Skip to main content

Full text of "Geschichte der Stadt Pforzheim"

See other formats


Geschichte 

der  Stadt  Pforzheim 

Aloys  Stolz,  August  Allgaier 


IN  rOMMKMOKATION  OF  TBE  VISIT  OK 
IIIS    HOYA!    III  (.HM  SS 

PR1NCE  HENRY  or  PRUSSIA 

MAKtll   SIXTII  I0O* 

ON  HFIIAM  OF  IIIS  MAJESTY 

THH  GERMAN  EMPE ROR 


:NTKJ>BYAR<  IIIIUED  GABT  CCMM.IIXfK  PH. 

j 


Digitized  by  Google 


»  l»ltt:SKNTi:i>KYAR< 'IIMULD  <  AKV  i  'OOMIH  .V  Yll  1 
ASSISTANT  PKOKKSSOR  OF  HlrfTOItY 


c  fP 


Digitized  by  Google 


Digitized  by  Google 


ber 


Bearbeitet  uon 

HlDßS  StOlj,  Ipauptle^rrer. 
Seite  166  von  Ängnft  Mflüirr,  f  26.  $ej.  1898.) 

- 




^f#r|fei«. 

S>rud  unb  «evlofl  be«  6täbt.  Sagblatt*. 

1901. 


Digitized  by  Google 


J^L    ^  8  VW; 


I 


Digitized  by  Google 


ff  0  r  ,\  t)  c  i  in  Urfpruno,  tuvlicrt  fid),  mic  ba*  bei  ben  weiften 
alten  2tabten  ber  ftaü  ift,  in  bor  arauen  ^orjeit.  ooljauu 
Weud)lin,  ^pfor^heim*  tuuül>mtcftcr  3ol)n,  führt  bie  <shünbiuirt 
feiner  ^aterftabt  ^uriirf  auf  Abortus,  einen  auaeblid)  uad)  bem 
2diunirjuhilbe  vend}laa,enen  Trojaner.  Tiefe  s?lnual)me  ift  felbft 
verftiinblid)  in  ba*  (Gebiet  ber  2aae  ucruieifeit. 

Tie  alteften  s^eir>obner  unferer  Weaeitb  untreu,  Uni*  als 
fidier  gelten  f nun,  bie  ii  r f o in a n n e n.  Tiefe  a,ermanifd)e 
UnWerfdjaft  mürbe  fur\  vor  bem  ^eautn  unferer  ^eitrerfnunia, 
von  ihrem  Alönia,  Marbob  au-?  ihren  feitl)eria,en,  ,\u>ifd)cn  bem 
Allein,  ber  Tunau  nnb  bem  Main  aeleanien  *&ohnfitfen  nad) 
Böhmen  aenthrt.  ?>n  bie  bnrd)  bie  mnrfomauniidje  Vluomauberuua, 
emvöllerteu  Gebiete  .\oaen  röntifdje  ttoloniften  au*  (Pallien  nnb 
\Xlvetieu  nnb  balb  famen  biefe  (Gebiete  felbft  unter  rümikfjc 
^ermattniuv  Tie  Wo  in  er  antnbeten  viele  Meberlaffunaai  nnb 
tieften  fid)  namentlid)  jur  Ainberuna,  be*  ftnnbel*  nnb  .ut 
milttariid)en  ;  {werfen  ben  %<Hau  von  Straften  anaeleaeu  fein,  wie 
ihre  .vu'rrfrfjaft  überhaupt  in  fnltnreller  ^ieljuna,  von  unleuiv 
barem  Vorteil  mar. 

Ii*  wirb  angenommen,  baft  auf  bem  platte  ber  jeliiaeu 
?lltftabt  eine  Womerftabt  aeftanbeu  bat,  Weld)e  fid)  au*  einem 
uriprüna,lid)eu  2tanb(aa.er  entwicfelt  haben  maa,.  •  Juv  4Va,rüubuua, 
hierfür  mirb  von  *}$flüaer  u.  a.  angeführt,  bau  faft  alle  hier 
a,emad)teu  römifdjeu  ilVüu^funbe  aus  ber  Mtftabt  ftammen  nnb 
biefe  and)  ber  Aitnbort  romifdjer  Bteiubenfmaler  nnb  ^ufrf)riiteu 
fei.  "Jlud)  ber  Miaute  ber  SUtftabt  iprerfje  für  ihren  romifd)en 
Urfpruno,.  Mau  habe  überall  ba,  wo  ber  Warne  Wtftabt  vor 
fomme,  unter  biefer  ^eidwuna,  nid)t  jomobl  ben  alten  Teil  einer 
2tabt,  al*  vielmehr  eine  alte  2tabt  \u  uerftehen.  Ter  Sprarf) 
a/braud)  lernte  (eine  »Mltftabt,  foubern  nur  eine  „alte  2tabt". 
^lufterbem  Werbe  noa)  in  llrlunbeu  be*  Mittelalters  bie  Mtftabt 


Digitized  by  Google 


4  flu*  ^iorjlicim*  *uwit. 

nie  al*  Beftaubteil  ^for^beim*  aufgeführt,  ionbern  immer  al* 
«alte  Stubt",  gemiffermafteu  al*  ein  Nemeinmefen  für  fiel). 

on  feiner  3d)rift  „Tie  Stabt  ^for^beim  nnb  ihre  Um 
gebung"  fvrid)t  fiel)  o.  ^('ael)er  ebenfalls  bal)iu  aiu\  baft  bie  ?llt 
fuibt  eine  römtfd)e  vJciebertaffuug  mar.    .frier  l)abe  fid)  ber  lieber 
gang  ber  römiidjen   Strafte  über  bie  brei  vereinigten  AlüfK 
befunben,  nnb  ba  fid)  jeber  rinnt fd)eii  Station  von  Bcbeutuug 
eine  Wieberlaffung  von  Wemerbetreibenbeu,  IVarfetenbern,  Tag 
löbnern  :e.  angefdjloffeu,  jo  fbnue  man  mit  2ut)ert)eit  annehmen, 
bau  and)  an  ber  Stelle  ber  flltftabt,  nameutlid)  ,ytuad)ft  ber 
llerMTgangsftätte,  mehrere  biefer  Beoölferuug  emipred)eube  <SK' 
biinbe  geftauben.    liefe  ivaren,  um*  ttaeber  an*  Ausgrabungen 
an  anberen  Crten  fdjlieftt,  feljr  einfad)  gebaut,  hatten  meift  nur 
einen,  1  Bieter  unter  ben  Boben  reid)enben  fleinen  Meiler  mit 
gemauerten  täuben,  iväbreub  ber  übrige  Teil  ber  Wohnung  von 
ifrolj  mar.    So  fei  e*  aud)  \u  ertliiren,  bat?  von  fold)eu  Kütten 
feine  lleberrefte  mehr  in  ber  Altftabt  \u  finben  umreit,  ba  im 
IVittelalter  neue  bauten  bort  errid)tet  mürben,    (iiue  midjtige 
Station,  mo  man  überuaditeu  tonnte  unb  ^orfvauu   für  bie 
^eiterreife  befam,  fei  iebenfall*  bie  Altftabt  geivefen,  ba  fie  bie 
SMitte   bilbete  ,>unfd)en  ber  alten   römiid)en  Baberftabt  Babeu 
unb  ber  tUttlmnüation  iSannftatt  unb  au  ber  großen  freerftrafte 
jum  Nren^matl  lag. 

^for^beim  mar  ber  .ttuoteuvunft  einer  grbftereu  Angabt 
von  Wömerftraften.  bereu  bebeutenbfte  von  Strasburg  unb 
^aben  her  über  littlingen  nad)  ben  röinifd)en  Wiebeilaifuugen 
am  Stedar  unb  an  ber  limaxi  führte.  ?ll*  tveitere  Straften  unb 
\n  nennen:  eine  Seiteuftrafte  über  Stuelberg  unb  oiter*barf) 
gegen  ^irlenfelb,  eine  Seiteuftrafte  über  Böttingen  unb  Mbuig*bad) 
in  ben  Mraidjgau,  eine  Seiteuftrafte  von  Tietlingen  und)  Birten 
felb,  eine  Strafte  über  Mteielbronn  unb  Türm  au  ben  Stedar, 
eine  Seiteuftrafte  vom  Tiergarten  au  ben  rbmiidieu  ftuiueu  im 
.fragenid)teft  vorbei  nad)  Cefd)elbronn,  eine  Strafte  von  Baben 
unb  (Mcrn*bad)  bei  über  Neuenbürg  nad)  sJ>fonbeun,  eine  Strafte 
von  ^aben  unb  <Meru*bad)  her  über  ben  Tobel  nad)  sJ>foi \beun, 
eine  Strafte  von  Heuhaufen  unb  .froheinoartl)  und)  ^for^henn, 
eine  Strafte  über  Vangenbraub  unb  Salmbad)  nad)  %l>ior\l)eun, 
eine  Strafte  über  Eutingen  au  liefern  vorbei  nad)  ollmgen  unb 
Bietigheim,  eine  Strafte  von  ^for^heim  über  ben  3i;nlo  nad) 
Cefdjelbroun  unb  eine  Strafte  von  ^urmberg  nad)  Otlingen. 
Einlage  unb  iKid)tuitg  bieier  Straften  fiub  au*  ben  teihveiie  uod) 
vorhanbeueu  lieben eften  nad^umeneu.*  j 


*  otn  OW'iUUMU  \\\  %*i\iu\cv  thili  \)i\nluu  nur  tun-  *Kiwnmti iir.r.  Emo 
reu  Hilfen  nad)  (itimtihitt,  u%  uni!>rfiiD  er  Du*  utun^it  ~tiannt  lcin«\ln1)  al* 
3aumpMDc  Injctdmct. 


Digitized  by  Google 


flu*  $fcr,itirim*  ^or,K«t 


Tic  Wcflcnb  von  s}>forjl)cim  ift  rcicl)  an  vömifd)en  Hilter 
ttimern,  bic  \u  verid)tcbencn  fetten  ßcfunbcn  mnrbcn. 
cmHi()iirn  finb  nnficr  3Niin,\cn  insbefonbere   bic  Lcnci.cnjcia.cr 
cWtoilcnftcino,  Wrabbenfmale,  Elitäre,  2tcinbilber  je.  l)an'ptfäd)iid) 
aber  (Wninbcnberrcftc,  bic  namentlid)  im  :ona,cnfd)icft  innige 
mieten  imb  von  Waeljcr  cina,cl)cnb  bcidjricbcn  morben  finb.  Tic* 
a.ilt  in*bcfonbcrc  von  bem  ehemaligen  römifd)cn  ;)cl)ittf)of  int 
lAilbbiftrih  Manier,    Uber  mcld)cn   l)icr  einige  IVittciluiiflcn 
rollen  »oücn. 

tiin  rbmiid)cr  ;{ef)ntl)of  umr  bic  s&*ol)nftätte  eine*  Veteranen, 
mcUtym  ein  2;titrf  bc*  eroberten  V'anbe*  ,}tir  ^cbanuna,  mit  ber 
^ervtlidjtnna,  iibcrlaffcn  mnrbe,  einen  (£rtraa,*teil  Iben  ^ebnten 
leih  an  bic  J)ieivcntmv>bcl)ürbc  ober  an  bic  ,ymäd)ft  licc|cnbc 
lUUitiirftation  abzuliefern.  Tie  Vanbmirtjdwft,  meld)c  bic  Kölner 
in  ihrer  SScimat  mol)l  \\i  betreiben  verftanben,  nmrbe  and)  in  ben 
eroberten  (Gebieten  cin^cf iil)rt,  tun  bie  rümifd)en  ^cfrt^iiuc|cn  nnb 
^emolmcr  mit  ben  nötigen  Lebensmitteln  verfcl)cn  \u  tonnen. 

om  -{ebutlanbe  mäljlten  bie  Börner  ytr  flnlaa,c  iljrer  ftüfe 
mein  iladje,  burd)  l)öl)cre  iHcrflc  a,cfd)nttte,  an  einem  fleincn  ^nd) 
ober  einer  Cncllc  liea,enbc  It)aleinfattliina,cn  mit  frndjtbarem 
^icjcnadanbc.  Tie  ^icl^ndjt  mar  ber  mefentlidjfte  Teil  il)rer 
Vanbmirtjdwft,  mÖrjrcnb  ber  Aelbban  von  mel)r  nnter^eorbneterer 
X^ebentnni)  mar. 

Ta*  iStnaaiuvMbor  \\m\  *iel)ntl)of  im  £>aa,cnfd)icft  (ein  tut 
reaclmafiiac*  ^iererf  von  HO.  HO,  10f>  nnb  70  m  J\ront,  umgeben 
von  einer  ho  ein  ftarfen  Dianen  liea.t  an  ber  unteren  2citc.  Ter 
li'inaana,  ift  flanfiert  bind)  einen  an  ber  öftlidjcn  Cirfe  bcfinblid)cn 
Zorbau  von  10  in  Viinae  nnb  H  m  breite.  Ta*  s2i*ol)na,ebüubc 
liegt  mein  ber  öftlid)cn  3eite  \\i  nnb  bat  eine  ^ina,enan*bcl)nnna, 
von  20  m  bei  einer  liefe  von  ca.  20  m  (i*  laffen  fid)  vier 
einzelne  <Mcniftrt)cr  nntcrjd)eiben,  loooon  eines  mit  heilbarer  (£in 
nditnna,,  b.  I).  mit  Topvelbobcn,  verfeben  mar.  Ter  auf  ber 
^iibfeite  fidi  anjdjlieucnbc  $>oj  ift  20  m  Inno,  nnb  10,5  m  breit. 
v^or  bem  ^ol)na,cbaiibe  ftanb  ein  anberc*  Wcbanbe  von  10  m 
Vaiuv  nnb  0  m  Brette,  mit  1  m  ftarfen  ÄKanermänben,  meldjc* 
Vcnmitlid)  ;n  Mnlüi^mccfcn  bieiOe.  Üin  weitere*  Wcbanbc,  2:5  m 
Kiitc\  nnb  10m  breit,  mar  mol)l  für  bie  Tiener  nnb  2tlavcn  ber 
v>crrtd)0M  beftimmt.  Cben  an  ber  Maliter  maren  bie  2tallnna.cn 
für  ba>  Wmbvicl)  mit  einem  fleincn  \Mnban,  ber  vicllcid)t  ein 
*fc>arierl)aii*d)en  mar.  \Mei  ber  jiiboftlidjcn  lide  finben  mir  miebernm 
bie  Wriinbmaiiern  \meier  &tol)iiräiinic  nebft  einer  einen  .'Oofranm 
eiin'd)lief{enben  Stauer,  mo  fid)  ber  Brunnen  nnb  jebenfall*  cm 
Heiner  leid)  befanb.  Tie  Horner  pflegten  mit  Vorliebe  bie 
geflügelten  .*Oaii*ncrc  nnb  an  biefer  Stelle  mirb  mobl  ber  <Me 
flügeibof  gemefen  fein  nnb  in  ben  beiben  anftoHenben  Baumen 


Digitized  by  Google 


0  flu*  ^for*t)rima  SJorjrit. 

bie  s2l*afd)erei,  bic  ^ürfcrei  unb  bic  'Vcabtmühle,  b.  b-  bor  Crt, 
mo  mittels  bcr  .vmubmüble  bao  iWebl  bereitet  unirbe. 

Ter  iutereffanteftc  unb  nod)  am  befteu  erhaltene  ^au  ber 
;{ehntbofanlaa,c  ift  ba*  fleine  s^ab  ubrblid)  bes  ^ohuaebäube*. 
Tie  Mleinbeit  ber  einzelnen  Nemüd)er  läfjt  ben  2d)hift  jit,  baft 
bn*  s^ab  nur  von  ber  berrfd)aftlid)eu  Aamilie  benuilt  würbe. 

Wrofiher.^oa,  l'eovolb  bat  ben  eben  befdiriebenen  ^ebutbof 
im  oalne  IS:U  antraben  laffen,  mobei  aber  vern'iumt  unirbe, 
einen  genauen  Nrunbvlau  ber  Ruinen  aufzunehmen.  1SS2  untrbe 
unter  i'eituna,  von  Tireftor  'iiNiaa,  in  ^f  Olxheim  iiod)iiuil^  eine 
}lu*arabuna,  vorgenommen  unb  beut  ermähnten  4)cana,el  abadtoffeu. 

on  ber  Umaebuna,  ^for^henn*  ift  weiter  anzuführen  ber 
^ebutbof  im  3tocfbrunncntl)al,  beffen  flehte*  iHab  ebenfalls  von 
Tireftor  s&>aaa,  au*a,ea,rabeit  unb  a,enau  fefta,eftetlt  mürbe.  (Sin 
anberer  ;{el)ntl)of  liea,t  nad)  'Jtaeber*  ^>erftd)eruna,  auf  Mietet 
brauner  Wemarfuna,,  bidn  an  ber  nnirttembeiiyfdKn  Wren^e. 

Ter  ftaaenfd)iefi  bira,t  aufter  beut  ,{el)utl)of  im  Maurer 
eine  aröfjere  s)i\\\a\)i  römiieber  ^nurefte,  von  iveldjeu  bie  nodt 
fid)tbaren  Ruinen  in  ben  vh>albbiftritten  Sdjloftivaib,  AObleuftall 
unb  l'etteua,efäll ,    iomie  3&id)il)au*refte  beim   3eebau*  auyi 
führen  fiub. 

?lu*  ben  (iifeufd)lacfeu,  meld)e  man  bei  röntifd)eu  (Mebätibe 
reiten  in  ber  "Jtübe  ber  Vfiebenerfer  ^uraruiue  fanb,  hat  mau 
toaar  a,eid)loffen,  baft  bie  Pionier  bie  hier  befiublidjen  <ir^aäna,e 
fdjon  a,efannt  unb  bei  rieben  haben. 

Ter  Warne  ber  2tabt  s}>f Olxheim  mirb  hergeleitet  von  Porta, 
jo  viel  luie  Tbitre  ober  Pforte,  um*  alfo  haben  mürbe  auf 

^for^beim*  *.'aa,e  am  l£inaana,e  bc»>  ^dnvanmatbe*.  'Veit  i^ci iiiticv 
Vautveränbcruna,   unb   bttrd)   s?lufüa,uua,   bcr   urbeutidicu   3  übe 
„hain"  ober  „heim",  meldte  bie  planten  iväter  mit  Vorliebe  ben 
Crttfuamen  auaUcberten,   bürfte  au*  Porta   „s}>f  Olxheim"  ent 
f tauben  fein. 

Tie  Börner  mürben  verbrüna,!  von  ben  Viernau  neu, 
meldje  bie  vorhaubeue  romifdtr  Multitr  ^rrftorten  unb  mal)rjd)eiu 
lid)  und)  vJ>fiM\heim  ben  llutnaana,  bradttru.  Ten  »Mlemaunen 
folgten  bie  ,"\  raufen  in  ber  fterrjdmft  über  untere  Wefleub. 
Turd)  fie  würbe  ba«>  (ihr ift eut um  hei  un«>  eingeführt,  meldten 
bie  rohen  bitten  einer  rohen  ^{eit  milberte  uub  einer  neuen  Multur 
bie  *h.Jea,r  ebnete. 


Digitized  by  Google 


^for-jßeim  im  ^liffel'aCtcr 


Tie  3  tobt  in  ihren  'Hnjänani 

rfuitbf td)c  Wadjmeife  ftbcr  bic  lEntftebung  bcä  gütigen 
ot  ;b  eint*  finb  nidjt  uorbaitben.  Wotbeiu  meint,  bajj 
bie  Öotjenftaufeu  bic  v<J*egiüuber  be*  neben  ber  \Mltftabt  ent 
ftanbenen  neuen  ^fot^beim*  untren,  meld)e*  1 1 85  ^uerft  ^tabt 
genannt  mürbe,  ^flüger  unb  Waeber  be\eid)nen  bie  Wrafeu  uon 
(in hu,  meldje  einem  eingenntnberten  fräntifdjen  Wefd)led)t  ent 
Mammen,  al*  bie  frübeften  .\>enen  uon  ^for^beun. 

Ten  Aiufien  mar  e*  bamal*  baritm  \\i  tbun,  ba*  ftäbte 
arme  rtyeiitifdK  Cbcrlanb  mit  befeftigten  SMarttulancn  \u  uerfeben, 
bie  (ii  ^rieben*  \eiten  beu  Serfefp  ßdprn  unb  ju  Mrieg*  feiten 
feite  itütymndc  bieten  fällten,  lafür  fpridjt  au  et)  bie  'Anlage 
ber  2tabt,  bie  um  beu  groften  SHarftplati  fid)  grupuierenb  in 
;iemltd)er  JhVgelmaftigfeit  erbaut  morbeu  ift.  hierbei"  JOflfn  halb 
btc  freien  Wefd)led)ter  ber  Umgebung,  bie  fid)  „Bürger  uon 
^for^oeim"  nannten  unb  bie  ^atri^ier  bilbeten.  £ie  ftanben 
unter  bem  allgemeinen  Vaubredjt  unb  übten  burd)  ^efeftung  be* 
5d)dppcuftut)le  bie  Werid)t*barteit  au*.  Au*  ibrer  Witte  mürbe 
uom  Vanbe*berrn  ber  „  2d)ultbei|V  ernannt.  Weben  beu  freien 
Kenten  maren  in  ^for^beim  aud)  Veibeigeue  au  füfug,  bie  \mar 
bie  öffentlichen  haften  mittragen  mußten,  aber  fein  attiue*  Bürger 
red)t  befafu'U. 

Unter  ber  .v>errid)aft  ber  (trafen  uon  (ialtu  toll  mit  bem 
Stall  ber  2d)lofthrd)e  begonnen  morbeu  fein,  unb  \mx  burd) 
beu  Wrafeu  Aoalbert,  ber  \()M  urfunblid)  genannt  mirb.  ftud) 
bie  (»rünbuiia  be*  sJ>f  or\l)  einte  r  sd)loffe*  mirb  auf  bie 
trafen  uon  (ialm  tjirücfgefübrt.*) 

•i  Orfatmtlutl  fliufl  Vfotyflftl»  non  ben  tfatiurr  (Hrafrn  in  midiem 
&ediiet  bnrdi  ueridnebene  fiAnbe.  tf*  waren  Weimer  uir\t  :\c\\  gemeint am : 
ba§  &an*  Üaüp  (iahu  nnb  tfalm  Ifberitein,  bann  (iahu  CiiiUu  unb  bat*  M  (öfter 
Viridtan,  nieraui  mahridh-iultd)  mteber  (fatal  allem,  bann  bie  Jootjenftaufen 
unb  tmdi  bieien  bie  rhnmidn'ii  1>inha.raien.  fon  meldten  c*  bnrdt  veirat  au 
fltttana,  be*  t:t  Jal|rt)unbfrt*  an  Waben  tarn     Xa  an  ben  Wurden  in  lebem 


Digitized  by  Google 


s 


i^r.UH'im  im  Mittelalter. 


Wad)  ben  Wiv.rnt  w?n  lialm  i^cUin^tiii  bie  raten  von 
Ü"  b c  r  ft  c  i  ii   in  ben  s^f Olxheim* ;   um    los:>  ajua,  ba* 

iclbc  an  ba>>  MI  oft  er  Vjiridjau  über,  meld)e»>  uod)  bic>  ;um 
.lOjabriani  Mriea,  in  bei  "Wtftabt  bei  bei  früheren  i f ol a 1 1 c- f a vcll c 
einen  Vjof,  Mapellenbof  a,enanut,  eitlen  l)ntte.  om  12.  oabrbuubert 
a,el)bi 1  e  s^f  Olxheim  ben  ,\S  e  r i>  a,  e  it  luui  3d)mabeu  nnb  fpüicr 
ben  Vau  biliaren  bei  Wbein.  -Wit  bei  ^eit  uuui)*  "J>nn; 
beim  ^n  einer  2tabt  heran,  bie  bereit»?  mit  Mauern  nnb  (Proben 
umgeben  mar  nnb  ftabtifd)e  Ciim iii)tiuti^en  hatte.* i  3elum  im 
12.  oahrbunbert  brfanb  fiel)  ein  s)l  o  nne  n  f  l  o  ft  er  in  ^ien^beim, 
nnb  \iuar  nad)  urfunbtid)eu  fluoeutunaen  in  ber  ?Untabt.  ?lu 
meinem  platte  e*  aber  a,eftanben  bat,  luf;t  fiel)  nidu  beftimmen. 
^emobnt  mar  c*  von  ben  ^lfteryenfertunen. 

v4>for;t)eim  fam  in  ber  elften  Hälfte  beö  i:>.  ^..lirhnnbert*, 
oermutltd)  ^midien  1220  mtb  1227,  an  baöieiiwie  ritrftltd)e  bau*, 
in  beffen  ^efib  e*  bt->  auf  bte  Neaenunirt  faft  nnmuerbrodjeii 
geblieben  ift:  nainltd)  an  Nabelt.  Jeimann  V.,  ein  buetter 
^ladjfeunme  SVrtl)i>lb*  I..  bec>  Wrüitber*  be->  .vmiiie«>  ;|ahnna,en, 
erhielt  sJ>for;beim  ul*  :lKitiyft  feiner  <Memal)lin  ormena.arb, 
meldje  eine  loditer  be>>  rl)einiid)en  sl>fal;a,raien  vw mnd)  mar, 
ber  ^ün^beim  \uleUt  befeffen  hatte.*  *i  .vtermaun  >  ftiiihfolaer. 
ber  tiwttväniae  :Uinit^raf  Wubolf  I.,  metd)er  alö  bei  euientlidje 
^eiininber  be»>  babud)en  2taate>>  anzufeilen  \n  nnb  tum  124!) 
biö  12SS  regierte,  hatte  feinen  ^c»  Im  litt  tei(->  \u  Nabelt,  teil*  ;u 
^fm^heim.  Ter  'Kante  ber  2tabt  mürbe  im  \:\.  ^ahrhuitbert 
„^hor^hein",  and)  ,.s}>hiHtteim",  ebenfo  „^bim^em"  a,eidirieben; 
im  folantben  ^ahihnnbevt  fam  neben  beut  ba*  ,.s}>r  immer 

l)änfti\er  in  s>lnmenbnna,.    la*  2tabtiiea,el  jener  ;{eit,  uuldieö 

^iitntnntPat  lud  ^ituibcvt  uiiP  umaetMiit  HntvPc.  io  nt  i->  iinümt  idmur 
teitwMtdkti.  nne  uu'tt  Pa  ".MuMmu  iumi  3  du  im';.  Mudn-  uttP  3ioPt  mitn  Put 
nulluni  ^n'mirJt  f ortamln tttitt  t ft     2e-  lud  nuiP  oIht  u.idi  i'i'.idht  ed«  tdt 

ailiVIUMltltti'lt  tlUVPi'H  Plllh'll,   PilH  lu't  i>t' tll  1K  K  l>V;iia  1;UU  dn  illlv  ml   Pilv  Vüllv 

'iViPt'ii  Pti->  2dtUM;  ui  Pir  \\ntiMMitn'  lt  tt  i>  Pn1  Mir  du-   nt  ihrer  uruuMiitiituniMt 
f l*  i Jifit  Vlnloae  tcvtu\  ^cnuieii  ituP     iK\u\  ^viu  Pa  3d)UMdiulu'  Put  tu-  iihMM 
Mloitcr  \Miidniu  in  txTinM-finvMtN'r  'it;nic  lutnlnu  aouiiHit  hin  l'iuilu' 
loiii'dh'  ^iTiimiinvn         i itt  %l;i'ital  an  ^^l  OKMmuri  unfr  O'iü'in'iiunvn 

6ivTviluu  numii  aiti  ^It•  ^'itlnin-  b^i  ^vuiluitic         \MpJi.iua  >iUMht->  Inn 
Ttf  Mirrtu-  u'.ir  tnn^rrr  ;|ni  crhrlMirt)  tlnitor  «i l ->  um»!     on't  I       umii^c  m»- 
^md)  heu  WaiMniMi  II.  ^mdl  Pen  \>\:\\uux        tu-t-rit  0'1hmi'«>  kymiüh* 

ocr^rov.i'rt.  rmt  r  Olm  0  In  litiM  niaie  ll>7  l>tr  tun  Piulic  i.iii>i.ito  r  rtt^til-auiU' 
an  itttP  Pro  li'^h  t  iit  rolnt  LMitit  lu'Ü  Pu"      m 1 1  tciun  iit :  unta  Pi  li!  Oln^re  nlMiu'it 

•  tfuto  %^i-Ml!i«-d'iitti*  Per  ölten  2i>iPi,  Pu"  Iii  t^ : >  uint  im  U-üti-.-'i.ln'it 
Mrieiic  ilu  d^mfta  Hindu--?  ^tu  :«n  tu  ti  hiliu-ü,  ot  ü'i^i  imm  Pov  2  di',iPi-iiiti«i 
Pu-n->  Jv-itiil'utniiiu,-. 

*•  ot  tiniuviiP  »tiHi'te  121.)  \ ti it t  iM'lailinl  ihn-  l_M_'  fei i'um  l'^:nt 
(»Kittctt  P.io  MhM't.i  ridwutitml 


Digitized  by  Google 


1>ii>nneini  im  ÜKittelaUrr. 


üdi  an  luden  Urfuiibcn  lumiubet,  ift  runb,  bat  in  feiner  Witte 
einen  breiecfiaeu  nctoblbtcn  2cbilb  mit  bem  babiidieu  3rt)räqbaUcn 
nnb  trä«|t  bie'Umfarifl  „SIG1LLUM  CIVIVM  IN  PHOKZliEIN", 
b.  l).  tieftet  ber  Wtra.iT  in  %^ Olxheim. 


v?leltefte*  BtaMuead. 

Tu*  rrßrmal  1256  an  einer  ftmcnalbcr  Mloftmirlunbr 

aufvKfunDai. 


frieit  Sef|illiif|e. 

is>a*  bie  inneren  ^crbaltuiffc  v^>foi  \hcintö  im  13.  Mrijunbrrt 
anbefanflt,  [o  läftl  ftii>  über  biete  menia,  beliebten,  ba  bie  Ur 
(unben  nur  fpärlidjen  ftuitctyufi  Reben.  Ter  3tnbt  ftanb  ein 
Wm  SKarfarafrii  ernannter  Bdiultbeifj  vor.  Nrnnnut  nl >  joldjer 
uurb  \\irru  Erlern  in  Vi  eben  er.    Bein  ^uicbfolacr  nmren  bie 
2d|iilil)ei({en  a  rieb  rieb  nnb  fretnrid)  von  3tciutar.  Unter 
bc'>  Irreren  s<8eriualtuna,  mürben  bereit*  \nuuf  v<Hürßer  al«  ,NW* 
ulni'orene  ober,  wenn  man  )o  null,  atv  Btnbttitte  ßeHhiblt  ;{u 
tan  iduut  ermahnten  WannentLnter  filmen  im  Vaufe  be\>  l.l  oabr 
huubrit*  und)  einige  weitere  M  (öfter:  für  bie  Tom  inilauer 
innen  lauf  bem  %)>iaur  Oer  it'ttiaeu  v>eil    nun  ^fleaeätlftaft  >,  für 
bie  T  0  Dl  i  u  1 1  n  n  e  r  <  heim  tfd)ldp(a$f  i  nnb  für  bie  a  r a  n  i  •> 
Inner  iau!  bem  stalle   ber   lanbftumnteiniuftaltt.    ttltd)  eine 
„Mtrdje  tu  $f  0rif)etm",  liuunit  Uenmitlid)  bie  Vlttftnbter 
Mir  die  anneiut  in,  uurb  anaetubrt,  ebenio  bie  2  t  'Jtttolaite 


Digitized  by  Google 


10  ^forjlieim  im  Mittelalter. 

ta pelle  in  ber  911  tftabt.    Tic  a,ciftlid)cn  (Minor  beiafteu  Arcil>cit 
oon  ^llnvibcn  unb  Ticnftlaficn,  um*  oon  ber  ^fonheimer  ^üra,er 
fdjaft  um  jo  uiniiiiv*ncl)titcr  empfuuben  tourbe,  al*  bic  Wetuoinbe 
laften  unb  and)  bic  perfönlidKit  IViftuuant  auf  tut*  Nrunbeia,entum 
aeleiit  Umreit.    1"M4  mürbe  ba>  s}>atronatred)t  über  bic  s\>hn\ 
beimer  Mird)en        lKutterfird)o  oon  2t.  Martin  P?lltftabti  unb 
Ailiallirdic  uou  2t.  IVidwel  i  2d)lofjfird)e>       mit  allen  Wed)teu 
unb  WuUuna,eu  an  ba*  Sl  l  o  ft  c  r  M  i  d)  tont  l)  a  l  oora,eben.   ( I io 
2d)lofn*ird)c  mar  abbämiia,  uou  bor  ?lltftä'btcr  tt  trifte.  Vlud)  fpiitor, 
al*  elfterer  oom  s^ifd)of  von  2peier  eine  folbftünbia,ere  2telluiia, 
eingeräumt  nutrbe,  blieb  ihren  Pfarrern  ba*  Wedu  bor  laufe  unb 
ber  ^erfünbia,una,  a,eiftlid)or  'Muorbuitna.eu  vorenthalten.) 

out  14.  oabrbunbert  eutftanben  in  ^forjheim  nod)  einige 
anborc  Ml  öfter  unb  2tiftuna,eu,  fo  ein  \H  u  a,  u  ft  i  n  e  r  f  l  o  ft  e  r,  beffen 
2taubort  fid)  imftt  mol)r  ermitteln  läftt ;  ein  weiteres  v?l  u  a,  u  ft  i  u  c  r 
fl öfter,  ba*  fid)  am  ^AiifeuhausplaK  bofunbon  haben  foll;  ein 
^eiiu  inen  bau*  ib.  I).  ein  .ftau*  für  fold)o  s}>erjoncn,  n>old)o 
fid)  obue  Nelübbe  unb  v^eobad)tuna,  oon  Crben*rea,elu  \\\  Uebuua,en 
bor  VlitDtnftt  unb  \u  ^An^ltbatiaJoit*;merfen  lUTchtiaun  i;  ferner  in 
ber  ^rölthtgcr  ^orftabt  ba*  .ySoipitalbait*  be*  heiligen 
Weifte*,  ein  2  i  edjen  f  p  i  t  a  l  vor  bom  Iranltbor  unb  ba* 
2  t.  <^eora,euft  i  ft  auf  einer  Vlnböbe  vor  bor  Vlucr  ^>orftabt. 

Tor  ^for^bciiner  *h' arflplaü,  WeLfter  oermutlid)  uou  jeher 
bicfelbc  Weftalt  mio  jelu  gehabt  bat.  um*  einen  aan;  pralnid)on 
2inn  bei  Vlnlaa,e  bor  2tabt  bewie*.  wirb  bereit*  lXlti  ermahnt, 
itfir   erfahren   bei   biojor   Weloiienbeit  and),   baft   ba*   M  Unter 
Herren  alb  unten  am  "Warft  ein   2teinbau*  ooobl  ba*  jeUt 
VI  luv  Maijfer  floböriaei  mit  einer  \Sofftatt  befall.    Tie  uu*brüd'lid)c 
^qoidntuna,  .,  2teinl)au*"  bered)tia,t  \\i  bor  Einnahme,  bau  fteinerne 
Käufer  bamal*  nod)  eine  2oltoul)oit  untren  unb  bio  meinen  Wcbäube 
loobl  au*  Aad))uer(  boftanben.   ^on  beu  batualia,eit  2traf?on  bor 
2tabt  Werben  genannt:   bio  ^rö imitier  (sin t je,  eine  Ali  dt  er 
(\afje  unb  bio         uiiena,ai  io.  Mepflaftert  umreit  bio  2  trafen 
bor   2tabt  nod)  imftt,   beult  biete  Wopfloaonhoit  (am  erft  im 
1 T».  oabrljunbert  auf.    Cime*   „  1  r  ä  u  f  1 1)  o  r  e  *"   wirb  1 a,e 
bad)t  unb  be*   „Vlltftabter  Sltorc*"4   in  einer  Urlaube  oon 
\:\s\\.   Vlud)  be*      eitel  graben*  unb  bor  anüoüeubon  ^leid) 
Wiefe  acfdüclH  frühe  id)Ott  Chwabnuna,.    Tie  Vitt  er  s^rüdc 
Wirb  al*  „fieunin  Druden"    l.u;f>  crftmnl*   ermahnt,   bio  Vitt 
ftäbter  ^rücfe  (inte  ^orbiubuna,  ^midien  beiben  Jsluu 

ufern  hat  an  letnerer  2teUr  ioboit»all*  aber  idton  lainu'  oorher 
boftanben.  ^%on  iWühlon  merben  aufgeführt  bie  „^o^lerin 
Stühle"  unb  bie  „^triemenmühle".  sXK\i  erfterer  bürfle  bio 
Chermühle,  ioater  and)  1,,,UMnitelmühle  ivheinou,  unb  mit  lilUerer 
bie  iKonnenniuhle  aamim  jeiu.    4vohl  oon  \Hnfant\  an   tft  i^te 


Digitized  by  Google 


Worpheim  im  Mittelalter.  1 1 

Wtlianbene  'JSafferfraft  ,\n  3Nüf)len  unb  flcincn  inbuftriellen  iBc 
i riehen  vertuenbet  tuorbeu. 

lieber  bae   ISrtverb kleben   ift  nid)t  viel  ju  melben. 
Tie  vertriebenen  \>a  ubtoerf  e,  mie  slt*ebcr,  Färber,  2d)tuiebe, 
^immerleute,  Dörfer  um»,  untren  oorbauben  nnb  tuobl  auch  Hin1» 
}tinftßemä&  oraanifiert;  und)  Aifdjer  unb  5tfeiua,ärtner  tverben 
aenaiinl.    Xa*  Alofttuefen  fdjeint  trübe  fd)on  von  Sfebeutltng 
ftetwjcn  \u  fein,  benn  bereit*  I.U2  luurbe  jmifd)en  Nabelt,  $£ürttem 
Vera,  nnb  \>eilbrouu  ein  AlbtVrei  Vertrag  aba,efd)loffen.  ^ebenfalls 
u>iir  vJ>for\l)eim  fd)ou  tvea,en  feiner  aüuftia,cn  Vacje  an  ber  ^>er 
einiiiuna,  von  brei  ^lüffeu  ein  .ymuptplaft  für  bie  ^löfterei  unb 
Itaben  viele  feiner  ^emobuer  mittel   nnb  unmittelbar  ihren  Unter 
Italt  bnrd)  biete  gefuiibeu.    (£*  finb  ^emeife  bafür  oorbanben, 
baf  bie  ^for^beimer  Alöfterei  a,ea,eu  ISnbe  be*  14.  oabrbuubert* 
it)r  Wefd)äft  bie-  nadt  IKainj  au*a,ebebut  baue. 

Tie  ^lünev>nnft  mar  eine  anaefebene  (Silbe  nnb  hatte 
mandterlei  ^orred)te.  3o  bnrfte  fie  am  foa,.  tUcar,\enmatffl  mit 
hatten  nnb  SNttfll  aufgeben  nnb  bie  ^etuadjima,  ber  3tabt 
übernebmen. 

$t*ie  bentertt,  bürften  frühe  fdjon  bie  Wetuerte  $unfta,emäfj 
oreuwifiert  aemefeu  fein,  tuie  ja  and)  in  bett  alten  Meid>>ftübten 
nnb  fürftlid)ett  Wefiben^en  bie  fünfte  nod)  eine  anbere  \JVbeutuna, 
hatten  nnb  einen  militärifd)en  libarafter  trugen.  3ie  ftellten  \xir 
JKerteibiglinß  ber  2tabt  bie  nötige  Wannfdjaft,  bie  fid)  and)  \u 
Griebenfetten  fleißig  in  ben  Waffen  übte,  ott  s^f  Olxheim  mar 
e*  in  ber  erften  ;{eit  ber  t'inbeuplaU,  ben  bie  ^lmibrnftji1)it(ten 
benünten.  später  tunrbe  ba*  2d)ietjt)aii*  vor  bie  ^rouimyr 
tforttabt  verlebt. 

$ga«  bie  bamaliaen  Welbuerbältuif  fe  betrifft,  fo  tunrbe 
netftcti«  nad)  ttfunben  ßeredntet.  iSiu  ^funb  geller"  jäblte 
20  3d)illina.  nnb  ein  Sdnllinfl  hatte  12  geller.  Somit  maren 
240  .öeller  ein  vJ>fuub,  nad)  nnferem  jefttftetl  Weibe  etma  t»  sJüit. 
50  Ter  It^crt  be*  ^funbe*  Verminberte  fid)  aber  fpäter 

um  ein  aan^e*  Trittel.  ;{u  »Hnfaua,  be*  15.  ^abrbunbert*  mürben 
befahlt:  für  ein  Walter  Moni  4  5  2d)illiuae  iWt.  I  40  bi* 
IHl  I.TO),  eine  Cl)m  $i*cin  10  3d)illinae  iWt.  :t.50),  einen 
s>ammel  ober  ein  rdjaf  4!/t  2d)illinae  i'Utf.  1.55»,  für  ,\tvei 
Mühe  nnb  ein  Malb  5  ^fnnb  (Wf.  35)  nfm.  nfm. 

?ll*  vornehme  s}>f  or  \beimer  Wej d)led)ter  loerben 
bezeichnet :  bie  l'iebeuer,  &eift,  Mott).  -V>opf,  ombof,  t'ea,el,  Mappen 
herr,  2teimar,  Rlab,  (Molbelitt,  tMoftlein  ober  fttöftlin,  sbM*>, 
Mümelin  nnb  Tnrlad).  Um  ber  ^üra,er f dja f t  merben  it.  a. 
genannt:  im  14.  oabrbunbrrt:  Webin,  Wie*.  Werfer,  Münlin, 
i^olft.  ttortnrin.  fceiniliu,  3eitrtet>,  Holtmar,  fllbredn,  ^erduholb 
unb  Juni;  im   15   oalnbunbett:  Gatter,  Ainf,  t^ermiii,  <Moft, 


Digitized  by  Google 


12  Wonlinm  im  «iUtelnltfr. 

Manier,  Mieter,  Mod),  Mommerell,  Müulin,  Vu[\,  äWiinlin.  Waler, 
Wüller,  2attler,  3d)äfer,  2d)iteiber,  3ii^clin.  Unserer,  Waa,ner, 
Weber  unb  Wilberfiun,  all l>  Manien,  bie  fid)  teilmeife  bis  auf 
unicre  ;Jeit  erhalten  haben. 

* 

ber  nad)  bem  12SN  erfolgten  lobe  Wubolfs  T.  vor 
(genommenen  ieiluini  ber  :l)tarfa,raffd)aft  unter  feine  vier  Sohlte 
fam  ^tor;l)cini  an  .Sperma  n  it  VII.  unb  tinia,  von  biefem  auf 
befien  3ol)n  )M  ub  ol  f  IV.  über,  ber  innere  2tabt  \\i  feiner 
Wefibeit}  mahlte  unb  ben  Warnen  ...Wr  von  N}>for:,beim"  führte. 
2eiu  2ol)ii  Wubolf  V.  ftarb  i:»til  ;u  s^for\l)eim  fiuberlos. 
mesbalb  famtlid)e  babnd)e  Laube  unter  bem  Sohlte  bes  alteren 
trüber*  bes  ^eritorheneu,  Wubolf  VI.  mieber  vereinia,t  mürben. 
?\n  bem  Lehensbrief,  meldten  Maifer  Marl  IV.  im  ?sal)re  i:W2 
bem  leljtaenanuten  Wubolf  ausftellte,  ift  ynu  erftenmale  offiziell 
von  einem  „  AÜrftentum  ber  Wiarfa,raffd)aft  Rubelt"  bie  ttebe. 
Ter  Maifer  verlieh  aud)  Wubolf  bie  Freiheit,  für  fid)  unb  feine 
sJ(ad)fommen  in  ber  Stabt  ^for^heim  von  Wein  unb  (betreibe 
ein  Umitelb  ,ui  erheben. 

Wadtfolan-  Nubolfs  VI.  in  ber  Warfa,raffd)aft  loareu  bet- 
reibe nad):  ^ernbarb  I.,  ber  oft  in  sj>for\beuu  vun  hielt, 
oafob  I.  unb  Marl  I  Ten  lentereit  tennt  bie  <siefd)id)te  als 
unruhigen  Movf,  ber  ftd)  eherne  in  .v>äubel  mifd)te,  aud)  toenn  fie 
ihn  ntd)ts  aua,ina,en.  So  geriet  er  I4H2  in  Oiemeiufdjaft  mit 
feinem  trüber,  bem  s^ifd)of  <^eora,  von  Wen,  unb  bem  traten 
11  ( riet)  von  Württemberg  meaut  ber  ^efenuna,  bes  er\bifd)oflid)eu 
Slubles  in  Main}  in  einen  Mnea,  mit  bem  Murfürfieu  Aiiebrtd) 
von  ber  s}>fal'v  ber  aber  für  ihn  unb  feine  ^erbünbeten  einen 
üblen  Vlusaaua,  nahm.  lVad)bem  fdjon  im  Aebrnar  141.2  ber 
„bofe  aiiH"  in  bte  Marfa,rafu1)aft  eingefallen  unb  bis  ^for^heim 
vora,ebruno,eu  war,  mofelbü  ei  mehrere  Torier  verbrannte  unb 
bas  Wemd)ina,er  Thal  verheeru*.  vereintsten  fid)  am  25.  ^uui  bie 
^erbünbeteu  bei  s}>fot  ;henn  unb  uiiteruahmen  von  hier  einen 
^ernuiituna,s,Jua,  in  bie  *J>folv  «Hber  fdiou  am  ouni  mürben 
fie  von  ben  ^Üil^ern  bei  Sedeuheim  >  ^viidieu  .NVibelbera,  unb 
Mannheim >  a,efd)laa,eu.  mobei  aud)  bie  brei  verbünbeten  AÜrften 
in  <s>etana,enfd)int  gerieten.  Um  feine  Aieiheit  mieber  \u  erlangen. 
muHte  Maria,™?  Marl  fdimeres  Vo'eadb  befahlen  unb  tinmv  einen 
Till  feines  Vau bes  au  ben  fieetrrid)ni  (Seltner  abtreten,  Tie  Statu 
vl>Toi\betm  mürbe  \u  einem  ;ual;ifd)en  Vehen  iteiuad)!  unb 
hierbei  benimmt,  bu«  bieies  nur  a,ea,en  ^e;nhlnini  von  40.(MM»  fl. 
follte  rtiifivfatit  merbeu  tonnen.  i*i>?or,neim  nutrbe  eift  unter  ber 
tteajeruua.  Marl  Aiiebiid)->  im  o.ihie  1 7  40  von  bei  VT'al',i*d)en 
Lebensbobeit  befreit,  i 


Digitized  by  Google 


^for.ftriiit  im  Mittelalter.  13 

^for\heim  Ijattc  fid)  feiten*  ber  Martyrafen  mancherlei 
SM-ra,ün  ftia,u  tuten  \\i  erfreuen,  t^enofs  aber  micberholt  aud)  bie 
Vihre,  fid)  für  Heinere  unb  aröftere  \Unlel)eit  berfelben  nerbitr^eit 
ober  ihnen  Darlehen  in  barem  Weibe  madjen  \u  bürfeu.  Ta 
bitrd)  tarn  bie  2tabt,  bie  felbft  mehr  al*  einmal  ae,)iw"ia,en  mar, 
Weib  aufzunehmen,  haitfia,  in  ^orlea,cnl)oit,  unb  bie  auf  foldje 
Weife  eutftanbenen  2d)ulben,  \a  beuen  fpater  nod)  Derfdjiebene 
anbete  famen,  lafteten  fdjmer  auf  beut  Wemcinmefen  unb  mürben 
nameutlid)  im  17.  oat)rl)unbert,  um  faum  bie  Jiufen  lu^atylt 
merben  foniucn,  immer  a,rofter  unb  brürtenber. 

*  * 

\>ier  maa,  eine  für  bie  Med)t*   unb  3itteu  ^erljäl tniffe  jener 
;}eit  djarafteriftifdje  <skfd)id)te  eina,efd)altet  merben. 

Unter  beu  ^ahlreittKii  ?lbelia,on.  bie  in  ber  .^weiten  Wülfte 
be*  Mittelalter*  \\\  oeridüebeneu  Reiten  in  %J$f  Olxheim  lebten  imir 
nennen  hier  bie  Memd)iiia,eu.  Weippera,,  iihina,eu,  Wort),  3ad)fcn 
heim,  Neutrum,  Alehina,en,  Medjler  imit  «rtjioanborf,  Wad)ina,cr, 
2d)önor  von  «traubenharbt,  .sxrtiiit|vM)aiifeit(  Wremp  oon  Ateuben 
item,  tfmbeni,  Sterine!*,  3d)auenbura,  ttfm.i  befanb  fid)  aud)  im 
I  !    oa()il)itubert  bie  a  a  m  i  l  i  e   liefe  n  a  it.    (Sin  (Wieb  biefer 
Aumilie,  .v>eiurid)  iu>u  Diefenau,  ftanb  am  3d)lttffe  be*  14.  oaljr 
Rimbert*   in   bebeuteubem   ?hifel)en    unter    feinen  ^for^heimer 
rtanbc*a,eiipffen.   3eine*  fronen  Weidvitm*  meant  mürbe  er  nur 
oer  „retd)e  (Mölbltn"  arnauut.    Tem  bamal*  reajereubeu  Matt 
iirafcn  Lenthal    I.,  meldior  öfter  feinen  \>of  in  ^fut^jeim  hielt, 
ftanb  Wölblin  fo  nahe,  bau  il)m  ber  Marfaraf  mieberholt  bie 
VThre  be*  ?litbora.eu*  ermie*.    später  fiel  Wölbliu  in  Umiuabc, 
turmntlidi  al*  er  fein  <sMb  mieber  haben  wollte,  unb  ber  Mail 
ajaf  lieft  ihn  al*  feinen  Aeiub  erflaren,  fo  baft  ber  Mitter  fid) 
iHTanlaftt  fal),  au*  beut  V'aitbe  yi  fliehen.    Iii  ftellte  fid)  unter 
heu  8d)ii0  be*  Wtatett  oou  Württcmbera,,  ber  il)n  :>um  Slerfler 
Vwernharb  *  aerne  al*  feinen  VM)cu*mann  annahm. 

%Jmifd)en  iMaben  unb  Wüttembera,  tarn  e*  au*  biefer  unb 
anbei  er  Urfad)e  \\t  2ticttia,feiteu.  \u  bereu  3d)lid)tuna,  ein  2d)ieb* 
aerid)t  nad)  t'eoubrra,  auf  8.  September  I :»!>!!  einberufen  mürbe. 
$or  biefem  Oiendjte  flaute  ber  Vertreter  be*  :Warf  prüfen  von 
Nabelt  über  bie  ^erlelmna,  ber  ^Wifdieu  Württemberg  unb  Nabelt 
aefchloffenett  ^erträ^e  luutfeiteu  be*  <%afcu  von  Wüvttemhera,. 
VT*  heifte  au*brürflid)  in  jenen  ^MTtiaaeit,  baft  bie  beibett  (Mvafeit 
etnauber  beljilflid)  fein  müftteu,  meittt  ber  eine  ober  ber  anbete 
oou  ihnen  mit  ira,eub  iemaub  in  Aeiubidjaft  geraten  follte.  Ter 
mürttembeiivfd)e  Vertreter  entfleanete.  Wraf  Oberhalb  habe  nid)t 
bie  ttbintn  gehabt,  bie  a,efd)loffeneu  ^ertriiae  \\i  bred)eu :  er  habe 
ülterbttifl*  ;>u  feinem  unb  jeine*  l'anbe*  Millen  ^eilftein  au 


Digitized  by  Google 


14  ffafatm  im  Mittelalter. 

4>cinrid)  ©ölbltn  uerfc^t  imb  fid)  Ijierbci  ocrpflid)tct,  tfnu  unb 
ben  Seinigen  gleichen  Sdutfe  ungebeten  31t  laffen,  mic  feinen 
übrigen  llntertfyanen.    Tie  ^Ibfagc  fei  aber  juerft  oon  Silben 
erfolgt,  imb  ^mar  nad)  ber  Serfegung  SeüTteind  an  (Stölblin. 
;]it  einer  Einigung  tarn  ed  nidjt.    (£'-5  Untrbe  eine  nette  ^erljanb 
lung  auf  ben  Wittmod)  nad)  bem  St.  2lnbrca$tag  ttad)  Wcilbcr 
ftabt  an&erainnt,  bie  ebenfalls  rcfultatloä  ocrlief.   Grft  auf  einer 
1402  in  ^aifjiugcn  ftattgeljabten  ^ufammenfunft  untrbe  bie  ein 
ftimmige  (£ntfd)eibung  gefällt,  baß  Wraf  (*bcrl)arb  oon  Württemberg 
bem  Warfgrafen  $ernl)arb  Don  Nabelt  gegen  (Siblin  bctjilfltct) 
fein  muffe. 

SRun  mar  aud)  Siefenau'3  bleiben  in  Württemberg  nid)t  mel)r 
unb  er  50g  mit  feiner  Familie  nad)  S&t\&,  mofclbft  er  Dad  Bürger 
redjt  erlangte  unb  balb  barauf  jum  erften  ^ogt  gewählt  murbc. 

Wülblin  fjatte  feinen  (MB  gegen  ben  Warfgrafen  mit  in 
ba$  Sdjmcijcrlanb  genommen.  ^unäd)ft  war  er  auf  (Erlangung 
fetneä  (Mtttfyabcnä  bebacfjt.  Wit  ©riefen  unb  Urfttnben  oerfel)cu, 
begab  er  fid)  nad)  focibelberg  juni  römifdjen  König  Wttpredjt  unb 
ftciltc  au  biefen  ba$  (£Tfud)cn,  il)tn  51t  fetner  ^orberung  an  ^ern 
l)arb  31t  Derljclfcn,  bie  nad)  einer  s3toti$  im  Ijtefigen  s?lrd)ioc  utd)t 
toeuiger  alä  00,000  fl.  betrug.  Xer  ttönig  mar  nid)t  abgeneigt, 
ber  &ittc  31t  millfal)ren  unb  er  berief  ben  faifcrlidjcu  .frauptmanu 
oon  Himburg,  um  aU  Sd)ieb$rid)ter  in  btefer  }lngclegenl)eit  tl)ätig 
31t  fein.  Diefenau  legte  feine  llrfunben  oor.  Xer  Warfgraf 
erflärte  fie  für  falfd)  unb  ber  2d)enf  Don  Himburg  magte  nid)t, 
eine  binfccnbc  ßntfdjeibung  51t  fülle»-  H«t  firf)  nuä  ber  Verlegen 
l)eit  311  (yel)cn,  fanbte  er  bie  llrfunben  beä  liefenauer  an  ben 
Röntg,  biefem  baö  Urteil  überlaffcub.  ftönig  SMuprcdjt  rief  feine 
Wate  unb  Sdjriftocrftäubigcu  jufammen,  bie  iljr  (Mtttadjten  über 
bie  (hfyfjeit  ber  llrfunben  abgeben  follten.  Sic  erflärten  le^tcrc 
eiuftimmig  für  gcfälfdjt,  woraus  freilid)  nirf)t  gefdjloffen  merben 
barf,  bajj  bem  jo  mar.  Xie  dftdjter  glaubten  ajjer  bem  regierenben 
Warfgrafen  s^cruf)arb  mel)r,  toie  bem  ^üridjer  Bürger  Diefenau. 
Xatf  biefer  (Melbforberungen  au  ben  Warfgrafen  31t  madjen  l)attc, 
ift  aufjer  3roeifel  11110  rtlu*ty  rtU*  einem  fpäteren  ^erglcid) 

Ijcroor.  3ebenfall$  ift  bie  s?lnnal)me,  Diefenau  Imbe  feine  ^orber 
ungen  auf  rein  crbidjtete  ©etoetSmittel  gefügt,  au  unb  für  fid) 
fdjou  uumafyrfdjeinlid). 

^einrid)  üou  Diefenau  fjatte  einen  2ol)tt  glcid)en  9famen8, 
bem  er  mit  feinem  Vermögen  aud)  bie  nod)  nidjt  aufgegebenen 
5ln|>rüd)e  an  ben  Warfgrafeu  hinterließ.  Xer  junge  .fteinrid) 
erneuerte  1414  feine  Jvor'beruugcn  an  ben  Warfgrafen  unb  al3 
fie  il)m  uid)t  gcmäljrt  mürben,  fam  e3  ju  offener  S^obe,  ba  bie 
3ürid)er  fid)  irjreä  Witbürgcre  annahmen.  Xod)  mürbe  nod)  im 
gleiten  3af;rc  am  Xonncritag  nad;  Oftern  äroifdjen  bem  Warf- 


gitized  by  Googl 


9foi#ein  im  Wittelalter.  15 

grafen,  freinrid)  (MiMblin  unb  ben  •Jürufjcrn  „um  (tyülblind  5rau 
uub  Minbcr  (Guts  willen"  ein  ^crglcirf)  gcfrijloffcn,  bcr  bcm  frabcr 
ein  dnbe  madjte.  £ie  Tiefenauer  verbreiteten  tl)r  (^kfrf)lerf)t  in 
£tabt  uub  H'anb  unb  gelangten  innerhalb  unb  auger^alb  bcr 
Sdjtoeij  ju  l)ol)cn  tfbren.  147«  mürbe  einer  ber  übrigen  pm 
©tir^ermeifter  oou  ;{ürid)  gemäl)lt.  Wurf)  in  fpätcren  Reiten  mar 
bäurig  nod)  oou  ben  liefenauern  bie  Webe,  unb  felbft  in  babifdjen 
Xienften  l)abcn  fte  mieber  5Berroenbung  gefunbeu. 

*  * 

Ston  ben  fötrften  ber  au  bie  $krfgraffd)aft  angren^enben 
Räuber  mürbe  s}>forjbcim  feiner  l'agc  wegen  tjäufig  $u  ^u  ja  m  tuen 
fünften  ^cunit)lt,  um  gcmcinfd)aftlid)c  ^crabrebungen  (*,u  treffen 
unb  Wutbuiffc  ,yt  fdjliefjen,  mie  bcifpielemcifc  ba*  gegen  bie 
2d)lcglcr  oom  18.  re^ember  1:105,  ober  um  Streitigkeiten  |U 
fd)ltd)ten.  Wurf)  fonft  Ijatte  bie  Stabt  micbcrbolt  l)ol)cn  SBefurfj. 
3c»  meitten  u.  a.  l)ier:  !).  Tejember  1347  Maifcr  Marl  IV., 
0.  Wugnft  1418  Maifcr  3igmunb,  unb  27.  Juni  1473  Maifcr 
Ariebrirf)  I1L 

Unter  Marl  I.  mürbe  1 4(50  bie  llmmanblung  ber  ^farrfircrjc 
SU  2t.  SMictyael  in  ein  Moll  e  g  i  a  t  ft  i  f  t  (Bereinigung  ber  sJ$farr 
geiftlid)tcit  51t  gemeiufamem  i»cbcn  nad)  ben  tanomfqtn  Wcgeln) 
oorgeuommen,  ebenfo  bie  in  Verfall  geratene  Mloftcrjucrjt  Oer 
berert  uub  enblid)  eine  lateinifdjc  Srfjulc  inö  ^eben  gerufen, 
oobann  9i  euer)!  in  battc  auf  berfelben  jmifdjen  1460  uub  1470 
feine  erftc  gelehrte  ^ilbung  erhalten.   Warf)  beffen  eigener  Bcr 
fidjcrnng  oerbantcu  oicle  beroorragenbe  s}$for,}beimcr,  bereu  tarnen 
übrigens  nidjt  erhalten  finb,  bie  Wrunblagc  ibres  'llMffena  ebenfalls 
biefer  2d)ule.    Unter  ben  Möglingen  berfelben  befanb  fid)  oou 
1507  an  befanntlid)  aud)  s£l)ilipp  3M claudjtfyon,  bcr  (Groß- 
neffe SHeiittyin*.*) 

9?ad)  ber  Sdju  lotbnuna  erbiclt  ber  2d)uluor[tanb  oon 
ber  3tabt  ein  Untcrrid)t*lofa(,  für  toeldjeä  er  aber  Ofen  unb 
Rcnfter  felbft  31t  [teilen  Ijatte.  (Sine  Bcfolbung  befam  er  uirf)t. 
(£r  mufttc  Oiclmcljr  feinen  uub  feiner  Wct)ilfcn  Unterhalt  Don  ben 
Sd)it(gelbern  feiner  ^öglingc  beftreiten.  Tn*  2d)ttlgclb  mar 
genau  ben  Bcrmögcn*oerl)ältiti[fen  angepaßt;  aber  felbft  bie 
Wermften  mufften  mcnig[tcu*  50  2türf  liier  ober  10  s^fg.  geben. 

*)  JHcndilin  hatte  feiner  ^aterftabt  ^for^hetm  fchon  ein  ^nt>r  Dor  feinem 
lobe  feine  reidic  'sBibliottjef  mit  ber  Öefnmntuna,  uermadit,  bau  bieie  im 
St.  SMidiadeftift  bafelbft  *u  freiem  (Mebraudi  aufgestellt  werben  ioütc.  Tic 
Wbliotbcf  tunrbe  im  brcifua.iabria.cn  .\trica.c  nad)  Stfcilbcrftabt  a,cflüd)tct,  Don 
bort  aber  Derfdileppt.  Ter  >Heft  bericlben  befinbet  fidi  in  bcr  .fcofbibliotljcf 
gtt  Marteruljc.  sJi>ic  Voller  in  feiner  ^cfdjrcibuna,  bcr  3tabt  s£for*bcim  mit* 
teilt,  waren  noch,  m  ttnfattfl  bes  11>.  ^ahrhnnbertfii  in  bcr  3d)loftfird)c  baä 
tiattjeber  Unb  bcr  Südjcrfaftcn  }Rcud)liuö  $u  febett. 


igitized  by  Google 


16 


^fiMv,l)cim  im  Mittelalter. 


Stile  hatten  aufterbem  ber  SReifyc  nad)  im  JBinter  ein  M\d)i  jiti 
StiU))ct)ulc  mitzubringen  unb  jeber  3d)üler  taglid)  ein  3d)eit  ftolj 
,juni  i*inl)ci;,en.  SBcnn  ein  3d)üler  ba*  14.  i'eben*jal)r  über 
fdnitteu,  toax  et  oerpflidnet,  in  bie  foanb  be*  3d)uloorftanbe* 
'  bem  SWarfgrafen  unb  ber  3tabt  Irene  ;}u  geloben,  ben  Veljreru 
<Mct)orfrtiu  ;,u  oerfprerfjen  unb  für  olle  feine  ^erpftid)tungen  bie 
^for^ueimer  <>Jerici)t*barfeit  al*  ^uftäubig  an^uerfennen. 

¥t*er  bie  lateinitd)e  3d)iilc  in  Ißfor^eim  in*  ^eben  gerufen 
l)at  unb  in  meld)em  oaljre  bie*  gefd)el)en,  ift  unbefanut.  pflüget 
nimmt  e$  für  möglid)  an,  baft  il)re  Wrünbung  mit  ber  be* 
3t.  ilVid)ael*ftift*  .ytfammenljing,  bereu  (^eiftltdje  moljl  and)  al* 
Veljrer  tljätig  innren. 


Ter  berüljmtcfte  £mmattift  feiner  ;)eit,  ber  in  gemiffem 
Sinne  and)  al*  Öortnmpfer  ber  Deformation  beteiligtet  merbeu 
tttim,  3ol)ann  Weudjlin  (gried)ifdj  Mapniou)  mar  geboren  am 
22.  Aeoruar  1455  \u  ^for^eim,  mo  fein  ^ater  mafjrfdjeinlid) 
ba*  ?lmt  eine*  Vermalter*  be*  .SUoftergute*  bei  ben  Tominifunern 
inne  ()atte.  ((Sine  3d)mefter  9?eud)lin*  Ijcirntete,  »nie  l)ier  gleid) 
bemerft  fein  foll,  ben  reidjeu  unb  mol)luuterrid)teten  ooljonn 
Deuter  in  Bretten  unb  mürbe  bie  Wrofjmutter  be*  Reformator* 
^l)ilipp  3»elnnd)tl)on.) 

9Jad)betn  SWeudjlin  bie  (ateinijdje  Sdntle  feiner  ©aterftabl 
befud)t  t)atte,  be&og  er,  uod)  uid)t  gnnj  15  3afire  alt,  bie  Uni 
oerfität  Jyreiburg  unb  betrieb  pl)ilofopl)ifd)e  3tubicn.  1473 
begleitete  er  ben  SJ$  ringen  ^riebrid)  oou  Stoben  nad)  sJ>ari*,  mo 
er  feine  3tubien  fortfetUe  unb  fid)  bie  }lnfang*grünbe  be* 
(%ted)ifd)en  aneignete.  Ta*  folgenbe  onljr  begab  fid)  ber  ftreb- 
jame  oüugling  und)  Stofel;  l)ier  oertiefte  er  fid)  mit  .fttlfe  eine* 
(Mriedjen  in  ba*  3tubium  ber  3prad)e  be*felbeu  unb  mürbe  1477 
SMagifter.  Sttofjrcnb  biefer  ;}eit  gab  er  fein  erfte*  Wert  l)crau*, 
ein  lateinifdje*  ^örterbuet),  loeld)e*  eine  grofje  Ni^al)!  oon  Wuf 
lagen  erlebte. 


fcjte  bort  feine  gricd)ifd)en  3tubien  fort.  3eit  1478  ftubierte  er 
in  Crlean*  unb  s}$oitier*  bie  Wedjte  unb  l)ielt  baneben,  mie  fd)on 
in  Stofel,  S>orlefungen  über  bie  lateiuifdje  unb  gried)ifd)e  3prad)e. 
Sludj  arbeitete  er  eine  gried)ifd)e  (Mramnuttif  au*.  Ünbe  1481, 
nid  Üijentiat  (b.  1).  al*  ein  ,yt  ^orlejungen  SBered)tigter)  ^urürf 
gefel)tt,  trat  er  in  bie  Tieufte  (iberl)arb*  im  Storte,  nad)bem  er 
ytoor  an  ber  Tübinger  llnioerfität  al*  ^rioatbo^ent  gemirft  Ijntte. 
UMt  Tübingen  oerljeiratete  fid)  Deudjlin  unb  lebte  in  glücfliduT, 
mentt  and)  tiuberlofer  Cii>c.) 


^oljnttu  Wtmijlin. 


$foraf)eim  im  Mittelalter.  1 7 

@taf  ©berfjarb,  bcr  fpätcrc  etfte  mürttcmbergifcfjc  £>crA,og, 
rocld)er  mcnigc  oal)rc  oorljcr  bic  £>od)fd)ulc  jju  Tübingen  gegrünbet 
Imttc  uitb  oft  nad)  bort  tarn,  tuitrbc  balb  auf  beu  jungen  (Mcl)rtcu 
aufmcrffam  unb  faßte  ein  fotöjeS  Vertrauen  au  ihm,  bajj  er  ti)u 
au  feinem  täglichen  OJcfeUfctjaflcr  unb  (Mjeimfdjrcibcr  machte, 
oleitc^liii  begleitete  beu  (trafen  (*bcr()arb  1482  nad)  Italien  unb 
tjielt  in  SKom  oor  bem  $apft  unb  feinen  Slarbinälen  eine  latcinifdjc 
JRebe,  bie  bei  beu  ^ufjbrcrn  grojjcö  Staunen  erregte.  9iad)  ber 
Würffcl)r  naljm  er  mit  bem  $>ofe  feinen  äBofntfty  in  Stuttgart; 
1484  nmrbe  er  3kifitter  bes  bortigen  .ftofgcridjtö  unb  1485 
Anmalt  bc*  Tomiuifauerorbcu*  für  gan,}  Tcutfd)lanb.  2JM)rfad) 
erfolgte  aud)  feine  $ern>enbung  51t  (^efaubtfc^aften.  So  fam  er 
1400  *um  $mcitcumalc  nad)  otalicu;  1492  reifte  er  mit  ßberlwrb 
narf)  üin$,  bei  meldjem  9tua|  er  00m  Maifer  in  beu  Sfoelßanb 
erhoben  mürbe  unb  beu  Titel  eine*  ^faljgrafcn  crljiclt.  $alb 
nad)  feiner  Miitffeljr  nad)  Stuttgart  erfd)ien  feine  berühmte  Schrift 
Atom  muubertl)ätigen  Sort".  ' 

9Wtt  ©berfyarbö  9fad)folger  oertrug  ftd)  ffieudjün  nid)t  gut. 
Terfclbe  ftaub  unter  bem  (S'infiuft  bc*  gcnriffcnlofcn  Dr.  .ftolAinger, 
unb  fltcudjlin  AOg  cd  511m  l'eibmefen  aller  gutgesinnten  'liMirttcm 
berger  uor,  1496  in  bie  Ticnfte  bed  pfäl,yfef)cii  fturfürften  311 
treten.  Tiefer  ernannte  il)u  1497  511m  furfürftlidjcu  SHat  unb  (£*r 
Ajcljcr  feiner  Söl)ne  unb  in  beffen  Auftrag  unternahm  3icud)liu  1498 
jeinc  britte  Womrcifc,  bie  il)in  mieberum  oiele  ^lucrfcunung  eintrug. 

Sd)on  im  folgenben  3af)rc  trat  er  jeboef)  in  ben  roürttcm- 
bergifdjen  Staatsbicnft  Aurütf  unb  mürbe  1502  A.um  TOtglicb  bc$ 
^id)tcrfollcgium*  be-J  fcf)roäbifct)ctt  $unbc*  in  Bübingen  geroäfjlt, 
rocld)c*  Statt  er  aber  1513  mieber  nicbcrlcgtc,  tun  gaitA.  feinen 
Stubien  31t  leben.  Taft  er  bieje  aud)  als*  ^unbc*rid)tcr  nidjt 
oerfäumt  twtte,  geigen  Oerfd)iebenc  Sdjriften,  bie  teilloeife  in 
^for^ljeim  (bei  ?ln*i)elm)  gebrudt  mürben,  fo  bie  1505  crfdjicncnc 
(%'lcgenl)cit*fd)rift  „SHarumb  bie  Subetl  fo  lang  in  ellcnb  finb", 
unb  im  folgenben  oafjrc  ba£  i'eljrbud)  „Slnfangdgrünbc  bed 
fccbräifdjcn'',  ba*  gerabcAU  bal)nbrcd)cnb  mirftc. 

$on  Stuttgart  au*  ift  SReudtfin  l)in  unb  mieber  aud)  nad) 
^forjtjcim  gefommen,  mofelbft  bie  Sdjmeftcr  iReudjlind,  bie  Mittue 
bed  3of)ann  Deuter  in  Bretten,  nad)  bem  lobe  ifjrc*  äRanneS 
3Bot)nung  genommen  l)atte.  3l)r  (Snfel  s^l)ilipp  Scljmar^erb 
befud)te  bie  ^for^ljeimer  lateiuifd)e  Sd)ttle  unb  fein  Wroftof)eim 
JHeudjlin  foll  fid)  jel)r  für  bic  Jyortfdjrittc  bes  aufgemerften  ftnabcu 
intcreffiert  fjaben.  993ie  bic  lleberliefcrung  31t  berid)tcn  meift, 
murbc  flieudjlin  einmal  bei  feiner  ^(umcfenl)eit  in  ^foiA^cim  oon 
beu  gcrabc  ocrfammcltcn  (^eiftlidjcn  bc*  ^for^eimer  l'anbfapitcld 
31t  einem  (Maftmat)l  gelabcu.  Wadj  $ccnbigung  bcefclbcn  trat  fein 
Sd)rocftcrcnfel  s^l)ilipp  mit  einigen  Mcttfcfjülcrn  Oor  bie  Gtäfic  unb 

2 


)igitized  by  Google 


18  PNrteta  im  Mittelalter. 

führte  eine  (ateinifdjc  ftomöbie  auf,  tocld)e  Sfctic&tut  bamals 
herausgegeben  hatte.  Bei  biefer  Gelegenheit  roanbclte  3leutf)lin, 
ber  Sitte  ber  (Mclc^rtcn  jener  $c\t  entfprcd)cnb,  beu  tarnen 
Sdjloarjerb  in  „9)teland)thon"  tun. 

Tic  SBiclfeitigfcit  uub  Neuheit  feine*  öiffen*  unb  bie 
£autcrfeit  feinet  li'haraftcrs  mad)ten  Wcudjlin  jum  Raupte  bes 
beutt'cfjen  Humanismus.  Site  fold)es  crfrfjtcn  er  befonbers  in  bem 
Streite  mit  ben  Tominifancrn  $u  ttüln,  in  toclcfycn  er  ocnoicfclt 
nntrbe,  als  er  auf  SScifung  bes  ftaifers  im  3al)re  1510  ein 
(%tad)tcn  abgegeben  hatte,  bas  ftd)  gegen  bie  Hon  bem  getauften 
^uben  "^fcfferforu  in  Äöln  geftellte  J^orbcrung,  beu  ^uben  ihre 
Bücher  tvegjuneljmen  unb  \ii  oerbreunen,  mit  alter  ($ntfd)icbenhcit 
meubete.  Balb  beteiligte  fid)  bie  gan^e  gebilbete  Welt  an  biefem 
Streite,  ber  übrigens  alle  .fytmamftcn  auf  WcudjlinS  Seite  Oer 
einigte.  Sluf  bie  gegen  lotl  gerichtete  Sdjrift  „foanbfpicgel" 
antwortete  er  mit  bem  „Mugenjpiegel",  morin  er  fid)  fräftig 
feiner  fiattf  mehrte.  Seine  Wibcrfad)cr  ftrengten  einen  s}*ro$cft 
gegen  il)n  an,  in  toeUijem  aber  1514  ber  Bifdjof  oon  Spcucr  $u 
(fünften  WeudjlinS  cntfd)icb.  Tic  hiergegen  nad)  9fom  erhobene 
Berufung  führte  1520  ^mar  einen  uugünftigen  Bcfdjcib  für 
JWcud)lin  l)erbei,  ber  biefem  jebod)  feinen  weiteren  Waducil  brachte. 

infolge  ber  jwifdjen  Herzog  lllrid)  oon  Württemberg  unb 
bem  fd)toäbifd)en  Bunbe  ausgebrodjeucn  Kämpfe  ging  Wcudjlin 
1519*)  nad)  ^ngolftabt  unb  lehrte  an  ber  bortigen  Uniocrfität 
Wriec^ifd)  unb  .sScbräifd).  Tod)  fc()rte  er  fdjon  1521  loicbcr  nad) 
Württemberg  jurücf  unb  erhielt  einen  JKuf  als  sJ$rofcffor  ber 
gried)i|d)en  unb  l)cbräi)cf|cn  Spradjc  nad)  Tübingen.  Sd)ou  länger 
fränflid)  unb  förperlid)  nidjt  mcfjr  nuberftaubsfähig,  erlag  Wcud)lin 
aber  am  30.  3uni  1522  einem  bösartigen  lieber,  gegen  Welches 
er  oergeblid)  im  Babc  l'icbenjell  Teilung  gefudjt  l)atte.  Sluf  bem 
i'a(virettfird)l)ofc  in  Stuttgart  nt$en  bie  ftcrblidjcn  lleberrefte  bes 
groften  (Mehrten. 

ilicudjlin  hat  fid)  als  erfter  i'chrcr  bes  (Mricdjifdjcn  in 
Teutfdjlanb  oerbient  gemacht.  (St  behielt  bie  ncugried)ijd)c  Slus 
fpradjc  bei,  bie  nad)l)er  im  Wcgcnfatf  ber  bes  (TraSmuS  bie 
Meud)lin'fd)e  genannt  tourbc.  TaS  fccbräifchc  l)at  oor  il)m  fein 
ftumanift  gelehrt,  ©r  felbft  fjat  es  aud)  erft  im  Wannesalter 
mül)fam  oon  einem  oitbcn  gelernt,  unb  jWar  oon  bem  faifcrlidjcn 
Öeibarjl  1'oanS,  melden  er  Wäfjrcnb  feines  Aufenthaltes  in  Stnj 
tauten  gelernt  hatte.  Ter  Deformation  hat  fid)  SRcudjlm  niemals 
ausbrürflid)  angefd)loffen,  obglcid)  er  iltfclandjthon  naheftanb  unb 
aud)  mit  Luther  Beziehungen  unterhielt.  Sdjlicftlid)  hat  er  fich  fogar 
gegen  &itl)cr  erflärt,  was  glitten  ju  einem  J?el)bebrief  ücranlafetc. 

*)  Widjt  1509,  roic  «ßflügcr  angiebt. 


igitized  by  Google 


Wotßtim  im  Wittetalter.  19 

3n  feinem  $Bcrfc  „(%e)d)\d)tc  ber  bcutfdjen  Deformation" 
urteilt  Dr.  ^riebridj  o.  Bejolb  folgenbermafjcn  über  sJieud)(in 
unb  ben  „3ubenftreir : 

föeudjlin  mar  fein  <ißoet,  obmohl  er  gelegentlich  ein  paar 
tateinifche  ftomöbien  Oerfafjt  f)at.  Wid)t  bie  Schönheit,  fonbern 
nur  bie  Wahrheit  lag  ihm  am  fterjen.  3cbc  cinfettige  ftultur 
ber  fcfjönen  SSiffcufchaft  mar  il)m  ein  Wcrqerni*.  (£r  erflärte 
einmal,  oerhüten  au  motten,  „baß  bie  t)ei(ia,e  Schrift  gan$  oertoren 
gct)c  unb  unfere  Seelen  über  bem  reijenben  GJefang  jener  Sirenen, 
benen  faum  ein  Uluffcö  miberftchen  fünne,  iu£  ©erberben  geraten." 
3Ba$  in  ihm  mächtig  arbeitete,  mar  eine  2Biebcrgcburt  beä 
(Shnftentumä ,  mie  fic  ben  ebelftcn  (9eiftcrn  bc£  italicnifchcn 
foumaniämuä  oorfrfjmebte  unb  fein  greunb  Slgricola,  ber  erfte 
bcutfdjc  ^latonifer,  fic  träumte.  (£r  ging  $urücf  biä  51t  ben 
ehrroürbigftcn  Oucltcn  oorchriftlicf)cr  (9ottc$ertcnntniö,  bie  er  oor 
altem  in  ber  angeblich  uralten  jübifdjen  (^et)eimtet)re,  in  ber 
„ftabbalaf)" ,  51t  erfennen  mahnte.  (*r  blieb  babei  jeitlebend  ein 
treuer  Sol)n  ber  ftirche,  aber  ber  einfache  (Staube  ber  (Stiften 
genügte  il)m  nicht,  tiefem  Drang  nach  ßrfenntniö  foltten  feine 
hebräifcf)en  Stubien  bienen,  unb  nun  jal)  er  fidj  auf  feinem 
£icblingsfclb,  auf  bem  er  roirflief)  bahnbrechenb  gearbeitet  f)atte, 
burrf)  bie  l)oc^mütigc  Borniertheit  ber  tölnifchen  Dominifaner 
bebroht.  Der  ärgerliche  Streit  über  bie  33ücher  ber  3uben,  meiere 
fflcmfyin  nlä  äWann  ber  SBiffcnfcbaft  oor  Vernichtung  511  fchüfceu 
flickte,  führte  ben  attemben  belehrten  in  ba£  if)m  ungeroofjntc 
Wetümmet  bc£  ÄampfeS.  SDfan  (ann  nicht  fagen,  bafj  er  fetbft 
in  allen  SUcchfclfällen  bc$  Streitet  feine  feürbe  mahren  Der- 
ftanben  hätte;  aber  bie  SJebcutung  bcS  9ieuchlin'lchcn  $>anbelnä 
liegt  roeber  in  bem  (^egenftanb,  *  noch  m  ocm  herhatten  ber 
fcauptperfon,  fonbern  in  bem  arofeen  ©egenfafc  ber  $8eltanfd)auung, 
ber  babei  erft  beutlich  aum  Vorjchcin  fam  unb  bie  SWänncr  ber 
fte^ergerichte  unb  Scheiterhaufen  auf  ber  einen,  bie  ^umaniften 
auf  ber  anberu  Seite  gleicf)fam  in  jmei  unüerf ähnliche  Heerlager 
ipaltete.  

f^Ji  (£inä  ftcht  feft :  ^eitgenoffen  imo  ^angeborenen  finb 
einig  barüber,  bafj  Dencf)lin  51t  ben  heroorragcnbften  GJciftcrn  £u 
jählen  ift  unb  feine  Vaterftabt  Spforjhcim  fyat  alle  Urfache,  ftolj 
auf  ihren  Sohn  31t  fein. 


ungemeine  Wittcilungeu. 

So  unficher  bie  ^anbftraftcn  in  früheren  3ahrhunberten, 
inebefonbere  in  ber  üorreformatorifchen  3cit  au<h  waren,  fo  fyattc 
fich  boefj  ^ßfoqheim  cine3  lebhaften  Verfchrö  511  erfreuen. 
Mehrere  SReicfjshauptftrafjcn  treujten  bie  Stabt  unb  festere  bilbetc 

2* 


Digitized  by  Google 


20  $for,rtcim  int  Mittelalter. 

eine  fcfjr  einträgliche  ^ollftittou  für  bie  3)iarf<\rafcn.  Um  bie 
Witte  be*  15.  ?sal)rl)tinbert*  beftanben  in  ^for^heim  folaenbe 
^ollfäHe:  ju  Gaffer:  100  .früher  ober  Horben,  arofi  ober  fleht, 
8  Sdjilliua,  ^fenuia,,  ae,ymmerte*  foofo  oon  40'  ¥äna.c  unb 
barunter  1  ^fq.  jebe*  2tücf ;  yt  l'anb :  ein  3$aqcn  ooÜ  Ciifcn 

1 4  $ffl.,  «alj  ober  »in  8  ^fq,,  ein  Marren  ooü  »in  2 

eine  lonne  .froniq,  ftarinq,  Jyifche  :c.  3  vJ*fq.,  ein  Rentner  SSadj* 
3  ^fiv,  ein  Marren  Ooll  »Ibtoerf  für  Mürfii)iter  unb  3d)itl)mad)er 
pro  sj*ferb  15^fq.,  ein  »iqrn  ooll  Jud^euq  für  bie  ^ranffurter 
Weffe  pro  s^ferb  3  Sdjilliuq  ^fenniq,  ein  sl£aqen  ooll  aus 
qefürjrter  Butter,  3d)mal;v  Uufd)litt  ?c.  pro  ^ferb  15  s)>fq.,  ein 
$£aacn  Holl  Jvrudjt  in  bie  Stabt  2  x}>fq.,  au*  ber  3tabt  1  geller, 
ein  auf  bem  s^ieb,marfte  qefauftctf  ober  uerfaufte*  ^ferb  1  s^fq., 
ein  burd)  bie  3tabl  qefüljrtc*  s}>ferb  2  ^fq.,  ein  Wiub  2  s}>fq., 
(yoei  Sdjmeine  2  s}>fq.  ufn».  »Mufjerbem  bc.^oq  ber  Warfqraf  nod) 
in  ^forjheim:   oon*  100  fl.  Steuerfapital   I  «d)illinaj  oon  je 

15  Watt  »in  1  Waft,  oon  jeber  ber  20  erblid)  oerlierjenen 
iWcticIbänfo  10  Sdjillinq  v}>fenniq,  fomie  i>  3d)illinq  s£fenuiq 
oon  ber  Wcliqer  ^unft,  oon  jebem  harter  10  3d)illinq>}>fenniq, 
ebetifo  oon  ber  härter  ;{unft  15  3d)illiuq  s}*fenniq,  ferner  ;Jiu|cn 
oon  ber  t^ait  unb  Celmül)le,  oon  brei  £d)leif  unb  (^oei 
Mupfermül)len,  oon  ber  Säqmüljle  im  £vtqen(d)ieft,  ebenfo  oon 
»iuqiirten,  Käufern,  oaljrmärften  n\,  foioie  oon  liefen.  »Hn 
Wühlynfen  muffen  entrichtet  werben  :  oon  ber  *&aaniiil)le  30  Walter 
Meinen  unb  30  Waller  iNoqqen  jäbrlid),  oon  ber  5pitalmüt)le 
ebenfooiel,  oon  ber  Mloftermüijle  20'/*  Waller  Mernen  unb  eben 
fooiel  Moqqcn,  oon  ber  Pfriemen  ober  Wounenmüble  oon  beiben 
^rudnforten  20  Walter  unb  Oon  ber  ;{loinqelmülile  ebenfalls 
20  Walter.  Ter  £errfd)aft  aeuürten  ferner  fämtlirf)c  Jfrcocl, 
b.  I).  bie  (iTträquiffe  au*  beu  auferleqteu  duften;  aud)  befafi  fie 
oerfdjiebenc  »tlbunqen  in  ber  (Meqenb  oon  s^f  Olxheim,  barunter 
aud)  beu  .v>aqenfd)ieft,  über  welchen  ein  eigener  <\örfter  gefeilt 
Uhu*.  Ta*  (Geleite  ber  Maufleute  unb  iljrcr  »nett  bilbete  ebenfo 
eine  nidjt  unaufebnlid)e  (Einnahmequelle.  So  mürbe  1452  ^oifdicn 
bem  Warfqrafeu  ?safob  unb  bem  pfäl^ijdjen  Murfürften  ein  $er- 
traq  batjiu  abqcfd)!  offen,  baft  bie  ^abener  bie  .v>anbel*leute  oon 
^forjheim  nad)  Bretten  511  bem  alten  Walsen  unb  auf  ber  aubern 
strafte  $u  ber  |Jieqcll)ütte  in  Minfliuqen,  bie  ^fäljer  fie  aber 
oon  Siefen  beiben  fünften  nad)  ^for^eim  geleiten  follten. 

3u  ^for^heim,  al*  ber  u>id)tiqftcn  Stabt  ber  Warfqrafjd)aft, 
mar  aud)  bie  fürftlid)e  Wün  ^ftätte  unb  fd)on  1413  mirb  al^> 
Wün^meifter  ein  ?\afob  ^röqliu  ermähnt,  $on  anbeten  l)cr 
oorraqenbcn  ^erjouen  fiub  ,^u  nennen :  ber  qejdjidtc  .'Dofyfdjneibcr 
Johanne*  Mern,  ber  bie  (il)orftül)le  in  ber  Stift^fircrje  ,^u 
s^aben  oerfeniyt  hat,  unb  ber  ^Irmbruftmadjer  Withacl  ?lrm- 


itforalKim  im  Mittelalter.  21 

b  r  u  ft  c  r,  ben  Marl  I.  von  allen  Steuern,  ftrobnben  unb  fonftiflen 
haften  befreite.  ;}uuor  fdjon  lebte  al*  Säuger  unb  Tidjter 
„SR  et  ft  er  &einrid)"  Ijier.  tct>t  umlauft  bat  Meud)lin  ^>for,v 
beim  al*  eine  „  Sterbe  ber  Münftler  unb  $>eimnbrtna,eriu  bebeuteuber 
gfiftifler  .Strafte"  be^eidntet. 

$on  ontereffe  ftnb  bie  uerfd)iebeuen  ^ruberf cf)af ten, 
bie  im  ^'aufe  bes  15.  3al)rl)iinbcrt»  in  ^fin^beim  unter  beu 
^lugebörigeu  ber  i»crfci)i ebenen  fünfte  errietet  Untrben.  £aö 
.sminbwerf  batte  näiultd)  eine  boppelte  Innung  ober  Bereinigung: 
eine  redjtlidje,  meldje  in  ber  ^uuftorbnuna,  enthalten  mar,  unb 
eine  religiöfc,  bie  in  ber  ^ruberjefyaft  jum  Äiwbrncf  fam.  So 
mirb  1 423  eine  $trubcrfdjnft  ^mifdjen  beu  s^ärf*erfncd)ten  unb  ben 
SWeiftern  unb  Pflegern  bee  Siedu'ujpital*  ryt  ^for^beim  ermahnt. 
3ic  batte  ben  ;}mecf,  bie  Pflege  unb  Besorgung  erfraufter  ober 
arbeit*unfäl)ia,er  ftaubmerf*  ^Ingebörigen  ju  fiebern,  ttcfntüdje 
SBruberjdjafteu  bcjnftcu  bie  Sdnteiber,  bie  £d)ul)mad)er ,  bie 
ftimmerleute,  bie  Si>ebcr,  bie  Stfcingärtncr  uim.  ?lnd)  unter  ber 
^üra,erjd)aft  beftanb  eine  allgemeine  Bereinigung,  meldje  „2t. 
Mattbiefen  ^rnberfdiafr  biefi.  Tu*  Vermögen  aller  btefet 
^ruberjdmften  Uuirbe  fpätet  JU  einem  allgemeinen  fllmoieufonb 


*3ffo*3$etm  unter  "g&tarfigraf  ^ßriflof. 


Tie  etabteorbuung. 

Ii  ben  tieften  Surften  Gabens  ift  Mario  I.  Sofyn,*  (S  l)  r  i  ft  o  f  I., 
ju  rechnen,  bcr  oon  1475  1515  regierte.  l£*r  vergrößerte 
)ein  &mb  burd)  ia()lrcicfjc  (£m>crbungen  uub  audj  ^for^ljeim 
l)at  unter  il)m  einen  )o  bebeutenbeu  W  n  f  f  d)  tu  u  n  g  genommen, 
bafe  cä  fid)  mol)l  oerloljnt,  fjierauf  in  einem  bcjonbcren  ttapitcl 
niil)er  einzugehen. 

©ffon&erS  mistig  ift  bie  Stäbtcorbnung,  meldje  bcr 
Warfgraf  im  3al)rc  1491  ^for^eim  ucrlicl)cn  hat.  ©e  beredte 
bie  $örberuug  ber  Freiheit,  Sid)crl)cit,  iNut)c  unb  Wohlfahrt  ber 
SM'trgerjchaft,  nebenbei  aber  aud)  bie  Nahrung  ber  Ianbcsfürftlid)en 
3ntercffen,  inbem  burd)  bie  Slufhcbung  ber  bireften  Steuern  unb 
bie  Einführung  ber  $erbraurf)öacfijc  eine  nid)t  unerl)cblid)e 
s^erme()rung  ber  Einnahmen  bcö  SÜcarfgrafcn  beluerfftelligt  umrbe. 

.  Tie  neue  Crbnung  bcftimmte,  bajj  bie  ^emohncr  bcr  Stobt 
s^for3l)eim  famt  ihren  ^ßorftäbten  unb  ber  s?lltftnbt  „in  fünftigen 
Reiten  unb  Tagen  emiglid)"  oon'  J^roljnben  unb  Steuern  ent 
bunben  fein  follten ;  fie  enthielt  ferner  bie  ;}ufagc  be*  SdjutieO 
ber  perjünlid)en  Jrc^)c'l  1,110  oc*  Eigentum^,  ba£  Wed)t  ber 
^rei^ügigfeit  unb  ber  ungel)iuberten  s3lueübung  bes  Berufe*,  baä 
>Hed)t  ber  Wutmicfiung  be£  (Mcmciubcgutcs  unb  einiger  (Gefälle, 
fotoie  unter  gemiffen  ^orau*icfcungcn  Sa3  »ied)t  eigener  Bericht* 
barfeit.  ftttbere  ^eftimmungeu  galten  bem  f)errfd)aftlid)en  <^ertd)to 
ftanb  in  ^forjheim,  ber  Stabtbcmad)ung,  bem  Iborfdjlufj  unb 
ber  SMirgerannahmc.    SVjüglid)  ber   lederen   mar  ucrorbnet: 
„Ein  jeglicher  ^rember,  ber  gen  s^for^)eim  pichen  mill,  joll  uon 
unferm  Sdntltrjeificn    angenommen  merbeu    unb   geben  einen 
Schilling  Pfennig  ber  Stabt,  einen  Sdjilliug  Pfennig  bem  Sd)u(t 
hcijjen  unb  einen  Schilling  Pfennig  ben  Webüttelu."    Tic  Unter 
fäufe  mürben  aufgehoben ;  and)  erfolgte  bie  ^erminberung  bes 
^funb^olle*  auf  1  Pfennig  pro  Wulben.    Tie  Errichtung  einer 
Oiclbmechiclanftalt,  „allmcg  uon  einem  Sd)ulthei&en  mit  famt  bem 


Digitized  by  Google 


$for^cim  unter  ittarfgraf  Cfjrifltof- 


$ürgcrmeifter  jum  l)öd)f4en  verliehen",  War  auf  ftanbel  unb 
$8anbcl  uon  uorteilhaftcm  Hinflug. 

Daft  bcr  Wiirfi^raf  bei  bor  Wcuorbnung  bor  ftäbtijcl)en 
^crhtiltniffc  nicht  ,yi  fur,^  fam,  ift  fdjon  augebeutet  worben.  Die 
$)errjit)aft  behielt  fiel)  vor  bic  „Cbrigfcit  unb  ipcrrlid)feit",  alle 
it)re  (Bülten,  ^injen,  Meuten  unb  (Gefälle,  „wie  fold)e$  AlleS  auf 
un$  fommen  uub  wie  cd  bisher  ingehabt",  ebenjo  im  Notfälle  bie 
Auferlegung  einer  Mricgsftcucr,  jowie  ba*  SHecfjt  ber  Aufnahme 
uon  (Selbem.  Der  3Mirgcrfd)aft  Würbe  c*  jur  ^flidjt  gemacht, 
ben  l)errfd)aftlid)en  „Sd)ablo*briefcn",  b.  t).  3d)ulbver|chreibuugcn 
„allmeg  aud)  gehorjam"  51t  fein  unb  „$u  tl)im  ol)ue  ^iberrebe." 

An  bic  $>errfd)aft  Waren  f  olgenbc  Abgabe  n  511  entridjtcn : 
uon  jebem  Bürger  unb  (*inWot)ncr  uon  allen  ^rüdjtcn,  bic 
*ur  ÄKühle  gethan  ober  au  Wrot  uerbarfen  Würben,  unb  AWar  uon 
einem  kalter  Kernen  12  $fg.,  Joggen  9  $fg.,  Fintel  G 
(Werfte  gerollt  ober  gegerbt  3  ^fg. ;  über  unb  unter  einem  kalter 
cntjprcchcnb  bem  Cuantum,  nämlid)  uon  einem  Simri  Meinen 
P/a  ^fg.,  uon  AWci  Simri  Joggen  2  Vi  s^fg.  ufw.  Die  Füller, 
il)re  Familien  unb  iljr  QJefinbc  hatten  einen  l£ib  31t  leiften,  ber 
fic  ucrpflid)tctc,  leine  Rnic^t  ju  mahlen,  beuor  it)nen  ba*  „s^oit 
$eid)en",  b.  h-  ber  ^emeiä  für  bie  bezahlte  Accife  autfgebänbigt 
Worben  mar.  (Sbeujo  burftcu  bic  härter  nur  gegen  ^erabfolguug 
be*  ermähnten  Reichend  ü^rot  baden.  (Die  N&ortAeid)cn  beftauben  . 
in  runben  ^lcd)ftütfen  uon  ber  (Prüfte  eine*  halben  (»iilben*,  auf 
beneu  ber  Warne  ber  3Jiül)le,  jowie  bie  SM  enge  unb  (Gattung  ber 
31t  mal)lenben  J^rudjt  angegeben  mar.)  Meiner  s}$erjon  burfte  auf 
einmal  mel)r  beim  ein  3mt  ittiel)l  (etwa  0  l'itcr)  verfauft  Werben. 

^er  s^cin  auiu  Autfjdjanf  brad)tc,  mujjtc  uon  jeber  Cl)m 
ben  SHert  uon  8  Waft  **cin  in  Wclb  entriducn.  (Sin  ftafc  burfte 
nur  bann  angeftodjen  Werben,  wenn  c$  5uuor  uon  ben  „Wc 
jd)Worencn"  uerfiegclt  mar.   fiür  ben  311  foauje  uerbraudjteu 
&<cin  Waren  G  sj$fg.  uon  ber  Cl)iu  511  Aal)lcn. 

Die  siMefcgcr  l)attcn  uon  jebem  Rentner  ftleijd)  18  s}% 
au  geben  unb  barunter  unb  barüber  uon  fünf  ^funb  1  s}$fg. 
$X*cr  in  feiner  ^eljaujung  jc^lad)ten  liejj,  mufjte  gleichviel  Wie  bie 
5Uie|jger  an  Accijc  entrichten. 

3  a  Ia.  burfte  im  ."bauMjalte  nur  bann  uermenbet  werben, 
wenn  cä  von  ber  Stabt  getauft  Worben  War. 

oebe^  oaljr  Würben  bie  (Einnahmen  „chrvarlidj  verrechnet" 
unb  in  vier  Deilc  geteilt.  Drei  Dcile  erl)ielt  bie  £)errjd)aft  unb 
ein  Deil  verblieb  ber  3tabt  ^for^eim.  Dafür  hatte  letucre  311 
unterhalten  bie  dauern,  Wräben  unb  Itirme  ber  Stabt,  bie 
iörütfen,  Stege  unb  Stra&eu,  ebenjo  alle  dachen  uub  bitten. 
"Auch  muftte  fic  an  bcr  SVjolbung  bcr  ..ttneduc  unb  Sammler 
ber  (Gefälle"  ben  uierten  leil  tragen. 


Digitized  by  Google 


9fpC8$eun  unter  SKarfflraf  ßnriftof. 


Den  9fa$tommen  be*  SRartgrafen  (Shriftof  tollten  bie 
v^fot^l)cimcr  nur  bann  ljulbiflcn  t>crpflid)tct  fein,  nad)bem 
elftere  juuor  in  „jiemlidjer  ft-orm"  bie  Freiheiten,  Haftungen  unb 
€rbnuna,en  ber  $ürgerfd)afi  befähigt  Ratten. 

Xer  rrteoorftanb  oou  bamal*  mar  (\ufammena,cfelU  au« 
einer  rid)terlid)en  unb  einer  uermaltenben  ^ebörbe.  Chftere  mürbe 
gebilbet  burd)  ben  3d)u 1 1 ()  eigen  unb  ba*  Werid)t,  teuere 
burd)  ben  J&ürgerme  iftcr  unb  ben  Wat.  Ten  Sdjult 
tjeiften  ernannte,  wie  fdjon  früher  ermähnt,  ber  ^anbesberr, 
ol)ue  ;}utt)un  ber  (tyemeinbe.  ÜSö  war  bem  3d)ultl)eifjen  unter 
jaiyt,  einen  9Hkrger  anbei*  als  unter  ben  in  ber  Sdjultheigen 
orbnuua,  gegebenen  3$orau*jefyungen  gefäuglid)  einrieben  (ju  laffen. 
£ie$  burfte  aber  uubebingt  getd)el)eu,  meun  ein  Bürger  megen 
3duilben  ober  Vergeben  fid)  flüchtete  unb  ergriffen  mürbe.  Vlieb 
ein  Bürger  megen  5d)ttlbeu  über  ein  Vierteljahr  meg,  fo  mugte 
ber  3d)iiltt)cift  burd)  Veid)lagnal)me  bee  Vermögen*  bc*fclben 
bie  Med)te  ber  (Gläubiger  511  ftdjern  fudjeu.  t£;iugrif?e  in  bie 
^efugniffc  unb  Freiheiten  ber  Stabt  untren  bem  3d)ultl)ciften 
ftrenge  unterfaßt,  unb  bem  ^Heg.ytg  eilten  Vürger*  ober  (£iu 
mohners  burfte  er  feine  Sdjmicrigfeiteu  bereiten.  Ta*  (»eridjt 
beftanb  am  ^mülf  ^erfonen,  bie  ber  Vürgerfdjaft  entnommen 
tuurben  unb  ihr  Wntt  ein  ?sal)r  lang  511  oerfeljen  hatten.  Tie 
^uftäubigfeit  be*  C£erk$te$  mar  beftimmt  burd)  bie  Werid)t* 
orbnung  unb  befdjränfte  fid)  in  ber  .frauptfadjc  auf  (yoilred)tlid)e 
s?lngclegenbeiten,  mäl)renb  bie  eigentlid)eu  Mriminalfad)en  oou  ben 
fürftlidjen  Amtleuten  erlebigt  mürben.  Ten  oor  Weridjt  erfd)eineuben 
Parteien  mar  es  geftattet,  fid)  burd)  „Fürfprecfjer"  beraten  unb 
vertreten  311  laffen.  5«  gewöhnlichen  Streitfällen  burfte  fein 
Jvür)>red)cr  mehr  als  fimmed  ol)ne  befoubere  (frlaubnie  reben 
unb  hatte  fid)  babei  nod)  möglid)fter  .Stürze  ,yt  befleißigen.  3n 
mistigen  Sadjeu  jebod)  burften  bie  Fürfpredjer  reben  fo  oft  unb 
fo  „bitf"  fie  mollten,  „bamit  feine  Partei  gefäumet  merbe." 

Tic  Vermaltung  ber  Stabt  mar  bem  Vürgernteifter  unb 
9Jat  unterftellt.  Ter  Vürg  ermei  fter  mürbe  oou  bem  (Rendite 
unb  tönt  auf  ein  oal)r  gemäl)lt.  l£r  hatte  bas  Wemeinbeoermögeu 
ju  oermalten,  bie  Einnahmen  unb  Sluögaben  ju  befolgen  unb  bie 
Vefd)lüffe  bes  (Berichtes  unb  tönt*  311  ooll^iebeu.  obren  befehlen 
jolltc  er  „geborfamen  unb  nid)t  mibermärtig  fein."  s?lud)  mar 
ihm  $ur  ^>flid)t  gemad)t,  „auf  bei*  3tabt  Freiheiten,  töedjte  unb 
Wemobnhciten,  ihre  (Meredjtigfeit,  (befall,  töufcung  unb  Webau  ein 
fleißig  Vluffehen  $u  haben."  3l)m  lag  ferner  ob  bie  Muffidjt  über 
alle  Vebienftcten  ber  3tabt,  bie  .'franbbabung  ber  ^oli,^ci  in  3tabt 
unb  Jvlur,  fomie  in  Wemeinfdmft  mit  bem  Vaumeifter  bie  Kontrolle 
aller  ftiibtifd)en  Webäube  unb  Neubauten.  91m  Sdjluffe  feine« 
Tienftjahres  (>attc  er  töedjnung  abzulegen  unb  burfte  feinem 


Digitized  by  Google 


9fof§$efa  unter  Sßarfaraf  Gfjriftof.  25 

9tad)folatt  feine  KuSffönbe  hinterlaffen.    Ter  Rat  tuurbc  mic 
baä  Wcridjt  ans  ber  $üra/rfc$aft  i^ciunljlt  itnb  beftanb  berfelbc 
ebenfalls  au«  ;,tuölf  3Wita,liebern.    dr  mar  in  $ettoaltnna,sfad)en 
bie  be)ct)lteflenbe  iBchtfrbc,  hatte  aber  aud)  in  manchen  Wna,clca,cn 
fetten  aaneinfam  mit  bem  OJcric^tc  511  befinben. 

(Memeinbebebienftete  merben  aufgeführt :  ber 
2tabtjd)ieiber,  ber  ^anmeifter,  bie  llmgelbcr,  ber  itornjdjrcibcr, 
ber  Sal,;me)"fcr,  brei  ^eifdjtuäget  nnb  ein  ^ l ci f et) f d) reib 0 r,  bie 
föetnficajcr  nnb  $i>cin|chrciber,  $mci  fyafjeidjcr  nnb  ber  l£id) 
jdjrcibcr,  bie  s^rotid)aner,  brei  ^leifd)id)ancr,  ber  ^ijd)jdMiter,  ber 
foärinajdwncr,  bie  (lidjer  für  HHafte  nnb  (^emidne,  gtori  Sftartt» 
meiftcr,  bie  Mornmcffer,  ber  s&*aa,fnccht,  ber  S&inftictjer,  bie 
Untergängcr  ober  ^elbmeffcr,  bie  Nüttel  ober  3tabtfncd)te,  bie 
^icrtlentc  (ftnfpaffer  in  ben  3torftäbten),  bie  Ihormartc  nnb 
Xf)Oljttjd)liefter,  bie  3d)ar  nnb  sJiad)tmäd)ter,  ber  5tabt$immer 
mann  nnb  ber  5tabtmanrer,  ber  Ind)  ober  9BoKeitf$aster,  bie 
T^clb  nnb  bie  Salbfdniften,  bie  3d)äfer,  bie  s}$fcrd)mciftcr,  bie 
Birten,  ber  aWcfiner,  ber  Totengräber,  ber  Stfafenmcifter,  ber 
Sdmlmeifter  (ber  alle  Schüler,  bie  über  14  oaljre  alt  untren, 
bem  ftüvftcn  nnb  ber  Stabt  Irene  fdnuoren  (äffen  muftte),  bie 
s&>inbmäd)tcr,  ber  Stabtfägcr,  ber  ^>iel)fd)auei%  ber  s&*aghan$ 
infpeftor,  ber  .ftanfmäger,  bie  Stabtprofnratorcn,  bie  .froljmeffer, 
ber  foenbinber,  ber  Jfcncrfchancr,  bie  Bingert Iji'tter  nnb  ber 
s)[  rmen  f  ra  nf  cnroärter. 

NJ)ian  ficht  an*  oorftcl)enbcr  9lnf$ählnng,  baft  bie  ftalji  ber 
ftäbtifdjcn  SÖebienfteten  eine  ocrhältnismäfng  fcf>r  i^rojse  mar.  Sie 
untrben  für  iljrc  Tienftc  befahlt,  aber  in  ber  Wcgel  nnr  auf  ein 
oaljr  angeftellt. 

lieber  bie  polizeilichen  Einrichtungen  nnb  s?ln^ 
orbnnngcn  mögen  hier  einige  äRitteihmgen  von  allgemeinerem 
Sntercffe  folgen : 

Tic  iU  a  rf  torbnung  beftimmte,  bafi  9Rtttu>9$3  nnb 
Samstag*  N&  0  d)  e  n  m  ä  r  f  t  c  abzuhalten  feien.  Wlle  Wcgenftänbe, 
bie  ;>u  itfarft  gebracht  mürben,  bnrftcn  nnr  auf  bem  SRarftc  jelbft 
oerfanft  merben.  ?seber  Bürger,  ber  auf  bem  SHarfte  &>aren  über 
einen  (Bulben  an  SBert  taufte,  muftte  anbere  auf  ©erlangen  am 
ftaufe  teilnehmen  (offen,  „bamit  feine  Teuerung  gemacht  werbe." 
Tic  iyrud)tfäufc  bnrften  nnr  im  .Stauf  bau*  abgetroffen  merben. 
oeber  Mänfer  muftte  mit  beftimmten  Korten  erflären,  mcld)eu 
v4>rct\S  er  ,yt  fahlen  gefouneu  fei.  Füller  nnb  i^erfänfer  bnrften 
ol)ne  befonbere  Erlaubnis  bc*  WtrgermeifterS  oor  12  Uljr  feine 
rtrndjt  fanfen.  SBcr  gröfterc  Quantitäten  fanfte,  muftte  anbere 
auf  itn*  Verlangen  am  ttaufc  teilnehmen  laffen.  S8iel)  nnb 
oahrmärfte  fanben  jährlich  oier  ftatt.  Tic  Crbnuug  hierbei 
hanblwbten  jmei  Warftmeifter,  toeldje  ben  Verlauf  oon  allem, 


26         .  $forj^tm  unter  ftorfgraf  (Sfjrtftof. 

loas  nic^t  tiaufmaun*gut  mar,  511  verbieten  unb  alle  Vorläufe 
Dor  bem  Warfte  ju  oerbiubern  tjntten.  Sic  bnrftcn  aud)  iiidt)t 
julaffen,  baft  t£*iner  bem  Hnbcrn  in  ben  ftanbcl  fiel. 

9todj  bor  ©auorbnung  burftc  berjeuige,  meldjcr  einen 
Sftatbau  aufführen  molltc,  ben  alten  nid)t  cljer  abreiften,  al*  btd 
biefer  einer  bcl)örblid)cn  ®efid)tiguug  unterzogen  morben  mar. 
SBct  ol)ite  s^eredjtigung  baute,  mußt«  ben  Stau  binnen  Wonatsfrift 
mieber  abreiften.  Unterfaßt  mar  u.  a.,  ol)nc  befonbere  (Srlanbni* 
Aborte  in  einen  SBtittel  \a  ridnen,  mo  foletye  uorl)er  niiijt  gemejen, 
Stfaffcrftcine  in  eine  gangbare  Strafte  ausmünben  511  (offen  unb 
bem  sJJad)bar  o()ne  beffen  ^cmilligung  baä  !L'id)t  51t  »erbauen. 
3eber  9ieubau  mar  minbeftens  in  .Stnict)ül)e  oon  ber  (£rbe  311 
untermauern,  um  ein  balbigeä  Raulen  ber  Sdnoellcn  311  ocr()inbern ; 
alle  alten  unb  neuen  (Mebänbc  muftten  mit  „Neimen,  Sdjornfteinen 
unb  jonften  geuert  Iwlber  Dcrfcl)cn  fein,  unb  minbeftenä  gnjetma! 
im  oaljre  l)atte  eine  gcridjtlicfyc  fteucrfdmu  umjugeljen. 

Die  SH ein lid) feit  lag  in  jeuer  ^}cit  fel)r  im  Birgen,  aber 
bod)  luaren  einige  janitärc  ^eftimmnngen  oorlmnben.  3n  ben 
Straften  burftc  „fein  Wift  gcmad)t  »erben -  unb  überhaupt  „fein 
Wefperr"  ftattfinben.  Üel)rid)t,  9lfd)c,  verbrochene  ftäfeu  :c.  bnrfteu 
nid)t  auf  bie  Strafte  unb  bie  Fintel  gemorfen  werben,  ebenjo 
wenig  tote  licre,  wie  $mube,  Stafeen,  Sdjweinc,  (itänfe,  ftityner, 
hatten,  Wänfc  ic.  öftere  muftten  uor  bie  Stabt  f)inau£  getragen 
unb  leitete  inä  Gaffer  geworfen  ober  bem  sItfafcumciftcr  über^ 
liefert  Werben,  ^licftcnbe  töloafcu  waren  nur  bei  groftem  Wegen, 
jcbcnfaltä  aber  nur  bei  sJfad)t  JU  reinigen.  3n  ben  einzelnen 
(Raffen  l)atten  Bürger  ben  Auftrag,  „ein  Wuffcbeu  ju  t)aben"  unb 
llngel)ürigfciten  bem  Bürger  ober  äaumeifter  anzeigen. 


Xir  ©ewerbwbmina.. 

befonbere  poli;3eilid)c  ^orjdjriften  betrafen  bie  Crbnungcn 
für  bie  Dcrjduebenen  Wem  erbe.    Sie  bejagten  im  mefentlidjeu : 

3eber  Wüllcr  burftc  nur  feineu  .Üunbcn  mal)len.  Die 
Wüller  muftten  bie  $rud)t  au*  ben  ftunbcnbäujcrn  abholen  unb 
baS  Wel)l  mieber  bal)in  Derbringen,  ftrudjt  unb  Wcl)l  mnrben 
ytoor  auf  ber  ftäbtifdjcn  $&agc  gewogen.  Än  „Wültcr  unb 
Wolter"  burften  bie  Füller  netnnen:  oon  einem  Walter  .Kauf 
fernen  einen  gehäuften  Pierling  .Sternen  unb  einen  geftrietyenen 
Pierling  sJDief)l,  oon  einem  Walter  (Merbferuen  !/a  Simri  .fernen 
unb  einen  geftridjenen  Pierling  Wcl)l,  von  einem  Walter  Joggen 
ober  gemijci)ter  ^rud)t  *lt  Si'mri  geftridjeu  unb  fein  Wc()l,  oon 
einem'  Walter  Smfcr,  $u  sWcl)l  gcmat)leu,  einen  geftridjenen  SSicr^ 


Digitized  by  Google 


$for^eim  unter  TOar^raf  Gtjrtftof. 


ling  Ü)Jef)l  unb  von  einem  Walter  fernen  ober  ^Ko^eit  51t  beuteln 
1  ftreujer.  Sämtliche  Wühlen,  bereit  ef  ,yir  $c\i  ber  Berorbnung 
fünf  qab,  mufften  jälyrlid)  jroei  bie  viermal  burd)  Beauftragte 
bef  Sfri$t3  unb  JHat*  uifitiert  merben. 

2ic  Bäder  mußten  alle  Tage,  mit  Aufnahme  ber  Sonn 
unb  $eiertage,  frifdjes  Brot  haben  unb  baffelbe  in  einem  gemein 
fd)aftlid)en  Berfaufflm»*  feilbieten.  3n  ihrer  Behaufung  burften 
fte  nur  au  Jvrembc  unb  aufnahmfmeife  jur  9iad)tteit  verfaufen. 
&errfd)te  Wangel  an  feilem  Brot,  fo  mürben  bie  Bäder  geftraft. 
Xie  Bäder  burften  niemaitb  Brot  verweigern,  aud)  mußten  fte 
fog.  Xreinbrot  (8uflabc)  verabfolgen.  Sd)led)t  gebatfenef  Brot 
burfte  nur  mit  (Srlaubuif  ber  Brotjdjauer  Verfauft  werben,  unb 
jtoar  31t  ermäßigtem  greife. 

Ten  Wengern  mar  bnmalf  fd)on  aufgegeben,  allef  Biel) 
im  Sd)lad)thaufe  31t  fd)lad)ten.  sZBer  am  Cfterabenb  fd)lad)tete, 
übernaljm  baburrf)  bie  Berpflid)tung,  bie  Wefeig,  b.  I).  bie  gemein^ 
jd)aftlid)c  Berfauffftclle,  baf  gau.^e  3al)r  hiuburd)  mit  Jyleifd) 
oerforgen  31t  helfen;  mer  baf  Sd)lad)teu  an  jenem  Wbeub  unter- 
lieft, hatte  (jfranfyettftfälte  aufgenommen)  baf  Sd)lad)tred)t  für 
baf  ganje  oal)r  verwirft,  gauben  bie  gleifd)fd)auer  fad  gleijd) 
nidbt  in  ber  Crbuung,  fo  mußte  baffelbe  um  ermäßigten  $rei$ 
auf  ber  fog.  „^finnbanf  (fo  oiel  toi«  Jyreibanf)  aufgehauen 
Werben.  Würbe  aber  baf  Jvleifd)  gan3  oerborben  gefunben,  jo 
hatte  ef  ber  Wefcger  bei  Berluft  ber  &anbmerffgered)tigfeit  bem 
Wafenmeifter  31t  übergeben.  9Uleä  ^Ictfc^  muftte  mit  ber  Wütfjeite 
gegen  bie  Wejjig  aufgehängt  merben.  ilein  Wefcger  burfte  einem 
tfleifctjfäufer  entgegen  laufen  ober  ihm  (ytrufen.  $ur  Abgabe 
oon  italbfleifd)  Waren  bie  Wefrger  nid)t  uervflid)tet,  menn  man 
nid)t  JKinbflcifd)  ba.yt  nahm;  eine  Sluenahme  hiervon  mar  nur 
bei  Kärnten  unb  Wöchnerinnen  31t  mad)en.  Xie  dürfte  oon 
jebem  Sdnoein  mußten  gefonbert  verfauft  merben.  ttälber  unter 
einem  Hilter  oon  Dreieinhalb  Söodjen  unb  Waifen  unter  einem 
foldjen  von  16  lagen  31t  fd)lad)ten  mar  verboten. 

Xie  $£irt*  orbnung  mad)te  einen  llnterfdjieb  jtoifdjcn 
lMaftl)äujeru  unb  s&*einfd}änfen.  (^aftgeber  tonnte  nur  fein,  mer 
Stallung  für  jelju  ^ferbe  befajj  unb  mit  gutter  für  biefe  verfehen 
mar ;  aufterbem  muftte  er  jeljn  s^erfonen  übernadjten  fönnen.  X>ie 
&*einfd)änfen  burften  niemanb  beherbergen,  aud)  feine  anbere 
Speifen  außer  Brot  unb  SXiU  verabfolgen.  Mein  Wirt  burfte  bei 
Strafe  von  einem  (Bulben  im  Sommer  nad)  10  Uhr  unb  im 
XBttttfr  nad)  9  Uhr  nod)  einen  Bürger  in  feinem  totale  bulben, 
außer,  menn  er  einem  gremben  Wefellfdjaft  leiftete  ober  fonft  ein 
„ebt'haftef  0>iejd)äft"  hatte.  ?lud)  burfte  fein  Bürger  am  Sonntag 
unter  ber  ^rebigt  im  2Bt¥t3$aitfe  fiften.  Ter  jutn  s}luöfd)anf 
fommenbe  3Bein  mußte  burd)  ben  Büttel  ^uvor  aufgerufen  merben. 


Digitized  by  Google 


2S 


ty'orjfjeim  unter  Stöarffirof  Gljriftof. 


9iad)  bor  Wölb  j  dj  m  i  c  b  «  o  r  b  n  u  n  g,  mcld)c  aud)  für  bic 
Silberarbeiter  Weltuna,  Ijatte,  mußten  acaoffene  filbcrnc  Staren 
14  unb  a,efd)micbetc  14'/i  lötia,  feilt,  itfor  btess  itidjt  ber  ftalt, 
fo  hatten  bie  Schmier  ba«  fliedjt,  fie  ,ytfammen,;)itfd)la(\eit.  geniert 
Durfte  ba«  Silber  nur  mit  Mupfcr  ober  SWcffina,  werben.  Öcr 
a,olbetc  SBaren  burften  nidjt  oon  neuem  unb  3)ictfingn>aren  emr 
nid)t  ocra,olbct  werben,  mit  9lu3nat>me  i>on  URonftran^en.  Meiner 
burfte  eine  Wm^c  jo  ocra,olbcn,  baß  fie  einem  Wolbftüdc  a,leid) 
mar,  ohne  ein  ^od)  l)inburd)^ujd)laa,en.  Oon  ocrbäd)tia,cn  beuten 
Mcldjc,  Mru,yfirc  unb  anbete  Mird)eua,crätc  jti  taufen,  mar  uid)t 
aeftattet  Salfdjc  Steine  in  Wölb  ,yt  faffen,  galt  für  Oetrua,  unb 
burfte  jold)c  Arbeit  nur  für  einen  dürften  geliefert  werben.  I\i« 
Wölb  mürbe  für  beu  a,cmtfhitlid)cn  Ocrfchr  bc^üajid)  feine-?  Wehalt« 
nid)t  nad)  ilaraten  bcrcduiet;  e«  mürbe  im  allgemeinen  nur  rl)cinifd)c« 
unb  unaarifchc«  Wölb,  jowic  Xufatcn  Wölb  unter  trieben. 

SBefonberd  umfancjreiri)  mar  bic  Flößer orbunna,,  ma« 
and)  für  bie  Ocbcutuna,  biete«  (i*rwcrb«(\weiac«  in  jeuer  $eit 
fprid)t.  Mein  Schiffer  ober  Jvlößcr  burfte  angenommen  Werben, 
Wenn  er  nicfjt  in  ^for^eim  ober  ber  äMnrfaraffdwft  aufäffta,  War 
unb  fein  NJWannrcd)t  (Freiheit  oon  ^etbei^enfdjaft)  hatte.  Mein 
ftoljhauer  burfte  .ytfllcid)  ^löfter  fein  unb  utnaefeljrt  3cbcr,  ber 
im  Saufe  eine«  Sahire«  fein  .ftanbWcrf  auszuüben  bad)te,  mußte 
auf  einen  beftimmteu  Xaa,  einen  halben  (Bulben  erlcaeit  (£tneft 
Stößer«  Solut,  ber  an  bic  Stelle  feine«  oerftorbeueu  Öatcr«  trat, 
mußte  einen  Ijalben  (Bulben  (£inftanb  befahlen;  ein  anberer,  ber 
ba«  yvloßerflcWcrbc  crflr'ff  l,n0  ,ufl)i  c'uc*  Wcifter«  Sohn  war, 
ett*  it  (Bulben.  Tic  fiuberlofe  sIt*itWc  eine«  ^lößcr«  burfte  nod) 
ein  ?al)r  lana,  mit  .Sr>i I f c  eine«  taua,lid)cu  Mned)te«  ba«  (bewerbe 
fon  eften.  foattc  fie  Minber,  oon  Welchen  eine«  über  10  3al)re 
alt  war,  fo  übte  fie  ba«  (bewerbe  ihre«  oerftorbeueu  Wanne« 
unl«jd)ränft  au«^,  wenn  fic  fid)  nid)t  wieber  ocrl)ciratetc.  slt<er 
ba«  >Ned)t  be«  flößen«  befaß,  burfte  bei  Strafe  oon  0  (Hülben, 
$md) waffer«flcfat)r  au«a,cnommcn,  feinen  Mned)t«lol)it  51t  oerbienen 
fud)en.  Jeber,  ber  cht  3al)r  hinburd)  Mncd)t  fein  mollte,  mußte 
auf  einen  beftimmteu  Xaa,  oor  beut  Amtmann  unb  ben  oerorbneten 
äRetftern  fid)  ftellcn  unb  einfdneibcit  laffeu,  hatte  aber  ba«  aan^c 
oahr  Muedjt  ju  bleiben.  Ocrfaufte  ein  Flößer  &0I3  im  inerte 
oon  00  1 00  fl.,  fo  mußte  er  einen  anbern  iWicifter  am  ftanbel 
teilnehmen  laffeu,  bei  einem  Söerte  oon  130  fl.  unb  barüber  itoei 
unb  bei  einem  s2£crtc  oon  100  fl.  unb  barüber  brei  iUteifter. 
hinein  frembeu  fool^fäufer  burfte  feiner  nachlaufen,  Ter  Käufer 
mußte  oiclmchr  oor  beu  ftmtmanu  unb  bic  Oerorbneten  oermiefen 
Werben,  weldic  eilten  ana,emeffencn  'Sßretä  machten  unb  immer 
jtoei  oon  beu  SReiftern  ber  Weibe  nad)  beftimmteu,  beu  .s;mubcl 
311  übernehmen.  Mein  $lö\icv  burfte  jäbrlid)  mehr  beult  5000  Stürf 


Digitized  by  Google 


$forftf)eint  unter  SRarfgrnf  CSrjriftof- 


20 


foofy  ober  ©orb  oom  3&a(be  beftellen  unb  oeräufjern;  roas  barü6cr 
mar,  oerfiel  ber  fterrfdjaft  unb  ber  ^kmoffcnfdmft.  $ic  ^loft^eit 
füllte  an  Dftern  beginnen  unb  am  Walluätag  (16.  Oftober)  auf 
tjören.  v?luf  einen  Samstag  ober  ben  Vorabeub  cincä  feiertags 
in  ^for^beitn  mit  einem  ^loft  an^ufaln/en,  mar  bei  Strafe  oou 
2  $funb  Pfennig  unterfaßt.  Uuterlmlb  ^for^eim  burfte  bei 
Strafe  oon  5  ^fiinb  Pfennig  fein  §oh  an  bie  Sägmüfjlen  Oer 
fauft  merben.  ttnedjte,  meldje  im  &*albe  arbeiteten,  erhielten 
tiiglid)  nebft  ber  .St  oft  2  NJ>lappart  (nad)  unferem  Weibe  ettoa 
(»()  s}*fg.>,  oljne  Moft,  menu  fic  auf  bem  Gaffer  untren,  4  sJMappart. 
3ebe*  oal)r  fanb  oor  bem  ^Imtmanu  unb  ben  üerorbueten  SJJeiftern 
„Wügung"  ftatt,  mobei  %JDicifter  unb  Mnedjte  bei  iljrem  (£ibe  alles 
angeben  mußten,  mas  gegen  bie  ftlöfeerciorbnung  gefd)ef)en,  bamit 
bie  ^umibertjanbelnben  mit  ben  oorgefdjriebenen  Strafen  belegt 
merben  tonnten.  91  m  iUiontag  nad)  bem  XrcifonigStaa  fanb  ber 
jäl)rlid)e  ©ruberidmftstag  ftatt,  bem  eine  Seelenmeffe  für  bie 
Oerftorbenen  ;}unftgenoffen  folgte.  Von  allen  Strafen  fiel  ber 
\>errfd)aft  unb  ber  Stabt  bie  eine  unb  ber  (Menoffcnfdjaft  bie 
anbete  .'Oalfte  pL  1555  mürbe  bie  ftlöfierorbnung  abgeänbert 
unb  jiemlid)  oereinfadjt. 

Sine  Prüfung  ber  in  iljreu  ftauptpuntten  mitgeteilten 
„  Stabtorbnuug"  laut  jeben  (S'infidjtigen  erfennen,  baft  in  berjelben 
bie  (tyrunbfäfye  ber  ^merfmafugfeit  unb  Villigfeit  bie  benfbar  befte 
©erütffidjtiguug  gefunben  Ijaben  unb  bie  ganje  Verorbnung  über 
tjaupt  einen  Weift  atmet,  ber  in  feltfamem  ^iberfprud)  ftel)t  i>u 
ben  lanbläuftgen  Vorftcllungen  über  bie  „Barbarei  früherer  3al)r 
Rimberte."  Wn  JWedjt  jagt  pflüget* :  „(£s  Oerraten  alle  biefc 
Vorfdjriften  eine  (Srfaljrung,  eine  fo  tiefe  ftenntniä  ber  Gebens 
oerl)ältuiffe,  bis»  in  bie  fdjeinbar  geringfügigften  CS'injelfjeiten,  bajj 
fic  gegen  manche  auf  bem  SBureau  unb  tjinter  bem  Sdjreibpulte 
gemachten  Verfügungen  unb  Vcrorbnuugeu  fpäterer  KeU  nid)t 
ioeuig  abftedjeu  unb  mau  feinen  Slugenblicf  jmeifellmft  fein  tarnt, 
mofjin  fid)  beim  Verglcid)  bie  Schale  größerer  äroecfmäjjigtett 
neigen  muft.  l*s  ift  bal)er  aud)  nid)t  jn  oermunbern,  menn  bie 
Bürger  oon  ^for^ljeim  auf  tt)vc  s^rioilegien  unb  il)re  gaujc 
Stabtoerfaffung  ftol.t  toaren  unb  mit  (S*ifer)ud)t  barüber  matten, 
baji  aud)  nid)t  ber  geringfte  Vud)ftabe  baoon  oerle^t  mürbe/ 

I)ie  Vürgerjdjaft  im  allgemeinen  mufjte  einen  Gib 
ablegen,  fid)  nad)  ber  Stabtorbnung  51t  richten  unb  oljne  Erlaubnis 
bc&  Sd)itltl)eiften  nid)t  roegy^icl)en,  ol)nc  ben  im  ^rioilegieubrief 
oorgefdjriebenen  Verpflichtungen  nad)gefommen  51t  fein,  ferner 
mußte  befd)morcu  merben,  baft  bie  oorge^eigten  Waffen  (ol)ue 
meldje  niemanb  in  ben  Vürgeroerbaub  aufgenommen  tuurbc  unb 
oljne  bereu  Vefifc  aud)  feiner  fjeiraten  burfte)  (Eigentum  be$ 
betreffenben  Vürgers  unb  nidjt  entlehnt  jeien  unb  bcrjclbc  audj 


30 


$for$fjeim  unter  SJJarfgraf  Gfriftof. 


nicf)t  bic  3lbfid)t  fjabc,  fic  Mi  ocrfaufcn.  Gittern  aaf)lnng*unfäl)igen 
Bürger  burften  feine  ©äffen  fo  Wenig  Weggenommen  ioerben,  iuie 
fein  £mnbmcrf*^cug.  X>as  ^ürgeretnfaufitaeib  betrug  3  Schilling 
Pfennig,  ~\cbcr  Bürger  tonnte  ju  allen  Remtern  gewäfjlt  werben, 
Wenn  and)  ba*  attioe  ®aMcfd)t  ein  bcfdjränftc*  war. 

SU*  Dberoogt  in  ^for^eim  wirb  1484  .fran*  oon  ftönig* 
bad)  genannt,  £a*  *?lmt  eine*  ©  ri)  n  1 1  l)  e  i  6  e  n  befleibetcn : 
SMtl)afar  'Bei*  (1476),  £>an*  InlWcr  (1484),  tyaul  foofmann 
(1499),  fowie  Mauren,}  Wansfjorn  gen.  Bibmann  (1501).  3um 
erftenmalc  erfahren  tutr  and)  bie  Warnen  einiger  ©titgertrietftet 
in  biefem  ^citabfe^nitt.  (£*  finb  bie*:  3of)annc*  Deibel  (1486), 
ftonrab  heiler  (1498),  Wieberum  ein  £aureng  Wan*l)orn  (1510), 
föcinrid)  ^uefd)  (1517)  nnb  ^eter  $ih)n,yel)er  (1520).  ^on  l)cr= 
oorragenben  v^erfönlid)feiten  an*  ber  Bürger) d)a ft  finb  $u 
erwähnen:  ein  Wntoniu*  ^ilbfdjni|er  (bei  Wcldjcm,  Wie  in  Dielen 
anberen  fällen,  ber  $eruf*namc  jnglcid)  Eigenname  mar),  ber 
gtabtfdjrciber  Wcranbcr  £mg,  Welcher  ein  SBudj  l)crau*gab  unter 
bem  litel  „iWf)ctorica  nnb  Formulare  beinal)  aller  £cf)rcibcreu" 
unb  insbefonbere  ber  $lr$t  3ol)anu  Selbmann,  ber  al*  marfgräflid) 
babifdjer  l'cibar^t  1524  in  s}$forjl)eim  ftarb  nnb  al*  mcbi$inifd)er 

<2d)riftftellcr  einen  bebeutenben  Ruf  genoß. 

♦  * 
* 

$cmerfen*Wcrt  ift  bie  im  3af)re  1502  erfolgte  (Wtnbitng 
einer  $ud)brutferci  in  l)iefiger  Stabt.  Wrünber  mar  3t)oma* 
9ln*b,clm  an*  ^aben,  ber  in  freunbfdjaftlidjen  3*c(ycf)ungen  §u 
föcudjlin  ftanb.  ?ln*l)clm  tjatte  ba*  (Mefd)äft  bi*  1511  inne  nnb 
oerlegte  mäfjrcnb  biefer  $cit  eine  grojje  Slnjatyt  oon  <5c^riftcn. 
Sic  ^cidjncten  ftd)  buref)  fdjöncn  nnb  forreften  Xrucf  an*,  toie 
überhaupt  $ln*f)clm  al*  einer  ber  tüdjtigftcn  3^nd)brncfer  feiner 
$cit  c^alt.  Sn  feiner  ^ruderet  foll  50?eland)tl)on,  ber  befanntlid) 
bamai*  bie  ^foqtjeimer  Sdntlc  befnd)tc,  al*  Slorrcftor  befdjäftigt 
geWefen  fein.  1511  30g  ?ln*f)elm  oon  ^forjtjeim  nad)  lübingen 
unb  1515  oon  bort  nad)  Hagenau.  3n  beiben  Stäbten  errichtete 
er  ebenfall*  $ud)brutfcreicn.  3n  beu  Sagten  1522  unb  1523 
treffen  mir  al*  $ud)brutfer  in  vJ$forjf)eim  3ol)anne*  Wreiffcn- 
berger  unb  1557  Weorg  JTJabe.  9)Jit  ber  1565  ftattgefunbenen 
Verlegung  ber  Sfcftbeiu  t»on  ^forjljctm  nad)  Xurlad)  fdjeint 
unfere  Stabt  aud)  tfjrc  Xrutfcrci  oerloren  311  l)aben,  Wcnigftcn* 
Oerlautet  oon  einer  foldjen  in  ben  folgenben  3al)rf)unberten  nidjt* 
mefjr.  (Grft  im  3af)re  1800  mürbe,  Wie  mir  oorau*fd)irfenb 
mitteilen  mollen,  burd)  l£f)r.  J^r.  Füller  au*  Jlarl*nü)e  mieber 
eine  ^udjbrurferei  f)ier  crridjtct,  nad)bem  jd)on  feit  1794  ein 
befonbere*  s-8latt  für  ^foqrjeim  erjdjtenen  mar:  bie  in  täarl*rul)e 
gebrurften  „s^for^l)etmer  möd)cntlid)cn  ^uicfyridjtctr,  auf  Wcldjc 
Wir  nod)  ^urücffommen  merben.) 


Digitized  by 


Int cinifc^c  ^d)itle,  beren  (9rüubung*jaf)r  übrigen*,  tüte 
fdjon  ermäljnt,  nidjt  nät)cr  bcfnnnt  ift.  9tf*  Ifyatfadje  nber  bnrf 
angenommen  merben,  bnft  fic  in  ben  erften  §toei  3af)nef)nten  beä 
1(1  oafyrfntnbcrt*,  alfo  nod)  ^ur  Wcgicriuiüfyeii  bcö  SDJarfflrafcn 
CSbriftof,  in  l)öct)ftcr  Glitte  ftnnb.  *8on  bell  i)croorragenbcn  ^cljrern 
ber  Sd)iile  finb  nennen :  (Mcorg  Simmler,  $u  Wimpfen  geboren, 
einer  ber  au*ge£eu$netften  Anfinge  9fteud)ünä,  bi<^  1511  iiKeftor 
ber  Schule,  ferner  3ol)aun  Ungcr,  1511  1 524  JHeftor,  iüfartin 
£>il*bad),  ooljannc*  s.Wcifter,  3afob  $8impfeling,  3of)aunc*  .V>ilbc^ 
brnnb  nnb  sJcifolau*  Wcrbcl.  s^on  beujenigen  auegqcidjnetcn 
Männern,  weldje  il)re  erfte  gclcfjrtc  Wu*bilbung  bnrd)  bie  $for(^ 
Ijeimer  Sdjule  erhielten,  finb  auftcr  9Refattdp$Ptl  aiuufüfyrcn : 
©olfgang  ttapito,  ooljann  Sdnocbel  (^forjlKimcr),  $lbam  J?rci 
(^for^eimer),  ttafpar  Wlafcr  (^for^eimer),  Simon  Wrtonäuä, 1 
^ertljolb  Untier,  ttafpar  .S>bio,  ftranj  3rcnicu*,  $artl)olomau£ 
2t*cfd)cimcr  (^fonljeimer),  fomic  IStjriftof  nnb  SKa$ia*  ^ertmein 
(beibe  ebenfalls  ^for^ljcimcr).    lie  jroci  Ic&tgcnanntcn  CvJclctjrtcu 


GOOO  f(.  ju  Wnnften  nrmer  Stubierenbcr  I)interlnffen.  &fö  ^forj 
t)cim  im  ^weiten  Viertel  bc*  16.  3afoftttnbcrt$  feine  bcriUjmtcftcn 
i'efjrcr  ocrloren  Ijatte,  nnljm  mtri)  ber  i)inl)m  ber  Sehnte  allmäfjlid) 
ab,  tooju  freiließ  nod)  ber  llmftnnb  beitrug,  baft  anbere  äfjnlidjc 
ftnftalien,  fo  ba*  Xurladjcr  Gtymnafiutn,  gegrünbet  mürben  unb 
rafd)  einen  SKuf  gemannen. 

om  oaljre  1501  erfolgte  bic  (Mrünbung  ber  Singer^ 
g  c  j  c  1 1  f  d)  a  f  t,  bie  fid)  bi$  nnf  bic  (Mcgcnroart  erlitten  l)nt. 


f)cit  (otjnc  ^tocifel  bie  ju  jener  $c'\t  allgemein  oerbreitete  i'uft- 
fendje,  and)  „$ran$ofcn  ttranfl)cir  genannt,  toeil  fie  angeblid)  oou 
in  fran^öfifctjcn  Dtenften  ftebenben  i'anbsfncdjtcn  nad)  £cutfd)lanb 
oerfd)lcppt  mürbe),  tocldjc  alle  Stäube,  jebcS  Hilter  nnb  $cfd)lcd)t 
ergriff  nnb  in  ben  meiften  fällen  mit  einem  jammervollen  lob 
enbete.  Sie  trat  unter  fo  abfdjrctfcnbcn  nnb  n>iberlid)cn  ^cglcit^ 
erfdjeinuugen  auf,  inbem  bie  ftranfen  fo(}iifagcu  bei  lebenbigem 
^eibe  oerfaulten,  baft  jeber  fid)  oor  bem  anbern  abjdjlofi,  ber 
^rcunb  ben  greunb,  ber  trüber  ben  trüber  flot)  unb  alle  iöaube 
ber  3ulrtmmcngcl)örig^il  JWj  loderten.  Um  ba£  grauftge  (£fcnb 
ju  liubern,  traten  fid)  cbelbcnfcnbe,  beljerjtc  Männer  tufantmeit 
&u  einer  (Mcfcllfdjaft,  beren  $tocd  mar,  ben  erfranften  3)fitmcnfdjcn 
unentgcltlidjc  .t>ilfe  ju  leiften  unb  für  baä  $cgrtibni£  ber 
ftorbenett  Sorge  511  tragen.  Xer  Winnie  „Singergefellfc^aft"  ift 
barauf  $urürf$ufüf)rcn,  bafc  bie  Witgliebcr  ber  Otfefclljdjaft  bie 
loten  $ur  legten  föutjeftatte  geleiteten  unb  hierbei  fromme  lieber 
fangen.  Um  bic  Erinnerung  an  bic  fernere  3cit  ber  <ßcft  unb  bic 


32 


^for^fjeim  unter  SWorfflraf  dfjriftof. 


bierbei  fid)  befuubenbe  aufopfernbe  Smdjftenlicbe  inacfj.uifjnlten, 
blieb  bic  WefcUfctjaft  and)  nod)  nadj  beut  CSrlüfc^cii  ber  Seudjc 
beffeben,  ?\al)rl)unbcrte  (jinburdj  bic»  auf  irafere  Tage  ein  leuchten 
bc*  Tcnfmal  crljcbcnbcn  SBürgerftnnÖ  bilbcnb. 


Sa*  bie  Sitten  ber  Damaligen  x']eit  betrifft,  fo  maren  fic 
natürlich  von  ben  beutigen  bebeutenb  oerfdjiebcn,  mobei  übrigen'? 
nid)t  behauptet  merben  tonnte,  bajj  bie  eigentliche  Sittlid)fcit  auf 
einer  (>üt)ciTit  Stufe  loie  in  unferer  ;}eit  geftanben  l)ättc.  Tie 
allgemeine  Soblbabcuf)cit  brarijtc  c*  mit  fiel),  baft  in  allen  Tingcu 
ein  großer  Vlufmaub  gemadjt  mürbe,  fo  bau  fid)  bie  Cbrigfcit 
veranlagt  faf),  benfclben  burd)  gcfctilid)e  ^eftimmungen  ein(m 
fcfyränfcn.  So  mar  c*  verboten  bei  Strafe  Don  jebn  Sßfunb 
Pfennig,  (ut  einer  ftod^cit  metjr  al*  fünfzig  ^erfonen  ,ut 
laben  uub  über  „fünf  gemeine  CS'ffen"  ju  geben.  *  <l*in  .frorfj.uMt*- 
(tefebenf  burfte  ntdjt  über  jtoei  Schilling  Pfennig  betrafen  uub 


unterfaiit.  Wefpielt  burfte  nur  „um  ftiirjcmcil"  uub  nid)t  l)öt)cr 
mie  um  einen  Pfennig  merben.  (Su^clne  ftäbtifdje  ^ebieuftete 
maren  felbft  Don  biefer  (Srlaitbni*  au*gcfd)loffcn. 

@ f f en  uub  1  riuten  fpielte  eine  meit  größere  Nolle  mie 
gegenwärtig.  Sic  bic  alten  Sitten  uub  ^itnftrcdjnungcn  au* 
meifeu,  mürben  bei  allen  möglichen  (Melcgcubcitcn  „  ;{cl)rungeir' 
ücranftaltct,  wobei  felbftuerftäiiblid)  and)  ber  üblidjc  „Truuf 
nid)t  fe()len  burfte.  SNanrijc  ftäbtifdje  (£innaf)me  mürbe  „ueqeljrt", 
mie  überhaupt  bie  Watsljcrrcn  ber  $*ürgcrfd)aft  in  biefer  ÜBe^iegung 
mit  gutem  sÄufpiele  vorangingen.  Tie  Wabnung  beä  Manier* 
Wdjtfunit,  „ba*  Trinfeii  nidjt  ju  Dergeffcn",  fd)cint  nur  einer 
tiefeingeWurjeltcn  (Mcmol)nf)cit  entfprod)cn  ,m  baben,  beim  jut 
5Bcqucmlid)feit  ber  Stabtvätcr  mar  auf  bem  Matbaufe  ein  eigener 
ftod),  uub  ber  mirb  nid)t  nur  in  ber  Müdje,  fonbau  and)  im 
Steuer  SBefctyctb  gemußt  baben. 

Tie  befaiinteften  Seine,  Welche  am  meiften  getrauten 
mürben,  maren:  ^aubtvein,  Ortenauer,  ^rei*gaucr,  (Sifäftcr  uub 
JHbcinWcin.  Meine  biefer  Scinforten  burfte  aber  mit  einer  auberen 
vermifdjt  merben;  ebenfo  menig  übte  mau  Toleran,}  gegen  bie 
2öeinpanfd)cr.  Ta*  „Seinanmadjeit"  mar  ftrenge  unterfagt  uub 
nur  bas  Sdjmefelu  be*  Seine-?  geftattet.  Liener  Sein  burfte 
ot)iic  bel)örblid)e  (iriaubuiä  nirfjt  vor  Partim  (ytm  Witafcfmut 
tommen.  Ser  bie  ^olijeiftunbe  nid)t  refpeftierte,  mu&te  ben 
üblitfjen  „Wadjtgulbcu"  ,ml)lcn.  Tie  83er)ucf)ung  f)ier,m  mag 
mand)ina(   grojj'  gemefen  fein,   beim  bic    9Ra&  gcwöfjnlidjeu 


C0fbrourt)c  unb  Sitten. 


Digitized  by  Google 


$forjl)rim  unter  Warrnraf  Gljriftof.  33 

Söciucd  foftctc  burdjfdjnittlid)  nur  jtoei  Pfennig,  £aß  aud)  31t 
.ftaufc  jeitcnö  ber  ^ürgcrfd)aft  matfer  gc^cc^t  nutrbc,  bereift  eine 
©eftimmung  ber  llmgclborbnung,  nad)  twclc^cr  auf  eine  v$crfon 
jäfjrlid)  3  Cl)m  ©et«  gcrcdjnct  mürben,  hierbei  jäteten  oom 
Wcftnbc  ^tuci  ^erfonen  für  eine. 

Hit  Spcifen  führten  bie  sBirtdf)äufer :  Suppe,  Gier, 
gleitet)  unb  ftifdjc,  ferner  Stodftfd)c  unb  öäringe.  Xa  für 
ledere,  toic  jdjon  bewerft,  ein  eigener  ,ftäringdid)aucr  angcftcllt 
mar,  [o  mufc  ber  ^erbraud)  berfelben  ein  ocrfjältnidmäßig  meit 
größerer  geroefeu  fein,  tote  heutzutage.  Scfjr  billig  lunren  fic 
übrigeud  gerabe  nid)t,  benn  bad  Stücf  galt  1  Pfennig.  J^ür 
1  Pfennig  erhielt  man  aber  aud)  5  (£icr.  £ad  s^funb  ^(eifef) 
ber  ocrfdjiebcncn  Sorten  foftctc  burd)fd)nittlidj  4—5  Pfennig 
unb  mar  ber  Ätonfum  ein  gaiu  bcbcutcubcr,  mad  aud  beut  oor 
Ijanbenen  jaljlreidjcn  3$ic()ftanb  gefd)loffen  merben  Eamt  3ur 
3*U  einer  Weiterung  fliegen  bie  greife  natürlich  unb  mitunter 
jal)  ftd)  bei  einer  foldjen  aud)  bie  iöel)ürbc  jum  (Sinfdjreitcn  Oer 
anlaßt.  So  mürbe  5.  ö.  im  3al)re  1548  toegen  ber  bei  ftlcifdj 
unb  $ifd)en  ftd)  bemerfbar  madjenben  Icitcrung  ben  Birten 
ftreuge  oerboten,  an  ^lcifd)tagcn  ftlcifdj  unb  Jifdjfpcifcn  gufaatmen 
51t  beretten.  Sin  Jyafttagen  burften  fic,  außer  für  iiraufe,  bei 
idjmercr  Strafe  (ein  glcifdj  fod)cn. 

£cn  SScrfauf  ber  (Mcmüric,  ald  tocldjc  aufjer  Salj,  Sßfcffcr 
unb  Üümmel  aud)  Sugmcr,  öimmt,  Weifen,  SJcudfatnüffc  2C 
bcnüfct  mürben,  besorgten  eigene  Wcmürjfrämcr,  bie  namentlich 
auf  oafyrmärftcn  unb  .Slirdnocifycn  il)rc  Wcfdjäftc  madjtcn.  Stylten 
mürbe  ftreuge  auf  bie  Ringer  gefet)cu  unb  il)r  betrieb  bttrd)  eine 
eigene  „(yemürjfrämcrorbnung"  geregelt. 

$ic  illctbungdftütf  c,  mcld)c  in  jener  geil  oermeubet 
mürben,  beftauben  f)auptjäd)lid)  aud  deinen  unb  aud  SSoUc. 
*}um  Ootlftänbigcn  Sln^ug  einer  SMtrgcrdfrau  gehörten:  ein  Unter 
bomb,  ein  ilntcrrotf,  ein  Oberrod,  ein  Sdjaubenrotf,  ein  (Gürtel 
(l)äufig  mit  Wölb  unb  Silber  bcfc&t),  ein  iWantcl  unb  attßcrbcm 
nod)  ein  Sdjlcier. 

$)te  SBertleute  unb  Xaglöljner  mußten  5ttr  Sommert 
unb  3l*iutcrd$cit  friitje  an  bie  Arbeit  geljen,  unb  jroar  fobalb  cd 
fo  l)dl  mar,  „baß  man  eined  ^feunigd  Süiüiij  ober  (Mepräg 
erfenneu  Konnte",  eine  ^eitbeftimmuna,,  0U!  111,0  ic(lt  t»icUctii)t 
eigenartig  erfdjeineu  mag,  aber  5111*  (Genüge  für  ben  bamaligen 
praftifd)cn  Sinn  fprid)t.  2$cnn  bad  Salve  läutete,  burfte  JJcicr- 
abenb  gemacht  merben.  Qu  welcher  geit  geläutet  merben  follte, 
f)attc  ber  ^ürgermeifter  nad)  SBcfdjluj}  bed  Wcridjtcd  unb  SRatS 
ui  beftimmen.  3n  äl)ttlid)er  3£cifc  mürben  morgend  aud)  bie 
Ifjore  ber  Stabt  ,  auf  geläutet." 

3 


34 


^for^eim  unter  Wartgrof  Gtjriftof. 


2&nä  ccf nt ä i i^f c i t  ,unb  gefnnben  3)icnfdjcnocrftanb  an* 
belangt  fo  waren  bic  iieute  aus  ber  3eit,  Don  ber  bic  iKcbc  ift, 
in  Dielen  fingen  unferem  „mobernen  (Gcfd)led)tc"  über  nnb  c* 
wäre  oiellcidjt  gar  nicht  fo  unangebradjt,  fid)  über  mandjerlci  bei 


aber  ftauben  fie  weit  jurüd  l)inter  ben  Slnforbcrungcu,  bic  man 
an  gesittete  Dienfdjen  $u  [teilen  gewohnt  ift:  wir  meinen  ben 
unfeiigen  fterenglauoen,  ber  allen  Schichten  ber  ^eoblferung 
ei^eit  mar  nnb  fclbft  bie  (Gebilbcten  oon  bamals  mic  eine  Atranf 
Ijeit  ergriffen  hatte.  Qon  btefer  ift  and)  ^for^heim  nnb  Umgebung 
nid)t  oerfdjout  geblieben  nnb  .'ocrcnpro^cffc  mnrben  t)ier  ebenfalle» 
geführt.  ?lls  „.Nieren"  merben  in  alten  Sitten  genannt:  $lnna 
Wotf  r<on  (Sifingcn  (1401),  Barbara  Trefjer  nnb  Brigitta  Seger 
bon  Tietlingen  (1532),  Torotljca  £utg  oon  .ftudjenfelb  (1524), 
eine  Hebamme  oon  ^ror^ljeim  nnb  Ataiharina  §ed  oon  Bilfingen. 
Sind)  jmei  Männer,  lirfart  nnb  Srfjnecfcl*  au*  Tietlingen,  waren 
ber  .'oererei  bcfdwlbigt.  ^rgän^eub  füll  bei  biefer  (Gelegenheit 
angeführt  merben,  bafj  einige  ;}eit  ipäter,  in  ben  70er  fahren 
beo  16.  oalnbunbert*,  mehrere  Leiber  au*  (Ufingen  wegen 
foer/rei  projeffiert  mnrben,  fo  bie  bortige  Hebamme  Margaretha 
^anerbadier,  meld)e  am  I.  Te^ember  1570  jn  (Ettlingen  Oer 
luannt  nnirbc;  ferner  bie  Margaretha  ^nrfarb  nnb  bie  ATatharina 
\>i(bebranb,  bie  in  ^aben  anf  bem  Sdjeiterljanfen  ftarben.  (Sine 
weitere  Wngcfdjulbigtc,  Slnton  iNotl)*  Jvran,  enbete  ihr  geben  bnrd) 
Sclbftmorb  im  (Gefängnis.  Sd)ultl)cift,  (Gericht  nnb  Ü'inmohncr 
311  (irfingen  nnb  Bilfingen  Waren  fo  oerrannt  in  bie  .S^crenangft, 
bafj  fie  am  7.  Jvcbruar  1577  an  ben  SWarfgrafcn  oon  $aben  bie 
s^itte  richteten,  er  müduc  fie  bod)  um  (Gottes  willen  oon  il)ren 
„Dielen  böfen  Leibern"  befreien. 


I 


~gfoY$eim  im  ^efex^iuittens'JteHaffcr. 


$ie  »orreformotorM^e  Seit. 

farfgraf  Ühriftof  nat)tn  1515  eine  Teilung  feine«  £anbe* 
unter  feine  Sohne  ^erutjarb,  s^l)ilipV  imS  iSrnft  bot  unb 
ocrbradjte  bie  ^{cit  bi*  511  feinem  1527  31t  Reiben  erfolgten 
lobe  in  leiblicher  nnb  geiftiger  .ftinfäüigfcit.  Philipp  erhielt 
bie  ebcrftcinifd)cu,  laf)rifd)eu  nnb  babifdjen  (Gebiete  nnb  fomit  aud) 
bie  Stabt  s}>  f  0  r;>  l)  e  i  m.  on  biefer  tjiclt  fid)  ber  ÜUiarfgraf  übrigen* 
nur  oorübcrgcl)enb  auf,  ba  er  feine  &cfibcn$  in  Nabelt  t)attc. 

Tic  Siegicnittgö&cit  Philipp*  I.  ift  oou  ÜBebcutung  burd) 
bie  Beziehungen  biefe*  dürften  511m  Wcirfjc,  ber  fird)lid)cu 
Bewegung  feiner  ;}cit  nnb  \i\  ber  oou  ben  dauern  ocrfudjtcu 
gefcllfdmftlidjcu  Ummül^ung.  C£*r  mar  einer  ber  angcfchcuftcn 
unter  ben  meltlid)cu  dürften  bc*  Weiche*  unb  ein  treuer  Anhänger 
Marl*  V.,  ber  fid)  ihm  aud)  allezeit  erfenntlid)  geigte.  5(uf 
9icid)*tagen  mar  er  mchrmal*  Bcoollmädjtigtcr  bc*  .ttai|cr*  unb 
1524  27  oerfaf)  er  fogar  ba*  ?lmt  eine*  fniferlid)en  Statthalter* 
im  Wetd)*rcgimcnt.  Seine  Stellung  nun  JReid)*obcrr)auptc  mar 
natürlid)  aud)  beftimmenb  für  feine  öalruna,  ber  firdjlidjcu  Be- 
wegung gegenüber.  s&ol)l  mar  3)krfgraf  %*l)üipp  einer  grünb^ 
lidjcn  Reform  ber  Mirdje  nid)t  abgeneigt;  er  mollte  aber  bie 
Reform  nur  innerhalb  ber  ttirdjc  burdjgcfüfyrt  triff  cn,  nid)t  burd) 
tto&freititimg  einzelner  Zeile  oou  ber  (Mefamtl)eit.  Tic  (S'iuljeit 
ber  tf  ircfjc  galt  ihm  al*  unantaftbar.  (*Jruubfä0lid)  fjiclt  er  baran 
feft,  baf?  gottc*bicnftlid)e  $lcnbcrungcn  nur  burd)  eine  ttirdjcn- 
ocrfammlung  georbnet  merben  burften.  9iid)t*beftomcnigcr  jebod) 
lieft  er  fpütcr,  in*bcfoubere  feit  ben  Bcfdjlüffen  ber  3feic^ötagc 
oon  Rftrobcrg  unb  Spcncr,  ben  greunben  ber  Deformation  mög- 
lid)ft  freie  Bewegung. 

Tic  SM  e  f  0  r m  a  t  i  0  n  *  b  e  ft  r  c  b  u n  g  e-n  fanben  in  ^forrijetra, 
Wojclbft  etnft  aud)  bie  tntffttifdje  iicfjrc  Bcfenncr  jäfyltc,  günftigen 

3* 

Digitized  by  Google 


36  ^for^cim  im  Sicformatioit^ritaltcr. 

Stoben,  .frieren  mag  nidjt  Wenig  bae  $orl)anbcnfein  ber  05  e= 
lehrten  fd)ule,  foioic  einer  $iidjbrucf  er  ei  am  ^lattt  bei* 
getragen  Imbcn.  9lu3  (euerer  gingen  oerfd)iebene  Schriften  foeroor, 
ioeldje  auf  bie  Alirdjenreform  fid)  belogen  uub  bie  ßinfüfyrung 
berfelbcn  ale  Wotmenbigfeit  bezeichneten.  £er  (d)on  genannte 
3ol)annc3  8  d)  ine  bei,  ein  Solni  fefonljetmS  unb  bäumte  alä 
junger  ÜMönd)  im  bortigen  .fteiliggeiftfloftcr  fid)  auffyaltcnb,  War 
burd)  Ütfeland)tl)on  für  bie  Sadje  ber  flieformation  gewonnen 
Worbcu  unb  prebigte  bereite  1519  im  Sinne  bcrfclben.  SHoljl 
nutzte  er  auf  Wcfyeijj  bc&  si)farfgrafcu  feine  Saterftabt  ocrlaffcn, 
aber  fdjon  im  falgenben  Satire  burftc  er  wieber  baljin  ^urüd 
teuren.  Sdnoebele  Auftreten  Ijatte  jur  Roh}?,  baft  oielc  trüber 
bce  "ifrebigerfl öftere  ju  ^for^ljeim  baefcloe  ocrlicfjeu  unb  in  ben 
Weltlichen  Staub  jurütftratcu.  $ei  (Megenfyeit  eineö  SBefucfjeS, 
ben  er  ftranj  o.  Sitfingen  machte,  toeldjet  fid)  51t  jener  ;}eit  in 
Stfilbbab  auffielt,  weilte  aud)  ber  ftreitbarc  unb  fampf  luftige 
lUrid)  0.  Sutten  im  Sommer  1521  in  unferer  Stabt,  Wae 
oicUeidjt  nidjt  ol)nc  Ginfluft  auf  bie  Gntwirfelung  ber  $erf)ältniffe 
geblieben  ift.  (Sin  regee  geiftigee  Öeben  mad)te  fid)  überhaupt 
allentlmlben  geltcnb  unb  bie  bewegenben  fragen  ber  $c\t  mürben 
mit  ber  lcbb,afteficn  Xcilnafjme  erörtert. 

SBie  fdjon  gejagt,  ftanb  ber  ÖanbeSfürft  ber  Deformation 
burcbauS  mettt  feinbfclig  gegenüber.  ©r  oergab  fogar  mistige 
geiftlidjc  Stellen  an  cntj"d)i'ebene  Anhänger  ber  neuen'  Üel)rc.  So 
oertraute  er,  wie  man  oermutet  auf  9)Jeland)t()on3  Gmpfeljluug, 
bem  ehemaligen  l'cljrcr  bcefclben,  oofyann  llnger,  im  oafjre  1524 
bie  s^rebigerftclle  an  ber  Stiftefirdje  51t  ^for^eim  an  unb  geftattete 
tbm  bie  fefje.  Sd)Webcl  erlaubte  er,  in  ber  ^for^tjeimer  Spital 
firdje  iu  prebigeu  unb  ermirfte  aud)  bie  .'perauegabe  ciuee 
beträd)tlid)en  £etl$  be$  ©ermögenS,  bae  SdjWebcl  bamale,  als 
er  3Nöud)  geworben,  feinem  Mlofter  in  ^for^eim  fjattc  oerfd)rcibeu 
muffen.  .Mein  (tyetftlidjer  l)attc  Auefidjt  auf  Aufteilung,  ber  nidjt 
feine  Xauglid)fcit  nacfjgemicfcn.  Aud)  fjielt  ber  ^arfgraf  ftrenge 
Darauf,  baß  bie  onlmber  oon  Sßfrünben  perfönlidj  ityren  Dienft 
oetfal)en  unb  iljre  (Sinfünftc  uid)t  an  aubereu  Orten  ocr^eljrtcn. 
So  Würbe  u.  a.  bem  ftrül)mejjncr  oafob  Sel)cmann  in  ber  Altftabt 
ut  ^for^eim  feine  N}>frünbc  genommen  unb  beftimmt,  bafj  ber 
Ertrag  berfelbcu  gm  SBiebcr^erfteUnng  be3  £angl)aufee  ber  Alt 
ftäbter  Wirdjc  oermenbet  Werben  follc.  ($u  jener  $eit  ift  bie 
Altftabt  wieber  51t  einer  Pfarrei  erhoben  Worbcn,  nacf)bem  fic 
lauge  Oon  ber  Sdjlojjfirdje  au£  burd)  Helfer  oerfel)eu  worben 
war.  Ale  1 1 i 0 T 0  gehörten  ba.^u:  $tMirm,  foudjcnfelb,  £illftein 
unb  ein  Zeil  oon  SKeiftenfteiu,  wo  bie  jelüge  .Stirdjc  fd)on  1521 
ftanb,  fowic  bae  Sonb'Tficdjcnfjaue  511  St.  (Meorg.)  Aujjcrbem 
fuc^tc  ber  Ü^iarfgraf  bie  ^ro^effionen  attmäl)lic^  abjufd^affcn,  bie 


Digitized  by 


$foräf)cim  im  Reform  ation^citoltcr. 


37 


$eier  ber  Weffe  auf  bie  Soim«  unb  gefttagc  511  bejd)ränfen  unb 
bic  ©clchrung  burd)  bic  ^rebigten  511  oeroielfältigen,  toeSlmlbj 
er  joldjc  aud)  an  ben  Sierhagen  31t  halten  gebot.  9ÜS  (Glaubens  ^ 
norm  empfahl  er  ben  (fteiftlictyai  bic  beilige  Sdjrift,  bic  er  152J) 
mit  Luthers  ©orrebe  311  Durlad)  in  bcutfdjcr  Spradje  binden 
lieft.    Die  bctitfcfyen  (Gefängc,  welche  er  beim  (Gottcsbienft  ein  j 
führte,  Waren  Luthers  (Gefangbud)  entnommen.    Souft  jebodj 
geftattete  ber  Warfgraf  feine  ^lenbcrung  unb  lieft  namentlich  bic 
Vlbjdmffung  ber  Weffe  iitct)t  311.    Ten  Pfarrer  nun  rürrn  lieft 
er  furjer  foaub  einsperren,  weil  er  an  manchen  Sonntagen  bie 
SOteffc  nidjt  las,  auch  ^rot  11,10        wid)t  niel)r  feguetc. 

Tie  anfänglich  wohltoollcnbe  Haltung,  welche  ber  Warf 
graj  ber  Deformation  gegenüber  eingenommen  hatte,  erfuhr  oou 
1528  ab  eine  Wanblung.  ;}wci  faijerlid)e  NÜte,  3ol).  Jyaber  unb 
©altljajar  Werflin,  bie  il)m  in  Nabelt  um  biefc  ,^eit  ihre  ^luf- 
Wartung  machten,  feheinen  (finfluft  auf  il)n  gewonnen  511  haben, 
beun  oon  nun  an  jeigte  fid)  bei  bem  dürften  bie  Steigung,  fid) 
ben  Neuerungen  mehr  als  bisher  311  uüberfeften,  ja  jogar  ab 
gcfdmffte  fird)lid)c  Einrichtungen  wieber  einzuführen.  Daft  aud) 
ber  .Slaijer,  Welchem  ber  Warfgraf  befanntlid)  fcl)r  ergeben  war, 
ber  Reformation  nicht  bie  geringfte  St)mpatl)ic  entgegenbrachte, 
wirb  ebenfalls  auf  s^t)ilipp  eine  gemiffe  s2Birtung  ausgeübt  haben. 
Sein  @fefinnungswcd)fe(  bilbete  übrigens  bie  tirfad)e,  baft  lüele 
reformationsfreunblidjc  Öteiftlidje  il)r  Stoit  nieberlegten,  um  einen 
anberen  Wirfungsfrcis  aufzufliegen. 

Wegen  bas  ©erbot,  bei  laufen  bie  beutfdje  Sprache  in  &n* 
Wenbung  51t  bringen  unb  wegen  ber  il)m  bei  ber  Darreichung  bes 
Meiches  an  Sterbenbe  bereiteten  Sdnuicrigfeitcu  Wenbete  fid)  ber 
Pfarrer  $£iclanb  in  ^f Olxheim  jWeimal  bcjdjWerbcführenb  an 
ben  bortigeu  Stabtrat,  l'cfoterer  übermittelte  bic  Eingabe  bes 
genannten  (Geiftlid)en  befürwortenb  an  ben  Warfgrafen,  aber  ol)nc 
Erfolg.  XaS  (Gegenteil  war  eher  ber  gaÜ,  beun  Welaud)tl)ons 
Rreunb,  ber  Schulreftor  Widmet  Gilsbach,  würbe  gezwungen, 
^for^heim  au  ocrlaffen,  Währcub  mau  ben  Stiftsprebiger  llnger 
unb  ben  Pfarrer  Wielanb  gefänglich  einbog  unb  311m  ©erhör 
nach  ©aben  brad)te.  Sie  würben  *War  balb  wieber  In  ftreibeit 
gefetU  unb  burften  aud)  ihr  Mint  behalten,  aber  ÜÖiclanb  hatte 
genug  oou  feiner  ^for^heimer  slt<irf}amfeit  unb  benfifete  bie  erfte 
beftc  (Gelegenheit,  in  fein  ©atcrlanb  Württemberg  juriuljute^ieiL 

Warfgraf  Philipp  ftorb  am  17.  September  1533  311  ©aben, 
Wo  er  auch  beigelegt  würbe.  ;{uoor  hatt*  Cl"  ,u1fh  c'n  ©erbot 
firdjl  icher  ©eranberungen  erlaffen. 

Nicht  gan$  ohne  Einfluft  auf  biefeS  ©erhalten  bes  War!» 
grafen  mag  Wohl  aud)  ber  SBauernfrieg  geWefen  fein,  unter 
Welchem  er  jclbft  fehwer  311  leiben  Chatte.  Xer  Aufruhr  ftanb  mit 


Digitized  by  Google 


^forjljciii!  im  föcformatiou^citaUcr. 


ber  rcformatorijdjen  l'chrc  in  einer  gemiffen  öerbinbuug,  Wenn 
glcid)  Rüther  gewaltig  eiferte  gegen  bie  .Stonfcqueu^cn,  meldje  bie 
armen  nnb  unterbriieften  Innern  aus  bcrfelben  gebogen  hatten, 
on  ben  befannten  jttJölf  Strtifcln  [teilten  bie  Faltern  ba*  Ber 
langen  nad)  ©mfü$nmg  ber  „d)riftlid)cn  Freiheit",  mic  fic  jolchc 
in  ber  „netten  Ccljrc  »um  reinen  thmngcliunr  oerfürpert  glaubten, 
nnb  nad)  ?lbfdjnffung  ber  fdjmcren  Vaften  ber  ^cibcigcufdmTt, 
iusbefonbere  bcr  mit  ber  ;{cit  immer  brürfenber  geworbenen 
Beftimmungcu  über  3agb  nnb  gtjcf)crci,  lehnten,  Jyi*ol)llöcn  11110 
(Malten. 

8d)on  im  Snfysf  1502  l)atte  ber  „Biinbfdjuh"  (eine  nad)  bcr 
bäucrlid)cn  J^uftbeflcibung  genannte  Bereinigung)  unter  Jyührung 
bc*  fj  S*ifc  k>on  Untergrombach  bie  i'anbbcoölferuug  jur 
(Empörung  angeftiftet  nnb  and)  in  ber  ^for^ljeimer  Wcgcub  machte 
fid)  bie  Bewegung  bemerfbar,  namentlich  in  (i'rfingcn,  wo  ber 
öürgermctftcr  ermorbet  würbe.  Wod)  im  IS'ntfteljen  begriffen, 
Würbe  inbeffen  ber  ftufftanb  nnterbrürft.  Biclc  ber  Teilnehmer 
ftarben  bitrd)  ba*  Sd)Wert  bcS  Wadjrichter* ;  anbeten  Würben  bie 
Srijuutrfinger  abgetanen,  wieber  onberen  tljr  Vermögen  eingebogen 
nnb  mehrere  mußten  ba3  Öatib  ucrlaffcn.  (Bon  ^for(}hcim  nnb 
llmgebnng  merben  als  SJfitglicbcr  bes  „Bitnbfdntl)*"  genannt: 
Monrab  Bcfpcrleuter  uon  ^for^eim,  SlmbrofhtS  nnb  Mafpar  (Sbcrle 
üon  Brimingen  nnb  Martin  Mrenftler  Don  (irfingen.) 

TaS  Jycucr  glomm  aber  unter  ber  9f$e  Wetter  nnb  am 
s}>almfouutag  ben  9.  Wpril  1 525  brach  bie  flamme  bc*  ftufftanbcä 
im  ^ftu^hal  aus.  Tie  Bauern  rotteten  fid)  bei  Berghaufen  ju 
famtnen,  beichten  bie  Stabt  Turlad)  nnb  fd)icften  ihre  Boten  bis 
nad)  s^for^l)eim.  Ter  iUtarfgraf  lieft  bas  Torf  Bergljaitfen 
nieberbrennen,  meefte  batnit  aber  nur  eine  neue  (Empörung.  Tie 
gefamte  Bauernfdwft  bes  Bruljraiu^  ftanb  auf  nnb  il)r  fdjlofj 
fid)  alsbalb  bas  l'anbuoll  bcr  iUiarfgraffdjaft  au.  Tic  Bauern 
plüubcrten  bas  Mloftcr  (Mpttosauc  nnb  ^ogen  non  l)icr  über  bas 
(Gebirge  au  i'angcnfteinbad)  vorüber,  mofelbft  fic  ben  Ijerrcn 
albifd)cu  Mloftcrljof  uermüfteten.  on  ftcrrcnalb  felbft  ^erftörteu 
bie  Bauern  alles,  um*  ihnen  in  bie  .V>änbc  fiel.  Wadjbcm  fic 
in  ben  großen  Meilern  bcS  ttloftcrs  ihren  Turft  geftillt  hatten, 
jcrfdjlugen  fie  bie  ftäficr,  baft  ber  &*eiu  in  Strömen  bitrd)  bie 
gewölbten  Zäunte  floft.  Tas  Mlofter  ^raucnalb  uutrbe  ebenfalls 
oon  ben  Wufrührcrn  fd)toer  l)eintgefud)t.  Ueberall,  Wohin  biefe 
famen,  mad)ten  bie  Mued)tc  nnb  Untertanen  ber  Überfallenen 
Bedungen  gemeinfame  3ad)e  mit  il)itcu.  Tiesmal  probierte  es 
ber  iUtarfgraf  mit  frieblidjcu  Berl)anblungcn  nnb  er  hatte  bie 
(Menugtt)uung,  bie  Bauern  bitrd)  einige  3uÖeftönbntffe  lieber 
$um  Wehorfam  511  bringen.  Tie  Stabt  ^for^heim  mar  uou  bem 
^lufftanb  ber  Bauern  nidjt  Weiter  berührt  morben. 


Digitized  by  Google 


$fora$rfai  im  SJeformatton^citaUcr.  30 

$urd)  bcn  lob  bc£  Warfgrafen  Wlipp  fiel  feinen  ÜBrübcru, 
ben  SWarfgrafeu  s^crnf)arb  uub  (Srnft,  im  3al)rc  1533  bic 
a r f r n f i d)ti f t  \u,  meil  s}>l)ilipp*  lodjtcr,  bic  mit  bem  &enog 
^illjelm  Don  dauern  bermäljlte  Warfgräfin  oafobiia,  oon  ber 
(hbfolge  airögcfcfyloffcn  mar.  Sdjon  im  folgenben  3al)re  ent 
td)loffcn  fid)  bic  beiben  trüber  iu  einer  Teilung  iljre*  $Beft(tttm$. 
Tiejc  fam  nad)  längeren  ^erljaublungen  burd)  bie  Vertrage  oom 
13.  nnb  24.  ^liuyift  153;")  ytftanbc.  Ci'rnft  erhielt  jjt  feinen 
oberliinbifdjen  $Mifcungeu  and)  ben  unteren  Teil  ber  Wartgraf 
idmft  mit  ber  ftauptftabt  S|>for;bcim,  ^cmljarb  bagegen  ben 
oberen  leil  mit  ber  frauptftabt  ^aben.  fortan  beftanb  bi*  juin 
oaljre  1771  (nadjbcm  bie  l'inic  ber  Warfgrafen  oon  Stoben  Stoben 
ausgeftorben)  eine  Trennung  ber  Warfgraffdjaft  in  $oc\  Teile, 
bic  nmäd)ft  nad)  bcn  ßailptftäbten  ber  8tammgcbiete  iljren  tarnen 
führten.  Warfgraf  Stornljarb  mnrbc  ber  Nrünber  ber  ginte 
9  ab  eil  Stoibcn,  Warfgraf  Chntfi  ber  ftfcünber  ber  ütnie 
Nabelt  ^for^ljcim,  meldjc  firi)  fpatcr,  nl*  bic  SReftbenj  nad) 
Xnrlad)  verlegt  mnrbc,  Stoben  Turlad)  nannte. 

Warfgraf  (Sntft  Oerlcgte  1535  feine  9i  c  f  t  b  c  n  ,^  oon  Sul,; 
berg  nad)  ^forjrjcim,  roeldje*  nun  nad)  längerer  lintcrbrccfjunß 
genau  30  oal)rc  lang  mieber  ein  ftänbigcr  JyürftenfU*  mnrbc.  Cir 
mar  ein  gerechter  nnb  frieblicbenber  Surft  uub  befunbetc  überall 
Wäfugung  uub  .Ulugbeit.  Cl)uc  fid)  felbft  bcn  ^roteftanten 
an^ujdjlieficu,  bemie*  er  ber  Deformation  beuuod)  in  mancherlei 
Seife  fein  sÜ>ol)lmolleu.  Unger  burftc  in  ^for^eim  ungel)inbert 
'eine  ^rcbigcrftcllc  oerfeljen  uub  ber  Warfgraf  oerfprad)  bemfelbcn 
ogar  feinen  für  bcn  Jyall,  baft  er  burd)  ba*  bifdjöfüd) 

fpetcrifdje  Crbiuariat  behelligt  merbeu  folltc.  feie  fein  ©ruber 
s}>l)ilipp  l)iclt  aber  and)  Warfgraf  (hilft  an  ber  Hoffnung  feft, 
bafj  bic  Wlaubcu^ftreitigfeitcn  burd)  bie  SWfd)lüffc  einer  allgemeinen 
Mird)cnocrfammlung  iljrc  Ihlebigung  finben  mürben.  ?\n  biefem 
3innc  mar  and)  bic  s?lumcifung  gehalten,  meldje  er  1510  beut 
^for^ljcimer  s}>ropft  ool)ann  91  ft  mann  erteilte,  ber  oon  tl)tn  als 
Vertreter  (ui  einer  nad)  Hagenau  einberufenen  ^erfammlung 
beftimmt  morben  mar.  91  ft mann  folltc  iuöbejonbcre  and)  bal)iu 
mirtcu,  baft  bic  (Meiftlidjen  nt  einem  „gottjeligeu  ^cben"  mit  aller 
Strenge  angehalten  mürben.  Ten  ftattOttttitS  Wid)ael  fralm  ju 
^for^rjeim,  ber  mit  einer  gefd)icbeucn  grau  jufammen  lebte, 
lieferte  ber  Warfgraf  bem  bifd)oflid)cn  (Merid)tc  ju  2pcier  au* 
uub  bie  $rau  felbft  jagte  er  am  bem  l'anbe. 

Warfgraf  C£rnft  ftarb  am  G.  gebruar  1553  uub  mürbe 
in  ber  fürftlidjcn  GJruft  ber  2d)lofifird)c  ,\u  ^for^eim,  bic  er 
als  rtamilicnbcgräbniö  l)attc  erbauen  laffen,  beigefetu.  Witten 
im  lSl)or  ber  S\'\xd)c  befinbet  ftd)  fein  Tenfmal.  ,^eigt  bie 
liegenbe  gel)arnijd)te  Gkfialt  bc*  Warfgrafen,  neben  il)m  bic  feiner 


Digitized  by  Google 


40  $for$!)cim  im  9?cformation3$eitalfet'. 

feiten  Wcmaljlin :  llrfala  Don  Dofenfclb.  ^Jii  bcrcn  ftüftcn  Kpflf 
ein  founb,  ber  bie  cl)c(id)c  Xrcuc  barftcllcit  füll,  unb  511  benen  be* 
Marfgrafen  ein  Vömc,  ba*  3innbilb  bor  Starte  unb  be*  Mute*. 


$ie  CHttfufjrung  brr  Deformation  in  $forjfjehn. 

(fvnft^  Solm  unb  Dadjfolgcr,  Marl  IL,  führte  cnb(id)  bie 
D  cf  ormalion  ein.  ftnfäncjlid)  l)egtc  er  u>ol)l  ^ebenfen,  ob 
fdjon  er  fict)  jclbft  511m  eoangclifd)cu  (Glauben  befanute,  unb  er 
nnirbc  tu  biejen  ^ebenfen  jebcnfall*  beftärft  buret)  (einen  alten 
Standet  Dr.  £*malb  (9ut.  ^U^  aber  biefer  am  28.  Wat^  1554 
Uli  s$for$l)cim  geftorben  unb  burd)  ben  reformation*frciinblid)en 
Dr.  ÜJfartin  9ld)tft)nit  (Mmcbiu*)  eifert  tuorben  nmr,  begann  ber 
iUiavfQraf  fid)  ernftlicfjer  mit  bem  (^ebanfen  an  bie  Deformation 
511  be|crjüftigen.  Dacrjbem  ber  ?lug*burgcr  Dcligiou*friebe  oon 
1 555  ben  l'anbe*l)crren  oolle  ^cfenntni*freil)eit  unb  ba*  Ded)t 
geunirjrtc,  in  iljren  Schieten  bie  Deformation  cinjiifüijren,  entjd)lojj 
fid)  ber  si)farfgraf,  bie  neue  l'cljre  jur  l)crrfd)enbeu  Religion  in 
feinem  l'anbc  31t  madjen. 

Dod)  im  3af)rc  1555  begann  er  ba*  ftfert  ber  Deformation 
bamit,  baft  er  bie  l)ai)l  ber  M  l  öfter  in  s^for(^()eim  311  Oer 
miubem  fud)tc.    Tic  ttlöftcr  ber  ^ran^i^faner  unb  Tominifauer 
mürben  a  u  j r  g  e  f)  0  b  e  n  unb  ba*  3Nid)aetoftift  muffte  fid)  bie 
lEnn^ierjung  einzelner  ttauonicn  unb  ber  Xedjantei  gefallen  laffeu. 
28cil  c*  bem  i'Jartgrafen  im  eigenen  i'aube  an  tiidjtigeu  Weift 
liefen  feljltc,  bie  er  mit  ber  fird)lid)en  Deugeftaltuug  l)ätte  be 
trauen  tonnen,  fo  erbat  er  fid)  $u  biefem  ^merfe  fold)e  au*  ben 
befreuubeteu  Dad)barlänbern.    So  erfd)ienen  511  ^for^ljcim:  ber 
Superintenbcnt  Dr.  3afob  ^lnbrcä  au*  Göppingen,  ber  . Reibet 
berger  öofprebigcr  iütid)ael  X iiier  unb  bie  tljuriugijdjcn  Weift 
lid)en  Dr.  Wnjc  9)£öl)rlin,  .ftofprebigcr  au*  Moburg,  unb 
Dr.  3ol)anue*  Stoffel,  Superintenbcnt  31t  frclbburg."  Tiefe 
oier  Weiftlid)cu  in  ^erbinbung  mit  ^uei  u>cltlid)cn  Daten  be* 
^farfgrafeu  unb  unter  bem  itforfifec  be*  .Stander*  s?ld)tjt)nit  (ber 
fid)  feit  1556,  nadjbem  er  ben  öftreiityifdjcn  9lbclftaub  ertoorben 
l)atte,  uad)  feinem  (yi  Diefern  erbauten  Sd)loffe  £)err  311  Diefern 
bürg  nannte)  bearbeiteten  eine  311  ^Xüluugeu  gebrudte  .Slird)en 
orbnung,  meldje  am  1.  oum  1550  oerfünbigt  umrbe.  Sic 
befagte  in  ber  £muptfad)e,  baft  al*  Duelle  be*  Wlauben*  bie 
tjeilige  Schrift  31t  betrachten  unb  fleifjig  311  gcbraud)cn  fei ;  auf 
fie  jolle  be*l)alb  and)  bie  sJ$rcbigt  fict)  grünben.    Tie  beutjdje 
Wtutterfpractye,  fomic  ber  beutfd)c  Wcmciubcgefang  fei  bei  allen 
Seilen  be*  Wotte*bienfte*  oiii^ufiiljrcn.  Leiter  mar  oorgcfd)rieben, 
mic  e*  mit  ber  Spenbung  ber  Saframente  unb  überhaupt  beim 


Digitized  by  Google 


$forjf)cim  im  9icformation^cttoltcf. 


41 


(Motiedbicnftc  31t  galten  tuiirc  unb  loa3  bei  Trauungen,  £eid)en- 
begängniffen  :c.  311  beobachten  fei.  Xen  ®cfc$(ufi  bübete  bie 
nung,  baft  bie  Weiftlictjen  fid)  bei  allen  fird)lid)en  Söer  = 
richtungen  bc*  gewöhnlichen  CSborrorfs  31t  bebienen  l)älten.  Hillen 
Weifilidjen  ber  Stabt,  locld)e  nid)t  3111-  neuen  Siefn*  fid)  befennen 
wollten,  univbe  unterm  20.  fCuguff  1556  einfad)  ber  „  Sdntfe  unb 
Schirm"  nufgefünbet. 

^c\id)  beu  Don  ^tflügcr  einer  ttird)cu  unb  Sdjulbcfdjreibung 
Don  1735  entnommenen  Angaben  war  ber  erfte  eDangclifdjc 
Stabtgciftlidjc  Special  unb  Supcrintcnbcnt  Dr.  .S>erbranb.  3hm 
folgten:  3frael  9(c^atiu8  (1558),  »iuprcdjt  Xürr  (1500  SO), 
$enebift  Unserer  (1000),  kourab  3rnttN$Ul3  (1007),  Stephan 
Nobrfelber  (1018),  (SJcorg  sBibel  (1030),  X).  i8urfbarb  (£rab 
(1048),  ^oljann  Philipp  Peiniger  (1073),  sJÜ^attl)äue  . Stummer 
(1081)  u.  a.  Pfarrer  ber  9lltftabt  waren:  (£'ra*muö  J^eefue 
(1501),  ooljann  Wraoc  (1505),  9(tfolau$  ÄMollinger  (1574),  .Stilian 
Denier  (1570),  iU^atl).  .Stonr.  $Vrblingcr  (1582),  ttiupred)t  (MraDc 
(1001),  Xaoib  H'angenbcrgcr  (1014),  Ooljann  Xaoib  lauter 
(1035),  ^etrue  fterdjer  (1045),  ooljann  Seuterlin  (1051),  fciiaS 
Mictbammer  (1055),  %sfyam  oafob  <Mrniftein  (1078),  ^ertbolb 
Xeimling  (1091),  Ciruft  ftibnrig  Xeimling  (1730)  ufm.  ^U^ 
foofprebiger  erjdjeint  um  1550  3afob  JHafc,  um  1503  einseiften 
jal)n  uni)  aU  Spitalpfarrer  U)irb  l'orcu,)  Jyuch*  genannt.  Sud) 
Don  einigen  l'anborten  finb  nod)  bie  ÖJeiftlidjeu  befauut,  lueld)e 
bnfelbft  in  ber  ^loeiten  .'bälftc  bc*  IG.  3abrl)unbcrts  tl)ätig  loareu ; 
fo  Don  i8rö(uitgeii  l'eonbarb  ttiftlcr  (1558),  Don  (illmenbingen 
s^eter  Rotenburg  (1500),  Don  (Sulingen  ool).  ^teifetoann  (1501), 
Don  tiefem  Kilian  ferner  (1501),  Don  (Göbrichen  sJl*olfgang 
Pfennig  (1501),  Don  otterebad)  lljomad  ferner  (1509),  dou 
(Sifiugeu  3o§.  Waiter  (1580)  unb  Don  9foufd)(ott  Xaniel  Sd)röt 
(in  (1581). 

3n  ben  auf  bie  9ieformation  folgenben  Sauren  lourbeji 
auc^  bie  übrigen  S\  (öfter  in  ^for^eim  auf  gel)  oben.  Xcr 
größte  Teil  ber  sJl)iönd)c  hatte  iubeffen  bie  Stabt  Derlaffen;  bod) 
bielten  fid)  bie  Xominifaner  nod)  btd  1501  l)ier  auf.  folgten 
fid)  bie  sJDiönd)e  mit  einer  geloiffen  Wcfignntion  in  baö  llnoer 
meiblid)e,  fo  fträubten  fiel)  bie  Tonnen  um  jo  mel)r.  Xies  mar 
iiisbcjonberc  bei  ben  Xominifaneriiineit  in  ^for^beim  ber 
Sali.  Xer  si)tarfgraf  batte  iljre  (Sinfünfte  unter  lanbc*bcrrlid)e 
Verwaltung  gefteüt  unb  einigen  ®eiftlid)en  ben  Auftrag  gegeben, 
ben  ttlofterfraucn  eDangelijchen  ^Religionsunterricht  311  erteilen. 
23eibe3  aber  mar  nicht  nad)  bem  Sinuc  ber  Xomittifanerinneu 
unb  fie  führten  Deshalb  ^efdnuerbe  bei  itaijer  Jyerbinanb  I. 
Sie  baten  benfelben,  bal)in  311  mirfen,  baft  ihnen  freier  Wl^ug 
mit  §ab  unb  GJut  geftattet  ober  Dom  iUfarfgrnfen  ein  Sahrgelb 


Digitized  by  Google 


42  $for/jf»eint  im  töcformaHone^italtct. 

511  ihrem  Unterhalt  au*gcfctu  ober  aber  eine  Wbfinbungefumme 
ausbezahlt  werbe;  Wobei  fie  fiel)  jebod),  fall*  bie  fatholifche  iwefigton 
in  ^for^heim  Wieber  eingeführt  werben  foüte,  ihre  früheren  Wednc 
Vorbehielten.  Ter  itaifer  fdjicfte  $wei  feiner  Wüte  nad)  s)$for$()eim, 
nm  bae  Wcfud)  bei*  Tonnen  ju  nnterftüfcen.  %n  24.  SCisgäufi  1 504 
mürbe  ein  ©ertrag  ausgefertigt,  in  welchem  ftcf)  ber  iWarfgraf 
verpflichtete,  fämtlidje  Tominifanerinncu  nad)  bem  iUufter  ttird) 
berg  in  Ccftrcid)  pichen  511  laffen,  ihnen  nnd)  eine  ttbftitbungd 
fiunme  nun  10,000  fl.  (20,000  fl.  waren  verlangt  mürben) 
auszubezahlen,  aufterbem  1000  fl.  nls  (S'ntfdjäbigung  für  ihre 
Vorräte  (yi  gewähren,  dagegen  mußten  bie  Mloftcrfraucn  auf 
alle  il)re  Wedjte  für  immer  nnb  ohne  Vorbehalt  Ver&td)teti 

Wad)  ben  ?lufgeid)iumgen  einer  ber  Wonnen  fdjeint  man 
biefen  mit  Oetefyrungd  Verfugen  gehörig  ^ngefctu  ju  haben. 
ÜWan  zmang  fic,  bie  lntl)erifd)c  s^rebigt  anzuhören,  bentfd)e 
*4>falmen  zu  fingen  nnb  oerbot  ihnen  bei  ftrenger  Strafe  jebeit 
^erfehr  mit  sJWönd)en  ober  fatholifdjen  (Stofflichen.  Tic  mit  ber 
^efehmng  beauftragten  evangetifrfjen  Pfarrer  muffen  teilweife 
redjt  berbe  Naturen  gemefen  fein,  wenn  nur  bie  .ftälfte  ber  gegen 
fte  erhobenen  9Vfd)itlbigttngen  wahr  ift.  3o  wirb  über  Pfarrer 
Waft  geflagt,  baft  er  bie  öeiligen  ,,fd)änblid)  ausgerichtet M  nnb  ju 
ben  Tonnen  gejagt  habe,  mau  follte  fte  aufbrennen  mic  bie 
fd)Üblid)en  SRaupennefter.  Ter  Pfarrer  Wdjatius  foll  fo  fdjamloö 
gemefen  fein,  bie  $cid)tuätcr  ber  Wonnen  als  „üölatthengfte, 
Stabtfarren,  iWefrfäuc,  Seeleumörbcr"  ufm.  JU  be^eidjnen.  lieber 
feinen  Wmtsbruber  Wuprcdjt  mirb  geflagt,  baft  er  fd)änblid)  nnb 
nbfdjeulid)  00m  heiligen  Saframent  geprebigt  unb  ben  Stapft  ben 
?lntid)rift  genannt  habe.  ^lud)  fünft  mürben  bie  Mloftcrfraucn 
brangfalicrt.  Tic  Altäre  ber  ftlofterfirdjc  mürben  abgebrodjeu 
unb  fämtlid)c  .ftciligcnbilbcr  auf  berfelben  entfernt.  Ter  bem 
Mloftcr  oorgefclUe  Schaffner  ttonrab  ÜBifdjler  lieft  alle  Sdjlöffcr 
au  ben  ttloftcrtl)ürcn  auf  bereu  9luf$en|eitc  anbringen,  bamit 
niemanb  mel)r  ohne  fein  Riffen  in  bas  Mlofter  gehen  tonnte. 
Tie  Wonnen  mürben  von  bem  Manier  bes  NJDcarfgrafen  von  allen 
Wclübbcn  entbunben,  aber  fie  reagierten  hierauf  in  feiner  v&tofe. 
$itol  fte  nid)t  in  beutjdjcr  Sprad)c  zu  Tijdje  beten  mollten,  fo 
afj  ber  Amtmann  jamt  jeiuem  Weftnbc  mit  ihnen  unb  verrid)tctc 
bav  Tifdjgcbct.  s?lbcr  ben  Wonnen  ift  babei  „birf  mel)  vor  lachen 
gefchehen;  ben  ber  Amtmann  hat  eine  follidje  miefte  ftimm  gel)cpt, 
als  melt  er  unfj  jetnjfeen  unb  jer^erren."  %\\d)  ber  Manier 
9ld)tfl)itit  erfd)eint  in  ben  ermähnten  Ulufzeidjnungen  in  red)t 
eigentümlicher  N-Mcud)tung.  (S*r  fei,  heißt  es,  „oft  in  bie  gellen 
geloffeu  von  einer  zur  aitbern,  als  mer  er  unfinnig  unb  hat  fo 
ein  unzüdjtig  wefien  unb  gebert  gehept  mit  lüften  unb  leefen, 
fonberlid)  ber  jungen,  unb  ift  fein  ^ell  gemefen,  er  hat  gcWifet, 


Digitized  by  Google 


$for,ficim  im  RefmnoftUKlgfitafier.  4;J 

mo  ein  jcglidje  i\)t,  unb  hat  if)n  gar  übel  oerbroffen,  tonn  mir 
ehtanber  bcrljütt  (bcumdjt)  fjaben;  er  l)at  and)  etwa  bief 

in  bem  coimcnt  gejjen,  unb  f)at  fid)  ju  ben  allcrjüngftcn  gcjclU, 
unb  l>at  ben  ein  follid)  h)d)tfcrtig  toeften  geführt  mit  reben  unb 
auffern,  unb  bat  gefagt,  fte  füllen  511  pfor^en  behjbcn,  fo  mell  er 
iljnen  einen  man  geben  unb  ber  gelndjen."  Äuf  ba*  betraten 
maren  bie  Wonnen  nidjt  gcrabe  erpicfjt,  beim  auf  eine  s}>rebigt, 
bic  ber  Special  Dürr  iljnen  über  ben  (Sfjeftanb  l)ielt,  folgte  ber 
einftimmige  s^cfrf)eib,  baft  feine  lum  Unten  einen  Wann  wolle. 
Die  ganjc  s^cfcf)nmg£arbcit  mar  eine  unnitfye  $ergeubuna  oon 
$e'u  unb  3Üiüt)c  unb  feine  ber  grauen  mürbe  iljrem  (Glauben 
abtrünnig.  2d)liejjlid)  mögen  fie  aber  bod)  frol)  geloefen  fein, 
als  fte  oon  bannen  tuel)en  Durften. 

Die  (Mniulid)feiteu   bc3   aufgel)obcnen  .Stloftcr*  bienten 
tut  (hmeiterung  bc*  auftoftenben  3icd)cnfpitnl$.   Die  ttirdje  beS 
lefoteren  mürbe  abgebrodjen  unb  au  Stelle  bcrfelbcu  bic  Stabt 
mcfcig  erbaut.    Sic  Dominifancrfird)c   mürbe   ,utr  2tabtfird)c 
oermanbelt. 

*  * 
* 

&a3  mid)tigftc  (£*rcigui£  für  ^for^eim  unter  ber  Regierung 
bed  iOiarfgrafcu  .Marl  II.  mar  bic  1 505  erfolgte  Verlegung 
ber  SKefibenj  oon  ^for^ljcim  nad)  Dur  lad),  lieber  bie 
0>3rünbc  tjierju  liegen  feine  beftimmten  Zugaben  bor.  Jycd)t  iprid)t 
in  feiner  (Mefd)id)tc  ber  Stabt  Durlad)  bic  2lnfid)t  auä,  bic  günftige 
i'agc  uon  Durlad)  gegenüber  bem  ber  l'aubctfgrcn^c  ,m  nal)c  gc 
legenen  ^for^eim  Ijabc  baefclbe  al£  iticfibciu,  geeigneter  crfd)ciucn 
(offen.  Den  für  bic  Verlegung  gcmbljulid)  angegebenen  (%unb, 
bafj  bic  ^for^ljcimcr  in  llngnabe  gefallen  feien,  meil  fie  fid)  $u 
einer  iljnen  Dom  SDiarfgrafen  im  "ii>ibcrfprud)  511  ben  oerlicljcncu 
s^rioilegicn  zugemuteten  ^agbfroljnb  nidjt  oerfteljen  fonnten,  Ijält 
aud)  ^flüger  nidjt  für  ftidjljaltig.  Der  iUmrfgraf  Ijabe  eben  mein* 
in  ber  äKi'tte  feiner  eigentlich  babifdjen  ^anbcstcilc  moljnen  mollen 
unb  barum  Durlad)  al*  Wcgicrung*fiU  gemäljlt.  Die  sÄgcrfd)aft 
Durlad)3,  bie  .uemlid)  Ijeruntergefommen  mar,  geigte  fid)  über  bie 
Verlegung  ber  9iefiben&  ungemein  erfreut  unb  erhärte  fid)  gerne 
bereit,  jäi)r(id)  einen  Dag  für  ben  Sdjlofjbau  ,ut  frol)nben. 

8m  23.  Wär^  1577  ftorb  SOmrfgraf  Marl  (ui  Durlad),  mo 
er  ein  geräumigem  Sdjloft  uad)  eigenem  $lan  unb  feiner  eigenen 
Wuffid)t,  bie  Marieburg,  l)atte  errichten  (äffen.  Sein  ^cidniam 
mürbe  in  ber  3tift£fird)e  311  ^for^eim  beigefefct,  mofelbft  fid)  in 
ber  Witte  ber  l)intereu  liljormaub  fein  Dcnfmal  befinbet. 


44 


^jfor^eim  im  9icformation3aeitaftcf. 


Hflflfmeiue  $rrf)a(tiiifff. 

9fu*  ber  $eit  be$  ÜWarfgrafen  (irnft  ftammt  eine  3Vfdjreibung 
^for^eimS,  mcld)e  ben  Stralfiutber  ^ürgenneifter  3aftrou>,  ber 
fid)  in  (einer  3ugcnb  aU  martgräflidjer  .Manjleifdjreiber  in  unfern 
Stabt  aufgehalten,  511m  ^erfaffer  l)at.  (*r  jrijilbert  s4>for^l)cim  al$ 
eine  nid)t  grojjc  Stabt,  weld)c  an  einer  w  feifönen  luftigen  28iefe" 
liege,  umgeben  üon  „überaus  Ijoljeu  bergen",  bie  mit  &ol£ungen, 
„einer  $&iltuuffen  uidft  ungleid)"  beloadffen  feien,  f)uvd)  ben 
llmlgrunb  flie|e  ein  flaiW  gefunbe*  Gaffer  mit  allerlei  roorjl 
jirjmctfenben  JyiÜt)011^  «baran  man  bes  Sommert  gar  gute  SXuvy 
meile  Imbcn  tarnt",  nnb  in  ben  Salbungen  fei  gutei  s&*ilbbret 
anzutreffen.  $on  ^for^ljeim  riitjmt  8aftrou>:  „3ie  liat  oiel 
gelehrter,  befdfeibener,  freunblidfer,  moljlerzogcncr  teilte  nnb  alle»?, 
toaS  man  $ur  KetfceS  Wotburft  nnb  Ü*rt)altiinc\  zeitlichen  l'eben* 
in  (*3efunbl)eit  nnb  Mrantl)eit  oon  nüten  l)at  an  (^cletjrten,  lln 
gelehrten,  $lpotb,efern,  halbieren!,  ^irt*l)äufern,  allerlei  &mnb 
locrfern,  ntdjl*  ausgenommen ,  in  v}kebigten  nnb  befangen 
eoangelifeffer  Religion." 

Der  SNeifteffinger  fteinrid)  (*)e  bring,  tueldjer  15G1  bad 
^forzl)eimer  5d)üfoenfeft  befdnieb,  [teilt  ber  Stabt  nnb  it>rcii 
$emol)uern  ebenfalls  ein  redjt  ^ünftic\c^  3eugui*  au*,  (fr  lobt 
il)ren  roeituerbreiteten  £>anbel,  il)re  Wemerbtl)ätigfeit  nnb  iljren 
$i*ol)lftanb,  namentlid)  aber  and)  bie  Dielen  nnb  guten  Verbergen. 
3n  einem  154:$  311  iBafel  gebrueften  (^eograpt)iebud)e,  ISosmo 
grapt)el)  gereiften,  tuirb  ^for^eim  als  bie  faft  Dornefjmfte  Stabt 
ber  3Marfgraffd)aft  bejeidfiiet,  wien>ot)l  \Haben  feiner  l)eifjen  Cuellen 
wegen  angefeljener  nnb  befaimtcr  fei. 

$ln  3 1  a  b  1 1 1)  0  r  e  n  merben  in  jener  Qfit,  anfter  bem  ^röltinger 
nnb  bem  Wltftäbter  llfor,  genannt:  bas  Steinbrürfentljor  (an  ber 
filier  iörtiefe),  ba#  Äuer  üörunnentljor  (am  (inbe  ber  Mrenjftrafje), 
bas  (frfcrtljor  (in  ber  Nltftabt),  ba*  obere  $iül)ltl)örlein,  ba* 
obere  Wrabentl)or,  baä  ftillertljor  (am  CSnbe  ber  oberen  ^lugaffe), 
baö  Sdjelmentljor  (am  tfubc  ber  unteren  Angaffe),  ba$  obere 
$rnnnentl)or,  bad  toeiligfreuztl)or  nnb  baä  Iljörlein  unterhalb 
beo  3d)lciftl)oretf,  toeldfe*  \c[\t  nod)  uorljanbeu  ift.  Straften 
merben  aufgeführt:  bie  ^röttingergaffe,  bie  obere  l'ammgaffe,  bie 
Gräber  ober  ^rüberbronnengaffe,  bad  ^arfüftcrgäftle,  bie  Sdjeucrn 
gaffe,  ber  ttirdfberg,  ba*  .ftöltgafele,  bie  Sränfgaffe,  bie  ttloftergaffe, 
ba*  9Nül)(gäftlein,  ber  filier  (obere  Angaffe),  bie  5d)clmengaffe 
(untere  Angaffe),  bie  beiben  ^anergaffen  (bie  grofje  nnb  bie  fleine 
(sJcrbergaffe),  bie  ^ieljgaffe,  bie  M'ufyenbad)  (Xl)caterftrafic),  baö 
^Koftgäftle,  bie  Mirdjgaffe  (8d)loftfird)enmeg),  bie  ^rebigergaffe 
fS| angaffe),  jomie  bie  Ültftäbter,  Ältborfer  ober  Vlltl)eimer  Waffe. 
s^lnd)  eine  ?Mtbengaffe  mirb  ermäljnt,  ton*  bie  Vermutung  nalje 
legt,  bajj  bie  3nbcn  mit  iljren  ^ol)iutngen  auf  einen  beftimmten 


Digitized  by  Google 


$fotg$eHn  im  9fcformation*äc»taltcr.  45 

leil  bcr  <2tabt  befdjrönft  waren,  wie  bicö  in  anbeten  Stabten 
ebenfalls  fo  gewefen  ift  *)  £er  «iefonarfi  fror  bem  9tltftäbtcr 
Xljor),  baä  ^fläftcr,  bcr  SWefcelflraben,  ba*  föcnnfclb,  bic  »leicfj* 
ruiefe,  bad  ÜRob,  bcr  Rudenberg  ufw.  finben  ebenfalls  fcfjon 
(Srmäfynung. 

^for^ctm  Ijattc  bamafö  of)iic  3wcifcl  bereite  bic  9lu3= 
bcrjnung,  bic  nnä  bic  ftbbilbung  öon  1643  jeigt.  ^litdt)  baö 
3lu$fef)en  bcr  Stabt  bürftc  in  bcr  .£uiuptfad)e  in  llebcrciitftimmuug 
fjicrmit  gcWcfcn  fein,  §untal  ja  bic  J^cftungswerfc  ?c.  tuett  früher 
angelegt  nnb  feiner  eigentlichen  ^eränbennig  unterworfen  Würben 
waren.  Son  rjcrüorragcnbcrcn  öfebäuben  finb  an$nfitt)ren: 
baö  $Nau)auä,  Weldjcä  an  bcr  Stelle  bc$  früheren  .Waufrjaufcö 
erbaut  würbe,  bic  3tabtfdjrcibcrci,  baö  Sd)lad)tf)au$,  bic  .fräitjcr 
bereit  o.  Schauenburg,  o.  glcljingcn,  ö.  Ttfenffad),  r».  £omersl)cim, 
r».  (Millingen,  r>.  Wertringen,  o.  !)iemd)ingcn,  o.  SBaüftein,  n.  Rauben- 
berg,  t».  $euf)aufcn  ufw.  3m  Sagre  1 588  würbe  unterhalb  bcr 
^lltftabt  (an  bcr  heutigen  (Sulinger  Strafte)  ein  neuer  gfrtebfiof 
angelegt  nnb  bcr  alte  um  bic  Sdjloftfirdje  auftcr  SBettfiftintQ  gefegt. 
Ter  (*rfte,  Wclcfjcr  auf  biefem  Jyriebljof  feine  SHittjeftättc  fano, 
mar  baä  lv}crid)t$mitglicb  Allane  (S'itgelfjarb. 

£a$  @rw  er  beleben  War  im  16.  Saftrbunbert  in  s$for(^ 
f)cim  ein  ebenfo  oiclgcftaltigcä  wie  rcgc£.  9tafonbcr3  ftarf  war 
bic  Xudjmadjcrci  Oertreten.  ©d)on  bcr  3Harfgraf  (Sljriftof  lieft 
ftd)  bicgörbening  biefcä  (^cWcrbcä  fefyr  angelegen  fein.  Gr  regelte 
baäfelbe  burdj  eine  lanbc^poli^eilicfje  ^crorbnung,  bereit  auS« 
gefprodjener  3wcrf  War,  ben  inneren  ÜUiarlt  oon  bcr  .Qcrrfdjaft 
bcr  fremben  Xndjc  unb  bcr  Jyranffurter  3Wcffc  jn  befreien.  3u 
ber  If)at  faitt  mit  bcr  $cit  bic  Xurfjmarfjcrci  in  l)iefigcr  Stabt 
aitcfi  ungemein  in  Änffdrjnntitg.  3brc  (Sr^cugniffc  gingen  befonberä  # 
nad)  ÄUflSburg,  beut  bamaligeu  9Mittclpnnftc  bei  internationalen 
§anbel3,  um  oon  l)icr  and  überallhin  Oerfcnbct  $u  Werben. 

*)  3u&cn  föchten  iit  ^forjheim  föou  fcfjr  frühe  gewohnt  p  tjabeit, 
wie  au£  naebftehenber  Sage  gefolgert  werben  fanit : 

©in  fiebenjährigeö  Mäbcbcu,  Margaretha  mit  tarnen,  würbe  12«7  öon 
einem  alten  Söcibc  an  bie  3uben  öerfaufr,  bie  bemjelben  ba$  $Mut  abzapften 
unb  bie  Heine  deiche  bann  unterhalb  best  Scbleiftborc*  in  bie  Gnj  warfen  unb 
mit  Steinen  beschwerten.  Wach  einigen  Tagen  ftreefte  ba$  ttiub  eine  .fraub  in 
bie  £öhc,  wa£  öon  Schiffern  wahrgenommen  .mürbe,  bic  alsbalb  oon  bem  uu* 
heimlichen  @rcicjnid  Welbunq  in  ber  3tabt  machten.  Ter  ^Icarfgraf  eilte  felbft 
herbei,  um  fich  oon  ber  Wahrheit  befii  <tktüd)tti  jii  über^eufleu.  N?IU  ba^  .Vtiub 
au*  bem  Gaffer  fle,^oflen  worbeu  war,  richtete  c$  fid)  plötzlich  auf,  bot  bem 
SRarlgtafen  bie  öanb  unb  forbertc  ihn  jur  5Warf)e  auf.  Tann  fanf  e*  prücf 
unb  war  tot.  Ter  Hcrbacfjt,  ben  sJÖcorb  bcciaitfleu  ^u  haben,  fiel  auf  bie  ^uben. 
Sie  würben  jufammena,erufcu  unb  üor  bie  ücichc  geführt,  bic  alöbalb  p  bluten 
anfinfl.  Nunmehr  flcftanbeu  bie  Rubelt  ben  Worb  ein  unb  würben  hcrnacli 
iamt  bem  alten  "öeibc  hingerichtet.  Tic  Heine  Margaretha  aber,  welche  baö 
«olt  alä  SiärtDrerin  betrachtete,  würbe  in  einen  fteinemen  Sarg  gelegt  unb 
in  ber  8d)loftfird)e  bei^efe^t. 


Digitized  by  Google 


4G  ^for.töeint  im  töcforinationsjeitattcr. 

^cben  ber  ci^cntltc^cn  Iurf)mnci)crci  famen  and)  bie  SBcrferttger 
leichter  ;Jcuge,  ber  Sergen  unb  (Sngelfeitc,  empor,  ^for^eim 
ftrielte  in  bc'r  Dmfjinbuftric  lange  3«'  cinc  ffiJjwnbe  Wolle.  Der 
iJOjährige  Krieg,  ber  überhaupt  ber  gewerblichen  ^ctriebfamfeit 
ein  (Sitae  gemacht,  ruinierte  and)  bic  Xudjmadjcrct.  Rad)  bem 
Kriege,  ab  fic  firf)  wieber  $u  erholen  begann,  l)atte  e*  (Salto)  Der 
ftanben,  ^for^eim  ben  SHong  abzulaufen. 

Cbcroügtc  Waren  im  16.  3at)rhnnbert:  Glider  ^anbfdjab 
oon  Steina^  (1518),  Stephan  oon  (Püttlingen  (1520),  tfbcrlmrb 
oon  föeijchad)  (15;n),  Golfer  oon  Udingen  (1541),  (ibriftof 
Med)ler  r«c»n  SdjWanborf  (1505),  (5l)riftof  Sdjöner  oon  Strauben 
hart  (1588),  $)anö  oerg  Stein  uon  Weicuenftein  (1580)  unb 
Stifter  0011  Scuolift  (1590  90).  ^Ue  S d)ttlt hei $en  waren 
tbätig:  >l).  s&ill).  ftcR  (1521),  Philipp  SManbt  (1527),  Ulrich 
Saxler  (1541)  unb  ool).  Börger  0507);  al*  ^ürgermeifter: 
^itgitfttn  JL'eunharbt  (1527),  Steter  Wüfilin  (15S3-  38),  3afob 
Simmercr  (1500),  Seit  SBreitfc^toert  (1580),  fran*  Ärumm  (1582) 
mtb  1585  Wieberum  ein  $eter  Woftlin.  $on  ben  Tanten  je&t 
nod)  oorhanbener  ^ürgergctd)led)ter  famen  t*d)on  im  10.  Jahr- 
hunbert  oor:  ?lab,  Vlbredit,  Naumann,  Werfer,  Stob,  ^urf,  Deim- 
ling, tittlcr,  ISnberle,  l*rl)arb,  (Sffig,  (Sutchele  (Sichele),  fauler, 
Aeibner,  .ftcinjclmanu,  Saifcr  (oaiftle),  Meiler,  Äercfjcr,  l'cnj, 
l'enerle,  Votthammer,  Wccrwciu,  Slieier,  Finger,  fliotbaefer,  Schäfer, 
Sd)au,v  Sdjinibt,  Stiel  ufw.  Dafi  ^fpr^heim,  wie  es  in  einem 
Strafjburger  SReifterßefaug  oon  1507  hetftt,  reich  nu  Dichtern 
War,  f oll  and)  nicht  oerjebmiegen  Werben. 

Unter  ben  im  10.  oalnbunbert  gemachten  Stiftungen  ift 
biejemge  bc$  Manier*  ?ld)tfi)uit  51t  erwähnen.  Dcrfclbc  Warf 
1500  ein  Kapital  oon  100  fl.  am  mit  ber  ^efttmmung,  bajj  bic 
ßinjen  hiervon  immer  bei  ?lbl)ör  ber  $ürgermeifterrecfjnung  Oer 
trauten  werben  follten,  unb  $War  in  liefern  burger  (Mutcbclweiu. 
Tiefer  Auflage  famen  bie  Stabtoäter  oiele  ?sal)te  hinburd)  gcWiffen« 
haft  nach,  unb  Wenn  einmal  Wegen  unterbliebener  Werf)uuug*abbör 
fein  Stiftuug*wein  getrunfen  Würbe,  fo  ift  bic*  in  ben  ftabtifcfccn 
Rechnungen  immer  oermerft  Würben,  fhtbetc  Stiftungen  finb  ber 
s?tlmofenfonb,  buret)  bie  15.W  erfolgte  ^erfcijmel^ung  [amtlicher 
3hruberfdpft*fonb4  entftanben  unb  burd)  oiele  ^ermaduniffe 
erweitert;  ferner  biejeuigen  oon  (Sl)riftof  SBertWcin,  geborener 
^forjbcimcr,  ber  jptitcr  ©ifdjof  in  »ten  unb  faiferlidjer  ^eid)t 
oater  würbe,  unb  $eter  Wciger,  .Mauonifus  bc*  Stifte  &n  Staben, 
ebenfalls  am  ^for^heim  ftammenb.  $£erttocinä  Stiftung  erfolgte 
1555,  bie  (^cigcr'(cf)C  1550  bc^W.  1504. 


Digitized  by  Google 


$fttrtetOl  im  >Hcforimition*jcitalter.  47 

(icrt»orr«igctit>c  $forjl)fimer  auS  bcr  flcformatioii&jeit. 

3  o  i)  a  n  u  c  &  11  n  g  t  r. 

Johanne*  linder  ober  Ungcrer  würbe  um  ba*  Satyr  1482 
}U  ^for^heim  al*  bei  Sprößling  eine*  ber  älteften  iBürger 
gejd)lecf)ter  geboren.  l£r  befud)te  bie  Sdjule  feiner  iNaterftabt  unb 
i*tubierte  hierauf  Ideologie.  Wad)  Bcenbtgung  feiner  Stubien 
fam  er  nad)  Bretten  unb  jtoar  al*  .S>au*lehrcr  be*  .Kaufmann 
unb  Sd)ultl)ciften  3ol)ann  Deuter,  um  beffen  (Infcl  Philipp 
Schmarjcrb  (fpater  äMandjtfjon  gereiften)  51t  unterrichten. 

Xrei  oabre  lang,  von  1504  1507,  blieb  Unger  in  biefer 
Stellung  unb  er  fd)cint  beu  auf  iljn  gefefcten  Hoffnungen  wohl 
entsprochen  511  l)aben.  Sein  einftiger  Högling  Weland)tt)on  jelbft 
l)at  fpäter  einmal  über  il)n  geurteilt:  ,,?vi)  habe  einen  Lehrer 
gehabt,  ber  ein  au*gc,}eid)netcr  Wrammatifcr  mar  unb  mid)  ebenfall* 
mit  s.Ufad)t  in  bie  Wrammatif  hineintrieb.  Siir  jeben  fehler  gab 
er  mir  Schläge,  bod)  mit  Wäftigung.  9luf  jold)e  N2i4eifc  machte 
er  mid)  ebenfall*  jum  Wrammatifcr.  (ir  mar  ein  oortrefflidjer 
Wann  unb  liebte  mid)  wie  einen  Sohn,  id)  il)n  tote  einen  Sater, 
obglcid)  er  folebe  Strenge  geigte." 

3m  Cftober  1507  ftarb  Wc(and)tl)on*  (Mroftoater  unb  furj 
borauf  audj  fein  $ater.  Tie  Mittue  be*  elfteren,  Fendilin* 
Sdnucftcr,  tel)rte  nuumel)r  oon  ©retten  nad)  ihrer  ©aterftabt 
^for^ljeim  jurütf  unb  nahm  ihre  Cirufcl  mit  fid),  um  fte  in  ber 
^for^beimer  l'ateinfd)itle  meiter  unterrichten  $11  (äffen.  Damit 
hörte  aud)  Unger*  Iljätigfeit  al*  .ftauptlehrcr  auf,  bcr  übrigen* 
erft  1511  nad)  ^for^ljeim  ^urürffel)rte  unb  oermutlid)  bi*  51t  biefem 
^citpunftc  ben  in  Bretten  angefangenen  Unterricht  mit  anberen 
.Knaben  fortgefettf  l)attc.  (£r  fam  an  bie  Stelle  be*  al*  VMjrcr 
ber  ^icctjtc  nad)  Bübingen  berufenen  feitberigen  Weftor*  bcr 
lateinifd)cn  Schule  in  ^forjbeim,  (Meorg  Simmlcr,  unb  beflcibctc 
biefen  Soften  1.1  M)xc  laug  (r>on  1511  1524)  mit  bem  befteu 
Erfolge,  jn  biefer  $cit  trat  er  aud)  in  Beziehungen  311  Männern, 
bie  fpäter  in  bcr  >Keformation*gcjd)id)tc  bc*  l'aubc*  eine  Wolle 
31t  fpiclcn  berufen  maren. 

Warfgraf  Philipp  übertrug  1524  3ol)annc*  Unger  bic 
^rcbigcrftcÜc  am  St.  Wid)acl*ftift  unb  gab  il)m  im  l'aufe  bcr 
oatjrc  mand)c  ©etoeife  feine*  $?ol)lmollcn*,  obmol)l  ober  t»icllcid)t 
gerabc  meil  Unger  bcr  rcformatorifd)en  ifcljrc  ^ugetban  mar.  s?lud) 
bic  (£f)c  geftattetc  er  it)m,  ma*  lud  heilen  molltc  in  jener  ;5cit. 
Spater  freilid)  l)at  Unger,  mie  frül)cr  fdjon  ermähnt,  aud)  unter 
ber  lanbe*()crrlid)en  Ungnabc  511  leiben  gehabt,  inbem  er  nebft 
einem  gleid)gcfinutcn  >tollegcu  gefangen  nach  ©nben  abgeführt 
würbe,  um  fich  feiner  religiöfcn  Widjtung  megeu  oor  ben  Waten 
bes"  Warfgrafen  $u  öerantmorten.  £aä  ü)at  er  mit  greimut  unb 


Digitized  by  Google 


48  ^forjfjcim  im  SRcformation^citctltcr. 

baut  norfj  fo  gcfdjidt,  bajj  er  al*balb  in  $reil)eit  ftefc^t  nntrbe 
uno  fein  s$rebigeramt  in  'tJSfor^eim  hiebet  übernehmen  tonnte. 

Ter  1535  feinem  Ü8ruber  s}3l)ilipp  in  bei*  Regierung  nadj 
gefotgte  Warft^raf  Gruft  mar  Unger  aufrichtig  sugetljan  unb  nafjm 
il)n  uebft  Familie  aud)  in  feinen  befonberen  Sdjuft,  al3  tti  be- 
fürchten  ftanb,  bafj  bad  bifdjöflid)  fpcierifdje  Crbinariat  Ungern 
(St)e  anfechten  werbe.  Slufccrbem  nnirbc  legerem  Dom  SWarfgrafen 
al*  Grfafe  für  anbermcitia,e  ^(uefäüc  („in  9lnfef)en  ber  merflidjen 
Üüiüc,  Arbeit  nnb  $leifj,  fo  er  mit  ^erfünbnng  be*  fälligen  SHort 
(Mottet  18  oar  lang  in  sj$fortn>im  gcljapr)  oon  ben  Ginfünften 
ber  1560  eingegangenen  s&*allfal)rt*fird)e  ber  ^eiligen  Jungfrau 
jut  Gid)  in  ber  9täl)e  oon  SBilferbiugen  eine  Summe  Don  1 00  (L 
jäljrlid)  jugeunefen. 

lieber  bie  legten  i'ebensjaljre  Unger*  tft  sJJäl)ere*  nidjt 
befannt.  Gr  ftarb  (yi  Ißfor^eim  im  ^Ipril  1553  in  feinem 
71.  H'ebcnejatjre.  £a&  er  \d)x  beliebt  mar,  erteilt  au*  bem  eljren* 
Dollen  ^eugni*,  weld)e*  ifjm  ber  s^for^l)eimcr  sMat  au*gcftellt  l)at. 
G*  Ijeiftt  in  bcmfclben:  „Gr  oerfidjt  fuue  s}$rebigcn  mit  l)öd)ftem 
Jyleift,  erpietet  fid)  and),  alle  tag  abenb*  gur  Saloc  3ut  ein  freiroil 
Stunb  ungeOerlid)  ermanung  nnb  richtig  jn  tun,  tote  man  fid)  in 
biefen  S&imen  nnb  fonft  gegen  Gtot  ben  Gerrit  galten  nnb  mit 
getroftem  .^er^en  roiber  ben  4ob  fechten  nnb  fempfen  fol." 

3ol)annc3  Sdjtoebel. 

(Geboren  gu  ^for^eim  im  3al)re  1490  al*  Sofyn  etn» 
artoanberter  oermöglidjer  Gltern,  befudjtc  Sdnoebel  bie  ^ateinfdjule 
feinet  Okburtsftabt  nnb  lernte  l)icr  SÄewnc^tljon  fennen,  51t  meldjem 
er  in  ein  innige*  $reuubfri)aft*oerl)ältni*  trat,  ba*  aueft  jpäter 
nodj  fortbanerte.  1514  erhielt  Sdjmebcl  in  Strasburg  bie  sJ$riefter 
meil)e,  worauf  er  in  ba*  M  (öfter  ober  Spital  be*  Ijeiligen  (Reifte* 
ju  sJ>for$l)eim  eintrat,  (fr  begeifterte  fid)  frülje  fdjou  für  ^ntfyer 
nnb  feine  Öefjrc  nnb  prebigte  oon  1519  ab  im  Sinne  bcrfclben. 
hierbei  jcfjeiiit  er  aber  einen  aüju  großen  Gifer  entfaltet  511  l)aben, 
beim  er  nutzte  bereit*  1521  auf  Befeljl  be*  fonft  ber  ^Reformation 
nid)t  gerabe  feinblidjen  NJ)iarfgrafcn  s^l)ilipp  s}$for($eim  oerlaffen, 
worauf  er  bei  JyrrtlU  oon  Sitfingeu  auf  ber  Gberburg  ,3uflluty 
fudjtc  uub  fanb.  .frier  nafim  er  au  ben  vielfachen  Beratungen 
politifdjer  nnb  rcligiöfer  Watur,  Weld)c  Sitfingen*  5rcl,ll0e  rtUf 
ber  Gberburg  abhielten,  regften  Anteil. 

s£>äl)reub  feine*  Aufenthalte*  auf  Sidiugen*  „Verberge  ber 
(yererijtigfeir  machte  Sdjwebel  in  $wei  ?lu*gaben  ein  Sdnriben 
befannt,  Weld)e*  ^ranj  oon  Sitfingen  an  ben  SRittcr  Xietrid)  oon 
.franbfd)ud)*heim  richtete,  um  biefem  feine  Bebenfen  gegen  bie  (£*in^ 
fül;rung  ber  ^Reformation  511  nehmen.    Sd;mcbe(  begleitete  biefe* 


Digitized  by  Google 


$for,tf)cint  im  föefprmntipnfycitalter.  40 

Schreiben  mit  einem  Vorwort  an  ($eorg  oon  Gentium  in  ^5for$ 
fyeim,  ben  er  bat,  bie  ^for^tjeimer  $reunbe  $ur  Stanbfyaftigfcit 
ju  ermahnen,  (£r  bebauere,  bafe  Üeutrum  nid)t  3cllflc  fci»  UMC 
eifrig  ftranj  oon  Sitfiugen  für  baS  Ihmngclium  eintrete.  ISfyemale 
feien  bie  Vitien  über  bae  Wefeft  OJottc*  burd)  bie  ^tieftet  unter 
richtet  morbeu;  jefct  müßten  umgefeljrt  bie  ^tieftet  burd)  fromme 
bitter  au  Oiotteö  Gtefefe  erinnert  merben. 

(£nbe  1522  lieft  Sdnoebel,  bem  injtotfAcn  oon  Sirfingcu 
bie  Pfarrei  fianbftufjl  übertrafen  morbeu  mar,  bei  JpanS  ©reiften 
berg  in  ^for^eim  eine  Sdjrtft  erfdjeinen,  bie  ben  "Xitel  trug: 
„Chrmanung  ju  ben  Oueftionirern,  überflüffige  Soften  abjuftetlen." 
Unter  Cueftionirern  finb  $ettelmönd)e  gemeint,  benen  er  ben  9tat 
gab,  9llmofen  aus  freien  Stütfen  für  bie  ÜHotleibenben  ju  jammeln 
unb  nid)t  erft  in  SHom  mit  fdjroerem  Qklb  (Erlaubnis  tjtcr^n  311 
ermirfen. 

SBon  .ßroeibrüden  rtU$'  mo()in  <Sd)mebel  1523  burd)  ben 
^fal^grafen  fiubmig  II.  als  Superintenbent  berufen  morben  mar, 
befueftte  er  im  barauffolgenben  3al)r  ^forj^eim  roieber  unb  f)ielt 
bafelbft  in  ber  Spitalfird)e  eine  ^rebigt,  roeld)e  unter  ber  s}luffdjrift 
„SBom  guten  $>irten"  in  mehreren  Auflagen  gebrutft  mürbe,  iaft 
Scfjroebel  mit  bem  9)<arfgrafen  sJ$l)ilipp  |id)  in^uifd^n  auSgeföl)nt 
l)atte,  ift  barauS  erftd)tlid),  ba§  er  auf  ^ermenbung  beSfelben, 
als  er  1524  fid)  Derefyelidjtc,  einen  großen  leil  beS  Vermögens 
jurütf  erhielt,  meiere*  er  einft  als  junger  9J?önd)  feinem  ftlofter 
in  ^forjfjeim  jugemenbet  Iwtte. 

SMS  511  feinem  am  19.  9Wai  1540  erfolgten  lobe  blieb 
©djmebel  als  Superintenbent  in  groeibrütfen,  neben  feinem  mid) 
tigen  Slmte  eine  ausgebreitete  ftorrefponben$  pflegenb  unb  einer 
regen  fd)riftftellerifcf)en  lljätigfeit  fid)  l)ingebcnb. 

<2djroebel  befaft  einen  milben  unb  oeriöl)nlid)en  (Slwraftcr 
unb  geigte  oft  mefjr  9cad)giebigfcit  als  feinen  ftreunben  lieb  mar. 
3mmed)in  nafjm  er  unter  ben  Geologen  feiner  $eit  eine  bebeutenbe 
Stelle  ein.  Seine  freieren  $lnfid)ten  über  mandje  fird)lid)e  Streit 
fünfte  brad)ten  ifyn  ffcätcr  bei  ben  Lutheranern  in  ben  für  bie 
bnmalige  Seit  entfefclidjen  $erbad)t,  ein  ^inglianer  511  fein.  SBon 
allem  ^arteieifer  unb  ^arteil)aber  mar  er  meit  entfernt.  ©t  mollte 
meber  lutl)erifd)  nod)  paulinifd)  Reiften,  nur  als  „(Sl)rifr  mollte 
er  gelten.    9iid)t  Cutter  fei  für  il)u  geftorben,  fonbern  (Sl)riftuS. 

9JifolauS  (Kerbel. 

tiefer  ift  um  1490  in  ^for^ljcim  jur  28elt  gebmmen  unb 
mar  ber  feüftti  eines  bortigen  SWalerS.  9ludj  er  bejud)te  in  feiner 
vUtgenb  bie  ßateinfdntle  feiner  ^aterftabt  unb  ftubierte  in  $öln 
unb  fpätcr  in  Bübingen,  mofelbft  er  1508  9J?agifter  rourbe. 
9Jadjbem  er  eine  ^eit  lang  an  ber  sßfor$f)eimer  Schule  als  £er)rcr 

4 

Digitized  by  Google 


50 


i*for^cim  im  fötformation**citflltcr. 


tfyätig  geroefen,  ging  er  1512  an  bie  Liener  Uniucrfität  unb  trieb 
fner  Daä  Stubium  ber  Dectytäroiifenfdjaft.  Wurf)  trat  (»erbet  fdjon 
bamald  alö  Sdjriftfteller  auf  unb  begann  Damit  eine  frudjt- 
bringenbe  Iljätigfcit.  ffladjbe**  er  fic^  1514—1515  in  SBofel 
aufgehalten  l)atte,  liefe  er  ftdj  ..i  Strasburg  al$  Dcduefoniulent 
nieber.  £ier  entfaltete  GJerbel,  bor  mit  namhaften  (Meierten  in 
SSerbinbung  ftanb,  neben  feinen  33eruf*gcfd)äftcn  eine  crftaunijcf)e 
roiffenjdjaftlidje  Wrbeitölraft,  namentlich  auf  ben  Gebieten  ber 
Hajfijdjen  Citteratur  un*  ber  C9efd)id)te,  unb  geborte  fdjon  1518 
ju  ben  berüfymteftcn  üDiännem  feiner  $cit. 

$üä  Hiutl)cr  bas  ^öert  ber  Deformation  begann,  id)lofe  fid) 
iljm  (Kerbel  rücflmlttfloä  an  unb  liefe  fid)  f)aupt|äd)lid)  Sic  $er 
breituug  ber  Schriften  Üutfyerä  angelegen  fein.  sMii  fiutfyer  luedjfelte 
er  freunbfdjaftlidje  Briefe.  Xerfelbe  münfdjte  ityin  u.  a.  (vJliid  511 
feiner  1521  oolljogcnen  §eirat  unb  übernahm  jpäter  aud)  bie 
s$atenftcllc  bei  feinem  erftgeborenen  Sol)ne.  1521  beforgte  Werbet 
eine  Ausgabe  beö  neuen  leftament*  im  Urtexte  unb  1522  liefe  er 
att  $xutyt  feiner  Stubien  ber  ttirdjenoäter  bie  Schriften  bc* 
§erma*  in  Strafeburg  brurfen. 

£>a£  2lmt,  baä  Kerbel  in  Strafeburg  jule^t  inne  fyatte,  mar 
baö  eine*  s^rofefforö  ber  ®efdud)tc,  morm  er,  wie  in  mnndjen 
anberen  s2Öiffen|djaftcn,  grünbltd)  bemanbert  mar.  ©r  ftarb  als* 
Sieben^igjäljriger  ju  Strafeburg  ben  20.  Januar  15G0. 

(Kerbel  mar  einer  ber  eifrigften  üöeforberer  ber  Deformation 
unb  l)ing  Üutl)er  mit  begeifterter  $erel)ruug  an.  (£r  ftanb  mit 
bemjclbcn  lange  3al)re  in  ununterbrochener  Atorrefponben$  unb 
in  tfjreu  Briefen  befpradjen  bie  beiben  Scanner  uid)t  nur  tl)co- 
logijdjc  Wegcuftänbe,  jonbem  fic  teilten  fid)  aud)  als  ÖeroeiS 


jeiuer  Wclcl)rfamfeit,  feiner  ^uoerliijfigfeit  unb  Dcdjtfdjaffenljeit 
geuofe  (Kerbel  l)ol)e  ?ld)tung  bei  feinen  ^citgenoffeu,  uon  beneu 
einer  iint  folgenbermafeen  dmraftcrifiert :  „Difolau*  Okrbel  oon 
*pfor$t)cim,  ein  oortrefflidjer  SJiann,  ausgezeichnet  ebenfolool)!  burd) 
(Meln-jamfeit,  als  burd)  geinfjeit  feiner  Sitten  unb  jeines  $c 
nchmcnS.- 

3)a3  Wefd)lerf)t  ber  Werbe!  ift  in  ^for^eim  glcidj  bem  ber 
Sdnucbel  längft  nid)t  mel)r  oorl)anben. 


28ie  fdjon  ermähnt,  retdjen  bie  Anfänge  be$  SdütyenmejenS 
in  Spforjtjeim  rocit  jurücf.  Wrmbruft  unb  ^üd)fcn  Sdjütycn  merben 
in  ber  &l)ronif  fdjon  fefjr  frül)c  genannt.  So  finbet  fid)  in  ben 
Elften  be»  £anbe*ard)ioS  unter  „sMerl)anb  Crbnuug  unb  ^olijei; 


XüS  ^jorjljetmcr  ®ä)üttenfeff  uon  1561. 


igitized  by  Google 


$for$eint  im  ffleformotion^eitaltcr.  5J 

fachen  1487"  bie  Bemcrhtng,  baft  (benannten  „$ut  .^anotmOung 
ber  Stabt  51t  3ct)impff  unb  l£rnft  etwa*  gret;ung  ^ugelaffeu,  aljo 
bajj  ein  jeDcr  fem  Wcjd;ü(j  frei;  tragen  unD  bamit  fur$met;llen 
unb  fd)iejjen  mag." 

£as  G)rünoung*ial)r  ber  ^for^etmer  Sdjüjjeu  Wejelljdjaft 
ift  $mar  ntdjt  nadjtuetsbar,  aber  wenn  gleidjc  Bereinigungen  jdjon 
1451  511  £ffenburg  unb  1459  311  Millingen  genannt  werben,  fo 
ift  an$uuct)men,  bafj  aud;  l;ier  gegen  sJWitte  bes  15.  oafjrl)imbcrt* 
bereite  eine  Sdjitycn  Bereinigung  beftanben  l)at. 

Bon  ontereffc  für  ben  (£t;roniften  unb  feine  Üefcr  ift  ba* 
Sdjüfcenf  eft,  meldjeö  bie  (Gefell jdjaft  im  3al;rc  1561  unter 
s^roteftiou  bes  3)Jarfgrafeu  Marl  1IV  ber  bem  3d;üfccmucfcn  Über« 
fyaupt  fel;r  jugetfjan  mar,  fjitr  in  ^forjljcim  abhielt,  £cr  jdjon 
genannte  ä>iet|tcrftnger  ^cinrid;  (Oering  au*  ,3ürid;  l;at  baa  geft 
in  einem  33  Blätter  umfaffenbeu  (*Jcbtd;t*)  bcjuugen  unb  fold;c* 
bem  iüiarfgrafen  gemibmet.  3n  ber  ^ncignungejcfyrift  ift  ermähnt, 
bajj  bie  (^efelifdmft  il;r  s}kioilegium  „oon  bc*  Alatjcrs  ^ajeftat" 
erhalten  Iwbe. 

>Ju  bem  gefte  l;atte  ber  SRartgraf  als  ^auptgeminn  einen 
SJJaftodjfen  mit  feibeuer  Dede  ober  30  fl.  in  Wölb  für  bcnjjcnigen 
geftiftet,  „ber  unter  15  2d)üffen  uad)  ber  2d;cibe  am  öfter jten 
treffen  mürbe."  Sludj  übertrug  er  bie  ttnorbnuug  bes  geftes 
einem  feiner  (£blen,  bem  £>anö  Sebolb  0011  Sigliugen.  Boufeiteu 
ber  Stabt  toaren  biefem  jugeorbnet :  Berd)tolb  Xeiimlin  (Schilling; 
unb  Martin  üöejj,  oon  ber  ©efelljd)aft  bereu  beibe  Sdjüfcemnciftcr 
Ütteldnor  Xidberlin  unb  Baltl;afer  Uelin,  fotoie  $*mtd  (Sün)jel 
unb  27h;d;el  iHüblcr. 

9feben  bem  Sdut  jjenfmufe  oor  bem  Bröjjingcr  Zl;or,  „gar 
tool  erbatot  mit  jdjönem  met;ten  Saal,  ba^u  eine  fd;öne  Summer 
fiauben",  tourben  für  bie  fürftüdjc  ^)errfd;ajt  G  ^Jelte  aufgefdjlagcn, 
jomic  bie  nod)  nottoenbigen  Sct)icj$cinrid)tungen  getroffen. 

2)aö  Sdnejjen  begann  ben  3.  Cftobcr,  mar  am  11.  beenbigt 
unb  mit  einem  9tadjfcf)iej}en  oon  jmei  Zagen  gan^lid}  abgefdjloffcn. 
Wbgeorbnete  ber  SDJarfgrafjdmft,  bes  „toeifen  iHatö",  ber  iturpfal^ 
am  Söürttemberg,  ben  geiftlidjen  gürfteuftäbten,  ber  ftittcrjdjajt 
unb  bee  Bbelft,  ber  freien  Stäbtc,  jomie  Sdjüfceu  aus  ben  meiter 
unb  nätyer  gelegenen  Crten  unb  Stäbten  bceljrten  bas  geft,  bei 
meinem  38  Sdjütjenfafynen  aufgeftedt  maren. 

Unter  pfeifen-  unb  Zrommelflang  fammelten  fid;  „am  britten 
läge  beä  Monat  Dftoberl;*"  bie  leilneljmer  an  bem  geft$uge 
oor  bem  Statfyaufe  unb  jogen  oon  l;icr  auö  in  feierlicher  Drbnung 


*)  $ie  ftanbidjrift  nebft  12  Mbbilbungen  beftnbet  fid)  in  ber  ^offuMiotfycf 
,511  ttarierulje,  unb  eine  oon  Morl  Maurer  in  jcbcnfalte  müljiainer  Arbeit  ge- 
fertigte Stbidjrift  ~.^l^ie  cin^ißc  üollftänbige,  welche  editiert  —  im  »efifce 

*♦ 

Digitized  by  Google 


52 


l^pr^cim  im  föefprmatituif^citaftcr. 


naet)  bei  Sdjiefcftiitte.  Tort  angcfommen,  fjtelt  ber  2tabtfd)rciber 
Sodann  Wrojj  bie  ^cflniüitmvM'cbc,  morauf  bic  fog.  „Neuner- 


T 


Titelblatt  bor  faß,  TitvKnlicr  £>anbfd|tift 
bai  Sdwfrnfcft  in  $jor\betni  l.'tfil  betr.;  Don  fccimridj  (Vertag  in  3"rt* 

acU'äWi  tomrben,  beveu  9titftiat*c  bic  Leitung  uitb  iBeaufficfttiftUtta, 
bc*  2diicften*  rtwir.    Tic  Süceuttcr  bumm-borum  erunibltcn  bic 
jer,  bic  in  glitten  neben  ben  Scheiben  untergebracht  nuirben 


Digitized  by  Google 


^for,iT)Ctm  im  5Rcfc>rmation§jettalter. 


53 


imb  beftimmtcn  bie  Reihenfolge  ber  <5cf)ü&en.  (Sin  jebcr  ©cfjüfce 
mufttc  1  f(.  einlegen,  au§  welchem  beitrage  bic  Soften  für  bic 
©ettünne  beftrttten  mürben. 

$>a3  <5djeibenfchie&cn  felbft  nahm  mit  bem  ©onntag  ben 
5.  Dftober  feinen  Anfang.  3Senn  ein  Sdjttfee  bie  (Scheibe  getroffen 
hatte,  gab  man  il)m  eine  Sfafync  in  bie  foanb  nnb  führte  if)n  (^um 
Schreioer  hin,  ber  ben  <3cb,u6  einfdjrieb.  $er  SWarfgraf  I)atte 
ben  Schüben  ein  guber  28ein  jnm  ^ßräfent  gemacht,  roa£  rool)l 
jnr  (Erzeugung  ber  erforberlichen  ^eftc^ftimmung  nicht  Wenig  bei* 
getragen  f)at.  $nx  Veluftigung  be§  33olfe3  Waren  auef)  Spielbnben 
errichtet,  in  benen  man  bei  mäßigem  Ginfai*  Silber =  unb  Qmn- 
gefchirr  gewinnen  tonnte.  $>ie  „^ßritfdjer'',  meldte  ber  9J?arfgraf 
anS  feiner  ^afd^e  tjatte  neu  flcibcn  Iaffen,  Waren  üielbefcpftigte 
Seilte,  benn  fo  oft  jemaiib  einen  ungefchieften  Streif  Ocrübte, 
befam  er  bie  ^ritfdfje. 

5b,rcn  öötjepiinft  erreichte  bie  f  eftliche  Veranftaltung  am 
Samätag  ben  11.  Oftober,  al$  man  ben  ^ßrciSochfen  unb  bie 
Jahnen  jur  ^ielftättc  führte.  ©3  gefchaf)  bieS  in  feierlichem 
Wufyuge  oom  SKatbaufc  au$.  1>cn  Pfeifern  unb  Trommlern, 
meiere  an  ber  Spifce  marfchierten,  folgten  Weiftgcflcibete  Knaben, 
Weld)e  bie  60  ^ßrei$fabncn  trugen;  hinter  bieten  fdf)ritt  „Stauft 
SSorbcrmeljer  mitt  auffrcdjten  J^enblin"  (bem  ©anner  ber  (Gefell- 
fdjaft),  begleitet  oon  ben  beiben  Scf)ü&enmeiftern.  Nunmehr  famen, 

tote  Oering  erzählt: 

tfoo  fefjönc  junaffrattJcn  aflfo  \ä)on 

auffS  aflerUebltjrfjft  anaetljomt, 

bic  bet)b  Ijabenb  ben  „odn'cn"  afiert 

mitt  etjner  fetjbenen  $crfe  ac*iertt; 

barouff  ein  erbar  meiifcr  9iflbt 

ber  mitt  inn  aoa.  gor  fdjneü  unb  trabt. 
©3  folgten  bie  Schüben,  311  benen  ftcf)  oiele  Sürger  unb  Qu» 
flauer  gefeilten. 

$)cn  ^ßrci§odf)fen  gewann  Safob  Saftner  au§  $uppenbeim. 
$)er  Sieger  im  2Bcttfcf)icficn,  ©anS  Sclml*  auö  Strasburg,  erhielt 
einen  goibenen  Sfranä,  ben  ihm  eine  Jungfrau  mit  „HhnecWctjfter 
£annb"  überreichte.  2)er  Stabtfcbreiber  Ctfrofi  banfte  hierauf  ben 
„Deimern"  für  bie  gehabte  TOibe  unb  im  tarnen  bcrfelben 
erwiberte  §an3  Sdja£. 

Sobann  mürbe  bie  Verteilung  ber  gewonnenen  greife  unb 
Jahnen  oorgenommen,  mSgefamt  60.  Unter  ben  glücttichcn  Scl)üfrcn 
werben  nachftehenbe  ^foqheimcr  genannt:  feamtä  3ct)ncaÄ'r/ 
(Slaufj  Spitj,  WnbreaS  ©rtjninger,  'OTdjel  Schmaler,  9D?eld)ior 
Cäberlin,  Gbriftoff  99ecfl),  fteugmeiftcr,  Gunrabt  fflorcr,  Vartolomü 
Deümling,  s}lnntf)onl)  Sottbeimcr,  SJcortjj  Ggfhartt,  .scanne  (Sünfoel, 
foannS  (^runbler,  Veit  33rüler  unb  $an8  Schüler.  (Sinem  (Schüben 
mürbe  fein  ^preid  mieber  abgenommen,  meil  fiel)  feine  Vücl)fc 
nachträglich  aU  unrichtig  ermieS.   ^Dcm  Schüben  §an^  39althe§ 


igitized  by  Google 


54  Uforsbeim  im  ffieformattonfyrttaltcr. 

3ftutf efjafc  au§  3tirtd)  tourbc  ein  ©dfjmein  zuteil,  „bamit  er  ben 
weiten  28eg  nirfjt  umfonft  gemadjt  fyabcn  möchte."  9facfj  ber  ^ßreid- 
Verteilung  ging  e3  unter  tiingenbem  Spiel  roieber  jur  <Stabt  jurücf. 

9lm  Sonntag  begann  ba£  ^mei  Tage  mäfjrenbe  9ca<i)fdjie6en, 
bei  meldjem  3afob  $adjofcu  au£  3urirf)  oc"  crf*en  ^Prei^  02  ft  > 
erf)ielt. 

$ie  für  bie  bamaligc  lm0  °if  erfdjmerten  5?erfeljr3- 
nerftältniffc  aufterorbentlicfj  ^ar)Ireic^c  Beteiligung  ber  ©djüfeen 
an  bem  $efte  ift  ein  Bemetö  bafür,  baft  bemfelben  eine  gan.^ 
befouberc  Sebeutung  ,$ufnm,  roie  ja  aurfj  ber  ganjc  Verlauf  be3 
Jvefteä,  um  eine  moberne  föeberoenbung  $u  gebrauchen,  bie  Xeil^ 
neunter  beftenä  befriebigte.  lieber  bie  SReranftaltung  unb  bie 
erroiefene  ©aftfreunbfcfjaft  ift  Uterina,  tu)Ü  be3  2obe$. 

ftdj  mnfl  eud)  freunbUjd)  flebeten  fiott 
$aft  nmnanb  Junten  rotjü  an  mnd) 

idi  fürftttufm  tönaben  a,ut$  betend) 
^enn  er  Ijntt  flefjannbelt  mit  ieber  man 
Ixtfi  in  flenmft  nmnanb  feftetten  fon 
Tor  au  ein  erbar  meofer  rabt 
gampt  ber  Ö»cfetl?chaft  früf)  unb  fpat 
Letten  un£  ade  (5er  bemetrfen 
$arumb  tfjutt  man  U)  Iobn  onb  pretjfen 
CXcfi  fjörtt  a,ar  manchen  fdjüfeen  faaen 
Gr  fjett  bei)  allen  fetmen  taflen 
ftanm  aefefyn  ein  Rieften  beft  geleQd). 

X*rci  ^af)re  fpütcr  (1564)  bielt  bie  (*5efellfcf)aft  abermals 
ein  feftlicfje§  Scbieften  ab.  Um  bie  fteftfreube  $u  erf)öf)en, 
mollte  Warfgraf  ftarl  am  <Scf)fuffe  bemfelben  eine  grofte  3agb 
oeranftalten.  (tterne  mürben  bie  ^forjfjeimer  Sdjüfoen  unb  Bürger 
an  biefer  teilgenommen  tyaben,  aber  ber  Warfgraf  wollte  fie  nidjt 
nur  al§  Säger,  fonbern  aucfi  als  Treiber  benüfcen  unb  ba8  mar 
niefit  noefj  ibrem  (Mefcfjmacf.  $er  6f)ronift  meift  hierüber  *n  berichten : 

„3Meft  frfjien  innen  miber  biejenige  bcutfcfje  Bürgerfret)f)eit 
\\\  fetnt,  roornaef)  niemals  (Sinmoljner  öon  (Stäbten,  fonbern  nur 
bie  dauern  nl3  leibeigene  ,ui  oagben  aiif(\eforbert  mürben.  $er 
2tabtratl)  antwortete  baber  bem  durften :  ^Ö?it  ftreube  unb  *ut>or« 
fommenbem  Webortam  mürben  bie  *ßforjl)eimer  alle  Wmtc  be$[elben 
befolgen,  nur  glaubten  fie  ibrer  Bürgereljre  frfuttbig  ju  fetjn,  nirbt 
mit  ben  leibeigenen  (5inmo()uem  ber  Ttfrfer  in  eine  .(klaffe  \u 
treten:  aurf)  müßten  fie  beforgen,  baft  ein  folcfje^  J^robnbiagen 
für  fie  unb  ibre  9taci)fommen  eine  bteibenbe  Öaft  merben  fönnte. 
Ter  Warfgraf  mörf)te  i()ien  (5ifer.  afleS  für  if)n  ju  t()un  unb  flu 
mageu.  bei  jeber  anberen  3^eriinfaffung  auf  bie  ^frobe  ftelten." 

Wie  ber  Warfgraf  bie  Steigerung  (einer  ^for^beimer,  ^agb 
frobuben  \n  (eiften,  aufgenommen  bat,  meift  man  niefu"  genau  ,^u 
tagen,   ^erftimmt  mirb  er  aber  irf)Oii  getoeten  fein,  unb  fur,^  barauf 
^1*565)  erfolgte  aud)  bie  Verlegung  ber  ÜHefibenj  nae^  ^urlad). 


Digitized  by 


^?for$f>6tm  im  5Reformation*$eitalter.  55 

3m  3af)re  1590  fanb,  roie  Bei  biefer  ©elegenijeit  ebenfalls 
ermähnt  Serben  fotl,  in  ^nrladj  ein  c^roftc^  „(Stadjcl  <2crneften" 
flatt.  yiad)  bem  im  CanbeSardjir»  nodj  öorfyanbenen  ©djie6- 
s^rotofoft  fdjofe  hierbei  „baft  Sefte  (20  Taler)  3nng  ftannS 
Schüler  üon  9ßforfof)eim  mit  143  <2<fjnfe."  9Tf8  <Stf)üfcen  an3 
„(Statt  nnb  ?Tmbt  ^ßforfefKim",  bie  ebenfalls  (M>en  nn$gefd)offen 
1)aben,  werben  ermähnt:  Taniel  SRnoff,  Schloff  233ilberft)n,  (9oll 
Sittel,  Wiefel  ©elbner,  (Sfyriftoff  9flennfcfjier,  ?(afob  SBecf  nnb 
Steffen  $ocfj,  meiere  rool)l  fämtlicf)  ber  alten  ©cfjiiftengefeflfdjaft 
angehörten. 

Äudj  ätfarfgraf  ©eorg  ftriebricfc,  ber  t>on  1 604—22  regierte, 
mar  ein  befonberer  ©önner  ber  «ßfor^eimer  <ödjü&engefeftftf)aft. 
Gr  Befcr)enfte  fte  u.  a.  311  einem  beftänbigen  ©ebäcr)tnt§  mit  einem 
O&nabengerjalt  üon  jäf)rlidj  15  fl.,  moran  bie  <Stabt  jur  §älfte 
Anteil  nafjm  *) 

9Iuf  bie  fernere  ®efd)icfjte  ber  ©rfjü^engefelTidjaft  wirb  in 
biefer  Schrift  faäter  ^nrnefgefommen  merben. 

^pier  nnr  nodj  ein  Urteil  bed  ^icf)ter§  ©ering  über  ^ßf orj^ 

fyeim,  fein  $(u§fer)en  nnb  feine  SBerfjältniffe: 

@Jen  ^for^ljcim  fhinb  mir  all  mein  fmt 
3*nnb  fom  batjin  wie  id>  eudj  fag 
9(uff  Tomftag  natfj  Sauet  SSftpoVlS  3"ag 
5>a  fannb  id)  gar  ein  fdiöne  Statt 
flu  fölicfjer  ©röfc  bie  fetj  bann  fiatt^ 
Wand)  flutte  fterberg  id)  ba  fannb1 
VIHö  manS  mömtt  finben  in  ein  2anb 
flu  ^for^eim  gieng  i<ii  Mit  oimb  mtjber 
(fin  Waffen  aupf  bie  annber  nrjber 
3ä)  fannb  gar  manidj  fdjönn  geben) 
3?on  luftigen  fteufern  ftaTf  onnb  nem 
$anj  luftig  onnb  gar  mol  erbamen 
5tä  fag  efld)  baS  aupf  mein  öertljratoen 
$afj  id)3  biet  gnugfam  brepfen  fann 
Sie  batt  ben  aflerfdiönften  Man 
Um  SRardt  ganfl  luftig  uberbmaften 
9lupf  biefen  Wardt  ba  geub  fcd)3  Straften 
T*a3  man  baraupf  ifann  reptten  faru 
(£3  fep  mitt  roagen  ober  fam 
Äorn  mein  onnb  aöe  effenben  fingen 
$ut  man  gan*  .fcaupfeu  babin  brpnngeu 
$ann  e$  inn  bnfer  fiirftlidjen  ftatt 
©ocfientlid)  ^meen  groft  merdt  ba  batt 

*)  $m  ^abre  1824  tollte  biefe  i«brlid)e,  noeb  1817  beftfitigte  Gmaben* 
qabe  taut  ©efdjluft  ber  ftofbomänebebörbe  fiftiert  merben.  Tie  Sdut&engefelf* 
fcfiaft  mürbe  aber  bei  (Urofiberjog  Cubmig  bieferbalb  oorfteflig,  ma$  gut  ftolge 
parte,  bafj  ba$  $omöneuflrar  angetoiefen  mürbe,  ffiuftigbin  bie  Summe  oon 
15  fl.  allein  #1  ^abten.  9tud  biefer  5?eranJaffuufl  ftiftetc  bie  (Heiellfdiaft  einen 
fitbemen  ^ofat  mit  ben  ©ilbniffen  ©eorg  frriebridtf  nnb  Submig«.  Spntcr 
erfolate  aber  bodj  bie  ?lufbebun(\  ber  0?nabena.abe.  1872  mürbe  bie  Leiter- 
iiabtuna,  biefer  Stiftung  Tauf  5?orfteüung  be^  ^inan^minifteTtumÄ  gleidi^eitig 
mit  anberen  öfjnlidicn  Stiftungen  eingeteilt. 


Digitized  by  Google 


56 


$forrteim  im  5Reformation*aettalter. 


To  ftnbt  man  flu  faufen  totin  onitb  brott 
?lud)  alle*  toa*  man  feuft  ift  nott 
Da*  finbt  man  fctil  tun  bofer  ftatt 
Dann  fett  ein  grofjen  jugang  Ijatt 
$on  bei  Sianbfdjapft  fo  barumb  lentt 
^JJnnb  bie  ftatt  braudjenb  alle  aeött 
"Und)  gatt  barbttrd)  ein  gan^e  ftrafe 
Die  brauet  man  ftreng  Ott  llnberlafo 
Denn  aller  Ijanb  Sfaupfmanftgnt  be*  württ 
Upf  böfer  [traft  bnrrf)  sj*foraf)eint  gefiirtt 
Sa*  man  brttngt  auf*  bem  Wttber  £annb 
Stodfiid)  gering  ba*  limbofd)  OJetoanb 
Da*  fürtt  r>\)[  bnrd)  bttfe  fürfttid)  ftatt 
Defjett  paß  ^ott  unb  $cnmg  tyatt 
Wan  fürtt  barbtird)  ben  beften  SBetn 
?lufter  ber  ^Jfal$  onnb  ab  bem  SReiu 
3nn  Sdnoaben  onnb  intrs  «euer  tannb 
$nb  wo  bie  ftrafjen  fuuft  ttttn  gannbt 
Die  müffen  farn  bnrdj  bttfc  ftatt 
$ttl  ömerb  onnb  twnbtoerr*teut  fett  Imtt 
Die  neernb  fid)  mol  mitt  Üjrer  I>annb 
Dann  umb  ico  Ittgt  ein  frndjtbar  lannb 
Darittn  mectjft  ööl  gutt  ilorn  onnb  mein 
WH*  gntt  er  inn  ein  lanb  mag  fein 
ftlctjjd)  fdjmala  aud)  anber  (Sffenbünng 
bringt  man  ju  rocgen  Ieöd)t  onnb  rttng 
?lndj  rotlbbreet  oogel  barju  fifd) 

tatt  man  &u  $for&t)etm  gfunb  onnb  frnfdj 
ann  fett  fttoett  fTttidjc  SBaffer  fjannb 
Die  bei)  ber  ftatt  aufamen  gannb 
Die  (ürnnj  onnb  bie  92agoltt  mit  namen 
ftliefjenb  Ijartt  an  ber  ftatt  $ufamen 
Dampf  ba  flö^t  man  Ijolj  }um  bamen 
ftd)  rebe  ba*  anpf  mein  oertratoen 
Da*  $for^eim  bie  öttl  fürftlirf)  ftatt 
Wnn  feinem  Dttnng  nitt  mangel  fyatt 
Da*  im  $ur  notturpftt  ieo!>e  nofc 
Dann  e*  ift  gar  ein  ebler  fttfe. 
Der  Dichter  er,$äl)lt  nun  meitcr,  mie  er  bei  einem  ®ang 
burd)  bie  3tabt  einem  alten  Sftann  begegnet  fei  unb  ifyn  nad) 
^for^eimö  llrfprung  gefragt  f)abe.    Der  9Utc  gab  jur  9(ntroort, 
er  Imbe  oft  in  iöüdjem  gelefeu  unb  in  feinen  jungen  3af)ren  pon 
feinen  Gltern  gebort,  baf;  über  ben  SRfyein  ein  $öntg  Sßfyorccuä 


befdjloffen  fjabc,  eine  Stabt  51t  bauen  unb  btejc  fei  it)m  nad) 
^for^eim  genannt  morbeu.  ift  bieS  ein  3kmet3  bafür,  ba& 
man  bamale  nod)  ber  JReudjliu'fdjen  Sage  t>on  bem  etngeroanberten 
Irojaner  ^orfuS  gefd)id)tlid)cn  2Bcrt  beilegte. 


künftige  33orfommnifff. 

$on  elementaren  Greigniffen,  tum  fteuer=  unb 
^affersnot,  leuerungen  je.  ift  aud)  ^for^eim  nid)t  üerfd)OM 
geblieben.  $lu3  bem  bemäntelten  ,3citraum  M*  u-  a-  5U  ermähnen, 


Digitized  by  Google 


^Mptflljrint  im  5Wcfonnatiou?$fitnttcr. 


57 


bajj  1522  unb  1573  oerhccrenbc  II eb er [^»emmunflen  ein 
traten  nnb  bcibcmalc  bie  $(ucr  S^viicfc  fortgeritten  nmrbc.  Unter 
3)?arfgraf  ftarl  nmrbe  hierauf  biejenige  ©rüde  erbaut,  bereu 
Pfeiler  bem  grofecn  ftoehtoaffcr  oon  1824  511m  Cpfcr  fielen, 
nacf)bem  bie  übrigen  ©rütfeuteile  juuor  fd)on  1 729  nnb  1 799 
Dorn  Waffer  weggeführt  worben  waren.  Die  lenemng  von 
1548  oeranlajjtc  bie  früher  angeführte  ^erorbnung  bed  iWarf- 
grafen  (*rnft,  bnrrf)  n>eld)e  ber  ftleifäßerbraucä  bcfdjränft  Würbe. 
1563  War  ebenfalls  eine  grofec  Icucrung.  gab  aber  and) 
oafjre  bcö  Ucbcrfluffc*,  fo  bie  Weinjahre  1539  unb  1540,  wo 
ber  Ertrag  ber  Weinberge  ein  fo  ungewohnt  ergiebiger  war,  ban 
man  in  einigen  $cgcnbcn  bie  Sd)Weine  mit  Irauben  fütterte 
unb  (ytm  C£icf)cn  ber  &äffcr  Wein  ftatt  ©äffet  benütne.  Wenn  e£ 
ba  in  einem  alten  Bericht  l)ciftt:  „Diele  teilte  foffen  fid)  51t  tob", 
fo  Hingt  bicä  gar  nidjt  unglaublich. 

SBefi^crWerbungcn,  Vertrage  ic.  tarnen  im  10.  ^ahrhnnbert 
Derfcfjiebcne  %u  Stanoe,  Welche  bemerfenäWert  ftnb.  So  erfauftc 
9)?arfgraf  'pfjilipp  u.  a.  1529  ben  vierten  Xcil  beä  Dorfes 
liefern  famt  bem  ©urgftabel,  auef)  ben  halben  fhttetl  ber  Kelter 
bafelbft  von  $onrab  0.  Waltftein  um  1500  fl.  (Sdwn  1482 
r^atte  ÜWarfgraf  (Sfyriftof  oon  bem  Älofter  SWaulbronn  ein  Viertel 
Don  liefern  um  1200  fl.  erworben.  3wei  Weitere  Viertel  erftnnb 
er  1510  oon  9?itter  ®eorg  oon  93ad)  um  2400  fl.)  (Stang  liefern 
War  nunmehr  babifd).  1531  erfaufte  ber  iWarfgraf  00m  tloftcr 
fcerrenalb  ba$  Dorf  ®öbrid)cn  famt  alten  Mutntngcn,  nad)bem 
er  1528  fefjon  baä  Dorf  Dietlingen  oon  Württemberg  für  bie 
ftälfte  oon  Schwann,  ein  Viertel  oon  Dobel,  ein  Viertel  oon 
Dennach  nnb  bie  in  ber  9caf)e  oon  Neuenbürg  gelegene  SBurg 
Straubeurjart  eingetaufd)t  hatte. 

3m  3af)re  1516  mürbe  ein  Vertrag  jwifdjcn  bem  SWarf 
grafen  ^ißhittW  öon  SBabcn  unb  bem  foer^og  Ulrich  oon  Württem 
berg  abgefcr)ioffcn,  ber  ba$  Sicherheit  ^geleite  in  ber  s?for(y 
heimer  ©cgenb  betraf.  Stäben  mar  nach  bemfelben  ocrpflid)tet, 
bad  (Geleite  bi£  an  baS  Dljor  oon  Neuenbürg  311  geben,  Wäljrcnb 
Württemberg  bie$  auf  ber  umgefehrten  Strafe  %u  beforgen  t)attc. 
3n  ähnlicher  Weife  Würbe  e$  ^roifeben  Neuenbürg  einer|*eit§  unb 
Ettlingen,  ®ernäbadj  unb  ßtlmenoingcn  anbcrcrfcitS  gehalten. 
Diejenigen  ^erfonen,  Wcldjc  oon  ^forjhnin  nach  Ncrn*bad)  fid) 
begaben,  ohne  Neuenbürg  31t  berühren,  hatte  $abcn  bis  Schwann 
unb  Württemberg  oon  ba  biä  (Gernsbach  31t  geleiten,  ©ei  ber 
Steife  oon  (Gernsbach  nach  s^for^hcim  war  ba*  (Meieitc  umgcfcl)rt. 

Der  fchon  1342  ^uifdjen  ©aben  unb  Württemberg  ab- 
acjchloffenc  Vertrag,  bie  Jyl  öfter  ei  auf  ber  (£n;v  Wagolb  unb  Würm 
betreffenb,  tourbe  1517  jwifd)en  ben  beteiligten  Staaten  erneuert. 

3Warfgraf  $arl  übergab  1569  ber  Stabt  ^for^heim  ben 
„Srferich"  im  ^agcn)d)ie§  gegen  einen  jährlichen         oon  200  fl. 


Digitized  by  Google 


58 


$fotftl)ftTtt  im  ^Kcformationä^cttattfr. 


W\i  ber  JfaWwnfl  oc?  Icfotcren  Blieb  aber  bie  Stabt  fef)r  im 
ffiücfftanb,  fo  baß  bic  Scljulb  nach  unb  nach  ,yt  einer  gan$  be- 
beutenben  Summe  anmud)3  unb  $u  unerquicklichen  Streitigkeiten 
9lnlaß  gab.  ?n  folcfje  mnrbe  ^for^eim  überhaupt  mehrmals 
oerroicfelt.  So  geriet  cd  megen  ber  fooljberechtigung  im  .fragen- 
fefneß  in  einen  langmierigen  ^ßrojcß  mit  3SMirm,  ber  fcfjlteßlich 
1 500  au  (fünften  SBürmS  burd)  ba£  9vcid)3fammergcricht  in  Speier 
entfehieben  mürbe.  $u  fünften  Sßfor*heim3  fiel  ein  anbereä  Urteil 
bcdfclbcn  (McridjtS  au$,  baS  fid)  gegen  SMaftigungcn  roenbetc, 
mcltfic  ber  Stabt  burd)  ben  ftrciftul)!  pi  9JJcbcnbach  in  SScftphateu 
feine  ochmgerid)tlid)c  Snfritutum)  ganj  unberechtigter  SBeifc  zu- 
gefügt mürben. 

*  * 
* 

Der  oolfätümlidjfte  unter  ben  9D?arfgrafen  Philipp,  @rmft 
unb  $nrl  mar  ber  2f?nrfgrnf  ©ruft,  lieber  beffen  6t)ara!ter  unb 
Hofhaltung  hat  ber  fdjon  angebogene  Saftrom  einige  intereffante 
Mitteilungen  hiuterlaffen.  3Sir  erfahren,  baß  an  beä  SKarfgrafen 
Tafel  im  Grffen  unb  Irinfcn  meife  Sparfamfeit  roaltete,  bie  fidj 
oorteilhaft  unterfdjieb  oon  ben  Schlemmereien  an  anberen  ftirft* 
liehen  Tifdjen.  Die  Schreiber  erhielten  anbcrtljalb  Lecher  SBein, 
mährenb  ben  fliaten  jmeimal  eingefdjenft  mürbe.  Damit  habe  man, 
meint  Saftrom,  lange  nicht  reichen  fönnen,  namentlich  nicht  jur 
Sommerzeit.  Sflon  bem  SWarfgrafcn  mirb  gefagt,  baß  er  ein 
frommer  fterr  unb  fparfamer  £>au3f)alter  gemefen  fei.  Seinen 
9lngeftel(ten  fal)  er  fcfjarf  auf  bie  Ringer.  (5r  hatte  fein  ©emach 
über  bem  (Eingang  511m  Schlöffe,  fo  baß  er  ein  9luge  auf  bie 
9lb  unb  ^ugehenben  hnben  fonnte.  Der  ^iidjenmcifter  nabm 
cinftmafä  au$  ber  Gliche  enien  fchönen  großen  Karpfen  mit  fort. 
Dcrfelbe  mar  aber  fo  lang,  baß  fein  Schtoan^  unter  bem  9D?antel 
bc$  ftitdjcnmcifterä  htroorfchaute.  Der  SWarfgraf  ftrafte  unb  oe= 
ichämte  zugleich  ben  Dieb  burd)  ben  launigen  $uruf:  «»^pörft  bu, 
menn  bu  mieber  einen  Karpfen  ftchlen  millft,  fo  nimm  entroeber 
einen  Heineren  ftifch  ober  einen  längeren  9J?antel!" 

3cbcn  ^um  lobe  oerurteilten  Verbrecher  ließ  ber  SWarfgraf 
fiel)  oorführen,  um  ihn  %u  tröften  unb  auf  fein  ©übe  oor^uberetten. 
?lud)  bat  er  ihn  um  5>cr*cif)ung  barüber,  baß  er  il)n  hinrichten 
faffeti  muffe  unb  ocrabidn'cbcte  fich  oon  ihm  burd)  einen  ftänbebrucf. 

SBic  fchon  angebeutet,  maren  bie  ^for^heimer  bem  2ttarf= 
grafen  fehr  yigethan.  Sie  ließen  1538  rtm  3eitf)cn  ihrer  ?ln= 
hänglidjfcit  an  ihn  fein  ftcincrncS  Stanbbilb  anfertigen  unb  ftellten 
e$  auf  ben  Brunnen  am  Warft.' 


Digitized  by 


~2?for$exm  in  6er  |tetf  vom  16.  ^um 
17.  §aßtrßun6erf. 


^forjfielmcr  WelififonS  Unrnfjcn 

fiebern  Stfarfflrnf  Äorl  IT.  nm  23.  9OTnn  1577  nerftorfren 
toor,  frurbe  für  feine  brei  2ül)ne  Crrnft  J^riebricfj,  ^nfob 
unb  (SJeorfl  ftriebriefi  eine  borrmtnbfdjaftlirfjc  ffieiiicnntQ  ein 
fiefefct,  bie  bem  2Bnnfcfje  ber  brei  SMber  entfpredjcnb  1584  eine 
Teifnnfl  beS  £nnbe$  unter  biefc  uornnfnn.  (Jrnft  ^riebrirf) 
erhielt  bie  untere  Sftarfciraffcfjaft,  ben  ^for^ieimer  Anteil,  nebft 
^efi(if)eim,  SWnnbelärjeim  nnb  Wtenftchv.  Süfofi  bdam  bie  Tiocf» 
bentifcfjcn  SWifonngen  nebft  Snfjberfl  nnb  Weorfl  Jyriebricrj  bie 
fterrfdjaftcn  Snnfenbera,  ffitftefn  nnb  ^nbentaeiler.  9U3  3afob. 
ber  gut  fatfjolifefjen  #ird)e  übergetreten  War.  1 590  ftnrb  nnb  bn$ 
?inf)r  bnrnnf  fein  einyaer  nncfjaeborener  Sofm  iiTcicf)faU^  nu3  bem 
Seben  fcfjieb.  teilten  fiefj  in  beffen  £nnbe  feine  trüber  Gruft 
ftriebrief)  nnb  (Meonj  ftriebricfj. 

<Scnon  unter  ber  normnnbfcr}aft(ief)cn  ffie(iiernnc\  fear  bie 
Stabt  ^for^eim,  nn^earfitet  ber  ihr  lunn  OTarfcirafen  Gfjriftof 
erteilten  ^ßrir»ile(iien,  *u  bireften  Stenerfeiftnnflen  rjernnflCAPtie" 
worben.  (*3  flcfdjflf)  bieS  jnr  lilctnnfl  ber  foiv  £onanetnWfcr)en 
ftilf3gelber*\  nnb  hmrben  non  100  fl.  5$ertcint  jnfjrlicf)  8  haften 
6c,^nT)lt.  $n  biefer  nirfit  nnbebmtenben  Steuer  tarn  und)  bem 
ffieqienuifläantritt  be$  SDtfnrftirafen  Chmft  Jfriebrirfi  eine  neue.  $ur 
liftinnfl  non  Srfntfben  nnb  %wc  SMtreitnmi  feiner  ftoftjattunß 
Ieflte  biefer  ftürft  feinen  tlntertf)anen  abermaf^  eine  Steuer  Pen 
4  haften  r»on  100  fl.  ©ertönt  auf,  nnb  aud)  bie  auf  „einige 

*>  fcerjofl  £ubrt»iq  oon  $?cma.ueöille  tuar  ber  Torntermaiiu  beS  Warf* 
arofen  *gfjilit>p  Don  .from&erfl'3aiifenbern*5Hflte(n,  beffen  ^ehtuina,en  »neft  feinem 
lobe  an  ben  Warfflrafen  CTbriftof  üon  Nabelt  iiberflfftanftfn  unnen.  Ter 
fterjoa,  erfiob  9lnfpnlrne  an  bie  Üfinber  feinem  3cfmüea,ert>ater$  nnb  e*  entftanb 
ein  nabelt  80  ^nnre  bnnernber  ftamilienürojefi  ber  1581  enbftcfi  bnrrn  Ger- 
atet* erlebiflt  würbe.  Tie  ftamitie' £ona,ueoille  erbiett  225,000  fl. :  bieie 
Summe  rourbc  auf  batf  £anb  umgelegt. 


Digitized  by  Google 


(»0  ^fpr.^eim  in  i>cr  $\t\t  \>om  16.  ftum  17.  ^aljr^nnbcvt. 

Reiten"  oon  allen  berartigen  Abgaben  ausbrütflid)  befreite  Bürger* 
fdjaft  ^for^eim*  mürbe  $u  berfclbcn  herangezogen.  3bre  fyetoi* 
legien  füllten  jtoar  aud)  fernerhin  #i  Siecht  bc|tcl)cn  bleiben,  aber 
Rahlen  mitfttc  fie  unbefdjabet  bcrfclben.  —  — 

äRarfgraf  Gruft  Jyriebricfj^  Regierung  mar  für  «ßfor^eim 
ber  unter  bcrfclben  ausgebrodjenen  ffl e Ii g i o n § u n ruf) e tl  wegen 
oon  ganz  befonberer  Bcbcutung.  Xer  SJtotfgraf  mar  mit  ber 
3eit  ein  eifriger  Anhänger  ber  caloiniftiferjen  £cl)re  geworben  imb 
wollte  biefe,  ganz  in  Üebcreiuftimmung  mit  feiner  gewalttätigen 
SWatur,  and)  bem  fianbe  auf  bringen.  x\n  feinem  Schlöffe  Staffort 
lieft  er  eine  Xrucferci  einrichten,  aud  ber  zwei  tl)co!ogifd)c  Streit < 
fdjrtften  beroorgingen,  bie  ben  Ütfarfgrafcn  zum  Bcrfaffer  Ratten 
nnb  ganz  im  Sinne  bed  (Safoinidnurö  gehalten  Waren.  Xen 
deutlichen  nnb  Sichrem  betf  £anbcö  Würben  biefe  Schriften  al$ 
iliiditfdjmtr  für  $rebtgt  nnb  Unterricht  oorgefebriebeu.  Xer  3J?arf- 
graf  l)örte  nidjt  anf  bie  gutgemeinten  SSarnungen  feiner  GJefdjtoifter 
nnb  befrennbeter  dürften.  3n  feiner  Wefibenftftabt  Xurlad)  brannte 
er  ben  Wibcrftrcbenben  bürgern  brei  reformierte  ^rebiger  anf  unb 
and)  an  nnberen  Orten  mufete  bie  lutl)crifd)e  ®ciftlid)fcit  biefen 
Weichen.  HuÄ  in  Pforzheim  Wollte  ber  SÜiarfgraf  bie  Neuerung 
einführen,  fanb  t)icr  aber  einen  SBtberftanb,  ben  er  nid)t  511  brechen 
permochte  nnb  bem  er  fcfilicjjlich  felbft  erlag. 

Xer  Hergang  ift  folgenber:  &m  2.  ftuguft  1601  fpiclte 
ber  Supcriutcubcnt  SBenebtn  Ungcrer  in  einer  Sßrcbic^t  über  bie 
„falfdjen  Propheten"  anf  bie  reformierten  Weiftlidjen  an,  mag  ben 
£bcroogt  Johann  oon  fünfter,  ber  natürlid)  glcid)  feinem  £anbe$= 
tjerrn  caltmiifti f et)  gefinnt  mar,  fo  in  .foarnifd)  brachte,  bafö  er  in 
ber  ^ircfjc  eine  Speftalclfzenc  aufführte  nnb  Xrolmngcn  gegen 
bie  lutfyerifdjen  <55ciftftdt)cn  auSftieft.  (Sine  Befdjwerbe  bei  bem 
SRarfgrafcn  hatte  nidjt  mir  feinen  (Srfolg,  oiclmehr  erhielt  Unserer 
famt  bem  Xiafon,  bem  Spitalpfarrer  nnb  bem  Pfarrer  ber  Wltftabt 
feine  Cmtlaffung.  Xie  Sitte  ber  Bürger  um  SBieberanftettung  ber 
Bctreffcnben  ober  um  Chfaft  burdj  (Mciftlid)c  ihrer  Dichtung  blieb 
ebenfalls  unbeachtet.  Xer  SJcarfgraf  mar  feft  entfc^loffen,  feine 
<ßfor$hcimer  Untertanen  ber  reformierten  2el)re  zuzuführen. 

3n  Begleitung  bcS  Statthalters  febVii  langten  am  20.  ?(uguft 
brei  reformierte  (Meiftlidjc  in  Pforzheim  an.  sXm  folgenben  Xage 
ftellte  sj3eb(i*  fie  auf  bem  flfatbaufe  ber  Bürgcrfd)aft  oor,  mobei  er 
an  biefe  eine  ?(nrebe  l)ielt.  Xie  Bürger  aber  ()attcn  fid)  JUttot 
fdjon  auf  il)reu  Sunftftuben  bal)in  geeinigt,  gegen  bie  reformierten 
v$rebigcr  eine  ftreng  ablcbncnbe  ©altung  einzunehmen  unb  fie 
beantworteten  besbalb  bie  Webe  be-3  Statthalter^  mit  Wufen  bc$ 
Unwillen^  unb  mit  ßärm,  5118  letzterer  fid)  nad)l)er  zum  Scbloffc 
begab,  mürbe  er  auf  ber  Strafte  burdj  $>ortc  unb  (Meberben  Oer 
höfmt.    Nachmittag?  oerjammelte  fief»  bie  Bürgerfchaft  abermals 


Digitized  by 


«Pfor^cim  in  ber  3rit  com  16.  {tun  17.  ^afjrfjttnbrrt. 


Gl 


tntb  befchlofe,  an  ben  2flarfgrafen  bic  Bitte  51t  richten,  bic 
calüiuiftifchen  Gtfciftlidjen  nneber  entfernen  nnb  lutbcrifd)e  einfefcen 
31t  wollen. 

Bon  Surlad)  fnm  feine  Wntmort  nnb  ben  ^foi^eimein 
nmrbc  eä  unheimlich  31t  öiutc.    Sie  nahmen  ben  Ncid)Mammer 
gerid)t*abDofutcn  Ii'  b  c  r     bcr  an*?  3*nt)  c|ebürtt€|  nnb  eine  ^ßfor^ 
heimerin  wir  grau  hatte,  511  ihrem  J)icd)t*bciftanb  nnb  jd)nmren 
am  LI.  September  auf  bem  jWarttplafce  einen  feierlichen  li'ib, 
bafj  fie  bei  bem  auaSburgifdjeu  Wlaubcu*bcfcuntui*  bleiben  nnb 
in  il)m  leben  nnb  fterben  wollten.*;    hierauf  liefen  fie  fid)  ein 
befonbercä  filbernes  Siegel  madjcn,  auf  wcld)cm  bad  Btlb  beä 
auf  erftehenben  .^cilanbeä   mit  ber  Umfdjrift  angebracht  fear: 
„Sigillum  Concordiae  Phorcensis"  (Siegel  ber  (iintradjt  51t 
tßforgtyeint).   SWii  bemfclben  berjcf)loffen  fie  eine  fdjriftlidje  ISt 
Harting  an  ben  ÜDfarfgrafcn,  bic  nad)  rurlad)  abgcjd)icft  Würbe. 
Sic  wählten  hierauf  einen  Slusfcrmjj  oon  brci$et)n  angefcfjcnen 
Männern,  bcr  bic  &eligion$gefd)äfte  511  befolgen  t)atte  '  nnb  fid) 
burd)  einen  feierlichen  liib  beipflichten  mußte,  bic  sJlug*burger 
ftonfeffion  unoeränbert  ben  9fad)fommen  31t  überliefern.  Xcm 
üknfche  bcr  ©ttrgerfcr)aft  gemäß  erfudjtc  bcr  Muäfcbufc  ben  Start* 
grafen  (vJeorg  ft-riebrid),  ben  ©ruber  beä  Üftarfgrafeu  ÜTnft  Jyriebrirf), 
ben  ^forjheimern  aUi  Hinftiger  üanbe*l)err  feinen  Bciftanb  31t 
leiten.    (Seorg  Jyrtcbrich  uerfid)crte  bic  Vlborbnuug  feines  31*ol)l 
gefallend  an  bcr  Staubhaftigfcit  bcr  Bürgcrfdmft  fßfor$$erai$, 
ließ  biefe  ^uglcid)  aber  aud)  ermahnen,  fid)  in  allem  einer  djrift 
lictjen  Bcfd)eibcnl)cit  31t  befleißigen. 

3u  Xurlad)  fanb  mau  e<5  ii^mifdjen  bod)  angezeigt,  milbere 
Saiten  aufziehen.  Ter  Cbcroogt  ^olmim  von  fünfter  mürbe 
311m  Sünbenbocf  gcftcmpelt  unb  abberufen.  %n  17.  September 
oerlicß  bcrfelbc  ^jforjheim  unb  nod)  am  nämlichen  löge  Verbreitete 
fich  in  ber  Stabt  bad  (Mcntd)t,  baß  biefc  in  ber  fommenben  Wad)t 
Dom  Schlöffe  am  bind)  Solbatcn  überrumpelt  werben  follc.  Taä 
&erüd)t  fanb  um  fo  willigeren  (Glauben,  al*  bcr  Cbcroogt  in 
Begleitung  cincä  marf gräflichen  Hauptmanns  abgereift  mar,  aud) 


*i  s^fliiflcr  ajebt  ben  ^nfialt  bc$  Cribe«>  alfo  au:  „3$  gelobe  nnb 
iebroßre  freimütig,  ungejroungeu  unb  ungebruugett  einen  leibiidjen  liib  jn  Wott 
bem  Mmäcrjtigcu,  bafc  ich  *ur  (*ljre  Winten,  suv  lirbaltung  bcr  toot)ll)er« 
gebrachten  Mugsburgifcbcu  Uoufcffiou  nnb  ,^ur  Verhütung  alle*  3$erVDcifc$  bei 
ben  lieben  sJiad)fommeu  einer  ganzen  (Gemeine  ^for^iidjer  Bürger  unb  ge* 
iebroorenen  $)rübcrfd)aft  *ur  $tct)auptung  ber  uätcrlidjeu  iKcligioii  mit  i'cib, 
ümt  unb  iölut  treuen  ^eiftanb  leiften  unb  tuas  bem  Gilten  &>ibrige*  begegnet, 
|o  anfeuert  wolle,  al«t  fei  es  mir  fclbft  mtberfaljrcu ;  bem  (Segnet;  roer  ber  audi 
fein  möge,  nid)t$  ÖJeljeimeö  offenbaren,  aud)  auf  bes  üon  ber  Ofttgerf^afl 
erroätjlten  ©efct)tüorencn-?tui?fd)uffe*3  33cgel)reu  mid)  aud)  ba,  tuobiu  id)  beidiieben 
roerbe,  etttfteüen  mollc ;  jebod)  uuferent  a,mibia.cn  dürften  unb  .^erru  in  tuelt- 
lieben  Sacben  untertbdnifleu  flebnl)renben  ©etjorfatn  unbenommen.  3o  toabr 
mir  Öott  l)clfe  unb  baö  jeitifle  (Soauflelium." 


Digitized  by  Google 


62  ^forjfjeim  in  bcr  Seit  öom  16.  jum  17.  3faljrl)Uttbert. 

oerjdjiebene,  be$  ISahriittömud  oerbädjtigc  Bürger  ihre  Sachen  in 
3id)cil)cit  gebracht  unb  ^ubem  mehrere  uon  bcr  granffurter  SWeffe 
tommenbc  ttaufleutc  in  ^for^eim  nicht  übernachten  wollten, 
jonbern  nad)  liefenbronn  weiterritten.  I>ie  ganjc  3tabt  geriet 
in  Bewegung  unb  rüftetc  fid)  ,ut  enetgifc^er  ^egenn»el)r.  Die 
dachen  wurDen  oerftarft  unb  and)  außerhalb  ber  3taot  jolche 
aufgefteüt.  tiine  3pdl)wad)c,  weldje  bte  jum  „ftlaffnerr,  bem 
ÜBalbe  gegen  Xurlad),  uorgcfdjobcn  War,  erbüefte  gegen  ben 
'Wengen  l)i n  von  ferne  mehrere  Radeln,  Wcldjc  fid)  in  ber  Miidjtung 
nad)  ber  stabt  bewegten.  Tie  3&äd)tcr  eilten  fdjlcunigft  nad) 
^for^eim  mit  ber  Ellarmfunbe,  ber  getnb  fei  im  Einenge  begriffen. 
Xtc  Sturmglorfc  ertönte  unb  jdjncll  oerjammelte  fid)  bie  43ürgcr= 
jdjaft  auf  bem  il)iarftpla(}e.  Xa  e*  l)ie^,  400  3Hanu  feien  in  oad 
2>d)io\]  cingclaffcn  morben,  jo  rücftcn  bie  öiirgci  unter  Einführung 
uon  (Sbcr|t  oor  baejelbe  mit  bcr  Elufforberung,  augcnblicflid)  ba* 
Il)or  ,ui  öffnen.  Xcm  Verlangen  mürbe  ftattgegeben,  ba£  8d)loj$ 
burd)fud)t,  ol)ne  bafj  frembe  Sölbuer  gefunben  morben  mären. 
Xic  Bürger  befefcten  inbeffen  baö  2d)loft  unb  oerbarrifabierten  e$. 
Ell*  bcr  lag  angebrochen  mar,  überzeugte  man  fid),  baß  feine 
Iruppen  im  $fo$ugc  feien  unb  aud)  bie  Urjache  ber  Ellarmierung 
mürbe  jpätcr  befaunt.  läge  juuor  mar  ber  iflitter  Sßolfgang 
Xictrid)  311  Wemmingen  geftorben,  weshalb  jWei  Stotcn  ausgefd)itft 
morben  waren,  bie  )td)  ber  iHtntclljcit  halber  mit  Jacfeln  beriefen 
hatten.  grol)  unb  ärgerlid)  zugleich  gingen  bie  Bürger  ihren 
äkljaufungen  51t. 

Die  tfunbe  uon  ben  Vorgängen  in  Pforzheim  am  17.  September 
erbitterte  ben  iüiarfgrafen  aufs  äujjcrfte.  l£r  hatte  juerft  bie  Elb 
fidjt,  bie  ^for^ljcimer  mit  '-Waffengewalt  §ur  tfiaifon  31t  bringen, 
aber  feine  diäte  rebetcu  it)m  fein  Vorhaben  am  unb  beftimmten 
il)n,  nicht  aus  Würffid)t  für  ^for^eim,  jonbern  aud  3rocc^ 
mäjjigfeitsgrünben,  bie  Elngclegenhcit  auf  anberem  JBege  51t  regeln. 
Elm  25.  «septcmber  crjdjienen  ^luei  Cffijiere,  bcr  Hauptmann 
Marl  nou  Schornftctten  unb  bcr  Leutnant  E^einfchenf,  in  ^for^ 
heim,  welche  am  folgenbeu  läge,  vormittags  9  Ul)r,  bie  Bürger 
jdmft  auf  bas  Maxaus  entboten,  um  il)r  ein  Sdjrcibcn  bes 
:yiarfgrafcu  uorzulcjcn.    on  bcmjclbcu  würbe  ba»  benehmen  ber 
iöürgcr  jrijarf  gerügt  unb  ihnen  ber  SBefe^l  erteilt,  alsbalb  il)r 
(jejdjloffencs  $üttbnit  aufjulöfen.    s£Ser  bem  befehle  gehorche, 
bem  follte  ücniet)en  werben,  währenb  bie  Ungchorfamcn  mit 
peinlicher  Strafe  bebrol)t  würben. 

X)ie  Bürger  oerlangtcn  eine  Elbfchrift  bes  Befehls  unb 
aujjcrbcm  ^ebenfjeit.  (Srfterc  würbe  oerweigert,  le^tere  bis  mittags 
l  Ul)r  (utgeftanben.  3«  ber  ;}iutfct)cn^eit  oerfafjten  bie  Bürger 
eine  (irtlärung,  in  bcr  ftc  fid)  Dal)iu  ausjprachcn,  bajj  es  nie  tl)r 
Spille  gewefen,  nod)  wirflid)  jei,  bem  SRarfgrafcn  ungehorfam  31t 


Digitized  by  Google 


9fofg$Ctm  in  ber  ^cit  öont  1«.  flum  17.  ^aljrtjnnbcrt. 


