass sie, was sie nicht konnten und 
nicht lernen mochten, geradehin für abge- 
schmackt oder veraltet erklärten. Ein wirk- 
lich berühmter Maun antwortete bey solcher 
Gelegenheit in seinem säubern Konversa- 
tionston: S'ischt ein' alte Kühl (Es ist ein 
alter Goüt.) So? Was ihuu denn uns re 
ausgezeichnetsten Instrumenlisten ? Märzen 
diese auch aus, was ihnen nicht von selbst 
in die Finger läuft? oder bat das Studium 
einzelner Bravo urtätze ihrer Grösse, oder 



Digitized by Google 



Sog 



1805. Juny. 



610 



auch ihrem Auadrnck i ihrer Delikatesse, 
geschadet? Der wahrhaft grosse Cleraenti, 
der überdies schon lange nicht einmal mehr 
öffentlich spielt, exercirt noch heutiges Ta- 
ges, wo ihm etwas, beyra Durchspielen der 
Werke Anderer, oder beyra eigenen Phan- 
tasmen, schwer vorkömmt, Ciuen Gedanken, 
Eine Passage u. dgl. lange — so lange, ohne 
sich an Zeit zu binden, bis er sie ganz 
vollkommen und leicht, ungezwungen, frey 
herausbringt; so macht's auch Rode, der 
hernach solches Künstliche nicht einmal öf- 
fentlich . vortragen mag , sondern nur seiu 
eigenes Kunstvermögen dadurch erweitern 
und eben ,damit sich in den Stand setzen 
will, was er dann giebt, ganz vollkommen 
zu geben. Und ihr, ihr Sängerinnen uud 
Singer, die ihr grossenlheils von der Sache 
selbst, vom Geist und Weseu der Kunst, 
gar nichts verstehet, statt dass jene Män- 
ner auch darin Meister sind — ihr wollt 
wegwerfen , wollt aburthelnd verschreyen, 
was ihr gelerot haben solltet» aber nicht 
könnt? 

Ausser der Bravonr sind es nun vor- 
nehmlich noch die kleinern, einschmeicheln- 
den, kokeltirenden Broderieen und Ziera- 
then, wonach jetzt fa»t alles jagt und geizt. 
Es sey; der wäre ein Pedant, der sie nicht 
gern hörte und lobte, wo sie an ihrem 
Platze sind, und wenn sie wirklich voll- 
kommen ausgeführt werden. Das letzte 
iat aber jeder und- jedem unmöglich, der 
nicht strenge Schule gemacht uud vielen 
Fleiss di angewendet hat; und «ine Zierslh 
— d. b. etwas an sich Ueberflüssiges — 
die nicht nett und wirklich hübsch ist , ist 
ja offenbar eine Albernheit, und entstellet* 
An ihrem Platze, sagt* ich auch — '. 
bekanntlich ist der berühmte Manhesi Er- 
finder und erster Verbreiter dieser reich 
verbrämten Manier. Ich kenne den wackern 
Marchesi, der recht gut weiss, was zur 
Sache gehört; seinem eignen Geständnis« 



nach erfand er jene Manier für sich — 
das heisst, die Sache geradezu mit dem 
rechten Namen genannt : um die Naturfeh- 
ler «einer Stimme zu decken! — — Also, 
lieben Leute: ihr müsst auch diese niedli- 
chen Tagsblümchen erzeugen können, aber 
darüber die herrlichen Zeitlosen nicht 
verabsäumen, verdrängen, wol gar verachten 
wollen , und jene überall an deren Stelle 
setzen ! Es ist noch kein volles Jahr , da 
hörte ich den berühmten Tenoristen — — « 
in — , und zwar, unter andern, auch in 
einer seiner glänzendsten Rollen, als Achil- 
les, in Paers bekannter Oper gleiches Na- 
mens. Nur Ein Wort davon! In der ent- 
scheidenden, tragischen Scene, wo Achilles 
Uber Patroklus trauert, die von dem Kom- 
ponisten wenigstens gross gemeynt und so 
geschrieben ist, dass sie sich vom Sänger- so 
bebandeln lässt— > da trillerte er und scher- 
wenzle mit unaufhörlichen Cadenzen und 
mit dem dünnen, oder überschrieenen Fi— 
stelstimmchen bis eingestrichen D hinauf, 
und fütterte . und flackerte auch auf diesem 
Tone noch, wie ein Flämmchen, in da« der; 
Zephyr blaset ; und nun dazu, sobald er, 
dergleichen herauszutrillern und recht an** 
Herz, der Zuhörer zu legen, nicht stillstand, 
da« heftigste Losfahren im Schreyen der. 
Stimme und in der Aktion, die übrigens, 
als das Tragische parodirend, in einer so- 
genannten heroisch- komischen Oper recht 
gut gewesen wäre — ! — — 

Meine Damen und Herren ! ertauben 
Sie mir, auch Ihnen die Kautel vorzulegen, 
die Jean Paul in seiner Aeslhetik den Poe- 
tikern als die erste zuruft : Lieben Leute, 
wollet nicht toll seynl — 



NACIfAICHTEN. 



Wien, den 5ten Jnny. — 
unser Huflbeater 



— Seihst 
su alten 



Digitized by Google 



6n »805. 

• 

französischen Opern «eine Zuflucht. So 
winde vor kurzem d'Alleyraes Jlaoul von 
Crequi mit einigen eiiigeleglen Stücken dea 
Kapellmeisters Weber von Berlin aufge- 
füllt. Daa schönste musikalische Stück dar- 
in ist wol daa Quartett im zweyten Akte 
aus C dur, wo der Kerkerineiater in einer 
Arie seine Trinklust, die beyden Kinder in 
einem andern Gesänge ihre Besorgnisse aua- 
drucken, während der Gefangene im anstos- 
■enden Kerker aeiue Leiden beklagt, und 
alte diese Melodieen sich dann ungezwungen 
und leicht in ein Ganzes verschlingen. 
Weinroüllera Geaang war wieder vortreff- 
lich; ao gelang ihm s. B. auch in dieaem 
Quartett, den Auadruck der Trunkenheit in 
aeiue Stimme zu legen, ohne dadurch die 
Harmonie su Stohren, oder cum undeutli- 
chen Stammeln herabzusinken. Nur sein 
Spiel dürfte durch etwaa weniger Gemein- 
heit noch gewonnen haben. Dem. Eigeusatz 
aang recht artig und epielte aehr gut. Nur 
Nruraanus Stimme war und blieb durch- 
aus zu achwach. Die Oper erhielt wenig 
Beyfall. 

Im Theater an der 'Wien hat der all- 
zeiiiertige Operndichter Huber, Camma, die 
Heldin Bojariena, melodramatisch eingerich- 
tet, und ein Herr von Blumenthal eine Mu- 
sik dazu komponirt Der Text hat wahr- 
lich nichts gewonnen; es ist ein äusserst 
gewöhnlicher Trauerspielstoff, matt und 
schülerhaft bearbeitet. Eine Wittwe rächt 
sich auf eine «ehr feige Art durch Meuchel- 
mord an ihrem Brautwerber, der den vori- 
gen Gemahl ermorden lies«. Erinnere ich 
mich recht, so ist im Originale Camma ge- 
swungen sich selbst au tödlen, damit auch 
der Mörder der Rache nicht entgehe. Da- 
durch entsteht denn doch eine tragische Si- 
tuation. Huber hingegen hat die sinnreiche 
Verbesserung angebracht, dass die Heldin 
nur den Feldberrn vergiftet, sich selbst aber 
— an einen andern verheyrathet. Die Mu- 
sik hat gar nichts Ausgezeichnete« j sie ist, 



Juny. 6.2 

bey allem Streben nach Eigenheit, doch 
sehr gewöhnlieh. Es scheint überhaupt, 
als ob die Kunst durch eine aolche Erwei- 
terung des Melodrams nicht das genügst* 
gewinnen könne. Eine ganze lange Hand- 
lung enthält so vieles, daa zur musikali- 
schen Behandlung dieser Art gar nicht ge- 
eignet ist — Exposition, Erörterungen, mo- 
tiviiende Unterredungen n, dgl.; ao dass die 
Musik oft, wie es hier immer der Fall ist, 
ganz wilikührlich einfällt, wodurch dann 
eine äusserst vage und unbestimmte Form, 
hervorgehet, welche der sorglosen und be- 
quemen Mittelmässigkeit den weitesten Spiel- 
raum öffnet. Denn wenn man in dieser 
Gattung nicht mehr genialiach erfundene 
und sorgfaltig ausgearbeitete Charakteristik, 
sondern blos abgerissene, nnzusamroen hän- 
gende Musiksätze verlangt, so wird sie der 
Komponist freylich der Oper vorziehen, 
welche durch die delikate Behandlung der 
Siugstimme so schwierig wird. 

Im Augartensaale liess sich ein Herr 
Posch auf der Xänorphika hören. (Ihre 
Leser erinnern sich aus »reinen frühem 
Briefen, dass das vnm verstorbenen Köllig 
erfundene und von Müller verbesserte bö- 
ge nkla vier also heisst.) Man inuss geste- 
ben, dass Hr. Posch dieses schwierige In- 
strument sehr geschickt zu behandein ver- 
stehe, und die gewählten Stücke mit Fer- 
tigkeit und Geschmack vortrug. Allein in 
einer Phantasie ohne Ende bewiese er einen 
auffallenden Mangel kontrapunktischer 
Kenntnisse, ohne welche man es nicht wa- 
gen sollte — wenigstens vor einem , fur- 
Mu*ik gebildeten Publikum, wie das hiesige, 
auf diese Art aufzutreten. Weil er sich 
z, B. mehrere aufsteigende vierstimmige Ac- 
corde in gerader Bewegung erlaubte , so 
musstrn dadurch nolhwendig Quinten io den 
Mittel - und Oktaven in den äussern Stim- 
men entstehen etc. Auch in dem Hayda- 
schen Liede 1 Gott erhalte Franz den Kaiser, 
hat Posch die ganze schöne Harmonie, und 



Digitized by Google 



6,3 



1805. Juny. 



614 



freylich nicht zu ihrem Vortheile, verän- 
dert 

Die diesjährigen abonnirten Augarten- 
konzerte haben mit ungünstigen Auspizien 
begonnen. Schuppanzigh hat die Abände- 
rung getroffen, dass jetzt für fünf Konzerle 
fünf Guldeu vorausbezahlt werden mimen, 
"Wogegen der Abnehmer jedesmal zwey Bil- 
lelte erbalt. Im ersten Kouzerte, an einem 
trüben Morgen, war es sehr leer, ungeach- 
tet eine schone Muzartsche Sinfonie aufge- 
führt wurde, Ried daa Beethoveutcbe Kon- 
zert aus C muH spielte, und Dem. Milder 
eine Pärsche Arie gar nicht übel sang. Viel 
besuchter war das zweyle Konzert. Es be- 
stand aus einer Haydnsi hen Siufonie, der 
Ouvertüre zu Prometheus, einer Arie der 
Dem. Hakel, und einem Klarinettkonzerte, 
das ein Herr Firnak recht angenehm vor- 
trug, wenn er gleich in Hinsicht auf Prä- 
zision und Fertigkeit nicht alle Forderungen 
befriedigte. 

Am alen Juny gab das Hoflheater eine 
grosse Akademie zum Besten der hiesigen 
Aimenanstalteu. Die präzise und vortreff- 
liche Ausführung der schweren Muzartschen 
Sinfunie aus G inoll unter Wranitzky's Di- 
rektion verdient alles l*ob und macht dem 
Orchester wahre Ehre. Die Tempos wur- 
den so richtig genommen, die Biasinstru- 
meute — besonders auch die schwierige 
Oltoe, von dem braven CzerwenKa behan- 
delt — fielen so rein und präzis eiti , und 
spielten ihre Solos so delikat und geistvoll, 
dass der Effekt vollkommen war. Schade 
dass man die furchtbar- schone Menuett aus- 
liest! — Die Wahl der Singstücke war 
nicht glücklich} beyuahe keine der Mayr- 
achen und Nasolinischen Kompositionen er- 
hob sich über das Mitteliuassige. Aurh die I 
Ausführung war nicht ganz befriedigend ; 
Bevilaqua distonirte oft sehr n erklich etc. 
Am besten gefiel der churpfalzhay tische | 
Kammersänger Brizzi , welcher eine Mayr- j 
sehe Arie mit seiner gewöhnlichen Kunst j 



und Feinheit Vortrag. Die bekannte Virtuo* 
sin auf der Pedalharfe, Dem. Müller, phan* 
taairte so fertig, delikat und anmuthig, da.<s 
sie noch einmal hervorgerufen wurde. 



Recenbio 



UtbungitÜcke für das Pianoforu mit vorge- 
zeichneter Fingertet zung, von A. E. Maller, 
Musikdirektor in Leipzig. Eiste» Heft. 
Leipzig, bey Breitkopf und Härtel. (Pr. 
16 Gr.). 

■ 

Hr. Musikdirektor Müller, dem grossen 
Publikum als Virtuos auf dem Pianoforte, 
der Orgel und der Flöte, wie als gründli- 
cher Komponist für diese Instrumente, 
längst bekannt, hat auch eis Privatlehrer 
mehrere treffliche Schüler gesogen, und 
macht nun von seinen Erfahrungen beym 
Unterrichte, in Verbindung mit jenen Vor- 
zügen, auch für das grössere Publikum Ge- 
brauch , indem er fast zu gleicher Zeit sei-, 
n« growe Klavierschule herausgegeben und 
diese Sammlung Ucbuogsslücke angefangen 
hat. Man kann von solchen kleineu Haid- 
stücken nicht fordern, dass sie als Kunst- 
werke — sowul in Absicht auf Geist und 
Erfindung, als auch in Absicht auf Kunst 
und Ausführung — hoch stehen; w<il aber, 
üass sie auch in diesem Betracht Etwas,, 
und nicht ganz ohne Weith »ind. Diese 
Forderung wird nun vou den vorliegenden 
zum gröbsten Theile, Und in nan ha Hern 
Grade, erfüllet. So siod z. B. die Sätze: 
Menuette allegretlo S. a. , Marcia S. 7., 
einige der Variationen, die S. 8. anfangen,, 
Allegretlo S. i5., und fast alle Variationen 
S. 19. folgg« über Schulzen« Melodie zu 
Vossens Liede: Beschaltet von der Pappel- 
wcide — ihren pädagogischen Zweck noch 
nicht betrachtet, schon sehr hübsche, unter- 
haltende Musikstücke, und nur einige sind, 



Digitized by Google 



6i3 



1805. Juny. 



616 



in diesem Betracht, wie das Rondo S. 4., 
*u übergehen. Aber von Seilen der 
Zweckmässigkeit — hier denn doch die 
Hauptsache — gehört die ganze Sammlung 
su den besten, die eine gleiche Bestimmung 
haben. Sie fingt von sehr leichten , fast 
durchgängig nur zweystinimigen Stücken an, 
die sich si hr gut da anschl.essen , wo der 
blos grammatische Unterricht, mit einzel- 
nen la.- sagen und andern ahnlichen Uebun- 
gen, auliuren und zur Fortsetzung von je- 
nem die Ilrweckung und Leitung des Zög- 
lings auf den Sinn der Musikstücke und auf 
den Geschmack, hinzukommen sollte. Die 
Fortschreituiig vom Leichtesten zum eini- 
gerroassen Schwierigen ist nicht slreug und 
au das Einzelne gebunden, sondern halt 
sich mehr an das Ganze der Stücke; auch 
ist es freylicli wahr, das* hier viel indivi- 
duelles bey den Zöglingen bleiben wird — 
so dass dem Einen schwer ist, was dem 
Andern leicht wird, woiauf denn frühere 
oder spatere Schule, besondere Hindernisse 
oder Erleichterungen in den Nalnranlagen 
ah, a. w. Eiufluss behalten — weshalb e,ui 
Verständiger und erfahrner Lehrer beyo kei- 
ner ahnlichen Sammlung ganz die Reihe, 
in welcher die Stücke stehen, ü bar all wird 
beibehalten können. So mag ein ^solcher 
Lehrer denn auch hier verfahren, und dar- 
auf scheint Hr. Müller gerechnet zu haben ; 
Recenseut möchte jedoch nicht behaupten, 
dass nicht Einiges, s. B. in den Variationen 
8. 9., bequemer geordnet seyn könnte; die 
Variation 6, S. 23,., dürfte aber wol io die* 
aem Hefte noch gar nicht angebracht seyn. 
Ungemein gut erfunden ist, in Absicht auf 
Haltung der Hände und Uebung nnd Si- 
cherung der Finger, vornehmlich die er- 
ste Reihe Variationen, von S. 9., und auch 
mehrere in denen, von S. 19. an. Richtige 



Applikatur ist ein Hauptaugenmerk des Ver- 
fassers durch das ganze Werkcheii. Ganz» 
liehe •Ueheieinstitnmung in allen einzelnen 
Fallen ist hier bey allen Klavierspielern un- 
möglich , und auch nicht nölhig; namentlich 
wird der, der, wie Recensent, Clementi'a 
Applikatur (die, nach den „Etudes," auch. 
Cramers zu seyn scheint,) gewöhn* ist, bin 
und wieder etwas anders nehmen : aber 
nach der genauesten Durchsicht hat Recen- 
seut auch uicht Eine Stelle gefunden, wo er 
Hrn. Müller geradezu und aus hinlänglichem 
(j runde widersprechen könnte. Zu loben 
ist übrigens bierbey auch, dass der Verf. 
nicht überall die Ziffern beygesrhrieben hat, 
durch deren Meuge sonst der Blick de« 
Schülers zerstreuet, und diesem auch alle 
eigene Geistesthäligkeit abgeschnitten wird. 
.Wo aber der aufmerksame Lehrling uur feh- 
len könnte, da ist die Bezeichuuog nicht 
übergangen. 

Demnach ist auch dieses ein Werkchen, 
zu welchem man Lehrer und Schüler fast 
ohne Einschränkung verweisen darf* Es ist 
übrigens auch sehr gut gedruckt. 



Zur musikalischen Beylage No. 6.' 

Hrn. Härder« Lieder, mit Klarier- oder Gui» 
tarren-Beplcitung , «eine kleinen Uebungistiicke, »o 
wie »eine mit Einticht und Geschmack arrangirlen Ge- 
lange anderer Komponisten, haben zu guten Eingang 
in die Zirkel gefunden, welchen aie bestimmt sind, 
ata dai« e* nötliig wire, «ie, oder auch die swey 
neuen Lieder leiner Komposition , die wir untern Le- 
sern hier raitthcilen, tu empfehlen. Wen eine ein- 
lache, leichte, melodische Muiik, die xugleirb dem 
Dichter «ein Recht anthut , erfreuen kann, dem wer- 
den dieae beydea Liedereben willkommen seju, und 
um «o willkommener, je öfter jetzt, wn durch die 
Dichter einfach, leicht und geftllig dargeboten wor- 
den, »ou Komponisten »erkünstelt, schwerfällig und 
mühsam wiedergegeben wird. d. Kedakt. 



(Hierbey die Beylage No. VI.) 



Lpifsio, in mitxori ovo aX K |Sa, 



Digitized by Google 



^ ALLGEMEINE 

M Ü S I KALISCHE ZEITUNG- 



Den Juny. N=. Uty 



1805» 



Utier dat Stimmtn dtr Forttplanos. 



Eu gehört jetzt wirklich zur feinen Lebens- 
erl, eiu gutes Fortepiauo zu besitzen, und 
wenigatens Etwa« darauf spielen zu können. 
Der gute Abgang dieser Instrumente und 
die hvh^n Preise, mit welchen man sie be- 
zahlt , reizte viele Künstler, .sie mit immer 
grosserer V ollkomuiruheit zu bauen, und 
die elegante Weit reichlich damit zu ver- 
sorgen. Man fiudet aber manches Forte* 
piano vxm vortrefflichem Tun und vorzüg- 
licher Hauart, das, wenn es einige Zeit aus 
den Händen seines Vei fertiger* war, bey 
Weitem nicht mehr so brauchbar ist, als es 
«eyn köuute und sollte. Die Ursache liegt 
Wol hauptsachlich darin, dass das Instru- 
ment von seinem Besitzer in Rücksicht der 
Stimmung nicht sorgfältig genug behandelt 
wird. Man stellt sich gemeiniglich das 
Stimmen als ein sehr leichtes, blos mecha- 
nisches Gesihaft vor; überlädst es, zum 
grössten Nachtheii für djs Instrument, dem 
ersten besten, der sich damit abgiebt, und 
ist zufrieden, wenn man >edeu Ton einzeln 
für steh oder mit seiner Oktave, nur noth- 
dürflig rein findet. Der theoretische Musi- 
ker weiss, dass, ausser einem äusserst ge- 
bildeten und feinen Ohr, eine genaue, viel 
Studium erfordernde Bekanntschaft mit un^ 
serra Ton-System und der Temperatur dazu 
gehört, ein Klavier oder Fortepiano wirk- 
lich rein zu stimmen, so dass alle Ton- 
arten einander gleich sind. Es würde, .zu 
w eitUtuftig werden, die« dem blossen 

?• JSttfl. 



Unten hier uaistandlieh zu beweisen. Wer 
aber nur in Sulzers Theorie der sehe*, 
nen Künste, die Artikel Harmonie, 
Klang, Monochord, Saite, Tempera- 
tur, Tonart, u.a.m. lesen will, der 
wird^ das Geschäft des Stimmens gewiss 
hochschätzen lernen. ich habe schon man* 
eben gebildeten und delikaten Fortepiano« 
spieler darüber klagen hören, dass er Nie- 
mand Huden könne, der ihm sein Instrument 
zu Dank zu stimmen Woeste* In mancher 
bedeutenden Stadt ist unter den Funfzigea 
und Huuderten, die Instrumente ums Lohn 
stimmen, vielleicht, nicht Einer, der die« 
Geschäft nach richtigen Grundsätzen, und 
folglieh so wie es seyn muss, zu verrichten 
im Stande wäre. Viele beeitsen nicht ein- 
mal die nöthige mechanische Geschicklich- 
keit dazu. Man hat oft einen Stimmhara- 
-mer, der den Wirbel nur an- der Spitz« 
fasst, statt dass er ganz tief greifen sollte, 
und schwankt beym Drehen, welches mit 
fester Hand geschehe« muss, hin und her« 
Dadurch werden nach and nach die Wir- 
bellöcher so ausgedreht, dass die Wirbel 
nicht mehr fest genug stehen, nnd das In- 
strument gar keine Stimmt ng mehr halten 
kann. -Nun muss immer öfter gestimmt 
Warden, und man verderbt immer mehr. 
Ich weiss sogar ein Bey spiel, dass ein IdJ 
strumentmacher an einem sehr guten Forte- 
piano die Wirbel absichtlich auf diese 
Weise locker gemacht hatte, um hernach 
dem Instrumente, das um vieles besser war, 
als die von ihm verfertigten, den 
Tedcl geben zu können, 



Digitized by Google 



1805. Juny. 



C20 



Stimmung halle. Auch dar Fall ist nicht 
selten, daaa manche Lohustimmer die Vyiibel- 
löcher mit Fleiss ausdrehen, damit man ihnen 
desto öfter elwaa au verdienen geben muss. 
Selbst die meisten Instrumentmacher kön- 
nen dem Kenner nicht Gnüge leisten, weil 
sie immer nur nach ihrem tiehör stimmen, 
Welches, da sie selten musikalisch sind, un- 
möglich fein genug seyn kann, ob es schon 
mancher durch vieljahrige Uebung dahin 
gebracht hat, dass er leidlich rein stimmt. 
„Wem sull man nun aber aein Instrument 
jwtr Stimmung übergehen ? wild man fra- 
gen. Der gelehrte Musiker giebt sich mit 
diesem mühsamen Geschäft nicht ab, und 
in kleinen Stadien oder auf dem Lande kann 
man meistens seine Zuflucht nur zu den 
Schullehrern nehmen, die wol selten der 
Sache völlig kundig »eyu möchten.* Ich 
ratbe folgendes : Wer ein gutes Fortepiano 
hat, der übergebe es keiuem cur ■ Stimmung, 
von 'dem er nicht weiss, das« er dies Ge«' 
echaft nach richtigen Grundsätzen, mit ei- 
nem gebildeten Ohr, und mit gehöriger me- 
chanischer Geschicklichkeit su verrichten im 
Staude iat. Fehlt, es au. einem solches) Sub- 
jekt, (welchee oft der Fall aeyn wird) so 
Würde es das beste seyn,' wenn man sich 
von einem, mit der Rational - Rechnung 
Wohl bekannten Künstler ein Monochord mit 
Tier Saiten verfertigen liess, nach welchem 
dann ein Instrument leicht und völlig rein 
gestimmt werden kann. Eine Beschreibung 
des Monochorde uebst einer Abbildung fin- 
det man in Sulzers Theorie der schö- 
nen. Künste (Art. Monochord) und 
jyjs> e* su verfertigen und zu gebrauchen 
ist, kann man aus Zangs Vollkommnen 
Orgclmacher etc. (Nürnberg bey Weigel, 
»oo4. 40 Gr.) lernen. Es ist wirklich an 
bedauern, dass der Gebrauch des Mono- 
ehorda jetat so ungewöhnlich geworden ist. 
Die Mueikhandlungen, welche zugleich daa 
Pubicum mit Fortepianos aller Art , nebsf 
allen dazu gehörigen Dingen, versorgen. 



wüiden, meines Erachtens, etwas sehr Ver- 
dienstliches unternehmen, wenn sie von einein 
dazu geschickten Künstler > Monochorde, 
oder gehörige Stimmpfeifen verfertigen Hes- 
sen, und die lu*trumentenbt-silzer damit 
versorgten. In dem nur genannten Buche 
von Zang findet man auch eine genaue 
Anweisung, eine Völlig richtige Stimmpteife 
nach dem Monochord zu verfertigen. Wenn 
man nach dem Monochord oder der Stirn m- 
pfeife die eingestricheue Oktave de« Piano torle 
leicht und völlig rein stimmen kann, ae 
wird es mit einein guten Gehör nicht schwer 
werden, nach dieser dann die übrigen Okta« 
ven zu stimmen. 

W. in F, 



Ja, wenn man diese Oktave völ- 
lig rein stimmen kann — oder viel- 
mehr, völlig rein gestimmt hat! Das ist 
aber eben die Schwierigkeil ? Da« Grnud- \^ 
liebste, Kürzeste, und am leichtesten An- 
wendbare , was «ich auch uns durch Ver» 
suche vollkommen erprobt hat. und was daa 
Neinstimmen in gleichschwebender Tempe- 
ratur ungemein erleichtert , ist von A. E. 
Müller in seiner neuen Klavierschule 
(bey Frommann in Jena vor einigen Mona- 
ten erschienen) sehr genau nnd deutlich an« 
gegeben worden. Da die Sache vielen wich- 
tig aeyn rouss, und dies wirklich bedeutende* 
in vielem Betracht ganz ausgezeichnete Werk 
noch nicht durch öffentliche Anzeigen be- 
kannt genug worden — etwa« wirklich Be- 
titelst liebes ist über solch eine reichhaltige 
und so vieles Eigene enthaltende Schrift 
nicht segfeirh hingeschrieben — t so wollen 
wir die »wey, zunächst hierher gehörigen 
Paragraphen wörtlich hersetzen. 

| $. «fos. folg. sagt Hr. Müller: D7e leicb» 
I teste nnd doch auch sicherste Methode, ein 
I jüavienaetrumeat gleichschwebend zu tem- 



Digitized by Google 



62t 



1805. Juny. 



periren, ist folgende — ein feines and auch 
musikalisch gebildetes Ohr vorausgesetzt : 
Man stimme zuerst da« ungestrichene ( klei- 
ne) e mit seiuer Oktav, dem c» dann zum 
eisten c die grosse Terz e, zu diesem e 
die grosse Terz gis. "Sind die grossen Ter- 
zeu völlig rein — und oh sie es sind, be- 
merkt man leicht, denn das gis muss zwi- 
schen e und "c also gestimmt seyo , das« die 
grosse Terz e-gis völlig ehen so rein ist, 
a]s die grosse Terz as (gis) ~q — ; dann 
stimme man zu c die Quiute g, zum g die 
Quinte d~ etc. wie man die ganze Verfah- 
rungsart anschaulicher im folgenden Noten- 
ley spiel« findet: 



3* ^ ^ ^ 



Ist man bis zu diesem e , als Quinte von 
a>~, gekommen: ao untersuche man erst, ob 
man nicht gefehlt habe — nicht zu hoch 
oder zu tief worden sey. Man schlage 
nzmlich das zuerst gestimmte e zu diesem 
zuletzt gestimmten e an, Wo es sich derth 
gleich zeigen muss, ob, Und wie man ge- 
fehlt habe. Hat man gefehlt, ao ists nö- 
thig , bis zum g zurückzugehen, und die 
Quinten so lange z,u verbeisern, bis das e 
zum e ganz rein stimmt. Nun fange man 
abermals an von g, d und a die grossen 
Terzen zu stimmen, wie es vorher bey Ö 



Hier müssen nun die grossen Terzen, (be- 
sondere muss auch der durch beyde Ver- 
setzungszeichen bemerkte Tou) genau wie- 
der ao, wie im Anfange bey c, eingestimmt 
werden. Ist dies geschehen, so fahre man 
fort das Instrument durch Oktaven vollends 
rein su stimmen. 



Die zweyfe, ebenfalls tum Zweck füh- 
rende, aber in der Anwendung schwerer« 
Methode, ist folgende: Man stimme c~ und 
c ganz rein , alsdann die Quinte g~ ein we- 
nig unter sich schwebend, damit die grosse' 
Terz e um so leichter dazwischen gestimmt 
werden könne. Dieser Accord muss nun' 
erst ganz berichtigt werden; ist er es, ao 
stimme mau die kleine Septime b~ dazu, 
und zwar ao scharf, als es der Wohllaut 
vcrrstaUet; zu diesem b stimme man es, 
doch ao, dass das b~, als Quinte, dagegen 
ein wenig unter sich achwebt $ zu dem äs 
stimme man die Quarte äs — (ob diese 
richtig wt, erfahrt man leicht durch Ver-> 
gleichung mit dem schon vorher gestimmten 
e_— ) zu dem äs als gii, die Unter-Quinte' 
eis, zu diesem die Quarte ns, zu diesem 
die Quarte h — (die Richtigkeit des "E 
wird ebenfalls durch Vergleichung mit dem 
e" erprobt — ) hierauf lasse man ä"; als 
Quarts zum e, nun d als Unter- Quinte, 
üud_Euletzt_das 7, als' Quarte oder Quinte 
zu c oder ~c folgen. Findet aich am Ende, , 
dass die zuletzt gestimmten Intervalle ent- 
weder zu hoch oder zu tief sind , dass viel- 
leicht besonders das Tals Quarte von "b «*' 
tief ist — so muss man bis zum b~ zurück« 
gehen nnd dieses ein wehig tiefer stimmen» 
Einem geübten Ohre wird die Verbesserung 
dieses Fehlers nicht schwer fallen. Zu ' 
mehrerer Deutlichkeit stehe diese Vorstel- 
lung hier : 



So weit Hr. Muller. Wir aber wün- 
schen, dass man, wie über diese, ao über, 
verwandte und vom Verfasser obigen Auf- 
satzes berührte Gegenstände, Müllera VVerk^ 
selbst weiter nachsehen möge, und zwar in 
den Kapiteln: Ueber Klavierinstrumetiie im 
Allgemeinen , und : Von der Temperatur und 



Digitized by Google 



62% 



1805. Juny. 



624 



Stimmong. Nächst diesem wiftsen wir kein 
über jene Angelegenheit brauchbarer« Buch 
au empfehlen , als : Weilers Versuche, 
Klaviere und Oigeln auf eine leichtere Art, 
ala auf die gewöhnliche dos Quinteuzirkels, 
gleichschwebend zu temperiren. (Leipzig, 
i8o5.) 

d. Redakt. 



Nachkzcbtbv. 



Halb er Stadt — — Ich erfülle Ih- 
ren Wunsch, Ihnen den Zustand unsrer 
Musik in kurzer Uebersicht vorzulegen, um 
so lieber, da Ihre Zeitung, so viel mir be- 
kannt ist, noch nie etwa«, davon meldete. 
Vorzügliches kann ich nicht rühmen. Jn 
einer Provinzialstadt, wo Kapellen , : stehende 
Theater und vielvermögende Beförderer feh- 
len, kann das Vorzügliche nicht festen Fuss 
fassen« Was aber dann doch gesehiehet, 
wenn es nur nicht ohne allen wahren Werlh 
ist, wird dadurch um so rühmlicher» das* 
es freye« Werk der Liebe und des Fieia- 
ses ist. 

. Es fehlt uns nicht an guten Musikern. 
Die vier Gebrüder Barnbeck spielen Violon- 
cell, Fagott, Bratsche und Hoboe gleich 
fertig und ausdrucksvoll. Der Hoboiat 
Nolde iat ein Klarinettist von gutem Aus- 
druck, und die beyden Gebrüder Müller 
sind geschmackvolle Orgel- und fertige Kla- 
vierspieler. Der jüngere wirdf Ihnen bereits 
als Komponist von Liedern, Variationen, 
Sonaten und Opern bekannt seyn. Von be- 
rßerkenswei then Dilettanten und Dilettantin- 
nen nenne ich Ihnen — als Sänger, den 



Kollaborator Sachse, auf der Flöte den Ma<* 
jor von Wiuleben, auf dem Klavier die 
Gräfin von der Schulenburg, Fräulein von 
Biedersee, Audjteur Ziegler und Kollaborator 
Frantz, Eraterer ist sugleich ein braver: 
Violoncello* und Orgelspieler; letzterer hat 
Lieder und Sonaten herausgegeben. Wenn 
sich alle Musiker mit den Dilettanten unsrer' 
Stadt vereinigen, gleichen Fleias und Eifer* 
zeigen : so können sie wirklich etwas Aus- 
zeiehnenswerthes liefern; wie dies vor kur- 
zem mit der wohlgerathenen Aufführung der 
Schöpfung, der Jahrszeilen ond des Requiem 
in drey ausserordentlichen Konzerten der 
Fall war. Sonst haben wir jeden Winter 
öffentliche Konzerte ; auch erfi-euen uns zu- 
weilen durchreisende Virtuosen durch Spiel 
und Gesang *), und mehrere Musikfreunde, 
z. B. der Graf von Wernigerode, Regie- 
rungspräsident von Biedersee, Major von 
Wilzleheu und Kriegsrath Klüger, veran- 
stalten, wiewol nur selten, IVivatkonzerte. 



Das Fortepiaoospiel wird sehr geliebt, 
besonders seit wir mehrere neue/ Instrumente 
.in Flügel- und Tafelförm nach dem jetzt 
beliebten Wiener Mechanismus eingerichtet, 
von Blum in Braunschweig, Dörge in Dal- 
bei stadt, den Gebrüdern Sanderhoff und von 
Wesche, in Neinstedt, Steckienberg und 
Veltheim, d reyen Halberstädtischen Dörfern, 
erhalten haben. Desto schlechter ist oft der 
Unterricht, den nicht selten Stümper ohne 
Takt, Geschmack und richtige Applikator 
ertbeilen. Längst wünschte ich, dass ihnen 
Grenzen gesetzt würden, denn der Schaden, 
den sie stiften, ist gross. Sie entziehen 
gründlichem Musikern durch wohlfeilen Un- 
terricht würdigen Lohn, und verderben ihre 
Schüler auf immer. 



*) So hörten yiit In den letzten jähren die Gebrüder Pixia, Dülon, Spohr, D. Chladai auf den 
KO*TUjfb»acr und Koch, auf d V doppelten MuudJiainioaiU. 



Digitized by Google 



6*5 1805, 

■ Ich erwähnte oben die Geb rader Müller 
«Ii brave Orgelspieler; und du sind sie in 
der That. Der allere, Samuel, ist Orga- 
nist an der Domkirche, der jüngere, Karl, 
Organist an der Martinikirche. fieyde sind 
der ihnen anvertrauten voll- und starkklin- 
groden, registerreichen Orgeln würdig« Man 
hört ihre Produktionen mit Liebe, und 
sollte ich den Geist, der sie während des 
Spiels beseelt, charakterisiren , so würde ich 
sagen, das* der altere geregelter, besonne- 
ner und mit mehr Talent, der jüngere hin- 
gegen kühner, freyer und mit mehr Genie 
phantasirt Auch die Liebenfraücn - Orgel 
verdient, {wegen der ihr kürzlich vom hie- 
sigen Orgelbauer Bode-raitgetheilten Vervoll- 
kommnung eine rühmliche Erwähnung. 

Was die Kirchenmusiken betrifft, so sind 
sie grösstenteils schlecht, schwach besetzt, 
unrein in der Ausführung, die Texte dazu 
oft voll von dogmatischem Wust und frosti- 
gen Allegorieen. Eben so schlecht sind 
unsre diey Singechöre. An Verbesserun- 
gen iat fürs erste nicht zu denken. Da für 
beyde, die Unterstützungen des hiesigen 
Domkapituls abgerechnet, hinreichende Fonds 
fehlen. 

Es mangelt uns in Halberstadt ein Mu- 
sikdirektor, dem die Direktion der Singe- 
chöre, der Kirchenmusiken , und aller Kon- 
zerte anvertrauet wäre, und der sich seiner 
ihm obliegenden Geschäfte mit Geist, Liebe, 
Geschmack und unermüdetero, strengen, 
rücksichtslosen Eifer annähme. — Diesem 
Mangel tnuss man auch giösstentheils die 
üble Beschaffenheit des diesjährigen Winler- 
konzerts beymesaer., das gleich im Anlange 
allgemeinen Unwillen erregte. 



Salzburg. — Ich versuche ea , die 
Darstellung unser s Musikwesens an histori- 
sche Ereignisse der letzten Monate zu knü- 
pfen , die so zugleich' die verdiente Ei wäh- 



Juiiy. 626 

nung erhalten. Bey der Anwesenheit dca 
iöm. Kaisers und der Kaiserin Majestät ge- 
noss unser verehrter Michael llaydu (jetzt 
auch Ehrenmitglied der königl. Akadem e 
zu Stockholm) manche wohlverdiente Aus- 
zeichnung. Er halte früher schon zwey la- 
teinische Messen für die Kaiserin geschrie- 
ben , die ihr sehr werth zu seyn scheinen, 
und sie bestellte bey einer Haydn gewahrten 
Audienz ein Requiem und ein Libera 
me, Domine, und zwai , wie sie, diese 
Wahre Freundin der Tonkunst, sich ana- 
drückte, im höchsten Kirchenstil. Bey ei- 
nem Konzert, das der Kurfürst beyden Ma- 
jestäten gab, wurde eine neue Messe vom 
Kapellmeister Gatli gegeben , welche die 
Kaiserin wohlgefällig aufnahm. Dann legten 
Seine Durchl. die zweychörige Messe Mich. 
Heydns auf, die dieser vormals nach Spa- 
nien, verfertigte, und die der Kaiserin noch 
nicht bekannt war. Sie gefiel ihr so , dasa ' * 
sie sie zu besitzen wünschte. Haydn ist 
nun mit jenem Requiem beschäftigt. — 
Bey einem Beauche des Kur- und Erbprin- 
zen von Bayern war bey Hofe öfters Kon- 
zert t ehtesmals auch beym französischen 
Gesandt**]. Dies war aber, wegen des da- 
mit verbundnen Balles etc. zu beschrankt, 
als das* etwas, ausser einzelnen Musik- 
stücken , hätte gegeben werden können. Un- 
ter diesen zeichneten sich aus eine Arie mit 
Chor von Mayr, gesungen von unserra Hof- 
»Inger Tomasel Ii, (Tenor) ein Rondo von 
Nasolini, gelungen von filise Neukomm — 
Schwester des jetzigen Kapellmeisters beym 
deutschen Theater in Petersburg, von wel- 
cher t llhre Zeitung schon mit verdientem 1 
Lobe, Jahrg. V. No. 5i. S. 865, gespror 
eben hat — und ein Duett mit Chor von 
Winter. Alles ging mit grosser Präcision 
und trefflich. — Hr. Elhnenreich gab auch 
hier seinen Schuster und Kapellmeister, und 
gefiel im ersten mehr, als im letzten. Mu- 
tik verständige bedauern, dass dieser Sanger, 
der von der Nätuf so viele Mittel, beaon- 



Digitized by Google 



627 



1305. Juny. 



628 



der« einen so . ausserordentlichen Umfang der 
Stimme, erhalten hat, diese nicht auf be- 
deutende Stücke, condern nur auf Anetten 
und andere Kleinigkeiten verwendet, die für 
den Augenblick zwar interessireu , aber wei- 
ter auch nichts. — Hr. D. Chladni be- 
suchte um, und zeigte «einen Klavicyliniler, 
so wie manche «einer ansehenden akusti- 
schen Experimente. Es war ein allgemeiner 
Wunsch, er mochte wenigsten« ein Halb- 
jahr bey una verweilen und Vorlesungen 
Über Akustik hallen; er reisete aber nach 
Wien ab. — Die Konzerte des um die 
Tonkunst in Salzburg sehr verdienten Hrn. 
Fürslea von Schwarzenberg, zu welchen ihm 
der Kurfürst die jetzt wahrhaft lobeusweith 
eingerichtete Kapelle verwilltgte, verdienen 
vorzüglich eine dankbare Erwähnung. Der 
Fürst selbst, und auch die theilnehmeaden 
Musiker, thaten alles mögliche, sie nicht 
*nnr glänzend, sondern auch vortrefflich her- 
vorgehen su lassen. Volle Instrumental - 
Konzert- und Klavier- Musik wechselte mit 
Harmooiestücken und Gesang ab. Die 
Wahl der Kompositionen zeugte von Ein- 
sicht und Geschmack : Alltägliche» wurde 
gar nicht gegeben. Die Stücke gab der 
Fürst selbst au« seiner reichen 1 Sammlung. 
Die Ausführung gelsog immer gut, und ich 
finde besonders auch den Gesang auszuzeich- 
nen, da er gerade jetzt an so wenig Orten 
auszeichnenswerth ist. Um diesen erwirbt 
sich hier der genannte «ehr schätzbare To- 
maselli wahre Verdienste. Fast alle Sänge- 
rinnen nud Sänger, von Profession oder 
Liebhaber , «iod seine Zöglinge, tbeils von 
den Elementen an, the»l» in der böhern 
Ausbildung. Der Fürst, der mit ausge- 
zeichnetem Talent gründliche Einsichten, 
wahre Liebe und anhaltendes Studium der 
Kunst verbindet, sang selbst öfters — 
Arien uud andere Solo«, auch in den Fina- 
len seine Partie. Seine Stimme und sein 
Vortrag sind ungemein einnehmend; sie zeu- 
gen von wahrem Gefühl, wie von guter 



. Schule. Aach Er ttnäjrt unter 
Die genannte EÜse Neukomm, jetzt erst 
dreyzehn Jahr und mit einem Umfang der 
Stimme von b bis zweygestrichen b, kann 
schon eine ausgebildete Sängerin genannt 
werden, und ist es ebenfalls durch Toma- 
selli, der sie von den ersten Elementen an, 
und unentgeldhch , gebildet hat. Der Fürst 
ist jetzt ihr Wohitbäler, und sie sucht sich 
durch Fleiss überhaupt und durch Aufbie- 
ten aller Kräfte zur Verschönerung seiner 
Konzerle, dankbar zu beweisen. Diese 
wurden nun auch, im Gesang, durch die 
Talente der Fräulein von Zwehl, de« Gra- 
fen von Daun, Grafen von Kiuigl, Fürsten, 
von Salm- Salm, Frau Gräfin von Strasoldo» 
Fräulein von Fichtl, Fräulein von Barisani 
etc. verherrlicht. Auch tritt Hr. Tomaselli 
öfters hier als Sänger auf. Als solcher ist 
er längst rühmlich bekannt; aber als Theo» 
retiker und Singmeister mache ich mir zur 
Pflicht, ihn hier bekannt zu machen. Sein 
Unterricht ist nicht mechanisches Wieder- 
holen des Erlernten, sondern auf Grund- 
sätze gebauet, die er aus den besten Lehr- 
büchern aller Zeiten aufgenommen ' oder ' 
durch eigenes Nachdenken und Erfahrung 
gefunden hat. Er kennet die verschiedenen 
Methoden aller Schulen und wählt au« jeder 
das beste. Seine reichen musikalischen 
Sammlungen unterstützen ihn, wie seine 
Schüler. Von seinem unermüdeten Flcissc 
zeigt was er schon geleistet, und man darf 
sich von der Foige uoch mehr versprechen. 
Belohnung wird ihm zwar nur spärlich zu. 
Theil; aber an dieser, so wie an nach- 
drücklicher Aufmunterung überhaupt, fehlt 
es hier. Sechs Männer, wie Fürst Schwar- 
zenberg — : was würde Salzburg nicht 
in Absicht auf Tonkunst werden! — 



Wien, den i6ten Juny. Die italieni- 
schen Hof-Operislen haben eine neue Oper 
von Gardi gegeben: La muta per amore. 



Digitized by Google 



629 



iäo5. Juny. 



630 



Dio schlecht ausgeführte Intrigue besteht 
dann, das« ei» verliebtes Mädchen sich 
stumm stellt, und ein gemeiner Kerl durch 
Prügel gezwungen wird , sich für einen 
Arzt auszugeben — eine Maske, in welcher 
er endlich den Liebenden zn ihrer Vereini- 
gung hilft. Die Musik zeichnet sich durch 
nichts von den gewöhnlichen neuen italieni- 
schen Opi-rn aus, und das ist eben nicht 
sehr rühmlich für sie. Auch die französi- 
sche Musik Gaveaux'a cur Operette : So 
bessert man die Männer , ist sehr mittel- 
mfesig. 

Die Konzerte folgen auch im Sommer 
Schlag auf Schlag, aber gewöhnlich sind sie 
nur sparsam besucht. Der Piager Tenorist 
Siboiii gefiel, ohne Aufsehen zu erregen; 
kaum war sein Anschlagzettel abgerissen, 
als schon Ankündigungen eines Abschirds- 
konzertes für Mad. Marianus Sessi und ei- 
ner Musik «um Besten der Wohlthatigkeits- 
anstalLrn angeheftet wurden. Mad. Sessi 
hatte «ich nämlich frey willig angeboten, ihr 
Konzert zu jenem edlen Zwecke zu wieder- 
holen. Sie gab durchaus Singstücke von 
P*r, Faiiuclli uud Mayr. Schon dadurch, 
dass gar kein luslruinentalstück vorkam, 
•wurde da« Konzert eintönig ; noch mehr 
verlor es an Abwechselung durch die ziem- 
lich gleiche Manier der Komponisten , deren 
Werke man gewählt halte. So beliebt Ma- 
rianus Sessi auch war, so viele warme Ver- 
ehrer sie sonst gezahlt hatte, so wenig ent- 
sprach hier der Erfolg ihren Wünschen. 
Viele Herrschaften und Privaten waren 
schon aufs Laud gegangen, die jetzt heisse 
Mittagsstunde mochte Manchen nicht gele- 
gen sey(r., der Enthusiasmus war schon ab- 
gekühlt kurz, ea waren für diese Ge- 
legeah-evt sehr m»nige-,Zubtäj'er , obgleich 
Joseph Weigl ein recht hubeehes Terzett rt» 
gen* dazu kornptmirt hatte. . < Aach dem 
Konzerte- tür die WoMthätigkeitsanstalleu am 
folgenden Tage ging, e* sucht besser 



Die Somtnerkonzerte im Augarten fan- 
gen an merklich zu sinken: man findet die- 
ses Jahr viel weniger Zuhöfer, als sonst ; 
auch weiden maridte Stücke ziemlich nach- 
lässig ausgeführt Hamburger, ein Schüler 
Hümmels, spielte das Steibeltsche Klavier- 
konzert ans E dur, von dem schon einmal 
in Ihren Blättern gesprochen wurde, höchst 
mittelmassig; in vielen Stellen fehlte er auf 
eine auffallende Art. Zum Glücke hatte 
man das Adagio weggelassen. Ein Flölen- 
konzei-t wurde von Bernhardt nicht ohne 
Geschicklichkeit, aber völlig ohne Sicherheit 
vorgetragen ; die Passagen mit der Doppel- 
zuuge missglück len sehr oft. Ein Hr. Stein 
spielte ein Beelhovensches Pianofortekonzert, 
aber, wenn er gleich Fertigkeit besitzt, so 
fehlt ihm doch jene richtige uud ausdrucks- 
volle Bezeichnung, weiche grösstenteils den 
wahren Werth des ausübenden Künstlers be- 
stimmt. Dami ist er -im Takte nicht sicher: 
sein Schwanken bewirkte im Andante eine 
merkliche Verwirrung. Ein Dilettant;^ Hr. 
Zenker f zeigte in einem Triebeuseescheu, 
recht hübsch komponirten Klarinettkonzerlo 
eiuen reinen, rollen, angenehmes Ton; nur 
mag er eine noch grössere Fertigkeit in 
Laufen , und ein zarteres Piano Zu erreichen 
suchen. Eine Haydnsrhe Sinfonie ans Ea 
wurde ohne Pracision gegeben ; die Flöteo 
fehlten im letzten Stücke auf- eine sehr un- 
angenehme Weise. Das nämliche gilt von 
der Ouvertüre ans Don Juan, in welcher 
das erste Grave bey weitem nicht langsam 
genug genommen wurde , und dadurch, 
offenbar von seiner impookenden Grosse 
verlor. 

Elmenrefch hat not* fofl «n» Abschied 
genommen . Die StiHamen über seine Ver- 
dienst v -.bfi eben sehe gerheil«:, -mehr wäre» 
gegen, ate für ihov Er rpiett manchmal 
fein r aber nie eigentlich- kV.mi«^hv zeine- 
Stimme geht freylich bis unter da» riefe G\ 
aber diese Töne sind dam» auch undeutlich, 



Digitized by Google 



631 



1805. Juny. 



633 



schwach, und scheinen unnatürlich heraus- 
grpiesst. Lr gefiel noch am besten im Ka- 
pellmeister; au Wasserträger fand man *eiu 
Spiel fehlerhaft und aeinen Gesang achwach 
und ausdruckslcer. 

Der rühmlich bekannte Komponist und 
Mus'ikvei leger l'leyel befindet aich gegen- 
wärtig in Wien. Wenn man gleich aeine 
Kompo^tionen bey weitem nicht mehr ao 
allgemein spielt, als sonst, ao bekennen doch 
alle Unbefangenen, das» er für aeine Zeiten 
viele Verdienste hatte, und durch glückliche 
und angenehme Melodieen, und ein« gewis- 
se zarte und IV ine Behandlung, vielen Hei/, 
über aeine Werke zu verbreiten wusale. Er 
hat neue Quartetten mitgebracht : aie wer- 
den beweisen , wie der neuere Muaikge- 
achmack auf ihn einwirkte. 



Kurze Anzeige. 



Sei Canoni a trt voci coW aecompagnamtnto 
dtl Piano/orte cumposti da J. G. Ferrari. 
Lipaia preaso Breilk. e Hand. (8 Gr.) 

Im: 



Eine der niedlichsten und lustigsten 
Kleinigkeiten, die Ref. nur jemals vorgekon> 
men sindl Die Canona aind nicht überall 
ganz streng gearbeitet: aber wer könnt» 
hier vor Lachen dazukommen, es gar zu 
genau au nehmen? und eigentliche Unred- 
lichkeit der Arbeit findet sieh auch nicht 
einmal ! Alle diese possirlühen Produkteken 
der heitersten Laune eines trefflichen Sän- 
gers uud erfahrnen Komponisten aind flies- 
aend, leicht — kurz, aind, was sie seyn 
aullen, und das sehr gut gewählte Accora- 
p.ignement gieht noch mehr Mannigfaltig« 
keit, halt die Sanger in Ordnung, über- 
stimmt sie nirgends, nnd vermehrt die an- 
genehme Wirkung. Nett und naiv vorge- 
tragen, kann man in froher Gesellschaft — 
gleichsam zum Dcsert eines musikalischen 
Schmausses — nichts Artigers hören. Da- 
mit man dies Lob nicht für übertrieben 
halle, setze ich eins dieser Stücke bieher — 
nicht als ob eben das das vorzüglichste wä- 
re, (im Gegrutheil, es ist eins der unbe- 
deutendsten,) sondern weil ea das kürze« 
ste ist ; 




Vi: 



1 r . . 1 ■ Ii • na fa be - be, U cur - nacchia f* er*- er«, qu.mdo sei vi-ci-noa 




■ 




mc, il luo co-re Et-pin die fa! 



l ... M 7/ ai 

L • t r • 1 o , »tr iMiuorr 111 liitii. 



Google 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITU N G. 



Den 3 ten July. 



N9. 40. 



1805, 



Mutik alt Er Ziehungsmittel, 



(Mit Rücksicht auf einige Aufsätze in der muiikel. 
Zeitung und in der pädagogischen Bibliothek.) 



Mir haelis schätzbare und interessante Oe- 
dankeo über die Vorlheile der frühen 
musikalischen Bildung (musikal. Zei- 



langst in meiner Seele lag, was längst die 
Erfahrung auch mir bewahrt halte;* sie bil-' 
1 igten,' was Ich als Erzieher schon seit Jah- 
ren su thou gewohnt war. Durch ihr 
Wahres mussten sie mir lieb und werlh 
seyn, aber durch jene Umstände mich noch 
mehr einnehmen. Dem Verfasser dafür 
meinen wärmsten Dank! — Darauf trat 
GutsMuths in seiner pädagogischen Biblio- 
thek mit der Frage auf: Wollen alle 



tung, 21. Nov. i8o4.) sprechen aus, was Deutsche Musikanten werden *) ? 



*) Ea haben nni Mehrere gefragt , warum wir diesen Aufist* , der doch tarn allerwenigsten das Kind mit 
dem Bade au*«chKtte, nicht beantworteten. Wir marhlen einen untrer würdigsten Mitarbeiter, den das 
Publikum ala Gelehrten Uberhaupt, als Psychologen und Kunstkenner insbesondere , ehrt, und der 
überdies ala theoretischer und praktischer Erzieher «ehr viel Rühmliche« geleistet hat — : ihn machten 
wir auf jenen Aufsats der pädagogischen Bibliothek aufmerksam. Er achrieb uns zurück: »Nein, 
nicht antworten, sondern dio gute Sache selbst desto sorgsamer fördern! Was wäre auch dem su 
tagen, dar also fragen kann? etwa ihm, dem lebhaften Gymnastiker, die gans gleiche Gegenfraget 
Sollen alle Deutsche Laftspringer werden? Und was käme dabey heraus? tyahrachernlich ein Streit« 
wie wir deren, bis ror kursem, sum Ekel haben mit ansehen müssen — — ein Streit, wobey die 
Hauptsache ron beyden Parteyen ana den Angen gelauen and über Worte, höchstens über Missbräuche, 
die Jedermann dafür erkennet, ohne daas aie der Sache selbst «chadeten, gekämpft wird; einStreit, wobey 
sich das Publikum auf Unkosten beyder Parteyen lustig macht, am Ende wol beyde verächtlich findet, 
und, was das Schlimmste ist, dio Sache selbst, die sie mit Poltern angreifen oder rertheiiligcn, 
obendrein! Nein, nicht so! Das* mit Masikliebbaberey , so wie mit Kunatliebhsberey , wol gar 
Kunstkenners y , überhaupt, jetst viel ThÖrigtea und Lächerliches getrieben wird, weiaa ja Jedermann; 
dass diea aber der Knuaüiebe und Kunatkenntniss nicht schaden könne, weiss msn ebenfalls. Nun hat 
jene Thorheit ihren, leicht nachsuweisenden Grand im Geiste dtr Zeit, wie er sich besonder« in den 
feinen Persöuchen beyder Geachtechter jetst ausspricht. Gegen diesen siehot man aber umsonst zu 
Felde , besonders mit der Klopfkeule ! Man lässt ihn ako gewähren — ein Produkt der Zelt , vergeht 
er auch mit ihr; oder will, wer ron grossem Einflusa tat, etwaa dagegen thna, «o hebe er da» tiessercr 
desto glänzender hervor, wo denn der Schatten desselben von seibat desto dunkler erscheint und die, 
welche ihm nachliefen, sich selbst desto eher lächerlich verkommen müssen. Ich seht dergleichen 
Explosionen des Zeitgeistes an der Masse an , wie Eaplosionen der Affekten an Binzetnen — in 
jedem t und auch in dem Betracht, das« man durch heftigen Widerstand nUr mehr reist; wenn 



7. Jahrg. 



40 



Digitized by Google 



635 



1805. July. 



636 



Auch mich hatte der Misslmiurh der Musik, 
welchen er unter dieser Rubiik zu rügeu 
vermeynt, bald gekränkt, bald zum La- 
chen gereizt. — Wollte man nun aber 
auch die Art, wie GutsMulbs dagegen auf- 
tritt, aus der Acht lassen, so bedurften 
doch seine Behauptungen selbst einer Be- 
richtigung. Diese- wollte ihnen Michaelis 
angedeihen lassen ; (s. musikat. Zeit. XV. 
l8o5.) aber es gelang ihm nicht, die Sache 
su erschöpfen. Ueberhaupt — was mir,, 
als Erzieher, am wichtigsten schien, war in 
allen diesen Aufsätzen gar nicht, oder nur 
flüchtig berührt. Musik nämlich, ist, nach 
meiner Ueberzeugung, nicht bloss für die 
Jugeud zu empfehlen als Mittel zur Ge- 
achmacksbildung, als edle Unterhaltung etc. 
unendlich wichtiger ist sie (ist vorzüglich 
der Gesang) ala das trtfflichste Erziehungs- 
mittel, um das Gemüth rein und edel zu 
atimmen , um die Liebe zum Guten und 
Schönen überhaupt, zur Tugend und Reli- 
gion, tief und innig mit unserm Wesen zu 
vei flechten, so dass sie ewig unzertrennlich 
bleiben. — Von diesen Ideen, die ich 
achon oft in meinem Leben bewährt fand, 
geleitet, suchte ich vor füuf Jahren eine 
kleine Anstalt zu Stande zu bringen — ei* 
ne Anstalt, von der ich nicht öffentlich ge- 
sprochen haben würde , wenn nicht ein 
Dritter ihrer in No. 16 der musikalischen 
Zeitung erwähnt hätte. In Bezug auf meine 
obigen Behauptungen und auf die erwähnten 
Aufsätze der Herren GutsMuths und Mi- 
chaelis — wie auch, um nicht mit meinen 
Freunden in den Augen Mancher ata Die- 
ser der Eitelkeit grosser und kleiner Kinder 
zu erscheinen, stehen einige Worte hier 
von dem Kinderkonzert , das jener Korre- 
spondent aua Frankfurt am Mayn erwähnt. 



— Die Kinder waren noch klein und ver- 
standen wenig oder gar nichts von Musik, 
ala ich sie schon gern horchen sah, wenn 
ich das Klavier zum Echo meiner Gefühle 
machte. Mögen Andere musikalische Expe- 
rimente an Elephaulen und Spiuuen ma- 
chen, daohte icb; die mit der. zarten Kin- 
derseele sollen dir erfreulichere Resultate 
gehen. Ich spielte einfache Gesäuge — 
Melodie und Text so rein und zart, wie 
diese schuldlosen Seeleu; sie drängten sich 
näher herbey und versuchten mit zu singen* 
Das erlaubte ich! — Von nun an spiel- 
te ich ihnen zuweilen etwas vor. Bald 
versammelten sich auch ihre kleinen Freun- 
de dazu. Nun wurden regeln Sssige Ver- 
sammlungen verabredet ; der letzte Abend 
der Woche wurde zu einem dun haus an- 
spruchlusen , fröhlichen Igiioianteukonzert 
bestimmt. Wir waren da alle wie die 
Kindlein — waren unersättlich, die schö- 
nen, herzvollen Gesinge zu singen, welche 
immer sorgfällig gewählt wurden. Die Kin- 
der lernten Musik : bald trafen wir daher 
die Veränderung, dass nach jedem Liede 
eins der Kinder auf seinem Instrumente et- 
was spielte, so gut es konnte. Dies be- 
förderte das Vergnügen der Kinder an ih- 
rem Instrumente und ihre Fortschritte un- 
gemein — obgleich Eitelkeit uud Sucht zu 
glänzen, als Todfeinde wahrer Veredelung, 
durchaus (so weit man wenigstens ihnen 
nachspüren kann) verbannt sind. Nach und 
nach ist so dies kleine Konzert eiu ange- 
nehmer Ztikel geworden, auf den sich alt 
und jung kindlich freut. — Was der. klei- 
nen Anstalt in meinen Augen den reelalen 
Werth giebt, sind und bleiben immer die 
gemeinschaftlichen Gesinge. Ihr Sinn ist 
ein Anklang des Göttlichen in unserm eig- 



nen etwu dagegen thun will, 



d. Rsdakt. 



Digitized by Google 



657 



1805. July. 



65S 



nen Geraülhe. Gesang ist die beste Lehr- 
melhoda für das Heilige und Schöne — er 
erspart manche Lehrstunde *), manchen mo- 
ralischen Sermon — Ich spreche hier von 
Qnsera deutschen Liedern, (woran wir ei- 
nen noch unerkannten Schatz besitzen) nicht 
von den — wenigstens dem Inhalto nach — 
meistens geschmack-, oft sinn- und herz- 
losen Opernarien. — In dem ( No. 16 der 
musikal. Zeitung erwähnten) musikalischen 
Kinderfreunde habe ich die meisten unserer 
Liehlingsstucke nach den oben angegebenen 
Grundsätzen gesammelt — und ich fordere 
Herrn Michaelis auf, das Werkchen nach 
seinen eignen und nach den oben geäusser- 
ten Grundsätzen zu beurlheilen, und zu er- 
klären, ob es unnütz, oder gut und zweck- 
mässig ist 



Frankfurt am Mayn. 



Engelmann. 



Vorschläge zur Benutzung aher t unbrauchbarer 
J'liigtl und Fortepianos. 