«3 


fem.  2Baä  fte  aber  Oerlangen,  fei  erftenS  einmal:  bei  it)rer  bis 
Ijerigcn  lut^erifc^en  iKeligion  gclafjen  31t  werben,  zweitens  bei 
ifjrem  Dicltgionseibe  bleiben  311  bürfen,  bratend  bie  &*iet>ereinie0ung 
lutl)erifcr)er  ®eiftlicf)er  unb  oiertens  eine  ^Mitteilung  bc^  fürftltdjeu 
4)efet)l$,  mn  fiel;  oerantworten  31t  tonnen.  Xie  marfgräflicfyeu 
^Ibgejanbten  gingen  auf  biefc  $3egef)ren  nidjt  ein,  bemühten  fiel) 
inbeffen,  bic  Bürger  jnr  9Jad)giebigfeit  51t  bewegen,  Was  aber 
Don  Dr.  ©berfc  vereitelt  würbe,  liefen  ju  oertjnfteu  unb  nad) 
Xurlaef)  abzuführen,  War  oou  bort  in^Wijcrjeu  Reifung  eingelaufen. 
Die  Bürger  Würben  Wieberum  jujammengerufen  uiiö  iljncn  bei 
fc^werer  Strafe  geboten,  fid)  bes  ©berfe  in  feinerlci  2£eife  auju- 
nehmen  unb  ruf)tg  nad)  £>aufe  ju  gelten,  (Ibcr^  erlnclt  eine  $or 
labuug  auf  baa  i)iatl)au*,  wojclbft  bic  iiommiffarc  il)m  feine 
3eftnal)me  anfünbigten.  2d)eiubar  fügte  er  fid)  in  bas  Un 
oermeiblid)e,  erjal)  aber  einen  günftigen  ^lugenblid  unb  entwid) 
aus  bem  3^mmcr-  Scrjornftetten  unb  23ein)d)ent  (prangen  bem 
glüchtigen  nadj  unb  ergriffen  il)n  auf  ber  Xreppe;  aber  (£6erJ, 
ber  laut  um  £>ilfc  rief,  würbe  oou  einem  £i>ollcnWcber  unb  einem 
Bcrjrciuer  befreit  unb  eilte  auf  beu  äMarftplajj,  wo  fid)  bereits 
bewaffnete  Bürger  311  fammeln  begannen.  Xie  beiben  €  friere 
mit  ben  ifynen  beigegebenen  ^ellcbarbicreu  würben  nunmehr  auf 
bem  SRatfmufc  fo  lange  fcftgcljalten,  bis  (Sberfc  über  bie  württem 
bergijdhe  @reu3e  gebracht  morben  war.*) 

feiber  ©rWarten  nal)m  ber  llNarfgraf  biefe  neue  }luflel)uung 
ber  ^forjrjeimer  gelaufener  auf,  als  angenommen  Werben  tonnte. 
s)lm  29.  September  lief  ein  Sdjreibcu  oou  tbm  ein,  in  Weldjcm 
er  fidt)  erbot,  ben  bürgern  it)re  „l)od)|träflid)eu  greoel"  nad^uferjcn, 
Wenn  fte  bie  Cffijiere  freigeben  unb  üerjpredjen  Würben,  fid)  bes 
Dr.  (Sberfc,  „biefes  el)r  unb  eiboergeffeneu  (^ejelleu",  nid)t  mel)r 
anjuncljmen.  Xie  ^fonljeimer  waren  frol),  jo  gut  Weg^ufommen 
unb  fügten  fid)  bem  ttnfntnen  bes  iüiarfgrafen,  ber  fie  l)iufid)tlid) 
ifyrer  SHeligionsübung  in  ben  näcbften  3al)ren  aud)  nid)t  weiter 
behelligte,  il)nen  aber  il)re  SÖiberjejjlidjfeit  nid)t  oergajj. 

Xer  SÖiarfgraf  War  nid)t  ber  iDiann,  einen  einmal  gefaxten 
■tplan  aufzugeben  unb  ftcf)  in  ber  9luSfül)rung  bcsfclbcn  Xroij 
bieten  ju  laffen.  3Beil  bie  s}$f ordinier  nidjt  gutwillig  ber  refor- 
mierten öefjre  fief)  juWenben  Wollten,  jo  follteu  fte  'mit  (Gewalt 
r)ierju  gezwungen  Werben.  2ftit  :gecreSmad)t  rürftc  ber  iOiarfgraf 
am  14.  äpril  1604  üon  Xurlad)  aus  gegen  ^foi^cim,  mol)in 
it)m  bie  Jhtnbc  oou  feinem  Slniuge  rajd)  oorauseilte.  s^forjl)eim* 
Bürger  Waren  fid)  WoI)l  beWufet,  bajj  ]ie  oou  bem  erzürnten  unb 


*)  $on  SBfirttemberg  aus  begab  fid)  (£bcr&  über  3)rud))al  nad)  3pcner, 
roofelbft  er  jroor,  weil  c$  ber  SMartgraf  DOH  bem  borttgeu  xJNagiftrat  öerlangt 
Ijatte,  gefänglid)  einge^oflen,  aber  Don  bem  {Heid)efammergcrict)t  balb  juieber 
in  Jrei^eit  gefegt  lourbc. 


Digitized  by  Google 


auf  Vergeltung  finnenben  Jyürftcu  wenig  9fütffid)t  ut  erwarten 
Ratten  unb  fic  rüfteten  fid)  beslmlb  ju  encrgifdjcm  Jöiberftanbe. 
Sic  verrammelten  bie  Il)orc  unb  befefeten  bie  dauern,  feft  ent 
fd)loffeu,  ber  (bemalt  mit  beu  Waffen  ju  begegnen.  SBibcr  (£rl)offcu 
tollte  es  aber  trieft  jum  tteu&erftcn  fommen.  3m  Schlöffe  $u 
Mcmdnugen*),  Wofelbft  ber  Warfgraf  furje  JKaft  l)ielt,  mürbe  er, 
Wof)l  infolge  begreiflicher  Erregung,  uom  Schlage  getroffen  unb 
mar  balb  barauf  eine  i'eidje.  Sieger  wollte  Gruft  ^riebrid^ 
in  beut  rebcllifdjeu  ^forjlteim  ein^ieljen  unb  nun  mürbe  er  bortl)in 
alö  ein  ftilier  Wann  geleitet,  um  in  ber  <$ruft  feiner  Slfmeu 
beigefeftt  511  merben.  Gr  mar  erft  44  3afyrc  alt,  al£  er  auS  bem 
i'cben  fd)ieb.  „(Sin  greunb  unb  (Gönner  ber  2Biffcnfdjaftcn  unb 
fünfte",  frtgt  s^eed)  oou  il)m,  „l)at  er  feinem  Staaten  ein  blcibenbeS 
Xenfmal  burd)  bie  (Mtnbung  bce  Ghnnnafiumd  in  £urladj  gefegt, 
meld)eö  mcl)r  alä  Rimbert  3al)re  lang  bie  oorneljmfte  SöilbungS^ 
anftalt  be3  Sanbed  blieb."  (*r  f)at  unter  beu  ^urftcn  Vc'1lc^ 
§aufed  |uerft  einen  Crben  geftiftet,  Denjenigen  ber  „blauen  SBinbe", 
beffen  8»ea  mar,  „bie  alten  beutfdjen  Sitten  aufrecht  ju  erhalten, 
51t  verbreiten  unb  bie  (Sblem  ber  Nation  burdj  ein  engereä  JBanb 
51t  umfdjliefjen." 

* 

3u  crmiil)nen  ift  nod),  ba§  unter  (Srnft  griebrid)  im  3at)r 
1595  bie  Remter  93efigl)eim  unb  WuubelSfjeim  um  384,486  fl. 
an  Württemberg  0  er  tauft  mürben.  1603  trat  ber  Warfgraf 
ar  Württemberg  ?llteufteig  unb  £ieben$ell  nebft  einer  größeren 
Wu^afyl  oon  Dörfern  ab  unb  erl)ielt  bafür  bie  Orte  Walfd), 
i'angenfteinbad),  Spiclberg  unb  bie  Wemarfung  Don  Cbermutfd)el= 
bad)  nebft  einem  Mufgelb  oon  481,700  fl.  &cibe  9lbmadmngcu 
tonnen  nirfjt  als  vorteilhaft  für  $aben  bc^eidniet  merben.  1604 
erfaufte  Warfgraf  OJcorg  griebrid),  3^ruber  unb  9<ad)folgcr  @raft 
^riebrid)^,  baä  Sd)(ofe  unb  beu  halben  gletfen  iöaufdjlott  von 
.'band  (Stjrtftof  »Ott  H'anbcnbcrg  um  16,000  fl. 

Von  Stiftungen  finb  aufter  beu  fdjon  ermähnten  ber 
Webrüber  (Sbriftof  unb  Watljiaä  Wertlnuein :  anzuführen  Vermäd)t* 
ntffe  von  Aiafpar  Üljriftof  Mohr,  Bürger  unb  £>anbel$manu 
(2000  fl.  511  Stipeubien),  oou  Wifolauä  S'O"1^"^  Bürger  unb 
."Oanbelsmaun  (1000  fl.,  *u  bemfelbcn  ^«fr),  fotoic  von  bem 
Bürger  Cito  SNerfl),  ber  bie  #infen  eine*  Kapitals*  oon  1200  fl. 
für  öerfdjiebene  mo()ltt)iitige  3wecfe  beftimmte.  UebrigenS  follten 
au«  bieten  ßtnfen  aud)  jtihrlid)  8  fl.  für  bie  QJeiftlichfeit  unb 
5  fl.  für  bie  WufifgcicUfdmft  \u  einem  gemeiufdjaftlidjen  (Sffett 


*)  (Ein  länflft  t>crj(t)»üjmbcucr  Crt,  ^wifd^eit  Turlnd)  unb  $forftf)fini 
Qdcgen. 


^forafoeim  in  bcr  Seit  oom  16.  gum  17.  $ahrbunbcrt.  65 

oenoenbet  werben,  baS  pietätooll  bis  in  btc  neuere  gett  herein 
abgehalten  lourbc. 

$on  ftaatlidjcn  unb  ftftbtifdjen  Beamten  nt  beginn 
beS  1 7.  3al)rl)unbevtd  finb  51t  nennen:  Obcroogt:  SMter  oon 
^anbt  (1601  1609),  £anS  $>cinrid)  oon  £ichtentetS  (bt8  1619  ); 
unterzogt:  ^ncronumuS  $ed)ler  (6t3  1609),  .freinrid)  Jpaffncr 
(bis  1628);  Jorftmetftcr :  ISrnft  3afob  t)on  SRcmdjmgcn  (1608), 
s^l)ili^p  vsoadum  6hemp  oon  Jyrciibenftctn  (1615);  umt Stellet: 
IhomaS  Drad)  (1607),  $aföar  Dealer  (1620);  SanbfdjaftS 
einnehmen  oo^ann  öfterer  (1607),  2Benbcl  i'ang  (1614); 
9}i ü n 5 m c t f t c r :  3ol)ann  3acob  (1610);  geiftlidjer  S5er 
Walter:  WcolauS  Kaufmann  (1607—1609),  SWcld)ior  äflat) 
(bis  1626);  $$t>ftluS:  äRattyäu*  SWiMcr  (1608—12),  $o\)am\ 
Daoib  ßamerariuS  (um  1616);  Npothcfer:  äföäael  s$eter 
GJrtimnger  (um  1607),  Sotjann  3oad)im  Ctfrüninger  (Di*  1619); 
Superintenbcnt:  3ol)ann  (Sonrab  SemidjiuS  (1607—18), 
Stefan  ftorenfelber  (bis  1629);  Stltftabtöf arrer :  $Rupred)t 
©taf,  juoor  tu  Eutingen  (bis  1614);  Spitalpf arrer :  ©irhtS 
@artor  (bis  1611),  $ernfmrb  Sftftter,  juoor  Pfarrer  in  ©ritynigen 
(bis  1617),  Sodann  3oad)im  !öartt)olb  (1618),  ^riftof  §ein$, 
oon  1621  ab  Pfarrer  in  $Ducf)enfelb ;  Diafoncn:  erfteS  Dia^ 
tonat:  (Sonrab  SRojinagcl  (1607),  Sodann  ©erlodjer  (1609),  3o 
tyann  sÄgricola  (1618),  3of)ann  ÜJMcbior  iöücbclin  (1627);  jmeiteS 
Diafonat;  Rupert  Jammer  (1607),  Sodann  Safob  9iulid)  (1612), 
91bam  Seufncr  (1616) ;  ßefjrer  an  ber  fiatein)  d)ule :  flief 
toren:  Johann  Ctfer  (bi*  1611),  Daoib  Sangcnberger  (bis  1614), 
IStyriftof  Durrleben;  sJkäjeptoren :  XobiaS  GarteliuS,  (Sonrab 
£erolb;  Öefjrer  an  bcr  beutfdjen  (Schule:  SlnbrcaS  Jtajer 
(um  1618),  Sßrooifor  Martin  Srautmann  (um  1629);  Organift: 
ipanS  3afob  <Sd)ärtlin  (1613 — 23) ;  SBürgermeifter:  s^eter 
üftaler  (1607— 1609),  Mob  Zimmerer  (1609  -12);  Jeremias 
De)d)ler  (bis  1621),  28olf  (Sarle  (bis  1628);  Stabtfdjreiber: 
©eorg  £obcl  (1607—32),  ©ubftttutcn :  3ol)ann  ^foft  (1618—26), 
anS  3a(ob  ©eiger  (bis  1632);  © t ab tbaumeift er :  ipanS 
djaupp  (bis  1619),  2i*olf  (Sarle,  ber  fpätere  33ürgermeifter  (bis 
1622),  §anS  (Srfjarb  (bis  1629);  gor  ftu  er  Walter:  ooljaun 
Zatob  Deimling  (bis  1627),  Martin  3aftnad)t  (bis  1646). 

$on  ab el igen  gamilien,  Wcldje  oor  unb  wä'hrenb  bcS 
30jährigen  ÄriegeS  ihren  3Sof)nfijj  in  ^fonljeim  hatten  ober 
längere  Qcit  fid)  l)ier  aufhielten,  finb  (nad)  Sörombadjcr :  „Der 
Zob  ber  oierl)itubcrt  ^forjljeimer" )  311  ermähnen:  ©red,  (öremp, 
^artungtjaujen ,  Neutrum,  Steinfels,  föemebingen ,  §elmftabt, 
ilarpfen,  Sdnoanborf,  Äinobcl  oon  ÄajcneKcnlogen,  oon  ber  ßat), 
^en^ingen,  .pomef  oon  Cornberg,  JHeifdjach  unb  Storfdjebel. 
iöon  ben  alten  s^  a  t  r  i  3  i  c  r  f  a  m  i  l  i  e  n  waren  nod)  oertreten ;  Sei^ 

5 


igitized  by  Google 


66       ^forabeim  in  ber  3eit  oom  16.  sum  17.  3a&r&unbert 

iHoii),  GJöfjlin,  ffiümmele,  ferner  unb  Selbmann.  ?TIte  Bürger* 
gc  ich  (echt  er  werben  nad)  ber  ^atjre  1600  folgenbe  aufgeführt: 
i&auer,  Bcrf,  Benfc,  Bull  obci  JtÜ,  dreier  ober  dreier,  £red)fel 
ober  T)rcjel  (auch  Xredjfel),  (Sngeltjarb,  ginf,  f?ifd)er,  ^ranf, 
Surft,  (^olbfdjmibt,  (Moft,  &ein&,  Ataifer,  kern,  Steffel  opäter 
tttffel),  Micffer,  tttchnle,  Acori),  ^anbimeig,  *iu{j,  Dealer,  :l)uiule 
ober  ÄWetjlc,  aWurr,  Marr  ober  Mar,  Füller,  pfiffet  ober  öfterer, 
Wicffle,  Huf,  'Sattler,  Schäfer  ober  Schäffcr,  Sdnnibt,  Sdjucibcr, 
Schreiner,  Sd)tüerbtfegcr,  Siegele  (Riegele),  Irautmann,  lluger, 
Seber  ober  SBecbcr,  ©ilberfinn,  SBcüler  ober  heiler. 

Mad)  ben  auf  ÖJrunb  ber  laufbuch  Einträge  uou  1607  47 
gemachten  SlufftcUungen  oon  Brombad)er  Waren  einzeln-  Jvamiltcu- 
Warnen  ocrbältniemäftig  ftarf  oerbreitet.  So  werben  ,v  B.  in  ber 
Üeit  oon  1607-  22  oermerft:  Abrecht  H,  datier  23,  Bed  23, 
Deimling  1 l,  l£*bcrlein  8,  (feiger  25,  (Herwig  7,  $roft  5,  (tamp  5, 
.§einfc,  6,  Werter  6,  iterd)er  4,  Äieffer  10,  iliehnle  10,  Äirft  3, 
Stiftler  7,  Sliofy  7,  Siodi  4,  ttrauft  5,  ^anfyWeig  5,  £conharb  6, 
äWäule  7,  datier  18,  MecrWem  6,  $citfd)börfcr  3,  Wülfer  12, 
Witter  4,  Sdjmibt  5  unb  Schneiber  9. 

^JforjheimS  Beoölf  crung  mag  nad)  einer  oon  l'otthammer 
aufgehellten  Bcrcdnumg  jU  Anfang  beä  17.  3ahrhunbcrttf  nid)t 
gang  4000  Seelen  betragen  haben,'  obwohl  biefe  Angabe  fctneS» 
Weg*  abfohlt  einwaubfrei  tft,  ba  fie  fich  in  ber  öauptfadje  auf  bic 
turdjfchnitte^ahl  ber  «eburten  oon  1607-  1620  ftüfct  .^flügcr 
nimmt  um  baS  Saöt  1600  eine  Bürgenahl  oon  600  an,  Was» 
oon  Brombadjcr  in  ber  bereits  ermähnten  Sdjrift  „ ntd)t  ein  fleiner, 
joubern  ein  großer  orrtum"  genannt  wirb.  Xaoon  föune  mau 
fid)  überzeugen,  menn  man  im  XaufBud)  nur  oon  ben  fahren 
1607—10  bie  Taufoäter  unb  Taufpaten  jähfe,  mobei  fchon  über 
700  Warnen  herausfämen.  (£s  ftel)e  fejt,  baft  ^for^heim  im 
oahre  1600  mehr  als  2000  Bürger  gehabt  habe,  welche  Bc 
hauptung  freilid)  auch  nur  ailf  €inct  s&ahrfd)cinlichfcitä  Berechnung 
beruht,  bie  auf  baä  Taufregifter  fich  grünbet.  $luch  barf  nicht 
oergeffen  merben,  ba§  e£  Brombachcr  t)auptfäcf)Iicfi  barum  511 
tl)uu  mar,  entgegen  anberer  Annahme  bar^uthun,  bafe  ^for^eim 
bei  feiner  oor  bem  30jährigen  Sfrieg  oerhältniämäftig  bebeutenben 
Beoölfcrung  mol)I  einen  ©erluft  Wie  ben  ber  Bicrljunbert  bei 
©impfen  crlcibcu  tonnte,  ohne  bcäl)alb  in  feiner  £rjftcn$  ge* 
fährbet  51t  fein. 


Stabt  unb  ßanb  Dor  bem  30}ahrigen  ßrtefle. 

£aö  Seben  unb  treiben  in  einer  Stabt  511  ber  wo 
baö  (£lenb  beä  30jährigen  Shiegeö  noch  ,uc^t  here"igcbrochcn  War, 


Digitized  by  Google 


'Üfotafjeim  in  bcr  Seit  com  16.  aum  17.  3 af)t Rimbert. 


G7 


fd)iibcm  uhö  in  an(yel)enber  SBcife  bie  Silber  mid  bcr  bcutfd)cn 
il$crgangenl)eit,  bic  im  allgemeinen  amb,  für  s}$forjl)eim  Weitung 
()abcn  mögen. 

J?aft  jebc  Stabt,  nur  bic  flcinftcn  SOJärfte  aufgenommen, 
mar  gegen  ba*  offene  £anb  abgefd)!  offen  bnrrf)  iUfaitcr,  3l)or 
nnb  (Kraben;  enge  nnb  lcid)t  $u  oerteibigen  maren  bie  Zugänge; 
oft  ftanb  bic  9)2aucr  bofcpclt;  nod)  ragten  f)iiufig  alte  -türme 
über  Rinnen  ll«D  'Jöor.  sDfan  ()atte  bic  aus  bem  Mittelalter 
ftammenben  ^efeftigungen  bei  Dielen  bcr  größeren  Sttibtc  und) 
träglid)  uerftärft,  nadjbem  bie  C£rfinbiutg  bce  Sdjießbulucre  eine 
anberc  Kriegführung-  bebingte.  ÜBaftionen  auf  gelb  nnb  $acf 
fteinen  trugen  fd)tüevc  Wcfdjüfoc,  ebenfo  etnjelne  ftartc  Türme. 
Oft  maren  and)  nod)  .einzelne  große  (*)cbäubc,  5.  SB.  bie  alten 
Sd)löffcr  bcr  &mbc*l)errcit,  befonber*  befeftigt.  Wuf  biefe  2£cife 
Oermochten  bann  bic  Stabte,  wenn  mir  bie  iöürgerjcfyatt  ^uocrläffig 
mar,  aud)  größeren  sperren  eine  3ett  ^ail3  5"  wtberfteljen.  Man 
Warf  bann  nod)  üor  ben  dauern  Örrbfchan^cn  auf,  bie  man  bnrd) 
Laufgräben  nnb  ^fafylroerf  oerbanb.  SBtelc  'ißläjjc  aber,  Weit 
mehr  alf  in  bcr  (Gegenwart,  waren  Wirtliche  geftnngen. 

$(uf  föeinlicfyfctt  l)iclt  man  ^War  nod)  nidjt  fo  oiel  mie  jeftt, 
aber  man  begann  bod)  fdwu  in  ben  größeren  Stäbten  baranf  51t 
achten.  Diefe  maren  gcpflaftert,  unb  $roar  gemölbt,  fo  baß  baf 
Söaffcr  abfließen  tonnte,  nnb  bie  äJcarfte  an  einigen  Crten  mit 
Steinen  aufgefegt.  Man  mar  bemüljt,  bcr  Stabt  fierjevcö  nnb 
reinef  Trinfmaffer  51t  befdjaffen  unb  unter  ben  Straßen  liefen 
oft  l)öl$emc  SSaffcrlcitungen.  Steinerne  ^afferbeljälter  nnb 
fließenbe  Brunnen,  oft  mit  $tlbfäulen  Derzeit,  ftanben  auf  bem 
Marfte  nnb  in  ben  £>auptftraßen.  Sine  Straßenbeleuchtung  gab 
cf  noc^  ntc^t.  2Ber  bei  9fad)t  aufging,  mußte  eine  garfcf  ober 
Laterne  mitnehmen  ober  fid)  oortragen  laffeu.  2lllmäl)lid)  fing 
man  an,  metallene  geuerpfannen  an  (Stfljäujern  ju  befeftigcii. 
93et  irgenb  einem  befonberen  Einlaß,  j.  33.  einer  nächtlichen  geuerf- 
gefafjr  ober  einem  Auflauf  mürben  in  biefen  Pfannen  ^cd)frän(^c 
ober  hörjigef  §olj  ange5Ünbet.  (£f  mar  Sitte,  bei  auf  bredjenbem 
geuer  baf  Söaffer  auf  ben  Behältern  ober  fließenbcn  Brunnen 
in  bie  gefährbeten  Straßen  laufen  311  laffeu.  Dafür  fingen  an 
ben  Straßenecfen  Scbufcoretter,  unb  einzelne  (bewerfe  hatten  bie 
Pflicht,  mit  folgen  Brettern  baf  Gaffer  an  bcr  Sranbftätte  51t 
ftauen,  Waf  baburd)  gejd)ah,  baß  auf  biefen  Brettern  unb  zu- 
getragenem Dünger  ein  Ouerwall  gebogen  mürbe.  Die  Straßen- 
unb  Sicherhettfpolijei  mar  oerhältnifmäßig  gut.  Die  oon  bem 
fädrftfdjen  tfurfürften  Sluguft  crlaffenen  Serorbnungen  maren  im 
ganzen  9ieid)e  Üttufter  geworben,  nadj  beneu  gürften  unb  Stäbte 
if)r  neueS  Leben  einrichteten. 

5* 


Digitized  by  Google 


fifl       Vforafcetai  in  bcr  3«t  oom  16.  aum  17.  3abrbunbert 

91m  Sonntag  toar  ber  £auptmarft  bev  ßieblingäaufenthalt 
bei  Männer.  Dort  ftanbcn  nad)  bcm  (Mottesbienftc  Bürger  nnb 
(Pfeilen  in  il)rem  geftftaate,  plaubernb,  92euigfeiten  austaufchenb, 
©efchäfte  berebenb.  Stuf  bcm  SRathausturm  mar  über  ber  UI)r 
ein  ©ang  angebracht  jur  9innbjdr)au  für  ben  Dürmer  nnb  oon 
liier  au*  bliefen  and)  bie  Stabtpfeifer  mit  Jaunen  nnb  glitten. 

Die  Stabtgemeinbe  unterhielt  für  if)re  Bürger  $3ier  unb 
2£einteUer  unb  beftimmtc  bie  greife  ber  GJetränfe.  gür  bie  $$or= 
nefjmeren  ga6  eä  befonbere  D rinfftuben  3U  anmutiger  Unterhaltung. 
9lud)  gab  e£  }d)on  5al)lreid)e,  tuohl  eingerichtete  (Uafthäufer.  Selbft 
bie  ^Ipothefen  ftanben  unter  $lufficht  unb  hatten  befonbere  Dxb- 
nungcn  unb  fechte ;  fte  oerfauften  noch  ^iele  Spe3ereien,  Delifat* 
effen  unb  loa»  jonft  bem  ©aumen  behagte.  33abeftuben  gab  e£ 
weit  mehr,  aU  jefct  3U  finbcn  ftnb.  ©ine  ©abeftube  fanb  man 
in  jebem  größeren  §aufe.  Die  ärmeren  Bürger  gingen  *u  ben 
SBaberu,  melchc  zugleich  munbärjtlidje  Dienfte  oerrichteten.  &ußer= 
bem  aber  unterhielten  bie  Stäbte  aud)  große  öffentliche  Säber, 
in  beuen  umfonft  ober  gegen  geringe  Zahlung  mit  allen 
Sequemlichfeiten  toarm  unb  falt  gebabet  tourbe. 

3n  ben  anfehnlidjeren  Stäbten  mar  bie  Mehrzahl  bcr 
Käufer  auö  «Stein,  brei  bis  oicr  Stotf  hoch  unb  mit  «Siegeln 
bebccft.  3h**  inneren  9iäume  mürben  fauber  unb  jierlich  gehalten, 
bie  2I*änbe  häufig  mit  gemtrften  unb  geftieften  Deppidjen,  mit 
fdjönem  (Getäfel  :c.  gefchmüdt.  äterlidj  un0  forgfältig  gefammelt 
mar  bcr  ^ipauärat.  &aä  ^orjetlan  mar  noch  wfy  erfunben  unb 
reidjlidjcs  Silbergefchirr  hatten  nur  Qail3  wenige  gamilien.  Die 
Stelle  bes  Silbers  unb  ^orjellanö  oertrat  bei  bem  roohlhabenberen 
Bürger  baS  3inn.  3"  &ofc*  9ttengc  hcKölanjenb  aufgeteilt, 
mar  eä  ber  Stol^  ber  §au3frau.  hieben  bem  3inn  fflh  man 
mol)l  auch  fe"lc  ^läfcr  unb  Dhongefäffe  aud  hex  grembe,  oft 
bemalt  ober  mit  frommer  Umjchrift  oerjehen. 

»Sllcibung  unb  Sdjmurf  ber  Männer  maren  roeit  bunter  unb 
foftbarer  al£  je^t.  Man  legte  auf  bie  itleiber  außerorbentlicben 
3öert  unb  hielt  barauf,  baß  man  an  bem  äußeren  SXuSfehen  jeDed 
©n^elnen  erfennen  fonnte,  ju  melchem  Staube  er  gehörte. 

(5ä  tummelte  fid)  bamalö  in  ben  Stäbten  ein  fräftigeä, 
arbeit*jamc£  unb  mohü)abenbc$  $olf.  l£*iferfüd)tig  hielt  ber  Bürger 
auf  bas  ^lufehen  feiner  Stabt.  ®ernc  betoieä  er  fich  unter  feinen 
Mitbürgern  reich,  tüchtig  unb  unternehmend  Jpanbel  unb  $öanbel 
maren  bie  311m  30jährigen  Älriegc  in  ftartem  (Sebexen,  gaft  jebe 
Stabt  hatte  einen  bejonberen  (^etoerbdjmeig,  ber  bort  oorjugS» 
locife  betrieben  mürbe.  Man  fal)  eS  ben  einzelnen  Stäbten  balb 
an,  ob  barin  befonberä  Doofer-  ober  Dud}-  ober  Öeber-  ober 
Metallarbeiten  gefertigt  mürben.  Sclbft  manche  Heinere  Stabt 
getoann  auf  folc^e  $ixt  einen  Üiuf,  ber  meit  burch  ba3  ßanb  reichte 


Digitized  by 


Worpheim  in  bet  8ett  vom  16.  »um  17.  ^abtbunbert.  f>n 

unb  auf  ben  bie  Bürger  mit  föcdjt  ftot^  roaren.  3n  allem  aber, 
felbft  in  ben  größeren  Stäbten,  r)atte  ber  %f  erbau  meljr  2Bid)tig 
feit  ald  jefct,  unb  nicf)t  nur  in  ben  SBorftäbten,  aucf)  in  ber  inneren 
<Stabt  lebten  oielc  Bürger  oon  bcmfclben.  3n  Heineren  Orten 
Ratten  bie  meiften  ©ürger  Eigentum  in  ber  Stabtflur.  Xed()alb 
roaren  in  ben  Stäbten  toeit  mehr  9lufc  unb  3ugtierc  al$  jefu, 
unb  bie  foauäfrau  erfreute  fid)  eineä  eigenen  $ornboben£,  ber  ihr 
bad  äJcer)l  ju  93rot  unb  ju  feinerem  lanbeäüblidjen  SBatfroerf 
lieferte.  Sluch  am  »etnbau  ()atten  bie  Stäbtcr  überaa  Anteil; 
bagegen  galt  bie  ©raugeredjtigfeit  al£  SBorredjt  einzelner  Käufer. 

Öaut  unb  unbefangen  äußerte  fid)  bei  allen  ^eluftigungen 
bie  gröhlidjfeit.  Sie  Bürger  fugten  jebe  (Gelegenheit,  fid)  ju 
oergnügen.  3ur  Jfaftnacht^eit  roaren  überall  SRummcrien  «Sitte; 
man  fat)  bann  Dohren,  Sürfen  ufm.  burd)  bie  Straßen  id)wärmen. 
5m  ^Sinter  ocranftaltete  man  große  Schlittenfahrten.  Scr  öffent- 
liche Sanj  mar  feltcner  alä  je^t;  felbft  bei  öo^eiten  unb 
&anbroerferfeften  mürbe  er  ftreng  beaufficr)tigt  unb  mit  ber  $(benb 
bämmerung  mußte  jebeä  Tanzvergnügen  aufhören.  Sie  größeren 
Stäbte  hotten  Rennbahnen,  in  roclcr)cn  bie  «Söhne  ber  Vornehmeren 
ritterliche  Hebungen  hielten  unb  nach  bem  ÜHinge  flachen,  ftür 
bie  $lrmbruft=  unb  ©üchfenfchüfcen  roaren  Sd)icßhöufer  unb  Sd)ieß- 
grüben  öorhanben  unb  große  SBolfSfrcube  I)errfct)tc  mie  jefet  bei 
ben  Sdjüfcenfeften.  ©in  beliebte«  Spiel  ber  jungen  Bürger  mar 
baä  ©allfpiel.  tarnen  oornchme  Herren  in  eine  Stabt,  fo  mürbe 
öfters  eine  Sage  Sanb  auf  ben  9J?arft  geftreut  unb  burd)  ^flötfe 
unb  Schnüre  ein  Spielraum  abgeftetft.'  Sann  jpicltcn  bie  oor 
nehmen  Herren  unb  au3  ben  ftenftern  fal)  bie  ^ürgcrfdjaft  fröf)lid) 
nt,  mie  junge  Crimen  ben  ©all  roarfen.  $luf  ben  3ai)rmärften 
ftanben  bie  Schaububen  noch  hänfiger  a^  ic&t:  ba  fat)  man 
Seiltaruer,  ffcuerfreffer,  Tafdjcnfpielcr,  ftarfe  Männer,  fomic  jal)l 
reidje  ©änfelfänger  unb  2icberr>erfäufer. 

2Ba3  aber  bamalö  bem  Bürger  baä  größte  Selbftoertrauen 
gab,  mar  feine  333cr)rt)af ti gf cit.  Jeber  fyaitc  einige  llcbung  im 
(Gebrauch  ber  $Baffen  unb  mußte  fte  $u  fjonbljaben.  Sa,}u  fam 
bann  noch  c"ie  2anbmtlt$,  rooju  mau  etroa  ben  zehnten  SRamt 
in  Stabt  unb  Öanb  aushob- 

Sa3  mürbe  nun  freilich  im  30jäf)rigcn  Kriege  at(cd  anbcr$. 
gaft  nirgenbä  ermiefen  fich  bie  ©efeftigungen  ber  Stäbte  haltbar; 
Diele  berfelben  mürben  3crftört  unb  in  ber  allgemeinen  ©erberbniä 
loderte  fich  m$  innere  3ud)t  nnb  Drbnung.  Sem  bürgen 
lid)en  ©oljlftanbe  aber  machten  bie  cntfefclichcn  ©erroüftungen  bc* 


Sa  eö  für  Diele  ber  öefer  gemiß  Don  ^ntcreffc  ift,  aud)  bic 
Verhältuiffe  ber  Canbbemohner  in  Damaliger  JJeit  tonwn  §H 
lernen,  fo  mollen  mir  aud)  herüber  eine  Sduibcrung  geben. 


70 


Worabeim  in  ber  Seit  uom  16.  aum  17.  ^abrbunbert. 


Xeutfcrjlanb  galt  oor  bcm  30jäl)rigen  Jtriege  für  ein  reicfjeS 
Vanb.  Selbft  bcr  kalter  l)attc  in  bem  langen  ^rieben  einige 
©otjlbäbigfeit  erlangt.  Xie  ,3al)l  ber  Xörfer  mar  in  manchen 
Wegenben  größer  afe  jettt.  9(ucr)  bie  Xörfer  waren  nirfjt  ganj 
otjnc  Sd)it(jwef)r;  oft  war  ein  Kraben,  ein  3nun'  ci"c  SBanb 
oon  Vel)m  ober  Stein  um  fie  gebogen  unb  an  ben  foauptftra^en 
Ijingen  Tljore,  welche  ,uir  ^adjheit  ge|rf)loffcn  würben.  3n  bcr 
Kegel  uuu'  bcr  ttirrf)f)of  mit  befonberer  SO?auer  gcfdjü&t  unb 
bilbete  mcl)r  ale  einmal  bie  lefctc  3uflud)t  ber  SeWofmer.  Xie 
.ftäujer  waren  jtoar  nur  oon  &0I5  unb  fiefjm,  einzelne  übrigen^ 
aurf)  oon  Stein,  unb  Imttcn  eine  ungefällige  ftorm ;  aber  fie  Waren 
nidjt  arm  an  foausrat  unb  93ef)agen.  Scf)on  ftanben  alte  Dbft- 
baumpflan.utngen  um  bie  Xörfer  unb  bie  Quellen  ergoffen  if)r 
flares  ©affer  in  fteinerne  Tröge.  9luf  ben  Xüngcrftätten  ber 
£>öfc  tummelten  fid)  groftc  (Scharen  oon  deinem  (Seflügel,  auf 
ben  Stoppcläefcru  trieben  fiel)  jablrcidje  (Mä'nfc  l)erum  unb  in  ben 
Ställen  ftanben  bie  großen  ftarff nötigen  sJ$ferbe,  roatjrfc^einlicx) 
oerbauerte  9iad)fommen  ber  alten  ÜHittcrroffe.  hieben  ifjncn  gab 
cö  bie  „Klepper",  eine  uralte  f leine  Vaubraffe.  Xie  ©emeinben 
Ijielten  grofte  beerben  oon  Schafen  unb  ffiinbern.  Xie  Söolle 
ftanb  gut  im  greife  unb  an  Otelen  Crten  Würbe  auf  feine  Qwfyt 
gclmltcn.  Xie  bcutfd)en  Xudje  Waren  berühmt  unb  XucfjWaren 
bie  beften  Slu^fuljrartifcl. 

Seim  S8obenbau  War  bie  XreifclbcrWirtfcfjaft  majjgcbcnb 
unb  Würbe  mit  Sorgfalt  betrieben.  &n  ben  ?lbf)ängen  in  Warmer 
Vage  Waren  Webgärten  angelegt,  aurf)  in  folgen  (9egcnben,  Wo 
jetrt  längft  fein  $L*cin  mcl)r  gebaut  wirb.*)  9lud)  topfen  Würbe 
fleifug  angepflanzt  unb  ui  gutem  SHer  oerWeubet.  Xem  Sau 
oon  JvuttergeWäd)fcn,  Worunter  bie  s$fcrbcbol)ne,  jd)cn!te  man 
ebenfalls  grofte  ^lufmerffamfeit.  Xie  liefen,  Weldjc  fcljr  gefdjättt 
unb  l)äufig  eingezäunt  Waren,  würben  sorgfältiger  bel)anbelt,  wie 
5Wei()unbert  oal)re  fpäter.  Xie  Anlage  oon  9lb(uigs  unb  Sc 
wäffcrungtfgräbcn  war  frfjon  allgemein  Sitte,  wie  überhaupt  bie 
lanbwirt[d)aftlid)c  Multur  ,ui  Seginn  bc§  17.  3al)rf)unbert3  ntcr)t 
hinter  berjenigen  bc*  U).  Jtabrfjunberte  .uirütfftanb. 

Xie  Saften,  Welche  auf  bem  Saucrnftanb  lagen,  waren  ^War 
frcbeittcnbc,  namentltd)  auf  ben  abcligcu  Gütern;  aber  mandjeS 
fam  aud)  triebet  bem  Sauer  ju  gut.  Siele  gciftlidjc  bitter  Waren 
jerfdjlagen  Worben,  oiele  Xomänen  unb  nicfjt  Wenige  abelige  (Hilter 
würben  oon  s}iäd)tcrn  bcwirtfdjaftct,  unb  bie  ;}eitpad)t  War  ein 
beliebte*  Wittel,  bie  Sobenrente  ut  fteigern.  Jvreiliti)  war  ber 
$Öilbfc§aben  ein  brücfenbeö  Setben  unb  auf  ben  Wittern  bc*  ber* 

*)  Tie*  trifft  audi  auf  uufere  Wea,eub  ,',u,  ,v  auf  0»etuarfuua,eit  lote 
iifov^)ciui,  *rtft)iua,cu,  Wirtcufelb  ufiu ,  wo  früher  Diel  SHeiu,  tu  maucnen 
^aljrflättflcu  fogar  ein  flattä  trmtbarer,  fleljerbftet  würbe. 


Digitized  by 


Worjbeim  in  bcr  Bett  oom  16.  aum  17  ^abrbunbert. 


71 


armenben  Abels  oon  ber  alten  $örigfeit  nod)  üieleS  geblieben. 
Aber  bie  grofte  9We^rja^)l  ber  Sanbleutc  mar  burd)  bte  neuen, 
römifdj  gebildeten  9lecht3gelchrten  ju  Eigentümern  ihrer  ®üter 
erflärt  roorben,  ein  nicht  ju  unterfchäfcenber  Vorteil,  roeldjen  bas 
römifche  Siecht  im  16.  3af)rhunbert  ben  Deutzen  gebraut  t)at. 

3n  ben  ©emeinben  auf  bem  ßanbe  mürben  feit  langer  ^eit 
fd)on  bie  (^emeiuberedmungen  orbcntlid)  geführt  unb  oon  ben 
Öanbeeregierungen  beauffid)tigt.  Aud)  Drtejeugniffe  unb  ^eimat- 
fd)einc  waren  )d)on  im  (Gebrauch,  unb  bie  (^emeinben  empfahlen 
einanber  nadjbarlidj  in  geroäfylten  Auäbrürfen  ihre  Angehörigen, 
meiere  au$  einem  Dorfe  nach  bem  anbern  sogen.    Seit  ber 
Deformation  fanben  fid)  roenigftenS  in  allen  $irdjbörfern  «Schulen. 
©3  mürbe  ein  fleineS  Sdjulgelb  bejaht  unb  ein  Seil  ber  Dorf; 
bemohner  mar  in  bie  ©etjeimniffe  beä  Sefenä  unb  Schreibend 
eingeweiht.  Der  ©egenfaft  jungen  ber  öanbbeoölferung  unb  ben 
©tabtern  mar  gröfjer  mie  in  unterer  $cit.  £cr  wbumme  Sauer" 
mar  in  ben  Stuben  ber  ^panbroerfer  nod)  immer  ein  Cteblingö« 
gegenftanb  nnr)olber  Schcrjc.    AIS  bc^ei^nenbe  C£igenfd)aften 
mürben  if)m  9ior)heit,  Einfalt,  unreblicbe  ^Pftffigfeit,  Irunfliebe  unb 
Jreube  am  prügeln  nachgerühmt.   Vlber  mie  abgefd)loffen  unb 
arm  an  mcdjfelnben  (Sinbrücfen  fein  ßeben  aud)  bamalS  mar: 
man  mürbe  fefyr  nnred)t  tf)un,  roenn  man  tbn  für  mefentlid) 
fdjmächcr  unb  untüchtiger  hielte,  ale  er  jeftt  ift.    Sein  Selbft 
a,cfüf)l  mar  nicht  geringer  unb  oft  beffer  berechtigt.   3öor)I  mar 
leine  UnfcnntniS  frember  5$crf)ältniffc  größer,  benu  es  gab  für 
ihn  noch  ^mc  regelmäßigen  Rettungen '  unb  er  felbft  mar  in  bcr 
Siegel  nicht  weiter  gemanbert  ati  bie  gitr  nächften  Stabt,  mo  er 
feine  (Srjcugniffc  oerfaufte.    And)  mar  er  in  bracht,  in  Spradjc 
unb  Biebern  nicht  mobifch  mie  bie  Stäbtcr;  er  gebrauchte  gerne 
alte  berbe  SBortc,  mclcf)e  ber  Bürger  für  unflätig  hielt;  er  fd)mnr 
unb  flud)te  altertümlid)  unb  feine  ^cgrüBungeart  mar  eine  anbere 
als  in  ben  Stäbten,  aber  nicht  meniger  genau.    Doch  bc*l)alb 
mar  fein  2cbcn  nicht  arm  an  Wemüt,  au  Sitte,  felbft  nicht  au 
"ißoefic.  9?odj  hattc  ber  oerflingenbe  battfdjc  $olf£gcfang  einigem 
iieben  unb  ber  äanbmann  mar  beffen  eifrigfter  ^emahrer;  nod) 
maren  bie  Jyefte  ber  dauern,  fein  Familienleben,  feine  i)ied)t* 
oerhaltniffe,  feine  Mdufc  unb  SSerfäufc  reid)  an  alten  farbenreichen 
Bräuchen,  an  Sprüchen  unb  ehrbarer  fliepräfentation.    Auch  bie 
echte  bentfehe  ftreube  an  f)übfcf)cv  &anbwert*arbcit,  bas  Schagen 
an  fauberen  unb  funftootlcn  ßrbftütfen  teilte  ber  ßanbmami  bamal* 
mit  bem  Bürger.  Sein  fcausgerät  mar  ftattlidjer  als  jefct.  Zierliche 
Spinnräber,  meld)e  nod)  für  eine  neue  (Srfinönng  galten,  fauber 
ausgefdmittene  Iifd)c,  gcjd)niBtc  Stühle  unb  Sd/ränte  haben  fid) 
bie  auf  unfere  $c\t  erhalten  unb  merben  jefot  oon  Altertums 
jammlcrn  gerne  aufgefauft.    OJrojj  muft  ber  Sdjalt  ber  dauere 


I 


72       Worabeim  in  bei  Bett  oom  16.  aum  17.  ^abrbunberr. 

fraueu  an  Letten,  ftleibern,  sü$äfd)e,  an  Stetten,  ©djaumünjen 
nnb  anberem  Sdnnncf  aemefen  fein,  nnb  nidjt  Weniger  bcjgef)rung3= 
roürbig  umreit  bie  safjlreidjen  53ürfte  nnb  Sdjiufen  im  Siaudjfang. 
Wurij  üicl  barcä  OMb  lag  »erfteeft  in  ben  SBinfeln  ber  Xxufyc 
ober  forglid)  in  lüpfen  nnb  Steffeln  oergraben,  benn  baS  $luf- 
fammcln  ber  blauten  Stüde  war  eine  alte  Sanernfreube.  £>aä 
Sieben  bcS  dauern  mar  reidjlid),  ol)ne  oicle  Söebürfniffe.  (Sr 
faufte  in  ber  Stabt  bie  Hefteln  für  feine  Äleiber,  ben  ftlbernen 
Sdjmud  für  *ü#eib  nnb  £üd)ter,  bie  Söür^e  für  feinen  fanren 
3Bcin  nnb  roaä  er  von  üDcetallwaren  nnb  (Geräten  in  §of  nnb 
Äüdje  nötig  l)atte.  Tie  tflciber  oon  SöoUc  nnb  Öcintoonb  luebten 
nnb  fdjnitteu  bie  grauen  im  .ftaufe  ober  ber  ^ac^bar  im  $orfe. 
Ter  i'aubmanu  nal)in  feine  tÜZii^c  tief  ab  t>or  foodjgeftettten, 
inäbefonbere  and)  oor  ben  fünften,  beim  er  liebte  bereits  bie 
gefährliche  Aufregung  ber  ^ro^effe,  aber  er  empfanb  audj  ifjncn 
gegenüber  einen  geheimen  Stol^,  menn  er  an  eine  Dfcnblafe  ober 
an  ein  paar  alte  Sterben  backte,  bie  er  mit  fdjmeren  Silberftüdcn 
gefüllt  im  iOfik'hfcller  ober  unter  feinem  s^ette  oerftedt  fjieft. 

So  lebte  and)  ber  üftauer  glcidmnc  ber  Bürger  ber  Stabt 
oor  bem  30jäl)rigen  Kriege  ein  ücrl)ältni3mäfjia,  guteö  Sieben; 
aber  bem  (Sincn  ioie  bem  9lnbem  ruinierte  biejer  Ärieg  feinen 
$Bof)iftanb  unb  üerberbte  feine  Sitten,  unb  eine  lange,  lange  Qcit 
mar  erforberlirf),  bis  bie  materielle  unb  fulturelle  ©inbufce  aud) 
nur  einigermaßen  ausgeglichen  mar. 


Digitized  by  Google 


(1618— 1G48). 


ad)folger  (Srnft  griebridjs,  bcr  auf  feinem  friegerifdjen  Qaq 
nadj  $fift*6enn  oon  einem  fo  plöttfidjen  Xobe  ereilt  mürbe, 
mar  fein  Araber,  ber  3J?arf(\raf  OJcorg  J^rieb rieft,  3n 
bie  legten  9?cgierungäial)rc  beäfelben  fällt  ber  Beginn  bc$  fcBred 
liefen  5!ricgc3,  ber'  $eutfd)lanb  bret  3al)r&efjnte  lang  oerf)eerte 
unb  mie  ben  meiften  ©täbten  fo  audt)  *J$for,$l)eim  fel)r  oerfjängni^ 
oolt  geworben  ift. 

Warfgraf  ©ruft  griebrid)  l)atte  fid)  ber  p  r  o  t  c  ft  a  n  t  i  f  d)  e  n 
Union  angcfdjloffcn,  roeldje  nad)  bcr  si?ergcmaltigung  bcr  größten 
teite  coangelifcfyen  9ieid)$ftabt  Xonaumörtl)  burd)  üJtorimüian  L 
oon  $at)ern  im  3af)re  1608  auf  Betreiben  beä  fotrfürften  oon 
ber  ^ßfal$  oon  einer  Hiqatyl  proteftantifdjer  dürften  unb  Stäbte 
gegrünbet  morben  mar,  unb  ben  3roctf  fyatte,  politifcfjen  unb 
religiöfen  Uc6crgriffen  beä  Äaifcr3  unb  bcr  fatrjolifdjen  dürften 
oorjubeugen.  tiefem  53unbe  trat  balb  bic  fatfjolifdje  £iga 
entgegen,  bie  ber  tftatfräftige  unb  energifdjc  äflarjmilian  oon  $at)ern 
mit  ben  gciftlidjen  Äurfürften  unb  einigen  33ifd)öfcn  abfdjloft. 

Sfrtrfürft  ^riebrid)  V.  oon  ber  ^fal^,  baä  ftaupt  ber  prote= 
ftantifeften  Union,  mürbe  befanntlirf)  oon  ben  btffjmifcfjen  ©tauben 
uun  Äönig  oon  99öf)men  gemäf)lt,  aber  furj  barauf  oon  bem 
.?)ccre  bcr  fatf)olifd)en  ßiga,  "bic  mit  bem  Äaifer  gemeinfame  Sad)e 
gemacht  t)atte,  befiegt  unb  oertrieben.  $cr  Jlaifcr  erflärtc  ben 
flüchtigen  dürften  in  $ld)t  unb  oerluftig  feiner  pfäljifdjcn  Grb 
länbcr,  meldjc  oon  ligiftifdjen  unb  fpanifcfyen  Gruppen  befelU 
mürben.  Xa  magten  bret  tapfere  Männer  für  ben  geädjteten 
Äurfürftcn  unb  ben  bebroljten  ^ßroteftantttamS  in$  51t  rüden : 
(£fn*iftinn  oon  ^rauufdjroeig,  Vermalter  beS  SBiötunt*  ftalberftabt, 
ein  raufjer  ttriegsmann,  ber  fid)  }um  s^efd)üljer  bcr  Mnrfürftin 
l*lifabetf)  aufmarf  unb  mit  einem  gemorbenen  .socerljaufcn  raubeub 
burd)  SBeßfalen  an  ben  3Warn  jog;  (*rnft  oon  SWannsfclb,  ein 
ritterlicher  Abenteurer,  ber  burd;  ^lünberungcn  unb  i^ranb 


igitized  by  Google 


74 


^forabeim  im  30iäbriöcn  flrieae. 


jdjatjungen  feine  ftriegäfdjaren  erhielt  unb  bie  93i3tümer  unb 
Stifter  am  Wfjein  unb  Warn  fyxti  mitnahm,  unb  ber  ÜRarfgraf 
(#eorg  J^ricbric^  oon  SJaben,  ein  aufrichtig  frommer  gürft,  flar 
im  tfjeift  unb  feft  im  Sollen. 

3tfarfgraf  Otfeorg  Jriebridj  luar  fdjott  oor  Auäbrud)  beö 
Äricgeä  auf  bie  Schaffung  cined  ftattlidjen  £ecre3  bebaut  geroefen 
unb  bereit«  1617  tonnte  er  über  15,000  SDtorai  SJhtfterung  halten. 
Anfänglich  nahm  ber  Stöarfgraf  eine  juroartenbe  Haltung  ein, 
babei  aber  eifrig  feine  Iruppenmadjt  oermehrenb,  um  allen  ©Den 
tualitäten  getoachfen  511  fein.  Al3  er  jebod)  ftunbc  erhielt,  ber 
geächtete  Sturfürft  fei  in  (Bermersheim  angelangt  unb  bort  mit 
äftannsfelb  in  ©erbinbung  getreten,  unb  alä  if)m  bann  Söeibc  ein 
gemeinfameS  Sorgerjen  in  Sßorfcfjlag  brachten  unb  babei  bie  Qu 
fidjerung  gaben,  fid)  ftetä  nur  in  folefie  Jriebend  Untcr()anb(ungen 
einlaffcn  51t  toollcn,  bie  ^uoor  Dorn  SlWarfgrafen  gutgeheißen  unb 
§um  5£ol)l  ber  „ilirc^e  Rottes"  unb  be£  bcutfdjen  5kterlanbe3 
gereichen  mürben,  ba  toten  e£  (9eorg  S™0™^  an  0*r  3«t  ftdj 
offen  für  ben  ^faljgrafen  51t  erflären.  Gr  hatte  20,000  3Jcanu 
unter  ben  fiafyncn  unb  burfte  rool)l  annehmen,  im  herein  mit  bem 
^raunfdnoeiger  unb  bem  ÜDcannSfelber  ben  ©egnern  überlegen 
51t  fein. 

SBeil  aber  bes  SKarfgrafen  Wäte  einem  Kriege  abgeneigt 
loaren,  fo  machte  er  ben  SBerjud),  fein  £>au$  unb  fein  SBolf  üon 
jeber  $$erantmortlid)feit  jju  entlaften  unb  ba£  Unternehmen  mit 
allen  feinen  folgen  311  feinem  eigenen  ?8erfe  511  ftempeln.  De$= 
halb  entfagte  er  ber  Regierung,  entließ  alle  Beamten  unb 
llnterthanen  ihrer  (£ibe  unb  pflichten  unb  orbnete  bie  Hulbigung 
für  feinen  ältefteu  3ol)n  an,  ber  als*  Jyriebrid)  V.  fein  Wad) 
folger  mürbe. 

Wach  biefem  $er(yd)t  brach  Weorg  Jyriebricf)  am  1 5.  (25.)  April 
1022  oon  Turlad)  auf,  um  fiel)  mit  iWannSfelb  ju  oereinigen, 
ber  bei  Oiermer^heim  über  ben  Ml)ein  gebogen  mar,  nachbem  er 
bie  bifchöflirf)  fpet)er'jd)en  l'aube  oernntftet  hatte.  Wach  ocr  Schlacht 
bei  SBicsloch  am  17.  (27.)  April,  mo  $Dfcum&fett>  bie  Stiften 
unter  lilll)  beftegte,  ging  bie  Bereinigung  beiber  .freerc  in  ber 
'3  hat  oor  fid),  aber  ebenfo  fdjnell  auch  B>teber  bie  Trennung,  ba 
bie  beibeu  Jyelbherren  fid)  über  eine  gemeinfd)aftlid)c  Kriegführung 
nicht  oerftäubigen  oermochten.  ÜÖcannefelb  ,^og  nach  Horben 
unb  legte  fid)  ;^unäd)ft  oor  ^abenburg,  loährenb  (Meorg  Sriebridj 
fein  Hauptquartier  jtoifdjen  fteilbronn  unb  Wimpfen  auffchlug. 
Hier  fam  e*  am  0.  iDJat  51t  ber  berühmten  3  d)  l  a  d)  t,  über  bereu 
Verlauf  mir  näher  berichten  wollen. 

Wcarfgraf  Weorg  Biebrich  hatte  etwa  1 5,000  iUiann  bei  [ich, 
worunter  eine  feljr  jnhlreirfje  Wetterei  unb  eine  wol)lau*gerüftete 
Artillerie.  Tas  .S^ecr  führte  auch  eine  große  Anzahl  Spi&Wagen, 


Digitized  by 


^fotgbeim  im  30jäf>riaen  ftrteae. 


75 


eine  (Jrfinbuna  be3  Warfgrafeu,  mit  fidj,  meldjc  fcef)5<räberi^ 
toaren  unb  auf  jroei  üöalfen  eine  öaubifoc  rufjen  Ijatten,  bie  nad) 
allen  Seiten  gebrefjt  werben  fonnte.  9luf  ber  Seite  flehen  ben 
Jeinb  waren  bie  ©alfen  fo  mit  eifernen  Spieen  bcfdjlagcn,  baft 
beffen  Reiterei  fief)  nierjt  fjeran  wagen  fonnte.  Tie  marfgräflid)e 
Infanterie  beftanb  auä  ben  £anbwcl)r  Regimentern  Cberbaben, 
&}od)berg,  Rütteln  unb  Unterbaben,  lettfcre^  aurf)  ba£  „weifte 
Regiment"  gereiften.  Tiefet  Regiment,  beffen  Ramc  oon  fjeroor- 
ragenber  gejdjid)tlid)er  Üflebeutnng  ift,  ^äljlte  9  Kompanien,  Wooon 
2  auf  Stabt  unb  Nmt  Xnrlad),  1  auf  ba*  s>(mt  Kraben,  1  auf 
ba$  Slmt  Wüf)lburg,  1  auf  ba*  Amt  Staffortl)  nebft  einem 
von  Muriner),  1  auf  bie  Kerntet  Stein  unb  Caugenftcinbadj,  fomic 
1  auf  bie  Stabt  unb  2  auf  ba*  ?fmt  ^ßforjfjeim  famen.  3ebe 
Kompanie  ^ätjlte  ctma  800  Wann,  ilontmanbant  be3  Regiments 
mar  ber  Cberft  oon  fietmftäbt  Stabt  unb  $(mt  ^fo^fjeim 
[teilten  aber  gemeinfdjaftlicf)  mit  Stein  unb  £angenftcinbacr)  aud) 
ein  Reiterfäfjnlcin  oon  100  Wann,  Weld)e3  bas  sJ*for$l)eimer 
genannt  mürbe,  Weil  bie  meiften  feiner  Wngerjörigen  oon  ber  Stabt 
^Pforjtjeim  au3gerüftet  Waren.  $lufterbem  ftäljlte  bad  £)ecr  nod) 
ein  pfä^ifcfjee  unb  ein  Wcimariidje*  ftuftregiment,  Weldje  bie 
^er^oge  35Mlf)elm  unb  Scrnrjarb  oon  Weimar  bem  Warfgrafen 
^ugefürjrt  Ratten.  Rubere  leile  be3  SitfttwlfeS  Waren  foldje 
Xruppen,  bie  ber  Warfgraf  in  ber  ScfjWeij  fjatte  anwerben  taffen. 
Unter  ben  Reitern  be'fanben  fid)  jtoei  [d)wäbifd)e  Regimenter, 
mit  meldjen  ber  fter.^og  Wagnu*  oon  Württemberg,  ber  trüber 
be£  regierenben  £cr(}ogs,  \u  bem  Warfgrafen  geftoften  mar,  ofjne 
baft  Württemberg  aber  fid)  offiziell  an  bem  Stiege  beteiligt  l)ättc. 
Sogar  franjöftfdje  unb  englifdje  A^itf^oölfer  innren  oorfyanbcu. 

XxfÜfi  foecr,  ba*  burd)  bie  Wic^lodjer  Sd)lad)t  ftarf  gelitten 
fyatte,  mar  nid)t  jo  jal)lreid),  mie  ba*  marfgrä'flidjc.  (Sä  fetUe  fid) 
aber  aud  guten  Xruppen  yifammeu  unb  genoft  ben  ^orjug  einer 
einl)eitlid)en,  jielbemnftten  Leitung,  llebrigen*  erfjielt  ber  ligiftifdje 
Jyelbfjerr  namhafte  5$erftärfnng  burd)  bie  au*  ber  s^fal}  l)eran 
gezogenen  Spanier  unter  (Sorbooa,  bie  nod)  redjtyeitig  auf  bem 
Sd)lad)tfelb  eintrafen,  um  ben  Sieg  lillt)'*  51t  fiebern. 

3unäd)ft  mag  bie  SBafatftatt  betrieben  werben.  Süblid) 
oon  Wimpfen,  fanm  eine  Ijaibe  Stunbe  oon  ber  Stabt  entfernt, 
liegt  eine  mit  Stoib  beWadjjenc  &>öl)e,  ber  l)üd)fte  $$imft  ringsum, 
unb  ba*  (belaube  nad)  allen  Seiten  l)in  bel)crrjd)enb.  (£*  ift  bie* 
ber  jogenaunte  TornatWalb.  Deftüdj  oon  bcmfelben  füllt  ba$ 
ßanb  in  brei  Stufen  gegen  ben  Rerfar  ab.  ^om  Walbe  gegen 
Sübcn  ift  SWerlanb,  ba*  langjam  fid)  fenft  bio  ,^ur  jog.  ÖoUer^ 
flinge,  um  bann  mieber  an^nfteigen  bi^  ,\ur  .v>öl)e  ber  oon  ^iberad) 
nad)  Cbereifiel)eim  ftil)reuben  Strafte.  Tic  .'oolleiöfliuge  fallt 
allmäljlid)  ab  in  ber  Ridjtuug  nadj  Cbereific>l;eim,  immer  mel;r 


Digitized  by  Google 


76  "Uforj&eim  im  30iäbrißen  Ariele. 

eingeengt  oon  bem  öorjlloeg,  toeldjer  üom  Dornatroalb  nadj 
Cbereift3l)cim  *iel)t.  Süblidj  oon  bcr  93iberadj=£5bereifi3f)cimer 
Strafte  ift  jiemlid^  ebenem  ftelb,  oa3  nur  einige  fleine  Vertiefungen 
,^etqt  unb  nadj  Dften,  Sßeftcn  unb  Süben  faft  gfeidjmäfttg  ftarf 
abfällt. 

Da§  ift  ber  Ort,  roo  ber  Üftarfgraf  fein  Cager  fdjlug  unb 
feine  Stammen,  fotoie  bie  SBagenburg  aufftetlte.  Radj  Si&ingen'S 
93eridr)t  mar  bie  Crbnung  folgenbe:  $lm  äufterften  (£nbe  be8 
rechten  ^lügeld,  Redarfulm  gegenüber  ftanben  bie  fran^öfifdjen 
Leiter  in  ber  Starte  oon  Oicr  Kompanien.*)  9tn  fie  reiften  ftdj 
oier  Kompanien  Saufen  an  unb  Siefen  folgten  bie  brei  ^uft= 
regimenter  be£  öerjogä  3Silr)eIm  oon  Saufen,  be3  Oberften 
t>on  (5JoIbftein  unb  bei  Oberften  t»on  föelmftäbt.  Diefe  ftanben 
in  ber  Ridjtung  gegen  ben  ©ettinger  93adj  unb  bie  ©iberadjer 
SBeinbergc.  33ei  ben  festeren  mar  bie  SBagenburg.  9ln  biefe 
lehnten  fid)  bie  -\roei  Regimenter  be£  SlWarfgrafen  $arl  unb  be$ 
fter$ogS  9ftagnu3  an,  unb  $roar  fo,  baft  bie  Sdjtoeijerfomfcanien 
fid)  an  ba3  Regiment  ftclmftäbt  anfd)loffen.  So  bilbeten  bie 
beiben  glügel  ein  gegen  ben  fteinb  offenes  Dreicd,  mit  ber  Reiteret 
auf  ben  äufterften  Guben  red)tä  unb  linfö. 

Die  Cigiften  ftanben  oerberft  im  Ö6eretfiSf)eimer  SBalbe,  ber 
fid)  gegenüber  ber  babifdjen  Jfront  f)in$og.  Der  ftampf  rourbe 
burd)  bie  beiberfeitige  Reiterei  früf)  OormittagS  eröffnet  unb  batb 
mürbe  audj  baä  ftuftootf  mit  einanber  rjanbgemein.  3m  atigemeinen 
aber  mürbe  nur  r)int)altenb  gefönten.  Die  öigiften  gingen  nidu" 
au£  i()rer  Stellung  rjeraud  unb  hofften  morjl,  ber  Sttarfgraf  roerbe 
fie  au§  biefer  $u  oertreiben  fudjen,  mäljrenb  ber  Sföarfgraf  um* 
gcfefjrt  bie  geinbe  reijen  unb  fie  in  bie  Räfje  feiner  ©efepfte 
loden  wollte. 

Da  bcr  3)?arfgraf  mit  feinem  .fteere  ben  2Balb  nidrjt  ftürmen 
wollte,  lillt)  felbft  aber  oor  Gorbooaä  Eintreffen  feinen  ent* 
fdjeibenben  Sdjlag  511  führen  gefonnen  mar,  fo  entftanb  um  bie 
2)?ittag^cit  eine  Sßaufc  oon  merjr  al$  einer  Stunbe.  Xittty  Heft 
feine  Scute  im  9ßalbe£fdjatten  auSrufjen  unb  (hfrifdjungen  ein* 
nehmen,  roäfjrcnb  ber  SEWarfgraf  bie  Ruljqeit  benähte,  feine  Stellung 
$tt  oeränbem.  Gr  lieft  feine  ®efd)ütjc  Oon  bcr  .f>öf)c  Jjcrabbringen 
unb  htS  freie  $elb  ftetten.  Die  Wagenburg  tourbe  auf  einen 
Mer  gebraut  unb  in  ifjrcr  Rärjc  baS  grobe  05cfc^iiö  aufgepflanzt. 
Die  iruppen  befeftten  ben  fog.  fcefeenberg  bei  £>bcreiftSf)eim  unb 
hatten  bie  Strafte  oon  f)ier  nad)  ©iberad)  in  ifyrer  (bemalt.  Die 
Reiterei  mnrbe  auf  ben  rcdjtcn  ftlügel  birigiert,  weil  bcr  Warf 
graf  nTonbte,  fie  ba  oortcilf)after  oerroenben  pi  fönnen. 

*)"£icT93ejcicf)mtnß  „Stompaiiic",  ludcfie  jefet  mir  nod)  auf  bie  3«* 
fanterie  augettjenbet  wirb,  f)atte  bamaB  aud)  für  bic  Reiterei  ©Utigteit. 


Digitized  by 


ßforabcim  im  30jabrißen  ftrieaf. 


77 


(tyegen  $Wei  Ul)r  nachmittags  brad)  Xiflt),  bei  bcm  nunmehr 
aua)  (Sorbooa  s  Spanier  eingetroffen  waren,  mit  oollcr  3Buc$t 
gegen  ben  2)Jarfgrafen  loa.  ütfeil  letzterer  ber  geänberten  Auf 
fteUung  wegen  feine  2Bagen  über  ba*  Sa)laa)tfelb  in  ber  Stiftung 
uaa)  §eilbronn  führen  lieft,  fo  waren  bie  beiben  ligifttfa)en 
(Generale  ber  Anfta)t,  er  l;abe  il>rc  Bereinigung  gemerft  uiib  wolle 
fid)  jurürf^ierjen.  Xem  ÜDtorfgrafen  war  aber  ber  Anmarfa)  ber 
Spanier  unbefannt;  ja  er  fyat  fogar  bie  bind)  benjelbcn  Oer- 
urfacf)tcn  Staubwolfen  im  dürfen  £titt)$  in  bem  Sinne  gebeutet, 
baft  ÄNannSfelb  ben  ^abenern  51t  «<pilfe  fommc. 

(iorbooa  lieft  einen  Seil  jeiner  Leiter  unb  feinet  guftoolfe* 
gegen  SBiberad)  oorgefjen,  um  $ebetfung  unb  9iüef$ug  be*  Unten 
babijd)en  glügelä  über  bie  ^rücfe  bei  genanntem  Crtc  unmöglid) 
3U  machen,  l&s  gelang  ben  Spaniern  aua),  bie  Gubener  0011 
ifyrer  Sßerbinbung  mit  33ibcrad)  abjujc^neiben,  ba  bie  l)ier  fteljcnbcn 
marfgräfüd)en  Strcitfrüfte  oor  ber  llebermad)t  fid)  ^urüd^ogen. 

Unterbeffen  entwirfelte  fid)  auf  bem  redeten  glügcl  auf  ber 
(*beUe  swifdjen  £>ber  unb  Unterciftäljeim  ein  Mampf  äWifcrjcn  ber 
babifd)en  unb  ligiftifd)cn  Reiterei,  bie  im  Anfang  ju  fünften 
ber  erfteren  auffiel,  balb  aber  eine  anöere  Söenbung  nafyaL  Auf 
ber  alten  9tömerftrafte,  nur  burd)  einen  fdjmalen  dürfen  oon  ber 
(Sbene  getrennt,  ftanben  guftoölfer  unb  Weiter  oon  ISorbooa,  bie 
ber  babifü)en  SHeiterei  in  bie  glante  rütftcn  unb  fic  fo  jwaugen, 
bie  (£bene  aufzugeben.  Sie  Aogcn  fid)  auf  bie  Cbereifisl)eimer 
§öfje  jurücf  unb  nahmen  auf  ber  Cftjeite  ber  Wagenburg  Auf 
fteUung,  wo  fic  oor  ben  Angriffen  ber  ligiftijd)cn  ihroallcrie 
fid)er  waren. 

SnjWifdjen  war  :tillu  mit  feinen  guftregtmcntcm  gegen  bie 
babifd)en  fiinien  auf  ber  Strafte  ®iberaa)-£bercifisf)eim  oor- 
gegangen  unb  l)atte  ben  Stampf  begonnen,  Würbe  aber  wieberfyolt 
blutig  jurüefgewiefen.  Seine  eigene  Artillerie  tonnte  il)n  nur 
ungenügenb  unterftüfcen,  bagegen  traten  bie  babifd)cn  OJcja)ü£c, 
Welche  innerhalb  ber  Wagenburg  unb  ju  beiben  Seiten  berjelben 
aufgeteilt  Waren,  ben  Angreifern  groften  Schaben.  Aua)  auf  bem 
äufterften  linfen  glügcl  ftanb  es  ntd)t  ungünftig  für  bie  Sadjc 
bes  ÜMarfgrafen.  ßorboüae  Sd)arcu  Waren  im  2l)ale  bem  Hetlinger 
üßad)  entlang  atlmäl)Iid)  bis  jum  $cllingcr  £)of  oorgebrungen 
unb  befd)offen  oom  Öianbe  ber  §od)ebcne  aus  bie  in  ber  SÖSagcn 
bürg  ftetjenben  babifd)cn  Gruppen.  Sic  würben  aber  oon  fünf 
jäcrjfifdjen  Äompanten  oertriebeu,  Wcld)c  ben  $cllinger  Jpof  unb 
ben  llebcrgang  über  ben  üöad)  befe|Uen  unb  aud)  behaupteten. 

Um  4  Utjr  50g  fid)  Silin  Wieber  gegen  ben  Söalb  5iirüd, 
um  feine  gefd)wäd)ten  Strafte  ju  fammcln  unb  burd)  ISorbooa  31t 
oerftärfen.  Ale  bie*  gefd)ef)en,  ging  er  auf*  neue  in  ftürmifa)em 
Angriff  oor,  Würbe  jebod)  abermals  jurütf  geworfen.    Tic  ü&inb 


Digitized  by  Google 


78  Wotafjetm  im  30jäbrtßen  Rrt*ae. 

ridjtung  mar  inbcffen  bcm  slMarfgrafen  ungünftig,  inbcm  fic  bidjtc 
Staubmolfcn  gegen  K*nc  »lufftcllung  trieb  unb  il)n  fo  an  ber 
nötigen  Ucbcrfid)t  l)inbertc,  mälncnb  Till«  ftctä  feljen  tonnte,  mie 
unb  wo  feine  Vfcutc  ftanben. 

Tic  ßigifteu  warfen  fidj,  ba  fic  in  ber  Jyront  nidjt*  au* 
uiridnen  ocrmodjtcn,  vom  s^ibcrad)er  ^artberg  aud,  ben  ber 
'.Uuirfgraf  511  befeftcu  untcrlaffcn  Ijattc,  auf  bic  pfäl($ifd)  euglifdjen 
Jyufjtruppeu  unb  brachten  fic  burd)  il)vc  llcber$al)l  ytm  3&cid)cn. 
sSom  NI£artbcrg  au*  tarn  überhaupt  ba*  $crl)ängni*\  Tic  i'igiften 
hatten  (Mcfctyutu*  aiif  bcnfclbcn  gefdjafft  unb  befdjoffeu  bic  &>agcn 
bwra,  ba  fic  bic  2£al)rnel)mung  machten,  baft  bic  babijdjeu 
^uiuerwagen  mitten  in  bcrfclbcn  ftanben.  Tic  Söirruna,  war  eine 
furdjtbarc.  SRefpere  $utoern>agen  flogen  in  bic  Vuft,  alle*  ringsum 
beut  lobe  unb  bcm  ^erberbeu  audfefeenb.  sJJiäd)tig  wirftc  ber 
gewaltige  Tonner  unb  ber  oammer  auf  bic  in  ber  9täl)c  fämpfenbcu 
Truppen  unb  ü)rc  ttraft  crlaljmtc. 

$iit  ocrboppeltcm  (S'ifcr  brangen  bic  l'igiftcn  auf  ba*  in 
Unorbnung  geratene  marfgräflidjc  .freer  ein.  Tcffcn  iKcitcrei  mürbe 
geworfen  unb  aud)  ba*  Jyufjoolf  nad)  Ijcifjem  Mampfe  511m  $Scid)cn 
gebracht.  Vergeben*  mar  c*,  baj?  ber  iUiarfgraf  mit  feinen  fieib 
garben  herbeieilte  unb  fid)  fclbft  in  ba*  bidjtcftc  Wemürjl  ftür^te, 
luobci  er  eine  3&unbc  im  Okfidjte  erhielt,  ber  ,"öut  il)m  00m  ttopf 
gcfd)offen  mürbe  unb  fein  s^ferb  töblid)  getroffen  unter  il)m  311 
fammenbrad). 

Ten  ficge*truufcnen  ßigiften  gegenüber  oermocfyen  bic 
Gubener  nid)t  länger  meljr  Staub  ,ui  Ijaltcn.  (Tin  ncapolitanifd)c* 
Regiment  nahm  9  babifcljc  ©efdjttöe  Weg  unb  richtete  biefe  auf 
bie  9Warfgräfltd)cn,  bic  nunmehr  allentlmibcn  ju  fliegen  begannen. 
Ci'in  Teil  bc*  babifdjen  Jyupolfc*  fammeltc  ftd)  inbcffen  um  bic 
Wagenburg  unb  feine  l)icr  ben  .Stampf  mit  ucrjWeifcltcr  Gut- 
fd)loffcnl)cit  fort.  Ii*  mar  ba*  weifte  Regiment,  unter  Wcldjem 
ftd)  bie  s^for^I)eimer  befanben,  ba*  aud),  nad)bcm  ber  äJJarfgraf 
ba*  Sd)lad)tfelb  fd)on  ucrlaffen  fjatte,  mit  l)eroijd)em  ÜWutc  au£ 
fyarrte,  um  ben  dürften  oor  Wcfangenfdjaft  ut  bewahren,  ben 
9U'ttf$ug  be*  Speere*  51t  beefen  unb  beffen  2$affcne(jre  51t  retten. 

Tic  9lllcrlctytcn  auf  bcm  ^la^e  maren  bic  „uierljunbcrt 
^foi^ljcimer",  bc*  sJJJarfgrafen  ^eibgarbe.  Sic  Ijaben  nad)  ©rom» 
bad)er*  Tarftellung  niciu,  mic  ^flü^cr  angiebt,  ben  Uebcrgang 
über  ben  ©cllingcr  s^ad)  uerteibigt,  fonbern  bei  ber  Wagenburg 
au*gct)arrt  unb'  eigentlid)  oon  gier  au*  ben  iHürfjug '  gebetft. 
Vergeben*  ftürmten  Tilli)*  Sdjarcn  auf  fic  ein,  vergeben*  lief? 
ber  ob  ifjrer  Tapferfeit  ^ugleid)  erftaunte  unb  bemegte  feinblid)e 
^elbljerr  iljncn  (Mnabc  anbieten  —  fic  ftanben  unb  tämpfteu 
weiter.  ;Jum  ^Weitenmale  forberte  Tilh)  fic  ^ur  Ucbcrgabc  auf 
unb  mieberum  erl)iclt  er  eine  ocrncincnbc  Antwort.    Ter  lefcte 


Digitized*by  Google 


^fotabeim  tm  30iabriaen  Ärieae.  79 

graufige  Stampf  foUtc  beginnen.  Wadj  ber  allerbing£  poetifd) 
au3gcjcfymitcfteu  Ucberlieferung  fnieten  bie  tapferen  nteber  nnb 
ftimmtcn  baä  Lieb  an:  „(Sin'  fefte  $ura  ift  unfer  $ott."  £et 
Jeinb,  felbfi  ergriffen,  ftörtc  nid)t  bie  vlnbad)t  ber  bem  Xobe 
aeroeif)ten  Männer.  Xiefc  erhoben  fid)  nnb  il)r  ffifycet,  ber 
iöürgermeifter  iBecfytolb  Xeimlmg,  naljm  bie  3at)ne  §ur  £)anb. 
3f)m  folgten  begeiftert  bie  Ruberen.  (Sine  vntSIetenfugd  jet 
fdnnetterte  Deimling  baä  rechte  iöein;  er  lieft  fid)  auf  ba*  linfe 
nieber  unb  ()ielt  bie  gafyne  l)od)  entpor.  Ü'inc  Iraubenfugel 
^errijj  ihm  ben  rechten  Arm;  er  naf)tn  bie  Jvaljne  in  bie  (inte 
90m  bis  er  cnblidj,  aufd  neue  oermunbet,  ju  ©oben  fanf.  3ton 
ergriff  ber  mit  Deimlings  Iod)ter  SWagbalena  ücrfprodjeuc  junge 
^affenfebmieb  Albred)t*  Rofet  ba3  gerfefcte  Banner.  Um  il)n 
jdjarten  fid)  bie  legten  Acf)t$ig.  Sie  ftiir(yteu  fid)  auf  ben  Jveinb 
unb  fielen  fedjtenb  bi*  auf  Amei,  bie  oon  Xillu  Karbon  erhielten. 
Unter  il)nen  ift  Albredjt  töo|er,  ber  bie  $al)ne  nad)  $aufc  bradjtc 
unb  ben  Untergang  feiner  iUJitftreiter  aufünbete.*) 

Xie  @d)lad)t  bei  Wimpfen  mar  eine  aufteilt  blutige  unb 
betrug  ber  beiberfeitige,  freilief)  nietjt  genau  feftyuftellenbe  ^crluft 
nad)  bem  Theatrum  Europaeum  [c  5000  3Hann.  Xic  $tabener 
verloren  au&erbcm  il)re  ge|amte  Artillerie,  nebft  Wagenburg  unb 
93agage.  £>e$  ÜUJarfgrafen  Silbergcfdjirr,  jmei  Wagen  mit  <sMb 
(230,000  Xljaler),  fotoie  grope  Vorräte  an  Lebensmitteln  fielen 
in  bie  §änbe  ber  fiigiften.  .^üben  mie  brüben  maren  oorneljmc 
£>ffi$iere  gefallen,  fo  bei  ben  siflarfgräflicf)eu  u.  a.  ber  Spnn$ 
Wagmid  uon  Württemberg,  ber  nad)  einem  ^citgenöjfifcfyen  beruft 
naef)  tapferer  ©egenmeljr  „cnblidj  buret)  Diele  empfangene  Sdjuft 
unb  Qiebtmntben  $u  ^ßlaj  unb  Stoben  gelegt ,  jämmerlid)  an 
feinem  Öeib,  Angeftcf)t  unb  Rauben  buid)ftod)cn,  jerfjaucn,  3er 
l)arft,  jcrflcifd)t  unb  $crote$gct  mürben.**) 

* 

Der  gcfdjlagene  SWarfgraf  ®eorg  griebridj,  über  beffen 
fernered  (ödjirffal  tjier  einige  Mitteilungen  angezeigt  crjdjcinen, 
mar  naef)  bem  5$erlufte  ber  Sdjlacfyt  in  ber  9fid)tnng  nad)  Öeü« 
bronn  fortgeritten,  oor  meldjer  Stabt  er  abenbä  Ijalb  act)t  Ul)r 
anfam.  Cf)ne  toeiteren  Aufenthalt  nafnn  er  ben  Weg  nad) 
Cauffen  a.  SJ?.,  um  oon  ba  au$  am  fommenben  Xage  fid)  nad) 
(Stuttgart  511  begeben,  too  er  junäc^ft  ^ufludjt  fonb.  Mannt  l)atte 

*)  $te  angcbUdjc  frafjnc  toirb  jefrt  nod)  auf  bem  fjiefigen  9tott)au)e 
aufbewahrt.  <£$  l)at  inbeffen  ben  9(nfcf)ein,  ott  ob  fie  mtl  bem  oorigen  Satjr* 
tmnbert  ftammte. 

•*)  Der  Üetdmam  war  nur  an  einem  «iuttcrmale  *u  ertennen.  Wegen 
ein  anfefjnlidjeS  Söfegelb  nwrbe  er  oon  Silin  ausgeliefert  unb  in  Stuttgart 
beigefefct. 


1 


Digitized  by  Google 


so 


"Jtforabetm  im  IV  »iäbrigcn  Rricac. 


er  einen  Teil  feiner  2olbmeu  wieber  a,efammelt,  fo  fließ  er  \n 
tVcaniKMelb.  \H l o  aber  nad)  ber  Wieberlaa,e,  meld)e  ber  oou  Horben 
beranyebenbe  S?ci  ^Oi^  nun  ^raunfd)Weia,  burd)  Iilln  bei  ftörfjfi 
um  in.  , 20.1  oiini  erlitt,  bie  2ad)e  ber  Union  verloren  id)ien, 
entlieft  ber  :Utarfi\rnf  leine  Truppen  nnb  nahm,  wabrenb  bie 
A-einbe  fein  Vunb  befeMen,  Aufenthalt  auf  bem  2d)loffe  .v>od)bera,. 
^ou  l)ier  beigab  er  fid)  im  onljro  1025  nad)  (Mcnf,  oou  wo  au* 
er  einen  au*a,ebehntcn  X^riefwedjfeb  unterhielt,  um  bem  unter 
leanten  ^roteftautiömitö  wieber  aufzuhelfen.  'Uiit  ena,lifd)em  Nelbe 
warb  er.  nad)  einem  am  10.  Ocooember  1020  mit  Marl  I.  oou 
linajaufc  a,efd)loffeueu  ^ertra^e,  ein  ,y>ccr  an  nnb  fül)rtc  ba^felbe 
bem  Mbnia,  iSl>rif tiait  oou  Xänemart  ^u,  in  beffeu  Xienfte  er  al* 
General  trat.  ?\n  feinem  Malier  }Wifd)en  Clbenburcj  unb  .\>eilia,en 
bofen  am  27.  September  1027  a,eid)laaen  unb  nur  mit  fuapper 
vju>t  bei  (^cfainv'ufdnift  entronnen,  nahm  Neora,  ^riebrid)  feinen 
Abfd)ieb  (iu->  bänifd)en  AUica*oienften,  um  fortan  in  2trafjbura, 
\u  wohnen,  wofelbft  er  ein  \HnWefeu  befaß.  Siur  oorübera,ehenb 
mar  e*  il)iu  iHToönnt,  in  bie  Heimat  yirücfyttebren.  om  Alter 
von  Oi>  oahren  erlag  ber  vielgeprüfte  J\ürft  51t  2traHbura,  einem 
Ateberanfall.  s.Wan  weiß  nid)t,  100  fein  Vfeib  bie  lente  Wubeftatte 
gefuuben  bat. 


$ie  »Urfjunbert  ^forjljetmet. 

Cb  ber  lob   ber  vi  erh  Hilbert  v}>f  Olxheim  er  eine 
2aae  ober  a,ejd)id)tlid)e  Ibatfad)c  ift,  baüber  ift  fdjon  uiel  a,e 
fdjrieben  unb  a,efprod)en  werben.    ,yr   v.  vli*eed)  behauptet  in 
feiner  M^abiid)eu  <s>efd)id)te',  baß  bie  in  einem  1788  verbffeitt 
lid)tcn   Srauerfyiel  von  l$'x\\u  ^uomia,  Xeimlina,  jum  erftenmal 
erwähnte  £aa,e  00m  .vxlbeutobe  ber  400  *J>for^)eimer  burd)  eine 
yWcihc    wiffenid)aftlidier   llutenud)unaen    1  >uleiu   unb   am  ein 
flehenbüen  tu  2ubel*  biftorifdier  ;{eitfd)rift  von  X.  (Softe >  alo 
reine  (irfinbuna,  iind)aewie»eu  fei.    1er  oon  ^rombacher  angeftellte 
s«l>erfud),  biefe  2aa,e  ju  retten  uub  ihr  eine  a,efd)id)tlid)e  Ibiitfadje 
\\\  (Mrunbe  \u  legen,  miiffe  al*  aänjltd)  mißlungen  be^eidwet 
werben.    5nm  %.}*iombad)er-:>  ^ewei-Mübruna,  wirb  Weiter  unten 
uod)  bie  Webe  fein. 

^fliiger,  ber  umMd)tigr  VMÜonler  ^ror^heim*,  nimmt  in 
feiner  <s>iHhtd)te  ber  2iabi  einen  gewiffermaßen  Oermittelnben 
2tnnbpuu(t  ein.  Iii"  halt  \iuunl)ü  für  erwieien,  baß  bas  Weiße 
Regiment  bei  Wimpfen  oor  allen  anbern  fid)  burd)  Xapferfett 
niiv^eidnute  ^eun  tn  beu  }eiigenbfiifd)en  2dilnd)tbertdiien,  ebenfo 
in  bem  VMrte»e  bec-  tOiart^ ratui  «Nuoig  Ariebrtdi  an  beu  ilWar! 
aumu  von  ^raubenbitui  Vlnvlutd;  vom    \:\    x.»Ji'ai    U',22  md)t^ 


Digitized  by  Google 


afen  von  vf>iuLub,  pnb  Gen:  Tilly  btpS&tm^ftiivorcian^en.Jnnoj^zz^.mm 


.'iu*  hin  Thf.itniiii  K . . i  -| >.i«*uin. 


Digitized  by  Google 


I 


^forjbeim  im  30iäbriaen  Jfrieac. 


Kl 


baoon  enthalten  fei,  baft  fiefj  irgenb  ein  Seil  bc£  ^Regiment*  uort) 
befcmberS  Ijeroorgethan,  jo  fliege  bavan*  fciiieetDcq^"  bie  ^Hercc^ 
tigung,  bie  Srjabtimg  oon  ber  $>elbcntl)at  bei  ffiorufrimer  ciufart) 
ah  9jfyf)e  bmjufteüen.  bullte  man  überhaupt  bei  ber  (S)c}ctycfit$ 
idjreibung  baa  Stillfchmeigen  ber  3cit9ci,0flcn  m  Rechnung  gießen, 
fo  müßten  audj  bie  leiten  eines  2eonibas,  eine*  Jeu,  eines 
'Mufelrieb  jc.  aus  bem  SBudjc  ber  (^efd)ic^te  geftricfjen  werben. 
£ie  Serfaffet  ber  ermähnten  2d)ladjtbcrichte  hätten  oielleidjt 
besiegen  nichts  oon  ber  üfyat  ber  {ßfotytyetmec  gejagt,  weil  fie 
uon  ber  marteren  Spaltung  bes  mcijjen  iRecumentS  mir  überhaupt 
uernommen,  ober  meil  fie  bie  3ufammen|e^itng  oc*  ^Regiments 
nirfjt  gefannt,  alfo  andb  fein  beftimmtes  gähnlein  511  bejeichnen 
in  ber  l*agc  marcu.  «agc  man,  ber  -IRarfgraf  jelbcr  babc  in 
feinem  SÖrief  über  bie  Schlad^  nidjtS  oon  ber  angeblichen  Öelben 
tfat  geschrieben,  fo  müfjte  man  fonfequenter  Steife  bie  tapfere 
Haltung  beS  meinen  ^Regiments  überhaupt  in  ^Wcifel  äieheu,  beim 
berfelben  Werbe  auch  feine  Grtoähmmg  getljan.  £ie  Irabition, 
ba&  baS  fiob  einer  befonbers  fyelbenmiitigen  ^erteibigung  bem 


ben  $ern  berjelben  feftlmlte  imb  fie  aller  nnt)iftorifd)en  3ut^)atei1 
entf  leibe. 

s^flüger  hält  eS  für  mal)rfc^einüd),  bafj  fiel)  bei  bem  legten 
Kampfe  an  ber  ©rüde  beS  93ellinger  &ad)eS  mir  nod)  baS  oon 
ber  ©tabt  ^forjljeim  geftellte  300  Mann  ftarfe  gähnlein  gujjoolf 
beteiligte  unb  Siefen  2)reifyunbert  neben  bem  meinen  Regiment 
im  allgemeinen  ber  JRut)m  befonberer  2apfcrfeit  gebühre.  Kur 
fei  eS  unmöglich,  bafj  biefe  alle  bei  SBimpfcn  gefallen  feien,  benn 
nach  oem  ™ä)  oorfmnbenen  Xaufbudjc  (Don  1607—4(5)  fyäbc  eine 
Abnahme  ber  Geburten  nacb  bem  3al)re  1622  nid)t  ftattgefunben, 
ma^  bod)  ber  gall  hätte  fein  müffen,  wenn  300  ober  gar  400 
Bürger  unb  93ürgerföf)ne  in  ber  ©djladjt  geblieben  mären.  sJ(ad) 
^Pflüger  aber  „  bleibt  bodj  als  mahr  flehen,  baft  fich  bas  babifche 
toeifje  ^Regiment  bei  Wimpfen  unoertoelflicfic  Lorbeeren  errungen 
hat,  unb  mir  bürfen  auch  ocr  ^tabition  glauben,  baft  fich  oabei 
in  erfter  Weihe  bie  beim  ^Regiment  bcfinblichcn  s^ford)eimer  ans 
gezeichnet  unb  barum  mohl  oerbient  haben,  baji  bie  viadjmclt  bie 
gelben  oon  3Bimpfcn  in  beftänbigem  ehrenben  s?lnbcnfen  behält." 

$on  ben  übrigen  lofalen  (tyefchid)ts|Vhretbern  nimmt  Wolter, 
toaS  menigftenS  an*  ber  gorm  feiner  ?leu)Vnmg  511  fd)licften  ift, 
als  ermiefen  an,  baß  ftd)  bie  400  $forg$einter  für  bie  Wettung 
ihreä  Surften  aufopferten  unb  auch  Rehres  tf)ut  bicS  in  fetner 
bereite  1792  erfd)iencuen  (il)ronif.  (fS  tjfciftt  l)icr  bezüglich  ber 
in  Webe  ftehenben  Zf)at:  „£ic)elbe  ift  burd)  bie  übereinftimmenbeu, 
p  Seil  fdjriftlichen  Wad)rid)ten  ber  älteften  bürgcrlicfocn  ®t> 
fd)led)ter  ^for^eim«  aufter  allen  3uieifel  gefegt  imb  lebt  noch 


wenn  man 


igitized  by  Google 


82  ^foräbeim  im  SOjäbriflcn  Rrieae. 

je$t  lüie  neu  in  bem  !äftunbe  ber  Urenfel."  (§ier  mag  aud) 
angeführt  fein,  baft  am  29.  Januar  1 788  Jßrof.  Dr.  Chnift  Subtoig 
^offelt,  s}$rtoatfefretär  bes  Sttarfgrafeit  Äarl  griebrid),  im  Ältf* 
trage  beä  (enteren  bas  Anbeuten  ber  5$ierl)unbert  in  fcbtoungoollcr 
iHeoe  in  einem  befonberen  geftaft  gefeiert  f)at,  bei  toeldjem  Wniaft 
bie  ^for$f)eimer  $lborbnung  oom  Üftarfgrafen  empfangen  unb 
glan^enb  betoirtet  tourbc.) 

GJanj  befonberä  f)at  cö  fidj  ber  oerftorbene  ^pforjfjeimer 
Stabtpfarrer  Qkombadjer  angelegen  fein  laffen,  in  feiner  1886 
erfd)ienenen  <Scf)rift  „S)er  lob  ber  üierrjunbert  <Pfor$l)eimer  bei 
Wimpfen,  nidjt  eine  Sage,  fonbern  eine  Z[)at)ad)eu  ben  ©ctoei« 
für  bie  Srjftens  ber  5$ierl)unbert  511  erbringen.  QJegen  biefe  ftüfce 
fidj  bie  Stritif  bot  allem  auf  bie  Don  ^flüger  behauptete,  toeiter 
oben  fdjon  berührte  Sfjatfadje,  bafc  ^for^eim  51t  ^Beginn  be£ 
1 7.  3af)rf)unbert3  f)öd)ften3  600  Bürger  gejault  fjabe.  28enn  üon 
biefen  400  gefallen,  fo  mären  nur  nod)  200  unb  ^toar  ältere 
übrig  geblieben.  GJcgen  biefe  9lnnaf)mc  ergebe  aber  bie  l)ol)e 
3ar)l  ber  ©eburten  in  ben  3al)ren  nad)  ber  28impfener  <Sd)lad)t 
einen  beacr)ten3toerten  Sßroteft.  Jßon  weiteren  Stnmänbcn  ber 
•$toeifclnbcn  ftritif  feien  anjufü^ren:  erftestS  ber  balb  nad)  ber 
Sd)lad)t  gefdjriebene  $rief  bes  iWarfgrafen,  ber  eine  befonberc 
4)elbentf)at  ber  ^for^ljeimer  nidjt  ermähne;  jmeiten«,  bafe  ber 
äRarfgraf  al$  (General  ber  prote|tantifd)en  Union  im  Kamen  ber 
fclbcu  Gruppen  getoorben,  biefe  alfo  nidjt  ausgehoben  unb  aud) 
feine  aud  ^anbtoeljr  beftefjenbe  Wrmee  nad)  SBimpfen  geführt  fmbc. 

3unäd)ft  bemül)t  fid)  Sörombadjer  nacf)$utoeifen,  bafe  ^forj 
beim  51t  beginn  be3  17.  3af)rf)unbert5  toeit  meljr  Bürger  unb 
fomit  aud)  s-Öetool)uer  gehabt,  tote  sJ$flüger  angiebt,  ber  I)ödjftcuö 
600  Bürger  gelten  lafjen  toill.  ^flüger  felbft  berichtet,  baj$  im 
3af)re  1643  bie  Bürger  s}$for$f)cimä  bei  Ueberreicf)ung  einer 
Eingabe  an  ben  ihirfürften  oon  dauern  bie  3$crficf)crung  gaben, 
^for^rjeim  fjabc  an  ilriegsfontribution  oier  Xonnen  $olb  bejafjlt 
unb  1900  ^Bürger  oerloren.  (£3  oerftelje  fid)  bon  felbft,  bajj  unter 
ben  1900  bürgern  uicvjt  foldje  gemeint  fein  fönnten,  toeldje  eiltet 
natürlidjen  lobe*  geftorbeu,  fonbern  foldjc,  bie  im  Kampfe 
gefallen  ober  burd)  s^eft  unb  Wetoalt  umgefommen  feien.  2Bic 
tonne  aber  eine  3tabt  oon  1822—43  fo  Diele  Bürger  oerliereu, 
toenn  fic  oor  bem  Wnsbrudi  be*  Krieges  faum  600  gestylt  l)abc  ? 
Wudj  fonft  liefere  SßftÜger  Material,  il)u  311  toiberlcgen.  2o  follc 
nad)  il)m  um  ba*  oal)V  1600  bie  Qfity  ber  Bürger  s}$forjl)eim* 
größer  getoefen  fein,  aU  um  1700.  $$ergleidje  man  aber  nad) 
ben  lauflntcrjern  bie  (Geburten,  fo  ergebe  fid)  für  bie  Reit  oon 
1607  -  22  bie  jal)r(id)e  X u r d) f ctjn i tt^a t)l  oon  128,  für  bae 
vsaljr  1700  oon  nur  80.  Tie  elftere  $af)l  fei  alfo  erljeblicr)  gröfjcr 
toie  bie  jtoeite  unb  nad)  if>r  müjjte  bie  iÖürgerfcrjaft  toenigften* 


^forjbeim  im  30iäbrifien  Shrieae.  S3 

960  .stopfe  gewählt  haben,  tieic  obetffatfiltche  iBercdjuung  werbe 
aber  Don  ber  "i&irflidjfcit  weit  iibevtroffen,  beim  bae  nad)  bem 
laufbud)  in  alpljabetij'djcv  Orbnung  aufgehellte  $et&ei$m*  von 
1007-4«  weife  1733  Hainen  auf,  bic  abcligen  Samilien  nid)t 
eingerechnet,  .frieret  fönten  bann  nod)  bie  Bürger  ber  Wltftabt, 
ungefähr  450  an  ber  *}al)l. 

Ucbcrgchenb  51t  anbeten  ©ewetfen,  [teilt  ^Hrombadjcr  feft, 
bajj  eine  groftc  ^ai)i  von  (E'hen,  aus  bev  Seit  vor  bem  Stiege 
gefcfjloffen,  nur  ein  Äinb  jähltc  unb  bie  tarnen  bei'  Taufvätcr 
im  Iaufbud)e  nad)  1622  uid)t  mcl)r  vorfommen,  was  bod)  ber 
Jall  fein  mü^tc,  wenn  biefe  am  hieben  geblieben  mären.  Sturf) 
ber  llinftanb,  bajj  nad)  1622  bei  Saufen  grauen  l)äufig  mehr 
^atenftette  übernahmen  als  Stöhntet  unb  bie£U$atcn  gewählten 
Männer  vielfad)  fdjon  tyotf)  bejahrt  Waren,  wirb  ale  bebeutfam 
cradjtet.  $Brombad)er  füljrt  bie  Tanten  von  132  Katern  an, 
meiere  von  1607  bis  über  1622  t)inau§  als  Taufpaten  uebft 
ihren  grauen  im  Xaufbudjc  vorfommen.  CefterS  Werben  aud) 
Xöd)ter  erwähnt.  3f)rc  Söhne  unb  Iod)tcr  ftnb  inbeffen  vor 
1607  geboren.  SBäfjrenb  aber  bie  Iöd)ter  s^atcuftelle  vertreten, 
fommen  bis  1647  feine  3ö()ne  vor.  3n  ben  fpäteren  Ytirdjen- 
büd)ern  fehlen  ebenfalle  bie  Hainen  weitaus  ber  mcijten,  benn 
bie  gamilicn  ftarben  auS.  Der  SBerfaffcr  rechnet  insgefamt  357  f 
feljlcnbe  Bürger  unb  321  lebige  Söhne  ^ufammeu  unb  fommt 
$u  bem  ©djluffe,  baft  bei  SBimVfcn  nid)t  nur  400,  jonbern  meljt 
als  600  ^for^eimer  gefallen  ftnb.  3n  einem  feiner  Schrift 
angehängten,  auf  Gfcunb  bes  fördEjenbudjc*  gefertigten  3$er&cidjni*  * 
wirb  bargethan,  bafc  nur  bas  3af)r  161«  eine  genügenbe  3al)l 
von  (Geburten  aufweift,  alle  übrigen  über  §u  Wenig,  unb  baft 
cbenfo  bie  äabl  ber  laufväter  eine  beachtenswerte  s}lbual)me  jeigt. 
Ihatfatt)c  ift  freilich  auc*)  nrtC*)  biefer  Tabelle,  bafc  1623  unb  1624 
mehr  ftinber  geboren  würben  als  in  bem  Unglüdsjahr  1622. 

Die  Nichterwähnung  ber  öclbentl)at  ber  ^forjheimer  in 
bem  Briefe  bes  töcarfgrafen  erflärt  33rombad)cr  u.  a.  bamit,  baft 
bic  (Erinnerung  an  fte  für  C£eorg  Jyricbrtd)  feine  angenehme  fein 
fonnte.  lh*  habe  ein  mcidjcS,  eblcs  Ncmüt  gehabt  unb  fei  für 
feine  Unterthaucn  fcl)r  bejorgt  gewefen.  „Tic  Xljat  ber  s«8ier 
hunbert  hatte  etwas  Wül)rcubcs,  etwas  töirfc^fitternbcS  für  ihn, 
unb  Wenn  er  aud)  bic  N}$for(}hamcr  ntdjt  vergaft  unb  bic  gefallenen 
.Reiben  ehrte  unb  liebte:  er  wollte  bod)  an  ihren  lob  nid)t 
erinnert  fein,  weil  er  bic  Siegeln  ber  ttriegsfunft,  bic  er  fo  gut 
tonnte,  utdjt  beachtet  unb  \u  fcl)r  auf  ben  Steg  vertraut  t>atte. " 

Dem  ßinwanb,  baft  ber  ätfarfgraf  nur  mit  geworbenen  unb 
nid)t  mit  ausgcl)obcuen  Iruppcn  ins  Jvclb  gebogen  fei,  begegnet 
^rombadjer  mit  einer  SReifje  von  £>mtoei)en  Darauf,  baft  baS 
Monffriptionsfvftcm  in  ber  ÄWarfgraffdjaft  unb  fo  aud)  in  $for,^ 

6* 


Digitized  by  Google 


^forabeim  im  30jäbtiaen  Stiefle 


heim  tu  ftntoenbung  tarn.  (Einer  berfelben  grünbet  fict)  auf  bie 
Häuptling,  baß  bei  Wimpfen  DerhaltniemäBig  mcl)r  Söhne  reicher 
unb  angesehener  a(3  mie  armer  gamtlien  geblieben  ftnb.  Wäre 
ber  ÜJfarfgraf  nur  mit  Solbtingen  auSgerürft,  jo  hätten  fid) 
hierunter  nur  au^nar)mdtneife  2öl)ne  begüterter  gamtlien  gefuuben, 
roeil  biefe  ja  nid)t  aue  sJcot  Solbat  gemorben  fein  mürben, 
fei  bod)  nid)t  anzunehmen,  baß  bie  Säter  ifjrc  Sül^nc  freiwillig 
jur  Slnroerbung  trieben,  ober  bafc  legiere  miber  ben  Willen  ihrer 
feltem  ber  Werbetrommel  nadjgelaufcu.  $lud)  ber  fdt)on  berührte 
Umftanb  ber  großen  Qafy  öon  @intinbcre^cn  fprid)t  nad)  ber 
Wnfidjt  be§  SBerfafferS  bafür,  baß  tonffripiert  mürbe. 

$a&  bie  il)at  ber  SBierhunbcrt  bei  ben  geitgenoffen  faf* 
ganj  in  Sergeffenfjett  geriet,  finbet  Örombaehcr  begreiflich.  Wer 
null  gefte  feiern,  menn  man  gefd)lagen  roorben  ift?  Sie  geier 
oon  großen  §elbentt)aten  fej^t  23cgeifterung,  eine  frifdje,  freubige 
Stimmung  oorauS,  meiere  über  bie  Qeit  beS  ganzen  30jäl)rigen 
ÄriegeS  nid)t  oorfmuben  mar.  9cad)  bem  (Inbe  be3  Jrtriegee 
mußte  baä  Üßolf  fid)  erft  mieber  erholen,  unb  faum  mar  bieä 
einigermaßen  gcfcr)ehen,  alä  Öubmig  XIV.  mieber  Jammer  unb 
Slenb,  an  vielen  Orten  ebenfo  groft  ober  nod)  größer  mie  im 
30iäf)rig,en  Kriege,  über  ba3  fianb  brachte.  s3lud)  ^forjtjeim 
mürbe  |cr)mer  r)eimgefud)t  unb  oerlor  tjierbci  gerabe  Diejenigen 
Urfunben,  meiere  über  ben  lob  ber  $ier()unbert  hätten  9ut$htnft 
geben  tonnen. 

£aß  biefer  Xob  erftmal*  in  bem  Deimling'fdjen  Drama 
oon  1788  ermähnt  morben  fei,  läßt  $rombad)cr  nid)t  gelten. 
Wenn  bem  fo  märe,  fo  hätte  SWarfgraf  Staxi  griebrich  nidjt  ben 
*ßrof.  ^offelt  beauftragen  tonnen,  eine  $ebäcrjtni$rebe  für  bie 
Gefallenen  ju  galten,  maä  aud),  mie  fcfjon  bemerft,  am  29.  Sanuot 
1788  gefcf)er)en  ift.  gerner  finbe  ftd)  in  bem  1770  erschienenen 
oierten  9knbe  ber  babifd)cu  (^efc^ic^te  oon  (Sf)r.  Sad)*  folgenbe 
be^cic^nenbe  Stelle  über  bie  Schlacbt  bei  Wimpfen:  „Üftan 
melbet,  baß  bei  400  äJtonn  oon  ber  &ürgerfchaft  $u  ©foräeim, 
meiere  bem  3ftarfgrafen  51t  einer  fieibgarbe  gebient,  faft  bis  auf 
einen  3ftann  fid)  t)abe\\  nieberrjauen  laffen."  ftufterbem  berichte 
Pfarrer  ^ottfjammer,  ber  ilird)enrat  l*ifcnlohr,  meld)er  oon  1708 
bt3  1712  Pfarrer  in  Remchingen  unb  oon  1719  au  ttird)cnrnt 
in  Durlacfi  mar,  Imbc  in  feiner  firc^engcfrf)idt)tlic^en  Öorlefung 
ben  Xob  Der  oierljunbert  ^forjheimer  bei  Wimpfen  aU  Iljatfadje 
ermähnt,  ftier  t)anble  eS  fid)  alfo  um  einen  ÜJJann,  ber  in  ber 
Wäf)e  oon  ^for($cim  mohute  (ba*  Dorf  Remchingen  lag  ba,  mo 
fid)  jefct  ber  üPal)ul)of  Wilferbingcn  bcfiubct),  als  bie  legten  3öl)ite 
ber  $icrl)unbcrt  ftarben  ober  geftorben  maren,  bie  (S*utel  aber 
noch  hattcn  33crid)t  erftatten  tonnen  oon  bem,  toa£  fie  gehört. 
$rombad)er  l)at  am  ben  itird)enbüd)crn  bie  Warnen  einer  längeren 


Digitized  by  Googl 


^forabeitn  im  30jäbriaen  Rricfle. 


85 


9ieit)e  oon  ^crjonen  ausgesogen,  bie  oon  1620  an  bi*  in  ba£ 
18.  3af)rf)unbcrt  ^crcin  gelebt,  um  bamit  ju  betoeifen,  toie  bie 
münblidje  Xrabition  lief)  leicht  fortiefcen  unb  reine  $Öaf)rf)ctt 
berichten  fonntc. 

9tod)  einen  feiner  ^tuffaffiuiö  aad)  gewichtigen  3eu9cu  fül^rt 
Brombad)er  an:  bie  J?al)iic  ber  Bicrhunbcrt,  locldje  auf  bem 
fjicfigen  &atl)auä  al*  eine  „^eiliae  Reliquie"  aufbewahrt  werbe. 
£abe  bie  (Sage  oon  biefer  gagne  irgenb  ein  müßiger  Sbpf 
erfunben?  Sei  biefeö  9Hörd)en  im  30jäf)rigen  ßrieg  erbidjtct 
morben  ober  fpätcr,  ober  habe  cd  am  (£nbe  gar  aud)  Deimling 
erbadjt?  $Öenn  bie  ftritifer  iKcdjt  hätten,  bann  märe  abfolut 
fein  örunb  oorhanben  getoefen,  ben  ^pfor^eimem  eine  gafjne  5U 
Iaffen,  meiere  bodj  eigentlich  bem  Staat  gehörte.  £ajj  bie  gar)ne 
aber  l)ier  geblieben,  fei  ein  loeiterer  fräftiger  BerneiS  für  bic 
Xljat  ber  $ierl)imbert,  bie  bei  Wimpfen  if)r  Banner  bi$  auf  ben 
legten  ÜKann  Oerteibigten. 

*  ♦ 

Ütfer  oermag  in  ber  Streitfrage  über  bie  (giften 3  ber  Bier 
ljunbert  oon  ^for^eim  31t  cntfcf)cibcn,  ob  bem  gür  ober  bem 
sfeiber  größere  Berechtigung  jufommt?   2Bo  Belege  fer)Ien  unb 
Sd)lüffe  unb  Vermutungen  an  ir)rc  Stelle  treten,  ift  bic  Ben>ci$ 
füljrung  immer  eine  unzulängliche,  mährenb  bie  Äritif  c£  fich 
ocrhältuiämäfjig  leicht  mad)t,  inbem  fic  einfad)  Xhatfachcn  oerlaugt. 
So  ganj  ju  üerneinen  ift  aber  ber  28crt  ber  münblid)en  lieber^ 
lieferung  nicht,  jumal  in  biefer  Jrage,  too  eö  fich  ™fy  um  cm 
(^efchehniä  auä  altersgrauer  Borjeit,  fonbern  metjr  um  ein  (£r 
eigni*  ber  neueren  Wcfdndjtc  famoelt.  ,9fa£  nidjtä  wirb  nichts*', 
tarnt  auch  hier  ate  Siegel  gelten  unb  bic  btfitortjc$e  Erfahrung 
miberfpricht  ber  Einnahme,  ba&  Sagen  Oon  berartiger  Bebcutung 
unb  ^ßräjifion  bed  gefrf)id)tlichen  Untcrgrunbcd  übllig  entbehren, 
alfo  auf  „  reiner  l£rfinbungw  beruhen,  wie  Jr.  0.  SBecd)  meint. 
Eime  Zweifel  enthält  bie  (Stählung  oon  bem  aufopferungöüollen 
foelbentobe  ber  ^forzheimer  Bürger  einen  fer)r  beachtenswerten 
jtern  oon  2Baf)rheit,  unb  menn  biejelbc  auch  m^  manchen  Qu 
thaten  auägefdjmücft  fein  mag,  fo  bleibt  boct)  tool)l  noch  9cnu9 
übrig,  um  bic  Streiter  oon  Wimpfen  in  chrenbem  tfnbenfen 
ju  behalten. 


2>ie  S«t  »on  1622  -1684. 

3m  ©egenfajj  511  ^ßflüaer  ift  Brombacher  ber  Anficht,  bafe 
turj  nach  ocr  ^c^ladtjt  bei  ©impfen  (General  Ii  Iii)  fyicx  war, 
aber  miber  Erwarten  bie  Stabt  milbc  bef)anbclt  hat.  £r 


igitized  by  Google 


80  Woräbeim  im  aoiabrißen  Äricae. 

fyabc  mobl  bte  lapferfcil  ber  oierljunbert  ^for^eimer  $u  fd)ätunt 
gemußt  unb  bevlwlb  bic  Wtrgcrfdjaft  von  $ranb  unb  s}Münbcrung 
ocrfdjont.  Xurlad)  fei,  mie  aus  Striefen  von  Weingarten  bei 
Cffcnburg  unb  von  Jvrciburg  l)ervorgcl)t,  von  ben  IMgiftcn  ein 
genommen  morben,  unb  toeun  lillu  in  Xurlad)  gemefen,  jo  Ijättcn 
feine  5  nippen  aud)  ^foi^l)eim  befeiU.  Riir  biefe  9(nnai)mc  fprcdjc 
nod)  folgenbe  llmtfadje: 

ter  ^forjl)cimcr  Special  s^l)ilipp  oafob  SBticflin,  bev  von 
1  735  42  in  sJSfor$l)eim  mar  unb  im  letztgenannten  Jafow  ol« 
Mird)cnrat  nad)  .Starlsrul)c  übcrficbclte,  Ijabe  bei  ben  .Mirdjcu 
vifitationen  genauen  93crid)t  verlangt  über  bic  fird)lid)cu  (Mcbäubc 
unb  über  bie  Xenfmälcr,  meld)c  fid)  in  benjelbcn  unb  auf  ben 
ttird)l)bfcn  fanbeu.  3n  einem  biefer  iBifttotionsprotofolle  befinbe 
fid)  unter  ber  SRuBrif  „SRerftarfirbigfeiteu"  aus  ttönigsbad)  eine 
Sttottj  nad)ftel)enben  3nt)alte : 

„.fticnVr  mag  ein  in  ber  Waiier  bes  (Gottcsatfers  511m 
(Mebädjtuis  einer  anno  1022  verftorbeneu  JJfraii  N.  Barbara  auf 
gcridjtctcr  ©tein  gerechnet  merben,  auf  meldjem  Jyolgenbcä  ,yt  lefen: 
es  Ijabcn  in  biefem  3ar  bie  .Stird)  mit  benen  an  ber  .Stint)  ftetjenben 
(Mebiiuben  bie  bairifd)en  Solbatcn  in  ben  SBtanb  geftedet,  oa  oann 
Mies  im  Waud)  aufgegangen.  Qu  ber  3**t  foftetc  bas  Stöalter 
tinfei  30  f(,  bie  Oijm  "SBcin  100  fl.,  ein  ftinb  vor  200  fi 
Ter  gruubgütigc  (Gott  bel)üte  uns  unb  bie  lieben  Unfrieden,  bafj 
mir  fo!d)e  betrübte  Reiten  nidjt  erleben  bürfeu." 

lillus  ftuf  enthalt  in  ^forjljcim  falle  unmittelbar  in  bie 
•]eit  nad)  beut  23.  Sülni  1022.  £angc  Ijabe  er  aber  nid)t  gebauert, 
lueil  ber  ligiftifd)c  Jyelbl)err  bem  tycfftfd)  barmftäbtifdjen  VJaitbgrafcn 
511  ."oilfe  eilen  mufjte. 

,V>iftorifd)  fielet*  ift  übrigens,  bajj  unjere  (Gcgcnb  in  ber 
feiten  .pälfte  bc$  ^afjres  1622  nun  faifcrlidjcn  mie  ligiftifdjen 
Gruppen  l)art  bebrüdt  mürbe,  Xüc  ftcinbe  plünberten,  f  engten 
unb  morbeten  unb  vcrfd)icbenc  Dörfer,  u.  a.  aud)  .Stimigsbad), 
gingen  in  flammen  auf.  £cr  Pfarrer  3ob.  (Sfjriftof  Meiler  von 
3teiu  mürbe  von  ben  plünbernben  tarnten  breimal  in  ber  Sßfarr- 
jdjeucr  aufgehängt  unb  fam  bod)  nod)  mit  bem  l'eben  baDun. 
?lud)  in  beu  bcnad)barten  mürttcmbcrgi)d)cn  (Gebietsteilen  fjauften 
Itlfyä  ttnmeufd)lid)e  Horben  ganj  entieölid).  3n  bem  9lmtc 
Neuenbürg  mürbe  ein  torf  nad)  bem  anbern  ausgeplitnbcrt  unb 
abgebrannt  unb  mit  ben  (Sintvoljncrn  ganj  barbarifd)  verfahren 
unb  nidjt  beffer  erging  es  ben  $cmol)ncrn  bes  Gimtes  sJWaulbronn. 
So  mürbe  in  Cclbronn  am  20.  3uli  1022  ein  Icil  bes  Raubes 
ausjdniffcs  nebft  über  400  (£inmol)nern  nun  ben  .Stroaten  nieber 
gelwuen,  aud)  ^raubftittung  unb  ^lünberung  verübt.  Unb  biefe 
(Greuel  gejdjaljcu,  abmul)l  ber  .^er^og  von  Württemberg  fd)ou 
einen  Womit  ,}uoor  511  .'Oeilbronn  einen  Neutralität*  Vertrag 


Digitized  by  Google 


SBforabcim  im  30jäbrigen  Sfrieae.  87 

abgesoffen  f)atte.  ffllan  fann  fidj  alfo  eine  Sorfteftnng  machen, 
lote  bic  Sarbaren  in  ber  babifdjen  9Ü?arfgraffd)aft,  bie*  geinbeä- 
fanb  mar,  oerfafyren  fein  mögen.  ?luf  erhobene  Sorftcttungcn 
cntfdutlbigte  Xillo  bie  Btfdförettsmgen  feiner  Iruppen  mit  bem 
Langel  an  2cben3mitte(n  unb  insbefonbere  an  l^teifdr). 

Xie  9fot  mar  aÜcrbingä  eine  große  unb  trieb  bic  greife 
ber  Lebensmittel  auf  eine  faft  nnerfdjtüinglidjc  §öf)e.  Sie  mürbe 
nod)  üergrößert  burd)  großen  GJelbmangel,  ber  bie  äftünjen  julefct 
auf  bad  Sierfadjc  if)rc3  feftgefeftten  SBcrtcä  fteigertc .*) 

6ä  mar  eine  ocrgcbltdjc  Hoffnung  bc*  SÜfarfgrafen  Ofleorg 
Jyriebrid)  geroefen,  bnrdj  bic  sJiiebcrIcgung  ber  Regierung  in  bic 
^pänbe  jeineö  Sofjneä  fein  öanb  üon  ben  Solgen  feiner  Haltung 
in  bem  Äricge  gegen  ben  ßaifer  unb  bie  fatfjolifdjen  föeidjäftänbe 
ut  befreien.  Sßergcbenä  manbte  fid)  fein  Sofm,  SÖcarfgraf 
tfriebridj  V.,  bei  feinem  föegicrungäantritt  an  ben  Äaifer  mit 
ber  Sitte,  ben  3ot)n  niä)t  bafür  büßen  Iaffcn  ju  motten,  maä 
ettoa  ber  Sater  üerbrorfjcn  fjabe,  unb  »ergebend  rourbc  er  in 
gleichem  Sinne  bei  bem  foenog  ÜNarjmilian  oon  Samern  unb 
bem  (General  Hill)  OorftcIIig.  3Scnige  sJJionate  nad)  ber  SBimpfcncr 
3tt)lad)t  erließ  ber  $aifcr  bie  Verfügung,  baß  ber  Warfgraf  bic 
feit  1594  miberredjtlid)  befefctc  9Warfqraffdjaft  Saben  Saben  bem 
rechtmäßigen  tatf)olifd)en  (Srben,  bem  SRarfgrafcn  SSilfyelm,  5urücf 
jugeben  unb  benfelbcn  für  bic  fteit  ocr  Scfi0l)altung  ju  ent 
fc^äbigen  fjabc.**)  $aiferlid)e  (frtfntionätruppen  unter  (Sr^erjog 
Üeopolb  bcfc0ten  bad  ganjc  Öanb  Sabcn  Xltrladj  unb  fomit  aud) 
bic  Stabt  ^ßforjljcim,  mätyrcnb  ber  Warfgraf  2Bilf)elm  in  bic 

*)  £teinl)ofcr  berietet :  %m  %at)xt  1623  madjte  bic  „ öon  ben  Solbaten 
jimblid)  lang  berreugt  gctocfecnc  unb  in  grofjcn  9?ötf)en  geftedtc"  ©emeinbe 
Langenalb  bei  bem  ^for^etmer  WcridjtSöertoanbtcn  $>an3  Ztavi&  ein  einleben 
oon  2000  fl.,  meldje  Summe  im  ^ob,re  1680  ber  öcränbcrten  ©elboerfjältntffe 
megen  burd)  gegenfeitigea  Ucbereinfommen  auf  WX)  fl.  tjerabgefefet  mürbe. 
(Sin  öon  bcrfclbcn  ©emeinbe  auf  ^Jfingftett  1623  bei  Watt),  ftraufi  tu  Walfd) 
aufgenommenes  Änlcljcu  oon  1200  fl.  mnrbe  fpätcr  auf  288  fl.  oerminbert. 

**)  %n  ber  Warfgraffd)aft  «oben Nabelt  fjerridjte  feit  1589  ber  Warfgraf 
(ibtiarb  ftortunatuS,  ein  Sofm  beä  Warfgrafen  (Sljriftof  II.  öbuorb,  meldjer 
1584  $ur  fatfyolifdjen  Ätrdje  übergetreten  mar,  füfjrtc  ein  öcrfd)menberifd)eä 
Üebcu  unb  Ijäuftc  Sdmtben  auf  Sdmlben,  für  meldte  fdjlicfm'd)  aud)  nad)  bem 
oorfjanbeuen  fcauSgefeb  bie  Warfgraffdjaft  Sabett^urlad)  mitljaftbar  gemalt 
rourbe.  %n\>tm  bie  Gläubiger  ftd)  anfd)itften,  m  ilnrer  SBcfriebigung  bie  (£tn* 
fefcung  in  ben  s#cfiu  fürftlicfjcr  GJütcr  &u  ermirfen,  mürbe  bem  Warfgrafen 
oon  $aben*$urlad)  bie  Stunbc,  bafj  ber  Warfgraf  ©buarb  bie  silb\\ä)t  l)abe, 
(«ebietötcile  feined  i'anbcö  ju  ocrättfjern,  um  fid)  bic  Wittel  jur  ^ortfe^ttttg 
feinet  leid^tftnuigen  .^au^^alte^  51t  oerfdtaffett.  £icö  bradtte  (*rnft  ^riebrid) 
m  bem  (£ntfd)lnfic,  Sie  ^ntcreffen  beö  (Mcfamtfjauic*  burd)  Uebernal)me  ber 
i?ermaltttttg  ber  oberen  Warfgraffdjaft  ^u  magren.  ®r  lieft  biefe  im  vJ?oocmber 
1594  befefcen  unb  fid)  alsi  bereu  Vermalter  ^ulbigett.  Unter  ifjm  unb  feinem 
9tod)folgcr  Wcorg  J^riebrid)  mar  33abeu*"Sabcu  mit  iöaben»Xurla(b,  oereinigt 
geblieben.  $er  oben  ermähnte  Warfgraf  Söiltjelm  mar  ber  ©rbe  bee  Warf- 
grafen  (Sbuarb  3rortunant^. 


Digitized  by  Google 


HS 


sJ?forabcim  im  30jäbrigen  Rrtcflc. 


Negierung  oon  $aben^aben  eingelegt  würbe,   $luf  be*  3)carf 
grafen  griebrid)*  üöitte  jogen  jmar  bie  ftaiferlidjen  im  Mai  1623 
mieber  ab;  aber  im  fommenben  3al)rc  rürften  aufd  neue  (Sjc 
futionSmannfdjaftcn,  biesmal  ligiftifd)e  unter  Tillt),  in  baä  £anb. 
(Sincn  Tag  lang  Iciftete  ^forjheim  SBiberftanb,  bann  öffnete 
Till»  feine  Tl)ore.    3Ba*  bamalä  ^forjfjciin  miberfahren  ift, 
barüber  liegt  feine  nähere  AWtteilung  oor.    ^flüger  glaubt  an 
nehmen  51t  follen,  bajj  Tilltj  aUbalb  nad)  ber  (Sinnahme  ber 
Stabt  bie  $rau$iöfaner  unb  bte  Tominifancr,  bereu  Mlöfter  1555 
aufgehoben  mürben,  mieber  in  i()re  alten  !*Ked)te  eingefe^t  fmt. 
Trifft  bie*  mirflid)  311,  fo  fann  il)r  Aufenthalt  in  ^for^ljeim  nur 
ein  oorübergehenber  gemefen  fein,  benn  menige  3al)rc  nac^tjcr 
mürben,  mie  mir  gleid)  feljen  merben,  biefe  Orbcn  abermals  bort 
fclbft  eingeführt. 

Wad)bem  im  Sübeu  unb  Horben  Seutfchlanbs  ber  *ßrote^ 
ftantietmrä  niebergerungen  mar,  erlieft  tfaifer  gerbinanb  II.  am 
6.  Man  1629  bat  fog.  »eftüitttonÄebift,  monad)  alle  feit 
bem  ^affauer  Vertrag  oon  1552  oon  ben  ^ßroteftanten  eingebogenen 
geiftlidjcn  Stifter  unb  Äirdjengüter  ben  S?atf)olifen  jurüdgegeben 
merben  unb  bie  SReformierten  00m  SHeligionsfrieben  auägefchfoffeu 
fein  füllten.*)  Sludj  sJ$for$f)eim  mürbe  oon  bem  (£bift  betroffen. 
Um  3.  (13.)  Januar  1631  erfd)ienen  bie  mit  ber  Ausführung 
beweiben  im  fdjmäbijdjcn  Greife  ernannten  $ommtffäre  in  ber 
Stabt,  bereu  (£inmohncr  ber  SJJartgraf  juoor  51t  ruhigem  $Ber= 
galten  hatte  ermahnen  laffen.  $)ie  $ommiffäre  ©erlangten  in 
elfter  l'iuie  bie  foerftellung  beä  St.  2Wid)aelftift$  unb  ber  früheren 
Mlöfter  ber  Xominifaner  unb  grau3iöfaner,  fomie  be£  Kaufes 
jum  ^eilige«  Weifte  unb  be3  £irfdmuer  £ofe3  nebft  ben  baju 
gehörigen  Wütern.  Schon  am  29.  Januar  (8.  gebruar)  mürben 
bie  Tominifaner  unb  ^ran^iefancr  in  ^ßfor^heim  eingeführt  unb 
in  ben  $cfifo  ber  JHoftcrgebä'ube  gefegt.  &on  ber  ehemaligen 
X>ominifancrfird)c,  mcld)c  feit  Aufhebung  be3  Älofterö  aU  Stabt 
firdjc  gebient  Ijativ,  mürbe  ben  Xominitanem  ber  6h0r  Slu* 
'-Benütumg  übermiefen.  Wegen  bie  übrigen  gorberungen  ber 
.Hommiffäre  legte  ber  üOiarfgraf  $ermar)rung  ein  unb  ehe  in  ber 
Sache  entfefiieben  mar,  haltc  fic^  auf  bem  5hiegötl)eater  mieber 
eine  3Sanblung  oolljogcn,  bereu  SBirfimg  nläbalb  and)  in  Sßforj 
heim  fühlbar  murbc. 

Xer  SdjmebenfÖnig  Wuftao  Abolf  tych  ben  ^eitpunft 
für  günftig,  ftcfi  in  bie  beutfrijen  Girren  einjumifchen,  nadjbem 
er  fi'ch  5U»or  ber  Unterftüluing  ftranfrcidjö  Oerfid)ert  hatte.  (£r 
lanbete  mit  einem  tfvav  fleinen,  aber  mohlgerüfteten  feeere  an  ber 


*)  Xcr  Maijer  t)at  übrigen*  im  ^rieben  uon  s$xa<\  (1635)  cinfttucitoit 
unb  im  meftftilijriien  trieben  flänjlid)  auf  bie  Tnrdjfüfjntnfl  bc*  iHeftihttion* 
ebitts  uer^ietnet.  Nur  in  ben  tfftreidnfdjen  tfrblanben  blieb  ba*jclbe  in  «eltunfl. 


i 


^fora^cim  im  30jäbriaen  Äriegc  N9 

pommcr'jdjen  tfüfte  unb  brang,  mufjbcm  fid)  iljni  bie  proteftan 
ttfc^cn  Stäube  teilö  freimütig,  teile  gelungen  angefdjloffen  rjatten, 
in  rafd)em  Siegc^ugc  nad)'  beu  oberoeutferjen  Säubern  oor.  Au* 
ber  s^falj,  welche  bie  Sdjmcben  (Tube  beä  3af)re$  1831  eroberten, 
waren  einzelne  Abteilungen  berfclbcn  audj  in  bie  ÜNarfgraffdjaft 
eingebrungen,  um  fic  uon  ben  Maiferlidjcn  gu  fäubern,  unb  eine 
Abteilung  tarn  am  23.  Haimar  (2.  Februar)  1632  über  ©rudjfal  unb 
Bretten  nad)  ^forjfyeim.  ^ur  il)rer  Antuuft  fdjon  Ijattcu  fid) 
bie  Snfaffcn  ber  baä  3af)r  311001"  mieberfyergefteUten  Ülöftei; 
geflüchtet  unb  nur  ber  3$orfte()cr  ber  ftranji&faner,  ffiettomus 
Sibmann,  Imtte  beu  iöhtt,  auf  feinem  Soften  31t  bleiben.  Tie 
Schweben  crbroffeltcn  if)u  am  Altar  ber  itirdje. 

jur  Sd)lad)t  bei  s,)iörblingen  fdjciut  ^for^ljeim  im 
33eft0  ber  (Sdjrocben  getuefen  31t  fein,  tote  ben  Einträgen  ber 
Äirdjenbüdjer  31t  entnehmen  ift.  AU  im  3a()re  1032  bie  faifer 
liefen  ©berften  Offa  unb  SJZontccuccott  mit  25  Kompanien  Leiter 
unb  1000  gufjtruppen  t>om  (5ffa^  au$  in  bie  marfgräflidjen  Sanbe 
einfielen  unb  2)urladj  branbfd)a£ten,  fudjte  Üftarfgraf  griebrid) 
mit  feiner  gamilie  fjier  in  ^foi^cim  Sdjufo.  £te  itaifcrlidtjcu 
eroberten  im  Auguft  ©retten  unb  brannten  tfnittlingen  nieber*) 
Sic  fdjeinen  feinen  SBcrfud)  gemacht  31t  fjaben,  ^for.^jcim  in  irjre 
bemalt  311  betommen.  Um  fo  fd)limmcr  aber  erging  cä  bem 
flachen  ttanbe. 

$on  f  0 r 5 1) c intern,  bie  in  fremben  ilriegsbicnftcn  ftanben, 
nennt  sJ5flüger  einige  tarnen :  93ernl)arb  ®remp,  ein  Rlöfier,  mar 
}d)mebiftf)er  ©olbat  im  9M  1633;  Anbreaö  Grbad),  Sagner, 
tarn  ebenfalls  aU  foldjer  oor  im  9flai  1633  unb  im  ajfäq  1644. 
iöeibc  fjatten  ÜBeib  unb  ftinb.  £>an3  Gffig  ftanb  1636  in 
ligiftifdjen  Dienftcn,  Sodann  9(ietf)ammer  mar  1638  Leiter  unter 
iöernfyarb  oon  SSeimar  unb  ber  Sdmljmadjer  Albrcdjt  SBceber 
mar  1644  Jafjnenfattler  uuter  bem  banerijdjen  Hauptmann  oon 
(Srlis^eim.  ©ar  roeit  r)at  e§  ßafpar  6d)od)  gebracht,  ber  jum 
Wang  eine§  fdjtoebifrfjen  Oberfteu  emporftieg. 


*)  Mm  15.  Sluguft  1632  rücftcu  btc  ftaifcrlidjcu  oor  .Vtnittltngen,  bas  »on 
einer  Kompanie  „ÜanbeäauStuafjr  befe^t  war.  ÜRadjbem  bie  fcinblidjen  Dra- 
goner fieft  ber  Xfjore  bemächtigt  fyatten,  warf  bie  9Pcjatuiug  bie  Wctueljre  toeg, 
würbe  aber  tro&bem  aufatnntengcfjauen.  flud)  oiele  (£inwolntcr  traf  baö  glcidjc 
Scfntffal.  Ucber  300  Wenfctjeu  tauten  um.  Tac>  3täbtd)eu  würbe  ausgeplünbert 
unb  in  ©raub  geftetft,  fo  baft  nur  brei  Käufer  fteneu  blieben.  Ter  ntit  über 
WKX)  SWann  bei  $urlad)  ftcl)enbe  württ.  fterjog  Julius  ftriebrid),  ein  gau,\ 
unfähiger  $cerfüf)rer,  war  unterbefieu  über  $for,il)eini  unb  (Su^berg  beVau* 
gerüdt  unb  brängte  bie  Maijerlidien  ntit  feiner  Ueberntadit  att  bie  Mnittlinget 
Steige  üurütf.  Spater  würben  bieje  001t  beut  )"d)uu*biirheu  OJeueral  &om  bei 
^ieslod)  gepadt  unb  über  beu  iHljein  gejagt. 


Digitized  by  Google 


DO  Wotsbcim  im  30jäbricjeu  fftieae. 

Tic  fffHimmtii  $tiun  und)  ber  WbrMiiifler  fcct)lud)t. 

.fratte  bie  3tabt  sPforjl)cim  bie  jetjt  ben  ftrieg  nur  oon 
ber  milbcren  3citc  fennen  gelernt,  fo  fotlte  fie  nunmehr  alle 
3d)recfen  besfelben  5U  (offen  befommen.  %m  <>.  3eptember  1834 
erlitten  bie  3d)roeben,  in  beren  ifteiben  auch  bie  Wannfchaften 
bes  babifdjen  l'anbfturms  fodjten,  bei  sJlörblingen  eine  furcht- 
bare sJtteberlagc  unb  in  nülber  £>aft  floh  bas  gefdjlagene  $eer 
burd)  Württemberg  unb  bie  Warfgraffcbaft  auf  bas  linfe  9tf)ein= 
ufer.  Trangfalierien  febon  bie  Weftegten  mit  brutaler  $iücffid)tS: 
lofigfeit  bie  arme  Weoölferung  ber  DOtl  ihrem  iRücfyuge  berührten 
l^egenben,  fo  benahmen  fid)  bie  oerfolgenben  fiaiferlid)en  gerabeju 
nnmenfdtfid).  Sie  ein  rei&enber  3trom  ergoffen  fte  ftcb  über 
3d)ivaben  unb  näherten  fid)  rafd)  ber  Warfgraffchaft.  3d)recfen 
unb  Gntfetjen  eilte  ihnen  oorau*  unb  in  angftooller  §aft  flüchtete 
fid)  bie  Weoölferung.  3o  ftrömteu  aud)  aus  ber  Umgegenb  oon 
sHforjbeim  (au?  Wrötjiugen,  Dietlingen,  Oefdjelbronn,  Wirfenfelb, 
Gifingeu,  Böttingen,  £nid)enfelb ,  Jlicfelbronn,  Waufd)lort  sc.) 
bie  i'anbleute  in  bie  3tabt,  um  bortfelbft  3d)utj  $u  fudjen.  Die 
Weioobner  sJ$for$beimS  hielten  fid)  aber  in  ihren  Wauern  felbft 
fo  toenig  ftdjer,  baft  fte  ebenfalls  in  großer  flohen  unb 

halb  roeber  ein  ^ferb,  noch  ein  Juhrroerf  ju  haben  mar.*) 
Xildj  bie  übrigen  Weamten,  fo  ber  Cberoogt  #an§  ®eorg 
Wertram  oon  £enfd)bad),  ber  Unteroogt  Dienft,  ber  Einnehmer 
s#fifterer,  fomie  bie  Lehrer  bes  v}Jäbagogium$  brachten  ftd)  in 
3id)erheit.  Die  (#eiftlid)eu  bagegen:  ber  3pejial  (#eorg  ÜBibel, 
ber  3pitalpfarrer  3d)auyp  unb  ber  2Utftäbter  Pfarrer  i3of). 
Daoib  l'angenberger  harrten  mutig  aus,  ebenfo  ber  rcaefere 
beutfdje  3d)ulmeifter  3lnbreas  ^arcr. 

Sas  ^for^heim  oon  ben  $laiferlid)en,  bie  ohne  SBiberftanb  in 
bie  3tabt  eingerüeft  &u  fein  fdjeinen,  Ml  erbulben  hatte,  barüber  ftnb 
feine  Belege  oorl)anben.  Surf  alle  Jälle  aber  mar  bas  £oo§  ber 
Würger  fein  beneibensmertes  unb  au?  bem  Wüten  ber  $aiferlid)en 
an  anberen  Orten  ber  9tad)barfchaft**)  ift  &u  fdjliejjen,  bafj  aud) 
s^forjf)eim  übel  mitgefpielt  mürbe.  sJiact)  Eingaben  ber  SÜrdjen* 
büd)er  haben  bie  ftäiferlidjen  oiele  Würger  um's  l'eben  gebracht 
unb  finb  hiev  nad)  pflüget  folgenbe  tarnen  $u  nennen :  (Shnftof 
"vafob  Waicr,  Weorg '  Witfdjborfer,  frnnS  ©eorg  Oftertag, 
Wartin  "Mb,    Wartin  3traub,  Wartin  Tejjmann,  ftubolf 

*)  Damals  bot  ber  ^ßforjbeimcr  9lmtsfeUcr  tfafpar  Watet  mit 
fcilfe  feiner  beiben  ©ohne  feine  bod)betaate  Wutier  auf  einem  Karten 
in  bas  üroölf  ©tunben  entfernte  «anbau  aefabren  unb  hiermit  ein 
erhebenbeS  'Beifpiel  fiublicher  fciebc  aeaeben. 

**)  ®njbera  *.  s-8.  roar  nach  ber  Wötblinaet  ©aMacbt  faft  aana 
oeröbet  unb  bie  Orte  Dürrmenj  unb  Wüblarfer  jähltcn  aufammen 
nur  noch  11  Bürger. 


Digitized  by  Googl 


SSforabeim  im  3ojäbrigen  Kriege.  Ol 

(Sidjelin,  $an*  Martin  Hartman»,  sJQIid)ael  SKenle,  Weorg  SBetfj, 
.frans  sJ$eter  sJ)leerwein,  3)aoib  '.Hiebmanu,  3)hdjael  Ungern*, 
ftans  "ömirnfwuer,  Martin  ©reibt,  ©eorg  farlin,  s3)ttd)ael 
Drewer,  .jpans  3afob  .gertenftein,  Widjael  Ätcfev,  Valentin  ftod), 
tfadjariu*  Tegeler,  .frans  ©iftnger,  (ibriftof  Silberfinn,  Sfcriftof 
s}(bred)t,  .frans  2Ü>red)t,  (£briftof  Deimling,  .frans  vvafob  öeiger 
unb  ©tjriftof  ©eiger.  Taft  ftdj  bem  "sHlutoerflic^en  bio 
vJMnberung  gefeilte,  baft  webrlofe  sJ)ienfd)en  in  beftialtfd&et  SSeife 
mij)f)anbelt  unb  an  Jrauen  unb  Habchen  fdianbbare  ©ewalt» 
tbaten  oerübt  würben,  ift  leiber  als  felbftucrftänblidi  auAiiucfnnen. 
$KeU  s#cwobuer  hatten  fid)  in  bie  Sälbev  txeflüd)tet,  aber  fie 
würben  mit  £mnben  aujgefpürt,  511  r ü cfv\cf cl) l epp t  unb  fo  lauge 
gequält,  bis  fte  etwa  oerborgene  .frabc  ben  'Kaubgierigen  preis* 
gaben.*) 

*)  $ören  wir  einmal,  wie  ber  ©eneral  3obann  oon  SEBertb,  ber 
bie  Verfolgung  be§  proteftantifdien  §eeres  burd)  Württemberg  über= 
nommen  batte  unb  oon  ©alm  ber  in  uttfere  ©egeub  rücfte,  mit  ber 
Stabt  ©alw  oerfabren  ift.  9lm  10.  September  fd)on  ftanb  er  oor 
©alw  unb  Tagte  biefer  ©tabt  gegen  6000  fl.  ©d)onung  au.  sJtid)t§* 
beftowentqer  ober  bebanbelte  er  bie  ©inroobner  mit  beifpieflofer 
©raufamfeit.  Valentin  sÄnbrcä  craä'blt  in  feiner  ficbenfcbefdjrcibung: 
w©r  wütete  gegen  bie  ©inroobner  mit  bem  ©ebtoerte  unb  übergab  bie 
arme  unb  unfdntlbige  ©tabt  ber  graufamften  SJcftrafung,  fobaf?  weber 
geioeibteS  nod)  ungemeibteS,  weber  öffentlidicS  nod)  prioate§  ©igentum 
oerfdjont  mürbe,  aud)  fein  ©efaMecbt,  Hilter  ober  ©taub;  ade  waren 
bem  SHorb,  ber  SBoUuft,  bem  SRaub  unb  einer  mehr  at§  tierifd)cn 
©raufamfeit  preisgegeben."  5113  bie  ©inwobner  auf  bie  fd)recflid)fte 
4ßeifc  gequält  unb  ausgeraubt  worben  waren,  befäMoft  ^obann  oon 
UBertb,  bie  (Stabt  mit  allem,  wa§  brinnen  war,  qänalid)  au  oernidjten. 
©r  liefe  bie  Ibore  fdjltc&en  unb  mitten  in  ber  9tod)t  an  oerfd)tebenen 
Stellen  freuer  anleqen.  Xennod)  enttarn  ein  qvo&er  $eil  ber  ©in* 
wobner,  mbem  fte  teil«  burd)  qcbeime  Ausgänge  fid)  retteten,  teils 
oon  ber  ©tabtmauer  binabfpranqen.  ^raufeen  mürben  fie  freilief)  oon 
ben  Stugeln  unb  ©d)toertcrn  ber  ©olbaten  empfangen,  aber  bod) 
gelang  es  tbnen,  wenn  aud)  Dielen  fd)ioerocrwunbet,  ben  ©dwfc  ber 
viBalber  au  flewmnen,  wo  tbr  ©eelforger  Anbreä  war.  Raum  araute 
ber  $ag,  fo  begannen  bie  Kroaten  eine  förmlid)e  3agb  auf  bas 
menfd)lid)e  2Bilb.  Aber  aum  ©lücf  ftnb  bie  tannenberoad)fenen  5krg* 
wfinbe,  wcld)e  ©alw  umgeben,  fo  fteil,  ba&  es  ben  fteinben  nidjt 
qelanq,  bie  armen  9Jtenfd)en  au  ergreifen.  3Bod)cnlang  irrten  fie  nun 
in  ben  2öälbern  umber  unb  erft  im  Ottober,  al§  bie  Stalte  ben 
Aufenthalt  im  2Balbe  erfaYoerte,  waaten  e§  70  slßetbcr  mit  ibren 
ftinbern  in  bie  ©tabt  aurfictutfebren.  Äud)  btefe  aber  rettete  nur  ba§ 
s3Jlitlctb  eines  Oberften,  ber  nidjt  litt,  bafe  feine  Kroaten  ben  roeinenben 
unb  um  ©nabe  flebcnben  Raufen  eimad)  nieberritten.  ©r  befdjenftc 
oielmebr  bie  Leiber  unb  entlien  fte  qnäbiq.  sJ^oa^  lanqe  mtt&ten  bie 
i8e wobner  ©alm8  in  ben  OBälbern  be3  ©d)toarwalbeä  umberaieben, 
überall  oerfolqt  oon  einem  rad)aierigeu  uttb  blutburfttaett  fteinbe,  ia 
fclbft  mit  ^>unben  aebeftt,  bi§  fte  enotid)  in  ibre  oerwüftetc  ©tabt 
lurüctautebren  ftd)  qetrauten.  sJZtd)t  weniger  als  450  Käufer,  unter 
ihnen  aud)  bie  RiraV,  lagen  in  Afdje.  Raum  bunbert  unanfebnlia^c 
©ebäube  waren  oon  bem  oerbeerenben  Öreuer  oerfefeont  geblieben. 


Digitized  by  Google 


02 


^forjfjetm  im  30jäbriaen  Sfrieae. 


• 

3u  ber  Slot,  mcldje  bie  robe  3olbatesf'a  oerübte,  famen 
nod)  bie  £eimfudmngen  ber  Neuerung  unb  ber  3eud)e.  2)a3 
Blatter  ftom  ftieg  in  unferer  öegenb  auf  24  fl.,  ein  s$funb 
3d)tnal$  foftete  8  Satjen,  ein  s3)k§lein  3alj  ebenfooiel,  ber 
Pierling  3d)mar$brot  8  ftreuAtt,  ein  ($i  1  Satyen  unb  ein  £mf)ii 
2  fl.  ^as  <y(ei)di  oon  Jröjcfyen,  Pütjen,  $unben  unb  gefallenen 
Sterben  würbe  mit  @ier  oerfcfylungen ,  unb  trotjbem  ftarben 
Zäufenbe  eines  qualooüen  $ungertobe§. 

Surdjtbar  mutete  bie  Nßeft,  unb  aud)  in  sl$for$t)eim,  roo  fdjon  in 
ben  ^aJ)ren  1633  unb  1634  bie  3terblid)feit  eine  grojje  mar, 
erlagen  1635  unb  1636  oiele  Bürger  bem  junger  unb  ber 
ftrantyeit.  $u  uennen  finb:  sJHarr.  Sftangolb,  £an§  Safob 
9Jknn,  £an3  3afob  Sflaner,  <ßeter  Sdjod),  #an§  Zimmerer, 
^eter  2lbred)t,  £an3  3afob  Secff),  ^aul  Serbtinger,  3obft 
$age3,  9Jiid)ael  Neugier,  §an3  Qafob  @id)elin,  Senbel  £infj, 
ßonrab  £inf?,  ^tyilipp  $artmann,  #an§  §atob  3ung,  |>ans 
3oad)im  Stiefer,  $an%  CDtjriftof  ftienlin,  §an§  Öeorg  2Öolf, 
ftonrab  Sanbjioinger,  fieonfjarb  Sieger,  (£f)riftof  Dftcrrieb, 
3Jiatf)äu£  Scroti),  Soren^  Slienlin,  'tßeter  Sauer,  ©eorg  Sauer, 
Serd)tf)olb  Deimling,  Gljriftof  $oll,  Martin  Jifdjer,  Qofjann 
3oad)im  ©rieninger,  §an$  3afob  $ertenftein,  9ftid)ael  Selm, 
ftonrab  ßaftner,  s$eter  ßienlin,  2Hatf)äu3  iftücfenbrob,  Subroig 
^flauer,  Qafob  Finger,  ©all  llngerer,  £an$  3afob  Bürger, 
sPeter  (feiger,  (Sfjriftof  Sienfyarb,  |>an3  ©eorg  iRefjlina,,  #an§ 
Öoadjim  3d)neiber,  #an§  Surfarb,  sJitfla§  Jinf,  Salenttn  $etnfc 
unb  £anS  ftnaut. 

junger,  s$eft  unb  ßriegsbrangfale  Ratten  jur  Jolge,  bafj 
fdion  im  3af)re  1835  bie  Seoölferung  ber  6tabt  um  bie  $älfte 
ftd)  oerminberte  unb  natürüd)  aud)  bie  Sofyi  ocr  Geburten  ent* 
foredjenb  jurücfging.  Säfjrenb  ba§  3af)r  1634  nod)  mit  121 
©eburten  oer$eid)net  ftefjt,  mürben  geboren: 

im  3al>re  1635   78  ßinber, 

n       n  1636  80  „ 

m      „  1637  79  „ 

„      „  1638  66  „ 

n      n  1639  74  || 

„  1640  68  M 

„      „  1641  69  „ 

n      „  1642  75  „ 

„      „  1664  72  „ 

u      »  1644  72  „ 

1645  56 

„  1646  55  „ 

($5  ergiebt  fid)  alfo  für  bie  3<*h^c  1635 — 46  bei  einer 
'Surdjidmitteäaljl  oon  80  (Murten  cinfd)lie^lid)  ber  3lltftabt  eine 


Digitized  by  Google 


Worabeim  tm  30iäbriaen  ftrieae. 


93 


Seelenjabl  oon  2280.  Uebrigens  finb  aud)  bie  bier  *ur  Seit 
gefommenen  Solbatenfinber  unter  ben  (Geborenen  aufgeführt. 

ßaifer  gerbinanb  bebanbelte  bie  2Ratfgraffd)aft  als  eroberte« 
Öanb.  2er  obere  £eil  rourbe  burd)  einen'  öfterreid)ifd)en  Statt- 
balter  oerroaltet,  ben  unteren  Seil  fcf)cnfte  er  feinem  (General, 
Dem  fatlrolifdjen  SRarfgrafen  Silbelm  oon  &abeit*9abeit,  am 
5.  2)tai  1635.  %n  ^forj^etm  mürben  von  bem  neuen  §crru 
bie  ßlöfter  ber  3ranji3faner  unb  $ominifaner  iteuerbmgä  roieber 
bergeftellt  unb  mit  9flönd)en  beoölfert ;  ebenfo  ei*rid)tete  er  roieber 
bas  Sanft  ÜJtidjaeläftift  in  ber  Sdjlofjfirdje  unb  liep  feinen 
neunjährigen  Sobn  jum  ^ßrobft  besfelben  inoeftieren. 

Sturfürft  Sttarimilian  oon  dauern  r)atte  bie  §anb  auf  bie 
sPfalj  gelegt;  babei  fanb  er,  baft  ba$  l'eben^oerbältnte,  in 
roeldjem  ftd)  bie  babifdjen  Rentier  ©raben  unb  ^forjbeim  jur 
^falj  befanben  (feit  bem  ©efedjt  bei  Secfenbcim)  nodj  nid)t 
aufgeboben  mar.  $>ie  babifdjen  Sttarfgrafen  batten  bie  betreffenbe 
Sdjulb  nod)  ntcfjt  getilgt  unb  SWartmilian  anneftierte  biefe  beiben 
2lemter.  5lm  13.  $ejember  1635  erfdn'enen  bie  banerifdjen 
Stommiffarien  unb  bie  SJürgerfdjaft  mu&te  bulbigen,  $ie  Stabt 
batte  oon  nun  ab  eine  ftänbige  banerifd)e  ©arnifon.  *Heligion3= 
fretbeit  roar  $ugefid)ert  roorben.  Sftan  trennte  fogar  in  ber 
25ominifanerfird)e  ba£  (£bor  oom  <Sct)iff  burd)  ein  böljeme« 
©ittcr.  SrftereS  rourbe  ben  sJ!ftönd)en  jugeroiefen,  ba3  Sdjiff 
ben  bürgern. 

ßarl  SBilbelm  befdjroerte  fid)  bitter  beim  Jlaifer  über  bie 
©eroalttbat  9flayimilians\  @s  rourben  mebrfacbe  SBerfudje 
gemad)t,  bie  Sadje  ju  änbem,  aber  bie  Bürger  wollten  oon 
flarl  SBilbelm  febft  nid)t3  roiffen  unb  fo  blieb  ^for^beim  nun 
oorerft  pfäljifdj-banerifd). 

2>ie  Einquartierung  rourbe  ju  einer  fdjroeren  Saft.  §atte 
Hart  Söilbelm  bie  3}ommifaner  unb  Sranjisfaner  jurüefgerufen, 
fo  b°lte  3)iayimitian  noeb  $lapu$mer  oon  2Beilberftabt  bcrDei 
unb  roie§  ibnen  ba§  'St.  ©eorgSftift  al§  ßofoij  an.  3ftan  oer* 
fud)te,  fo  nad)  unb  nad)  ^Pforsbeim  $ur  fatf)olifd)en  Religion 
jurücfjufübren.  3m  9looember  1636  rourbe  oon  ber  Regierung 
ben  proteftantifd)en  ©eiftlidjen  in  ber  Stabt  unb  in  ben  Sanb* 
orten  ber  ©ebalt  entjogen.  Sie  fonnten  5roar  bleiben,  burften 
aueb  gotteSbienftlidje  |>anMungen  oerfeben,  roaren  aber  auf 
freiroiüige  ©oben  angeroiefen.  So  ging  es  bis  1642.  $ie 
^Bürgerfdjaft  blieb  ftanbbaft.  Ta  berid)tete  ber  banr.  Unteroogt 
Jaber  im  herein  mit  bem  ßapusineroater  gulgentiuS  nadi 
3Ründ)en,  ba§  in  ber  Stabtfircbe  am  9ftartinstag  ein  proteft. 
"öettag  mit  Te  deum  gebalten  roorben  fei  aus  Jyreube  über  ben 
Sieg,  roeld)en  ber  fdjroebifdje  ©eneral  2orftenfon  bei  £eipfttg 
errungen  ^attc,  unb  als  bas  franjöftfd)«fd)roebifd)e  £eer  oon 


Digitized  by  Google 


04  t<fora&eim  im  30jäf>riaen  Brteae. 

^reifud)  am  einen  3treifjug  bi*  in  bcn  ftraidjgau  unb  liegen 
ben  ^fetfar  ausführte,  habe  fiel)  bev  iHat  in  s-i*evl)anblungen  mit 
bem  JJetnbe  eingelaufen.  Cbgleid)  iHat  nnb  $eiftlid)feit  bie  Uber* 
tviebeneu  ^eridjte  auf  ihren  wahren  "IBevt  jurüefführten,  fam 
ood)  oom  fturfürften  bev  Wiefel)!,  bafi  in  3tabt  unb  Statt  sl?for(tf)eim 
bas  unfatl)olifd)e  (£rcv<utium  lutbevifdjev  Religion  unoevflüglid) 
ab$ufd)affen  fei.  jn  bev  ctabt  maven  bev  3pejial  $$ibc(,  bev 
alte  3pitalpfavvev  s£>olfgang  3d)aupp,  bie  beibeu  Tiafone 
3autevlin  unb  flavdjev  unb  bev  Pfarrer  bev  SKtftabt  Dan. 
3autev.  s#on  ben  14  ^anbovten  be*  'tatsbejivf*  hatten  nuv 
dringen,  (Ufingen  unb  Wiefevn  je  einen  sßfavvev.  Xiefe 
Weiftlidjcn,  forote  ben  iKeftov  bev  lateinifdjen  3d)ule  unb  ben 
3d)ulmeiftev  bev  beutfdjcn  3d)ule  ließ  $ab?x  am  Dienstag  oov 
Cftevn  |U  ftd)  entbieten  unb  eröffnete  ihnen,  ba§  bie  pvoteft. 
?)teligionsübungen  unoevjüglid)  einstellen  feien  unb  bie  (deift« 
lid)en  innerhalb  $roeiev  iage  bac>  £anb  ju  uevlaffen  Ratten. 
Wtvgevmeiftev  unb  iHat  fd)icften  eine  sXbovbnung  nad)  ^eibelbevg, 
meldje  mit  bevubigenben  3llfaÖcu  suvücffebvte ;  fofovt  ging  nun 
eine  Deputation  nad)  9Jiüncbcn.  Dovt  rouvbe  fie  oon  bem 
.Huvfüvften  unb  flankier-  ungnäbig  aufgenommen  unb  erhielt  nuv 
einen  oevfd)loffenen  s#vief  nad)  .jöeibelbeva,.  §iev  mürbe  it)v  bev 
N<8evid)t,  baft  bev  pvoteftantifd)e  (Sottesbtcnft  abgefdjafft  fei  unb 
bie  (9eiftlid)en  bi*  511m  17.  s$lai  bie  3tabt  ju  uevlaffen  l)ätten. 
(fine  jrocite  Deputation  ging  nad)  sJJlünd)en  mit  93eglettfd)veibcu 
be*  ^pevjogs  oon  ^Süvttembevg  unb  be§  Sanbgvafen  oon  Reffen ; 
fie  evbielt  gav  feine  5lntmovt.  Wtvgevmeiftcv  unb  iHat  manbten 
fid)  nun  an  bcn  «pevjog  oon  s.ß*üvttembevg,  ev  möge  evlauben, 
ba§  bie  (deiftlidjen  in  feinem  l'anbe  eine  3"flud)t  fud)eu  büvfen ; 
bas  muvbe  beveirnnlligft  gemäbvt.  ^ittfdjviften  gingen  aujjevbem 
an  ben  ftuvfüvften  oon  3ad)fen  unb  bie  anbeven  iHeid)$ftänbe. 

Dev  17.  s.Miai  mav  bevangevücft.  Dev  83jäbvige  SÖolfgang 
3d)aupp  bat,  man  möge  ihn  unb  feine  betagte  fivau  *n  oer 
Stoterftabt  belaffen;  er  jdjilbevte  feine  5trmut;  feit  9  fahren 
babe  ev  feinen  (Schalt  belogen.  (S$  mav  alle*  oergebenS;  am 
tWittmod)  nad)  s#fingften  sogen  bie  $eiftlid)eu  fort,  Oleuenbüvg 
ju,  oon  Jyveuuben  unb  ^efannten  bt*  jur  ^anbe^gven^e  begleitet. 
Ter  Max  hatte  bie  Jyubrmerfe  gefteüt  unb  llntevftü^ung  oer* 
fpvodien;  bie  Wngerfdjaft  hatte  Beiträge  gefummelt. 

llntevoogt  Jvabev  madjte  befaunt,  bajj  um  Weib  geftvaft 
merbe,  mev  ben  tatholtfd)en  ÜMtesbieuft  nidjt  befudic  obev  feine 
.Uinbev  nidit  fatbolifd)  taufen  laffe.  W'tvgevmeiftev  unb  ?Hat 
muvben  evmahnt,  mit  gutem  Öeifpiel  oovan  ^u  gehen  unb  bie 
Avonleidinamvpvo^effion  mit^umadjeu.  Tiefer  övlaf*  hatte  feinen 
(ivfolg.  %m  Aiouleid)uamvtag  oevfammelte  ^üvgevmeiftev  sIt>ebev 
ben  Mai  unb  bie  ^unftmeiftev  bev  24  fünfte,  um  über  ben 


Digitized  by  Google 


$fotrteitn  im  30iäbriacu  flrieqe.  95 

Antrag  ber  iKegierung  abftimmeu  ju  loffcn.  Weorg  SÖeber 
eröffnete  bie  UJerfammiung,  teilte  bas  Slnfinnen  Der  Regierung 
mit  unb  erfudjte,  bafj  jebev  ber  Snwefenben  feine  Dtnftdjt  frei 
unb  offen  funb  tf)un  fülle.  3ein  3tanbpunft  fei:  „N)lad)bem 
bie  Stobt,  feit  fie  vom  Rurfürften  in  (Eib  genommen,  in-  allem 
6rbenflirf)en  bemfelben  geborfam  gewefen  nnb  es  and)  in  ^nfnnfi 
fein  roerbe,  fei  bod)  biefe  3ad)e,  meldje  Die  ©ewiffen  unb  3celeu 
betreffe,  berart,  baß  er  roenigftens  fid)  oon  ber  Religion  nimmer* 
mef)r  trennen  laffen  fönne,  bie  er  fein  £ebeulang  betannt,  follte 
er  alles  3eitlid)e  aud)  barüber  einbüßen.  ©Ott  ber  £err  loolle 
i^m  baju  feinen  heiligen  (Seift  geben."  Mod)  einanber  gaben 
nun  in  äl)nlid)er  Söeife  fämtlid)e  3)Utglieber  bes  iKats  unb 
©eridjts  unb  bie  Vertreter  ber  fünfte  ihre  Meinung  $u  s£rotofoll. 
9iat3*  unb  ©erid)tsperfonen  waren:  5Iltbürgermeifter  £>ans 
Sriebrid)  $ern,  3oad)im  s33ub,  ^Ipotbefer  3oh.  ^Bartbolb,  "iöenbel 
Jifd),  sJSeter  6d)od),  Söaumeifter  3eb.  3d)erb,  3afob  .£)erm, 

S.  SBernf).  (Erfjarb,  ÜDndjel  Jelbner,  (Eafpar  5lberlin, 
^  ans  otiejj,  3)«d)el  3immerer,  (£t)riftof  ©auf?,  Philipp  Jrauen^ 
preis,  Gfyriftian  gleifd)mann,  (ElauS  5lid)elin,  9J?artin  5afjnad)t, 
Safob  Sanner,  «altfjafar  3d)ill,  iHubolf  3olb.  £ans  *#ecft) 
mar  franf ;  er  fdjeint  ber  cinjige  ejeroefen  511  fein,  meldjer  nadjgab 
unb  fein  ftinb  fattjolifd)  taufen  lieg.  Tie  3lltftabt  ftimmte  aud) 
in  gleid)em  3innc  ab;  ber  bortige  ^iertelmeifter  hatte  bie 
Bürger  gehört,  Die  sPfor(^)eimer  Wirgerfdjaft  mar  alfo  ihrem 
©lauben  treu  geblieben. 

Unteroogt  Saber  wütete,  brotjte  mit  ©clbftrafen  unb  uer* 
ftärfter  (Einquartierung.  Der  Otat  menbete  fid)  mieber  an  bie 
Regierung  in  §eibelberg,  fd)ilbcrte  bas  allgemeine  Glenb,  beroor* 
gerufen  burd)  ben  ftrieg  unb  bie  (Einquartierung,  'DJeulid)  fei 
mieber  ein  lotf)ringifd)es  Regiment  511  s$ferb  unb  eins  $u  5U6 
in  ber  3tabt  gelegen ;  banad)  Oberft  ^n^ereourt  mit  8  ftompagnieu 
14  *2Bod)en  lang  unb  habe  44000  ©ulben  gefoftet.  3n  ben 
71/»  Sß^en  unter  bau erifdjer  Regierung  fei  mehr  als  bie  Hälfte 
ber  (Einwohner  burd)  junger  unb  fonftiges  (Elenb  ums  £eben 
gefommen.  Die  Regierung  möge  ben  stferid)ten  Räbers  uid)t 
alles  glauben  unb  aud)  bie  Bürger  l)ören.  ©eorg  Seher  unb 
5tpothefer  $artl)olb  Ratten  bies  alles  felbft  in  £>eibelberg  oorge^ 
tragen  unb  erhielten  bas  s43erfpred)en,  ba|  Jaber  bie  angebrobteu 
3trafen  oorerft  nid)t  ausführen  bürfe.  Die  Sßforjljeimer  befudUen 
bie  ©ottesbienfte  in  ben  uinliegenbcn  mürttembergifdjen  Crtjdjafteu, 
liefen  aud)  ihre  fänbet  bort  taufen.  3pe*ial  Sibel  trug  fpäter 
biefe  kaufen  in  bas  biefige  ftirdienbud)  ein.  3(m  1*. 
ging  eine  neue  *öittfd)rift  an  ben  fturfürften  nad)  Wündjen  ab: 
*Hed)tsaelef)rter  Ä'aufdjelmann  mar  ber  Ueberbringer.  Die  AMlfe 
fam  jebod)  unerwartet  mo  anbers  l)er. 


Digitized  by  Google 


96 


i<forabeim  im  30jäbriflen  Stieße. 


om  befeftigteti  3täbtd)eu  Bennfelbcn  oberhalb  3trajjburg 
loci  ber  fd)mebifd)e  Obevft  griebrid)  SHofet  oon  gilSecf,  ein  geb. 
Württemberger,  mit  feinen  Gruppen.  Diefer  brot)te,  bafj  roenn 
Bauern  bie  bitten  ber  ^forsbeimer  nidjt  erl)öre,  er  alle  Slapujiuer 
unb  ^efuiten  oerjagen  werbe,  fomeit  feine  sJ)lad)t  reiche.  Das 
reidie  unb  fd)öue  ^efuitenfoUeghim  }ti  Boisheim  hatte  oon  itjm 
alles  511  befürchten,  wenn  er  feine  Drohung  jmr  Xrmt  roerben 
lief?,  Das  roirfte.  Alle  Deputationen  unb  Bittfd)riften  nad) 
.freibelberg  unb  sJWünd)en  unb  an  bie  eoangel.  $teid)sftänbe  t)atten 
nidjt  fo  oiel  oermodjt,  als  bas  entfcbloffene  Auftreten  SJtofers, 
oon  n>eld)em  man  mußte,  baft  er,  menn  nötig,  feiner  Drolmng 
rücffid)tslos  ^iad)brud'  aeben  merbe.  9Csn  21.  Auguft  eröffnete 
bie  Regierung  51t  .fceibelberg  ein  oom  Hurfürften  unterjeicbneteS 
Defret,  in  meldjem  es  hieß,  bafj  er  auf  bie  inftänbigen  bitten 
bin  bie  roohloerbiente  3trafe  iubutgieren  roolle.  Die  Beamten 
follten  jebod)  auf  bas  Verhalten  ber  Untergebenen  ein  befonberes 
Aufmerten  haben  unb  fo  fie  fid)  fürberbin  ungebührlich  oerbalten, 
fogleid)  baii'tber  beridjten. 

3d)on  am  4.  Auguft  K>4:J  teilten  bie  (^eiftlidjeu  jurürf 
unb  bie  allgemeine  Jrcube  mar  groij.  Der  Mat  oergajj  es  nidjt, 
bem  £anbarafen  oon  Reffen,  bem  fturfürften  oon  6ad)fen,  ben 
eoangel.  sJteid)Sftänben  $u  granffurt,  ganj  befonberS  aber  bem 
$>er$og  oon  Württemberg  ju  banfen.  £etjterer  mar  es  ohne 
äroeifel  gemefen,  meldjer  fid;  mit  bem  Oberften  9ttofer  ins  53e= 
nehmen  gefegt  unb  benfelben  5U  feinem  Vorgehen  oeranlaßt  hatte. 

dS  maren  eigentlich  nur  bie  Bürger  <ßforaheim§,  welche 
bem  Berfudje,  fie  jur  Annahme  be3  fatl)olifd)en  (Glaubens  )tt 
Sroingen,  hartnäeftgen  Wiberftanb  leifteten.  3n  anberen 
©egenben  ber  SNarfgraffdjaft  fd)icfte  man  ftd)  in  baS  Unoer» 
meiblidje  unb  tbat  ben  fremben  (3ercaltl)abern,  roenn  and]  mit 
ber  gauft  im  Sacfe,  im  Allgemeinen  ben  Willen.  


Sie  legten  ftrieg*ja^rc. 

Wol)l  maren  fd)on  1G43  griebenSunterbanblungen 
jiotfdjen  ben  friegSmüben  9)iäd)ten  angefnüft  roorben,  aber  es 
ollte  nod)  geraume  gett  oergeben,  bi§  unfer  jerriffeneS  'ißaterlanb 
id)  ber  Segnungen  bes  griebens  mieber  erfreuen  burfte.  Aud) 
ber  3tabt  $  forste  im  miberfubr  in  ben  folgenben  ^aljren 
nod)  mandies  Ungemad).  Bis  jum  Auguft  1(544  mar  ^ßforjbeim 
oon  ben  dauern  befegt  bann  rürftc  ein  fd)ioebifd);fran$öfiid)es 
ßeet  unter  bem  Jtommaubo  bes  -Oerjogs  oon  (£ngbien  oor  bie 
3tabt  unb  nahm  fie  mit  Sturm  ein.  Als  Befatwug  blieb  ein 
id)ioebifd)es  Reiterregiment  hier,  beffen  Befehlshaber  ber  Cberft 


Digitized  by 


^forabeim  im  30i&&rtaen  Rrteae.  97 

!Heinf)olb  SRofer  mar.  (£r  fdjeint  ein  wohlwollenber  ftriegSmann 
gewefen  ju  fein,  benn  er  fdjenfte  ben  ©eiftlidjcn  unb  Sehrern 
ber  3tabt  ein  p  Cuantum  gvüdjte ,  ebenfo  aud)  sBein.  3»« 
Cftober  1645  nahmen  bie  dauern  ^forjbeim  ben  ®d)meben 
wieber  ab.  Johann  oon  Sertb,  ber  ebenfo  tapfere  als  fdjonungSlofe 
banerifdje  (General,  nahm  felbft  in  ber  ©tabt  (bei  ftronenwirt 
Schnell)  Quartier  unb  fdjrieb  ftarfe  Hontributionen  aus.  s2llS 
bie  dauern  abzogen,  mürbe  s^forjbeim  teilweife  eingeäfcfyert. 
Oiacf)  ben  kapern  famen  loieber  bie  8djweben,  bieSmal  baS 
^Regiment  bes  Cberften  $afpar  8d)od),  eines  geborenen  s$forj* 
beimerS.  $ie  Wirger  batten  oon  Jyeinb  unb  Jreunb  eigentlich 
gleich  oiel  ^u  leiben,  benn  bie  Sdjroeben  batten  ihre  frühere 
5Wannsjud)t  oerloren  unb  ftanben  an  ©raufamfeit  ben  Äaiferltdjen 
nid)t  nad).  sBaS  man  übrigens  bie  „8d)weben"  nannte,  waren 
im  (Srunbe  genommen  faum  mebr  fold)e,  fonbern  ein  9Hifd)mafcf) 
oon  Anhängern  aller  Ovationen  unb  33efenntniffe.  SDaSfelbe 
mofaifartige  (Gepräge  trugen  beS  ßaiferS  unb  ber  £iga  £>eere. 

(Snblid)  nad)  @rfd)öpfung  aller  Littel  jum  Kriege,  ber 
langft  nid)t  mebr  bes  ©laubenS,  fonbern  feiner  felbft  wegen 
geführt  würbe,  erfolgte  ber  3lbfd)lufj  beS  ftriebenS  ju  fünfter 
unb  Csnabrücf  am  24.  Cftober.*)  SJJarfgraf  Jyriebrich  V.  oon 
"öaben  (>atte  es  nur  fd)webifd)er  ^erwenbung  ju  banfen,  ba§ 
feine  $3eoollmäd)tigten  ui  ben  Swbensunterbanblungen  jugelaffen 
würben.  @r  erreichte  bie  SÖiebereinfetjung  fowobl  in  geiftlidjen 
als  in  weltlichen  Sachen  in  ben  3tanb  oon  1618  binfidjtlid)  ber 
Sflarfgraffdjaft  söaben=Durlad),  bie  tfurücfftellung  ber  Remter 
Stein  unb  iHemdnngen,  fowie  bie  Aufhebung  ber  jäbrlidjen 
©ein»  unb  ©etreibelieferung  an  bie  si)carfgraffd)aft  ^öaben=söaben. 


*)  $er  roeftfälifebe  ftriebe  bildete  bie  ©runblaae  aller 
folcienben  ftriebensfcblüffe  bis  aur  framöfifeben  iHcoolution  unb  ba8 
©runbaefefc  ber  fpäteren  beutfeben  sJieid)3ocrfaffuna.  9fad)  ben 
roefentfiebtten  Steftimmunaen  beSfelben  erhielten  bie  beutfehen  iHeid)§* 
ftänbe  ba§  iRecbt  ber  SBtinbniffe  unter  fieb  unb  mit  fremben  sUläd)ten, 
nur  nicht  acaen  Slaifcr  unb  Ütcid).  $)aS  Rutbaul  M  erhielt  bie 
^falj  am  iRbein  aurücf  mit  ber  ueuerrichteten  H.  fturroürbe.  $cr 
^UiaSburaer  SReliatonSfriebe  oon  1B55  würbe  beftätigt.  Joinftcbtlid) 
ber  WeliflionSauSübunn  unb  beS  ^Bcftftcö  ber  fachlichen  @tiftunaen 
würbe  baS  3abr  1624  als  ws^ormaliahr-  feftflefc^t  unb  nur  Oefterreid) 
hieroon  auSaenommen.  3)ie  ^Reformierten  betauten  alcidjc  Medjte  mit 
ben  2luaSburaer  S?onfeffion3oerroanbten  guaeftanben.  Srranfreid) 
erhielt  bas  öfterreicqifcbe  ©Ifaf?,  (5d)toeben  erhielt  Sßorpommern,  bie 
Bistümer  Bremen  unb  Sterben,  bie  Stabt  SBiSmar,  fowie  bie  s.Hed)te 
ber  9leichSftanbfchaft  unb  eine  flriepSentfcbäbiauna  oon  5000000 
Sbalern.  iöranbenbura  befam  bie  (Stifter  £>alberftabt,  SRinben, 
ttammin  unb  bie  Mnroartfcbaft  auf  sJRaabeburg.  $ie  Weberlaube 
unb  bie  ©auweia  würben  als  felbftänbtae  (Staaten  anerfannt.  3)aS 
beutfehe  SReid)  oerlor  burd)  ben  roeftfälifchen  ^rieben  über  100000  qkm 
unb  feine  aanae  politifdjc  3Rad)tfteUuna. 

7 


Digitized  by  Google 


^forabeim  im  30j&btigen  Ärieae. 


©ein  Anfprud)  auf  leitete  fetbft  fanb  feine  $erficfftd)tigung. 
2)er  ^arfgraf  erhielt  burd)  ben  grieben  biejenigen  SBefttjungen 
feines  Kaufes,  meiere  nad)  ber  SanbeSteilung  oon  1535  ber 
(Srnft'fdjen  £inie  juftanben. 

2)a  bie  $ominifaner  unb  granjisfaner  im  ^a^tt 
1618,  alfo  jur  Seit  beS  ftriegSbeginneS,  in  s]3for^eim  nidjt 
anfäfftg  waren,  fo  Ratten  fte  bie  bortfelbft  innegehabten  Älöftcr 
ju  räumen  unb  bie  Stabt  ju  oerlaffen.  bereits  am  9.  gebruar 
1649  aing  ihnen  oon  SBafel  aus,  roofelbft  fid)  bamals  SDlarfgraf 
griebrtd)  auffielt,  ein  bieSbejügltcher  fürftlidjer  SJefebl  ju.  2)ie 
granjisfaner  famen  nod)  um  eine  furje  grift  ein,  um  ihre 
Angelegenheiten  ju  orbnen  unb  jogen  bann  am  20.  SJtarj  oon 
^forjbeim  a0/  nad)bem  fte  bie  Sa^lüffel  jur  Siirdje  unb  ginn 
ftlofter  bem  Oberamt  ausgeliefert  rjatten.  ©djroieriger  zeigten 
ftd)  bie  $ominifaner.  2>iefe  roollten  nod)  bis  nach  ocn  Öfter* 
feiertagen  im  ftlofter  bleiben,  unb  als  fte  ^terju  feine  Erlaubnis 
erhielten,  nahmen  fte  2Bol)nung  im  $aufe  ber  iföitme  beS 
greiherrn  oon  Cm,  oon  ioo  fie,  nadjbem  baS  Ofterfeft  oorüber 
mar,  nad)  s}*hilippSburg  jogen.  $ie  <3d)lüffel  lieferten  fte 
inbeffen  nid)t  bem  Oberamt,  fonbern  bem  eoangel.  Special  ©rat 
ab.  3"  ben  freigeioorbenen  Kirchen  mürbe  alSbalb  toieber 
eoangel.  ©otteSbieuft  „öffentlid)  unb  in  großer  grequettä"  gehalten. 

*  * 
* 

$reijjig  ftahre  ^attc  bie  KriegSfurie  burd)  $eutfd)lanb 
getobt  —  ein  9)ienfd)enalter  ooll  Wut,  sittorb  unb  ^öranb,  ber 
rabifalen  Vernichtung  ber  beroeglichen  .fmbe,  ber  ^erftörung  ber  • 
unbeweglichen,  beS  geiftigen  unb  materiellen  VerberbenS  ber 
Nation,  gaft  alle  Völfer  CSuropa'S  fagt  ®uftao  greutag,  fanbten 
ihre  fchled)teften  Söhne  "l  Dcn  lougcn  Krieg.  9Ud)t  nur  eiit3eln 
jogen  frembe  Sölbner  ben  ^Berbetrommelu  nad),  WH  krähen 
eine  ©ahlftatt:  baS  gan$e  d)riftlid)e  (Europa  mürbe  in  ben 
Siampf  hineingeriffen.  3«  Kompagnien  unb  Regimentern  vertraten 
bie  gremben  ben  beutfd)en  tiefer.  $ie  gelbherren  fd)rieben 
unerfct)minglid)e  Kontributionen  aus  unb  bargen  einen  Seil  baoon 
in  ihrer  £afd)e.  $er  Oberft  unb  ber  Hauptmann  branbfcbafcten 
bie  Stäbte  unb  Dörfer,  in  benen  ihre  Gruppen  lagen. 
Erbarmungslos  mürbe  baS  Unerjd)minglid)c  zugemutet,  bann 
begann  ein  £>anbeln  unb  geilfd)en:  auf  ber  einen  Seite  milbe 
Drohungen,  auf  ber  anberen  bemütige  bitten.  $m  heften  galle 
mürbe  juletjt  ein  $lbfommen  getroffen  unb  burd)  groftc  öefdjenfe 
an  bie  Oberofftjiere  befiegelt.  Selten  aber  mürbe  baS  2lbfommen 
gehalten.  2>ie  gürften  fehieften  ihr  8tlbergefd)irr  unb  bie  N^ferbe 
ihres  9HarftaUS  an  bie  (Generale,  bie  Stäbte  (Mbfummen  unb 


Digitized  by 


^forabetm  im  30icifcrigen  flriege. 


99 


gäffer  SBcin  an  bic  Oberften  unb  £auptleute,  bic  Dörfer  Weit- 
pferbe  unb  golbene  treffen  an  dornet  unb  Sadjtmeifter,  fo 
lange  oon  foldjen  93efted)ungsmitteln  nod)  etwa§  oorfjanben  mar. 
Magerte  ba3  £>eer  in  einer  £anbfd)aft,  fo  fudjten  ftd)  angefefyene 
©utsbefitjer,  Stifter  unb  Dörfer  burd)  eine  Sdjutjgarbe  ju 
fd)ü^en.  Sie  würbe  teuer  bejar)!^  mußte  gut  befjanbelt  unb 
ernährt  werben  unb  oerübte  trotjbem  arge  Ungebühr.  £ag  ein 
Ort  jmifdjen  jwei  Speeren,  fo  mußte  er  oon  beiben  Parteien  bie 
Sdjutjgarbe  erbitten.  $ann  lebten  wobl  bie  geinbe  auf  Soften 
tyrer  s&irte  in  frieblicfjem  (Sinoernebmen.  2lber  nur  feiten  waren 
@injelne  pber  Crtfdjafteu  fo  glürflid),  biefen  ungenügenben 
Sdnit}  fid)  511  fidjern,  benn  ba§  §eer  mußte  leben.  Sd)nell 
würben  bie  (Jrpreffungen  ju  einem  Softem  auSgebilbet,  bie 
sJ$lünberung,  3erfwrung  uno  Duälerei  ju  einem  teuflidjen 
Raffinement.  Söenn  bie  Gruppen  im  $orf  ober  ber  2anbfd)aft 
cinrüeften,  fprangen  bie  Solbaten  wie  bie  Teufel  in  bie  Käufer. 
$)ie  größte  $)üngerftätte  locfte  am  meiften,  benn  bort  mar  ber 
größte  ^feoTjIftanb  $11  erwarten.  35ie  Dualen,  weldje  ben  @in* 
Wörnern  jugefügt  würben,  Ratten  meift  ben  $wecf,  öa^  oerfteefte 
©ut  au§  ifynen  f)crau§äulocfen.  5lud)  fie  würben  burd)  befonberc 
tarnen  unterf Rieben,  oon  welchen  ber  „Sdjwebentranf"*)  am 
befannteften  ift.  (£3  beftanb  barin,  baß  ben  armen  Opfern  mit 
Gewalt  große  Mengen  efelerregenber  glüffigfeiten  eingefdjüttet 
unb  bann  burd)  Stöße  auf  ben  3)lagen  wieber  jur  Entleerung 
gebracht  würben,  geraer  fd)raubten  bie  *piünberer  bie  Steine 
oon  ben  s$iftolen  unb  jwängten  an  ifjre  Stelle  bie  Laubbäumen 
ber  dauern;  fie  rieben  bie  gußfofjlen  mit  Satj  unb  ließen  fie 
oon  Riegen  ablecfcn;  fie  banben  bie  £änbe  auf  ben  Rüden, 
jogen  mit  burdjlodjerter  5It)le  ein  9ioßf)aar  burd)  bie  3unge  unb 
bewegten  bie§  leife  auf  unb  ab ;  fie  banben  ein  Seil  mit  knöpfen 
um  bie  Stirne  unb  breiten  e§  hinten  mit  einem  Knebel  jufammen; 
fie  fcfynürten  $mei  ginger  an  einanber  unb  fuhren  jwifcfyen 
benfelben  mit  einem  Sabeftocf  fo  lange  r)tn  unb  f)er,  bi§  £aut 
unb  gleifd)  auf  ben  ftnodjen  oerbrannten;  fie  brängten  iljre 
Opfer  in  ben  SBacfofen  unb  jünbeten  Strof)  hinter  if)nen  an, 
bann  mußten  bie  (Gequälten  burd)  bie  glammen  frieden.  Unb 
ba3  waren  bie  abfd)eulid)ften  Dualen  nod)  nidjt.    2öa3  fie  ben 


•)  3)er  „Sanoebentranf"  ift  feine  ©rfinbung  ber  ©d)rocben, 
fonbern  ber  ftaiferlidjen,  weldje  mit  bcmfelben  ibre  Opfer  gum  &obn 
auf  be3  ©d)roebenfömg§  ©efunbbcit  trinten  ließen.  9lud)  <örimmclä= 
baufen  läßt  ben  ®d)roebentranf  fdjon  1631  angeroenbet  werben,  alfo 
ju  einer  #eit,  n)o  bie  Sajroeben  taum  in  S)eutfd)lanb  waren  unb  bie 
eiferne  3ud)t  ibreS  SlönigS  jubem  berartige§  gar  nid)t  gebulbet  bätte. 
$afc  bie  ©djroeben  fpätcr  aber  bie  armen  ^Bürger  unb  Säuern  fo 
gut  mit  bem  fdjeu&licben  %Xant  trattierten,  wie  bie  ftatferliajen,  ift 

T £C l \  \ d)     i) Q 1 1  c\ et]  1 1 

7* 


Digitized  by  Google 


100 


^forabeim  im  30jäbriaen  Jtrteae. 


Jyrauen  unb  9)Jäbd)en,  ©reifinnen  unb  ßinbern  jufügten,  bleibe 
oerfdjroiegcn.  ilcberaU  fanb  ficf)  Oefinbel,  ba$  ftd)  &u  ihnen 
fd)lug  unb  ihren  eigenen  s3!ad)barn  »erriet. 

©o  halten  bie  Jörne  im  93olf,  jebeS  93ett  entehrcnb,  jebe§ 
$>au§  beraubenb,  jebe  #lur  nermüftenb,  bis  ber  allgemeine  Wuin 
ihnen  felbft  SBerberben  bradjte.  U:ib  bie3  breifrigjabrige  ^erberben 
uoüenbete  ftd)  in  einer  gemiffen  Steigerung.  $ie  ^abre  1(135 — 1641 
roaren  e§,  welche  bie  letzte  Ätaft  ber  Station  nernidjtcten. 
93on  ba  bi§  jum  ^rieben  lag  eine  tätliche  Ermattung  auf  bem 
£anbe,  bie  ftd)  aud)  bem  Speere  mitteilte.  S-Beil  ber  Unterbau 
beleihen  immer  fdnuieriger  mürbe,  tarn  mehr  9)cethobe  in  bie 
9taub=  unb  (lrpreffung§fud)t  unb  bie  gemanbteften  diäuber  mürben 
Oberbefehlshaber.  (£3  lohnte  fid)  mobl,  bamalS  an  ber  Spitze 
eine§  §eere§  511  ftetjen  unb  bie  ©cnerale  trieben  ben  Strieg  nid)t 
nur  banbroerfSmäfiig,  fonbern  r>or  allen  fingen  erroerbSmäjjig. 
211$  ber  fd)tuebifd)c  ge Ibljerr  Sörangel  bie  erfte  91ad)rid)t  oon 
bem  gefd)loffenen  ^rieben  erhielt,  trieb  er  ben  (Eilboten  mit 
Sdjeltm  orten  oon  ftd),  rcarf  feinen  §ut  grimmig  auf  ben  Stoben 
unb  trat  if)n  mit  jüfien.  (£r  t)ielt  fid)  nod)  nid)t  für  reid)  genug, 
baber  feine  SBut.  ®raf  ftönigSmarf,  einft  ein  armer  (Sbelfnabe 
unb  fpäter  einer  ber  ärgften  SHauboögel,  meld)e  burd)  3)eutfd)lanb 
flogen,  führte  fo  niete  SÖagenlabungen  non  ©olb  unb  ftoftbar* 
feiten  nad)  <cd)TOeben,  baf?  er  feiner  Jvamilie  ein  jäbrlidjeS 
(Sinfommen  oon  130  000  £balern  hinterließ,  für  jene  3eit  eine 
ganj  foloffale  iHente.  Selbft  als  ber  #rieg  beenbet  mar,  mürbe 
nod)  einmal  ba§  übrig  gebliebene  Statt  bi*  jur  SSerameiflung 
angeftrengt,  bie  Unterljaltung§foften  unb  $rieben§gelber  für  bie 
fttlieftetjenben  Gruppen  ju  jaulen,  bis  bie  f>eere  unter  ber 
Nöeoölferung  &errannen.  — 

9Öie  alle  übrigen  beutfdjen  i'anbe,  fo  fjatte  aud)  bie 
DJlarfgraffdjaft  Stoben  fdjrecflid)  unter  ber  Gnnmirfung  be§ 
$riege§  ju  leiben,  unb  bie  ^Beoölferung  mar  um  oollc  brei  Viertel 
uerminbert.  nieder,  ©arten  unb  Weinberge  maren  oermüftet 
unb  feit  3abren  nid)t  mehr  angebaut,  in  ben  meiften  Crtfdjaften 
fämtlid)e  ©ebäube  teils  burd)  SBranb,  teils  burd)  (Sinfturs  jerftört. 

5tud)  in  s#f  Olxheim  l)errfd)ten  traurige  ^uftänbe.  9111er 
2Boblftanb  mar  uernidjtet,  bie  ^Benölferung  aujserorbentlid) 
nerminbert,  unb  bei  früher  nid)t  uttbebeutenbe  ^anbel  lag  ganj 
barnieber.  91od)  lange  nad)  bem  Kriege  fanben  fid)  allenthalben 
in  ber  3tabt  öbe  N}>lä^e.  %m  17.  3lpril  h>67  erging  ein  fürftlidjer 
Befehl,  bie  baufälligen  Käufer  ju  reparieren  unb  bie  oben  s#lät}e 
mieber  ju  bebauen.  ©cfdjat)  bies  nid)t,  fo  follten  fte  uerfauft 
tmb  ber  (£rlös  ben  Eigentümern  jugefteflt  merben.  sJhir  langfam 
erholte  fid)  bie  3tabt  oon  ben  bitteren  sJiad)meheu  beS  AUiegeS, 
um  faum  oier  .[fafwhnte  fpäter  mieberum  bem  s^erberben 
preisgegeben  $u  fein. 


Digitized  by  Google 


Von  1648—1688, 


Dimere  BertyUtittffe. 

3Iuf  SJlavfgraf  ^riebrid)  V.,  meldjer  am  8.  September  1659 
im  6G.  -3af)ve  feines  Sebent  ju  5)urlad)  ftavb  unb  in  s$for$l)eim 
beigefe^t  mürbe,  folgte  fein  ältefter  Sofyn  Jriebrid)  VI.,  ber 
pd}  mit  Gifer  nnb  i*flid)tgcfüf)l  ber  Regierung  roibmete.  Unter 
ibm  mürbe  aud)  ba§  $forjfjeimer  S  d)  l o  fj  mieber  aufgebaut, 
mie  er  überbauet  förbernb  auf  bas  93auroefen  in  feinem  Sanbe 
einmirfte.  $ie  Seelenjabl  s#f  or^beims ,  meiere  jur  Qeit  bes 
meftfälifdjen  guebenS  faum  2000  betragen  tjaben  bürfte,  nafym 
aümäblid)  mieber  ju  unb  betief  fid)  oor  3iusbrud)  bes  orleans'fdjen 
Krieges  roobl  auf  3500. 

$ie  .ßufammenfefyung  ber  ft  ä  b  t  i  f  d)  c  n  53  e  b  ö  r  b  e  n  mar 
in  ber  -Ipauptfacbe  biefelbe,  mie  in  früherer  Seit.*)  5(n  ber 
Spit3e  bes  ©emeinmefens  ftanb  ber  ©  ft  x  g  e  r  m  e  i  ft  e  r ,  ber  in 
bem  aus  jmölf  „Sfatsnermanbten"  jufammengefetjten  Sftate  ben 
s43ovfi^  führte.  2)as  öertdjt  batte  biefelbe  $abl  uon  „©eridjts* 
uermanbten"  unb  mürbe  uom  Untevuogt  präftbiert.  $ie  Stelle 
eines  ^nrgermeifters  befleibcten  in  ber  3*it  wm  1650— 1G90: 
©eorq  Seber,  Wfolaus  (Sud)cle,  $aitS  SRattin  ^afmaait,  £ans 
©all  Littel,  Üöiidjaet  ^eter  Stiep,  Oobann  ^afob  Deimling  unb 
sJJtartin  Roller.  Cberuögte  maren:  (Sngelbarb  ©öler  Don 
Waoensburg,  .<pugo  ©rnfl  uon  £aubenberg,  Dobias  Spinbier  unb 
>ßbilipp  3«fob  oon  ^oljbeim;  Untern  ögte:  Qof).  Serber, 
Öof).  *öurfb.  Heller  unb  (hbarbt  ftivebberr.  ©emeinfcfyaftlidje 
Sitjungen  (bes  iHats  unb  ©eridjts)  füllten  eigentlid)  jebe  'föodje 
ftattfinben,  fielen  aber  bäufig  and)  aus.  55er  Cberuogt  nabm 
bin  unb  mieber,  ber  Unterzogt  aber  bäufig  au  benfelbcn  teil. 
3ebes  TOtglieb  bes  Ofats  unb  ©evidjts  Durfte  ben  (Sbrentitel 
,,.£>err"  füfjreu,  ber  fonft  nur  ben  fürftlidjen  Beamten  unb 
©eiftlidjen  jitfam.    $ie  uollftänbige  3(urcbe  an  s33ürgermeiftcr, 

♦)  Nad)  klüger,  «.  4<>:>  u.  ff. 


Digitized  by  Google 


102 


«Bon  1643-1688. 


©erid)t  unb  SRat,  roelcfye  bienftlid)  gebraucht  roerben  mußte,  fyatte 
folgenben  ÜBortlaut:  M2öot)lci)i*enf eftc ,  efjrenfefte,  fmcfc  unb 
roof)lgead)tete,  fürftd)tige,  ef)rfame,  bod)*  unb  rooblmeife  §erren 
amtötragenber  SJfirgermetfter,  ©erid)t  unb  SHat,  gnäbigft,  fjod)* 
geefjrtefte,  f)od)^  unb  uielgecbrte  Herren  !" 

Öfyre  3lmt3mürbe  mußten  bic  £erren  ftreng  ju  roafyren  unb 
roer  fte  oerle^te,  fyatte  bafür  ju  büßen,  wobei  ©elb=  unb 
©efängnteftrafen  in  2lumenbung  tarnen.  $er  Bürger  ftans 
2utj  fyatte  bie  ftäbtifdje  33ef)öroe  bei  bev  fürftlidjen  Äanjlei 
ungerechtfertigter  2Öeife  ber  (£infd)üd)terung  ber  äunftmeifter 
be^idjtigt  unb  rourbe  bcSfjalb  „in'3  Ääfidjt"  be§  93rötjinger  £cjore§ 
gefteeft,  mußte  fid)  aller  efjrlidjen  .äufammenfunfte,  (Sefellfdjaften 
unb  ftt&tn  bei  einer  Strafe  uon  10  s#funb  Pfennig  enthalten 
unb  burfte  bei  gleicher  Strafe  bis  auf  Weiteres  bie  ^forjbeimer 
©emarfung  nidjt  uertaffen.  9Xud)  ba§  2lnfef)en  ber  ftäbtifdjen 
öebtenfteten  mürbe  tlnmlidjft  gefd)üt3t.  So  mußte  ber  9ftetjger 
Diapp  10  Schilling  Pfennig  jaulen,  roeil  er  gejagt  fyatte,  man 
müffe  ben  fjleifcfjfcfiäljevn  drillen  auffegen  unb  ben  SHetjger 
53ucf  traf  eine  Strafe  uon  1  $funb  Pfennig,  metl  er  bie 
befyeftierlidje,  menn  aud)  jutreffenbe  $leußerung  getfmn:  „man 
Ijänge  deinen,  man  r)abe  ifyn  benn  juoor". 

3)ie  3Jtitglteber  ber  Stollegien  belogen  feine  93ef  olbung ;  nur 
ber  5Jürgermeifter  erfjielt  au§  ber  Stabtfaffc  jäfyrlid)  10  f(.  40  fr., 
roeldje  Summe  1683  auf  32  fl.  crr)öt)t  mürbe.  5lud)  diäten 
gab  e3  nur  feiten.  2>afür  rourbe  aber  uon.  $eit  $u  $eit  e*n 
„irunf"  getfjan  unb  eine  SJtafjljeit  ueranftaltet.  $a  aber  biefeS 
bie  Stabt  oiel  ©elb  foftete,  fo  mürbe  e§  2kaud),  ben  fonft  mit 
einer  dinlabung  bebauten  ^erfonen  an  Stelle  einer  folgen 
ftlberne  Söffet  $u  fdjenfen.  So  mürben  1088  bei  ber  Ülbfjör 
ber  53ürgermeifterred)nuug  (bie  fonft  immer  Einlaß  gu  einer 
sJJlat)l$eit  gab)  30  filberne  Söffet  aufgeteilt,  mofür  ber  ©olbfdjmieb 
WfolauS  $3urff)arbt  92  fl.  7'/*  fr.  auSbejablt  erhielt. 

$ie  eigentlidjeu  ft ä b t i f d) e n  Sebienftctcn  bejogen 
s-8efolbungen,  bie  aüerbing§  nad)  unferen  heutigen  SBerfjältniffen 
lädjerlid)  gering,  bem  bamaligen  (Mbmerte  aber  fdjon  einiget» 
maßen  aulfömmftcf)  unb  übrigen^  teilrceife  Nebenämter  maren. 
(£§  erhielten :  ber  Stabtfdjreiber  88  fl.  20  fr.,  ber  StabtpbuftfuS 
20  fl.,  ber  Saumetfter  ebenfouiel,  ber  ftornfdjreiber  5  fl.,  ber 
SBeinftegler  4  fl.  17  l/i  fr.,  ber  sJJlaßpfennigein$ief)er  2  fl.  20  fr., 
ber  Sleifdjmäger  5  fl.,  ber  2Bafd)bausuermalter  6  fl.,  ber  beutfdje 
Sd)ulmeifter  15  fl.,  ber  ^iufenift  10  fl.,  brei  i>d>eammen  jc 
7  fl.  unb  3  ftlafter  £)ol$,  bev  Söalbfdjütj  24  fl.,  ber  Stabtfned)t 
26  fl.,  bie  «robbefdmuer  je  2  fl.  30  fr.,  bie  gleifd)fd)ä$er 
ebenfootel,  ein  Crqanift  10  fl.,  ber  Sljovmädtfer  bes  Slltftäbter 
£f)orc3  7  fl.  51  fr.)  ber  löüdjfenfjalter  unb  Sefdjließer  bafelbft 


Digitized  by 


«Ott  1648-1688. 


103 


6  fl.  30  h\,  ber  ^orttmcfjtcr  am  93rö$inger  $f>or  14  fl.  21  fr., 
ber  SBefdjließer  2  fl.,  ber  $f)orn>äd)ter  am  tttuerbrunnennjor 
8  fl.,  jroei  $ormitternad)t3roäd)ter  je  13  fl.,  sroei  9]ad)mitternad)t§* 
mädjter  je  11  fl.,  ber  $od)roäd)ter  auf  bem  $rö#nger  2t)or  16  fl., 
bie  ©rfjlie&erin  be§  £illertI)or$  1  fl.,  be§  ©d)äferu)or§  2  fl., 
ber  ©d)lief*er  ber  sÄel)re  an  ber  Slltftäbter  33rücfe  1  fl-  30  fr., 
ber  £l)orroäd)ter  am  §eiligenfreu$tf)or  2  fl.,  ber  £f)orroäd)ter 
beim  oberen  ©rabentfjor  ebenfooiel  unb  ber  ©ägoermalter  20  fl. 
55)cr  ©tabtfyauptmann  batte  freie  ©tatton  anjufpredjen  unb  bie 
jroei  ©tabttrommler  erhielten  jufammen  10  fl.  3)ie  ®efamtfumme 
ber  SBefolbungen  belief  fid)  1683  auf  387  fl.  48  fr.  $ie 
jährlichen  Gmtnabmen  ber  ©tabt  betrugen  im  genannten  3>al)re 
15  399  fl.  333/«  fr.,  roooon  aber  an  sJteft  (meiftenS  ©ülten) 
11  294  fl.  51  fr.  in  $lb$ug  famen,*)  fobag  bie  tf)atfäd)lid)en 
ßinuabmen  4104  fl.  423/«  fr.  waren,  roetdjen  Ausgaben  in  ^>öf)c 
uon  3709  fl.  39  fr.  gegenüberftanben,  alfo  ein  ftaffenüberfdmfj 
oon  395  fl.  33/4  fr.  oerblieb. 

$ie  bebeutenbfte  unter  ben  Qnnnabmen  bilbete  ber  ^funbsoll, 
b.  f).  bie  Slccife  für  ßäufe,  (Srbfdjaften  u.  f.  ro.  Sie  mürbe 
nid)t  nur  oon  ©ütern,  fonbern  aud)  oon  SÖaren  erhoben.  3m 
^rioilegienbrief  oon  1491  mar  ber  ^funbsoll  in  ^for^eim  auf 
1  ^ßfg.  oom  ©ulben  ermäßigt  roorben,  roogegen  fid)  bie  ^errfdjaft 
ben  Skjug  beSfelben  nad)  althergebrachter  ©itte  oorbehielt.  $)iefe 
^eftimmung  mürbe  1675  burd)  einen  Vertrag  jrcifdjen  ber 
©tabt  unb  ber  £>errfd)aft  bat)in  abgeänbert,  bafc  ber  ^funbjoü 
in  gleicher  £öf)e  mie  fonft  im  Sanbe  ju  erhöben  fei  unb  bie 
©tabt  ben  oierten  ^et(  be§felben  ju  beanfpruchen  höbe,  ©inen 
anfcbnlidjcn  Ginnaljmepoften  bilbete  auch  ba§  Söeggelb,  bas 
jtemlicf)  hod)  mar  unb  raieberholt  ben  umliegenben  ©emeinben 
Einlaß  5U  33efd)merben  gab. 

Unter  ben  in  ben  5lu3gaben  oorfommenben  „Verehrungen" 
finb  Öefdjenfe  511  oerfteben,  roeld)e  bie  ©tabt,  ungeachtet  ihrer 
mi§lid)en  ginanjlage,  bei  befonberen  Slnläffen  fpenbete,  namentlid) 
in  folgen  gälten,  roo  (Sinlabungen  an  fte  ergangen  roaren.  ©0 
mürbe  3.  33.  bem  Unteroogt  gaber  auf  feinem  r)od)äeitüc^en 
(Sfyrentag  ein  filbcrner  "Becher  im  s-3ßerte,  oon  32  fl.  ocrefjrt; 
Daniel  3Öeeber  erhielt  für  feine  Sodjtcr  eine  «£>od)3eit3gabe  oon 
8  Xfjalern,  ein  Ratsherr  3  fl.,  ber  ©obn  eines  ®cricf)t3hcrrn 
ebenfalls  3  fl.  u.  f.  ro. 

*)  £ie  (Bülten  waren  in  (Sinnabme  mit  10  9H4  fl.  27'/i  fr.  anqcfefet, 
looüon  aber  I0  89*j  fl.  32  tr.  itid)t  cinamaen.  (*$  riiort  bieö  olme  Zweifel 
bntjer,  bajj  bie  Kapitalien,  and  meieren  fic  floffen,  nidjt  iuef>r  criftierten,  ba 
faft  fdmtlidje  .Käufer,  auf  lucldjcn  bie  Stabt  (Oelber  fteljen  Ijattc,  int  30jäfyria,cn 
Kriege  abbrannten.  Irofcbcm  mürbe  ber  Soften  in  ben  ctabtrcdmnnaen 
roeuer  geyuon. 


Digitized  by  Google 


104 


93on  1648-16S8. 


I 


$irefte  Steuern  waren  nicht  $u  entrichten,  inbem  ber 
s$rioilegienbrief  oon  1491  bie  Bürger  auSbrücflid)  auf  „eroige 
Reiten"  oon  ihnen  befreite.  Umfomehr  rourben  biefe  aber  burd) 
inbirefte  Abgaben  in  3ttttleibenfd)aft  gebogen.  9kd)  bem 
30jährigen  Kriege  rourbe  inbeffen  roieberholt  eine  93ermögen§fteuer 
unter  bem  Flamen  einer  „Schalung"  erhoben,  bie  bei  ber 
SBürgerfcbaft  aber  böfe§  93lut  machte  unb  oiele  93efd)roerben 
berporrief.  1663  rourbe  aud)  eine  „Sürfenfteuer"  eingeforbert, 
bei  roeldjer  perfdjiebenen  Einträgen  nad)  ebenfalls  bie  „fröhlichen 
©eber"  festen. 

Sdjroer  brüeften  auf  ben  2Bor)lftanb  ber  Stabt  bie  großen 
©Bulben.  Saren  ber  Stabt  einerseits  bie  meiften  Stapitalten, 
roelche  fie  auf  Käufern  flehen  Ijattc,  burd)  bie  (Sinäfdjerung 
berfelben  im  30jäf)rigen  Kriege  oerloren  gegangen,  fo  roar  fie 
anbererfeitS  häufig  genötigt  jur  Leerung  bring enber  $3ebürfniffe 
©elber  aufzunehmen.  So  machte  bie  Stabt  1611  bei  3)r.  Sigmunb 
•£>afner  in  Speier  ein  5In(et)eu  oon  2000  fl.,  roeldjer  betrag 
1689  auf  5276  fl.  22  fr.  angeroadjfen  roar,  ba  nie  $inS  bejaht 
rourbe.  9lud)  finbet  fid)  fein  $8eleg  bafür,  ba&  bie  Sdmlb 
überhaupt  getilgt  roorben  tft  ©benforoenig  erhielten  Melchior 
unb  Martin  Wörbünger,  roelche  1629  ber  Stabt  1100  fl. 
uorftrerften,  ihr  ©elb  roieber.  $er  ftanjlift  $oty.  ftarl  2lllgeuer 
in  SHirlad)  t)attc  an  bie  Stabt  300  fl.  unb  pieljäbrige  rücfftänbige 
$infen  ju  forbern  unb  erlangte  eublid)  auf  bem  2Öege  gütlicher 
Vereinbarung  112  fl.,  roomit  er  fid)  bef riebigt  erflärte. 

$>er  bebeutenbfte  ©laubiger  roar  ba§  Stlofter  ^errenalb, 
oon  roeldjem  bie  Stabt  roäbrenb  bc$  30jährigen  SlriegeS  per* 
fchiebene  Soften  im  ©efamtbetrage  oon  4300  fl.  erborgt  hotte. 
$luch  bei  biefer  Summe  häuften  fid)  bie  3in§rücfftänbe  fo  an, 
bajj  fie  nach  unb  «ach  f«ft  bie  öölje  beS  Kapitals  erreid)ten. 
s3iad)  langen  $erl)anblungen  rourbe  enblid)  1717  jroifd)en  ber 
Stabt  unb  bem  ßlofter  ein  Slbfommen  getroffen,  laut  welchem 
fid)  evfterc  perpflichtete,  bie  auf  2300  fl.  hcraOgefet^te  Schulb  in 
brei  Terminen  abzutragen. 

9iid)t  beffer  als  ben  übrigen  ©laubigem  erging  eS  ber 
."perrfdjaft,  roelche  ber  Stabt  mehrfad)  mit  ©elboorfdjüffen  auS 
ber  Verlegenheit  geholfen  hatte,  fo  1661  mit  1000  ibalern  zur 
5ln)chaffung  oon  Vrotfrüd)ten.  2luf  eine  1672  erfolgte  Mahnung 
antroortete  bie  Stabt  mit  einer  ©ingabe  an  ben  Jürften  unb 
als  bie  Mahnung  im  folgenbeu  3af)re  roieberholt  rourbe,  mit 
bem  SJefdjeibe:  „man  folle  ©ebulb  haben".  1679  rourbe  baS 
©elb  nochmals  prürfperlangt  unb  jettf  gab  bie  Stabt  bie 
©rflärung  ab:  fie  habe  fein  ©elb,  motte 'aber  bie  fd)ulbigen 
1000  $baler  in  Slbzug  bringen  oon  ben  3000  fl.,  roelche  bie 
£errfd)aft  ber  Stabt  fd)ulbe.    ©rft  1730  rourbe  bei  einer 


Digitized  by  Google 


93on  1618-1688. 


105 


allgemeinen  2lbred)nung  jroifc^en  her  #errfd)aft  unb  ber  Stabt 
aurf)  biefe  Angelegenheit  geregelt.  $ie  Stabt  fdjeint  mit  ber 
3eit  in  SDlifjfrebit  gefommen  ju  fein,  benn  511  einem  oon  ifjr 
1663  gemadjten  Anlefjen  uon  300  JL  mufjte  bev  $ürgermeifter 
©eorg  SÖeeber  feinen  Flamen  Ijergeben,  roeil  jcbcnfaUö  Die  Stabt 
als  foldje  bem  Darleiher  eine  ju  ungenügenbe  Stdjerfjeit  bot. 


$a«  €a)ulnjefcii  in  $f9r$$etm. 

3n  ber  jroeiten  $>älfte  beS  17.  3af)rf)unbert$  beftanfc  l)ier, 
roie  frütjer  fdjon,  eine  l  a  t  e  i  n  i  f  d)  e  unb  eine  b  e  u  t  f  d)  e  Sdjule. 
SHettor  ber  latetmfd»cn  ©d)ule  mar  oon  1638—54  3llbred)t  #erolb ; 
auf  ifm  folgte  bis  1668  ©eorg  Sfttntpfa  unb  biefem  Sebaftian 
ftempf,  ber  nod)  1698  lebte.  3)ie  Schüler  traten  mit  bem  6.  ober 
7.  SebenSjafjre  ein  unb  mufjten  in  jeber  klaffe  jroei,  aud)  brei 
3abre  jubringen.  $er  |>auptunterrid)tSgegenftanb  mar  natürlid) 
bie  lateinifd)e  Spradje,  mit  melier  fdjon  in  ber  unterften  klaffe 
ber  Einfang  gemad)t  rcurbe.  Um  ben  Lerneifer  ju  förbern,  mürben 
alljäbrlid)  auS  StiftungSmitteln  Prämien  aufgeteilt,  meld)e  für 
bie  Schüler  ber  unterften  klaffen  5,  ber  mittleren  8,  ber  oberften 
15  ftreu^er  betrugen.  $iefe  Prämien  mürben  bei  ben  auf  bem 
SRennfelbe  abgehaltenen  jäf)rlid)en  Sdjülerfeften  oerabfolgt.  $em 
jenigen  jungen  fieuten,  meld)e  if>rc  «Stubien  roeiter  fortfefcen 
wollten,  tarnen  natürlid)  bie  oorljanbenen  Stipenbien  fct>r  ju 
ftatten.  (Sinjelne  berfelber  beliefen  ftd)  auf  mehrere  t)unbert 
(Bulben.  Slud)  baS  Scf)ulgelb  für  arme  ftinber  mürbe  au«  biefen 
Stipenbien  beftritten. 

$ie  beutfdje  ©djule  teilte  ftd)  in  eine  Änaben*  unb  in 
eine  9JHbd)enfd)ule.  s<8ubettfd)ulmeifter  mar  bis  1679 
öeorg  6cff)«rbt,  bis  1692  SftattjäuS  $robftf)an,  bem  fobann 
@rab  folgte.  $ie  Stelle  eines  SttägbleinSfdjulmeifterS  hatten 
inne :  3^.  ^af.  $aufd)elmann,  JJriebrid)  SJlenjing,  oorf)er  Sdjul* 
meifter  in  Stein  unb  SBenebift  Siietfjammer.  $er  Hnabenfdjulmeifter 
bejog,  mie  fd)on  ermähnt,  auS  ber  ©tabtfaffe  einen  feften  ©ehalt 
oon  15  fl.  jäf)tlid),  erhielt  freie  2Bof)nung  unb  freies  £ota  unb 
erhielt  aufjerbem  nod)  baS  Sdjulgelb.  $er  SJtäbcbenlebrer  mar 
lebtglid)  auf  le^tereS  angeroiefen  unb  hatte  meber  freie  SÖofjnung 
nod)  #olj  ansprechen.  Jür  bie  Schulen  mu&te  bie  Stabt 
natürlich  baS  §olj  aud)  liefern.  $ie  £ef)rer  an  ber  beutfdjen 
Schule  betrieben  neben  bem  Sdmlhalteu  meiftenS  nod)  ein  anbereS 
©efdjäft.  So  mar  ber  OTäbc^enfdjulmeifter  Sflenjittg  jugleid) 
£ud)mad)er,  fein  9lad)folger  Niethammer  $ud)fd)eerer  unb  ber 
ßnabenfd)ulmeifter  ^robftban  1685  fogar  3unftmeifter  ber  $ua> 
macher  unb  Sdjneiber. 


Digitized  by  Google 


106  «Ott  1648-1688. 

35a§  ^räfentaticm§red)t  ber  beiben  Schulftellen  bcfag  bic 
Stabt.  2)ie  Sdjulmeifter  mürben  geroäblt  oon  ben  Beamten, 
bem  Special,  bem  s#ürgermeifter  unb  ben  3flitgüebern  beS  Berichts 
unb  ^Hat^  roeld)c  *u  bicfcm  ßroerf  5"  «ner  SBetfammfong  ftd) 
oereinigten.  $or  feinem  $tenftanrritt  ^atte  ber  Sdmlmeifter  ju 
fdjroören,  bem  dürften  unb  ber  Stabt  ^forjheim  getreu  unb  t^olb 
ju  fein,  bie  Ätnber  nach  beftem  SBttft&ttbmS  511  unterroeifen  unb 
bic  ifjm  geworbenen  93orfd)riften  fleißig  ju  üüUjiet)en.  2)te  @nt= 
laffung  eines  fiefyrerS  tonnte  übrigens  nur  mit  fürftlidjer  ©e= 
nefjmigung  erfolgen. 

9lufjer  ben  üblidjen  prügeln  roirb  unter  ben  Strafmitteln 
ber  Schule  aud)  ber  ,,(£fel"  ermahnt.  3aule  Sd)üler  erhielten 
ein  Saferen  auf  ben  iHücfen  gebunben,  auf  roeldjeS  ein  (£jel 
gemalt  mar.  £rofcbem  mürben  mieberbolt  klagen  laut  über 
fd)lect)tc  $ud)t  unb  ben  Sehern  mürbe  besljalb  ftrenge  eingefdjärft, 
beffere  Orbnung  $u  halten. 

5)er  Sdjulunterridjt  mar  jiemlid)  einfad)  unb  umfaßte  nur 
Religion,  Sefen  unb  Sdjreiben.  2Ber  ba3  SRedmen  erlernen  wollte, 
mußte  befonberen  Unterricht  nehmen  unb  l)ier5u  erft  bie  (Erlaubnis 
be§  Specials  einholen.  $a§  ^3ud>  Sirad),  ber  lutfyerifdje 
$ated)ismu3  unb  ein  ©efaugbud)  mit  ben  (Soangelien  —  ba§ 
raaren  bie  Guellen  ber  SÖeis^eit  für  bie  Zöglinge  ber  ^forj^eimer 
beutfdjen  Schule.  $a  ift  es»  nid)t  511  oerrounbern,  ba|  oiele 
^Bürger  nid)t  bie  geriugften  ftenntniffe  befafjen.  Unb  babet  mar 
bie  s^forjl)eimer  Schule  nod)  eine  ber  beften  unter  ben  (Elementar» 
fdjulen  be§  SaubeS. 

Mjährlid)  jur  Sommerzeit  mürbe,  roie  fd)on  ermähnt,  auf 
bem  SRennfelbe  ein  3  d)  ü  l  e  r  f  e  ft  abgehalten.  Sämtliche  Schüler 
(aud)  bie  Sateiner)  unb  3d)ülerinnen  sogen  unter  sJWujtfbeglettung, 
mit  Jyabncn  unb  Hränjen  gefchmücft,  auf  ba§  tftennfelb  f)tnau^ 
mofelbft  gelten  unb  Laubhütten  aufgetragen  waren,  &ort  ergötjte 
ftd)  bie  3ugenb  nid)t  nur  an  allerlei  Spielen,  fle  mürben  aud) 
auf  Soften  ber  Stabt  reid)lid)  bewirtet. 


Allgemeine  »crWItniffc. 

3)a3  $unftwcfen  lt)ar  fet)r  ausgebreitet  unb  hatten  bie 
alten  Sa^ungen  in  ber  ^auptfadje  wohl  nod)  ifne  öiltigfeit. 
$a§  #anbroerf  war  fehr  ftarf  oertreten.  So  befanben  ftd)  h^* 
im  3ahre  1698:  49  härter,  19  Dreher,  38  gärber  unb  3eug^ 
mad)er,  10  Schloff  er,  34  Sdjuhmadjer,  17  sJtagel-,  9fleffcr=  unb 
(Srobfd)miebe,  10  töafner,  23  ftüfer,  33  Seineroeber,  23  9totgerber, 
8  Seiler,  10  Schreiner,  16  Schneiber,  17  Stteifjgerber,  19  #ut= 
rnadjer  :c.    2lm  sahlreidjften  roaren  bie  9EÖ  i  r  1 0  h  ä  u  f  e  r.  ä^ar 


Digitized  by 


93on  1648-1688.  107 

&äf)lt  man  ju  angegebenen  $eit  nur  17  Krämer  unb  SBirte,  aber 
Sie  meiften  SBirte  gehörten  anberen  fünften  an  unb  würben 
unter  biefe  geregnet.  @o  war  Dörfer  Johann  SERid^.  $efd)Ier 
nugleid)  fiammroirt,  Johann  53ecfh  $8äcfer  unb  SRofenroirt,  Otto 
SBecff)  93äcfer  unb  .gotlroirt,  Johann  ßafner  Sttefcger  unb  §irfd)* 
mirt,  Sorenj  fta£  SRotgerber  unb  ©reifenroirt,  3ot)ann  Äittel 
Seiggerber  unb  Saubroirt,  Johann  911er.  6d)uf)mad)er  unb  2öilber= 
mannroirt  u.  f  ro.  Slußerbem  burfte  jeber  Bürger,  ber  eigene 
SRebpflanaungen  befaß,  ben  au§  benfelben  gewonnenen  SBein  felbft 
in  5lu§fdjanf  bringen.  3)ie  &al)[  biefer  ©äffen*  ober  $ecfenroirte, 
roie  man  fie  nannte,  mar  feine  geringe. 

2Beitau3  bie  meiften  Bürger  trieben  ein  $anbroerf  unb 
roaren  künftig.  9tur  55  Bürger  befanben  fid)  1698  hier,  roeldje 
feiner  j&Wtft  angehörten,  nämlich  SBeingärtner,  JJuf)rIeutc  u.  f.  ro. 
Um  bei  biefer  unoerbä'ltntemaßig  großen  |>anbroerferäaf)l  ©rroerbS* 
(oftgfeit  au  oerbüten,  beftimmte  ba§  ^unftgefefc  bei  einigen 
©eroerben,  baß  fein  Sfteifter  mehr  al§  einen  ©efeüen  falten  folle. 
3n  ber  SRcgel  mar  ber  Sfleifter  an  beftimmte  ßunben  gebunben 
unb  er  hatte  ©träfe  ju  geroärtigen,  menn  er  einem  anberen 
9Heifter  einen  ftunben  abmenbig  machte.  $em  Unternehmung^* 
geift  unb  ber  Spefulation  roaren  burd)  bie  ßunftbeftimmungen 
Sdjranfen  gejogen  unb  genau  mürbe  barauf  gefefyen,  baß  fein 
©eroerbetreibenber  feine  93efugniffe  überfd)ritt.  2In  93efd)roerben 
unb  Streitigfeiten  fehlte  e§  nid)t.  (Sine  Älage  ber  SRotgerber 
rid)tete  fid)  gegen  bie  $errfd)aft,  roeil  biefe  eine  ©erberei  nad) 
nieberlänbifdjem  2Hufter  errietet  Ijatte,  rooburd)  bie  9?otgerber 
oiele  Sfrmben  oerloren.  S)ie  ßerrfdjaft  antroortete  ben  SBefdjroerbe* 
fübrern,  baß  e§  bem  #anbroerf  roobl  befannt  fei,  roie  ftd)  bie 
fürftlidjen  Diäte  unb  ba§  Xmt  bemüht  Ratten,  bie  ©erber  babin 
p  bringen,  ibre  ©erbereien  nad)  nieberfänbifdjer  21rt  einzurichten, 
roobei  benfetben  burd)  ©elb  unb  auf  anbere  Söetfe  geholfen 
morben  märe,  ©ie  bitten  fid)  aber  roiberfpenftig  gezeigt,  aud) 
ba3  Angebot  be§  dürften,  in  bie  niebertänbifdje  ©erberei  einju-- 
tveten,  au§gefd)lagen.  93ei  fo  bemanbten  Umftänben  Ratten  e§ 
nun  freilid)  bie  ©erber  fid)  felbft  unb  ihrem  ©igenfinn  jujufc^reiben, 
menn  fic  burd)  bie  neue,  jebenfaü§  oorteityaftere  ©inridjtung  in 
6d)aben  fämen. 

9lud)  in  anbere  gewerbliche  Unternehmungen  unb  bem 
hiermit  oerbunbenen  §anbel§betrieb  ließ  fid)  bie  §crrfcr)aft  ein. 
Weben  ber  ermahnten  ©erberei  führte  fte  eine  eigene  Seber*  unb 
^eugbanblung  unb  mürbe  hierzu  ba§  fog.  ,,2anbfd)aft§bau3''  i" 
ber  $röfcinger  ©äffe  oermenbet.  1654  ließ  bie  £errfd)aft 
außerhalb  ber  ©rö^inger  93orftabt  einen  Schmelzofen  unb  1678 
eine  ^ammerfd)miebe  baju  bamn,  meldje  betriebe  fte  inbeffen  in 
¥ad)t  gab.    1673  wirb  eine  burd)  2flid)el  93ad)mann  in  ber 


Digitized  by  Google 


108  93on  1648-1688. 

9Mf)e  bcr  ©cfjiejtyütte  errichtete  ^uloermühle  ermähnt.  3)er 
Unternehmer  fyitit  ftd)  erboten,  für  bie  erhaltene  (Erlaubnis  ber 
(Stabt  jährlich  l1/»  3^tner  ^uloer  liefern.  1603  mürbe 
bann  Oberoogt  Xob.  Sdjneiber  bie  Genehmigung  erteilt,  an  ber 
SBürm  einen  Kupferhammer,  eine  SHobrfchmiebe  unb  eine 
Sägmühle  ju  erbauen.  1684  f^atte  fiel)  in  ^ßforjhcint  aud)  ein 
„£abafmacher"  niebergelaffen. 

3)af$  bei  bem  ^unftroefen  aud)  ber  „£runf"  eine  SRolle 
fpielte,  liegt  im  (£c)arafter  Dcr  guten  alten  Qttt,  in  ber  oerbältniS= 
mäßig  roeit  mehr  getrunfen  rourbe,  wie  heutzutage.  An  33or= 
roänben  jum  Printen  fehlte  eS  nicht,  ©etrunfen  mürbe  beim 
Antritt  ber  Sehre,  beim  Austritt  auS  berfelben,  bei  ber  Aufnahme 
in  bie  3unft  u.  f-  m-  ®i*  3nnungSftrafen  mürben  in  ber  Siegel 
auch  oertrunfen.  $ie  SJcafj  2öein  foftete  4—5  fr.  unb  biefe 
billige  Xrinfgelegenheit  mürbe  oon  ber  ehrfamen  ^ürgcrfdjaft 
meiblich  auSgenüfct. 

33on  3ntereffe  ftnb  einige  Angaben  über  bie  §öbe  ber 
Arbeitslöhne.  3m  3ahre  1678  mürbe  feftgefetjt,  ba&  ein 
Sdjneiber  für  Anfertigung  eines  Dorfes  nid)t  mehr  mie  4  Taljen 
forbern  bürfe.  $er  glicferlol)n  für  ein  s$aar  SHännerfdjuhe 
betrug  5  unb  für  ein  s$aar  Jrauenfchube  4  fr.  9cad)  ber 
amtlichen  2Öebertaye  foftete  bie  (Me  oon  roerfenem  ©arn 
l1/« — 2  fr.,  oon  hänfnem  ©arn  2  fr.  unb  oon  flachfenem  ©arn 
2 '/« — 41/«  fr.  (£in  ^immermeifter  arbeitete  mit  ©efellen  1663 
einen  halten  Jag  an  ber  iHiubeninübJe  ber  ©erber  unb  erhielt 
16  fr.  Sohn.  1683  mürbe  ein  £eil  ber  Stabt  neu  gepflaftert, 
mofür  bie  s£fläfterer  für  baS  Klafter  16  fr.  in  Anredjnung 
brachten.  2>ie  ftelbmeffer  befamen  1665  oom  borgen  gelb 
20  fr.,  für  baS  Sefcen  eines  sJJtarffteineS  4  fr.  (2>ic  gelbmeffer 
mußten  jmeimal  im  ^abre  Umgang  halten  unb  Alles  befid)tigen.) 
$ie  Kaminfeger  erhielten  für  baS  Steinigen  eines  Kamine 
4—6  fr.,  eine  ziemlich  höh«  ©ebühr. 

$)en  Arbeitslöhnen  entfpradjen  bie  greife  ber  Sebent » 
mittel  unb  fonftigen  93ebarfSartifel.  1667  mar  bie 
Jrucht  fo  billig,  bafc  baS  Simri  Kernen  nur  13—16  fr.  galt. 
Gin  fünfpfünbiger  2aib  Kernenbrob  foftete  4  fr.  1679  t>errfd)te 
bagegen  große  Neuerung.  gür  baS  ©imri  Kernen  mürben  bis 
ju  43  fr.  befahlt.  $aS  $funb  töinbfleifd)  mürbe  1667  ju  3  fr., 
Ochfenfleifd)  ju  3 — 3V2  fr.,  Kalbfleifd)  &u  2V2  fr.  unb  ©chrocine* 
fleifch  su  31/* — 4  fr.  oerfauft.  ier  ÜBein  foftete  4 — 6  fr.  bie 
2Jcaf?,  baS  s?funb  ©als  4  fr-  Se^tereS  mußte  oom  AuSlanb 
bejogen  roerben  unb  ftanb  be§t)alb  fo  hod)  im  greife.  2)aS 
Klafter  £olj  mürbe  1698  im  Hohberg  mit  15  fr.  bejablt,  ein 
©ichenftamm  mit  1  fL  bis  1  fl.  20  fr.,  100  Mannen  $um  $auen 


Digitized  by  Google 


<8on  1648-1668.  109 

mit  12  ff.  unb  100  fielen  mit  6—7  fl.  50  Satten  fofteten 
50  fr.   $aS  ^ßfunb  Siebter  galt  1662  10  fr. 

2öa§  bic  ©üter*  unb  $äuf ergreife  betrifft  fo 
mürben  1662  l1/*  borgen  Steter  an  ber  ©t  ©eorgenfteige  um 
30  %,  1666  41/«  borgen  Siefer  um  150  fl.,  1676  '/*  borgen 
Söiefen  um  21  fl.,  1667  5  Viertel  SBeinberg  am  Söartberg  um 
50  fl.  unb  1682  V*  borgen  2öalb  an  ber  2Burmberger*8traf3e 
um  15  fl.  oerfauft.  —  1665  mürbe  ba§  Srautmein'fdje  |>au3 
um  30  fl.,  ein  £au§platj  mit  £>of  unb  ©arten  in  ber  5Jröt}inger 
3}orftabt  um  54  fl.,  1676  ba3  Haufdjelmännifdje  |>au3  um  250  fl., 
ein  $>äu3lein  in  ber  Odjfengaffe  um  190  fl.,  1677  ein  fjalbeS 
£au§  in  ber  5lu  130  fl.,  1653  ein  £au§  in  ber  ftirdjgaffe  um 
46V2  f.,  1656  bie  Verberge  jum  Ockfen  um  450  fl.  unb  1662 
bie  brei  Käufer  oon  s$eter  ©ofjlin  am  SHarft  um  1115  fl.  oeräufjert. 

3n  SJiajj,  ©erotdjt  unb  ©elb  fjerrfdjte  ntdjtS  roeniger 
roie  Harmonie,  mie  aus  einem  ©utadjten  fjeroorgeljt,  ba3  1682 
ber  iHat  erftattete,  als  bie  Regierung  ben  Sßerfud)  machte,  ein* 
fjeitlicfye  formen  ju  fdjaffen.  3n  ^forjfjeim,  fjeifct  eS  in  bem* 
felben,  fei  ba3  s^funb  ju  32  fiott)  mie  in  SBürttemberg,  mit  &u$* 
natjme  be§  9Jie£gergeroid)t3,  mo  ba3  «Pfunb  nur  29 '/«  Sott)  tjabe, 
roeil  bie  SDce^ger  oom  Jleifd)  Ilmgelb  311  jaulen  Ratten ;  bie  (SUe 
fei  mie  ju  2)urlad)  unb  vBimri  unb  Viertel  oermutlid)  t)tcr  mie 
bort ;  nur  redjne  man  r>tcv  bei  raufjer  Jrucfyt  9,  in  $)urlad)  aber 
10  Simri  auf  ba§  Spalter.  3»n  ^for^eim  roerbe  ba3  alte 
Sdjanfmafi  gebraust:  in  trüb  (Sief)  13,  in  lauter  (Sic!)  12  Viertel 
auf  bie  Dtrni.  3Jlef)r  unb  mef)r  mürbe  mit  ©ulben  unb  Äreujern 
geregnet,  aber  bie  ^funbe,  Schillinge  unb  Pfennige  blieben  bodj 
nod)  in  (Geltung,  namentlid)  bei  ©trafanfätjen.  3m  SBerfefyr 
maren:  Dufaten,  Xfjaler,  2>reibä^ner,  §atbbä£ner,  ©djillingS* 
Pfennige  u.  f.  m. 


Sitten  unb  ©ebräudje. 

2>ie  föircfycnftucfyt  mar  in  jener  $eit  eine  fefjr  ftrenge. 
93efonberS  eifrig  t>ielt  bie  ($eiftlid)feit  auf  bie  äufjere  Jeier  beS 
Sonntags,  roorin  fte  aud)  oon  ber  Obrigfeit  bereitroillig  unter* 
ftütjt  mürbe.  80  mürbe  1683  oerorbnet,  „bajj  nid)t  nur  an 
Sonn*,  Jeier*  unb  gefttagen  mäfjrenb  be3  ©otteSbienfteS,  fonbem 
aud)  in  ber  s4Bod)en  jroifdjen  ber  5reitag3*$lmt3^rebigt  alle 
£l)ore  oerfd)loffen,  bie  baaroifdjen  au§=  ober  einpaffiereube  Spanier* 
gänger,  $iet)l)änbler  unb  Jubrleute,  Slegelfdneber  unb  anberc  ber 
iSonntagsentbeiligung  oeröäd)tige  Seilte  genau  obferoieret,  bie 
6d)lupfroinfel,  £ecfeit  unb  Sirtsfjäufer  fleißig  oifitieret,  alle 
Gliben  unb  ftramläben  jugefdjloffen,  unb  aud)  fogar  alle  $ie* 


Digitized  by  Google 


110 


fcon  1648-1689. 


jenigen,  fo  jroifchen  bcncn  ©ottesbienften  oon  bcncn  ®ird)enrügern 
nur  auf  bcn  ©äffen  ober  oor  einem  #aufe  angetroffen  mürben, 
unter  roas  Borroanb  es  aud)  befdjehen  fein  möchte,  nur  diejenigen, 
reelle  nad)  ber  Slpothefe  gehen  ober  eine  Hebamme  holen  wollen, 
ausgenommen,  ohne  einiges  9lnfef)en  ber  fjerfon,  bes  ©efd)led)tes, 
©tanbes  ober  Hilters,  gleidjbalben  aufgezeichnet,  bei  ÜHat  unb  bei 
Äirdjencenfur  eingegeben,  aud)  bafelbft  mit  ot)nnacf)lä|ltd)er  ©clb* 
ftrafe  in  bas  3llmofen,  ober  nad)  Befdjaffenheit  ber  ©adje  mit 
härterer  ©träfe  angefefjen  roerben  follten.  2Ber  notroenbiger 
©efd)äfte  tjalber  über  Selb  reifen  rooüe,  folle  Dornet  eine  fdjrift* 
lidje  (Erlaubnis  bei  bem  ©pejialat  ausbringen  unb  fo  er  roieberum 
hetmfomme,  einen  ©djein  ober  fd)rtftlid)es  Sltteftat  oon  bem  Pfarrer 
bes  Orts,  bahin  er  gegangen,  bafj  ber  SHeifenbe  bem  ©ottesbienft 
bafelbft  mit  beigeroohut,  oorroeifen." 

£ier  einige  SBeifpicle  fircfjlidjer  5If)nbung:  9113  ber  Bäder 
$ans  ©eorg  ©torr  am  l.Slboent  1661  jroei  ©dnueine  fd)Iad)tete, 
fo  rourbe  er,  trot}  feiner  ©ntfd)ulbigung,  bafj  es  nad)  ber  s#benb* 
»rebigt  gefdjehen  fei,  wegen  „unoerantroortltcher  (Entheiligung  bes 
Heftes"  um  2  >ßfunb  Pfennig  in  bas  2llmofen  unb  mit  ©efängnis 
beftraft.  3lls  1686  ber  5luer  ^orroart  $aoib  dreyel  am  Sage, 
ba  er  jum  2lbenbmat)l  gegangen,  fid)  „oollgefoffen",  feine  grau 
gefdjlagen  unb  über  bie  ©eiftlidjen  gefdjimpft  hatte,  fperrte  man 
ihn  jur  ©träfe  einen  Sag  in  bas  9carrent)äuslem  auf  ber  9luer 
Brürfe.  2lud)  gtudjer  unb  ©ottesläfterer  rourbe  in  ftrenge  ©träfe 
genommen,  ©o  rourbe  im  gebruar  1666  ber  ©djufter  9llbred)t 
s4Beeber  48  ©tunben  eingeftetft  unb  mufjte  bem  ©pejial  unb 
Unteroogt  Abbitte  tlmn,  roeil  er  ficf>  „graufamen  ©djroörens  unb 
©ottläfterns,  aud)  gräulicher  ©djmäljungen"  fdjulbig  gemacht  hatte. 
$)as  $af)r  juoor  roar  $ans  SBürj  roegen  gludjens  unb  ungebü^r* 
lidjen  ÜÖJefens  mit  24  ©tunben  Slrreft  unb  10  ©d)iUing  Pfennig 
in's  3Ilmofen  geftraft  roorben. 

$)aj3  in  einer  fold)en  Seit  aud)  gefchled)tlid)e  Berirrungen 
eine  \)axtt  Beurteilung  fanben,  ift  felbfroerftänblid).  3Bo  es  fid) 
um  uneheliche  ober  ju  frühe  geborene  eheliche  Äinber  hobelt, 
finb  ben  biesbejüglichen  (Einträgen  in  ben  Kirchenbüchern  immer 
3(usbrücfe  bes  31bfd)eus  beigefügt.  die  Hebammen  fyatttn  bie 
3Beifung,  unehelichen  Wöchnerinnen,  roenn  biefe  ben  Steter  ihres 
Sftnbes  nicht  angeben  rooüten,  roälpnb  ber  ©eburtsfd)mer$en  mit 
gragen  fo  lange  jujufe^en,  bis  fie  fid)  hterju  oerftanben.  Un= 
ehelid)e  ©eburten  roaren  übrigens,  bie  ftnegsjeiten  ausgenommen, 
nid)t  häufig. 

iKeligiöfe  $ulbung  roar  bamals  eine  unbekannte  Sugenb. 
3m  9Kai  1698  roollte  ein  ftatfjolif  Bürger  in "^Pfovj^eim  roerben; 
er  rourbe  aber  feiner  Konfeffion  roegen  nid)t  angenommen.  3)as 
Qahr  barauf  rourbe  einem  anbern  Slatholifen  bas  Bürgerrecht 


Digitized  by 


<8ou  1648-16S8. 


111 


erteilt  unter  ber  93ebingung,  bafj  er  feine  Äinber  etjangelifcr)  ergehen 
laffe  unb  felbft  feinet  (SHaubenS  „fttll  unb  unärgerlid)"  lebe. 
3)er  Schaffner  SMenbroit,  welcher  ber  Stabt  roäbrenb  be§ 
orleaneVf djen  Krieges  mehrfach  roidjtige  $)ienfte  geleiftet  hatte, 
luurbe  am  23.  Sluguft  1694  ofme  $lang  unb  Sang,  überhaupt 
ohne  alle  „Gcremonie"  begraben,  roeil  er  faloinifcher  SHeligion  war. 

2Iuäbünbe  oon  £ugenb  fdjeinen  bie  alten  ^forjljeimer  auch 
ntd)t  geroefen  ju  fein,  roenigftenS  rourbe  ihnen  von  ber  Ranjel 
herab  mefjr  al§  einmal  uorgeroorfen,  „bafj  fte  ben  Sabbath  ent= 
beiligten  mit  fdmöber  Verachtung  ber  s$rebigt  be§  göttlichen 
2öorte§,  unnötigem  Sluffdjub  ber  Kommunion,  lüberlidjer  2ter* 
fäumung  ber  ©otteSbienfte,  hingegen  aber  öftere  angeheilter  roelt* 
lidjer  (£rgöt}lid)feiten,  ffinblidjer  ^eituertreibungen, ).  93.  Spalieren* 
geben,  leiten  unb  Sauren,  Schiefjen,  Spielen,  Soffen,  Saufen, 
9ftuft$ieren,  Xanten,  (lrer$ieren,  iribulieren  ober  fonft  ber  Nahrung 
falber  9lu3reifen,  $anbeln  unb  SBanbeln,  kaufen  unb  Sßerfaufen, 
Arbeiten  unb  Schaffen"  u.  f.  ro. ;  ben  X öd)tem  unb  9)Mgben  mürbe 
uorgebalten,  mit  beulfd)en  unb  unbeutfcfyen  Solbaten  Umgang 
getrieben  unb  burd)  unfinnige§  «fcanjen  bei  bem  „nerfludjten  Jaft* 
nadjt^fdjmäufcn"  unb  bei  vlacbhocbaeiten  („hin  unb  roieber  in 
abgelegenen  Scheuern  angepeilt")  bie  SHacbe  be§  Rimmels  tyxau§» 
geforbert  ju  haben. 

©egen  ben  übertriebenen  2  u  y  u  §  bei  kaufen  unb  £ochjeiten 
erfolgten  roieberholt  obrigkeitliche  Sßerorbnungen.  1696  rourbe 
oerfügt,  bafc  fünftighin  nid)t  mehr  als  oier  Xaufpatben  jugelaffen 
unb  in  ba§  ßirdjenbud)  eingetragen  roerben  bürften.  53ejüglid) 
ber  !>od)$eiten  roar  oom  Stabtrat  1684  eine  Verfügung  ergangen, 
roelcbe  JolgenbeS  feftfetjte :  33ei  $od)jeiten  foü  fünfttg  eine  aftannS* 
perfon  8,  eine  sIßeib3perfon  7  Söatyen  3ecbe  geben.  $ie  ©efdjenfe 
follen  ber  £>od)äeiterin  über  ben  Öljrentifd)  gereicht  roerben.  $)ie 
Spielleute  follen  nicht  mehr  als»  1  fl.  pro  9)knn  erhalten.  $eu 
erften  £ag  follen  um  3  Ufa  Nachmittage»  bie  lebigen  SBeibetyerfonen 
nac^  flltem  ©ebraud)  in  ber  ^pod)jeiterin  £au3  sufammen  f otnmcu 
unb  ben  fog.  Pfeffer  genießen.  2)ie  lebigen  ©efellen  follen  nad) 
^Belieben  in  ein  28irt§bau3  geben  unb  einen  £runf  tt)un,  Nad)t3 
aber,  roenn  bie  .grodjaeitSgäfte  naa)  £au8  gegangen,  $u  bem 
Scblafenfingen  fommen  unb  nad)ber  einen  ^anj  tf)un.  3118  (£r* 
gänjung  biefer  35erorbnung  folgte  1686  eine  anbere,  roeldje  lautete: 
„^Beilen  jeitber  bei  ben  $odj$eiten  mit  ben  Sdjenfungen  einige 
Unorbnung  oorgegangen,  bie  sJDtuftfanten  aud)  mit  ibren  ^edjen 
all^uoiel  llnf often  oerurfad)t,  alfo  ift  heute  Verorbmmg  gefdjeben, 
ba§  fürberhin,  roie  c£  oor  3llter§  geroefen,  oor  3Iuftragung  be$ 
britten  ©ange3  bie  Schenfung  oor  ftd)  gehen,  ben  9Jcuftfanten 
aber  Vormittag^  jrotfeben  ber  s^rcbtgt  ein  Srüfrftüct  auf  be§ 
SKctt  Soften,  s3lad)mtttagö  aber  jtoifdjen  bem  anbern  unb  britten 


[ 


Diqitjzftl  jpv  Google 


<8on  1648-1688. 


©ang  auf  be§  #od)seiter§  Soften  ein  9lbenbäehrgerid)t  gegeben 
werben  foüe.  Unb  weil  e§  fid)  mit  $luftragung  be§  erflen  ©angeS 
bi§ljer  allzulang  oersogen,  alfo  folle  ber  SBirt  förberhin  präji§ 
um  7»  12  Ut)v  unridjten  laffen,  roo  nid)t,  wirb  nach  Ümftänben 
ber  5Öirt  ober  ber  $od)5eiter  geftraft."  $)ie  f)od)seit3tänje  mürben 
fet)r  fyäufig  auf  bem  SKatfjaufe  gehalten,  rooffir  5  Schillinge  bejaht 
merben  mufjten.  9ttit  @^eoerfpred)ungen  mürbe  e§  ftrenge  ge* 
nommen,  ma§  au§  nacfyfteljenbem  Eintrag  be§  Kirchenbuches  ju 
erfehen  ift:  „3)en  17.  3um  1697  rourbe  nach  gehaltener  ©etftunbe 
auf  befonberen  hocbfürftlichen  Vefef)l  fopuliert  Sorenj  2jung  t>tx 
9lnroalb  51t  (Söbrigen  mit  ^nna  Margaretha  ©erftenauerin,  einer 
Söittib  bafelbften.  Wota :  Sffiettett  ber  SInroalb  feinen  (Sheoerfprud) 
jurüefgehen  unb  nidjt  fyat  galten  wollen,  hat  ficf>  feine  Vraut  bei 
Sereniffimo  beflagt  unb  barauf  biefeS  erhalten,  bafc  ber  Bräutigam 
nolens  volens  fopuliert  roerbe.  ©3  hat  bei  ber  Kopulation  aber 
biefeS  ftd)  ereignet  baf?  ber  $(nroalb  anftatt  beS  3<*roortS  „9tein" 
gefagt  unb  auf  meine  be§  9lrd)ibiafoni  Srage  geantmortet:  3<f) 
fag  nein,  darauf  ha&  ich  biefe  SEBort  gebraucht:  Ob  ihr  mir 
fdjon  mit  nein  antwortet,  fo  fage  bod)  id)  als  ein  Liener  (Styrifti 
auf  33efet)l  unfereS  gnäbigften  SanbeSfürften  in  (Suerm  sJlamen 
ja!  SBeilen  nun  bie  Vraut  beS  3a  roiÜig  oon  fid)  gegeben,  fo 
gefdjah  barauf  bie  Kopulation ;  eS  mod)te  auch  ben  guten  ©efellen 
fo  fauer  anfommen,  als  eS  rooüte." 

kleben  ben  ^ochaeitstänjen  roaren  auch  bie  fog.  „Goppel* 
tän$e",  melche  auf  öffentlichen  s$ld^en  gehalten  mürben,  fehr 
beliebt.  3)eS  bamit  oerbunbenen  oielfadjen  Unfugs  roegen  fanb 
ftd)  jebod)  ber  (Stabtrat  ueranlafjt,  biefe  £änje  abjuftellen. 
■Jebodj  fam  eS  noch  immer  oor,  bafj  junge  Vurfdjen  fid)  auf 
offener  ©äffe  oon  ÜJtuftfanten  auffpielen  liefen,  roobei  jum  91erger 
ruhebebürftiger  sJlad)barn  mitunter  allerlei  Särm  oerübt  mürbe. 

Viel  ju  fchaffen  machte  ben  Vefjörben  aud)  baS  „$abaf- 
faufen",  roie  man  bamalS  ben  ©ebrauch  beS  nach  &em  30jährigen 
Kriege  mehr  unb  mehr  jur  Verbreitung  gelangten  SHaudjtabafS 
nannte,  dichter,  ©eiftliche  unb  roohlgeftnnte  itaien  roetteiferten 
im  Kampfe  gegen  baS  „SteufelSfraut",  roeldjeS  aber  trotj  aller 
Strafen,  trofc  münblichen  unb  fdjriftlichen  Ermahnungen  immer 
größere  fiiebhaberfreife  fanb.  $af$  auch  in  s?forjhetm  biefem 
„Softer"  gehulbigt  mürbe,  jeigt  ein  im  5lpril  10G7  erlaffeneS 
Verbot,  baß  bei  l)or>cr  Strafe  Dciemanb  in  Jelb  unb  Söalb 
Setter  anjünben  ober  „$abaf  trinfen"  bürfe  ohne  ber  JJorftbebienten 
SBiffen  unb  (Silauben.  911S  aber  im  9Iuguft  1088  auf  ber 
gebeerten  Sluer  Vrücte  burd)  baS  Mlüberlid)e  £abaftrinfen"  beinahe 
ein  gefährlicher  Vranb  entftanben  märe,  rourbe  00m  (Stabtrat 
befd)loffen,  baS  „frf)änblid)e  Sabaftrinfen"  nicht  mehr  ju  bulben, 
ein  Verbot  bagegen  öffentlich  anfd;lagxen  ju  laffen  unb  eine 


Digitized  by 


9Son  1G48-1688. 


113 


Strafe  von  3  s$funb  Pfennig  barauf  ju  fetjen.  Aber  au  et) 
burd)  biefe  SJcajjregel  mürbe  bas  Mauden  in  ^for^eim  nidjt 
oerln'nbert. 

53on  3ntereffe  ftnb  bic  Sttorfefjrungen,  welche  in  fanitärer 
8e$ief>tmg  getroffen  würben,  als  einmal  (im  3ahre  1666) 
in  nieten  Orten  eine  anftetfenbe  ftranfljett  umging  unb  e$  fid) 
bantm  Rubelte,  berfelben  ba*  Ginbringen  in  s#for$l)eim  ju 
oerwefjren.  (£3  mürbe  com  Stabtrat  oerfügt,  bajj  an  bequemen 
Orten  iHaudjwerf  oon  2öad)f)olber,  Jordjen--  unb  @id)ent)ol$  ober 
©efträud),  aud)  etroa  mit  Sdjroefet  unb  sJ3uloer  gemacht  werben 
folle.  Meid)  einem  in  Sßerbinbung  hiermit  fteljenben  fürftlidjen 
(Srlaf?  burfte  man  an  feinem  oerbädjtigen  Orte  fjanbelu,  feine 
inroler,  Sdjioeijer  ober  SJaiern  ot)ne  Amtserlaubnis  in  bie 
Stabt  (äffen,  überhaupt  sJfiemanb  ofjne  Atteftat.  Die  ©äffen 
follten  fleißig  gefefyrt,  aud)  bie  Hoffnungen  fauber  gehalten  unö 
©änfe  unb  fenten  aus  ber  Stabt  entfernt  werben. 

Alberner  2) ü n f  e l  unb  Aberglauben  waren  f o^ufagen 
ein  *8orred)t  aller  Stäube.  Der  Sfletjgcr  $ans  Martin  Wörter 
fjatte  ftet)  1664  auf  Anjeige  eine$  ^unftgenoffen  $u  oerantworten, 
weil  er  mit  bem  SÖafenmeifter  getrunfeu,  unb  bie  Anna  Barbara 
Jauler  war  überall  al§  $ere  oerfd)rieen.  Auf  ifjre  93efd)werbe 
erging  ein  fürftlidjer  iBefef)!,  man  foüe  fie  mit  biefer  sJtad)rebe 
oerfdjoneu  ober  aber,  wenn  bie  £>eyerei  bewiefen  werben  fönne, 
bei  ber  §errfd)aft  Anzeige  erftatten.  Die  sIRöglid)fett,  ba§  bie 
Jauler  eine  §ere  fein  fönne,  fjielt  man  alfo  aud)  in  Durlad) 
nidjt  für  au§gefd)loffen.  Selbft  gebilbete  2eute,  wie  ber  Spejial 
Kummer,  glaubten  an  „3etd)en  unb  3Bunber"  in  ber  Statur. 
3n  feinem  Abfdjiebltbrief  an  bie  $for$t)eimer  Ijeißt  e£:  „Denfet 
nur  jurücf  an  bie  enrfetjlidje  ©röfte  beseitigen  ©djmeif-ftometen, 
ber  un§  ju  alleroorberft  oon  ber  §öf)e  be*  Rimmels  erfdjrerfte  ;*) 
an  bie  Öftermals  mit  gro&em  Schein  unb  Slradjen  aus;  ber  ^uft 
fjernieber  gefallenen  Jyeuerfugeln,  fo  uns  gleichwie  oiel  laufenb 
Anbere  anberswo  nidjt  wenig  ergeifterten ;  an  bas  abfd)eulid)e 
Stürfgebonner  aus  ben  Holfen,  fo  eilt'  unb  anbcrsmal  nid)t 
anbers  aus  ber  JJerne  fid)  f)ören  laffen,  als  ob  immer  ein 
$anonenfd)uj$  über  ben  anbern  in  ber  9lad)barfd)aft  gefd)el)e; 
an  bas  Strafjlfdnefjen  in  unferm  Sdjloftturm  unb  mehrere 
bergleidjen  t>or)e  ©ebäube  im  Sanbe  l)in  unb  wieber;  an  bie 
nadj  lauter  Sdjwefel  ried)enben  sißette wegen,  fo  eben  aud)  oorfyer 
fid)  bei  uns  niebergelaffen  unb  unfere  Stabt  unb  ©egenb  ganj 
feuerrot  tUuminieri  fjaben,  inbem  bie  Käufer  unb  Alles  am 


•)  1«80  geigte  fid)  ein  Homet  mit  einem  3d)ioeif  in  ber  fliKSbefmunfl 
oon  minbeftens  7U  (^rab;  aud>  1H82  erfdnen  ein  fotdjer  SBanbclftern,  aber 
olme  3d)tr>eif. 

S 


Digitized  by  Google 


114 


93on  1648-1688. 


gellen  Xage  nicf)t  anberS  gefdjienen,  als  ob  ftc  in  oollem  geuer 
unb  Sranb  ftünben."  5ßeiter  berichtet  Plummer  oon  einem 
„naefenben  9ftann",  meldjer  fur$  cor  ber  brttten  großen 
sj$hmberung  im  Quli  1691  oon  Sielen  außerhalb  ber  ©tobt 
gefefyen  werben  fei,  „unb  barauf  I)in  bie  meiften  unter  uns  fo 
rein  ausgesogen  unb  iljrer  in  ben  innerften  Rettern  unb  Öemölben 
©ergrabenen  unb  oermauerten  ©üter,  fo  oorfyer  niemals  gefdjefyen, 
gänjlid)  beraubt  roorben,  bafj  fie  Ijernad)  bloß  genug  baljer 
gingen  unb  fid)  faum  meto  bebeefen  fonnten."  Qetifeften 
„naefenben  9ttann"  roill  aud)  ber  §err  o.  Seutrum  roenige  Söodjen 
oor  ber  sJ>lünberung  feines  SdjloffeS  £iebenetf  gefet)en  Ijaben. 
(2ßenn  bie  (Srfdjeinung  nid)t  auf  (£inbilbung  surücfjiifürjven  ift, 
unb  biefer  gab  man  in  früheren  3eiten  n<>d)  wel  weiteren 
Spielraum  roie  fyeute,  fo  I)at  eS  fid)  Ijierbei  jebenfallS  um  eine 
geifteSgeftörte  s}3erfon  gefyanbelt.)  Der  Special  Stummer  erinnerte 
feine  $farrfinber  aud)  nod)  baran,  mie  furj  oor  bem  53ranbe 
im  September  1692,  bei  roeld)em  bie  2Iu  eingeäfdjert  mürbe,  in 
ben  ©arten  biefer  Sßorftabt  geuerflammen  jiemlid)  f)od)  aus  ber 
(£rbe  gefdjlagen  fyätten. 

§eute  mürbe  man  lädjcln  über  berartige  „3Baf)ruet)mungen". 
$or  jmeiljunbcrt  3af)ren  aber  fd)eint  man  fie  ernft  genommen 
ju  Imben. 


Wciie  Ärtcgälaftcn. 

($in  Viertel jal)rl)unbert  mar  nod)  nidjt  red)t  oerfloffen, 
als  roieberum  ein  langer  ftrieg  auSbrad),  unter  beffen  Söirfungen 
aud)  ^fors^eim  empftnblid)  gu  leiben  fyatte,  roenn  fdjon  bie  Stabt 
bireft  nid)t  oom  Jeinbe  behelligt  mürbe.  $er  fransofifdjc  ßönig 
Submig  XIV.  fiel  mit  einem  großen  töeere  in  bie  9lieberlanbe 
ein  unb  gab  fo  ben  9lnlaß  51t  einem  Hriege,  ber  oon  1672—79 
bauerte  unb  in  ber  ©efd)id)te  als  ber  f)  0 1 1  ä  n  b  i  f  d)  e  R  r  i  e  g 
befannt  ift.  Obmoljl  er  $unäd)ft  nur  gegen  £)ollanb  gerichtet 
mar,  fo  tourbe  in  feinem  Verlaufe  bod)  faft  bie  meiften 
europäifdjcn  Staaten  in  benfelben  uerflod)ten  unb  unter  biefen 
fehlte  natürlid)  aud)  baS  beutfdje  Weid)  nidjt.  $er  ßrieg  50g 
fid)  oon  .jpollaub  in  bie  mittel--  unb  oberrfjcinifdjcn  ©ebietc  unb 
mar  ben  3-ranjofen  meift  günftig.  $iefe  batteu  auSgejeidjnete 
güfjrer,  fo  u.  a.  ben  am  27.  3uli  1675  bei  SaSbad)  gefallenen 
Surenne,  ber  übrigens  burd)  barbarifdjc  Sermüftung  ber  pfäl$ifd)en 
unb  fränfifdjen  Sanbe  feinen  ftraljlenben  Jyelbberrnruf  ÖV9 
beflecftc.  JJm  S^ton  oon  Wommegeu  oerlor  baS  beutjdie  sJieid) 
nidjt  nur  bie  Stabt  greiburg  im  ÖretSgau,  fonbern  eS  mußte 
fid;  aud)  bie  größten  Demütigungen  gefallen  laffen. 


Digitized  by 


<8on  1648-1688. 


115 


9U§  bic  $rieg§furie  rl>etnauftt»ärt§  brang  unb  bic  ©efabr 
nahe  lag,  baß  aud)  unferc  ©egenb  oon  ihr  fjeimgefucht  würbe, 
würbe  ben  2Bad)en  an  bcn  2$oven  ^forjheims  boppelte  Borficbt 
anempfohlen  unb  eine  Berftärfung  berfelben  oorgenommen, 
außerbem  ba§  ©d)loß  in  BerteibigungSjuftanb  gefegt  unb  mit 
ber  nötigen  Munition  oerfehen.  $ie  Stabt  hatte  im  SJM  1674 
bie  Auflage  erhalten,  einige  Dragoner  ju  roerben  unb  au^urüften, 
woburd)  ihr  fd)on  bebeutenbe  Soften  erwuchfen.  .(Merju  tarnen 
noc^  b*c  beträchtlichen  Ausgaben,  weld)e  burd)mafd)ierenbe  unb 
einquartierte  Gruppen  oerurfad)ten,  namentlid)  aber  bie  ftriegft 
gelber,  bie  ber  Stabt  in  oerfd)iebener  Jorm  aufgebürbet  mürben. 
Balb  h<mbelte  e§  fid)  um  „orbinäre",  balb  um  „ejrtraorbinärc" 
Kontributionen,  balb  um  .£>eu*,  ©trof^  unb  Cuartiergelber,  bann 
mieber  um  Branbfdjatjungen,  um  <od)u^  unb  (5id)erheit£gelber  jc., 
ju  bereu  Beftreitung  regelmäßige  unb  außerorbentlidje  9Honat3* 
Umlagen  erforberlid)  waren.  3Öer  oon  ben  bürgern  mit  ben 
Zahlungen  im  SHücfftanbe  blieb,  oerfiel  ber  Syefution.  fiebere 
fam  in  red)t  rücfftchtSlofer  SBeife  jur  3lnmenbung.  $ie  ©tabt- 
fned)te  hatten  Auftrag,  bie  föeftanten  einjuftecfen,  biejenigen, 
welche  $ferbe  befaßen,  nicht  jur  Stabt  hinau§5ulaffen  unb  foldje, 
welche  fid)  bei£ag  nicht  fehen  liegen,  sJ]ad)t3  aufzuheben  unb  in 
ben  Slrreft  ju  oerbringen.  $aju  famen  nod)  bie  Jrohuben, 
in§befonbere  bie  Schanzarbeiten,  welche  oon  ber  Stabt  währeub 
ber  oon  bem  sJ3larfgrafen  Jriebrid)  VI.  im  9lpril  1676  begonnenen 
Belagerung  oon  ^fjilipp^burg  geleiftet  werben  mußten.  $ie 
Stabt  hotte  einen  eigenen  Sdjanjwagen  zu  unterhalten  unb  noch 
Sdjanjgelber  ju  jahlen,  bie  fid)  in  furzer  auf  300  fl. 
beliefen  unb  balb  auf  542  fl.  ftiegen. 

3m  9Iuguft  1678  würbe  oon  Stabt  unb  3lmt  ^for^etm 
noch  e^ne  »freiwillige"  Jrud)tfteuer  im  Betrag  be§  3ef)nten3  oer» 
langt  unb  gteidjjettig  foüte  fie  noch  200  fl.  Sdjutjgelber  befahlen. 
$er  ©tabtrat  würbe  bei  bem  2anbe§fürften  oorftellig,  inbem  er 
in  einer  Eingabe  in  beweglichen  ^Borten  auf  bie  mißliche  iiage 
ber  Bürgerfdjaft  tymoitf,  wa§  aber  ohne  Erfolg  blieb.  3m 
Stooember  genannten  3af)ve3  oerlaugte  ber  ftommiffär  Silbermann 
ju  ^ßr)iüpplburg  unter  irgenb  einem  Xitel  oon  Pforzheim  122  fl. 
30  fr.  55er  Stabtrat  behauptete,  nur  52  fl.  30  fr.  fchulbig  511 
fein,  ba  ber  ftommanbant  oon  s}$hilipp3burg  60  fl.  erlaffen  habe. 
2>a  man  fid)  nidjt  oerftänbigen  fonnte,  fo  würbe  befdjloffen,  einen 
eigenen  Boten  nad)  ^ßf)ilipp^bitrg  zu  fdjicfen  unb  bemfelben  einen 
eVifdjer  mit  einer  „iradjt  ©runbettf  unb  Sorellen"*)  mitzugeben. 
Üe^tere  würbe  angenommen,  aber  ber  SIbgefanbte  berStabt,  ber 


•)  £ic  Ira^t  „Wambeln  unb  ^orrtlcn"  fpteltc  alä  „^eretirung"  aud) 
fpöter,  im  orleanö')d)en  Kriege,  eine  Nolle. 

8' 


Digitized  by  Google 


Iir.  $on  if>48-HS8. 

Vüro,cr  .£>an*  ^atob  .ftoltfmuer,  in  trieft  c^ofteeft  unb  Pforzheim 
folite  für  feine  ai eilaff unex  !"><>  Thaler  fahlen.  3eiuetmea,eu 
mürbe  ber  lWarfa,raf  um  Vermenbuna,  feiten«?  bes  3tabtrat*  an 
aeaa naen.  Weaen  beu  3d)luB  bes  .ttrteae*  bin  würben  von  ber 
3tabt  mieberum  H75  fl.  VAuterquartiera,elber  unb  ^eiträae  *u 
ben  ^bilipi>?bura,er  3d)ain,arbeiten  oerlangt.  Äbev  faum 
lmi  ^oi  jonen,  fo  beim  e*  im  3tabtratvr»rotofoU  tmin  Januar  1«»7!>, 
haben  hieran  befahlt,  unb  man  iah  fiel)  be*balb  a.enotia.t,  ein 
einleben  aufzunehmen,  moburd)  ber  obuebie*  arofte  3d)ulbeuftanb 
ber  3tabt  nod)  erhöht  nuube. 

,}u  beu  fteten  Welbopfern  fam  nod)  eine  einpfinbltdic 
Beuern  iuv  Ter  cefter  fernen,  meld)er  wer  bem  .Urieae  nod) 
um  14  -  1  * >  fr.  ju  haben  mar,  fttecx  fcb,on  im  3pätjabr  H»74 
auf  ,'io— .H«;  fv.  unb  im  vsum  be*  folaenben  Jahres  foaar  auf 
ir>  fr.  Tie  greife  ber  V'ebensmittel  blieben  über  bie  aanze  Nriea,*= 
bauer  aufierorbeutlid}  hoch  unb  ju  ^eiiinu  bes  Jahres  U'»7i* 
foftete  ba*  kalter  fernen  immer  nod)  s-.y  fl.  Ter  l'aib  ^rot 
für  4  fr.  moa.  nur  sJ>funb,  mabrenb  bas  Wemidit  beleihen 
in  tfeimmnlicber  ;{ett  4—5  ^funb  betrug.  bie  ^Jtojaei* 

um  reu  um  (Srböhuna,  ber  ,">Ieifd)taie  eiuaefommeu  unb  mürbe 
bezahlt:  für  Cdneufieijd)  -.V  j  tr.,  für  ttalbfteiid)  A  fr.  unb 
für  3d)meinefleiid)  x— 4  fr.  ba?  'i<funb.  v^m  ;{ufammenbaua, 
mit  bieier  Teuerung  ftanb  ein  unaeiimbulidier  "Kiidaaua,  ber 
(Hilter  unb  \\iuierpreiie.  Viertelnder  am  Atieielbronnei "  VAa. 
mürben  um  l«i  fl.,  ^Viertelnder  um  ►  fl.  unb  2  Cbm  4i>eiu, 
13  Viertel  XHder  unb  1 !  ,  Viertel  Voicien  um  M  fl.  werfauft  unb 
ein  Waum»,  ttüdjeu^  unb  Wra*aarten  tu  ber  Vror>iua,er  Vornabt, 
ber  aeaen  eine  cumme  von  2.">d  fl.  oerictu  morbeu  mar,  aber 
einen  mebrfad)  höheren  VA'it  hatte,  faub  nicht  einmal  um  ben 
aenanuten  Vetraa  einen  Liebhaber. 

211*  berttnea  näher  r  tiefte,  flüchteten  fid)  tm  commer  1^74 
eine  9Jieua,e  l'anbbemobuer  nou  (^rombadi,  Vrudiial,  OJJalid), 
slmna.ob>henn,  Cbeubeim,  ^odivheim,  (htlmani  unb  .{vibelsheim 
mit  bem  mertoollüeu  leil  ihrer  Vabe  nach  iMonheun.  Voie  fchou 
hemertt,  mürbe  3u;M  unb  UnnuMCiib  uidit  bueft  wom  Mrieae 
berührt.  loch  tarnen  3treiflorp*  mehrmals  in  bie  Jiahe,  unb 
bie  Uin'Meil.cit  ümi  im  3omiuer  1«»7."»  fo  arof?,  ba|i  mau  mäbreub 
ber  (Äv:t:c  bie  ,ui;d,te  nuht  auf  bem  ,wlbe  tiefen  tauen  tonnte. 

?e*  l»'«7t»  ivtdiloneneu   trieben*  bunte  fid)  ber  Vüra,er 
uidit  tunae  ci'rc.iei:,   beim  neun  ,\ahie  unücr  Ivaann  jener  uu 
al.idie'.iae  Miica,  ber  ua:ncu:.'i'e»  (Äienb  über  uniere  3tabt  brachte 
anb  fie  uuebt  iti.lt  in  3.!mtt  n:ib  Vluhe  tea'.e. 

Veiior  um  aber  bie>e  ueieiamüe  id.ilbern,  mollen  mir 
eine  Ve».lueibuna  ber  alten  3 labt  ilieim  oor  ilu  er  ^erftöruuii 
acben. 


Digitized  by  Google 


by  Google 


7^ 


1 1  •  •  *  • 


WS 


1  'V# 


Ii 


c  Keil 

C  SM!  rSM  WJir 

II  Die  iuu£rgjSfcuj  I 

Ic/olic^c  Ho  Fe" 

i  schatte  tii»^  ,V(j<  tut  tu 
emcitmtt 
(r  }lriuiuJu  y  NfIMUttAti 
<t  KeieMci*  l_,(Mifrii«i 
\o^"'pt\"Jiuji,  io  RiMM«f*.ii  Koclt«it«lf! 
;  I  •    •  ^-Jll  ^erfrMiti«  iv  Ii  an  mKäcJ 


10  Skull 

Sc)ircÜMK4  tf  Ln  f  «SfJutJ 
IH  <1ftr Hir riTf   <()  Brtfl  . 

?o  ScMotcKMv.2l  ^ImTwI 


"1 


rr  ^« 

Vi 


9  m        o        ,  .  J' 


St  W-Shvfc 


0L= 


•  I  I 

1  jilO^'öit 


neu» 


ttgadt 


der  Stah'o 


H 


JJfonljeim  vor  frisier  3cr|töriinr\ 
im  3a!jre  \(>H\h 


flnsfchcn  unb  JflefcftigiiHfl  ber  ctabt. 

Aus  ber  ut  Anfang  biefer  3djrift  wiebergegebeneu,  von 
SHcrian  au«  bem  ^abre  H'.-h;  ftammenbeu,  oom  sli>eiberberg 
aufgenommenen  Aufidjt  ift  mi  orfeben,  bnfj  bas  Pforzheim 
bor  bamaligen  ;{eit  eine  nod)  im  unoerfebrten  djarafteriftifcheu 
3d)mucfe  bes  1 t e  l  a  1  te  r  *  prangenbe  3tabt  war.  3o  eine 
3tabt  mit  ihren  tunureidjen  ftirdjen  nnb  Mlöfteru,  ihren  über 
ragenben  Wiebeln  unb  ihren  hohen  "Kiugmaueru  bot  freilid) 
einen  intereffanteren  Aublict  als  nnfere  heutigen  3täbte  mit 
ihren  unbegrenzten  .£>äufermaffen,  bie  fid)  wie  oerloren  auf  beut 
Weftlbe  ausbreiten.  (Sin  befouberes  (Gepräge  erhielt  bas  alle 
Worpheim  nod)  bind)  bie  auf  beberrHieuber  \>öhe  ftehenbe 
marfgräfltdie  %#urg  unb  bie  große  3d)lof;iird)e,  zwei  weithin 
fidjtbare  Waumefeu, 

&Me  fdwu  bewerft,  war  Pforzheim  eine  turinreidje  3 labt, 
wefeutlid)  oerfebieben  oon  beute,  hieben  ben  vielen  2  bor  unb 
Üftauertürnten  waren  uod)  mandie  auboro  oorhauben. 
SJlerian's  Wilb  richtig,  io  erhob  fid)  aud)  auf  bor  3d)lonfird)e 
ein  hoher  fdjlanfer  Jurm.  (Äinen  nod)  höheren  2mm  befafi  bas 
^arfütVrflofter  unb  foll  berfelbe  nadi  gothiid)er  Art  gebaut  unb 
eine  befoubere  ^ierbe  bei  3 labt  gewefeu  fein.  las  ^rebiger 
flofter  fdnniirfte  ebenfalls  ein  hod)aufragouber  Inrm;  ein  lleinerer 
gothiidier,  ber  jent  nod)  ftoht,  befaub  fidi  auf  bem  3oital.  ber 
gegenwärtigen  \>eil  unb  Pflege  Aunalt.  ^ou  ben  übrigen 
türmen  ift  \u  erwähnen  ber  auf  ber  Alntubter  Suche,  ionue 
ber  Turm  auf  ber  A>ei!iu«,u[renztir.lK  w  rcr  "Mr.'t;ingev  ^oruabi 
unb  ber  Jurm  ber  Kapelle  Oer  3'.  i^oigsnfL\K. 

Hon  welcher  3eite  ^c^  ^a übe' er  «tu»!   iiuer  ''*'ut  .  • 

alle  Pforzheim  geworfen  baten  iura;  fem  Auae  n-ni^  Mel- 
init '.Wohlgefallen  unb  x\uteieffe  auf  cVmieioeu  aeru'a  !v,'v:t.  nur» 
bot  aller  Auertennuug  ber  Vorzüge  innerer  ,]eit  mit  ihiem  Inf! 


Digitized  by  Google 


118        ^forsbeim  cor  feiner  Bcrftörung  im  Safere  1689. 

unb  raumbebürftigen  ©efd)led)t  füfylt  man  ftd)  boef)  faft  oerfudjf, 
ba$  $a])infd)roinben  ber  alten  .£>errlid)feit  au  beflagen. 

$ie  ©tabt  mar  gut  bef  eftigt  unb  tonnte  aud)  nod)  nad) 
(£infüt)rung  be3  ©djiefjpuloersi  al§  ein  roofjluerroafjrter  ^latj 
gelten.  (E§  ift  fyier  ju  unterfdjeiben  jroifc^en  ©  t  a  b  t  unb 
6  d)  t  o  %   Unter  (euerem  ift  ntcr)t  nur  ba§  ehemalige  (5d)loj$= 


gebäube,  fonbern  ber  aanje,  befeftigte  iKaum  511  uerftet)cn,  ben 
ba$  Sd)lofj  mit  ber  8d)lofjfird)e  unb  ben  übrigen  baju  gehörigen 
C^ebäuben  einnahm.  Tas  £d)loft  mar  mit  feiner  ftarfen  >Hing= 
mattet  unb  einem  fyoben  sÄbrturm  (s^ergfrieb)  uerfeben.  3m 
oberen  ©djlo&vaum  erljob  ftd)  bie  £d)lofifird)e.    2)er  Dallas 


Digitized  by  Google 


*Bforabeim  oor  feiner  getfUtaiitg  im  3abre  1689.  119 

ober  baö  SÖohngebäube  be$  Sd)lofiberrn  lehnte  ftd)  mit  bem 
nörblidjen  glüget  an  bie  Sdjilbmauer  an,  roäf)renb  im  SBorfjof 
fiel)  bie  5U111  marfgräflidjen  $>ausir)atl  erforberlidjeu  (9ebäube 
(tfehntfdjeuer,  Kellerei  unb  SPtarftaü)  erhoben.  So  btlbete  bie 
$Jurg  eine  für  fid)  oerteibigung§fäbige  93auanlage,  bie  aud)  nad) 
ber  Stabt  ju  burd)  eine  Ringmauer  abgefdjloffen  mar.  Gin 
tiefer  unb  breiter  Wallgraben  begrenzte  tf)re  ^luftenfeite.  3Öo 
bie  Ringmauer  mit  ber  Stabtbefeftiqung  jufammentraf,  ftanb 
einerfeitS  ber  Seutueftturm*)  unb  Im  ^EBcften  ein  auf  bem 
9Jierianifd)en  93ilbe  ftdjtbarer  är)nlid)er  $urm.  Der  Sßerfebr  nad) 
3luf$en  unb  mit  ber  Stabt  mürbe  burd)  ba§  obere  unb  untere 
Xtyox  oermittelt. 

iBejüglid)  ber  grage,  ob  ber  $auptroallgraben  um  ba§ 
Sd)loj$  bei  Kriegsgefahr  mit  SBaffer  gefüllt  roerben  fonnte,  fdjreibt 
3.  Stordjer  in  einem  Beitrag  ju  biefer  Schrift:  „2U§  Slbroebr* 
mittet  roaren  im  Mittelalter  bie  naffen  ©reiben  bei  allen  $Be= 
feftigungSanlagen  fefjr  gefugt  unb  mir  fefyen  bei  ben  SRuinen 
mancher  Sd)löffer  bie  ©puren  biefer  2öaffer$ufüt)runa,en.  ©0 
beim  .^eibelberger  Schlofj,  baS  ^infic^tlid)  ber  fiage  otel  5lcr)n= 
lid)feit  mit  bem  sßforjt)eimer  r)at.  $d)  oermute,  bap  ber  (Sgelfee 
an  ber  33rettener  Strafe  $u  biefem  3roecfe  angelegt  rourbe  unb 
oon  \)kx  ba§  ^Baffer  in  ben  oberften  $eil  be§  $auptroallgraben3 
geleitet  roerben  tonnte  3m  £>auptgraben  felbft  (bi§  jum  ÜWür)!- 
bad))  rourbe  burd)  Stauanlagen  ba§  SBaffer  feftgefjalten,  fo  ba§ 
ftellenroeife  basfelbe  eine  größere  Diefe  erhielt." 

Die  innere  Stabt,  beren  erfte  23efeftigung§anlage  nur 
bis  jum  3J^üf)lba<f)  ging,  rourbe  @nbe  be§  15.  3af)rhunbert§  mit 
einer  erweiterten  UmfaffungSmauer  oerfetjen,  an  roeldjer  erferartig 
oortretenbe  2Öad)ttürmd)en  angebracht  roaren.  9JHt  SKuSnafyne 
ber  bem  ßmjfluffe  jugefchrten  Seite,  roeldje  burd)  ba$  s2Baffer 
eine  geroiffe  natürliche  Decfung  f^atte,  roar  bie  um  bie  Stabt 
fübrenbe  Ringmauer  mit  einem  Ringer  auSgeftattet,  roorunter 
ber  freie  SKaum  $roifd)en  ber  erften  niebrigeren  unb  ber  jroeiten 
böseren  Mauer  $u  oerfterjen  ift.  Die  Ringmauer  roirb  root)l 
O-IO  m  bod)  unb  bis  ju  l1/*  m  ftarf  geroefen  fein.  Sie  hatte 
eine  mit  Sd)iegfd)arten  oerfetjene  ^vuftroebr  unb  roar  überbad)t. 
Der  £>auptgraben  tyatW  eine  £iefe  oon  4 — 5  m.  9HS  bie  (3e^ 
fd)ütje"  im  s<Belageruugstnege  ihre  oerbevbenbringenbe  Oiolle  foielten, 
erroiefen  fid)  bie  sierteibigungSan lagen  ber  alten  Stäbte  als 
ungenügenb  unb  man  roar  genötigt,  burd)  SBocmecfe  unb  Batterie« 
türme  bie  Wiberftanbsfraft  berfelben  311  erhöben.  So  eutftanb 
roobl  aud)  bas  SBorroerl  au  ber  JÄo&brücfe  oor  bem  3cl)cifertbor, 
baS  übrigens  nicht  511  oerlnubern  uermodjr,  baft  Melac  gerabe 

*)  3ur  ^cit  Eigentum  bc«  ^ijoutcricfa&rifantcn  ^ad. 


Digitized  by  Google 


120 


^forjbeim  oot  feinet  Berftöruna  im  3afrre  1<>80. 


an  biefer  Stelle  in  bic  Stabt  brang.  Dhore  jäblte  bie  innere 
Stabt  mir  bvei,  nämlid)  ba3  Bröfcinger*,  ba§  5tltftäbtcr=  nnb  bas 
Steinbrücfer^Dbor  an  ber  (£nj.  Da3  obere  Sdjloßtfjor  biente  in 
früheren  ^abrbunberten  nicht  bem  öffentlichen  Berfebr.  Die  oon 
Stetten  ber  fommenben  ftubrroerte  mußten  burd)  ba§  obere 
©rabentbor  in  bie  Brö^inger-Borftabt  unb  oon  ba  in  bie  Stabt 
fahren.  Die  Dfjore  maren  nod)  burd)  befonbere  Sperroorrid)tuugen 
gefdnitjt.  3m  oberen  Stocf  be»  DborturmeS  rootjnte  ber  2Bäd)ter, 
meldjer  jebe  feinblid)e  Annäherung,  ebenfo  aud)  ben  5lu3brud) 
eines  Branbe?  in  ber  Stabt  ober  bereu  Umgebung,  ju  melben  batte. 

Die  3 eftun abwerfe  jogen  fid)  vom  oberen  Sd)loßtf)or 
binter  bem  Daubftummeninftitut  unb  an  ber  oberen  Borftabt 
oorbei  511m  Brötjinger  Dbor,  meldjeS  oon  einem  hoben  unb  finftern 
Dürrn  überragt  mar.  $011  t)ier  au«  tief  bie  UmroaUung  gegen 
bie  fog.  Sd)äferbrürfe  hinunter,  bem  SJcüblfanal  entlang,  ber  ben 
Stabtaraben  erfetjte,  big  gut  oberen  sJJcüf)le.  Diefe  mar  jroifdjen 
bie  beiben  Stabtmauern  bjneingebaut,  mes^alb  fie  aud)  früher  bie 
^mingermüble  hieß,  unterbrad)  aber,  mie  aud)  bie  91onnenmür)le, 
jum  Seil  bie  äußere  SJcauer,  ma§  bei  Belagerungen  mehrfach 
mtßlidje  folgen  t)atte.  Bei  ber  oberen  s3J(ühle  geftattete  ba$ 
Cbermül)ltbörlein,  für  meldjes  ein  eigener  Befdjließer  befteüt  mar, 
ben  (Eingang  in  bie  Stabt.  Unterhalb  biefer  Wihle,  ebenfo  bei 
ber  Uconnenmüble  gemährten  j^wei  mit  JyallaUtern  oerfefjene  Sd)oß= 
qattev  bem  Gaffer  ben  nötigen  Durd)laß. 

Die  Sübfeite  ber  Stabt  tyatt?  als  ttfcauerfrömmg  eine  9n« 
*abl  fleiner  runber  Därme  unb  bei  ber  jetzigen  $e&  unb  sßflege= 
Slnftalt  erbob  fid)  ein  bober  oiereefiaer  Dürrn,  oben  mit  einer 
(Batterie  unb  einer  Wohnung  für  ben  Durmmäd)ter.  Bei  ber 
^lonnenmüble  befanb  fid)  ebenfall?  ein  jiemlicb  t)oJ)er  runber 
Sturm,  ber  fog.  „meiße  türm",  mälneub  auf  bem  SMnbenolatj 
ein  maffioer  runber  Dürrn  ftanb,  ber  aber  bereit?  auf  bem  Bilbe 
oon  Ki43  ftarfe  Spuren  bes  Verfall?  jetgt,  sJluf  ber  Oftfeite 
jübrte  bie  Stabtmauer  oon  ber  (in*  bis  hinauf  jum  ©aftbaus 
SurDraube;  hier  mar  ba*  Slltftäbtet  Zhov  nebft  einem  s4Bad)tbaus. 

sDLUo  ba?  Sdjloß  unb  bie  eigentliche  Stabt,  )*o  hatten  aud) 
bie  Borftäbte  ibre  befonbere  Befeftigung.  Die  Brötjinger 
Borftabt  befaß  brei  £f)ore:  ba?  obere  ©rabentbor  mit  Dbor- 
bäuseben,  ba?  .$ei(igfreufttbor  am  meftlidjen  (5nb<  ber  Borftabt 
unb  am  unteren  (£nbe  be?felben  ba?  Sdjäfertbor,  befd)ü^t  burd) 
einen  feften  SBafferturm  unb  außerbem  nod)  burd)  einen  auf  ber 
anbeten  Seite  befinblid)en  oiereefigen  Zum.  Die  31  u  e  r  B  0  r  ft  a  b  t 
mar  ebenfalls  mit  einer  ftarfen  Stauer  umgeben.  Beibe  feblten 
Inbeffen  nadj  ber  Jylußfeite  bin,  meil  bie  "Jfagolb  felbft  Sd)u{5 
gemährte  unb  ^ubem  bie  ibr  ftugete^tten  Käufer  eng  pfammen 
gebaut  maren.    $lm  (Snbe  ber  burd)  bie  m  führenden  $auvt* 


Digitized  by 


Worabeint  oor  feinet  Serftöruna  im  3abrc  1089. 


121 


(fräße  ftanb  ba§  Slucv  8runnentf)or,  mit  einem  Xurme  gehievt, 
am  (Snbe  ber  oberen  9lugaffe,  aud)  „filier"  gebeifien,  baä 
.£>iUertf)or  unb  am  (Snbe  ber  unteren  Angaffe  baS  ©auA*  ober 
3d)elmentl)or.  Slufjevbem  führten  mehrere  Stötten  jur  sJlagolb 
nnb  (Ena,  lüie  foldjc  aud)  auf  ber  anbern  glufjfeite,  auf  ber 
©übfront  ber  inneren  Stabt,  angebracht  waren.  Tic  9lu  hatte 
neben  bem  Turm  bes  $3runneutbor*  nod)  einige  anbere  Türme 
aufjutoeifen :  einen  jroifdjen  bem  .filier*  unb  s<8runnentf)or,  einen 
jmeiten  an  ber  entgegengefetyten  (Scfe  ber  ©tabtmauer  unb  fobann 
ben  feilte  nod)  erhaltenen  ©djelmeuturm.  Tie  31  ( t  ft  a  b  t ,  früher 
einften*  ot)ne  3roeifel  ebenfalls  ftarf  befeftigt,  befafj  nad)  bem 
HOjäfyrigen  Strieg  feine  Xfyoxt  unb  dauern  mehr  unb  mürben 
biefe  aud)  nid)t  mieber  bergeftellt,  worüber  fid)  im  $af)re  1(561 
bie  2lltftäbter  bei  bem  ©tabtrat  lebhaft  befdjmerten,  freilid)  ohne 
ben  gemünfd)ten  Erfolg.  Tie  SUtftabt  mar  unb  blieb  ein 
offener  sJ$lat>. 


^for^tjeint  im  ^ttuefii. 

Qm  Innern  ber  ©tabt,  bie  oon  oier  .fmuptftrafteu 
burfd)nitten  mar,  meld)c  ftd)  beim  SJcarftplatj  treusten  unb  ben 
s-8erfet)r  nad)  klugen  oermittelten,  Ratten  bie  bürgerlidjen  sÜHobn= 
bäufer  gemö^nlid)  einen  fteinernen  Unterbau,  bie  oberen  ©toefmerfe 
maren  in  reidjem  unb  oft  versiertem  .ftol^riegelbau  aufgeführt 
nnb  ber  ebenfo  geftaltete  ©iebel  ftanb  ftet*  ber  Strafe  51t.  Tie 
£>öfe  ber  s2(belig,en  bagegen  unb  bie  ftlöfter  hatten  meift  eine 
ganj  oon  Stein  h^rgeftellte  ®iebelfront.  Tie  Käufer  maren 
meift  fchmal  unb  tief,  babei  hart  aneinanber  gebaut. 

3fe  einer  oor  einigen  fahren  erfd)ienenen  ebenfo  intereffanten 
rote  inftruftioen  ©djrift*)  giebt  Waeber  ein  auf d)au liebe*  $ilb 
ber  alten  ©tabt,  bereu  heroorragenbften  öebäube  er  in  Heber* 
einftimmung  mit  ^flüger  namhaft  madjt  unb  ihre  Sage  be$eid)net. 

Ta§  jeltf  95eltman'fd)e  .pau*  in  ber  oberen  Reinen  5(ird)gaffe 
gehörte  ben  §ofmeifter  oon  ©djauenburg.  Qn  ber  unteren 
'jjfarrgaffe  maren  bie  Wohnungen  ber  ©tiftsberren  unb  ©eiftlic^en 
ber  ©d)loftfird)e.  Gbeu  bort  befanb  fid)  aud)  bie  lateinifdje 
©d)iile.  Ter  .£>of  berer  oon  ©emmingen  mar  in  ber  SCttftäbtcv 
©äffe  gelegen.  9In  ber  NiBeftfeite  bes  Hiicb  ober  ©djlofeberges 
hatte  bie  Jyamilie  oon  iKemdjingen  ihren  .'pof,  meldjen  nad)  ber 
^erftörung  bas  abelige  Tamenftift  ermarb,  Leiter  unten,  (Srfe 
ber  ©arfügergaffe  mar  ein  £of,  meldjer  nod)  *u  beginn  biefe* 

•)  „3d)loft  unb  ctubt  Wonnetm  oor  ber  tfcrftörumi  l«i88",  $fmtfftm, 
Verlag  oon  *Har  ^Hin^er. 


Digitized  by  Google 


122        ^fotabcim  oor  feiner  3erftöruna  im  3al)re  1689. 

^afjrbuuberts  ber  Samilie  SSofmlid)  gehörte,  $ann  folgte  (Scfe 
be*  SWarftplatjeS  unb  <3d)lof?berge$  bic  Stabtfdjreiberei,  bie 
oermutlid)  1551  erbaut  werben  ift. 

3(uf  ber  mcftlieben  3eite  biefeS  Stabtteil*  bis  ftur  ©tobt« 
mauet  (09  bad  um  1270  entftanbene  Sran.ysfaner*  ober  Sarfujjer* 
flofter,  oon  welchem  nur  nod)  ber  (£t)orteil  ber  ftlofterfirdje  (bic 
jetzige  alte  fatfyolifdje  Stircfje)  ermatten  ift.  $er  funftoolle  Xuxm 
würbe  1748  abgebrochen  unb  befinbet  fid)  nunmehr  auf  ber 
.g>eif=  unb  sßflege*tÄnftait. 

s2lm  SRarftpIat}  ftanb  an  ber  Stelle  bes  jetzigen  SHatfmufeö 
ba$  unter  ÜDiavfgvaf  Slarl  II.  1557  erbaute  iHat;  unb  &auffyau3. 
tiefem  gegenüber,  wo  fid)  jetjt  bas  Sd)enct'fd)e  5(nmefen  befinbet, 
hatten  bie  ÜJJJenjingen  ihren  2Bof)ufitj.  Unten  an  ber  ©eftfeite 
bes  SDlarfteS  (^rcgijer)  war  eine  Slpotljefe.  (2ie  obere  2tpotl)efe 
am  9)krft  [®r.  £of]  würbe  1690  errid)tet.)  Unten  am  SWatft 
(9tug.  Käufer)  lag  ber  £>of  bercr  oon  SRicpput  unb  auf  ber 
Oftfeite  bes  sJ3lat3e§  ftanben  bie  £öfc  berer  oon  Äedjler,  oon 
Seutrum  unb  oon  9ieifd)ad).  2)as  Viertel,  wo  heute  bie  WolH- 
fdjule  mit  bem  9ieud)linplat^e  fid)  befinbet,  betjcvrfcfjtc  baö  1279 
errichtete  $ominifaner=  ober  ^rebigerflofter.  9iad)  ber  iHeformation 
biente  bas  Sllofter  ben  ^werfen  ber  Sateinfdjule  unb  bie  ftlofter* 
firdje  würbe  als  Stabtfirdje  benü^t.  3«  biefem  <3tabtteile 
waren  nod):  $er  2id)tentbaler  3ebntl)of  (2(ug.  ftiehulc),  ber  .£wf 
berer  oon  ©entringen  unb  berjenige  berer  oon  ftodjenborf. 
©eftlid)  uom  2Jiarftplafce  befanben  fid)  bie  $>üfe  ber  Familien 
oon  Röhenberg  (ßrbarb  Werfer),  oon  sJtemd)ingeu  (3Rort|  Füller), 
oon  Kiebingen  (Brauerei  £)of). 

Unten  bei  ber  Obermüble  lag  bie  obere  Babftube.  $n 
ber  SWetjgergaffe,  bem  sJMüf)tfanal  ju,  ftanb  ber  £>of  ber  ftedjler 
oon  8d)wanbovf,  weld)e  aud)  nod)  einen  £wf  in  ber  Cd)fengaffe 
befo|ett.  3üblid)  00m  •  $lül)lbad)e  war  bas  SUofter  ber 
Domiuifanerinnen  (1250  entftanben),  aud)  unter  bem  Üftamen 
JJrmtenfToftcr  $u  ^Ohrria  iWagbelcna  ober  ftlofter  ber  Büßerinnen 
befannt. 

31  n  ftäbtifdieu  ($ebäitben  flnb  außer  ben  angeführten  nod) 
311  ermähnen :  Tie  beutfelje  8cl)ii(e  in  ber  unteren  ^farrgaffe ; 
bas  fd)on  oermerfte  obere  Bab  unb  bas  untere  Sab,  beibe  am 
s3Jh'U)lfaua(  gelegen ;  ba*  (Jiebbaus  mit  ben  (Jtdjgcratfcbaften  unb 
in  beffen  Oiäbe  oas  ^BerthauS  im  .Ülofterbof,  worin  fid)  allerlei 
ftäbtifdje  (Serätfdjaften  befanben  unb  aud)  oerfdjiebene  Arbeiten 
für  bie  3tabt  beforgt  würben ;  ba*  Slrmbruftqaus  auf  bem 
l'iubenplalj,  bie  Brobbütte  unb  ba*  SiacTbau*,  fowie  bie  v-lBafd)= 
bäufev  beim  2teiubrüdertbor,  bie  beiben  Branntweinhütten,  baS 
8anbf($aft&  ober  ,panblung$l)au*  in  ber  Brötjiugergaffe  ufw. 


Digitized  by  Google 


^foräbeim  ÜOr  feinet  Bcrftörunq  im  3abrc  1689. 


123 


9Jiüblen  roaren  oorfyanben :  $>ie  Cbermüble  (tjeute  bie 
"ßfeiffer'fdje ^Öaffcrfraft),  außerhalb  au  bie  Stabtmauer  angebaut; 
bie  9ionnenmüf}le  beim  ftlofter  ber  $oininitanerinnen  (beute 
(Eigentum  ber  Stabtgemeinbe,  roeldje  ba§  9lnroefen  uou  @.  5Ibe( 
fäuflid)  enoorben  bat) :  bie  9lid)müble,  fvütjev  Spitalmüble  genannt 
(beute  SBrenf);  bie  ßloftermüble  (beute  Sauger),  foroie  bie  s4Bag- 
müfyle  (beute  bie  Wellingerfdje  SBafferfraft).  $ie  meiften  anberen 
ber  heutigen  2ßafferfräfte  eyiftierten  ebenfalls  fdjon  cor  ber  3er* 
ftörung.  2)ie  Söafferfraft  be§  beutigen  ©encnfer'fdjen  Jammer* 
roerfä  rourbe  früher  ju  einer  $uf*  unb  SBaffenfdjmiebe  benutzt. 
(5Jci  biefer  2Baffenfdnuiebe  ließ  bie  3Jlarfgräjtid)e  $crrfä)aft,  roie 
an  anberer  ©teile  bereite  mitgeteilt,  1654  einen  Scfjmeljofen  unb 
1678  eine  ^ammerfdjmiebe  errichten.)  SBeiter  abroärtS  roaren 
SEBaft»  unb  @d)leifmüf)len,  foroie  Del*,  Stampf»  unb  9tinbem 
müf)len.  $n  ber&ltftabt  bei  ber  9lifolau§fapelle  befanb  fic^  eine 
Oelfcfjlag  unb  Schleif  mityle.  (£§  gab  aud)  eine  untere  Sage, 
weldje  marfgräflid)  mar  unb  oon  ber  Stabt  burd)  einen  ftäbtifdjen 
Säger  betrieben  rourbe.  3)ie  heutige  Slompagniefägmüljle  mürbe 
fd)on  1617  erbaut  $ie  SBebre  mürben  fdron  im  13. 3af)rf)unbert 
angelegt, '  um  für  bie  sBerfe  bie  nötige  Saff erfraft  $u  gewinnen. 

Ziegeleien  roaren  aud)  jroei  oorbanben,  ferner  jroei  Scfyaf* 
bäufer  (eme§  in  ber  2lltftabt  unb  eine§  beim  Scfyäfertbor) ; 
außerbem  beftanb  in  ber  2lltftabt  eine  marfgräflidje  Leiter,  ba 
an  ben  3lbbängen  be§  *©artberg§  jiemlid)  uiel  2Bein  gebaut  rourbe. 

W\t  ©aftbäufern  unb  Verbergen  roar  ba3  alte 
^forjtjeim  mebr  al§  genügenb  oerfefyen.  i)ie  eigentliche  Stabt 
befaß  folgenbe  ©afü)äuferf  2)a§  Jtamm"  töhlbolf  Solb),  @cfe 
ber  SBröfcinger*  unb  Sammgaffe;  ba3  „weifte  £aub"  (©fjriftian 
Solb)  in  ber  Sammgaffe;  bie  „Rollen"  (ßtjriftof  ©anfer,  fpäter 
Otto  'iBecfb),  Gcfe  ber  SBrötjinger*  unb  ^lumengaffe ;  bie  „SBIumc" 
(«£>an§  3erg  Sdjönben,  fpäter  .freinrid)  öauer)  in  ber  $Jlumen= 
gaffe;  ba§  „golbene  Saub"  auf  bem  sJ)Jarfte  neben  bem  „fdjroarjen 
«Met",  ber  auf  ber  gleicben  Stelle  roie  jetjt  ftanb  unb  bamalä 
einem  ©eiger  gehört  511  baben  fdjeint;  bie  „ftronc"  (Martin 
Sdmell,  fpäter  33erntmrb  .<peufd)lof)  unten  am  Warft,  roeld)e3 
©aftbauS  ba§  SHedjt  chatte,  jäfyrlicb  15  Cbm  Söein  frei  auSju* 
fdjenfen;  ba§  „golbene  5lalb"  in  ter  Wetjgergaffe ;  ben  „Wappen" 
(Ulrid)  feutj)  in  ber  untern  iränfgaffe;  bie  ^Rante"  (§an3$etet 
s4JoU,  fpäter  fcbriftof  Äbredjt)  ebenfalls  in  ber  Iräntgaffe;  ben 
„Cd)fen"  (Wartin  Roller)  in  ber  Odjfengaffc;  ben  „Söroeu" 
($an3  ^afob  9Jtitfd)börfer,  fpäter  sikltl).  |>oppiue)  in  ber  %IU 
ftäbter  Straße  unterhalb  bem  JHatbaufe;  bie  „>Kofe"  (ßan£$taty) 
in  ber  fliofengaffe;  ba$  „Sdjroert"  ( C£t>viftof  l'eoubarbt)  unb  ben 
„golbenen  Scbroan"  (.frans"  3d)ief/  fpäter  .frans  Sd)etble).  (£x-- 
roäljnt  roirb  ferner  eine  Verberge  uou  Qo^ann  Widjael  CDefd)ler 


Digitized  by 


124 


Worabeim  oor  feinet  flcrftöruna  im  3abre  1089. 


unb  ein  „^ubenfyof"  in  bcr  £ränfgaffe.  2lud)  an  SMerfiebern 
fehlte  e3  nid)t  unb  werben  als  foldje  genannt :  3afob  s#etfd)  (K>7(>), 
oob.  Beder  (1679)  unb  ^fmel  t*eter  Stiefe.  SieStabt  betrieb 
felbft  einen  eigenen  $Jierf)anbel,  ber  erft  ju  Anfang  be$  17. 3al)r^ 
buubertS  aufgegeben  mürbe,  diedpiet  man  nod)  bie  früher  fdjon 
ermähnten  (Staffen«  unb  £>erfenroirte  fyinju,  fo  gelangt  man  unfdjmer 
SU  ber  Ueberjeugung,  bafj  bie  alten  or^eimer  feinen  $urft  ju 
leiben  brauchten. 

3)ie  $orftäbte  maren  ebenfalls  mit  Sirtfdjaften  mobl  Uel- 
leben. 3n  ber  93rötjinger  Sßorftabt  befanben  ftct>  bie  ®aftt)äufer 
5um  „trappen"  (StaltfyesJ  iHentfd)ler),  jum  „golbenen  9lbler" 
(.£>an3  ©eorg  Oftertag),  jum  „SBären"  (SJtatf).  tiefer)  unb  jur 
„Sonne"  (Seb.  Sdjerlin);  in  ber  2fa:  jum  „meinen  9töf3le" 
{Cito  $3ecfl)),  jum  „Ginborn"  föriffiatt  Secff)),  &um  „£irfd)" 
(3obann  £ofner)  unb  jum  „roilben  sJJiann"  (9unbro§  Sotterlin) ; 
in  ber  Slltftabt:  sunt  „Gngel"  (Gfjriftof  £>affert),  Nim  „Sternen" 
(£an§  Qerg  Sottyammcr)  unb  jur  „Sanne"  bei  ber  2lltftäbter 
«rfiefe. 

lieber  bie  SBorft&bte,  beren  £f>ore  unb  Skfeftigunqen 
fdmn  ermähnt  roorben  finb,  follen  fjier  nod)  einige  furje  Mit- 
teilungen folgen. 

3n  ber  33rö Ringer  3Jorftabt  befanb  fid)  bae  fog.  Seel* 
haus  (ein  fd)on  1546  beftanbeneS  Spital),  ba$  1323  oon  ber 
sJJlarfgräftn  fiuitgarb  geftiftete  .£>ofpitalf)aus  jum  heiligen  ©eift 
unb  ba§  bübfdje  £eiligfreu$ftrd)lein  in  ber  yiäfyt  be§  gleichnamigen 
$bore§.  $urd)  bie  Eorftabt  führte  in  ber  ftidjtung  oon  SBeften 
uad)  Often  eine  breite  Strafe,  an  melier  bie  SBerfftätten  ber 
Sdjmiebe  unb  Sagner  lagen,  bie  bei  bem  auSgebefjnten  gubr^ 
merfSoerrebr  ooüauf  ju  tl)uu  Ijatten. 

$ie  Huer  SBorftabt,  meldje  r)auptfäd)lidt)  burd)  bie  3(n= 
ftebelung  oon  Jifcf)ern  unb  ^löfjern  entftanben  ift,  mar  uon  brei 
.•pauptgaffen :  ber  ftreuj-,  ber  Sd)elmen=  unb  ber  .frillergaffe 
burdjjogen.  Stn  ber  Steige  oor  bem  93runnentf)or  ftanb  bas 
St.  ©eorgeuftift,  meines;  af$  9lfnl  für  anfteefenbe  Traufe  bleute 
unb  mit  einer  jiemlid)  geräumigen  5iapelle  verfemen  mar.  $a£ 
SBaffer  be§  St.  ©eorgbrunnens  ftanb  in  bem  sJtuf,  eine  gemiffe 
.£>eilmirfung  ausüben  unb  mürbe  beefyalb  aud)  mit  Vorliebe 
benutzt. 

3u  ber  51 1 1  ft  a  b  t  ftanb  bie  bem  beiligen  SRartin  gemeine 
erfte  djriftlidje  ftird)e,  aujjerbem  befanb  fid)  hiev  ber  bem  .jrirfauer 
Hl  öfter  gehörige  .frirfdjauer  £of  bei  ber  sJiifolau*tapeUe,  mooon 

•j    £ae  .v)eilii\ficu\ftid)leiH  ift  1H24  abflebrodjen,    nodjbem  bcr  an 
fdjliefieiibe  Tvricbljof  bereit«  Ihoo  flcfdjloffcn  werben  luar.    cebon  hatten 
bie  ftranjofen  bae  Hirstein  \erftört.    Jaofelbe  Mtltbe  aber  loiebcr  t^ergeftelit. 


Digitized  by  Google 


Digitized  by  Googlcj 


$forabeim  cor  feiner  ßerftöruna  im  3abre  1689.  125 

ber  Ijeute  nod)  beftefyenbe  Jlurname  „$apellenf)of"  t)errüf)rt.  2Bie 
fd)on  mitgeteilt,  lag  aud)  ba§  Älofter  ber  difterjienferinuen  in 
ber  Slltftabt.  93or  bem  9lltftäbter  ifjore,  unten  amSBaffer,  mar 
ber  in  alten  Urfunben  oft  genannte  SBiebmarft.  3)cr  ^pirfdjaucr 
•Ipof  nebft  Capelle  unb  bem  Gifter^ienferinnenflofter  ift  übrigens 
fdjon  im  30jäbrigen  Kriege  ftcrftört  morben.  $afj  bie  9(ltftabt 
jur  £cit  be§  orleanS'fdjcn*  Krieges  ein  offener  sJSlal}  mar,  mürbe 
bereite  früfjer  mitgeteilt. 


Digitized  by  Google 


yfonlfrira  im  arlcnttö  fdjcn  finc^c. 

(1G89— 1697.) 


$ic  (£rctauiffc  bt*  §«m  ^weiten  Traube. 

53rad)te  ber  30jäf)rige  tfrieg  @lenb  unb  Sommer  in  .gullle 
unb  güllc  über  unfeve  Stabt,  fo  t)atte  biefe  nod)  meljr  ju  leiben 
unter  ben  Sdjrecfen  be§  fog.  orleanS'fdjcn  Kriege 8. 

£ubmig  XIV.,  ber  fran$öfifd)e  „Sonnenfönig",  mar  be§ 
bcutfrfjen  Meiches  fdjlimmfter  s3tac^bar  unb  auf  bie  Sdjroädmng 
unb  Sdjäbigung  beSfelben  unau§gefefct  bebaut.  "Dlad)  bem 
Jrieben  oon  Slnmmegen  (1679)  ftellte  er  bie  93ef)auptung  auf,  eine 
größere  ^Injaf)!  Gebietsteile,  Stäbte  unb  Drtfdjaften  Ratten 
efjemals  ju  ben  im  roeftfälifdjen  unb  numroegener  ^rieben  an 
Jranfreid)  abgetretenen  Säubern  gehört  unb  um  biefe  ju  ermitteln 
fetyte  er  in  Sftet},  5keif  ad),  Journai  unb  $3efanQon  befonbere 
($erid)t§l)öfe,  fog.  SReunionsfammern*)  ein.  $iefe  roaren  benn 
aud)  „ftnbta"  genug,  gegen  600  ^errfdjaften,  Stäbte,  Dörfer  jc. 
l)eraus$uftnben,  bie  bann  einfad)  in  franjöftfdjen  Söefitj  genommen 
mürben.  2)a§  bcutfdje  föeid)  mar  fo  fd)road),  baß  e§  biefe 
Skrgeroaltigung  ftd)  ruljig  gefallen  laffen  mußte. 

2)er  Appetit  fam  bem  franjüftfdjen  ftönig  mit  bem  @ffen 
unb  barum  maßte  er  ftd)  nid)t  lange  nad)f)er  (im  September  1681) 
an,  bie  freie  Stabt  Straßburg  bem  Weidje  $u  entreißen,  roa§  er 
ebenfalls!  ungeftraft  t^un  fonnte.  2)amit  ließ  fid)  aber  ber  länber« 
gierige  Selbftfjerrfdjer  nid)t  genügen.  (£r  benütjte  bie  pfäljifdjc 
ferbfd)aft§fad)e  unb  bie  Kölner  $urfürftenroal)l,  um  $)eutfd)lanb 
mit  SWorb  unb  $3ranb  511  überjieljen.**) 


•)  £er  Warne  rütjrt  Ijcr  oon  ftcunion  (5£ieberüereinigung>. 

**)  AIS  fcurfürft  .Harl  bei  Nonn  otme  mdnnlidje  £rben  ftarb  unb  baö 
l'anb  an  bic  fntl)olifd)c  Seitenlinie  ^faUsWeuburg  fiel,  fpradj  X'ubroig  XIV. 
für  bie  an  feinen  Orabet,  ben  Qergog  oon  Crleano,  ocrmäfylte  Sdjiocftcr  bed 
oerftorbenen  fturfürften,  ISrlifabctb,  (Sbarlottc,  nidjt  nur  bic  bciocgüdje  £>abe, 
fonbern  aud)  bie  Viegcnfdjaften  als  Erbteil  an  unb  liefe,  rocil  er  mit  biefer 
Aorberung  nietjt  burdjbrang,  feine  ftecre  an  ben  9iljcin  rücfen.  —  Xcr  weitere 
Mriegäuonoanb  beftanb  barin,  bafj  .Haifer  unb  ^Japft  bem  franjöftfa)  gefmntcn 
8ÖiÜ>elm  oon  Jürftenbcrg,  beffen  Wat)l  *um  geiftlidjen  tturfürften  ^'ubroig  XIV. 
burd)  ttcftedjung  burdjgc'fefct  Ijattc,  bic  ^eftdtigung  oerfagten. 


Digitized  by 


^forabetm  im  otleanS'fcftcn  Slrieae. 


127 


Sd)ou  im  September  1G88  mavfdjtevten  bie  granjofen 
in  bie  ^falj  ein,  mofelbft  fic  in  einer  Seife  pausten,  baß  bie 
Xürfen  jener  $eit  im  Bergleid)  ju  ihnen  als  humane  2)Ienfd)en 
|U  bezeichnen  finb.  9Iud)  bie  angren^enben  Räuber,  insbefonbere 
bie  marfgräflid)  babifdjen  (Gebietsteile  Ratten  Sdjroeres  51t  erbulben 
nnb  2)urlad),  Ütaftatt,  Baben  unb  anbete  Stäbte  gingen  in 
Stammen  auf.  (Gar  übel  mürbe  aber  ber  Stabt  s^for(^eim 
mitgefpielt,  bie  nod)  00m  30jül)rigen  ftrieg  ^er  aus  oielen 
Sunben  blutete. 

3lufd)aulid)  unb  anjicbenb  jugleid)  fdjilbert  .£)err  Sottljammer 
in  „*)ßfor3beims  Borjeit"  bie  $rangfale  unferer  Stabt  in  jenem 
langen  fdjrccfenso ollen  ftriege.  $iefe  begannen  mit  ber  Belagerung 
oon  ^fyilippsburg,  mäljrenb  meldjer  bie  s^forjt)eimer  Bürgerfd)aft 
burd)  l)arte  grud)tlieferungen  bebrüeft  mürbe.  Balb  erfdjicn  aber 
.  aud)  ber  ^iirib  felbft. 

Oes  mar  am  10.  (20.)  Cftober  al8  fid)  eine  ftarfe  Abteilung 
fran jöfifdjer  Sruppen  unter  ben  (Generalen  sJ)l  0  n  t  c  l  a  r  unb 
b  c  J  e  q  u  i  e  r  ber  Stabt  näherte.  $ie  ^Jiehrjahl  ber  Bürger  mar 
roofjl  jum  Siberftanb  cntfd)loffen,  aber  bie  Herren,  fo  auf  bem 
sJiathaus  fafcen,  jeigten  3urd)t  unb  gemährten  ben  granjofen 
(Sinlaft.  SJtontclar  quartierte  fid)  im  Sdjloffc  ein  unb  be  gequier 
al§  Äommanbant  in  bem  SDJenjing'fdjen  $aufe  auf  bem  SWavft. 
$ie  übrigen  fyöljeren  Offiziere  fugten  fic§  anbere  fdjöne  §äufer 
in  ber  Stabt  aus.  3)ie  $>auptnmd)e  mürbe  in  bie  „Verberge 
jur  |>öüen"  oon  Otto  Becfh  oerlegt. 

3)cr  franäöfifdje  Befehlshaber  merfte  mofjl  bie  gereijte 
(Stimmung  ber  Bürgerfdjaft  unb  um  biefe  511  befänftigen,  oer* 
fid)erte  er  bod)  unb  teuer,  baft  er  ber  Stabt  fein  Unred)t  zufügen 
unb  iljrc  (Jinmohner  als  Jreunbe  beljanbeln  merbe.  (£s  rcurbe 
aud)  anfänglid)  jiemlid)  Orbnung  gehalten,  aber  balb  loderte  fid) 
bieSJknnsjuchtunb  bieBebrücfungen  begannen.  (General  (Shannajel, 
ber  be  Jequicr  im  Rommanbo  abgelöft  hatte,  orbuete  an,  baft 
fein  Bürger  ohne  ausbrücHid)e  Erlaubnis  bie  Stabt  oerlaffen, 
noc^  rceniger  SHobilien  2c.  außerhalb  oerfaufen  bürfe,  womit 
oiele  Bürger  fid)  in  ihrer  (Selbnot  Ratten  Reifen  mollen.  Seil 
bie  3ran3ofen  bie  s2lbfid)t  hatten,  in  $for$!jetm  Sinterquartier 
}ll  nel)men,  fo  fud)ten  fie  bie  Stabt  fo  gut  als  möglich  *"  s^ers 
teibigungS3uftanb  311  fetjen  unb  jmangen  bie  Bürger  $u  Sdjanj; 
arbeiten.  3)a  ber  Strid)  jmifdjen  ber  Ober«  unb  9(onnenmüt)le 
bie  fd)mäd)fte  Stelle  ber  alten  Befeftigungen  mar,  fo  folltc  fie 
burd)  Sätic  unb  sJ$alliiaben  oerftärft  merben.  öterju  mußten 
bie  Bürger  bas  erforberlidje  ,polj  hei'beijd)affen  unb  ,,.£)anb= 
bienfte"  thun. 

Selbftuerftäublid)  fträubte  fid)  hiergegen  ber  freie  Sinn  ber 
*Pfor$heimer,  bie  ja  fdjon  jmei  3ahl'h"nberte  oorljcr  burd)  ihre 


Digitized  by  Google 


Worabeim  im  orleanS'fcben  Striepe. 


„s13riuilegien"  uon  allem  verfönlid)en  2)ienft  befreit  ivorben  maren. 
$)ic  Stimmung  bev  ^Bürger  rourbe  mehr  unb  mehr  verfüttert  unb 
viele  berfelben  verabrcbeten  fiel),  bie  «Btabt,  roenn  nötig  mit  ($e* 
malt,  verlaffen,  ma§  hinmieberum  bie  Jranjofen  zu  ber 
3)rojjung  veranlagte,  bie  ganje  3tabt  au$ftitvlünbern  unb  nieber* 
jubrennen,  fobalb  ein  Bürger  511  entrinnen  fuetje.  2)er  Stabtrat 
rourbe  foroobl  bei  ber  marfgräflidjen  9\egierung,  roie  bei  bem 
©eneral  (£b«r»«a$el  vorftellig,  um  eine  SBerminberung  ber  mehrere 
taufenb  Sftann  ftarfen  (Einquartierung  ju  erlangen.  2)ie  Re- 
gierung aber  mar  in  biefer  Angelegenheit  ohne  (Sinflufj  unb  ber 
franjöfifdje  ftommanbant  fetjrte  fid)  nicht  an  bie  ^itte  bes  Stabt^ 
rate3.  $3af)rid)einlid)  um  bie  SBürgerfdjaft  einjufctjüdjtern, 
brannten  bie  ^ranftojen  rtm  H-  (21.)  Oanuar  1689  eine  An- 
^ a l> t  ©ebäube  (barunter  bas  Kaufhaus)  nieber,  obfdjon  bie 
Bürger  furj  vorher  eine  beträd)tlid)e  $ranbfdmt}ung£iumme  hatten 
jaljlen  muffen. 

$ie  ®elbnot  mürbe  immer  brüefenber  unb  bie  ©infunfte 
ber  ©tabt  verminberteu  fid)  gan$  erfdjrectenb.  93on  ben 
14  117  fl.,  meiere  bie  Stabt  für  bas  3a^r  1088  einzunehmen 
hatte,  blieben  nicht  weniger  als  12  264  fl.  im  SHücfftanbe.  $>anbel 
unb  ©eroerbe  lagen  barnieber,  bie  ÜHärfte  tonnten  nid)t  abgehalten 
merben  unb  ber  Ertrag  be$  ^elbbaues  mürbe  von  ber  (Einquartierung 
aufgekehrt,  $er  geringe  GcrlöS,  meldjen  bie  Stabt  noch  burdj 
^ol5verfäufe  erhielte,  mußte  ebenfalls»  zum  größten  Seile  für  bie 
fremben  £ruvpen  verivenbet  merben  unb  ber  iHeft  mürbe  jur 
Unterftütmug  armer  ^Bürger  vermenbet. 

$a£  ^forjheimer  3tabtard)iv  mar  bei  ber  Annäherung 
be$  geinbeä  nad)  äiebeneef  verbracht  roorbeu.  $)te  raubluftigen 
Sranjofen,  roeldje  tykvvon  9tod)rid)t  erhalten  hatten  unb  roohl 
©elb  vermuteten,  burd)ivühlten  ba3  ganje  Archiv  unb  meil  fie 
nicht  fanben,  was  fie  fudjten,  jerriffen  unb  zerftreuten  fte  bie  ©dnrift-- 
ftücfe.  @in  beträchtlicher  ieil  be3  Ard)ioe3  ging  auf  biefe  Sßeifc 
verloren,  ba  bie  im  s3Balbe  umherliegenben  'sBüdjer  unb  Urfunben 
von  ben  nachträglich  mit  ihrer  Sammlung  beauftragten  Verfemen 
felbftverftänblich  nicht  mehr  alle  beigebracht  merben  tonnten.*) 

*)  -ttei  ben  „Müsingen",  welche  buö  frtin\bfifd)e  i'umpengefinbel  von 
^for^eim  aus  unternommen,  mürbe  aud)  bie  sJt?ol)nung  bc*  5vorftmeifterü  in 
iEürrmen*  verbrannt.  -  ^n  Ceti*l)eim  mebrten  ftd)  bie  Bürger  gegen  bie 
ungebetenen  Weifte  unb  eridjoffen  ^mei  berfelben.  —  2(ud)  Neuenbürg  mürbe 
befugt,  oii  ber  Wadjt  uom  HO.  Hl.  Sewnber  <9./10.  januav  1689»  überfiel 
ftequier  von  $ior*beim  au«  mit  <><H)  Sragonern  bet  fturtem  3d)uceacftöbcr 
bie  3tabt,  bereu  100  SRann  ftarte  ttefa&ung  und)  f urser  Wegenmetjr  bic 
Jylud)t  ergriff.  Neuenbürg  mürbe  al^balb  imllftanbig  ausgeraubt,  in  mctdjcm 
(Hefdjäft  bie  Jynimofen  eine  mafjre  iUirtuofttcU  beiufjcn,  unb  ber  üiogt  ÖoUmar 
gefangen  nad)  'JJfonljcim  gefdjleppt.  —  Rubere  Crtfdmftcn  fwtten  ebenfalls 
von  ben  mälf^en  cdjnappbalMten  su  leiben  unb  mürben  teilmeife  geplunbert. 
^ie  .s>udicufelber  Ratten  burdj  söcrOauc  bie  ^il'egc  gefperrt  unb  blieben  fo  oerfdjont. 


Digitized  by  Google 


^forabeim  im  orleanS'frfjen  Sfriege. 


120 


33i§  in  ben  Sommer  hinein  oerblieben  bie  granftofen  in 
^Pfor^eim.  Die  Ouälereien  unb  Selben,  meiere  fie  ben  bürgern 
äufügten,  mürben  immer  ärger.  Die  ^Bürger  Ratten  nidjt  nur 
bie  (Einquartierung  311  erhalten,  fie  mußten  aud)  nod)  Winter* 
quartiergelber  aufbringen.  Die  'Üttarfgraftfcbaft  33aben--Durlad) 
batte  24000  fl.  93ranbfd)a&ung^  unb  45  000  fl.  Winterquartier* 
gelber  $11  jablen,  unb  sj$for$beim,  Damals  bie  größte  unb 
bebeutenbfte  Stabt  ber  s3flarfgraffd)aft,  mußte  oon  biefer  Summe 
einen  fet>r  namhaften  Deil  aufbringen.  Wie  ferner  biefe  $er= 
pflidjtung  auf  ber  93ürgerfd)aft  Iaftete,  ift  barauS  }U  entnebmen, 
baß  am  18.  (28.)  $lpril  1<>89  alle  $b,ore  ber  Stabt  gefperrt 
werben  mußten,  um  bie  ftriegsgelber  einrieben  ju  fönnen. 

3m  Saufe  bes  Sommers  flogen  enblid)  bie  Jranjofen  wieber 
ab,  nadjbem  fie  ber  Stabt  fdjroeren  Sdjaben  zugefügt  batten. 
^forjbeimS  Woblftanb  mar  suoor  fdjon  ein  geringer  unb  litt 
unter  ben  sJlad)ioir hingen  bes  30jäbrigen  Krieges;  oon  weldjer 
3eit  ber  nodj  oiele  Emilien  in  tieffter  Ülrmut  lebten. 


(yiuTtatinie,  ^lüuberung  unb  9Kebcrbreumnig  ber  Stabt. 

Den  s^8forjbeimern  mar  eS  nid)t  oergönnt,  fid)  oon  ben 
ausgeftanbenen  Drangfalen  ju  erbolen  unb  noeb  meit  Sd)werere3 
ftanb  ibnen  beoor. 

9un  24.  3>uli  (3.  Sluguft)  brangen  bie  granjofen  unter 
(General  Dura«  mieber  über  ben  9tyein  unb  breiteten  ftd)  in  ber 
^Jfalj  aus\  mobei  fie  93rud)fa(  unb  Bretten  einäfdjerten.  Gin 
Deil  be§  franjöfifcfyen  £eere§  erfd)ien  am  3.  (13.)  Sluguft  oor 
Durlad),  wä'brenb  eine  anbere  Abteilung,  oermutlicb  oon  Bretten 
t)er,  auf  ^forjbeim  marfd)ierte.  Sie  mürbe  befebligt  oon  bem 
berüdjtigten  9ttorbbrenner  Sttelac,  ber  bie  Stabt  am  31.  ^uh 
(16.  9luguft)  jur  Uebergabe  aufforberte.  33on  einer  foldjen 
wollten  aber  bie  ^Bürger,  gewitjigt  bureb  bie  gemaajten  (Erfahrungen, 
nid)t§  miffeu.  Sie  roaren  feft  entfdjloffen,  bieSmal  ibre  Stabt 
nad)  Gräften  $u  oerteibigen,  weld)'  bober  Wut  um  fo  mebr 
anerfannt  werben  muß,  al3  fie  weber  eine  "Befüllung,  noct) 
Hoffnung  auf  £>ilfe  oon  außen  tyx  fyatten.  sJtiet  bod)  ber 
sJttarfgraf  griebrid)  ibnen  felbft,  fid)  mit  bem  geinbe  auf  gfitlidjem 
Wege  abjufiuben.  sJlid)tsibeftoweniger  rüftete  fieb  bie  bebrobte 
Stabt  jum  Wiberftanbe  unb  bie  Bürger  fliegen  auf  bie  SJlauern. 
s^iele  Jamilien  oerließen  übrigens  aueb  bie  Stabt,.  um  in  ben 
umliegenben  Wälbern  Sdnit}  ui  fudjen.  Da  aber  bie  Jyranjofen 
in  ber  ganzen  Umgegcnb  bie  Lebensmittel  aufgejebrt  bntten,  fo 
war  ba§  £oo§  ber  Jylüdjtlinge  ein  trauriges  unb  fie  jaben  fid) 
ber  bitterften  sJtot  preisgegeben,  bie  manche  oon  ibnen  wegrafften. 

9 


Digitized  by  Google 


1 30 


Worabcim  im  otlcanS'fdjen  ftrieae. 


$ie  granjofen  begannen  it)rc  Angriffe  bei  bev  Obermühle, 
bem  fd)iDad)ften  sierteibigung§punfte,  ba  t)tcr  bic  ©tabtmauer 
bnrd)  bie  9Jiüf)lgraben  unterbrochen  mar.  Sohl  leifteten  bic 
Bürger  eifrige  ©egenroehr,  aber  fie  tonnten  fd)liefjlich  bod)  ben 
(Sinbruef)  be3  SeinbeS  nid)t  oerhinbero  unb  fugten  nunmehr  itjr 
.£>eil  in  ber  Sludjt.  33ielcn  gelang  biefelbe,  aber  oiele  rourben 
and)  oon  bem  unbarmherzigen  Jeinbe  niebergehauen.  (33on  ben 
beim  (Sturme  gefallenen  bürgern  roerben  genannt:  iRotgerber 
(£f)viftof  Qcberlin,  $Betf3gerber  §an§  SJJidjael  gelbner  unb  Seiler 
Oafob  glad).)  (Sin  Steil  ber  53ürgerfdjaft  mar  beim  ©inbringen  ber 
geinbe  auf  ba§  3d)log  geflogen  unb  rourbe  hier  gefangen 
genommen.  $ie  befangenen  fdjleppten  bie  gransofen  in  ba* 
felfafe.  Unter  ihnen  befanben  fid):  SRöftfeSroirt  3of).  ©«flj, 
Stüfer  Heinrich  93raun,  9ttet><jer  ^oh^nn  Surf  (ber  franjöfifche 
$h*ieg§bienfte  nahm  unb  e3  bt3  jum  Hauptmann  brachte),  härter 
TOdjael  35englcr,  £mfner  ©ebaftian  SDien,  ©d)neibcr  ffietet 
Xenninger,  £anbel§mann  3J?attt)äu^  dnberlein,  (Schreiner  £ufa3 
Jylad)müller,  glöfter  £>an§  ©eorg  ©enoig,  <5d)loffer  §an§  ©eorg 
${cd)ler,  sJtotgerber  SJiidjael  fterdjer,  SflatthäuS  Sotthammer, 
(Edjreiner  Johann  Sang,  SJletjger  3ohan«  3öfob  SJceerroein, 
(Schuhmacher  Johann  ^eter  9Jiutfd)ler,  3eugmad)er  30h.  SJtartin 
WiclauS,  ©igmunb  v#ftnber,  Buchmacher  griebrid)  <5olb,  Schmieb 
SHattyäu«  etattler,  ^ürgermeifter  ©tiefe  (ein  82jähriger  ©rete), 
s3Jtet}ger  3afob  Sirtf)  u.  f.  ro.  9lur  wenige  oon  ben  Seg- 
gefdjleppten  fehrten  roieber  in  bie  §eimat  jurücf.  $afj  ber 
Srftürmung  oon  sPforjheim  roürttembergifd)e  $rei§truppen,  roeldjc 
im  £agenfd)ieft  lagerten,  unthätig  jufahen,  ift  ein  $3eroei§  bafür, 
roie  mangelhaft  baS  SolibaritätSgefühl  ber  beutfdjen  (Stämme 
bem  gemeinfamen  geinbe  gegenüber  mar.  3mifd)en  ber  s$for$= 
heimer  93ürgerfdjaft  unb  ben  $rei3truppen  mar  bie  SBerabrebung 
getroffen  roorben,  bafj  letztere  bie  gransofen  angreifen  unb  bie 
Bürger  gleichzeitig  einen  5lu3fall  machen  follten.  $erfelbe  mürbe 
aud)  alSbalb  unternommen,  als  man  in  ber  Stabt  bie  ßrete* 
tnippen  bie  6t.  ©eorgenfteige  herabmarfdjieren  fat).  9Wrin 
biefe  liegen  bie  Bürger  im  Stich  unb  sogen  fid)  mieber  in  ben 
£agenfdjie(j  jurüd. 


s3cad)  ber  Einnahme  ber  ©tabt  befahl  9K  e  l  a  c  bie 
Sßlfittberung  unb  bie  sJciebcrb renn ung  berfelben.  SBer« 
geben*  flehten  ihn  auf  bem  SHarftplatj  bie  übrig  gebliebenen 


Digitized  by  Google 


$forabcim  im  orleans'fcben  Brieae.  131 

Bürger  auf  ihren  Hnieen  um  ©djonung  ber  unglücflichen  Stabt 
an.  9JMac  roollte  unb  fonnte  folcfye  freilief)  nidjt  gewähren. 
Von  Versailles  aus  mar  nämlid)  ber  Vefebl  an  bie  frangöfifdjen 
Heerführer  ergangen,  burch  Verheerung  ber  9itjeingegenben  eine 
sBüftenet  pifdjen  bem  sJteid)e  unb  Jranfreid)  $u  fdjaffen,  um 
bas  Einbringen  in  legeres  i'anb  ju  oerbinbern,  unb  bie  ©attbtten 
mit  ben  ©eneralsbüten  auf  bem  ftopfe  famen  biefer  Reifung 
nur  altyu  geroiffenhaft  nad).  Sftelac  foü  jmar,  als  bie  sßfor$* 
beimer  itm  umjammerten,  eine  Slmoaublung  uon  9tüf)rung  gezeigt 
unb  feinen  Offizieren  jugerufen  t)aben:  „Qdj  glaube,  baß  ber 
teufet  im  ftriegSrat  ju  s$aris  ^räftbent  ift!"  aber  oon  (Betonung 
mar  feine  9fabe.  Sun  5.  9Iuguft  fperrten  bie  Jfrftnjofen  bie 
£t)ore  ber  Stabt  unb  legten  Jeuer  in  aüe  bebeutenberen  ©ebäube 
(bas  (5d)loß,  bas  iHatbauS,  bie  Stabtfcfyretberci  jc.),  ebenfo  unter 
alle  93rÜcfen  unb  2^ore  unb  am  3lbenb  biefeS  iageS  loberten 
bie  Jlammen  an  nieten  Orten  jugleid)  auf,  weithin  bie  ©egenb 
beleud)tenb.  9hl«  ein  Seil  ber  ©tabt  (bie  Strecfe  oom  Slltftäbter 
Ztyox  bi§  jur  ®nj,  bie  8d)lof$firche  famt  einigen  in  ber  Mähe 
ftefjenben  ©ebäuben,  ebenfo  baS  $ominifanerflofter  unb  bie 
©tabtfird)e)  blieb  oom  geuer  oerfdjont,  weil  es  bem  aufopfernben 
sJJlute  einer  3tnjaf)l  Bürger  gelungen  mar,  mit  SebenSgefabr 
burd)  bie  franjöftfdjen  dachen  ju  bringen  unb  an  mehreren 
Orten  bas  untergelegte  Jeuer  unb  s#ufoer  wegzubringen.  (®o 
ift  namentlich  ben  aufopfernben  ^Bemühungen  bes  ^Bürgers  53ed)tolb 
bie  Erhaltung  ber  Sd)loßfircbe  zu  oerbanfen.)  2)ie  Vorftäbte 
finb  oon  ben  Jranzofen  jwar  geplünbert,  aber  nict)t  angejünbet 
morben. 


9iaaj  ber  gerftörung. 

die  (Stabt  gewährte  nach  bem  ^bjuge  ber  S^njofen  einen 
traurigen  Slnblicf,  benn  fie  bilbete  eine  ungeheure  SBvattb« 
ftätte,  aus  ber  nur  fpärlidje  |)äuferrefte  tjeroorragten.  $ic 
Straßen  waren  fo  mit  8d)utt  unb  3lfd)e  angehäuft,  baß  felbft 
in  ben  oberen  Seilen  ber  <3tabt  bie  Heller,  welche  eine  $eit  tong 
non  oielen  bürgern  als  Wohnungen  benütjt  mürben,  ftd)  mit 
SBaffet  füllten,  bas  feinen  9lbfluß  mehr  fanb  unb  jeber  Verfebr 
gehemmt  mar.  diejenigen  Bürger,  welche  ftch  beim  3lnrücfen 
ber  Jranjofen  geflüchtet  hatten,  fehrten  nunmehr  roieber  jurücf. 
(3)aS  Sager  ber  im  §agenfd)iefj  ftd)  aufhaltenben  Bürger  war 
mehrmals  ben  Angriffen  franjöfifdjer  StreifforpS  ausgefegt 
gemefen,  rourbe  aber  mit  bem  SRute  ber  Verzweiflung  ftetS 
erfolgreich  oerteibigt.)  On  bem  noch  übrig  gebliebeneu  iKefte  ber 
Stabt  brängte  fid)  jetjt  bie  Einwof)nerfd)aft  jufammen.  2Bcr 

9* 


Digitized  by  Google 


132 


^forgbeim  im  otleanS'fc&en  Brieae. 


feine  Untertunft  mehr  fanb,  ber  erbaute  fid)  eine  |>ütte,  roo  e§ 
ihm  gerabe  bequem  mar.  9Iud)  auf  bem  OTarftpla^c  ftanben 
mehrere  folcher  §ütten,  benn  ber  ^ßlafc  felbft  mar  in  jener  £eit 
fo  jiemlid)  entbehrlich,  33ei  ben  bamaligen  91otbauten  muvbe 
natürlich  auf  Megelmäßig(eit  ber  ©tragen  jc.  nicht  gefehen  unb 
auf  einige  <5d)uhc  93auplat}  mehr  ober  meniger  (am  e§  garnid)t 
an.  (Srft  fpäter,  als  bie  Bürger  mieber  georbneter  ju  bauen 
anfingen,  rourbe  e§  auch  mi*  ocn  v#auplätjen  genauer  genommen, 
roa3  aber  ©d)roierigfciten  hatte,  ba  bie  meiften  Kaufbriefe  oer= 
brannt  maren.  hierauf  ift  roohl  bie  auffallenbe  Unregelmäßig(ett, 
wie  fic  in  einzelnen  ©äffen  jetjt  noch  ju  beobad)ten  ift,  juriiet^ 
zuführen. 

sJcid)t  minber  groß  als  bie  Unorbnung  mar  bie  sJtot  ber 
Bürger  unb  ihrer  Samilien.  £anbel  unb  Sanbel  mar  oer= 
nidjtet  unb  bie  <£inroohner  hatten  (einerlei  Littel  511m  Sebent 
unterhalt.  s-Bohl  sogen  fdjon  nach  bem  erften  $kanbe  jroei  mit 
einem  patente  oerfeljenen  ^Bürger  aus,  um  milbe  ©aben  für  bie 
^Befdjäbigten  in  ganfl  2)eutfd)lanb  einjufammeln  unb  fic  brachten 
auch  cme  ziemlich  bebeutenbe  (Summe  mit;  aber  bem  burd)  ben 
jmeiten  'öranb  gefchaffenen  @lenbe  oermod)te  biefe  nidjt  annähemb 
311  fteigern.  3eber  Bürger,  ber  burd;  ba3  3*uer  fein  £au3 
oerloren  ()attc,  erhielt  eine  Unterfrütjung  oon  nicht  mehr  als 
10  fl.,  unb  biefe  nur  bann,  wenn  er  fid)  oerbinblich  machte, 
feinen  §au3plat}  mieber  ju  überbauen.  $)ie  meiften  hatten  aber 
nicht  einmal  baS,  roaS  ju  beS  SieibeS  Nahrung  unb  sJcotburft 
erforberlid)  mar  unb  barum  jogen  es  UMele  oor,  bie  ©tabt  511 
oerlaffen.  Unter  benen,  bie  am  ^latje  blieben,  ^errfc^te  nidjt 
gerabe  bie  befte  Orbnung.  @§  mar  ein  ferneres  ©tüc(  Arbeit, 
in  biefes  SDurdjeinanber  eine  einigermaßen  erträgliche  Orbnung 
511  bringen,  unb  baß  biefeS  fdjließlid)  bod)  gelang,  (ann  ber 
Damaligen  Stabtoerroaltung  nur  jum  Sobe  gereichen. 

i)ie  erfte  ©orge  mar  unb  mußte  bei  ben  unruhigen  Reiten 
bie  S  i  d)  e  r  h  e  i  t  nad)  außen  hin  fein.  $ie  Xfyoxt  ftanben  jum 
£eil  noch,  benn  fic  maren  burd)  bie  erfolgreidjen  ^Bemühungen 
ber  Bürger,  ba§  oon  ben  Jyranjofen  untergelegte  s$ufoer  roeg= 
jubringen,  erhalten  geblieben.  Sie  finb  früher  fdjon  angeführt 
morben,  follen  h^r  aber  bod)  im  ^ufammenhang  nochmals 
ermähnt  merben.  $on  ber  s3rö$tnger  SBorftabt  mar  bie  Sköfcinger 
©äffe  burd)  ba§  33röt3inger  £t)or  mit  feinem  h^h™,  fdjon  auS 
ziemlicher  gerne  fichtbaren  finfteren  $urtne  getrennt;  außerbem 
mar  biefe  SSorftabt  burd)  brei  Zfyoxt  gefidjert.  3n  ber  oberen 
sJ3orftabt  ftanb  ba§  obere  ©rabentljor,  in  ber  unteren,  bei  ber 
Sdjäferbrücfe,  ba§  8d)äfertf)or,  befdjütjt  burd)  ben  bicht  babei 
ftehenben  feften  SBafferturm.  jfat  meftlichen  (£nbe  ber  ©tabt 
befanb  fid)  baS  .£>eilig(reu3thor,  in  ber  sJcäl)e  ber  gleidjnamigen 


Digimed  by  Google 


sEforabcim  im  orlean8'fd)en  Staeae. 


133 


flircfye.  (Sbenfo  roie  ba§  93röt}inger  $f)or  waren  ba§  Auer 
(Steinbrücfer)  unb  Altftäbter  (Altljeimer,  Slltborfcr,  (lutinger) 
gbot  burd)  £ürme  unb  ^u^rürfcn  gefiebert.  &ie  Au  befaß, 
mie  fd)on  ermähnt,  biet  $l)ore:  3)a§  |)illertf)or  an  ber  oberen 
©äffe,  ba$  ©aud)  tfjörlein  unb  ba3  SBronnentyor  am  dnbe  ber 
Slreujgaffe.  Am  forgfältigften  war  ber  3ugana,  ä"r  ©tabt  oon 
ber  9iorbfeite  fjer  burd)  ba§  obere  unb  untere  Sdjloßtyor  unb 
mehrere  fefte  Sürme  oerioafjrt  gemefen.  (2)ie  Altftabt  befaß 
bamate  feine  £l)ore  mef)r.)  93on  biefen  Sporen  waren  burefy 
ben  erften  unb  jroeiten  SBranb  ba§  Sd)loßtf)or  unb  ba3  Auer 
£t)or  jerftört,  roäfjrenb  bie  übrigen  Sfjore  teüroeife  ftarfe 
93efd)äbigung  erlitten  Ratten.  Sie  würben,  fo  gut  bieS  eben 
anging,  roieber  fyergeftellt  unb  befetjt.  3)ie  33ürgerfd)aft  mußte 
immer  auf  ber  $ut  fein  unb  mar  oerpfhdjtet,  auf  ein  gegebenes 
Särmjeidjen  mit  ber  „Aubsglocfe"  (Sturmglocfe)  ober  mit  ber 
Srommel  in  ooller  SBaffenrüftung  auf  bem  9ttarftplatje  ju 
erfdjeinen.  (litte  Anjafyl  Bürger  mußte  jubem  ftättbig  unter  ben 
Staffen  fein,  einmal  um  bie  3;f)ore  ju  betoadjen,  fobann  aud) 
$um  Sdjufc  ber  auf  bem  gelbe  befestigten  dimoofjner  oor  ben 
beftänbig  fjerumftreifenben  5ftarobeuren. 

2)iefe  s#orftd)t  mar  aber  ntct)t  allein  nötig,  um  bie  Stabt 
oor  einem  |>anbftreid)  ju  fdjütjen ;  fte  biente  oielmefjr  aud)  ba$u, 
ba$  (Sntroeidjen  ber  Bürger  aus  berfelben  ju  oerf)inbern, 
oon  meldjem,  menn  nid)t  (Einfalt  getrau  mürbe,  eine  gänjlidje 
©ntoölferuttg  ber  3tabt  ju  befürdjter.  mar.  (£$  erging  beSfyalb 
aud)  ein  fürftlidjer  93efef)l,  baß  sjtiemanb  bie  Stabt  oerlaffen 
bürfe.  $ie  ^Bürgerfdjaft  ließ  auf  biefen  burd)  eine  Aborbttung 
erflären,  baß  fte  bereit  fei,  bem  93efef)le  nadjjufömmen,  mieber 
s-£Bof)ttungen  ju  bauen,  fobalb  bieS  gefd)et)en  fönne  unb  in  Allem 
ihrem  dürften  mit  ©ut  unb  93lut  untertänig  fein  unb  bleiben 
rnode ;  sttgleid)  müßte  fte  aber  aud)  bitten,  Stabt  unb  ^ürgerfdjaft 
bei  ir)ren  alten  greiljeiten  ju  erhalten  unb  ben  befdjmerlidjen 
^funbjoll  aufzubeben,  meld)'  festere  35itte  allerbingS  feine 
$3erücfftd)tigung  fanb. 

$tei  roeitem  bie  fcfyroerfte  Arbeit  mar  bie  Aufbringung  ber 
oielen  notroenbigen  ©elber.  $>a  bie  dinfünfte  ber  Stabt 
entmeber  ganj  aufgehört  hatten  ober  nur  fefjr  unregelmäßig 
eingingen,  fo  mußten  bie  oielen  außerorbentlidjen  Ausgaben  für 
bie  SBieberfjerftellung  ber  öffentlidjen  ©ebäube,  Jljore  u.  f.  m., 


ftranjofen  unb  bie  fdjroäbifdje  Sireisregierung  burd)  außerorbent^ 
lidje  Umlagen  gebeeft  werben.  $ies  hielt  um  fo  fernerer,  als 
unter  ben  unausgefetjten  Drangfalen  unb  Aufopferungen  ber 
©emeinfinn  ber  Bürger  fid)  abgeftumpft  hatte  unb  jubem  bie 
Ueberjeugung  Ijerrfdjte,  baß  ein  neuer  feinblidjer  (Einfall  ja  bod) 


Digitized  by  Google 


134 


sl?forabeim  im  orleans'fcben  Jfricge 


mieber  alle  9lnftrengungen  nirfjte  madjen  würbe.  Die  Bürger 
würben  wiberwilüg  unb  weigerten  fid)  nidjt  feiten,  weitere  Opfer 
5u  bringen.  s2Us  beifpielsweife  jur  (Srhinbigung  ber  Bewegungen 
be§  franjöfifdjen  §eere§  $unbfd)after  ausgefanbt  unb  bie  Soften 
hierfür  burdj  eine  Umlage  gebecft  werben  follten,  entftanb  eine 
allgemeine  Bestimmung  unter  ber  Bürgerfdjaft.  Der  Kaufmann 
Derell  erflärte  gerabeju,  „er  gebe  ben  Befd)ore§mad)ern  nid)tö"  unb 
ber  Bären wirt  Defdjler  meinte,  „bie  Stabt  folle  il)m  oortjer  bie 
100  fl.  bejahen,  welche  fie  itjm  fdjulbig  fei." 

jju  biefen  Saften  famen  nod)  9lnforberungen  anberer  9Irt. 
ÜBeil  ^forjljeim  im  Bergleid)  ju  anberen  Stäbten  nod)  glücflid) 
fdjien,  ba  es  nid)t  oon  ©runb  aus  jerftört  warben  war,  wie 
Durlad),  fo  fiel  auf  basfelbe  aud)  ber  größte  Deil  ber 
öffentlichen  Abgaben,  weldje  bie  untere  9flarfgraffd)aft 
ju  tragen  fyatte.  (<3o  würbe  ber  ©tabt  u.  a.  zugemutet,  nebft 
bem  5lmte  56  fl.  jur  Unterftütyung  bes  in  franjöftfdjer  ©efangen- 
fd)aft  ju  ^Ijilippsburg  fitjenben  Unteroogtes  ©djeib  unb  bes 
Durladjer  Bürgermeifters  s-ßMtb  $u  bejahen,  wogegen  aber  ber 
(Stabtrat  Berwafyrung  einlegte.)  Das  Durladjer  ©umnaftum 
würbe  au§  äl)nlid)en  ©rünben  r)ierljcx*  in  ba§  oom  Branbe 
oerfd)ont  gebliebene  s}kebigerflofter  oerlegt,  beffen  s3ftönd)$3ellen 
&u  Sdjuljimmern  eingerichtet  würben.  (Den  13.  9Jcarj  1690 
erfolgte  bie  Eröffnung  bes  Unterrichts  mit  60  Sd)ülern,  beren 
3a\)l  im  folgenben  3ab«  nad)  @rrid)tiing  einer  weiteren  klaffe 
auf  150  flieg.) 

Der  franjöfifdje  Befehlshaber,  ©eneral  Dura?,  t)atte  in 
(Erfahrung  gebracht,  bajj  bie  ^forjbeimcr  Befeftigungen  wieber 
in  Stanb  gefegt  worben  feien  unb  oerlangte  bestjalb  oon  ber 
Bürgerfdjaft  bie  uollftänbige  3d)leifuug  berfelben.  s2lud) 
follten  bie  Stabtmauern  teilweife  niebergelegt  unb  bie  (Kraben 
aufgefüllt  werben.  (Snblid)  begnügte  er  flog  bod)  auf  erhobene 
Borftellung  mit  ber  JJorberung,  bafj  bie  oon  ben  Sranjofen  oor 
bem  Brötyinger  Dfwre,  ber  5lu  unb  bei  ber  Cbermüt)le  angelegten 
SBäüe  unb  $atlifaben  abzutragen  feien,  was  aud)  gefdjal),  aber 
natürlich  erneute  Befd)werben  unb  Musgaben  oerurfad)te. 

(£s  famen  überhaupt  wieber  fdjümme  Reiten.  SJlitte 
Siooember  1689  oerbreitete  fid)  ba*  ®erüd)t,  bafj  bie  3tabt  in 
bem  beoorftebenben  Sinter  eine  ftarfe  C^arnifon  erhalten  werbe. 
Sdjrecfen  unb  Beftürjung  oerbreitete  fid)  unter  bie  Bürgerfdjaft. 
Der  Bürgermeifter  3of)ann  ^afob  Deimling  erflärte  in  ber 
Watsfitjung  bie  5lufnal)me  einer  Befa^ung  für  rein  unmöglid). 
Die  8tabt  fei  nid)t  nur  burcf)  bie  jwei  oorausgegangenen  Branbe 
faß  gänjlid)  in  2(fd)e  gelegt  worben,  aud)  bie  Ginmobner  I)abe 
ber  ftrieg  um  Befth  unb  Ölabrung  gebradjt.  3n  einer  biesbesüg* 
lidjen  Eingabe  an  bie  Regierung  würbe  barauf  f)ingewiefen,  baß 


Digitized  by 


135 


bie  roenigften  ©inmobner  über  9tad)t  ba§  liebe  SBrob  im  £aufe 
hätten.  $ie  Käufer  feien  bergeftalt  mit  dinmohnern  überfüllt, 
ba&  fein  ^lafc  uorhanben,  3«na»b  weiter  unterzubringen;  jubem 
mürbe  e§  fdjon  unmöglich  fallen,  nur  ba§  Nötige  an  |>olz  unb 
#id)tern  für  bie  SBadjen  beijufdjaffen,  meil  bie  baju  erforberlidjeu 
Littel  roeber  bei  ber  Stabt,  nod)  bei  ber  53ürgerfd)aft  anzutreffen 
feien.  3)ie  5lntroort  auf  biefe  beroegliche  Sßorftellnng  mar  ein 
fürftlidjer  33cfct)t,  ftd)  jur  (Einquartierung  einiger  hnnbert  Sftann 
bereit  $u  tjalten,  unb  biefem  33efet)l  auf  bem  3u|e  folgten  bie 
Dorläufigen  9Inorbnungen  bes  OberfriegS-^ommiffariuS  .frölber. 

$en  10.  (20.)  Wouember  jagen  200  9ftann  ßretetruppen 
unter  einem  Hauptmann  o.  £agen  in  bie  Stabt  ein.  Sie 
tarnen  jroar  als  Jfreunbe,  aber  beffen  ungeachtet  trat  ihr 
Slommanbant  red)t  rücffid)t§lo§  auf.  Üt  oerlangte  fogleid)  bie 
Räumung  ber  Stabtmauern,  bie  (Errichtung  oon  3Öacbtbäufern, 
bie  Verfdjanzung  be§  Schleif  tboreS  u.  f.  ro.,  ebenfo  "ßallifaben 
an  oerfdjiebenen  Orten.  $)a$  oort)anbene  (Selb  reidjte  aber  niri)t 
einmal  bin,  um  nur  ba§  allernotmenbigfte  anzufdjaffen.  9Han 
mußte  feinen  anberen  föat,  als  einen  SBeggelbftocf  aufzufdjlieften, 
ber  2fi  %  25  fr.  enthielt.  3)ie  auf  bie  Bürger  umgelegten 
$rieg§gelber  gingen  nid)t  ein,  meil  bie  Bürger  nid)t  bezahlen 
fonnten.  9lud)  bie  (Srefution  fruchtete  nid)t$,  fobafe  fid)  ber 
Stabtrat  fd)liefjlid)  51t  bem  harten  Schritte  genötigt  fal),  bem 
$ruppenfommanbanten  um  militärifct)c  (Srefution  zu  erfudjen. 

(Enbe  Dezember  rücfte  eine  neue  ©  a  r  n  i  f  0  n  in  Pforzheim 
unter  bem  ßommanbo  be§  Cberften  s]ktffn  ein.  Setjterer  nahm 
Cuartier  bei  SJäremoirt  $)efd)ler,  ber  möd)eutltd)  ein  fUafter 
Brennholz  ertra  bafür  erhielt.  $a(ff9'6  Gruppen,  zu  meieren  fpäter 
nod)  eine  Abteilung  .fmfaren  fid)  gefeilte,  brüdten  Pforzheim  baS 
ganze  3<ibr  1090  binburd)  fel)r  f)avt.  $mar  follte  nad)  Ärets- 
befdjlufj  2lug3burg  bie  ©arnifon  unterhalten  unb  Pforzheim  ihr 
nur  Unterfunft  gewähren ;  aber  ba3  reiche  Augsburg  fam  feiner 
Verpflichtung  nicht  nad)  unb  fo  fiel  bie  ganze  Safl  ber  (Siu= 
quartierung  auf  ba£  arme  ausgefogene  Pforzheim.  2)azu  mareu 
noch  fovtbauernb  $rieg3gelber  an  bie  Jyranzofen  )U  entrichten, 
bie  faft  jebesmal  mit  militärifdjer  (Erefution  eingezogen  merben 
mußten.  Pforzheim  hatte  zwar  eine  beutfdje  ©efafeung,  aber 
bem  3rinDC  mar  e§  trotjbem  nod)  tributpflichtig.  4>en  ganzen 
Jammer  ber  bamaligen  ^uftänbe  d)arafterifiert  bie  eine  -tr)atfad)e. 

Um  ba§3Jtaß  bes  Ungemaches  oollzu  machen,  trat  zu  Anfang  bes 
Jahres  1 690  ein  (Eisgang  mit  oerheerenber  Ue  b  e  r  f  d)  m  e  m  m  u  n  g 
ein,  moburd)  bie  9luer  "Örücfe  gänzlid)  ^erftdrt  mürbe,  ebenfo 
teilmeife  bie  3Htftabter  33rütfe,  aud)  bie  $ämme  unb  v-JBohre 
bebeutenbe  Schaben  erlitten.    2)ie  zur  SBieberherfteUung  nötigen 


Digitized  by  Google 


136 


Worpheim  im  orlean§'fd)en  Rricae. 


Soften  aufjubringen,  fiel  bev  'Mrgerfdjaft  bod)  ju  fdjroer  unb 
ber  Stabtrat  griff  batjer  ju  einem,  für  jene  $eit  ganj  außer- 
orbentlidjen  Littel.  $>ie  feiger  von  außergeiüöf)nlid)en  Abgaben 
befreit  gemefenen  abeligen  sßerfonen,  Staatsbiener  unb  3uben 
mürben  ftu  ben  Umlagen  herangezogen  unb  bie  3nben  mußten 
Einquartierung  aufnehmen.  §ierburd)  entftanben  5ftißbeüigfeiten, 
Die  nod)  oermebrt  mürben,  ales  in  ber  sJJtitte  be$  ifabre^  bie 
SJte^gerjuuft  fid)  bartnäcfig  roeigerte,  bie  „ertraorbinären  Äriegs- 
gelber"  (*m  johlen  unb  aud)  bie  $3ürgerfd)aft  fdjmierig  ju  merben 
begann.  Enbe  35ejember  fam  sJOlarfgraf  $riebrid)  5ftagnu$ 
hierher,  an  beffen  ^öefud)  bie  bebrängte  Einmobnerfd)aft  mandjerlet 
Hoffnungen  fnüofte,  bie  inbeffen  md)t  in  Erfüllung  gingen. 


Zweite  @inuaf)me  sJ*for$hcim$. 

2)as  ^ai)x  1690  mar  aber  nod)  erträglich  im  ^ergleid) 
ill  ben  f ommenben  &  r  i  e  g  $  j  a  h  r  e  n.  fiebere  rafften  ben  ^Pforj* 
heimern  meg,  ma§  ihnen  biö  jetyt  nod)  uerblieben  mar.  $)ie 
?fianjofen  festen  im  Quti  1691  mit  großer  ßeereSmadjt  bei 
sJ$bWüft*burg  bell  9^l)ein  unb  marfdjierten  oon  ©raben  fjer 
in  ber  iHidjtung  gegen  sßforjbeim  unb  Stuttgart.  33ei  Annäherung 
befc  SeinbeS  flob  in  sPforflfjeim,  mer  fliehen  fonnte,  unter  3ftit- 
nabme  ber  beften  £>abe.  3Iber  oiele  bei*  Alüdjtlinge  mürben  vjox 
ber  Stabt  oon  ben  fdjnell  anrüefenben  Sran^ofen  ergriffen  unb 
beraubt.  3n  ^for^eim  fommanbierte  ein  ©raf  v.  Jürftenberg, 
ber  einige  ljunbert  Wann  fdpäbifdjer  Hreisftruüoen  unter  feinem 
befehle  hatte.  Er  mad)te  einen  SluBfall  auf  ben  SBortrab  ber 
ftranjofen,  tötete  bemfelben  einige  Sttann  unb  erbeutete  35  Sßferbe. 
Tie  Jeinbe  jogen  nun  aber  ba§  ©efd)üfc  tyvan  unb  richteten 
ein  heftiges  Jeuer  auf  bie  Stabt,  meldjeS  nur  au§  einigen  fleinen 
Stücfen  ermibert  merben  tonnte.  Wad)bem  33refd)C  in  bie  Sttauer 
gelegt  mar,  bot  {Jürftenberg  bie  Uebergabe  ber  Stabt  gegen  freien 
Slbjug  ber  ©arnifon  an.  vJBäbrenb  ber  lluterf)anblung  fam 
vJiad)rid)t  oon  bem  Cberften  s$alffi),  baß  er  am  fommenben  Jage 
mit  -1000  Wann  ber  Stabt  ju  $ilfe  fommen  roerbe,  menn  biefe 
fid)  fo  lauge  halten  fönne.  $3efat}ung  unb  93ürgerfd)aft  faßten 
mieber  frifeben  Wut.  s.8on  ben  bürgern  maren  einige  fogar  fo 
gehobener  Stimmung,  baß  fie  bie  folgenfcbmere  Dummheit 
begingen,  auf  einen  franjöfifdjen  Unterbänbler  ju  fdjießen.  9hir 
ftu  fdpteU  füllte  fid)  bie  frohe  .jpoffnung  in  belle  ^erjroeiflung 
uermanbeln. 

Tie  £>iff  Struppen  erfd)ieuen  mobl  am  miberen  Jage, 
aber  in  einem  meit  geringeren,  als  ber  angegebenen  ©tärfe ;  fic 
mürben   oon   ben  jrünjofen  im  ®eftd)tsfelbe  ber  93efaljung 


Digitized  by 


i<ioiaf)eim  im  otleauö'fcbcn  Slricac 


137 


angegriffen  unb  ,}urücfgefd)lagen.  $a  an  (Sntfat}  nun  nidjt  metjr 
flu  benfeu  war,  fo  übergab  Jyürftenberg  ©tabt  unb  ©arnifon. 
Schiere  rourbe  mit  ben  ooruetjmften  bürgern,  bic  mau  in  Stetten 
legte,  nad)  Jranfreid)  abgeführt.*)  2)er  ©raf  u.  Jürftenberg 
mürbe  bis;  auf  baS  £emb  auSgeplüubert  unb  nid)t  oiet  beffer 
erging  es  ber  unglücflidjen  ÖÜrgetföaft  $ie  beutegierigen 
Horben  raubten,  maS  511  rauben  mar  unb  liefjen,  mie  man  5U 
fagen  pflegt,  nid)ts  liegen  als  9Jtüf)lfteine  unb  glüfjenbes  ©ifen. 
3)ie  Jranjofen  nahmen  aud),  mie  fie  bies  anberSmo  ebenfalls 
traten,  bie  £ird)englotfen  mit,  fo  bie  oier  ©locfen  ber  9Iltftäbter 
Slird)e,  nad)bem  fie  fdjon  jmei  iafyxt  uorljer  bas>  ©eläute  ber 
93arfü§er*  unb  Stabtfird)e  geraubt  bitten.  diesmal  mar  es 
mobl  aud),  bafc  bie  ©ruft  ber  Sd)lofjfird)e  erbrodjen  unb  bie 
jinnernen  Särge  berfelben  3erfd)lagen  mürben. 

Sange  f^ielt  ftcr)  bas  mititärifd)  organifierte  SRaubgefmbel 
t)ier  nidjt  auf,  meil  es  bem  franjöfifdjen  93efef)lSbaber  barum  ju 
tbun  mar,  rafd)  nad)  Stuttgart  umzubringen.  ©s  blieb  in 
^fürjbeim  menigftens  ein  fleiner  Vorrat  r>ou  s3flef)l  unb  SBein 
übrig,  aber  bas  mar  aud)  alles.  Äurj  uodjer  Ratten  bie  Bürger 
il)re  oor  bem  jmeiten  Traube  glücflid)  geretteten  |>abfeligfeiten, 
meldje  fie  in  anberen  Stäbten  untergebracht  batten,  mieber  gebolt, 
unb  jetjt  fal/en  fte  fid)  aud)  biefer  beraubt.  $ie  ^Beuölferung 
nal)m  abermals  rafd)  ab,  benn  laxem  ^mcinh  batte  nod)  ein 
3ntereffe,  in  ber  auSgeplüuberten,  fortmälivenben  £>eunfud)ungen 
ausgefet3ten  Stabt  &U  roobneu.  3)as  von  $urlad)  nad)  si$for$f)eim 
oerlegte  ©umnafium  mürbe  mieber  aufgelöft  unb  bie  Sefjrer 
besfelben  fud)ten  im  Sluslanbe  eine  neue  ©riftenj. 


Weitere  ^raugfalc. 

55ei  $forabeims  Sage  an  einer  .frauptuerbinbungsftrafH'  ift 
es  erflärlid),  bafj  bie  Stabt  uiel  unter  2rupuenburd)5ügen 
unb  Einquartierungen  ju  leiben  tjatte,  mie  ja  aud)  %<lünberung 
unb  93erroüftung  fid)  mieberbolten,  fo  insbefonbere  im  iafyct  1692. 

3)ie  Bürger,  meiere  fict)  nad)  ber  Einnahme  ^for^eiins 
im  93orjaf)re  jerftreut  batten,  fammelteu  fid)  nun  aümälig  mieber. 
So  flein  ihre  3flbl  aud)  mar,  fo  ift  es  bod)  faß  unbegreiflich 
mie  fie  nur  ibren  l'ebensunterbalt  ju  beftreiten  oermodjten,  ba 
allentbalben  NJlot  unb  ©leub  herrfdjten.  $n  einem  id)reienben 
^ftißoerbältniS  ^ter^u  ftanbeu  bie  ©  et b f 0 rb e t u n g ett,  meldje 
aud)  in  biefem  3abre  au  bie  ©ürgeridjaft  geftellt  mürben.  Tie 


*)  Siele  unter  tljucn  mürben  nact)t»cr  unter  feie  franwfiubeu  luippen 
geftedt  unb  mußten  mit  biefen  tut  fpantfdjen  (rrbfülgcfricct  fampfen. 


Digitized  by  Google 


138 


Uforabcim  im  orleanS'fdjcn  ftriene. 


Summe  bev  j\u  jaljlenben  frauaöfifdjen  Kontribution  für  1692 
betrug  838  fl.  ;]ux  terüftung  oon  3  Leitern,  3  Dragonern*) 
uub  24  3nfanteriftcn,  bie  oou  ber  Stabt  s^forjt)eim  $u  [teilen 
waren,  mußte  bie  Stabt  410  fl.  bejahten.**)  3)aju  famen  nod) 
bie  Unterbaltung3foften  für  bie  ju  Strasburg  in  ber  ©efangem 
fd)aft  befinblidjen  Bürger,  weldjen  für  biefeS  3af)r  200  fl. 
jugefanbt  mürben. 

3m  September  1092  brad)  mieberum  ba§  Kriegswetter 
über  ^forsbeim  los\  2)ie  Jranjofen  waren  unter  ber  s3lnfübruug 
be3  $>erjog$  oon  üorgeS  bei  s£f)ilippSburg,  it)rem  gewohnten 
UebergangSort,  neuerbingö  über  ben  sJtfjein  gebrungen,  um  in 
Sdjwaben  einzufallen.  General  (£bamilh)  jog  mit  einem  Seil 
beS  .<peere§  oorau§  unb  rüctte  rafd)  oor  ^forj^eim,  ba3  er  obue 
TOifje  einnahm,  nadjbem  bie  JJranaofen  an  mebreren  Orten  bie 
Stabtmauern  gefprengt  bejm.  unterminiert  Ratten. 

$  er  2lbminiftrator  oon  Württemberg,  ^er^og  Jriebrid) 
51  a  r  l ,  oereinigte  bie  tym  jur  Verfügung  fte|enben  4000  9ftann 
faiferltdjer  unb  roürttembergifdjer  Gruppen  bei  Bretten  mit  ben 
unter  feinem  trüber  Submig  unb  bem  banerifdjen  ©eneral 
Söget  ftetjenben  Streitfragen  unb  bejog  bei  Oeti§beim,  unmeit 
9Jiaulbronn,  in  fefyr  oorteilfjafter  Stellung,  ein  fefte§  £ager. 
%H  aber  bie  S^önjofen  oorrüeften,  glaubte  er  mit  feinen  fdjwadjen, 
meift  au3  neuangemorbenen  Seilten  beftet)enben  Gruppen  bem 
fteinbe  ntd;t  gewadjfeu  )u  fein  unb  befd)lofj  beStjalb  einen 
„anftänbigen  Würflig",  ^evfelbc  artete  aber  in  eine  feljr 
unanftänbige  Jlucht  aus«,  faum  ba§  fid)  bie  Jyranjofen  auf  cincr 
gegenüberliegenben  2(nf)öbe  Ratten  bliefen  laffen.  3mar  gelang 
est  bem  #erjog,  etwa  2000  SRaim  p  Steben  ju  bringen,  aber 
nur  für  furje  Seit.  Soll  ben  Seinen  fdjmä'blid)  im  Stidje 
gelaffen,  mußte  fid)  tfriebrid)  Karl  ben  it>n  umringenben  feinblidjen 
Dragonern  gefangen  geben ;  ein  gleid)es  Sdncfial  batte  ©eneral 
Soner.  £en  ringen  l'ubmig  rettete  nur  fein  türfifdjer  Liener, 
bev  bem  5yran$ofen,  ber  fdjon  be*  ^riujen  s$ferb  am  3u9ci 
genommen  batte,  ben  Kopf  fpaltete.  3>urd)  biefeS  furje,  fläglidje 
Stoffen  bei  Oetisbeim***)  am  17.  September  1092  oerloren  bie 
®eutfd)en  50  2ote,  100  (befangene  unb  5  Jaljnen. 

sJhinmel)r  oerbreiteten  fid)  bie  Jynmsofen  in  ber  ganzen 
Umgegenb  unb  wüteten  mit  brennen  unb  ^lünbern  in  Stäbten 
unb  Dörfern.    $k>m  18.  bis  24.  September  mürben  Oeti^tjeim, 


*)  Unter  traaoner  uerftanb  man  früher  berittene  "vnfanteriften. 
**)  Irin  Leiter  foftetc  tuimal*  180  fl..  ein  Sraqoner  120  fl.  unb  ein 
^nfanterijt  £0  fl. 

***>  i.'üttl)ammvi  unb  mit  ihm  ^fluoier,  berietet  oon  einein  Wefcdjt  „l)ier, 
bei  ^forjtyeim",  roas  tnbeffen  unrichtig  ift,  ba  bei  Cetisljeün  tjefd>lagen  rourbe. 


Digitized  by  Google 


i^orabeim  im  orlcanS'fcben  Stiefle. 


130 


3Rüf)(acfer,  3üingen,  Vaihingen,  Neuenbürg  imb  Siebenjell  au^= 
geplünbert,  (£alm,  $irfau  mit  beut  Mofter  unb  bem  fürftlidjen 
Sd)loß,  ^aoelftetii,  fomie  ftnittliugeu  eingeäfdjert.  3« 
mürben  400,  in  Stnittlingen  130  ©ebäube  burd)  Jyeuer  jerftört. 
2luf  mehr  als  100  ifitoaen  füllen  bie  Sranjofen  bie  Statte 
fortgefdjleppt  haben,  roobei  ju  bebenten  ift,  baß  fie  nur  mertuolle 
5)inge  mitnahmen. 

2)en  sJ3fürjf)eimern  erging  es  aud)'  fd)limm  genug.  4Bas 

E:üt)ere  $)ränbe  uerfdjont  liegen,  mürbe  je^t  ooUeubs  ein  SRaub 
er  3lammen.  Diesmal  oernidjtete  baS  uerljeerenbe  (Clement  and) 
bie  bi§l)er  flehen  gebliebene  öröfeinger  93orftabt,  foroie  bie  9lue, 
ebenfo  ben  1689  geretteten  oftlidjen  ^eil  ber  Stabt,  nebft  ber 
Stabtfirdje.  9lud)  eine  beenge  ber  fd)nell  Eingebauten  iBobn- 
bütten  nahm  baS  %txm  mieber  meg. 

9kd)bem  fid)  bie  Jranjofen  ben  8.  (18.)  Oftober  mieber 
aus  ber  ©egenb  entfernt  hatten,  fehlten  bie  Bürger,  meldjc  bei 
ber  Annäherung  bes  geinbeS  abermals  bie  3lud)t  ergriffen 
hatten,  §u  ibren  Sajuttljäufen  juriief  unb  bauUn  fiel)  mieberum 
Kütten.  ^for5f)eim  bot  nad)  ber  8d)ilberung  eine§  Augenzeugen 
einen  traurigen  Anblirf.  „3n  ber  ganzen  3tabt  fal)  man  nur 
raud)enbe  krümmer,  unb  aus  biefen  ragten  bie  nod)  ftebeuben, 
aber  511m  Deil  ibrer  Dünne  beraubten,  fdjmucflofen  ßirdjen 
büfter  empor.  (Sine  s3Jcenge  £)änbe  waren  befd)äftigt,  aus  ben 
Schutthaufen  bas  nod)  erbaltene  fmusgerät  berausftufudjen.  Auf 
bem  durfte,  cor  ben  ^Bäcferläben  [tauben  bie  ftinber  baufeumeife 
unb  fdjrieen  um  33rob,  unb  bie  Bürger  liefen  ängftlid)  umher, 
balb  ba,  balb  bort  um  .ftilfe  anfpreebenb."  (£s  mürbe  fein 
Watstag  unb  feine  AmtSfifcung  mehr  abgehalten  unb  im  Sftatfc 
protofoll  finbet  fid)  bie  "öemerfung,  baß  burd)  bie  jüngft  erlittenen 
„Droublen"  alle?  mieber  in  Äonfufton  geraten  fei. 

Damit  nict)t  genug,  fam  balb  nad)  bem  s#ranbc  ein  Befehl 
bes  fran^öfifeben  ftommanbanten  ju  3traßburg,  baß  ^forjbetm 
für  bas  ^jabr  1693  an  Kontribution  400  fteid)Stbaler 
jablcn  unb  bamit  innerhalb  14  Dagen  beginnen  folle.  Die$3ürger 
mußten  mit  bem  Wefte  ihre?  bemeglid)en  Eigentumes  tjaufieren 
geben,  um  mit  bem  Erlöfe  bie  ftriegsgelber  entrid)ten  )U  fönneu. 

9iid)t  lange  genoffen  bie  Bürger  bie  traurige  Jyreube, 
mieber  in  ihren  Käufern  unb  .(Mitten  flu  mohuen.  Eine  franjöfifdje 
.£>eereSabteiluug  unter  ©encral  SWolmeaui  nahm  Quartier  in 
ber  3tabt,  mie  auch  bie  gan^e  Umgegenb  oon  ben  Jyran^ofen 
befetjt  mar.  Die  Bürger  hatten  $raar  oorher  fd)on  für  bie 
Erlangung  einer  3d)u^mad)e  bebeutenbe  Cpfer  gebradjt,  aber 
nur  fooiel  erreicht,  baß  nid)t  attermal«  ihre  Wohnungen  nieber* 
gebrannt  mürben,  s-8on  ber  ^lünberung  bagegen,  bie  im  ^uli 
1693  oorgenommen  mürbe,  blieben  fie  nicht  uerfd)ont.  Die 


Digitized  by  Google 


140 


i<forabetm  im  orlcanfc'fcbcn  tfriecte. 


Gruppen,  roeldje  in  ber  Stabt  unb  bcrcn  Umgebung  tagen,  Ratten 
faft  alle  Lebensmittel  aufgejetyrt  unb  ba  ber  Jelbbau  gänjlid) 
baruicberlag,  fo  entftanb  ein  f)öd)ft  empfinblidjer  ^rucbtmangel, 
bev  eine  allgemeine  vntmertimg  beS  ©runb  unb  'ÖobenS  jur 
Solge  tjatte.  $>ie  Bürger  traten  ifyre  vierter  für  bie  auf  benfelben 
ruljenben  Slriegsfteuern  an  anbere  ab  ober  gaben  fie  fonft  um 
eine  ftleinigteit  f)in.  So  mürben  9  SJlorgen  Siefer  für  24  fl. 
unb  3  9Jcorgen  SBiefen  für  25  fl.  oerpfänoet.  2)ie  Salbungen 
ftanben  nidjt.  beffer  im  greife:  1'/«  borgen  2Öalb  im  SBeorid) 
am  fog.  33ürgerroälbd)en  9  fl.  14  fr.,  6  borgen  @icf)en=  unb 
Saunenroalb  ebenbafelbft  32  fl. 

2)ie  Ülot  jroang  oiele  ^Bürger,  bie  6tabt  mieber  ju 
oerlaffen.  Slnbere  gelten  ficr)  in  ben  umliegenben  2Balbortcn 
oerborgen.  Raum  ber  uierte  Seil  ber  früheren  SJeoölferung  mar 
@nbc  1693  nod)  ortSanroefenb.  2Bie  Qofyn  flangen  unter  folgen 
Umftänben  bie  an  bie  93ürgerfd)aft  gepellten  Sorberungen,  meiere 
mitunter  red)t  anmaßenber  3lrt  roaren.  3)ie  Wienerin  eines 
franjöfifdjen  pntenbanten  511  Strasburg  mar  fyier  längere  -Seit 
an  einem  93einbrud)e  franf  gelegen.  $te  Stabt  mußte  nicr)t  nur 
bie  Rurfoften  tragen,  fonbern  bem  grauenjimmer  aud)  nod) 
9teifegelb  nad)  Strasburg  oerabfolgen.  ÖetjtereS  mußte,  roeit  in 
ber  Stabtfaffe  nid)tS  enthalten  mar,  erft  bei  ben  bürgern 
einge$ogen  werben.  Um  einer  franjöfifdjen  SJtagb  bie  befohlenen 
Weifemittel  $u  oerfdjaffen,  mürben  bie  barbenben  ^Bürger  ejrefutiert! 
2lud)  bie  marfgräflid)e  Regierung  jeigte  ftd)  unoerftänbig  in 
ibren  S^rberungen.  Um  bem  franjöfifdjen  ftommanbanten  oon 
^Ijilippsburg  bei  guter  Saune  ju  erhalten,  mollten  fie  bemfelben 
ein  ^ferb  fdjenfen  unb  f)ier$u  mußten  bie  ^forjbeimer  42  fl.  geben. 

Slud)  fd)ioäbifd)e  RreiStruppen  lagen  einmal  im 
5luguft,  als  bie  granjofen  abgezogen  maren,  in  unferer  Stabt. 
Sie  maren  aber  md)t  nur  läftig,  fonbern  aud)  unnü$,  benn  fo 
oft  bie  ftranjofen  ftd)  s^for^eim  näberten,  mürbe  basfelbe  oon 
ben  tapferen  ftreisfolbaten  geräumt. 

^115  3af)r  1094  braute  ebenfalls;  feine  «efferung.  SBäfjrenb 
bemfelben  lag  f)ier  baS  ^urladj'fdje  Regiment,  ebenfo  roaren 
Abteilungen  bes  fürftenberg'fdjen,  fomie  beS  born'fdjen  SKegimentS 
einquartiert  unb  außerbem  nod)  9flannfd)aften  bes  RreisregimentS. 
3>iefe  befreunbeten  Gruppen  betrugen  fid)  nidjt  oiel  beffer,  roie 
bie  Jyranjofen,  fobaß  fid)  bie  ^ürgerfdjaft  oeranlaßt  faf),  Rlage 
über  fie  ju  führen.  JJn  ber  betreffenben  Gingabe  fyeißt  es  u.  a., 
baß  ein  Lieutenant  oteef  00m  b^rn'fdjen  Regiment  einige  Bürger 
bereits  hart  geprügelt  unb  fie  franjöfifdje  Spione  genannt  tjabe;  baf? 
aus  Langel  an  ftafernen  bie  Bürger  bie  Solbaten  in  ibren  eigenen 
Stuben  liegen  laffen  müßten,  roooon  beibe  Seile  erfranften,  unb 


Digitized  by  Google 


^forjbctm  im  orlcang'irfKn  Rricqe 


141 


bog  ferner  bie  Offiziere  bie  Solbaten  nad)  belieben  einquartierten, 
roa§  bod)  bie  granjofen  nid)t  einmal  getfjan  hätten. 

$)ie  ©elblieferungen  an  bie  granjofen  unb  ben 
fd)mäbifd)en  Streik  bauerten  fort.  Unter  ben  auftevorbentltchcn 
Lieferungen  maren  bie  fog.  ÜJMac'f  djen  gouragegelber,  bie  im 
(9runbe  genommen  nur  jur  33ereid)erung  ber  sßriuatfaffe  sJWelac'$ 
bienten.  Unb  ba  bod)  einmal  au&erorbentlichc  gorberungen  an 
ber  £age§orbnung  roaren,  fo  mollte  aud)  bie  babifdje  Regierung 
nid)t  jurücf  bleiben.  Sie  erlief}  ben  Söefefjl,  baf?  oon  ben  biefigen 
bürgern  außer  bem  gemöf)nlid)en  Ahnten  aud)  ber  „SDrcifjtgftc" 
geliefert  roerben  follte.  $)iefe  Abgabe  rourbe  in  ©elb  oermanbelt 
unb  bafür  bie  Summe  oon  600  fl.  oerlangt.  Später  erfolgte 
bie  £erabfet}ung  berfelben  auf  200  fl.  unter  ber  $3ebingung,  bajj 
ledere  ohne  jeben  35er jug  geliefert  roerbe.  2>ie  geforderten 
200  fl.  mürben  beSfmlb  oon  ben  »ermöglichen  bürgern  einge* 
jogen  unb  erft  nachträglich  umgelegt. 


t\c  legten  Mrica^citcu. 

3  m  SJfonat  3Jlai  1695  näherte  fid)  bie  franjöfifcbe  2lrmee 
unter  OTarfc^aU  be  fiorges  mieber  unferer  ©egenb  unb  lagerte 
bei  93rud)fal.  3)ie  bebrohlidje  Wäfje  bes  geinbc§  oeranlafjtc 
mieber  eine  allgemeine  gludjt  unb,  ma«  mit  berfelben  unjertrennlid) 
mar,  neue  Skrlufte.  $od)  fonnten  bie  Bürger  sMik  Ouni 
mieber  in  it)rc  2Bot)nungen  jurüeffehren.  (£$  miebert)olten  fid) 
inbeffen  balb  bie  klagen  über  bie  in  ber  Stabt  liegenben  Streik 
truppen  unter  Hauptmann  Slrummbaar,  ber  ben  bürgern  ohne 
roeitereS  if)r  sBalb^olj  megnehmen  ließ.  2Bie  mandierlei  )Md- 
fid)ten  genommen  merben  mußten,  gebt  baraust  hercor,  bafj  bie 
©tobt  bem  franjöfifchen  Äommanbanten  oon  ^fnlipp^burg  „ein 
gut  dffen  goreüen"  überfanbte,  um  bei  ibm  gut  Setter  ju 
machen. 

sIHit  bem  ^afyxe  1 695  W*%  l) ä r t e ft e  Seiben$$eit 
ber  s?forjl)eimer  im  orlean^'f djen  Kriege.  3)ie  9cot  ber  ^Bürger 
mar  jroar  immer  nod)  groß  unb  ftriegSlaften  Ratten  fie  aud) 
ferner  ju  tragen ;  aber  fie  fonnten  bod)  roenigftens  nun  in  ihren 
Kütten  mohnen,  ohne  93ranb  unb  ^lünberung  preisgegeben  *u  fein. 

(Sin  im  3flai  1696  befürchteter,  jebod)  nid)t  511  Staube 
gefommener,  abermaliger  Uebergang  ber  granjofen  über  ben 
i)if)ein  hatte  jur  golge,  bafc  ber  Äommanbant  in  ^hjlipp^uvg 
abermals  mit  einer  „Verehrung"  feiten^  ber  Stabt  bebad)t 
mürbe.  $n  bem  SHatSprotofoll  finbet  fid)  hierüber  nad)ftebenber 
Eintrag:  „§err  93ürgermeifter  .^erbfter  proponirt,  e§  fene 
befannt,  bafj  bie  Stabt  erft  nur  einen  einjigen  Dermin  an  ber 


Digitized  by  Google 


142 


Worabeim  im  ortcan§'fd)cn  Stricac. 


biefjjäbrigen  fran^dftfc^en  (Kontribution  geliefert,  inbem  bie  lefct 
überfd)icftcn  100  sJUhlr.  vor  bas  geforberte  gouragegelb  ange-- 
nommen  morben ;  weiten  es  nun  oerlaute,  ob  foüte  bie  franjöjtfige 
silrmee  bieffeits  Wbcins  geben,  unb  belegen  einig  ©efafjr  31t 
beforgen,  als  moltte  er  oernebmen,  ob  niefjt  ratbfam  unb  nötl)ig 
fenn  mürbe,  bei)  Ueberfd)itfung  eines  Stücf  (#elbs  uff  s)lbfd)lag 
ber  (Kontribution  auef)  jugleid)  bem  §errn  (Kommanbanten  unb 
(Kommiffarto  511  ^bilipp^burg  etroaS  oon  Forellen  unb  ©runbetn 
in  bie  $üd)e  ju  id)icfen.  —  {Herauf  ift  bei  gebaltener  Umbfrage 
bal)in  einbettig  ootirt  morben,  bafj  man  feine  3eit  uerlieren  fotle, 
fo  oiel  möglirf)  uff  2ibfd)lag  ber  (Kontribution  nadjer  sJ$bilipp3burg 
unb  pgleid)  eine  gute  traget  ©runbel  unb  Joreüen  ju  überforden." 

Seit  Staffing  bes  Rabies  1696  mürben  burd)  ben  ganjen 
£>agenf  djiefj  ißerbaulinieu  angelegt,  ebenfo  im  Äalltjarbt. 
3m  $>obberg  allein  mürben  1230  Stücf  ^aüifaben  gebaueu. 

Unter  ben  aufterorbentlid)en  ©elbern,  meld)e  ^for^beim 
in  ben  3at)ren  1696  unb  1697  jabten  mufjte,  befanben  fid): 
500  ft.  „$3eif)ilfsgelbeu  bev  unteren  sJ«arfgraffd)aft"  an  bie 
babtfdje  Regierung,  631  fl.  30  fr.  ^ouragegelber  an  bie  Jranjofen, 
128  ft.  30  fr.  {mbevgelb  an  btefelbcn,  fobann  eine  sJ)ienge  oon 
Auslagen  für  bie  StreiStruppen  unb  aujjerbem  $erpflegung3gelber 
für  ausmärtige  ©arnijonen,  j.  für  bie  bamals  in  SWenjingen 
unb  J$let)ingen  liegenben  .^ufaren. 

(Knblid)  fam  eS  )U  bem  taugerfebnten  grieben.  Spanien, 
£oltanb  unb  oauonen  fd)loffen  bcnfelben  mit  ftranfreid)  am 
30.  September  1697  unb  am  30.  Oftober  traten  $aifer  unb 
sJieid)  itjm  bei.  2)uvd)  biefen  ^rieben,  ben  man  ben  Jrieben  ju 
9ü)Smicf  nennt,  meil  er  auf  Sdjtofj  Wnsmitf  in  $aag  oereinbart 
mürbe,  muffte  bas  flteid)  Strasburg  unb  bie  reunierten  Crte 
ben  Jranjofen  übertafjen,  mäfjvenb  biefe  bie  gemad)ten  (Sroberungen 
(s^biltpp§burg,  fteljl,  ^reiburg,  5lltbretfad)  x.)  jurüefgaben.*) 
3n  2)eutfd)lanb  beftanb  ber  ftrieg  in  ber  .frauptfadje  au§  meebfet- 
feittgen  ßin«  unb  .£)ermärfd)en,  mobei  $mar  menig  gefebtagen, 
aber  im  Sengen  unb  ^lünbem  um  fo  ©röfjeres  geleiftet  mürbe, 
mebr  mie  im  30jäbtigen  ftriege. 

Cürft  nad)  bem  ^rieben  tonnten  mteber  ernfte  S-Berfud)e  jur 
(K  r  n  e  u  e  r  u n g  ber  in  alten  Seilen  $erftörten  f rüberen  C r b n u n g 
gemadjt  mevben.  9lud)  in  ^fovjbeim  mad)te  fid)  eine  rege 
IbÄtigfeit  geltenb.    $ie  meggejogenen  Bürger  famtnefteu  fid) 

*)  fiffflget  nennt  in  feiner  Gtyroitt!  aud)  (inglanb  unter  ben  frieg^ 
füljrenben  9Jlad)tcn,  aber  mit  llnredjt.  Ifnglanb  Ijat  fid)  an  beut  orleanö'fdjen 
Kriege  nid)t  beteiligt,  irbenfo  ift  eö  ein '  Irrtum  ^flüQer'ö,  roemt  er  fagt, 
ünbmig  XIV.  fei  bnrd)  ben  ^rieben  511  Mnoiuitf  gelungen  morben,  alle 
reunierten  Crte  an  £eutfd)(anb  utrttrfM'geben.  £aS  birefte  Gegenteil  ift 
ber  JaU' 


Digitized  by  Google 


^ßforjbeim  im  orteanS'fc&en  fixiere.  143 

roieber  unb  begannen  mit  bem  Aufbau  ber  jerftörten  $öof)nftätten. 
$ie  Strafjen,  meiere  nod)  oon  1692  her  ooller  6d)utt  tagen, 
würben  gereinigt,  fobaft  bev  Sßerfebr  aud)  roieber  ermöglicht  roar. 

SRühmlid)  ^enjorjutjeben  ift  unter  ben  33eftrebungen  beS 
bamaligen  6tabtrat3  beffen  Jürforge  für  ba§  <3d)ulroef  en. 
3113  bei  bem  faft  oölligen  sJ3erfiegen  aller  ^Quellen  ber  ftäbtifdjen 
(Sinfünfte  ben  fiehrem  irjre  ©ehalte  ntctjt  mehr  Ratten  ausbezahlt 
roerben  fönnen,  oereinigte  man  bie  beiben  beftefjenben  Bürger- 
jd)ulen,  ba  ber  SJefud)  berfelben  obnebies  in  jenen  Reiten  ber 
s3iot  ein  geringer  roar.  $aum  aber  fjatte  man  aud)  nur  einige 
Hoffnung  auf  SBefferung  ber  3"Pnbe,  al§  ber  Stabtrat  fd)on 
(Sluguft  169G)  in  einer  (Eingabe  bie  9lufmerffamfeit  ber  "Beljörbe 
auf  ba§  <5d)ulroefen  lenfte.  $)ie  Schulen  feien  feit  bem  Traube 
oon  1692  fo  fd)led)t  beftellt,  baß  bie  ©djuljugenb  unoerantroortlid) 
oerfäumt  roerbe,  „unb  ba§  rül)re  jum  Seil  bafjer,  bafj  feine 
wöchentlichen  Söifitationen  ober  ©yamina  mehr  gehalten  roürbeu". 
3m  Sflai  1697,  alfo  nod)  oor  bem  JriebenSfdjluffe,  fd)luq  ber 
«Stabtrat  bem  bamal§  al§  pofprebiger  bei  bem  marfgräfÜdjen 

f'ofc  in  93afel  fid)  aufhaltenben  Superintenbenten  aflattbäusi 
ammerer  (früherer  Special  in  ^for^eim)  oor,  bie  bisher 
oereinigte  #naben=  unb  9Häbd)enfd)ule  zu  trennen,  roeldje  Trennung 
aud)  bereit«  im  3uli  oorgenommen  rourbe. 

SDie  Regierung  liefj  e3  fid)  gleidjfalls  angelegen  fein, 
helfenb  unb  förbernb  einzugreifen,  befonbers  feitbem  Sftarfgraf 
griebrid)  SttagnuS,  ber  feit  1688  fid)  ftänbig  in  "Bafel 
aufgehalten,  in  fein  Sanb  aurücfgefefyrt  roar.  $lufjer  mehrfachen 
SBauinftruftionen ,  roeldje  ben  3n>ecf  Ratten,  eine  allzugroße 
Unregelmäfjigfeit  in  ber  Bauart  ju  oerbinbern,  erfdjieneit  aud) 
mehrere,  ba§  Sbgabenroef  en  regelnbe  sJ3crorbnungen,  f obafj  bie  "Bürger 
roenigften«  roieber  roufjten,  rooran  fie  roaren.  3*mKd)  wir  nod) 
unenblid)  oiel  ju  tljun.  3mmcr  n°d)  lagen  Gruppen  in  sVfor(^ 
heim  unb  bie  rütfftä'nbigen  Gablungen  mufjten  nod)  gelciftet 
roerben.  ©o  rar  baS  (Selb  roar,  fo  rar  roaren  aud)  bie  Lebens- 
mittel, bie  fefjr  fyod)  im  greife  ftanben,  ba  in  ben  Kriegsjabren 
ber  5Jelbbau  fpärlid)  betrieben  roorben  roar. 

SJlärz  1698  erging  ber  fürftlidje  sBefef)l,  ein  SB  e  r  z  e  i  d)  n  i  $ 
fämtlid)er  Bürger,  foroohl  berer,  bie  fid)  oor  bem  Kriege  rjtev 
befunben  Ratten,  al§  berjenigen,  roeldje  nach  bemfelben  nod) 
übrig  roaren,  aufstellen  unb  bie  £obesart  ber  Verdorbenen 
beizufügen.  sJcad)  biefer  im  3lpril  1698  gefertigten  Lifte  beftanb 
bie  SBürgerfdjaft  oor  bem  Kriege  au£  548  9ftann.  Von  biefen 
ftarben  roäbrenb  beS  ftriege$  burd)  Rranfljett,  junger  unb 
geinbe§hanb  226 ;  nad)  auSroärtS  befanben  fid)  28  unb  oerjd)oUen 


Digitized  by  Google 


144  <Bforabetm  im  otleanS'fc&en  ffricpe. 

waren  27.*)  (£2;  befanbcn  fid)  alfo  nad)  bem  Kriege  nicf)t  meljr 
rote  207  Bürger,  mo^u  nod)  «41)  ftinber  fowol)l  bcv  oerftorbetten, 
al§  attd)  ber  nod)  lebettben  Bürger  famen.  Wcd)ttct  matt  511 
bicfer  3al)l  nod)  ebenfooiel  (Sljefrauen,  als  fid)  ^Bürger  biet* 
befanbcn,  fowie  200  3Bitroen  nnb  bajut  nod)  200  (Sefellcn, 
3)ienftboten  ic.  nebft  200  Seelen  oon  binterfäftigen  Samilten,  fo 
ergiebt  fid)  eine  oeden^abl  oon  1700,  toeldje  bis  j^uni  beginn 
bes  18.  3al)t$unbert3  auf  2000  ftieg. 

2>er  sSeoölt'erungsrücfgang  unb  bie  Verarmung 
waren  tnbeffen  ntdjt  bte  einzigen  folgen  bes  Kriege*.  '•Und)  ©etft 
nnb  Gtjaraftcr  ber  ^for^beimer  s33ürgerfd)aft  erfuhren  eine 
Umgeftaltung,  nid)t  minber  ba£  gefamte  ftäbtifdje  üffiefen.  Seit 
3al)rl)unberten  war  ^for^eim  oon  ben  sJJtarfgrafett  oon  s8aben 
beoor^ugt  nnb  mit  ^rioilegien  auegeftattet  worben,  aus  welken 
fid)  mit  ber  {Jett  eine  (abgefeben  oon  ber  £anbe3oberbobett)  ben 
$ieid)sftäbten  älmlidje  93erfaffuttg  berausbilbete.  3Mefe  93er- 
faffung  mit  ibren  ^rioilegien  bilbete  gleid)fam  ben  3)littelpunft 
bes  offentlidjeu  ^for^eimer  ^ebett3  unb  aüe  ©ebanfen  unb 
SBeftrebungen  waren  auf  ihre  (£rbaltung  gerichtet.  $er  3roang 
ber  9tot  tjattc  aber  wäfjrenb  be*  ftriegeSbie  Regierung  wiebertjolt 
oeranlafjt,  an  bie  Stabt  tforberungen  $u  [teilen,  welche  mit  ben 
oerbrieften  Wedjteu  ber  Stabt  aber  nid)t  im  dinflange  ftanben. 
siöobt  oroteftierten  bie  ^Bürger  jebeämal :  fic  mußten  fid)  jebod) 
in  bas  Unabänberlid)e  fügen,  aber  fie  fonnten  ftd)  in  bie 
©djmälerung  ifjrer  s}?rioilegien  tiie  finben.  2)ie  9leuorbnung 
aller  £tnge,  bie  nad)  bem  Kriege  uor  fid)  ging,  untergrub  bie 
alte  ftäbtifdje  ^erfaffung  unb  ftellte  für  st?flid)ten  unb  iHedjte 
ber  $3ürgerfd)aft  gaity  anbete  @cfid)t3punfte  auf.  5Iber  bte 
5(nbanglid)feit  an  bie  frübere  Sonberftellung  blieb  ben  s?forj^ 

*)  ©on  Diitgliebern  t-orbanbener  ^ürgerfamilien  werben  in  ber  l'ifte 
0I8  „.vnmger*  ßcftorben"  bc*,eid)net:  Jafob  -Hartbolb  jung,  .öa.  Jb.  Siccfer  (mit 
IBeift  unb  Mtnbi,  (ibriftinann  Miefer,  lieber,  .öe.  Wrg.  Miefer,  3djmeibcr,  fts. 
Jerg  Micfer,  ber  fromme,  <ö«.  Jb.  Miefer,  Dreher,  .\>s.  Jrg.  Micnle,  Softer, 
.V>o.  Jrg.  i'ottbammer,  Dücftcl  x.'ottbammer,  .v>s.  Jb.  3)uiule,  ^lüfter,  CS ^riftop^ 
unb  iHatfmus  Kuller,  Veinemeber,  Jvriebr.  8olb,  3dmbmad)er,  (Sbriftonb 
Ungerer,  ^eugmat^er,  Jobanneä  Unserer,  Job.  "iiAoIf ;  —  al*  „elenbtglid)"  ober 
„im  £lenb  umgefommen":  Job.  2lab,  iHefcger,  .<b«.  Jöctfb,  Dörfer,  Ctto  ^cdb, 
iJictyger,  Miau*  8116,  ^löfter,  Jrg.  v&olf  ^elbner,  Ük'ifcgcrbcr,  fr*.  3)iid)el 
Werroig,  ^löftcr,  s>am  ^erg  Mieter,  5d>neiber,  Ctto  Aienle,  4JJid)el  i'ottljammer, 
ft*.  ^rg.  Stief-,  i^cii*gcrbcr,  s?*.  ^rg.  3tief?,  harter,  >>o.  5Uo[f  3tieft,  9kt^« 
gerber,  jrg,  Ungerer,  Veincioeber,  >od)im  Ungercr,  veineioeber,  Jb. 
ittagner,  si(bral)am  sU1eeber,  3(t)ut)mact)er ;  nt^  „im  Crril  geftorben"  ober 
„uerubolien":  Crltn^  ^artljolb,  plaguer,  >rg  ^artt)Olb,  >.  ^erfl),  rHofemuirt, 
Jb.  treibt,  ^rteter,  Jb.  ^Aectl),  ^löfter,  iSbriftopb  «uet,  X'etnemeber,  Jol).  tfurf»cle, 
Iud)mad)er,  ^iubolf  Crudjete,  ,Seugmad)er,  sJJJat£j.  (inberlc,  Mrämer,  ,V>d.  Jb. 
(Mermig,  ivlöfjcr,  Watt).  Vottbammcr,  Tietrid)  d)ieenuein,  .vn«tmad)cr,  J«.  Jb. 
IMeenuein,  l^c^gcr,  (Sbriftian  SOtayer,  fram  Uhirrle,  Harber,  .'öo.  3dmeit>cr, 
ctiefe,  ^Urgermeijtcr,  Jüf).  Ungerer,  Veineiocbcr,  Kttfoul  Ungerer,  .öafner. 


Digitized  by 'Google 


$forabetm  im  orleanS'ft&en  Striepe.  145 

Reimern  unb  mit  ihr  ba§  Verlangen,  biefelbe  aurücfgeioinnen. 
@S  bauerte  geraume  $ett,  bi§  bie  Sjürgerfdjaft  ben  33erluft  ihrer 
^ßriüilegien  oerfchmerjen  gelernt  hatte  unb  eine  föeibe  oon  3a\)xt\\ 
ift  angefüllt  mit  Slreitigfeiten,  roelcfje  hierauf  jurüefsuführen  ftnb. 

2>er  oon  üubroig  XIV.  geführte  SJlorbbrennerfrieg 
hat  aber  nicr)t  nur  bie  obcrrtjeinifcfjen  ©täbte  bis  in  ba£  |>erj 
oon  Sd)ioaben  hinein  oenoüftet  unb  furd)tbare§  CSlenb  gebracht: 
er  r)at  fie  aud)  ifjre§  a^ietjenben,  lanbfchaftlid)  frfjönen  unb 
fünftlerifctjen  <3d)mucfe3  beraubt,  burd)  ben  fte  fid)  oorher  au3* 
gejeid)net  Ratten.  $Bof)l  erftanben  fte  nad)  ber  3erftörung  tuieber, 
aber  e§  fehlte  an  Mitteln,  mehr  al3  ba§  2Ulernottoenbigfte  ju 
thun.  2ln  eine  SBieberberftellung  architeftonifd)  fd)öner  93aiuoerfe 
mar  eben  fo  menig  ju  beuten,  als  an  ben  Söieberaufbau  ber 
gebrochenen  93efeftigungen  mit  ihren  ftoljen  $f)ortürmen  unb 
bewehrten  SHingmauern,  unb  fo  erhielten  bie  ©täbte  nad)  bem 
Kriege  oielfad)  ein  arm  feiig  e§  unb  oerfümmer  te§ 
Xnfe$en.  @rft  bie  ^leujeit  hat  ihnen  roieber  einen  anberen, 
wenn  aud)  mehr  uninformen  ßlmrafter  oerliehen.  3ßie  fet)r 
biefer  aber  oon  bem  früheren  abftid)t,  ergiebt  am  beften  ein 
Skrgleid)  jioifcfyen  einer  mobemen  Stabt  unb  einer  foldjen,  bie 
un§  in  ihrer  früheren  Eigenart  erhalten  blieben  ift,  5.  93.  ^Kothen* 
bürg  ob  ber  iauber,  ba§  heute  noch  m  9an5en  ^ßollglanj  feines 
mittelalterlichen  Sd)mudfe3  ju  fehen  ift.  3a,  man  baut  in 
unferer  $eit  bequemer  unb  jmeetmä^iger,  aber  aud)  nüd)terner 
unb  ba§  befagt  Me§. 


10 


Digitized  by  Google 


$cr  SBicbcraufbau  bcr  Stabt. 

SBeil  bic  2öof)noerf)ältniffe  in  bem  Sdjloffe  ju  ©rötungen, 
lüofelbft  bcr  -iftarfgraf  3r i c b r i 2Jiagnu§  nad)  feiner SHücf* 
fefjr  oon  33afel  sunädjft  9Iufentf)alt  genommen  tjatte,  nie!  3U 
müufcfyen  übrig  ließen,  fo  mnrbe  im  Dt  tober  1698  bie  iHefibenj 
nad)  ^forjtjeim  uerlegt.  (£in  £eil  be§  bortigen  Sd)loffe§, 
ba3  fog.  „alte  ©ebäu",  mar  nämlid)  oon  ben  Stammen  uerfcfyont 
geblieben  unb  biefen  bejog  ber  £>of.  SBcnn  ber  3lufentf)alt  be§* 
felben  aud)  nur  bi§  511m  Srütjja^re  1699  Dauerte*),  fo  gereidjte 
er  ^forjtjeim  bod)  }ltm  Vorteil,  ba  ber  SJiarfgraf  e§  fid)  ange= 
legen  fein  lieg,  ben  Sieberaufbau  ber  Stabt  nad) 
lid)teit  51t  betreiben.  Sd)on  oon  33afel  au3  r)atte  er  §äufer= 
mobclle  nad)  ^forjtjeim  gefd)icft  unb  aud)  be^üglid)  be§  iBaueS 
mehrere  33erorbnungen  erlaffen,  wie  im  uorigen  Kapitel  bereite 
angeführt  roorben  ift. 

«Ölit  @ifer  mad)tcn  ftd)  bie  ^Bürger  baran,  if)re  jerftörten 
SBofjnftätten  roieber  aufzubauen,  momit  fdjon  in  ber  legten  3eit 
be§  Krieges,  alSbalb  nad)  bem  britten  SBranbe,  begonnen  roorben 
mar.  (£3  ift  nur  ju  befragen,  aber  freilief)  mit  ben  Umftänben 
511  cntfdjutbigen,  baß  hierbei  $iemlid)  platt  10 8  oerfaf)ren  mürbe, 
worauf  aud)  bie  große  Unregelmäßigfeit  ein$elner  Straßen  jurücf* 
jufüfjren  ift.  sJtamentlid)  muß  bebau ert  merbeu,  baß  man  nid)t 
barauf  bebadjt  mar,  bie  $rö Ringer  Straße,  meldje  bod) 
aud)  in  ber  Solgejcit  bie  §auptoerfel)r§aber  bilbete,  breiter  an-- 
julegen.  2)ie  meiften  ber  nod)  oorfjanbeneu  älteren  Käufer 
mürben  bamals  aufgeführt.  9iod)  mäljrenb  be3  ftriegeS  mürbe 
bie  obere  2lpott)cfe  neu  errietet  (1695)  unb  1697  aud)  bie  untere 
roieber  aufgebaut..  (Dem  ^efitjer  ber  oberen  9lpotf)efe,  fionrab 
2Bilf)elmi,  mar  im  3af)rc  1690  ein  marfgräflid)er  s£ri»ilcgien= 

*)  Um  biefe  Seit  erfolgte  bic  Uebcriicbeluna.  nad)  (Mröfeinacn  in  baä 
injroifdjcn  baulich  erweiterte  odjlofs.  Später  nmrbe  bic  ^{cftbciij  nad)  Tuxlad) 
jurürfocrlegt. 


Digitized  by 


au  ffarl  ftricbricbs  SKeaierunq. 


147 


bricf  oerliehen  roorben,  bcr  jiemltd)  au§gebef)nte  93orred)te  ent* 
hielt,  ©ein  93efitjer  roar  frei  oon  Abgaben  jcbev  2lrt,  foroie  oon 
Quartier*,  Jrohn*  unb  anberen  Saften.  3vcmoe  un0  einheimifche 
Ouacffalber  unb  .^eilmitteloerfäufer  burften  t)iet  ihr  3Befen  nid)t 
treiben  unb  aud)  ben  SBabern  roar  e§  »erboten,  bas  ju  thun, 
roa§  einem  ^Ipotljcfcr  etwa  tufam.  dagegen  muftte  ficf) 
Silhelmi  verpflichten,  feine  si£potf)efe  in  gutem  Staub  ju  galten 
unb  bie  Sflebifamente  billig  ju  oerfaufen.  Stall  fürftlidjen  .jpofe 
mußten,  wenn  berfelbe  in  *pfor$heim  mar,  bie  oerlangten  Kräuter 
unentgeltlich  abgegeben  unb  ben  Firmen  jährlid)  für  minbeften§ 
10  fl.  Hrjneiroaren  umfonft  oerabreidjt  werben.  1705  entftanb 
ba§  granjmann'fdje  $au§  am  SRarft,  ebenbafelbft  1706  ba3 
$au§  oon  Sdjencf,  unb  in  ben  Sauren  1709  unb  1710  bauten 
auch  bi*  $cn:en  oon  Neutrum  i^re  beiben  Käufer  in  ber  3lltftabt 
roieber  auf.*)  $)urch  bie  oieleir  Neubauten  roaren  in  ben  erften 
fahren  be3  18.  3ahrfmnbert3  bie  ftäbtifchen  Salbungen  fo  in 
3lnfprud)  genommen  roorben,  bafj  bie  Skhörbc  im  3Jtai  1709 
befchloft/  fein  33auholj  mehr  abzugeben,  bis  ber  SÖalbbeftanb 
roieber  ein  befferer  fei. 

2Bie  bie  ^ßrioatbauten,  fo  erhoben  fich  nad)  unb  nach  auch 
bie  öffentlichen  ©ebäube  roieber  aus  ber  3lfd)e.  3m  Sahre  1700 
rourbe  mit  bem  Söieberaufbau  bes  9iathaufes  begonnen  unb 
basfelbe  am  14.  Jebruar  1701  aufgefchlagen.  (Sine  ©locfe  erhielt 
bas  ©ebäube  1715  unb  1730  aud)  eine  Uhr.  Schon  1718 
finbet  fid)  aber  auch  eine  Silage  barüber,  baf$  bas  neue  Rathaus 
baufällig  fei.  Um  es  gegen  bas  SBetter  roiberftanbsfähiger  ju 
machen,  rourbe  ein  fteinemer  ©iebel  aufgeführt.  Quvox  fchon 
mar  bas  1692  niebergebrannte  ^eiligfreujfirchlein  roieber* 
hergeftellt  worbcn,  rooju  bie  Stabt  200  Stämme  £olä  beroiüigt 
hatte.  1711  rourbe  bie  Capelle  auf  bem  Jriebhof  an  ber 
(Sulinger  Strafe  oollenbet.  2)ie  Soften  beftritt  man  teils  aus 
öffentlichen  ÜJhtteln,  teils  aus  ben  (Srträgniffen  einer  in  Stabt 
unb  fianb  oeranftalteten  ^ollefte.  $as  nämliche  ^ahr  fah  auch 
bas  3(uer*  unb  £>eiligfreu$tf)or  roieber  erftehen.  $ie 
9lusbefferuug  bejro.  S-Heuerrid)tung  ber  Stabt  mau  er  erfolgte 
1714.  3luf  marfgräflidjen  Befehl  rourbe  1713  ein  befonberes 
SBeibergefäng nis  erbaut. 


•)  3lit  bem  einen  berjclben,  ber  Ocutiflcu  .öaoaria",  finbet  fid;  ein  Stein 
mit  folgenber  Jnfdjrift:  „A-ricbrid;  (Styriftopb,  Zentrum  oon  trrtingen  b,od;fürftl. 
3ttürtcnbergifd)cr  Storftmctftcr  am  Stromberg  unb  feine  ftraro  2lnna  5"l»öna 
geborene  v.  Wemmtngcn  Ijaben  biefcS  ^reimbeiid;e  .ftaufi  nad)  benn  cö  anno  1«8» 
oon  j^ranjofen  oerbrant  loorbcn  bura)  Wottcd  ^cijftanb  auno  1710  roieberum 
neu  auferbauet  roeldjeä  feine  (Mottlict)c  ÜtUmadjt  unber  feinem  odjutj  unb  3eegen 
oor  allen  toiber  loerttgfeiten  in  gnaben  berontjren  roolle."  ^ieboa  biefer  ^n* 
fdjrift  befinben  fid;  bie  Wappen  berer  oon  Ücutrum  unb  oon  Wemmigen. 

10' 

Digitized  by  Google 


148 


au  Barl  ftriebri#§  <Keaimma. 


3m  3at)rc  1715  fam  aud)  ein  neues  Sd)tilf)au§  51t 
Stanbe  unb  jroar  an  bei*  Stelle  beS  alten  abgebrannten  in  ber 
unteren  s$farrgaffe.  GcS  fjatte  jmei  Stoctroerfe  unb  mürbe  oon 
ber  Unabem  unb  9Jläbd)enfd)ule  geineinfam  benütjt.  2>icfe  beiben 
Spulen  waren  in  ber  f djlimmen  Seit  oon  1G92  ju  einer  Sd)ule 
oereinigt,  1G97  aber  miebcr  getrennt  morben,  nadjbem  bie  $er* 
fjältniffe  fid)  iujmifdjen  gebeffert  Ratten.  171(5  mürbe  nad) 
langer  Unterbred)ung  mieber  ba§  erfte  Sd)ulfeft  auf  bem 
sJtennfelbe  abgehalten.  (3)iefe  Sd)ulfefte  fanben  bis  1749  regcl* 
mäfcig  ftatt,  tjörten  aber  oon  biefem  3ai)re  an  auf.)  $ie  lateinifdje 
Sdjule  mürbe  1718  ebenfalls  oerbeffert. 

33efonberen  SBert  legte  bie  ©eiftlidjfeit  auf  ben  5öieberaufbau 
ber  abgebrannten  S  t  a  b  t  f  i  r  d)  e.  1714  erfolgte  ein  bie§bejüglid)er 
5kfd)luf$  unb  mürbe  fjinftdjtlid)  ber  53efd)affung  ber  orbentlidjen 
Littel  befdjloffen :  jroei  Slollefteure  in  baS  Weid),  baS  (Slfaft  unb 
bie  Sdjroeij  ju  feuben,  eine  Lotterie  ju  ocranftalten,  am  s^la^c 
felbft  ju  fammeln,  baS  Sllmofen  ju  befdjränfen  unb  bie  bemfelbeu 
Sitgeljörigen  ^apitaljinfen  ju  oenoenben.  Sdjon  17 IG  mar  fo 
oiel  ©clb  beifammen,  um  ben  53au  beginnen  &u  tonnen.  9lm 
23.  September  1721  fanb  bie  (Simoeiljung  be§  neuen  ©ottcS* 
IjaufeS  unter  entfpredjenben  Jeierlidjfeiten  ftatt.  Später  erhielt 
baSfelbe  aud)  eine  pradjtoolle  Orgel,  jmei  $locfen  unb  eine 
Sammlung  fd)öner  ©emälbe. 

$)a  ber  $rieg  bie  Stabt  s$f orjfjeim  um  alle  ifjre  ©  1 0  cf  e  n 
gebracht  chatte,  fo  mar  bie  9lotmenbigfeit  eingetreten,  neue  anju* 
fcfyaffen.  bereits  1693  tjatte  bie  Stabt  burd)  ^ermittelung  be§ 
Damaligen  ÄammerratS  3^nbt  mieber  ein  ©löcflein  erhalten. 
1G99  fdjenfte  bie  Sftarfgräfin  SJiaria  Slugufta  ber  Stabt  eine  in 
SBafel  gegoffene  ©locfe,  meiere  nebft  einer  weiteren,  51t  gleidjer 
3eit  oon  ber  Stabt  angcfd)afften  ©locfe  im  £urme  ber  Sdjlofc 
fird)e  aufgehängt  mürbe.  (Sine  britte  Glocfe  erhielt  bie  Sd)lof?* 
firdje  1715,  ju  raeldjer  3eit  fünf  neue  ©locfen  bei  ©locfengiejjer 
©o^mann  in  Sanbau  beftellt  mürben.  ,3toei  baoon  (amen  in 
bie  $Iltftäbter  $ird)e,  eine  in  bie  ilreujfirdjc  unb  eine  auf  ba§ 
iKatfjauS.  1710  erhielt  bie  3lltftäbter  ftirdjc  aud)  eine  Crgel. 
3)ic  Stoffen  berfelben  mürben  meift  auS  freimilligeu  Waben 
beftritten. 

3n  oermerfen  ift  aud)  bie  1714  erfolgte  9lnfd)affung  einer 
Jeuerfpri^e,  beren  Lieferung  bem  ftupferfdjmieb  Mubljarbt 
in  33irfenfelb  übertragen  mürbe.  $er  Slufmanb  für  biefe,  fomie 
nocl)  eine  Heinere,  bei  bemfelbeu  äRetfter  beftelltc  Sprite  betrug 
410  fl.  nebft  2  Zutaten  „Srinfgelb"  für  bie  grau  beS  Tupfer* 
fdjmiebS. 

SBefonberS  ermähnen  Sioert  ift  bie  (Erbauung  eines  s33aifen= 
l) auf e§,  moju  @nbe  1714  gefd)ritteu  mürbe.  SJtartgraf  Äarl 


Digitized  by 


«i§  »II  Wall  ftriebricbS  <Heaieruna. 


140 


$L>ilf)elm,  ber  Sohn  unb  9tad)f olger  be§  1709  ju  3)urlad) 
oerftorbenen  unb  in  ber  pforjheimer  Sd)lof}fird)e  beigefetjtcn 
^Dfartgrafeu  griebrid)  9Jlaguu§,  fafjtc  ben  @ntfd)luf},  511  $fotgßettlt 
ein  SaitbeStoaifen^aiä  $u  grünben  unb  mit  bemfelben  ein  3rren«, 
Siechem  unb^udjttjaus;  $u  oerbinben.  sJO?an  wählte  tyierju  denjenigen 
Vßlai,  weldjen  früher  ba§  uon  ber  9Warfgräfm  3rmeugarb  ge? 
ftiftete  Sied)ent)«u§  famt  beut  anftofjcnben  $ominifanerflofter,  beffett 
®ibdulid)feiten  nad)  ber  Deformation  mit  erfterem  oereinigt 
worben  waren,  eingenommen  tjatte.  5lm  1.  9Äai  1718  tonnte 
ber  Bau  bereite  eingeweiht  werben  unb  bie  Einführung  ber 
aufgenommenen  60  Zöglinge  erfolgen.  $er  SRarfgraf  felbft 
beteiligte  fid)  mit  einigen  rotten  an  ber  geier  unb  mahnte  aud) 
bem  in  ber  Slnftalt  t)ergerid)teten  Seftcffen  bei.  93alb  nachher 
mürbe  aud)  bie  $öaifenhau£fird)e  uollenbet,  beren  Einweihung  am 
15.  Januar  1719  erfolgte.  Um  biefe  &tit  mar  bie  3af)l  ber 
9lnftaltSofleglinge  fd)on  auf  200  angewachfen.  (Sie  mürben, 
fomeit  fte  tjierju  oermenbbar  waren,  in  nufcbringenber  Seife 
befdjäftigt.  2ln  Gelegenheit  baju  fehlte  e§  nid)t,  ba  man  in  ber 
3lnftalt  oerfchiebene  betriebe  eiugcrid)tet  fyatte.  So  güuftig  bie 
Bedingungen  für  bie  driften^  ber  Hnfialt,  bie  anfet)nlid)e  C5tn= 
fünfte  jugeroiefen  erhielt,  aber  aud)  waren,  fo  entfprarf)  fic  bod) 
lange  nid)t  ben  auf  fie  gefegten  Erwartungen.  9Hehrfad)e 
ungünftige  llmftänbe,  inäbefonbere  bie  Sd)mierigfeit,  bie  in  il)rer 
3lrt  fo  oerfd)iebencn  Pfleglinge  unter  eine  einheitliche  Orbnung 
ju  bringen,  woju  fid)  nod)  eine  unjulänglidje  Leitung  gefeilte, 
loderten  ba§  innere  ©efüge,  führten  jur  Unorbnung  unb  Ber* 
wirrung  unb  mit  ber  3eit  5U  einem  folchen  Verfall  ber  5lnftalt, 
bafr  eine  gan.s  neue  Drganifation  berfelben  nötig  würbe,  bie 
unter  ftarl  griebrid),  bem  genialen  politifdjeu  Reformator  Gabens, 
aud)  erfolgte. 


3nncrc  2<crf)ältuiffe. 

%rofy  aller  Bemühungen  ber  BehÖrben  unb  ber  Bürgerfdjaft 
blieben  bie  s3iad)wehen  be§  Krieges  nod)  lange  fühlbar.  3)ie 
ginanjen  bei  Stabt  befaubeu  fid)  noch  immer  in  einem  fefjr 
zerrütteten  3uftanbe  unb  uon  ben  aufgenommenen  Kapitalien 
tonnten  nid)t  einmal  bie  Schulben  befahlt  werben.  2)aju  fam 
nod)  bie  läd)erlid)e  Sitte,  hod)gefteütcu  periö'ultdjfciten  „C53efd)enfe" 
ju  madjen,  bie  allerbingS  manchmal  nidjtS  weniger  al5  „freiwillig" 
geflohen.  So  „fd)enfte"  bie  Stabt  im  Qofyx  1697,  alfo  311  einer 
3ett,  wo  fte  baS  ©elb  felbft  gar  nötig  hätte  braudjen  tonnen, 
bem  Erbprinzen  Karl  Göllheim  311  feiner  Vermählung  206  fl.  unb 
um  biefelbe  $eit  bem  Sflarfgrafen  griebrid)  Magnus,  ber  in 


Digitized  by  Google 


150 


93i§  au  ßarl  ftriebridjS  Sfteaicrunfl. 


$afel  einen  $ranbfd)abeu  erlitten  hatte,  200  fl.  „als  Reidjen 
ihrer  Siebe  unb  Teilnahme. "  2Öeil  1709  bie  3J2arfgrafiit  jum 
crftenmal  nad)  ^ßfor^eim  fam,  beeilten  ftd)  Stabt  unb  Ämt  mit 
$)arbringung  einer  „Verehrung",  obfdjon  bie  Stabt  beu  auf  fte 
fallenben  Anteil  oon  U)(>  fl.  2H  fr.  erft  aufnehmen  mußte,  um 
i!)n  entrichten  ju  fönnen.  2öeniger  generös  mar  bie  Stabt  ihren 
©laubigem  gegenüber,  bie  einfad),  mit  Aufnahme  be§  $lofter§ 
Jrauenalb,  nichts  befamen. 

$>aß  £anbel  unb  93erfef)r  nod)  fel)r  barnieberlagen,  ift 
einem  Berichte  &u  entnehmen,  roeldjen  bie  Runftmeifter  namens 
ber  fünfte  am  2.  SRära  1710  oor  Oberamt,  <$erid)t  unb  SHat 
erftatteten,  unb  roorin  fte  fid)  über  ben  elenben,  nal)rung§lofen 
ßuftanb  ber  Stabt  bef tagten,  fo  baß  bie  fünfte  nidjt  nur  in 
gänzlichen  SKuin  oerfallen  feien  unb  aller  firebit  außerhalb  in 
,§aubel  unb  SBanbel  fid)  uerliere,  fonbern  aud)  fein  neuer  Bürger 
mehr  in  bie  Stabt  hinein  siehe,  uielmehr  einige  hwauSäujiehen 
uorhätten.*) 

$>ie  Verhältniffe  befferten  fid)  inbeffen  balb  mieber,  ba  aud) 
bie  Regierung  ben  Verfehr  nad)  Gräften  su  förbern  fudt)te.  So 
ließ  fte  j.  33.  oon  1735  ab  eine  £eerftraße  uon  $fart3ruf)e 
nach  ^forjljeim  unb  an  bie  roürttembergifdje  ©renje  ausführen, 
roeldje  an  Vebeutung  balb  bie  feither  befoubers  mid)tige  Straße 
uon  s$forjheim  nad)  Bretten  übertraf. 

5)urd)  eine  33erfd)ärfung  ber  ^olijeiorbnung  fud)te 
man  allerlei  2Iu§roüd)fen  be§  gefelligen  £eben§,  rote  fte  fid)  in 
geroiffen  s4}olf3gebräud)en  bemerfbar  machten,  entgegen  ju  treten, 
ebenfo  bem  übertriebenen  2lufroanb  bei  gamilienfeftcn.  $er 
Sd)ü^enfomuaguie  rourbe  ba3  Schießen  am  Sonntag  unterfaßt, 
bie  in  Abgang  gefommene  ftirdjenrügung  roieber  eingeführt  unb 
eine  neue  Orbnung  be^üglid)  ber  Verteilung  ber  s$lät*e  in  ber 
Kirche,  be£  3Begge()en§  au§  bcrfclbcn  unb  fonftige  Gebräuche 
feftgefefct. 

(Sin  im  $ird)enbud)  enthaltener  (Sintrag  be§  Specials  93erg= 
mann  oom^oh™  1722:  „3ld)t  ©ott,  fteure  bem  überhanbnefmicn* 
bem  Softer  ber  fceleufdjäblidjen  2runtenf)eit!"  roirft  fein  günftigeS 
Sicht  auf  bie  sifläßigfeit3beftrebungen  jener  Reit. 

$aß  auch  ber  Aberglaube  nod)  recht  üppig  wucherte, 
beroeift  ber  aus  jener  Reit  ftammenbe  „^forjheimer  Räuber» 
balfam",  roeldjer  aud)  außerhalb  be§  Sanbes  berühmt  ober  be> 
rüdjtigt  roar.  @r  rourbe  fogar  innerlich  empfohlen  gegen  93er* 
herungen  unb  Räubereien. 


*)  3"  SLUctlidjfeit  ftnb  aber  im  erfteu  Viertel  beö  18.  3«fyrl)"'rt>crt$ 
oiele  ^erfonen  von  auftro&rt*  jugejogen. 


Digitized  by  Google 


ä«  Wart  fttiebrid)3  SHcaicruna. 


i  r>  1 


$)ie  93eoölferung  notjm  nad)  bcm  orleanS'fcfjen  Striepe 
uiib  befouberS  ju  33eginn  beS  18.  3at)vf)unbert§  rafd)  roieber  ju. 
$ie  $afyl  ber  ©eburten  überftieg  biejenige  ber  £obe§fälle  in  ben 
meiften  3a^ven  unb  augerbem  roanberten  oiele  JJamilien  oon 
auSroärtS  ein.  Unter  ben  ©ittgeroanberten  befanben  fid)  aud) 
f  r  a  n  3  ö  f  i  f  d)  c  <ß  r  o  t  e  ft  a  n  t  e  n ,  roeld)e  f&on  1699  eine  f leine 
Kolonie  in  fjiefiger  Stabt  Ratten  unb  ju  ifjren  ©otteSbienften  bie 
St.  ©eorgSfaoelle  5ur  Verfügung  geftellt  befamen.  9iod)  tjeute 
bepnben  fid)  sJkd)fommen  biefer  Emigranten  t)ter. 

Um  1725  rmt  bie  ©imoofjnerjafjl  *tPforjt)ctm§  über 
3000  Verfemen  betragen,  oermefjrte  fid)  inbeffen  in  ber  3°^9e 
roibriger  SBerrjältniffe  fefjr  langfam. 


XHIIflcmcinc  ^iittcilmigcu. 

©egen  ba§  ©übe  beS  erften  Viertels  be§  18.  3af)rf)unbert$ 
befanben  fid)  in  ^for^eim  oon  492  ^Bürgern  ©eroerbe= 
treibenbe  in  nad)ftel)enber  5(njaf)l:  45  9Jtet$ger,  41  SBätfer, 
21  iHotgerber,  36  Sdjufjmadjer,  17  Krämer  unb  Söirte,  14  3eug* 
madjer,  5  £ud)mad)er,  8  SBeifjgerber,  7  Scfjloffer  unb  93üd)fen= 
madjer,  17  Sdjmiebe  unb  3Bagner,  7  Seiler,  11  Sdjreiner, 
10  £>afner,  22  $üfer,  24  .grofenftriefer,  .putmadjer  unb  2)ref)er, 
19  Sdjueiber,  25  ©olbfdjmiebe  unb  ©lafer,  16  Seineroeber, 
4  Sattler,  20  .^immerleute  unb  Sftaurer,  9  SJiüller,  70  3löjjer 
unb  22  Unjünftige. 

SBürgermeifter  roaren  oon  1698—1725:  <£f)riftof 
SBofjnlid),  Seonfjarb  -jperbfter,  $einrid)  Skurittel,  3of).  (Hjriftof 
Deimling  unb  $onrab  Schober.  $a3  9tmt  eines  OberoogtS 
befleibeten:  SBolfgang  $uno  o.  SÖallbrunn,  Qoljann  Daniel 
o.  St.  SlnbriS,  2Btll)elm  u.  Sraubnifc,  Daniel  SDietrid)  Sdjeibt 
unb  3of).  »II),  jur  ©lüden. 

3n  bie  ftegierungSjeit  $arl  2öilf)e(m§  fällt  aud)  bie  Anlage 
be§  SeerjaufeS,  einer  ber  beliebteften  SluSflugSorte  ber  s$forj= 
Reimer  SBeoölferung.  3)er  SJIarfgraf  faufte  1732  oon  ber  Stabt 
^forjrjeim  einen  ungefähr  7  borgen  großen  ^tatj  an  ber 
iiefenbronner  Strafte,  ber  „roüfte  See"  genannt,  für  200  ft., 
auf  roeldjem  ein  Seiner  ausgegraben  unb  mit  gifdjeu  befetjt 
rourbe.  $ugleid)  foüte  berfetbe  bem  3Bttb  als  Sräufe  bieneu. 
$w  5ifd)sud)t  rourbe  oon  einem  3"ifd)metfter  regelmäßig  betrieben 
unb  hierüber  befonbere  3al)reSreri)nung  erftattet.  kleben  bem 
See  rourbe  eine  SBofjnung  für  ben  Jifdjmeifter  erbaut,  roäf)rcnb 
baS  SeefjauS  in  fetner  jetzigen  ©eftalt  als  ^agbpaoillon  erft  in 
ben  1770er  3at)ren  erftanben  ift.  (£3  fjatte  ben  -S^ecf,  oen 
marfgräflidjen  §errfd)aften  jur  ^agb^eit  Unterfunft  ju  geronbren. 


Digitized  by  Google 


152 


au  ßarl  ftriebrid)§  tfUflteruttQ. 


daneben  rourbe  eine  Steuer  jur  2lufberoal)rung  beS  3aöb$euge§ 
errietet 

Stm  2.  9Jtai  1721  ftiftete  ba3  <Sl)eyaar  Oottfrieb  unb 
(Slifabetf)  von  ^enjingen  bas  s}$  f  orjf)  c  i  nie  r  abelige 
Sräuleinftift,  über  roeldjes  SRarfgraf  Rarl  UIMltjclm  für 
ftd)  unb  feine  Öfadjfommcn  bie  8d)ul$errfd)aft  übernahm  unb 
ifym  oerfdjiebene  s]kimlegieu  erteilte.  4er  genannte  Sürft  erroarb 
u.  a.  aud)  1720  ba3  Sd)loj3  }tt  SJaufdjlott.  2>a§felbe  roar 
jroar  fdron  uon  bem  üftarfgrafen  (9eorg  Jriebrid)  im  ^al)re  1004 
getauft,  aber  bereits  1009  roieber  an  (Srfyarb  uon  Wümmingen 
oeräupert  roorben.  Slufjerbem  brad)te  Äarl  SBityelm  1730  aud) 
ba3  (Schlag  Äarl  Siefen  famt  einem  Seil  be§  glecfen£ 
Dürrn  (beffen  anberer  Seil  fdjon  1087  burd)  Saufd)  uon 
Württemberg  an  33aben  gefommen  roar)  in  ben  $eft$  feines 
£aufe3. 

93on  sJlature  rei  gn i f f en  oerbienen  (£rroäf)nung:  ber 
furchtbar  ftrenge  SBinter  uon  1708—9,  in  roeldjem  bie  Mite  fo 
groß  roar,  baf*  bie  söäume  serfurangen,  bie  Sögel  tot  au§  ber 
fiuft  herabfielen  unb  be$  tiefgefrorenen  lobend  roegen  bie  fieidjen 
faum  beerbigt  roerben  tonnten.  3)er  Aalte  folgte  im  nädjften 
3af)rc  eine  grofje  Neuerung,  roäfjrenb  1724  unb  1728  ber  2Bein 
in  aufeerorbentlidjeu  Mengen  getjerbftet  rourbe.  1729  ri§  ba§ 
|)odjroaffer  bie  1(594  neu  erbaute  Ü)luer  93rücfe  roeg  unb  1740 
hatte  bie  Ettftäbter  $rücfe  baSfelbe  Sdjicffal. 


Singer  unb  SrijütKugefcUfrijaft. 

$3alb  nad)  bem  Kriege  erfolgte  bie  SBieberbelebung  ber 
S  i  n  g  e  r  g  e  f  e  1 1  f  d)  a  f  t ,  bereu  ißerfammlungen  roährenb  ber 
3>auer  beSfelben  unterblieben  roaren.  ^ic  erfte  ©eneraluerfammlung 
rourbe  roieber  im  3af)*e  1701,  alfo  jroei  3<*hrl)unberte  nadj 
©rünbung  ber  (Sefellfdjaft,  abgebalten.  Seil  burd)  ben  ©raub 
uon  1092  alle  6d)riftftürfe  uerloren  gegangen,  fo  rourbe  ein 
neue*  Stammbud)  mit  neuen  Statuten  angelegt,  roeld)e£  jetjt  nod) 
uorl)anben  ift  unb  ju  ben  üblidjen  Einträgen  benütjt  wirb.  $a§ 
93ud)  enthält  u.  a.  aud)  bie  Staaten  berjenigen  ^erfonen,  roeld)e 
bei  einer  ^ufaminenftmft  im  ^a\jxc  1094  9Jiitglieber  ber  ©efcll- 
fd)aft  roaren  unb  berfelbcn  nun  roieberum  beitraten.  ift  uid)t 
o^ne  Sntereffe,  fie  feunen  31t  lernen.  3*o^9cnbe  49  ^erfonen  ftnb 
uer^eidjnet :  Rammerrat  3b.  (£l)rift.  ^]anbt,  Rirdjenrat  unb  Special 
Rummer,  Rammerrat  drljarbt  Rieffer,  2)r,  3^1).  ©urtyart  9ftög= 
ling,  &anbfd)reiber  '^oh.  (Stuft  Rauffmann,  5lmtsuerroefer  3k 
$>et)lanb,  »mtSteOet  QPbriftof  3fleerroein,  9lrd)ibiafonu§  Ronrab 
8tattmann,  Diatomit  Ronrab  Sutor,  2lltftabtyfarrer  $3erd)tf)olb 


Digitized  by  Google 


93i§  au  Barl  ftriebrirbS  föeaieruua.  153 

Deimling,  Äauunerrat  ?\oh.  vPopj>,  ^ot).  Slonrab  Sd)äffer,  3of). 
Slafpar  «äadjer,  Stabtfdjreiber  ®ötj,  .jpeinrid)  Sacl)maun,  3of). 
3b.  Südjfenftein,  Pfarrer  ju  (Sllmenbingen,  3of).  Surft).  (Sljrat, 
Sfavm  ju  (Eutingen,  3&-  SHitftörffer,  Pfarrer  gtt  Dietlingen, 
£>ammerfd)miebbeftänber  3of).  Sbeobalb  Saxler,  Sürgermeifter 
tfeonljarb  «jpevbfter,  Roller  Jot).  Slafp.  $ürr,  ^lpott>efer  .ttourab 
SBtfljelmi,  ©olbfdjmieb  Mtl.  öurf&atbt,  $olbfd)inieb  Gfjriftof 
5Bol)nltcf),  Sdjroertfeger  Sftubolf  ftornmann,  .§anbel3matin  8ern« 
Ijarb  SRinberer,  .tfeugmadjcv  .ftanS  ©eorg  'Hau,  Schönfärber 
iHubolf  3!$ffcin,  Sarbier  3üb-  Ulvid)  Sd)äffcr,  Saber  &ubmig 
Wuff,  £>anbel$mann  Surffjarb  £Beebev,  .£>ofenftricfcr  $o\).  .ßevbfter, 
(Setler  9lnbrea§  .^ertenftein,  Jriebrid)  Saumann,  $ärber  $lnbrea§ 
Rienlen,  ©lafer  (Hjriftof  3öilbcrfmn,  Sdjneiber  3ob.  &VL$mtyet, 
Server  Senebitt  ftöfjle,  §anS  Qkot$  Änaufj,  Sattler  $an8 
©eorg  Simmerer,  $aitS  3b.  $rau|,  Sattler  .frans  ©eorg  Siegele, 
$ret>er  Gtjriftof  ftieffer,  3ot).  3b.  iKübing,  Sdjloffer  Surffjarbt 
$nayp,  Sortenmadjer  3ol).  Ulricfj  £>erbfter,  Wagelfdjmieb  %ol). 
Segerle,  gafnet  #an3  ©eorg  3ai3  unb  tfeugnwdjer  3of)-  3&- 
Lotterie.  311$  neue  9)iitglieber  traten  im  3at)re  1701  bei: 
Stabtfdjreiber  Äarl  ^riebrid)  Sod),  geiftlidjer  Serroalter  3  b- 
Jyriebr.  Sftaljler,  Sd)at}ungseinftief)er  3b-  ®ürr,  ftorftoermalter 
ITarl  9)Jeerroeiu,  3lpotf)efer  2)lid).  Sal$er,  Kpotfeftr  ^peinrict) 
Saurittel,  Saber  Daniel  Sfjeobor,  Sortenmad)er  §an§  s3Rid). 
(#üntf)er,  Seiler  (El)rift.  Schnell,  Jtfirfdjner  $ietrid)  Penning  uub 
Sergler  3of>-  £öl)l.  $ie  ©efeflf^aft  jätjlte  fomit  bei  itjrer 
Söieberbelebung  00  sJJlitglieber,  roeldje  tfal)l  fid)  in  ben  folgenben 
3al)ren  jebod)  erljeblid)  uermel)rte.  Qum  Obermeiser  mürbe 
fmn§  Ulrid)  £crbfter  gemäf)lt. 

5lud)  bie  S  d)  ü  e  n  g  e  f  e  1 1  f  d)  a  f  t  begann  im  %ai)xt 1700 
il)re  regelmäßigen  Uebungen  mieber.  3^  Elften  mürben  im 
orlean^fdjen  Kriege  uernidjtct  unb  nur  erhaltene  9lmt§feücrei= 
Wedjnungen  non  1G83  unb  1690  geben  ft'unbe,  baß  aud)  in  biefen 
3al)ren  bie  „auf  Strmbruft*  unb  Süd)fen*Sd)üt}en  georbnete 
Senfteuer"  mit  5  fl.  lO'/a  fr.  vergütet  mürbe.*)  %id)bem  im 
3afjr  1700  ba§  Sd)iejjen  nad)  bem  Staub  mieber  feinen  Einfang 
genommen  fjatte,  erhielt  Die  ©efcllfdjaft  tote  früher  nad)  altem 
Sraud)  au§  ber  3lmtöf ellerei  einen  jäl)rlid)en  Seitrag  oon  15  fl. 
unb  aufjerbem  au§  ber  Stabtfaffe  eine  Seifteuer  uon  5  fl. 

$5ie  ©efellfd)aft  bilbete  bamalö  aud)  eine  „Sdjütjem 
Kompagnie",  bie  bei  unruhigen  Reiten  (^u  militärifdjen  2)ienft= 
leiftungen,  namentlich  ju  2öad)bieufteu  uerpflidjtet  mar,  aud)  raenn 
eine  ©amifon  in  ber  Stabt  lag.    Weben  bem  SJtilitär*,  ba^  in 


•)  Üiad)  atufjci^nungcn  oon  Äarl  3)taurer,  uir  ^ett  ber  Sorftnnb  ber 
S^ülengcfeUf^aft. 


Digitized  by  Google 


ir,4 


au  Karl  ftriebrißS  iHeniernna. 


^forj^eim  fein  Stanbquartier  fjatte  unb  neben  bev  3cf)ü^en= 
gefcllfdjajt  befafi  bie  Stabt  and)  fog.  s33ürgermilitä  r  (bie 
8tabtfompagnie),  weldjeö  gleid)  jener  uniformiert  unb  auSgerfiftet 
mar.  ÜDMnere  3af)re  lang  mußte  bie  Sdjütjengefetlfdjaft  bie  if)r 
jufommenbc  SBeifteuer  oon  20  fl.  mit  biefer  Stabtfompagnie, 
aud)  „3(udfd)iif3fompagme"  gereiften,  teilen,  weil  man  fid)  Neroon 
für  bie  jungen  unb  ungeübten  33ürgermannfd)aften  einen  „guten 
(Sffeft"  oerfprad).  » 

9Iuf  eine  oon  ber  Sdn'ityengefetlfdjaft  an  ben  fianbesfürften 
gerid)tete  (Eingabe  würbe  burd)  $efret,  batiert  „(Earlsburg, 
18.  Qmm  1712"  beftimmt,  baß  ber  (#efellfd)aft  „nunmehr 
wieberumb  bie  bei)  ber  Kelterei)  s^for^t)eimb  unb  uon  ber  Stabt 
empfangen  gehabte  smanfcig  gulben  allein  unb  ofjne  foldje  ^artici= 
pirung  überlaffen  werben  möchten."  ©leidjseitig  würbe  ber  Stabt  bie 
Auflage  gemacht,  „ba  ber  3tugenfd)ein  ergibt,  weldjer  geftalten 
ba3  s$for^I)eimber  3d)üt}en  £>auf3  übel  jugeridjtet  unb  gantj 
einfällig  feue,  fo  foll  uon  itjrem  Beamten  beffen  Reparation 
erftmöglid)  inS  Söerf  p  fc*3en  bebörige  (Erinnerung  gefdjeljen." 

1721  erlnclt  bie  8d)ü^en=©efeÜfd)aft  eine  (Sinlabung  ju 
einem  JJveifc^ie^en,  meld)e§  3flarfgraf  Karl  $Bill)elm  in  feiner 
neuen  di  e f  i b  e n  j  RarlSru^c*)  oeranftaltet  fjatte ,  unb 
beteiligte  fiefj  an  bemfelben  eine  grofje  Slnjatyl  s}4forjf)eimer 
Sajütjen. 

Elften  vom  Saint  1736  ergeben,  baß  in  biefem  3af)re  ber 
Sd)üt3engefellfd)aft  bie  nmrfgraflidje  s23eifteuer  oon  15  fl.  oon 
ber  fog.  „Stabtfompagnie"  ftreitig  gemalt  würbe.  Stuf 
3lnfud)en  ber  ©efellfdjaft  erfolgte  hierauf  eine  marfgräflidje  (Snt* 
fdjiieftung,  „ßarolSrufje,  ben  20.  September  1736",  in  weldjer 


•)  "Dlarlgraf  ftarl  2BiU)eIm  mar  ein  leibenfdmftlid)er  o^er  unb  um  fid) 
bem  SUaibmerf  in  ben  ausgebebnten  Salbungen  ber  \>arbt  um  fo  beffer 
Eingeben  *u  tonnen,  fam  er  auf  ben  ©ebanfen,  fid)  mitten  im  tiefften  Si>albe 
ein  Jnflbfdjlofe  ju  erbauen.  Km  17.  3uni  1715  legte  er  ben  Wrunbftcin  511 
bem  „.Harläruf)c"  genannten  3d)loffe,  wobei  fein  ganzer  >>offtaat  anmefeub 
mar.  Walb  famen  Okfucöc  oon  folgen  ^erforen,  bie  begehrten,  fid)  in  ber 
Umgebung  bes  neuen  3d)loffe«  aniuftebeln,  unb  toeil  ber  3)iarfgraf  bamalö  auf  bie 
£nrladjer  nidtf  gut  ju  fprcdjen  mar,  fo  mürbe  biefen  (Mefudjcn  ftattgegeben. 
(ir  felbft  jeiebnete  ben  Wrunbrifc,  auf  bem  er  ber  3tabt  eine  *irf eiförmige 
OJeftalt  oorfdirieb,  beren  sJJJittelmmft  ba*  edjloft  bilbete.  Km  98.  September 
1715  erlief?  Marl  sIiUll)clm  eine  Verfügung,  burd)  meld)c  er  Hillen,  bie  fid)  l)icr 
anfiebelten,  Religionsfreiheit,  .Steuerfreiheit  unb  Befreiung  oon  allen  Rollen 
unb  Abgaben  für  Wcratfdmften  unb  Sparen,  oon  ber  fceibeigcnfdjaft  unb  ben 
Jyrobnben  bewilligte  unb  ben  imuluftigen  ^aupla^c  unb  Baumaterial  anwies. 
3lm  Iii.  Cftober  1717  mürbe  bereits  bie  cd)lofifird)c  eingeweiht  unb  1722  bie 
ctabtfirdje.  £ic  Reformierten  erbauten  fid)  1719  eine  ttirebe,  bie  Matbolitcn 
ein  8«tt)au$  unb  bie  Rubelt  eine  ctjnagoge.  1724  mürbe  baö  6umnafium 
oon  Jmrlad)  nad)  ber  neuen  Refibemftabt  Karlsruhe  ocrlegt,  nadjbem  bortbin 
fdmn  1718  bie  fürftlicbe  HanUei  mit  ben  in  ihr  oereinigteu  Hcbörben  übers 
gefiebelt  mar. 


Digitized  by  Google 


5M§  au  Karl  ftriebrid)*  Okaicrmtfl. 


155 


perfügt  würbe,  bafj  ber  ©efellfdjaft  „biefe§  173i>.  %atyx  uub 
fürterhin"  bev  genannte  betrag  51t  überreidjen  fei. 

$afj  e$  mit  bev  öffentlichen  Sidjerheit  in  ber 
evften  $>älfte  bes  porigen  3ahrf)unbert§  nidjt  jum  heften  beftellt 
war,  beweifen  bie  „Streifen",  welche  oon  Qini  ju  3eit  namentlich 
in  ben  ©renjwalbungen  abgehalten  würben.  Slm  8.  Ottober  1726 
erging  ein  marfgräflidjer  s-8efef)l,  SBeifangen  bejüglid)  einer  auf 
14.  Oftober  angeordneten  Streife  betreffend*)  (SS  fyeiflt  in  bem* 
felben:  „9lbfonberlid)  wirb  nötig  fein,  bafj  im  £>agenfd)iefj  unb 
anberen  angrenjenben  Salbungen  ben  bortigen  Jägern  unb  Äiib« 
gefeiten  eine  3lnjahl  bewährter  sJ)cannfd)aJt  jugegeben  werbe, 
bamit  bie  Salbungen  ju  bnrchfudjeu.  2>te  Reiterei  aber  foll 
jwifdjen  ben  SBalbungen  gebrannt  werben.  2lud)  au§  sßfor3heim 
wirb  hierzu  eine  s#n3abl  junger  bewährter  Bürger  jugejogen  unb 
alle  au§  bem  Sürttembergifcheu  unb  $emnüngerifd)cn  führenben 
Sege  wohl  obferoiert  werben. 


Äriegerifrtjc  Seiten. 

£)er  langjährige  orleans'fdje  Hrieg  war  erft  wenige  ^atjre 
beenbet,  als  auf's  neue  bie  ftanonen  bonnerten  unb  wieberum 
ein  5lrieg  ausbrach,  ber  oode  breiaelm  Qahre  anhielt  unb  in 
welchem  in  ben  Weberlanben,  in  $eutfd)lanb,  Italien  uub 
Spanien  Ströme  oon  93lnt  oergoffen  würben:  wir  meinen  ben 
fpanifdjen  ©rbfolgefrieg  oon  1701  —  1714.**)  $on  33ranb 
unb  s$lünberung  blieb  ^forjheim  wohl  wä'hreub  ber  3)auer  be§= 
felben  oerfd)ont;  nichtSbeftoweniger  aber  tuM*  Stabt  unter 
$ruppenburchmär)chen,  ©inquartiernngen,  Lieferungen  u.  f.  w. 
empfmblich  ju  leiben. 


*)  3flone,  Wcfdntfjte  be*  Cberrficin*. 

**)  2er  Äricg  brad)  au*  nad)  bem  (*rlbfd)en  ber  fpanifdjen  £'inie  ber 
fcaböburger  mit  bem  1.  Wouember  1700  erfolgten  lobe  tfarl*  [1.,  auf  beffen 
JHctd)  Vubioig  XIV.  oon  ^ranfreirf)  im  tarnen  feine*  träfet*  ^t>i(ipp  oon 
Hnjou  Slnfprud)  macfite,  mäfirenb  ber  beutfdie  ßaifer  l'copolb  I.  ba*  (itbe  für 
feinen  Solm  Äarl  forberte.  3luf  be*  .ttaifer*  Seite  ftanben  bie  meiften  dürften 
£eutfcbjanb*,  ebenfo  (rnglanb  nnb  >>ouanb,  fpater  aud)  Sauonen  unb^iemont, 
rodtjrenb  ber  tfurfürft  oon  dauern,  3)iar  Immanuel  unb  fein  trüber,  ber  .Kur; 
fürft  oon  iVöln,  offen  bie  ^aüci  ^ranfreid)*  ergriffen.  3>ie  Jyelbljerren  ber 
Sterbünbetcn,  ber  'jtrinj  (Sugen  unb  ber  englifdje  .\>eru>g  o.  liiarlborougb,  cr= 
fodjten  feit  1704  fo  glanjcnbe  Siege,  bafo  i'ubioig  XIV.  jum  *er^id)t  auf  bie 
(rrbfdjaft  bereit  toar,  als  1711  ber  fpanifdn*  Itjronanioarter  Harl  auf  ben 
.-öabsburgifdjen  2b,ron  fam,  roa*  einen  Umfdjroung  ber  englifdjen  ^olitif  oer; 
aulaßte.  (rnglanb  unb  bie  9iicberlanbe  fdjloffen  1713  mit  ^ranfreid)  ben 
^rieben  pt  Utredjt,  bem  ber  beutfd)c  Haifcr  in  Maftatt  unb  ba«  bcutfdjc  Meid) 
in  Stoben  (flargau)  beitreten  mußten,  s|>l)tltpp  V.  erhielt  Spanien  mit  ben 
Kolonien,  ber  ttaifer  bie  fpanifdjcn  sJüeberlanbe,  Neapel,  Sizilien  unb  HJailanb. 
Zxc  Äurfurftcn  oon  ©09cm  unb  Üöln  roueben  in  il;re  ^dnber  roieber  eiageic^jt. 


Digitized  by  Google 


156  3U  H(\xl  #ricbriO)3  föeaicrnng. 

s}[[$  1702  bie  (Gefahr  be§  Krieges*  ber  W a x*f ^ \*a f f a f t  nahe- 
rürfte,  erging  unten»  10.  9Wärft  ein  f ürftlidjev  Befehl,  baß  fid) 
bie  Bürger  mit  gleichförmigen  falibermäßigen  ($emchren  uerfehen 
unb  bie  ^ermögiidjeren  unter  ilmen  bie  Soften  baar  erlegen,  bie 
übrigen  in  Terminen  befahlen  follten.  $ie  Scinbc  tarnen 
inbeffen  nicht  nad)  ^forjbeim,  aber  im  Wooember  1702  rütften 
beut'dje  Xruppen  liier  ein,  um  ihre  Winterquartiere  ju  beziehen. 
;^m  folgenben  Svü^jarjv,  als  ber  fraujöfifdje  3)carfd)aU  iNillarS 
bie  berühmten  Linien  bei  v#ül)l  unb  Stollhofen  angriff,  mürben 
bie  Sitten  beS  s£foqr)eimer  MathaufeS  unb  ber  Stabtjdjrciberei 
nebft  ben  herrfdjaftlichen  papieren  in  Sicherheit  gebradjt.  (5s 
blieb  jebod)  bei  bem  bloßen  Schreefen,  inbem  ber  ÜDiarfgraf 
Submig  Wilhelm  oon  SJaben-'öaben,  ber  befannte  £ürten= 
be^minger,  bie  Sranjofen  gläu$enb  surücffdjlug.  $afür  aber 
mußten  Stabt  unb  2lmt  i*for$heim  baS  3aJ&t  1703  hinburd) 
bebeutenbe  Lieferungen  leiften.  3ür  bie  ^rouiantfuljren  ber  bei 
sMty  ftefjenben  faiferlidjen  Strmcc  hatte  bie  Stabt  allein  jjuölf 
oierfpännige  Sagen  51t  ftellen;  and)  mußte  fte  fortmährenb 
Sdjau^arbeiter  nach  bort  abgeben  laffen.  31m  22.  ^ejember  1703 
erfd)ien  ein  fürftlid)er  "öefehl,  baß  bie  Stabt  s]$forjljetm  ben 
britten  £eil  ber  auf  baS  gefamte  3lmt  fallenben  sJtaturallieferungen 
an  bie  Gruppen  ju  übernehmen  habe,  nämlid)  wöchentlich 
273573  s#fb.  $rot,  56  fl.  467a  fr.  für  £auSmannSfoft, 
686  Simri  |>aber,  13626*/«  s£fb.  £>eu  unb  8176  <ßfb.  Stroh, 
ebenfo  8  Klafter  £ols  unb  122/3  tyfb.  Lichter.  £)er  Stabtrat 
mürbe  jmar  hiergegen  oorftcllig,  roaS  aber  erfolglos  mar.  (SS 
tarnen  uielmehr  im  Januar  170-4  neue  Jorberungen.  So  mußte 
^forjheim  u.  a.  mit  ben  Remtern  Stein  unb  Sangenfteinbad) 
eine  Sdjanje  am  sJfhein  auf  eigene  Soften  herfteüen.  @benfo 
mußte  bie  Stabt  bei  ber  glurfjt  beS  £ofeS  nach  ^afet  75  fr 
511m  guhrlohn  beifteuern. 

2Begen  beS  £ruppenfontingenteS,  baS  bie  SWarfgraffchaft 
^aben-2)urlad)  31t  ftellen  hatte,  mürben  ber  Stabt  ^for.sheim 
außer  ben  gemöhulichen  unb  regelmäßigen  Beiträgen  für  baSfelbe 
in  £öhe  uon  jährlich  1934  fl.  im  Oahre  1705  uerfdjiebene  2(uf* 
lagen  gemadjt:  Sie  hfltte  täglich  66  9Hunb=  unb  11  ^ferbe* 
rationell  511  befahlen,  jur  IVruollftäubigung  beS  s}3ferbebeftanbeS 
495  fl.  beizutragen  unb  mußte  außerbem  2 1  SDlann  ju  Juß  unb 
ju  ^ferb  fogleid)  anmerbeu  unb  [teilen.  Qux  ^eftreitung  aller 
biefer  Ausgaben  mußten  außerorbenüiche  SdjaljungSgelber 
eingesogen  merben,  bie  aber  bei  oielcn  bürgern  ohne  ©refution 
nicht  einzutreiben  maren. 

3m  SDtai  1707  fahen  bie  ^forjheimer  bie  Jyrangofen 
unfeligen  3IngebenfenS  mieber  in  ihren  Sftauern.  $ic  hinter  ben 
Stollhofener  Sinien  oerfd)an$ten  beutfehen  Gruppen  Ratten  ber 


Digitized  by  Google 


au  #arl  ftriebrid>§  föeaierung. 


157 


feinblidjen  Uebermadjt  «»eicfjcn  muffen  unb  zogen  fid)  bis  au  ben 
Slccfar  uad)  Ganuftatt  jurütf,  $ki  ber  2lnnäf)erung  bev  Sranjofen 
fjerrfd)te  tu  ^for^cim  allgemeine  "öeftüvjuug,  ba  bie  Sdjrcctene* 
(jenen  bc£  orleanS'fdjen  5lrtege#  nod)  fxnfcf)  in  (Erinnerung  maren. 
Sie  meiften  ^Bürger  fud)ten  ben  mertuollen  Seil  ifyrer  $)abe  su 
flüdjten  ober  ju  uerfteefeu ;  aud)  mürben  bie  öffentlidjen  93üd)cr 
in  Sidjerljeit  gebracht.  3"  manchen  Orten  beS  ^öejirf^  fo  in 
(Eutingen  unb  53rö^ingcn#  gingen  bamalS  alle  älteren  ftirdjeib 
büd)er  oerlorcn.  Sogar  bie  ©locfeu  na^m  man  herunter,  meil 
man  oon  früher  l)er  bie  Vorliebe  unferer  rocftlidjen  9Jad)barn 
für  biefc  moljl  fannte. 

JJn  ben  let3tcn  Sagen  be§  3Jla\  marfdjteuten  bie  Jranjofen 
burd)  ^foräheim.  %m  30.  Wlai  mar  9ttarfd)all  SMarS  fclbft 
f)ier.  (Sr  lieg  ben  bürgern  oiet  5rud)t  gcmaltfamer  Söeife 
roegnefnnen,  fdjeint  aber  fonft  ziemlidje  9Jlann^ud)t  bemafjrt  ju 
haben.  $ll§  bie  Sranjofen  ihren  9Jkrfd)  uad)  Sd)roaben  fortfefcten, 
ließen  fte  in  ^forjheim  eine  600  SJcann  ftarfe  ©arnifon  unter 
Oberftlieutenant  be  Barbaren,  ber  fogleid)  bie  Stabt  in  befferen 
SSerteibigungSjuftanb  ju  fetjen  furzte.  Um  il)n  bei  guter  Öaune 
iu  erhalten,  „uerehrte"  ihm  bie  Stabt  100  fl.  unb  jmei  anberen 
höheren  Offizieren  je  32  f(.  Jür  jmei  Sauoegarben  (Sd)u^ 
truppen),  meld)e  bie  Stabt  oon  s$illar§  erhalten  hatte,  mußte 
fte  in  19  Sagen  nid)t  weniger  als  717  fl.  48  fr.  zahlen.  3t)re§ 
bebeutenben  üJöeinfonfumS  wegen  nannte  ber  ^olfSroi^  biefe 
Sid)erheit3roäd)ter  „Saufgarben". 

5lm  23.  3uni  erfolgte  ein  2Bed)fel  ber  ®arnifon.  Ser 
ßommanbant  erhielt  mieber  ein  (^cfdjenf  oon  75  fl.  unb  aud) 
anbere  Offiziere  mürben  entfpred)enb  bebaut.  Sie  neu  einrüefenben 
Sruppen  fudjte  man  burd)  reidje  SBemirtung  unter  ben  Sporen 
in  gute  Stimmung  ju  uerfetjeu.  Sie  hierüber  uon  Sfautenmirt 
SBecf,  Sftohrenroirt  ©eiger,  ^ronenmirt  3Baguer,  ^oftfjalter 
Keffer  unb  Sternenmirt  Stieß  eingereichten  iHed)itungen  bemiefen, 
baß  eS  Offizieren  unb  ©emeinen  an  junger       Surft  nid)t  fehlte. 

dnbe  3uli  fant  bie  franjöftfc^c  5lrmcc  bei  il)rem  iHücfjuge 
aus  Sdjmabcn  neuerbingS  t>ter  burd),  eine  flehte  (9arnifon  zuritt 
laffenb,  bie  inbeffen  balb  mieber  abzog.  Sic  ungebetenen  (SJäfte 
blieben  in  biefem  Kriege  audj  fünftighin  ber  Stabt  ferne.  Siefe 
mürbe  oon  ben  beutfdjen  Sruppen  unter  bem  (9eueralmadjtmeifter 
o.  (Enzberg  befetjt. 

SaS  Jh'iegSmctter  oerjog  fid)  uad)  einer  anberen  Wegenb 
unb  fo  füljlte  man  fid)  in  Pforzheim  im  September  1707 
bereits  fid)er  genug,  um  menigftenS  bie  $locfen  mieber  aufzuhängen. 
s2lud)  bie  feit'  beut  (Einfalle  ber  Jranjofen  im  SRat  unterbrodjenen 
9tat3|%tngen  mürben  tum  (Enbe  ^ttlt  an  mieber  regelmäßig 
abgehalten.   3lm  4.  Oftober  befud)tc  ber  SRartgraf  ö^kbrid) 


Digitized  by  Google 


158 


m  au  Barl  ftriebridjg  ftecüeruna. 


SJfagnuS  unfcre  Stabt  unb  nahm  in  ber  „Slronc",  bamal§  ba§ 
oornehmfte  ®aftf)au3,  Abfteigequartier.  Das  3abr  1707  ^atte 
bcv  Stabt  bebeutenbe  ©elbopfcr  auferlegt.  3$on  ben  58  OOü  fl., 
roelche  bic  Regierung  |Ut  iöeftreitung  ber  Kontributionen  bei 
Kaufmann  Leiter  in  93afel  anlehensnmfe  erhoben  ^atte,  famen 
auf  ^fo^eim  0444  fl.  26  fr.,  bie  aud)  erft  aufgenommen 
roerben  mußten.  9ln  Sdjutjgarbe*,  Verpflegung^*,  (Einquartierung^* 
unb  anberen  Öelbern  hatte  bie  Stabt  4751  fl.  unb  an  6d)an&* 
gelbern  1G90  fl.  ju  entrichten. 

Die  noc^  folgenben  ßrieg3jahre  uerliefen  erträglich  unb 
nur  ba§  3af)r  1713  erforberte  iuieber  größere  Opfer.  AHe  Seit 
atmete  erleid)ter  auf,  al$  enblid)  1714  ber  griebe  ju  $aben 
gefd)loffen  rourbe. 

3roei  3af)r$ehnte  fpäter  braute  ber  p  o  l  n  i  f  d)  e  @  r  b  f  o  l  g  e* 
frieg*)  ber  Stabt  roieberum  eine  anbere  SJknge  Unzuträglich3 
feiten.  3n  bemfelben  mürbe  bie  Sftarfgraffdjaft  oon  öfterreidjifdjen, 
franjöfifchen  unb  rufftfdjen  beeren  überfchroemmt,  beren  Unterhalt 
oiele  Opfer  erforberte.  Die  $eerfüt)rer  übten  inbeffen  jiemliche 
Schonung,  immerhin  mar  ^forjlieim  oom  sJcouember  1733  an 
burd)  Lieferungen,  fuhren  unb  Schanjarbeiten  ftarf  in  Anfprud) 
genommen  unb  mußte  bcöt)alb  im  folgenben  flabre  jur  33eftreitung 
ber  KriegSfoften  ein  Anlebett  tum  2000  fl.  machen.  53ei 
Annäherung  ber  granjofen  Ratten  manche  33eroohner  ber  Stabt 
unb  be$  53esirf$  bie  glud)t  ergriffen  unb  ihre  £>abe  in  Sicherheit 
gebracht.  märe  bieS  aber  nicht  nötig  gemefen,  benn  bie 
geinbe  führten  ftd)  biennal  manierlicher  auf,  als  man  ermartet 
hatte.**) 

s2lud)  Muffen  unter  beut  öeueral  Lact)  lagen  in  ^ßfor$heim 
im  Quartier.  Aber  ihre  3lnmcfenl)eit  erzeugte  eine  an ftecfenbe 
9t  r  a  tt  f  h  e  i  t ,  ber  oiele  ^emohner  erlagen.  So  überftieg  beifpielS* 
meife  1735  bie  ^at)l  ber  Sobesfälle  bie  ber  (Geburten  um  170. 

1740  begann  ber  ö  fter r ei  d) i f  d)  e  Grbfolgefrieg. 
Derfelbe  mürbe  oeranlaßt  baburd),  baß  nad)  bem  @rlöfd)en  ber 


*>  Ter  oon  17HH— 38  bauernbc  .Urieg  mürbe  l)croora.erufen  burd)  bic 
nad)  bem  lobe  Äuauft  II.  erfolgte  ^oppelmabl  oon  3tani«laud  Vefwunöfi  unb 
SUigttfl  HI.  DOn  Saufen  IVtm  König  von  ^olen.  i.'cfctercn  unterftüfctcn 
Cefterreicl)  unb  9hl|Iaiti>,  erfterer  fanb  bie  .Vülfc  ^vantreid)*,  baö  im  Üunbc 
mit  (Spanien  unb  oarbinien  Dcftcrreid)  am  Mtjein  unb  in  Italien  betriebe 
unb  1735  pnn  protufotiff&ttl,  17MK  aber  ymi  beftnitioen  ^rieben  oon  il>ien 
jtuang.  jluguft  III.  tourbc  war  als  König  oon  ^>olen  anerfannt,  otaniälauä 
aber  erhielt  vottyringen  uub  bic  jpamf&cn  ttottlboneit  befamen  Neapel  unb 
3ijilien. 

**)  ^eni^cr  rnrfftd)t4ooU  oerfubren  bic  ftranjofen  in  ben  benadjbartcn 
lourttcmb.  ©ebieten.  co  ptünberten  >  im  iKai  1731  uicr  Regimenter  bie 
Crte  Änittlingcn,  Wrof?  uub  Klcine$illare,  fotoic  Celbronn.  l'Jaulbronn  blieb 
oon  bic)'ciu  cdjidjal  nur  burd)  bic  entfdjloffenc  vuiltung  feiner  tnirger  bcioa^rt. 


Digitized  by 


5M§  au  £atl  frriebrid)3  SRcnicruna. 


159 


öfterreidjifdjen  Habsburger  burd)  bcn  $ob  Slaifer  JlarlS  VI. 
(20.  Cftobcr  1740)  ber  Jturfürft  ftarl  Ulbert  oon  Sknern  bic 
(Erbfolge  ber  £od)ter  $arl3,  SWarta  £t)erefia,  nidjt  anerfannte 
unb  felbft  (Srbanfprücfye  erfmb.  Qfjm  flur  Seite  ftanben  Spanten, 
granfreid),  Saufen  unb  preuften,  bie  mit  roedjfelnbem  ©lücf  Oefter^ 
reid)  bekriegten.  $m  grieben  oon  Hachen  (18.  Oftober  1 748)  mürbe 
2ftaria  Xfyerefia  at§  (Srbiu  anerkannt,  oerlor  aber  Sdjlefien  an 
Preußen  unb  Parma  an  bie  fpanifcfyen  SBourbonen.  iZSäbrenb 
biefeS  ^riege§  sogen  mieberljott  größere  Jruppenabtetlungen  burd) 
Pforjfyeim.  gebruar  1743  maren  f)ier  granjofen  einquartiert, 
mobei  ber  ftüfer  $3ertf)olb  ®ermig  in  ber  Xu  oon  einer 
fvanjöfifdjcn  Srfjilbmadje  erfdjoffen  mürbe. 


$cr  Priuilcgicnftrcit. 

(£§  ift  früher  fdjon  barauf  binflcmiefcn  morben,  baft  bie 
SBürgerfdjaft  pforfjeimS  gar  eifrig  auf  bie  (Spaltung  ifjrer 
Privilegien  bebadjt  mar  unb  letztere  geroiff ermaßen  ben 
9ftittelpunft  il)re§  öffentlidjen  Sebent  bilbeten.  2Bol)l  l>attc  fid) 
bie  Stabt  in  3^iten,  mo  bie  sJtot  fein  ©ebot  fannte,  mandje 
3)urd)löd)erung  unb  Umgebung  it)rer  9ied)te  gefallen  laffen  müffen; 
aber  nie  ift  bie§  gefdjeljen,  of)ne  bafc  hiergegen  93ermabrung 
eingelegt  mürben  märe  unb  immer  nur  finb  berartige  93eein-- 
trädjtigungen  als  93egleiterfd)einungcn  abnormer  23erf)ältniffe 
angefetjen  morben. 

2Bie  befannt,  r)at  bie  oon  SJiarfgraf  ßfjriftof  ben  pfor^ 
Reimern  gegebene  Stäbteorbnung  biefe  oon  allen  bireften  Abgaben, 
fomie  oon  §errfd)aft3frof)nben  auf  „emige  Reiten"  befreit,  roa3 
aber  nidjt  f)inberte,  bafj  bic  Stabt  „jur  (Srjeugung  h)re§ 
öef)orfam§,  aud)  gut  3>erminberung  ber  fdjmeren  fürftlidjen 
Sdjulben,  fomie  enbltd)  jur  93eftreitung  ber  Soften  ber  fürftlidjen 
£>off)altung"  mefjrfad)  ju  ftänbigen  Abgaben  Ijerangejogcn  mürbe, 
moju  nidjt  feiten,  roie  mir  oernommett  fjaben,  nod)  aufterorbent* 
lidje  Gablungen  tarnen,  3)ie  (Srfjebung  oon  Abgaben  bilbetc 
fdjlie&lid)  nidjt  mefjr  eine  9lu§uafjme,  fonbern  mürbe  jur  Sieget, 
als  nad)  bem  orleanS'fdjen  Slriege  bas  StaatSmefen  auf  einer 
ganj  anberen  ©runblage  organifiert  mürbe  unb  bie  pftidjten  beS 
Staates  unb  mit  biefen  aud)  feine  ^ebürfniffe  eine  mefentlidje 
Grmciterung  erfuhren,  bie  nid)t  mel)r  im  (Sinflang  flanb  mit 
ben  Sonberredjten,  meld)e  in  früheren  ^afjrfjunbertcn  einzelnen 
bürgertidjen  ©emeinwefen  jugeftanben  morben  maren. 

So  maren  aud)  bic  pf  ordinier  gcljalten,  eine  „Sdjatjumy 
}U  cntrid)ten,  bie  anftinglidj  40  fr.,  fpäter  2  fl.  oon  100  (L 
Steuerfapital  betrug,  in  managen  ^aljrcn  aber  auf  ba£  Stoppelte 


Digitized  by  Google 


100 


93i§  ju  Pari  ftriebrtdjS  fficaicruna 


flieg.  $)ie  ipförsbeimer  würben  roieberljolt  oorftellig  bei  bem 
5)krfgrafen  unb  beriefen  fid)  Sterbet  auf  ifjren  s}>riuilegienbrief 
oon  1491,  fomic  barauf,  baf?  ber  5)iarfgraf  benfelbcn  bei  feinem 
SKegierungSantritt  1709  ja  felbft  feiertidjft  beftätigt  tjabe.  1717 
erflärte  bie  iKegierung  auf  eine  erneute  8efd)n>etbe  ber  ©tabt, 
baß  fte  mit  biefer  \,mn  8d)aben  unb  sJlacf>teü  ber  übrigen 
getreuen  Untertanen"  feine  Auönabme  machen  fönne,  fonbern 
befehle,  bie  SBürgerfdjaft  fünftig  mit  allem  Gruft  jum  genauen 
Beitrag  an  Sdjatjung  unb  SanbeSunfoften  an$ul)alten. 

Säljrenb  ber  (Stab trat  fid)  geneigt  jeigte,  jäfjrlid) 
jroölf  SNonatSgetber,  b.  1).  2  fl.  oon  100  fl.  Steuerfapital  al§ 
freitoiüige  SBeifteuer  }tt  bem  ©taatSaufioanb  ju  bewilligen,  wollte 
bie  33ü  rg  erf  djaf  t  oon  einer  ^öejablung  ber  Sdjatmng  über= 
\)aui)t  nid)t§  miffen  unb  oerübeltc  bem  Stabtrate  fefyr  fein 
entgegenfommenbeS  5krf)alten.  ^Bereits  1720  fam  e§  §u  fjeftigen 
Auftritten  auf  bem  >Katl)aufc  unb  trug  bamal3  fdjon  bas 
Oberamt  bei  ber  Regierung  auf  militärifdje  Grefution  an,  oorerft 
aber  oljue  Erfolg. 

SOlit  bem  3abre  1723  naljm  bie  Stimmung  ber  33ürger= 
fdjaft  einen  bebrol)lid)cn  Gbaraftcr  an.  311$  am  12.  Januar 
bie  jungen  Bürger  auf  bas  9lattjau8  gelaben  mürben,  um  bem 
.jperfonvmen  gemäft  bem  £aube3berrn  ben  Gib  ber  -treue  ju 
leiften,  erflärten  fte,  bajs  fte  bas  uid)t  et) er  tljun  mürben, 
als  bi§  bie  s]kioilegien  ber  8tabt  oollftänbig  roieber 
fyerge  (teilt  feien,  SBoljl  bemühten  fid)  bie  in  ber  Stabt 
mol)nt)aften  furftlidjcn  Beamten,  bie  Giboerweigerer  anberen 
<Sinne§  ju  madjen,  unter  £muoci§  barauf,  bajj  manche 
Söeftimmungcn  ber  *i|>riüilegien  oeraltet  be^io.  burd)  Verträge 
abgeänbert  morbeu  feien;  mot)l  bat  ber  Stabtrat  flel)entlid)  bie 
33ürqer,  burd)  tfjren  SBiberftanb  fein  Unglücf  tjeraufjubefdjmören. 
—  &ie  £mlbigung$pflid)tigen,  mcldjc  fid)  einig  mußten  mit  ber 
Söürgerfdjaft,  betjarrten  auf  ifjrem  Stanbpunft  unb  leiftetcn  ben 
oerlangten  Gib  nid)t.  $ie  Regierung  zögerte,  au§  ber  eilt* 
fdjloffenen  Haltung  ber  Bürger  bie  üblidjcn  ftonfequetiften  &u 
ätefjen,  unb  l)ierburd)  ermutigt,  erflärte  bie  QJürgerfdjaft  im 
April  1723,  oom  nädjften  8t.  ©eorgstag  an  nid)t3  mciter,  al§ 
roa$  fie  oermöge  it)rer  greifjeiten  ber  .^errfdjaft  ju  geben  fdjulbig 
fei,  entridjten  511  mollen. 

3lud)  jet*t  nod)  fdjeute  bie  Regierung  jurürf  oor  eruften 
9)iafma^men.    Sie  erbot  fitf),  bejfiglidj  be§  SaljlmnbelS,  be3 

*)  Wad)  ber  2täbteorbnuna.  von  1  UM  folltcu  bic  ^fonl)cimcr  ben 
"ötarlarafen  nur  bann  ju  fnilbtaen  ücvpflid)tct  fein,  nadjbcm  ledere  juuor  in 
„siemlidjcr  ,>rm"  bic  Jrciljcitcn,  3alMma.cn  unb  Crbnunacn  ber  Würacrfdiaft 
beftätigt  tjatten. 

% 


Digitized  by 


«t*  au  Barl  frriebrid)3  föeaierunfl.  161 


3tte$elumgelbe§  unb  be§  ^JfunbjotteS  auf  bie  Seftimmungen  be$ 
vPriüilegienbrief3  von  1491  jurüctjufehren,  cbcnfo  bcr  Stobt  bcu 
inerten  -teil  be3  9Jiaf$freu$er$  $u  überlaffen.  Vergebens.  $ie 
Bürger  bcftauben  auf  bem,  was  fte  als  ihr  stecht  erachteten, 
unb  ©eridjt  unb  iHat  ber  3tabt  lehnten  in  feierlicher  3itjung 
jebe  SBerantwortlichteit  ab  für  bie  ju  fürdjtenben  Solgen. 
^paupträbelsführer  ber  Bürger jcfyaft  würben  be&eidjnet:  iöagner 
i^ciftof  3d)ueU,  sJUiid)el  trüber,  Krämer  3ob.  iKamfer,  3attler 
Wichet  ÜJtitfcbbörfer,  3of).  3b.  Ungerer,  Sreifönigmirt  v^r)ilipp 
Ungerer,  Bichel  Jaut,  £an$  3drg  Sauer,  Sarbiet  l'acofte  unb 
3Hathäu$  Seqbolbt.  —  TOtglieber  bes  Mat*  unb  be3  Bericht* 
waren  bamalö:  üBürgermeifter  3djober,  3Ütbürgermeiftcr  3ob. 
®hr.  Deimling,  (3.  2B.  3d)mib,  ©aumeifter  £>öning,  £>an$  (9eorg 
Siegle,  ,£>an$  ©eorg  9)ieerwein,  £orenj  ftafe,  3-  öiad),  3ol). 
©ünther,  s2lbr.  Irautwein,  3.  ©.  3tiejj,  3>.  SJS.  Oertie,  &  §ol$< 
hauer,  sJ5r).  (£rab,  3b.  SWeier,  3b.  Herwig,  Daniel  (Deibel, 
^Burfarb  Simmerer,  ftonrab  ftafc  unb  (£.  DJi.  Hummer.) 

$ie  Regierung  griff  nunmehr  ju  bem  SJlittel  ber 
militari f d) e n  ($  £  e  f  u  1 1  o  n.  Soll $nrlad)  rücf ten marfgräflidje 
©renabiere  unb  SHeiter  am  30.  3uui  1723,  früh  2  Ut)r,  unter 
bem  Oberften  33afolbt  in  s#forjheim  ein,  befctjten  ba*  Sdjlof? 
unb  sogen  fpäter  mit  flingenbem  3piel  ben  3d)loj?berg  binab 
nor  bas  Nathans,  roäljrenb  gleichzeitig  bie  Sbore  ber  3tabt 
befe^t  unb  bie  ^Bürgermadjeu  entfernt  mürben.  3Jlit  ben  Gruppen 
famen  al*  fürftlidje  ftommiffäre  (M)eimrat$präftbent  t>.  Uerfüll, 
©etjeimrat  3tabelmann  unb  $ofrat  Steffel,  wela>  ben  Auftrag 
Ratten,  mit  aller  Strenge,  wenn  nötig  mit  Waffengewalt,  oorjugehen. 

9lm  1.  3uli  mürben  bie  TOtglieber  bes  $erid)t*  unb  bes 
SHats,  fomie  bie  s$orftänbe  ber  2<>  fünfte  auf  bas  Mathaus 
befd)ieben,  mofelbft  aud)  bie  eibmeigerubeu  jungen  Bürger 
erfehienen.  Severe  rcaren  tajroifdjen  bod)  etwas  ängftiid) 
geworben,  benn  fic  erklärten  fid)  bereit,  ben  .£>ulbigungscibL ohne 
Vorbehalt  $u  fdjmören.  uDic  ^unftuorftänbe  aber  mollten  fid) 
auf  nichts  SBeiteres  einlaffen,  als  bie  .frerftelluug  ihrer  ^riuilegien 
oon  1491.  tagelang  mürbe  t)in  unb  her  oerhanbelt,  ohne  baß  eine 
SSerftänbigung  ju  erjielen  gemefen  märe.  4>er  9)iarfgraf  erließ 
hierauf  unterm  12.  3uü  einen  3 '  n  t  e  r  i  m  s  b  e  f  e  h  l ,  in  welchem 
oerfd)iebenen  s2Öünfd)en  unb  $efd)werben  ber  ^for^heimer  in» 
©ejug  auf  bas  Umgelb,  bie  berrfdmftlidjen  legale  ic.  Rechnung 
getragen,  im  Uebrigen  aber  feftgefetyt  würbe,  baß  einftweilen  für 
bie  Seit  uom  ^nü  1723  bi$  ^uü  1724  bie  Bürger  jwölf 
SDlonatgelber  ju  10  fr.  oon  100  fl.  3teuerfapital  ju  befahlen 
hätten.  2lua)  foüten  bie  rücfftänbigen  Scha^ung^gelber,  fowie 
bie  ÄommiffionS*  unb  (Jrefution^foften  entrichtet  werben. 

11 


Digitized  by  Google 


162  99i8  au  flarl  ftriebriäS  iHeaieruua. 


3Iud)  hierauf  oerfytelt  ftd)  bic  93ürgerfd)aft  ablefynenb,  immer 
mieber  bic  alte  Sorberung  nad)  ben  oon  Sßarfgraf  (Xtjrtftof 
oerliefyenen  s}Jriüilegien  ftellcnb.  ^m  2(uguft  vücfte  besbalb  eine 
in  gelegene  $reisfompagnie  in  s}$forjt)eim  ein,  unb  es  würbe 
angeorbnet,  bajj  biejenigen  Bürger,  weldje  fief)  fernerhin  wiber* 
fetjlid)  jetgen  unb  iljre  iHücfftänbe  nid)t  befahlen  follten,  mit 
Einquartierung  ju  belegen  unb,  wenn  biefeS  Littel  nidjt  t)clfe, 
iljre  OTobilien  ju  oerfteigern  feien. 

s4Basi  traten  nun  bic  ©Arger?  Cfyne  SJorwiffen  ber 
ftäbtifdjen  $3et)örben  einigten  fte  fid)  baljin,  ben  SJiarfgrafen 
beim  sJieid)3fammergerid)t  in  Sefclar  ju  oerf lagen,  unb  §ur 
perfönlidjen  ^Betreibung  ber  3ad)e  fdjicften  fte  nad)  bort  eine 
sJlborbnung,  meiere  au3  bem  Cdjfenmirt  3afob  ^EBörtl),  bem 
ffiet^gerber  3lnbreas  iöauer  unb  bem  iHotgerber  .§an$  ©all 
dberle  beftanb.  $(ud)  bann  mürben  bie  33ürger  nidjt  mürbe, 
als  bie  Regierung  (£nbe  2luguft  eine  weitere  ftompagnie  Solbaten 
unb  eine  Abteilung  fianbmilij  nad)  ^forjbeim  oerlegte  unb 
aujjerbem  3ttaj3regeln  anberer  3lrt  ergriff,  fo  bie  Sdjliefjung 
{amtlicher  SJcetjcln  (mit  $uisnafyme  berjenigen  be3  3lbr.  Jrautwein, 
melier  eö  mit  ber  £errfd)aft  f>ictt)  unb  ben  s33efel)l  an  bie 
3tmt0fellerei  unb  geiftlidje  Verwaltung,  ju  ben  beoorfteljenbeu 
£erbftarbeiten  nur  geljorfame  Bürger  $u  oermenben.  $em 
irautroein  faufte  faft  niemanb  Jleifd)  ab,  mie  überhaupt  jeber 
Bürger,  ber  jur  Regierung  ftanb,  gefdjäftlid)  in  ben  Sann 
getf)an  unb  in  jeber  SBeife  angefeinbet  mürbe.  mit  ber 
längft  angebrobten  s$fänbung  bei  fieben  bürgern  enblid)  ber 
Anfang  gemadjt  mürbe  unb  bie  biefen  weggenommenen  ©egen* 
(täube  jur  Verweigerung  famen,  fanb  fid)  fein  Liebhaber  ein, 
obgleid)  man  burd)  $3efanntmad)ungen  in  oerfd)iebenen  Crten  bie 
3uben  förmlid)  f)atte  nötigen  moUen,  nad)  sJ$foi'5f)eim  ju  fontmen. 

$er  sJflarfgraf  tyatte  fd)on  ju  beginn  be§  Juli  bie 
Unioerfttäten  §alle  unb  ©iefjen  um  jurtfttfd)e  ©utadjten 
über  feinen  Streit  mit  ben  s5forjl)eimern  angegangen  unb  fenbe 
3lugu|t  mar  aud)  oon  tieften  eine  s2Introort  eingelaufen.  Srage 
einä:  „ob  bie  Veftätigung  ber  sßrioilegien  burd)  ben  Üttarfgrafen 
im  3af)re  1709  fo  oerftanben  werben  muffe,  bafj  er  fte  nad) 
bem  33ud)ftabcn,  oljne  Verücffidjttgung  beffen,  was  feitlier  oer= 
tragSmäjjig  geänbert  morben  fei,  wieber  f)er(utftellen  tjabe", 
würbe  oerneint;  Jyrage  jmei:  „ob  bie  babifdje  iHegierung  nid)t 
berechtigt  fei,  ftd)  nad)  bem  feit  1491  oeränberten  ©elbwert  ftatt 
eines  Pfennige  bereu  je  nad)  Untftänben  $mei,  brei  ober  oier 
bejablen  ju  laffeu",  würbe  bejaht ;  Jyrage  brei:  „ob  bie  Bürger* 
fd)aft  oon  ^forjfjeim  nid)t  oerbunben  fei,  bie  burd)  fie  felbft 
oerurfad)ten  (Sr^futionsfoften  in  be^ablen",  würbe  bejaht;  Jyrage 
oier :  „ob  bie  Vürgerfdjaft  ju  ^forjl)eim  burd)  iljre  2Öiberfe£lid)feit 


Digitized  by 


5M3  3ii  Watt  tfriebrid)?  föefiteriuia. 


163 


it)re  s$rtuilegien  nidt)t  gcrabeju  oerroirft  Ratten",  rourbe  bejaht; 
Jyrage  fünf:  „ob  nidjt  bie  Stabt  $forg$etm  zu  ben  StaatSlaften, 
roie  Apanagen,  Ausfteuern,  fürftlidjeu  iHeifegelberu,  Salarierung 
ber  fürftlidjen  ftanrfei,  zur  iilgung  ber  Sdjulben  unb  Bezahlung 
oon  äinfen,  5"  ®efanbtfd)aften  unb  bergleidjen  allgemeinen  Sftot« 
roenbigfeiten  bes  gefamten  SanbeS  burd)  ^Bezahlung  einer  bireften 
Steuer  beizutragen  tjabe",  rourbe  ebenfalls  bejafjt.  (35aS  balb 
nadjfjer  eingelaufene  $aller  ©utadjten  lautete  älmlid),  mit  Aus* 
natjme  ber  oiertcu  Srage,  roeldje  perneint  rourbe.)  $>as  am 
4.  September  auf  bem  sJtatl)aufe  oerlefene  ©utadjten  blieb  ofjne 
^Birfung  auf  baS  Verhalten  ber  Bürger,  bie  felbft  bann  iferc 
Sadje  uod)  iüd)t  oerloren  gaben,  als  fie  oom  *Heid)Sfammergerid)t 
mit  ber  ermähnten  Silage  gegen  ben  9)tarfgrafen  ab  gern  iefen 
roorben  waren,  roobei  man  es  ihnen  inbeffen  freigeftellt  hatte, 
it)re  Angelegenheit  oor  ein  Sd)iebSgerid)t  }U  bringen. 

SÖeil  es  unmöglich  fdjien,  bie  manchen  bürgern  gepfänbeten 
©egenftänbe  in  Pforzheim  felbft  51t  oerroerten,  fo  tarn  ber  $3efef)l, 
biefe  unter  militärifdjer  s33ebecfung  nad)  $urlad)  ju  Derbringen, 
roaS  aud)  gefdmt).  4s  mürben  aus  ihnen  inSgcfamt  1373  fl. 
erlöft,  bie  aber  nid)t  einmal  zur  Bezahlung  ber  Unfoften,  welche 
in  iurlad)  allein  (527  fl.  betrugen,  ausreichten. 

3)aS  Militär  mar  inzroifdjen  oon  Pforzheim  roieber 
roeggejogen  roorben,  aber  ber  Streit  banerte  in  unuerminberter 
$eftigfeit  fort.  1725  oermeigerten  bie  jungen  Bürger  abermals 
bie  ßibeSleiftung,  unb  bie  Regierung  antmortete  mit  (9elbftrafen 
unb  ©yefution,  £anbroerfSnieberlegung  unb  AuSroeijung;  aud) 
mürben  brei  ber  „.joaupträbelsführer'',  ber  Sattler  sBitfd)börfer 
ber  SMcfer  Sdjeerer  unb  ber  £mfner  Holzhauer  gefänglid)  einge* 
Zogen,  roas  grofje  (Erbitterung  unter  ber  ^öürgerfdjaft  fjeroorrtef. 
2)tefelbe  Aborbnung,  roeldje  nad)  28etylar  yum  $Heid)Sfammer-- 
gerid)t  gefdjicft  roorben  roar,  rourbe  nunmehr  beauftragt,  beim 
i)teid)St)ofrat  in  30  i  e  n  ftlage  zu  ergeben  unb  fie  begab  firf) 
aud),  mit  ben  nötigen  ©elbmitteln  oerfehen,  am  14.  sJiooember 
1725  auf  bie  sJteife  nad)  bort.  Unberührt  t)icrt>on  fuhr  bie 
Regierung  in  i^ren  SJiafcnahmen  fort,  um  ben  3Biberftanb  ber 
^forj^eimer  ju  brechen.  sJ0lit  befonberer  Strenge  rourbe  baS 
(Srrfutionsoerfahren  burchgefefct,  aber  bie  Bürger  tjatten  bafür 
geforgt,  bafj  bei  ihnen  nidjt  mehr  uiel  ju  ^oleu  roar.  $iele 
berfelben  Ratten  ihre  beroeglidje  .]pabe  über  bie  roürttemb.  (Frenze 
gebracht  unb  fid)  zum  $eil  felbft  in  bas  Oladjbargebiet  begeben, 
oon  roo  auS  fie  aud)  nid)t  auf  bie  Drohung  juriieffe^rten,  bafi 
im  Salle  roeiteren  Fernbleibens  ihre  ifiegenjdjaften  eingezogen 
unb  ihre  Angehörigen  aus  Stabt  unb  2anb  auSgeroiefen  roürben. 

Am  18.  gebruar  1726  traf  bie  (Eutfdjeibung  bes  Geichs* 
hofrats  in  3Bien  ljier  ein,  laut  roeld)er  berfelbe  es  ablehnte,  fid) 

Digitized  by  Google 


164  8i3  au  Rott  ftriebridtf  ftcatcruna. 

mit  bcr  Angelegenheit  511  befaffen,  bo  ba§  ftammergericht  bie 
juftänbige  33ehörbe  fei.  Sdjon  am  folgenben  £age  lieg  ber 
Oberoogt  jur  (Slocfen  bie  SBürgcrfdjaft  auf  ba§  SRatbauS  rufen, 
um  fie'  im  §inblicf  auf  bie  ^ergeblic^feit  ihrer  Stritte  $ur 
enblicheu  Unterwerfung  unter  ben  ÜßiUen  ber  93ef)örbe  ju  beroegen. 
Aber  im  Tanten  ber  überroiegenben  SHebraabl  ber  Bürger 
erflärten  ber  Sattler  9Hitfd)börfer  unb  ber  barbier  £acofte,  ba§ 
bie  Bürger  auf  ihrem  SKedjte  beharren  unb  ftihmifdje  Zurufe 
au§  ber  sJJknge  betätigten  itjrc  s4Borte.  Mux  etroa  90  Bürger 
erflärten  ftd)  erbötig,  irjre  Untermerfnng  ju  ^rotofoll  ju  geben. 

©3  mürbe  befd)loffen,  SHitfdjbörfer  unb  l'acoft  ju  oerejaften 
unb  auf  ba3  iHatl)au$  511  verbringen.  2>ie  beiben  ^nbaftierten 
aber  jdjrieen  auf  bie  ©äffen  hinauf:  „3f)r  SJubeu,  t)olet  euere 
Üßäter  unb  5JIütter  mit  ©emebren  unb  prügeln  unb  belft  uns, 
fic  roollen  uns  einfuerreu."  ©ie  Ratten  ftd)  für  ibren  gaü  an 
bie  richtige  Abrcffe  gemanbt.  $en  Gliben  mar  baS  „Gaffer  auf 
bie  sJöiüt)le".  Sie  liefen  maefer  in  ben  ©tragen  ber  Stabt  unb 
ber  ^orftäbte  umber  unb  forgten  burd)  ausgiebigem  ©efdjrei  für 
bas  Aufgebot  aller  wehrhaften  Männer,  Leiber  unb  Gliben. 
SDen  Leibern  namentlid)  mar  e3  beiliger  (Srnft  mit  ber 
Sßa^rung  ber  ^forjbeimer  Freiheit,  ^a*  amtlidje  ^rotofoli  fagt : 
„(££  fet)nb  in  l'aubroirte  ^Hüfleo  .<i>aus  fd)on  an  bie  100  Leiber 
uerfammclt  geftanben."  Sie  [türmten  auf  ba$  Matbau3, 
roo  fic  ttidjt  nur  einen  £>öllenfpeftafel  ooUfübrten,  fonbern  aud) 
Spät  lid)  feiten  oerübteu.  sü>eil  ihnen  oermehrt  mürbe,  in  bas 
©elag  einzubringen,  mo  sUiitfd)börfer  unb  Sacofte  gefangen  fagen, 
Rieben  fic  auf  einige  bcr  gutgefinnteu  Bürger  mit  3d)lüffeln, 
prügeln  unb  3töcfcn  ein,  „uornelimlid)  aber  mit  benen  burd)  fie 
jertretenen  unb  getragenen,  auf  bem  WatbauSfaal  befinblicb 
gemefenen,  511  3atn-marft*jeiten  bafelbft  benötigten  Schrägen  unb 
bereu  <yügen",  wie  e$  in  tem  amtlidjen  sßrotofoll  beigt.  $a$u 
hat  tfbc§  i'aeoften  ftrau  ben  Shirgermeifter  8d)ober  bei  ben 
paaren  511  paefen  befommen,  fo  bag  fie  bie  $anb  ooll  £aare 
behalten ;"  bie  marfgräflidjen  Beamten  mürben  nou  ben  mütenben 
5Beibern  getreten  unb  geflogen  (aud)  bie  iHat^berren,  bie  nod) 
lange  nadjfyer  blaue  ^Diäler  berumtrugen)  unb  bem  Amtmann 
SKutbarbt  fälligen  fie  gar  bie  s^errücfe  uom  $opfe.  Unter  foldjeu 
Umftänben  jogen  ftd)  bie  Beamten  unb  bie  „©ehorfamen"  jurücf 
unb  fo  tonnten  bie  befangenen  befreit  merben. 

®«i  biefer  k-ßkiberreoolte  tbaten  fid),  auger  ben  Jrauen 
ber  beiben  inhaftierten,  nod)  befonberS  bemor:  bie  Jrauen  be$ 
©ajlofferS  Xiil,  be*  SBagner«  SdnteU,  be$  £afner$  £oljbauer, 
be§  SflledmerS  2Öibmann,  beS  3tabtfubrmann3  Sd)af,  foroie  bie 
§irfd)rairtin  £afner.  (Einige  berfelben  mürben  al^balb  gefänglich 
eingebogen,  nachher  aber  mieber  entlaffen. 


Digitized  by  G( 


$i3  au  Barl  frriebrid)§  «Hcgiemuß. 


1G5 


Huf  bic  Runbe  oon  bcn  Vorgängen  auf  bem  ^forjheimer 
9ktf)au3  würben  fogleid)  brei  Kompagnien  Infanterie,  100  9Jcann 
£anbmilij  unb  eine  Abteilung  Slaoallerie  nad)  ^forjrjeim  beorbert. 
%m  22.  gebruar,  alfo  brei  $age  nad)  bem  Hraoalle,  rücften 
bortfelbft  bie  Jruppen  mit  flingenbem  Spiele  ein  unb  nahmen 
Cuartier  in  ben  Käufern  ber  renitenten  Bürger,  oon  melden 
ftd)  oiele  bei  Annäherung  ber  ©olbaten  geflüchtet  Ratten.  Allen 
bürgern  mürben  bie  ©eroefjre  abgeforbert  unb  bie  Käufer  nad) 
folgen  unterfud)t,  alle  ^ufammenfünfte  oerboten  unb  bie  £f)ore 
gefdjloffen.  Unter  Jrommelfchlag  mürbe  oerfünbet,  ba§  bie 
(Intflobenen  binnen  brei  £agen,  meldjer  Dermin  nad)  Ablauf 
beäfelben  oerlängert  rourbe,  bei  Söerluft  it)re§  ^Bürgerrechts 
5urücffet)ren  füllten,  hinter  Sacofte  unb  2ftitfd)börfer  mürben 
Stecfbriefe  erlaffen,  nadjbem  beren  augenblicfliche  geftnahme  nid)t 
gelungen  mar.   3hr  Vermögen  mürbe  mit  Arreft  belegt. 

2)ie  93ürgerjd)aft  f)ielt  e3  nun  bod)  an  ber  Qeit,  fid)  in 
ba§  Unoermeibltdje  ju  fügen.  ©d)on  unterm  4.  3ttärj  fonnte 
ba$  Cberamt  berichten,  ba|  bie  meiften  Bürger,  bie  nod)  etmaS 
befäfjeu,  ihre  JHücfftänbe  bezahlt  unb  zugleich  bie  oerlangte 
Untermerfung§=(£rflärung  unterfdjrieben  r)ätten.  $)ie  (Entflohenen 
fanben  ftd)  nad)  unb  nad)  mieber  ein,  jum  £eil  aud)  Deshalb, 
meil  fie  aue  ben  mürttembergijd)en  Orten  auf  betreiben  ber 
babifdjen  Regierung  au£gemiefen  mürben.  3m  Jrübjafjr  fetjrten 
aud)  ^'aeofte  unb  9Jiitfd)börfer,  meldje  ftd)  in  ber  iKeidjsftabt 
Seil  aufgehalten  hatten,  mieber  $urürf,  nadjbem  ihnen  auf  ihr 
Aufucben  fteberes  (Geleite  oerbeißen  morben  mar. 

9Wai  1726  erfd)ien  eine  eigene  fürftlidje  ftommtffion,  um 
rcegen  bes  Aufruhrs  eine  Unterfucbung  einzuleiten,  Sie  fdjeint 
bie  3ad)e  milbe  aufgefaßt  z«  haben,  beim  fie  machte  ber 
Regierung  ben  $orfd)lag,  einen  ©eneralparbon  )it  erlaffen  unb 
fo  alle  Seiterungen  §u  befettigen.  Unterm  2(J.  9)iai  1727 
erflärten  bic  fünfte  in  einer  (Eingabe  an  ben  9Jcarfgrafen  ihre 
öerettmilligfeit,  fiel)  bem  Qnterimsicfebl  ftu  untermerfen,  jeboct) 
mit  bem  Vorbehalt,  baß  bie*  ohne  Abbrudi  ihrer  sßrioilegien 
gefchehe.  Aud)  baten  fie  um  bie  (Sinterung  eines  8d)iebsgerid)t. 
i)er  iDiarfgraf  antwortete,  ba§  er  bie  Untermerfuug  ohne 
Vorbehalt  oerlange.  Gr  fei  bann  aber  geneigt,  ben  bürgern 
an  Freiheiten  jum  'Jcutjcn  ber  otabt  nod)  Manche»  511  gewähren, 
roas  fte  ihm  bezeichnen  unb  oon  ihm  oerlangen  mürben. 

Als  Abfd)luft  bes  Streitet,  meld)er  eine  d)afteriftifd)e 
Gigenfchaft  ber  alten  ^forjheimer,  Ausbauer  unb  beharrlidjen 
9JJut,  mieber  einmal  in  red)t  bemerfensmerter  Seife  ju  £age 
treten  ließ,  ift  bie  Abrechnung  jroifdjen  ber  3tabt  unb  ber 
£errfd)aft  311  betrachten,  meld)e  1730  erfolgte  unb  bie  gegen» 
fettigen  Sorberungen  ausglich. 


Digitized  by  Google 


166 


SMS  au  Barl  frriebrid)«  SHeaieruna. 


Wrtriiririitcn  von  einzelnen  gamilien  unb  dcruurrancubcu 

Wänucru  ^for^eim*. 

1.  Tie  gamilic  Ungerer. 

Tic  Familie  Ungerer  gehört  unter  bie  älteften  biefigen 
Jyamilien.  Sdjon  DOt  ber  Deformation  lebten  t>tcr  §roei  Bürger 
biefer  gamilie,  Gbriftmann  unb  3obann  Ungerer.  5(u3  einer 
berfelben  ftammte  ^obanneS  Ungerer,  über  welchen  bereits  früher 
berichtet  rourbe  (Seite  47).  ©leid)  merfroürbig  für  bie  babifcfye 
roie  für  bie  sVfor$beimer  9ieligionSgefd)id)tc  ift  33enebift 
Ungerer  bureb  feinen  Anteil  an  bem  ^HetigionSftreit  in  unferer 
Stobt,  als  9Jiarfgraf  Grnft  griebrtd)  in  oertebrtem  SReligionS* 
eifer  feine  ftreng  lutberifeben  ^forrteimer  mit  ©eroalt  |titn 
Uebertritt  jur  reformierten  Mtrd)e  nötigen  wollte.  (Sr  rourbe  in 
jenen  Unruben  feiner  Superintenbentenftelle  entfetjt  unb  erlangte 
fie,  roenigftenS  folange  ^arfgraf  (Senf)  griebrid)  lebte  (bis  1604), 
nid)t  roieber. 

Sein  8of)n,  ber  aud)  ^enebift  bieft,  batte  ein  äbnlidjeS 
3d)irffal.  (Sr  roar  Pfarrer  in  Gllmenbingen.  3113  fid)  bie 
erfteu  Truppen  £>er$og  (SrnftS  oon  ^Beiinar  im  Ouli  1637 
unferer  ©egettb  näherten,  flob  er  nad)  sßfor$beim  unb  blieb 
bafelbft,  bis  es  roieber  etroaS  ruhiger  geroorben  roar. 

3-aft  nod)  ^eitgenoffe  beSfclben  roar  3of>ann  Ungerer, 
geboren  am  Sdjluffe  beS  ^abrbunberts.  Gr  erlebte  bie  traurigen 
Reiten  beS  30jäf>rigeu  Krieges  unb  ftarb  aud)  nod)  oor  bem 
3d)luffe  besfelben.  —  sJIod)  l)ärter  traf  bas  3d)itffal  feineu 
1602  geborenen  Sobn  Johanne §.  9iad)bem  berfelbe  roäbrenb 
beS  30jäbrigen  ftriege*  mebr  als  einmal  bie  Jludjt  ergreifen  unb 
feine  s2öol)nung  r>atte  in  flammen  aufgeben  feben  müffen,  erlebte 
er  aud)  bie  Reiten  beS  frau^öftfdjen  WaubfriegcS,  in  bem  er 
enblid)  nad)  oielfadjen  'ÜOlipbanblungen  im  3abre  1693  auf  ber 
glud)t  ftarb.  (St  rourbe  bei  Jbumringen  im  ^öreiSgau  auf  bem 
gelbe  tot  gefunben  im  Hilter  oon  92  v^a()ren.  3m  nämlidjen 
3abre  raffle  eine  .fntngerSnot  aud)  feinen  jüngeren  Sol)n  3 o ad) im 
babin.  Ter  ältere,  ^obann,  rourbe  nebft  feiner  grau  unb 
jroei  erroad)fenen  Sobnen  ebenfalle  ein  Cpfer  beS  fran$öftfd)en 
Krieges.  yener  ftrieg  fd)roäd)te  biefe  Stinte  fo,  ba&  fie  balb 
barauf  au*ftarb.  Ter  britte  Sobn  3obann  ftarb  1726  obne 
mäunlicbe  "Jiadjfommen,  rote  bie  beiben  Söbne  3oad)imS,  .franS 
Taoib  (f  1715)  unb  £anS  3oad)im  (f  1715).  . 

(Jbenfall*  im  HOjäbrigen  Kriege  lebte  tyiev  ein  SBeingärtner 
namenS  T  a  o  i  b  U  n  g  e  r  e  r.  Gr  rourbe  fpäter  .pauSmeifter  in 
ber  bamalS  nod)  blübenben  3t.  ©eorgenpflege  unb  ftarb  in  bem 
unglücflid)en  vsobre  1693.  Sein  Sobn  Taoib,  ein  ^eugmadjer 
um  1642,  roar  lange  Sttitglieb  beS  StabtrateS  unb  ftarb  1724. 


Digitized  by  Google 


53i§  au  Rarl  ftriebridjg  SHeaieruna. 


167 


Seine  bret  trüber  raffte  ber  franjöftfcfye  $rieg  roeg.  3ofjann 
ftarb  nebft  feiner  grau  #unger3.  (£f)riftopij  Ungerer  Imtte 
1694  mit  grau  unb  Äinbern  ein  äf)nlid)e§  Sdncffal.  Martin 
Ungerer  ftarb  tyer  im  Gtenbe  1694.  Unb  fo  ging  e§  burd) 
alle  Sinien  biefer  äußerft  jafylreidjen  gamilie  l)inburd).  SBofyl 
feine  t)iefige  Jamilie  l)at  im  orleanS'fcfyen  Kriege  fo  gelitten  roie 
biefe,  unb  mir  fyaben  fie  banim  etroaS  au$füt)ilid)er  bargeftellt 
als  e§  fonft  unfere  $flid)t  ift.  UebrigenS  l)at  ftct)  bie  Ungerer« 
gamilie  bis  fjeute  roieber  auf  bie  Safy  37  uermefyrt. 

2.  ftafc. 

$er  gemeinfd)aftlicf)e  Stammoater  biefer  fefjr  jaf)lreid)en 
ftamilie  ift  ftonrab  ftafc,  ein  SRotgerber.  @r  fommt,  roieber 
9lame  „tafc"  überhaupt  jum  erftenmale  im  3af>re  1625  oor. 
Äonrab  Stafe  ftarb  um  ba$  3af)r  1640.  <8on  feinen  beiben 
Sölmen,  #an§  Honrab  (geb.  1628),  iRotgerber  unb  9iat3- 
oerroanbter  unb  fiorenj  (geb.  1636),  Jlößer,  hinterließ  jener 
brei  Sö^ne,  Honrab,  l'oren $  unb  3ofep^.  2>er  ältefte 
unter  ifjnen,  $onrab,  SHotgerber  unb  SfatSoerroanbter,  t)at  ftd) 
befonber§  um  bie  ftäbtifcfje  Verwaltung  oerbient  gemacht.  ©0 
ift  it)m  oorjüglid)  bie  SBiebererbauung  ber  1692  oon  ben 
jranjofen  niebergebrannten  ^eiligfreujfirc^e  ju  oerbanfen  (im 
$at)re  1698).  SBei  roeitem  aafjlreidjer  aber  ift  bie  Sinie,  roelcfye 
glößer  £orenj  ßatj  ftiftete.  (Sr  felbft  ftarb  jroar  roäfjrenb 
be§  franjöjifdjen  Krieges,  Unterlieg  aber  oier  Söfjne,  3of)ann 
©eorg,  fiorenj,  6ebaftian  unb  ftonrab,  alle  glößer, 
roeld)e  meift  5ar)lreicf)e  sJtad)fommenfd)aft  hinterließen,  rooburd) 
bie  gamilie  it)re  große  SluSbefjnung  erlangt  fwt. 

3.  ftienle. 

(Sine  in  Oaben  roie  in  Söürttemberg  an  oielen  Orten  fid) 
finbenbe  fec)r  jafjlreidje  gamilie.  Jyaft  ebenfo  oielfad)  ift  aud) 
bie  sJiedjtfd)*eibung  bes  Ramend  in  $ünlin,  ßünle,  ßüfjnle, 
ftiefjnle,  ftienle,  Sliefjnlin.  $ie  ältefte  unb  rid)tigfte  ift  root)l  bie 
letztere,  beren  VerfleinerungSfilbe  lin  (lein,  ein  fpe^ififcf)  fd)roäbifd)e§ 
Sfterfmal)  mit  ber  Seit  in  „le"  abgefd)liffen  rourbe.  9Iu§  ber 
großen  Verbreitung  ber  gamilie  ift  e$  aud)  herzuleiten,  baß 
nid)t§  fixeres  über  bie  £erfunft  beS  ^forjbeimer  3roeige$ 
berfelben  befannt  ift.  @3  ift  jebod)  ntct)t  unroafjrfdjeinlid),  baß 
er  oon  Bübingen  abftammte;  beim  im  ^afjre  1562  am 
6.  Oftober  50g  Sebafttan  ftienlin,  2>oftor  ber  Slrjnetfunbe 
oon  Bübingen,  nad)  sJJforjf)eim.  (Sr  roav  oon  Bübingen  gebürtig 
unb  erlangte  1551  jugleid)  mit  3obann  Sorot)  oon  2Beil  ber 
Stabt,  bem  befannten  Reformator,  bie  siflagifterroürbe.  Sftarfgraf 
ftarl  II.   oon   93aben    berief    tyn    im   3a^re  1562  al? 


Digitized  by  Google 


1G8  93t§  au  Statl  ftriebricb§  fteßierunß. 

feinen  ^ßhufifuS  nad)  s$forjbeim,  roofelbft  er  1592  nod)  lebte. 
Um  nun  einige  fetner  Vorfahren  511  ermähnen :  3m  3at)re  1477, 
ba  bic  Unioerfität  Tübingen  gegrünbet  mürbe,  lieft  ftd)  aud) 
©eorg  ftienl in  aus  Wagftabt  als  9tfabemifer  einfdjreiben. 
Gbenfo  SHtolau*  tfienlin  1511  uou  Bübingen,  Süftelm 
51 1  e  n  1 1  n  1546  uon  ©laubeuren  :c.  (Sin  naber  Sßerroanbter 
Sebaftian  ftienlinS,  SJtagifter  ftonrab  5Uenlin,  mar  Pfleger 
be§  ^ebenbaufer  .ftofe*  in  Stuttgart.  —  3Öenn  aud)  roirflid) 
ber  s3lame  ftienlin  burd)  ben  nad)  ^for^eim  berufenen 
Sebaftian  Mi  eulin  fid)  J)ier  f  ortpflaujte ,  fo  ift  bamit 
temedfaOfö  erroief en ,  baj?  alle  biefe*  Samens  tyzv  uon  ihm 
abftammen.  bereits  im  3<*hre  1520  lebten  l)ier  s$eter  unb 
.franS  ftienlin.  sJ(ud)  im  3«brc  1505  lebten  hier  mehrere 
ftienlin:  Warfus,  Wartin  unb  Oafob  ftienlin.  Tod)  fdjeint  e$, 
als  ob  jeuer  Sebaftian  Rtenlin  feine  ^aebfommen  in  ^for^eim 
binterlaffen  habe,  ba  fid),  mas  in  früheren  Reiten  fegt  feltfam 
gemefen  fein  mürbe,  ber  s)tame  Sebafttan  nicht  mebr  finbet.  ^te 
gfamilie  mar  511  Anfang  beS  17.  ^abrbunberts  bereits  jebr 
5al)lreid):  Wartin,  WattbäuS,  $lafiu3,  Sorenj,  Otto,  Widmel, 
£mn$,  |>an3  Stoffel,  5lnbrea§,  ^eter  Ulrid),  Gafpar,  $a\\$ 
(#eorg  :c.  ;\n  biefer  ^eit  lebte  aud)  in  Turlad)  Johann  ($eorg 
ftienlin,  .frofgeridjtsrat  unb  ftircbenratSbireftor.  (5r  fd)eint 
uon  bier  gebürtig  511  fein,  ba  er  mieberbolt  bei  $(ngelegem 
beiten  biefiger  ©Arger  ermähnt  mirb.  3o  bei  ber  Sequeftrations= 
fadje  ber  L^öfilinifd)eu  (bitter  1620,  mo  er  fid)  felbft  ^obann 
Öeorg  fiieuliu  unterfdjrieb.  ferner  in  einer  Streitfadje  jroifd)en 
ber  otabt  sJ*for$beim,  beut  ©agemüller  Widjael  Teimling  unb 
Järber  Seonbarb  l'ump,  meldie  er  unb  (Meimrat  Gngelharb 
$öler  0011  tHauensburg  auf  Befehl  beS  Warfgrafen  ©eorg 
Jyriebrid)  imterfud)te.  Ter  30jährige  ftrieg  fcheint  bie  Jamilie 
ftorf  Derminbert  311  haben;  Denn  fie  mar  ju  (£nbe  be^s  17.  -3af)r* 
bunberts  nidjt  mehr  io  jablreid),  mic  &u  Einfang  beSfetben.  Ten 
.frauptoerluft  aber  erlitt  fie  burd)  ben  fran*öfifd)en  $rieg.  $on 
neun  bürgern  biefiS  Flamen*  maren  im  ^'ahre  1698  nur  nod) 
jroei  oorbanben:  bie  übrigen  hatten  bie  Trangfale  beS  SlriegeS, 
meift  in  ben  fräjtigften  fahren  —  25,  30,  48,  50,  52*  — 
weggerafft.  Tie  fromitte  vermehrte  ftd)  jebod)  in  ruhigen  fetten 
mieber  fdjnell.  sJiad)  beut  Stbrenfalenber  beträgt  bie  ^ahl  ber 
ftiebnle  in  ^for^beim  beute  25,  bie  ber  ftiettle  2. 

Unter  ben  ^forjheimern,  bie  fid)  auf  gelehrtem  (Gebiete 
einen  Flamen  gemad)t  haben,  unb  bie  e*  baber  mohl  uerbienen, 
hier  ermähnt  $u  werben,  nennen  mir: 

1 .  3  o  h  a  n  n  $  ei  n  r  i  d)  W  a  n. 
@r  mar  am  5.  gebruar  1053  hier  geboren  unb  ftammte 


*  Digitized  by  Google 


$i8  au  5?atl  frriebridjs  SHeflierunQ. 


169 


au§  einer  alten  53ürgerfamilie,  beven  fchon  1339  @rioähnung 
gefchieht.  Sin  Sftap,  ftetjt  auf  bem  $>enfmal  ber  400  oon 
Wimpfen,  bas  fid)  in  ber  Sd)lo&fird)e  befinbet.  3ofjann  Jpeinvid) 
9ftau  befugte  junächft  bie  s£for$heimer  £ateinfd)ule  unb  be$og 
fpäter  bie  Unioerfttät  Sittenberg,  um  bafelbft  Geologie  311 
ftubieren.  sJkd)  Sßollenbung  feiner  Stubien  machte  er  oerfd)iebene 
Steifen  ju  miffenfdjaftlicheu  ^mecfen  unb  lehrte  911  £eipjig, 
Wittenberg  unb  Strasburg  namentlid)  bie  morgenlänbifd)en 
©prägen.  (Sinem  5)tuf  beS  Nßfaljgrafen  oon  33elbenj  als  §of* 
prebiger  leiftete  er  jroar  Jolge,  fefjrte  jebod)  in  fein  $aterlanb 
jurücf,  als  ihm  vom  9)Tarfgrafen  Jriebrid)  SJlagnuS  1679  bie 
Stelle  eines  Pfarrers  unb  ^ugleid)  2ef)rerS  ber  orientalischen 
Sprachen  ju  3)urlad)  übertragen  mürbe;  ju  feiner  9luSbilbung 
in  biefen  ©prägen  lie§  it)n  ber  SJlarfgraf  eine  SHeife  nad) 
Hamburg  ju  bem  bamalS  fehr  berühmten  Orientaliften  (Staad) 
machen,  bei  meinem  fid)  9Jcau  jroei  3ahre  lang  auffielt.  9iad)bem 
er,  nac^  $urlad)  jurücfgefehrt,  nocl)  mehrere  3at)re  an  ber 
3>urlad)er  (Schule  gemirft  hatte,  unterbrach  1689  ber  oerheerenbe 
orleanS'fd)e  ftrieg  bie  $r>ätigfeit  ber  bärtigen  2ef)rer.  Sflap  fam 
als  $rofeffor  an  bie  Unioerfttät  (Stießen,  reo  er  fpäter 
$onfiftorialrat  unb  Superintenbent  tourbe  unb  eine  gefegnete 
$f)ätigfeit  entfaltete.  @r  ftarb  bafelbft  im  ^ahre  1719.  Unter 
feinen  jahlreid)  F>interlaff cnen  fpradjroiffenfchaftlichen  unb  gejd)id)t= 
lid)en  (Schriften,  nennen  mir  bie  fcfjon  1677  in  £)urlacb  hei'au§s 
gegebene  Biographie  $Keud)linS,  toorin  er  all  bas  nieberlegte, 
maS  er  feit  einer  tfieihe  oon  fahren  auS  ber  ®efd)id)te  feiner 
SBaterftabt  gefammelt  hotte.  GS  mar  bieS  ber  erfte  $erfud)  einer, 
menn  aud)  lüefenbafte  $efd)id)te  ber  Stabt  $for^etm. 

2.  3ohaun  Burfharb  9ftat), 

ber  ältere  SBntbet  beS  oorigen,  mar  1652  ebenfalls  t)iev  geboren 
(ber  93ater  mar  früher  Pfarrer  in  33aufcf)lott).  (fr  ftubierte  in 
Wittenberg  unb  hielt  fid)  6  Qahre  lang  im  .)paufe  bes  berühmten 
Sdjuräfleifd)  auf.  $on  hiev  fam  er  als  .ftofmeifter  einiger  junger 
©belleute  nach  Jyranffurt,  mo  er  auch  baS  Slmt  eines  ftorreftorS 
in  einer  bortigen  $)rucferei  befleibete.  9cad)bem  er  hierauf  einige 
$eit  als  $ojent  in  (Siegen  geroirft  hatte,  ronrbe  er  qleid)$eitig 
mit  feinem  jüngeren  trüber*  an  bas  ©omnaftum  nach  $urlad) 
berufen,  mo  er  als  s^rofeffor  ber  Skrebtfamfeit  unb  als  Bibliottjefar 
mirfte.  2>ort  gab  er  u.  a.  aud)  eine  in  lateinifdjer  Sprache 
gefd)riebcne  Schrift  heraus,  morin  er  }u  ben  am  5.  2ftärs  1687 
in  $urlad)  $u  begehenben  Säfularfeierlid)feiteu  beS  bortigen 
(SnmnaftumS  einlub  unb  bie  zahlreichen  Weben  anfünbigte,  bie 
in  lateinifcher,  griedjifdjer,  hebräijcher,  djalbäifdjer,  fnrifd)er, 
arabifcher  unb  ätr)iopifdjcr  Spraye  gehalten  merben  follten.  3m 


Digitized  by  Google 


170 


99i8  au  Rarl  ftriebricfcS  SReöieruna. 


orleanS'fdjen  Kriege  fjattc  er  menigftenS  ben  Stroft,  bog  feine 
^ibliotljef  oor  pünberung  unb  ^erftörung  oerfcfyont  blieb.  i)od) 
blieb  er  nid)t  länger  in  $urfad).  Dkdjbem  er  oerfdjiebene  Reifen 
gemalt  fjatte,  würbe  er  1692  an  ber  berühmten  2ftarf)of3*<3telle 
als  s$rofeffor  ber  Serebtfamfeit  unb  ©efcbidjte  nad)  $iel  berufen, 
mo  er  1727  ftarb.  ©leid)  feinem  trüber  fyatte  er  fuf)  burd) 
feine  tiefe  roiffenfdjaftlicfye  93ilbung,  befonberS  burd)  feine  t)eroor= 
oorragenben  pf)ofologifd)en  unb  gefd)id)tfid)en  ßenntniffe  einen 
gefeierten  tarnen  enoorbeu. 

8.  Barl  3ofepl)  öouginä. 

$erfelbe  ift  am  22.  SJlärj  1735  ju  <ßforjf)eim  geboren, 
©ein  SBater  mar  ber  lueftge  Kaufmann,  3ucferbäcfer  unb  SHatS* 
oermanbte  3.  3-  $3ougin6,  ber  früher  auS  93alencienne3  in 
Jranfreid)  auSgemanbert  mar  unb  fid)  in  ^ßforjljeim  niebergelaffen 
tjatte.  sJiad)  Sbfoloierung  ber  Sdjule  feiner  SBatcrftabt  unb  beS 
©umnafiumS  in  Rarlsrufye  (1724  oon  4>urlad)  nad)  bort  oerlegt) 
bejog  er  bie  Unioevfität  Bübingen,  mo-er  t^eologifdje  unb 
©pradjftubien  trieb.  9kd)  abgelegtem  (Sramen  als  ^ßfarrfanbibat 
mar  er  junädjft  in  ^for^eim  tfjätig,  mürbe  jebod)  fd)on  1758 
britter  Sefjrer  in  ftarlSrulje,  mo  er  1767  eine  ^rofeffur  erhielt 
unb  aümäfjlid)  bis  jur  erften  klaffe  oorrürfte.  1780  erhielt  er 
ben  (£t)arafter  eines  Äirc^eurateS  unb  1790  mürbe  ihm  baS 
iKeftorat  beS  ©nmnafiumS  übertragen,  baS  il)n  jmar  oom  ßlaffen= 
unterridjt  befreite,  mogegen  er  aber  93orlefungen  oerfd)iebener 
Stt  übernahm  unb  aud)  baS  oon  SKeftor  6ad)S  1775  gegrünbete 
lateinifdje  sJtebeinftitut  fortlegte.  3m  3al)re  1794  erhielt  er  bie 
Sigenfdjaft  als  geheimer  Rirdjenrat  unb  ftarb  am  29.  Sttai  1799. 
Unter  feinen  oielen  lateinifdjen  unb  beutfd)en  ©djriften  ift  feine 
£ilteraturgefd)id)te ,  bie  in  $ürid)  uon  1789 — 1792  in  fünf 
•iBänben  erfdjien,  am  befannteften  gemorben. 


Digitized  by 


J)fonl)ctm  unter  farl  fricbrldj- 


allgemeines. 

3m  3at)ve  174«  trat  Sttarfgraf  ftarl  Jriebrid)  im 
18.  2ebenSjal)re  bic  fltegierung  an,  nad)bem  erburd)  eine  oortrefflidje 
©rjiebung  burct)  ben  Unterricht  ausgezeichneten  &er)rer,  burd)  ben 
Sefud)  ber  9lfabemie  Saufanne,  bind)  Steifen  in  granfreid), 
ben  ^Heberlanben  nnb  Gcnglanb,  ficf)  für  feinen  tjofyen  Beruf 
oorbereitet  hatte,  hochbegabt  nnb  oon  ebelfter  ©eftnnung  mar 
fein  fieben  oon  nun  an  auSfdjliefjlid)  bem  2öof)le  feinet  SanbeS 
geroibmet.  9llle  feine  sJteflieruncj^l)anbluncjen  roaren  oon  bem 
SBunfdje  geleitet,  über  „ein  freiem,  rootjUjnbenbesf,  gefttteteS  unb 
chriftlid)e§  Bolf"  ju  gebieten. 

Bor  allem  lag  ibm  bie  geiftige  Bilbung  unb  bie  religiös 
fittlidje  (Srjiebung  ber  3ugeni)  am  .freien.  Tatjer  oermehrte 
unb  oerbefferte  er  bie  Sdmlen  unb  errichtete  BilbungSanftalten 
für  ®eiftlid)e  unb  £ebrer,  oeranlafite  ben  Sau  jtoecfmäßiger 
Sdjulbäufer  unb  fübvte  jur  gortbilbung  ber  auS  ber  Schule 
entlaffenen  jungen  Seute  bie  Sonntagsfd)ulen  ein. 

3ur  Steigerung  beS  SÖohlftanbcs  begünftigte  unb  unter* 
ftütjte  er  bie  (Errichtung  oon  ftabrifen  unb  trug  Sorge  für  eine 
beffere  5luSbilbung  ber  ©eroerbetreibenben.  $en  Sanbleuten  ließ 
er  Belehrung  über  jioerfmäfjige  Betreibung  ber  l'anbtoirtfdjaft 
geben  unb  Sämereien  oon  nutzbaren  ^flan^en  austeilen,  roie  oon 
£abaf,  Sujerne,  ttfrarfette,  ftrapp  :c,  rocldje  bis  bat)in  nur 
fpärlid)  ober  gar  nicht  angebaut  roorben  waren.  Seine  $ofgärtner 
ronrben  angetoiefen,  eble*  Cbftforten  51t  Rieben  unb  N#fropfreifer 
unentgeltlich  an  bie  Saubioirtc  abzugeben.  Um  bie  Biebaucht  ju 
beben,  lieg  er  auS  anbern  Säubern  beffere  fltinboiebraffen,  eMere 
sPferbe,  befonberS  auri)  auS  Spanien  SDterinofdjafe  einführen. 
Seinem  Sprüdjrcorte  gemäß:  „Weicher  Bauer,  reicher  3W/ 
that  er  überhaupt  alles,  ioaS  baS  SoS  beS  Bauersmannes  oer^ 
beffem  fonnte. 


Digitized  by  Google 


172 


^forabeim  unter  Barl  frrie&ricb. 


©eleitet  oon  bem  in  ftranfvetd)  cntftonbcncn  Spftem  ber 
^hufiofratie"*),  bem  „freien  6piet  ber  fträfte"  oertrauenb,  basbem 
Bürger  bie  greibeit  beliebiger  Verwenbung  aller  feiner  Vorteile  unb 
©üter  laffen  wollte  unb  ben  reinen  (Srtrag  ber  (9runbftücfe  als 
alleinigen  ©egenftanb  einer  Auflage  bezeichnete,  wollte  ber  SRatfgtaf 
biefe  ®runbfätje  in  bie  sßrari3  nmfetjcn.  ^ebod)  gebraudjte  er  bie 
weife  s-ßorfid)t,  bas  (Srperiment  suoor  an  brei  Dörfern  beS 
£anbe§,  barunter  aud)  Dietlingen,  $u  mad)en.  Die  s^robe  fiel 
weber  für  ba§  Srjftem,  nod)  für  bie  (9emeinben  günftig  au§, 
wie  bei  ber  Ginfeitigfeit  bes  elften  nid)t  anbers  511  erwarten  mar. 

2Bas  Karl  Jyriebrid)  für  bas  biefige  ftunftgewerbe  getban, 
bariiber  wirb  in  einem  fpäteren  ^hiffa^e  *2lusführiid)ere3 
mitgeteilt  merben. 

3«  ber  Diö>fe  ^forjbeim  mürben  bie  8onntagsid)ulen  im 
3abre  175.")  eingeführt.  £>err  Defan  Raffelt  erließ  1768  hier 
eine  6d)ulorbnurig.  Öleidje  Sorgfalt  wie  ben  Holfssjebulen 
erwies  Karl  griebrid)  aud)  ben  9)iittelfd)ulen.  ßbeufo  bulbfam 
wie  aufrichtig  fromm,  gemattete  ber  Swartgraf  ben  fatt)olifct)eii 
"Bewohnern  feiner  JKefibenj  unb  anberer  2täbte  Sktbaus  unb 
2d)ule  unb  oermehrte  bie  $abl  ihrer  C^eiftlichen. 

Die  michtigftc  unb  folgemeid) fte  3lnorbnung  bes  eblen 
SWarfflrafen  aber  war  bie  Aufhebung  ber  ^eibeigenfdjaft  im 
3ahre  1783.  Gin  großer  ^ubel  fdjallte  im  ganjen  Vanbe  biefer 
menid)enfreunblid)!teu  aller  feiner  Maßregeln  entgegen,  bie  einem 
Stolf  bie  Freiheit  gab,  meld)e  es  oerbiente  unb  311  [df)äfeen  mußte. 
Sin  Deufftein  oor  ber  Kirche  in  Eutingen  ift  heute  nod)  ein 
ftummet  unb  bod)  berebter  ^euge  bes  Dantgefübls  unferer 
s-öeoölferung.  Die  ^nfcljnft  lautet :  „Gabens  Marl  Jyriebrid), 
bem  Vater  feines  Voltes,  als  er  bie  Vetbeigenfdjaft  mit  ihren 
folgen,  famt  bem  3lbjug  aufhob  unb  bie  Siechte  ber  iWenfcbbeit 
berftellte,  feHte  biefes  Deufmal  bes  Dantes  bie  ($emeinbe  (Eutingen 
am  23.  ^suli  17s;i.  Sauberer  biefer  Straße,  jag'  beinern  l'aube 
unb  ber  ©eil  uufer  ©lücf;  bier  ift  ber  ebelfte  Stallte  Jyürft." 
3u  ber  gefamten  Staatsverwaltung  berrfcl)te  bie  größte  ürbnung 
unb  gemiffenbaftefte  Sparfamfeit,  bei  ben  Berichten  Villigfeit 
unb  (#ered)tigfeit  ohne  ^lufebeu  ber  sJ>erfon.  Marl  griebrid) 
fd)affte  bie  Dortur,  ben  barbarifdjen  Gebrauch,  baß  man  burch 
ausgefud)te  Martern  einen  Slugeflagtcu  $um  (>5eftäubuis  jmang, 
fd)on  17(h  ab,  befdjränfte  bie  ^Inwcnbung  ber  Iobe?ftrafe  unb 
traf  3luorbnungen ,  bind)  roeldje  bie  Strafbäufer  jugleid) 
Vefferungsanftaiten  für  bie  Verbrecher  werben  follten.  Müßiggang, 
i?anbftreid)erei  unb  Settel  würben  uid)t  gebulbet,  bagegen  würbe 

*)  Ston  ber  3lnfi<f>t  auftfteQenb,  bafi  bie  (Sirtwidlung  oon  (Meioerbe, 
#anbel  unb  $nbufrrie  nur  auf  bec  Wrunblage  eine*  gefunben  3lcfcrbauc$ 
erfolgen  lönne. 


Digitized  by  Google 


I 


I 

^forabcim  unter  &arl  ^riebrid).  173  I 

burd)  9lrmenftiftungen  unb  33efd)äftiguugSanftalten  bafür  (Borge 
s  getragen,  baß  ber  unoerfd)iilbeten  3lrmut  itjr  SoS  erleichtert  rourbe. 
3«  einer  |}eit,  ba  an  oieleu  Jürftenljöfen  Religion  unb 
Sitte  mit  fpottenber  Seidjtfertigfeit  bebanbelt  mürben,  gab  &arl 
Sriebrid)  baS  $teifpiel  ftreng  fittlidjeu  s3anbelS  unb  tiefer,  ernfter 
9teligiofität.  Gr  felbft  fdjrieb:  „(Sine  jebe  Sad)e,  bie  $um  Ahlften 
eines  SOTenföen  gereidjen  foll,  unb  alfo  nod)  oielmeljr  eine  foldje, 
bie  jut  SHufje  unb  3lufred)terl)altung  eines  Staates  unternommen 
wirb,  foü  mit  ©lauben  unb  (#ebet  angefangen  werben;  nur 
alSbann  fann  fie  jur  Gbre  (Rottes  unb  511m  ©eften  ber  Sftenfdjen 
gereidjen  unb  mit  Segen  gefrönt  werben."  5luS  biefer'religiöfen 
Sefinnung  ging  es  aud)  beruor,  baß  er  für  bie  r»erfd)iebenen 
sJieligionSgenoffenfd)aften  in  feinem  Kante  uid)t  nur  $ulbung, 
fonbern  aufvid)tigeS  unb  werftbätigeS  ^oljlwollen  fjatte. 

3)a  bie  beiben  Söljne  beS  XürfenbefiegerS  ^ubroig  Silljelm 
fiuberloS  ftarben,  gingen  ttraft  beS  (SvboertrageS  uon  1765  bie 
33aben=$aben'fd)e  ^aube  1771  in  ben  93efit3  toi  3riebrid)S 
über,  unb  fo  mürbe  uad)  238jäbriger  Trennung  bie  untere  unb 
bie  obere  9Äatfgraffdjaft  mietet  311  einem  einigen  StaatSmefen 
uereinigt. 

(Siuen  großen  Xeil  bes  ^erbieufteS,  baS  fid)  Marl  ^riebridj 
um  i?anb  unb  ^>olf  evmarb,  teilte  mit  il)iu  beffen  (Gemahlin 
Caroline  2  u  i  f  c  uon  .Reffen  ^armftabt.  Sie  mar  eine  Jyrau 
Don  reichem  (Reifte,  tiefem  Wemüte  unb  ebler  ©efinmmg  unb 
muvbe  beSl)alb  nid)t  nur  bie  s<8egrünberin  non  ifyreS  C9emat)lS 
fyäuSlidjem  ©lücf,  [onbern  wußte  and)  fein  IwbeS  Streben  für 
beS  SanbeS  Sohl  anzufeuern  unb  311  beftärfeu  unb  befaß  babei 
bie  eble  ^efdjeibenbeit,  ibren  füllen  (Einfluß  nur  jur  Chböbung 
feiner  vBürbc,  niemals  aber  jur  Öefriebigung  eigenen  £errfa> 
gelüfteS  anjumeuben.  Sir  werben  in  unferm  ^luffatje  über  bie 
(Sntwicfluug  ber  $ijouteriebrana>  Gelegenheit  l)aben,  bie  ftidjtigfeit 
biefeS  Urteils  311  3etgen. 

5luS  ber  (Sbe  mit  ber  Warfgväfin  Carolina,  bie  1783  ftarb, 
unb  am  18.  s)lpril  jenes  3aln?s  in  ^ßfor^eim  beigefetjt  würbe, 
gingen  außer  einer  iodjter,  bie  im  javteften  Hilter  ftarb,  brei 
Söbne  fyeroor,  Mail  ^ubmig,  ber  als  (Srbprin3  1801  311 
3lrboga  in  Sdjmebeu  burd)  ben  Sturj  beS  SÖagenS  oerunglücfte,  unb 
üou  bem  am  1(5.  Jebruar  1802  juerft  baS.frei^,  am  2. 3uni  beSfelbeu 
3at)reS  ber  Seidmam  in  ber  Stuft  311  ^forjbeim  beigelegt  würbe, 
g r  i  e b  r i d) ,  geftorben  1817,  unb  8 ub to ia  Si lh eint  21  u g u ft, 
ber  1830  oerftorbene  Rroßbersog.  Marl  griebridjS  3meiter 

@f)e  mit  ber  greiin  Maroline  $et)er  non  Reifersberg,  fpäteren 
(Gräfin  oon  .Ipocbberg,  erfproffen  brei  Söljne:  Eeopolb, 
Silbe  Im  unb  3Ji  aj i  m  i  l  i  a  n ,  fowie  eine  Xod)ter  Amalie, 
bie  fpätere  gürftin  0.  prftenberg. 


Digitized  by  Google 


174 


^forabcim  unter  Storl  frriebrid). 


$ie  föcttoluttousfriegc.*) 

3m  Sintern  beS  l'anbes,  rote  in  feinen  'öejuefjungen  nad) 
aufjen  fct)en  wir  ba§  babifdje  H'anb  unter  bei*  roeifen  Regierung 
Äarl  Jriebridjs  gebeifjen  unb  feine  Stellung  behaupten.  (Sin 
ruhiger  unb  begonnener  5ortfd)ritt  auf  allen  (Gebieten  ber  33er* 
roaltung,  bie  eifrige  unb  uerftänbnisuoüe  Pflege  ber  fünfte  unb 
©iffenfdjaften,  bie  umfidjtige  unb  fluge  (#eftaltung  ber  33evr>ält= 
niffe,  fowohl  ju  ben  europäifdjen  (Großmächten,  als  aud)  ju  ben 
(Sinjelftaaten  bes  beutfdjen  Weidas  fdjienen  bie  ®eroähr  einer 
weiteren  fegenSreid-en  Gntn>icfelung  51t  bieten. 

Da  fteüte  plötjlid)  ber  Ausbruch  ber  fran$öfifd)en  >Heoolution 
in  Jranfretd)  alle  @rrungenfd)aften  einer  toährenb  langer  Seit 
planmäßig  geleiteten  unb  Don  beut  befteu  Erfolge  gefrönten 
iRegierungSttjätigfeit  in  Jyrage.  Das  babifd)e  £auptlanb,  an 
langer  ©renjftrecfe  nur  buvd)  ben  SHtjein  oon  Jranfreid)  getrennt, 
bie  auf  bem  linfen  Ufer  biefeS  Stromes  gelegenen  (Gebietsteile 
im  (Jlfajj  unb  in  i'uremburg,  fonnteu  fid)  ben  (Sintoirfungen 
biefer  geroaltigeu  Bewegung  nid)t  entziehen.  Sie  machte  fid) 
oielmebr  alsbalb  unb  in  febr  empfinMtd)er  '©eife  geltenb. 

sJ)ht  bem  ^at)re  1 7H<>  beginnt  ein  Zeitraum,  roätjrenb  beffeu 
Sahen  an  ben  grojjen  Umgeftaltungen ,  roeldje  infolge  ber 
franjöfifdjen  Meuoiution  alle  Staaten  (Suropas  betrafen,  an  ben 
Reiben  unb  Drangfalen  langjähriger  Kriege  in  erfter  sJteibe  mit 
teilnahm.  (Sin  Seitraum,  tueldjer  s#abeu  eine  bebcutenbe  ^3er= 
gröfjerung  bes  (Gebietes,  bie  (hhöbung  beS  langes  innerhalb 
ber  Weihe  ber  beutfcben  Staaten,  oiel  ©lücf  unbiKubm,  aber 
aud)  oiel  Slenb  unb  Demütigung  brachte. 

(£S  bleibt  baS  unoergänglid)e  Verbienft  ftarl  griebridjs, 
baft  aud)  bie  alles  umroäljenben  (Sreigniffe  biefes  Zeitraums  in 
bem  babifd)en  l'anbe  fefte  unb  gefunbe  (Grunblage  fanben,  auf 
benen,  als  bie  -3a()re  ber  Prüfung  oorbei  maren,  ber  Neubau  bes 
StaatsroefenS  in  bem  (Reifte,  meiner  ber  neuen  $ett  entfprad), 
unb  bod)  in  beioufjter  9lnfnüpfung  an  bie  bewährten  lieber* 
lieferungen  ber  Vergangenheit  erfolgen  fonnten. 

Die  Skroegung  in  ftranfreid),  sie  urfprünglid)  oon  toirt* 
fdjaftlidjen  fragen  ihren  Ausgang  nal)m,  für  bie  unfere  Regierung 
eine  befonbers  rege  Teilnahme  l)egte,  befdjäftigte  bie  (Gemüter  in 
Karlsruhe  junädjft  nur  infofern,  als  man  ftc  mic  eine  merf« 
roürbige  Grjdjeinung  aufmerffam  beobachtete,  „mit  bem  9(uge  be§ 
s^l)^ofopt)en",  roie  (Sbelsbeim  fagte.  9lber  balb  geigten  fid)  bod) 
(Srfdjeinuugcu,  meiere  ju  einer  erufteren  Sluffaffung  aufforberteu. 


•)  v.  sli?ccdi,  bab.  (**>efct)icbtc. 

Äarl  ftriebridj  von  ^aben  oon  £r.  Wrtbur  Mrinfdjmibt. 
^flügcr. 


^forabeim  unter  Staxl  ftriebrid). 


175 


$en  ©eroaltthaten,  bie  aus  <PariS  gemelbet  würben,  folgten  halb 
ähnliche  in  ben  ^rooinjen,  aud)  in  benen,  bie  an  Vaben  grenzten. 
3m  Sunbgau  oollsog  ftd)  unter  bem  fianboolf  eine  Veroegung, 
bie  an  ben  Vauernfrieg  erinnerte.  Soldjen  (Sreigniffen  gegen- 
über hielt,  man  eS  für  nötig,  auf  ber  $ut  ju  fein.  Rad)  Rötteln, 
Vabenroeiler,  £od)berg  unb  Äet)l  mürben  Gruppen  gefd)icft,  um 
einen  etwaigen  (Sinbrud)  fremben  ©efinbelS  jurücfjumeifen.  AIS 
ftd)  im  Auguft  aud)  in  ber  9Harfgraffd)aft  Neigung  ju  AuS* 
fdjreitungen  zeigten,  ftellte  Karl  griebrid)  mit  einigen  tjunbert 
SJlann  rajd)  bie  Orbnung  roieber  her  uub  lieg  bie  RäbelSführer 
inS  ^forjheimer  #ud)thauS  abführen. 

$ie  (Jinmirfungen  ber  Vorgänge  in  granfreic^  machten  fid) 
aud)  balb  unb  in  fet)r  erheblichem  Umfange  auf  anbeten  ©ebieten 
geltenb.  3roifd)en  foer  franjöfifc^en  unb  ber  babifchen  Regierung 
fam  eS  ju  Reibereien  bejüglid)  beS  im  Vereidje  granfreid)S 
liegenben  babifchen  Amtes  Veinheim  unb  ber  in  fiuyemburg 
liegenben  £errfchaft  Robemachern,  bereu  SanbeSoberhoheit 
3ranfreid)  beanfprudjte. 

$er  Reichstag  erflärte  bie  Angelegenheit  ber  fold)ermafjen 
gefchäbigten  ReidjSftänbe  für  bie  feinige  unb  beriet  barüber  fo 
lange  unb  grünblid),  bis  ber  Krieg  ben  Verhandlungen  ein  (Snbe 
madjte.  Rod)  fdjärfer  mürben  bie  ©egenfätje  im  ©ommer  1790 
roegen  beS  Verhaltens  ber  beutfd)en  ©renjlänber  in  betreff  ber 
Aufnahme  fran^öfifcher  AuSgeroanberter.  Viele  berfelben  hatten 
am  Karlsruher  §ofe  ©aftfreunbfd)aft  gefunben,  bod)  forgte  man 
bafür,  baji  aus  ihrem  Verhalten  ber  franjöftfchen  Regierung 
feine  Schroierigfeiten  ermuchfen. 

3nsmifd)en  mar  bie  ©efahr  eines  Krieges  jroifchen  ftranfreid) 
einerfeitS  unb  Oefterretch^reußen  anberfeitS  nahe  gerüeft,  bie  für 
Vaben  um  fo  größer  mar,  als  ein  Ueberfall  ber  im  Qclfajj  an* 
gefammelten  fran&öftfdjen  iruppen  511  gemärtigen  ftanb.  Auf  baS 
Ultimatum,  meldjeS  am  25.  Januar  1792  bie  Rationaloerfammlung 
an  Österreich  richtete,  folgte  am  7.  Jebruar  ber  Abfd)luft  eines 
VünbniffeS  jroifchen  Oefterreid)  unb  Greußen,  unb  auf  bie  Veant* 
mortung  ber  franjöftfchen  Rote  am  21.  April  bie  franjöftfche 
KriegSerflärung  an  Oefterreid). 

2öar  aud)  bie  ^arfgraffdjaft  oorerft  oon  ben  Vorgängen 
noch  nicht  betroffen,  fo  mußte  fie  bod)  in  9JJitleibenfd)aft  gebogen 
roevben,  fobalb  ber  Krieg  bie  oberrheinifdjen  (Gebiete  berührte. 
Karl  5\riebrid)  ließ  bie  michtigften  Ardjioalien,  oiele  ^retiojen 
unb  einen  $eil  ber  Kaffe  nad)  sJ3forsheim  fdjaffen.  Um  aber  ben 
Untertanen  ihre  Verkommenheit  gu  nehmen,  erging  an  fie  am 
30.  April  ein  beruljigenbeS  ©eneralreffript.  3m  SJlai  fdjrieb 
9)laifonneuoe  an  (SbelSheim,  ber  9Jcarfgraf  merbe  oon  granfreid) 
für  etroaige  Verlufte  entfehäbigt, ;  menn  er  mit  bem  fchmäbifchen 


Digitized  by  Google 


17b  iptorgpeun  unter  Kail  tyncorta). 


Greife  neutral  bleibe,  3mmer  mieber  betonte  Sranfreid),  bie 
Cefterreidjer  müßten  53aben  uerlaffen,  ba3  nidjt  befugt  fei  $ur 
5tufnat)ine  öfterreid)ifd)er  Gruppen.  3113  im  3uli  1792  bie 
Oefterreidjer  plötjlid)  $tel)l  befetjten  unb  bie  Jyranjofen  bie  Drütte 
ablieben,  befdjmerte  fid)  ftarl  5l*ieorid)  in  Jyreiburg  über  bie£ 
eigenmächtige  SSorgetjen  unb  trieb  am  fcfyroäbifcrjen  Streife,  $el)l 
rafd)  mit  SheiStruppen  |U  befe^eu,  aber  uergebenS.  ©egen  (£nbe 
3uli  1792  begannen  bie  $urd)märfd)e  öfterreid)ifd)er  iruppen. 
Slurf)  ^forj^eim  fat)  in  93älbe  flriegSgäfte  aUer  s2Irt.  8m  1.  Cftober 
fd)on  uerbreitete  fid)  in  ftarlSrube  ba3  alarmierenbe  ©erüdjt,  bie 
Jranjofen  feien  über  bm  Wtjein.  $er  2flarfgraf  befdjlofj,  mit 
feiner  Jämilie  nad)  SHaftatt  511  geben,  fein  Militär  borten  $11 
äieljen  unb  fid)  ben  Oefterreidjern  511  nätjern.  sMeS  Sertoolle 
foüte  nad)  s]3forjt)eim  gejdjafft  werben,  unb  eine  allgemeine  glucfjt 
begann,  bereits  waren  bie  ^rinjen  nad)  iHaftatt  unterroegS, 
als  fid)  bie  ^rrigfeit  beö  ©erüd)tes  herausstellte  unb  man  brachte 
nur  2trd)inafieu  nad)  ^forjbeim.  2)od)  blieb  bie  gurd)t  nad) 
tote  uor  biefelbe  unb  bas  3(rd)iu  mürbe  baber  oon  ^forj^eim 
nad)  Ulm  geferjafft.  9lm  28.  Cftober  erfdjienen  bier  bie  erften 
franjöfifdjen  Emigranten,  9U>elige  unb  ©eiftlidje  aus  bem  Elfafj, 
bie  fid)  aber  balb  mieber  entfernen  mußten,  weil  in  ber  «Stabt 
„miri)tige  Staatseffeften  aufbewahrt  mürben  unb  bie  Emigranten 
5U  einem  Ueberfall  reiben  tonnten".  Solche  glüdjtlinge  erfdjienen 
aud)  Anfang  1 794,  als  bie  ftranjofeu  Wl  Speier  unb  bie  obere 
sJ$fal$  oorgebrungeu  roaren,  ebenfo  im  Wouember.  Sie  trieben 
fid)  bettelnb  in  ber  Stabt  herum  unb  oerlteften  biefelbe  nur 
jum  £eil,  als  1795  ein  roieberfjolter  Befehl  erfolgte,  bafj  fte,  mit 
Ausnahme  ber  ftranfen,  sJ$for$beim  fd)leuuigft  uerlaffen  müfjten. 

si*on  1792  an  mürbe  ^forjbeim  uiclf  ad)  uon  &urchmärfchen 
unb  Einquartierungen  faiferlidjer  Gruppen  l)eimgefuci)t.  Lieferungen 
unb  ßriegsfrormben  nabmen  bie  Littel  ber  faum  mieber  erblühten 
Stabt  bebeutenb  in  Slnfprud).  3m  3abve  1795  mußte  fic 
5200  ©ulben  aufmeuben.  3"  sßforjl)eim  befanb  fid)  ein  faifer^ 
lidjes  9)kgasin,  unb  bie  Stabt  biente  sugleid)  als  ftranfenabftojj 
beim  Transport  berfelben  nad)  Solitube.  1795  ftanben  biesfeits 
unb  jenfeits  gemaltige  |>eere  einanber  gegenüber.  $om  lieber* 
rtjein  bis  s}M)ilippsburg  unter  Elerfait  7(5  000  Sftann,  von  ba 
bis  SBafel  unter  ÜBurmfer  100  000  Üflauu,  beffen  £auptmad)t 
oberhalb  greiburg  ftaub. 

9lad)bem  bie  oerbünbeten  .peere  oon  s$id)egrü,  S^urban 
unb  ,£>od)e  über  ben  iHf)ein  nad)  ben  sJcieberlanbeu  unb  als  biefe 
erobert,  noef)  weiter  ^urücfgetrieben  morben  maren,  trennten  fid) 
Ceflerreid)  unb  ^reufjen.  Letzteres  fd)lofj  mit  ^ranfreid)  fefjr 
unrühmlich  ben  Safeler  ^rieben  1795,  mäbreub  Oefterreid)  ben 
Ober*  unb   ÜDtittelrfyein  beefte  unb  bamit  ben  Sunfd)  ber 


Digitized  by  Google 


Worpheim  unter  Barl  ftriebrid).  177 

fübbeutfd)eu  >Keid)sftänbe,  fid)  gleid)  s.)lorbbeutid)laub  neutral  jui 
ert'lären,  burchf teufte.*) 

Am  22.  September  begab  fid)  Marl  Jvriebrid)  und)  Ulm, 
unb  bas  Webeimratstollegium  übernahm  bie  ^Kegterung,  Als  aber 
ber  öfterreid)ifd)e  Toppeiabler  fid)  mit  aller  (bemalt  auf  beu 
Jyeinb  [türmte  unb  (ilerfait  fiearetcl)  mar,  febvte  ber  attarfgraf 
uad)  Karlsruhe  surücf.  Aud)  feine  Familie  tarn  oon  (Göppingen 
unb  Ulm  (£ube  Cftober  uad)  i*fortsbeim. 

3m  ?\\\ri\  1  7«m;  brangeu  bie  iyranjofen  unter  9)Joreau, 
■so  ooo  ffftaxm  ftarf,  jmifdjen  Rüningen  unb  i'eopolbshafen  über 
beu  Wbein,  mobureb  bie  $larfgraffd)aft  Nabelt  pm  Mrieg?- 
fd)aupla^e  mürbe.  Ter  ÜJJlarfgraf  50g  mit  beu  Seinen  uad) 
^forjbeim  unb  befdjloft,  im  JJafle  ber  sJiot  uad)  SBfirjburg 
Sil  flüd)ten. 

Am  <>.  17JMi  hatte  (ir^ber^og  Marl,  mohl  ber  einzige 
Heerführer,  mekher  al*  fokber  Napoleon  ebenbürtig  mar,  Stellung 
genommen  jmifdjen  (Ettlingen  unb  Wiblburg.  Tie  Sachfen  hatten 
st*f Olxheim,  einige  Abteilungen  bie  .{uiben  bei  Vangenfteinbad), 
?Hotl)enfol,  iyrauenalb,  A>errenalb  unb  Loffenau  befetjt,  mäbrenb 
bie  tftattyofen  unter  SDloreau  smifdjen  Wernsbad)  unb  Ctter*borf, 
ihre  :Keferoeu  bei  (£berftein,  Sinzheim  unb  Co*  [tauben.  3ebe 
Armee  mar  gegen  HKOOO  Wann  ftarf.  Am  J>.  ^uli  griffen  bie 
Jyeinbe  bei  Motbenjol**»  an,  um  gegen  ^forsbeim  oorjubringen. 
obr  linfer  Flügel  begann  erft  nadjmittags  beu  Angriff  bei  ^lalfd), 
als  ber  redjte  bereit*  im  Vorteil  mar.*"'  )  Turcb  bas  Skieben 
feine*  linten  Flügel*  aber  mürbe  ber  drj&erjog  Marl  genötigt, 
fid)  am  10.  3ult  uad)  Olxheim  prücfywebeu,  bas  er  aud)  am 
felben  lag  nod)  burd)  einen  augeftrengten  Warfd)  erreidHe,  unb 
mofelbft  er  fid)  mit  beu  gefd)lageuen  Gruppen  bes  (General* 
Statin  unb  bem  fächfifdjeu  Morps  oereinigte,  Ü*ou  iWorean 
bebräugt,  sog  er  fidi  weiter  uad)  Sd)maben  unb  gegen  bie  Tonau 
^urürf.  Am  1.").  ^suli  171K1  rütfteu  bie  erften  Jrangofen  in 
^for^heim  ein  unb  geigten  alsbalb,  baft  fie  ihre  hier  looblbetannteu 
Münfte  im  Requirieren  unb  ^ranbfdiat^eu  nicht  oerlernt  halten. 
Auf  bieMuube  00m  llebergang  ber  Jyvanftofen  bei  Mehl  oerfammelten 

*i  ^fonbeim  hatte  um  Mcfc  .Seit  beinahe  bie  (ihre  aebabt,  in  feinen 
ütatiern  einen  fraiuöfifdjfii  ihroiunitteubenten  beherbergen  *u  bürfen. 
„iKonfeia.neur",  ber  fiel)  feit  beut  iobe  be>>  uncxhtcflicbrti  Tmipbin  vubioia,  XVIII. 
nannte,  brachte  ben  antbeniaen  i'Jarfcjrafen  udinlid)  in  uidu  a.crincic  ^or 
lea.ciibeit  burd)  bie  »iotififation  feiner  „^jroubefteiauna.''  unb  bie  ^itte,  fid)  in 
^forU)eim  einftmeilen  al«  Wraf  uon  vilie  aufhalten  \u  bürfen.  irrftereo  mürbe 
biplontatifd)  uermerft,  lebtere*  höflich  abgelehnt. 

••l  iluf  ber  alten  :Kömerftraüe  uon  Grönheim  uad)  ^aben -^abeu. 

***)  Irin  leil  ber  vocftflartic  bei  :Vcufati,  iuo  ber  vauptfamof  ftattfanb, 
hat  heute  nod)  beu  Hainen  „,v  1 a  n  um*  cn  d  rt  e  r"  unb  tft  feit  einigen  fahren 
mit  ,vord)eu  beurlaubt. 

12 

Uigitizeo  by  Google 


178  ^forabeim  unter  Storl  ftriebrid). 

fict)  ber  sJ)kgiftrat,  bie  fürftlicben  Liener  unb  utele  von  ber 
Vürgerfdjaft,  um  über  bie  Verhaltungsmaßregeln  ju  beraten. 
(£ine  Deputation,  beftet>ctib  au?  ben  "Beamten  Baumgartner  unb 
(Sifenlobr,  brei  sD«tgliebern  bes  sJWagiftrat$,  Vujarb,  lohnen 
berger,  Tenuig,  mit  Vürgermeifter  (feiger  unb  fed)?  uon  ber 
Vürgerfdjaft,  ging  ben  fernblieben  Truppen  entgegen,  um  eine 
milbe  v33cbanblung  ber  otabt  m  erbitten.  Tiefe  Vorfidtfsmaßreael 
mar  nidjt  unnötig  ;  beim  man  weiß,  baß  bie  3an*culotten  aud) 
nad)  bem  am  25.  ^uli  unb  22.  ^luguft  erfolgten  ^rieben  unb 
trotj  bem  sJlnfd)lag  an  ber  (>Heu$e  „tenitoire  de  Bade,  pavs 
neutreu,  gar  mandje  ihrer  Vebürfniffe  auf  Soften  be?  i'anbc? 
•m  befriebigen  mußten,  baß  basfelbe  unter  orbentlidien  imb 
außerorbentlidKn  "Kequifittouen  fdjmer  ,m  leiben  hatte.  'Bei  bem 
Vorbringen  be*  Jyeiube*  im  ^uli  fam  fo  eine  unregelmäßige 
3d)ar  besjelben  nad)  Öhringen,  requirierte  für  10  000  (Bulben 
Sein  unb,  jo  heißt  e?  in  bem  VeridU  plünberte  bafür 
in  ber  (^egeub  weniger,  b.  I).  in  Öhötjingen  nur  für  etwa 
17.JOO  (Bulben,  in  xi(ue  für  l!M>oo  Bulben/'  Unter  ^lünberuug 
litt  ^forftbeim  felbft  allerbing?  weniger,  härter  bagegeu  bie 
l'anborte,  mo  ^lünberuug  an  ber  lagesorbnuug  mar.  3o 
mürben  beifpielsweife  in  Tietlingen  am  15.  ^uli  bie  meiften  .£>äufer 
geleert  unb  bie  (Sinmoljner  oou  Kopf  bi*  ,m  Juß  ausgesogen. 

5(m  25.  ,)uli  fd)loß  ftarl  Jyvicbvia)  einen  ^affeufttllftanb 
mit  ber  Wepublif.  Vabeu  hatte  ,m  leiften :  2  Millionen  *!iore? 
bar,  bie  l'ieferunq  oon  looo  ^f  erben,  500  }ld)fen,  25000  ;)tr. 
Arud)t,  12  000  3äde  .Oafer,  5oooo  v^tr.  .\>ch,  25  000  ^aar 
3d)ube  ober  für  je'oe?  3türf  5  Viurcs.  3t  n  .Kontributionen 
mußte  ba?  Cberamt  ^foi^heim  leiften :  2H0  ooo  (Bulben,  bieroon 
bie  3tabt  allein  41  825  (Bulben.  Tie  Jyrobnben  bauerten  fort 
trat}  Saffenftillftanb.  VJäbrenb  be?  Zinnat?  ^tuguft  mußte  bie 
3tabt  liefern:  10  Karren,  oo  ^wei--,  11  brei*,  H2  uierfpännige 
fuhren,  bam  J)fs  Vorfpanm  unb  !>  'Heitpferbe,  im  ($an$cn 
43?S  3türf  Vieh.  (Sineu  evbebenbeu  (£inbrutf  mad)t  ba*  "ileifpiel 
patriotifdjen  Cpfennutcs,  weldies  bie  ^for^heimer  Bürger  in 
jener  ;}eit  ber  s)lot  gaben.  (*?  mar  ber  Regierung  unmöglid), 
bie  allgemeine  Jtontributionslaft,  meld)o  bem  t'anbe  auferlegt 
mar,  au?  3taatsmitteln  ,>u  tragen,  fie  maubte  fid)  batjer  au 
uermöglidje  Bürger  um  Veifteuer.  Von  ben  ohnehin  fdjon  jdjmer 
genug 'beimgefudjteu  ^forjbeiinern  gaben:  .ftanbelsmann  Tennig 
70oo'  (Bulben,  Aabritant  Si  i  c  h  n  l  e  :i200  (Bulben,  .s}amnievroerfc- 
befiuer  V  i  b  e  1 1  unb  V  e  n  rf  i  f  e  r  .-u)oo  (Bulben,  ber  Watsoermanbte 
Treher  2oo<>  Bulben,  anbete  looo,  soo,  ooo  (Silben  u.  f.  m. 
oin  3eptember  17«m;  fprad)  bie  Vebörbe  bem  .panbelsmann 
Sohn  lid)  ihren  befonbereu  Tauf  au? ,  weil  er  „in  ben 
bringenbfteu  unb  gefahruollften  ilmftäuben  ber  ^taot  mit  fo 


Digitized  by  Google 


Worpheim  unter  Jtorl  frriebrtcb.  1 79 

anfehnlidjen  ®elbmitteln  unb  anbevn  ^orfdjüffen  auf  eine  bereit^ 
willige  uub  rühmliche  3&eife  an  Rauben  gegangen  unb  baburd)  bie 
Stabt  oor  manchem  beoorgeftanbenen  grojjen  Unglürf  jn  befreien 
Geholfen  bat." 

dJcoreau  unb  ^ourbau  waren  iujwifdien  in  Maliern 
eingebunden  unb  Napoleon,  bev  bie  l'ombarbei  untermovfeu 
Öatte,  mar  beftrebt,  ben  beiben  bie  töanb  ftu  bieten.  3tbcr 
oouvban  würbe  in  Sdjlacbten  oou  (£r}ber(sog  Marl  gefdjlagcn ; 
in  loilber  Jylucbt  eilte  fein  .tfeer  bem  Wbeiue  ju.  3)ioreau  bemerf 
ftelligte  nunmehr  feinen  in.^wifdjeu  berühmt  geworbenen  >Kücf$nci, 
uad)  welchem  30  000  Cefterreidjer  in'?  l'anb  rürften.  31m 
7.  September  ftanb  (*r1>beri.og  Marl  mit  jeinem  .freere  in  $Me«lod), 
$)lingol*neim,  Büchenau,  Untcrgrombad),  'Hotb,  .frambrütfen.  Tie 
Jyranjoien,  weldjc  ficii  au*  Brucbfal  jmuictjogeu,  würben  bei  Unter- 
grombach angriffen,  retteten  fid)  bind)  Umgebung  be*  Wid)el*berge* 
unb  famen  nad)  4tägiger  Jvludjt  oor  bem  uadjictjenben  Jeinbe 
in  Mehl  an.  Tie  Cefterreidjer  behanbelten  Babeu,  fett  e*  fid)  mit 
Jyranfreid)  in  3rteben*untcrbanbluna,en  eingelaffen,  wie  Jyeiubes* 
laub  uub  requirierten  feit  Cftober  gan^  mafUo*.  Wadjbem  fie 
fd)on  am  14.  September  eine  Befcbießuug  Marl*ruhe*  unter 
nommen,  rücfte  am  3.  Cftober  ber  Berirab  unter  bem  ^riu^en 
tum  Cranien  in  bie  ^Hefibenj  ein ;  am  4.  erfct')ien  Ürjberjog  Marl 
felbft,  ber  au*  feinem  (Grolle  flehen  bie  'Kegierung  feiuerlei  .frebl 
machte  unb  jogar  ba*  ifanb  \uv  Bewaffnung,  alfo  >um 
sJceutralität*bruch  mit  Jyraufreid)  aufforberte,  ohne  natürlid) 
bamit  (Srfolg  in  haben. 

Bi*  jum  ^riebenvfd)lnu  hörten  bie  (£inquartierungen  unb 
Wequifitionen  bei  ben  i>for*bennevn  nicht  mehr  auf.  tfublid) 
trat  17i>7  nach  einer  flewaltiflen  .^eere^aufftelluiui  am  ^ibeiu  unb 
einigen  unbebeutenbeu  (Gefechten  ^affenftillftanb  ein,  bem  fpäter 
ber  triebe  oou  Gtampo  Jvormio,  fowie  ber  burd)  ben  Wefanbten 
morb  berüd)tigte  Moniiren  oou  :Haftatt  folgte. 

3lber  febon  17!»«»  begann  ber  Mrieg  wieber  auf?  neue.  (*r 
ift  befannt  unter  bem  Flamen  be*  2.  Moalitiou*triege*  unb  würbe 
oou  Cefterreid),  Wußlaub,  ($nglanb  unb  bev  lürt'ei  gegen  bie 
fran(5öfifd)e  Wepublif  geführt.  V-U>ir  erwähnen  au*  bem  Verlaufe 
be*felben  nur  ba*  für  unfern  ;}mect  Nichtige.  ,x\m  Frühjahr  17!»;» 
ftanb  (Sr$ber$og  Marl  mit  lir>ouü  s))lam\  am  ')ibein  unb  in 
Schwaben.  Oshm  gegenüber  ftanb  eine  ebenbürtige  feiublid)e 
sJJ?ad)t.  s&tieberholte  Uebergänge  be*  ^einbe»  über  ben  »ibein 
brachten  ben  Mrieg  and)  in  unfere  Italic.  (£*  fanben  treffen 
ftatt  bei  Bietigheim,  Obrigheim,  Stein vfurt,  Cbenbeim,  Ceftringen, 
•löorrenberg,  ÜiMeMod).  x)n\  .perbft  lag  General  i'ecourbe  oom 
-2.-4.  Otonember  in  sPf  Olxheim,  währenb  taum  '  ?  Staube 
entfernt  bie  fran,^öfifd)en  ^orpoften  ftanben.    (£r  erflärte  $war, 

12* 


Digitized  by  Google 


180  ^fotabetm  unter  Rat!  frriebrid). 

♦ 

bie  9Warfgrafict)aft  frcunblid)  bebanbeln  $u  wollen,  requirierte 
aber  wieber  in  bekannter  Weife.  31m  5.  Wooember  räumten  bie 
Sranjofen  ^forftbeim,  nadjbem  ihr  ginira]  en  chef  ben  (Ein- 
wohnern noch  500  Souisb'or  abgefnöpft  hatte.  £urd)  Weichstag? 
befdjlug  oom  8.  Wouember  würbe  Der  allgemeine  Weichsfrieg 
befdjloffen.  vJiad)bem  im  Dezember  bie  lyranjofen  über  ben 
Whein  fturücfgewicheu  waren,  begannen  fie  am  25.  April  lsoo 
wieber  ihre  Bewegungen  bei  Kehl  unb  Breifadj  unb  blieben 
fortan  aud)  fiegreid).  3eit  ^nui  mürbe  Baben  al*  neutral 
behanbelt  unb  oon  jeber  Kontribution  frei  gehalten. 

3lm  21.  Wouember  hatte  (General  3)(oreau  eine  ^ufammen-1 
fünft  mit  Karl  ftriebrid)  in  ^forjbeim,  wobei  er  wieberholt 
oerfprad),  alle*  thun  ju  wollen,  um  bie  Kriegslagen  oon  Baben 
fern  ju  holten. 

Der  triebe  uon  CflnneoiUe  madjte  biefem  Kriege  ein  (Snbe. 
dv  brad)te  bas  ganje  linfe  Mbeinufer  au  Aianfreiri).  Philipp* 
bürg  aber  würbe  jurütfgegeben. 

Xnvd)  ben  fog.  Weid)*beputationsbauptfd)lufl  1808  erhielt 
.Karl  Sviebrid)  ben  Kurfürftentitel  unb  als  Vergrößerung  jeiue* 
l'anbes  bas  Bistum  Konftanj,  Seile  bes  Bistums  3peier  (ben 
Brubrbeini,  ^Bafcl  unb  3trajjburg,  bie  Remter  ^'abenburg, 
Bretten  mit  Weingarten,  .V>eibelberg,  bie  <V>errfd)aften  ifabr, 
Fichtenau,  bie  Abteien  3dimaijad),  Aiauenalb,  Allerheiligen, 
^iditenthal,  Wengenbad),  (Sttenbeimmünfter ,  ^etersbaufeu, 
Weidenau,  Cebriugeu,  3cbuttern,  3alem,  3tift  Cbeuheim,  bie 
Weidjsftätte  Cffenburg,  Wengenbad),  Ueberlingen,  x}>fullenborf, 
Biberad)  unb  Wimpfen,  im  ganzen  <>2  Cuabratmeilen  mit 
250  000  Einwohnern.  Baben  war  bamals  122  Cuabratmeilen 
groß  unb  wählte  450  000  (£inmobnev.*> 

*)  irines  iHortommniffes  aus  biefer  tteriobe  fei  liier  getauft  weil  es 
bcit  (Sbaralter  von  Gabens  Woll  unb  ,vurft  aleid)  frijavf  fenmcidinct:  %\m 
3omntcr  hielt  fid)  ber  }Jiarfa,raf  Innrere  ,^cit  in  Mullheim  auf.  (iines 

xUbcnbS  nun  hatten  republitanifd)  gefinnte  itiänncr  aus  ber  llmgegenb,  teilmeife 
oermogenbe  ^Urger  uon  Püggen,  bie  ihre  .iufammentünfte  hielten,  ben  alberneu 
(ftttfaU,  bis  an  ben  caum  bes  halbes  \u  fommen  unb  \n  rufen :  „(5s  lebe 
bie  Mepublif!"  worauf  fid)  bie  Felben  idjnell  mieber  aus  bem  -rtaube  maduen. 
Marl  ^riebrid)  aber  lieft  bie  biet  befaunteften  baoon  burd)  vuifaren  fogleid) 
nad)  i|for*betm  ins  ,Sud)tbaus  fuhren,  unb  als  bie  ^oraejetuen  uon  flüggen 
fid)  bei  ihm  jur  flubieru  melbeten  unb  ber  jiocite  ftd»  entfdiulbigte,  er  habe 
bie  ^eftrebungen  bes  erften  i<orftanoes  uid)t  hinbern  tonnen,  bornierte  ihn  ber 
fonft  fo  mitte  AÜrft  an:  „Mt  beuu  ber  weite  ein  Tropf?"  Tann  berief  fid) 
ber  Marfgraf  auf  altes,  ma*  er  feit  Anfang  feiner  rHegterung  aud)  biefen 
Wemeinben  getbau  unb  aufwerte  feine  irntriiüung,  bau  er  in  feinem  Hilter  hier 
foldie  Irrfabrungen  machen  muffe.  Tie  fluggener  boten  ihn,  er  möge  ueneiben 
unb  oergeffen;  fie  feien  feine  treuen  ltntertbanen,  nerfteberten  fle#  unb  er  möge 
ihnen  mieber  bie  (ihre  feines  Wcfucbes  idicnfeu.  Marl  ^riebrid)  gab  ihren 
bitten  nad)  unb  nad)bem  er  bas  uon  republifauifcher  (^efinnunti  freie  Maubern 
befudit,  tarn  er  aud)  tu  bas  Torf  2Uta.a.en,  mo  er  mit  offenen  Firmen  empfanden 
mürbe.  Tie  ins  Zuchthaus  Hefperrten  mürben  iiclinbe  behanbelt  »mb  halb 
freigegeben. 


«Bforsbeim  unter  Barl  Sriebricb.  181 

Tva ft  f amtliche  geiftlid)e  iHeichsftänbe  würben  fäf'ularifiert, 
b.  b.  fie  hörten  auf  ju  beftehen,  unb  it»vc  £änber  würben  aubern 
jugeteilt.  Hon  48  9teid)sftäbten  blieben  nod)  <>.  $)er  9flarfgraf 
erhielt  neben  feiner  Rangerhöhung  beu  oben  angeführten  Sänber* 
Mtwadjs,  um  sBaben  al*  widriges  ©renjlanb  $u  ftärfen.  Statt 
Sriebrid)*  märmftes  Beftreben  mar  jetjt,  beu  neuen  Rauben  bie 
Segnungen  ber  alten  (yi  bereiten  unb  mit  unermübtid)er 
©ewiffenbaftigfeit  für  fie  511  forgen.  ©an$  im  ©egenfa^e  ju 
aubern  Surften,  bie  in  ben  neuen  Rauben  alle*  umgeftalteien, 
fud)te  er  möglichft  ba?  Beftebenbe  511  oerwerten  unb  Steuerungen 
511  uuterlaffen,  fobalb  fie  nidjt  abfolut  notmenbig  waten.  9ftilbe 
unb  oerföhneub  führte  er  bie  neuen  Untertanen  511  ben  alten 
herüber. 

4Bährenb  nod)  ftarl  ^riebrtd)  mit  ber  neuen  Crganifation 
befdjäftigt  mar,  brach  ber  b  ritte  Ä  oalitionsfrieg  au*. 

(9egen  ".Napoleons  Umfid)grcifen  fchloffen  Cefterreid)  unb 
s.Kußlanb  am  0.  Siooember  1804  eine  Mianj,  ber  fid)  and) 
(Snglanb  unb  8d)meben  aufklaffen.  Napoleon,  ber  fid)  in  biefem 
Csahrc  511111  ftaifer  ber  Jyranjofen  gemacht,  fetzte  fid)  im  folgenden 
3ahre  aud)  bie  lombarbifdje  .Uroue  oon  3 talien  aufs  -jpaupt. 
^ielfad)  ift  es  ftarl  Sprich  oerbad)t  morben,  baß  er  fid)  in 
feinem  ©ratulationSfehreiben  au  '.Napoleon  „ben  gehorfamften  unb 
ergebenften  Liener  «einer  ftaiferlidjen  unb  .Üöniglid)en  s3Jlajeftät" 
nannte,  2lber  bie  (Sriftenj  feine?  Raubes,  Cefterreichs  unb  bes 
morfd)cu  :Keid)e*  jmeifelbafter  Sd)utj  ber  Weidjslanbe  zwangen 
ben  fonft  burd)  unb  burd)  beutfd)en  Surften  511  Schritten,  bie 
ihm  fid)er  fd)mer  genug  mürben.  }(ud)  biesmal  fud)ten  bie 
fübbeutfeheu  Staaten  neutral  511  bleiben  gteid)  Greußen ;  ba  aber 
ihre  (Gebiete  an  Napoleons  oeerftrafje  lagen,  fdjlug  er  iln 
Wefud)  runb  ab.  5urd)t  unb  Ghrgeij  zugleich  trieben  bie 
fübbeutfeheu  Surften  in  Napoleon?  i'ager  unb  Cefterreid)* 
Bemühungen,  fie  an  fich  311  lotfen,  waren  oergebenS.  Anfangs 
bad)te  Napoleon  fogar  barau,  oon  33aben  8000  ißlann  311  forbern. 
vsn  foldjer  ^?age  bacfjte  Äarl  Sriebrid)  an  bie  fd)öne,  ruhige, 
marfgräflid)e  ;^eit  ,yirürf  unb  oft  rief  er  aus:  M2lls  ÜSWarfgraf 
mar  ich  tnd),  jetjt  bin  id)  fturfürft,  aber  arm  unb  ohnmächtig." 

3m  September  begannen  bie  Sciubfeligteiten.  s^for$beims 
i'agc  an  ber  alten  £)eerftraße,  bie  ben  Cberrbein  mit  Sd)maben 
oerbiubet,  bradjte  es  mit  fid),  baß  bie  Slapoleon'fdien  peere  aud) 
biesmal  wieber  unfere  Stabt  paffierten.  JtEBte  wichtig  bem 
(Eroberer  biefe  Straße  mar,  geht  barau?  heroor,  baß  er  jmifdjen 
Auerbach  unb  (Sllmenbingen  bie  fog.  Bärenfteige  als  ffirjere 
irace  anlegen  ließ  für  bie  sJ0carfd)route  Straßburg,  Ettlingen, 
N#for$heim,  Stuttgart,  welche  aud)  biesmal  mieber  benufct  würbe. 


182  Ufotabctm  unter  Rarl  frttebrid). 

%m  September  trafen  bie  bfterreicbifdjeu  Tragoner 
Wofenberg  hiev  ein,  bie  uon  .V>ed)iugen  über  "Jtagolb  unb  tiaUv 
tauten  nnb  nacl)  Mannheim  folltcit.  Sag*  barauf  (tieften  biefelbeu 
auf  beu  frau,H>iifd)en  Vortrab,  wenige  Kilometer  uon  ^for^eim 
entfernt.  Tie  Angreifer  sogen  fid)  rafd)  über  Stuttgart  jurürf. 
*)lm  2s.  3eptember  tarnen  fvaii^öfifdK  AMifareu/  unb  uom 
2J».  3eptember  bi*  2.  Cttober  paffierten  bie  ttorp*  ber  si)larfd)äUe 
$lcu  unb  l'anne*,  ioro»e  be*  xj>rin$eu  Wurat  unfere  3tabt.  5lm 
2.  Cttober  fam  bie  faiierlidje  (Garbe  unter  Venera!  Cubinot 
unb  .ttaifer  Napoleon  iclbft.*i  vxsn  biefen  wenigen  Tagen  waren 
noooo  Wann  mit  :Hoh  unb  ^age"  burdwiarfcbiert :  4oboobauon 
hatten  in  ber  3tabt  Cuarlier  belogen,  fo  baft  maud)e*  .pau* 
40,  :>o  unb  <>o  3olbateu  ju  beherbergen  hatte.  (Sin  (Glücf,  baf. 
bie  Waffen  halb  wieber  weiter  ^oc^en.  'Haben  muBte  fein 
(Kontingent  mit  :>4o<»  Wann  al*  Verftärfung  ftellen,  ba*  ber 
(Generalmajor  v.  Warrant  befehligte,  unb  ba*  al*  felbftänbige 
Abteilung  bem  (General  Vauriftoi*.  uutergeorbnet  mürbe.  Ter 
Unterhalt  feiner  Gruppen  toftete  'Haben  uon  IHO^— 8  jährlidi 
1  H8H2(»4  Bulben.  Tie  uonGfapoleon  befürdjtete  (Gefahr,  xl*for$beim 
unb  fein  Jvort  tonnten  beu  Cefterreid)ern  in  bie  .y>äube  fallen, 
trat  burd)  Warf*  erbärmliebe  Kriegführung  nid)t  ein.  Terfelbe 
übergab  am  17.  Cttober  Ulm  unb  am  2.  Te*ember  erfolgte  bie 
TreitaiieiKhlacht  bei  ?lufterlin,  loeldie  beu  ,"velb<uig  eutfd)ieb  unb 
ben  ^refiburger  trieben  herbeiführte.  x"stt  biefem  erhielt  Karl 
Aiiebrid)  abermal*  für  fcni  ifaub  einen  ftattlidjen  (Gebiet*$awad)« 
burd)  ben  Vrei*gau,  bie  Crteuau  unb  bie  3tabt  ftonftan*.  Ter 
Kurftaat  wählte  nunmehr  i:>7>  C.uabratmeilen  unb  oiM  ooo 
(Einwohner. 

sJ(m  10.  Januar  lso<;  legte  fich  Marl  Jyriebrid)  beu  Titel 
„fouoerainer  Murfürft"  bei  unb  fügte  am  Hl.  Januar  beu  al* 
,,A>er*og  uon  ^abringen"  hin^u  meinen  ber  3tanuuburg. 

Ter  :Küefmaridi  nad)  Aiantreid)  erfolgte  auf  berfelben 
(ftappeuftrane,  Ofapoleon  mit  ber  .Uaiferin  ^ofepbine  fam  auf 
feiner  rHeiie  muh  vl>ari*  am  :>o.  Januar  mieber  burd)  HJ>fovjibcim. 
Tie  heimyehenbeu  I nippen  führten  and)  bie  Kriegsgefangenen 
mit.  \>lm  "'».  unb  t.  Januar  1  s<m>  >ogen  gegen  <>0(>0  gefangene 
'Kuffen  burd)  bie  3iuM.  Tie  einzelnen  liupp*  mürben  nacbi* 
in  ber  3cblofrtirdte  eingefperrt.  NJlin  1l\  unb  l.'J.  Januar  soweit 
wieber  .")00— <;oo  gefangene  Muffen  burd),  bie  ftd)  infolge  ber 
3trapa^eu  unb  mangelhaften  Verpflegung  in  elenbem  ^uftonbe 
befanben.  Viele  ttarben  rafd)  weg  ober  blieben  in  bem  im 
3diulhaufe  erridjteten  Wilirärlawretb  liegen,  wo  fic  gröfltenteil* 

*i  .Hin  ^mu'iiuu'i-  bmmfc  nd)  nudj  tue  Maifcrm  >iopl)inc  l)in  im 
£eniiitO'it;en  >>amc. 


Digitized  by  Google 


^forjbcim  unter  ffarl  <yriebrtd). 


1*8 


am  Xnpbu*  ftarben.  $or  $lntunft  bev  Muffen  ging  in  bei  3tabt 
ba*  ©evüdjt  um,  bieielben  beabficbtigten,  3*uev  anzulegen  uub 
ftd)  fo  511  befreien.  3nv  Verhütung  mürben  N-8üvgevmad)eu 
aufgeboten,  bie  jugletcb  bie  armen  (befangenen  mit  3peife  unb 
Zxant  $u  uevfebeu  Ratten.  Tie  am  Inpbu*  (#eftovbeneu  erretten 
ein  gemeinsame*  ©vab  auf  bem  alten  Jyviebbof,  beffen  Stelle  ein 
bobeS  8tetnfreu5  unb  t.s  malerifd)  gruppierte  Ulmen  bejeidjucn. 
SU*  im  Jrübjabr  18!»«  oev  Jyviebbof  jum  ^arfe  umgcmanbelt 
würbe,  lieft  bie  otabtoerroaltung  biefe*  ernfte  Tenfmal  au* 
Teutfdjlanb*  büfterfter  ^eit  unb  bev  ferneren  £>eimfud)ung  unfevev 
Skterftabt  pietätooll  beftebeu. 

ßetbet  griff  bie  beimtücfifdje  ftvaufbeit  and)  vafd)  unter  bev 
(£imoobnevfd)aft  um  ftd)  unb  fovbevte  jablveid)e  Opfer.  Holter 
jdjreibt  bie  (Spibemic  ber  ftarf  medjfeluben,  nagfatten  4Sittevung 
ju,  bem  Langel  eine*  ermärmenben  unb  aufbettevnben  (Setvänfes, 
be*  teilte*,  unb  ben  $)taffeneiuquavtievungen  mit  ihren  fanitären 
Unzuträglich  fei  teil.  311*  ber  Xnpbu*  immer  größere  Verheerungen 
anrichtete,  fam  mau  auf  ben  guten  $ebanfeu,  bie  9Jtilitävla$avetbe 
au*  ber  otabt  hinau*  auf  ben  Rudenberg  ju  uevlegeu.  3in 
s))lai  erlofch  Die  ceudie.  Von  5800  (i'inmohnern  ftarben 
1H0  ^erfoneu,  74  männliche  unb  5(>  meiblid)e. 

^njuuifcben  bauerteu  bie  Ivuppeubuvd)mävfd)e  unb  £van*povte 
uon  eroberten  (^efd)üHen  unb  erbeuteter  Munition  fort,  bi*  gegen 
Cttober  ftd)  ber  ttrieg*icbauplat3  infolge  be*  neu  au*gebrochenen 
fran^öftfch=preufiifd)en  Kriege*  nach  Horben  bin  oevfcbob.*) 

*)  21m  x\ult  lHoti  fügten  fiel),  von  .Kauoleou  baut  gezwungen, 
iednebn  beutidn*  ,vürften,  dauern  unb  Württemberg  uoran,  uon  Haftet  unb 
:Keicb  lo$  unb  fentoffeu  ben  NbetnbuuD,  beffe«  *efi$er  -  richtiger  beffen 
Siuingberr  — ,  ber  Mnifev  Napoleon  war.  x\luu  hatten  Die  uerbünbeten 
dürften  ein  >>eer  uon  HHOOO  JNann  \u  ftellen  unb  Wcfjorfam  in  allem  311 
triften,  nric  er  niemals  bem  Cberbaunt  bei  beutfdjeu  :Keid)e<?  geleistet  morben 
mar.  Nun  blieb  bem  lebten  röntifdv  beutfdjen  ttaifee  nicl)t*>  aubere*  übrig,  al* 
bie  Maiferfrone  niebermlegen.  ridjtete  ein  ftunbfdjKtbeu  an  famtliriie 

dürften  beö  :Heid)ee  unb  entbanb  biefelben  uon  allen  Ufliditeu,  meldie  fic  beut 
:Heicbe  jut  erfüllen  hatten,  unb  Damit  mar  bat  alte  :>ieid)  aufgeloft  am 
»>.  Äuguft  lxuii.  lieber  To  dürften  unb  Mrafen  würben  mebiatifiert.  Württemberg 
trat  an  #abeu  zufolge  ber  :>(beinbunb*a!te  ber  (Mrafidiaft  ÖOIWborf,  eine 
ct.  Olafüdie  inmelle  jiuifdjcu  ^rei<Sgau  unb  ^ürftenberg,  bie  r»«j  imm>  (Bulben 
eintrug,  ab,  ferner  bie  Crte  söräunlingeu,  Millingen  mit  angremenbeu 
(Gebieten.  Tarnt  erhielt  Württemberg  bie  ctabt  Wberad}  mit  (Gebiet,  flunerbem 
erhielt  Karl  ^riebrid)  bao  ,^ütftentum  >>eiter'>heim  unb  alle  in  Reiben  gelegeneu 
Beübungen  be#  ,"\ohanniterorben*.  *Jtn  mebiattfierteu  vanDen  erhielt  er 
,vitrftenberg,  ioDaun  bie  Jlbtei  Weingarten,  bie  (Siujfdjaft  ^beugen,  Die  Vaub- 
graffdjaft  Wlettgau,  bas  Äkrftcntum  Teilungen,  bie  leiningeu'fdjen  Remter 
iKeuDeuau  unb  ^iUtgbeim,  bie  Beübungen  von  Vötuenftein  = Wertheim  linfo  be* 
A'faineS,  mit  iHuonabine  Der  Hraffdjaft  i'ömenftetn,  Deo  loiuenfteiu'fdieu  Anteil«? 
an  t'inumrg  ("Wtilborf  unb  Der  verrfdiaften  \?euberg,  Breuberg  unb  v>abi;l)eiin 
uub  bie  ^efibungen  ber  Jürften  von  calm  Mrautheim,  nbrblid)  ber  jagft, 
euDlid)  alle  von  Uaben  enelauicrten  rttten'dmftlidjeu  Gebiete,    int  gaitjeu 


Digitized  by  Google 


184 


Worjbcim  unter  flarl  ftriebrid). 


^m  3(uguft  1H08  ging  ein  babifches  Truppeut'orp*  unter 
Cberft  inu-bcef  und)  Spanien.  4>on  H38H  SWann  fefcrten  nad) 
nielen  ruhmvollen  8d)lnd)ten  unb  treffen  im  oabre  1814  nur 
nod)  :>()()  3Hann  juruet. 

3(m  Jyebruar  1809  mürbe  bet  ,,(£obe  %ivoleon"  in$Jabeu 
eingeführt  unb  mit  einer  Bnjahl  au«  beu  einzelnen  l'anbe^uerbältniffen 
fid)  ergebenben  ;}ujä'^e  unb  ^bänberungen  für  alle  (Gebiete  >um 
babifdjen  l'anbrecbte  erficht,  moburd)  bie  .vibllojen  Wed)t*beftim 
mutigen  in  ben  einzelnen  (Gebieten  511  einem  Wefetibudie  vereinigt 
mürben.  Ties  babifdje  l'aubrecbt  verbantt  jeine  l'ebeusjäbigfeit  in 
erfter  l'inie  beut  geiftreidjen  unb  burdmu*  vraftifdieu  Oiebeimrat 
'-Brauer,  ber  balb  nadi  ftarl  Jriebrid)  ftarb.  Ter  „(iobe  sJiavoleou" 
trat  erft  mit  beut  1.  Januar  1810  bei  und  in  Straft,  ba  fid) 
Beamte  unb  Untertbanen  yinädift  mit  ibm  oertraut  machen  mufften. 