So wie jetzt jeder Klavierspieler sich ein 
gutes Fortepiano wünscht, so schätzte man 
•ich vor etwa fünfzig Jahren glücklich, ei- 
nen guten Flügel zu besitzen. Mehrere 
Künstler, z.B. Friederici, Silbermann 
u. a. m. verfertigten dergleichen Instrumente 
mit vorzüglich gutem Ton, äusserst akku- 
ratem Mechanismus, und auch mit ^— nach 
damaligem Geschmack, sehr schöner äusse- 
rer Arbeit. Da das Klavierspielen seit un- 
zwanaig bis dreyssig Jahren mit 
1. su einer Crossen Voll- 



kommenheit gediehen ist, so konnte man die 
Flügel wegen ihres Mechanismus natürlich 
nicht mehr recht brauchbar finden, und die 
Stein'schen Flügel - Fortepianos , die man 
bald aller Orten nachzumachen suchte, ver- 
drängten sie vollends ganz. Mancher schö- 
ne und theure Flügel steckt nun unterm 
Dache, oder in einem andern Winkel, und 
mancher, der mit »5o Thalern, und drüber, 
angekauft worden war, ist, bey noch völlig 
gutem Zustande, für 10 bis i5 Thaler wie- 
der verkauft worden, um ihn nur los zu 
werden. Jetzt kauft auch für den gering- 
sten Preis nicht leicht Jemand mehr einen, 
und mancher ist nun verdorben oder dem 
Verderben nahe, um den es wirklich Scha- 
de ist. Manches andere, unbedeutende, alto 
Kunstwerk bewahrt man der Seltenheit we- 
gen auf: dies kann mit diesen Instrumenten 
nicht füglich geschehen , weil sie zu viel 
Raum wegnehmen. Schon vor etlichen Jah- 
ren kam Einsender dieses auf den Gedan- 
ken: ob es nicht möglich seyn könnte, ei- 
nen Flügel mit dem Mechanismus eines 
Fortepianos zu versehen. Er theilte diese 
Idee einem geschickten Instrumentmacher 
mit, und dieser hat sie wirklich glücklich 
ausgeführt, und einen alten Flügel zu ei- 
nem brauchbaren Fortepiano umgeschaffen. 
Ungeachtet er einen neuen Resonanzboden 
drauf machte, und die alto Klaviatur natür- 
lich auch nicht brauchen konnte, so liess er 
sich doch für seine Arbeit nur etliche drey. 
sig Thaler bezahlen. Unter den unzähligen 
Klavierspielern, die man jetzt findet, ist der 
grösste Theil nicht im Stande, nur etwa 100 
Thaler zur Anschaffung eines der wohlfeil- 
sten Flügel -Fortepiano zu verwenden. Viel- 
leicht ist daher manchem, der einen alten 
aber guten Flügel besitzt, oder solchen um 



1 •■ 



f"Ti " : 1 

•) la alle« Ern.t, lieber Herr College! Versteht 
'Naturgeschichte, Rechne*, Schreiben, 



»ich, data wir aber Mathematik un 



■1 



d Geographie, Ge- 
lehren. 

y d. Yrrf. 



v Digitized by Google 



639 

einen sehr geringen Preie zu kaufen Gele- 
genheil hat, die Mittheiluug diese« wirklich 
ausführbaren Vorschlags, angenehm. Ein 
spicher, von einem guten Instrumentmacher 
umgeschaflner Flügel, wird gewiss viel 
brauchbarer seyn , als die meisten Forte- 
pianos in Klavier-Form , wie sie zu Dutzen- 
den, für nicht unbeträchtliche Preise, ver- 
fertiget werden; er kann auch wol, nach 
Beschaffenheit der Umstünde, in Rücksicht 
des Tons und Haltung der Stimmung, da 
das Holz gewiss hinläugtich ausgetrocknet 
ist, manchem neuen, eleganten und theuern 
Flügel -Fortepiano, dessen Vcr fertiger, aus 
Mangel an Verlag , nicht das beste Holz 
verarbeiten konnte , vorgezogen zu werden 
verdienen. Wol noch häufiger als die Flü- 
gel, findet man auch alte Fortepiaoos in 
Klavierform, die wegen ihres Mechanismus, 
da die Hämmer uur mit Leder oder Perga- 
ment angeleimt sind und keinen Absprung 
haben, auch nicht füglich mehr gebraucht 
werden können , so gut auch sonst ihr Ton 
pnd die übrige Beschaffenheit ist, wie z. B. 
die .von Beck au» Werdau gebauten. Auch 
diese sind mit einem bessern Mechauismus, 
wie man ihn jetzt verfertigt, nämlich, mit 
Hämmern, die Absprung und gleichen An- 
schlag haben, (welches letztere bey der er- 
wähnten alten Bauart nicht zu erlangen und 
.zu erhalten war,) und mit brauchbarem 
Dämpfern zu versehen* Die Kosten köu- 
uen, wenn das Instrument sonst noch völ- 
lig gut ist, mit 10 bis ia Thalern bestritten 
werden. Vielleicht könnte auch aus einem 
alten Flügel, den mau der Umschail'ung zu 
einem Fortepiano nicht Werth achtete, wenn 
der Kasten nur noch gut wäre, ein recht 
süchtiges Pedal verfertiget werden* Ueber- 
haupt wäre es wol an wünschen, dass ge- 
schickte Instrumentmacher versuchten, Pe- 
dale zu bauen. Natürlich gehörte dazu, da 
das Pedal sechssehn Fuss -Ton halten 
muaste, ein besondrer Kasten, aufweichen 
ein Fortepiano gesetzt werden könnte. Wie 



640 

viel roüssle dann nicht ein guter Spieler auf 
zwey solchen woblgerathenen Instrumenten 
leisten können! 

F. W — r. 



Utbtr die Epreuvt Stereotype des Caractiret de 
Musique dt* Hrn. Franz Reinhard zu 
Strasburg. 



Hr. Reinhard hat seiner neu erfunde- 
nen Art von Notendruck mit ganzen Plat- 
ten, nicht ohne besondere Mühe und Kosten, 
durch schwarze Nuten auf blassblauen Li- 
nien noch ein eigenes, malerische« Ansehen 
zu geben versucht: wodurch er aber Gefahr 
läuft, seinen schönen Notendruck für ge- 
sunde Augen schädlich und für blöde ganz 
unbrauchbar zu machen. Denn da das Auge 
beym Lesen dieses farbigen Drucks zweyer 
Aktionen zu gleicher Zeit bedarf, erstlich 
die Note zu bemerken und dann noch , ver- 
mittelst einer besondern Anstrengung, die 
Linien aufzuzählen; so tnuss selbst daa be- 
ste Auge leiden , welches ein so gedrucktes 
vielstimmiges Klavierstück bey Lichte an- 
haltend studirt. Ja, die Erfahrung hat be- 
reits gelehrt, das« bey Lichte schwächere 
Augen schon auf den Vortrag einer Stimme 
•einer gedruckten Pleyl'schen Quartetten 
Verzicht tbun müssen. Ueberhaupc aber 
scheint beym Notendrucke die Bewirkung 
einer malerischen Ansicht ganz unstatthaft 
au seyn. Denn die Noten, welche hier 
vermittelst ihrer Schwärze, als Hauptfigur, 
gleichsam in den Vordergrund hervortreten 
und sich ans den blassen Linien herausheben 
sollen, sind weiter nichts, als Zeitzeichen, 
allenfalls Noten für Trommeln und Trian- 
geln. Tonzeichen werden sie erst durch 
die Stelle, welche sie auf den Linien ein- 
nehmen; dadurch werden aber diese Linien 



1805. July. 



Digitized by Google 



641 



1805. July. 



642 



der Nole ein ebeo so wesentlich notwen- 
diges Stück, als selbst der Kopf, und müss- 
ten, da sie obendrein der zärteste Tbeil 
sind, durch in die Augen fallende Schwar- 
ze gerade am meisten hervortreten. Schon 
die Mctache des zwölften Jahrhunderts sa- 
hen die Notwendigkeit ein, dein Auge die 
Uebersicht der Linien aufs möglichste zu 
erleichtern; indem sie tu diesem Zwecke 
sogar rothe , gelbe und schwarze Linien 
über einander setzten. Also findet bey ei- 
nem Nolenblatle keine andere Schönheit, 
als Reinlichkeit und etwa Gleichheit der 
Köpfe und Striche, und kein anderer Hin- 
tergrund, als das weisse Papier, statt. 
Was man übrigens Schönes und fürs Auge 
Gefalliges von Notenblättern fordern kann, 
liefern schon die Pley Ischen, Nagelischeo, 
-Simrockischen , Hofmeisterschen und An- 
. dreischen OOicineo. (Proben von dem neuen 
.Notendrücke der Herren Unger und Härtel 
sind mir noch nicht zu Gesicht gekom- 
men.) Aber keiner von allen diesen hat 
zieh einfallen lassen , diese Schönheit 
noch durch verschieden Druckerfarbe zu 
erhöhen. Endlich könnten auch wol 
nach Zeit und Umstanden Herrn Reinhards 
Noten bleich oder gelb werden: wohin 
•würden aber dann seine blassblauen Linien 
.schwinden ? 

* 

Diese letztern abgerechnet, lssst übrigens 
Herrn Reinhards Notendruck nichts zu wün- 
schen übrig, da besonders an seinen Linien 
und Strichen durchaus kein Zwischenraum 
bemerkbar ist; und bedient er sich künftig 
einer und derselben schwarzen Farbe , so 
verdient er das beste Lob für seine Erfin- 
dung und die thätigste Unterstützung des 
/Publikums bey seinen künftigen Unterneb- 
• orangen. .1 » * 

»•••■■ •' + + 

* * r. 

.A- ... 

»*•* 1 • «4 ■ . » M * . 4 t i ■» 1 

• * « 



R 1 c i v t 1 o h, 



Trois Sonata pour h Pianoforu composits 
per F. Lautka. Oeuvr. 19. A Leipsir, 
chez Breitkopf et Härtel. (Preis 1 Thlr. 
8 Gr.) 

Herr Lauska ist als ein vorzüglicher 
Klavierspieler und Mnsiklebrer in Berlin 
bekannt und mit Recht geschätzt: es hat mir 
darum Leid gelhan, dass er als Komponist 
manche hsrle (doch nicht ungerechte) Ur- 
theile hat über sich ergehen lassen müssen, 
woran das Schuld ist, dass seine frühen 
Jugeudarbeileu , vielleicht gegen seinen 
Wunsch in reifern Jahren, ins Publikum 
gebracht worden sind. Aber eben darum 
macht es mir desto mehr Freude, hier eine 
seiner neuesten, gereiften, uud sehr wohl- 
gcralhenen Kompositionen anzeigen zu kön- 
nen, die den Eindruck jener frühern -r- 
wenn sie Eindruck sollten hinterlassen ha- 
ben — gewiss ganz vernichten kann. 

Hr. Lauska ist, als Komponist, wol zu- 
nächst zu Clementi's Soltule zu zählen; und 
das muss jedem Kenner um so lieber seyn, 
fe trefflicher diese Schule ist, und je unbe- 
suchter sie eben jetzt in Deutschland (nicht 
in England) zu seyn scheint Ith will die 
Sonaten kurz durchgehen. Die erste hat et- 
was Ungewöhnliches im Entwurf, das zu 
loben ist, da man des ewigen Schlendrians 
im Zuschnitt der Sonaten endlich müde wer- 
den muss. ' Nach einem ziemlich brillanten 
Allegro folgt eine Menuett mit Alternativ., 
im Sinn der Sinfonieen - Menuetten , und 
hierauf eine lang, und sehr fignrirt gehalte- 
ne Polonaise. Das Ganze rundet sich so 
nicht übel : nuszeichnenswerth scheint mir 
aber nur jener mittlere Satz, der Geist und 
Kraft verrttlb; doch ist die Polonaise, frisch* 
-und nett vorgetragen, auch angenehm zu 
•hören, besonders wegen ihrer muntern und 



Digitized by Google 



643 



i8o5. Ju1y, 



644 



ungekünstelten Melodieen, so wie wegen der 
anziehenden Lebendigkeit und Fülle in hey- 
den Händen , ohne allzugrosse Schwierigkei- 
ten in der Ausfiiürung. — Die zweyle So- 
nate ist mir im Ganzen noch lieber. Auf 
ein sehr brillantes, reich Bgurirtes, aber 
doch gut zusammengehaltenes Allegro folgt 
ein kurzes, singharcs, aber nicht malles, 
und sehr gut vierstimmig behandeltes Adagio, 
das man eben darum länger und weiter aus-- 
geführt wünschen darf } und hieran schliesst 
stell ein rasches Rondo, im Sinn und im 
Stil den Clementi'schen aus der mittlem Zeit 
dieses Meislers ähnlich. Ich habe hierbey 
nur folgendes zu bemerken. Es ist in die- 
ser (und der folgenden) Sonate sehr oft bis 
ins viergestrichene c geschrieben worden ; 
das ist nicht zu tadeln: denn warum soll 
ein Komponist nicht alles benutzen , was er 
zu betiutzen vorfindet ? Aber es haben 
denn doch bey weitem die meisten Spieler 
nicht solche Instrumente! warum sind also 
nicht die Stelinn, die über f oder g gehen, 
umgeschrieben beygesetzt worden? Weil es 
Verwirrung machen kann? Ich dachte, 
wer so etwas spielt," wird nicht mehr so 
leicht verwirret ! — Ferner : sollte, dem 
Verf. nicht die ganze Stelle, S. x5, vom 
Syst. 2, Takt 3 an,' bis zur Rückkehr ins 
Thema, leer und schwach erscheinen, un- 
geachtet des gelehrten Apparats von enhar- 
monischen Uebergätigcn ? Oder vielmehr 
gerade um dieser willen '. So etwas ist an 
sich wenig oder nichts — denn was sind 
denn dergleichen blose Rückungen? — 
es spannet im Gegentheil zu hohen Erwar- 
tungen, und so muss eine an sich nicht 
üble, aber nicht tiefgreifende, nicht affektvolle 
Stelle, matt, und, wenn ich meinem Gefühl 
trauen darf, sogar widrig klingen. Es ist 
damit ungefähr wie mit sehr künstliches, 
unnatürlichen, gesuchten Wendungen der 
Sprache in einem Sonnet oder muntern • 
Li edel Warum nun so etwas suchen?. 
Ja; gesucht ist das hier von dem Kom- 



ponisten: denn was er ungesuent giebt, zeigt 
überall mehr Eebeu ; 

Das beweiset vorzüglich auch der fol- 
' gende Satz : das erste Allegro der dritten 
Sonate, das eiuen gemessenen , festen Gang 
hat und in jedem Betracht dem Verf. Ehre 
macht. Er ist gut erfunden, fest gehalten 
— in Absicht auf den Sinn, wie auf die 
mechanische Behandlung — ist gründlich, 
sogar gelehrt ausgeführt, und doch einfach, 
klar, leicht und sehr angenehm. Dieser Salz 
i»t weniger mit Cleraenti's Sonaten, als mit 
Haydns treulichen Moderatos in den Quar- 
tellen seiner mittlem Zeit (die kein Kenner 
in spätem gern vermissl) su vergleichen. 
Auf ihn folgt ein Polonoisen- artiges Scherzo, 
das artig , doch für seine Stelle vielleicht zu 
unbeddutend ist, (hier wäre, meines Erach- 
tens, ein schön und gründlich ausgeführtes, 
ernstes, nicht weichliches Adagio, wie wir 
ebenfalls deren in jenen Haydnschen Quar- 
tetten finden, an seinem Platze- gewesen,) 
und nun bescbliesst ein rasches und kräfti- 
ges Finale das Gajye. 

Die Ausführung ist für den Spieler nicht 
allzuschwierig $ es liegt alles gut in der 
Hand: aber Fertigkeit, Präzision önd Net- 
tigkeit des Spiels verlangen diese Sonaten. 
Die meistens reine, gute Schreibart des Verf. 
ist ebenfalls su loben. Das Aeussere des 
Werks ist gut r und nur Eine, aber eine 
bedeutende Irrung des Stichs ist mir aulge- 
stossen. S. 12, Syst. 5, Takt 4 paast der 
Bass nicht, und kann am leichtesten so ab- 
geändert werden, dass die linke Hand ein 
doppeltes d (halbe Note mit dem Punkt) 
nimmt Auch ist die Figur der rechten 
-Hand in dem unmittelbar vorhergehenden 
Takle nicht gut gewählt; wollte der Verf. 
nicht wenigstens lieber, statt des ersten 
der beyden dreygeslrichnen g in bey den 
Takten, fis nehmen? Mehr über das Tech- 
nische zu sagen, verspare ich, den Raum. 



Digitized by Google 



N 



645 I805. 

zu schonen, auf andere Werke dieses Kom- } 
ponisten. 



Kurze Anzeige. 



1) II matrimonio per raggira ( IJeyralh darch 
List) komische Oper in zwey Akten , von 61- 
marosa , im Klavierauszuge von Bierey. 
(Pr. 3 Thlr. xa Gr.) 

2) / Fuoruscitl, (die Wegelagerer) komische 
Oper in zwey Akten , von Paer, Klav'urausz. 
(Pr. 5 Tiilr.) 

5) Sargino, ossia tallitvo deli' amore, (Sar- 
gin, oder der Zögling der .Liebe) heroisch- 
komische Oper in zwey Akten t von JPaer. 
Klavierauszug. (Pr. 5 Thlr.) 

(Sämmllich bey Breilkopf und Härtel in 
Leipzig.) 

Von einer Oper kann , der Natur der 
Sache nach, eine eigentliche Recension (ein 
abgeleitetes, raotivirles Urlbeil) nur gegeben 
Werden, wenn man sie erst vom Theater 
gehört und dann aus der Partitur atudnt 
hat; eine uneigentliche Recension, der Aus- 
spruch eiues subjektiven Unheils , stehet 
dem zu , der wirklich ein achtungswerthes 
Subjekt ist und die Oper vom Thealer ge- 
hört hat : wer sie aber nur aus Auszügen 
kennet, der darf sich blos eine Anzeige er- 
lauben, auch wenn er der Mann dazu wäre, 
selbst eine gute Oper zu schreiben.- Darum 
begnüge ich mich mit einer solchen Rela- 
tion, obgleich hier von drey sehr schätzba- 
ren Produkten die Rede ist. Man kann 
sich das um so mehr gefallen lassen* da es 
von diesen Werken schon bekannt worden, 
da*s No. 1. id Italien sehr beliebt ist, (auf 
deutschen Theatern möchte sie des Textes 
wegen, der, wenn man ihn als irgend et- 



July. 646 

was anderes, denn als Vehikel, singen zu 
können, ausiehet, miserabel erseheint, we- 
niger Glück raachen,) dass No. 2. auf ila- . 
lienischen und deutschen Theatern ausge- 
zeichneten Beyfall gefunden hat, und dass 
No. 3. in Dresden ein Lieblingsstück ist, 
und auch auf deutschen Theolern Glück 
macht, wo man nicht blos gut singen, son- 
dern auch gut spielen kann. 

No. 1. ist (ich spreche nur von den 
Auszügen, wie sie vor mir liegen,) für ge- 
wandte, komisehe Sänger, und für eine lu- 
stige, leicht sich araü sirende Gesellschaft. 
Die achte italienische ttulfonerie ist schwer» 
lieh irgendwo in der Musik weiter gelrie- 
ben, und nur mehrere Scenen in Matrimo- 
nio segreto von demselben Komponisten und 
einige seltene von Paisiello, stehen auch in 
diesem Betracht höher. Das erste Quintett, 
die Arie: ' Pöco fa lei non mi disse, (Sag- 
ten Sie mir nicht vor kurzem) das Duett: 
La tua figlia vuol marito, (Braut will deine 
Tochter werden? was besser hiesse: Einen 
Mann will deine Tochter ? ) Die Arie 1 
Frascöncello civettone, (Ganz zum StuUer 
nur geboren) das Quartett: Di quesla dorin- 
dana , ( Bey fürchterlichen Blitzen ) und 
dergl. — : wenn sie von Personen von Ge- 
wandtheit , gutem Humor und geläufiger 
Zunge — denn rühren muss man sich in 
ihnen — vorgetragen werden, so roöcht' ich 
den sehen, der sich nicht freuen, .uicht la- 
chen roüsste ! oder vielmehr, ich möchte 
den nicht sehen! — Und dahey ist die 
Musik nicht nur mit Geist , sondern auch 
meistens — wie z. B. in den zwey ange- 
führten mehrstimmigen Stückeu — mit Fleisa. 
und recht gut geschrieben. Das Ganze ist 
also ein honneter Spas. 

Nö. 3 und 5. sind mit mehrern ernst- 
haften Sin< ken nnd grossen Bravotirscenen 
gemischt, und (so wie No. 3. noch mehr) 
höher gestellt. Hier giebt ea auch über- 



Digitized by Google 



647 



i$o$. July. 



648 



haupt mehr Maonichfaltigkeit, aber nicht 
die Frischheit und da« Lockere in den ko- 
mischen Partieen. Die Ensembles sind fast 
alle, vorzüglich ia No. 3., auszeichnens- 
werth. Von den Sceften für Einzelne ma- 
chen , auch beytn Pianoforte, folgende eine 
treuliche Wirkung : In No. 3. Duett x 
Quello sguardo, (Diese Blicke,) Romanze 
mit unterbrechenden Tuttie : Una fida pa- 
storella, (Einem treuen Hirten raubte) Duett : 
Nume benefico, (Liebe, du Schöpferin,) 
Duett: Se tu mi sposi, (Willst du mich 
freyea,) — In No. 5., wo der ganze 
Dialog im Zusammenhange vorgedruckt ist, 
was sehr zu loben, und wo es vom Kompo- 
nisten mehr auf Hervorstechen der beyden 
Hauptrollen, der Liebhaberin und des Lieb- 
habers , abgesehen ist : die Scene mit der 
Arie: Ah So Ina , mio caro bene, (Ach So- 
phia, süsses Leben,) Duett: Voi non ve- 
deste roai, (Man kann ihr ohn' Entzücken,) 
Terzett: Quel labbro ola sciogliete, (Jetzt 
du dich erklären,) Scene mit der 
Arie: Una voce al cor mi paila, (Ja, ich 
höre tief im Herzen,) etc. 

Die deutsche Unterlegung ist bey allen 
drey Opern nicht raissrathen, obgleich, be- 
sonders die Possen in No. 1. und die zärt- 
lichen Scenen in No. 3. und 3. weit besser 
italienisch zu singen sind. Das ist nun ein- 
mal dem Italienischen eigen und verliert im 
Deutschen sehr, selbst wenn dies noch so 
geschickt behandelt wäre — wogegen das 
Tragische und Grandiose, italienisch gesun- 
gen, immer einen Anstrich von Parodie, 
etwas Lächerliches bekömmt. Der Klavier- 
auszug ist mit Sorgfalt und guter Einsicht 
gemacht. Sonach hat man gegen nichts 



Einwendungen, ausser gegen das weiche,' 
leicht reissende Papier, das man bey dieser 
Veilagshandlung nicht zu erhalten gewohnt 
ist, und bey keiner zu erhalten gewöhnt 
werden sollte. Ein Flugblättchen, ein Mode- 
liedchen, das — wie dort stehet — heute 
blüht und morgen in den Ofen geworfen 
wird: so 'was mag allenfalls auf Papier ge- 
geben werden, das nicht länger dauert, als 
was drauf steht; aber etwas, wie hier ge- 
geben ist, durchaus nicht! — 



Ahbxdotb. 



Ein östreichischer General gab dem 
türkischen Commandanten zu Belgrad, swi- 
scheu dieser Festung und Semlin, ein Fest 
auf der Donau. Beyde hatten ihre Musik 
bey sich. Nachdem die türkischen Virtuo- 
sen eine Zeit lang Lerm gemacht hatten, 
liess der General von seiner trefflichen Har- 
monie einige schöne Sätze blasen. 

W T ie gefällt Ihnen das? fragte er «einen 
Gast. 

Das ist keine Kunst» erwiederte der 
Türke ; Ihre Leute blasen aus Büchein, 
aber raeine — die machen'« auf der Stelle 
selbst. 



Hierbey d*t latslligeixblatt No. XII.) 
— 



Lllfll«, IlT milKOM iit alaTBL. 



Digitized by Google 



INTELLIGENZ - JSLATT 
zur All gemeinen Musikalischen Zeitung, 



July. 



Ni. XU. 



1805. 



M. 



Uioen entfernteren Freunden die Nachricht, da*« 
eine Sammlung meiner Gedichte in Berlin bej Frö- 
lich ao eben erschienen, nad in allen üuchhaudluu- 



Chri.tian Schreiber. 



Eitenach. 



In n atenn Verlage ist 10 eben erachienen : 

Musikalisches ABC Buch oder Ltit- 
fadtn beym ersten Unterricht im Klavierspie- 
len nebst Anmerkungen für den Lehrer, und 
Handstücken für Anfänger von J. G. Wer- 
ner, Organist zu Frohburg. Schweiser- 
papier in gr. Quart, Preia ao Gr. oder 
1 Fl. 5o Xr. rhein. 

k a * 

Schul lehrern in Städten nnd auf dem Lande, 
Hauslehrern , SeminarUten , Gymnasiasten nnd vielen 
andern , die oft Unterricht im Klarierapielen ertheilen 
müssen, ohne dass sie sich je auf diesea Geschäft 
gehörig vorbereiten konnten, so wie auch denjenigen, 
die ohne mündlichen Unterricht von selbst Klavier 
spielen lernen wollen, wird dieses Werk willkommen 
eeyn. Die ersten und wichtigsten Grundbegriffe der 
Musik sind darin anf eine, jedem Kinde fassliche 
Art und so vorgetragen, da» man beym Unterricht 
den Lernenden daa Buch «etbst in die Hände geben 
kann. In besondern Anmerkungen findet der Lehrer 
die nöthigen Winke, seinen Unterricht gründlich, 
deutlich und möglichst leicht und angenehm su ma- 
chen , in gehöriger Stufenfolge fortauschreiten , das 
Musikalische Gefühl su wecken und au bilden u. s. w. 
Auch sind dem Werkchen kleine Stücke su aweckmis. 
«igen Finger- und Tsktübungen angehängt, ■— Von 
demselben Verfesser erschien vor kunem bej ans: 



Anweisung für angehende und ungeübte Orgel- 
spieler, Choräle zweckmässig mit der Orgel 
zu begleiten , nebst Zwischenspielen für meh- 
rere Falle von J. G. Werner. Schwtpap. 
mit Breitkopfachen kleinen Noten in gr. 
Quai I. Prei. 1 Tblr. oder 1 FJ. 48 Xr. 



Statt aller Empfehlung diesea Werkt 
wir die Leser auf die Recension in der Leipsiger 
musikalischen Zeitung, Nr. 34. — Da daa 
Orgelspielen noch auf einer, für unsere Zeiten äus- 
serst niedern Stufe der Kultur stehet , so wurden sich- 
Kirchenpstrone oder Prediger ein wirkliches Ver- 
dienst erwerben, wenn sie den Orgsniiten ihrer Ktf^ 
che dieses so sehr nütaliche Lehrbuch in die Hände 



zu 



Penig im Jucy, »8o5. 

F. Dienemann und Comp. 



Neue Musikalien, von verschiedenen Verhgertt, 
Welche bey Breitkopf und Härtel zu haben sind. 



Dallayree, Favorit • Duett a. d. Op. der Glücks- 
ritter. 8 Gr. 

* 

Pätr, Ouvertüre und PavorÜarien a. d. Op. der Hit*, 
köpf. Klavierauas. 

Weigl, J., Notturno, a. d. Op. die Hcrruhuterwaen, 
6 Gr. 

Daa Würfelspiel, ein Lied mit Begleitung des Pianof. 
5 Gr. 

Kallenbachs Lied: Weinf nicht, füra Klavier. 
J Gr. 



Digitized by Google 



Groatheimt Lied: Da* Mädchen aa* dar Fremde. 

a Gr. 

Autwahl, eorzügl icher Lieder «or Uebnng de* Getan» 
gei am Klavier, für • Anfänger, ir Heft. 10 Gr. 

Lindeinann, F., a engl. Lieder mit untergelegtem 
deutschen Test, für da* Fortep. 6 Gr. 

Grote heim, 6 Lieder mit Begleitung dea Fortep. 
8 Gr. 

B'anchi, Sehnsucht mit Klar. Begl. 3 Gr. 

— — die Eracheinung do. 3 Gr. 

— — Einladung aur Freude do. 3 Gr. 

Kleinheina, F. X., der Kampf, ein Gedicht ton 
Schiller. Op. U- U Gr, . 

de Call, Gesang Tür i Tenor« n. a Bitte , ohne Begl. 
Op. 10. No. 3. io Gr, 

Bachmann, G. , Klage der Ceres, ein Gedicht von 
Schiller, 14 Gr. • • 

Eunice.«, J. F. , 6deuracheLiedermitBegl.de* 
Fianof. 12 Gr. 

Reichert, F. F.» Liedertpiele mit KlarierbegJ. 
a Thlr. 

f. Klarier. 



a Thlr. 

Gerat, 3 Romaneea aree ace. de • Fianof. 09 Harpe, 
Op. 5. 1 Thlr. 

— . — Bdisaire, romaoee avee ace. de Pianof. on 
Harpe. 1a Gr. 

Sterkel, 6 Chantona Italiennet aree ace. da Pianof. 
Lir. 1. 1 Thlr. 4 Gr, 

. — 6 do. Lir. a. > Thlr. 4 Gr. 

Aria ana Rinaldo: In dea Walde* ate. 3 Gr. 

— der nächtliche Beauch. Wen« die Nacht etc. 
4 Gr. 

Arie, die Einaamleit : Um mich her ete» 4 Gr, 

Bonbon* sum nützlichen Gebrauch füre Klar. No. 1. 
8 Gr. 

Wiegenlied für Karl* Enkel. 4 Gr. 

Kanne, F. A., 6 Ge*änge au* Herden Samml. dar 
Volkslieder. Op. »1. 16 Cr. 

— — do. do. Op. 22. 16 Gr. 



Monethslrtichte Pur* Pianof. und Gesang, sr Jahrg. 
»» Heft. 

Bach mann, G., 6 Gesänge bejm Klar. Op. 4& 
ao Gr. 

BigotdeMor-oguet, 5 Romances aree ace. de 
Pianof. 8 Gr. 

Frenzel, F., 6 Romaneea aree aecomp. de Pianof. 
Op. 10. 1 Thlr. 

Amon, J. , 6 Lieder mit Begl. de* Klar, oder der 
Guitarre. aa Gr. 

Stärket, ' Geaänge mit Begl. de* Klar. c,te Samml. 
1 Thlr. 8 Gr. 

Scheibler, Allgemeine Beichte a. d. GeiclUchafti- . 
liedern von Göthe. 6 Gr. 

Guthmann, Fr., Methodik de» Klavier- und Pia- 
iG Gr. 



Albrechtiberger, G. , Kurze Regeln de* rcintlea 
Satze*, alt Auhang zu dessen griiadl. Anweisung 
.or Kompoaition, 12 Gr. 

Meinatr, A. G. , Bruchstücke zur Biographie J. G. 
Naumann*, jr Theil. a Thlr. 

Naumann, J. A. , der 3te Psalm, vierstimmig ge- 
setzt mit vollem Orchester. In Stimmen. 3 Thlr. ' 

Jomelli, N. , OfTcrtorio: Connrma hoc Deti*, per 
. La Domenica di Pentecoste a 1 Sopr», Alto. Ten., 
Baaao ed Organo. In Parti tura e Parti eeparat. 
1 Thlr. 4 Gr. 

Gyroweta, A., Recitativo ed Aria dalt» Op. 8e« 
miramide. In Partum* • Parti separate. 1 Thlr. 

i Gr. 

G*re*> ler, Sonate p. ta Harpe. 4 Gr. 

Magetin p. la Harpe. Cah. 1 — a. i Thlr. 

de Marin,, pet. Air*, atr. ponr la Harpe. .Op. i8. 
1 Thlr. 4 Gr. 

Müllner, ]., Mar.ch für. die Harfe oder Pianof« 
6 Gr. 

Weber, B. A., Andante p. la Harpe on Piaarof. »r. 
acc. da la Plate. ' & Gr. 

(Wird forgeseUU) 



Linn«, »»» Ba.iiTK.orr v ■ n Hlirii. 



Digitized by Google 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG, 



Den io tcn Jüly. 



m 41. 



1805. 



Uebe'r Kadtnzen* 



Es ist sehr bedenklich und gewagt einer, 
JVU'v'nung zu widersprechen , die mehrere 
Jahrzebende hindurch allgemein als wahr 
und gat anerkannt und die durch das Bey- 
«piel trefllicher Männer gleiehsam autorisirt 
worden ist. Hierher rechne ich denn vor- 
züglich auch die Meynung von der Not- 
wendigkeit, Schönheit und Zweckmassigkeit 
der ausgeführten Schiusa - Kadenzen (Fer- 
maten). Nur wenige Virtuosen in den letzten 
Jahren wagten es an ihrer Notwendigkeit 
und Zweckmassigkeit zu zweifeln, bey weitem 
die meisten folgten dem Beyspiel ihrer Vor- 
ganger und packten in ihre Kadenzen beym 
Koneertspiel so viel hinein, als nur immer 
gehen wollte. Ich hatte mehrmals Gelegen- 
heit von Virtuosen — die übrigens unter 
die beträchtlichen gehörten — Kadenzen zu 
hören. Ich muaa aber (was man auch da- 
von denken mag) aufrichtig gestehen, da« 
ich ihnen allen lieber ihre Kadenz ganz ge- 
schenkt hatte, selbst dann, wann sie die- 
selbe, nach den angenommenen Begriffen, 
g u t spielten. Man wird doch allemal in 
der Empfindung unterbrochen, welche im 
Sat/.e selbst liegt. Der Uebergang darr und 
znuse — wenn jene Unterbrechung njeht 
Statt finden soll — nur in. wenigen, aber 
sehr gewählten Takten geschehen« Wozu 
hier gerade die, Fertigkeit zeigen? Wenn 
in dar Schriftsprache ein Gedankenstrich 
vorkommt, ao ut dieser ein Zeichen, das» 
zn ap^ gleirh aam ein wenig mit der Spräche 

7- Jsfcrg. 



ruhen und die Gedanken sich selbst über- 
lassen soll. Eben so die Kadenz. Wenn 
der Virtuos gut gespielt hat, so 
müssen sich die Zuhörer die Kadens 
in Gedanken selbst machen: sie 
muss bey aller äussern Ruhe in ih- 
rer Seele ei klingen. Weg also mit der 
langen, ermüdenden Kadenz! — Es freute 
mich daher nicht wenig, als ich bey der 
verbesserten und umgearbeiteten Ausgabe 
der ehemals Löhleinschen — jetzt Löhlein- 
Müllerscben Klavierschule nicht ein Wort 
von Kadenzen fand. Wahrscheinlich wollte 
Hr. Musikd. Müller dadurch stillschwei- 
gend zu erkennen geben, was er von ih- 
nen hält. — Und in der That darf derje- 
nige am wenigsten eine Kadenz machen, 
der noch dazu eioer Anweisung bedarf. 
Wer sein Spiel allseitig gebildet hat, bey 
dem finden sieb die wenigen Ideen zum 
Uebergange, ohne langes Suchen, von 
selbst. Das Gefühl lehrt sie ihn. Derje- 
nige, bey dem dieses nicht der Fall ist,, 
sollte lieber ganz schweigen. Nicht selten 
waren Kadenzen weiter nichts, als ein bun- 
ter Lappen, ein Stückchen Flittergold, an 
ein einfaches Gewand gehängt. — Gesetzt 
aber auch dass die Kadenz , ihrem Stoffe 
und ihrer Bearbeitung nach, sich gerade ao 
den Satz ansebhesst — welches jedoch wol 
nicht in den meisten Fällen Statt findet, da 
sich die lieber glänzende Fertigkeit auch 
zeigen will — ; wozu doch dieser Ueber- 
fluaa? Die. Seele des Zuhörers hat bey den 
meist langen Konterten ohnehin genug z* 
tbun, si« braucht nicht erst durch die Ka- 

4i 



Digitized by Google 



6 5 i 



1805. July. 



652 



denz noch ermüdft oder doch zerstreuet 
und vom regelmäßigen Gange des ganzen 
Stücks abgezogen zu weiden. Ein Ueber- 
fluss an Kräften und aufgewendeten Mitteln 
kann gerade zum Verfehlen des Zwecks bey- 
tragen. 

•* * 

Da ich sehr wohl fühle, wie heterodox 
dieses alles in den Ohren manches Musikers 
klingen mag, so kann ich nicht umhin — 
ob ich gleich die entgegengesetzte Meynung 
nicht furchte — doch eine Autorität anzu- 
führen, zwar (wahrscheinlich!) von keinem 
Musiker von Profession, aber doch von ei- 
nem Manne, in dessen Seele mehr Harmo- 
nie ist, als in manchem Kompendium der 
Tonkunst, und der deswegen gewiss auch 
hier ein Wort sprechen kann. Der Ver- 
fasser des goldnen Kalbes sagt, Th. 3. 
S. 3oo. .Es giebt Pausen im Leben, weU 
„che allein den Werth eines ganzen Lebens 
„umfassen. Dor Virtuos hält ein, 
„und in den gerührten Seelen lebt 
„und bebt eine Fülle von Eropfin- 
„dung und Regung, indess man 
„nichts hört; ein Reichthum von 
„Nachhall und Vorahnung, welche 
„dem nie unterbrochenen Spiel des 
.gewöhnlichen Musikers bey stets 
„erfülltem Gehör nicht zu Theil 
»wird.« 

Friedrich Guthmann. 



Utbtr Komposition fürs Waldhorn. 



Herr Dornaus, der berühmte Virtuos 
auf dem Waldhorn , machte vor einigen Jah- 
ren in dieser Zeitung den Komponisten 
Hoffnung, etwas Ausführliches über den 
Gebrauch der Waldhörner zu schreiben, 
und seine damals gegebenen Winke bewie- 



sen schon , dass er der Mann dazu sey. 
Sollte es aber für jetzt bey diesen Winken 
bleiben ; so möchte ich wenigstens noch 
hinzulhun: dass man sich doch ja nicht im- 
mer bey der Komposition auf llörner der 
Tonika einschränke. Devienne z. B. hat 
V Hörner zu C dur (also die Hürner der 4) 
meisterlich benutzt. Wie und wo man 
aber auch die Hörner der 1 und ^3 , der 
5 und 4, der 4 und *>3, der 4 und 1, der 
4 und ^7, der 4 und 2, als Prime und Se- 
cunde brauchen könne — dies wird uns 
Herr Dornaus hoffentlich bald deutlich und 
ausführlich sagen. Hier nür bloss ein "Paar 
Beyspiele der 5 und i, und der 4 und fc 3, 
oder des Horns der Quarte mit dem Hörne 
der Quinte; und des Quarten - Horns mit 
dem Klein - Terzen - Hörne. 

Beyspiel von dem Quinten - und Quarten- 
Horne. 5 und 4. 

(Der Choral: O Haupt voll Blut und Wun- 
den etc. aus B dur.) 




-Bz^-^Cr^^ r 










m 









Digitized by Google 



v 



653 



i8oj. July. 



654 



Hey spiel des Quarten - und Klein -Terzen- 
Horn^. 4 und *5. 

(Choral: Nun sich der Tag geendet hit etc. 
aus C rooll.) 



Toni F. 





1 



i 



Bby. 



c. s. 



Rbcensionkn. 



%ro\s Sonatu pour /< Pianofortt pexr F. 
Schneider. Oeuvrt 1. Leipzig chez Breit- 
kopf et Härtel (Pr. 1 Thlr. 8 Gr.) 

Es kann schwerlich ein angenehmeres 
Geschäft für einen Ree. geben, als das ist, 
welches so eben mir obliegt: die erste, und 
eine so vorzüglich wohlgeralhene Arbeit ei- 
nes jungen Mannes — und mit dieser, ihn 
selbst in der grössern Welt einzuführen. 
( Man wird diesen Hrn. F. Schneider nicht 
mit zwey andern, ebenfalls geschauten Kom- 
ponisten dieses Familiennamens verwechseln.) 
In diesem Werke zeigt sich ein lebhafter, 
kräftiger, an Erfindung nicht überreicher, 
aber nichts weniger als armer, vielseitig ge- 



wendeler, und durch gute Schule befestig- 
ter Geist, ein warmes Heiz und eine weit 
mehr als jugeudliche Kunslerfahrung ; von 
llem aber, was man sonst, mit nachsichti- 
gem Tadel, Jugendlichkeit nennet, finden 
sich nur wenig Spuren. Sonach ist es ein 
Werk, das ein geübter Künstler gern ge- 
schrieben haben könnte, das aber einem De- 
bütirenden desto mehr Ehre macht und die 
schönsten Erwartungen erregt. Es verdie- 
net von jedem, der interessante Neuigkeiten 
liebt, und vorzüglich auch von dem, der in 
denselben den Gang der Kunst in gegenwar- 
tiger Zeit zu beobachten gewohnt ist, ge- 
kannt su w erden : es wird keinen ohne 
Theilnahmo lassen ! Hier aber werde e* 
mit möglichster Genauigkeit Satz für Sau 
durchgegangen. 

Die erste Sonate ist mir, als Ganzes, 
die liebste: das bedeutende, kraftige, ernste 
Allegro; (D moll) das einfache, sanft be- 
ruhigende Adagio, (B dur) und das heftige, 
tief eingreifende, leidenschaftliche Finale, 

moll) durch welches aber einzelne, 
freundliche Stellen (wie S. i4.) gewebt sind, 
und das sich endlich auch freundlicher, 
doch mit Recht kräftig bleibend, schlieft — : 
dies rundet sich vortrefflich, mag man es 
nun ats Darstellung eines bestimmten See- 
Jenzustandes, oder als Kunstarbeit ansehen. 
Im Einzelnen haben aber die zwey folgen- 
den Sonaten vorzüglichere Partieen. Ge- 
gen einige Stellen in dieser ersten finde ich 
Folgendes zu bemerken. S. 4. Syst. 3. 
Takt 6, bis Syst. 5, Takt 8, und wo die 
Stelle in der Folge wiederkömmt, ist die 
Melodie verbraucht und die Harmonie gar 
zu unbedeutend. Ich weiss recht wohl, 
dass die Stelle gegen Vorhergegangenes und 
Nachfolgendes kontrastiren soll; aber über« 
all — ne quid nimis! In dem Adagio, so 
brav und ganz an seinem Platze es ist, 
wollen sich doch die Haupttheile nicht eng 
und fest genug umschlingen, und daran 



Digitized by Google 



6j5 



1805. July. 



656 



zeigt sich denn etwa« Jugendliches; e« ist 
dies aber zu seht- Sache des Gefühls und im 
Einzelnen durch Worte nicht bestimmt ge- 
nug nachzuweisen, weshalb ich es ebenfalls 
nur dein Gefühl des Komponisten und der 
gebildeten Spieler anheimstellen uxtfss. Man 
könnte es nur dadurch näher vor das Auge 
rücken, dass man aus diesen Theilen selbst 
ein anderes Ganze bauet e, was aber der 
Raum verbietet. Das Finale ist ein durch- 
aus vortrefflich gearbeitetes, geist - und 
kunstreiches Stück, da«, mit Feuer und 
Präzision vorgetragen, bey jeder Wiederho- 
lung nene Freude gewährt, und gegen das 
ich nicht das Geringste einzuwenden finde 
— es iniisste denn die, Kleinigkeit seyn, 
dass S. 17, Syst. 2, Takt 4, 5, 6, uud 
Syst. 5, Takt 1, wegbleiben konnten, indem 
man heut su Tage al lau-sorgsame Vermitt- 
lungen fremder Ausweichungen nict)t. mehr 
bedarf, und in einem so rasch fortschreiten*, 
den Satze noch' weniger. 

■ 

♦' Das erste Allegro der zweyten Sonate 
ist ebenfalls ein lebhafter, doch weniger ef- 
fektvoller und auch weniger origineller Salz. 
Die Wiederholung der zwey letzten Takte 
des dritten Systems,. (S. 19.) ganz ohne 
Veränderung, sollte man jetzt nicht mehr 
achreiben. S. 19. Syst. 5. Takt 3 und 4. , . 
zweyte fiälAen, vermisse ich^ da der ganze 
Satz und äurh diese Idee vierstimmig ge- 
dacht und- geführt ist, die grosse Septime, 
(aisj die. dann in dem h mit der Oberstim- 
me immer zusammenfallen möchte, upgern. 
Die Stelle 'kömmt öfter auf verschiedenen 
Stufen wieder, und wäre in gleichem Ver- 
hältnis« der Stimmen zu ergänzen. Die 
sehr gut entworfene Harmoniefolge , von 
S; ai. Syst. 1. Takt 5 an bis gegen daa En-, 
de der Seite, hätte nicht nur pikanter ge- 
macht, sondern auch enger zusammengehal- 
ten werden können , wepn der Komponist 
da, wo er in den Dreyklang zurücktritt,, die 
-ie noch einen Takt vorgehalten hälfe — 



z. B. Syst. 5. Takt 5. das eis statt de» dis 
der rechten Hand. Sollte er sich nicht die 
Stelle so gedacht haben und es wäre ihm 
nur nicht gelungen, sie ganz ins Reine zu 
bilden? Es verstehet sich, dass hier nicht 
die Rede ist von einem Fehler; denn die* 
sen hat die Stelle keineswegs — wie denn 
überhaupt die sorgfältige Bildung de« reinen 
Satzes durch das ganze Werk sehr zu rüh- 
men, und an einem so jungeu Manne um 
so mehr auszuzeichnen Ut. — Das Adagio 
dieser zweyten Sonate ist ein schöner, ein- 
facher^ und doch künstlich verwebter Satz, 
dessen Hauplschluss mir nur etwa« gesucht 
und diese« Stück nicht ganz befriedigend 
zu beendigen scheint. Das rasche Finale 
ist von guter Wirkung, obschon nicht eben 
ueu erfunden. 

■ 

Die dritte Sonate fängt mit einem, nicht 
zu schnell zu nehmenden Allegro an, (es 
könnte wol Moderato- dazu gesetzt «eyn,) 
das wie «in gutes, singbares Quartelt 'be- 
ginnet. Dieser Satz ist der vorzüglichste 
dieser Sonate ; er hat gut erfundene, schön 
gruppirte, und zum Tbeil trefflich gehaltene' 
und ausgemalte Ideen, und bleibt seinem ge- 
messenen, ruhig-edlen Charakter ganz treu. 
Die Stelle, S. 3i. Syst. 4. Takt 10 und n, 
_und überall wo sie wiederkehrt , würde/ 
meine« Erachten«, beträchtlich gewonnen ha- 
ben, und ohne dass der Orgelpunkt an «ei- 
ner Kraft verloren hätte, wenn der Kompo- 
nist r statt der 'Verdoppelung der Oktav, 
erst die None, dann die Septime geschrie- 
ben hätte ; ich meyne also — um die Figur 
nicht zu verändern: 




ffF! 



Die Ursachen habe ich ihm nicht nöthig 
anzuführen: der Liebhaber lasse sein Ohr 
entscheiden. Sodann— warum wählte er das 
fremde, fast bedeutungalose fii iur gehaitc- 



Digitized by Google 



657 *8<>5. 

neu Grundnote des zehnten Taktes, S. 5i. 
Syst. 6. (und wo die Stelle wiederkömmt, 
das b in gleichen Verhältnissen) und nicht 
das nahe liegende, ungezwungene und doch 
keineswegs unedle gia (am zweyten Orte 
eis)? — Das Andante ist nicht betracht- 
lich und das Presto lebendig und gut unter- 
haltend , doch nicht vorzüglich auszu- 
zeichnen. 

Hoffentlich sehen die Leser der musikaf. 
Zeitung, auch wenn sie das Werk nicht bey 
der liaud haben, selbst aus diesem Tadel, 
dass hier von einem schätzbaren Produkt 
die Rede ist, mit welchem man es aus wah- 
rer Achtung und Freude so genau genom- 
men haL Ich drücke dem juugen [Künstler 
in Gedanken die Hand mit Herzlichkeit, 
Freude, und — wenn er mir zutrauet, dass 
ich ihm diese zu geben befugt bin — mit 
Aufmunterung. Hoffentlich lerne ich und 
lernet auch das Publikum ihn schon weiter 
kennen; das wird denn mir, und, wenn ich 
nicht sehr irre, auch dem Publikum, will- 
kommen seyn! Und zum Abschiede für 
diesmal nur noch Bin Wort: Er hat durch 
dieses Werk einen guten ° Grundstein zu 
Achtung und Ruf gelegt : eben darum wache 
er desto sorgsanier über sich und was er 
der Welt vorlegt — aber ja, ohne der 
Aengstlichkeit oder dem Zweifel an sich 
seihst Raum zu geben! Wer leisten kann, 
was er vermag., für den ist jene Aengstlich- 
keit ein Popanz j aber dieser Zweifel ist — 
hier, und überall, wo es ein hohes Ziel 
gilt — der verwünschenswertheste Erbfeind 
und wahre verlarvle Teufel.-— Schwer aus- 
zuführen sind diese Sonaten gar nicht; doch 
verlangen sie eine geüble und sichere Hand. 
Der Stich ist korrekt, deutlich und gut. 



Scppho, Monodrama von Nölkr, in Musik gt- 
—m von F. A. Kann: Otuvrt ?. Penig 



July. 658 

, und Leipzig bey Dienemann und Comp. 
(Pr. 13 Gr.) 

Ich jnuss gestehen, dass nach aller an- 
gewandten- Mühe, den rechten Gesichtspunkt 
zu lassen, nach welchem Hr. Kanne dieses 
Monodrama* komponirt hat, ich noch eben 
so klug darüber bin, als vorher. Es ist 
des Ree. erste Pflicht, sich in den Geist ei- 
U--S Werks hineinzudenken, um sich gleich* 
tarn mit dem Verfasser zu idenüfiziren, und 
dann erst es in seiner Zusammensetzung zu 
prüfen , ob alle Gliedmassen eine schöne 
Gestalt koustilüiren. Hier aber ging meine 
Kunst sowol , als mein Eifer verloren. 
Bey dem ersten Durchspielen dachte ich: 
es soll eine Art Phantasie seyn, die ohne 
sogleich sichtbare Ordnung doch bis zum 
höchsten Interesse steigt. Bey näherer Be- 
leuchtung aber rausst' ich mir gestehen, ■ 
dass wenn einer meiner Freunde also phan- 
tasirte, ich zuvörderst um seine Gesundheit: 
besorgt seyn würde. — Dann dacht' ich mir: 
das Wort Monodrama hat den Komponi- 
sten verleitet eine blosse Deklamation daran» 
jzü' verfertigen. Aber das war es wieder 
nicht; denn es enthält gerade von der Seite 
wirklieh grobe Schnitzer, schleppt sich lang- 
weilig von einer Scene zur andern fort, und' 
der Verfasser liess die Vortheile, die das 
wahrhaft schöne Gedicht an die Hand gab, 
meistens ganz unbenutzt. Nun, dache ich, 
so ist's eine gewöhnliche Kantate, wo Reci- 
tativ und Arioso nach Bedürfnis« abwech- 
seln: allein, nun fand es sich, dass viele 
Stellen, die rechnend hätten behandelt wer- 
den sollen, gerade zum Arioso geworden: 
waren, und umgekehrt — und sonach gab 
ich das Rathsei anC 

Zum Beweise des oben gesagten folge 
hier eine kurze Zergliederung des Werkes 
Es beginnt mit einem Andante, dessen Ge- 
sang nicht einfach genug ist, um sich an- 
genehm singen zu lassen, und nicht künst- 



Digitized by Google 



659 



1805. July. 



660 



lieb genug, um durch Neuheit oder Dekla- 
mation zu überraschen. Dahey scheint da« 
Metrum den Komponisten hier and da und 
dort und — sehr oft in Verlegenheit ge- 
setzt zu haben. Die Verse waren ihm für 
die gewählte Melodie zu lang; daraus folgt 
eine widerliche Monotonie: denn fceynahe in 
jedem andern Takt besteht die eine Takt» 
hälfle aus zwey, die andere aus vier Syl- 
ben — und so durch das ganze t nicht kur- 
ze, Gedicht. Die zweyle Strophe ist, Klei- 
nigkeiten ausgenommen, wie die erste. Bey 
der dritten Strophe verlässt Hr. Kanne den 
Gesang der beyden ersten, und nun folgen 
einige Strophen hindurch — verba et voces, 
und Modulationen , die so wenig natürliche, 
als künstliche Verbindung besitzen, bey de- 
nen man noch überdies die Absicht und den 
Zweck nicht begreift. Bey den Worten : 
Seht, schon naht sie sich ApolPs 
Altäre, steht ein fürchterlicher Uebergaug, 
ohne Vorbereitung, und — beynahe möcbt* 
ich sagen, für seine Gesuchlheit, auch ohne 
Motiv, wobey die verba et voce« noch im- 
mer ihren irren Gang fortgehen. — - Bis- 
her war das Monodrama erzählend, nittf 
aber spricht Sappho selbst, und eine Art 
Hymnus beginnt, (in der Poesie nümlich) 
der sehr schön ist, den aber der Komponist 
ganz ausser Acht gelassen, denn seine voces 
gehen immer ihren schleppenden, gleichen 
Gang, nur mit noch widrigem und sonach 
zwecklosem Modulationen. ßeym höhern 
Anschwellen von Sappho's Empfindung, bey 
ihrem wilder ausbrechenden Schmerz , gehet 
der Komponist noch immer, unbekümmert 
um Sappho's Leiden, seine sandige Strasse 
fort, ohne Abwechslung des Tempo, der 
Taktart; nur dass er von E moll nun nach 
Es übergeht, wo er aber eben so wenig 
verweilt, und wo die schöne Stelle: Ach 
umsonst bekämpf' ich diese Schmer- 
zen etc. eben so matt sich forttrügt, wie 
alles Uebrige. So bey: 



Phftbn«, ach! an deinem «tUien Strahl« 
Weidet eich wein Blick sua letxtcn Male. 

wie oben. — „Also sang sie" — nein, 
das kann ich unmöglich glauben! auch hatte 
dann ihr Name unsere spate Zeiten wol 
nicht erreicht. — Nun folgt die Katastro- 
phe, die mit dem nämlichen Arioso, womit 
das Ganze begann, begleitet wird, obwol 
zwischen der ruhigen Erzählung im Anfan- 
ge und der tragischen Begebenheit des 
Schlusses gar keine Annäherung zu finden 
ist. Zum völligen Beschlüsse hören wir 
noch vom Klavier, wie die Sängerin, in 
Apoll's Schwan verwandelt, sich wolkenan 
hebet, welches nicht das am mindesten Er- 
bauliche in dieser Kantate ist. Ueber Hrn. 
Kanne' s Art zu moduliren habe ich zwar 
mich schon geäussert; hier darüber jedoch 
noch so viel. Er macht sich eben kein 
Gewissen daraus, eine Dissonanz in eine an* 
dere aufzulösen, oder auch gar nicht auf- 
zulösen; denn zuweilen verschwindet eins 
Septime, ohne dass man eigentlich weiss, 
was aus ihr geworden ist. Eben so wenig 
.findet man reinen, ansprechenden Gesang iu 
diesem Werke, und seine Deklamation ist 
oft geschraubt, oft hart, oft unrichtig. Ei- 
ne Stelle ist besonders auffallend: Seite 5, 
System 1 und a, von den Worten an: 
Kosen, die kein Thau erfrischet 
etc. Aber die Sucht, Minerven zum Trotz, 
originell seyn zu wolleu, verleitet oft auf 
Abwege; und nicht alles was neu ist, ist 
auch schön. Schönheit aber ist doch wol 
Hauplbedingniss, wie Wahrheit, welche letz- 
tere auch oft über der Bizarrerie zu Grun- 
de geht. 

Herr Kanne hat in mehrern frühem, 
kleinem Gesangstücken, die auch wohl auf- 
1 genommen worden sind, gezeigt, dass er 
Gefühl und auch wol Phantasie besitze, ob- 
gleich man diesen Liedern auch schon ab- 
merken konnte, dass es ihm an dem gebre- 
che, was zugleich daseyn oder hinzukommen 



Digitized by Google 



I 



66i 1805. 

rouss, um Arn Künstler zu vollenden. Es 
ist Hrn. Kanne auch wol zu bemerken ge- 
geben worden: aber er hat, wie diese und 
einige ähnliche Arbeiten beweisen, gerade den 
Weg eingeschlagen, der dem, den er nehmen 
niussle, entgegengesetzt ist. Es wäre Scha- 
de, wenn er so fort-, das heisst in der 
Ine, ginge, und. darum hat Ree. Einmal 
recht gerade aus zu ihm sprechen wollen. 
Er überlasst es nun ganz seinem rahigen 
Ermessen, wie er es aufnehmen wolle. 



Nachdichte». 



Frankfurt ». M. , den aasten Iuny. 
Jetzt sehen auch wir Fanohon, Den So 
May wurde sie zuerst gegeben. Schönes 
Wetter und Gewohnheit, dieses hier in den 
reizenden Umgebungen zu geoiessen, kamen 
in Kollision mit deu günstigsten Urtheilen, 
vornehmlich aus Berlin selbst : die letzten 
siegten, das Haus war so voll, als selbst im 
Winter selten. Von dem vielbeliebten Stück 
weiss ich nichts zu sagen, da ich weder das 
daran zu tadelnde, noch das überwiegende 
Schöne, welches beydes schon von Andern 
in Ihren Iii altern früher gründlich bemerkt 
worden, wiederholeu will. Der Beyfall war 
auch hier allgemein, obgleich die meisten 
Rollen nicht vorzüglich gut gespielt, und 
noch weniger gut gesungen worden. Samt- 
val , Andre und Vincent wurden von bra- 
ven Schauspielern gegeben, die aber ihr 
Lebelang wenig gesungen haben mögen, de« 
ren Stimmen mithin, wenn sie auch von 
Katar besser gewesen waren, doch wenig 
Sonores haben konnten. Dem. Buchwieser, 
als Fanchon, und Hr. Hill, als Oberst, san- 
gen die meisten ihrer Liedeben allerliebst, 
und werden gewiss auch die übrigen in der 
Folge gut singen, wenn sie sich erst mehr 
in diese Galtung von Musik eingerichtet ha- 



July. 662 

ben. — Dem. Schmal«, von deren Kon- 
tert ich Ihnen vorigen Monat sdirieh, blieb 
ungefähr noch vier Wochen bey uns und 
gab die Gastrollen: Astasia im Axur, Diana 
im Baum der Diana, und Briseis im Achil- 
les. Es ist schon früher in andern Journa- 
len darüber gesprochen worden ; es sey 
darum genug, anzumerken, dass sie iu allen 
drey Rollen ausgezeichneten Beyfall fand und 
<u linden verdiente. 

Die neulich Ihnen gemeldete öffentliche, 
solenne Aufführung des Mozartschen Re- 
quiem findet nicht Statt. Warum ? Sie 
wird nicht erlaubt. Die Sache ist: das hie- 
sige Thealei orchestcr, das unter seinen Mit- 
gliedern viele Katholiken zfthlt, von denen 
manche vormals in der Kapelle des verstor- 
benen Befnard waren, wollte, mit Unter» 
Stützung des ganzen Opernpersonale, um 
zugleich seine Gefühle der Hochachtung 
und Liebe gegen Bernard , ihren würdigen 
Freuud, einigermassen an den Tag zu le- 
gen, ihm in der Domkirche eine Seelen- 
messe mit alle den religiösen Feyerlichkei- 
ten halten, wodurch das Ganze, und selbst 
jene Musik, erst die hohe Vollendung und 
die ganze Summe der erhabenen, frommen 
Wirkungen auf die Gemüther bekömmt. 
Als man beym Domvikariat förmlich um 
Erlaubuiss anhielt, wurde das Gesuch zu- 
rückgewiesen, weil — — doch: requiem 
aeternaml Nur das tuuss ich erinnern, dass 
Bernard Protestant war. 



Stuttgard, d. 2Qten Juny. Ich schrei- 
be Ihnen so selten, weil hier selten etwas 
in der musikalischen Welt vorfallt , das 
auswärtig interessieren und mit Ree hl in eine 
allgemeine Zeitgeschichte der Tonkunst auf- 
genommen werden könnte. Was sich eben 
letzt sagen lasst, kann sehr kurz zusammen- 
£efks«t werden. Dem. Schmalz hat auch 



Digitized by Google 



66s 



1805. July. 



664 



hier mehrere Gastrollen, und mit allgemei- 
nem ßeyfall gegeben. Mad. Graff, vorma- 
lige Dem. Böhoiro aus ßerlio, geniesst und 
yerdieut fortdauernd Achtung uud BeyfalL 
Morgen wird die vielgelobte Fanchon hier 
zum erstenmal gegeben, und Mad. Graff 
wird in der Rolle des Leyermädchens auf- 
treten. Unser erster Bassist, Hr. Fischer, 
der zuvor in Frankfurt am Mayn angestellt 
war« ist ein Stein des Anstosses für den 
gi össteii Theil der Mitglieder des Theater - 
uud" Orchester - Personales. Beyde waren 
nämlich durch die Kränklichkeit des Hrn. 
Kapellin. Kranz — zwar nicht kränklich, 
doch aber etwas schläfrig geworden, so dasl 
«ie die lebhafte Thätigkeit des Hrn. Fischer, 
das Ganze in mehr und bessert; Bewegung 
zu bringen, sehr auangenehm finden. So 
bekam auoh Hr. Sulor während der Anwe- 
senheit der Dem. Schmalz den Auftrag, die 
Oper, ungefähr nach unsers, noch immer 
nicht vergessnen Zumsteegs Weise, zu diri- 
giren ; es glückte dies Hrn. Sulor weit 
mehr, als Hrn. Abeitle, der sonst, bey 
kränklicher .Abwesenheit des Hrn. Kran4, 
dirigirt 1 aber der indolente Theil des Per? 
aonales nahm auch diese lebhafte Direktion 
übel auf und fiel etwas unbarmherzig über 
Hrn. Sulor her. Der Beyfall unsers Kur- 
fürsten, der Ober- Direktion und des gebil- 
detem Theils des Publikums entschädigte ihn 
aber. Man spricht wieder davon, Hr. Kranz 
werde zur Ruhe gesetzt und Hr. Weigl in 
Wien an seine Stelle berufen werden. — - 



Anekdoten. 



lür eine Kleinigkeit die Schuhe Peinigen 
lässL Die vornehmen dieser arlistes de- 
crotteurs halten, ihre Kunden während 
des Geschäfts zu amüsiren, Journale, Mode» 
kornodien u. dgl. Der Dichter findet unter 
denen, die in gleicher Absicht wie er einge- 
treten sind, einen Bekaunten, der ihn nennt- 
Der Künstler-Schuhputzer stutzt und präsen- 
tirt ihm ein Exemplar seiner neuesten Ope- 
relte mit gehörigem Respekt. Mein Herr, 
sagte er dann; Sie besitzen so viel Talent: 
es kostete Ihnen nicht viel Mühe, uns eini- 
ge Verschen sur lnscriplion über unsre 
Boutique zu liefern, und Sie machten unser 
Glück! — Der Dichte» fand das allerdings 
sehr possirlich, der Künstler sagte -ihm aber 
so viel verbindliches über seine neueste Oper, 
und sagte es wirklich so hübsch, dass jener 
die Schieibtafel herauszog, und während sei- 
ne Stiefeln — freylich so .blank nur. immer 
möglich gemacht wurden, diese niedlichen 
Verse aufschrieb — - die auch noch heul« 
über der Boutique stehen: 

Ans pondrea doi 4l6i, «ux eroltes de* hirera 
Nona lirtona ans guerre ardente et legitime t 
Lea tyrmo* «battiM derraient' noua rendre 6er* 5 
Si tioua Uüioo» le pied, c'est aao» boatevetaai 
Tout en brojaat du ooir, U gälte noua »mme; 
Mai* nul n'a plus que noua ßttuji de revera. 



Einer der besten pariser 
gebet, wie es gebräuchlich ist, 



Operndichter 

vor kurzem 



tu eine Bude der Schuhputzer, wo man sich 



Boileau befand sich in einem Zirkel-, we 
.man Musik machen wollte, und besonders in 
die junge, schöne, aber sehr eitle Frau von 
Hause drang , zu singen und Klavier so 
spielen, obschou sie ihr mittrlmttssiges Ta- 
lent fast gar nicht kuitivüt halle. Sie spielte 
und sang — fast schlecht, aber alles that 
entzückt und sagte ihr Sobmeicheleyen. Boi- 
leau durfte doch nicht ganz zurückbleiben, 
und sagte ihr — boeliaft zweydentig:. Alle* 
hat man Sie gelehrt, nur nicht.su gefaUtn: 
und doch treffen Sie das am besten 1 — 

1 ■ 



LKirsi», ilt imiiiofi oid ■ Xs.tzi.. > 



Digitiz.ed by Google 



ALLGEMEINE 

MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den if"> .July. 



1 So 



Ueber die Benutzung der Musik zur Veredlung 
der Landleute, als Sache des Staates. 



ssere Kultur der Landleu Ic tat in 
neuem Zeiten offenbar gestiegen. Die vie- 
len Verbesaeiungen im Ackerbau und in der 
Viehzucht, nebst den hohen Preisen der 
Landeserzeugnisse, haben in vielen Dörfern 
Reich ihum und Luxus veranlasst. Nicht so 
ist ihre innere Kultur gestiegen. Noch im- 
mer gebären Trunkenheit, Spielsucht, niedri- 
ger Eigennutz und Verletzung gegebener Zu- 
sagen zu ihren Lieblingsfehlern; und achmu- 
zige Lieder, unsaubre Scherze, hauOge 
Beschädigungen nützlicher Anlagen und 
schöner Kunstwerke u. dgl. zeigen, wie roh 
ihr Gefühl ist, und wie wenig Sinn sie für 

das Schöne haben. 