IM«»«»  bfad)  ber  Krieg  mit  Cefterreid)  au*.  Ta*  babifdje 
Kontingent  mar  im  SHarj  mobil.  (Sin  Storps  oou  7<mo  ^abeuern 
hatte  in  biefem  Kriege  unter  Generalmajor  0.  Warrant  mit 
efodjten,  unb  es  ift  feine  Uebertreibung,  menu  gefugt  ivirb,  bau 
er  Eroberer  oornehmlid)  mit  Oilfe  beutfcljer  Truppen  feine 
groften  3iege  erfämpfte.  s#aben  mürben  burcl)  biefen  Krieg 
mieber  ungeheure  haften  aufgelaben.  Slls  ($rfat)  bafür  erhielt 
es  im  Jyvieben  ;>u  UlUen  bie  von  Württemberg  abgetretene  ttanb* 
fdjaft  Vienenburg  unb  lsio  bie  Orte  Wiefel  brouu  unb 

Hl,r;.">  Cuabratmeilen  tnit  st7<MNIU  ciinmohuern.  Mein  Staat  bat  fiel)  in  ber 
napOieon*fa)en  ^ett  fo  ueraröfcert  mie  Hatten.  Cr*  banft  bie*  neben  bei  'Weisheit 
feine«  dürften,  ber  ungemein  f Union  ^oiitif  unb  Weid)irflid)feit  feiner  Damaligen 
Staatsmänner,  uor  allen  ben  lluaen  ,vreiberrn  u.  fteibenftein  unb  i)!arfcbaU 
i>.  'Wberftein.  ?ie  von  Marl  .yriebrid)  beberrirbten  l'anbe  mufaftten  nunmehr 
24»  Cuabratmeilen  mit  W200U0  Crinmolmern.  Napoleon  wollte,  baf?  Marl 
A-riebrid)  ben  Möniovnitel  führe.  '»Iber  er  hielt  fein  vaub  nnb  ieine  Crinfüufte 
für  ui  flein  unb  lehnte  ab,  nahm  aber  am  1H.  xHiunift  ben  a.roRberü>glid)en 
iitel  mit  bem  Stange  nnb  bem  Stiel  einer  wMönia.lidieu  >>oheit"  au. 

Marl  A-riebridi  hatte  in  ben  folgenbeu  fahren  uollanf  ut  thun  mit 
tfrfttUung  ber  für  bie  %.»ieueriuerbunaeu  übernommenen  t*ftid»ten.  ^n  fieben 
Monftitutiou>>ebifteu  regelte  er  bie  Mirriienuerfaffung,  bie  ber  Hemeiuben,  ber 
Staate  unb  Wrunbherren,  ba>>  vebensiuefen,  bie  'Jterfafinng  ber  neridiiebenen 
2  taube  ber  ctaat«bürgei-  unb  bie  ^erhaltniffe  ber  laube*berrlid)en  tiener. 

(Megen  brennen  hatte  Nabelt  alt  Jibeiubuubfontiugent  i*« »11  Wann  >u 
Hellen,  bie  1112  2*»s  (Hülben  Mieten.  :»lnd)  ber  irrbgronhenog  Marl  ging  in 
beu  Krieg«  wohnte  ber  cdjladd  bei  >na  bei,  nad)  welcher  er  utm  (General  ber 
,\ufnnterie  ernannt  würbe.  1h<m;  ftanben  bie  Gubener  uor  Stettin,  nahmen 
an  ber  tlefagerung  ttuftrin*  unb  Stettin*  teil,  blodierten  unter  l'efebre  ba« 
tapfere  (Solberg,  unb  togen  uor  £antfg,  wo  fie  nad)  beffen  Uebergabe  alo 
(MattttfDtt  Derbtieben,  um  fnater  uor  3tralfunb  oermenbet  m  werben.  Ter  eble 
l'ingg  warb  mit  feinem  ^OgerbötaiUon  nad)  Murheffcn  beorbert,  WO  er  fid) 
bind)  fein  fübne*,  ritterlidjeo  Verhalten  ber  3tabt  v>er<sfelb  gegenftbet 
unfterMicbe  Ohre  erwarb,  i'(ad)  Dielen  Wubialeu,  beümiert  burd)  ftete  Mamiue 
unb  bie  in  .vinteruommern  araifiereube  ^eft  fe^rten  bie  i<abener  1ho7  enblid) 
in  il)re  Heimat  jurüd. 


^fotjbcim  nutet  Karl  ivriebrid).  185 

C  c  f  d)  e  1  b  v  o  n  n.  Sit  Reffen  mußte  er  bofüc  einige  Reine 
$efttiungen  abtreten.  3o  mar  $taben  auf  272*/*  Cuabtttt* 
meilen  mit  über  l  Million  (Sinmobnet  augemadjfeu. 

3eit  IHOil  hantelte  Statt!  Jvricbrid).  hinter  ibm  lag  bas 
bemegtefte  l'eben.  s)lu*  einem  fleinen  dürften  mar  et  ein 
fturfürft,  ja  ein  Wrofiberjog  geworben.  s)tt*  ev  $ur  Regierung 
gelangte,  hatte  fein  Vaub  einen  ftatiftifdjen  SBert  nun  1283<>7  2H(> 
(Bulben;  bei  feinem  lobe  repräsentierte  es  einen  foldjen  Don 
774530990  Bulben. 

Gr  hatte  7:t  gabt«  Önben  beberrfdjt  nnb  beglüeft.  —  ($iu 
Trauerflor  inniger  Wehmut  umfd)lang  alle  .frerjen  bei  feinem 
.ftinfcfyeibeu.  $aben  fühlte  fid)  oermaift  nnb  rief  tvanernb  bem 
i*eremigten  ben  beiheften  Tauf  in  bie  ©ruft  nad),  meldje  fid) 
in  unferer  aüehrmürbigen  3chlof?fivd)e  am  24.  ^m\\  1H11  über 
ihm  fd)lo|V  Oiid)t  roürbiger  tonnten  mir  bas  3(ubeufen  beffen 
ehren,  ben  fein  bantbare*  *Holf  ben  ^ater  bes  $aterlanbe$ 
nannte,  als  mit  ben  Ginnten  uujeres  oaterlänbifd)en  Tid)ters: 

„Tie  3telle,  bie  ein  guter  s3)ienf<b  betrat, 
^sft  eingeweiht;  nad)  buubert  fahren  flingt 
Sein  SBort  nnb  feine  Tbat  bem  (Änfcl  mieber." 


ftlöftcrciuicfcu  nnb  .$ol*ljaitbrl.*) 

Tie  Jvlöuerei  mar  ba*  ältefte  nnb  anfehnlid)fte  Wemerbe 
oer  3tabt,  bas  fid)  berausbilbete  unter  bem  (Siufluü  be*  oon 
Otalm  ausgebenben  Weifte?  nnb  unter  eifriger  ^örbernng  ber 
Regierung.  Tie  alte,  ftreug  junfrmämge  Crganifation  hatte  ben 
C^vonbanbel  be£  £in$elnen  nnmöglid)  geiiiadjt  nnb  mir  ben 
.Stleinbanbel  geförbert,  mobnrd)  fein  Unternehmer  fooitalfräftig, 
mobt  aber  bie  gegenfeitige  fteinlidje  (riferfud)t  genährt  nnb  einer 
biird)  ben  anbern  hernntergebrüeft  merben  tonnte.  3o  tarn  es, 
ban  bie  altangefehene  Jylöfterjuuft  ^uni  Proletariat  herabfanf 
unb  fid)  genügen  laffen  muftte  an  einem  bürftigen  $aube(  mit 
ben  näd)ften  (^emeinben,  mährenb  ber  Weminn  ben  .v>ollänbern 
in  ben  3djoft  fiel,  bie  raubmäfug  bie  Kälber  abmirtfd)afteten, 
ohne  fid)  um  ben  s)fad)tt)lt(fjs  ju  flimmern. 

Jm  xsahre  1 740  mürbe  bie  Jylöf?er,>unft  erneuert,  aber  mit  all 
ben  verfehlten  alten  ^öeftimmungen.  3d)on  fieben  xuibre  fpäter 
jebod)  tarn  man  jur  (5*infid)t,  bof?  man  auf  biefe  Seife  nid)t 
meitermadjen  fönne. 

*)  ^flügcr,  i3oti)cin,  Oetteralhmteftar^i». 


igitized  by  Google 


18(1  ^Sforabeim  unter  Ratl  ftriebrid). 

Som  vsabve  1747  an  batiert  für  btc  ^jorsbeimer 
Jylüßerei  eine  neue  SJeriobe,  bie  ,su  einer  Glitte  führte,  wie  am 
Gube  bes  1(>.  vx\abrbunberts.  SRan  fam  ju  ber  Uebei\ytuiauua., 
baß  bas  ^eifpiel  (£alwe,  bas  ftörenbe  ;{nuftwefen  in  eine 
leiftungsfäbige  Wtiengefellfdjaft  um&uctnbern,  oon  außerorbent- 
liefern  Vorteil  jei.  (*s  warb  eine  beftimmte  Slnjahl  oon  (^efd)äft^- 
allteilen  als  Wtien  ausgeben,  wobei  man  einer  3fcreiniguuci 
in  }U  wenig  täuben  flufl'oorbeuflte.*!  Ter  betrieb  unterlag 
oon  nun  an  (einerlei  ^eidnäufung  mehr,  mehr  er  an 

"Äusbelmunfl  gewann ,  befto  gflnftiaer  geftaltetc  fid)  natura 
gemäß  bie  l'age  be?  (Siu&elneu.  (Gemeiujam  würben  bie  .Wontratte 
abgesoffen,  gemeinfam  Waffe  abhalten,  gemeinfam  ber  (Gewinn 
nach  ber  Stttienftabl  oerteilt.  Ter  Uuterjdjieb  \\\x  früheren  Set* 
waltung  beftanb  barin,  bau  oie  3torfteber  früher  jeben  Zulauf 
511m  (Großbetrieb  argwöbuifd)  juirüctb  längten,  jetU  aber  beufelbeti 
förberten  unb  jelbft  leiteten.  Ter  (Erfolg  mar  ein  gerabe&u 
oerblüffeuber.  {Jum  erftenmale  jeigte  fid)  ber  Wetteifer  jwifd)eii 
1$forttf)ehn  unb  (£a(w  in  eblerer  Jorm  als  in  Omerfucht.  Tie 
betberfettigen  Wefellfcbaften  oereinigten  fid)  unb  17*8  war  ber 
gefamte  Ohoßbaubel  bereits  in  ihren  Rauben  ton&entriert.  Tie 
i#ern*bad)er  3d)iffergeiellfd)aft,  weltbe  eiuft  ber  ^forjbeimer  weit 
oorausgeeilt  war,  ftanb  jetu  jurücf.  3ie  hatte  es  nid)t  oerftanben, 
fid)  auf  beut  neuen  $oben  511  reorganifieren,  unb  mußte  aufrieben 
fein,  aus  ihren  eigenen  Salbungen  bas  3ägebol$  *u  uerflößen. 
Unglaublich  gering  mar  bie  diente,  weldje  bie  $aben  ^aben'fdjen 
Salbungen  abwarfen.  Tie  3tabt  $aben  war  froh,  oon  beu 
bollänbifdjeu  .ßänblern  Tiefhalten  mit  :i<s  Wremer  befahlt  su 
erhalten.  Tas  gälten  unb  .Oerabfdmffen  überließ  man  ben 
Käufern.  llebcrbauot  berrjehte  in  ben  Nabelt  s$aben'fd)eu 
Salbungen  eine  greulid)e  Unorbunng.  Ginnte  3£albftricf)e  waren 
gleid)  einer  Süfte,  einzelne  Xeile  uon  manberuben  (§la$macberu 
unb  sJJottafd)ebrenueru  oerbeert,  anbete  uod)  gau(s  un^ugänglid). 
(Sin  Wammerrat,  ben  Wart  ftriebrid)  mit  einem  SRitgttebe  bes 
^forsheimev  Jvloßoereins  abfdjictte,  um  ben  jpolftüorrat  <m  tarieren 
unb  einen  Vertrag  mit  ^aben^aben  vorzubereiten,  hat  in  bem 
s|kototoll  feine  iHeife  gefd)ilbert,  als  ob  fie  nach  ben  hinter 
wölbern  ^merifas  gegangen  feien.  3luf  ($runb  biejer  3lbfd)ätmngen 
würbe  aisbann  oon  ben  (Dalmer  unb  sJ>for*beimer  ®efellfrf)aften 
bie  große  IThugtompagnie  gegvünbet. 

!8on  befonberer  Sidjtigfeit  ift  and)  ber  am  11.  Slpril  1747 
)U  SUbbab  abgefd)loffene  Vertrag  jmifdjeu  "»oben  unb  SBürttem« 
bevg  wegen  bes  3  ch  e  i  t  e  r  h  o  i  ü  l  ö  ß  e  n  s  auf  ber  Sürm, 
Stagolb,  (*nad)  unb  bem  Stedar.    Tabnrd)  follte  bem 

•)  -"M>  -Htttcu  ä  IUO  fl.  ÜUfyc  ale  1*  einteile  burfte  niemanb  $aben. 


Uigitized  by  Google 


^forabeim  unter  Barl  ftriebtid).  ls7 

.Vinebmeuben  Vrennboljmangel  abgeholfen  werben,  (tfleidjjeitig 
würbe  in  ben  is  Paragraphen  bie  Betätigung  eine?  ähnltdjeu 
Vertrage?  au?gefprocbeu,  roeldjeV  uon  bev  .poUabgabe  au?  ben 
.perrenalber  Mlofter^  unb  l'offenauer  Wemeinbemalbuugeu  an  ben 
früheren  Befitter  be?  .pammermerf?,  3.  Burtbarbt  aus  Bafel, 
banbelte,  foioie  uon  ber  OrrlaubniS  an  ben  .perrenalber  XUoftenutvt 
Johann  ^bam  Bcnctifer  jum  Jlöfien  auf  bev  5Ub  unb  uon  ber 
Württemberg  auferlegten  Verpflichtung  ,sur  Abnahme  uon 
jährlichen  Inno  bi?  ir>oo  Rentnern  Qnjen  uom  pforjbeimer 
(Sifenbammer  :c. 

Leiber  hielt  bev  große  leiftung?fäbige  Verbanb  mir  fur^e 
;}eit.  Tie  Verbinbung  mit  bev  tialmer  ($efellfd)aft  bauevte  Tauf 
bev  heuevwadjten  (£ifeviud)t  mir  bi?  1777,  bie  ^luvgfompagnie 
bi?  1788.  pfov.sbeim  erftanb  eine  Aaftorei  für  bollänbifcbc 
Käufer,  melcbe  bie  (jinfäufe  unb  ben  £ran?port  ber  ,£>oljer 
befolgte,  Nebenbei  führte  bev  Aaftov  Böbriuger  auf  eigene 
Rechnung  einen  .polsbaubel ;  fo  erhielt  ber  Aloß$unftuerein  eine 
fehr  umuillfominene  Monfurren.v  (*r  verfiel  unb  mit  ihm  aud) 
bie  Blüte  be?  .pol^baubel?. 

Unter  ber  weifen  AÜrforge  Marl  Ariebrich?  fanb  fid)  mit 
beginn  be?  ^obrbunbert?  ber  Aloßoereiu  uon  neuem  ^Mammen 
unb  erreichte  neuerbing?  unter  bev  Leitung  be?  Cbcroogt?  unb 
fpäteven  Amuufliuiuifter?  Baumgartner  einen  hohen  Jvortfdjritt. 
•Patte  man  früher  nur  bi?  Naunheim  geflögt  unb  gehanbelt  unb  fid) 
baburd)  ftet?  in  9(bbängigfeit  uon  ben  ;}mifcl)eubänblevn  gehalten, 
fo  nahm  bev  Verein  jeijt,  nachbem  Mannheim  babifd)  gemorben 
mar,  ben  felbftänbigcn  Vertrieb  uad)  .pollaub  in  bie  .panb.  "Mm 
i).  Slpvil  1802  ging  ba?  evfte große  Wbeinfloß  bev  b  o  1 1  ä  n  b  i  f  d)  c  n 
Kompagnie  oon  Wanuheim  ab.  ($*  mav  732  '/«  Jyuß  lang 
unb  81  Jvufe  breit  Marl  Aviebvid)  wibmetc  bemfelben  bie  größte 
3(ufmertfamteit,  fpeifte  mit  anberu  .pervfdjaften  barauf  unb 
begleitete  e?  bei  feiner  ?lbfabvi  bi?  \u\  Mbeinfpitje. 

Tev  (Erfolg  mar  fo  oerloefenb,  baß  fid)  180«)  uodi  ein 
weitere?  (iomptoir  bilbete  unter  ber  Airma  sJ0?ai)ev  iNl  Avit^bovf. 
Cb  auch  in^mifdjeu  ber  llntevnebmuugsgeift  mit  größeren  (Erfolgen 
arbeitete,  fo  mirb  bod)  für  immer  unuergeffen  bleiben,  baß  e* 
ba?  Verbieuft  bi?  Vanbesfürften  mar,  menn  ber  3tabt  unb  bem 
(»emerbe  oamal?  neue?  l'eben  zugeführt  mürbe. 

Stiftnugcu. 

Ter  alle  Vevbältniffe  umfaffenben  AÜrforge  Marl  Aviebvich?  ift 
auch  bie  «Sntftebung  ber  f o  fegensuoll  mirtenben  a  l  ö  ß  e  r  m  i  t  m  e  \\ 
f  äffe  *u  bauten,  bie  im  x\abre  178«)  in'?  l'eben  gerufen  warb.  Ter 
eble  Surft  wie?  au?  bem  herrfdjaftlid)en  .poljevlö?  auf  10  ^at)ve 


Digitized  by  Google 


IHK 


Worpheim  unter  Starl  ftrtebricb. 


t»ie  jabrlidje  3ummc  uon  2000,  im  (&au&en  alfo  20  000  (Bulben 
an  als  Wrunbftotf  bei*  3tiftung,  aus  beffen  Linien  ben  Sitweu 
unb  SBaifen  bor  Jylö^ev,  bie  sj)leifter  gewefen,  jäbrlidje  Unter« 
ftityungen  gereicht  werben  follten  nnb  jroar  ben  3öbnen  bie  jum 
uolienbeten  1*.,  ben  Töchtern  bis  ,uun  1<>.  ^afne. 

^m^nbrelHH)  betritt  bas  Kapital  bereits  23  r>00  (Bulben. 
vx\n  biefem  ^abre  würben  37  (Bulben  ben  Hinterbliebenen  eines 
^erftorbenen  ausbezahlt. 

Tiefer  3tiftung  reihte  fid)  bie  s]>  f  orjbei  mer  ^öürger^ 
mitwenfaffe  an,  welche  im  Auil)re  17i)2  evvicbtet  würbe,  nnb 
woran  feit  17H5  alle  neuen  Bürger  teilnehmen  nullten,  bie 
fürftlidjeu  Tiener  nnb  anbere  (finmobner  teilnebmen  bnrften. 
s4>on  einem  felbft  tui  beftimmeuben  Kapital  (^wiid)en  200  nnb 
800  (Bulben  muftte  jährlich  1 " ■*>  befahlt  werben,  bas  Kapital 
natürlid)  nicht.  Anfangs  erhielten  bie  männlichen  Hinterbliebenen 
bis  ftum  zurücfgelegteu  20.,  bie  weiblichen  bis  ins  18.  Lebensjahr 
jäbrlid)  7  öulben  30  Kreuzer,  fpätcr  r>  Bulben,  1810  nur  nod) 
3  (Bulben  30  Kreuzer  oom  .fcunbert.  Tie  Abnahme  hatte  ihren 
(9runb  in  ber  burd)  bie  Tnpbus^pibemie  180(i  beroorgerufeneu 
Verarmung  unb  aud)  in  einer  gi-wiffen  s£>iberipenftigfett  ber 
s<8eitrüflSpflid)tia,en  bei  ^e$ahluug  ber  Prämien.  Leiber  ging  bas 
wobltbätige  ^nftitttt  an  feiner  uerfeblteu  Crganifation  halb 
wieber  ein. 


Wod|iunt*  bas  Stfaifcuban*  iit  ^for^eim.*) 

Ter  ^luffdjmung  bes  Holjbanbels  hatte  ben  UBoblftaub  ber 
belferen  3täube  in  ber  erften  Hälfte  bes  innigen  ^abrbunberts 
allerbiugS  fehr  gehoben ;  aber  bie  $unehmenbe  v3)laffenoerarmung 
in  3tabt  unb  Laub  vermochte  er  uid)t  \u  hemmen.  3tatt  plau= 
mäßiger,  energtfeber  SRaftregeln  hatte  mau  mit  ed)t  beutfdjer 
Wrnnblid)feit  eine  ^ettelorbnung  erlaffeu,  woruad)  ber  „arme 
Weifenbe"  je  nad)  3tanb  unb  9(mt  erhalten  follte:  Gin  Kaualier 
unb  eine  Tarne  je  15  Kreuzer,  ein  Pfarrer  10,  ein  3d)ulmeifler 
unb  3tubent  ">,  ein  gewöhnlicher  Bettler  1  Kreimer,  ein  ^apift 
ober  ^ettelmönd)  aber  garnidjts.  (*s  ift  flar,  baf?  auf  biefe 
'Seife  ber  Settel  uon  3(mt$wegen  gerabe&u  großgezogen  unb 
(Banner  unb  Jaulender  form  lief)  eingelabeu  würben,  ines  Laub 
berein  *u  ziehen.  ^Jiartgraf  Karl  Wilhelm,  ber  fich  bei  aller 
fouftigen  3treuge  gleich  bem  milben  Karl  Jyriebrid)  als  sl*ater 
feines  Golfes  fühlte,  war  wie  biefer  auf  bie  (Eichung  feiner 
bÜfSbcbürftigen  Untertbaucu  eifrig  bcbacfjt.   Turd)  Arbeit  follten 

*»  Wliiger,  Wotljcin. 


qBforäbeim  unter  Äotl  ftriebritft.  189 

fie  jur  Arbeit  erlogen  m.erben.  ^n  biefem  Sinne  grünbete  er 
ba?  s&*aifenbaus,  oon  bem  fdjon  oben  bie  JHebe  mar.  (£?  joUte 
eine  großartige  Jabrrt  merben,  bei  melcber  ber  Staat  arbeiten 
laffe  unb  bie  fid)  felber  erhalte.  Wleicbjeitig  füllte  fie  eine  Heine 
gefdjloffene  sBelt  barftellen,  in  ber  alle  (bewerbe  oertreten  mären, 
unb  ino  jebe?  fttttb  fid)  feinen  Anlagen  gemäß  für  einen  öeruf 
au?bilben  tonnte.  Ter  sJ?lau  toar  $u  groß  unb  51t  fübn,  bie 
fokale  lyrage  ber  ^eit  mit  einem  Schlage  511  löjen,  al$  baß  er 
über  beu  sHerfud)  hätte  binau?gelangen  fönneu.  siBie  baS  ^Baifen«. 
Siedjen-,  ^bioten*,  3)linben*,  Taub|tummeu^nftitut,  oerbunbeu 
mit  Säuglingsftation  unb  ;}uditbaus>  fid)  mit  ber  ^eit  geftaltcte, 
barüber  geben  bie  Elften  mand)  heitere«  'Öilb,  aber  uod)  mehr 
büftere.  C^ottje^  Sdjmager,  Cberamtmauu  Sdjloffer,  berichtet 
er  habe  einen  abgefeimten  Wauner  in?  ^udjtbau?  gefebirft,  ber 
aber  noch  oerborbener  ^urürfgefehrt  fei;  benn  man  habe  ihn 
megen  feiner  3lnfteüigfeit  einem  abeligen  ^üdjtling  SUtn  ^ebienten 
gegeben!  .ftäufig  begegnen  mir  ben  ftlagen,  baß  bie  .ttinber,  bie 
}U  breien  in  einem  ^ette  liegen  mußten,  an  anfteefenben  ftranf« 
heiten  litten.  "Mite  möglichen  ^nbuftrien  mürben  probiert,  .freute 
mürbe  ein  9Jlefferfd)mieb  engagiert,  ber  aber  feine  SReffer  im 
3treit  mit  ben  (9efellen  felber  am  heften  banbbabte,  morgen  ein 
(*Ma?perlenmad)er,  ohne  baß  man  mußte,  mer  bie  ($la?perlcu 
eigentlid)  taufen  folite.  3o  lernten  bie  ftinber  alle?  unb  nicht?, 
uerftanben  aber  bafür,  mie  man  bie  &rmetu  unb  'Jllmofenfonb? 
febröpft.  311?  man  fcl)ließlicb  oon  ber  (Siufidit  burdibrungcn 
mar,  baß  bie  mit  fo  großen  Hoffnungen  unb  Cpfern  in?  l'eben 
gerufene  Sdjbpfuug  eine  unglürflidK  fei  unb  alle  U>erbefferungen 
im  einzelnen  unfruchtbar,  mürbe  ba?  ^aifenhau?  aufgelöft  unb 
bie  .Uinber  mieber  in  Jamilien  untergebradjt.  Tie?  gefdjab 
177.!i  unb  1774  unb  jmar  gegen  ein  jährlidie?  Jloftgelb  oon 
4  bi?  50  Bulben.  Sttttt  150  Sßaifen,  mie  bi?her,  tonnten  jettf 
400  uutergebrad)t  merben,  bie  jebenfall?  eine  beffere  (Srsiebung 
unb  "Pflege  empfingen,  al?  bie?  Jliuor  ber  Jyall  mar.  Tie 
befonbere  Saifenhau?fd)ulc  beftanb  uod)  bis  1799,  bie 
4Öaifenhau?pfarrei  bi?  lxor>.  Tie  Webä'ulidifeiten  mürben  nad) 
Aufhebung  be?  ^aifeuhanfe?  für  ba?  Irrens  3ied)cu=  unb 
^}ud)thau?  oermenbet,  mo  bi?  $afy|  ber  ^nf äffen  oon  ^sahr  511 
x1abr  junahm.  1H04  mürben  bie  fchmereu  Verbrecher  in  ba? 
;}ud)tbau?  51t  ^Mannheim,  bie  leidjteren  nad)  Vrucbfal  übergeführt, 
mährenb  oon  ^lannheim  bie  (9eifte?f  raufen  hierher  gebracht 
mürben.  Ta$  bi?  jutn  oabre  Inon  befteheube  ftorreftion?= 
bau?  mürbe  in  biejem  Satire  gleichfalls  aufgehoben  unb  bie 
menigen  Vemobucr  nad)  Vrudjfai  abgeführt. 

3o  maren  alfo  nur  noch  bie  ^rren  unb  Siechen  in  ber 
htefigen  Slnftalt  untergebracht,  bi?  int  ^ahre  1*24  eine  weitere 


Digitized  by  Google 


190  $forabeim  unter  Start  ftriebrieb. 

Xrennung  erfolgte,  l'c^tevc  erhielten  im  fommenben  xuibre 
thron  SBofnififc  in  einem  neucrriditeten  Webäube  im  einfticicii 
Öarfü&erjjarten. 

Wotbein  jagt:  „la?  Problem  bor  gemeinjd)aftlid)en 
Srjiebung,  ba?  uuferm  WefdHedit,  bem  bie  militärifebe  v}ud)t 
ftärfenb  in  allen  (Biebern  gefahren  ift,  garnidjt  mehr  fo  fdjroiettfl 
erfdjeint,  mar  im  oorigen  ^abrbuubert  nur  \\i  löfen,  wenn,  wie 
wie  im  .paüe'fdjen  4&aifenbaujc,  ein  beftimmt  gefärbte*  religiöfer 
Weift  bie  ganje  Stiftung  burdjbrang  unb  beberrfdite."  Ter 
s-l>evfud)  einer  im  großen  3til  geplanten  UtalfcevAiebuua,  mußte 
feblfdilageu,  wie  ber  eilten  pbufiohatiicbeu  *Vhtfterftaate3  in 
Tietlingen.  „%bev  aud)  ber  ocrfeblte  v4>erfucb  ift  ein  notmenbige* 
Wlicb  in  ber  Rette  bes  Wefdieben*."  Tie  ihm  $ugrunbe  liegenbe 
eble  Wefinuung  wirb  immer  auerfanut  werben  muffen.  Tafi  er 
bod)  fein  unfruchtbarer  war,  ba*  jeigt  bie  au*  ihm  beviwr* 
gebenbe  gefunbe  (Entfaltung  be*  (bewerbe?  unb  bei  onbuftrie 
ber  folgenben  »Jett. 


(bewerbe,  ^ubitftric  uitb  .Raubet,  ^(rf erbau  nub  x^ielr,umt. fc) 

3ür  bie  bisher  mit  beu  combinierteu  ^(nftaÜen  uerbunbeu 
gewejenen  Gabrilen  für  £  u  d)  m  a  d)  e  r  e  i ,  3  t  r  u  m  p  f  w  e  b  e  r  e  i 
unb  ;}eugniad)erei  würben  befonbere  Webäube  unb  SHaaaftiiie 
angewiefen.  3lbev  aud)  biefe  (iinrid)tuug  hatte  iüd)t  beu 
gewüufd)ten  Orrfolg,  (dang  fallen  laffeu  tonnte  man  fie  aber  bestmlb 
ri\d)t,  weil  fie  bie  alleinigen  (£infüufte  be*  ;}ucbtbaufe3  ausmachten. 
Axsn  biefer  'Ha tlofigteit  brachten  einige  ^for^beimer  Si auffeute  £>ilfe. 
(*.  <i.  St  i  fU  i  n  g ,  T.  l'.  o  b  u  t  i  d) ,  Cr.  l*.  T  e  i  m  l  i  n  g  unb  (£.  ö. 
^  e  et  e  r  geigten  fid)  geneigt,  bie  Jvnbrifen  mit  Kapital  unb  alten  $thri* 
legien  jui  übernehmen  gegen  bie  Verpflichtung,  im  8"ci)tbaufe  gegen 
einen  beftimmteu  HJkets  beftänbig  für  ihre  Jnbrifen  arbeiten  ju 
laffeu.  vxMi  ber  frifeben  L'uft  be*  ftonrurrenstampfe*  fanb  bie 
Kompagnie  ein  gefunbe*  3(rbeit*feli).  3ie  fabrizierte  wollene 
;]euge,  3tiümpfc,  lücher  für  Militär  unb  ^ebieutenuniformen, 
bie  üertragvinafug  abgenommen  würben.  Ta*  ^cifpiel  ber  3tabt 
(£alw  befolgenb,  wo  uor  Kmi  fahren  fdion  burch  rationellen  betrieb 
bie  Oiubuftric  in  "IMüte  btlbete  bie  neue  (^ejellfd)aft  einen 

wichtigen  $abritatton*$weig  beraub,  ber  beu  Bewohnern  uon 
3tabt  unb  Vanb  halb  hinreichenb  Arbeit  unb  Verbienft  gab. 

Wegen  (fube  be-?  ^ahrbunbert*  betrug  ber  ^triebsfonbs 
2G(M)0o  (Bulben,  eine  für  jene  ;{eit  gau$  enorme  Summe.  „Cr* 
geigte  fid),  bau  mir  ber  Jirämerfinn,  ber  uidit  über  bie  eigene 


«Bforabeim  unter  ftorl  fttiebrid).  191 

Öaffe  t)inau§ftef)t,  v3robneib  hegt,  baft  bem  groften  ®efd)äftsmann, 
für  beii  bie  sü£elt  offen  liegt,  bie  Konfurrenj  ein  Sporn  wirb, 
unb  baft  fie  ihm  oft  $ur  Unterftüfcung  ermünfd)t  ift."  Tie  ftaatlidjen 
s}>riuilegien  fieberten  ängftlid)  ben  s}$jorflbeimern  hüben,  ben  Galmeru 
bvübeu  bie  länblidjen  ^vbeit^häfte.  Tie  ^eugfabrifen  hatten 
aber  gar  nichts  c^e^eu  freunbnad)barlid)e  Uebergriffe  einjuwenben, 
wenn  fie  etwas  uon  ihrer  Verpflichtung,  ftets  Arbeit  511  fdiaffeu, 
entlaftet  würben. 

Von  1801  an  befaub  fidi  bie  Jyabrif  im  Vefitje  uon  («ii  lieh 
unb  $t nten ft ein,  bie  feine  ^euge  unb  Strümpfe  mehr  fabrizieren 
liefen,  foilbern  auger  Militär  tud)  nur  feine  Tüd)er  unb  (£ad)einir, 
bie  \\i  gerühmter  Tuilltommeuheit  gebracht  würben,  ^n  ben 
ArbeitShäufern  au  Vrucbfal,  Mannheim  unb  Jyreiburg  befchäftigte 
bas  C9efd)nft  250  -.100  Wcnfdicn  mit  Spinnen  (teilweife  fd)ou 
mafdjinenmäftig),  in  ber  Jyabrif  felbft  täglid)  70—80  Prionen. 
'.Nebenbei  betrieben  bie  Unternehmer  and)  einen  Sollen^  Salpeter^ 
unb  Sd)icftpuloerbanbel. 

^lehnlid)  entmidelte fid)  bie  ^f  orjbeimer  (Sifeugiefterei. 
Tiefelbe  war  bisher  (Eigentum  ber  .£>errfd)ajt  unb  in  s^ad)t 
gegeben.  "Jim  7.  "Jlooentber  1  752  taufte  ber  ftammerat  s$b.  3öf. 
vv\rion  auS  Karlsruhe  bas  ©ifenwerf  oberhalb  unb  unterhalb  ber 
Stabt  um  bie  Summe  uon  43  000  (Bulben.  Taju  erhielt  ber 
Käufer  Freiheit  oou  Schalung  unb  lehnten,  ftriegsaulageu  unb 
Einquartierung,  erhielt  bas  &lirtfd)aft*red)t  auf  bem  oberen  unb 
unteren  .frommer  für  bie  Angehörigen  besfelbeu,  burfte  fein  Cbm^ 
gelb  befahlen,  erhielt  bas  Steigt  S0I5  unb  Viftualien  511  oerfaufeu, 
für  bie  er  pfnub  unb  laub^ollfrei  war,  bas  $fd)red)t  u.  91. 

"Jcadi  Prions  Tob  1 7r>r>  bradjteu  ber  .Uontmeryenrat  Vibell 
aus  Neuenbürg  unb  ber  .^lofterfchaffner  .froljnäuMer  ^ob.  21  ba  m 
Vendifer  non  .frerreualb  bas  (* ifenwerf  mit  allem  Zubehör  unb 
allen  fechten  an  fidi  um  bie  Summe  oou  28  000  Ohtlbeu.  out 
^ntereffe  ber  Uuterthaneu  hob  bie  Regierung  17t>l  bas  ben 
Untertbaneu,  wie  bem  ,~ya Inifan teu  gleich  läfligc  Monopol  unb 
bie  polizeiliche  'Neglcmeutierung  bes  Betriebs,  wie  fie  bisher 
beftanb,  auf.  Tie  Inhaber  erhielten  als  Crutfchabigung  für  bas 
'Hegal  bie  jährliche  Summe  oou  500  Wulbett.  18J0  beschäftigte 
bas  ©ifenwerf  15  .sSammeikhmiebe,  I  ^laUmeifter,  2  ^la^fuccbte, 
1  Möhler  unb  4  Unechte.  vxmu  ganzen  betrug  bie  ;}abl  ber  Angeftellten 
auf  beiben  Herfen  70.  Um  181 1  erwarb  (ihr.  Aiiebrich  Vencfifer, 
ber  Sohn  bes  Käufers,  ben  Sllleiubefin,  ber  fiel)  bis  auf  ben 
heutigen  Tag  in  ben  täuben  ein*  unb  berfelben  ^abritanten« 
familie  befaub.  Taft  es  wieberum  ein  ^ürttemberger  war,  ber 
bem  3nbuftriemerfe  >unt  Auffchwunge  oerhalf,  ift,  wie  fidi  and) 
weiterhin  jeigt,  ein  neuer  beweis,  baft  neben  ben  alten  s|>for,v 
Ijeimer  Jamilien  oorwiegenb  bte  fdjwäbifdje  ©inwauberung,  weit 


uigitized  by  Google 


]  92  «Bfor&beim  unter  Storl  ftriebrid). 

mehr,  al*  bic  uom  Cheine  her,  sl>forftbeim  feine  heften  Streifte 
juaefübrt  bat.*) 

3eit  alter  ;Jeit  befanb  fid)  in  Worpheim  eine  l'einmanb 
bleid)c.  Tie  Oiamen  s#leid)ftraj?e ,  'iMeidnuiefe,  "tfleidjftaffel 
weifen  auf  ttjrett  inelbunbertjäbria,en  xöeftanb  bin.  3n  beu 
1740er  vtabreu  würben  bevfelben  mandierlei  Jyvcibciten  juaewenbet. 
Utou  177)0  an  fübvte  fie  beu  Warnen  Mv#abifcbe  pviutleaievtc 
l'einmanbbleidje".  Hillen  aubeven  deichen  mürbe  bei  10  (Bulben 
3 träfe  ber  betrieb  unterfaßt  unb  ber  iWonopolbleidje  aeftattet, 
aud)  ausläubifdje*  Tud)  ju  bleirijeu.  ^bre  (bitter  waren  &ebntfrei 
unb  ber  ^äcrjtcv  nur  $u  ben  aemöbnlid)en  3teuern  uerr>flid)tet. 
Tie  bleiche  mar  ber  Wennfelbplatj.  Hont  xsabre  177)8  an  nutfue 
fid)  ber  (rrbpäd)ter  (bamal*  Witterwirt  3i*eifi)  nari)  ^eenbiauna. 
be*  ^usleaen*  ber  Ifirfjer  im  3pätjabr  ben  ^eibaana,  aefalleii 
laffen.  Tie  ^ebeutiuni  ber  ^leidie  ersieht  fid)  au*  ber  Tbat* 
fadie,  baft  bie  tum  allen  l'aubesteiteu  gelieferte  Veinwanb  am 
(£nbe  be*  18.  ^abrbunberts  über  looodo  (Sllen  betrug.  9(ud) 
auf  anbern  aewerblid)eu  Gebieten  nabin  bie  Ihätigfeit  einen 
erfreulidjon  Sluffcbrouna,. 

Unaefäbr  im  ^ahre  1770  würbe  bie  erfte  Ce  hu  üble 
uom  JvloftDcveiu  errichtet.**  >  3  in  xutbre  1810  tuaren  eS  fdjott 
fünf.  Tie  3ämereien,  $Mobm,  t'eiiK  A>anffamen  mürben  au§ 
s#abeu,  ber  Wbeinufalj  unb  Württemberg  belogen.  AVben 
Wittmod)  unb  3am*taa.  mürbe  im  ftaufbauie  ?y  r  u  cb  t  m  a  r  f  t 
abgehalten.***)  Hon  isoo  bic,  einfd)l.  ist »2  betrua,  ber  Herfauf 
bu'rd)fd)nitttid)  5500  kalter,  von  180:$— 1H05  8400  kalter, 
im  Autbre  18 10  =  ittU  Walter. 

Ta*  v&>  e  i  n  e  r  t  r  ä  a,  n  i  *  betrug  im  Cberamt  st>for*beim 
in  fluten  ^einfahren  über  7ooo  Cbm.  om  vutbre  1794  = 
7095  Chm,  1708  =  7701  Cbm  unb  I80*j  =  7055  Cbm. 

3luf  12  Hiebmärfteu  mürben  jäbrlid)  im  Turd)fd)nitt 
800  ^ferbe,    lnooo  Cchfen,   8uo  Mühe,  500  Wnber  unb 

*i  IMc  bkMicrtiKn  iU'iibcr  bc*  liticnunTfe*  au*  bor  ^ciufiier'fdien 
Artinilio  finb  : 

>l)nmt  Albuin  Wencfifer 

(iriftopl)  Ai'icMirt)  ^encfiüT 

viliriftopl)  ^cnctücr  >l).  Sibnm  ^cucfo'cv 

Moxin,  ^cuefifer  "JlucuiH  ^oiicfiuv 

IHUi    1*77  \s-jtt  is}*4 

on*  ,vamilicu«ut  in  vcrrcualb.         U  H  ' 

Dr.  ".Hitauft  iVncfiia. 

•♦i  dotier. 

***.•        untern  3tocf  bc*  :Hntl>anie*  in  bor  iUbiitn^ct  t^nffr. 


^forabeim  unter  flarl  ^riebrid).  193 

80—40  Kälber  oerfauft.   Söot  1802  beftanben  nur  4  iRofy  unb 
Biebmärfte ,  feit  biefer  ;}eit  wirb  leben  erftcn  SRontag  be* 
sJflonat$  ein  fold)er  tDlarft  abgehalten.  Ter  (£rlö$  uon  12  Monate 
märften  belief  fid)  im  ^abre  1802  auf  211766  Bulben,  im 
Jabre  1810  auf  21&803  ©ulben  53  .ttreujer. 

Ten  3  p  es  er  ei*  unb  (Sl  l  w  arenban  b  e  l  betrieben 
20  offene  i'äben,  weldje  bie  3tabt  unb  Umgegenb  mit  fftten« 
unb  3pejereimareu  oerfaben,  barunter  befanben  fid)  0  ftonbitorlftben. 

Tas  Äupf ertjamm  erwerf  beftebt  feit  180(3,  oon  bem- 
felbeu  wirb  ge)"agt,  batf  es  mit  uier  Lämmern  einen  guten 
Sortgang  nal)tn. 

(Sine  Spult)  er  mü  1)1  e  lieferte  ein  treffliches  "JSuluer.  sJlm 
18.  3(uguft  1800  unb  am  20.  2luguft  1807  flog  fie  in  bie  ßuft,  tötete 
erftmalö  beu  ^uiuermüller  Lichtenfels  mit  jwei  (Gehilfen,  bas 
anbere  Wal  ben  ^ufoermülter  allein.  3ie  würbe  feitbem  nidtf 
wieber  aufgebaut. 

Tie  im  ^obre  1 80 1  angefangene  3  a  l  m  i  a  f  f  a  b  r  i  f  bat 
fid)  feit  bem  ^abre  1804  in  eine  d)emifd)e  Jabrif  überhaupt 
oermanbelt.  Turd)  bie  Bemühungen  bes  'ßroreftotfi  $anbt  in 
Karlsruhe  etablierte  fid)  1803  in  sJ?for$f)eim  eine  ochrift- 
giefjerei,  bie  mele  Stellungen  bes  ttuslanbes  befriebigte. 

(Sine  3  afi  auger  her  ei  würbe  1800,  eine  Türfifdv 
unb  Motga  rnfärberei  im  x"\abre  1809  errietet. 

3m  xlahre  1800  erhielt  ^forjbeim  audi  wieber  eine 
Budjbrucf  er  ei.  9&on  1794  an  cvfcljicn  in  Karlsruhe  für 
^forjheim  jebe  Sodje  ein  Blatt  in  Cftau,  bie  „^for^beimer 
wöchentlichen  s3cad)rid)ten".  (£br.  ,yr.  SWfiüer  au«  Karlsruhe 
errichtete  oom  1800  an  wieber  eine  Leitung,  bie  in  sJSfor,v- 
beim  felbft  erfdjien  unb  jroar  in  Quartformat,  unb  weldje  im 
^atjre  1811  ben  Titel  „Wochenblatt"  annahm.  $n  einer 
©ewerbeftatiftif  bes  ^abreS  1800  werben  außer  ben  gunftmftßtaen 
.£)anbmerfern  aufgezählt:    1   (Sifeuwerf  mit  2  .Hammerwerfen, 

0  Celmüfjlen,  2  3ägemüblen,  4  (Sipsmüblen,  2  Walten, 
2  £anfreiben,  1  ^uloermüble,  2  l'obmüblen,  3  3d)leifmübleu, 

1  Bleiche  (24  oerfcrjiebene  Bafferwerfe,  ohne  bie  4  9Jcablmüblen), 
1  BoÜenfabrif,  24  Bijouteriefabrifen ,  3  3ilberfabrifeu, 
22  Uf)renfabinette ,  5  Ubrgebäui*egefd)äf te ,  2  (Sefdjäfte  für 
Slfenbeingraoeure,  2  anbere  (^raneurgeid)äfte,  2  Wölb-  unb 
s$erlenfd)leifer,  3  ©Ia§fd)leifer,  2  Bergolber,  2  ®uiüod)eurs, 
1  9)cafd)inenmad)er,  3  Cnuaillcurs,  5  3tat)larbeiter,  3  geilen- 
bauer,  1  engl,  Knopffabrif,  1  3d)uallenfabrif,  1  fieberfabrif. 

3  u  n  f  t  m  o  f?  i  g  e  .£>  a  n  b  w  e  r  t'  e :  Bäder  45,  Bierbrauer  10, 
Büd)fenmad)er  1,  Bud)binbcr  4,  Trefjer  4,  Jarber  4,  glafdfjner  4, 
Jeilenrmuer  2,  Jtöger  96,  ©lafer  6,  (Mrtler  4,  $afner  5, 
|>uffd)miebe  7,  .ftutmadjer  3,  Kammmadjer  2,  Kaminfeger  l, 

18 


Digitized  by  Google 


194  ^fora&ehn  unter  Barl  ifrriebrid). 

Knopfmaeber  2,  Kubier  «,  Küfer  11,  Kürfdmer  l,  Tupfer» 
fdjmiebe  4,  l'einemeber  9,  Maurer  unb  3teinbauer  8,  Weffer^ 
fdjmicbe  3,  Wetter  41  (?),  WüÜer  4,  ^agelfdjmiebe  8, 
^evücfenmndiev  3,  ^fiäftcvev  3,  sJtingid>mieb  1,  SRotfärber  17, 
Sägmfifler  3,  3attlev  7,  3d)loffev  7,  ocfjneiber  30,  Schreiner  13, 
3d)ubmacher  44,  3ätfler  8,  3eifenfteber  4,  3eilcv  6,  Strumpf* 
ftrirfer  4,  3trumpfroeber  -4,  Ducqmacher  3,  Saffenfriwiieb  1, 
Sagnei  4,  Seiftgcrber  3,  ^eugmadjer  2,  Regler  4,  Limmer 
metftev  5,  ;}iungief?er  1,  ^irtelfcbm»ebe  2,  ^ucferbäcfer  7. 

ffor&heim  hatte  bis  in  bie  elften  ^afyvftebnte  unferes 
^ahrbunberts  hinein  eine  uormiegenb  aeferbauenbe  '-beuölferung 
unb  bie  3tabt  ben  (£barafter  eine?  &inbftäbtd)ens.  Der 
31  et  er b au  als  bie  ftcherfte  Wabrungsquelle,  fomie  bie  4  i  e  b $  u d)  t 
waren  immer  und)  in  btv  Zunahme  begriffen.  Die  3tabt  hatte 
eine  große  $emarfung,  1947,5  Worgen  SWer,  719  Worgen 
liefen,  354  borgen  (Härten,  117  borgen  Weinberg  (wooon, 
mie  'Koller  jagt,  nid)t  bie  .pälfte  angebaut  mar),  §ufammen  alfo 
3137,5  Worgen.  Der  Ertrag  betrug  im  SDurchfchmtt :  5000  Walter 
Dinfel,  HO  Blatter  Joggen",  120  Walter  ©inforn,  <>ou  Walter 
Werfte,  15  Walter  $abet  unb  801HJ  Walter  Kartoffeln.  Die 
^rotfrüdite  reichten  aber  beimeitem  nid)t  für  bie  (Sinrootmer. 
hingegen  gaben  bie  liefen  hinlänglich  Jutterfräuter  nebft  Klee 
unb  Wübeu  für  ben  juemlid)  bebeutenbeu  4>iet)ftanb. 

Diefe  liefen  lagen  mit  einiger  Unterbrechung  oom  jübioeft- 
lidjeu  (Snbe  bes  jenfeitS  ber  itws  gelegenen  Ztyak*  bis  an  bas 
füböftlid)e  (£nbe  besfelben;  bie  ftobnuefen  befauben  fid)  im 
Diesseitigen  Xbale,  bie  Siefen  auf  bem  Sartberg  gegen  3übeu 
unb  einige  im  ffiürm*  unb  Wagolbtbale. 

3ci)on  oor  loo  fahren  mürbe  über  bie  Abnahme  bes 
Weinbaues  in  hieftger  Wegenb  gefragt,  obwohl  ber  Sartberg 
„einen  ber  oor^üglid)ften  Seine  bes  Oberamts  unb  bes  Unter» 
laubes"  lieferte,  (Ss  maren  bamal*  noch  r>o  Worgen  angepflaumt. 
Der  Ertrag  mar  im  ^abre 

1794  :  290  Ohm  im  Seite  uon  5800  (Bulben 

1798:  297    5941  „ 

1802:  331    8293 

N2ln  S  a  l  b  u  n  g  e  n  befaß  bie  3tabt  auf  ber  3übfeite  ihrer 
Wemarfung  im  (Sutingec  ,yorft  148  Worgen  Sannen«  unb 
(Sidnualb,  im  .pudjenfeloer  Jorft  610  Worgen  gleiches  .£>ola  unb 
im  ^foraheimer  ,yorft  (im  .v}agenfd)ieß)  971  Worgen,  fomie  */» 
an  342  Georgen  mit  ber  (^emeinbe  Surin.  ^m  Springer  gorft 
(.Öohmalb)  befaß  bie  (tfemeinbe  außerbem  301  Worgen,  großenteils 
Kiefern,  jufammen  2410  Worgen.  Der  .froljbanbel  unb  ber 
ftcigenbe  Verbrauch  trieben  bie  ^olftpreife  jährlid)  mehr  in  bie  .pbbe. 
Osni  vsahre  18U2  im  Salbe  foftete  bas  Klafter  (0  Juß  hod),  6  guß 


Digitized  by  Google 


Worabeim  unter  Barl  frriebttd).  195 

breit  unb  4  Jufj  lang)  bucfyeneS  (Sdjeiterfjolj  5  ©Ib.  40  $rj., 
eigenes  2  ©Ib.  30  #r,v,  tanneneS  2  ©Ib.  15  $r.  1810  foftete 
ba*  «udjenfjoli  7  ©Ib.  30  flr.,  eigenes  £0(5  4  ©Ib.  30  Str., 
tanneneS  4  ©Ib.  30  Är.  Stuf  bem  SWartte  foftete  bas  Älafter 
2  ©ulben  mefjr.  3n  ber  Stabt  mürben  jctyrlid)  1 5  000  älafter 
^Brennt) olj  unb  2430  (Stämme  uevbraudjt. 

3)er  $iebftanb  mürbe  burd)  eine  @eucf)e  im  Qßhvt  1790 
um  70—80  Stücf  oerminbert,  oermebrte  fid)  aber  balb  mieber 
fo,  ba§  er  im  3af)re  1810  in  360  Pütjen,  40  flieljfälbern, 
6  jungen  Octjfen,  4  Marren,  6  jungen  Stieren,  pfammen 
461  3töct  beftanb.  Slufjerbem  gab  e*  225  $ug*  nnb  einige 
iHeitpferbe. 

Die  rnefige  3  d)  ä*  f  e  r  e  i  jaulte  325  ÜDlutterfcbafe,  30  Sibber, 
160  £ämmcl  nnb  250  Stücf  junges  93iet),  jufammen  765  Stücf. 
Serner  Ahlten  jum  'Hiebftanb  268  Sdjmeine  mit  3  Gebern  unb 
40  Riegen. 

$crfd)tebctte*. 

(Sine  ber  folgemidjtigfteu  (Sntfdjliejsuugen  ftarl  3riebrid)£  für 
xl$forjf)eim  mar  bie&blöfung  berSebeusüerbinblidjfeitgegenbie^falj. 
Unter  bie  'öebingungen,  bie  sJJhrfgraf  Ä'arl  I.  1463  nad)  ber 
für  itju  fo  unglüctlidjen  Secfenbeimer  3d)lad)t  eingeben  mufjte, 
gehörte  aud)  bie,  bap  er  ^for^eim  ju  pfäljifdjem  l*e^en  geben 
mujjte,  bas  nur  burd)  Gablung  einer  Summe  oon  40000  ©ulben 
abgelöft  werben  fonnte.  3m  3abre  1740  fdjon  mar  eine 
SblÖfting  nerfudjt  toorben,  fdjeiterte  aber  an  einem  Streit  über 
ben  ^ün^roert.  $m  3abve  1750  fam  fobann  bie  3tt>löfung 
juftanbe  um  bie  Summe  uon  60000  ©ulben.  Diefelbe  rourbe 
an  einem  Darlehen  ber  Äurpfalj  oon  'flaben  Durlarf)  im  betrage 
von  300  000  ©ulben  abgejogeu.  So  enbete  ein  unfelige* 
^erfjältniS,  bas  für  uufere  Stabt  im  30jcibrigen  Kriege  oon  fo 
unenblid)  fdjmereu  Solgen  begleitet  mar. 

sBei  2lbfd)lujj  be*  (Srboertrages  mit  9abeti«9abetl  mürbe 
in  beiben  £anbe3teilen  eine  .jputbiguug  ber  Bürger  oorgenommen, 
bei  melier  s-ßeranlaffung  ber  alte  sßrioilegienftreit  beinahe  eine 
$meite  Auflage  erlebt  t)ätte.  Cbgleid)  Barl  Jriebrid)  bei  feinem 
'HegierungSantritte  bie  oon  ben  ^foqbeimern  eiferfüdjtig  behüteten 
Jyreifjeiten  beftätigt  hatte,  fo  mollten  biefe  bod)  ben  §ulbigung^eib 
nid)t  eber  leiften,  al*  bis  nad)  ben  ^eftimmungen  ber  Stabt= 
orbnung  oon  1491  bie  ^(eubeftätigung  ber  ftäbtifdjen  ^ßrioilegien 
oorausgegangen  mar.  (£in  berubigenbes  -Ipanbfdjreiben  be§  Wlaxt* 
grafen  befdjmid)tigte  bie  erregten  ©etnüter  mieber. 

$or  bem  3abre  1750  mirb  roieberfjolt  geflagt  über  ben 
Verfall  be§  inneren  i'eben«  ber  Stabt  unb  bem  bamaligen 

18' 


19(5 


$forabeim  unter  Karl  ftriebrid). 


"öüvgermeifter  Penning  bic  Sdmlb  barnn  beigemeffen.  3)erfelbe 
führte  nod)  gleichseitig  bic  ®emeinbered)nung ;  ber  ©runb 
ber  Silage  büvfte  in  ber  #aur»tfad)e  mohl  auf  (GefchäftSüberbäufung 
beS  s£ürgermeifterS  jurüetjufü^ven  fein.  Jür  feine  £f>ätiafeit 
mar  bev  behalt  oon  100  fl.  felbft  für  bie  bamalige  ^eit 
ein  fet)v  geringer.  N«ttod)  beftanben  bie  ftäbtifdjen  Remter, 
wie  fie  burd)  bie  alte  Stabtorbnung  1491  feftgefe^t  maren  unb 
jumteil  nod)  oermehrt  mürben.  $aburd)  unb  burd)  bie  ^eränberung 
beS  ©elbroerteS  mudjien  aud)  bie  Ausgaben  bafür.  3>er  sBau- 
meifter  erhielt  bis  1750  jährlich  20  ©ulben,  oon  ba  an  50  (Bulben.*) 

sW\t  bem  Amtsantritt  Kummers  geftalteten  fid)  bie  ^uftänbe, 
uamentlid)  burd)  bas  gefteigerte  (SrmerbSlcben  günftiger,  wie  bie 
erhöhten  Staatseinnahmen  beroeifen.  *Bon  1757 — 1700  trug  ber 
%ßfunb*  unb  Sanbjoü  in  ^forjljeim  burchfchnittlid)  2498  ©ulben, 
oon  17H7 — 1776  2772  (Bulben,  oon  1777 — 1780  fd)on  41H9 
(Bulben.  Sin  Chmgelb  mürbe  in  benfelben  Zeiträumen  oereim 
nahmt  1702  OHtlben,  1978  (Bulben  unb  330H  Bulben. 

sJtad)  ber  (Einführung  beS  fteljenben  «Speeres  oerblieb  ber 
s#ürgermehr  nur  noch  Wid)t  ber  Stobtbemad)ung,  bie  fie 
auch  5«  UDCU  hatte,  wenn  ©avntfon  in  bev  Stabt  lag.  $m  ^ahve 
1778  mürben  bie  Bürger  aud)  uon  biefer  Saft  befreit  burd)  baS 
^nftitut  ber  S  tabtfolbaten. 

3m  ^ahre  1783  mürbe  bev  fatholifd)en  (9emeinbe  ba* 
^)ied)t  beS  ©otteSbienftes  gemährt,  ber  feit  bem  roeftr>f)älifd)en 
^rieben  ausgefegt  hatte.  Sic  erhielt  ein  t*ofal  be*  SBaifeuhanjes 
als  Sktfaal  ^ugemiefen.  infolge  ber  pnehmetiben  ©eroevbs^ 
thätigfeit  ließen  fid)  uicle  auswärtige  itatbolifen  hier  nieber, 
moburd)  bie  ©emeinbc  rafd)  au  v^ahl  mud)S.  Spätev  erhielt  fie 
bie  ^Barfüperfirche  als  (Gotteshaus.  1H12  erfolgte  aud)  bie 
(Eröffnung  einer  fatholifdjen  Schule  unb  bie  Aufteilung  eines 
befonberen  fatholifdjen  Lehrers,  ^m  Sommer  1748  mar  ber  im 
orleanS'fchen  Kriege  baufällig  geworbene  gothtfdje  £urm  nieber^ 
geriffeu  morben.  Gr  foll  bei  einer  &öhe  oon  200  Su§  „foftbar 
auSgehauen,  bis  oben  ohne  $achmerf  in  Stein  jierltd)  aufgebaut", 
eine  ^rbe  ber  Stabt  gemefen  fein  (Siehe  baS  OTcrianTfcr)e 
$ilb  aus  bem  ^ahre  i<54<>.)  ^m  Cvahre  1812  baute  bie 
iSraelitifd)e  ©emeinbe  eine  Synagoge  au  Stelle  beS  1805  abge- 
brannten „(SfelSftalleS"  (Slngev'fd/ev  Neubau  in  ber  Sttettgerftrafte). 

*»  *Jtad)  Büraermeifter  Penning  folgte  1750  .Hummer,  1758  Stein- 
Ijftufcr,  nacb  if»m  biä  1770  Weif;,  barnuf  H  t ^  l i  n  c| ,  17KH  (Hüntel, 
1795  tteißtv,  von  179«  an  >f.  ,ycrb.  Sreber.  Cberübflte  ober  er[te 
Beamte  waten  \\i  biefer  3eit  in  ^forräcim  feit  173H  Cberamteuerioefer  Jvriebridi 
Sonntag,  1749  ,"yrtebricb  Wotttyelf  o.  .Hoferik,  1752  ^ob.  <5br.  <vrieb.  Sebent 
u.  Sajiniebburg,  1758  ^olj.  XbeoPöor  fluw,  1777  .Horl  Atiebr.  itUelanb,  1794 
Baumgartner,  1803  Benjamin  Siotb,. 


197 


$ie  frühere  3unagoge  ftanb  am  oberen  (£cf  bes  Jpafenmepei,ffd)eu 
Kaufes  OBotfftJetgoffe).  (9egen  bie  SRitte  bes  oorigen  3af)r= 
bunberts  oerjd)roanbeu  eine  >Heil)e  s#for$t)eimer  Denfmäler  an? 
bein  Altertum,  fo  baft  bie  3tabt  oon  ba  an  ein  jiemlid)  oeränöerte? 
'Jlusfefjen  empfing.  ^flbre  1754  würben  bie  ftreu$gänge  bes 
£  o  m  i  n  i  f  a  n  e  r  f*  l  o  ft  e  r  * ,  bie  oon  bem  1  (>92er  söranb  ber 
nod)  ftanben,  abgeriffeu  nnb  ein  ©arten  angelegt.  .ftente  befinbet 
fid)  bort  bie  ^öftere  2öd)terfd)ule. 

3m  ^abre  17(>(>  oerjdjmanb  au/b  ba?  3  t.  (Georgen- 
f  ird)le  i  n  unb  1768  lonrbc  ber  ftattlidje  3cl)loÄturm  abgebrochen. 
(£$  mar  für  bie  3tabt  ein  für  jene  $e\t  unerfetjlidjer  Herluft, 
als  im  $abre  1789  bie  mit  fo  oielen  unb  großen  Opfern  erftellte 
neue  unb  fd)öne  3tabtfird)e  nieberbrannte.  lieber  bie  llrfad)e 
bes  SkanbeS  mirb  gefügt,  bafe  am  18.  3Rai  im  nebenanftef)enben 
£>aufe  be*  3d)tofferS  Kollmar,  mo  heute  ^cbijinalrat  $r.  i^umm 
mobnt,  wutv  ausgebrochen  fei,  roeldjes  bei  bem  heftig  wetjenben 
3ü>sJBeftnrinb  fid)  rafd)  ber  ganzen  Läuferreihe  mitteilte  unb 
balb  aud)  ben  gegeuüberftebenbeu  iurm  ber  3tabtfird)e  ergriff. 
s)ftit  feinem  3tur(}  auf  ba?  ftirdjenbad)  geriet  aud)  bie  ftirebe  in 
$ranb  unb  mar  in  toeuigen  3tunbcn  ein  2lfd)enl)aufen.  3)a* 
JVeuer  mittete  fort,  obgleich  oon  allen  3eiten  £)ilfe  geleiftet  mürbe. 

ber  9Warfgraf  mit  ben  grinsen  mar  am  53ranbplat3e 
erfdjieuen,  um  bie  i'öfdjarbeiten  perfönlid)  511  leiten.  Wacbbem 
man  bas  jyeuer  auf  feineu  Aperb  befcfjvänft  glaubte,  brach  am 
N,Had)mittag  bes  folgenben  Jage?  burd)  bas  oevborgen  glimmenbe 
Jyeuer  ein  neuer  ^öranb  aus,  ber  nod)  mehrere  .f)äufer  oerherte. 
(9egen  85  (tfebäube  mürben  oernid)tet.  Swav  würbe  in  ben  20er 
Rubren  biefes  ^abrbunberts  am  N4Bieberaufbau  einer  neuen  eo. 
3tabtfird)e  begonnen ;  aber  über  bas  Junbament  tarn  man  nicht 
f)inauS.*)  3n  ben  40er  Sagten  mürbe  ber  s$lat}  geebnet  unb 
führt  nun  feitbem  ben  Warnen  ,,3dnilerplat}".  Sin  5(nbenfen 
aber  an  bie  abgebrannte  3tabtfird)e  ein  slöal)r^eidieu  an  sJ$forj* 
beim?  3d)recfen?tage,  ift  übrig  geblieben,  nämlich  bas  rjöl^evue 
.fceilanbsbilb,  bas  auf  fteinernem  ^oftament  bis  oor  jebn  fahren 
auf  bem  3dmlpla^e  ftanb.  Dasfelbe  foll  fid)  unter  einem 
IWrbad)  ber  ftirdje  befunben  baben  unb  fd)on  bei  jmei  früheren 
^ränben  oon  ben  flammen  oerfd)ont  geblieben  fein. 


•)  Stabtflciftlictjc  loaren  in  tiefem  Zeitraum:  $on  1742  au  ,\af. 
•hJedjölcr,  174«  fcorem  Maurer,  1755  cSDrift.  %ktcv  irifenlohr,  17«4  Wottfriet» 
löffelt,  1797  3.  .H.  üerrer,  180H  Cjmft  %m.  fcoMaucr. 

^Uftabtpfarrer  waren:  Hon  1742  an  >h.  (ihr.  Sttutftever,  174H  Ä.  a. 
.Ü>e$*ler,  175«  Ö.  iS&r.  Ungcrcr,  1757  .H.  *.  .v>oUt)aucr,  17«k  m.  Staatl«, 
1779  0.  *.  9toa,el,  17H0  3$obcr,  178«  M.         3omUaa,,  1789  :H.  o- 

tlt>.  »art^olomefr,  1804  (£.  Ä.  *ect,  180«  $9.  1'.  Vornan,  1812  ^  &  eifcnloljr. 


Digitized  by  Google 


198 


'©forafteim  unter  Storl  ftriebrid). 


Paa  alf*  Ignlanbabilb  \\\  }$füql:;eim. 

93on  (Sbuarb  SBauer. 

dreimal  fanf  bic  Stabt  in  Jfommen 
ßracftenb  ring§  um  fid)  jufammen ; 
2Iud)  Dein  $au§,  ba§  pfeilerftofte, 
s.fiMd)  bev  grimmempörten  Softe. 
Umgeroanbelt  ffaib  bic  Straften, 
Anb're  Sitje,  anb're  ©äffen, 
^Inb'rer  Sinn  unb  anb're  Sitte, 
'  Du  nur  in  be$  Secftfels  9Jhtte, 
Du  allein  bift  fteft'n  geblieben, 
8iü>  be8  #eilanbs,  unoertrieben, 
$on  ber  ©tut  nieftt  aufgerieben, 
Dauermäcfttig,  roie  fein  Sieben. 
s3Ufo  mag  ber  'öranb  ber  Reiten 
sJttancfter  Grefte  Sturj  bereiten: 
.<pocft  unb  ftell,  ber  $?enfd)fteit  Stern, 
$Birft  Du  leueftten,  93ilb  be$  -fcerrn. 

lieber  bie  $  e  u  ö  l  f  e  r  u  n  g  s  5  i  f  f  e  r  fann  mitgeteilt  werben, 
baft  bie  Seelenjaftl  s$forjftehns  17h«)  =  4311,  im  ^aftre 
1795  =  4937  betrug,  barunter  4(>00  Sutfteraner,  83  Reformierte, 
154  ßatftolifen  unb  100  3uben. 

v#ou  1800  bis  1810  mürben  burcftfcftnittlicft  im  Oaftre 
geboren  219,10  ^erfonen 

getraut  44,00 
geftorben  finb  194,10 
meftrgeboren  finb  25,  — 

Die  ©efamtjaftl  ber  (£inrooftnerfd)aft  betrug  im  3aftve  lnoo 
50(52,  tm  ^aftre  1810  5572  ^erfonen. 

Der  $forjfteimer  Sofalgefcfticfttsfcftreiber  D  r.  Roller,  ber 
in  feiner  Scftrift  eine  Reifte  intereffanter  2tbftanblungen  über  bie 
Sieben Sroetfe  ber  33erooftuer  unb  augletcft  ^erftaltunge* 
magregeln  gab,  fagt  über  bie  Softnuugsoerftältniff  e 
unferer  ©rojjeltern:  Die  Stuben  in  ben  alten  ©ebäuben  finb 
faft  alle  flein  unb  uiebrig,  in  ben  untern  Stocfmerfen  feueftt  unb 
^umtetl  finfter.  ©rofjc,  freie  ^Boftnungeu  finb  im  ^erftältnis 
ben  übrigen  ftier  nur  wenige.  v4Mele  $anbmerfsmeifter  ftabeu 
vJßoftnung  unb  4Berfftätte  in  ber  nämlicften  Stube  unb  nid)t 
wenige  aueft  iftre  Scftlafftellen.  Die  Dienftboten  ftabeu  geroöftnlicft 
erabe  unter  bem  Dacfte  iftre  Letten,  bafter  für  ftc  ein  ftranfen-- 
aus  unentbeftrlid)  ift.  —  Die  Grroärmung  ber  Limmer  ift  bei 
bem  gemeinen  9)?anne  geroöftnlid)  )U  ftarf,  unb  es  wirb  nur  auf 
bie  3aftre*seit,  feiten  auf  bic  gerabe  oorftanbene  Witterung 
Rücfftcfjt  genommen.  Selbft  bie  Firmen,  melcfte  iftr  §ol$  müftfelig 


^forabcim  unter  Stotl  ftriebricfc. 


199 


erwerben  müffen,  beiden  febr  t)ef tiQ  ein.  Oefters  ift  ba§  $od)en 
in  ben  Cefen  baran  fctjulb,  öfters  muß  aud)  ftinberwäfche 
getrocfnet  werben.  Daju  fommt  nod)  ber  Cel-  unb  fiidjterbampf. 

kleben,  oft  in  ben  Söohngebäuben  felbft,  ftnb  bie 
Stallungen,  f obaß  ber  ©erud)  bie  .ftäufer  bis  in  bie  oberften 
(Gipfel  anfüllt.  (Sbenfo  flogt  iHoller  über  bie  bödjft  primitive  @iw 
rid)tung  ber  Aborte. 

Tie  Strogen  finb  mit  Saubfteiu  gepflaftert.  3hve  Unter* 
haltung  erforbert  fet>r  viele  iJJtübe,  bo  fie  fo  eng  finb.  3hre 
Reinigung  foll  wöchentlich  jweimal  vorgenommen  werben;  fo 
würben  fie  immer  rein  bleiben,  wenn  bie  ".Hbflüffe  ber  Dung^ 
gruben  unb  Aborte  bies  nicht  oerbinberten.  ^eooet)  glauben  fid) 
inandje  ^erfonen,  namentlich  in  ben  Oiebengaffen,  uou  biefem 
($efetj  frei  unb  ba  fie  ihren  Vorteil  nid)t  uerfteben  unb  ftitgleicb 
^iim  Schaben  ihrer  Mitbürger  ben  Kot  fid)  anhäufen  laffen,  fo 
follten  bie  Straften,  wie  in  anbern  Stäbten,  oonfeiten  ber  ^olijei 
gereinigt  ba?  ftebridjt  oor  bie  Dbore  geführt  unb  nach  einiger  ;{eit 
öffentlich  uerfteigert  werben.  (Sin  anberer  Uebelftanb  fei  auch,  baß 
ber  auf  bem  iWarftplatj  .utfammengefebrte  JTotb  oft  liegen  bleibe, 
was  um  fo  fdjlimmer  fei,  als  baS  täglid)  auf  bie  "IBeibe  getriebene 
Vieh  fid)  bort  etwas  länger  aufhalte  unb  bie  Verunreinigung 
noch  vermehre.  3113  weiteren  ^laditeil  befragt  Voller  ben  Langel 
oon  Kanälen  für  bas  oon  mehreren  Brunnen  abfließenbe  Gaffer 
unb  bas  9lbwaffer,  welches  in  ben  jumteil  engen  (Waffen  ftti 
großen  Gismaffen  gefriere  unb  baburd)  bie  ^affage  gefährlich 
mache,  ferner  flagt  ber  Verfaffer  über  ben  Langel  an  Warten, 
welche  ber  Stabt  genügenbe  l'ebensluft  *u  fpenben  oermöd)teu. 
"Bis  Mim  v^abre  1800  biente  ber  in  ber  "Bröt^iuger  "Borftabt 
gelegene  fleine  griebnof  ber  ftreujfircbe  als  "B  eg  r  ä  b  n  i  s  p  l  a  t) 
für  bevorrechtete  Familien.  Slnbere  mußten  für  biefe  "Bergünftigung 
1  (Bulben  befahlen.  "Bürgerin ei fter  Dreher  hatte  bie  beteiligten 
^atrijierfamilieu  veranlaßt,  auf  ihr  Vorrecht  gu  vernichten,  unb 
ber  .^reu^firchhof  würbe  gcfdjloffen.  Der  im  Cften  ber  Stabt 
Uetjiaer  "ßarf )  gelegene  ^riebhof  würbe  als  ein  allgemeiner  ftäbtifcher 
"Begräbnisplat}  bezeichnet  unb  bie  sBeerbigung  innerhalb  ber  Kirchen 
verboten.  Der  Jyriebbof  war  2  '*  Georgen  groß  unb  würbe  1800 
noch  um  l  borgen  vergrößert. 

Das  abeltge  Damenftift  burfte  ausnabmsmeije  feine  "Ber- 
ftorbenen  in  ber  neuerbauten  Stabtfircbe  beije^en.  311s  biefc 
1 789  abbrannte,  würbe  bem  Stift  auf  bem  allgemeinen  Jyriebbof, 
bidjt  neben  ber  Kapelle,  ein  $latj  „auf  ewige  Reiten"  angewiesen. 
Die  2lltftabt  tjatte  ihren  eigenen  "Begräbnisplarj ;  berfelbe  war, 
wie  heute  nod)  &u  feheu  ift,  um  bie  ftirdje  herum  gelegen. 

Das  3d)iilwefen  blühte  in  sJ$f Olxheim  feit  ben  «Oer 
fahren  bes  vorigen  3öh^uno«rts  ficbtlich  wieber  auf.  W\t  bem 


Digitized  by  Google 


200 


Worabeim  unter  ftarl  ftriebrid). 


^öbagogtum  nmrbe  1790  nod)  eine  Mealfdmle  uerbunbeu,  biejelbe 
jeboefr  1809  roieber  aufgehoben.  Sämtliche  3d)ulen,  mit  Slu«; 
nähme  bev  Jyreifchule,  roaren  in  bem  neuerbauten  3tabtfd)ulhaufe 
untergebracht.  J)afi  alte  I)evvfdiaftlid)e  }$äbagogiumsgebäube 
mürbe  1810  oerfauft  uub  bem  barin  untergebrachten  sJ$roreftor 
unb  britten  £ebrer  neue  Wohnungen  jugemiefen.  s)iur  ber  jroeite 
Sebrer  hatte  feine  Sobnung  im  neuen  Sehulgebäube.  Die 
s43olfs^  ober  2rioialfd)ule  umfaßte  $mei  Knaben«  unb  ^roei 
^Jcabchenflaffen,  erftere  mit  280,  let3tere  mit  360  Schülern.*) 

(£rft  mit  bem  Cutbre  1790  begann  bier  ein  geregeltes 
^trmenmefen.  Veranlaßt  mürben  bie  neuen  DJtaftnahmen 
burd)  ben  nberbanbuebmenben  Strafjenbettel  unb  bie  fid)  rapib 
minbernbett  Ojinnabmen  be*  31tniofens,  beffen  (#runbftocf  oon 
HO  000  Bulben  auf  16000  (Bulben  berabfanf.  $urd)  bie  bisher 
geregelte  s#ettelorbnung  mar  bem  Settel  unb  Müßiggang  £bür 
unb  Jbor  geöffnet.  £as  überamt  erlieft  baber  burd)  bie  Iroinmel 
befanntgeben,  baß  bei  5  ©ulben  3trafe  feinem  Bettler  mehr 
etwas  gefebenft  werben  bürfe,  Jm  herein  mit  einigen  Sfonen« 
freunben  hielt  ber  ^agiftrat  ieben  Montag  nad)mittag  eine 
Bildung ,  mobei  bie  Untftänbe  ber  ^llmofeupfrünbner  geprüft 
mürben.  5)1  an  teilte  fid)  in  ^nfpeftionen :  jeber  3nfpeftion  mürben 
10 — 12  kirnte  zugeteilt;  bie  ^ufpeftoren  hatten  alle  Quartal 
einmal  bereu  Wohnungen  auf*ufud)en  unb  in  ber  $>erfammlung 
genaue  3(usfunft  %\\  geben  über  ben  Öefunb  ber  >}uftänbe.  Tas 
roöd)eutliche  Sttmöfen  betrug  20  ftreujer  bis  1  (Bulben,  ber 
Oausjins  belief  fid)  für  bie  flehten  Wohnungen  auf  bei  ben 
großen  auf  12  Öulben.  Tie  Beiträge  mürben  oon  .fcaus  *u 
pauS  gefammelt,  fle  lieferten  jegt  gegen  400  (Bulben  ftatt  800  mie 
fvüher.  *'üx  bie  ftinber  ber  ^hmenpfrünbner  mürbe  eine  Skumrooll 
fpinnerei  errichtet,  morin  ein  flinb  wöchentlich  feine  20—80  Kreu&er 
oerbiente.  Ter  ©ibermitle  gegen  biefe  letztere  (£tnrid)tung  mar 
io  groß,  ban  bie  ftinbet  faft  nie  uifammen^ubringen  mareu. 
Xem  abzuhelfen,  mürbe  für  biefelbcn  eine  eigene  iyreifcbule 
gegrünbet,  bie  fd)öne  (Erfolge  erhielte.  —  Inno  belogen  25  "^erfonen 
bas  möd)ent(id)e  s31lmofen,  42  ben  .pausen*.  —  4Öieberbolte 
Un^uträglidifeiten  unb  neuerbings  junebmenber  Settel  ueranlafite 
bie  Regierung  jur  oölligen  :Keorganifation  bes  vJlrmenmejens. 
3n  bie  $efd)äfte  beSfelben  teilten  fich  hiernach  bie  3(rmenanftalts 
Deputierten  unb  bas  sJlrmenfollegium.  x>ne  beforgten  bie 
^nfpeftton  ber  Firmen,  bie  (rinfammluugeu  unb  bie '  jährliche 

*)  $corettoren  unb  Sorftanbc  beo  t;at>aa,oautm*  waren :  17(ki  oj. 
£eimltna.,  1770  Ä.  canber,  17W>  ^.  ^a\m,  1807  3.  W.  Xreuttel. 

^rn^eptorcit  ober  erfte  Vefjrer  luaren  an  ber  rtnabenictwlc :  oon  1745  on  W. 
<b.  «eftler,  17«>4  &  J.  tenerCe,  lim  CD-  &  fetter:  an  ber  SNäDftenfrfmle : 
oon  1749-1806  >f>.'  ^of.  *eibfrieb,  180«  tSbx  Martin  ^bler. 


Digitized  by  Google 


s#forabeim  unter  8arl  ^riebridj.  201 

SÖabl  breier  iWitgtiebeu.  2>as  Armeufollegium  beftanb  aus  biefen 
2)citgliebern  unter  bem  U?oi|it>  bes  Cberamts  ober  Bürger 
meifters,  bem  Stabtfcbreiber,  bem  Almofenpfleger  unb  jmei 
^atsmitgtiebern.    Alle  14  Jage  mar  Armenftt}ung. 

Tie  aufgehellten  ©ruubjät^e  $ur  Armenpflege  belehrten  über : 

1 .  Tie  A  rmcnuiitc r ft ü t* u n g ;  roer  Anfprud)  au  bte 
felbe  l)at,   als  mas  btefc  Unterftütjungen  augefeben 
merben  jollen,  nämlid)  für  ben  Sali,  baft  ein  Armer 
burd)  Grbfdjaft  ober  auf  anbere  SÖeife  511  Bermögeu 
fommt,  ober  fold)es  hinterläßt,  als  unoerflinsltche  Bor 
fd)üffe. 

Tas  Anhalten  ber  Armen  jut  Arbeit  unb 

3.  bie  ÜJUttei,  ber  Straßenbettelei  ßinbalt  511  tt)iui. 

^forjheim  bejaß  bis  $u  Anfang  biefeö  3fllnhunberts  fein 
eigentliches  Spital.  Außer  ,„yoei  fd)led)t  fonbitionierten 
Zimmern  im  fogenanuten  Armenbaufe,  janb  fid)  fein  ^lätjcben, 
mobin  bilfsbebürftige  ^erfouen,  Arme  unb  Tienftboten  in  franfen 
Tagen  ihre  3uflud)t  nehmen  tonnten."  Ale  am  h.  sJ)]ai  Ihoh 
bas  Jeft  ber  (Erhebung  be$  SRarfgrafen  ,\nm  Kurfärften  gefeiert 
merben  foüte,  befchloß  bie  Stabtoermaltung,  ftatt  ber  Illumination 
ein  bletbenbes  Teuf  mal  511  fttften  burd)  @rrid)iung  eines  Spital«. 
Unter  ber  ^ftitroirfuna,  be»  Cberoogte*  Baumgartner  mürbe  eine 
3ubffription  eröffnet,  roeld)e  balb  bie  Summe  oon  loooo  (91b. 
erreichte,  bie  innerhalb  <>  Os^hren  befahlt  merben  füllten.  Bis 
IHK)  maren  aber  erft  7(K)0  (#lb.  eingegangen  unb  als  Kapital 
augelegt  morben,  ba  bie  ftriegsseiten  bie  (Sinmobnerfdmft  hart 
bebrüeften.  ©in  Teil  berfelben  oerlangte,  baß  mit  bem  Bau 
begonnen  merben  iollte,  aud)  menn  bie  ganje  Summe  nicht  oor 
hanben  fei,  mas  oon  ber  Berroaltung  als  eine  Unmöglid)feii 
bejeid)itet  mürbe.  Um  bem  Trängen  einigermaßen  nad)$ugeben, 
lieft  man  4  Limmer  im  alten  Babe*>  einrichten. 

Audi  au  ber  Wefelligfeit  ließen  es  bie  ^forjbeimer  oon 
bamals  niri)t  fehlen,  trot}  ber  burd)gemad)ten  Irübfal. 

Auf  Beranlaffung  bes  N^roreftors  ^anbt,  ber  aud)  bie 
Leitung  übernahm,  bilbete  fid)  im  vuibre  l V 84  im  Wooember 
hier  bie  erfte,  ^unächft  aus  jroanjtg  ^citgliebern  befteheube 
Befegef ellfchaft  $um  gemeinfchaftlidien  galten  oon  ;}eit 
fchriften  unb  Büchern.  $n  ben  erfteu  fahren  hielt  bie  (#efell)d)aft 
ihre  Berfammlungen  in  ben  ^rioathäufern  ber  Witglieber  ab. 
3m  ^ahre  ^7,S8  mietete  fie  ein  eigenes  £otal  unb  oeranlaßte 
tägliche  ^ufammeufünfte  $ur  Unterhaltung  unb  C^efelligfeit.  ^n 
biefem  ^ahr  betrug  bie  Witglieberjabl  fd)on  40,  im  Jahre  1*01 

•»  iln  bei  ^abgaficbrucfc  über  bem  oberen  ^utUfanal. 


Digitized  by  Google 


202 


Worpheim  unter  Barl  ftriebricfc. 


bereits  80.  180h  erhielt  bie  l'efegefellfchaft  neue  Statuten, 
erwarb  1822  ein  £>aus  am  Warftplatj,  worin  fjeute  bas 
SBronfer'fdje  ©efcbäft  ftcf>  befinbet,  um  nabeln  UOOO  ©ulben 
unb  baute  182(>  im  .f)intergebäube  einen  3aal,  um  ba*  (£aftno 
mit  ber  ©efelifchaft  jm  oerbinbeu  unb  legte  fld)  ben  Wanten 
„SR  uf  eil  in"  bei. 

Die  SWttfit  fanb  Dor  loo  fahren  bier  $mar  uiele  &eb 
baber,  aber  im  öegenfa^e  ju  beute  fet)v  menig  Wufifoerftänbige. 
Q$  fanben  fid)  nicht  fo  oiele  (Geübte,  um  ein  Moniert  arrangieren 
ju  föunen:  bierin  ftanb  s]3for*beim  felbft  hinter  oiel  Heineren 
otäbten  jurürf. 

D an $  b  el  ufti  gu  ngeu  »Daren  &u  allen  Reiten,  alfo  auch 
bamal-5  beliebt,  (Gelegenheit  baju  boten  bie  oier  ^ahrmärfte, 
bie  brei  ftirdnoeiben  ber  s«Borftäbte  unb  bie  ber  nahen  Dörfer, 
fomie  .Ipoctjjeiten  unb  föinbstaufen. 

"4]on  ^eit  511  ;]eit  oertrrte  fid)  auch  eine  manbernbe 
3  djauipi  eiert  nippe  in  bie  dauern  ^fov^etm«.  80  mirb 
erjählt,  ba§  1808  einer  berartigen  (9efeÜfd)aft  51t  (Gefallen  ein 
eigene*  ©ebäube  errichtet  mürbe  al*  „Dbeatev",  baS  aber  bei 
Jyeuersgefabr  roegen  mieber  aufgegeben  merbeu  mußte,  morauf 
bie  ^orftelluugen  im  8.  3tocf  bes  Watbaitfes  abaehalten  mürben. 

.H  l  e  i  n  e  (£  h  r  0  n  i  f.  1 769  70  fd)led)te  tfrute  burch  kläffe, 
iufolgebeffen  1771  Deuerung  unb  .Hungersnot.  3m  Wai  foftete 
ba*  Walter  .Herneu  22—28  Bulben,  ftorn.l»  Bulben,  Werfte 
12  Bulben,  tfaberK,  4i*elfd)forn  im  >li  20  Bulben.  Dagegen 
fofteten  8  @ier  nur  4  ftreujer,  unb  ba$  1>funb  Winbfleifcb  nur 
7'/«  $reu5er,  1  s^funb  Butter  1(>  ftreujer.  Die  Regierung 
brachte  im  3tuslanbe  aufgetaut  te«  (betreibe  auf  ben  bieftgen 
Warft.  Cbue  biefe  finge  Wajmabme  mären  bie  ^'«^tpreife 
gerabeju  uugebeuerlid)e  gemorben.*) 

1772  taud)te  bie  ^rage  auf,  ob  nad)  Abfall  oon  $abeu- 
^aben  nid)t  Durlad)  mieber  Wefiben*  merben  folte.  8 ehr 
icbled)ter  SBetn. 

sJlm  8.  2tpril  1777  gelangte  ftatfet  Jofepb,  IL  auf  einer 
>Heife  nach  Jranfreid)  hier  an  unb  übernachtete  im  s^ofthaufe. 
xUit  £>ofe  besjelben  hatte  fid)  anbern  Dag?  bei  ber  Abfahrt  eine 
große  Wenid)enmenge  aufgeftellt,  um  ben  geliebten  Wonard)en 
hu  fehen.    Der  ttaifer  geigte   fich  ben   Kenten  febr  hulbooll. 

*>  Stellen  llnterjd)icb  ber  unoolifonuuenc  Ferteln-  bamale  in  ben 
greifen  fjeroorbradUe,  erlernten  »oir  an  einer  Konftamer  Eingabe  and  bemfetben 
fotftt,  nnrt)  melrber  bie  greife  bort  tolqenbe  lunren :  1  iUalter  Morn  tfö  Bulben, 
1  ceftet  üarer  2  (Bulben  24  Wremer,  I  Hefter  (Werfte  4  (Bulben  30  Kreuzer, 
1  ^inftle  .vMibernun  «reiner,  1  cefter  Wartoffeln  8  Bulben,  1  cefter  bürre 
kirnen  4  (Bulben,  1  3  efter  Crrbfen  •)  Bulben  24  ttreujer,  1  cefter  Hüben 
BS  Mrenjer,  1  Mab  geringen  Wein  12  Mrcujer,  1  ^funb  «rob  18»/»  itreujer 
unb  jwar  fdjronrje*,  roeil  bad  roeifie  oerboten  ioor. 


Digitized  by  Google 


Worpheim  unter  flatl  ftriebrieb.  203 

befd)eufte  bie  N#oftbaltersfamilie  reichlich  unb  fuhr  gütig  grnfjenb 
weiter. 

1783  brachte  Dielen  unb  trefflichen  siöein,  1783/84  aber 
einen  febr  [trennen  hinter  unb  große  Ueberfcbwemmungen. 

Januar  1  784  g  r  o  e  s$  a  f  f  e  r  s  u  o  t.  31m  17.  brach 
baS  ($is,  ungeheure  (Sisftürfe  bebeeften  bas  Ufer  bei*  (Snj  unb 
s.)cagolb  Don  ber  Slltftabt  bis  jptm  ftaübarbt.  An  ber  Auer 
©rürfe  entftanb  eine  Stauung  unb  bas  Gis  [taub  jule^t  höher 
als  bie  kniete  felbft.  TaS  Söaffer  brang  in  bie  Stabt,  namentlich 
in  bie  Au,  unb  bie  Einwohner  mußten  flüd)ten.  (Srft  nach  brei 
lagen  brach  bas  Eis  buret).  Ter  Stabtrat  lieft  bie  (Sisftürfe 
jerfd)lagen  unb  bie  Altftäbter  Drütte  abtragen.  ft'urj  barauf 
entftanb  eine  fo  grofte  .Halte,  baft  bie  ftlüffe  bis  auf  ben  ©runb 
zufroren.  3m  tfebruar  trat  Tauwetter  ein,  am  20.  fetjte  fid) 
bie  (fismaffe  in  Bewegung  gegen  bie  Au.  Xags  barauf  morgen? 
ß  Uhr  brach  jerftöreno  burch  bie  ^(aggärten  hinburd).  si*iel 
(Eigentum  mürbe  fortgefdjmemmt  Tas  4Öirtsbaus  juv  „Sanne" 
in  ber  Altftabt  mürbe  uon  ben  Jluten  gänzlich  meggeriffen. 
.freute  nod)  ift  an  manchen  Käufern  ber  ffiafferftanb  jener  Sage 
angegeben. 

'  Am  21).  ^au.  178S  mürbe  m  Karlsruhe  bie  Erinnerung  au  bie 
Sd)lad)t  bei  ©impfen  in  einem  glänjenbeu  <yefte  gefeiert,  wobei 
bas  3)eimling?fd)e  Irauerfüiel  „Tie  400  ^forjheimer",  auf  beut 
.poftheater  aufgeführt  mürbe,  ©lerfmürbigerroetfe  mar  man  erft 
burd)  bie  Teimling'fcbe  Tid)tung  bei  .'oof  auf  bie  .oelbentbat 
aufmerffam  geworben,  ftarl  Jriebrid)  oeranlaftte  bie  erwähnte 
Jeftfeier  unb  lub  bie  ^iacht'ommeu  ber  .pelben  aus  ^for^henn 
baju  ein.  löffelt  hielt  eine  glau^enbe  Siebe,  bie  im  Trucf 
erfchien,  unb  ^offdjaufDielbireftor  Hogel  tnfaetiterte  bas  Teiim 
ling'fche  Trama.  Tie  ^for^beimer  fühlten  fid)  über  bie  ihrer 
Stabt  erwiefene  Auszeichnung  fehl*  geehrt  unb  liefen  es  nid)t 
an  anfehnlidjen  (defebenfeu  fehlen  für  ben  .$oftl)eaterbireftor. 
Tas  Trauerfyiel  gefiel  fehr  gut,  fobaft  es  wieberholt  aufgeführt 
würbe,  öebesmat  folgte  zuletzt  noch  ein  Dautomimifd)=muftfalifd)er 
Epilog  in  einem  Sitte,  ber  bamit  enbigte,  baft  aus  ben  Wolfen 
zwei  deuten  herabfliegen,  um  bie  aufgehellte  "öüfte  Marl  Jriebridjs 
mit  einem  tforbeerfranae  \\\  frönen. 

178«  würben  oon  ber  Regierung  alle  öffentlichen  (tfebäube 
mit  Nölit3ablettern  oerfeheu. 

1788/89  bärtefter  hinter  bes  ^sahrhuuberts.  ^m  ttanbe 
erfroren  200002  9äume. 

171»  1/92  Weinberge  erfroren  unb  aufgehauen. 
Am  21.  OTärj  1810  fahen  bie  Bewohner  v^f orzheims  aud) 
bie  ©rjfjerjogin  sJJiaria  £.mfe,  als  Napoleons  $raut. 


204 


Wottbetm  unter  Starl  ftriebtieb. 


3m  Juhre  1 7i»H  folltc  bas  50jährige  iHegierungsjubiläum 
Mail  Jriebricb*  abfeiert  »erben,  mußte  aber  ber  bamatigen 
ftriegsunrut)en  it»e^eu  auf  ben  ^unt  lnoi  oerlegt  werben,  iae 
Jefi  mürbe  fcljv  roürbig  unb  mit  allem  ^omp  begangen.  Bürger 
roebr,  Jabrifanten,  3d)ü^enforps   unb  ältere  Bürger,  feftlid) 
gefdjmücfte  Jungfrauen  unb  Schulfinbev  begaben  fid)  nad)  bem 
äRarfrpla$e  unter  Begleitung  oon  türfifdjer  vJDtufif :  fämtlicbe 
ftaatlidjen  unb  ftäbtifdjen  Liener  fauben  fid)  in  ooller  (#ala  ba^u 
ein.    Bon  bort  ginge  5111*  ftirdje.    s3kd)  Beenbigung  bes  fteft 
gottesbienftes  begab  fid)  ber  ^ug  mieber  jum  iHatbaus,  roo  oer 
biente  Bürger  bie  00m   l'anbesberru  geftiftete  Slusjeidnumg 
empfingen.    $er  Jag  febloß  mit  einem  Bolfs-  unb  ftinberfefte 
auf  bem  Wennfelbe.*) 


Bcrbieittc  ^for^eimer.**) 

Bon  ben,  um  ^forjbeime  Jnbuftrie,  um  ttunft  unb  s&ifjen 
idmft  oerbienten  Männern,  ermähnen  mir  au«  biefer  ;}eit: 

3  0  b.  (£  b  r  i  ft  i  a  n  iH  0 1 1  e  r.  (£r  mar  am  27.  sJüiguft  1 778 
SU  i*for$beim  geboren,  bilöete  fid)  junäcbft  auf  bem  i*äbagogium 
feiner  Baterftabt,  ermeiterte  feine  Stubien  auf  ber  StorWfdnile 
ju  Stuttgart,  oollenbete  feine  .frod)fd)ulbilbung  in  Qena  unb  ließ 
fid)  nad)  abgelegter  mebwnifrfjer  Staatsprüfung  in  ^forjbeim 
1795  als  Slrjt  nieber.  ^m  Satire  Iku4  übernahm  er  bie  Leitung 
ber  3m»flnfwlt  unb  mürbe  fo  ber  erfte  jrrenar$t  bes  Raubes. 
Seine  ffor^etmer  Gbronif,  herausgegeben  unter  bem  -Xitel 
„törfter  Reiflich  einer  Beitreibung  ber  Stabt  ^for^heim  mit 
befonberer  Beziehung  auf  bas  pbqfifdje  4Öobl  ihrer  Beroobucr" 
1 1811  >  enthält  namentlich  für  bie  .fnigtene  fooiel  trefflidje,  aud)  heute 
noch  beachtenswerte  Fingerzeige,  oaß  fein  Warne  fdjon  um  beffent^ 
mitten  bei  ben  x)tad)lebenoen  in  ehrenber  (Erinnerung  bleiben  bavf. 
}(ber  Voller  mar  aud)  als  sJJlenfd)  unb  Bürger  eine  eble 
Nl$eriönlid)feit  unb  fein  raftlofcr  Gnfer,  feine  alle  .friuberniffe  über-- 
minbenbe  Ibatfraft  im  Dienfte  oer  ^citrnenfcbeii  fidjerten  ihm 

*>  Xabei  wirft  in  ben  „^for  Weimer  luöchctitlicljeu  Wad)rid)ten"  ruümtid) 
bc*  alten  Vebrer*  veibfrieb  ermahnt,  berfelbe  mar  gerabe  am  feftlidjcn  Iaa,e, 
uamlid)  am  15.  ^uni  1751,  mit  einer  t>fonbcimerin  getraut  roorben  unb  1  Hol 
fdjon  54  ,Vibre  hiuburd)  vehrer  in  Monheim,  iobatt  alte  unter  HO  ^\abrc  alten 
grauen  w  ihm  in  bie  odmle  gegangen  maren.  tfr  mirb  al*  ein  heiterer, 
liebcu&nntrbia,er  Mann  gcfcfytlbert  unb  fcfyctnt  fid)  gut  auf's  "Heimen  uerftatiben 
tu  habet:  beim  e*  roirb  cnriblt,  baft  beim  Harl /vriebriebsfefte  feine  2d)ul 
m.iD  djen  oon  ibm  uerfafste  Kerfe  uortrugen.  Ja*  Marl  ,"vriebridmeft  rourbc 
nod)  1803,  1804,  1805,  1808  unb  *ule(jt  1824  gefeiert. 

•*)  Wluaer,  tfaber. 


$forabeim  unter  Jtotl  3-riebrtd).  205 

fdjon  au  Öeb^eiten  bcren  £>odmd)tung.  @r  mar  in  jener  3«it  ber 
erfte  Strjt,  ber  bie  ftuhpoctenimpfung  anroanbte.  güv  bie  3vren- 
anftalt  fct)iif  er  eine  gefunbe  l^runblage,  auf  bev  fie  fiel)  ben 
neu^eit(td)en  9lnforberungen  gemäjj  enttuicfeltt  tonnte. 

$r.  ©hriftian  Holter,  ber  oobn  be$  s$orbergeheubeii, 
fanb  als  9fad)folger  einen  gut  uorbereiteteit  ^oben.  3ein  »tuf 
al§  .Srrenarjt  veranlagte  bie  Regierung,  ihm  bie  Leitung  ber 
•Seth  unb  s}$flegeanftalt  Altenau  übertrafen,  bie  unter  ihm  ju 
bober  $lüte  unb  weltberühmter  ^ebeutung  gelangte. 

$  r.  Wilhelm  <£  i  f  e  n  l  o  h  r ,  ber  3obn  be3  s$rorjbeimer 
3tabtpfarrers  tvurbe  als  v#rofeffor  ber  poluted)tiifd)en  3dmle  in 
Karlsruhe  berühmt  unb  vom  Wroftberftog  mit  bem  Xitel  eines 
(fleh.  sJlates  geehrt. 

©e  beim  er  vJtat  ^ubmig  ftad)el,  ebenfalls  ein 
geborener  st*forftheimer,  mar  befannt  als  ftfinftler  ber  ©ravier* 
fünft  unb  mürbe  $orftanb  ber  Witftanftalt  in  .Karlsruhe.  Sein 
3otm  erlangte  bie  3telle  be$  Tireftors  an  ber  (3roRb.  flu n fr 
gemerbeftt)iile  in  Karlsruhe. 

5erbinanb  Cecbsle,  ber  (irfinber  ber  nacl)  ihm 
benannten  s4Öeintvage,  lebte  gleichfalls  tu  jener  ^eriobe. 

3  o  b-  o  f  e  p  b  u  j  a  r  b ,  geb.  1 75 1  ju  >Kin$  in  bei 
franftöftföen  3d)ivei5,  beffen  3tamm  fid)  hier  nod)  erhalten  hat. 

30  o  h  n  l  i  d).  4öie  oben  id)ou  mitgeteilt  mürbe,  unterftüt)te 
179t»  ^Bohnlich  bie3tabt  bei  ber  (Erhebung  einer  auRergewöbnlidi 
hoben  $riegsfoutribution  mit  einer  anfebntidien  cumme  in 
bringenber  s)cot.  3)ie  Familie  sBobulid),  1(»90  frfjon  genannt, 
bemotmte  in  ber  ^arfüRergaffe  ein  alte?  .frerrenbatis.  3päter 
ift  fte  nad)  "iilugslnirg  übergefiebelt  unb  ift  feit  vielen  fahren  in 
ben  9lbel§ftanb  erhoben. 


IHe  tfntftclfunct  nnb  tfntrotdtliing  bei*  Bijouterie 
fabrikattoit  in  ilforilfriiu.  *) 


SRarfaraf  (£f)riftoyb  mar  bic  ganje  fyit  feiner  mobltbätigen 
Regierung  binburd)  eifrig  beforgt,  Dem  ganzen  bürgerlichen  tfeben 
feiner  Untertbanen,  jomobl  in  ftaatSrecbtlidjen  $erf)ä(tniffen,  als 
aud)  im  Wernerbe^  unb  si$olicseif acbe,  eine  neue  ©eftaltung  ftit 
geben  unb  jngleid)  bas  9Üte,  wie  es  bis  anf  feine  ;}eit  bem 
&raud)e  gemäß  gehalten  morben  mar,  in  eine  fefte,  freilich  oft 
aud)  fleinlidje  Jorm  }u  bringen,  bic  fid)  mirflid)  and)  einige 
vxsahrbunberte  binburd)  erhielt. **) 

Unter  feinen  SBerorbnungen  befinbet  fid)  and)  eine,  betitelt : 
„Crbuuug  ber  Wolbfcbmiebe."  Tiefelben  bilbeten  mit  ben  Wlaferu 
eine  ;{unft.  Jm  jobre  lt»!)K,  ol*  nad)  bem  langen,  fdjmeren 
Kriege  alle  fünfte  mit  ihren  Sfleiftern  neu  eingetragen  mürben, 
fanben  fid)  21  tum  ber  (9lafcv*  nnb  Wolbfcbmiebefunft ;  mir 
fönnen  alfo  für  bte  Seite«  oor  jenem  Kriege  mohl  15— 20  Wölb 
fd)miebe  annehmen. 

Tamit  nicht  oon  ben  oorgefd)riebenen  Wefelen  abgegangen 
merbe,  maren,  mie  bei  allen  fünften,  fog.  3  d)  an  er  beftellt, 
meld)e  über  bie  orbmmgsmäßige  $kfdmffenbeit  ber  Barett  \\x 
madjen  hatten.  Wröftere  Sftfttel  mufften  fie  einzeln,  fleinere 
oartienmeifc  befehen,  morauf  fie  biefelben  zeichneten,  menn  bie 
Arbeit  als  „geredjt"  erfunben  marb.  freilich  mar  bie  $e- 
banbluugsart  oon  ben  jetzigen  total  oevfchieben.  Ter  Unterfd)ieb 
oon  Wolb^  nnb  Silbermaren  mar  unbetannt,  überhaupt  maren 
Arbeiten  in  Silber  häufiger  als  in  Wölb,  ba  bie  lederen  ber 
plumpen  frerftellung  wegen  gar  ju  teuer  ftu  flehen  tarnen.  Tie 
Arbeiten  in  3ilber  rourbeu  gemöbnlid)  oergolbet  ober  golbplattiert. 
^ei  ^ergolbungcu  galt  al*  sJ>robe  bie  Ürafcbürfte:  Arbeiten, 
melche  biefe  nidit  mithalten  tonnten,  maren  oerboten.  SBa« 

•l  CueUcn:  vottiinmiHcr,  ^iimia-,  Motfecttt,  WeneYaUaitbetaftyto. 
eeite  27  unf  ff. 


©ntftebuna  tmb  (ämtwuflumj  ber  ©ijoutetiefabritation.  207 

bereits  uergolbet  mar,  burfte  nicht  mieber  oergolbet  werben, 
außer  9Ronftraiijten  unb  ähnlichen  (Segenftänben.  Sogenannte 
falfdje  ©belfteine  ober  ©laSflüffe  in  (Mb  au  faffen,  mürbe  für 
ein  „galfd)"  (betrug)  erflärt.  <3olct)e§  burfte  nur  für  einen 
dürften  geschehen.  $ie  Beurteilung  bes  (Solbgehaltes  gefdjah 
nid)t  nad)  Karaten,  fonbem  nur  allgemein  nach  rbeinifchem, 
ungarifchem  ober  Dufatengolb.  lieber  bie  Ausführung*: 
beftimmungen  ber  „(Mbfchmiebepnft;  Crbnung"  mirb  gefagt: 
„3tem  bie  Orbnung  muff  man  auf  ben  Jarmerften  unb  fuft 
allen  (9olbfd)mieben,  unb  Bremern  oerfünben,  Bnb  bie  foünb 
fremb  unb  fyehnifd),  nüft  (nichts)  annbers  feul  haben,  oerfauffen, 
bann  mas  bie  Cvbnung  (hlnben  mag,  unb  meüicher  bie  orbnung 
barüber  oerbrid)t,  ber  fol  ben  gemelten  uenen  in  obgefdjriebener 
maß  unbermorffeu  fin  unb  bie  &u  t)ebem  male  geben." 

(£s  ift  flar,  baß  bie  Bijouteriebranche  unter  ben  fleinlid)eu, 
einfcbränfenben  Berbältniffen  jener  ^Jeit  nidjt  über  ben  Wammen 
be*  ^unfthaubroerfS  hinaus  fid)  entfalten  founte,  in  bem  fie  bis 
in  bas  letzte  drittel  bes  oorigen  ^al)rbunbert§  ein  rummer^ 
lidjeS  Xajein  friftete.  (£s  beburfte  einer  uölligen  Ummanblung 
bes  fatalen  unb  mirtfdjaftlidjen  Gebens,  einer  hinlänglich  ftarfen 
Anregung  oon  außen,  bes  meifen  ttjatfräftigen  Eingreifens  eines 
lueüfdmuenben  dürften,  mie  Äarl  iyriebrid),  um  bas  ^forjheimer 
Bijouteriegemerbe  ju  jener  großartigen  (Entfaltung  jw  bringen, 
bie  ihm  im  Verlaufe  oon  liio  fahren  eine  Stellung  unb  ein 
^lujeben  errang,  bie  in  ibrcr  Art  einjig  fiub. 

<$roße  hiftorifdje  (Sreigniffe  maren  es,  meiere  einen  gemalt' 
famen  Umfchmung  bes  nurtfdjaftlictyen  Gebens  hervorriefen,  bie 
bem  in  engen  v^unftfd)ranfen  fümmerlid)  baliegenbeu  (bewerbe 
bie  Ueffeln  jprengten  unb  ihm  bie  NJöege  bahnten  jur  ©roß- 
3>nbuftrie.  Pioniere  berfelbeu  maren  fdjon  bie  im  Weforinntions: 
Zeitalter  geflüchteten  Hugenotten.  $ie  Stäbte,  meiere  fie  auf- 
nahmen, Bafel  unb  ^ürid),  mürben  burd)  ihre  2t)ätigfeit  balb 
bie  £>auptfifce  ber  3nbuftrie  in  Mitteleuropa,  ©enf,  bie  SHutter; 
ftabt  bes  Galoinismus,  befaß  burd)  bie  Utjrenfabrifation  unb  bie 
Bijouterie,  bie  hier  ebenfo  ftreng  organisiert  mar,  mie  bie  5lird)en^ 
gemeinbe  felbft,  einen  mirtfchaftlichen  Einfluß,  mie  es  ihn  feitbem 
nie  roieber  erreicht  hat.  2>ie  Aufhebung  bes  EbiftS  oon  Nantes 
^erftreute  alSbann  bie  Hugenotten  über  ganj  $eutfd)laub,  unb 
überall,  mohin  fie  famen,  pflanzten  fie  ben  Samen  ber  (#roß- 
^nbuftrie,  bradjten  fie  einen  freien  ßug  in  ben  .franbel,  l'ebeu 
unb  Bemegung  in  bie  Bolfsmirtfchaft. 

2)en  (Seift  biefer  reformierten  Kolonien,  bereu  förbernber 
Einfluß  auf  2)eut]d)lanb  nicfjt  hod)  genug  anjujdjlageu  ift,  geigen 
uns  tjeute  nod)  bie  ©efdjäftSbücher  Aboi*,  eineS  ber  Begründer 


Digitized  by  Google 


208     ©ntftcbunfl  unb  ©ntwicfluna  ber  *8itouteriefabritation. 

ber  i<forjheimer  ^nbuftrie*),  bie  auf  meitoerbreitete  Berbinbungen 
bis  l'ieflanb  unb  3t.  'Petersburg  hinweifen,  (frft  bind)  bic 
(frtenntni*  bes  religiös  wirtfd)aftlid)eu  ;}uiammenbang*  ber 
Kolonien  untereinander  wirb  bie  bamalige  berrfdienbe  3teliung 
(detlfä  auf  bem  (Gebiete  ber  (fbelmetallinbuftrie  erflärliu.  s)lucb 
•ftanau,  bas  in  XeutfdUanb  eine  ähulid)e  Stellung  einnahm  unb 
neben  s)*f  Olxheim  bis  beute  behauptete,  mar  eine  ftreng  reformierte 
Kolonie,  gemiffermaBeu  eine  faloiniftifche  sJDIufterftabt.  Das 
NPforsheimer  Bijouteriegemerbe,  in  feinen  Anfängen  ein  ^Iblcgev 
Don  (Senf,  entfernte  fid)  halb  oon  ben  tabuen  bes  religiöfen 
föemetnfinnS ;  uuneift  wohl  be*balb,  meil  bie  von  aufien  (uige 
\ogenen  Arbeiter  „umherfcrjmeifenber  troj",  weit  entfernt  waren 
oon  ber  ftrengen  Hanauer  unb  (Senfer  Xi^iplin.  3(1*  ba* 
eigentliche  (Geburtsjahr  ber  ^for^heimer  Bijouteriefabrifation  barf 
ba*  ^ahr  17H7  betrachtet  werben. 

Bei  ber  Vorliebe  ftarl  JvriebridjS  für  ben  „pbnfiofratiicben 
3taat"  möchte  es  faft  uuinber  nehmen,  baß  es  möglid)  mar, 
gerabe  ben  l'urusgegenftaub  ber  Bijouterie  einzuführen,  bie  mit 
ben  Bebürfniffen  bes  arferbauenbeu  Raubes  in  f einerlei  ^ufammen 
hang  fteht.  xx>nbeffen  ging  bie  Anregung  ba.y.  weniger  oon 
Äarl  Jriebrich  felber  au?,  als  oielmehr  oon  feiner  hochfinnigen, 
feingebilbelen  (Gemahlin,  ber  ÜJiarfgräfin  Caroline,  bie  wohl  ihre« 
(hatten  iuUfsmirtfd)aftlid)e  Neigungen,  nicht  aber  feine  lieber 
Beugungen  teilte,  s&äbreub  ihr  (Gemahl  pbofiofratifch  gefinnt 
war,  waubte  fie  fid)  mit  (Eifer  merkantilen  Wruubfätyen  ju,  ber 
Anficht  gemäß,  i>af?  eine  ^nbuftrie  um  fo  höher  ni  fdjätjeu  fei, 
je  mehr  bar  ($elb  fie  ins  t'anb  bringe.  (£inen  Überzeugung* 
treuen  ©enoffeu  faub  fie  für  ihr  Beftreben  in  bem  einflu&reidjen 
(Scheimrat  Weinbarb.  Ter  ebenfo  liberale  wie  überseugungstreue 
^Jcarfgraf  lief?  ber  Ihätigfeit  tüd)tiger  ^cenfchen  gerne  freien 
fcaaf,  aud)  wenn  er  ihre  ^(nfdjauungni  nicht  gerabe  teilte,  3o 
tam  es,  bafj  bie  ^larfgräfin  einen  (Sinflujj  gewann,  ber  in  feineu 
folgen  trot}  Dielet  bebentlidien  unb  fehlgefchlagenen  (Srperimeute 
oon  ganz  eminenter  Bebeutung  unb  bauernber  2öirfung  war. 

3u  jenen  lagen  fcheint  bie  x^rojeftenmad)erei  mehr  als  je 
an  ber  Jagesorbnung  gewefen  |u  fein.  SBie  ber  .frerbftroinb 
Untraut  unb  gute  ©amenförner  burcheinanber  wirbelt,  ftoben  bie 
vl>läne  ber  s}>rojeftenhelben  umher,  unb  ein  Zufall  ift  eS  faft  |u 
nennen,  wann  unb  wo  etwas  baoon  aufging. 

3»  Anfang  bes  Jahres  1 767  wanbte  fid)  ber  Uhrem 
fabrifant  unb  llhrenhänbler  ^oh.  Jv an  z  Zutrat!  au?  Crange 
in  ber  Xanphinee,  ber  fid)  früher  in  Wenf,  fpäter  in  Bern 


*)  $m  öefl^c  t>e*  ftcrrn  flufluft  Maufcr  lu-tinbct  fid)  noctj  ein  folcl»os> 
von  NDor  meiftcröaft  gehörte*  Wcidnut*tuid). 


(Entfteöunci  unb  ©ntroicflung  Der  SBüouteriefabrifotion.  209 


aufhielt,  an  bifr  SOlarfgräfin  Caroline  unb  an  SReinfjarb.  $)er 
9Wann  ^atte  eine  befonbere  Routine  fidj  au  etablieren,  33orfd)üffe 
311  empfangen  unb  aufzubrausen,  um  fich  bann  nach  richtiger 
s2lbenteuerermanier  roieber  fonftroo  nieberjulaffen.  @r  bot  jur 
drrid)tung  einer  Uhrenfabrik  feine  unb  $roeier  Schroetter  (Sf)riftin 
unb  Biala)  .jMlfe  an.  sJlad)bem  feine  Abficht,  ftd)  in  Sörrad) 
nieberjulaffen,  fet)lgefd)lagen  mar,  roie§  man  it>n  nad)  ^forjheim, 
roeil  ba3  Seben  bort  billiger  fei  unb  roo  man  frof)  mar,  roieber 
einen  Sehrmeifter  für  ba$  9Öaifenhau§  311  finben. 

3n  einigen  umfangreichen  3)enffd)rifteu,  bei  bereit  Abfaffung 
er  ein  befonberes  (§efd)ict  beroieS,  fetjte  er  bem  ($efj.  Mat 
0.  ©emmingen  feine  Anfielen  auSeinaubcr  unb  fargte  nicht  mit 
glänjenben  ^erfpredjungen,  aber  aud)  nid)t  mit  ftarfen  #  orberungen. 
Mach  einem  oon  iHeinharb  oerfaßten  ©utadjten  fam  ein  Vertrag 
3uftanbe,  monad)  Autran,  ©Ijriftin  unb  Biala  ftd)  jur  Errichtung 
einer  Utjrenfabrif  oerpflid)teten.  gür  bie  sBerf3euge  ber  Arbeiter 
hatte  bie  ©efellfdjaft,  für  jene  ber  Lehrlinge  bie  £>errfd)aft  mit 
je  3  fiouiäbor  aufjufommen.  Bei  beginn  be§  ©efd)äfte3  unb 
für  jebe§  ber  fommenben  fünf  3ahre  mußte  erftere  20  Hnaben 
unb  4  9Wäbd)en  im  Alter  oon  minbeftenS  12  fahren  au3  bem 
^öaifenhaufe  für  eine  iedjsjäbrige  Seh^cit  aufnehmen,  für  bereu 
ftoft  unb  Slleibung  ba§  ©aifenhauS  ju  forgen  fyatte. 

AlSbalb  rechnete  man  au§,  roie  gut  e3  nad)  fed)3jähriger 
Lehrzeit  jebeS  $Baifenfinb  ^aben  mürbe,  roie  e$  im  20.  Lebens- 
jahre fdjon  ber  SDiutteranftalt  bie  drjiefutngefoften  zurücfbezahlt 
haben  unb  nunmehr  felbft  in  ber  Sage  fei,  ftd)  einen  eigenen 
$au3ftanb  311  grünben.  $)a§  Etabliffement  befchäftigte  fogleid) 
30  ^erfonen  unb  nahm  einen  erfreulichen  Sortgang. 

3nbeffen  ließ  Autran  feine  s$rojefte  nicht  ruhen,  ber  erfte 
Heine  (Erfolg  f>atte  ihn  mutig  gemadjt.  3n  $hun  lernte  er  eine 
©efeüfchaft  englifcher  unb  franjöftfcher  Arbeiter  fennen,  bie  bort 
unter  ber  fieitung  eiueS  geroiffen  ^reponnier,  auf  Rechnung  oon 
ferner  Unternehmern,  einen  9Jfobeartifel  jener  Qeit,  nämlid) 
englifche  Stahlroaren  fabrizierte,  jebod)  toillenS  roar,  bie  ©chroeij 
ju  oerlaffen.  9Wit  ber  ihm  eigenen  ©eroanbbeit  fudjte  Autran 
in  einer  70  Seiten  ftarfen  $enffd)rift  nad)3uroeifen,  roie  notroenbig 
unb  oieloerfprechenb  eine  Erweiterung  ber  Uhrenfabrifation  auf 
Ouroelierarbeiten,  Bijouterie  unb  Cuincaillerie  (feine  Stahlroaren) 
fei.  $ur  Ausführung  biefeS  planes,  auf  ben  man  nod)  freubiger 
einging  roie  auf  ben  erften,  oerlangte  er  bie  Summe  oon 
30  000  ©Ib.,  bie  benn  auch  mit  |>ilfe  oon  100  Aftiett  ä  300  @lb. 
aufgebracht  rourben.  $ie  Aftiengefellfd)aft  rourbe  auf  12  3af)re 
prioilegiert.  Wlit  welch'  fanguinifchen  Hoffnungen  man  Dem  Erfolg 
entgegenfah,  3eigt  bie  bieSbejüglidje  ftunbgebung  be§  siflarfgrafen,  in 
welcher  e§  h*if&  baß  bie  Aftionäre  nach  öen  geringften  Berechnungen 

14 


210     ©ntftebuna  unb  (Sutroicflunfl  bcr  SBijoutetiefabtifatton. 


innerhalb  12  fahren  nid)t  allein  ifjr  Kapital,  fonbern  ,,nod) 
met)r  al§  bas  doppelte"  beSfelben  jurütfertjalten  mürben,  ohne  baß 
fie  ftd)  babei  aud)  nur  bie  geringfte  sJMf)e  ju  geben  brauchten. 
Srofcbem  aber  fcfjien  est  bem  dürften  angezeigt,  bie  ©arantie  für 
bas  Unternehmen  ju  tragen,  umftänblicher  Seife  mürbe  bas 
neue  ©efdjäft  mteber  burd)  einen  s#rioilegienbrief  geregelt.  3luf 
Anregung  ber  Warfgräfin  gab  ber  Staat  bie  nötigen  ©elber 
felbft  her.  Soweit  wäre  nun  alles  in  Crbnung  gewefeit,  wenn 
nid)t  bas  £aupt  bes  neuen  Unternehmens,  s$reponnier,  einen 
Strid)  burd)  bie  sJfed)nung  gemacht  fyätte.  $3alb  ftellte  fid) 
nämlid)  heraus,  b^B  es  ber  ferner  ©efellfd)aft  fehr  barum  ju 
thun  mar,  bie  gänjlid)  jud)tlofe,  oerfdjulbete  gabrif  losjuwerben 
unb  nur  auf  jemanben  gewartet  batte,  ber  bie  $orfd)üffe  ber 
Arbeiter  übernähme  unb  ihre  3duilben  bezahle.  $)a  man 
^reponnier  mit  bem  gleidjen  Vertrauen  beehrte,  mie  9lutran,  fo 
mar  man  in  Karlsruhe  fchnell  genug  aucl)  baju  bereit  unb  jahlte 
800  Souisbor.  $er  faubere  s}keponnier  aber  entpuppte  ftd)  balb 
genug  als  Sd)winbler,  ber  aud)  uou  bem  ganjen  ©efdjäfte  nichts 
oerftanb,  unb  mit  einem  '4>orfd)uf$  oon  27  ftmtSbor«  oerbuftete. 
(Sitten  billigen  Sroft  fanb  man  barin,  bajj  es  ein  wahre«  ©lücf 
gewefen,  ben  nichtsnutzigen  9ttenfd)en  auf  fo  einfache  Seife  los 
geroorben  511  fein. 

$as  neu  angeworbene  9lrbeitsperfonal  be*ftanb  aus  K>  (Sbe- 
männern  unb  ihren  grauen,  11  lebigen  9Jcatttts=  unb  4  3Beib& 
perfonen  uebft  12  ftinbern.  @s  waren  größtenteils  fel)r  gefd)irfte 
Seute ;  aber  bie  jarte  iHütffid)tuahme  erfüllte  fie  mit  einem 
unglaublichen  Hüntel.  Xie  ohnehin  fct)ou  lare  3ud)t  bes  Saifett* 
haufes  jerfiel  gänjlid),  feitbem  bie  Zöglinge  einzelnen  Stabinet* 
meiftern  5ugeteilt  waren,  unb  bie  weibliche  Abteilung  ber  3inftalt 
würbe  unter  bem  (Sinflup  ber  leichtfertigen  Jyranjofen  eine  örnt« 
ftätte  ber  Unftttlidjfeit.  ©eheimrat  ;Keiuharb  befragt  namentlich 
aud)  „ben  föleiberpracht"  bcr  Seiber  unb  bie  Uuoerträglid)teit 
ber  neuen  9lnfömmlinge.  3)ie  üöhue  waren  felbft  für  unfere 
heutigen  *öerf)ältniffe  recht  aufebnlidje.  £>ie  Arbeiter  würben 
nach  bem  Stürf  befahlt.  ©iner  ftellt  ftd)  mit  feiner  Stau  monatlich 
auf  88  ©ulben,  anbete  auf  56,  44,  33  ©ulben,  eine  ffoliffeufe 
allerbingS  nur  auf  5  ©Ib.  30  ilrj.  Zxoit,  aller  sJJci&heÜigfeiten 
hegte  man  bie  fd)önften  Hoffnungen,  Steinhart  namentlich  jeigte 
ftd)  tymu  unoerwüftlid).  „©ettf  nährt  burd)  feine  Uhrmachcrei 
20C00,  (Sngtanb  burd)  feine  Stahlarbeiten  40  000  Weufdjen, 
warum  fann  es  $3aben  nid)t  aucl)  foweit  bringen?"  meinte  er. 
(£s  war  ein  Xtaum,  ber  fid)  allerbings  bewahrheitete,  aber  evft 
in  einer  fpäteren  3eit. 

Slutran  uerfiel  jetjt  auf  bie  neue  3bee,  bie  üuincaillerie 
mit  ber  oerwanbten  Bijouterie  ju  oerbinben.  5luf  einer  feiner 


Digitized"  by  Google 


®ntftef)una  unb  ©ntraicflunö  bet  93ijouteriefabritation.  211 


oielen  ©efdmftsreifen  hatte  er  einen  jungen  Kaufmann  namens 
Hbor  fennen  gelernt  unb  benfelben  bewogen,  bie  Bud)t)alterftelle 
bev  ^forjbeimer  @efeüfd)aft  anzunehmen."  Hus  bev  ©rmerbung 
biefev  ftraft  erwuchs  ber  jungen  3nbuftvie  großer  £egen.  Hbor 
nun-  »on  perfimft  ein  (£ngläiiber,  uon  einer  fianjöftfdjen  SOhittev 
in  bev  3d)raeis  geboren  unb  hatte  als  ßaloinift  große  Berbinbungen 
mit  (Glaubend«  unb  ©efdjäftsgenoffen,  namentlich  nad)  Rußlanb. 
Hbor  uor  allen  mar  es,  burd)  welchen  bie  "^for^eiiner  Bijouterie- 
Jyabrifation  oon  uornherein  ihren  internationalen  (£barafter 
empfing,  ber  heute  ibr  i'ebenSprinjiu  ift. 

siBieberum  fanb  Hutrans  Borfdjlag  bell  Beifall  unb  bie 
roännfte  ilnterftütjung  ber  9Jcarfgräfin ;  'mau  glaubte,  baß  ber 
urfnrünglid)  beftimmte  Borfdjuß  uon  40  000  (Bulben  binreidjen 
werbe,  bas  ©efebäft  in  flotten  (Sang  jii  bringen.  Huf  einiger« 
maßen  foliberer  (Srunblage  hätte  bies  aud)  wohl  zutreffen  fönneu. 
Daß  eine  foldje  aber  nidjt  gegeben  mar,  ift  nad)  beut  ©efagteu 
Kar.  Daju  tarnen  uod)  bie  ftänbigen  Reibereien  jwifcheu  ben 
beibeu  Leitern  unb  ben  Arbeitern  unter  ftd).  Kutratl  mar  ein 
febr  ^errfd)füd)tiger  SRann,  währenb  Hbor  bei  all  feiner  geiftiqeu 
unb  fadmtännifcheit  Uebertegenheit  ftets  fd)üd)tern  mar  unb  jenem 
gegenüber  in  uumürbiger  si(bt)ängigfeit  ftanb.  (£briftin  galt  als 
gefegter,  ehrlicher  9flann,  bem  nur  sunt  Borwurf  gemadjt  mürbe, 
baß  er  burd)  feine  Befd)äftigungeu  mit  med)anifd)eu  Liebhabereien 
feine  eigentlidje  Arbeit,  bie  Ubrmadjerei,  uernad)läfftgte.  Bon 
Biala  mirb  gefagt,  baß  er  mit  einem  guten  ^er^en  großen  ftleiß 
uerbinbe,  aber  bei  feiner  3"aenb  uod)  $u  unerfahren  fei, 

Hin  28.  3uui  1768  mürbe  mit  guftimmung  bes  9Kavf-- 
grafeu  bie  ftabrif  geteilt,  in  ber  $Beife,  baß  Hutran  unb  Hbor 
bie  Cuiucaillerie  übernahmen  unb  als  Öntfdjäbigung  4466  ©ib. 
40  Str.  an  C£t) vi ftin  unb  Biala  entrid)teteu,  währenb  letztere  bie 
Utjren-,  Bijouterien  unb  Ouwetenfabrit  fortführte.  3nbeffen 
behielten  ftd)  auch  ^tttran  unb  Hbor  baS  Red)t  uor,  biefe 
Hrtifel  meiter  ju  führen.  Die  (#efd)äftstrcnnung  mad)te  einen 
Reubau  am  Ärifenhaufe  erforberlid).  Jyür  bie  ßhrifhmBiala'fdie 
Jyabrif  mürbe  oon  Reinbavb  eine  eigene  Jabriforbnung  entmorfeu. 
Beibe  Jabrifen  gaben  gebruef  te  #irf  ulare  heraus,  morin  fie  ihre  SBaren 
aufzählten  unb  anyriefen.  Rad)  ben  Berichten  bes  (Sebeimrats 
Reinharb  mar  bie  Trennung  ber  ©efdjäfte  für  beibe  Xeile  oon 
großem  Rutjen.  Hlles  fanb  er  „in  Ruhe,  triebe  flwter 
Crbnung".  Bei  (£liriftin  unb  Biala  madjte  bie  Uhrmadjerei 
gute  Jortfdjritt.  Die  3ouaillerie  aber  gaben  fie  auf,  bas  es 
ihnen  mahrfd)einlid)  am  nötigen  ©efdjict  fehlte.  Bei  Ütutran 
unb  Hbor  t>atte  bie  Uhrmacherei  meniger  Erfolg;  fie  befdjäftigte 
außer  einem  halben  Dutyenb  Lehrlinge  nur  4—5  Arbeiter.  Bcffer 
gings   mit   ber  Ouincaillerie  unb  Bijouterie,  bereu  Hrtifel 

14* 


Digitized  by  Google 


212     (Entftebuna  unb  (gntroicttuna  bcr  SJiiouteriefabritation. 


bebeutenben  Slbfafc  fanbcn.  93efonbere§  2ob  wirb  ber  Süchtigfeit 
unb  SBohlanftänbigfeit  ber  englifdjen  Arbeiter  gesollt,  oon  bencn 
fid)  einige  in  «Pforjfjeim  oerheirateten.  $en  bei  ßhnftin  unb 
3Mala  befd)äftigten  Jranjofen  aber  unb  ben  melfdjen  Schweibern 
wirb  nachgejagt,  baß  fte  leichtfertige  2ttenfchen  waren,  oiel 
fpajieren  gingen  unb  ben  SBaifenfinbern  ein  böfes  SBeifpiel  gaben. 

3m  sSfla\  1770  würbe  mit  fürftl.  ©enefjmigung  ein  Vertrag 
abgefchl  offen,  laut  beffen  Slutran  unb  5lbor  ihre  gefamte  Uhr* 
macherei  mit  allen  Arbeitern,  SBarenoorräten,  3Berfjeugen,  furj 
mit  allen  $lftioen  unb  sJ$afftoen  um  bie  Summe  oon  5000  ©Ib. 
an  (Efjriftin  unb  Viala  abtraten.  93eibe  3-abx*ifen  beschäftigten 
bamals  über  100  ^erfonen.  3m  folgenben  3ah*e  Ahlten  fte 
insgesamt  274  vJ$erfonen,  grauen  uno  Hinber  eingeregnet,  wouon 
auf  e^riftin  unb  «iala  142,  auf  Slntvan  unb  3lbor  132  famen. 

93ei  legerem  festen  um  biefe  3eit  alle«  „in  befter  Crbnung" 
ju  fein,  nac^  htm  was  SHeinharb  1770  berichtete.  „$ie 
(£orrefponbenj  jeigt,  baß  man  mit  ben  SÖaren -greifen  febr 
aufrieben  ift,  inbem  immer  neue  SBefteüungen  erfolgen.  $ie  im 
Sanbe  gezogenen  Arbeiter,  iooju  man  allerhanb  oerborbene 
|>anbwerfsleute  nimmt,  formieren  ftri)  fet)r  wof)t  unb  bie  Sehr* 
(inge  aus  bem  2Baifenbaus  unb  ber  Stabt  nehmen  über  alle 
Hoffnung  tu,  bergeftalt,  baß  man  in  turpem  uiele  ©nglänber 
wirb  entlaffen  fönnen,  menn  fie  nicht  bleiben  wollen.  $ie  ©elber 
oon  ben  föunben  gehen  orbentlich  ein,  bie  23orfd)üffe,  fo  an  bie 
Arbeiter  gejdjehen,  oerminbern  fich  täglich,  unb  man  h«t  ittcf)t 
mehr  nötig,  ihnen  neue  $u  machen." 

Slutran,  ausgelüftet  mit  uielen  Mitteln,  unternahm  nad) 
roie  oor  große  Steifen  unb  erhielt  auch  wertoolle  Stellungen, 
fo  baß  wieberum  eine  Vergrößerung  ber  gabrtf  nötig  erfdnen. 
9lus  Staatsmitteln  erhielt  bie  Jirma  einen  abermaligen  $ufd)uß 
oon  10000  (Bulben  unb  bie  Husficht  auf  weitere  Summen, 
fowie  einen  ftrebit  oon  1000  Öouisbor  bei  bem  SBanfier  Jranf 
in  Strasburg. 

s3lud)  im  folgenben  3ahl'e  noch  beftanb  bie  Stablfabrif  „in 
Segen"  unb  nahm  täglich  $u,  „weil  fte",  mie  ber  Bericht  fagt, 
„immer  neue,  fdjöne  unb  wohlfeilere  SBtatfti  liefert,  weil  fie  mit 
SBorftcht,  Klugheit  unb  Orbnung  ihre  ^anblung  führt,  jebermann 
mit  2Baren  unb  greifen  aufrieben  ift,  bie  Sehrlinge  täglid)  beffer 
werben,  bie  Arbeiter  fich  w«f)r  oerfeftionieren,  fleißig  arbeiten, 
ihre  Schulben  befahlen,  ja  lumtttl  fd)ou  oorjufparen  anfangen." 

3n  Karlsruhe  muß  bie  greube  an  fold)  fchönen  (Erfolgen 
feine  geringe  gewefen  fein,  wie  aus  ben  freigebigen  ^ufchüffen, 
offenen  unb  noch  me&r  geheimen  ju  erfennen  tft.  9ftan  war 
aufrieben,  ju  oernehmen,  baß  im  3ahrc  1771  für  25  000  ©Ib. 
©olb  oerarbeitet  würbe,  baß  man  an  ben  oerfauften  ©olbwaren 


©ntftebuna  unb  ®ntroicflunfl  ber  «iiouteriefabrtfation.  213 


10000  ©Ib.  reinen  ©eroinn  gehabt,  greilid)  erfuhr  man  nicht, 
baft  für  3  Qabre  Vorräte,  bie  bnrd)  oeraltete  5a<?on  unoerfäuflid) 
geroorben  roaren,  nod)  auf  Säger  feien.  9Jkn  mar  ftotj  auf  bie 
ftattlidje  Arbeiter^ahl  unb  ertrug  eS  gleichmütig,  bafj  biefelben  faft 
alle  oon  SBorfdjüffen  lebten,  suroeilen  aud)  ein  fleineS  Komplott 
fdjmtebeten  ä  la  ^ßreponnier,  um  mit  ben  $orfd)üffen  ju  oerbuften. 
3mifd)en  ben  beutfdjen  unb  franjöfifd)en  Arbeitern  fam  eS  ju 
mieberholten  ärgerlichen  ^roiftigfeiten  roegen  ber  SBeoorjugung 
letzterer.  Wit  ©ebulb  unb  ©üte  fud)te  man  fte  &u  fdjlidjten. 
Allerhanb  nieblidje  <5d)mucffad)en,  emaillierte  $ofen  :c.,  bie  als 
©efdjenfe  für  bochgefteüte  ^erfonen  geeignet  roaren,  mürben  nach 
Karlsruhe  gefd)icft.  ©rofce  93erounberung  sollte  man  aud)  ber 
uon  Abor  in  fd)önfter  £anbfd)rift  geübten,  bamalS  noch  neuen 
ftunft  ber  boppelten  ^Buchführung.  Namentlich  aber  erregte  „bie 
fcfjöne  Orbnung  ber  Arbeitsteilung"  baS  allerböd)fte  2ob. 

Vielleicht  hätte  bie  Sttiferoirtfcfyaft  nod)  einige  Qabre  roeiter 
florieren  tonnen,  menn  nicht  bie  beiben  Unternehmer,  Autran  unb 
Abou,  berfelben  felbft  ein  jäbeS  ©nbe  bereitet  hätten.  3m  Qafjre 
1775  fanbten  fie  eine  3)enffd)rift  ein,  bie  auf  einen  ganj  anberS 
geftimmten  %o\\  lautete,  als  bie  früheren,  9Jid)t  aufrieben  mit 
bem  ihnen  jugeroiefenen  Söroenanteil  am  ©eroinn,  oerlangten  bie 
beiben  benfelben  ganj  für  fid),  nneingebenf  ber  Opfer,  meiere  ber 
Staat  unb  baS  3'ürftenbauS  ihrem  Unternehmen  gebracht  fyattt. 
$a  man  nid)t  fofort  geroiüt  mar,  auf  baS  rücfftd)tSlofe  begehren 
einzugeben,  fünbigten  bie  Herren  t'urjroeg  ben  Stontraft  unb 
legten  ber  iHegierung  eine  Abrechnung  oor,  in  ber  fte  biefelbe 
für  nicht  meniger  als  50  000  ©Ib.  }ti  ihren  ©unften  oerbinblich 
$u  machen  Juchten.  $er  fonft  fo  gutmütige  unb  menfd)enfreunb= 
lid)e  Söiarfgraf  aber  oerftanb  bie  Sadje  bieSntal  anberS  unb 
erf  lärte  bie  beiben  (SntrepreneurS  furj  roeg  für  oerhaftet.  25ie  famofe 
Rechnung  aber  lieg  er  oon  fluoerläfftger  oeite  auf  ihren  SBert  prüfen, 
mobei  fief)  berauSftellte,  bafc  er  ihnen  nicht  nur  nichts  idjulbig, 
fonbem,  ba&  £err  Autran  oielmehr  im  Saufe  ber  3af)re  gegen 
15  000  ©Ib.  für  feine  $ebürfniffe  ber  gabriftaffe  roiberrechtiid) 
entnommen  hatte.  2)amit  mar  ber  fo  lange  oorgehaltene  ange* 
nehme  ©djleier  gelüftet  unb  bie  s3Jlifjroirtfchaft  in  ihrer  ganzen 
3errüttung  offenfunbig  gemad)t. 

Autran  mußte  einen  9teoerS  unterfchreiben  unb  fid)  eiblich 
Sur  allmählichen  Abzahlung  feiner  Schulb  oerpflid)ten.  @r  oer- 
fchmanb  barauf  nach  Sranfreirf),  ohne  natürlich  bavan  ju  benfen, 
je  einen  Pfennig  ju  fahlen.  Vielleicht  bat  man  in  Karlsruhe 
oon  oornherein  auch  nicht  barauf  gehofft  unb  fudjte  benfelben 
auf  biefem  3Bege  grünblich  loS  $u  roerben.  3öie  fid)  bie  ©efdjicfe 
manchmal  roenben:  2)er  dntrepreneur  Autran  fam  roirflid)  nod) 
einmal  im  3>af)re  1798,  freilief)  nicht  mehr  als  Sijouteriefabrifant, 


Digitized  by  Google 


214    (Sntftcbuna  unb  (Snttuicflung  bcr  SJüoutetiefabtifation. 


fonbern  als  Slrtegsfommiffär  bes  franflöfifcfjen  föeuolutionsbeere*. 
Hub  bic  Üh'finbe,  meldje  er  biesmal  für  feine  Jorberuugeu  geltenb 
madjte,  muffen  fet>v  einleudjtenb  gemefeu  fein,  benn  eu  fd)lug 
nod)  bare  40000  grauten  beraue. 

Die  JJabril  n>arb  jettf  auf  bcrrfdjaftlidje  Littel  übernommen  ; 
jum  Direftor  muvbe  SRedjnungsrat  ^ägerfdjmieb  gefegt,  bem  eine 
©efd)äft§fommijfion  jur  Seite  ftaub.  Diefe  erließ  an  alle 
befreunbete  Öefd)äfts4)äufer  ^hfulare,  morin  bie  neue  ^Beübung 
ber  Dinge  angezeigt  mürbe.  „'Bei  bev  i'iquibation  ber  Jfabrif 
nerfutjr  man  im  ©egenfatt  fvüber  fo  raub,  baß  bie  ©efabr  nafye 
lag,  bie  mit  fo  oielen  Cofern  faum  gepflantfe  ^nbuftrie  ganj  ju 
äerftören.  £ausfud)ungeu  unb  Berfjaftungen  brauten  bie  Arbeiter, 
meldje  in  ber  allgemeinen  Unorbuung  flott  barauf  lo§  gelebt 
fjatten,  beinahe  JUt  Berjmeifluug.  ftein  einiger  märe  gebli.ben, 
wenn  fie  nid)t  bie  Sdjulben  unb  bie  entfprecbenbe  s3lufftd)t 
gehalten  f>attc  Das  bebeutenbe  Kapital,  meines  in  ba3  ©efd)äft 
gefteeft  morben  mar,  fd)ien  oerloren,  bie  Stabt  be*  reid)lid)en 
iöerbienfteS,  ben  ifjr  bie  Runben  gcbiadjt,  beraubt.  (£s  mar 
flar:  Die  Qubuftvie  mußte  erbalten  bleiben  unb  jugleid)  auf 
gefunbere  (Srunblagen  geftellt  merben.  (£s  mar  ftarl  ^riebvid) 
feine§megs  barum  511  tfnm,  bie  3abrif  bauernb  in  berrfdjaftlidjem 
Befitje  $u  miffen.  Gr  füt)lte  oielmebr  eine  gemiffe  ©enugtbuung 
über  ben  Qufammenbrud)  bes  Unternebmcus ,  ber  feine  alte 
Abneigung  gegen  Staatsfabrifen  mieber  einmal  grünblid)  red)t- 
fertigte.  s)Jla\\  mar  besfyatb  frob,  al£  fid)  1778  ein  Käufer  für 
bie  Jabrif  fanb  unb  jmar  in  ber  ^erfon  91  b  0  r  s  felbft,  ber 
bisher  interimiftifd)  bie  ©efdjäfte  leitete.  (St  befdjränfte  ftd) 
fortan  auf  Bijouterie;  benn  mit  bcr  3tablmare  fyatte  man 
bod)  menig  ölücf  gebabt.  Tic  nod)  uorbanbeuen  Quincaillerien 
behielt  ber  Staat  für  fid)  unb  fudjte  fte  um  jeben  sßrei3  los^u- 
fd)lagen.  Bic  ins  neunjebnte  ^abrbunbert  berciu  merben  in 
ben  Elften  einige  ßentner  „abbauben  gefommeuer  Beftaubteile 
oon  Stablbrofdjeu"  gefudjt.  Die  ftauffumme,  um  meldje  9(bor 
bas  ©efdjäft  erftaub^  betrug  60  0:><)  ©Ib.,  bie  ifjm  gegen  Linien 
oorerft  frebibiert  mürben. 

(Ss  jeigte  fid),  melcbcr  Sporn  bie  Selbftoermaltung  ift. 
Die  Jabrif  blübte  auf  unb  balb  fonntc  9lbor  feinen  s-8orfd)uß 
bejablen.  $Bte  febr  ber  9ftarfgraf  feine  Berbieufte  511  fd)ä^en 
mußte,  bemeift  ber  ibm  üerliebeue  Xitel  eines  ftommerjienrates. 
2ftau  fudjte  bas  (Sutfteben  meitcrer  ©efdjäfte  )U  begünftigen  unb 
ber  ©emerbetbätigfeit  eine  immer  größere  s}lusbebuung  511  mx- 
fd)affcn.  2(u$  ben  fjierber  gezogenen  Arbeitern  ermudjs  neben 
unb  gegen  bie  ^ibor'fdje  ^abrtf  oon  1775  an  ein  befonberer 
Stamm  fleinerer  ftabrifanten.  9(us  bem  Sßatfentyaufe  mareu 
bie  $abinettmeifter  in  bie  Stabt  übergcfiebelt.    Die  tfjrer  Seljrc 


Digitized  by  Google 


©ntftebinifl  unb  (Sntroirftunct  ber  «iioutcriefabrtfattou.  215 

anvertrauten  SB  a  i  f  e  n  f  i  tt  b  e  r  brachten  e§  mit  roeuig  Äuf- 
nahmen  511  nid)t§  vettern,  fo  baß  felbft  bic  Auslagen  an  ifjnen 
Dertoren  gingen.  Um  nid)t3  ju  verlieren,  tjielt  fiel)  bie  Verwaltung 
am  Verbienft  bev  beffeven  fd)ablo$,  inbem  fte  benfelben  unbillig 
lange  ben  2ofm  äurücfbefjielt.  ©otbein  bejeidjnet  al§  einen  bunfeln 
9ß\x\\tt  ber  wonbeimer  3"ouftriegefd)ict)te  bie  nod)  lange  naa> 
mirfenbe  ftarfe  Neigung,  mit  ganj  ober  fjalbgefdjenften  jugenb* 
ltdjen  Arbeitern  511  roirtfdjaften ,  wof)l  bie  unerfreuliche 
Erinnerung  an  ben  einfügen  Urfpruug  ber  ^for^eimer  3ubuftrie 
ans  bem  UÖaifcnbaufe. 

(Einmal  in  ifjren  s13riuatmot)ttungen  befd)äftigt,  liegen  ftd) 
bie  ftabiuettmeifter  nid)t  mehr  foutrollieren ;  fte  arbeiteten  auf 
eigene  .frnnb,  was  unb  wie  e*  itjnen  gefiel  unb  betrachteten  bie 
Jyabrif  nur  mefjr  als  einen  tftücffall  für  ben  5lbfat}  ifyrer  SBaren. 

SBtr  finben  im  Qafyct  1776  13  folrijer  felbftänbigen  ©efcfyäfte. 
$ie  Flamen  biefer  frübefteu  firmen  ftnb :  Sieraerg,  3nqne3 
Wie.  Jrumeau,  s-fi>ill.  $letf»f)er,  Pierre  £"2lrtique,  ®g.  dljaSmore, 
3ob.  5r.  ©erwig,  $ciq.  ftreb.  s33eneoet,  3ofc.  (Eonrab  .jpofmann, 
SDan.  $uguenin,  %o\).  ftalb,  $ean  Tottis  (Neuner,  Walice  unb 
8anbo,v   ^m  ^afyie  1777  war  bie  3nf)l  bereite  auf  21  geftiegen. 

Starl  Jyriebrid)  war  eutfd)loffen,  ben  3uftanb,  wie  er  fid) 
berauSgebilbet,  and)  anjnerfennen.  i>ie  früheren  ftabinettmeifter 
erhielten  bie  ftonjeffion  felbftaubigev  Unternehmer,  wogegen  fte 
auf  Staatsunterftü^ung  fernerhin  fetuerlei  3lnfprud)  mef)r  Ratten. 
Um  Slbor  einigermaßen  oor  ber  Uujimerläffigfeit  feiner  Arbeiter 
§ti  fid)ern,  wnrbe  beftimmt,  baß  fid)  feiner  feiner  fortan  ai& 
tretenben  Singefteliten  innerhalb  3  ^atjren  in  ^forjbeim  etablieren 
bürfe.  s)lber  bie  teilte  wußten  ftd)  ju  Reifen.  Sobalb  fte  fid) 
einigermaßen  über  bie  ®efd)äft$fül)ruug  orientiert  Ijatten,  gingen 
fie  über  bie  (Trense  nad)  2)ürrmen$  unb  fabrizierten  bort,  bi§ 
bie  brei  ^atjre  herum  waren  unb  bie  Iljore  s^forjt)eims  fid) 
it)iten  wieber  öffneten.  9Wan  war  alfo  trot}  ber  ftonjefftonen 
bereite  auf  beut  "©oben  völliger  ©emerbefreibeit  angelangt  unb 
wußte  fid)  aud)  fd)neü  barauf  $ured)tjuftnben.  9lbor  war 
©efdjäftSmanu  genug,  fid)  burd)  bie  neuen  s-ßert)ältuiffe  nid)t  nur 
uid)t  uieberbrürfeit  511  laffen,  fonbern  auf  ©runb  feiner  weit* 
ausgebetjuten  $efd)äftsuerbinbungen  fie  feinem  3pefulation3trieb 
ju  *Diu^en  $u  madjen,  inbem  er  bie  fleineren  Kabinette  für  fief) 
befd)äftigte  unb  feine  eigene  ^robuftion  beut  SJebarf  entfpredjenb 
auSbebntc  ober  einfdjränfte.  Den  Vorteil  bes  GrportgefdjäftS 
aber  fjatten  aud)  bie  kleinen  feljr  balb  uerfteben  unb  für  fid) 
au^unu^en  gelernt.  80  entfaltete  fid)  in  $for^eim  ein  buntes 
Seben.  2lu8  aller  .perren  Räuber  famen  bie  „(SutrepreneurS", 
oerfud)ten  fid)  eine  Zeitlang,  um  bann  eben  fo  rafd),  aber  meift 
(au$  guten  ©rünben)  weniger  geräufdjooll  als  fie  gekommen, 


Digitized  by  Google 


210     (Sntftcbuna  unb  <£ntroicfluna  ber  Sijouteriefabrifation. 

mieber  oerfd)uitnben.  9ll§  ein  vJlame  von  befonbers  feinem 
©efd)macf  wirb  ber  3d)weizer  2's)lrtique  bezeichnet,  ein  ©raoeur 
unb  als  folcf)er  ber  erfie,  ber  in  bie  pforzheimer  ^nbuftrie  bie 
ftunfl  eleganter  Raffungen  unb  feiner  ©rauüren  eingeführt  hat. 
3ein  Kabinett  wirb  als;  bie  £od)fd)ule  beS  ©efdjmacfes  gepriefen, 
unb  ba  es  ihm  nidjt  an  Unternehmungsgeift  fehlte  unb  er  uamentltch 
güuftige  ^erbinbungett  nad)  Jranfreich  hatte,  fo  ftanb  auf  ihm 
bie  .jpoffnung  ber  ^forzheimer  SBijouterieinbuftrie,  als  $bor 
Pforzheim  oerliefj,  um  ftd)  in  3t.  Petersburg  nieberjuilaffen.*) 
(£s  barf  für  bie  Erhaltung  unb  gefuube  Eutwicflung  ber  $for&« 
heimer  Snbuftttc  als  ein  ©lütf  bejeidjnet  werben,  baf?  ihre 
Anfänge  auf  fo  ungefunber  33aft8  ftd)  aufbaute.  2Bäre  bas 
©egenteil  ber  jaü  gewefen,  fo  fönuten  mir  mit  93eftimmtheit 
fagen,  baft  fie  gleid)  allen  fiSfalifd)en  Unternehmungen  jener  Jage 
nur  ein  furjeö  5)afeiu  hätte  friften  fönnen.  „Ohrer  Unorbnung 
haben  mir  bie  Pflanzung  einer  großen  Onbuftrie  zu  banfen.  $ie 
Jrud)t  mußte  uerfaulen,  bamit  ber  Samen  feinten  tonnte/' 

fieiber  oerbanb  i''5lrtique  mit  feiner  ©efd)icflid)feit  nicht 
aus  bas  nötige  Sfflaß  von  Klugheit  unb  3elbftbefd)ränfuiig,  bas 
feinem  ©efd)äfte  unb  ber  gefantten  3"fouftrie  Ratten  förberlid) 
fein  fönnen.  Sehnlich,  roie  200  ^ahre  juoor  ftd)  bie  gefrönten 
|)äupter  um  bie  3ippe  ber  ©olbmadjer,  jo  beneibetett  fie  fid) 
bantals  um  bie  ©olbarbeiter.  ES  ift  eine  für  bas  „heilige 
römifd)e  sJteid)  beutfdjer  Nation"  unb  feine  3uftänbe  wenig 
fd)tneid)elhafte  ^lluftration,  baß  bie  mehr  als  zahlreichen  beutfd)en 
Surften  ooll  Dceib  unb  3d)elfud)t  eiuanber  fojufagen  jeben  Groden 
oom  sJJcunbe  abzujagen  fud)tcn.  3o  beftrebte  fich  Württemberg 
eifrig,  Pforzheim  feine  neue  ^nbuftrie  abfpenftig  §u  machen  unb 
fie  burd)  Pforzheimer  Arbeiter  nad)  „ber  oerunglüefteften  ber 
fünftlid)en  beutfehen  3täbte,  nad)  £ubwigSburg",  ju  Riehen. 
2'3lrtique  follte  zur  Errichtung  einer  großen  3taatsfabrif  gewonnen 
werben.  Seiber  lieft  ftd)  auf  bringeube  sHorftellung  be$  Ober* 
amtS  ber  sJJcarfgraf  511m  erftenmale  bewegen,  feinem  ©runbfa^e 
entgegen  |U  t)anbe(n  unb  £'3lrtique  einen  namhaften  Staats* 
zufcf)uß  ^ttr  Errichtung  einer  großen  Jabril  zu  gewähren.  3)ie 
folgen  blieben  nicht  aus.  föoftfpielige  "Sauten  unb  leid)tftnnige 
Spekulationen  führten  fchttell  ben  sJliebergang  h^'bei,  bem  matt 
mit  üeberprobuftiou  glaubte  oorbeugeu  zu  fönnen.  $ie  franzöftfehe 
tffeoolution  aber  machte  bem  Erportgefdiäft  ein  jäheS  Enbe  unb 
brachte  für  Pforzheim  eine  unheiloolle  ftrifts.  i'^rtique  fallierte 
1789  unb  zog  noch  eine  sJieihe  bisher  gut  fituierter  girmen  mit 
in  feinem  Jall  hinein.  3eine  fpäteren  Bemühungen  hatten 
feinen  Erfolg  mehr;  er  zog  oon  Pforzheim  weg  unb  oon  feinem 


•)  trr  ftarb  bafelbft  naa)  toenigen  ^a^ren. 


Digitized  by  Google 


©ntftcbuna  imb  <£ntroiefluna  bet  $ijoutetiefabtifation.  217 


ferneren  Sdjicffal  ift  nichts  weiter  befannt  geworben.  Die 
^Regierung  fdjrieb  biefen  unerwarteten  Stur*  ber  ©ewerbefreibeit 
*u  unb  befd)loß  eine  ftrengere  .gmnbbabung  ber  Äonjefftonen. 
Die  Anregung  baju  ging  merfmürbigerweife  uon  ^for^eim  felbft 
aus.  Unter  bem  lähmenben  (Sinbrucf  ber  legten  Jtrifiö  hatten 
ftd)  bie  weiften  Jranjofen*)  aus  Nßforftheim  entfernt,  Die  aurücf* 
gebliebenen  anfehnlidjen  firmen  fdjloffen  fid)  größeren  beutfdjen 
öefdjäften  an,  unb  felbft  aus  beu  alten  $löfferfamilien,  bie 
mißtrauifd)  auf  bie  neuen  Emporfömmlinae  geblicft,  gingen 
einzelne,  fo  j.  53.  bie  Jamilie  SHefmle,  jur  Bijouterie  über  unb 
rid)teten  alsbalb  einen  ausgebehnten  ©roßbetrieb  ein. 

$atte  bie  Qnbuftrie  bisher  unter  einer  für  bie  $eit  aüju  locferen 
Sreijügigfeit  unb  ©emerbefretheit  ju  (eiben  gehabt  fo  mad)te  fid) 
nunmehr  ber  sJtad)teil  ber  ftefjrfeite  bemerfbar.  Die  wenigen  großen 
Firmen**)  waren  entfd)(offen,  feine  fleinen  öeute  mehr  auffommen 
*u  laffcn,  bie  uad)  ihrer  Meinung  bas  ©efdjäft  uerbürben  unb 
^for^eim  um  feinen  guten  ftllf  brächten.  3»  wieberholten 
Denffchrifteu  behaupteten  fte,  es  fei  jur  SÖahruug  bes  5lrebits 
bei  einem  fold)  foftbareu  ©ewerbc  ein  bebeutenbes  Anlagefapital 
nötig,  beuten,  bie  nur  etwa  gute  Arbeiter,  nid)t  aber  aud) 
binreidjeub  faufmännifd)  gebilbet  feien,  müßte  unbebingt  bie 
Slonjeffton  oerfagt  bleiben.  @S  müffe  ftd)  hierfür  jeber,  ber  ein 
eigenes  Äabinett  öffnen  wolle,  einer  Prüfung  unterziehen,  bie 
mit  ber  Anfertigung  eines  sßrobeftücfes  ju  oerbinben  fei.  sJÖie 
unbillig  unb  wenig  folgerichtig  bies  Verlangen  war,  hätte  ben 
"Petenten  bie  Erinnerung  au  ihre  eigene  Qertunft  aus  bem 
Kaufmanns:  unb  Jlöfferftanb  erfennen  laffen  müffen.  Dem 
erften  Seil  ihres  Verlangens  fam  man  in  Karlsruhe  prompt 
entgegen,  inbem  feine  weiteren  ©ewerbefdjeine  ausgegeben  würben. 
So  war  oor  lauter  Solibität  bie  sßforjheimer  Onbuftrie  nahe 
baran,  budjftäblid)  auf  beu  AuSfterbeetat  gefegt  ju  fein.  Dem 
unhaltbaren  $uftaub  mad)te  Cberoogt  Baumgartner,  ber  ftd) 
aud)  fonft  als  ein  hodjbegabter  Bermaltungsbeamter  erwies,  ein 
Gnbe.  Den  eigenartigen  (tharafter  bes  ^nbuftrieflweiges  erfennenb, 
wanbte  er  fid)  mit  Energie  unb  ©efdjicf  gegen  bie  monopoliftifdjen 
Beftrebungen  ber  wenigen  ^abrifanten  unb  wies  mit  Bepg  auf 
ben  s$rüfungs$wang  flar  nad),  baß  bie  Unternehmer  &unäd)ft 
Staufleute  feien,  bie  wohl  jebe  uorfoinmenbe  Arbeit  gu  beurteilen, 
jebem  Arbeiter  feine  rechte  Stelle  au^uweifen  oerftehen  müßten, 
im  übrigen  jebod)  feine  eingehenberen  Jadjfenntniffe  im  ©olb* 
fchmiebehanbwerf  nötig  hätten. 

•)  $ie  (jmUänber  waren  ia)on  früher  beim  Aufhören  ber  ctafjlnxiren; 
inbuftrie  forta,cjoa.en. 

**)  Äiefytle,  Moroni«  unb  SKenabcne,  «ujnrbjunb  (Sie.,  Saurittel, 
üuguenin  unb  Sttr^aur.,  Jrumecmr,,  fleinbolb,  £cd)ampft  ic. 


21s     ©ntftcmtna  unb  ©ntroidlunci  bft  SJijoulertefabtitation. 

Ter  Bijouterieiubuftrie  ;iunftid)ranfen  aufzuerlegen  wäre 
gleid)btbeutenb  mit  fidlerem  Muht  berfelben,  mie  jeber  Jyabrifation 
überhaupt.  (Sin  eigeutlid)es  Wolbfdjmiebehanbmerf  gebe  es  nidtt 
bei  ber  ausgebehnteu  Arbeitsteilung,  foubern  nur  einzelne  fünfte, 
bie  be*  Wraoenrs,  bes  WuillodKitrs,  (Smailleurs,  ber  '{toliffeuje, 
bie  erft  in  ihrem  ^ufammeumirfeu  ein  Wanjes  ausmachten. 
Baumgartner  mies  überjeugenb  muh,  mie  tböridjt  bas  Verlangen 
ber  Bittfteller  mar  unb  $u  meld)eu  ttonfequeujen  es  führen 
mußte,  mollte  mau  bie  ^uuft^^rüfung  folgerichtig  burd)fübrett. 
B$o  füllte  man  bamit  aufhören  ?  oollteu  etma  aud)  bie  .£>ilfs 
gefdjäfte  fid)  einer  Prüfung  unterziehen  ?  Cber  feilte  am  Gube 
gar  aud)  noch  ber  Wefdnnart  geprüft  werben,  ber  bori)  am  (rnbc 
ebettfo  mistig  fei  mie  bie  meebanifebe  Aertigfett?  sW\t  rüdfidits 
lofer  (fntfehiebeubeit  enthüllte  er  bie  eigentlid)eu  Bemeggrünbe 
ber  Bittfteller:  „^ladibem  fid)  jet;>t  ein  gebiegener  Arbeiterftanb 
herangebitbet  unb  fid)  in  bemfelben  Talent  unb  t'uft  sux 
felbftänbigeu  Wefdmftsführung  feinen,  gilt  es,  bieielben  mit  allen 
Mitteln  $urücfzubalteu.  Aber  ^tm  Äujfommen  oon  Jvabrifen 
wirb  es  bauptfäcblid)  gereichen,  wenn  jeber  Arbeiter  aud)  Hoffnung 
hat,  fid)  feineu  eigenen  -öerb  zu  errichten  unb  für  fiel)  ielbft  in 
arbeiten,  wohingegen  es  ihn  miumutig  machen  unb  nieberfchlageu 
muH,  wenn  er  bie  Hoffnung  hierzu  aufzugeben  genötigt  ift." 

(is  war  oorauszuieben,  baf?  bei  ber  Cppofitionslufl  unb 
;läbigfeit  ber  ^forzbeimer  an  ein  Nachgeben  ber  ^abritanteu  fo 
idjuell  nid)t  yi  beuten  war.  3ie  empfauben  es  als  etwas  Unge 
heuerlid)es,  ihr  Auteben  (Sntwürbigenbes,  baf?  felbft  s.Waler,  ja 
fogar  ein  Kuhhirt  fiel)  als  Bijoutiers  etablierten  unb  antworteten 
auf  Baumgärtners  Beifügungen  mit  offener  BMberfet^lidifeit :  fie 
brohten  mit  Wegzug  unb  machten  allerhanb  büftere  Anipieluugen, 
wohin  es  mit  ber  neuen  ^irtfehaft  noch  fommen  werbe,  u.  a.  bie 
fehr  naive,  baf?  bas  Cberamt  eine  Art  franzöfiidier  Revolution 
in  Bunzheim  beraufbeidjwören  werbe.  Aber  ber  oou  ber  Wüte 
feiner  ^annahmen  überzeugte  Beamte  führte  unbefümmert  barnm 
bie  volle  Weiverbefreibett  burd). 

2eiuem  fcharfen  Blide  mar  es  tiar  geworben,  baf;  es  in 
feinem  anbern  vvsubuftnezu>eig,  io  wie  in  biefem,  bem  Arbeiter 
mbglidi  vi,  fid)  ielbuänbig  zu  madten,  fofern  er  nur  mit  bem 
erunberluhen  Mum't  unb  \>anbelsgekbirf  begabt  ifi,  ba  ja  ber 
foübare  3totf  leinen  abioluten  Boen  ■  immer  behalt  unb  ben 
Xunttmen  nur  burd)  bas  Weicbirf  bes  Arbeiters  empfängt.  3ogar 
einem  liebe,  ben  nieinaub  mehr  tu  Stellung  nehmen  wollte,  gab 
er  bie  (Erlaubnis,  auf  eigene  Rechnung  zu  arbeiten  „Ter  Statut 
toll  zeigen,  ob  er  »ich  rod)  ehrlidi  ernähren  faun",  tagte  er. 

cdiou  im  Berlau'e  zweier  x\nlne  hatte  ber  warfere  Beamte 
bie  (^euugthuung,  bie  Bortreffltditeit  fetner  Wrunbfä^e  erprobt 


Digitized  by  Google 


®ntftebuttfl  imb  (Sntwicfluna  ber  iBüoutcriefabrtfation.  219 

$ti  feben.  ©ic  flug  er.  babei  gu  vBerfe  ging,  geigen  feine  eigenen 
©orte  in  einem  Beridjt  an  ben  9Jlarfgrafen  im  ^abre  1800: 
„^uerft  gemann  id)  ben  Stabtiüt  nnb  bie  Bürgerfdjaft  für  bie 
Sad)e,  bann  and)  mehrere  Jvabvifauten,  elftere  bnrd)  grünblidje 
Belehrung  nun  ber  beoorftebenben  (Gefahr,  letztere  bnrd)  s}(ureisung 
ihres»  (Ehrgefühl*,  nnb  oon  bem  Starrfinn  ber  übrigen  mar 
nun  mof)l  nid)t  mel)r  nie!  |U  befürdjteu,  ba  Gm.  Durcblaudjt 
mid)  auf  bas  Befte  unterftütjteit  nnb  fie  bnrd)  nad)brürflid^e  53er» 
fügungen  auredjtmiefen." 

„®s  mar",  faßt  ©otbein,  „als  ob  eine  lange  gefeffelte 
Straft  fid)  auf  einmal  nad)  allen  Seiten  ausbeizen  töime." 
Ridjt  nur  bie  3In^at)l  ber  Kabinette,  fouberu  aud)  ihre  Bebeutung 
oermebrte  fid)  jufebenbs.  $as  (Sntfteben  neuer  ©eicbäfte  mürbe 
felbft  mit  berrfcbaftlidjen  Borfdjüffen  unterfingt.  Scnon  1798 
mar  bie  3<tf)I  ber  ftabrifen  neu  11  auf  2C>  angemadjfen.  Xrot^ 
ber  fran^öfifdjen  ^iwafion  im  ^al)re  1796,  trofc  ber  Erhöhung 
bes  3'n*fufics  oon  5  auf  <>  vJJro$eut,  fam  bie  ;\nbuftrie  in  Blüte.- 
Tie  9lrbeiterfd)aft  wählte  179K  insgefamt  221  flöpfe.  $er 
$Bod)enlobn  eines  Arbeiters  betrug  |tt>tfd>eii  8  unb  30  (Bulben, 
mäbrenb  ein  ©ollfpiuner  faum  2  (Bulben  oerbiente.  sJlebeu  bie 
große  fticbnle'fdje  Jyabrif  traten  mehrere  oon  gleidjem  Umfange, 
fo  bie  Dcnnig'fdje.  $ie  (#efd)äfte  gingen  fo  gut,  baß  bie  Jymna 
fliebnle  unb  Bobuenberger,  als  fie  nad)  fed)sjäbriger 
2  hat  ig  feit  im  ^ahre  1709  fid)  in  poet  getrennte  ©efdjcifte 
teilte,  einen  Reingewinn  oon  2  00000  Ghilben  nadj- 
weifeu  fonnte. 

3m  ^abre  1800  gab  es,  Uhrenmadjer  unb  ielbftänbige 
£ilfsgefd)äfte  eingeredjnet,  bereits  78  ©etriebe  mit  789  Arbeitern, 
»mei  x^ahre  barauf  maren  es  fd)on  über  1000  Arbeiter.  Die 
Einnahmen  aus  ben  Berbraucbsfteuern  hielten  bamit  gleidjen 
Stritt ;  fie  oermehrten  fid)  um  bas  boppelte,  ber  ftd)erfte  Bemeis 
für  ben  pnehmenbeu  ©oblftanb.  Xie  3»haber  ber  2<>  Bijouterien 
fabrifen  im  ^ab1'*  1800  maren: 

(Ravens  (früher  3lbor),  Bujarb  unb  Gie.  (feit  1787), 
ßönig,  $ed)amps,  Gaffanooa,  Baurittel  (feit  1791),  .frepp, 
SQBürft  unb  (£ie.,  ^afobi,  sJJiad)elet  (feit  1795),  .ftuguenin,  Bauer, 
ftiehnle  unb  (£ie  (feit  1799),  Rbeinbolbt,  öltnb,  sJRet$ger,  ©ülid) 
(feit  1798),  Urbain,  Schober,  l'ang,  Gtollin,  Jyroiuajer,  ^iebolbt, 
Bobuenberger  (feit  1799),  Tennigneit  1800),  Waler. 

innerhalb  fedjs  fahren  ber  Baumaärtner'fd)eu  98ermaltung 
fam  fein  Banferott  uor;  jwar  tyatt?  ber  franjöfifdje  ftrieg  bie 
beiben  .£>auptmärfte ,  Jyraufreid)  unb  .ftollanb,  oorübergehenb 
gefd)loffen  unb  große  Hamburger  Falliments  flogen  einige  ber 
heroorragenbften  s£forjbeimer  firmen  fchmer  in  Witleibenfchaft.*) 

•)  £tn  £>au*  uerlor  20000,  etit  anberea  11 000,  ein  brüte*  6000  SM.  «lanco. 


Uigitized  by  Google 


220    ©utftehuna  imb  Sntrotcfluufl  ber  «ij  outer  iefabritation. 


^tber  in  bcr  lujruriöfen  ^eit  bcs  Direftoriums  mar  granfreid) 
alsbalb  mieber  bei*  Hauptabnehmer  geworben.  Wlan  hatte  jur 
'<8aumgärtner'fd)en  s43ermalfung  ein  fold)  unbebingtes  Vertrauen 
gewonnen,  baß  man  ftd)  burd)  einige  Söanferotte,  bie  etwa 
eintreten  fonnten,  nid)t  irre  machen  (äffen  rooüte  an  feinen 
©ntnbfätjen  unb  feine  Meinung  refpeftierte,  baß  ein  Mißtrauen 
gegen  bie  fleinereu  Kabinette  fchäblid)  unb  ungerecht  märe,  „benn 
ohne  baß  oorber  Heinere  Kabinette  geroefen  finb,  merben  mir 
nur  feiten  große  befoinmen." 

sJHäd)tig  hob  fid)  in  jenen  $agen  ba*  Selbftbemußtfein 
ber  ^forjbeimer,  bie  in  bered)tigtem  oto^e  ihre  ©tabt  „ßleitu 
©enf"  nannten.  3öas  fte  auszeichnete,  mar  neben  ber  ted)nifd)en 
©efd)icflid)feit  ihrer  Arbeiter  ber  |>anbel$geift,  ber  meite  unb 
fidjere  ^ölicf  in  ©efd)äftsfad)en,  bem  allerbings  bie  ©emerbefreibett 
erft  freie  $3abn  mad)te.  Someit  bie  fleineren  Kabinette  nidjt 
für  größere  ©ejcbäfte  arbeiteten,  fanben  fie  für  ihre  $Bareu  bei 
.  ben  jnhlreidjen  fübbeutfehen  'öijouteriebänbteru  Abfatj,  bie  oon 
3dt  511  3«it  s^forjheim  befud)ten.  Alljährlich  famen  bie  felb= 
ftänbigen  iBijoutiers  auf  bie  Srauffurter  ÜUceffe,  bie  fchon  be^tjalb 
einen  SJcittelpunft  bes  bcutfd)en  .£>anbel*  bilbete,  meil  hier  bie 
größeren  Zahlungen  ausgeglidjen  mürben,  i>ie  infolge  beS 
fortfd)reitenben  9)(afd)inenwefens  in  ungeahnter  3Beife  ftd)  herauf 
bilbenbe  Sftaffenprobuftiou  oerlaugte  naturgemäß  aud)  einen 
größeren  unb  rafd)eren  Abfat}.  Aus  biefem  ^ebürfnis  heraus 
entftanb,  junächft  oon  (Snglanb  ausgebenb,  ber  (#efd)äftsbetrieb 
mit  .fuinblungsreifenben,  ben  fid)  bie  s#forjbeimet  halb  ju  eigen 
machten.  „£atte  ber  Gntglänber  bei  bem  mohloerbienteu  Stuf 
ber  Solibität  ben  Vorteil  für  fid)  überall  i'anbsleute  anzutreffen, 
fo  ftanb  bem  Deutzen  ber  auf  bie  Dauer  uod)  mid)tigere  jur 
3eite,  baß  er  fid)  in  jebe  s-tfolfSart  leidjt  eingemöbut,  jebe  frembe 
8prad)e  fid)er  beherrfd)t  unb  —  toas  für  ben  Bijoutier  bas  2öid)tigfte 
ift  —  jeben  noch  feltfamen  ©efdjmacf  vafd)  auffaßt  menn  er 
aud)  innerlich  barüber  fpotten  mag. 

.jpatten  bie  Steffen  unb  OTärftc  ihre  s33ebeutung  für  bie 
©roßinbuftrie  mehr  unb  mehr  oertoren,  fo  mußte  s$forjhcint 
burd)  biefe  feine  neue  Crganifation  ftd)  trotjbem  auf  ber  |)öbe 
§u  halten.  Sogar  bie  franjöfifche  tHeoolution  oerftanb  es  §u  feinem 
Vorteil  Mi  benähen,  inbem  es  bie  Abfat^gebiete  ber  bisher  bie 
^ijouterieinbuftrte  beherrfd)enbe  8d)toei$  einnahm,  beren  (Einfluß 
buvd)  bie  SReoolutionsfriege  oerntebtet  mar.  Seip^ig  unb  Hamburg, 
jtoei  otü^puufte  bes  englifd)en  £anbels,  mürben  für  $forjheim 
je^t  bie  i>auptplä£e,  Mußlanb,  Dänemarf  unb  6d)toeben  bie 
Abnehmer.  Selbft  nad)  (Snglanb  oerfd)icfte  es  feine  Artifel,  bie 
bann  auf  biefem  Untmeg  aUerbings  als  „made  in  England4- 
ihren  2Beg  weiter  machten. 


Digitized  by  Googl 


©ntftebuna  unb  (Sntroicflunfl  bet  Süoutericfabrifation.  221 

Sehen  wir  un§  um  nad)  bcm  ©djicffal  bcr  Uhrenfabrifation, 
fo  finben  wir,  bafj  bicfclbc  in  bemfelben  9flafje  jurücfging,  als 
it)ic  Schwefterinbuftrie  erfreuliche  Jortfd)ritte  machte.  (£t)riftin 
unb  93iata  waren  burd)au£  braue  unb  auuerläffige  Seute, 
bergleid)en  ihre  fpäteren  ©efeüfchafter.  $ie  in  ber  Sabril 
beschäftigten  Lehrlinge  bewiefen  oiel  ©efchicf,  unb  bod)  wollte 
fein  rechter  ©eift  in  ba3  ©efd)äft  fommen.  3unäd)ft  faß  bie 
Urfadje  in  einer  jet)r  mangelhaften  Buchführung,  fobann  in 
ungenügenbem  Abfat}  unb  enblid)  im  fehlen  einer  rationellen 
Arbeitsteilung,  wie  fic  bie  Bijouteriebranche  unb  bie  Uhren* 
fabrifation  im  Qura  muftergiltig  cor  Augen  [teilte.  2)er  flein* 
bürgerliche  ©eift  einer  überlebten  $eit  haftete  tt>r  au,  au  bem 
alle  Berfudje  jum  befferen  fd)eitern  mußten.  2)er  iRechnungSrat 
3ägerfd)mieb  fagt  in  feinem  Bericht  oom  3at)re  1771 : 
fehlt  biefer  §abrif  ber  arbeitSoerftänbige  2)ireftor  unb  auf  iHeifen 
unb  Neffen  ber  erfahrene  £anbel3maun".  SJtit  ben  auSlänbifdjeu 
Berbinbungen  uerfudjte  man  e§  in  ber  SBeife,  bafj  Don  Szxt  §u 
^eit  einer  ber  Unternehmer  mit  ein  paar  Äiften  uoll  2öareu  nad) 
Amfterbam  reifte;  bei  Verrechnung  be3  ©eminnS  unb  ber  ^Heifc= 
foftcn  ging  babei  gewöhnlich  Wull  uon  Sftufl  auf. 

3m  £erbft  1770  hatte  (Shriftin  mieber  eine  ^Heife  unb  ^war 
nach  "«o  #oUanb  angetreten  unb  für  etma  12000  ©Ib. 

SBaren  mitgenommen.  $a  er  Monate  lang  weber  ©elb  fd)icfte, 
noch  fonft  etu>a§  uon  fid>  hören  liefe,  gingen  feinem  Affocte 
s-8tala  jule^t  bie  ÜUlittel  au«,  fo  bog  er  einmal  genötigt  mar, 
feine  eigenen  filbernen  Söffel  Ml  ueräußern,  um  Material  $u 
Uhrengehäufen  511  erhalten.  $)ie  Arbeiter  blieben  ohne  Sohn  unb 
litten  in  jener  $eit  ber  Steuerung  bie  bitterfte  9tot,  ba  man 
ihnen  feine  Lebensmittel  mehr  auf  $rebit  gab.  2)ie  oorgefchoffene 
Summe  betrug  1771  bereits  52  214  ©Ib.  unb  immer  nod)  follten 
neue  Opfer  gebrad)t  werben. 

sJBegeu  be§  auf  25  000  ©Ib.  berechneten  BerlufteS  unb  be$ 
troftlofen  ©chicffaU.  bem  bie  Arbeiter  anheimgegeben  waren  bei 
Aufhebung  beS  ©efdjäfteS,  oerfud)te  c§  bie  Regierung  nod)  einmal 
mit  einer  Unterftütjung.  Aus  ber  9Jh'in5e  rourbe  ber  gabrif 
18farätige$  ©olb  511'  HO  Uhrengehäufen  überroiefen  mit  ber 
Bebingung,  bog  fic  in  Bälbe  burd)  Berfauf  ber  oorhanbenen 
Uhren  in  ben  Staub  gefegt  fein  müffe,  fid)  ohne  weiteren 
Borfd)uj}  felber  511  helfen,  anbernfaüS  müffe  bie  Aufhebung  be§ 
©efchäfts;  erfolgen. 

(Sin  3ahr  war  feit  (£hriftinS  Abwefenheit  oerfloffen 
unb  allerlei  ©erüd)te  gingen  um,  als  ob  er  überhaupt  nidjt 
wieber  jurücfjuf ehren  "  geben fe.  QaftU  trug  ein  Brief  bei, 
in  bem  er  feinem  8d)wager  Biala  mitteilte,  er  hoffe  fid)  in 
Amfterbam  ju  etablieren/ wolle  aber  ba3  s?forjheimer  ©efdjäft 


Digitized  by  Google 


222     (gntftebuno  unb  (Sntroicflunß  bet  $iiouteriefabtifation. 


junadjft  nod)  beibehalten,  unb  worin  er  um  ^ufenbung  ber 
4Barenuorräte  bat.  2)ie  Sache  frfjien  ber  Regierung  berart  oer* 
bärtig,  baß  fie  ihren  Vertreter  in  .£>aag  beauftragte,  auf  (£briftinS 
siBaren  s23efd)lag  legen,  ihn  felbft  aber  uerhaften  511  laffen.  2)od)  mar 
ber  SBerbadjt  uubegrünbet.  (£briftin  febrte  jurücf,  mußte  fid)  genügenb 
ju  rechtfertigen  unb  f oU  aud)  „etwas  Baroorrat"  mitgebrad)* 
haben,  womit  wieber  einige  ^Bochen  gewirtfdjaftet  werben  fonute. 
sJiad)  oorbergegangenen  ^wiftigfeiten  $wifd)en  ben  beiben  (£befS 
unb  einer  uou  3äg?vfd)mib  uorgenommenen  Unterfuchung,  bie 
ein  nieberfd)lagenbcS  iHefultat  in  ben  Sinanjen  ergab,  mürbe 
baS  ®efd)äft  1772  getrennt  unb  alle*  unter  ben  beiben  Inhabern 
halbiert.  Slber  Gbriftin  hatte  tro^  günftiger  tfonjunfturen,  trotj 
ber  (£rfinbung  eines  oielgerühmten  (£d)appements  fein  (#lücf. 
3m  ^a\)t(  1774  ergab  eine  mieberbolte  $efd)äftSprüfuug  einen 
^erluft  uou  insgefamt  21  53.-i  (Slb.  19  Mr.  Da*  (#antuerfahreu 
mußte  eingeleitet  werben,  mobei  (Sbriftin  felbft  fein  ganzes  s-8er^ 
mögen  uou  ca.  2200  ©ib.  oerlor.  sMan  gab  ihm  eine  flehte 
(Sntfdjäbigung  unb  erlaubte  ihm,  fid)  mit  feinem  trüber  in 
Karlsruhe  als  „$>ofut)renmad)er"  nieberjulaffen. 

3o  enbete  bie  eine  ^forjheimer  llbrenfabrif. 

sl*ialas  ($efd)äft  machte  aufänglid)  gute  Jovtfchritte,  fo  baß 
jid)  bas  uou  ihm  bei  ber  Trennung  übernommene  Defijit  im 
9Räq  1774  fd)on  auf  1HH5  ©Ib.  oerminbert  hatte.  s2lber  ber 
nod)  im  felben  3«hre  erfolgte  lob  bes  3nljaber«  tvoj  feine  Sabril" 
fd)wer.  ^"beffen  führte  feine  s4ttitwe,  eine  fluge  unb  fleißige 
Jyrau,  biefelbe  unter  Beihilfe  eines  tüd)tigen  Buchhaltern  weiter. 
3>ie  iKegierung  that  ihr  ^DtöglidjfteS,  bas  ötabliffement  über 
Gaffer  ju  halten ;  aber  eS  ging  troty  aller  aufgewanbten  SRttyen 
unb  Opfer  ben  unoermeiblicijeu  ftrebsgaug.  Die  "Öehörbeu  faljen 
baS  mit  einem  gewiffen  (Gleichmut.  3d)on  1781  hieß  eS  bei 
ihnen:  „$Biv  hoben  übrigens  ber  Jabrif  niemals  mehr  zugetraut, 
als  waS  fie  beim  bisher  aud)  geleiftet  h«t,  uämlid)  baß  fie  ben 
ihr  anuertrauten  jyonbs  erhalte  (von  S-Öerjinfung  fah  man  ab), 
bie  Untemehmer  ernähre,  immer  12-15  Lehrlinge  unterrichte, 
eine  gereifte  s2lnj\abl  Arbeiter  befdjäftige  unb  bamit  £>anbel  unb 
s4öanbel  in  ^forjheim  beförbern  helfe."  9lber  felbft  biefe 
befdjeibenen  sBünfd)e  füllten  balb  oereitelt  werben.  Die  fvansöfifrfje 
Oieoolution,  reeldje  bie  odjweijer  ©olbarbeiter  fo  fehr  gefdjäbigt 
hatte,  fpornte  bie  Uhrenmadjerei,  ohne  welche  bie  Beoölferung 
bes  Oura  fd)led)terbings  nidjt  beftehen  tann,  511  oerjweifelten 
$lnftrengungen.  Der  überfeeifdje  s2lbfa£,  eine  fo  fid)ere  Cuelle 
bes  4Uohlftanbes,  baß  man  bisher  ben  binuenlänbifdjen  fogar 
etwas  uernadjläffigt  hatte,  war  oernid)tet;  fo  mußte  mau  fliegen 
in  (Europa  jebe  ftonhirrenj  totjufdjlageu.  j)er  9)iarft  warb  mit 
8d)weijer  Uhren  jeber  3lrt  überfdjwemmt ;  bie  greife  würben 


©ntftcbun«  unb  ©Htioicflunfl  bct  Biiouteriefabritatiou.  223 

herabgebrücft.  Unb  al§  ooüenbS  s3)cafchinenarbeit  eingeführt 
mürbe,  bie  ben  freist  filbemet  Xafd)enubren  auf  biet  Ibaler 
herabbrücfte,  würben  bie  ^foi^lieimev  Uhrenmacher  brotlos.  Unb 
wieber  war  es  bev  geniale  Cberoogt  Baumgartner,  bei*  einen 
Ausweg  fanb  ftax  felben  ^{ctt  war  e$  ihm  gelungen,  bas 
tylöjjereiwefen  bind)  Aufhebung  beeogenber  ^unftfdjranien  unb 
bie  ©rünbung  oon  A ff ociatioueu  wieber  auf  bie  £>ot)e  )U  bringen. 
i'et)tere3  Littel  foüte  auch  hiev  feine  28iriuug  tbun.  Aber  bie 
3inan$fraft  ber  32  Unternehmer,  benen  er  auf  bieje  ^Beife  bie 
4Beiterfül>rung  ber  ^nbuftrie  $ugebad)t  hatte,  war  fo  herunter* 
gefommen,  bajj  fie  faum  imftanbe  waren,  für  lOOOü  (Bulben 
Garantie  aufzubringen.  3)as  ^forzbeimer  Kapital  mav  buvd) 
bie  Ausdehnung  bes  .jpoljhanbels  in  Anfprwd)  genommen,  weshalb 
ber  Cberoogt  ftaatlidje  £>ilfe  münzte.  Baben  mar  bamalS  arm  an 
reichen  Nßrioatleuten  unb  an  bie  uon  ihm  oorgefd)tageue  Errichtung 
oon  kaufen  tonnte  ber  unfid)evu  ftriegsjeiten  halber  nicht  gebad)t 
werben.  sJiad)  nieten  sJJü'iheii  erreichte  bev  tfjätige  ÜJcann  eine 
Beihilfe  oon  5000  ©ulben  unb  leiftete  auch  fonft  mit  sJiat  unb 
Ihat,  maS  nuv  immer  in  feiner  Straft  ftanb.  (Sr  oeranlafrte  bie 
fleinen  «üfleifter  für  bie  gabrif  51t  arbeiten  oermittelte  bie  Ber- 
binbungen  mit  dauern  unb  Ceftcrreich;  er  oevanlajjte  bie 
Bijouteriebänbler,  auch  s}3forzbeimer  Uhren  in  ftommtfjion  |U 
nehmen  unb  beförberte,  um  bie  oerfallenbe  Xedmit  311  heben,  bie 
£>erftellung  guter,  edjtgolbener  Uhren. 

Um  bod)  uod)  ohne  Staatsunterftütjung  pl  einem  Uhren» 
comptoir  zu  fommen,  bot  fiel)  uod)  eine  letzte  (Gelegenheit.  sJcad)bem 
mau  fich  uevgeblid)  bemüht  hatte,  ein  fdjmeizerifches  Uhrencomptoir 
hierher  511  jiehen,  oevanlajjte  man  bie  jübifdje  .^anbelSfirma 
£eui  Bobenbeimer  baju.  Sie  halte  fich  lange  um  bie  fton$effion 
Zum  betrieb  einer  Bijouteviefabvit"  beworben  unb  oeriprad),  ein 
Uhrencomptoir  einzurichten,  wenn  fie  jene  erlange  Aber  Baum- 
gartner war  bagegen.  Schon  bie  Ausfid)t  bajj  ^u&cn  in  ben 
ftrei§  ber  Jabvifation  einbringen  fönnten,  hatte  einen  wahren 
Tumult  unter  gabrifanten,  Arbeitern  unb  Bürgerfchaft  hciüül'; 
gerufen.  Sßet  Oberoogt  opferte  hier  feine  fonft  bewährten 
^riujipien  au?  iHücf ficht  auf  bie  öffentlich«  Meinung.  Seit 
3cu)rhunberten  hotten  bie  ^forzbeimer  x)ubeu  nur  im  Biebwudjer 
fich  frei  ergehen  bürfen,  unb  baß  fie  feit  furjem  auch  Äehridjt* 
unb  £ombarbgefd)äfte  eingerichtet,  hatte  ihre  gefd)äftlid)C  ^uoer= 
läffigfeit  nid)t  gerabc  erhöht.  Einmütig  erflärten  bie  gabrifanten, 
burd)  baS  Einbringen  ber  Juben  würben  ihnen  ebenfo  bie  greife 
wie  Der  Hrebit  oerborben  werben.  Die  Arbeiter  ihrerfeitS 
beteuerten,  bie  ©efahr,  baß  ihnen  bie  Arbeitslöhne  oerftümpelt 
würben,  fei  eine  bringeube.  Baumgärtner  begrünbete  fein  Ber* 
halten  mit  ber  Berufung  auf  ftaifer  ^ofeph  iL,  ber  gleichfalls 


Digitized  by  Google 


224     (Jntftefmng  mib  (Sntroidluna  ber  «ijouteriefabrifation. 

bem  Drude  ber  öffentlid)en  SReimmg  habe  weidp  muffen.  „$Bir 
aber",  meint  ©otbein,  „werben  heute  fagen :  bie  oolle  bürgerliche 
(Gleichberechtigung  hätte  bie  Borausfetjung  für  bie  gewerblidje 
fein  müffen.  Der  3ube  mußte  erft  aus  feinem  amphibifdjen 
3uftan.be  heraustreten  unb  bie  Suft  politifcher  Freiheit  atmen, 
um  aud)  ju  einer  befferen  ©efdjäftsmoral  ju  gelangen,  unb  bann 
mochte  man  es  auf  ben  ^ufammenbalt  aller  foliben  £eute 
anfommen  (äffen,  um  ben  (Gefahren  einer  Üloijaleu  Ronfurrenj 
oor-utbeugen."   Da?  Uhrencomptoir  blieb  alfo  ein  ^rojeft. 

$Öar  aud)  burd)  alle  fonftigen  ÜUiafsregeln  für  ben  9lugenblirf 
geholfen,  fo  begann  bas  neue  sJ)li($gefd)itf  mit  bem  4Bieber= 
auSbrud)  bes  Kriege?  1805.  Unb  als  ber  letjte  ^uhuber  beS 
©efd)äftes,  9)cared)al,  ber  ©djwiegerfobn  bes  injroifd)en  uer= 
ftorbeuen  £ofmaun,  gleichfalls  baS  Zeitliche  fegnete,  rourbe  bie 
gabrif  famt  3™>eutar  oerfauft  an  einen  bisherigen  Arbeiter 
berfelben,  namens  Saft  mir  Dürr,  um  bie  Bagatelle  oon 
5000  ©lb.  Die  barauf  nod)  laftenbeu  @d)ulben  oon  17  000  ©Ib. 
übernahm  wieber  bie  £errfd)nft.  Seit  1775  tjatte  fie  nicht 
weniger  als  43  309  ©Ib.  auf  bie  Uhrenfabrif  oerwanbt.  s2lus 
ben  Kabinetts  entftanben  bie  gewöhnlidjen  iHeparaturwerfftätten 
ober  ihre  Inhaber  gingen  ju  ben  &ilfsgefd)äften  ber  Bijouterie 
über.  „$öeuu  man  aber",  heifct  es  in  einem  fürftlidjen  ^rotofoll 
oon  1808,  „in  (Srnxiguug  siebt,  baj$  eben  biefe  Uhrenfabrif  bie 
Beranlaffung  511  oerfdjiebenen  anbern  (Stabliffements  in  ^jorjrjeim 
gegeben  hat,  moburd)  bie  3tabt  unb  ©egenb  unb  bereu  ^nbuftrie 
ungemein  zugenommen  h«t,  fowie  aud)  unmittelbar  bie  herrfchaft* 
lidjen  Raffen  offenbar  auf  anbern  SBegen  beträchtlich  gewonnen 
hat,  fo  wage  man  ju  behaupten,  ba&  ber  hier  nadjgewiefene 
birefte  ftaffenoerluft  burd)  jene  größeren  Vorteile  mehr  als 
hinlänglid)  gewogen  fein  bürftc." 

Die  ©efd)id)te  ber  sßforjheimer  3nbuftrie  gegen  @nbe  bes 
oorigen  unb  ju  Anfang  biefes  ^ahrhunberts  liefert  ben  beutlichften 
Beweis  bafür,  ba£  bie  wirtfd)aftlid)e  Blüte  eines  Bolfes  nur 
ba  möglich  fei,  wo  fie  00m  Boben  eines  möchtigen  ©taatswefens 
genährt  wirb.  Die  beutfehe  3nbuftrie  jener  $eit  h^tte  biefe 
Wahrheit  bitter  §11  foften  bekommen.  Das  ebenfo  fchmachooüe, 
wie  ohnmächtige  ©taatengebilbe  bes  DJbeinbunbes  war  weber 
imftanbe  unter  ben  (Sinzelftaaten  felbft,  noch  gegenüber  ber 
©ewaltherrfchaft  feines  sJkoteftorS  BerfehrSfreiheit  ju  fdjaffen. 
©eine  einzige  ihm  oon  Napoleon  anbefohlene  £anbe*spolitif  war 
bas  Slontinentalfpftem.  Der  Jall  Hamburgs,  bas  bisher  ben 
Üranfitbanbel  mit  bem  nunmehr  boufottierten  (jnglanb  oermittelte, 
bezeichnete  ben  Dliebergang  ber  ^forjheimer  ^nbuftrie.  Raum 
nod)  ber  sehnte  $eil  ber  Arbeiter  fanb  Befdjäftigung.  Biele 
hunberte  arbeitslofer  &ute  waren  gezwungen,  in  Untbätigfeit 


(fcntftebuna  unb  (Sntroictluna  Her  $ijoutertefabrifation.  225 

ihre  (£rfparniffe  nufjujehreu,  anbere,  weniger  auSgebilbete,  festen 
jum  Acferbau  flurürf. 

3n  Uebereinftimmung  mit  bem  Cberamte  mürben  einjelne 
Jyabrifanten  bei  ber  Regierung  oorftellig,  fernerhin  feine  Jlon- 
jeffionen  mehr  *u  erteilen  jur  (frrid)tuug  neuer  (Sefdjäfte: 
„(13  ift  oou  ber  größten  Sidjtigfeit",  beißt  e$  in  einer  Eingabe 
an  ba§  9flinifterium,  „bie  Sortbauer  ber  gutfunbierten  gabriten 
511  fidjern  unb  menigftenS  ihren  Stamm  su  erhalten,  wenn  er 
aud)  nod)  fo  unbebeutenb  fein  füllte;  aber  nur  bic  reichen  Unter- 
nebmer  finb  ba$u  fähig,  unb  aud)  biefc  nur  in  bem  Salle,  wenn 
mau  bie  Äonfurrena  anberer  g-abrifen  fo  wenig  als;  möglid) 
juläßt."  $er  Befdjeib  barauf,  unter  bem  unuerfennbaren  Gmifluffe 
be§  in^wifcheu  in'§  SNimfterium  berufenen  Baumgartner  abgefaßt 
lautete  aber  biefeu  felbftfttdjtigeu  Sünfdjeu  ftrifte  entgegen : 
„(Serabc  barum,  weil  bie  Arbeiter  megeu  ber  (Sin^icbung  uieler 
Kabinette  nid)t  mehr  if)re  Nahrung  finben  unb  fie  al§  uerbeiratete 
Staatsbürger  foldje  oou  ihrer  erlernten  s]kofeffion  bod)  511  forberu 
haben,  muß  ihnen  ba§  Arbeiten  auf  eigene  £)anb  erlaubt  werben, 
unb  ift  e£  lebiglid)  ihre  Sache,  wie  fie  fid)  fortbringen." 

3>er  3Rann  fannte  feine  £eute  unb  ibre  $erf)ältniffe.  $ie 
^eute  Ralfen  fid)  mit  Anfertigung  uon  billigem  s3auernfd)mucf : 
ibre  grauen  errichteten  ^utjläben,  sogen  mit  ihren  unb  ihrer  SRänner 
Saren  auf  flHfirfte  unb  Neffen  ober  gingen  bamit  haufieren. 
$ie  Arbeiter  waren  eben  uid)t  met)r  bas  ciuftigc  leidjtfinnige 
Jranaofenuolf,  joubern  unter  beutfd)en  ^ert)ältuiffen  in  Arbeit, 
Sparfamfeit  unb  (Senügfamfeit  auferjogene  Xeutfdje,  bie  ftd)  in 
Änfefmng  ihrer  beruflichen  gähigfeit  mit  ben  Jyrau*ofeu  ruhig 
meffen  tonnten. 

$mar  t)errM)te  immer  nod)  bas  alte  Vorurteil,  baß  bie 
©olbfdjmiebe  al£  eine  befonbeve  Kolonie*)  mit  ber  übrigen 
$ftrgerfd)aft  nid)t$  gemein  habe.  £arau$  ergaben  fid)  ie^t, 
nadjbem  bie  Arbeiterfcijaft  feften  Juß  gefaßt  hatte,  oiele  ÜJctßftänbe. 
Xie  Regierung  fudjte  ben  Unterschieb  511  oermifdjen,  unb  bie 
Arbeiter  erblichen  barin  balb  ihren  Vorteil ;  aber  bie  Bürgerfdjaft 
wehrte  ftd)  tmvtnäcfig  gegen  eine  bevartige  unliebfamc  Erweiterung. 
Sie  tief  gegen  „bie  (Sinbringliuge"  ba$  Mißtrauen  ber  s#e= 
oölferung  wurzelte,  bie  an  ihren  ^ahrhuuberte  alten  Anfchauungeu 
fefthielt,  ba§  gab  fid)  red)t  anfcbaulid)  im  ^oltewitj  511  erfennen 
unb  im  Sdjelmenliebdjen ,  worin  bie  Slöffer3totf)ter  gewarnt 
wirb,  nicht  in§  ©olbfd)mieb3l)aus  511  heiraten,  weil  bann  bie 
.$errlid)feit  balb  $u  (Snbe  fei.  Senn  auch  ber  3tabtrat  aus 
ftftcfftdjt  für  ben  materiellen  (Seminn  ber  Stabt  ben  £uruS  ber 

*)  Tie  mit  allcrljanb  ^tioilcgien  üuögeftattct  luar,  wie  (irlaffuna.  beä 
$funbjoUe*,  ber  fleeife,  ber  o^afcima,,  ^reijügigfeit  nad)  Crbnung  ber  etwaigen 
$erbinblid)teiten,  SNUitärfretyeit  :c, 

15 


(gntftebunö  unb  ©ntroicfhma  bcr  93ijouteriefabriratiou. 


„Sremben"  alc>  einen  Vorteil  betrachtete,  fo  ftellte  er  fid)  bod)  (triebet 
aus  bemfelben  felbftänbigen  Gh'imbe  auf  bie  Seite  ber  Bürger,  weil 
bnvd)  ben  3upg  mandier  jmeifelbaften  Griftenjen  bie  3tabt, 
namentlid)  in  Reiten  bei  Oiot,  in  fdjmere  Kalamitäten  fommeu 
tonnte,  wenn  jebem  Arbeiter  bas  Bürgerred)t  mürbe.  Tie  Bürger- 
fdjaft  fd)ä$te  e§  fogar  als  einen  Vorteil,  baft  felbft  oermöglidje 
Jyabrifanten  bem  töemeinbeleben  fernblieben.  Ter  erfte  Jrembe, 
meldjer  baS  Bürgerrecht  erhielt,  mar  ber  3Jkd)aniter  CedjSle;  al* 
er  fid)  nad)  20  jährigem  Aufenthalt  ohne  Bürgerrecht  hier  etablierte, 
beftimmte  1814  ber  8tabtrat,  baß  er  unb  fortan  jeber  Jyabrrtant 
fich  als  Bürger  einkaufen  muffe. 

9lod)  ein  weiterer  ©ruub  beftimmte  ben  £tabtrat,  fid) 
gegen  bie  fremben  Arbeiter  abmeifenb  51t  oerhalten:  Tie  ganje 
^nbuftrie  mar  urfprünglich  jut  lohnenben  Befd)äjtigung  ber 
4öaifenfinber  eingeführt/  bie  fünft  wohl  foum  imftanbe  geroefen 
mären,  baS  Sehrgelb  für  ein  Jpanbmerf  aufzubringen.  An  biefem 
Borteil,  melcher  ber  3tabt  einen  guten  Teil  ber  Armenlaft 
abnahm,  mollte  fie  möglichft  menig  AuSmärtigc  teilnehmen  laffen. 
Sie  engherzig  unb  furjfidjtig  pgleid)  ber  (Seift  jener  $eit  mar, 
jeigt  aud)  ein  Weffript  ber  Regierung  an  bie  ^forjheimer 
Behörben  au§  bem  3atjre  \H07 :  „Allerbing*  finb  bie  3öhne 
ber  £anbleute  junächft  mieberum  jum  Bauernftaub  beftimmt  unb 
ihre  ftonfurrenj  im  (Seroerbe  ift  bem  Bürgerftanb  fehr  hiuberlid). 
Auch  oermutet  man,  ba&  ber  Uebergang  oon  Bauernföhnen  au? 
ber  (Segenb  um  ^forjheim  §ut  Bijouteriearbeit  nur  ben  Sroed 
hat,  fid)  00m  SRilitärbienft  lo*$umad)eu,  unb  beshalb  foll  ben 
fämtlichen  SabriFanten  auferlegt  merben,  baft  fie  feinen  £anbmamt& 
fol)n  mehr  in  bie  2ef)re  udhmen  bürfen,  ber  nicht  oorl)er  bie 
(Srlaubnte  lut  Erlernung  ber  Hunft  in  Karlsruhe  auSgeroirft 
hat,  mo  alsibann  nad)  ben  eintretenben  llmftänben  ba§  ©efud) 
bemiüigt  ober  abgefdjlagen  merben  fann."  Tie  $?it  hat  gelehrt, 
bap  „Ümftänbc"  bod)  mächtiger  finb  als  alle  Sttafjregeln  unb 
iHejfripte.  Bei  ben  Bauern  mar  es  übrigens  feinesroegs  bie 
Jurdjt  oor  bem  5J(ilitärbienft,  bie  fie  bemog,  ihre  ftinber  in  bie 
Jyabrif  ju  fehiefeu.  Bielmehr  mar  unb  ift  e§  heute  nod)  bie 
Tfjatfadje,  baß  biejelben  liier  mühe=  unb  foftenloS  unterzubringen 
finb  unb  jeben  SamStag  ©elb  mit  nach  §aufe  bringen,  aujjerbem 
bie  Au3ftd)t  für  ben  Arbeiter,  fid)  burd)  Jyta&  unb  ©efd)icflid)feit 
einmal  felbftänbig  mad)en  311  rönnen.  Ta§  ift  ber  eigentliche 
Vebensnero,  bie  eigentlidje  Triebfraft  ber  ^nbuftrie,  bie  ihr  im 
Bolfe  rafch  ben  Boben  geroonnen  haben:  Sebrling^lohn,  £tüct^ 
lohn  unb  Wegfall  ber  3««ftfcr)vanfe. 

3n  ^forjheim  erhielt  511  Anfang  untere*  3al)vhunberts  ein 
Lehrling  bei  4  jähriger  £et)rjeit  einen  Sodjenlohn  oon  1  ®lb. 
bis  1  ©Ib.  12  Äi'Sv  ba$u  fam  gegen  (Enbe  bcr  £ehr$eit  ein  fog. 


©ntftebuna  unb  (Entroictluna  bcr  $8iioutcriefabritation.  227 

Drinfgelb.  ^(ufjerbem  luuvbe  il)m  bie  „Teilarbeit"  in  ben  Jeier« 
ftunbeu  roie  bem  Arbeiter  uergütet.  Tie  einfad)  unb  genügfam 
bamals  bes  i'etirlin^^  Eebensmeife  mar,  gebt  aus  bem  llmftanbe 
beroor,  baß  juv  Seit  Cbftreife  alle  ftofttifdje  getunbigt 
mürben,  meil  ber  Sebrling  fid)  bann  ausjdjliejjlid) '  an  be§ 
9tad)bars  s#epfe(,  kirnen  unb  «Jmetfdjgen  hielt  unb  babei  fooiel 
erübrigt  haben  füll,  baj$  er  nad)  Beftreitung  von  8d)lafftelle  unb 
"©rot  Samstags  ben  Altern  einen  guten  leil  bes  Todjenlobnes 
abliefern  tonnte. 

Die  immer  mein*  fid)  fteigerube  3d)iuierigfeit  ber  Sedniif 
in  ber  ©olbfdwtiebefunft  mad)te  fd)ou  ju  Anfang  untere*  Jahr: 
bunberts  eine  längere  t'ebrjeit  nötig,  als  fte  bei  .ftanbmertern 
fonft  üblict)  mar.  Täbrenb  fte  hier  im  allgemeinen  3  3al)re 
bauerte,  oerlaugte  bas  Bijouteriegemerbe  bereu  4.  Tie  ftetige 
Verfeinerung  ber  Arbeiten  gab  bem  Bijoutier  bei  einigem  guten 
Tillen  unb  binreid)enber  Befähigung  biuläuglid)  (Megenbeit, 
fid)  auf  ber  .jpöbe  ber  ftunft  511  erhalten  unb  ber  ©efafjr  ber 
einfeitigen  Slusbilbung  uorjubeugen.  (Sin  großer  fokaler  sJlad)teil 
aber  mar  unb  ift  es  jumteil  beute  uod),  baj?  ber  Bijouterie* 
lehrling,  nid)t  mie  ber  junge  .Ipanbmerfer  lernt,  um  berein ft 
SReifto  51t  »erben,  fonbern  um,  mit  menig  Slusnabmen,  Arbeiter 
ju  bleiben.  Sein  SJleifter  ift  nid)t  ber  Sabrifant,  fonbern  ein 
Arbeiter.  Der  oöllige  Langel  an  intimen  perfönlidjeu  Begehungen 
^roifdjen  £>errn  unb  Lehrling  gab  legerem  in  feiner  arbeitsfreien 
Qeit  eine  Jyreiheit,  511  bereu  vernünftiger  Benutzung  ihm  bie 
fittlid)e  Äraft  unb  sJteife  fehlte.  Die  folgen  äußerten  fid)  in 
einem  ungezügelten  Dreiben  ber  jungen  l'eute,  bas  51t  oielen 
Silagen  3lnlap  gab.  (Ss  mar  gemijj  eine  billige  Jyorberung  ber 
Sabrifauten,  bajj  ber  Lehrling  ben  Tod)enlot)n,  meldjen  er  in 
ben  erften  3rthvcu  empfing,  alfo  |tl  einer  Qtit,  ba  er  bem 
(Sefdjäfte  nod)  keinerlei  9iut}en  brachte,  im  legten  o^hre  aboer* 
bienen  follte.  2(ber  ber  Langel  jebes  fittlidjen  Raubes  lieft  ben 
£ef)rling  biefe  Berpflidjtung  als  eine  i?aft  emofinbeu,  bie  er  auf 
jebe  Teife  abschütteln  fudjte,  meift  burcl)  miberredjtlidjeS  Ber* 
(äffen  ber  Set)re. 

3n  ©münb,  mo  bie  Jnbuftrieoerhältntffe  bamalS  nidjt 
gerabe  bie  nad)at)men§roerteften  rcareu,  fanben  foldje  2(u3reijjer 
bann  gewöhnlich  Aufnahme  unb  Befdjäftigung.  Jm  Jahre  1805 
mürbe  jur  Slbhilfe  biefer  ^i&ftänbe  in  ^^forjheim  befd)loffen, 
baft  bie  Lehrlinge  in  $lnmefenl)eit  ber  fteiftlidjen  beim  Antritt 
ber  £ehre  burd)  einen  feierlichen  (£ib  oeryflidjtet  merbeu 
follten,  wobei  mitgeteilt  mürbe,  bafj  ihnen  im  Salle  böswilligen 
Berlaffeus  ber  2ef)re  Bermögeusfonfistation  unb  mehrjährige 
3ud)thausjtrafe  brof>e. 

16* 


)igitized  by  Google 


228     (gntftebutifl  uub  wntioiallUifl  bcr  $iioutetiefabtifation. 

Tas  Wnifterinm  war  ober  nicht  gewillt,  biefem  fouberbaren 
Verlangen  nachzugeben.  3n  feiner  Antwort  erflehte  es,  baft  es 
beim  fUwtraftbrucbe  allemal  auf  bie  Umftänbe  anfomme,  welche 
bie  Straf  würbigf  ei  t  beftimmteu.  Tie  örlaffung  beftimmtev  (tfefetie 
hierüber  fei  ebenfo  un(wläugliri)  als  iroecfoerfeblenb.  (£s  fei 
baber  ben  jungen  bei  ihrer  Aufnahme  mitzuteilen,  bafi  im  Salle 
böslichen  ^erlaffens  bes  t'ebrberru  gegen  fie  fogar  himiuell 
oorgegangen  werben  bürfe. 

Tie  beute  nielfad)  geborte  Silage,  baß  maudje  ^abrifen 
mit  nabelt  lauter  Lehrlingen  arbeite  ober  bod)  bie  meifteu  ihrer 
Beute  au4  foldjen  beftebeu,  war  bamals  feiteuer.  v^nbeffen  hat 
eine  $>erorbmwg  oom  9.  Cftober  1811  fid)  aud)  hierüber  au« 
gefprodjen.  3ie  oerlaugte,  baß  fein  Jvabrifant  mehr  Lehrlinge 
als  (äefellen  halten  bürfe.  Tbatjäd)licb  aber  fam  biefer  Jyall 
nur  in  ©cfdjäftSfvijen  oor,  wo  mau  bie  Lehrlinge  nicht  ebenfo 
wie  bie  Arbeiter  entlaffen  tonnte. 

Avyn  ^forjbeims  dauern  hat  fid)  uermutlid)  ber  erfte  beutfdie 
Sabritftrif  abgefpielt.  v>m  vumre  1804  waren  einige  Arbeiter 
nad)  (ftmflnb  gebogen,  ohne  ,moor  hier  ihre  3d)ulben  511  berichtigen, 
wie  bas  in  ber  elften  i^eriobe  bes  Wjouteriewejens  namentlid) 
häufig  ber  Jaü  war.  s)iad)  einem  alten  Weffript  follte  jeber 
Arbeiter,  ber  mit  3d)ulben  au$  ^forjheim  ging,  als  ein  gemeiner 
Tieb  betrad)tet  werben  uub  fein  "Warne,  im  Salle  man  feiner 
nid)t  habhaft  werben  fönnte,  mit  allen  Solgen  ber  Uuehrlicbteit 
oom  3d)arfrid)ter  an  ben  (Balgen  gefdilagen  werben.  (Sin  im 
kirnte  uod)  neuer  Cberamtmauu  hielt  bieS  für  ein  nod)  redjttf* 
fraftiges  ®efetj,  bas  er  aufs  neue  einfdjärfte  uub  au  fämtlidjeu 
Sabrifarbeiteru  jeber  ^randje  eintreteubeu  Salls  anpmenben 
gebad)te. 

Tie  Arbeiter  liegen  fid)  bies  nidit  bieten,  traten  wfammeu, 
bitbeten  eine  ftommiffion  uub  befd)loffeu,  bie  Arbeit  nicht  eher 
wieber  aufzunehmen,  bis  ber  Oberamtmann  anbeut  3inncs 
geworben  fei  uub  bas  fatale  JHeffript  wieber  (wr  sJJ2afulatur  lege. 
Zugleich  würbe  eine  mäßig  gehaltene  ^Mttfdjrift  nad)  Karlsruhe, 
gefebieft,  worin  fie  auseinanber  festen,  baß  biefe  Trohungen  einmal 
nötig  gemejen  fein  möd)ten  uu  $eit,  als  einige  mit  großen  Opfern 
aus  (inglaub  uub  ^raufreidj  gebrachte  Arbeiter  mit  ihren  Vehr- 
jungen,  wenn  fotdje  was  oerftanben  ober  gelernt  gehabt,  unter 
.frinterlaffuug  von  3dmlben  auf  uub  baoon  gegangen  feien;  bies 
fei  aber  bei  ben  jetzigen  öijouteriefabrifen,  wo  ber  größte  Teil 
^nlänber  feien,  nidjt  mehr  51t  befürd)ten.  Jvreitic^  Wime  fid) 
unter  fo  oielen  Arbeitern  jener  Sali  ereignen,  wie  in  allen  anbeut 
3tänbeu  auch;  „nur  hoffen  wir",  jd)loffeu  fie,  „baß  bunberte 
nid)t  wegen  eines  (Sinnigen  burd)  NJlubrobung  einer  entehrenbeu 
3trafe  oor  bem  ^ublico  herabgewürbigt  werben  uub  tag  gute 


Digitized  jpy  Google 


©ntficbiuifl  unb  (Snttpicf (mifl  ber  ^tjoutetiefabrifation.  22H 

(fcinuerucbmen  ^milchen  bürgern  unb  Jyobrifanten  nicl)t  geftört 
werben  mödite."  3»  Karlsruhe  oerftaub  man  bies  iUorgeben 
bor  i{forjbeimcr  Arbeiter  anfangs  als  eine  ,,^eifd)U)övunc\  gegen 
nwl)lbegrünbete  WefetK";  aber  ihren  ^merf  hatten  fie  boeb  erreicht. 
Tie  Antwort  lautete:  „Tiejenigen,  weldje  feiner  nid)t  arbeiten 
nnb  fid)  baniit  jenen  fd)led)ten  Kenten,  auf  welche  bas  ©efclj 
gegeben  fei,  jugeiellen  wollten,  werbe  man  jwav  ihrem  (£igen= 
finn  überlaffen,  aber  and)  als  foldje  ^erfonen,  bie  aller  Wd)tung 
nnb  olles  ^utraueiis  uuwürbig  feien,  in  beu  Öffeutlidjeu  blättern 
namhaft  madjen  laffen."  Tiefe  3lnbrof)uug  liefe  bic  Arbeiter 
falt :  fie  fanbten  nochmals  eine  befdjeibene  "-Horftellung  nacl)  Karls= 
ruhe,  hielten  aber  im  übrigen  ben  3trife  aufrecht.  (Sine  genauere 
Unterfudjuug  ber  3ad)e  veranlagte  nunmehr  bas  ^lintfterium 
yt  ber  Reifung  au  ben  rberamtmaun,  mau  möge  bie  Arbeiter 
burd)  yveefbien liehen  ^ufvrud)  befänftigen,  inbem  fonft,  jo  ungern 
es  and)  gejdjebe,  uidjts  anbete?  übrig  bleiben  würbe,  als  bic 
^erorbnung  jurücfyunebmen.  Tiefer  $Heg  mußte  aud)  mirflid) 
eiugefd)lagen  werben,  ohne  baß  bas  Mnfebeu  ber  Regierung  burd) 
bas  (Siugeftcbeu  eines  Jevers  uotgelitten  hätte. 

Tie  ältefteu  ^abrifatiousartifel  waren  SJracelets,  Anhänger 
unb  bie  im  nötigen  ^abrbunbert  fo  beliebten  Tofeu.  Wie  uod) 
erhaltenen  3tütfe  geigen  große  3orgfalt  unb  3auberfeit  ber 
Arbeiten,  bie  eigentlid)  nur  ausnabmsweife,  auf  "-Öeftellung,  gemadjt 
würben,  ftür  ben  großen  ?(bfo^  würben  nur  Heinere  Slrtifel 
gefertigt  in  ber  elften  ;Jeit  ber  Glitte,  Ubv*  unb  ,£>alsfetten, 
'Hinge,  Cbrringe,  3d)uallen,  ^retenfions,  auch  Verlognes  unb 
SWebaiüons.  3(n  öbelmetall  würbe  faft  ausfd)ließlid)  Tufatcugolb 
oerwenbet,  feilen  i'iugots.  ^m  3abre  1802  fallen  jäl)rlid)  für 
VOODOO  (91b.  $olb  verfdjafft  warben  fein. 

Ter  C^olbhanbel  lag  Damals  ausfdjließlid)  in  beu  .fräuben 
ber  gilben,  bie  Dabei  uid)t  immer  fehr  reell  bem  ^abrtt'auten 
gegenüber  oerfuhren,  inbem  fie  feine  gelegeutlidje  ^ebränguis 
benutzen,  um  ihn  mucfyerifd)  auszubeuten.  3luf  Krebit  gegebenes 
(9olb  würbe  faft  immer  um  einige  .Viarat  $u  hod)  augered)uet. 
v-l£ar  ber  Jvabrifant  einmal  fo  heruntergefommeu,  baß  er  froh 
fein  mußte,  überhaupt  noch  s-Horfd)uß  31t  erhalten,  bann  lag  er 
gauj  in  ben  .Oäuben  bes  Krebitors,  ber  ihm  bie  Jvnrou  fo  gering 
anrechnete,  baß  er  jule^t  eigentlid)  nur  noch  oou  3d)ulbcn  lebte. 
($r  oerfaufte  <ui  3d)leuberui:eifcu  unb  )d)abete  aufs  emoftnblichfte 
ber  ganzen  vvnbuftric,  bereu  $efal)r,  ganj  oom  (Srojfiftcu 
abhangig  511  werben,  immer  mehr  mud)s.  ^m  ^ahre  1 7s  4 
petionierteu  bie  Jyabritanten,  man  möge  ben  Rubelt  allen  4>anbel 
mit  ^ijouteriemareu  unb  ben  Owlboerfauf  oerbieten.  Ter  (Srfolg 
war  ber,  baß  man  uad)  franjöftfchem  dufter  oou  3taatsm:gcu 
ben  Kontrolleur  jelbft  mit  bem  ©olbljanbel  beauftragen  wollte, 


Digitized  by  Google 


230     (Sntftebuna  uub  (gntroidluna  bcr  SBijouteriefabrifation. 


worauf  bie  Jabrifauten  r>ev5tct)teten.  $n  ber  erften  v~ßeriobe  be§ 
^Betriebs;  maren  biefe  klagen  am  ^äufigften.  Die  große  Ärifts 
oon  1789  mirfte  gleich  einem  fäubernben  3turmroinb,  ber  alles 
OTovfcfje  uub  lebensunfähige  uieberreißt,  bem  gefunben  Saume 
aber  beu  33  oben  locfert  $u  neuem  frifebem  2Öad)3tum ;  fte  räumte 
grünblid)  auf  mit  allen  faulen  Gmftenaen  unb  gab  ben  fieberen 
neue  SebenSfraft.  2öir  fiuben  e§  ^iernaa^  begreiflich,  roarum  ftd) 
bie  Orttereffenten  10  3abre  fpäter  fo  energifd)  mehrten  gegen 
bie  gutaffung  bc$  ^ubeutums  ^um  (Üemerbe. 

9tod)  wichtiger  aber  als  bie  ÄonjefftonSfrage  mar  bie  beS 
^eingeholtes.  Solange  nod)  bie  l)errfd)aftüd)e  ftabrif  beftanb, 
mar  ihr  geftattet,  einen  Seingebalt  oon  18  itarat  einzuhalten, 
mäbreub  bie  wenigen  übrigen  L@olbfabrifen  beS  £anbeS  20  $arat 
auroenben  mußten.  5XIe  s3lbor  SJefijjer  unb  bie  S^abinettmeifter 
felbftänbig  mürben,  gab  er  bie  (Srflärung,  baS  bie  ftaatlidje 
Kontrolle  unentbehrlich  fei,  weit  hierauf  ber  ganje  ftrebit  ber 
gufunft  beruhe  uub  fie  geroiffermaßen  baS  ©egengerotd)t  ju  ber 
jugeftanbenen  Freiheit  bilbe.  (Sie  fei  baS  fidjerfte  s-BorbeugungS- 
mittel,  baß  ber  Arbeiter  fein  minbcrmertigeS  ©olb  oerbraudje 
uub  fid)  baburd)  s£ermögenSoorteile  oerfdjaffe,  maS  ben  guten 
SRuf  ber  sl*for$beimer  ^nbuftrie  untergraben  muffe.  Die  Hontrolle 
mürbe  gleid)  ber  (Genfer  eingerichtet  unb  einem  erfahreneu, 
tüchtigen  Pfanne,  i*ierorbt,  übertragen.  *8ei  allem  (Entgegen* 
Fommen  mußte  er  bie  gefetjliihen  Seftimmungen  ftreng  ein^u* 
halten,  morauS  ihm  unbilligermeife  oiel  geinbfeiaft  ermudjS.  (SS 
ftellte  fid)  heraus,  baß  man  mit  einem  einheitlichen  Juß  biet 
nidjt  auSfomnte,  ba  man  fid)  ben  3luforberuttgen  beS  Käufer* 
anpaffen  mußte,  9fad)  SlborS  <yabrif,  obfd)on  immer  nod)  eine 
N}lrt  Filiale  oon  ©enf,  mußte  fiel)  bei  £erftellung  oon  ^erloqueS 
unb  WebaillonS  ju  14  .Cfarat  bequemen.  sJlod)  mehr  brängte  ftd) 
biefe  Olotmenbigfeit  beu  flehten  $efd)äften  auf,  bie  ben  beutfehen 
•  -\Uavft  bebienten,  mit  beffeti  befdjeibeuen  Mitteln  $u  red)tten  mar. 
"3(uch  V>anau,  baS  immer  im  Wufe  ber  gefd)äftlid)en  Solibität, 
ftanb,  hatte  fid)  bie  Meuberung  steigen  gemadjt  5ton  1778  an 
mürbe  für  Hin fetten  unb  "^erloqucS,  oon  1780  an  aud)  für  bie 
übrigen  iHrtifel  neben  beut  isfarätigcn  Jyuß  oud)  ber  Ufarätige 
geftattet. 

Die  großen  (heigniffe  in  Jyraufreid)  am  (Snbe  beS  oovigen 
3abrbuubert*  tonnten  auf  bie  ^for^heimer  SBeltinbuftrie  nid)t 
ohne  (Sinmirfung  bleiben.  <£*  ift  eine  merfmürbige  (Srfd)einung, 
baß  ba$  franjöftfcfje  ^ijouteriegemerbe  eine  Wütcperiobe  r«er* 
zeichnen  Durfte,  mäbrenb  alle  fittlict)eu  unb  polttifdjen  vBanbe  beS 
Staates  uuaufhaltfam  ihrer  s3luflüfung  entgegen  gingen.  Der 
l'uru*  ftanb  auf  ber  v>öhe  feiner  (Entfaltung.  "Jlber  bie  einft 
io  ftreuge  Kontrolle  begann  fid)  $u  locfern;  man  mar  empfänglich 


(Smitebuitfl  unb  (Sntroictluiin  ber  SMjontericrabrifation.  231 

geworben  für  ba*  ..<touceuru,  mit  beffen  llnterftüt}uug  aud)  eine 
minbermertige  Sare  ben  Stempel  „IH"  erhalten  fonnte.  ^n 
tolcbem  Jolle  mar  aber  bie  ebvlid)e  babtfcbe  9JJarfe  14  ein 
.pinberni*. 

Tie  Jabrifanten  miefen  aus  ibren  Journalen  nach,  baft 
nur  Skftellungen  auf  ungeftempelte  Saren  bei  ifjuen  einliefen 
unb  ba§  alfo  ba*  ftontrollgcfeti  ein  .ftinberni*  für  fie  fei,  auf 
ei)rtid)e  5lrt  einen  fluten  3kvbienft  511  ermatten.  9Jtan  möge  e3 
bod)  mit  iiineu  unb  ibren  Arbeitern  tjalten,  mie  in  öenf  bem 
uielberounberten,  fie  oereibigen  unb  ifynen  bann  bie  Kontrolle 
erlaffen.  9lber  bie  babifd)e  iHegierung  mar  311  gemiffenfwft, 
aud)  nur  inbireft  einen  betrug  511  begünftigen,  unb  aud)  ben 
^ergleid)  mit  (Senf  erfannte  man  in  feiner  ©d)mäd)e,  „benn  bort 
banbte  e$  fid)  um  eine  beinahe  faftenmäßig  abgefdjloffene 
Aabrifantenfdjaft,  fein  Jyrember  roerbe  angenommen;  alle  biefe 
Bürger  baben  in  feftgeregetter  Seife  ibr  ÜUtetier  erlernt  ;  fie  ftnb 
"DJtitregenten  ibre*  otaatsroefen*,  unb  ber  Gib  J^at  in  biefer 
fatuiniftifcben  Temofratie  eine  gau$  befonbere  religiö>politifd)e 
^Bebeutung.  Me  ftnb  barauf  bebadjt,  ber  Jamilie  ibr  bürgere 
lid)e§  2lnfebeu,  ftinbern  unb  Kinbesfinbern  ibren  Krebit  gu 
erbalten.  Unb  bod)  fei  aud)  bort  fd)liefjlid)  bie  s4Mfttation  einge^ 
füfjvt,  unb  e*  ftebe  eine  fdjmere  Seibes^  unb  £eben§ftrafe  barauf, 
menu  jemanb  übermiefeu  merbe,  baj}  er  fid)  im  ©olbe  uerfebeu 
habe."  Tie  Sanberfolonie  ^fov^eim  f)atte  mit  ber  foliben 
Wenfer  Öemeinbeorganifatiou  nidjt*  gemein. 

Tie  Jvabrifanten  ertjielteu  aber  ba*  Wed)t,  aud)  uod)  ju 
U»  Karat  arbeiten  )U  (äffen.  äton  jetjt  ab  beftellten  bie  franjöftfd)en 
.pänbler  maffenmeife  boublicrte  3Bare,  beren  Tedjnif  (Schlagen 
unb  3Iufureffen  eine*  (Solbblättdjeuf)  in  ^for^beim  oollfommen 
ausgebilbet  mar.  Ter  Bennert,  meld)er  fid)  nur  auf  bie  Tetfe 
bejog,  mujjte  ibnen  bienen,  bie  5öare  für  ed)t  auszugeben.  s3lber 
bie  Regierung  uerlangte  (17S4)  auf  bie  ^orftelluug  be* 
Kontrolleur?  feerorbt  'bie  $e$eid)nung  burd)  ein  I),  "meldje 
s3Inorbnung  inbeffen  nie  $u  mirflid)er  ?lu*fübrung  tarn,  ^ierorbt 
ftarb  178(i  unb  ba  bie  Sitme,  bie  bamal*  üblid)e  %xt  ber 
Iknfionierung,  bie  .peirat  mit  bem  Wadjfolger,  au*fd)lug,  fo 
überlief  man  ibr  ba*  3(mt  be*  Cannes.  Sie  uerftanb  ibre 
Sacbe  gut,  mar  burdjau*  ebrlid),  aber  fie  mar  eine  menig 
mutige  Jrau,  bei  ben  tfflbrifanten  ohne  alle  Autorität.  Tie 
Klagen  ber  letzteren  uerftummteu,  aber  mobl  nur  beebalb,  weil 
bie  obligatorifd)e  Kontrolle  511  einer  fafultatioen  gemovben  mar. 

5}on  bem  'Kaujrf)e  ber  Revolution  erbolte  fid)  bie  Seit 
uerl)altni*mäßig  mieber  febr  rafd) ;  es  folgte  eine  '-l>erjd)menbung* 
fudjt,  mie  fie  juuor  oielleid)t  nie  ba  mar.    Tic  £aiv  bei 
jeune^e  doree  uerfdjafften  ber  ®olbinbuftrie  tl)atfäd)lid)  golbfne 


Digitized  by  Google 


232     ©ntftehunfl  uub  (Sntwidlunfl  ber  s8ijoutertcfabrifation. 


Dage.  Stbet  [o  bohl  wie  bie  s3Jlenfdien,  waren  aud)  ihre  SBaten. 
Billig,  wenn  aud)  jcl)led)t,  roor  bas  SWerfroort  fcjjon  in  jener 
v*}eit.  Der  Sabritant  ucrftaub  fid)  fd)ueU  bem  3"ta,eift  nnju* 
paffen,  cdjon  im  ^ahre  1 7i)5  backte  uiemaub  »negt  an  bie 
ungebrochen  ftontrollbeftimmungeu.  5)lan  wollte  fie  von  neuem 
regeln  uub  «erlangte  bas  ©utadjten  uon  Amtleuten,  bie  hierin 
weiii^  fompetent  waren.  (Sinei-  oermies  auf  Berorbnungeu  aus 
ben  Reiten  ber  .Uatfev  Jyerbiuanb  I.  uub  SHarnnilian  II.  feiig; 
ein  anbetet  aber  meinte  ganj  richtig,  baß  Saben  unter  ben 
gegebenen  Umftänbeu  ebenfomobl  ben  Sed)felfur3  jmifd)eu 
Jyranffurt  uub  2tmfterbam,  als  bie  2)<obe  in  ben  Bijouterien 
beftimmen  tonnte,  Die  $tage  blieb  uuerlebigt.  s2lud)  eine 
befd)ränfeube  Beftimmung  über  bas  Schlaglot  mar  oon  altersfjer 
gerieben  warben,  ohne  baft  ftct)  jemanb  um  biefelbe  flimmerte, 
vsm  3ahre  1805  aber  erfolgte  gegen  ben  Jabrifanten  (Xaffanooa 
eine  rad)füd)tige  Denunziation.  Die  Regierung  griff  fie  fofort. 
auf,  wollte  ein  (Krempel  aufteilen  unb  beftrafte  ihn  mit  (Gefängnis 
Bei  ben  ©rofjiubuftrieeüen  erregte  ber  <yall  begreifliche  Jyurd)t' 
Sie  netfaßten  eine  ausführliche  Dcuffchrift  über  bie  ffraae,  worin 
[ie  u.  a.  erörterten,  warum  boublierte  unb  geftampfte  SBare 
nicht  mehr  jn  oerbieteu  fei.  „(£s  fommt  bei  foldjeu  Slrtifelu 
gegenwärtig  faft  allein  auf  ben  wohlfeilen  sJ3reis  an,  wenn  mau 
fie  oerfaufen  will.  Das  ^ublifum  ift  nun  bevjeit  einmal  fo 
befchaffen,  bafj  es  felbft  gefüllte  Glinge  etwas  über  ihren  ^reis 
lauft.  Dergleichen  Abnehmer,  bie  nur  aufs  SHaffioe,  Reelle 
febeu,  finb  fo  wenige,  baft  mau  foldje  mit  beut  zehnten  Deil  ber 
hier  beftnblidjeu  Arbeiter  befriebigen  föunte.  Den  Beweis  liefern 
unfere  orbiuären  fedjs*  ober  gar  oicrfarätigen  SBaten,  weldje  faft 
feineu  inncrlidjen  Sßett  haben  unb  bennod)  in  größerer  3Reuae 
oerfauft  werben  als  unfere  14farätigen  2Baven,  unb  max  an 
Herjonen,  weldje  ihr  Staub  unb  Vermögen  beredjtigt,  alte 
8d)mucffachen  maffio  unb  ed)t  zu  tragen.  Soldje  Sachen 
werben  aber  nidjt  als  Bijouterie,  fonbern  als  blofe  ©alanterie 
betradjtet.  SJian  wiü  bie  sJJ?obe  mitmachen,  uub  ba  biefe  fid) 
leiber  alle  Bierteljahr  änbert,  fo  fauft  jeber  lieber  bas  Sohlfeile, 
um  bei  ber  Jyorberung  nicht  fooiel  ju  oerlieren  ober  oielmehr 
mit  geringem  ftoftenaufmaub  mit  ber  sJ)(obc  Schritt  511  halten." 

©ewig  oerfuhreu  bie  s]3forzheimer  Jyabrifanten  babei  burchaus 
reell.    Sie  bezeichneten  in  ihren  Wedwungen  genau  ben  ©olb 
geholt  unb  bas  (^emid)t  unb  regulierten  ihre  greife  nur  nad) 
(^olbgcmid)t  uub  Arbeitslohn. 

Unter  folcheu  Umftänbeu  ntufite  aud)  bem  Mäufer  bas 
.Uontrollzeid)eu  Siebenfache  fein  unb  bie  .Hontrolle  felbft  hatte 
ihre  einftige  Bebeutuug  oerloren.  Die  folgenbeu  weiteren  3ä$e 
ber  Denffdjrift  finb  beshalb  intereffant,  weil  fie  bie  ©ruub 


Sutftebuna  unb  (ämtroidlung  ber  >8iioutcriefabritatiou.  233 

prtnypten  enthalten  fflv  bie  gauje  fpätere  (üniroitflung  bei-  ^foi^ 
beimer  ftnbuffeie: 

„(Es  ift  jur  (Empfehlung  eines  3tücfes  SBare  nicht 
hinlänglich,  bafi  bas  Rontroll$eid)en  ben  ©ehalt  bes  (Kolbes 
garantiert;  es  fontmt  fehr  barauf  an,  wie  oetferttgl  toorben  ift 
nnb  ob  biefes  auf  bie  möglichft  wohlfeile  Slrt  gefchebeu  bamit 
man  bnrd)  möglid)ft  niebrigen  N}keis  ben  gefdjminbeu  SBcrtauf 
nnb  ftärferen  9(bfatj  erzielen  fann.  tiefes  „s.ÖMc?"  ift  aber  eben 
basjentge,  worinneu  bie  Shmfl  nnb  bie  C^efd)icflid)feit  eine-? 
Jabrifinhabers  befteht;  auf  biefem  „Söie?"  beruht  bas  Sohl 
nnb  bei*  gute  Sortgang  ber  gabrifen ;  biefes  mufc  bei  ber  unauf- 
hörlichen 33eränbevung,  weldjer  unfere  ffiaren  unterioorfen  finb, 
ebenfalls  beftänbig  oeränbert  inerben  ;  mer  biefes  511  .£>aus  nnb 
in  feiner  gabrif  wohl  oerftebt  uub  beforgt#  ber  allein  fann  (ich 
oon  feinen  Bemühungen,  im  9(u$lanb  s>lbfat*.  für  feine  gabritate 
ju  fuetjen,  einen  guten  (Erfolg  oerforedjen,  unb  meuu  biejer 
.£)auptfad)e  im  (Etabliffement  burd)  Sterovbnungen  geffeln  angelegt 
merben,  fo  ift  bann  alle  unfere  Wühe,  hier  unb  im  Sluslanbe 
oergebene.  (Ein  beftimmteS  ©efetj  barübet  läßt  fich  in  ber  gegen* 
loärtigen  ßeit  bei  biefer  (Gattung  oon  Staren  nid)t  beuten,  ba 
mir  jelbft  heute  nid)t  miffen,  was  bie  emig  oeränberlid)e  Sftobe 
uns  morgen  für  einen  neuen  ^Irtifel  bringt." 

„(Es  ift  mahrlid)  nicht  bie  Kontrolle  allein,  weldje  bie 
bisherigen  Bijouteriefabrit'en  auf  ihren  gegenmärtigen  Jfot 
gebrad/t  hat.  (Es  ift  grö§teuteils  ber  (Eifer  unb  baS  öeftreben 
ber  gabrituuteruehmer,  ihre  gabrifate  immer  mehr  511  oerooll1 
t'ommnen,  immer  mit  bem  (Reifte  ber  ;]eit  gleichen  8d)ritt  511 
halten,  ber  2flobe  unb  bem  herrfchenben  (*»5efd)matf  überall  511 
folgen  unb  fid)  im  .£>anbel  biejenige  breite  unb  iHeblidjfeit 
jum  liefet*,  511  madjeu,  ohne  welche  fein  .franbel  beftehen  fann 
unb  oon  felbft  jugruube  geht." 

$iefe  ©rünbe  fd)ienen  aud)  ber  Regierung  ftid)l)altig  genug. 
Die  Kontrolle  mürbe  oon  red)tsmegeu  eine  fafultatiue,  was  fte 
längft  ;\uoor  fd)on  mar.  £iefe  U>erbtiltniffe  oerblicben,  bis 
abermals  grojje  Seltereigniffe,  bie  (Srridjtung  bes  beutfdjen 
^Heidjes,  eine  neue  Orbmtng  über  ben  geingchalt  herbeiführten, 
mit  welcher  fiel)  bie  ^for^heimer  ^nbuftrie,  meun  aud)  uid)t 
gerabe  befreuubeu,  jo  bod)  halb  genug  $ured)t*tylffnben  oerftanb. 

SBtt  haben  gehört,  meld)  unheilooÜen  (Einfluß  bas  Kontinental 
fpftem  (1806)  auf  bie  faum  mieber  erblühte  ^for^eiiner  Oubuftrie 
ausübte.  3m  ftahre  1810  betrug  bie  ;}abl  ber  gabrifen  nod)  21, 
bie  3flbl  bei*  Satin  beschäftigten  Arbeiter  420,  mit  ben  (tma 
40  £>ilfsgefd)äfteu  900—1000,  alfo  ben  fünften  Seil  ber  gefamten 
(Einmobuerfdjaft.  ;)\im  3<&l)re  fpäter,  1812,  hatte  fid)  bie  3iu$abl 
ber  s3ijouterie^öefd)äfte  fdjon  auf  13  oerminbert.    Widjt  wenig 


Uigitized  by  Google 


234     (SiUftelmitfl  unb  (gntioieflunq  ber  Viiouteuefabrtfatton. 


trug  bie  üiiiäfdjerung  üttosfau*  511  biefent  Webergang  bei,  ba 
mehrere  ber  bebeutenbfteu  SBarenabiiefjmev  babei  ibre  £abe  oer- 
loren.  3>er  jiwcitc  ^arifer  Jriebe,  1815,  bvad)tc  neuerbings 
einigen  3Iuffdnoung ,  fo  baß  man*  im  3af)ve  1H1G  mieber 
21  Jabrifen  säblte  mit  einem  3Barenerlös  oon  600  000  ©ulben 
unb  einer  9lrbeiterbeoölferung  (einfcfyließtid)  ba*  grauen  unb 
Kinber)  oon  öOO    1000  Köpfen. 

3nbeffen  mad)te  fid)  an  Stelle  ber  erhofften  ftetig  fort« 
fcfyreitenbeu  ($ntmicfluug  für  bie  3'0^öc  cme  ftcruiff c  Stagnation 
geltenb,  bie  bis  in  bie  30er  3af)re  anbauerte.  3m  3al)vc  1828 
erjfrierten  tt)atfäct»Ucb  nur  nod)  7  ginnen.  (Svft  uon  1833  au 
begann  bas  ©efc^äft  mieber  einen  lebhafteren  9luffd)roung  ju 
nehmen,  nid)t  foroot)l  in  ber  Vermehrung  ber  gabrifen,  als  in 
ber  Vergrößerung  berfelbeu  unb  bemgemäß  in  ber  ^unafyme  ber 
5Irbeiterjat)l.  Dtefelbe  belief  fid)  in  biefer  Seit  auf  900— J  000, 
ber  2Barenerlö§  auf  eine  Million  (Bulben.  Vi§  1838  mar  bie 
3af)l  ber  JJabrifen  auf  54  geftiegen.  3»  ben  40er  Sauren  trat 
infolge  politifdjev  Spannung  unb  ber  Neuerung  oon  184(3/47 
mieber  ein  ftarfer  sJtücffd)lag  ein,  ber  mit  bem  Slusbrud)  ber 
sJteoolution  fid)  jur  o ollen  KrifiS  geftaltete.  Von  ben  großen 
ginnen  bamaliger  Seit  befteljt  beute  nur  nod)  eine  einzige,  bie 
oon  Vencfifer  &  (£ie.  'Die  übrigen  großen  (Stabliffements  jener 
3cit  maren  bie  oon  Mittler  &  (£ie.  in  ber  oberen  Vorftabt,  jet$t 
Vafjnbofftraße,  @eorg  Subroig  Jttente,  ebenfalls  in  ber  oberen 
Vorftabt,  Mennig  &  feie,  in  ber  Vröt^inger  Vorftabt,  ®fd)toinbt 
&  die.,  ebenbafelbft,  Vohnenberger,  Jint  &  (£ie.  in  ber  Satlttit* 
gaffe,  ©ülid)  im  ^fläfter  (öftlidje  ftarlfriebrid)ftraße),  ©efell  unb 
®engenbad),  ebenfalls  ba,  Gfjriftoph  Werfer  am  Sd)loßberg, 
Kämpf  &  (Sie.  im  ^Pfläfter,  fte  finb  längft  eingegangen.  9)land)e 
biefer  Samilien  finb  au§geftorben,  anbere  jerftreut  in  meiter  5Belt. 

SPer  fdjlechte  (#efd)äftsgang  ber  oergangenen  3af)re  Ijatte 
uerjdjiebene  größere  Rinnen  oeranlaßt,  Vertreter  nad)  Süb-  unb 
sJ?orbamerifa  511  fenben,  beneu  e§  aud)  gelang,  bort  günftige  33er- 
binbungen  anjufnüpfen.  9tameutlid)  glücfte  es  ber  Jyirma  Mittler 
&  (Sie.  in  Worbamerifa,  Üfterifo  unb  Sübamerifa  ()H\o  3«neiro, 
Nßernambuco,  Qafyia)  Abnehmer  511  finben.  $ie  Hamburger 
Jyiliale  btefes  ©efc^äft^^aufe^  bebientc  biefelben  unb  ermöglichte 
weitere  Verbindungen  mit  St.  Sboma,  .frabana,  VuenoS  3lires. 
Manila  unb  flapftabt.  ©ine  Liener  Filiale  betrieb  mit  Erfolg 
bas  Orientgefdjäft  bis  nad)  Werften  hinein.  Slehnlidje  Grfolge 
hatten  anbere  große  ©efödfte*)  Tie  ftriflS  oon  1848/49  liefert 

•)  £er  babifebe  .^anbeloüöent  BumfiUer  berichtete  im  v\abre  1H.*>7,  baf* 
man  bei  einer  Söaitbcnma,  buref)  bie  3trai}en  ilonftantinopcl*  an  taufenb 
Ringern  ben  Taliemaun  ber  luden  Mtnfcn  felje,  ben  oerebrten  iürfidring, 
bei  ben  fteiefjen  glämenbe  (Befdjmeibc ;  .vuircmöbamen,  Tiener  unb  Sflauen 


ßntftelnmg  unb  ©ntroidlimn  bct  öiiouteriefabrifation.  235 


fomit  aufs  NJleue  ben  Beleg,  baß  bev  Starte,  LeiftungSfähige 
Zwar  uorübergehenb  gefchwäd)t;  aber  um  fo  lebensfähiger  unb 
auSfid)tSreid)er  aus  berartigen  ©efd)äftSmifcren  hevoorgebt, 
als  ilju  bie  9tot  jiuingt,  mit  Slufwanb  aller  Gräfte  auf  neue 
Söege  unb  ßiele  hinzuarbeiten,  wäbrenb  finanziell  fdjwadje  unb 
faule  (Sriftenjen  uon  beut  Sturme  einfacf)  weggefegt  werben. 

$iefe  neuen  ®efd)äftSoerbinbungen  mit  überfeeifdjen  Räubern, 
geforbert  burd)  bie  wieber  l)ergeftellte  iHuhe  in  (Europa,  führten 
in  ber  erften  £>älfte  ber  &0er  3a$tt  einen  (9efd)äftSauffd)wung 
ohne  gleichen  rjerbei.  $te  alten  gabrifen  oergrößerten  fid),  neue 
wuetyen  wie  ^ilje  auS  ber  (Erbe,  alles  wollte  Jabrifant  werben.*) 
$ie  Qafyl  ber  Jfabtifen  betrug  ol)ne  bie  ^roeiggefdjäfte  im  3tahre 
1854  bereits  82,  bie  ber  Arbeiter  3000—4000.  $er  SBaren* 
umfatj  hatte  bei  einem  jährlichen  ©olboerbraucf)  uon  etwa 
60  Rentnern  bie  £öhe  oon  8  Millionen  ©ulben  erreicht. 

$)ie  (Erteilung  uon  ßonjefftonen  juv  Betreibung  uon 
Bijouteriegefd)äften,  weldje  früher  bei  allem  (Eutgegenfommen  ber 
Behörben  immerhin  noch  0011  einem  gemiffen  Vermögen  beS 
barum  s}cad)fud)enben  abhängig  gemadjt  würbe,  war  oor  (Erftelluug 
ber  Jabriforbnung  burd)  mangelhafte  Borfchriften  fetjr  erleichtert. 

2)er  Bijoutier,  meldjem  beliebte,  ein  eigenes  ®efd)äft  anju= 
fangen,  hielt  für  genügenb,  bem  Steuererheber  bie  Anzeige  ju 
machen,  unb  bamit  war  bie  3ad)e  erlcbigt,  ber  ftabrtfant  fertig. 
Sin  gleiches  Verfahren  würbe  ^inftrf^tlicf}  ber  ftehretSgefd)äfte 
eingehalten,  bie  bann  nad)  bem  Bericht  beS  ©roßf).  OberamtS 
nichts  anbereS  waren,  als  $>iebshöblen,  wo  ben  Lehrlingen  unb 
Arbeitern  ber  JJabrifen  alle  Gelegenheit  gegeben  war,  ihr  ent* 
wenbeteS  ©olb  unterzubringen,  deshalb  fetyte  baS  ©ericht  unb 
bie  OrtSbef)örbe  alle  £ebel  in  Bewegung,  biefem  Unternehmen 
mirffam  entgegen  ju  treten.  Sine  Jytwrtforbnung  mürbe  auS* 
gearbeitet,  bie  ^onjefftonen  }it  Bijouterie -©efdjäften  mußten 
eingeholt  werben  unb  würben  erft  nach  (Einuernahme  beS  ©e= 
meinberatS  unb  beS  JJabriftomiteeS  erteilt,  ferner  würbe 
behörblidjerfeitS  ber  Antrag  geftellt,  bie  Errichtung  uon  Bijouterie- 
fabrifen auf  bem  Sanbe  moglichft  zu  befchränfen. 

3lm  7.  SRooetttber  1859  erließ  Cberomtmann  3ed)t  eine 
Bekanntmachung  für  bie  ßehretSfabrifen,  wonach  fold)e  nur  nad) 
oorher  erwirfter  obrigfeitlidjer  (Erlaubnis  errichtet  unb  betrieben 

trügen  irgenb  einen  cdjmud  aus  irbelmctall.  Öei  Wriedjcn  unb  Sinnemern 
fefje  man*  überall  bie  14faiätigen  £>crrltd)feiten  ^forjljeims.  Sie  fänben  au 
ben  fa)mudlie6enben  Orientalen  ftets  willige  Mäufer  unb  i()re  jäljrlidjc  @infuf)r 
nad)  Äonftantinopel  betrage  tf— Millionen  ^ranfs. 

*•)  ©ejcidmenb  bafür  ift  ber  au*  jener  ^eit  ftammenbc  3lusiprud)  bes 
bamaligen  dtofemoirt  unb  '-üatfer  $utma$er,  als  er  fein  bisheriges  (^ejebaft 
aufftedte,  um  Jabrifant  ju  roerben:  „'«  Mösle  mu&  in's  Siegele  nei!" 


2M\     Gntftebuna  unb  ©ntroidluna  ber  B;iouteriefabrifatton. 

iDerbcii  burften.*i  SBet  um  eine  foldje  fton^effton  uad)fud)tf, 
hatte  ben  Wadjweis  }u  liefern,  baft  er  bie  ju  btffent  (*>efd)äfte 
nötige  Kenntnis  befttu\  ebeufo  ba*  baju  erforberliche  Bermögeu 
uub  einen  tabellofen  l'eumunb.  Bei  Zweifeln  über  bie  Jväbigfeit 
be*  Bewerbers  fonnte  eine  iU'üfungSablegung  verlangt  werben, 
meiere  bei  ber  näcbftgelegeneu  .Oanbel*innung  ober  oor  einem 
lyabrtffomitee  geidieben  burfte.  ferner  muftte  ber  Inhaber  einer 
ftebret*fabrif  ein  Bud)  führen,  in  meldje*  er  bie  (Sinfäufe  non 
ehret*  nad)  prei*,  $ewid)t  unb  Bezugsquelle  einzutragen  hatte 
Der  s#oli*ei  ftanb  bas  iMecht  *u,  jeberjeit  baoon  (ftnftdjt  p 
nehmen.  Der  ftebretsbejug  burfte  nur  bei  gewerbsberedjtigten 
ftabrifantui  ftattftnben ;  ber  Ant'auf  besfelben  uou  Arbeitern  ober 
Lehrlingen  mar  unterlagt.  SBurbt  ber  (#efd)äftsinhaber  bei  Be^ 
teiligung  an  einer  Unterschlagung  ober  (£ntwenbung,  ober  aber 
bei  Nichteinhaltung  obiger  Borfchriften  betroffen,  fo  brobte  ihm 
ber  Berluft  ber  (#ewerbsbered)tigung.**) 

Unter  ben  in  ben  40er  fahren  errungenen  Abfaljgebteten 
ftnb  3)tittel=  unb  Sübamerifa  bis  beute  sßfor$beim  erhalten 
geblieben;  bagegeu  ift  ^lorbamerifa  infolge  ber  bort  errichteten 
hohen  3d)utjjöUe  verloren  gegangen. 

Solange  Cefterreid)  noch  außerhalb  bes  ;5olluerein*  lag, 
alfo  einen  (Einfuhrzoll  erhob,  unterhielten  bie  pforjbeimer  Jyirmeu 
Dittler  &  (£ie.  unb  (Millich  ^meiggefebäfte  in  Bregen^.  5Jlit  bem 
Anfd)lu&  Cefterreid)*  an  ben  ^olloerein  gingen  biefelbeu  ein.  ^u 
ben  60er  fuhren  gelang  eS  bem  Jyabrifanteu  Auguft  o.  Franca*, 
3yanien  für  ^for^eim  «1*  SÄotft  511  gewinnen,"  wäbrenb  e*  bis 
bahin  faß  ausfdjliejjlid)  tfruufreid)*  Abfatjgebiet  mar.  Der 
unerwartet  rafdje  unb  über  alles  (Srwarteu  grogartige  Umfchmung 
bes  ©efdjäftslebeus  au*  bem  äufierften  Diefftanb  }ur  ^ödrften 
ftraftentfaltuug  madjte  einer  ebenfo  jähen  ftataftropb*  ^lafe. 
Die  .£>anbelsfrife  bes  3uhres  isr>7  tarn  fo  unoorbereitet,  jo 
urplötjlid),  bafi  bie  foliben  älteren  firmen  ihre  Wot  hotten,  fid) 
|U  halte»  unb  bie  neugebaefenen  ^abrifanteu  mit  einem  SWale 
tum  ber  Bilbflädje  ber  Bijouterie  ^nbuftrie  oerfdnuanben.  Die 
oahre  1K58  unb  1  *•">!)  geböten  JU  ben  fd)limmften  in  ber  ©e 
fd)id)te  ^for^heims.  Die  hodigeftiegeueu  Arbeitslöhne  gingen 
naturgemäß  auf  ein  SRinimum  herunter,  unb  bie  Arbeiter  waren 
froh,  wenn  fie  überhaupt  Beschäftigung  fauben.    W\\  Beginn 

*)  Stuf  (Mrunö  be*  Crrlaffc»>  Wr.  "äNittclrtjetnfrcifc*,  2H.  Cttober  1  *.">». 

**(  (Sbriftian  Ced>«le,  OiolbfontroUair,  maditc  am  AK  Stpril  1h:><>  be= 
lomit,  baf?  er  möd)entlicto,  uueimal  <s>olburor>en  anfertige,  unb  jroar  iiitttmod)* 
unb  camstaflo,  «uKerbem  mürben  an  jebem  Xa$  Proben  aemadjt;  bicfflbcn 
ntüftten  aber,  ba  ber  Ofen  hefonber->  aebeiu  werben  mrtffc,  mit  HO  Mreujer 
nt  c  l|  r  als  geroötynlid)  beredmet  merben  unb  tonnten  H  ctuubeu  nad)  ber 
Ueberaabc  abgeholt  roerben. 


Digitized  by  Google 


Gntftefmnfl  unb  (sntroicflunfl  ber  SBiioutenefabrifation.  237 

bei  üOer  3a^ve  Ivaten  allmäblid)  wieber  beffcre  s-8erf)ältniffe  ein. 
$max  brachte  bev  HriegSfommer  1860  eine  oorübergetjenbe  ($e= 
fd)äft*ftille,  worauf  aber  eine  um  fo  erfreulichere  .löebttng  unb 
'Belebung  aller  (>5efd)äfte,  unb  nid)t  sunt  minbeften  ber  Bijouterien 
brauche  eintrat.  Unb  uueberum  utad)te  ftd)  bie  unerwartet  rafdje 
flriegSerflärung  im  3>af)re  1870  bett  s#for$f)eimer  ®efd)äften  gleid) 
einem  2Upbrucf  bemerkbar.*) 

3ür  bie  geifttge  Hebung  unb  gefd)äftid)e  lüdjtigung  be£ 
s}>forjbeimer  Slrbeiterftanbe*  mar  ber  in  ben  OOer  ^a\)vm  ge 
grünbete,  nun  s$lox\t>>  Füller,  sJ$rofeffor  ^rooence,  $ireftor 
jee$,  Jyabrifant  tfofjrecf,  Ulbert  Nittum  unb  SBilfjelm  Stöffler 
geleitete  ^rbeiterbilbungSoerein.  Sine  grojje  9Injat)t  Arbeiter 
empfing  in  biefem  Vereine  eine  ausgezeichnete  <5d)ulung  unb  bie 
Anregung  jur  felbftättbigen  9lu3bilbuttg  ifjreS  ©eifteS  unb 
(£f)arafter§.  Btele  biefer  ehemaligen  Arbeiter,  welche  ben  guten 
($efd)ä'ft§gang  jener  3ett  benütjteu  unb  ftd)  al§  5aorifanten 
etablierten,  tjaben  ee  im  Saufe  ber  3ßhre  flu  Vermögen  unb 
^nfe^en  gebradjt.  3>ie  erften  ^atjre  beS  7.  2)ejennium§  mareu 
eine  Jpöljenperiübe  or)ne  (bleichen.**) 

Slber  if)r  folgte  aud)  bie  ^Heaftion  auf  bem  Jyufee  nad).  $m 
Bpätjafjr  1873  begann  eine  fdjwere  ftrife.  Jvanfreicf)  abforbierte 
fooiel  (9elb,  um  bie  ÜRilliarben  ber  $rieg$fd)ulb  an  $eutfd)laub 
abzuliefern,  baft  ber  ©elbmarft  in  ben  überfeeifdjen  Säubern 
äujjerft  fdjwterig  warb  unb  bie  tfurfe  berartig  ftiegen,  ba&  nid)t 
mef)r  remittiert  werben  tonnte.  SSenn  aber  ber  überfeeifdje 
3Harft  franft,  bann  leiben  bie  ^foi^etmer  Sabrifanten  mit. 

3>er  flotte  ®efd)äftSgang  braute  aud)  jeweils  eine  Neigung 
§u  geftetgerter  Bautfjätigfeit  mit  ftd).  ©leidjwie  bie  guten  50er 
^atjre  bie  @ntftef)ung  ber  3)urlad)er  3trajje  unb  ber  erften 
.päufer  im  3ebau§oiertel  jur  Jvolge  hatten,  fo  entfaltete  ftd)  aud) 

*)  3(m  Itf.  x\uli  IH70  befd)loR  bic  burd)  bic  .ftanbeläfammer  jm'ammen; 
berufene  ,"yabrttautenueriammlung  tu  anbetraft  ber  polttifdjen  i'age  unb  in  ber 
trrnwtung  roidniger,  politifdKr  9ta(f)rirt)tcn,  bic  Weidjrtfte  für  bie  uädjfteu  bvei 
läge  geidjloffen  $u  balten,  bi«  eine  ymite,  auf  ben  19.  3uli  aufyui'djreibenbe 
3?erfammlung  beftimmterc  'iUaftregeln,  namentlid)  in  betreff  ber  Vebrlingc 
gefaxt  tyaben  würbe.  lr£  nuirbe  bann  beidjloffcn,  bnf{  biejenigen  Jyabrifantcn, 
meldje  infolge  beä  Krieget  ib,rc  Gabrilen  für  ben  flugenblicf  gan^  fdjlicyen 
mujjten,  itjreu  £el)rlingcn  bi*  jur  "HUcberaufnabmc  ber  Arbeit  bie  .vuilfte  iöico 
bamaltgeu  "i^odjenlobne«  auSjubejablcn  Ratten,  5 um  Teil  au$  Mitteln  betf  neu 
gegrünbeten  vebrlingöuuterftiibungiuerein^,  lucldjcm  uon  allen  Seiten  reid)e 
beitrage  jugingeu.    Familie  ^eudijer  fanbte  fofort  500  ft. 

••)  &U1  7.  Oioubr.  1H71  nuirbe  ein  ,vabrifantem»erein  gegrünbet,  lüeldjem 
gleid)  17«>  >>erren  beitraten.    Terfelbe  batte  ben  ^tueef,  UiiMitraglicbfeiten  in 
einzelnen  ^randien  ber  ^ubuftrie  }u  beieitigen  unb  namentlid)  bic  bobe  volm 
forberung  ber  Arbeiter  für  fog.  Teilarbeit  übvnuebrcn.    infolge  ber  Volju 
erböbung  gab  c*  im  ^rübiahr  1^72  einen  groften  .^ubrang  von  Xfebrlingcu 
jum  ^ijouteriefadj. 


Digitized  by  Google 


238     (Sntftcbunfl  unb  (£nttüictlunfl  bct  iBijouteriefabrifation. 


anfangs  ber  70cr  Qafjre  eine  rege  $auluft,  bie  bann  in  ben 
ftrifenjafyren  1874/75  nod)  fortgefetjt  würbe.  Da«  follte  bas 
Ungtücf  ooll  madjen.  ;]u  ber  (8e|d)äftsfrife  fam  ber  Laufrad). 
3at)lreidje  (Sriftenjen  mürben  oernidjtet,  unb  ber  ©runbbefif) 
nnirbe  infolge  ber  oielen  ^mangSoerfteigernngen  nahezu  wertlos. 
Die  fdjlimmften  3af)re  biefer  ^eriobe  waren  1876-77.*) 

@rft  gegen  (£nbe  beS  7.  ^afyrjefjnfö  ging  eS  wieber  allmäljlid) 
aufwärts,  fo  baß  man  uon  1880  an  bie  Qtiten  wieber  al» 
normal  bezeichnen  fann.  „Die  große  $rife"  laftete  5war  immer 
nod)  ungeheuer  fdjwer  auf  s$forjbeim,  jum  ©lüefe  aber  folgte 
nun  eine  Dieifye  ruhiger  s2lrbeitSjaf)re,  welche  ohne  Unterbrechung 
bi§  1889  anfielt.  2ton  ba  an  würbe  ber  fübamerifanifd)e  SJiarft, 
^forjheimS  3lbfa^gebiet,  bezüglich  beS  "öebarfS  unb  ber  Gablungen 
für  einige  3«t  fchwierig. 

Unter  bem  Gcinfluffe  einer  langen  griebenSperiobe,  unter  bem 
mächtigen  3d)ut>  beS  sJieid)eS  bat  baS  beutfdje  ©ewerbsleben 
DOttauf  (Gelegenheit  gehabt,  fid)  nad)  allen  Seiten  f)i"  fraftooll 
511  entfalten  unb  511  betätigen.  Der  beutfcfje  $anbel  ^at  ben 
fvan5Öftfct)eu  überholt  unb  fonfurriert  fogar  fetjr  wirffam  mit 
bem  englifd)en.  SBohin  wir  fdjauen,  jeigt  fid)  am  Sd)luffe  beS 
abgelaufenen  3ahrf)unbertS  auf  allen  (Gebieten  beS  wirtfd)aftlid)en 
Gebens  eine  nie  bagewefene  föraftentfaltung.  @S  ift,  all  ob  fid) 
baS  ganje  große  geiftige  Kapital,  weldjeS  baS  oon  ben  praftifdjer 
oeranlagten  Nationen  oerfpottete  ^öolf  ber  Dichter  unb  Denfer 
feit  einem  3a^rbunbert  angesammelt  tjatte,  mit  einem  SJlale  in 
reale  SBerte  umfetjen  wolle.  So  t)at  bie  folibe  (Grunblage  einer 
gebiegeneu  allgemeinen  SJolfSbilbung  jmar  fpät,  bod)  immer  nod) 
gut  redjten  Qeit  ihre  fegenSoolle  3öirhmg  gehabt,  eine  Söirfung, 
bie  unS  jwar  ben  9leib,  aber  aud)  bie  9ld)tung  ber  anberen 
ftulturoölfer  eingetragen  t)at. 

W\t  bem  allgemeinen  ©efd)äftSauffd)wung  hat  bie  sJ$forj= 
heimer  ©belmetalliubuftrie  gleiten  Schritt  gehalten.  3m  legten 
Dejennium  beS  abgelaufenen  OahrhunbertS  bat  biefelbe  einen  fo 
ungewohnten  (Gang  eingefd)(agen,  fo  eigenartige  ßrfcheinuncjen 
jutage  geförbert,  baß  fid)  bie  gegenwärtigen  3nbuftrieoert)ältmffe 
511  benen  oor  50  fahren  ©erhalten,  wie  baS  gabrifwefen  jum 
^anbbetrieb.  Unb  tbatfädjlid)  finb  eS  aud)  bie  mit  allen  dr* 
jeugniffen  einer  neujeitlid^en  Dedjnif  arbeitenben  Einrichtungen, 

*)  Tic  ^ebensnuttelpreifc  roaren  febr  nol)e,  |"o  würbe  3.  im  Spätjafjr 
187«  für  1  i*fb.  Butter  1  v))if.  50  >£fg.  »erlangt,  ^erfdjiebene  Vereine  oer- 
anftalttten  Momcrte,  ber  £angerfratn  unter  Slucrbad)  unb  ^reuneiä  arrangierten 
in  ber  Jurufjalle  eine  brainatifdje  ^orftcüung,  aüc<s  ju  (fünften  ber  Wotlcibeubcn. 
3ogar  Variier  A-abrifauten  fanbten  einen  ^ufefjufi  jum  WorftanböfonbS.  Sud) 
bie  uiefige  Ifyeaterbircftion  ucranftaltete  eine  ÜJorfteUung  jum  heften  ber 
üilfSbcbürftigen. 


Digitized  by  Google 


(Sntftebung  unb  ©ntroictluna  bcr  $ii outetief abrifation.  239 


roelche  bev  $for$t)eimer  3nbuftrte  am  dnbe  be3  19.  3'ftl)tf)unbert$ 
ihren  eben  fo  eigenartigen  wie  tmpofanten  Gtmrafter  aufbrüefeu. 
vIßer  hätte  oor  10  ^aljven  nod)  batan  gebadjt,  baj?  gewaltige 
Tampfmafd)inen,  gabrrten  mit  hohen  3d)loten,  mafdjinelle  <Jm» 
ridjtungen  alter  Art  unb  Dampfhämmer  bei  ber  gabrtfation  ber 
^for^eimer  odjmucfroaren  $ur  Berroeubung  gelangen  fönnten! 
2>ie  Sage  Ijat  ficf>  uoüftänb-ig  ueränbert.  3n  ben  legten  10  3af)ren 
ftnb  gabriren  gebaut  roorben  uon  ganj  erftaunlidjer  (Sröfje. 

Allerbings  ftnb  jene  gabrifen,  in  melden  nod)  echter  ©olb= 
fdjmucf  fjergeftellt  roirb,  nicht  mit  bem  intenftuen  2}ampfmafd)inen* 
betrieb  auSgeftattet,  obfdjon  aud)  fie  fid>  mafchinelle  (Erleichterungen 
junutje  gemadjt  ^aben  burd)  Berroenbung  ber  bequemen  unb 
billigen  eleftrifdjen  $raft.  3n  allen  cpejialsmeigen  ift  bie  GJbel« 
metaüinbuftrie  (o  gut  be|d)äftigt  roie  faum  in  ber  ©lanjperiobe 
Gntbe  ber  60er  unb  Anfang  ber  70er  3flhl*c-  Soroohl  für  ben 
inlänbifchen  roie  für  ben  au§länbifd)en  9Jlarft  Ratten  bie  gabrifanten 
alle  $>änbe  troll  511  tfjutt,  um  ben  "Dlacbfragen  ju  genügen.  Dabei 
roaren  bie  brauchbaren  ArbeitSfräfte  fo  rar,  bafj  man  froh  ">a*, 
aud)  nur  IjalbroegS  oerroenbbare  Arbeiter  erhalten  fönnen. 
ßettenmacherinnen,  sJ$oliffeufen,  ©mailleufeu,  üßergolberinnen  jc. 
roaren  überhaupt  nicht  ju  bekommen.  Da  unb  bort  hat  bic 
Arbeiternot  ju  einer  ^raris  gegriffen,  bie  nidjtS  roeniger  als; 
lonal  genannt  roerben  fann.  gälle,  ba  Arbeiter  unb  Arbeiterinnen 
burch  93erfpred)ung  IjöJjcvcv  Söhne  unb  anberer  Vorteile  au£ 
ihren  ©efd)äften  roeggelocft  rourben,  ftanben  nid)t  uereinjelt  ba; 
ja  fogar  Arbeiter  anberer  93eruf§arten  rourbeu  für  Bijouterie 
($ettenbrand)e)  eingeübt  unb  oerroenbet.  Unter  allen  .ßroeigen 
ber  Bijouterie  ha*  °ie  ftetteubrandje  ben  größten  gortfdjritt  ju 
oerjeichnen,  roeil  bie  Eigenart  biefer  gabrifatiou  eine  ausgebehnte 
Berroenbung  be§  9Jkfd)inenbetrieb3  geftattete.  @o  ftnb  in  ben 
legten  10  fahren  im  Bergleid)  311  ben  früheren  Betrieben  roahre 
9tiefengefd)äfte  entftanben  *  Um  billige  Arbeitskräfte  h^anjiehen 
ju  fönnen,  grünbeten  einzelne  biefer  girmen  außerhalb  ^forsheimg 
in  babifchen  unb  roiirttembergifctjen  Ortfchaften  gilialen,  fo  bie 
girma  ©peibelin  9kgolb,  @ntrid)  in  9Hül)lacfer,  Kollmar  &  3ourban 
in  3)lühlhaufcu  a.  b.  SB. 

3n  ber  nächften  Umgebung  N}3forjheint3  beftehen  feit  langem 
felbftänbige  unb  junt  -£eil  redjt  namhafte  Bijouteriegefdjäfte, 
j.  B.  in  Dill*!£Beif$euftein,  Brötzingen,  Unterreicheubach,  £>ud)enfelb. 

3m  Saufe  ber  legten  3<ihräe()nte  M  M  e>ne  ©epflogen* 
heit  hcrausgebilbet,  bie  gegen  bie  frühere  entfd)ieben  einen  ^adjteil 
bebeutet,  ©äljrenb  einft  lange  3ei*  regelmäßig  bie  Käufer 
nad)  ^Pforjhcint  famen,  gehen  jettf  bie  gabrifanten  felbft  ju 
aeroiffen  Reiten  be3  $abxtz  mit  ihren  OTufterfoffern  auf  bie 
Weife  unb  befudjen  bie  Käufer. 


240     Stitftcbunfl  ii nb  (Sntiricflunfl  bct  ^ijoutcricfabrifattou. 

Stuttgart,  ©mfinb,  A>anau  gilt  aU  fogen.  Kein«  £our ; 
meiftenS  rutrb  aber,  wenn  bie  ®ejd)äfte  bort  erlebigt  fiub,  bic 
Steife  fortgefeit  Bresben,  Berlin,  Hamburg  angefdjloffen  utib 
bie  £etmveife  ben  Mbein  Ijerauf  über  ftölu  angetreten,  ftrüber 
tarnen  bie  italienifdjen  (Sinfäufer  regelmäßig  bierber,  nnb  ba§ 
Auibr  t)inbnrd)  tonnte  ba$  Qefdj&ft  brieflich  abgerotcfelt  werben. 

^peute  fiub  bie  ^for&beimer  Jabrifanten  fo  an  ba3  Reifen 
gemöbnt,  baf3  fie  glauben,  e$  gebe  gar  uid)t  anberS,  ate  baß  fie 
mit  ifjren  SRufterfoffern  and)  bie  Sdjroeij  nnb  Italien  abfudjen. 
8el)r  oiele  betjnen  ibre  (ätefö&ftStetfen  nod)  weiter  an»;  bnrd) 
biefelben,  befonberS  in  Teutfdjlanb,  Inben  fid)  bie  Jyabritanten 
eine  l'aft  auf,  meld)e  einen  großen  Seil  iljrer  ^eit  abforbiert  nnb 
nie!  ®elb  foftet.  ^forjfteim  i ft  ein  3Beltplat)  geworben ;  feine 
SBaren  geben  über  alle  SReere,  in  alle  i'änber.  9Damtt  hängt 
aber  and)  bie  leibige  Xbatfadje  jufammen,  bajj  bie  ^forjtjeimer 
^nbnftrie  ein  ungemein  feine-?  Barometer  geroorben  ift,  ba*  jebe 
politifdje  3d)ir»autung  and)  im  fernften  (Srbenroinfel  empfiubet 
unb  bemerflid)  mad)t  burd)  fd)ir»äd)eren  (#efd)äft$gang  unb  jett- 
meilige  ^al)lung3ftocfungeu  feiten«  ber  Nilbneb,mer.  $a£  jeigte 
namentlid)  ber  fpanifd)'cubanifd)e  unb  ber  fpauifdjnorbaiuerifanifdje 
ftrieg  ©d)on  lauge  oor  ben  eigentlichen  5lftionen  Ijaben  ftd) 
bort  bie  Vorboten  ber  poütifdjen  Sirren  im  .panbel  füljlbar 
gemalt.  $on  ^a\)x  511  Qaljr  fanf  ber  ^»nport.  3"  ®olb*  unb 
3ilbenuareu  maren  bie  Umfät^e  189.*$  nod)  jiemlid)  bebeuteube,  j.  93. 
lieferte  Teutfdjlanb  in  jenem  ^atjrc  für  ca.  331000  9Hf.  ©olb= 
unb  3itberroareu,  im  gafore  L896  jebod)  nur  für  220  000  9JU. 
Unb  nad)  bem  Kriege  bat  bie  ftetig  $unef)inenbe  Hout'urrenj 
OiorbameritaS  ifyreu  (Einfluß  berart  geltenb  gemadjt,  baß  e$ 
fd)iuer  fallen  bürfte,  bie  ."oötje  ber  s3(u»fuf)r  früherer  3abre  mieber 
••.u  erreidjen.  dagegen  l)at  fid)  in  anberen  Räubern  mieber  ber 
Import  beutfdjer  Bijouterie  oermebrt.  3o  auf  ben  8anbwid)-- 
Unfein,  roo  ber  .ipanbef  in  SMjouterieartifeln,  0>5olb=  unb  Silber= 
umren  geringerer  Cualität  nod)  einer  bebeuteuben  Ausbeute  fät)ig 
ift.  silud)  (£t)ile$  Bebarf  an  ioublemaren  mädjft  oon  $u 
^ahr,  unb  bcutfdje  Stgeuten  unb  Wciieube  fiub  überall  in  biefem 
Vanbe  *u  finben. 

Xrotj  ber  jur  Wotweubigfeit  gemorbeneu  $efcl)äft3reifen  ber 
^fottfyeimer  v>nbuftriellen  fommeu  bod)  nod)  fiembe  Häufer  in 
ftattlidjer  3lnjabl  auf  ben  ^latj,  nid)t  fowotjl,  um  bamit  jenen 
ein  (Sntgegenfommeu  }U  ermeifen,  als  oielmebr  aus  bem  ©runbe, 
möglid)(t  billig  einzulaufen,  obrer  ^tntunft  in  ben  ©aftyflfen 
mirb  jeweils  mit  großen  Erwartungen  entgegeugefel)en,  unb  lange 
beuor  ber  frembe  Käufer  außufteben  beliebt,  ift  feine  £l)üre  oou 
oerfaufSluftigen  „tigern"  belagert.  Giner  fudjt  bem  anbern  ben 


(£ntfte!mna  unb  ©ntnricttuna  bet  Stfouteriefabrifation.  241 

SKang  abkaufen,  unb  bic  ^tevju  gemähten  Littel  f ollen  getabe 
nidjt  immer  fcf)r  fein  fein. 

So  t)at  ftd)  burd)  Angebot  unb  'Jtadjfrage  in  ben  Rotels 
non  ^for^eim  im  Saufe  ber  ^eit  geiDiffermaften  eine  %xt  von 
Söijouteriebörfe  I)erau3gcbilbet,  bei  ber  e$  nid)t  minbev  erregt 
unb  lebhaft  hergebt,  wie  bei  einer  ©etreibebörfe,  nur  mit  bem 
Uuterfdjiebe,  baß  boxt  Käufer  unb  SBerf&ufet  gleichermaßen  ftd) 
aufregen,  mäljrenb  auf  ber  ^for^eimer  ©ijouteriebörfe  ber 
5täufer  ju  gefd)äftlid)er  Aufregung  roenig  Urfadje  bat  unb  biefe 
gerne  ben  Jigereru  überlädt,  bic  fid)  gegenfcitig  felbft  bie  greife 
fyerunterbrücfen.  $a$  fatale  biejer  Stt  'öijouteriebövfe  beftanb 
barin,  bajj  junge  gabrifanteu  Duvc^  ^reisbrüefung  ©efd)äfts- 
nerbinbungen  ju  gemiunen  fudjten  unb  baburd)  nid)t  nur  fid),  fonbevn 
aud)  ältere  folibe  ($efd)äfte  empfiublid)  jd)äbigteu.  ;jn>ar  Ijat 
ber  189G  gegrünbete  (Srebitoren^ierein  aud)  nad)  biefer  Widjtung 
einigermaßen  ^Banbet  jum  Seffern  gejdjaffen;  aber  getigert  mirb 
nad)  wie  uor,  roemt  aud)  metjr  in  merfantiler  Jorm.*) 

*)  2Htt  meld)  eminenten  3d)u)ierigfeitcn  ber  }lforjl)eimer  Aabrifant  ju 
fämpfeu  tyat,  ba«  jeigen  bie  uielfadjen  Kotrufe  in  ber  treffe,  (iin  Sluffafc  int 
„^forjfjeimcr  Slnjeigcr"  oom  Slprit  flacht  bitter  über  eine  fdjlintme  (Ge- 

pflogenheit, roelcjje  allmabjid)  im  Wiouterielmnbcl  ein$nreiv,cn  brof)t  unb  leiber 
von  ben  ÜJerfäufern,  bie  unter  alten  llmftänbcn  CGefd)äfte  abfdjlieften  roollcn, 
aeeeptiert  wirb.  „.Hommt  ber  ^ijoiitericfabrifant,  um  bem  >>änbler  SQoren 
anzubieten,  fo  gefd)iet)t  eö  iiidit  feiten,  bafi  biefer  feine  iuirtfd)aftlid)e  lieber- 
legenfjeit  ale  öeftellungägeber  tafu  anSnütd,  bem  (Gctucrbetrcibcnbcn  Sparen 
in  (Gegenredjnnng  aufuibalfeu  ober  bie  Crrteilung  einer  ^cftellung  bauon 
abhängig  |U  madjen,  baf?  biefer  feinen  ikbarf  in  gcroiffett  3lrtifelu  bei  il)tn 
beeft.  l*S  ift  bieä  ein  Irutffpftem,  mic  e*  uadjtciliger  unb  nnfittltdjer  faiun 
gebadjt  werben  fann.  Tan  Arbeiter  gegenüber  ift  fd)on  ber  ^erfud),  il)it 
anberS  alö  mit  barem  (Gelbe  ab,nlol)ncn,  nad)  ber  (Gewerbeorbnuug  bei  Strafe 
bis  |U  8000  Warf,  be^iu.  (>  Monaten  (Gefängnis  Derbotcn.  Dem  (Gewerbe; 
treibenben  gegenüber  aber  eriftiert  biefer  cdjuu  nid)t.  8eit  langem  fd)ou  uer- 
forgen  auswärtige  (Grofftften  ibre  ^for^eimer  Lieferanten  auf  biefe  it'eife  mit 
libelftetnen,  perlen,  ^erfjeugeit,  ^olicrlcbcr,  dürften,  eiegellad,  (GcfdjäftS; 
büdjern ;  ja  fogar  für  it)reu  v^ru>atbcbarf  unb  ben  ber  Familie  forgen  fie, 
inbem  fie  bic  ^abrifanten  mit  Xafdjen-  unb  anberen  Ubren,  >>cmbcn,  ii^ein, 
Zigarren  u.  f.  ro.  in  folgern  Ueberflufi  übcrfdjwemmcn,  baf?  biefe  felbft  wieber 
bamit  Ijnnbelu  müffen,  um  baS  «Jcug  loö  *,u  werben.  v&o  je  noch,  ein  Aabrifant 
einen  Ucbcrfdntfi  an  (Guthaben  über  bie  uon  ihm  in  (Gcgcnrcdjnung  anfgebraugten 
Sparen  twt,  ba  befommt  er  oft  nidjt  etwa  (Gelb,  fonbern  nad)  enblofem  harten 
fdjbne  .H  u  n  b  e  n  wcdjfel  mit  nod)  enbloferem  ^iele !  Iinil)renb  in  anbern  ^randjen 
jebed  mu*  bemüht  ift,  feinen  Lieferanten  bic  Bbreffcn  feiner  Mnnbeu  unuu 
gdnglid)  311  mad)en,  merbeu  mit  einer  unglaublichen  corglofigteit  feiten«  oielcr 
(Groffiften  alle  .Hnnbemoedjfel,  fomit  bie  Wbrcffe  in  ber  ganzen  .Uiinbidmft  ber 
Ccffentlidjfeit  preisgegeben,  nur  nm  bie  Ti*iontienmg*fpc)cu  beim  Sanfter 
fparen  unb  auf  ben  Lieferanten  nod)  ein  paar  Warf  Unfofteu  abuimal^en.  Ter 
(riujclne  oerntag  nur  fdjmer  anjnfdmpfcn  gegen  foldjc  Dtifjüanbc.  sJiur  ber 
enge  ^ufammenfdjluf}  aller  Jyabrifanten  fann  belfcu;  beim  ba«  ^artgcfül)l,  ba<> 
'Änrüdjige  beS  von  ilmen  angcnmnbtcn  IrurffnftcmS  felbft  ju  empfinbett,  fdjeiut 
leiber  bei  mantben  biefer  Mimben  gans  erftorben  ju  fein.  2a«,  nm*  bic  ^forv 
Reimer  o»buftrie  fo  grofj  unb  leiftnngefaljig  gemacht  l)at,  liegt  unb  murmelt  tu 

l« 


Digitized  by  Google 


242     ©ntftefmna  unb  (Sntroictlunö  ber  SBijoutetiefabritation. 


©egen  Gcnbe  bcv  90er  3af)re  geftaltete  ftd)  ber  beutfcfye 
3Jiarft  gegenüber  bem  aufierbeutjdjen ,  europäifdjen  unb  metjr 
nud)  gegenüber  bem  überfeeifcfjen  erljeblid)  aufnaf)msfäf)iger  unb 
fauffräftiger  als  in  ben  Vorjahren  unb  muftte  oielfad)  entfdjäbigen 
für  Ausfälle  auf  ben  übrigen  Gebieten. 

Km  3d)luffe  biefer  allgemeinen,  ber  (Sntmicflung  ber  $fot|< 
Immer  ^nbuftrie  geroibmeten  Sarftettttttg  möge  ein  furjer  lieber* 
blicf  folgen,  roie  ftd)  feit  ben  132  ^afyren,  bie  oon  if)rer 
©rünbung  an  uerfloffen  ftnb,  bie  betriebe  in  ber  ©djinucfroaren- 
tnbufrrie  unb  bie  gagl  ber  barin  befdjäftigten  Arbeiter  oermeljrt 
l)aben. 

31  m  1.  9tpril  17(58,  als  bie  erfte  ftabxit  eröffnet  mürbe, 
betrug  bas  ©efamtyerfonal,  einfchliefjlid)  ber  30  Sßaifenfinber, 
74  ftöpfe. 

1770  befdjäftigten  bie  beiben  Jabrifen,  Uljren- 

unb  Stalilroarenfabrif  100  sßerfoneu 

1771  befdjäftigten  bie  beiben  ftabrifen,  Ubreu* 

unb  Stal)lmarenfabrit  274  „ 

1774  befdjäftiglen  bie  beiben  gabrifen,  Ityretl« 

unb  @tat)lmarenfabrif  370 

1775  beginnt  bie  ©rünbung  fetbftäubiger  fleiner  Kabinette,  uou 

meld)en  1770  bereits  13  unb 

1777  fdjon  21  ©olb-,  3tat)lmaren--  unb  Ul)rengefd)äfte,  einfdjlie&lid) 
ber  £>ilfsgefd)äfte  beftanben. 

^iad)  bem  5luf=  unb  Wieberfdnnanfen  in  ber  unruhigen 
Kriegs jeit  waren  es 
1798  =  26  betriebe  einfdjließlid)  ber  &ilfsgefd)äfte,  im  ^al)re 
1812  =  13  eigentliche  Jabrifen.  v-8on 
1815  an  beginnt  mieber  eine  regelmäßige  ^unabme. 
1810  beidjäftigten  21  betriebe  ungefähr  450  ^erfonen; 

1838        „  54       „  „  1000 

1848        „  ?        „  „  1200 


allererfter  ifintc  am  ^.Uafce  ielbft.    I5ö  liegt  in  ber  bi*  auf^  äufterfte  burd). 
gefUbrtcn  Mrbcitötciluug,  in  bem  ^orljanbeniein  eine*  feit  Generationen  au«> 
gebilbeten  Slrbeiterperfonal*,  es  liegt  aber  infonberljeit  in  ben  tbätigen,  bereit; 
willigen  Weben;  unb  .\?ilf«brand)en  ber  ^for^beimer  (Molbmareninbuftrie.  Taburd), 
bafe  aUe  >>ilfdartifel  in  eigenen  (Mefctjafttbrancben  ald  cpeiialartiiel  gefertigt 
werben,  bafc  in  allen  Wolbfabritaten,  ^utbaten,  cteinen,  Itferfjeugen,  üWafdrinen 
am  tUafce  fclbft  grofce  Vager  gehalten  werben,  ift  bie  Veiftungsfabigieit  ^forj 
beim«  gewaluleiftct.    Sa*  bic^  >yilfogcfcl)äf te  für  bie  ^nbuftrie  bebeuten,  oer 
mögen  am  tieften  auswärtige  (>wlbwarenfabriien  $u  beurteilen,  bie  auf  biefe 
Vorteile  ocrjid)ten  muffen,  coli  bie  ^fonbeimer  ftauptinbuftrie  blüfjenb  bleiben, 
fo  nttlfc  et  aud)  ihre  /"ytirforge  fein,  baß  ihre  vilf^brandien  in  ihrer  Veiftungd; 
fabigfeit  erhalten  bleiben,  unb  bafe  fic  nidjt  burd)  uerwerilidje  liingriffe  unb 
unwürbige  Üoniurrcm  auswärtiger  Jbijouteriegroififten  gefa)äbigt  werben." 


Digitized  by  Google 


<£ntf!ebunß  unb  (Entmicfluna  bet  $ijoutettefabritation.  243 

1859  beschäftigten  153  Seifen  of)ne  $>ilf|gefd).  3600  Sßerfonen; 

1864  „  1G0  „         „         „  5600 

1873  „  425  „         „  „  7000 

1880  „  •     366    4050 

1885  „  440    6200  „ 

1887  „  453    7020  „ 

1891  „  460    9260 

1895  „  463  „         „         „       11000  „ 

3m  3aJ)vc  1899  umfaßte  bie  ^forjljeimer  Onbuftrie 
504  «Betriebe,  in  reellen  14063  SMarbeiter  (300  Arbeitstage 
im  3a$re)  befdjäftigt  waren.  3)iefe  Betriebe  unb  Arbeiter  verteilen 
fict)  auf  bie  einzelnen  3nbuftriejmeige  roie  folgt: 

1.  Srijmuefroaren  au§  ©olb  uub  double  2C. 
(53vofctjeii,  Armbänber,  Anhänger,  ftr€U§e, 

Nabeln,  (£raoon§,  Cf)rriuge,  Änöpfe,  Stiebe  Arbeiter 
emaillierte  Artifel  :c. 

2.  gür  Letten  in  ©olb,  double,  oilber  unb 
Metall 

3.  Singerringe  aller  Art 

4.  Silberfefjmutf  unb  flehte  ©ebraudjSgegen- 
ftänbe  au§  «Silber  (3)ofen,  Jy^t^cuge  :c.) 

6.  (£fmton§,    ©alerien,   perlen,  Äugeln, 
sßampillen  ?c. 

6.  2)oublefabrifen,  Gftamperien  unb  $rä> 
anftalten 

7.  ^reffereien,  SHanbelanftalten 

8.  93ergolbung,  Skrfilberung  :c. 

9.  ©rojse  ©ilber*  unb  ^teufilberroaren  (£afel= 
auffätje,  Sarbinieren,  SEJeftecfe) 

10.  ©efrätj-  unb  ©djeibeanftalten 

11.  (Sbelfteim,  ßalbeoelftein  u.  ©laSfdjleifereicu 

12.  SRetautapfeln.  Qmntuben 

13.  SWetaüfurjnjaren,  gingerljüte,  iBilberftänber 

14.  9fletallgie§ereien  unb  $>ref)ereien 

©egen  1896  fjat  bie  $af)l  ber  betriebe  um  12  abgenommen, 
bie  Arbeiter$at)(  bagegen  um  1712  jugenommen,  eine  golge  ber 
fid)  immer  mel)r  au§befmenben  unb  bie  fleineren  betriebe  uer* 
brängenben  ©rofjinbuftrie. 

$er  Sabrifinfpeftion  unterftefjen  13  277  $erfoiten,  bic  mit 
fel)r  geringen  Ausnahmen  in  ^foqheim  befdiäftigt  finb. 

$er  ©olboerbraud)  mürbe  im  3af)re  1897  auf  17*L  Millionen 
SRatt  angefangen,  ber  üöavenumfatj  auf  etma  40  Millionen.*) 

*)  3>a$  für  ^Öiiontcric  oerroenbete  (Soll»  rüljrt  faft  bi*  ui  *  i,  alfo  tiefen 
10  Millionen,  auö  bcutfdjcn  :Heid)ömtmjen  i)cv.   Jm  >:uinbeUMamnu'rbcrici;t  pro 

16« 


292 

7480 

77 

3325 

42 

1187 

18 

680 

11 

201 

9 

370 

18 

62 

12 

56 

3 

341 

7 

76 

7 

32 

Q 

— 

118 

3 
3 

94 
41 

244     (Sntftebuna  unb  (Sntroicfluna  bcr  SKiouteriefabrifation. 

SBon  befonberen^  Qfrtteteffe  in  ber  (£ntwicfTung§gefd)id)te  bev 
pforjheimer  ^"buftvie  ift  bic  auffallettbe  Jfjatfadjc  bev  Shrcg* 
lebigteit  unb  beS  rafcheu  SBedjfels  bev  Jtrmett,  ferner  bie  ®e* 
obachtung,  wie  vafd)  einzelne  ^anritten  gan$  ausfterben  ober  bod) 
Dom  platte  oeifchwiuben.**)  (£iu  weiteres  bead)tenswertes 
Moment  ift,  baß  im  legten  3a^rjehnt  wohl  eine  ftarfe  95er» 
mehrung  bev  Ülrbeiterjabl  eintrat,  baß  abev  bie  Zunahme  ber 
"Betriebe  nid)t  gleichen  3ct)vitt  bamit  hielt.  (£3  zeigt  bie-?  beutlid) 
bie  Zunahme  ber  Riefenbetriebe  unb  ber  gleichseitige  Rücfgang 
ber  mittelgroßen  (Gefcfjäfte.  Tie  große  '.ßeränberung  gegen  früher 
bcfte^t  uormiegenb  barin,  baß  bie  3'abi'ifation  von  feineren  (Solo- 
waren  jurüefgegangen  tft  unb  immer  fdjmieriger  wirb,  baß 
bagegen  bie  .frerftelluug  DOtt  billigen,  uuäd)teu  unb  boublierten 
ISBaren  eine  ungeheure  ^lusbehmtug  angenommen  hat,  wofür  ber 
(Großbetrieb  mit  all  feinem  moberneu  Raffinement  au*fd)laggebenb 
gewefen  ift.***) 

3n  $olgenbem  foll  über  bas  3$as  uttb  35ie  oer  Bijouterie- 

fabrifiatton  in  ben  einzelnen  (Sntmicflungsftabien  bie  Rebe  fein. 
v^ir  haben  gehört,  baß  bie  junädjft  eingeführte  llhrenfabrifatiou 
einen  fdjledjteu  govlgang  nahm  unb  halb  ganj  einging,  daneben 
würben  aber  Stahlwaren,  negiert  mit  flehten  ®olbteilen,  mit 
uielem  (Srfolg  fabriziert.  s2lußerbem  befaßte  man  fid)  mit  ber 
$erftettuttg  jierlicher  (Gegenftänbe  au3  (Slfenbein  unb  Perlmutter, 
g.  $3.  ait5gefd)uitteuen  3ci)iffd)en  als  Ohrgehänge,  $ofen  :c.  8d)on 
mit  bem  ^cifyxt  1800  hotte  ftd)  biefe  5öJobe  überlebt,  war  ber 
(Gefdjmacf  ein  total  anberer  geworben,  $ie  Käufer  verlangten 
jetzt  golbene  Sdnnuct'wareu,  unb  ber  J^abrifant  lieferte  fte.  Leiber 
wiffett  wir  fo  gut  wie  nid)ts  über  2lrt,  (Genre  unb  Ausführung 
ber  s2öaren  aus  jener  Qtit,  ba  feine  baoon  erhalten  geblieben 
finb.  sBe5Üglid)  ber  §erftel(unaStt>et)e  wiffen  wir  nur,  baß  nod) 
in  ben  breißiger  Cs^hreu  bie  preffungeu  oielfad)  fo  Jfcrgeftettt 

1S9H  ift  bal)cr  mit  gutem  öirunb  bie  trnuägiutg  natjc  gelegt,  ob  cö  mit  ftücffidit 
auf  bic  befonbercn  Serfjaltmffe  unicrcr  >>aupttnbuftrie  nidjt  cmyfeblen'&iuert  ift, 
für  fic  A-eingolb  utm  3Hunwrciä  in  geeigneter  ,vorm  bereit  ut  halten,  um  nid)t 
bem  Itertefp  in  fo  gewaltigen  iHcugen  Wolbmünjcn  jn  cnUicljen  unb  in  Reiten 
von  (^elöfnapptjett  bic  Wcrftcifung  beo  ("Jelbmarfteö  \u  erböben.  Bei  lebhaftem 
Wcfcbdftsgang  unb  befonberer  in  f)ol)em  3tn9fu$  fieb  ausbrüefenber  Monftcllation 
be*  Wclbmarfteö,  roic  bicä  in  ben  legten  onbren  ber  Js<x\l  mar,  tritt  leidit  bie 
Kalamität  ein,  bap  bei  biefem  grofien  ^erbraud)  an  irbclmetall  in  bcr  Bijouterie 
inbuftric  bcr  Bebarf  an  Wölb  jettwetf«  nidjt  ober  nur  mit  grof?cr  SMutje  unb 
|U  unoerlidltni^mafjiit  babcu  greifen  gebetft  werben  tonn. 

**)  3ici)c  aud)  ,\uiiuo  Säerntbotf:  Itad  tarätaiiftifcbc  Jtonjcutratiouöi- 
qciei}  in  ber  ^fonbdmcr  Bijoutcrieinbuftric.        KobUmmmcr,  2tutt(tart. 

***)  Si>a«  frül)er  abfolut  unmb(\lid)  frinen,  bat  fid)  am  Sd)luffc  bc^ 
oal)rl)itnbertv%  erfüllt:  £rci  bcr  (tröfjtcn  Wefdjaftc  tjabeu  fid)  in  vJlftieuuntcr' 
nebmen  innflemanbelt,  unb  menn  nia)t  alle  3lnjcid;cn  trüaen,  toerben  nnbere 
Qrofje  betriebe  benfelbcn  2öeg  gcljcn. 


Siitüclmufl  unb  (Sntroicfluna  ber  Büouteriefabntatton.  245 


würben,  baft  ber  Arbeiter  am  SImboS  fag  unb  mittclft  beS 
£ammerS  unb  .gmnbftampferS  feine  ^reffungen  im  ^innbloct 
beraub  ftampfte.  ^mar  waren  and)  fd)on  £>anbprefftn  unb  galt- 
werfe  ba;  aber  bas  Stampfen  ber  ^reffungen  am  ShnboS  fjatte 
fid)  in  f  leinen  betrieben  bod)  nod)  lange  erhalten.  3n  ben 
40er  3^t)ren  eriftierteu  t>ier  bann  fd)on  brei  (Sftamperien  mit 
eigenen  ©efenfen,  nämlid)  bei  ÜDttnoret,  Francas  unb  $elaf)od)e*), 
bei  £>of)mann  unb  fpäter  aud)  bei  tapfer  unb  |>artmaun. 

$er  beftbejaljlte  Arbeiter  in  ben  Jabrifen  mar  bis  gegen 
1870  tjin  ber  Stafjlgraueur.  3Iber  eS  mürbe  aud)  etwas  oon 
ifjm  »erlangt,  ©r  mufjte  jeidjnen,  mobellieren  uub  entwerfen 
tonnen.  Unter  ben  Bijoutiers  fiel  f)öd)ft  feiten  einem  ein,  bafi 
er  fid)  in  biefen  gäetjern  befonberS  auSbilbete. 

©egen  bie  fünfjiger  3af)re  f)in  war  bie  fourante  geprefjte 
SBare  eiitfe^lid)  plump  geworben,  ©ro&e  Brofdjen,  aus  einem 
Stücf  Bled)  gepreßt,  oerlötet  unb  eingetütet,  ofjne  jeglid)e  33er» 
jierung  buver)  Steine,  ©raoierung  ober  (Smail,  waren  ii  la  moile. 
$war  würben  aud)  bübfdjere  2Saren  angefertigt  in  naturaliftifdjem 
©enre,  Blätter  unb  Blumen  in  oerfd)iebenfarbigem  ©olb  u.  f.  w., 
aber  baS  meifte  war  geprellt.  2lud)  bie  fourante  emaillierte  siöare 
war  weber  5ierlid)  nod)  elegant,  ©rofre  emaillierte  ornamentale 
Blattwerte  auf  jiemlid)  plumpen,  maffig  mirfenben  Unterlagen. 
$on  föunftprobuften  war  feine  ftiebe. 

Qn  ben  00er  mad)te  fid)  eine  Beübung  beS  ©e= 

idjmacfeS  jum  Befferen  bemerfbar.  3)od)  nidjt  nur  in  ben  Streifen 
ber  Bijouteriefäufer,  fonbern  aud)  am  s^lat$e  felbft  war  bie 
Meinung  feftftefjenb,  bag  feine  montierte  2Bare  nur  in  ^ariS 
unb  allenfalls  nod)  in  -ftauau  gemad)t  werben  fönne. 

3Hit  bem  ^atjrc  187 1  würbe  eS  aud)  tjierin  anberS.  £oren* 
Biffinger  war  mol)l  ber  erfte  ^forj^eimer  Jabrifant,  wetdjer  mit 
£>ilfe  feines  tüchtigen  5?abinetmeifterS  Unter@cfer  bie  erften 
montierten  feinen  Söaren  anfertigen  liejj.  (Sin  grojjeS  Berbicnft 
um  bie  funftgemä&e  i)iid)tung  ber  Bijouterie  in  ^for^eim  gebüljrt 
aud)  bem  Jabrifanten  Siebeupfeifer,  ber  als  erfter  feit  ben 
50er  3af)*en  bem  ftunftgewerbe  burd)  sIBort  unb  $fwt  neue  2Bege 
anwies. 

£ie  montierte  Söare  faflte  nad)  unb  nad)  feften  gufj,  unb 
|eitl)er  liefert  ^for^eim  unter  fouranter  uub  mittelfeiner  Arbeit 
aud)  montierte  Sdjmucfgegenjtänbe ,  wetd)e  feineSmeg*  fnuter 
^arifer  SBare  $urücfftef)en.**) 


*)  im  iog.  atavenufiff,  iiuiter  3d)tffabecfer'fd;e  cdjulc.  3ic  fertigten 
bic  erften  Karabiner  }u  .Uettcn-Mousquetons. 

•*)  £ie  in  ber  vVfonl)etmev  ^nbnftrie  [jeindKiibc  Jenben*,,  fortnnibrenb 
Neue*  ju  bieten  unb  ftdj  bem  Heidjmactc  jeber  Nation  onjupafien,  ftet>t  cinjia. 
bo  unb  bietet  bie  ftd;erfte  (3e»<u)r  für  ifjre  ^ulunft. 


24G     ©ntftebuna  unb  ©utroicflunfl  ber  SBijoutcricfabritation. 

WH  bem  9(uffommen  biefer  .jperftellung^roeife  oerlor  bcr 
Stahlgraoeur  bie  führenbe  Stellung,  meld)e  er  ^a^r^nte  lang 
in  ben  sJ$for$f)eimcr  Jobrifcn  innegehabt  hatte.  Sott  entfdjetbenbem 
unb  nachhaltigem  (Sinfluffe  auf  bie  weitere  (Sntmicflung  mar  bie 
1874  gegrünbete  ßunftgemerbefdjule,  itr  ber  fiel)  unter  ber  Seirung 
bc*  uerbienten  2)ijeftor3  Saag  unb  ausgejeidjneter  2ef)rer  in 
hingebenber  Arbeit  ein  Stamm  tüdjtiger  Zeichner  J)cranbÜbete, 
meld)e  bie  9)htfter  für  bie  ®efd)äfte  entmerfen.  JJti  ber  ©olb= 
fcf)miebSabteilung  ber  ©emerbefdjule  merben  bie  Schüler  befannt 
gemadjt  mit  bem  allgemeinen  ted)nifd)en  betriebe  ber  ^nbuftrie. 
$iefe  ftete  Sdjulung  in  Theorie  unb  s]kari3,  fortroährenb  fjerau§= 
geforbert  511  neuer  Arbeit  unb  Wnftrenguncj  burd)  bie  auswärtige 
ft'onfurrenj,  fyat  es  ber  ^forjheimer  ^nbuftrie  ermöglicht,  ihre 
heutige  .fröhe  unb  allfeitige  Slnerfeunung  ju  erreidjen. 

Witt  ber  $ermenbung  uerbefferter  9ftafd)ineu  $ur  ^erftellung 
ber  billigen  SBaren  ift  aud)  eine  erhebliche  Üßermehnmg  ber 
med)anifd)en  ^Bcrfftätten  eingetreten.  früher  mürben  roofyl 
SBaljen,  ^reffen,  ftallmert'e  unb  9lushauer  bei  ben  ^forjheimer 
9)ied)anifern  gemacht ;  ^Prä'jiftonSmafdjinen,  menn  je  foldje  gut 
Slnmenbung  gelangten,  mußten  meift  oon  ausmärte  bejogen 
merben.  .peilte  befinben  fid)  in  ^forjheim  eine  ganje  Slnjahl 
gut  eingerid)teter  med)anifd)er  3Berfftätten,  unb  ber  SHedjanifer 
ift  ber  mid)tigfte  ftaftor  ber  33ijouterieiubuftrie  gemorben. 

©roße  Aufregung  —  mie  bie  Folge  gezeigt  hat,  unnötige  — 
erregte  anfangt  beS  Jahres  1*84  bie  ^eiihSgefetjeSoorlage'  über 
bie  Ginführung  eine*  StaatSftemyelS  für  ©olb^  unb  Silbermaren. 
$ie  gefetjliche  ^eftimmung  über  ben  Feingehalt  hat  nicht  nur 
feinen  Sdjaben  gebradjt,  foubetn  fie  mar  bas  Littel,  ba£  ba 
unb  bort  in§  Saufen  geratene  föenomme  ber  ^forsheimer 
3nbatftrie  mieber  31t  heben  unb  ju  befeftigen. 

3u  großer  93lüte  gelangten  feit  ben  80er  fahren  bie 
$oublefabritation  unb  Öftamperien  oon  ©uftao  9iau  unb 
Sriebrid)  Kammern*.  Diefelben  haben  mafd)inelle  Einrichtungen  uon 
größerem  Umfange  getroffen,  um  für  bie  ^Mjouteriefabrifanten 
fugenlofe,  glatte  unb  gebrehte  s3lohre  (Gharniere),  fomie  fugenlofe 
.Hügeln  unb  töaofelu  ju  fabrizieren,  ©leichjeitig  liefern  fte 
$oublepreffuugeu  in  jeber  Regierung.  Qu  Anfang  ber  90er 
^ahre  faub  aud)  bie  ^abrit'ation  oon  ©lan^boublemaren 
(Mmerifaner  ober  ^arifer  double)  Gnugang  (iHobi  &  ^Bienen» 
beiger).  Sie  loerben  in  foldjer  ^ollfominenheit  bergeftellt,  baß 
bie  ausrtänbifdje  Äonfutrcnj  bariu  uoüftänbig  oerbrängt  ift. 
(Sbeufo  hat  bie  Silberfdjmucfmaren^nbuftrie  in  ben  legten  fahren 
mieber  einen  neuen  Xuftdpming  genommen.  (Sin  neuer  Slrtifel 
finb  bie  Sulamaren,  meldje  in  SabafSbofen,  Stocfgriffen  k.  jum 
iöerfauf  t'ommen.   (Jula  ift  fchmarj  emailierteS  Silber;  e§  fm* 


Digitized  by  Google 


(Sntttefnuiß  imb  (Sntroirflunfl  bct  ^ijoutericfaluifatioii.  247 


ben  tarnen  uon  bec  rufftfdjen  Stabt  £ula,  rvo  biefe  SBaren 
jucrft  gemadjt  würben.)  2)ie  Gmaiü'ematerei  erfreut  fief),  ber 
berrfdjenben  SJlobe  entfpredjenb,  einer  lebhaften  öefdjäftetija'tigfeit. 
Sie  wirb  feit  3  fahren  von  einem  eigenen  Sefjrer  an  ber  ftunft= 
geroerbefdjule  gelehrt,  uub  befajjt  ftd)  ijauptfädjlid)  mit  figürlicher 
Arbeit,  als  $ortraitt  unb  ^anofdjaften.  # 

$ie  Crbensfabrif  von  .^>of juiueticr  Ä.  3**.  Zimmermann 
fertigt  fett  fahren  Crbensjeicfjen  für  iöaben,  Reffen,  9Jlecflenburg 
unb  anbere  beutfdje  Staaten ,  ferner  für  bie  lürfei  unb  für 
^enesuela. 

Qntereffant  ift  bie  £f)atfad)e,  baß  ftd)  in  ben  legten  ^a^ren 
berjenige  3lrtife(  mefjr  unb  mefjr  einbürgert,  mit  welchem  bie 
vßforjf)eimer  3nbuftrie  begonnen  hatte,  nämlid)  bie  Uhrenfabrtfation. 
$ie  cor  einigen  ^at)ren  entftanbene  Uhrengehäufe^abrifatiou 
hatte  ben  ^nfdjein,  einer  größeren  ^ufunft  entgegen  511  gehen 
unb  bie  amertfanifdje  Honfurrenj  uollig  &u  fd)lagen,  neuerbiugs 
ift  Sterin  ein  Stiüftanb  unb  teilroeifer  sJiücfgang  eingetreten.*) 

*)  ii>clrfK'  ^oitfcftrittc  bie  ^nbuftric  in  ben  legten  ^«Ijren  namentlid) 
gemadjt  f)at,  jeigt  ein  ^eridjt  in  Wo.  22  bes  i'etp*.  oournaW  ber  Wolbidjmiebffunü 
1 185*9),  worin  aniafclid)  ber  Aufteilung  jum  25jal)r.  Jubiläum  be*  x.'cipjtger  Munft- 
geioerbe«  bie  ^forjfjeimer  (fbelmetallarbeiten  fel)r  fnmpatljifd)  befprodjen  mürben. 
Von  ber  Ilmtiadje  auägefjcnb,  baft  gerabe  bie  bcntfdien  (^olbfdjmiebc  befonberö 
fpat  erft  ber  fogeu.  mobernen,  beforatioen  Jtunttrid)tung  ftd)  jugeioenbct  unb 
bie  erften  Verfud)c  aud)  wenig  befriebigenb  ausgefallen  tonren,  fonftatiert  ber 
Verfaffer  beö  31rtiffl*,  \>err  C*far  3&efcl,  baft  Ijeute  ber  3d)tnutf  neubeutfdjen 
3tils  fid)  beim  (Molbfdjmieb,  mie  beim  ^ubltfum  (iingang  ocridjnfft  Ijabc;  ber 
neue  <>Jcfd)iuad  bnbe  and)  bem  3d)inurf  loieber  ju  größerer  s-öcbeutung  oer= 
tjolfen.  Tie  l'cip^ger  »luaftcUung  ^forjbeimer  (irjeuetniffe  neuerer  :Hid)tung 
beioeife  burd)  bie  Iljat,  bafc  gerabe  ba«  Material  ber  Wolbfduuiebc  fd)on  burd) 
feine  otrultur  unb  bie  warme  (^cfdjmeibigfeit  feiner  Jarbemoirfung  ungemein 
für  bie  Iebenäioafjre  Wadjbilbung  oon  Vorbilbern  au*  ber  Watur  präbefttniert  fei 
unb  alle  übrigen  Hilfsmittel  ber  Xedmit  ber  (Molbfdumebcfunft  bie  Hot- 
bebingungen  f)ierju  nur  oermeljren.  Tie  etüde  feien  burdnueg  uon  (ünftlcrifdjer 
Veftrebung,  Vertiefung  unb  Öeeinflufiung  gefdjaffene  Munfttoerfc  unb  zeugten 
oon  ber  itod)  oorljanbeuen  fünftlcrifd)cn  ^cfal)igung  beutfdjcr  Wolbfdjmiebe. 
Ter  Verfafjcr  gebt  fobann  bie  ftutßettung  im  einzelnen  burd)  unb  rül)mt  in 
erfter  Vinic  bie  Crntmürfe  ber  ,*yirma  2\.'ill).  Stbfflcr;  von  benen  er  fagt,  baft 
bie  Skofdjcn  im  ntobemen  3til  mit  Vcnoenbung  mehrfarbigen  (^olbeo  tuirflidje 
itnnfttoerfc  uub  namentlid)  eine  fold)e  mit  SJenufcung  einee  ^art  aufgetragenen 
Crmaild.  (^erabem  entuidt  ift  ber  Verfaffer  oon  einer  (Sigarettenbofe  mit 
Irmailucrsicrung.  Tie  reid)l)altige  HoUeftion  ber  A»nna  Vottiö  A-ief?ler  &  iSo. 
von  ikofd)cn  mit  in  C.uatrecoulouro  mit  Silber  üet\icrtcn  ^tlan^enornamenten 
ijn  xVigenbftil,  bie  in  3lltgolb  audgeffl^rten  Hinge  oon  a.  Hialjla,  bie  ^rofdjen 
mit  NJÄotioen  au«  bem  Iier=  unb  ^flanjenreid)  oon  sli».  Aeud)t  i^v  t>i«  <sHirteb 
fd)nallen  oon  Ib,.  ,"yranf,  bie  Winge,  tkoföen  unb  Armringe  oon  SD.  iücber 
unb  bie  4irofd)e  oon  StUlb  &  (io.  toerben  famt  unb  foRbtrfl  rubmenb  genannt. 
Ten  brei  von  cilbereifen  auSgefteüteu  Wegenftanben,  «Hnbanger,  ^rofdje 
unb  tliabcl,  bie  unjeree  tlUffcnS  fd)on  im  Ijiefigcn  Slunftgetoerbcmufeum  vi  fetjen 
gejoefen,  loirb  befonbere«  vob  gefpenbet.  Vom  cdjimid  ^um  Mleingcrätc 
führte  bie  «udfteUung  oon  V.  Muppenljeim,  ber  mit  Würtelfdjnallctt,  Reinen 
Vafen  unb  Tojcn  mit  (jmailmalerei  im  3)tünd)cner  cejeffiouöftil  oorjüglid) 


248     @ntfte&UHß  uub  (Sutroietlung  ber  ©ijouteriefabrtfation. 


Wit  ber  jU6rit$}rit  hielt  man  eS  in  früheren  3«hwn  nidjt 
fo  genau  wie  jefct,  ba  man  meift  Stunbenarbeit  tjat  unb  mit  bem 
Wocfenfdjlag  anfängt  unb  aufhört.  3  m  hinter  mürbe  früher  morgens 
mit  bem  „^ellmerben"  angefangen,  (bie  uralte  piaFtifdje  iKegel 
beberzigenb,  „wenn  man  eines  Kellers  Gepräge  erfennen  fann") 
uub  zählte*  bann  bie  Sageszeit  bis  7  Uhr  abenbs.  3m  Sommer 
mar  llftünbige  Arbeitszeit  uon  morgens  (»  bis  12  Ut)v  unb  oon 
1  bt§  6  Uhr.  drängte  bie  Arbeit,  fo  fing  man  im  Sommer 
morgend  um  5  Uhr  an  unb  arbeitete  bis  abenbs  8  Ut)r.  3m 
hinter  mürbe  Samstag  abenbs  nid)t  bei  £id)t  gearbeitet. 
Sommers  mürbe  oom  ftommiffionär  aud)  ber  ftaffee,  alfo  bas 
Jyrühftücf,  in  bie  Jyabrif  abgeholt.  So  oerblicb  es  mit  ber 
Arbeitszeit  oielc  3af)rsel)iite  Ijijiburd). 

3m  3afyre  IH'M)  mürbe  erftmalS  ber  ^erfud)  gemad)t,  an 
ber  beftebenbcn  Arbeitszeit  zu  rütteln.  @S  mirb  behauptet,  bie 
Arbeiter  hätten  bie  Arbeitszeit  türjen  unb  bie  5flfrrifanten  biefelbe 
gleichzeitig  oerlängeru  mollen.  $a  eS  an  geregelten  gemeinfamen 
s^erhaublungen  fehlte,  fo  tarn  es  am  1.  ifflai  1839  ju  einem 
lumult,  melier  beute  uod)  unter  bem  Namen  o  l  b  f  d)  m  i  e  b  s= 
reuolution"  befanut  ift. 

3ie  Sabrilauteu  hatten  ein  ,,9iegulatio"  bruefen  laffen 
unb  hängten  basfelbe  in  beu  Arbeitsräumen  auf.  Sarin  heifjt 
es  in  ber  Einleitung: 

„Um  bie  iKegelmäßigfeit  in  beu  gabrifehmdjtungen  $u 
befefttgen  unb  bie  0)lcid)förmigt'eit  in  beufelben  herjuftcllen, 
Zugleid)  aber  aud)  oerfdjiebemm  alten,  ber  jctjtgcti  #eit  feines* 
megs  mehr  anpaffeubeu  Wifjbräudjen  ju  beguen,  merben  nad) 
reiflicher  lleberlegung  folgenbe,  auf  gegenfeitige  ^öilligfeit  unb 
iHedjt  gegrünbetc  Skfitmmungen  eingeführt  uub  feftgejeijt: 

§  11.  Sie  Arbeitszeit  ift  unb  bleibtauf  11  Stunben 
au  jebem  3Bcrftag  beftimmt,  mit  Ausnahme  bes  Samstags, 
au  melchem  eine  l)atbe  Stunbe  früher  aufgehört  mirb." 

3u  oier  weiteren  Paragraphen  war  bie  Arbeitszeit  Sommers 
unb  Linters  genau  umfehrieben.  Jür  bie  ^Sintcrtagc,  alfo  für 
bie  Monate  Cf  tober,  Üiouember,  Dezember,  Januar,  Jebruar  unb 
^lärz  galt  bie  s33eftimmuug : 

vertreten  ivar,  iva!)venb  Limmer  \  :Hicttj  mit  einigen  tünftleriid)  ausgeführten 
Sabotieren  angeführt  üub.  ;}um  3rtilufs  gebenft  ber  Slrtifel  mit  lebhafter 
iHuerfenunug  noch  t>er  von  Marl  Teibcle  &  lio.  gelieferten  filbernen  $afcn  unb 
Meldjc  unb"  einiger  Miniatur  3tanbnbreu  mit  'crmnilmalerei  unb  Wolbarbeit^ 
vcrjicning  uon  Mau  «Sc  eteinmener  hier.  Irr  ciblicft  in  ber  SlueftcUung  ben 
^eioei«,  ban  aud)  in  ber  Hleinfunft  be*  Wolbidjinieb*  nunmehr  ba«  rid)tigc 
$erftänbni«  für  bie  am]cbrod)enc  ,Hunftevod)e  uorlmnben  unb  fie  auf  bem 
befteu  ^ege  fei,  bem  gefantteu  Heraerbe  ein  neue*  l'eben  unb  bem  ^ublifum 
ein  bercdjtiijtc*  ^ntercfjc  bafür  etnjutjauajen. 


ßntftebuufl  Isafe  (Sntrotcf ttniö  ber  iBijouteriefabrifation.  249 


„Sßon  7  Ut)v  morgens  bis  7  Uhr  abeubs.  3)es  9(beubs, 
folange  es  nötig  ift,  bei  brennenben  Sampen.  ^es  Borgens 
werben  biefe  niemals  angejüubet,  fonbern  bie  Arbeit  mir  nad) 
Maßgabe  bes  2ageSlid)ts  begonnen,  hingegen  wirb  Samstags 
nur  bis  tjafb  fteben  Utjr  fortgearbeitet."  ^ebenfalls  mar  biefer 
le^te  s£affuS  non  ber  Samstagsarbeit  bis  1  ,7  llt)r  bie  Urfadje 
bes  Streites,  $om  1.  Üttai  ab  legten  bie  Arbeiter  bie  Arbeit 
uieber  nnb  —  (triften.  NJiad)mittags  jogeu  fic  in  Zntppft  nad) 
SBeifjenftein  unb  teerten  abenbs  gefd)loffen  nad)  ber  Stabt  fturücf. 
$or  SBencfifer's  gähnt"  brachten  fic  .£>od)rufe  aus,  roeil  man  bort  alles 
beim  alten  gelaffen  hotte.  $or  anberen  gabrifen  gab  eS  bagegen 
meniger  fdjöne  Sjenen.  3Hittlermeile  mar  ber  immer  größer  merbenbe 
Raufen  beim  5tnbrud)  ber  3)unfelheit  in  ber  Sörötjinger  s43orftabt 
angelangt.  $ie  Unbefonnenljeit  eines  (Sinjelnen  gab  bas  Signal 
ju  ©ematttl)ätigfeiten.  sJtad)bem  ein  ©enbarm  bie  Wenge  wer- 
geblid)  jmn  Sluseinanbergeheu  aufgeforbert  tjatte,  gab  er  mit 
feinem  i)ienftgeroet)r  über  bie  ftöpfe  ber  lumultuanten  fjinmeg 
einen  Sd)recffd)uf3  ab.  $er  töenbarm  mufete  feine  iluoorfidjtigfeit 
fdjroer  büfjen ;  er  mürbe  gepaeft,  burcfygeprügelt  unb  fein  ©eroehr 
zertrümmert.  sJlun  flogen  aud)  fdjmere  sPflafterfteine  gegen  bas 
$ennig'fd)e  £aus.  einer  foll  burdjs  Jyenfter  in  bie  |um  ©lücf 
leere  ßinberroiege  gefdjleubert  morben  fein.*)  3)er  Tumult  jog 
fid)  oon  gabrif  Jyabrif.  Cberamtmanu  Deimling  t)atte  in 
ber  9iad)t  nod)  nad)  Karlsruhe  berid)tet.  31  m  anbern  borgen 
famen  Dragoner  unb  [teilten  bie  ^Huhe  mieber  Ijcr.  33on  ber 
Jafyrt  §urücffel)renbe  5tö(jer,  meld)e  oon  Arbeitern  im  Ocbfen  mit 
Söein  regaliert  mürben,  glaubten  gegen  bie  Dragoner  mit  ifjren 
Stangen  crfolgreid)  auftreten  511  tonnen,  aber  eS  befam  iljuen 
übel.  2ÜS  „SHäbelSführer"  mürben  ber  ©raoeut  s*8ud)ele  unb  ber 
fpätere  gabrifant  Miller,  genannt  „^orar^JJliller'',  bejeidjnet. 

®S  mürben  oiele  "öerhaftungen  oorgenommen  unb  bie 
fremben  Arbeiter  nad)  bamaliger  Sitte  turjmeg  über  bie  Sanbes-- 
grenje  abgefdjoben.  3lud)  ^ftorit}  ÜDiüÜer  mürbe  oon  biefem 
Sd)icffaf  betroffen;  er  begab  fid)  nad)  £anau,  fefyrte  aber  balb 
mieber  nad)  s]3forjf)eim  jurfief. 

(Stlidje  Jage  mürben  bie  3öirtsf)ä'ufer  früher  rote  fonft 
gefdjloffen  unb  mancher  erhielt  (Gelegenheit,  hinter  bieten  dauern 
über  ben  ©eltlauf  nadjsubenfen.  $cn  gabrifanten  mürbe  jmar 
oom  Cberamt  unb  ber  Regierung  ifjr  Vorgehen  mit  bem 
iHegulatio  übel  oermerft ;  allein  eS  blieb  bei  iljren  6ntfd)tiejmugeu, 

*)  Wenn  ipatcr  du  Arbeiter  bei  jtabrifant  ^eimux  ii>orfd>nfs  ucrlangte, 
bann  jeigte  er  tb,m  ftillfduueigcnb  ben  fiftaßerßein,  rocldjen  er  alä  traurige 
Erinnerung  an  bie  (yolbid)mieb$reoolution  oiele  ^aljre  aufberoa^rte. 


igitized  by  Google 


250     ©ntftebuncj  unb  ©ntroicfluiifl  bcr  'iBtiouteriefabritation. 

bis  im  hinter  1860  70  uom  ÜBorftanb  beS  ©emerfoereinS  $er= 
fyanblungen  mit  ber  £>anbelSfammer  gepflogen  mürben  über  bie 
SHegulieruug  bcr  Arbeitszeit,  refp.  jur  Üinfüfyrung  beS  lOftüubigcn 
Arbeitstages.  Die  s.Berf)anblungen  führten  ju  feinem  rechten 
(5ube,  bis  enb(id)  anfangs  3JMrj  1870  oon  gabrifanten  unb 
Arbeitern  (Nittum)  eine  neue  Vereinbarung  getroffen  murbc. 
Die  .jpauptbeftimmungen  befagen,  baß  ber  Arbeitstag  10  Stuuben 
l)abe,  baß  aber  8amStagS  nur  0'  ,  Stuuben  gearbeitet  werben 
füllte,  unb  baß  ber  ßommiffionär  an  falben  Dagen  oon  nur 
4  Stuuben  fein  SBefper  rjolen  bürfe.  £et>tereS  traf  aud)  auf  bie 
SBinteroormittage  31t,  an  melden  erft  um  8  Ufjr  angefangen 
mürbe. 

3m  legten  ^abrjefmt  f)üben  ber  flotte  ©efdjäftSgang  unb 
ber  Arbeitermangel  eS  nötig  gemadjt,  baß  in  beu  meiften  Jabrifen 
mit  Ueberftunbeu  gearbeitet  werben  mußte:  bie  Arbeiter  baben 
bagegen  um  fo  weniger  einsumenben,  als  fie  fid)  finanziell  meift 
redjt  gut  babei  fteüen. 

Die  Art  ber  ^Jefcuditung  war  bis  jum  Qaljre  1854, 
ba  baS  ©aSwerf  errietet  würbe,  eine  fein*  primitioe,  unb  ältere 
Arbeiter  erinnern  fiel)  nur  mit  (brauen  ber  trübe  brennenben,  oft 
randjenben,  weißbledjernen  Cellampen,  weld)c  am  Abenb  auf  bie 
V-I8erfbrettcr  geftellt  würben.  Unb  eS  war  nid)t  einmal  ba3 
fjellbrenueube  (Srböl ;  beun  baoon  mußte  man  bamalS  nod)  nid)tS : 
man  brannte  fettes,  übelriedjenbeS,  raud)enbeS  $HepSöl.  Damit 
würbe  aud)  gelötet.  Auf  ben  s&Wrfbrettern  ftanben  feine  £öt= 
lampen,  mojil  aber  neben  ber  (Sffe  mit  einem  ^iaudjabjmg  nach 
bem  ftamin.  ©aS*  unb  eleftrifdjeS  2id)t  finb  für  bie  gabrifen 
gegenüber  bem  früheren  Cellicfjt  unb  ber  Dellöterei  eine  große 
feoljlt^at  geworben. 

Die  neuefte  £ötmeife,  patentiert  oon  Sorenj  Ofl.  u.  0-  ^«"Ö 
Vertreter)  geftattet  beu  med)anifd)en  Suftjutritt  in  jeber  Ställe, 
fo  baß  ber  Arbeiter  obne  alle  ©efatjr  für  bie  ®efunbt)cit  biefeS 
@cfd)äft  beforgen  fann. 

lieber  bie  ^öönc  in  ben  20er  3'<*()ren  beS  abgelaufenen 
3af)rf)uubertS  läßt  fid)  nidjtS  SidjereS  ermitteln.  Die  2enr$eit 
war  in  ben  30er  ^afyren  fed)Sjät)rige,  ber  £el)rlingSlobu 
betrug  im  1.  ^atjre  1  ©ulben  <>  ftreujer  unb  würbe  alljäbrlid) 
an  Cftern  um  ftreujer  aufgebeffert,  fo  baß  ber  junge  3Rauu 
im  6.  Otofyre  l  (Bulben  3G  ftreu&er  oerbiente.  Arbeiter  oerbienten 
7,  8  unb  aud)  9  ©ulben  in  ber  3öod)e,  eine  ^oliffeuje  4,  4'  , 
unb  wenn  fie  befonberS  tüdjtig  war,  5  (Bulben.  A)n  ben  oierjiger 
^aftren  erlitten  bieje  Söfjne  infolge  ber  allgemeinen  ©efdjäfts* 
ftoefung  jeitweife  fogar  nod)  eine  $erabminberung  Die  furje 
©lanzperiobe  bcr  fünfjiger  ^a^re  ergab  eine  namhafte  £of)n* 


Digitized  by  Googl 


©ntftebunn  uub  (Sntmicfluita  bet  iBiiouteriefabrifatiou.  251 

fteigerung,  fo  baß  mancher  ©olbfcbmieb  12  uub  13  (Bulben,  ein 
tüd)tigcr  ©olbgraoeur  14,  15  unb  IG  Bulben  Hl  bei"  s4Sod)e  oer- 
biente.  JJn  bcr  Xoubtebrandje  ift  oielfad)  anfteüe  bes  ©tunben* 
lof)ne§  bic  Mfforbarbeit  getreten. 

$ie  Sebrjeit  bauerte  nur  nod)  5  3af>re  (neuerbings  ift  biefelbe 
auf  4  3af>re  feftgefefct).  dagegen  oerblieb  bev  2InfangMof)n  ber  2e$t- 
linge  auf  1  ©ulben  <>  Streuer,  wäbrenb  bie  Qulagen  in  ben  legten 
Sehr  jähren  oon  6  auf  12  ftreujer  erhöbt  würben,  woburd)  fid)  ber 
Sohn  am  dnbe  ber  Sebräeit  auf  1  ©ulben  48  ^reujer  belief. 
$11$  im  3at)re  1876  an  oteüe  ber  ©ulbenwäbrung  ba§  Waxh 
fi)ftem  eingeführt  mürbe,  fiel  aud)  ber  langjährige  Streit  hinweg, 
ob  bie  10  ober  bie  8  Stunbenarbeit  bie  künftigere  unb  jwecf= 
mäßigere  (Einrichtung  fei,  inbem  man  bas  Uebereintommen  traf, 
ben  Sohn  nad)  ber  Stunbenjabl  51t  bemeffen.  ^eoe  feitfjerigc 
«frauffeperiobe  brad)te  eine  Sol)nerböbung  mit  fid),  unb  roenn  bie 
Söhne  aud)  mit  ber  Grifts  ber  70er  Satire  rapib  abmärtö 
gegangen  finb,  fo  mar  bieS  infofern  nur  eine  uorübergef)enöe 
(Srfdjeinung,  al§  fte  bei  mieber  eintretendem  befferem  ©efd)äfts= 
gang  fid)  höher  ftellten,  als  fie  je  juoor  ftanben.  So  waten 
biefelbeu  am  (Snbe  be§  ^abrbunberts  bei  bem  weiblichen  Arbeits* 
perfonal,  an  bem  fid)  ein  großer  Langel  fühlbar  mad)te,  be= 
jonbcr3  in  ber  unäd)ten  Vrandje  um  50 —  so  Sßrojent  höher  als 
in  ben  80er  Stabren.  (Sin  Sebrling  erhält  bei  feinem  Gintritt 
gleid)  4,50  9JU.  bis  5  3JH.  Sohn,  alfo  weit  mehr,  al§  er  einft 
am  (Sube  ber  Sefjre  erhielt.  silud)  bie  Sohne  ber  Arbeiter  haben 
an  biefer  allgemeinen  Sobnfteigerung  teilgenommen,  wenn  aud) 
nicht  in  bemfelben  großen  Verhältnis,  Vefonbers  müffen  für 
einigermaßen  gefcf)itfte  Silberarbeiter,  ©raoeure,  Gifeleure  uub 
Raffer  Söhne  angelegt  werben,  bereu  tööbc  nur  baburd)  erflärlid) 
ift,  baß  mit  bem  in  ben  letzen  O^b^n  ftavf  gewadjfenen  Arbeiter* 
ftanb  bie  Zunahme  ber  Sehrtinge  nidjt  gleichen  Sdjritt  hielt. 

25ie  erfte  ArBctterfürforgc  ging  oon  ben  Arbeitern 
felbft  aus.  3m  O^bre  1835  würben  in  35  Paragraphen  bie 
Statuten  niebergelegt  §ur  ©rünbung  eines  „Verein  pfor^ 
Reimer  ©  0 1  b  a  r  b  e  i  t  e  r  9 11  gegenfettiger  Unter- 
ft  ü  P>  u  n  g  in  Iran  flj  einfalle  n".  Ulbev  bie  Beteiligung 
an  bem  Verein  war  burdjau*  feine  fo  rege,  wie  man  gehofft 
hatte.  $ie  Statuten,  bie  1842")  neu  redigiert  würben  unb  1H44 
einige  SHobififationen  erhielten,  waren  1855  nod)  in  (Geltung. 
3n  einem  Veridjt  bes  ©roßb.  Cberamt*  (Jved)t)  00m  2.  gebruar 
1855  wirb  bie  ©rftnbung  eines  allgemeinen  „A}tlf§*  uub 

•)  Jie  Senoaliung  beftanb  nu*  bem  Sotftanb  Sdiober,  bem  Scfretäi 
Gräting  unb  bem  Mafftec  (Sberlmrbt.  Xic  ShisidmfemitgUeber  tvaren :  Jvricbrid) 
t'etbbranb,  (Sf;r.  SRaier,  >f>.  Keljrer,  >l).  flöfmi,  irrnft  >ler,  ttbolf  ^arncef, 
äfttyebn  Voller,  ti^rift.  ßrimm,  X.  edmeiber,  #rieb.  Angler,  Jriebr.  -verrc. 


Uigitized  by  Google 


252     (Entftcbunfl  unb  ©ntioicfluna  ber  $ijouteriefabrifation. 


Älter**Unterftüfcung«ifonb$  ber  VJJ  f  o  r  $  h  e  i  m  c  r 
©  o  l  b  a  v  b  e  i  t  e  r"  in  Betracht  gebogen.  3n  benjenigen  Greifen 
ber  Stabt,  meldje  in  bereu  ftauutgewerbe  Wahrung  unb  Sobl- 
ftanb  fanben,  trug  man  fid)  lange  mit  bem  (^ebanfeu,  burd) 
^ilbimg  eines  foldjen  s4krein§  ober  (Stiftung  eineS  Jonbs  bie 
Littel  aufzubringen,  um  bem  unbefdjolteueu,  fleißigen  Jyabrif* 
arbeiter  für  bie  Jage  bes  Alters  unb  ber  s2lrbeitsunfäbigfeit, 
foroie  für  bie  x^eit  unuerbienter  3lrbeitslofigfeit  .fctlfe  unb  Unter- 
ftütjung  |U  gewähren.  Bor  Ghünbung  bes  Vereins  gab  es 
^uirjetlen  ^abrifanten,  welche  in  adjtensmerter  pietät  alten, 
brauen  Arbeitern  fort  unb  fort  Berbienft  gemährten,  wäbrenb 
biefelben  längft  arbeitsunfähig  waren,  (fs  gab  aber  aud)  fiiiiit, 
unb  leiber  waren  foldje  nidjt  feiten,  baß  berartige  Arbeiter,  bie 
jahrelang  treue  £ienfte  geteiftet,  im  s2llter  ber  tiefften  silrmut 
uerfieleiC  unb  es  mar  jebenfalls  bis  jetjt  feine  fidjere  Garantie 
uortjanben,  baft  ber  Arbeiter,  ber  burd)  irgeub  ein  Unglücf  uor 
ber  ^}eit  arbeitsunfähig  geworben,  uid)t  sJlot  unb  Sfanut  pi 
ermarten  hatte.  sMit  Jyreube  begrüßte  man  ben  ©ebanfen,  burd) 
Stiftung  eines  fold)en  mol)ltl)ätigen  Vereins  bem  Arbeiter  bie 
fidjere  9lusjid)t  \\i  geben,  bafi  er  für  ben  Jall  ber  $lrbeits= 
unfätjigfeit,  burd)  Hilter,  ftranfheit  ober  Unglücf  uid)t  ber  öffent* 
lid)en  3)lilbthätigfeit  überlaffen  fei,  fonbern  oielmehr  bie  3)1  öa,* 
lid)feit  habe,  .ftilfe  unb  Untcrftütjung  §u  finben,  fofern  er  ftd) 
als  reblid)  unb  fleißig  bewährte.  sMerbings  lag  aud)  bie  ©e« 
fürdjtung  nahe,  baft  burd)  eine  foldje  Einrichtung,  weil  fie  eben 
eine  fidiere  2lusfid)t  für  bie  Reiten  ber  JJlot  bot,  bem  Arbeiter 
Ginfchräufung  unb  Sparfamfeit  in  guten  Reiten  uid)t  mehr  nötig 
erscheinen  (äffe.  Wber  man  hoffte  burd)  bas  rid)tige  flRafj  in 
ben  Unterftü^uugeu,  fomie  eines  hierauf  bezüglichen  Paragraphen 
im  Statut,  biefen  Uebelftanb  |U  befeitigen.  UeberbieS  glaubte 
man  biefen  Wadjteil  burd)  bie  Vorteile  ber  @inrid)tung  auf* 
gewogen,  baß  man  ,rben  sJieib  }U  milbern  ober  §u  befeitigen 
hoffte,  meldjeu  bie  Umfturjpartei  in  fluger  Beredjnung  in  bie 
arbeitenbe  Stlaffe  gefd)leubert",  eben  baburd),  baj?  fid)  ber  Be- 
fitjenbe  nad)  sJWöglid)feit  ber  9lot  be3  Arbeiters  annehme.  sMan 
befdjränfte  inbes  bie  $nlfe  nid)t  blos  auf  bie  5lrbcitsunfähigfeit, 
man  ging  uod)  einen  3d)ritt  weiter  unb  fidjerte  aud)  für  ben 
Aalt  unuerbienter  ^Irbeitsloftgfeit  -pilfe  511.  $erabe  bie  Bijouterien 
fabrifation  ift  uielen  Gmtwirtungen  ausgefetjt,  welche  bas  uolitifdje 
ober  bas  £>anbelsleben  mit  fid)  bringen,  wie  ja  fd)on  Öfters 
oöllige  Stocfungen  eintraten  infolge  oou  .Kriegen  im  Sluslanb  ufw. 
Solange  bic  <5nbuftvie  ihre  Arbeiter  aus  bem  ^luslaube  be^og, 
wie  früher  ber  Ja  II  war,  tonnten  fold)e  Stocfungen  ohne 
©efährbung  für  bie  C^emeiube  überwunben  werben,  ba  bann  bie 
meiften  ber  arbeitslofen  Arbeiter  Stabt  unb  Umgegenb  oerliefjen, 


tttttftefonfl  unb  (£ntroicflima  Der  SBijonteriefabrifation.  253 


um  fid)  anber^roo  Arbeit  ju  fudjen  ober  uad)  §aufe  jurücf- 
Sitfebren.  9lad)bem  abev  bie  "SMjouteriefabrifation  met)v  unb 
metjv  neimiirf)  muvbe  unb  ipve  Arbeiter  norjugSmeife  in  ber 
Stabt  fclbft  ober  in  benachbarten  Banbgemeinbeu  fanb,  bradjte 
eine  ©efd)äft3ftocfung  bie  fdjroerften  Wadjteile  für  bie  ©emeinbe. 
v^eld)  fdjmere  Opfer  mußten  biefc  uub  ^riuatc  bringen,  um  bie 
großen  Summen,  meldje  im  Sabve  1848  jur  Unterftütjung  unb 
^Befdjäftigung  ber  arbeitslofen  ^Bijoutiers  uermenbet  mürben,  auf* 
zubringen !  33ürgermeifter  ^errenncr >  beffen  £f)ätigfeit  unb 
ltmfid)t  bie  größte  3(nerfennung  uerbient,  faßte  and)  bie  Statuten 
(yi  biefem  ^nftitut  ab.  Ter  ©runbftocf  be§  Jyonbs  mürbe  au* 
Sdjenfungen  unb  s4Bod)enbeiträgcn  ber  gabritanten  unb  Arbeiter, 
ben  (£intritt$gelbern  unb  benjenigen  Strafbeträgen  gebilbet,  bie 
nacl)  fcer  gabriforbnung  bem  gonbs  jmgemiefen  mürben.  Tie 
Beiträge  beftanben  für  ben  gabrifauteu  in  mödjentlid)  1  ftrenjer 
für  jeben  Arbeiter,  für  biefe  in  2  Streuern. 

Sobalb  ba*  ©runbftocfsfavital  20  000  ©ulben  betrug, 
füllten  bie  Linien  barauS,  aud)  fomeit  nötig,  bie  wöchentlichen 
Beiträge  ber  gabrifauteu  unb  Arbeiter  jur  Unterfiütjung  für 
unoerfchulbete  Sirbeitöloftgfeit,  fobalb  foldje  6  sJBod)en  überftieg, 
fomie  in  gälten  ber  9lrbeitsunfäbigfeit ,  infofern  foldje  ohne 
eigenes  sI>erjd)iilben  bes  Arbeiters  eintrat,  uermenbet  werben. 
Tie  ©röße  ber  Unterftütmngen  foüte  uad)  10  uerfdjtebenen  SUaffen 
möd)entlid)  ämifdjen  30  ft'reu$er  unb  4  ©ulben  betragen.  Sd)led)t 
beteumunbete,  unrcblid)e  Arbeiter,  foroie  Sluslänber  Ratten  feinen 
^lufprud).  Ter  gonbs  als  ein  ^nftitut  ^forjbeims  follte  junädjft 
unter  Leitung  eines  ^>ermaltnngSrates,  fomie  eines  "2luSfd)uffes 
beftetien,  meldjen  gabrifauteu  unb  Arbeiter  roäbltcu  unb  beffeu 
midjtigften  gunftionäre  oon  ber  Regierung  beftätigt  mürben  Tie 
meitere  9luf]id)t  foüte  bem  ©emeiuberat  übertragen  merben.  Ter 
©runbftocf  follte  nur  in  außeroroeutlidjen  gällen  bi§  jm  1  ,  mit 
Genehmigung  ber  Staatsbel)örbe  angegriffen  merben. 

Schon' im  ^abre  1851  mürbe  ein  Kapital  oon  1000  ©ulben 
burd)  Stanfmann  Bubroig  Wagner  uub  ©raoeur  SÖilf).  Wagner 
}ttm  Slnbenfen  ihres  uerftorbenen  33ruberS  .^einrieb,  Wagner  für 
biefen  gonbs  geftiftet.  ^lußerbem  mußte  man,  baß,  fobalb  bie 
Stiftung  bie  erforberlidje  StaatSgenebmigung  hatte,  biefer  nicht 
nnbebeutenbe  Sdjenfungen  burd)  einige  ber  größeren  gabrit'en 
AiigefteUt  mürben,  gerner  ergaben  bie  s-iHod)enbeiträge  ein  gau,^ 
bübfebes  Sümmdieu  für  ben  ©runbftocf.  3n  bell  elften  fünf  3al)ren 
follten  5U  ©unften  besfetbeu  für  Srbeitsiinfäbigfeit  feine  Unter* 
ftütjungen  gemährt  merben.  Tie  öei  jiehung  oon  Bein  lingen  bei  ihrem 
Eintritt  in  bie  Mrbeiterffaffc  follte  ftatntenmäßigfeftgefe^t  merben,  ba 
biefen  nunmehr  bie  Vorteile  bes  gonbs  eröffnet  unirben.  $Jei  türjeren 
Stranfheitsjeiten,  b.  h-  meniger  als  i»  sBod)en,  mußte  fid)  ber  Arbeiter 


igitized  by  Google 


254     (Sntftcbunfl  unb  (Sntwicfluna  ber  $iiouteriefabritation. 

felbft  Reifen  mit  feinen  in  gefunben  Sagen  gemadjten  Erfpar; 
niffen.  Anbers  aber  im  galle  ber  Arbeitsunfähigfeit  burd) 
ftranfheit  ober  Unglücf,  wo  fd)on  buvd)  bie  Urfadje  ber  Arbeite 
unfäf)igfeit  in  ber  töegel  bie  erfparten  Littel  aufgekehrt  werben ; 
hier  follte  fofort  Abhilfe  gebracht  werben  Auswärtige  waren 
vom  gonbS  auSgefdjloffen,  unb  jroar  besbalb,  weil  bie  armen 
württembergifd)en  Crte  fdjon  bamott  it)r  Proletariat  nad)  pfora» 
beim  fdjictten,  unb  weit  man  befürchtete,  burd)  @infd)lujj  ber 
fremben  Arbeiter  ben  -Bujug  nad)  ^forjtjeim  nod)  51t  oergröjjern. 
3nbeffen  50g  man  bie  gremben  bennod)  juv  ;}ar)lung  ber  Söodjen^ 
beitrage  t)eran  nad)  bein  etwas  eigentümlichen  ©runbfatj : 

„s-lBer  feinen  fdjönen  Üotjn  in  pforjheim  oerbient,  barf  fid) 
auch  jur  (Erlegung  einer  £are  ju  (fünften  ber  einheimifdjen 
Arbeiter  herbcilaffen ;  wem  foldjeS  nid)t  paßt,  ber  tarnt  gehen!" 

Die  iHegierung  gab  in  einem  sJteffript  oam  25.  April 
1855  ber  Befürchtung  AuSbruct,  bafc  burd)  ©rünbuna.  eines 
foldjeu  ArbciterhilfSfonbS,  welcher  burd)  (Einlagen  unb  Bei* 
träge  oon  Arbeitern  gebilbet  werbe  unb  burd)  ben  ihnen 
jugeficherten  Anteil  an  ber  Verwaltung  unb  ber  Berwenbung 
feiner  Erträgniffe  ohne  gleid)seitige  Aufftd)t  unb  (Sinwirfuug 
ber  Staat$bet)örbe  eine  Korporation  gefd)affen  werbe,  welche 
nach  ^rcn  Statuten  auf  breitefter  bemotratifd)er  BajiS  beruhe, 
kleben  bem  ftorpSgeift  werbe  auch  Dev  ftorpStrotj  gepflegt, 
ber  um  fo  bebenflid)er  werben  tönne,  als.  er  im  ernftlichen 
ftollijftonSfall  oon  arbeitSrüftigen  gäuften  unterftü^t  werbe, 
unb  jumal  unter  biefen  Arbeitern  teilte  auS  aller  Herren 
Räuber  feien.  AuS  ben  TOtgliebern  beS  AuSfd)uffeS  unb  Ber» 
maltungSrateS,  weld)e  aus  ber  Glitte  ber  Arbeiter  gewählt,  beren 
Vertrauen  genöffen,  fönnten  leidjt  in  politifd)  trüben  Reiten 
iHebner  bei  politifdjen  Beratungen  unb  gül)rer  oon  $emon= 
fkrattonen  erftehen  ober  auch  Ratgeber  unb  Anftifter  bei  Streitig-- 
feiten  mit  ben  gabrifberren.  2>aS  burd)müf)lte  (Snglanb  ftelje 
als  warnenbeS  Beifpiel  in  biefev  Beziehung  oor  Augen.  3Wan 
habe  früher  bie  ©efeüeninnungen  unb  ©efellenlaben  aufgehoben, 
unb  jwar  mit  gutem  >Kecf)t  infolge  oielfadjer  unangenehmer  Er- 
fahrungen, ©er  fönnte  oerhütcn,  bajj  bei  Berfammlungen  mehr 
beraten  würbe  als  bie  Angelegenheiten  beS  $)ilf§f onbS  ?  Aud)  in 
öfouomijdjer  Begehung  fei  bie  Anfammlung  oon  (Srfparniffen 
für.  jeben  einzelnen  Arbeiter  ju  feiner  eigenen  £>ilfe  in  ^lotfällen 
ber  ©rünbung  eines  gemeinsamen  UnterftütwugSfapitalS  oorju* 
Riehen.  $m  elfteren  Salle  wiffe  ber  Arbeiter,  für  wen  er  fpare 
unb  jurücflege,  er  forge  für  feine  tfufunft.  im  anbern  galle 
tönne  bei  ihm  ber  (Gebaute  nicht  ausbleiben,  baf?  er  für  Anbete, 
jumteil  in  fpäteren  fahren  (Sintretenbe  einlegen  müffe,  unb  baft 
er  nur  bann  oon  ber  Einlage  Pütjen  habe,  wenn  er  fid)  traut 


(fcntftebung  unb  ©ntroicfiunfl  ber  «iiouteriefabrifation.  255 


melbe  ober  arbeitslos  werbe.  (Snblid)  fei  eS  eine  allgemeine 
(£rfal)iung,  bafc  reiche  UnterftütyungSfonbS  nid)t  wenige  ber  ba3u 
^Berufenen  leid)tftnnig  imb  träge  madje.  (£S  mürbe  genügen, 
befdjränfte  man  bie  33orforgeL  für  bie  Jyabrifavbcttev  auf  bie 
bereite  beftetjenben  Syarbüd)er. 

9JJan  ftebt  auS  bem  SJorftefjenben,  mie  ängftlid)  unb  futt» 
fid)tig  bamalS  bie  Regierung  berartige  tief  ins  fojiale  unb 
mirtfdjaftlidje  hieben  einfcfyneibenbe  fragen  ju  befjanbelu  pflegte. 
2)aS  mar  ber  (Seift  ber  SHeaftion,  bie  traurige  sJtod)mirfuug  ber 
üßolfSert)ebung  t>on  1848  49.  s-öMe  gan$  anberS  beurteilte  ber 
politifd)  als  erjreaftionär  bejeidjnete  bamalige  Oberamtmann  Jyedjt 
bie  grage  ber  9lrbetterfürforge.  $3et  all  feiner  fünftigen  Strutge 
uerbanb  er  mit  einem  meitfdjaueubeu  53üct  ein  ttareS  s-ßerftänbniS 
für  bie  93ebürfniffe  ber  $eit  unb  ein  marmeS  (Smpfiuben  für 
baS  arbeitenbe  93olf.  s2Bie  red)t  er  tyatte,  unb  mie  fd)led)t  bie 
ftreiSregierung  beraten  mar,  baS  l)at  bie  ^ufunft  gelehrt  —  in 
bem  „burd)mü()tten"  (Snglanb  unb  bei  uns,  mo  feine  3bee  für 
bie  ftaatlidje  ^rbeiterfürforge  burd)  bie  fokale  (Sefefcgebung 
jumteil  in  bie  ^rariS  umgefe^t  finb.  2)er  UnterftütjungS; 
verein  für  bie  (Solbfdjmiebe  blieb  auri)  oljne  ftaatlidje  Unter» 
ftü^ung  befielen  unb  ftiftete  bis  auf  ben  heutigen  £ag  oiel 
Segen.*) 

(£nbe  2luguft  1853  mürbe  ben  gabrifanten  ber  fefjr 
umfaffenbe  erftc  Entwurf  einer  gabriforbuung  vorgelegt,  ben  ber 
bamalige  Cberbürgermeifter  3evrc"wr  niit  oielem  gleifj  unb 
großer  Umjidjt  ausgearbeitet  t)atte.  $)k  mannigfadjen  $er* 
jmeigungen  ber  gerabe  bamalS  in  fjofjem  2luffd)mung  begriffenen 
gabrifinbuftrie  madjteu  bei  3luSarbeituug  ber  iJerorbnung  nidjt 
unerr)eblid)e  Sdjmierigteiten,  $umal  ba  man  beftrebt  mar,  biefelbe 
in  dinflang  |u  bringen  mit  ben  Statuten  beS  UnterftütjungS* 
Vereins. 

2lm  28.  gebruar  1857  mürbe  aflintfteriatrat  Jiefer  uom 
©rofeb.  3Jhnifterium  aufgeforbert,  nad)  NVfor^eim  $u  reifen  unb 
bafelbft  51t  erörtern,  mie  für  Äoft  unb  v4öol)nung,  fomie  für 
llebermadjung  ber  gabriflet)rlinge  geforgt  merbe,  unb  falls  biefe 
ungenügenb  erfdjeine,  nad)  sBenel)men  mit  bem  geiftlidjen  unb 
meltlidjen  CrtSuorftaube,  bem  gabrift'omitee  unb  einftdjtSoollen 
Jyabrifanten,  fomie  bem  (Sroftf).  Oberamte  s-i>orfd)läge  $11  madjen, 
mie  bie  malgenommenen  TOjjftänbe  511  befeitigen  fein  mödjten. 
s3luS  biefeu  (£rt)ebungen  ift  ^u  entnehmen,  baß  bie  $abl  ber 
mäunlidjen  'Bijouteriearbeiter  am  20.  s)Mv^  1857  =  18) G  betrug, 

*)  Seit  irinfüfjrung  ber  nniaien  Wcfejjgebung  bat  bie  Oiolbfdnnieb«: 
franfenfüffe  von  ^at)r  \u  ^afjr  ntefjr  tf)re  eiuftige  ^ebeutunq  nerloren.  3>ie= 
felbc  erbebt  feilbeut  feine  beitrage  meljx  unb  ift  in  ber  iHuflofung  begriffen, 
beftonben  im  ganjen  JÖejir!  nod)  23  freie  $ilf#faffem 


igitized  by  Google 


I 


256     ©ntftebunfl  unb  (£ntroidluna  bcr  $iioutettefabritation. 

bie  3^t)l  ber  weiblichen  735,  bie  $al)l  bcr  männlichen  Seljrlinge 

2048,  bic  bev  weiblichen  742,  jufammen  5341 

baoon  wolmten  in  ^for^eim  3G34 

außerhalb  1707. 

sJlad)  3(eußcrung  bcr  Jabrifanten  war  aber  bas  93ebüvfni§ 
bamtt  nod)  nidjt  gebeert,  unb  es  wuvben  bei  bev  gvoßen  Xufr> 
bcfynung  bev  gabrifation  nod)  immer  roeiteve  Ivbeitstväfte  ju 
gewinnen  gefudjt.  3)ie  öetjrlinge,  weldje  uirfjt  bei  (Sltevn  obev 
ittevwanbtcn  wotmten,  waven  gan*  fid)  felbft  übevtaffen.  Sie 
wählten  ihre  Sd)lafftätteu  felbft  unb  mußten  fid)  aus  bem  gevingen 
s2öod)enlofm  oon  1  (Bulben  unb  einigen  ftveujevn  £vinfgelb  felbft 
bef öftigen.  sJlad)  bev  Sd)itlentlaffung  im  13.  unb  14.  Gebens- 
jnljre  famen  oiele  bcvfelben  au«  entfevnten  ©cgenben  Gabens  unb 
UBüvttembevgs  in  bie  Jabvifen  als  ftinbev  büvftigev,  oft  fyavtev 
(Sltevn,  welchen  fie  nod)  einen  Xeil  ihres  ^erbienfteS  am  Sdjluffe 
bev  4Bod)e  bvingen  obev  fdjicfen  mußten.  Qfot  tfofjn  ftanb  mit 
beu  ^ebenSmittelureifen  in  feinem  Verhältnis.  3hre  tägliche 
Wahrung  mar  meiftcns  s3kot,  im  Sommer  Cbft.  3>rei  unb  oier 
fdjliefen  oft  in  einem  ^öette  untev  bem  Sadje  unb  in  Stall- 
gebäuben,  nur  wenige  in  etwas  gefd)loffenen  i)ad)väumen.  $ie 
Scl)lafftätten  mürben  oolijeilid)  nicht  überwadjt.  W\d)t  für  alle 
war  geforgt,  baß  fie  in  ftranfheitsfälleu  Untevfunft  im  ftäbt. 
Spital  evtiielten ;  um  ihre  fittlid)e  Jüfjvung  unb  leiblidje  Pflege 
flimmerte  fid)  niemanb.  $ie  £ehr&eit  bauerte  5 — 6  3al)ve.  ^Bci 
bev  Arbeitsteilung  abev  war  ein  nuv  einigermaßen  befähigter 
Beinling  in  nid)t  fefyr  langet  Qeit  ausgebilbet  unb  erfetjte  fobann 
bem  gabrit'hcrrn  einen  Arbeiter.  £ies  füt)vte  bahin,  baß  immev 
mel)v  Lehrlinge  unb  befto  menigev  Arbeitet  eingeftellt  würben, 
weil  bic  l'öfme  letzterer  fet)v  bebeutenb  waren.  3>ie  golge  baoon 
war,  baß  mit  bev  Qnt  bie  große  ÜHaffe  bev  jungen  Seute,  bie 
aus  bev  2el)ve  tvaten,  bvotloS  nmvben  obev  auswärts  Untevfunft 
iurijen  mußten.  ©ei  biefen  3uftänben  abev  waren  gabrifarbeiter, 
Lehrlinge,  bereu  gamilien,  bie  ©emeinbe,  ber  Staat  unb  bie 
gabrifation  felbft  oon  großen  Gefahren  bebroht.  £ie  uächfte 
s^flid)t  nur  gürforge  obiag  oor  allem  ben  gabrifanten ;  biefe 
aber  lehnten  mit  wenigen  Ausnahmen  ein  berartigeS  Anjinneu 
runbweg  ab.  ds  mußte  baljer  eine  $wangsweife  gürforge  ein- 
treten, bereu  gorberungen  in  Verorbnuugen  niebergelegt  würben, 
bie  burd)  bas  Oberamt  bem  gabrift'omitcc  unterbreitet  werben 
mußten.  Neffen  (Srflärung  würbe  entgegengenommen,  -w  ber 
bann  bas  Cberamt  baS  eigene  (Gutachten  fügte  unb  bem 
SWintfterium  jur  weiteren  (Sntfchcibung  oorlegte.  ias  £ebrlings= 
uumefen  nahm  inbeffen  immer  mein*  überhanb,  fo  baß  am  2G.  9Jiai 
1857  bas  ^forjl)eimer  Oberamt  bie  s2kfürd)tung  ausfurad),  baß 
bic  ^at)l  ber  Lehrlinge  im  üaufe  bes  ^afjres  auf  mehrere  Rimbert 


igitized  by  Google 


©ntftcbunfl  unb  Sntroictluna  ber  SBijouteriefabrifation.  257 

anmad)fen  würbe.  ^Bürttemberg,  bis  fyinauf  nad)  SubwigSburg, 
ärmere  ©emeinben  be§  9Jhirgtf)ale§,  bie  ©egenb  von  sJld)ern,  bie 
5lemter  (Sinsheim  unb  9JJo3bad)  fanbteu  ifyre  ärmeren  Knaben 
51t  $ufeeitben  nad)  ^forj^etm,  um  fie  in  ber  Bijouterie  unter* 
Hilbringen. 

Nebenbei  trat  eine  förmlidje  2Bof)mina3not  ein,  ba  bei 
biefem  fteten  ^uftrömen  alle  bi§poniblen  Zäunte  rafd)  gefüllt 
waren  oon  auswärtigen  Arbeitern  unb  #el)rlingen.  2)esljalb 
mufjte  ba3  Oberamt  bie  2lu§füf)rung  ber  Berorbniing  oorerft  auf 
bie  jüngeren  Oaljrgänge  1855/56  befdjränfeu.  $ie  älteren  aber  uon 
1853—54  nad)  ber  früheren  Orbnung  befyanbeln.  $>ie  Stiftungen, 
meiere  nad)  bem  elften  BerorbnungSentwurf  ben  gabrifbefiljern 
bejüglid)  iljrer  fiefyrlinge  auferlegt  werben  fällten,  waren  ein  geringer 
(Srfatj  ber  (Sinbufje,  weldje  bie  Setzlinge  infolge  ber  Ablief) 
geworbenen  langen  £ef)r$eit  erlitten.  Bejüglid)  ber  &itya1)l  unb 
be3  3Hter3  ber  2ef)rlinge  mußten  com  ©emeinberat  in  *ßfor$beim 
auf  einen  (Erlafe  ©ropt).  sjMinifterium3  im  9fouember  1857 
weitere  Gcrljebungen  gemad)t  werben,  weld)e  folgenbeS  sJfefultat 
ergaben.   (£§  befanben  fid)  bamalS  f)ier: 


«mänulid)e  Sefjrlinge  über  17  3af)re  822 

unter  17     „  1546 

SBeiblidje       „       über  17     „  262 

unter  17     „  535 

^ufammen  3165 

3)aoon  waren  2Iu3länber  (b.  t).  9lid)tbabener)  1499 

Qnlänber  (Babener)  1666. 


2)iefe  3165  2ef)rlinge  waren  in  166  Jabrifen  oerteilt  unb 
gehörten  mit  2Iu§nat)me  oon  ben  37  Sehlingen  beS  $ammerroetft 
ber  ©ebr.  Bencfifer  fämtlid)  jur  Bijouterie  ober  einem  biefet 
oerwaubten  ©efdjäfte.  @3  tarnen  alfo  burd)fd)nittlicf)  auf  eine 
gabrif  19,06  Glinge. 

(£8  Ratten  23  Jabrifeu  jwifdjcn  20  unb  30  £el)rlinge. 
17       „  „       30  „   40  „ 

6       „  „       40   „  50 

3       „  „       50   „   60  „ 

2       „  „       60   11  70 

©ine  fjatte  70,  eine  74,  eine  85,  eine  103  unb  eine  104 
üefjrlinge. 

Sil  oben  angegebener  $eit  waren  in  s$for$l)cim  487  sJ>ev* 
fönen  fonjeffioniert,  weld)e  2044  männlidjc  unb  634  weiblid;e 
6d)läfer  beherbergen  burften.  sJiiemanb  wollte  fid)  fyerbeilaffeu, 
bie  Vermietung  ber  <3d)lafftätten  im  ©rof3en  511  betreiben  unb 

17 


Digitized  by  Google 


258     (Sntftebunfl  unb  (Sntroictlunö  ber  SBijoutericfabritation. 


aus  biefem  jebenfallS  gut  renticrenben  ©efdjäfte  eine  Spetulation 
macheu.  $ie  greife  für  bie  Sctjlafftätten  waren  folgenbe: 
Sollte  bev  Meter  allein  im  s#ett  fdjlafen,  fo  mußte  er  bafür 
30— 32  äreujer  unb  wenn  er  fein  sBett  mit  einem  jroeiten  teilte, 
18  ftreujer  für  bie  rOÖodje  bejahen,  @S  liegen  fid)  alfo  auS  einem 
$3ette  jäbrlid)  3t»— 31  Bulben  Rieben.  3tl  ein  mäßiges  Limmer 
mürben  oft  12  Letten  geftellt  unb  ergab  bann  biefeS  eine  jät)r- 
lidje  (linnahme  oon  312—372  (Bulben.  S)er  ©eroinn  erhöhte 
fid)  aber  nod)  bebeutenb,  menn  —  was  oft  gefdjab  -  bie  Letten 
auf  Speichern  unb  in  Speid)erfammern  aufgeftellt  mürben. 

(Eine  sJ3erorbnung  ©roßf).  sJJtinifteriumS  oom  19.  3uni  1857 
unb  bereu  IMjmgSmaßregeln  hatten  jur  Jyolge,  baß  580  Sebr= 
linge  oon  ben  Jyabrifanten  felbft  in  Jabriflofalen  untergebracht 
mürben.  ^Stcle  ber  (enteren  nahmen  bei  Neubauten  ober  £ofal- 
med)fel  iHücffid)t  auf  '-Beherbergung  ihrer  Sehrlinge,  fo  baß  im 
folgenben  3ahre  etma  1000  bei  ihren  Sehrherren  Unterfunft 
fanben.  35ie  3at)i  ber  auS  ^for&Beim  ober  beffen  näcbfter 
Umgebung,  melche  jeben  9Ibenb  nad)  £mufe  gehen  tonnten,  betrug 
653.  £rotjbem  mangelte  eS  nod)  immer  an  <5d)lafftätten,  unb 
bie  #eufpeid)er ,  Sd)uppen  unb  ©djeunen  roaren  in  gemein» 
gefährlichem  ©rabe  mit  Arbeitern  unb  Sehlingen  beoölfert. 
ifiknn  aud)  bie  beffer  bezahlten  Arbeiter  fid)  möblierte  Limmer 
mieten  tonnten,  fo  begnügten  fid)  bod)  bie  geringer  bejahten, 
bie  ftommiffionäre,  baS  £eer  ber  SWaurer  unb  anberer  33au* 
hanbroerfer  unb  bie  üielen  Xaglöhner,  melche  ber  hohe  Sohn  auS 
ben  armen  mürttembergifchen  odjmarjroalbbörfern  hierher  locfte, 
mit  einfadjeren  Sdjlafftellen.  Unb  menn  bie  letzteren  mit  beginn 
beS  ÄBinterS  auch  wieber  in  ihre  §eimat  jurüettehrten,  fo  mürbe 
e§  mit  ber  2Bof)nungSnot  boch  nicht  beffer;  benn  bie  ©olb= 
arbeitet*,  meldje  im  Sommer  allabenblid)  heimgingen,  fdjeuten  im 
SEßinter  bod)  bie  meiten  unb  oft  red)t  befd)merlid)cn  s-£Bege  unb 
blieben  hier  in  ben  uerlaffenen  Quartieren  ber  Maurer  u.  f.  w. 

^nbeffen  tonnte  man  eS  bod)  einrichten,  baß  roenigftenS 
nicht  mehr  als  jmei  in  einem  $3ette  fd)lafen  mußten  unb  bie 
($efd)led)ter  getrennt  untergebracht  werben  tonnten.  3öie  fid) 
inbeffen  gelegentlich  ber  polijetlidjen  ftontrole  fpäter  he*auS= 
ftellte,  tonnte  biefe  9tegel  nicht  immer  ausnahmslos  burdjgeführt 
merben.  ©S  gab  j.  53.  alleinftehenbe  grauen,  Sitmen,  meld)e, 
um  ben  hohen  Mietpreis  $u  erfdjwingen,  3d)lafgänger  aufnahmen, 
bie  nicht  immer  bem  weiblichen  ©efd)led)te  angehörten,  lieber* 
haupt  fiel  eS  letzteren  fdper,  Unterfunft  au  finben.  2öo  inbcS 
beibe  ©efd)led)ter  in  einem  £aufe  gebulbet  werben  mußten, 
mad)te  man  ben  ftonjcjfionSinhaber  für  ^ufredjterhaltung  ber 
guten  Sitte  unb  Orbnuug  ganj  befonberS  uerantwortlich. 


Sntfte&unfl  unb  (Sntiüicfluna  ber  Stiouteriefabrifation.  259 


SBon  ben  umliegenben  Ortfcfmften  fam  nur  SBrötjingen  um 
ein  HonjefftonSgefud)  jur  Beherbergung  oon  Arbeitern  ein,  ba 
bic  3ahl  ber  in  anbereu  naheliegenben  Orten  untergebrachten 
fremben  Arbeiter  nur  f(ein  war.  (So  waren  5.  $8.  in  (Eutingen  8, 
in  3fpringen  5,  in  $illweißenftein  37  unb  in  SBürm  2  Arbeiter 
untergebracht,  wäl)renb  in  SBrö^ingen  gegen  200,  meift  Jammer* 
arbeiten  bei  31  fonjeffionierten  üßerfonen  beherbergt  mürben. 
$>ie  Arbeiter  begnügten  ftd)  bamalS  mit  einer  nach  heulen 
Gegriffen  färglichen  ftoft.  (Sin  gewöhnlicher  Bijoutier  lebigen 
6tanbe§  entrichtete  für  oollftänbige  ftoft  (Srühftücf,  9ttittageffen 
unb  ^cadjteffen,  le^tcre§  mit  3lu§nahme  oon  ©amStag  unb 
(Sonntag)  2  (Stuften  42  Äreuser  bis  3  ©utben  wöchentlich,  alfo 
23  -  24  ftreujer  täglich.  Aber  bei  weitem  bie  SJcehrjahl  ber 
Arbeiter  lebte  faft  nur  oon  93rot;  höchftenS  lie§en  fte  ftd)  im 
SBinter  für  3  ftreujer  eine  (Sd)üffel  ooü  ^et^cr  *8rühe  oerab* 
reichen,  welche  ben  ftoljen  tarnen  Äaffee  führte.  Sehnlich,  meift 
fdjlechter,  lebten  natürlich  bie  £ef)rlinge. 

SBerfuche,  bie  jungen  Burfdjen  an  (Speifem  unb  Suppen* 
anftalten  ju  gewöhnen,  fdjlugen  gänjlid)  fehl,  ebenfo  bie  Abftcht 
uneigennütziger  5afaifaN*en/  ben  jungen  eine  regelmäßige,  ein- 
fache, aber  fräftige  $oft  ju  oerabreichen.  fochten  auch  Ders 
idjtebene  ©rünbe  jufammenwirfen,  ba§  $aupthinbewi§  lag  bod) 
immer  im  Sloftenpunft.  dine  regelmäßige  warme  ©peife  fam 
für  bie  <£rwerb§oerhältniffe  eines  fiehrjungen  immer  ju  teuer, 
wenn  nur  für  20—30  Verfemen  gefocht  würbe.  sJhn*  eine  im 
großen  Sftaßftab  angelegte  unb  betriebene  Speifenmirtfchaft  hätte 
hier  helfen  fönnen.  UebrigenS  blieben  bie  Söurfdjen,  bei  biefer 
Art  ju  leben,  burdjweg  gefunb  unb  munter,  befonberS,  wenn  fte 
oon  £au§  au§  fräftig  waren,  unb  gaben  ftch  mit  btefer  Art 
ihrer  Ernährung  als  etwas  Althergebrachtem,  barum  ©elbft* 
oerftänblichem,  oollfommen  aufrieben.  Auch  waren  Äranfheiten, 
wie  fte  in  Orten  mit  fehlest  genährtem  Jfabvifproletariat  oor= 
fommen,  bamati  in  ^ßforjheim  unbefannt.*) 


•)  «Solche  ©rfdjeinungen  waren  einer  fpäteren  $cit  oorbel)alten.  Sann 
aber  war  eö  ntcr)t  bie  9tot,  weldje  fte  ^eroorrief,  fonbern  bic  nngeorbnetc 
@rnäl>rung.  Saö  jeigte  namentlich  bie  18W  wieberljolt  aufgebrochene  Jnpljuä- 
epibemie  unter  ben  3lrbettern.  Statt,  wie  eä  ber  gute  xrotjn  leia)tli<h  erlaubte, 
eine  manne  ftärfenbe  SHtttagäfoft  einzunehmen,  jtehen  e«  feljr  oicle  Arbeiter 
^eute  noch  vor,  fia)  mit  falter  Soft,  Stfurft,  Mafe  ober  aud)  nur  einem  8tücf 
iörot  ju  begnügen  unb  einen,  roenu  ntü)t  etliche  Saloppen  5Bier  barauf  511 
fefeen.  SJiclc  $oliffeufcn  fuchen  ftch  3tdrfung  im  itonbitor  laben.  Sie  Jyolgc 
ift  eine  geftörte  iBerbauung  unb  auf  bie  Sauer  eine  gefchwädjte  tfonftttution, 
bic  franf^ettltctycn  (Sinflüffen  gegenüber  wibcrftaubälo«  ift.  Sie  Juphuäeptbemie 
oon  18M  folltc  eine  ernfte,  bleibenbc  iJlafmung  fein  511  einer  georbneten  t'cbcnäs 
weife  ber  Arbeiter. 

17* 


Digitized  by  Google 


2G0     (Sntftebuufl  unb  (Sntroicfluna  bcr  SBüouteriefabrifation. 


$ie  SHücfftefjt  auf  bic  totalen  3uftänbe  lieft  bie  Se^vling^- 
frage  nur  langfant  if>rcv  £öfung  näljer  fdjreiten.  (E§  würbe  beu 
Jyabrifanten  u.  a.  aud)  sur  Auflage  gemad)t,  für  bie  XHufnaljme 
it)rer  Lehrlinge  iu3  ftäbtifaje  ftranfenfjauS  51t  forgen  unb  bafür, 
baß  biefelben  täglid)  minbeftenS  einmal  warme  Speifen  genöffen. 
(OberamtSberidjt  uom  23.  Januar  1858.)  3m  Januar  1859 
Ijatte  fid)  infolge  ^ufforberung  eine  3lnjat)(  $erfouen  gemelbet, 
meiere  fid)  bereit  erflärten,  an  Sefjrlinge  um  ben  s#rei§  oon 
•1—5  .ttreujer  täglid)  ein  naf)rf)afte3  9)cittageffen  ab$ugeben.  Sfatn 
gefd)af)  aber  ba§  Unglaubliche,  baß  bie  ©teuerbel)örbe  ben 
©runbfatj  aufteilte,  biefe  ftoftgeber  für  £ef)rlinge  nad)  bem  ©e= 
roerbefteuergefetj  mie  „ftöd)e  um  fiotm",  alfo  mit  ber  3.  ftlaffe 
be§  perfönlidjen  s.ßerbienftfapital§  ju  875  ©ulben  in  ©eroerbe* 
fteuer^nlage  ju  nehmen.  (£3  mürbe  aud)  eine  jiemlidje  9lnjaf)l 
s^erfonen  megen  ©emerbefteuerbefraubation  in  Unterfudiung 
gesogen  unb  beftraft.  Otad)  ber  ganj  uernünftigen  s#nfid)t  be§  Ober* 
amt£  aber  füllte  man  biefe  £eute  ebenfo  wenig  jur  Steuer  Ijeram 
jieljen,  mie  5.  53.  foldje,  meldje  an  3d)ülcr  fjöfjerer  fiejjranftalten 
.Uoft  oerabreieben.  2er)rlinge  feien  nod)  auffidjtSbebürftige  5linber, 
unb  e§  beftefje  fein  Untevfdjieb  smifdjen  biefen  unb  erfteren.  $)ie 
meiften  ftoftgeber  rjatten  fiel)  bemegen  (offen,  au§  $8armf)er$igfeit 
2—4  Setyrlwge  miteffen  511  laffen  unb  erhielten  bafür  eine  geringe 
^esafjlung  (24  ©ulben  für  ba§  Oaf)r,  n°d)  nidjt  5  Strenget  im 
£ag),  baft  fte  barau§  ganj  gereift  fein  ©eferjäft  macfjen  tonnten. 
Unter  biefen  Umftänbeu  brot)ten  alle  bie  fürforglid)en  Maßregeln 
mieber  in  bie  53rüd)e  511  geben  3)oS  3Rinifterium  ber  ftinansen 
erfannte  jebod)  (unterm  IG.  xJlpril  1859»,  baft  biefe  .Üoftgeber 
für  Lehrlinge  nidjt  unter  bie  gemerbsmäftigen  6peifemirte  ju 
wählen  feien,  fouberu  $u  fog.  gefd)loffenen  ftofttifd)en,  unb  baft 
fte  be*balb  aud)  ber  Skfteuerung  nid)t  unterliegen  fönnten. 
($3  fei  be*l)alb  Mücferfalj  unb  sJtad)laft  ber  ©teuer  unb  ber 
bereits  eingebogenen  (Btrafgelber  an$uorbnen. 

^ie  ^olijei  mar  ftreuge  angemiefen,  auf  ben  ©tragen  aud) 
uidjt  ben  leifeften  Unfug  uon  ^yabrifletyrlingen  51t  bulben,  fte  au§ 
ben  s4Birt5t)äufern  51t  jagen  unb  nad)t$  oon  ben  Straften  in  iljre 
&>ol)nungen  511  meifen.  (Sbeufo  mürbe  bas  33erfäumeu  ber 
Jyabrifftunben  unb  bas  £erumjief)en  mäfjrenb  ber  ^IrbeitSjeit 
oon  ber  ^olijei  ftreuge  geafjnbet. 

$ic  ?yrud)t  all  biefer  s-Berorbnungen,  im  Vereine  mit  bem 
3crrenner'id)e-n  (Sntmurf,  mar  bie  im  sjiooember  18G0  erfdjieueue 
ftabriforbnuug. 

3m  ^ejember  18(36  trat  eine  ^lujarjl  9Jcäntter  jufammcu, 
um  burd)  ©rünbung  eine§  £et)rling§f)eimg  ber  sunefjmenben 
(Sntfittlid)ung  unb  sÄrrol)ung  be3  NJlrbeiternad)unid)fe§  entgegen 
SU  arbeiten.   54  9ttitglieber  be3  3lrbeiterbilbung8--$krein8  oer* 


)igitized  by  Google 


I 


Gntftebunß  unb  Gntiütcfluitfl  ber  SBijouteriefabrifation.  261 

pflichteten  fid)  511  regelmäßigen  Beiträgen  oon  3,  6,  9,  12  bis 
30  ftt.,  35  anbere  511  einmaligen  BeitragSjablungen  uon  1,  2 
unb  3  fl.  lieber  150  fiefjrlinge  ließen  ftd)  fogleid)  jur  Teilnahme 
eintreiben  unb  eS  fanben  uorerft  im  großen  ©emerbfdjulfaal 
abenbS  unb  Sonntags  3"fammenh'infte  ftatt.  3ur  Aufbringung 
ber  weiterhin  nötigen  UuterbatttungSgelber  für  53üd)er,  33e* 
leudjtung  u.  f.».  (etma  5  — GOO  fl.)  mürbe  eine  fiifte  bei  ben 
Sabrifanten  in  Umlauf  gefegt  jroetfS  Sammlung  oon  Beiträgen. 
3n  ben  70er  3af)ren  fdjlicf  baS  Unternehmen  roieber  ein  unb 
trat  erft  SJJitte  ber  80er  3flf)ve  roieber  ittS  £eben. 

3>ie  «£)anbelSfammer  gab  regelmäßig  Unterftütjungen  oon 
einigen  bunbert  Sftarf,  mäbrenb  bie  Stabt  für  Sofal,  ^eijung 
unb  Beleuchtung  forgte. 

Am  1.  3Rär$  18G9  oerfammelten  ftcr)  in  ber  großen  Turn- 
halle ca.  1500—2700  Teilnehmer  au»  bem  Jyabrifanten-  unb 
Arbetterftanbe  jioecfS  ©rünbung  einer  ©eroerfSgenoffenfdjaft  für 
bie  bei  ber  ©olbroareninbuftrie  befdjäfttgten  Arbeiter  unb  Ein- 
führung eiue§  georbneten  9ied)t3$uftanbe§  jraifdjen  Arbeitgebern 
unb  Arbeitnehmern  unb  befonberS  bie  ©rünbung  oon  unter« 
ftütjungSfaffen  für  Reiten  ber  Sfcfoittfoffgktt,  AtbeitSuufäbigfett 
unb  beS  Altert  Verbefferung  beS  SebrlingSmefcnS  unb  Jpcbung 
beS  geiftigen  unb  fittlidjcu  3uftanbeS  ber  betr.  Arbeiterfdmft. 
Vorftanb  biefer  ©enoffenfdjoft  mar  Albert  Nittum ,  Beider 
maren  Arnolb  unb  Stöffler. 

3m  3ahrc  1870  mar  fobann  eine  neue  Sabriforbnung 
erfd)ienen.  2)iefe  enthielt  u,  a.  eine  Veftimmung,  monad)  Arbeiter 
ober  Sebrlinge,  melche  megen  einer  Veruntreuung  geridjtlid)  beftraft 
morben  maren,  auf  3ar)re  f)inau§  in  feinem  ^forjbeimcr  ©efd)äft 
mehr  Arbeit  befommen  burften. 

infolge  ber  bauernben  ^ftißftänbe  auf  bem  ©ebiete  beS 
SebrlingSmefenS  mürbe  im  April  1877  00m  bieftgen  ©emeinnüt}- 
Verein  an  ben  9ieid)Stag  eine  $cnffct)rift  jur  sjieuorbnung  beS 
SebrlingSmefenS  eingereidjt. 

AIS  meitere  Jortfdjrittc  auf  bem  Sege  ber  Selbftbilfc 
bürfen  bie  ©rünbung  eines  SebenSmittelbebürfniS-  unb  eines 
5iohlenoereinS  betrachtet  merbeu.  Von  feiten  etnfid)tSooller 
ftabrifanten  fehlt  eS  nidjt  an  (Sntgcgenfommen  unb  Unterftüt3ung, 
roo  eS  ftd)  um  bie  Verbeffevung  ber  materiellen  £age  ber  Arbeiten 
fdjaft  l)anbelt.  Von  oieleu  Seiten  mürbe  eS  fett  langem  als 
eine  Kalamität  betrachtet,  baß  bie  Arbeiter  nur  eine  fnappe 
Stunbe  3JlittagSpaufe  haben,  moburd)  bie  einheimifdjen  Arbeiter, 
fomeit  fte  entfernt  motten,  genötigt  ftnb,  ihre  TOttagSmabljeit 
in  aller  $aft  einzunehmen,  um  jeittg  genug  mieber  ins  ©efd)äft 
Ml  fommen.  3n  einer'  größeren  i)oublefetten=  unb  Bijouterie- 
fabrit  tyabtn  barum  bie  3«^ber  im  3afjre  1898  ben  Verfud) 


Digitized  by  Google 


262     ©ntftebung  unb  ©utroicfluna  ber  53txoutettcfabtitation. 


gemacht,  bie  9Jlittag§paufe  auf  XlL  Stunben  51t  uerlängern.  $ur 
allgemeinen  Ueberrafdjung  aber  begehrten  bie  in  ber  Umgegenb 
roohnenben,  abenb§  fjeimfehrenben  Arbeiterinnen  bie  Aufhebung 
biefer  wohlgemeinten  93eftimmung  unb  jroar  fo  nadjbrüctfid),  baj? 
roieber  $u  ber  früheren  $aufe  aurücfgefefjrt  werben  muftte,  fo 
bebauerlid)  man  biefen  Schritt  fanb  im  |>inblicf  auf  ben  gemifj 
nicht  ju  unterfchätjenben  fojialen  Jortfcfjritt,  ben  bie  Verlängerung 
ber  9Äittag§äeit  bebeutete. 

93ei  allem  33eftreben  bei  Jabrifanteu  unb  Arbeitern,  ein 
frieblid)e§  unb  erfprieftlicheS  3ufammenimrfcn  Su  ermöglichen  unb 
gegenfeitige  Reibereien  möglichft  $u  oerhinbern,  tonnten  ernfte 
9Jleinung§oerfd)iebenheiten  bod)  nicht  immer  ganj  uermieben 
merben.  3Mel  Anlaft  ^u  Unsufriebentjeit  gaben  manche  jmroeilen 
oietleicht  etroaS  rigoros  burd)gefüt)rten  93eftimmungen  ber  an 
fid)  auc^  oon  ben  Arbeitgebern  al§  burdjauS  berechtigt  anerfannten 
foaialpolitifchen  Jürforge  für  bie  arbeitenben  klaffen.*) 


*)  35er  ^aJ>re«bcrtc^t  ber  "öanbclsiammer  für  1H9H  fagt  barüber :  ^eben* 
fall«»  ftetycn  unfere  JMjouteriefabrifen  oor  ber  fdjroeren  Aufgabe,  it)re  für  baä 
2i>of)(  ber  oon  ityuen  befdjaftigten  Arbeiter  fd)lief$lid)  bod)  mafigebenben  priuat; 
lüirtfdjaftlidjen  ^ntereffeu  mit  ben  flefetiltcrjen  Uberlingen  in  (finflang  ju 
bringen.  $m  iücridjtajaljr  mufjte  infolge  be$  Langel*  an  Slrbeitdfrdften  311m 
erften  iMale  in  erbcblicbem  Umfange  ber  ftauöfleif}  herangezogen  roerben  unb 
mußten  oielfad)  betriebe  in  inbuftrieärmere  unb  baljer  günfrigere  ttrbeitS; 
oerf)ältmffc  aufioeifenbc  Wegenben  ocrlegt  toerben.  Sie  erftgenanntc  trrfajeinung 
roirb  auf  bie  aU^u  peinliche  ftanbbabung  ber  6eiocrbcorbnung  zurücfgcfübtt, 
burd)  bie  unferc  ftauptinbuftric,  namentlid)  in  Reiten  flotten  Wcfd)äft$gange8, 
fid)  fo  fefjr  bet)inbcrt  füblt,  bafc  fie  3ur  Grgänjung  ber  geioerbered)tlid) 
befdjränften  ^robuftionäfäbigljeit  ibrer  Gabrilen,  um  fid)  mettb'ciucrbfräftig  3U 
erhalten,  ben  .frauäfleitj  I)eran}iijic(;en  fid)  gezwungen  füblt.  00  erflärlidj  bieä 
audj  erfdjeint,  fo  bebenflid)  ift  bod)  auä  fojialpolitifd)cn  Wrünben  bie  Skr: 
brdngung  ber  ftabriftbätigfeit  in  bie  ftauäinbuftrie ,  ba  bie  in  iljr  tfyätigen 
^ierfonen  bei  unbefdjränfter  Mrbeitfyeit  fd)led)ter  bezahlt  werben,  in  unge- 
funberen  dtäumen  untergebracht  finb,  ber  Vorteile  ber  Mran!enoerfid)erung  nidjt 
teilhaftig  merben  u.  a.  m.  Sie  Verpflanzung  oon  betrieben  in  inbuftrieärmere 
Wegenben,  fo  roünfdjenäioert  fie  in  mandjer  ftinfidjt  erfebeinen  mag,  tumbe 
aber  im  ^ntereffe  uufercr  ftauptinbuürie  311  bebauern  fein,  fall*  fie  gröfoere 
Simenfionen  annehmen  follte,  ba  bei  3iinelnnenber  ^erfplittcrung  ber  fo  ^ofyU 
reidjen  Spezialitäten  ber  ßbelmetaUinbuftric  unfere  fd)ioer  errungene  unb  aud) 
im  Sluälanb  aiicrfanntc  bomimerenbe  Stellung  auf  biefem  (Gebiete  leicht 
gefäljrbct  merben  tonnte.  9Rit  bem  -Jlrbeitermangel  in  engem  3ufammenf)ang 
ftetjen  bie  3al)lrcid)cr  locrbcubcn  s^eftrafungen  roegen  Ucbertretung  ber  (bewerbe« 
orbnung.  Sie  erfdjeinen  ald  ein  ernfteä  Sumtom,  baö  locniger  nad)  ber 
Mdjtung  gebeutet  merben  follte,  Ott  ob  unfere  ,yabriiantcn  fid)  mit  befonberer 
Veicbttjerzigfeit  unb  sJiond)alance  über  bie  ^orberungen  be$  Wefcbes  b^^'^S1 
feben,  aÖ  oielmebr  bie  Crrioägung  naJ>e  legt,  baft  unjioerfmä^ige  Verorbnungen 
unbercd)enbaren  Sd)abeu  beroorjurufen  oermögen,  zumal  menn  ed  fid)  um  eine 
internationale  Saifoninbuftrie  banbelt,  inncrljalb  beren  fid)  ber  SSettbeioerb  ju 
einer  feltenen  Sd)drfe  auegebilbet  r)at  unb  uottoenbigcrioeife  baö  l'anb  über 
feine  Ritualen  ben  Sieg  baoon  tragen  muH,  baö  bie  oerhdltniömäpig  größte 
^etoegung-sfreibeit  unb  bie  günftigften  ^robuftion^beb'ngnngcn  bietet,  (is  liegt 
bie  Erwägung  naf;e,  ob  nia)t  manage  «eftimmungen  ber  fojialpolitifdpen  Jür* 


Digitized  by  Google 


©ntftebuna  unb  ©ntioicflunfl  bet  Sijoutcricfabrtfation.  263 

$BaS  in  üerfyältniSmäfiig  furser  Seit  auf  bem  ©ebiete  ber 
Arbeiterfürforge  gefdjeben  ift,  ^eigt  bie  £batfad)e,  ba&  bie  ©tabt 
^forjbeim  am  ($nbe  beS  abgelaufenen  CyabrbunbcrtS  jäfjrlid)  gegen 
700  ODO  Warf  für  bie  Arbeiteroerfidjerung  aufgebradjt  bat, 
mooon  Arbeiter  unb  Arbeitgeber  je  bie  $ftlfte  leifteten.  3>af} 
bie  fojiale  ®efe{jgebung  nidjt  auf  einmal  allen  3cf)äben  ab&u» 
Reifen  uermag,  ift  felbftuerftättblid),  ebenfo  felbftoerftäublid)  aber 
ift  eS  aud),  bajj  fte  uid)t  auf  tjalbem  $öege  ftefye  bleibe,  fonbern 
auf  ber  33af)n  rubiger  unb  ftetiger  Gntmicttung  fortfdjreite. 

ßum  Sdjluffe  motten  mir  über  bie  (SntmicfTung  unb  ben 
betrieb  einiger  größeren  gabrifen  bier  einiget  ermähnen. 

2)aS  ©efdjäft  oon  "Siobt  Ä:  SSicnettDerflcr  mürbe  im 
Spatjafjr  1885  mit  einem  ^erfonal  oon  10  ^erfonen  gegrünbet. 
£ergeftellt  mürbe  unedjte  Bijouterie.  3m  3al)rc  1888  gingen 
bie  3nf)aber  über  jur  JJabrifation  oon  Amerifaner  2)ouble'Artife(. 
2)aS  ©efdjäft  florierte,  fo  bafj  1890  =  80  ^erfonen,  1892  = 
120,  1894  =  150,  1896  =  250,  1898  =  320,  @nbe  1899  = 
350  ^erfonen  befd)äftigt  merben  tonnten.  $m  s$flai  1899  ging 
baS  Unternebmen  in  bie  $mnbe  einer  Aftiengefetlfdjaft  über, 
bereu  $ireftoren  unb  £eilbabcr  bie  beiben  bisherigen  Leiter  mürben. 

3ut  £)erftellung  ber  Amerifaner  *  double  *  Bijouterie  unb 
Letten  mirb  eine  £ampfmafd)ine  45  HP  oermcnbet.  5>ie  Jabrif 
bat  it)r  eigenes  eleftrifdjeS  i?id)t.  $er  SÖarenoerfanbt  erfolgt 
nad)  allen  Säubern. 

Tßt&  &  Surüa  :  Etabliert  1887.  Angefangen  mit  10  bis 
20  ^erfonen.  ^vabrifation  oon  ^oublefetten  aller  Qualitäten, 
öolbfetten  in  333, 1000  unb  585  1000  ff.  Umfajj  ca.  30  000  90M. 
pro  3al)v.  2)aS  ©efd)äft  t)at  fid)  jebeS  3abv  oergröfjert;  jebeS 
•  3af)r  mußte  gebaut,  mußten  neue  9Jiafd)iuen  aufgeftellt  merben. 
ier  .£muptauffd)mung  batiert  oom  ^abre  1896  t}cr  unb  fjat  oon 
ba  ab  bis  beute  ftctia  suqenommen.  Qeföfiftiat  merben  ISO  mann* 
lidje  unb  120  meibiidje  Arbeiter.  Arbeitszeit  - ,  beS  3af)ieS  - 
12  (Stauben,       beS  3aljres  =  10  Stunben.   $ie  §auptfraft* 

forgc  für  bie  arbeitenben  Hlaffen,  um*  ber  Uebcrtritt  eine*  Tcilö  ber  $afaif* 
tfjätigfeit  in  §au*inbuftric  neigt,  ben  urfpruuglidjcn  3lbftd)ten  gerabew  entgegen; 
gefebte  folgen  zeitigen  unb  ob  bcslmlb  nidit  einzelne  ^eftimmuin\en  unbejdnibet 
ihrer  Wrunbtenbenj,  in  biefer  ober  jener  Mdjtung  einer  iHbanberung  ober 
rHeoifion  bebiirftig  finb. 

Ten  ftetig  fort|'d)rcitcnben  fojialpolitifdien  ^cürelmngen  ber  Negierung 
gegenüber  marijten  fid)  in  ^nbrifnntenfreiien  meljr  unb  mehr  Sefeenten  geltenb 
baruber,  ob  bie  ^"buftrie  in  ber  tafle  fei,  jueitere  Neubelaftungen  und)  bieier 
3eitc  l)in  |U  ertragen  in  2lnbetrarf)t  ber  fortgelegten  Stelgerung  ber  j>er|tellumv> 
toften  burd)  lrrf)übuug  ber  sJlrbeitolöfme  unb  Wnterialpreife  unb  be«  ^eftreben«, 
bie  $er!auf«preifc  immer  mel)r  bcrabjubrücfen,  bei  ben  oteuercrl)öl)ungen  unb 
3ieloerlängernngen  mit  b,o^cm  $i«!ontofa$. 


Digitized  by  Google 


2(54     ©ntftebung  mtb  ®iitu>icttuun  bct  ©ijoutcricfabritotion. 

mafdjine,  meldje  ade  9Jiafd)inen  (3)gnamo»  unb  dleftromotoren) 
be$  ©eföäfteS  treibt,  ift  ber  neuefte  „$ief  el*3Wotor". 

iMoaurt  Ä:  Suxn.  ©rünbung  be§  ©efd)äft§  im  Sftai  1879. 
Slufaugsperfonal  30  -36  ^erfonen.  gabritation  von  double* 
ÜJUbaitlonS ,  .£marbcfd)läge,  3d)lößdjen  u.  f.  n>.  ©olb=  unb 
8ilberoerbraud)  ca.  20  000  SWart 

3m  Saufe  be$  Satyct»  1880  begann  baS  ©efdjäft  mit  ber 
gabrifation  uou  3)oubIc*Äcttcn.  93on  groger  2öid)tigfeit  bafür 
mar  bie  gäbigfeit,  ba§  Raubte  nad)  s$arifer  5Irt  oljne  Sot 
berftellen  511  fönuen.  SBon  nod)  größerer  53ebeutung  für  ba3 
Ci>cfd)äft  mürbe  bie  im  3abre  1890  ermöglichte  ßerfteUung  von 
elettro=plattierten  Letten.  $ie  fo  fyergeftellten  gabrifate  biefer 
girma,  meld)e  fie  al§  eine  ber  erften  auf  ben  3)carft  bradjte, 
fanben  megen  ifjrer  ^Silligfeit,  Sdjönbeit  unb  Solibität  ben 
größten  53eifall  ber  gad)leute.  @nbe  1899  befdjäftigte  bie  gabrif 
230  s)3erfonen  eiujdjließlid)  ber  fog.  Heimarbeiter. 

Äifrßmamt  &  itoeö:  (Eröffnung  be$  ©efdjäftS:  1871. 
s}lufang§perfonal  5  Arbeiter.    3lrtifel :  ftreuje  in  ©olb. 

(Snbe  1899:  ftteufte,  (£igarretten«(£tui3,  s-8erloque§,  (£rauou3 
u.  a.  in  ©olb  unb  Silber,  ^erfonal:  50  Arbeiter.  $ampf; 
mafdune. 

^rtcortd)  Spcibef  senior  grünbete  im  3atae  1868  ju 
(Eßlingen  unter  ben  befd)eibenften  s-ßert)ältniffen  bie  fyeute  fo 
blübenbe  unb  renommierte  flettenfabrrt  unter  feinem  Tanten.  $m 
3al)re  1874  nad)  s#for$l)eim  oer$ogen,  tjatte  er  unter  ber  aügc= 
meinen  ftrife  fdjiuer  511  leiben  unb  ber  betrieb  ftanb  fetjr  in 
grage.  Hon  1878—1882  bob  fid)  berfelbe  mieber  unb  umfaßte 
35  Arbeiter.  3"  Anfang  ber  9(>er  3abre  beteiligten  fid)  bie 
3öbue  am  ©cfdjäfte,  in  meldjem  1892  =  40.  1894  gegen 
80  Arbeiter  tbötig  maren.  (£0  erftanb  ein  neues  gabrifanroefen 
mit  Dampfbetrieb  unb  eleftrifdjer  Anlage,  Stber  ber  rapibe 
sJluffd)muug  im  SEBtntec  1895,  meldjer  bie  (Sinftellung  oon  über 
200  lUrbcilern  nötig  madjte,  erforderte  1896  einen  großen  Neubau 
mit  allen  Muforberungcn  be§  neuzeitlichen  Betriebs  unb  ber 
.yujgieue.  berfelbe  mürbe  auf  ben  33leid)miefen  erftellt.  3ur  felben 
>}eit  trat  gr.  3peibel  sen.  in  ben  Wufjeftanb  unb  überließ  fein 
©efd)äft  ben  Söhnen,  Heute  oerfügt  bie  ^forjfjeimer  gabrtf 
famt  bem  ^meiggejdjäft  in  sJtagolb  über  4oü  sJlrbeit3fräfte, 
mäbrenb  150  Arbeiter,  bie  meift  auf  bem  ©djmarjmalb  anfäffig 
(inb,  beftänbig  für  bie  girma  Heimarbeit  oerridjten,  fo  baß  ficij 
ber  Strbeiterftanb  auf  runb  550  ^erfonen  belauft. 

ytoflmar  &  ^ouroait  Ä.-cfr.,  Uf)rfettenfabrif  in  ^ßforj-- 
beim.  Die  girma  mürbe  am  1.  Januar  1885  oon  (Smil  Kollmar 
unb  SBilfjelm  Oo^'ban  mit  befdjeibenen  Mitteln  gegrünbet.  $ie 


@niftcbuiifl  unb  (gntnndluitfl  ber  93ijoutericfabrifation.  265 

urfprünglidje  gabrifation  waren  Wiefel*  oergolbete  Stetten  unb 
würbe  mit  6  s$erfonen  begonnen  unb  jwar  ohne  ÖetriebSfraft, 
(££  jeigte  ftd)  balb,  baß  SRafchinen  mit  Straft  nötig  waren,  um 
gegen  bie  Äonfurrenj  leiftungSfäbig  |ll  fein;  beShalb  würbe 
nad)  1  3afjr  ba§  alte  fiofal  oerlaffen  unb  ein  fiofal  mit  Baffer« 
traft  gemietet.  $a§  ©efcfjäft  nahm  einen  größeren  Wuffchwung 
unb  e3  tonnten  fd)ließlid)  70-80  "ißerfouen  befdjäftigt  werben. 
3m  3a()re  1888  89  würbe  bie  gabrifatton  ber  fogenannten 
Slmerifaner  3)oubiefetten  begonnen.  @3  jeigte  ftd)  balb,  baß  bie 
gabrif  51t  flein  war  unb  würbe  beShalb  unter  Beihilfe  be§  peem 
9lug.  tapfer  bie  jetu'ge  gabrif  ftaifer  griebrid)ftraße  3  gebaut. 
3)er  91rtifel  91itfel*ßctten  würbe  naef)  unb  nad)  aufgegeben  unb 
bafür  bie  auSfdjließliche  gabrifation  oon  SÄmerif.  $oubtefetten 
weitergeführt.  @3  würbe  eine  lOpferbige  2)ampfmafd)tne  für  ben 
^Betrieb  angefdjafft.  $ie  gabrif  würbe  wieberfyolt  oergrößert.  $eute 
flnMOO  Arbeiter  barin  befdjäftigt.  $)ie  beiben  oorfjanbenen  3)ampf- 
mafehinen  leiften  50  ^ferbefräfte.  3m  3af)re  1898  würbe  ba3 
@efd)äft  an  eine  2(ftien=@efettfchajt  mit  einem  Slfticnfapital  oon 
600  000  <mt  oerfauft  unb  *af)(te  bie  ©efettfdbaft  bisher  alfo 
3  3a^re  —  bei  reid)lid)en  3lbfd)reibungen  unb  sJteferoe  15  p(Et. 
SJiuibenbe.  3m  3af)re  1900  errichtete  bie  ©efeüfchaft  eine  giliale 
in  3?lttt)[r)aufen  a.  SBürm  in  eigenem  Stnwefen,  wo  gegen 
100  *ßerfonen  beschäftigt  werben,  fobaß  bie  ®efettfd)aft  j.  3- 
500  ^erfonen  auf  5lmerif.  2>oublefetten  befdjäftigt.  ®3  giebt 
feine  jweite  gahrif,  bie  fpejiett  auf  Slmerif.  2)oublefetten 
annäfyernb  fooiel  Arbeiter  hat. 

SBorftanb  ber  9lftien=@efeüfd)aft  waren  urfprünglid)  Gcmil 
Kollmar  unb  3Bitt)etm  3ourban,  teuerer  ift  jebod)  feit  2  fahren 
au3  bem  SBorftanbe  au§  ©efunbheitSrüdfidjten  ausgetreten; 
feitbem  ift  (£mil  Rottmar  alleiniger  ^orftanb.  sÄuf  ber  3lnt= 
werpener  9tu§ftettung  würbe  bie  ©efellfdjaft  mit  ber  fttbernen 
9J2ebaille  unb  auf  ber  ^arifer  2Iu§fte(lung  im  legten  3af)re  mit 
ber  gotbenen  2Jcebaille  auSgejeidjnet. 

3)ie  girma  ift  heute  mit  ben  beften  £>ilf3mafd)inen  au§* 
geftattet.  -3m  legten  3af)re  tonnte  bie  ©efellfdjaft  nid)t  alle 
eiuget)enben  Aufträge  effeftuieren,  unb  fie  ift  behalt)  gejwungen, 
einen  größeren  gabrifneubau  $u  erftetten.  5Jcit  bemfelben  würbe 
im  grüfjjahr  1901  begonnen  unb  er  fott  bi§  Spät  jähr  belogen 
werben.  $er  Neubau  wirb  mit  ben  neueften  9Jcafd)inen  au3= 
geftattet  unb  in  fanitärer  s33e$iehuug  eine  ^ufterfabrif  werben. 

Seit  l.SHat  ift  ba§  Slftienfapital  um  400  000  SWf.  erhöht 
worben  unb  hente  beträgt  e3  1  000  000  sJJcf. 

$ie  gabrifate  ber  girma  —  3Rarfe  „J.  K."  —  getreu 
heute  nad)  ber  ganjen  SBelt. 


igitized  by  Google 


26G     ©ntftebunn  unb  (Sutnrirflunfl  ber  Siijoiiteriefabufatiou. 

X>cr  Äuttffgewerßcwrin.*) 

$)ie  Anregung  jur  ©rünbung  be§  $unftgewerbeoerein§  gab 
bie  nad)  ber  oemütigenben  Stteberlage  bcr  beutfa)en  3nbuftric 
auf  bcr  ^bifobelpbia-4öeltau$fteUung  bei  ben  beteiligten  3nter* 
effenten  buvdjgebrodjene  (Brfenntnte,  ba&  energifdje  (Schritte 
getban  werben  müßten,  bic  offenfuubigen  Si^mfic^en  bcr  beutföen 
inbuftiiellen  s^robuftion  auSjubeffern  unb  51t  überminben.  ©djul-- 
unb  Sadjmänner  würben  nidjt  mübe,  bie  Stil*  unb  ©efd)macf- 
loftgfeit  eines  Teiles  unferer  fog.  funftgemerblicben  £)anbeU: 
artifel  nadjjuweifen  unb  ba§  45«tercff c  bcr  beteiligten  in  ben 
Veftretumgen  ber  ©eweibemufeen  unb  wa§  bamit  jufammenbing, 
wad)$urufcn.  5lu3  bem  ©eifte  biefer  ^Bewegung  beraub  rief  ber 
9Jlünd)encr  ^unftgewerbeoerein  im  Stammet  1876  feine  epod)e» 
utad)enbc  5lu3ftcllung  in§  ü*eben.  Sie  l^attc  ben  93efud)ern 
beutlid)  oor  klugen  geführt,  bafj  niebt  fflaoifcbe  sJJad)bilbungen, 
onberu  bie  ®urd)bringung  moberner  Jornten  mit  ber  ©ebanfem 
Alle  bcr  SIntife  bie  glanjuolle  üunftcpod)c  ber  9ienaiffauce 
beroorgerufen  tjatte,  bafc  utrfjt  au§  ber  inbioibueHen  Vereinfamuug, 
fonbern  au§  bem  fruchtbaren  boben  forporatiuer  3ufammen* 
gebörigfeit,  au£  gegenteiliger  Anregung  tyvauS,  ba§  nad)  ©eift 
unb  3orm  möglidjft  oolltoinmene  ßunftwerf  beroorgebt,  nrie  eS 
e3  einft  beroorgegangen  ift  au3  ben  3unftftuben  Dürnbergs  unb 
9lug§burg§.  2)ie  sJtot  bcr  3eit,  bie  immer  mebr  junefjmenbe 
Sdnmerigfeit ,  für  bie  gewohnten  inbuftvicüen  ^robutte  ben 
nötigen  3lbfa^  ju  finben,  waren  wol)l  geeignet,  bie  gewonnene 
neue  (Srfenntni§  ju  uertiefen  unb  bereu  praftifd)e  Verwertung 
ju  erleichtern.  Öllentbalben  begann  man  bie  bebeutung  ber 
Stunftgeroerbcfdjulen  fd)ät}en  511  lernen  unb  ben  SHufeen  einen 
boben  s-£Bevt  beijulegen  So  aud)  in  s#forjbeim,  wo  9Jtänner 
wie  Siebenpfeifer,  Nittum,  Stöffler  unb  bie  bamaligen  $anbel§= 
fammeroorftänbc  ber  Pflege  folcfjev  Stnftatten  mit  Ueberjeuguug 
unb  Sänne  ba§  Sort  rebeten.  2)urd)  Vermittlung  be§  $cmoe& 
minifteriumS  gelang  e§  ibnen,  nad)  <5d)lufc  ber  aHündjener  2lu3= 
ftellung  für  furje  3eit  eine  größere  Mnjabl  oon  ©egeuftänben 
au§  bem  ÄenfingtomSMufeum  in  Sonbon  überlaffcn  ju  erbalten, 
weldje  al§  ^ftittelpunft  einer  reieben  unb  befonber3  für  bie 
SJtetalltedjnif  boebiutereffanten  9lu§ftetlung  älterer  unb  neuerer 
ftunftwerfe  in  ben  Räumen  ber  5lunftgewerbefd)ule  benutzt 
würben,  ^ie  Verebelung  ber  "Pforjbeimer  ßbelmetatlinbuftrie 
war  511m  allgemeinen  Qntereffe  geworben.  ©3  trat  ber  SBunfd) 
}U  Jage,  bie  Vejiebung  ber  5iunftgemevbefd)ule  )U  ben  praftifdjen 
Vebürfniffen  bei  Jabrif  burd)  ©infd)iebuug  eines  Sflittelgliebe* 
511  evböben  unb  51t  befdjleuuigen,  unb  bie  golge  war  bie 

*)  9iad)  £»anbcl$fammerberid>ten. 


Digitized  by  Google 


(£ntftebunfl  unb  ©ntroictluua  ber  SJiioutcticfabritatiou.  2G7 

©rüubung  be§  ftunftgemerbeoereinS,  bcm  alsbalb  200  orbentliche 
unb  150  auftcrorbentliche  9flitglieber  beitraten.  Die  Einlage 
einer  Bibltotfjef ,  bie  silnfd)affung  oon  gadjfchriften  in  einem 
eigenen  Qlttyn»  unb  &e|e$immer,  bilbeten  bie  erften  Dhaten  be§ 
neuen  herein«.  ($3  folgten  ^keiSausfchreiben  ju  (Entwürfen  für 
Bijouterie,  Wobeie  unb  6d)miebearbeiten ,  Aufteilungen  unb 
Vorträge.  Bei  aüer  Jtunftpflege  aber  mufj  in  erfter  Weihe  bem 
©efdjmacf  bes  fläuferS  Rechnung  getragen  werben,  ber  nidjt 
gerabe  immer  mit  bem  Attribut  „geläutert"  bejeid)net  werben 
fann.  Qm  hinter  1878  begann  ber  Berein  mit  etwa  fünfzig 
gabrifanten  bie  Anfertigung  *  einer  ßolleftion  Sdjmucfgegenftänbe, 
weldje,  unbefümmert  um  ben  f)errfd)enben  ©efdjmacf,  nur  ben 
Anforderungen  eine§  ebeln  ®efd)macfe3  ju  genügen  rmtten,  ohne 
aber  in  Bejug  auf  ftoftbarfeit  ben  Gahmen  be§  3J}affengefdmtac(e3 
511  überfcrjreiten.  (£§  follte  bamit  gezeigt  werben,  bafc  ^forjheim 
and)  ben  gorberungen  c"lc^  geläuterten  ($efd)inacfe§  51t  ent* 
fpredjen  uermag,  fofern  e§  nur  oerlangt  wirb,  fobanu  follte  bie 
Aufteilung  in  ben  größeren  Stäbten  Deutfd)lanb3  ba^u  beitragen, 
ben  allgemeinen  ©efdmmcf  111  l)eben  unb  ju  oerebeln.  4)ie 
Abftd)t,  bie  Gräfte  511  fammeln  unb  ju  erproben  unb  bie  neu* 
gewonnenen  ($eficr)t»punfte  in  bie  praftifdje  gabrifation  um$u= 
fetten,  mar  gelungen.  Aud)  bie  anbere  Abftd)t,  ju  jeigen,  was 
N}?for$heim  ut  leiften  imftanbe  fei,  fiel  auf  guten  Boben.  $a§ 
Urteil  ber  treffe  lautete  einftimmig  fehr  jur  @hre  ber  s13for$* 
heimer  ^nbuftrie.  SBeniger  erfolgreich  mar  bie  Sanberauftellung 
hinftdjtlid)  ber  allgemeinen  ©efchmacfSoerebelung,  unb  bas  ift 
aud)  etwa§  fet>v  Natürliches  unb  Begreifliches ;  benn  um  mit 
hergebrad)ten  Anfdjauungen  auf  biefem  ©ebiete  aufzuräumen, 
bebarf  e§  nad)haltigerer  unb  planmäßigerer  Gcinflüffe,  al$  eine 
mehrtägige  2Öanberau§ftellung  fie  au^uüben  oermag. 

Der  fiunftgewerbeoerein  erfreute  fid)  feitbem  einer  ftetig 
fortfdjreitenben  (Sntwirflung.  Das  oon  ir»n  errichtete  Äunft* 
geroerbemufeum  mit  feinen  lebrreid)en  Aufteilungen,  bie  im 
Berein  gehaltenen  funftgemerblidjen  Borträge,  bie  in  Berbiubung 
mit  bem  Äunftgewerbcmufeum  oom  Berein  ausgeheube  gad),seit* 
fdjrift  „Stunftgemerbeblatt  für  bas  ©olb*,  Silber*  unb  (SbelmetalU 
gemerbe  (oorjüglid)  rebigiert  oon  Wilhelm  ©töffler,  beffen  oiel- 
jähriger,  oerftänbiger  unb  trjatfräftiger  Arbeit  im  Dienfte  ber 
@belmetall=3nbuftrie,  biefe  in  heroorragenbem  9)?aj?e  ihre  gürber= 
ung  ju  banfen  hat)  u.  a.  ffrtb  h^roorragenb  geeignet,  bcm  $fot$* 
hetmer  ftanftgewerbe  bie  ihm  gebührenbe  Stellung  im  4öett= 
bewerbe  ju  oerjdjaffen  unb  ihren  s^robuften  ein  immer  weiteres 
Abfatjgebiet  &u  gewinnen. 

Bon  (Einflujs  auf  bie  ©eftaltung  ber  (Sbelmetaüinbuftrie 
ftnb  ferner  bie  gachblätter  „£($mtt<UKaftcnu,  monatlid)  herauf-- 


i 


Digitized  by  Google 


2G8     (Sntftebung  unb  ©nttoicflung  bcc  93ijoutericfabrifaliou. 

gegeben  oon  Jyv.  2Bilf).  3immevmann,  fotoie  „Per  Odi nnnT: *■ . 
ein  v33ijouteviejouvnal,  hevauSgegebcn  unb  oevlegt  oon  sJÖiit).  gleiuev. 

(Einen  namhaften  Anteil  au  bev  görbevung  ber  ^fovjheimcv 
(Ebelmetallinbuftvie  t)at  aud)  bev  herein  „Odmörßer**,  beffen 
9Jiitglieber  fiel)  aus  bev  (Slite  bev  ^ijouterietedmifer  jufammen^ 
fefcen.  kleben  bev  tfuuft  pflegt  bev  herein  aud)  ba$  gejeüige 
lieben  untev  feinen  Angehörigen. 

Vie  Äunßgeiocrocfdmfe.*) 

$ie  $unftgeioerbefd)ule  tourbe  in  einem  oon  bev  Stabt* 
gemeinbe  aufgeführten  Neubau  (4(36  000  9Jcf.)  im  Jyrühfommer 
1877  errichtet  unb  bilbet  al§  gadjfdjule  füv  bie  @belmetall= 
inbuflrie  bev  6tabt  eine  felbftänbige  Anftalt.  Km  1.  3anuat 
1887  würbe  biefelbe  in  bie  ftaatlidjc  SBeroattuttg  übernommen, 
unb  unterftetjt  feit  1892  ber  Oberaufsicht  unb  Leitung  beö  ©vojjh. 
©eioevbefcrmlvateS,  meinem  bev  SHteftot  al3  aufcerovbentlidje* 
9ftitglieb  angehövt. 

3toecf  bev  (5d)ule  ift  bie  gövbevung  unb  Hebung  be§  ftltnft* 
hanbioerfS  buref)  oielfeitige  tbeovetifdje  unb  praftiferje  §ercnv 
bilbung  jungev  Seute  ju  tüdjtigen  Arbeitern  „  3Ber?führem, 
3eictmern,  9/cobelIeuren  unb  (£ifeteuren,  mie  fic  bie  s$fov$I)eimer 
Snbuftrie  unb  inSbefonbeve  bie  Cgbelmetalliubuftrie  oerlangt.  2)er 
Untevvidjt  an  bev  Anftalt  umfaßt  bemnad)  Schattenlchve  unb 
^evfpeftioe,  ornamentale  gormcnlehre,  Avdjiteftuvseidjnen,  gret» 
hanb.jeidmen ,  giguvenjeidjneu ,  garbenübungen ,  dmaiüieveu, 
(Smaillemalen,  Gifelieven,  ©raoieren  unb  treiben,  ^eidmen  unb 
©ntioevfen  funftgeioevblidjev  ©egenftänbe,  Sftobellieven  in  Zhon 
unb  Stach*,  öaloanoplaftif. 

s-öon  bem  Augenblicf  bev  ©rünbung  bev  Anftalt  ab  muvbe 
bev  £d)ule  feitenS  bev  Jabrifantenfdjaft  ein  unbebingteS  SBer* 
trauen  entgegengebracht.  $ic  ^iifung3au$ftellungen  geben  ben 
$3eioei§  eine*  evnften,  fachgemäßen  Strebend  unb  fovtfcrjveitenber 
Stiftungen,  fo  baft  bie  3d)ule  beute  eine  unentbehrliche  Stütje 
unb  ein  mächtiger  .£>ebel  für  bie  öijouterie*3nbufrrie  geworben  ift. 

$ur  gövbevung  bev  AnftaltSjiele  unb  juv  Aufmunterung 
begabter,  ftrebfamer  Schüler  flehen  ber  Anftalt  eine  allgemeine 
Jhinftgetoerbefdnilßiftung  unb  ^rioatftiftungen  jur  Verfügung, 
bereu  $infen  alljährlidj  in  genanntem  Sinne  oerroeiroet  merbeii. 
Alle  2  3ar)re  finbet  eine  Aufteilung  oon  (Sdjüleravbeiten  flott 

Qur  SRitnrirfung  bei  bev  Leitung  bev  Anftalt  ift  ein  be= 
fonberer  Beirat  beftimmt.  An  bevfelben  mitten  außer  bem 
Tivefrov  Sffiaag  bie  3  ^rofefforeu  SHieftev,  ftleemann,  Holter, 
bie  Ser)rer  SBittmaun,  sJtürflin  Sauttev  unb  £avbt. 

*)  Wad)  3af)re*bericf)ten  bev  fccmbciafammcv. 


Digitized  by  Goo 


<£i;tflcf)unfl  unb  Gntwirflunn  Der  SBüoittcuefabrifation.  209 


Der  lluterridjt  verfällt  in  3  ^afjreSfurfe.  $ux  Xufnafyne 
ift  ber  9Iad)mei3  berjenigen  ftenutuiffe  erforberß$,  weld)e  auf 
einer  iioeiffafflgen  (#ewerbcfd)ule  erworben  werben.  3»n  ber 
Megel  foll  ber  sJluf$unebmenbc  ba§  16  SebenSjafyc  jutrücfgelegt 
haben.  2>aS  jäbrlidje  Sdjulaelb  beträgt  für  ben  1. fturS  18  9Jtt., 
für  ben  2.  tfurS  21  ÜM.  unb  für  ben  3.  ßur§  24  9Jlf.  Ta§ 
Material  jum  ÜHobellieren,  $n  ben  praftifdjen  Lieblingen,  foiuie 
baS  3eid)cnpapier  werben  uon  ber  Xtlftau  gcftcUt,  bie  Sarben 
in  fjalben  ÄnfaufSpreifen  abgegeben.  ©injelne  Sd)üler,  bereu 
l'eiftungen  als  fyeruorragenb  be$eid)uet  werben  fonnen,  erhalten 
bie  93ered)tigung  jum  fug.  $üttftler=(£injäl)rigen.  3m  $af)re  1877 
mar  bie  3(nftalt  nott  40,  1900  non  273  Sdjülertt  befud)t. 

Pte  tiroftß.  6bcrmctair-"5lroDicranftart 

bient  ber  llnterfucfyung  ber  in  ber  ®olb-  nnb  Silberwareit* 
3nbitftrie  Serwenbung  finbenben  £>ilfSftoffe  —  UnebelmetaUe 
nnb  bereit  Öegierungeu,  Platin,  2ot,  Sdjmeljpuloer,  Sftineralfäure, 
öolb*  nnb  Silberlöfungeit  nnb  Sal^e,  Gtjemifalien  —  nnb  ift 
in  ber  Sage,  bie  tut  Umbüllung  ber  «Baren  gebräudjlidjen  Stoffe, 
Rapier,  Baumwolle,  (StuiSftoffc  :c.  auf  ibre  SHeinfyeit  bejw.  auf 
ibr  Sveifein  oon  SJeftanbteilen,  weldje  ben  ©lanj  ber  SBaten 
fd)äbigen  fönnen,  ju  prüfen.  SBorftanb  ift  feit  ^öeftebeu  beS 
OnftitutS  ber  ßfjemifer  £>an3  3Bad)ter. 

^erbinanb  $>e  alsfc 

würbe  geboren  am  2G.  $e» 
|br.  1774  auf  ber  Oebrladjer 
®la§büte,  Slmt  Suljbad). 

3u  feiner  (£r$iebuug 
batte  er  einen  $au8le$ret, 
weldjer  DaS  erfte  3ntereffe 
für  $t)t)ftf  unb  53otanif  in 
ibm  werfte.  Sdjou  in  früher 
^ugenb  geigte  er  aud)  eine nid)t 
unbebeutenbe  Begabung  in 
bor  SHufif,  burd)  weldje  er 
fid)  feine  erften  Stiefel  uer= 
bleute,  wetd)c  ibm  fein  93ater 
uerfprad),  fobalb  er  ben  (Sc- 
fang  ber  Weiueinbe  in  ber 
Mirdjc  auj  ber  Crgel  be= 
gleiten  tonnte,  was  er  fdwn 
im  9.  3«t)ve  511  tyun  im 
Staube  war.  Gr  lernte  als 
(^olbarbeiter    bei  3^l)aint 


^erbtnanb  £)ca)*fe 

©rfinber  ber  2Bcinroaae. 


270     (Sntftebuna  unb  ©ntroictlunq  ber  Büouteriefabrifatton. 


s£eter  ©täfer  in  Deuringen ,  welcher  ihm  nad)  jurücfgelegter 
Sefpgett  ein  uorjüglicheS  geuaniS  in  bei*  ©ofofd/miebehmfl  aus* 
fteüte.  3"  ^for^eim  war  er  evft  längere  3eit  ßabinettmeifter, 
affocierte  fid)  fpäter,  wobei  er  aber  fein  $lücf  hatte.  (£r  ging  öe§-- 
halb  nad)  unb  nad)  jur  Optif  unb  ?Jeinniec£)anif  über.  i>aju  oer^ 
anlafjtcüm  ein  Auftrag  ber  Stabt  (18 121,  bie  ftäbt.  Brüctenwaagen 
I)ei\yifteUen.  Sein  größtes  Streben  mar,  ben  .Jmnbel  unb  baS 
(bewerbe  burd)  mafdjineüe  Steuerungen  ju  förbern ;  er  erwarb 
fid)  bie  golbene  s43erbienftmebaiÜe,  inbem  er  bie  erfte  Spiritus 
breunerei  hier  errid)tete.  3lufjerbcm  fteüte  er  in  $eutfd)lanb  ba§ 
erfte  .fmrmonium  §et,  baS  jetjt  nod)  eriftiert,  madjte  bie  erfte 
SJhtnbtjarmonifa,  erfanb  bie  Färbung  be§  roten  ($lafe§,  ferner 
bas  fogenannte  £eben§rab,  auS  bein  nun  in  feiner  weiteren  93er- 
ooüfommnuug  ber  ßinematograph  beroorgegangen  ift.  3>n  biefer 
3eit  erfanb  er  auch  bie  jetjt  fo  weit  oerbreitete  Feinwaage,  bie 
eine  feiner  bebeuteubften  dsrfinbungen  war.  (Sr  ftarb  im  3«hre 
1852  am  17.  9Rär$  in  sßforjt)eim  unb  überlief  feine  phufifalifdje 
SBerfftätte  feinem  Sohne  <£f>riftian  Subwig  Deckte. 

Staatsrat  ?oß.  3>ricoridj  Baumgartner. 

9?on  ungewöhnlichem  (Siuflufj  auf  bie  (Sntwicflung  ber 
93ijouterie-3nbuftrie  unb  bereu  Befreiung  oon  aüem  3ud)tjwang 
war  ber  Cberoogt  unb  fpätere  Staatsrat  "Baumgartner,  ein  warn 
oon  weitem  Blicf  unb  Harem  BerftänbniS  für  bie  2Bege,  meldje 
bie  $for$heimer  Qnbuftrie  einfd)lagen  mußte,  wenn  fic  einer 
gebeit)lid)en  (SntmicHung  entgegen  geben  füllte,  ©eine  Berbienfte 
um  ^forj^eim  haben  in  bem  9luffatje  über  bie  Bijouterie  fo 
eingehenbe  Söürbigung  •  gef unben ,  bafj  wir  l)ier  auf  weitere 
Zugaben  nad)  biefer  (Seite  hin  wohl  oerjidjten  tonnen. 

Johann  griebrid)  Baumgärtner  war  geboren  im  Sahre 
1756  auS  einer  alten,  angefel)enen  Bcamtenfamilie.  (£r  ftubierte 
bie  fechte,  würbe  -öofrat  beim  £>ofratSioüegium  in  Karlsruhe 
unb  im  3af)re  1791  Dberamtsoermefer,  im  folgenben  Qafjre 
Oberoogt  $u  ^forjheim.  .£>ier  mirfte  er  in  liberalem  Sinne 
&um  größten  Segen  ber  Stabt  unb  be§  ganzen  BejirfS  bi§  1803, 
in  weld)cm  3afjre  et  sum  £anboogt  in  Strahlenberg  ernannt 
würbe.  1804  erhielt  er  ben  Gharafter  als  ®el).  Rat  II.  klaffe, 
würbe  1807  9iat  im  Jinanjbepartement,  im  folgenben  3abre 
Staatsrat  unb  Jtommerpräftbent,  fam  im  Qafjre  ö^  wW« 
lid)eS  sJJiitglieb  in  baS  pufti^miuifterium,  wo  er  jur  l)öcr)flen 
^ufriebenheit  feines  Surften  thätig  war.  3m  3a$te  1818  erhielt 
er  ba§  5lommanbeurt*reu$  beS  ^ähringer  i'ömenorbenS  unb  würbe 
im  3<d)re  barauf  9)htglieb  be§  StaatSminifteriumS  unb  ber 
©efetjgebungStommiffion.  groei  3af)re  fpäter  würbe  er  s^räftbent 
berfelbeu,  ftanb  feit  bem  näd)ften  Sagte  bem  oberften  3uftig» 


Sntftcbunfl  unb  Sntioictluna  ber  SÖijoutetiefabrifation.  271 

Departement  al§  ^räftbent  nur,  rourbe  1822  jum  roirflidjen 
©ef).  föat  ernannt,  erhielt  ba§  ©roj$freuj  be§  Springer  Söroen* 
orbcnS  unb  ftarb  1827  in  ÄarlSrulje.  Baumgärtners  ©rabftätte 
(Familiengrab)  befinbct  fid)  auf  bem  alten  griebfjof  an  bcm 
sißeg  längs  ber  Stauer,  bie  au  ben  iSraetitijcfyeu  griebfjöf  anftöjjt. 
$Bie  f)od)  Baumgartner  in  ber  ©unft  ber  ©rüj$j)er$öge  Äarl 
^riebrid),  5larl  unb  #ub  n>ig  ftanb,  ba§  jeigen  gm  ei  in  Slbfdjrift 
im  ©r.  ©eneraltanbe3ard)U)  befinblidje  überaus  fdjmeidjelfjafte 
.£>anbfd)reiben. 

2>ie  ©tabt  ^ßfor^eim  ct)x*tc  ba§  3lnbenfen  be§  um  fic  |o 
f)üd)uerbienten  9ftanne§  burd)  Benennung  einer  Strafje  uad) 
feinem  Hainen.  Baumgartners  (Sittel  ift  ber  SWebijinalrat 
3)r.  Baumgartner  am  (Sanatorium  Ouififana  in  Baben.*) 

*)  veiber  war  fein  «ilb  9auntßdrtnrrS  *u  erhalten. 


i)for$l)etm  im  19,  $nljrl)in!bcrt. 


2*ofitifdics. 

Ratten  ftd)  BabenS  trefflidjer  gfirft  unb  fein  Bolf  ergebungS* 
uofi  bem  unuermeiblidjen  Sdjicffal  gefügt,  ba§  ein  frember 
Eroberer  unb  ©eroaltmenfd)  über  fein  Sanb  »errängt  fjatte; 
batte  man,  ber  %)t  gefjorcfyenb,  ntcfjt  bem  eigenen  triebe,  ftd) 
%ipoleon§  3)iftatur  aud)  n>ieberfprud)§lo$  untergeorbnet,  um 
nid)t  feiner  Brutalität  preisgegeben  ju  fein,  fo  mar  barum 
bie  Siebe  jum  beutfd)en  Baterlanbe  nidjt  oerfc^munben  unb  e$ 
beburfte  nur  eine§  frifdjen  2uftjuge§,  um  bie  fjeilige  glamme 
roieber  mächtiger  benn  je  emporlobern  $u  (äffen. 

Bei  fieipjig  fdjon  Ijatten  einzelne  Truppenteile  ftd)  offen 
non  bem  roiberroillig  getragenen  3od)e  loSgemadjt  unb  uor 
s$art§  fämpften  bie  babtfdjen  Truppen  mit  Branour  Seite  an 
Seite  mit  il)ren  preu&ifdjen  $ameraben. 

Bürger  unb  Bauer,  5lbelige  unb  Arbeiter,  Offoier  unb 
£>aubn>erf$mann  maren  von  gleid)  l)or)er  Begeiftcrung  befeelt  unb 
wetteiferten  in  opferfreubigen  Traten  fürS  beutfdje  Baterlanb. 

2lm  14.  2)ejember  1813  erliefe  ba§  Bürgermeifteramt  auf 
Beranlaffung  einer  ftunbgebung  be§  ©ro&fjerjogS  einen  patriotifd) 
gehaltenen  Aufruf  an  bie  Bürgerfdjaft  jur  Stellung  oon  5rei* 
willigen  unb  $ur  Stiftung  freiwilliger  Beiträge. 

SSeldjen  ©rfolg  biefe  Aufrufe  bei  ber  Bürgerschaft  Ratten, 
gebt  au§  ben  bie§bejüglid)en  Mitteilungen  be§  „2Bod)enblatte§" 
(„Beofcadjter")  (jeroor;  mir  laffen  benfelben  hier  ba§  2Öort: 

22.  Sejembcr  1813. 

„Aufruf  an  habend  3 ü n g l i n g c !  Seine  tföniglidje  .\>of>eit  l)abcn 
geruht,  mir  bie  Formierung  beö  ju  erridjtenben  freiwilligen  oäger=:Mcgimente« 
ju  %>ferbc  gnäbigft  ju  übertragen;  mit  geregter  ^yreube  meinen  2£irfung«freif; 
in  biefen  iagen  fo  eljrenooU  erweitert  ju  fet)en,  fünbige  ia)  (Sud),  if)r  iöabifdje 
Jünglinge,  biefe«  an,  unb  mit  inniger  Suoerfidjt,  ba&  id)  nidjt  oergeben«  ju 
ßua)  fpredje,  ergebt  mein  Aufruf,  an  SlUe,  roelaje  in  ber  Äraft  ber  Sugcnb, 


^forgbeim  im  19.  3al)tbunbert. 


273 


unb  erfüllt  oon  bem  großen  3roerf,  in  (Sinem  Sinn  für  eines  nur  ju  ^anbcln, 
biefen  fa)öncn  Seruf  erfüllen  roollcn. 

Gilt  unb  fommt  ^erbei !  —  beroährt,  roa8  (Suer  #ürft  oon  6ud)  erroartet, 
oer  mehrt  bie  $a1)[  ber  tapferen  £eutfa)en,  welche  jum  Äampf  für  iHuhc  unb 
^rieben  ftö)  pereinen,  unb  roeld)e  fein  Opfer  für  511  grofc  aa)ten,  um  baS  ju 
erringen,  roaS  bem  2Jtenfa)cn  treuer  unb  roertb  ift. 

Ahr  alfo,  bie  ..Mir  &ua)  oermögenb  genug  [et)t,  Äletbung,  Staffen  unb 
Pferb  felbft  ju  fdjaffen,  erfpart  bem  iöaterlanbe,  baS  jefct  alle  feine  Quellen 
faft  erfdjöpfen  mufj,  biefc  «nftrengung,  unb  tinit  10a«  in  (Suren  Äräften  fielet  : 
ohr  aber,  benen  feine  Wlücfsöüter  ju  -t^eil  mürben,  oerfammelt  (jud)  unter 
bem  panier  UnfereS  erlaubten  dürften,  man  roirb  6ua)  rüften,  burdj  bie  vulfe 
bercr,  an  bie  iü)  mia)  nur  mit  meinen  Iiiorten  roenbe. 

3a  aua)  3br  —  bie  3h*  bura)  ^ö^ere  3af)re,  ober  una&änberlidje  SBer* 
hältniffe  aurücfgebalten  roerbet,  perfönlia)  311  erfa)einen,  30*  fönnt  Such  et)ren 
—  oiel  beförbern  bura)  (Mabe  unb  05efa)enf!  unterftüfct  baö  fa)one  Streben 
(Euerer  ärmeren  trüber !  ittaS  ber  3Hann,  ben  nur  eine  ftütte  fa)ü|t,  barbringt, 
roirb  fo  roiUfommen  feon,  alS  ber  reidjlidje  Seitrag  beS  ^ermöglichen :  ©rfüllt 
bie  ^eilige  Pflicht,  bie  (Suer  Jürft  an  feiner  freuen  vor,  gelegt,  erfüllt  fie  balb 
unb  roillig  —  bie  (Segnungen  ber  Golfer  roerben  aua)  (iud)  belohnen! 

flögen  balb  bie  öffentlichen  »lättcr,  bura)  roela)e  jebe*  Opfer,  baS  3h* 
bringt,  ben  3*it9cnoffen  genannt  roerben  foU,  in  gebrängten  Leihen  eS  oer» 
fünben,  bajj  Jürft  unb  Staterfanb  nia)t  »ergeben«  auf  (Sud)  gefu>ffet;  nia)t 
umfonft  ut  (lud)  ge|proa)en  hat." 

0.  #oljing, 
2)lajor  unb  ftlügettlbjutant, 
ftommanbeur  beS  freiwilligen  Jägerregiments  ju  $ferb. 

22.  Eejember  1813. 

„9(uf  bic  ooranfterjenbe  Slufforberung  hin  finb  in  ^teftger  6tabt  folgenbe 
freiroillige  Beiträge  unterzeichnet  roorben: 

ftollänber  £>ol&Hompagme  1  Jäger  ju  ^ferb. 

6al5v2lbmobiationgefeUfchaft  1      —  — 

Vefegefellfdwft  2      —  — 

Jlofc  herein  1      —  — 

Jör.          »enefifer  1      —  — 

—  £of«9i.  Springer  1      —  — 

—  ginfenftein  1      —  — 

—  »JG.  *.'enj  u.  Sicoert  1  —  — 
3)cab.  tfiehnle  1  —  — 
$r.          Mennig  u.  tfrenfel  1  —  — 

—  «5<s.  SJolmenberger  1  —  — 

unb  Safob  dichter  fteUt  unb  equippirt  fid;  felbft  ju  ben  3^9«™  J"  pferbe  auS 
eigenem  Vermögen. 

Slu&er  ben  $ur  tfauallerie  fia)  angebotenen  jungen  Männern  fw&cn  fta) 
mehrere  freiwillig  nur  Infanterie  gemelbet. 

3>on  Stabt  u.  1.  u.  t'anbSlmt  finb  größtenteils  fchr  gute  unb  braua)= 
bare  #euergeroehre  jeber  3lrt  3*Ü  an  ber  $at)l  geliefert  roorben,  rooran  bie 
Stabt  aUein  220  beigetragen  hat." 

10.  Januar  1814. 

„Sie  Stabt  ^Jforjhcim  r)at  ihren  alten  anererbten  Patriotismus  aud)  in 
biefer  fdjroeren  3eit  babura)  bcroährt,  bafj  fte  |n  bem  frciroillicjen  3ägerforpS, 
rocldjeS  ich  $u  fommanbieren  bic  ü'hrc  habe,  20  3)cann  unb  1  Trompeter  auS* 
gerüftet  ftellt.  3m  Hainen  beS  ^aterlanbeS  bejeuge  id)  hiermit  ben  trefflid)en 
bürgern  biefer  Stabt,  in  benen  noa)  ber  (^eift  ihrer  Sater  lebt,  roela)e  bei 
Wimpfen  ben  glorreichen  93aterlanb$tob  ftarben,  meinen  innigften  lauf,  unb 

18 


igitized  by  Google 


274  $fotabeim  im  19.  ^abtbunbert. 

id)  f>ege  bad  gercdjte  Vertrauen,  bafi  aud)  bteie  Jünglinge  ^for^eim«  am 
läge  ber  3d)iad)t  fid)  bed  Manien*  i^rer  ^aterftabt  roiirbig  jeigen  roerben. 

u.  fr  o  1 3 in g, 
Mommanbeur  bes  freiwilligen  ^ügerforpS, 
Wajor  unb  Alügelabjutaut. 

lo.  Januar  1814. 

„Tod  stillt  }>forjl)etm  tjat  neuerbing*  51t  bem  berittenen  Jagerforpä 
IS  }%ferbe,  aU  freiwillige  Wabe,  geftcllt.  Cr »5  ift  ein  erhabenes  (Mefüljl,  fid)  in 
feinen  "JMtrebuugen  für  ÜJaterlanb  unb  ^ntiona lefjrc  oom  (rifer  patriotiftfjer 
StaatÄbiener  fo  fd)öu  unterftüfyt  ^u  feljen,  unb  mit  freubiger  :Hül)rung  bezeuge 
id)  bem  Jireftorium  bc*  truv  unb  ^nutfreifeä,  fo  wie  beu  rüfjmlid)  tljätigen 
Beamten  oon  ^fonljeiin  meinen  öffcntUAcn  £anf. 

2(udj  ber  ^iefcnfrciä,  bie  Stabt  Vörrad)  unb  baö  }(iut  ^aben  baben 
burd)  freiwillige  Lieferung  von  Werben  tljren  uaterlanbifdjcn  Sinn  beriefen, 
unb  auf  biefen  lauten  2anf  Slttfprudj. 

3d)roetnngen,  ben  U.  ^amiax  1H14. 

0.  .\>  0  l  \  i  n  g , 
Mommanbeur  beä  freiwilligen  3'agerforpS  ju  v^ferb." 

9(m  10.  3an.  1H14  rourben  00  SWonn  gefangene  Jyraujofen, 
bie  uor  Strasburg  aufgegriffen  rourbeu,  tyerfjer  gebracht  unb 
anbern  £ag§  nad)  $ait)ingen  weiter  transportiert. 

TagS  baranf  jogen  bie  oon  bier  ju  bem  freiwilligen  3äa,er* 
forp§  teils  ausgerüstete,  teils  fid)  freiroillig  geftellte  junge  Wann* 
fdjaft  unter  Begleitung  beS  53ürgermeifterS  ftrenfel,  beS  Stabt* 
Hauptmanns  ©eiger  unb  ber  beiben  SlaoallerieforpS  nad)  ftarlSrube. 

$)er  ©injug  ber  33erbünbeten  in  N)$arid  erregte  eine  aufjer^ 
orbentlidje  93egeifterung  in  ber  Stabt  (Ein  lebenbigeS  unb  anfdjau* 
lidjeS  93ilb  baoon  giebt  baS  SBodjenblatt  00m  13.  9Ipri(  1814. 

„Siegesfeier  ber  31  (Hirten  unb  ityr  (iinjufl  in  ^JariS. 
Sd)on  am  3>onnerötag  Wadjmittag  3  Ub,r  verbreitete  ftrtj  basier  bie  9Jad)rid)t 
oon  bem  glüdlicfjen  (Sin^ug  ber  aUiirten  Wäd)te  in  ^ari«,  weldje  alle  .verjen 
jur  lauten  ^reube  Ijinrift  unb  jur  3>antbarfeit  erwerfte,  balb  ein  ^odj  abge= 
warfen  311  feljen,  bad  fdjon  fo  lange  unb  brüdeub  auf  unfern  teutfdjcn  Staden 
laftete.  Slbenbd  mar  ber  Warft  crteudjtet,  unb  eine  Wufif  oom  Statt); 
baud  trug  jur  ^ermefjrung  ber  jyreube  über  biefeS  glüdlidje  irreigniß  bei, 
aber  ju  einem  oorjüglid)  feftlid)en  Jage  würbe  und  ber  geftrige  jag,  an 
roeld)cm  jugleid)  burdj  eine  oon  f)öd>fter  Regierung  oerorbnete  Jvcier  jene  obige 
:){ad)rtd)t  il>rc  gemiffe  "öeftättgung  erhielt.  Worgene.  fdjon  fünbete  und  ber 
Xonner  bcö  Wefd)üfce§  ba«  (rrfrculidie  an,  moburd)  fid?  jebcd  biebere  beutfd)c 
."oerj  l)eben  folltc.  Xie  berittenen  jioei  ibürgerlSorpö  oerfammelten  fid)  jur 
^•cier  biefed  lageö  am  Sat^aufe,  unb  giengen  bann  in  "^arabe  in  ben 
iempcl  be«  .öerrn,  begleitet  oon  einer  aufterorbentlidjen  Wenge  3Menfd|en,  um 
ilnn  für  bie  Siege  ju  banfen,  womit  tfr  bie  2öaffen  ber  AUiirten  gefrönt 
l)atte.  3(benbd  mar  ber  gan^e  Warft,  Srf)lofiberg  uno  bie  untere  ^orftabt 
nebft  mehreren  Käufern  ber  Stabt  crlcudjtet.  3(u[  bem  :)(atb,l)aufe  brannte 
oben  unter  bem  ftäbtifc&en  Wappen  ber  sJiame  unfereö  erlaubten  Regenten, 
über  ber  9l(tane  aber  bie  Tanten  ber  oerbünbeten  brei  Wonardjen,  ^anj, 
^{eranber  unb  21'ilf)elm.  (yiner  mebr  anftanbigen  nidjt  burd)  Wärmen  unb 
ioilbe^  Toben  auöge&eidnieten  ,"yreube  überlieft  fid)  au  biefem  feierltdjeu  Jage 
alles,  loa*  fid)  freuen  fonnte.  Wemife  mebr  alö  laufenb  Wenfdjen  roaren  auf 
bem  Warftplafc  oerfammelt,  um  bie  5üe(eud)rung  beffelben  unb  bad  ^euerroerf 


Worabeim  im  19.  3abrbunbert.  275 

31t  fcben,  bae  bic  cxcfcfticftc  fcanb  eine«  Sterinen  ^nroohncre  bereitet  batte.  9tidjt 
eine  Unorbnung  ftörte  ober  unterbrach  btefe  fteierltd)feit,  fte  fcftlof;  ftdj  mit 
boffnuugeoollerm  (jrroarten,  balb  bae  (rnbe  biefee  blutigen  Kampfee  ju  feben, 
ber  Teutfdüaub  feine  ,"yreil)eit  roieber  geben  ioll.  9lud)  bie  SHitgliebcr  ber 
biefigett  l'efcgcfellfcbaft  oerfammelten  fid),  um  biefen  Jag  burd)  eine 
befonbre  Jeter  ju  einem  ber  merfroürbigftcn  ibree  Sebent  ju  macben,  unb  itiren 
teutfdjen  Sinn  unb  l'iebe  für  it)r  teutfdjee  SBaterlanb,  bie  fte  burd)  ©noägung 
ber  Settbegebenbeiten  ju  näbren  trad)teten,  barjnftellen.  Gine  blübenbe  unb 
fraftoolle  JHebc  bee  $nt.  }irorcftore  am  ^ieft^en  ^äbagogtunt,  frerr  3)reuttel, 
roeldje  jene«  roidjtige  ©rcignife  ;um  (Hegenftaub  batte,  unb  roeld)e  bie  ^ubörer 
burd)  £arfteUung  ber  fid)  brängenben  fo  merfroürbtgen  unb  auffaUeuben  Be- 
gebenheiten ber  Äett,  ber  Jeblgriffc  bee  nad)  2tteltberrfd)aft  ringeuben 
(Sroberere,  unb  bcjfen  Stur*,  \uv  Beronnberung  bee  Talent«  ihre«  Berfaffer« 
binrife  unb  fic  bie  Webiegenbeit  ber  teutfebeu  Spradjc  erfreucnb  bemerfen  liefe, 
roen  fte  einen  foldjcn  Bearbeiter  gefunbeu  bat.  SXit  einem  fröhlichen  9Wal)le 
fcblofe  ftd)  biefer  fröhliche  tag. 

9(ucb  in  bem  f  a  t  b  0  ( i  f  d)  e  n  B  e  t  b  b  a  u  f  e  bat)ier  tmtrbe  bie  Siege«' 
^eier  unb  ber  Gittjutg  ber  hoben  SUliirten  in  Barie  feierlid)  gebaltett.  (iine 
gebalt;  unb  auebrudewlle  Stebe  unfer«  roürbigeu  Bfarr.lhiratu«  Beubofer 
über  ben  ehemaligen,  unb  roirflidjeu  Beftanb  ber  Tinge  —  unb  bie  rounber- 
barcu  tfübrungen  bee  $lllerbbd)fteu  bcroürfte  bic  innigftc  in  Jbränen  ftdjtbare 
iHüljrung  bei  ber  ^ablreid)  autoefenbett  Berfammlung,  bie  um  fo  allgemeiner 
berrfebte,  je  nnoorbereiteter  hierauf  bie  ganje  Berfammlung  mar.  hierauf 
mürbe  mit  einem  fcierlidjcn  ftodmmt,  unter  roeldiem  bae  erhabene  £anflieb 
„(Hrofecr  (Hott  mir  loben  bid)",  angeftimmt  rourbc,  gefd)loffeu. 

Bfonbetm,  ben  11.  tfpril  1814. 

Der  Äira)enBorftaub. 

SEöie  in  jenen  großen  Jagen  bie  Stimmung  unter  ben 
$forjt)euner  @inn>of)nern  war,  bauon  giebt  nacfyfolgenbe  2)av* 
fteünng  be§  ^Börsenblattes  ein  getreue^  SMlb: 

2«.  Oftober  1814. 
Bforjbcime  5  ei  er  bee  18.  unb  19.  Cftbrö.  9lud)  Bfor*bciin$ 
^nroobner  baben  bae  teutfdK  "Colfefcft,  roie  ee  bieberu  Jeutfdjen  auftebt, 
begangen,  ee  beburfte  für  fte  nur  einen  SBfott,  unb  flc  roaren  bereit,  ihre 
ber*lid)e  Jrcubc  über  biefen  tag,  ber  bem  tcutfdjen  Holf  fo  Dielen  6egcu 
oerfünbet,  aueutbrüdeu.  Viit  ber  ftnfcnben  Sonne  begann  ber  ,^ug  ber 
fämmtltdien  Sdjuljugenb  mit  ibren  i'ctjrcrn,  angeführt  oon  ber  Bürger; 
Jtaoallerie,  unb  begleitet  oon  ber  (ibreugarbe,  unter  bem  (Heläute  aller  (Hlocfen. 
3öie  ee  cinft  bem  Jeutfd)cu  febroer  auf  bae  öerj  fiel  mit  btefem  (Geläute  nod) 
ben  ehren  unb  begrüben  $u  müffeu,  ber  uue  bae  foftbarfte  aller  (Hüter 
genommen  batte,  unb  ee  mit  jebem  Jon  beffclbcu  im  .{>erjen  roiebertöutc : 
„unfer  teutfd)en  Jyrciljctt  rotrb  Wrabe  geläutet;"  fo  fprad)  jeftt  jeber  Jon 
biefee  (Heläutee:  „unferc  A-rcibcit  ift  auferftanben !"  Unter  fanftem  (Mcfang 
teutfeber  lieber  beftieg  bic  iJJenge  bie  m  biefer  %c'\er  erroäblte  "ilttböbe.  frier 
laberten  bie  flammen  aufioarte  mi  bem  Gimmel  u.  roiefen  bae  oon  ^reuben; 
tbräueu  erfüllte  Xugc  bee  teutfdieu  and)  babin.  ^n  ein  Trcied  roaren  grofec 
Cpfcrfcuer  angeorbnet,  rüdioarte  etlidjc  HO  3d)titte  ftanb  an  ber  opi^e  eine 
höbe  Säule  mit  brennbaren  Materialien  umrouuben.  Xae  gan^c  in  ber  9iäbe, 
roie  in  ber  fternc  geroäb,rte  einen  fdjöneu  Ättbltd,  bie  finftre  sJiad)t,  bie  oor^ 
jüglid)  }U  biefem  merfroürbigen  Sd)aufpiel  geeignet  roar,  oermebrte  bic  (Sin-- 
brüde  bee  (Hangen.  sJ{un  gab  bic  wblrcidK  Diuftf  bic  3Jielobic  ju  bem  eigenbe 
ba^u  gebid^teten  teutfdjen  Vicb  an,  unb  bie  fang  auf  biefer  frobe,  unter 

Bcglüdung  berfelben  im  2lngefid)t  biefer  A-rcnbenfeier  bae  i'ieb: 

„^oi)l  giebt  ee  Jage,  bie  mir  gerne  feiern, 
Öermaniae  cityne  roir  2c." 

18' 


Digitized  by  Google 


i^forabcim  im  19.  Snbrbunbert. 


unb  bie  bordjenbe  dNetifle  name  \u  fterjen,  unb  ciieitcx  nun  oon  ba  mm 
etftenmal  wicber  vir  fidjcrn  freien  Mubc  in  bem  .<öcrru.  Slm  9Kora.cn  bes 
19.  fünbete  bae  Wefdjüfc  bic  Aortfcfcuna.  biefer  fcftlidjen  Iaa,c  an.  9btf  bem 
durfte  uerfamnuite  fiel)  bie  cdiuljua.enb,  unb  ttad)  10  Uljr  ftienftft  an  bic 
b,eilia,c  statte,  um  aucti  öffcntlidi  Wott  für  biefe  HJobltbat  unfrei  Befreiung 
\u  banfejt.  Xcr  tfua.  mürbe  oon  ber  (ibrenaarbe  angeffifct  unb  oon  ber 
^ürtU'riHeuterci  unb  ben  freiioiliiflen  ^Agern  begleitet.  Sie  3tcbc  tourbc  über 
^prüdie  cal.  21,  30.  31.  a.cbalten,  unb  bic  ^reube  bes  Icutfdjen  über  fein 
a,cte.ttete9  flaterlanb,  auäaebrüdt.  Hon  ba  flieua*  bann  num  froben  sJNablc, 
IVO  fifib  jeber  ber  berUidiften  ^reube  überlief?.  £em  (viroKbcr*oa.lid)en  ftaufe, 
ben  bobeu  Miirteu  unb  ibrer  (Generalität,  ber  teutfdieu  Jreibcit  rourbe  ein 
Vebcbod)  flebradjt.  Slbcub*  roar  ber  i)Iarft  unb  viele  ^obuunaen  fdmu 
crjeuditer.  Unter  ben  ciuubilbcrn  ftelltc  baä  eine  bie  Wcrmjmia  bar,  fic  ftctjt 
aufftcriditet  ba,  ibre  Ueffeln  fiub  cntjioei,  irjr  fluaefidit  ift  \um  Gimmel 
a,eridjtet  unb  fic  ftebt  im  3ka.riffe  bic  .öänbe  \\m\  Xanl  *u  falten,  irinfadi 
imb  barum  febr  fdjön  ftcllt  ein  anbere*  bie  Nbler  oor,  auf  beffen  tJnift  bie 
ocrfd)limi>cutn  Namcuejüac  Jy.  21-  cntbaltcn  fiub.  lieber  einem  ftanb< 
o.QflOl,  ber  jub  in  bas  oon  auHen  fiel»  erbebenbe  nörblid)e  Ibeil  ber  (£rbfua,cl 
((hiropa)  f eft  ciiißcfrallt  batte,  unb  faft  nidjt  lo*  w  bringen  mar,  fd)toebt 
biejei"  %üv  —  unb  paeft  ibn  feft  an  jener  Mralle,  bie  er  in  bie  Ihbe  cina,c; 
fdjlafleu  batte,  unb  reifjt  fie  barauö  lo«.  „Tie  $orfel)una.  roadjt  über  un*  unb 
feinet  un*  bura)  bie  Jvolflen  ber  Sdüadjt  bei  Veipsta",  mürbe  burd)  ein 
auberw  auf  fola,eube  2lrt  au*aebrüdt:  baö  9lua.  ber  ^orfebuna.  wirft  ibre 
leiteuben  unb  icbüfcenbcn  Strablen  aus,  auf  bie  unten  fid)  erbebenbe  &rbfugel. 
3>n  ber  Glitte,  moburd)  bie  ctrablcn  a.iena,en,  maren  bic  Süorte:  ireipjia, 
18.  Cftbr.  1813.  Unb  fo  enbetc  benn  biefer  laa,  bureb  (Mefana.,  lanj  unb 
mandjerlei  illufifbrüdje  inniger  bcnlidjer  ^renbe.  Sind)  bie  Slrmutb  blieb  niebt 
ocri\effcn,  audj  ibr  follte  biefer  laa.  ein  feftlidicr.  fcon.  Sie  lrbren(Marbc 
fVctftc  btefefben  auf  ibre  RefbmuiQ  unb  bereiteten  fid)  alfo  ibren  froben  £anf. 
:KddFlid)C#  Sdmofeu  fiel  an  biefem  I aa.e  an  einigen  I afcln,  roof ür  bic  9Umofem 
"Pflege  t)iemit  banft  -  foioic  überljaupt  aud)  ben  üerebrima,<MDürbia,cn  jvremben, 
bic  an  unferer  Jrcube  Ibeii  nabmen,  biemit  für  ibre  Slmoefenbeit  unb  Stilbc 
öffentlid)  Tanf  flefagt  wirb." 

9tucty  biennal  fehlte  eS  ber  ©tabt  nid)t  an  ausgiebigen 
iruppenbuvd)märfc^en  unb  Einquartierungen ;  aber  fic  würben 
aUent^alben  mit  Rubelt  begrübt ;  benn  bie  $3eoölferung  erblicft 
in  it)nen  ein  3e^en/  ^rt6  Sic  3af)rl)unbei'te  lange  $ned)tfcf)aft 
oom  SluManbe,  bie  Qett,  ba  ber  beutftfje  iöoben  ben  £ummeU 
p(a&  abgeben  mu§tc  für  fiembe  ^riegsbeere,  511  Snbe  fei. 

Am  6.  5tttit  1814  tarn  bie  erfte  Kolonne  ber  au3  Jranf- 
retd)  in  if)r  33aterlanb  jurüfife^renben  mürttembergifdjen  Gruppen 
unter  51nfu^rung  be§  SelbjeugmeifterS  ©rafen  u.  Jranquemont 
buref)  $f oijf)eim,  unb  folgte  itjnen  in  ben  nädjften  Jagen  ba§ 
gefamte  mürttembergifdje  Kontingent,  beftetjenb  in  1 1  700  SJtann 
ju  %u§  unb  3500  ^ßferben. 

23.  3unt  1814  fanb  eine  9)?uftevung  ber  aus;  gvanf= 
reidj  tjeimgefebrten  babifdjen  Zvuppcn,  ungefäbr  8000  9)iann 
ftarf,  bei  v#for$f)eim  ftatt.  ^)a$  ^auptquartiei  be§  $öd)ft* 
fommanbierenben,  Generalleutnante  o.  ^odjberg,  mar  in  53au= 
frijlott.*) 

*)  ^aajftcbcnbe  ^fonbeimer  mürben  in  ben  Jclb^ügeu  1792-  1815  mit 
ber  Scrlcibung  ber  Jclbbicnftmebaillc  oon  Napoleon  I.  auögejeidjnct:  Jlab  Jr. 

•  ■ 


Digitized  by  Google 


t 

I 

$iotdbeint  im  19.  ^abrljuiiöcrf.  277 

©in  (Sirtrablatt  uom  3Jtorgen  beS  22.  Qunt  1815  uerfünbete 
mit  froher  ©euugthuung  bcn  9Iu3gang  bcr  Schlacht  bon  Waterloo 
uub  baS  @ube  ber  s}lapoleonifd)en  £>errfd)aft. 


1815-1848. 

$urcf)  bie  auf  bcm  SBiener  ftongrcfj  abgefcbloffeue  „^eutidie 
SBunbeafte"  erhielt  ©rofrh^og  $arl  bie  oolle  Souoeränetät  uub 
bie  feierliche  ©emährleiftung  ber  Unteilbarfeit  feines  £anbcä  im 
bisherigen  93eftanbe. 

3)er  griebe  festen  burd)  bie  neue  Orbnung  ber  3)inge 
gefiebert  ju  fein.  S)a3  ©efetj  ber  Unteilbarfeit  beS  Raubes  blieb 
jebod)  nicf)t  ohne  Anfechtung,  namentlid)  oon  dauern  au3.  s)lad) 
bem  £obe  feiner  5toei  Söhne  erteilte  ber  ©roßberjog  baljer  beu 
Söhnen  Äarl  3riebrid)S  auS  jroeiter  ©h*  (Seopolb,  Wilhelm, 
SOTarnnilian)  beu  marfgräf  liehen  £itel  unb  fprad)  im  €f  tober 
1817  ihr  ^achfolgerecht  auS.  ' 

Sßon  53ab  ©rieSbad)  au§,  mo  ftarl  Sinberung  feiner  Reiben 
gefucht,  erteilte  er  am  27.  Auguft  1818  feinem  üanbe  eine  33er* 
faffung.  $a§  neue  2öerf  inS  Seben  treten  511  fehen,  mar  ihm 
nid)t  mehr  oergönnt.  ©r  [tarb  am  8.  ftejember  1818  in  Üiaftatt 
uub  mürbe  in  ber  <ßfor$heimer  ©ruft  feierlid)  beigefejjt. 

$ie  Stabt  N^forjheim  fonnte  ihm  nod)  am  11,  September 
für  „bie  ebenfo  toeife  als  liberale  £anbeS=S?onftitution  beu  unge-- 
heuchelten  beooteften  $ant  barbringen". 

3h«t  folgte  al§  ©rof$her$og  fein  Oheim  i uomig.  ©r  mar 
fein  fonberlidjer  Jyreunb  ber  SSerfaffung  unb  machte  aus  biefer 
©eftnnung  burchauS  feinen  £ef)l,  inbem  er  bie  ihm  tu  feinen 
reaftiondren  33eftrebungen  wenig  entgegenfommenbe  II.  Cammer 
auflöfte.  Seiber  liefi  fid)  bann  bie  neue  Stänbeuerfammlung 
&u  einer  Sdjmälerung  ber  $olfSred)te  bereitfinben.  UebrigenS 
oerbanft  ihm  baS  Sanb  aud)  manches  ©ute.  Submia  ergänzte 
bie  SBerfaffung  burd)  baS  fDtenetebift ;  unter  ihm  vereinigten  fid) 
1821  bie  eoangelifche  unb  reformierte  Kirche  beS  2aubeS  jur 
uniierten;  im  3ac)re  1828  mürbe  ber  er$bifd)öflid)e  Stuhl,  in 

unb  3tab  3afob,  tflöfier;  Säuerle  >baun,  Cberrouubarjt ;  tteramami  ^yw, 
i.'aubd)irura. ;  üöiuber,  ,"yerbiiwub,  Jiommiifär;  ttiffiftfummer  (ihrift.,  ;  #ucf 
Slua..,  4Mj.;  Zaum,  jatob;  $etim<i,  ^Juil.  ^af. ;  Törfliinier  ^Ihil.  ^af.,  ^rren« 
Wärter;  tfreitaa.  Jafob,  penf.  ft<ratonfd)reiber ;  (Gebauer  £a»tb ;  Webljarbt  >()., 
'^rrenaiiftaltauffeijer;  ©bljrüta,  Molimin  Jyriebrid),  .Hutfdjer;  ©ftnttjei  iKidiael, 
Hutfdier;  .Qautf  J^riebr.,  oiedjeiuoärtcr ;  fte^er  iKiduui,  Steuerauffeber; 
fterb  ttubreatf,  2(mtebicuer;  Warft,  Öfl.  ^nfob;  i'ana.  CShrift.,  ^olMbiener : 
Vana.,  Jüfob;  Veifc  ^afob,  ttofbarbeiter;  iUerfle  Cihriftian ;  2r.  Wo..  SNillliT, 
üMcbijinnlrat ;  odjrotb  ,vriebr.,  «üdjfciiniodjer ;  etü^j  Jyriebr.,  Wolbarbetter ; 
Zfpumn,  «tboaafl;  Setter  SRi^ael,  Werber;  Uüalbttrtv  WottUeb;  äiSebcr  >!)., 
^lo^meifter;  SBittmann  ©ö-'  Äöljlermeifter. 


Digitized  by  Google 


278 


sJMorabeim  im  19.  ^abibunbcit. 


Srciburg  errietet  uub  bic  .g>oct)fd)utcn  erfreuten  fiel)  f«nw 
befonberen  Sürforge. 

$>ie  Üftetternich'fche  ^olitif  ber  Dieaftion,  meldje  fiel)  balb 
genug  in  einem  übertriebenen  ^enfurmefen,  in  Unterbrücfuug  jeber 
freiheitlichen  sJtegung  uuliebfam  bemerfbav  machte,  tonnte  feine  red)te 
Sreube  au  bem  neuen  Staube  ber  $inge  auffommen  (äffen.  3)et 
„Beobachter"  jeigt  in  ben  2()er  uub  30er  3&bven  nur  ju  bä"fi$ 
jene  oielfagenben  burd)  Striche  ober  malitiöfermeife  burd)  5ifcl)c 
ober  ftrebje  ausgefüllten  dürfen,  weld)e  bie  .fjenfur  Durc^)  ^vc 
Streichungen  oeranlafjt  hatte-  3mar  mürbe  burch  ben  mobl* 
mollenben  @h*of}her5og  £eopolb  am  1.  SJiarj  1832  bie  ^refc 
freiheit  proflamiert,  bie  oon  bem  bamaligen  SHebafteur  be$ 
„Beobachter",  ftiebnle,  unter  bem  3ubel  ber  Beoölferung  in 
bithnrambifchen  Jonen  rerberrlid)t,  bereu  2>afein  aber  burch  bie 
folgen  beS  £ambad)er  Sefte*  ein  ebenfo  jähes  (Enbe  bereitet  mürbe. 
®rof$r)er$og  Seopolbs  Ccrlaffe  fpredjen  oon  großer  £er$ensgüte. 
$as  jit  fünften  bes  Staatsrates  bisher  erhobene  (Selb  für 
Begehen  unb  Befahren  ber  Strafen  mürbe  aufgehoben.  i)ie 
Sal$preife  mußten  berabgefetjt  werben.  $er  Selb  unb  3$alb 
alljufebr  fchäbigenbe  sIBilbftanb  erfuhr  Berminberung.  $en 
bamals  burch  SMifttüac^S  fehr  fd)led)t  ftehenben  Weinbauern 
rourbe  Steuernad)la§  bewilligt.  Um  Sanbmirtfchaft  unb  ©emerbe, 
Stunft  unb  BJiffenfdjaft  in  Wahrheit  fchütyeu  $u  fönnen  unb  um  in 
nahern  Berfebr  mit  ihren  Bertretern  511  fommen,  ftellte  ftd) 
(9roftber$og  Seopolb  an  bie  Spilje  ber  fte  förbernben  Beveine. 
$ie  Stabträte  hinter,  Webenius,  Solln  ftanben  ihrem  Sürften 
treu  jur  Seite.  $ie  Berfaffung  würbe  in  ihrem  urfprünglidjeu 
Wortlaute  wieber  hcrgeftellt.  $ie  folgewid)tigfte  unb  namentlich 
für  bie  ^nbuftrie  bes  an  ber  ©renje  gelegenen  s^forjbeim  tyody 
bebeutfame  (£rrungenfd)aft  jener  Qtit  mar  ber  9lnfd)luf$  Babcns 
an  ben  allgemeinen  beutjdjen  ^olluerein.  2)aburd)  fchwangen 
ftd)  ©ewerbe  unb  .franbel  rafd)  empor,  unb  bie  ®elbuerbältniffe 
oerbefferten  fid).  3t m  22.  Qiili  1H35  feierte  sHfor$bcim  auf  bem 
9iennfelb  baS  „3°Hlie*cini9un9Mcft''-  Slnroefenb  maren  gegen 
200  sj$erfonen,  barunter  bie  SanbtagSabgeorbneten,  Beamte  ber 
benachbarten  roürttembergifchen  Stäbte  unb  Staatsrat  Webeuius. 


l*fox$eim  wäfircnb  6er  Tu'unrntiüu  1848  49. 

<3n  ben  40  er  fahren  mar  überall  in  2)eutfd)laub  bas 
buufle  (Gefühl  uerbveitet,  baß  mau  am  Borabenb  einer  9teuo= 
Intiou  ftebe.  Srtfl  überall  mar  Unjnfiiebenbeit  unb  (Währung. 
9lud)  nidjt  eine  Klaffe  ftanb  in  ihrer  ©efamtbeit  t)iitteu  bem 
Beftehenben.    Selbft  ein  Seil  bes  3lbels  rebellierte  gegen  bas 


Digitized  by 


sBforabeim  im  19.  3at>rbuubett. 


279 


VeoormunbungSfnftem  unb  wollte  lieber  als  mit  bem  3lbfoluti$muS 
mit  ber  liberalen  Vourgoifte  jufammengefjen.  $ie  Kleinbürger 
teilten  ben  politifefjen  (#roll  ber  (öroftbourgotfie,  oon  ber  fie 
trot}  beS  beginnenben  wirtfdjaftlidjen  (SegenfatjeS  nod)  gläubig 
Carole  unb  Selbgefdjrei  annahm.  $aau  trat  bei  ben  $anb* 
werfSmeiftcrn  bie  öfonomijrl)  bebrängte  Lage,  f)eroorgerufen 
burd)  bie  auswärtige  wie  inlänbifdje  Äonfutrenj  ber  ©rofeinbuftrie, 
bie  fid)  bem  Kleinbetrieb  bereite  fühlbar  machte.  3n  Vaben,  100 
fid)  bie  fojialen  ©egenfäfce  mieber  fd)arf  äußerten,  unb  wo  Klein* 
bürgertum  wie  Kleinbauerntum  überwogen,  war  bafür  bie 
politifdje  ©äljrung  um  fo  ftärfer,  wobei  bie  9täl)e  granfreidjS 
unb  ber  Sdjweij  ftarf  mitmirfte. 

Um  geiftige  Ontereffen  fümmerte  man  fid)  bei  ber  ärmeren 
Veuölterung  wenig;  fie  war  oon  Rot  unb  Langel  fjeimgefudjt. 
Sttar  fdjon  baS  Qafjr  1846  ein  junger  jafjv,  fo  würbe  im  Darauf« 
folgenben  ^d)xt  bie  Verteuerung  ber  notwenbigften  Lebensmittel 
gerabeju  unerträglich  für  bie  breite  s}Jtaffc  beS  Volles.  „Sd)led)te 
Gcrnten,  ©efd)äftS=  unb  |)anbelSfrifen,  9lrbeitSftocfung  unb  elenbe 
Sötjne  wirften  jufammen."  2lm  fütjlbarften  madjte  fid)  btefer 
Rotftanb  in  ben  3nbuftrieftäbten.  $)ie  ^Berliner  Kartoffel* 
reoolution,  ber  Stuttgarter  ^rotfrawatl  unb  bte  Sdjlefifdjen 
siÖeberaufftänbe  ftnb  bafür  fnmptomatifd). 

Sine  ununterbrochene  Reifje  oon  sJkrteifämpfen  in  ber 
babifcf)en  Kammer,  bie  oon  ber  Sd)wei$  auS  l)ereingefd)inuggelten 
Jvlugfdjriften  mit  bem  aufreijenbfteu  ^nl)alt  bereiteten  bie  Kata= 
ftropfye  oor.  9ln  ben  politifefjen  (Sreigniffen  nafjm  bie  s$forj= 
Weimer  Vürgerfdjaft  ben  lebl)afteften  Anteil.  Vor  bem  Oatjre 
1848  gab  eS  in  $forjf)eim  nur  eine  OppofitiouS=  unb  eine 
Regierungspartei.  311$  bie  Regierung  burd)  Staatsrat  SBeR  bas 
Verfpred)eu  abgeben  lieg,  baß  bie  3enfur  aufgehoben  unb  eine 
allgemeine  Vürgerbemaffnung  eingeführt  werben  foUte,  fd)ieb  fid) 
in  furjer  grift  bie  bisherige  Cppofition  in  *wei  Parteien,  oon 
benen  bie  eine  ben  Ausbau  beS  beutfd)en  StaatenbunbeS  auf 
freiheitlicher  ©runblage  mit  Volteoertretung  unb  einem  Reid)S= 
Oberhaupt  anftrebte,  währenb  ber  anbere,  rabifafe  Seil  ein  neues 
StaatSgebilbe  auf  bemofratifd)er  ©runblage  oerlangte.  3ln  ber 
Spitze  ber  erfteren  ftanben  SRatifra  ©eider,  Vaffermann,  oon 
Soiron  unb  if)re  S^unbe,  auf  rabifaler  Seite  waren  .ipetfer, 
Struoe,  Vrcntano,  ^eter,  Sirfler  unb  it)r  Anhang. 

(Snbe  Februar  unb  nod)  in  ben  erften  fJiärjtagen  jeigte 
fict>  in  v}3for$beim  eine  rührenbe  (Sinigfeit  unb  Jyreube  an  bem 
(£rreicf)ten.  2>iefe  frieblidje  (Sntwicflung  erhielt  plöttfid)  burd) 
bie  in  Jyraufreid)  fid)  am  22.,  23.  unb  24.  Jyebruar  ooll.yebeube 
Kataftrophe  eine  anbere  ^Beübung.  £as  Volf  fämpfte  bort 
wieber  einmal  um  feine  Jreibeit,  ftürjte  bas  uerl)aj$te  tWinifterium 


Digitized  by  Google 


280  ^forabeim  im  19.  3abrbunbert. 

©uijot,  jagte  ben  „93ürgerfönig"  SouiS  vJfyÜtpp  baoon  unb 
erflärte  granfreid)  jur  ftepublif.  Die  2öirfnug  bicfer  Vorgänge 
»ar  in  ©aben  eine  fo  mächtige,  bafj  fetbft  bie  Regierung  ftd) 
berfelben  nid)t  oerfd)lie§en  tonnte.  9lm  29.  Jebruar  jeigte  fte 
in  ber  Abgeorbnetenfammer  an,  ba&  fte  ©efe^entmürfe  oorju; 
legen  gebenfe  für  oollfommene  sJ$rej}freil)eit,  3d)n>urgerid)te  unb 
^otfsberoaffnung.  $n  einer  an  bemfelben  Dage  in  pfor^eim 
ftattgefunbenen  $3ürgeroerfammlung  auf  bem  äiatljaufe  würbe 
nadtftetjenbe  Petition  an  bie  2.  Cammer  beraten  unb  unter* 
Scic^net.  $ur  Ueberreidjung  berfelben  ging  DagS  barauf  eine 
au§  38  ^Bürgern  beftefyenbe  Deputation  nad)  ßarlSrufye  ab.  Die 
Petition  lautete: 

$>of)e  jioeite  Slammer! 

Petition  ber  Bürger  ber  6tabt  >Pfor$f)eim, 
betreffenb  bie  enbgiltige  Erfüllung  ber  geregten 
Sorberungen  beS  33olfe3. 

Sine  ungeheure  SKeoolution  fmt  ganj  Jranfreid)  umgeftaltet. 
üBieüeidjt  in  wenigen  Xagen  fteljen  franjöftfdje  $eere  an  unfern 
©renjen,  roäbrenb  föufjlanb  bie  feinigen  im  Horben  jufammen* 
fliegt.  Der  ©ebanfe  burrf)$ucft  ganj  Europa,  ben  Golfern  SBer* 
faffuugen  51t  geben  unb  biefe  jur  siöaf)rf)eit  werben  51t  (äffen, 
Uufere  SBünfdje  f)aben  mir  foroeit  mögltd)  burd)  bie  treffe  unb 
burd)  Petitionen  burd)  unferen  Vertreter  genugfam  auSgefprodjen. 
3113  ^auptmajjregeln,  meiere  im  3Iugenblicf  311  ergreifen  mären, 
fjeben  mir  für  fyeute  Neroon 

1.  33erminberung  ber  Abgaben  burd)  üßeretnfadjung  in  aUen 
3roeiyen  ber  StaatSoerroaltung. 

2.  Allgemeine  ^Bürgerbemaffnuug  mit  freier  3Baf)l  iljrer  Offiziere. 

3.  Unbebingte  ^3ref3freif)ett. 

4.  ©d)rourgerid)t  nad)  bem  $orbilbe  (EnglanbS. 

5.  Ungefäumte  £erftellung  eines  beutfdjen  Parlaments. 

6.  $erantroortlid)feit  ber  üttinifter  als  eine  Söafjrljeit;  bamit 
alfo  ein  ©efet>  über  baS  2lnflageoerfal)ren.  Die  Erfüllung 
biefer  unferer  2Bünfd)e  fann  nidtf  länger  oerjögert  merbeu. 
Sir  forbern  beSfyalb  unfere  93olf3oertreter  auf  mit  allen 
tyttett  gefe^lid)  51t  ©ebote  fterjenben  Mitteln  bal)in  ju 
mirfen/baj*  fte  fogleid)  in  Erfüllung  gef>en  merben. 

pfor^etm,  29.  gebruar  1848. 

folgen  801  llnterf Triften. 

2ln  ber  <Spit>e  ber  Deputation  ftanb  Dennig,  ber  33er= 
treter  ber  <Bta\)t  in  ber  SBolf3fammer.  33on  unangenehmen 
©efüblen  muvben  bie  sJJlitgliebeu  ber  Deputation  ergriffen,  ba 
fie  mit  heftigen  SBorroürfen  überhäuft  mürben  megeu  ber  $}itte 
um  unbebingte  prefjfreiljeit.  oie  glaubten  in  ben  iöerfidjevungeu 


Digitized  by 


tyforabeim  im  19.  3abr&unbert. 


281 


ber  Regierung  oom  29.  ^ebruar  nicht  bie  nötigen  Garantien  jn 
finben,  ba  biefelben  tüd)t  anf  bie  ßraft  b*2i  BolfeS,  fonbevn  auf 
ben  SBitten  einer  Berfammlung  gebaut  waren,  meld)c  bie  @r* 
füllung  ihrer  oor  33  fahren  gegebenen  Besprechungen  bis  jur 
Stunbe  ju  oerjögern  nmfjte.  Dod)  mar  bie  ÜHifjftimmung  nur 
oon  furjer  Dauer.  „Schon  in  ben  nädjften  Stunben",  t>ei^t  eS 
in  bem  Berichte,  „oerfünbete  ber  um  Sürft  unb  Baterlanb  gleid) 
r)ocr)  oerbiente  Staatsrat  Beff  in  ber  öffentlichen  Sitzung,  ba§ 
oom  1.  SJlärj  an  baS  prefcgefetj  oom  28  Dezember  1831  inS 
Seben  gerufen  fei  —  unb  roenn  baju  nod)  bie  2Babrf)eit  tritt, 
bafj  jene  oerbeinguiSoolle ,  unfer  gutes  9ied)t  oerfümmernbe 
Orbonnanj  ber  BunbeSoerfammlung  oom  Qafjr  1832'  aufgehoben 
erflärt  fei,  }o  bürfen  mir  mit  fo  oielem  Vertrauen  als  Beruhigung 
unfere  fechte  mie  unfere  2öof)lfabrt  in  bie  $änbe  unferer  hohe" 
Regierung  unb  unferer  trefflichen  BolfSfammer  nieberlegen." 

31m  2.  9Jcarj  abenbS  fam  ber  2lbgeorbnete  Mennig  mit 
feinem  Kollegen  ^Tatlii)  in  pforjheim  an.  Dem  geftmabi,  baS 
ihnen  ju  @bren  gegeben  mürbe,  roobnteu  gegen  200  sßerfonen 
bei.  Betbe  Herren  oerbreiteten  fid)  in  Vorträgen  über  bie 
politifdjen  (Sreigniffe,  bie  Hoffnungen  habend  unb  beS  beutfdjen 
BaterlanbeS.  ^inftchtlid)  ber  Befürchtungen  (Sinjelner,  ob  auch 
baS  Errungene  Beftanb  höben  werbe,  machte  ber  21bgeorbnete 
SWathn  auf  bie  BolfSbemaffnung  aufmerffam,  in  welcher  er  ben 
beften  Sd)itt$  gegen  bie  Weaftion  erfannte. 

£rotj  biefeS  (SmtgegenfommenS  ber  Regierung  glimmte  ber 
gunfen  beS  Aufruhr«  im  Verborgenen  weiter.  Der  bemofratifdje 
Seil  hatte  ftd)  unter  bem  Warnen  „BortSoerein"  fonftituiert.  211S 
Weaftion  bagegen  bilbete  fid)  ber  „Baterlänbifcbe  Berein",  an  beffen 
Spitze  ^rofeffor  Henne,  ffabrifant  ^errenner,  prioaticr  SreceliuS, 
Wed)tSanroalt  Bellt),  Kaufmann  (S.  D.  SJcajer,  gabrifantB.  Dieterich 
unb  gabrifant  gr.  .jperrmann  ftanben.  3n  SBort  unb  Sdjrift 
ermahnten  fic  aufs  dinbringlicbfte  guv  Befonnenheit.  gübrer  beS 
BotfSoereinS  waren  gabrifant  (Ebriftopf)  Öerre,  Kaufmann  Dtetj, 
Sdjneibermeifter  Wühl,  Wed)tSfanbibat  Herrmann,  Blumeiuoirt 
drnft  Bucf,  Bechermirt  ©g.  Siegle  unb  WedjtSfanbibat  211er.  SBolf. 
3hv  Organ  mar  ber  „Berfünbiger",  roeldjer  oft  mehr  als  berb 
feine  Meinung  fagte.  Bon  biefer  Partei  löfte  fid)  fpäter  ein 
ultrarabifaler  glüget  loS,  ber  fid)  „Die  Proletarier"  nannte. 
Sein  |>aupt  mar  ber  gabrifant  6b.  9Riller,  ber  „Borarmiller", 
Schriftführer  mar  ber  „rote"  Sflobr,  ein  ©olbfehmieb.  211$ 
Sofale  benähten  bie  Proletarier  bie  „2llte  fteppelei"  unb  bie 
füblid)  ber  Wofjbrücfe  jiemlid)  eiufam  gelegene  Brauerei  3öagner. 

©emiffermagen  als  Borpoftengefeci)te  $u  ben  fpätcren 
ernften  (Sreigniffen  führte  jene  Sorte  9J?enfd)en,  bie  ja  immer 
unb  überall  ju  finben  ift,  roo  „etmaS  loS"  ift,  im  SHärj  unb 


Digitized  by  Google 


282 


i<totjbci.ii  im  19.  3abtbuubett 


9(pril  oor  ben  2öobnungen  mißliebiger  ^Bürger  ftatjenmufifen  auf 
unb  oeranftaltete  gegen  biefelbeu  förmliche  .fmberfelbtreiben.  9Iuf 
bem  Rennfelb  würben  ©ävten  uermüftet,  bem  2)efan  Scfyinbler 
auf  bem  Scfyloftberg,  bem  Steuererbeber  Seeburger  u.  a.  rourben 
bie  genfter  eingeworfen.  93efonberS  gegen  ..91riftofraten  unb 
SWucfer"  mutete  ber  sJJIob.  Red)t  übel  baran  mar  ber  Steuer* 
peräquator  unb  Redjner  be§  abeligen  3>amenftifte§,  ftaltenbad), 
ben  man  bummer«  ober  bo§baftermeife  berichtigte,  er  ^abe  eigen* 
mädjtig  bie  ©teuer  erhöbt.  $ie  Stiftswetroaltung  fud)te  bie 
Untjolbc  jut  beruhigen,  inbem  fte  am  StiftSgebäube,  ba,  wo  jetjt 
ba£  Sanfter  $abn?fd)e  £au3  unb  ba§  ©ebäube  oon  ©uftao 
SJleule  ftebt'  (bie  ©arten  gingen  bis  an  ben  9)tüt)lbad)),  umfaffenbe 
Reparaturen  uornebmen  unb  bamit  bie  armen  $aubroerfer 
2042  fl.  oerbienen  lieft,  um  in  ^rieben  leben  ju  tonnen.  (Sine 
m  biefeu  Jagen  in  ber  Strafanftalt  aufgebrochene  Reoolte  tonnte 
nocl)  redjtjeitig  burd)  baS  energifdje  (Siufcfjreiten  be§  2Bärter* 
perfonalS  unb  ber  3(uftalt3beamten  unterbrüeft  werben. 

$rotja  liebem  ging  burd)  biefc  Qtti  ein  gemiffer  ibealer  3U9- 
!ffienn  Sonntag  morgen?  am  oberen  Rennfelb  bie  $3ürgerwebr 
it)vc  Hebungen  abhielt,  uerfammelten  fid)  bort  ©nippen  oon 
bürgern  unb  fangen  U$ater(anb3lieber,  unb  oft  gefeilten  fid)  ju  ben 
fd)ltd)ten  Arbeitern  unb  £mnbmerfern  Beamte,  ja  felbft  ein 
21mtmann  uerfd)mdf)t  eS  nid)t,  mit  itntcn  51t  fingen.  $ur  9(uf* 
red)terl)altuug  ber  Orbnung  traf  baS  $3ürgermeifteramt  bie  2(n* 
orbuung  einer  Racl)tmad)e  burd)  Bürger  für  folange,  bis  bie 
^öürgermebr  oötlig  organifiert  mar.  ©egen  bie  oielfacben  rotjen 
SluSfdjreitungen  unb  baS  unfinnige  Scfyefteu  erlieft  bas 
53ürgermeifteramt  eine  33efanutmad)ung,  morin  auf  bie  Jolgeu 
aufmerfjam  gemad)t  unb  ju  Ruf)e  unb  Orbnung  gemalmt  mürbe. 

Seit  bem  3al)re  1837  mar  ber  Söürge/Rubolf  Deimling 
$ürgermeifter.  Seine  '3)ienftjeit  bauerte  ^atjre.  Qm  folgenben 
■3abre  f)ättc  eine  Reumabl  vorgenommen  werben  müffen;  allein 
bie  s^erl)ältniffe  machten  eine  foldje  fd)on  im  sJflai  1848  nötig. 
Deimling,  ein  rechtlicher,  intelligenter  SJcann,  aber  für  folcfye  >}eit 
eine  ju  frieblidje  Ratur,  mar  ben  immer  verworrener  merbenben 
^uftänben  offenbar  nid)t  geroadjfen.  sJcad)  langen  Söerbanblungeit 
mit  ber  Regierung  mürbe  bev  ($emeinbe  bie  birefte  4Baf)(  U)rer 
Beamten  jugeftanben ;  biefelbe  oerfdjob  fid)  jebod)  bis  jum 
18.  September  5>on  ber  gefamten  wahlberechtigten  93ürgcrfd)aft 
mürbe  Reutamtmann  GrcceliuS  mit  589  Stimmen  jum  Stabt- 
oberl)aupt  gemät)lt. 

I>ic  tKürgorroefir.  $er  ^efd)luft  ber  Regierung  oom 
29.  Februar  1848  betreffs  ber  ^ulatfung  einer  allgemeinen 
HolfSbemaffuung  gelangte  in  ben  (^emeinben  rafd)  juim  ^ßolljug. 
$lm  18.  SJlärj  bcfpvad)  eine  allgemeine  ^ürgeroerfammlung  bie 


Digitized  by  Google 


»Urorabeim  im  19.  ^abrbunbcrt. 


283 


Inorbnung  unb  Bettung  bcv  ^ßfor^fjeimer  Vürgermeljr  unb  mäf)lte 
eine  aus  25  ^erfonen  befteljenbe  Stommiffion.  2)iefelbe  bcfdjlof?, 
oorerft  jeben  s2(benb  auf  bem  iKatt)aufe  jufammen  ju  fommen 
unb  naef)  (Srlebiguug  ber  mid)tigften  Vorarbeiten  bie  Sin« 
teilung  ber  9ttannfd)aften  in  Kotten  uor^une^men.  (Jbenba 
fanben  aud)  bie  Vorübungen  jur  militärifdjen  s2lu§bilbung  ftatt. 
$er  Vürgermeifter  würbe  nad)  Karlsruhe  gefdjicft,  um  bort 
200  leidjte  gute  ©emefjre  mit  ^crfuffionSfdjlofj  511  befteücn  unb 
bie  baju  gehörigen  $atronentafd)en.  $)ie  iKeife  fjatte  aber 
infofern  fein  günftigeS  SHcfultat,  al§  Deimling  nur  150  Karabiner 
jugefagt  erhielt,  bie  bann  aud)  am  10.  9JMrs  eintrafen,  äfttt 
ben  ©emefjren  ber  8d)üt}eugefellfd)aft,  jenen  ber  ftlöfferjunft  unb 
ben  fouft  uorljanbenen  fonute  man  einftmeilen  fdjon  gegen 
400  Sdjiefjmaffen  aufbringen,  um  nötigenfalls  gegen  ben  befürd)teten 
franjofifdjen  Ueberfatl  fid)  fdjütjen  ju  tonnen.  W\t  ben  Öfters* 
roafjlen  ging  e3  (angfam  noran,  ebenfo  mit  ber  Gcinfteidmung  ber 
sJ}]annfd)aften  §ut  Vürgermehr,  rooju  e§  uieler  Ermahnungen 
unb  <5trafanbrof)ungen  beburfte. 

Sin  rege§  £eben  entfalteten  bie  Surner.  Jäglid)  rourbe 
auf  bem  £uruplatje  neben  ben  (Geräteübungen  ba§  9(rmbruft* 
fct)iej3en,  Ejrerjieren,  Setzten,  ©enoerfen  2c.  fleißig  betrieben. 

Vei  ber  9iotteneinteilung  mürbe  (£receliu§  jum  Vorftt3enbeu, 
sJied)t§anmalt  8d)lemmer  311m  £d)riftfüf)rer  gewählt,  fortan 
mürbe  jeben  9lbenb  im  9ktf)au3  geübt.  Von  StarlSrufje  mürben 
2  Unteroffiziere  beorbert,  um  bie  s3ftannfd)aften  511  inftnitcven. 
$a§  (Exerzierreglement  mar  franjöfifd).  Qthn  Stammtet  forgten 
.  für  ben  nötigen  militärifdjen  ßffeft. 

JJn  ber  ©emetnberatSfi^ung  uom  30.  3JIärs  mürbe  ber 
Sehrfommiffion  ein  $rebit  oon  300  fl.  eröffnet.  9lbenb§  am 
8.  2(pril  mürbe  bie  Vürgerroefjr  auf  bem  Sftarftplat}  in  Fähnlein 
eingeteilt  —  feitfjer  mürbe  nur  in  Kotten  ereifert  —  unb  am 
17.  3tyrtl  mürben  für  bie  7  Jähnlein  bie  CffijierSmahlen  DO* 
genommen.  3^be  Kompagnie  l)atte  einen  Hauptmann,  einen 
Oberleitmann,  2  Zugführer,  einen  Cberjugmeifter  (Oberfelbmebel), 
2  3wgmeifter  (Jelbroebel)  opäter  mürben  bie  fieben  Jyähnlein 
auf  fed)S  rebujiert  Qtm  Sflajor  mürbe  (£receliu3  gemault.  3)ie 
Einteilung  bauerte  bis  in  ben  3imt  hinein.  ViSber  Ratten  nur 
bie  Unteroffiziere  ©eroehre;  am  12.  8Cuguft  eublid)  tonnten  auf 
bem  SHathaufe  aud)  an  bie  sJ)lannfd)aften  foldje  oerteilt  merben. 
2)ie  ©croef)rfrage  fanb  ihre  (Srlebigung  in  ber  SÖeife,  baft  bie 
babifdje  Regierung  in  Süttid)  für  bie  2Bel)rmänner  bc3  Raubes 
eine  Wnjabl  ^erfuffionSgemehre  aufkaufte,  ba§  ©tücf  ju  15  fl. 
30  ftr.  2)er  grofje  31u$fd)iif3  genehmigte  für  Pforzheim  bie 
erforberlidje  3<*l)l  bie  '-löehrmänuer.  diejenigen,  benen  bie 
93cjaf)lung  nid)t  fdjroer  fiel,  foüten  gleidj  16  fl.  30  9x.  erlegen; 


Digitized  by  Goog 


284 


Worjbcim  im  19.  ^.ibrbunbert. 


ben  Uebrigen  mürbe  eine  Borgfrift  oon  V  ,  3af>ren  in  bei*  9lrt 

bewilligt,  bafj  bei  (Empfangnahme  für  jebeS  ©emehr  l  fl.,  ber 

Weft  aber  in  monatlichen  Waten  in  bie  StorpStaffe  bejaht  unb 
uon  biefer  an  bie  StaatSfaffe  abgeliefert  rourbe. 

silujjer  ber  Bürgerroehr  beftanb  ein  oon  ber  Sd)ül$engefeU'- 
fdmft  onjanifterteS  fchmucfeS  Scharffd)ü$enforp§,  ba§  mof)lau^ 
gerüftet  tn  fetner  grünen  Uniform  einen  prächtigen  Gmtbrucf  machte. 
Sein  ftommanbeur  mar  um  biefe  $eit  Baufter  3(ug.  llngerer.  $>ie 
Offiziere  waren  für  ba§  1 .  gätjulein  Äarl  ©reiff,  S^emifer,  für 
ba3  2.  gabrifant  ^ieterief),  für  ba§  3.  gabrifant  £>errmann,  für 
ba§  4.  ©.  £>.  $ict},  für  ba§  5.  Jabrifant  Wütjetberger,  für  ba£ 
0.  Vermalter  Becfer  com  Siechen*  unb  $orreftion§fmn§.  3eber 
Flügelmann  fyatte  ein  Fähnlein  am  ^linteufauf.  $u  et"ev  cinfjeit* 
liefen  Uniformierung  t)atte  e§  bie  Bürgerroehr  bisher  noef)  nid)t 
gebracht.  3)ie  Uebungen  fanben  teils  auf  bem  WathauSboben, 
teils  in  ber  Weitfd)ule  ober  aud)  bei  gutem  SBetter  auf  bem 
^inbenplafc  ftatt. 

$)ie  3bee  jur  ©rünbung  eine§  ÄaoaUerieforyS  fdjeiterte 
ÜttangelS  an  Beteiligung.  3)ad  BürgerroehrforpS  beftanb  nun* 
mehr  aus  J3  Trommlern,  30  Spielleuten;  baS  Sdjüfcenfähnlein 
Ijatte  65  SRann,  bie  I.  Stomp.  107,  bie  II.  104,  bie  III.  100, 
bie  IV.  105,  bie  V.  100,  bie  VI.  100  9Rann.  flapellmeifter  mar 
©raoeur  ©uftao  Seibbraub,  ber  feine  Gruppe  51t  einer  3anit> 
fdjarenmujif  auSbilbete.  (£bef  berfclben  mar  ber  Kaufmann  unb 
Seutnant  (£.  331a jer.  (Er  jeigte  fid)  red)t  ttjätig  unb  Ijatte 
fdjon  am  4.  9Jcai  150  fl.  für  bie  OTufif  uom  ©emeinberat  uer* 
langt,  mar  aber  auf  fpäter  uertröftet  morben. 

Jnbeffen  mareu  bie  Uebungen  foroeit  uoran,  bafj  bie 
gemötjnlicfyen  ©riffe  unb  9Jcarfd)übungen  mit  einiger  Sicherheit 
gemacht  mürben.  2>e3  öfteren  nahm  Hauptmann  Werfer ,  ein 
affiner  Offtjier,  melcher  bie  Unteroffiziere  auSbilbete,  feine 
sJ0lanufd)aften  jufammen,  um  fie  im  Scuergefec^t  brtllen,  roortn 
fie  bann  auch  mit  ber  gute  Sortfdjritte  machten.  s#ud)  ein 
alter  Solbat,  ein  Beamter  Warnend  .£)ettinger  mar  bei  ber  (Ein* 
Übung  behilflidj. 

3He  Bürgermehr  mar  ber  Stolj  ber  dinroohnerfchaft 
gemorben.  Saft  jebe  Wummer  beS  „Beobachter"  brachte  ein 
sJ3oem  auf  beS  „BaterlanbeS  ^ier",  mitunter  maren  eS  tief= 
empfunbene  unb  roirfltd)  bichterifdje  Gir$eugniffe.  %\i  sßforj* 
beimer  grauen  unb  Jungfrauen  ftifteten  eine  Jyar)nc,  beren  2öeit)e 
fid)  am  24.  September  511  einem  impofanten  geft  geftaltete.  5luf 
ergangene  (Etnlabuug  maren  Wborbnungen  ber  5Tarl3rul)er,  Weiten* 
bürger  unb  ©almer  Bürgermehren  crfd)ienen.  3um  gähnen» 
träger  mürbe  ber  SdjroertroirtSfohn  Huguft  Mittler  geroählt. 


Digitized  by 


ßtirgernie^r  tut  ^aljre  1848. 


Digitized  by  Google 


Worabcim  im  19.  Sabrbmtbert.  £66 


9I(Sbalb  nad)  biefem  gefte  efp^inc^  ber  Tagesbefehl  an  bie 
s4Bebrmänner,  ficf)  ju  ben  geuerererjitien  bereit  51t  galten. 

per  ^ratttofenfärm.  Km  24.  5Rärj  gegen  sJlbenb  tarn 
baS  ©erüd)t  nad)  ^for^eim :  „$5ie  granjofen  fommen!"  2)ie 
(Erinnerung  an  ifjre  jal)lreid)en  ©reueltbateu  in  unferm  ^eimat« 
laube  mar  nod)  aüentbalben  lebenbig,  unb  bie  9lngft  war  bei 
ber  bamatigen  Sdjutjlofigfeit '  aud)  burdjauS  feine  nnbegrünbete. 
2>aS  ($erüd)t  tbat  rafdi  feine  2Birfung.  9hif  bem  Üttarftplatje 
fommelten  fid)  alSbalb  ©ruppen  oon  bürgern,  unb  gegen  8  Ubr 
traf  ber  Slommanbant  ber  93ürgcrroebr  ein.  $ie*  ÄarlSrut)er 
^nftruftoren  ftellten  fid)  mit  ben  bereits  mit  ben  mit  ©eroefjren 
bewaffneten  Unteroffizieren  auf  bem  OTarftpto^  auf  unb  übten 
beim  flacfernbeu  Scheine  ber  ^edjpfaunen.  Ingenieur  3uliuS 
9täf)er  unb  gabrifaut  Detter  ritten  gegen  £>errenatb,  um  ju 
erfahren,  roaS  an  bem  ©erüdjt  maljr  fei/  baS  ein  reiteuber  33ote 
gebradjt  unb  monad)  bie  graujofen  in  ©ernSbad)  feugen  unb 
brennen  unb  bereits  baS  roürttembergifdje  $orf  Loffenau  pafftert 
haben  follten.  Rubere  Patrouillen  ritten  nad)  ber  $urlad)er 
©teige  bis  511m  t)ot)en  2Balb,  anbere  bis  5111*  53irfenfelber  $iegel= 
f)ütte.  $er  Oberamtmann  fuhr  mit  bem  ($enbarmeriebrigabier 
Schreiber  nad)  Neuenbürg.  (£r  bradjte  fpäter  beruhigenbe,  aber 
feine  beftimmten  s^ad)rid)ten.  Ein  reiteuber  $3ote  fam  oon 
JRönigSbadj:  „2)ort  feien  fte  gerüftet;  bebürfe  man  ihrer,  fo 
follc  man  nur  nad)  ihnen  fenben."  33oten  ritten  tjinauS  mit 
amtlichen  Sdjreiben  an  bie  ©emeiuberäte  beS  $3ejirfS,  welche  bie 
Mufforbcrung  erhielten  jur  ^Bewaffnung.  $ie  einen  riefen  nad) 
Waffen,  bie  anberu  beeilten  fid),  $ab  unb  ©ut  51t  oergraben 
ober  fieser  einzumauern,  grauen  unD  $inber  brängten  fid)  auf 
ben  9Jtarftptatj,  ben  (Satten  unb  $ater  jum  legten  Wate  ju 
umarmen,  ct)c  er  ins  gelb  50g.  (Sine  bange,  aufgeregte  Stunbe 
uerging.  sBäf)renb  beffen  ertönten  iRufc  nad)  Waffen.  Sämtlid)e 
Sd)loffer,  <Sd)miebe  unb  s^efferfd)miebe  mürben  beauftragt,  fo 
fd)nell  unb  fo  oiel  als  möglich  ßanjenfpifcen  $u  fertigen."  W\t 
©enfen  unb  auf  glöfferftangen  aufgepflanzten  Spiepen  rfteften 
immer  neue  fampfluftige  Sdjaren  an.  $en  ^inngiefjern  unb 
$upferfd)mieben  rourbe  anempfohlen,  Mügeln  $u  giejjen,  bie  bann 
nebft  ^uloer  ausgeteilt  mürben.  9tn  fämtlidje  görfter  beS  53e= 
jtrfS  erging  baS  ©ebot,  mit  tt)ven  Jägern  unb  ^agbfjüteru 
möglidjft  ftarf  bemaffnet  511  erfdjeinen.  ©egen  10  Utjr  traf  baS 
gähnleiu  ber  Sdjarffctjütjeu  ein,  bemaffnet  mit  $3üd)fe  unb  barauf- 
gefteeften  ?jatagan.  3bnen  fdjloffen  fid)  bie  unterbeS  einge-- 
troffenen  görfter  unb  bie  oon  biefen  beroaffneten  jüngeren  ^Bürger 
an.  gorftmeifter  .£>oltj  teilte  allein  20  ben  ^Öilberern  fonfiSjierte 
©emebre  aus.  (#egen  11  ttyt  ftanben  im  Hintertreffen  über 
GOO  Senfenmänner,  oon  benen  etlidje  aud)  mit  s.He;rten,  £>eu; 


Digitized  by  Google 


286  ^forabcim  im  19.  Sabrbunbert. 


gabeln,  9JJanbelreibcrn,  Sdjaufeln,-  ftrautftämpfeln  x.  bewaffnet 
waren.  (Sin  .tfonbitorgefyUfc  Ijattc  ben  größten  Stößer  ans  feiner 
©aefftube  mitgebracht,  ein  anDerer  StampfeSmutiger  einen  «peu* 
l)afeu,  womit  er  in  fürdjterlidjem  ©rimme  ben  Jyranjofen  ba» 
©ebärm  im  i?eibe  nm^ubreben  brobte.  Patrouillen  mürben  au§* 
gefanbt,  $orpoften  auSgeftellt  (Sine  Abteilung  erwartete  ben 
fteinb  an  ber  93rötjtnger  ÖemarfuugSgrenje.  (Sin  Schütz  machte 
ben  93orfd)lag,  $arrtfaben  &u  bauen,  was  aber  bann  bod)  al§ 
|U  gefäbrlid)  unb  unnüg  oerworfen  würbe.  (Segen  W/f  Ubr 
(amen  bie  gegen  @ernsbad)  gefd)icften  ft'unbfd)after  jurücf  mit 
ber  Reibung,  baß  uid)t3  (#efäbrlid)e3  51t  entberfen  fei.  Anbete 
SBotett,  bie  fnäter  eintrafen,  ftimmten  bamit  überein.  2)er  Ober« 
amtmann  befprad)  fid)  in  Neuenbürg  mit  feinem  9imt§genoffen 
wegen  gemeinfamer  Maßregeln.  Sc  machte  bie  Mitteilung,  baß 
er  eine  »Staffelte  nad)  Karlsruhe  abgefanbt  r)abe.  $on  bort  war 
it)m  bie  s)cad)rid)t  geworben,  baß  auS  pari»  10000  $eutfche 
ausgemiefen  würben,  bie  in  sJtut)e  unb  Orbnung  t)eimjufel)ren 
münferjen ;  baß  aber  uon  anberer  Seite  eine  wirflidje  ©efabr 
brol)e.  $$on  Mühl  häufen  au$  werbe  uon  einer  Schar  Jvranjofen 
ein  Ueberfall  i>erfud)t.  (£3  war  bie  £>erwegh'fd)e  Jyreifdjar. 
UBelche*  Sdjictjal  fie  hatte,  ift  befannt.  Ilm  25.  üJlärj  war  bie 
>Hube  unter  ber  93eoölferung  wieber  bergeftellt.  Unb  bie  Urfacbe 
beö  JvranMenlärms  ?  2lm  19.  Märj  fanb  in  Cffcnburg  bie  uon 
^ecter  geleitete  s4$olf3ucrfammlung  ftatt,  wobei  bie  Jvül}rer  ber 
Mabifalen  ihr  Programm  aufteilten,  u.  a.  mit  ber  Jorberung 
einer  rafd)cn  SBolföbemaffnung.  Um  bie  Ausführung  biefer 
Jyorberung  mög(id)ft  ju  befdjleunigeu,  festen  fie  auf  gefchiefie 
3lrt  ben  ?yran^ofenlärm  in  bie  2öelt  (Srmiefen  ift  biefe  (Srflärnng 
jwar  nicht;  aber  febr  oiel  3ßahrfd)einlid)feit  r)at  fie  für  fid). 

2lm  14.  3lpril  bcfd)lo§  ber  (Semeinberat,  baß  bie  aus* 
gegebenen  Senfen  unb  bie  im  Mär*  angefertigten  &injen  wieber 
abgeliefert  werben  müßten.  Qum  9tu3rücfen  würben  fte  nie 
benu^t.  3(m  24.  $uni  1849  nahm  bie  jd)mäbifd)e  Legion 
95  Stürf  bauon  mit,  bie  anbern  würben  auf  bem  $athau$-- 
fpeidjer  aufbewahrt  unb  gingen  bei  bem  vJ?athaufifbranbe  in  ber 
Wad)t  vom  29.— 80.  Mär$  1891  pgrunbe. 

3lm  Sd)luß  be»  3af)re3  oolljog  fid)  wie  in  allen  größeren 
Crten  fo  aud)  hier  eine  ernfte,  erbebeube  Jveier,  bie  Totenfeier 
ju  (Sfyctti  be3  in  ber  ^rigittenau  bei  SBien  ftanbredjtlid)  erfchoj* 
feiten  IHoßert  TiCum.  91m  Montag,  11.  ^ejbr.  abenb3  wer* 
anftaltete  ein  .Uomite  einen  ^yarfeljug  uom  Marftplatj  nach  bem 
Meitbaufe,  wofelbft  Stabtpfarrer  33utterfacf  uon  ^iebenjeü  unb 
ber  beutfd)-4atholifd)e  prebiger  Heribert  sJtau  au§  Stuttgart  bie 
Trauerreben  hielten. 


Digitized  by  Google 


^fotabcim  im  19.  3abrbuubcrt.  287 
1849. 

9lllmäblid)  t)atte  ficf)  bie  SHolfSwebr  $u  einem  ©eftanbteil 
be§  ftetjenben  .]peere3  berauSgebilbet.  Die  $iitgliebfd)aft  war 
obligatorifd)  geworben  unb  nur  unter  ganj  beftimmten  Umftänbeu 
tonnte  eine  Befreiung  oon  ber  Dienftpflidjt  eintreten.  Dro^bem 
blieben  uiele  s-8ürger,  JJabrifanten,  ftaufleute  unb  fleine  ftanb* 
merfer  ber  Sadje  fern,  weil  fie  it)r  feineu  ©efdjmacf  abgewinnen 
tonnten.  91  in  25.  Januar  befd)lott  ber  ©emeinberat,  gegen  bie 
Bäumigen  bie  Jyeflfe^iing  einer  Strafe  t>on  2—50  (Bulben  je 
uad)  bem  Staub  ii)re§  Vermögens.  2lud)  ber  Sinjug  ber  ©ewel)r= 
gelber  unb  bie  Uniformierung  oerurfadjte  oiele  Sorgen.  3Mel 
n)id)tigcr  al§  bie  großen  s$flid)ten  ber  3eit,  für  weldje  bie 
wenigsten  ein  red)te$  Serft&nbntS  &u  fyaben  fdjienen,  war  beu 
Weltmännern  bie  Jragc,  ob  ber  iHocf  ein*  ober  jweireibig,  ob 
ber  fragen  fdjwarj  ober  blau  fein  füllte.  Die  Offiziere  waren 
längft  im  33efitje  ber  au3  fd)mar$em  Dud)  gefertigten  sJJlontur, 
mit  einreibigem  sMod  unb  einer  Dienftmütye  mit  gerabem  Sd)ilb. 
XHber  uom  Oberfelbmebel  unb  Jelbwebel  an  l)atte  bie  äftann« 
fdjaft  meift  feine  ober  nur  teilweife  Uniformen,  manchmal  nur 
Dienftmütjen.  getömebel  unb  Wottenmeifter  trugen  ba§  Äceuj* 
banbelier  mit  Säbel,  s^atroutafd)e  unb  5kjonnetfd)eibe,  wäbrenb 
bie  2Bef)rmäuner  nur  ein  banbelier  au$  fd)warjem  &ber 
trugen,  an  bem  Ijinten  s^atrontafc^e  unb  33ajonnetfd)eibe  befeftigt 
waren. 

Die  ^oefte  fdjof*  üppiger  als  je  in§  Jlraut.  £>ermegb3 
ftreibeitsgefänge  unb  $Öebrmanns»lieber  jeber  ©üte  füllten  bie 
Spalten  be$  „'öeobadjters".  Der  ^öäcfermeifter  unb  ©emeinbe- 
rat  (£t)riftopf)  Finger  (^ladjbolj"  nannte  er  fidj,  im  ©egeufaty 
ju  bem  seitgenöffifdjen  ÄarlSruber  Didjter  ^odwliO  bef'lagte  bie 
arbeit^lofe  3e^  unb  50g  gegen  bie  Jyreil)eitSl)elbeu  unb  „mobernen 
3efuiten"  lo§. 

Die  rabifale  Partei  begnügte  fiel)  nidjt  mit  ber  entgegen* 
fominenben  ©rflärung  33ettS,  bem  ©rofib-  SWanifeft  uom  Sftouat 
sJJiär$  unb  ber  ^hiMifatton  ber  erftrebten  ©efelje.  Die  ßrgeb* 
niffe  ber  Offenburger  Ukrfammluug,  bie  sJJNlitäremeuten  in  Waftatt, 
ÄarlSrube  unb  93rud)fal  gaben  ba3  Signal  guin  allgemeinen 
9tttfftanbe.  Die  ftludjt  be$  ©ro&berjogS  unb  bie  (£v|  türmung 
be$  3ei|ftt)aufc#  in  ftarlSrufje  waren  bie  erfteu  folgen  ber  i)ie= 
uolte. 

2113  iHittmeifter  Sreiberr  ü.  Selbenecf,  ber  mit  einer  Sd>wa* 
brou  Dragoner  von  ftarlSrulje  uad)  ^Haftatt  fommanbiert  warben 
war,  bort  uor  beu  meuterubeu  Gruppen  „Säbel  bevaus!"  fom= 
manbierte,  fprengte  ber  au§  s$forjl)eim  gebürtige  ©efreite  (£ouniS 


Digitized  by  Google 


288 


^forabeim  im  19.  Qabtbunbett 


oor  bie  gront  unb  rief:  „Kamerabeu,  Säbel  ftecfen  laffen!"  <£r 
mürbe  bafür  fpäter  uom  Kriegsgericht  $um  £obe  oerurteilt  unb 
ftanbredjtlid)  erfdjoffen,*) 

Stuf  bie  ungemiffen,  juin  Seil  abenteuerlichen  ©erüdjte  in 
ber  Stabt,  roeldje  eS  jmeifelbaft  erfdjeinen  liefen,  in  meldien 
$änben  fid)  bie  sJtegierung  befanb,  mürbe  morgens  am  14.  9)iai 
(#eueralmarfd)  gefd)lagen,  unb  bie  Sürgertoehr  oerfammelte  ftd) 
auf  bem  Warft,  ®emeinberat  unb  Offiziere  tarnen  auf  baS 
WatbauS,  um  über  etwaige  (£ntfd)liegungen  ju  beraten.  Son 
Karlsruhe  maren  injmifdjeu  truppmeife  Solbaten  aUer  SBaffeit* 
gattungen  eingetroffen,  bie  in  ben  umliegenben  Ortfdjaften 
wohnten  unb  roillenS  maren,  ben  Solbatenrocf  mit  bem  Sürger* 
gemanbc  ju  oertaujcheu.  $>ie  erften,  meldje  auf  bem  SJiarfte  er* 
fd)ieuen,  mürben  bort  oon  ben  2£el)rmännern  angehalten  unb 
ausgefragt.  Stabtrat  ©fdjminbt  ftellte  eine  fäbelraffelnbe  brül= 
lenbe  sJiotte  oon  10  bis  12  Solbaten  unb  mahnte  fie  an  ttjrc 
Pflicht.  „3n  Karlsruhe  l)atS  nod)  oiel  Solbaten!"  mar  bie&nt* 
mort.  Unterbeffen  mar  befd)loffen  mürben,  baS  erfte  Aufgebot 
unter  Hauptmann  £errmann  nad)  Karlsruhe  5U  fdjicfen.  9iad)bem 
eS  in  iurlad)  übernachtet  mürbe  eS  nad)  Karlsruhe  birigiert 
unb  bort  in  ber  ^nfanteriefaferne  einquartiert.  Xk  2ttannfd)aft 
hatte  bie  2Bad)e  am  $urlad)er  unb  (Sulinger  $bore  ju  beziehen. 
4)a§  ^Pforsheimer  Kontingent  mar  fobann  engagiert  bei  ber  ©c* 
jangennahme  ber  Offiziere  beS  $>ragonerregimentS  ©rojjherjog, 
meldjeS  beffen  Oberft  oon  ©laubig  oon  greiburg  nach  Karlsruhe 
jurücf  führte.  511S  baS  Regiment  auf  bem  5Jtarftplatj  auf  am, 
mußten  bie  ^ßforjheimer  bortfelbft  Slufftellung  nehmen.  $>ie 
2)ragoner  ergaben  flch  oer  prootforifchen  Regierung ;  bie  Offiziere 
mürben  oon  ben  ^forjhcimern  an  bie  Sahn  unb  mit  biefer  nad) 
Siaftatt  erfordert.  Seim  dinmarfct)  gab  eS  rohe  Auftritte.  $ie 
am  Zljovt  lagernben  Solbaten  brüllten:  „Sringt  %\)x  bieSpi$= 
buben?  2öir  mollen  fie  gleid)  totfd)lageu!"  u.  f.  m.  £>aupt* 
mann  £>errmann  trat  cor  bie  Solbaten  unb  gab  bie  3meibeutige 
Antwort:  „$ie  Cfftjiere  fommen  bahin  roohin  fie  gehören!" 
Sefriebigt  aber  hatte  fie  nid)t.  (Bin  junger  33urfd)e  (iambour) 
fprang  an  u.  ©laubig  in  bie  «'pöhe  unb  rijj  il)m  bie  Öpauletten 
ab.  C£in  Leutnant  Sdjolberer,  ehemaliger  Korporal,  50g  ben 
Säbel  unb  brohte,  jeben  juifammeu  511  hauen,  ber  fid)  nodjmalS 
an  einem  Cffijier  oergreife,  $ieS  rettete  fpäter  ben  SJtann  oor 
bem  KriegSgerid)t.  5lbenbS  tarn  fobann  baS  1.  Aufgebot  mieber 
nad)  ^for^beim.  ©leidjjeitig  mit  bem  1.  Aufgebot  mad)te  aud) 
bie  2.  (£ompagnte  unter  Hauptmann  £errmann  einen  2luSmarfd) 

•)  3einc  Jornllic  fefete  ilnn  im  jetyigen  9(ug.  Mmjfer'fctjcn  (Marten  in 
&er  Werberfirafec  ein  £enfmal  in  Jonn  eine*  C  t>clic>f. 


Digitized  by  Google 


Worabeim  im  19.  3aptbunbett.  289 

unb  jioar  nad)  Neuenbürg,  um  bort  smei  Kanonen  fjolen. 
Oberftleutuant  o.  sJtecf  nebft  jioei  Offizieren  mar  nämlid)  mit 
jmei  ©efdjüfcen  unb  ber  treugebliebenjui  3Jhnnfd)aft  oon  ©otteS* 
aue  auSgerürft,  um  biefelben  nad;  Stuttgart  in  ©tdjertjeit  ju 
bringen  uov  ben  greifdjaren.  StlSrfie  in  Neuenbürg  anfamen, 
mürben  oon  ber  bortigen  93ürgerroef)r  bie  ©efdjü^e  mit  93efd)lag 
belegt.  211S  bie  Reibung  Neroon  nad)  s$forjl)eim  tarn,  ertjielt 
©reiff  93efebl,  fie  gu  Ijolen.  2)ie  Offiziere  mußten  oom  SHatfjauS* 
fenfter  mitanfeben,  roie  ihre  treugebliebenen  SJiannfdjaften  oon 
vJ$ferben  unb  ©efd)üt3en  getrennt  mürben. 

51m  20.  2Jiai  mürbe  oon  ber  prooiforifd)en  Regierung  ber 
gabrifant  .jperre  jum  gioilfommiffär  ernannt.  211S  fötaler,  fomie 
als  SHitglieb  beS  StolfSoereinS  unb  2Bef)rauSfd)uffeS  f)at  |>erre 
auf  oerfdjiebene  SBeife  eine  beroorragenbe  agitatorifd)e  unb  bienft* 
lidje  Xbatigfeit  entfaltet,  metdje  bis  pn  10.  3uni  anbauerte, 
mo  er  als  5lbgeorbneter  in  bie  fonftituierenbe  'JJationaloerfamm-- 
lung  eintrat  unb  fein  .ßiüilfommiffariat  an  $ietj  übergab. 

3lm  sJHittrood)  ben  23.  9Hai  fanben  fid)  auf  £erre'S  35er- 
anlaffung  ber  ©emeinberat  unb  fämtlidje  Staatsbeamte  oon 
s}$f  or$beim,  ausgenommen  Jorftmeifter  $oltj  unb  $)efan  Jrommel, 
auf  bem  iHatfjaufe  ein,  um  ber  prooiforifdjen  Regierung  ben 
2)ienfteib  ju  leiften.  3)ie  Staatsbeamten  oermeigerten  ben  (Sib, 
„bis  bie  (Igefutiotommiffion,  fomie  bie  ^iwlfommiffäre  ebenfalls 
auf  bie  9teid)Soerfaffung  nad)  ber  befte^enben  Formel  beeibigt 
morbeu  feien".  Sie  gaben  ben  SBunfd)  ju  ^rotofoll,  eS  möge 
mit  ber  ©ibeSteiftung  nod)  folange  jugemartet  merben.  bis  burd) 
bie  bemnädjft  jufammentretenbe  fonftituierenbe  33erfammlung  ber 
§  193  ber  iHeid)Soerfaffung  in  »ollgug  getreten,  b.  I).  bis  bie 
SanbeSoerfaffung  ber  iHeicrjSoerfaffung  angepaßt  roorben  fei,  bamit 
bie  -peiligfeit  beS  ©ibeS  nid)t  oerletjt  toerbe. 

5lm  26.  9Dtai  maren  mit  menigen  5luSnaf)men  bie  Pfarrer 
unb  Sefjrer,  93ürgermeifter  unb  ©emeinberäte  ber  fianborte  rjier, 
um  ben  ©ib  abzulegen,  jum  teil  aber  aud)  bagegen  ju  proteftieren. 
rtür  bie  SBürgerioetjr  oeranlafjte  §erre  auf  29.  9ttat  bie  auf  bem 
SJlarftplatj  oorgunebmenbe  ©ibeStagfafjrt.  9lud)  t)ier  flieg  er  auf 
Oppofition.  SJtedjanifer  Snebrid)  §auf  unb  Senj  ber  jüngere 
matten  tfjre  ©rünbe  gegen  bie  ©ibeSleiftung  geltenb,  mürben 
aber  burd)  ^erre'S  ©robungen  unb  bie  Haltung  ber  erften  unb 
Sroeiten  Kompagnie  gelungen,  311  fdjmören.  $om  9iatf)auS= 
balfon  bejm.  oon  ber  Altane  beS  SdjulbaufcS  auS  gelten  bann 
|>erre  unb  Sd)lemmer  fulminante  Stteben,  bie  barauf  beredetet 
maren,  bie  3uf)örer  für  baS  neue  Regiment  ju  ermärmen. 

93om  31.  9Rat  an  begann  |>erre  feine  offizielle  $bätigfett 
als  9iegierungSfommiffär  burd)  eine  iHeibe  fategorifdjer  9)tafj* 
nahmen.   9Hd)t  meniger  als  fed)Smal  fjinteretnanber  ließ  er  fid) 

19 


Digitized  by  Google 


290 


$fovibetm  im  19.  ^flbrbimbert. 


in  einer  Plummer  be§  „^Beobachter"  amtlid)  oernehmeu :  „3m  Flamen 
ber  prooiforifchen  Regierung",  „im  Flamen  be3  regierenben 
£anbe$au§fd)uffe*".  sMe  Beamten,  SBürgermeifter  unb  (#emeinbe= 
reite,  bie  ben  @ib  uerweigert  tjatten,  erflärte  er  fdjlanfweg  für 
abgefegt  unb  befetjte  itjrc  Soften  burd)  willfährigere  (Elemente, 
ohne  fid)  um  bas  Wahlrecht  ber  Bürger  §ii  fümmern.  @ine 
fd)arfe  briefliche  s.Hu§einanberfet}ung  hatte  ber  ©enmltige  mit  bem 
ftreitbaren  3)efan  Krümmel,  ber  ifjm  unuerblümt  feine  Meinung 
}ii  erfenneu  gab. 

@inc  uöllige  $lnard)ie  mar  hereingebrochen,  bie  aufgeregte 
Sftaffe  fragte  nichts  mehr  nad)  ®efe£  unb  Orbnung,  unb  felbft 
bie  neuen  ÜJcadjthaber  tonnten  fid)  ber  täglid)  mehr  um  fid)  greifenben 
^uSfdjreitungen  nid)t  mehr  ermehren.  $ie$,  ber  nunmehrige 
^ioilfommiffar,  ftagte  unb  warnte  wegen  ber  „freoelhaften  SBcc* 
wüftungen  in  Selb  unb  2öalb,  über  Steueroerweigerung  unb 
über  bie  unfmnige  ©d)iefjerei." 

2tm  24.  9ÖRai  mar  Jicfler  in  ^forjheim  unb  bereifte  mit 
sperre  unb  $ietj  bie  Crtfchaften,  um  für  bie  beoorftehenben  sJceu= 
mahlen  jur  fonftituierenben  USerfammlung  NJ$ropaganba  $u  machen. 
21  m  11.  Qunt  würben  SHö&leSwirt  2)ittler*sJBilferbingen,  $)r. 
<5teinmet}'S>urlad),  §erre*s}3foräheim,  fietjrer  3)örner-$!iefelbronn 
in§  3lbgeorbnetenhau§  gewählt.  Sei  ber  barauf  folgenben 
s33ürgermeifterraabl  erhielt  Grecelius  bie  weiften  (Stimmen,  fd)on 
ein  Reichen  ber  Meaftion  infolge  ber  sJtieberlage  ber  siHeoolution3= 
ormee  bei  Heppenheim.  GStwaS  rabifaler  fielen  bie  am  14.  3uni 
oorgenommenen  ©emeinberatSwahleu  au$. 

3roet  yumMdialtiT  mürben  am  31.  sMai  Infi  sIBürttem* 
bergifdje  gefdntft,  nämlich  ein  gemiffer  Seibbranb  unb  ein  Wfafyt* 
mann,  ben  man  bemfelben  als  Begleiter  mitgab.  @3  mar 
nämlich  ber  prooiforifd)en  Regierung  gemetbet  warben,  bafj  fid) 
ber  babijdje  9)}arfgraf  2Bilt)elm  in  Württemberg  befinbe,  um  bort 
Gruppen  ju  fammeln  51t  einem  (Einfall  ins  sSabifd)e,  um  bier 
ben  5Iufftanb  ju  unterbrütfen.  Seibbranb  unb"  fein  ^Begleiter 
follten  nun  ben  2J?arfgrafen  auSfpionieren  unb  oon  feineu  etwaigen 
Plänen  unb  Erfolgen  Reibung  madjeu.  @3  würbe'  fogar  ernft* 
lieh  »n  Erwägung  gebogen,  bewaffnet  ind  sJBürttembergifche  ein« 
juf allen  unb  boit  ben  Slufftanb  ju  proflamieren.  Slber  bie  beiben 
ftunbfchafter  famen  nur  bis  Vaihingen  a.  Gcnj.  $ort  würben 
fie  oon  einem  mürttembergifdjen  23eobachtung$forp§  aufgehalten, 
unb  nadjbem  fie  ihre  5lbfid)teii  oerraten  unb  nod)  baju  bie  Soh 
baten  jur  3)efertation  unb  511m  (Eintritt  in  bie  „Sdjwäbifche 
Segion"  Ratten  oerleiten  wollen,  mit  einer  tüchtigen  iradjt  Prügel 
wieber  nad)  £)aufe  gefchieft. 

3lm  0.  ^uni  ereignete  fid)  auf  bem  3)lar(te  eine  ^U'uottc.  (Bin 
angeblich  poluifcher  Cffijier  2Bie3ner  fam  als  ftommaubaut  beS 


Digitized  by  Google 


fliforabeim  im  19.  Sagrbunbert. 


291 


1.  Aufgebots  nad)  ^fovj^eim  unb  lieg  gleid)  abenbS  50  SJlann 
at§  3Bad)e  auf  ben  £aibad)bof  auärücfen,  um  einem  befürchteten 
UebcvfaÜ  feiten«  ber  febwäbifdjeu  Gruppen  51t  begegnen.  (£3 
waren  iieute  au§  ber  erften,  jmeiten  unb  britten  Sürgerwebr* 
fompagnie,  bie  eine  %ct  93orf)ut  btlben  follten.  9lu§  bemfelben 
©runbe  würbe  aud)  ein  2Bad)tpoften  con  12  SJIann  im  ^Hat^au^ 
aufgeteilt,  um  bei  bev  £>anb  ju  fein,  roenn  uom  §aibad)  ein 
2lngriffsfignal  fommen  füllte.  9tad)t3  2  lüjr  fam  SieibbranbS 
©tieffobn  Qcngel  auf  ben  $mibacbbof  unb  bradjjte  bie  Reibung, 
bajs  in  ber  Stabt  Unruhen  ausgebrochen  feien,  bafj  ber  Slom* 
manbant  3Bie§ncr  auf  $erre§  SBeranlaffung  uerljaftet  worben 
fei.  ^atfac^e  mar,  bafj  ber  00m  ©eneralfommanbeur  ber  Wolfe 
mebren,  ben  ^Brentano  bereits  Ijatte  nerljaften  (äffen,  inftaüierte 
^olafe  in  feinen  ^rätenftonen  £inberniffe  fanb  bei  ben  ®e* 
mäßigten  unb  baburd)  oeranlafjt  mürbe,  nod)  in  ber  nämlidjen 
sJiad)t  nad)  SlarlSrube  jurücfjufebren.  2)iefe  9tad)rid)t  braute 
eine  geiualtige  Aufregung  beroor,  weil  man  in  2Bie§ner§  (Snt* 
fernung  eine  unberufene  ^Beeinträchtigung  feiner  93efugniffe  erblicfte. 
s$la\\  befd)lof},  erft  gegen  borgen  ben  Soften  ju  uerlaffen,  ob* 
fd)ou  berfelbe  auf  SBefebl  beS  SJürgermeifter«  fd)on  um  3  ltyv 
eingebogen  werben  foHte.  3rojf^en  5  uno  6  Ütyx  marfebierten 
fobann  bie  9Jcannfd)aften  in  bie  ©tabt,  rco  fte  bie  näberen  Ilm* 
ftanbe  erfubren.  3ll3balb  lautete  ba§  SofungSwort:  „$inau§ 
ju  Oerrel"  (berfelbe  roobnte  im  jetzigen  $ifleniu§'fd)en  §aufe.) 
|>erre  follte  jur  Siebe  geftetlt  roerben.  dr  fcfjnaflte  ben  ©d)lepp* 
fdbel  um,  fe^te  ben  £ut  mit  ber  großen  ftofarbe  auf  unb  trat 
fo  oor  bie  SJtenge,  berfelben  in  furjer  SHebe  feine  Unfdjulb  be* 
teuernb.  5113  Urbeber  be§  SBorfommmffeS  bezeichnete  er  ben 
©cbmarjen  5lblerwirt  ©lafer,  ber  tag«  juoor  oon  ÄarlSrube  bie 
9tad)ricbt  gebracht  fyabz  von  ber  (Sntjweiung  *8rentano§  unb 
©truoeS.  ©lafer  fei  an  allem  fdmlb.  „9luf  ju  ©lafer!"  fjteß 
e§  jetjt;  etma  60  93ürgerwebrmänner  ftellten  ftd)  oor  bem  $lbler* 
nrirt§bflufe  auf)  roä!)renb  4  SKann  unter  Zuführung  be«  SJicdja* 
niferS  2)illmann  beroaffnet  in§  £au§  einbrangen,  ben  ©lafer 
roedten  unb  ibn  aufforderten,  auf  bie  ©tra^e  berunter  ju  fommen, 
um  fid)  bort  oor  oerfammeltem  33olfe  ju  oerantmorten.  ©lafer 
leiftete  Jolge.  Sogleid)  richteten  ftd)  oon  allen  (Seiten  bie  SBajonuetc 
auf  ibn.  s2luf  feine  UnfcbulbSbeteuerungcn  rourbe  nid)t  gebört, 
er  würbe  rob  befebimpft  unb  beinabe  geprügelt;  bo^mücbfige 
33ubcu  erfred)ten  fid),  ü)n  am  ©djleppfäbel  b^um^erren.  9lu3 
biefer  9tot  rettete  ibn  bie  ftlugbeit  be§  fiebrerS  unb  Oberfelb* 
webelS  ©cbonlein,  ber  ben  ©eängftigten  barfd)  für  uerbaftet 
erflärte.  (£r  brad)te  ibn  auf«  SlatbauS  unb  bamit  in  ©id)ert)eit 
oor  ber  ibm  brobenben  £gnd)jufti$.  3)em  ©djönlein  ^at  biefer 
finge  Einfall  fpäter  im  §od)öerraUproje§  fet)r  genügt;  er  fam 

19' 


Digitized  by  Google 


292  ^forabeim  im  19.  Sabtounbert. 

mit  einer  S-Berfetjung  bavon,  mährenb  vielen  feiner  gravierten 
ftoüegen  ein  roeit  tjärtere^  Sd)icffal  befdjieben  mar.  ©lafer  blieb 
brei  Stunben  in  £mft,  ivorauf  il)n  (£receliu3  in  greiljeit  jetjte. 
s2lud)  .£>erre  follte  verhaftet  merben,  aber  er  mar  injmifdjen  nad) 
Karlsruhe  gereift.  Der  ganje  Auftritt  mar  barauf  berechnet,  bie 
©emäfngten  eiujmfd)üchtern. 

3ln  bie  93ürgermeifter  be3  93ejirte  mürben  am  G.  ^um 
40  Aufrufe  folgenben.  3nfya(t§  Qefdjicft : 

Nitn  ba§  Söürgermeifteramt  ju  s)l. 

Sie  erhalten  von  bem  (Gefertigten  ben  53efef)l,  allfogleid) 
aüe  5Bel)rmannfd)afteu  be§  1.  Aufgebot«  aufzubieten  unb  bie= 
fetben  juoerläffig  bis  morgen  5  Uhr  nachmittags  in  Eutingen 
eintreffenb  311  machen.  «Sollte  ein  Seil  ber  SBetjrmannfdjaft  nicht 
bemaffnet  fein,  fo  haben  Sie  für  biefelben  Söaffen  aller  «rt,  als 
Senfen,  33üd)fen,  Spie&e,  JU  requirieren  unb  bie  Söebrmannfdjaft 
fo  auSgerfiftet,  mie  oben  ermahnt,  unoerjüglic^  nach  Eutingen  3U 
beorbern. 

^forjheim,  6.  Ouni  1849. 
Der  3ioitfommiffcir  •  ^ilitärfommiffion 
§erre.  %  (£.  SBieSner, 

©enieoffijier. 

2Bie3ner  roartete,  mie  ermähnt,  bie  WuSfühvung  feinet  93e* 
feljlS  nidjt  ab,  fonbern  verbuftete.  (Srft  14  £age  fpäter  auf  bie 
„SiegeSnachridjtcn"  f)in  erfd)ien  er  mieber  in  ber  Stabt. 

Mu3  ber  3eit  ber  $efea)te  am  2le<fiar.  Der  $ole  3)2ie- 
roSloivSh)  erhielt  am  9.  3uni  oen  Oberbefehl  über  bie  babifcb/ 
vfäljifdjen  Gruppen.  3lm  10.  3uni  ging  berfelbe  nad)  bem 
ftriegäfchaupla&e  am  9tecfar  ab.  Die  bort  erlittenen  »Schlappen 
uermanbelten  fid)  im  „Beobachter"  in  t)m'^^c  <Siege.  gftan 
fraternifierte  gleichzeitig  mit  ben  ^arifer  Slufftänbifchen.  Gcin 
Flugblatt  melbete: 

„2öir  erhalten  foeben  oon  Strasburg  auf  aujjerorbent- 
lidjem  siöege  bie  telegraphifdje  Depefdje  vom  13.  Ouni,  abenbS 
l/A  Uhr:  Da§  $olf  fammelt  fid)  auf  ben  SBouleoarbS.  Die 
bemaffnete  Stacht  ift  im  2lnrücfen.  sibenb§  G  Uhr:  Die  33e- 
megung  ift  brohenber.  SlbenbS  l/f9  Uhr:  $ari§  ift  im  93elager= 
ungdjuftanb. 

Die  Sache  ber  greiheit  ftegt ! 

flarlsruhe,  14.  -3uni,  abenbS  9  Uhr. 

Die  proo.  Regierung." 

Ergiebige  Beiträge  an  ©elb,  Kleibern  unb  Lebensmitteln 
gingen  ein,  aber  bie  Steuerbeiträge  mollten  trotj  mieberholter 
einbringlidjcr  Mahnungen  bes  ^i^i^mmiffärS  nid)t  red)t  fliegen. 
(£benfo  brücf ten  fich  viele  von  ber  Wehrpflicht,  fo  ba jebem  jum 


Digitized  by  Google 


SMotabeim  im  19.  ^abrbunbert.  293 


1.  Aufgebot  gebörenben  Staatsbürger,  ber  ftd)  oon  ber  .£>eitnat 
entfernt  hatte  nnb  fict)  nid)t  binnen  ad)t  £agen  mteber  bafelbft 
einfinben  wollte,  bie  Strafe  eineS  RefrafteurS  unb  eine  ©elbftrafe 
oon  1200  ©ulben  angebrobt  rourbe.  Am  Donnerstag,  21.  3uni, 
fanb  baS  ©efedjt  bei  SEöagbäufet  ftatt;  mit  melcbem  (Erfolg,  ift 
befannt.  Schon  am  barauffolgenben  £ag  trafen  oon  bort  53er* 
fprengte  in  ^forjbeim  ein.  3)ie  injroifcben  fjier  einquartierte 
„Scbrcäbifcbe  Segion"  [teilte  ftarfe  Soften  auf  am  ©ingange  ber 
Stabt  unb  liefe  bie  Anfömmlinge  trupproeife  in  ben  §of  beS 
„Schmarren  Abler'  eSfortieren,  um  fte  bort  einem  Skrbör  su 
untergeben  unb  ibre  ©eroebre  311  oifttieren,  ob  biefelben  oom 
Sd)iejjen  oerruflt  feien.  $ie  Flüchtlinge  machten  in  ibren  oon 
Sdnueijj  unb  Staub  entftellten  ©eftd)tera,  in  ben  fcbmutjigeu 
meinen  Mänteln  unb  Jelbmü^en  einen  roenig  juoerftcbtlicben  ©in* 
bruef.  Sie  mürben  oon  ben  Segionären  auf  ganj  brutale  2ßeife 
als  Seiglinge  unb  Ausreißet*  bebanbelt.  AuS  ben  Berichten  ber 
Flüchtlinge  unb  anberen  Anzeichen  erfubr  man  beim  51  ommanbo  ber 
fdjioäbifcben  Segion  ebenfo  gut  roie  auf  bem  9-JatbauS  unb  Ober* 
amt,  baf?  bie  Greußen  ben  mtyin  unb  9lecfar  überfebritten  bitten 
unb  bie  yieoolutionSarmee  eine  febmere  Wieberlage  erlitten  hatte. 
Unb  ob  man  bie  (Sreigniffe  aud)  ju  oertufeben  fud)te,  fo  berrfdjte 
bod)  allentbalben  in  ber  Stabt  bie  bumpfe  fdjmüle  Stille  oor 
bem  äufammenbrud). 

XHe  pdhoäßifdk  Legion.  Sd)on  in  ben  erften  Sagen 
ber  SJfaireoolution  tarnen  aus  Württemberg  aller  Art  Seute  burd) 
bie  Stabt,  meift  mangelhaft,  juroeilen  gar  nicht  bewaffnet,  um 
ftd)  in  9taftatt  in  ein  Jy^iforpS  einreiben  ju  laffen.  $n  ber 
9iad)t  oom  IG.  bis  17.  JJuni  erfaßten  fobann  unter  Oelbaffen  eine 
Gruppe  oon  140  SJkntt  in  s#for$beim.  3b*  fpäterer  anführet 
#  mar  ein  gemiffer  Subtoig  0.  iHango'-2Befternburg,  ber  ftd)  ben 
bod)flingenben  Xitel  eines  „Oberften  unb  ßommanbanten  ber 
fübbeutfdjen  Struppen  an  ber  roürttembergifcben  ©renje"  beileate. 
@r  mar  urfprünglid)  föniglid)  preußischer  Oberftleutnant  bei  oen 
|>ufaren  unb  mar  befertiert.  Qu  feinem  Stab  Ahlten  bie  Offt* 
jiere  iKuoff,  ein  roürttembergifdjer  Kellner,  unb  ein  $)utmad)er 
33aber  auS  Sreiburg,  ber  als  Abjutant  fungierte;  ferner  ein  ge- 
miffer ©rimmer,  bie  beiben  Oelbaffen,  S-Bater  unb  Sohn  aus 
©münb,  unb  ber  Sitterat  Abt.  3fo  ber  Qeit  ihres  Aufenthaltes 
in  sPforjbeim,  oom  17.  bis  26.  3uni,  t)attc  bie  Segion  einen 
5iemlid)  ftarfen  Zulauf  auS  Württemberg,  balb  in  einteilten 
Seuten,  balb  in  ganjen  £ruppS.  So  erfd)ien  eines  AbenbS  eine 
Anzahl  junger  Seute  auS  Reutlingen,  mit  Riefen  bemaffnet. 
kleben  allertjanb  fatilinarifdjen  Gmftenjen  umfaßte  baS  (EorpS 
auch  braue  Seute  oon  gutem  Stanb. 


Digitized  by  Google 


294  Worjbeim  im  19.  Sabrbunbett. 

93on  biefen  maren  mandje  mit  SBüdjfe  unb  £irfd)fä»iger 
bewaffnet,  roäfyrenb  anbete  SRuSteten  trugen.  3f)re  Uniform 
beftanb  in  blauen  leinenen  SSlufen.  3(H*  ^Banner  mar  eine  grofte 
ftfjroarjn'ot-golbene  Jyafyne  $a§  Hauptquartier  mar  ber  „©djmarje 
3lbler".  sJlad)mittag3  vüctte  bie  Segion  auf§  9tennfelb  au$  jum 
©jcerjieren.  (Sinicje  befertierte  mürttembergifdje  Unteroffiziere  unb 
ein  ftelbroebel  leiteten  bie  Uebungen.  2(m  19.  3um  traf  ber 
fdjon  genannte  o.  9tango*2Befternburg  ein  unb  übernahm  ba$ 
Äommanbo.  3n  bombaftifdjen  Sieben  unb  Aufrufen  empfahl  er 
bie  ^eilige  ©adje  ber  grei^eit  ben  beutfcfyen  trübem;  er  felbft 
aber  f)ielt  ftd)  meit  oom  ©d)uf$  unb  begnügte  ftd)  oorerft  mit 
bem  feinen  Ouartier  unb  bem  oornefymen  £itet.  3"  Einfang 
mar  bie  9Wann§aud)t  nod)  eine  leiblich  gute,  bod)  ging  ber  33er* 
fetjr  mit  ben  bürgern  nie  über  bie  3lnforberungen  ber  fonoen* 
tionellen  §öf(id)feit  f)inau§.  35iel  gefungen  mürbe  in  jener  $eit 
baS  Sieb  oon  ben  „Hriftof  raten,  bie  merben  gebraten,  oon  ben 
dürften  unb  Pfaffen,  bie  merben  gelängt." 

sJ2ad)  ben  @reigniffen  bei  5Bagl)äufel  mürbe  ed  ber  Segiou 
etma$  fdjmül  in  s$forjt)eim3  Stauern,  ©ie  madjte  ftd)  reifefertig. 
3tm  23.3uni  abenb§  markierte  fie  nad)  üefenbronn  unb  Weutjaufen 
unb  tarn  am  Montag  mieber  jurücf.  Stuf  bem  durfte  bemirtete 
man  fie  mit  Sein,  Sftoft  unb  93rot.  (Sin  Tambour  30g  mit  einem 
silu$rufer  burd)  bie  ©trafen  unb  erfudjte  bie  (Sinmofjner  um 
Abgabe  oon  ©djuftmaffen  für  bie  fdjledjt  bemaffneten  SHann* 
fdjaften.  9luf  bem  iHatl)au§  tjielt  $)ietj  an  ben  ^ufammengerufeneu 
©emeinberat  eine  9lnfprad)e:  „3m  Hainen  ber  prooiforifdjen 
Regierung  ftelle  id)  ben  Eintrag,  baft  binnen  einer  ^iertelftuube 
jur  ^öeroaffnuug  ber  „©djmäb.  Segion"  95  ©piefje  abgegeben 
merben."  9lad)  furjer  Beratung  folgte  ber  33efd)lu§,  baf$  ber 
©emeinberat  einftimmig  biefem  vtntrag  beitrete  unb  bie  Abgabe 
ber  oerlaugten  ©piefte  gefd)eljen  laffe. 

9iad)bem  bie  immer  rüpelhafter  merbenben  Seginäre,  meldje 
injmijdjen  auf  300  9Jlann  fid)  uerftärft  Ratten,  nadjmittagS  24. 3uni 
auf  bem  9Jlarftplat>  in  ber  2runfent)eit  nod)  eine  folenne 
Reilerei  oeranftaltet  Ratten,  roobei  il)r  Oberhaupt  beinahe  felbft 
©d)läge  befam,  sogen  fie  am  25.  morgend  ot)ne  ©ang  unb  Sllang 
ins  iWurgtbal.  (Ein  bleibenbeS  Anbeuten  batte  o.  $HangO'siBeftern= 
bürg  im  „©djmarjen  Mbler"  fjinterlaffen  in  ©eftalt  oon  22  fl. 
©Bulben,  bereu  "tbeäafjlung  er  in  ber  (£ile  be3  2lbmarfd)e§  oeigafj. 

X>tc  jöürflerrocflr  unb  6er  Ausmarf*  6r$  1.  AufgcBots. 

2lm  5."  3uni  Ijatte  ber  Sanbesausfdjuf}  ben  StriegSjuflanb  über- 
bau tfanb  oerfjängt,  unb  fdjon  am  G.  3"»i  mad)te  ber  *Pforj» 
beimer  3ktaillon§fommanbant  barauf  aufmerffam,  bafj  jeben 
Slugenblicf  ber  ^öefc^l  $um  Stbmarfd)  be3  1.  Aufgebot!  eintreffen 


Digitized  by 


^fotibciin  im  19.  3abrbunbnt. 


295 


fönne.  2)urd)  ein  ®efetj  uon  9Jlitte  üftai  mürben  bic  Bürger* 
roeljren  nad)  9Uter§flaffen  in  bvci  Aufgebote  eingeteilt.  $)a§ 
1.  Aufgebot  umfaßte  alle  lebigen  waffenfähigen  Männer  uom 
18. -30.,  ba3  2.  bie  oerljeirateten  bis  jum  40.  unb  baS  3.  alle 
jene  bis  511m  50.  SebenSjafyre.  9kd)bem  SBieSner  roieber  uon 
ftarlSrulje  äurücfgefefjrt  mar,  nafjm  er  mit  $rau  unb  Stinb  im 
„bitter"  (3(ug.  Ütanfer'fdjeS  $au3  am  5ftarft)  Quartier.  Sein 
(Einfluß  auf  bie  SBe^tmdnnet  mar  fein  großer,  dr  begnügte 
fid)  auf  bem  SRennfelb  bann  unb  mann  feinen  mtlitärifdjen  9tat 
abzugeben;  aber  wirf  lieber  93efel)l3f)aber  mar  er  eigentlich  nidjt. 
Sta^Äommanbo  führte  Sefyrer  <Sd)önlein,  ber  fid)  burd)  feine 
Sdjneib  unb  feine  £üd)tigieit,  mie  burd)  feine  ganje  ^erfönlidt)feit 
in  föefpeft  ju  uerfefcen  uerftanb.  SBieSner  oerfudjte  inbeffen  mit 
£erre  auf  ben  Sanborten  bie  Aufgebote  ju  organifteren,  inftallterte 
3nftruftoren  unb  nannte  fid)  mit  ©elbftgefüf)l  „©enieof fixier "  ; 
aber  ein  ©ente  mar  er  nid)t.  3113  am  25.  Quni  bie  ,,©d)roäbifd)e 
Segion"  abjog,  uerließ  aud)  er,  bieSmal  für  immer,  *ßforjf)eim. 

per  jHatfJaustttmttft.  $er  9lu3marfd)  be§  1.  Aufgebots 
mar  befinitio  auf  (Sonntag,  ben  24.  £uni  feftgefetjt.  9lm  SIbenb 
uor  bem  91bmarfd)  aber  {am  eS  )it  einem  argen  Tumult  oor  bem 
SRatbaufe.  9ttannfdjaften  ber  4.  unb  5.  Kompagnie  Ratten  bie 
9ktijau3mad)e.  (EreceliuS  hatte  in  jenen  ernften  Jagen  immer 
einige  $3ürgermef)roffijiere  auf  ba§  SRatfjauS  befohlen,  um  bie 
laufenben  ©efdjäfte  orbnen  ju  Reifen.  9Jcand)en  9Jiannfd)aften 
ber  4.  Kompagnie  fdjien  bie§  nid)t  511  besagen,  infolge  ber 
neuen  rabifalen  ©emeinberatSmatjl  gelten  fie  eine  foldje  Unter* 
ftütjung  für  überflüffig.  3)ie  Un^ufriebenfjeit  ber  Seute  richtete 
fid)  Ijauptfädjlid)  gegen  ben  93ürgermeifter  (EreceliuS,  ber  ihrem 
Verlangen,  fdjarfe  Patronen  auszuteilen,  auS  wohlerwogenem 
©runbe  nidjt  nad)fam.  s3Im  23.  3>uni,  als  bie  „Sdjroäbifdjc 
Segion"  ihren  (Einfall  inS  2Bürttembergifd)e  ausführen  wollte 
unb  511  biefem  ^merfe  über  Siefenbronn  nad)  Heuhaufen  ab= 
marjd)iert  mar,  fam  eS  oor  bem  9ktf)aufe  ju  offenem  Aufruhr, 
©egen  8  Ufjr  abtnfö  entftanb  bafelbft  ein  großer  Auflauf ;  unter 
ben  £umultuanten  mad)ten  ftd)  befonberS  oiele  9Jtannfd)aften  ber 
4.  (fog.  SJlorbfompagnie)  bemerfbar  burd)  müfteS  Schreien,  aller* 
fmnb  ^ro^ungen  gegen  bie  s£ürgerwef)rofftftiere  unb  anbere  miß* 
liebige  ^erfonen.  SJiet  Sflann  unter  Anführung  beS  gelbwebelS 
©raoenauer  begaben  ftcf>  nadjtS  gegen  10  Uhr  ju  (EreceliuS  in 
bie  SBohnung  unb  befahlen  ihm  in  groben  9luSbrücfen,  aufs 
9Jatf)auS  ju  fommen  unb  fdjarfe  Patronen  herauszugeben.  Um 
bie  Sumultauten  auf  bem  Wartpla^e  ju  befä'nftigen ,  begab 
ftd)  (EreceliuS  unter  bicfelben.  33or  bem  ^Katfjaufe  bemerfte  er 
eine  Shtjaljl  bewaffneter,  bie  gegen  bietend)  bie  ©ewefjre  erhoben. 
<$r  brängte  fict)  bajroifa^en,  um  9Jtißhanblungen  oorjubeugen. 


Digitized  by  Google 


206 


iMorabcim  im  19.  ^abtbunbett. 


Sitte  anbcre  ©nippe  bebtobte  bie  ^abrifanten  ©efell  unb  Werfer. 
(SreceliuS  felbft  rourbe  oon  einem  93etrunfenen  in  brutaler  sBeife 
bebanbelt.  ©leid)  barauf  fielen  bie  erften  jroei  Sdjüffe,  oon 
benen  ber  eine  ben  ßreujftocf  beS  JenfterS  in  SteceliuS  9lrbeitS= 
jimmer  burdjbrang  unb  in  bie  ^tntmerbecfe  einfdjlug,  roährenb  bie 
anbere  ftugel  ftd)  an  ber  fteinernen  |>auSgurte  fing  unb  bort 
morgens  breitgefd)lageu  aufgefunben  rourbe.  Oetjt  pflanzte  ftd) 
ber  iumult  auf  bie  Strafe  fort.  @S  routbe  ©eneralmarfd)  ge= 
fdjlagen.  Sine  Patrouille  beS  SdjütjenfähnleinS  befanb  ftd)  in 
ber  Hltftäbtetftrafje  bei  ber  fjabel'fchen  Stauerei  pBaoarta). 
Oberleutnant  2tiiguft  Ungerer  ließ  trot}  ber  ^öarttung  beS  ihm 
entgegenfommenben  2ef)rerS  Sdjönleiu  auf  ben  9Jlarft  marfdjieren 
unb  bort  bie  53üd)fen  laben.  $iefe  $emonftration  genügte 
inbeffen,  um  bie  iHutje  roiebet  ^erjufteUen.  ftabrifant  s)\tytU 
berger  tjatte  ftd)  oor  ben  aufrübretifdjen  Elementen  feiner 
Kompagnie  gleichfalls  flüchten  unb  unter  Stebecfung  heimgeleiten 
laffen  müffen.  SteceliuS  gab  bem  uugeftümen  Verlangen  nad) 
Patronen  nad)  unb  lieg  jebem  tarnte  2  Stüd  geben. 

2$cim  ADmarfdi  Des  1.  ÄufgcOoto  am  aubern  borgen 
(SonntagS)  hielten  webet  GteceliuS  nod)  einer  ber  Offiziere 
irgenb  eine  aufmunternbe  \Hnfprad)e.  Sine  tiefgebeube  Set* 
ftimmung  hatte  ftd)  ber  befferen  Elemente  bemäd)tigt.  S-Öiele  ber 
Wehrpflichtigen  fehlten  beim  eintreten.  SS  mürben  Patrouillen 
nad)  ihnen  gefd)icft.  Um  bei  ben  ÄirtenDen  nicht  neue  Un|tt« 
friebenheit  auffommen  ju  laffen,  fyoitt  man  bie  sJJlarftfd)rannen 
auS  bem  9tatt)au§  unb  bot  ihnen  einen  OmbiS  in  93rot  unb 
Söein,  roäfjrenb  fie  baS  |>ecferlieb  . unD  „Sd)leSroig'.£>olftein 
meerumfd)lungen"  fangen.  sJ(ad)  10  Uhr  fammelten  ftd)  and) 
bie  anbern  Kompagnien,  unb  ber  3lbmarfd)  begann,  ©eim 
„©olbenen  Slbler*  unb  ber  „poft"  bilbeten  bie  älteren  9Jcann= 
fdjaften  Spalier  unb  präfentierten  baS  ©etoebr  oor  ben  2lb= 
jiehenben,  bie  mit  gefdjultertem  ©eroehr  gen  $urlad)  marfd)ierten. 
SS  maren  204  9Jcaun,  geführt  oon  Sehtet  Sd)önlein  Jyärber 
Stuft  s-lBeebet  ttug  bie  fd)roar$=rot=golbene  ftahtte,  6  junge 
Trommler  fpielten  auf.  ^cber  ber  löebrmänner  trug  eine  blaue 
53lufe ;  bie  meiften  Ratten  eine  aus  3Sad)Stitd)  genähte  ^eifetafdje 
umhängen  mit  ber  nötigen  2Öäfd)e.  3)ie  ftopfbebeefung  beftanb 
aus  fd)roar$en  ^eefertjüten.  2)ie  Sdjuljugenb  gab  ben  Seht* 
männetn  baS  ©eleite  bi§  auf  bie  $urlad)er  .jpöbe.  $)a  jebe 
güblung  mit  bem  Oberfommanbo  fehlte,  marfd)ierte  matt  gerabe= 
roegS  Karlsruhe  51t. 

Sil  biefen  £agen  oou>gen  bie  babifdjen  Xruppen  ben 
iRücfäitguon.^cibelberg  — Sinsheim  -  Appingen,  Bretten — Entlad). 
$ie  grofje  pappetallee  roar  bähet  bid)t  mit  Militär  befetjt. 
Schönlein  roar  uon  2)urlach  aus  roiebet  nach  pforjbeim  jurücf^ 


Digitized  by 


Uforabeim  im  19.  3abrt)uubcrt. 


207 


gefehlt.  Hm  24.  3uni  be3ogen  bic  $for3beimer  in  33ulad) 
Quartier  unb  fd)icften  oon  l)ier  au§  anbern  £ag£  einen  $3rief 
a\\  bas>  Oberf'ommanbo  in  SlarlSrutje  be$  3nfjalt3: 

„2)ie  9Rannf<$aft  be§  ^forzbeimer  1.  Hufgebots  liegt  rjier 
in  SBulacf),  ermangelt  jebod)  nod)  jeglidjer  Sttunition.  (£3  ergebt 
barjer  bie  33itte,  ün§  fofort  mit  bem  Zotigen  au^jurüfteu.  $>ie 
9)tnnnfd)aft  beträgt  180  SJiann.  Ueberbringer  biefeS,  Unteroffizier  ' 
SHürrle,  wirb  bie  Patronen  unb  3üubl)ütd)eu  in  Empfang  nehmen. 

93ulad),  25.  3uni  1849. 

Hug.  ©ermig,  Courier. 
£.  $rau§,  Öberleitmann." 

0m  felben  Hbenb  Ratten  fid)  £>erre,  $ietj,  $eid)ert  unb 
ßerrmann  geflüchtet. 

$em  Aufgebot  fehlte  e§  am  Wötigften,  an  tüchtiger  Hu3* 
bilbung,  an  einer  zweefbewugten  Leitung  unb  an  Munition.  2)ie 
SHannfdjaft  Ijatte  man  mit  (Srerjiereu  befdjäftigt,  als  eineS  £ages 
eine  Orbonnanj  bie  SJMbung  bradjte,  bic  ^reufcen  feien  in 
$arlsruf)e,  unb  bei  $urlad)  rjabe  fid)  ein  ©efedjt  abgefpielt.  $as 
Hufgebot  marfdnerte  nun  über  (Ettlingen,  3Jcalfd)  nad)  Püggen* 
fturm,  wo  e§  biwafterte.  Anbern  Borgens  30g  es  bem  Jufce 
bes  (&ebirge§  entlang  mit  Umgebung  9taftatts  nad)  iKotfyenfels, 
wo  Quartiere  belogen  werben  faßten.  Hber  2  einmarfdjierenbc 
3nfanterie=$Regimenter  zwangen  bie  9)lann)d)aften  biefelben  ju 
räumen.  3um  ^abe  ermübet,  fetjten  bie  vßforjr)eimcr  in  glüljeuber 
JjMfce  ben  s$lax\d)  fort  nad)  ©ernsbad),  wo  fie  um  7  Utjr  abeubs 
anlangten.  Hber  faum  Ratten  fic  Quartier  bezogen,  als  ber 
©eneralmarfd)  fie  aufs  neue  jum  $ienft  rief.  2)er  ©ernsbadjer 
gioilfornmiffär  fommanbierte  fie  aufs  (Sberfteiner  Sdjlofc,  wo 
'jSlünberer  bas  mertoolle  Silberzeug  wegnehmen  wollten.  3ut 
Saufjdjritt  ging  es  bergauf;  bas  ®d)lofj  warb  umftellt  unb 
bnrc^fucfjt.  3n  einer  SBirtfdjaft  fanb  mau  einen  ßommiffär  unb 
etlidje  «Solbaten,  bie  oorgaben,  uon  ber  proo.  Regierung  ben 
Auftrag  zu  baben,  alle  3Bertfad)en  mit  s33efd)lag  ju  belegen  unb 
biefelben  nad)  ftarlsrutje  511  ©erbringen.  Cberfelbwebel  (£r>riftian 
Ungerer  beauftragte  ben  gelbwebel  '©arbeefer,  bas  ©efäfjrt  mit 
ben  äBertfadjen  famt  ben  Seilten  nad)  ©ernSbad)  zum  QvoiV 
fommiffär  311  führen.  Septem  prüfte  bic  Rapiere  unb  mitftte 
fonftatieren,  bafj  wirflid)  ein  bieSbezüglidjer  23efef)l  ber  Regierung 
uorlag. 

Hm  anbern  Sag  traf  Kaufmann  ©aum  aus  Stetten  mit 
bem  Hufgebot  in  ©ernsbad)  jufammen  unb  fdjlofj  fid)  il)m  an. 
$a  berfelbc  über  milttärifdje  ftenntniffe  oerfügte,  würbe  er  311m 
Hauptmann  erwählt.  93on  bem  Äommanbanten  ber  gegen  Wittag 
einmarfdjierenben  babifdjen  Gruppen  erhielt  bas  Hufgebot  ben 


Digitized  by  Google 


298 


$fwifecim  im  19.  Oabrbuubert. 


Befeljf,  fid)  nad)  gorbad)  511  oerfügen,  wo  eS  abenbS  anlangte. 
3)er  anbete  Jag  mar  ein  Mufjetag.  Öuartiermeifter  $evtfd)  fuljv 
mit  2  SBagen  requirierter  Lebensmittel  nad)  'Jiaftatt,  wo  er  feft= 
gehalten  würbe  utib  fpäter  mit  ben  ftafematten  Sefanntfdjüft 
madjte. 

5llS  immer  ungünftigere  sJtad)rid)ten  oom  SlriegSfd)auplalje 
einliefen,  begaben  fid)  einige  ^forjbeimer  Bürger,  Sdjreiner 
Leibbranb,  <3d)uf)mad)er  Sfturfer  unb  Sdjreiner  vJ$egau  über 
£)errenalb  nad)  ©ernSbad)  unb  non  bort  nad)  Jorbad),  um  ifyre 
Sobne  l)eimju^olen.  6ie  mürben  aber  abgefaßt  unb  foüteh  als 
Spione  beljanbelt  werben.  Sftuctev  unb  Üeibbranb  famen  inbeffcn 
balb  wieber  loS,  wäl)renb  ^ßegau  auf  ber  ^Hetirabe  bis  nad) 
5ld)ern  mitgefd)leppt  würbe.  3)aS  ©efed)t  bei  5luppenf)eim  Ijaben 
bie  ^forjbeimer  nicfjt  mitgemadjt.  311S  ®aum  erfuhr,  baß 
©ernSbad)  oerloren  fei,  flog  er  mit  feiner  ©djaar  über  $erren= 
wies  nad)  8fl$Iert$aL  Einige  ^for^eimer  aber  jogen  eS  uor, 
über  SBilbbab  in  bie  .£>eimat  jurücfyufefjren.  s3llS  baS  Aufgebot 
mittags  nad)  Büfjl  fam,  fanb  eS  bie  babifdjen  Gruppen  in  oollem 
sJtüct$ug  unb  in  gänjlidjer  Huflöfung.  ©aum  erhielt  ben  Sfaf« 
trag,  ber  bereute  ©infjalt  511  tfjun  unb  bie  gliefjenben  511 
fammeln.  (SS  würben  SÖadjen  auSgeftellt  unb  nerfudjt,  bie  Leute 
511m  Steden  ju  bringen ;  aber  ba  gab  eS  feinen  Stillftanb  mebr, 
unb  wot)l  ober  übel  mußten  fid)  bie  ^for^eimer  bem  SRüefjuge 
anfd)ließen;  in  gefd)loffener  Crbnung,  unter  $rommelfd)lag 
marfd)ierenb,  mad)ten  fte  einen  ungleid)  günftigeren  (Sinbrurf  als 
bie  reguläre  Gruppe.  80  ging  eS  unauffjaltfam  Offenburg  ju, 
oon  ba  an  mit  ber  (Sifenbafjn  nad)  greiburg.  SBabrenb  bie 
güfjrer  in  ber  Stabt  lange  Beratungen  pflogen,  blieben  bie 
iruppen  ol)ne  Verpflegung  auf  bem  ßö^ringer  gelbe  liegen. 
91ad)  biefer  Beratung  würben  fte  aufS  neue  oerlaben  unb  land- 
auf wärtS  gefd)icft  in  bie  Sdjweij.  Scr  fjeimfefjren  wollte  erhielt 
baS  sJied)t  baju;  benn  jeber  ^Biberftanb  war  aufgegeben.  24  9Hann 
fefjrten  mit  (Sl)riftiau  Ungerer  in  bie  Stabt  surücf,  lieferten  ibre 
Staffen  ab  unb  erziel ten  einen  ^ßaf?  in  bie  §eimat.  3)aS  ©roS 
30g  rbeinaufmärtS  bis  ©renjad),  wo  etlidje  in  bie  ©djweij 
gingen,  wäfjrenb  bie  meiften  über  3t.  Blafien  unb  gelbberg  ins 
.£>öüentl)al  jogeu,  bort  oon  ben  Greußen  abgefaßt  unb  nad) 
greiburg  transportiert  würben.  3?on  bort  auS  würben  fic  behm 
geliefert.  Einige  aber  faljeu  bie  .freimat  nie  wieber;  fie  gingen 
nad)  Hmerifa  ober  jetftreuten  fid)  fünft  in  ber  weiten  ÜBelt.  * 

Woxtfctm  nad)  beut  24.  3unt.  Ueberall  in  ber  ©tabt 
war  jet^t  bie  9ütbe  wiebergefeljrt  unb  bie  Arbeit  aufgenommen 
worben.  ©raoeure,  gaffet  unb  ©olbfdjmiebe  fanben  reidjlid) 
Befdjäftigung  unb  aud)  bie  glöffer  tonnten  nad)  langer  iHufje 
im  Spätjafjr  wieber  bie  erften  glöffe  nad)  s.Dtannf)etm  abtaffen. 


Digitized  by 


^forabcim  im  19.  3al)ibuubert. 


200 


sJtad)  bem  Wma  bei*  Segion  unb  bem  9lu3marfd)  be§ 
1.  Aufgebots  trat  bie  Weaftion  ein;  e§  mürbe  ftille  in  ber  ©tabt. 
5(uf  bem  iHatfjaufe  mußte  man  fefyr  gut  wie  bie  ©adje  ftanb, 
unb  (£receliu§  foll  beäfjalb  aud)  ben  93efef)l  511m  Slbmarfd)  nidjt 
unteufdjrieben  Ijaben.  $>ie  jungen  wollten  jebod)  fort,  unb  fo 
lief*  man  fte  jiefjen.  $erre  unb  ^Diet}  ueröffentlid)ten  uor  ifyvem 
franjöfifdjen  5lbfd)iebe  nod)  einige  drlaffe  im  Planten  ber  proo. 
Regierung,  fic  zogen  e§  aber  uor,  bereu  (Srfolge  nict)t  erft  abju» 
warten,  benn  obwohl  ber  „33eobad)ter"  pompöfe  <Siege3nad)rid)ten 
ber  $lufftänbifd)en  brarijte,  rechneten  aud)  fte  mit  bem 

ei iimarfdi  ber  Weifottuppen.  $em  retirierenben  ^HieroS* 
lamSft)  waren  bie  9ieid)§truppen  unter  genfer,  Wetfleuburger, 
.£>effewsJtaffauer  unb  ba§  ^ranffurter  Bataillon  auf  bem  Jyuße 
gefolgt.  SBei  Bretten  | erlügen  fte  Sager,  trennten  fief)  bann, 
inbem  eine  ftarfe  Kolonne  über  *ßfor$f)eim  nad)  Loffenau  50g, 
uon  wo  au§  fie  ©ernSbad)  angriff  unb  mit  ber  2)iuifion  N$lenfer, 
ber  aud)  bie  ©d)mäbifd)e  Segion  angehörte,  ein  für  biefelbe 
empfinblidje§  Sflenfontre  f)atte,  wäbrenb  ber  aubere  $eit  nad) 
Karlsruhe  marfd)ierte.  91m  3)ien§tag,  26  Quni  nad)mittag§ 
gelangten  bie  erften  Gruppen,  Dragoner,  Infanterie,  Artillerie 
unb  $rain  in  s$forzf)eim  an.  Am  Wavftplatj  ftanben  bie 
Kanonen  unb  SHunittonSwagen.  3ebes  .'pauä  tjattc  ©olbaten 
im  Quartier,  ©ofort  würbe  befannt  gegeben,  baß  alle  Waffen 
auf§  9iatt)au3  abzuliefern  feien.  $ie  Söürgerwefyrmänner  gaben 
it)re  ©ewefjre  nod)  am  felben  Slbenb  ab.  $a§  ©erhalten  ber 
Wecflenburger  in  ^forjl)eim  wirb  al§  ein  red)t  brutales;  ge= 
fd)ilbert.  Skfonbers  rjatte  ber  3öirt  Keppel  großen  Srfjaben 
burd)  biefelben,  ba  fte  nid)t  nur  nid)t§  sagten,  fonbern  juguter* 
[e|t  nod)  ba§  3noentar  zertrümmerten. 

3n  ^forzfjeim  folgten  in  furzen  Raufen  mehrere  2)urd)* 
märfdje  größerer  unb  fleinerer  Abteilungen  uon  iKeid)3truppen.  @s 
mußten  an  Naturalien  800  Walter  £>afer  ä  5  fl.  20  Krj.,  350  3tr. 
£eu,  10  ^tr.  zu  10  fl.  54  ftr$.,  500  <8unb  3trol),  100  ^uub 
ju  13  fl.  40  ftrj.  abliefert  werben.  SBegen  ber  Verteilung  ber 
Ouartierlaften  ridjtete  ein  £etl  ber  93ürgerfd)aft  eine  Eingabe  an 
ben  (Semeinberat,  bie  ©efamtbürgerfdjaft  möge  eine  Stommtffton 
erwählen,  weld)e  bie  Cuartierlifte  511  regulieren  I)ätte.  $m 
^ntereffe  be3  JyriebenS  unb  ber  (Stnigfeit  mußte  oorerft  bauott 
Umgang  genommen  werben ;  bod)  war  man  gerne  bereit  jur 
Sntgegennabme  uon  s33efd)merben,  auf  weld)e  bie  S8efd)eibe  im 
„93eobad)ter"  ueröffentlidjt  werben  follten. 

J>\e  nette  ftrbniuta,  ber  I>ina,c.    (Sine  ber  erften  ^He 
üierung$f)anblungen  nad)  ber  Xeftattration  war  bie  Wuflöfung 
bes  ©emeinberatS  unb  bie  (Sinfefcung  be£  früheren  auf  ben 


Digitized  by  Google 


300  ^forabeim  hn  19.  ^abrbunbcrt. 

Sanbortett  Am  11.  Auguft  1840  rourbe  bic  sJSfor$beimer  &t- 
meiubeoerwaltung  buvct)  ben  außerorbentlidjen  ®roßb.  Sanbes- 
fommiffär  u.  sJiübt  einer  Weorganifation  unterzogen,  ©emeinberat 
unb  Ausfdjuß  mürben  aufgelöft  unb  burd)  regierung$freunblid)c 
3Jiänner  erfeijt.  Qum  Cberbürgermeifter  mürbe- itarf  3orrftitifr 
ernannt. 

UTrtdmu'üni.  diu  ftrengeä  tteatment  fyattt  s$lat)  gegriffen. 
SBieberbolt  mürbe  nad)  uerfteeften  Waffen,  £>edterbüten  u.  f.  id. 
9cacboi|itation  gebatten.  Um  10  llfyr,  fpä'ter  um  11  Ut)r  mußten 
bie  iöirtfdjaften  gefdjloffen  fein.  Sebrerfonferenjen,  $urn-  unb 
Singoereine,  burften  oorerft  feine  3ufammenfunfte  Ratten.  33e* 
fonberS  bie  s-ßolf$id)uUebrer ,  uon  benen  fid)  im  Sejirfe  eine 
auffaüenb  große  Anjabt  an  bem  Aufftanb  beteiligt  batten, 
mußten  bitter  büßen  für  ibre  SBeftrebungen  nad)  befferen  Qn- 
ftänben.  sÄenn  ein  Staub  Urfadje  r)attc  jur  Un$ufriebenbeit,  fo 
mar  eS  ber  £ef)rerftanb.  @3  geborte  ein  mebr  als  gewöhnlicher 
^bcaliSmuS  baju,  fict»  mit  einem  3abreSeintommen  oon  45  jt 
unb  bei  bem  böcbft  unmürbigen  AbbängigfeitSoerbältniS,  in  bem 
er  fid)  in  jenen  Sagen  befaub,  nod)  für  bin  fietyrerberuf  begeiftern 
ju  Können.  2)aS  £ooS  ber  öebrer  mürbe  in  ben  50er  Rubren 
nod)  fdjlimmer  als  juoor.  $ie  Öebrer  Sdjönlein  *  ^forjbeim, 
Qörnei'sßiefelbronn,  5ud)S*$udjenfelb,  $irfcb*2)ill*2Beißenftein  unb 
9)lad)auer=5teubaufen  Ratten  unter  ben  s)tad)roebeu  beS  Auf* 
ftanbeS  met)r  ober  minber  tjart  $u  büßen.  drft  ber  fiall  beS 
ftonforbatS  mad)te  aud)  ifjrer  sJcot,  oorerft  menigftenS  ber 
feelifdjen,  ein  (Snbe. 

3ebe  Kummer  beS  Amtsblattes  bxad)k  bis  13.  Sflai  1852 
jablreidje  gafntbungen  gegen  uolitifdje  Jlüdjtlinge. 

2)ie  $muptbelafteten  uon  ^forj^eim  erhielten  in  ben  £oa> 
oerratSpro$effen  folgenbe  ©trafen: 

£erre  156  p.  Sd)abenerfat}  an  bie  8taatSfaffe  unb  ben 
famtoerbinblid)en  Beitrag  an  ben  3  Millionen  sJ0carf  Sdjaben, 
bie  bem  Staat  angefügt  mürben,  außerbem  5  3a$re  3ud)tbauS 
ober  9  Oabre  5  Monate  (Stnjelbaft. 

^  i  e  ^  4  $abre  3ud)tbauS  ober  2  ^afyre  8  9)ton.  (Sittel* 
baft  nebft  Anteil  an  ben  3  Will. 

3-  £  er r mann  l\,  3at)r  3»^^  ober  1  3a\)v 
ßinjelbaft. 

Aler.  sBolf  2  Oabr  3ud)tl)auS  ober  1  $al)x  4  Monate 
©njefljaft. 

4)  t  Ilm  a  n  n  0  Monate  Arbeitsbaus. 

$iafonuS  Abolf  .^einrieb  ©ermiß,  ein  ^forjbeimer  unb 
Jreunb  beS  ^ifars  unb  $e|d)id)tsforfd)ers  ^ottbammer,  erhielt 
bafür,  baß  er  bei  ber  sJtobert  ^ölumfeier  in  Cornberg  bie  9te* 


Digitized  by  Google 


^forabciin  im  19.  Sabtfcuubert.  30 1 

oolution  oerfjerrlidjt  babe,  10  3af)re  3ud)tf)au3  unb  würbe  be§ 
Staat3bürgerred)t§  für  uerluftig  erffärt. 

3)ie  Verurteilung  erfolgte  in  contumaciam  unb  würbe  nie 
uolljogen,  ba  fetner  ber  feet)3  benannten  jemals  au§  Omenta 
jurücfgefefjrt  ift. 

3m  9ftonat  9Iuguft  1849  befanb  firf>  ber  fcfyroäbifdje  3)id)ter 
3uftinu3  Reiner  in  5Bilbbab.  $>ie  fyerrlicfye  9iatur,  bereu  triebe 
11  od)  nor  furjer  $eit  burd)  roilbe  ftämpfe  geftört  roorben  mar, 
gab  ifnn  bie  (Stimmung  311  folgenbem  anmutigen  ©ebidjte,  mit 
beut  mir  unferen  ftücfblicf  auf  jene  traurige  unb  bod)  mieber 
fo  grojje  Seit  fdjliefjen  mödjten: 

1.  2öenn  aud)  be§  ftrtegeS  roilb  Getümmel 
$)urd)tobte  $3aben3  fdjöne  8'lur, 
Verblieb  ifjm  bod)  ber  alte  ßimmel, 
2>ic  alte  tyerrlicfye  9latur. 

2.  $)ie  <5onne  ftrat>lt,  bie  2erd)e  finget, 
Unb  fargloS  über'n  Diofenljag 

$er  bunte  galter  leicht  fief)  fdjroinget, 
$obt  brüben  aud)  ber  £rommelfd)iag. 

3.  Unb  wo  bie  9ftenfd)en  felbft  fid)  fangen, 
$ie  $üd)fe  fnallt  in  blut'ger  (2d)lad)t, 
2)a  ruljt  ba§  SHef)  in  minb'rem  fangen 
3n  be3  2Balbe§  grüner  9tad)t. 

4.  Mahn,  yiatux  läfjt  fid)  nidjt  beugen, 
Unb  ber  Kanone  tollfter  SdmH 

bringt,  fam  bie  Sangseit,  nidjt  511m  Sdjroetgen 
3m  SJtonbenfdjein  bie  9tad)tigal. 

5.  d§  führet  $rieg  fein  93aum  mit  Säumen, 
$er  5Henfd)  im  SBaljn  mit  sJJtenfd)en  nur, 
Unb  raft  er  in  ben  tollften  träumen, 
Schafft  um  i()n  ruf)ig  bie  91atur. 


Slcue  statinen. 

$a§  Zeitalter  ber  SHeoolution  mar  $u  dnbe.  5lber  nid)t 
uergeblid)  mar  ber  Slampf  geroefen,  nid)t  uergeblid)  maven  fo 
fdpere  Opfer  gebradjt.  2Öenn  aud)  ba§  beutfdje  s-ßolf  feine 
(Sinfyeit  nod)  nidjt  errungen  batte.,  unb  roenu  aud)  feine  greibeit 
in  ben  fommenben  iKeaftiüiiSjaljren  befdjränft  genug  blieb,  ber 
alte  2lbfoluti3mu§  mar  gebrochen,  bie  fonftttutionelle  sJtegierung§= 


Digitized  by  Google 


302  Worjbeim  im  19.  3abrbunbert. 

form  mar  überall  erftanben,  ber  Xeiluabme  be§  33oTfe^  mar  in 
Staat  uub  ©emeinbe  ein  gefetjlicbeS  Organ  geöffnet,  eine  neue 
Seit  notier  .ttamnfeömüfje, *  aber  aud)  noller  (Erfolge  l)atte  be* 
gönnen. 

(Erft  am  (Enbe  ber  fünfziger  $af)*e  beginnt  ber  Stauf 
etmaS  nadjjulaffen,  ber  anf  bem  öffentlidjen  geben  laftete.  £ie 
bunbertjäfjrige  ©eburtötagsfeier  <Sd)iller$  am  10.  Dioobr.  185i) 
mar  nad)  einer  SKeibe  büfterer  3aljrc  mieber  bie  erfte  größere 
Jyeftlidjfeit,  meldje  bie  Bürger  jnfammenfül)rte.  (E§  mar  eine 
eibebenbc  nationale  .Uunbgebung,  bei  meldjcr  auf3  neue  ba§  93er= 
langen  nad)  s43 er mirf lidjung  be§  beutfdjcn  (Einbettl 
g e o a nl eng  fid)  madjtooll  bernorbrängte.  2)a3  geft  Hang  aus 
in  ben  sJiuf: 

„Sit  mollen  fein  ein  einig  s-ßolf  non  SJrübern, 
3n  feiner  9}ot  uu§  trennen  unb  ©efafn:!" 

2)er  Megierungsroedjfel  in  Greußen  begünftigfte  ba$  Söieber* 
aufleben  einer  fdjon  1848  Ijeroorgetretenen  9iid)tung,  meld)e  auf 
5)eutfdjlanb8  (Einigung  unter  nreufnfdjcr  Rührung  uub  auf  ben 
s<Hu5fd)lufj  Cefterreid)*  aus  bem  beutfdjen  QJunbe  hinarbeitete. 

9lu3  bem  Streife  ber  „©otbaer"  ging  ber  unter  SDIttbilfe 
s))loxi\$  sJ)lüllers  in  Coburg  gegrünbete  Ms3tationaloerein"  bernor, 
meldjem  alsbalb  über  bunbert  Bürger  $foqbeim§  beitraten.*) 
(Sin  Seilet  mar  es,  bafj  ber  herein  eS  runbmeg  ablehnte,  bic 
göfung  ber  fojialen  Jyrage  auf  fein  Programm  ju  fetjen  unb  e$ 
fogar  uerfdjmä'bte,  burd)  iBermaubluug  ber  3abre3=  in  9Jlonat§- 
beiträge  ben  Arbeitern  ben  (Eintritt  511  ermöglichen.  (Soniele 
s$erbieuftc  ber  Oiationalnerein  fiel)  aud)  um  bie  (Einbeit3beftreb- 
ungen  erworben  fyatte,  fo  ift  bod)  bie  Einnahme  falfd),  al3  ob 
2>eutfd)lanbs  (Einigung  non  ihm  auegegangen  fei.  $iefelbe 
mar  lebiglid)  93i$marcf3  Sßerf. 

3m  3abre  1802  fanb  in  ber  Weitfdjule  bie  ganbes^ 
oerfammlung  be3  s}tatioualoerein£  ftatt,  an  ber  gegen  2000  SJ5er- 
fönen  teilnabmen. 

Slujjerorbentlidje  Jreube  erregte  in  biefen  Greifen  bie  am 
7.  Mnril  erlaffene  Ofterproflamation  be3  ©roftberjogS,  bie  3lb« 
fdjaffung  beS  ftonforbatS  unb  bie  (Einfettung  einer  liberalen 
Regierung  unter  bem  Sßräfibmin  8amens\  SUSbalb  begannen 
aber  aud)  bie  kämpfe  oonfeiten  ber  fatbolifcben  iöolBnartei  unb 
ber  .Uonferuatioeu.  SCuf  bie  beftigen  Angriffe  non  biefer  oeite 
gegen  Hainen,  mie  fie  namentlid)  in  ber  er'ften  Cammer  jmn  SH\& 
bruef  famen,  mürben  bemfelbcn  aus  allen  gaubesleilen  als  ©egeu* 

*)  ^orftrtttb<Snütrt(icbcr  waren  Tv.  Wrimm,  Wecf)t$amtmlt,  Julius 
Mittler,  .veinr.  Meiler,  £>etnr.  cdjober,  (5  b.  :liof)recf,  8.  .öamberger,  <£b.  Vieler. 
31.  Mägen  unb  IStyv.  ilngercr. 


Digitized  by  Google 


Wütabcim  im  19.  ^abrbunbert. 


303 


bemonftration  SBntrauenSabreffen  jugefanbt.  v2lm  25.  SIpril 
führte  ein  ©rtrajug  500  «ßforjfjeimer  Bürger  aller  Staube  nad) 
SlarlSrulje,  bi'e  fiel)  an  bem  gacfelsuge  beteiligten,  ber  ju  Gljren 
beS  Staatsmannes  oerauftaltet  mürbe. 

3m  SJlärj  1850  mar  in  baS  auf  ^reu&enö  Ukranlaffung 
gejdjaffene,  furjlebige  Erfurter  Parlament  Wuguft  Mennig  als 
Vertreter    for^eiinS  gemätjlt  morben. 

s)lod)  immer  lebte  in  ben  £>erjen  bie  ftille  Setjnfucfyt  nad) 
Uknoirf  lidjung  ber  1849  er  iKeidjSoerfaffung.  (Sine  im  $(pril 
1863  oon  slJforjt)eim  aus  an  bie  II.  Cammer  gerid)tete  bieS* 
bezügliche  Petition,  beren  (Srfolg  natürlich  nidjt  ungemifj  fein 
fonnte,  mar  oon  55  bürgern,  „toeldje  zufammen  ein  51apital  oon 
800  000  fl.  oerfteuerten",  unterzeichnet. 

$aS  ©efütjl  für  ein  grofjeS  einiges  Oieid),  für  bie  ftfimpfe 
ber  StammeSgenoffen  im  Often  unb  Horben  mar  immer  rege 
geblieben  unb  erroieS  fid)  bei  jeber  33eranlaffung  l)ilfebereit.  So 
oeranftaltete  im  3al)re  1859  zur  $eit  &eS  italienifdjen  Krieges 
ber  grauenoerein  eine  Sammlung  oon  ©aben,  deinen,  (£f)arpie  k. 
für  bie  im  Selbe  ftetjenben  Oefterreicfyer.  3reunbfd)aft,  Sänger* 
franj  unb  grotjfinn  gaben  ein  Konzert,  beffen  (SrträgniS  ben 
öfterreidjifdjen  Solbaten  jugute  tarn.  23on  Erzherzog  ftarl  traf 
am  30.  Oftober  bafür  ein  $)anffd)reiben  ein. 

3)er  patriotifdje  Sinn  ber  Bürger  nutzte  fieb,  oorerft 
genügen  laffen  an  folcfyer  53etl)ätigung  ber  iBaterlanbSliebe  unb 
in  ber  Pflege  ber  Erinnerung  benfmürbiger  Sage.  So  mürbe 
18G3  baS  50jährige  ©ebenffeft  ber  leipziger  $ölferfd)lacht  aud) 
in  Pforzheim  feierlid)  begangen.  s3luf  ben  £>öl)en  loberten  am 
USorabenb  bie  greubenfeuer.  '21m  geftjuge  nahmen  auger  ben 
gelabenen  Veteranen  bie  Sdmljugenb,  £urner,  Sdjütjen,  3euer= 
mehr,  Dcationaloerein,  SlrbeiterbitbuugSoerein  unb  bie  ©efang* 
Vereine,  fomie  oicle  Einroohner  teil.  SJeim  Jeftbanfett  fpradjen 
$)r.  SHau  als  ^orftanb  beS  ^lationaluereinS,  "öürgermeifter 
©runer  unb  3)iafonuS  $aujjjer  3ür  bie  bebürftigen  im  ©reifem 
alter  ftefjenben  Kämpfer  oon  Leipzig  mürbe  eine  Sammlung 
oeranftaltet,  ebenfo  für  baS  .frermannSbenfmal.  üubro.  3iuerbad) 
hatte  einen  fdjmungoollen  geftgrug  oerfafjt,  nad)  beffen  Vortrag 
unmittelbar  eine  Ooation  für  ben  $id)ter  folgte. 

3lm  7.  Sttai  1865  mürbe-  auf  ähnliche  Söeife  aud)  ber 
^a^reStag  ber  Sd)lad)t  bei  Wimpfen  feierlid)  begangen,  ebenfo 
am  22.  Sluguft  1868  baS  fünfzigjährige  33e|tel)en  ber  babijdjen 
StonbeSoerfaffung. 