» 

Man hat durch mehrere, dem Zeitgeist 
angemessene Mittel, sie zu veredeln, vor- 
geschlagen, auch wol hin und wieder versucht. 
Es sind Volkslieder gedichtet und gesammlet, 
gemeinnützige . Kenntnisse von Natur uud 
Kunst verbreitet, ea ist manches zur Ver- 
besserung ihrer Vergnügungen gethan u.s.w. 
Auch Musik, diese geist- und herzstärkende 
Kunst, diese Pflegerin des Sinnes für alles 
Schöne und Gute , ist gewiss ein treffliches 
Mittel , .jenen würdigen Zweck zu erreichen. 
Doch bedarf sie als solches höherer Hülfe. 
Def Staat muss ihr seine Fürsorge schen- 
ken, und durch heilsame Maximen und 
Maassregeln ihrem sanften und mildern Geist 
den Eingang zum Landmann erleichtern. - 



7. ithrg, 



Dankbar rauss man gestehen , das» meh- 
rere Fürsten Deutschlands, (S. ien Journal 

für Prediger, B. 36. 6u 4. und B. 38. St. 1. 
die Nachrichten aus Baden und Wirtero- 
berg} uud mehrere in der musikal. Zeitung 
serstreuete Berichte) durch diese Ansicht 
geleitet, vieles Gute versucht haben. Indes- 
sen ist dies Gute bey weitem noch nicht 
allgemein, und, wo es ist, könnte es ver- 
mehrt werden. Es sey mir daher erlaubt, 
meine Gedanken über einen Gegenstand 
milzulbeilen , der zwar schon oft sur Spre- 
che gebracht ist, der aber vielleicht den 
Lesern dieser Zeitung durch Zusammenstoß 
lung alles dessen, was dahin gehört, nicht 
unwillkommen seyn wird. 

*" Der Landmann liebt Musik, in und 
ausserhalb der Kirche. t 

Wie sehr die Tonkunst und ihre Schwe- 
ster, die Poesie, von hoher Einfalt uud 
Würde geleitet, die Andacht in der Kirche 
beleben und das Herz mit den edelsten Ge- 
sinnungen und Vorsätzen erfüllen , haben 
Keouer und Laven; haben selbst Menschen, 
denen sonst Religion gleichgültig ist, lebhaft 
empfunden und laut geäussert. Dass beyde, 
wie sie nun aber bey den gottesdienstlichen 
Versammlungen sehr vieler Orte angewendet 
werden, der Andacht mehr schaden, eis nützen, 
ist bekannt. Noch immer singt manche 
Gemeinde Lieder, die durch mystische Tan - 
deleyen, rohsiunliche Bilder und grobe An- 
turopomorphistnen nicht nur dem Gebildeten 
anslössig sind, sondern seibat den Verstand 

4a 



Digitized by Google 



66 7 



i80j. July. 



668 



und das Gefühl de* gemeinen Mannes be- 
leidigen. Und wie unerbaulich ibt der Ge- 
sang selbst und das Orgelspiel in so vielen 
Dorfkircben ! Da wird nicht gesungeri, 
. sondern aus voller Kehle geschrieen. Die 
Organisten lassen in den Ein- und Ausgän- 
gen da« unsinnigste Machwerk hören. Ihre 
Vor- und Zwischenspiele sind burleske 
Phrasen, die nicht selten an den Tanzboden 
erinnern, und den Choral selbst verbiainen 
aie mit so vielen Schnörkeln, dass man den 
oanlas firmus, wenn die Gemeinde schwie- 
ge, nicht erkennen würde. Die Prediger 
intoniren mit roher und anreiner Stimme 
die Kollekten und Segenssprüche, und die 
Kantoren und Gemeinden respoudiren mit 
ao schneidenden Stimmen, dass Mark und 
Gebein' erbeben 

Erbaulicher, wohlthuender für Kopf und 
Herz würde Kirchcngesang und Orgelspiel, 
ao wie überhaupt die ganze musikalische 
Liturgie werden, wenn der Staat folgende, 
auf Religion, Sittlichkeit und Kunst abzielen- 
de Vorschläge erwagte, und durch Aufmun- 
terungen, Ermahnungen und Befehle kür 
Erfüllung brachte: '"; 

1) Die Prediger, deren Gemeinden ein 
besseres Gesaugbuch bedürften, bey Einfüh- 
rung desselben zu unterstützen. (Es ist 
»war wünschenswert!! , dass das Bessere mit 
Bey sfiramung derer, die es geniessen aollen, 
eingeführt werde. Aber: hinc iltae lacry- 
inae ! Klugheit der Prediger kanu vieles 
ausrichten, aber nicht alles. Sie müssen 
die Bey hülfe des Staates haben, die aie in 
diesem Fall, wo es moralisch -Unmündige 
gilt, zu fordern berechtigt sind.) 

a) In den Lehrplan der Landschullehrer- 
Sominarien einen den Bedürfnissen künftiger 



Landschullehrer 'angemessenen, theoretisch- 
praktischen Unterricht in der Musik aufaeh- 
meo, und 

5) bey den Prüfungen der Kantaren und 
Organisten, als Landscbuilehrern, auf dtevmu- 
sikalisrhen Kenntnisse der Examinanden, 
nach Maassgabe der mehr oder weniger ein- 
traglichen Stellen , strengere Rücksicht neb» 
meo zu lassen. (Die meisten Kantor- und 
Organitttenstellen auf dem Lande sind nach 
dem jetzigen Preise der Bedürfnisse des Le- 
bens sehr schlecht dotirt. Daher zum Tbeil 
die geringen Einsichten und Fertigkeiten in 
der Musik bey den Bewerbern um diese 
Stelleu; daher die bescheidenen Forderungen 
der Obern. Da aber Musikunterricht jetzt 
überall, es sey nun aus Uehcrzeugung von 
seinem Werth, oder aus Mode und Sucht 
zu glänzen zur Erziehung gerechnet wird : 
so können Kantor und Organist eines Dorfe 
im Hause des Edelmannes, Amtmannes und 
Predigers durch Musikslunden ihre Einnah- 
men vermehren, und durch Spiel und Ge- 
sang sich überhaupt sehr beliebt machen. 
Sollten also künftige Landschullr hier und 
ihre Examinatoren es mit der Fertigkeit in 
dieser Kunst nicht strenger nehmen? *) 

4) Zu befehlen, dass aus der Kirchen- 
kasse jeder Gemeinde ein Choralbuch für 
den Organisten angeschafft werde. (Die Art 
der Einrichtung eines solchen Choralbuchs 
verdient eine besondere Abhandlung. Daher 
hier nur folgendes. Der Choral mimte 
sich in seiner ursprünglichen Reinheit und 
Kraft bewegen, und durch keine Verzierun- 
gen in den einzelnen Stimmen entstellt wer- 
den, die überdies nur zu falschen Beziffe- 
rungen und Harten in der Harmonie verlei- 
ten und die Gemeinde irre machen. Die 



*} Ee i«t wol hier norh hinsuintetzen , da*» zu diesen Prüfungen Männer gezogen werden 
wirklich Uiuik verstehen — was bey sehr vielen Examinatoren gar nicht der Fall i*t. 

d. Kedaku 



Digitized by Google 



66 9 



1805. July. 



6;o 



.Harmonie mÜMte anageschrieben «eyn, weil 
mau gründliche Einsicht in den Generalbass 
von keinem Dorforgauisten fordern kann: 
doch dürfte die Bezifferung de« Basses nicht 
fehlen, weil sie Akkordkenntnise veranlassen 
kann, die dem Organisten in vielen Fallen 
nützlich ist. Ein Grundbass wäre hinrei- 
chend, damit durch öftere Wiederholung 
desselben und der darauf gebauten Mittel- 
Stimmen, die Gemeinde allmählig zum vier« 
stimmigen Gesang gewöhnt würde. Wenn 
der Befehl zur Anschaffung eines solchen 
Choialbuchs gegeben wäre, so würden auch 
Komponist und Verleger sich finden, und 
die Anschaffung selbst könnte nicht schwie- 
lig aeyn, da das Buch als Invenlarium der 
Kirche bliebe.) 

5) Die Prediger zu verpflichten : in 
Fredigten nnd Kalechisalionen gelegentliche 
Bemerkungen über erbauliches Singen au 
machen; dem Organisten Winke aur zweck- 
mässigen Begleitung desselben zu geben ; 
ihn auf nützliche Schriften (die wichtigsten 
Pflichten eines Organisten von Türk. Halle, 
1787, Preis 16 Gr.} Taschenbuch für Sän- 
ger und Organisten, von Horstig, Mindun, 
»801, Pr. 4 Gr.; über die Struktur, Er- 
haltung, Stimmung, Prüfung u. s. w. der 
Orgel, von Schlimmbach, Leipzig, 1801, 
Pr. 1 Thlr. 8 Gr. u. a. m.) aufmerksam zu 
machen, und die Schulkinder die Choräle 
uuler Leitung eines Schullehrers, rein und 
sanft singen zu lassen, damit so von unten 
herauf der Kirchengesaug verbeaaert werde; 
endlich 



6) Künftigen Theologen die Weisung an 
geben, ihre Stimmen auszubilden. (Singe- 



slunden für künftige Gelehrte sind auf vie- 
len gelehrten Schulen schon eingerichtet, 
aber noch nicht überall. Und doch sind sie 
Bedürfnjss, besonders für künftige Theolo- 
gen lutherischer Konfession »). Sie verfei- 
nern Geschmack und Gefühl, bilden die 
Sprachorgane und die Stimmen der Schüler, 
die mehrentheils roh und unrein sind. Ein 
Positiv, das man dabey nöthig hätte, 
würde auch zugleich den Frühgesang in den 
Klassen verbessern. In Ermangelung sol- 
cher Singestunden köunten die Singechöre 
besucht werden; doch müssten sie nicht 
Schulversäumniss veranlassen , und der 
Gesundheit nicht schaden.) 

Wenn der Kirchengesang beym Land* 
mann wirklich oft nur Folge des Herkom- 
mens nnd der Gewöhnung an Beobachtung 
kirchlicher Gebräuche zu seyn scheint : so 
zeigt sich der natürliche Sinn des Land- 
manns für Musik jeder Art ausserhalb der 
Kirche in unverkennbaren Aeuszerungen. 
Wer weiss nicht, wie oft hier Feld und 
Stube. Spielplatz und Schenke von Freuden- 
und irauerliedoro ertönen. Manche seiner 
Mclodieen sind ungemein zart gedacht, 
leicht, ' gefällig und- schön gerundet, in ein 
einfaches Gewebe von Harmonie gehüllt 
nnd originell in ihren Wendungen. Desto 
schlechter sind oft die Texte, unverständ- 
lich durch historische und mythologische 
Gleichnisse, und unzüchtig durch schlüpfri- 
ge Bilder und Unfläthereyen. Längst hat 
man das Bedürfnis», die Volkslieder zu ver- 
bessern, gefühlt. Daher die vielen Lieder- 
sammlungen , obgleich nicht alle ihren 
Zweck erreichen. Es ist gerade nicht nö- 
thig, da«s man dem Landmann für jedes 



») Warna der katholischen Konfeasion weniger? Sie wären 
nach, noch aothwendiger. Oer katholiache Geistliche mui 
ata — and wie hört aau'a oft tob ihm vortragen I 



«ehr 



Liturgien 
, hat fiesaerea au lin- 

d. Redalt. 



Digitized by Google 



671 



i8o5. Jüly. 



672 



seiner Geschäfte ein Lied anweise, ihn nach 
der Arbeit an die Arbeit erinnere, beyra 
Freudcuraahl ängstlich ihm Grenz' und 
Mass vorschreibe: vielmehr heisst das, sei- 
nen Geist in ein moralisches Joch einzwän- 
gen und ihm das Singen verleiden. Nur 
solche Lieder sind nOlhig, die den Land- 
mann über seinen drückenden Beruf erbe- 
ben, auf den Schwingen der Phantasie Ver- 
gangenheit und Zukunft ihm vorführen, die 
mit züchtigem Sinn gedacht und ausgespro- 
chen, fasslich sind in Sach' und Form, die 
Kopf und Herz reinigen , das Leben ihm 
würzen, und eine Fröhlichkeit wecken, die 
nicht rastt und die Kräfte lähmet. Nur 
solche Lieder sind Bedürfnis» für ihn; und 
diese singt er auch mit Liebe. 

Unmittelbare Verbreitung guter Lieder 
kann man vom Staate nicht fordern. Aber 
billig sollte er den Leuten Grenzen setzen, 
welche die Kunst zu einem Kopf, Herz 
und Sinn verderbenden Frwerbszweig ma- 
chen. Das würde z. B. geschehn durch das 
Verbot von schmuzigen Liedern, dur^b. de- 
ren wohlfeile Vertiödeluog au die Land*> 
Ieule Coiporteurs und Bänkelsänger Saa~ 
nien der Unsittlichkeit und des Verderbnis- 
ses überhaupt ausslreun. Oft stehen diese 
Leole im Solde der Buchdrucker, die den 
rohen Geschmack der Landleute zu benutzen 
suchen', und sie durch klüglich gewählte 
'Aushängeschilder zum Kauf ihrer Waaren 
einladen. Um jedem Betrüge vorzubeugen, 



müssten die Buchdrucker die Weisung er- 
hallen, die Genehmigung der Censur- Kom- 
mission zu allen Liedern, die sie verkaufen 
wollen, nachzusuchen , und auf das Titel- 
blatt, Jahrszahl, üruckoit, Namen des 
Druckers und Verwilligung des Drucks zu 
setzen So würden sich gute Liedertexte 
verbreiten, und die Singerhöre könnten mit 
unter die Melodieen bekannt machen. (Ver* 
gleiche meinen Aufsalz im vierten Jahrgi 
der musikal. Zeitung, St. 4a.) 

Auch bey Verpachtung der musikali- 
schen Aufwartungen in den Dörfern sollte 
man auf die Kunst selbst mehr Rücksicht 
nehmen. Nicht Stümpern, Landstreichern 
und Vagabonden sollten sie überlassen wer- 
den, die zur Schande der Kunst und Mensch- 
heit, bey Kindtaufen, Hochzeiten und an- 
dern ländlichen Feilen, mit der niedrigsten 
Gewinnsucht, ohne Kenntniss der Noten 
und Takt, das Geld sich erbiasen und er— 
kratzen, allen reinen Sinn für Musik tilgen«, 
und durih Schwelgen nnd jede Art von 
Lüderlichkeit ein böses Beyspiel geben, das * 
um so nachtheiliger wirkt, weil Ort und 
Zeit ihm güustig sind. Geprüfte Stadt- 
musiker sollten sie nur pachten dürfen, die 
bey mehrern Oesellen und Burschen, die sie 
brauchen, oft geringen Gehalt aus den Ma- 
gistrats- und Kirchenkassen bekommen. So 
würden sie, wenn auch hin und wieder 
dem feinen Vortrag schadend, vielleicht auf 
die Kunst selbst durch Vermehrung der 



Die Centur müttte aber such mit mehr Geitt and Sinn, nnd sogleich mit mehr Kenntnitt de« Land- 
■Mnnt da* GetehSft -erwalten , alt es hin und wieder getchiehet. Durch Bemühung «ine« »iel ver- 
mögenden Ceneors in einem für «ehr aufgeklärt autgetchrieenen Staat« wurden tot wenigen Jähe- 
ren die unter den Landleuten gangbaren Lieder : Freut euch dos Leben« , nnd : Ohne Lieb' und ohne 
Wein, verboten — jene«, nicht etwa weil e« wirklich ohne poetitchen Werth i«t — daran war 
■chwerlich gedacht wurden — «andern weil e» »um Matetialitmu« fuhren und vom Gedanken an jene» 
Leben ableiten könnte; dieie« — ohne Lieb* und ohne Wein — wegen de« in gegenwärtigen Zeit« 
lauften doppelt gefährlichen: »Wenn die Grotten «ich erfrenn etc.« — Die «chutdloaeeteu Lieder 
von Hölty und Voss waren ebenfallt, aas ähnlichen Gründen, im Verbot autgezeichnet. 

d. RedakU 



Digitized by Google 



6 7 3 

Einnahmen wohlthälig zurückwirken ; sie 
verschönerten die Feste de« Landmannes, 
nährten Kunstsinn, wo er sich findet, wie 
z. ß. in Thüringen und Hohenstein, und 
könnten selbst Anlass geben, kirchliche 
Feyerlichkeiten zu erhöhen. 

« 

Masik sey und bleibe freye Kunst ! 
Keine Fessel der Zunft bindre ihre Geweih» 
ten, den Sinn fürs Schöne zu bilden und 
zu verfeinern. Aber sie schaffe anch Frey- 
heit ! Sie reinige Herz und Sinn von 
schändlicher Begier, und stärke uns in Freud 
und Leid durch die Feuertaufe ihres Gei- 
stes ! Nicht ausgeschlossen bleibe dabey 
die Klasse der Menschheit, die bey grossen 
Schlacken von Ilohheit, so viel gediegenes 
Gold von Weisheit und gesundem Verstand 
hat ! Fern ist sie noch von dem Ziel , fer- 
ner als vielleicht der erste Sternseher von 
der Herrscheischen Milchstrasse ! Aber sie 
erstrebe dieses Ziel und erfreue sich der 
mächtigen ßeyhülfe des Staates! 

1 

RZCEHSIOIV. 



Deiix Sonattt pour V Harmonien compotees par 
Joseph Schlttt. Leipaic, chez ßreitkopf et 
Hirtel. (Preis ia Gr.) 

Endlich einmal erscheint auch wieder et- 
was für die Freunde dieses reitendsten aller 
Instrumente! und es erscheint hier etwas 
Gutes! Die Sonaten sind vom Komponisten 
frey behandelt , und vom Spieler noch fi eyer 
Zu bebandeln — wie es das Herz, und wie 
es an manchen Stellen wo) auch das Instru- 
ment verlangt. Einige Stellen sind nämlich 
■ehr- schwer, gut auszuführen, und man 
könnte aus ihnen veriouthen, der Verfasser 
spiele entweder nicht selbst oder sein Instru- 
ment habe manche« Eigene im Mechanis- 



674 

mus. Ausser dem, dass manche Griffe der 
linken Hand, auch bey ziemlich englie- 
genden Glocken, kaum zu erlangen sind, 
und mit der hier geforderten Präzision ge- 
wiss nicht angegeben werden können, hat 
auch die Melodie öfters Wendungen , die 
auf dem Papier sehr leicht Aussehen, auf 
fast allen andern Instrumenten, besonders 
dem Pianofortc, sehr leicht sind, aber ge. 
rade auf diesem kaum gehörig gefuhrt 
werden könuen. Dahin gehört schon das 
Durchlaufen einiger Oktaven in halben Tö- 
nen, schnei) und gebunden; dahin gehört 
eigentlich alles, was in der Geschwindigkeit 
ein Verrücken der Hand nölhig macht — 
wogegen dem Spieler vieles zugemutbet 
werden kann, wenn die Hand still stehet; 
vieles, was jedem, der nicht selbst spielt, 
sehr schwer scheint, und doch sehr leicht 
und auch von guter Wirkung ist — was 
c. ß., und vorzüglich, Naumann in seinen 
frühem sechs Sonaten so gut, aber der 
Verf. der gegenwärtigen nicht benutzt hat 

Darum bleiben diese Sonaten aber doch 
etwas Gutes. Sie zeigen unverkennbar 
Geist und ein warmes Gefühl ; die Ideen 
sind angenehm, und, besonders in der er- 
sten Sonate, nicht gemein und verbraucht; 
die Ausführung ist dein Instrumente (in 
Absiebt auf Ausdruck) ganz angemessen, 
und apeh, bey aller Beschränkung durch 
das Instrument selbst , nicht oberflächlich. 
Darum empfiehlt sie Ree. jedem Harmonika- 
spieler — zumal da gewisse Figureu und 
Lagen der Akkorde, die oben gerügt wor- 
den sind, für die, wo es Noth thut, leicht 
umgeschrieben werden können. Er will 
nur noch den Wunsch äussern, das« der 
Verfasser wenigstens etwas gegeben haben 
mochte, worin er sich dem gebundoen Stil 
mehr näherte, da dieser auf diesem Instru- 
mente so unbeschreiblich schön wirkt und 
gleichsam die schwache Natur desselben 
adelt. — Das cea der rechten, ao unmit- 



1805. July. 



Digitized by Google 



1805. July. 



telhar narTi dem e der linken Hand, S. 2. 
Syst. 5. (und Aehnliches in der Folge) 
sollte man von der Harmonika nicht ver- 
langen , da hier weder der allmählige Ue- 
hergang, wie auf Saiteninstrumenten, noch 
das urplötzliche Abschneiden des Tons, wie 
beym Pianofovle, möglich ist. Da mag sich 
denn der Spieler einige Freyheit erlauben, 
und cum grano aalis verweilen. Fol- 
gende Stichfehler sind zu verbessern: S. 6. 
Z. 4. T. 6. fehlt nach der halben Note das 
Violiozeirhen; S. 7. Z. 3. ist statt a immer 
ais gemeyut. S. 8. Z. 8. muas da« leUte 
Viplinzeichen ein Bauzeichen seyn. 



Nachkichtem. 



München, den soften Juny. Gestern 
wurden wir mit einer neuen Oper über- 
raschst. Hr. Blangini, Bruder der geschick- 
ten Violiuspielerin und leidlichen Sängerin, 
die seil etwa einem Jahre Kammerfrau der . 
Kurfürst in ist, kam vor einigen. »Monaten 
hier an, sang mit seiner Schwester italieni- 
sche Kanzonetten u. dgl. in Kabinetkonzer- ,' 
ten, und nun wollte der kluge junge Mann 
die günstigen Umstünde weiter benutzen. 
Er schrieb eine kurze Oper in einem Akt, 
nach italienischem oder französischem' Text, 
den ein hiesiger grosser Gönner ihm deutsch 
übersetzte, denn Blangini versteht kein deut- 
sches Wort. Die Oper wird aufgeführt. 
Man ist hier, wie billig, gegen Fremde 
sehr gefällig} ich weiss nicht, ob die recht 
haben, die behaupten, man sey das, um 
es gegen Inländer desto weniger seyn zu 
dürfen. Ich will darum auch nichts ,von 
dieser entlehnten, kadenzen reichen Kompo- 
sition sagen. Dem. Lang, eine junge hiesi- 
ge Sängerin, trat darin zum zweytenmal auf 
und sang sehr artig. Man rief sie, wie 
hier sehr oft geschiehet, am Ende des Stücks 



heraus. Der Vorhang gehet auf und es er- 
scheint— Herr Blangini selbst. (Seine Oper 
heiast: Ein Kalifenstreich!) Ihn halte man 
aber nicht gewollt; man lermt nnd ruft lauter* 
vernehmlicher: nun kömmt Dem. Lang. — 
Uebrigens giebt es hier viel Musikalisches, 
wenn auch nicht viel Neues. Der Deutsche, 
also auch der Bayer , schätzt sich selbst sehr 
wenig, und desto mehr das Ausland. Jetzt 
zeigt unare musikalische Magnetnadel nach 
Italien. Brizzi ist kurfürstlicher Sanger mit 
3ooo Gulden jährlichen Gehalts, und braucht 
sich doch nur, sechs Jahr hindurch, jähr- 
lich etwa vier Monate hier aufzuhalten. 
Nach dieser Zeit ist er ganz unser — ein 
Glück für ih n, ein Unglück für uns, wenn 
er dann etwa ohne Stimme wiederkehren 
sollte! Künftigen Monat hören wir ihn 
hier wieder in Groevra, die bey Gelegen- 
heit der Geburlefeyer unsrer Durch). Kur— 
fürslin aufgeführt wird. Auch soll er die 
Sessi nnd noch andere italienische Sängerin- 
nen mitbringen. Sogar eine Professorin der 
Singkunst ist hier angenommen: Mad. Gü- 
the, Tochter der noch lebenden Wendling, 
aber seit länger als zwölf Jahren in Man« 
heim verheyrathet. Sie erhält 1200 Gulden, 
nnd auch ihr Gemahl, der sich nicht von 
ihr trennen kann, soll seinen Talenten nach 
angestellt werden. Wo sie ihren Lehrstuhl 
aufschlagen wird, wissen wir noch nicht, 
aber das wissen wir, dass sie, Öffentlich zu 
singen, nie verbunden ist. Es giebt Leute, 
die sich über letzleres verwundern. Auch 
zwey interessante junge Mädchen, die oben 
genannte Dem. Lang , und Dem. Peyerl, 
sind vor kurzem als Sängerinnen aufgetre- 
ten. Beyde versprechen viel Gutes. Be- 
sonders hat Letztere durch die Wahrheit 
ihres Ausdrucks, der durch ihre jugendlich- 
edle Schüchternheit noch einnehmender- 
wurde, bey dem Kenner grosse Hoffnungen 
erweckt. 



■ 



Digitized by Goo 



6 7 6 



1805. July. 



678 



Kurze Anzeigen. 



Gesänge mit Begleitung der Guitarre, in Musik 
gesetzt und dem Herrn Baron Paul von 
Medem gewidmet von A. Herder. Op. g, 
Leipzig, bey ßreitkopf und Härtel. (Pr. 
ia Gr.) 

Herrn Härders frühere Lieder fanden 
schon eine gule Aufnahme, wegen der gu- 
ten Wahl der Texte, der verstandigen Be- 
handlung derselben, uud wegen der zarten, 
wenn auch nicht immer originellen und zu- 
weilen etwas weichlichen Musik. Die 
neuern Werkrhen Hrn. Härders — das 
angezeigte, wie andere in anderm Verlag — 
Werden um so mein gefallen, je mehr mau 
findet, er habe das l.öhlirhe der frühem 
bey behalten und das J adelnswei (he sorgfäl- 
tig, und fast überall mit Glü<k, zu verbes- 
sern gesucht. Seine Individualität scheint 
ihn fast ausschliesslich zu dtin Sentimenta- 
len zu neigen; und wiewol wir dies frey- 
lich nicht für das Höchste halten, so sehen 
wir doch auch nichts, als eine zuweilen et- 
was albern auftretende Mode darin, das« 
dies von nicht Wenigen nun eben jetzt mit 
solchem Hohn oder mit solcher Bitterkeit 
verfolgt wird. Dass Hr. Härder diesem 
Zuge in seinen Arbeiten gerade für die 
Guitarre am meisten naebgiebt, ist, bey 
der Beschränkthm und dem Wesen dieses 
Instruments, vollends gar nicht zu tadeln. 

Die hier gelieferten Lieder, deren acht 
sind, haben einige vortreffliche, und nur 
ein Paar unbedeutende. Unter jenen ist 
S. 6. vorzüglich auszuzeichnen, ungeachtet 
einiger kleinen Unebenheiten in Behandlung 
des (freylich schwierigen) Metrums. Gö- 
the's inniges Liedthen: Des Schäfers Klage, 
ist vielleicht hundertmal komponirt : aber 
jedermann wird die hier gelieferte Musik 
gern hören, und es zeigt von der gesunden 



Beurlheilnng des Komponisten, dass er ge- 
rade hier der Begleitung, die er sonst nicht 
arm zu behandeln pflegt, nur die nothwon- 
digsten Akkorde gegeben hat. Zur Ueber- 
schrift sollte noch gesetzt seyn : doch nicht 
zu langsam. Dass die ungewöhnliche Takt- 
art nicht Kaprize ist, merkt man bald; und 
der denn doch etwas zu starke Einschnitt 
nach „tausendmal," fallt bey den andern 
Strophen weg. Das Lied S. 10. folg. ist 
sehr artig, und (hier zweckmassig) reicher 
begleitet. Die zwey letzten sind nicht 
schlecht, aber auch nicht bedeutend, und 
das Lied S. 7. ist vergriffen , und nur im 
Mechanischen nachgebildet — zu ge- 
schweigen, dass der doppelte Schluss in die 
Tonika eine Nachlässigkeit ist. 



Sechszehn Lieder von Gothe, Mahlmann, 
' theshis, Schlegel, Schreiber etc. mit Beglei- 
tung des Piano/orte von C. Schreiber. Leip- 
zig, bey Breitkopf uud Härtel. (Preis 
1 Thlf.) 

" Die Leser der mustkal. Zeitung verdan- 
ken Hrn. D. Schreiber, ausser seinem schätz- 
baren Gedicht, Harmonia, auch manchen 
lehrreichen und angenehmen Hey trag zu 
diesen Blattern; eben darum werden wir im 
Lobe dieses seines Werkchens nur kurz und 
sehr gemessen seyn : weil wir aber nicht 
viel zu tadeln finden, so kann auch die 
ganze Anzeige nicht anders, als kurz aus» 
fallen. Je gewöhnlicher das Gegentheii in 
manchen andern Journalen wird, wo denn 
eine Haud die andere wäscht, je sorgfälliger 
werden wir immer auf eine solche Delika- 
tesse gegen unsre Freunde und Theilnehmer 
halten. 

Schon die Erscheinung, dass ein ausge- 
zeichneter Dichter auch ein bedeutender 
Komponist ist, hat etwas Einnehmendes, 
theila, indem es an die alten, poetischem 



Digitized by Google 



6/9 



i8oj. 



Zeiten erinnert, wo das gewöhnlich war, 
iheils, indem et im voraus verspricht, man 
werde von einem aolchen, durch zwey Mu- 
sen Begünstigten, Musik bekommen» die 
gans der Poesie, und Poesie, die gans der 
Musik angemessen, oder vielmehr, wo bey- 
des au Einem geworden ist. Und so ist es 
auch wirklich hier. Tiefe Originalität , 
grosse Kunst- Gelehrsamkeit, schwere, mü- 
hevolle Ausführung und dgl. findet man in 
dieser Musik nicht; aber eine lebendige 
Phantasie, ein warmes Hers und einen im- 
mer angemessenen Ausdruck — dies findet 
man in allen, aber gans vorsüglich in den 
eignen Lieder des Verf., wo wahrscheinlich 
Musik und Poesie sugleich entstanden, sich 
wechselseitig gleich in der Geburt bilden 
halfen, und in denen, die den seiuigen am 
nächsten kommen. Schwierigere und seiner 
Individualitat fremdere,* gelingen ihm weni- 
ger, wie s. ß. Schlegels verfehlte Stun* 
de, ja auch wenn er sie selbst gedichtet 
hat, wie die aeolische Harfe: aber wo 
er sich dichtend leichter und freyer gelten 
lässt, oder, wie gesagt, wo die Eigentüm- 
lichkeit eines andern Dichters 4er «einigen 
steh nähert, da kömmt auch eine -allerliebste 
Musik su Stande. Das ist der Fall ganz 
vorzüglich bey folgenden : Frühling und 
Liebe, von Malthesius, S. i., die Geliebte, 
von Schreiber, S. 21., die Sprache der Blu- 
men, von demselben, S. a6., der Geist der 
Harmonie, v. dem«., S. 28., Trinklied im 
Freyen, von Malthesius, S. 16. Man muss 
sehr am Schweren hangen, und wol auch 
selbst sehr schwer seyn, wenn man diese 
angeführten Lieder nicht mit Freuden singt 
und wieder singt. 



July. 680 

Musikalische € h a r a d e, 
von Htring. 



Kantate, 

nach sehr bekannten V 0 1 kt me 1 o J ieee. 



Chor. 

Wer tu uns will gehen, 
Mo»e da* Ding verstehen, 
Wi« man wol ein Meuter werden kann. 
Wer die «rite nicht will recht atudiren, 
Der mag Baren mit der Trommel fuhren : 
Fort! er i»t für'« Ganze nicht der- Mann! 

Bass solo. 

Hört an, ich sag' euch ron der «wejten: 
Er, den *io nennt, will wahrlich 'waa bedeuten! 
Er führt vorerst ein {roste* Maul, 
Dann trägt er Mähnon, langer als ein Gaul. 
Nur selten betuoht er uns, und awar 10m weiten ( 
Doch wenn 's uns «elber nicht anwider war'. 
Kam' er wot gar mit all» flen Seines herl 

Recitativ. 

t 

Die dritte Sjlbe an<V 
Im altmodischen ABCbuch ; 
Die iwejl' und dritte zusammen 
Sind, leider, oft nicht klug. 

Schlussfu Je. 



Wir gingen alle in der Irre, 

1 

• i 

' V. 



( Die Auflösung im 



Stück.) 



Laircio, iet »iiiitori i|s itant, 



Digitized by Google 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 2^ ten July. 



N2. 43. 



1805. 



Recensiohew. 



I/escr «Vit Virfall d<r Tonlunsf , von G. C. 
Grosheim, Götlingen, i8o5, bey Die- 
terich. 

Klagen über Mängel sind ein Bedürfnis« 
dessen, der diese bemerkt; und wiewol 
nichts damit gethan wird — . es müsste denn 
hier ergehen, wie in jenem Evangelio vom 
lieblosen Richter und der armen Wittwe — 
so sind sie dem Wohlgesinueten doch ge- 
wiss nachzusehen. Nur müssen sie gegrün- 
det — über wirklich vorhandene Mängel 
erhoben, müssen nicht übertrieben, Und 
nicht in Erbitterung auagestossen aeyn} 
denn, ausserdem daas sie sonst eine Unge- 
rechtigkeit am Zeitalter sind , schlagen sie 
entweder darnieder und matten zaghaft, 
oder reizen ebenfalls zur Erbitterung, und 
Eii desto mehr Trotz und Beharrlichkeit 
beym Getadelten. Hr. Grönheim, der, wie 
Ree. mit Vergnügen aus dieser und andern 
Zeitungen erfahren, ein sehr geschickter 
und thätiger Musiker und Lehrer seiner 
Kunst seyu soll, verfällt in dieser Schrift in 
die hier angegebenen Fehler, und verfällt 
darein in einem Maasse, wie seit langer Zeit 
keiner, der gegen die jetzige Musik aufge- 
treten ist. Man glaubt einen Eiferer nicht 
' von i8o5 , sondern von 1705 zu hören, 
und — seltsam genug — man hört auch 
fast dieselben Klagen und Vorwürfe, nur 
ein wenig auders gewendet. Da« ist es 
eben '. Es geht dem musikalischen Rigoii- 

7. ialii«- 



sten,- wie dem moralischen. Jetzt, jetzt ist 
fast alle Sitte verschwunden; das tiefste 
Verderben ist da-, nie ist es so gewesen — 
ruft dieser; und vor hundert Jahren, ja zu 
allen Zeiten, haben «eines Gleichen gerade 
so gerufen, und werden auch immer so ru- 
fen: denn immer wird es gutgesinnte, leb- 
hafte Leute geben, die das Mögliche mit 
dem Wirklichen, das Bild, das sich in ih- 
nen darstellt, mit dem, was die Welt zeigt, 
verwechseln; durch die Abweichungen des 
letztern vom ersten erbittert werden, die 
Realisirung von diesem für leicht möglich 
halten, und sich durch Ausmalen dieser 
Idee, oder durch Nahrung des Gefühls der 
SuperioriWt (welches leicht wieder das 
„siehe besser denken kennen,* mit dem 
„es besser machen* .verwechselt) sich einen 
angenehmen Genuas verschaffen, auch wol 
— was jedoch, nach jenen Nachrichten 
über Hrn. Grosheim, nicht auf ihn passt — 
sich durch Deklamiren von allem Thun loa« 
kauten, und die innere Anforderung dea 
höhern Berufs zu diesem mit jenem abr 
finden wol 



Der Verf. bestimmt den Zweck seiner 
Schrift seihst : er will «einige Worte über 
die heutige Anwendung der Tonkunst sagen, 
und beweisen, dass, obgleich beynahe Alles, 
was da lebet, dieser Kunst huldigt, ihr 
wahrer Zweck dennoch von den meisten 
Menschen ganz und gar verkannt wird.* 
Man dürfte schon hier dem Verf. die Ge- 
genfrage vorlegen : welches Dinges wahrer 
Zweck denn nicht von den meisten Men- 

43 



Digitized by Google 



6S3 



, 1805. July» 



sehen verkannt werde — welches, unter 
allen göttlichen uud menschlichen ? Doc h 
_ wir woiren lieber hören , wie der Verf. sei- 
nen Beweis führt, und, um sogar allen 
Schein von Parthey lichkeit zu vermeiden, 
so wie ihm alle Veranlassung zur Unzufrie- 
denheit zu benehmen, ihn seihst, so viel 
möglich, sprechen lassen, auch über vieles 
Wunderliche in seiner Schreibart u. dgl. 
kein Aufheben machen. 

. Er giebt, vorerst ein Gegenbild, was die 
Tonkunst seyn und wirken könne und solle; 
er gehet dabey die Lebensalter etc. durch 
— ungefähr wie Meissner in seinem be- 
kannten Gedicht: das Lob der Musik. Hier, 
in der poetischen Welt, ist da« recht gut; 
Hr. Gr os heim spricht aber von der wirk- 
lichen — sie soll ja geladelt werden; und 
was kann er nun sagen, wenn z. B. ich auf 
Bemerkungen, wie: »wenn nun die Pilger- 
fahrt. zu Ende gehet, der welke Greis den 
lange ersehnten. Hafen erblickt, stimmt er 
dann nicht, mit freudig zitternder Stimme, 
4ie Hymne an, die er am Throne des All- 
liebenden iu vollenden hofft M — ganz 
trocken meine Bemerkung vorlegte: 
Nein, das kann der welke Greis ioou Ster- 
ben nicht? oder, Aeltern, denen ihr -gelieb- 
tes Kind stirbt » vermögen „nahe de» Ver- 
zweiflung, mit .starren Bücken, thranonlosen 
Augen , die, selbst den Arzt für sie zittern 
machen keineswegs einen „milden Trost- 
gesang * anzustimmen? Da wären wir denn 
beyde, Hr. Grosheim und ich, gerade so 
weit, als vorher; und aus un&ern beider- 
seitigen Bemerkungen folgte — nichts. 
So geben wir denn die Bilder auf, und fol- 
gen dem Verf. dahin, wo er sich im Leben 
umstehet, und referirt, was er da gefunden 
haben will. 

Er gehet vorerst „in den Tempel des 
Herrn,* und hört beynahe ein „Bacchanten- 
geheul.« Das erste Lied: Komm, hnil'gcr 



Geist, erscheint als ein „ekelhaftes Signal 
zum Niedersinken* etc. Diesem augemes- 
sen findet er Orgelspiel, Kirchenmusik etc. 
Nun fuhrt er die Leser zum Konzertsaale. 
.Welch verworrenes, Fieber erregendea 
Tongewimmel schallt uns entgegen ?" Die 
Leute stimmen nämlich. „Und wie stehet 
es um unsern Diapason? Auch er hat den 
ebenen Weg der Wahrheit verlassen und 
sich zur Sprosse der verächtlichen Leiter, 
die zum Tempel des hohlesten aller Götzen 
führt, erniedrigen müssen" — ist zu sagen: 
sie stimmen zu hoch! „Sollte das so fort- 
gehen — dann würden uusre Tongelehr len 
sich in die Notwendigkeit versetzt sehen, 
eine neue Charakteristik der Töne zu schrei- 
ben." Nun, Wenu's weiter nichts wäre! 
„Wir betrachten die Kohzertafüscfae. Welch 
eine bunte St a hl karte ! " (Wir achreiben 
buchstäblich ab!) Man giebt nämlich vie- 
lerley und von verschiedenen Komponisten. 
Nun werden die einzelnen Slücke ebenfalls 
durchgegangen: Sinfonie, Arie, Konzert — 
man denkt sich, nach Obigem, schon von 
selbst, wie? Das Konzert z. B. kann „ab- 
seifen des Mechanischen wohl Bewunderung 
erregen, aber keine Gefühle für das Schöne 
— mau kann sich glücklich schatten, wenn 
nicht das Heulen der Hunde, Miauen der 
Katzen, oder anderer Thicre liebliche Musik 
nachgemacht wird" — für Liebhaber — ! 
„Die Liebhaberey ist überhaupt eine närri- 
sche Sache. Man erzählt, dass, als Da- 
mians hingerichtet wurde, der Nachrichter 
einen vornehmen Herrn unter aeine Pro- 
tektion genommen und den Umstehenden 
zugerufen habe: Place pour Monsieur, il 
est amateur." — (Wir schreiben buch- 
stäblich ab 1 ) Der Verf. besucht nun die 
Oper und findet sich „noch mehr, wie je- 
mals" getäuscht Nun denke man sich die 
Schilderung! Endlich wird's Nacht, man 
hört eine Serenade — wieder ganz 'was 
Entsetzliches! Und „ein Glück, wenn nicht 
alle betrunken sind* etc. Militärische und 



Digitized by Google 



685 J 8o5. 

I ♦ r 

Volks-Musik — immer wieder nichts bes- 
te rs ! Endlich, Musik in kleinem Zirkeln 
— ja» da kömmt man erst schön au! 
»Hier geht es, wo möglich, noch schlim- 
mer au, als in öffentlichen Konzerten.* Ey 
du lieber Gott ! Was ist dazu zu sagen, 
ausser dass man den wohlgesinnten Verf. 
bedauert, dass er unter solche musikalische 
Huronen gerathen ist» und dem Himmel da- 
bey von Herzen dankt , weil er dieses 
ihr Land so klein gemacht oder doch so 
verborgen hat, dass es andern Leuten gar 
nicht bekannt worden ist? Es giebt zwar 
an andern Orlen auch manche von den 
Thoi heilen und Verkehrtheilen, die der 
Verf. rügt : aber in dem Maasse und so al- 
leiuherrscltend — : nein, bis dahin sind nur 
jene verruchten Seelen versunken ! vollends 
wenn man no<h dazu nimmt, was der Verf. 
in der Folge bey bringt, ungeachtet er sich 
«elbst zugerufen hat: „Doch weg mit die- 
aem traurigen Gemälde!" Das Gemälde 
gehet nämlich — wie das nun mit einge- 
wurzelten üebeln ist — noch nicht weg; 
sondern nachdem sieb „ Fehler der Erzie- 
hung von der einen, und Geiz von der an- 
dern Seite"* präseutirt haben als Quellen des 
allgemeinen Verderbens: so gehet der Verf. 
noch manchen Sündern zu Leibe — i. B. 
„den pedantischen Schulinonarchen , * denen 
„die lingua lalina, das graeoum , hebraicum 
etc. die Pfeiler des Staats* sind; deu stüm- 
perhaften Dilettauten, zu welchen sich «die 
zaubern Musikanten gesellen, denen das Can- 
tores amant humores ein willkommener 
Spruch ist, und die mit dem Instrumente 
auch den Menschen bey sch Ii essen * .— 
Diese verfuhren denn die Liebhaber zu 
entsetzlichen Dingen „und bringen ein Ende 
bei bey, dass xuna die Liebhabet ey der 
Kunst verfluchen muss." Au diese 
Grundsäulen des Jammers schliet&rn sich 
noch andere an, die „unserm Pubiico die 
helle Brille Vorhallen- 



July. 686 

Doch endlich entschliesst »ich der Verf., 
nach der Zuchtruthe des Gesetzes, das Ocl 
des Evangeliums zu reichen — oder} sein 
Bild herzustellen i er stürzt sein elegisches 
Konterfey um, und versucht es, ein solches 
zu bilden, «das uns über das Schicksal der 
Tonkunst völlig beruhigt.* Wir schöpfen 
wieder Odem, und erstaunen, dasa ihm das 
herkulische Werk so leicht wird. Denn, 
wie wir sehen , brauchte er ja nur den 
Spiess geradezu umzukehren — z. B. wo 
er vorher gesagt hatte: der Organist spielt 
Hopser, zu bemerken: er spielt (in Zu- 
kunft nämlich ) keine Hopser ! Der Kon- 
zertdirektor giebt vielerley: nun giebt er ei- 
nerley etc. So macht es denn auch Hr. 
Grosheim. Ungeachtet nun in diesem Theile 
des Büchleins nichts vorkömmt, was sich 
nicht von selbst verstände, und was irgend 
Jemand, der nur je mit Menschenverstand 
an Musik nnd deren Anwendung gedacht 
hat, unbekannt aeyn könnte: so ist doch 
hier einiger Nutzen — wenigstens möglich, 
indem an manche gute Weisung wieder er- 
innert wird. Dasa nicht auch hier noch' 
manches Wunderliche niitunteiliele; dass 
nicht auch der Verf. , wie er oben vieles 
angegiifTen hat, was man an keinem nur 
eiuigermassen gesitteten Orte findet , nun 
hier auch manches wünschte, was an den 
ineisten langst erfüllt ist — das erwartet 
man, nach dem Vorhergegangenen, wol oh- 
ne unsere Erinnerung. 

Wir wünschen sehr, dass Hr. Grosheim« 
der so vieles schwatz siebet, was wahrlich 
nicht schwarz ist, nicht etwa auch in dieser 
Anzeige irgend etwas suche, was seine in- 
nere Verstimmung vermehren könnte, son- 
dern vielmehr, dass er diese selbst daraus 
erkenne, sieb davon befreye, nnd als prak- 
tischer Lehrer mit Glück ausführe, was er 
als theoretischer mit Unglück darzustellen 
bemühet gewesen ist. 



Digitized by Google 



687 i8o5. 

Hymne — Gvltluit, dir sey Preist und Ehrt! 
etc. für vitr Singstimmen mit Begleitung 
des Orchesteri, von W. A.- Mozart. Par- 
titur iVo. 3. Leipzig, bey Breilkopf und 
Härtel. (Pr. 1 Thür. o Gr.) 

Diese vortreffliche Hymne Mozarts, wel- 
che «gewiss, schon in vieler Hau den seyn 
wir«) — Ree. hatte selbst eine Kopie mit 
einem andern Texte, und einigen kleinen 
Abänderungen — verdient einen vorzügli- 
chen Platt unter den Prachtstücken eines 
jeden Kantors oder Musikdirektors. Dies 
geistreiche und energische Werkchen muss 
zwar stark besetzt werden, denn ausser den 
Klarinetten das Stück geht aus D dur — 
sind alle übrige Inatrumente dabey; auch 
-verlangt der prachtvolle, glänzende Charak- 
ter des Hauptchors oine etwas starke Be- 
setzung; es können jedoch im Notbfalle 
die Posaunen — so herrlich ihre Wirkung 
hier ist, ganz besonders in einigen gewalli- 
gen, fremdartigen, originellen Eintritten — 
mit einigen kleinen Abänderungen, wegblei- 
ben.. Uebrigeus ist die Ausführung sehr 
leicht. — Nach einem früher herausge- 
kommenen Klavierauszuge zu urlheilen, hat 
die Partitur durch einen verbesserten Text 
besonders an Brauchbarkeit gewonnen, wie 
auch. durch einige Abänderungen am Schlüs- 
se -— Das ganze Stück hat das eigentüm- 
liche Gepräge des grossen Kunstgenie's, 
welches jedem Kunstkenner und Kunstlieb- 
haber Bewunderung abdringt, und ihn auf 
seinen. Pitiigen mit empor reisst. Der 
gross angelegte Plan , die durchaus gute 
Haltung und Einheit der kombiotrten Ge- 
danken, der stets interessirende Hermonie- 
strom und die von Herzen und zu Herzen 
gehende Melodie, das — dem Anscheine 
nach — Unberech riete, und nur im Augen- 
blick einer religiösen Begeisterung Ueber- 
•trömende — : das cbarakterisirt auch die- 
ses herrliche Kunstprodukt des grossen 
Mannes. — Ein erhabenes Adagio maesto- 



July. 6S8 

- 

so macht die Einleitung und Begleitung de« 
Chors, der sich dem Altar der Gottheit uä- 
heit mit dem Ausruf: Gottheit, dir 
»ey Preiss und Ehre! Darauf folgt ein 
feuriger Satz, der sich allgewaltig in seinen 
Harmonieen empor schwingt. Sodann tritt 
ein freundliches Allcgretto auf der Domi- 
nante ein. worin die beyden tiefen Stimmen 
mit den hohen wechselsweise Solo- Partieen 
im sogenanuten französischen Duettenstile 
haben. Ein einfacher, aber — besondere 
nach jenem Prachtstück — äusserst rühren- 
der Herzenserguss ! — Der Chor greift 
endlich wieder ein und endet mit einem, 1 
dem ersten, bis auf einige schöne Wendun- 
gen, gleichen feurigen Satze, wodurch das 
Ganze seinen Zweck völlig erreicht, und* 
sich vortrefflich in sich selbst abrundet. — 
Kaum wagt es Ree. bey den Solostellen 
S. 35 und a6. 



Tenor. ^ v Sopran«. 

















dei.nei 


- HuW 


V 






- treu- 


en etc. 



zu wünschen, das« entweder nur Eine Stim- 
me diesen Gedanken zusammenhängend vor« 
trüge, oder auch zwey Stimmen zugleich. 
Auf dem Theater, wo mehrere Sänger sich 
wechselsweise in- die Rede fallen und die 
Aktion es begüustigt, können solche Stellen 
nicht auffallen ; allein hier erinnert es nur 
allzuleicht an das gemeinschaftliche Beten 
mit lauter Stimme, wo man bald eine 
Stimme wegbleiben, bald eine andere eintre- 
ten hört« Doch will sich der Ree. hiermit 
keine Kritteley zu Schulden kommen lassen, 
sondern nur ein leises Wörtchen zn sei- 
ner Zeit für solche Musiker gesagt ha- 
ben , die auch auf Kleinigkeiten Rücksicht 
nehmen. 



Digitized by Google 



689 



1805. July. 



690 



Nacrkicrtsh. 



Wien, den 5ten July. In den Som- 
mermonaten sind unsere musikalischen Neuig- 
keiten gewöhnlich nicht von Bedeutung. 
Die Sclwupanzigschen Augartenkonzerte sind 
nun auch eingestellt, vermulhlich weil sie 
*u geringe U Uterstützung fauden. In der 
letzten Akademie horte ich einen Herrn 
Raischel ein Violtisches Violinkonzert recht 
hübsch vortragen. Dieser junge Mann hat 
einen sehr angenehmen Ton , eine grosse 
Leichtigkeit des Bogens, und spielt nett und 
rein. Wenn ihm eine fortgesetzte Bemü- 
hung noch grossere Sicherheit in den 
schwierigsten Passagen geben wird, kann er 
es »ehr weit briogeu. Eine solche Er- 
scheinung muss um so willkommner aeyn, 
da man der eigentlichen Virtuosen auf der 
Violin hier nicht sehr viele zahlt. 

Das Hoftheater gab eine neue italieni- 
sche Oper mit Musik von Fioiavanti : die 
gebesserte Eigensinnige. Der Text ist wirk- 
lich albern genug. Die Schöne bringt gleich 
einen Liebhaber zu ihrem Verlobten mit, 
verkleidet sich als Zauberin, und treibt eine 
Meuge unsinniges Zeug. In der Musik sind 
manche hübsche Stellen; sie ist nicht ohne 
Werth, weou man den von Gölhe für Italien 
jüngst aufgestellten Maassstab annimmt) wel- 
cher nur den Reiz fürs Ohr, ohne Bezug 
Auf geistige Kräfte, berücksichtiget. Nach 
unserer Schätzungsweise aber, insoferue 
nämlich auch Geist und Gewülh angespro- 
chen werden sollen, hat sie wenig Ver- 
dienst. Mad. Bulla, welche darin zum ersten 
Male auftrat, hat ein freyes, gewandtes 
Spiel, und eine schöne, biegsame Altstim- 
me, die einigermaassen dem Tone un- 
sers Cresceotini ähnelt, Manche der Ver- 
zierungen, womit sie nach italienischer 
Sitte ihren Gesang reich ausschmückt, ge- 
lingen ihr sehr gut ; nur selten m issglückt 



eine Stelle. Sie gefiel und wurde heraus- 
gerufen. 

Gaveaux's kleiner Matrose kam auch 
wieder auf dem Hoftheater zum Vorschein. 
Wie Spiessens Alter Ueberall und Nirgends 
erstehen bey uns die vergessenen alten fran- 
zösischen Operelten wieder aus ihren Grä- 
bern, und werden so aus einer gewissen 
Ehrfurcht noch geschätzt. Indessen hat 
auch jene Operette manches Artige, und 
der kleine Malrose wurde von Dem. Eigen- 
salz recht gut gespielt. Gesungen ? Nun, 
eben nicht am vorzüglichsten ! Es fehlt 
noch immer Sicherheit und reine Into- 
nation. 

Im Theater an der Wien sahen wir ei- 
ne ueue Zauberoper: Swetards Zauberthal, 
mit ganz ungemeiner Pracht an Dekoratio- 
nen und Kleidungen aufführen. Der Ver- 
fasser des Textes war nur mit einigen Buch- 
staben bezeichnet, aber alles rielh auf Scbi- 
kaueder, und wie ich glaube mit dem voll- 
sten Rechte. So wenig sich auch der Dia- 
log oder die Versifikalion nnr im geringsten 
loben lässt, so viel Theatcrkriintniss ist 
doch überall sichtbar, so glücklich sind 
manche Situationen auf Wirkung und musi- 
kalische' Behandlung berechnet, so gut ist 
endlich alles fürs Auge gruppirt. Dass 
Schikaneders Opern diese Vorzüge besitzen, 
an denen nun freylich das dichterische Ta- 
lent geringen Antheil haben mag, darin 
liegt die Ursache, warum sie, wenn ihnen 
eine gute Musik zu Theil wird, doih oft 
gefallen, wenn im Gcgenlheile die Opern 
sonst geistreicher und verdienter Dichter, 
bey aller Ausarbeitung des Dialoges uud al- 
lem Reize des Versbaues, doch völlig k«ilt 
lassen. Die Musik von Fischer zeigt von 
einem bedeutenden-, hoffnungsvollen Talente, 
und vieler Kunstkeonlniss. Die Oper be- 
steht beynahe durchaus aus vielstimmigen 
Stücken; sie sind fast alle melodisch, geist- 
voll, und charakteristisch entworfen, und 



Digitized by Google 



69 1 1805. 

reich begleitet. Nur in wenigen Stellen 
kann man Ueherladung tadeln, uud hier und 
da eine Rrinuiseena bemerken. Ausgezeiih- 
nel ist ein Quintelt itn eisten Akte, wo 
Swetard iu «einer Zauberhöle zu den Göt- 
tern fleht, während auf der andern Seile 
des Theaters die Elemenlargeister , um 
das Grabmal seiner Tochter schön grup- 
pirt, sie ins Leben zurül-krufeu; dann ein 
Terzett im zweyten Akte , von dem 
Chore begleitet und unterbrochen. Fi- 
scher hat «war vier Höroer, zwey Trompe- 
ten, zwey Posaunen und noch eiue Harmo- 
nie auf dem Theater benutzt, aber mit lo- 
benswei'lher Mässigung. Er fahre auf die- 
sem Wege fort und der Uubefangenen ßey- 
fail wird ihm nicht entgehen. 

Baron Braun wird nächstem aus Paris 
zurückkommen. Man versichert hier allge- 
mein, er werde Cherubini mitbringen, der 
sich zwey Opern für das hiesige Theater 
zu schreiben verpflichtet habe. Cherubini 
wird hier, wo man seine Werke ausseror- 
dentlich liebt, gewiss höchst ehrenvoll em- 
pfangen weiden. 



Magdeburg, im July. Es ist wenig, 
und noch dazu wenig Erfreuliches, was ich 
Ihnen auch diesmal von dem Musikzustaudt- 
unsrer Stadt zu melden habe. Das Opern- 
personale beym Nationalthealer ist sehi 
spärlich besetzt : wir behelfen uns schon 
lange ohne einen ersten Liebhaber. Liegt 
dies daran, dass die prima Donna nicht lie- 
benswürdig genug ist? — Ich weiss es 
nicht. — Grössere Opern, wie der Wassei- 
tiäger, die Entführung, in welchen beyden 
Hr. Weizraann aus Berlin vorigen November 
hey uns auftrat, dürfen wir jetzt gar nicht 
mehr erwarten. Hr. Unzelmann, der sich 
im vorigen Monate einige Wochen bey uns 
aufhielt, konnte sich daher auch nur im 



July. 692 

Sonntagskinde', Zinngiesser, dem Geheim- 
nis etc. und als Kapellmeister in dem be- 
kannten Intermezzo zeigen. 

Unsre Öffentlichen Konzerte waren im 
vergangenen Winter unbedeutend. Die Ge- 
sellschaft , die sich zu denselben auf der 
itessource — von Militaira und höhern Ci- 
vilpersoneii , — und auf der Harmonie — 
von Kauf.eutcn, — versammelte, schenkte 
der Musik im Allgemeinen zu wenig Auf- 
merksamkeit und Theilnahme. Mau ging 
bloss der Gesellschaft und des Abendessens, 
auch wol des nachher folgenden Tanzes we- 
gen hin. — Unsre, im vorigen Jahre auch 
durch öffentliche Bläller bekannt gewordene 
Natursängerin , Dur. Lampe, fand in der 
letzten Zeit wenig Bey fall mehr. Die mei- 
ste Aufmunterung erhielt und verdiente auch 
wol der hoffnungsvolle junge Violinspieler, 
Hr. Feska, ältester Sohn der, ehemals als 
Dem. Podoleska bekannten Schülerin Hilleis, 
welcher uns aber gegenwärtig, um au einem 
andern Orte «ich mehr zu bildeu, verlässt« 
— Die hiesige Revue am Ende Mays ver- 
einigte auf ?iue Woche eine beträchtliche 
Anzahl von Musikern der Regimenter in 
unseru Mauern, aber Niemand war, der 
diese Gelegenheit zu eiuera recht brillanten 
Konzerte benutzt hätte, so wie vor zwey 
Jahren unser seitdem verstorbener 1'itleHm, 
der im Theater Haydtis Jahiszeileu gab. 
Unser jetziger Mangel an Saugern mochte 
wol daran Schuld seyn. Ks wird freylich 
wenig gelhan, um diesen zu ersetzen, und 
•las Publikum selbst scheint sich nicht sehr 
ihr die Sache zu interessiren. Schoo vor 
einigen Jahren hiess es, es sollte eine Sing- 
akademie nach dem Muster der Berlinischen 
hier errichtet werden ; und an den Bemü- 
hungen eines der ersten und vereintesten 
Männer unsrer Stadl lag es wenigstens nicht, 
wenn die Freunde, besonders religiöser Mu- 
I sik, darauf vergebens warteten. Doch ist 
I den ieUteven seit Ostern eine andere sYrett- 



Digitized by Google 



I 



693 

de geworden, die sie auch grossentheils 
demselben verdienten Manne verdanken. 
Wir haben nämlich ein neues Gesangbuch 
erhallen; eine Sammlung von Liedern, die 
gewiss den besten jetzt vorhandenen an die 
Seite gesetzt werden kann. Nun soll auch 
der Gesang in den Kirchen verbessert, die 
alten zum Theil korrumpirlen, oft in ver- 
schiedenen' Kirchen verschieden gesungenen, 
Melodieen revidirt, und einige neue einge- 
führt weiden. — Hiervon in der Folge ein 
M obreres. 



Einig* Worte Über die ApplHatur beym Choral' 
tpitl auf der Orgel und auf dem 
Pianoforte. 



Ungeachtet ich sehr gut weiss, dass ich 
jetzt dem geübten Spieler nichts Neues sa- 
gen werde, so halte ich einige Bemerkungen 
über den angezeigten Gegenstand doch nicht 
für zwecklos, indem theils gewiss ein gros- 
ser Theil der Leser dieser Zeitung die Mu- 
sik nur als Nebensache betreibt und ihnen 
daher eine Bemerkung neu und nöthig «eyu 
kann , welche dem Kenner langst bekannt 
ist, theils weil mich die Erfahrung gar zu 
oft überzeugt hat, dass selbst sonst nicht 
ungeschickte Spieler doch gerade in die- 
sem Punkte häufig und recht auffallend 
fehlten. 

Man irrt sich sehr, wenn man glaubt, 
eine Applikalur, welche in geschwinden, 
lebhaften und brillanten Sachen vielleicht 
•ehr gut und brauchbar 'ist, sey eben so 
anwendbar bey langsamen, gezogenen und 
enge verbundenen Stellen. Ith mochte im 
Gegentheil fast sagen, ein jedes musikali- 
sches Genre, eine jede Setzart, eine jede 
Leidenschaft verlange etwas Eigenes in 



69* . 

der Applikalur; wenigstens muss die letzte- 
re unaufhörlich nach den Empfindungen 
des darzustellenden Salzes modifkirt werden. 
Ich kann mich bey dieser Gelegenheit nicht 
enthalten, allen angehenden Musik- und vor- 
züglich Klaviermeistern eine Wahrheit einzu- 
schärfen , welche wol ihre volle Beherzigung 
verdient : Es ist nicht genug, dass dem an- 
gehenden Spieler im Allgemeinen und über- 
haupt die Regeln der Fiugersetzung beyge- 
bracht werden, sondern eine Hauptsache 
dabey ist, diese Regeln dem Ausdrucke der 
verschiedenen Empfindungen auf eine vor- 
teilhafte Art anzupassen; nicht den 
Ausdruck der Pinger s e tz ung aufzu- 
opfern. 

Unter allen Fehlern beym Choralspiel 
ist einer der wesentlichsten — Mangel 
au Zusammenhang der Töne unter 
sich; oder Mangel au engem Anschtiessen 
des einen Tons au den andern, vorzüglich 
in der Melodie. Wie unangenehm würde 
es nicht seyn, wenn ein Sauger auf jeder 
Sylbe Ajthem holen wollte ! Und doch be- 
gehen gerade diesen Fehler viele Spieler 
durch das häufige Absetzen zwischen den 
Tönen der Melodie. Was mag sie dazu 
verleiten?' Ueberhaupt wol Mangel an Ge- 
schmack, aber auch vorzüglich eine falsche 
Fiugersetzung. Es fehlt ihnen au Kenutniss und 
Gewandheitim stillen Einsetzen oder im 
Wechsel zweyer Finger auf Einer Taste, 
ohne doch den Anschlsg su wiederholen. 
An jeder Stelle , wo dieser Wechsel wegen 
Mangel au vorrälhigen Fingern zur folgen- 
den Note, und um sio mit der vorherge- 
henden eng zu verbinden, nöthig ist, darf 
er ja nicht verabsäumt werden ! Dieses 
stille Einsetzen ist dem Unter- und 
Ueberschlagen der Finger, und dem Fort- 
rutschen derselben Finger auf die nächsten 
Tasten bey langsamen Stellen, wo man in 
der Fingersetzung wählen kann, weit vorzu- 
ziehen. Es ist hier nicht der Ort, die« 



1805. July. 



Digitized by Google 



695 



1805. July. 



696 



durch Beyspiele weilläuftiger darzuthun; ich 
beschränke mich bloss auf das Choralspiel, 
wo es unerlässlich ist. Da ich aber be- 
fürchten muss, bey alle meinem Bestreben 
doch in dem Gesagten Manchem noch nicht 
ganz deutlich gewesen zu seyn: so gebe ich 
auch hier noch einige Beyspiele in Noten, 
so wie sie mir gleich vorkommen, zum Be- 
sten, aus deren angemerkter Fingersetzung 
man die weitere Erklärung ziehen, and die 
fernere Anweuduug machen wird. 



AS , 





Eben so muss man bey der Orgel auf 
dem Pedale in den nöthigen Fällen den ei- 
nen Fuss an den Ton einsetzen, welchen 
der andere Fuss tritt, noch ehe er aufgeho- 
ben wird, um die Töno mehr zu ver- 



Friedrich Guthmann. 



K l R z tl Anzeige. 



Klopstocks Auferstehungsgesang nach der Bear- 
beitung im neuen Meklenburgischen Gesang- 



buche für vier Singstimmen und Orchester' 
begltitung in Musik gesetzt und Ihro Durch- 
taucht der regierenden Herzogin von Meilen- 
burg- Schwerin — — gewidmet von Fried- 
rich Heins, Mtklenburg- Schwer mischtm Kam- 
mermusikus. Leipzig, bey Breilkopf und 
Härtel. <Pr. 8 Gr.) 

Hr. Heine ist als ein schätzbarer Kom- 
ponist für den Gesang schon durch Lieder- 
sammlungen u. dgl. bekannt. Das: Aufer- 
stehn , ja auferstehn wirst du — ist im 
Charakter so gut, wie bey Graun, getrof- 
fen, und hat hier wol noch etwas mehr 
Schwung und Energie; auch konnten hier, 
wo die Strophen einzeln gesetzt wurden, 
einige Abweichungen der Verse genauer be- 
handelt und in Absicht auf Deklamation 
sorgfältiger angepasst werden. Die Einrich- 
tung ist sehr bequem: das Lied kann bloss 
vierstimmig , dann vierstimmig mit Orgelbe- 
gleitung, endlich a*üch mit allen edlem In- 
strumenten des ganzen Orchesters unterstützt, 
vorgetragen werden. Die Behandlung der 
letztern beweiset einen erfahrnen Musiker, 
Referent hat es auf letzlere Weise aus- 
führen lassen , und die Wirkung war sehr 
schön. 