2lm  ebelften  unb  fd)önften  zeigte  ficf>  baS  beutfdje  s#ruber- 
gefühl  in  ber  9lrt  mie  bie  ^ürgerjdjaft  Anteil  nahm  an  ben  oon 
i)öuemarf  bebrürf ten  unglücf  lidjen  S  d)  l  e  S  m  i  g  -  .£>  o  l  ft  e  i  n  c r  n. 
inmitten  beS  eigenen  UuglütfS,  tjcvuovQcvuf eu  burd)  iMeooluttou 


Digitized  by  Google 


304  ^forabeim  im  19.  Sabrbunbett. 

unb  iHeaftion,  fanb  fie  nod)  bie  Stimmung,  ifjre  Snmpatljie  in 
sißovt  unb  ^ieb,  am  mirfjamften  aber  buvd)  merftbätige  $>ilfe 
au^ubrütfcn.  (Sine  im  3at)ve  1848  oon  Amtmann  5(t)le§  Der 
anftaltete  Sammlung  brachte  reid)lid)c  (9aben  ein,  obtoobl  bic 
Opfenoiüigfeit  ben  moblfjabenberen  Seil  ber  33üvgcrfd)aft  gegen* 
über  ben  aablreidjen  sJiotleibenben  in  ber  Stobt  ohnehin  ferjon 
metjt  al*  reid)lid)  in  Slnfprud)  genommen  mor. 

Reine  fteftlidjfeit  unb  feine  patriotifdje  Seier  ging  worüber, 
oljne  baß  bie  teilnehmet  burd)  eine  Sammlung  ben  bebrücfteu 
$3rübern  im  Horben  ifyc  sJMitgefüt)l  jugemanbt  Ratten,  unb  jeber, 
ber  it)re  St)mpatf)ie  teilte,  fanb  it>rc  Danfbarfeit.  So  erging 
im  Sommer  1801  oon  ^forjtjeim  au£  eine  mit  saljlreidjen  Unter 
fdjriftett  bebeefte  Danfabreffe  an  ba§  englifd)c  sJSarlament§mitglteb 
Sir  .jparri)  fernen  ab  für  feinen  ebelmütigen  ^öeiftanb,  melcfjeu 
er  Sd)le$nng^olftein  angebeiben  ließ.  sJ(m  7.  JjfuCi  1861  traf 
ein  Danffdjreiben  be§  genannten  $ernt  ein. 

9(m  30.  9toobr.  1863  melbeten  ftd)  auf  Slufforberung  bes 
Sabrifanten  93id)ler  93  Sveitoillige  (iurner)  jum  Kampfe  für 
SdjleSmig  £)olftein.  3t)ve  MuSbilbung  erstellen  fie  in  ^forjfjeim ; 
einige  gebiente  Unteroffiziere  übernahmen  ben  Drill,  roätjrenb  bie 
Sd)üt$en  if>v  Sd)ießl)au3  für  Sdjießübungen  jur  Verfügung 
[teilten,  $u  einem  s3lu3marfd)  ift  e§  glücflidjermeife  nie  gefommen. 

9lm  8.  Oftober  fdjicfte  ber  5>orftanb  be§  Sd)le§roig= 
£)olfteiu'fd)en  5lomite3,  iHobrecf,  3400  fl.  freiwillige  Beiträge  an 
ba3  SdjleStoig^olftein'fdje  Departement  ber  ginanjen  ein. 

2(u3  ben  3eitung§nad)rid)ten  jener  £age  gef)t  tjeroor,  baß 
bie  $ürgerfd)aft  mit  l)öd)ftem  ^ntereffe  bie  friegerifdjen  (Singriffe 
auf  ber  norbifd)en  £albinfel  oerfolgte,  mit  3ttbet  jeben  Sieg  ber 
^erbünbeten  begleitete  unb  ooll  bittern  Unmuts  ba§  biplomatifctje 
3ntriguenfpiel  beobadjtete. 

@iner  ber  beftgefjaßteften  SHänner  jener  $eit  mar  aud)  in 
*Pfor$eim  ber  £err  o.  StSmarcf.  Seine  (Ernennung  jum 
sJ[)iinifterpräfibenten  mußte  nad)  allgemeiner  Ueberjeugung  oon 
ben  fd)tuerften  Solgen  begleitet  fein,  unb  e§  mürbe  bem  SRaun 
oon  „93lut  unb  difen"  ein  Regiment  oon  fein:  furjer  Dauer 
prop^ejeit. 

Der  auffteigenbe  ftonflift  jroifdjen  Greußen  unb  Oefterreid) 
fetjte  aud)  bie  sJJforjf)eimer  mäd)tig  in  33emegttng.  Unb  al3  im 
Sluguft  1805  ftönig  sfiMlljelm  oon  Greußen  burd)  '»ßforjfjeim  fam, 
ba  batte  er  e3  ftd)  nad)  ber  Meinung  be§  „sJ$f  orientier  8e* 
obadjter"  felbft  jujufdjreiben,  toentt  er  mit  oormurf3ooller  unb 
fül)ler  QutÜcffyaltung  begrüßt  mürbe. 

311S  ber  ftrieg  jwifdjen  Greußen  unb  Oefterreid)  unuer* 
meiblid)  beoorftanb,  mürbe  in  Sßforjtjeim  eine  große  ^rotcft= 
oerfammlung  abgehalten,  bie  oon  ettoa  1000  ^erfonen  befud)t 


Digitized  by  Google 


Pforgbeim  im  19.  Qabrbunbert.  305 

unb  oon  SHoritj  SRütler  geleitet  war.  $te  bamalS  gefaßte 
üWefolution  ift  im  £inbticf  auf  bie  folgenben  Gcreigniffe  oon 
großem  3ntereffe.  @3  Reifet  barin:  „2Bir  oerabfcheuen  ben 
SBruberfrieg  um  fo  mehr,  ba  er  nur  bunaftifcfyen  Redten  bienen 
mürbe.  2Öir  wollen  bie  Söfung  ber  fd)Ie^tt>ig  =  Ijolfleintf^en 
Jrage  nur  unter  SJlitwirfung  be§  fcfyleäroig^otfteinifcfyen  93olfe§ 
unb  mit  auSbrücflicher  SBabrung  ber  beutfdjen  Qntereffen.  5Bir 
forbern  alle  $)eutfchen,  namentlich  ba§  preußifche  93olf  auf,  in 
gleichem  ©inne  bie  Stimmen  jii  ergeben  unb  jur  Sidjerfteüung 
unb  gorberung  ber  oaterlänbifcfjen  Angelegenheiten  auf  bie  (Sin* 
berufung  eines  freigewäblten  beutfdjen  Parlaments  $u  bringen." 
Aber  balb  mürben  bie  $)emonftranten  eines  befferen  belehrt.  2)ie 
beabfichtigte  (Sinmifchung  Napoleons  öffnete  auch  bem  SBlöbeften 
bie  Äugen. 

Q3ei  einer  am  14.  $uli  1866  abgehaltenen  sJiationaloerein§* 
oerfammlung,  in  melcf)er  70  SJtitglieber  unb  mehrere  greunbe 
be§  Vereins  anmefenb  waren,  mürbe  einftimmig  befdjloffen: 

„itetttc  gtnmifVftunß  bc$  Äwofanbeo!  ßeine  SHainlinie, 
fein  SRfjeinbunb !  @ine  Unterhanblung  jum  ^rieben  mit  Greußen 
unter  ehrenhaften  33ebingungen  unb  in  ©emeinfchaft  ber  fübmeft* 
liehen  Staaten !"  Sine  Abreffe  in  biefem  ©inne  an  ben  dürften 
mürbe  befürwortet.  (£3  mürbe  ihm  bie  53itte  uorgetragen,  griebe 
mit  Greußen  ju  fließen  unb  bem  oorgefchlagenen  SBunbe  mit 
9lationaloertretung  im  Parlamente  beizutreten.  2)ie  ^Bürger 
mürben  aufgeforbert,  bie  Abreffe  au  unterfchreiben.  SJlitglieber 
be§  tfomiteS  waren :  (£.  @.  föohrerf,  Aug.  Mittler,  Mittler, 
5.  Brenner,  SKorifc  Füller  sen.,  2B.  £ena,  Aug.  2>ret§.  Aud) 
bie  #anbelstammer  oerwenbete  ftd)  in  biefem  ©inne. 

Am  2.  Siooember  1866  ging  eine  weitere  mit  700  Unter* 
fchriften  oon  pfor$beimer  bürgern  oerfehene  Abreffe  an  bie 
II.  Cammer  ab,  worin  ber  SBunfcf)  Auäbrucf  fanb,  $aben  möge 
fid)  bem  norbbeutfehen  93unb  unter  Rührung  preußenS  auf§ 
innigfte  anfchließen. 

$er  1866er  Ärieg  hatte  fich  in  ber  ©tabt  neben  einem 
rorübergehenb  fct)lccr)ten  ©efcbäftSgang,  burrl)  wieberholte  größere 
Srupoenjüge  bemerfbar  gemadjt.  iöei  längerem  Aufenthalte 
würben  bie  ©olbaten  oon  ben  Einwohnern  gaftlich  bewirtet.*) 

$3ei  ber  1868  oorgenommenen  legten  SBabl  sunt  $oll* 
Parlament  würbe  Aug.  Mennig  mit  8096  ©timmen  gegen  3942 
gewählt. 


*)  iterrounbet  rourbe  bei  Taubcrbifdjoföljeim  ber  (Mcfrctte,  Traqoner 
Silt).  *eop.  Didier  au$  ^forjh,eim. 


Digitized  by  Google 


BOG  ^fora&eun  im  19.  ^abtbunbcrt. 

7Pfov\Mm  im  großen  /triebe. 

GS  mar  eine  unnergcßlidje,  gemaltigc  3*U#  öa§  3cibx  beS 
Otogen  Krieges !  311S  bie  sJ(ad)rid)t  uon  bei*  frauflöfifdjen  ftriegS- 
erfläruug  eintraf,  ba  ging  es  mic  SturmeSbraufen  bind)  alle 
beutfcfye  ©aueu;  eine  ©egeifterung  obue  gleidjen  erfaßte  alle 
$erften  nnb  eine  SiegeSäituerfid)t,  bie  uon  oornberein  einen  ßtot* 
reid)en  9luSyang  be^  ftriegeS  erhoffen  ließ.  3)ie  Stunbe  ber 
s3lbred)nung  für  bie  jabrbunbertlang  uns  jugefügte  Sdjmad)  war 
gefommen.  9)cit  einem  Sdjlage  waren  aüe  fleinlidjen  gartet-- 
jänfereien  oergeffen  im  ßinblif  auf  ben  beuorftebenben  älicfcn- 
tampf,  in  bem  eS  fid)  um  Sein  ober  ÜRicfatfein  Rubelte.  $Bol)l 
faum  ein  Crt  im  beutfdjen  ©aterlanbe  bat  ben  ^eiligen  Gruft 
jener  RriegStage  fo  tief  empfuuben  unb  feinen  Patriotismus  fo 
tjingebenb  unb  opferfreubig  bemiefen ,  mie  unfere  gute  Stabt 
pforjbeim.  $ie  nadjftebenben  ©lätter  fallen  Zeugnis  ablegen,  baß 
Damit  nid)t  juuiel  gefagt  ift.  Sie  fallen  aber  aud)  ben  nad)= 
lebenben  ©efd)lecf)tern,  benen  im  ©enuffe  beffen,  maS  unfere 
^ßäter  mit  if>rem  ©litt  erfdjafft  unb  errungen  l)aben,  uielfad)  jene 
Ijüdjberjige  ©egeifterungS*  unb  Cpferfäl)igfeit  abbanbeu  gefommen 
ift,  Robert  £>ammerlingS  SWabnung  in  bie  Seele  f)ineinrufeti : 

„Oa,  ©aterlanb,  geliebtes !  umftröme  biri)  ©lud  unb  £eil ! 
2BaS  befteS  bringen  bie  Reiten,  eS  merbe  bir  juteil! 
SRut,  fiel)'  id),  nie  mißadjte  in  neuen  StrebenS  2)rang, 
s-lBaS  beiltfdjen  9iameuS  Gfyre  gemefen  ein  ^atjrtaufenb  lang ! 
2£aS  SBirflidjfeit  bir  immer  für  galbeue  ftränje  flidjt, 
Wein  ©olf,  ber  3beale  Silber  ftürje  nidjt ! 
Stefan  it)re  Jempel  übe,  bu  malle  nod)  bafyin, 
3n  ifjrer  Sternglut  babe  fid)  emig  jung  ber  beutfdje  Sinn !" 

51uf  ben  9iuf  beS  $riegSminifterS  an  bie  außer  Kontrolle 
ftefjenben  $)i§pofitionSurlauber,  iHeferuiften  unb  $Bel)rmanner, 
fid)  ungefäumt  gut  (Erfüllung  ihrer  S-Ö>ebrpflid)t  bei  ifjren  Sahnen 
Ml  ftellen,  eilten  bie  Krieger  alSbalb  Ijcrbci.  3Rit  Jreubigfeit  unb 
3unerftd)t  nahmen  bie  rottet  unb  Söl)ne  uon  Jrau  unb  $inb, 
uon  Gltern  unb  ©efdpiftern  2Ibfd)ieb  am  ©abntjof.  GS  mar 
ein  feierlicher  s3lngenblict  unb  manches  2luge  unter  ben  jablreidjen 
^ufdjauern  rourbe  tfjräneufcfymer. 

fluS  ^for^eim  Stabt  ftanben  231  Solbaten  im  gelb.  $ie 
Summe  aller  ftrieger  auS  bem  ganzen  ©ejirf  mit  Stabt  pfors* 
beim  betrug  850.*) 


*)  £ie  Hamen  ber  1870"  1  im  Jelbc  geftanbenen  ^forjfjeimcr  finb 
fotgenbe : 

31  brecht,  .\}crm.  (ibunrb,  3.  ^uf.^iHeg.  9.  iSomp.  Änbcrer,  (*buarb, 

3.  vanbtü.  ^at.  2.  (5omp.  3(rnolb,  flugufi,  3.  Jnf.  Mca,.  4.  Cfornp.  9lrnolb, 
Öuftao  l'eonljarb,  3.  Jnf.^tcg.    fluten  riet l),  ^ul.  libuarb,  1.  ^anbro.^-üat. 

4.  Gomp.    iöauer,  Warl  *ubro.  flug.,  <yelb*ilrt.  IV  öpf.  Batterie.    53  au  er, 


Digitized  by  Gc 


Worgfcetm  im  19.  3<ibtbunbert.  3o7 

Marl  fr.,  teilte  CrfafcSkttcrie  in  ©otteSaue.  33 auf  cf),  Jyricbrv  leiste  Crfafc* 
Batterie  in  ©ottcäaue.  **etfd),  ©eorg  Äug.,  3.  ^nf.sfteg.  ©ifdjoff,  Marl, 
Aeftunge^lrt.  ».  Comp.  Wifling  er,  Nbölf,  Sragoner  2.  Crfa$=C$fabron, 
Marlörulje.  «ö&m,  Sttilljclm,  3.  3nf.*9leg.  »ö$m,  tfriebr./  4.  ^nf.. 
Sieg.  Brenner,  ^riebr.  Vubiü.,  2.  S5rag.*9teg.  5.  CSf.  iörenner,  3olj. 
©eorg,  3.  onf.*9teg.  H.  Comp.  »nb,  Julius,  2.  Drag.^eg.  »üb,  Sllbert, 
^eftung«^rt.,  4.  fdjroere  Ratterte.  $ud,  Marl  Slugnft,  3.  3nf.*9teg.  8.  Comp, 
^urf,  ftermann,  3.  ^nf.-Neg.  8.  Comp,  :ttucf,  Jöeinrid),  1.  i'eib:0ren.*9ieg. 
G  l  a  u  & ,  Marl  3ßill).,  3.  ^anbio.-^at.  2.  Comp.  3)  i  e  t  e  r  1  e ,  ©uftao  ^afob 
Crnft,  3.  ^nf.^Heg.  7.  Comp.  £i  II  mann,  ^riebr.,  1.  ©ren.^iHcg.  12.  (Somp. 
Mittler,  Wug.,  JvreiimUigcr,  1.  Veib^rag.^eg.  3.  Gäf.  Mittler,  (Sari, 
(befreiter,  1.  l'eib^yrenab.^eg.,  3.  Jyüfilier^ai.,  12.  (Somp.  SörfHnger, 
3ultitd,  Unteroffizier,  3.  Jjnf .^eg.  2.  (Somp.  C  f  f  i  g ,  Subroig,  3.  3nf.=!üeg. 
ß.  (Somp.  Jvaufel,  ^ul.  Mb.,  3.  ^nf.sJHeg.  11.  Comp,  fefcer,  Stugnft, 
3.  ^nf.^leg.  12.  (Somp.    flamm  er,  Marl,  (befreiter,   1.  *eib;©ren.^eg. 

1.  hat  4.  (Somp.  Flamin  er,  3ttf.»  freiwilliger,  1.  Veib*©ren.=3ieg.  3.  $at. 
12.  Comp.  fudje",  Karl,  2)iener  beim  f  elb^aupt^rooiamtamt.  f  u  ä)  $, 
iiiMlf).  Mbolf,  Slrtillcrie  in  ©otteeane.  ©autf)ier,  Karl,  einj.  freiro.  1.  £.* 
fufibatterte,  felbart.  ©eiger,  9luguft  friebrid),  3.  2anbn).s5Jat.  2.  Comp, 
©ermann,  f  ran*  $of.,  1.  ^eib-Ören.^ieg.  ©  e  r  ro  i  g ,  Cb.  fr.,  3.  iHeg. 
U'ajai'etbgelnlfc).  ©erroig,  Marl  Cb.,  3.  ^nf.sSKeg.  H.  Comp.  0  er  roig, 
Iljeobor,  3.  j)rag.s9tcg.  5.  Geifabron,  ©oll,  Cruft,  3.  3"f-;^«fl-  l2-  Comp, 
fr  au fdjilb,  (Mg.  Cnrl,  3.  ^nf.-iHcg.  Leiber,  Vubro.,  3.  ^nf.^eg.  9.  Comp, 
frei l mit tf>,  Karl  friebr.,  3.  3nf.*:Keg.  oh,  weil  er ,  Marl  iüilf).,  3.  'Jnf.* 
Meg.  1.  Comp,  fcoljinger,  Daniel,  2.  ü)rag.^eg.  ftoljinger,  ^afob, 
Crfabbetadjement  bee*  3.  ^nf.^eg.  fcuber,  Sllbert,  (befreiter,  1.  t'eib;©ren.* 
Weg.  1.  söat.  4.  Comp.  Mafc,  Marl  friebr.,  feftungeartillerie.  Haji,  Marl 
Aug.,  felbarttllcrie  3.  leiste  Batterie.  Mafc,  Marl  friebr.,  1.  tfeib*©ren.* 
9teg.  Kafc,  Marl  si(ng.,  3.  Crfafcbataillon  1.  Comp.  Mafr,  Iljeobor  Hbolf, 
3.  ^nf.-Meg.  ß.  Comp.   Ketof  er,  Jul.  Ar.,  freiwilliger,  1.  Xieib=©ren.*iHeg. 

2.  löat.  5." Comp.  Meiler,  Mob.,  Unteroffizier,  1.  Weg.  2.  Comp.  Miel) nie, 
Vubroig,  3.  Ci-fa&=2etad)ement  in  Marlärttbe.  Mirdjgefener,  9lug.,  3.  $rag.* 
Steg.  5.  Cef.  M  l  e  i  n ,  Otto,  Leutnant,  «.  ^nf.-^cg.  3.  Comp.  M  l  e  i  n .  Slbolf, 
Unteroffizier,  1.  2)rag.=!Heg.  1.  C3f.  Ml  ein,  Cmil,  Unteroffizier,  3.  3nf.;9teg. 
12.  Comp.  Ml  ein,  Sluguft  ©Ufr.,  3.  ^nf.^Heg.  Ml  ein,  Marl  Cmil,  3.  ^nf.« 
Steg.  12.  3ieg.  Ml  ein,  xvan\,  3.  Crf.^Det.  Möft,  Jafob  friebr.,  3.  JHeg. 
Moll  mar,  Jyriebr.,  3.  ^nf.'3teg.  7.  Comp.  Mornljaaö,  Marl,  3.  ^nf.^eg. 
M ü l # bei m e v,  Dlar,  ^üfilier,  1 .  (Mren.^Kcg.  10.  Comp.  XJabenburger, 
9iob.,  (befreiter,  2.  (Mren^Steg.  2.  Comp,  i.'  ermann,  Iljeobor,  3.  2>rag.« 
3ieg.  2.  Crfa^-Cof.  l'eibbranb,  (Mg.  friebr.,  (Mcfreitcr,  1.  Jt'eibi(Mren.*9tcg. 
1* etb br an b,  Crnft,  3.  ^nf.^eg.  12.  Comp,  l'euttjner,  (Muftao,  2.  ftelb* 
«att.  H  ^ifünber.  Söffet,  2lbolf,  2.  2)rag.*sJleg.  2.  Cef.  i'ott bammer, 
©g.  Cour.,  1.  Veib-(Mren.:jHeg.  Vottbammer,  (Meorg,  3.  Crfa^2)etao?)ement. 
Ü  o  1 1  n  c  r ,  ^uliud,  ftelbart.  3.  ^att.  «  ^fünoer.  n  ^ ,  Stöbert,  Wcfreiter, 
1.  fernere  'öatt.  #eti)axt.   3Kaif a)b,of er,  2(rtfmr,  A«uoiUiger,  «.  ^nf.-.3ieg. 

3.  Comp.  SJtaled,  franj  3lnton,  3.  >f.^eg.  10.  Comp.  ^Naler,  Crnft, 
1.  ^iomer-Comp.,  3.  Angabe.  SWajer,  5tb.,  Scf.=l'eutnant,  1.  3?rag.;9tcg. 
1.  CSf.  Kcrolb,  C,  3(ffiftenzant,  3.  3nf.**)rig.  «.  iHeg.  Waner,  *ubu>., 
3.  Crfa^2)ctacbemcnt.  3Kai)er,  Marl  Mug.,  3.  ^nf.^Jieg.  8.  Comp.  Waoer, 
Marl,  Veib^egiment  3.  Wat.  11.  Comp.  3>icef),  Mob.  mit).,  ftelb^rtillerie. 
31  eigner,  Marl  Ariebr.,  3.  ^nf.=3ieg.  5.  Comp.  Weiter,  3lug.,  3.  Jnf.s 
^eg.  1.  Comp.  Wert»,  fteinr.  Cb,rift.,  3.  ^nf.^eg.  4.  Comp.  Werten«, 
3o|.  9luguft,  3.  Vanbrocb,r^at.  2.  Comp.  Wöjjner,  Cbuarb,  3.  ^nf.rSicg. 
5.  Comp.  W  o  f>  r ,  2lug.  Söilb,.,  3.  ^anbro.;35at.  2.  Comp.  W  o  b,  r ,  (Muftao, 
3.  Crfab*£etadjement,  MarUru^e.  9Rü 1 1  e r ,  3)r.  2b,eob.,  feibarst  im  Stab 
bed  14.  «rmeeforp«.    Dtüller,  Cugen,  Leutnant,  4.  leia)te  Batterie  Munj. 

20' 


Digitized  by  Google 


308 


Worjbeim  im  19.  3abrbunbctt 


3n  bcn  5tird)en  bev  bciben  ftonfeffionen  rouvben  (#0tte§* 
bicnfte  abgehalten.    9m  28.  ^iiii,  abenb*  7  Utjv  paffievtc  bev 


m  ü  II  e  r ,  Ulbert  tfbolf,  3.  iHcß.  Füller,  .oermann  3(lb.  ^ubm.,  3.  :>nf.* 
tteg.  2.  (Somp.  Di  ü  r  r  l  e  ,  Slug.,  3.  Jnf.^Heg.  12.  (Somp.  ä  b  e  r  ,  *cop., 
Unteroffizier,  3.  £rag.::Heg.  5.  (rsf.  }i  i t  i  q  4 ,  (3g.  .öeinr.,  3amt.=£et„  bab. 
Tiuifton,  14.  2(rmee-(Sorpa.  D  ft  e  r  t  a  g ,  Robert,  leichte  Grfa^  ^öattene  in 
(Hotteäaue.  $1  ö  g  e  r  ,  3tlb.,  1.  (rrfafc  :£etach.  2.  (Somp.  ^regi^cr,  Marl, 
,Aelbapott)efer,  ,Yelblajarctb.  9io.  1  in  itefoul.  :H  a  u  ß ,  Marl  2Ub.,  Unteroffijier, 
1.  veib=(Mren.0Kcg.,  12.  (Somp.  31  eidjert,  Marl  2lug.,  3.  3nf-;31eg.  3.  (Somp. 
Finger,  (Mg.  CS t>rift.,  3.  (Sria^£etad)ement,  Cef.  .öanbro.  3t  ö  ft  I  c,  ^ulltii 
öeinr.,  ^ionicr  <3d)an*ung$folonne).  3t  ö  jj  l  e  ,  (Sari  it'ilbclm,  3.  3nf.-3teg. 
7.  (Somp.    Voller,  Juliud,  3.  (£r)'a^:Tetad)ement.    X  n  b  0 1  f  #  Job-  Slbolf, 

3.  l'anbro.^at.  2.  (Somp.  3  au  I  er,  (Sari  (St)r.  ^rj.  «Ib.,  2.  3nf.=3ieg. 
3  4  a  II ,  Marl  Jofef,  1.  l'cib:Wren.--3teg.  11.  (Somp.  3  a)  a  f  f  c  r ,  Marl  ftenn., 
1.  i'ctb-CJren.^eg.  H.  (Somp.  3  a)  e  1 1 ,  Jyran*  Slnton,  3.  ;>nf.^3tcg.  11.  (Somp. 
3d)eufele,  Sllb.  2lb.,  3.  l'anbro.  >8at.  2.  (Somp.  Sdjneiber,  .öermann, 
Jveftungäart.  4.  fajroerc  öatt.  ©  d>  r  o  t  b ,  *ug.  fiHty.,  3.  ^nf.^eg.  ».  (Somp. 
Schrott),  Marl  Jvriebr.,  3.  3nf.--3teg.  11.  (Somp.  etyu^mager,  (Meorg. 
Siegle,  ^riebr.,  3.  3nf.:3teg.  ti.  (Somp.  Siegle,  (Mcorg,  3.  Crrfa^^et. 
Stoß/  Marl  'löiltjelm,  ,"veftung$artillerie.  Strenger,  ^ol).  (Mg.,  3.  ^nf.= 
Sieg.  Stumm,  (imil  Ulbert,  3.  Jnf.oKeg.  2.  (Somp.  ittätferei).  Stumm, 
Marl  l'ubroig,  3.  ;>nf.:3ieg.  2.  (Somp.  (3dnib>acber>.  Ungcrer,  Marl, 
1.  £anbn>et)r* Bataillon.  Ungerer,  (Srnft  X'ubroig ,  1.  *ieib=®renabier=3icg. 
Solfert,  (ibuarb,  3.  Sanbnv'öat.  2.  (Somp.  ffiogner,  (Muftao,  Artillerie. 
Wagner,  (Srnft  Silb.,  3.  (£rfa&:2etaa)ement.    9JJ  a  f)  I ,  (Meorg,  Sergeant, 

4.  3ieg.  7.  (Somp.  SN  a  1 1  i  n  g  e  r  ,  Marl  Aug.,  3.  >f.  3ieg.  SN  i  l  b  e  r  m  u  t  lj, 
Marl  Xaoib,  3.  (rrfafc-retacbement.  sH>ittcmaper,  Wilhelm,  leidjtc  (5rfa^= 
Ratterte  in  (Mottedaue.  Wittemaoer,  ^ob.,  1.  Veib^ren.^Heg.,  «.  (Somp. 
JUi^enmann,  Hlbert,  ^ort.=^db,nr.,  2.  I?rag.=«eg.  2.  (SSf.  3errenner, 
Robert,  1.  «ren.^eg.  12.  (Somp. 

(Heorg  ^riebrid)  ilab,  "Wilhelm  ^Ibalb.  sJlbam,  Jriebrid)  Änton,  Monrab 
^artl),  Ulbert  iöaumbufd),  Valentin  *kd,  (9eorg  ©leffing,  (yuftao  iHbolf  *ked)t, 
Stephan  Mennig,  Äbolf  (Sbriftoph  (jbert,  Johann  ,"vciftenaner,  Ctto  ,ylamer«' 
beim,  Dlorifc  Jröbner,  Robert  Jud)*,  Nbolf  Öerroig,  Marl  «cfeU,  SiJilbelm 
(Hrooö,  Marl  (>)roft,  ^ubtoig  Daniel  .öaage,  i.'ubroig  öarber,  ^riebrid)  4>enne, 
Mubolf  $>ofmann,  (Jbuarb  .öoppc,  Johann  SttÜljelm  öuttenloa),  ^uliud  ,>riebrid) 
Maufer,  Atiebriri)  Mlaile,  «ubroig  Miclmlc,  (Sl)riftian  Mlemme,  #tilt  Morbc«, 
Vubmig  ,vriebrid)  X'anbenbergcr,  (Meorg  ^riebrid)  i.'eibbraub,  vtibroig  Diacf, 
^afob  *4Kaft,  (Sbriftopb  Räuchert,  öeinrid)  Dreier,  ^Ibolf  Dieple,  ^ranj  DiüUer, 
^afob  ^riebrid),  Jram  Neuner,  (rbmunb  ^ebftcin,  5iubolf  SHeif,  Johann  Ctto 
öeinrid)  ^icp,  ^a!ob  iWodje,  >bann  iHoftnagcl,  .öermann  Sattler,  (Mottfrieb 
Sdjaaf,  Marl  (Shriftiau  Sdjerberger,  ^afob  l'ubroig  3tt)ndbcle,  .öcinrid)  Sdjneiber, 
Sluguft  Sd)uler,  Marl  Sdjumadjcr,  o^feph  Simon,  .Jeimann  Stiefe,  Marl  Stra^ 
mimmer,  Jyriebrid)  Uhrmann,  jran^  "Ulrid),  Marl  Jofeph  Vogler,  Marl  Jriebridj 
©ädjter,  3lbam  hinter,  «lot)d  äLUrth,  ^clir  3Bol)lt,  ^aul  HUoblt,  fämtlid) 
^snfantcriften.  Philipp  Öaumbufd),  (Sbriftian  ^riebrid)  ^urfharbt,  Iheobor 
Xifdiingcr,  Philipp  (fhriumann,  ^afob  Cr inficbel,  Jhcobor  ,"vrep,  (rbuarb  (^ermig, 
Weorg  ^riebridi  öaage,  Marl  öeber,  limil  Diarolb,  Marl  Wilhelm  DJcic'r, 
(<rharbt  ^Meif,  >bann  "Ueter  :Heiftig,  Monrab  ilUnfler,  bei  ber  iMrtiUerie.  5lbolf 
(Mall,  Marl  Ükmbolb,  ;sob,ann  iKofenagel,  Robert  Sebent,  Jyriebricb  Schönauer, 
(ybuarb  Ulbert  Sonmlb ,  (iarl  v^eltman,  Marl  Banner,  Wilhelm  .vriebrid) 
Gatter,  MaoaUeriftcn.  "ilbolf  »i&l,  (fbuarb  Wilhelm  ,vabncr,  vubmig  ,"vlühr, 
^raitj  >fepl)  Triton,  Wilhelm  Xuguft  Diuller,  ^r.  Marl  3 ad)«,  Sanitättf* 
mannfdjatten,    äoüann  Litton  Xeöm,  tfrnft  (Sbriftian  Dialer,  ^ionierc. 


Digitized  by  Google 


•ßfoiabeim  im  19.  Oabrbuubert. 


309 


ftronpriiiA  oon  Greußen,  ber  Oberbefehlshaber  bev  beutfcben 
©übarmee,  unfere  ©tabt  (auf  bcm  9Bege  oon  ©tuttgart  nad) 
Karlsruhe).  3tm  iöatjn^of  bcfanben  ftch  bie  geuerroehr,  bie  ©pitjen 
bcr  Staats*  unb  ©emeinbebehörben  nebft  oielen  Diepgen  Gcturoohnern. 
©nblofe  ^odjrufe,  feierliches  ©locfengeläute  empfmben  ben  ftrom 
prinjen.  ©id)tlich  erfreut  oerliefj  er  ben  2Bagen  unb  trat  5U  ben 
Um  begrüfjenben  Herren.  Oberbürgermeifter  ©djmibt  f)ie(t  eine 
3lnfprad)e  mit  93ejug  auf  bie  fricgertfdjen  ©reigniffe,  er  gab  bie 
ftreube  unb  93efriebigung  tunb,  ba|  bie  Rührung  unferer  Xruppen 
unb  bie  SBerteibigung  ber  fübbeutfdjen  ©renjmarfen  fo  mohl* 
bewährten  $ä'nben  anoertraut  fei  unb  fdjlojj  mit  bem  $Bunfd)e 
eines  glüeflichen  Verlaufs.  $)er  Kronprinj  erroiberte  biefe  SGßorte 
in  t)erj(id)  patriotifdjer  Söeife  unb  betonte  babet,  baß  man 
3)eutfcf)tanb  junt  Kriege  ge&roungen  baoe.  Unter  begeifterten 
$od)rufen  fdjieb  ber  iRronprinj/  beffen  gan&e  Haltung  einen 
umjergejjlidjen  (Einbrucf  machte. 

2)ie  erften  Sage  ©erliefen  trotj  aller  £offnungSfreubigfeit 
unter  großem  fangen.  Me  ©efdjäfte  ftoeften.  9kd)  ben  erften 
gewonnenen  ©d)lad)ten  aber  atmete  man  bann  um  fo  erleichterter 
auf  unb  bie  großen  ©iege  oon  SÖeifjenburg ,  SÖörth  unb 
©pichern  mürben  mit  mabrljaft  bachantifd)em  $ubel  begrübt. 

2116  am  3.  ©eptember  1870  bie  Kunbe  fam  unb  amtlich 
beftätigt  rourbe,  baß  Napoleon  bei  ©eban  gefangen  genommen 
mürben  fei,  mar  beS  Rubels  frin  (Snbe.  üieidjer  JJlaggenfchmudt, 
©locfengeläute,  33öllerfd)ttffe,  Sreubenfeuer  gaben  ber  allgemeinen 
Sreube  3luSbrucf.  Oberbürgermeifter  ©djmtbt  betrat  ben  53alfon 
beS  sJiatbaufeS  unb  f>ieCt  an  bie  jablreid)  oor  bemfelben  oer* 
fammelten  ©inmohner  eine  s2lnfp  räche,  morin  er  ben  beutfehen 
Äriegern  fiob  unb  $anf  fpenbete.  $ann  entblößten  alle  bie 
$äupter,  unb  „9hm  bautet  alle  ©ott!"  Hang  eS  aus  h»"öerten 
oon  banferfüütcn  ^erjen  5um  Gimmel  empor.  sJcad)bem  bie 
$euerroef)rmuftf  uod)  bie  „5öacbt  am  VHfjein"  unb  anbere  oater* 
länbifdje  Lebbien  oorgetragen,  oeranftaltete  man  eine  allgemeine 
Illumination  ber  ©tabt.  3)iefe  mürbe,  trotjbem  nur  furje  &it 
jur  Vorbereitung  mar,  eine  überaus  glänjenbe. 

SJcit  berfelben  33egeifterung  mürbe  am  30.  Januar  1871 
bie  9cadjrid)t  oon  ber  Kapitulation  ber  franjöfifchen  .£)auptftabt 
aufgenommen  unb  gefeiert.  Beim  Bencfifer'fcben  ©aSmerf  rourbe 
eine  Xriumpbpforte  erridjtet. 

3lm  9.  Wuguft  1870  gingen  5  3üge  mit  Kriegsgefangenen, 
im  ganzen  etroa  2500  Sttann,  barunter  oiele  JurfoS,  hier  burd), 
melden  am  Bahnhof  (Srfrifdjungen  gereidjt  mürben. 

3lm  13.  Mugufi  1870  mürben  jmei  eroberte  franjöfifche 
Stanonen,  mit  Blumen  unb  i?aubgeminben  oerjiert,  hier  buraV 
transportiert  unter  Begleitung  einer  banerifdjen  £ruppenabteilung. 


Digitized  by  Google 


310 


s#fora!)cim  im  19.  ^abrbunbert. 


£)ie  eine  roar  an  Äönig  Subroig  II.,  bic  anbete  an  bie  ft'önigius 
SHutter  abveffiert. 

(Sinen  finnigen  SluSbrucf  feines  banferfüllten  $er&en3  gab 
ba§  93oIf,  inbem  eS  am  28.  September  1870  im  allgemeinen 
3ubel  über  bie  ^urücfgeroinnung  Strasburgs  baS  auf  bem 
©d)ulpla£  befinblidje  alte  efyrroürbige  ftreuj  mit  einem  Strang« 
fdjmücfte. 

($nbe  Oftober  1870  ging  bie  in  ber  Jyabrif  be§  £>errn 
S.  SBiffinger  gefertigte  golbene  JJeber  ab,  meiere  biefer  53idmarrf 
fdjenfte  unb  it>n  bat,  bamit  ben  III.  ^arifer  ^rieben  ju  untere 
jeidjnen.  Sie  rourbe  einer  geroöfmlidjen  ©änfcfielfeber  nad)= 
gebilbet  unb  au§  mafftoem  ©olbe  gefertigt.  $>er  $iel  mar  glatt, 
bie  galjne  matt  gehalten  unb  letztere  in  ber  5orfe^ung  be§  Äiels 
bidjt  mit  brillanten  bejetjt.  Unterhalb  ber  brillantenneriierung 
roar  eine  ©rafenfrone  unb  ber  Olamensjug  $M§martf§  eingraoiert. 
3lu§er  bem  ©raneur  unb  Saffer  roareu  2  ©olbarbeiter  5  2Bod)en 
mit  ber  Anfertigung  ber  jeber  befdjäftigt.  $a§  netroenbete 
©olb  roar  18farätig,  ber  Xcil,  auf  roelcbem  bie  brillanten  ge= 
faßt  rourben,  21  farätig. 

biffmger  überfanbte  bie  gebet  mit  folgenbem  SBegleit* 
fdjreiben : 

24.  Oftober  1870. 

„trure  (£r  cell  eng! 

Öeute,  roo  jeber  £eutfd)e  ftoh  unb  begeistert  auf  bie  unftcrbliajen 
Jfjatcn  feiner  erlaubten  .üeerfüfjrer  unb  feine*  tapferen  fteereS  bliett,  ift  eS 
%lflid)t,  befouberd  beä  Staunet-  |u  gebenfen,  ber  bura)  feine  geniale  StaatSfunft 
biefe  (Srfolge  uorbereitete,  unb  roeldjem,  näcfjft  bem  ftelbenfönige  3UÜ$elm, 
£cutfd)lanb  feine  s2LUcbcrgeburt  oerbauft. 

(Sucre  (frceUenj  mar  berufen,  bie  beutfdjen  .\>eerc  *ufammen  ju  fübven, 
3brc  Jycber  mirb  bic  Ifjatcn  bcö  beutfdjen  Sa)ioerte«  burd)  einen  rnfnuooUen 
^rieben  frönen. 

(9ebruugen,  meinen  (Mefül)len  aufrichtiger  ^eronnberung  unb  Sanfbarfcit 
gegen  (Sure  (^rcellenj  Musbrucf  ju  geben,  magc  idj,  fluten  betfolgenbes  (Srjcugniö 
meine*  6ctoerbflei&eö  al*  Sinnbilb  ^tjrcr  berühmten  ftaatämännifdjen  itjatig- 
feit  barjubringen,  mit  ber  Öitte,  foldie*  als  einen  banerubeu  "öetuci«  ber 
erfennnug  unb  Verehrung  eine*  Mitbürger*  bewahren  m  motten. 

3ur  bödjftcn  trt;re  mürbe  ia)  mir  bic  gütige  xHnuatjme  biefer  befdjeibenen 
SBifentUtty  anred/neu,  roenn  (iure  (rrccllem  biefelbe  beim  beoorftefjenben,  für 
^eutfdjlanb  fo  ruljmoollen  2(ftc  bee  ^riebenofctiluffcd  ber  ^enuenbung  rocrtl) 
eraa)ten  toolttcn. 

Wenebmigen  Sie  bie  *tcrftd)erung  ber  ausgejeidmetften  ftodmdjtung,  mit 
ber  idj  bic  (Jbrc  fmbe  ju  jeidmen 

(iuer  (SrceUcnj  ergebeufter 
»iffinger.- 

iöiSmarcTS  Slntroort  lautete: 

IB.  9iouember  1H70. 

„Cruer  SU  ob,  Ige  boren 

fdjöneö  unb  funftieidjeö  Wefdjenf  bat  ber  (Hrof^eruiglicbe  Winifter*  ^rafibeni, 
fterr  ^olln,  mir  ju  übergeben  bie  Wüte  gehabt,  ^dj  finbc  mtdj  in  einiger  5öcr= 
Icgenfjeit,  wie  ia)  meinen  ^anf  bafür  auöfprea)cn  foU;  in  einer  3eit,'n>o  baä 


Digitized  by  Google 


Wotafcetm  im  19.  Sabrbuubert. 


odjroert  bcr  bcutfdjcn  Nation  fo  rubmreidjc  Jfwten  ooUbrad)t  b,at,  tyun  3ic 
ber  /vebcr  beinahe  ^uuiel  l*b,re  an,  inbem  cic  biefelbe  fo  foftbav  ausstatteten. 

^d)  fann  mir  hoffen,  bcr  Webraud),  \\\  loeldjem  Sie  bie  fteber  im  £ienfte 
bee  Staterlanbeö  befttmmen,  bem  Seltnen  pi  banernbem  Webciben  in  einem 
flliidlidjcn  ^rieben  ßereirfjen  möge;  unb  id)  barf  unter  ©ottcS  tleiftanb  oer^ 
fprcdjen,  bap  fte  in  meiner  $attb  uidtftf  untencidmen  foü,  roa<S  beutfdjcr  (He< 
finnuna,  unb  be$  beutfd)en  SdnuertcS  nidjt  roürbig  lüdre. 

Crmpfanaen  cic  mit  meinem  Sanlc  wgleicb,  ben  Xuftbrud  meiner  oor^ 
Süglidjen  ftodmdjiung.. 

(gqj  o.  ^Umartf." 

2öat)i^oft  gro§  zeigten  fiel)  bie  ^Pfor^ctmer  in  werf= 
ttjätiger  Siebe.  Ält  unb  jung,  otjne  Unterfdjteb  be§  Staubet, 
be$  ©efd)led)t3  unb  bev  Stonfefpon,  jeigte  einen  eblen  2Öetteifer, 
fei  e§,  um  ben  unter  ftrenger  3Binterfälte  unb  fanget  an 
9lal)vung§mitteln  im  Jyclbc  ftefyenben  Gruppen  manne  Slleiber, 
Speifen,  Zigarren,  Sabaf  ju  fd)icfen,  ober  ben  burri^ieljenben 
SDtannfchaften  ©rfrifdjungen  511  fpenben  ober  bie  jurücfgebliebenen 
ftamttten  ber  Hrieger  311  unterftütjen,  immer  unb  überall  fauben 
pd)  roarme  £>erjen  unb  offene  £änbe. 

$ie  Apothefer  ©rofeholj,  ^regijer  unb  Sdjumacher  machten 
am  26.  3uii  1870  öffentlich  befannt,  bafj  grauen  unb  ftiuber 
unbemittelter  (Einberufener  ihre  9flebifamente  unentgeltlich  erhielten 
bi$  }u  ber  burd)  bie  Spitalorbnung  feftgefetjten  ©renje. 

Am  27.  3uli  1870  befd)lo§  bie  „Mebelhöhle",  bem  ßriegS* 
minifter  bie  Summe  uon  200  (£  jur  Verfügung  ju  ftellen,  womit 
berjenige  unter  feinem  ^Befehle  ftehenbe  beutfdje  Krieger  belohnt 
werben  foüe,  welcher  bje  erfte  heruorragenbe  ©affenttjat  oerridjte. 

Am  3.  Auguft  1870  fanb  bie  Prüfung  uon  20  ftranten» 
Wärterinnen  in  ber  Diepgen  $eil^  unb  s$flegeauftalt  ftatt,  meldte 
i^re  3)ienfte  bem  33alerlanbe  weihen  wollten.  ®ie  größte  $ai)[ 
fonnte  hierzu  für  befähigt  erflärt  werben. 

Am  19.  3uli  1870  befdjlofj  eine  jatjtreid)  befucl)te,  im 
„Schwarten  Abler"  abgehaltene  33erfammlung  einen  „ißater* 
länbifdjen  §ilfswerein"  gut  Unterftütjung  ber  hiefigen  bebürftigen 
Angehörigen  ber  ^u  ben  gähnen  einberufenen  Männer  ju  grünben. 
A13  33orpfcenber  würbe  33ürgermeifter  granjmann  unb  als  ßaffier 
Apothefer  9Jcarcflin  gewählt.  Sammlungen  tym'bu  würben  alle 
14  £age  uon  einer  sJieihe  angefehener  Männer  uorgenommen. 
2)er  herein  gewährte  oorjug^weife  wöchentlid)e©elbunterftü^uugeu. 
(Sr  würbe  in  4  Abteilungen  eingeteilt: 

1.  gamilienunterftütjungSoerein  (Sorge  für  bie  in  ber 
.£>eimat  oerbliebeuen  gamilien  ber  in§  gelb  gerücfteu  Männer). 

2.  2)er  oereinigte  grauenuerein  (Sammlung  unb  3urfiftung 
oon  ©egenftänben  jiim  sJlut)en  ber  im  gelbe  ftetjenben  Gruppen 
unb  füi:  ftranfeupflege ;  Abfenbuug  gefammelter  ©egenftänbe  an 
ba3  ®entral»^omite  be^  bab.  grauenuereinS,  fowie  «efdjaffuug 
oon  SBärterinnen). 


Digitized  by  Google 


312 


<Bfotabcim  im  19.  3aptbunbett. 


3.  SNännerfjilfSüerein  08efd)affung  oon  AuSrüftitttg** 
gegenftänben  für  tfajaretfje,  SRitroirfung  bei  beren  £errid)tuug, 
Ausübung  orttanifterter  £>ilfsforpä  jur  Pflege  oon  ißernmubeten. 
gerner  Au3funft3erteilungen  über  im  gelbe  fte^enbe  SOWntter  an 
ifjre  Angehörigen). 

4.  ginanjabteilung  (Sammlung  oon  ©elbmitteln  unb  33er* 
auSaabung  berfelben  im  Sinne  ber  aufgehellten  ^Jeftimmungen). 

3ebe  Abteilung  löftc  bie  it>r  jugemiefenen  Aufgaben  felbft- 
ftänbig.  35er  ©efamtoorftanb  naljm  jebod)  bei  jebem  Gcinjelnen 
flunbe  oon  feiner  £f)ätigfeit.  Vertreter  ber  einzelnen  Abteilungen 
bilbeten  ben  ©efamtoorftanb  unb  jmar  berart,  ba(3  bie  3  erften 
Abteilungen  je  2,  bie  4.  aber  6  Vertreter  entfaubte.  ^ejüglicf) 
ber  ©elbmittel,  meiere  Abteilung  1  gefammelt  (etma  4000  fl.), 
würbe  oereinbart,  bafc  bie  Summe  tyrem  3mect  erhalten  bleibe, 
gleidjwie  bie  biStjer  gejagten  wöchentlichen  Beiträge,  fowie  bafc 
ber  gamilienunterftü^ungSoerein  im  .Notfall  bem  ©efamtf)ilf§= 
oerein  33orfd)üffe  gewähren  burfte. 

2)er  ©efamtoorftanb  beftanb  au§  ben  Herren:  ^Bürger* 
meifter  granjmann,  Apotfjefer  SJlärflin  (1.  Abt.);  Domänen* 
oenoalter  Man,  $iafonu$  SBagner  (2.  Abt.);  Stabtbireftor 
§ebting,  SJiebijinalrat  Soppen  (3.  Abt.):  Oberbürgermeifter 
Sdjmibt,  Stabtrat  (EfjriSmann,  Kaufmann  (£r)rt)arbt,  gabrifant 
gi&ler,  gabrifant  3uliu§  Kollmar,  gabrifant  (£t)rtftian  Ungerer 
(4.  Abt.),  Schriftführer  9ied)t3praftifant  93rauer. 

Am  8.  Auguft  1870  begann  bie  Grfrifd)ung§mannfd)aft 
ihre  X^ätigfeit,  meiere  barin  beftanb,  l)ier  bunuiepenbe  franfe 
unb  oenounbete  SJlannfdjoften,  bie  nadjgefanbten  Gruppen,  foioie 
bie  53ebecfung§mannfd)aften  bei  ben  ©efangenenjügen  unb  enblid) 
bie  oom  StriegSfchauplal}  jurücfgefeljrten  Gruppen  mit  Speifc  unb 
Sranf  ju  erfrifdjen. 

Verpflegt  mürben  im  ganjen  währenb  ber  datier  be§  Krieges 
76  098  9ftann  mit  3144  $ufcenb  dürften,  30(30  fiaiben  93rot, 
10  999  sJflaa§  53ier,  69  300  Stücf  Zigarren.  Aufreibern  mürben 
ungeheure  Stengen  oon  Sein,  Sifören,  fttrfdjen--  unb  3wetfdjgen* 
waffer  unb  ftaffee  abgegeben. 

"Heben  biefen  SiebeSgaben,  bie  am  Crte  felbft  abgegeben 
mürben,  gingen  roieberbolt  grofte  ©ifenbahnwagenlabungen  nad) 
bem  ftrieg6fd)auplaf>  ab,  lauter  freiwillige  ©aben,  ju  benen  aucl) 
bie  umliegenben  Crtfa)aften  beigefteuert  Ratten.  $ie  ©eiftlidjfeit 
rjatte  beftimmt,  bag  bie  reichen  Opfergelber  in  ben  auperorbent* 
lidjen  üJBodjengotteSbienften  gut  llnterftütjung  ber  Krieger  unb 
ihrer  l)ilf^bebürftigeu  gamilien  oenoeubet  mürben.  (Sine  im 
Januar  unb  gebruar  511  biefem  8mccf  ocranftaltete  ^au§follefte 
ergab  naheju  10  000  ©ulben.  Auf  2Beihnad)ten  gingen  oom 
Scanner--  unb  grauenfnlfSoerein  grofje  Senbungen  an  £iebe$gaben, 


Digitized  by 


^forabcim  im  19.  Saftcfttttifeert 


313 


fomie  von  feiten  ber  ©tabtgemeinbe  an  jeben  in  sJ3for&f)eim 
heimatberedjtigten  ©olbaten  (etma  100  SDtann)  je  3  S^aler  als 
$Beifjnad)t§gefd)enf  ab. 

93on  beginn  be§  QabreS  bis  (Snbe  9Jläv5  1871  rourben  im 
ganzen  am  53at)nJ)of ,  30  475  üftann,  teils  Skrmunbete  unb 
ftraufe,  teils  (Srfatjleute,  foroie  ^eimjie^enbe  unb  93ebccfungS= 
mannhaften  nun  ©efangenen  uerpflegt,  unb  jmai  mit  3Burft, 
SBrot,  33ier  ober  3Bein,  3iflö^en  ober  Kaffee,  je  nad)  ber 
SageSjeit  unb  bem  Vorrat.  *BiS  (Snbc  Jebruar  mürben  aHein 
13100  halbe  ©djoppen  fchmarjer  Kaffee  aus  ber  $affeefücf)e  am 
Bahnhof  oerabfolgt.  3>em  ®epot  gingen  bireft  ju :  200  glafdjen 
geroöhnlicher  Sein,  50  Jlafdjen  Sttarfgräfler,  20  Jlafchen 
3metfd)genroaffer,  6  glafdjen  feine  Siqueure,  20  Jlafdjen  ©lüh- 
mein,  20  "ißfunb  sJ$re§murft,  10  000  ©tücf  ßigarren,  foroie  von 
50  5ftitgliebern  ber  @rfrifd)ungSmannfchaft  felbft  63  750  ©tücf 
Zigarren.  2)ie  jur  Sßerroenbung  gelangten  (£rfrif  dringen  mürben 
au3  Mitteln  beS  oaterlänbifdjen  |>ilfSpereinS  angefdjafft. 

Sine  befonberS  fegenSreid)e  ^ätigfeit  entfaltete  ber  3*rauen- 
uercin.  Anfangs  $ejember  1870  grünbete  berfelbe  für  uefrounbete 
unb  erf raufte  Offiziere,  SJiilitärbeamte  unb  ©olbaten  eine  3Binter* 
ftation  in  33aben*93aben,  mo  biefelben  SBobuung,  cirjtltdje  33e= 
banblung  unb  Pflege,  fomie  33ä'ber  unentgeltlid)  erhielten.  $er 
3kterlänbifd)e  §ilfSuerein  gab  bie  Summe  oou  600  fl.  für 
biefen  eblen  £roecf. 

91m  12.  September  1870  rourbe  baS  Sajaretf)  erftmalS 
benütjt,  roeld)eS  in  ber  Turnhalle  eingerichtet  mar.  (Sin  am 
Sfttttag  angefommener  größerer  $ug  mit  oermunbeten  unb  fronten 
preuj3tfd)en  unb  baurifd)en  ©olbaten  lief?  ca.  130  5Jcanu  jurücf. 
3)aoon  famen  84  ins  Sajaretf),  einige  tränte  ins  ©pital,  bie 
übrigen  mürben  bei  ^ßrioaten,  roeldje  fid)  baju  erboten  tjatten, 
untergebracht. 

Slm  30.  $)e$ember  1870  trafen  50  93ermunbete  oon  $ijon 
hier  ein.  44  baoon  famen  in*  SHeferuelajareth,  bie  übrigen  6  in 
^rioatoerpflegung  (©aaefe). 

21m  24.  sJioobr.  1870  befud)ten  bie  $rau  ©roßher$ogin  unb 
bie  ^rinjeffm  ©ifljelm  baS  s#for5heimer  £a$aretb,  baS  alte  unb 
neue  |)ofpital,  fomie  baS  ^rioatlajarett)  im  §aufe  beS  gabrifauten 
©aaefe.  Qum  ©djluffe  bie  im  SDtufeum  eingeridjteten  9lrbeitS- 
räume  ber  oereinigten  grauen^ilfS^Öeriue. 

$on  ben  in  ^for^eim  untergebrachten  Oermunbeten  ftarben 
im  Saufe  beS  ^abre«  griebrid)  Söalter  (gifdjbad),  ©adjfen), 
3uliu8  Robert  ©alter  (Söroenftein,  ©ad)fen),  ttaxi  Ihlberg 


Digitized  by  Google 


314 


IMorabcim  im  19.  3abrbuuberL 


(fiomatfd),  Saufen),  3uitu§  tapfer  unb  ^ermann  Sattler  DOH 
hier,  (Svnft  ©djötjel  (ftobernrifc  bei  Breslau).*) 

Sie  liegen  auf  bem  Tyricbtjofc  an  ber  (Sutingerftra&e  be- 
graben unb  haben  ein  oon  ber  Stabtgemeinbe  geftiftetes  gemein- 
fames  2)enfmal  erhalten,  3abre  1895,  bei  ber  Vierteljahr* 
hunbert*5eier  be§  glorreichen  ftriegeS  hielten  93ürgermeifter  £)ol$= 
roarth  unb  ^olijeiaftuar  iöebel  bafelbft  bie  ©cbädjtnilrebcn. 

Von  oornherein  gebaute  man  aud)  ber  Sürforge  für  bie 
^noaliben  unb  ber  Hinterbliebenen  gefallener  Hrieger. 

9lm  2.  September  1870  bilbete  fid)  l)kx  ein  Komitee  jur 
©rttnbung  eine§  3nualiben  *  UnterftütjungS  =  95erein§  „National* 
banf".  ifcaet  Komitee  beftanb  au§  ben  sperren  tXtjr.  93ecfer, 
53id)ler,  $tüeniu§,  2)rei3,  @f)ri*niaun,  jranjmann,  ©ülid), 
.pebting,  -gnüer,  3Jtarofb,  sJtohretf,  Sdjenf,  Schmibt,  ^errenner, 
Bauer  uon  liefern,  Naumann  oon  53aufd)lott,  SJlarj  von  ©Urnen» 
bingen,  Doppler  oon  Ittersbach,  9iid)ter  uon  Brimingen. 

siluf  ben  Aufruf,  melden  ber  berliner  ^Jcntxalau§fd)ug  im 
9)lärs  1871  erlieg  betreffe  Stiftung  uon  ©efdjenfen  für  eine 
9iationallotterie  jum  heften  ber  Verttmnbeten  unb  Hinterbliebenen 
im  ffelbe  gefallener  Krieger,  beteiligte  fid)  ber  ^forjfjeimer  Vater- 

*)  3tm  8.  Cftober  ftarb  im  Vawetb  infolge  feiner  ferneren  ^erronnbnna, 
ber  t'anbweljrmann  «cpöhel  am  .Hobermifc.  Mannt  erfuhr  man  l)icr,  bafc  ber 
Skrftorbene,  ein  fdjlefifdjer  Xienftfnedjt,  eine  $Bitn>f  mit  3  .Hinbern  btntcrlaffcn 
babe,  als  and)  febon  eine  onmmlnna.  oeranftaltet  mnrbe.  3tnd)  bae  Opfcrcielb 
auf  bem  Jyriebftofe  mnrbe  für  bie  .Hinterbliebenen  beftimmt.  Cre  fonnten  ber 
Stfüroe  Witte  Cftobcr  175  Ibaler  liberianbt  werben. 

2tm  21.  Cftbr.  1H70  ftarb  t'anbtoebrmann  kalter,  ein  armer  fätfjfifrfier 
Wanrer;  er  /jtiirerlte^  eine  SBitoc  nnb  |toci  Minber.  #ur  bie  Hinterbliebenen 
bieie*  Cannes  qtiißen  350  fl.  ein. 

Wadmebeitb  '  neben  mir  bie  Vifte  ber  im  Mrieac  umgefornmenen  nnb 
ucrnmnbcten  ^fanbeimer : 

f  ben  4.  £ept.  1870  >l.  Manfer,  Unteroffizier  be*  3.  bab.  T\«f- 
Nefl.  im  A-elbla^aretb  Malbäbeim  (tflfafc).  f  ben  10.  Cftbr.  1870  Veopolb 
Kttfcel,  Hauptmann  im  3.  bab.  ^nf.-Jtefl.,  oenu.  bei  etrajUmra.,  im  Vauireth 
in  Waon  riftapee.  Oirenobier  fterrmann  3  a  1 1 1  c  r  uon  bier,  fdiro.  neriu.  bei 
2ijon  am  30.  Cft.  1870,  odmft  in  ben  redjten  Wem,  f  ben  24.  Moubr.  1870 
(in  Wonbeim  beerbiah.  3Bittemauer,  rHobert,  Unteroff.,  fdjro.  Denn., 
Stretfföujj  a.  Mopf  b.  £ijon.  Raul«  Marl,  Unteroff.  a.  gef.  b.  lSbam= 
boenf  22.  äoö.,  Stveiffdnife  a.  r.  $na.e.  2>örflina.er,  $ul.f  Unteroffizier 
3.  ~>nf.^ea,.,  uerw.  b.  I.  i>.  cdmjj  in  b.  1.  fcanb.   iXetftuer,  Marl 

A-riebr.,  We.r.  3.  ^nf.oHeiv,  oerm.  cbenf.  bei  OOtitö  I.  u.  3d)iif;  i.  b.  r.  3lrm. 
^öljm,  Arbr.,  4.  ^nf.'Mca,.,  I.  w.  cdinft  i.  b.  I.  A-nf?  bei  Zijon,  oenu.  bei 
9tuttö.  rHanf;,  liarl  vJUb.,  Unteroff.,  l*inj.=Areim.  12.  l£omp.,  fdnoer  veno, 
»cdnif;  b.  b.  Cberfd).  Sia{\,  Marl,  (s)efr.,  fdjiu.  i>.  cd),  i.  r.  ^nfi.  äerrenner, 
MJob.,  liinj.  Ateiio.,  fdnoer  u.  od),  in  ,vnn  u.  »Urin  £i|on,  f  ben  8.  ->an.  1871. 
3lUe  brei  Cb.  i.  Wef.  b.  s)init^  am  18.  ?c\.  1870  nenu.  i«eier,  l'nbra.  SÜJ., 
3.  A«»f--Ueiv,  5.  Üomp.,  aef.  b.  .vericonrt  15.  xNnn.  fdnu.  venu.  od),  a.  r.  ftufu 
v^etfd),  2Cufl.,  8.  iSomp.  3.  Jnf.  :)iea„  flef.  b.  Hericourt  15.  ^an.,  leidjt  p. 
Streift*,  rt-  ^  Stifte.  .Ulein,  (Smil,  12.  (iomp.  3.  :Heflt.,  Unteroff.,  fdnu. 
ö.  bei  Uljenebier  15.— 18.  ^an.  1871. 


Digitized  by  Google 


^fotsbcim  im  19.  Sabtbunbert.  315 

Iänbifdje  £ilf§uerein  mit  ©efcbenfen  von  ®o(b*  unb  Silbermaren 
im  SBerte  von  1000  fl. 

3)ie  griebenSfcier  am  11.,  12.  unb  13.  SRärj  natjm  einen 
pompöfen  Verlauf.  geftgotteSbienft,  geftjug,  geftreben,  3Üumi= 
nation  unb  greubeufeuer  trugen  baju  bei,  bie  beufroüvbige  geier 
in  angemeffener  SBeife  ju  begeben.  2)en  ©cfmlfmbern  mürben 
3)enfmfinjen  aufgeteilt,  am  Eingang  ju  ber  neuen  Borftabt 
„Seban"  mar  eine  fdjöne  Sriumprjpforte  crrid)tet. 

$lm  13.  5Wära  1871  50g  bie  männliche  ©djutjugenb  mit 
gabnen,  in  Begleitung  if)rer  Sebrer  unb  ber  Sttitglieber  be§ 
£>rt§fd)ulrat§  com  ©d)ulplat3  auf  ben  #acbel,  um  bort  einige 
Bäume  ju  pflanzen  jum  ©ebädjtiiig  be§  $age§.  31uf  betben 
Seiten  be§  fog.  Stutfdjermeges  unmeit  ber  nad)  3fpviHg.cn  fübrenben 
Strafte  mürben  2  fiinben,  3  (£id)en  unb  3  Rappeln  gefegt, 
einige  ©efänge  üorgetragen  unb  üou  2)ireftor  s$rouence  eine 
paffenbe  sinfprad)e  gehalten. 

91m  22.  2ftärs  1871  mürbe  bie  Äaiferlinbe  in  ben  Babnbof- 
anlagen  gepflanjt. 

3lm  6.  Slpril  1871  paffterten  einige  taufenb  granjofen,  in 
mefttidjer  9ftd)tung  uon  SubmigSburg  fommenb,  ^fovatjeim,  um 
momöglicf)  nod)  an  ber  Befämpfung  be3  ^arifer  (£ommuue^luf= 
ftanbeS  teiljlinetjmen. 

Born  1.— 8.  3uli  paffterten  täglich  4  ©rtrajüge  mit  r)eim* 
febrenben  Bauern  ben  fjtefigen  Babnljüf.  Bei"  jebem  biefer  3üge 
mar  eine  31borbnung  beS  f)ieftgen  Stabtratä  anmefenb,  um  bie 
Bemirtung  ber  Offiziere  unb  sÄannfd)aften  51t  leiten.  (II.  banr. 
3lvmeetovp§.)  Sllle  Gruppen,  bie  t)ier  buvd)famen,  maren  entjücft 
oon  ber  i^nen  ju  ^ci(  gemorbenen  Slufnabme  unb  Bemirtung. 

51m  6.  3uli  1871  berührte  getbma  rfd>a  II  u.  SBrangel 
auf  bem  $Bege  nad)  Söilbbab  bie  ^tefige  Stabt.  Oberbürger* 
metfter  Sdjmibt  unb  SJiitglieber  be£  StabtratS,  fomie  bie  gerabe 
angefommenen  banrifd)en  Gruppen  bradjten  bem  greifen  gelben 
eine  lebbafte  Doation  bar,  bie  berfelbe  freunblid)  bant'enb  ent* 
gegennabm. 

$>ie  legten  ber  banrifdjen  Gruppen,  meld)e  am  18.  Quli 
1871  bier  burcfjfamen,  mürben  befonbers  berjlicb  begrüßt,  umfo- 
mebr,  al3  biefelben  bei  Seifjenburg,  ÜBÖrtb  unb  Seban  fo 
belbenmütig  mitgefodjten  bitten,  $ie  9lad)mittag£  anfommenben 
Qäger  mürben  unter  Böllerfdjüffen ,  bie  legten  jmifdjeu  0  unb 
10  Ubr  9tad)t§  anfommenben  mit  bengalifdjer  Beteudjtung 
empfangen. 

$)ie  (Srfrifd)ung3mannfd)aft  bot  aüe»3  auf,  bie  marteren 
ßrieger  511  regalteren  unb  Bier,  SBuvft,  Brot  unb  Zigarren 
ftnbett  veifjenben  91bfatj. 


Digitized  by  Google 


316  Bfotafctm  im  19.  3abrbunbett. 

$)er  föüdtranSport  bcv  über  ^forjfyeim  nad)  ifyren  ©arnifon^ 
ftäbten  jurüdfetyrenben  baorifdjen  Offnpationstruppen  rr»ar  am 
3.  Stugltf!  1873  becnbet.  Duvd)  ben  ©emeinberat  unb  bie  (£r- 
frifdnmgSmannfdjaft  würben  bewirtet  oom  26.  Quli  bis  3.  Stuguft 
175  Offiziere  unb  3858  9)tonn. 

Sßom  ©eneralfommanbo  be§  I.  baorifdjen  5lrmeeforps, 
©eneral  ber  Infanterie  o.  b.  Sann,  gelangte  am  22.  3Iug.  1873 
eine  $anffagung  f)ier  an  für  ben  frcunblicfjen  Smpfang  unb  bie 
juoorfommenbe  ^Bewirtung. 

3m  3af)re  1872  giag  ein  großer  OrbenSregen  nieber  für 
alle  jene  Scanner  unb  grauen  ber  Stabt,  bie  ftd)  oerbient  gemacht 
fyatten  tun  bie  Pflege  unb  Bewirtung  ber  Sruppen. 

.  9lm  31.  ^an.  1874  mürbe  im  Sit}ung§faa(e  be§  ©emetnbe* 
rat*  eine  ©ebenftafet  ju  (Sfjten  ber  biefigeu  ©rfrifa^ung^manufdjaft 
aufgeteilt,  metdje  bie  Flamen  ber  56  SJUtglieber  mit  ifyrem  Ob- 
mann ftritj  Werfer  unb  bem  $üd)en*  unb  5Mermeifter  (Sglau 
enthält. 

$on  ben  ^forjbeimer  Kriegern  mürben  nadjfolgenbe  be~ 
fonberS  befoviert : 

Sefonbelieutenant  ($mi(  $3etlofa,  II.  ©renabier^egiment, 
bas  Sfitterfreuj  mit  Stern  be§  mititär.  5tarl--3riebwd)=^ßerbienft^ 
CrbcnS ;  ^remierlieutenant  (£ugen  5Jtül(er  im  3elb-3lrliUerte= 
Regiment  ba§  ^iitterfreuj  II.  Älafle  mit  Scfyroertern  be£  Orben* 
Dom  $äf)ringer  Dörnen  in  5Inerfenuung  ifyrer  fjeroortretenben 
Sapferfett  unb  au§ge$eid)neten  Seiftungen  im  ©efedjt  bei  WuitS 
am  18.  Dejember  .1870.  (Sbenfo  ^fftftenjarjt  $r.  (Earl  Sflarolb 
letjtgenannteS  (Sbrenjeidjen  für  beioiefene  33raoour  oor  sJcuit§. 

Sfjcobor  3JtütIer,  gclbarjt  b.  ©ro&f).  ftelbbioifionSftab  für 
auSge*.  Stiftungen  toäbrenb  be£  gelbjugeS  ba3  ftitterfreuj  I.  RL 
mit  Schmettern  be$  CrbenS  oom  3äf)rtnger  Söroen,  im  9Jcär$ 
1871.  befreiter  ^bi(.  G&rtemann  b.  tfelbartillerie^egiment  für 
feine  au^ge^eidjneten  Seiftungeu  loäftrenb  be$  Krieges  oom  ©rof$s 
Ijerjog  bie  fitberne  3totU$erbienft*3Rebaille  am  33anbe  ber  Earl- 
^riebriü^«9ßintär*S8erbtenft*9Wcbattte.  s$remierlieutenant  (lugen 
m\lkx  ba$  (Siferne  Ärcuj  II.  Seopolb  9Mf>er,  33ijeioad)t= 
metfler  im  3.  2>rag.--iHeg ,  ba3  ©ferne  firenj  II.  $1. 

3frt(itt  5ttaifdjf)ofer,  Unteroffizier  im  6.  3nfänterie*9Reg.  bie 
.Hart  ^i-iebridj^^oil^-öerbienft^JJlebaiUe  am  vBanbe  ber  $arl*gricbr. 
9Wi(üär^erbtenfl»9^ebatüc ;  ^elbarjt  s3Ub.  Otto,  5eftung3artiUerie^ 
$Jat.,  ba§  Stittertreiq  II.  Stf.  mit  Sd)mertern  be£  Grben§  oom 
Springer  Ööiocn ;  (befreiter  Jtarl  Mittler,  ©efi*eiter  St)eob.  $la§, 
Unteroffizier  $arl  Hermann  Sdjäfer  befamen  bie  fttberne  3ioil* 
Serbien  ft>Webaillc  am  93anbe  ber  5tarI-^riebrid)-s}JJiIitär^erbien|t- 
^ebaiüe. 


V 

Digitized  by  Google 


Worabcim  im  19.  ^abrbinibcrt 


317 


©efonbelieutenant  3ar)n  "Hb  Unteroffizier  Klein  erhielten 
bei  $>ijon  bic  filberne  Rarl-5riebvicf)'-9)hI'tQr*33crbicnft*9^ebaiUe. 
Leutnant  Abolf  3Jlajer  baS  (Siferne  $reu$  11.  Klaffe. 


X>tc  pofiliftöen  ^arteten. 

93iS  ftum  3abve  1848  gab  eS  in  bcr  Stabt  eine  ftarfe 
liberale,  eine  flehte  flerifale  nnb  eine  nicfjt  oiet  ftärfere  fonfer» 
oattoe  Partei,  fid)  bie  alte  liberale  Partei  roäljrenb  bei*  9ie* 
Dotation  in  jiuei  £ager  fpaltete,  in  baS  ber  gemäßigte  Siberalen 
unb  ber  3)emofraten,  unb  baj}  fiefj  auS  bem  rabifalften  $eil  ber 
Unteren  ein  gefonbert  ftefjenbeS  Häuflein  fommuniftifd)  auge* 
haua)ter  „Proletarier"  bilbete,  ift  bereits  im  oorigen  Kapitel 
ermähnt  roorben. 

AuS  bem  ßlat  io  na  lo  er  ein"  enttoitfelte  fid)  ju  (Snbc 
ber  fedjjiger  3af)re  bie  nationatliberale  Partei,  bie  bis 
1893  bie  abfolute  Mehrheit  in  ber  Stabt  l)atte. 

AuS  ben  ehemaligen  fortfdjrittlidjen  Saffalleanern  bilbete 
j(d)  bie  Sojialbemofratie  l)eran§.  3m  $orbergrunb  beS  politifdjen 
unb  fojialen  SntereffeS  ftet>t  feit  <£nbe  ber  60er  Qaljre  bie 
Arbeiterfrage. 

Auf  bem  V.  Arbettertage  ju  Dürnberg,  1808,  waren  neben 
3a(obn  unb  6d)ul^e»2)elitjf d)  *  aud)  Ulbert  2Bittinn  als  ^orfttjenber 
beS  Pforjbeimer  unb  9ttori$  SJlttller  als  Vertreter  beS  greiburger 
Arbeiter*$BtlbungSoereinS. 

3m  ©egenfatj  ju  ben  ©  e  10  e  r  f  f  d)  a  f  t  e  n  foäialbemofratifdjer 
S^ic^tung  bilbeten  fidb  unter  ©d)ultje--2)eltt}id)  unb  .^irfdj^uncfer 
allenthalben  Aemerßoeretnr  nad)  bem  9Hufter  ber  englifdjen 
trades-unions.  Auf  bem  1869  in  s$forjhetm  ftattgehabten  33er* 
banbStage  ber  ©olbarbeiter  fpvactj  u.  a.  aud)  ber  berühmte  ©e= 
noffenfdjafter  9fl ar  §irfd).  $aS  Ergebnis  bicfeS  Vortrags 
mar  bie  SMlbung  eiiieS  ©  eroer  f  oerei  nS  ber  ©olbarbeiter 
unter  bem  5Jorftt}  SBittumS,  unb  bie  ©rünbung  eines  Organs, 
beS  „6ettolTcnfdjaftfr$",  rebigiert  oon  ©etoerbelebrer  SHücflin. 
Sranb  ber  herein  politifd)  unb  roirtfd)aftlich  aud)  ntdjt  auf  bem  - 
©oben  ber  Sojialbemofratie,  fo  teilte  er  mit  berfelben  bod) 
einjelne  politifdje  $enben$en,  namentlid)  bie  (Srftrebung  beS  allge- 
meinen unb  bireften  9Bahlred)tS  unb  bie  rolle  Koalitionsfreiheit 
ber  Arbeiter.  <5o  ging  im  3uli  1869  eine  mit  2159  Unter» 
fdjriften  oerfehene  Petition  pforjljeimer  Arbeiter  an  ben  ©rofj* 
herjog  ab  um  ©infübrung  beS  allgemeinen,  bireften  unb  geheimen 
2Bahlred)tS  in  ©emeinbe  unb  Staat. 

Ter  .öauptvucrf  bc*  Weiuerfuereinö  foUte  bcr  fein,  Muitcucn  Arbeits- 
geber unb  Arbeitnehmer ,  $u>ifd)cn  Kapital  unb  Arbeit  einen  tjeorb? 
neten   Siet^tdjuftanb    ju    fd)affen.     Um   biefe»   ju   oenoirf  lidjen ,  foUte 


Digitized  by  Google 


318 


i>forsbcim  im  19.  3abtbunb«t. 


»neber  uo»  be»  Arbeitern,  noch  im»  be»  ^aUrtfoutcii  eittieitta.  uoretcaatictcn  unb 
rtelnmbclt  »'erben.    <*>cinctn»cimco  v>anoo In  nmrbe  ctlo  Mivcti  et»  hciberiiMtiaco 
,\»tcrefio  »eh-oten  ciLUtito!.'  i    „ linier  eteaenieituK,>  ^ohl."   heir.t  e*  i»  einem 
l;roeuamm,  nuhhev  c^i-i  uti»  I.  ^antiinbe  beo  (neiocrfocietno  emmiilte  JUheit 
^öumtn  ut  :Kr.  i'  be*  ..^VnoMcuuiHiMcr"  i>o»  I  >      luuoircnthd'te,  „fann  mir 
cuM'dmbiqt  un,v^ctl   i>n r ct>  »niiberlceueo,  »u*toalt iuinco  SlnTtreten  bor  'JUbciter, 
»mc    Mit  i1i   einiottuieo    fütteren    unb    cmicittaco.   AC'thnlten    »u    bei  »c 
»lohnten  cclbMIicnluhfcit  bor   ^rluMta.clu'T.    Wenn  uad)  ber  liouttaeu  l:ro 
buftioucm'ciie,   bereu  iHcubemtta,  »»»  ouuinit  »id>t  »her  .'tcio/it,  »über  bind' 
ceü'ülnl'e,   »Olli   bind»  3 titcttvlniie,   toubern   nnr  im  v  einte   bei  ;\<c\t,  Mtrdi 
ftotteic  Ii iniinrf una  \\i  luul'deheu  i(t       me»»  muh  bieier  hcutnuMt  ^robiiftio»" 
weite  ber  Atuuifnnt   ;nr  ,"\ lütvitiiti  be*  KeMm'u*  bao  Miiyiinl  ctnlcae».  bte 
Vernum  ubcniebme»  »tib  bao  :><titfo  tniaen  »tu»?,  io  u'irb  ilnn  nicmmib  Mio 
Ih'edit  heittetteu  foitucu,  feine  io  cumoiehuu  ,\utereneu  nmtinu»e!imc»  unb  ;» 
uertiMMtUMt.    Tieu-o  mui'cn  oor  allem  bte  .»Ii tuitot  aneifeiuien  unb  beunaen 
ihre  ,Yorbcr»tme»  nttb  ihre  valunia  cinrt.hUMi.    •Jlubcrcrietto  »tun  alur  mut- 
iui»  ben  ,viU>ufa»te»  bao  :'iedu  ihrer  lUrluiur,  fid)  ;imi  rumonieitmeu  rdnine 
t»  iiltc»  Vaacti  be*  veheuo  \u  mMcinmen.  'omte   beto  Riecht.   Mira»  biete  'J;er 
ei»ta,u»a,  ihre  'JlrbciuMruit,  bao  Unu;tae,  mno  t'ie  hetnen,  beitmaadidiü:  ut  oer 
»unten,  nnerfiinnt  »'erben.    Tie  alte  iHuiuht,   ba|;  über  bie  Jli  heiter  eil-:-  obn- 
mnditiae,  uulleuloic  \vrbe  uaad  beliehen  »nmat  metben  bc.rt,  »inr.  r»crütmM»bcn 
»nb  bei   humane  u'amtb'a^   immer  mehr  l;lan  areneu,   bau   bie  'Jluuht,  ber 
l\\'Ac   u»b  bae>  'Ja«  Ohl   bei  ;»lthciter  Ihm  .»icaitlicnma.  ber  ^erluiltniiie  ;m'.>>t'c» 
MatMtal   nnb  'jlihcit   t»  'J'ett  adn   etetoaen   »'erben  mnü."    -Hut  tnoien  «•'•ninb 
attühauuuaen  pertihen  bte  iumi  jA-.mtiu  au'.u'üellte»  11  Jlrttfel,  iretdie  tu»  mit 
be»  ,>.nberm:  ,cu  ber  'Jltbeuer  au  be»  ^t.-.at   heutm'tiaen  n»b  bte  heute  »et 
al->  maiUiie  »üb  b»ri1nt»o  hei e,:;t:t;te  anet f auitt  meibe»  mui'e». 

;SkM  ȟb  lehii.nt  eiertiit  imune  Me  Atiuie.  oh  bte  materielle  ikner 
(ttlliiiut  ober  bie  'iMibmia  ai>>  'x'n'imbKi»e  ber  iormlen  llmaeitaltinm  tn  be» 
»'hu beiiiniub  ut  trete»  kU>i.  Demeter  ber  eitere»  ;H»M.ht  »nue»  bte  i^'U'.l 
leaner  »nur  ."ierM-  M.'uiici,  bei  letuere»  bte  oele  in  teil  :».'ttt:tUeber  be»  ^etein-:-. 
»ameutluli  1>:l'V"oi  iinun-iit e.  -JUhert  tJ-:tt:im  awia,  oo»  ber  VlnüMit  auo. 
bi;i;  ber  rcrtite  h.u'a  in  bei  "a:te  f.eae,  bav,  »über  materielle  •I'oOhltaju't  b:e 
iHtnnMaae  »etitmer  ^ilbnn.t.  no-1>  bteü*  bte  (St  ttiibl>:.ie  beo  -»'Jotil':attbe->  hm. 
„rtuoeit  lut.ti  ^ilMiita  ttub  itreett  »ad)  h:olilnanb  hebuiae»  tt»b  e:aau;e» 
it.li  oea.en»'eit:u.  hetbe  tiaitoe»  uuamme»  toie  vett»  nttb  ceele.  io  bai;  eine» 
ohne  ba>:>  attbere  »'>M  le'telien  tau».  Tte  harmLMtii'.iie  ^ertunbnita  bte'cr  nvet 
■^cMuM'iiit.u-n,  beit  ^ciiMiiiu'Mi  luiaeoant,  in  ba->  '''lud:  ba>>  etrt'C'.ti.ie  *'>et 
heriMien  beo  einen  obei  beo  «tnber».  tiii.-.le'ihe  ^eilnna  ihrer  ächtete  tu  b.:o 
llit.^iul  bev  <p;;-,ui:icii  tino  ber  ^ÜMler."  Um  bem  Jü Detter  ei»  menuheii 
uuitb-.aeo  oiu":i  ui  i^i'a'U1»  unb  ihm  bte  1 1 1 l ■ . -, I :  nfcit  ut  ^ehen,  inli  eilben  ;» 
Ip-iiun,  imuhf,  inMii  i-ii-ii-et li'eiei»  ir.i->o( -peub,  bte  ;euaema''.e  llinaeu.tltnna  ber 
lehtmal"  I  —  ■* .  t  a;i->  tee.t he-:. ten  .Vunilm bs:»:m  ui  ;1»atin  aenomine».  Tie 
.'ln-eit  uel  and'  bie  •.•mal  'JUhert  hiitnm  ;u.  i;e  »mr  hei  beut  'ii-tbernanb. 
»ud'hen  tie  Ihm  ,\a;-i  itante »  »nb  -JU  heiter»  »anb,  eine  mitheooMe  »::b  u'cma. 
bautiMie.  Jval  '.Liib  bie  i  .'■.laibeiiudiati»  eli-at  bv'.malo  be»  'Jliti:'tit;;bei::aa 
heanii.i;;  hie».  n'.Mc»  »tele  ,>ah:  •f.mteit  nium.ua.  bau  bte  alte  1-  1«»m»!;m.:c 
.Ii  bi-i:->;e:t  »::rr::--'u  t»  eine  l^M.mbm.c  mv  teivanbelt  mei  be»  »ollte.  r  o  »'  » 
.''  1:11111  aeii" i'u  heu  bi  1  K.  irMei»  uiMi-!«en  be»  'luiuete»  »nb  ei'uhr  h'.Meie 
.»l  1 :  v  1  n hi m  1 1 . : » -i.  ii.iiie  a 'ei  b-e  t »u-ui»; >  :.:i:;i;a,  bau  tetne  Jl iiidianimae»  ei:bl:di 
be.t)  m:i  <'u!:;i:;.i  avla:ihtui. 

c  ••  U'h.i  e:n  le.iev  a^M  ae-  ir.  en,  bh.->  üdi  '01  ta»  :11t         ihv  ;i::er  «*\ 
ii'eilpeie-.u    u;;b    ui   bem  ai;-:-  bte'em  lu :  na:  a.uianaenen  ^rbrtirtbiltnintl*- 

,\m  «'>e-n  a-af.  ;»i  i  '-.i.Mbemat:  Mie.  bie  einen  inuvi  vlmlidien  ":c.hmi 
Ulf.  ;»'.«dic»  .uah'.iat  »nb  Jl;he:t  f jumi  11; ei ie. 


Digitized  by  Google 


i^forjbeim  im  19.  onbrbunbert. 


310 


Hierein  entfaltete.  Crrfterer  ftanb  ieiner  WiUiliebenahl  nadi  tu  Teutirfilanb  an 
:i.  Stelle,  mdbrcnb  legerer  ben  Vorort  tut  bie  ^erbanb*Dereine  bilbete  unb  ein 
hier  feither  nie  mehr  in  f o I et)  hohem  (Grobe  vi  taae  getretene*  bluheube*  oeinia.e* 
Veben  enteben  lief;.  AI*  initiier  i!f>jrtbrn;er  iKnim  erteilte  ber  bantalia,e  Habinet 
meiner  Albert  Nittum  neben  'Uroieifor  Urooenee.  Philipp  ,yee*,  Wilhelm 
ctoriler  unb  iNorib  lV'uücr  an  ürebiame  Arbeiter,  ;mn  teil  Banner  mit  harten, 
jeben  IKontaa.  abenb  UnterridU,  unb  feine  lirfolae  tu  Heoa,rapnie  nnb  (Gcfdndite 
ftehen  bei  allen,  meldte  fie  an  fid)  erfahren  binnen,  heute  nodi  in  angenehmer 
unb  banfbarfter  (iriuueruua,.  daneben  mürben  pou  berufenen  veuteu.  (Setit 
ltdien,  vehrern  unb  aiuMuartiaen  (belehrten  populär  miifeuidiaitlid>e  ^ortraae 
gehalten  über  (Gebiete  au*  ber  (Mefdud)te,  «Gefebaebuna,,  beut  Staat*:oeieu,  au* 
ber  Uhpfif,  Wetbauif,  ij"niehuno.*lebre,  ^oiferfuube,  *.!»oli*iotrtid)aft  unb  au* 
beut  iouolen  (Gebiete.  Ter  herein  perfuaje  über  ein  einene*  v>ou*  in  bei 
VamnimaKe,  beiaf;  ein  namhafte*  ^erntoaen  unb  eine  iehr  reicrjbaltia.e  '4Mb 
liotbef.  (Gar  mandter  Arbeiter,  ber  heute  \\\  beu  ana,eiehenfien  AObrifauteu 
ber  Stobt  \ahlt,  perbauft  biefem  feaeu*ooU  »pirfenben  herein  bie  (Grünblaue 
ieiner  ^tlbuua  unb  bie  Anreaumi  unb  ^eiahiauua  w  jelbftaubia.er  aeiftiaer 
Arbeit. 

,\n  ber  Ihat  itroftartia,  eruue*  fiel»  bte  fokale  Ihati<;feit  be*  l«forv 
heimer  iGeiperfoereiu*  aelea.eutlnb  be*  Streif*  ber  Walbeubura.er  Bergarbeiter 
im  Spat  jähre  Im»»!».  (Gea.eu  h h i  Wurf  hat  er  ben  Streif  eubeu  \ufomnteu 
laifen.  Albert  Nittum  ronrbe  Pom  (Generali ate  bei  (»kemerfneveine  nadi  beu 
iiuilbenbura,iidKU  Hohleuteoieren  aeidndt ,  um  einerfeit*  burd)  perfoulidien 
Amu'nfdiein  ftdi  oon  bei  vaae  ber  bortiaeu  «Grubenarbeiter  \u  oeraeioifieru 
unb  baruber  ttcritnt  ;u  erftatteu,  auberieil*  aber  attdi  burd)  feine  flebe  beruhi 
a,enb.ouf  bie  erregten  .Waffen  eitmimirteu  unb  Irneffe  ui  oerliiubern.  3etne 
Diiifion  in  ihm  uiv  ;{ufriebeuueit  bei  Arbeiter  foioohl  al*  bei  ^ehorben  ooU 
tommen  iieiiltictt. 

Wehr  unb  mehr  traten  anlief  prortieu  fo\ialbemefratiidie  «Gruubfobe  mit 
ben  taeilid)  an  ,-Jaljl  utuehmenbeu  Anhauaeru  ber  Soualbemofratie  in  ben 
Korberarunb  be*  (Gcioerfpereiu*  unb  Atbeiteihilbuua*oereiu*.  ,\u  ^eiiamm 
laufen,  Aluafdiriften  unb  Se'tnua*arttteln  fam  e*  upiirtjen  .vabrifanteu  nnb 
Arbeitern  \u  idiaifeu  Au*eiuaubeiiepnua.eu,  io  ban  »ich  bie  Mluft  wifrtu'u  beu 
betben  ^utereffeua,emetirirf>atten  halb  berart  ertpetterte.  baf;  ein  Mieblidn'*  ;{u 
fammenu'irfen  für  bte  Tauer  unbeutbar  mar. 

Albert  Nittum,  iveldier  bte  aetuaj;nite  :Htdmina,  pertrat,  erflarte  im 
^ahre  1*72  infolge  ber  hettiaen  Anariiie  auf  feine  Nerton  »einen  :Hutf  tritt  pou 
ber  Woiftanbüetle.    Ter  ,,<Goui>"etM\initter",  nunmehr  oon  ^tiebo?»  remittiert, 
tlitiii  mit  bem  «Gcmerfoerem  in*  fouatbemofiatinbe  Vaaer  übet.    AI*  <Gea,eu 
aemtdit  mürbe  trübe  N\\t\  l*7:i  nou  ber  anbeut  Seite  ber  fcnirtlr  Urform- 
wtrtin  o.earuubet.    Tetielbe  hatte  ftdi  al*  vnuruauhnibe  aefiellt:  Tie  iini  br- 
utto unb  Aorberuua,  ber  inbuftnelleu  Rittet eiuMt,  natiientlhii  bei  (Solbiparen 
fabrtfation,  bte  Hlarleattua  aller    ;iiM'.beu   Arbettaeberu  unb  Arbeitnehmern 
iiemeinfamen  AiiaeK\\eitluiJeit  out  ioualem  «'iebiete,  nun\lnli»"te  ^eicitiaima  i'tnt 
Uebelftanbeu  unb  i'aübraiutieu  unb  ^efampfun»t  bei  in  bei  bomaltaen  Jaae* 
preffe  herportretenben  ftaat* --.  aefell»rt)aM*   unb  reluiiou*'eiubli,1ien  Xeitbeuuu. 

Ter  Verein  beftonb  au*  .'v«!  -niitiUtebern,  bte  bem  Aabrifanten-,  Beamten 
unb  i<ur»\erftanbe  auaehoiten.    3e»u  'Craau  trar   „Jti    A  o  i  t  f  di  i  1 1 1",  ae 
leitet  pon  (Gfiperbeleinei   Hudlui.    Am  oahre  \*~\  ermetteitv  fub  ber  Detern 
umt  w^unieroeiciu". 

Ter  „AOttidiritt"  mie  ber  „^icn^neuiduifter"  benaubeu  bi*>  IhT»..  l^tw> 
renb  ber  tuonen  iGefcl)a»t*frm*  henMttc  eintaennafien  polttifdie  JvtnbütUe,  bie 
nur  bann  unb  mann  mm  fletueieu  iU.tnfeleteu  unierbtodien  muibe, 

iVit  bem  Auftafttteteu  be*  3 o;uilMie;iiU'ieue*  maieu  allen  onentli't.ai 
ff»;ialen  Munbaebuuaett  bie  ii'eae  anrunt.  ^ei  Arbeiterbtlr«uu,;*iieieiu.  oon 
bem    einft   fo   Ptel   ceacu    au*^iu^  ipurbe    famt  bem  «Gciuerfneretn 


Digitized  by  Google 


320 


Worabcim  im  19.  ^abrbunbert. 


idiloüen,  um  nidit  mein  \u  entolicn.  Um  )o  eifriger  aber  roaren  l>ie  ioual 
^olMof i ittin1)cti  ,viil>rer  bei  Der  Hillen  Arbeit,  unD  Dae*  cner^ifrt)C  ii'ieDcrauTieben 
Der  Hanoi  im  oahre  ls«»o  u'iate,  b a f *,  tte  unter  Dem  Ziud  Deo  Keiepeo  nnlvt 
nur  fei  uc  Crint»nNe  erlitten  hatte,  ionbern  bah  ihr  bei  Jtimbuo  bee  iKiirtunumo 
\ot)heul)e  neue  Kräfte  ^uaeiulut  hatte.  i i  laffcu  bie  Rahlen  iprecneu.  Iis 
ortiieltcn  Stimmen  Ihm  Der 

$rid)elrtci6n>alf  l  1871 : 

in  Der  ctaM   im  a.  iWsxrl      im  aaiuen 


'Jltiauft  TiMtnia,  imt.-ltb. 

14.42 

:>l»s 

7!»:»o 

Si.  .hieb,  fouieruatio 

Kmh; 

Hit:» 

Nertit-Minmalt  ,\oo>>,  Deutofr.  unb 

io\.  Dem. 

"vi  2 

!>S| 

:,:.7<; 

^oael,  Heriduottohiv,  ^entrinn 

:>2 

2*i.r» 

1H71 : 


,\rieDrii1i  Tmhuli,  natl. 
.ViMiliauM,  MuH  Kent'Muim,  fntt». 
•Wt\i\S  MuIUt  l:nnU).,  Dcmotr. 
Nenben  s'UiDen,  gentium 
^atotM)  >{onu;viH-ia,  co>. 


in  bor  3  übt    im  a.  ^omf      im  antuen 

I 


22:  >:> 
27 

:»2 
.*»♦; 
»;*(» 


2.4m» 

•►4 

2.i.*) 
124  I 


!»."»^H 

n»»n 

•vi 

I"i7.» 

l  :»:»:> 


1*77: 


.  cttrtumiiil 
i.  b.  ctaM  im  (Minen  ^tnlmnibl '. 

t.  b.  ^tabt 

1  i 


.\alln.  ntitl. 

T»71 

:»i<m; 

S712         2  Ii"» 

>uUi,  f oiii. 

2«  »7 

2.V«> 

lor.14  i:».t». 

»;;;:; 

••:»o 

•uititano,  Tan.  uiiD  ; Joiui unt 

s|u 

12:1.4 

1 

1*7* 

n  u  d)  D  e  1      e  i  cli  v<  t  a  a  •>  a  u  i  I  o  i  u  u  a 


i.  D.  il.iM  im  v'U;uf 

utt  aamen 

2tirtmnihl 

*>  MIM 

1'..  i>.  ct:  i;n, 

natl. 

1».'»7  j 

172  ' 

X.UiS 

♦»um 

HllO 

. :-.ti;nn 

IV  »2 

7»,2:» 

«♦72  l 

cttn  vi'ith,  ? 

an.  uuD 

C  0'.. 

Ii»;:» 

1 

1**1: 

17  :<> 

177»; 

,    »1;  ul4lhi  uv.i'i" 

-• 

Vehnuuin 

1 

■ 

1 

IKltl. 

fn:n. 

nu. 

\ü   \  '  m  v bo  1111 

> 
1 

II  vii 

17'» 

1 

771 

2»>* 

N-.'il 

117'. 

!*7:. 

:.< 

1».7 

V.ü  ,ui:ni-u 

.v*t.-, 

:;m<, 

1 

I..7 

Digitized  by  Google 


Wotjbetm  im  1».  Sabttmnbett. 


321 


3 1 i d) n> a t>  1  vom  25.  ^uni  1880: 

Klumpp  21 87,  JNüblbäufetr  341, 


tyortfcim  3tabt 
„  vanb 
(Hefamteracbni*  ^url.,  (rttl.,  (Merneb.): 


2343, 
9«ll, 


» 


14 

«084. 


Mlumpp 

cd>ulK 

5>örtt> 

Hcidjert 

*ebcl 

natl. 

fonf. 

Temofr. 

iSentr. 

^forjbeim  Stabt 

132« 

1(12 

230 

147 

323 

1757 

»lü 

3» 

274 

58 

(Hcfamterflfbniö 

7302 

1210 

«13 

208« 

470 

*8.  Okt.  1884 : 


Wonbeim  Stabt 
l'anb 

IKit  Xurladj,  Cttlina.fn,  (Herne- 
badj  Hciamtcraebnie 


JUumpp 

Vicfttcnaucr 

Hcidjcrt 

»loe 

natl. 

I'ctn. 

Scntr. 

<co\. 

1«55 

122 

117 

»1« 

3372 

198 

447 

70« 

onr>o 

«53 

3107 

I3:w 

1887: 

3tabt  »curf  lotal 


Mluntpp,  natl. 

2454 

«114 

12  545 

TiUtnacr,  lern,  unb  Zentrum 

789 

1857 

5921 

<Mo«,  CO*. 

808 

1249 

232!» 

1800: 

Mlumpp 

XiUinfler 

*loe 

natl. 

Ttm. 

3o». 

»e\irf  t^fonbetm 

4203 

2139 

3«20 

„  Turlacb 

288li 

1274 

872 

w  (rttltnqtn 

520 

2I«7 

714 

„  (Hernebad) 

1091 

1799 

.iufammen 


8700 
3  n  cb  ro  a  b  l : 


7379 


5i**i 


Mlumpp 

TiUinacr 

*kurf  iUonbfim 

4*i3 

5394 

£urlacb 

3070 

2175 

„  (rnltnacn 

499 

»022 

<Htm«ba(b 

1204 

1735 

i 
t 

9«i3«       (     12  32« 

21 


Digitized  by  Google 


322  Wonbeim  im  19.  ^afabunbert. 


1803 : 

Avant 
natl. 

Tv.  .VCtIH' 
bureter,  lern. 

?r.  rtubt 

ÜK 

S^irf  Werttobad) 
„  £ttltna,en 

Turlad) 
„  %ifonbcim 

14H2 

Hl  >K 

:-*240 

4*5»; 

1J2<> 
15-15 
•15 1 
14(Wi 

1 

in»; 

1  1  Vi 
):,;< 
4  4 

3uiammeii 

lo:i;w 

4*22 

7 14s 

3  t  i  d)  !ü  a  1)  l : 

tränt 

Tr.  rHiifct 

Heru*bad) 
„  Xurlnd) 
Crttlimicn 

5i  17  7 

n*22 
:{h7k 
Uli.} 

.  Ii  H  '*  9 

447 

l»i27 
215*1 

■ 

12  »>40 
1H9H: 

.  *»7.in 

,vranf 

Nieder 

«att  er  v. 

ÜlHllUUlUT 

Worpheim 

2112 

:<»;;> 

14:5 

Jota! 

7251 

4;i2S 
1 1  tu  in  a  Ii  l : 

H>45o 

l  i:r> 

total 

< 

» 

12  { 

Tie  fo\ialbemofratih1ie  Partei  vi,  wie  man  lieht,  mit  lebor  »/n t>l  in 
ftärferer  iiutfie  beroonietreten.    ^et  ben  vauMaavunihlen   hat   i\e  bnrch  ihre 
(trenne  Crqanifatton  unb  unernuiMiehe  2(<\i tut t ou,  bor  mir  nruti  jene  bei  tatuo 
Indien  Wolfopartei   iileidimerha   wr   reite  tteht,  einen   vunbtaaoiib  erobert, 
lurd)  eine  ungeidmutchte  p'i  oiuiaaiitni  für  bie  «^onnutidianen,  ben  enaeii 
iammenfdiluH  berfelben  ut  einem  Politiken  Kartell,  Mint)  i  taelntuni  a,e  '^i->itieMe 
in  ben  einzelnen,  ipie  in  ben  neteiiuateii  Koioorfutnifteu  hat  ev*  bic  Partei  Per 
ftauben,  bie  flibeitenduift  iur  i tu e  ÜMio  mann  \u  erhalten  nnb  viele  .'luven 
Üeheube   \n  oeuMiinen.    >t  \ahro  ls'<»;  Iwhru  Me  oereuimtett  Herne! fuha'ten 
mit   hem  ".'Infant   be>>  „vem>eu"  i14»mkxi  >\aif>   tuti   om   eioeiio«  venu  u:\t> 
bumit  ein  nein»  Wittel    tu«    ihre   polititrben    ^nuMo   cnooi  hon.     ,\n  bor  <y»e 
meinbepolitif  nointodito  Vnti  hie  r  isialbeinMrahe  tnTolae  <ve<  r i oiflatn-iiuMhlümemA 
nur  bte  Übe  bei  l.  h'ahleitiaite  w  futiein.    ^nrvien  unnittt  Mo  Hanoi  an  aaen 
ftabttiehon   '.Mnueieuenhoiteu   tiatfiainaen  .tuteil.  -)U not om.jv   unb  Mo  oinn 
tHinoituliter  iiu  ht  in  ben  vtittei  ui  unb  aetieteti  nnb  tu: hon  ben  „  ^itmun". 
Hiirtetprnarumm  idninor  tieiouetnvit  .".'nahebei n,  tni>>  ,\elb  uKilenieit. 

Xte  natuMialhhetale  Hattet  hat  in  H'onhewn  etne  lieiiMibor*  ttaife 
3 tubo.  ,\n  beu  motten  üabten  bev  i'unbe*  luit  iio  tut)  tau  unaonbi>  10  fniftroU 
Ui  erhalten  orrmortit,  nue  hior,  trim  bo«  iiMoborliolten  .'l:ittiunt->  btt  oeteimaien 
Cppotttion.  rie  pfloat  pietätvoll  bie  hunnernnu  an  Teim.tiKinb^  uro-vo 
iUanner  unb  Itiaten.  .Muei  iteite  \u  Vanor  nnb  :Hcuti.  ioioie  \um  latirtv 
berrn  bat  jte  otrcutluti  fteto  ben  luatntiton  ;'luöbnict  oeilti'tion. 


Digitized  by  Google 


gfottfcim  im  19.  ^abrbunbert.  32^ 

Ta3  25  jährige  ilkgierungSjubiläum  bc$  tfhüftbcvjofl* 
nmvbc  am  29.  Äpril  1877  mit  großer  Jeftlidjtett  bedangen.  Sine 
für  bie  3ubilctum*ftiftuugbes  Wroüberjogs  oeranftaltete  3ammluna 
ergab  in  bcv  3tabt  1<;:>8,  im  $e,tirf  tio(>  SHart.  3Rit  freubiaer 
unb  bdnfbarer  Anteilnahme  feierte  bie  $flrgerfd)aft  im  3at|re 

aud)  ba§  40  jährige  Webeuffeft  bes  Regierungsantritt*  unfere* 
verehrten  l'anbesberrn,  nnb  bie  3tabtoern>altung  fdjlofj  fid)  bem 
Vorgeben  ber  übrigen  3täbte  bes  Raubes  mit  Wennlligung  einer 
entfpredjenbeu  ^eftgabe  freubig  an. 

Tie  Jyeier  bes  (Geburtstages  bes  AÜrften  ^ismaref  mürbe 
am  1.  April  alljäbrlid)  oon  ber  fonferoatioen  nnb  nationalliberalen 
Partei  begangen,  gan)  befonbers  feftlid)  aber  fein  7o.  Weburts- 
tag  1885.  Tie  im  sJ)iärj  besfelbeu  Jahres  uorgenommene 
Sammlung  \ax  Wismarctfpenbe  ergab  uon  2558  ^erfonen 
(»018  sJJlarf,  wovon  in  ber  3tabt  allein  557«;  Warf  eingingen. 
Am  1.  April  1885  rourbe  jn  dbren  bes  grofjen  Kanters  mn 
bem  (£n$)d)ulbaufe  eine  v<8ismarcfeid)e  gepflanjt. 

Tas  auf  bem  Warftplat^e  (non  Wlbbauer  SWöft  in  Karl* 
ruhe)  1879  errid)tete  ftriegerbenfmal,  bas  am  Bahnhof  not  ben 
Anlagen  ftebenbe  ttaifer  Wilhelm  Tenfmal  (189(5)  nnb  bas  oon 
bem  i*for$beimet  Wiloljauer  Mittler  hergestellte  ^ismarctbeufmal 
(1900)  entftanben  oornebmlid)  au*  ber  ^mtiatiue  ber  ^forftbeimer 
nationalliberalen  Partei.  Tie  (Sntbutlungsjeiern  waren  uon  uad) 
baltigem  (Siubrucf  auf  bie  Aeflteilnebmer.  Am  2.  3eptbr.  1891 
mürbe  ber  buvd)  ben  ^erfd)öuerung?oerein  nnb  bie  ftäbtifdje  ©er« 
maltunj  gefettte  Teufftein  mit  Abler  ( oon  (9.  Man  geftiftet )  eingemeibt. 

3)1  tt  tiefer  Trauer  erfüllte  bie  (Stnit>ofnierfd)aft  bas  .£>in 
fd)eiben  ber  beiben  erften  .frobenjollernfaifer  Wilhelm  I.  unb 
Aiiebrid)  III.,  fomie  ber  lob  bes  grafien  .Händlers. 

Tie  fieifiunig  bemoftatifdje  gartet  hat  e>>  feit  langem  »er- 
fäumt,  ben  gerabe  für  fie  hier  fo  günftigen  polttifdpn  Stoben  fing 
ausmünden,  fid)  bind)  eine  ftraffe  Crflanifation  unb  burd)  fd)arfe 
^räjuperiing.  ihrer  Wrunbjätje  ihr  "Hecht  an  ber  Wefeljgebung  \n 
mähren.  Seit  fur,\em  seigt  aud)  fie  loteber  eine  erneute,  lebhaftere 
Ihäiigfeit.  oniniemeil  biefelbe  oon  (frfolg  fein  nrirb,  mnft  bie 
,{uluuft  lehren. 

Unter  ben  Korporationen  mit  mehr  ober  miuber  politifd)em  * 
(£baratter  feien  ermahnt:   Tie  im  Februar  1*^1  nute»  Cber 
bfirgenn  etiler  W  r  o  f;    gebilbete    3  e  f  t  i  o  n    b  e «?    b  e  u  t  f  d)  e  u 
.U  o  I  o  n  i  a  l  o  e  r  e  i  n  > ,   ber   unter    Tr.  Ab.  'Kidners  UWfih. 
fteheube  a  r  i  e  b  e  n  9  &  e  r  e  i  n   unb  ber  beut )  rb  e  a  l  Olfen« 
uer ei  n. 

X>ie  4f  n ttö Irt . <Hi ,j r .i r o  1- ,  t,  n  Orr  l.MflM      fo r ;R rt iti . 
181!»  l'<>.    Weiubavb,  Winitleritilbireltor  in  Karlsruhe. 

Iii* 


Digitized  by  Google 


324  Worabeim  im  19.  3abrbunbert. 

181!)  20.    Söi^emann,    StatSoerroanbter    unb   Kaufmann  in 

pforjbeim. 
1H22  23.    3Bit)emann  unb 

9(einf)arb,  bann  für  biejen 

Mittler,  Xraubenmirt  in  pforjbeim. 
1825  28.   üenj|#  £anbel$mann  in  pfoqbeim. 

^Hott),  Stabtrat  in  tfarl$rul)e. 
1831  33.    .Hienle,  Jabrifant  in  Pforjbeim. 

SBifcemann,  Kaufmann  in  pforabeim. 
1835  41.   93ot)m,  £ofgerid)t3rat  in  Mafia«. 

i>ens,  SJfirgernieiftcr  in  s^fov^t)cim. 
1842.       £offmann,'  sJiegierung$rat  unb  ^omänenoerroaUer  in 

pfullenborf. 

Öenj,  s3ntbürgermeifter  in  pforjljeim. 
1843  45.    Üenj  unb 

Sauber,  ObergeridjtSabtiofat  in  iHaftatt. 
1845  40.    üenj  unb  Mennig,  gabrifant  in  pfor$beim. 
1840.        $ennig  unb  ©oitfdjalf,  gabrifant  in  Sdjopfbeim. 
1847.        Xennig  unb 

Siegle,  Kaufmann  in  pforjbeim. 
1850  52.   Mennig  unb 

$r.  ^iffing  in  £eibelberg. 
1854  55.    Wifling  unb 

Olü^elberger,  gabrifant  in  pforjbeim. 
1857  00.    ^iifing  unb  fpäter  £äu&cr,  profeffor  in  $eibelberg. 

Öenj,  Kaufmann  in  pforjbeim. 
1801  04.    £en$  unb  £mufeer. 
1805  70.    l'enj  unb 

31uguft  Lanier,  Kaufmann  in  pfovjbeim 
1871  74.    öeuj,  Kaufmann  in  pforjbeim. 

Müller,  Privatmann  in  pior.tfKiut. 
1*75  "0.    öerroia,,  ^aubirettor  in  .<tarl*rune. 

$id)lev,  3  lab  trat  in  p  for\heim. 
1877  7k.    ^iefclbcn.    ©erroig  (freitv.  ausgetreten).  vJladjfolger 

Gefell,  gabrifant  in  pfor^eim. 
1S7!»  80.    $ia)ler  unb  ÖefeU. 
1S81  S2.    Gefell  unb 

Scfjober,  gabrifant  in  pforjbcim. 
18s3  M4.    C^cieÜ  unb 

$*ernnann,  Privatmann  in  pfor.tbeim. 
1sm5  80.    .{vrrinann  unb 

.Uraaty,  Cberbürgermeifter  in  pforjbeim. 
lM.s7  ss.    ftraaH  unb  Gefell, 
insu  ;»;>.    WefeÜ  unb 

Nittum,  gabrifant  in  pjorjbeim. 
1900.   Nittum  unb  Cpipciu«. 


Digitized  by  Google 


^ßforabeini  im  19.  vVibibunbett. 


325 


ftßrramt  ^*forj6etm,  auefd)(teglid)  bcr  Stabt  sßfor5f)eim. 

1819  23.  $vef)ev,  53ürgermeifter  hl  $fot|f)etm,  bann  ftatt  feiner 

1823.  gieß,  33oQt  in  (SUmenbingen. 

1825/28.  ginfenftein,  Sabrifant  in  ^fovjtjeim. 

1831/37.  Srmbruftet,  53ürgermeifter  in  Böttingen. 

1H39  41.  Deimling,  33ürgermeifte?  in  Sfbv^efan 

1842  46.  ^ermann,  Oefonomierat  in  ßarlSrnfje,  bann 

1N46.  Üenj,  Kaufmann  in  ^foi^eim. 

1847.  33ecfer,  Söroenroirt  in  ^forjfjeim. 

1850/60.  ©ottfdjalf,  ©tabtpfarrer  in  «Pfor^eim. 

1861  64.  Hainen,  s$rofeffmc  in  ^fotj^eim,  fpäter  in  .Uailöiube. 

1865/70.  $enne,  ^Bäremnirt  in  iiefenbronn. 

1871/76.  |>enne,  ©aftioirt  in  Siefenbronn. 

Seit  1877  granf,  Eucfenbera,. 


(Sbuarb  Hiidifn-. 

irbuarb  Wrfjler  mar  am  18, 
SMai  18H*  ^u  <ßf  onbeim  in  ber 
Xu  geboren,  roibmete  fidi  ber 
.Uaufmannfchaft,  mar  bann 
(ORftC  ^eit  Meifenber  für 
^fonheimer  8ij0ttterte»8e« 
fd)fiftc  tutb  a,rünbcte  fpäter 
eine  eiaeue  ,vnbrif,  bie  er 
biö  wlefct  fclbft  leitete. 
Widjler  bat  fid)  auf  ben  oer= 
fdjiebeuften  (Hebieten  ber 
öffentlidien  2l)ätia,feit  ber- 
uora,ethan. 

(\m  ^abre  1K4»  mar  er 
Witbeaninber  bee  erfteu 
(^efana,oereine  in  ^for.^ 
beim,  bee  „l'ieberfrair,". 
Sott  1 K5M  bie  1K1»4  mar  er 
Hauptmann  ber  freimillia,en 
Adicnuebr,  |U  beren^brem 
mitiilieb  er  fpdter  ernannt 
mürbe.  Siel  uerbanft  ibm 
ber  luruuerein,  beffen  *#ov- 
ftanb  er  lHfil  mürbe  3 eine 
^erbienfte  ebrtc  bie  Im  ncr 
idjaft  baburd),  baft  fie  ibn 
im  aleUften  ,\abre  audi  }tnti 
Worftaub  bee  oberrbeinifdien 
lurnerbunbee  unb  fpäter 
}ltm  irbrenmitajieb  bee  Xxutlß 
nereiue  ernannte.  1  1  über 
nahm  Widiler  bie  ^orftanb- 
fduift  bee  „^ationaluereine" 
unb  befleibete  fpäter  bie  |um  ^abre  1894  bie  WorftanbefteUe  bee  National 
liberalen  Vereine,  beffen  Cibrcnprafibeut  er  murbc.    Unter  feiner  iHitmirfuna. 


irbuarb  S-Uid)!er. 


Digitized  by  Google 


396 


^forabeim  im  19.  oatobmibett. 


entftanb  18**1  ber  3U,rfd)buetuua,«oerciu,  beffen  rühriaer  Vorftanb  er  bi6  an 
[ein  trübe  oerblieb.  Duft  ein  Wann  oott  folrf)  a.emeinniibta,em  Streben  bei 
ber  Serteilunp,  öffentlidier  unb  amtlidjcr  $ertraueu«ftellen  nidit  Deraefjeu 
werben  tonnte,  ift  natürlid).  Sdiou  \nm  n>urbc  er  in  ben  Vüra,erauefdntf> 
iiemählt  utib  blieb  in  ber  ftdbtifcben  Venoaltitua,  hi»3  1H78,  in  roeldiem  vVil)te 
er  biefelbe  al«  Stabtrat  verlieft,  Von  1N»>5  bi«  lwü  u>ar  Sichler  pfleget  be« 
Weninmifdjeu  SHufeum«,  lx«J7  fam  er  in  ben  ik'jirforat,  1888  in  ben  Crt«= 
f(bnlrat,  1H71  in  ben  Mreiorat.  Von  IK75— I«HI  oertrat  er  ftfoqbcbn  im 
babifdien  Vanbtaa.,  1H7M  nmrbe  er  Witajieb  be«  Schabunaoratc«,  1871*  (rbren 
mitiilieb  be«  Veteranenocrein«. 

3116  <shuuber  unb  Vorftanb  ber  ^auaeuoffettfdjaft  hatte  er  iticrit  ben 
aeioohuteu  (Srfolg  |H  oeneidtuen,  woran  nur  bie  ioibrii\en  ^eitoerhaltniffe  fdmlb 
waren,  in  betten  and)  fetter  flefüflte  Ifrifteuu'it,  al«  bie  bannt!«  nodj  in  ber  (Sut* 
wirfluna,  begriffene  ^ouaeuoffenfd)aft  unterajuaen.  3 ein  ibcule«  Streben  war 
•baoon  erfüllt,  bie  ^Irbeitenoobituna^oerhältniffc,  bie  aufaua,«  ber  7< »er  '^afyre  febr 
oiel  }tt  wünfdjen  ttbria,  heften,  w  oerbeffern.  Ter  Wcbanfc  toar  out  nttb  al«  beffere 
Reiten  fntnen,  ajita,  ber  3 amen,  ben  fl.  mit  feiner  (Hrüubiina,  «efaet,  and)  ooll 
auf.  Dod)  feilten  anbete  al«  bie  (Sritnber  ben  stuften  baoon  haben.  Stber 
feiner  ^uitiuttoe  ift  e«  ju  banfen,  bofi  eine  anbete  Mefellfdmft  mit  a.lütflid)crcm 
erfolge  heute  auf  ber  Wilhelm«l)bhe  oielen  Ätbeitern  billige  Wobnttuaen 
bieten  tan». 

So  bat  Vidjler  tiberall  nad»  beftem  Moniten  nttb  Sollen  aewirft,  feiner 
Vaterftabt  \n\n  Mithin,  fid)  felbft  w  tihic.  Wd)ler  toar  ein  bea,eifterubcr 
:H  ebner  imb  uonüalidtcr  3iaüator,  bei  für  ba«,  ma«  er  nt  erftreben  oerfttditc, 
anbete  mit  bem  gleichen  Gifei  jn  erfüllen  oerftnnb,  ber  raftlo«  anzufeuern 
nttb  \u  treiben  tonfite.  Sein  .v»crj  nub  (4emüt  tOQX  bei  beut,  loa«  fein  .Hopf  trieb. 
t*r  toar  ein  liberaler  Wann  oott  altem  Sduot  nub  Korn.  Jln  feinem  80.  (He* 
butt«taae  bramteu  bem  bon)»erbientcu  nod)  ruftiaeu  (Greife  Deputationen  bc« 
Stabtrat«,  be«  Jk^rferoi«  nub  ber  Korporationen,  betten  er  angehörte  unb 
)'o  lanae  aebient  hatte,  ihre  <silutfwünfd)e  bar. 

"Um  Ii».  Cf  tober  18iw  uollenbete  Nidder  fein  thateu-  unb  erfola,rcid)c« 
vebeu.  Sein  Veidienbeaauani«  legte  ^ettani«  ab  oott  ber  unaembi)nlid)en 
Viebe  unb  Vetehruna  ber  Witbürger  für  ben  "öeimgegaugenen.  Seine  uneigen-: 
uubiaeii  Werfe  toerben  feilten  Mauten  in  ber  Stabt  "^for^eim  unb  toeit  bnrüber 
hinan«  uuueraeffeu  erljalteu. 

28 ort I,  SttülTcr 

mürbe  am  5,  Januar  lH|(i  in  bem  thurittgifdten  Stubtdieu  flofwed  al«  ber 
3 oliu  eine«  Waftmirt«  geboren.  15" r  beimhte  bie  "Jiolfofdjule  unb  fam  IHjabrig 
in  bie  Nolbidiuüebelebre,  toabreub  meldier  ber  wijtbegierigi  .Vmgliug  bie  Vücfeit 
feinet  Sdutlbilbiiug  mit  eiferttem  ,yleif;e  nu«^uful(en  ftrebte.  Spater  fam  er 
nad»  vl>foi\heim,  ioo  er,  wnddpt  mubfnm  fein  ürot  oetbieueub,  halb  x'luer- 
fenuttna  unb  l'obu  s\ann}  fanb  (Siebe  audi  ,,v^olitifd)e«  Vebeu"  nub  bie 
„Wolbfd)mieb«reoolution"  Seite  -  I«),  um  fid)  mit  inefjr  iKufie  feinem  Verneifer 
f)in\ua,eben.  (ir  tottrbe  SCutobtbaft  im  reiuften  sh'<ortfiune  unb  enoarb  in  ttner- 
ntublidiem  rUiiiiteu  ein  reidie«,  über  bie  oerfd)iebenartif|ften  (Mebicte  fid)  erftredeube« 
Riffen.  Tan  Trouae  nad)  rienftbarmad)ima  biefe«  Riffen«  für  bie  Welt  hat 
er  in  mhlreidieii  ^tinhiueii,  ^eit*  unb  Streitfdnifleu  itadiaeaebeu  unb  oiel 
Anertennnna,  baneben  naturlid)  and)  oiel  Aeinbidmfl  ^einüben.  'Wir  laffeu 
hier  einem  fd)ön  »H'fdiriebetteu  Madjruf  im  ,,^eobad)ter"  ba«  Wort.  Der  Ver 
fafier  beofelbcn  bat  ba6  Vebeu  nub  Wirfctt  biefe«  nierfmurbiiUMt  Wanne« 
gefanul  imb  \u  beurteilen  oerftanben. 

„(iin  befdnoerlicbee  Veiben  unb  eine  iMuaeufiaittlieit,  bie  sunt  Sddufi 
beinahe  Mir  (nbltltbuna.  fteffibet  hat ,  bat  bie  lebten  Vebeu«iahre  be« 
(Greife«  }U  einer  ^eit  herber  Gntfaj\unfl  unb  $rüfuitj|  fiemad)t.  Unb  (\leid) 
feinem  (proben  Viebliiu\  uiiD  Vorbilb  (Sbihe  marb  and)  ihm  ba«  Vo«,  baft 


Digitized  by  Google 


s#foraljeim  im  19.  3obrbunbert. 


327 


es  einfamer  unb  ftiücr  um  ihn 
mürbe  in  feinen  alten  Jabi ;en,  baft 
er  ficf)  oft  nidjt  met)r  oerftauben 
fanb  unb  bafi  bie  ©mpfinbung  eins 
fehlte,  wie  geringfügig  unb  luun 
länglich  bie  Arbeit  beä  (Sinjelnen 
in  ihrer  "iiHrfung  auf  bas  Bang 
aujufcblagen  fei.  9lber  ibn  tröftete 
unb  hielt  bie  Hoffnung  aufrecht, 
bafr  es  ein  befferes  ^enfeitS  für 
bie  unftcrblidje  Seele  (liebt,  unb 
ber  in  feinen  jal)lreid)en  Schriften 
bmdjfämpfte  unb  uerteibigte  Ölau* 
beu  au  eine  fittlidje  ÜUeltorbnung, 
bie  einen  ^eben  in  ben  Tienft  ber 
hoben  ^c'c  *>er  iMenfcbbeit  ftellt, 
u>ar  ihm  „ber  SBcisbeit  le^ter 
Sdjluft"  geroorben.  ©o  fonnte  er 
mit  Jvauft  fpredjen: 
„£ie  Wacht  fdjeint  tiefer,  tiefer 

einzubringen, 
Allein  im  Innern  leuchtet  belle* 

Vicht !" 

3  eine  l'ebr=  unb  Zauber  j  obre 
hat  iHüller  in  einem  cor  zwei 
Rubren  erfchienenen  Scbriftcbeu 
„Vebenserfabruugen  unb  Vebens* 
siele"  gefdnlbert  Sie  fielen  in 
bie  Sturm-  unb  Xrangperiobe  beS 
beutfdjcn  Bürgertums,  in  bie 
Dl  o  i  i  f.  Füller.  wirf  lungsjeit,  bie  bem  geiftigen  unb 

materiellen  Sluffdjwung  ber  Nation 
uorausa.ea.ana.en  ift.  ©ine  höhere  Vebens;  unb  Syeltanfdiauung,  ein  $rang  nad) 
flilbung  unb  Mufflärung  burdjzog  bie  fterjen  aller  tüdjtigen  SRänner.  $ie 
prägen  bes  Staates,  ber  Religion  unb  ber  .HirdK,  ber  Schule,  unb  bamit  im 
^ufammenbang  ^bilofophie  unb  (Mefdjicbte  mürben  Wegenftänbe  ber  Erörterung 
in  ber  treffe.  Tie  (belehrten  unb  ^rofefforen  fliegen  oon  ben  .Hathebcrn  unb 
oerbreiteten  aus  ber  Stubierftube  heraus  in  Siebe  unb  Schrift  bie  SBiffen* 
fdiaften  in  oolfstümlicber  ftorm  unb  allenthalben  fammelten  fid)  zahlreiche 
.vörer  uub  Vefer,  bie  ooll  ernften  unb  eblen  Strebend  bie  gebotenen  iöilbungs= 
mittel  begierig  aufnahmen.  Es  mar  bie  $eit  bes  „Wutobibaftentums"  im 
fchönfteu  Sinne,  uub  loeuu  mir  heute  umfehauen  in  ben  Greifen  unteres"  tüd)= 
tigen  Bürgertums,  fo  finben  mir  bie  Jünglinge  unb  Männer  mieber,  bie  bamals 
mit  heifjem  bemühen,  unter  Entbehrungen  unb  Opfern,  ihre  Bilbung  fid) 
errungen  haben.  Unter  ihnen  mar  SKorifc  Füller  ein  Jüorbtlb.  ^d)  glaube, 
man  oerfennt  ben  ^ert  unb  bie  Bebcutung  feiner  ^erfönlidifcit,  roenn  man, 
wie  mandie  feiner  fpäteren  gelehrten  ^reunbe  bies  gethan  haben,  feine  Sbätig* 
feit  als  populärer  Sdmftfteller  in  ben  tlorbcrgrunb  ftellt.  Sein  fubtilcr  unb 
fritifcher  Weift  mar  mehr  empfangenb,  als  gebenb ;  feine  Stärfc  unb  fein  ®e* 
nuft  beftanben  in  ber  Bcfriebigung  eines  beinahe  unerfättlichen  SÜiffensbranges, 
ber  fid)  aller  Wegenftänbc  bemadUigte  unb  in  allen  unbefannten  (Gebieten  fid) 
Mlarhcit  |U  uerfdwffcn  fud)te.  Füller  hatte  bie  Einlage  eines  (Meierten,  unb 
es  ift  wohl  nur  ber  Umftanb,  baft  er  in  einer  ftürmifchen  Reit  neuer  §beeu 
unb  Weftaltungen  lebte,  ber  ihn  z"  biefer  3lrt  oon  Sdjriftftellertum  geführt 
hat.  SUenn  er  and),  feinem  Temperament  folgenb,  bas  (Mute,  Sdjöne  unb 
Juiulutie,  bas  er  eriduuit  hatte,  burd)  bie  Jeber  weiter  uerbreitete,  fo  ging 


Digitized  by  Google 


328 


Worabeim  im  19.  ^aljrbunbett. 


tönt  bocb  bic  fpinnenbe  roebenbe  üttnft  ab,  bie  Gegenftänbe  feine«  Sötffcn« 
al«  ein  Eigene«,  Ganze«  unb  fertig  Geworbene«  roieber  ju  geben,  roa«  bic  erftc 
Fäbigfeit  eine«  populären  Sdjriftfteller«  fein  muf*.  ^ctradjteu  toir  aber  feine 
Sd)riften  oom  btographtftöen  Stanbpunft  au«,  fo  ftnb  ftc  uns  3cuÖn*fTe^  I«Sl«* 
büdjer  über  bie  raftlofe  Ib,ätigfeit  eine«  b,od)  oeranlagten  Geifte«,  ber  in  ber 
ibealften  äüeife  nad)  SBiffen  rang,  ohne  Selbftjroecf,  allein  um  ber  ßrfenntni« 
unb  ber  SBahrtjeit  willen.  Füller  roar  ba«,  roa«  man  eine  pfnlofophifche  Statur 
ju  nennen  pflegt.  Mein  fttller,  fpefulatioer  ©clctirtcr.  fonbern  feinem  lebhaften 
unb  ftreitbaren  (£b,arafter  folgenb,  ein  praftifdjer  $9i(ofop$,  bem  alle  öffent- 
liehen  2>inge  Seranlaffung  gaben,  fid)  bamii  }u  beschäftigen.  (£r  ift  ^Jublijift 
unb  ^olititer  geworben.  6«  Ut  roobl  feine  Angelegenheit  in  ben  30  3al)ren 
einer  umroäljenben,  politifcf)  unb  fojtal  ooll  ungelöfter  fragen  ftetfenben  ^e* 
rioben  gegeben,  v.i  ber  er  nicht  Stellung  genommen,  in  ber  er  nid)t  geroirft 
hätte.  Sange  oor  186«  fteüte  er,  ber  öffentlichen  Meinung  in  Sübbeutfcbjanb 
gegenüber,  bie  an  "^reufjen«  Haltung  irre  rourbe,  ben  Safc  auf,  baf$  nur  burd) 
biefen  Staat  Eeutfcblanb  geeinigt  werben  fönne  unb  hat  für  biefe  Ueberjeug* 
ung  diu d>  zahlreiche  Auffäfce  unb  Flugblätter  geroirft.  :]l^u  «6  rourbe  er 
Storftanb  be*  nationalen  herein«  hier,  unb  in  biefe  $eit  fällt  aud)  feine  Ih°tig: 
feit  ald  SJorftanb  be«  Arbeiterbilbung«öerein«,  ben  er  jufammen  mit  einer 
»njabl  arbetterfreunbltdjer  Männer  gegrünbet  hatte,  —  unb  feine  Agitation 
in  ber  Frauenfrage  unb  fpäter  bie  in  ber  ,vvage  ber  lateinlofen  Schulen.  (Sö 
entfprad)  inbeffen  feinem  mehr  fritifcb,  al«  aufbauenb  unb  organifatortfd)  an- 
gelegten  Naturell  nid)t,  ^Jarteimaun  zu  fein;  er  faub,  roie  er  felbft  fagte,  in 
jeber  Partei,  in  jebem  Programm  ein  ftäfeben,  ba«  ihn  abftten.  So  ging  er 
feineu  eigenen  2i$eg  in  politischen  unb  roirtfebaftlicben  Dingen;  ba  ee  fid)  aber 
oft  fdjicfte,  bajj  biefelben  ftch  mit  ben  ffiegen  anberer  freuten  unb  jroar  manch; 
mal  redjt  zur  Unzeit,  fo  ging  e«  nicht  ohne  Mollifionen  ab,  unb  biefer  fubjef- 
tioc  3ng  feine«  Söcfen«  trug  ihm  oiele  Angriffe  ein.  Au&erorbentlid)  frucht- 
bar unb  aud)  ftreitbar  roar  s]JcüUer  in  feinen  religiöfen  Stubien  unb  Schriften. 
Au«  altliberaler  Sdmle  tyvau*  ein  F*i"*>  ber  orthobojen  .Hirche  unb  oor  allem 
beo  ultramontanen  Gciftc«,  fämpfte  er  allenthalben  für  ben  l'tberali«mu«  bee 
*k*femituiffc«  unb  oiele  Gelegenheiten  gaben  ihm  ^eranlaffung,  51t  feiner  SBaffe, 
bem  Flugblatt,  \n  greifen,  ba«  für  ihn  bie  beliebtefte  unb  bei  allen  Gelegen; 
heiteu  angeroenbete  roar.  Aber  ebenfo  ^efti^,  ausbauernb  unb  mit  roarmer 
Ueberzeugunq  roanbte  er  ftd)  gegen  ben  Athei«mu«.  Gegen  Jrauenftäbt  unb 
(Hottnti au,  3 traun,  ftartmann,  iRailänber,  gegen  ben  Atheiömue  in  ber  SoziaU 
bemofratie  hat  er  zahlreiche  Schriften  gerichtet,  in  benen  er  bie  $been  be« 
(Hottc«glauben«  unb  ber  Unfterblidjfeit  bem  roiffcnfchaftlichen  SHatertaliemuö 
gegenüber  unabläffig  oerfocht.  3u  bem  Umftdigreifen  biefer  Söeltanfdmuung 
fah  er  bie  roefentlidje  llrfadje  ber  Schroierigfeit  ber  fokalen  Fra8c«  !'uM 
feiten  überfdjritt  in  folchen  Schriften  Füller  bie  Grenzen  ber  iWotroebr  unb 
rourbe  im  (Sifer  be«  Gefecht«  roohl  aud)  berb,  roie  überhaupt  eine  Steigung  ju 
ungenierter  Au«fprad)e,  in  SJerbinbung  mit  Schalfhaftigfeit  unb  ber  Vuft,  Spajj 
)u  mache :i,  eine  Art  feine«  itiefen«  bilbete,  bie  ihm  aber  aud)  manche  fräftige 
Replifeit  oon  feinen  Gegnern  eintrug.  2üa  er  eine  oerföhnliche,  im  Grunbc 
gutmütige  Statur  roar,  fo  trug  er  nicht«  naa)  unb  geroifj  hat  er  aud)  feinen  tut« 
oerföhnten  (Hegner  fjiatcrlaffen. 

Für  Pforzheim«  •••;ot)i  unb  SjJebe  hatte  SJtüller  allezeit  ba«  roärmfte 
Gefühl,  unb  roa«  er  baebte  unb  tbat,  nahm  Aufgang  unb  (Stibc  mit  Beziehung 
auf  bic  Stabt,  ber  er  ein  SJtufterbürger  geroefen  ift,  an  ber  er  mit  allen  Fäbcu 
feine«  materiellen  unb  geiftigen  Sein«  hing.  $aj»  ein  harte«  Sdjicffal  in  ben 
legten  fahren  bie  Fäben  feiner  Beziehungen  )u  feinen  Mitbürgern  lofer  werben 
licfi,  rourbe  oon  ihm  fchmer^lich  empfuuben,  unb  er  hat  biefem  Gefühl  am 
Sd)lufo  feiner  „i'ebcn«*,icle  unb  Veben«erfahrungen"  Au«brud  gegeben.  6r 
fagt  oon  fia):  „Unb  er  (iMüller)  hefl*  oudt  bie  Hoffnung,  bafc,  roenn  er  in 
jene«  *anb,  au«  roeldjem  fein  fflanberer  jurüetfehrt,  eingeht,  er  bod)  roenig^ 


Digitized  by  Google 


s#forabeim  [m  19.  ^abrbunbcrt. 


329 


ften«  eine  $eit  lana.  uon  einigen  feiner  lieben  l'anböleute  \n  ben  „lebenbiaai 
loten"  a,cjäl)lt  loerben  wirb."  Xtefer  .öoffnuna,  burfte  er  fein.  iKorib  WüUer 
wirb  unter  ben  SJerftorbenen  ^forjljeimö  feinen  iUatj  in  ber  (Jrinueruna.  ber 
Jiadflebenben  erhalten,  unb  allen  beuen  wirb  er  ein  iltorbilb  bleiben,  bie  voll 
tiefen  2)rana,e  nad)  Riffen  unb  (Srfenntniö  mit  eigener  Kraft  unb  eiaeuem 
Jleifc  fia)  emporheben  über  ben  ctaub  beo  Wittelmafügen  unb  MUtäaUcticn." 


-£nbtt>iß  Altcrßad). 


Ülnerbarfj,  ber  <3dnaer  bes 
od)mar}walbee ,  würbe  am 
5.  öeptbr.  1840  in  ^forj* 
Ijeim  geboren,  „©in  reidje« 
Wemüt,  eine  fteftnuu  na.  coli 
Stbel  unb  .öofjeit,  eine  oeele 
üoll  ü*uex  unb  Vebeuobc: 
gier  ift  t$m  geworben, 
um  nad)  turpem  aber  I)ei= 
ftem  .Hampfc  mit  ben  sJJJäcli- 
ten  be«  Gebens,  mit  ber 
ftrengen  Realität  ber  irbU 
fdjen  £inge  beo  Mampfce 
mübe  oon  bannen  \\\  geben, 
efjc  bie  reidjen  Slnfftfce 
feine«  bid)terifd)eu  ©emüte* 
ftd)  organifd)  entfalten  unb 
nad)  allen  Seiten  Glitte 
unb  Jyrurfjt  treiben  fouu- 
ten."  So  fdjreibt  ber  Wah- 
rer ^idjter  Jyriebrid)  Weftler 
über  ben  ftreunb. 

Stuerbad)«  sl?ater  mar  ein 
fleiner  35ijouteriefabrifant 
*u  einer  ,^eit,  ba  biefer 
^ubuftrieuueig  uod)  in  ben 
Minbcrfdmljen  ftedte,  auf 
ber  Oreuje  jwifdjen  $atlfc 
unb  Jabrifbctrieb.  Öegen 
feinen  Hillen  mupte  ber 
Mnabe,  ber  ftd)  gerne  ber 
afabemifdjen  Vaufbafjn  yi« 
gemanbt  bdtte,  Kaufmann 
unb  Jabrifant  werben  unb 
felbft  bae  b,od)f)er*ige  Kn» 


V  II  b  10  i  g  Hl  u  e  r  b  a  rfi. 


erbieten  bcö  WroHfyerwgs  Jvriebrid),  ber  burdi  ein  Webidjt  auf  Um  attfntetf« 
fam  gemadjt,  bem  jugenblidien  Slutor  bie  Nüttel  ytm  otubium  bot,  oermoebte 
nid)t,  ben  geftrengen  ^ater  umyiftimmen,  oeiue  freie  ,Scit  benutzte  ber 
junge  Mucrbad)  ju  Säuberungen  in  ber  unuergleidjlid)  fd)öneu  odjmarv 
roalbnatur.  Kn  ib,rer  opradje  bilbetc  er  bie  feine,  auf  fie  ubertrug  er  bie 
Regungen  feiner  oeele,  fie  mar  feine  oorncbmftc  unb  geliebtefte  Stttfc  Sites* 
badj  hat  bie  SedjfelfdUe  ^eitlidjen  Windes  fduuer  erfahren  muffen.  (£1  mar 
nidjt  3111h  Öclberwerb  gefdjaffeu ;  fein  fteidjtnm  lag  barin,  anberc  fröblidi  unb 
gliidlid)  ut  madjen,  unb  baruadi  lebte  er.  Witte  ber  70er  $aljre  würbe  and) 
er  ein  Opfer  ber  Jlrifiö.  (rr  entfagte  feinem  biotjeri^cn  Beruf  unb  lieft  f irti 
1S77  erft  in  Valjr,  bann  in  oeelbad)  nieber.  "III*  thdtiger  Wefdiaftomann  in 
einem  neuen  :öerufsjmeige  fudjte  er  auf  auberen  Segen  feine  Gjifteivj  ju 


Google 


330  «JMorabeim  im  19.  3abrbunbett. 

fidiern.  (*S  warb  ihm  fdimer  genug,  unb  als  ber  Erfolg  feines  übermäßigen 
Staffen!  fid)  (eigen  anfing  ba  fdmitt  tt>m  bas  odiidfal  mit  f alter  ."öanb 
Den  Vebensfabeu  eutuoei.  fluerbadj  ftnrt>  am  22.  x\uli  1KS2,  nod)  nirbt  42  ^nbre 
alt.  Huf  bem  Jyriebbofe  au  ber  Scham  ift  feine  mit  einem  fd)önen  ^enfmal 
gcfdnnüdtc  Muheftotte.  Crnft  3d)ereuberg,  ber  mit  Wefder  xUucrbadjs  Wt; 
bicQte  fummelte,  fefetc  ihm  folgenbes  Webenhoort: 

„Ter  Heimat  i'dilini  Xcin  fter*, 
tirfiang  Sein  fflort; 
res  cdjiuarviHilbö  Sänger, 
Vebft  Tu  in  ihm  fort." 

l'ubmig  Sluerbad)  mar  ein  fcclenguter  unb  hilfreicher  SÄenfdi.  -Sein 
Mat  mar  bie  ihat  unb  fein  Können  oft  ciiuig  bas  flfafi  feiner  SMlfe. 
»arbe  ihm  uid)t  immer  gelohnt,  mie  er'*  oerbient.    £aS  bat  ihn  aber  nie 
uerbroffen,  weiter  bilfreid)  unb  ebel  gtl  fein    Crr  trug  angeborene«  ^rei 
mauiertum  in  fid),  unO  maiube  Saat,  bie  er  gefbet,  feimte  erft  fpäter  \u 
feinem  vJtnbeufeu  auf. 

£ns  lurifdjc  ©ebiet  mar  bie  bictjtci  ifefn*  Romane  Dierbachs,   ftls  Secfcs 
H'huiabriger  frfmf  er  bas  (ipos  „heitrem  oon  iikifcenftein",  aber  bie  ftrenge 
epifrbe  ,"yorm  fagte  feinem  Naturell  nicht  ui.  Tie  Diatur  in  ihren  Staublungen, 
ber  ÜHolb,  maren  feine  Vierlinge,        ihnen  flüd)tete  ber  geplagte  (HefdjaftS- 
manu  nad)  febmever  Slrbeir,  an  ihnen  erhob  iieb  feine  ccele  unb  er  formte 
und)  ihren  odnotngungen  (Gebauten  unb  (impfinbungen  in  leid}t  gebunbene, 
oon  feiner  ftrengen  'Kegel  gefeficlte  Mntbmcn.    So  entftaub  baS  herrliche  „C 
3dnoanioalb,  o  Heimat«  mie  bift  bu  fo  fdjön",  ein  l'ieb  oon  fo  inniger  He 
mütstiefe  unb  oollstumlid)er  iitnfad)beit,  baf?  es  in  feiner  gludlidKit  Kompo 
fitiou  im  odjmarmmlb  unb  am  Chenbein  inelfact)  als  Sotttlieb  gefungen  luivo. 
Tie  ibealeu  Mampfe,  au  ioeld)cu  Sluerbad)  teilnahm,  bie  fojialen,  religiöfen 
unb  polittfcben  öeftrebungen  feiner  ;{eit,  meldjen  er  mit  feuriger  Seele  anhing, 
haben  ihn  als  Tiditer  feiteuer  befdiafttgt.    Ijr  mar  ein  glubenber  ^aterlanb* 
ireuub;  bie  grofieu  Inge  oon  1*7»>  71  haben  ihn  mit  offenem  . tonen  unb  mit 
offener  tomb  getroffen  unb  feine  herrlidjc  .Uoiferbumne  ift  ein  beroorrageno 
iangbarer  flusbrud  feines  eblcn  Patriotismus  unb  feiner  uerchrenben  i'iebe 
für  Maifer  it'ilhelm  I. 

ernft  Sdierenberg  hat  ber  Sammlung  fluerbudrfeber  (Mebichte  unb  ber 
Biographie  bes  Tidners,  ber  mir  obig«  Mitteilungen  entnehmen,  ein  ergrei 
fenbes  .U lagelieb  beigefugt,  beffen  SdjluHoers  lautet : 

„Tie  Vippe  oerftuimute,  bod)  lebet  Tetn  Vieb, 

3.0  lang  nod)  beu  crijmar^ioalb  ein  Saubrer  burdjjieht ! 

15*  ranfdjt  in  beu  Sannen,  es  Hingt  in  ber  Vuft, 

Sdnoebt  uhcr  bes  cdngers  fdpoeigenbe  Gtaifo 

empor  aus  ben  Jbnlcrn,  herab  oon  beu  .tob'n: 

„0  3d)ioar}ioalb,  o  .toimat,  mie  bift  bu  fo  fdjön! 


3£<utfid)r  "^rränbcruttrtcn  itt  5er  £>iadt. 

Qn  bev  langanbaltenben  Aviebcnc^cit  nad)  ben  napoleonifc^cn 
Kriegen  erftanben  an  ber  Üßeripfjerie  ber  Stabt  eine  >HciI)e  fdjöncr, 
(tattiid)ov  ICnmefen  s^fov:>lieunev  ^nbuftvicllcr.  ^  maren  tüd)ticie 
2lrd)tteften,  meldjo  biefe  Tanten  aufführten,  l'eute,  bie  mit  einem 
lieiuoiTagenben  können  einen  geläuterten  (§efd)mari  uerbanbeu. 
3m  Qatyre  isi7  entftaub  baS  ^eurfifev'idje  3tnn>efen  im  bamaliften 
^fläftev,  bac>  von   Cbevbaubivettav  ^eiubrenncr  auö  Slart«; 


Digitized  by  Google 


pie  OopfimiuorilnM  (jetjt  Ccftl.  ftarlfrtebrid)f)r.  oom  Xtooli  ab.) 

(5m  Criginal  ju  Ijabeu  bei       Verggöfe  SJroc,  ^forjfycim.) 


«forgbeim  im  19.  Sabtbunbert.  331 

rufte  erftellt  würbe.  $a5  Slroirfdje  ^Inioefen  (an  Stelle  be§ 
„£iooli")  rourbe  1820  ebenfalls  von  5Beinbrenner  errichtet,  bes- 
gleichen  182G  bass  Jvmfenftein'föe  Sdjlöftdjen  auf  ber  ^fttfel 
(sl>t)ilipp  @f)vi^monn),  3»  ben  3a$reu  1827  uub  1828  lieft  ber 
s£ijouteriefabrifant  uub  3Beiul)änbler  ©obnenberger ,  roeldjer 
früher  in  bev  l'ammftrafte,  im  ehemaligen  Sftortt)  'tWiller'fdjeu  £mufe 
feine  2Bot)nung  hatte,  oor  bei  ©rötjiuger  iBorftabt  burd)  ©aurat 
Sdjroarj  ein  Sd)löj}d)eu  mit  Sßavf  aufführen,  $roei  3*abre 
fpäter  erflanb  biefem  gegenüber  ba§  nou  $aubireftot  3Üd>er 
errichtete  S&ennig'fcrje  SdjlöjKben  (tjeute  ber  ftamilie  (Mlid)  ge= 
hörig).  £rolj  aller  ftortfdrritte  "l  oer  Skufunft  uub  in  bem 
Skftreben,  impofaute  ©ebäube  ber&ufteüen,  ift  baö  $ülid)'fd)c 
$au£  beute  uod)  eineS  ber  fdjünften,  roeun  nid)t  ba*  fdjönftc  ber 
ganzen  8tabt.  @*  nürtt  nidit  foroot)l  burd)  prunt'bafte  äufjere 
Sluäftattung,  als  oielmeljr  burd)  einfache  unaufbringlid)e  SÖot» 
nebmbeit  uub  einen  ebcln  Stil.*)  Später  erbauten  fid)  bie 
Sabrifauten  uub  93rfiber  ©eorg  Subroig  ttieule  uub  .f>einrirf) 
Äientc  in  ber  oberen  ©rö^inger  33orftaM,  ber  SeopolbSoorftabt, 
if)ve  großen  3lnroefeu.  Wod)  oor  182<;  eutftanben  unter  ÜBein* 
brennerS  Leitung  ba*  .£>erreubau*  im  oberen  Qammerwerf  uub 
bie  ^Hobngebäube  ber  cf)eiuifd)en  Jyabrif. 

$a*  jetjige  SlmttjauS  nmrbe  im  3af)re  1825  belogen. 
lag  oor  bem  ^Utftäbter  Il)or,  welches  beim  M2aub"  bie  Strafte 
abfdjloji.    9tad)  einer  im  £ofe  bee  9mtt)aufe3  eingemauerten 
Xafet  nnirbe  ba*  §au$ 
(Srbaut 

burd)  '-öürgermeifter  3atob  Jyriebrich  lieber  uub  beffen  ($t)efvau 
3lgnefc  (£oa  Stoßet  geb.  .Uatjiu.   9tnno  18U0. 

s4öas  öftlid)  oom  ^Ütftäbter  2\m  bei  ber  Sparfaffe  lag, 
bieji  ber  „Sßfläftcr".  5115  (Srfter  baute  fid)  bort  1820  ber 
tforoenwirt  feauermann  an.  3>ie  in  ber  neuen  Stra&enfludjt 
liegenbe  Seiutelter  rourbe  oou  ber  Stabt  jum  Abbruche  ange^ 
tauft.**)  3>as  ^(Itftäbtertl)or  mürbe  gleichzeitig  mit  bem  ^rötjinger^ 
tborturm  im  Jahre  1835  abgebrochen. 

3m  05egenfa|  ju  ber  oou  l)eroorragenben  Smttedpittetn 
unD  funftfinnigen  ikuberren  geförberten  ©aulufl  ber  erften  Qa^t* 


*)  Tic  alten  >>crrid)aft<>l)riu!'cr  madjen  ftCflenfibet  ben  mobernen  3pcfu- 
lation$bantcn  infofern  fdjon  einen  weit  oorteiltmftercn  elinbrntf,  als  barin  nidjt 
flefpart  nmrbe  mit  ftaum  in  (Hangen  nnb  i&oljnranmen,  nmbjenb  in  ben 
neueren  }J{ietioolmnna,en  bie  Limmer  bodj  ctmaö  a,ar  ,,n  flein  ftnb  nnb  in  ben 
(Hancjen  frntm  jiuei  ")>erfonen  bequem  uneinanbev  uorbeii\cl)en  tonnen.  Tic 
od]önt)cit  nnb  ^cqncmiidjfeit  miib  ber  3nd)t  nad)  ntöfllid)ft  l)ol)er  Rentabilität 
jnm  Cpfcr  iicbrad^t. 

•*)  Wad)  bem  bamatiiien  3tva[jcin\e|"eOc  ta^  ber  3tabt  bie  Unterljaltunfl 
ber  Qttentftatfcen  ob;  fpater  nnubc  ibr  biete  ^(Ud)t  abiUMtommen,  bamit  abet 
and)  baö  :Hed;t  bc$  ctraüejniclberbcbeno. 


Digitized  by  Google 


332 


Wotabeim  im  19.  Oabrbunbert. 


sehnte  be§  testen  3abrhunbert3,  jeigte  fid)  oon  1840  an  ein 
ftetiger  sJtütfgang  nicht  allein  in  ber  8ujl  |tim  Stauen,  fonbern 
leiber  aud)  in  bev  ©ejd)macfsrid)tung.  sJ3on  ben  bamalS  eut= 
ftanbcnen  ©ebäuben  erwähnen  roh:  ba3  oon  bem  2)urlad)er  5ku= 
meifter  §engft  fyeraefteUte  Sabenburgifdje  Stnmefen  in  ber  Wltftabt 
(gegenüber  bem  Cdjfen),  ba§  gegenüber  bem  vBobnenberger'fd)en 
©djlöfjdjen  errid)tete  ©fchminbt'fdje  .£>aus,  meld)e§  an  Stelle 
be§  alten  ©aftf)aufe§  jur  Traube  erftanb. 

93ei  all  biefen  $lnroefen  waren  bequeme  Wohnungen,  an* 
fdjliefjenbe  2öirtfd)aft§gebäube,  grofte  ©arten  nnb  oft  aud)  hübfdje 
^artanlagen  511  einem  freunblidjcn  £)eimmefen  oereinigt.*) 

3)ie  Stabt  erftreefte  fid)  oor  50  fahren  im  $öeften  bin  jur 
©abelung  ber  53rötjinger%  &urlad)er=  unb  Ofpringerftrajje,  im 
Often  bi3  jum  Ddjfen  unb  bem  oberen  Jriebtyof  (Stabtparf). 

sMe§  ©elänbe,  meld)e3  außerhalb  biefer  fünfte  liegt  unb 
oberhalb  ber  (Stabt  f)eutc  von  ber  ^uifenftrafte,  (Srbprinjen-  unb 
2inbenftraj$e  burdjjogeu  mirb,  mar  bamalS  nod)  ©arten-  unb 
sJlcferlanb.  2Öo  t)eute  ber  Bahnhof  ift.  befanb  fid)  ber  grojse 
3Baifenf)au§garten ,  ber  ehemals  511m  Sd)lofj  gebörenb,  r»om 
9Harfg,raf  ftarl  2öitf)elm  bem  fianbeSroaifenhaufe  gefdjenft  roorben 
mar  unb  oon  biefem  mie  00m  Siechem  unb  ÄorreftionSfyitt* 
unb  fpäter  oon  ber  .£>eil*  unb  ^flegeanftalt  ale  Obft=  unb  ©e~ 
müfegarten  benutjt  mürbe,  $m  oübeu  bor  (Stabt  gingen  ©ebäube 
unb  anfdjliefteube  ©arten  nur  bis  an  ben  oberen  sJDtii!)Ifanal  unb 
meiter  unten  bis»  an  bie  (&m,  QfcnfettS  ber  engen,  fteinernen 
iHojjbrücfe  maren  nur  toenig  ©ebäube,  mie  5.  33.  bie  SBagner'fdje 
Brauerei  mit  großem  Tiergarten,  ber  Surnvlatj  in  ber 
ftrafie  ($eid)elfee)  gelegen ,  mit  Keiner  £uruf)alle.  $ie  silu, 
meldje  mit  ber  Stabt  burd)  eine  b^jernc  $3rücfe  uerbunben 
mar,  hatte  ebenfalls  eine  meit  Heinere  ÄuSbefynung  als 
beute.  $ie  nod)  unregulierte  Galmerftrafje  50g  burd)  wiefett 
unb  ©emüfegärten,  unb  bie  untere  Slugaffe  hatte  bei  ber  3tabt= 
mauer  (£urmftraf$e)  mit  bem  ©Aelmenturm  ein  @nbe;  bort 
fingen  bie  ©emüjegärteu  an.  NJll$  leljtes  3Babrjeid)en  au$  mittel» 
alterlid)en  3uftänben  präventierte  fid)  baS  eng  abgegrenzte  Jerrain 
be3  früheren  (3d)loffe3  mit  ber  Sd)lof?firci)e.  sJlad)  oben  mar 
ber  tiefe  ©raben,  burd)  eine  fd)inale  Steinbrücfe  übermölbt,  nad) 
unten  fdjlojj  ba3  fog.  untere  Sd)lo§thor  —  eine  fdjönc  oon  $yufr5 
gängertl)ürd)eu  unb  s33ogentl)or  burd)brod)ene,  mit  fcl)imem  $Bappen= 
fteiu  gezierte  SWauer  —  ben  3d)lofjberg  uollftänbig  ab.**)  3lbeub§ 


*)  -Die  I)icr  genannten  .öerrföaftefyaufcr  ronrben  bei  ifjrer  irrriajtuna, 
[djon  mit  bem  17H(J  erftmalö  eingeführten  iMituiblcttcr  ucri'eljen. 

••)  SaS  jefeige  fttnanjamt  würbe  irnbe  ber  50et  ^afjre  aud  ben  Befmt* 

fpciajern  (worunter  *  bie  geraumigen  ^eljuticUereicn  tagen)  erbaut.  9tad)  ber 


Digitized  by 


Urobinßrr  töaffr  in  Den  M>cr  3afirrn. 


Google 


Worabcim  im  19.  Sabrbunbett.  333 

mürben  ba§  obere  unb  untere  £f)or  gefdjloffen  unb  ber  SSerfehr 
über  ben  8d)loßberg  tjotte  ein  dnbe.  ©o  bot  bie  alte  (Stabt 
sl>forjheim,  oon  ber  8d)loßfird)e  unb  ben  (Sebäubeu  ber  Domänen« 
uermaltuug  (Iteberrefte  be»  alten  3d)loffe3)  überragt,  oon  ©arten 
bicl)t  umfdjloffcn,  bei  einer  ^Betrachtung  oon  ben  umliegcnben 
$>öt)en  ein  überaus  lieblid)e§  unb  anmutiges  SBilb. 

S)ie  troftlofe  (#cfd)äft3lage  anfangt  1848  ließ  bie  Stabt* 
oertoaltung  auf  Nüttel  jur  iMnberuncj  ber  Slot  finneu.  9(m 
15.  Sttfirs  1848  erließ  iBürgermeiftcr  Deimling  folgcnbe  Skfanut* 
mad)ung :  „X a  g  l  o h n a r b ei t  93eim  (Eintritt  günftiger  Witterung 
beabfidjtigt  man  ben  Jaljnoeg  beim  SBrunnenroörtl)  gegen  (Sulingen 
oollenbS  Ijerjuftellen,  fomie^aud)  bie  Vorbereitung  sur  Söalb* 
anläge  am  $öartberg  beginnen  ju  laffen,  um  ben  Ijieftgen  bürgern 
im  Saufe  be§  Sommert  Arbeitsgelegenheit  311  oerfdjaffen.  2)ie* 
jenigen  .gmnbarbeiter,  roeldje  baran  teilnehmen  wollen,  werben 
aufgefordert  fl$  hierorts  ju  melben  " 

3m  Januar  1853  fam  eine  neue  93auorbnung  f)erau§. 
Diefelbe  lehnte  ftct}  in  ber  £auptfad)e  an  bie  SlarlSrufjer  SBau- 
orbnung  an.  Sie  umfaßte  57  s^aragrapl)cn  nebft  otet  erläuternben 
Beilagen,  weldje  bie  Vorfdjrifteu  für  ©ebäube  außerhalb  ber 
Stabt,  über  Skuftreitigfeiten,  bie  äußere  (Sinfaffung  oon  Härten 
unb  öffentlidjen  päfeen  über  s^fläfterung  unb  trottoirfyerftellung 
enthielten. 

3n  ber  ©litte  ber  fünfziger  Satyre,  al3  ber  ©efd)äft§gang 
einen  faft  unnatürlid)  ftarfen  9luffd)wung  nahm,  machte  fid)  eine 
große  2öot)uung§not  bemerfbar,  namentlich  fehlte  e§  an  billigen 
ilBohnungen  für  ärmere  Seilte.  <5d)eunen,  (Stallungen,  ©artete 
bäumen,  fogar  3ic9c^üttcn  würben,  fo  gut  e§  ging,  wohnlich 
eingerichtet.  SDurd)  bie  für  jene  Qeit  enorm  hohe  Stiele  würbe 
bem  Arbeiter  nidjt  nur  ein  beträd)tlid)er  Seil  feines  SohneS  eut^ 
jogen,  fonbern  eS  mürbe  auch  burd)  bie  ^öenütjimg  enger,  un§u« 
retd)enber  TOurne  bie  (Erhaltung  ber  Sittlidjfeit  in  ftrage  geftellt. 
tiefem  Uebelftanb  mollte  bie  „gemeinnü£iges#augefellfd)aft"  burd) 
£>erftellung  oon  Heineren,  billigen  Wrbeitermohnungen  abhelfen. 
3)a§  $etrieb§fapital  ber  ©efellfchaft  folltc  mtnbeftenS  50000  fl. 
unb  burfte  bis  ju  200000  fl.  betragen,  welche  in  5lftien  ju 
250  fl.  aufgebracht  mürben.  $er  $erwaltuug3rat  befdjloß  bie 
(Erwerbung  oon  Siegenfdjaften,  bie  Einlage  oon  SBauplätjeu  unb 
beftimmte  bie  £öhe  ber  Uftietpreife.  3m  (Sinoernehmen  mit  ber 
©efellfdjaft  machte  ber  ©tabtrat  1857  eine  (Eingabe  an  ba§ 
sJHinifterium  um  Aufteilung  eines  flaues  für  einen  neuen  $3au* 
bewirf  auf  bem  rechten  (St^ufer  jmifdjen  ber  Altftabt  unb  ber  Au. 

Strafe  $u  ftanb  ein  nieberer  Einbau  mit  ber  2Hof)nunfl  beo  .öoffnfer*. 
Xk  Cberctnnelmierei  befanb  fic^  früher  im  irm^cimer'fa'en  ftaufe  in  ber 
ctiftSftra&e. 


Digitized  by  Google 


334  Worabeim  im  19.  3abrbunbert. 

3)er  Umftanb,  baß  bcv  tiefer  gelegene  £eil  be§  neuen 
©tobtquortierfi  im  Ueberfd)tr»emmung§gebiet  lag,  ließ  e3  bisher 
geraten  erfdjeiuen,  nur  in  beu  t)ö^ev  gelegenen  $iftritten  ber 
Stabt,  mie  3.  in  ber  2)urlad)erftraße,  Weubauteu  &U  geftatten. 
35a  aber  bie  t)üd)gelegcuen  £cilc  nur  ferner  mit  £rinfn>affer 
oerfehen  werben  tonnten,  bie  uubeftimmte  Sage  ber  ftinftig<*n 
(Sifenbafjnftation  gehemmt  mar,  unb  aud)  ber  (9efd)äft3oertehr 
bort  mancherlei  sJORififtänbe  mit  fid)  führte,  fo  erfdueu  ber  iföunfd), 
im  £t)ale  felbft  ju  bauen,  gered)tfertigt.  3>ie  ftaatSpolijeiliche 
(Erlaubnis  511  ber  neuen  Stabtanlage  tonnte  aber  erft  erfolgen, 
uadjbem  fid)  bie  Stabt  uerpflidjtete,  ben  neuen  Stabtteil  biird) 
(Errichtung  eines  l)öberen  35ammc3  DOt  Ueberfdjroemmungen  ju 
fdjüljen.  2)ic  bamatö  fdjon  baufällige  Moßbrücfc  mar  für  ben 
Durchlaß  be3  .frodjmaffer*  511  eng,  ebenfo  mußte  ba3  ftlußproftl 
an  biefer  Stelle  erweitert  merben.  Die  lebhafte  söautl)ätigfeit, 
meldte  bie  „gemeinnützige  $kugefellfd)aft"  entfaltete,  oeranlaßte 
balb  aud)  anbere  Unternehmer  jur  sJlad)eiferung.  (SS  erhob  fid) 
eine  ^Keil)e  gefchmactooller  Neubauten,  an  ber  Diüfteinerftraße  ; 
jenfettö  ber  Woßbrütfe  eutftanb  ein  ganj  neuer  Stabtteil,  uon 
1870  an  „Sebau"  genannt.  9ceue  Straßen  mürben  angelegt, 
io  bie  ftriebrid)3-,  6115%  Qtttfteittet*,  äBeityer*,  SBeifjerberg-,  söau« 
ftraße  unb  mehrere  Heinere  Guerftraßen. 

3m  3'Wli  mürbe  aud)  ber  ©fotjtjeimet  9Jlarftplatj 
neu  gepflaftert.  Qum  legten  9Kale  gefdjab  bieS  1774,  mit 
gleid),^eitiger  (£rrid)tung  mehrerer  neuen  Straßen.  Damal§  mürben 
für  1071  Stlafter  pflaftern,  einfd)ließlid)  bed  #urid)ten3  ber 
Steine  ber  Saab  unb  Steinebeifuhr  nid)t  oiel  über  500  ©ulben 
beanfprudjt,  eine  Summe,  meld)e  gegen  bie  10 000  (Bulben, 
bie  eine  geringere  Arbeit  im  Jahre  1*50  erforberte,  gemaltig 
abftidjt. 

Um  biefe  ßeit  (1857)  mürbe  aud)  bie  (Salmerftraße  gebaut. 
Der  Jeil  bi$  jum  Kupferhammer  foftete  2<i5oo  fl.,  mouon  bie 
Stabt  9000  Bulben  bezahlte.*) 

3m  3<d)re  185«)  mürbe  ba$  Xöchter)d)ulgebäube  erridjtet. 
Da3  früher  jroeiftöctige  alte  Sdjulhau*  erhielt  1857  einen  britten 
Storf"  für  Cehrenoohnungen. 

■  »  .  •  • 

3m  v>ahre  1858  oeranlaßte  ber  Wcmeiuberat  eine  teilmeife 
9lamctt3änbetumt  ber  Straßen.  Die  Od)feugaffe  mürbe  eine 
:)ieud)linftraße,  bie  SBteljaaffe  eine  Spital-  fpäter  (#omuafiumS= 
ftraße;  aus«  ber  alten  Dränfgaffe  mürbe  eine  Deimliugftraße, 
aud  ber  $röt}inger  Waffe  eine  Ußeftl.  Starlfriebrid)ftraße,  ba3 


*\  Tie   etnifte  nad»   Weifccnftein  c\Un}   ehcmaW  burdi  beu  jefetflen 
unteren  teil  bc$  Vüdeniue$es  unb  führte  beim  roten  Oetzen  nneber  herunter. 


Digitized  by  Google 


Digitized  by  Google 


^forabetm  im  19.  3abrbunbett.  335 

Scfjlappergä&crjen  rourbe  in  93aumftrafje,  wnb  ba§  Stgeutter« 
gäfedjen  in  £inbenftrafje  umgetauft.  $ie  ehemalige  obere  SBor- 
ftabt  rourbe  jut  $kf)nf)offtraj$e.  2)ie  nod)  fteljenben  alten  Xbore 
(amen  sunt  9Ibbrud);  fo  fielen  ba§  .£eiliaheu$tbor  (bei  Skufier 
ftabn),  ba£  obere  ©rabentbor  (in  ber  sM\)t  beä  <Sd)loffeS),  baä 
si(uerbrunnentt)or  ober  (Srfertbor  (beim  „ftreu$").  2)a$  $röt*inger- 
unb  5lltftäbtertl)or,  ba*  Sd)äfertl)or  (am  unteren  ©übe  ber 
£eopolbsoorftabt),  ba£  sJluertbor  unb  .£>illertl)or  (am  oberen  (Snbe 
ber  9Iu),  baS  ©aud)tf)or  am  unteren  @nbe  ber  Xu,  ba£  obere 
unb  untere  Sd)lojjtl)or,  ba§  obere  Wtiktjil*  ober  ^roingertbärlein 
(erftereS  bei  ber  oberen  Üötüble,  letzteres  füblid)  ber  ^ammftrafje) 
mürben  ferjon  früher  abgetragen.  ißon  ber  alten  Stabtmauer  ift 
nod)  am  3nfelroeg  ein  guterl)alteneS  Stütf  äu  {eben.  3m  3anuar 
1877  rourbe  mit  ber  Abtragung  be§  alten  ibin'f)Ä"3d)en§  an  ber 
31uerbrürfe  begonnen,  nadjbem  ba^fclbe  1874  oon  ^ergolber 
*öreinlinger  um  18  000  fL  erftanben  morben  mar. 

3u  Anfang  ber  60  er  3at)re  ftanben  an  ber  Knien  Seite  ber 
Qfpringerftrafje  aufjer  bem  unteren  9ttalerTfd)eu  (Mjaufe  mit  ber 
angebauten  gabrif  ba§  28obnf)au§  am  Wiuger'fdjen  3immerplat3 
oberhalb  ba§  oor  einigen  3<tt)ven  abgebrodjene  iReitbau3  unb  an  ber 
Stelle  be$  Sttinifter'fdjen  2lnroefen§  bie  tfatffdje  Ziegelei  mit  3Bol)n* 
bau§.  fie^terem  gegenüber,  auf  roeldjer  »Seite  nur  Merftütfe  unb 
unten  ber  grofje  ^8ol)nenberger'fd)e  ©arten  lagen,  erbaute  Damals 
gabrifant  sJUialer  (SBater  Des  9lrd)iteften  sJWaler)  bas  jetzige 
Dncterboff'fd)e  .£)aus  unb  bie  beiben  oberhalb  ftebenben  Käufer. 

infolge  be§  Krieges  im  ^afjre  1^6(>  bie  ($efd)äfte 
ftoeften  unb  oiele  Arbeiter  brotlos  mürben,  liefe  bie  Stabt  oon 
benfelben  bie  @n$bamme  oom  oberen  Jammer  bis  jur  föofc 
brürfe  berab  auffübren,  moburd)  bie  betreffenbeu  Stabtteile  oor 
Uebcrfd)memmungen  gefidjert  mürben;  ferner  mürbe  bie  SBcr- 
breiterung  ber  ^örö^inger  Strafe  am  oberen  .pammer  uorge* 
nommen.  $ie  einfadjen  (Srbarbeiteu  am  (Snjflufj  mürben  mit 
50  .^reu^er  pro  lag  honoriert.*)  2>ie  $erf  d)  önerungs^ 
t  o  m  m  i  f  f  i  o  n  benütjte  ebenfalls  biefe  (Megenbeit,  um  bübfdje 
fünfte  in  ber  sJiäf)c  ber  Stabt  bem  s}3ublit'um  jugänglid)  p 
machen  unb  mit  ^ufjebänfcu  ju  oerfeb,en,  $.  8.  am  ^tagolbufer 
längs;  bes  iHob.  gerner  mürbe  ber  gujjrocg  am  ftallbarbt  j)tn 
nad)  5Bürm  unb  ber  fog.  ©olbfdjmiebsroeg  (ber  bei  Würfle* 
s-ßiUa  ausmünbet)  tjergefteüt.  3>ei  söau  ber  ©artenftrafceftajfel 
fällt  gleichfalls  in  bie  (»Oer  ^abre. 


*)  $ic  ,3errennerftrflfec  war  ftöön  in  ben  HOcr  ^nhren  bis  511m  Tv. 
9iid)tcr'fd)en  K>au)c  burd)i\cfül)rt  luorbcn.  Won  bort  ab  uerfperrte  eine  cd)eune 
bie  otrape  unb  ein  fdjmaler  vii>eg  führte  jur  ^abgoffe. 


Digitized  by  Google 


336 


i^forabeim  im  19.  Sabrbunbert. 


9(uf  Anregung  ber  (Spitalbaufommiffton  mürbe  anfangt 
Slprü  1869  ber  33au  eiue§  neuen  ftäbt.  ßranfenbaufe§  an  ber 
©übfeite  ber  (Stabt  beim  (Sdjaftof  begonnen.  3m  (September 
1871  tonnte  ba§  (Spital  feiner  SBeftimmung  übergeben  werben.*) 

3l«fang8  ber  70er  -Safere  mar  bie  3Bof)nung8not  in  ber 
Stabt  mieber  fo  groß,  baß  bie  ärmere  SBeoölferung  fer>r  in 
(Sorge  mar  um  eine  Unterfunft.  (Sine  2lnjal)l  Bürger  befdjloß 
bafjer  im  35ejember  1871  eine  „93augenoffenfd)aft"  ju  grünben. 

I>te  ^augenoffenfiflaft.   (@ingefd)riebene  ©enoffenfdjaft.) 

©egrünbet  1872  oon  213  meift  bem  5trbeiterftanb  ange* 
fjörigen  Sttitgliebern.  $>ie  93augenoffenfd)aft  faufte  ein  9(real 
oon  428  832  Quabratfuß  für  30  706  ©ulben,  bebaute  bi§  @nbe 
1873  baoon  68  832  Ouabratfuß  unb  errichtete  25  2Bobnf)äufer 
mit  75  3amilienroof)nuugen  511  132000  ©ulben.**)  infolge  ber 
langaubauemben  ©efcfyäftSfriftS  unb  ber  bamit  oerbunbenen  <5nt* 
roertung  ber  fiiegenfcfyaften,  foroie  be§  (SinfenS  ber  SJIieterträg* 
niffe  fa!)en  ftdj  jeboefj  bie  Uebernebmer  ber  Käufer  nad)  unb  nad) 
jumteil  außer  (Stanbe,  ifyren,  menn  audj  nod)  fo  befcfyeibenen 
93erpflid)tungen  nadjjufommen.  3lnbere  fud)ten  fid)  benjelben 
oielfad)  ju  entjieben.  $ie  ©efetlfdmft  geriet  infolgebeffen  in  eine 
mißlidje  Sage  unb  mar  enblidj  aenötigt,  fämtlicfye  oon  ifjr  ge- 
bauten 42  Käufer  mieber  an  fia)  \u  nehmen  unb  felbft  ju  oer* 
malten.  9113  bie  ©efellfdjaft  in  eine  immer  größere  .3roang3* 
läge  geriet,  befd)loß  fie  bie  fiiquibatton,  meiere  firf>  in  ber  SBeife 
oolljog,  baß  ftd)  bie  ©enoffenfdjaft  in  eine  2lftiengefeöfcJ)aft 
umroanbelte  unb  bie  ©efamttiegenfdjaften  um  einen  ben  bamaligen 
28eri)ä(tniffen  entfpredjenben  unb  ben  SRietpreifen  angepaßten 
Kaufpreis  übernahm.  $ie  neue  Slftiengefellfdjaft  nannte  ftd) 
3mmobiliengefellfd)aft,  unter  meinem  tarnen  fte  fjeute  nod)  be* 
ftet)t.  $a§  Slftienfapital  oon  200000  3JH.  rourbe  in  200  Slftien 
ä  1000  9Ratf  aufgebracht.  $)ie  übernommenen  fiiegenfdjaften 
batten  bie  ©enoffenfaaft  f.  3.  500  000  2flf.  gefoftet. 

Pte  gemrinnüfttge  ^augefelTf Qaft 

mürbe  1872  gegrünbet  mit  einem  Hftienfapital  oon  150  000  fl. 
unb  ftellte  ftd)  bie  Aufgabe,  biüige  3Bof)nbäufer,  oorjugSroeife 
für  bie  SIrbeiterflaffe ,  %\x  erbauen,  um  fola>  unter  möglicrjft 
gflnftigen  93ebingungen  ju  uerfaufen.  3m  3a\)xt  1873  mürben 
17  SöoWäufer  fertig  geftellt,  fämtlid)  3ftöcfig,  bie  Heineren  mit 
3  SGBobnungen  ju  3  Zimmern,  bie  größeren  mit  5—6  gamilien» 
mobnungen,  fämtlidje  ganj  in  (Stein  erbaut  unb  jebe3  §au§  mit 


*)  $eim  2lu*araben  be«  ^uubamcntä  ftiefe  man  auf  ^aureftc  römifdjen 
Urfprunaä  unb  fanb  rötnifdje  iBronjemünjen. 

••)  Tantal«  erftanben  Die  Käufer  auf  ber  *UUf)elm8$bl)c  unb  bem  £>ad>el. 


Digitized  by 


^forabeim  im  19.  Oabr&unbert. 


337 


#ofraum,  teitroeife  mit  ©arten  oerfeben.  $er  93auaufmanb 
hierfür  infl.  <ßlafc  betrug  128  500  ff.  $ie  Käufer  mürben 
öffentlich  oerfteigert  unb  bie  3ablung§bebingungen  baf)in  gefteüt, 
bafc  eine  Anzahlung  oon  10  «Prozent  leiften  unb  ber  SHeft 
be§  5!aufpreife§  innerhalb  14  fahren  in  Annuitäten  ju  10  ^rojent 
abzutragen  bebungen  mar.  $ie  ©efetlfdjaft  erfteüte  bie  SMf)arbt* 
frrafce,  ©djeuernberg*  unb  93leid)ftrafje. 

©Ieicf)jettig  mürbe  bie  SBorftabt  „<Seban"  immer  meljr  au§= 
gebaut  unb  bie  ^otsgartenftrafje  in  Angriff  genommen. 

1873  mürben  bie  Baupläne  ju  206  SBolm*,  Jabrif  unb 
SHebengebäuben  com  33ejirf§amt  genehmigt,  be§gleid)en  107  S3au» 
oeränberungen ;  1874  mürben  118  2Bof)n»  unb  gabrifgebäube, 


ber  9Welancf)tt)onftraf$e  ($efanatsbau§)  erbaut.  2)a§  grö|te  unb 
impofantefte  biefer  ©ebäube  ift  bie  33iHa  ©efetl  an  ber  St. 
©eorgenftrafje.  2)er  bamalS  fdmn  fertige  tylan,  bie  grojje  ©erber* 
ftrafje  in  öftlic^er  9ftd)tung  fortjufetjen,  f)arrt  beute  nod)  ber  Au§* 
füfyrung.  3m  April  1874  taufte  Auguft  Käufer  ben  größten 
£eil  be§  unteren  $ammer3  mit  bem  £illermörtb  unb  bem  SBled)5 
mef)r  für  90  000  ©ulben,  um  biefe§  ©elänbe  5kufpefulationen 
jugängüd)  $u  machen.  9teuerbing§  rcerben  bort  grofje  gabrif* 
gebäube  errichtet. 

3n  ben  80er  3<*brcn  geigte  ftd)  im  atigemeinen  menig  S3au* 
luft;  biefelbe  ermatte  erft  roieber  in  bem  gefcfjäftlid)  regfamen 
legten  3a^rje^nt.  2Bir  geben  in  nadjfotgenbem  eine  äufammen» 
ftellung  aller  feit  1870  erbauten  öffentlichen  ©ebäube,  unb  ber  in 
biefem  3*itrc*um  erfcfyloffenen  ©trafen: 

a.  ©täbtifcf)e  ©ebäube:  $a§  ^frünbnetfwuS  (1873), 
ba§  ©eban§fdmfl)au§  (1876)  für  438429  Wlaxt,  bie  ßunftgemerbe= 
fdmte  (1877)  für  429  747  3Hf.,  ba§  ©a)ufl)au§  an  ber  Kairoer* 
[trage  für  57  000  Wil  (1884),  an  ber  ©nsftrafje  für  35  000  9ttf. 
(1884)*),  an  ber  ©rbprinjenftrafje  ($&iabenfd)ulf)au0  unb  ^urntjaHe 
1885),  ÜHäbdjenfdmfljauS  (1892),  an  ber  ßaifer  grtebric^frrage 
(1890),  an  ber  £olagartenftraf$e  (1899),  an  ber  (£alroerfrra§e 
(1886  unb  1900),  bie  ©eroerbefdjule  auf  ber  3nfel  (1892), 
bie  Sumbatte  an  ber  ©t.  ©eorgenftrafje  (1896),  ba§  SRatlmuS 
(1892—95),  ba§  fiebrerroobngebäube  in  ber  großen  ©erberftra&e 
(1887),  bie  ©dullerftaffel  (1889),  ba§  ©leftriaitätSroerf  an  ber 
©utingerftra&e  (1896),  an  ber  ©njftra&e  (1898),  ba§  Söafferraerf 


*)  o"i  oalu'c  1873  mürben  in  bem  an  biefer  Stelle  fteljenben  ehemaligen 
ftcnerljaufe  jroet  <3a)uljimmer  für  bie  ^olfdfc^ule  einßeridjtet.  einjelnc  ®a)ul* 
flaffen  waren  bi*  1886  mangel*  an  Sajulgebäuben  in  "Prioatroo^nnngen  unter« 
gebracht. 


22 


Digitized  by  Google 


338 


^fotabetm  im  19.  3abrbunbert. 


an  ber  Imljgartenftrage  (1894),  am  griebrid)3berg  (1898—1900), 
ber  ©d)lad)tf)of  (1888),  ber  ©aalbau  (1896- 1900),  bic  grauen* 
arbeitSfdjule  mit  fiöfdjgerätefdjuppen  (1893),  bie  fatfmlifdje  Stirpe 
(1889-91),  bie  ©nnagoge  (1892—93),  bic  eoangelifdje  ©tabt^ 
ttrdje  (1895-99),  ba§  jetzige  ftranfenf)au§  famt  33latternbaracfe 
(1871),  bie  Ummanblung  be§  alten  ©pital§  in  ein  ©nmnnfium 
(1871),  ju  £ef)rermof)nungen  (1884).  Qm  3af)re  1876  mürbe, 
nacfybem  ba§  s$frünbnerf)au$  burd)  Unterbringung  ber  Qnfaffen 
in  bie  5h*ei3pfleganftalt  §ub  frei  mürbe,  ba§  ftäbt.  2Baifenl)au§ 
oon  ber  ßalmerftrage  bortfyin  oerlegt.  $a§  jetjige  2Baifentjau§ 
biente  juoor  al3  ©d)ulf)au§  unb  mürbe  erft  anfängst  ber  80er 
3af)re  feiner  jetzigen  $3eftimmung  übergeben. 

b.  ©taatSgebäube:  3)a§  ^oftgcbäubc  (1872-74),  bas 
9lmt3gerid)t§gebciube  (1875,  fdjon  uor  feiner  Söollenbung  brannte 
ber  $ad)ftuf)l  herunter),  ba§  <Mmt§qefängni§  (1898-99),  ba§ 
gorftf)au§  (1899). 

3)ie  ©rögeltfjalmafferleitung  mürbe  1872 — 75  erbaut  unb 
gelegentlich  be§  „^BedjerbranbeS"  187ö  jum  erftenmale  bemitjt. 

kluger  einer  DJeifje  erft  jetjt  projezierter,  nod)  unbebauter 
(Strafjen  in  ben  r»erfd)iebenen  ©tabtquartieren  rourbe  ein  groger 
Seil  fdjon  früher  geplanter  ©tragen  teils  angebaut,  teil§  oollenbet, 
ebenfo  alte  ©tragen  nollftänbig  ausgebaut. 

A.  SMenbet  mürben  ist  ber  Att:  $ie  ^oljgartenftrage, 
(£almerftrage,  Xurmftrage,  SEöalbftrage,  SHennfelbftrage,  sJtagolb* 
ftrage,  ®emerbfd)ulftrage.  B.  Seilmeife  bebaut :  3)ie  ©t.  ©eorgem 
fteige  unb  «©trage,  bie  ^evmannftrage,  ©opfjienftrage,  5?lingftrage, 
bie  lange  ©teige,  bie  SJtelancfytljonftrage,  s.£Börtf)ftrage,  siöerbcr» 
ftrage,  ©eebergftrage,  ber  ßücfenroeg,  ba£  SHumpelgägdjen. 

Auf  iVut  ?Hob,  öejw.  ber  38tftlcfm$tiöfic.  Seilmeife 
bebaut:  $ie  Sameuftrage,  giieben$ftrage,  gelbftrage,  ^Bagnev- 
ftrage,  (Senoffenfdjaftsftrage,  ^lebeniusftrage  unb  ftanalftrage. 

3m  „Seban".  A.  93ollenbet:  93leirfjftrage,  s-JSeir)erftrage, 
Xurnftrage,  $illfteinerftrage,  3aljnftrage,  9Jobftrage,  SRabenftrage, 
©d)euernberg=  unb  (Snjftrage.  B.  ieilmeife  bebaut :  3)ie  Rallbarbt- 
ftrage,  ©d)iegf)au§ftrage,  s2lblerftrage,  ©djroaramalbftrage  unb 
Äaifer  griebrid)ftrage. 

?n  5er  tSeflflabf.  A.  3Menbct:  $ie  3errennerftrage  bi§ 
3ur  SBabgaffe,  Öeopolbftrage,  9at)n$ offtrage,  Scftl.  föirlfriebrid): 


neu  angebaut :  $)ie  Sunnelftvage,  Ofterfelbftrage,  2)urladjerftrage, 
©renjftrage ,  53elfortftrage ,  SBimpfenerftrage ,  dmilienftrage, 
3errennerftrage  uon  ber  93abgaffe  an,  ftienleftrage,  Colinen» 
bergetftrage  unb  bie  Sabgaffe. 


Digitized  by 


e 


Worpheim  im  19.  3abt&unbett.  339 

Autrikl'.  A.  Vollenbet :  2>ie  ftaifet  SBilhelmftrafje,  ©onnem 
ftrafje,  .£>od)ftraj}e,  SBiSmarcfftrafje  unb  s2luerbad)ftra(*e.  B.  Xeih 
roeife  bebaut:  ©d)effelfrraj3e  unb  ^achelftrafje. 

2.>  aii  u  lio  Ol  ab  ttri  f.  A.  Vollenbet:  fiinbenftrafje,  Stefanien« 
ftrafje/  (Srbprtnjenftra^e  unb  ßilbaftrafje.  B.  Seilroeife  bejro. 
beinahe  bebaut:  $ie  ©üterftra&e,  (Srftngerftrafje,  (Sifingerftrafce, 
©d)ül$enftra{}e,  3"^n9«v  Mee,  ©rbprinaenftrafje  unb  SBrettener* 
ftrajje. 

Annexe  Stakt  A.  Votlenbet:  ®ie  Oeftl.  ßarlfriebrid)* 
ftrajje,  Schillerftrafje  unb  ©arteuftrafje.  B.  £eilroeife  bebaut: 
©umnafiumftrafje  bis  ©artenftrage,  ^"fetftra^e,  Verl.  ®erber= 
frrafje  unb  ©choftgatterroeg. 

Jlftdabt.  3um  Seil  bebaut :  $ie  parfftrage,  SJtoltfeftrafje, 
^illermörthftrafje,  ©chlachthofftrafte,  ©nmnafiumftraf3e  oon  bev 
Sltftäbter*  bis  jur  Oftenbftrafce,  Sticfelhälbenftrafie,  5ln§^elmftra^e 
(früher  Vlumenhecfenmeg),  35ammftraj3e,  Deftl.  ftarlfriebrichftra&e 
nom  Ockfen  an  (1885  für  12  250  9ftf.  2)ie  Verlängerung  mar 
fdmn  1842  geplant.) 

£üd)tige  s3lrchiteften  fdjufen  im  testen  3at)r$et)nt  «ne  ftatt* 
liehe  9teit)e  oon  $rad)tbauten,  bie  ber  Stabt  feljr  jur  3i^'be 
gereichen.  Sflit  ber  Verbreiterung  ber  roeftlidjen  unb  öftlidjen 
ftarlfriebrid)frraf$e  fdjafft  bie  Stabtoerroaltung  ben  bort  neu  ju 
erfiellenben  2lnroefen  sJtaum,  Suft  unb  £id)t,  bie  ©runb- 
bebingungen  gefunber  SBohnungSoerhältniffe.    2)ie  Sinbcnftrafte 

(baS  alte  -ßiöeuNeröä&tfK11)  W  ourc{)  ocu  Umbau  uon  1875  unb 
bie  neuerbingS  bort  entftanbenen  oillenartigen  ©ebäube  ju  einer  ber 
fchönften  Strafjen  ber  Stabt  geroorben.  (Gegenüber  bem  ®a3* 
roerf  erftanben  in  ben  legten  fahren  eine  Oieifye  oon  ber  Stabt 
erfteüter,  billiger  guteingeridjteter Slrbeitermoljnungen.  $a3  Dtennfelb 
^at  ftd)  ju  einem  ber  fdjönften  Stabtteile  auSgebilbet,  unb  mer 
etma  nach  20jähriger  ^Ibmefenheit  fid)  heute  roieber  bort  umfehen 
wollte,  mürbe  ftd)  faum  mehr  auSfenneu. 

hieben  ben  Neubauten  im  Qnnern  ber  Stabt  ift  in  ben 
let3ten  fahren  in  oer  luftigen,  malbnahen  Sage  auf  bem  9iob 
unb  in  ber  Schroarsmalbftrajje  ein  neues  Villenoiertel  entftanben, 
beffen  s2lnmefen  als  gefunbe  ©ohnungen  mit  herrlichem  StuSblicf 
in§  (Snjthal  eine  roahre  SehenSmürbigfeit  bilben.  Sie  jeigen 
faft  burchroeg  im  Qnnern  unb  2leujjern  ein  referoiert  oornehmeS 
©epräge,  bei  wohlüberlegter  ©runbri  jjbiSpofttion  feinen  übertriebenen 
Komfort  in  ber  s2lu3ftattung.  bequeme  Eingänge,  ftorribore  unb 
treppen,  geräumige,  I)or)e/  nach  ^rcr  Veftimmung  mol)lorientierte, 
Suft  unb  Sicht  Bugang  gemährenbe  Limmer,  2Öaf|erleitung, 
©aS*  bejm.  SleftrisitätSeinridjtung,  h"M^)e  ©arteuanlageu  unb 
faubere  #öfe  baoor  finb  bie  Vebingungen  biefer  5lnmefen.  sills 
baS  fchönfte  barunter  barf  mohl  ber  sJienaiffancebau  beS  £erru 

22* 

Digitized  by  Google 


340  ^forjbetm  im  19.  3abrtmnbert. 


©tabtrat^enfel  bezeichnet  roerben,  neben  bem  £)itler'fchen  ©djlö&djen, 
bem  SBieber'fchen  $aufe  (<£cfe  ber  ßinben*  unb  ©chulbergftra&e),  unb 
bem  ©üüd)Tfd)en  3lnroefen  (roefil.  $arlfriebrichftraf$e),  überhaupt 
ba$  fdjönfte  #au§  ber  ©tabt. 

feeniger  anmutig  präventieren  fid)  bie  oft  eine  gan^e 
©trafjenjeite  einnehmenben  gleichförmigen  53acffteinbauten,  bie  r»on 
fpefulatioen  Unternehmern  al§  Sftietroohnungen  errietet  mürben. 

3m  Sdtyxt  1879  erhielt  ber  SJtarftplatj  eine  neue  Qitxbt 
burd)  ba§  ftriegerbenf'mat,  baS  auf  21  968  9ttf.  ju  ftetjen  fam.*) 

3)a8  alte  am  dingang  ber  ©d)lof}bcrgftraj3e  für  ben  93er* 
fefjr  menig  günftig  plazierte  SHarfgraf  drnft*35enfmal  rourbe 
am  £eopolb§ptat},  gegenüber  ber  SRiecfer'fchen  53uchhanblung  auf* 
gefteüt. 

$lud)  ber  fd)öne  Brunnen  mugte  entfernt  roerben,  beffen 
Serbinbung  mit  bem  neuen  Äriegerbenf mal  bemfelben  ju  bem 
3lu§brucf  ber  ftraft  unb  ©tärfe  aud)  ben  ber  Slnmut  oerliehen 
hätte. 

3)ie  enorme  3"«öhme  ber  (Sinroohnerfchaft  oeranlaftte  bie 
©tabtoerroaltung  ein  neues  ©tabtquartier  auf  bem  ©fibabhange 
beS  2Bolf§berge§,  nörblid)  ber  93ahn,  anzulegen.  roirb  oorau§= 
ftchtlidj  nach  wenig  Sa^xttt  eines  ber  fünften  ©auoiertel  ber 
©tabt  fein. 

2Benn  bie  93auten  ber  ©rabmeffer  ftnb  für  ben  ^$ul§fd)lag 
be§  ©emeinbelebenS,  fo  barf  oon  ber  gegenroärtigen  *ßertobe 
gefagt  werben,  baf3  fte  bie  glücflichfte  ift,  bie  ^Pforjhcim  je  ge* 
fehen  hat. 

$ie  ©efamtjahl  aller  ©ebäube  belief  ftch 
1800  auf  780, 

1810  „    784,  barunter  644  SBofmhäufer, 

1855  „  1590, 

1856  „  1639  (in  biefem  3af)re  rourbe  eine  neue 
sJcummerierung  ber  Käufer  unb  bie  Einteilung  ber  ©tabt  in 
5  Quartiere  oorgenommen). 

93on  Januar  1857  bi§  bahin  1866  rourben  h^cr  Durch 
Neubau  250  ^ofraiten  errichtet,  ferner  272  neue  SBolmhäufer, 
10  neue  ©djeunen  unb  14  fonftige  SRäumlkhfeiten.  9Son  älteren 
s4Bohnhäufern  erhielten  63  neue  ©toefroerfe,  an  76  rourben 
©eiten*  unb  Runter a.ebäube  angebaut.  3)ie  ©efamtjahl  ber  1866 
beroohnbaren  §ofratten  betrug  959.  33ei  einer  ©eelenjahl  oon 
17  000  Äöpfen  tarnen  bitrchfdjnitttid)  18  SBeroolmer  auf  ein 
9Bo$ttbail& 

3m  3ahre  1884  betrug  bie  puferjahl  in  113  ©tragen 
=  1700. 

•)  35tc  Crimucitjuuö  geföat)  am  18.  aWai  1879  im  »eifein  beö  <£rb* 


Digitized  by  Gc 


Worafcün  in  19.  3abrbunbett.  341 

2>ie  ©efamtaafyl  fämtlicfyer  $aupt*,  kleben«  unb  hinter* 
gebäube  betrug  nad)  bem  ©tanb  auf  1.  Qanuar  1900: 
3ür  bic  Stabt  ^forjljeim  unb  bo§  #ofgut  $aibadj  6408  mit 
2791  2Bof)ngebäuben  unb  mit  einem  $ranbnerftd)erung§anfd)Iag 
von  71525  270  2flarf.  £ieruon  finb  au§  (Stein :  3255,  ©tein= 
riegel:  2140,  §otj:  1013. 

3)ie  $ad)bebecfung  ift  bei  6319  ©ebäulid)feiten  feuerftdp, 
32  fyaben  $olfr,  2  (Strot)=#  46  *|kppebebad)ung  unb  9  ©ebäulia> 
feiten  ftnb  of)ne  3)acf>.  Qaty  ber  ^rioatnerfidjerungen  (©ebaube* 
fünftel)  =  2398  mit  13  562  520  9ttf.  93erftd)erung§anfd)lag. 

SJrüdictt  «nb  Stoße. 

9iod)  ct)c  ba£  £odjroaffer  im  Sluguft  1851  bie  eiserne 
2luer  93rücfe  fortriß  t>attc  ber  ©emeinberat  ben  Umbau  berfelben 
mit  einem  eifernen  Oberbau  nad)  bem  s$lane  be§  Ingenieur  9täfjer 
in  s$for$f)eim  befdjloffen.  (£3  mar  bie  erfte  größere  eiferne  93rficfe 
nad)  bem  ©nftem  ber  ©itterträger,  roeldje  in  ©übbeutfdjlanb 
errichtet  mürbe  unb  sugleid)  bie  erfte  3luffüf)rung  biefer  2lrt, 
roeldje  bie  fpäter  im  SBrücfenbau  fo  berühmt  geworbene  girma 
93encfifer  fyerfteüte.*) 

3m  $ejember  1862  rourbe  uon  ben  ftäbt.  Kollegien  ber 
Neubau  ber  SKofjbrficfe  burd)  eine  eiferne  ^ogenfyängefonftruftion 
im  9(nfd)Iag  uon  40  000  jt  befdjloffen.  3)er  <3teg  über  bie 
sJJagolb  beim  Kupferhammer  rourbe  im  21pril  1863  erneuert ;  im 
3af)re  1880  rourbe  er  nebft  anberen  33rücfen  com  #od)roaffer 
roeggeriffen  unb  burd)  einen  eifernen  erfefct. 

$ie  Ueberbrücfung  ber  ©nj  beim  ginrenftein'fdjen  SBefjr 
(jefct  ^nfetfteg)  rourbe  fdjcm  1874  projeftiert.  9Hef)rere 
sJtad)barn  gaben  freiwillige  Beiträge,  im  ganzen  3000  (L,  ju 
biefem  Qmdt  jur  33erfügung.  (Sbenfo  rooHten  bie  f)erren  (Stein* 
mann  unb  3tmmermeifter  3^ctmanr  ben  erforberlidjen  ©runb 

*)  Sie  Xuerbräde  foU  mit  ber  ßnjlorreltion  burd)  eine  neue  »rüde 
erfefct  roerben.  Die  ftonftruttton  unb  beroratioe  Sludftattung  wirb  ber  Umgebung 
angepaßt  toerben.   (*s  ftnb  bafür  210000  War!  Äoften  oorgefetyen. 

»ei  einer  33efeftigung  beö  großen  Pfeilers  unter  ber  Suerbrürfe  nad) 
ber  Ueberfdnoemmung  oon  1824  fam  ein  Duaberftein  jum  «orfdjein  mit  ber 
Jnfrfmft 

Anno  MDLXXIIl 

„$aS  (rufe  mit  grojj  äüaffergüffen 

Sic  «nie!  mit  Wroalt  in  Stud  ocrrtfjen 

Sarum  ein  9tat  oon  biefer  (9'mein 

Xcn  Pfeiler  fefct  oon  fjarten  Stein; 

35er  l'anbesfürft  SRargrao  (Saroluö 

Sen  Stein  legt  felbft'  in  tflufc." 
llrfunb(id)  v.'.m  erftcnmalc  roirb  bie  Slucrbrüdc  1H5H  als  „8teonin 
«rüden"  genannt.  3m  '^abre  1522  rift  fic  ber  Giögang  fort ;  fie  muft  alfo  bod) 
lang  gehalten  tjaben;  im  ^a()re  1573  fobann  lief*  Marl  II.  bie  neue  «rüde 
bauen,  barauf  bejie^t  fu$  obige  ^nfajrift. 


Digitized  by  Google 


342 


^forjbeim  im  19.  ^abrbunbert. 


uneutgeltlid)  abtreten  *u  biefem  bringenb  nötigen  Vau.  sÜ\i$- 
geführt  mürbe  berfelbe  nad)  harten  kämpfen  nnb  ^eitungSfebben 
erft  im  ^abre  18!>8. 

3m  3af)re  1880  erftanb  bie  oon  Vencfifer  fonftruierte 
SÖerberbrücfe,  ein  ebenfo  jwcdmäjjiger  als  imponierenber  Vau, 
n-äfyrenb  bie  gleid)*eitig  bcrgeftellte  Ältftäbterbrücte,  8O0OO3Rt., 
mof)l  einige  Vieler  breiter  fein  bürfte.  3lm  2!).  ^uü  1883  würbe 
ber  (^u^teg  am  ^inbcnplat}  bem  Werfet)!*  übergeben.  2)er  3teg 
am  3tabtgarten,  uom  Verfdjänerungsuerein  mit  einem  ^lufroanb 
oon  ca.  looo  SRarf  erridjtet,  ging  im  September  L886  in  ben 
sBcfxl3  ber  3tat>t  über.  Ter  Umbau  ber  SJJetjelgrabenbrücfe  an 
ber  3^I)"!^ane  mürbe  im  Cf tober  1884  bewirft 


StaaUiäe  -aeßdr&en. 

Verwaltung  unb  ®crid)t. 

3a!>rt)unberte  lang  hatte  bae  21ml  feinen  3it*  in  bem 
©ebäube,  n>o  fid)  feit  1*25  ba§  ®aftf)au$  jut  Shone  befinbet. 
3u  biefem  ^abre  oerfaufte  ber  Staat  bas  ftaui  um  7000  ©Ib. 
au  ben  Damaligen  ftroueuwirt  3£eber,  beffen  (5nfel  nod)  ben 
Kaufbrief  beftyeu.  3'»  Crleans'fdjen  Kriege  mürbe  ber  XaaV 
ftubl  famt  bem  angebauten  Xürmdjen  mit  Uhr  ein  Laub  ber 
flammen.*) 

3ur  Veftrafung  uieler  Vergeben,  bei  Laufereien,  Körper^ 
uerleljung  :c,  wie  pe  gegenwärtig  ba*  3d)öffengerid)t  befd)äftigen, 
würbe  511  Einfang  be*  .^abrbunbertS  furjer  £>anb  bie  si?riigel- 
ftrafe  in  "Dluwenbuug  gebracht.  Tie  hölzerne  Vanf,  auf  welcher 
ber  Verurteilte  feine  ^rad)t  3torfftreid)e  empfing,  ftanb  für  ge^ 
wöhnlid)  im  .frofe  be*  Slmthaufe*.  311«  Verfd)ärfung  ber  Strafe 
würbe  fie  aber  jumeilen  aud)  auf  offenem  SRarfte  aufgeteilt.**! 

Kür  tobe*würbige  Verbredien  fanb  nad)  ber  alten  „bodmot^ 
peinlidien  \>aI>aerid)t$orbnung''  ber  Walgen  vJlnwenbung ,  ber 
nad)  einem  ber  iHoUer'fcben  Wefdiidjte  s^f  Olxheim*  beigelegten 
cituationrplan  in  ber  sJiäbe  ber  alten  Sicfenbronner  3traf>e 
redjtö  00m  ÜBalbeingang  ftanb. 

Tas  neue  iHmihau*  würbe  im  3abre  1*25  belogen  (ftebe 
bauliche  Veränderungen)  unb  enthielt  fämtlid)e  Öefd)äft*fteÜen 

*)  i«t:rfVrmeoter  unb  ^ammtornehiner  veinrief)  Uiauer  bemirfte  IM»' 
ben  Umbau       \>au»c«  in  feiner  iehnuii  Henau. 

*')  Wcrimtaftl  Ate  itorfiiuttter  mar  ber  ?hm>biener  bes  CberoiMt*. 
ichntolf,  etil  Cttiimal,  mit  c«>  heimutaae  allerbtnge  niebt  mehr  oorfommen 
tonnte.  Iii*  .Mmt*>iKMmuu*  unb  ctbmoll«  fttobnunp  befanbcit  fid)  im  Tonnen 
imiblivrö&cn,  im  bumai  ta.cn  Quellt  hau«  1  honte  >>cti  unb  i^fleacanftalt).  *'id)  t 
lriuiiui  ai'Hitditet  war  Holl',  „her  btrfe  .'linttmuin",  benen  „(Hein"  mid)  bem 
v.Hi>cuUaui>en  ber  ;{ea  noeb  int  lohe  teilte  ."Huljc  ftuben  tonnte  unh  im  £ob 
bergnalbc  umaeljcn  nuipte. 


Digitized  by  Google 


iftrim  18*3—64. 


Google 


^fotabcün  im  19.  3abrbunbert. 


343 


berSkrroaltung  unb3uf%  sM\t  ber  ftetig  juneljmenbcn  (£rroeiterung 
ber  5Imt^gcfd)äftc,  ber  bamit  jufammenfjängenben  ©efd)äft£teilung 
unb  ber  93ermef)rung  be§  33eamtenperf  onal§,  ^abcn  ftd)  bie  9Mumlid)= 
feiten  beute  für  bie  SSerroaltung  allein  fdjon  al§  unjulänglid)  erroiefen, 
roe§f)alb  mit  bem  Neubau  eines  ^3ejirf§amt§gebäube§  bereite 
begonnen  rourbe.  2)a§  gefamte  SBermaltungä--  nnb  ©erid)t^- 
perfonal  beftanb  1859  au§  bem  Oberamtmann,  einem  Amtmann, 
einem  föeferenbär,  einem  föegiftrator  unb  jmei  Aftuaren.  $)aS 
2Imt3reoiforat  (in  ber  ütt^gerftrafje,  2Bo^nt)au§  be3  SßermatterS 
ber  $eil  =  unb  s$flegeanftalt)  beftanb  au§  bem  9mt&remfot 
unb  einem  Slfftftenten.  ®egenroärtig  $tyt  ba§  SBejirfSamt  ju 
feinen  Beamten  ben  9lmt§oorftanb,  einen  I.  unb  einen  II.  ^Beamten 
unb  einen  9(mt3gelulfen ,  einen  SHeoifor,  einen  ftanäleifefretar, 
einen  flieoibenten,  einen  Diegiftrator  unb  10  3Utuare. 

93i§  1843  führte  ber  SlmtSuorftanb  ben  Sitel  „Oberoogt", 
ber  lefcte  Oberoogt  mar  Deimling,  ^m  Saufe  be§  3^rl)unbert§ 
befleibeten  biefeS  3Imt: 

Seit  1803  Benjamin  iHotf),  1823  Deimling,  1843  ^Böbme, 
1844  o.  9*eubronn,  1847  glab,  1849  $ed)t  (suoor  £ofgerid)t3* 
affeffor  in  93rud)fat),  1861  SBinter,  1864  Sad)3,  1868  £epting, 
1872  3oo8,  1874  o.  Sdjerer,  1878  Siegel,  1883  N?fifter,  1891 
öfterer,  1896  ©ebeimer  9tegierung3rat  $otymann,  1899  ©efy. 
SHegierungSrat  9lebe. 

W*>  jum  3af)re  1876  befanben  fid)  53ejirf§amt  unb  Xmt* 
gerid)t  beifammeu  im  alten  ©ebäube.  s3lm  21.  ^uli  biefeS  Qabre* 
mürbe  ba§  neue  2lmt3gerid)t§gebäube  in  ber  Sinbenftrafje  besogen 
unb  am  folgenben  £age  bie  evftc  Sd)öffengerid)tsfit3ung  bafelbft 
abgehalten. 

Q3ei  ber  Trennung  beiber  Remter  1857  blieben  bie  bis 
babin  in  ber  (Sigenfdjaft  als  Startmann  beim  Oberamt  angeftellten 
Slarl  ü.  $injenti  unb  ©ärtner  als  Amtsrichter  t}ter.  sißät)renb 
letzterer  —  im  Sluguft  1860  »um  Oberamt§rid)ter  ernannt  —  bis 
1872  auf  feiner  Stelle  Derblieb,  rourbe  Amtsrichter  o.  $in$enti 
1857  fd)on  nad)  Karlsruhe  oerfetjt.  2)er  $>ienftnad)folger  ©ärtners 
mar  2Jtor§  oom  Wlai  1872  bi§  ju  feiner  1895  erfolgten  3urube- 
fetjung.  Weiterhin  begleiteten  am  sßforäbeimer  Amtsgericht 
ftidjterftetlen : 

AmtSridjter  ftamm  1858  -1862,  Horner  1862 -64,  ©erftner 
1862—64,  93oefb  1864—69,  Sd)ember  1864—68,  Sflittell  1868 
bis*  1871,  93uf3  1869—79,  (Hmft  1871—72,  SBeff  1872-1874, 
Uibel  1874—1879,  Horner  1876  -77,  u.  Stengel  1877-1878, 
Arnolb  1879—1881,  Birf  1878—1886,  @Uer  1879  -1883, 
Sflittell  1881—1889,  3oün  1886—87,  £ein3hetmer  1883-1889, 


Digitized  by  Google 


344 


$fotabeim  im  19.  3abrbunbert. 


gren  1887-1890,  d.  93abo  1887—1895,  ©autier  1889—1894, 
m$  1890-1898,  Defterle  feit  1894,  ©djopf  1895-1899, 
©locf  1895—1899,  Itybe  fett  1898,  SBenber  feit  1899,  S)r.  Serot* 
feit  1899. 

<5d)on  feit  ben  20er  Sauren  machte  ftd)  in  ^forj^etmer 
#anbel§*  unb  gabrifantenfreifen  ber  SBunfd)  geltenb,  ein  tfoüegial* 
geriet  am  Orte  felbft  $u  befttjen.  3m  3)eaember  1831  reichte 
bie  ©tabtoerroaltung  ein  ©efud)  ein  an  ba§  ©taatSminifterium 
um  3"cr^e^utt9  eme§  folgen  unb  begrünbete  baSfelbe  Damit, 
bafj  s$forjbeim  burd)  |>anbel  unb  gabrifation  me^r  wie  jebe 
anbere  Stabt  SHedjtSftreittgfeiten,  namentlich  2Bed)fel*  unb  IjanbelS- 
fad)en=^rojeffe  ju  führen  habe,  bie  befanntlidj  ju  ben  fc^miengften 
gehörten  unb  beren  dntfdjeibung  häufig  ber  $ompeten$  ber 
&olIegialgerid)te  jufaden  mürben.  35ie  (Eingabe  fanb  roeber  eine 
©rroiberung  nod)  (Sntgegenfommen. 

©efamtjahl  ber  3u)ilprojeffe  beim  $lmt§geridjt  $f or^eim : 


SBergleidje 

Urteile 

Zahlungsbefehle 

©anten 

1857 

55 

294 

1126 

6 

1858 

275 

395 

1415 

7 

1859 

240 

353 

1468 

7 

1860 

333 

412 

1581 

8 

1863 

? 

? 

2501 

18 

1872 

? 

1  ? 

2490 

22 

3al)r 

Betreibungen 

Wanten  eröffnete 

Ctoil* 
proseffc 
tmref) 
Smtfc 
geriet 
erlcbigt 

^fanb= 
urlunben 

Kapital« 
Unterpf  änber 

3- 

6 

<« 
ei 

H 

jogene 
Stegem 
fttaftfc 
Boll* 
ftreef« 
ungen 

Soll* 
jogene 

u.  ftalm* 
früajte; 

ftrerfs 
ungen 

Kapital 
Betrag 

CO 

Kapital 
Betrag 

«3 

1875 

3848 

26 

71 

22 

1918 

4  239  404 

416 

1 463  634 

910 

1876 

4555 

«0 

137 

65 

2717 

2  354  966 

374 

2209441 

1427 

1877 

374« 

14 

219 

117 

3747 

1  759  900 

357 

3  203  993 

2123 

1878 

3197 

88 

310 

77 

2794 

1312951 

389 

2  122  785 

2033 

187» 

2952 

94 

283 

61 

2209 

1  157  755 

328 

1288  547 

1698 

1880 

3583 

181 

103 

9 

1851 

1275  773 

401 

316  010 

355 

1881 

2859 

97 

145 

12 

1570 

1  342  509 

359 

218643 

257 

1883 

2464 

4« 

123 

17 

1394 

886000 

272 

77000 

121 

1884 

2775 

■ 

125 

13 

1688 

842  000 

237 

108000 

105 

1890 

3033 

•> 

166 

27 

2165 

3  384000 

415 

2086  000 

251 

1895 

3231 

22 

178 

33 

2155 

5358  000 

544 

Digitized  by  Google 


Worabetm  im  1&  Sabrbunbert.  345 

9Hit  ber  ©Reibung  beS  SesirfSamtS  üom  Amtsgericht  mürbe 
auch  baS  "poliaeimefen  neu  geregelt.  bisher  lag  baSfelbe  in  ben 
£änben  ber  Stabrnerroaltung,  mürbe  aber  nunmehr  bem  SBejirfS* 
amte  unterteilt. 

3m  3a$xt  1859  beftanb  baS  ^olijeioerfonal  aujjer  bem 
Kommiffär  auS  einem  (Sergeanten  unb  8  *ßolijeibienern.  ©egen* 
roärtig  finb  1  Kommiffär,  1  3Bad)tmeifter ,  6  (Sergeanten  unb 
52  Schutzleute  in  ber  Stabt.  $)aS  $auut=<Poliseiroachlofal  (mit 
ununterbrod)enem  XageS*  unb  9tod)tbienft)  befinbet  ftd)  im  Sftat= 
häufe,  ein  anbereS  in  ber  QfpringerftrafU  6  a  unb  feit  turpem 
nod)  ein  weiteres  tm  „Seban".  3)ie  StaatSpolijeibiener  erhielten 
com  1.  Qanuar  1877  ab  ben  tarnen  „(Schulmänner". 

3lm  31.  2)ejember  1865  mürbe  baS  ehrroürbige  Snftitut 
ber  sJtad)troäd)ter  in  s$forjh*im  aufgehoben  unb  bie  ^ßolijeh 
mannfd)aft,  welche  beren  fyunfttonen  übernahm,  bementfpredjenb 
oermehrt.  (Sine  Kontrolle  beS  SDienfteS  ber  Seute,  meldje  bamalS 
eingeführt  rourbe,  ift  feitbem  roieber  abgefdjafft  roorben,  nämlich 
bie  Kontrolluhren. 

3n  unruhigen  Reiten,  roie  §.  93.  in  ben  9teoolutionSjahren 
1848/49  unb  im  3ahre  1866  mürben  jur  Aufrechterhaltung  ber 
öffentlichen  Sicherheit  auch  Bürger,  Turner  unb  Jeuerroehrleute 
für  ben  SDSachbienft  beftimmt.  So  oereinigten  fich  bie  beiben 
Umgenannten  Korporationen  unb  eine  größere  Anzahl  greiroilliger 
1866  ju  einer  Sid)erheitSroad)e. 

^oliseifommiffäre  maren  feit  bem  Seftehen  ber  ftaatlichen 
^olijei : 

@id)robt  1857/58,  ^preu  1858/59,  Eenjinger  1859/61,  93au* 
mann  1862/67,  Eifchoff*)  1867/69,  ©antner  1868,  Argaft 
1873/77,  £äufer  1877/81,  ©uggenbühler  1881/84,  oon  SJiai 
1884  bi§  h™te  Seifert. 

3ur  £anbf)abung  ber  SBaupolijei  finb  bem  93e$irfSamte 
befonbere  Sadjperftänbige  beigegeben,  gür  bie  Stabt  oerfieht 
biefeS  Amt  93autontrolleur  unb  Ardjiteft  $annemaun.  tiefem 
5ur  Seite  ftet)t  bie  DrtSbaufommiffion,  beftehenb  auS  bem  Stabt* 
baumeifter  unb  4  Sftitgliebern. 

3>ie  StaaUanwattffiaft. 

3)em  2anbgerid)te  Karlsruhe  jugeteilt,  ^at  biefelbe  feit  1879 
in  s}3forjhetm  ihre  Vertretung.  Sie  umfaßt  bie  Amtsgerichts* 
93ejirfe  ^forjheim  unb  ^Bretten. 

AIS  StaatSanmälte  maren  tf)ätig:  Uibel,  Arnolb,  Hölter 
unb  feit  1900  Schlimm. 


•)  fUM  Dffaier  im  Jclbjuge  1870/71  Ratten. 


Digitized 


346  vJMorabcim  im  19.  Sabrbunbert. 

Seit  1879  beftef)t  eine  eigene  ^viminalpoUjci.  Hriminal^ 
fommiffäre  roaren;  Stier  bi§  1899,  ftanfer  1900,  Eittiger  feit 
1900.  2)ie  tfriminalfdjutjmannfdjaft  bcftct)t  aufcerbem  nod)  aus 
1  Sergeanten  imb  2  Sdjutjleuten. 

$ie  ©enbarmerieftation  s}3forst)eim  umfafjt  einen  **Bad)t* 
meifter,  einen  SSijeroadjtmeifter  unb  brei  ©cnbarmen. 

3m  3a()re  1848  maren  2  1l\eM*anw&tU  I)ier,  v.  93etti 
unb  ber  burd)  feine  $eilnal)me  an  bem  1848  49er  3tufftanbe 
befannt  geworbene  <3d)lemmer.  Swv  3«t  ftnb  7  Anmalte  f)ier 
tf)ätig. 

Notare  roirtten  im  3af)re  1859  in  ^for^eim  4,  einer  für 
bie  Stabt  unb  bie  Orte  33üd)enbronn  unb  ^>iUmcifjenfietn,  bie 
anbern  für  bie  übrigen  Sanborte.  ©egenmärtig  befte^en  im 
^ejirf  5  Wotariatsbiftritte. 

Pas  iMoi;tin-]o<\l'i(1')i'  ^inanjamt. 

91uf  1.  s2lpril  1882  mürbe  bie  2)omänenoermaltung  s$for^ 
beim  mit  ber  Obereinnebmerei  Bereinigt,  unb  bie  fombinierte 
$ejtrfsuerred)nung  führt  fett  1.  s3flai  1895  bie  ^ejeicfymmg 
„g  in  an  samt". 

$ie  Obereinnebmerei  befanb  ftd)  bis  in  bie  40er  %a1)ve  in 
ber  Stiftsftrafje,  im  jetzigen  §aufe  bes  2öeint)änbler$  (Smsfjeimer, 
bas  fpäter  ftefanatsgebäube  mürbe. 

Soweit  bie  Wanten  ber  Beamten  aus  Sitten  unb  s43erorb- 
nungsblättern  aufoufinben  waren,  mögen  fte  f)ier  folgen: 

©ßemnncftmer : 

53ittmann,  ©fjriftian  griebrid)                      feit  1837, 

$3auer,  "Öernbarb  feit  1839, 

Kräuter,  ßfjriftian  feit  1844, 

ftappler,  Öofjann  33apt.  feit  1849, 

Sibert  feit  1856, 

fteinbarb,  Sflorifc  feit  1857, 

©ei&er,  ^idmef  feit  1878. 

ftßfmnncftmcr  nnb  I>omänenpcrmattcr: 

©raff,  5larl  feit  1882, 

©üntfjer,  Oofef  feit  1886. 

$6crftcttcrtnrpcfitor : 

.frofftaetter,  Jeimann  feit  1891. 

Ute  Beamte  —  Jvinanjaffefforen  —  ftnb  bem  Jyinan$amte 
feit  1895  ^geteilt: 

Roller,  $r.  Otto  feit  1895, 

8-ud)S,  ^bilipr  feit  1897, 

ffiatbel,  2ubmig  feit  1897. 


Digitized  by  Google 


^fotabcim  im  19.  3abrbunbert.  347 

Pomänenvexwattex : 

<£receliu3  (flmttfetter)  bis  1828, 

Deimling,  SEBiüjelm  feit  1828, 

«öittmann*),  (£f)r.  griebrid)  feit  1839, 

Sodann  ©eorq  feit  1848, 
man,  »t,  Otto                                1852  bi§  1881. 


?te  Steitcrctnwcfimeretnt. 

3)a3  Unterfteueramt  mar  früher  jugleid)  Qottbe^drbe. 
Severe  ©teile  bat  jefct  al§  „Webensollamt"  eine  felbftänbige 
(Stellung.  $)ie  Steuereinnehmern  befte^t  au§  3  felbftänbigen 
3ablftcüen,  roooon  2  auf  bem  ©djlo&berg,  bie  britte,  roegen  be§ 
3leifd)accife3,  im  <5cf)lad)tf)of  untergebracht  ftnb. 

Solange  bie  (5tabttf)ore  nod)  ifjre  amtliche  SBebeutung  fjatten, 
erjftierten  aud)  bie  £t)orroarte,  meiere  früfjer  aüroöcfyentlid)  unb 
fpäter  täg(id)  ben  3lcciforen  ifyre  Rapporte  madjen  mußten  über 
Sßief)*  uno  SBeintranSporte. 

Pao  OtntrrlionimilTiuiat. 

früher  Steuerperäquatur  genannt,  umfaßt  bie  ©tabtgemeinbe  unb 
93röt}ingen.  (£3  beftef)t  au§  bem  $orftanbe,  au§  brei  Beamten 
unb  mirb  in  feiner  ^ätigfeit  unterftütjt  oom  Steuerf  djaljungs* 
rate,  beftefyenb  au§  bem  jeweiligen  Oberbürgermeifter  unb 
14  SdjatjungSräten. 

©eit  10  ^a^ren  befielt  in  ber  ©tabt  eine 

Sektxon  int  33 a (Ter-  uno  Straßfitßatt. 

S)ie  33orfter)cr  biefeS  s2lmte§  roaren:  Sriebrid)  SBagner, 
Sftonligni)  unb  feit  1899  Subro.  9Jteefc,  ©rofft.  ^Bejirf^Qngenieure. 

Pas  miritärildu'  ^tefbeamt 

rourbe  lange  Qafyre  f)inburd)  nur  oon  einem  53ejirföfelbn)ebel 
(juletjt  <5d)önfelber)  unb  einem  militä'rtfdjen  ©djreiber  uerfefyen. 
©egenroärtig  leitet  ba§  9(mt  ein  93ejirf§offt$ier,  SRajor  *8ocf,  bem 
ber  Stontrollofftsier  9lbolf  <5d)äfer,  Hauptmann  ber  Sanbroefjr, 
unb  2  gelbroebel  unterftellt  ftnb. 


Smti1a)e  Wawattuna,.**) 

Bürger  unb  ©emeinbebeamte. 

2Bir  fjaben  au3  bem  *Jkioilegienftreit  erfahren,  warum  unb 
rote  bie  Slenberung  ber  uralten  ©tabtoerfaffung  t?or  ftd)  gegangen 

•)  2Öar  erft  Cbereinnefjmcr. 

•)  ÖcnerallanbeSardjtD,  3af>rc«bcrid)tc  ber  "panbclötommcr,  „$eobci($tcr" 
unb  „Steiger". 


Digitized  by  Google 


348 


Wotjbeim  im  19.  Sabrbuubctt. 


ift.  3)ie  neuen  93erhaltniffe  »erlangten  gebieterifd)  eine  foldje 
Aenberung.  Allein  bie  s$for5hetmer  Ratten  fid)  in  bie  iljnen  lieb 
geworbenen  ^ßrioilegien  fo  ^inetngelebt,  baß  fte  immer  roieber 
iBerfudje  machten,  roenigftenS  einen  £eil  berfelben  jurücfjucrobem. 
3m  3ot)re  1804  enblid)  follten  bie  ^rioilegien  in  jeitgemäfjer 
Seife  erneuert  roerben.  $ie  Regierung  ^atte  fdjon  1800  mit 
ber  Aufarbeitung  be§  Entwurfs  ben  Oberoogt  SHort)  beauftragt.*) 
Aber  bie  fortroäijrenben  $rieg§unruhen  ()inberten  bie  Einführung 
beS  Statutes.  bereits  1806  hatte  bie  ©tabt  auf  oerfdjiebene 
SHedjte  nerjidjten  müffen  unb  1808  oerlor  fie  auch  ihre  SDWisfreiheit 
$od)  blieb  ber  Vorteil  befielen,  ba|  bie  ©tabt  nur  %  jungen 
Seute  in  Rechnung  bringen  unb  bie  511  ftellenben  SHefruten  burd) 
Werbung  erfefcen  burfte.  3ur  Erleichterung  rourbe  1810  bie 
fog.  SBerbefaffe  in§  fieben  gerufen,  bie  inbeffen  mit  bem  51uf^ 
hören  be§  legten  föefteS  ber  alten  grciheiten  it)re  93ebeurung 
uerlor.  2)amit  änberten  fid)  fclbftnerftänblirf)  aud)  bie  fonftigen 
Sßerhältniffe  ber  <5tabt.  2)a§  ©emeinbegefetj  oom  3ahre  1831 
machte  jeber  AuSnahmeftellung  ber  Bürger  ein  Enbe  unb  traf 
bezüglich  be§  Ort§regiment3,  ber  SBenualtung  be§  ©emeinbelebenS 
u.  a.  für  alle  Orte  be3  £anbe§  bie  gleidjen  SBeftimmungen. 

93i§  jur  Einführung  ber  neuen  ©emeinbeorbnung  gab  es» 
oiererlei  Einroohner,  nämlid)  Bürger,  «£nnterf  äffen,  3uben  unb 
gefreite  Einroohner.  Sßollbürger  roaren  bie  an  bie  ©emarfung 
EigentumSberechtigten ;  Lintert  äffen  roaren  jene,  roeldje  fpäter 
einroanberten,  bie  ab*  unb  jugehenbe  Arbeiter*  unb  $aglöhner* 
beoölfcrung,  roeldje  nid)t  in  ba§  nolle  SRecht  bürgerlicher  ©enoffen* 
fdjaftSeigen  hinter  eintrat.  $ie  3uben  waren  fog.  ©dju^bfirger, 
bie  burd)  eine  oom  2anbe§h«vrn  beftimmte  ©umme  oon  bicfem 
einen  ©djufcbrief  auSgeftellt  erhielten,  ber  ihnen  erlaubte,  an  be* 
ftimmten  Orten  511  raobnen  unb  #anbel  ju  treiben.**)  $iefe  be* 

*)  6ine  Stelle  be$  ttotn/frten  ^rioileg-öntiourfs  lautet:  „Tie  biefige 
Stabt,  bereu  ilolffyabl  fid)  ungefähr  auf  5000  beläuft,  treibt  einen  grofcen 
£oljf)anbcl  uub  ift  ber  Sifc  feljr  bebeuteuber  Bijouterie*,  2ua>  unb  anberer 
Jyabrifen,  foioie  oon  Äupfcr;  unb  Crifenljammertoerfen,  bie  oon  Jag  ju  Xag 
immer  mcljr  wnefpnen,  unb  beren  $lnfel)cn  unb  Ärebit  im  Sluälanbe  fo  grop 
ift,  bafe  bie  flcine  ©tabt  ^iforjbcim  ben  gröjjten  otäbten  isuropaä  gleidjgeftcllt 
ift,  ja  in  Slnfebung  bed  feinen  (Mefdnuarfo  unb  ber  Solibität  ibjer  Arbeiten 
biöiocilen  oorgejogen  mirb.  33ei  weitem  metjr  als  bie  ftälfte  ber  Crimoobner 
befdjäftigt  fid)  unmittelbar  mit  bem  .\S0l3fwnbel  unb  ber  Bijouterie  unb  anberen 
^abrifen,  unb  ber  Witten  biefer  Nnftalten  ift  um  fo  einleud)tenber,  ba  fte  unter 
bie  wenigen  in  unferem  otaatc  gehören,  lüobura)  ein  Slftiobaubel  im  Sluölanbc 
getrieben  unb  (Mclb  berein  gejogcu  werben  fann.  £a  .öanbel  unb  5a&rifation 
nur  in  folgen  ©tdbten  gebeten  fönnen,  iuo  bie  oölligc  ftreitjeit  bed  Bürgert 
befielt  unb  laftige  perfönlidic  Staatöbicnfte  in  Üßegfall  fommen  unb  fub  bie 
Ginmoljner  oon  früher  ^ngenb  an  in  ibrem  (Mefdjafte  au«:  unb  mciterbilben 
fönnen,  mürbe  "^forjbeim  bie  ^rcib,eit  00m  sJ3iilitärbienft  mgeftanben  :c. 

•*)  Bio  $um  ^at)Vi  1809  bc-jog  bie  ^rrenlmuö^articular=JHcd)nung  oon 
fämtlid^en  ^uben  eine  Slufnajjmetare  unb  jroar  oon  fremben  ^uben  23  fL  45  Sit., 


Digitized  by  Google 


"Bforabeim  im  19.  3abtfranbett 


fdjronftc  ©cleitSfreiljcit  beftanb  für  bic  3uben  nod)  bis  in  ba§ 
19.  3at)rf)unbert  binein.  3"  &*n  gefreiten  ^erfonen  jagten 
©eiftlirfje,  3lerjte,  üe^rer  unb  alle  fürftlirfjen  Liener,  »ig  pr 
dinfüj^rung  be§  neuen  ©emetnbegefefceS  nmren  fte  befreit  oon 
©emeinbefieuern,  grofynben  u.  f.  n>.,  Ratten  aber  aud)  feinen 
Anteil  ain  $emeinbenut>en. 

3)ie  99ürgeraufnaf)metaren  beftanben  oor  1807 
in  1  (Schilling  «Pfennig  für  bie  Stobt 


oon  einem  eintjeimifajen  1B  fl.  15  i(r.  ald  einen  Zeil  bed  (Stnfommcnd.  Später 
ging  bie«  WcfäU  an  bie  Dberetnnebmcrci  bej.  bie  fterrfebaft  über,  roelc&e  bei 
ber  allgemeinen  Steuerperäquation  gegen  Vergütung  einer  ftänbigen  Summe 
biefe  Zaxe  an  ftd»  *og. 

3m  SRärj  1815  erlangte  bed  2lbrat)am  Scltgmann  JL'itroc  SJadjlafi  bed 
Scbufcgelbed  pro  1813  unb  1814,  bie  Scligmann  i.'cot  Söitroc  unb  Satyrn 
Sdjlofi  ben  oon  weiterer  Gntricbtung  besfclben.  3°fcPb  iöobenbcimer  SUioc. 
muftfe  jäljrlia)  20  fl.,  üurfcb  Solomon  24  fl.  25  Hr.  bejaijlen. 

ftrüljer  mar  ed  nur  fieben  idr.  Jyamilien  geftattet,  in  ty'orjfjcim  fcfif>aft 
5U  roerben,  unb  nur  bad  älteftc  Hinb  burftc  ftaj  in  ber  Stabt  oerfjeiraten.  Tie 
urfprünglidjen  Familien  oermcr)rten  ftd>  Memlidj  ftarf,  unb  bie  alte  Sfcftimmuug 
mit  ben  „fieben"  mar  mit  ber  3eit  in  itergeffenljett  geraten  ober  oiclmefyr 
milbc  gcbanbljabt  roorben.  3m  ^ab^re  1784  befanben  fiel)  in  ber  Stabt 
13  ^ubenfamilien  mit  85  Wöpfen.  Tie  Familien  roaren:  Dieter  öobenbeimer, 
Diofc«  s#obent)eimer ,  vi  neb  Solomon,  SHapljael  Solomon,  Kaufmann  Selig- 
mann,  Slbrabam  Seligmann,  fter*  3)iofed  Sßtoe.,  oMlil  Wobei,  ber  Sorfteber, 
*Jdr  üRobel,  ber  ^ubenroirt,  Seligmann  Vcot,  Simon  Sajleftnger,  CSjc^tcl 
Srfjlcftnger,  Solomon  9lron.  2lld  181B  ein  $rettener  ftanbcldmann  jraumann 
unter  2(nfüt)rung  triftiger  (^rünbe  bad  Sdmfcbürgerrecbt  in  ^for^eim  fetten« 
ber  Äreidregierung  jugefagt  erhielt,  menbeten  tun  17  C^efdjäftdlcutc  gegen 
biefen  »efc&lufe  an  ben  örofeljenog  unb  betlagten  ed,  bafj  „^forjbetm  bie 
unglücflicfje  Öeftimmung  getoorben  fei,  frembe  Israeliten  obne  bringenbe  Wrünbe 
aufnehmen  *u  müffen,  mAbrenb  bie  Stäbte  l'aljr,  Turlad),  Jyreiburg  baoon  oer* 
fdjont  blieben,  roetl  fte  ftanbljaft  gegen  beren  Ueberf)anbnet)meu  ftd)  gemehrt 
hätten. "  Taraud  folgten  eine  Steide  oon  ^rojeffen  unb  gegenfettiger  Sic* 
fajroerben,  bie  bamit  enbigten,  bafj  im  ^abre  1834  Zraumann*  unoenoeilte 
SJertoeifung  nacb,  Bretten  pi  erfolgen  blatte. 

Gin  anberer  $aU,  ber  einen  Jbinierf äffen  betraf,  oerbient  ald  nid)t 
minber  intereffanted  fulturgcfa)ia)t(id)cci  Moment  gleichfalls  Grroäbnung.  Äm 
13.  Jebruar  1829  mürben  bie  Wcbrüber  SJenctifer,  bei  melden  ein  gcroiffer 
Söeber  aud  beut  Söürttembergifdjen  einige  $eit  in  Arbeit  ftanb,  jur  ÜJerants 
roortung  gebogen,  toarum  fte  einen  SHenfcben,  ber  fta)  nicht  genügenb  über  feine 
eigentliche  Heimat  audioeifcu  (tonne,  in  Arbeit  genommen  hätten.  Tarauf 
rourbe  ber  ^erfua)  gemacht,  ob  nicht  bie  toürttembergifche  SBeljörbe  bureb  eine 
freimütige  Tarftellung  ber  2}err)ältniffe  SEBcberd  ju  beioegen  fei,  ba  bcrfelbe 
aud  Subroigett)al  gebürtig,  ihm  unb  feiner  Familie  bafelbft  fceimatörecbt  ^u 
gemäbren.  Öorerft  mufite  ilm  bie  Stabt  ^forUjeim  bebalten  unb  ihm  auf  fein 
flnfueben  einen  l  aft  audftellen.  Tie  mürttembci'gifdje  Regierung  bed  Scbman- 
roalbfretfeS  ermiberte,  bafe  bic  Stabtgcmeinbe  luttlingen,  }u  melier  ber  Steiler 
iubroigdtljal  gehöre,  ben  ^ol).  ^yriebr.  21>eber  alö  2(ngeb,örigen  anerfennen  toolte, 
; n  du  aber  bie  aud  ^infen^eim  bei  ttarlöruf)e  gebürtige  (r^efrau  bedfelben.  Tie 
Stabt  fei  jur  3lufnab,me  berfelben  nia)t  oerbttnben,  ba  naa)  roürttembergifdjem 
®efefce  eine  oon  einem  ^ürttemberger  ob,ne  bei'onbere  ^rlaubntö  im  w2ludlanb" 
gefcbloffene  (£tje  ungiltig  fei.  Tae  milber  benfenbc  babifa)c  Winiftcrium  mied 
bie  b^etmatlofe  gamtlie  nunmehr  ^ifor3b,eim  ju. 


Digitized  by  Google 


350  ^fotabeim  im  19.  3abtbunbert. 

in  1  Schilling  Pfennig  für  ben  Schultheiß 
in  1      „  „      „   ben  Nüttel, 

©päter,  alfo  nach  1807,  muftte  entrichtet  werben 

a.  für  bie  £errfchaft: 

oon  einem  2Rann  10  fl. 

oon  einer  grau  5  fl. 

oon  einem  Hinbe  (männlich)  2  fl.  30  Hr. 

oon  einem  Hinbe  (weiblich)  1  fl.  15  Hr. 

ferner  ber  gewöhnliche  SBürger^fimbjoll,  wooon  aber  bie  ©tabt 
ben  4.  $eil  bejog. 

b.  für  ba£  ©umnafium:  6  Hr.  ^errfc^af tüc^e  Xaye. 

c.  für  bie  Stabt: 

oon  einem  ÜRanne  93ürgergelb  30  fl. 

für  2  geuereimer  3  fl.  44  Hr. 

für  2  Obftbäume  30  Hr. 

oon  einer  grau  10  fL 

oon  einem  Hinbe  (männlich)  5  fl. 

oon  einem  Hinbe  (weiblich)  2  fl.  30  Hr. 

d.  ba§  ©tabtalmofen  bejog: 
oon  einem  ÜWann  1  fl. 

oon  einer  grau  30  Hr. 

oon  einem  Hinbe  (männ(ich)  15  Hr. 

oon  einem  Hinbe  (weiblich)  15  Hr. 

e.  ber  O beramtSbien er  r) a 1 1 e  gu  forbern: 
oon  einem  3Rann  30  Hr. 

oon  einer  grau  15  Hr. 

oon  einem  Hinbe  (männlich  ober  weiblich)  15  Hr. 

f.  ber  SRatSbiener  ebenfooiel, 
g.  bie  beiben  SBetteloögte  jeber  7l/t  Hr. 

Me  biefe  Jayen  unb  ©ebübren  waren  mit  SBorwiffen  unb 
©utheifjen  ber  £)errfd)aft  reguliert  unb  burfte  ohne  beren  ©e» 
nehmigung  feine  33eränberung  ober  Erhöhung  ftattftnben.*) 

S)ie  #ulbigung  mufcte  nicht  allein  ber  |>errfchaft, 
fonbern  auch  ber  ©tabt  geletftet  werben.  3»n  früherer  3eit  gab 
e§  bei  ber  £ulbigung  einen  feierlichen  silu3$ug  ber  jungen  Bürger 
auf  ba§  (3tabt|d)ie§h<iu§  unb  jwar  am  Harl*griebricb$feft. 

$)a§  silmt  be$  93ürgermetfter§  war  lange  Qtit  mit  bem  bei 
®emeinberechner§  uerbunben.  Inhaber  ber  beiben  ©teilen  war 
oon  1788 — 1815  93ürgermeifter  Dreher.  @3  würbe  ihm,  wie  oor 
50  3^hrc  feinem  Vorgänger  Penning,  nachgefagt,  baf&  er  im 


•)  «ei  einem  otreite  im  ^aljre  1723  »erlangte  bie  *Jürflerf$aft  ber 
5öürflcrmeifterabred)nun9eabl;ör  burd)  deputierte  anroofmen  511  bürfen,  rourbe 
jeboct)  abgeroiefen. 


Digitized  by  Googl^ 


^fotabeim  im  19.  Sabrbunbert.  351 


9tebenamte  nid)t  immer  blof*  bcn  ©emeinbenutjen  im  2luge  gelobt 
habe.  3ll§  an  feine  (Stelle  Sürgermeifter  ßvenfel  (1815—1830) 
trat,  würbe  ba§  Stabtredjneramt  bem  ©tabtoerrechner  SBitje* 
mann  übertragen. 

SBürgermeifter  ftrenfel  bejog  einen  ©ehalt  oon  300  ©ulben, 
3  ©ulben  für  Schreibmaterialien  nnb  15  ©ulben  „93om  gren* 
pferid)",  nebft  12  klaftern  Mannen--  nnb  ©ichenholj,  2  ftlafter 
Buchenholz  nnb  600  Büfchel  Seifig.  $)er  ©tabtrechner  erhielt 
mit  (Sinfchlufj  ber  Schreibmaterialien  nnb  ber  anbern  #älfte  be§ 
„greupferich§"  im  ganzen  1G8  ©ulben  30  ßreujer.  4)ie  £olj* 
befolbung  beSfelben  mit  Beibehaltung  feiner  al§  9kt§mitglieb  ihm 
äuftehenben  6  Klafter  betrug  9  Klafter  Budjen*  unb  3  Sllafter 
©iehenholä. 

$>er  ©tabtbaumeifter  £>emberger  bejog  in  bar  150  ©Ib. 

gür  Schreibmaterialien  7  ©Ib.  30  $r. 

Sämtliche  OTitgüeber  be§  ©tabtratS  bejogen  Belohnungen 
unb  diäten  für  sJtebenbefchäftiguugen,  wie  OTarft^auffidjt,  ßauf* 
hau§=3"fpefti°",  SagerhauSoerwaÜung,  gleifd)*  unb  33ter)befd)au, 
2Baifengerid)t  u.  f.  w. 

3)er  ©emeinbeorbnung  norn  3fat)re  1831  entfprechenb, 
beftanb  bie  ftäbtifd)e  Berwaltung  aus  12  ©emeinberäten,  bem 
engeren  5lu§fd)uf$  mit  20  SJiitgliebern  unb  bem  großen  9lu§fd)ufj 
mit  100  9Jlitgliebern.  3)ie  SmtSperiobe  be§  Bürgermeifter§, 
©emeinberatS  unb  5lu3fd)itffe§  bauerte  6  3^l)re.  $er  erftere 
bejog  bi£  1848  nunmehr  einen  ©ehalt  oon  1000  fl.  Sei  be» 
fonberen  $lnläffen  fonnte  ber  ©emeiuberat  feine  ©itjungen  burd) 
ben  engeren  9lu§fihufj  erroeitern. 

£)ie  .£>öhe  ber  Bürgeraufnahmegelber  raurbe  fortan  jährlich 
burd)  ben  ©emeinberat  *  feftgefefct.  ©o  würbe  im  ^uii  1849 
befdjloffen,  bafj 

ein  $lu3tänber  200  fL,  heiratete  er  eine  Bürgerstochter,  100  fl., 
ein  3nlänber  (Babener)  100  fl.,  h^vatete  er  eine  Bürgert 
todjter,  50 

eine  SluSlänberin  100  fl.,  eine  ^ntänberin  50  fl.  ju  jahlen  hatte. 
$)a  mürbe  jeweils  genau  geprüft,  ob  grembe,  welche  ftd) 
einfaufen  wollten,  auch  erwerbsfähig  roaren,  ob  bie  auswärtige 
Braut  aud)  ba§  oorgefchriebene  Vermögen  in  bar  ober  in  Siegen* 
fdjaften  befa&. 

2)as  Statt)  au£  mar  in  ben  oierjiger  3ahv*n  *m  3nnern 
nod)  wenig  ausgebaut;  eine  treppe  lwd)  gegen  ben  9ftarft  be< 
fanben  fid)  3  SlmtSftuben  für  bie  ©emeinbeoermaltung.  dahinter 
befanb  fid)  eine  weite  «palle,  wo  ehemals  bie  £ud)märfte  abge^ 
halten  mürben  waren.  3efct  biente  fic  ben  Bürgeroerfammtungen. 
3m  unteren  ©toefwerf  befanb  fid)  bie  ^oliaeiwachtftube ,  bie 
gruchthaüe  (ftornmarft)  unb  baS  ©pri^enmagasin.  3m  3.  ©toef 


Digitized  by  Google 


352 


Worabeint  [m  19.  ^abtbunbert 


mar  ber  s^ ür^ er a u 6 f d) u fi u tt f a a I .  #ur  &'\t  ber  SKeuolution 
waren  bie  3it)imgeu  öffentliche,  unb  bie  (Valerie  war  bem 
$ub(tfutn  geöffnet  Watfdjreiber  (ftlein)  unb  3tabtred)ner  (tfübner) 
hatten  ihre  '-iBobuungen  im  WatbauS. 

£ie  Umtvicbe  gegen  bie  ftäbtifdje  Verwaltung  von  ber 
Glitte  be$  ^abre*  ls4s  an  veranlagten  ben  feit  1837  amtierenben 
xöurgermeifter  SHubolf  3)eimlina  }um  ^Hücf tritt.  @3  würbe 
oerlangt,  bafj,  entgegen  ben  bisherigen  ^eftimmungen,  roonad) 
ber  SBürgermeifter  00m  großen  ^luöfc^u^  (feit  1838)  \\\  wählen 


6  crßürgcrin  elfter 
Siaspax  ö  dimii)!. 

war,  berfelbe  nunmehr  bireft  DOtl  ber  geiamten  v#ürgerfd)aft 
gewählt  mevben  tollte.  Gin  leil  ber  Bürger,  weld)er  ben  alten 
ßuftanb  nid)t  gcänbert  wiffen  wollte,  fudjte  bind)  fein  fernbleiben 
oon  ben  ^ürgeroerfammlungen  biefelben  befdjlufcunfäbig  511 
mad)en,  ma*  bie  Regierung  }ti  idjarfem  2abel  unb  jur  8traf- 
anbrobung  bei  fernerem  Ausbleiben  bemog.  JJn  einer  fpäteren 
s«öürgeroerjammlung  nuirbe  fobann  ber  ^ejdjluft  gefa&t,  baß  ber 
grofje  Mufcfdmfj  aufgehoben  unb  bie  ^atjl  bee  '«Bürgermeifter* 


Google 


Üorabeim  im  19.  Sabrlmnbert.  358 

bireft  burd)  bie  93ürgerfd)aft  &u  gefdjehen  habe.  3(n  Deimling? 
©teile  trat  <£receliu8.  9tod)  ber  SReoolution  würben  oon  ber 
Regierung  9Jlänner  an  bic  ©pi^e  be§  ©emeinberoefenS  berufen, 
beren  ©eftnnung  al§  lonal  galt.  Sieben  bem  erften  Bürger* 
meifter  3^enner  würbe  für  ba§  neu  gefdjaffene  Waat  eines 
jroeiten  93ürgermeifter§  ber  bisherige  ©tabtrat  (£.  ©chmibt  ge* 
roählt.  drfterer  behielt  fein  2lmt'  bi§  1863,  roorauf  ©d)mtbt 
bis  jum  3a^re  1875  baSfelbe  mit  Umfielt  unb  ©efdncf  leitete. 
s-8or  allem  bie  ©d)itle,  roeldjer  er  feine  ganj  befonbere  9luf* 
merffamfeit  unb  Jürforge  juroanbte,  beroahrt  ihm  ein  gutes 
Slnbenfen.  ©ein  Nachfolger  rourbe  bei  (Einführung  ber  ©täbte-- 
orbnung  1875  ber  bisherige  53eigeorbnete  ber  ©tabt  Carmen, 
$err  ©rofj,  beffen  ©teile  mit  70üO  üJlarf  botiert  mürbe.  3n 
fdjroieriger  Qeit  unb  unter  ben  benfbar  ungünftigften  Sßerhält* 
niffen  tyat  £err  ©rofj  ba£  ©teuer  be§  ©emeinbefd)ifflein$  mit 
$raft  unb  ©idjertjeit  geführt,  ©eine  9lrbeit3fraft  unb  fein 
OrganifationStalent  l)aben  ftd)  alSbalb  auf  allen  ©ebieten  bei- 
gäbt. $erroaltung  oorteilhaft  bemerfbar  gemacht,  fo  namentlich 
im  s)lrmenroefen,  ba§  bi^tjer  feljr  im  Birgen  lag. 

*8ei  ber  1884  ftattgefmbten  sJteuroahl  folgte  ihm  ber  feitt)erige 
Cberbürgermeifter  £raa&  oon  sJ*enb3burg  im  5lmte,  baS  aber  fdjon 
1888  in  bie  £änbe  be3  bisherigen  Karlsruher  OberamtmannS, 
$errn  $abermehl,  gelangte. 

ämeite  SBürgermeifter  maren  feit  ©chmibt:  ©erbereibefitjer 
©runer,  Kaufmann  Sranjmann,  SBörter,  ©enfcfen,  Krefcborn  unb 
^oljroartt). 

©eit  1876  ift  ber  frühere  ftegiftrator  ftren  I.  ftatf Treiber; 
er  folgte  auf  SRatfdjreiber  Klein.  9Iuf  ben  langjährigen  ©  t  a  b  U 
recf)ner  gühner  folgte  im  $ienfte  ber  nunmehr  feit  46  Qar)ren  hier 
amtierenbe  ©tabtred)ner  Qäcf.  5)er  treue  Beamte  roirb  oon  Sluguft 
1901  an  ben  mocjloerbienteu  iRuheftanb  geuiejjen.  3)ie  ©teile  eines 
©runb*  unb  *Pfanbbud)führerS,  roeldje  1875  mit  5000  3W. 
botiert  rourbe,  roar  feitbem  einem  für  ben  3)icnft  roenig  erfpriefj= 
liefen  öfteren  s2Bechfel  unterroorfen.  $)ie  Urfadje  bürfte  in  ber 
eigentümlichen  $roitterfteUung  biefer  ^Beamten  5roifd)en  ©taat 
unb  ©emeinbe  unb  in  ben  ©dwierigfeiten,  roelche  biefer  3)ienft 
gerabe  in  ^for^eim  bietet,  ju  fuchen  fein.  sJfeuerbingS  ift  ber 
Soften  mit  einem  juriftifd)  gebilbeten  ^Beamten  befefct  roorben, 
ber  ben  Xitel  „SKechtSrat"  führt,  ©ein  ©ehalt  beträgt  7000  2Jtt. 

$5aS  oerantroortungSoolle  3lmt  eines  ©tabtbaumeifterS  oer* 
roaltete  in  früheren  fahren  gewöhnlich  ein  tedjmfd)  gebilbeten 
SJlitglieb  beS  ©tabtrateS.  &ux  Qnt  ber  größten  SBautfjätigfeit 
befleibete  £err  ©tabtrat  unb  93  au  meifter  tfubroig  SB  e  ber 
biefe  ©teile  unb  erroarb  fich  um  bie  bauliche  ßntroicfelung  ber 
©tobt  grofce  Sßerbienfte.    ©ein  Vorgänger  l)ie^  93enber,  fein 

23 


Digitized  by  Google 


354 


<ßforabeim  im  19.  Sabrbunbert. 


Nachfolger  ©d)mible.  $er  jefcige  Siefbaumeifter  Kettling  fam 
jur  93eauffid)tigung  bcr  1874  75  ausgeführten  Arbeiten  ber 
©röffelthalmafferleitung  t)ier  her.  9lt§  ©tabtbaumeifter  ©chmible 
wegging,  erhielt  Kettling  bie  s#aumeifterftelle  übertragen.  3nfolge 
be§  SRathauSbranbeS  unb  be§  notroenbigen  £iathau£neubaue3 
mürbe  ba§  33auamt  in  £>od)bau«  unb  $iefbauamt  geteilt  unb 
für  erftereS  ein  5achmann  w  oem  Architekten  ^Ilp^on^  Slern 
gewonnen,  welcher  am  1.  September  1891  feine  ©teile  antrat.  35ie 
beoorftetjenben  größeren  Arbeiten  ber  ^analifierung,  Jlujjtorreftion, 
neuen  Äafferoerforgung,  J^ftkgung  *>ou  neuen  ©trafjenjügen  2C. 
machte  1897  eine  Seilung  be§  StiefbauamteS  notmenbig^  9lm 
1.  Oftober  1897  übernahm  Oberingenieur  ©löcfler  ba§  üefbauaml, 
©tabtbaumeifter  Kettling  behielt  bie  s2Bafferoevforgung  ber  ©tabt 
unb  bie  Satrinenabfuhr. 

$ie  $  o  l  i  a  e  i  mar  früher  ftäbttfdj,  unb  bie  9Hannfchaf  ten 
refrutierten  fid)  au§  *ßforjheimer  bürgern.  ®urd)  ba§  fdjarf 
unb  umftänblid)  geübte  s$a&mefen  erwuchs  ben  beuten  mandje 
9Hühe  unb  oiel  SÖevbrujj.  3(l§  ein  Original  wirb  ber  sßoliseid)ef, 
Sergeant  fEiehnle,  heute  nod)  oielfad)  genannt. 

$er  rafdje  $luffd)wung  sJJforjheim§  im  Verlaufe  bei- 
legten 30  3af)re  ^at  naturgemäß  auch  eine  entfpredjenbe  Umge- 
ftaltung  unb  (Erweiterung  ber  ftäbt.  Verwaltung  nötig  gemad)t. 
2)urd)  bie  1875  eingeführte  ©täbteorbnung  mürben  bei*  ©tabt 
maudjerlei  Vorrechte  juteil,  aber  aud)  fet)v  namhafte  Saften  auf- 
erlegt. 2)er  ©tabtrat  befteht  au§  ben  beiben  93ürgermeiftern 
unb  18  ©tabträten,*)  ber  93üvgevau§fd)uf$,  welcher  nach  ocm  $rei= 
flaffenmahlfuftem  gewählt  roiub,  aus  96  Üftitgliebern.**)  9lu§  ben 
beiben  Kollegien  werben  bie  Slommiffionen  für  bie  einzelnen  SJet« 
roaltungSaroeige  ernannt. 


*)  ^erjeiajnis  bcr  otabträte  vom  ^uli  1901:  Finger  ^afob,  £iftcl 
Marl,  ftattner  Julius*,  .Öeufel  iLUltjdm,  .topp  SUil&clm,  .\MUer  Robert,  l'anbcn- 
berger  *r.,  Vauber  Jyriebrid),  Voller  Wuft.  3lb.,  ^reftinari  «Ib.,  Stifter  Dr. 
"Hb.,  Srfjneiber  ftermann,  3ieber  Moe,  ilelttnan  (51.,  Hölter  *.'ubn>.,  «ogler 
Marl,  ^ienenberger  SiSilljelm,  Söitfaltn  Sllbert. 

**)  ißerjeiajiuö  ber  otabtoerorbnete  oom  ouli  1901 :  «ntritter  iUilf)., 
$ljjmns  ÜLUlljelm,  SJaber  Daniel,  ^acr  Stlfreb,  iBecf  Marl,  Werfer  Hermann, 
SJebjringer  Martin,  «endHfer  Dr.  Äutt.,  $enj  Marl,  Ölumer  Jrtebrid),  koffert 
Marl  ®g.,  iöraun  «uguft,  Öraun  2LMlf>.,  ^reufcb,  Jnebr.,  !öurft)arbt  ^o^ann, 
^urgfjarb  Cito,  £at)linger  Marl,  Tcujcl  ^aul,  TtUeniu*  Marl,  £ittu$,  ^atob, 
Sür'r  ^tltyclm,  Xijrfcrljoff  Crmil,  irberbarb  (%.,  trljäjicr  Crmil,  Irrnft  ^rbr., 
trfttg  Jtjcobor,  ftifdicr  «uguft,  Qkfcfl  vcrmami,  otabtu.-'öorft ,  Wro^  i"ictcr( 
t^ro&mann  3ttUf).,  .öartmann  fBil^.,  \>aucifcn  jvriebr.,  vcl)r  Öuftao,  öeiitjcU 
mann  Marl,  gering  CS^riftian,  .'öepp  ^ieinb.arb,  .oottinger  ("vrbrid),  i>übcr  Marl, 
^bler  »bolf,  Mafcr  (Sbriftian,  Ma^n  ^uliu«,  Ma^  «bolf,  Malier  Sluguft, 
Mieljnlc  (Mg.  Vubro.,  Micb.nle  ^erbinanb,  Mlcin  Marl,  Mlenl  Marl,  Muea)t  $»a)., 
Molb  §ermann,  Mrafft  ^»ermann,  ^aufd)  dlbolf,  l'autenfd)(ager  ehr.,  i'ippö, 
CE^riftian,  £oog  $riebrirf),  iüJajei-  «bolf,  JJu-.yci  Mail,  äReter  6.  äRryle 


Digitized  by 


^forabeim  im  19.  3abrbjmbert. 


Sie  Ijefttgen  gemeinbepolitifdjen  kämpfe  roäfyrenb  ber  ftriftS 
in  bcn  70cr  3al)ren,  bic  ©treitigfeiten  jur  3eit  beZ  kommunal* 
oereinS  unter  93ürgermeifter  $raat},  roie  aud)  bic  in  letzter  3?\t 
ftd)  abfpielenben  gelben  ftnb  <£rfct)einungen,  bic  fid)  in  jcbcm 
größeren  ©emeinroefen  jeigen,  ein  befonbere§  (£fmrafteriftifum  für 
s43forjf)eim  finb  fte  nur  infofern,  als  berartige  jeittoeilige  kämpfe 
gegen  bie  ©emeinbeoertoaltung  anberroärtS  oon  befonberen 
Parteien  unb  ©nippen  au§gefjen,  roäfyrenb  fte  fjier  mefyr  auf 
einzelne  einfhißreidje  s$erfönlid)feiten  jurücfäufüf)ren  finb.  $ux 
3ßat)rung  ber  bürgerlichen  Qntereffen  unb  jur  Unterftütjung  ber 
©emeinbeuermaltung  burd)  geeignete  s.Borfd)läge  für  Neuerungen, 
s31enberungen  unb  SSerbefferungen  bilbete  ftd)  1874  ein  allgemeiner 
93ürgeroerein  mit  1100  SJJitgtiebern  au§  allen  SBerufSflaffen. 
9lad)bem  berfelbe  anfangt  ber  80  er  3at)re  eingefdjlafen  mar, 
erlebte  er  unter  Slraafc  eine  neue  Auflage,  um  nad)  beffen  2Beg* 
gang  für  immer  außer  £t)ätigfeit  ju  treten. 

3n  ben  1890  er  Qa^ren  entftanb  unter  bem  33orft^  be£ 
JJabrifanten  3afob  2ens  ein  neuer  „Allgemeiner  33 ärger« 
v  er  ein"  mit  300  SJiitglieber.  $m  legten  ^atjrjetjnt  bilbete 
fid)  aud)  ein  „$au$  befitj  er  o  er  ein",  ber  1901  ebenfalls 
unter  ber  Seitung  be£  £>errn  &nä  ftanb.  Serfelbe  äät)lt  j.  3- 
gegen  700  3ftitglieber. 

3n  ber  Öftftabt  befteljt  feit  etroa  10  3af)ren  ein  „93  Arget* 
oerein  ber  Öftftabt". 

$ie  Sflitglieber  btefer  SBürgeroereintgungen  oerftetjen  e3, 
ir)rc  3ntereffen  befonberS  tt)atfräftig  ju  oertreten. 

^efcfiäftöfaiTe  von  1873 -7Ö. 

3m  Mxe  1863  betrug  bic  $al)l  ber  (^cfc^äftdfdUc  in  ben  beiben 
iöüröermeifierfanjleien  19000:  1864  =  16  47«.  $m  ^aljrc  1862  gab  e*  167, 
1863  ==  17»,  1864  -  230  lifjrenbeletbigungsf  lagen. 

1875  würben  8848  ^ab,lungobcfeb,le ,  1876  4555  ^abjuugtfbefetyle, 
1875  =  26  tfiegenfajaftäooUftrecfungen,  1*76  —  *»0  ^egenfajaitäoollftrccfungcn, 

1875  =  71  Ja^rnidoollftrecfungen,  1876  —  187  ftaf)rni3ooUftrecrungen,  1H75 
=  22  neue  Wanten,  1876      65  neue  (Honten,  1875       1M1H  (£toilpro*cffe, 

1876  -  2717  Gwilproseffe  erlebtgt. 


tfbolf,  IKitUer  emft  Ar.,  SHuiu  Weorg,  Voller  "ÜJilljelm,  Cpificiuö  itfil&clm, 
Creand  Marl,  ^antlen  91,  Pfeiffer  $alob,  Wtüger  (Hcorg,  Meidjftetter  M.  Ar., 
Kenner  (higen,  Mu\  Äarl,  3al6  flbolf,  3d)afer  2lboIf,  odieerlc  Mbolf, 
Sagend  (Meorg,  3dunibt  (Hüft.  s#b.,  3dmeiber  ,yriebrid)  jr.,  3dmürlc  (Hottl., 
Sdiober  Sllb.  jr.,  3d)rabe  Wottfrieb,  3dwber  Marl,  3d)itler  fluguft,  3dn»lcr 
oofepl),  3d)tuei*er  Hermann,  Sommer  Arbr.,  ctoib  (Heorg,  Staib  Marl  A-erb., 
3todert  $al ,  3ucbca  tyntl,  Iroft  sli>.,  Ungern  Wg.  sen.,  Unterlid«  trrnft, 
^ogt  Marl,  üJaag  Marl  Wagner  .öeiuria),  ffianfmüller  l'ouiv>,  Zeiget 
JöernharD,  3artmann  ."Od). 


Digitized  by  Google 


35f, 


^forjbeim  im  19.  3abrbunbett. 


Statiftiß  nOrr  *te  ilQ&tigftrtf  fce$  airfterafiftmmfs 

^for^etm  fett  1S79. 


*  ü  r  iu  r  1  i  4  c  )l  c  d)  t  *  p  f  I  c  e 
Urowie  roaren  ant)än<\ifl 


1 

18H0 

1 

4or> 

\ 

451 

1 

1«« 

«« 

1 

i 

219 

1 

22 

1MH1 

5 

442 

445 

2  183 

«l 

201 

25 

1882 

2 

392 

393 

1 

117 

73 

203 

32 

1*83 

1 

50« 

501 

« 

59 

207 

235 

33 

1**4 

4«1 

4«4 

3 

58 

182 

224 

34 

1885 

3 

521 

517 

7 

«0 

179 

278 

■ 

47 

1*8« 

7 

514 

499 

22 

8* 

1«3 

248 

47 

* 

1**7 

22 

548 

559 

11 

119 

1«8 

272 

• 

5« 

17 

j*** 

11 

«24 

«23 

12 

121 

173 

329 

«2 

17 

1**9 

12 

«09 

«18 

3 

112 

180 

32« 

58 

13 

1*90 

3 

«4M 

«47 

5 

127 

329 

«5 

10 

1*91 
1892 

* 

7u7 

701 

11 

4« 

198 

457 

72 

12 

11 

781 

789 

3 

97 

203 

489 

i 
■ 

«9 

11 

Ihm 

3 

79* 

799 

2 

91 

182 

52« 

172 

344 

282 

101 

22 

1*94 

2 

*09 

wO« 

o 

8« 

22« 

494 

194 

354 

2«! 

H2 

17 

1*95 

5 

7«0 

7«3 

5« 

1H4 

523 

187 

335 

23* 

10* 

13 

1*9« 

2 

90* 

9<J8 

2 

117 

229 

5«2 

22o 

412 

270 

82 

8 

1*97 

2 

1112 

HO« 

8 

117 

257 

732 

240 

528 

344 

U5 

13 

J*'iH 

H 

11 3.1 

1139 

2 

92 

27« 

771 

208 

529 

3V*« 

1  L'"' 

♦i 

1*99 

2 

103« 

103* 

«l 

229 

74* 

1*« 

491 

359 

10 

1(XH 

5« 

288 

732 

■ 

7 

Digitized  by  Google 


^forjbcim  im  19.  ^abtbunbert 


357 


Sttttfttft  fi0fr  dir  HUtifikeit  brs  ^üx^xmciüaamts 

^for^eim  fni  1H79. 


5 


üi  a  t)  n  o  e  r  f  a  h  r  e  n 


3  traf re&täpf lege 


cftljnetennine  fanbcn 


ctrafen  rourben  oer= 
füflt  nwaen 

6 


187*» 

4X1» 

18 

48 

1880 

M51 

83 

378 

i 

I 

1881 

Hn»i 

100 

33t; 

1882 

988 

106 

421* 

1883 

10X7 

]W0 

405 

1 

1884 

10«« 

172 

'.42 

43 

1885  ' 

120« 

liw 

490 

767 

84 

1886 

l;w7 

171 

471 

183  i 

448 

«3 

W31 

1887 

VW 

232 

511 

164 

31K 

7» 

732 

1888 

220 

543 

11*4 

46« 

41 

6*4 

1881» 

l*>i»;t 

266 

51*2 

20" 

155 

6*1 

52« 

181*0 

15H« 

266 

531 

221 

280 

«34 

181*1 

1««2 

257 

6M 

243 

6« 

125 

322 

50 

6W 

181*2 

!♦>♦>« 

205 

726 

18» 

42« 

!♦« 

487 

18«3 

1504 

231* 

677 

1  221 

8H 

138 

4«4 

«1 

627 

18^*4 

1«X8 

210 

7»15 

243  ' 

103 

140 

4K*» 

30 

4W1 

lSi*5 

111*4 

148 

551 

264 
303 

i*2 

172 

371 

♦q 

412 

18!»6 

1324 

178 

645 

81 

222 

470 

«H 

41W 

18l»7 

l!fl»o 

162 

606 

3M 

142 

1  435 

72 

382 

181*8 

1257 

172 

6<n 

420 

140 

2*> 

635 

74 

6«« 

181«» 

l*vlX 

220 

677 

361» 

155 

231 

272 

10W 

563 

11*00 

'  1*7-1 

•W 

i»:>5 

3^6 

»7 

255 

31*4 

7»J 

Digitized  by  Google 


358 


SSforabeim  im  19.  3abtbimbert. 
Beamte  nnb  J\n$eÜettU  fett  1870. 


tarnen 


I 

2 

:i 
-» 
:» 


7 


l 

2 


i 

r> 
•i 

7 
H 
<♦ 
lO 
II 
I  Ii 

|:< 
1 1 


I'» 


17 

IN 


In 
'_><■ 
21 


Iterroaltung: 

Clu'vbüriH'rmcifter 
iUuaaniemcr 
':Hami>reü>er 
.Hcaifti  ator 
^rtuav 

;  ■ 

Urrrrdjntina: 

jctaMücrred)ncr 
(Schilfe 

lUteMenrr: 


1870: 

octmiibi,  tfa«p(ir 
j,"vran}mnnn,  l'ouis 
jHIcin,  ^tlbelm 
Arey,  flnton 
aoU,  tfbmunb 
Schrie,  Slbolf 


,\arf,  ^riebrirtj 


Arohmaicr,  (Hottfneb 
iiU-imaiicl,  ,"\ofef 
rHepplc,  Mail 

1900 


I 


:Hciiort 
•Chcrburaonncificr 

Crtitralvern»altatt0 : 

•^aiühraKM  avoo,  "Jinton 

'(Schilfe 
»» 

*  Tic  «ei  '"Mi^or 

^t:Mt> 

$ürecrmriftcritmt ; 

•ii-futar  '.'li'.i'vluictu 

$tanbr*amt : 

•  1 1 a i i  r> i- <> Im i ^ •  •  1 1 ! i u' t     c  mV  i  u  1 1  c  r 
(>HM  - ;  1  *  e 

^rmrnvrrttialttsuo : 


2000  ff. 
1400  „ 
i:ioo  „ 

lOOO  „ 
7<K)  „ 
700  . 


l^K» 
WH) 


400 
400 
4M» 


(Hcbalt 

13  (MIO  IV. 
7  öoo  „ 


4  4«mi  „ 

2  7tiO  „ 

1  ,. 

1  4«M»  „ 

1  1<»>  „ 

1  2i*>  „ 

1  2O0  „ 

I  240  „ 

1  4<«»  m 

1270  „ 

1  17o  „ 

!»|o  m 


l  700  „ 
Hajo  „ 


2  Wo  „ 


1  MK»  M 
300  „ 


Digitized  by  Google 


Worabcim  im  19.  Oabrbuubert 


350 


Beamte  nnb  I\r\(\e(\ctttc : 


<  ,"vortfe*una,.» 


C.  8. 

fleifort 

©ehalt 

fU4)tttina*li*iitr*Nf : 

22 

•MontroUeur  Hubert 

y in pt ho  11  r  : 

27W>  iH. 

2:» 

•3lat>tuerredjner  ,"sdd 

5ol5  „ 

24 

•Öiidjhaltcr  (SiUiarD 

2120  „ 

25 

IM  10  „ 

2»> 

•Moffier  trauet 

17<N»  „ 

27 

tferrcdjnuiiflOflchilfe 

IM*»  „ 

2M 

M 

2«* 

14«*>  „ 

:to 

fr 

:*oo  „ 

:n 

•  Liener  £  (teuerer 

lloo  „ 

:w 

»» 

Dalmer 

JlHO  „ 

:i:t 

»NU»  „ 

:m 

I2O0 

:*5 

i^nffeninaerb/ber 
ßrun*-  unt>  |lfanbbnd)amt : 

12««  l 

.W 

•flechterat  (Slaminanu 

7000  ~ 

:i7 

Wchtlfc  ^rnuitfldTt 

31  HO  m 

:tM 

„  cch^netnauu 

2100  „ 

:;«♦ 

• 

U025  „ 

- 

41 

— 

1400 

42 

- 

mm  ■ 

^odibanamt: 

1000 

4-i 

•3toMhcutmctf:cr  Moni 

50O0  . 

44 

•CmhuufontroUcnr  vantieiminn 

:u«*>  , 

45 

^auteetmifer  .Hurt 

22«  H 1  „ 

4»i 

V  a  u  f  c  r  v  c  r  um  1 1  e  r  3  0  toa  1 1» 

v'irfbuuautt : 

IT 

Ü 

•Cberünieuteur  «Hlocf ler 

4»iwi  w 

,Vnu*ntcur  Neuer 

270<i  „ 

4!« 

}<iiutect>mfer 

1K4HI  m 

50 

51 

«Schilfe 

14'«»  „ 

52 

•Wan-ruiluoriflülti'r 

IHM»  „ 

5JI 

'ctaMm'oineier  ferner 

:tt<m  „ 

51 

Moment 

2220  w 

55 

«Schilfe 

IS/«)  ^ 

.Vi 

Tuner                                            1            1<nki  w 

lUalTrrntrrk  : 

57 

'ctaMbaumciiicr  Tcttlma. 

4l«i<i  m 

•Hautcdjitifer  «Hiaf'cr 

'J-Ji  H  | 

5«* 

Ww'icnt  vienerroa&el 

21  <0 

tiO 

(Hehilfe 

1500  l 

Digitized  by  Google 


300 


iMorsbeim  im  19.  ^abrbunbett 


grämte  unb  An^r (IHK  t : 


«cffort 


(Hetmü 


Hl 

hü 


luvftliftitat*-  »»*  &lter#- 

'^cfrctrtr 
Wchilfe 


15W 
1140 


NB.  £te  mit  •  br,eidmctcn  Beamten  unb  #ntu'ftcllten  fmb  in  b*r 
WchalWorbnunff  uoriu'l'dien. 

ptatiflifi  übtx  bie  gßättflftcit  bf*  6r»rrtrflrH4ts 


i 


5 

?■  Sa 
-    ^  t 


,-5  vi  t)  l  b  o  r  :H  c  d)  t  *  ft  r  c  i  t  i  $  f  c  1 1  c  n 

ctreitiocrt 


TL 

r:  "E 
c 


= 


lh4*2  117 

1-S'»U  100 

Is-m;  242 

in'»7  h  ir» 

lS'»s  Iis., 

1s'»m  H'«:t 

l'njo  4u3 


117  H»i 

lt"»0  l»*) 

H'l  H»l 

»JiM  204 

242  240  124 

344  H45  17t« 

3*5  3*4  207 

#•3  3*0  2H2 
2  IS 


21 
1 

33 

♦)  2'i 

3  HM 
52 
3  «5 

2  ♦>»; 

!»1 


4 

17 
20 
14 

'♦0 


122  1  10 
15    4!»    152  l«i 


14 

1* 
M) 
2»> 
24 


♦  ir»  |  |4»i  1* 
4s  21  I  2" 

47 

61 


23  |  H 

17  j  11 

17  »i 

2t*  !  13 


«7  270  24 
♦»•i  ,  2*4  33 
4*   304  35 


l 


i 


3 
3 

•J 

3 


2 


1 

3 

1 

■J 


ilM-  i-'utrfit:;na  bo*  HniH'vhi'iV'niM.j  nnuKn  iKiuciMutic  ctrnti^tcttcn 
Mnd>  rv.*  ^ih.icmkomcvwüu  ciktviu  hui»  uiuir: 


144 

144 

13*' 

17 

54 

20 

4M 

|>s7 

14s 

143 

145 

25 

31 

*0 

• 

Ii,!» 

im; 

|».». 

13 

5'' 

l«i 

Ts 

14* 

♦i  1 

5 

7 

17 

-'1  l 

211 

-'13 

2«> 

54 

2* 

105 

17i> 

13 

12 

10 

IM 

1«m; 

l«*i, 

V'A 

1« 

3* 

33 

lo»; 

l'i5 

17 

15 

i» 

H 

1-1 

54 

54 

5* 

4 

«» 

37 

3t  i 

5 

11 

2 

12 

Digitized  by  Google 


Worabeim  im  19.  vAabrbunbett. 


361 


Äfmftn&fPfrmöflfii. 

$u$  einem  SReffript  com  3af)ve  1818  entnehmen  mir  eine 
Darftellung  be$  bamaligen  ©emeinbeuermögenS.  ©3  füllte  jur 
Decfung  ber  Krieg&fdjulben  eine  au&erorbentlidje  Umlage  von 
70  000  ©ulben  unter  ben  bürgern  erhoben  werben  nad)  bem 
Steuerfufj.  9tad)  bem  ©eneralfatafter  für  1817  betrug  ba$ 
©efamtfteuerfapital  4  318  820  ©ulben. 

befreit  waren: 

1.  $a§  Kapital  ber  2lu3märfer  mit  170  470  ©ulben. 

2.  $a§  Kapital  be$  |>agenfd)ie&  unb  £aibad)  mit  219810  ©Ib. 

3.  $5a8  Kapital  ber  Domänen  mit  203  570  ©ulben. 

4.  *)  Da«  Kapital  ber  ©runbberren  mit  37  440  ©ulben. 

(•  eijfmalifle  (Mefreite  burften  ntc^t  *ur  lilflitna,  alter  Mrieaefduilben 
beia,e}oa.en  werben.) 

5.  Da*  Kapital  ber  oaManbelSgefellfdjaft  mit  120  000  ©Ib. 
©£  blieben  fomit  nodj  umlagefäbig  3567  530  ©ulben. 
91uf  100  ©ulben  Steuerfapital  famen  1  fL  58  ftr.  Umlage. 
(Sine  oergleidjenbe  Ueberfidjt  über  bie  $)eitrag$pflid)t  giebt 

nadjf  olgenbeS  93erjeid)ni«  oon  ben  bamaligen  s-ßermögen8oerbältmff  en 
ber  Stabt. 


(5$  batten  ju  leiften: 


3teuerfapitol: 

Umlage : 

$3obnenberger 

mit 

37  110  ©ulben 

729 

©ulben 

^rau  ftietjnlin 
%  fr  ©rab 

M 

29  440 

»» 

678 

»» 

2  850 

N 

56 

»» 

Gbriftopb  Jr.  9Waner 

N 

14610 

N 

287 

M 

ßoffammerrat  ^Böbringer 

1 

12150 

N 

238 

M 

Srau  Dennig  2Broe. 

" 

25  100 

N 

493 

H 

SSürgermeifter  Dreber 

•» 

26  7!H) 

606 

M 

£eberfabrifant  ©runer 

»♦ 

50  340 

990 

M 

^ammermerfbef.  v#encfifer 

»» 

40840 

M 

803 

1» 

ftabrifant  Tennig 

•  i 

14300 

M 

281 

•  1 

„      ftienle  cV  (Tie. 

f» 

14  5*0 

M 

286 

•  • 

„      Sieuert  &  Sie. 

N 

16  280 

N 

320 

n 

iHateoerroanbter  8onntag 

ii 

15  180 

M 

298 

N 

s-ÜBit}emann 

i* 

14  300 

M 

281 

ff 

3a(.  ©briftopb  9ttaner 

•» 

19  940 

1» 

392 

•« 

Sdjneiber  Die£ 

w 

3120 

»» 

61 

»• 

.ftolbmann 
Sd)ul)mad)er  £aufter 
Certle 

"Ödcfer  f>ein$ 
„  Öeopolb 

» 

1  250 

»• 

24 

»• 

3  330 

M 

65 

N 

1500 

H 

29 

#1 

3  400 

H 

66 

»» 

N 

3  420 

»• 

67 

»♦ 

©ürtler  Hlaiber 

W 

3  260 

»» 

64 

•» 

Digitized  by  Google 


302 


'©forabeim  im  19.  ^abrbunbett. 
mit 


tfüfer  8d)mibt 
SBeber  Urbans  2Bme. 

„  9iagel 
©erber  Werfet* 
„  TOirrle 
6d)reiner  flafc 

£errmann 

©olf* 

©eiler  £u£ 

„  Ssieterle 
Mittler,  jur  „Sraube" 

juni  „Schwert" 
ftod),  jum  „Streu$" 
Riefle,  jiim  „Einhorn" 
Söeber,  $ur  „ftrone" 
Sftüüer,  jum  „SDreifönig' 
Unterdcfer,  jur  „flanne' 
iHappenwirt  ftaifer 
SHatSoerwanbter  SJucf 
©rünbaumwirt  Deimling 
Johann  Elfäfser 
SRartin  Straft 
3afob  Mottet 
3afob  5la^  2Bwe. 
Oafob  Stahl 

SBenn  man  annimmt,  bafj  unter  ben  ^Beitragspflichtigen  fo 
manche  waren,  welche  wegen  abfohlten  UnuermögenS  nid)tS  leiften 
tonnten,  fo  barf  man  barauf  fließen,  baS  bie  wof)lhabenberen 
Einwohner  aud)  ihren  betrag  mit  übernehmen  mußten. 

9m  4.  Wärt  1818  machte  SBürgermeifter  ßrentel  eine  ©in* 
gäbe  an  baS  SRinifierium  um  (Genehmigung  bcS  oben  bargelegten 
ÜmlagefußeS  jur  Tilgung  ber  [täbtifchen  ©chulben.  £)er  Waffen- 
beftanb  oerfd)limmerte  fiel)  täglid).  s3teue  Schulben  mußten  ge* 
mad)t  werben,  um  bie  faft  unerfdjminglichen  3i"fen  besohlen  ju 
fönnen.  $er  ftrebit  ber  Stabt  ftanb  auf  bem  Spiel,  unb  eS 
war  $u  befürchten,  baf*  baS  ©runbeigentum  auf  eine  ber  ärarifdjen 
Haushaltung  fd)äblid)e  %A  hätte  ^erfplittert  werben  müffen. 

3m  Cf tober  1824  enblid),  (bamalS  hatte  gut  $ing  uod) 
länger  ÜÖeile,  wie  heutzutage)  berichtete  bie  Stabtgemeinbe  an  bie 
iHegierung,  baß  bie  Stabt  s^for$heim  jur  3)ecfung  ihrer  Sdjulben 
oon  100  000  ©ulben,  barunter  noch  33  449  ©ulben  ftriegSfd)ulben, 
ut  außerorbentlichen  Mitteln  greifen  müffe.  Wad)  $orfd)lag  beS 
OberamtS  unb  StabtratS  tonnten  burd)  ftotjoerfauf  60  000  fl. 
erhielt  werben.  Jerner  würbe  bie  jeitweilige  Einführung  beS 
©ftrois  nach  bem  Vorgehen  oon  Karlsruhe  unb  greiburg  unb 


tt 


t' 


" 
tt 
tt 
M 


Ii 


ff 
ff 


ff 


ff 


ff 


ff 


ff 


ff 


ff 


ff 


H 


2  520  ©ulben 

49  ©ulben 

12  500 

ff 

245 

it 

1  030 

ff 

c\r\ 

20 

it 

10310 

ff 

202 

it 

5090 

tt 

100 

tt 

3  100 

tf 

CO 

it 

7  180 

t* 

141 

it 

4  390 

tt 

86 

tt 

i  180 

tt 

141 

tt 

1  o60 

tt 

30 

ti 

18020 

tt 

30b 

tt 

23  900 

»t 

470 

tt 

6  190 

tt 

121 

ti 

1  l  0  /  0 

tt 

217 

ii 

1 1  130 

tt 

218 

ii 

14  IAA 

14  490 

ii 

284 

tt 

13  3/0 

it 

202 

ii 

39  200 

tt 

770 

it 

1  <1  AHA 

19  920 

tt 

391 

ii 

9  570 

tt 

188 

ii 

5  970 

tt 

117 

ii 

7  000 

tt 

159 

it 

4  750 

ii 

93 

it 

5  000 

ti 

98 

ii 

4  910 

tt 

96 

tt 

Digitized  by 


i*forabeim  im  19.  Saqrbunbert. 


363 


eine  Umlage  nad)  ber  Älaffenfteuer  für  bic  ©emeinbe  für  erfprieß* 
lief)  gehalten.  3m  S^nar  1825  rourbe  fobann  bic  (Einführung 
be§  Oftrote  auf  3  Qafyre  bemilligt,  jebod)  mit  bem  Borbehalt, 
baß  e§  nicht  auf  fämtlidje  oom  Stabtrat  oorgefdjlagenen  ©egen* 
ftänbc  auSgebeljnt,  fonbern  auf  bic  meift  fonfumierten  9Irtifel 
befchränft  merbe.  9ll§  foldje  mürben  bezeichnet:  9Het)l  -  12  $r. 
pro  SMter,  SBein  burd)  ^ufafc  oon  l/„  be§  £>hmgelbe§,  #ol$ 
-  6  Stx.  pro  Sllafter;  ferner  follte  ba§  5Narftftanbgelb  um  bic 
Raffte  crr)ö^t  werben. 

$ie  Regierung  zeigte  ftd)  inbeffen  fehr  unjufrieben  mit  ber 
Sßirtfdjaft  ber  ©emeinbeoermaltung  unb  oerlangte  oom  ftreiS* 
bireftorium,  baß  e§  ftd)  als  oormunbfd)aftlid)e  Behörbe  ber 
cBtabt  auf§  fräftigfte  annehme  unb  ihr  Ontereffc  burd)  energifdjes 
(Einfehreiten  oor  neuer  Benachteiligung  ftcfjcrc. 

Bis  jum  3ar)re  1848  erhob  bie  ©emeinbeoermaltung  feine 
orbentlidjen  Umlagen.  5llle  $luSgaben  mürben  gebceft  burd) 
(Erträgniffe  beS  SÖalbeS,  ber  s$flafter-  unb  Brüdens  Sftarft*, 
üaufhauS*  unb  Sagergelber,  aus  ben  BürgerantrittS*  unb  SHefog* 
notionSgelbern  unb  ben  ftauffdjiUiugen.  darunter  mar  als 
größter  Soften  baS  SBalberträgniS.  $te  silrt  aber,  roie  im  SBalbe 
bamalS  gehäuft  mürbe,  lieg  biefe  Cuelle  auf  oiele  3«^e  hinaus 
oerfiegen,  toährenb  gleichzeitig  aud)  bie  anbern  (Einnahmen  gurücf= 
gingen  unb  bie  3lttSgaben  erheblich  ftiegen.  Um  ber  allgemeinen 
s)tot  einigermaßen  abzuhelfen,  oerroenbete  man  bie  arbeitslosen 
©emeinbeangehörigen  zur  ßerftettung  oon  Söiefenanlagen  auf  ber 
fieffert  unb  bei  ber  silab'fd)en  Delmüf)le,  morauf  6166  ©ulben 
oerroenbet  mürben.  9luS  jener  3eit  batiert  aud)  baS  Hiefers 
mälbchen  am  3Bartberg,  ju  beffeu  Einpflanzung  350  fl.  aufgeraenbet 
mürben.  35ie  Verrichtung  beS  oberen  SKennfelbS  jum  (Ejcerzier* 
platj  unb  bie  Uferbauten  bafelbft  erforberten  einen  Elufmanb  oon 
1500  ©ulben.  $5ie  Unterftütjung  ber  Bürgertoehr,  5Baffen, 
3nftruftoreu  u.  f.  m.  beanfprud)ten  große  Summen,  fo  baß  einer 
Einnahme  oon  35  754  fl.  eine  EluSgabe  oon  54557  fl.  gegen* 
überftanb.  Stet  gereiften  BolfSftimmung  gegenüber  faf)  ftd)  ber 
Stabtrat  ju  einer  betaiüierten  öffentltdjen  Begrünbung  biefeS 
9fted)nungSrefuttateS  oeranlaßt.  $urd)  bie  auf  19  882  fl.  34  Str. 
ftd)  belauf enben  ßrtegSfoften  aus  bem  3tahrc  1849  mürbe  biefeS 
SHefultat  noch  ungünftiger.  $ie  ©emeinbeoermaltung  foftete 
bamalS  4087  fl.,  bie  ^olijei  3622  fl.,  bie  Schulen  5664  fl. 

(Sine  fd)öne  (Einrichtung  mar  bie,  baß  bie  Bürger  an  bie 
Stabt  Darlehen  geben  fonnten,  roeld)e  bann  zu  6%  oerjinft 
mürben.  Bon  biefer  Einrichtung  mürbe  oon  ber  Stabt  aus* 
giebiger  ©ebraud)  gemacht.  EllS  fte  1848  eine  Anleihe  oon 
300  000  fl.  machen  mußte,  mürbe  ihr  baS  ©elb  oon  Bürgern 
oorgeftreeft. 


Digitized  by  Google 


864 


«forabeiin  im  19.  3at>rt>unbert. 


2)ie  91ad)ioet)en  ber  SHeoolution  unb  bie  großen  Opfer, 
roeldje  bie  ©tabt  in  bcn  50  er  unb  anfangs»  ber  60  er 
bringen  mufjte:  bie  Anlage  ber  SÖafferleitung,  bie  Umpflafterung 
ber  Stabt,  bie  drrid)tung  ber  ©itterbrücfe,  ber  *Hattjau£umbau, 
ein  ©djulbauSneubau,  bie  Anlage  ber  9lagolbftrafje,  Ratten  ihre 
öfonomijefyen  Gräfte  fo  feljr  in  9lnfprud)  genommen,  bafj  im 
3af>re  1857  24  Str.  Umlagen  (38'A,  1*f.  pro  100  9Rf )  besagt 
loevben  mufften. 

$a§  ©efamtfteuerfapital  ber  ©tabt  mar: 

1848  =     5  260  355  ©ulben, 

1850  =     4  865  060  „ 

1855  =     6  444  075 

1860  =      8  565  635  „ 

1865  =    10  497  573 

1870  =    12  283  390 

1875  =    17  234  140 

1880  =    56  251  740  Sflarf 

1890  -  101  465  395  „ 

1895  -  126  144  670  „ 

1900  -  170  245  785  „ 
$er  ftäbtifdje  ^oranfrfjlag  pro  1900  ergab  eine  ungebecfte 
©emeinbeauSgabe  oon  548  731  5Hf.,  toeldje  burd)  einen  Umlage* 
faft  oon  45  ^f.  aufgebracht  roerben  müffen.  £ierju  trugen  bei: 
ba$  ©runb»  unb  £äuferfteuerfapital  au§  43  263  980  Wlt  mit 
181  710  9ttf.,  ba*  ©eroerbefteueufapital  au*  39  311  900  mit 
165  1 10  Wl  2>er  (£tnfommenfteueranfd)lag  au§  12  036  770  3flf. 
gilffl  breifadjen  Umlagefuft  mit  151660  9ttf.  unb  ba§  Äapita(= 
rentenfteuerfapitat  au§  58943  620  Wl  311m  feften  <5at>  oon 
8,8  <Pf .  mit  5 1  870  m. 

(Seit  1886  ift  ba$  ®runb=  unb  £muferfteuerfapttal  oon 
25  035  500  mi  auf  43  263  980  SJMV  ba§  ©eioerbefteuerfapital 
oon  15  672  400  9Rf.  auf  39  311  900  ber  breifadje  (Sin 
fommenfteueraufdjlag  oon  18  109  760  3Hf.  auf  36  110  310  9Jtf., 
baä  Stapitalrentenfteuerfapitat  oon  40  595  660  9flf.  auf  58943  620 
9Rf.  geftiegen.  $a§  (Srträgnte  au§  1  s$fg.  Umlage,  roeldje* 
1887  nur  5825  üRf.  betrug,  tjat  für  1900  mit  11870  Wlt.  mebr 
al§  ba§  doppelte  erreicht.  $er  Umlagefug  mar  1890  mit  30  *ßf. 
am  nieberften,  ftanb  1891  auf  31  <Pf.,  1886  unb  1892  auf 
32  <Pf.,  erreichte  in  ben  ^afjren  1887  unb  1893  je  37  «ßf.  unb 
oerfjarrte,  nacfybem  er  fdjon  1888  oorübergefyenb  auf  36  ^Sf. 
ftanb,  oon  1894—1899  auf  36  sßf.  sJtad)  ber  ©teueroeranlagung 
für  1898,  au§  roeldjem  Qatjre  bie  legten  oergleidjbaren  3iffern 
oorliegen,  (amen  in  "^forjfjeim  auf  einen  fteuerpflidjtigen  an 
fteuerbarem  (Sinfommen  1881  SJW. ,  in  9J?annf)eim  2555  sJJll, 
in  Startende  2403  Wl,  in  £eibelberg  2226  9flf.,  in  JJretburg 


gitized  by  Google 


^forabeim  im  10.  Sabrlnmbert. 


305 


2171  3Wf.  9luf  100  dinroohner  (amen  in  ^ßforjfjeim  30.62 
(Steuerpflichtige  #  in  ^Mannheim  31.73,  in  Karlsruhe  29.18,  in 
£etbelberg  28.31,  in  greiburg  26.43  ÜJU. 

9lach  langem  ^Debattieren  über  bie  @infühvung  beS  Oftrote 
in  ^ieftger  ©tabt,  trat  baSfelbe  mit  bem  1.  Januar  1880  in 
Alraft  unb  bilbete  feitbem  eine  ber  ergiebigen  (Einnahmequellen 
für  bie  ©tabt.  <£$  bradjte  1881  =  85  000  9Hf..  1890  - 
115  000  2Jtt.,  1899  =  204  308  SM.,  1900  -  208  032  SM. 

©elegentlid)  ber  ©tabtoerorbuetenroahlen  1884  rourbe  &um 
erfteumale  für  Aufhebung  be§  ©d)ulgelbe§  unb  be$  OftroiS 
agitiert,  jebod)  ohne  (Srfolg.  ©eitbem  erfolgt  feiten^  ber  III.  Wähler* 
flaffe  alljährlich  ber  Slnfturm  gegen  baS  Oftroi.  $)ie  ©djulgelb* 
befreiung  ift  in  $for^eim  feit  10  fahren  eingeführt  unb  feit 
einem  3al)re  fogar  bie  Slbgabe  non  Lehrmitteln  auf  ftäbtifd)e 
Stoffen.  3)iefelben  belaufen  ftd)  jur  Qcit  burdjjdmittlid)  auf  etroa 
12  000  9Hf.  für  ba§  Qahr. 

9tm  5.  5luguft  1876  erfolgte  feiten^  be£  SHinifleriumS  be§ 
Innern  bie  Genehmigung  jur  Ausgabe  oou  ©djulboerfchreibungen 
ber  ©tabt  ^Pforjheim  auf  ben  Inhaber  jur  Aufnahme  eines 
$nlehen§  oon  1500U00  Sflarf,  ba3  im  3af)re  1883  fonoertiert 
rourbe. 