Auflösung der musikalischen Charade in» 
vorhergehenden Stück. 

8pielleute. 



LEIPZIG, 111 B . r ukd Hiarii.. 



Digitized by <saOOgle| 



A L h'OEM EINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG, 



RxCBUtlO*. 



II;'!:« 



■ ■ ! 1 l .- i . , l .1. . J ; 

Den3i««July. : N=. ÄA. 1 : :, V 1805. ' 

- — : : , . 1 ;--.. !' 1 > J- . ,1 

» .. . •• ' . j d.i. ' ' ' - ■ • 

gefahr die erate Hälfte de« Bucht, wegen 
»manches wenn- auch nicht neuen, nicht 
liefen*}, doch hellen udd .treffenden Gedao- 
-keua., /lebendig, . kräftig b od oft «igeothttn^- 
lich'auagr «prochen, ^gedruckt zu werden ver- 
diente} und su loben finden wir auch, da« 
der Herausgeber in diesem Theile de« Bucht 
an dorn' swair oft ausschweifenden und un- 
regdmässigen , aber, auch blühenden, charab- 
.•eristiechen Stil den Ver& nichts ' äderte, 
sondern, die Aufsitze gab, wie isie waren, 
mit allen ihren jugendlichen Thorheiten ur/d 
Vorzügen. Die sweyte, zum Glück, klei- 
nere Hälfte des Buchs tat aber desto jniss- 
ratuener. Eine erhitzte, nicht einmal hitzr- 
ge> Phaolaaie .treibt da ihr poetisches und 
prosaMohe« Unwesen mit Prinzessinnen, mit 
Grazien, mit Griechen, .mit Plenen aar to- 
talen Reform der ganzen Welt , mit Schel- 
sen auf. alle*, was diese nun eben in sich 
hält, und dgl. Da die Au&ätze in keiner 
Verbindung mit einander stehen und mithin 
<das Werkcban so leicht getheilt werden 
koBfale,,, hätte es auch getheilt und jene« 
EnteteJUende durchaus weggeworfen werden 
sollen. — » Wir wollen unsern Lesern ge- 
naue Rechenschaft von dem seltsamen Buche 



Musikalisch* Dialogin , oder fhUonphUcht t/n- 
- urrtdungtn btruhmttr Gelehrttn, Dkhtsr und 
Touktinstltr übtr den Kunst gvetynack in d*r 
Musik. Ein Nechlast von titinst t Vtrfasstr 
des Ardin ghtUo und ('dar) tiiidtgard von 
Hohwthal. Leipzig , bey Heinrich Griff, 
l3o5, (Pr. t6 Gr.) - -• Ji ; » ) 

. • • •• . ••' i! . i', . i' 

Mao Eennt und achtet den geistreichen, 
feurigen Verlasset- des Ardinghello und der, 
wenn auch weit schwachem , doch ebenfalls 
schätzbaren Hildegard, viel zu »ehr., als 
dass man nicht anit Eifer auch nach, dieser 
seiner Schrift greifen sollte. Aber schon ! 
die Vorrede des Herausgebers (Arnold ken- 
net er sich) schlägt manche Erwartung , dar- 
nieder. Heiuse wurde nicht etwa durch 
der» Tod an der Vollendung des Bucha ger 
hindert, sondern schrieb eis schon »776 ode* 
«777. Seitdem haben, «ich aber .nicht" nur, 
«-wie der Herausgebor bemerkt, die Ansichten 
-der Kunst überhaupt v and der Tonkunst 
insbesondere, sehr geludert, sondern auch 
•diese Kunst selbst ist, , vornehmlich in 
»Deutschland, und vor allem die fr eye 
,Kunat der Inahumeutaimüiik,<«u ferner Hohe 
< gehoben worden, die Heina«, datnala noch 
nicht ahnen konnte 4 10 diu nicht nur, 
was er in diesem Betracht tadelt und 
schilt, fast gar nicht mehr vorbanden, son- 
dern auch, was er wünscht, von den heilen 
der« spatern .iVlusiker ü b e r t roXf e o worden 
■ ist . Denn och 'bleibt .zuzugestehen, dass, un- 
7. Jaurg. 



geben. . * 

». • ' i " i i»' • ,\ t t. 

Hemse fängt sejbat mit einer wunderli- 
chen- Vorrede au, wo er mit dem Publikum 
darüber kwmplimeutirt und zankt, dass er 
kaum zwahzig Jahre alt sey und- doch schon 
schreibe. Ifir ; läset sich von den Lesern 
roancherfey Kluges und Albernes repliciren. 
-(Wie loomuxeu aber hier Fichte und Scble- 

44 



Digitized by Google 



699 

gel in Erwähnung? Da hat denn doch der 
Herausgeber, ungeachtet feiner Prolestalion, 
(lie Uand nicht von der Tafel hallen kön- 
nen. Indes«, jene Männer werden auch nur 
genannt!) In Heinsens Dupliken findet man 
einzelqe, doch nur wenige Fuuken von Ar- 
dioghelloV Geiste, und fast allein sein hef- 
tiges Ansireben gegen das, Was Sitte heisst 
— man weiss aber, was alles Heinse unter 
diesen Begriff' d ringele; und jene leiden- 
schaftlich« Huldigung der Natur — da» 
Wort ebenfalls . in Heinaess Sinne genommen. 
Uebrigens, und besonders für den -wissen^* 
achaftlichen Zwack des Bucha, ist dieser 
dialogisirte Vorbericht unbedeutend. 

Den ersten Dialog fuhren J. J. Roneseau 
und Jomelli. Heiuse giebt , erat wieder 
eine Vorrede, und «war eine t beeret isirende. 
8. 29. folgg. «Der Hauptentzweck der 
Musik ist die Nachahmung oder vielmehr 
Erregung der Leidenschaften. Aus der Er- 
fahrung weiss man, dass die Melodie das 
meiale dazu beytragt. Die Melodie, muss 
folglich etwas Aehuliehes von den Lekleni- 
sohaften in sich haben ; und worin- dies 1 
Achubcbe bestehe, . muss ein musikalisches 
Genie wissen. Diese Wissenschaft kann 
ihm unmöglich 1 angeboren werdeu } man , 
anuss sie also aus Erfahrung lernen. (Wir , 
referiren mit des Verf. Worten; juato sisbet, 
dass sie bey weitem- nicht bestimmt' genug 
sind, aber doch auch, was er will.) 1 Wie 
dieses an bewerkstelligen sey, glauben nuane 
Theorieenmacher der schönen Künste und 
Wissenschaften vollkommen au wissen. 
Darum geben sie Kegeln; und diese schreibt 
Einer vom Andern ab." (Dies soll zu-, 
nächst die Franxoeedi und Sulzer und j 
: Ramler . treffen.) Die vornehmste dieser' 
Regeln soll, nach Heiuse, vorschreiben, 
man müsse sich Melodieen suchen in den 
gewöhnlichen Aeusserungen der Menseben, 
in der Deklamation deren , die «ich in Lei- 
denschaft befinden. Das predigte Aous- 



7OO 

seau, Diderot, Ramler, Mendelssohn — — 
( Man wird die Zeit nicht vergessen, in 
welcher dies geschrieben wurde, und wo 
Heiuse die deutschen Manner nicht kennen 
könnte, die dies uchwankende, ungefähr zu 
gleichen Theilen wahre und falsche Raison- 
Dement wegwarfen, und mit unverkennbarem 
Erfolg etwas Festes, Konsequentes und tie- 
fer Greifendes au seine Stelle au setaen be- 
mühet waren. Uebrigena stellet Heinse daa 
System dieser Mauoer weuigstens eben 
so schroff und hart dar, treibt es eben so 
'hoch hinauf hie* zu seiner stumpfen Spitze,' 
wie Kant das System der Eudämonisten. Frey- 
lich wird es dann um so leichter, sie ganz 
schlecht zu machen!) Gegen diese ängstli- 
che , gleichsam beklommene , pedantisch 
rechnende ' Musik der damaligen französi- 
schen Musiker und Philosophen, so wie ge- 
gen die, letalem nachsprechenden, deutschen 
Kunstrichter Jener' Zeit — denen aber be- 
kanntlich die italienischen Künstler immer, 
und einige der deutschen schon dainala ent- 
gegentraten, nicht 'durch Theorieen, sondern, 
wie es ihnen ankam, durch Kunstwerke sel- 
ber t gegen diese Musik und Kritik Usst 
Heinse nun sehr gut den genialischen , küh- 
nen , allen Zwang einseitigen Regelwerks 
verachtenden Jomelli aufstehen. Jomelli hat 
eben keine schwere Arbeit, das ihm vorge- 
legte Aggregat halbverstandener Reflexionen 
zu Widerlegen $ er würde aber schwere Ar- 
beit haben, wenn er alle die zugespitzten 
Sophismen und rhetorischen Ergüsse Rous- 
seau'* ans dem Wege räumen sollte, die 
dessen Wörterbuch, die die Heloise etc. — • 
die eher dieser Dialog nicht enthalt. Was 
hingegen Heinse Rousseau'n hier vorbringen 
lüsst, widerlegt oder berichtigt Jomelli 
ziemlich gut; wobey jedoch anzumerken ist, 
dass Heinse daa Beste und ihm Eigcnthüm— 
liehe, was hier vorkömmt, schon in seine 
Hildegard aufgenommen hat, und dass es 
ihm hier, so wie in diesem ganzen Buche, 
an der eigentlichen Kunst des Dialogisireos 



1805. July. 



• 1 

■ 

Digitized by Google 



701 1805. 

gänzlich gebricht. Die Redenden sind zwar 
ziemlich getroffen, und besonders iat es 
Rousseau, aus seinen Schriften; aber ihre 
Meynungen und Urtheile entwickeln sich 
nicht über dem Sprechen, sondern jeder 
sagt sie nur aus auf Veranlassung von 
dem Andern. 

Der ganze Gang der Unterhaltung kann 
hier nicht wiederholt werden, besonders da 
er so oft abschweift und nicht überall fest- 
gehalten ist ; die Resultate sind folgende. 
Das Genie arbeilet nach Regeln, aber nach 
unbekannten. Der Musiker weiss, diese 
Melodie wird die Wirkung thun , die er 
beabsichtigt: allein, er weiss nicht, warum? 
— Die Wunder der Tonkunst lassen sich 
weit eher aus der Wirkung des Tons der 
Nerven des menschlichen Körpers erklären, 
(wie Mendelssohn versuchte,) als aus den 
Accenten der Sprache, (wie die Franzosen 
behaupteten). - — Die Natur schafft musi- 
kalische Genies und giebt ihnen die feinste, 
vollkommenste Sinnlichkeit, das allorzärllich* 
ato Ohr (und das empfindlichste Herz). 
Aus diesen Quellen allein schöpft der ge- 
nialische Künstler. Regeln thun nichts, es 
anüsste denn die einzige gegeben werden : 
Studire die Natur der Töne und die Wir- 
kungen, welche die verschiedenen Verbin- 
dungen derselben auf das menschliche Herz 
naacheu. Auch die Regeln der Harmonie 
liegen schon in der Natur, und sind darum 
•o leicht zu begreifen, dass blosse Erfah- 
rung hinreicht. — — Von den abschwei- 
fenden, aber meistens feinen Nebenbemer- 
kungen wollen wir nur die eine anführen, 
die Rousseau macht. Er meynt : ebeu 
daraus , dass der Musiker so gar wenig in 
•ich hinein zu bringen brauche, um in sei- 
ner Kunst ausgezeichnet zu seyn, erklär« 
•ich» wol auch, warum so viele vorzügliche 
Ton künstlet' (Er druckt's noch allgemeiner 
aus,) ,.•<> »ehr dumme Menschen" waren; 
aber Jomelii widerspricht, und findet, — 



July. 702 

was .auch unsre Meynung ist die Be- 
merkung selbst beruhe auf einer Täuschung, 
indem wir das, was Viele Virtuosen (und 
Komponisten) nur durch Gewöhnung von 
früh an besitzen, was sie andern abgehört, 
auswendig gelernt, aber gut eingeübt haben, 
(so wie das Analoge in der Komposition,) 
für Produkt ihres eigenen Geistes nehmen, 
weil wir sie nur wenige Momente beobachten; 
würden wir sie oft hören, (oder viele ihrer 
Kompositionen sludiren,) so könnten wir 
uns nicht mehr so tauschen , und damit 
würde der r ganze Erfahrnngssatz hinfallen. 
Der „dummköpfige u Virtuos kann wirklich 
für den Augenblick interessiren , kann ver- 
gnügen, rühren, aber wie der Gesangvogel; 
entzücken, erheben kann nur das Genie. 

Der aweyte Dialog, zwischen einer Prin- 
z essin und Metaslasio, bewegt sich mehr in 
gewisser — lyrischer Unordnung; ist im 
Ganzen schwacher, aber Einzelnes darin 
doch «ich t ohne Interesse. Die Prinzessin 
hebt an mit einer sehr langen, pretiösen, 
bis auf lateinische Floskeln gelehrten Tirade 
über das Genie, über die Fürsten, über die 
Griechen, und endlich über den „göttli- 
chen" Metastasio, der eben im Dichten be- 
griffen und von ihr beobachtet ist. Sie 
pflückt ihm eine „ Helene unter den Rosen," 
und fragt, ob sie nicht schön sey. Der 
galante Poet versetzt : So war die Göttin 
von Papboe in der Phantasie unsrer Titiane; 
wie Sie hier mit der Rose in den Fin- 
gern stehen; allein sie konnte nicht so 
unbeschädigt aus ihren Köpfen , wie aus 
der Muschel auf Pap hos, ins Leben gehen. 
Die Prinzessin bestellet bey der Rose und will 
wissen, warum sie schön Sey? Das sollte 
sie sich, frey lieh von ihren Sinnen sagen 
lassen, und es ist schon recht, dass sie 
vom Dichter nichts rechts darüber erfahrt. 
Nach vielen wechselseitigen Komplimenten 
kömmt, die Prinzessin > auf "das Gedicht, das 
Metaslasio eben geschrieben habe und will 



Digitized by Google 



;c3 1805. 

es sehev; nach vielfältig«'» Bitten um Gnade 
und Erbarmuug gi«bt ei'* hin. (Es mag 
das.wol in Metastasio'* Charakter aeyn, aber 
im Charakter einer Prinzessin schwerlich, 
und -interessant ganz gewiss nicht.) Da* 
Gedicht besieht aus einigen artigen Zeilen. 
Nachdem die Prinzessin schon bey der er- 
sten gefunden hat, dass die italienische 
Sprache allein das. Uebermeuschlirhe, Gött- 
liche, im Tone etc., besitze, gehet sie die 
Verse. Wort für Wort durch, macht ent- 
zückt zu jedem. Anmerkungen, -and findet in 
jedem jene, so wie Metastasio*« Göttlichkeit, 
von neuem bewahrt. Jetzt endlich kommt 
Heinse zur Sache. Das Gedichlchen ist so 
musikalisch, dass der Komponist die Melo- 
die sogleich, finden rauss. Doch nein; viel- 
leicht ist gerade dies Ueberzarte, Reingeisti- 
ge am schwersten zu erhaschen und lest zu 
halten ? „ Das kann nur der Genius. " 
„Aber, auch er rauss dann noch bessern 
Und feilen.«' Das. will der Dame nicht ein- 
leuchten; der Dichter meynt aber, es müsse 
doch wol gescheiten, nur — mit Maass. 
Damit ist dies« wichtige 'Sache, zwar kurz, 
aber gar nicht gut, abgemacht, und die 
Prinzessin kömmt, für den Leser etwas zur 
Unzeit, und — wie es nun die Damen ma- 
chen — man weiss nicht wie, nicht warum, 
auf den etwas albernen, und freylich j?tzt 
als albern längst anerkannten Vorwurf, der 
der Oper von Seiten der nüchternen Natür- 
lichkeit gemacht wird. Man findet es lä- 
cherlich, meynt sie, wenn z.B. ein Alezan- 
der seine heroischen Entschlüsse absingt; 
aber nur eisköpfige Philosophen können das 
lacherlich finden. Ist den Grazien der Ge- 

• 

sang unnatürlich? — Wie' aber mit den 
menschlichen Helden? — ; Diesen ist das 
Singen nooh. mehr angemessen, als selbst 
den Göttern. 

Man siehet, ohne untre Anmerkung, 
dass auch dies« Materie halte« Sehr interes- 
sant werden kdaocn, wenu >om Prinzessin 



•JuJy. 704 

dabey gebliehen und der Dichter durch sie 
veranlasst worden wäre, tiefer einzugeben ; 
aber kaum hat er einige Wolle zu jenem 
letzten, etwas paradoxen Salze hinzugesetzt, 
so fällt sie plötzlich wieder mit der verzwei- 
felt naiven Krage ein: Herr Melaslasio, 
sollten wir nicht eben so weit in der dra-> 
malischen Kunst seyn, als die Griechen? 
Metastasio erklärt die Oper für das Höchste 
der diamalischen Kunst. Die griechisch« 
Tragödie war noch lauge keine Oper, meynt 
er; so wie der Gesang der Griechen höch- 
stens unserin llecilaliv sich näherte und ihm 
Instrumente uur diirflig begleiten konnten, 1 
obschon jene Nation in dieser engern Sphäre 
das Vollkommenste erreicht haben mag. E» 
wird nun allerley, schon hundertmal Gesag- 
tes von der Musik der Griechen beyge- 
bracht, wobey nichts auszeichueiiswerth ist, 
als die, in der That sehr verständige Ent- 
scheidung des Herüber und Hinüber von 
Meta»tasio: die neuere Musik ist ganz etwa« 
anders, als die, der Alten; sie können dar- 
um einander nicht zum Maassstabe dienen 
und alle Vergleichung zwischen ihnen ist 
lächerlich — ist es um so viel mehr, da 
wir von der Musik der Allen nichts mehr 
Übrig haben. ,. Aber die dramatischen Dar- 
stellungen der Allen blieben doch natürli- 
ch er.«« — „Das wäre erst zu erweisen." 
( Und würde es erwiesen : was wäre am En- 
de damit gewonnen?) Doih dem sey, wie 
ihm wolle, fchrt Metastasio fort; während} 
der guten AulTührung einer guten Oper 
glaubt man den wahren Alezander und dgl. 
zu sehen und zu hören : weiter kann nnd 
will Poesie und Kunst nicht«, und das ist 
•u oh vollkommen genug. Wer nun aber 
in < die poetische Well nicht versetzt 
werden kann , für den ist weder Kunst, 
noch Poesie. Er mag ein recht solider und 
verständiger Mann seyn t hier ist von ihn 
die Rede nicht weiter, und wir gönnen ihm 
den Ruh'm, dass er immer sich gleich blei- 
be, wie — ein Stein. „Wie gehet aber 



Digitized by Google 



7°5 '805, 

denn doch wunderliche Täuschung zu?" — 
,, Wo Natur ist, kann der Dichter und 
Touküustlcr die Uowahrscbeinlichkeit leicht 
•us den Köpfen der Zuhörer hin wegzau- 
bern; (S. ia5.) ja, sein Werk hört auch 
nie auf natürlich tu seyn, wenn er dasjeni- 
ge hinzulhut, was dem Natürlichen (Wirk- 
lichen) an Schönheit und Vollendung fehlt 
CS. i3u). M (Das ist allerdings gegründet 
und kann sogar befriedigen, wenn man sich 
alles das hinzudenkt, was Heins« sich hin- 
tugeducht haben mag, aber nicht hinzugesetzt 
hat; denn was er seinen Metaslasio darüber 
Weiter sprechen lasst, greift nicht in die 
Sache, sondern spielt nur, zum Theil artig 
and nicht ohne Geist, darum her.) 

Die manrherley Rathschlüge, die Heinae 
S. i5ü. fnlgg. den Operndichteni und Musi- 
kern geben Istsst, sind nicht neu, aber gut, 
nnd i.nmer zu wiederholen , da man sie 
noch nicht au fassen scheint, oder doch sie 
häufig vernachlässigt, obgleich nur auf die- 
sem Wege die Oper das wird, was sie 
werden kann und folglich werden sollte. 
Wenn er übrigens , beym Vergleich der 
Oper mit der griechischeu Tragödie, jene 
weit über diese stellt — selbst über die 
vollkommensten Ueberreste derselben: so 
brauchen wir nicht erst anzuführen, dass er 
in denselben Fehler verfalle, den er mit 
Recht oben an denen gerügt hat, die die 
alte und neue Musik zusammenstellen und 
die eiue um der andern willen herabsetzen. 
Auch dies sind ja zwey ganz verschiedene 
Gattungen; uud hört denn Minerva auf 
schön zu seyn, weil Venus es ist, und jede 
eine ganz andere? oder wird darum die 
eine nur weniger vollkommen ? Will man 
sie ja vergleichen und vergleichend examini- 
ten : so sollte das nur geschebn, um jede 
naher und genauer iu allen ihren Eigenhei- 
ten kennen zu lernen, uud eben dadurch 
sich den Sinn für beyde zu schürfen, den 
Geuuss an beyden zu erhöhen. 



July. 706 

Gut gedacht und gut gesagt ist, was 
man S. i54 folgg. über das Ideal oud das 
ewige Streben des Menschen nach demsel- 
ben — nach Winkelmann, der aber uirbt 
angeführt wird — findet; einseilig hingegen 
und missverstanden, was über die Darstel- 
lung der Karikatur, S. i36 folg., bey ge- 
bracht worden , und was hier besonders auch 
auf die komische Oper, und zwar in Ab- 
sicht auf Musik nicht weniger, als iu Ab- 
sicht auf Poesie, hatte angewendet werden 
müssen ; und was hernach gar gegen die 
„allzusehr verschönte Natur,*' gegen die 
„allzuhohe Vollkommenheit," die uns „zur 
Last falle, wenn wir sie nicht erreichen 
können," von Melastasio gefabelt wird, das 
ist gesprochen — nun ja, ungefähr wie 
Metaslasio im Tete- a- tele mit einer jun- 
gen, schönen Dame gesprochen haben 
mag, wo aber d aa Publikum nicht zuzuhö- 
ren hat. Werth ist es, von dieser Dame, 
Wie hier geschiehet, mit der Schlusssentena 
belohnet zu werden: Eben darum siud Sie, 
Herr Metaslasio, den griechischen, engK* 
sehen und französischen Trauerspieldiohtern 
weil vorzuziehen. — • 

Nun tritt Heinse selbst in einem neuen 
Vorbericht, der eher ein Nachbericht 
heissen könnte, auf und haranguirl mit Hef. 
ligkrit die Grossen Deutschlands, dass sie, 
und dass besonders ihre Prinzessinnen, sich 
nicht so mit den Dichtern zu unierhalten 
pflegen; dann die Gelehrten, dass sie ihm 
nicht Recht geben würden , wenn er Meta- 
slasio den grössten Dichtern Griechen- 
lands nnd Roms gleichstelle. Heinse 
mochte wol in seinem Innern etwas 
Widersprechendes fühlen, und versucht* 
deshalb diese Schutz - und Trutzrede. 
Dieser Weg ist aber von lebhaften Leuten, 
die sich selbst noch nicht klar sind, zu 
oft befahren worden, als dass sich noch 
Jemand durch ihn in die Irre führen 
lies». — 



Digitized by Google 



707 1805. 

Der Autor gehet jetst ab und die Gra- 
sieu treten auf. Metasla«io hatte sie oäui- 
lich in jenem Gedichtchen besungen. Die 
Himmlischen schwatzen nun in abgesetzten 
Zeilen, die sich oft reimen, oft auch nicht 

. mit gutem Gewissen kann ich die Form 

ihrer Reden nicht anders bezeichnen — von 
roancberley listigen Streichen Amors, wo- 
bey die Mutier ihm durch die Finger sähe. 
Die Huldgöllinnen werden bös darüber und 
fassen sämmllich den Entschluss, die Göttin 
der Liebe zu verlassen und alle die Reize, 
womit sie sie bisher geschmückt haben, ei- 
ner so eben gebornen Sterblichen zuzuwen- 
den; welche Sterbliche denn eben jene Prin- 
zessin ist. Hr. Arnold würde bey der gan- 
sen Welt und ganz gewiss auch bey Heinsens 
Geiste es sehr leicht haben verantworten kön- 
neo, wenn er dies bogenlange Kompliment bey 
Seite gelegt hätte} und wie es unter „phi- 
losophische Unterredungen berühmter Ge- 
lehrten» Dichter und Tonkünstler über den 
Kunstgeschmack in der Musik*? komme, ist 
vollends £ar nicht abzusehn. 

Nun folgt ein Dialog, der, der Ueber- I 
schrift nach, von der musikalischen Bildung 
handeln soll, aber — es ist gar nicht auf- 
suzithlen, von was allem er handelt. Es 
treten darin auf Herr Löwe, Herr Wald- 
mann, ein Kantor und drey Mädchen. 
Löwe und Waldmann sind eben in Ent- 
zückung über ein Terzett von Salieri, und 
— thun recht wohl daran ; doch daran 
nicht, dass sie ihr Entzücken so abschwei- 
fend, weitläuftig und keifend aussprechen. 
Die Madchen lauschen der Musik der Her- 
ren; als diese aber aus Bosheit singen: Da 
der Grossvater die Grossmutter nahm — 
gefällt's ihnen noch besser, und sie kommen 
herbey und wollen's auch lernen. Zu Hau- 
se gehel's nicht : Papa will's nicht haben. 
Löwe wird menschlicher und singt ein bes- 
seres, aber verbuhltes Lied. Die Mädchen 
horchen. Da kömmt der Kantor dazu, 



July. 708 

skandalisirt sieh': 'die Mädchen müssen fort, 
bestellen sich aber erst die Herren zur 
Fortsetzung. Der Kantor will den beyden 
Gymnasiasten da* Gewissen schärfen; meynt, 
wenn sie noch die Arie gesungen hatten, 
die sie morgen in der Kirche vorzutragen 
hätten, so möcbt's drum seyn: am allerbe- 
sten aber wär» es, wenn sie zu Hause blie- 
ben und 'was lernelen. Dagegen erhitzen 
sich die Herren : Bücher machen Dumm- 
köpfe — Natur will Geselligkeit — Na- 
tur will Mädchen für Jünglinge, Jünglinge 
für Mädchen, et caetera. Sie spielen nun 
ein Trio von — Fils. Die jungen Herren 
finden es göttlich, der Kantor abgeschmackt, 
weil es nicht gelehrt ist, und sie erscheinen 
ihm nicht besser, weil sie es loben, ohne 
es nach den Regeln des Kontrapunkt« ge- 
prüft zu haben. (Wir hatten andere Grün- 
de für des Kantors Meyoung von den Her- 
ren!) Der Leser denkt sich nun schon 
selbst, wie Heinse seine zottigen Natur kin- 
der — nicht etwa gegen Pedanterey der 
rechnenden Musiker, sondern gegen Regeln 
überhaupt, gegen deutsche Kirchenmusik, 
gegen Erziehung junger Künstler etc. los- 
ziehen und ihre gemeinen Herzensergiessun- 
gen strömen lässt. Von der Musik kom- 
men die Herren aus dem Gymnasium auf 
— alles Mögliche, und cheileu Plane zur 
Verbesserung der ganzen Welt in extenso 

mit Das ganze Ding ist nicht werth 

gelesen, viel weuiger, weiter ausgezogen zu 
werden. Was darin ja noch wahr ist, Mu- 
sik betreuend, weiss jetzt jeder nur leidlich 
unterrichtete junge Mann im Schulroeisler- 
seminariuin; und wa.s Musik nicht betrifft, 
ist meistens baarer Unsinn, und nicht sel- 
ten aufs pöbelhafteste ausgesprochen. Wir 
sehen nicht ein, wie der Herausg. die Be- 
kanntmachung dieser Sudeley bey Heinse'« 
Manen, beym Publikum, und bey sich selbst, 
verantworten will. 

Schon dieser mit Sorgfalt gemachte Aus- 
zug kann den Leser von der Unpartheylich- 



Digitized by Google 



7 o 9 



1805. July. 



710 



keit unsers oben gefrlleten Urtbeils über das 
Ganze überführen. Man muss viel guten 
Willen und nicht gewöhnliche Toleranz zu 
dem Buche mitbriugen , wenn man um sei- 
ner ersten Hälfte willen die zweyle dulden, 
und nicht wegen dieser auch j 
fea soll. 



München, den i6ten July. Die Feste, 
Welche den laten und i3ten dieses Monats 
zur Verherrlichung des Namensfestes der 
Kurfurs lin sind veranstaltet worden, haben 
der Direktion viel Ehre und dem Publikum 
viel Vergnügen verursacht. Den laten dio 
grosse Oper: Ginevra. Vierzehn Tage 
vorher war Madame Sessi hier angekom- 
men. Jodermann glaubte, sie würde in 
dieser Oper mit auftreten. Es geschah 
nicht. Ich will die besondern Ursachen 
und .Rücksichten, die dabey ihr Spiel hat- 
ten, nicht anführen. Sie würden im Aus- 
lande wenig gelten. — Aber Hr. Brizzi 
sang, und zwar in jeder Hinsicht sehr 
hübsch. Doch wie oft ein Publikum seine 
besondern Launen hat ! Schon im Titus 
dachte man mit Vergnügen an Hrn. Toch- 
lermann, der vor Hrn. Brizzi diese Rolle 
mit ao vieler Würde und Empfindung vor- 
getragen hatte. Diesmal wollte man nichts 
anders an Spiel und Vortrag des Gesanges 
finden, als was man schon dreyraal im 
Achilles gehört hatte. Man sprach viel, 
besonders nachdem Tages darauf Mad. Sessi, 
swar nur in dem Konzert, sang, von über- 
triebenen, übrigens einförmigen Koloraturen, 
die mit Absicht daständen und so oft wie- 
derkämen, um den Nichlkenner den Mangel 
schöner' Brusttöne vergessen zu machen. 
Doch , wie gesagt , man bat oft seine Lau- 
— Mad. Harlass saug mit vieler Ge- 



wandtheit nnd Einsicht j aie erhielt 
theilten Beyfall. Mad. Cannabich strengte 
alle Kräfte ihrer Kunst an} sie glühte von 
Feuer, um zu imponiren: sie hat auch das 
Ziel ihrer Wünsche zum Tbeil gewiss er- 
reicht. - — Was die Dekorationen und Klei, 
der betrifft, so muss man gestehen , dass 
man diesmal hier Wunder gethan. Noch 
nie sah man Eier etwas, was diesem au 
Geschmack und Pracht gleich gekommen 
wäre. — Von der Musik spreche ich zu- 
letzt, weil sie, meiner Meynung nach, ver- 
gleichungsweise das Unwichtigste an dem 
Slück ist : kein Leben in den langen Reci- 
tativen, keine harmonische Kraft in den 
Chören, keine neuen Gedanken, keine aus- 
tli ucksvollen Wendungen in den Arien! 
Nur ein March es i, Cresceulini, viel- 
leicht auch eine Sessi, hätten so eine todte 
Masse beleben können. Hr. Simon Mayr 
ist, wie Sie wissen werden, unser Lands- 
mann. Sio sehen, dass Partcylichkeit nicht 
unter unsere Gebrechen gehört. — 

Den i3ten sang Mad. Sessi in dem Hof- 
konzeft zu Nymphen bürg. Ich will nicht 
aus einer Arie, und einem Duo, mit Brizzi 
gesungeu, ein abschliessendes Urtheil wa- 
gen. Nur das will ich Ihnen sagen : ihr 
Gesang rührte mich bis zu Thrätien. Welch 
eine Stimme! welch eiue seelenvolle, erha- 
bene Methode ! Wie Blumenkränze sich 
lieblich an einander schlingen , so schmelzen 
ihre Silbertöne, verschmähend alle Kolora- 
turen, sanft rührend dahin. Man ist einig, 
dass man seit Mad. Todi nichts bessers hier 
gehört habe. Dies sey Ihnen für heute ge- 
nug. Wir haben die Hoffnung, sie auf 
dem Theater zu hören, noch nicht gauz auf- 
gegeben. Sollleu Mir uns aber in unsern 
Hoffaungen täuschen, sollte man uns diesen 
Genuas nicht gewähren : so bleibt dem un- 
befangenen Liebhaber der Kunst, der ohne 
Rücksicht auf Parteygeist nur das Schöne 
ehret, nichts übrig, als öffentlich sein auf- 



Digitized by Google 



71 1 »805. 

richtiges Bedauern so lüstern. — Die 
Nacht hindurch war der Garten einem wah- 
ren Feeupalaat ähnlich. Der darin ange- 
brachte See war romantisch beleuchtet. Die 
kurfürstliche Familie fuhr auf dem See. 
Chöre erhoben «ich unsichtbar aus dem um- 
gebenden Walde; Echo« Hessen sich hören* 
Chöre mit Trompeten und türkischer Muaik 
schlössen die Feyer. 

N. S. Herr Blangini , Komponist des 
Kalifenstreichs, ist nun wirklicher kur- 
pfalzbayriacher Kapellmeister. Sie wünsch« 
ten tu hören , wer dieser Künstler scy. 
Er ist ein geborner Italiener, kam in seiner 
frühesten Jugend nach Paris, wo er sich 
immer aufhielt; vor einigen Monaten kam 
er hieher, präsentirte sich gut und schrieb 
sein Operettchen. Zwar sprach man schon 
lange von einem fremden Kapellmeister, der 
hierher, sollte berufen werden; man glaubte, 
es wäre Paer oder Vogler, der geniali- 
sche Künstler — er, der im hiesigen Or- 
chester au Hause ist und mit der ihm eigenen 
Kraft Zauber durch dasselbe hervorbrachte. 
Doch das Schicksal bat es anders gefügt. 
Es kam Blangini. Möge sein musikalischer 
Genius ihm bessere Werke einflössen, als 
•ein Werkchen von neulich war! — 



Kill! A I I I t G I. 



Sonate pour /« Piano/orte composie par Joseph 
Uaydn. Oeuvre pj. Leipsic, chez Breit- 
kopf et Haertel. (Pr. 8 Gr.) 



July. 715 

scheinlich aus sehr früher Zeit dieses Mei- 
sters, uod vielleicht als Gelegenheilsslück 
für Jemand geschrieben gewesen, der als 
Klavierspieler noch wenig geübt war und 
doch etwas van Haydn spielen wollte. • Sie 
bestehet nur aus zwey Sauen : ans einem 
einfachen, singbaren Andante, wie deren 
mehrere in Haydns frühem Klavieraachen 
stehen, und aus einem Finale, das die schö- 
nen Blüthen des heitern Humors und dabey 
der tiefen Kunst, wie aie in den besten spit- 
tern Stücken dieser Art sich reich und üp- 
pig entfaltet haben, wie in kleinen Keimen, 
aber dem nur einigerinaassen geübten Auge 
unverkennbar, darlegen. Wenn sonach da« 
Werkchen wenig geübten Spielern zunächst 
iu empfehlen ist, bat es doch auch ei was 
Anziehendes für ernsthaftere Kunstfreunde. 



AxEKDOTS. 



m 

Eine junge Sängerin trat zum erstenmal 
in einer bedeutenden Rolle auf, die eine 
ältere bisher gegeben und auf welche sie 
sich viel cu gut gethan halte. Jene gefiel 
ausserordentlich t man rief sie heraus. Die 
Rivalin stand voll Ingrimm in der Kulisse, 
und redete das junge Madchen an: 

Ey, du mein Himmel : daa nenn' ich 
Beyfa.ll! Was weiden aber die Neiderinnen 
dazu sagen , Mamsell? 

■ ■ «» 

Das frag» ich Sie, Madami war die 
Antwort. 



Diese Sonate erscheint wirklich zum er- 
stenmal im Publikum; sie ist aber wahr- 



L»i»»i«, iit iuiuoh 11» ilatib 



Digitized by Googl 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 7 ten August. 



N2. 4-5- 



1805. 



Nachsicht* h. 



Freyberg. Es kann freylich nicht jede 
mutiere Provinzialstadl auf ein Denkmal in 
diesen Blattern Anspruch inachen; doch ge- 
bührt denjenigen, in wehben, hey viel Em- 
pfänglichkeit , auch viel Kegnarnkeit und 
geistiges, uneigennütziges Interesse für die 
Tonkunst au linden ist , wol ««weilen eine 
kurze Erwähnung. Mao kann von Kreyberg 
jenes Löldiehe allerdings rühmen , und 
darum sey hier kuntlich zusammengestellt, 
Wie ea hier um Musik stehet, und was im 
Laufe von etlichen Jahren iur diese Kunst 
getlian worden. 

In den Kirchen werden, zu AnPange des 
Gottesdienstes — Missen sind immer unter- 
geordnet — Missen von Naumann, Haydn, 
Mozart und einigen andern guten Kompo- 
nisten aufgeführt; dte druisiheu Kantaten — 
die Hauplionsik — sind theiis von densel- 
ben Komponisten, mit untergelegten deut- 
schen Texten, (z. B. Mozarts Requiem, 
seine übrigen für die Kirche geeigneten 
Kantaten, Haydus Te Ueum , dessen Worte 
des Erlösers am Kreuz,) theils von Han- 
del Schulz, Rcichardl, Knecht, Zumsleeg, 
Danzi, Himmel, u. A.; kurz, mau henuizt 
die vorzüglichsten Musikalien, die öffentlich 
SU haben sind. Nächst diesen gab unser 
achlungsvvurdiger K-mlor, Hr. Fischer, ein- 
belra. htlH he Anzahl seiner eigenen Kompo- 
sitionen zu hören, wovon ich nur «wey 
Pa»jii iiAautatcn für »8o4 und iüo5. unü 

7. Jalug. 



seine Kantaten auf hohe Feste anfüh- 
ren will. 

Die Kirchenmusik wird durch den Stadt - 
musikus besetzt, der dazu verpflichtet ist; 
aus Gefälligkeit und — man muss es laut 
rühmen — ohne alle Entschädigung, neh- 
men aber stets auch das Artillerie- und das 
Berg - Hautboisten - Chor tbätigen Autheit. 
Da der Singechor einer der stärksten in 
Sachsen ist — noch jetzt gewöhnlich an 
sechzig Personen — so sind die Chöre 
stark und gut besetzt, und es findet sich 
darunter auch mancher recht brave Solo- 
sänger. Mehrere ans dem Singerhor sind 
auch 'für Instrumente geübt. So wurde ea 
möglich, auch grosse und schwierige Ge- 
ssngstücke , wie z. B. Haydns Schöpfung 
und Jahrszeilen, sehr anständig auszu- 
führen. 

,1 

Seit 179a hat der Stadtmusikas , Hr, 
Siegert, ein Koueert veiaustaltet, das Win- 
terszeit auf dem grossen Kaufhaus- Saale 
acht- bis zwölfmal gehalten, und von dem 
hiesigen PuMikura zahlreich besucht und 
unterstützt wird. Man hat alle Ursache da- 
mit zufrieden zu seyn. Mau bekömmt hier 
die neuesten und besten Siulonieen zu hö- 
ren, und überhaupt spart der thälige und 
t<e$i lückte Unternehmer keine Mühe noch 
Kosten, um das Konzert im Flor zu rthal* 
Ich. Sein Eifer geht so weit, dass er keine 
Sinfonie zweimal gi»"l>t, wenn es nicht aus. 
drücUicn vii langt wird, was abeV bey Mo- 
^arlschen, Hayuuschen, Beclhoveuschcm und 

45 



7'5 



1805. August, 



716 



Ki ommerschen oft geschieh et. Einsender I 
hat noch keine Sinfonie in der musikalischen 
Zeitung angeführt gefunden , die hier nicht 
wäre gehört worden. Die Besetzung itt je« 
derzeit : fünf erste, fünf zweyte Violinen, 
zwey Bratschen, zwey Violoncells und zwey 
Violone, nebat allen Blas - Instrumenten, 
selbst Posaunen. Auch hier nehmen die 
beyden Hau tboisten -Chöre thatigen Antheil; 
mehrere aus ihnen spielen auch fertig und 
geschmackvoll Konzerte auf ihren Instru- 
menten. Endlich zieht Hr. Siegert immer 
mehrere junge Leute, die sich auf diesem 
oder jenem Instrument hören lassen. Das 
ganze Personale ist ungefähr dreyssig Per- 
sonen, und wenn Gesangstücke sind, einige 
vierzig. Die Einrichtung ist wie in andern 
Städten; darum erwähne ich nur noch, dass 
man, ausser von jenen Mitgliedern, nicht 
selten auch von theilnehmenden Liebhabern 
gute Konzerte auf der Violin, der Hoboe, 
dem Fagott, der Flöte, der KJarinelte, dem 
Horn, und dem Pianoforte hört. Ich wurde 
einige der ausgezeichnetsten Liebhaber nen- 
nen, wenn ich nicht fürchtete, ihre Beschei- 
denheit au verletzen. 

Zu Ende dieser jWinterkonzerte wird 
allemal eins zum Besten der Armen gege- 
ben, worin gemeiniglich eins der beliebtesten 
Gesangstücke aufgeführt wird, z. B. Haydns 
Schöpfung und Jahreszeiten, Mozarts Re- 
quiem, das Lob der Musik von Schuster 
u. dgl. Dies Jahr wurde die Feyer der 
Christen am Charfreytage von dem vorteil- 
haft bekannten Komponisten, Bergt, (Or- 
ganist in Bautzen) gegeben, und das Audi- 
torium war sehr gerührt, durch die schätz- 
bare Musik selbst, wie durch die brave 
Ausführung; jeder einzelne Sänger und In* 
strumentist that, wie man leicht bemerken 
konnte, alles mögliche, daa Ganze in dem 
Sinne des einsichtsvollen Komponisten her- 
vorgehen zu lassen. Wir wünschen sehr, 
mehr ähnliche Werke von ihm zu erhalten) 



bisher sind uns nur, ausser diesem, sein 
kräftiges Te Deum und einige Sinfonieen 
bekannt worden. 

Ausserordentliche Konzerte werden wol 
auch von Zeit zu Zeit gegeben: aber wenig 
fremde Virtuosen finden bey niesen ihre 
Rechnung. Unter denen, die ausgezeichne- 
ten Beyfall fanden, waren die Binder Pixis, 
die Herren Hossa, Durand, Clement, Dem. 
Kirchgässner und Dem. Mager. Ausserdem/ 
sind hier in der Dnmkircbe in besondern 
Konzerlen, die Schöpfung von Haydn zwey- 
tnal, im Saale, die Jahreszeiten voo eben- 
demselben auch zweymat, und der Messiaa 
von Händel, nach Mozarischer Bearbeitung, 
gegeben worden. Alle diese Werke wurden» 
ohne beträchtliche Fehler, und die meisten 
recht gut ausgeführt. 



Berlin, den aosten July. Nur um 
keine Lücke zu lassen, erwähne ich einige 
musikalische Produktionen, von denen hie- 
sige Blätter schon gesprochen haben; aber 
eben weil diese es gelban haben, bin ich 
ganz .kurz, und werde es hey ähnlichen 
Fällen immer seyn — vorausgesetzt, dass 
nicht die Produkt ionen selbst oder jene frü- 
hen Anzeigen bedeutende Gelegenheit geben, 
lauger zu verweilen. Hr. Wilhelm Ehlers, 
vormals Schauspieler am We im arischen 
Theater, gab den löten dieses Konzert und 
erfreucle darin die Freunde seines hübschen 
Gesanges in unsrer Stadt. Er sang ein© 
Scene von Paer, und mehrere von ihm ge- 
setzte Gesänge mit Begleitung der Guitarre, 
die er selbst sehr brav spielte. Die Ihnen 
schon vortheilhaft bekannte Dem. Voitoa 
sang eine. Scene von Himmel. Die Hrn. 
Tausch d. Jung, und «Reinhardt bliesen «in 
Konzert für zwey Klarinetten und Herr 
Gsreis spielte ein Bratschenkonzert von Ar- 
nold. Die gaoze Unterhaltung war ange- 



Digitized by Google 



V7 



1805. August. 



7*8 



nehm. Hr. Ehlers gab auch auf dem Theater 
einige Gastrollen} und zwar, den Adolf in 
Adolf und Klara, den Feldscher Sichel im 
Doktor und Apotheker, den Johann in Je 
toller je bester, den Don Juan, und den 
Ofest in der Iphigenie in Tauris. Sein 
Sjiiei ist leicht, heiter und frey, aber bey 
weitem noch nicht so vollkommen , wie 
mehrere seiner Freunde glaubten, und — 
er nicht minder. Auch, sein Gesang hat 
viel angenehmes; doch wird mehr- Uebung 
ihm auch in dieser Hinsicht sehr nützlich 
seyn. Bey Gelegenheit des Don Juan ent- 
stand ein durch mehrere Blatter durchge- 
führter Streit über eine Stelle, wo Hr. Eh- 
lers h gesungen und b nach der Partitur halle 
singen sollen ; er wollte sich dnreb den Um» 
stand rechtfertigen, dass auch in Mannheim 
und Wien h gesungen würde. Wie wenig 
aber dies beweiset, sieht jeder, und da der 
Gang der Stimme b begünstigt, die Beglei- 
tung aber es verlangt, und Mozart Hirten 
dieser Art in seinen bessern Werken nicht 
schrieb: so kaon wol gar keine Frage seyn, 
auf welcher Seile das Recht war. Desto 
auffallender waren die Seitenblicke, die Hr. 
Ehlers bey jener Gelegenheit auf den ver- 
dienten Künstler warf, der den Don Juan 
gewöhnlich giebt, und dem in der Leichtig- 
keit, Feinheit und Wahrheit des Spiels 
gleich au kommen , Hrn. Ehlers so bald 
noch nicht gelingen dürfte. 

Den i6ten July gab man nach einer 
zwölfjährigen Pause und nach einer neuen 
Bearbeitung Ciinarosa'a heimliche Ehe: 
( Malrimonio segrettoj. Die tr ellliche Musik 
ist berühmt genug; daher nur die Bemer- 
kung, dass das Stück sehr gut gegeben wur- 
de. Hr. Gern (Roms) und Hr. Beschort 
(der Graf von Tiefenthal) sangen das schö- 
ne Duett im An fange des aweyten Akts, 
das Muster Sehl komischer Musik, so schön, 
dass man da- capo rief, und die Herren 
überraschten das Publikum äusserst bq ge- 



nehm, dass sie rs sehr brav und noch pos- 
sierlicher italienisch wiederholten. Mad. 
Müller (Karoline) trug vorzüglich eine ein- 
gelegte sehr schöne Arie von Righini 
steinalt vor. 



Die Wittwe Unger hat ein ausschliessli- 
es Privilegium der von ihrem Manne an- 
gelegten Notendruckerey auf fünfzehn Jahre 
erhalten, und wird nächstens einen Preis- 
kourant von den bekanntesten Formaten aus 
ihrer Noteugiesserey und Notendruckerey 
herausgeben. 



Musikalisch* Vitllhu*rtj. 



Ausser Zweifel ist es, dass sich die 
Ausführung der Musik jetst auf eine hohe 
Stufe der Vollkommenheit geschwungen hat. 
Leider, wird nur die Freude darüber dem 
aufmerksamen Beobachter nicht wenig ge- 
trübt, wenn er eben nicht die glücklichsten 
Auspicien für die Zukunft bemerkt , indem 
der Hang zum eingebildet Originellen, zum 
Excentrischen , zum Auffallenden immer 
mehr um sich greift, und — vereinigt mit 
noch vielen andern Ursachen — uns eher 
Rückgang als Fortschreiten wahrscheinlich 
macht« — Ich habe jetst weder Lust noch 
Müsse diesen eben nicht angenehmen Gedan- 
ken weiter au verfolgen, sondern begnüge 
mich bloss mein Hera über einen Gegen- 
stand zu erleichtern , der jene Furcht ge- 
wiss nicht weuig nährt, und das Gefürchtete 
nach sich siehen hilft. Ich meyne die 
musikalische Vielthuerey, welche so 
allgemein um sich greift. Man beschrankt 
sich nicht auf ein Instrument, sondern 
möchte sie lieber alle, wenigstens die gang- 
barsten oder doch die Mode -Instrumente, 
erlernen. Kaum versteht man die Noten 
uud kann eine leichte Menuett auf dein 



Digitized by Google 



7 l 9 



1805. August. 



Forlepiano klimpern, so fängt man auch die 
Viulin an. Kaum hat man die Scala ge- 
sungen — .oder noch lieber, diese gar nicht, 
sondern gleich ein süsses ArieLlcben — so 
will man auch schon auf der Guitarre dazu 
klimpern. Es giebt wol Dilettanten, die 
fünf bis sechs Instrumente spielen können : 
— freylich ist es darnach ! Aber sie sind 
doch in ihrer Meynung und in der Mey- 
nung vieler Anderer , nicht ungeschickte 
Musiker. Man nimmt sie zum Unterrichte. 
Das 13 ey spiel verführt. Man will es ihnen 
nachthun. Was kann anders werden, als 
Stümperey? — 

Hat man bey der Erlernung eines In- 
struments nur die ersten Anfangsgründe 
begriffen, so will man gleich grosse und 
schwere Sachen spielen. Mit Mühe und 
Noth kann man endlich eine Sonate her- 
stoppcln, freut sich darüber und denkt : 
nun bin ich ein Spieler ! — 

v ■ 

Man schreibt Noten zusammen, die nicht 
der Dinte wertb sind; dadurch raubt man 
•ich die Zeit mm Spielen. ist die- Ab- 
schrift fertig, so wird sie tu dem unnützen 
Wust der andern geworfen. Lieber schaffe 
mau sich doch wenige, gute ond korrekt 
gestochene oder gedruckte Noten von aner- 
kannt guten Meistern an, spiele diese — *• 
nicht doch — studire sie, und das 
Wenige wird wahren Nutzen bringen; Es 
giebt in der That unter manchen Musikern 
•ine höchst verderbliche, abstumpfende, zeit- 
freasende Abschreibe wu th, welche über- 
dies die Zeit zum Studium raubt. 

Man lerne Ein. Instrument erat ganz 
und wie sichs, gebührt ; ist man da auf« 
Keine, wohl, so schreite man su einem an- 
dern. Wie viele Zeit — wie manches 
Jahr — wird aber nur zur Erlernung eines 
einsigen Instruments erfordert! Höchst 
verderblich für dje wahre. Kunst ist das.: 
tun Je.deju -etwas wissen. — Man wähle 



sich eine bestimmte Musikgattung, ftir weU 
che man (nach eigener Prüfung und nach 
Beurteilung eines guten Mtisters) das mei- 
ste Taleut hat, z. Ii. das Allegrp, oder 
Adagio — das Feurige, das Launige, das 
Erhabene, das Sanfte eic — und studiro 
dieses, zwar nicht mit Ausschliessung alles 
andern, um nicht einseitig zu werden, ab«« 
doch ganz vorzüglich, und beseitige den Tab 
sehen Wahn, als ob es nöthig wäre, id 
Allem zu glänze«. Solcher universeller 
Genies giebt es wenige. Viele tlaudwerfct) 
verderbeu den Meister l gilt auch in der 
Musik. Diese besteht aus mehrern Brau- 
chen , aus welchen man sieb eine wählen 
und bey ihr bleiben muss. 

Noch einig* Worte über das KomponiA 
ren* Kaum verspürt einer einen Funken 
von Phantasie in sich, kaum hat er einmal 
einen nicht Übeln Einfall , flugs will er auch 
koinponiren. Was hilft der Welt die 
Menge von mittlem und schlechten Konipo± 
silioueu? Sie erschweren den guten den 
Weg, fegen den Beutel, verderben de« Ge- 
schmack und machen gegen das Bessere« 
wenn's nicht einen schon berühmten Namerl 
trägt, mistrauisch. Jedes wirkliche Talent 
sollte seine Schule erst bis auf eine gewisse) 
Stufe der Vollkommenheit gemacht haben; 
ehe es vor dem Publikum auftritt. Bloss 
um etwas komponirt zu haben, ohne duch 
vorzügliche» Genie dazu zu besitzen, sollte 
niemand seine Produkte zur Schau stellen. 
Will er für sich insgeheim die Komposition 
betreiben; gut! nur prüfe er sich weislich, 
ob er auch Anlagen, Zeit und Gelegenheit 
hat, es zu etwas Vorzüglichem zu bringen; 
sonst verwende er «eine Zeit lieber zu et- 
was anderni. 

Wie gut wUC es, wenn in allen Bran- 
chen ein Repertoriura des Vorzüglichsten 
und Ausgezeichnetsten von einer MusikhaaoV 
luug unternommen wüsde , . «o wis es Nae- 



Digitized by Google 



« 



7 2t 



1805. .August; 



722 



geli in Zürich durch sein Repertoire de« 
Clavecinistee im Sinne -hat! 

Als der wahren Kunst höchst nachthei- 
jjg verdient uorh die Sucht gerügt zu wer- 
den, grössere Meisterwerke, wozu ein vol- 
les und geübtes Orchester gehört, an klei- 
nern Oileu in nuce aufzuführen. Solche 
Bestrebungen sind mir immer lächerlich, 
•her auch höchst ärgerlich gewesen* Das« 
sich doch die Menschen in keiner. Sache zu 
beschränken wissen ! Fürwahr, wenn der 
B^anlpr Y in seinem Städtchen Z mit wich- 
tiger Miene von der Aufführung der Schöp- 
fung von Haydn spricht und »ich damit 
viel weiss, so habe ich Mühe, ihm meinen 
Unwillen zu verbergen. Beschränke mau 
»ich doch auf ein einfaches Quartett, auf 
«in Trio etc. an solchen kleiuen Orlen. Ein 
grosses Werk , wird bpy aller Anstrengung 
doch mehr oder weniger verhunzt und alte 
Mühe und Arbeit ist vergeblich. Nicht zu 
gedenken, dass das vorhandene Publikum an 
aolchen Orten, der Masse nach, ganz 
pnd gar nicht jene Arbeilen gouliren kann. 
Wenn es aufmerksam ist und etwas zu füh- 
len scheint oder vorgieht, so ist es bloss die 
Furcht und Eitelkeit, keinen Mangel an Beur- 
teilung su erkennen zu geben, was es dazu 
antreibt. 

Möchten diese abgerissenen und schmuck- 
losen Gedanken von einsichtsvollem .Män- 
nern geprüft und besser ans einander ge- 
setzt werden, als es hier geschah. Meine 
mir bewussle gute Absicht lässt mich Nach- 
sicht und geneigtes Ohr hoffen. 

Friedrich Cuthmann. 



RECEN9IONEN. 

; — yrrrii 

TXr Kampf, ein Gedicht von Friedrich Schittet t 
' in Musik gesetzt und dun Herrn Grafen 



Georg von Birenyi gttoidmtt von Franz 
Xav. Kleinheinz. Wirk 14. Im Verlage 
des Kunst- und Industrie -Comploirs zu 
Wien. (Pr. 48 Xr.) 

• ' '. 
Wenn die Tonkunst hauptsächlich ge- 
schaffen ist, Empfindungen auszudrücken, 
und wenn diese durch die Verbindung der 
Musik mit der Dichtkunst nähere Bestim- 
mung erhalten, oder vielmehr — was we- 
nigstens heut zu Tage Sitte ist — wenn die 
Dichtkunst der Tonkunst, und nicht umge- 
kehrt diese jener , die Empfindungen vor- 
zeichnet : so ist es leicht erklärbar, dass 
gerade die sinnvollsten Gedichte, deren In- 
halt aber mehr den Verstand beschäftigt, 
als das Gefühl unmittelbar anspricht, am 
wenigsten geschickt «ind, ein musikalisches 
Gewand anzunehmen und dass andere, die 
nur einen gewissen bestimmten Gemütbszur 
stand — Traurigkeit, Ruhe, Freude u. s. w. 
ausdrücken, sich mehr dazu eignen. Be- 
denkt man aber, dass Gedanken, wenn sie 
wirklich poetisch sind — - und andere soll 
man ja nicht in Musik setzen — • immer* 
Empfindungen erzeugen müssen , und das* 
die gehaltvollsten, sublimsten Ideen gewiss 
auch die lebhaftesten, edelsten Gefühle hey 
denen, die sie ganz gefasst haben, erwecken t 
so sieht man ein, dass diese Empfin- 
dungen auszudrücken und eben (dadurch 
sie auch in andern' aufzuregen, das höchste 
Ziel der Musik sey. Aber mau begreif! 
auch, wie schwer es ist, dieses Ziel zu er- 
reichen $ welch ein gebildeter Künstler dazu 
gehört, zu dergleichen Empfindungen nur 
erst sich selbst zu erheben , dann sie leben>- 
ditg r bestimmt, fast^au fassen, und nun end- 
lich si»4n der Musik rein und hoch erhöht 
wieder *igeben. L : ^ r ■ « i 

Die meisten Gedichte von Schiller sind 
von dieser Art? ''und es ist daher nicht zu 
Verwundem, - dass 1 man so wenig ganz, ge- 
lungene Kompositionen derselben findet. 



Digitized by Google 



7 23 



1805. August 



Und eben daher hat sich Herr Kteinbeinz, 
keine leicht au wandelnde Bahn vorgezeich- 
net, wenn er, wie ea acheint, ausschlies- 
send Gedichte dieses Verfassers zu «einen 
Kompositionen wählen will; denn schon frü- 
her sind swey derselben von ihm in Musik 
gesetzt erschienen. Ree. sind diese ersten 
Werke nicht bekannt, aber er weiss durch 
die Beurtheiluug derselben in diesen Blät- 
tern, dass sie nicht gerade zu den mißlun- 
genen Versuchen zn zählen sind. Auch 
dieses vorliegende Werkchen ist nicht unter 
diese Klasse zn rechne«. . Das Ganze ist in 
seinem Umfange gut eingerichtet j es ist 
Plan und Ordnung in seinen einzelnen Thei- 
len; und man findet zuweilen sehr schönen, 
fliessenden Gesang. Besonders angenehm ist 
das Andante : »Sie sieht den Wurm an 
meiner Jugend Blume nagen* etc. Dage- 
gen sind aber verschiedene andere Stellen — 
vielleicht eben um dea Ganzen willen — 
etwas hart und unmelodisch geworden, und 
die Worte scheinen mehrmals mühsam in 
Takt nnd Rhythmus gezwungen zu aeyu. 
Besonders möchte die durch einen Zwischen- 
aatz verursachte Trennung der Worte : 
„Zerrissen sey, was wir bedungen haben;" 
und die dreimalige gesehwinde. Wiederho-r 
lung der Worte: «sie liebt mich* zu ta- 
deln seyn. Die Wichtigkeit der letztem 
hätte durch einen einzigen Aufschwung in 
der Melodie, verbunden mit einer angemes- 
senen Harmonie, besser angedeutet werden 
können, da sie ohnehin in der Folge, noch 
einigemal wiederholt sind. Der Salz ist bis 
auf einige Stellen, S. 8. T. 1 — 3 und 
T. 11 — 12, wo durch Uebergehuag eines 
verwandten Zwischenakkords , ' unharmoni- 
sche Fortschreitwngbn entstunden sind, rein. 
Uebrigens ist die Begleitung der Singslimme 
angemessen und leicht; nur hätte Ree. bey 
vollstimmigen Akkorden, um, der Klarheit 
der Harmonie willen » Fuwfilea einige ver- 
doppelte grosse Terzep -.und .Dissonanzen 
hiuwegge wünscht. 



1 



•1 



724 

Es wird Hrn. Kleinheins bey seinem 
hervorleuchtenden Talent nicht schwer wer- 
den, dergleichen kleine Mängel zu verbes- 
sern und zu vermeiden, und dadurch sei- 
nen Werken in Zukunft einen höhern Werth 
zu geben. 



Trois Quatuon pour deux Violons , Alto tt 
Violonsellt, comptnete par Adalbert Gyro- 
wttz. Oeuv. 4+ A Vienne, au Bureau 
d'arls et d'industrie. (Pr. 5 FI. 5o Xr.) 

Man sieht auch an diesen Quartetten, 
die vor vielen der frühern des Hrn. Gy- 
rowelz sich vorteilhaft auszeichnen, dasa 
er an Erfindung nicht arm und gewandt in 
der Harmonie ist. Sie enthalten manche 
neue, angenehme Melodie, manche frappan- 
te Wendung der Harmonie und Modulation; 
auch ist oft der Hauptgedanke durch das 
ganze Stück getreulich verfolgt. Wenn sie ' 
aber dessen ungeachtet Ree. nicht gans be- 
friedigt haben, so ist gewiss nicht Mangel 
an guten Ideen die Ursache, sondern bloss 
Mangel an Oekonomie. Zn verschwende- 
risch ist der Verfasser mit seinen musikali- 
schen Vorräthcn umgegangen, und beson- 
ders zu oft wifd das Gefühl durch schnell« 
Ausweichungen in fremde Tonarten unter- 
brochen, und dadurch zu oft die Einheit 
und der genauere Zusammenhang des Gan- 
zen gestört. Gewiss ist es , durch wohlan- 
gebrachte fremdartige Modulatioueu werden 
die schönsten Wirkungen hervorgebracht; 
aber auch hierin, so wie bey der Anwen- 
dung ariderer Kunstmiltel, vornehmlich aber 
deren, die als Würze dienen sollen, muss 
hausgehalten, und am wenigsten darf das, 
was angewendet wird, mit dem, wozu es 
anzuwenden, (was damit zu bewirken) ver- 
wechselt, die Mittel dürfen nicht zum 
Zwecke erhoben werden», üenn bestehet ein 
T,onstück bloss aus vielen willkürlichen, 



Digitized by Google 



PS 

wenn auch noch so gelehrten nnd kühnen 
Ausweichungen , ohue. Rücksicht auf' den 
Zusammenhang des Ganzen, so wird man 
zwar die Menge der Kunslmiltel bewundern 
müssen, aber das Gefühl, welches dasselbe 
— dem Hörer oft unbewusst — als ein 
Ganzes iu sich aufnimmt, und eine bestimmte 
Ordnung in denselben verlangt, bleibt un- 
befriedigt, und der Zweck ist verfehlt. 

So ist es denn nun bey 'verschiedenen 
Salzen dieser Quartelten ; nnd zum Beweise 
ausschweifender Tonführung dient gleich der 
Anfang des ersten. Es L ist in G dur, 
$ Takt, Allegro. Ehe noch die Tonart 
selbst feit genug gegründet ist, ist man im 
igten Takt in D dur, im a~>slen in H dur, 
im a5sten in E moll, im 37sten in A dur, 
im agsten in D moll, im 5islen in 8 dur, 
im 53sten in G moll, im 58sten in Es dur, 
u. a. w. Gewiss , so schnell wollte die 
durch den ersten angenehmen Satz erregte 
Empfindung nicht durch die beynabe ganze 
Verwandtschaft .der Haupllouart geführt 
aeyn ! — Ausserdem haben diese Quartet- 
ten, wie schon oben zugestanden worden, 
manche Vorzüge, uud werden sowohl von 
Kennern als Liebhabern .nicht ungern ge- 
hört werden; besonders wird das zweyte, 
welches .schon einen bestimmtem Charakter 
an sich trägt, gefallen. Papier nnd Stich 
sind schön. 



VX Sonata pour U Clavtcin ou Forupiano, 
eompotia par Charlu Fatch. Berlin bey 
Rellatab. (Pr. a Thlr. 6 Gr.) 

Questo gusto h passato könnte viel- 
leicht mancher an die neuern Kompositio- 
nen für das Klavier gewöhnte Spieler aus- 
rufen; allein neben den Myriaden von So- 
naten, welche seit Vater Corelli'a Zeiten als 
Ausflüsse nnd Auswüchse der musikalischen 



726 

Begeisterung erschienen sind, werden im- 
mer diese Arbeilen des verewigten Fasen, 
ihren Platz, und zwar unter der vorzügli- 
chem Gattung von Klavier « Sonaten be- 
haupten. Das Pianoforle hat in einigen 
Oecenuien durch seine blendenden Eigen- 
schaften das schlichte, bescheidene Klavi- 
chord verdunkelt, und letzteres ist beynahe 
zu einem blossen Uebungs - und Inlenms- 
inslrumente geworden, daher deun auch die 
wahren Klaviersonaten unter den neuem 
musikalischen Produkten eine Seltenheit 
sind. Ob nun durch diesen Zeitgeschmack, 
welcher das einfache Klavichord vernachläs- 
sigt und dadurch ein Feld deir Komposition 
braoh liegen lässt, der Tonkunst selbst nicht 
ein bedeutender Nahrungszweig geraubt 
werde, überlässt Ree. den selbstdenkenden 
Künstlern und Kennern zur Betrachtung 1 
so viel weiss er aber ans eigner Erfahrung» 
dass er vom Pianoforto oft au seinem Kla- 
viere schleicht und die Sonaten eines Ph* 
E. Bachs, Hasslers, und Anderer genug be- 
kannte*' Komponisten für dieses Instrument, 
zu seiner Erbauung spielt. Am besten 
bleibt es wol, das Eine thun, aber darum 
das Andere nicht lassen ; und wenn die 
Klavierspieler voriger Zeit in ihrem Hase 
gegen das Pianoforle einseitig waren , so 
sind es die Pianofortespieler in ihrer Ver- 
achtung des Klavichords am Ende doch 
auch: denn so wahr e» ist, dass die jetzi- 
gen Pianofortes der besten Meister mit ih- 
ren eigenen auch manche Vorzüge dea 
Klavichords verbinden, so wahr ist es auch, 
dass sie dieselben nicht alle aufnehmen, 
und aufnehmen können. 

Diese besondere Rücksicht anf das In- 
strument nun bey Seile gesetzt, und k die 
voi liegenden Arbeilen des verdienten Fasch 
an und für sich selbst erwogen, so lässt 
sich mit Sicherheit voraussagen, es werde 
sie der Kenner nicht unbefriedigt aus der 
Hand legen, und der junge studirende Kla- 



1805. August. 



Digitized by Google 



72* 



i8o5» August 



vierspiefer nicht' ohne Nützen durcharbeiten. 
Obgleich kein hoher Schwang der Gedanken 
sie auszeichnet, so geben ihnen doch Reinheit 
des Satzes, ungezwungene harmonische 
nnd einfache melodische Wendungen, 
ausser jeher den Eigenheiten des Klavichords 
angemessenen Bestimmung, einen besondern 
Weith. — Das Acussere könnte wol für 
•inen ao hohen Preia besser seyn. 



7^3 



Anskdotk n. : 



Eib gewisser vortheilhaft bekannter deut- 
scher Basswuger und Bulfo befand sich in 
einer GesellarhaA, wo er die Damen und 
Herren mit seinen fröhlichen Liederchen uud 
Rumansen angenehm unterhielt. Ein junger 
Elegant, der der jungen Dame vom Hause 
mit schlechlem Erfolg die Cour machte, und 
durch nichts sich auszeichnete, als durch den 
»ngeheuren Klappbul uud fleissig heaupften 
Hahnenkamro — «ahm das übel, rüstete sich 
zur bittersten Rache, and trat also sehr laut 
zu dem Sanger : 

Charmant! Es frenet mich um so mehr, 
Ihr Talent kennen an lernen, da ich noch 
nicht dazu kommen konnte, es im Thealer 
zu bewundern. Neulich gaben Sie den Nar- 
ren von Kapelf meister im Intermezzo, dann 
den Narren von Hausmeister im Sonntags- 
kind: was für einen Narren werden Sie n»o 
zunächst vorstellen? 

Den einfältigen, eifersüchtigen, groben, 
der sich eiueiuTiebenswürdigeufVauen2immer 



vergeblich aufdringt und ausgelacht w<rd — 
den Osmin in der Entführung! antwortete 
der Sauger. 



In W., einem Dorfe an der Havel, wur- 
de die einträgliche Sie ie des Kauluis und 
Orgauisten frey. Es meldeten sich viele, die 
Orgel spielen und nicht spielon konnten. 
Unter letztem war auch der Küsler des be- 
nachbarten Dorfs« Der Prediger fragtet 
Kann Er denn Orgel spielen V So etwas, 
war die Antwort« aber doch mehr, als der 
Herr — , von dem man, hör' ich, so viel 
Rühmens macht. Ich spiele die Choräle stle 
aus dem Kopfe: ei spielt sie nur nach No- 
ten. Nun bedenken Sie, wenn ihm un- 
glücklicher Weise das Choralbuch gestohlen 
wurde., oder der liebe Gott verhängte 
Feuersnoth uud es käme d/iriu um; so hatte 
mau wol eine Orgel, aber Niemand, der 
sie spielte. Ich hone also, man werde um 
deswillen auf mich ganz besondere Rücksicht 
uehmeu. 



In eiuem öffentlichen Konzert zu B...g 
wurde ein QuarU-ll für zwey Violinen, 
Viola und Boss gegeben. Nachdem es gc- 
eudi^t und gut exekutirt war, gab eiu Zu- 
hörer folgendes Urllu.l von sich: O das 
Quartett w tir himmlisch, nur hätl* es stärker 
besetzt seyn sollen. — 



LEIPZIG, itT BuEi Ts.orT »jt» Hiatcu 



5 •■• 



Digitized by Google 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 14'« August. N=. /\£>. 



1805. 



Mutikcliteht Vergnügungen auf dem Land«. 



1. Der Empfang. 

Ich hoffe, die folgenden Schilderungen eini- 
ger auf dem Lande genossenen Freuden ei- 
ner Kumt, die um dorthin so leiten beglei- 
tet, werden die Leser ioteressireu , auch 
weuu ich ihnen die Beförderer und Theil- 
iielimer derselben nicht nenne. Et kommt 
ja doch mehr darauf an, da ss das Gute, 
als durch wen es geschieht; und wer dem 
hier Erzählten seinen Beifall zu geben sich 
gedruugen fühlt, der wird ja wol, so viel 
an üim ist, auch ohne zu wissen, wem er 
nachahmt, hingehen und desgleichen thun. 

Gegen Endo des AugusU im vergangenen 
Jahre hatte der Graf L. . . eiuige seiner 
Freunde, unter diesen auch mich, eingela- 
den, die Herbstmonale , bis su der Zeit des 
Aufeulhalts iu der Residenz , auf seinem 
Landsitze nahe bey S. mit ihm zuzubringen. 
Er selbst halte mit seiner Familie schon 
Sommer dort gelebt, und sog die- 
Dörfchcn, - seiner Umgehungen wegen, 
die ihm manchen lehrreichen und angeneh- 
men Genuas gewährten, seinen übrigen Gü- 
tern weit vor. Die uns in jeder Hinsicht 
annehmliche Einladung dorthin . ward uns 
noch willkommner durch die zugleich init- 
.getlieilte Nachricht von der ebendaselbst im 
folgenden Monate au feyerudea Vermahlung 
«hier Nichte des Grafen — der Zierde eines 
in ihrem väterlichen Hause in der Haupt- 
■at adt besteh enden PrivatkonserU — mit einem 

?■ isltrg. 



. . siechen Rittmeister von U., rdn des Jen 
Talenten zu witzigen und launigen Gedicht- 
eben Proben in mehrern Zeitschriften nie« 
dergelegt sind — , eines Paares also, dessen 
Bekanntschaft und näherer Umgang uns Aus- 
ser* t wünscheuswerth seyn mustle* 

Mehr Zufall als Verabredung liest mich 
mit zwey andern der Gaste nahe am Ziele 
nnsrer Reise in der Stadt S. zusammen tiei- 
fen. Es ward gleich beschlossen, die noch 
übrigen zwey Meilen gemeinschaftlich zu 
machen, und die eben anlangende schrift- 
liche Einladung unsere Gastfreundes, den 
angenehmem Weg zu Wasser auf dem von 
der iStadt nach dem Gute sich durch die 
schone Gegend hinschlangehideo Flüsscbe« 
zu wählen, dankbar angenommen. — War 
fanden , als wir ins Freye kamen, den hei- 
tersten Sommerabend und «die reizendsten 
Aussichten ; die Schönheit der nns umgehen- 
den Natur lies« uns kaum an die au hof- 
fenden Freuden der Kunst, die einsame 
Stille um uns her kaum an die fröhliche 
Gesellschaft, die unser dort wartete, den- 
ken. Je naher wir indess unsrrra Ziele ka- 
men, desto glücklicher priesen wir den Be- 
sitzer dieses Paradieses, desto mehr benei- 
deten wir ihn, bald um die Fruchtbarkeit 
des Bodens , , von der ringsumher die Korn- 
felder zeugten, bald um die weife Aussiebt, 
die ihm ein in der Nabe liegender l>etsächtr 
lich hoher Berg gewahrte,- bald um die er- 
quickende Kühle eines Waldchens, welches 
die Hügel an der einen Seite des Flusses 
bedeckte, und in einem angenehmen Tbale 
sich bi« zu dem Schlosse hinzog, deasep 

46 



Digitized by Google 



- 



73» 1805. 

Thürme wir twiachen den Hügeln von Zeit 
zu Zeit ül>er die Bäume hervorragen sahen. 
Eben nahmen wir uns vor, an 'lagen, wie 
der heutige gewesen war, gemeinschaftlich 
den Schallen dieser Birken zu suchen, da, 
horch! wie wenn unser Freund uns be- 
lauscht halte, und in unser Gespräch sich 
von fern mischen wollte — so schallte uns 
aus dem Wäldchen von awey Waldhörnern 
Hurka's * sanftes : „Oer Wald, der dunkle 
Wald ist oft mein Aufenthalt« etc. (Mu- 
natsfr. H. 2.) entgegen. — Wir waren 
zweifelhaft, oh dies als uosre Bewillkom- 
mung anzusehen aey, oder ob zufälliger 
Weise die Musiker sich im Wäldchen be- 
fänden und etwa zu der Dienerschaft des 
Grafen gehörten, der er, wie wir wusslen, 
Musikunterricht gehen liess. Auf jeden Fall 
wünschten wir eine Gelegenheit, unsre An- 
kunft auf ähnliche Art zu erkennen zu ge- 
ben. Während wir noch beklagten, dass 
Niemand von uns eine Flöte oder derglei- 
chen bey sich hatte — siehe, da zeigten 
sich am andern Ufer des Flusses, auf dem 
Fusssleige, der nach der Stadl führte, zwey 
junge Leute, ein Frauenzimmer mit einer 
Flöte, am Arme eines — Geliebten — 
Bruders — oder Mannes , der ihre Harfe 
trug. Augenblicklieb riefen wir ihnen au, 
liessen ans Land radern, und baten sie ein- 
zusteigen. Sie sahen mit ihren traurigen 
Blicken einander eine Minute lang an, dann 
reichte der junge Mann seiner Gefahrtin die 
Hand, und half ihr in den Kahn. Wir 
versprachen uns von ihrem Air eben nicht 
die fröhlichsten Airs zur Unterhaltung , 
doch redeten wir freundlich mit ihnen, um 
aie vielleicht aufzuheitern. Den Grafen, 
au dem wir wollten, schienen sie kürzlich 
erst verlassen zu haben, und sehr zu ehren. 
Bald merkten sie, dass ihre Traurigkeit uns 
unangenehm werden müsse, uud äusserten 
dtess. „Spielen und singen Sie nur erst," 
sagte ich zu dem Mädchen — ich konnte 
aie, die mir Bildung zu venathen schien, 



August. 73a 

nicht Du nennen — »und etwas Heiteres; 
dann vergehen auch Ihre trüben Gedauken.* 
— Das Mädchen nahm ihrem Bruder — 
sie waren, wie sie sagten, Geschwister — 
die Harfe ab, und begann mit Begleitung 
seiner Flöte : 

Fort, daaa die Leyer kling«, 
Daun wird da* Hers mir »tili : 
Geh, Kancbon , geh und «ing« 
Kiu fröhlich Vaudcrill! etc. 

Wir staunten nicht wenig,' die lieblichen 
Töne Fanchons, die kaum erst Berlins Be- 
wohner zu entzücken angefangen halten, 
schon aus diesem Munde zu vermhruen, 
und wurden um so begieriger, von dem 
Grafen Aufschluss über dieses Paar, das aus 
seiner Geschichte für uns ein Geheimnis 
roachle, ihm aber sich anvertraut zu haben 
schien, zu erhalten. — Sie halte jctzl ge- 
endigt, und wir musslcn gestehn, dass iiire 
Stimme, wie ihr Vortrag, inum-bem unsrer 
Provinzialthealer würde Ehre gemacht ha- 
ben. — Ihr Blick war heitrer geworden, 
sie schlug ihre schönen Äugen zu ihrem 
Bruder auf, und reichte ihm ihre Harfe. — 
Kr präludirte mit ein paar Akkorden, und 
fiel dann in Righini's: 

Wenn mich mein Röachen liebst 
80 bin ich wohlgciauth etc. 

(Monatsfr. Hft. 4.) 

Dabey sah er auf seine Schwester mit im- 
mer zärtlichem Blicken. 'Bey den Wor- 
ten : „Den Schatz der ganzen Erde näbra' 
ich nicht für mein Glück" etc. — achlang 
sie ihren Arm um ihn, und ein Kuss nahm 
die . letzten Worte des Liedes von seinen 
Lippen. 

Und Sie sind Geschwister? fiel- ich ein. 
„Wollen Sie uns auch den Schein fröhli- 
cher Stimmung wieder rauben ?* fragte sie 
webtnüihig. — „Der Herr Graf mag Ih- 
nen unsre Geschichte erzählen, aber, ich 



Digitized by Google 



733 

bitte i fragen Sie ihn darum erst morgen, 
wuifi wir wieder weg sind. Heule, lassen 
Sie uns nichl an das Vergangene erinnert 
werden. - — Sie griff wahrend de« Spre- 
chen« dann und wann iu die Sailen ; an- 
fangs wiederholte sie nur die Schlussakkor- 
de ihres Bruders , aber bey deu leisten 
Worten geriet h sie in die weiche Tonart, 
und ging nun klagend über in Hurka's Me- 
lodie : s Seit du der andern dich ergehen" 
etc. (Mooatsfr. H. 1.). «Aber, Schwester, 
sagte ihr Bruder nach der zweyten Strophe; 
du siehst, die Herreu Wollen vergnügt seyn, 
und du singst da ein so traurige« Lied" — 
und im Augenblicke stimmte er Himmel« 
Kouebuesches Gesellschafislied an : m Bs 
kau ii schon nicht alles so bleibeu " etc.— Sie 
xnusste ihn nun begleiten, und auch wir 
fielen mit ein. — Wir waren jetzt dem 
Schlosse so nahe, dass man bey der Stille 
des spaten Abetids uns gewiss hören konn- 
te. ffUort, aagte unser Singer, wo der 
Flusa bey jenem Hügel eine Krümmung < 
macht, können wir den ganzen übrigen Weg 
und . den Plate vor dem Schlosse übersehn : 
da werden wir gewiss schon AusUlten au 
Ihrem Empfange entdecken. O man freut 
sich gewiss herzlich auf ihre Ankunft" — 
und nun waren beyde uner.chöpflich in dem 
Lobe des Grafen uud seiner Familie, und 
konnten nicht genug rühmen, wie gut es 
ihnen da gegangen s**y. 

Aber, fragten wir, werden Sie nicht um 
so drückender in der Folge den Mangel em- 
pfinden? — »Wir sind mit Wenigem zu- 
frieden, antwortete das Madchen, und dabey 
glucklich.* Nun fing aie das Pinale der 
Fanchon an, und ihr Bruder saug: 

Ihr Herren Mauk betlernt, 

Ihr Danen bunt geschmückt 

Von meiner Schwester lernt, 

Wie man das Gluck bestrickt. 

Ein schönes Haus 

Voll Saus und Schmaus, 

Und was hier bliukt und sUshlt — • 



734 

All das hviahlt 
, Ein Liedchen ron Fanchona Leyer! 

Wir alimmten in die Reprise fröhlich 
mit ein, und hätten sie fast auch aul die 
uns gegenüber sitzende Fanchon beziehen 
mögen. — Jetzt begann sie: 

Di« Lieb« diesen Ms*. 
Dem Lvyermädchen gab, 
Doch Fanchon tritt nnr daua 
Mit sich sufrieden ab — 
Wenn ihr — ergötst — 
Zu guter letst 

Euch freundlich an mir kehrt, 
Und gerue hört 

Die Töne rou Fanchons Lejeri — 

Ehen wollten wir wieder cum Schlüsse 
mit einfallen} da tönte plötzlich ganz in 
der Nähe eine vollstimmige Instrumental- 
musik mit Chorgesang — wir bogen um 
die Lrke des Hügels, und die ganze graf- 
liche Familie mit einem Chore von Musi- 
• kern in fcwey, Gondeln umringte uns. — 
Noch während des Schlusschors fielen wir 
Freuude einander in die Arme und freuten 
uns der Üeberraschung. — Nun wollten 
wir auch, als die Musik achwieg, una mit 
freundlichem Danke zu unsrer Fanchon keh- 
ren , aber — »der offne Mund blieb 
stumm!" — denn statt unsere hübscheu 
Harfenmädchens sas« eine junge, reich ge- 
kleidete, reizende Dame im Arme eines 
glänzenden Offiziers vor una. Ihre Reise- 
oberröcke lagen neben ihnen. — „Verge- 
bung unserm kleinen Betrüge — sagte sie 

— mein Onkel wird auch für uns bitten." 

— Es bedurfte der Bitten nicht. — 



9. Die Vermälilungsfey er. 

Der Tag der Vermählung näherte sich; 
dorh sahen wir dazu noch wenig Vorberei- 
tungen, uud unser Fteuud äusserte sich nut 



1805. August, 



Digitized by doosle 



735 



unbestimmt über du, waa er veranstaltet 
habe« Der grosse Saal, sagto er, in wel- 
chem meine Kinder mit ihren Gespielen 
Sonntags bisweilen ihre deklamatorischen 
nnd theatralischen Uebungen halten, ist ja 
su mancherley Festlichkeiten im Siande ; 
meine Spicllcule und Sanger habe ich in der 
Nahe, und was die Fever seihst betritt, so 
pflege ich an meinen kleinen Familienfesten 
gern erst Abends vorher, oder Morgens zu 
überlegen, wie ich sie einrichten will. 
Dann giebt sie mir mein volles, gerührles 
Hers ein, und sie ergreift die Herzen Au- 
derer, wenn sie auch vielleicht die 'strengen 
Forderungen des Dramaturgen nicht befrie- 
digt. Ich vermisse dabey jetzt besonders 
meiner Natalie — für uns alle zu früh — 
verewigte Mutter. — Sie Ordnete mit Gin* 
ficht und Geschmack recht hübsche theatra- 
lische Spiele an, erfand pantomimische Dar. 
Stetlungen, und wählte znr musikalischen 
Begleitung Stöcke aus Jen schöusleu Opern, 
selbst aus Sinfonieen, aufs zweekmassigste, 
oft selbst au der Kenner Deyfall, die sich 
anfangs von dein Arrangement der vollstim- 
mi^rn Begleitung mancher Arien für unser 
Orchester und für diesen Zweck, wobey die 
Srngstimme in eine lustrumenlatparlie ge- 
bracht werden musste, nicht viel Effekt ver- 
sprachen. — Vielleicht versuche ich auf 



1805. August. 736 

den Sonnlag, es ihr ein wenig nachsu- 
thun. — 

Der Sonnlag kam. — An den vorher* 
gehenden Tagen halle ich bemerkt, daas der 
Kantor seine Singübungen mit einigen fähi- 
gen Knaben des Dorfs, und den Söhnen ei- 
niger Prediger und SchuUebrer der benach- 
barten Dörfer, häufiger als sonst hielt: ich 
durfte daher einen besonders feyerlichea 
Gottesdienst erwarten. — Auch land ich 
diese Kinder, und noch einige junge Man-' 
ner, Schullehrer und Privalerzieher aus der 
umliegenden Gegend, n«b»t einigen Bedien- 
ten des Grafen, die ehedem in Chören klei- 
ner Landstädte gestanden hatten, bey unsrer 
Ankunft in der Kirche auf dem Chor der 
Orgel versammelt. Der ohnedies angeneh- 
me, sanfte Gesang, an welchen der seit 
zwanzig Jahren fortdauernde Singeunlerricht 
die Gemeine gewöhnt hat, ward heule durch 
die Unternlützung dieses Chores noch ein- 



drucksvoller. — — Nach der Predigt empfing* 
die grafliche Familie das Abendmahl. Wah- 
rend dessen schwieg der Gesang der Ge- 
meine. Das Chor aber sang mit einer ein- 
fachen Orgelbrgleituug Dansi's Salve regina, 
wie es durch diese Zeitung bekannt gemacht 
worden. Der Prediger halle einen, für die 
protestantische Landgemeine zweckmässigem, 
deutschen Text untergelegt *). 



•) Wer mit den Schwierigkeiten einer solchen Arbeil bekannt i*t, mag über den Werth «Weier Ueber- 
eetxung urthcileo. Hier i»t »ie, neb>t der Darstellung , wie die Worte deraelbeu mit denen de« Origi- 
mIi unter den Noten cutammeatrenen. 

Seite «alte regina «mater mi - »e - ri - eerdiae Tita dulinlo et - ipea 

Nahet, nahet anbetend, nahet dem Throne de« Ewigen, glaubend und hoffend, glaubend und 
mistr» «alre, aalte Ad te clamamtu exu — tei ezu — lei nlii Hera« 

holTend 1 nahet , nahet ! Er hört dai Flehen «ünd'ger — - ach 1 aünd'ger — doch reuiger Rinder f 
Ad te tu« - pi ra mua geroente* et flentea in hac lacrima - rutn valte. Ei« ergo 
Er Tertiiramt, er vernimmt nn»er Seufzen und Weinen, wir rufeu zu ihm »>u der Tiefe!— Liebevoller, 
a-l'ucata noatra illo« luo« mite - ri - corde« o - eu - lot «il no« conrerte, et 

liebevoller Vater, du im Himmel, Äu Gott dar Gnade, blick «nf deine Kinder nieder! — Welt- 
Jetum Lvne di - dorn fraetuen rentri« tui nobi« poat hoc ezi - linm ottende, 

heilajid I der du richte«! Lebendige und Todte, nimm einat una auf aa deine« Himmel« Fremden I — 

o clerueoj, o pi«, o dul-ci« virgo M» - ri - «. 
Gei.t Gölte«, du Troeter, ach gieu.uns deinen Frieden I' — 



Digitized by Google 



737 



1805. August. 



Die Ausführung entsprach der Ervrar- * ' 
lang, «u welcher jnich schon sonstige ange- 
nrhme Proben von dem Fleiase und der 
Geschicklichkeit de« Anführers und der Mit- 
glieder dieser kleinen Singakademie, berech- 
tigt halten. 

Der angenehmste musikalisch« Genuas 
war uns jedoch Tür den Abend au/behalteu. 
Die Gesellschaft versammelte sich gegeB 
sieben Uhr in dem oben erwähnten Saale, 
dessen Dekoration eine ibeAlraliacbe Feier- 
lichkeit ankündigte. Das Orchester — was 
aus einem Theile jener Sltngergesellschaft 
besteht, und von dem ich häutig Quartetts, 
bey zahlreicherer Versammlung auch kleine 
Sinfouieen recht gut ausfuhren hörte, — 
war heut« hinter dem Thealer in einem 
Nebenzimmer placirl, und begann von da- 
her eine sanfte Musik, wir mussten Vermu- 
rhen, als Einleitung zu der folgenden Vor- 
stellung. — Es war Reich&rdts einfaches 
Liedclien aus der Gei ster inscl i „Ach- 
was ist die- Liebe für ein »üs»9S Ding ! * — 
Niemand unter uns fühlte das tiefer, als 
die Neuvermählten selb*!. — Der Vorhang 
giog auf: das Theater stellte einen freyen 
Fiats in einem Parke vor} mau sah in der 
Witte ein Grabmal, was dem im gräflichen. 
Parke befindlichen von Nalaiieiis Muller 
glich. — Ein junges Mädchen erschien — 
ziemlich kontrastirend mit dem Charakter 
jener Ouvertüre, — allein, .einen welken 
Blumenkranz in. der gesenkten Hand, uud 
ein Miiiialurportrait auf ihrem Busen web- 
mülhig betrachtend. Da« erinnerte uns sehr 
deullit h an die kaum verflossenen traurigen 
Wochen, wahrend welcher die Aussicht ei- 
nes nahen Krieges den Grliebtep Nalalieus 
ron ihr entfeint, und zu «einem fürstlichen 
Ch.f gerufin halte. Die Sehnsucht der 
Verlassenen nach dem Gelie>>ten ward jetzt 
auch durch die Musik angedeutet, welche 



Winter« Arie aus 



reu 



73* 

Opferfeste hö~ 



Ich wir , wenn ich erwachte, 

So heiter, war »o froh, . . . 



Es ward dunkler, das Mädchen legte 
sich nieder auf eine Rasenbank, aber sie 
schie« Hube und Schlaf vergebens zu su- 
chen. Erst die letalen Harmonieen der 
Waldhörner in jener Arie tönten sie in ei- 
nen sauften Schlummer. 

Ein Kuabe,, in weissem und schwarzen 
'Gewände senkte sich aus einer Wolke nie- 
der, stellte sich neben die Schlafende, und 
kusste ihre Stirn. Er sollte ihr Mirrba's 
„batigen Traum" einflössen. — Nur die 
Gefabren des Krieges , denen der Geliebte 
entgegen ging, konnten ihrer Phantasie vor- 
schweben; sie muttsle ihn sich aber auch 
als glücklich in dienen Gefahren , als Sieger 
in der Schlacht denken. — Sehr passend 
begleitete daher da« Orchester, — ein we- 
nig entfernter, als vorher — diesen Traum 
mit Zumsteegs Marschaus Ritter Tog- 
genburg: 

Groüe Thalen dort geschehen 
Durch der Heiden Arm 

Aber nicht die Rückkehr durfte ea «eyn, 
die der Meld ersehnte; nur gedenken rotjsste 
er der Geliebten, mu*«te liebevolle Tröstun- 
gen schriftlich und durch theilnehmendo 
Freunde in ihr Hers gieaaea; darai 
uu« Mozart«: 

Thrj'nea , Tora F reo od getrocknet, 
An aeiner Bruat vergossen: 
Bald iat au» euch ' entflotten 
Der ew'geu Treue Quell'! 
Losa Uber dir die Hitnacl 
Mit Schrecken »ich umibürmtB, 
Naht dir, bey ihren Murmcn, 
Dein Freund, dich zu bc»ch>rmen: 
Dem lliuimel bleibt dauit heil! *) 



») Nach Roehlils Uebcr»eUuag de« Dos Ju 



Digitized by Google 



739 



weichet rührende Slück «ich unmittelbar an 
diesen Marsch ansculoss. Hierauf begann 
der Maisch wieder und verhallle endlich in 
weiter Ferne. 

Jetzt erhob sich der Traumgott wieder 
in seine Wolke und verschüand. Aber 
durch die Schatten der nun völligen Nacht 
schwebte von der andern Seile eine S c]l1 * 
Gesiall daher, und schaute mit iheilirCTinaen- 
den, huldvollem Blicke auf die Schlafende 
nieder, w-tlircnd die Musik das Lied an die 
Hoffnung aus Himmels Urania bö- 
ren lies« : 

Dia du «o gern in heilte« Nichten fsyent 
Und §»nlt und weich den Gram verechlejer*t, 
Der eine »arte Seele quält — 
O IIoIJ.iuiij! ! Loh durch dich emporgthobsa 
Den Dulder ahnden , da>» dort oben 
Sin Eugel ttine Thränen «ählt! — 

f • 

Der Vorhang liess sich sanft herab. — 
Es herrschte einige Minuten lang eine Stille 
in unsrer kleinen Versammlung, die endlich 
das liebende Paar selbst unterbrach, mit 
Aeusserungen der Freude, dass jene trauri- 
ge Zeil vorüber, und wenigstens diese Fever 
durch keine Kriegesschrecken getrübt aey. — 
Da erinnerte uns auch bald die Musik, dass 
wir nun freudigere Scenen würden zu er- 
warten haben. 

£• ertönte, anfänglich in der Ferne, 
dann immer näher Zumsteege Friedeus- 
marach aus der Lenoret 



1805. August, 740 

*sohloss,' standen sie vor dem Grabmate, 
das Mädchen kniete nieder, und betete; der. 
, Geliebte liess sie allein und verschwand hin- . 
ter den Blumen: sie nahm die Blumen, mit. 
! denen ihr Haar und Busen geschmückt wa- 
ren, und streute sie auf den Hügel. — . 
Reichardts: Sterbt auf meiner Maja Gra- 
be . . . aus der Ge i s t e r i n sei , begleitete 
diese Handlung. Die Musik dea Chorea, 
was sich an die Arie anscbliesst, 

Tiefer im Leben 
' Hoffend tu icbaumi 
Lindert den Schmer« . . . 



Der König und |die Ktiieria 



Er ging aber nicht, wie in der Ballade 
aelbst , in die Molltonart über , sondern 
schloas in Dur. — Nach einer kleinen 
Pause rollte der Vorhang mit einem starken 
Akkorde, schnell auf; und unter Haydu's 
Einleitung aum dritten Theile der Schöp- 
, fung erschien das Madchen an der Hand 
ihres Geliebten, der glücklichen Wiederver- 
einigung hoch erfreut. — Als die Musik 



ihat ihre Wirkung; das Mädchen richtete 
sich auf, ward fröhlicher, und schien sich 
nun ganz deu frohen Aussichten in die Zu- 
kunft au überlassen. Mit dem Schlüsse die- 
ser Musik erschien der Geliebte wieder mit 
einem frisch gewundenen Blumenki-auae : 
Flöten und Fagotts begannen mit Begleitung 
eines Glockenspiels aus liurka'a Musik 
au Schillers Glocke: die Stelle: 



Lieblich in der Bräute Locken 
'Strahlt der jungfräulich« 



...» 



Er bekränzte das Mädchen , aie sank in sei- 
ne Arme — da erschallte mit vollem Or- 
chester Chefubini's Hochzeitsmuaik aus 
dem Wasserträger: Jeunes fillettes . 
Festlich geschmückte Mädchen zogen jetzt 
auf das Thealer; an die Spitze ihres Zuges 
atetlten sich die Liebeuden: sie wandten sieht 
nach der Seite des Proseemums, kamen die 
dort angebrachten Stufen herab : von der 
andern Seite schloss sich ein Chor von 
Jünglingen ah sie, und nun stimmte allea 
in Cherubim's fröhfichps Chor* mit ein, 
während dessen die Neuvermählten mit den 
schönsten Kränzen geschmü.kl, und ihr 
Weg in den Tanzsaal mit Blumen bestreut 
ward. 



1 

Digitized by Google 



74i • 1805. 

N. S. Ich könnte den Lesern die Ge- 
schichte noch mehrerer gleich früh dort ver- 
lebter Tage raitlheilen; aber, eingedenk de» 
Zweckes dieser Zeitschrift, der weniger auf 
bloss unterhaltende Lektüre, als auf wissen- 
schaftliche Belehrung geht, begnüge ich mich 
mit dem hier gelieferten, und wüuscbe nur 
noch zum Schlüsse, das« recht viele meiner 
Leser, hohen und niedern Standes, deu ihnen 
durch meine Erzählung wenn gleich 

nicht namentlich — bekannt gewordenen 
Personen, von vornehmer und geringer Ge- 
bart, ihren kunstfreundschaftlichen Boyfall 
nicht versagen mögen. 

F. — Af . 



NACnRICHTBM. 



München, den 22slen July. Gestern 
trat Mad. Marianne Sessi im Titus als Sesto 
auf. Eiuen vollen, lauge entbehrten Genuss 
der edlern, höhern Kunst hat uns dieses 
gewähret. Ich will Ihnen hier das Lob der 
Mad. Sessi nicht anstimmen. Sie gehört 
unter die vorzüglichsten Sängerinnen des 
jetzigen Europa. Auch bleibt wol bey Ge- 
genständen der angewandten Kunst die Be- 
schreibung immer Weit hinter der Sache 
aelbst zurück. In meinem letzten Briefe 
sprach ich von ihrer hellen, vollen Stimme, 
von ihrem einfach -erhabenen Geschmack im 
Vortrag. Ich hatte mich nicht getäuscht. 
Auch in dem grossem Theater, bey dem 
vollsten Hause, bey einer Mozarl'schen In- 
strumentalbegleitung, schwebte ihre schöne 
Stimme über dem Strome hoher Harmonieen 
empor. Ihre leine Intonation,' der sichere, 
immer natürliche Gesang, und — was nicht 
wenig beytrug , alles in eine angrnehme 
Stimmung zu versetzen — ihre so deutli- 
che, wahrhaft schöne Ausspreche, dm auch 



August 74« 

schon ohne Musik dem schmelzenden Wohl- 
laute der italienischen Sprache seine liebli- 
che Wirkung verschaffte, ohne dass man 
der Textbücher bedurfte, die man überhaupt 
entbehren kann, wo Meister singen — ; 
der überall hindurchblickende hohe Kunst- 
sinn, der die Künstlerin allen Flitterprunk, 
alle kokeltirende und spielende Küusteleyen 
verachten, und nur nach dem Bey fall der 
Edleren ringen lehrte t alles das wird von 
jedem Unbefangenen an dieser vorlrefllicheu 
Sängerin immer hochgeschätzt werden. Mo» 
zart selbst, der sich, nach seiner Art, so 
derb über die oft so übertriebenen Variatio- 
nen der Sänger erklärte, wäre zufrieden ge- 
wesen, hätte er gestern seinen Sesto vou 
Marianne Sessi vortragen hören. Ein paar 
Stoccato in die Höhe ausgenommen, die sie 
dem herrschenden Genius der Zeit zum 
Opfer brachte , und die ich für meinen 
Theil weggewünscht hätte — konnte man 
vou allem, was sie sang, sogen: das ist 
schön, wahr, edel, gross. Nie werde ich 
das Recitaliv : ■ Oh dei , che amania e que- 
sta — vergessen. Dies war eigentlich ihr 
Triumph. Die »um Himmel schreyendo Stelle 1 
Deh conservste, oh dei; und dann die herz- 
zerreisseiide : lo saprai — : wer vermag sie 
zu schildern? — Uriwillkührlich brach un- 
ser Publikum, worunter doch nur der klein- 
ste Theil die italienische Sprache kennet, 
bey mehrern Stellen dieses genialischen Re- 
citativs in einen allgemeinen Bey lall aus, 
der, niebl vom lärmenden Klatschen beglei- 
tet, nur desto ehrenvoller für die fühlende 
Künstlerin ist: denn so kam er unverkenn- 
bar ganz aus dem Herzen. Nie hab' ich in 
der Fülle' empfunden, was musikalisches 
Pathos, was tragische Wirkung durch Mu- 
sik ist. O wie tief hiiitth lallt gegen Ein 
solches Recitativ ,m so vorgetragen, alle 
der flinkernde aber nichts sagende Klitig- 
klang, der mit dem Augenblick, wo er ent- 
stand, auch vorüberfJaltext und keine Spur 
im Herzen »uiütklässt. 



7« 



1805. 



M*d. Sesai iil , übrigen»; «lue Frau ohne 
Fraienaioo. Nie wurde hier der so gewölm- 
liche Unfug mit Einlegung der Arien weiter 



gelrieben, 



a i» 



en 



gestern. Acht Stücke, 



grössere Scenen und Arien von den ver- 
schiedensten Meiatrrn, waren da ohne Wahl 
auf einander gepfropft , und wie in einer 
Zauberlaterne paradirlen nach einander: 
Winter, Cannabich, Waigel t Simon Mayer, 
in Gesellschaft dea grossen Mozart. Doch 
am unverzeihlichsten sündigte Hr. Brizzi 
selbst. So kam z. B. im zweyten Akt eine 
unendliche Arie von ihm vor; ein Chor Sol- 
daterf — denn ohne einen Singchor, der, 
wie in Trompeten» tössen , die Arie begleitet, 
können die heutigen Sänger keine Bravour- 
arie mehr zur Welt bringen — fiel wie 
aus den Wolken, mit denen unser Titua — 
dass er aber Titus sey, hatte der Virtuos 
heule wol vergessen — — so arg trillerte, so 
ohne Maass schäkerte, so mit Sprüngen und 
Koloraturen, in halber Slimroe vorgetragen, 
spielte, dass tnuo halte glauben mögen, er 
habe sich vorgenommen , auch einmal für 
die Galerie zu singen. — Nicht so Mail. 
Sc»«. Sie legte keine einzige Arie . ein, 
sang nicht Kineo Takt mehr, als den Mozart 
hier schrieb, und ungeachtet sie in einer 
Gastrolle auftrat und also mehr als andere 
glänzen sollte , auch Niemand ihr jenes 
Hülfsmittel dazu hatte versagen können, 
hielt sie sich doch allein an die Mozartische 
Komposition, die überdies nicht immer ganz 
für ihre Stimme ist, und suchte aje nur mit 
einer Kraft herauszuheben, die ihr Kunst 
-und Empfindung darbot. Schöner hatte sie 
den unsterblichen Mozart nicht verherrlichen 
können! — Sie wurde von « der KurCur- 
stin mit einem prtohtigJoa diamantenen Hals- 
band beschenkt. 

Die italienische Oper, wird ottn auf ge- 
raum* Zeit schweigen. Brizzi, Cannabich, 
Ramm und Andere machen Haiseo. 



August. 744 

Koxzk Ahieioe. 



Quatrt Sonate* pour h Piano/orte par Mr. (?) 
J. /. Dtpuis. Oeuvr. 3. Chcz Hummel a 
Berlin et a Amsterdam. 

Diese Sonaten würden vielleicht vor 
dreyssig Jahren nicht Wenigen gefallen ha- 
ben. Sie sind den frühesten Vanhall- 
schen ähnlich, aber in Erfindung noch un- 
ter ihnen. , Wer nun noch auf jener Stufe 
steht und sie nicht verlassen mag; oder auch, 
wer sehr wenig ausführen kaiin und doch 
Sonaten vortragen will, dabey aber gans 
gleichgültig ist, was für welche, wenn er 
nur Noten bekömmt, die einigen Zusam- 
menhang haben und sich bequem zwischen 
Schlafen und Wachen abspielen lassen: der 
greife nach diesem Werkchen. Ihn wer- 
den auch die häufigen Schulschnilzer nicht 
stören. 



A X E * D O T 



Ein noch lebender berühmter Koraponiat, 
der das Geld sehr liebt, hatte das Unglück, 
mit einer Frau verbunden zu aeyn , die 
schön, liebenswürdig, eine treffliche Sänge- 
tin, aber unordentlich, und besonders in je- 
nem Charaklerzug gerade das Gegentheil von 
ihrem Geniabi war. Sie verdiente viel, 
machte aber noch mehr Schulden , und starb. 
Nun kamen die Gläubiger und plagten den 
betrübten Will wer. Endlich fuhr er, der 
sonst sanfte Mann, den .Einen an : Gehn 
Sie zum Teufel! — Da kann ich wol Ihre 
Frau finden, aber mein Geld nicht! antwor- 
tete der Gläubit 



— 



•■ - ■ . 



1— 



Digitized by Google 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 2V m August. 



1805. 



R E C T. X 8 I O !f E K. 



itutscfu Lieder mit Begleitung ies P' iatt °- 
fürte in Musik gtsetzt von Philipp Barth. 
Copenhagen, bcy C Lo»o et Comp. (Pr. 
1 Thlr.) 

ftecensent kennet den Komponisten dieser 
Lieder nicht. Sollte er der vor etwa einem 
Jabre verstorbene junge Kapellmusiker in 
Kopenhagen seyn, so gäbe dies Werkchen 
einen neuen Grund, den frühen Tod dieses 
talentvollen Jünglings an beklagen, denn es 
bewiese offenbar, dasa man an ihm nicht 
nur einen vortreffliche» Virtuosen auf der 
Hoboe, und einen schätzbaren Komponisten 
fiir dieses soin Instrument, sondern auch 
einen sehr braven Liederkomponisten verlo- 
ren habe. Schon die hier au gebende na- 
Ticre Anzeige des Werkchena wird dies be- 
legen. 

Die Wahl der Texte zeugt von Ver- 
stand, Sorgsamkeit und Geschmack} die Be- 
handlung derselben, sowol in musikalischer, 
als auch in rhetorischer Hinsicht, von Ge- 
fühl, Kenntnissen und Fleis». Die Musik 
.selbst verrath weniger einen genialischen 
und tiefen Geist, als eino empfindliche und 
Karte Seele, die sich gern in milden Melo- 
dieen ergieest, sich am liebsten an sanften 
Liedefn ergötzt , und sich in Tönen mit 
Liebe eng an sie schliesst. Sollen Verglei- 
che Statt finden, so lassen sich Barths Lie 
der. was die Musik an sich betriff!, zu- 

7. Jahrg. 



nächst mit denen von Himmel 
stellen. In dem, was Nachbildung der Formen 
des Dichters und die Deklamation angehet, 
ist Barth sorgsamer, als es dieser Kompo- 
nist in mehrern seiner Lieder ist, und er 
nühert sich darin dem wackern Schulz. Wo 
es aber auf Lebendigkeit der Phantasie an- 
kömmt, bleibt Barth betajtchtiich hinter 
Himmel ■ — in dessen bessern Stücken — 
zurück. Da er als Liederkomponist noch 
gar nicht bekannt ist, darf ich mir wol /er- 
statten, auch bcy den einzelnen Sätzen ein 
wenig zu verweilen. 

Das erste Lied hat einen angemessenen 
Ausdruck, eine iiiessende Melodie und ein 
nicht unangenehmes Accompagnement : ea 
hatte aber dennoch vön der Sammlung auf- 
geschlossen bleiben sollen , da es allzunahe 
Reminiscenzen enthalt und auch Überhaupt 
sich durch nichts auszeichnet, Man kann 
es als nicht dastehend betrachten, zumal da 
es da* dreyzehnte Ljed ist und doch nur 
zwölf auf*: dem Titel versprochen sind. 
Overbecks Xiedchen S. 3. ist schon sehr oft 
komponirt, aber schwerlich von Jemand im 
Ganzeu besser getroffen, als von Barth; im 
Einzelnen sind besonder« die Zeilen;: „ so 
freundlich r so mädchenhaft* .... nun ja, 
sie sind, wie die Worte sagen : so freundlich, 
ao mädchenhaft ! Das liebliche Lied , No. 3, 
ist |eius der gelungensten und bekanntesten 
von Himmel; das Barthische stehet ihm aber 
schwerlich nach, und die Schlusszeile, die, 
als Refrain, immer wiederkehrt und über 
das Ganze heym Dichter entscheidet, ist von 
1 Barth offenbar im •naiven Ausdruck nnd in 

47 



Digitized by Google 



745 



1805. August. 



746 



der Deklamation basser wiedergegeben wor- 
den. Man sehe das Liedchcn selbst: da es 
so reizend ist und auch so weuig Kaum 

Grazioso. 



braucht, mag ihm dieser vergönnet teyn. Die 
Verse sind wol als allgemein bekannt vor- 
auszusetzen. 




lg i^ -gg 



■ ** — •» 



=33=9: 



I. Jungling, wenn ich dich von fern er-blik-ke , wird vor Schmucht mir dal Auge nasi; nihil du 



I 



-CT- 



I I 



r ♦ r-r 



9T wr 



. .all 

dich, So halt es michzu-riik -ke, yrie mit Fes.ieln, und ich wein nie n w.u 1 s. Fern von 




Schlusf. 



=5* 



8. lle - ben, und zu tv.ih.len. o dann wein Ich , wen? 




3~r t 



inniger und auch eigener, und dass es dies, 
bey so wenigen aufgewendeten Mitteln ge- 
worden, entscheidet noch mehr für des 
Komponisten Talent. Das Staudchen S. 10, 
ist unbedeutend, und das Lied S. 11 mehr 
richtig und sorgsam, als schön und herzlich 
behandelt. Der so oft gesungene Traam 
Hölty's S. 12, kann mit Ehren neben, wenn 
auch nicht über einigen frühem Komposi- 
tionen stehen. In dem Abschied S. i3 folg. 
hat der Komponist seinen gewöhnlichen 
Weg verlassen, hat die Strophen mit wech- 



f 1 5 ? 



Die Lieder S. 4., 5 und 6, sind nicht 
zu tadeln, doch auch nicht ausgezeichnet. 
Dagegen finde ich die kleine Tandeley, S. 7, 
so ganz unbeträchtlich sie scheint, bemer- 
kenswert!). Der Musiker hat das niedliche 
Gleim sehe Liedchen wiedergegeben , wie et- 
wa Schulz es gemacht haben würde. So 
etwas ist freylich in Einem Augenblick em- 
pfangen und geboren ; aber bey weitem nicht 
Jedermann Ji.it solche Augenblicke. An 
Louise, S. 8, ist nicht übel, doch etwas 
verbraucht, aber Mein Wunsch, S. 9, weit 



Digitized by Google 



* 



747 



1805. August. 



74S 



»elnder Musik begleitet und «ich, wo Gele- 
genheit war, zur malerischen Behand- 
lung gewendet. Man muss eben so aufrieb» 
tig, ala man sein Gutes gerühmt, auch sei- 
ne Schwäche in dieser Gattutig hier beken- 
nen. So wie er aber diese Bahn verläaat 
und gegen das Ende dieses Stücks wieder 
zum eigentlichen Ausdruck der Gefühle, zu- 
rückkehrt, so wird «v wieder aehr innig 
und liebenswerlb. Man sehe aelbat die 

Andante. 



letzte Strophe, nnd wenn man sie so schön 
findet, wie ich, ao ainge man das ganze 
Lied auf dieae Muaik, mit den kleinen 
Abänderungen , die die Worte anderer 
Strophen nöthig machen. Dasa die Fort- 
achreitung des Accoropagnements in ei- 
nigen Takten gewählter seyu könnte , 
wird zugestanden, ohne dasa darum der 
Werth des Ganzen beträchtlich, geschmälert 
würde. 



1 




I 1 i- 



Ich 



-r- 



. ke dein, bit 



^ r , rr B 
■ -V ^ ¥ — y- 



ffr^T rr t r t r r 




Lebt der Verfasser noch, so mag ihm 
diese Anzeige meine Achtung beweisen; 
und mit dieser aetze ich noch hinzu, dass, 
wenn er durch fortgehendes Studium und 
mehr Versuche in andern Gattungen seinen 
Kre>* erweitert, sich selbst eben dadurch 
gestärkt, und sein Talent vielseitiger gebil- 
det haben wird, er ein Liebling der Freun- 
de eines einfachen, aber aeelenvollen Gesan- 
ges weiden kann» Kleine Verstösse gegen 
die muaikaliache Grammatik — nur kleine 
finden »ich — wird er dann von aelbat be- 
merken, und z. B. S. i4, Syst. 3, T. 10. 
in der Singaliuuno und im Basa cea schrei- 



ben , S. 13. keine Oktaven stehen la< 
auch wenn sie, wie hier, durch die kurze 
Pause bemäntelt würden u. dgl. Der Stich 
ist ziemlich korrekt, nimmt aich aber nicht 
gut 



Grande Sonatt pour. Ja piano/orte, composit a 
dtdlit ä Msr. Chtrubini par Antoine Eberl. 
Op.2?. A,Vi'enoe, au Bureau d'Arta (de« 
Arta) et d'Industrie.* (Pr. 1 Fl. 45 Xr.) 

Hr. Eberl hat aich seit einiger Zeit ei- 
nen nicht unbeträchtlichen Ruf als Koropo- 



Digitized by Google 



749 

ni«t für das Pianoforte,' («eine Orchester- 
rausik ist, ausser Wien, nocb wenig oder 
gar nicht bekannt,) als Klavierspieler und 
ala Musiklehrer erworben, and seine neuem 
inden ein sinnlich sab (reiches Pobli' 
: darum, so wie der Familienähnlich- 
keit wegen, in welcher sie untereinander 
stehen, kann man wol voraussetzen , die 
Leser wissen so ziemlich , was sie zu er- 
warten bähen, und darf bey der Anzeige 
auch des hier genannten Werks kurz seyn. 
Es gehört unter Hrn. .Eberls beste Klavier- 
stücke; hat dieselbe Lebhaftigkeit, dieselbe 
gute Führung einze In er Partieen, dieselbe 
von Erfahrung zeugende Benutzung aller 
Vorzüge eines guten Pianoforte's , dieselben 
Vorlbeile für den Spieler, indem es auszu- 
führen zwar nicht leicht , aber doch bey 
Weitem nicht .so schwer ist, als es scheint 
mit einem Worte: es hat alle das Gute, 
was *Eber1sche Kompositionen haben , und 
vor vielen auch noch das , reiner in der 
Schreibart zu seyn. ' Das erste AUegro ist 
der ausgezeichnetste dieser Sätze, und werlh, 
Cherubini dedicirt zu werden. Es lebt eiu 
energischer Geist im Affekt darin. -Das An* 
dante, mehr geziert, als zierlich, ond mehr 
Ansprüche machend, ala erfüllend, ist weit 
unbeträchtlicher. Daa Presto ist aber wie- 
der ein lebhafter, interessanter Satz, muss 
jedoch durch sehr rasches, präcises und 
rundes Spiel gehoben werden, weil die Ideen, 
We'der der Erfindung, noch der Ausführung 
nach, ausgezeichnet sind. Man kann der*- 
gleichen'- Arbeit keineswegs geradehin tadeln) 
sie vergnügt auch wahrscheinlich Jedermann 
für den Moment: aber es bleibt dem Zuhö- 
rer, der mit der Zeit. fortgegangen, doch 
dubey ein" Gefühl', all habe er sie schon — 
Öfters gehört, wiewol sie durchaus nicht ei- 
genilich enflfchnt ' ist* ' üer '.Schwarbe . dea 
aweyten und der nicht weit über das Ge- 
wöhnliche sich erhellenden Stärke des dritten 
Satzes" ungeachtet, ist die Sonate als ein gu- 
tes Unterhaltungstück geübten und fertigen 



1805» August. 



750 



Liebhabern zu empfehlen. Dasa das Pianöf. 
bis zum dreygestriebnen g benultt, aber je« 
de Stelle, die über f gehet, umgeschrieben 
beygesatzt worden, ist, so wie die genaue 
Angabe der Ausdrucksseichen aller Art, so 
loben. Der deutliche und gut ins Auge 
lallende Stich hat nur einige wenige Fehler, 
die sich sogleich von selbst berichtigen and 



Nachuxchte 



Paris, den 5ten August. Ich bin mit 
musikalischen Neuigkeiten seit mehr als 
zwey Monaten im Re»t; aber ganz Paris ist 
es auch. Aus nichts hat sich nur Einmal 
etwas machen lassen, und zwar etwas Be- 
trachters werthes. Was aber seit meinem 
letzten Bericht hier, Musik betreuend, vor- 
gefallen, ist, für den Ausländer, recht ei- 
gentlich nichts '— ksum mit einer einzigen 
Ausnahme, über welche zu sprechen jetzt 
noch Zeil genug ist. 

Es war aber auch, als ob dies JaTir al- 
les zusammentreffen müsste, was Apoll zun 
Strobwittwer machen könnte. Erstens ist 
Ihnen schon bekannt, dass, so wie es Mode 
ist «— das heisst in Paris : nolhwendig zur 
Existenz gehört — während dea Winter- 
halbjahrs die Theater zu besuchen, so ist 
es Mode', sie im .Sommer zu verlassen. 
Nun ist es zwar wahr , die Natur schien 
dies Jahr, bis in den Julius hinein, eine 
neue Ordnung der Dinge hei bey zu führen, 
und damit — wie es mit den neuen Ord- 
nungen der Dinge nicht selten gescliiehet — 
die Leute wenigstens in verwirren, indem 
«1e an Einem Tage früh Winter, gegen 
Mittag Frühling, zum Mittag Sommer ond 
dea Abends Herbst werden liess : was aber 
ein rechter Franzos ist, das lässt sieh nicht 
so leirhl werfen. Wann aieba gehört 
macht man Frühling und Sommer, mag'* 



Digitized by Google 



75» 



j8o5. August. 



752 



draussen aussehn, wie es will) und dann 
verlässt inen auch die Theater — ausseror- 
dentliche Fälle ausgenommen! Sodann, die 
Reise des Kaisers und der sehr Vielen, die 
ihn begleiteten oder die in seiner Abwesen- 
heit zu sich selbst und aus dem Gewöhnli- 
chen kommen wollten — ! Hierzu kamen 
noch Krankheiten der meisten und vorzüg- 
lichsten Mitglieder, und Keisen derer, die 
nicht krank waren, und «war fast von al- 

- len Theatern; gänzliche Veränderung eiuiger 
Truppen — und so weiter« 

Die kaiserl. musiLal. Akademie (grosse 
franz. Opor) gab also nur Wiederholungen 
einiger wenigen grossen und für immer fest* 
stehenden Werke — vornehmlich Glucks 
beydo Iphigenien und Oedip, und liess da- 
mit die Barden, Caravane du Caire und 
einige andere gut angeschriebene Werke 
Wechseln. Die Cranz, komische Oper (sonst 

. Feydeau) brachte nur Eine artige Neuigkeit 
su Stande, von der ich hernach sprechen 
werde, und srhtoss dann das Haus ganz, 
Weil — — darin gebauet werden sollte. So 
heisst es wenigstens in den Ankündigungen 
und in der Verteidigung der Direktion ge- 
gen den luftigen Einfall eines Witzkopfv, 
der ankündigte, es würden „heute zum Be- 
seht uss aufgeführt : die Schuldleute, 
Kein Vertrag, und Ein Haus zu ver- 
kauf e n * — bekanntlich hat man drey klei- 
ne Stücke unter diesen Titeln. Das Thea- 
ter der Kaiserin (verbundene Gesellschaften 
der Italiener und des ehemaligen Louvois) 
hörte in der ersten Qualität ganz auf. Die 
Italiener sind, bis auf Einige, auseinander 
gegangen, und, wie ich höre, hat besonders 
die Prima Donna, die rühmlich bekannte 
Dem. Strinasacchi, schon ihr Glück in Lon- 
don begründet. Seit ganz kurzem i»at mah 
eine neue Gesellschaft Italiener zusammen- 
gebracht, die auch schon eine Oper gegeben 
hat; und zwar den allen, bekannten, ver- 
brauchten Barone d luso von Cimarosa, ein* 
seiner schwächsten Werke. Die Oper wur- 



de gut gegeben. Die Gesellschaft scheint 
mir jetzt noch, weder besser noch schlech- 
ter zu seyti, als die vorige; und dass sie 
mit diesem Werke debütirte, erregt eben 
nicht die glänzendsten Erwartungen. Seil- 
sam ist es, dass wir untre ersten italieni- 
schen Sängerinnen aus Ihrer frühern Be- 
kanntschaft nehmen : die Strinasacchi hat 
sonst bey Ihnen gesungen, und Ihr Lands- 
mann .... behauptet, es sey mit unsrer 
neuen Prima Donna, Mad. Crespi, derselbe 
Fall. ■ (Es ist wirklich so. d. Ä.) Uebri- 
getis wird daa französische Publikum, das 
gleichsam das eine Ende der theatralischen 
Musik festhält, die deklamatorische, sich nie 
lebhaft für die Italicner interessiren, da dio- 
ee auf dein entgegengesetzten wohnen — 
beym Singen fast ohne Rücksicht auf die 
Worte. Bey den, verhältnissinässig, weni- 
gen Freunden italienischer Opermusik, und 
denen, welche dafür angesehn seyn wollen, 
würde darum kein solches Theater bestehen 
können, wenn nicht die kaiserliche Familie 
es begünstigte — , was , wenn auch nicht 
groeae baare Unterstützung, doch eine ge- 
wisse Achtung, ein gewisses Aufsehen, und 
mithin Menschen genug, herbey führt, bey 
denen es zum Ton gehört, die Italiener zu 
besuchen. Bis jetzt hat sichs jedoch noch 
nicht recht damit finden wollen. 

Dem Theater Montansier, bekanntlich 
dem Lieblingssitz der Venus Pandemos, 
fehlt es nicht an Zulauf, und — die Sachen 
gehen gut. Man siebet da, ausser dem, 
worüber iu einer musikalischen Zeitung 
nicht an sprechen ist , vornehmlich die ge- 
waltigen Pomp-, Spektakel- und Maschinen- 
Stücke, die fast alle, mit Musik versetzt, 
Melodramen heissen. Es ist arg, wel- 
cher Unfug' jetzt mit dieser wunderlichen 
Gattung von Theatermusik gelrieben wird, 
und als ich neulich in einem Briefe aus 
Wien in Ihren Maliern las, man habe dort 
nu«h diese Modr unsrer Nebenlbeater 
nachgeahmt: so — nahm nach* Wunder. 



Digitized by Google 



753 



i8<>5* August» 



754 



Das Vaudeville hat jezt vornehmlich mit 
Verspottung und Traveslirung jener prun- 
kenden Melodramen sein Fest. So sahen 
wir z. B. „Colombine dans la Tour 
de l'Est, ein grosses Melodram in siebzehn 
Scenen," bey dem man ein Alt- Engländer 
seyn oder gar nicht wissen rausste , was ei- 
gentlich hier verspottet wurde, wenn man 
nicht hell auflachte. Die Hauptpersonen 
waren: ein Held, (Grenadier) ein Wilder, 
ein Ungeheuer, ein liebender Kitler (Harle- 
quin) und eine eingesperrte Prinzessin, (Co« 
lombitie). Und nun die handgreiflichen Be- 
ziehungen im Gedirht, wie in der bald wü- 
thenden, bald lispelnden Musik — • — Es 
Tcratehet sich übrigens , das» darum die 
Melodramen nicht aufhörten, immer neu, 
wie Pilse, aus der Erde zu schiessen, und 
besucht und beklatscht zu werden. Keine 
Nation der Welt verstehet es besser, mit 
•ich selbst zu spielen, auch wol sich selbst 
auszulachen, als die französische. Spashaft 
ist, dass der Dichter jener Colombinr, Dos- 
sion, in kurzem seine theatralische Lauf- 
bahn mit Glück durch alle Stufen verfolgt 
hat : er war erst Souffleur , dann Akteur, 
nun Dichter. 

Da haben 8ie deam jene« Nichts , Von 
dem ich anfangs sprach, in extenso und er- 
läutert. Ich erwähne nun das einzige klei- 
ne Etwas, das ich als Ausnahrae anführte. 
Es ist ein kleines artiges Produktchen un- 
ters muntern, geistreichen, sehr fruchtbaren 
Dural, der durch frühere Werkchen (Les 
deux Jouruees, Maiion a vendre, Le Priaou- 
nier etc.) auch in Deutschland beliebt ist. 
Die Oper heissl : La Meprise volontaire, ou 
la double Lecon. Mit dem Plan rouss man 
ef hier nicht genau nehmen : er taugt 
nichts, ausser, dass er zu einigen anziehen- 
den und sehr lustigen Situationen, und dem 
Dichter Gelegenheit gegeben hat, seineu 
muntern Witz und seine bekannte Kunst 
des raschen und feinen Dialogs ins Spiel zu 
Hier haben Sie wenigstens das Ske- 



lett : Valmont, ein hühsrli vernünftiger Lieb-, 
h aber, soll Elisen heyrathen. Elise ist ein 
Modemädchen im grossen Stil — sie ver- 
achtet alle Weiblichkeit, reitet, jagt etc. 
kurz, sie ist ein Mann, so weit sichs thun 
lassL Ihr Bruder dagegen bat Migraine, 
seufzet, schmeichelt, putzt sich, empfiudelt 

— ist ein Madchen, so gut als möglich« 
Valmont thut, als ob er sie beyde nicht 
kenne, wie er von beyden noch nicht ge- 
kannt ist; stellt sich, als vermuthe er eines. 
Theaterstreich — die Schwester habe sich, 
als Bruder, der Bruder alz Schwester ver- 
kleidet; behandelt sie nun, alles Protestirena 
ungeachtet, so} macht dem Bruder seinen 
förmlichen Autrag etc. theilt neben bey auch 
tüchtige Pillen, in Absicht auf viele Mode- 
thorheiten, aus: am Ende sehen beyde jun- 
gen Leute ihre Thorheit ein wollen sich 
bessern, und — finnt nupliae. Was aber 
das Stück zu einer Merkwürdigkeit macht, 
ist die Musik. Nicht als ob sie etwas ganz 
Ausgezeichnetes wäre — sie ist heiter, 
leicht, artig, fliessend, melodiös, behandelt 
besoudera die witzigen Pointen der Gesänge 
sehr fein: aber sie ist auch zuweilen gar zu 
dünn- «ml durchsichtig; alles, was reicher 
seyn sollte, verrath den nicht eben tiefen. 
Geist und die ungeübte Hand; sie hat über- 
dies der sehr nahen Reminiscenzen nur gar 
zu viele. Und dennoch ist sie merkwürdig, 
denn sie ist die Arbeit eines neunzehnjähri- 
gen — Madebens; einer Dem. Kercado 

— mag sie nun wirklich so heissen, oder 
sich nur vorläufig so genanut haben. Ich 
weiss es nicht anders, als dass dies das er- 
ste, wirklich angenehme Produkt i*t, das von 
einem Frauenzimmer in dieser Gattung von 
Musik jemals geliefert worden. Die Oper 
wurde sehr .gut gegeben, und fand bey den 
Wiederholungen vielen Bey fall, ao selir 
sich auoh die — eleganten Herren gegen 
sie, bey der ersten Aufführung, vereinigt 
hatten. Ehe sie ein Wort von dem Werk- 
chen kannten, vor Anlaug der ersten AuX- 



uigiii, 



by Google 



755 



1805. - August. 



756 



iührung, hatten sie anter sich längst ausge- 
macht, es könne gar nichts dran seyn, da 
es von einem Fraueuzimtner käme. Wo 
man den Weibern die häufigsten und über- 
triebensten SchmeiclieJeyen ins Gesicht sagt, 
verachtet und drückt man sie immer am 
meisten. — 

Dass uns die Wiener unsern braven 
Cherubini entführt haben, darüber müssen 
wir uns freuen, die wir die Kunst und die- 
scu Meister lieben. Erstlich erhalten wir 
gewiss etwas Vorzügliches an dem, was er 
•für das kaiserliche Thealer in Wien schrei- 
ben wird; sodanu — kömmt er night zu- 
rück, so muss es ihm dort nicht nur über- 
haupt besser gefallen , sondern er muss auch 
besuuders für seinen Genius und seine 
Kunst, welchen er alles aufopfert, einen 
fj-eyern und passendem Spielraum finden; 
kömmt er zurück, so wird man sich hof- 
fentlich unterdessen hier besinnen gelernt 
haben, und ihn auch in Paris in eine Tbä- 
thigkeit setzen , wo er sein Bestes liefern 
und es mit gebührender Wertschätzung 
aufgenommen sehen kann. 

Dass Mozarts Don Juan nun doch, noch 
auf dem grossen kaiserl. Theater gegeben, 
und zwar mit ganz ausgezeichneter Pracht 
gegeben werden soll, wissen Sie ohnstreitig 
schon aus andern hiesigen Journalen ; dann 
wissen Sie von der Sache aber auch gerade 
ao' viel, als ich. Die Aufführung ist schon 
langst wieder in den öffentlichen Theater- 
anzeigen versprochen ; Besonders hiess es, 
die Rückkunft des Kaisers solle auch durch 
dieses Werk gefeyert werden: aber bis jetzt 
ist noch nichts erschienen. Vielleicht will 
man erst den Herbst, und mit ihm, die 
Rückkehr so Vieler zu den Theaterfreuden 
erwarten, so dass man die Oper, auf die 
so sehr viel verwendet wird, nun auch recht 
sehr oft hinler einander geben kann ; und 
ist das die Ursache der Verzögerung, so 
muss man damit zufrieden seyn. 

Zum Schluss' noch eine Bagatelle : Der 



berühmte Waldhornist nnd «ehr angenehme, 
beliebte Gesellschafter, Frederic- Duvernoy, 
ging vor kurzem aus dem Orchester der gros- 
sen Oper ab: darauf machte einer folgendes 
Epigramm : 

A Frederic — Duvernor. 
Da vrai Ulent parfait modele, 
Tu (Beta pour l'appleudir tuut 1c monde d'aeeord ; 
A iea plaisira le Franc,ais eat fidcle, 
Et tu n» le chartner en Cor. — 

(Cor i»t nämlich ganz, wie unser Horn 
zu nehmen; ist abe» im Französischen noch 
haslimmler, als im Deutschen, ein Waldhorn 
und ein Ende eines Hirschgeweihes, d. R.) 