1880  rourben  500000  3flf.  aufgenommen,  1883  -  1400000 
üflt,  roomit  gleichjeitig  bie  1880er  Anleihe  getilgt  rourbe;  1885 
erfolgte  eine  Kapitalaufnahme  oon  700  000  9Hf.,  1888  eine  foldje 
oon  750000  9ttf.,  1895  oon  3  000  000;  1898  oon  1000000 
unb  1899  oon  3  500  000  9Jlf. 

3u  Anfang  be$  3ahre3  1901  machte  bie  ©tabt  ein  weiteres 
Slnlehen  oon  4  7«  Millionen.  $iefe  Aufnahmen  rourbe  nötig 
infolge  ber  rieftgen  Aufgaben,  roeldje  bie  ©tabt  im  Qntereffe 
einer  aeitgemä&en  Umgeftaltung  bringenb  ju  erlebigen  hotte. 

9tadh  bem  ©teuerfatafter  oon  1900  auf  1901  giebt  e§  in 
^forjheim  etroa  30  <ßerfonen,  bie  ju  ben  Millionären  juredjnen  fmb. 

hiernach  oerfteuern: 


ein  (Shifümmen  oon   9Jtt.  500 
9Jtt.  600-1000 


1900  (1899)     1901  (1900) 


3000—6000 
5000  —  10000 
10000  —  15000 
15000—20000 
20000—30000 


917  873 

4413  4207 

2918  3470 

1214  1498 

1081  1201 

777  807 

424  443 

103  99 

35  64 

26  24 


3G6 


Worabeim  im  19.  Oabrtmnbert. 


9Hf.           30000—50000              16  17 
50000-100000              14  17 
100000  unb  mer)r   2  3 

IttfmimiCtl    11940  12723 

2Han  rechnet  ben  Millionären  alle  bie,  roeld)c  ein  3at)ve§= 
einfommen  non  minbeften£  40  000  9)larf  haben,  roa§  bei*  oier- 
pro^entigen  iöerjinfttna.  einer  Million  entfpridjt. 

3m  2)nrd)fd)nitt  ber  legten  3af)re  brachten  ber  ©tnbt 
"^forjtjeim  an  jäln'Iid)em  ©eroinn  ba§  SBafferiuerf  108  250  9Jlf., 
baS  @leftri(vtät$iuerf  66  973  9Wt,  ba§  ©aSroerf  218  047  9Hf., 
ber  Sdjladjtfjof  34  588  SJiarf.  $a§  Weinnermoaen  ber  ©tabt 
betrug  am  1.  Januar  1900  -  11539  444  9)torf. 


©ine  Urfunbe  oon  1602  Dc= 
faa,t,  baft  ba$  bamalia,e  iNat* 
bau«  fid)  in  ber  Wräfrinfler* 
flaffc  befunben  habe;  eä  mar 
alfo  in  ber  (Haffe  ^mifeben 
Warftplafy  unb  Wrötiina.ertbor= 
türm,  weldi  Unterer  biefelbe  ba 
abfperrte,  roo  jefct  8eifrieb 
unb  *kder  itMtroc  finb.  8n 
roeldjer  8tcUe  qerabe  biefcö 
NatbauS  mar,  ift  nidH  erficht 
lieb,  aud)  finb  au*  jener  $e\t 
feine  Stabtpläne  mein  uortjaiu 
ben.  Xn  ber  norböftlidjen  (?cfe 
bee  Warfted,  alfo  ba,  roo  jefct 
bae  ftatbaus  ftcljt,  befanb  fid) 
banialö  baä  Maufbau*.  Warf: 
i\raf  Marl  1.  f)atte  fdjou  14"  1 
feiner  3  labt  ^for^beim  baö 
atu  "JJtarfte  a,elea.euc  .Hanfbau« 
überleben  mit  allen  (Gefallen; 
bie  (enteren  bilbeten  fortan 
eine  bebeutenbe  irinnalunequeUe 
für  bie  3tabt.  (£troa  86  oabre 
fprtter  roarb  unter  beut  llrenfcl 
Marl«  1.,  unter  Marl  11.  obia.ee 

MaufbauS  aba.ebrod)en  unb  an  £ao  fllte  flathauS  am  Woraen  nacb  bem  «raub, 
beffen  £tcüe  anno  155"  ein 

neue*  .Hutinniv  erbaut,  mit  [roeld)eui  ein  Haufbauä  uerbunben  mar.  Ta$ 
frftttt  batte  ein  liirmdjen  mit  Uhr ;  auf  bem  liierianfdjen  ctabtbilb  raa,t  eä 
nur  mit  einem  bobeu  Wicbelbarf)  beruor.  ^mmerbin  ift  aiMuueljmen,  bafe  unter 
Marl  II.,  bem  baulufria,en  venu  unb  bei  ber  berrfdxnbcn  ^eitridjtuna.  ein 
idjöue*  Mebaube  erftcllt  roorben  ift.  EDCK  Waugrunb,  auf  roeldjem  uufer  jefcia,ee 

*)  91ad)  einem  ttuffafy  uon  Mob.  Wcrroia,  in  ber  Aeftfdirift  \m  jHathauS* 
tfinroeifmng. 


>y  Google 


^forabeim  im  19.  3abtbunbert. 


367 


ftatyau*  fte&t,  ift  nun  fd)ou  424  3af>re  im  ftfibtifd)en  «cftb  (allerbing*  nidjt 
in  bem  flanken  beutigen  Umfang)  unb  bicnt  fdjon  344  fytyct  bcn  ^roccfcn 
be3  ftäbtifdjen  33ürgerbaufcS.  Reuige  ^abre  »orber,  1552,  mar  unter  sDfarf- 
graf  ©ruft  an  bcr  IStfc  be*  "iKarftplabes  unb  be*  Scblofi'  ober  .Uird)bergc« 
(feitber  ^rinaticr  Crrnft  ober  jefet  Sdjäfcr)  eine  3tabtfri)reiberei  erbaut  roorben, 
aua)  auf  irjr  erQob  fid)  ein  Xürmdjeu  mit  Ut)r.  Xiefeö  ftatbauä  unb  bic 
Stabtfdjreiberei  übcrbauerten  bie  fdjlimme  ^eriobe  bc*  brcifngjdbngcn  Kriege«, 
fielen  aber  41  ^aftre  nad)  iüeenbigung  bcsfelben  bcn  sJ}iorbbrcnncrfd)aren  Vub= 
roigö  XIV.  im  Orleau-sfcbeu  Kriege  sunt  Cpfer.  Xem  grojjcn  Traube,  rocltber 
am  15.  Sluguft  1<>HH  an  oielen  Stellen  ber  Stabt  uon  (General  iNelac'ö 
Gruppen  angejünbct  roorben  mar,  fiel  aud)  ba*  ftatyatie  juni  Opfer,  Waren 
fdjon  von  1M5  an  maucbe  SBürgerbäufer  roieber  entftanben,  fo  mürbe  aud) 
1700  mit  bem  Wieberaufbau  be*  ftatbaufeä  begonnen  unb  baäfclbe  am 
14.  Jycbr.  1701  aufgefdjlagen.  (rs  ift  *u  »crrounbern,  bafj  bic  fleine  Bürger* 
fdiaft  (etroa  nodj  1000  (Simoobuer)  fid)  aufraffen  tonnte,  ba*  Slatbauä  fo  grojj, 
roeit  größer  al$  ee  für  jene  Üterbältniffe  nötig  mar,  anjulegen.  £ie  einzelnen 
Stocfrocrte  roaren  feljr  bod)  unb  ba*  Wan$e  beu  Auforberungcn  jener  ,^cit 
entfpredjenb  ak>  ;'iat  ,  aber  aud)  alS  Äaufbauö  unb  3Jtarftl)alle  eingerid)tct. 
Würbe  bod)  erft  in  ben  50er  Jabren  be$  abgelaufenen  ^alnbunbert^  bie  mäcbtig 
grope  fcalle,  roelaje  fid)  eine  Stiege  bod)  befanb,  ju  Zimmern  unb  (Rängen 
ausgebaut.  Vorher  befanben  fid)  au  ber  Warftpla&fcite,  eine  Stiege  bod),  nur 
brei  Limmer,  alleä  anberc  mar  ein  großer,  meiter  ftaum,  meld)cr  als  iHarft- 
balle  biente.  %m  '^abre  1715  mürbe  im  iHatbauö  eine  (Worte  aufgehängt  unb 
im  oabre  17H0  eine  Uljr  angefd)afft.  Ter  öftltd)c  niebere  Anbau,  meldjer 
unten  bie  ^rudjtbaUe  unb  oben  bie  Wobnung  entljielt,  mürbe  1723  aufgeführt. 

^m  ^abre  1855  rourbe  ba«  Matfjauö  unter  Sürgermcifter  „^errenner 
burd)  Stabtbaumeifter  $enber  reftauriert,  bie  alte  Ireppe  rourbe  oerlegt,  bie 
grofie  &alle  »erfd)iuanb  unb  eine  gan^c  Sieibe  oon  Öurcau*,  foroie  ber  Stabt- 
ratsfibnngöfaal  unb  baö  IHttterjimmer  :c.  traten  an  bereu  Stelle,  Aud)  ber 
frübere  unfd)öne  Aufbau  am  Taä)  mit  ber  Uljr  rourbe  burd)  ein  fdröueree 
lunndjen  erfefct. 

Mad)  1855  rourbeu  unter  bcn  folgenbeu  Oberbürgermeiftcrn  unb  Stobt; 
baumeifteru  nod)  mand)e  tleränberungen  oorgenommen,  aber  tfnbc  bcr  adjt^ 
jiger  ^aljre  rourbeu  fdjon  roieber  Klagen  laut,  baß  befonbers  bie  dtdume  ber 
Wrunb*  unb  }Jfaubbud)fübrung,  foroie  ber  Stabtfaife  erroeitert  roerbcu  follten. 
H$  rourben  aud)  }JIäne  gemadjt,  roie  ben  llcbclftdnbeu  abgeholfen  roerben 
fönue,  bie  Koftenberedmung  rourbe  aufgeteilt  unb  bie  nötigen  (Oelber  oer-^ 
roilligt,  aber  —  man  fam  nidtf  mebr  an  bic  Ausführung. 

Cftcm  1H91  roar  fein  freuublidjes,  fdjöne*  Cftcrfeft;  es  roaren  reibt 
raube,  falte  unb  uufreuublidje  Feiertage  mit  in  furzen  Raufen  roieberfebrenben 
beftigen  3d)nce=  unb  3tegenfd)auern.  §n  bcr  Wadjt  uom  29.  auf  30.  SRärj, 
Dfterfonntag  auf  Montag  geigte  fid)  uad)  DJittcrnadjt  <yeuer  in  bem  boben 
2>ad)raum  bes  Satbaufeo.  35er  Seftfturm  f"*te  baefelbc  in  bem  boblcn,  mit 
oiel  fcotyoerf  oerfebenen  Zäunte  \m  roilben  flamme  au;  tro^  rafeber  \>ilfc 
unb  eifrigftcr  Ibdtigfeit  bcr  ^-cuerrocbr  unb  ber  trinrooljnerfdjaft  brannte  ba* 
•Öau«  ab.  9tur  bie  mäd)tigen  Stauern  blieben  ftcljen,  baö  3>»^re  roar  biö  jum 
^rociten  Storfroerf  berunter  ausgebrannt;  eo  blieb  nidjte  übrig,  ale  bic  ;>tuine 
abzutragen  unb  fid)  auf  ben  Neubau  oor^uberciteu.  Hat  Sdiulbauö  am  Mcud); 
linsplai  rourbe  rafd)  als  prouiioriidic*  :Hatl)au©  cingcridjtet  unb  bao  Wölb? 
fd)mibt'fd)c  vaiiö  angefauft  unb  abgebrodjen.  3^er  ^>od)bau  in  feiner  jefcigen 
^orm  ift  baö  iUerf  unferco  Stabtbaumeiftcro  *.  Kern,  (rr  bat  gezeigt,  i>a^ 
er  mit  auegeprägtem  Sdjönbcitsgcfubl  aud)  uüdjtcrneu,  praftifd^en  Sinn  ju 
oereinigen  roeife.  Unfcr  neue«  Watbauä  ift  ein  feböner,  folib  auogefübrtcr  unb 
rooblburd)bad)ter  Öau,  bcr  bcn  auöfubrcnben  .v>aubrocrfern,  roic  feinem  Sdjöpfer 
aUe  trlne  mad)t.  flJa«  bie  Örö&enoerbaituiffe  bee  neuen  :Watl)aufcd  anbetrifft, 
fo  mipt  ber  «auplaß  1500  qm;  baoon  finb  1200  qm  überbaute  Jlädje  unb 


Digitized  by  Google 


368  ^forabetm  im  19.  3abtt>unbert 

300  qm  fommcn  auf  bie  Tnrcbfabrt  unb  ben  ftof.  3ln  ber  aWarftfcite  bat 
bic  Jvaffabe  eine  tfänge  oon  32,50  m  unb  in  ber  öftlidjcn  .Harl-Jvriebridiftrafee 
eine  foldje  oon  63,60  m.  Tie  $öb,e  bis  *um  Tadigefints  beträgt  18  m  unb 
bie  ööb,e  beä  TurmeS  biä  $ur  Stfetterfabne  mifet  46  DL 


Tae  neue  Siatbaud,  eingetoeibt  29.  "JJiai  1895. 

3n  ben  couterraiu«  ftnb  untergebradit  bie  Slffumulatorenftation  ber 
elcftrifd)cn  Zentrale,  bie  MeUerraumlidjfeiten  ut  ben  im  parterre  liegenben 
l'äbcn  unb  bann  uod)  ber  Natöfcller.  Turd)  ben  Uinftanb,  bajj  ber  ftof  gcrabc 
fo  tief  toie  ber  JteUer  ausgegraben  nntrbc,  erljält  ber  NatSfeller  burd)  bic 
grofeen,  mit  (Glasmalereien  oenierteu  /"venfter  oon  ber  .ftoffeite  f>er  fdjöncS 
lageöltdjt.  tfbenfo  bat  bie  $Liirtfd)aftsfüd)e  unb  bic  anfto&eube  epeifefammer, 
lüddie  auf  ber  anbern  oeitc  bc*  geräumigen  v>ofcÄi  liegen,  genügenbc  .v>clle. 
9iur  gegen  bie  IHarftfeite  unb  gegen  bie  öftlidje  .Harl^riebridiftrafie  ift  ber 
IHatefelier  toirflid)  fellerarttg,  ba  oon  bort  mir  bnrd)  fleinc  Jyeufter  l'idjt  ein- 
anbringen  oermag.  Tie  Tede  beS  töatofeller*  ift,  fotocit  bieö  burd)  baö  barüber 
liegenbc  ileftibiil  bebingt  ift,  flad),  fouft  aber  toirb  fie  bnrd)  fd)5ne  .Hreujgeroblbc 
gebilbet,  uui die  oon  Wranttfäulcn  getragen  ftnb.  Ter  (Eingang  jum  Meiler 
befiubct  ftd)  an  ber  "iJlarftfcite.  ^n  ber  Miditung  gegen  bic  öftlidje  Marl- 
Jvriebrid)ftrafie  ftnb  uoei  Slcbcmimmcr  oom  Meiler  abgetrennt  unb  für  ftd)  mit 
.\>ol$beden  bel)anbelt. 

Ter  ardnteftouifdjc  iSbarafter  beö  Meilers  ift  febr  fd)ön,  man  glaubt  ftd) 
nmoillfürlid)  in  baS  Wefcftorium  eine*  ber  reiferen  Mlöftcr  oerfefet.  Tie  ^öc* 
lettdjtnng  erfolgt  auf  eleftrifdjem  3Hege;  bie  oon  bem  Wamjcr  Waeapparat* 
Wufnocrf  gelieferten  ^cleudtfungSförpcr  ftnb  teils  au  ben  Säulen,  teil*  an  ber 
fladjcu  Tedc,  teil*  an  ben  SHänben  als  Sinuc  augebradit  unb  oon  gefdmtad* 
oollfter  ÄuSfuforung.  Tie  Ventilation  be*  .Hellere!  gefd)icbt  auf  eleftrifdjcnt 
"JBegc  burd)  t'uftabfaugcr.  Tie  (Glasmalereien  im  .Heller  ftammen  aus  ber 
"il'crfftätte  oon  Äafc  u.  Rentner  in  SiHcöbaben;  bie  ornamentale  Malerei  beS 
.Heilert  oon  iMaler  %  SJriel  !)ier;  bie  ftguralen  iJialeretcu  oon  .Hunftmalcr 
Acuter  in  JtarlSrulje. 


y  Google 


^fora&eim  im  19.  Sabtbunbett. 


369 


om  parterre  bcS  JHatbaufeS  bcfinben  ftd)  gegen  bcu  "3)?arft  ju  baS  mili* 
tärifdje  Dlelbeamt,  bic  ftaubelSfammcr,  bann  in  ber  öftlidjen  .Harl-Aricbnd)= 
ftrafie  5  i'äbcu  unb  jenfcits  ber  Surdjfahrt  bic  ^olijciioadjtftube. 

3m  crftcn  Cbergefdjofe  befinbct  fid),  bei  Jyrauwtauu  anfangenb,  bic 
(Grunb*  unb  ^fanbbudjfubrung,  bcr  otabtratSfibuugsfaal  unb  bic  beiben  Uni- 
mex beS  frerrn  ObcrbürgcrmciftcrS,  roouon  baSjcuigc  an  bcr  (*rfe  mit  bem 
(rrfer  als  Mrbeitsvmmer  gilt.  3lud)  bcr  3tabtratsftfcuugSfaal,  roie  bas  (rrfer^ 
Vmmcr  beS  .öcrru  Cberburgermcifters  baben  ai*  NcprdfeutatiouSräume  burd) 
(Glasmalerei  gefdnnücftc  Jenfiter,  Siejenigeu  im  3tabtratSftfouugsfaal  finb 
finnig  v»f«nimcngefcötc  (vmiilemc  bcr  (Golbfdnnicbefunft,  bcr  (Gärtnerei  unb  bes 
VaubbaucS,  ber  iUiafd)incnfabrifation,  bcr  Alöperei  k.  unb  nuirbcn  oon  heiler 
in  .fceibclberg  angefertigt.  Tie  (Glasmalereien  im  (rrfer  finb  febr  bejent  ge* 
galten  unb  oon  odicll  in  Offeiiburg  bergefteUi.  2lud)  bevtglid)  bcr  Sdjrcincr- 
arbeit  finb  biefe  fläume  reidjer  bebadjt  als  anbere  Bureaur. 

3n  ber  öftlid)en  Marl',"vricbrid)ftrafte  folgen  bic  Bureaur  bes  NatS^ 
fdjreiberS,  bic  Mannet  unb  (Srpcbitur,  cnblid)  bie  Burcaur  bes  vociten  Bürger* 
mcifterS  mit  .HanMci,  3tanbcSamt  ?c. 

3m  brittcu  Storfioerf  (voeiteS  CbergefdiofO  finb  bic  Bureaur  beS  boty 
bauamts,  beS  OrtsbaurontroUeurS  unb  beo  Siefbauamts. 

3m  frinterbau  ( Rml\ djenbau)  finb  in  ben  beiben  unteren  otodroerfen 
bie  DrtSfranfenfaffe,  bie  <Gemciubefranfenoerfid)erung,  bie  Hilters-  unb  3,,; 
oalibenfaffe,  bie  3tabtfaffc  unb  bas  polwilidje  sDte(beamt  untergebradjt. 

darüber  befinbct  fid)  ber  BrirgerausfdnifjfUuingsfaal,  rocldfer  uon  feböuen 
Bcrbältuiffeu  unb  bc>uglid)  bcr  Seforation  oon  großer  "iUirfung  ift.  Bon  ben 
(Glasmalereien  ift  v*  tagen,  .bafi  fie  Hilft  bem  Ütclicr  beo  Malers  (GcigcS  in 
Jyrciburg  ftammen.  Sie  cdjreiuerarbcitcn,  Bobcn  unb  t'ambris  :c,  lieferte 
3d)rciuer  Nietl)cimcr  hier;  bie  Malerarbeiten  bcr  Scde  unb  bcr  }l>änbc  über* 
nalnn  SHaler  Aröfdjlc  in  Marlsrube;  bic  Stuccaturarbeiteu  Jean  (rratb  in 
Babcn*Babcu.  Sie  Beleudituug  bes  3aales  gefdjiebt  burd)  voci  Bogenlampen, 
meldte  nad)  neuefter  Wonftruftion  halb  in  bie  3aalbetfc  eiugelaffen  finb;  an 
ben  Pfeilern  jioifcbcn  ben  Acnftern  bcfinben  fid)  nodi  ü>anbarmc  mit  (Glüljr 
lampen.  Sic  Ventilation  ift  ebenfalls  burd)  clcftrifd)c  i.'uftabfauger  bcrgeftcllt. 

(SS  ift  >>erru  Oberbüigermeiftcr  .öabcrmebl  gelungen,  oon  einer  fleibe  gut 
fttuierter  Familien  fdjöne  Beitrage  vir  Musfdnmitfung  beo  BürgerattSföufr 
fifcuugSfaaleS,  beo  3tabtratSfituingSiaalcS  unb  beS  Sreppenbaufes  V'  erhalten. 
(*s  mar  voar  unmbglid),  bie  oerfduebeucn  (Glasmalereien  auS  biefen  (Gclbcrn 
Vi  beftreiten,  bod)  ift  cS  gelungen,  bic  (Gcmdlbc  ber  Jcufter  bes  Bürgerausidmfi 
fifcungSfaaleS  fo  ju  orbnen,  baft  fie  ivid)tigc  (Spodjen  aus  bcr  (Gcfdjidjtc  unferer 
Stabt  in  fortlaufenbcr  ,"volgc  oeranfdmulirben. 

Sic  Hainen  ber  ctiftcr,  ioeld)c  burd)  ihre  Waben  es  ermöglid)t  baben, 
bafj  baS  neue  Nathans  in  aupergciob^nlid)  fdumer  Seife  ausgefd)imidt  njcrbeu 
f onnte,  finb : 

jrau  irmma  3dger  geb.  .Uieulc;  Ärtljur  Bohncnbcrgcr  (f  rben ;  Csfar 
Bcndifer;  Jyr.  Berfer  (rrben;  (Guftau  3icgle;  ^eter  (Gülid);  Alfons  Bcudifcr; 
3luguft  Beutfifer;  3tabtrat  jWonbou;  ^ritj  s3Beber;  ctabtrat  t'u^;  ctabtrat 
^ü^clberger;  (GuftaoiKau;  ^rau  Aifjlcr;  Slrtlmr  Jeimann ;  bcr  ^orfdiunocrcin : 
(GcfcUfd)aft  ^orta. 

(GcfcUfd)aft  Nebclbö^lc:  Uhr  in  ben  3tabtratsfifcuugsfaal. 
Munftgemerbeoerein :  ^mnfpofal. 

Dr.  Midjter:  3d)ranf  v»r  3lufbcioal)ruug  biefes  ^ofalcs. 
^lar.  Miller:  Cclbilb  bes  <Grof5ber;,ogs. 

Stob.  Vut> :  felbftgefcrtigte  .Urcibcv'idniung :  Bilb  bes  <Grofjl)crv>gS. 
A-rau  xu'rmann  (Gefell:  Delbilb,  Bismard. 

Julius  odjncibcr:  ü'mc  golbene  ACbcr,  mit  loeldicr  (Grofttjcnog  Aiicb- 
rid)  unb  bcr  (rvbgrofjbcnog  ihre  Namen  in  bie  Gbroni! 
ciiifdjrieben. 

24 


Digitized  by  Google 


370 


^foratjeim  im  19.  3a&rbunbert. 


£ic  Söfjnc  beö  f  Stabtrat«  .<öepp:  3roei  Manbclabcr  in  bcr  SHorbaöe. 
Dr.  2luguft  öcntfifcr:  :iHcbaillonö,  oier  ^orträtbüften  babifdjcr  dürften 

in  SHctallgufe  für  bie  Sorballe. 
(Mcbr.  Seltman  nnb  Wcbr.  Saatfc  je  eine  Wronccftatnc. 
Wcbr.  Wefell:  500  m.  für  ein  Wcmälbe  bcr  itümpfencr  Sd)lad)t. 
3tat>t  Marlörubc:  (Sincn  3lmtofeffel  für  ben  Cberbürgcrmciftcr. 
£ie  Wcfellfdmft  fliufeum  eine  Sironccbüftc  Maifer  sH>ilhclmö  1. 
2er  ctabtrat  mit  einer  Kolleftiogabc  von  1000  Ml 

Wufeerbem  tuurben  oou  anberen  bürgern  unb  ^rgerauöfcbufimitglicbcrn 
nocti  eine  Stu^al)!  weitere  Spenbeu  in  bar  unb  rocrtoollcn  OJegcnftänben  gegeben. 

$u  gebenfen  ift  noch  bcr  auf  eleftrifdjem  "Jikgc  getriebenen  Xurmubr 
mit  i!)ren  großen,  weithin  fidjtbaren  3iffcrblättcrn  unb  mit  ibrem  bellen  Schlag. 
8on  biefer  Ubr  auö  roerben  alle  Ubren  im  :Natbaufc  auf  eleftrifdjem  Si>cgc  im 
Wange  erbatten.  Sie  Ubrenanlage  ift  aus  bcr  lurmubrenfabrif  uon  fleuebift 
Sdjneiber  unb  Sohne  in  Sdjonacb. 

Sie  Matbauöneuban=,Hommiffion,  loeldjc  in  oielen  Sifcungen  fid)  fpejicll 
mit  bcr  3adjc  beö  Matbauöbaueö  bcfd)äf ttgte,  beftanb  auö  ben  fterren  Cbcr- 
bürgenneifter  .öabermebl,  Stabtbaumciftcr  i>(.  Mern,  iL*,  öepp,  Dr.  3(.  Siebter, 
Ulbert  SHaifdibofcr,  Mub.  ttreitmeier,  Otto  Mlein,  üermann  (Gefell,  (M.  fluten^ 
rictb,  Slug.  .Hanfer,  £'ub.  itfeber,  flob.  Werroig,  «Ib.  Nittum. 

Sie  $aujeit  am  ftatbauobau  betrug  2'/s  ^at)rc.  Sie  Moften  beö  $aucö 
beliefcn  fieb  auf  ruub  500  000  Ml  Der  Södel  unb  ber  Harterreftocf  fmb 
auö  rotem  Sanbftctn,  bie  beiben  Dbcrgcfcboffc  auö  locifjcm  Sanbftctn.  Tic 
Surcfyüge  unb  bie  $öbeu  finb  alle  auö  tfifeu  unb  $eton,  fo  bafj  ber  ganje 
93au  alö  feuerftefaer  gelten  fann. 


Schon  im  §al)x  1894,  alfo  nmbreub  ber  öauperiobe  beö  neuen  $tat: 
baufeö,  ^atte  ftd)  bie  Matbauöbaufommiffion  mit  bcr  Huöfdnnütfung  beö  großen 
Saalcö  bcfafjt  unb  bcfcbloffcu,  bafi  bie  ,"ycnftcr  unb  bie  grofcc  Witteltoanb  mit 
Silbern  auö  bcr  Wefcbiditc  ber  Stabt  gejicrt  loerbcn  foUten.  fterr  2Raler 
Öeigeö  auö  Jretburg,  beffen  OMaögemälbe  ben  beften  Muf  geniefeen,  fyatte  bie 
iperfteUung  ber  OHaömalereien  übernommen,  'äMaler  Meutter  auö  Marlörubc 
bat  baö  grofje  Cclgemälbe  in  ber  SJfitte  ber  JHücfmanb  „bie  400  ^forjbcimcr 
in  ber  Sdjladjt  bei  Wimpfen"  geliefert.  Sie  jyenftcr^emälbe  repräfentieren 
©jenen  auö  ber  Wefdndite  ber  Stobt  in  fortlaufenber  Neibenfolge :  1.  Saö 
iHomerlagcr  am  iSn^übergang  bcr  Strafte  oon  x-üaben  nad)  bem  befeftigten 
Vager  bei  Gannftatt  (3.  unb  4.  ^abrbunbert  unierer  ^eitrednumg).  2.  Ser 
Qny-  unb  sUUirmgnugraf  Slbalbert  befiditigt  mit  bem  ftirfauer  3lbt  ben  Stau 
bcr  3d)loftfird)e  (Anfang  beö  12.  "sobrliunbertöi.  ^iarfgraf  Gljriftopb  oerlcibt 
bcr  Stabt  einen  Jreibcitobrief,  betitelt:  „sJieue  Crbnung  nnb  ^olijei".  1491. 
4.  3icua)lin  prüft  bei  einem  feiner  üefuebe  bcr  ^aterftabt  bie  ,"yortfd)ritte  feineö 
ÜJro&neffen  ^^ilipp  i)ie(and)tl)on.  1608.  Wun  folgt  baö  5teuttcr'fd)e  gro^c 
Cclgemälbe  ber  ^impfener  ediladjt;  2«.  Slpril  1622.  ^bm  folgt  baö  fünfte 
(Mlaöfenfter :  „SMelac  befiehlt  bie  ^erftörung  ber  Stabt  ^forsbeim" ;  15.  ?luguft 
1H89,  sDoö  fedjfte  Jyenfter  ftellt  |ltt  banf baren  Erinnerung  an  bie  Wrünbuug 
beö  erfteu  Alofsoercinö,  174«,  unb  an  bie  Stiftung  ber  Alöfsenoitroenfaffc  eine 
Jylofefabrt  bar,  mit  ber  Uuterfdjrift :  Tie  <"ylöf?er  b»lbigcn  ibrem  angeftammteu 
4)iarfgräfli(bcn  Jürftenb,aufe.  £aö  fiebente  Siilb  befa)aftigt  fid)  mit  ber  Cirün- 
bung  ber  biefigcn  ^nbuftrie:  Sie  Entreoreucurö  «utrau,  CSbriftin,  3Siala  unb 
2lbor  empfangen  am  Eingangötbor  beö  ^aifenbaufcö  ben  i)Jarfgrafen  Marl 
tfriebrieb  unb  bie  2)tarfgräfin  Maroline,  1767.  2en  Sdjlufe  bilbet  $ur  ^rinn^ 
erung  an  bie  fdjön  gelungene  gaajauöftellung  ber  (SbelmetaUinbufrrie,  gemein» 


Digitized  by  Google 


^toraljeim  im  19.  Sabrbunbert. 


371 


fam  oeranfta(tet  oon  ber  Munftgeroerbefd)u(c  uub  bcm  .Uunftgcrocrbcoerein,  bat 
(Mlasgemälbe  „(%oftt)er*ofl  Jyricbnd)  roirb  oom  MuäfteUungofomitc  im  Xrcppcn- 
baufe  bcr  .Uunftgerocrbcfdnilc  empfangen",  1894.  $u  ben  jroei  legten  ^ötlDern 
(mt  £>err  Waler  Memmer  in  Marl«rube  bie  .Horton*  ge^eidjnet ;  iljrc  .öerfteUung 
roeidjt  infofern  oon  ben  oorbergebenben  fedje  Wlaägcmälbcn  ab,  alö  bie  Sujet« 
einfad)  auf  "H.tv  gemalt  finb,  roäfjrenb  bei  ben  anberen  bie  3ujet«,  au«  oer- 
fdjiebcnfarbigem  Wla«,  roic  iKofaif  burd)  ^.Metftreifen  jufammengefafit  finb.  Sic 
fteife  fdiroarje  Mleibung  unferer  ^ett,  bcr  ^ratf,  bie  fdjroar^c  .oofe  unb  ber 
3g(inberf)ut  ftnb  ben  Müuftlern  begreif ltdjerroeife  unfnmpatljifd).  weil  fid)  feinerlei 
gormen=  unb  ftarbeneffefte  mit  ifjnen  erjielcu  (äffen.  £a«  fiebentc  Wilb  mit 
ben  franiöfifdjeu  ISntrepreneur«,  bem  Warfgrafen  unb  feiner  Wemablin  ift  eine 
reijettbe  .Uompofition  mit  cffeftuoller  $öirfung,  roäbrenb  ba«  ad)tc  öilb  mit 
feinen  fradgefd)mütftcn.*>erren  boef) rcrt)t  fütjl  (n^t.  25teOHa«gemälbc  in  ihrer  (Mcfamt* 
beit  ftnb  in  .Uompofition  unb  21u«fübrung  feljr  gut ;  oiele  Jreube  biirf tc  t)icr  ba« 
rflöfjcrbilb  bereiten,  ir«  ftnb  jefct  an  ber  Wittelroanb  nod)  *roet  platte  redjt« 
unb  Itnfd  bcr  Wimpfen«  Sdiladjt  frei;  urfprüngltd)  roaren  für  biefc  otcltc 
ba«  Werian'fajc  ^forjbcim  unb  ba*  Wtlb  bcr  beutigen  Stabt  beftimmt.  Seither 
finb  ocrfd)icbcnc  anbere  glätte  aufgctaudjt,  mie  bic  }>ortraitmcbaiUou«  bc« 
Warfgrafen  Marl  ^mbrid)  unb  be«  jc&tgen  OJroßbcrjog«,  ober  aud)  aUegorifd)c 
Figuren. 


pic  eiunuiliuurt  bes  neuen  "3{atr)aufes 

fanb  am  29.  Wat  1895  ftatt.  Cö  mar  ein  ftefttag,  roic  ^for^beim  biöbcr 
nod)  feinen  fdjöuercn  unb  großartigeren  gefeiten  tjattc.  obre  ftobeiteu  ber 
(yrofcbcr^og  unb  ber  tfrbgroftberjog,  bic  Wtntfter  iSifenloljr  uub  o.  Trauer  unb 
anbere  Vertreter  bcr  Regierung  roaren  erfa)icncn.  -Da«  Detter  roar  ein  Ijerr* 
Udje«,  uub  bie  }$fontjcimer  Ratten  alte«  getban,  roas  in  ibrer  .Hraft 
lag,  ben  Xag  *u  einem  roabrbaft  benfroürbigen  $u  geftalten.  Xie  3d)ul- 
jugenb,  alte  Vereine  unb  Korporationen,  bie  ftaatlia)cu  unb  ftäbtifdjen  8c* 
t)örben  batteu  an  bem  feftlid)  gefdjmurftcn  Statmbof  unb  in  Der  ^uifcuftrafje 
3(ufftellung  genommen.  Xtc  (Siufabrt  bc*  Vanbe«berru  in  bie  otabt  geftaltete 
ftd)  51t  einem  ioaI)rcn  Iriumpbuige.  s-bcim  Waftljau«  \um  „grünen  iWaum" 
roar  ein  altertümliche«  ctabtttjor  erridjtet  roorben,  ba*  naa)  feiner  ganzen 
$(u«fül)rung  in  2(rdiitcftur  unb  5(nftrid)  oonüglicb  gelungen  roar  unb  eine 
•  freubige  Uebcrrafdjung  für  jebermann  bilbete.  ^nfeeniert  roar  ba«fclbe  uon 
ben  Herren  Cberforftcr  'Hau  unb  ctabtrat  söeltman.  2>a*  21)or  roar  burd) 
eine  fed)«  Wann  ftarfe  äöaebe  oon  «anbSlnedjten  befefct.  oelbft  bcr  berbe 
(Sidjentifd)  mit  »eintrug  unb  iüürfelbcdjcr  fehlte  uidit.  911«  bcr  Jycftjug  xn 
©id)t  fam,  rief  bcr  auf  bcr  $inne  be«  Jljore«  ftebeube  Süadjtpoften  fein 
„Sirrau«!"  uub  bic  3iJad)e  trat  unter'«  ®ewel)r.  £er  road^efjabcnbc  Cffitier, 
•t)err  Vogler,  madjte  bcm  (Mrofj()cr?,og  bic  Welbung:  „2)aö  roeftlid;c  Xi)Ov 
(Stierer  treuen  Stabt  ^forjbeim  ift  befefot  mit  eiticm  Dffijicr,  einem  Jvrt^nbrid) 
unb  oicr  Üanbefncdjtcn.  Vofung  uub  ^elbgefdjrei  finb :  „Wrofefjerjog  tfriebridj". 
Xev  tjofje  öerr  roar  fiajtlid)  übcrrafdjt  uub  erfreut  oon  biefer  fd)önen  c^cne. 
l\ov  bcm  ÜHatbaufe  rourben  bie  »errfa)aftcu  oott  einem  Warfdj  ber  Aeuerroebr^ 
fapeUe  unb  ben  ftäbtifdjen  Mollegien  begrüftt,  ,'ocrr  otabtbaumcifter  .Hern  über- 
gab  auf  funftooü  geftieftent  Riffen  bem  Wrof?()cr^og  ben  sJiatbau«fd)lüffcl,  roclcbcr 
ib,n  bem  Oberbürgermciftcr  bot.  Vctjterer  crfdjloft  bannt  bic  Pforte  bc«  neuen  Öaufe*. 
s^eim  eintritt  bcr  Jeftteilnebmer  ftimmten  ber  „Wauncrgcfangocrciu"  unb  bic 
„Viebertafcl"  unter  ^»errn  Wo^r«  Leitung  ^cetbooen«  >>imtne  an :  „Tic  Gimmel 
rühmen  bc«  (Sroigcn  l±t>rc",  unb  bcr  3"g  begab  fid)  in  ben  :öürgerauöidnif?ftbung«= 
faal,  roo  bic  boben  .^errfdjaftett  nebft  (befolge  auf  bcm  ^obium  jhifftcüung  nahmen, 
(y«  folgten  nunmet)r  bic  5(ufprad)en  bcö  Dbcrbürgermciftcr^  >>abermel)(,  bc« 

24* 


Digitized  by  Google 


372 


^r'orjbcim  im  19.  ^abtbunbert. 


vanbtaadaba.corbnctcn  Nittum,  bc$  (MroftbcnoflS ,    bc$  Cbcrbürflcrmcifter* 
3mncblcr  au$  Karlsruhe.    3  um  Sdjluffe  bcr  .'oauptfcftlidifcit  frcbentfc  ber 
Cbcrburflcrmciftcr  mit  a,cifti)Ollcm  £>umor  ben  beben  \>errcn  ben  DOffl  Munü 
aemerbeuercin  bcr  Stabt  (|ef(^€nftetl  praditiaen  ^ofal.    rarauf  folgte  im  <k 
jdimudten   3aalc  bco   „edmmnen  XMer"   ein  ivcftmabl.    Um  %Jiad)intttaq 
mntbtcn  bic  hofjcn  (Mdftc  unter  ^ühruna,  bc*  Cberbüra,ermcMtcr<s  eine  Statt 
fahrt  burdi  bic  3tabt  uub  befid)ttßten  bnä  in  bcr  ttltftabt  Refeßene  Iflcftru: 
tat*nicrf,  einige  Wjouteriefabrifcn  uub  fpdtcr  ben  im  herrlidjfteu  ,vlor  ftebenben 
ctabtaartcu,  wo  bcr  Wortenbauticrcin  ein  !r»obla.eluna,cue*  Minberfeit  r»cran 
ftnltete.    Tic  Abfahrt  bcr  ftirftlidjcn  v>crrcu  erfolgte  abeub«  7  Ubr  unter 
ßrofoen  Coationcu.    Ter  Ijcrrlidjc  Xa^  eubete  mit  einem  ttanfett  im  KMerfttL 

2$ürßfrmcifter  Siaxt  3mri'ttncr. 

(fr  mar  am  4.  4Wai  1813  in  Vübcd  geboren,  lernte  alä  (Hotbarbetter 
unb  (am  al<<  {traget  unbemittelter  SReitfd)  und)  ^fonheim.    Seilte  bernor 
rüi\enben  geiftigen  Adb,ia,fciten  unb  feine  unbcbtna.tc  StiDcrlaifta.feit  erwarben 


Uürßmm'iflcr  Siaxl  3crronncr. 

ihm  balb  bic  2  teile  eine«  (Heitt>aft«reifettben  im  vaufe  ,"vrub.  3pater  »er 
betratetc  er  tid)  mit  einer  ^fonbetmettn  unt>  aruubctc  etu  eigene«  Holbroare« 
Qtidjaft,  bae  er  aud>  ale  iBur^ci  meiner  roetterful;rte.    <ir  battc  <3lu<f  öaimt 


Google 


$fotsfeeim  im  19.  3abrbunbcrt. 


373 


unb  mürbe  fidjer  uoa)  roett  größere  materielle  (Srfolge  gehabt  fjaben,  roenn  er 
ntc^t  ben  äauptteil  feiner  Mraft  bem  GJcmciubebicnft  jugeroanbt  b^tte.  3n 
bem  fleinert  verliefen  ftörper  ioob,nte  ein  ungemein  th,ätiger  unb  regfamer 
Weift,  ber  ftetö  bad  !Hid)tige  511  treffen  raupte.  Seine  großen  Üerbtenfte  um 
bie  Stabt,  namentlia)  um  ba$  »au*  unb  Sdnilwefeu,  fmb  an  anberer  Stelle 
eingebenb  erörtert  worben.  "ÜJie  bie  (Sinroofmcrfdjaft  bem  braoen  SRanne  im 
Seoen  üiebe  unb  Vertrauen  gefdjenft  bat,  fo  bewahrt  fte  ii>m  audj  im  Jobe  ein 
bauernb  ebrenbeä  Snbenfen.  i$fym  nu  ISljren  erhielt  eine  Strafe  ben  Warnen 
3errennerftraf$e.) 


Müt^cxmciflet  greeefitt*. 

Gr  mar  ber  Sobn  beä  2>omänem»enoalter$  Creceliue  unb  führte  roaf)* 
renb  ber  Neoolutionäjeit  bao  Stabtrcgiment.  Seine  jiemlirf)  raube,  berb  ju* 
greifenbe  Watur  toar  auf  btefem  Soften  unb  51t  foldjer  ,^eit  gcrabew  unent* 
bcbrlid),  unb  er  war  oielleidjt  ber  einige  SMann  ber  Stabt,  bem  ee  gegeben 
mar,  in  jener  ,^eit  be$  2lufrul)rö  unb  ber  ^erroirrungen  mit  nüdjtemem  Sinn, 
einem  Haren  (Reifte  unb  mit  eifemer  Jvauft  bie  Situation  -n  beljerrfdjen.  Wad) 
feinem  Stuöfdieiben  aus  bem  3tmte,  ba$  ibm  fo  oiele  Sibenoärtigfeiten  unb 
Sorgen  unb  fo  loenig  freunblidje  läge  gebraut  hatte,  oerblieb  er  nur  noeb 
furje  *Jeit  in  ^forjljcim.  Sein  "Utotmtjauö,  ba«  er  als  junger  Mcntbeamter 
ber  Familie  0.  Neutrum  oou  Ü)raf  oou  l'uremburg  in  SHannbeim  erioorben 
f'atte,  tiefe  er  nad)  feinem  Weggang  oerfaufeu.  3lmte  Cffenburg  erioarb 
er  fid)  baä  Öut  Jufcbad*  unb  oerbltcb  bafelbft  einige  Jabrc,  worauf  er  nad) 
öengeubaa)  sog.  Seit  feinem  Weggang  oon  bort  ift  nidjte  SidjereS  mebr 
über  fein  Sdjicffal  befanut  geworben.  Seine  SJerbienfte  um  bie  Stabt  in 
fdjtoerer  ^eit  fidjern  itjnt  für  immer  ein  banfbare*  Webenfeit  in  ber  ^forj- 
beimer  $ürgerfd)aft. 


Vit  *&fot$e\mex  SJurflcrRorpö. 

3u  dnbc  besi  18.  3<if)rf)unbertS  rourbe  ein  perföntic^er 
2Bad)tbienft  angeorbnet,  ii>eit  bie  ©egenb  buret)  „fyerumfdjtuärmenbe 
©aunerbanben"  unftdjer  gemacht  rourbe.  .Hein  ^Bürger  burftc  fid) 
bemfelben  entjiefjen.  Jyrüfjer  rücfte  bafyer  511  folgen  Streifjügen 
bie  gauje  SBürgerfdjaft  au£.  $>a  aber  baburd)  niele  Unorbnungen 
entftanben,  gefd)at)en  biefe  Streifjüge  fpäter  blo§  nod)  burd)  eine 
geringe  9lnjaf)i  Bürger  51t  Jyufj  unb  $11  ^ßfevbe.  $lu§  biefen  Streif- 
forp§  entroiefetten  fid)  bann  mit  bei*  $eit  bie  $3ürgerforp3. 

(Sin  OberamtSberidjt  00m  16.  Septbr.  1802  an  ben  Sftarf- 
grafen  befagt :  $ie  $for$f)eimer  ÜBürgerfdjaft  fei  fd)on  von  alten 
Reiten  fjer  bewaffnet ;  bewaffnet  fdjroöre  bev  angefjenbe  Bürger 
ben  JmlbigungSeib  unb  in  btefem  Gib  fei  fogar  eine  Stelle,  ba& 
bie  Waffen,  bie  er  trage,  fein  (Eigentum  feien.  $ie3  fomme 
ofyne  ^roeifel  bafjer,  roeil  Die  Stabt  uermöge  it)rct*  ^riuüegien 
oerbunben  fei,  mit  bem  Warfgrafen  in  ben  Krieg  ju  jietjen.  Qu 
beginn  be3  $af)rf)unbert3  Ratten  fid;  am  Stnlafj  ber  roäf)renb 


Digitized  by  Google 


374 


i^orabeim  im  19.  3abrbunbcrt 


be§  legten  Krieges  getroffenen  2anbe§befenfton§anftalten  folgenbe 
ßorpS  in  ^forjheim  gebilbet: 

Päd  foß.  >aßriüantctt->"torpo ;  e§  beftanb  au§  lauter 
freiwillig  jufammengetretenen  ^abrtfanten  unb  war  ungefähr 
100  9flann  ftarf.  Unter  benfelben  waren  nicht  nur  s$forj^eimer 
Bürger  unb  93ürger§föhne ,  tjier  etablierte,  nid)t  bürgerlidje 
gabrifanten  unb  beren  Söhne,  fonbern  aud)  frembe  Arbeiter,  bie 
ab*  unb  jugingen.  Sie  waren  grün  unb  rot  montiert,  jiemlid) 
gut  einexerziert  unb  wählten  tt)re  Cffijiere  felbft  unter  fid).  3!)r 
fommanbierenber  Offijier  war  bcr  ^Bijouterie^übrifant  Gcntre* 
preneur  |mguenin,  ein  geborener  Sdjweijer  au§  bem  ftanton 
9teud)atel.  3)ie  (Gelegenheit  jur  Sormierung  biefeS  $orp§  gab 
bie  1794  oorgenommene  ©eneral-Sftufterung  {amtlicher  bienft= 
fähiger  9Jtannfd)aft.  3)ie  JJabrifanten  wollten  fid)  bamal§  oev- 
möge  ihrer  jjreitjeiten  nid)t  an  ba§  Allgemeine  anfdjliefjen, 
fonbern  ftetlten  fid)  befonberS.  Sie  follen  bei  öffentlichen  (Megem 
Reiten  unb  Streifeügen  gute  $)ienfte  geleiftet  haben,  fte  waren 
fefjr  efjrgeijig  unb  ihre  Offiziere  faljen  auf  ftrenge  Orbnung. 

l>a$  zweite  itorps,  ba§  fog.  ^agrrliorpo.  beftanb  au§ 
ungefähr  HO  Sftann,  bie  Uniform  war  fürftengrau  mit  grünen 
Auffd)lägen.  31jm  gehörten  bie  oornefmieren  t)iefigen  Bürger  unb 
beren  Söhne  an.    (I§  wählte  feine  Offiziere  ebenfalls  felbft. 

$>a§  brüte,  fog.  itatmflerifRorpd,  beftanb  au§  ungefähr 
40  9Jiann,  bie  Uniform  au§  bunfelblauem  £ud)  unb  hatte  fajwarje 
Auffdjläge.    Aud)  ^ier  gefd)ah  bie  DffoierSwahl  unter  ftd). 

T>cm  inerten  itorps»  gehörten  bie  {amtlichen  übrigen  Bürger 
an.  $od)  l)atten  fid)  oom  4.  ftorpS  etwa  100  Sftann  getrennt 
unb  bilbeten  eine  befonbere  Kompagnie,  weld)e  blaue  Uniform 
mit  roten  Auffdjtägen  trug.  $ic  Offiziere  würben  oom  Stabtrat 
gewählt  unb  oom  Cbcramt  beftätigt.  $er  erfte  Offizier  über 
biefeS,  fowie  über  alle  übrigen  bürgerlichen  $orp$  war  ber 
Stabthauptmann ,  welcher  immer  jugleid)  aud)  9)litglieb  bes 
9JJagiftrat§  fein  mufcte.  5Bollte  ein  Bürger  bei  ber  ^Bürger- 
Rompagnie  eintreten,  fo  mujjte  er  au3  ber  fiefjre  fein  unb  baS 
20.  £eben3jaf)r  .virücfgelegt  höben.  3öar  er  einmal  eingereiht, 
fo  fonnte  er  feine  Kompagnie  nicht  oerlaffen,  ohne  oom  Stabt-- 
Hauptmann  ben  Abfd)ieb  erhalten  §u  fyaben. 

@rfd)ien  ein  Bürger  nicht,  wenn  er  fommanbiert  war,  ober 
nicht  jur  beftimmten  3«t  verfiel  er  in  eine  Strafe  oon 
15  8r.  derjenige,  meldjer  beim  SlttS*  unb  (Sinmarfd)  nicht  in 
feinem  ©lieb  blieb,  fchrie,  johlte  ober  £abaf  rauchte  ober  fich  gar 
erfredjte  ju  fliegen,  erhielt  eine  Strafe  oon  30  .ffr.  3eber 
Korporal,  in  beffen  $ug  oa*  et)en  Angeführte  paffterte  unb  ber 


Digitized  by  Google 


^forabeim  im  19.  3abrbunbert.  375 

e§  nidjt  alöbalb  anzeigte,  erhielt  bie  gletdje  ©träfe,  ©prad)  ein 
Bürger  auf  bem  (Syerzierplatj  wäfjrenb  be§  ItommanboS  ober 
führte  ftd),  „wie  bie§  oft  gefc^al).  ungebüfjrltd)  auf",*)  fo  mufite 
er  8  $r.  Strafe  erlegen.  Unge^orfam  unb  SBiberfpenftigfeit 
gegen  bie  Unteroffiziere  würben  mit  30  ßr.  Strafe  belegt,  ©djimpf* 
reben  unb  fernere  ^nfuborbination  fofteten  1 '/..  ©ulben.  ©djimpfte 
ein  Bürger  ben  anbeten,  fo  würbe  bie  SJuge  auf  45  Rreujer  bis 
1  ©ulben  bemeffen.  93ei  ©djlägerei  gab  e§  Slrreft.  freien  beim 
beriefen  tjatte  15  ßr.  (Strafe  jur  ^olge. 

3eber  follte  fein  ©emetyr  fo  in  ©tanb  Ratten,  bog  er  e$ 
bei  einer  etwaigen  Streiferet  ober  auf  ftommanbo  fofort  in  ©e= 
braud)  nehmen  fonnte.  Um  Unglücf  iu  oerfjüten,  ba£  unreine 
©eweljre,  roie  bie§  öfter«  gefduu),  beim  Stiegen  zerfprangen, 
rourbe  ben  Unteroffizieren  befohlen,  oon  £eit  ju  ßeit  eine 
SBifitation  barüber  oorjunel^men.  2Ber  babei  fein  ©emeljr  nid)t 
in  Orbnung  batte,  bejahte  24  $r.  Strafe.  Öeber  mufjte  eine 
s?atrontafAe  fjaben.  $)ie  ©trafgelber  würben  zur  3lnfd)affung 
oon  SWufitinftrumenten  u.  f.  w.  oerwenbet.  2llljäf)rlid)  mugte 
barüber  bei  Unteroffizieren  unb  ©emeinen  Re$mttlfl  abgelegt 
werben.  $)ie  Kompagnien  Ratten  aud)  S^nen,  meldje  fie  oon 
ber  oerftorbenen  SRarfgräfin  jum  ©efdjenf  erhalten  fjatten.  3)er 
SRuftfbitettor  be£  ^ägerforp«,  93ud)binber  ©olb,  weldjer  ein 
orbentlidjeS  9ttufi!erforp§  fjeraugebilbet  fjatte,  b,atte  feine  liebe  Dlot 
mit  feinen  Oägern,  fte  liefen  il)m  einfad)  weg,  roenn  ifjnen  eine 
anbere  Uniform  beffer  gefiel  unb  liegen  fict)  bei  anbern  ftorp§ 
einreiben.  Um  biefem  Unroefen  zu  fteuern,  tfjaten  ftd)  fämtlidje 
.florp§fommanbanten  pfammen  unb  roeigerten  ben  ^Deserteuren 
bie  3Iufnaf)me  in  itjren  ftorpS,  roenn  fie  nirf)t  einen  9lbfd)ieb 
00m  Stabtfyauptmann  oorroeifen  fonnten.  (Sbenfo  burfte  ba£ 
neu  erridjtete  3ägerforp3  nidjt  weiter  al«  30  ©emeine  unb  ba§ 
Kaoaüetie  •  Korp«  r)öd)ften§  40  sJJiann  ftarf  fein.  $a§  alte 
$ompagnie;9feglement  00m  20.  Septbr.  1786  biente  als  ©runb= 
läge  unb  roar  etwa«  umgemobelt,  bamit  e§  in  bie  Qtit  pafjte. 
3)te  Offiziere  im  ^afyre  1802  waren  ber  Hauptmann  £ut>  unb 
bie  fieutnantS  ©eiger  unb  53ougine.  $etm  Raoalleriefotpfi  würbe 
angeorbnet,  bafc  immer  einer  fein  gleidje«,  mofjlbreffterte«  s#ferb 
neunte. 

9tad)  einem  üHeferatSprotofoll  00m  25.  Januar  1805  fjatte 
ba«  ^forzfjetmer  bürgerlidje  Sägerforp«  bie  öffentliche  ©idjerbeit 
gefäljrbet  unb  baburd)  baS  Med)t  oerroirft,  ein  eigene«  ftorp« 
bilben  zu  bürfen.  @3  würbe  aufgelöft,  unb  bie  ©lieber  beSfelben 
bei  anberen  &orp§  eingereiht.  i)a«  Wusrücfen  be£  ©d)arffdn'i^en= 
forp«,  weldjeS  im  $af)r  1819  errietet  würbe  unb  nur  30  s3Jknn 


•)  25er  fluöbrutf  lautete  ettoa*  prajifer. 


37G  «Uforabcim  im  19.  ^abrbunbert. 

ftarf  fein  burfte,  fonntc  nur  nad)  (Sinfjolung  obrigfeitlidjer  ®e* 
nefjmigung  gefdjefjen.  s)lad)  ben  «Statuten  beftanb  ba§  Äorps 
au£  2  Offizieren,  1  $Hegiment3;Quartiermeifter,  1  SHegimentS- 
9lrjt,  2  Oberjägern,  8  Premiers,  i  ftapeümeifter,  10  £>aut= 
boiften  unb  60  Sdjarffdjütjen.    3)ie  Uniform  beftanb 

1.  au§  einem  $$afo  au§  3il$  mit  lebernem  ©lanjboben, 
meinen  Jangfdjnüren,  9tofette  oon  ber  babifdjen  £mu3farbe  unb 
einem  grünmollenen  Büfdjle ;  als  Sd)ilb  fjatte  er  ben  Budjftaben 
L  mit  einer  (Sonne  umgeben. 

2.  $aS  (Sollet  mar  bunfelgrün  mit  fcf)war$  inandjefternem 
fragen,  baS  oorn  jugefjeftet  mürbe,  —  über  baS  Hinterteil  ging 
unb  ftatt  ber  £afd)en  5!lappen*s}ktten  erhielt,  meiere  fid)  in 
bem  9luSfd)lag  uerloren,  auf  meld)  letzterem  4  siBalbf)örner  angc= 
bradjt  mürben.    $luf  bem  fragen  waren  2  golbene  fii^en. 

3.  ©rünwollene  (SpauletteS  als  5ld)felbebecfung. 

4.  Hofen  oon  gleichem  Und)  mit  jmei  fingerbreiten  fdjroarj 
famtenem  Streifen,  nidjt  fetjr  meit,  jebod)  fo,  baj?  bie  Stiefel 
bequem  barunter  getragen  werben  fonnten. 

$)ie  Uniform  ber  Offiziere  mar  bie  gleiche,  nur  mit  bem 
Unterjdjtebe,  bag  fie  ftatt  ber  GjafoS  £üte  mit  fdjwarjen  gebern 
tjatten.  $ie  SluSjeidjnuug  mar  an  (Sollet  unb  £>ofe  angebracht 
unb  beftanb  beim  Oberjäger  auS  jroei  golbenen  Strichen  über 
bem  Slrm,  beim  Premier  auS  einem.  $ie  Büfd)le  raaren  unten 
rot.  3Me  Armatur  beftanb  auS  einer  furjen,  gezogenen  s}Sürfd)- 
büd)fe  mit  franjöfifdjcm  Stedjer,  bie  auef)  als  glinte  abgebrüeft 
werben  fonnte,  mit  lädiertem  Seberriemen,  einer  fleinen  ßartoudje 
oon  fd)mar$  lädiertem  Seber  mit  Banbelier,  auf  welchem  ftd) 
oorn  ein  fletneS  QBalbfjorn  befanb,  an  bem  burd)  $mei  Letten 
bie  iHaumnabel  in  ©eftalt  oon  Pfeilen  in  einem  ftödjer  ange- 
bracht war.  9luf  bem  Werfet  ber  (£artoud)e  war  baS  gleiche 
Sd)ilb  wie  auf  bem  2wt o.  Sterner  auS  einem  furjen  £>irfd)fänger  mit 
einem  ©riff  oon  (Sbenhols  am  gleidjen  Banbelier.  $ie  Offnere 
trugen  ebenfalls  £iricf)fanger,  ©arnitur  unb  knöpfe  waren  aus 
9JJefftng.  $ie  Uniformierung  unb  Bewaffnung  etneS  einzelnen  belicf 
fid)  auf  no  bi§  100  fl.  $ie  ftapitulattonSjeit  war  auf  brei  3ahre 
bemeffen.  Beim  eintritt  hatte  jeber  3  Äronentfjaler  su  jaulen, 
fpäter  jebe  Üöod)e  30  .Hr.  bis  bie  Uniformen  bejaht  waren.  2kl 
Jag  ber  ftonftituierung,  alfo  ber  24.  Januar,  würbe  alljährlich 
feftlid)  begangen 

%ati  23.  September  1823  wollte  baS  uniformierte  Bürger* 
miütär  in  Bretten  einen  9luSmarfd)  nad)  s$forjheim  unternehmen, 
um  bie  ftamerobfdjaft  ju  pflegen;  er  würbe  jebod)  nid)t  ge* 
nebmigt.  %tn  $eter*  unb  ^aulStag  1825  30g  bafür  baS  v?for5* 
heimer  SdjarffdjütjenforpS  mit  fliegenben  gähnen  unb  flingenbem 


)gle 


Worabeim  im  19.  Sabrbunbcrt.  377 

(Spiel  in  Bretten  ein  jum  Söefudj.  $)ie  Ärieger  betrugen  ftd) 
laut  3eugni§  mufterfjaft. 

Wm  18.  Wai  J842  erfudjten  Serbinanb  Oedjsite  itnb 
ftonforten,  ein  roeitere§  Bürger  *  Wilitärforp§  grünben  ju 
bürfen.  @§  beftanben  bamal§  3,  nämlidj  ein  $ragonerforp$, 
40  Wattn  ftarf,  80  Wann  Sdjarffdjütjen  unb  ba§  glöfferforpS 
mit  25  Wann.  $)a§  neue  faßte  au§  lauter  jungen  Seuten  be* 
flehen  unb  einfad)  uniformiert  werben  im  greife  oon  etwa  50  fl. 
pro  Wann,  ©rüner  Ueberrotf  mit  fdjmar^em  fragen,  graue 
93eittfleiber,  Stiefel  unb  road)§tud)überzogener  fyato,  WuSfete  mit 
^Bajonett  unb  s$atrontafdje  unb  oielleidjt  fpäter  ein  (Säbel 
follte  bie  s#u§rüftung  fein.  $ie  folgenben  s)totjaf)re  oerInnberten 
bie  2lu3ft%ung  be3  planes. 

3m  3abre  1808  beftanb  aud)  eine  fog.  *&fot$e\mcx  e lircn- 
flarbe  |n  ^ferbe.  2)ie  grünen  (£ontre=©pauletten  roaren  mit 
©olbbouillon  eingefaßt.  $of)e  |)ufareitftiefel,  oben  mit  golbenen 
9?unbfd)nürd)eu  urnranbet,  Ouäftdjen  oon  ©olbfaben  baran,  gelbe 
£mfarenfporen,  s$iftolenbalfter  unb  ^iftolen  bilbeten  bie  Uniform 
ber  ©emeinen.  $)ic  Offiziere  Ratten  (£artoud)e  unb  Säbelfoppel 
oon  rotem  Saffian  mit  ©olb  geftieft  unb  mit  einer  golbenen 
93orbe  befetjt,  gleidje  3^ume,  93orber*  unb  «£>interzeiig  mit  oer= 
golbeten  Sdjnalleu.  $ie  ©Sfabron  beftanb  au§  jraei  ^ügen  mit 
3  Offizieren  unb  2  Unteroffizieren,  einem  ©Sfabrott^ftommanbanten, 
einem  9*ittmeifter  unb  etnem  Oberleutnant.  $er  Unteroffizier  be§ 
I.  3"9^  Ratten  bie  (Stanbarte  ju  tragen  unb  ba3  ^olijeilidje 
ju  beforgen,  ber  be§  II.  3»9^  ^atte  bie  @3rabron3faffe  ju  oer* 
roalten.  93ei  S^ierlcirm  in  ber  (Stabt  f)attc  bie  ganze  Wannfcfyaft 
anzutreten,  in  Uniform  unb  ju  93*»  auswärtigem  Seuer* 

lärm  nur  ein  3ug.  $ie  Stabstrompeter  mußten  JJeuerfigual 
blafen. 

SDie  Uniform  beS  ^ürger=ftauallerie*$orp3,  roeldjeS  feine 
Statuten  im  Qafjre  1837  zur  ftaatlidjen  ©enebmigung  oorlegte, 
beftanb  in  grünem  (Sollet  mit  roten  $tuffd)lägen  unb  fragen, 
grünen  $3einfleibern  mit  roten  Streifen,  mefftngenem  $elm  mit 
fjängenbem  iHoßfdjioeif,  mefftngenen  (spauletten  mit  Srfjuppen, 
fdjroarzem  überzeug  an  ber  s#atrontafd)e ,  unb  Säbel  mit 
mefftngenem  33efd)läg. 

$ie  Offiziers41niform  toar  bie  gleite  mit  folgenben  %b> 
änberungen:  golbene  Säbelfuppel  unb  golbenes  SBanbelier  an 
ber  sJ$atrontafd)e,  oergolbeter  .<peltn  unb  (SpattletteS. 

2)ie  ©rabauSzeidjnungen  toaren  folgenbe: 

$er  9iittmeifter  trug  zwei  gefüllte,  ber  Oberleutnant  ein 
gefülltes  auf  ber  linfen  Steffel,  ber  Unterleutnannt  ein  gefülltes 
auf  ber  red)ten  $M)fel,  ber  ©SfabronSarzt  ztoei  ungefüllte  SpauleüeS, 


Digitized  by  Google 


378 


liforabeim  im  19.  oabtbunbctt 


ber  2öad)tmeifter  oergolbete  Sdjuppemdpa  ulettes  unb  boppelte 
©olbborten  auf  bcn  Vorberarmen.  3)ie  Unteroffiziere  einfache 
©olbborten  auf  ben  Vorberarmen.  $ie  ^Bewaffnung  beftanb  in 
gebogenen  Säbeln. 

25ie  s#ferbeausrüftung  beftanb  in  Qaam  unb  StaUbalfto 
mit  mefftngenen  Sdjnallen  unb  Verzierungen,  VrufcUmfang  unb 
Sdjwanzriemen  waren  fctywar}  lädiert  mit  3fteffing*Verzierungen 
oerfeben.  (Sin  englifdjer  Sattel  mit  fdjwarzem  s#iftolenbalfter 
unb  Steigbügelriemen,  grüner  Ueberbetfe,  rot  eingefaßt  mit  ber 
9tamen§d)iffrc  be§  ©ro§berzog§  oollenbete  ben  bübfdjen  9tt$itg. 

9lad)  einer  Verfügung  be§  OberaintS  com  3at)re  1834 
würbe  ber  bisherige  (tbef  be§  $aoaHerieforp§,  Kaufmann  $roll, 
mit  nod)  zwei  Offizieren,  weldje  oom  S?orp§  gemäbtt  worben 
waren,  in  biefem  SHange  bebörblid)erfeit§  nicfjt  beftätigt.  ftroll 
mar  beinabe  30  3abre  (£bef  beweiben  geroefen  unb  würbe  oom 
OTajor  zum  SHittmeifter,  J.  ßroll  junior  oom  SRittmeifter  zum 
Oberleutnant  unb  31.  ©rab  oom  Oberleutnant  zum  Unterleutnant 
begrabiert.  $a§  $orp§  fül)lte  ftd)  baraufbin  in  feinem  Sabl* 
redjt  beeinträdjtigt  unb  ergriff  ben  9tefur§.  SBegen  jener  ober* 
amtlichen  Verfügung  zog  ba§  $orp£  ntd)t  wie  e£  fonft  üblid) 
unb  s$flid)t  mar,  zur  ftirdjenparabe  am  ©eburtSfefte  be§  ©rofc 
berzog«,  ba  es  mit  begrabierteu  Offizieren  ober  obne  foldje  nid)t 
au§vücfen  tonnte.  Um  äbnlid)en  Vorfommniffen  oorzubeugen, 
baten  bie  ftorpSmitglieber,  ir^re  Offiziere  im  alten  ©rabe  zu 
belaffen,  bezm.  &u  betätigen,  ba  fte  biefeu  3  Herren  baburd), 
als  einziges  ibnen  zu  ©ebote  ftebenbes  Littel,  für  bie  bem  $orp$ 
geleifteten  $ienfte  it)re  £od)ad)tung  unb  Siebe  bemeifen  wollten. 
9Jian  berief  ftd)  uergeblid)  auf  bie  oom  Sanbeeberren  betätigten 
Statuten.  1836  am  29.  91uguft  trjaten  SlroU  sen.  nnb  junior 
unb  ©rab  zum  letjtenmale  £>ienft ;  an  ihre  Stelle  traten  Vürger* 
meifter  Deimling  als  Wittmeifter  unb  Kaufmann  3öilb-  2enz  jun. 
ab  Oberleutnant. 

3lm  10.  September  1841  mürbe  burd)  oberamtlidje  Ver= 
fügung  baS  ftaoallerie-föorps  megen  3nfuborbination  aufgelöst 
unb  bie  Stanbarte  auf  bem  SHatbaufe  aufberoabrt.  Sdjon  zmei 
Oabre  zuoor  löfte  fid)  bas  unter  Hauptmann,  Jabrifant  ©ülid), 
ftebenbe  3"fanterte*5iorps  ber  Sdjütjenfompagnie  auf  megen 
Uneiuigfeit  mit  bem  C^fjef.  3)aS  SlaoaHerieforpS  unter  ^Bürger* 
meifter  Deimling  hielt  am  längften  Staub.  3(l§  aber  am  ©eburtS-- 
tag  be§  ©rofcberzogS  fid)  bie  9Rannfd)aft  bes  $8ürgerfaoallerie= 
torpö  mieberum  größtenteils  weigerte,  au§zurütfen  unb  ben  ßird)-- 
gang  mitzumadjeu,  ba  würbe  aud)  biejeö  burd)  iRegierung$befd)lufj 
aufgelöst.  sJ0lan  fud)te  biefen  HuSgang  zu  oerbinbern  burd) 
Anberaumung  aufjerorbentlidjer  Verfammlungen ,  worin  ben 
Störrifdjen  gütlid)  zugerebet  würbe,  aber  obne  Erfolg,  günf 


Digitized  by  Google 


Wotsbeim  im  19.  Sabrpunbert. 


379 


9Jlitglieber  gaben  am  $orabenb  beS  SefteS  bic  (Srflärung  ab, 
mitaufommen,  bic  anbern  weigerten  ftd).  darauf  tourbe  bie  9luf  löfung 
befdjloffen.  35er  ©tabtrat  forad)  einftimmig  fein  tieffteS  93ebauern 
auS  über  baS  ^BorfommniS  mit  bem  3öunfd)e,  eS  bie  ©tabt  nid)t 
entgelten  ju  (äffen. 

3m  Qaljre  1815  traten  fid)  aud)  bie  Släffer  &u  einer  fog. 
Slöfferfompagnie  jnfammen.  3)ie  ^Bewaffnung  beftanb  in  filmt* 
mit  geuerfteinfdjlofj.  Gcrfi  rütfte  bie  9Jiannfd)aft  in  langen 
blauen  Nörten  auS,  fpäter  fdjaffte  fie  ftd)  fleibfame  Uniformen 
an.  (Sie  l>atte  baS  SRedjt,  am  SWärjmarft  bie  SBadje  ju  be^ie^en. 
2)aS  ftorpS  beftanb  bis  1838. 


3m  3a^re  1800  Ijatte  $fot$eim  5062  (Simoofjner.  2>ie 
erfte  amtlidje  3W"»9  im  ©rofjfjerjogtum  rourbe  im  3afH*e  1811 
oorgenommen. 

9tad)folgenbe  Tabelle  ueranfdjaulidjt  bie  93eoölferungS* 
junabme  ber  Stabt  oon  1800  bis  1900.  sßforjt)eiin  r)atte  1800 
-  5062;  1810  -  5572;  1812  -  5301;  1831  -  6248;  1837 
=  7049;  1840  =  7694;  1843  -  8334;  1846  -  8452; 
1848/49  -  7951;  1852  -  9183;  1855  -  10  711;  1858  - 
13  520;  1861  -  13  925;  1864  -  16  391;  1867  -  16  414; 
1871  -  19  801;  1875  -  23  537;  1880  -  24  037;  1885  - 
27  207;  1890  =  29  987;  1895  -  33  331;  1900  -  43  376 
(Sinroofjner. 

3n  ber  93ermef)rung  ber  ©tabt  fpiegelt  fid)  ifjre  3eil« 
gcfd)icf)te.  $)ie  fetjr  geringe  ^unafjme  oon  1800  bis  1810  unb 
ber  SHücfgang  uon  ba  bis  1812  mufc  ben  ftriegSjeiten  jur  Saft 
gelegt  roerben,  in  benen  ber  unfidjern  3ll^unf^  ftatber  bie  (8§t- 
fdjlteßungen  fid)  einfd)ränften.  (Sinen  rafdjeren  Sortgang  meifen 
bie  30er  Qafyre  auf,  toeldje  JriebenS-  unb  ^ugleid)  gute  ©e= 
fd)äftSjaf)re  roaren.  3)ie  gleidje  (Simoirhtng  roie  ju  Anfang  beS 
3al)rt)unbertS  erFennen  mir  in  ber  s$eriobe  oon  1846  bis  infl. 
1849,  in  roeld)er  bie  <Seelenjaf)l  um  501  jurüdging.  $on  1849 
bis  1852  beträgt  bie  ßunaljme  bann  toieber  15,  oon  1852  bis 
1855  -  17  unb  oon  ba  bis  1858  =  26  ^rojent.  «on  1812 
bis  1852  oermetjrte  fid)  bie  Stabt  um  73,2  ^rojent.  SBon  ba 
bis  1864  ift  fobann  bie  gunafjme  mieber  eine  ftetige,  roäfjrenb 
fie  oon  1864  bis  1870  einen  oerminberten  5ortfd)ritt  aufroeift. 
SBieberunt  madjen  fid)  bie  fd)led)ten  ©efdjäftSjafjre  oon  1875  bis 
1885  bemerfbar.  3»  öen  90er  3af)ren  bagegen  f)at  ber  33e* 
oölferungSjuioadjS  augergetoöfmlidje  Qiffetn  aufjutoeifen.  (Srflären 
laffen  fid)  biefelben  burd)  ben  flotten  ©efdjäftSgang  unb  bie  (^in* 


380  Worabeim  im  19.  Oabtbunbett. 

führung  neuer  3"buftrie&roetge,  roie  j.  33.  bev  ©ro§=3i!ber= 
inbuftrie,  meldte  einen  ftarfen  tfujug  oon  aujjen  herbeiführte. 
UeberbieS  t)at  bie  lebhafte  SBauthätigfett  eine  grojje  WtycSfl 
sJ)Zcnfd)en  belogen,  Manche  Arbeiterfamilie  jog  aud)  oorn 
3)orfe  in  bie  Stabt,  roeil  baburd)  aud)  ber  3rau,  bie  früher  in 
ber  93ijouterie*3»buftrie  ttjätig  mar,  (Gelegenheit  51t  S-Berbienft 
geboten  mürbe. 

$ie  3at)I  ber  Familien  betrug  1849  -  1453  gegen  1458 
im  3a^re  1846 ;  barunter  maren  6958  ^roteftanten,  794  ßatho; 
lifen,  36  $eutfd)fatbolifen  (gegen  71  im  3af)re  1846),  8  9tteno= 
niten  unb  154  3s!raeliten  (146  im  3af)re  1846  unb  118  im 
3af)re  1837). 

1858  hatte  ^forjheim  unter  13  520  93emohnern  10  698 
^Sroteftanten,  2606  Äatholifen,  44  ftifftbenten  unb  164  3$raeliten. 
$)ie  $ahl  ber  Jamilien  betrug  1 760.  2)ie  ©efamt^ahlber  $ienftboten 
unb©emerbegehüfen  betrug  6418,  barunter  31 08 3nlänber  (Gubener) 
unb  3310  SluSlänber.  $on  ber  ©efamt<(£inmohnerfchaft  maren 
7444  männlichen  unb  6076  meiblichen  ©efchledjtS.  (Stnmohner 
über  14  fahren  maren  e$  10  943,  unter  14  fahren  2577.  3)ie 
^ahl  ber  unehelichen  ©eburteu  betrug  75,  alfo  über  18  sJSrojent 
aller  (Geborenen;  im  3abre  1870  maren  unter  865  (Geburten 
157  unehelid)e,  alfo  oerbältntemäftig  ebenfooiel. 

sJkd)  ber  s-8olf§jählung  com  1.  ^ejember  1900  gab  e§  in 
^forjheim:  1895: 

tau§haltungen  9  103     (6  911) 

lännliche  ^erfonen  21395   (16  084) 

SBeiblidje  ^erfonen  21  981    (17  261) 

3m  ganjen  43  376    (33  345) 

doangelifche  33  935    (26  469) 

flatholifen  8  443     (6  123) 

3§raeliten  536  (435) 

©onftige  462  (318) 

53eDölferung^unahme  feit  bem  3ah™  1895  -  10031  s$er* 
fönen  -  30,08  ^ro^ent. 

$ki  ber  s$olfs^äf)lung  r>on  1895  befanben  ftd)  unter  ben 
33  345  (£inmobnern  10  770  SBürttemberger.  $ur  $eit  bürfte  fid) 
ba3  s43erhältni$  infolge  be§  grofjen  3ujug3  au§  3Bürttemberg 
nod)  um  ein  91amhafte3  oerftärft  haben  ju  Öunften  ber  9Bttrttem* 
berger,  menn  man  ben  (Geburtsort  unb  nid)t  bie  ©taatstange» 
hörigfeit  in  93etrad)t  sieht,  metche  um  ber  Sanbtag^Söablfä'higfeit 
milleu  oou  ben  meifteu  sJhd)tbabeneru  mit  menig  3ftüf)e  ^unb 
Soften  ermorben  roirb.  3)a3  sIBi&roort,  ba&  „^foräheim  eine 
mürttembergifdje  Stabt"  fei,  hat  einen  ßern  oon  Wahrheit  .*) 

*)  Der  JBera>aUnng$berid)t  oer  nnirttembergiuln'n  Iterfehreanftalten  pro 
1.  SlprÜ  1897/98  ftcUt  ^forj()eim  in  öer  ^Reihenfolge  ber  151  juurttcm&ergif<f>en 


Digitized  by  Google 


Sfoqttta  im  19.  3abrbunberr. 


381 


3m  ganzen  9Cmt  betrug  bic  93et)ürterung  1812  =  24  935, 1842 
—  31  983  @inmot)nev,  alfo  28  s}3roäent  mel)r.  $)ie  gamiüen* 
ftärfe  betrug  1842  -=  4,73  ^evfonen.  Eon  80  487  borgen 
£anb  famen  auf  beu  ftopf  2,51  SRorgen.  3m  3at)re  1852 
tjattc  bev  53c5tvf  33  500  (Binroofjuer. 

33ct*5cic^nt§  bev  ©emeinben  be3  WmtSbejivfS  ^forjfjeim  mit 
Angabe  ber  <£mn>0$tietga$(  uub  ber  Entfernung  uom  $for§- 
beimer  5ttarftp(at): 


1.  öaufrf)Iott 

777  liinroofmer 

9,8  km 

2.  Bilfingen 

817 

M  » 

2,4  „ 

3.  Bröfciugen 

«277 

4.  Büchenbronn 

14«5 

», 

«,«  „ 

5.  £ictenbaufen 

151 

H 

13,5  „ 

«.  Tietlingen 

1943 

II 

8,8  „ 

7.  Tillroeifjenftcin 

3254 

,» 

4,8  „ 

8.  totem 

»34 

n 

8,«  „ 

9.  (jifiugen 

1015 

w 

7,4  „ 

10.  (*Umenbingcn 

1106 

tt 

H,o  „ 

Ii.  (rrfingen 

1478 

tt 

7,8  „ 

12.  Cutingen 

205« 

>l 

4,0  „ 

13.  (Mbbrieben 

10«3 

» 

8,6  ff 

14.  .Bamberg 

452 

0$ 

14,9  „ 

15.  ftobeuroartb 

420 

II 

10,3  „ 

1«.  ftudjenfelb 

138« 

n 

«,2  tt 

(Sifenbabnftationen,  roeldje  für  ben  Abgang  imb  bie  3(ntunft  jufammen  500  nnb 
Riefet  9(rbeiterrood)cnfarten  aufmeifen,  mit  «7  2«7  Harten  an  weiter  Stelle 
glcidi  hinter  Stuttgart  mit  121154  unb  uor  Clingen  mit  55  351  Marten, 
fciernaet)  wäre  ^forjtjeim  bie  Moeitgröfjte  roärttembergifcbc  ,yabrifftobt.  9tad) 
ben  genauen  ;J<ad>rid)tcn,  roelcbe  ftd)  im  18M8er  ^rcäbcridjt  ber  "JHfonbeimcr 
üanbelöfantmer  finben,  finb  aber  im  ttalenberjabr  18»8  oon  roürttembergifdien 
(*ifcnbatjnftationen  74  933  Slrbeiterroodjenfarten  nad)  $fof}|eim  auegegeben 
roorbeu,  unb  roenn  man  babei  bie  beiben  Stationen  'Ittciftenftein  unb  üWobnbacb, 
bie  oor^ugöroeifc  Arbeiter  aus  babifdjeu  Orten  l)icrl)er  beförbem,  in  Slbjug 
bringt,  immer  nod)  ««901.  3U  biefen  treten  aber  uod)  bie  Slrbciterroodjen* 
f arten  au*  (Jnjberg  uub  üHüblatfer,  bie  babifdie  Babnftatioucn,  aber  roürttcim 
bergifdje  ttemeinben  finb,  oon  benen  23  515  unb  8341,  $ufammcn  3185«  nadj 
^fonbeim  lauten,  fo  baft  im  ^abre  1898  inSgcfamt  98  757  Arbeiter; 
roodjenfarteu  au*  roürttembergifdien  Orten  nad)  ^fonfyeim  abgegeben  mürben. 
2(ue  babifdjen  Stationen  unb  babifdjen  (Memeinben,  alfo  etnfd)liejjlid)  Söeijjem 
ftein  unb  3Rolmbad),  aber  auefdjliefelidi  3Mül)lacfcr  unb  (Samberg,  mürben  nur 
93  2«8  li'odjeufarten  nad)  itfontjeim  gelöft,  fo  bafj  mau  faft  behaupten  fann, 
bie  "JJfonbeimcr  ^nbuftric  befdjäftige  fo  üiel  roürttembcrgifdie  Arbeiter  alö 
babifdje,  bie  täglid)  oon  aueroärtö  fommen,  uub  ^fonbeim  fei  bic  Moeite 
fd)roäbifcb,e  Jyabrifftabt.  3u  ben  Arbeitern,  bie  l)ierber  fahren,  fommen  nod) 
oicle  iMtnberte  nettere  Arbeiter  aue  Süurmberg,  Birfenfelb,  (Sngeltbranb, 
ftrunbad)  u.  f.  bie  entiueber  tdglid)  bin«  unb  beigeben  ober  bie  bie  ättocqc 
über  bier  roobnen,  um  nur  Samstag*  nad)  fcaufe  \u  geljen.  Neduiet  man  baju 
nod),  bafe  neuerbing«  faft  in  jebem  Stfalbort  .Heimarbeiter  für  bie  ^for^eimer 
^nbuftrie  ttjötig  finb,  fo  ift  bie  fdjenroeife  Bejcidmung  ^for^eim«  ale  einer 
ber  roidjtigften  fdnoäbifdjen  ^ubuftrtepla^c  fdjon  ernftfmft  ^u  nehmen,  ^lufjcrbem 
finb  aud)  bic  gefd)äftlia)en  Bedienungen  ^for^jeimd  ju  Wmünb  unb  Stuttgart 
cid  enger  al$  ju  irgenb  einer  babifa)cn  Stabt,  MarUrut)e  unb  jRaimheim  nidjt 
audgeuommeu. 


^forabcim  im  19.  3abrbunbert. 


17.  Sfpriiiflen 
1H.  ^ttersbad) 

1«32  @tnroob,ncr 

4,8  km 

1028 

18,5  „ 

19.  Kiefelbronn 

1205 

** 

«,3  „ 

20.  Langenalb 

587 

21,1  „ 

21.  l'clmtngen 

241 

'  * 

19,1  „ 

22.  3Rübll)äufcn 

443 

9* 

18,1  „ 

23.  9tcul>aufcn 

730 

'f 

1«,5  „ 

24.  liefern 

22KO 

7,4  „ 

25.  «Köttingen 

795 

" 

14,2  „ 

2«.  Cbermutfd)Clbad) 

328 

1«.»  „ 

27.  Ccfdjelbronu 

1228 

10,9  „ 

28.  £d)Cllbronn 

389 

12,4  „ 

29.  3tcincgg 

289 

15,1  „ 

30.  liefenbronn 

739 

14,3  „ 

31.  heiler 

«18 

» 

14,2  „ 

32.  mivm 

93« 

;>,8  „ 

äufammeit  mit  ^forjbeim  Hl  0«2  (yimootmer  auf  283  Duabrattitomctcr 
ober  28«,5  (*imoofmer  auf  1  Duabrattilomcter. 


jö  et»  a  f  ft  er«  ttß$6  eweguttg. 

21m  3.  Cftbr.  1857  würbe  eint  neue  Sürgerlifte  aufgeteilt.  Sic  $a\)l 
ber  Bürger  betrug  bamalö  9«4.  Jyolgcnbe  (9cfd)led)tcr  fmb  barin  am  ftärfften 
oertreten:  Kafc  3«.  Wcnoig  28.  Unserer  22.  iretbbranb  18.  Kiefmle  13. 
SWaicr,  i)iaier,  SHeicr,  Liener,  sl){ai)er  13.  Slab  12.  Siegle  11.  9lbred)t  10. 
Werfer  10.  9Kurrle  10.  ftaug,  Sauf  unb  öaud  9.  *u&  9.  SHüller  9. 
8d)nctber  9.  Sdjrotb.  9.  Jtfecber  9.  «renner  8.  Mittler  8.  ftua)ö  8. 
Raucr  7.  «einjclmann  7.  Vorkammer  7.  Stoller  7.  ödjober  7.  Wagner  7. 
Öutf  «.   Sörflingcr  «.   .üctnj  «.   Holtmar  «.   iRing  «. 

Sie  alten  ^forjbeimer  tarnen  Deimling,  üafner,  Mornmnnu,  Neu* 
börfer,  Nofer,  Uebetljör,  SHeifc  tommen  bariu  nidjt  meljr  oor. 

9iad)  bem  ^Ibrcfefalenber  oon  1900  giebt  cd:   18  3lab,  25  Slbrcdjt, 

14  flrmbrufter,  13  Slrnolb,  17  Slugcnftcin,  11  Raber,  14  dauerte,  13  Raicr, 

15  Süartfj,  77  Öauer,  20  Ranmann,  33  Red,  42  Reder,  13  Redl),  14  Rinber, 
54  Rifdjof,  18  Rosenberger,  37  Roficrt,  40  Rrauu,  32  Rrcnncr,  8  Rud, 
1«  Rübker,  13  Rurger,  «  Rurgfjarb,  3  Rurgljarbt,  1  Rurfarb,  ö  Rurfljarb, 
37  Rurfljarbt,  19  Sie*,  11  Sittler,  13  Surr,'  14  irbcrlc,  21  ßffig,  28  £aas, 
19  feiler,  4«  $tfd)er,  27  Jranf,  18  ^rcu,  45  <yud)*,  18  <yunf,  17  OJeigcr, 

22  Wengenbad),  31  Werioig,  14  oJroftmann,  14  ftaberftrol),  27  .Hertmann, 
24  ."öaug  unb  5  ftaud,  15  ftaufer  unb  4  .öaufcer,  23  \>errmann,  13  .öiUer, 
24  ftoffmann,  14  .ftoffafe,  13  .\?oW;auer,  27  .vmber,  19  Hummel,  17  $oft, 
14  ^ourban,  13  ^ung,  15  Maifer  unb  8  Malier,  11  Mappler,  57  Kafc,  14  Kauf- 
mann, 12  Med,  2«  Melier,  18  Meppler,  20  .Hern,  33  Mielmle  unb  3  diente, 

23  Mlcin,  10  Mlingel,  12  Knobcl,  3«  Mod),  12  Möl)ler,  19  .Honig,  13  Kolb, 
12  Kollmar,  12  Mopp,  19  Kraft  unb  3  Mrafft,  10  Kramer,  21  tf  raufe  unb 
7  Kraue,  13  Kraut!),  12  ttutyi,  17  Mubnle,  22  Muiumann,  19  Kun,  19  Muftcrer, 
17  Vang,  19  Veibbranb,  18  yeidjt,  11  t'idjtenfeld,  G  Vottljammer,  45  i'ufc, 
64  3)iaiev,  5  9Majer,  59  DJJaoer,  1  Main,  7  IKeter,  7  iHeuer,  24  sDlec^, 
10  «terfle,  27  Mefcger,  12  Mcple,  15  3Wöfener,  11  aJlofjr,  32  iMorlod,  135 
iHüller,  30  Wütxlt  unb  1  Wurle,  12  9ieff,  22  Da)d,  13  Cebjfdjlägcr,  10  Cfter- 
tag,  13  Pfeiffer  unb  1  Pfeifer,  12  ^frommer,  17  Siapp,  22  Stau,  12  iHeid), 
10  iHeidjert,  12  Nenner,  16  Nentfajler,  13  Möftle,  17  NoUer,  21  3t ot^,  14  Stotb/- 
fuf},  1«  jHüljle,  27  Muf  unb  2  Stuft,  10  Nupp,  43  Scftftfer  unb  5  Sdjaefcr, 
29  Sa)mib,  7ö  oebmibt,  2  3d)miebt,  l  odmtieb  unb  17  cdjmitt,  «8  3a)neibcr, 


Digitized  by  Google 


^fotabetm  im  19.  Saprbunbert. 


383 


20  Schober,  24  3d)öninger,  15  Scroti),  12  8d)üt>,  21  Sraulcr  unb  1  ©cbuHcr, 

12  ®dm>ab,  41  Sdjroarj,  12  oeeger  unb  2  Säfler,  10  Seibel,  10  Seiter  unb 
5  Seitter,  1«  Sidiuger,  12  Siegele,  15  Sieaje,  12  Sparn,  13  Spiclmann, 
10  Stähle,  52  otat)l,  19  «taib,  io  3tana,er,  17  otarf  unb  2  Siartf,  18  Stoli, 

13  Iraufc,  48  Unacrer,  &j  Detter,  15  #oael,  11  «ogt,  18  Vollmer,  10  «olj, 
2«  harter,  2«  Wagner,  11  s4Ualjl,  10  ißai&el,  3«  kalter  unb  8  2üalth,er, 

21  SBaM,  52  iikber  unb  13  iüeebcr,  46  15  Sem,  11  ferner,  1  Wocr- 
ncr  unb  7  Monier,  13  *ßilb,  9  Sinter  unb  7  Stntljer,  «  Nittum,  49  Solf 
unb  4  Solff,  21  Sßüft,  10  3a$mann,  27  Bicgler,  15  Zimmermann  unb  10  30U. 

SBiebetfjolt  ift  bie  6tabtbef)örbe  um  eine  ^amtfott  einge* 
fommen.  5lm  6.  Sttai  1848  befchlofj  ber  ©emeinberat ,  bie 
<3taat§bet)örbe  um  eine  folcf)c  3U  bitten  betmfä  9(ufrechterhaltung 
ber  fleffttjrbeten  Orbnung.  (Sbenfo  im  3ahre  1867,  roobei  man 
fid)  an  ba§  ©v.  <5taat3minifterium  roanbte  unb  bie  ©ebäube 
ber  ©eil*  unb  s$flegeanftalt  al§  geeignetes  Slafevnement  bezeichnete. 
3m  5)e$ember  1886  rourbe  auf  betreiben  non  ^Bürgern  unb 
©efdjäftSleuten  eine  mit  2000  Unterfchriften  oeifehene  Petition 
an  bie  3TltIitävbct)örbc  gerietet  um  eine  ©arnifon.  SetjtmatS 
oerroenbete  man  fid)  barum  im  ,3afjre  1898  gelegentlich  ber 
@rrid)tung  neuer  Regimenter.  (£§  fyat  ben  2lnfd)ein,  al£  ob  bev 
langgehegte  SSunfch  ber  ^ßforjheimer  oielleicht  bod)  noch  in  (£r* 
füllung  gehen  folle,  wenn  fich  bie  nächfte  ©elegenheit  baju  bieten 
roirb. 


^epörßcr«ngo6cn»fgung  ber  Otabt  1&fox\Mm 
von  1800  Bis  1900. 


>&r 

(Geborene       . ,,.  , 

föUefcungen 

Weftorbcne 

Sotacborcne 

1 

1800 
1801 
1802 
1803 
1804 
1805 
1806 
1807 


1809 
1810 
1811 
1812 
1813 
1814 
1815 
1816 
1817 


141 
155 
132 
151 
177 
164 
160 
18H 

171 
196 
187 
165 
146 
161 
147 
151 
147 
141 


48 
38 
35 
29 
32 
32 
42 
44 
49 
39 
25 
39 
31 
33 
23 
29 
45 


149 
1S7 
96 
132 
111 
141 
266 
186 
139 
182 
166 
150 
123 
166 
144 
186 
144 
181 


Digitized  by  Google 


^forabeim  im  19.  Sabrbunbett. 


Wcborcne 

fdilieünnaen 

(Heftorben  c 

Totgeborene 

1819 

147 

39 

128 

1H20 

15t) 

42 

125 

1821 

IM 

23 

LH 

1822 

154 

35 

12S 

• 

1828 

155 

33 

LJ2 

1824 

156 

36 

184 

1825 

HÜ 

24 

150 

1826 

170 

2Z 

170 

lg 

1827 

155 

3S 

195 

IS 

1828 

188 

30 

161 

1829 

156 

35 

165 

1  "> 

1830 

148 

22 

231 

18 

1831 

168 

36 

225 

11 

1832 

149 

43 

145 

— 

1833 

2iü 

Sil 

276 

u 

18H4 

214. 

38 

343 

lfl 

1835 

m 

35 

24D 

11 

1836 

258 

56 

248 

11 

1837 

25Q 

41 

323 

17 

1838 

241 

4Ü 

2S2 

12 

1839 

212 

4ß 

2Z2 

10 

1840 

221 

4Ü 

343 

11 

1841 

270 

49 

290 

LS 

1842 

272 

55 

292 

20 

1843 

220 

45 
41 
52 

297 
275 
261 

LL 

1S44 

235 

9 

1845 

315 

9 

1846 

318 

3J 

239 

14 

1847 

283 

25  1 

3ü9 

15 

1848 

2za 

23 

234 

6 

1849 

2s;-} 

2o        ,  234 

22 

1850 

Um: 

45 

258 

11 

1851 

292 

36 

244 

19 

1S52 

283 

45 

212 

1 

1853 

304 

4£ 

305 

9 

1854 

2üü 

27 

278 

12 

1855 

293 

54 

252 

1 

1856 

32Z 

51 

366 

13 

1857 

336 

Z8 

361 

14 

18ÖS 

888 

ZI 

338 

12 

1869 

416 

63 

365 

8 

1SGÜ 

42* 

71 

393 

8 

1861 

452 

81 

396 

18 

1862 

468 

Z2 

415 

2(i 

1863 

599 

L44 

515 

28 

1 80 : 

708 

122 

532 

2ü 

1865 

720 

148 

573 

38 

1866 

791 

Iii 

Qtil 

2U 

1867 

796 

141 

529 

21 

1868 

730 

162 

536 

19 

1869 

871 

i 

m  | 

670 

lü 

i 


Wotabeim  im  19.  3abrbunbert  385 


»oti  1800  0is  1900.*) 


meljr 

3al)r 

V  f 

©cborcnc 

viij  es 
föliefsungen 

©eftorbcne 

totgeborene 

borene 

1870 

808 

143 

604 

40 

1871 
101  L 

Qua 

186 

673 

30 

1879 

084 

652 

54 

1873 

1071 

956 

719 

95 
all 

359 

1874 

1 195 

331 

744 
i  *  * 

30 

381 

1875 

1 186 

100 

XWJ 

741 

41 

445 

1876 

lOI  vi 

1 1 45 

176 

656 

46 

489 

1877 

139 

558 

31 

496 

1878 

983 

116 

638 

38 

345 

1879 

966 

183 

653 

36 

313 

1880 

889 

195 

XCM 

606 

38 

283 

1881 

944 

159 

519 

Uta 

21 

432 

1882 

927 

140 

563 

'VI 

96 

364 

1883 

959 

200 

654 

43 

305 

1884 

955 

150 

615 

97 

340 

1885 

899 

171 

kl  1 

500 

36 

309 

1886 

897 

107 

606 

96 

BU 

201 

1887 

916 

207 

548 

98 

BD 

368 

1888 

910 

205 

£>V/tl 

763 

37 

Ol 

147 

1889  972 

240 

668 

36 

304 

1890  971 

1891  1071 

231 

690 

38 

281 

253 

679 

38 

392 

1892 

1038 

264 

702 

32 

336 

1893 

1002 

242 

700 

24 

502 

1894 

981 

274 

742 

33 

239 

1895 

1073 

298 

658 

31 

415 

1896 

1131 

335 

693 

37 

438 

1897 

1213 

325 

786 

34 

427 

1898 

1356 

405 

771 

39 

586 

1899 

1460 

432 

911 

67 

549 

1900 

1523 

421 

• 

1C12 

35 

611 

£ic  totgeborenen  fmb  foroof)!  unter  ben  Geborenen  alö  Öeftorbencn 
enthalten. 


pie  3amifie  (&cra>ifl. 

£er  9tmitc  (Herwig  ift  altgcrmanifd)cn  UrfprungS  nnb  fommt  fdjon  im 
„2SaItl)ari(icb"  (Sieljc  Sdicffclä  (fKeftarb)  oor.  Sic  Silbe  Wer  bebeutet  fooiel 
roic  Speer  unb  Ü*ig  =  .Uricg ;  Werroig  Ijeifet  alfo  fooiel  als  Spccrfricgcr.  $ic 
(Herwig  fmb  eine  uralte  ^löffcrfamilic.  itflüger  nennt  ftc  mm  crftenmalc  1483. 
3n  ber  berühmten  *lUirgerau$[d)ufrfi&ung  uom  25.  j)2at  (4.  $uiti  n.  St.)  1643, 
in  roelajer  Würgcrmcifter  äßeber  bic  ftat-  unb  3unf™iciftcr  il)re  (yrflärung 


*)  3m  18.  uaf>r(n»rt>ert  betrug  bie  ^ab,l  ber  Geborenen  13825,  ber 
vSffeföliefmngen  2811,  ber  ©eftorbenen  11736. 


386  $forabeim  im  19.  Sabtbunbert. 

• 

betrefft  bee  oon  ber  baoerifdjen  Regierung  ben  (Stnroobnern  jugemutetcn  Ste* 
ltgiottörocd)fele  abgeben  liefe,  war  ein  £>ane  Widjael.  ©ertoig  3unfi* 
m  e  i  ft  er  ber  I  ö  f  f  e  r.  £\m  orleane'fdjcn  Kriege  befanb  fid)  unter  ben 
bürgern,  roeldje  16««  oon  ben  ftranjofen  in  bie  Wefangenfdjaft  gefdjleppt 
mürben,  ein  Jylöffcr  .oane  "öiidjael  ©erroig  unb  bei  ben  al©  im  GrU  gestorbenen 
ober  ocrfdjollenen  ftlöffcrn  ftan©  ^afob  ©erroig.  3>m  fvebruar  1743 
lonrbe  itüfer  ÜB  e  r  t  b  o  l  b  ©erroig  oon  einer  franjöftfdjen  Sd)ilbroad)c  am 
©auditbor  erfdtoffen.  J  l 5  f  f  et  £>  a  n  e  i  d)  a  e  I  ©  e  r  ro  i  g  roar  oon  1 775 
bie  1788  3Jorftanbemttglieb  bei  ber  (fnj;  unb  SRurgsMompagnie.  Scbon  1745 
bie  1749  roar  ein  ftlöffer  ^ot)ann  iMidtael  ©erroig  unter  ben  erften 
Wortintern,  roeld)e  in  bie  roürttembergifa)c  £n<^  unb  9Jagolb:£oljfotnpagnte 
eingetreten  roaren.  Wie  bal)in  alfo  roaren  bie  ©erroig  faft  au©fd)liefelid)  ^löffer. 
3llc  ftet)  bie  iöijouteriefabrifation  bicr  einbürgerte,  finben  roir  1776  unter  ben 
frübeftcu  Rinnen  einen  3°b-  tfriebrid)  ©ertoig.  SJou  ba  ab  fommt  bie 
ftamtlie  in  allen  anberen  ©eroerben  oor.  3lber  fjeute  nod)  ift  ber  ^orftanb  bei 
3löffergenoffenfd)aft  ein  ©erroig,  ndmlid)  (Sbriftopl)  ©erroig. 

©obj  ber  beroorragenbfte  Bürger  biefee  Mamene  roar  ber  oor  roeuigen 
^abren  in  Marlerufje  oerftorbene  Dberbaurat  Robert  ©erroig,  roeldjer  oon 
^forjbcim  ftammte.   (Sr  roar  ber  Grbatter  ber  bab.  Sdjroarjroalbbatm. 

3ur  3eit  }ä!)lt  bie  Familie  tjier  31  «amen. 


3>if  orttnilu'  Ortjolur. 

Die  Jamiliendjronif  ber  ^amitie  Sdrober,  bie  nun  >.i-u"  1823  fetjr 
auefübrlid)  gefdjrieben  oon  3 o bann  ©ottfrieb  Sa)  ober,  Bürger  unb 
Nijoutcrtcfabrifant  in  ^forjbeim,  nennt  ale  nadjtoeiebar  oberften  Siammoater 
ber  ftamilie  ben  <£nbc  bee  XV.  '^abrbuuberte  geborenen  Bürger  ftane 
6 d) o b e r  au©  Sieljlmiugen,  kirnte  Stuttgart.  Sein  Sotm  ©  e  o  r  g  Sd)ober, 
Sdjneiber,  geboren  um  1540,  liefe  fid)  nad)  oollbradjter  ©anberfa)aft  in  @crne= 
baa)  bürgerlid)  nieber  unb  beiratete  bee  bortigen  SlmteieUerS  lodjter.  Der 
erfte  Sobu  aue  biefer  iSijc,  Monrab  S  a)  o  b  e  r ,  geboren  1573,  lernte  ba© 
Murfd^ner-^anbroert  in  Waben  unb  liefe  fid)  nad)  13iabriger  Söauberfdjaft  in 
^ifor^beim  nieber,  roo  er  fid)  mit  einer  Mürfd)ner©rottroe  namenä  3)farfl)ol^ 
ber  iodjter  be*  Pfarrer«  ©ifttjeil,  oerheiratete.  Die  fünfjährige  (*be  blieb 
finberloä.  9lad)  bem  lobe  ber  grau  oerheiratete  fid)  Sd)ober  mit  Katharina 
Xröljcr,  ber  lodjter  bed  ^farrcre  oon  Wauidjlott.  (rine  loditcr  au©  biefer 
Crf)e,  roeldje  an  iMartin  Simmercr,  einen  ^for^eimer  Sattler  oereblidjt  roar, 
ftarb  1640.  Der  Sohn,  fr  a  n  ä  Monrab  S  d)  o  ber,  geboren  161 1,  rourbe 
ebenfalls  Mürfdjner,  oerheiratete  fid)  1640  mit  flnna  Matharina,  beS  gelebrten 
Wagifter*  unb  Pfarrer«  ©reife  oon  'Öaufdjlott  lodjtcr.  Sie  ift  bie  Stamm* 
mutter  ju  bem  ^raun'fdjen  Stift  in  (Salto,  oon  if>r  aue  ging  ba«  3tift©red)t 
auf  bie  Familie  Sdjobcr  über,  $m  ^abre  1650  rourbe  $ane  Monrab 
Sdjober  jutn  Matemitglieb  erroäblt,  1653  uttm  ©eridtt  unb  1658  rourbe  er 
StabtiSllmofenpfleger.  Ur  ftarb  1G78.  $on  feinen  8  Mittbern  oer^eiratete  fta) 
finita  Äat^anna,  geboren  1641,  an  ltlrid)  9iau,  3eugmaa)er  unb  Ärämer  in 
iifor3b,eim.  Qx  ftarb  1694  unb  fte  1675.  Da*  ftebte  Minb  ^>ane  Äonrab 
Sdjoberd,  bae  beö  ^atere  Vornamen  erbielt ,  toarb  ber  Stammhalter  ber 
Familie,  (ix  ift  geboren  1655  unb  geftorben  1735.  Seined  3ierufd  roar  er, 
ber  Irabition  ber  Jyamilie  getreu,  Mürfdmer.  8»>»  erftenmale  oer^eiratete  er 
fid)  1680  mit  37iaria  Barbara,  ber  toa)ter  beo  'illtftabtpfarrere  Niethammer, 
^lud)  er  rourbe  jum  Diatemitgliebe  unb  ine  ©cria)t  getoäblt.  1710  rourbe  er 
Stabt'Sllmofcnpfleger  unb  1722  ibürgermeiftcr,  roeldjee  31  mt  er  in  fd)toerer 
3cit  5  ^abre  laug  oertoaltete.  Unter  .öane  Monrab  Sdjober  fpielte  fid)  ber 
in  ber  ^forjheimer  ©efd)id)te  fo  benfroürbige  Siathaue*  ober  sÄeiber<raroall  ab. 


Digitized  by  Google 


^foräbeim  im  19.  ^aptlnmbert. 


387 


(Siehe  ^Irioilegtcnftreit.)  ßr  mar  jtoeimal  »erheiratet.  3Cud  erfter  C?r)e 
ftammten  eine  Jooster  unb  »ier  Sötme,  ."band  flourab,  $>an3  löurf^arbt, 
:pan$  Äafpar  unb  .<panä  Öeorg.  irrfterer,  ein  .Hürfdjncr,  liefe  fid)  in 
Strasburg  bürgerlich  nieber,  roo  er  jroei  Söhne  ninterlicfe,  einen  (Gärtner  unb 
einen  Wdctcr,  ber  al$  5Haifcnl)au$bflcter  bort  ftarb.  $an$  Shtrfharbt 
©  d)  o  b  e  r  liefe  fid>  in  üahr  als  Bürger  unb  Jtürfchner  nieber,  unb  Unterliefe 
jioci  Sötme  unb  brei  Jöctiter;  er  ftarb  1736.  jpanö  töafpar,  geboren  1688, 
liefe  fia)  al*  Bürger  unb  Äürfchner  in  Karlsruhe  nieber,  »erheiratete  fi<^  mit 
einem  Stäbchen  auS  Sd)n)<Sbifd;-.öaU  unb  erzeugte  mit  ir)r  6  Kinber,  3  ööljmc 
unb  3  Z'öfytcv ,  toooon  »ier  Hinber  nach  Slmcrifa  aueroanberten.  $anö 
tfafpar  ftarb  1738.  .öan*  Öeorg,  geboren  1690,  rourbe  Mürfdmer,  »er* 
heiratete  fia>  mit  einer  geb.  ftlcifajmann  unb  hatte  8  Kinber,  3  Söhne  unb 
5  2öd)ter.  (yr  ftarb  1769.  Sein  dltcfter  Sol)n,  3  oh-  Sonrab  Sa)ober, 
geboren  1730,  ftellte  bas  Wefdjlechtebucb,  ber  Sd>ober'fcben  Jamilte  auf 
urica  bie  ^enoanbtfchaft  }u  ben  Stiftern  bes  «raun'fchen  ((Salro)  unb  Stotn-* 
(^ctger'fdjcu  Stipenbiumö  uacr).  ^m  3unftbuch  ber  Wolbfchmiebe  unb  Wlafcr 
oom  ^ahre  1742  beifet  es :  3°h-  (Sonrabt  Sdjober  bebau  1754  eine  halbe 
söchaufung  in  ber  fleincn  öerbergafe  neben  ^eremiad  fteubt  unb  ^Michael 
Stetnerö  SBioe.,  »ornen  bie  Wafe,  hinten  3erg  $efchlerö  fßroe. 

S>an8  Honrab  Schober,  ber  sMrgenneifter,  oerheiratete  fid)  1702 
jum  jtoettenmale  mit  Katharina  Barbara  beS  «aber«  ftefcner  Xodjter,  mit 
welcher  er  eine  Sodjtcr,  iJtaria  Katharina  unb  einen  Sohn ,  (5  h 1 '  i  f1  0  P  h 
Schober,  ber  Gabler  mürbe,  erzeugte.  Xic  -Eodjter  oerehelichte  ftd)  an  ben 
sBttt»er  ^ol).  iHidjael  3Rdnner,  Kammacher,  (jine  lochter  MgneS  aus  biefer 
heiratete  ben  üutmacher  >fob  Biebrich  Kufterer,  in  einer  jroeiten  She 
ben  Schuhmacher  (Sonrab  'ttetfd).  $on  ben  fed)ö  Jünbern  (Shriftophd  tourbe 
3  oh-  ftriebridj,  geboren  1740,  geftorben  1803,  ber  Stammhalter  ber  ^Jforj* 
heimer  Schober.  £in  auberer  Sohn,  Johanne«,  hat  fid)  als  Gabler  in  @ernä> 
bad)  bürgerlich  onfäffig  gemarfjt.  (Üjnftopb,  Sdjober  ftarb  1768.  Johann 
ftriebrid)  »erheiratete  fich  in  jioeiter  (*hc  mit  einer  CSlniftine  Stro$  oon 
«rötyingen.  9luS  biefer  ($h°  entflammten  1.  3°h«  <vriebrich  Sdjober, 
geboren  1789.  irr  erlernte  bie  iöijouterieoranche  unb  ftarb  1841.  2.  3 oh- 
(*} o 1 1 f r i e b  Sa)ober,  geboren  1792,  ebenfalls  Bijoutier,  etablierte  fia)  alS 
^•abrifant  mit  Wottfrieb  Siegele  oon  ^forsheim  im  3abre  1826;  »erheiratet 
1819  mit  (Srneftine  Caroline  Siegele,  lochter  beä  Sattlcrmeifters  Siegele, 
^oh-  OJottfrieb  Schober  ift  1864  geftorben.  Kinber:  Robert  Bieter,  geboren 
1321,  geftorben  1892.  .Uarl  Sluguft,  geboren  18:42,  hüt  flth  1846  als  Kauf» 
manu  nach  Wmcrifa  begeben  unb  bort  roahrfcheinlid)  an  bem  bamalS  herrfchenben 
Kriege  gegen  leraS  teilgenommen,  in  bem  er  ohne  3iueifel  umfam.  ^uliui 
Ulbert,  geboren  1824,  (Srnft  .ö ermann,  geboren  1826,  langjäh*.  3Äitglieb 
ber  Ibblicben  Singergefellfchaft,  »ieljdhrigcr  Dbermeifter  unb  nunmehr  (Shrcn* 
Obermeiser  berfelben.    Weorg  Ulbert,  geboren  1831. 

2)er  3lbrefefalenber  oon  19(M)  roeift  20  tarnen  ber  alten  ^forjheimer 
^amilic  Schober  auf,  bie  ber  Stabt  feit  »icr  ^ahrfmnbcrten  fo  manä)en  braoen 
Bürger  gefä)en!t  tjat. 


Uebcr  ben  Urf|)rung  be§  ^Pforjlieimcr  ©cmcinbcrt>a(bc§  finb 
feine  näheren  s3luffd)Iüffe  511  finben.  ^J)er  ßauptteil  berfelben 
gehört  ben  nörblicf)en  MuStäufern  be6  ©ctjroavjroalbes  an.  5lm 

•)  Diach  Mitteilungen  bcsl  (Hrofel).  Jyorftamtcd  unb  nach  ^ftc» 
$encrallanbe«archi»ö. 

25* 


Wotabeim  im  19.  Sabtbunbert. 


I.  Januar  1898  betrug  bic  Söalbpdje  657,711  ha,  wovon 
638  ha  auf  ber  ©emarfung  "tßforjtjeim  unb  19  ha  auf  ber 
£md)enfelber  ©emarhiug  liegen;  (entere  mürben  burd)  (Etntaufd; 
oon  $)omänenwalb  erworben. 

<5ett  1858  ift  ber  5läd)enbeftanb  gleich  geblieben,  abgefefjen 
oon  Heineren  STrronbierungen. 

3)er  ©tabtwalb  jerfällt  in  brei  3)iftrifte:  I.  $of)berg, 

II.  $allf)arbt (linfö ber SBürm),  III. $agenfd)ief3  (rerfjtS ber 2öürm). 
2)ie  einjelnen  $o(&arten  betragen  an  3Beifjtannen  62  ft/o  ,  an 
Forlen  14%,  an  SBudjen  an  Sitten  6%/  an  (Sidjen  unb 
^£Betd)^o(5  5%.  $er  Umtrieb  erftrerft  fid)  auf  bie  ^eitbauer 
oon  120  Oafjren.  $ie  nadjljaltig  georbnete  flhitjung  beträgt 
pro  Qafjr  4500  geftmeter ;  ber  jäfjrlidje  5lbgabefa$  belief  fief) 

1838  auf  3278  3*ftmeter 

1850  „  3648 

1858  ||  3591 

1868  „  3510 

1878  „  4000 

1888  „  4200 

1897  „  4500 

$iefe  namhafte  Steigerung  ber  ^oljabgabe  innerhalb 
60  fahren  tonnte  nur  burd)  bie  burd)au§  rationell  betriebene 
s-£Balbmirtfd)aft  erhielt  werben,  wie  fie  bie  allen  fianbern  voran 
fteljenbe  beutfd)e  gorftwiffenfdjaft  im  £aufe  ber  legten  Qa^rje^nte 
IjcrauSgebilbet  f)at.  kleben  biefer  regelmäßigen  $oljabgabe  fanben 
wieberljolt  aud)  aufjerorbentlidje  $oljf)iebe  ftatt,  fo  93.  würben 
für  ben  Siatfjauöneubau  im  3al)re  1891  4000  Jeftmeter  ge= 
fdjlagen  im  ungefähren  SBerte  oon  60  000  3ttarf.  $ie  raub- 
mäßige  Ausbeutung  be§  ©emeinbewalbeS  unb  bie  ungeheure 
Qafy  an  SBalbfreoeln  in  ber  SHeoolutionSjeit  matten  ftd)  oiele 
3af)re  nadjfjer  nod)  fühlbar  burd)  ben  ftarfen  9iütfgang  bes 
SalbnufcenS,  ber  ^auuteinna^mequelle  ber  ©tabt.  Berechtigungen 
unb  SMenftbarfeiten  laften  nidjt  auf  bem  2öalbe.  $>er  ©efamt- 
fteueranfdjlag  betrug  bi§  jur  neuen  ßataftrierunq  1854  —  75  432 
3Rt  51  $f.,  nad)  berfelben  348  453,09  9J».  $ro  £eftar  betrug 
alfo  ber  burd)fd)nittlid)e  Steueranfdjlag  oon  1854  =  114,09  9Wt 
foäter  527,04  9ttf.  $urdj  ba§  ©efe£  oon  1878  würben  bic 
6teueranfd)läge  um  577«  %  erl)öt>t,  im  Qafjre  1898  betrug  ba§ 
©efamtfteuerfapital  be§  StabtwalbeS  541011,08  9ttf. 

2>er  ©efamtaufmanb  für  sÄalbfulturen  belief  ftd)  1888  bi* 
1897  auf  burdjfdjuittlid)  jäf)rlid)  1687,75  9ttf.,  pro  ha  alfo 
auf  2,75  üttf. 

33or  ber  Einführung  ber  <5teinfoI)lenf)eijung  erhielten  an 
v3efolbung§f)ola: 


gitized  by  Googl 


^fotabeim  im  19.  3abrbunbm. 


389 


1.  2)ie  Sehrer  an  Mannen         96  6ter 

„  @td)en  96  „ 

2.  $ie  ©djulgebäube  292  „ 

3.  ©pital  unb  <PfrünbnerhauS    40  „ 

4.  $aS  $Hat^au§  160  „ 

Summa   684  ©ter. 

3m  mohloerftanbenen  3ntereffe  einer  gefunben  Sntroicflung 
beS  JorftmefenS  unb  in  fluger  Berechnung  beS  ju  erjielenben 
höheren  9hi$en6  l>at  eS  bie  gegenwärtige  gorftoenoaltung  oer^ 
ftanben,  burd)  ben  SluSbau  unb  bie  Untergattung  oon  SBalb-- 
roegen  mit  Junbamentierung  ber  bisher  befiehenben  SBalbtoege 
einesteils  ben  größtmöglichsten  Vorteil  &u  jiehen  burd)  oer* 
billigte  $oljabfuhr,  anbernteilS  eine  jeitgemäjje  93eroirtfd)aftung 
ju  ermöglichen  unb  bamit  bie  ©ernähr  für  eine  bauernbe 
(Steigerung  beS  Pütjens  ju  erlangen,  abgefe^en  oon  bem  ibeellen 
SEBerte,  ben  fotehe  SöertehrSroege  haben  für  ©pa5iergänger  unb 
3reunbe  beS  SBalbeS.  2Bäf)renb  bis  1893  für  bie  Unterhaltung 
oon  SBegen  nur  600  9ttarf  jährlich  oerauSgabt  mürben,  mürben 
oon  1893—1897  etma  5000  m  2Beg  gebaut.  S3on  1888—1897 
mürben  für  biefen  3roecf  oerauSgabt  44185,22  3Hf.,  im  $urd)* 
fcfjnitt  alfo  jährlich  4418,52  SKarf.  $ie  prächtige  SBalbftrage 
im  flallharbt  (3900  m  lang)  foftete  allein  17900  Wlt  2>iefe 
o  ermehrten  Ausgaben  merben  reichlich  mieber  eingebracht  unb 
lotjnen  mehr  als  jebe  anbere  Kapitalanlage. 

Eon  1878  bis  1888  famen  burchfdmittlich  im  3af)re  277, 
oon  1888—1898  125  Sorftfreoel  jur  Slnjeige.  $er  erfreuliche 
ffiürfgang  ergiebt  fid)  auS  ben  oerfchärften  ©trafen. 

2)er  SBinbfallfdjaben  mar  ftetS  oorübergehenb.  9latur* 
ereigniffe  roie  ©türme,  SBalbbränbe,  ©djneebrurf  unb  3nfeften= 
frag  haoen  nu*  partiell  geroirft  unb  im  grofjen  ganzen  feinen 
bauernb  merflichen  Nachteil  geübt. 

5lm  30.  3JMrj  1862  oerheerte  ein  Salbbranb  ungefähr 
VU  borgen.  5lm  26.  Oft.  1870  ergab  fid)  infolge  eines  furd)t= 
baren  OrfanS  im  #agenfd)iejj  gegen  25  000  Klafter  SBinbfall; 
1886  «ruchhols  burd)  ©djneebrucf  1538  Seftmeter,  1887  3400 
Seftmeter,  1890  burd)  SBinbbrud)  2342  JJeftmeter,  1896  =  2505 
3eftmeter.  33on  1878—1887  ergaben  ftcfj  burchfchnittlid)  im 
3ahre  925  Jeftmeter;  oon  1888—1898  —  394  Jeftmeter,  um 
melche  Staffen  ber  georbnete  ^oljhieb  berichtigt  merben  mußte. 

3m  Safire  1823  beftanb  Moifdien  ber  Stabt  ^for\()eim  unb  ber  (Me= 
meinbc  iUürm  ein  Streit  roegen  ber  ^ewae  ber  ietueren  aud  bem  .i>aa.cnfd)ieji. 
Seit  einer  Neifje  oon  v\a()rlnmberten  befanb  fid)  Söürm  mit  Wonljeim  im 
öefifc  eineö  a.emeinfrfwftlidjen  Ü>albe$  im  .^aaenfebiefc,  tuetdier  etioa  123  ha 
o,rofj  mar.  (jr  mar  burdjganflia.  mit  SBeifetannen  bepflanzt,  oermifdjt  mit  einigen 
(Sidjen,  im  ÜUter  oon  100  x\ab,ren;  J>fc  3tabt  Ijatte  an  fämtlidjem  ftolj  •/»» 
2öürm  •/■  3U  bejie&en.    3)ie  gemeinfcf)aftlid)en  Öeredjtfame  rourben  in  ber 


Digitized  by  Google 


390  $fotä&etm  im  19.  Safrbunbett 

SGBeife  aufregt  gehalten,  roie  es  ba$  Jntereffe  erf)eifd)te,  nämlid)  burd)  £u= 
meifnng  aufredjter  Stämme,  Wim  folltc  fid)  im  ^aljre  1822  bie  Stabt  auf 
einmal  in  bem  Wemeinfdmftdroalb  (£igenmäd)tigfeiten  erlaubt  unb  mit  Umgebung 
ber  Öemeinbe  2Üürm,  bloe  unter  ^ujug  *>c*  ^Heoicrförfterö,  fcol\  ausgezeichnet, 
gefällt  unb  aufgemacht  gaben,  unb  bei  einem  im  tfrübiobr  1820  jum  $ebarf 
ber  Stabtfägmühle  oorgenommenen  jilo^oljljieb  im  Setrage  oon  20000  $lb. 
fei  ber  ftemeinbe  ihr  fünftel  in  Sägeflöfcen  ftatt  in  aufredeten  Stämmen 
jugenuefen  morben.  ^m  9luguft  1824  fam  bann  ein  Stergleiro  juftanbe,  roonad) 
beibe  Xeile  ihren  Anteil  an  ftolj  unb  SBalbboben  nad)  gleichförmigem  Slnfcplag 
erhielten.  3ur  Ausgleichung  hatte  ^for^eim  au  iöürm  nod)  370  Öulben 
87  ftreujer  ju  jablcn.  2>cn  Streit  unb  bic  lange  SJerfchleppung  bed  "^rojeffe* 
t)atte  bie  ©artnädigfeit  be*  SBürmer  ©emeinbeoogts  ocrfchulbet. 

^forft  Beamte: 

#ür  bie  ^orftoerroaltung  im  pergangeneu  ^afjr^unbert  fommen  in  5Je« 
trarfjt:  bie  ^eoiere  ^forjbeim  unb  (Eutingen,  (benannte  Sieoierc  würben  im 
3a$r  1818  jum  SKeoier  „Seetjau*"  pereinigt. 

1)  ftorftreoier  ^forjhcim.    Vermalter  beSfelben: 
Dberjäger  Aibling,  1715  ernannt.    (Ütfann  >t.  geftorben,  ift  oorläuftg 

ntdjt  ju  ennittcln.) 

vSu  Anfang  beö  1H.  ^a^rbunbert« :  Jvorftinfpeftor  Sebaftian  3Mefo  (oor: 

mal«  infpijierenber  Dberförfter  ber  Meutere  Eutingen,  fcudjeufelb  unb  Sueben; 

bronn).   2ierfal)  bas  iHeoier  bis  jn  feinem  Xobe  1817. 

2)  ftorftrepier  Eutingen. 
1H98  bi*  1742  ftorftfnedjt  Xnbreae  Tie*  mit  £ienfiu>olmung  im  St. 
öeorgen  ju  ^ifor^eim,  fobann  beffen  Solm :  ^l).  "öernbarb  £ieb  mit  SKobnftfc 
in  (Eutingen. 

178«  3af.  #r.  Kelter  (bisher  ^orftabjunlt  bc*  1*b.  ».  £icfc  „cum 
spe  succedendi"). 

1810  mürbe  Welter  nad)  43jäb/riger  £ienftjeit  penfioniert.  £a$  ftewier 
erhielt  Jörftcr  (Sron  in  fcudjenfelb.  1815  ^og  Cron  oon  Eutingen  nad) 
^for^eim. 

3)  :Heoier  „Seebaus". 
1818  Sieoier  ^fonbeim  unb  (rutingen  oereinigt.  £ienftioobnung  auf 
bem  See^auö.  Jas  ftepter  ScehauS  erhielt  ber  bisherige  fleoierförfter  Cron 
ju  (Jutingen.  1819  mürbe  l5ron  »cvfe(?t ;  an  feine  Stelle  trat  Jvorftcr  iHeifc 
in  ftudienfelb,  ber  ebenfalls  1827  feine  ^erfefeung  erhielt.  Sein  'Jtadjfolger : 
ber  bisherige  JUalbinfpcftor  silrnsperger  ju  ^orbad)  mit  bem  Xitel  „Ober 
jäger". 

sJiad)  ber  Weuorganifation  ber  Jvorft6e;irfe  trat  an  bie  Stelle  beä 
JReoierö  Seebaue  ber  J^orftbejirf  Ufonheim  mit  itfolmfifo  bes  ^e.ürföförftcr* 
auf  bem  Seehausl  Ter  bamals  jum  Setfrfsförfter  oorgefdjlagenc  Cberjäger 
9(rnsperger  erhielt  1834  bie  Ernennung  jum  weiten  Nat  ber  Wro&lj.  ^orft^ 
poli^cibireftion. 

1833  mürbe  Jyorftpraftirant  u.  Schilling  ^esirfsförfter.  tiefer  \og  aber 
erft  im  Sommer  1834  auf  (nad)  bem  Söeawg  beö  ^orftrats  ^Irnöperaer). 

1839  unb  1840  ftorftpraftifant  ^otf)  unb  Mettner  ',citn)eilig  ^ienft-: 
»erroefer. 

1842  mürbe  v.  Shilling  uerfeft. 

1842  3>ienftDcnt>cfcv  ber  »eurföforftet :  ^orftprafttfant  (Merber,  fobann 
^orfttarator  aJiiiUer. 

1843  SRüller  iknirfsförfter  ibefinüioe  35efetjung  ber  3Jeür!sforftci. 
1849  rouroe  biefer  pcrfc|t,  au  feine  Stelle  trat  Jvorftmciftcr  .vol^  in 

^for^heim.  (Aufhebung  ber  ^orftamter;  numefir  Veurfeforfteifi^  in  Worpheim. 
1854  Jorftpraftifant  ^ojer,  £ienftoenpefer. 


Digitized  by  (jC 


Worabeim  im  19.  3abrbunbert.  391 

1854  Sienftantritt  beö  99e*irf3förfter«  o.  Saoauä  (15.  WorO 
1806  öe^irföförftcr  ftofmann  (Xienftantritt). 
1890  ftorftmeifter  Stau. 
3en  genannten  Stellen  übergeorbnet  loar  bie  ^orftinfpeftion  ^for^eim. 

1807—1810  ^orftmeifter  o.  Jeuffel,  ^orftanb  berfelben. 
1810—1829  tforftmeifter  o.  »littcrSborf  (oom  $af)r  1826  an  Ijntte  bie 
^nfpeftion  ben  Xitel  ftorftamt  ju  führen). 

1829—1839  ftorftmeifter  o.  ©emmingen. 
1839-1849  tforftmeifter  ftolfc. 
1849  #orftämter  aufgehoben. 

3ur  3eit  ftnb  4  SBalbfjüter  angeftellt  mit  800—900  SHar?  Öeljalt  unb 
freier  Eienftfleibung.   Söalbmeifier  Sanbenberger  füf;rt  bie  Oberauffuty. 

(2lu*  Elften  be«  ftorftamtS  ^forjljetm,  mitgeteilt  oon  Jorftaffeffor  Er.  $art&.) 


3fföfterei  unb  itot}Qan6rf.*) 

2lm  18.  Januar  1801  erftattetc  ber  geheime  Jpofrat  unb 
Jlammerfurator  (Sidjrobt  Bericht  über  bie  projektierte  Sereinigung 
be3  alten  ^Pforj^eimer  glofjoereinS  mit  ber  gaftor  Böhringer'fchen 
$ofjf)anblung3fompagnie  unb  über  bie  neu  ju  erridjtenbe  |>ol$» 
hanblungSgefeüfchaft.  s3lacf)  (Genehmigung  burdj  ben  2anbe§= 
fürften  bilbete  fid^  bie  ©efetlfdjaft  unter  ber  girma  ,J&tyxir\§tx, 
Sftaner  &  Sie."  oorerft  auf  12  Qahre  unb  trieb  ihren  $olj* 
hanbel  unmittelbar  mit  $ollanb.  gerner  tourbe  genehmigt,  ba& 
bie  (Ealroer  Kompagnie  unter  ben  oorgefchlagenen  Bebingungen  unb 
per  roodum  dispensationia  bie  $ollänber  $ol$f)änbler  UBatftcr 
unb  ^idjeon,  jeber  ber  leiteten  mit  25  3lftien,  in  bie  ©efeUfchaft 
aufgenommen  mürben.  $)er  SonbS  jur  Betreibung  biefest 
$>anbel§  mürbe  auf  eine  Million  ©ulben  feftgefefct  unb  in 
250  Slftien  su  4000  fl.  gerechnet  oon  ben  Teilhabern  jufammen* 
gelegt. 

@in  gleiches  Quantum  töola,  £oüänber,  Xannem  unb 
Qftchenholj,  wie  e§  bisher  ber  §aftor  Böhringer  unb  ber  fiiofc 
oerein  oon  ber  ©emeinbe  angefauft  erhielten,  mürbe  auch  ber 
neuen  ©efellfchaft  jugeftchert  unb  mürbe  ber  s$rei3  für  bie  $eit 
be§  ©efettfdjaftSoerbanbeS  unabänberlict)  feftgelegt. 

33orftet)er,  deputierte  unb  9lu§fd)u|mitglieber  maren: 
Stöger,  ©etger  unb  ©erroig  —  ©hnftoph  9lab,  £oren$  $at}, 
Michael  fta$  unb  5luguft  ©ermig  —  Qohann  3afob  Finger, 
Michael  flienle,  <£hriftof  SBolf,  ©eorg  3afob  ßtenle,  ©eorg 
3afob  9lab  unb  Johann  ©eiger.  —  3lm  12.  Februar  1802 
hatte  ba§  ^oljhanblungegefchäft  oon  Bo'hringer,  ^flauer  &  Sie. 
bereite  eine  foldje  $lu3bef)nung  erlangt,  bafj  biefelben  gejmungen 
maren,  eine  neue  Anleihe  oon  200  000  fl.  §u  machen.  Qu  einer 

♦)  Duellen:  öenerallanbeoarcfiio,  'Uflügcr,  Mitteilungen  im  „^forjheuner 
feiger"  (^ebruar  unb  SRärj  1900). 


392 


^forabeim  im  19.  ^abTbunbett. 


dingabe  an  bcn  9flarfgrafen  erfud)ten  ftc  benfelben  um  ©arantie^ 
leiftuna.  (Sin  Äammeragent  Qafobfobn  in  SBraunfdjroeig  fjatte 
fid)  erboten,  genannte  ©umme  ju  befd)affen,  roenn  ©erenifftmuS 
bie  ©arantie  'bafür  übernehmen  roollte.  SRitte  Slprtt  unternahm 
Slammerrat  SJöfjringer  mit  bem  erften  auSlaufenben  Jloß  bie 
Steife  nad)  #otlanb.  9113  ©egengeroicrjt  für  bie  $apitalaufnat)me, 

Elr  meiere  ber  SRarfgraf  ©firgfdjaft  übernehmen  follte,  traten 
ie  |>erren  $8ör)ringer,  SJlauer,  Rosenberger  unb  SBroe.  tftenle 
mit  tbrem  ganjen  Vermögen  ein.  Ranher  Retfnnann  in  %xant* 
furt  erbot  ftcfy,  einige  tllftien  ber  |)ollänbifcr)en  ^oljljanblungS* 
gefellfdjaft  ju  taufen,  iua§  böfjern  DrtS  freunblidtft  genehmigt 
rourbe.  gerner  fudjte  bie  girma  unterm  11.  9)lärj  1803  um 
bie  Erlaubnis  nad),  fdjon  mit  bem  1.  3lpril  bie  glöfferei  eröffnen 
ju  bürfen  gegen  ($ntrid)tung  einer  bafür  beftimmten  5Toerjal^ 
fumme,  fobann  um  bie  (Erteilung  be§  au§fd)liefjlid)en  9ted)t§,  im 
£>ollänber  ^oljeinfauf  in  ben  Damaligen  babifc^en  Sanben,  um 
ein  patent  ju  ungefjinberter  $urd)far)rt  an  ben  bisherigen  Qoü-- 
ftätten,  enblid)  um  Rerroenbung  jur  (Erlangung  einer  tloerfal^ 
^einjoUentrid)tung.*) 

3n  jene  3^it  fällt  audj  ba§  s$rojeft  jur  Anlage  eines 
SSotwavten*  in  $forjf)eim.  3)ie  Soften  bafür  betrugen  nad) 
Beriet  be§  5lrei§bireftorium3  oomQuni  1811  -  9028  fl.  34*/,  ftt 
35ie  tjierju  nötigen  ©runbftücfe  follten  im  „Rrüfjl"  enoorben 
©erben.  ÜJcun  ftellte  fid)  aber  berauS,  baß  biefelben  als  Xcile 
be$  $irfd)auer  |)ofgute3  unb  be§  2Öittumgute§  fjerrfrfjaftltdje  (Erb 
letjen  waren,  5)a  fid)  ba§  ginanaminifterium  in  Anbetracht  ber 
djroadjen  r)crx*fcr)aftlict)cn  Staffen  ebenfalls  gegen  bie  Anlage  aus^ 
prad),  rourbe  bie  (Errichtung  roieberbott  oerfd)oben. 

9lm  22.  9Jlärj  1812  erflärten  ftd)  bie  £>ammerroerf§befitjer 
Rencfifer  unb  5luguft  ©iefert  bereit,  einen  ^oljgarten  für  bie 
(Stabt  auf  it)re  Soften  ju  erftellen,  toenn  ir)nen  geftattet  märe, 
bafj  ü)nen  roärjrenb  10—15  Qafjren  ein  Cuantum  (5d)etterl)olj 

•)  Unter  üoltänber  froh  ftnb  aan*e  eidiene  Stamme,  Mlöfce  unb 
fiefpaliened  frol\  für  ben  Sdiiffobau,  ebenjo  gan^e  tannene,  uorjüglidi 
ian^e  ctäntme  <ui  uerftefjen,  auö  meld)  festeren  ba«  Tvlofs  jufammen« 
aefefct  wirb.  Seibe  «attunaen  fmb  von  ben  im  l'anbe  gcbraudjtcn  Ha\u, 
Sdjmieb*  nnb  ©paltbölsern  nidjt  uerfdjieben,  unb  nur  bie  9lrt  beö  $erfauf* 
triebt  ifynen  ben  Tanten.  Uufere  Salbungen  mieten  »or  ber  raubmäfuacn 
Mu  tbeutuna.  burd)  bie  ftompa^nie  einen  meit  viröftcrcn  ^ietd)tum  auf  an  &id)en, 
^ndjen  unb  fonftiaem  iraubholj  alo  hentuttaflc.  3d)tm  im  ^ahre  1808  be 
flaute  ftd)  ber  Jyorftbeamte,  bafi  bura)  ben  au^aebefjnten  Raubet  ber  ikftanb 
in  bcn  ^for^eimer  unb  t'anctcnalber  5'orftcn  berart  abiienommen  ^abc,  ba|i 
n>al)rfd)einlidi  nur  nod)  mrtljrenb  eine!  £e>eninm$  ein  a^nlidjer  i?erfauf  ae- 
ftattet  toerbeu  bürfe,  n>ie  and;  ber  vanbel  mit  (*id)en()ol5  am  flleidjem  Wrunbe 
|U  tinbe  gofjc,  meil  ei  an  bem  v«r  ftortfe|unfl  biefcö  auelänbifdjen  .i>anbel* 
ücrljaltni^mäfeiaen  ^aa)iviia)ö  feljle  nnb  eine  (^attutm  obne  bie  anbere  nia)t 
»erfduftia)  fei. 


Sfffl&bcHn  im  19.  3abtbunbert. 


303 


oon  50  000  Hlaftern  auS  ben  Jorften  ^forjtjeim,  Eutingen, 
Büchenbronn  nnb  |>uchenfelb  abgegeben,  baß  bie  jährliche  Abgabe 
niemals  unter  3000  klaftern  nnb  nie  über  5000  ßlafter  bewirft 
werbe.  $ie  ftlafter  mußten  in  einem  ÖanbeSmaß  oon  6  ftuß 
t)od)  unb  6  ftuß  breit  mit  4  guß  langen  ©djeitern  unb  bem 
Uebermaß,  mie  foldjeS  üblich,  gemadjt  unb  gefegt  unb  ber  9Jlad)er* 
lohn  auS  ber  herrfchaftlichen  Raffe  befahlt  werben.  $ie  9luf» 
jählung  beS  ^ol^eS  mußte  oon  l/2  ju  %  Qahr  gefchehen.  gür 
jebeS  JRlafter  Mannen--  unb  ßichenbolj,  ohne  Unterfd)ieb  ber 
Sofalität,  waren  fte  geneigt,  mit  Inbegriff  beS  $auerlohneS 
3  ©Ib.  30  §tx.  nebft  ber  üblichen  gorftgebübr,  fowie  ber  9luf-~ 
maß*  unb  $luf$ählungSfoften  ju  5ablen.  2)etl  jährlichen  $olj* 
bebarf  wollten  bie  Unternehmer  auf  eigene  Soften,  teils  per  9Id)fe, 
teiB  per  gloß  nad)  bem  £>oljgarten  oerb ringen  (äffen.  2)afür 
hielten  fte  ftd)  aber  auS,  baß  baS  Rlafter  Mannen*  unb  did)en- 
holj  ftatt  mie  bisher  um  G  ©Ib.  30  $tc.,  fernerhin  um  6  ©Ib. 
45  Str.  oon  ihnen  büvfte  oerfauft  werben.  Sollte  oon  ber 
|)errfd)aft  in  biefer  Qeit  eine  (Erhöhung  oocr  Bermmberung  ber 
fwljpreife  oorgenommen  werben,  fo  wollten  auch  fie  ihre  Ber* 
faufSpreife  bementfprechenb  regeln. 

2)ie  ©emeinben  Oefchelbronn,  liefern,  (Eutingen,  2Bürm, 
Büchenbronn,  3)illweißenftein,  £md)enfelb  unb  Brötzingen  füllten 
ihre  Bezüge  nicht  auS  bem  £)olja,arten,  fonbern  unmittelbar  aus 
ben  r)crrfcr)aftlid)en  Salbungen  erhalten,  dagegen  blieb  baS 
BebürfniS  ber  ©emeinben  .ftiefelbvonu ,  Baufd)lott,  3)ürrn, 
©öbridjen,  (Sifingen,  ©rfingen  unb  -Jfpvingen  gleich  jenen  ^J3forj= 
beimS  unb  ber  liieft^cn  Schntiebe  auf  ben  .^ol^garten  angewiefen. 
$er  |)ol5pla^  foüte  ftatt  beim  unteren  Jammer  jmifchen  ber 
91ltftäbter  53rücfe  unb  ber  5luer  Borftabt  angelegt  werben,  beim 
fog.  großen  ©arten.  2ln  biefer  Stelle  fiel  nämlich  °ic  •fjerfteüung 
eineS  gloßfanalS  weg,  unb  bie  Beifuhr  beS  £ol*eS  per  9ld)fe 
oon  (Eutingen  unb  bem  sPfor(#imer  SBalbe  war  wefentlid) 
erleidjtert,  außerbem  hatte  biefer  s^3Ia^  nach  fad)männifchem  Urteil 
weber  ©iSqang  nod)  £>od)waffer  511  befürd)ten. 

s3lm  18.,  19.  unb  20.  SWorj  1813  würbe  in  ©egenwart 
beS  OberoogtS  9totf)  unb  beS  OberforftrateS  ^ägerfchmibt  ein 
Bertrag  jwifd)en  ben  Parteien  abgefd)loffen,  ber  in  ber  .£>aupt= 
fadjc  mit  ben  oon  ©ebr.  Bencfifer  aufgefteüten  Bebingungen 
übereinftimmt.  s3htr  mußten  fie  fid)  ba^u  oerfteheu,  baß  fte  ben 
Berfauf  beS  #oljeS  \a  bem  bisher  übltdjen  greife  genehmigten. 
3)er  s]$U\i$  mußte  einen  ^Kaum  oon  minbeftenS  6  borgen  um* 
jdjließen.  Slttf  bem  f)öd)ften  N^unft  beSfclben  foüte  ein  einftöcfigeS 
^oljmefferwohnhauS  erfteüt  unb  ber  gan^e  s$lal3  genügeub  einge* 
friebigt  werben.  2>te  erforberlicheu  .^oljfänge  unb  Bechen  in  ber 
(Inj,  fowie  bie  fonft  nötigen  gloßgerätidjaften  unb  ^oljfarren 


394  Worabeim  im  19.  Oabtbunbert. 

mufjten  auf  ^Rechnung  bcr  beiben  Unternehmer  befd)afft  werben. 
$ie  £errfd)aft  beftritt  bie  £erfteüung  ber  5«(|nocge  im  2Balbc, 
wogegen  bie  Jirma  Sencfifer  unb  Siefert  bie  ©d)littroege  unb 
fonftigen  jur  Seifuhr  unb  Jlöffung  bes  .groljes  erforberlicheu 
vßfabe  machen  (äffen  mufjte.  3)ie  ^oljabfuhr  aus  bem  2Balbe 
burfte  nur  jroifchen  Oftober  unb  9Ipnl  gegeben,  roobet  möglichfte 
Schonung  bes  Walbes  anempfohlen  rourbe. 

(Sin  Klafter  Sudjenhols  infl.  $auer;  unb 

Se^erlolm  foftete  7  ©Ib.  20  Kr. 

(Sin  Klafter  $annen=  ober  dicrjcnr^ots  3  ©Ib.  30  Kr. 

Jür  jebes  Klafter  betrug  bie  Jorftgebüfjr  6  Kr. 

Kanjlei'Xare  1  Kr. 

$em  görfter  für  bte  Slnroeifung  6  Kr. 

baju  ben  SIccis  oon  6  Kr.  für  1  Klafter  Suchen*  unb  4  Kr.  für 
1  Klafter  Sannen*  ober  Gnchenholj.  Seim  Kteinoerfauf  herrfd)te 
basfelbe  Wormalmafc  roie  im  SBalb.  SKe  greife  burften  10  (L 
30  Kr.  für  ein  Klafter  Suchen*  unb  6  fl.  30  Kr.  für  1  Klafter 
Sannen=  ober  (Sichenholj  nicht  überfdjreiten.  3Iujjerbem  burften 
bie  Unternehmer  ben  Skcis  nebft  9ttafjgelb  pro  Klafter  ertra 
ergeben.  5all§  burch  fteuer,  Unglücf  ober  feinbliche  ©eroalt  ein 
^oljabtrag  für  bie  Unternehmer  entftanb,  erhielten  biefelben  ein 
gleiches  Ouantum  unentgeltlich  erftattet. 

3n  einer  Sefchroerbefchrift  oom  8.  9ftai  1813  roirb  burch 
bie  Sürger  oon  ^for^eim,  §uchenfelb,  $illroeifjenftein,  Sücben ■ 
bronn  bargethan,  bafj  bps  £)ol$  burd)  Anlegung  eines  foldjen 
©artens  unnötig  oerteuert  mürbe,  daraufhin  rourbe  1814  ber 
mit  ber  Birma  Sencfifer  unb  Siefert  abgefchloffene  Vertrag 
roieber  aufgehoben  unb  bie  Sache  abermals  oerfdroben.  3m 
Oahre  1827  enblid)  fonnte  ber  oielumftrittene  #olshof  eröffnet 
roerben  unb  jroar  auf  fjerrfcfjaftlicrpe  Rechnung.  $en  (Schlug  ber 
langen  Streiterei  bilbet  eine  Spejififation  bes  ^oljbebarfs  ber 
Stabt  ^for^heim  auf  ein  3af)r,  roonad)  375  V,  Klafter  Suchen*, 
431  Klafter  (Sichern  unb  657  Klafter  Sannenbols  als  nötig 
erad)tet  rourben. 

Sehnliche  {roljgärten  legte  Württemberg  an,  um  bas 
Unterlanb  mit  Srennbolfl  ju  oerforgen,  fo  j.  S.  in  9fagolb, 
Vaihingen,  Siffingen,  Bietigheim.  $iefe  froljablageftätten 
erhielten  aus  bem  oberen  Schroar^roalbe  auf  bem  ftloftroege  all* 
iährlid)  ein  geroiffes  Cuantum  Scbeiterholj  zugeführt.  $iefe 
5tieiUxtiot\ttö{1cve\  bilbet  in  ber  ©efd)id)te  bes  glo&roefens  ein 
eigenes  Kapitel.  Schon  im  s)(pril  1747  rourbe,  roie  bereits  oben 
erroäbnt,  §roifd)en  ©oben  unb  Württemberg*!  ein  Vertrag  über 

*)  v>torf)  bem  otaatoi'crtraii  von  1747  lief?  bie  .Hörndl.  SiJürtt.  ftecuerunfl 
alljalnlirti  ein  Quantum  von  18—  80000  Hlaftcr  8ö)etlerl)oh  auf  ber  ©nj  burrtj 
Ör.  Stab.  ®cbict  einflößen  unb  trotte  be©f>a(b  bie  früher  anacae&ene  (gntfcöäbigung 


Digitized  by  Gc 


^forabcim  im  19.  3cibrbunbett. 


395 


an  Starf*  unb  Uferbefitycr  ju  erlegen.  3m  ^abr  1834  mürbe  biefcrhalb  ein 
Vertrag  auf  10  Jahre  etbgcfdjloffen  unb  bie  (rntfd)abiguug*iumme  feftgefcfet. 

1H44  eine  Erneuerung  bc^  Vertrage*  gefebeben  foltte,  ftellte  ber  Möutgl. 
ilUirtt.  Mommtffär  bic  ikbingung,  bau  er  zum  Äbfdjluft  beö  Vertrages  nur 
bann  ermächtigt  fei,  wenn  fid)  bie  Süerfbeftber  mit  einer  teil«  BH,  teil«  BS"/« 
geringeren  Sloerfalfummc  begnügten. 

Ter  Vertrag  hatte  folgenbeu  Wortlaut: 

§  l. 

Tie  Mbnigl.  "ÜJürtt.  Regierung  mad)t  fid)  ocrbinblid),  bafür  ut  fora.cn, 
baft  fünftigbin  bic  6d)eiterl)oizflöfierei  innerhalb  ber  mcftmäfeig  beftimmten 
3eit,  nämlid)  oon  SJlartini  bis  (*nbe  3(pril  beo  nädjften  Jahre«  uorgenommen 
unb  beenbigt  werbe;  eo  oerfteljt  fid)  jebod)  oon  felbft,  bafj  wenn  burd)  unge- 
wöbnlid)c  Rttttttercigniffc  unb  unuorhergefebene  SBafferbauten  bic  .Hönigl. 
Sürtt.  Regierung  gebiubert  würbe,  in  ber  eejejjmäfiigcn  ,^cit  zu  flögen,  über 
roeldje  ftrage  jebod)  bie  Wrof).  $tab.  Regierung  bee  i)fittelrl)ein!reifc«  nad) 
(*iuoernat)me  ber  beteiligten  tUcrfäbeftfter  salvo  recursu  zu  eutfdjeibcu  bat, 
oon  ben  in  biefer  Uebcreinfuuft  enthaltenen  »eftimmuugcn  feine  Sluänabme 
gemad)t  unb  bie  nämlichen  barin  feftgefefejen  Entfdwbigungäquoten  uerabreid)t 
werben. 

Tic  .Honig!.  sHUirtt.  Regierung  mad)t  fid)  ferner  anf)eifd)ig,  für  alle 
8  3Bel)re,  nämlid)  für  baö  Sdjleif-,  'Hoft*  unb  9lonnenroel)r  ein  fünf  ^oll  btcfeö 
fog.  Sefoljolz  unb  zwar  unmittelbar  oor  bem  beginn  ber  8d)eiterbolzflöfierei 
einlegen,  auch  hinlängliche  iHannfdjaft  au  ben  A-lofdödjern  aufteilen  zu  laffen, 
um  ben  betrieb  bc«  ftolzeo  nad)  2Nöglid)feit  \u  befdjleunigen. 

§  3- 

Gbeufo  follen,  wie  bieö  bisher  ber  ftall  geroefen,  am  cdjofigatter  ober; 
halb  bc*  rKo&wer)re«  zwei  otreidjbalfcn  eingelegt  unb  beim  (Anlauf  in  ben 
Monnenmütjlgrabcn  ber  btdr)cr  angcbradjte  \>olzicchcu  beibehalten  werben. 

§  4. 

3tatt  ber  in  jebem  ,"ylofijnbr  ausmmtittelnbcn  £ntid)äbigung  für  ben 
am  iDiül)lmerf  unb  3tfafferbau,  mit  alleiniger  Slusnafnne  ber  im  .v>auptflufi 
fteb,eubeu  Sichre,  nämlid)  t>c*  iMrienfelber,  iköfcinger,  ftoft:  unb  Wonneumebrd, 
fowic  be«  Eutinger  IVüblcnwcbrö  burd)  ben  2d)citcrl)olzflof?  angerid)teten 
Schaben,  foroie  für  bie  baburd)  herbeigeführte  ik'tricbäbenachtcilignng  cr- 
halten  bie  nadjftcbenben  Wewerf*bejiber  ein  jebe*  Alopjabr  fid)  gleiaV 
bleibcnbe«  Äoetfum  unb  smar:  1.  .ftammermerfSbefittcr  ISbriftof  ^enrfifer  in 
Pforzheim  ohne  ^Rüdfid)t  auf  bie  Taucr  ber  JyloBzeit  WO  fl.  ti.  Dlüllermcifter 
Littel  in  Eutingen  für  bie  erften  14  läge  oon  Anfang  be«  3d)eiterliolzflofieS 
für  feine  Wai)U ,  Säge  ,  iHeib  ,  (W«mul)le  unb  Celidjlag  70  fL,  fobaun 
auf  ben  jvnll,  bafc  Die  jvlöftcrci  in  obiger  ftrifi  nicht  beenbigt  fein  follte,  für 
jeben  weiteren  Jag  bie  infl.  bee  zwanzigfteu,  taglid)  7  fl.  unb  für  ben  21. 
unb  fo  fort  täglid)  H  fl.  biefer  leiteten  SJetfchung  roirb  aber  auebrudlid) 
bemerft,  bnft  wenn,  uadibem  ber  3d)eiterhotiflon  begonnen,  bic  ^ortfebung  beöfelben 
burd)  auflerorbcnttidje  s){aturereignifie  unmbglid)  gemad)t  roirb,  Diejenige  Seit, 
meldje  baburd)  mm  t"s-loReu  unmbglid)  beuü^t  merben  tonnte ,  oou  ber  »Jeil 
ab^uredjnen  ift,  meldje  ^otfdjen  Dem  Anfang  unb  beut  (Snbe  bee  ^löfteud  ge 
legen  unb  bann  erfl  bie  »ebinguugen  wegen  ber  tagmeifen  (rntjdjäbigungen 
eintreten,  ferner  wirb  oerabrebet,  bafi  bem  Wubleubefiber  Littel  mahrenb 
be*  od)eiterl)ohflof$eö  geftattet  fein  folle,  in  bie  A-lofumiic  ein  Veghoh  infolangc 
einzulegen,  <M  hterburd)  ber  3d)eiteil)olulöf>ciet  fein  Ciintra«;  gefd)ieht,  bal)er 
e*  fid)  uon  felbft  uerftebt,  bafe  bae  t'eghoh  auf  Verlangen  ber  Hönigl.  i^urtt. 


Digitized  by  Google 


39C, 


bic  ©djeiterholäflöfferci  abgefdjloffen  unb  bcr  $ammerroerf$befit}er 
SBurffjarb  au§  SBafel  erhielt  laut  9lbmadjung  jährlid)  5000  Klafter 
Scheiterholj  jugeroiefen. 

9lu§  ben  großen  babifdjen  ©taatSroalbungcn  am  ^ohlob 
unb  an  ber  $)ürreidj  tonnte  SBaben  fein  ©djetterholj  auf  ber 
bort  entfpringenben  @nad)  in  bic  @nj  unb  ^icr()er  uerflöffen. 
S)U\  ben  oberften  Gueübädjen  rourben  Sammelplätze  für  ba§ 
Scheiterholj  angelegt,  roo  e§  getrocknet  unb  gezeichnet  rourbe. 
SJlit  abroechfelnber  93enüt}ung  ber  ©chroellroaffer  ber  SBafferftuben 
ober  ber  (Inj,  ber  5$oppelbach  unb  ber  $altenbad)feen  rourbe 
ba§  <3al)re§quantum  in  14  Sagen  oon  fjunberteu  oon  Scannern, 
grauen  unb  ßinbern  in§  ©äffet  geroorfen  unb  abroärts  geflößt, 
hierbei  bitbeten  ftd)  oft  ©tauungen  oon  über  100  m  Sänge, 
roeldje,  oon  ben  Seffern  mit  langen  Stangen  loSgeftoßen,  mit 
mächtigem  ©etöfe  abgingen.  93aben  hat  fchon  länger  ba§  Scheiter- 
holjflöffen  aufgegeben,  Württemberg  erft  1865. 

$a§  $olj,  roeldjeS  ba§  £ammerroerf  bi§  oor  (urjem  erhielt 
1500  Älafter  —  rourbe  früher  burd)  einen  ftanal  in  ba* 
Werf  ^ereingetaffen,  auf  bem  Sanbe  ju  beugen  aufgefegt,  bann 
in  Leitern  ju  £oljfohle  oerbrannt,  roela)e  beim  (Sifenfchmeljen 
im  £od)ofen  SBerroenbung  fanb.  lieber  bie  $eit  be§  Scheiterholj: 
flöffenS  bot  bie  dnj  auf  ihrem  Wege  burd)  bie  Stabt  ein  äußerft 
belebtet  93ilb,  ba3  namentlich  ber  Ongenb  oiel  greube  bereitete. 
9ln  ben  Wehren  roaren  Wadjthütten  aufgefdjlaaen,  an  roeldjen 
nad)t3  geuer  brannten.  $a  ba$  Sdjeiterbolaflop  bi§  fpät  in  bie 
s3iad)t  hinein  ging,  mußte  ftet§  SWannfchaft  bereit  fein,  um  allero 
fallftgen  Stockungen  unb  Unorbnungen  ju  begegnen.  3"™ 
Sdjluffe  fam  am  letjten  Sag  ein  einftörigeS  gloß  mit  einem 
gloßmeifter  unb  roürttembergifchen  glöffern  befetjt,  roeldje  mit 
ihren  Sd)eiterhafen  bie  glußfofjle  nad)  gefundenen  Scheitern 
abfudjten.  Wa§  an§  Ufer  geworfen  rouvbe,  galt  ben  Slnroofmern 
atö  roillfommeneS  Stranbgut,  oft  roar  aud)  bie  sJcad)lefe  noch 
ergiebig.  £)ie  s3lad)vid)t  oon  bem  (Snbe  ber  Sdjeiterholjflöfferei 
rourbe  mit  großem  33ebauern  aufgenommen. 

si(m  18.  Septbr.  1830  ging  oom  gorftamt  s$forjheim  ein 
Bericht  an  ba§  SJcintfterium  be§  Innern  ab,  roornach  Unruhen 
in  ^forjheim  befürchtet  rourben  roegen  ber  burd)  bie  33erfteiger* 
ungen  erhöhten  .froljpreife,  foroie  bestjalb,  roeil  fein  $>olj  im 
•£>ol$bof  oorrätig  roar.  (£t(id)c  Waubeiner  hatten  bie  2(bfid)t, 
baS  gorftamt§gebäube  in  33ranb  ju  fteefen.  „$er  ungebilbete, 
rohe  Seil  ber  (liuroohner  roußte  nicht  bie  $etfotl  oon  ber  Sache 

Alofiinfpeftion  lüiebcr  l)erau*iieiiommen  werben  mufe.  T>ie  £auer  fleaenroärtiqer 
Uebereinhmft  loirb  auf  \tt)t\  3  obre,  ndmlid)  vom  3ab,r  1845-1854  mfl. 
feftgefc^t. 


gitized  by  Google 


Worsbeim  im  19.  Sabrbunbert. 


397 


311  trennen"  unb  gab  ben  Jorftbeamten  bie  ©djulb  an  ben  Unju- 
träglid)feiten.  daraufhin  entfd)ieb  ba§  SJcmifterium,  bafc  ba§ 
Jorftamt  in  ^förjtjeim  ungefähr  1000  Klafter  uerfd)iebener  $ol$* 
arten  auf  ben  $>oljhof  bafelbft  verbringen  laffen  unb  foldjeS  in 
fteinen  ©aben,  meiere  2  ftlafter  nicht  überleiten  burften,  um 
lanbe§üblid)en  *ßrei8  oerfaufen  foüte.  9lacr)  Vorfdjlag  be§  govft- 
amt§  würben  bie  greife  feftgefe^t: 

$a§  Klafter  buchen*  unb  ©djeiterhofy  ju  11  Bulben 

©id)en*  unb  Sannenfjols  }U  7 
SBudjenauäfcfyuftöofj  10 
„       „     ©id)en*  unb  $annenau3fd)uj3holi       6  „ 

$)iefe  niebrigen  greife  galten  inbeffen  nur  für  bie  ©in- 
wohner  ^ßforjt)eim8;  benn  einem  ©efud)  ber  ©tabt,  ba§ 
oon  ihr  erftetgerte  £olj,  419  Klafter,  ebenfalls  ju  ermäßigtem 
greife  ju  ermatten,  tonnte  nid)t  ftattgeaeben  werben,  ba  ^ßfor^« 
heim  cor  allen  übrigen  ©täbten  be§  SanbeS  allein  burd)  ben 
geminberten  |>olsprei3  berücffid)tigt  roorben  mar. 

*8ei  ben  wenigen  nod)  lebenben  alten  Sloffern,  meiere  in 
ihrer  Sugenb  bie  §ollänberfahrteu  mitmachten,  bilben  biefe  heute 
nod)  eine  freunblidje  (Erinnerung  unb  felbft  bie  9Mhfeligfeiten 
unb  ©efahren  ifjre§  ferneren  VerufeS  erfdjeinen  ihnen  oerflärt 
im  fiidjte  ber  Vergangenheit.  (Sin  VemeiS,  wie  fyod)  Jlöfferei 
unb  fwljhanbel  §u  beginn  be&  19.  3a^^unoertS  in  s$f  Olxheim 
in  ($fjren  ftanben,  ju  einer  3eit,  ba  bie  ©belmetallinbuftrie  fid) 
nod)  in  ganj  befd)eibenen  ©renken  bewegte,  barf  wohl  barin 
erblicft  werben,  baf*  bie  ftäbtifdje  Verwaltung  am  14.  5luguft 
1806,  al§  ber  ©rbgroftherjog  ftarl  mit  feiner  jungen  ©emahlin, 
9tapoleon3  9lboptiotod)ter,  ber  ©tabt  feinen  Vefud)  abftattete, 
bem  f)ol)en  ^aare  ju  @^ren  eine  Sloßfafyrt  oeranftaltete.  9fai 
borgen  be§  JefttageS  ritten  bie  Jörfter,  bann  eine  (Sljrengarbe 
unter  Jaorifant  Rosenberger,  ba§  bürgerliche  $?aoaHerieforp§ 
unter  ^abrifant  ©.  ©eiger  bis  an  ben  „§ohen  SBalb"  ben  fürft» 
liehen  ©äften  entgegen.  Veim  ©mpfang  würbe  ber  ©rbgrofj- 
herjogin  ein  golbeneS  Voufett  oon  Jungfer  Caroline  Venctifer 
mit  franjöfifd)er  9lnfprad)e  überreicht.  Unter  ber  9Htftäbter 
Vrücfe  lag  ba§  mit  jwei  Sauben  feftlid)  gefdjmücfte  Jlofc,  auf 
welchem  ben  ©äften  ein  (äffen  feroiert  würbe.  SDann  ging  bie 
Safjrt  burd)  ba3  311  einer  (Ehrenpforte  umgebaute  Mltftäbter 
äöel)r.  2Beiter  unten  war  ber  3luj$  wieber  mit  einem  Triumph- 
bogen überfpannt,  auf  beffen  ©alerie  (Sdnilergefang  unb  Üüiufif 
ertönte.  3lm  Ufer  hatlc  bit  Vürgergarbe  unter  Hauptmann 
$renfel  9lufftellung  genommen.  $ie  ©utinger  Vrücfe  war  feftlid) 
beforiert,  unb  inwiefern  würbe  ein  Sifdjsug  oeranftaltet.  Von 
bort  fuhr  ba§  fürftlid)e  s#aar,  begleitet  oon  ber  Vürgerfaoallerie 
unter  Hauptmann  $uguenin*Vird)aur.  nach  ^forjheim  jurüct  unb 


Digitized  by  Google 


398 


^forabeim  im  19.  Oabrbunbert 


befidjtigte  nod)  bie  Sennig'fdje  tfabrif.  Die  ftlofefahrt  mar  ber 
©lanjpunft  be$  2age$  geroefen. 

$a§  Sangholj  oom  2öalbe  würbe  auf  Sdjleifen,  Mifen  (oer^ 
roanbt  mit  bem  englifdjen  to  rise)  guthal  unb  oon  bort  uermittelft 
3uhrmerfen  ju  ben  (Sinbinbeftättcn  gebracht.  9(13  foldje  bezeichnete 
1818  bie  proo.  s-öermaltung*t'ommiffion  bev  iH^einfd)iffat)rt  in  SHainj : 

a.  31  u  f  ber  @  n  &  oberhalb  f  o  r  j  h  e  i  m  eine  Stelle 
bei  bem  $3irfenfelber  £Set)r  an  ber  JyreitagSroiefe. 

b.  91  u f  ber  (£ n  s  in  $ß  ( o  r $  h e i  m  unb  abwarte  — 
beim  tftogroehr,  im  s33led)maag  —  bei  ber  (futinger  $hücfe  — 
bei  liefern  am  sBel,r. 

c.  Xuf  ber  Wagolb  am  Beutel  —  oberhalb  bem 
söüd)enbronner  Steg  —  in  ber  ^atfdjet  —  an  ber  unteren 
2Beifjenfteiuer  «rüde  —  an  ber  Raüert  ^rücfe. 

3n  ben  roürttembergifd)en  Salbungen  ber  oberen  (Enjgegenb 
mürben  bie  Stämme  an  bie  hintere  ober  oorbere  ^opoelroaffer* 
ftube  gebradjt  unb  bort  ju  5$'l°ften  gebunben.  91  n  ber  f leinen 
(£nj  roaren  bie  hintere  unb  uorbere  Weubachftube  jum  (Sinbinben 
ber  Stoffe  unb  511m  Sammeln  bes  Sd)mellroaffer$  hergerichtet. 
$n  (£almbad)  biente  bie  $3öbmle$maag  al§  tlinlanbeftelle. 

Ohne  amtliche  ©euebmiguug  burfte  bei  Strafe  oon  fünf 
iHeidjötbalern  nebft  Sdjabenerfa^  teiue  anbere  (jinbinbeftelle 
eigenmächtig  angelegt  unb  benutzt  merben. 

Gnu  G^flog "  t)atte  gemöhulirf)  10  ©eftöre  oerfd)iebener 
©attung  oon  Jylofefjöljern ,  uid)t  ber  ftärfften  Sorten.  $a3 
breitefte  ©eftor  beftanb  aus  fünf  $oUünber  Jaunen.  $ie  gefefclid) 
erlaubte  £änge  eine*  Gntfoffes  follte  950  Jufj  (285  m)  nicht 
überfdjreiten.  (Sin  3lo&  hatte  150—300  Stämme  unb  120  bis 
300  cbm  Onfmlt.  3>ie  breite  ber  Jlftffe  burfte  in  iBerücffidjtigung 
ber  SBeite  ber  5Hehröffnungen,  ber  Jyloftlöcher  auf  ber  (£n$  unb 
Wagolb  nicht  über  13  3uf$,  auf  ber  SBürm  nicht  über  12  Jujj 
betragen,  mit  (Jinredjnung  ber  buref)  bas  v.JÖeibengebtnbe  unb 
burch  bas  s#efar)ren  ber  ftlöfre  in  geftreeftem  3uftanbe  entftehenben 
3n>tfcbenräume  ^mifdjen  ben  halfen.  2)eu  Jlöffern  mar  auf 
bem  s3tecfar  bas  3ufammenjochen  von  4  OEnjftöffen  ju  einem 
Siecfarflofj  nur  in  ber  9lrt  geftattet,  baß  fie  fid)  bei  $ermeibung 
ber  burd)  93erorbnung  angebrohten  Strafe  oon  25  ©ulben  nur 
einer  Sperre  bei  ]ebem  3log  bebienen  burften.  3eber  ben 
^H^etn  befahrenbe  glöffer  mar  gehalten,  eine  Stunbe  oor  ber 
Abfahrt  bes  gloffes  uou  bem  jebesmaligen  9lnferplatje  in  einem 
stachen  einen  glofjfnedjt  als  v4Behrfd)auer  oorau*  abjufc^icten. 
3)a  ber  Jyloßeigentümer  für  ben  glojjfned)t  hinfidjtlich  feiner 
Pflicht  oerantmortlid)  fein  mußte,  fo  t>atte  berfelbe  Ijier^u  einen 
oertrauten  unb  adjtfamen  SRann  ju  beftimmen.  9£uf  bem  erften 
(£rhebungsamte,  meines  bas  gloß  berührte,  mußte  ber  Staune 


Digitized  by  Goo 


töforabeim  im  19.  ^ahrbunbett. 


399 


biefe§  $ned)t3  angegeben  werben.  93ei  jebem  3ollamte  hatte  er 
fid)  ju  melben,  bamit  bie  Stunbe  feiner  5lnfunft  notiert  werben 
tonnte,  mußte  fid)  an  93orb  jebeS  ihm  begegnenben,  ju  93erge 
fafjrenben  Sd)iffe§  begeben  unb  ben  güfjrer  beSfelben,  ebenfo 
wie  bie  Muffeher  fliegenber  QtfMfai  unb  bie  Inhaber  ber  Schiffs» 
müf)len  ober  fonftiger  auf  bem  Cheine  befinblid)er  si(rtftaltcn  oon 
ber  9Infunft  beS  gloffeS  minbeftenS  1  Stunbe  junor  benaa> 
richtigen.  Qn  Stöln  aber  mußte  bie  Sinnige  2  Stunben  juoor 
gemacht  werben,  bamit  bie  große  9bt$a^(  ber  gemöhnlid)  bort 
haltenben  gafjrjeuge  ^eit  gewann,  bie  nötigen  ^orftchtSmaßregeln 
ju  treffen,  traten  unoorhergefehene  £inberniffe  ein,  woburch 
baS  glog  in  feiner  gafjrt  aufgehalten  ober  ju  anfern  genötigt 
war,  bann  mußte  fofort  ein  aweiter  SBehrfdjauer  abgefdjtrft 
werben,  um  bie  Schiffer,  meiere  auf  bie  burch  ben  elften  2Behr* 
flauer  erhaltene  ^iac^ric^t  ihre  gahrjeuge  an  irgenb  einem  Orte 
oiellekht  angelegt  Ratten,  oon  bem  $inberm3  ju  unterrichten. 

Um  ben  glöffern  ben  ^Beweis,  baß  fte  ihre  Obliegenheiten 
hinftchtlid)  be§  SBehrfdjauerS  erfüllt  hatten,  &u  erleichtern,  mußte 
im  Wachen  beS  3Bef)rfd)auers  an  einem  4  m  hohen  SHafte  eine 
Vjt  m  hohe  gähne  (glagge)  oon  bunfelroter  garbe,  bie  S-Züehr- 
fdjauerfahne,  aufgefteüt  werben.  3)ie  Qafyi  ber  sJJcannfchaften, 
burch  weldje  baS  gloß  fortgefchafft  werben  follte,  richtete  fich 
nach  ber  33efd)affenheit  beSfetben  unb  beS  äBafferf.  2)em  ©igen* 
tümer  roar  jur  Auflage  gemacht  nid)t  roeniger  Seute  anjufteUen, 
als  baS  gloß  ju  feiner  ungehinberten  gortfehaffung  in  geftretftem 
Saufe  beburfte.  3m  Streitfälle  entfehieb  baS  Oberamt  über  bie 
erforberliche  Qafft.  3uwiberhanblungen  tonnten  mit  bis  ju 
25  SfaichSthalern  gefühnt  roerben. 

Sperren  burften  nur  an  ben  Orten  gebraucht  roerben,  roo 
jebeS  3af)r  nach  ber  jeweiligen  SBefchaffenfjeit  beS  gloßbetteS 
foldjeS  nötig  unb  geftattet  roar.  $ie  s}3lät}e  würben  jeweils  auf 
Slnmelben  ber  glöfferfchaft  nad)  eingenommenem  sÜugenfd)etn 
oom  Oberamt  unb  ber  glußbauinfpeftion  beftimmt.  s2lber  aud) 
ber  Sperrnagel  mußte,  folange  bie  Sperre  felbft  nicht  gebraucht 
würbe,  burch  £>erauffd)lagen  unfd)äblich  gemacht  werben.  Qene 
Sperren,  Stimmelfperreu  genannt,  beren  jebeS  gloß  eine  hatte, 
burften  bei  Strafe  oon  10  OtetchSthalern  nidjt  burch  *men  f°9- 
„|>unb",  ber  in  bie  Ufer  eingebrüeft  würbe,  jum  Schaben  ber* 
felben  erfetjt  werben.  GEbenfo  war  eS  oerboten,  ber  Sperren 
unmittelbar  auf  ben  Üßorbriticheu  ber  s-£Behre  ober  ber  gloßlod)* 
fdjweHen  ftd)  ju  bebienen.  9luf  gafchinaben  ober  Steinbauten, 
bie  gum  Schule  beS  UferS  alS-  Streidjmerfe  ober  als  Sporn 
eingelegt  waren,  burfte  gleichfalls  feine  Sperre  eingefetjt  werben, 
wie  eS  auch  oerboten  war,  an  bergleichen  Schupauten  bie  glöffe 
anftreifen  ju  laffen.    3ar  s2lbwenbung  beSfelben  mußten  fid) 


400  $for*beim  im  19.  Sabrbunbert. 

JVlöffer  auf  bic  bauten  ftellen  unb  mit  bcn  ©langen  ba§  gloj? 
abgalten  —  bei  Strafe  uon  10  iHeidjsthalern. 

3um  Anlanben  waren  nur  ba3  SRofjwaag  bei  s$for$ljeini 
unb  bas  sJcieferner  2Öaag  beftimmt.  sJcur  bei  befonberen  ^)inbcr- 
niffen  burfte  aud)  fonftwo  an3  £anb  gefahren  werben.  2)adj 
muftte  in  foldjen  ^eitlen  alsbalb  abgefahren  werben,  wenn  bas 
£)inberni§  gehoben  war. 

2öo  ba3  .£>olj  ben  SBinter  über  jurücfbehalten  werben 
foüte,  mu&te  baöfelbe  in  zweimal  24  Stunben  an3  fianb  gebracht 
unb  in  foldjer  (Entfernung  oom  Ufer  aufgepolbert  werben,  bafc 
es  auch  beim  höchften  sBafferftanbe  ntcfjt  erreicht  werben  tonnte. 
$as  Schlagen  ber  Jadje  aus  Reiben*  ober  Xannenreis  war  ben 
Seffern  bei  Strafe  uon  10  £f)alern  in  ber  5Irt  unterfagt,  ba£ 
es  nur  mit  befonberer  Genehmigung  ber  2Safferbaubef)örbe  aus= 
nahmsweife  gefdjehen  burfte,  wo  anbere  ©efadje  mittclft  3*ü™' 
anhäufung  ober  Schlagens  einiger  $anbofähle  unb  Aufteilung 
oon  fielen  —  eines  ober  bas  anbere  für  fid)  allein  ober  beibes 
oereinigt  —  nid)t  ausführbar  waren.  Am  SBlechmaag  burfte  ein 
ausgerüftetes  gloft  nur  2  •  24  Stunben  belaffen  werben.  3ur 
Ausrüftung,eingefchloffenbieOblaft,  würben  weitere  2  •  24  Stunben 
unb  jut  SBeifuljr  ber  fleinen  Slöffe,  bie  bort  in  ein  größeres 
oerbunben  werben  follten,  4  •  24  Stunben  grift  gegeben. 
2)er  Aufenthalt  im  sJ(ief einer  s4Baag  war  folctyer  (Sinfdjränfung 
nid)t  unterworfen,  bod)  burfte  er  nid)t  ohne  llrfache  jum  Nach- 
teile ber  nad)fommenben  Jylöffe  ausgebehut  werben  unb  nicht 
über  ben  3Binter  fortbauern. 

$te  glöfferei  bauerte  jebes  Cwhr  Don  Sätare  bis  Üflartini. 
2Ber  früher  ober  foäter  flöffen  wollte,  mufjte  barüber,  beoor  bas 
3lo|  in  babifdjes  ©ebiet  gelangte,  beim  Oberamt  ^forjh^im  um 
ftonjeffion  bitten,  meldjes  biefelbc  gegen  eine  jur  ^Bafferjollfaffe 
gewiefene  Xare  oon  l  fi,  1  fl.  30  Sir.  ober  2  fl.,  je  nad)  ©röjje 
bes  gloffes,  JM  erteilen  ermädjtigt  war.  Aud)  burfte  nur  oon 
Sonnenaufgang  bis  Sonnenuntergang  geflöfjt  werben ;  an  Sonn= 
unb  gefttagen  aber  nicht  wäfjrenb  bes  oormittägigen  @otted= 
bienftes. 

ileberall,  wo  ein  Sd)aben  irgenb  weld)er  Art  entftanb, 
hatten  bie  (Eigentümer  ber  glöffe  (Entfchäbignng  ju  leifteu  an 
bie  ©ewerbs*  unb  ©runbbeftyer,  wie  aud)  an  bie  gifd)ereiinhaber. 
Die  Erhebung  bes  Sdjabens  fanb  burd)  bas  Cberamt  auf  polijeü 
lid)em  sBege  ftatt,  war  fomit  ben  görmlidjfeiten  bes  9ied)ts- 
r-erfabrens  ntdjt  unterworfen. 

3n  ÜJcannhetm  ober  in  ftafhfl  an  ber  sJWainmünbung  würben 
bie  Mheinflöffe,  bie  fog.  fietfen  Stüde  oon  200  m  Säuge  unb 
12—23  111  breite  jufammengefe^t  unb  mit  weiterem  dichenholj 
aus  ber  ^fatj,  bem  Soeffart,  sjßefterwalb  unb  anbern  SHh«"1 


Digitized  by  Google 


Worabeim  im  19.  Sabtbunbert. 


401 


unb  Sftaingegenben  bcrart  belaben,  bafj  fie  einen  Siefgang  bis 
jju  1,4  m  bejahen.  sJlad)bem  mit  Siefen  Soffen  bie  gefäfjrlidjften 
Seifen  unb  (Strubel  jmifdjen  fingen  unb  ftoblen^  burd)faf)ren 
maren,  unb  ber  tftyein,  burd)  £at)n  unb  3WofeI  oerftarft,  meljr 
Gaffer  fübrte,  mürben  in  ftoblenj  ober  SInbernad)  bie  ÄapitaU 
flöffe  sufammengefetjt.  2>iefe  beftanben  auS  bem  200  m  langen 
Steifftücf,  mobei  bie  geraben  (Sidjen  auf  ben  (Seiten,  baS  Statmnu 
Ijolj  unb  bie  Safebauben  in  ber  9ttitte  uerlaben  maren.  9Iuf  bie 
(£ict)en  famen  nod)  Sd)id)tcn  oon  Brettern,  SKafjmenfcfyenfeln  je, 
bie  fog.  Obläge,  unb  bann  nod)  £aufbielen  für  bie  $lo(jfned)te. 
3n  ätmlidjer  Weife  maren  bie  nor  bem  Steifftücf  befinblidjen 
je  25  m  langen  $niee  jufammengefe^t.  3)ie  ilniee  unter  ftd), 
fomie  bie  ftniee  unb  baS  (Steifftücf  maren  burd)  ftavfe  Saue  unb 
burd)  einen  gelenfartig  befeftigten  (Sidjenftamm  oerbunben.  S)iefe 
s-ßerbinbung  erlaubte  eine  ftarfe  2)relning  ber  ftniee.  Qu  beiben 
Seiten  fdjmammen  bie  8  m  breiten  Sng&nae,  meiere  bie  5lnfer 
trugen.  Svm\  «Steuern  bienten  52  Sdjlagruber,  mooon  jebeS  oon 
3—8  sUcann  gel)anbt)abt  mürbe.  $er "  (Steuermann  ftanb  auf 
bem  6  m  fjoljen  Steuerftuf)! ;  feinen  Winten  folgten  bie  Jlofc 
meifterfnedjte,  meldje  ben  föuberfned)ten  mit  ©erten  ben  Saft 
fdjlugen.  ^ielfad)  nahmen  £mnbmerfSburfd)en ,  meldje  rf)ein* 
abroärts  manberten,  3)ienft  als  9tuberfned)te.  S)ie  ©efamtlänge 
ber  größten  Slapitalflöffe  betrug  300  m,  it>re  ^Breite  60  m,  ber 
Siefgang  1,7  bis  2  m.  s33efet}t  mar  fold)  ein  gloß  mit  530 
bis  550  siflann,  barunter  60  bis  70  SWann  Slnferoolf,  450  sJiuber= 
fned)te,  ber  glofjfjerr  ober  Jaftor,  oft  mit  Jamilie,  ber  (Steuer* 
mann,  mehrere  sJ)teifterfned)te,  s$roüiantmcifter  unb  $öd)e. 

9lnfer*  unb  ^uberoolf  erhielt  für  bie  (Strecfe  3Jcannf)eim* 
OTatnj  1  ©Ib.  30  ßr$.,  ^ain^lnbernad)  2  ©Ib.,  Slnbernad)» 
$ortred)t  7  ©Ib.  30  Rn.  nebft  ftoft.  ®er  Steuermann,  melier 
am  £errentifd)  fag,  ertjielt  für  bie  Strecfe  sJJcann()eim=9Jcainä 
70—100  ©ulben.  $n  ^ainj  traten  an  feine  Steüe  ftübeS* 
fjeimer  Steuerleute  aus  alten  Sdjifferfamilien ,  bie  mit  il)rem 
93eruf  unb  ben  Stromoerljältniffen  aufs  innigfte  r»ertraut  maren. 
SDiefer  Steuermann  erhielt  für  ftd)  unb  feine  12  Steuerleute  für 
bie  Strecfe  3)cainj^üffelborf  1000  ©ulben.  S)ie  Strecfe  Düffel» 
borf*$)ortred)t  leitete  ein  geborener  £>oüänber,  meldjer  100  $ufaten 
unb  bie  $oft  erhielt.  $er  Wert  eines»  foldjen  9ftonftrefloffeS 
belief  ftd)  auf  900  000  üflf.;  bie  SranSportfoften  biet  S)ortred)t 
auf  102  800  9J?f.,  bie  Qm  unb  Abgaben  ebenfo  l)od).  93on 
SJcannfjeim  bis  S)ortrect)t  paffterten  bie  Slöffe  42  3oUftatiouen. 

3)er  glu6$oll  rourbe  bi*  1869  erhoben  unb  mujjte  auf  ber 
@nj  in  Neuenbürg,  auf  ber  Wagolb  in  (£alm  für  Württemberg, 
in  SHeidjenbad)  für  Skben  be$af)lt  merben.  3n  Jiiefern  mar 
9cad)reoiftou.  3n  $ail)ingen  mufcte  nodjmalS  für  Württemberg, 

26 


Digitized  by  Google 


402 


^forabeim  im  19.  Sabtbunbert. 


in  Wecfarelj  nochmals  für  SBaben  oerjollt  unb  in  |>etbelberg 
nad)reuibiert  werben,  ©in  gloß  aus  £taatsbol*  jaulte  an  einer 
daWfteUe  0-7  ©Jb.,  ein  foldies  auS  $rioatt)i>lj}  ober  öcmeinbe^ 
Waiblingen  bas  Vierfache. 

£a  bie  sJtbeinflöffe  oon  ^Mannheim  bi3  31nbernad)  einen 
Tiefgang  oon  1,3  na,  oon  bort  als  ßapttalflöffe  einen  folcben 
uon  1,7  2  ni  Rotten,  unb  ba  fid)  jmifchen  ben  aufgeftapelten 
geraben  unb  fvummen  (Jidjenhölzern  beträd)tlid)e  Hohlräume,  füg. 
Hefter,  befanben,  würben  biefe  glöffe  gerne  als  Transportmittel 
für  8d)inuggelwaren  benutzt.  3o  würbe  com  Ijiefiaen  gloß- 
nerein  ein  (Saljbanbel  an  ben  NJlieberrl)ein  unterhalten.  3" 
^agftfelb  am  sJ(edfar  würbe  bas  Salj  in  Jyäffer  oerpacft,  bis 
nad)  9)lannt)eim  mitgenommen,  im  ^Htjeinflo^  an  oerborgener 
Stelle  untergebracht  unb  am  53eftimmungsort  mit  gutem  (Seminn 
•  oertauft. 

^m  Saufe  beS  ^ahvhunberts  erfuhr  bie  gloßorbnung  oietfache 
9lbänberungen  unb  (£rgän$ungen,  jo  j.  03.  im  3a(re  1827,  1834, 
1843,  1852,  1801.  03ei  ber  1827  erfolgten  Oceuorbnung  beflagte 
e§  bas  3lint,  baß  burd)  ben  frühzeitigen  Xob  beS  $)omänenrateS 
(£receliu§,  beffen  (£infid)t  unb  gadjfenntnis  man  fdjmerslid) 
oernüßte,  bie  8ad)e  einen  unerwünschten  •ütuffchub  erleiben  mußte, 
unb  erft  in  gluß  fam,  als  ein  .pöfener  glöffer  infolge  ber 
unzulänglichen  ^Haftnahmen  utnfi  Sieben  gefommen  war. 

SBotn  3ahre  1820  an  mußte  regelmäßig  oor  bem  (£in= 
paffleren  eines  gl  off  eS  eine  fog.  Wadjfdmu  gehalten  werben.  $ie* 
felbe  würbe  oon  ben  babifdjen  unb  württembergifcheu  färben 
abgehalten  unb  füllte  511  gleidier  ^eit  ftattfmben.  ^nbeffetl 
wußte  bie  württembergifdje  Seborbe  biefelbe  unter  allerlei  SBor« 
wänben  ftets  hinaus$uid)ieben,  bis  man  hinter  ben  ftniff  fam,  baß 
bie  2Sürttemberger  bie  Qnt  benutzen,  wo  bas  Scbeiterholjflöffen 
oorüber  war  bis  jur  s3iachfd)au,  um  ihre  i'angboljflöffe  in  ben 
ihnen  gehörenbeu  sJ(ebenflüffen  sJcagolb  unb  SE&ürm  einjuwerfen 
unb  einjubinben,  bamit  fie,  wenn  bie  gloßftraße  geöffnet  würbe, 
gleid)  auslaufen  unb  ben  ÜJIannbeimer  ÜJlarft  oor  ben  babifeben 
glöffern  oerfehen  tonnten,  $aburd),  baß  bie  letzteren  nur  tu 
bie  C£nj  einwerfen  tonnten,  mußten  fie  warten,  bis  bie  gloß- 
ftraßen  geöffnet  unb  bie  Sürttemberger  burdwafftert  waren. 
5luch  fonft  waren  bie  babifd)en  glöffer  allerhanb  (Jbifanen  aus* 
aefetjt  feitens  ihrer  württembergifcheu  33erufSgeuoffeu  unb  ber 
Dortigen  s#ef)örben.  3m  Ottober  1838  rirfjteten  bie  glöffer 
3.  3)cürrle,  £ubwig  3lab,  (£b.  unb  TOdjael  üöolf  aus  Pforzheim 
bie  s-öitte  an  bas  Cberamt,  es  möge  bocl)  bei  juftänbiger  württem* 
berger  $3ehörbe  beantragen,  baß  bem  oft  geftellten  2infud)eu,  ben 
jetzigen  fd)lerf)ten  ^Juftanb  ber  gloßgaffe  bei  .peilbronn  berfteller 
$u  laffen,  bejw.  baß  bem  }d)on  feit  jwei  3at)re  gegebenen  3Jer* 


Digitized  by  Google 


Worgbeim  im  19.  Sabrbunbert. 


403 


fprechen  enblid)  entfo  rochen  werben.  $)ie  babifdjen  Sloßftraßen, 
weldje  aud)  bie  Söürttemberger  benü^ten,  feien  alle  in  beftem 
3uftaube,  e§  fei  baher  nur  Red)t  unb  billig,  wenn  fte  aud)  bie 
ihrige  in  ©taub  fetjeu  liefen,  bamit  bie  babifdjen  glöffer  nicht, 
wie  e3  ihnen  furj  juoor  paffievt  mar,  150  (Bulben  eytra  Heraus- 
gaben  müßten,  um  if>rc  Slöffc  fortzubringen. 

Weitere  Unannet)mlid)feiten  erwudjfen  ber  Jlöfferei  burd) 
Reibereien  mit  ben  SÖaff  erwerf  Sbefttjern  unb  ben  ©igen* 
tümeru  uon  Ufergelänben.  <3d)on  feit  alter  Qtit  gab  e§  oielfadje 
silnftöße  über  bie  ©eredjtfameu  ber  glöffereiberechtigten  gegen* 
über  ben  s4öaff  erwerf  Sbefifcern  an  ben  brei  Sdjwarjwalbflüffen. 
93ei  fleinem  SBaffer,  reo  bie  Jlöffe  oft  oberhalb  ober  unterhalb 
ber  SBehre  liegen  blieben,  unb,  um  fie  weiterzubringen,  oft 
ftunbenweit  oon  oben  nachgewäffert  werben  mußte,  mürbe  ben 
sJßaff  erwerf  Sbefifcern,  bie  injroifdjen  gauj  ober  jumteil  ihr  Räber* 
werf  ftiüe  flehen  laffen  mußten,  großer  ©djaben  sugefügt. 
tiefer  Rad)teil  trat  um  fo  häufiger  unb  in  fo  größerem 
sJWaße  ein,  al3  bie  glöffe  oft  ju  lang  ober  ju  fdjmach 
bemannt  waren.  Sttehr  unb  mehr  traten  bie  3Bafferwerfsbefit>er 
mit  @ntfd)äbigung3anfürüd)en  heroor,  benen  am  (Enbe  bie  Slöffer, 
um  \üd)t  aufgehalten  $u  werben,  mit  ober  ohne  Vorbehalt  fid) 
unterwarfen.  2)ie3  war  namentlid)  in  (Eutingen  unb  Riefern 
ber  galt,  wo  oerfdjiebene  9ftale  bie  ©elber  bei  ben  £5rt3bet)Örben 
hinterlegt  werben  mußten,  bie  bann  aber  regelmäßig  oom  Dber* 
amt  befd)lagnat)mt  würben,  fobalb  e$  Kenntnis  baoon  erhielt. 
„2)a  bie  Slöffer",  wie  ba§  Öberamt  melbet,  „befanntlid)  nid)t 
ju  ben  ^eingebilbetften  jählen",  fo  ^atte  man  fid)  oft  über  bie 
Roheit  ber  au§  bem  oberen  ©njthale  gerbet  gefommenen  §loß* 
mannfdjaft  bitter  $u  bef  lagen.  Qnbeffen  waren  e§  nicht  nur  bie 
Slöffer,  aud)  bie  3Berfbefit}er  waren  nicht  ohne  Sdjulb  an  ber- 
artigen  Vorfällen ;  fte  geftanben  ben  glöffern  feinerlei  Red)t  auf 
ben  Jlüffeu  ju  unb  trieben  ihre  (SntfchäbigungSanfprüche  auf 3 
hoffte.  5lnbere  wieber  glaubten,  wenn  nad)  SJtartini  ober  oor 
£ätare  geflößt  unb  tytx^n  nad)  Maßgabe  be3  SBilbbaber  RejeffeS 
oon  1747  6taat3erlaubui3  gegen  3ahluNg  einer  Äonjefftonstaye 
eingeholt  würbe,  baß  ihnen  willfürlidjer  9lnja£  einer  (£ntfd)äbigung<3* 
fumme  freiftel)e,  olme  ju  bebenden,  baß  jeuer  Rejeß  nur  bie 
gegenteiligen  SBefugniffe  beiber  Staaten  anorbnete.  ®er  ©e* 
fd)äft§führer  ber  $of)nenberger'fd)en  sßapierfabrif  in  Riefern  ging 
fogar  foweit,  baß  er  eine  willfürlid)  geforberte  (£ntfd)äbigung3* 
fumme  burd)  jablreidje  sJJ(annfd)aft,  mit  prügeln  unb  knüppeln 
oerfehen,  unb  burd)  .£)unbe  redjt  eigentlid)  erjwang.  s-HMe  anftößig 
unb  oerle^enb  berartige  Vorgänge,  unb  bie  bamil  notwenbig  uer* 
bunbene  Erregung  ber  rohen  ©ewalt  fein  mußten,  unb  wie  fehr  baber 
bie  Staatöbehörbe  ueranlaßt  war,  uid)t  nur  ftrafenb  benfelben  $u 

2ü' 


404  Wotabeim  im  19.  Sabtbunbert. 

begegnen,  fonbern  bic  Urfadjeu  ju  fünften  s.ßMeberf)olungen  be* 
fettigen,  ift  einleudjtenb.  i)a  babifdie  unb  mürttembergifd)e  öntereffcn 
hierbei  $ur  Spvadje  famen,  bie  eine  gleidjmäftige  "-öebauMung 
erbeifdjten,  fo  war  eS  nÖtic\,  (yir  Orbnung  biefer  Angelegen  bei  t 
Slommiffionen  auS  beiben  Staaten  $u  ernennen  nnb  baju  bie 
^Bejirte*  nnb  OrtSbebörbeti,  fowie  and)  sJJiitglieber  ber  tedjnifdjen 
Stellen  bei^ijieljen.  <£S  war  bieS  um  fo  nötiger,  als  bie  glöfferei 
aufwärts  in  ben  württembergifdjen  Oberämtern  Weuenbürg,,  (£aliu 
unb  Wagolb,  tv  X.  nod)  Jyreubenftabt,  abwärts  aber  ^kulbronn, 
s.ßaibingen,  s<befigbeim  bis  «£)eilbronn  unb  jroei  ftreisregieruncicn, 
bic  bes  Sdnuarjmatb'  unb  bes  WecfarfreifeS  beteiligt  waren. 

2lm  18.  3uni  1H45  würbe  ber  (§r.  ^Hegierung^rat  &unj 
beauftragt,  unter  #u$ug  beS  MmtSoorftaubeS,  beS  JyorftamtS  unb 
ber  Gaffer*  unb  Straftenbnutnfveftion  ftarlSrube,  nad)  ^cr 
netymung  ber  ^euoltmädjtigten,  ber  ©emerfebefitjer  unb  ber 
$löffereibered)tigten  wegen  ber  obwalteubeu  Streitigfeiteu  befoufs 
Jeftftellung  einer  $loftorbnung  ein  llebereinfommen  ,}u  treffen. 
9lm  31.  Oinli  1H45  begannen  auf  ber  Dbcramtsfanjlei  s$forjbeim 
bie  sÜerl)anblungen  unb  bauerten  mit  längeren  unb  öfteren  Unter 
bredjungen  bis  jur  £erfteüung  einer  gtoftorbnung  im  ^afyre  1852. 
Wt  uieler  sJJtübe  gelang  eS  bie  Parteien  «ju  einigen.  (£s  bilbete 
fid)  ein  ShiSfrfmft  ber  (*3emerfebefi^er  aus  ben  TOtgliebern  ftarl 
Mennig  non  Wiefern,  Jyriebrid)  Werfer  $ur  Sdnnane,  ftarl  Seit} 
ftloftermüüer,  (£l)riftian  tfatj  Sotjn  nnb  «ötftor  9lbel  in  ^forjbeim. 

$Benn  ber  ftlöffcr  ben  ©emerbefanal  beljufS  Slöffen§  ober 
SBäfferus  gauj  ober  teilweife  aufteilen  lieft,  fo  batte  er,  ioferu 
bie  $Berfe  baran  nid)t  gan$  ober  teilweife  ftiüe  ftanben,  ben 
sJBerfbefif>ern  unb  jwar  ben  junä'cbft  beim  Seljr  wobnenbeu  für 
ein  ftloftwaffer  nadjfteljenbe  dntfdjäbigung  51t  jafjlen: 

1.  silm  Birten felber  s3öebi"   oem  ^Bcjt^cv 

ber  bärtigen  sj)lül)le  24  ftr. 

2.  51  m  SJir fenf elber  üföeljr  bem  ^äc^ter 

ber  9flaf)lmüf)(e  24  Str. 

21  m  «irfenfefber  Söebr  bem  <Päd)ter 

ber  ©emeinbefägmül)le  12  Str. 

3.  9(m  Sd)leifwef)r 

a.  wenn  ber  ganje  SRüblfanaf  jugeftellt  würbe  2  f(.  57  5h". 

|  s-8entfifer 
Gbriftian  Rcii\ 

-3ol).  Sdjmibt 
l  Rosenberger 


d  by  Google 


Woraljeim  im  19.  Oatnlmnbcrt. 


405 


b.  wenn  bie  ©tellfalle  be$  großen  £>ammer$ 


offen  blieb,  ma3  gefd)eben  mußte,  wenn 
er  arbeitete 
(9lu  biefelben) 


2  ff. 


20  Str. 


4.  %  m  KJi  o  ß  w  e  h  r  (iHübt,  Seit},  (Gruner  uub 
Werfer,  (SouniS  refp.  ^achter  (5d)eer3  3Bwe„ 
^ädjter  bev  £oh  =  unb  Sagemühle  ber 
(Serberjunft) 


2  fl. 


48  flr. 
24  flr. 
36  flr. 


5.  Ulm  Sla  tyenw  eh  r 

0.  S3I  m  sJl  o  n  n  e  nra  e  h  r  OHbel) 

7.  91  in  eJinf enfteinev  SBehr 

8.  51  n  bev  St  o  m  p  a  g  n  i  e  j  ä  g  m  tt  ()  l  e 

9.  Slm  @u  tinger  sBet)r 
10.  2lm  Wieferner  2Bet)r 


1  fl. 


1  fl- 


24  ftr. 
48  ßr. 
30  Str. 


11.  sil  m  $3  l  e  d)  ro  e  h  r  burftc  nur  jugefteUt  werben, 
wenn  ba£  sBerf  nicht  ging;  eine  Vergütung 
mar  nid)t  511  leiften. 

2öie  t)od)  fid)  im  tfaufe  eines  Jahres  biefe  3lrt  (Sinnahmen 
eine*  28erfbefit}er£  blieb,  ge()t  au$  ber  Angabe  eine*  "protofollS 
heroor,  wonach  ba$  Wieferner  SBerf  uor  ber  Regelung  35  000 
©ulben  dntfdjabigung  erhielt.  $ie  'ißcrfbefifcer  ber  SBürm 
erhielten  feine  <$ntfd)äbigung. 

9lm  4.  Januar  1841  bilbete  ficf>  ein  neuer  3loß= 
u  er  ein  in  s|$for$bcim.  $cr  (9efellfchaft§uertrag  ift  unterfd)rieben 
oon  beu  Uflitgliebern  ihibmig  Ülab,  (Sbriftopf)  Söolf,  @hviftoph 
Slab,  ;>h.  >Jüifirrle,  sJ)cid).  Solf,  3of).  'SWäule,  fiubro.  Sdjneiber, 
3*rb.  Herwig,  %.  ftrb.  9Wanev,  Ghriftoph  gr.  (Seiger,  Qafob 
Schule  alt,  $aoib  s2lbrcd)t,  Ä.  gr.  Sliehnle  jung,  $afob  2lab, 
grbd).  9lab,  3oh-  (£f)viflopt)  Sltebule,  3ol).  9Jiid).  ©erroig,  $löffer 
unb  ^Bill).  i^euj  jun.,  Bürger  unb  Kaufmann  in  sßforjl)eim.  Sie 
neue  s2lfticu*($eieÜfd)aft  bilbete  ftd)  au§  bem  größten  Xeil  ber 
bi§  31.  $e$ember  1840  unter  ber  g-irma  Stroit  unb  Sie.  be= 
ftanbeuen  .<polshaNDlung3gefellfd)aft.  tote  führte  ba$  ©efdjäft  in 
ber  ^lu^betjnung  fort,  mie  e»  ihre  Littel  geftatteten.  ^)a§felbe 
beftanb  im  diu=  unb  SUerfauf,  foiuie  im  Söerflöffen  uon  £angboIj  unb 
(Jidjen  unb  im  ^Betrieb  einer  oägmüble  (ftompagniefägmühle). 
Tie  Kapitaleinlage  betrug  108  000*  fl.,  eingeteilt  in  108* Zuteile. 
Ullle  4  ^atjre  würbe  ber  Vertrag  erneuert  unb  ba$  (Einlage- 
fapital  uon  neuem  beftimmt.  3)asfelbe  betrug  1848  —  9G000  fl., 
im  3abre  1852  =  05  000  fl.  Slfttenbefitjer  fonnteu  ßinber, 
Witwen  unb  aubere  rechtmäßige  (Erben  uon  Whtgliebern  be$ 
gloßucreinS  werben,  letztere  jebod)  nur  folauge,  al§  fie  fiel)  nid)t 
Aum  peitenmale  »erheirateten.  Stein  ^efeUfdjaftöuütglieb  burftc 
auf  eigene  Sauft  £>ol^  ober  Dielenbanbel  betreiben  bei  Strafe 
ber  $crftoßung.    2>er  ©ehalt  be£  2)irettor3  Siena  jun.  war  auf 


406 


^forabcim  im  19.  3abrtmnbert. 


1000  fl.  normiert;  baneben  erhielt  er  10%  SReingeroinn  unb 
5%  3ntcreffcn  oom  Kapital  nebft  Spefenerfa^  für  auswärtige 
©efdjäfte. 

$er  betrieb  ber  ftompagmefägmütjle,  auf  meldjer  ber  5log* 
oerein  feine  £öljer  ju  fielen  jc.  fdjnitt,  mar  lange  Seit  einem 
Slöffer  übergeben.  $ie  5""ftton  beS  $ompagniefägerS  übte 
eine  Jyamilic  $afc,  in  melier  fie  fid)  uom  SBater  auf  ben  ©olm 
uererbte. 

3)ie  Stelle  beS  3Jleifterfned)tS,  ber  auf  ben  ."pöljuerfteiger* 
ungen  in  ben  SEBälbern  baS  öangfjolj  einfaufte,  mar  ebenfalls  in 
ber  roeitnergmeigten  ftamifte  ftat}  oom  Sßater  auf  ben  (Sofyn 
übergegangen.  93eforgte  ber  9)Jeifterfned)t  ben  §oljeintauf,  fo 
t)attc  ber  Schiffer  —  in  letjter  $eit  SJtürrle  —  baS  (Sinbinben 
unb  ben  SranSport  ber  Stoffe  bis  9Rannf)eim  ju  leiten,  ©e- 
roolmlid)  fuhren  3—4  Jlöffe  miteinanber,  oon  benen  jebeS  mit 
3—5  9ftanu  befefct  mar.  Sei  günftigem  Söafferftanb  unb  ent= 
fpred)enber  Labung  tonnte  Sflannljeim  in  6  Sagen  erreicht  merbm 

3m  Saljre  1847  mürbe  bie  Jlöfferei  auf  ber  Sürm,  bie 
früher  fdjon  oon  untergeorbneter  Sebeutung  mar  unb  mancherlei 
©djmierigfeiten  bot,  ganj  aufgehoben. 

3)aS  ^oljgefcljäft  ging  in  ben  40er3af)ren  gut,  mit 
nafjme  ber  OieoolutionSjeit.  3r"t)er  fd)on  trat  eine  <5tocfung 
ein  in  ber  39ijoutertebrand)e,  unb  bie  ©olbarbeiter  Ratten  eine 
$eit  ber  ferneren  9cot.  siluS  jenen  Sagen  ftammt  baS  im  alten 
3löfferoiertel,  ber  3lu,  entftanbene  geflügelte  2Öort:  „SJlaible 
nimm  fein  Jabrifler,  ber  3)recf  gait  auS!"  5lud)  bie  fünfziger 
3at)re  waren  für  #ol$anbel  unb  glöfferei  nod)  gute.*)  3n  ben 
Seidiger  aber  trat  eine  ©efdjäftSflaufceit  ein.  Qn  £otlanb 
lagerten  nämlid)  grofje  ^oljoorräte  oon  tjicr  unb  (£alm.  $ie 
Äonfurrenj  ber  amerifanifdjen  unb  noriuegifdjen  £>Öl$er  begann 
fid)  fühlbar  ju  machen,  infolge  beS  Ausbaues  ber  $Baf)nen 
traten  auefy  bie  .§öljer  ber  entfernter  gelegeneu  2Bälber  in  SBett* 
bemerb  mit  benen  beS  ScfywarawalbeS.  sJUd)t  nur  auS  ben 
tjorjenlotje'fdjeu  unb  oberfdjmäbifdjen  Salbungen,  aud)  auS  dauern 
unb  fogar  auS  Oefterreid)  rourbe  burd)  bie  (Sifenbabn  baS  |)olj 
in  bie  töfjeingegenb  gefdjafft.  @ine  Slnjaf)!  Sftitglieber  beS  glof^ 
oereinS  fudjte  benfelben  neu  0u  organifteren.  ÖS  gelang  ifynen 
nidjt,  unb  1865  66  erfolgte  bie  ooüftänbige  fiiquibation  mit 

*)  TOittrood),  ben  1.  Npril  1857  faitb  bie  feterlidie  0cdffhnnfl  bee  neuen 
A-lofefanalö  in  "itfeifcenftcin  ftatt.  I'ie  Herren  Oberbaurat  £aucrbeä\  Cber* 
baurat  «ctjcffel,  ^aurat  .Heller,  ^aurat  Werroig  uon  Marlärube,  fonüe  bie 
biefigeu  X'anbe*  unb  «emeinbebebörben  nebft  einer  größeren  ülnjah!  ipurttem- 
bergifdjer  Herren  nahmen  baran  letl.  i(uf  ein  burd)  feöUcrfehuffe  gegebene^ 
Seidjen  nmrbeu  bie  ßddeufjen  geöffnet  unb  unter  ben  frodnufen  ber  an  bem 
Munal  unb  auf  ber  iürutfe  befinblidjen  Sufdmuer  erfdnenen  bie  erften  mit  ben 
babifdjen  flaggen  gefdjmücften  glöffe. 


Digitized  by  Google 


Digitized  by  Google 


y  Google 


i<forjbeim  im  19.  ^obrbuubert. 


407 


Untetbtfatu.  $ie  SJcitglieber  erhielten  80°  ,,  ifjrer  Gnnlagen  au§- 
beja^tt.  2)ie  föompagmefä'gmüble  tourbe  im  3uli  1865  an 
Jyabrifant  3ului§  Mittler  oerfauft  um  32 125  ©ulben.  $er 
^ommeranjengarteu  tjmifdjen  (£nj  unb  £>ol5gartenftraj$e)  fam 
im  Oftobcv  1865  um  2000  ©ulben  an  3iwwermann  ©ottfrieb 
(£lau§.  (Sin  anberer,  bebeutenb  größerer  ^olberolatj  am  Berlar 
in  3Jlanubeim,  fam  ebenfalls  511  febr  nieberem  greife  an  ben 
bortigen  Schiffer  ©enoig.  2Ule  biefe  ^läjje  baben  beute  minbefteuS 
ben  iofadjen  5öert.  Saft  gleichseitig  mit  ber  Sluflöjuug  be$ 
giofjoereinS  gab  aud)  bie  |>olibanblung§firma  Stauer  &  iennig 
ba$  ©efdjäft  auf.  $te  alte  Stöfferjunft  bilbete  ftd)  jur  Slöffer* 
genoffenfdjaft  um  unb  übernabm  für  auswärtige  «goljbänbler 
unb  <5ägeioerf$beftfcer  ba§  afforbmä&ige  Üßerflöffen  oon  $o(|, 
s2lber  ber  ftettge  s}$rei3brucf  machte  ba§  ©efd)äft  balb  fo  unrentabel, 
bafj  fie  oon  1864  an  baSfelbe  faft  au§fd)lief3lid)  (£almbad)er 
glöffern  überliegen.  SBon  jenem  3eitpunft  an  bi§  beute  ift  bie 
3at)l  ber  glöffer  oon  44  auf  fteben  gefunfen. 

33or  allem  f)at  ber  2(u§ranb§flof*oerfebr  erf)eb(id)  nad)* 
gelaffen,  toäbrenb  ber  3nlanb3flo&Derfef>r,  rote  er  oon  ben  <5äge* 
werfen  in  ^forjbetm,  ftilhoetftenftein  unb  SBrö^ingen  unterbalten 
toirb,  bi§  1900  eber  eine  3»"abme  oerjeid)nen  barf. 


Wittel 
im  Eurty'dmitt 
.  fcer  ^aljre 

(Mefnmt- 

• 

Mail  olt»; 
fttffe 

Tinnens 
uerfetjr 

Seiter 
geführte 

1884—1892 

183 

43 

140 

42 

141 

1893-1896 

134 

25 

109 

50 

84 

1897. 

93 

28 

65 

60 

33 

1898 
1899 

87 

• 

83 

18 

69 

63 

24 

22 

61 

64 

.  19 

1900 

45 

45    1  36 

9 

Durd)  ba§  Eingeben  be§  Speeren  SägetoerfeS  (Sluguft 
tapfer)  bntte  00m  3ab**e  1900  ab  ber  ^innenoerfebr  einen 
weiteren  Wücfgaug  aufeuroeifen. 

3m  felben  i>erl)ältni*,  mie  ber  Slofcoerfebr  mit  fiaug&olj 
abgenommen  bat,  nabm  ber  33abnoerfebr  §u.  SBon  1884-1892 
mürben  auf  ber  oberen  unb  unteren  (En$--  unb  Wagolbtbalbabn 
burd)fd)nitt(id)  14  600  cbm  Sanges  beförbert,  oon  1893  1896 
«  35  800  cbm. 


408  ^forjgeim  im  19.  ^afcrbunbert. 


lieber  bie  .^oljpreife  au$  früheren  3eiten  geben  folgenbe 
3at)len  2lufftf>lu&: 

1310  foftete  eine  @idje  im  Sdjönbud)  G  geller,  eine  53nrf)e  4  geller. 
1500— 1G00  foftete  eine  24  m  lange  Xanne  im  Wagolbgebiet  auf 

bem  s$tä^e  80  Pfennig. 
1550  foftete  ba§  Klafter  Scheitert) ol$  au3  ben  ©uadjmalbungen 

im  SBalbe  3  Kreujer  1  geller. 

3lu§  ben  SHeid)enbad)er  ^Salbungen  4  Kreujer. 
1691/92  foftete  ein  20  m  langer,  am  bannen  ©übe  4G  cm 

ftarfer  £annenftamm  auf  bem  Stocf  30  Kr. 
1715  foftete  ein  £ollänberftamm  uon  24  m  Sänge  45  Krj.  auf 

bem  (Stocf,  in  ^forjtjeim  10  ©ulben. 
1728 — 31  foftete  bie  ©alroerfompaguie  ein  .IpoUänberftamm  auf 

bem  Stocfe  5  ©ulben,  eine  geringere  ianne  2  Ci>lb.  nebft 

KonjefftonSgelb. 
1746/49  foftete  ein  §olläuberftamm  laut  «ertrag  14  ©Ib. 
1755  67  foftetete  ein  §oüanberftamm  in  ben  Weuenbürger  unb 

Slltenfteiger  Salbungen  16  ©ulben,  in  ben  greubenftabter 

9JJurgroalbungen  8  ©ulben. 
1778  98  jaulten  bie  Kompagnien  bem  Staat  für  bie  $ollänber= 

tanne  im  5)?urggebiet  12  ©Ib.,  im  ©njgebiet  20  ©Ib. 

(Snbe  be§  18.  3afjrf)unbert§  galt  eine  ftarfe  Sanne  ber  nädjften 

Salbungen  bi§  ju  30  ©ulben. 
©übe  beS  19.  3af)d)unbert§  galt  eine  ^poüänbertanne  uon  5  cbm 

netto  120—135  9ttf.,  alfo  ba$  2*  ,fadje  be§  s]keife§  oor 

100  3abren. 

1807  foftete  ein  Klafter  «udjenljols  5  ©Ib.  40  Kr^. 
„      „      „      2artneut)ol$  2  ©Ib.  15  Krj. 

©iaynbots  2  ©Ib.  30  Kr*,  im  SBalbe. 
1816    H       „      „      «udjenbols  7  ©Ib.  30  Krj. 

©idjcnfjolj  4  ©Ib.  30  Krj. 

2annenf)ol$  4  ©Ib.  30  Kr$. 
1835    „       „      „      $ud)ent)0lft  14  ©Ib. 

Jannenbolj  6  ©Ib. 

1899  fofteten  4  Ster  »udjen&otft  im  SBalbe  32—36  Wlt 

4    „    ©idjentjolj  im  Jßtolbe  32  3Rf. 
1899  fofteten  4  8ter  Sannenfjol*  im  Söalbe  28  9Jtf.;  alfo  ba§ 
8fa$e  beS  ^reifes  oor  100  3af>ren. 

211$  im  3afyre  1813  bie  flamme  ber  53egeifterung  burd) 
$eutfd)lanb$  ©aue  loberte  unb  ber  oaterlänbifcl)e  ©ebanfe  alle 
$eqeti  mäd)tig  ergriff,  ba  mar  auef)  in  unferm  $for$f)eim  eine 
glütflidje  $eit  angebrodjeu;  ein  ftrül)ling$n>e$en  9t"g  burd)  bie 
s2Belt  unb  oon  3Runb  ju  sJftunb  erfdjoli  e$:  Deutfd)lanb  frei! 
$eutfd)lanb  einig!  $ie  sJ$forsl)eimer  Bürger  bilbeten  freiwillige 


Digitized  by 


Google 


Worabeim  im  19.  ^abtbunbert. 


409 


®orpS,  ein  ftauallerie-  unb  ein  ftägerforpS,  unb  bie  Jlöfferjunft 
fdjarte  fid)  auf§  neue  $u  einem  JlöfferforpS  gufammen.  W\t 
ibcen  fteuerfteinflinten  unb  bei-  v]$atrontafd)e  am  SBanbeftet,  fpäter 
nod)  mit  (Sjafo  unb  SBaffenrocf  auSgerüftet,  vücften  fie  au$,  bie 
getreuen  Gilten,  in  mandjem  Äampf  Erprobten,  um  nad)  uralter 
Sitte  am  3Rär$marft  auf  bem  sJtatbaufe  bie  ©tabtroadje  ju  bejiefyen. 
Reiten  unb  9Jtenfd)en  ftnb  feitbem  anbete  geworben. 

Wefyr  unb  metjr  beginnt  baö  einft  fo  blüfyenbe  ©emerbe 
ber  Slöfferei,  bem  ^Pforjbeim  feinen  erften  9luffd)ioung  uer- 
banft,  ^u  fdjiuinben.  i)te  (Sifenbafyn,  biefe§  billigere,  bequemere 
unb  rafcfyer  förbernbe  Transportmittel,  fomie  bie  oon  ber  ju« 
nefymenben  ^nbuftrie  mcfjr  roie  früher  in  Slnfprud)  genommene 
SBafferfraft  l)at  aud)  t)ier  eine  tiefeinfdjneibenbe  Umgeftattung 
Ijeroorgerufen  unb  eine  SJerufSflaffe  auf  ben  s2lusfterbeetat  gefegt, 
bie  tr)rc  (Srjftenj  einftmais  für  emige  Reiten  gefiebert  t)ielt. 

3n  s$for$l)eim  giebt  e$  feine  ^loffergenoffenfdmft  mefyr. 
3)ie  alte  Jabne  mürbe  oor  aroei  Sauren  bem  s2lltertum3mufeum 
übergeben.  s)hix  wenige  3eu9en  ftU^  ber  alten  93lütejeit  be§ 
efjrroürbigen  ©eroerbe§  finb  nod)  oorfyanben ;  einer  um  ber 
anbere  ber  S^fferoeteranen,  an  benen  felbft  bie  9Jlüt)fale  unb  bie 
Saft  ber  3af)re  uidjt  ben  £«pu§  be§  Urroficfyftgen  unb  Statten 
|U  oerraifdjen  oermodjte,  gefyt  &u  ©rabe.  3Wan  oermag  ftd)  beim 
ttnblid  biefer  Mahner,  benen  etroaS  anhaftet  oom  alten  beutfdjen 
SKecfentum,  einer  ftillen  SÖefjmut  nid)t  51«  erroebren,  jief)t  bod)  mit 
ibnen  ein  ©tücf  sJfomantif  unb  ^oefte  für  immer  oon  bannen.*) 

*)  £ie  iHitglieber  beö  1854  crueuten  jvloftucrein«  waren : 

1.  Vubiuig  iHöftle,  lebig  unb  gro&jäbrig  unb  für  beffen  3  noa>  minber- 
jäbjige  C4ef<f>toifter ,  Minber  beö  f  jylöffcr^  "flliajael  Nö&le,  beren  Sortmtnb 
2ubn>ig  Wcule,  Alöffer  basier. 

2.  Jyür  2iMlb,elmine  geb.  Miefjnle  bereu  Seemann  Marl  ^ubjoig  Gternrift, 
ftloffer  basier. 

3.  Jyür  Marl  ^ubiuig  5lab  ffiwe.  Jvrieberife  geb.  iöolf,  bereu  Sormunb 
$rin*enwirt  3)iar.  fcief. 

4.  Marl  Jriebrid)  Mau,  l'oren*  8ob,n. 

5.  3of)ann  (Sbriftopl)  Miefntle. 

6.  l^obauneö  Minger. 

7.  Jyur  l'ubnng  Ctto  odjneiber  tüiue.  Maroline  geb.  (Mennig,  beren 
Sdnoager  Jvriebrid)  3d)neiber,  ^ylöffer  basier,  als  ^euoUmadjtigter. 

8.  vi)iia)ael  (Mernrig  "Itiioe.  .Hat  banne  geb.  Slbredjt. 

».  ,vur  Jafob  (Sbriftopb,  ^olf  sBn>e.  Matb,arine  geb.  3dmeibcr,  Weometcr 
(Meorg  Tbcilmann  al*  ^eiioUmddrtigter. 

10.  (Sbriftopl)  ^'ubioig  (Herioig  "ilMuc.  ^afobine  geb.  iHdulc. 

11.  (Meorg  ftriebrid)  iXaqcr. 

12.  iSbriftopb,  ,"yriebrid)  (feiger. 

13.  ^oljann  Vubiüig  SRduIe. 

14.  iSbriftopb  (>Jenüig  (^alob  coljn!  SBnM.  ^dloMnc  geb.  Öteuble. 

15.  (Sari  ^riebridj  Äalj  ber  altere. 

1«.  ;^ol>.  5a!ob  s«Öauer  Mm,  ^uliam  geb.  2lab. 
17.  3afob  2(ab. 


Digitized  by  Goc 


410 


i<forabcim  im  19.  ^abrbunbett 


18.  Jyür  jung  (Sljriftopfj  Sdjnciber*  iüujc.  Maroline  geb.  (Hafeenbergcr 
bereit  Xodjter  Caroline  geb.  8d)nciber,  (Sbefrau  bc*  ^Mjoutier«  ,Yricbricb 
Seibbranb  al$  VeooUmäcfjtiqte. 

19.  (Heorg  >fob  Mieljnle,  >l).  :\afob  3oljn,  ftittmctfter. 

20.  3«tui  (Sljriftopb  Unserer  SUroe.  Barbara  geb.  lieble. 

21.  (5  ^riftopt)  ftriebricb,  4)iürrle. 

22.  ftur  ^crbinanb  (Herwig*  (Sl)efrau  Dlargaretlje  geb.  «ab  bereit  (Sbcmann. 

23.  >ljann  >fob  «brcdjt,  ^afob  Sobn. 

24.  iSbrtftian  Miclmle. 

25.  (i^riftopt)  «ab,  (Sbriftoptj«  ooljn. 
2«.  Marl  fcubnng  (Hcrroig  tjier. 

27.  ^ol)ann  Monrab  Mab. 
88.  ^afob  Jyriebrid)  «ab. 

29.  ^ür  3olj.  (Herwig,  Jvlöfler  in  Mannheim,  .Haufmann  iiMlIjcim  ien* 
bier  alö  !öeuoUmädjtigter. 

30.  Jvür  ^otjann  ^afob  «ab  ^iue.  Eleonore  geb.  (Hruber  beren  £obn 
^alob  «ab/  Softer  al$  iWeooUmädjtigter. 

31.  Marl  ^riebrid)  Aieljnle,  }>olijeifergeant. 

32.  ftur  .öeinrieb  .Hiebnle  &>ioe.  £ori$  geb.  Sattler  in  Stuttgart  ©nxn 
llnterßcfer  al£  $ct)ollmädjtigter. 

33.  (Sljrifrian  odjnetber. 

34.  Sur  Malier  sll>iüe.,  Sopljie  geb.  Mab,  bereit  lodjter  ^rieberife, 
Gtjefrau  bee  ^Ibffcrd  l'ubro.  Wenoig  bier  als  iBeuoUmädjttgte. 

35.  ^ojjanne*  «bredit. 

3f>.  Jyur  (Sljriftoplj  Ariebrid)  Mab  Kaufmann  iiMlbelm  Venj  ale  t*eüoIl^ 
ntädjtigter. 

37.  ,"yür  >ljaun  «ab  Wwe.,  iMagbalene  geb.  helfet} ,  beren  Sohn 
^•löffer  l'ubioig  «ab  Ijier  als  ^cDoUindcbttgter. 

38.  ttcorg  3afob  «ab. 

39.  (Sfjriftopb  traub,  Alöfeer  in  ftudjenfelb  loobnbaft. 

40.  Jitcbrid)  odnteiber. 

41.  (Sbriftopb  Aricbria)  (Mennig. 

42.  Vubtoig  «ab,  oolja""  3obn. 

43.  ^afob  iSrjriftoplj  «bredjt,  iWidwel  cobn. 

44.  $0f  jung  Johann  ^afob  Mab  bier,  beffen  Solju  (Heorg  v\a!ob  Mab, 
lebig  unb  grofcjäljrig,  al*  iöeDollmädjtigtcr. 

45.  ©rneftine  (Hcrrotg,  (Sljcfrau  bect  <ylöffer<?  (Sbrtftopfj  (Herwig. 

46.  Vuifc  Mab,  lebig  unb  grofuäljrig. 

47.  (Heorg  ^afob  «ab. 

48.  ^oljann  (Sljriftopb  «bredjt  äüioe.,  Juliane  Ariebcrite  geb.  Mafc. 

49.  Sophie  «ab,  lebig  unb  grofojäljrig  Ijier  mit  iljrem  Nedjtebeiftanb 
'öiiouteriefabrifant  ^riebrid)  ireifc. 

50.  (S-oa  Sorotbca  «ab,  lebig  unb  grojijäljrig. 

51.  Weorg  xV»fob  Mieljnle. 

52.  Diargarctlja  «ab  i$wc.  geb.  ^rüting. 

53.  Aiiebrid)  Mafc,  Säger. 

54.  Aür  Stibefminc  «bredjt,  lebig  unb  grofejalmg,  bereu  trüber  (Hg. 
^af.  «bredjt,  Alöfeer  Ijier,  als  ^eoollmädrtigter. 

55.  ,"yür  (Sljriftopl)  feiger  SNidjaei  Soljn  ÜJittve  Diargaretba  geb. 
(Hcrroig  baljier,  beren  3olm  s^ijonteriefabrifant  (Sbriftopb  (Herroig  ale  $enoü- 
ntädjtigter  tjier. 

5«.  Aür  (Sljriftopl)  Vnbiuig  (Herioig  unb  Minber  Maroliue  unb  2Bilbelmine 
unb  bciio.  für  bereit  iNutter,  üertnitioete  >fopinc  geb.  Wäule,  beren  halber 
uub  refp.  Soljn,  ("ylöifer  Marl  (Henoig. 

57.  Jür  bie  minberjä^rige  Emilie  «ab  bereit  ^ormunb  ^rin^enioirt 
3Ka£  fcief. 


gitized  by  Google 


Wotabeim  im  19.  3abtbunbett  411 

jfitiii>n>irtfdjiift  unb  ^icß^uröt.*) 

9U I  g  e  m  e  i  n  e  8. 

$ie  3cbutablofung,  biefeS  für  bie  t'anbroirtfcbaft  roiebtigfte 
(Ereignis  be§  3abrbunbert3,  t>at,  fo  fonberbar  ba§  Hingen  mag, 
bcm  fianbmann,  befonberS  bem  ärmeren,  großen  Sd)aben  jugc= 
fügt.  Sie  tyat  ibm  fein  fleineS  iöetriebSfapital  entzogen,  unb 
bie  feblerfyafte  Mblöfung  bot  ihn  $um  3in§bauern  be§  3Iblöfung3= 
fapitalS  gemacht,  ^öäbrenb  gegen  bie  Sötitte  be3  3abrbunbert8 
bie  Kapitalien  ber  £anbroirtfcf)aft  fid)  in  ben  GSifenbabn*  unb 
StaatSanfeben  jc.  feftftellten,  mar  ba§  ©infen  ber  ©fiter*  unb 
ßäuferpreife  fo  grofj  geworben,  bafj  man  beinabe  fagen  fonnte, 
fte  b^ben  feine  greife;  benn  für  ben  niebrigften  sßrei$  mürben 
oft  feine  Käufer  gefunben.  $ie  gute  @rnte  oon  1855  bat  barin 
roieber  einen  SBanbel  gum  beffern  b^rbeigefübvt.   2>ie  teitroeife 


58.  Kaufmann  IlMlljelm  l'euj. 

59.  ftür  .KaUjarine  Aiieljule,  lebig  unb  tuofttrtb"fl,  bereit  tkuber  ^löffer 
(3  tiriftiau  ftiebnle  bier  als  Weuollmädjtigtcr. 

W).  ,*yür  bic  minberjdbrigen  ÜJÜbclmine  unb  äuguft  Abrecht,  beren 
SJater  tflöffer  Eaoib  Hbredjt  alö"  beren  geiefclicber  Sortminb. 

61.  ftür  IBUfietimne  iJter^ ,  lebig  unb  grofaäfnrig,  unb  für  bie  nod> 
minberjdljrige  oopfne  Itter*,  Jlöffcr  äljriftian  Jvriebrid)  2>tcr^  al«  ^euoU^ 
mädjtigter  ber  erfteren  unb  iiormunb  ber  lefoteren. 

H2.  ^ung  Vubiuig  iSljriftian  3(ab. 

H3.  ^ol).'  Wäule  ÜUüe.,  Magbalene  geb.  Üafc. 

«4.  Jür  itjre  H  Hinber  Maroline,  3Bilb,elmine,  (Meorg  ^afob,  Gfjriftian, 
SHargaretbc  unb  Huppert,  biefelbe  ale  ^eooUmäditigte  i^rer  DoUjät>rigen  unb 
als  gefefclidie  ^onuünberin  ibrer  miuberidljrigen  tfinber. 

«5.  <yur  Wilhelm  fintier,  minberjäbrig,  beffen  Water  Jvlöffer  ^obann 
iHinger  al«  gefe&Iidjer  Wormunb. 

«H.  ^ür  Samuel  ftinger  'IBiue.  oalomea  geb.  Wciger  bier,  beren  Sobn 
^ätfermetfter  unb  Öemeinberat  libriftopb  Mnger  ale  $eDOllmad)tigter. 

«9.  «uguft  Äafc,  Äarl*  Sol)tt. 

70.  Weorg  iWiirrle,  lebig  unb  grofejabrig. 

71.  «uguft  ttafc,  Worein  Solm. 

72.  flarl  Werroig. 

73.  >b.  ^af.  .Ha&  SBroe.  «nna  Marie  geb.  \Miber. 

74.  ©ilbelmine  Äa(t. 

75.  ,>ür  Sopbie  Mtebnle,  lebig  unb  grofojdbrig  in  .Hamburg,  ^oli^ci= 
fergeant  flarl  ^riebrid)  Miebnle  bier  als  S-Heoollmäd)tigter, 

7«.  Sluguftc  Äiebnle,  lebig  unb  grofudfjrig. 

77.  >b.  «eorg  Miebnle,  ^olheibiener. 

78.  ^ob,anne«  Füller. 

79.  £amb  Ulbrecbt. 

80.  Snb».  ^riebr.  flau,  lebig  unb  groftjäbrig. 
Ml.  ftuguft  (^enuig. 

H2.  ^ob^.  (Seorg  ^er^,  CSbriftiun  Sobn,  lebig  unb  grofuäbrig. 

*i  Cuellen:  IKunblidje  Mitteilungen  glaubroürbiger  .Seitgenoffen,  ^fon- 
beimer  „ilnjeiger"  unb  „tkobadjter",  .öeunifdi,  ftatiftifdjes  ^sabrbud),  ^eneral- 
lanbesarduo. 


Digitized  by  Google 


412  Worabeim  im  19.  x\abrbunbett. 

2(udftocfuiui  r»on  Kälbern  unb  Webaelanben,  bie  ^eftimmuua,  mm 
liefen  unb  Reiben  \um  s3lcf  erbau,  bic  vorbeffevte  ftultuv  be~ 
felben,  bic  ^oli^eilidK  Ueberroadjuua,  ber  ^yrudjtmäifte,  ber  r»et« 
mehrte  Einbau  bev  Martoffclit  haben  e*  uabinbevt,  baft  bie  ohne 
l)in  fdion  boben  ^roUneife  in*  Unend)mina,lid)e  itiea.en. 

viöie  allenthalben  in  Deun'djlanb,  \o  oolljoa.  ftd)  aud)  in 
Worpheim  um  bie  sAWtte  bev  fünf,\i^ov  ^anre  ber  Umidjiiuiua 
üüiu  bisher  übenuieaeub  lanbmirtidjaftlidjen  betrieb  mr  ^nbuftrie. 
(£3  mar  eine  fritiniK  Uebera,aua*;KTiobe,  mit  allen  .ftorfmmaeu. 
aber  aud)  allen  unliebfamen  (hjd)eiHuna,eu  einer  ioldjen.  s)lod) 
tjatten  fid)  nid)t  l\mbn'irtid)aft,  (bewerbe  unb  .V>anbel  bie  .\>änbe 
geboten,  mie  e*  eine  aeiunbe  mirtid)ajtlid)e  (£utir»icfluua,  uer 
langt;  beim  ohne  bie  Önuublaae  ber  l'anbmirtidjaft  faim  fein 
©emerbe  unb  fein  .{\mbel  beftebeu.  Tarn  tarn,  bafc  mehr  lUrbeit« 
hafte  mnbanben  waren,  al*  bcid)äftia.t  werben  tonnten,    (r*  ut 
baber  oerftaiiblid),  wenn  ernft  benfenbe  Wtänner  jener  v}eit  ooil 
^etrübui*  ber  ^tifuuft  euta.ea.en  laben    llebervolferimg  — 
fplitteruua.  bev  l^hun  blumig*      xUrlunt*lofia.feit  -  ttartonclfvanf 
l)eit     Meuolntion     Scueruna  —  .Oiuiaeitiwbu*  bei  beu  xUermfien 

—  5<rebitlofia,fett  be*  *Hcferbaue*      iVhfwcrhäUni*  ber  Arbeit  >um 
^obue      ^erobuua.  ber  Vanbftrafjen  bind)  bie  (*üenbahncn  unb  ba 
burd)  herbeigeführte  ^eeiuträdjtumncj  ber  3tratKug.ewerbe,  bes  i^er 
foneib  u.  lshitertran*runte*  :c.     höbe  3taat*;  u.  l^emeiubeabgaben 

—  groftc  ctaat*-,  Wemeiube-  unb  ^rioaMdmloeu  —  Verarm  uua 
ber  unteren  «täube  unb  großer  Einberiefen  berielben  (..in n 
nVn^rmliv  plus  « 1 1 1 « *  hi  paimvh'  «t  lc>  pninui*-s  dvtvrr»-"» 

.Öol.uuviie,  bie  bor  xHrmc  nidit  endimimjeu  fonute,  bal>er 
Wl.tfreoel  in  imgemetfener  ^abl  unb  'JUivbebnuna..  Sa*  mar  bie 
ciimatur  bev  ;>eit  bi*  mm  ♦*>•  oabr^ebut. 


Per  ^SrinBan. 

:'un1i  :l{:4:v  t->   "i'tlt»  ;l!:'.ia«:it    it.ino   Ivi    l:u'i«>   i>c>>        nie*   \u  .'[..' 
unnii  v   "Mj!u-Ii!i::^cit'>  \\c\w\:  1;  Iu>i1)  mit»  o.uni  *v.>ut>  m  vvino  vwi  Nn  <'<.!;.,•  N 
inautt.     Cvl'ciiuiMui  t  U'l  umi  hui  .'Iiumü  Inflam»,  iir.ir  :i- 

C»c i  uif:>  ii  ".'.i/dlni.  ,'>u'k  h:  »•  l  it  ['  v  :  a  :•  v  »  1  {  e  i  In. 'Mit  r>u ;Nr; vn  a:;-  ;:  T- 
li-.;ti:s  >iU\  IV***  l>:  >  l^ii.   um:  Iv'-.n  ;'oU!vi l  U    nu  !'i  k\: 

^••.iliiu-it.     OHU'i    Mi    K'!>'. '.'it    'iv'l't'nl  i'i'.VtT    <;iu    huiill'üa    U'.u    -!;;r.     ; ::: . 

hV.ui'ii^  t:;;l  Jv«.-:  nli.i.i^  !•  :  ^cl^;:H  >iv,'..i  im. Ii  'rmcüi  l  |  t:".v 
Luv  »in  Mo  i*.1  |-.:u ■:;:•(■  i  .u  ;  uvc  l  .:v\<\ m  .  : '.'  ni^'i  m;f>  ut  l)>'i;ic  im  iv»;r  c 
vciru       n  f  .im   n  i-*  »• :  1 :::  c  i  ;:i  '.'u'V-nt.         D^u   l"oi  ,V.tnc:i  »"'.ii^tit  Mf  1 1  v  -  -  * 

ii:*   h':^,1.[i  t;r:;:iut    ivi;;,h-  >u:-s  ::.  : 

n  n.imjui  ^il'-i'vU-.iH  (•.],  u ;  3  <l  ru1  J'.hV:i',:i:i'.H  üi  ilii;;::;         t.::  i 

»<.•■^^f!^  f c ; : ; c  UMtr-c:  lut'on  ,^--i  t'.l/.  ;:tt  m:  ••insu  ui  ir.a.ln:;  inx:i:c 


Digitized  by  Google 


Worjbcim  im  19.  ^brbunbert. 


413 


öaricuBau. 

,\m  ^abrc  1  *»  befanben  fid)  in  ber  Memarfumt  Wanheim  .T»4  vA'<ora.en 
»»Wirten.  JaG  tu* beutet  cm  für  bie  bamaliae  triumohnerjahl  itn<\ciPOi)ulicb 
iirofieö  Areal.  Ironbem  waren  feine  a.röf,ere  (Gärtnereien  worbanben.  Tie 
mei|len  Familien  bei  a  tum  ein  s~tud  (Semuieaarteu.  »worin  fte  ihren  tfebarf 
f o l L>?t  baiiten.  Ta«*  aame  (belaube  be*  :HennfelD*  nnb  be*  ccDanftaDtteil* 
beftaub  nod)  ieilmeiie  bi*  in  Die  fteluia,et  ,"\abre  an*  oft  in  fleinfte  tuinelien 
aetetlten  Hemnuaaiten.  obeufo  mar  e*  unterhalb  ber  flu,  lana*  ber  fcolv 
aarteum-afu"  unb  im  ^miil  in  Der  flltftabt.  £ieie*  »wann  a.elea.ene  Kartenlaub 
m  nun  Kit  ber  Durd»  fluffulluna.  bobi'i  aeleeit,  mit  Cnöftrafien  burdiioeum  nnb 
mit  vanfern  überbaut  mmben.  Tie  iutmttiiemuieivnten  linb  auf  biete  .I^eiie 
naib  unD  narb  weridnonnben.  Juni  ^adileiiten  finö  feil  ben  70er  fahren  bie 
aror.eu  HemuHiuirtiiereieu  im  Cfteu  t>er  3taM  au*  bem  vii'ieienlanb  ber  l>ob 
mieten  uttD  au*  Den  Gedern  lami*  Der  liutiui\erftraHe  unb  ber  Wann,  ferner 
auf  ber  <3i>ilbelm*hohe  unD  am  t 'iüiuienoett  a,efd)aifen  morben.  Tiefe  v>anDel* 
aatliteteien  leinen  io  ludituu'*,  brt|V  bu-  frühere,  tum  Surlad»  au*  betriebene 
^erfornuua  uuferei  i^odieumarfte  fafl  u,am  uaibiKlaiieu  hat.  Rubere  «Gärtnereien, 
mehr  im  h-efteu  unD  am  Atiebbonwea,  geleiten,  haben  ftib  mit  wielem  tirf ol^ 
bei  Miinftaartueiei  uteiemanDt. 

■iknor  bie  feit  1o  fahren  tu  ajeidier  vöbe  nd»  baltenDe  enorme  ¥>au 
titatiafett  heaauu,  iwar   Du  ,',ahl  ber  tuutdnm  Den  ^Jobubautern  uermöa,euber 
ALitutliiii  lu- »Kuben  Unoataarten  eine  uuit  a,io»;ere  nt*  jefct.  ,\br  cdjmiubeu  ift  nidjt 
mit  in  beiladen  im  ,\uietene  einer  mohltbueubeu  iUbmedh-liiua  unb  ber  3 dum 
beit,  iweldu'   D.t*  fommeilube  »''tun  inmitten  ber  ctact   beut  üueje  barbot, 
ioubeiu  audj  mit  Wurtfidd  aut  ben  i\ehinbhetttid»en  Hemtun,  meiebe  foldie  öaufc 
iVtrten  bieten.    3 le   fmb  aeunfiermanen   Me  i.  un»teu  bei   ctabt,  melrbc  bie 
lluiueiiaen  tui  bratuner.  tWilenfnutebiUtuur  vuft  in  fid)  aufnehmen  unb  bafur 
fiuieiue-ftieidie  ve;um*hiit  ablieben,    e  t;iud>t>M>olle  veute  erfennen  ba*  unb 
tilgen  fuli   u\bt  butib  einen  wot •uoeia.ebeuDen  Menü  im  Dam  verleiten,  eine 
curiie.  bu  ber  3>lioii!>eit  unb  NeiunDheit  tu  io  hohem  Mrabe  bieut,  leichthin 
beut  ivIMetiMuu   m   iVern.    '.»lu:h   Die    ctabtocrnultuna.  bat  ftclj  beut  wer 
mui'tuuti  <Gnmb'iit.e  miienetiit.  Die  'Anteil  mc-alulm  m  erhalten,  unb  fur  Die 
neu  m  et  ndneitreii  ^iiwrnihKUete  ift  bie  :Hiuu buuna.  uettoi'en.  Dafi  uor  jebem 
vnia'e  ein  etlutu  l'ietet  breite«;»  Kart  dum  futbeu  ioUe. 

•.Huneroibeutlub  üubeiub  un  bie  l^W^c  De*  «^arteubaue*  mirft  Der 
<4mi  i  t  e  u  b  a  tt  w  e  r  e  t  n  ,  p.mi  rveu  7niitn;leti  bie  inaditi^e  vHulaae  De*  ctabt 
aarten*  unb  bie  <or,i'aiue  l;,U\(e  bei  u'.)oiten  l'uirat.Mvteit  bei  3 tabt  ;{euani* 
nble-n.  ,\m  iepieutber  ls^'>  oeiauMaltete  bei  bereut  im  itabti\arteu  eine 
iMmuen  unb  ji \c min "'t e !l imer .  b:e  tum  3iv!MU'r»tanbiaen  nuf*  itunftiiifie 
beurteilt  unb  u.  it.  and»  iu-n  i^ittn  M,ul  oon  'iV;beu  nebii  iGemahlm  beitidjt 
uutrbe.  3ohl)c  '.Hueüellun^eu  »»tubeu  iniDeiu  unebeiholt  ftatt  unb  benueieu 
jemeil*  einen  enreuli.iuii  ^mJituat  im  fmitenlMU. 


J •  t> rt  bem  ,\.iine  l^.".»t  iiu  Datiert,  umi  »ibon  ermahnt,  ba^  fidj  nun  rafdi  woll 
tteheube  llebei  leii  htn  bei  ,\n^ii*;ne  ut-ei  ben  jldeibau.  '\it  Dem  iVitinn  be* 
iruwrt*  tui.1t  '.Imeirfc,  brr  in  jene  ,  int  niUt  i  fiehe  Jnunitenei  roud>*  bie  ^nbuftne 
pioiireffit»  in  bu  vi>he,  'iMiiaermeiuei  .^eueuuer.  »ein  ctabtbaumeiner  iWuber  unb 
be"en  V'.iriiV'.aei  xubiiMa  i^ebe:  ,ii:t.;en  bdiun.  Die  ihi Unti  i teit  ctnifKit  tu  einen 
beneieii  .'.n't^in^  ui  >eheu.  ,r  te  ?  i:iuil,au'en  «uu  Den  «\ui»'ern  oeitdjioauben 
iiUtuiilili.h.  veu  inio  itifb  tmtnte  .^ei  ,^euer*i;efahi  uu.ien  außerhalb  Der 
ii'Ohuaebaube  iiuteiaebtad)t  metbeu.  Z  ie  leitete  IKabreael  uuirbe,  fo  wer 
uunüiij  fw  mar,  aJ*S  eine  »trofie  varte  emyUiuDcu;  beim  mit  ihr  muHten  ^let) 


Digitized  by  Google 


414 


Ufoiabeim  im  19.  ^abtbunbert. 


Mictjt  unb  vanbivii  tfcbaft ,  bie  ln*t)cr  von  ^löffern  unb  >>anbu>erfern  al*  an 
traglidjes  Wefdutft  nebenher  eifrig  betrieben  roorben  iparcn,  wmteil  perminbert, 
jumteil  gan\  aufgeuedt  werben,  befonbers  in  ben  Käufern,  bie  feine  v  ein- 
bauen,   co  ueridjob  fid)  mit  ber  ,Seit  ber  lanbipirtfebaftlidje  -öetueb  mehr 
und)  ber  tn-nphene  ber  ctabt. 

£te  ^erpoUIommnuug  ber  irifcitbabuen  unb  ber  ?ampfid)iffabrt  bradjte 
mit  ber  Seit  bie  idjaife  Honfurrenj  bes  ruh'ifdjen  unb  amenfaniidjen  Wetreibes. 
Tie  greife  in  Teutidilanb  taufen,  fo  bafo  fiel»  ber  Netreibebau  immer  tpeutger 
lohnte,    flnberietts  nnntis  mit  Der  uiiiehmenbeit  .Hepolferung  ber  'ctabt  ber 
IKMldperbraud).    .vterburd)  mar  ber  vnnbipirticbaft  bei  &>eg  geioieien  ;ur  Ser 
mebiung  bes  xUnbaues  von  Ruttel frdutern  unb  bumit  \m  Vergrößerung  bes  Vieb 
ftanbes  unb  ber  (iintel)t auf iiiii^  bes  Hetreibebaues.  hieben  ben  groben  voiautetti 
Rudenberg,  .VHiibudi.Mntbarineutbal,  roeldK  ta^Itct)  groMiilcbguantitatenuir  ctabt 
bringen       neben  ben  wihlreidKu  I'lild>banbleru,  ipeldje  weit  in  ben  mnliegenben 
Crtidjaften  bie  iliildi  auffauren  unb  ihrer  ftabtifdien  Äunbfdmft  uifubren. 
entftanben  in  ber  .»iahe  ber  ctabt  ber  iiuirtbergbof .  ber  vobeuaderhof ,  ber 
rennadjbof,  bei  Mieuu'tetuhof,  ber  vobberghoi,  bas  ctahl'idie  Hut  am  porberen 
Itfolisberg,  bas  "Miaueiurbe  ttmoeten  u.  a.,  lueldje  fidi  pornuegenb  mit  IKtlti 
prebuftiou  befdinftigen. 

Von  eiitrbUubetu  liinfluf?  auf  bie  ^efferuug  ber  vage  ber  vanbroirte 
war  ber  vanbipundinitlicbe  ^irteperein,  ber  im  Satire  1*M  =  2**)  iKitglieber 
zahlte,    flm  7.  Cftober  1*">7  fanb  in  ^for^heuu  ein  taubipirtidiaftltdje«  ac':. 
perbunben  mit  t*reispflugeu  ftatt.  31  n  letzterem  beteiligten  ficb  «  Monlurremen. 
toopon  I  mit  Irenen  bebaibt  ipurben.    ,\m  oberen  Matbausiaale  iparen  bte 
lanbioirtfdiaftlidjen  eru'ugntne  aufgelegt,    Ziis  obere  flenufelb  ipar  tum  ,"e'i 
plab  eingerid)tet.   Weben  Mletterbaunten  für  bie  cebuliugeub  gab  es  au  Volf* 
beluftiguugen  mit  ausgefeilten  greifen  ben  „v>atnmeltum",  „.vtatynentam"  unb 
^ulebt  Das  „"Waffertrageu"  für  bie  ipeibltene  v\ugenb,  tpeldien  Vergnügungen 
ausgiebig  gebulbtgt  würbe,    ^m  ,Vibve  1  >sü."j  hatte  ipieber  ein  lanbwutnlnm 
liebes  Hauten  ftattgefunbeu  mit  t>reisperteilung  unb  Verloiung.   vrntc  wettete 
lUusfteUuug  fanb  im  ceptembei  l«7»i  ftatt,  ebenio  ein  großes  lanbroirtidiau 
Itdte*  ^eurfsieft  am  17.  ceptbr.  1H!*4,  bas  mit  .HusfteUuug  in  ber  lurnbalie, 
ViebPrnmiieruug  unb  etilem  ftattlieben  foüumtertett  ,ve?t»ug  perrunben  war. 

;uid)  ben  neuerlichen  '.Himdiwung  bes  ^uulmnbwerf* ,  burdi  ben 
enormen  MobleiiPerbruucb  tu  ber  ctabt,  im  Haswerf  unb  in  ben  ?ami" 
betrieben,  feiner  burdi  ben  aufserorbentlidi  gefieigerten  Huterperfebr,  iahen  ü  b 
viele  vaubuurte  pevanlat«,  ihren  llnteilmlt  mehr  im  Aiibripefen  w  tueben. 
Tasfelbe  fnbert  eine  vaidjeve  unb  ort  audi  lioliere  (^elbeimiabme  al«  ber 
:H  der  bull,  vetoer  haben  iub  einulue  Aiibiu>ettv«befn*er  füipeit  bamit  eingeladen. 
Dil fi  ihnen  bte  lanbumuMuift  uir  Webeniadie  geipotben  tft. 

eduper  letbeu  am!)  bte  vattbnurte  in  i^orWietm  unb  Umgebung  an  ber 
ptelbetluateii  veuteuot.  Tie  itarfe  ^auluft  aMoituert  iootele  jlrbeitofrane, 
ba«  es  ben  Vanbuntten  ?dm»ef  uuib,  geetanete  Veutc  alS  Taglobuer  \ü  haben. 
Tie  heben  viMine  tu  ben  Aalmtett  nu.^  au  ben  v<anfiellen  pcraulanen  bie 
laubiPini.tnvttuJjeu  :Hibettei  ui  v oh:iani;'i n.lien .  bei  beneit  bte  dauern  n.:.r 
Lvutrtct)f.tua  bei  ^eitraae  uit  Mtanfeufai'e,  uir  llnniü  unb  Alterspen'i.bcxuna 
tauin  tiue  >U\h;uina  ut  huDeu  peim.uieu.  Unter  U'Klieu  Umftaubeii  um>  t>'.< 
Oin'utHuuo  luumiMrtnbu'Ut.t-.ei  :";uM:nien,  uue  \.  ber  Jampf  rre'djnuf .Mr.e. 
aiv  etue  at^He  e  i leiil.tci  .::ig  emr'uu^en. 

Uittei  ben  i^elanbecimeibunaen,  ipeldie  bte  ctabt  in  ben  lebten  ^ul'un 
iieunnbt  Im t,  eitpittmen  nur  b.ts  o  Ii  n  e  u  b  e  t  a  e  r ' )  d>  e  A  n  ip  e  t  e  n  .  ipel*e* 
im  I eitiüi'cr  l>'»7  .'tittut  .'uuuteubeigeu*  ejtbeu  um   t*»7»i»»<i  iiif.  a::.:i 

tiiuti  nun  i^e,  Mi  ,\  it  t  e  l  p  p  n  V  h  1 1 1  p  p  0  h  t  i  s  m  a  n  n  tm  ^abie  l.vm  rtrt 
bau  boiaii'ücbeitbeii  ho,vNuiuM;eu  ui  ;t».i^  'Kf.  unb  bas  \um  Jipede  bvi 
:Unlaae  etnei  neuen  va;ti^e-r,ueiiiiii'talt  iiu.u'fvin'te  (»»elaube  am  il;artbeta  u::i 
82  475  l'it. 


Digitized  by  Google 


Worabeim  im  19.  ;\abrbunbett. 


415 


3eitbem  bic  *ierfehr*mtttel  unb  nie  internationalen  ^euehuua,en  auf 
eine  3  tute  ciclana.t  finb,  reo  pon  einer  Abfmliefjuna.  ober  Orntfernuna.  f aft  ftunn 
no(t)  bie  flebe  fein  faun,  brausen  loir  bei  etwaiaen  "JKtfi  ernten  ittetit  mehr 
mit  jenem  Säurten  ber  Hildulf  t  eiita,eo,en  \u  fdiauen,  mie  bie*  nod>  1*17  unb 
1S47  ber  ,vali  war.  Auf  bie  ahiIh  unb  Brotpreife  finb  ioldu*  irrimetnuna.eii 
im  allgemeinen  faft  ohne  irinflufi,  ba  ber  internationale  £>anbel,  ber 
trifenbahn  unb  Tampfiduffuerfebr  in  tünefter  ;{eit  für  hiureicbenbe  (betreibe 
uifubr  au*  Nufilanb.  Ungarn,  ttorbameridt  ober  Argentinien  fonit.  Harbern 
ipar  Die«  anber*.  dritte  Wiftrriite  fteiaerte  fofort  bie  (betreibe-  unb  ^rotpreife 
unb  uoar  oft  aeuua  in*  lluael)cueriid)e ,  ipcnn  bie  leueruua,  anfielt,  ^n 
folebeu  Reiten  mürbe  bann  ba*  meniaer  bemittelte  i*olf  finbia,  unb  fuetite  fiel) 
burdi  alle  mbqlidjen  trrfatnnittel  \\i  gelten.  Tie  fonberbarfteu  3urroa,ate  mürben 
unter  iHebl  aemiidit  unb  ui  Brot  oerbadeu,  um  au*  ben  fleinen  Dleblporraten 
moiilidift  oiele  Brotlaibe  berüu*uil>rina,en.  Tie  erfte  ajofce  Jeueruno,  be* 
oahrbnnbert*  folgte  ber  Wtjicrnte  be*  >bre*  IHM»  unb  mabrte  bi*  *ur  Crrnte 
uit  1*17.  Ta*  Walter  fleaaen  galt  H  Bulben,  bie  (Werfte  ;i2  (Bulben,  ba« 
cefter  Kartoffeln  1  (Hülben  H  Hremer  i.t,OM  MD  £a*  tyunb  3dnoar*brot 
1»>  MieuKr  =  4:t  Ufenuta,.  *Beihaltni*inaHia.  biUia.  mar  ba*  ,yleiid).  Xa* 
tJfunb  3d)meineflei»d)  foftete  1h  Mreuier,  Mubfleifd)  14  Mreuur,  vammel  unb 
Malbfleifcf)  lü  Hreu\et.  War  bie  .Seit  ber  nadjften  irmte  a,e!ommen  unb  bie 
Jeueruua.  an  ihrem  trübe  anaelamit,  fo  mar  e*  eine  fmöne  3itte,  bafi  ber 
crimua,  oe*  erften  irrntemaaeu*  al*  ein  frohe*  ,*e»t  gefeiert  mürbe.  AI*  am 
II.  Aiuiuft  1M7  ber  erfte  vhrntetoaaen  an  ber  a.rofien  l'inbe  oor  bem  3diloft= 
thor  anqefontmeii  mar,  \o<[  bie  feüluti  a.efleibete  cdwljuaeub  unter  ^uhuina 
ber  vehrer  mit  iftififtaUeituna.  babin.  camtlidje  AuaeüeUteu,  ber  (Hemeinberat 
unb  oiele  Bürger  ber  3tabt  folgten.  Ter  feftttd)  aeidunudte  Mafien  mürbe 
unter  Wefanq  unb  i'tufif  uuu  Brobinaer  Xl)Ot  bereut  auf  ben  Ward  geführt, 
um  bcnfelbeu  ein  flrof.er  Hrei*  achtUojieu  unb  bann  ba*  Vieb  a,eftina.eu:  „}iuu 
banfet  alle  «Hott.**  vieranf  bewerte  ftrtj  ber  $u<\  unter  <Hlpdena.elaute  ben 
3d)loi;bera,  hinauf  in  bie  Mird)e.  «^eiibmudte  (Farben  mürben  am  Altar  auf 
aufteilt  unb  Tefan  Vollbauer  hielt  eine  ber  Bebeutuna,  be*  Jaae*  auaemeffene 
,Vürebe  über  Ufalm  77,  }<er*  1.*»  21:  „Tu  bift  ber  (Hott,  ber  itUiuber  tbut, 
Tu  hau  Jeine  »üidjt  beioiefen  unter  ben  Golfern  :c."  Aebnlid)  mürbe  e*  im 
,\ahre  ls47  gehalten,  ^u  biefem  ,\abre  maren  bie  .Hartoffelu  io  jdjlecfat 
geraten,  baf>  oou  einem  «amen  Ader  faum  1  3ad  Poll  iinttelaiofu'r  Kartoffeln 
qcerntet  mürben.  AI*  Cniafc  hat  man  au*a.efottene*  iKah  au*  ben  Brauereien 
unter  ba*  Brotmehl  anitiicbt  unb  oei baden.  Ta*  ,\a l>r  Ihi»;  n>ar  ein  lehr 
hetfie*  uub  trodeue*  aemefeu.  Ter  MeKtnm*aaua.  in  ^ubnftiie  unb  Raubet 
litt  unter  einem  iiiidihiiltiiicn  £rud,  ber  fd)mer  auf  ber  Benolferuna  lüftete. 
3ü:d)  bem  Beobartiter  i  ))Uu  l^lTt  foftete  ba*  Iniar  Ji'cd  2  «ieu\er  unb  looa. 
"»  vot,  ber  ^pfunbuie  vaib  valbmeiftbrot  Im'  i  Wremer,  ber  Ipfunbiae  Vaib 
cdnoar^brot  'Herneui  Di'  t  ,  Kavtoueln  ba*  3unn  44  Är\. ,  Malbfleifd) 
*  >ü\.,  rHinbfleifih  II1*  Mm.,  vammelfleiiih  x  Mr^.,  3d)ioeinefleifd)  1">  Mt\. 
ba*  l^funb.  iion  Isl7  I* :  ?,i*  l?uar  h'«td,  !•'  i  vot,  2  Mr;.,  ba*  2pfunbiae 
faib  valbmeifU'rot  b1  t  Mi;.,  ber  Ipfuiibiiie  i'atb  3<t)ipm\brot  l"J  Mv\.,  Martoffein 
ba*  3tmn  15  Mrt.,  Malb«eu"d)  M  Mr»..  Wmbflen'd)  l»).Hr;.,  .öammclfleifd}  7  Hn., 
3d)mrinefleifd)  Iti  Mr\.  ba*  l^uiib. 

,\m  Cltol'vj  1SÖ4  bilbete  fufi  ein  Berem  \m  (iemeiufd)aftlid}en  An 
idumuna  pou  icbeii*iiiiltcln.    Antaua*  Jiooembei   lahlte  berielbe  IMtt 
aliebev.    ^on  ^er  erhobenen  Lv'.ii!iUk  oon  2  fl.  pro  J.Uit^lieb  mürben  eiuft 
meilcn  iK'ehl  unb  Martoueln  aiiaeuiiant.    Tie  iKit<\liebei   aehorten  mein  bem 
IKtttelftanbe  an. 

avMI  chemo  »rtilimm  bat  an  nun  bei  vanbmirt,  meun  ba*  ,\nttei  inauaelte. 
<i in  fitltmme*  ^utteiiiitu    umr   b.i*   t\ahr  1»<|_'  (\iMpeien.    Weil  bie  Butter 
porrate  aenua  iPaien,  iuebteu  bie  vanbmirti  ihren  ^ichftanb  \u  perriu^eru, 
ro«*balb  bie  i{iebmar(te  im  cpatjabr  lb42  )tarf  bet'abren  waren. 


Digitized  by  Google 


410 


WoYibetm  im  19.  ^abrbimbert. 


Won  crnftrr  Wefa&r  fiir  bie  i'anbroirtfdjaft  mar  ba©  Aiitternotiahr 
Tic  >xupreiie  ftieaen  bi©  auf  7  uub  «  IMarf  pro  Rentner,  un^  ^  ^rcw> 
erbobuna,  hatte  jebeufall©  uod)  ^uc\f nomntcit ,  meun  bic  :)(eaterunei  nicht  in 
Ceftcrrcitb  unb  Italien  itroftc  Vorräte  sUref?beu  mtfacfaiif t  unb  mit  bor  -M.ibn 
in  bie  WotaeeKUben  etmu'hibrt  hätte.    Tie  Memeiuben  leifteten  für  bie  vnnb 
mirte  Mim  xHnfauf  he©  \>eue©  bte  nötigen  ^lutcbuffe,  unb  mandjer  ^tehheittu'r 
fam  fo  \u  8d)iilben,  bte  er  fdiroer  mieber  lo©  mürbe.    Wad)  ber  id>U\bten 
Heuernte  bofite  man  auf  eine  um  fo  ergiebigere  Cehmbcmtc:  aber  infolge  be© 
fleaenmauael©  blieb  and)  bieie  au*.    iHucb  im  folaenben  trodeuen  Aiuhjnhr, 
I*M4,  fiel  bie  VK'uerute  a.erina  au©,  boch  mürbe  burdi  bie  reidiltcb  folaenben 
.Nieberidjlüac  uod)  ein  reidjer  Cebntbertrao,  enielt.'i 

:Hed)t  r>etlaa,eu©tuert  waren  bie  armen  Tiere  in  foldieu  Reiten,  unb 
manchem  armen  vaubmann  maa,  ihr  unaufhörlidu'r  Mitf  nach  Jia  brutto,  unb 
ihre  fid)tlid)e  *bmaa.eruno,  in«  \vn  aefdjnitten  haben.  Tie  Mot  machte  auch 
hier  erfiubevifd),  uub  mau  fuctite  mit  ben  eia.citartia.ften  Mitteln  w  ci'cbeu. 
ioa©  bie  'Jiatur  »erfaßt  hatte.  Mattotietfraut,  bie  ;{u>cia.c  an  ben  .Vreden,  jü 
focuir  Tannen  unb  ^udiemmciac  mürben  fleiin\ehadt  uub  ben  Tieren  gefuttert. 

Tie  Hemarfuua,  Ufonheim  umfafrt  2101  ha  84  a      qm  in  tin:*>  iji.ieu 
tum©ftudeu,  unb  wvax : 

72,7714  hu  \>ofraitc, 

:M;,2of»7  hu  v>au©aartcu, 

1:1,4*7*  ha  W»menlnnb, 

n:*i,W>  ha  «rterlnnb. 

2i»r».Hr,M  ha  liefen.  Hra©lanb.  <Sru©raiuc. 

1,ho72  ha  &ciiiluro,e, 

4,4.*»<is  ha  unbebaute  \>au©  ,  Arbeit©-  uub  vaaerplabtf, 

\S.MI  hu  cteiubrudie. 


*  ■  ,"\  r  ii  di  t  uub  ii:  e  i  u  i>  r  e  i » e  f  r  u  I)  e  i  e  r  S  e i t.  ,x\n  ben  mittler en 
Teilen  uuiereo  vunbe©  »Mit  ba©  Waltet  Moni  i  Kothen »  uod)  nrubabiutem 
J'taH  bcicihtict : 

im  knien  Viertel  be©    In.  ^uhrlumtn'rt©  burdp'djmttliiti  aar 
im  1»>. 
im  17. 
im  1h. 
tu  ber  einen  >><ilüc  be©  Im. 

Tu-  neuhobiidK  Cbm  "Jikin  (teilte  tut) : 
im  lebten  Viertel  be©    In.  ,\ulnl)utibert©  burdiiduiittl.  auf 


- 


im  1'». 

im  17. 

tm  Im. 

in  bei  erden  vnl'te  be©  IM. 

1 1 «  e  l  v  r  e  i  ©  bei   ,x>  a  Ii  r  e. 
t«ro  ■»'i  alt  er: 


58 

*r. 

2  fl.  *> 

Mr. 

4  fl.  IM 

Hr. 

:»  iL  H»> 

Hl 

S  Tl.  10 

Hl. 

1  fl.  23 

Wr 

2  fl.  :«» 

Mr. 

*»  fl. 

7  fl.  .'»7 

*i. 

14  fl.  46 

Hr 

Moni 

Memen 

3  ehr  mohlkik  .\attre 

fl 

1  7 

fl. 

•i- e»hl »eile  ^«1  hie 

fl. 

»  — M 

»1. 

JJ.it  i  ei  |  hie 

»i 

H 

fl. 

s 

-12 

»: 

Teuere  ,\etluc 

M  - 

10 

fl. 

Ii 

ir» 

fl. 

2  ehr  teuere  ,\ohie 

1  1 

12 

fl 

)5 

ls 

rl 

•.♦iodi  teui et e  ,\iiljie 

|:t 

14 

fl. 

19 

Jl 

'.».•otmhie 

1'. 

hi 

fi. 

21 

24 

»t. 

Viuuu'inihrc 

17 

IM 

fl. 

24 

2* 

»1. 

vutiaei.  Minimier  uub  ^et  ntui'luna 

L'O 

T2 

fl. 

2M 

•  iL' 

»1. 

i'.Vuib  veuntnti.) 


Digitized  by  Google 


Worabcim  im  19.  Sabrbunbett. 


417 


e:i8,4457  ha  Walb  imb  ba*u  gehörige  flächen, 

1K,48K3  ha  Cebungen  unb  öbe  Maine, 
1:W,»278  ha  fcüenbalm  unb  ba*u  gehörige*  (Melänbe,  Staat«ftrafren,  Cm- 
ftrafecn,  Ort**  unb  anbere  Wege,  Ceffentlicbe  iUd^e,  ftrieb* 
böfe,  Spazierwege, 
27,424H  ha  tyluffe  Cm,  flagolb,  Wurm,  .«anale,  (Gräben,  Wafferbaüten. 
£ie  abgefonberte  (Gcmarfung  .öaibacb,  2,7  km  von  ber  Stobt  entfernt, 
utnfafet  78  ha  42  a  45  qm.    Sie  ift  (rigenrum  ber  gräflich  -  freiberrlicb 
o.  l'eutrum'fcbcn  (Grunbberrfcbaft. 


^ßflßatt. 

^n  ben  :30  er  unb  40  er  Rubren  bat  fich  ber  ftabrifant  unb  (Hemeinberat 
<G  e  o  r  g  v  u  b  n>  t  g  Ä  i  e  u  l  c  um  bic  Vanbioirtfcbaft  oerbient  gemadjt.  Sein 
Stall  barg  ba*  feboufte  iBicb;  fein  (Grunb,  barunter  ba*  heutige  ^eltman'fcbe 
(Gut  an  ber  Scbioarjtoalbftrafie  unb  ba*  ^immermann'fdje  (Gut  am  Wartberg 
toaren  mufterbafte  C  b  ft  b  a  u  m  a  n  l  a  g  c  n.  $ei  ber  *lu*ioabl  ber  Cbftforten 
rourbe  ber  ttuifen,  befonber*  ber  Wauluifen  oon  ihm  beoor^ugt.  Veiber  bat 
in  ben  legten  ^abnehmen  ber  Ertrag  biefer  Cbftforte  febr  nacbgclaffen,  au* 
ift  fie  leicht  utm  ,\auligroerben  geneigt,  mittleren  flennfelb  am  Wefcel« 
graben  mar  ba*  grofte  lerrain  oon  ber  Munftgeiocrbefcöulc  abtoärt*  bifl  *ur 
Wörtbftrafie  Mienlc*  (Gcmufc  unb  Steinobftgarteu,  unb  hinter  feinem  föobn* 
baue,  beute  ,uau  hinter  gebörig,  bi*  hinauf  an  bie  ^abn,  befanb  fieb,  fein  großer 
(Harten  für  Aormobftbaume  unb  rHebeu.  Slucb  anbere  »"vamilien  roaren  lebhaft 
beteiligt  am  laubioirtfcbaftlicben  (Großbetrieb,  fo  bie  Familie  (Grab,  bie  ihr 
ttmoefen  an  Stelle  be*  beutigen  Pfälzer  .öof*  hatte.  Tit  Jabrifantcnfamilie 
(Gictnoinb,  welche  ben  ^uefenbergbof  oenoaltete,  bie  Jamilie  Vabeuburger  mit 
ihrem  febönen  Kmocfen  gegenüber  bem  Ccbfen,  ber  (Gemeinberat  unb  l'öroetuoirt 
ttetfer,  ber  Walbmcifter  ."öuttenlocb  u.  a. 

&ineu  ungemein  lebhaften  unb  in  feinen  folgen  erfreulichen  ftuffebroung 
bat  gerabe  in  ben  unten  fahren  bie  Cbftbaumuid)t  genommen.  XUentbalben, 
fotoeit  e*  immer  nur  bie  tfobenbefebaffenbeit  unb  bie  l'age  erlaubt,  fmb 
außerhalb  ber  Stabt  Cbftgarten  angelegt  toorben,  fo  namentlich  auf  ben  fcälben, 
im  £>egenacb  unb  auf  bem  Wartberge.  ,Abr  feboner  ^uftanb  zeugt  oon  getoiffen* 
bafter  uno  facbmrtnnifcbcr  ^ebanblung  unb  ift  gleichzeitig  ein  Sieroei*.  bafe  bei 
,vleifl  unb  Umftctt  auch  ber  fprübeftc  -Hoben  nufcbringenb  gemacht  werben 
fann.  trin  große*  tferbtenft  barum  bat  fieb  ber  Cbftbauoerein  enoorben.  £iue 
ber  ergtebigfteu  Cbftf orten  ift  bte  ^wetiebge  unb  befonber*  bie  am  ftuße  be* 
Wartberge*  oormgUcb  gebetbenbc  fleine  \>ecfemwctfcbge,  bie  um  ihre*  reiflichen 
„Sudergebalte*  totüen  utel  begehrt  loirb. 

Seit  einigen  fahren  wenbet  man  auch  bem  tfcerenobft  eine  größere 
^lufmerffiimfctt  |tL  Tie  Weriucbe  mit  Stachelbeeren,  ^obanni*beeren,  \>im» 
beeren,  iu*ibclt>cercn,  Brombeeren  zur  Wcinprobuftion,  *u  Monferoen  K.  haben 
fieb  au*geKtcbuct  beioahrt.  Tic  Nachfrage  nach  Becrobft  oerfebafft  ber  ärmeren 
fleoolferung  in  itfortbeim  unb  Umgegenb  einen  nidjt  |M  unterfeba^enben  iöer« 
bienft,  ba  unfere  Salbungen  uberauö  reich  an  roilben  beeren  finb.*) 

*)  Tie  weitere  vcluuig  ber  Cbftfultur  bureb  ^roectmdRige  «utfioahl  ber 
Cbftarten,  bcfferi  ^eruetuchttguug  ber  ^obenoerhaltunie ,  aufmerffamere  0c« 
banbluua  unb  Pflege  bor  enoaebfeuen  ^aume  u.  f.  ro.  bilbet  mit  ."Hecht  feit 
oielen  fahren  einen  Wegeuftanb  gan<  befonberer  ,rtuforge  ber  rHegierung  (^er> 
anftaltung  oon  Cbftbaufurfen ,  auch  für  ^oltöicbullcbrer ,  llnterftu^ung  oon 
iJiuftcranlagcn,  Ükranftaltuitfl  oon  Diaffenbeuigeu  iitnger  Cbftbaume  mit  ftaat« 
lieber  Beihilfe,  iü-rluhung  oon  Prämien  :c.  J  unb  oon  ^rioaten.  Selbft 
in  unterem  hochgelegenen  ^eur!  mit  ieinem  oerbaltuiiinafiig  rauheren  Mlima 

27 


Digitized  by  Google 


418  ^forabeim  im  19.  Sabrbunbert. 


3m  ^ahre  1810  betrug  ber  Btebbeftanb  nad)  Voller  416  Stücf 
SRinboicb,,  225  Stüd  flug*  unb  Meitpferbe,  765  cdjafe  unb  100  Hammel,  bie 
8  SHefcger  sunt  Sdjlacbtcn  unterhielten.  £ic  5  d)  a  f  }  u  d)  t  fanb  früher  tocit 
höhere  Beadjtung  wie  beute.  Wach  einer  Statifttf  von  1837  befanben  fid) 
im  Wittelrbeinfretfe  36t»51  Sdjafe.  liefern,  ttlcinftetnljad),  511  Iraiö  bei 
Äönigobad)  waren  Vanbe$ftammfd)äfereten.  ^it  biefen  umrben  bie  Butter* 
herben  beä  SMertnoftammc*  gepflegt.  X ie  beiben  ftäbtifd)eu  Schafftdlie  befanben 
ftd)  bei  ber  Ältfiäbter  Brücfe,  100  beute  ba«  Jtranfenbauä  ftetjt.  £em 
^Jäd)ter  ber  Stabrfd)äferei  ftanb  ba$  3ied)t  ju,  im  Sommer  400  unb  im 
SBinter  600  Stüd  Schafe  $u  halten,  ferner  hatte  er  iUobnung,  Scheuer, 
StaUung  unb  alle  nötigen  9iequifitcu,  18  a  (9rasgarten  unb  4,5  ha  tßicfcn 
jur  Benufcung.  3(uf  ein  3lu«fd)rciben  00m  25.  ^uii  1831  erhielt  3-  Jy-  üegbegger 
von  Sulingen  bie  Schäferei  auf  6  ^aj)re  tu  padjt  um  1 100  fl.  jdbrlid).  3ur 
3ett  wirb  bie  Öemarfung  nur  als  SBinterfdjafioeibe  oon  auöioärtigen  ^äa)tern 
befahren. 

Sücrgleidmng  beö  Biebbeftanbc«  oon  181«  unb  1900: 
1816  1900 

416  5tühe,  Äalbinnen  unb  Marren        573  Mühe,  Äalbinnen  unb  ftarren 
225  ^ferbe  608  ^Jferbe 

268  Sdnoeine  217  Sdnoeine 

40  Riegen  217  Riegen  unb  ^iegenbörfe. 

865  Schafe  269  Schafe. 

25aju  famen  1900  nodj:  476  (iJänfe,  851  ünten,  2991  Sauben,  5519 
fcübner  unb  Jahnen,  967  §unbe. 

£ic  ber  Bienenzüchter,  iucld)C  3)iitglieber  beö  £anbeeoerein£ 
ftnb,  beträgt  103,  im  Bforjbetmer  Bienenzudtfoercin  finb  120,  in  feinem 
herein  etwa  100.  jiiäbrenb  früher  nur  Korbbicneuzucbt  getrieben  rourbe,  finbet 
jefct  faft  burebtoeg  ber  beroeglicbe  Bau,  oeretujelt  mit  Äorbbienenjudjt  SKn* 
roenbung.  9uf  Anregung  be«  Jterfdmfcoereind  hat,  rote  allenthalben  im  i'anbe, 
auch,  ber  febotiifebe  ©fei  a  1 0  3 11  * '  c  r  bei  (Gärtnern,  SWilcbbänblern  2c. 
(jingang  gefunben,  unb  bie  unbcrroärtigcn  frunbefuhrroerfe  tuerben  bement- 
fprecheub  feltener.  (Srioäbnt  feien  tpici*  nod)  ber  in  Blüte  ftebenbe  B  r  i  e  ff 
tauben--  unb  51  anarieitDögeljüdjter-Bereitt  unb  ber  Äanincöen* 
juebtoerein. 

3ufammenfteUung  ber  größeren  Bicbbeftänbe  auf  ber  f?)emarfung  nach 
bem  Staub  oon  1900: 

Hermann,  Budenberg,  60  Stüd,  3)lÜd)anftalt  Litauen  50  Stücf, 
fchroifter  £iety=.£>atbacb  40  Stüd,  kJWilcbanttalt  Wolter  26  Stüd,  lyffig»$ßürtberg- 
t)of  20  Stüd,  Untft,  ."oobenatferbof,  17  Stüd,  Mur3,  £>ob,berghof,  16  Stüd, 
Stahl  am  oorberen  SSolfeberg  15  Stüd,  MotfufcXennacbbof  14  Stücf  Bieb. 

3ur  Hebung  ber  fueftgen  ^5ferbe-  unb  rHinboteljmärfte  bilbete  fieb  1875 
ein  Äomitee,  roeldje«  fieb  jur  Aufgabe  mad)te,  eine  SludfteUuug  oon  3uc^ts 
oiet)  unb  guten  Ärbeitöpferben  ju  oeranftaltcn  unb  eine  prämtierung  ber 
oorjüglichften  Siere  oorjunehmen.   Seit  biefem  Unternehmen  oerbanb  ftdj  eine 


bürfte  bei  fortgefebter  Arbeit  unb  9lufmerf)amfcit  ber  au«  bem  Obftbau  ju 
crjielenbe  Betrag  100hl  um  50  — IOO'Vo  \u  fteigern  fein. 

£tc  $al)l  ber  Cbftbäume,  in  tueldie  bie  ftrenge  .Halte  beä  ^interö 
1879/80  eine  gro^e  £ürfe  rip,  rourbe  im  ^ahre  1880  für  Baben  auf  nmb 
8  ^Millionen  Stüde  ermittelt,  barunter  2,4  Millionen  3u)etfd)geit»,  2  9)iiUtoneu 
Slepfel*,  1,45  Millionen  Birnbäume.  Tie  3<ibl  »er  Üirfdienbänmc  bürfte  etroa 
1  Million,  bie  ber  3iu|bäume  420  000,  ber  Pflaumenbäume  500000  betragen. 
9luf  1  ha  ®artenpäd)e  lamen  1880  im  «reife  Äarlörube  16,2  ©äume. 


Digitized  by  Google 


Wotabeim  im  19.  3abtbunbett. 


419 


3Serlofung  oon  ^ferben,  SHinboiet)  unb  pafjenben  Oegenftänben.  $ie  l'otterie 
fanb  am  5.  Slpril  1875  ftatt. 

3tm  18.  September  1882  mar  eine  2lu«ftellung  oon  3ud)tötef>,  lanb* 
roirtfcbaftltdien  öeräten  unb  iHafötnen  in  t)tefiger  ©tabt,  roomit  aud)  eine 
Verftetgerung  oon  Simmcntbaler  Criginalfarren  unb  eine  Serlofung  oon 
3ua)toief)  unb  lanbroirtfdwftlicben  (Geräten  unb  SWafdjinen  oerbunben  rourbe. 

Öi«  )um  ^aljre  1845  ober  184«  mürbe  bie  Jöietjtjerbc  auf  bie  Debung 
an  ber  iüurmbergcrftra&c  gefahren.*,)  ©ammelplafe  ber  £erbc  mar  ber  SRarft« 
plafc.  Von  bier  au«  rief  ber  Stuart  SJredji  mit  bem  Jporn  burtf)  bie  anftojjenben 
(Waffen  feine  ©dui&lingc  t)crbci: 

„Mubbirt  unb  .Hubt)orn,  mir  fahren  in'«  Äorn,  mir  fahren  auf  bie 

blatten  unb  roeiben  im  Statten, 
ftufcbirt  unb  Mubboru,  mir  fabreu  in'«  Morn,  mir  jieljen  in  Meißen 

unb  roeiben  im  freien." 

Tcm  ©dnocinebtrten  Xörflingcr,  roetdjer  feine  fterbc  im  ©aulrof  ju 
oerfammeln  pflegte  unb  oon  ba  auf  bie  Veffertroiefen  trieb,  mar  biefe«  Öefajäft 
fdjon  f rüber  abgenommen  roorben,  ebeufo  feinem  tfoUegen  iHenf,  bem  ®anfe* 
birten,  roeldjer  f.  3.  ba«  Jioljlenplättle,  jefcigen  lurnplab  an  ber  (inj  mit  feiner 
©cbar  beoölferte.  9tur  bie  beiben  «aifcubirteu  ©tro&ecter  unb  Srmbrufter 
matteten  nod)  bis  anfang«  ber  fünfziger  ^a^re  iljrc«  3lmte«. 

2lm  23.  ©eptbr.  1867  mürbe  nad)  langen  Verbanblungen  bie  Uttafen* 
m  e  i  ft  e  r  e  i  ^f orjbeim,  roeldje  17  Ortfcbaften  umfaßte  unb  ein  uralte*,  bi«  jum 
^abre  1735  mit  bem  ftenferbienft  oerbunbenc«  ciTblet)en  mar,  für  alle  Reiten 
abgelöft.  Seit  1798  befanb  fia)  ba«felbe  in  ber  #amilie  Qftertag.  35er 
2lblöfung«prei«  betrug  2000  fl. 

(inbe  1898  mürbe  eine  uralte  lanbroictftfjaftlidje  (Sigentümlidtfeit  ber 
Stabt  ^forjbeim  511  (^rabc  getragen.  iBt«  bal)iu  beftanb  nämlid)  ba«  eigen* 
artige  Sicrbättni«,  bnft  8  A-amilien  bie  Verpflichtung  Ratten,  ba«  ftaffeloiel) 
für  ben  Vicbbcftanb  ^forjbetmer  i'anbroirte  ju  t)atten.  9U«  GJegenleiftung 
befafi  jebe  12— Iii  iHorgen  (Hilter  in  befter  l'age  ber  Öemarfung,  auf  roeldje 
ir>rc  Verpflidjtung  grunbbudnuäfiig  eingetragen  mar.  £ic  legten  58eftyer  biefer 
fog.  ItUttumgüter  t)attcn  fte  nia)t  umfonft  erhalten,  fonbern  mit  ftütffid)t  auf 
bie  barauf  rubenbe  ^elaftung  um  madigen  ^Jrci«  erfauft.  ©inerfeit«  entfprad) 
biefe  ^affelbaltung  feiue«»oeg«  ben  mit  ftedjt  an  fie  ju  ftellenben  Änfprüdjen ; 
anberfeit«  roareu  einzelne  biefer  sWittumgüter  burd)  bie  2lu«bebnung  ber  ©tabt 
teilroeifc  fdjon  überbaut  roorben,  roie  am  ©d)lad)tl>of,  an  ber  ©ticfelbälben* 
ftrafee,  am  neuen  3lmt«gefängni«  ober  roareu  fonft  im  jufünftige  iBauterrain 
etnbejogeu;  jebenfali«  reprdfentiertcu  fic  einen  t)o\)tn  Üöert.  §n  beiberfeitigem 
^ntereffc  rourbe  nad)  oerfdnebenen  Verbanblungen  ba«  Verhältni«  gelöft;  bie 
SBittumgutbefiber  bejaljlen  je  7000  3Wf.  an  bie  ©tabtgemeinbe  unb  biefe  übers 
nat)tu  am  1.  Januar  1899  bie  Verpflidjtuug,  ba«  nötige  ftaffeloieb  ju  ftelten. 
3ur  3eit  beträgt  ber  beftanb  4  Marren,  4  ^amenböefe,  mcld)e  je  2  i'anbroirte 
gegen  (sntgclb  in  Pflege  t)abeu. 


*)  ^iaa^  bem  ftorftlagerbud)  00m  !Ja^re  1754  ftanb  ber  ©tabt  ^iforj* 
^eim  ba«  fledjt  ju,  in  ber  Jorftbomänc  .v>agenfd)iefi  auf  ca.  1500  borgen 
(270  ha)  it)r  IMci)  ju  roeiben.  -Tiefe  5bcrcd)tigung  rourbe  jroar,  mit  2lu«; 
natjme  ber  Jabrc  I8.i4  unb  1835  feit  langer  3^it  nidjt  mel)r  ausgeübt,  mar 
jebod)  baburdj  binlauglicb  geroabrt,  bafi  bie  ©tabt  ben  fog.  „^aibtwber"  .^u 
7936  iöedjer  al«  teilroeile  idtjrlicbe  (^egenleiftung  pünftlia)  entridjtetc.  21m 
27.  ^uni  1840  rourbe  jroifcben  ber  otabt  unb  bem  Jorftamt  eine  Verjicbts 
(eiftuug  erftcrer  auf  ba«  ^aibredjt  gegen  eine  ftaatlidje  cfntfdjäbigung  oon 
2000  ft.  bcfdjloffen.  (Hleicfi\eitig  unter^anbelte  ber  Jviefu«  mit  ber  Stabt 
wegen  eine«,  lefcterer  gehörigen  iliUefcuftucfc«  oon  18  a  im  Xiftrift  Letten« 
gefdtt,  ba«  um  50  fl.  an  ben  Staat  abgetreten  rourbe. 

27' 


Uforabeim  im  19.  ^abtbunbert. 


#ctt»crBc  «üb  iSanbef.*) 

9Hit  9ted)t  nennt  man  jene  ßeiten  bie  s<ölüte$eit  be§  £>anb* 
toerfS,  ba  e3  nid)t  oon  ber  Siunft  getrennt  mar.  9lid)t  nur  in 
ben  <Prad)tftü<fen  unferer  öffentlichen  Sammlungen,  fonbern  aud) 
in  ©egenftänben,  bie  bem  aUtaglidjen  £ausgebraud)e  geioibmet 
roaren,  fyaben  mir  3euflcn  De*  $>od)ftanbe*  ber  £)anbroerfe.  2öa§ 
fie  bamal$  geworben  finb,  bas  finb  fie  buvd)  bie  uöllige  Jyreibeit 
oon  beengenbem  ^unftjiuang  geworben.  ($iue  Ijerüovragenbe 
©teile  unter  ben  ftunftljanbroerfevn  nahmen  bie  2ud)mad)er, 
fieineweber  unb  $&fner  ein,  aber  aud)  ba§  Sdjloffer*  unb 
Sdjmiebebanbroerf  ftanb  alten  drjeugniffen  zufolge  auf  tyofycx 
«Stufe.  £eute  nod)  fpüvt  man  emfig  beu  alten  £l)üvbefd)lägen 
unb  ben  roenigen  alten  Cefen  nad),  bie  uon  ben  granjofen  unb 
Schweben  nidjt  jufammen  gefdjlagen  raorben  finb.  sJflit  bem 
Söieberemporblüben  be§  StunftgeroerbeS  fud)t  man  jene  alten 
©ebilbe  nacbjuabmen.  (Siebe  bie  Xf)tti*befd)lä^e  an  ber  3d)lo|V 
fird)e,  an  ber  neuen  eu.  Stabtfircbe,  bie  (*>ittertf)ore  bc3  Stabt-- 
parfS),  oft  auc^  ba,  reo  fie  wenig  öur  Stilart  ber  Käufer  unb 
jur  mobernen  3euereinrid)tung  paffen. 

3)a3  ^unftiuefen,  urfprünglid)  eine  ba§  fokale  unb  roirt* 
fdjaftlidje  fieben  mäcbtig  förbernbe  ($inrid)tung,  bat  im  l'aufe 
ber  Reiten  ba£  gerabe  (Gegenteil  feiner  einftigen  ^öirfung  erjeugt. 

$Jdb,mert,  eine  2(utorität  auf  biefem  (Gebiete,  fagt  barüber  folgcnbc*' 
für  bie  ^forjfyeimer  2Jerl)dltniffe  bcfonberij  ^utreffeube: 

„Tie  jünftigen  Weroerbc  waren  im  l'auje  ber  ^aljre  weit  weniger  jaljl- 
rcid)  unb  oicl  uubebeutenber  geworben,  als  bie  uujüuftigen.  >ne  waren 
j.  X.  aud)  weit  leichter  zu  erlerneu  unb  »erlaubten  boa)  eine  gefefclia)e  ^.'eljrjett, 
Süanberjeit  unb  SHeifterftütf,  —  bie  unjünftigcn  bewerbe  reprftfcntierten  mcift 
ben  fcftweren,  fomplüiertcn  unb  fuuftoolleren  betrieb  ohne  Vetjr^  unb  Zauber- 
jabre  unb  iNeiftcrftutf  bazu  uonufdneiben.  Tic  künftigen  (Werbe  waren  mein 
auf  if)ren  alten  Stufen  ftefyen  geblieben,  wabrenb  bie  freien  (bewerbe  jum 
Munft*  unb  Jabrifbetrieb  oorgeidnitten  waren  unb  alle  neuen  (rrfinbuugcn 
ausnufcten.  Tie  künftigen  (Mewerbe  bebienten  fidi  meift  einfadjer  äikrfjeugc 
unb  ber  rotyen  .öanbarbeit,  wogegen  bie  unjünftigen  (bewerbe  iNafdnnen  unb 
2lrbeitöteilung  auwanbten.  Tie  gttnfrtgen  (bewerbe  puren  privilegiert  unb 
fdjloffen  anbere  Mitbürger  uon  itjrcm  (rrwerbe  au* ;  —  bie  uuuinftigen  genoffeu 
feine  3Jorred)te  unb  mehrten  niemanb  ab.  Tie  jünftigen  (bewerbe  riefen  fovt= 
wätyrenb  naa)  3taatef)ilfe  unb  ^Ibruebr  ber  9JidjtpriDilegicrten  unb  oerurfadjtcn 
bem  Staate  grofre  2terwaltungöfoften,  —  bie  unjünftigen  wollten  uom  3taatc 
nid)t  beuormunbet  fein.  Tic  einftigen  (bewerbe  führten  foftipielige  ;}unft' 
projeffe  unb  oerfeinbeteu  fid)  untereinanber,  —  bie  unjünftigen  braudjten  fein 
@ktt)  bafür  auszugeben,  fie  oertrug'en  unb  förberten  fid)  gegenfeitig.  Tie 
jünftigen  (bewerbe  bedten  nidit  einmal  beu  l'ofalbebarf,  bie  freien  erportierten. 
Tie  jünftigen  QJetoerbe  maren  in  ber  s-?lnnalnne  uon  Hilfsarbeitern  an  foldie 


*)  Öcnerallaubcoardnu,  (^otljein,  ^unftaften,  „^forjbeimer  ^eobadjtcr" 
unb  „Änjeiger",  $anbeldfammerberia)te. 


Digitized  by  Gc 


^forabeim  im  19.  Sabrfmnbert. 