N. S. So eben erfahre ich, dass Wölfl, 
der, wie Ihnen bekannt seyn wird, uns 
verlassen und seit etwa zwey Monaten sei- 
nen Wohnplalz in London aufgeschlagen 
hat — sich dort schon einigemal hat öffent- 
lich hören lassen und mit ausgezeichnetem 
De v fall ist aufgenommen worden. Er führ- 
te in seinem Konzert auch eine neue, grosse 
Sinfouie von seiner Komposition auf, die 
bey den Kennern Aufsehen erregte. Näch- 
stens, kommen ein Klavierkonzert, Sonaten 
etc. von ihm in Clcmeuti's Verlage heraus; 
er wird aber leicht, den Ideen und der 
Ausführung nach, schreiben müssen, wenn 
seine Sachen im Lande der Fabriken gekauft 
werden sollen. Die erste grosse Oper, die 
den Winter gegeben wird, soll er, wie es heisst, 
auch zu achreiben bekommeu haben. 



Vor zwey Monaten starb in Madril Lui- 
gi Boccherini, fast 70 Jahr alt. Er war 
wirklich einer der ausgezeichnetsten Instru- 
mentaikomponislen seines Vaterlands , Ita- 
liens. Gegen die Gewohnheil seiner Lands- 
leute ging er mit der Zeit und der Ausbil- 
dung der Tonkunst a-ich in Deutschland 
fort, und nahm von den Fortschrilten der- 
»elben, besonders in wiefern sie von seiuem 
allen Freunde, Joseph Haydn, bewirkt oder 
veranlasst wurden , in sein Wesen auf, 
so viel ohne Verleugnung seiner ludividuali- 



Digitized by Google 



757 



1805. August. 



758 



iH geschehen konnte. Italien schätzt ihn 
Haydn, in den Quartetten und ähnlicher Musik 
bey der, wenigttent gleich) Spanien, 
Jen grünten Theil seines tbäligen 
verbrachte, zieht ihn dem deutschen Meister, 
den man dort zuweilen sn gelehrt findet, in 
manchen «einer Werke noch vor} Frank- 
reich achtet ihn hoch, ohne ihn I-iydu 
gleichstellen zu wollen, und Deutschland 
acheint, in aeiner jetzigen Vorliebe für das 
Schwierigere, Künstlichere, Gelehrtere, ihn 
noch zu wenig zu keimen : wo man ihn 
aber kennet und besonders den mclodi- 
acheu Theil seiner Werke zu geniessen und 
zu würdigen verstehet, hat man ihn lieb 
und halt ihn in Ehren. Er hat bis an's 
Ende seines Lebe»« geschrieben, nnd erst 
vor kurzem sind «chalzbem Quartetten und 
Quintetten von ihm in Paria herausgekom- 
men. Die Zahl aeiner Wcrko (fast nur In* 
atrumentalmusik von der Sonate bia zum 
Quintett) ist sehr gross. Ein besonderes 
Verdienat um die Instrumentalmusik Italiens, 
Spanien«, und wol auch Frankreichs, er- 
warb er sich auch dadurch, daaa er der Er- 
ste war, der dort Quartetten, worin alle 
Instrumente obligat gearbeitet sind, achrieb; 
wenigstens war er der Erste, der mit aol- 
chen dort allgemeinen Eingang fand. Er, 
und bald nach ihm Pleyl in aeinen frühe- 
aten Werken, machten dort mit der ange- 
gebnen Gattung der Musik noch eher Auf« 
aehen, ala Haydn, vor dem man aich da- 
mals noch acbeuete. Er war ausaerdem in 
früherer Zeit ein trefflicher Violoncellist, 
der besonders durch unvergleichlichen Ton 
und ausdrucksvollen Gesang auf seinem In- 
strumente bezauberte. Alle, dio ihn ge- 
kannt haben, rühmen ihn auch ala einen 
wackern, braven Mann, dor seine Pflichten 
gegen Jedermann treulich zu beobachten ge- 
wohnt war. die Redaktion. 
: . 



Den leten An gast ttat-b in Dresden der, 
ala Künstler nnd ala Mensch so «ehr schätz* 
bare Gestewite, Mnatkmeiater (Korrepe- 
titor) bey der kurfuratL italienischen Oper, 
im 4gaten Lebensjahre. AI« Komponist hat 
er- weniger ein ausgezeichnete« Genie oder 
auch ein eminentes Talent, als gute Kennt» 
ntsse upd vielen Pleiaa bewiesen. Mehrere 
in verschiedene Opern eingelegte Arien, Fi- 
nalen etc. nnd auch einige Missen nnd an- 
dere Kirchenstücke zeigen das. Seine Über- 
gros5o Bescheidenheit lioss ihn damit aber nur 
seiton hervortreten , nnd so wurde er, ah» 
Komponist, nnr von Wenigen gekannt. Mehr 
Recht lies« man ihm wiederfahren , und weit 
mehr wahre« Verdienst erwarb er; sich, als 
Lehrer der Musik und vornehmlich de« Ge- 
sanges. Gründliche Kenntnisse, treffliche 
Methode, anf jene und vielfältige Erfahrung 
gebauet, Geschmack, Flci«s, Genauigkeit und 
Festigkeit bey aller Sanftmoth , zeichneten sei- 
nen Unterricht aus, und mehrere vorzügliche 
Talente, die nachher Bewunderung und Ruhm 
fanden, waren unau«gebildet geblieben, oder 
doch bey weitem nicht das geworden, was sie 
wurden, wenn sie nicht in seiner Schule ge- 
wesen wären. Wenn man auch dies mehr in 
der Stille dankbar (zuweilen auch wol, nicht 
dankbar) anerkannte, als laut rühmte, so war 
groasentneiJa hieran seine Schüchternheit 
Schuld, die ihn veranlasste, sich oft sogar da 
zurückzuziehen und sich selbst zu verleugnen, 
wo Andere ihren Bemühungen zuschrieben, 
wai Er gethan halte. Von seinen Zöglingen 
in den letzten Jahren brauchen wir nur die 
vortreffliche Sängerin der kurfnrsll. Oper, Dem. 
Häser, zu nennen, auf deren höhere Ausbildung 
er den meisten Einflusa hatte ; und die junge lie- 
benswürdige Dresdneriu, deren ausgezeichnete» 
Klavierspiel mehrere Freunde Ihre* Hauses vo- 
rige Ostermesse in Leipzig erfreute, wollen wir 
nicht einmal durch öffentliche Nennung ihres 
Namen« errothen machen. Geslcwitz starb nn- 
verinahlt, und von allen, die ihn kannten, herz- 
lich bedauert. 



LRIPZIG, «bt Dti«iTKo>r '•«• Hltrik 



Digitized by Google 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 28 tea August, m 48. 



805. 



Uebtr dtn gegenwärtigen Zustand der Musik in 
1, besondtr» in Neapel. 



Zweyter Berieht. 



(Vergleiche No. 35, de. 
Zeitung.) 



Ich setze meine Bemerkungen in derselben 
Form Fort, wie ich sie angefangen, und 
zwar, indem ich allgemeinere Betrachtungen 
mit N'athrichten über Neuigkeiten de« Ta- 
ge« wechseln lasse; aber auch, inJem ich 
voraussetze, man sehe mirdabey nach, wenn 
es mir tum Beobachten und Denken 'nie, 
wol aber zum Ordnen und Einkleiden, an 
Zeü gebricht. 

Wenn man noch vor sehn Jahren — 
vielleicht uoeb vor iiinf — »ich« «ur Pflicht 
machen musste, die Deutschen vor der Ver- 
götterung Italiens , als der Heimath der 
Tonkunst, zu verwahren) so möchte man 
jetzt auf die entgegengesetzte Partey treten, 
um die Wage ins Gleichgewicht zu bringen 
— jetzt, wo alle« von verachtenden, ja von 
verdammenden Urlheilen über diese Nation 
wiederballeL Erfahrt man doch kaum , dass 
ein fremder Künstler oder Kunstrichtef über 
Italien, und vornehmlich über Neapel ein 
Öffentliche« L rtheil gefallt habe, so ist man im 
voraus überzeugt, er werde »ich nicht e wa 
nur, wenn die Rede von Tonkunst kömmt, 
mit Bemerkungen , allenfalls mit Klagen, 
über den Verlall der hiesigen Vokalmusik 
un d üher den fast gauzlichen Mangel an 

7. Jaiirg. 



guter Inslrumcntalmuzik begnügen, sondern 
auch m herabwürdigenden allgemeinen Ur- 
theilen die ganze Nation, als veraunken und 
«elig in ihrer Veraunkenheit, auch in Ab- 
«icht auf jene Kunst, anfallen; nnd sehr 
seilen irret man sich in dieser Voraussetzung; 
Noch schneidender, noch giftiger werden, 
diese Vrrdarnnrangsurtheile, wenn man den 
Sprechern obenoreia abmerkt, de haben 
nur im Durchfluge ein« oberflächliche Kennt- 
uiss der Sache ned der Nation aufgefangen, 
und es sey ihnen noch weniger hergekom- 
men, bey ihrer Abgabe der Uebel, die" dz 
sind , »uch auf die Quellen zurückzugehen, 
aus denen sie entspringen müssen, um ihr« 
Urlheile nicht bloss streng , sondern auch 
gerecht abzufassen. loh will den Haupt« 
satzi der Gesang in Neapel ist im Verfall, 
(im Vergleich mit ehedem,) an guter In« 
•trumentaknuaik fehlt es fast ganz — nicht 
bestreiten f-kh gestehe vielmehr, er ist nur 
allzu wahr: aber ich, der ich die Nation, 
der ich vornehmlich diese ungeheure Stadt, 
ohne Vorurlheil und ohne Flüchtigkeit ken- 
nen eu lernen bemühet gewesen hin , mus« 
mich ihm widersetzen in wiefern man wei- 
ter daraus folgert! nun ist gerade Musik 
das, wozu die Nation am vorteilhaftesten 
organisirt, wofür sie am meisten gel/Wt 
ist: wie tief mnas sie folglich überhaupt 
versunken, wie gefügig, wie Aifrieden\in 
ihrer VersunkenheH 1 muee «je seyo, wenn 
sie selbst hier so sehr h erabkömmt. 

Der Jüngüog, der, seit der vorläufigen 
I Büdung seine* Geistes durrh die Elemente 
j der Wissenschaften uud ersten Geschicklidi- 

48 



v 



3 



- 



> r 

Digitized by Google 



739 



.1805. August. 



760 



keiten, keinen gründlichen Lehrer, kein gutes 
Buch, ,€berhfmp'tj gar kein äusseres iJutls- 
biittel zur weitern'Erweckung, Nahrung uud 
Leitung «eines Geistes und Sinnes bekömmt, 
sondern gleichsam in dos Dunkel hinausge- 
stossen witd, wenn er kaum gehen gelernt, 
und so seinem Schicksal überlassen bleibt — : 
kann er bedeutende Fortschritte aufwärts, 
machen? und wenn er deren dennoch macht, 
werden ihm nicht wenigstens die ersten, 
kindischen Cindrüoke und mangelhaften Be- 
griffe bleiben müssen, die er in der frü- 
hesten Zeit eingesogen hol? Im geheimem 
-Verschluss seines Innern wird ihm «war 
noch jenes unbestimmte Ahnen und Sehnen 
nach dem ungekannten Etwas , naeh dem 
Vollkommenen, bleiben : aber wie sollte cr's 
aussprechen, wie auch nur so verrathen 
können, dass es dem flüchtigen Beobachter 
seiner Aussenseite auffiele und kenntlich 
würde? Wie mit' diesem Jüngling, kann es 
sich mit einer ganzen Nation verhalten, und 
verhält es sich wirklich eben jetzt mit die- 
ser. Wollt ihr: nun den Jüngling, wollt 
jhr die Nation verdammen? Beklagen 
nüisst ihr sie; helfe«, wenn und wo ihr 
könnt; durch das, was ja noch treuliches 
von ihnen gcschiehel, euefn Glauben an sie, 
«n d'° Menschheit, an die Natur, an die 
Schickung stä/ken, und dies trefiKche bey 
eureu Urlheilen über die Beklagenswerthen 
— nicht nur nicht übersehen, sondern her- 
vorheben! Hervorheben, sag* ich, da- 
inj*, «s desto mehr ge ehret werde, denn es 
verdient um so mehr geehrt au seyn, in- 
dem ys ganz ihnen selbst gehört; indem sie 
es keinem der. Helfenden aller Art verdan- 
ken, denen ihr so viel verdankt! 

80 ist es hiev mit allem, was das gei- 
stige 'Lebeif übefhappf, yras besonders auch 
wissenschaftliche oder Kmist-<Kullur tuitaugt; 
so ist- es denn auijbv mit der Kultur der 
Musik. Es fehlt den Neapolitanern gerade- 
zu an allen. Hülfsruilteln, weiter — ja auch 
nur , nicht aufvltck au k-osamon, und das , • im 



Vcrhältuiss, se^ir wenige, was von Hülfa- 
niilleln da und. von mir neulich genau ge- 
nug angezeigt ist, lasst man durch den 
furchtbaren ' Drang der gegenwartigen Um- 
stände auch herabsinken. Was sich also 
noch von Kunstgei&t, Kunstwissenschaft, 
Kunstfertigkeit vorfindet, gehört den Be- 
sitzern im vollesten Maas» eigentümlich. 
Wir haben keine fremden Künstler, die 
durch Muster, keine einheimischen Be- 
schützer und Beförderer, die durch nach- 
drückliche und durchdringende Bemühung 
den glimmenden Funken anfeuerten. Im 
Gegentheil haben jene Fremden den Muth 
nnd Eifer der Hiesigen, durch immerwäh- 
rendes Kritteln, ewiges Tadeln,' wol gar 
auoh Schmähen und Schimpfen, noch mehr 
unterdrücken helfen; haben schüchtern, oder 
verdrossen, oder auch erbittert und hart- 
näckig- gemacht) und die wenigen wahren 
Meister, die diese Nation seit ihrer grossen 
Epoche erzeugte, haben sich alles Wissen- 
schaftliche als ein Monopol zugeeignet, und 
sind so, gleich den Mönchen in Deutsch- 
lands barbarischem Zeitalter, statt ein,Hülfs- 
mittel, ein unbesiegbarer Damm der Auf- 
klärung und Bildung geworden. Nun neh- 
me man dazu, dass in dem letzten Jahr- 
eehend eine gräuel volle Revolution allea 
zurückwarf; dass verheerende Kriege nnd 
deren gewöhnliches, trauriges Gefolge, diese 
im Frieden heiter träumende Nation , die 
jener Ruhe, jener heitern Träumerey, so- 
gar *u ihrer Existenz, wie vielmehr zu ih- 
rer Bildung und Knnstthätigkeit bedarf, ge- 
waltsam aufrissen > und dann verdamme 
man die Neapolitaner, wenn mau — - 
kann l 

Von jenem traurigen Gefolge de« Krie- 
ge» führe ich nur Eins an, als da«, was über 
den» Gegenstand , den ich hier eunäehst zn 
.befeuchten habe, am meisten entschied: das 
-Vermögen, die Fonds ; der beyden Conser— 
■ valörten wurden aum Theii geplündert, zum 
ThoiL. eingezogen; die Institute leben nur 



Digitized by Google 



761 1805. 

noch kümmerlich vom Schweife ihrer 2tög> 
linge, statt dass sobal die Zöglinge von deu 
Fond« der Conservatorieu anständig lebten. 
Die» war der stärkste, und wirklich alle» 
lahmende Sofalag. -Seitdem gehet alles rück- 
wärts. ' Wenn die Mutter verschmachtet, 
stirbt der Säugling. Entblößt fast von allen 
gründlichen Lehrern, entbehrend alle vor- 
sügliche Meister in der Kunst, besonders in 
der Instrumentalmusik : woher sollen die 
Jünglinge Unterriebt, woher Muster neh- 
men? Ohne Lehrbücher, ja ohne Schriften 
überhaupt, ohne Musikalien, ausser etwa 
den alltäglichsten Erzeugnissen des Moments: 
was sollen sie Studiren? ja, was nur spie- 
len ? Darum noch einmal : mau erwäge 
das, und dann verdamme man die Nation, 
wenn man — .kann 1 leb halte dafür, je- 
ner unbeschränkte, unmotivirl* Tadel 'falle 
weit mehr auf die leichtsinnigen, flüchtigen 
Zugvögel und Reisebest-hreiber zurück. 
Schicksal, Verhaltnisse, Drang der Zeitum- 
stande salzen die Nation zurück -*- das ist 
wahr; aber 1 -Welcher. Mann von Seelenadel 
verachtet, verdammt' den Zurückgesetzten, 
weil er dies ist? druckt ihn vollends 
darnieder, statt ihm, eben' weil ohnehin fast 
alles, ohne seine Schuld, auf ihn Instet, de- 
sto humaner, desto ermunternder, entgegen- 
cukoinineB, und die Narben, die freyisch 
jede tiefe Wunde zurücklagst, schonend zu 
übersehen? Wer. so lange, so tief gedrückt 
gewesen, ist zwar schwer, «ehr schwer wie- 
der zu erheben: aber unmöglich, ja sogar 
unwahrscheinlich ist es nicht, daaa er wie- 
der in Kraft und Leben auftreten werde, 
90- lauge der Genius -nicht die Fackel uuige- 
kehrt hat und der innere Mensch erstorben 
ist. Das aber tat wahrlich nicht Italiens, 
iat vornehmlich nicht Neapels fall. Langsam 
XU uns hier, bey den .Eigenheiten dieser Na- 
tion und bey den gegenwärtigen Verhält- 
nissen, — in welche tieler einzugehen mir 
der Zweck dieses Klatls, so wie. mein hiesi- 
ger bürgerlicher / Beruf verwehrt — langsam 



August. 762 

muss hier m Abstobt auf Belebung und Er» 
hebung des Volks gegm/gen werden; man 
würde sonst mehr Unheil als Gutes wirken: 
aber wenn man behauptet, es fehle allge- 
mein 4u Fähigkeit' und Receplivität für das 
Bessere; es gebreche besonders allen 1 denen, 
die hier für das Bessere thätig seyn könn- 
ten, ganz an gutem Willen, an gehörigen 
Einsichten, ganz an zweckmassiger 'J'hälig- 
keit : su muss 'man jenes^ Urlbeil 'verschied, 
und dieses mit der Schwachheit entschuldi- 
gen, die so viele nie ablegen können — sich 
dürch vorgegebne Verhältnisse mit wichtigen. 
Personen und geheimere Verbindungen bey 
andern Schwachen ein Ansehen zu geben. 
Wenden Sie alles, was ich hier inV All* 
! gemeinen sage,' nun* auch auf ' Mutik' an, 
j denn es leidet 'diese Anwendung vbffköm»- 
: men. Daos der Geist für hemere TonkanJt, 
i dass rücksichtlose Lust und Liebe zu ihr. 
' dass ernsthafter Eifer dafür noch nicht unter 
■ den Kunstfreunden erloschen sey, belege ich 
l Ihnen zum Ucboiflusa noch mit einigen mei- 
ner eigenen Erlabrongen. ' •' 

Ich ordne zeit geraumer Zerf 'kleine 
Konzerte in meinem Hause an.' Es erfreuen 
mich dabey ausgezeichnete Personrn aih?r 
Art, ohne Rücksicht auf äussere Verhältnis- 
se, durch ihre Gegenwart und durch Auf- 
merksamkeit. . lch^ machte Versuch ohne) 
sie vorher auffallend anzukündigen , und 
Hess Afters' Stucke von riaydn, Mozart. 
Beethoven , und ähnliche, Spielern Anfang* 
lieh erregten sie blwas SUunen , und hin 
und 'wieder wurden auch jene augenblicklich 
erzeugten und augenblicklich verschwinden» 
den säuern Gesichter, die ich neulich schil- 
derte, nicht verborgen. Aber dieae kamen 
immer seltner zum Vorschein, dos Statt nen 
ging in Vergnügen über, und alle Zuhörer 
verlangten Abschriften dieser Musikstücke; 
— Vor nicht gar langer Zeit gab man 
Haydns sieben Worte des Erlösers am 
Kreuz« man 1 gab sie mit : vollem Orchester 
und grossem Fieiss: alles gerieth in Enüiu- 



Digitized by Google 



763 



1805. August. 



764 



siasmus. — . Mozarts Requiem wird von 
den unterrichteisten Kennern und Fnunden 
der Kunst jetst nicht selten gesucht, so wie 
auch sein Don Juan» — So könnte ich 
noch sehr viele Beweise, nur aus meiner 
eigenen Erfahrung, herselsen, wenn ich 
nicht glaubte, 49 sey das Angeführte schon 
genug, um cu überzeugen, dass der Mangel 
an Fortschrilten in der Kunst, dass sogar das 
offenbare Zurücksinken, vornehmlich in einsei- 
nen Gattungen derselben, nicht an der Nation, 
sondern in den Umständen liege; dais sie 
darum nicht herabzuwürdigen sey; dass ihr, 
vielleicht sogar nur durch einige, gute 
Köpfe und ausgezeichnete Meister, allmählig 
aufgeholfen werden ■ könne. Bs ist selbst 
jetzt, unter so ungünstigen Verhältnissen der 
meisten, vornehmen and wohlhabenden Mau- 
ser, fiOi viel . Empfänglichkeit für die Fort- 
schritte der A nslander in jener Kunst- da, 
.dass .s. 8. deutsche Klaviermeister, oder 
auch Meister auf andern Instrumenten, (vor« 
nehrolich auf ,der Violin und der Flöte,) 
wenn sie sich der.iilalienischen Sprache so 
weit ermächtigt ,hWt«sj, um sie sprechen su 
jtqnoon, und wenn sie nicht bloss gründe 
liehe Lehrer, sondern auch gute aua- 
übende. Künstler _ .w*reo r , um erst durch ihr 
Spiel Interesse za erregen — - ein leichtes 
und sehr anständiges Fortkommen finden 
könnten« • - . 

, Diese Herzensergiessung mag bettle, als 
Key trag cur allgemeinern Darstellung des 
hiesigen Musikwesens , genug seyn j ich 
komme nun auf kurze Erwähnung eini- 
ger Neuigkeiten, 1 oder andere specielle 
Notizen. , . , 

Den poslen May wurde hier tum ersten 
Male die neue, grosse, ernsthafte Oper von 
Trenlo, Andromeda, im Theater San 
Carlo gegeben. Das Gedicht ist von un- 
aerm talentvollen und geschickten Giovanni 
Schmidt* Hr. Trento, dem ich übrigens 
keinen Eintrag thun will, achten aber bey 
der Komposition, des gar nicht, üblen Ge- 



dichts ganz vergessen su haben, dass nicht 
er allein, sondern auch andere Menschen 
seine Musik hören sollten. Sie schien vom 
Anfang bis su Ende lieblich— geträumt zu 
seyn; und darum erregte sie auch vi>m An- 
fang bis su Ende — Schlaf, und weiter 
nichts. Dem. Fischer, die Tochter des 
bekannten Basssängers in Berlin , und die 
Zöglingin Righini's, trat zum erstenmal in 
dieser leidigen Andromeda, und zwar als 
Prima Donna auf. Sie , und Ihre Leser 
durch Sie, sind von der schönen Stimme 
und der trefflichen .Schule dieser Sängerin 
schon un errichtet; ich will nur hinzusetzen, 
dass ihr Aufenthalt in Italien unstreitig noch 
gar manches an ihrer - Vervollkommnung 
bey getragen haben mag* Man lies», in Nea- 
pel ihrer Stimme, wie ihrer Methode, alte 
Gerechtigkeit wiederfahren : Dem. Fischer 
gefiel} und selbst ihr, zu Heldenrollen, frey- 
lich sehr kleines Persönchen nahm sich auf 

dass man sie auch sehr gern zu aehen 
schien« Wenn - Dem. Fischer auf ihrem 
jetzigen Wege fortfahrt, so wird sie Deutsch- 
land unter seine ersten Sängerinnen su zah- 
len bekommen. Sie wurde in dieser Oper 
eigentlich aufgeopfert. Indem aber die Mu- 
sik, so wie die übrigen slmmtlichen Perao- 
aagen, ausgezischt wurden, und Dem. Fi- 
acher, die Ausländerin, die Deutsche, al- 
lein, schon den ersten Abend, ausgenom- 
men wurde : so gereicht ihr diese Ausnah- 
me, bey sonst allgemeiner Verstimmung ei- 
nes so heftigen Publikums, uro so mehr 
zur Ehre. — Die Direktion von San Carlo 
ist in >den> Händen' einiger Cavaiiere, die 
gar mancherley verstehen rrtöaen, aber was 
zur Führung eines solchen Geschäfts erfor- 
dert wird, ganz gewiss nicht. 

In den übrigen Theatern wurde eine 
neue Oper von Palma : I seguacbi di Dia- 
na, gegeben. Sie fiel gänzlich, bis aul ein 
hübsches Duett, durch. 

Vos) nnssrn hiesigen Virtuosen and 



Digitized by Google 



765 



1805. August. 



766 



Dilettanten kann ich nur Folgende« sa- 
gen. Mercier, in Italien geboren, ist ein 
braver Violinspieler; vornehmlich spielt er 
vieles und sicher vom Blatt weg, aber sein 
Vortrag, sein Geschmack, ist veraltet und 
hinter dem Zeitalter zurückgeblieben. Wie 
sollte es, nach Obigem, auch anders? 
Filiberto spielt das Violoncell rein und 
trifft gut. Creolani und die Gebrüder 
Fignieri sind so brave Waldhornisten, 
das» sie jedem Orchester Ehre machen wür* 
den. Rupp ist ein angenehmer Klarinet- 
tist. Dies sind die vorzüglichsten Meister, 
und sie verdienen wirklich Achtung. Von 
Dilettanten verdienen den ersten Rang : 
Bai im Aliprandi, Duca di Civitella, auf 
dem Violoncell, die Heyden jungen Cheva- 
liers Micheroux, auf dem Pianoforte, 
Mad. Rega auf der Harfe, (eine ganz aus- 
gezeichnete Virtuosin) und Gennaro Eutori 
«ul der Violin. Im Gesänge sind der wirk- 
lich ausgezeichneten Diietianteu zu viele, als 
das» ich sie nennen, oder durch Anführung 
Einzelner , Andere zurücksetzen konnte. 
Die Herren Interlandi und Carulli 
(Bruder des beliebten Komponisten) sind 
wahre Meister auf der Guilarre. 

Ueber den Aufenthalt Clementi's und 
Righini's unter uns bedaure ich, nur einige 
Worte sagen zu können. Ersterer hat nicht 
eine Note in Neapel gespielt, ungeachtet al- 
les Zuredens, Bittens und Drängens seiner 
itaKenisthen Landsleute, die ihn mit so 
grosser Achtung aufnahmen und so gern 
gesagt hätten: Auch ich habe Clementi ge- 
hört 1 Righini lebt fast verborgen und das 
Publikum sieht und hört sehr wenig von 
ihm. Er wollte Niemand suchen , und frey- 
lich gehet es dann dem Fremden nur gar 
zu oft so, dass auch er nicht gesucht 
wird. Es ist Schade, dass durch solch ge- 
genseitiges Benehmen Neapel Righini nicht 
schätzen und lieben lernte. Es wäre dies 
gewiss geschehen, hätte man ihn nur erst 
kennen gelernt. Ihm schien aber daran we- 



nig zu liegen; vielleicht ist seine 
keit Schuld. — — 

Neapel, den aoslen Juny. 



Nachdichte«. 



Salzburg, d. aten August. Hr. Brizzi 
war einige Tage hier und liess sich iu ei- 
nem beym Fürsten Schwarzenberg gehalte- 
nen Konzert hören, wo er den ungeteilte- 
sten Beyfall einärndete. 

Abt Vogler ist noch hier und simplificirt 
die Orgel in St. Peter. 



Wien, d. 5len August. Seit einiger 
Zeit werden uns die musikalischen Neuig- 
keiten karg zugemessen. Was könnte ich 
Ihnen von unser n Theatern Merkwürdiges 
berichten ? Aus Voltaire's Zaire hat man 
eine italienische heroische Oper geformt, de« 
Musik von Federici sich durch nichts 



auszeichnet. Mad. Bertinolti trat darin zum 
erslenmale auf; sie gefiel nicht besonders, 
doch konnte manche verunglückte Stelle auf 
Rechnung einer bemerkbaren Heiserkeit 
kommen. Das deutsche Singspiel behalf sich 
mit d'AUeyraca Wilden. Die Oper ist be- 
kannt; ich bemerke nur, dass die Dem. Ei r 
gensaU uud Laucher die beyden Kinder 
recht gut spielten, und dass man einige 
Musikslücke eingelegt hatte, die von dem 
Charakter der übrigen Komposition auffal- 
lend abstachen. 

Cherubim ist hier angekommen , und 
hat selbst seine Oper: Die Tage der Gefahr, 
(Wasserträger, les deux journees) dirigirt 
Er wurde mit Enthusiasmus aufgenommen, 
jede schöne Stel e beklatscht, und am Ende 
der Komponist einstimmig und mit Jubel 
hervorgerufen. Man bemerkte, dass Cheru- 
bini das Allrgro der Ouvertüre in eii 



Digitized by Google 



767 **°5- 

langsamem Tempo genommen kalte, wo- 
durch dieses schwierige Musikstück an Deut- 
lichkeit gewann. Ute Romanze hingegen 
und das schöne Terzett des ersten Akts lei- 
tete Cherubini in eine schnellere und leb- 
haftere Bewegung. 

Pleyel liess un» einige seiner neuesten 
Violinuuar teilen hören. Sie gefielen allge- 
mein. Dieser Tonsetzer hat die ihm eigene 
Lieblichkeit und Klarheit in diesen Werken 
mit grösserer Tiefe und einer reichern Har- 
monicverarbeilung vereint , und so etwas 
Vorzügliches und Ausgezeichnetes geliefert. 
Ich glaube die musikalische Well mit Recht 
auf diese neue Erscheinung aufmerksam ma- 
chen zu dürfen. 

Aus den Augartenkenzerten habe ich Ih- 
nen nichts Neues von Bedeutung zu berich- 
ten. Denn eine Sonat« fürs Klavier von 
Kreutzer gehört wirklich, wegen des vielen 
Bekannten, zu dem Aelteren , ob sie gleich 
hier zum erstenmate gegeben wurde. Schup- 
panxigh spielte die Violin recht gut dazu. 

— Vom taten August. Schikaneder halte 
«ich kaum zu seiner Zauberoper: Swetarda 
ZauberthaJ , bekannt , als er schon bald 
darauf eine neue heroische Oper: Vesta'« 
Feuer, mit Musik von Joseph Weigl, folgen 
Hess. Es fragt sich immer noch im Allge- 
meinen, in wiefern das heroische, oder, wie 
es hier der Fall seyn soll, tragische Dra- 
ma zur musikalischen Behandlung geeignet 
«ey; und ich musa bekennen, das* ich, , selbst 
bey schönen Opern Metastasio'a , trotz einer 
guten, oft vortrefflichen Musik, eine Au- 
wandlung von M»e nicht überwinden konn- 
te. Das mag vielleicht daher kommen, daaa 
ein heroischer, besonders aber ein ge- 
schichtlicher Stoff zu sehr ins Leben 
greift, und unsere Geistesthatigkeit für jene 
äusseren Berührungen zu sehr in Anspruch 
nimmt, als dass nicht die fremdartige Ein- 
mischung der Musik, welche bloss unser in. 
nerstea Getnülb berücksichtigt, einen stören- 
den Eindruck hervorbringen sollte. Wie 
viel aulfallender aber wird dieser Konirast, 



August. 765 

wenn der Text gar to elend zusammenge- 
tragen ; wenn Sprache, Stansion und Reim 
auf das gröbste misshandelt, und aus den. 
abgedro* henaten Thealei streichen ein* elen- 
de Posse zusammengesetzt ist, die sich selbst 
durch ihre Erl 1*1 uiluhkcit travestirt. 

Dass Joseph Weigl zu diesem Werke 
eine Musik setzte, daran hat er Unstreitig 
sehr übel gethan; aber die Muse hat sich 
auch dafür gerächt, und ihm oft ihre höhe- 
re Eingebung versagt. Manches Schöne und 
Wohlausgeführte hat die Musik «war — 
(z. B. ein Terzett mit Trompeten im ersten. 
Akte, eioe Teuorarie mit obligatem engli- 
schen Hörne, ein. Duett zwischen Tenor 
und Bass , einige Chöre u. a.) aber von. 
Kraft, Tiefe, Neuheit oder Charakteristik 
kann doch selten die Rede seyn. Freylich 
' hatte Weigl, um nur etwas für diesen Text 
zu thun, die ganze Charakteristik urost baf- 
fen, und sich eine eigne musikalische aus-* 
bilden müssen , wie es z. B. Mozart im Fi- 
garo (hat. Aber wäre ea überhaupt nicht 
besser, wenn sich so verdiente KoinpoiHsieo, 
die nun einmal mit der Theorie der Aesthe* 
tik nichts zu thun haben wollen, oder kön- 
nen , bey irgend einem sachverständigen 
Manne Raths erholten , ehe. sie Zeit und 
Talent so unwürdig verschwendeten? 

Der Aufwaud an Dekorationen, Kleidung 
gen, Aufzügen u. s. f. war ausserordentlich, 
aber er konnte die elende Dichtung doch 
nicht halten. Zwar wurde Schikaneder von 
seinen Freunden am ersten Abende heraus», 
gerufen, aber die ganze gebildete Welt war 
höchst aufgebracht, dass er es wagen konnte, 
mit solch einem Machwerk aufzutreten» 
Möge unser brave Weigl qns bald mit eines: 
komischen oder .leicht -romantischen Oper, 
etwa wie seine U n i for m» beschenken ! möge 
er aber auch einsehen lernen, das> seiu leicht 
beachwingeter Genius dem Tragischen nicht 
günstig ist ! und möge er vorzüglich nie 
mehr seine Kunst mit der Schikanedersc hen 
U 11 künde jeder gerechten Forderung des Ge- 
schmack« vereinen 1 



Digitized by Google 



7*9 1805. 

R E C B X » 6 IT. 



j) Sonata per il Piano/orte ed un Violino obli- 
gßlo, seritta in uno Stile molio concertantt, 
quasi come d'un coneerto, composta t dtdicata 
et suo amico R. Kreuzer — — per Louis van 
Beethoven. Op. 47. A Bona , che« Simrock, 
(Pr. 6 Franken.) 
3) Grand Trio pour le Piano/orte avtc taccomp. 
de la Qarinetu ou Violon et Violoncelle cun- 

certans, d r apres le Septttto Op. so., 

eo'mpose par Louis van Beethoven, arrangi 
par lul'tneme et didie ä Msr. Jean Ad. 
Schmidt — — Op.38. A Vienae, au Bu- 
reau d'arls et dindustrie. (Pr. 5 Fl. 3o Xr.) 
5) Acht Lieder trut Begleitung des Klaviers, ge- 
setzt von Louis van Beethoven. Op.52. Wien, 
im Kunst- und Industrie -Coniploir. (Pr. 
1 Fl. So Xr.) 
1. Der Zusatz auf dem Tilel: seritta — 
coneerto, scheint wunderlich, anmassend und 
prahlerisch; er sagt aber die Wahrheit, dient 
statt einer Vorrede, und bestimmt das Pu- 
blikum so ziemlich, für welches dies selt- 
same Werk seyn kann. Dies seltsame Werk, 
sag' ich: denn seltsam ist es in der Thatj 
und, genau genommen, haben wir noch 
nichts der Art — oder vielmehr, noch 
nichts, das die Grämen dieser Art so 
weit ausdehnte und daun auch wirklich so 
ausfüJlele. Wie? das ist die andere Frage. 
Ree. glaubt, nach genauer Bekanntschaft mit 
dieser Komposition : man muss seine Künst- 
liche nur auf einen gewissen Kreis des Ge- 
wöhnlichem eingeschränkt haben oder sehr 
gegen Beethoven eingenommen seyn, wenn 
man dieses weit und breit ausgeführte Mu- 
sikslü. k nicht als einen neuen Beweis an- 
erkennet von des Künstlers grossem Genie, 
seiner lebendigen, oft glühenden Phantasie, 
und seiner ausgebreiteten Kenntuiss der tie- 
fern harmonischen Kunst; aber auch, man 
muss von einer Art des ästhetischen oder ar- 
tistischen Terrorismus befangen oder für Beet- 
hoven bi« zur Verblendung gewonnen seyn, f 
wenn man in diesem Werke nicht einen neuen, I 



August 770 

offenbaren Beleg davon findet, dass lieh dieser 
Künstler seit einiger Zeit nun einmal kaprixire, 
mit den trefflichsten Gaben der Natur und sei- 
nes Fleisses nicht bloss aufs willkührlichslc zu 
schallen, sondern vor allen Dingen uur immer 
ganz anders zu seyn, wie» andre Leute; dass 
er mithin sein grosses Vermögen nicht nur ge- 
waltsam in das Blaue hinauslreibe — was 
zwar Ungeheuer hervorbringen konnte, aber 
immer bewundernswürdige, — sondern sich 
zugleich ein irdisches Ziel, deutlich oder nicht, 
vorhalte, wohey weder seine Werke gewin- 
nen können, noch die Welt, noch er selbst. 

Unter die Erzeugnisse dic«er Laune des 
genialischen Mannes gehört also auch diese 
Sonate. Ihr inueres Wesen zn entwickeln 
und es wörtlich bestimmt zu charakterisier 
ist mir unmöglich, und erit mihi magnua 
Apollo, der das befriedigend vermag, und 
wirklich leistet. Jch habe, mit der Achtung, 
die mau diesem Konipoifisten und in der That 
auch diesem seinem Werke schuldig ist, ver- 
sucht, den Ideengang nur einigermaassen ge- 
nügend in Umrissen anschaulich zu mache», 
habe einen Bogen voll , nnr über das erste Pre- 
sto, geschrieben: äbW ich verschone die Laser 
der mos. Z. damit <— Es muss zu finden seyn, 
woher? und wohin? wenn ein Weg beschrie- 
ben werden soll. Es habe demnach mit der all- 
gemeinen Anzeige sein Bewenden : wenn zwey 
Virtuosen, denen nichts mehr schwer ist, 
diedabey so viel Geist und Kenntnisse besitzen, 
dass »ie, wenn die Uebung hinzukäme, allen- 
falls selbst dergleichen Werke schreiben könn- 
tet!, und die eben wegen dieses oben über dem 
Ganzen schwebendeu Geistes durch diu wun- 
derlichsten Auswüchse im Einzelnen nicht ge- 
stört werden — : wenn sich diese zusammen- 
finden, sich in das Werk einsludiren, (denn 
das müsslen auch sie;) wenn sie nun die 
Stunde abwarten , wo mau auch das Gt ote&kc- 
ute gen 1 esse u kann und ni.ig, vorausgesetzt, 
dass es mit Gei«t gemacht ist , und wenn sie es 
nun in dieser Stunde vortragen: so werden sie 
einen vollen, reichen Genuas davon haben. 
Die Sonate bestehet übrigens, nach zwey Zei- 
len Einleitung, aus einem affekt vollen Presto, 
dessen Klavinrstinune nileiu zwölf enggestoehc~ 



Digitized by Google 



77» 



1805. August. 



772 



ne Seiten fället $ am» einem originellen, schonen 
Andante, mit vier höchst wunderlichen Varia- 
tionen, und dann wieder aus einem Presto, 
dem bizarreslen Satze von allen. — Das Werk 
ist sehr schön gestochen. 

a. Hat erst eine französische Dedikation, 
die durch die — eigene Wendung beraerkens- 
werth wird , dass der Komponist darin sagt, er 
übergebe seinem Gönner gerade dies Werk, 
weil es leicht auszuführen *ey. Die 
Komposition selbst ist bekanntlich eine der 
schönsten, wenigstens eine der angenehmsten 
und freundlichsten dieses Meisters , und aus je- 
ner Zeit, wo ei* sich noch nicht jenes besondere 
Ziel vorsteckte. Die neuo Einrichtung ist , 
wie sich's von dem Verf. von selbst versieht, 
«ehr gut. Die Violinstimrae ist, wie sich* 
ebenfalls versteht, eine andere, als die der 
Klarinette. Wenn man mit beyden Instrumen- 
ten wechselt, kann man das Trio desto öfter 
mit Vergnügen gemessen, denn es kommen 
durch die kleinen Abänderungen beyder noch 
einige angenehme Lichter mehr in dos interes- 
aaule Gemälde. Doch nimmt sich, nach des 
Ree. Gefühl, die Klarinette — vorausgesetzt, 
dass sie sehr gut gespielt wird — am vorzüg- 
lichsten aus. Das Gaiiy-e gehet heiwor, wie ein 
Original, und fast so gut, als auf den sieben 
Instrumenten. Die Ausführung der Klavier- 

Andanlt. 

4 



stimme ist» für Beethovenache Musik, wirklich 
sehr leicht. Der Stich ist nicht ganz korrekt; 
die Verbesserung der Fehler findet sich aber 
leicht und bedarf darum keiner Angabe. 

Von diesem ausgezeichneten, selbst in seinen 
Verirrungen oft bewundernswürdigen Künstler 
wart n nun auch 

No. 3 . diese acht Lieder? Ist das möglich? 
Es muss doch wol, da es wirklich ist ! Wenig- 
stens stehet sein Name gross auf dem Titel ge- 
stochen, der Verleger ist angegeben, die Lieder 
sind in Wien, dem Wohnorte des Komp. her- 
ausgekommen, sie führen sogar die Nummer 
•eines neuesten Werks — — Hegreif' es, wer 
es kann , dass von solch einem Manne etwas so 
durchaus Gemeines, Armes, Mnlles, zumTheil 
sogar Lächerliches — nicht nur kommen kann, 
sondern sogar ins Publikum gebracht wer- 
den mag! Nur das erste dieser Lieder ist, durch 
einen Anstrich vom Komischen, und das sie- 
bente durch etwas Nationales, das man aber 
jedem Murmellhierjungen ablernen kann, leid- 
lich. Man kann's nicht glauben? Ganz recht! 
aber hier sehe man — nicht das schlechteste, 
nur eins der kürzesten, und man muss! Will 
man die folgende Komp. aber ganz gemessen, 
so lege man, wie sichs gehört, auch die andern 
Strophen des bekannten trefflichen Texte« unter 
— z. ß. gleich die vierte ! 

Da« Blümchen Wunderhold, von Bürger. 




1. Es blüht ein Blümchen ir-gendwo, in ei nem stillen Th.il, das schmeichelt Aug* und Her* so (roh, wie 
4. Ach hautest 4a nur die gekannt.die einst mein Kleinod war I der Tod ent - risi Ii« meiner Ha<id,hart 

j£ . . 




A-bcnd-son-nen-Strahl ; da* Ift viel krtji-li-cher als Coli, als Perl und Dia - mant drum wir. 1 eg Blu chen 
hinterm Truual - tar : Dann wurdest du ei ganz, versteh», was Wunderhold yer - mag , und in das Lacht der 





W under-hold mit gu-tem Fug ge - njnnt. 

Wahrheit geiin, wir in den lirf-l> n Tag. 



Hierher das «ehr wohl^ctcuuaiic Portrait rUgluur,, als Beylage. 



Digitized by Googl 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 4* eB September. N=V 4-Q* 



1805. 



expbctoüationbx uber dib hbutioe 
Musik. 



Erste Espectoration. 

Ueber die allzugrosit Geschwindigkeit des Alle- 
gro, und überhaupt über das eingerissen* 



Vo\l Staunen frage ich mich manchmal, 
wenn ich in Konzerlen. O^ern etc. ein Ai- 
legro so rasch spielen höre, dass die Töne 
den Aeusserungen eine« Phantasten gleichen, 
und das Uhr nicht im Staude ist, ihnen an 
folgen — : wo das denn am Ende hinaus 
-will? — Nur die geübtesten und grö**> 
len Spieler sind im Stande, einen eniiger- 
inaasseu schweren Satz mit der nöüiigen 
Präzision und dem erforderlichen Ausdrucke 
vorzutragen, wenn er so übermässig rasch 
genommen wird; wie sollt' es die weit grös- 
sere Ausalü der nur mittelmassigen Spieler 
können? Wie ist es anders moglieh, als 
dass sie über die Töne fluchtig hineilen, 
und sie ohne Saft und Kraft halb hören las- 
sen, oder wol gar verwischen? — Der 
Zuhörer hascht und merkt aber bey al- 
ler Aufmerksamkeit ist er doch nicht im 
Stande, etwas genau au verstehen, viel we- 
niger es zu behalten ; entweder er lasst's 
nun ziemlich gleichgültig vor seinen Ohren 
hinschwirren, oder er mühet sieh, ohne 
Vergnügen , und obendrein vergebens ab und 
ist froh, w enn ihm das Ende des Satzes von 
> Jahr*. 



dieser geist- und nutzlosen Anspannung be- 
freyt. Das Beyspiel einiger grossen Künst- 
ler, z. B. ein«« Rode, welcher das Tempo 
immer sehr massig nimmt, vermag noch 
sehr wenig. Inj Gegentheil nimmt man da 
ganz irrig einen Mangel an Fertigkeit an, 
und bedenkt nicht, dass weit mehr Fertig- 
keit dazu gehört, ein Stuck ganz gut, als 
bloss übermassig geschwind zu spielen. Für- 
wahr es ist jetzt die höchste Zeit, dieser all- 
gemein eingerissenen Sucht Ein Kalt zu thun, 
uud so wenig als ich den sogenannten Takt- 
messern, im Ganzen genommen — wegen 
ihres tödlenden Mechanismus — gewogen 
bin, so wünschte ich doch, dass sie, um die- 
sem Uebel zu steuern, allgemeiner werden 
möchten. Sie würden doch immer in den 
Schranken halten. Freylich gehört aber ein 

unverwöhntes Gefühl dazu, um an einer 

dass ich mich des Ausdrucks bedienen darf 
— xuhigen, und nicht tobenden Musik, 
Wohlgefallen zu Anden. Von der Zeil hoffe 
ich , dass man nicht in die Geschwindigkeit, 
«ondern in den Vortrag, in das Licht und 
den Schatten, in die mit' der gtössten Man- 
niehfaltigkeit 'verbundene 1 Einheit, in die 
dem Ganzen anpassenden 'Nüanzen etc. und 
in den, über dem Ganzen schwebenden, al- 
les leitenden , überall hindurchblickeuden, 
energischen Geist , di* wahre B r a v o u r 
des Spielers »Hzeh ! werde. 1 Es müssen 
mehrere Künstler aufsieHeo, die mit Genie, 
Mtilh uud Einsicht dem tollen Haufen kühn 
entgegen treten; die sich im Bcwnsslseyn ihres 
Werths aus dessen Uliheil nichts machen, 
denen die Kdusc — die achte — über die 



• Digitized by Google 



775 

Modesucht geht. Um Be y fall dürfen sie 
nicht besorgt seyn : er kömmt ganz gewiss 
von selbst ! — 

Noch rauss ich insbesondere das un- 
mutige Eilen in den aogenannten Minuelten 
der Sinfoiüeeu und im Allcgro der Ouver- 
türen rügen; Gleich einem verzweifelten 
Walzer eilen die eratcn daher, und die 
zweyten acheinen ordentlich dazu bestimmt 
zu seyn, durch ihre Geschwindigkeit und 
durch ihr Getöse dem aich noch schwatzend 
unterhaltenden Publikum die Spitze bieten 
su wollen* 

Ich zweifle nicht, dass noch eine groaae 
Anzahl von Musikfreunden mit mir über- 
einstimmen wird. Ich konnte nicht umhin* 
dasjenige laut zu sagen, was so manche im 
Stillen wünschen. 

... • ■ 

Zwsyte Bspeetorat iea, 

. • . • • '■■ * 

Musikalisch* Jtührungtn. 

•;>«»■-• -• 

Es gehört zur Mode, viel Empfindung 
für Natur und Kunst vorzugeben., man mag 
sie haben, oder nicht — ea schickt aich 
nun eben! — — Dieae Empfindung »heucheley 
erstreckt sich in der Kunst vorzüglich über 
Malerey und Müsik, >i; Jetzt bloss von der 
Letzlern. Wie oft hört mau nicht in Opern 
und Konzerten die Ausdrücke : Wie schön ! 
wie bimmlisch! wie rührend! Und im 
nächsten Augenblicke zeralrent man aich, 
gerade dann, wenn, man aich, der Natur 
gemäss, dieser Rührung recht hingeben 
müsate, wenn man aie vorher gefühlt hät- 
te! Nicht zu gedenken, daaa ein grosser 
Theil unserer Konzert - und Theatermusik 
mehr d i v e r t i r t , als eigentlich r uhrt : ao 
gehört auch noch , um . von ihr wirklich 
lim durchdrungen zn werden, ; ein grosser 
Grad von Aufmerksamkeit, von herrschen- 
der Stille, (im Publikum und im Gemüthe 
des Einzelnen) von tadelfreyer Exekution, 
von geschickter Anordnung der einzelnen 



776 

Satze, von einer allgemeinen musikalischen 
(achten) Bildung der Zuhörer da*zu — 
wenn jenes innige GtTübl wirklich Statt 
finden soll. Wie seilen man diese Stücke 
vereinigt, oder auch nur grösstenteils, bey 
dem gemischten Haufen antrifft, beweist 
die tägliche Erfahrung. Und eben um des- 
willen moss man jene Exklamatiuncn bloss 
als Favons de parier ansehen — wie wenn 
Jemand sagt: gehorsamer Diener! Derjeni- 
ge Zuhörer, welcher alle jene Erforderniaae 
in aich vereinigt, und also wirklicher Rüh- 
rungen fähig ist, versrhliesst sein Gefühl 
mehr, oder äussert ea weuigsteua in einem 
freyern, ungekünateltern, nicht immer nach 
der Konvenienx abgemessenen Enthusiasmus. 

— Unser Herz rauss erst allinähUg er- 
wärmt werden; - selten rciast ea ein Gegen- 
alaud plötzlich und gewaltsam bjn. So glau- 
be ich , dass man bey dem Spiel der mei- 
sten Virtuos*« die Schönheiten ihres Vor- 
trags mehr bemerkt, als eigentlich tief 
empfindet. Alan hört die Kraft, man hört 
das Sausein , das Lispeln der Töne etc., 
man weiss., dasa zu dem alleo Kunal erfor-r 
derl wird; deswegen beachtet, schätzt man 
ea, aber man empfindet es nicht. Die Sän- 
gerin läuft den ganzen Umfang ihrer Scala 
mit der grösateu Geläufigkeit durch — sie 
trillert und zirpt; man ruft: wie schön! 
wie herrlich! aber — man empfindet nichts. 

— Ganz anders verhält es sich oft bey ei- 
nem tief eingreifenden Chor, wol auch bey 
mancher kleinen Arietie. Wir fühlen uns 
ergriffen, ohne ea uns erst vorzunehmen j 
die Musik spricht, ohne dass unser . Ver- 
stand erst fragte: was ist das? oder gar: 
wie wird das gemacht? und spricht ver- 
lieh m lieh , gleichsam überführend, denn sie 
spricht zu unserm Herzen. Nun haben die 
meisten Zuhörer die — Wunderlichkeit, 
dass sie aich dabey nicht getrauen, ihr Ge- 
fühl laut werden zu lassen , . wenn sie es 
auch könnten; sie getrauen sich nicht, die 
Musik zu lpben, dem Sänger oder Virtuosen 



1805. September. 



Digitized by Google 



777 



1805. September. 



778 



Bey fall tu bezeigen : denn dies würde, 
fürchten sie, Mangel an Kunst kenntnis* ver- 
ralheo I Ueber die Pedanterey von der ei« 
oen, und die Unmündigkeit von der andern 
Seite ! 

Ich gestehe es unverholen, dass ich oft 
lieber, statt einer maliziös verzerrten, wenn 
auch von Küusteleyen strotzenden Sinfonie 
einiger unserer heutigen Komponisten, ein 
Schultisches Volkslied hören möchte! 

Dritte Ei p e c t o r a I i o n. 
UeUr Tanzmusik. 

Eiu Hauptsweck der ganten Musik ist 
_ hoffentlich gestehet man's au — der» 
das Hera zur Fröhliclikeit tu stimmen. 
VVo würde dieser mehr erreicht, als bey 
dem Tante? Wer hatte in seinem Leben 
nicht gern getarnt; oder wer fände nicht 
wenigstens heimliches Vergnügen an einer 
bunten Reihe muntrer Tanzer? — Die 
Tanzmusik verdient daher unsere Aufmerk- 
samkeit weit a4e,hr, als es wol bisher ge- 
schah — ich rede nicht von der höh*rn, 
des Bailets, sondern nur von der gemei- 
nem , die den Menschen zum Mittunzeu — 
der Füs»e und des Herzens, oder dieses al- 
lein — erweckt und willig macht. Wer 
da glaubt, dass sie eines grossen Oeoie's 
011 würdig sey, der irrt sich gar sehr. Ich 
glaube vielmehr, dass sie ein eigenes Ge- 
nie erfordere. Lehrt uns nicht die Erfah- 
rung, dass selbst mehrere uuserer grossten 
Komponisten nicht im Stande waren, einen 

leichten Tanz, der ans Herz und — • 

was denn doch auch dazu gehört, a* die 
Fusse sprach, tu setzen? — Die Tanz- 
musik erfordert äusserst feine, leichte, sich 
dem Charakter des Tanzes iontg anschmie- 
gende Mrlodieen. Sie vertragt weder ge- 
lehrten, noch eigentlich gemeinen Stil« Eben 
wegen ihrer häufigen Wiederholungen muss 
bisweilen etwas Pikantes eingestreut werden. 



um den Sinn immer rege zu erhalten. — 
Ferner steht man auch nur zu oft in dem 
irrigen Wahne , als ob zur Tanzmusik 
eine zehr sahireiche Instrumentaibesetzung 
Aöthig sey. Ich gebe zu, dass eine ernstere 
Polonoise, eine pathetische Menüet, von ei- 
nem zahlreichen Orchester gespielt, etwas 
Imposantes und Angenehmes hat; aber der 
grössere Theil unserer' übrigen Tanze ver- 
langt nothwendig nicht mehr, als vier bis 
sechs Spieler, wenn nicht die Grösse def 
Saals, und die Dauer der Taueseit (wegen 
Erholung der Spieler) einige Vermehrung 
nothwendig machen. Vorzüglich wünschte 
ich immer bey den Tanzen das Waldhorn 
und das Tambourin — welches letalere wir 
Deutschen 1 noch fast gar nicht tu diesem 
Behuf anwenden. Ersteres hat etwas ro- 
mantisch - Liebliches ; und Letzteres giebt 
dem Ganzen mehr Rhythmus, mehr Leben, 
mehr Fröhlichkeit. Damit will ich jedoch 
nicht sag«<n, «1« ob diese Instrumente im- 
mer tonen sollten; nein, nur in die be- 
kanntesten Tünte verflochten, wünschte 
ich sie. — ' Die Piccol - Flöte , das J lagro- 
let, ist für meine Ohren zu schneidepd, alz 
dass ich deu fetzt gewöhnlichen häufigen 
Gebrauch derselben billigen sollte. Eben 
so sind die Pauken selbst in grössern Sälen 
zu betäubend. — Map sollte bey - der Tanz- 
musik den Volkstanz von dem, der gebilde- 
tem Klassen wol unterscheiden. Die Wal- 
zer in der Dorfschenke und* in dem kö-t 
niglichen Redoutensaale sollten ganz Ver- 
schieden seyn. Und so alle übrigen Tünte. 
Ein Publikum, welches fast tagtäglich Mu- 
sik hört, und sie aum Theil selbst kultivirt, 
vertragt schon stärkere Speise. Es ist im 
Takte fester; man gebe ihm mehr die 
sogenannten Tanzsin fonieen — wo meh- 
rere Tauzmelodieen , gleich einer Kette, ab- 
wechselnd und pikant verbunden sind. Das 
ewige Einerley von acht bis sechstehn Tak- 
ten würde dieses Publikum ermüden. — 
Au Volkstänzen fehlt es «her bis jetzt noch 



Digitized by Google 



779 



j8o5. September, 



780 



ganz. Die«« müssen die höchste Einfalt 
haben, nur schwache Besetzung und wenig 
Fertigkeit der Spieler verlangen. Ungeach- 
tet ich dem fertigen und geschmack- 
vollen Spieler, "bey der Tanzmusik nicht 
immer — bey öfterer Wiederholung 
— streng an den vorgeschriebenen Vortrag 
binden mächte, sondern ihm, um der nöthi- 
gen Abwechselung willen, lieber Abweichun- 
gen gesUtten will : so muss sich doch der 
Spieler von Volkstänzen genau nach dem 
bezeichneten Vortrage richten, weil man 
bey ihm weniger Bildung voraussetzt, und' 
Veränderungen seih Publikum mehr ver- 
wirren, als ergötzen.. Eben deswegen muss 
auch . der Vortrag bey Volkstänzen sehr 
sorgÜUig vonudem. Komponisten bezeichnet 
werden. — ' Möchten doch bald einige Mim* 
•er ^ich, finden, weiche durch ihr Genie für 
Taaaoluaik «dem Publikum nützlich würden, 
V<nd die jede Gattung derselben für sich 
bearbeiteten! -, 

•* 1 • • Friedrich Gothmann. 



~"JV. 'S. 'Diese titpectorationten ^sollen von 
Zeit zu Zeit -fortgesetzt werden. 



— — 

V 

... ' • - • • 1 
R k c k * * r o ü b ic. 

..i .; 1 . ' - ! 

WaniaMe pour H Pianbfotte , Compos/e pour Ma- 
■ dornt la Comtesse Caroline de Chodriemcz 
. — — > pdr 'Jean Ntp. Hummel de Vienne 
' ^- *— Otuvr. 18. Ohne Angabe des Ver- 
legers. (Pr. i Fl.) 

■ *' •» • ' ■ ■* 1. * 

Vor ungefähr einem Jahre machte ein an* 
derer Ree. in diesen Blättern zuerst das grös- 
sere Publikum auf Hrn. Hümmels ernsthaftere 
Kompositionen aufmerksamer, als es bis da- 
hin i War; ich eeslebe , dass auch ich da- 
durch erst zur nähern Bekanntschaft mit den 
Arbeiten dieses Künstlers gebracht wurde, 



und dass ich mit gar nicht geringen Erwar- 
tungen au die Prüfung des vorliegenden 
giug. Meiue Erwartungen wurden — wenn 
nicht über trollen , doch ganz .befriedigt; und 
ich halte es für Pflicht, diese FanUisie Ken- 
nern- und Vorzüglichen Klavierspielern be- 
stens zu empfehlen. Vorzüglichen Kla- 
vierspielern — : damit meyne ich solche, 
die Geist und Sinn haben auch für das Tie- 
fere der Kunst; die ferner wenigstens eini- 
ges Studium der Kunstmittel und deren re- 
gelmässiger Verwendung mitbringen , und 
sich freuen können , wenn sie auch da Nah- 
rung für ihren Geist finden; und die end- 
lich sich Fertigkeit erworben haben, alles, 
was ihnen vorgeschrieben worden und des- 
sen Absiebt ihnen einleuchtet, auf ihrem, 
Instrumente gut auszuführen — alles, 
was nur nicht der Natur des Instruments 
und der Häode entgegen ist. Solchen Kla- 
vierspielern verspreche ich durch dies neue 
Produkt — nicht eiuen berauschenden, aber 
einen stärkenden und belebenden Genuss, 
dessen mehrmalige Wiederholung auch sehr 
wohllhuend und belohnend ^1. Ist es ge- 
gründet, .was jener Ree. des Huramelschea 
Trio's behauptet — die Menge der Musik- 
liebhaber in Wien komme diesem Künstler 
keineswegs mit der Aufmunterung und 
Bereitwilligkeit entgegen, die er verdiene 
und womit sie andere überhäufe, die ea 
weit weniger verdienen: so finde ich, dem 
die Kaisersladt auch nicht ganz» fremd ist, 
den Grund darin, dass Hrn. Hümmels Wer- 
ken binreisaeode Genialität und lodern- 
des Feuer gebricht; dass manches darin, 
nicht bloss Empfänglichkeit, sondern Kennt- 
nisse verlangt, um geschätzt zu werden ; 
dass ferner dieser achtbare Mann für sich ste- 
hen und keinem Götzen des Tags nachjagen 
will, und dass er endlich auch die, bey 
der Menge wirksame Prozedur verschmä- 
het, sich so zu gerireo, als wäre er selbst 
solch ein Götze. -Doch zurück zu dieser 
Komposition 1 selber! 



Digitized by Google 



78i 



1805. September. 



782 



Sie ist in jedem Betracht, and ungeach- 
tet einzelner Seil wachen, eine der «chätzbar- 
alen Fanlaiaieen , die aeit den Hachen ge- 
schrieben wurden sind. Vielleicht belegt 
die« schon der Uinriss von dem darin herr- 



schenden Ideengange. Der Komponist fäogt 
mit einem pathetischen Grave, als Einlei- 
tung — zur Aufregung und Stimmung des 
Zuhörers für das Ganze und seinen Haupt- 
charakler — sehr passend also an : 




Andante. 




Ich habe nicht nölhig hinzuzusetzen, dass 
diese Einlcitungszeilen schon an sich interes- 
sant sind: ich sage nur, dass sie auch recht 
zweckmassig andeuten, was in der Folge ge- 
geben wird} und dass der Verf. in dieser 
Folge öftere Rückblicke auf die Einleitung 
nimmt, einzelne Ideeu wiederkommen Jässt 
etc. bindet die Theile noch naher und er- 
leichtert die Uebersicht und - die Nachfolge 
im Gefühl. Ich wünschte, dass er es auch 
mit dem Andeute, dessen Anfang hier abge- 
schrieben worden, so gemacht hatte: das 
hat er aber nicht gethan, und es stehet et- 
wa« isolirt da, auch wird darin denn doch 



ein wenig arg modulirt. Dann folgt ein 
ernstes, aber brillantes Allegro mit einigen, 
doch wenigen, freundlichen Zwischensätzen. 
Es. hält seinen Charakter fest , sowohl in 
Ansehung der darin herrschenden Empfin- 
dung, als auch in Ansehung der recht braven 
Führung des Stils, der aber hier ganz frey 
ist. Auch Letzteres finde ich zu loben, theils 
weil es dem natürlichen Gange unsrer Ge- 
fühle gemäss ist, theils weil so noch eine 
Steigerung möglich bleibt — Affekt und 
doch Strenge in der Führung. Nach einer 
kurzen Allusion auf jenes Capriccio der 
Einleitung, die zugleich (als wirklich nöthi- 
ger) Erholungspunkt dienet, nimmt der 
Komponist dies Allegro und «eine Haupt- 
ideen wieder auf und führt sie noch allckt- 
voller, und zuweilen etwa« wild dreingrei- 
fend, fort, bis es, nun endlich wie erschöpft, 
(was recht sehr treffend dargestellt ist) zu 
jenem Eiuieitungscnprircio zurücksinkt. Die- 
ses wird nun ganz wiederholt und e« 



Digitized by Google 



781 

•cbHesst «ich' daran ein Larglielto cantahile 
mit einer leichten, fliessenden , erheiternden 
Melodie und einfachen Harmonie. Beyder 
bedarf man an diesem Oite allerdings; desto 
weniger aber der gar tut vielen Nuten und 
mancher Arten von Künsteleien, womit 
diese Melodie in der Folge zu sehr verdun- 
kelt wird. Gerade an diesem Platze, nach 
jenem laugen, heftigen Allrgro, und vor 
dem krallige ti Allegro assai, das dann folgt, 
iniusle eine recht einfache, sanfte, singbare, 
aber doch edle Führung dieser Grundideen 
von der Itesleu Wirkung gewesen seyn. 
Auch ist dieses Larglielto bis cum Ermüden 
laug, und die Menge der Wendungen und 
Figuren, wozu man beyna ersten Anblick 
manchmal kaum Finger genug herbeyzu- 
achallen weiss , hilft diesem nicht ab ; noch 
weniger thut das die überladene Fülle der 
Verdoppelungen und dgl., wie c. B. auf der 
ganzen iSten Seite. Doch ist auch dabey 
wenigstens das zu loben, dass immer Rück- 
sicht genommen worden auf guten Effekt 
durch das Instrument, und manches, 
«n sich gar nicht Ausgezeichnete, bleibt 
vermittelst dieses erlaubten Kunstgriffs, we- 
nigstens für den Moment, nicht ohne In- 
teresse. Ich führe als Beyspiel, den Raum 
zu schonen, nicht das beträchtlichste, son- 
dern nur daa kürzeste dieser Kunststückeben 
an. Man sehe dies Schlusstrillo , zu wel- 
chem aber eigentlich noch eine gewaltige 
Vorbereitung von mehrern Zeileu gehört: 




7«4 

Man kann zugleich an diesen Takten 
abnehmen, dass Hr. Hummel den Spielrrn 
wahrhaftig nichts s< henkt, und weun es mit 
dem „composee pour" auf dem Titel ernst- 
lich gemeynt ist, so tauss man grosse Ach- 
tung für daa Kunstvermögen der Frau Cn~ 
fin Chodriewicz haben. 

Sollte nun auch mancher Zuhörer, der 
nicht selbst Spieler ist und durch die Kün- 
ste dea Virtuosen angezogen wird, über die- 
sem Satze ermüdet seyn; ao wird er doch 
gewiss durch das folgende Allegro assai ge- 
nug wieder belebt, gesrXikt, erhoben. Es 
ist ein trelllicber Satz, und erreicht gerado 
hier, mit seinem festen, kräftigen Charakter 
und der sich selbst dem strengem Stil ni- 
beraden Ausführung, «einen Zweck vollkom- 
men. Hier ist der Anfang und fast durch- 
gängig herrschende Hauptgedanke t 



Allcsro titL 

rcit-~- er— i — — ■ 


m — -gfasgi 


[ii^ i, , , i 






* 


Ii' 1 A 

ß Jr 




fr-;-* 

4 




• 

■ 



Die Zwischensätze, z. B. S. i«V r sind, 
dem Gefühl nach, gut gewühlt, weniger 
gut, der Regel nach, denn sie stehen in 
keinem aussein Verhaltuiss zum Haupt- 
sätze, was doch um so mehr der Fall seyn 
sollte, da das Ganze nicht nur von ernstem 
Charakter, sondern auch von ernster Schieib- 
art ist. Eine gesunde Kritik hat, meine« 
Erat Mens, bey aolcher Gelegenheit nicht« 
zu sagen, als: beyde Anforderungen an 



1S05. September. 



by Google 



785 



1805. September. 



?S6 



befriedigen, ist besser; fällt das dem Künst- 
ler unmöglich, dann iula so besser, als um- 
gekehrt. Das ' ziemlich Jaoge Intermezzo 
S.'ao. (Esdur, bis aar Rückkehr in G muH) 
ist an sich nicht übel, aber auch nicht aus- 
gezeichnet; am wenigsten scheint es mir 
hier an seiner Stelle zu seyn, da es, «wi- 
schen swey «ehr effektvollen , ausgeführten 
Stücken, schon wieder zuweilen heftig ein- 
schneidet. Ich fiude, aus psychologischen, 
«sthcliscbcn uud ailistitcheo Gründen, hier 
wäre der Ort gewesen, einen strengen, 
koiilrapunkliscken Satz, wie ihn Hr. Hum- 
mel gewiss, ohne Steifheit und Pedanterey, 
würde achreiben können, in derselben Ton- 
art, E»dur„ folgen au lassen, der die Span- 
nung erhallen hatte, ohne von neuem zu 
reiaen, durch den im Gegen llieil eine ge- 
wisse edle Ruhe in der Erhebung bewirkt 
Worden wäre, wodurch man eben auch fä- 
higer gemacht würde , das energische Presto 
sum Schills« besser su gsnicssen. Dieses 
Presto ist nun wieder ein treuliches Stück, 
in einem ernsten, doch sich allmäklig auf- 
heiternden Ansehen, und einer reichen, fast 
üppigen Fülle der Ausfuhrung. — 

Dass Hu. Hummel rein su schreiben 
verstehe, und überhaupt nicht ohne Sorg- 
samkeit auch über da* Technische seiner Ar- 
beiten wache, ist bekannt. Kleinigkeiten 
übergeh' ich. 

Wahrscheinlich ist, was- ich hier gesagt 
habe, genug, um dem Komponisten meine 
Aufmerksamkeit und Achtung, dem Publi- 
kum aber meine Unparlhcylichkeit und auch 
«las zuzusichern, dass ihm hier wirklich ein 
Produkt von beträchtlichem Gehalt vorgelegt 
werde. Ich erlaube mir nur noch den 
Wunsch, dass Hr. Hummel un verrückt sei- 
nen Weg fortgehen "möge, ohne (sich um 
gute oder böse Kachharn zur Rechten oder 
zur Linken su bekümmern, aber auch, ohne 
der- Laune des Publikums in diesem und 
jenem Momente irgend" etwas von seiner 
Individualität aufzuopfern. Zu leUterm 



Wunsche führt mich der Vergleich diese* 
seines Werks mit einigen frühern, welche 
weit weniger, als dies, von dem — Her- 
ben und Sauern haben, das jetzt, vornehm- 
lich durch Cherubim, sum Hochgeschniack 
— so viel ich weiss, besonders auch in 
Wien — erhoben worden. Es kann mir 
nicht einfallen , den Ruhm des- treulichen 
Cherubini schmälern zu wollen : ich bin ja 
der Erste gewesen, der die deutschen Büh- 
nen mit seinen dramatischen Arbeiten näher 
bekannt machte, und bin noch jetzt über- 
zeugt, kömmt Cherubini in eine Lage, wo 
er .seinen tiefen Geist freyer entfalten, un- 
beschränkt nach dem Ziele streben kann, 
das sein Genius sich selbst vorhält, und wo 
ihm alle Mitte), sein Inueres ganz auszu- 
sprechen, zur freyen ^Disposition über- 
lassen werden — Mittel, wie sie namentlich 
Wien in so vorzüglichem Maasse besitzt : 
dann werden wir noch herrlichere Werke 
von ihm erhallen,, als er schon jetzt gelie- 
fert bat. Aber eben jene künstlichen Mi- 
schungen, jene raifinirten Schärfen, die den 
überwürzten Gerichten gleichen, deren hut 
geschwächte Magen bedürfen ; eben jene sind 
Cherubini's Schwäche — wenigstens in 
wiefern er sie auch da anbringt, wo natür- 
lichere Mittel vollkommen ausreichen, siche- 
rer zum Zweck führten , nnd wo nicht im 
letzten Moment gleichsam die Furie euch 
heraufgernfen werden solL Die Schwäche 
eines grossen Mannes ist aber nur dann mit 
gewisser Achtung zu schonen , wenn sie 
nun einmal so in seine Individualität aufge- 
nommen worden, dass auch vieles von ser- 
nem Trefflichsten verloren gehen wurde, 
wenn er sie ablegte — wie dies wo! bey 
Cherubini der Fall seyn möchte i aber sie 
vorsätzlich annehmen, sie nachahmen, sie 
sich selbst wo! gar aufzwingen-, ist eine 
grosse Sünde— sogsr wider das erste Gebot 
des Drkalogus. Und eben jetzt machen sich 
in Deutschland viele talentvolle junge Män- 
ner dieser Sünde theilbaftig , und andere, 



Digitized by Google 



7S7 



1805. September, 



"SS 



sogar auch nicht mehr junge t fahren nun 
gar obenaus, verprassen den Reich ih 11 m ih- 
rer Kräfte und gehen vielleicht darüber zu 
Grunde — ganz wie das der Fall mehrerer 
Dichter in der sogenannten Sturm - und 
Drangperiode in Deutschland war : eben 
darum vergebe mir Hr. Hummel diese Apo- 
strophe, su welcher £1* fast nur die Ver- 
anlassung, weit weniger den Grund giebt. — 
Das Werk ist auf gutes Papier sehr schön 
gestochen. Stich fehler , die nicht Leute, 
welche diese Komposition gebrauchen) so- 
gleich selbst ku verbessern wüssten, sind 
mir nicht vorgekommen. 



Slx Romane«? acte aeeompagntment de Piano» 
Jorte {compostes et) deditet a ton ExceU. 
Mod. la Comteste Marie de Raxoumoffeky, 
par F. Franzi, Oeuvr. to, JJv. g. de Ro- 
mane, franc. A Ofifenbach , eher Jean 
Andre. (Pr. 1 Fl. 5o Xr.) 

Die auf unsere deutschen Bühnen aeit 
einigen Jahren so hautig zurückgelüh teu 
französischen Operetten, von denen nicht 
wenige ihr Be tes in einer Romanze oder in 
den sogenannten Couplets aufstellen, schei- 
nen die Liebhoberey an dieser Gattung an- 
genehmer Gedichte und einfacher, gefühl- 
voller Musik unter uns geweckt au haben, 
und man muss es diesen Operetten' Dank 
wissen, da beydes meistens — von mehr 
oder weniger , aber doch einigem wahren 
Gehalt ist. Den Ischen Dichtern hingegen, 
so wie deutschen Komponisten, wird es im- 
mer schwer fallen, dergleichen Produkte — 
mehr der Galanterie» als der Liebe, mehr 
der Feinheit, als der Innigkeit, mehr des 
glücklichen Augenblicks., als des siunigen 
Fleisses, so gut und zugleich so charakteri- 
stisch, und auch so national, zn liefern, 
wie einige der besten neuern Franzosen sie 



geliefert haben. Desto angenehmer wird 
man hier durch Hin. Franzis sehr artige* 
Werkeben überratchl, das wirklich alle Em- 
pfehlung verdient. Mancher französische 
Knnslkenner, Komponist, oder Sanger dürf- 
te zwar und auch hin und wieder nicht mit 
Unrecht, noch mehr Simpliciutt und mehr 
Nationales in der Musik, auch an einigen 
Stellen eine kleine Aenderung derselben in 
Absicht auf eiuzelne Worte des Texte* 
wünschen : dafür würde er aber auch der 
hier gelieferten Musik mehr Mannigfaltig- 
keit, mehr Reife, und mehr fliessenden Ge- 
sang, als die meisten französischen Origina- 
le besitzen, zugestehen müssen. No. 1. ist 
ungemein lieblich und zart, und nur der 
au oft gebrauchte verminderte Septimen- 
Akkord wegzuwünschen; No. 5. ist vortreff- 
lich, in seiner wahrhalt süssen Einfalt 
No. 9, 5 and 6, sind sehr artig und auge- 
nehm, nahem sich aber mehr der italieni- 
schen Kanzonette. No. 4. ist nicht übel, 
aber etwas verbraucht. Halte die Verlags- 
handlung neben den franzöeisrhen Original- 
texten eine gute deutsche Untei legung 
beygefugt, da man zwar Kenntnisa der fran- 
zösischen Sprache jetzt überall voraussetzen 
kann, aber nicht Geschicklichkeit , g u t Fran- 
zösisch zu singen : so wäre tür Deutsche, 
die nicht so sehr an jenen angeführten For- 
derungen des Franzosen hängen , kaum et- 
was bey diesem niedlichen Werkeheu zn 
Wünschen übrig geblieben. 



Die musikalisdu Bey läge No. VII., 

enthalt ein Lied einei dem Publikum achon rorüisit- 
haft bekannten Koraponiaten , da» durch frefjUlige, an- 
•pruchtloae «od . ilieaeende Mvaik Freunde bilden, aai 
die Achtung nicht vermindern wird, die scia Verfa*- 
•er schon genietet. 

d. Redakt. 



(Hierbe? die Beylage No. VII. and da« [ntelligenzblatt No. XIII.) 
Laim«, in uiiUQri en» aiarih 



Digitized by Google 



' INTELLIGENZ - BLATT 

• r» i t i • • « - 

«i/r All gemei nen Musikalischen Zeitung, 



September. 



iVs. XUL 



1805. 



Ktue Musikalien von verschiedenen Verlegern, 
weicht bey Breiliopfund Härtel zu haben sind. 



36. 



Pichl, W. , gr. Sinfonie 1 gr. Oreheatre. Op. 
Li». 5. a Thlr. 

Ejbler, J., Ouvertüre* gr. Oreheatre. Op. 8. 1 Tbl. 
8 Gr. 

Gluck, Ouvertüre a gr. Orcb. de r-Opeira: Iphigenie 
en Tauride. 1 Tlilr. 8 Gr. 

Weyae, Sinfonie e gr. Oreheatre. Op. r. a Thlr. 

»6 Gr. t 

Anon, J., Sinfonie i gr. Orchettre. Op. 3o. x Thlr. 
ao Gr. 

Romberg, Bernard, Ouvertüre a gr. Orch. Op. ix. 
a Thlr. 

Andyi, A. , gr. Sinfonie a jgr. Oreheatre. Op. a5. 
' '3 Thlr. - • 

Leaueur, Ouvert. d' Oeslau 1 gr. Orchestre. 1 Thlr. 
ja Gr. 

Paer, F., Ouv. de Camilla 1 gr. Oreheatre. 1 Thlr. 
xa Gr. 

Spo-ntinx, G., Ouvertüre 1 gr. Orch. de Milton. 
a Thlr. 

Pichl, W., gr. Sinfonie i gr. Orch. Op. a6. L. 6. 
1 Thlr. ja Cr. 

Nicolo., Our. de l'intrjgae ans feoetree u gr. Oreh. 
a.Thlr.. 

Cjrroweti, A., Ouv. de POp. Seiko, i plein Orch. 
Of>. 44. 1 Thlr. 8 Gr. 

JlL^lJaj, Sinfonie concertante p. a Violons prineip. 
; avec aecomp. do a VII». A. et ßasse, a Haulbois et 
,? Cor,,, ,.i,TWr t at Gr, ."..„... . 

Kreutier, R., i5me ßo«c. p. .Yiol. •caoanp^d'Orch. . 
a Thlr. 



Fr Ins 1, F., 3 Air» raese* variee pour le Violon 
aecomp. -d'nn aecond Viol., Alto et Baase. Op. ix. 
1 Tlilr. ao Gr. 

Schneider, G. A., Conc. p. Viol. et Alto princ. 
Op. X9. a Thlr. 8 Gr. 

— — Conccrto pöui Viola principal. Op. ao. 
a Thlr. 

Betthoren, L. *., Romanee p. le Viol. princ. ar. 
acr. de l>Orch. Op. 5o. x Thlr. 

Romberg, Andr. , ime Conc. p. le Viol. av. acc. 
do l'Orch. Op. 8. a Thlr. 

Viotti, J. D. , Conccrto de Violon D. arec acc. de 
rOrcb. J Thlr. 6 Gr. 

Kremier, R., Conc.de Violon. L. D. 1 Thlr. 
6 Gr. 

Dnf-reane, F. 4me Conc. de Viol. Op. 18. a Thlr. 

6 Gr. 

Haeutler, gr. Seituor eoncertant pour deut 
Violona , 3 Cora, Alto, et Violoncello. Op. ax. 
1 Thlr. 8 Gr. 



CWird 



Ankündigung 

ganz neuer , populär gesetzter geistlicher 
CanUtinen, aur Beförderung der Kirchen- 
musik, voruehrnlich in kleinern Orten. 



< ■ t ' 



Von sowohl hiesigen als auirwärtigen Verehrern 
der geistlichen Muaik aufgemuntert , hat Muaikdirektor 
Kncreht nach einer-neoen Idee mehrere kunre , leich- 
. te* gefällig» und -d«oh der Würde der öffentlichen 
Gottesverehrung angemessene , vornehmlich für kleine 



Digitized by Google 



Orchester geeignete »geistliche Singatucke tob 
vier,, manchmal auch von drey Sing stimmen, 
»wey Violinen, einer Briticho, ferner von 
zwey, nnr aalten obligaten Flöten oder Klar!» 
■ ettea and Horn, deren bolastellcn In den Violin» 
stimmen mit kleinen Noten angemerkt »lud, (auf 
hohe Feste mit Trompeten und Pauken) eemt 
Violoneell und beziffertem Orgelbatte* 1 
über die betten, vorzüglich au» dem hiesigen, allent- 
halben rühmlich bekannten nruen Geaangbuche sweck- 
mäatig gewählten poetischen Texte geaetst , deren 
allgemein interessanter Inhalt, anaaer denen, die aus- 
schliesslich nur für hohe Fetttage und tur foyerlichen 
Begehung dea heiligen Abendmahla bestimmt aind, 
eich auf alle andern Zeiten anwenden Ii tat, und wel- 
che, weil aie aum Tbeil auch in andern neuen Ge- 
sangbüchern an linden aind, von der Gemeine zu ih- 
tcr Verständigung und Erbauung nachgelesen werden 
können. 

Ntch dieaer Ansicht and Einrichtung tat also in 
Zukunft kein vollständiger Jahrgang von Kirchen- 
stücken mehr nölhig, und mto kann demnach mit 
wer Hälfte solcher Stücket wenn aie nach Verflus» 
einiger Zeit wiederholt werden , durchs gaiue Jahr 
hänauarciehen. Um nun aber die Gemeine noch zu 
■ehierer Aufmerksamkeit auf die, von ihr eouet so 
wenig geachtete Kirchenmusik und tu wärmerer Theil- 
nahmo an derselben ru reisen, kommt in diesen 
geistlichen Cantatinen nicht nur öftere gleich im An- 
fange ein« achöne Choralmelodie mit einem angeneh- 
men und etwas geeierten Gegsngetange begleitet vor, 
Idee manchmal noch weiter fortgeführt wird, 
ea ist auch darin jedesmal meistens am 
Schlisse eine rührende, aber gana einfache Cho- 
ralmelodie, welche doch immer vor altem andern auf 
den unmueiksiischen Theil dea Volke den gewissesten 
Eindruck macht , mit voller Instrumentalbegleitung an- 
gebracht, damit die Gemeine dieselbe entweder in 
Gedanken, oder, wo ea (wie hier in Biborach) an- 
gabt, aogar laut miuingen könne. 

Wir wollten nnn gerne diese Csntatioen den In» 
terestenten durch einen deutlichen, schönen und kor- 
jckUn Notendruck ao wohlfeil , alt es eine aolche 
gewagte nnd wen ig lukrative Unternehmung tulasst, 
allmählich in die Hände liefern, wenn airh eine An- 
aahl wenigstem von 300 Subscribenten hieran vor- 
sollte, ohne welch« die Herausgabe derselben 
ifisste. Vorerat aber tragen wir nur 
auf die Bestellung eUei 



che aur Probe dienen eo|l , waa tob dem Ganren n 

erwarten ist. — Der Subscriptioaspreis auf dieaea 
Probeatück, welchea, ao wie jede andere Canta- 
tine, nicht in Partitur, aondera, aar Ersparung der 
Schreibkosten gleich in ausgesetzten Stimmen 
herauskommen , und auf gntee Papier in Langfolio 
gedruckt, 7 bis 8 Bogen enthalten wird, ist 1 Fl, 



13 Xr. rheinisch oder 16 gGr. sächsisch , welcher 
auch bey allen andern Cantatinen festgesetzt bleibt, 
der Ladenpreia aber wird nachher um ein beträchtli- 
ches erhöht, — Jährlich wurden sodann 4 — 5, 
höchstens 6 solcher Cantatinen erscheinen. Eine ge- 
ringe jährliche Geldsuagsbe , worüber sich die ver- 
ehrlichen Kirchen Vorsteher nicht wohl beschweren 
dürften, und welche, im Fall ein Kirchenfond hier» 
unvermögend wä're, durch kleine milde Beyträge edel- 
gesinnter Musikfreunde leicht ausammengebracht wer- 



Je eher aich eine, die Verlagikoaftn nur eini- 
deckende Anzahl von Subscribenten vorerst 
auf ein Probestück entweder bey uns oder bey den 
ihnen nächstgelegenen Musik - nnd Buchbsndlungr-n, 
denen wir für ihre Bemühungen den gewöhnlichen 
Rabatt erlassen , in postHreyen Briefen meldet, 
desto früher weiden wir mit dea Druck 
anfangen. 



Biberach, 



Gebrüder Knecht. 



Btkanntmaehung. 



Im Namen der Frau Kapellmeister Naumann wird 
dem musikalischen Publikum hiermit bekannt gemacht, 
daaa aie aich entschlossen hat, eine vollständige Ausgabe 
der Werke ibrea verstorbenen Mannes, dea Herrn 
Kapellmeister Naumann, au veranstalten, worüber 
nächstens eine nähere Anaeige geschehen wird. Diese 
nur vorläufig für unbefugte Verleger, die, ohne von 
ihr, der cinaigen rechtmässigen Besitzerin, deau be- 
rechtiget worden au seyn, verschiedene Sachen 
aelbea etwa herauszugeben gesonnen aeja sollten. 



L«i>a<«, aatr Btiii»«»! in HÄara/» 



Digitized by Google 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den i i» eD September. N=. ÖO. 



1805. 



Wahrhtit und Wahrschtinlicldelt. 



£1 in ige ganz neue, und in der Tbat bedeu- 
tende Erscheinungen in der musikalischen 
Welt, so wie die Art und Weise, womit 
»ie eines Theils von achlungswerlhen Spre- 
chern im Publikum, andern Theils von die« 
aera selbst aufgenommen worden — erinnert 
mich an ein Gespräch Göthe'a, das zwar 
zunächst in Heziehuug auf bildende Kunst ge- 
■fulnt, und worin, was von der Oper gesagt, 
zwar mehr episodisch uud ßcyspielsweise be- 
handelt worden, wovon aber dieser Theil für 
sich bestehen, und, wird er genug beher- 
ziget, einer neuen Verwirrung der Kunst- 
freunde durch wohl begründet scheinende 
nnd doch einander widersprechende Ur- 
theile, die eben jetzt nicht unbeträchtlichen 
Eingang finden, begegnen kaun. Ich glau- 
be daher mir erlauben zu dürfen, dies Ge- 
spräch, so weit es hierher gehört, anzu- 
führen, und ersuche die Redaktion dieser 
Zeitung um dessen Linrückung. (Vtrgl. 
Propyl. I. S. 55.), 

E« 



i 1. Wenn Sie in der Oper sind, empfin- 
den Sie nicht ein lebhaftes, vollständiges 
"Vergnügen? 

2. Wenn alles wohl zusammenstimmt, 
eines der vollkommensten , deren ich mir 
bewUsst bin. 

1. Wenn aber die guten Leute da dro- 
ben singen d sich begegnen und bekompli- 

7. Jahrg. 



mentiren, Billets absingen, die sie erhallen, 
ihre Liebe, ihren Hass, alle ihre Leiden- 
schaften singend darlegen, sich singend 
herumschlagen und singend verscheiden — 
können Sie sagen, dass die ganze Vorstel- 
lung, oder auch nur ein Theil derselben, 
wahr scheine? ja, ich darf sagen, auch nur 
einigen Schein des Wahren habe? 

2. Fürwahr, wenn ich es überlege, so 
getraue ich mich das nicht zu sagen. Es 
kommt mir von alle dem freylich nichts 



wahr vor. 



1. Und doch sind Sie dabey völlig ver- 
gnügt und zufrieden. 

2. Ohne Widerrede. Ich erinnere mich 
zwar "noch wohl , wie man sonst die Oper, 
eben wegen ihrer groben Unwahrscheinlich- 
keit lächerlich machen wollte, und wie ich 
von jeher demungeachlel das grösste Ver- 
gnügen dabey empfand, und immer mehr 
empfinde, je reicher und vollkommener sie 
geworden ist. 

1. Und fühlen Sie sich nicht auch in der 
Oper vollkommen getäuscht? 

2. Getäuscht — ? Das Wort möchte ich 
nicht brauchen! Und doch ja — and doch 
nein — 

t. Hier sind Sie ja in einem völligen 
Widerspruch* — 

2. Nur ruhig; wir wollen schon ins Kla- 
re kommen. 

1. * Sobald wir im Klaren sind, werden 
wir einig seyn. Wollen Sie mir erlauben, 
auf dem Punkt, wo wir stehen, einige Fra- 
gen zu thun? 

2. Es ist Ihre Pflicht, da Sie mich in 

5o 



Digitized by Google 



79» 



18051 September. 



79* 



diese Verwirrung hineingefragt haben, mich 
auch wieder herauszutragen. 

1. Sie möchten also die Empfindung, in 
welche Sie durch eine Oper versetzt wer- 
den, nicht gern Täuschung nennen? 

2. Nicht gern ; und doch ist es eine Art 
derselben, etwas,- das ganz nahe mit ihr 
verwandt idt. 

1. Nicht wahr, Sie vergessen beyoah 
•ich selbst? 

2. Nicht beynahe, sondern völlig, wenn 
da« Ganze oder der Thcil gut ist. 

1. Sie sind entzückt? 

2. Es ist mir mehr als einmal ge- 
ichehen. 

1. Können Sie wol sagen, anter weichen 
Umständen ? 

a. Es sind so viele Falle, dass es mir 
schwer seyn wurde, sie aufzuzählen. 

1. Und Uorh haben Sie es schon gesagt) 
gewiss am meisten, wenn alles zusammen- 
stimmte. 

3. Ohne Widerrede, 

1. Stimmte eine solche vollkommene Auf* 
iuhrung mit sich selbst, oder mit einem an» 
dern Naturprodukt zusammen? 

2. Wol ohne Frage, mit sich selbst! 

1. Und die Uebereinslimmung war doch 
wol ein Werk der Kunst? 
a. Gewiss. 

1. Wir sprachen vorher der Oper eine 
Art Wahrheit ah; wir behaupteten, dass 
sio keineswegs das, was sie nachahmt, wahr- 
stheiulich darstelle: können wir ihr aber 
eine innere Wahrheit, die aus der Konse- 
quenz eines Kunstwerks entspringt, . ab- 
leugnen? 

2. Wenn die Oper gut ist, macht sie 
freylich eine kleine Welt für sich aus, in 
der alles nach gewissen Gesetzen vorgeht; 
die nach ihren eignen Gesetzen beurjtheilt, 
nach ihren eignen Eigenschaften .gefühlt 
seyn will. 

1. Sullle nun nicht daraus folgen, dass 
das Kunstwabre uud das Naturwahre völlig 



verschieden sey; und dass der Künstler kei- 
neswegs streben solle, noch dürfe, das« 
sein Werk eigentlich als ein Naturwerk er- 
scheine ? 

-j. Aber es scheint uns doch so oft als 
ein Naturwerk — » 

x. Ich darf es nicht leugnen. Darf ich 
dagegen aber auch aufrichtig sryn? 

a. Warum das nicht ? Es ist ja doch 
unter uns diesmal nicht auf Komplimente 
abgesehen. 

1. So getraue ich mir zu sagen : nur 
dem ganz ungebildeten Zutchauer kann ein 
Kunstwerk als ein Nalurwerk erscheinen; 
und ein solcher ist dem Künstler auch lieb 
und werth, ob er gleich nur auf der un-. 
terslen Stufe steht. Leider aber nur so 
lange, als der Künster sich «eu ihm herab-: 
lasst, wird jener zufrieden »eyn ; niemals 
wird er sich mit dem echten Künstler er- 
heben, wenn dieser den Flug, zu dem ihn 
das Genie treibt, beginnen, sein Werk im, 
ganzen Umfang vollenden muss. 

2. Es ist sonderbar, doch lasst sich«, 
hören. 

1. Sie würden es nicht gern hören, wenn 
Sie nicht schon selbst eine höhere Stufe er- 
stiegen hatten. 

a. Lassen Sie mich nun selbst einen 
Versuch machen, das Abgehandelte zu ord- 
uen und weiter zu gehen; lassen Sie mich 
die Stelle des Fragenden eiuuchinco! 

1. Desto lieber. 

a. Nur dem Ungebildeten , sagen Su, 
könne ein Kunstwerk als ein Naturwerk er- 
scheinen. 

1. Gewi«*. Erinnern Sie sich der Vö- 
gel, die nach des grossen Meisters Kirschen 
flogen? 

a. Nun, beweist das .nicht), dass die«« 
Früchte vortrefflich gemalt waren? 

1. Keineswegs ; vielmehr beweist ea 
mir, dass diese Liebhaber echte Sperlinge 
waren. 

2. Ich kann mich doch deswegen nicht 



Digitized by Google 



793 



1805. September. 



erwehren , ein solches Gemälde für vortreff- 
lich zu halten. 

1. Soll ich Ihnen eine neuere Geschichte 
eYzählen? 

3. Ich höre Geschichte meistens lieber, 
als llaisonneinent. 

1. Ein grosser Naturforscher besass un- 
ter seinen Hauslhiereu einen Affen, den er 
einst vermisste, und nach langem Suchen 
in der Bibliothek fand. Dort sass das Thier 
nn der Erde, und hatte die Kupfer eines 
ungebundneu, naturgeschichüicheu Werks 
um sich her zerstreut. Erstaunt über die- 
ses eifrige Studium des Hausfreundes, na- 
het« sieh der Herr, und sah zu seiner Ver- 
wunderung und zu seinem Verdruss, dass 
der genaschige Affo die sXmratücheii Käfer, 
die er hie und da abgebildet gefunden, 
herausgespe iset habe. 

2. Die Geschichte ist lustig genug. 

1. Und passend, hoffe ich. Sie werden 
doch nicht diese illuminirten Kupfer dem 
Gemaide eines so grossen Künstlers an die 
Seite setzen? 

2. Nicht leicht. 

1. Aber den AfEen doch unter die un- 
gebildeten Liebhaber rechnen? 

3. Wohl, und unter die gierigen dazu! 
Sie erregen in mir einen sonderbaren Ge- 
danken. * Sollte der ungebildete Liebhaber 
nicht eben deswegen verlangen , das» ein 
Kunstwerk natürlich sey, um es nur auch 
auf eine natürliche, oft rohe und gemeine 
Weise gemessen zu können? 

1. Ich bin völlig dieser Meynung. 

2. Und Sio behaupteten daher, 'dass ein 
Künstler sich erniedrige, der auf diese Wir- 
kung losarbeite ? 

1. Es ist ineine feste Uebcrzeugung. 

2. Ich fühle aber hier noch immer einen 
Widerspruch. Sie erzeigten mir vorhin 
und auch sonst schon die Ehr«, mich we- 
nigstens unter die halbgebildeten Liebhaber 
zu zahlen — 



794 

1 Unter die Liebhaber , die auf dem 
Wege sind, Kenner zu werden. 

2. Nun so sagen Sie mir: warum er- 
scheint auch mir ein vollkommnes Kunst- 
werk als ein Nalurwerk? 

i. Weil es mit Ihrer bessern Natur 
übereinstimmt; weil es übernatürlich, aber 
nicht ausseroatürlich ist. Ein vollkomme- 
nes Kunstwerk ist ein Werk des menschli- 
chen Geistes , und in diesem Sinne auch 
ein Werk der Natur. Aber indem die zer- 
streuten Gegenstände in Eius gefasst, und 
selbst die gemeinsten in ihrer Bedeutung 
und Würde aufgenommen werden, so ist 
es über die Natur. Es will durch einen 
Geist, der harmonisch entsprungen und ge- 
bildet ist, aufgefasst seyn, und dieser findet 
das Vortreffliche, das in sich Vollendete, 
. auch seiner Natur gemäss. Davon hat der 
gemeiue Liebhaber keinen Begriff; er be- 
handelt ein Kunstwerk wie einen Gegen** 
stand, den er auf dem Markte antrifft) 
aber der wahre Liebhaber sieht nicht nur 
die Wahrheit des Nachgeahmten , sondern 
auch die Vorzüge des Ausgewählten, das 
Geistreiche der Zusammenstellung, das Ue- 
berirdisehe der kleinen Kunstwelt; er fühlt, 
dass er sich cum Künstler erheben müsse, 
um das Werk zu gemessen; er fühlt, dass 
er sich aus seinem zerstreuten Leben 
snmmlen, mit dem Kunstwerke wohnen, es 
wiederholt sich vorhalten , und sich' 
selbst dadurch eine höhere Existenz geben 



3. Gut, raein Freund; ich habe bey Ge- 
mälden, im Theater, bey andern Dichtungs- 
arten, wol ahnliche Empfindungen gehabt, 
nnd das ungefähr geahnet, was Sie fordern. 
Ich will künftig noch besser auf mich und 
auf die Kunstwerke Acht gebeu — «-— 

1. Glücklicher Weise wird die Oper 
heute wiederholt ; Sie werden sie doch nicht 
versäumen wollen? 

2. Keineswegs. 

j. Und die UnWahrscheinlichkeiten — ? 



1 



Digitized by Google 



1805. Sfepteraber. 



796 



1. Werden mich nicht verscheuchen, 
weil ich mich für etwas besser, als einen 
Sperling, Iballc. 



Auszug aut dem Briefe eiues Reuttndtn *). 



Neulich ward mir auf meiner Reise von 
L. nach U. ein Genusa zu Theil, den ich 
auf protestantischem Boden nicht erwartete. 
Sie erralhen schon, dass ich eine teligiösc 
Musik meyne. Ich hörte am Charfreytags- 
fesle in llildburghausen , der Ri-sidcnz des 
Hersogs, den Tod Jesu von Graun auf- 
fuhren. Es war mir beynahe Bedürfitias, 
diesen Tag, wo ich anderswo Handels, 11 aa- 
se's oder Pergo lese's heilige Töne vernom- 
men hatte, auch auf der Reise nicht als 
profaner Totikünstler zu verleben} deswegen 
freute ich mich innigst auf die ersten Ak- 
korde, des Chorals : Du, dessen Augen Aus- 
sen etc. und vergase in diesem Augenblicke 
alle die Mängel, die ich dem Ganzen vor- 
zuwerfen hatte. Auch in meinem Briefe 
verweise ich mein Unheil über dasselbe bis 
ans Ende, um Ihnen das über die Auffüh- 
rung nicht zu Jange vorzuenthalten. Im. 
Ganzen war diese gelungen zu nennen. 
Besonders gut waren die Soloparlieen be- 
setzt und unter ihnen glänzte die regie- 
rende Für» (in und ihre Tochter in 
wahrhaft edlem Schmuck, ohne eitles Ge-. 
prange und ohne glänzen zu wollen. Aus 
dem Munde dur erstem drangen nach dem 
dunkeln Chore: »Sein Odem ist schwach" 
etc., die Worte: 9 Gethsemane, wen hören 
deine Mauern," tief in das Herz des Hö- 
rers. Sie können denken, wio überrascht 
ich war, die Vorzüge des wahren Gesangs — 
Reinheit, Fülle, die praciseate Deklamation' 



etc. hier vereint zu finden , und wenn auf 
ihnen Virtuosität beruht, so dürfte diese 
Fürstin eine ehrenvolle Stelle unter unsern 
ersten deutschen Sängcriunen einnehmen; ja 
im Vortrage des Recilativs würde sich nur 
diejenige von ihnen mit ihr messen können, 
welche die italienische Freyheit in dieser 
Galtung des Gesangs sich eigen zu macheu 
verstünde, ohne darüber deutsche Individun- 
lilät zu verlieren. Ihr Vortrag des Rrciu- 
tivs war anspruchslos, ihre Maniercu seit* 11 
und dem ernsten Gegenstande angemessen, 
dahey nicht einförmig, sondern neu und aus 
religiösem Drang entsprungen. Die letztem 
Vorzüge waren in den Momenten, wo ich 
das Oratorium hörte, meinem Ohre um so 
schmeichelhafter, je mehr ich sie an zwty 
SülosSngeru , dem Tenoristen und Basssisten, 
verraissle. Beyde hatten übrigens gutes Or- 
gan. Die Tochter der Fürstin sang meh- 
rere Arien mit Unschuld und Gefühl, 'und 
es ist von ihr zu hoffen; dass sie einst die 
Kunstfertigkeit ihrer Mutter erreichen wer- 
de. Der Gesang in den Chören war im 
Verhältnis* zu den Saiteninstrumenten zwar 
stark, aber in sich seibat nicht geschlossen 
genug; oder mit andern Worten: hier 'trat 
diese Stimme, dort eine andere aus den ihr 
angewiesenen Schranken heraus. Dasselbe 
könnt« man auch der inslrumcntalbegleilumg 
zur Last legen; noch mehr aber veruiisste 
man an dieser Präoision. So wurde z. B. 
in dem Duett und Chor : „Ihr Augen 
weint" etc., die. Begleitung im pizzicato 
grösstenteils dadurch entstellt, dass mehre-r 
re Violinen entweder vqr- oder nachschlu- 
gen. Gewöhnlicher Weise deutet ein sol- 
ches diverses Spiel auf Maogel an ttöthigea 
Proben hin. Die Begleitung mit dem Piä- 
no r orte .bcy Recitativen schien mir zu vor- 
laut und der gebrochenen Akkorde waren 
mir zu viele. Soviel über die Aufführung 



*) Durch Zufall Tcrspitigt. 



Digitized by Google 



797 



und nun noch einige Worte ober ' den W«"th 
oder Unwerth de* Oratorium« selbst. 

- Ich gelie nicht darauf au«, diesem 'Wer- 
te tfen> lluhra,- den es' seit «einer Entvle*. 
hung in ganx' Deutschland behauptet, z« 
rauben: aber gestehen muss ich , als ein 
genialisches Frödukt für alle Zeit, für wei- 
ches e» die meisten seiner Verehrer ansehen 
mächten« k< aBn ich es nicht gelten- lassen. 
M30 hat nur eine flüchtige Parallele zu lie- 
he« . zwischen ilwn. und den Werken*» ^ 
s. ß. eines Handel«, des Mannes., den VorM 
und Nachwelt gleich lieb gewrfftn, uint'dies« 
Behauptung wahe au Huden. Wo finden 
Sie die Kraft, die Frey heil, die unvergilng- 
liehe Form bey Granu, die «ftis bey Jikudt-l 
so mächtig anzieht? ' bemerken : öte »fehl 
▼ielraehr auf. den ersWn lßHck> das» sieb 
jener nun wenig über den' jAlodegoschmack 
seiner Zeit erhob? Hey idein in Adde ete^ 
henden Oratorium kommt hierzu noch, das* 
der Dichter au« Jauter Gefälligkeit gegeä* 
den Komponisten;, diesen eben deshalb' «0 L 
MiMgrrfien verführte-, chd ihm" am enge 
©tanzen «eiste , (innerhalb weicher, «einer 
Phantasie die frvjle Bewegung mangelte. 
Und eben die« begünstigte auch- seinen Hang 
an einer einseitigen- modischen Form. Es 
urürde micinkbt schwer werden, dies durch 
viele BeyspieJe zu ^belegen } hier sollen »be#> 
■ur einige . zum Verständnis» meiner Be- 
hauptung stehen. In der Ariej «Ihr Weich* 
geschaffnen Seelen* etc. gab der Dichter 
dem Komponisten die, seiner Meynung nach, 
musikalischen Worte: »Bald höret euer 
Ohr, das strafende Gewissen, bald weint aus 
euch der Schmerz - etc. Da konnte es nun 
unmöglich fehlen, dass sich nicht Graun an* 
die Strafe und nh das Weinen hielt und 
uns beydes so natürlich vormachte, als eres 
vermochte, darüber aher vergass , das Haupt- 
Wort ßald in die gute la kl Zeit zu setzen, 
fassen Sie michs geradeaus gestehen : der- 
Komponist kommt mir hier vor, wie etnr 
allzeitferLiger Mimtker, der im Deklamiren 



i 



798 



der Worte: »das «trafende Gewissen,* mit 
geballter Faust gegen «ein Auditorium an- 
läuft, und dem bey den Worten: „Haid 
Weint aus euch der Schmer«* vor ; Schluch- 
ten die- Stimme ausgeht. Ist es nicht eines 
und dasselbe, 'wogegen hier Mimiker und 
'Komponist sündigen ?/ 

Aehnliches finderi wir in der Arie: „So 
sieherein Berg Gottes* etc. bey den 'Wor- 
ten : Vder Tod mag auf den Blitzen eilen, 
fr[ ; mag da« hohlen Flüthen heulen u "Wo". 
Ferner in <ht- Arie m Singt den» göttlichen 
thrbpheten" etc. bey den Worten: »steig« 
bis «um Seraph, steige weiter, Seele* etc. 

Wer sollte es glauben, dass ein' Mann, 
fler 1 solche Missgrifle beging, : wieder' Satze 
schreiben konnte, wie'deVi ersten Ohor, das 
erste Recitaiiv etcJ? Dergleichen Saeften 
werden' fortleben, 1 oder wifcder auferttehen, 
wenn' sie anch einst eine für religiöse' Ge- 
fall le hoch ungünstigere Zeit, als die jeläi« 
g*, begrabet hättet dagegen alles, was weh» 
Heben Glanz 1 an *sic!h- tragt, aaf *w?g verein» 
keh'muss. ' Wir" Gliben uns noch zu- freuet*, 
dass trh's in den Werken GrauW dos Welt- 
liche* von dem Geistlichen grösstenthtfils ge- 
schieden gegeben ist; in spateren Zeiten hat 
es stell mehr amalgam'irt, " und noch immer 
ist unsere meiste Kirchenmusik cui Zwitter, 
geschöpf , • halb geistlicher halb weltlicher 
Natur.— y 

Soviel' für'heule über Grauns Oratorium. 
Sind Sie unzufrieden über mich, dass ich 
Sie so lange davon unterhielt? Ich meine« 
Theüs wünsche, dass das Alle unter uns 
noch mehr zur Sprache kommen möge , als 
es bishor der Fall war, und von mir iviir- 
den Recensronen allerer musikalischer Wer- 
ke, mit der gehörigen Einsicht und mit ste- 
ter Rücksicht auf die Stufe , auf welcher 
unsere heulige Musik steht, entworfen — 
was mahrern Mitarbeitern an der Ällgem. 
Musikal. Zeitung 'Zugetraut werden dürfte — 
mit dem grössten Vergnügen gelesen wei- 
den. jL. 



Digitized by Google 



799 



igo*. September. 



800 



N k C H R I C IT T B N. 



Neapel» d. aosten August. Diesmal 
nur einige Neuigkeiten , um mir selbst 
Raum zu schaffen, die von Ihnen gewünsch- 
te gründliche Darstellung der Vertussudg, 
Methode etc. der hiesigen Konservatorien für 
Ihre Blätter rahiger zu bearbeiten! — 

Am «Sinn dieses wurde, «im Geburts- 
tage der Königin, ein« grosse Oper von be- 
trächtlichem Werth, die aber schon früher 
einmal auf der. Bühne gewesen war, nrij 
mehrern Veränderungen auf das grosse 
Theater San Carlo zurückgebracht *). . Sie 
kiesa eltanuü«: Gli Arnericani, und hei«a$ 
jetft : Goosalvo. . Das Gedicht ist you dem 
schon früher Ihnen genannten Giovanni 
Schmidt; die Musik von Tritto, den ich 
Ihren Lesern als einen unsrer vorzüglichste» 
Meistor geschildert habe. Die Oper hat an 
viel Schönes, der Komponist verdient su 
aehr auch in Deutschland naher gekannt zu 
werden, und es Usst sich voraussehen t . das« 
su viel halbwahre Nachrichten darüber ins 
Publikum kommen werden, von Leuten, die 
den Zusammenhang nicht übersehen — als 
dass ich nicht etwas länger bey diesem 
Werke verweilen sollte. ; ■ 

Tritto schrieb die Oper, da der be- 
rühmte Mombelli als erster Tenor zu San. 
Carlo sang, und auch ein wackerer Bass- 
sänger vorhanden war. Daher ist das Haupt- 
interesse k der jMusik in .diese beyden Par- 



tieen gelegt. Die übrigen sind nur im Ge- 
dicht interessant 1 denn man besass damals 
nur eine miUehnässige Prima Donna und 
einen unbedeutenden Soprano, denen Tritt» 
wenig zumUthen konnte. Jetzt achrieb nun 
der Komponist zweyt neue Sceoen und aus- 
geführte Arien für unsera Soprano, Hrn. 
Velluti, einen jungen, talentvollen, vielver- 
sprechenden Künstler 1 dadurch gewann auch 
diese Partie aussen ordentlich., < indem bey de 
Arien, besonder« die. zweyte^ meisterhaft 
gesetzt sind, und auch den ausgezeichnetsten 
Beybll erhielten; aber die Partie der Prima 
Donos, die ohnehin nicht glänzend war, 
wurde nun fast gans in Schatten gestellt. 
Eine Italienerin bitte nun bey dem Kompo- 
nisten und der Direktion darauf bestanden, 
dass auch diese Partie , umgearbeitet, ver- 
gröaaert, gehoben würde: aber die beschei- 
dene Deutsche , Dem. Fischer,' begnügte 
sich, das, was nun eben da war und man 
ihr gab, gut vorzutragen, und so muaste 
sie hier verdunkelt werden. Bescheidenheit 
ist .auf einem italienischen Theater eine 
Tugend , die als grosser Fehler angerechnet 
wird, wenigstens die Folgen von diesem 
herbey fuhrt — .man wird ihr Opfer. Die 
erste Cavatine der Dem. Fischer ist hübsch 
und hat auch sehr gute Instrumentirung, 
die zweyte. Arie ist gar nicht für eine Pri- 
ma Donna: Dem. Fischer sang, wie schon 
gesagt, bey de, richtig und gut, aber, ohne 
ihre Schuld , machte ihr Gesang wenig 
Wirkung. 



■) So wenig «• unmittelbar in sin« musikalische Zeitung gehört, «o können wir doch nicht unbemerkt 
lauen, da»» untrr slorrMpondeat von item Erdbeben in Neapel, das die ölienllirhem Blätter — eine 
immer fürobterlicher , als da« andere, besonder« an« franiöauchen Boridileu, darstellen, kein Wort 
erwähnt, da doch obiger Brief erit drey Wochen nach jeeon ünglückstage gejeh rieben ist. 1 Entweder 
bat «ich da« Erdbeben nur in den Köpfen der Zeituugscbreiber «o furchtbar gezeigt — uad dann liesse 
•ich vielleicht «ogar ein« Absicht bej denen vermuthen, durch die «uerst die niederschlagenden Be- 
richte erstattet worden ; od«? ea ist wirklich »o gewesen , wie jene Berichte goachildert haben — und 
dann ist e* charnktarisirand, genug , da«« man nach kaum awey Wochen achon wieder Opoxa fortjg hat 
und frischweg »pialt, (ohne jene« Ereignisias auch nur au gedenken. * 

•'• , . d. Bedakt. 



Digitized by Google 



8oi 

Die Oper seibat macht dem Dichte* and 
dem Komponisten wahre Ehre* Die Hand- 
lung ist interessant und gut durchgeführt t 
die Versification — für italienische Ohren 
fast die Hauptsache — sehr fliessend , aber 
auch wirklich schön. Folgende grössere 
Stücke stud Meisterwerke t das Terzett des 
ersten Akts, die sweyte Arie des Soprano 
im zweyten Akt, und die Scene und Arie 
des Tenors im zweyten Akt. Nach diesen 
auffallend schönen Sätzen verdienen vornehm* 
lieh ausgebobeu zu werden: ein Duett, (mit 
der Prima Donua) ein anderes, (für Tenor 
und Bass) und das Finale des ersten Akts. 
Uebrigens ging es aber, von Seiten des 
Publikums, dem Komponisten bey nahe, wie 
der Dem. Fischer : man lobte ihn , aber 
Sensation machte sein Produkt nicht. Es 
war nicht ganz neu — ganz nagelneu muss 
aber hier alles seyn; und Tritto ist beschei- 
den und ruhig. Bey ihm kömmt nun erst 
noch hinzu, daas er, ungeachtet seiner nicht 
su verkennenden reellen Verdienste, viele 
Feinde hat — — 



Recensionek. 

. • • 

• 

Knechts allgemeiner musikalischer Katechis- 
mus, odtr : Kurzer Inbegriff der allgemei- 
nen Mttsiklthre , zum Behufs der MusikleJirer' 
und ihrer Zöglinge. Biberach, i8o3. (Pr. 
13 Gr.) 

Der sehr bekannte Herr Verfasser hat, 
laut des Vorbericbls, bey der Ausarbeitung 
dieses Werkchens die Absicht gehabt, „die 
allgemeinen Grundsalse der theoretischen 
und praktischen Musik, welche jeder gründ- 
liche Musiker wissen soll, in Vereinigung 
des allen Tonsystems mit dem neuen (so 
viel möglich) systematisch, deutlich und ge- 
drängt vorzutragen." Daa hat er denn 



802 

auch, so viel als es ih ra na mlicli möglich 
gewesen seyn mag, gelhan. Der Hr. Verf. 
erkennet, ebenfalls im Vorher ich t, die nähern 
Erklärungen des Lehrers bey diesem Buche 
als unentbehrlich} dann scheint aber auch 
die kalecheüsche Form, die der nölbigen 
Gedrängtheit so sehr entgegen ist, desto un- 
zweckinässiger zu seyn : denn kein geringer 
Theil der 197 Fragen ist unnütz, weil die 
dazu gehörigen Antworten , ohne' die Fra- 
gen , als kurze Sätze gedrängter dastehen 
könuten, wie a. B. S. i5. Fr. 6 — 20. 
u. a. m. Ein andrer Theil von Fragen, 
dergl, S. 7?. Fr. 19., oder aligemeine, 
nach dem Vorbericbt, sind in einem Dehn, 
buche der Deutlichkeit geradezu entgegen $- 
denn eine unvollständige Antwort ist besser, 
als eine solche Frage. ' Doch nicht aHein 
unbestimmte und undeutliche Fragen trifft 
man in Metige au , sondern auch eben sol- 
che Antworten. Man sehe s. B. 8. 11. Fr. 
a5 — r'aJ. — Der Verfasser -sagt z. B. 
gleich S. 1. m Die -musikalischen Instrumen- 
te sondern sich in Sailen - und Blasinstru- 
mente ab." Wo gehören denn nun die. ar- 
men Pauken hin ? Die himmlische Harmo- 
nika ist gar nicht in Betracht gekommen. 
— Bey der Charakteristik der Tonarten 
S. 81. hat wol Hr. Knecht vergessen auf 
Bewegung und Rhythmus Rücksicht zu neh- 
men. Denn obsebon die verschiedene Tem- 
peratur der Intervalle und die Verschieden» 
heilen der Tonarten von einem Komponisten 
wohl zu berücksichtigen sind : so wird doch 
ganz gewiss das hier angegebene Vcrteich- 
niss wenig zu Rathe gezogen werden. Es 
heisst nämlich: E dur feurig und wild; 
E moll zärtlich klagend; As dur dumpf und 
schwarz} (!) D moll sanft Iraurend ; C moll 
tief jammernd. Ja ja! wenn der Komponist 
tiefen Jammer in der C moll- Tonart aus- 
gedrückt hat, dann ist C moll lief (jam- 
mernd : — Ree. setzt «ich absichtlich 
Grünten , um dem Hrn. Verfasser nicht 
wehe zu thun, weil derselbe viel [andere, 



1805. September. 



803 



\So$. . September». 



804 



nicht zu verkennende . Verdienste uro 'dio 
Kunst b*}> und besonders vie| schätzbaren 
Eifer , ze;gt, indem er gesonnen ist, laut 
Vorbei i~ht, noch einige andere kleine und 
wohlfeile musikalische Lehrbücher für den 
ersten Unterricht im Singen, Violin- Kla- 
vier- uud Orgelspielen, wie auch im Ge- 
neralbässe, nachfolgen zu lassen. Freylit.h. 
ist er ups die Beendigung der theuern, Yoilf 
ständigen Qrgedschule noch schuldig,; jedoqbj- 
wofern nui?. die Lehrbücher beeser geralben, 
als das gegenwärtige in vielem Betracht, 
so- wollen wir, genn warten, besonder* . da 
vi«U«ü«Ut der { ^ufacjiub (l de>' t Vollendung; je- 
ne«, , v iel«mft*spnd Sft t Wfgki. ..ii^hjt am. Ver-. 
faaaer , eiUai ii. liegt, , Uc^rigea*^ , w ürde dieser 
musikalische; Kaiechisüjqf , wegen. -seines Ge- 
halts und aeinec v Form, > imro«>'hin . noch das 
Andenken au die . Kurpfalzische Tonschule" 
vearlöschep , ; wofern nicht viele Kunstwörter 
anat derselben, entlehnt wären. . , \ 



1 



■ 



Stl Balli Tedtsehi t duodld Trii ptr ff Pieno- 
forte, composti e dedicatl a — — la Sig- 
' nora Principessa Maria d'Esttrhazy , du 
Giov. Nep: Hummel di Ffcrina — Öp. 
jo*. Vienna, pressö Giov. Träg et Figlio. 
(Pr. 1 FL) " 

i . 
Es wird den Wiener und Prager Musi- 
kern wol ciiiSliinmig zugestanden, dass sie 
»ich auf Komposition und Ausführung der 
Tänze, besonders aber der sogenannten deut- 
schen, besser verstehen, als alle andere 
Musiker. ' Das vorliegende Werkeheu wider- 
spricht diesem günstigen Vorurtheil nicht. 
Die Tänze sind im Gängen genommen gut, 
uud einige sind vortrefflich; auch nehmen sie 



sieh- achon auf • dem 'Pianoforle recht hübsch 
aus, 'und; da. «je zugleich dem Instrumente 
angemessen sind,, darf man sie auch ah 
Uebungsstjicke für Lehrlinge empfehlen. 
Die. Einrichtung, zu jedem Tanze zwey 
Trios zu seUen, macht sich bey der Wie- 
derholung sehr gut und vermehrt das Un- 
terhaltende,' Da, so viel Ree. weiss, von 
diesem, Verfasser' noch keine Tänze bekannt 
worden sind', mögen einige ius Einzelne ge- 
hende Bemerkungen hier Platz linden. 
No. 1., mit dem ersten Trio, ist belebend, 
hebend, gefällig, fliessend, und hat doch, 
ohne alles Gesuchte , einen Anstrich von 
JSeuluNl, der wobllhuU Das zweyte Trio 
bekömmt aber wol erst durch Blasinstru- 
mente luleresse — was auch .bey. mehrern' 
der folgenden zweyten Trink -der Fall ist. 
Bey No. a. , die gleichfalls imbach , doch 
nicht so ausgezeichnet ist, tat das erste Trio, 
ungemein artig, wäre aber schwerlich ohne 
ein gewisses Menuetten - Trio in einer der> 
neuesten, IJayduschen Sinfouieen eal&tan- 
den. Das erste Trio zu No. 5. verdieut 
ebenfalls, wegen seines Pikanten und doch 
\ Ungekünstelten, Auszeichnung. Dasselbe 
ist vom ersten Trio zu No. 5. zu sagen, 
das aber mehir den Trios zu sogenannten 
! Sinfouieen - Menuetten ähnlich , und darum 
1 zum Tanze selbst nicht ganz bequem ist. 
Dies gilt auch to» No. 6. und deren erstem 
Trio; wogegen das zweyte wieder sich gut 
tanzen lässt. Die übrigen Sätze sind nicht 
hervorstechend, aber auch nicht ganz all- 
täglich. Kurz es ist ein Werkeheu, mit 
dem man meistens wohl zufrieden zu seyn, 
Uraaoh bat. Auch 'ist sein Aeusseres gefäl- 
lig, uud der Stich korrekt. 



(Hierkey dt» IntelligenzbUtt No. XIV.) 

■ ' 

Lumio, »* r «** in« ri 0 *» lir.nu 



Digitized by Google 



INTELLIGENZ - BLATT 
zur Allgemeinen Musikalischen Zeitung. 



September. 



Ni. XIV. 



1805. 



Keue Musikalien von verschiedenen Verlegtrn, 
weicht bey Br'eilkopf und Härtel zu haben tind. 



We her, Edm. , 3 QuatuorB pour a Violon» , Viol» 

et Vcellc. Op. 8. 1 Tlilr. ao Cr. 
Pödinger, F. A. , 5 Qn«t. p. a Viol. A. et Vlle. 

Op. 8. a Thlr. ia Gr. 
Mehol, Out. d'Une folie, arr. en Qoat. P- » Viol, 

Viola et Vlle. 19 Gr. 
Cherubini, Our. de LodoSaka, arr. cd Quat. p. a 

Viol. A. et Vlle. 19 Gr. 
Romberg. Andr., 3 Qu.t. p. a Viol. VI«, et Vlle. 

Op. 7. 3 Tbl 
Beet hören, L. de, Quat. du Bellet intituW: Die 

Geecköpfe de« Prometheu., arr. p. a Viol. Via et 

Vlle. Op. 9. * Thlr. 1 Gr. 
Krommer, 3 Quit. P . a Viol. A. et Vlle. Op. 53. 

a Thlr. 16 Gr, 
Hän.el, P., 3 Qoat. p. 3 Viol. Alto et Vlle. Op.10. 

a Thlr 6 Gr. 

_ _ Quint, p. a Viol. a Alt. et Vlle. Op. i3. 

, Thlr. ia Gr. 
Monh, M. G., 6 Qiwt. P. a Viol. A. et Vlle. Lir. 1. 

1 Thlr. 

Kreutacf , R., 3 Quat. p. 2 Viol. Alto et Bu». 
3 Thlr. 

jjeubauer, F., 5 Sonttine» facile* et progreMire. 

p. a Viol. Op. 11. »6 Gr. 
_ 3 Sonate» progr. p. Viol. et Alto. Op. »a. 

\ Thlr. 

.6 Duos conc. d'une dilficulte progre... p. a 

Viol. Op. »<». 2 Thlr. 
Händel, G. F. , 5 Son-U. p. a Viol, et Baue. 

x Thlr. 



Corelli, A., 6 Son. p. Viol. et flu». » TMr 
8 Gr. 

Cell, Leon, de, Variet. p. Ia Mandoline on le Viol» 
et Ia Guitarre , aar Fair : Qui doro »He Laura. 
Qp. a&. ia Gr. 

Andre-, A., a Duo. p. a Viol. Op. 37. « TMr. 
16 Gr. 

Glachanr, 3 Doos p. a Viol. Op. 1. a Thlr*. 
Kau.r, gr/Trio p. Viol. VW« et Vlle. 1 Thlr. 
6 Gr. 

Krommer, P., 6 Duo. p. a Viol. Op. 11. Per- 
tie 1. 3. i a Thlr. 

Martin, J., 3 Duo. eoncert, p. a Viol. Op. >*. 
3 Thlr. 

Pleyel, 3., 6 Duo» facile. p. a Viol. L»t. 3. 
»6 Gr. 

Lacroix, A., 3 Do©, p. a VioL Op. ai. 1 Thlr. 
ia Gr. 

Call, Leon, de, Variatioir« pour Viol. et Gaitarre. 

ia Gr. 

Viotti, J. B., 3 Duo. «on« . p. a Viol. Op. 6. 
, Lir, 3. » Thlr. 
OG ebener, J., 6 Dufte tri. faeilc. p. 3 Viol. Op. W. 
' Liv. t. 1 Thlr. 

Freubel, J. L. P. L. , 5 Duo» p. 3 Viol. Op. 5: 

x Thlr. ia Gr. 
Rode, Andante rari* p. le Viol. ar. acc. d'un »ecood 

Viol. Alt. et Vlle. 18 Gr. 
Mertini, J. , 6 peti« Duo. p. 2 Viel. Op. i3. 

1 TMr; 6 Gr. 
Cambini, 6 Duo» p. a Viol. Op. ai. 30 Gr. 
GaTinie», oVrnleie' Btade m Concerto corapoie« 

pour 1'in.trucUon Ucs eUeve» de la premiere CUue. 

18 Cr. 

JUe.trino, ' N. , Variat. p . 1. Viol. 8 Gr. 



Digitized by Google 



Motel, P., C Variar. »ar uns nurcho de 1'OpcTa : 
Aliiie, pour Violon avec accomp. d'nn Viol. »ccond. 
6 Gr. 

Wacher, P. , Pour Toi, Romonce comp.,,, et var. 
p. le Viol. t Thlr. 

Hüll er, II. F. , 8 Varia». sur Fair: Conlre le» 
ch.gr ,n. de la vie, pour le Viol. ,eul. Oj.. G. 

4 Gr. ~ - -~ 

Khym, C. , 6 Capricea p, un Viol» aeul. Op. i5. 
H Gr. 

Petite MeUode de Viol. citraile des meilleurt Autcurt. 
i Thlr. 

Zumtteeg, S. R. , Coarert p. Violoncelle. No. i. 
.Thlr. 

Romberg, B. f 3 Duo« p. a Violone. Op. g. j Thlr. 
6 Gr. 

.— — gr- Trio p. Violoncelle, Viol. et A. Op. 8. 
», Tblr. u Gr. 

T"" — r Fantaisie p. le Violoncelle principal avec 
acc. de l'Orcbetlre. Op. 10. i Thlr. 8 Gi. 

Rotondi d'Arailza, Ariette alUmande nomroee 
Eliten« Abschied, variee p. le Violone. et la! Guit. 
u Gr. 

Häusler, L. , Conc. p. Violone. ar. acc. d'orch. 
Op. 23. i Tblr. 8 Cr. 

• ■ * ■ • • • • ,.: • 

CWird ibrtgeseUt.) 



Das vierte *nd letale Heft meiner Instruktiven 
Variationen, eines neuen, wenigsten« bisher nube-» 
fcutateu Hiiir*tBi|«eU cur leichtern Erlernung des Kla- 
viortpielens and sur Selbttübung wird nun au alle 
Psäuuuieranten abgeliefert. Es enthalt vier Themata 
mit Variationen aus F, B, As, Gis, Cis , Des, Fis, 
Ge», in welchen nach meintr schon bekannten Me- 
thode die Regulu anschaulich eingekleidet sind. So 
findet man unter andern den Schneller, Anschlag, 
Mordest, die Scalen, Gique, Sarabande, Gavotte, 
das Echo , die Begleitung u. s. w. Ferner folgt der 
erklärenden Einleitung noch eine ausführliche und 
leichtfaasKche Anweisung »ur richtigen Aussprache 
der iul ienischen Wötter, und überdies is( mach ein 



masitalisches Wörterbuth, oder Erklärung der Wör* 
ler isud Hedensarten, die einem Klarierspieler zu 
wissen nöthig sind , beigefügt. Dieser mauuiciifaltig« 
Inhalt des leisten Hefts wird, wie ich holle , mei- 
nen Ki'ufern zum Abschied nicht unangenehm seje. 
Aber cb?« des Abichieds wegen finde ich es auch 
für r.üihig, die Prä'nuoieraüoitsgclder noch vor dei 
Absendung der Exemplare su erwarten.' Jedes Heft 
kostet bey mir 8 Gr. im Bachhandel iG Cr. Noch 
erwähne ich auch mit Achtung und Dank für den 
Beyfall eines zahlreichen Publikums und so tieler 
verdienstvoller «inner, dass von den vorhergehenden 
Heften wieder nene Auflagen , und zwar Tom ersten 
Hefte die dritte vermehrte und verbesserte Ausgabe, 
ui'«.h»tens erscheinen werden. Oschatz, unweit Leip- 
«g, den 19. August, >8o5. 

M. Hering. 



S u u in 



c u i q u e. 



Damit dat rnblilnm nicht etwa einen meiner 
Nahmensvettor nir den Verfasser des Wcrlgcot 
„Ueber den Verfall der Tonkunst« halten, und '/hm 
die Ehre welche jenem im 4 3len Stuck der .Ilgen», 
mtu. Zeitung (180S) wiederfährt, »uschreiben mögt 
so mache ich hiermit meinen Stand und Wohnort •ge- 
kannt. Zugleich versichere den vortrefflichen H. ? ecn- 
senlen, das», bey einer aweyten Auflage meinet Büch- 
leins, seine Reccnsion als Froaüspke erteiri- 
nen soll. ' 

Den a 3 . August 180S. 

Georg Christoph Groshtia. 
Musikdirektor zu Kirsel 



Irh ersuche die Redaltion , diesen netoeti Cros- 
heitntchen Versuch zu schreiben, ohne irgend eise 
Gegenbemerkung drucken tu lassen. 

• : Der Rccenaent. 



l"»» 1 «» ■ n t Jlninoi 1 * v d H Z a, * ■ 1. 



Digitized by Google 



ALLGEMEINE 

MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 1 8 ten September. N=. 5l. 



Erna* übtr die Musik beym Schauyitl. 



"Die Musik ist xu Agfango and «wischen 
den Akten des Schauspiel« wcl immer an- 
gewendet worden. Der niedrigste Zweck 
dieser Anwendung ist — Vielleicht war er 
nach der erste — * die Zuschauer, vor dem 
Theaterstück, aufmerksam au machen , «wi- 
aefaen den Akten, Tor Langweile au be- 
wahren. 