421 


$trfonetl  gebunben,  welche  bie  (bewerbe  MUiftmäÄig  erlernt  fyatten  ober  erternett 
wollten,  -  btc  freien  (bewerbe  fonnten  alle  arbeitsluftigen  ^erfonen  oer^ 
wenben  unb  fid)  biefelben  beranbilben.  Tie  künftigen  Gewerbe  jal)ltcn  meift 
geringere  Arbeitslöhne  nnb  gaben  ihren  Lehrlingen  unb  (Gefeiten  wenig  3ln= 
regung  *ur  Aortbilbung,  —  bie  freien  (bewerbe  Ahlten  höhere  Löhne,  jumteil 
anfebnltcbe  Webalter,  fie  hatten  bte  neueften  ^etriebsmethoben,  bie  heften  Werf- 
jeuge  unb  iWafdjmcn  unb  bilbeten  bie  Arbeiter  fort.  Tie  jünfttgen  (bewerbe 
matten  iljrc  vetjrltnge  unb  (Gehilfen  erft  fpdt  erwerbsfähig  unb  felbftänbig, 
unb  brütften  ben  wirtfchaftlidjen  Wert  beS  Arbeiter«  herab,  —  bie  freien 
(Mcwerbc  gaben  fd)on  beut  Anfänger  feljr  balb  einen  ihm  gebüljrenben  8o$tl 
unb  beförderten  in  jeber  ftinfiebt  ben  2>erbiettft  burd)  Arbeit.  Tie  künftigen 
(bewerbe  hielten  unnüfcc  ^unftücrfammlungen,  beförberten  ben  Äaftengeift  unb 
hatten  bcmoraltfierenbe  Verbergen,  —  bte  freien  (Mewerbe  bilbeten  freie  C^enoffen; 
fd>aftcit,  fdjufcn  freie  Äranfen?  unb  Unterftütjungsfaffen,  grünbeten  Arbeiter^ 
bilbitngSoeretne  unb  förbertcu  ben  wahren  (Memetnftnn.  Sebent  jünfttgen  Oie= 
werbe  ftanb  ein  blübeubeS,  ftrebfames  freies  (bewerbe  gegenüber.  ^enes 
uermodjte  mit  feinen  furjfidjttgeu  fingen  ntd)t  über  bas  Wcidjbilb  ber  Stabt 
f)inaus$ufeben  unb  hatte  nur  aal  streben,  bas  lofale  Sicbürfnis  ju  beliebigen, 
lodhreub  biefes  feine  flirte  nach  fremben  Kälbern  nnb  Weltteilen  hin  richtete 
unb  barnad)  tradjtcte,  für  alle  Golfer  ju  arbeiten  unb  feine  ^Jrobufte  auf  ben 
Weltmarft  |U  bringen,  fettet  wehrte  bie  Arbeiter  ab,  biefe*  50g  fte  an; 
jene«  flagte  über  Verfall,  biefes  freute  ftd)  feines  2luffd)wungs ;  jenes  fürd)tete 
fid)  uor  ben  Jyortfdnitten  bes  9Hafd)inenwejens,  uor  neuen  Erfinbungcn,  oor 
irrleidjterung  bes  2?crfcbr$,  biefes  jubelte  über  jebeu  neuen  Triumph,  bes 
IKeufchengeifteS  unb  über  jebc  ^efettigttng  einer  ©djranfe  bes  freien  ftanbels." 

Tiefe  Ware,  bie  vi*erl)ältniffe  fdiarf  fenn\cid)ncnbe  parallele  jeigt  auf« 
eflatantefte,  baft  ber  Wunfd)  nad)  Wiebereinführung  jener  mittelalterlichen  3unf11 
einriebtungen  ein  total  uerfehlter  ift.  Ta  bte  ^robufte  beS  Wrofcgewcrbes 
billiger  unb  beffer  *u  befommcu  ftnb  als  bie  beö  Kleingewerbes ,  fo  ift  eS 
nach  unb  nad)  Dahin  gefontmen,  bafj  ber  geprüfte  Wetfter  bie  ^roDufte  feine» 
(Gewerbes  nid)t  mehr  felbft  anfertigte ,  fonbern  btefelben  au«  3:aor^en  uno 
^anufafturen  be^og,  bamit  ein  faufntännifd)eS  (bewerbe  betrieb  unb  ftd)  bamit 
begnügte,  gewerbliche  Tienfte  ju  »errichten.  Rentier,  Jtfirfdmer,  SJudjbinber, 
.vuitmadier,  ^ofamentierer,  .Kuopfmadjer,  9cagclfd)iuiebe,  9Jieffcrfd)micbe,  9tabler, 
©ürtlcr,  Ubreumad)er,  ceifenfieber,  ja  fogar  teilweife  bie  (Berber,  bejieljen 
ihre  vHcrfaufsgcgenftanbe ,  minbeftens  bie  feinen,  aus  ber  ftanb  ber  Örofc 
gewerbetreibenben,  meldie  in  ber  ßunftgeii  fd)on  jebcS  Ocwcrbe  ohne  ^öe= 
fdnänfung  betreiben  burfteu.  Auf  biefe  Weife  war  es  fd)lcd)terbingS  unmöglid), 
baji  ftd>  ber  Wemerbefleife  *u  ooller  "ölüte  entfalten  fontttc.  $n  einer  Seit,  ba 
ber  Wrobfdmtieb  mit  beut  Aeinfdjmicb  unb  .vmffdjmieb,  ber  Weifrbrotbäcfer  mit 
bem  8d)mar5brotbätfer  in  Sunftfeljbc  lag,  tonnte  fid)  fein  gefunbcS  wirtfehaft* 
liebes  Veben,  unb  wo  polueilid)c  IVafmahmen  ganje  Steige  °er  Tfmtigfctt 
Utyttl  legten,  tonnte  ftd)  fein  (MroHhonbel  eutwirfeln,  ber  bie  o«öuftrtc  belebte. 
Ta  ftoefte  ber  natürliche  Umlauf  ber  Arbeit  unb  bes  (Selbes,  ba  Ratten  ftd) 
Armut  unb  9cot  eingeniftet  unb  bie  ^eoölferung  in  ber  Entwirtlung  beS  Wohl- 
ftanbeS  unb  in  ber  Serebelung  bchinbert.  Tiefe  trrfdieinnngen  tvaten  fo 
beutlirii  |u  läge,  bafi  ftdi  bie  rHegicrnngen  enblid)  jur  Einführung  ber  Wewcrbe^ 
freiljeit  genötigt  fallen. 

Tiefelbe  hat  alsbalb  einen  mädjtigen  Umfd)wung  heroorgebrad)t.  *^for^ 
heim  >dhlt  heute  baS  81  sfadie  ber  Crinwobnenahl  oon  18UO.  Unb  ba  ergiebt 
ftd)  bie  merfwürbige  Jhatfaaje,  bafj  \u  jener  ,^eit  ber  Slrbeitsloftgfeit  bie  anS= 
gefaugte,  mittellofe,  hauptnnülid)  ^Irferbau  treibenbe  ^eoölferuug  oiel  gu  bicht 
fafe,  um  fiel)  genügenb  ernähren  ju  fönneu.  TaS  Sunfthanbwerf  fonnte  feine 
•Öilfe  bieten.  Ta  war  es  bie  freie  ^nbuftrie,  weldie  jur  äefferuug  ber  wirt* 
fchaftlidu'n  Vage  beitrug  unb  bas  ftanbwerf  in  Nahrung  fe\jte.  fteute  ift  fie 
bte  bominierenbe  ^iad/t  ^forjheimS  unb  l;at  ber  ctabt  ju  Wocjltjabenf^cit  unb 


422 


Worabcim  im  19.  3abrbunbett. 


jum  9tof)me  einer  Söeltinbuftrieftabt  oerbolfen.  8m  Ueberuölferuug  ift  nirfit 
nur  feine  Nebe  tnel)r,  fembern  cä  fe$(t,  fo  grofr  audj  immer  ber  8lMurt  *>on 
au|en  ift,  immer  noa)  au  Slrbeitdfräftcn.  Tiefe  (Srfolge  follten  ber  ^nbuftrie 
nidjt  oergeffen  werben,  namentlidj  nidjt  in  .franbroerferfreifen,  beren  iüof)l  unb 
sfi}ef)e  mit  jener  aufs  iuuigfte  oerbunben  ift. 

3>ie  in  ben  legten  ^afjren  ju  läge  getretenen  öeftrebungen  jur  2Üieber= 
einfüljrunq  ber  Innungen  wollen  baä  unbeftreitbar  Wute,  ba*  bie  einfügen 
.fünfte  mit  ftdj  bradjteu  mit  ben  Wnforberungen  ber  neuen  3^it  in  ßinflang 
bringen.  3?er  3 e»ir  aHttliu n gl a ui f $uf  bcjroedt  bie  Bereinigung  fämts 
lirtjer  fcanbroerfäöereine  ^for^eim^  unb  bes  Skjirfä  unb  bie  Hebung  beä 
ftanbroerfe  im  allgemeinen.  Cbenneifter  ift  cdnferbeder  "^eter  }toff.  ,^u  ben 
freien  3unun9en  $äf)Ien:  Tie  allgemeine  ftanbroerferinnung,  bie  freie 
3}äder<snnung,  bie  freie  Innung  ber  barbiere  unb  Jyrifeure  beä  s#ejirf3  unb 
bie  freie  SJialerinnung  für  ^for^eim  unb  Umgebang.  $u  ben  8  mang  3; 
innungeu  gehören:  Xie  Sattler;  unb  lapejier^ Innung  für  ben  «cjirf  unb 
bie  ©rfjreiner^nnung. 

Slm  25.  Oftober  1806  oeratd)tete  bie  Stabt  ^forjtyeim  auf 
ba§  ityr  laut  3nterim3befel)l  com  12.  3uli  1723  juftetyenbe  9*ed)t, 
ba§  in  ben  natje  gelegenen  Dörfern  feine  Strömet  unb  feine 
#anbroerfer,  al§  Sdjmiebe,  3Bagner  unb  Setneroeber,  unb  baj$ 
nur  in  Orten,  bie  93aberecf)t  befafjen,  aud)  ÜJle^ger  unb  $äcfer 
aufgenommen  werben  burften.  $afür  erbat  fid)  bie  (Stabt 
roieberfyott  53eftätigung  ifyrer  s$rioilegien ,  rote  foldje  audj  furj 
juoor  ber  (Stabt  Satyr  jugeftanben  roorben  roaren;  mit  roetdjem 
@rfolg,  tyaben  mir  an  anberer  Stelle  erfahren. 

3)ie  fünfte  roaren  eingeteilt  in  ©tabtjünftc  unb  in  ©tabt= 
unb  Sanbaünfte.  Qu  ben  erfteren  5ätylten  bie  33äcfer=  unb  9JlüHer= 
junft  mit  ber  Verberge  im  Stern,  bie  $8au$unft  im  ftreuj,  bie 
Järberjunft  im  Stern,  bie  Jlafdjner*,  ^inngiefjer*,  Keffer*  unb 
$upferfd)miebjunft  im  Söalbtyorn,  bie  glöfferjunft  im  9töfjle,  bie 
©ürtler*,  Jtammacfjer;,  33ürftenmad)er*  unb  Stürfdmerjunft  im 
Scfyroanen,  bie  ftufer*,  $übler=  unb  ^Bierbrauerjunft  im  SHömifctyen 
ftatfer,  bie  We^geraunft  im  Saub,  bie  ^agelfctymiebjunft  im 
Stern  unb  bie  SHotgerberjunft  im  Samm. 

Qu  ben  Stabt*  unb  Sanbjünften  jäblten  bie  2)ref)erjunft 
mit  Verberge  im  Stern,  bie  ©laferjunft  ebenbafelbft,  bie  Seine» 
roeberjunft  im  ©olbenen  3lbler,  bie  Sattlerjunft  im  3Balbf)orn,  bie 
Sdjloffer*,  33üd)fen*  u.  SÖinbenmactyerjunft  in  ber  $anne,  Sctymiebe= 
unb  ^Bagnerjunft  im  Sdjiff  (jetyt  Sd)mtbt  am  Warft),  bie  Scfyneiber« 
junft  im  Wappen,  bie  Sdjreinerjunft  im  Scfyroanen,  bie  Sdjuf); 
madjerjunft  im  Stern,  bie  Seilerjunft  im  Scfyiff  .*) 

*)  %a$  gauje  ^unftuermögen  ber  Sunfte  beftanb  bei  ber  Muflöfiing 
in  Siegenfdjaftcn  im  Lüerte  uon  »119  fl.  08  Är.j. 

in  ftaljrntffeu       „      „      „  573  fl-  35  Ärj. 

in  ^orberungen    „      „      „  3921  fl.  51  Ärj. 

in  Äaffcnuorrätcn  „      „      „  1045  fl.  30  .Hry 

Summa    I  i  «HO  fl.    4  Mrv 
hierauf  hafteten  3a)ulben  6376  fl.  39  &v\. 

«lieb  alfo  ein  Vermögen  »on  8283  fl.  25  Ärj. 


Digitized  by  G 


^forabeim  im  19.  3abrbunbert. 


423 


9tac$  bcn  babifcfjen  ©eneral*3unftartifeln  oom  3af)re  1760 
muBte  ein  ©efelle  nad)  oollenbeter  2öanberfd)aft  imb  ct)c  er 
Steiftet*  werben  fonnte,  feine  9Jfut»  nnb  Sitjjeit  erftanben  fjaben.  2)er 
auS  ber  Jrembe  Ijeimgefefjrte  ©efeüe  burfte  nämltd)  nad)  gertigung 
bes  9tteifterftücfS  nid)t  alSbalb  felbftänbig  arbeiten,  fonbern  mufjte 
fid)  erft  minbeftenS  ein  Qa^r  als  eine  Ärt  ®efd)äftSfüf)rer 
erproben.  $aS  5Jteifterftücf  mufjte  im  #aufe  eines  3uuft*  ober 
Obermeisers  gefertigt  werben.  2öar  bieg  untfjunlid),  fo  fertigte 
ber  Stücffnedjt  baSfelbe  .jpaufe  unb  würbe  ba  oom  Ober* 
meifter  unb  ben  übrigen  baju  beftimmten  ÜJteiftem,  benen  er 
einen  £runf  unb  QmbiS  oorjufe^en  Imtte,  fontroüiert.  $er 
Beurteilung  beS  StücfeS  wofjnte  als  UrfunbSperfon  ein  ftaat* 
lieber  Äommiffär  bei.  flranfe  Öefjrlinge  unb  ©efellen,  aud) 
jugereifte,  mürben  in  ber  Verberge  auf  3""f^often  oerpflegt. 
Qeben  feftlidjeu  Wnlafj  im  $aufe  beS  &mbeSf)errn  feierte  bie 
3unft.  ©elegentlid)  ber  im  Qafjre  1822  uorgenommenen 
£ulbigung  für  ben  ©rojjfjerjog  Subioig  oerbraudjten  j.  33.  bie 
sJJieifter  ber  «ärferjunft  auS  ber  3unftfaffe  57  fl.  36  Stv^.  für 
3ef)rung.  9Cu|  eine  3)ireftorialoerfügung  bin  mufjten  fie  biefen 
betrag  mieber  erfetjen,  unb  gleid)jeitig  raurbe  ifmen  bebeutet, 
ba&  eine  3Bieberf)olung  foldjer  ^ecfjereien  auf  Qxm\ tfoften  fernerhin 
nid)t  gcbulbet  merbe.  3)en  3unfti'ed)nung,en  jufolge  (eifteten  bie 
fünfte  in  ben  .Qafyren  oon  1799 — 1815  freiwillig  ÄriegSbeifteuern, 
fo  jaulte  bie  Bäcferjunft  bis  1803  125  fl.  (Sine  fter)enbe  SKubrif 
in  oen  iHedjnungen  ift  baS  ©rabtud),  loooon  jebe  3u"f*  il>r 
eigenes  befafj  unb  für  beffen  ^nftanbtjaltung  fie  ju  forgen  r)atte. 
gerner  mufjte  jeber  Ütteifter  bei  feinem  eintritt  ber  3rrenl)auS= 
oerroaltung  3  fl.  jaulen.  gür  arme,  511m  Militär  eingebogene 
TOeifterför)ne  floffen  freiwillige  Beiträge  .in  bie  3"nf^°^c-  9(ud) 
bie  Suppenanftalt  im  .fmngerjaljr  1817  mürbe  größtenteils  oon 
ben  fünften  unterhalten. 

Unterm  21.  September  1811  rourbe  laut  Sftimfterialerlafj 
oerorbnet,  baß  armen  ftnaben,  weldje  ein  ^anbmerf  erlernen 
wollten,  biefer  Borfat}  in  jeber  2Öeife  erleidjtert  werben  foüte, 
fobalb  oom  (Erlernen  eines  gangbaren  ©efrfjäfteS  bie  ^ebe  fei. 
$ie  Gin-'  unb  3(uSfd)reibegebüf)ren,  fomie  bie  fonft  obligaten  £rinf; 

lieber  1000  fl.  flermöaen  befafte«  3  fünfte 


2  „ 
8  „ 


60  fl. 
Unter  60  fl. 
llebcrfcfjulbet  waren 


0 


n 


11  ■ 

19 


39  fünfte 


£ie  Qcfamtübcrföulbuna,  betrug 
£auon  tarnen  auf  ^forjljeim  6  mit 


424 


^forabeim  im  19.  3afcrbunbert. 


gelber  mußten  bei  foldjen  ^Berfonen  in  SBegfatt  fommen.  3>n  ben 
Qafjren  1810 — 1811  mürben  feine  2Banberbi£penfe  gegeben,  roie 
foldje  fonft  in  befonberen  gällen  gegen  ßrlegung  oon  12  fL 
erlangt  roerben  fonnten,  „roeil  bie  jungen  *)3urfd)en  megen  be§ 
Krieges  nic^t  mefjr  roanbern  burften". 


Unter  ben  älteften  inbuftrietten  Setrieben  ber  <Stabt 
nennen  mir: 

?te  3tnftfttfiftn'Me  öndif anriß. 

©ie  ftanb  auf  ber  Qnfel  unb  benutzte  bie  Sßafferfraft  be§ 
fog.  $uloergraben§.  5lu§  bem  2anbe§maifenf)aufe  fjeroorgegangen, 
fam  fte  1750  in  ben  93efttj  ber  girma  ©ofynlid),  Deimling  unb 
SBecfer.  $a3  heutige  3(uguft  ftiefmle'fcrje  $au3,  (Scfe  ber  £t>eater* 
unb  ©nnmaftumftrafje,  mar  ba§  ginfenftein'fdje  2Bofmf)au§,  fpäter 
(1821)  mar  e§  bie  nunmehr  ©In'iSmann'fdje  Sßitla  auf  beu 
3nfel.  $ie  gabrif  befcfjäftigte  ein  bebeuteubeS  *ßerfonal  unb 
fdjicfte  norf)  »tele  Arbeit  jum  Spinnen  in  bie  SlrbeitSrjäufer  be§ 
£anbe§.  3m  3af)re  1801  ging  bie  *ßforjf)eimer  !©oüfabrif  an 
Jeremias  griebrid)  ©ülid)  über,  benen  ein  neuer  ^viuilegienbrief 
uon  ber  £errfdjaft  au3gefteüt  rourbe.*) 

3)ie  im  3»af)re  1801  gegrünbete 

£afmiaßfaßrtß 

mar  1804  in  eine  crjemifdje  gabrif  ermeitert  morben  unb 
probujierte  unter  ber  girma  SöulpiuS  unb  93red)t  befonberS 
Sauertteefaljfäure,  SEBeinfteinfaure,  (5d)eiberoaffer,  dttmfatg  :c. 
(Später  ging  ba§  ©efd)äft  an  bie  girma  Söencfifer  unb  SHetnmann 

♦)  Xet  Xudifabri!  mi\d>,  fpäter  öülid)  unb  Jvinienftein  (lefcterer  ein 
getaufter  3ube,  fam  in  ben  9iapoIeon'fd)cn  Kriegen  alä  Slrmeelieferant  aus 
Defterreid)  nadj  ^forjbeim),  rourbe  bei  ber  irtablierung  im  Jafyre  1778 
bie  3ufi$erun9  gemadjt,  bafc  fte  alljätjrlia)  100  Klafter  33rennbolj  c we- 
hen t>errfa)aftlid)eit  Salbungen  um  geminberten  ^reiä  bejie^en  bürfe,  unb 
jroar,  roie  ei  im  'Prioilegienbrief  roörilia)  Ijeijst:  ,3Utd)  wollen  ^Ijre  f)od)füxp 
lia)e  2)ura)Iaud)t  ber  Kompagnie  oon  bemjenigen  fcolje,  roelajeS  bisher  oor 
ba8  SBaifenfwu«  geflößt  roorben  ift,  ein  jaljrlicfjcd  Quantum  oon  1Ö0  3WeB 
iebed  au  6  8a)u^  roeit  unb  bod>,  an  benen  Orten,  roo  bem  9Baifen&auS  feine 
SBetroljigung  angeroiefen  roirb,  $ufommen  Iaffen;  jebenuod)  bajj  für  jebeä  3He« 
30  5trj.  ©tammgelb  unb  aüe  Unfoften,  fo  bei  bem  Jpauen,  S(uffe$en  unb 
aIöhcu  aufgeben,  gleich  aiv  oon  bem  s.fiiaifciU}au$  gefdjtef)t,  be^abit  roerben. 
GS  bleibt  aud)  ber  Kompagnie  frei,  biefcö  Quantum  uidjt  gan3,  fonbern  nur 
}u  einem  Xeil  ju  nehmen,  roenn  fte  beffen  nidit  footel  brausen  foDte."  tiefer 
greift  betrug  im  %al)te  1834  einfdjltefclia)  3)tad)er;  unb  Scfcerlotm  1  fL  30  Krj. 
pro  ftlafter.  £a8  Älafter  ftolj  ftanb  aber  bamalS  auf  7  ®ulben.  ^infenftetn 
bejahte  alfo  5  ©ulben  30  Mrj.  roeniger,  road  bem  ftiSfu«  jä^rltd)  eine  gam 
erftetfltdje  Summe  foftete.  311$  mit  tfinfenftetttS  Job  1864  bie  ftabrif  einging) 
rourbe  biefeä  ^rioiteg  abgelöft. 


I>ao  3tnJteuficin*rdii'  Sfitöhficn  auf  hex  3n(cf  in  &cn 

4Öeir  $af}xen. 

(3m  Criginal  ju  fyaben  bei  28.  Söerggöfc  Söroe.,  ^forjßeim.) 


I 


«Bforgbeim  im  19.  3abr&unbett.  425 

übev,  meld)e  e§  erfjeblid)  erweiterte.  (£§  mürbe  in  ben  legten 
3ai)r$efmten  nad)  £ubn)ig§bafeu  oerlegt.  (Sin  anbereä,  äfmlidjen 
Unternehmen,  be§  (£f)emifer3  Uugerer,  ging  in  ben  60er  3»af)re$ 
roieber  ein. 

s-ZBäf)renb  fo  oiele  geroerblid)e  betriebe  eingegangen  ftnb, 
tarnt  oon  einem  anbcrn  3aV&unberte  alten  f)iefigen  ®efd)äfte,  bcm 

^ifenöammcr*) 

berichtet  roerben,  ba§  ba§  Söerf  gegenwärtig  oon  ©runb  au3 
nenjeittid)  eingerichtet  morben  ift  unb  bie  Jabrifgebänbe  groß- 
artig umgebaut  mürben. 

3In  ber  Stelle  ber  Slbjroeigung  be§  oberen  üftfiljtfanalS 
au§  ber  <£nj  raurbe  bie  erfte  Safferfraft  beSfelben  fctjon  in 
früheren  3e»ten  Su  ewcr  marfgräflid)en  .g)itf=  unb  2Baffenfcf)miebe 
ausgenützt.  Ueber  bie  ältefte  ©efd)id)te  be§  QHfenmerfeS  fjabeu 
mir  fdjon  oben  berichtet.  @3  mürbe  ermähnt,  ba§  ba§  Jammer* 
roerf  laut  bem  1747  ju  Söilbbab  gefdjloffenen  Vertrag  oon  bem 
großen  ©c^eiter^oljflop ,  ba§  aüjäbrlict)  hier  burdjging,  ein 
Quantum  oon  1500  klaftern  erhielt,  ©djeitertjotj  511  1  ft  56  $rj. 
ba§  Klafter,  93engelbolj  ju  1  fl.  30  9tv^.  3)iefe§  .f)olj  roarb 
auf  bem  3Berf  ju  $of)len  oerbrannt,  meiere  beim  ©infa^meljen 
im  §od)ofen  reicr)lid)e  33ermenbung  fanben.  3lbenb§  mar  e§  ein 
eigener  3lnblicf,  wenn  au§  bem  Schlot  be§  £>od)ofen§  bie  roeittiin 
ftd)tbare  Slamme  fdjlug.  $lud)  ben  bumpfen  £d)lag,  ber  burd) 
2Baff  er  traft  getriebenen'  ferneren  Jammer,  mit  melier  bie  (Sifen* 
blöde  bearbeitet  mürben,  ^örte  man  bei  ©efhoinb,  befonberS 
|ttt  Wadjtjeit,  bis  roeit  in  bie  (Stabt  hinein. 

$ou  etma  1850  ab  leiteten  bie  trüber  5Iuguft  unb  SJiorifc 
©enefifer  ben  betrieb  be§  2öerfe3 ;  letzterer  als  ftubierter  Kütten* 
mann  befaßte  ftet)  f)auptfäd)lid)  mit  bem  betrieb  beS  #oä)ofen§ 
unb  ber  ©iefjerei,  mäbrenb  Muguft  93encfifer  bie  fiel)  rafd)  ent= 
wicfelnbe  9Jkfd)inenfabrif ,  baS  2Baljroerf  auf  bem  „untern 
Jammer"  unb  ba§  neue  Unternehmen  beS  $rüctenbau$  leitete.**) 

♦)  eie&e  Seite  191. 

••)  £ic  Jirmo  «enefifer  b,at  bureb  i^rc  «rütfcnfonftritftionen  einen 
enropäifdjen  9tnf  erlangt.   6ie  lieferte  u.  a.: 

A.  Xit  «rücfen  über  ben  3t  b,  ein: 

1.  «ei  Monftanj  808, 100  kg 

2.  «ei  SUalbelnit  502,400  kg 

3.  «ei  «ajel  1,187,«00  kg 

4.  «ei  «afel  bie  3oi)annttcrbriicfc  1,128,000  kg 

5.  «ei  Strasburg  1,170,300  kg 
«.  «ei  Wermertljeim  1,817,800  kg 

7.  «ei  Wannfjeim  3,174,600  kg 

8.  «ei  SJlainj  3,500,000  kg 

B.  lieber  ben  Wecfar. 

9.  «ei  9le(farl)nu|en  (ftorb)  147,200  kg 
10.  «ei  maxbaä)  1,197,000  kg 


Digitized  by  Googl 


426  ^fotabeim  int  19.  3abtbunb«rt. 

3u  Anfang  be§3al)re§  1855  befd>äftit^te  Gbriftopb  $enctiier 
im  .frammermerf,  öifengiefjerei  unb  in  ber  med)anifd)en  s<Berf* 
ftätte  200  Arbeiter. 

$er  93rücfenbau  mürbe  in  ben  70ev  fahren  nad)  Shibmig** 
l)afen  oerlegt.  Ta3  SBaljroerf  auf  bem  unteren  Jammer  mar 
oorber  fdjon  ein^egan^eii  unb  ba*  flanke  bortige  flreal  mit 
3Bafferfraft  an  33anfbireftor  9luguft  Käufer  oerfauft  morben. 
(Siebe  bauliebe  SBeränberungen.)  $a  burd)  bie  oeränbtrten 
allgemeinen  $erfebr§=  unb  ^BetrtebSoevhältniffe  ber  33e$ua,  be* 
fertigen  diofyeifettS  in  SJlaffe  vorteilhafter  mar,  ale  ber  äitfauf 
be§  (£ifenerje3  unb  ba#  Sdjmetjen  beäfelben  int  eigenen  .§od)ofen, 
fo  mar  aud)  ber  föodjofenbetrieb  eingeteilt  morben. 

3n  ben  80er  3abren  mar  ber  oorfjer  fo  bebeutenbe  tyt 
trieb  ber  .frammerroerfe  etmaS  eingefdjränft  morben.  Um  fo 
freubiger  ift  e$  ju  begrüßen,  ba§  ber  beseitige  ^öeft^er,  £err 
Dr.  tMuguft  Stencfifer,  mit  großer  (Energie  unb  oielem  Öefcbid 
ba§  $ammermerf  ber  ÜHeujeit  entfpreajenb  umjugeftalten  unb  ba* 
grofee  (£tabliffement  bem  biefigen  s}$lat>e  $u  erhalten  beftrebt  ift. 
Tie  eintönigen  J^abrif-  unb  siftagajingebäube  be$  alten  Werfer 
finb  oerfdmmuben,  groöe,  geräumige  fallen  mit  gefdpacfpollen 
Jfaffaben,  fomeit  fie  bie  ctrafte  begrenzen,  traten  an  it>re  3telic. 
.freute  fabrijiert  bie  Jymna  ^Baljmerfe  für  (*belmetalU\  aller  v)lrt 
^reffen  mit  Wiemenbetrieb  ober  Crleftromotoren ,  bnbraultidje 
^reffen  unb  'PreRpumpen  unb  JranSmiffionsteile.  Tie  ^ahl 
ber  Beamten  beträgt  4i>,  bie  ber  Arbeiter  450.  ^ür  bie  ^Inae* 
ftellten  ift  bie  meitgcbenbfte  (yürforge  getroffen,  (j*  beftebt  eine 
ftabriffranfenfaffe,  eine  5abrirmirtfd)aft  unb  eine  vöabeeinrid)tun$. 

11.  *ci  :un\ü»db  542.700  k* 

12.  Wei  «cdarqemunb  777.000  k* 
Vi.  iWi  iKüimbam  .MI,«««» 

C.  lieber  beu  .IKntn: 

l  t.  Hei  Meberrub  845,«>H>  ks 

ir».  *<ei  Aninffuit  725,000  k* 

D.  11  e  h  c  r  bie  a  u  I  b  ü  : 

1»;.  »<ei  vmutinutnlt  l'.'ütbeu  472  AX)  kg 

K.  ^  e  b  e  ti  t  e  ti  b  e  J<  r  u  d  c  n  in  W  a  ben: 

17.  ort  litorvhcim  Mo  -.Huer  ;Hnide  uber  btc  vrm             *UVO  k* 

1*.  „          „       bic  :»U»nbrude  7  !,*<«►  ka 

IM.  „                  Mf  ^abertuurfe  Htt><»  kj: 

)!*>.  „           ,.       Mi-  ;>UiuaMev  -inudt  112,7*«»  k* 

21.  lieber  bie  H\n\u\  bei  ctetnacti  lM.|,»Mm  ki: 

22.  Hoher  btc  Iiuiher  bei  Zierat  mbeun  1  ."»!*,  7»  *'»  ki: 
2:i.  (^-ihnljvhcim  1mv««i  k* 
24.  iHci  <*Wimbmn  IMnii  k*r 
2.\  Hei  Hiomb.uii  114,*«» 

F.  o  ii  b  c  i  is  f  a  l  \ : 
2»i.  Ter  ^mMift  bei  -'Wunhemt  77>>-.  kir 

Üur,ei-bftn  lieferte  Me  Attiitd  nort)  mhlietrtie  »uope  Druden  na.ti 
cijwtnj,  nad}  Ccücueict)  imb  Uiti^un.    ^liad;  Wab,er.j 


Digitized  by  Google 


^ifenfiammfr  von  "Ürndiiffr  in  brn  40er  3aßrcn. 

(^m  Criflinal  ju  Qatal  bei  iü.  ibcr^^öj  ixJruc,  'Vforjtjcim.) 


Google 


Worabeim  im  19.  Sabrbunbert.  407 

93rar»e  alte  ober  moaiibe  Arbeiter  erhalten  eine  angemeffene 
t*enfton.  Der  ^erbraud)  an  Wobguß  beträgt  2  500  000  k«r,  an 
3tat)l  500  000  k^.  s&*enu  man  von  bem  feitberigen  SBerbe* 
gang  auf  bie  3utunft  fd)lieften  barf,  wirb  ba*  $for^einter 
.ftammermerf  ein  Jabrifunternebmen  von  mächtiger  s,Mu*bebnuug 
werben.*) 

Per  itupfcrßautmcr. 

säm  Gingana,  be3  9Bflcmt6a(8  liegt  ber  ttupferbammer, 
ber  Jyamilie  Malier  gehörig.  Tie  3Berfe  fertigten  3d)aleu  ju  allerlei 
.Uupfergefäöen,  öterfeffeln,  511  Brennereifetfeln,  jemer  3tangen= 
fupfer  unb  ^rejjfupfcr  an.  3m  3abre  l^HO  betrug  ber  sier* 
bxaud)  an  ftupfer  etwa  400  Rentner. 


^c(6anif<6f  SSnrßflättctu  O^fofTereieii  unb  Stfimirbcn. 

Weben  ber  $for$bfimer  .Cmuptinbuftrie  bat  fein  ftefdjäftS* 
jroeig  in  beu  legten  20  fahren  einen  fold)  lebhaften  Muffdjnntng 
genommen  mie  bie  meebamidjen  ^ikufftätten,  fomie  bie  Jtunft= 
unb  $3aufd)lofferei.  (frftere  uerbanfen  ihre  Erfolge  ber  auf* 
blübenben  Bijouterie  ^nbuftrie,  für  roeldje  fte  bie  f rüber  von 
auSmärt*  belogenen  3ttaidptten  unb  SBerfjeuge  herfteUen.  i'etjtere 
floriert  infolge  ber  feit  12  fahren  faft  uuuuterbrod)en  auf 
gleidier  .frohe  ftehenbeu  Bauluft.  Tie  bebeuteubften  Wefd)äfte, 
roeldje  in  beu  50er,  (»Oer,  "Oer  unb  teilmeife  80er  3«bl'c  wtt- 
ftanben  bejio.  fdjon  beftauben,  fiub: 

OdfloITcr  (Oludtlrr.  oft  Ii  die  .HarlfriebridiitrnRe,  a,e»\euuber  bem  :Hmt 
häufe.  U'mlt  ftolmur,  ede  l'amm   unb  Wubermafte.   $  di  I  o  ITrr  Ulat  er. 

Mronenftrafie.  i^ljrotv  ftraft,  ccheurenürane,  baa  iMffdjdfl  »Urb«  vom  colm 
nad)  ber  ^ItüaM  übertrafen.  £.  JUurt  lr  .  -diloMer,  (jde  Winnen  unb 
fliiotheferaaffc.  itrr iiian it  (traft,  arone  Herberftrafu-,  in  beu  '>ucr  Rubren  : 
(Sefödfl  fpater  von  bem  3 olm  >\  Kraft  meiteriie fuhrt  unb  Denuonert.  (Turl 
Irr  gen.,  cdjloffer  unb  IKecbanifer,  fleine  Herhentr.  neben  3cbiveidetto 
Färberei,  12  Arbeiter,  eina,eattnuen.  Ulm  tm  |(lf rraatttt,  II.  HerberüraKe. 
lt.  i'iullrr.  Jbeateiur.  IH,  in  beu  »H »er  fahren.  5d|lolTrr  lUnlt.  flltftaM, 
.Happelhof  « icM  ifedmniter  «Höbelt.  $d|tolTrr  |üolf.  ^ruhh'tr.  $d)lofTrr 
|!friffrr,  (Sqmtwftumftrafre  iWetuier  bitten.  SdilofTer  |JfeirTrr,  erft 
Vammftrafee  (Hambrimm,  bann  im  heutinen  ttnroeien  Verrennet t'trafte.  ^e» 
fd)aftia.te  anfangt  1-  -Ü  Arbeiter«  jefct  IS  20:  Smocien  bebeuteub  oerajonert 
Durch  Neubauten,  rie  ^feifier'fdieit  ttaffftiftbranfc  imo  berühmt;  1*7«.  erhielt 
Inhaber  für  ein  runftooiie*  MunenfdiioB  ein  patent  Dirtp  «en.,  cdiloffer 
unb  Diechanifer,  früher  in  beu  -i  IKobren,  tillfuinerür.  gltrrkt,  2d)loffer, 
Hronenftr.    Alrranbrr  Üelhnnrr.  Mirdiemoea.,  "xi    soer  faktl,  fabriuerte 

•)  Hei  ber  (rinmeihuua  ber  \\u  Sfitfana.  bet  ttrieaee  ßtfpreitattn  .Hehler 
•Brude  erhielt  SiiOUfl  Henduer  bao  ttitterfrriH  ber  fraiubfudien  Crhrcnleqion 
unb  nach  flolietibutut  ber  Mannheimer  ^ruete  ba*  tttttcrfrem  I.  Hlnn'e  rom 
^dbrimier  Voioen. 


Digitized  by  Google 


428 


Worjbcim  im  19.  ^abrbuubett. 


Trebbunfe,  vohelmaütuueu,  Samten,  nta-Mc  au  b  ben  ^ermd)  mit  Valv.iuv 
hatte  babei  aber  meume:  e  nola.  t«H'i.iui't  uuia.  u:r  ben  iulm  u.vi,  meiern  r  n.i: 
>>crfti*llima  unb  :'icrnviitm mm  h'-nnaen  unb  i'ici'^iMcn  te.  henbamat.  .ml' 
tu  uia,leid)  .Mvilnitcn! ci  nu  "uiv.e  unb  <s'u'u>ulitc.   (Thrill.  (Orrfielr.  •'»<»  -v.- 
,"\uhre,  cohn  he*  lo  iuntvi'A  ber  'h>euur.auaA\  IKeilMnifer  u ;t £>  C lUtf^r,  n:  *  t : v 
eleftriMiiuumeti'dK'  .Mi  muv.te  ?ur  ~  rtiulm'ede    tUUlj.  $tal)J  gen..  ;u  Jlu» 
bei"  »>"cr  .Yahre  in  ber  vumm'trnv.e,   lairte   b.mu  ein  :M:iimieu  nur  oer 
i'on  Ainfeiuteut  für  I'.hmm»  fl.,  marine  iiniipt»:}  htitli  h-ertveuae  uub  }K.v  *.  : . 
iiir  Hoirmruuiebe.    \i.adi  hem  '.»(hieben  be*  ;\itbuber>>   auia,  ba*  <mm!  :'t 
ben  3 otm  über,  meldier  biete*  weiterführte  uub  uerarrmerte.    ceit  hemm  J.^. 
".Mufaua.  bor  ?n»er  ,V:lnc,   wirb   ha*   (»umbutt   mm   ber   ■•hMtwo  ctnhl  lr.'ttr 
ru'fuhrt,  Me  heidumiat  1*»  uub  mehr  '.Mtbeiter.   Ürdftler,  >"u  hautfer,  ;K.:ur 
fünfte  »beim  alten  Theater  >,  hatte  ein  fietne*  'mmlmit  mm  2    -i  '.»tibi itei at.  ;o: 
betrieb  iietuiali  buuh  ein  irm.  vnuünb  mm  einem  vmnbe  neweat.    ov  ma.'tv 
'h;erfuma,e  itnr»  (iiurnhtmnum  für  (mdbulüiuebe.    )u\d)  'invlttlei *  '.Htm' heu  -r-: 
ba*  (midnm  burdi  '^erlKuiutuna  an»  .'Javhantter  Vimb  über,  e*  würbe  bebe::: 
inui\remert  unb  mit  einer  «»ruiMaen  Tmmmmmhtue  au-Meümtet,   ama    rm  : 
an  reeaer  tt  11  r>  rdmetber  urer,  meinte  .vtriua  it.!)  halb  raiaiiT  tu  3eeaei  ::'•?• 
Mim  anbevte.    Unter  bei  m  ultimum  ve:;uua.  eeeaer*  cr'ieute  dd-   r.v>  "  ; 
fdmft  eine>>  am  teil  :'üife*(  bitimtur.blub  in  \vt 'teiiuun.  neuaer   -'Ku\l  -tue::  :.:-.: 
il'erfumae.    Tmli  mar   e*  m  teuer  erfuu't  unb   munte   hei   bem  vme 
(sk'idnift*a,anu  bei  "Oer  .Y'bre  :rcd<  eueratulett  streben*  ben  M.mfur*  air>ei.       <  ■ 
iDurbe  iHMi  AKeith'.mfer  nub  ^u.umieiir  (0.  -X.  foffirr  enmMien  u::b  mit  l\%::r: 
Ci'oht  tn*>  heute  meiter'U,,u!irt.    iUtlf|.  Idt^rrrr,  -"uMiantfer  u:ib  c^..:-'  .. 
^itu'Mattctuu'it,  mad.te  'i^e: f ;eu.K  Mir  im>".M".hmiebe.    lubmtQ  5ri|nril>rr. 
im  ilinl,   IKeJnutifer  unb  iatto'ier,   falr'iie:  :e  'J'Jeif umi.i:  iuv  «»•    b*  ;■  :v •  .■  > 
heidia'ttitte  i\    '»  ;'h  heiter.    ^d)nttdtrrt,  '  'le'.eiei,   ^ieuii'trai-.e  11,        r . - 
♦>'»ci'  ,\atuen.   (m\mere->  i^eMuiü,  fam  jeroiti  i;i  Mfittui umrbe  au  be;-.  vv   •  -. 
uerteat  tmb  iumi  ben  crimen  metter  hetitehen,  imiter  uou  C.  \'vi'er 
unb  tu'rauMieit,   Taiii  al-ei   :'.td>t  ;ur  reihten  iMHimd lumt  unb  i;':::^;  r,  •  :   b.  " 
Vttuebeu  iMuiv  au  imnfbtrettm-  ^l'.nu't  M^v.u'er  nertan'i :  bte  «me'u'i  ei 
it adi  Cettvheim  inuleat.    Carl  Ortiroirtirrt ,    ioiui   be>>   o^-  .ie;:,  a: 
eube   bei   »i'iet   ,\nlne  eine   Mu;iü'"d)UiM'etei   in   bei   u  u:une'.ÜM«;e  ^ 
(traue  .    Unter  her  umiurrmeu  ve-.tuua  be->   <\ulmhe;,«>   h.it   ud)  b,v> 
hebeuteub  iut anfiel t.    Tie  .uima  erhalt  ^nveileu  '.'luttiaae  iumi  \vT;. 
haumnid'iidiueu  e  nen.uiiMe  Miib  Kalküle,  ^'Utir,  isu'hi:;bei.  e'.'vrue  i i  :i 
firoftmantt.  •"i'.nduneuMhnf.  (eit  ben  7<»er  .\aluen :   baut  r>ii:ir'ii:  •<  v.^-n 
hnbiauiivhe  -."un'duueu,    ^ ; aiivuuiMoneu,   »eil   ber  C  itteUnua   ba    c.e!:. :  :  .:: 
Zentrale  ui'ei tuuimt  ba«>  <v,!niM   a:uti   bie    "\ituaUieruiii\   tvm  Vi'it:iu.ui:,    :  - 
'.'(ii'uellmttt  von   -"uueieu  u.  I.  u».     (Tnrl  (trtfprr,    t4ues;eret    in    ben  ~ 
.\ah:en.    Mudi'tia»;e,   m-.:r   .Neuuiieüer  u:ib  'ahuuerte  heuu^e»  tiei::e 
tur  •.•Ved>anifer.   (Ororg  i)ah.  Uhirrlf,  •.»Im-araieufaht it,  ci;eu.tt  rc".:. 
•^eibaiUi'»   uub  ^ ;  i'deit-.:,.i  •.:  ^:to  Mir  d'eiru»  ::.  unb  t'ha:  uuneuin 'he  ;  a:s:  > 
.uihiiteu»  iMeiiueieteu  u.  '.  w.    T  .iv  lli^vi;ie!i:ueu  aiu.i  au->  ber   ;        •:>  •.. * 
be»>  «'H-iM-a  ,\.!toh  "•'uule  hei  cor,  ba-  Ml'  n.h.m  l>.;o  ueheuha  bannt  fe'.- 
cuuelue  r»»t'i!iei  -HeouiMteu  '..i   .'UuMaetvU  her.nüelleu. 

Unter  ben   ".'et.r::;'  iieu'".;hn!e:i  u:ib  i; : e •  h au i »' :he :t     evt 't .'. 1 1 en  'ete::  .- * 
eniMhut  Die   »ietalhne'.ei  ei  :\ui  Onittill»  flittlfr         ?::i.u 'teilte  . 
,'veifu-.:a  '\.\<^-i:w\r  ■  :::':\:on  nm  C f tu  »S:  frikr   1  •'»  »tthette:     iv:t  $d|rrrlr 

unb  Ucljnrr    i^  n:  ,     ;ti  .  U'nrl  Ulrlirl,     ;  i  i -a  iöräimann 

'.Hi  bettet  ,    lOfbr.  Oaailtr,    >Je:f  ;eu.;e    «ur    "^l'  l-iM' hau    .  "w»  A  :  •  i " 
-H.  1 Ml    ";ft  i:i:i;o::»jt:e  i»iu:nal>  (5ullaw  l»id|trr,    "ul  en  uub  i  :• 
•  !:»:>  •JiiMiv.  .ue  ,    .1       m.  h.  »\  i| r i tt r i rti  UIHtrmuaitn,  . 
'ahtif   v  <   i    v:,  :te  ,  ill et t tdf l| o f r r .  fioll  \  Cir.  ($aarr  nnd  0«U>, 

.Hl-euibe  unb  ^wu^u-aieu         Jiu.-.e'^     ■■,  <Tatl  lltt^rrer,  Ive.f-e..  .  •-. 
lernte ru\    rJ"  '.'tu.te'tel.te.' 


Digitized  by  Google 


Worabeim  im  19.  3abtbunbert 


420 


Tat  dltefte  5d|mtebrQt fd)ätt  ift  baä  oon  3f Ijrtmairr ,  heute 
GifentyMtbbllty  von  $aurrlföf*r.   ?a*  3dmtiebea.efd)äft  uon  iuiblcr  in  ber 

Xagotbftrafu',  ebenfalls  jn  Anfang  bca  Aabrbuubert*  fdion  beftebenb,  ift  ein- 

fteute  Hebt  bio  ttrandie  ber  t\ciu  unb  Munüfdjlofierei,  ber  ttertfteugi 
fabrifation  unb  bev  ^einmetbanif  hier  auf  einer  beben  otufe  ber  ^ntroictlung. 
.^ablreidie,  utmteit  reibt  bliibenbe  ^erfftatten  finb  in  betuu'irtinftlid)  fegenoreieben 
Rubren  be*  lebten  ^abnelmts  erftanben.    iciebe  ^eneidmi*  ber  Netoerbe.) 

Sahrenb  be*  ganzen  Jö^tbunbertö  uerblieb  bie  Familie  $d)pttf  nsantt 
bem  ^efferfdjmicbeaaoerbc  treu.  xHu*  einer  tUttfdjrift  beä  i'icfferfdnniebö 
Sdjbncmann  uom  1.  '^nnuav  1820  gebt  b^roor,  bafc  bie  ctabt  ^forjbeim  aud) 
ein  ioa..  ccbcrenfdileifer  Mefoanotionogelb  bejog,  meldjes  oon  lHlo  bis  1815 
je  14  fi.  eraab.  9iun  mar  \u  jener  jjrit  in  finittbrrg  eine  WannenfUtfer--, 
»Spengler*  unb  Sd)erenfdileiferfolonie.  vJf  eun  IKitglieber  ber  lebteren  fd)nbtgtcu 
bie  ^forjbeimer  Weioerbetreibenben  bureb  ibr  SBanbergeroerbe.  311$  aber  and) 
Sdjbuemann  \\i  biefer  3üanbergen>erbefteuer  herangezogen  loorben  mar,  wer- 
roabrtc  er  fid)  mit  9Jcd)t  bagegen,  meil  feine  Verpflichtungen  fdjon  in  ber 
Wemerbefteuer  inbegriffen  waren.  Jür  bie  Jolgc  rourbe  i&m  bie  ttefognotion^ 
fteuer  erlaffen. 

Tie  SHafcbinenfabrif  oon  $rUttsrr  in  liefern  (für  ^apierfabrifation), 
foroie  bie  Jyabrif  Innbio trtf et) a f 1 1 i d) e r  (Gerate  uon  «Trauti  in  TiUracifoenftein 
haben  in  ben  legten  1<»  Jahren  einen  auuerorbentlidien  3luffd)uning  genommen 
unb  itomffafte  Crnoeiterungen  ber  trtabliffement*  uotmenbig  gemad)t. 


SBäbrenb  man  ben  6d)ul)mad)er  unb  ©djneiber  uielleidjt 
5tnei-'  ober  brcimal  im  ^abvc  braudjt,  ben  Sdjreincr  unb  3d)loffer 
nod)  feltener,  }o  finb  uns  härter  unb  9Jietjger  täglid)  notroenbig. 
Sie  finb  barum,  menn  aud)  uid)t  gerabe  bie  mid)tigften,  fo  bod) 
bie  am  meiften  in  sHnfprud)  genommenen  £>aubmerfer.  SB^enfl 
bei  biefeu  ©emerben  ein  Langel  fid)  $eigt,  fo  fpürt  man  bie3 
fofort  unb  oevlangt  Abhilfe.  3lnbere  £>anbmerter  fönnten  e3 
fd)on  einmal  magen,  it>vc  Qntereffen  benen  bes  s$ublifum3  uovan- 
jufleüen  ;  fobalb  aber  Örot  unb  3'U'tjd)  einmal  teurer  unb  fdjledjter 
mürben,  ba  mar  niemanb  geneigt,  SBäctern  unb  3Jtet}gern  ben 
l)öt)eren  ©emiuu  511  gönnen.  sJÜfo  mar  man  immer  bebadjt, 
benfelben  in  ben  ^uuftorbnungen  nid)t  juuiel  ftreiljeit  einju* 
räumen.  Man  bielt  fie  ftreuger  in  ber  $ud)t  ber  Obrigfeit  al3 
alle  anberen  «gmnbmcrfer.  3lber  anberfeit*  finb  biefe  (bewerbe 
aud)  bie  fidjerften  unb  einträglichen.  s4Öer  mit  bes  Leibes! 
Jiabrung  unb  sJJotburft  umgebt,  läßt  fid)  felber  juletjt  barbeu. 
SBenu  härter  unb  3Ret}get  il)r  (^emerbe  oerfteben,  fo  b^ben  fie 
einen  gefid)erteren  (5rmerb  mie  jeber  anbere  .^anbmerfer.  Sie 
feunen  il)re  5lunbcn,  bie  jugleid)  it)rc  s^iad)barn  finb,  beren  53e^ 
barf  unb  ridjteu  ftcf)  genau  barnad)  ein.  3)a5  aber  mad)t  fie 
aud)  leid)t  geneigt,  fid)  mebr  al§  ben  5!unben  oft  lieb  ift,  in 
it)rer  Stellung  511  füllen,  unb  e^  ift  barum  5U  feiner  ^Jeit  über 
jemanben  meijr  fritiftert  unb  gegolten  rcorben,  al§  über  ©äefer 


Digitized  by  Google 


430 


^forabeim  im  19.  Öabrbunbert. 


unb  9Hefyjer.  2lm  beutlicfyften  treten  folcfye  93erJ)ältniffe  Ijeroor 
in  einer  Stabt  mit  ftarfeu  Strbeiterbeüölferiing  roie  sßforrteim.  $te 
alten  3unftuorfcr>riften  waren  geroij?  an  mannen  «teilen  alljn 
ftrenq,  bie  freie  Bewegung  fjemmenb,  aber  mancfje  Hausfrau 
wäre  geroijs  nid)t  unjufrieben,  wenn  biefelben  nneber  eingerichtet 
würben.  Sa§  faltbar  nnb  bauernb  berechtigt  baran  mar,  ba£ 
bringen  nunmebr  vßoli(}eU  unb  Crtöoorfcfyriften,  nnb  jur  Qtyvt 
beö  ^panbmerf^  fei  es  gejagt,  nid)t  juletjt  aud)  bie  uon  ben 
freien  Innungen  in  gegenfeitigem  (Sinoernebmen  aufgefteltten  Re- 
inigungen jum  Sdjutje  bes  ftonfumeuten  mieber  jur  ©eltung. 

iöie  beute  nod)  tu  (leinen  x'anbftäbtcbeu  ber  vWirt  jwroeilen  aud)  Bäder 
ober  Webger  ift  unb  nebenbei  aud)  Vaubmirtidiaft  treibt,  fo  mar  H  aud)  früher 
in  unferev  ctabt.  Wad)  Holter  gab  es  im  ^abre  I81H:  4ö  Bader,  41  Wcbger, 
11  Brauereien,  H5  Stfeinwirtfdjaften,  alfo  eine  unoerbaltnismafiig  bobe  $al)l, 
bie  fid)  eben  baburd)  erflären  laßt,  pur  bcrfelbe  Wann  meift  jmcimal  ge$äl)lt 
war.  ^ab,re  1H«2,  al*  bie  3tabt  14  »HX>  tfinwobner  hatte,  mar  bie  ^at)l 
ber  Bäder  auf  22,  bie  ber  Dietger  auf  2o  gefunfen,  alfo  auf  bie  .oälfte  becs 
einfügen  BeftanbeS.  >t  ^aljre  1  *H H>  battc  H?for$beim  42  Bäder,  5«  Wefcger 
mit  Väbcn,  18  .Hunbcnmebger  unb  4  ^ferbemebger. 

3eit  182N  befafj  bie  Radier junft  eine  eigene  ^unftfatjnc,  bie  auf 
7  fl.  30  Mrj.  ju  neben  (am.  Beim  großen  „^oftbraub"  1810  ift  andi  ber 
„(Maine  Baum"  abgebrannt  unb  mit  bemfelben  bie  Bäderfabne.  sJtn  3telie 
berfelbcn  würbe  1H5<»  ber  alte  ^iinftfctitlö,  meldier  im  „ftnfer"  tpängt,  lieber 
bergeridjtet.  ^m  v>al)ie  1H47  mad)te  bie  Bädenunft  eine  tringabc  an  bie 
Regierung,  bie  Brottare  nad)  bem  "JJforjtyeimer  ftatt  wie  bisber  nadi  bem  Surladjcr 
Warft  }u  beftimmen,  be^m.  M'  erbauen,  mürbe  aber  abfdjlägig  befebieben.  Tic  Xare 
niurbe  in  ber  ii'eife  feftgefe^i,  baß  babei  ftets  auf  einerlei  Wcbä'd  oon  "liteijjmcbl, 
bejm.  ödjwar.j--  unb  Brotmeljl  im  allgemeinen  Müdiicbt  genommen  mürbe.  Sbcr 
biefc  Xanoeife  mar  iufofern  unooUfommcn,  al*  bao  (Mebäd  einen  ganj  oer^ 
fdjicbenen  ül'ert  bat,  je  nad)bem  eö  au*  Wifcbungen  ber  fünf  Wefjlfortcu,  loeldje 
bie  ^ei\eufrud)t  (Kernen  unb  ißeijen)  liefert,  gebadeu  ift.  Wan  bat  bafjer  im 
War*,  *pril  unb  Diai  1K45  oier  Wehlproben  unb  eine  Badprobe  burd)  oon  ber 
Regierung  beftimmte  Kommiffarien  unter  Sll5uö  0011  Bdder*Cbermetftcrn  aud 
oerfdnebenen  Vaubeägcgenben  in  ber  Bäderei  ber  -VciU  unb  ^flegcanftalt 
^Uenau  ooniel)iuen  laffen  unb  auf  (Mrunb  bc3  ^urdjfdjnitteirefultatee  ber 
Wetflproben  bie  Brotpreifc  feftgefetit.  ^u  bemfelben  ^al)re  mürbe  bie  ^er* 
fügung  uom  vVblc  fomeit  fie  beftimmte,  bafr  ba«  ber  2aje  uutenuorfene 

Munbcu'  unb  3d}ivar^brot  nur  in  V  a  i  b  e  n  von  langer  ,vorm  gebarten 
merben  bürfe,  oom  "JJiiuifterium  besj  Innern  aufgehoben  unb  ben  Bädern  aueb 
baö  Baden  beö  Brote*  in  runber  ^orm  geftattet.  ,v>n  ben  oon  1847  an  biä 
in  bie  Witte  ber  50er  ^ab^re  aubauernben  ^otjabren  mare  eine  beqörbltdie 
Garantie  für  ba4  jebem  Burger  jum  Vcben  erforbcrlidje  Quantum  jebenfaltd 
jroedmä^iger  gemefen,  al©  bie  lächerliche  Beftimmung,  ob  er  bad  itjm  mangelnbe 
Brot  in  langer  ober  runber  Jorm  \n  genießen  ba«J  Mied)t  Ijabe. 

3){aud)erlci  5lnfcd)tungeu,  aud)  oon  leiten  ber  6tabtbebörbe,  foftfpielige 
^»ro^effe,  iötrtetbigung^fdjriftcn,  Bittfdjrifteu  ?c.  jeigen,  bafj  bae  Bddergerocrbe 
in  jener  aufgeregten  ^eit  oiel  unter  ber  Unguuft  bcö  ^ublifum«  unb  unter 
bem  Trurfe  einer  millfurlicben  Büreaufratie  ju  leiben  luittc. 

-Ter  fd)lcd)te  (Mefd;aftögaug  im  Bijouteriegemerbe  oon  1874  bid  1H83 
madjtc  fid)  befouberä  aud)  bei  Wengern  unb  Badem  geltcnb.  mar  eine 
,Seit  ber  trbbe  unb  M\ü)c.  (rrft  l«8.!i  regte  fid)  mieber  ber  (Mefd)aft*geift 
etmas.  $m  Februar  18K.J  würbe  eine  freie  Badergenoffenfdjaft  gegrünbet  im 
2lnfd)luft  an  ben  beutfd)en  ^entraluerbanb  „Germania"-   Xit  Verberge  würbe 


Digitized  by  Google 


^forsbcim  im  19.  3abt&unbett.  431 

in  bic  „9Jofe"  »erlegt,  roofelbft  ein  fog.  fchJoarjeS  3Jud)  aufgelegt  nmrbe,  in 
ioeld)e$  oüe  fchroeren  ftrtlle  oon  „faulen  .Hirnben"  eingetragen  toerben  foUcn. 
Crine  Webtlfenorbnung  unb  ein  Wehilfeu6urf)  forgen  für  bie  einheitliche  Ste 
hanbluug  unb  «ejablung  ber  Wefcllen. 

(rine  Öefrf)äft$*  unb  fterbergSorbmmg  ber  $rttferqenoffenfd)aft  beftimmt 
bie  Vötme  ber  Olefellen  bei  ^(uör)ilfearbciten*  beren  SlrbciiSiett,  bie  Künbigung, 
baö  (*in*  unb  ÜluSfdueiben  ber  Lehrlinge,  bie  JyiinFtioncn  beö  SprechmeifterS, 
bie  Arbeitsteilung,  baS  Vefdnoerbeioefen  unb  bic  Konuenttonalftrafen. 

2lurti  ba«  gefellfdwftlidje  hieben  finbet  innerhalb  ber  otmung  eifrige 
Pflege  burd)  Kränjcben,  iBälle,  Monierte,  bei  benen  ber  gut  gefchulte  söäcfer- 
@efangoerein  jeioeilS  feine  lieber  oorträgt. 

r  o  t  *  unb  ©etreibepreife  1817 :  1  kalter  Kernen  60  fl., 
Joggen  34  fl.,  (Werfte  32  fl.,  üafer  2*  fl.,  ein  ciinri  (Srbfen  6  fl.  30  Ärj., 
fcinfeu  6  fl.,  ißelfchforn  5  fl.  30  Krj.,  Sltferbohnen  5  fl.,  fcirfen  8  fl.  48  Ärj., 
Kartoffeln  1  fl.  48  «rj.,  L  Mäfclein  ftirfengrie«  56  Kr$.,  ^5ei^mct)l  28  Krj., 
1  ^Jfb.  «eiö  24  Kr.,  ein  ^fb.  Schtoarjbrot  16  Krj.,  ein  6lött)igcr  2öed  4  Ärj. 

1846/1847:  Sa*  ^Jaar  9öed,  5  votf),  2  Krj.,  2  tyb.  öalbioet&brot 
19'/j  Hrj.,  4  ^fb.  Sdjioarjbrot  (Kernen)  32 V»  K15. 

1847/48:  £a$  ^Jaar  2öetf,  »'/*  l'otf),  2  Kr*.,  2  $fb.  fcalbtoeijjbrot 
8'/i  Kr}.,  4  ^ßfb.  edjraaqbrot  (Kernen)  12  Kr$. 

1870:  2  ty'b.  .^albroeifebrot  14  Krj.,  2  ty'b.  Sdnoarjbrot  9'/*  Krj., 
4  ^Jfb.  cdnoanbrot  19  Krj.,  1  itfaffenoerf,  7  *ott),  2  Kr}. 

1886:  4  Wb.  3d)ioarjbrot,  lange  Jvorm,  56  ^fg.,  4  yfb.  Schnmrjbrot, 
runbe  &4  Pfennig,  1  $fb.  üßeifebrot  18  *JJfg.,  sJRet)l  per  Sacf  9to.  1: 

32  3Wf.,  9(o.  2:  30  Wf.,  Wo.  3:  28  SM.  (Oftroi  80  <pfg.  per  ©ad  nicht  mit* 
gerea)net.) 

1896:  4  }tfb.  I.  ©orte  Sirot  44  Wg.,  2  $fb.  22  ^fg.,  4  $fb. 
II.  Sorte  38  Wq.,  2  ^fb.  19  fy"«..,  Wehl  Wo.  1:  25  3Rf.,  «0.  2:  23  3Hf., 
Wo.  3:  21  SRt.,  Wo.  4:  19  3)H.  per  ©ad. 

1900:  4  ^Jfb.  I.  Sorte  «rot  52  ^Jfg.,  2  $fb.  26  ^fg.,  4  «Pfb. 

II.  Sorte  46  ^fg.,  2  $fb.  23  }tfg. 

*  * 
* 

Sie  nachweisbar  älteften  pte^öcrfamilien  ^for^eim*  finb  bie  ber  (£der, 
(von  beginn  beS  ^abr^unbertd  an  jur  Unterfdjetbung  oon  einer  gleichnamigen 
it)r  oenoanbten  Jamilie,  welche  in  ber  «röfcinger  Vorftabt,  aljo  oben  in  ber 
Stabt  n)ot)nte,  in  Uder  unb  Unterleder  untertrieben)  unb  bic  Jamilie  ©ud. 
^bre  3ugel)örigfeit  jum  franbwerf  läfrt  fid)  in  ben  3unftaften  bis  inS  3af)r 
1704  nad)  weifen. 

1867  erwarb  bie  3unf*  3ur  Vergrößerung  beS  Sd)laa)tt)aufeö  oon 
ber  ©tabtgemeinbe  baS  jiociftödige  (iJebrtube  am  ©aifent)au$pla$  (früheres 
?Baifenhauö )  um  11000  öiilben.  lad  6au«  biente  aud)  einmal  al« 
^ofpital.  o»«  2Wai  1^86  gelangte  bie  Vorlage  betreffenb  ben  ^au  eines 
Sd)lad;tl)au|cS  an  ben  «ürgerauefdjuf*  unb  würbe  von  biefem  genehmigt; 
baS  ÜJebäube  fam  in  ben  SBrülJlgarteu  ju  ftefjen  unb  foftetc  ungefähr  375000  9Mf. 
^aS  Kapital  wirb  burd)  Slmortifation  auS  ben  einnahmen  be«  Sd)ladjtf)of- 
betriebet  getilgt.  Sie  ?lnftalt  ift  mit  allen  $Bor$ügen  unb  Einrichtungen, 
roclche  bie  moberne  Jedjiüf  bieten  unb  bie  £>ngiene  oerlangen,  auSgeftattet 
unb  ift  eine  2ßol)ltbat  niebt  nur  für  baö  S)iet<gergciDerbe,  fonbem  für  bie 
gefamte  irimoobnerfchaft.  fliö  311  it)rer  (rröffnung  fd)laa>teten  bic  iKe^ger  unb 
'Birtc  fämtliajeS  iUeinoief)  (Kälber,  Sdjioeine,  Hammel)  in  ihren  ^rioatlofalen, 
unb  feine  einjige  biefer  ^rioatfd)läd)tereien  mar  ben  9lnforbenmgen  ber 
Meinlidjfeit  unb  Crbnung  entfprea)enb  eingerichtet;  basfelbe  mar  ber  ^all 
beim  alten  Sd)lad)thaue,  n>o  baS  (SJrojjuielj  (Cd)|'en,  Kühe,  Winber)  abge^ 
fdjlachtet  mürben.   25ie  Reinigung  ber  ©ebdrme  (Kalbaunemoafche)  oolljog 


432 


i^foräbeim  im  19.  Ctobtbunbett. 


fid)  innerhalb  beö  ©d)lad)tlotalö,  unb  bie  Xunggrube  bcfanb  ftd)  am  ©ingang 
in  baöfelbe,  an  einem  Öffentlichen  ^Jlatje ,  bem  £>ol\marft.  Sit  Anfang  beö 
ahrbunbertö  roaren  biete  ^uftänbc  nod)  fcblimmer.  xUuö  ben  oielfadjcn 
lagen  ber  Wad)barn  oon  Wengern  gebt  beroor,  bafe  leitete  bie  Jtalbaunen 
unb  ben  Unrat  oft  einfad)  auf  bie  Strafte  ober  in  bie  engen  Seitengaftajen 
roarfen. 

Wad)  ber  3)lebgcrorbuung  oom  ^abre  175«  mar  tM  bei  3lnbrot)ung  oon 
Strafen  unterfaßt,  Uebertretüngen  ber  Crbnuiig  „um  Sttein  unb  Sedjen  |« 
Strafen".  „derjenige,  fo  ^finnig  (finnig)  Jyleifd)  bat,  fo  laug  biefeö  roöljret, 
barf  fein  anbereö  barueben  führen,  gcmeiuigiidj  aber  roirb  berglcidjen  Sdnoein, 
fo  ^finnig  fallet,  bem  ^erfdufer  roieber  ganj  gefcblageu.  Uebrigcnö  fann 
bergleidjcn  unb  anbereö  Jyleifd)  roegen  übel  oerroabrter  3Ji«bel  unb  ^ftmJöütte 
nidjt  über  Wadjt  bafelbft  gclaffen  merben.  Tie  Sülsen  ober  Muttclflecf  werben 
ungefodit  baö  %tfunb  }u  2  ober  17*  .Hreuier  oerfauft."  iKittroodjö  unb 
Samstag*  rourbe  feinem  ^Jebger  erlaubt,  oor  11  Ubr  ftleifd)  in  bie  ^ie^el 
ju  tragen,  „ba  bie  bie&igcn  veutb  lieber  ibr  Jyleifd)  beim  'IKebger  im  «i>auö 
al«  in  ber  SHebel  i  Sd)lad)tbauö)  boUen."  £ine  Uebertretung  rourbe  mit 
H  (Bulben  beftraft.  Wadj  ber  Jhorglotfen  ober  über  9iad)t  burfte  nid)t  ge-- 
fd)lad)tet  roerben  „roegen  oerbad)tigem  Web  bei  Strafe."  £ie  iHejelbänfc 
mußten  „nad)  ber  Sdmur  gleidjgefteUt  roerben  unb  fein  iWefcger  oor  ber  $anf, 
fonbem  hinter  bcrfelben  ftcbeu  ober  gar  jemanb  uon  ber  iknf  roeggeriffeu 
ober  bie  i.'eutlje  auf  ber  (Staffen  auffangen  unb  oon  feinem  Jylcifä  aufbenfen 
bei  ^oen." 

Criiic  Sluönabmefteüuug  rourbe  aud)  in  biefer  Sadje  ben  ^uben  ange= 
roiefen.  Ihn  9.  Wooember  1717  rourbe  iämtlid)en  ^uben  in  Stabt  unb  Vanb 
ber  ftaubel  mit  Jvleifd),  foroie  baö  Sd)laa)ten  unb  Sd)äd)ten  oon  SJieb  mit 
Sluönabmc  oon  ftaifen  unb  Dorfen  oerboten.  Sic  burften  baö  Ütie&,  roeld)eä 
für  ihren  eigenen  ftauöbaltbebarf  nötig  rourbe,  nur  bei  dmftlidjcn  SKebgern 
flächten.  3)iefe  bagegen  rourben  angeroiefen,  ben  3l,beu  baöjenige  rtlcifd), 
roeldie«  fie  oon  3e**  Ju  Sc't  benötigten,  an^ufdmffcu  unb  fic  in  ihren  jübifebeu 
Zeremonien  beim  Sa)äd)tcn  beö  $iebö  nidjt  mutroillig  ju  ftören.  $lud)  follten 
fic  baö  ben  '^uben  \um  .Haufe  angetragene  *<ieb  \\i  billigem  $ßert  abgeben. 

Um  ben  .Wagen  ber  ^ie&gerjunft  betreffs  beö  Aleifajuerfaufö  unb 
fcaufterenö  ber  ^uben  ein  (Snbe  ^u  madjen,  rourbe  17H4  in  Öcgenroart  beö 
Cbcroogtö  &>ielanb  oor  ocrfammelter  Sunft  unb  oubenfdjaft  befnmmt,  bafc 
jeber  ^ube  bie  ^erfoneujabl  feiner  ,Yrt'"ilic  genau  angeben  folle  (15  ftamilien 
mit  85  Köpfen),  roorauf  pro  .Hopf  unb  ^abr  90  ^funb  Jvleifd)  jugeftanben 
rourben.  v>bcr  ^ube  mupte  fid)  ein  Büchlein  Ijalten,  rooriu  oom  ^uuftmeifter 
bie  ^ercdjnung  beö  gefauften  ober  gefdjaebteten  Jlcifdjeö  gcroiffenhaft  cinge= 
tragen  rourbe. 

Ü>ie  eö  unter  ben  Bädern  ÜJeip-  unb  Sdjroarjbrotbädcr  gab  in  ber 
guten  alten  3uuft*cit,  fo  uutcrfd)iebeu  fid»  bie  Ü)teböcr  in  Malbö-,  SHinbö^  unb 
Cdjfcnmebger  ober  in  Sannau  unb  (^ro^oiehmebger. 

CSrft  oom  o,ahre  1H40  an  erhielten  bie  "JJiitglicber  ber  Webgcrjunft  bie 
(rrlaubniö,  bai  nun  jeber  Steiflet  Aleifd)  oon  jeber  (Gattung  nebencinanber 
oerfaufen  bürfe. 

i<on  alterö  her  roar  cö  eine  Obliegenheit  ber  2Jlebßerjunft,  $)oFt-  ttitb 
icurrritte  ^u  thun  unb  im  Kriege  bie  Änidje  ju  oerfehen.  ^n  einer  Ein- 
gabe oon  17<U  bat  fic  um  Befreiung  oon  biefer  "^flidjt,  bie  il)r  feljr  Idftig 
roar  unb  faft  gar  feine  Criitfdjabiguug  eiubraditc.  Xic  iü{ei|tcr  roiefen  nad), 
baf;  fic  großen  Sdjaben  hatten  an  l'cib  unb  i<ferbcn,  ba^  mand)C  oon  ihnen 
bei  foldjeu  ^oftritten  einen  «elboerluft  oon  80  90  fl.  hatten.  Tic  ^Kcbger 
müfuen  in  .«riegöjeiten  an  ^nd)t  unb  ^ofrritt«!  genug  tljun,  rocil  ftc  beffer 
alö  anbere  Bürger  bie  v^ege  fennen.*j    Sie  roiefen  ferner  barauf  bin,  bafe  fte 

*)  sJJo(b  in  ben  50er  o^rci  befolgte  ber  alte  Webger  unb  fpätcre 
Sonnenroirt  33auer  bic  ^euerrittc. 


Digitized  by  G 


^forabctm  im  19.  Öabrbunbett. 


von  1739  biö  1740  bcn  ganzen  Sttiuter  lang  baä  Schlannau*  ^ergeben 
mußten  al*  Vajaretb  für  ein  3tlt=x:Württembergifchee  Regiment,  bafi  fie  ber 
gnäbigen  £errfd)aft  jährlich  70  -90  fL  Vaufjjtntf  erlegen  müßten,  baß  in  ber 
genannten  3«**  aUc  Bürger  ihre  tk>aren  unentgeltlich  im  Stathaufe  oerfchließen 
nnb  bort  oerfaufen  burften,  nur  bic  SNefcger  nicht.  Sie  Eingabe  hatte  ben 
Erfolg,  baß  bie  %5oft=  nnb  ,vcnerritte  beffer  oergütet  mürben  roie  bidtjer,  im 
übrigen  rourbe  oon  ber  Gepflogenheit  nid)t  abgegangen.  (*rft  jur  $t\t  ber 
Wapoleonifcbcn  Kriege  mürbe  baö  babifche  ^oftmefen  ftaatlid)  geregelt. 

£cr  üHefegerjunft  gehörte  al*  Stfeibe  für  ihr  SRaftoieb,  oor  1743  ber 
SHefcclgraben,  bae  Mlcin-Menufelb,  Sutt  nnb  breiter  fflafen  (iltürmthal). 

3ebem  Dörfer  unb  Kuller  mar  e«  erlaubt,  jährlid)  2  Schroeine  in  ber 
3Re$ig  auszubauen. 

^m  Sab"  1828  rourbe  bie  ^leif^befctjau  aud)  für  baS  Mleinoieb  ein* 
geführt. 

Rad)  einer  ^erorbnung  oon  1829  burfte  {ein  .Halb  gefchladjtet  roerben, 
beuor  nicht  auf  beiben  Seiten  ber  werte  Sdjneibetatjn  mit  ganjer  Schaufel 
aud  bem  B^nftofrt)  hcroorftanb. 

bie  fünfte  1862  bura)  ba«  Öeroerbegefefc  aufgehoben  mürben, 
oereinigten  fidj  bie  ^iitglieber  $u  einer  freien  Genoffenfchaft  jutn  3">e(fe  ber 
ftörberung  geroerblidier  ^ntereffen,  ber  Erhaltung  unb  Vermehrung  beS  Vereint 
oermögenä,  ber  Unterftütyung  anner  iWitglicbcr,  beren  Üßitroen  unb  Jiinber. 
SJorfifeenber  mürbe  ilUlhoim  SHid.  ,;ui  Grünbung  einer  J.'ictygerf  raufen« 
faffe  rourbe  im  iJJJärj  188«  ein  ^ufdjuß  oon  200  9)Jf.  Ott!  ber  ÜleuoffenfdmftS« 
faffe  beroiUigt. 

Seitend  beö  lierfdni&ocrcinö  mürben  |U  beginn  ber  80er  ^ab,re 
Prämien  audgefefct  für  benjenigen  %ifor$l)eimcr  sl)tefoger,  roeldje  bei  lötung 
fdnoerer  £a)fen  unb  Marren  bie  Sigmunb'fche  SchußmaMe  anroenbeten.  Seit 
einer  fReitje  oon  fahren  tjört  biefe  löbliche  Gepflogenheit  auf. 

Viel  Suffeften  machte  im  Sommer  1889  ber  fog.  |Uurftilrrih.  $ie 
SRelgec  ocrlangten  für  eine  Mnadrourft  fortan  10,  ftatt  roie  bisher  9  Pfennig, 
darüber  roaren  bie  Golbjchmiebc  ungehalten  unb  befdjl offen,  ihr  Vcfper  folange 
mit  Ääfe  unb  Mettigen  pi  befriebigen,  bi«  bic  lUurft  roieber  9  Pfennig  gelte. 
Ten  Wengern  blieben  große  Vorräte  an  dürften  liegen  unb  oerbarben  $um 
Xeil.  ^n  ben  Leitungen  rourbe  in  ftölmifdien  (Jingefanbtä  l)iu  unb  tjer 
geftritten,  biä  bic  'Dietger  julefct  mit  ber  Drohung  tjeroorrüdtcn,  bafi  „ÜNefeger* 
blut  feine  Buttermilch"  fei,  gleichzeitig  aber  aua)  mit  ber  5iHcbereinfüf)nmg 
beä  alten  greife«  bem  Streit  unb  'Jtfurftftreif  ein  tfnbe  machten. 

l  e  i  f  d)  p  r  e  i  f  e : 

1762:  „Xai  gute  Ca)fen^  unb  JHinbfteifd) ,  mann  fold)eä  oon  nicf>t 
ald  mittelmäßiger  Vefdmffenbeit  unb  fd)lagmäßtg  ift,  bermahlen  für  6'/t  Arj.; 
baä  geringer  ober  mittelmäßige  Dchfenflcifd)  6  Ärj.  unb  baöjenige,  roa*  gar 
nia)t  fett  unb  fdjlagmäßig  ift  5  Mrj. 

Sa)roeincfleifch  badjenige  an  ber  Schoß  über  V/t  3ofl  ©P«^  Ijalb^och 
aufeinanber  7  Mr}. 

Xer  Spcd  baoon  abgezogen  4  .Urj.  ^adjenige  aber  fo  nur  V/t  b,och 
unb  barunter  Sped  hat,  barf  bei  10  fl.  Strafe  nicht  a  bgejogen  roerben  unb 
foftete  baö  ^ifunb  6  Mrj.   Halbfleifa)  5  .Hvj.   ftammelfleifcb,  5'/i  Rr\. 

1810:  Cchfenflcifch  1  %<fb.  =  9  Jtrj.,  Mnbfleifcb,  7  Mr$.,  «albfleifd) 
7  Mrj.,  4>ammclflei)ch  8  Mrv,  Schroeineflcifch  9  Mr$. 

1860:  Cchfenfleifd)  15  .Hr*.,  Minbfleifd)  12  Mrj.,  Äalbfleifa)  12  Ärj., 
^>ammelfleifch  14  Hrj.,  Schroeinefleifd)  15  Mrj. 

1870:  Dchfenfleifch  18  Kr3„  Minbfleifch  15  Mi}.,  .oammelfteifa)  10  Är}., 
Äalbfleifd)  15  Ärj.,  Schroeinefleifd)  18  Ärj, 

1880:  Ochfenfleifcb  unb  Miubfleifd)  HO^f.,  Malbfleifch  50  ty'.,  Schroeine- 
fleifd 60  W.,  vammelfleifd)  60  ^if. 

28 


Digitized  by  Google 


434 


^forjbcim  im  19.  Sabrbunbert. 


1890:  iHinbfleiid)  «4  i?f.,  3cbroeiueflcifcb  68  ty.f  Malbfleifcb,  «8  ^f. 
1900:  Ccbfenfleifd)  68  %H,  Mnbfleifd)  84  1$f.,  3d)roeinefleifcb  72  W„ 
Malbfleifd)  72  $f.,  .öammelfleifd)  5m  }if.,  ^ferbefleifd)  20  %if. 

£er  ^leifcboerbraud)  ber  3tabt  betrug  in  ben  fahren: 

1810:    160  Ccbfen,  255  Ninber/  200  Mühe,  1700  Kälber,  800 

§ämmel,  800  Schweine,  200  3iea.en  unb  »öde. 

1852:  Ccbfen  -  80,  Mnber  -  1399,  Malber  -  2329,  jufammen  = 

3788  3tüd. 

1808  betrug  ber  SBerbraud)  2  672  486  kg,  pro  Mopf  unb  ^abr  74,24  kg. 
$m  ftäbtifdjen  3cblachtbaufe  rourben  in  biefem  ^abre  gefd^lacf)tet :  5530  3tüd 
©rofroief),  24  929  3tüd  Mleinoieh,  381  Werbe. 

1900  rourben  gefd)lad)tct:  5766  3tüd  tyrofeoieb,  28  313  3tüd  flleinoieb, 
335  ^ferbe.    tfleifcboerbraud)  2  950  616,5  kg,  pro  .Hopf  68,72  kg. 

lai  5lbftf>lad)ten  oon  flffr**«  )u»  menfcblicbcn  Öenuß  bat  erft  in 
ben  adjtjiger  ^ab,ren  Eingang  basier  gefunben,  nadjbem  fdjon  um  bie  SKitte 
bee  oorigen  ^abrtjunbertd  bie  großen  3tdbte,  roie  Söien,  ^ari«  unb  ©erlin 
mit  gutem  »eifpiel  uorangegangen  roaren. 

51m  18.  Sluguft  1887'  rourbe  oon  einem  au«  i'ubroigebafen  a.  3ü).  hierher 
oerjogenen  SHefcger  namens  Marl  Clmämann  ba«  erfte  ^ferb  babier  gefdjlachtet 
unb  ba  bie  roeniger  bemittelte  ©eoölferung  gerne  billige  ,v(et?"d>*  unb  durfte 
roaren  fonnimiert,  fo  fanb  bie  Söare  beö  genannten  ©eroerbetreibenben 
allmählich  ben  geroünfcbtcn  Slbfafc.  %om  18.  2(uguft  bie  Gnbe  be*  Jahres 
1887  rourben  babier  21  Werbe  jum  $mcd  bcö  Jvleifa)fonfum<  abgefchlachtct, 
roooon  ba*  ^leifcb,  burchfd)nittlicb  ju  20  ^Jf.,  pro  ^fb.  oerfauft  rourbe. 

3m  Verlauf  beö  oatjree  1888  fanben  fajon  94  ^fcrbefdjlarfitungen  ftott, 
bie  fieb  bis  jum  ^abr  1898  auf  381  erhöhten,  jebo$  im  3ab,r  1901  roieber 
auf  335  3d)lad)tungen  wrüdgingen.  3lua)  jefct  nod)  roirb  ba*  ^ifunb  ^ferbc* 
fleifa)  ju  20  Spf.  oerfauft. 

Seit  Cbnemanne  5ßeg,jug  irnbc  1895  betreiben  Nieib,  unb  3ot)n,  foroic 
bie  ©ebrüber  Johann  unb  i'ubroig  SJojbeimer  basier  bie  ^Jferbefdjläditerei. 

2&äb/renb  Ohnsmann  bie  3d)(ad)tungen  ber  ^ferbe  bid  ju  (fnbe  bes 
3»af)re3  1888  im  freien,  bejro.  in  einer  an  ber  3traf$e  naa)  liefenbronn  ge* 
legenen  3d)euer  oornabm,  finben  feit  Eröffnung  bce  ftäbtifdjen  3d)laajtbofe*  bie 
^ferbefd)(ad)tungeu  in  einem  befonber«  tjierju  beftimmten  Vofal  beefelben  ftatt. 

Tic  "^ferbefd^läaptcreieu  unterfteb,en  ebenfo  roie  bie  3d)laa)tungen  oon 

Stiuboiet),  3a)roeinen  unb  ®ct)afen  ber  oeterinärpolijeilichen  Kontrolle. 

*  * 
* 

$aö  »äder=  unb  SDlefcgcrgeroerbe  fiub  biejeuigen  Wcroerbe,  beren  Wcfajäfte- 
tl)ätigfeit  unb  ^robuftioneroeife  feit  ^alnbunbertcn  bie  auf  bic  neueftc  ^eit 
naljeju  bie  gleidje  geblieben  ift.  (*rft  in  ben  legten  fahren  (hUum;  aud)  biefe 
©eroerbe  unter  bem  (finfluffe  ber  oorgefdjrittenen  3)iafd)inentcd)nif**.)  unb  ber 
fanitären  !8orfd)riften  mancherlei  Neuerungen  im  betriebe  eingeführt,  bie  einer; 
feit*  eine  (Srleidjterung  für  ben  ©cfdmftdmann  unb  fein  ^crfonal  mit  fidj 
führen,  anberfeitd  oom  ^ublifum  mit  ,yreut>en  begrüßt  roerben,  ba  fie  Inn 
eine  beffere  ÖJeroäb,r  bieten  für  bie  9teinlid)feit  ber  Sparen  ale  bie  bi«b,erige 
^erftellungdroeife.  $ie  im  3ommer  1900  im  3aalbau  abgehaltene  beutfdje 
©ädereiäudftetlung  jeigte  bie  neueften  Jortfdjritte  in  biefem  (Seroerbe,  unb 
bie  löefudjer  b,abcn  mit  ®enugtl)uung  roaljrgenommcu,  ba^  maneber  ber  ^forj^ 
b,eimer  »ader  fid)  biefelben  feither  jueigen  gemacht  hat. 

2)ie  neuerbinge  mehr  Ijeroortretenbe  Neigung  einiger  Ȋder,  fia)  aud)  mit 
ber  §erfteüung  oon  iveinbadroaren  ju  befaffen,  bat  ben  Äonbitoreien  ber  3tabt 
einige  Honfurrenj  gebracht,  bie  oon  ben  labern  berfelben  nia)t  gerabe  mit 


*)  SKitgeteilt  oon  £>errn  SJeterinärrat  ferner. 

••)  aJerroenbung  eleftrifcher  3Rotoren,  Knetmafd)inen  «. 


Digitized  by  Google 


Worabeim  im  19.  Sabrbunbert. 


435 


bcn  freunbltdjften  2lugen  betrautet  roirb.  ^nbeffen  i)at  bie  tjeroorragenbe 
l'ciftunflefri^igfcit  ber  ^forjfteimcr  Monbitoreien  fiel)  beim  ^ublifum,  unb  nic^t 
bloä  beim  Dermögenben  Teil  beefelben,  in  foldje  (Munft  gefefot ,  bafj  ifjr  bie 
Ronfurren}  ber  ödrfer  uoit  feinem  empfinblid)en  9Jad)teil  fein  fann. 


28trte,  Wietbrauex  unb  «Äöfer. 

SBirtf  c^af  tcn. 

Voller  fc^reibt :  „Seit  bem  Qa^re  1788  t)at  c§  feine  ooU- 
fommene  3Betnlefe  mebr  gegeben,  nnb  aufjer  bem  mittleren  Ertrag 
oon  1794,  1798,  1802  unb  1804  mar  fle  immer  ber  Quantität 
unb  ber  Cualität  nad)  nidjt  ergiebig.  $a$  guber  (15  hl),  roeld)e§ 
in  ben  80er  3af>ren  50-70  (1.  foftete,  jaulte  man  im  $al)re 
1797  bei  ber  frf)led)teften  Dualität  mit  400  fl.  unb  1810  im 
$urd)fd)nitt  mit  200  fl.  $er  s$rioatoerbraud)  ift  in  feinen  33er- 
gleid)  mit  ben  oorigeu  Reiten  ju  bringen,  unb  felbft  in  ben 
35  SöirtSbäufern  ift  ber  «erbraudj  oon  4000  Ofjm  auf  2132 
Dfjm  bernbgefommen. 

3)ie  befferen  2öein|orten  unferer  ©egenb  gehören  ju  ben 
angenetjmften  unb  ber  ©efunbljeit  juträglid)fien.  Sie  gleichen 
am  meiften  ben  SKfjeinroeinen ,  nur  fyaben  fte  eine  geringere 
Cualität.  Sie  finb  nid)t  fo  fjart  mie  bie  9tecfarroeine  unb  niä)t 
fo  fü§  mie  bie  Oberlänber.  Unoerfälfdjt  oerurfadjen  fte  feine 
Stopffdnnerjen,  bod)  ift  ba§  Sumel  auefy  f)ier  fdjäbliaV'  ©emeint 
finb  jebenfalte  bie  $ietlinger,  ©llmenbinger,  ©rfinger,  ©utinger 
unb  TOcfentev  SBeine,  foroie  ber  SBartberger,  oon  bem  gefagt 
roirb,  ba|  er  oon  gutem  ©efdmtacf  unb  ftarf  muffterenb  geroefen  fei. 

53i§  jum  3a^re  1819  bejog  bie  Stabt  $for$eim  ba§  fog. 
3öeinftid)getb,  b.  f).  jeber  sJttd)t*N$for$f)eimer,  ber  in  ^for^eim 
2Bein  faufte,  mu|te  pro  ftuber  eine  ©ebüf)r  oon  1  ft  30  £rj. 
bejahen.  $a  man  aber  mit  SHed)t  annahm,  bafj  bie  ©rfyebung 
einer  berartigen  Steuer  bem  Söeinfyanbel  nur  fdjabe,  rourbe  fte 
mit  ©enefjmigung  be3  9Jhnifterium§  im  Sept.  1819  abgefdjafft. 

3u  ben  älteften  SBirtf  djaften  be§  19.  3af)rf)unbert§  gehören 
ber  roilbe  SJlann  (1901  neuerbaut),  ba§  2Balbf)orn  (93rötjinger 
©äffe),  ba3  Sdjroert,  ber  21nfer  (bi§  jum  Qafyre  1840  —  ^oft-- 
branb  —  in  ber  33orftabt,  jetjt  2)enjel§  ©efd)äft§f)au§) ,  ba3 
£aub,  bie  ^Poft  (früher  trappen,  1840  abgebrannt),  ber  golbene 
31bler  (1840  abgebrannt),  ber  grüne  33aum  (1840  abgebrannt), 
ber  bitter  (einft  am  Sttarft  im  Slaufer'fdjen  §au$),  ber  fcfyroarje 
9lbler,  bie  Sonne,  bie  Sraube  (früher  ba,  roo  jet)t  StnoU  unb 
*ßregitjer),  ber  fdjroarje  93ären,  ba§  Samm,  ber  Karpfen,  ba§ 
©inljorn,  ber  ^rinjen  (bi3  in  bie  30er  Qabre  #irfd)>,  ba§  ftreuj 
(fe^r  alt).    SDte   jefcige   tfrone   feit  1825   (oormalS  9lmt3* 


Digitized  by  Google 


436 


^forgbeim  im  19.  Sabrbunbert. 


gebäube).*)  C£nbc  1874  gab  e3  in  s£for$betm  bei  23  000  ($in= 
mobnem  103  2öirtfd)af  ten ,  baju  famen  nod)  5  beim  oberen 
•Jammer  (sJteuftabt«33rö|ingen).  .freute  *t)at  ^forjfyeim  13  $>otels, 
26  9*ealgaftioirtfd)aften,  ^^Jiealfdjanfmivlfdjaften,  135  ^erfonal^ 
roirtfdjaften,  4  9(usfd)änfe  oon  Skanntroein,  2  ftleinoerfäufe  oon 
öronntroein;  ^euftabt  *  "öröfcingen  bat  4  ^erfonalfc^anfroirt» 
föaften.**) 

2>ie  Stabt  befifct  fyeute  nid)t  fooiele  SBirtfdjaften  roie  früfjer, 
ba  bie  Gm*id)tung  einer  folgen  oon  ber  ftonjeffion  burd)  ben 
93ejirf3rat  abbängig  gemacht  ift.  $ie  Genehmigung  richtet  ftd) 
nad)  ber  "iBebürfnisfrage,  bie  im  3<rt)re  1888  im  SBürgeranSfdm^ 
auf  Antrag  be3  SttinifteriumS  in§  OrUftatut  aufgenommen 

*)  SÜeldK«  ba«  dltcfte  fHaftljauö  in  ^fonbeim  mar,  ift  toobl  nidjt 
meb,r  genau  feftjuftellen,  man  fann  jebod)  ba«  Waftbau«  jur  }>oft  al«  ba«  ältcftc 
annehmen,  Ta«fclbe  l)iefr  in  früheren  oafyrbunbcrten  bae  Waftbau«  sunt 
Trappen,  (rin  „Trappenbau«"  nrirb  aber  fdjon  in  Urfunbcn  com  ^al)vc  15o2 
erwähnt.  ?>n  ber  Seit  oon  1H48— 1688  beftanben  in  ^forjbehi  folgenbe,  jum 
Teil  nod)  jefct  beftebeube  (Haftlmuicr :  on  ber  «röfcinger  itorftabt :  jum  Trappen 
i^oft),  jum  golbenen  Mbler,  jum  Adrett  unb  nur  Sonne,  on  ber  2luc  gab  e« 
bie  Haftyäufcr  jum  meinen  JHöjjlc  oon  Cito  iüccfl),  jum  Einhorn  oon  (Sbriftian 
^ecfb,  ben  £irfd)  oon  ^o^ann  i>afncr,  ben  Silben  Wann  oon  Ämbro« 
X'ötterlin.  ^n  ber  2lltftabt  roaren  bie  ÖJafthdufer  jum  Gngcl  oon  Gbriftopb 
fcaffert,  jum  Sternen  oon  ftan«  $er\\  tottbammer  unb  jur  Tanne  bei  ber 
ülltftdbter  «rüde.  Tic  eigeutltrtK  Stabt  beiaß  folgenbe  Haftbäufer :  Sunt 
Vamm,  locldK«  ba«  £d  ber  Sköfetnger;  unb  i'ammgafic  bilbetc  unb  rKubolf 
Solb  gehörte;  jum  roeißen  Vaub  ( (Sbriftian  Solb)  in  ber  Vammgaffe;  jur 
Böllen  (ßbnftopb,  Gtanfer,  fpäler  Cito  Siedh)  am  (rd  ber  Örbfcinger*  unb 
«lumengaffe ;  jur  SMutne  (fr  an«  ^serg  Sdjönbcrr  unb  nad)  ihm  freinrid)  «auer) 
in  ber  ^lumengaffe ;  jum  golbenen  i'aub  auf  bem  Warfte  neben  bem  fd)ioarjen 
ilblcr,  ber  auf  ber  gleiten  Stelle  mie  jent  ftaub,  unb  bamal«  einem  (feiger 
gehört  ju  baben  fdjeint;  jur  Krone  unten  am  Warfte,  loeldjes  Ctfaftbau«  Wartin 
Sdmeliiu  unb  nad)  ibm  «ernbarb  freufdjlof  gehörte  unb  ba«  9ied)t  tjatte, 
jährlich  15  Cl)m  ÜSein  frei  au«jufd)enfen ;  jum  golbenen  Kalb  in  ber  We&ger* 
gaffe ;  jum  iHappen  in  ber  unteren  Tranfgaffe,  juerft  Ulrid)  ftt|,  bann  Philipp 
Solb  unb  julcfct  Meorg  Stieß  gehörig;  jur  .Haute  (Ki54  s>am  ^eter  ^oU, 
fpäter  (Shnftoph  Kredit),  ebenfalls  in  ber  Trdnfgafie  an  bcrfelben  Stelle  mie 
je^t;  jum  Cdifeu  (Wartin  Roller)  in  ber  Cdifcngaffc;  jum  vömen  (.öan* 
^afob  Witfdjbörfer  unb  nad)  ihm  «altb.  .\>oppiu*)  in  ber  "Jtltftgbter  Straße 
unterhalb  beö  ;Hathaufee;  jur  Nofc  (&a\\4  «edh»  in  ber  Siofengaffe.  3(u&erbcm 
gefd)ieht  aud)  ber  Wafthdufer  jum  Sduoert  (^hriftoph  Veonharbt)  unb  jum 
golbenen  Sdnoan  (.v>d.  ob.  Sd)id,  nad)  itjm  ,"\b.  Sd)eibleni,  cbenfo  einer 
Verberge  jum  „i'ainbalbier"  (■)  von  ^oiiann  Widjael  Teid)lcr  (ynoähuung. 

**)  5"  otn  legten  5abren  entftanben  in  ber  Umgebung  ^forjhcimd 
einige  mit  mobernem  Sujul  unb  Komfort  auögcftattcte  tfotclä,  fo  in  2Bürm 
ba*  „Murhotel  jur  vl>oft"  oon  (Mottfrieb  Dbenfanb,  ba«  „.Uurhotel  ÜUnrmthar, 
erbaut  oon  >>cinrid)  Wayer,  auf  Tilliocißenftciner  Wemarfung  ba«  „Schütenbaue* 
mit  Wartenioirtfdiaft  unb  3ugangeu  oon  ben  Anlagen  ber  äußeren  «Icidiftraße, 
oom  anderen  Taoooioeg  unb  oom  ^Kob  au«,  foioie  bae  oon  Gilbert  (Molbmann 
erftelltc  „Vuftfurl)otel".  on  5Aüd)eubronn  ift  ba«  £otel  jur  „Sdjbnen  5(u«- 
ficht"  oon  Kreutel,  in  ofpn»flC"  bie  Sduocidert'fcbe  w:Heftauration  jum  Bahnhof 
erftanben.  Ter  bcliebteftc  5lu«flugoort  ber  ^forjheimer  ift  aber  immer  nod) 
ba«  ibtjlliid)  gelegene  ieehau«. 


Digitized  by  Goo 


s£rorabctm  im  19.  Sabrbunbert. 


437 


nmvbe.  3ft  bannt  bcm  unnatürlichen  Ueberfyanbnefymen  oon 
2öivtfd)aften  einerfeitd  ein  ittiegel  uorgefchoben,  fo  bat  bie  93e= 
bürfntefrage  anberfeitS  einen  3Birtfrf)aft§tüiK^er  erzeugt,  ber  nicht 
minber  nachteilig  unb  unftttlich  wirft,  als  bie  Gelegenheit  ju 
£runf  unb  Völlerei,  ©injelne  Unternehmer  erfteüen  neue  ©e= 
bäube,  (äffen  fid)  bie  Sirtichaftäfonjeffion  barauf  geben  unb  uer-  ♦ 
faufen  bie  Mnroefen  roieber  ju  unnatürlich  hohen  greifen.*) 

3n  ben  legten  fahren  entftanben  einige  fjochmoberne  93ier* 
unb  Söeinipirtfchaften,  welche  bie  früheren  befcheibenen  2Öein- 
uub  SMerftuben  weit  in  ben  ©chatten  fteUen,  roeuigftenS  roa§  bie 
$lu£ftattung  betrifft.  3)er  1Hraußansßeü>r  (2ßeinganb)  an  (Stelle 
be§  alten  Slern'fchen  Tiergartens  ba§  (Sofofleum  (Seicht)  in  ber 


*)  lieber  bie  ^rctöbeioegung  einiger  ^forjOeimcr  ftotelä  unb  (Haft* 
wirtfe^aften  geben  folgenbe  Labien  xUuffdjluj*: 

Itaptirts.  1842  verlauf te  $luguft  Kauf  er  bad  änroefeu  an  feinen 
trüber  (Heorg  Käufer  um  16  000  (Hülben.  1852  fam  eö  um  benfelben  ^Jreiä 
an  ftofeniuirt  (Srnft  £utmarf)er,  1855  an  beffen  Tocbter,  übefrau  Gonrab,  um 
17  000  fl.,  1857  an  fteiurid)  u.  flerg  um  19  250  fl.,  1865  bureb  (*rbfd)aft  an 
beffen  SBitioe,  geb.  iBetfd)  um  36  000  (Hülben,  1872  an  Marl  Tiftel  um 
5O000  Bulben,  biefer  faufte  181»«  um  38  000  (Hülben  baä  nebenanliegeube 
Konbitor  Mafc'fcbe  ftauä  ba^u  unb  oerfanfte  baS  flanke  1897  an  feinen  oobn 
Karl  Tiftcl  um  160000  Warf. 

5er  JU>tnirrt|f  £kaif*r»  1840  burd)  (frbfdjaft  au  CHeorg  IJafob  Sud 
um  10000  fl.,  1856  an  Küfer  ^uliud  Kern  um  1H0O0  fl.,  1879  an  beffen 
*Uttn>e  unb  ibre  3  3öljne  Alphorn*,  ^uliu*  unb  Cefar  Kern  um  6O0O0  SM., 
1882  an  bie  iliitroe  allein  um  70  000  Wf.,  1895  an  ©igmunb  Wefcger  um 
100000  Wf.,  1898  an  ^ubroig  3lb.  Kübn  um  150000  Wf.  nebft  20  000  Wf. 
für  ^nuentar,  1900  an  bie  2lftienbrauerci  ^abn  in  Böblingen  für  137  000  Wf. 

tiSalfrcnrr  3tfelrr.  185H  oon  Cafpar  Sdjmibt  an  offlonb  um 
21000  fl.,  1862cm  Wefcger  Karl  irlfdffer  um  37  200  fl.,  1870/71  an  Negine 
(Slfdffer  geb.  WüUer  um  38000  fl.,  1874  an  Sdcfer  i.'out*  i\\\tx  um  63  000  fl., 
188«  an  beffen  iLUtiuc  um  100000  Warf,  1887  an  Watbduö  Ziemer  um 
110  000  Wf.,  1896  an  Hermann  Tortb  um  190  000  Wf.,  1901  an  bie  Brauerei 
Kettercr  um  200000  Warf. 

(Oalbrnrr  (Ddffcn.  1857  oon  Daniel  Sdienf  (rf)cleute  an  beren 
Xocbter,  (rtyefrau  öapft,  um  12000  Mb.  2er  bem  öaufc  gegenüberliegcnbe 
Keller  famt  freuboben  geborte  baju;  1859  an  beu  SUitroer  War  SJapft,  1865 
an  ®eorg  ftal)ner,  (Holbfdjmicb,  um  37  500  fl. ,  1868  tarn  ba$  älHrticbaft*- 
amoefen  um  24  200  fl.  au  Bijoutier  Cibriftoph  Kiebule,  ba*  Mellergcbäube  um 
1800  fl.  an  Kabinetmcifter  Jvricbridi  Ungercr,  1881  an  Robert  Kiebnle  um 
46000  Wf.,  1886  an  %<cter  oduoeictert  um  100000  Wf.,  1890  an  (Shriftopb 
Ho^lbammer  um  100  000  Wf.,  1900  an  Ctto  Koblbammer  um  170  000  iHf. 

(Grüner  Gattin.  1859  uon  (Heora  Mittler«  lüitioe  an  harter  >f). 
(Herwig  um  23<X)0  fl.,  1  Ht>5  an  Webgcr  «Ibeit  .WoUmar  um  37  000  fl.,  1874 
an  ^ermann  Srenf  um  53  50<J  fl.,  1896  au  (Heorg  .^engft  um  117  500  Warf. 

$d)n»arftr  fPärfti.  1819  oon  Jyob.  Tittler  (rbeleute  au  ihren  3o(m 
Cbftpt).  Jrbd).  Tittler  um  10  500  fl.,  1865  an  Shcobor  Mittler  um  36ooofl., 
1865  an  Kellner  ,yranj  «auer  um  38  500  fl. ,  1884  an  beffen  ÜJitioc  um 
60000  Wf.,  1896  an  Üoren^  6d)tnibt  um  120  000  Wf. 

jQotel  flaft.  1856  uon  fteorg  Metfor»  iSrbcn  an  (Hottlieb  ftutcurtetb 
um  40  500  fl.,  1885  an  Karl  Buffer  um  145  000  Wf.,  1897  an  fluguft  %lapc 
um  260000  m.  (in«.  80000  Wf.  Jnoentar). 


Digitized  by  Google 


438 


^forabeim  im  19.  3abrbunbert. 


Bröfcingergaffe,  ber  citropnirdn*  JD>of  (fatt).  Berein§ban§),  bic 
altbcutfd)c  Söeinftube  oon  Stineiitx,  ba§  l&aMotet  0)teu= 
l)äufjer),  £>oUt  ? titer ttatiottaf  (©eifer),  X>otef  <5>c6fert,  itfofter- 
mä^fe  (Käufer),  bic  SaarBauwtrtfdiaft  (©oll),"  bcr  *Utsße!Ter 

(Sic^c  ^ßforjb.  SRatf)üu§)  ftnb  (Einrichtungen  neueren  $atum§. 
9lber  aud)  bie  alten  SBirtfdjaften  würben  teilmeife  „jeitgemäf*" 
umgefialtet,  fo  bafc  ^forjbeim  ftcf)  aneb  in  biefem  fünfte  fet>r 
woftl  neben  ben  größeren  ©täbten  be$  SaubeS  präventieren  fann. 

2Bäf)renb  ber  SBetnf) anbei  geaen  bie  Sftitte  be§  3af>r> 
unbert§  einen  gewiffen  Sluffdjwung  erfennen  liefj,  ging  er  fett 
en  60er  3afyren  gegenüber  bem  pfäl$ifd)en  unb  rbeinbeffifdjen 
mebr  unb  mebr  gurüct  3)ie  Urfadje  liegt  b<wptfäd)lid)  in  ber 
oeränberten  ©efd)macf3rid)tung.  Qu  ben  legten  Qabren  rjat  bie 
Bereitung  oon  Beermeinen  nadj  ben  Angaben  be§  ^ßrofeffor^ 
5)r.  sJtef$ler  eine  grofte  Verbreitung  gefunben,  aud)  ift  ber  ($e= 
braud)  oon  Sftofinemoein  ba  unb  bort  aufgefommen,  oon  5)auer 
toirb  biefe  letztere  ©efd)mact"§rid)tung  aber  mol)l  nicfjt  fein. 

Bierbrauereien. 

Qm  Qabre  1816  gab  e§  elf  Bierbrauer.  ©ie  brauten  nur 
ba$  Bier  für  ben  eigenen  2Cu3fdjanf.  $)a§  (Snjroaffer  galt  al3 
befonberS  geeignet  jum  Brauen.  $a§  Sinterbier  mar  ein  gutes 
Braunbier  mit  fattem  meinem  ©dmum;  etma§  ftärfer  mar  ba§ 
Sttärjenbier  ober  Sagerbier,  roeld)e§  ben  ©ommer  über  galten 
follte.  Bi§  Wuguft  ober  ©eptember  rjtn  aber  fyatte  e§  einen  ©e= 
fd)macf,  ber  bem  heutigen  Biertrinfer  roobl  wenig  jufagen  mürbe. 
5ll§  befonbere  Söirfung  fdjrteb  ibm  Voller  Baudjtoef)  unb  $umm» 
^ett  ju. 

3Ilte  Bierbrauereien  ber  ©tabt  maren  um  bie  Sflitte  bc§ 
3af)rf)unbert3  bie  Brauerei  3ftüller  (jefct  Seben§mittelbebürfni§= 
oerein  in  ber  Sammftrafje),  bie  Brauerei  §abel  jur  „Baoaria", 
Uebetyör  jum  „©ambrinuS",  SBagner  im  „2Bilbelm§feller"  (jefct 
©d)toar$toalbbotel),  Brauerei  Ungerer  (jetjt  D3far  ©djoberS  töau§). 
555ic  „alte  Keppelei"  mar  in  ben  40er  Sagten  im  Befitje  Karl  Keppel 
sen.,  Bauer,  (meldte  beibe  norf)  brauten),  fpäter  Otto  Keppel. 
$ie  „Baoaria"  war  oon  ben  50er  3fabren  an  im  Befitjc  Unter* 
@cfer^,  (MenbergerS,  fpäter  Kurl  Keppels  jun.  $ie  Brauerei 
Becff)  rourbe  oon  bem  au§  Söilferbingen  f)tevt)er  gezogenen  Bier- 
brauer ©briftopb  Bectb  im  3af)re  1855  gegrünbet  (Becfb  1885  -j-). 
25a§  ©efa)äft  befanb  fid)  juerft  in  ber  Borftabt,  je$t  Jßeftlid)e 
Karlfriebridjftrage,  roo  Becfb  eine  fleine  Brauerei  pachtete ;  fpäter 
erwarb  er  ba§  Slnroefen  9flarft  9Jo.  4  unb  baute  baSfelbe  ju 
einer  Brauerei  um  (1861).  $n  ben  70er  Sabren  erbaute  er  bie 
großen  Kellereien  in  ber  sJleuftabt»Brö^ingen,  erweiterte  fte  febr 


Digitized  by  G 


$Torabetin  im  19.  3abrbunbert. 


439 


bebeutcnb  in  bcn  fahren  1884/85  burd)  Stillegung  uon  Eis* 
unb  33ierfeUern,  mäfjrenb  baS  ©ubhauS  in  ber  Stabt  ermatten 
blieb.  1897  ronrbe  fobann  bie  jetzige  traueret  in  ber  Sfteuftabt 
erftellt  unb  mit  ben  neueflen  terfjnifdjen  Einrichtungen  oerfehen, 
fo  bajj  fid)  heute  ber  betrieb  als  ©ro&brauerei  präfentiert.  3m 
3at)re  1896  mürbe  bie  girma  in  Berlin  burd)  2  Efjrenpreife  unb 
2  golbene  5Jcebatllen,  1900  in  ^forjheim  burd)  bie  golbene 
(StaatSmebaiüe  auögejeid)net.  $ed)nifcher  fieiter  ber  girma,  ber 
älteften  am  ^lafce,  ift  Ehnftoph  BecH). 

Serner  oerbienen  noch  genannt  p  werben  bie  93ü;cenftein'fd)e, 
fpäter  föettenmeier'fche  Brauerei  jum  „Unteren  Engel'',  bie 
Brauerei  9tens  (sJtena'  ©ta^aüe),  fpäter  „liefen",  „2ttaierhof" 
(unter  Bäcfer  5ERaiec)  unb  jefct  „<5d)iff"  (unter  |>ager). 

äßährenb  in  früheren  Qahrjehnten  baS  <Pforjheimer  Ver- 
einen guten  tarnen  auch  nach  aufjen  hin  hatte  "no  fetbft  nach 
Karlsruhe  ausgeführt  mürbe,  haben  in  ben  80er  unb  90er 
fahren  bie  auSroärtia^en  ©rofjbrauereien  burd)  ihr  ©elb  unb  ben 
9luf  fauf  oieler  fleiner  ödjanf roirtfd)aften  baS  einheimifche  33ier  mehr 
unb  mehr  ju  oerbrängen  unb  ihr  eigenes  an  feiner  ©teile  einju» 
führen  oerftanben.  Sie  brei  ^forjrjeimer  ($1*0(3 brauereien  oon 
iSfiriftopfi  3.»rrfili,  oon  itettercr  unb  baS  Hianri fdu*  Mxau^am 
(feit  1886)  haben  fid)  gegen  biefe  faft  überftarfe  Konfurrenj  mächtig 
gemehrt  unb  burd)  ihre  ausgezeichneten  93iere,  inenu  nicht  gerabe 
einen  ©ieg,  fo  boch  einen  fehr  ehrenben  Erfolg  errungen,  infofern, 
als  trot*,  beS  nicht  unbeträchtlichen  Verbrauchs  frember  (bauerifcher, 
s$ilfener  unb  Karlsruher)  93iere  fich  baS  einheimifche  ©ebräu  burd) 
®efd)macf  unb  2öohlbefömmlid)feit  einer  ftänbig  junehmenben 
Beliebtheit  erfreut  unb  bereits  aud)  in  ben  sJtad)baarftaaten 
erfreulichen  9lbfat}  finbet.  Um  ber  junehmenben  Nachfrage  ju 
genügen,  mußten  ftellenmeife  jmecfS  Erhöhung  ber  ^robuftionS* 
fähigfeit  nicht  unerhebliche  BetriebSenoeiterungen  oorgenommen 
m erben. 

äüfer. 

sJiad)  bem  alten  ©runbfafc,  „mo  ber  Söein  ift,  ba  ift  auch 
baS  gafc",  maren  einftmals  bie  Küfer  faft  auSfchliefjlid)  $orf* 
hanbmerfer.  Erft  gegen  Enbe  beS  16.  ;jahrhunbertS  bilbeten 
fte  3ünfte.  3)ie  mirffame  Konfurrenj  ber  freien  Sanbhanbtuerfer 
oeranlajjte  bie  Stabt,  fid)  gegen  fie  ju  fdjüfceu  burd)  ftrenge 
^unftorbnungen.  $)er  SSerfauf  oon  ^öerfholj  außerhalb  bei- 
gabt rourbe  oerboten.  $ie  9Irt  ber  Arbeit  mar  aufs  genauefte 
oorgefd)rieben,  unb  bie  Schauer  fahen  unerbittlid)  barauf,  bafj 
nur  folche  3Öare  in  bie  Keller  geliefert  merbe,  an  ber  bie  Reifen 
aufs  feftefte  gefügt,  alle  burchgehenben  ©pätie  rein  abgehauen 
maren.    9Iud)  ben  Xagtohn  für  baS  $erftellen  ber  gäffer  unb 


440 


Wotibeim  im  19.  Sabtbunbett. 


baS  3Beinablaffen  f>atte  man  genau  geregelt.  dS  war  ©erboten, 
ben  Sefyrling  auf  baS  ftunbenroerf  mitjunefymen ,  um  btefe  nidjt 
ber  ©efafyr  mangelhafter  Arbeit  auszufeilen.  $ie  9£n$af)l  ber 
©efellen  mar  auf  2,  bie  ber  Seljrlinge  auf  1  feftgefetjt.  "?IUe 
nid)t  ju  bewältigenbe  Slrbeit  muftte  burd)  anbere  5ftetfter,  aber 
um  ©efellenlofyn  getrjan  werben.  2)aS  Hbbingen  ber  ©efellen 
oor  ber  ÄünbigungSfrift  mürbe  ftrenge  geafmbet.  $etn  SJieifter 
burfte  um  Stücttobn  bem  93firger  arbeilen  unb  feinen  Änetbt 
aufs  3)orf  ^ur  Arbeit  fcfjicfen.  5luSwärtS  Jöffer  $u  faufen 
mar  unterfagt.  3Jlan  wollte  bie  Bürger  unb  dauern  jroingen, 
gleid)  bie  fertigen  Säffer,  wie  fte  ber  9fteifter  ju  machen  für  gut 
befunben,  ifjm  abzunehmen.  Nufjer  bem  Verbot,  Safeböben, 
Reifen,  Rauben  auS  *Pforjf)eim  auszuführen,  gab  eS  ein  anbereS, 
bafj  foldje  nur  auf  bem  3Jiarft  gefauft  werben  füllten;  bie 
dauern  follten  bamit  gelungen  werben,  felbft  nad)  $for$fjeim 
fommen.  $amit  aud)  bie  läfftgen  ÜUtetfter  nidjt  ju  furj  fämen, 
burfte  jeber,  ber  nid^t  zur  regten  Qtit  eingefauft  rjatte,  oon 
bem  anberen  baS  $olz  um  ben  dinraufSpreiS  begehren.  Äunb» 
fdjaft  unb  ftufjrleute  mürben  gewiffermafjen  als  ein  93eftt>  be-- 
trachtet,  über  ben  man  oerfügen  bürfe:  $ein  Sfleifter  follte  einen 
folgen  $unben  bem  Sttitmeifter  entfremben. 

$)iefe  93eftimmungen,  meiere  in  ber  £auptfad)e  bi£  jum 
$al)re  1862  mährten,  jeigen  beutlid),  bafc  bie  obltgatorifdjen 
Innungen  ein  Stücf  mittelalterlicher  ©tabtoerfaffung  waren,  bie 
leidjt  ju  Uebermut  unb  Säfftgfeit  ausarteten  unb  eine  golge 
gegenfeitiger  (Siferfüdjteleten  waren. 


28üßfen. 

$on  alters  r)cr  beftanben  in  Pforzheim  oier  SHahlmühlen, 
nämlid)  bie  obere  9Hüf)le  (jetjt  <3d)lofferei  Pfeiffer),  bie  Slonnen- 
müf)le  (SlbelS  9M)le),  einft  bem  golben  Slblerwirt  SHorloct  ge= 
hörig,  bie  @id)mühle  oon  Füller  $renf  (1869  abgebrannt)  unb 
bie  üloftermüble  (9MUer  $aufer);  fte  waren  einft  marfgräflidje 
2ehenSmüf)len.  93on  (Snbe  ber  70er  bis  (£nbe  ber  80er  $abre 
würben  biefe  Sftüblen  in  fog.  Stunftmüfjlen  umgewanbelt.  $ie 
Söafferfräfte  ber  lederen  brei  5flül)len  gehören  feit  furjem  ber 
6tabt.  Qn  ganz  furzer  &it  wirb  ber  Äanal  zugeworfen,  bie 
SÖafferfraft  nad)  bem  (lief tri jitätSwerf geleitet  unb  mittelft  ber 
bortigen  Turbinen  zur  (Srjeugung  oon  (Sleftrizität  ausgenützt  werben. 

$rotj  ber  2eiftungSfäf)igfeit  einr)eimifd)er  9Hüf)len  fyat  bie 
9flef)leinfuhr  oon  Seiten  ber  rfjeiuifdjen  ©rofjmühlen  im  legten 
3a^rjel)nt  eine  ftetige  (Steigerung  erfahren:  1894  =  2,660,464 
kg,  1895  =  2,984,857  kg,  1896  =  3,452,559  kg,   1897  = 


qSforabeim  im  19.  Sabtbunbert.  441 

3,437,917  kg,  1898  =  3,324,827  kg,  1899  «  4,338,241  kg, 
1900  =  4,239,263  kg.*)  WeuerbingS  gewinnt  bic  im  «eft^c  be$ 
Jyabrifanten  Sottfjammet  befinblid)c  ©rötjinger  SJKihle  eine  erhöhte 
$3ebeutung.  3bre  s#robufte  erhielten  auf  bev  beutfdjeu  SBäcferei* 
5lusftellung  bie  ©olbene  üttebaille  unb  bamit  ben  $orjug  oor 
ben  bisher  befonber«  gefcfjä^tcu  OTetitforten  bev  rheinifdjen  sBerfe. 

9ln  Sägmühlen  finb  ju  nennen  bie  bis  $ur  Errichtung  be§ 
GcteftrijitätStoerfeS  beftehenbe  ftompagniefägmühle,  ba§  9iäf)erfd)e 
Sägeiuerf  am  Kupferhammer,  bie  "öürfle'fche  ©ägmühle  im 
SÖürmthale,  ba§  ©peer'fdje  ©ägeioerf  (eingegangen  1900)  unb 
bie  Sägmühle  in  ber  iheater*  unb  (Snmnafiumftrafje.  $)ie 
festere  gehörte  früher  ber  iHotgerberjunft  unb  mürbe  oon  biefer 
1855  bem  $erfaufe  ausgefegt. 


OdhtijmuriU'r  unb  Otfineiber. 

2)te  ©etoerbe  ber  Sdjitfter  unb  Sdjneiber  maren  oon  jerjer  im 
allgemeinen  nicht  baju  angethan,  ihrem  Inhaber  Reichtümer  ju 
erwerben ;  aber  fie  haben  ihn,  folauge  nod)  bie  oielen  fleineu  9Jleifter 
felbftänbig  arbeiteten,  fct)Iect)t  unb  recht  ernährt.  $)er  Sdjneiber 
ging  auet)  in  ber  Stabt  bis  in  bie  60er  3at)re  teilioetfe  nod) 
in«  ftunbenfyauS,  arbeitete  bort  mit  feinem  ©efellen  ober  Sefit* 
jungen  um'S  (Sffen  unb  um  ein  fleineS  Entgelt,  ^efafc  er  nebenbei 
nod)  ein  fleiueS  ©runbftücf  pm  Anbauen  ber  nötigften  £eben§= 
mittel,  fo  befanb  er  fid)  in  leiblich  guter  Üage.  $ie  in  ben 
60er  3at)ren  eingeführten  sJläl)mafchinen  !)aben  bem  $unbenhau§* 
gehen  ein  (Snbe  gemalt;  fie  roaren  ein  3ortfd)ritt  für  ba§  ©e* 
roerbe,  aber  junädjft  fein  ©lücf  für  ben  -£>anbioerf3mann ;  benn 
thatfäehlid)  begann  mit  ihrer  (Einführung  für  Schneiber  unb 
6d)uhmad)er  eine  3^it  ber  Slot.  $>er  .<panbioerf3mann  mufjte 
fortan  für  feine  unb  be3  ©efellen  N}cahrung  felbft  forgen,  roährenb 
bie  53ejat)(ung  feiner  Arbeit  meift  in  feinem  Verhältnis  ftanb  ju 
feinen  unb  feiner  Samilie  iöebürfniffen.  SQfctt  ben  70er  fahren 
begannen  ftrf)  bann  aud)  hier  fdjon  bie  $onfeftion3gefd)ofte 
oereinjelt  bemerfbar  ju  madjen,  um  in  ben  nädjften  Sapt« 
^ebnten  oon  3af)r  ju  :3af)r  immer  mehr  an  s3oben  ju  gewinnen, 
ber  natürlid)  bem  ftleinhanbiuerfer  oerloren  ging.  So  fam  eS, 
ba§  r)cutc  ber  9Heifter  uom  Großbetrieb,  bem  er  nad)  bem 

*»  Um  baä  ^afn*  1800  rourbc  jebeti  :i)iittrood>  unb  3mu$t<m.  im  Mauf= 
häufe  Jyruditmarft  abgalten.  Tic  meiftc  ^rudit  (3peh  unb  Tinfei)  rourbc 
aufl  bem  Slmte  Bretten  unb  roürttemberfliuhcn  Crtcn  eingeführt.  Ter  ^erfauf 
betrug  im  ^afyvt  1801  =  5500  kalter,  1805  -  8400  Walter :  in  biefem 
Sflbre  rourbc  neimlicö  ein  großer  Seil  nad)  ber  cdjroei^  abgeführt,  1810  rourben 
6114  Holter  oerfauft. 


Digitized  by  Google 


442 


^fotsbcim  im  19.  3abrbunbert, 


Stücf  arbeitet,  abbängig  ift,  unb  bog  ba,  roo  einft  oiele  ©efellen 
DOIl  einem  Reiftet  abgingen,  mmmebv  Diele  Reiftet-  von  ber 
©roßprobuftion  it>r  geben  friften.  ^ebenfalls  ift  ba3  (entere 
weniger  suträglid)  al§  erftere§.*i  ^nbeffen  bat  ba§  ©enoffen* 
fdjaftSroefen  ber  neuen  3*it  aud)  l>ter  bie  $erbä(tntffe  mebr  unb 
mebr  geflärt  unb  bafür  geforgt,  ba&  bie  33äume  nid)t  in  ben 
$tmmel  roaebfen,  bafj  aud)  bem  Arbeiter  ba§  roirb,  roa$  ibm 
gebübrt.  2öo  fid)  ber  £mnbroerf*mann  burd)  befonbere  $ücbtigfeit 
auszeichnet,  fjat  er  beute  mebr  als  früber  ®elegenfjeit,  ftd)  Vermögen 
unb  3ld)tung  511  erroerben.  (£in  ^djneibermeifter  ber  e§  oerfiebt, 
bie  förperlicfyen  ©ebredjen  feiner  ftunben  gefdjicft  31t  cerbeefen, 
ein  ©ebufter,  roeld)er  ber  |)ngtene  be3  5u&e§  9ted)nung  ju  tragen 
oerftebt  ift  beute  ein  gefugter  unb  gutbejablter  Sttann  unb  [teilt 
ftd)  weit  beffer  als  mandjer  mittlere  ^Beamte.  Wu§  ber  ©efdnd)te 
be3  8dmbmad)erbanbroerf$  in  sßforjbeim  feien  t)ter  $roei  Heine 
dpifoben  ermähnt: 

Saiic  febr  bte  fünfte  nod)  in  ben  50er  ^atyren  barüber  loadjten,  bafo 
feine  Incr  rooqnenben  Jyrcmben  fid)  in  fdjäbigcnber  SBeifc  in  ibren  (Mefdjftftö* 
betrieb  einmieten,  jeigt  eine  Üiarnung  ber  Sdntbmad)er}unft  im  iöeobad)ter 
00m  8.  Slpril  1855.  Tic  ftrau  eine«  Jtabinctmeifterä  0011  Stuttgart  I|telt  in 
ber  Stabt  ein  i'ager  oon  Sdjubmacbenoaren.  ^n  Anbetracht,  böp-  ü)r  Wann 
guten  SBerbienft  ^atte,  rourbe  auf  tleranlaffung  ber  Sd)ubmad)er)unft  poli^ci- 
liebe  33cfdilagnabme  oeranlafit,  eine  öffentliche  Tarnung  erlaffen  unb  barauf 
bingeioicfen,  fernerbin  ein  loadjfamcä  2(uge  auf  bie  in  ^»forjbcim  ioof|nenbcn 
ftremben  ju  baben  unb  biefelbcn  im " «etretungSfalle  bei  äbnlidjen  $ors 
fommniffen  au«  ber  Stabt  au$}iuoeifcn. 

9lm  1.  Slpril  1873  ftreiften  100  Sd)uftcrgefetlen,  bie  bei  50  Reiften) 
befd)äftigt  roaren.  Jrofcbem  bie  SWeifter  bie  Vötjne  erbübten,  oerblteben  70 
Arbeiter  im  Slusftanb. 

*8i3  in  bie  30er  unb  40ev  3>abre  hinein  roaren  bie  Sdmeiber 
laut  3unf*ved)t  jugleicb  $amenfcbneiber,  unb  bie  3unf^  roaebte 
ftrenge  barüber,  bafj  feine  roeiblicbe  ^erfon  fid)  biefe  93efugni§ 
bei  Anfertigung  befferer  S^uenfleiber  anmaßte.**) 


•)  Qux  3*it  beftefjen  in  ber  Stabt  eine  Sdjufjfabrtf  unb  26  ©djublager. 

im  3af)re  1819  eine  Xemoifelle  Gatbarine  SBolff,  au«  Strasburg 
gebürtig,  in  ber  Stabt  eine  'Prioatinbuftriefdjule  für  Striefen  unb  Waben 
erridjten  rooUtc,  ba  roebrte  fid)  bie  Sdjneiberjunft  ganj  energifd)  unb  crflärte 
in  einem  Sdjretben  an  ben  Stabtrat: 

SBefct)toerbe  ber  Sdjnciberjunft  bafjier  über  Eingriffe  in  ibre  ^rofeffion 
unb  9tab>ung  burd)  Seibolcute  unb  in  oorlicgenbem  Jalt  bie  Jtatbarine  Söolff 
von  Strasburg  betreffenb: 

3n  meld)  nabrungölofem  ^uftanb  jefc  ber  größte  £eil  unferer  3Jicifter= 
fa)aft  befinbet  unb  bei  ber  auffallenben  Uebcrjal)!  oon  32  9Kciftcrn  befinben 
mui  ift  einem  2£oi)llöblid)cn  Stabtrat  befannt,  ba&  aber  biefe  CDefdjdftöloftgteit 
^u  einem  großen  Teil  oon  ber  tjier  einjeriffenen  Unorbnung  bei  Äleiber^ 
madjen«,  baupt|'äd)lid)  Jyrauentleibern,  mjufcbreiben  ift  ebenfo  unoerteunbar 
inbem  bier  geioi^  ebenfooiel  unb  jumteil  frembe  aüeiböleute  fid)  befinben,  bie 
je^  mit  Sd;neiberarbeit  bcfa)äftigen  unb  ernähren.    2)em  aUenfaUfigen  Gin= 


Digitized  by  Google 


S&forabdm  im  19.  3abt&unbert.  443 
Unter  ben  älteften  bebeutenbercn 

roirb  ba§  oon  ^egau  genannt  (Einen  aufjerorbentlidjen  Sluffdjumng 
narjm  bie  $unft*  unb  9)löbelfct)rein#rei  oon  2*etßf,  welche  biefer 
im  (September  1858  im  ©ereilt  mit  bem  SBergoIber  SHinaer  im 
größeren  üflafjftabe  einrichtete.  $amal§  nahm  fogar  bie  ftatfr 
rutjer  3*itung  sJlotij  oon  einer  ßolleftion  9ttöbel  im  SRenaiffance* 
ftil.  $)er  33ater  ber  jetzigen  ^nfyaber  be§  ©efd)äfte§  r)at  e§  al«5 
tüchtiger  unb  fluger  ©efdjäftSmann  oerftanben,  feine  foliben  dr* 
jeugniffe  aud)  gefdjmacfuoll  unb  gefällig  bem  3luge  barjuftetlen, 
unb  unter  ben  ©ebrübern  33eit)l  t)at  bie  Seiftung§fäf)igfeit  be§ 
©efdjäfteS  mit  ben  2lnforberungen  ber  $eit  gleiten  ©d)ritt 
gehalten. 

35ie  oielen  Neubauten  rjaben  ber  «Sdjreinerei  in  ben  legten 
15  3af)ren  ausgiebige  unb  lofjnenbe  93efd)äftigung  gebracht  unb 
fo  fetjr  ftd)  aud)  bie  Qaffl  ber  felbftänbigen  8ct)reiner  uermeljrt 
r)at,  fo  rjaben  bis  batjin  bocfj  alle  tl>r  reicr)lid)e§  2lu§fommen  gc* 
funben. 

$m  September  18Hi>  brobte  bem  Sdneinergcmerbc  ein  Streif  ber 
3dtreinergefeUen,  rocldie  bie  ücrabfefcung  beö  Arbeitstage*  auf  12  be*m. 
11  Stunben  uerlangten.  £urd)  ba*  iriitgegenfommeu  ber  3Weifter  mürbe  ber 
Streif  beigelegt,   (rin  neuer  Streif  broljte  uor  1'/»  ^afjren  auöjubrecljen. 


roanb,  bafe  bie«  ober  jene«  Jyrauemimmer  ein  Mleib  beffer  morfje  al*  mandjer 
Sdjneibermeifter,  miberlegcn  mir  gän.^lid)  baburd) : 

"iUir  geben  jroar  ut,  bafi  ce  ber  ,vall  bei  bem  ein  ober  anbern  8a)neibcr- 
meifter  fein  fann,  hingegen  fmb  "JJlcifter  unter  un*,  meldje  Frauenarbeit 
fertigen,  roie  foldjc  uon  feiner  biefer  ^trbeit^leittc  gemacht  merbcu  fann.  (*« 
fragt  fid)  nun,  als  ob  ätfeibsbilb  bie  Steuern  unb  haften  biefer  ^rofefftou 
jafjlt  ober  ber  Sdjneibermeifter  ?  *>n  oorliegenbem  ^efdiroerbefall  betrifft  es 
eine  gauj  frembe  jyraueusperfon,  meldjc  jeb  bas  Medrt  eines  Sdmeibermeiftcrs 
anmaßt,  nemlid)  bie  tebige  Atatbarine  SÖolff  aud  Strafsburg.  Ufad)  beifotgenbem 
(Sonto  meldjer  ftatt  berfelben  jur  ^cfdieiuigung  bem  neben  trjr  mol)ttenben 
Sdjncibermeifter  ftinf  gebracht  morben  ift,  i)at  biefelbc  ber  lebigen  Sdjroefter 
bes  Sinngiefjers  SHürrie  basier  ein  neues  .ttletb  gemad)t  unb  jmei  anbere 
oeränbert. 

So  nun  biefes  frembe  "liktbSbilb  obnebin  burd)  Slblmltung  einer  Strid- 
fduile  biefigen  iuirgersmeibern  unb  lödjteriu  bie  ^{abrang  loegnimmt,  roeldjes 
ntdjt  ftattfiubeu  füllte  unb  ftd)  nun  uberbies  aud)  nod)  bie  Jrcibung  unferer 
^rofeffion  erlaubt,  fo  ftnb  mir  um  fo  cber  ber  Hoffnung  ein  itfobllöbltdier 
Stabtrat  roerbc  nid)t  nur  berfelben  fonbern  überljaupt  allen  ftd)  mit  ber 
Sdmctberprofeffion  unftattljaft  befaffenben  iUeibelcuten  foldjcs  uerbietcu  unb 
micberlegcn. 

Wanten*  ber  Sdmeibenuuft 
^unftmeifter  tfbner,  3t.  .Horumann. 

£er  iKagiftral  oerbot  ber  JDemoifelte  bei  Slnbrobuug  be*  StabtocnuctfcS 
biefe  Wefdmftigung  unb  erlaubte  ifjr  nur  ben  bisher  bamit  uerbunbenen 
fran^öfifdjen  Untcrrid)t  jtt  erteilen. 


Digitized  by  Google 


444  Ufotabeim  im  19.  3abrbunbert. 

töcrBcr. 

91af)e$u  ganj  oerfd)munben  finb  bic  (&crBcr.  Otoüei:  aäfylte 
im  3al)re  1810  nod)  17  föotgerber  unb  3  Söeißgevbermeifter; 
20  ^atyn  früher  roaren  e$  nod)  33  ©erbenneifter.  ©r  ermähnt 
anerfennenb  bie  oortrefflidje  @finvid)tung  bcv  gfriebruty  33etfer'fd)en 
©erberei,  gebenft  aber  meniger  rübmenb  be$  guten  2)ufte§,  ber 
im  ©erberquartier  in  ber  großen  unb  Keinen  ©erbergaffe  berrfdjte. 
„s4öenn  aud)  föotl  bie  im  unteren  ©tabtteile  gelegenen  ©erbereien 
unb  ©eifenfiebereien  feine  balfamifdjen  $)üfte  oerbreiten,  fo  ift 
bie§  nur  im  Cuartiere  für  fiel),  unb  bie  burdjftrömenben  fjellen 
93äcf)e  reinigen  bie  Stift  fortroäf)renb.  2)a  biefe  ©efdjäfte  ftd> 
am  füböftlidjen  ©nbe  ber  ©tabt  beftnben,  roerben  bie  3lu3bünftungeu 
feiten  ber  übrigen  ©tabt  burd)  bie  2Binbe  mitgeteilt",  fdjreibt 
Voller.  SängS  ber  ©tabtmauer  oon  ber  9Iuerbrücte  abroärtS  bi3 
$um  (Eingang  ber  JJinfenftein'fdjen  3nfel  befanben  fid)  bie  ©erüfte 
jum  Aufgängen  ber  Jelle  ber  2Beißgerber. 

©ine  ©erberei  nad)  ber  anbem  ging  ein;  im  3at)re  1862 
maren  bie  3Öeißgerbereien  fdjon  ganj  uerfdjrounben  unb  oon  ben 
SKotgerbereien  nur  nod)  3  übrig.  2)er  letzte  ^forjljeimer  ©erber 
ift  itttfl.  ,v>oi';l)rtiu'r,  in  beffen  Jamilie  ftd)  §au§  unb  ©efcfyäft 
feit  3af)rf)unberten  oon  ©efd)led)t  ju  ©efd)led)t  oererbten. 
($a§  ^oUfjauer'fdje  §au3  in  ber  ©nmnafiumftraße  mürbe  1696 
erbaut.  $ie  ©ityne  biefer  gamilie  roibmeten  fid)  au§fd)ließltd) 
bem  ©erber*  ober  Särberfyanbroerf.) 

Sßerfdjrounben  ftnb  bie  einftmalS  fo  angefefjenen  fünfte  ber 
4t  auc  melier,  BeugmartVr,  ötrttmpftmrßct  ttttb  ciidimamcr. 

Sie  mußten  ben  großen  Jabrifbetrieben  meieren.  9!od)  nor 
40  3a^ren  ließen  Srauen  Unb  $öd)ter  im  ^Bürgertjaufe  ba§ 
©pinnrab  fdjnurren,  unb  ber  Öeinemeber  roob  ba$  ©am  ju 
folibem  .£>au§macrjerletnen,  au§  bem  bie  Butter  mit  £ilfe  ber 
2öd)ter  unb  Wärterinnen  §emben  unb  2Beißjeug  fertigte,  ba§ 
©enerationen  ausfielt  unb  babei,  roenn  aud)  nicfyt  gerabe  foliber, 
fo  bod)  immer  meißer  mürbe. 

8clbftacfponnen,  fclbfta,emad)t 
SiSar  citift  bic  fdjbnftc  Würgertradjt. 

2)er  gortfdjritt  ber  Kultur  fyat  bem  ©pinnrab  unb  bem 
fieinemeber  ba§  ©übe  bereitet.  $öo  ba§  ©pinnrab  fid)  Ijeute  nod) 
Seigt,  ba  ift  e§  jumeift  nicfjt  ein  Arbeitsgerät,  fonbern  oielmetjr 
ein  2uru§gegenftanb.*) 

*)  3m  ^afyre  1849  liefe  bic  Vcineiocbcr-  unb  ludjmarfjcrjunft  noa)  ein- 
mal etioa$  Cffaiellcö  oon  fid)  boren.  £ic  mußte  nämlid)  an  bic  Domänen- 
uerroaltuna,  eine  jabrlidjc  Slbaabe  von  1  fi.  54  ,Hrj.  entriebten.  ^m  ^abre 
184«  nun  oerroeiaerte  fic  bic  weitere  irntridjtuua.  biefer  oteuer,  worauf  bic- 
felbe  aua)  irnbe  gamiac  in  Abgang  befretiert  mürbe. 


Digitized  by  Google 


<0forabcim  im  19.  3abrbunbert. 


445 


3lud)  bie  Heineren  3ica,(Tt'icu ,  mie  fie  früher  beftanben, 
finb  nad)  unb  nacf)  oerfd)iounben.  3«  ßalioerftrafje,  an 
Stelle  be§  neuen  8d)uU)aufes,  war  bie  $ieg«>lei  oon  s3ftaier.  3)er 
„3ieglerfvieberle"  batte  fein  ©efd)äft  an  Stelle  ber  Jurnbaüe  in 
ber  fenaftrajje,  ^ie^ter  3Jtürrle  roobute  juerft  in  ber  SBabgaffe, 
bann  am  (£gelfee  ijet}t  93al)nbof).  Später  befanb  fid)  in  ber 
3fpringerftrafje  im  ^Befi^e  ber  3*a«"^«  &<*4  eine  größere  3iegelei. 
$eute  wirb  ber  fet)r  geeignete  Sebmboben  nörblidj  ber  SBabn 
oon  ber  9Jlafd)inenjiegelei  oon  fetter  mit  ben  neueften  tedjnifdjen 
Mitteln  ju  Siegln  unb  Skcffteinen  oerarbeitet.*) 

5(ud)  ba3  ©emerbe  ber  (fteßfWägcr  ift  oerfebwunben.  £u 
beginn  be$  18.  3abrbunbert3  gab  e§  noeb  5  berartige  ^Betriebe 
in  ber  Stabt:  $)er  bebeutenbe  Oeblfdjlag  oon  ^flauer,  ©eiger 
unb  (£ie.,  weldjer  pro  $>ax)X  2000  1  9tepiöl  probujierte  unb  in 
Celen  einen  ©rojibanbel  betrieb;  ©erroig  unb  (£ie.  unb  ber 
£>elfd)lag  be3  s$forsbetmer  $lofjoerein$,  aufjerbem  nod)  2  Heinere 
betriebe.  9lur  ein  fleinerer  ^Betrieb  —  ber  $atj'fd)e  Oef)lfd)lag  — 
erbielt  fid)  bis  gegen  (£nbe  be§  OaWunbertS,  al§  ber  93efttjer 
berfelben,  3lrd)iteft  9J?aler,  bie  ooibanbene  2Bafferfraft  oorteil* 
bafter  jur  (Srjeugung  oon  eleftrifdjer  $raft  unb  2id)t  für  feinen 
großen  5aül*^ncuDau  oerwertete. 

Seit  einigen  Qabren  beftebt  in  ber  Stabt  eine  oon  33tettanb 
u.  <lte.  eingeführte  unb  betriebene  3af)ttfa6rift,  bie  erfte  auf 
bem  europäifdjen  kontinent.  Qnbaberin  ift  gegenwärtig  eine 
9lftiengefellfd)aft  m.  b.  ted)nifd)er  Seiter  ift  $)ireftor  ^einrieb 
Sluguft  Sienanb.  1900  belief  fid)  ber  Umfafc  auf  l1/,  Million 
Warf. 


"2.1  an  Ii-  uub  28edjfefflefd)äfte. 

53i§  in  bie  50er  3abre  beftanb  in  N^forjbeim  fein  eigent* 
lid)e§  93anfinftitut.  2)asi  erfte  ©efdjäft  biefer  9lrt  führte  Vlatüan 
25off  unb  jmar  fommiffionSweife,  inbem  er  bei  einem  Äarl§* 
ruber  93anffjaufe  bie  oon  ben  gabvifanten  benötigten  Sobugelber 
unb  Scbmelagolb  trotte  unb  Siefen  auSbejablte.  9lad)  feinem 
£obe  fübrte  bie  2Öitme  SBolf  ba§  ©efd)äft  weiter,  $>er  erfte 
eigentlidje  Sanfter  s$forabeim3  mar  Attgttft  öligerer,  beffen  ©e= 
febäft  bis  in  bie  Witte  ber  80er  3af)re  beftanb.  3m  3at)ve  18G4 
befanben  fid)  fd)on  5  $8anfgefd)äfte  in  ber  Stabt,  1872  waren 
e§  bereu  13.  3m  Sabre  1871  rourbe  ber  &fox$eitnet  SSanß- 

•)  ^aljvc  18H1  #ab  eä  noö)  mehrere  foa,.  Jelbjiegdeien,  rooruntcr 
bie  Jried^fcftc  bie  bebeuteubfte  roar.  gleichen  oal)re  rourbe  im  Cften  ber 
Stabt  unter  bem  ©aäroerf  ein  ringförmiger  Riegel«  unb  flalf6rennofen  erbaut. 


Digitized  by  Google 


446 


^forabeim  im  19.  3abrbunbert. 


Pf  rein  gcgrünbet  unb  ätoar  als  ftommanbitgefellfdjaft  auf  5lftien, 
toeld)e  mit  bem  1  Sanitär  1872  mit  einem  3lftienfapital  oon 
525  000  ©ulben  in$  Sieben  trat.  $as  ^nftitut  bat  für  ben 
@elb=  unb  ftrebitoerfeljr  eine  grofte  $3ebeutung  erlangt.  3m 
3at)re  1875  erbielt  ^forjbeint  aud)  eine  "2let(6ö6anßneBeitfteirc. 
$iefelbe  erroarb  ftd)  ba3  ebemalige  ftittler'fdje  £>au3  in  ber 
«abnljof|tra§e  um  60  000  «Warf. 

$er  Umfatj  an  @innaf)nten  unb  Ausgaben  betrug: 

1897:   236,794,422  Wt 

1898:   283,816,135  SWf. 

1899:  356,050,210 

1900:   383,237,515  ÜWf. 
sJtad)  bem  ^Ibre&falenber  oon  1900  befinben  ftd)  auger  ber 
9ieid)§banf  7  SBantgefdjäfte  in  ^forjbetm. 


Per  itfeinoanbef. 

93iele  ber  Keinen  $>anbtoerfer,  beren  ©efdjäft  infolge  ber 
©rofifabrifation  auf  ben  s2luSfterbeetat  gefegt  mar  unb  oon  3at)r 
ju  Sat)r  weniger  einbräche,  baben  ftd)  flugertoeife  bem  3\\$e 
ber  $eit  anjubequemeu  oerftauben,  fie  gaben  ben  müf)famen  unb 
uneinträglicfyen  betrieb  auf,  belogen  ifyre  ^Barett  oon  ber  5öbrif, 
unb  erhielten  au§  bem  SBerfauf  berfelben  einen  größeren  yht&en 
als  juoor  bei  allem  gleiße  burd)  ben  §anbioerf3betrieb.  Nebenbei 
biettett  fte  in  iljrem  Säbdjen  nod)  aller  sÜrt  ^Biftualicn  unb 
frifteten  auf  biefe  SBeife  ein  gar  nidjt  fo  unbef)aglid)e§  $afein. 
®ann  aber  famen  oon  üJlitte  1880  au  bie  Majore  unb  6d)leuber* 
gefdjäfte,  eroberten  fid)  burd)  bie  anfd)einenbe  Söiüigfeit  iljrer 
fearen  ba§  faufenbe  ^ublifum,  unb  für  bie  ftleinfattfleute  begann 
nun  genau  toieber  berfelbe  ftampf,  toie  if)tt  bereinft  ba§  #anb= 
werf  mit  ben  Jabrifeu  aus$ufämpfen  fjattc  unb  aud)  genau  mit 
bemfelben  Ausgang,  näinltd)  mit  bem  SRuin  ber  kleinen,  bie 
einzeln  gegen  bie  enorme  Stapitalfraft  ber  ®enoffenfd)aften  unb 
©röfjbajare  nidjt  auffommen  tonnen  2)er  Untftanb,  bajj  bie 
beiben  älteften  b^ftgen  2Baren!)äufer  oon  $nopf  unb  SBronfer 
(burd)  umfaffenbe  Neubauten  in  bie  Sage  gefetjt,  fo  jiemlid)  alle 
9lrtifel  fütjren  ju  tonnen)  fid)  felbfl  gegenteilig  Ronfurrenj  machen, 
trifft  natürlid)  am  empfinblidjften  ben  ftleinbanbel. 

Ratten  in  ben  legten  3atjren  bie  Äurj*,  SBeifK  SHanufaftur* 
maren*,  $onfeftion§=  unb  §au3l)altungsgefd)äfte  unter  ber  SBaren-- 
bau§fonfurrens  511  leiben,  fo  gefeilten  ftd)  im  Saufe  be§  legten 
SatjreS  baju  nod)  bie  5lolonialtoarengefd)äfte,  bie  ohjtebin  fdjon  bie 
(fenftenj  be3  SebensntittelbebürfniS*  unb  ftonfumoereinS  entpfmb* 
ltd)  fpürten.    Urfadje  mar  bie  CStablierung  eines  auswärtigen 


Digitized  by  Google 


Sfotäbctm  im  19.  Sa&rbunbett.  447 

Konfumgefd)äft3  in  ber  ©tobt,  ba§  ungefähr  benfelbeu  Qtoimb« 
feigen  fyulbigt  wie  bic  SSarenfjäufer  oon  Knopf  unb  s2öronfer. 
(Sine  anberc  Kolonialwareufirma  grünbete  in  ganj  fur$em  Qeit« 
räum  5  gilialen  in  ben  oerfdjiebenen  ©tabtteilen.  3)ie  Solge 
ift,  baß  all  bic  fleincn  Kaufleute  in  bcv  9läf)e  fotdjer  ©efdjäfte 
faum  meljr  eyiftenafäfyig  finb.  ©ic  ftnb  genötigt,  9tebengefd)äfte 
äu  treiben  ober  iljr  ©efdjäft  ganj  aufsugeben,  um  anberweitigen 
93erbienft  ju  fudjen.  £au3*  unb  Küchengeräte  tjolt  faft  niemanb 
meljr  im  (Sifenlaben,  fonbern  im  Skjar.  (Sbenfo  leiben  bie 
©alanterie*,  £uru§=,  Spiel*  unb  ©Ia3warengefd)äfte.  Sie  alle 
oermögen  nur  ~nod)  burd)  feinere  SBaren  unb  ©pejialartifel 
einigermaßen  ju  reüffteren. 

3ltle  Klagen  unb  alle  Hoffnungen  auf  Erfolge  burd)  gefet}-- 
lid)e  (Einfdjränfungen  jener  ©roßgewerbe  finb  überflüfftg.  $)ie 
Sluffaugung  ber  Kleinbetriebe  burd)  ba§  ©roßfapital  wirb  mit 
matljematifdjer  ©ewißfjeit  oor  fid)  gelten,  wenn  nid)t  jene,  bem 
93eifpiele  be3  £anbwerte  folgenb,  fkfy  einigen  unb  burd) 
©elbfttjilfe  93efferung  fudjen. 

2)er  ^for^eimer  Kaufmann  läßt  e§  fid)  fjeute  mefjr  a(3 
früher  angelegen  fein,  feinem  ©efdjäfte  aud)  nad)  außen  ein 
möglidjft  prafentableS  silu§fel)en  ju  geben.  3)ie  Auslagen  finb 
burdjweg  gefdjmaduoü  angeorbnet  unb  $ur  $eit  oor  3Beif)nad)ten 
mirb  ba§  SBefte  unb  9ieid)fte  mit  fünfllf rifcfjem  ©efdjicf  oer* 
wenbet,  ben  93licf  be3  ^ublifumg  ju  feffeln. 


Per  itonfumoerein.  (<$.  ©.  m.  b.  £.) 

$)er  Konfumoerein  würbe  1865  gegrünbet.  3)ie  ÜJHtglieber* 
&af)l  mirb  erftmal§  dnbe  Sftai  1868  mit  507  genannt.  3ur 
3eit  l)at  ber  herein  1911  Sttitglieber,  6  gilialen  für  ©peserei* 
unb  ^acfmaren  unb  2  für  SBacfwareu  allein.  $er  Umfafc  pro 
1900  mar  573800  9Jtt.,  bie  aflitglieberjal)!  2004.  «n  SDioibenbe 
mürben  1900  76  207  Wl  -  15  ^rojent  oerteilt.  ®ie  ©rünber 
waren:  ^errenner,  9tol)recf,  Zvaufy  jun.,  <5uebe§,  Kunjelmann, 
Sofjm,  Kraft  Staffing,  Xfjeilmann. 


^eßcnömUtcföcbürfttte -herein  für  "^for^öeim 

unb  21  mg  diu  na,. 

$)er  93erein  würbe  im  3al)re  1890  gegrünbet  al§  33er* 
einigung  otjne  Haftpflicht  511  bem  3wecf,  ben  9flitgliebern,  bie 
jumeift  bem  Qnbuftriearbeiterftanbe  angehören,  burd)  (Sinfauf 
im  ©roßen  billige  Lebensmittel  gegen  *Barjat)lung  ju  oerjdjaffen. 


448  ^forafocim  im  19.  3abrbunbert. 

3ie  ^itatiebevsabl  betrug  1897:  3068.  3er  ©efamtumfafc  in 
btefem  3abv  belief  fid)  auf  249  520  9Rf.  31  $fg.  »uf  jebe§ 
sJDWglieb  fam  ein  93erbraud)  oon  81  sJflarf.  3ie  Skrioaltung 
beftebt  au§  einem  ^orfitjenben  uub  12  s#ueifd)uf?mitgliebern.  3er 
fteingeroinn  im  Oabre  1897  betrug  8  767,04  9Jtt.,  ba§  ©efamt> 
oermögen  45  448,46  9)}f.  £eute  ift  nad)  uorübergebenber  ftriftS 
ber  herein  infofern  fonfolibiert,  al$  er  in  eine  ©enoffenfdjaft  mit 
befdjranfter  Haftpflicht  umgeioanbelt  ift.  3^oes  3)iitglieb  jablt 
eine  Einlage  oon  3  9JJarf  unb  ift  roeiter  mit  3  sMaxt  fyaftbar. 
3er  herein  befi^t  ein  eigenes  4>au3,  in  ber  ^ammftrajje  sJlo.  3 
unb  5,  im  2lnfd)affung3roert  oon  185  000  9ftarf. 


Pao  ^urfibrudiergetticrBc. 

3er  „$eobad)ter". 

SWit  beut  neuen  OaMunbert  erhielt  ^foi^cim  mieber  eine 
Hiudiörudu'n'i,  nad)bem  bie  £tabt  bereite  im  16.  ^afjrbunbert 
ein  für  jene  $eit  t)od)bebeutenbe§  (#efd)äft  biefer  9lrt  unter  bem 
S3ud)brucfereibefit>er  31  n  3  beim  befeffen  Ijatte.  üflit  ber  93er* 
legung  ber  Mefiben*,  nad)  3urlad)  ift  biefe§  ©efdjäft  leiber  bei- 
gabt roieber  oevloren  gegangen. 

93om  1794  an  erfdjieu  in  ®arl§rube  für  ^forjbeim 

jebe  9Bod)e  in  Dftao  ein  befonbereS  $Hättd)en,  „bie  ^forjbeimer 
roöd)entl.  sJlacf)ricr)ten".  s3ll§  im  $abre  1800  burd)  (£fnr.  Jr.  9MUer 
au§  ftarlSrufye  toieber  eine  3rucrerei  in  sßfor$beim  errichtet  rourbe, 
erfdnen  oom  3ult  jene§  3ufH'e3  an  ba$  $8lalt  in  biefer  ©tabt 
felbft  unb  jroar  oon  1801  an  in  Dftaoformat.  3ie  tüödjent* 
liefen  9iad)rid)ten  oenoanbelteu  fid)  1811  in  ein  „©ocbenblatt", 
1832  aber  in  ben  „S3eobad)ter",  ber  oon  ba  an  roödjentlid) 
jroei',  fpäter  brei=,  oon  1856  an  oier*,  oon  1858  an  fünfmal 
erfd)ien  unb  fid)  am  1.  Quli  1861  in  ein  täglid)  erfdjeinenbeS 
^Blatt  erweiterte.  93on  Füller  ging  bie  3rucferei  auf  3.  3R.  $afc 
(jetjt  93ecfb3  "Öienoirtfdjaft),  fpäter  auf  3  9W.  Slammer  über, 
roeldjer  einen  'öudjbanbel  bamit  uerbanb.  Stuf  klammer  folgte 
al§  SBefityer  beffen  6d)toiegerfobn  ©ottlob  9Jlänner,  fpäter 
beffen  trüber  Otto  ÜDJänner.  3m  Oftober  1889  ging  ba§ 
©efdjäft  an  Qofepb  3luton  5Mnber  über;  ber  ooüftänbige  Xitel 
be3  sölatte§  fjieg  je^t:  ^forjbeimer  $3eobad)ter,  Amtsblatt 
für  ©tabt  uub  2lmtsbe$irf  s]jfor$beim.  Beilagen:  ^for^beimer 
UuterbaltungSblatt  unb  bie  (£belmetaU'-3ubuftrie.  ^forjbeimer 
Zentral  =  Cffertenbtatt  für  bie  ©olb*  unb  ©ilbermarenbrandje 
unb  bie  bamit  oerfnüpften  ^ntereffen.  3ie  beabfidjtigte  Sinei* 
malige  5lu§gabe  täglid)  erroieS  fid)  al§  unjioecfmäfjig.  Vorüber* 
gef)enb  ging  ba§  ©efd)äft  au  Starl  Söeinbel  über,  um  1892 


Digitized  by  Google 


Wotabeim  im  19.  fobrtmnbert.  44$ 

wieber  oon  Sinber  weitergeführt  ju  werben.  35er  jetzige  $e* 
fifcer  sJHar  SHemm  faufte  baS  ©efdjäft  im  3af)re  1893.  $urd) 
Anfdjaffung  oon  3atinier-  unb  ©dmeibemaichinen,  Stereotypie* 
einrid)tungen,  $HotationSmafd)ine  unb  Setjmafchinen,  feine  Accibenj* 
brutfe,  ift  ber  Seftfcer  beS  „Beobachter"  beftrebt  unb  in  ber 
Sage,  alten  mobernen  Anforberungeu  gerecht  ju  werben. 

3n  ben  ^afyren  1839 — 43  beftanb  in  NJ$for$heim  nod)  eine 
jmeite  auSgebebnte  93ud)brurferei  in  Serbinbung  mit  einem  be* 
beutenbeu  ^crfa^gefcfiaft  unter  ber  ftirma  Pfttittg,  >tnß  unb 
6t r.,  auS  bem  manche  ausgezeichneten  SBerfe  mit  oorauglicher 
tnpographifdjer  AuSftattung  heroorgingen.  3fa  ben  60er  fahren 
befaß  $3ud)f)änbler  Schwaig  eine  jweite  Sudjbrucferei  in  ber 
Stabt. 

Stet  „s}3f orsh eimer  Anzeiger". 

9kd)bem  ein  im  Spätjahr  1870  erfd)ieneneS  53latt  „^forj* 
heimer  Leitung"  Mj  ntcljt  als  lebensfähig  erroiefen  h<*tte, 
grünbete  SBucfybrucfer  Müller  auS  Mosbach  im  felben  3at)re  nod) 
nad)  bem  dufter  beS  ,,.g>eibelberger  Anzeiger"  ben  „<ßforaheimer 
Anseiger".  $aS  ©efd)äft  faufte  er  um  6000  fl.  oon  Sanfter 
Auguft  Ungerer.  Am  1.  September  1872  mar  bie  (Einrichtung 
fonieit  fertiggeftellt,  baß  bie  erfte  Kummer  erfdjeinen  fonnte, 
roenn  aud)  in  fleinem,  befdjeibenen  Sormat,  2  (Seiten  groß  unb 
nur  Snferate  enthaltend  Selbftrebenb  blieben  aud)  bie  Schwierig« 
feiten  mit  ber  Äonfurrenj  ntct)t  auS ;  aber  bie  ^ähigfeit  MüllerS 
trug  bod)  ben  Sieg  baoon.  AIS  fpäter  neben  ben  Suferaten  aud)  lofale 
unb  politifdje  Mitteilungen  erfdjienen,  gefdjab  bieS  nicht  vom  ein  = 
feitigen  ^ßarteiftanbpunft  auS ;  jebermann  füllten  bie  ©palten  beS 
SBlatteS  offen  ftefyen,  unt  jebe  Partei  follte  barin  $u  Söorte 
fommen,  fofern  nur  nietjt  gegen  bie  SBeftimmungen  beS  ^Srcg* 
gefe^eS  oerftoßen  rourbe.  s)lad)  uielen  @nttäufd)ungen  unb  unter 
ungenau lid)en  Anftrengungen  gelang  eS  Füller  mit  $ilfe  ihm 
wohlgefmuter  Bürger*  unb  Arbeiterfreife  bie  Abonnentenjahl  beS 
BlatteS  @nbe  1874  auf  3500,  bie  3nferatenjaf)l  auf  7000  511 
bringen.  3unäd)ft  oerlangte  er  lebiglid)  6  ßreujer  Srägerlohn, 
fpäter,  als  baS  Jyotwat  größer  rourbe,  ein  Feuilleton  unb  einen 
unterbattenben  Seil  erhielt,  20  v$f.  unb  nach  weiterem  Zuwachs 
an  Abonnenten  30  *Pfg.  pro  Monat.  3m  3>af)re  1883  betrug  bie 
Abonnentenjabl  6500,  bie  ber  3nferate  26  500.  3n  biefem  3af)re 
oerfaufteMüüer  baS©efd)äftnüt  Anwefen  um  110000 SRC  an  Such5 
bruder  |whmann,  berfelbe  war  Befitjer  beS  Anzeigers  bis  1.  9lov. 
1888.  4ie  Auflage  beSfelben  ftieg  bis  bahiu  auf  9000  ©yemplare, 
bie  $af)l  ber  3nferaten--Aufträge  auf  30  000.  $ie  neuen  Befifcer, 
©ebrüber  tyrnl  unb  JJritj  Sobe,  erweiterten  baS  Blatt;  [\z  oer* 
mehrten  ben  £efeftoff,  ber  bis  bahin  eine  Seite  faum  überftieg 

29 


Digitized  by  Google 


450  Worabeim  im  19.  3ai>rbunbett. 

unb  mcift  baruntcr  blieb.  3)ie  Auflage  ftieg  fo,  baß  im  3ahre 
1889  bie  9lnfd)affung  einer  $Hotation3mafd)ine  notroenbig  mürbe, 
meiere  12  000  oierf  eilige  Rehungen  ftünblid)  brueft,  faljt  unb 
abwählt.  3m  3ahrc  1899  machte  baS  enorme  2Bad)3tum  be§ 
Slnjeigers  eine  ©rroeiterung  ber  ©efdjäftsräume  notroenbig.  ©in 
Neubau  bev  $rucferei  fanb  ftatt.  3n  ben  neuen  Räumen,  ©nj-~ 
ftraße  23,  rourbe  eine  jroeite,  eine  fog.  ad)tfeitige  iHotationS« 
mofe^ine  aufgeteilt  unb  beibe  siHafd)men  beforgen  nun  ben  $rucf 
beS  „sJ$foräbeimer  9lnjeiger$",  beffeu  Auflage  auf  14500  Gcremplare 
geftiegen  ift  unb  ber  nunmehr  täglich  im  Umfange  oon  8—20 
Seiten  erfcheint. 

$>a§  „$forj$eimer  ©täbtifche  Sagblatt". 

©egrünbet  1893  im  Berlage  oon  Robert  S?apfer.  $a§ 
^foräbeimer  ©täbt.  £agblatt  bient  nur  ben  öffentlichen  Outereffen. 
ÜJht  feiner  Verausgabe  roirb  fein  ©eroinn  begehrt,  fonbern  ba§, 
roa§  bei  biUigfter  Berechnung  aU  Ueberfdjuß  Derbleibt,  foll 
gemeinnützigen  Unternehmungen  jugeroenbet  werben.  $ie  oon 
3al)r  ju  Oabr  geftiegenen  ^3etvieböf often ,  $lufd)affung  einer 
ÄotationSmafchine  unb  ber  äußerft  niebrige  9lbonnement3prei3 
ermöglichten  e§  nod)  nic^t,  Ueberfdjüffe  ju  erzielen  unb  biefe  ihrer 
gebadjten  s.ßerroenbung  jujufübren.  $er  Jenbenj  nad)  ift  e3 
politijd)  unb  fonfeffionell  parteilos  oerfolgt  aber  im  allgemeinen 
eine  freifinnige  iKidjtung,  nid)t  ohne  inbeffen  aud)  anbermeitige 

9lnfd)auungen  gelegentlich  sum  ShiSbrucf  ju  bringen. 

*  * 
* 

5lußerbem  befttjen  ^Iccibenjbrucfereien  $Broe.  $öilf).  Berggötj 
Serbinanb  Dornberger,  (£rnft  $3irfner,  Oofepb  ftnoblaud),  ^ermann 
Ruf,  ßbviftian  ©djneiber,  ©ottlieb  ©ie3,  $aul  ©ertiS,  SßMlbelm 
$löpfer,  Hamburger  &  Brebtmann. 

$asf  erfte  Slbreßbud)  erftf)ien  im  3af)re  1859.  (Seit  1885 
crfrfjetut  regelmäßig  alle  jroei  3af)rc  jefct  jährlich  ein  oorjügliche^ 
SIbreßbuch  oon  ^olijeifommiffär  ©eifert  unb  ^olijeiaftuar  SBebel. 

3n  ben  50er  3af)ren  mürbe  oon  93ud)bänbler  ©djroarj  bie 
erfte  Seihbibliothef  gegrünbet,  roeldje  im  3ahre  1856  gegen 
2000  SBänbe  umfaßte  unb  fleißig  benutzt  rourbe.  $ur  3eit  hat 
^forjheim  fünf  SBuchlwnblungen ,  roooon  bie  9tierfer'fd)e  bie 
ältefte  ift.  (Siuem  ^öebürfniS  entfpricht  bie  feit  brei  fahren 
beftehenbe  9leumann'fd)e  sJWufifalient)anblung. 

©eit  1899  befitjt  bie  ©tabt  in  ben  oerfdjiebenen  ©tabt= 
oierteln  ungefähr  30  v$lafatfäulen  unb  s}3laiattafeln ,  bie  oon 
SBuchbrucfereibefttjer  ftlemm  um  etma  900  3ttf.  jährlich  gepachtet 
mürben  unb  gegen  entfprecbenbeS  ©ntgelt  ben  föeflameluftigen 
überlaffen  merben. 


Digitized  by  Google 


WorabeimMm  19.  3abrbunbett. 


451 


Vit  Juanbefeßammer. 

Tie  itfor^beimer  Jnbuftrie  mar  oon  jeher  beftrebt,  eine  if)rer  Sebeutung 
entfpredjenbe  Jutereffcnoertretung  \u  tyaben.  Jn  ber  erften  (Sutwidluiigs 
periobe  fonnte  biefe  Bertretuug  nur  im  Stnfcbluffe  an  größere  Jntereffen: 
oeibänbe  gefunben  werben,  lüährcnb  fie  fpdter  in  einer  felbftänbigen  Korporation 
jum  Slusbruct  tarn,  bereu  #orm  unter  bem  Sttecbfcl  ber  ftaatlichen  ®eioerbe= 
gefefcgebung  jetoeilS  fich  änberte.  £as  Bebürfnis  naa)  einer  Bereinigung  ber 
Wor$betmer  Jnbuftriecllen  trat  311m  erftenmale  im  Jahre  1870  311  tage,  als 
bie  fleine  Schar  oon  12  (Meiocrbctreibcnben  bem  im  Jahre  oorber  baupt 
fädeltet)  oon  fübbeutfeben  ^abrifanten  gegrünbeten  „^eutfdien  .vtantiel^ 
u  n  b  ÜJeioerbeoerein"  als  Ortsgruppe  beitrat,  tiefer  Berein  ftanb  unter 
ber  geiftigen  Leitung  beä  febr  tbätigen  nnb  roeitfdjauenben  BolfSioirteS 
^riebria)  fiift  unb  hatte  fidj  oornebmlid)  *ur  Aufgabe  geftellt,  bie  5luf- 
Hebung  ber  inneren  Seile  jioifchen  ben  beutfeben  Staaten  unb  beren  Ber* 
legung  an  bie  Wreuje  herbeizuführen,  b.  b.  er  toollte  bie  38  inneren  beutfebeu 
3olIgrenjen  aufbeben  unb  Xcutfcblanb  ju  einem  nrirtfd)aftlia)en  Wanjen  ergeben. 
SDiefe  Jbee,  ein  Ausfluß  ber  patriotifchen  OJefüble  naa)  ben  Jyrcibcitöfriegen, 
führte  alle  intelligenten  BaterlanbSfretinbe  jufammen  unb  fanb  feine  ^enoirf- 
lid)ung  in  ber  Schaffung  beö  beutfeben  rfolloeretnS,  bem  im  ifaufc  ber 
30er  Jat)re  faft  alle  beutfeben  (rinjelftaaten  beitraten.  Stach  ber  l'öfung  biefer 
Stufgabe  erlahmte  bie  Ibötigfeit  beö  „Ten;  übet;  banbelS  unb  ÖeioerbeoeretnS" 
mehr  unb  mehr,  bis  jioei  neue  fragen,  „Schub  ber  Jnbuftrie"  unb  „Bau  oon 
(*ifcnbabnen",  nrieberum  angeregt  oon  vift ,  bie  Jntereffcn  beS  BolfeS  be* 
berrfebten  unb  bie  (üeroerbetreibenben  aufs  neue  ju  engem  ,3uiommenfa)luß 
oeranlaßten.  So  entftanb  1841  ber  „babifebe  Jnbu f* r  *eo  e r c  t  n"  m'* 
bem  iuu-  in  Karlsruhe,  oon  beffen  Bcjirfsoereinen  auch  einer  in  Bforjljeim 
feinen  Sib  hotte,  ber  bie  Bejirfe  Marlärubc,  ^forjl>eim,  $urlaa),  Bretten, 
Baben,  Gernsbach  unb  Büljl  umfaßte.  Jm  Jabrc  1844  fcbloffen  fieb  biefe 
Jnbuftrieoereine  bem  „allgemeinen  b  e  u  t  f  cb  e  n  3  n  b  u  ft  r  i  e  0  e  r  e  i  n"  an 
unb  toaren  mit  biefem  thätig  bei  ber  iföfung  ber  oon  Ktfl  normierten  Be» 
ftrebungen:  Einführung  eines  gemäßigten  ^ollcS,  Bau  oon  iSifenbabnen,  ein* 
beitlia)e  Crbnung  beS  Boft*,  Wüny-,  SHaß;  unb  $eioia)tSn>efens,  Sdjub  beö 
geiftigen  (Eigentums  jc.  Tie  eigenartige  ,\;:r:p:i  ;e  BforjbeimS  brachte  e*  mit 
fieb,  baß  im  Slnfdjluß  an  ben  Bejirfsoerein  fid;  noch  aus  freien  Stücten  ein 
„$lusfd)ußs  Komitee  ber  Bijouterie*  ^abrif anten"  (Jabrif^ 
f  0  m  i  t  e  e ),  oon  ben  Beworben  fd)on  „öanbelsfammer"  genannt,  foioie 
ein  „.&  a  n  b  e  1 S  B  0  r  ft  a  n  b"  (für  bie  übrigen  (bewerbe)  bilbete. 

Tic  anfangs  febr  rege  Jbätigfeit  biefer  Bereinigungen  erlahmte,  als  bie 
Regierungen  ber  oerfdjiebenen  Staaten  glaubten  nu  Hebung  bes  @emerbes  roieber 
ju  mittelalterlichen  S"nft«i«rid)tungen  jurüeffehren  ju  müffen.  3tuf  Wrunb  beS 
Öefefceö  00m  Joöre  1853  galt  bie  öanbelsfammcr  nunmehr  als  3"«"«g 
unb  umfaßte  ben  ganjen  .^»anbelSftanb,  an  erfter  Stelle  bie  *i jouterief ab rifanten. 
^eber,  ber  fortan  ein  fcanbelSgefcbdft  anfangen  roollte,  mußte  eine  Prüfung 
befteb,en,  entroeber  oor  ben  ^Witgliebern  ber  .vanbclsfammer  ober  oor  einem 
oon  biefen  ernannten  irjaminator.  Jvür  bie  Slufnafime  in  ben  S>anbelsftanb 
rourbe  oon  ber  franbelsfammer  eine  jiemlid)  hohe  (Gebühr  ertfoben.  311S  bann 
im  Jahre  1862  bie  OJeioerbefretbcit  ins  hieben  trat,  nahmen  bie  öanbeisfammern 
toieber  ben  (Sbarafter  freier  o"tereffengemeinfd)aften  an.  311S  foldje  rourbe 
am  15.  SHärj  1805  bie  „^anbelsgenoffenfcbaft  ber  Stabt  ^fors* 
b,eim"  gegritnbet,  neben  welcher  1871  |ur  fpe^iellen  Bertretung  ber  Jutereff eu 
ber  Bijoutcrieinbuftrie  ein  „#a  b  r  i  f  an  t  e  noe  r  ein"  ins  Vebcn  trat.  Tic 
eigentliche  Xljätigteit  besfelben  erlofd)  im  Jahre  1874  naa)  ber  üJiener  WelU 
ausftellung,  rodbrenb  bie  fonnelle  iluflöfung  erft  1885  erfolgte,  inbem  baS 
oorhanbene  Bermögen  ber  im  Jahre  1880  auf  Cirunb  Oed  babif a)en  .oanbcls- 
fammergefebes  com  11.  ^ejember  1878  gcgiünbeten  unb  an  bie  SteUe  ber 

20* 


Digitized  by  Google 


452  Worabeim  im  19.  3abrbimbert. 


ftanbclögenoffenfdjaft  getretenen  Jp  a  n  b  e  $  f  a  m  m  er  für  ben  Slmtöbejirf 
}Jf  orjljeim"  überroiefen  rourbe.  Tiefe  neue  Organifation,  roeldje  ben  ganzen 
QanbeM*  unb  Öeroerbeftanb  umfdjliefit,  unb  ber  .öanbelätammer  bie  31ed)te 
einer  juriftifdjen  ^Jcrfon,  foroie  bie  (rrlaubniä  verteilt,  Umlagen  unb  Unfoftcn 
auf  bie  2Baf)lbered)ttgtcn  ju  oertetlcn,  trägt  ben  Öebürfniffcn  genügenb  ftedmung. 

Seit  1865  giebt  bie  ftanbelSfammer  3abrc$bcrid)te  tjcrauä,  anfangt  in 
längeren  Zeiträumen,  feit  1880  alljäbrlid).  Ta*  Ütmt  beö  .foanbeläfammers 
präfibenten  befleibeten  bieder  Jabrifant  £enj,  iyabrifunt  ^erreuner,  (*belftein« 
tyänbler  unb  Kommerjienrat  $efell,  Jabrifant  unb  Äommerjienrat  ©ülia), 
ftabrifant  ü.  2B.  Weier,  ©efretäre  roaren :  Kaufmann  ^afob  Öertram,  Tr.  2, 
Motte,  eugen  Tennig,  Tr.  Ääfemadjer,  SÖalter  Siebter. 


Per  ^uafmäitttifdle  herein. 

3m  9iooember  1873  mürbe  oon  79  jüngeren  tfaufleuten  ber  „Äauf; 
männifdje  herein"  gegrünbet,  ber  fidj  all  bauptfäd)Iia)ften  3n,c<*  bie  roiffen^ 
fdjaftlidje  Sluebilbung  feine*  jungen  sJtad)ioud)fee  jur  Aufgabe  maebt.  Tie* 
ift  ib,m  im  Verlaufe  ber  27  %at)xe  feine*  iüeftefjen*  oollauf  gelungen  unb, 
roa*  faft  nod)  roertootter  ift,  er  t>at  unter  ber  tfaufmannfdmft  baö  gefunfene 
©tanbe*gefül)l  mieber  getoeett  unb  gehoben.  Tie  erfte  Witglieberjabl  betrug 
79,  erfter  SJorftyenber  mar  (Muftao  £uttelmeier,  nad>  it)in  oerfaben  biefe«  2lmt 
$r.  SBolf,  War.  Monig,  Örennci*,  (Mg.  Stoll,  Bft.  SUeber,  15.  Sdmetber,  Hob. 
^ufc,  Jyriebr.  |>äder,  21.  ^tfdjmann  unb  Otto  Söriefemann.  §auptfäd)licb  unter 
ben  (enteren  beiben  Herren  gelangte  ber  herein  jur  Glitte  unb  jutn  2tnfef)en 
in  ber  ©tabi.  Sein  oielgeftaltige*  Unterridjtöroefen  mit  ber  ©pradjen* 
Abteilung  für  Teutfdj,  ^ranjöfifdj,  (Snglifd),  Spanifd)  :c.  rourbe  namentlich,  bi* 
in  bie  Witte  ber  90er  ^aljre  ausgiebig  beuubt.  s)teuerbing*  ift  fnerin  leiber 
eine  geroiffe  Vautjeit  eingetreten.  Belm  25jäl)rigen  Jubiläum,  ba*  mit  großem 
^Jornp  im  „©ebroarjen  2tblcr"  begangen  rourbe,  fonnte  mitgeteilt  werben,  bafj 
ber  Äaufmännifdje  herein  unter  feinen  nafjeju  1000  Wttgliebern  460  ^rinjipale 
jäbjt.  ric  populär;roiffenfdmftlid)en  Vorträge  ftnb  beute  ber  Sammelpunft 
ber  gebilbeteu  3Belt  ^forjbcim«.  Um  bie*  ju  erretdjen,  rourben  feine  Soften 
gefdjeut  unb  für  biefe  Slbteiluug  in  25  ^atjren  ctroa  38000  Wf.  aufgeroenbet. 
Sin  ber  Unterrid)t*anftalt ,  roeld)e  feit  1894  oon  ber  Regierung  unterftü^t 
roirb,  roirfen  7  Üeljrer,  beren  Honorare  oon  1883  bi*  1898  runb  100000  Wf. 
betrugen,  unb  ju  benen  ber  herein  20000  3)11.  beifteuerte.  Tie  2lbteilung  für 
Stellenoermittlung  erfreut  fid)  oon  ^al)r  ju  ^af)r  eine«  größeren  ^ntereffe*. 
Seit  1887  bcfefcte  fie  ttOO  oafante  ^läfcc  nur  in  ber  töolb*  unb  Silberroaren= 
brandje.  Tie  iüibliotljel  umfafjt  3800  iöänbe  mit  einem  Neuwert  oon  15  000 
Warf.  3tm  15.  Wdrj  189«  bejog  ber  «erein  fein  neue«,  um  125  000  Wart 
getauftes  §eim,  ben  „Äaiferfrof.  Tie  befud)teften  Säume  be*felben  fmb  bie 
Vefcjimmer.  52  Zeitungen  unb  ^eitfefiriften  be*  ^n-  unb  2(u4lanbeö,  foroie 
118  Mad)fd)lageroerfe  bienen  ben  Witglieberu  al«  täglidje  geifrige  9iat)rung. 
(Sine  aufmerffame  pflege  finbet  bie  ÜJcfelligfeit.  3n  SJerbinbung  mit  bem 
SJerbanbe  faufmännifdjer  Vereine  t)at  ber  $forjf)eimer  faufmännifd)e  herein 
fid)  jeroeilä  lebhaft  beteiligt  an  allen  grofjen  roirtfdjaftlidjen  Jagedfragen  unb 
feine  Stimme  rourbe  immer  gerne  gebort. 

Skrüfmtte  Mebner  traten  auf:  Wacberfe=£»eibelbcrg,  o.  SRieh>Wünd)cn, 
Öottfrieb  Minfel  -  3i»nd) ,  Stttil  Siitterslwu«  -  Carmen ,  (r.  ^aul 
2liiölicenu«,  Jelir  Ta^n,  Äarl  Stieler,  ^rofeffor  Oncfen « tieften,  ©erbarb 
9tol)lfd,  Sllfrcb  Äirdjboff-Öalle,  ^rofeffor  Waurenbred>er-£'eipjig,  ®ot^ein=Äarl^ 
rulje,  JRubolf  ^alba'eip^ig,  öetnridj  ^räufel- «erlin,  Subroig  Julba,  ©affer= 
mann  -  Äarlärutye ,  2llbert  Nittum,  öeff  e  *  äüartegg,  Juliuö  i'oljmeoer,  War 
fcauöljofer,  $einria)  öult^aupt,  ^o^anneö  fcrojan,  (Älabberabatfa)),  Tr.  grii 


Digitized  by  Google 


^forjbeim  im  19.  3abrbunbert.  453 

6a)utfre*£re3ben,  2lleranber  $ille * (WaSgoro,  9teia)$ritter  o.  «injentt  *  SBien, 
^rofeffor  i)lünö>!Earmftabt ,  (Srnft  u.  üttol^ogen,  $en*  Vüfcen*  Berlin,  ©ugen 
Äüljncmann  -  Harburg ,  £r.  (E.  Äinbcrmauu  *  öeibelberg ,  3lrtf)ur  5(a)lettners 
Wunden. 

9ieben  bcm  genannten  herein  befteben  nod)  ber  ^aufmannifrfje 
Ifrretn  f)anfa,  Äreiäoercin  im  SJerbanb  beutföer  £tanblung3gef)Üfen  ju 
i'eipjig  unb  ber  fiaufmäimifdje  Herrin  UtrrJttir,  Ortsgruppe  beS  beutfa> 
nationalen  .t>anblung«ge$ilfenoerbanbeS. 


«ftrebttoreitti  errtit. 

3m  3uni  1894  trat  ber  Ärebitorenoerein  ins  Seben.   3)er  Qmd  be«* 
felben  ift: 

1.  93efa)affung  unb  Sammlung  von  2lu«funf  ten  über  alte  frebitfu$enben 
»ijouteriefdufer ; 

2.  ßinjajreiten  beä  Vereins  als  Vertreter  fämtlidjer  Gläubiger  bei 
^nfoloenjen ; 

3.  abftellung  oon  3Rifebräua)en  in  ber  ®olb«  unb  Silbenoareninbuftrie. 
Der  herein  ftanb  früher  in  enger  Bejtejjung  jur  £anbel$fammer,  beren 

Sorftyenber  aud>  ben  Sorfijj  im  95orftanb  beä  ÄrebitorenoereinS  (>atte.  2)er 
herein  umfajlie&t  2  Abteilungen,  eine  für  ba*  SlusrunftStoefen,  bie  anbere  für 
Äonfurfe  unb  Snfofoenjen. 


gereift  iUebitreform 

(jum  3ü)u$e  gegen  fd>äblia)e«  tfrebitgeben). 

Seit  1883  bem  «erbanbe  ber  «ereine  Ärebitreform,  ber  internationalen 
Bereinigung  oon  ^abrifanten,  Kaufleuten,  SJanfen  unb  0cn>erbetreibenben  aller 
Sörana)en  angetjörenb.   aRitglieberjaljl  570. 


Digitized  by  Google 


454  ^forabeim  im  19.  ^afabunbett. 

#fwcr0e  ttt  3*förjfictm. 


1810 

IIUVI)  ,'IUUII 

185» 
nad)  bcm 
1.  Äbrc^ 
falenbcr 

1900 
nad)  bcm 

«1*11  III*  11 

■nitc»  irt|en  unb  aNetaue  (oatmneln  oon) 

27 

200 

— 

? 

7 

Apparate  uno  «uittrumente 

— 

o 

^irciiuenen 

■ 

i  er 

15 

zu  um  im  in  fyupril 

_ 

• 

1 

.».»pii.ui   uno  ^cmcnnerunge-uiucntcrinter 

1 

miiuonuiorcn 

3 

-vMIUtl     UHU     vUUlljUlllUl  l 

40 

87  (2») 

•v'UUCl 

1 

4 

vHIUt'HlllMlUl 

— 



< 
1 

oanicn 

8 

— 

21 

'KdlltllilillflliM 

\niuiiiiimuiu 

8 

-v'uuiiifujnit  Ii 



b 

oauuuicrnei))Hcr  ( Jjiuiircr) 

8 

1 

39 

11 

8 

3 

■oieroenauT  lope^taigeiajafte) 





2 

ou  i  in  rui  iiiiuii  II 

13 

10 

-Cuioijaut  i 

1 

4 

vJAt  Ihf  ffiit  i  tti>r 

-oiioitoni^tr 

n 

3 

1  tt  T  T.T      >.!  rfl  1 ,Tj-t  in* 

OUlIlilUlP|U)lligCl 

1 

fi+mi»r 

■Olllllllll 

7 

2b 

lH  1  1 1  i  %|  .»  it  ,1     1  (-Ii  /T  t  ♦  i* 

-v ' 1 11 1  HC  III]  1  [Ulli '  11 

9 

V  1 1"  i"l  II  TT  t  III  *T 1  1 1    -      1  i  1"  i  *  IT  TT  i  *  l    l    '    1  TT            TTTtX           ■     ■    -*  i  i    ■  .  •  . 

-yriiiuiiiDeui  -  oicniiiiiitii    uno  I'.lv.u.u 

iyUDiiii.li 

c 
Ö 

Ilvii^TlIl.l^'f!»!!.!      1  ,  i  k    t  i  r  i» 

<»iic|iiuiriciiiiC[UHi|it 

— 

— 

1 

^  W  T- 1  f  1  ■■»  Tl  -        OtTTT^T***»*'    IftlX    ^iTfiTII  A4  4  4T  TT  (jT  Ül**  f  iT  4f  A  »  » 

•ouutn  ,  ^luiuti-  uno  -lorgnfticnTaoniuuon 

(  »""'nftT-W^ 
1  ~  l  1 1 1  *  1  y 

i 
1 

a 

''II  1*  iT^S  1  r*\  TT  i*  1  X  TTT  /T \f4\  9  t*  <T  tt  *      TT       ^ /ll^t'^tl  (  «kvtlAlaMM 

^roo|ii7iieioina|a)inen'  u.  cuKientrtunrat.on 

1 

■v  HU)  l'l  II  Vi  1 1  - .  .  i 

4 

0 

17 

K  i  t  i  ['i  hii  mX  t  mt  mm 
\ 'lUluHI  1 1 IU  II  HU*.  II 

1 

0 

-ouui'  uno  .'iiitpcnjDructereun 

f 

1 

1 

10 

<>UUMCUIIIUU^ll 

1 

1 

■ 
l 

ȟrftcnfabrifcn 

3 

13 

1 

5 

CCUUlOlOfUDilI 

• — 



1 

tijeimiaiien--,  iRaitxxau  uno  ^aromarcn 

14 

8 

1 

2 

Cigarrcnfabrifcn 

6 

(Sigarretu  unb  labaf^^anblungcn 

37 

ISonbitoreien 

7 

10 

7 

Gonbitorci^fiJarcnbaublungctt 

3 

•iorfcttcn-ÖJefdiäfte 
Ciuiünticnyaoni 

4 
1 

TannljtuiMuiiiUMi 

H 

Xcfaticraefo)ä'ft 

1 

1 

£eli!ateffen 

25 

Digitized  by  Googl ! 


VfoYlfefm  im  19  3abtbunbert. 
(bewerbe  in  2*for|ßrim. 


455 


Citri  Der  (Orrorrur 

1810 
naaj  .nouei 

1859 
n Qu)  ot*  in 

•  1.  Slbrefj* 

fo  Ion  her 

1900 
Slbreft* 

IUI  v  HUvl 

£tenftmdnuer 

10 

£reb,er 

4 

2 

10 

25roaereien  unb  Sanitdtäarttfel 

7 

£rofd)fenanfialten 

11 

©ier'3mporta,efd&äfte 

1 

(*inral)meqe[a)äfte 

4 

Üt 





2 

©ifentyanblunflen 



4 

12 

(Sifemoerf 

1 

1 

1 

(Sleftrotedjnifäe  lÄnftalten 

(Sntbinbunaäanftalten 

• 

3 

Gffigfabrifen 

1 

2 

^ädjenuadjerin 

1 

ftafjrräbera.efd)dfte  je. 

MM* 

10 

ftebern  Jydrberei 



1 

ftebern;  Reinigung 

7 

ff 

At'ilcnhaiu'r 

2 

2 

3 

10 

fteueruna.$ted)nifer 

2 

fttligran*®efd)dft 

1 

Fingerhut*  Jyabrir 

2 

rtleifdjljatfer 

1 

ftliegenber  »uajljanbcl 

9 

Alöffcr 

96 

56 

6 

Jyourniere 

1 

rtrifeure 

1 

46 

^rifeufen 

7 

ftu^runternctmter  (i'aftfuhren) 

w                                  w                     %          |    ff       0  0 

2 

35 

(Gärtner 



7 

42 

(Galanterie*  unb  ^ortefeuißeroaren 

13 

(Galoanoplaftifdje  tÄnftaften 

4 

(Garn^pejialgefdjäft 

1 

1 

(GartemXedmifer 

1 

(Gaömotorenfabrifen  (Vertreter) 

2 

@o«*  unb  SßafTerleitungägefcbäfte,  eteftrifdje 

(Sturidjtungen 

19 

©erber 

20 

4 

1 

(Gefd)dftebüa)er 

9 

(Gef(f)irr 

9 
98 

(Glafer 

6 

7 

(GlaSfdjleifer 

2 

(Glasmalerei  (Vertreter) 

1 

(Glaä*  unb  ^orjellantoaren 

8 

(Golbfdjldgerci 

1 

(Gürtler 

4 

(Gütcrbeftfttter 

2 

(Gummi*,  SISbeft*,  ted)n.  unb  djirurg.  SEBaren 

5 

Digitized  by  Google 


456  ^forabeim  im  19.  3obrbunbert. 


1M59 

1900 

Citri  0*r  (Orutrrbr 

1810 
naa)  rtouer 

nact)  bem 
1.  Slbreft- 

nad)  bem 
«brefc 

falenber 

falenber 

Ünpfer 

— 

2 

9 

.fcoljflofcgefrfmrt 

• 

1 

£täute  unb  Jelle 





1 

ttanbfcbul?  >:>anbluna,en  unb  iUafdjereien 

4 

^oiie-  unb  Mudjengeröte 

ii 

24 

fcebammcn 

4 

11 

.fcefebanblungen 

— 

S 

fcerbfabrifen 

— 

7 

\V'iUnm  Mumien 

* 

1 

2 

14 

öül)neraugen=  Operateure 

— 

— 

2 

.V>ütc  unb  iMüfccn 
^aloufte  unb  JHollläben 



— 
— 

9 
8 

Äaminfegermcifter 

m 

1 

3 

.Hammaajer 

2 



Äaffenfabnfen 

n 

Äeltereien 

1 

8 

Äinberroagen 

— 

8 

Äletbermagajtne  (tarnen) 

— 

D 

Mleibermagajtne  (Herren) 

— 



i  n 

12 

Mletberreinigung 

• — 

1 

Kleiber*  unb  ^antelmaa)ennnen 

85 

Änopfmadjcv 

2 



et 

2 

Mocfae 

— 



6 

ttobjenbanblungen 

— 

22 

ÄolomaW,  opcjcreiroaren,  Cigarren  u.  labaf 

20 

25 

22»> 

Jtolonialn>aren*2tgenturen 

— 

£> 

Morbmadjer 

— 

1 

4 

Moftgebereien 

— 

o 

• 

49 

üranfetiprlcge  imamtddje) 

1  ™ 

Äranicnpflege  (roeibltaje) 



7 

i\  i"  ei  1 1 1  i  ih  n  lm  d  c  i  \  w  nen 

10 

Mubler 

6 

4 

Q 
O 

Küfer 

11 

6 

lö 

Äürfdmer  unb  ^eljroarenlager 

■ 

1 

3 

4 

JUtnlUarbereten,  a)em.  Üöafdjereten 



— 

■» 
/ 

.Huuitfd)lonercten,  Gifenfon|truftiondn)etfft. 

1  

— 

ö 

ftaitfp  unb  ajiufifalien^anblungen 



— 

4 

Äunftroaben 



m m a 

ki 
m 

Äupferfdjmiebe,  Serunnanftalten 

4 

2 

4 

Murjr,  Setfc,  &}oü\  Warmoaren,  Xrifotagen 

10 

34 

Vatf,  Celfarben,  ftirniffe 
Lanbeöprobuften,  Sämereien 

8 

T 

22 

X'eberfabrif 

1 

Gebers  unb  Veberfcttbanblungeu 

2 

12 

i'ebcrroarenfabrif 

5 

1 

Veineroarem  unb  SluSftcuergefdmfte 

4 

22 

Leineweber 

9 

1 

i'ia)tbrucfanftalten 

8 

Digitized  by  Google 


^forabcim  im  19.  3af>tf)unbcrt.  457 


1859 

1900 

tMTei  arr  u>  nur  tue 

1810 

Mit  Vi '  Gleuel 

naen  bem 
1.  ^Ibrc^ 

nad)  bem 
5lbreft= 

ralcnber 

falcnber 

utnoai  arminie  Juutaitcn 

o 
o 

vouainpeu 

i 
1 

i'oöuacp|a}iageDureau 

1 

Vumpen*  unb  Mitocpenljanblungen 

•  > 

Q 
• 

a 
■ 

ttUNipcit*  unb  Mnodjenfammler 

o 

a 
c 

■ 

i» 
O 

analer 

V 

(HC 

jjiafCDmcnjaDnten 

zneajanuer  uno  4beujeug,i)anoiungen 

o 

O/ 

if.'(Ciuri«)nttepc  uno  JJceiHnpflienijanpuingeu 

Q 

0 

1 

3).eftiuggiefoere.eu  unb  Jabrifeu 

4 

"Dictallfcbjeifer 

a 
o 

l'iet  all!  arge 

— 

— 

1 

"DJeiaUioarenfabrifen 

» 

0 

.vieoger  uno  ■ii*ur|ticr 

1  t 

-4 

)],'  i  1  r(i  1  m  r  n  Ii  \t  ,l  1  t  imi 

i.'iuci)iiiraiiiuuicii 

■ 

5).ineraln)afferfabrifen 



1 

11 

2)iineraln)flfferb,anblungen 

— 

o 

iKöbelfabrif 

~~~ 

1 
1 

Oft)  ÄUitlft*  *«  V  I . ■ . .  ,  in» 

SN  o  b  c  1 1)  a  n  o  l  ung  en 

— 

i:8 

i/ioocitraneponeut  c 

A 
o 

3)iüf>Ien,  (betreibe 

n 1 1 1  i'i  '111111  >  -ii ai* 

iMUUicnmacner 

1 

4 

II 

1 

1 

iJuimtnitrumenttMUjanDninaeit 

7 

.uaDenuneu 

■ 

• 

sJJäbmafd)inen 

10 

vüp,  wcmuies,  crter^,  SKtuy*  u.  -öuttertyanoel 
-'<ugi  i|ci)iiiu  Pi 

1  fi7 

Q 

o 

n 
9 

^ojtunport^Jeiaiaft 

1 

xjeifuotit 
eiDauoiungen 

f> 

i 
1 

a 
H 

1U 

Cfenfabrifen,  5eilcrwna.$an'afKu 

4 

uien-^erDiefler-  uno  4>u§er 

• 

g 

1  K 

r  nlii.li,'      )l>-r,l  >l 

j.  pnuix  jfirtuci 

l 

K 
O 

^apiertaontcn 

n 

Rapier  unb  Sdireibmaterialicn 

Q 
■ 

ai 

vanettfaoru 

i 
1 

-pfanoictocr 

Q 

^notograpljen 

n 

2 

b 

ununci  er 

■> 
<> 

4 

7 

^errüdcnmncfjer 

;i 

^botogr.  Apparate  unb  öebarföartifcl 

D 

^ofamenteur 

1 

1 

tierpräperator 

1 

^ulvcr^anblunqcn 

2 

«U^flC^OftC 

'i 

25 

'KecbnungciftcUcr 

« 

1 

SReflamefdulbe 

2 

1  1 

Seinigungginftitut 

Digitized  by  Google 


458 


^forabeim  im  19.  3abrbunbert. 
Aerocrße  in  IPioxtfcim. 


Citel  htv  (Ormrrbr 


1859 
1810      nadj  bcm 

nactjiHoUer  I. 

talenber 


1900 
nach  bem 
Hbrep 
falenber 


Netfeartilcl 

iHeitlebrcr 

Nefte<*efdiäfte 

6ftgeroerfe 

Satyager 

cattler,  lapejiere  unb  Teforateure 

Sd)acbtclmad}cr 

Sdjieferbecfcr 

6d)ilbplattroarcn 

6d)inbcln 

®(t)irme 

Sdjlofier 

6d)iniebe  (ftiiffdmueba 

6rfjneiber 

^djreiner 

<2d)ul>fabrifen 

^d)ut)Iacier 

£d)ubmacber 

(Sedler 

3d)ut)fd>äfte 

cetfenfpejiahiefdjoftc 

eeifenfiebcret 

heiler 

cenffabrif 

ceffelfledjter 

ciebmadjer,  Srabtioeberet  unb  Alcditeret 

ciecjcllacrfabnf 

£pebttcure 

epithel 

(Spielwaren 

(cteinbru  ebbender 

Steinbauer 

SteUenücrmittluna. 

£terbeNetber 

Sticfereiaeidmfte 

etrumpfftriefer 

c  trumpf  loebei 

eubfruebte 

Xaptttn  unb  ftouteatu; 

teian>orenfpejiolflefd)äft« 

liefbauuntcmebnier 

Xreibriemenuicberlaae 

Ireppenaeianber  >>et  ncllun^ 

Irobter ' 

ludmwidk'r 

lud)   unb  irlleniuareu 

lumqernte 

Ubrenfabril 


3 
7 


7 
7 
30 
13 


44 

8 


4 

H 


I 
I 


_ 

8 


L  I 


« 

6 


2 

12 

« 

20 
17 


2*» 


l 

4 
i 


2 

9 


2 
1 
4 

5 
5 
43 

i 
9 
3 
1 

9 
31 
10 

1<*> 
52 
l 

96 
144 

5 
4 
1 
8 
1 

T 
1 
1 

3 
— 
< 

7 

12 
9 
8 
9 

36 


3 

4 

5 

12 

7 

3 

• 

N 

17 

• 

8 

i 

Digitized  by  Google 


^forabeim  im  19.  ^abrfmnbett.  459 
bewerbe  in  "^forjlmm. 


1900 
nad)  beut 

falenber 


Uformadjer  unb  UOrenfjanbluttflen 

— 

3 

23 

^tc^änblcr 

? 

8 

Waffen 

10 

Jöaffenfdmtiebe 

1 

SEBaaner 

4 

5 

6 

Süafdjs  «nb  ^üaela,cfd)äfte 

? 

78 

3Beinb,anbluna.cn 

T 

9 

33 

3Bdit>  unb  Woftttwaflenfabrif 
SiWbpret,  3tfd)c,  ®cflüflcl 

1 

6 

ffiirtfoaften 

35 

42 

136 

3atynfabrif 

1 

Ziegeleien 

4 

3 

3 

^intnierleutc 

5 

4 

11 

3inna,iejjer 

1 

1 

2 

„Sirfelfdjmiebe 

2 

2 

^ucferronrenfabrtf 

1 

(Titel  fcrr  Üeturrbr 


1810 
mtcf)  JHolIer 


1S59 
nad)  beut 
1.  "Jlbrefc 


BltfammcnftdTttna, 
ber  in  IPforjßeim  ßelleßenben,  6er  ^aßrißaufßiftt  unterftefften 
sSrtrtrBe  nad)  bem  Stande  nom  2.  Mtobex  1899. 


(Sefamhabl  ber 

SJon  ber  Wefnmtjal)l  ber  Arbeiter  finb 

3a^l 
ber 
»e. 

Arbeiter 

3ua,enblid)e 

1 

ßinber  unter 
14  od^cn 

listige  l'eute  oon 
14  unb  15  Sauren 

5  o 

«~ 

triebe 

s 

X» 

2 

i 

"S 
=3 

s 

i  ■ 

5 

•o 

.  1 

1  a 

©  1 

3 

1 

2 

3    1  4 

5 

8  |  7 

8    |    9    |   10  ||  11 

468 


9081 


a.  3ur  ^crnrbcttuitn  t>Ott  (>  bclmetnll. 


4799 


13  8S0 


16 


40  I  56  '  759  721 


I 


1480 


1536 


b.  Sdtbcrc. 


172 

3180 

598 

3778 

3 

5 

8 

248 

36 

284 

|  292 

635 

12  261 

5397 

17  668 

45 

64 

1007 

7o7 

1764 

1828 

1" 

1 

1 

Digitized  by  Google 


460 


i*forabeun  im  19.  3a&rbunbert. 


3ttfantmfnftffftt«A 
&rr  in  3?fori6rtm  ßrfttfiftibfn,  btx  ^adxikauiMt  sttttrrft 
Töftriffre  nadb  bcm  Otan&c  vom  2.  tößfoörr  1S9!>. 


*oit  bcr  ('Hctamtwbl  fcr  Arbeiter  fmb  j 

irnradx'ene 

>brt  alt 

21  bi*  etn»cblic*>ltcti    51  oabre 
•Vi  $abrt  alt  älter 

irnb 

Ii 

"S        -  1 

n         -'S  -s 

1  1 

_;  _: 

H         —         w-i       5  •» 

1          2  SB 

's" 

12       13  14 

15       16       17      IS  19 

4.  3ur  Verarbeitung  toon  e»cl«ftall. 

i:^    1434   sso*  avö  öoö  35  wo  11234UM 


1 


b.  *U*ere. 


5wV>      1S4      743  S5i>     24>7    242_14_2Vj|  34^> 

i>J7     U>>  "&»4o    5161     L*^    IU*^  747    4^    7X>|  15  Sä<  I  . 


.v iv::  .i  r:::  b::-._?:;r. 
'  "  •:■  ~1 


*...—*.«-     •       *-•-■«»        *  —    ^  - 
•  •      -  -  —  >        ^     ,  *  •  -  - 


r  .  .  _x  ».   


T>*s  ?rrftrirs«ffoL* » 

v    .              V  -  -  »  i»     v     :  .  - .     :..     —  —      vw     >w  . 

'  -   «    v  •  -    V  %  ......  . —  »  v-    V  .  _  V     .  ,  i  -    .  -  —    — .-  -  -    »—  •  —  - 

»«            --         V  .  .     ».„   ...v  .     .  - .  —  -    «...  .  — '   -  ■    —  -  -  -    -»  -  -- 

v1*"  . .  i    v  .  .  . . .                   .     .  ■  -        v  •  -  -     -  •  •  -     vTV.  -  - 

N.                                               ....          ....  ■  -  »         ^.^    .    -~     .  .  %  —  .  .  . 

»•  •         N         •  "                                i  v  ~  •  -  •  -  •  ~  ■  —  -  ■  —  ■  •  —   v"  * 

■  ■  -  -     -  -  »    .  ...  1  


.  »  ■  -  - 

..... 


  s«    .-.--•--■-.■>  ^  x  "J^ 


;::i*£  _ 


 * 


..  N      N  .  -  

»        ...  ~ 


■    .  —    ...  _ 


.X.       v    ^  .    '  '       .......  —  x    ^  *  .  . 

•  .    ■  ^  ^    '    >      ^  •  —  -  ......     m      .  *  —  *    -  ^ 


x  ~-    .      -  ■      -  —  -  T    -  ,  —  --    s    -    . "  — 

-  . "      -  -  -    f»>  •  "lJ  "  •  " "     i*-.   *        ,  1  ■  »         v  ' 
.  .    -  .-  -.  -  -   -  •       .  . 


Digitized  by  Google 


"  •  "'.  TL) 

Digitized  by  Google 


< 


400 


iMorjbeim  im  19.  ^abrbunbert. 


3ufammett(teITiiit0 
oa  in  ^forjftdm  ßefteflenben,  btx  3a0rtftattfß<9t  tttttrrftflTteit 
KeUitbe  nadj  htm  Stattet  vom  i.  <&KMtx  1S99. 


%o\\  ber  WefamtwW  ber  Arbeiter  finb 


16  bi*  einfcblieftlid) 
20  >bre  alt 


tfnoacbiene 


21  bie  einfcbliefolia)    61  3a(>re  unb 
hi)  ^re  alt  alter 


s 


s 


g  2  1 
S  B 


■5* 

»  = 


c  ö  Ä 

**« 
§12 

w  C  ™ 

tz  2 

«Ä  *; 


1768  1434 


14  15  16  17  18  19  20 
a.  3ut  ttcrarbettmtfl  *on  @bcftnctatl. 


3202 


G033    2569    8602  505 


I 


35  540 


21 


12  344 


1409 


b.  5lnberc. 


559 
2327 


184 
161« 


743 

2128 

359 

2187 

242 

14 

256 

3486 

158 

3946 

8161 

2928 

11089 

|747 

49 

1  796 

i 

15830 

1667 

'.Hon  oNaen  »>*t5  betrieben  benü^ten  (rlcmentarfraft  unb  uuar : 


Straffer 
Tampf 
Wa» 

eicftrtutot 
Petroleum 

Gaffer  unb  (fleftriMtat 
Tampf  unb  Malier 


1« 

r»H 

71 

1 
1 

5 


Tampf  unb  tfleftrr,itat 
Tampf  unb  ttae 
Tampf,  Malier  unb  fHao 
Tampf,  ^aiier  unb  eicftri^tat 
(Ha*  unb  tfleftrijuat 
Waä  unb  Gaffer 


1 
l 


I>a$  2*frfifßn>tt>effn.*) 
Per  38arßt. 

93i$  jur  (ünfüfyruna,  ber  (£ifenbaf)nen  unb  ber  $en>olI- 
fommnuna,  bes  ^oftmejens  mar  ber  sJ)tar(t  ein  roeit  roidjtigercS 
^erfebrSmittel  al$  jcHt.  Ter  ^forjbeimer  ^oebenmarft  finbet 
nad)  ber  im  Xejcmber  1h7«;  ocröffentliditcn  sJftarftorbnuna,  läutet) 
ftatt  mit  Mitnahme  ber  3oun--  unb  [yeiertaae  unb  ber  Geburt*- 
laa,e  bes  Staijer*  unb  bes  Wrouber.UHV*.  -Oauptmarfttaae  ftnb 
ber  Wittrüod)  unb  ber  3am$taamarft  (früher  nod)  ber  ^lontaa 
martti.    xVbe  ^odie  zweimal,  3Jlittrood)  unb  3am*taa„  ift  auf 

•i  HfncrallaubcoarAio,  aftcumaniac  IKittcilunaen  ber  Veit--  unb  lii'on- 
ftatmbcbörbcn,  Malier,  „'Ntovjbcimer  iU'ObaAtcr",  >>anbcl«fammerbcri4i. 


Digitized  by  Google 


<Bfotabeim  im  19.  3abrbunbert.  461 


bcm  ©d)fad)tl)of  ©djroeinemarft.  $.t  ^jolj*,  Kartoffel»  unb 
Strautmarft  befinbet  fidj  auf  bem  3Öaifenl)au3plat},  roo  aud)  in 
ben  £agen  cor  2Beir)nad)ten  ber  93erfauf  oon  (£t)riftbäumen  ftatt= 
finbet.  Jüv  bic  2lufred)terf)altung  ber  2)larttorbnung  forgt  ein 
OTarftmeiftcr^  ber  nug(eicf)  bic  Kontrolle  ausübt  über  bie  Oftroi*, 
©rüden-  unb  *Pflaftergelb*@rl)ebung.  93i3  1822  fiel  ba3  WlaxtU 
ftanbgelb  $u  8/4  in  bie  ^errfdjaftSfaffe.  ($3  betrug  nad)  einem 
jeljnjäfjrigen  fturebfehnitt  42  fl.  24  ftrj.  järjrlid).  genannten 
Oabre  entfdjlojj  firfj  ber  SBürgerausfdjup ,  ben  fyerrfd)aftltd)en 
Anteil  nad)  bem  $urd)fd)nitt3ertrag  mit  einem  Kapital  oon 
636  fl  2  Ärj.  in  jetm jährigen,  ju  5  *)3rojent  ju  oerjtnjenben 
sJtaten  äafylbar,  abjufaufen. 

SSon  befonberer  93ebeutung  finb  bie  im  Sommer  unb  |)erbfi 
täglich  in  früher  SWorgenftunbe  abgehaltenen  Obftmärfte,  ju 
welchen  bic  $änbler  oft  au3  roeiter  tferne,  au§  bev  ©egenb  oon 
Stuttgart  unb  33üf)t,  tommen  unb  trotj  #teifeau3lagen  unb  3eit= 
oerluft  immer  noch  gute  ©efdjäfte  machen.  $)a§  ©ebränge  ift 
babei  ungeachtet  ber  ©rö&e  be3  ÜJkrftplatjeS  unb  aller  Strenge 
beS  SJiarftbeamten  ein  gans  ungewöhnlidjeS.*) 

3at)rmärfte  fanben  früher  oiermal  be§  3af)re3  ftatt,  im 
2ftära,  3»uni  unb  SDejember  je  am  jmeiten  $ien§tag  unb  9flitt= 
wod),  im  Oftober  am  erften  $ien§tag  unb  Sflittwod).  Seit 
1870  finbet  nur  jweimal  im  ^afjre  ein  5lrämermarft  ftatt  ber 
3rübjal)r3=  unb  ber  $erbftmarft  mit  je  2tägiger  3)auer;  jener 
am  jmeiten  2)ien§tag  im  ÜJcärj,  biefer  am  legten  $)ien§tag  im 
9tooember.  Töpferwaren  burften  fd)on  $ag§  juoor  feilgehalten 
werben. 

?k'  2Jieb,märfte  würben  früher  fa)on  allmonatlid)  abgehalten,  unb  jioar 
bie  Slinboiefjmärfte  auf  bem  SJiarftplafc  unb  beffen  ßinmünbungen,  ^ferbe* 
unb  Sdjioeinemärfte  aber  in  ber  SeopolbSoorftabt.  Senn  bann  aber,  oiermal 
bed  tagö  barauf  bie  tfrämermartte  ftattfanbeu,  100  innrer  fdjon  bie 

(Erbauung  ber  Gliben  ben  SWarftplafc  für  iXuffteUung  beä  iütef)3  jum  leil 
unbraudjbar  mad)te,  roaren  bie  otrafeen  ber  Stabt  unb  inöbefonbere  bie  i'anb- 
ftrajje,  reelle  naa)  Stuttgart  führte,  ganj  bamit  befefct,  bie  ^affage  aber  für  bie 

•)  SBiö  jum  ^abre  1876  batten  fämtlicbe  ftöderinnen  unb  2>ienftmänner 
i^re  ®erätfa)aften  auf  bem  aJIarftplafc,  fo  bafc  berfelbe  bie  3üoa?e  über  einen 
förmlidjen  Süagenparf  bilbete.  2)ura)  biefen  gemeinfamen  3(ufentl)alt  gab  e$ 
ni du  feiten  bei  ben  tarnen  ber  §aUe  förmlidje  Prügeleien,  biü  ©nbe  1876  bie 
5Jef)örbe  ganj  energifd)  einfdjritt,  ben  plafc  nad)  SJeenbigung  ber  $ßod)enmärfte 
fäubern  lieft  unb  ben  Dbftbänblerinnen  aufeer  ber  3Jtarftjeit  getrennte  »er* 
faufäpläfce  amoie*.  £ie  SHenftmdtiner  erhielten  beim  alten  Sdjulplaö.  einen 
paffenben  Crt  für  Unterbringung  ujrer  Karren. 

3m  .öinblitf  auf  bie  bei  beginn  beö  Jtriegeö  1870  burd)  6pcfutation 
fünftlia)  beroorgebradjte  Neuerung  ber  täglidjen  iebendmittel ,  rourbe  com 
®ro^t).  öejirf^amt  bad  fog.  3]orfaufen  auf  bicf'gem  Süoajenmarft  i»ar  11  llbr 
oormittagö  uerboten.  (Tin  gleiches  Verbot  märe  aud)  beute  nrieber  am  pla^e. 
2lUentb,aIben  roirb  geflagt  über  bie  burd)  ben  SJorauffauf  oerteuerteu  Saren, 
bie  baju  noa)  an  Öüte  oft  oiel  311  roünfdjen  übrig  (äffen. 


Digitized  by  Google 


4G2 


Worabeim  im  19.  3abrbunbert. 


iHeifenbcn  natyeju  oollftünbig  gehemmt  unb  gefäbrlid)  geioorbcn.  Giuc  1842  jum 
^roecte  ber  %.Nbftellung  biefcr  iKiHftdnbe  einberufene  s-bürgerau«fd)ufsoerfammlung, 
bic  fid)  mit  ber  (yrage  bcfcliaf ti^tc,  ob  man  ben  ^icbmarftplafc  nicht  oberhalb  ber 
Stabt  gegen  ^rucbfal  hin  ober  voifeben  Clt|  unb  Wagolb  oerlcgen  fönnte,  hatte 
einen  negatioen  Erfolg  (103  stimmen  waren  bagegen  auf  betreiben  ber 
anmohnenben  Wemerböleute ,  wcldje  eine  Wcfd)äft«fd)äbigung  befürdjteten, 
3  bafür).  Daraufhin  würbe  befd)loffcn,  bie  .Uramermärfte  fortan  früher,  ju  ber 
oben  angegebenen  „^eit,  abzuhalten. 

3n  feinem  ^abre«berid)t  oou  1850  madjte  ba«  }>bi)fifat  auf  bie  3J(i&- 
ftänbe  aufmerffam,  wcldjc  burcu  ba«  Abhalten  be«  febr  bebeutenben  :Hinboieb; 
unb  ^ferbemarfte»  beroorgerufen  mürben,  ^for^beim,  Ijcifit  e«  barin,  fei  nun 
eine  ,"yabrifftabt  oon  itWdjtigfeit ;  tro^bem  fdjeinc  bic  ibefeitigung  ber  gerügten 
Uebelftanbc  burch  (rtnfübrung  oou  Staatspolizei  nod)  in  meiter  ,verne  ju  Hegen. 
£iefe  Wiebmärfte  innerhalb  ber  Stabt  feien  nid)t  nur  fidjcrbeitsgefäbrlid), 
fouberu  aud)  gefunbbeit«fcbdblid).  !Eie  erzeugte  Uureinlid)feit  unb  bic  üblen 
$lu«bünftungen  feien  in  Jochen  nidjt  megjubringen,  abgefeljen  oou  ber  (Gefahr, 
in  mcldjer  fid)  Minbcr  unb  alte  idjwacbe  ^erfonen  berauben,  weldje  bie  be* 
treffenben  Straften  paffiereu  müßten ,  ioo  ba«  Mnboicb,  bidjtgebrängt  auf- 
gehellt fei.  Tie  Atlage  blieb  bamal«  unbciücfficbtigt.  irrft  im  ^ahre  1875, 
al«  bie  3»ftü»be  oöllig  unhaltbar  geioorbcn  waren,  mürben  Slcnberungcn  ge^ 
troffen.  Son  ba  an  rourbe  ber  ftinboiebmarft  in  bie  üoljgartenftrajje  an 
Stelle  beä  jejjigen  neuen  Sd)ulb,aufc«  oerlcgt ;  ber  rHojjmarft  fam  fdjon  1874 
auf  ben  Äappelbof.  Anfang«  ber  WJer  Satyre  mürbe  ber  ftinboiebmarft  au 
feinen  jetyigcn  lUau  neben  ba«  neuerbaute  SdjladjtbauS  im  Ü5rül)l  oerlegt. 

3m  Dezember  1MH3  befd)tocrten  fid)  bie  t'anbgcmcinben  be«  9(mtä= 
bejirf«,  bafe  oou  ber  Stabt  Pforzheim  Stanbgelb  für  ba«  Weh  oerlangt 
werbe,  ba«  auf  ben  Warft  fomme.  Pforzheim  erhob  uamlidj  bi«  babin  oou 
ben  ^efabrern  ber  ^Uebmärfte  zweierlei  Webübren ,  ein  Stanbgelb  wie  bic« 
aUenthalbcn  üblid)  ift  unb  ein  fog.  llnterfauf«gclb.  Tic  Erhebung  bc$ 
lefcteren  grüubete  fid)  auf  eine  au«  ber  marfgräflid)  ^aben^urlad)'fd)en  ^eit 
herrülwenbc  "öeredjtigung,  bic  oou  ben  Staat«behihben  aud)  mebrfad)  anerfanut 
mürbe.  Tie  Weiber  lourben  in  ber  iUcife  erhoben,  bat)  für  abgefdjloffene 
iBiet)fdiife  eine  gemiffe  Summe  entrichtet  toerben  mufete,  mdbrenb  oou  um>cr= 
fauftem  $tcb  nid)t«  bezahlt  mürbe.  Spater  erhöhte  ber  Wemcinbcrat  ba« 
Stanbgelb  pro  Stüd  auf  «  Kreuzer  unb  nahm  bafür  Slbftanb  oon  ber  fernereu 
Erhebung  ber  Unterfauf«gelber. 

2He  einft  ftarf  befuebten  Jvrudjtmärfte,  welche  iRittwocbS  unb 
Sam«tag«  im  Maufbaufe  abgehalten  würben,  finb  eingegangen.  Sic  in«  «auf-- 
hau«  eingebradjten  unb  uidjt  oerfauften  Früchte  burften  jeioeil«  erft  uad)  oier 
Warfttagen  abgeführt  werben. 


X>ie  Straßen. 

©d)led)t  bcfteUt  mar  e$  um  bie  2anbmege  beim  beginn  be$ 
abgelaufenen  3at)vf)unbevt3,  befonber*  in  unferer  ©egenb.  $te 
fortmät)renben  3treitigfeiten  jmifdjeu  ben  beiben  benachbarten 
Üänbevn  über  bie  ^3au-  unb  Untevbaltung§«flid)t  unb  bie  burd) 
Kriege  unb  allerlei  sJiot  tjemorgerufene  Verarmung  ber  sBe' 
uölferung  maren  jebem  planmäßigen  siöegbau  Ijinberlid).  $>ie 
*©ege  maren  burdjgängig  in  üblem  _3uftaube,  }U  3°itcn  fögar 
unfatjrbar.   ^unftftrapen  im  heutigen  3inne  be£  sJBorte§  gab 


Digitized  by  Google 


^forabcim  im  19.  Sabtbunbert 


463 


e§  nicht,  unb  überall,  roo  bic  ^Soften  frcmbe  ©ebiete  ju  paffteren 
hatten,  häuften  ftct)  bie  ©chroierigfeiten,  roeil  ftd)  bic  nad)bar= 
liefen  s43erroaltungen  möglichft  utetc  @d)roierigfeiten  in  ben  2Beg 
legten,  um  burd)  errungene  Sonberoerträge  Vorteile  für  itjre 
eigenen  Jinanjen  einsubeimfen.  (3ier)e  ba§  Rapttet  über  ^löfferei.  i*) 

$ie  Unterhaltung  bei*  s2Bege  oon  ^forjtjeim  nad)  93üd)en* 
bronn  unb  $ud)enfelb  mu&te  früher  uon  sßforjt)eim  beforgt 
roerben.  3m  3al)re  1823  befanb  fid)  ber  alte,  burd)  l)errfd)aft= 
liefen  gorft  jiebenbe  $uchenfelber  2Beg  in  fold)  oerroabrloftem 
•  .ßuftanb,  ba&  er  felbft  bei  Sperrung  uon  brei  föäbern  nur  mit 
Lebensgefahr  befahren  werben  unb  eben  barum  felbft  mit  einem 
für  bie  bamalige  3ßit  boh*n  Äoftenaufroanbe  uon  1200—1400 
©ulben  nid)t  mehr  orbentlid)  ^ergeftctlt  roerben  fonnte.  Oberamt 
unb  (Etrafjen  au-^nfoeftion  fd)lugen  baher  oor,  biefen  2ßeg  (alter 
$ud)enfelber  Üöegi  ganj  eingehen  ju  laffen  unb  ftattbeffen  einen 
neuen  3Beg  bem  M$ang"  nach  herfteüen  su  laffen.**) 

Jn  ben  50er  ^afyren  rourbe  im  «Straßenbau  oieleS  nacftgeljolt ,  roa3 
längft  b,atte  gettjan  roerben  muffen.  sJfad)bem  im  2i}ürttcmbergifd)en  bie  IfjaU 
ftraße  oon  Galro  bi$  SKeiajeubad)  fdjon  lange  in  fahrbaren  3uftanb  gefegt 
loorbeii  mar,  mußte  man  oon  Im ov; haut  aue  immer  nodj  ben  gefäfirlidjen  sWeg 
über  bie  alte  liefenbronner  Straße  nehmen.  Ueber  40  $al)vt  lang  petitionierten 
bie  ^forjljeimer  um  bie  £erftellung  einer  Jfjalftraße  über  Seißenftein ,  biä 
enblid)  1852  mit  bem  Sau  begonnen,  unb  1857  bie  neue  Straße  bem  «erfebr 


*)  3»"  1820  rourbe  in  einem  gemeinfdjaftlidjen  Seridjte  beö 

Dberamtä  unb  ber  Jorfts  unb  Straßenbauinfpeftion  ^forjbeim  an  bie  (Mroßl). 
Oberforfttominiffion  ber  Antrag  geftellt,  jur  Seftrettung  ber  Äoften  für  bie 
beffere  iperftellung  ber  Straße  oon  ^iforjb,eim  naa)  ffiurmberg  einen  oerbältniä- 
mäßigen  Seitrag  ju  leiften  aul  ber  ftorftlaffe,  roeil  baä  anftoßenbe  Öelänbe 
ju  (einer  CrtSgcmartung  gehörte  unb  ber  Siteg  jugleid)  audi  jur  Slbfubr  bed 
im  §agenfd)ieß  gefällten  .polje*  benu&t  mürbe.  Tie  Jorftfaffe  mied  inbeö  baä 
infiniten  jurüd,  roeil  bie  Straße  nad)  ©urmberg  eine  alte  öeerftraße  unb 
nod)  jefct  ein  für  ben  £anbeläoerfeb,r  ber  Stabt  rotdjtiger  ÄommunifationSroeg 
„in*  sJieid)w  fei  unb  auf  berfelben  überbieä  ein  beträd)tlid)eö  ISljauffeegelb 
erhoben  roerbe.  Tie  Haffe  ((S^auffeefaffe),  roelcpe  ba*  Süeggelb  beliebe,  möge 
aua>  bie  Unterbaltungäfoften  jablen.  Tie  Straße  batte  eine  i'dnge  oon  2000 
alten  9tutf>en.  Ta*  Steuergelb  betrug  jäb,rlid)  80  -100  p.  1822  oerfügte 
baä  Diinifterium  beä  3nncrn>  *>aß  biz  Straße  lebiglid)  ali  Sicinalftraße  ju 
beljanbeln  fei,  beren  öerftellung  auäfa)(ießlid)  bem  „situ$lanbe",  Württemberg, 
nüfce,  obne  bem  eigenen  itianbe  irgenb  eine  Hilfsquelle  ^u  eröffnen  ober  eine 
(Srleidjterung  ju  geraderen.  9taa)  oielem  &iiu  unb  fcerfd)reiben  mußte  bie 
Buebefferung  ber  Straße  oon  ber  babifdjen  Straßenbauraffe  übernommen  werben. 

**)  »ei  bem  ©egbau  (1828)  oon^fonbeim  nadj  liefenbronn  (alte  Straße) 
follten  bie  (Memeinbeu  Türm  unb  Saufdjlott  Jrofjnbieufte  leiften.  Crrfterc 
roeigerte  fid)  Ijortnätfig,  ba  bie  Wcmeinbefaffe  burd)  bie  Mriegöepodje  erfdjöpft 
roorben  fei,  roeil  fie  ftatt  ber  üblidjen  flaturalfrolmben  jäbrlia)  4(X)  fl.  bar 
)al)le  unb  roeil  fie  in  ber  ^rof)ub  ben  ehemaligen  Sicinalroeg  oon  Cetid^eim 
auf  bie  $iauptftraße  in  ber  Entfernung  einer  Stunbe  d)auffiereu  unb  bie 
erforberlidjen  Steine  ba*u  faufen  mußte.  (Sbenfo  mußte  ber  'Ißeg  oon  «iefel- 
bronn  nad)  £ürrn  auf  bie  Vänge  einer  falben  Stunbe  oon  ben  Türmern 
b,ergerid)tet  werben.   3lua)  bie  OJemeinbe  Saufdjlott  bat  um  Sladjlaß  itjrer 


Digitized  by  Google 


4G4 


^forabeim  im  19.  3abrbunbert. 


überleben  roerbeu  fonntc.  £ic  otrede  innerhalb  bes  babifd>cn  Webieteö  ift 
9,38  km  lang  bei  6  ra  breite  unb  foftetc  1.TH7H4  (Hülben. 

9Jad)  Vereinbarung  mit  Württemberg  mürbe  neben  ber  alten  über  bie 
^irfenfelbcr  .'öötje  ve^enben,  lang  unb  ftarf  anteigenben  «trape,  jene  burctiö 
(Snjtbal  gebaut;  fic  ift  1,73  km  taug;  ibre  .fterftcllungefoftcn  betrugen 
80000  (Hülben. 

$urd)  eine  18tJ(>/<>7  bergeftellte  3trafje  burd)  baö  Würmthal  nad) 
liefenbronu  rourbe  jene«  bem  Sterfeljr  eröffnet,  ^ic  Strafte  ift  18  km  lang, 
H  in  breit  unb  foftete  200200  (Mulben.  3eit  mehreren  ">abren  ift  aud)  bie 
Würmtbalftrajje  oom  7t>al  bie  SHüblbaufen  fortgefefct.  oteinegg  unb  l'eljningeu 
mürben  baburdj  bem  ^>erfctjr  eröffnet. 

Weuerbinge  mürben  bie  alte  Hetlinger  l'anbftrafee  burd)  bae  3tod- 
brunnentbal  unb  bie  fteil  anfteigeubeu  3trafien  nad)  i>ud)cnfclb  unb  8cbeU 
brouu  in  fabrbarcu  ^uftanb  gefejjt  unb  bie  fteile  iürettener  Steige  burd)  bie 
fd)öne  Mreieftrafje,  melcbe  oom  trifiuger  Weg  nad)  ber  Wrcttener  8trape  fiibrt, 
umgangen.  Tic  neue  otrafre  follte  eigentlich  „^faljerftrafee"  beifcen,  Da  fte 
bireft  nad)  bem  Ufa^erlanb  führt. 

Üior  brei  Rubren  mürbe  in  Weifcenftein  eine  non  ber  i'anbftrafce 
^tfonbcinutSalm  abjmeigenbc,  mit  eifernem  (Mclanber  uerfebene  $trüde  über 
bie  ÜNagoIb  unb  oon  biefer  au*  eine  ^ufabrtoftrafle  Bahnhof  gebaut, 
moburd)  ber  fteten  Wefafyr,  meldK  ber  ^erfebr  mit  t'augtjoh  für  bie  Sügmüble 
unb  mit  ben  febmeren  t'aftmagcn  ber  tyipicrfabrif  auf  bem  bolperigen,  minfeligen 
alten  Wege  mit  fieb  brad)tc,  für  immer  ein  (Snbe  gemadjt  ift. 

£er  betrieb  ber  (Sifcnbal)uen  im  ^nlanbe  unb  in  uuferen  9tad)bar^ 
ftaaten  f>at  auf  bie  Jyrequens  ber  Straften  einen  bebeutenben  (rinflujj  aue- 
geübt.  Staatsftrafjen,  an  bereit  Stelle  bie  (iifenbahn  ale  frauptuerfchrsmittel 
getreten  ift,  befifcen  jefct  nur  nod)  bie  (rigenfdjaft  al«  $erbiubung«roege  ber 
cin3etncn  Drtfdjaften,  roäbreub  bagegen  manche  ^ieinalftrajien  al«  S«fubrroege 
311  ben  (iifenbabneu  oon  foldier  ^ebeutung  für  ben  größeren  SJerfebr  mürben, 
bafj  eine  Beteiligung  beö  Staate*,  bejro.  be*  Mreifes,  bei  bereu  Anlegung, 
ißerbefferung  unb  Untcrljaltung  al«  moljlbegrünbet  erfdjeinen  mufr. 


lieber  bie  yoftalifdje  93crgaiigent)ctt  s}$für5brim3  beft^en  mir 
leiber  nur  fefyr  fpärlicrje  9lnbalt3punfte.  sj$flüger  fprictjt  bie  Her* 
mutung  au§,  ba&  mit  ber  SHümerftabt  am  (Snaübergang  jebenfaUS 
eine  s}Softftation  oerbunben  mar.  hierfür  fpnd)t  nidjt  nur  eine  fyalb* 
oerflungene  ©age,  baß  einmal  jenfeit§  ber  2lltftäbter  *8rücfe,  ba 
mo  ber  odjafbof  ftebt,  in  uralter  Rtkt  eine  ^ßoft  gemefen  fei, 
fonbern  aud)  ber  ilmftanb,  ba&  bie  SHömerftrafjen,  bie  über 
s#forabeim  füfyren,  auf  jmei  Strecfen  in  ber  sMi)t  ^forsbeim?, 
nämlicb  auf  ber  Snninger  ^pöt>e  gegen  bie  $urlacberftra|e  unb 
im  £agenfd)iefj  aroifdjeu  Güttingen  unb  s3iiefern  beute  nod)  „alte 
sßoftftraf3en"  genannt  merben.  lieber  ^ofteiurirfjtungen  in  bem 
Sftarftflecfen  ober  ber  fpätereu  Stabt  fmben  mir  nirgenbS  eine 
sJiad)rid)t.    @rft  au§  bem  17.  ^a^'bunbert  finben  mir  einige 

A-rol)nbpflid)t  |U  (frriditung  ber  Tiefenbrouncr  3traftc.  ^aö  sJtmt  mürbe  ange^ 
miefen,  beibe  (yemeiuben  über  it)re  ^fliditen  gebübrenb  311  belehren,  b.  \f.,  e* 
rourbe  weiter  gefro^nbet. 


Digitized  by  Google 


^forabeim  im  19.  3abrbunbert. 


465 


beftimmtc  SJH  Heilungen  über  ba§  ^ßoftrocfen  bcr  bamal§  marf* 
gräflid)  33aben  *  3)urlad)'fcf)en  Nepbenj  sßforjbeim.  (Sine  nocf) 
oorbanbene  SBürgermeifterredmung  auS  bem  3afjre  1683  roeift 
als  SluSgabepoften  8  fl.  26  Ärj.  für  „«ßoftritt  unb  Botenlobn" 
auf,  it»c(c^cv  Betrag  bev  OTc^gcr^unft  %\\  jablen  mar.  ©$  rourbe 
alfo  bcr  nidjt  regelmäßige  $oftbeforberung§bienft  in  ^ßforäbeim 
ju  jener  3eit  oon  ben  9ttet}gern  roabrgenommen,  mie  fold)e§  faft 
überall  oor  ©infübrung  eines  georbneteu  ^3oftbienfte§  gefdjab. 
$)ie  aubauernben  $rieg§oerbeerungen  brachten  £anbel  unb  ©es 
roerbe  fo  jurücf,  baf?  bie  9fletjger  1694  f tagten,  fie  fönnten  ben 
^oftbienft  nid)t  inebr  beforgen,  roeil  fie  feine  ^ßferbe  mef)r  bitten 
ober  aber  bie  oorf)anbenen  fo  elenb  feien,  baf?  fie  ben  3(n* 
ftrengungen  nid)t  mebr  geroadjfen  mären.  3>ie  Stabtgemeinbe 
fcbeint  inbeffen  ben  ^ßoftbienft  ben  9tte£gern  nid)t  nur  nidjt 
erlaffen,  fonbern  benfelben  nod)  auSgebebnt  ju  baben;  benn  im 
3abre  1723  mußte  fid)  ber  regierenbe  9Harfgraf  m§  Littel 
legen  unb  oerbieten,  bie  9Jiefcger  ju  febr  mit  $oftritten  ju  be* 
ferneren.    (Siebe  aucb  ba3  9jiHgeroerbe.) 

©iner  regelmäßigen  ^oftbeförberuug  gefd)ief)t  im  3abre 
1683  ©rroäbuung.  Sei  Neuregelung  ber  Sefolbung  für  ftäbt. 
Bebienftete  mürben  nämlid)  im  genannten  Qabre  4  ©ulben  be* 
willigt,  bie  ber  Notb.  Sucffdjen  SÖitme,  meiere  bie  „orbinäre 
©oft"  (Botengänge)  nad)  Shtrlad}  oerfeben  ließ,  ju  jablen  roaren. 
Neben  biefer  Botenpoft  mirb  1684  nod)  eine  „Straßburger 
Sanbfutfdje"  ermäbnt,  bie  roodjentlid)  einmal  nad)  Stuttgart  ging. 
$5erfelben  mar  $öeggelbermäj}tgung  jugeftanben.  ©3  fd)eint  bieS 
bie  erfte  ftänbige  s$oftfubrgelegenf)eit  gemefen  ju  fein,  melcbe 
^forjbcim  berührte.  33on  Nadjfolgern  oer  jrau  Bucf  ift  meiter 
nid)t§  befannt,  al§  baß  bie  ^oftanftalt  lange  $eit  fjinburd)  in 
Serroaltung  ber  Jfatnilie  Secfer  mar,  nadjbem  fte  furje  &\i  non 
einem  *Poftf)alter  Notb  geführt  roorben  mar.  2lm  5.  Sluguft  1816 
mürbe  ©eorg  3afob  53ecfer  jum  mirflid)en  ^oftbalter  in  ^forj» 
Ijeim  ernannt,  unb  ba3  2(mt  oerblieb  oon  ba  an  bei  ber  gamilie 
bi§  sum  Safjre  1854.*)  $er  ^nljaber  führte  ^oftbalterei  unb 
^Joftbienft  auf  eigene  Nedmung  unb  ©efafjr,  b.  b-  «  mar  oer* 
pflidjtet,  etroa  nötig  merbenbe  ©ebilfen  au§  eigenen  Mitteln  ju 
befolben.  33on  ben  ©innabmen  be§  s$oftbienfte3  be$og  ber  Sßoft» 
,  ^aUcv  l/i5  ber  Jabrpoft^  unb  l/io  ber  53riefpoft*©innabmen.  ©§ 
berubte  biefe  Beftimmung  auf  einem  Vertrage  mit  ber  Negierung, 
ber  1854  ablief  unb  nid)t  mebr  erneuert  mürbe.  33on  nun  an 
übernahm  ber  babifdje  Staat  felbft  bie  Seitung  be3  ^oftbienfteö. 


•)  in  bic  neuere  Seit  mar  e$  üblic^,  folc^e  öffentlichen  Slemter 
roomögli^  bei  ein  unb  berfelben  Jamilie  erblid;  ju  belaffen;  offenbar  ein 
9taa)flang  beö  alten  Veljendroefen«. 

30 


Digitized  by  Google 


466  Worabeim  im  19.  $abrbunberf. 


$)ie  Beamten  uub  Unterbeamten  mürben  au§  Staatsmitteln 
angefteüt,  nnb  bie  CSinnafymen  floffen  ungeteilt  jur  ^oftfaffe. 
^orfieber  be3  $oftamt$  mürbe  ein  ^oftmeifter  (ber  letyte  tjiejj 
2lmbro3).  So  blieben  bie  ^erbältuiffe  bis  1872,  in  meinem 
3af)re  bie  SBerroattung  be$  babifdjen  $ofhöefenS  an  bas  beutfcf>e 
Weid)  überging.  $ie  ^oftanftalt  mürbe  ein  felbftänbiges  fofc 
amt  unb  feit  1875  ein  folcbeö  mit  einer  2elegrapbeubetrieb*fteÜe. 
3m  Safyre  1885  rourbe  bie  Selepbonoerbinbung  eingeführt. 

3m  3al)ve  1840  jerftörte  ein  großer  $ranb  bas  Stabt* 
Dtertel,  in  meldjem  bie  ^oftbalterei  lag.  3ene$  ©rojjfeuer  lebt 
nod)  tjeutc  in  ber  (Erinnerung  al*  fog.  Jß  oft  b  r  anb".  N33is  1861 
befanben  fid)  oft  balterei  unb  ^oftbienftlofal  im  jetzigen  ^potel 
jur  „s}3oft"  (f rüber  „Stoppen")  am  äeopolbsplat)  (jnle^t  unter 
sßoftbalter  "iHiitbenrietb). 

$er  Cmnibnsuerfebr  ftellte  bie  Serbinbung  ber  mit  ftarlfe 
rutje,  Stuttgart,  $vetten*s8rud)fal,  Silbbab,  (£alm.  3"t  Sommer 
mürben  jur  Skförberuug  uielfad)  nod)  ^rtoatfubrmerfe  OBucf, 
£ottbammen  in  Mnfprud)  genommen. 

s31n  Sonn*  unb  Feiertagen  unb  bei  ber  Sttfllltft  unb  3tb= 
fabrt  fürftlidjcr  $errfd)aften  bemdite  uor  ber  tyo)t  ein  rege* 
i!eben.  2)ie  ^forjbeimer  liebten  es;  oon  alteröber,  jeben  freien 
Jag  ju  größeren  Ausflügen  }u  benutzen,  uub  namentlid)  bie 
umliegenbeu  mürttcmbergifd)cn  Crte  unb  Stäbtdjen  mürben  oon 
ibnen  fd)on  bamals  mit  Vorliebe  bcfud)t.  ©tfi  (£nbe  ber  50er 
3abre,  als  nod)  feine  'Öatyuuerbinbung  mit  sJ)iüblacfer  beftanb, 
fanben  fid)  bie  ausflugsluftigeu  ^forjbeimer  fd)arenmeije  oor 
ber  s}3oft  ein  unb  ftritten  fid)  oft  um  einen  $(a$  in  einem  ber 
4  babin  abgel)cnben  Cmmbuffe.  Rubere  benü^ten  s]kioatfiibr* 
merfe,  ritten  ober  gingen  ju  %u%  Wit  ber  befferen  s-ßerfet)r*= 
gelegenfieit  ift  aud)  ba§  anbers  geworben,  unb  bie  Omnibus* 
fabrten  geboren  nunmebr  ber  Erinnerung  an. 

SBic  langfam  ber  bamaligc  ^oftucrfeljr  gebanbbabt  rourbe,  c\e£)t  baraue 
beroor,  bafc  ein  ^ßdet,  roelcbc*  am  Dfontag,  bc\\v.  Donnerstag  über  Ataris 
rub,e  ober  Jyranffurt  abging,  crft  am  anbern  Montag,  be*to.  Donnerstag  in 
Setpjig  eintraf,  alfo  volle  8  läge  brannte.  tfbenfo  brannten  badete  ^oon 
^forjljeim  nad)  Dürnberg,  loclcbe  über  ctuttgart  oerfanbt  mürben,  game 
8  Jage,  bie  fie  am  Sefrimmungoorte  eintrafen.*) 


*)  Sei  ben  fcblecfiten  $}egen  umren  oiclfad)  floripannbienftc  nötig.  3*ei 
ftarfem  ^erfonenoerfebr  neunten  fog.  Öeidmifen  angehängt  werben.  Xnrd)- 
pafficrenbe  liftafetten  würben  öurd)  reitenbe  Woten  auf  bie  nädjfte  Station 
jeber^eit  „auf  bas  8d)leunigfte"  beförbert  nnb  jmar  anf  ba*  Herbättniö 
oon  einer  Stelle  in  einer  Stuubc.  Taiür  erhielt  ber  :Weitfned)t  rl>oftiUon) 
eine  irrtragebübr  oon  H  Mreuu'rn  otmieUeu  Irinfgelbe*.  $\\v  iSerriditung  bes 
„orbiuaren  unb  ertraorbinareu"  ^oftoien»te*  mujneu  minbefteno  10  i^ferbe 
mit  ben  nötigen  ^JoftftaUrequifttcn  unb  brei  gebedte  ^oftfalefd>cn  bereit  ge= 
balten  werben.  sMe  jaljve  mürben  '6  ^oümouturen,  alle  8  ^al)re  2  Sidntel 
unb  8  ^üte  gratig  für  ben  „orbinaren  Leiter"  abgegeben. 


Digitized  by  Go^ 


Worafceim  im  19.  3afrrbunbett.  467 


lieber  bie  ®efd)id)te  ber  $oftuerbinbungen  wiffen  wir  aud  einer 
9totij  be$  legten  ^Joft&alter*  Beeter,  bafe  in  ben  oaljren  1830—35  bie  «rief* 
poft  taglidj  einmal,  bie  Jabrpoft  aber  nur  jweimal  in  ber  vJöod>e  in  ^forjl)eim 
eintraf,  freute  ift  ^forjt)eim  Änotenpunft  ber  (lifenbalmen  .uari->rubo  *  wtiSflß 
acter,  ^forjtjeim  -  ffiilbbab  unb  ^forjfjeim  ■■  dalm ;  £orb,  mit  beren  3uScn  D*e 
Beförberung  oon  Bafmpoften,  Sdjaff  nerbal)npoften ,  fowie  gefd)loffene  Brief* 
poften  burd)  ba$  (Eifenbabnperfonal  ftattfinbet.  %a*  ^Softomt  ftcl)t  mit  ben 
$oftämtern  III  in  Bröfcingeu  unb  Stietfieuftein,  fowie  mit  ben  ^oftagenturen 
auf  l'anbwegeu  in  Berbinbung.  Nad)  Brimingen  unb  !ö>eifjenftein  oerfer)rt 
eine  itariolpoft,  wdbrenb  bie  Berbtnbung  nad)  3Jlüt)ll)aufeu  burd)  ^rioat* 
perfonenfuljrwerf  bergefteüt  ift,  weldje*  bei  ber  UnterwegSftation  in  Siefen* 
bronu  aut)ält. 

Bom  1.  Sflai  1851  an  mürben  bei  ber  ^forjbeimer  ^oftoermaltung  Brief« 
marfen  ju  1,  3,  6  unb  9  tfreujer  abgegeben.  £ie  Bricfmarfen  ju  1  Mreujer 
eigneten  fid)  für  ,"vranfobriefe,  meldje  1)  burd)  bie  otabtpoft  beförbert  mürben, 
2)  für  bie  l'anborte  beä  bieefeitigen  $lmt*bejirfd,  fomie  ber  näcfiften  Umgebung, 
ferner  fonnten  bie  Bricfmarfen  ju  1  Mreujer  aud)  als  fog.  Brief*  ober  Be* 
fteüungöfrcujer  nad)  irgenb  einem  Bejirf  beä  (>Jrofjt)erjogtumä  Baben  »er* 
roenbet  roerben ;  j.  B.  ein  SBrtcf  nad)  Äonftanj  foftete  uon  tjier  aud  6  Hreujer, 
foUte  nun  biefer  an  ben  'iÄbreffaten  ganj  frei  abgeliefert  werben,  fo  mujjte 
neben  ber  H  Mreujer*  :JJtarfe  in  ber  reebten  obem  Hbreftfeite  aud)  auf  bie  Met)r* 
feite  beä  Briefe*  eine  foldje  für  1  Kreuzer  geflebt  werben  unb  mürbe  bann 
uom  Briefträger  feine  roeitere  ©ebütjr  mel)r  erhoben.  3)ie  3  Mreujermarfen 
famen  bei  Jranfaturen  in  einer  (Entfernung  uon  10  teilen  in  Slumenbung. 

£ie  Briefmarfen  ju  6  Mreujer  mürben  bei  einer  (Entfernung  biä 
20  teilen  Infi,  oerwenbet.  (Ebenfo  für  bie  ftürftlid)  Ztysnu  unb  iajie'fdjcn 
^Joftanftalten,  foweit  biefelbeu  bem  beutfa)* Öfterreidjif djen  ^Softoerein  beitraten. 
Warfen  ui  9  .Hreujer  roaren  für  (Entfernungen  über  20  teilen  oorgefdjrieben ; 
alfo  beifpieläweife  nad)  vil>ien,  Berlin,  Seipjig  u.  f.  m.  9iad)  öfterreid)ifd)en 
^oftanftalten  in  Vorarlberg,  Sorol,  Mrain  u.  f.  m.  ftieg  bie  Jaje  für  ben 
einfachen  Brief  auf  12  Mreujer,  nad)  bem  lombarbifd)*oenetianifd)en  Mönigrcid) 
fogar  auf  15  Mreujer.  £er  einfadje  Brief  burfte  nidit  met)r  alä  ein  babifdjeS 
t'otl)  miegen;  über  L  l'otl)  bt«  2  Xoty  foftete  berfelbe  baö  jmeifadje,  oon  2  bid 
3  Üotl)  ba$  breifadje  ^orto,  alfo  18  Mreujer.  #ür  unfranfierte  ober  mit 
unjureidjenben  Warfen  beflebte  Briefe  rourbe  ein  ^ufdjlag  oon  3  Mreujern 
geforbert.  ^reiSfourante,  £rucffad)en  ober  ßvrtulare  im  (tyeroidjt  biä  511  4  Votl) 
batten  pro  Votb,  bie  gleidjmaftige  Xavc  oon  l  .Hreujer,  oljne  Mücfftd)t  auf  bie 
(Entfernung.  Warenproben  unb  vJWufter  fonnten  bis  ju  einem  Wemidjt  oon 
16  t'otl)  mit  ber  Briefpoft  beförbert  werben.  Born  1.  "Mai  1859  an  betrug 
baS  Briefporto  nad)  famtlidjen  Crtcn  beö  Bejirfä  unb  nad)  ben  nid)t  über 
3  2Weileu  entfernten  ^oftftationen  1  .Hreujer  (nad)  Bretten,  £urlad),  (Ettlingen, 
ÜJonbel$t)eim,  Weingarten,  SÖilferbingen  ebenfooiel). 


2lu$  einer  Befd)werbei"d)rift  an  bie  Oberpoftbireftion  00m  ^a^re  1828 
erfabren  wir,  bafj  am  1.  ^juli  beefelben  3a^rc?!  ^c  baoerifdje  unb  württem« 
bergifd)e  „Touanc"  in  (Enjberg  eingeführt  würbe.  2?iefe  fanb  es  für  nötig, 
jebeSmal  ben  Jyutterfacf  ber  ^forjljeimer  "JJoft  grünblid)  ju  oifitieren  unb  baö 
^oftfelleifen  oon  au&en  burd)  Betaften  auf  feineu  ^ntjalt  ju  uuterfudjen.  Tmdi 
biefc  Bcrjögcrung  traf  bie  Briefpoft  regelmäßig  ju  fpdt  in  Illingen  ein.  Bei 
(Eftrapoften  würben  bie  (Effcften  ber  Steifenben  burd)ftöbert ,  was  oft  einen 
2lufentt)alt  oon  I'/j  biä  2  otuubeu  unb  nod)  meljr  nad)  ftd)  jog  unb  ba$ 
^ublifum  „ennuierte".  Sbtf  oielfad)e  Meflamationen  mürben  biefe  ^uftänbe 
jwar  etwad  gemilbert,  bielten  aber  biö  jum  Beitritt  Baben«  jum  „ßolloerein" 
(1838)  an.  £a$  ^uöoifitieren  oon  iWeifenben  unb  l)armlofen  Spajiergangeru 
an  ber  Okenjc  be«  w3luölanbeö"  gab  ju  oielen  fomifajen,  aber  mel)r  nod)  |1I 
ernften  3»wifa)c»faUen  Beranlaffung. 


Digitized  by  Google 


4fi8 


Worabeim  im  19.  ^abrbunbert. 


^oui  ,\abre  1*5«»  au  foüctc  eine  etufadK  telearaphtidie  Teptfoc 
<25  Worte»  .:W>  Mreuu-r  —  1  iVf.  H  t5f-,  eine  boppelte  (2»>  5<i  Worte  1  ri. 
12  Mn.  <2  )»(t.  <»'  i:t.t,  eine  breuadu-  i5<i  '.(}()  Worte»  l  rl.  4*  Mn.  <:>  l\t. 
*  sl>f.)  Hebttbr  für  eine  irntfernuua,  tu*  su  25  aeoiuaplmdien  teilen. 

:Uacb  erfolgter  Oröifnuna,  bei  irifenbalm  im  Satire  1*«H  tuurbeii  mr 
Wabrnebmuua.  be*  ^oütnenüe*  «>  Limmer  be*  Babuluuacbaube*  aiuo:nuv:i. 
Balb  cnpiefen  firti  bie  kannte  al>>  umulamilid),  unb  e*  ipurbe  in  ber  iniun 
Üranc  ein  reiduH'iaenea  Hebaube  enteilt  (begonnen  1*77,  beulen  l*7'»t.  \a 
btejem  O^bre  ipurbe  audi  bie  Xelegrapbeubetrtebsftelle ,  luelcbe  bto  babtn  in 
gemieteten  Baumen  in  bei  öftltdjen  Marl  ^mbridiftrafcc  untergebracht  unir,  tu 
bae  nette  Webaubc  perlest. 

Tie  ^orfteber  be*  faifeilidien  'Uoftamte*  feit  I*7ü  iparen  bie  |>oü 
bireftoren  :Hietf,  Modi,  Waier,  vetue  unb  ,yud)er. 

otn  .\abre  l*5w  beftanb  ba*  a.ciamtc  ^oitoerfonal  quo  bem  ^cripaiter 
(3adi*>,  uuei  Hoüpraititanten,  einem  lelcarapbiften,  brei  Brieftraaern  im* 
einem  Bureaubieuer.  1872  waren  im  %^oh  unb  triienbabnbieuft  1  Beamte 
unb  eme  ti'rpebition<Saebilfin,  upei  Bureaubtencr,  biet  Sortier*  unb  !♦  ivii-:;- 
tpurter.  Ncaeiiioartia  »  l!««>»  unt'attt  ba*  sl<oftamt  allein  ein  .vuiiumu^i)::. 
ein  ctabtpoitamt,  eine  ^oüaacntur  mit  4o  etatomanigen  Beamten  unb  :i*  etat* 
matstaen  Unterbeamten  »baiunter  18  Briefträger » .  ^lußcrbem  ftnb  4o  ntdn 
etat*ma!uae  4>o»tl)ilf*boteu  auaeüellt.  «intern  brinaenben  Beburfino  eut- 
t'predienb,  wirb  in  nadmer  ;{ctt  attd)  bie  iHltttabt  eine  beionbere  ^ouni-.-ic 
erbalteu. 

Ott  ben  fahren  1«54-1*57  famen  jur  Beftelluna,: 

>t  >lirc    1854  55  1855  58  J85H  57 

Briefe  7!*  1*2  91  875  1<»«»142 

3-rtbrpPHHude         27*i*4  :{'2  7:tl  AT  liTJ 


Digitized  by  Google 


Worpheim  im  19.  ^abrbunbctt. 


4G9 


£ 

u 
e 


91 


I  , 


5? 

c  r. 


I  I 


f  * 2  i 
y.2  §2 

xr  x?  5  *  '  xf  2 

£s  —  5  —  -  ic 


SB  8§ 

I       •  -   I  »Ol» 


i«  «5 


X. 
I  - 


«8  x     |j  l 


ZZäZ'ciä      U2  2 


8  i 
—  ?i 

o 


CO 

3 


ii 


CT-  I- 


o 


•i  i  - 


c  «c  —  c  3*1 

I-  TT.  — »  -T  iit  — 


5  3        3  ^ 
?J  cc 


?c  - 


'  I 


3  5 

Ii 


x  x. 

1:5. 


x£  x    =■    X   X  '  X 

74  5if£  ~  3  Ti 


*3 


£4££5Z  Ii 


»3 


S1 


cc  o 


-*!  x 

?  f. 


3 


c 
s 


'S 


'4i 


c  r  ~  s  I  £  = 


s 

3 
Ä 

8 


■*  -  *  — • 
/  — " 

~  ~  o  ~ 

•-  — 

*•  •-«  ^  •»-  —  ^ 

%t  r:  ts  - 

j(    •=  s  n  *2  *z  - 

::■  rr  z 

Ä  =  =  S  s  s  - 

9#  --  •  - 


£ 
I 


o 


s 
c 

Q 
b 

C 
S 
« 

o 


w  f3 


• 


B 

s 


o  - 


V» 


■e 


CO  ^    w  » 


Digitized  by  Google 


470 


^lorjbeim  im  19.  ^obtbunbert 


Ii- 

>>  2 

~  2  « 

3  = 

9 


3- j, 

zz  —■ 

'S  & 

«3"  — 
—  <"5 


=  2  » 


2  2. 

^  2 
§2  » 


°  2  D  2. 2  2. 


o   o  O 


a  16 


=  ~;  I    *  2/  » 


2  r» 


•1  m 

5 


s 
a 

a- 

s 
a 

» 

s 

s 

3» 


1?  o  o  a 

2   *■»        -JV  'Ä 

=  s  2  2  2 

^t,    .  Im» 

«"»  O      —  •-► 

s  ^ 

"3  er» 


3"  S 


=>  2 

•^'■■2 

\ö 


o 


S 

s 


,.£,  * 

s  z  &  2.  2.  * 

2  2  S  2  § 


7 

2 

— *  ■ 

'S 

s 

>- 

1 

rtaii 

•  • 

s 
n 


Ei 


1 5 


-I 

Ii 


x  C  —  -i 
Z-iz  ~  *r 
55        5  - 


c 

55 


-  - 1 


<t~  H  ~  T.  ^ 
X  -  -  — 

~-  i    2  ^ 

---5-5 


—  T.  —  -1 
C>  —  CO  — 

rv'  -i  tc  c 

-  C-  I    o.  «— 

er  i  !   -  -r 

55  5  5 


4-  c  c-<  CO  -1 

—  —      2  IC 

£  i  -r  Z  Z- 

5  t.  5  =  5  c 


C' 


c  -  -i  * 
c  5     ic  c 


—  X 

—  x 

E2 


r  ic 
ic  «- 


5  5 


i  i 


l  II  %'i 


B 

7 


n 


5 


4^,  *S 


5  ^ 

— 


«  3 


5 


Digitized  by  Google 


Wombetm  im  19.  Sabrbunbetf. 


471 


Digitized  by  Google 


472 


^forjbeim  im  19.  ^abrbunbert. 


C2  c-nr-»        n  rs 


«  2  =•  a 

-  .5      ~~  Ä 

Ä  -0  Or  W  IT 

~  n 

e  s  2  2  J 
2.1  2  2  5 

o  ^  -  s  5 
■5.S  i  i  * 

^  E  «  3  W 
S22  i  S. 

='2  *t 
3*  X  &  ^ 

2  2  «  J**' 

S  **  <■>  ** 
a  2.  q-  «■ 
-ä      3  5  n 

-  -~ 

-  r»    O  ^ 

*  iff? 

3  SC 

—  • 

'-=«  3 


;r  «■> 


2  2  {M* 

*  2*  2 

-g  ~  2 


c 
*t 


=  2  » 

»SS 


">  2 

Ii 


•2 


32 

2  Z 
2  ~< 

=.  ~< 


X 
•ä 

n 

S 


2 

=>  ^  3 
3  "-i 


CO 

_2 
a 


3  2 


o 


■2  <^  5 


03^     =2  =  2  O 


2. 


5  2. 


s 
s 

* 


2.  3 


i  i 


w'        '—  a- 
«—  -u  —  U  —  IC  IC 

2^  * 


iE  im  ns  .in 


8s 

Ii 


I  I 


III! 


[  I  [ 


INI 


I  I 


- 1 

1  iE  c 


—     «.      X  X 


e  -  I  I 

c  et 


Ii!!      i  i  : 


MM 


5.  (W 


3 
8 


^  5 


2 


5 


Digitized  by  Google 


^lorabeim  im  19.  Qaqrlmnbett.  473 


PU  tfifcnBafin. 

9US  bie  babtfcfje  Hauptbahn  anfangt  bcr  40er  3ac)re  bis 
Karlsruhe  unb  roeiter  füblid)  oorrücfte,  roar  bie  oorherrfchenbe. 
©timmung,  feinen  5lnfd)luj3  an  Württemberg  juaulaffen,  folange 
nictjt  burdj  ßerfteüung  einer  ©ar)n  burd)  baS  ßinjigtljal  unb 
über  ben  ©djroaräroalb  bie  birefte  ©erbinbung  mit  bem  ©obenfee 
gefiebert  fei.  Namentlich  fürchteten  bie  Kammern  bie  Nachteile 
eine§  9lnfd)luffeS  über  ©ruchfal  unb  Bretten  unb  Rotten  bafyer 
fdron  1846  ber  Regierung  bie  ©oßmacht  jur  ftonjefftonierung 
einer  s$rioatbat)n  oon  £)urlad)  über  ^ßforjrjcim  &ur  roürttem» 
bergifdjen  ©renje  gegeben,  ohne  baft  ftd)  jeboet)  ein  Unternehmer 
bafür  gefunben  r)ätte.  Unter  bem  gleichen  ©eftdjtSpunft  rourbe 
bann  auch  ber  ©taatSoertrag  oom  4.  3)ejember  1850,  burd) 
welchen  ©aben  ben  ©au  unb  betrieb  einer  ©ahn  oon  ©ruchfal 
über  Bretten  jur  SanbeSgrenje  unb  jum  5lnfd)lu&  an  bie  roürttem* 
bergifche  Hauptbahn  an  Württemberg  überlief  aufs  lebhaftefte, 
wenn  fd)on  erfolglos  befämpft.  ©d)on  in  jenem  ©taatSoertrag 
mar  sur  £erftetlung  eines  jroeiten  2lnfd)luffeS  über  ^Pforjheim 
bie  ^uftimmung  Württembergs  gegeben.  3)te  Verpflichtung,  felbft 
in  biefer  Dichtung  $u  bauen,  tmH*  biefeS  bamalS  abgelehnt,  unb 
ba  eS  ftd)  c)ier6u  auch  fpäter  nicht  oerftanb,  fo  übernahm  ©aben 
auf  ©runb  beS  ©efe&eS  oom  7.  SJlai  1858  in  bem  ©taatS* 
oertrag  oom  6.  Nooember  1860  ben  ©au  unb  betrieb  einer 
©ac)n  bis  5Jlüf)lacfer  auf  ©taatSfoften.  $)ie  ©treefe  Wilfer* 
bingen^forjheim  <  13,85  km)  rourbe  1861,  jene  oon  tytx  bis 
9Mhlarfer  (12,63  km)  1863  ooHenbet. 

9tach  einem  im  „^Beobachter"  1858  oeröffentlid)ten  Ueber* 
fchlag  famen  bie  Soften  für  bie  ©ahn  Wilferbingen^forjhetm 
auf  5  524820  ©ulben. 

$ie  feierliche  (Eröffnung  ber  ©ahn  Wilferbingen^forjhcim 
fanb  in  ©egenroart  beS  ©roßherjogS  am  3.  $uli  1861  ftatt.*) 
(Sin  h*H>orragenbeS  ©erbienft  um  biefe  ©afjnftrecfe  Karlsruhe* 
Stuttgart  enoarb  fich  Sabrifant  ©}d)roinb.  ©einer  Qnitiatioe 
namentlich  ift  eS  $u  banfen,  baf?  bie  ©ahn  nicht,  roie  früher 
beabftdjtigt  roar,  oon  ^Ümge-n  nad)  Sttaulbronn  geführt  rourbe, 
fonbern  in  ber  ausgeführten  Weife. 

3lm  11.  3uni  1868  rourbe  aud)  bie  (Snjthalbabn  befinitio 
bem  öffentlichen  ©erfefjr  übergeben.  (Stioa  3000  Arbeiter  roaren 
baran  befdjäftigt. 

2Rit'e  Oftober  1867  gefchaben  bie  erften  ©ermeffungen  unb 
3lbftedungen  für  bie  ©ahn  beS  9cagolbtl)aleS,  roeldje  am  1.  Quni 

*)  Ta$  Crreigniä  rourbe  burdj  ein  93oIfäfeft  auf  bem  Siennfelb  gefeiert. 
3u  Sljren  be$  Üanbeäberrn,  bcr  ftd)  nad)  "üteifeenftein  begab,  rourbe  ein  Der* 
jterteS  3lot*  bie  Wagolb  unb  ben  bortigen-  ftloftfanal  hinuntergefahren. 


Digitized  by  Google 


474 


Worabeim  im  19.  ^abtbunbert 


1874  für  bie  Strecfe  (£alro  *  ^fovj^eim  bem  $erfef)r  übergeben 
nmrbe. 

3"  ben  legten  10  fahren  bat  bie  ^nbuftrie  uub  mit  ihr 
ber  ^uf*™"1  ocl*  Arbeiter  oou  oft  weiter  Jyerne  fo  uugeiPobnlidK 
SluSbebnuugen  angenommen,  baft  bb  s-Babnoenoaltung  bieien 
3terl)ciltniffeu  iKedjuung  trafen  mußte,  lieber  20  Shbetteni'uK 
bienen  morgens  uub  abeub?  aii3jd)li?Blid)  bem  ^Irbeiteruerfebr. 
^m  ^abre  lsos  finb  an  3lrbetterfabrfarten  nad)  ^fortfieim  poh 
babifeben  unb  luürttembevgiidjen  (Sifeubabnftationeu  192  025  3tücf 
mit  jufammen  2  2(>or>7<;  CSin^elfabvten ,  im  ^abre  1900  = 
214  811)  etücf  mit  2  5*7  390  (£in$elfabrten  ausgegeben  roorben. 
(Segen  1*99  betrug  bie  Zunahme  4  272  Stütf,  bejm.  lo:»02o 
@inaelfabrten.  3"  biefen  Rahlen  ift  ber  ^erfebr  auf  ber  ifofal- 
baf)n  &rö$ingen(£ttliugen  nid)t  inbegriffen. 

eine  roiditiae  liiiuirtituua.  neben  ber  Wuterbcftatterci  unb  bem  '»eMtio:» 
a,ef*dft    ift    bic  $lnluo.c    uir  Omterlaaeruna. ,    für  bie  man  mit   ber  Or 
meiteruna,  beu  ^aijnljoH  an'ana.*  ber  iH »er  Sartre  u"iid)en  WumenbedeuiiHv. 
unb  4*rcttenerftraRc  einen  umfainueiilien  :Haum  a^duinen  bat. 

,"vür  ben  UMttU'inanen  Umbau  be$  ^aljnhofeö  würbe  im  ,\abrc  1*!»*»  cm 
%iroje!t  aufgearbeitet,  roelebe*  bie  erioibeilnben  flulaaen  utr  iMb'ernauna  bor 
WrbeitenuiK ,  bie  al*  notioenbia,  erfaunte  ;iahi  an  Mutcruia->an»abrt*  unb 
ÄufftelliUeifen,  einen  3 tnctauiba tjnliof  umidien  bem  ^ret teuer  '^eauberaana 
uub  bem  JMumcubedenu'ea  mit  neuer,  betraebtlieti  erweiterter  «"hiterhalle  uub 
einem  ,vr«iIabebalml)of  üftlidi  iumi  bem  letuaeuaunteu  ^ea.  mit  *v.bealct«en. 
VabeftraKcu,  VaaeriUimeu.  einer  volUaberumue  unb  ben  ;uin  Vaben  er'cuber 
lidien  ^tüncht  innien  enthalt.    Ontluua.  ber  <sWitei  baliuhot'e   unb  flanaieraieiie 
unb  bie  uir  Uiuerl>vtiuiiuia  ber  .Hibetteruia,*au>ru»tuiueu  nötigen  »"»uue  vor 
aeiebeu.    Tie  neue   Vofomotiureiiuie  i\>;i   am  unlieben  irnbe  be*  ,uenube 
batmhof^  erbaut  werben.    iUbiniiuita  'ür  bie  eu'i'la.tte  ^ahuhc'ei  Weiterung  i»t 
bic  ^eieitiauna.  be«>  ^rettener  ^eauberaana.*  in   3diien#u!;iH)c  unb  bfien 
tri  au  burdi  eine  iilneuenfreie  ctrain'nuber'uluuua..  bie  ii.l)  au  beu  ^ebauuni* 
plan  rur  ben  3tabtteil  iunblid>   beo  -iVibnboT*   unmittelbar  au\blie?>t.  Tie 
Moüen  für  bie  aenitnte  'Jluhue,   bei   ber   auf   bie    AV^eUnbieit   iy«:tevei  Jlu-? 
bennuna  ber  <^utei  balmtu>re  :Hiut'ilu  aeuommeu  würbe,   beredmet  int)  an» 
8.>4<hkhi  jjüuf  .luoiu  luvt)  für  fieririi.be  Udemtmm.i  Warf  it;ib  »ur 

ben  Umbau  ber  <r teUweit*aulnae  2I<hmm  njarf  fommein.    ,\u  ber  **ubut 
periobe  !!«*">  ivol  nnl  bei  (»hiiubera»et-b  iwtUoaeii,  bie  Lvib    unb  ^.Miu»  v> 
arbeiten  uir  .'l iivfuiu -.uux  aebiaiin   unb   thunltibu   auetj   bie  Uebii'uliruua 
^retteunüia'u-  herne»'tellt  merbeu.   nn>tut    al«>  en'te  iiate  ieüeuf   bei  HI0'-:v 
Sifoirruna  Mmhhhni  u;i.  m  bei  wtniteu  Mdiumer  ae'orbcrt  lourbe.       ic  <.r.t-> 
neueibuui>>  bort,  nurbeu  ol^ae  iamnicti  tun1)  uberid)ntteu  merben  m.U'en. 

Jiacti  nmtl'.itni  Tarleatna  über  ben  ^Vilebr  aut   ben   baM'ten  c'c:; 
babtieii  im  k\.:!v/e  lK'>'*  n.)':.m  i«\n vhotni  b^;n.ii>>  pio  ■'».  cicAc  ein  mit  ei 
^erfehr  von  I7*j:i.*»:t  ^•.•lioueu.    ler  :»ii'i'e?evti-tir  bat  üb  ieitbem  entu>'.cr. 
ber  ^uitalime  ber  ^lunMlerutta  unb  b^r  aiioeinrtneti  ^^.".iliiabenbeit  i>on 
^u  ^atu  ae»t entert,  ebeiuo  bev  "iiiteiperti-l-r.    ?er  lWrn>netu»errebv  er'ui't  c***c 
Crbeblnlic  ^erbeiieruua  buuti  C  ;nu--\;nn\  einer  v'lunitil  ^itutelluiiic,  irei-w  Mc 
iu'ibiubuua,  mit  .Hatl-jutbc  uub  itutt^art  eiunlueru. 


Digitized  by  Google 


f. 


Digitized  by  Google 


Worabcim  im  19.  ^aforbimbert. 


475 


IS  a  <6  n»  c  t  f  «  tt  d 

brr  bei  bttti  (firoßljtrjoal.d!  $abirdjrtt  $tfiti*it*iimt  iJforilfeim 
feit  brRctt  ^röffitutia,  am  4.  £nli  1861  bi#  Kn**  1900  $t\6fttn 
Vrrr<»nrnfrtl|rkartrn  nnb  gHlamrtrrljcffe,  fowte  brr  bafrlblt  *er- 
r*r<Mrn  «nb  rmpfangritrit  («äter  tiitb  brr  «$innal)iiir«  bar*ue. 


Vtr(ontuverkt\)t 


Colonen 
Unionen- 
faln-f  avtt-n 


Ifitniahmrti 
Diu  au* 


(ßiitrrvrrkrljr 


irimialinicu 
tnuau* 


IS«»  1 

i:>s  «>  ii* 

1*112 

Sit  «f.iLf 

i:st  .;.{.". 

l.V_>M<J 

i*i 

ITT  ÜM'i 

)stl^ 

I  ")  l  Sli  l 

[  I1HM2 

l.St.S 

1  Ii'  -M  l 

lst,<< 

I  5M  l^x  1 

1*7" 

l  >T  \->i 

Is7l 

I  I  I  S.{H 

ls7l> 

•JIM  7  17 

IsTii 

2M4  557 

1*7  i 

i'ht  *:>:> 

1*75 

1 05511 

IST.. 

r^ni  i 

I.sT  7 

|>l  Ms 

l*7s 

|"">  !<:i»i 

1^7'» 

1  -S 

I  SM  ) 

•,]'» 

l^s] 

m  , 5  5 ;  5 1 

l^s_> 

i  5s.  .'>'  i  "> 

KM 

1  7'»  1 

|s- J 

1  77  '.7  1 

1'']  _'.">>  i 

1  VM  is-J 

lssT 

1^ 

■J!'»  -17-1 

1'  Ii'  l']s 

1  v<u 

1'  Iii  7.1" 

1-M] 

l'.l'J  17" 

1*M- 

•JlSM.il 

i'ü  :i"i 

1-MI 

 * 

:M  0.V! 

7ä  :.i;4 

L'*J5 

■ . 

;,i  ist) 

•i 

i  **:  *  r»72 

l'J"  471 

7  1  "11 
1  1  i'll 

]  1 1 

7  1  UM 

27:i  ;i74 

zw  w 

7»»  w!"; 

_:< 

III  115 

5J»;  K74 

~\1  ".  I  *♦ 

*>  1 

s;i7 

;t<> 

3*.;»  sst; 

«i54 

» >r*  i  Ii.«  ) 

v7 

7(  (M| 

s 

i'll 

t'.'t  KS  1 

•Hl 

l,M  17  1  i'M 

H7f»  :i7H 

77«*"45 

5ü 

"M  75j 

:<7 

L'*s:i  4  l'i 

föU  T ♦  ►< » 

5M.41 

1" 

« '  •  i  '■  i 

Iis 

:tu*  s*sl 

:mi  <<7  l 

♦i7  1  [4 

7i>  M57 

I.') 

415  55  | 

.151.  Um 

5S  l!  vi 

4.. 

*M  7  IS 

_M 

l'»J  K70 

478  7T>2 

~r>  s5r> 

.H 

M  I  7(i»i 

1*> 

:ii>l  7so 

5»il  4L>-2 

i»7  l^Hi 

11 

1  <  ►<  i  IM 

Iii 

H<»f  :^7*2 

'.7  l  »i4<> 

'i57 

„'7 

1 1"  :ii>7 

j:t 

5«;s  inj 

•s>7  155 

154  UI5 

24 

,  u 

Htloaramm 

.  if 

1  -_j:>»il 

l 

|  'i  375  H  |  .*» 

;>•  :wi.<7<» 

l'HH  7 

5!P 

.'i^  ♦:»:'.♦ 

r.i 

IM  l't.s  H  l" 

51»!*-:. 

Ulis  |ll(l 

«i 

•j.ji  i  n;,!, 

7  1 

1'  1  v'i7  S(i,") 

17  Vl  ">  tlH5 

dl' 7 

17 

•j:»_*  :>M.i 

7«! 

1'"  l*»l'  >".*) 

17  'il'|  M|" 

">lil  til'5 

■j  i'.il" 

8 

K  17s -In 

17  «  :<l  „^" 

•   0  71  - 

'i 

VJ_'  _'•"•" 

H 

15  "l'H<:>" 

II  1  i's  i>;<" 

.5  5  s  ä.V. 

•i4 

•_J  .Js  "_'2 

<> 

]    1 1;  17  s<  it  t 

i  >  »i»ir>  7 1 ii 

5t, i  ho 

7i 

•J.-i.(  ()| 

[7  7.i|  7  " 

1    7  1:>  <>"< • 

i,;ni<;.Vi 

IM 

Jl"  'IS  I 

_ 

17 

1-  !.".ü:.o 

w  !•  :i|s 

IM 

l'.'tl  l.'H, 

"s 

1 "  i'l"  i  s7" 

i 1 1  t  i  ;>  (»in 

IMs  UM 

"J 

•J""  :>s7 

1 1 

]"  "1s  J7"> 

'»ii:»  ""►(  i 

5  Irl  f ;»>l' 

M 

.is 

1 "  17  l  ^^«» 

:»s  i'm»  sii 

5.4 1  147 

I'M  7  1  1 

1-  1 '  i  ■ '  '•"" 

7i'  i»i:t  1  1" 

1 :» 

;  -1  ;i  n  o  n 

-:|"  H35 

l1» 

s  i  |77 

7"SM"1 

7M 

Ii'  7-,- 

u', 

i'l  ly^•'• 

i'<  (7 

754ii.il 

!"7 

.'ll  1 

j  ( ,i  i«. 

mi  :,ii> 

*>!*<  1  V7 

5s 

H1 ;  • 1 [ 

•  l 

1:«  17" 

[«.:.  .."i' 

7  [  7  "i70 

.,«, 

.iv.  77  J 

<5 

1""]5 

MN  1  1". 

.,"7  :ni' 

11 

;>"7  1 

1  ":s  1  r,.; 

'.M 

,,i  .-, 

"'> 

_'l  1-1" 

1 1"  :,5.i 

7""  7  |0 

!■> 

470 


i^orabeim  im  19.  3abtbunbert. 


WiiterVcrfetir 

fa  In  Fnrt  cii 

Klöüen 

MilO 
TltL'IOl 

Ucr.c 

iriiin.il.'nu'n 
Da    i:  •> 

ü.  Mr;. 

•^'.■iKe:;C>  (.^tüunifi 
i  o  !i  it  e  i" 

rti;  na  Ii 

C'.iL  .1  Uv 

•1.  Sv; 

■  t  1>  N»')T  .» 

2*1  :>41 
:J1"  4s" 
7s2 


i  i^s  :»2  l  i:n 
:>pi»i    .v.m  um 

.V*;:.    r;-j  ;  TM» 

i 


22  7 

20  1 11  '7 

2  *  s  rj 

_>).  ;;»,2 
27  n.",| 

:;(Mrj,( 


'JiV.i  ^2*> 
222  "iL''  1 
21)2  -7". 


M.-M  l)Vi 

I  i-l7  117 
I  1  •"'•'»  1 

1  17'»  m...; 


itontßf.  württrmßergirdk  Oiaatocifiitbaüncii 
Station      eril! rittt. 

(*t  u  t  c  r  v  c  r  f  c  h  r. 


1.  Slpril  bie 
Hl.  ^ar> 

H  e  i  f  a  n  t> 
Tonnen 

ij  tu  p  f  a  n 
Tonnen 

c  u  in  in  c 

Tonnen 

unt>  amufiMiinuiu-n 
fletieuben 

lHS() 

9  138 

7  2IH 

1«H",1 

140  "»',«♦ 

1HH1 

K» 

HMiSJ 

2n  7,17 

1 4n  7*  »4 

1KSJ 

H74Ü 

i»  IM 

17  s*»7 

Iii*  »>..*< 

1HS.J 

t)  41«« 

,M  2<>H 

14  >»2S 

IM 

1**4 

H  |  IN 

1 1  979 

171  *i'i 

Ins.-, 

H  7ii7 

In  7>S2 

4  Hin 

:t<  »2  ni7**  i 

4  "»11 

l2  41«i 

Hܻ27 

:ts4  u27 

1*m7 

4  2  I 

12  öS 

in 

4  I  i  2"'> 

ISNS 

H 

12  !-*sH 

1*J  7«»:i 

i«M  2v> 

1  HH\t 

:i  «;<••> 

14  217 

17  M4ü 

Ho:,  h.  ;.; 

2  '»o2 

lim  »2 

in  uui 

»i4:i  27*^ 

1*'»1 

4  <»7  t 

lö  -II  1 

1!»  4*4 

U2'i  n  1  .s 

1  **»2 

H  1'IH 

1:-W0 

17  nn  { 

:,!».{  u\>% 

1 

2  s:j:i 

12 

Iii  HH!> 

n»..{  nu 

1*!*4 

H  :i4J 

IIS*  1 

LVJ.Vi 

712 

In- »5 

I  U«f«» 

I  i  77.s 

|s  7^7 

n»»1  Inn 

4  1  1*» 

24  :U<» 

2S  ».Vi 

1  Ol««  l  "i 

1>'.»7 

h  v>:> 

2u44.i 

24  :t:w 

1  li>s^'l 

1S!»S 

:i  2  12 

2nn|| 

'_>!(  -js»; 

1  27 1  !0  > 

1 7h» 

2  '.  !<  t:t 

Hn  .,7'» 

1  4*»7  242 

lMlMI 

;<  7  k» 

2»i2|H            2*i  !»:»:! 

i 

•i  eumtlinma.  tvr 

^vhetteniuviu'iiLnteu.    **i   Xa*  bebeiucnN-  l\rr,z 

ruhrt  von  ;HirotmiuMH'nfiHU'ii  üev. 


Digitized  by  Google 


^forähcim  im  19.  flabrbunbert. 


477 


Flamen  der  feit  ber  (Pröffmtuq  ber  Station  ftforftbeim  am  4.  3nli 
1HOI  bafelbft  ftationiert  flciurfentn  «ejirf**,  etalton*amt0<  unb 
WüterVeriiialtnnn^Pornänbr,  foiutc  btc  3cit  ber  Stationierung. 


(31m  4.  Auli  lS»i|  würbe  unter  Aufbebuna. 
bcr  •HoftPeruniltuna.  bae  Hoft    unb  (iifcM- 
bahnamt  tiforUjeim  erudjtet.) 

1.  Hr.  Traneportinfpcftor  Hermann  .öchu- 
linqcr  miterimiftifdier  $orüanb> 

2.  Hronb.  eücubabnfafficr  Will»,  ^etiticau 
( prouüoriidxr  '«Norftanb > 

3.  Hr.  ^oftmeiuer  Morl  Ariebrid)  Waper 

4.  Hr.  ^oftmeifter  (ab  1.  Afluuar  187'J 
Wnhninipeftor  Anton  Aiubroe  (1.  Januar 
1S72  fanb  Abtrennung  bee  itoftbienfte« 
oom  Wabnbienue  ftatti 

*>.  (Mr.  Wctriebeinipeftor  Ara»u  vaum 
6.  (Mr.  Wetriebeinipeftor  Muri  Mempf  (feit 

I.  Cftober  \H\rj  ift  ber  Weurf  bee  Hr. 

iHetriebeinfpeftore  in  ^torUxim  bem  (Mr. 

Wetriebeinfpeftor  iu.Marlerube  un\eteilt» 

B.  Worfiänbe  be$  Sratioutfamie*. 

1.  (Mr.  Maffier  iHuboif  «tauer 

2.  Hr.  Mofficr  ^einrieb  3 ad)« 

(Mr.  *oü    unb  Wabuoerwalter  Marl 
Weder 

Uro».  Wctricbeaiftuent  Aloie  Aoulbaber 
(Mr.  Wabnocrwnlter  Amin  ftaunj 
(Mr.  Wetriebefontroleur  C5 hrtft.  ftebmann 
(Mr.  ctutionefoutroleur  Vtli>iv>  Adulbaber 
(Mr.  „  Aran*  i'ufc 

(Mr.  „  Marl  Wirmclin 

(Mr.  „  ftiuiuft  lieber 

Hr.  „  Ambro«  Wudiler 

(Mr.  „  (Muftau  SUiganb 

(Mr.  Wabnoerunilter  :Hut>olf  3rowan 
(Mr.  „  >>crmami  f\rohltd) 

(Mr.  „  Marl  3djneiber 


4. 


N. 
}♦. 

10. 

11. 

\K 
13. 
14. 
15. 


C. 

1. 

2. 
a. 

4. 
5. 
«. 
". 
S. 
u. 

l«K 
II. 

12. 


Worfiänbe  bcr  (ftiiterfcermaitaiifl. 

Huteierpetutor  >l)onu  Arider 
Agnat  irglan 
m'üttjta»  Modilcr 
Ach.  ,N>oüf  itfoff 
„  l'jtmelm  ii'cbcr 

>tuimi  Aatb 
(Mr.  (Muteir-erirulter  Philipp  >>errmann 
(Mr.  „  Aram  votier 

<Mr.  „  Aratu  .lauer  Waigie 

(Mr.  „  Marl  vvuler 

(Mr.  „  omil  Aiitfd) 

(Mr.  „  frermann  WuhJmger 


;{tit  bcr  Stationierung : 


4.  >li  1861  bie  eeptbr.  1861 

ab  ba  bie  Cftober  1862 

ab  ba  bi*  Tejember  1866 
ab  ba  bie  A»«li  1872 


ab  ba  bie  Cftober  1«84 
ab  ba  bi«  1.  Cftober  1892 


4.  Auli  1861  bie  eeptbr.  I8G* 
ab  ba  bie  flopember  1866 
ab  ba  bie  fltorj  lb70 


bie  TcKniber  1871 

bie  Auli  18"2 

bie  3eptcmber  1873 

bie  Auli  1879 

bie  iNai  1881 

bie  Auni  lf-83 


ab  ba 
ab  ba 
ab  ba 
ab  ba 
ab  ba 
ab  ba 

ab  ba  bie  Woocmber  l£ 


ob  ba  bie  Aanuar  1891 

ab  ba  bie  Crtober  1892 

ab  ba  bie  iHar*  181*6 

ab  ba  bie  Aull  1900 

ab  ba  bie  jefet. 


4.  Auli  IST.I  bie  Auguft  1864 

ab  ba  bie  Te^ember  1871 

ab  ba  bie  Cftober  1874 

ab  ba  bie  Te^ember  I87fi 

ab  ba  bie  3eptember  1876 

ab  ba  bie  Aebruar  1878 

ab  ba  bie  i'ün  1881 

ab  ba  bie  Aebruar  1884 

ab  ba  bie  Aebruar  1889 

ab  ba  bie  April  18**6 

ob  ba  bie  Mar*  1896 

ab  ba  bie  je*t. 


Digitized  by  Google 


478 


^forjbeim  im  19.  Oabtbunbett. 


2er  Sobuungeuot  in  Reiten  gcfd>dftlid)en  fcodtftanbee  unb  bem  bebenfüdjen 
,  iujufl  armer  Familien  faitn  burd)  bie  jumteil  fd)on  eingeführte ,  3umtei( 
projeftierten  Vofalbabuen  einigermaßen  geftcuert  roerben,  infofem  ale  ee  burd) 
biefee  9Jerfcbremittel  oielen  entfernt  roobuenben  Arbeitern  möglicb,  roirb,  auf 
fdmelle  unb  billige  "ü>cife  nad>  ber  (McfdjäftefteUc  ju  gelangen  unb  Sobnung 
unb  Unterhalt  auf  ben  billigeren  Vanborten  beijubebalten.  y.v.  ^rübjabr  l'JOO 
mar  bie  t'ofalbahn  ."perrenalb-Harlerube  bie  5örö'<iingeu  (oon  ber  Stlbtbalbabn* 
SlftiengefeUfdjaf  1 1  auegebaut  unb  fonnte  bem  betrieb  übergeben  roerben.  £eute 
get)t  bie  söalm  bie  jum  Veopolbeplafc,  roo  ein  «stattoneljäuedjeu  errietet  rourbe. 
oie  foll  bie  (Eutingen  roeitergelettet  unb  fpdter  eoentuell  burrt)  eleftrifdje 
Äraft  betrieben  roerben.  Weplant  finb  ferner  eine  Vofalbatm  }ifor$beims3i5eißen* 
eine  folaje  über  *aufd)lott^retten,  bie  ben  Äraidjgau  mit  ber  ^»buftrie* 
oerbinbet  unb  eine  $afm  iUtcrnebeim^forjbeiru,  bie  fog.  3trcivuv.uv.hu. 
^m  Februar  1861  trug  man  fia)  mit  bem  Webanfen,  naa)  (jrbffnutig 
ber  (Jifenbabn  eine  th-o  ld)lmi  an  rtu  1t  in'e  t'eben  ju  rufen,  Siefelbe  rourbe 
anfange  3tpril  oon  :Nafcel  jum  „3djroarjcn  Slbler"  übernommen,  ber  oorerft 
6  Srofdjfen  auffteüte.  31m  14-  x\uni  ecfdjien  eine  gebrudte  Xrofdjfenorbnuug 
für  bie  3tabt  'jjfor^eiiu.  £ae  ^uftitut  ging  fpäter  roieber  ein.  fceute  be= 
finben  fiaj  in  ber  3tabt  9  ^itljaber  oon  $rioat^rofd)fenanftalten. 

Dae  fltrnltinanne  ZhtJtttut  rourbe  ju  beginn  bce  ^abree  1863 
gegrünbet.  (Megenroärtig  ;  um  baefelbe  9  ^ieuftmäuner.  (*ine  rooblt^ätigc 
£inrid)tung  für  ben  OJüteroerfebr  finb  bie  Oprbitioiu»anftnltrit ,  rooooti 
4  oorlmnben  finb. 

bitten  großen  Umidjroung  im  SBerfefjr  bradite  bae  i:a!irrnb,  bad  ha- 
ut ben  80er  3ab,ren  faft  auefduießlid)  \u  oporteuoeden  beuütyt  rourbe.  £>eute 
fätjrt  fo  jiemlia)  jebermaun  auf  bem  .juvuue,  unb  ee  bient  nunmehr  tjaupt 
fädjltd)  bem  Ükrfefyr.  9tid)t  nur  louriftcn  bcnü&cn  ee,  ber  Wolbfdmtieb,  ber 
Maurer,  ja  balb  jeber  Arbeiter  fäljrt  bamit  jum  (Hefdjdft  unb  nad)  ftaufe,  unb 
felbft  bei  rienftmäbdjeu,  bie  ihre  (Sintaufe  auf  beut  IRarfte  ui  madjen  fyabcn, 
rourbe  ber  Wcbraua)  bee  Mabee  fdjon  bemertt.  £em  friedlichen  Spaziergänger 
aber  baben  bie  ftabfabrer  burdj  bie  oielfad)  unter  ibueu  berrfdjenbe  :ftüdftd)te« 
loftgfeit  bie  5rc«be  unb  ben  Weuuß  am  opajieieugeben  auf  ber  t'anbftraße  oer- 
borben.  {für  ben  SJertebr  ift  bae  Jabrrab  unbestreitbar  ein  großer  Vorteil ; 
für  l'cbeu  unb  Wefunbt)eit  ber  Fußgänger,  befoubere  für  Minber  unb  alte 
X'eute,  eine  ebtn^o  große  (Mefaljr.  $\iv  Seit  befteben  bter  unb  in  Weuftabt* 
ftröfcingen  6  3iabfat}rerocreme. 

2er  irnu^rnurrUrlji  ber  Stabt  betrug  1880  -  25664,  1890  - 
45541,  1399  -  65347,  1900  =  «83«3  ^erfonen. 


o  ß  i'  f  a  I)  r  t  o  c  i  n  r  i  dj  t  u  u  r  n . 

pie  Armenpflege.*) 

$a§  lefcte  3abrael;nt  be§  18.  unb  bev  Anfang  be3  19.  3af)r= 
bunbert§  waren  Reiten  ber  sJlot  unb  £rübfal.  $ie  gabrifen 
arbeiteten  fd)road),  ber  Umlauf  bes  (üelbeS  ftoefte  unb  bie  ^öebürfniffe 
be§  täglichen  Gebens  maren  faft  auerfdjimnglid).  3)ie  3Wenge  ber 
Firmen  roud)§  jum  (Srfdjrecfen,  unb  faum  nermod)ten  otabt' 
uenoaltung  unb  3taatöbet)örbe  bie  Sparen  ber  ^ungernben 

unb  ^ettelnben,  meldje  bie  otraßen  burdjjogen,  ju  bäubigen. 

  i 

•)  Öenerallanbeeardjio,  „^eobaajter"  unb  w3lujeiger",  sJ)iitteiluugeu  ber 
Strmeuoerroaltuug. 


Digitized  by  Google 


^forabeim  im  19.  Sabrbunbert. 


$>ie  auSgebehute*  unb  fd)amlo£  betriebene  Bettelei  mar  eine 

Signatur  bei*  $eit. 

$amit  beiu  "öettelroefen  mit  9lachbrucf  gefteuert  toerbe, 

mürbe  oon  ©roffterjog  &arl  griebrid)  befohlen: 

£en  bem  Srunf  ergebenen  ^cttcloogt  fofort  abjufefcen  unb  bafür 
einen  anbern,  tiicptigeu  Wann  ju  beftimmen.  1\on  einer  eingelieferten  großen 
%>erion  Ijatten  bie  v#etteloogtc  f>  Mrj.,  oon  einem  Minbe  3  Jlrj.  anjufpredjen 
unb  *roar  auf  l'anbedfoften.  Aufgegriffene  auslänbtfdje  Wettler  uub  £>anb* 
roerfäburfdien ,  foroie  aubere  mit  *  ridjtigen  Urfunben  oerfeljene  Öaffenbettler 