Daaa aber die Musik berat Schauspiel 
noch zu etwas Mebrerm , als au, blosser 
Vertreibung der Langweile dienen könne 
und solle, davon war man schon seit langer 
Zeit überzeugt, und jeder ,4 dar das Schau- 
spiel nicht seit gestern erst besucht, wird 
wissen , dass man bey Trauerspielen solche 
Tonstücke spielte, die den ernstern Empfin- 
dungen, zu denen uns die Handlung auf 
dem Theater stimmt, nicht im Wege ste- 
hen, und dats man bey Lustspielen eben- 
falls aualog verfuhr. Gewiss, es werden 
äusserst wenige Bühnen in Deutschland 
aeyn, bey welchen so unaslhetiache Musik- 
direktoren sich befinden , als der bey der 
Bühne in P • dieser üess sein Orchester 
beym Schiusa des vierte« Akts in Karl 
und Louise, frischweg ein lustiges. Rondo 
aus einer Pleyelschen Sinfonie abspielen, 
und als am Ende des llondo's , der Vorhang 
aufging, sollte der arme Karl hingerichtet 
werden — die Sturmglocke ertönte und al- 
les schwamm in Tbrancn! Wie kdhnen Sie 
Sich aber so vergreifen? fragte den Musik- 
di rektor ein er seiner Freunde nach gecudjg- 
7. J-urj. 



tem Stücke. Mein Gott, antwortete dieser, 
des Traurigen so viel hintereinander greift 
das Publikum au sehr an t da ist nun ee 
ein Rondo eine wahre Erholung. 

Sollte aber die Muaik im Schauspiel 
nichts weiter thun, als negativ nützen? 
die, durch die Handlung erregten Empfin- 
dungen bloss nicht stören? Und wMren 
dann alle Forderungen au sie erfüllt, wette 
}m dieses geleistet htttte? Könnte man nicht 
mehr von ihr verlangen? nicht fordern, 
liass sie auch positiv nützen solle? 

Ich wage es, cur Beantwortung dioter 
Frage einige Ideen au Äussern, die ich für 
nichts weniger, als neu und originell aus- 
gebe, und in Ansehung deren ich, falls sie 
schon andevwSü-U bestimmter und gründlicher 
ausgeführt seyo sollten, mich gern des Vater« 
rechts hegeben will, da meine Helescnheit 
im dramaturgischen und musikalisch - ästhe- 
tischen Fache nicht eben gross ist. 

Die Musik beym Schauspiel soll aller, 
diugs mehr als negativ, sie soll positiv 
nützen : sie soll also den durch die Hand- 
lung in der Seele des Zuschauers aufgereg- 
ten Gefühlen und Empfindungen nicht nur 
nicht im Wege stehen, sondern soll sie 
obendrein wirklich ^efdrdera, und die 
durch den Fortgan^Ver Handlung zu erre- 
genden Empfindungen* vor bereiten. Ge- 
setz der arste Akt eines Stücks schlösse 
mit einer Seene, die in der Sesle des Schau- 
spielers gänaliche Hoffnungslosigkeit 
anzeigte und in dem Zuschauer die Empfin- 
dung de# tiefsten Mitleids mit der Lage 
,des Unglücklich*« erregte ; der folgende 

5i 



Digitized by Google 



So] 



1805. September. 



808 



Akt aber finge mit einem Aufteile an, der 
dem Schicksale des Unglücklichen mit einem 
Male eine gans andere Richtung giebt, ihn 
mit Ruhe und Trost erfüllt, und in der 
Seele des Zuschauers die lebhafteste Freude 
darüber hervorbringt — so müsste die Mu- 
sik zwischen diesen Akten nothwendig nicht 
von einerley, sondern von sweyerley 
Charakter seynj aie müsste natürlich, viel- 
leicht mit einem schwerraüthigen Adagio 
oder Largo anfangen, wodurch sie sich an 
das Ende des vorhergehenden Akts anschlös- 
se, und allraählig, vielleicht in ein Allegro 
moderato übergehen*, wodurch die schönste 
Verbindung mit dem folgenden Akte bewerk- 
stelligt werden würde. 

Freylich würde da au von Seiten des" Mu- 
sikdirektors eine fast eben so grosse Einsicht 
in den Geist des Schauspiels erfordert, als 
aie der Komponist einer Oper besitzen muss 1 
aber ich glaube, bey dem jetzigen Fort- 
achreiten der Musik diesen Fall doch wol 
nicht nnler die seltnen rechnen in dürfen. 
Es würde allerdings nöthig aeyn, dass sich 
der Musikdirektor mit dem Theaterstücke 
vorher bekannt machte nnd sich nicht nur 
im Allgemeinen darum bekümmerte, ob man 
heute, ein Trauer- oder ein Lustspiel auf- 
führen werde. 

Es würde von nicht geringem Nutzen 
aeyn, auch seine hinlänglichen Abnehmer 
finden, wenn ein der Sache gewachsener 
Mann, der mit einer grossen Geschicklich- 
keit in der Komposition eine nicht gemeine 
Einsicht in deo ästhetischen Theil der Mu- 
sik verbünde — wenn ein solcher, sage ich, 
(vor der Hand nur Ä^die gangbarsten und 
ausgezeichnetsten Schauspiele) eine Samm- 
lung von Tonstücken koroponiren wollte, 
die eigends für die Unterstützung der Wir- 
lungen des Theaters berechnet wMre. Es 
könnten sich auch zwey Männer zu diesem 
Unternehmen verbinden; einer, der den 
Gang des Stücks und der dadurch bewirkten 
Empfindungen untersuchte und darstellte, 



nnd ein anderer, der nun nach den Finger- 
zeigen Jenes Tonstücke von bestimmtem 
Charakter setzte. 

Warum wenden wir denn zwischen den 
Akten .nicht auch die Vokalmusik au ? 
Sie gehört freylich zunächst nur in die 
Oper, aber der Eindruck des Drama** wür- 
de doch auch in vielen Fällen unendlich 
dadurch gewinnen. Dass Text und Kompo- 
sition dem Geiste des Ganzen angemessen 
seyn müssten, versieht sich von selbst. 
Ich erinnere mich noch immer mit innigem 
Vergnügen einer Ausführung der Jäger von 
iffland, bey welcher unter anderm, nach 
Endigung des dritten oder vierten Akts (ich 
weiss es nicht mehr genau ) die liebliche 
Melodie des Liedchens : Warum sind der 
Thränen etc. zwar nicht gesungen, aber von 
einer Klarinette , mit Begleitung der übri- 
gen Instrumente, geblasen wurde. Der 
Eindruck, den es auf das ganze Auditorium 
machte, war wirklich unbeschreiblich, und 
gewiss halte der Umstand, dass es sich so 
herrlich an die Gemüthsslimmung der Zu- 
hörer anschmiegte, nicht wenigem, wo nicht 
noch grössern Antheil daran, als die Neu- 
heit oder Seltenheit des Einfalls. Und von 
einer lieblichen Stimme gesungen, müsste 
jenes Liedchen unfehlbar einen noch vollen- 
detem Eindruck gemacht haben. Um je- 
doch den Eindruck nicht au schwächen, 
müsste jene Sitte nicht zu oft angewendet 
werden. 

Nun noch Eins. Gewiss hat jeder 
Schauspielbesucher, der, um bequemen Platz 
zu bekommen, genölhigt war bey Zeiten 
hineinzugehen, das Lästige des stundenlan- 
gen Dortsitzens empfunden, ehe das Schau- 
spiel anfängt:- Ich kenne sogar mehrere 
Personen, die das Schauspiel, gerade utu 
jenes Umstände* willen, weit seltner besuchen, 
als es ausserdem geschehen würde. Könnte 
nicht dfesem Uebci dnreh ein kleines Kon- 
zert abgeholfen werden , da» in der Stnude 
vor dem Anfange des Schauspiels angesleii: 



Digitized by Google 



809 

würde? Natürlich müsste es dem Schau- 
spiele angemessen seyn, and sich in der 
Folge ap dasselbe anscbljessen ! Die Vor- 
theile einer solchen Einrichtung sind wirk* 
lieh grösser , als man vielleicht glaubt. 
Manches miltelmessige Theaterstück würde, 
durch die vorhergegangne Musik unterstützt, 
einen günstigem Eindruck machen) als ohne 
sie. Dos Publikum wäre (durch die Musik 
herbeygelockt) tu Anfange des Schauspiels 
hübsch versammelt, und das, leider! so ge- 
wöhnliche Schicksal der ersten See Den , durch 
Thürenzumacheu, Schlösse* knarren , Sluhl- 
rücken etc., vernichtet zu werden, dürfte 
dann wol seine Endschaft erreichen. 

Wer Augen hat su sehen nnd Ohren zu 
hören , der — sehe und höre ! 

Dresden. 

G. K. Tolev. 

■ ■- , 
Nachrichtbs. 



Berlin, den 6ten September. Auch 
diesmal wird mein ßericht von den musi- 
kalischen Exbibilionen unsrer Königsstadt 
nur sehr mager seyn. Kein Konzert, keine 
neue Oper war im vergangenen Monat. 
Nur fremde Schauspiele* debütirten im Na- 
tionaltheater, nicht immer zur Erbauung der 
Zuschauer. Am Sisten July spielte Herr 
Ehlers seine sechste und letzte Gastrolle in 
der Oper Lilla. Sein guter Gesang und 
sein lebhaftes Spiel wurden vom Publikum 
mit eben dem Beyfall aufgenommen, als 
man jüngst seine Missgriffe als Orest tadel- 
te. — Den i7ten August trat Hr. Herbst, 
>litglied des Breslauer Theaters, in dem 
Sing»piei : Je toller je besser, als Franz 
auf* Seine Stimme ist stark, aber unange- 
nehm; in seinem Spiel hielt er ziemlich den 
Charakter. — Den aösten August trat Hr. 
Gehlhaar, auch Vom Breslauer Theater, als 



Sio 

Axur , den 7os(en als Mafferu im unter- 
biocbnen Opferfest, und den aten Septem- 
ber als Tita auf; Er hat eben so wenig 
im Singspiel, als seine Gattin, die nur ein 
einziges Mal auftrat, in der Johanna von 
Monlfaucon , gefallen. — Einen desto grös- 
sern Genuss gewährte uns Dem. Jagemann 
vom Wey manschen Theater, die den Sotten 
August in dem unterbrochenen Opferfest als 
Myrha auftrat. Ich behalte mir vor, von 
ihrem trefflichen Spiel, und — zwar etwas 
schwachen, auch nicht immer ganz reinen, 
doch ausdrucksvollen Gesang, in meinem 
nächsten Briefe Ihnen mehr zu schreiben, 
da wir sie auch in andern Aollen sehen 
werden. 

Den 4ten dieses ward der von Göthe 
neu bearbeitete Götz von Berlichingen gege- 
ben. Die Eingangsstnfonieen , der Hoch- 
zeitgesang der Reisigen und Hausgenossen 
des Götz, und das nette Liedchen Georgs, 
seines Knappen , das Dem. Mebus leicht 
und lieblich sang, verdankten wir wieder 
unserm schätzbaren Musikdirektor Seidel. 

Die zum nächsten Karneval bestimmten 
Opern sind: AchitJe von Paer und G ine vre 
di Scozia von Mayr» denn der dazu enga- 
girte Tenorist, der Kurpfalzbayrische Sänger 
Brizzi , hatte diese Opern bestimmt« 



Wien, den gten September. In der 
Musik geschieht jetzt wenig von Bedeutung. 
Für die Augartenkonzerte hat sich noch ein 
Abonnement gesammelt. Dort ist das Aue- 
gezeichnetste, ein Knabe, Namens Pehat- 
echeck, der ein äusserst vorzüglicher Vio- 
linspieler zu werden verspricht Er trug 
ein Konzert mit einer solchen Leichtigkeit, 
Reinheit, und zugleich für sein Alter von* 
10 bis n Jahren so bedeutend vor, dass er 
allgemeinen Beyfall fand , und grosse Er- 
wartungen erregte. Sein Vater ist als Kom- 
ponist der beliebtesten Menuetten und Länd- 



I805. September. 



Digitized by Google 



8u 



1805. September* 



812 



Ter bey allen hiesigen Tanzlustigen* sehr 
vortheilhaft bekannt. — Ein Hr. Mölzel 
spielte ein Dussecksches Pianofortekonzert, 
aber die Komposition und Ausfiilirung miss- 
fielen in gleichem Grade. Mölzel hat bey 
Weitem nicht Sicherheit genug , besonders 
misslingen ihm die Passagen im Basse nicht 
selten auf eine recht arge Weise. Hr. Sie- 
ber, ein Dilettant, spielte das Violinkonzert 
seines* Meisters, Hrn. Klement, aus Uj aber 
dieses schwierige Stück war offenbar über 
seine Kräfte, auch sah man viel Aeugstlich- 
keit an ihm. Fleiss und Ausdauer, und da- 
bey Gewohnheit, öffentlich zu spielen, kön- 
nen ihm vielleicht einst einen ehrenvollen 
Platz unter unsern vorzüglichem Violinspie- 
lern erwerben. 

Die Aufmerksamkeit des ganzen musi- 
kalischen Publikums ist jetzt auf Cherubim 
gerichtet. Dieser beschäftigt sich fürs erste 
bloss damit, seine frühern Arbeiten zu ver- 
bessern; und so wenig sie dieses zu bedür- 
fen scheinen, so vieles werden sie doch 
wahrscheinlich dadurch gewinnen r denn das 
Wahre Genie arbeitet nach seinem Ideale, 
es ist daher auch grösstenteils sein eigner, 
schärfster nnd richtigster Kritiker, Bis jetzt 
hat Cherubim zur Lodoiska einige neue 
Zwischenakte verfertigt, die sehr schön, nur 
vielleicht etwas zu lang sind. Ehen so 
Verhält es sich mit einer neu ein gelegten sehr 
brillanten Arie für Mad. Catnpi. Eine neue 
Arie für Hrn. Mendl, einen äusserst uiil- 
teimässigen Tenoristen , hat schöne Stellen, 
nur fällt es auf, dass der Komponist zum 
Recitative,' wo die Seele des Singenden noch 
zweifelt, kämpft, furchtet, das helle C dm' 
gewählt hat, uud dann irn Allegro, Wo das 
Gemüth sich endlich zum freyeu, mulhigen 
Entschlüsse aufschwingt, ins trübe C moll 
übergeht. " Aber ein so denkender und ge- 
nialer Künstler, wie Cherubim, mag auch 
«azu seine -eignen .Ursachen gehabt haben. 

Auch in diu deux jouVnees (Wassert rä- 
ger) haf Cherubim die Ouvertüre etwas 



verändert, und mehrere neue Musikslücke 
eingelegt. Das schönste davon, uud von ei- 
nem herrlichen Effekte, ist ein Quartelt vom 
Chore begleitet im zweyten Akte, wo die 
Soldaten Micheli's angebliche Tochter (die 
Gräfin) mit Gewalt in die Wachstube schlep- 
pen wollen. « — ■ Cherubini wurde, wie je— 
dedmul, mit allgemeinem Bey fall empfangen 
und entlassen. • ' 



U s c x 1? s j o N. 



Mtlodieen zu den im Bisthum* IVirzburg neu 
eingeführten Kirchenliedern.' Mit hochfürst- 
Uchem gnädigstem Privilegium, Wir 2 bürg, 
bey Sartorius. (Pr. ungebunden 55 Xr.) 

Es ist in mehrern öffentlichen Blättern 
kurze, und in dem von Ilm. Andres heraus» 
gegebenen Archiv ihr Kirchen ~f und Schul- 
wesen (Jahrg. iGo4.) ausführlichere Nach« 
licht von den Bemühungen gegeben worden, 
womit sich Geistliche und Scbüllchrer um 
die Einführung des neuen wlrzburgischeit 
Gesangbuchs verdient gemacht hoben. Jeden 
Freuud der Religion and alles Guten muss 
es freuen', wenn er erfährt, dass man wie- 
der in einem Land\ nicht nur auf das Be- 
dürfnis* besserer und zweck massigerer Kir- 
chenlieder aufmerksam wird, sondern auch, 
wie hier, thätig Hand an's Werk legt; je- 
den Freund der Religion und alles Galen 
muss es aber auch schmerzen', wenn er 
siehet, dass dem' guten Willen der Regie- 
rung und der wohlgemeynlen Thätigkeil der 
Theilnehtnenden nicht wirklich mit etwas 
vorzüglich Gutem entgegengekommen wird. 
Je Schwieriger eine solche Veränderung ist; 
je Juehr Vorurtheile 'beyra Volke erst dar* 
niedergekämpft werden müssen ; je fester 
und länger das, was denn endlich eingeführt 
worden , zu stehen , je mehr es nun 



Digitized by Google 



8i3 



1805. September. 



814 



bedeutendem Einflnss auf den Sinn uud 
Geüt der gansen Nation, besonders des un- 
tern uud mildern Staude«, zu seyn pflegt: 
je sorgsamer sollte mau in der Wahl des 
Neuern vor dessen Autorisirung und Ein- 
führung seyn; je williger sich deshalb an 
Marmci- wenden , die wirklich der Sache 
ganz gewachsen wären; je eifriger sollten 
diese ihre Kräfte den guten Absichten der 
Regierung darbieten. 

Oie hier angezeigten Molodieen zu 
dem neuen wirzburgischen Gesangbuche 
(von den Liedern selbst soll hier die Rede 
nicht seyn) erfüllen nun durchaus — nicht 
nur nicht die strengem, sondern auch nicht 
die nachsichtigsten Forderungen, die theils 
der Künstler, theils der gebildete Mensch, 
theils der gesittete Theiluehmer am öffentli- 
chen Gottesdienst an solch eine Sammlung 
zu machen berechtiget ist. Dies Urtheil scheint 
hart; man lerne; aber die Sammlung selbst 
kennen, und man wird kein anderes fallen 
können — vorausgesetzt, man ist überhaupt 
über diesen Gegenstand stimmfähig. Viele 
dieser Melodie«» siud, in Ab.icbl auf den 
Geist, dem einfachen, andächtigen, erhabe- 
nen , feyei liehen , nur mit Würde frohen, 
und kräftigen Charakter des ächten Chorals 
ganz entgegen; die meisten von allen den 
116, die hier geliefert worden, sind, in Ab- 
sicht auf künstlerische Behandlung, voll von 



den gröbsten Fehlem ; nicht wenige ma- 
chen , in Absicht auf Rhetorik , (Behandlung 
des Textes, den Worten nach,) unverzeih- 
liche Verstösse. Zu alle diesem sollen aus 
der Menge von Beweisen, die gegeben wer- 
den könnten, nnr wenige, aber vollkommen 
genügende, ausgehoben werden. Ich will 
nur gleich von vorn, auf den ersten Seiten 
des Buchs, anfangen! 

Viele der Melodieen stehen in triplirten 
Taktarten — im J, £ , ja gar viele sogar 
im £ Takt, der sich, wie jedermann weiss, 
sehr gat zum hüpfenden Rondo, aber gar 
nicht zum Choral schickt. Gleich der erste 
Choral: Hier liegt, vor deiner Majestät — 
stehet im \ Takt: daraus entstehen, ausser 
dem verfehlten Sinn, der, wie beym Choral 
überhaupt, so hey diesem ganz besonders, 
den C~takl verlaugt — die zweckwidrigsten 
Sylbeudehmtngcn und die schlimmste Be- 
handlung des Metrums. Der Verl", hätte 
um- die eiste Sylbe im Auftakte (in Arsi) 
nehmen sollen, wo dann jene Verstoss« 
vermieden woideu wären. No. 2., Gott soll 
gcpiiessu werden, hat zwey Melodieen, [de- 
ren zweyle in jedem Betracht so ' vollkom- 
men als Muster dienen ' kann , wie Choräle 
nicht komponirt werden müssen , dasa ich 
nicht umhin kann, sie ganz hierher Iza 
setzen. 









0 




^s^-f-j-g-f r » . 1 


Gott soU gepriesen 


i l 




deit i ha 


— *- 

♦» 


Et - den ,rz.t «od in E.wif> 
' r . , , 
















keit. l.ob.Kuhmundl'reijund Eh - re sei der Drti-eunig - keit ! die g*n-MW*U ver 




Digitized by Google 



8*5 



I80j. September, 



816 




t dei ne Herrlich. keit. 
\ ' t 



Klingt das nicht— diu Schulschhitzer jetzt 
noch nicht erwähnt — als ob Gottes < rösse 
durch triviale Tanzmusik in den Kirchen 
verherrlicht werden solle? denn kanu nicht 
jedermann nach dieser Musik walzen? Oder 
kennet der Verfasser keine andere Weise, 
Freudigkeit auszudrücken, und nimmt mit- 
hin auch beym Ausdruck frommer, religiö- 
ser Freudigkeit seine Zuflucht hierher? Auf 
ähnliche Art könnten auch die Melodieen, 
No. 5, 9, 17, 5i etc. zum Tanze verwen- 
det werden J da andere, z. B. No. 5o, 54, 35, 
5o, 73 elc ganz den Zuschnitt von gemei- 
nen, trivialen Volke- und Liebesliedern ha- 
ben.» Vielleicht glaubte der Komponist, der 
Kraftlosigkeit und Armuth «einer Musik mit 
durchgehenden Noten, Vorschlägen, melia- 
matischen Figuren u. dgl., wovon er fast 
überall so vieles angebracht hat, aufzuhel- 
fen? Wenn ihn auch nicht ein richtigeres 
Gefühl gelehrt hätte, dass dies alles hier- 
her gar nicht gehört : so hätte er doch 
wol, ehe er aich au seine Arbeit machte, 
wenigstens die all er bekanntesten Schriftstel- 
ler über seinen Gegenstand nachlesen und 
sich von ihnen belehren lassen sollen ! Er 
würde da, z. B. schon bey Sulzer, Artikel 
Choral, gefunden haben: 

Vornämlich tnuss man sich vor raelis- 
matischen Anszierungen und Läufen 
hüten, womit ungeschickte Organisten 
dein Choralgesange aufzuhelfen glauben, 
da sie ihn doch dadurch gänzlich ver- 



Und wenn das den Organisten als Pflicht 
vorzuhalten ist, wie vielmehr den Kompo- 
nisten ? Sind die Schnörkel Erfindung von 



jenem, dem ungeschickten: so wird ihn der 
geschickte nicht nachahmen; sind sie aber 
durch den Komponisten vorgeschrieben — 
werden sie dann vom Organisten umgangen 
werden, und überall, auch vom geschickte- 
sten, umgongen werden können? 

Obiges Beyspiel zeigt zugleich, dass der 
Verfasser beyrn Gange (Flusse) seiner Me- 
lodieen , auf unmusikalische Gemeinden, die 
sie denn doch singen sollen, gar nicht Rück« 
sieht genommen hat; und man findet auch 
durch dss ganze Buch Sprünge von 6ten, 
7inen, b*ven, ja sogar von umen, ismea! 
Wenn diese von einer zahlreichen, gemischten» 
für Musik nicht gebildeten Gesellschaft — 
nicht herausgeschrieen, sondern gesungen, und 
rein und anständig gesungen werden kön- 
nen : so hat sich die Welt des Gesanges 
umgekehrt; denn man weiss ja, dass dies 
die Sache gar mancher , nicht gens unge- 
übter Sänger von Profession eben nicht ist. 
In diesem Betracht sey es mir auch erlaubt, 
meine Zweifel bey der Behauptung des oben 
angeführten Archivs (1 Bd., Stes Stück, 
Intelligenzbl. S. 1.) zu äussern, wo es heisst, 
alle diese Gesänge wären , bis auf das To 
Deum, von einer ziemlichen Menge abge- 
sungen worden, und zwar getren naeh den 
Noten, ohne alle Fehler — diejenigen, setz' 
ich hinzu, denn doch abgerechnet, dir; 
wie ich hier beweise, im Buche selbst 



Eine neue — Eigenheit dieser Choräle 
sind die vielen Pausen aller Art — ganze, 
halbe, Viertel-, sogar Achtel- Pausen j die 
punktirten Noten , und die übermässigen 
oder verminderten Intervallen — ( z. B, 
No. 93.) 



Di« häufigen Rosalien — was die etwms 
derbe Konversationssprache der Musiker 



Digitized by Google 



8i7 



1805. September. 



818 



Scbusterflecken nennet — «ollen, cur Scho- 
nung de« Raums, nur genannt, nicht weiter 
nachgewiesen werden. AI« Seltenheit in 
jenem, und noch «o manchem andern Be- 
tracht, siehe aber noch diese Zeile aus der 
io5len Molodie hier: 




»reut 



\Ot u. I. W. 



wo also die christliche Gemeinde nach: war 
ich, und nach: im Dienet — einstweilen 
au pa usueii «o geneigt aeyn wird! 

In Absicht auf Harmonie und Kunst der 
Begleitung alle Fehler, oder auch nur alle 
Gattungen derselben mit einigen Belegeu , 
anzuführen, wäre Zcitver«chwendung ; e« ha- 
be also «ein Bewenden mit der Bemerkung 
mehrerer der auffallendsten, sogenannten 
Schulschnitzer, und aey zuvor nur noch er- 
wähnt, da«« die Bezeichnung de« General- 
basse« oft unrichtig, vornamlich aber achwer 
cu übersehen ist, weil die Signaturen bald 
über, bald unter, bald im Systeme der 
Bissnoten selbst, au suchen «ind. Wir ge- 
hen nur eine kleine Reihe, eud wieder nnr 
ron vorne herein, durch: No. i. Syst. 5, 4, 
Takt iG, 17, stehen offenbare Quinten; 
No. a. Seile 2, Takt i3, »4, Oktaven in 
der Gegenbewegung; No. 2. S. 3. T. 5 , 6, 
offenbare Oktaven; No. 4. T. 18, reine 
Quinten; No. 6, Seite 3, Takt 1, offen- 
bare reine Quinten, und Takt 5. wieder 
reine Quinten; No. 7. T. 1, 2, «fehl fol- 
ge «der Satz: 




Für diese Folge von vier unmittelbar auf 
einander folgenden Quinten hat die musika- 
lische Terminologie noch keine Benennung. 
No. 7« Takt 9, tritt die Septime unvorbe- 
reitet ein. No. 8. Takt 4, 9, 11, «lehen 
Oktaven. No. 20. Takt 1, offenbare Okta- 
ven. No. 23. Takt 3. offenbare Oktaven — 
Doch . hoffentlich schon langst genug; und 
nur noch, im Vorübergehen, ein einzige« 
Beyspicl , das« der Verfasser auch malen 
kaun in «einen Chorälen. No. 96. ist da« 



Lied^: 



O Je«n, wahrer Frömmigkeit 
Vollkommenste« Exempel: 
Herz, dem Vater 



weiht etc. 

Wa* Itsst «ich da besser« thnn, als da« 
ganz geweiht auch durch ganze Takt- 
Noten darzustellen? So hat es aber auch 
un«er Komponist gemacht 1 



dorn V«. t*r ganz ge - weiht a. >. w. 

Unharmonische Queerstilnde, unrichtige Vor« 
bereitungen und Auflösungen der Dissonan- 
zen und dergl. sollen unerwähnt bleiben, 
«ondern nur noch bemerkt werden, das« 
sich der Ba«« meisten« nur in der jedesma- 
ligen Tonika und Dominante hernmbewegt, 
woran« die ermattendste Monotonie entstehen 
muss. Uebrigeus stehen die Choräle «ammt- 
licb nnr im Diskant und Bas«, wodurch 
eine reine, viersiimmige Begleitung vielen 
OiganiMan erschwert werden würde, wenn 
diese nicht durch die Fehlerhaftigkeit des 



Digitized by Google 



8^9 



1805. September. 



Basses und der Signaturen selbst, auch dem 
geschicktesten , ohnehin schon unmöglich ge- 
macht wüte. 

Hütte der Verfasser doch , statt solcher 
Choräle , lieber eine Sammlung Mu.rk.is 
herausgegeben ! Ich hielt es für Pflicht, 
diejenigen, die hier ein durchgreifendes 
Wort su sprechen haben, auf die Beschaf- 
fenheit des Werks aufmerksam zu mache u 
i— deön ich ehre die öffentlichen Anstallen 
für Religion und Gottes Verehrung, und ehre 
auch die Kunst, und weiss, wie viel die 
einen durch die andere, so wie diese durch 
jene, gewinnen köunen. Sollte der Kom- 
ponist mit dieser meiner Anzeige seines 
Werks unzufrieden seyu, so stehe ich ihm 
mit einem noch weil reichhaltigem Ver- 
zeichnis» seiner Fehler au Dienste. Ich 
kenne ihn nicht, will ihn auch nicht kennen 
lernen: mich gehet nicht die Person, son- 
dern die gute Sache an ; und um diese <u 
fördern, gehört auch dazu, dass man auf 
die schlechte Sache aufmerksam mache. 



besonders wenn sie leicht für die 
no turnen werden könnte! — 



gute ge- 



Kottz AmitcE. 



Stchs IJedtr mit Begleitung des Klaviers oder 
der Gtätarre, seinem Freund« J. D. Lang 
gewidmet von J. Aman. JSSIts Wtrk. 
Ottenbach, bey Joh. Andre. (Pr. 1 Fl. 
5o Xr.) 

Hat Hr. Amon diese Lieder komponirt 
und auch gedichtet? Fast scheint es so: 
•ie sind nicht bekaunt und kein Dichter ist 
angegeben. Verse und Musik sind nicht 



820 

* 

übel, aber auch wirbt ausgezeichnet, am 
wenigsten durch Originalität. Der Dichter 
scheint Höltjr, der Musiker violleicht Ster- 
kel zunächst vor Augen gehabt au haben. 
Die Melodieen sind fliessend und au den 
Texten passend, doch meistens etwas ver- 
braucht; die Harmonie ist, besonders wol 
der Guitarre wegen, sehr beschränkt, wes- 
halb, sich auch die Lieder besser mit dieser, 
als mit Klavierbegleitung ausnehmen, und 
die Worte der Texte sind ziemlich richtig 
behandelt. 



A K E 



* n O T B. 



Jedermann weiss, dass in dem so sehr 
— frommen London des Sunnlags Leine 
Art öffentlicher Vergnügungen, keine Schau- 
spiele, Konzerte und dergl. seyn dürfen; 
jedermann weiss auch, dass man dort, durch 
Zurücken der Stunden, des Abends za 
Mittag, «m Mitternacht au Abend speiset. 
Es ist {est gewöhnlicher, als sonst, bey 
freundschaillicheu Abcndxii kelu Meine Kon- 
zerte zu geben, und man halte den Sonntag 
nicht ausnehmen au müssen geglaubt. Da 
erschien eine geistliche Ermahnung des Erkv- 
biscboܫ, mit Musik nicht den Tag de* 
Herrn au entweihen — doch war aie rechl 
höflich abgefasst; man erklärte sich dagegen 
eben so höflich, es solle dies künftig nicht 
geschehen, und au dem Ende würden diese 
Konzerle etwa eine Stunde später angefan- 
gen werden, weil alsdann — der Tag des 
Herrn vorüber wäre. 



— 



LxtrSIO, »ET BKBITKOrr III tl».TEt. 



Digitized by Google 



ALLGEMEINE 

MUSIKALISCHE ZEITUNG. 

KnT 

Den 25 ten September. N=. C)2. 1805, 



Recensiqxen. 



U Steh* Canzonttttn, ein Duttt, ein Terzttf, 
und ein Quartett, (italienisch und deutsch) 
mit Begleitung des Piano/orte t von P. Win- 
ter, Kurpfalzbayrischem Kapellmeister. Op. i?. 
(Pr. 16 Gr.) 

9. Neun Canzonetttn, (ital. und deutsch') mit 
Begleitut% des Pianoforte, von P. Winter — 
Op. 16. (Pr. 1 Thlr.) 

5. Brey Cantatinen, (ital. und deutsch) mit Be- 
gleitung du Pianoforte, von P. Winter — 
Op. r5. (Pr. 1 Thlr.) 

Sämmtlich schön gedruckt, bey Breilkopf 
und Härtel in Leipzig. 

Der berühmte Verfasser schrieb diese klei- 
nen Gesäuge säniintlich, oder doch grössten- 
teils, während seines Aufenthalts in Paris 
nnd London vor einigen Jahren. Sie ver- 
dienten allerdings gesammlet tu werden; 
nnd wenn sie, wie das ohnehin kaum an« 
üers seyn kann, von sehr verschiedenem 
[Werthe sind , so finden sich doch mehrere 
ganz vorzügliche Stücke darunter, und kei- 
nes, dessen sich dieser treffliche Künstler 
geradezu zu schämen hätte. Dass sich diese 
Gesänge meistens durch richtigen Ausdruck, 
Grazie, fliessende, gefällige Melodie, ein- 
fache , aber nicht gemeine Begleitung aus- 
zeichnen, erwartet man von Winter, dessen 
Schreibart aus seinen frühe», mit Recht so 
beliebten Werken bekannt ist, auch ohne 
nn sre Versi cherung. Damit die Leser dieser 
7. Jahrs. 



Zeitung auch erfahren, was sie im Einzel- 
nen hier zu erwarten haben, wollen wir die 
Werkchen stückweise kurz durchgehen. Eino 
Hauptrücksicht verdient da bey der deut- 
sche Text, der nicht eigentlich Übersetzung, 
öfters auch nicht einmal Benutzung des 
Italienischen ist, sondern offenbar von einem 
ausgezeichneten Dichter, der zugleich Ken- 
ner der Tonkunst und erfahrner Sänger ist, 
herrührt, und welcher aus Liebe sich mit 
diesen artigen Kleinigkeiten beschäftigt zu 
haben scheint, -so dass öfters (besonders in 
No. 2.) etwas weit bedeutenderes aus dem 
deutschen Gedicht geworden, als das Origi- 
nal ist. Nur wo jene bekannte verliebte 
Plauderey und Galanterie im Italienischen 
spricht, bleibt auch dieser Deutsche, wie fast 
alle, besonders wenn man die Worte sin et, 
zurück. 

1. Die erste nnd zweyle Kanzonctte sind 
artig, doch nicht ausgezeichnet; die dritte ist 
unbeträchtlich, die vierte aber vortrefflich, 
und, ohne im geringsten überladen zu seyn 
oder sonst gegen die Gattung zu Verstössen, 
kunstreich und sehr anziehend ausgeführt. 
(In dem schönen und auch vollkommen an- 
gepnssten deutschen Texte, ist S. 5. wol zu - 
lesen : Düstere Schatten stummer Nächte, 
seyd willkommen!) Gegen diese fallen die 
fünfte und sechste Kanzonette in der Musik 
beträchtlich ab; das kleine Duett ist aber 
wieder sehr niedlich und fein, das Trio 
ziemlich angenehm und das Quartelt et- 
was oberflächlich , doch nicht unange- 
nehm zu hören. — Weit höher stehet, 

5a 



Digitized by Google 



8*3 



1805. September. 



824 



und weit mehr ist in jedem Betracht auszu- 
zeichnen 

2. die Sammlung] der neun Kanzonet- 
len, unter denen nur einige nicht eben vor* 
zügliche sind. Gleich die erste ist ein 
wirklich ailaaea, und die sanfte Fröhlichkeit 
und tändelnde Verliebtheit gleichsam leben- 
dig hinstellendes Dosenstiick ; die zweyle ist 
nicht ausgezeichnet J die dritte ist mehr ein 

Andantt. 



eigentliches deutsches Lied, denn eine ita- 
lienische Kanzonette , aber als solches sehr 
schön, und wirklich, wie nur ein Meisler 
schreiben kann. Da es zugleich das kürze- 
ste unter allen Stücken ist, können wir uns 
nicht enthalten, es ganz zu geben, als Pro- 
be von Musik und Text. Vom letzten las- 
sen wir jedoch, den Raum zu schonen, nur 
den deutschen ganz abdrucken: der italieni- 
sche hat mehr Strophen, als dieser. 









" f-B— "*r • -»T- •-- © ** 1 








p r * 1 r— * ir-' i « 

Af-fa-m - 10 mie ptn-titr, dim-mi 
Dürft ein Ml - ie§ Wortehen nur ich von 

^u] |i n,i ,frf n-ir^rn 


^1 " a — '■ 






^S.- ijt ^ö . L-|S '■ V 1 











pa - er um toi mo - tuen - to , 

ih- rem Mund'er.Ua-ichen i dUrft'ich lul-gen ih-rer 



Im tom-tigC il gim-tlo i 0 vtr , rqut-sto eil ittio tor-mtm-to . mm tni 

Spur: nicht mit Gittern wollt* ich t.iuichen ! Ach voll 



5 UV S^^gfe ^^^S ^^r^^l 




dir, iTnbban- dt - rar, cht ml tlrmg - gt dt dt - slr. Ma con-ti - giia-mia imo-rir t i-.Un- 

heis-jfr Sehnsucht jchl.'igt ihr mein treues Her/, be - wegt 1 doch ge-heim, in tie - fer Kruft, glüht il>e 



31 



hst. 



i 



tiir Ii sin 

un go - ftiJI 



/9. 

te Luft. 



?55 



3S 



J J. 



Google 



825 

a. Dürft' ich einmal, einmal nur 
Ihres Auge* Lächeln sehen; 
Dürft« ich auf der Roseoflur, 
Leiser Zephyr, tie umwehen! 
Ach »dl heisser Sehnsucht schläft ete. 

3. Dürft* ich mit der Saiten Klang 
Einmal, was ich fuhlo, nennen, 
Und im schmelzenden Gesang 
Meinen stillen Schmerz bekennen! 
Ach voll heisser Sehoiucht schlägt etc. 

Sollten manche die«« Musik denn doch 
ein wenig zu künstlich finden, so müssen 
wir hinzusetzen, das« die» bey den übrigen 
Stücken nicht der- Fall seyn würde. Die 
• vierte Kanzonette ist «ehr niedlich, doch 
weniger originell, all die vorige, und der^ 
an »ich wieder «ehr gute deutsche Text 
denn doch hier etwa« au ernsthaft genom- 
men; die fünfte ist ein gelungene« Seiten- 
stürk zur vierten ; die sechste ist nicht 
übel, lässt aber nach folgendem Ritornell 
mehr erwarten : 



Andantt. 




Die siebente ist ein artiges, kleines Rondo, 
wo der deutsche Dichter dio Hauptideen des 
Märchens von Louise Brachmann im ersten 
Heft des Journals deutscher Frauen aufge- 
nommen und sehr gut — für eine Unterle- 
gung unter schon fertige Musik, ganz aus- 
gezeichnet schön, doch aber für diese Mu- 
sik auch fast all zu bedeutsam ausgeführt hat. 
Man höre ihn selbst t 



826 

1. Sagt, wo iat daa Glück, zu finden 
Und de» Lebens höchstes Looa ? 
Wohnt es in der Erda Gründen?, 
Birgt es der verborgne Schoos? 
Trüglich ist der Glans der Erdt, 
Und sie salbst des Lebens Grab: 
Nur die Müh' und dio Beschwerde 
Ringt der Mensch dem Ird'schen ab! 

s. Wohnt es in den blaaen Wogen, 
In des Meeres tiefem Schlund ? 
Strömt es von dem Himmelskogea 
Nieder auf der Erde Grund? 
In den Wassern herrscht das Grauen j 
Feindlich ist das tiefe Meer : 
Nkht den Wolken darfst du trauen, 
Flattern wechselnd hin und her! 

3. Aber in de» Feuers Flammen, 
Zahmst du die gewalt'ge Gluth, 
Wohnen Lieb* und Licht beysammea 
Und der freye Lebensmuth l 
Ehrt des Feuers heil'ge Spuren! 
Feuer nährt die Iiimmelskraft, 
Dio im Kreise der Naturen 
Alles halt und alles schafft 1 

Da« ist freylich dem ehraamen Italiener 
mit seinem ewigen : Vienni amore etc. in 
seinem Leben nicht beygekommen ! Di« 
achte Kanzonnelte ist nicht übel, und die 
neunte mehr dem dramatischen, in der Aus- 
führung , «ich nähernd, und als solche« 
Stück — - wenn nicht ausgezeichnet, doch 
gewiss interessant. 

5. Die drey kleinen Kantaten endlich 
sind ein sehr schätzbares Geschenk an alle, 
die einfachen, ausdrucksvollen, graziösen, 
aber auch schon kunstmässigern Gesang lie- 
hen und üben. Die Kantaten haben, ausser 
der obligaten Begleitung des Pianoforte, noch 
die, einer obligaten, und gemeiniglich mit 
jenem gut alternirenden, geschickt verschlun- 
genen Flöte — was auf dem Titel angege- 
ben seyn sollte. Uebrigens sind sie alle für 
eine Sopranstimme, doch nur von so massi- 
gem Umfang, das« sie auch der Tenor sehr 
gut, und allenfalls der Baritono, erreichen 
kann. Auch diese drey Stücke sind von 



1805. September. 



Digitized by Google 



827 



1805. September. 



828 



verschiednem innern Gehalt und Kunstwerlh, 
aber keines ist Winters unwürdig. Das er- 
ste fangt mit einem, als Rondo behandelten, 
und nicht hervorstechenden Andanlino, (Ma- 
jore, Minore, Majore), das aber schicklicher 
Allegretlo hiess, an; ein kleines Recitativ 
mit Begleitung folgt, und nun beschließt 
ein munteres Andantino, das ungemein ar- 
tig, schalkhaft und nett ist. üas Ganze 
macht wenig Ansprüche, erfüllt aber diese 
•ehr gut Dagegen tritt die zweyle Kantate 
gleich bedeutender und durchgreifender mit 
einem Allegro smanioso con espressione — 
was man einfacher Agitato nennet — auf, 
und recht schön und innig beginnet auch 
hier der deutsche Dichter, den italienischen 
hinter sich lassend : 



ich kann e», ich kann es (»o »telu e* 

gant auch in der Mtuik) nicht tragen ! 
Gefilden , den Wäldern und Anen, 
Und hinan in Jie Luft will ich« klagen elc. 

wobey die herrschende Figur der Flöte, die 
sanfter klagt und sich an die Sicgstimuie, 
mit ihr ollcrnirend, gegen das unruhigere 
Accotnpngnement des Pianoforle, anschlieast, 
«inen schönen Effekt macht. Ein einfach 
vom Pianoforte > begleitetes , aber geistreich 
nnd gefühlvoll geschriebenes Recitativ folgt. 
Beschlösse nun, statt des freylich nicht üblen, 
aber für dies vorhergegangene offenbar zu 
flüchtigen, zu tändelnden Allcgro, ein hei- 
trer, aber herzlicherer, nachdrücklicherer 
Satz : so gehörte diese kleine Kantale zu 
den 8 ehr wenigen ganz vorzüglichen, die 
wir deutschen Komponisten verdanken , und 
könnte neben Haydns Ariadne ohne allen 
Nachtheil genossen werden. Die drille 
Kanlatine ist ganz komisch, und in dieser 
Gattung recht gut gehalten. Der erste Salz 
ist fast ganz Anglaise, zum Theil pikant be- 
gleitet j und nach einigen Zeilen Recitaliv 
folgt ein gesungener, possirl icher, und mit 
kleinen lustigen Zwischensätzen ausgeführter 
Landerer, der vieles von der echten Wiener 



Weise, diese Tänze zn schreiben, bat — 
so etwas Seliges, das sich nicht wohl wei- 
ter beschreiben lässt! Das Ganzo ist ein 
Spas, und als solcher recht gutr hier rnuss 
man aber Italienisch singen, denn das Deut- 
sche ist an sich schon zu so etwas nicht so 
wirksam, und besonders sind die hier unter- 
gelegten Worte den Absichten des Musikers 
nicht überall günstig. 

Schade, dasa der Druck nicht eben so 
feblerfrey ist, als schön ! Doch iindel und 
verbesseit man die Fehler leicht, weswegen 
wir mit deren Aufzahlung den Raum nicht 
wegnehmen wollen.. 



Musikalisch* Erstlinge in zwölf Ludern am 
Kiavitr, bearbeitet und (meltrem Damen") 
zugeeignet von Wilhelm Scheibler Ks. Sohn. 
Auf Kosten des Verfassers. (In Kommis- 
sion bey Marlini in Leipzig). 

Ree. kennet wenig musikalische «Werke, 
worin die seltsame Amalgamation des ech- 
ten, schonen Sinnes für die Kunst mit gro- 
ben Verstössen gegen alles, was Regel heisst 
und Regel will, in dem Maasse verbunden 
wäre, als in diesem. Alles scheint ihn 
darauf hinzuweisen, der Verfasser sey ein 
Avlodidaklos, von Kopf, und von Talent 
und Eifer für die Kunst, de* sich aber gar 
nicht um das bekümmert habe, was man im 
höhern und niedern Siune Schule nennet. 
Indem man jenes hier mit Achtung und 
Aufmunterung auerkennt, bewegt man ihn 
vielleicht, sich nun auch mit diesem zu be- 
schäftigen, (was aber freylich halte gesche- 
hen sollen, ehe er ins Publikum hervor- 
trat,) und dann würde er wahrscheinlich 
mit der Zeit otwas Vorzügliches liefern. 
Darum finde auch eine nähere Bezeichnung 
dieser seiner Lieder hier Pietz. 

Das Trinklied No. i. ist dem Text an- 



Digitized by Google 



829 



1805. September. 



830 



gemessen, kräftig, munter , nachdrücklich—» 
kurz, recht gut, bi« auf die .Stelle, Syst. a. 
Takt 5 — 6, die fast gänzlich entlehnt ist. 
No. 3. iat , bis auf die recitalivische Be- 
handlung ciaiger Zeilen, von welcher mau 
keinen genügenden Grund absiebet, wahr- 
haft lobenswerlh, und giebt den Geist und 
Sinn des Dichters so l reffend in Tönen* 
dass diess einzige Stück für das . Talent 
des Verfassers bürgen könnte. No. 3. ist 
nicht so hervorstechend — wozu auch das 
Gedicht keine Veranlassung gab; aber, wie 
dies, der angenehme Erguss einer fröhlichen 
Seele. Die leichte Varhrung des Pianqforle 
bey der dritten Strophe macht einen gefälli- 
gen Eindruck. Nu. 4., das so oft kompo- 
nirte : Das Grab ist lief und stille — ist 
nicht übel, aber, ungeachtet des Anscheins 
von Simplicitat, doch cu gesucht; auch ste- 
hen die Summen in keinem guten Verbalt- 
niss su einander- - Es folgt eine sweyte, 
weit mehr figurirte Musik zu demselben 
Gedicht, mit der seltsamen Ueberschrift s 
Mit besonderer Hinsicht für Leser Jean 
Paul's. Siehe Hundsposttage, ,5tcs lieft, 
S. 209. (Der Komponist hat in Ueberschrif- 
ten überhaupt etwas gelhan I ) Was soll das 
heiasen ? Für Menschen , die die citirte 
Stelle eben gelesen haben? oder überhaupt: 
für Menschen von viel Phantasie und 
schwärmerischem Gefühl ? Dem sey wie 
ihm wolle : es ist zu gestehen, die. Musik 
ist iunig und rührend. Sie seist aber, 
'da ihr Wesentliches in den Vortrag, < der 
hier mehr veranlassend angedeutet wordeu, 
gesetzt ist, die rechte Stimmung schon vor- 
aus; und deswegen ist wol aurh jene Stelle 
suvor angeführt worden!, Aber eben dieses 
sein Produkt hat der Komponist ,durch eine 
Menge unverxeihiieher Verstösse — nicht 
nur gegen Grammatik, sondern auch gegen 
Geschmack und das nur eiiiigermaassen ge- 
bildete Ohr, schlimm entstellt! Wir wol- 
len ihn nur auf einige verweisen : S. 7. 
Syst. 3. Takt 5, müsste die . letzte Note der 



Singstimme und.- müssten die swey letzten 
der rechten Hand eis seyn; S. 8. Z. 1., 
müssten die letzten Noten der rechten Hand 
Iis uud h hei&sen etc. Die Maynacht S. 9. 
ist sehr gut gedacht, und auch nicht übel aus- 
geführt, bis — wunderlich ! — zugleich mit 
der letzten Strophe plö.tzlich Verirrungen 
über Verirrungen eintreten — - wo z. B. 
S. 12. Takt 3,4, in der Singstimme kaum 
zu ertragen ist, uud nun vollends das Ac- 
compagneraent , wenn nun ja jener Ausgang 
gemacht werden sollte, wenigstens ganz 
anders verlegt werden musste — des häss- 
Ijchcn doppelten a, Syst. 2., letzten Noten, 
(und dreymai!) noch nicht zu gedenken! 
So ist auch das Lied S. i5., was den Cha- 
rakter im Ganzen anlangt, ganz richtig auf- 
gefasst und wiedergegeben; was ist aber zu 
Stellen, wie s. B. im Bass, das gis der er- 
sten«, der Gang zu Anfang der letzten Zeile, 
zu sagen ? Schjüers Würde der Frauen ist 
missglückt, uud auch die übrigen Lieder 
haben nur wetiige gelungene Stellen , den 
Choral ;S. 18. abgerechnet, der, wenn ni cht 
ausgezeichnet, doch da Beweiss ist, dass 
der Verf. auch in dieser Gattung etwas Gu- 
te« liefern kann, wenn e>r unsern wolliger 
meinten JElath befolgen, und sich, oder we- 
nigstens seine Arbeiten, vor deren Bekannt- 
machung, einem geschickten und gründlichen 
Musiker anvertrauen will. 



1. Armida, Dramma, eoa musiea di 
Righinl, matstro di Capella di S. M. Prus- 
siana. Q Klavierauszug, mit italienischem 
und deutschem Text; erster Heft, enthaltend 
den ersten, zweyter Heft, enthaltend den 
zweyten Akt, jeder 2 Thlr. 12 Gr.) 

2. La Silva incantata, (der Zauberwald) und 
Genufafemme Uber ata t (das befreyete Jerusa- 
lem) beyde Opern ebenfalls von Righini, eben- 
falls italienisch und deutsch, jede in einem 
Hefte zu 2 Thlr. ; der Klavierauszug vom 
Musikdirektor Bierey. Sämmlüch im Ver- 



0. 



Digitized by Google 



831 1805. Se 

Ug von Breitkopf and Hirtel, 'schön ge- 
druckt. 

Des Hrn. Kapeltmeisters Righini grosse 
Opern, Lieblingswerke deren, die einen 
schönen, ausdrucksvollen, echt italienischen 
Gesang, möglichst mit deutscher Kunst uod 
Kraft verbunden, achten und lieben« wer- 
den, wie nun einmal jetzt unsre Opernthea- 
ter und deren Verhältnisse sind, nur beym 
ßcrliuer Karneval, und auch da nur selten 
gehört, abgerechnet, dass vorzügliche Sin- 
ger ihre Konzerle zuweilen mit einzelnen 
Stücken aus diesen Werken bereichern und 
ausschmücken. Die Bekanntmachung der 
obengenannten, in jedem Betracht vorzügli- 
chen Werke wird demnach, anch ohne alle 
besondere Empfehlung, deren sie nirgends 
bedürfen, und ohne ganz ausführliche Kritik, 
die man sich bey .Anzeige der Auszüge 
nicht erlauben darf, unstreitig Dank, Bey- 
fall nnd sattsame Unterstützung Coden» und 
Niemand, der weiss, was Singen, im hö- 
here, konstgeraässen Sinne des Worts, ist, 
oder wol gar es selbst Übt, wird diese 
Werke unter seinen ausgewählten Vor- 
räthen missen wollen. Wir beguiigen uns 
deshalb mit einigen allgemeinen Anmerkun- 
gen über diese Auszüge und deren Privat- 
gebraueb, gewiss, es bedürfe nichts weiter, um 
allgemeine Aufmerksamkeit darauf zu erregen. 

Die Armida schrieb Righini nooh in 
Mainz. Sie wurde kurz vor der Revolution 
mit glänzendem Bey fall dort aufgeführt. 
Doch ist sie weit weniger Theater-, als* 
Konzert- Musik; als solche aber meisterhaft, 
und eben darum zum Privat- und theilwei- 
sen Gebrauch um so mehr geeignet, beson- 
ders da sie nur drey grosse Soloparlieen 
hat. Bey solchem Gebrauch am Piaooforte 
zeichnen sich nun durch die schönste Wir-' 
kung, unsrer öftern Erfahrung nach, vor- 
nehmlich folgende Stücke aus: Erster 
Akt: die Pracht- und Anmuth - volle 
Overtara ; aus den eingestreuten Belleten, 
iie Sätze S. 39 folgg., 47 foigg., 77 folgg.j 



ptember. 832 

in den Gesängen, die feurige, körnige Bra- 
vourarie S. 5i folgg., und die grosse, aua 
vielen Sätzen bestehende Meislerscene S. 56 
folgg., wo das herrliche Duett glänzt; 
zweyter Akt: Gleich die ganze erste, 
ebenfalls aus mehrern ausgeführten Stücken 
bestehende Scene, bis tum Schluss der bril- 
lanten Bravourarie, (aus welcher man jetzt 
nur die Hornsätzcheu wegwünschen wird;) 
die vortreffliche Arie S. ai folgg., das mei- 
sterhafte Terzett S. 29 folgg.*, mit seinem, 
schönen, ausdrucksvollen Gesang, und der 
kunstreichen Verwebung seiner verschiede- 
nen Tai-tieen ; nnd im Ballet , die ganze 
grosse Pantomime mit kurzen eingemischten 
Recitativen, Chören etc. S. 54, bis zu En-, 
de des Ganzen. — Die deutsche Überle- 
gung üt gut gelungen , aowol was den 
Geist, als was die Sprache und das Anpas- 
sen unter die Musik betrifft; der Auszug 
ist, wie jeder seyn soll — alle Hauptsachen 
des Ganzen enthaltend nnd doch spielbar. 

In No. 3. und 5. sind verschiedene Kn- 
sembles, die ein so zahlreiches Personale 
an Sängern verlangen, dass sie beym Pia-* 
noforte kaum noch brauchbar blieben, und 
wodurch der Preis sehr vert heuert worden 
wäre, weggelassen worden — was sucht 
darum um so zweckmässiger geschehen 
konnte, da diese Scenen (so wie die ganzen 
Opern) mehr theatralische, anf Effekte, 
von der Bühne berechnete, Musik haben, 
als Armida. Bekanntlich sind diese zwey, 
im Verhaltniss zu einander stehenden, und' 
in Berlin vor einigen Jahren auch zusain- 
men aufgeführten Werke die neuesten, die 
die Welt Righinhi aus dieser Cattung ver- 
dankt ; sie würden den Aufmerksamen dies 
auch schon selbst lehren, wenn er nicht 
historisch' davon unterrichtet wäre, denn sie 
zeigen unverkennbar, durch mehrere Frisch- 
heit, Fülle, Gedrängtheit, kräftigern Schwung 
etc., wie der Komponist mit der Zeit fort- 
gegangen ist und neben den Besten unver- 
rückt seinen Stand zu halten gewusst hat. 



Digitized by Google 



833 



r - fSoj. September, 



834 



Wir berühren auch hier nur kurz, was itn 
Auszuge und bey der Ausführung vor dem 
Piauoforle uns vorzüglich bemerkenswert 
■cheiul. 

Im Zauberwald mag die Overtara 
und darauf folgende grosse Einleitung, bey 
vollem Orcheslre, lebhafter Handlung, Fracht 
der Dekorationen etc. von ausgezeichneter 
Wirkung seyo; beyra Pianoforte verliert sie 
nicht wenig. Sehr lieblich gehet aber hier 
das Duett S. 16 folgg., und prächtig, die 
kurze, pathetische Scene für die tiefe Basi- 
slimrae (ursprünglich Fischers in Berlin) 
S. 22 folgg. hervor. Ueberhaupt ist diese 
tiefe Basspartie ein Vorzug, den diese Opern 
vor ;der Armida haben. Einen trefflichen 
Genuas gewahrt ferner die grosse ■ Pantomi- 
me, mit abwechselndem Gesang, die mit 
•dem herrlichen Duelt eudigel, S. 27 —58.; 
-die kurze, aber ausdrucksvolle Cbarakler- 
arie, S. 42 fulgg.; das wahrhaft meisterliche, 
weit und gross ausgeführte Terzelt, S. 47 
folgg., wo bey so vieler Kunst und reicher 
Begleitung doch alles fasslich und leicht, 
überall ungezwungener Gesaug, und dieser 
die Hauptsache ist; und endlicb S. 69 fulgg. 
der feyerliche Schwur mit dein wechselnden 
Chore. 

Im befreyeten Jerusalem ziehet, 
auch im Auszuge, gleich vorn die ganze, 
originelle Iulrodaktion, bis S. 10., sehr an; 
alles, was auch durch diese ganze Oper der 
tiefen Bassstimme gegeben worden, macht 
den beabsichtigten imposanten, energischen 
Effekt; ganz ungemein schön wirkt, wegen 
der Verbindung italienischen Reizes mit 
deutscher Kraft, der zarten Melodie mit be- 
deutender Harmonie, die Scene S. 25 folgg., 
das allerliebste Ballet, S. 4o folgg., und 
endlich das berühmte Quartett, S. 55 folgg., 
die Krone von allem, was hier im Auszuge 
gegeben worden. 

Der deutsche Text ist in No. 2. und 3., 
was die Poesie anlangt, sehr wohl gerathen, 
und nicht seilen mehr werlh, alz das Origi- 



nal; er ist aber zuweilen nicht so siugbar, 
alz dies , schUesst sich wenigstens nicht 
überall so leicht an die Musik. Der Aus- 
zug ist, wie man von der Geschicklichkeit 
und dem Fleisse des Hrn. Bierey 
erwartet, untadelhaft. 



Noch tin Wort übtr Erxithung für Musik. 



Genau genommen zollte die allgemeine 
musikalische Bildung des Menschen schon in 
seinen ersten Lebensjahren anheben. Das 
Ohr rauss pich — oft noch unbewusst — 
an Harmouie und Ton gewöhnen. Diejeni- 
ge Kinderfrau, welche eine liebliche Sprach« 
und etwas Anlage und Uebung im Gesänge 
besitzt, hat einen grossen Vorzug vor einer 
andern, der diese Eigenschaften mangeln. 
Fast möchte ich auch behaupten, dazs der 
Mensch, welcher (auch ohne weitere Bildung, 
als die die Mutier .Natur gab) gefühlvoll singt, 
nicht von Grunde aus böse seyn kann: eine 
solche musikalische Kiudoifiau wäre daher 
um so mehr zu empfehlen. Sie mag ihren 
Kleinen einfache, liebliche Lieder kunstlos* 
hersingen , und sie wird nicht nur ihr Völk- 
chen aufheitern, sondern auch unvermerkt 
den Keim zur künftigen musikalischen Bil- 
dung legen. Ich spreche nämlich hier von 
der Bildung, welche jeder Mensch — Mu- 
siker oder nicht — als Mensch haben sollte. 
Diese besteht vorzüglich in einem gewissen 
Takte und Sinn für alles Schöne der Musik, 
in der Fähigkeit die Heize derselben zu füh- 
len, und in einiger Uebung der Stimme. Ich 
wünschte daher, dass man eigentliche 
Kinderkoiizerte, theiJs für, theils von 
Kindern veranstalten möchte, um jene all- 
gemeine Bildung durch dieselbe zu begründen. 
Hier wäre nun freylich nicht der Zweck, dass 
etwa die Kleinen auf einem Instrumente etwas 
mit Mühe beiklappern oder irgend eine bunt 
brodirte Arie herkeuchen sollten; sondern ei- 



Digitized by Google 



835 



1805. September. 



836 



gends dazu verfertigte Kinderlieder— * I scmack abgewinnen J gewönnen aich eben des- 
einfach im Gesang und Sinn — abzusingen, 
wozu ein Erwachsener auf einem Instrumente 
begleiten könnte. Volkslieder würden hier, wenn 
der Text für das Kindeaaltcr nicht unpassend 
wäre, am rechten Platze seyn. Sie würden 
aich der Jugend früh einprägen und so das 
ganze Leben im Gedächtnisse b^iben. Dieas 
dürfte ein nicht unwichtiger Anfang zur allge- 
meinen Einführung von Nationalgesängen 
aeyn, woran es uns Deutschen, leider! mangelt. 
Ein gutes Forlepiano, eine Flöte, eine Klari- 
uelte oder ein Waldborn scheinen mir zu der 
nolhwendig ach wachen und simpeln Be- 
gleitung hinlänglich. Ungeachtet dieser Siin- 
plicilät möchte es doch einem Virtuosen keine 
Schande machen, solche Kleinigkeiten tu be- 
gleiten, da hier gerade ein gewisse! Etwas er- 
fordert wird, welches tiefes Gefühl nnd rtifea 
Studium voraussetzt. — Besonders angenehm 
aind für mich zur Begleitung solcher Gesän- 
ge die Klarinette und das Waldhorn. Letzte- 
res hat so etwas Romantisches , welches die 
Seele unwillkürlich ergreift und recht gut, zum 
Volkacharakter 'passt. — Diese Konzerte 
bestimme ich in der Regel für Kinder un- 
ter 12 Jahren; ausser der Regel .'für Je« 
-'den, der tm~ musikalischer Bildung ein Kind 
ist.— Jedoch dürfte man bey diesen kleinen— 
quasi - Konzerten die F«hlei* unserer grössern 
nicht nachahmen , und immer etwas Neues 
"hören wollen. Nein! ein Gesang mnss oft, 
'gehr oft — an verschiedenen Tagen — ge- 
sungen werden , wenn er wirklich vergnügen 
und nützen" soll. 

Die Kinder sind in h uqsern grössern Kon- 
zerten gar nichts nütze; - ' Sie verstehen nichts 
von der Musfk, kennen ihr folglich keinen Ge. 



wegen an Unachtsamkeit ; nebenbey lernen sie 
wol gar allerhand einfältige Urlheile auf- 
schnappen, und um sich ein Air zu geben, sie 
wiedererzählen. Das Meer von Harmonieen, 
welche dem Obre zuströmen, betäubt es, aber 
lä«st sie sich nichts bewusst werden, gemessen 
und behalten. — Gerade wenn man Kinder 
recht methodisch für die Musik im Allgemei- 
nen bildete, würden sie weit fähiger werden, 
die grössern Konzerte in der Felge mit Nutzen 
zu besuchen. 

Sollten erwachsene Menschen sich bey jenen 
Kinderkonzerten ennuyiren, ao dürfen aie des- 
wegen nicht glauben, es sey auch bey den 
Kindern der Fall. Es kann uns etwaa lang- 
weilig und einförmig scheinen, was es doch 
dem ungebildeten Menschen und* dem Kinde 
nicht ist. Den Beweis hierzu giebt eine Men- 
ge von Volksliedern , welche einen allgemei- 
nen Nationalenthusiasmus hervorbrachten, z. B. 
der Kuhreigen u. dgl. — und die doch dem 
an höhere Musik gewöhnten Ohre höchst lang- 
weilig sind. 

Alles dieses sollen nur ein paar Worte 
•eyn, um vielleicht* Pädagogen und Musiker 
Zugleich an eine Idee zu erinnern, welche in 
meinen Augen nicht unwichtig ist. 

-:• Friedrich Guthmann. 



Es wird dem Veffis^.pr, so wie den Lesern, welch« 
ihm Hejfa!l geben, erfreulich sejn , zn erfahren , das« 
die hier gemusterten Wünsche wirklich schon an mthrem 
Orten Deutschlands nicht übel erfüllet werden. Es soll 
darüber u;ich»toiu weiter in diesen Blättern gesprochen 
werden, und kitiigo über ein Institut, wio es der 
Verfasser '.vüntrhl, findet sich schon S. 633. dieses Jahr- 
gangs ron Hrn. En^etmann , dem Stifter eines Kinder- 
konzerls in Frankfurt am Majn. rf. Redakt. 



Der siebente Jahrgang unsrer Zeituttg schliesst aich mit diesem Stück, zu welchem 
Register und Titelblatt, letzteres mit Joseph Haydns Portrait, als Vignette, geliefert wer- 
den. Der achte Jahrgang folgt ununterbrochen. Wirvund die Verlagshandlung werden 
thun, waa wir vermögen, um ihn so gut auszustatten, dass er wenigstens dieselbe 
Zufriedenheit verdiene,, womit das Publikum die bisherigen aufgenommen hat. 

Die Redaktion. 

; , : 

Lmrito, ist lumtori im alttn, 



Digitized by Google 



Digitized by Google 



J 



Digitizedl^boogli: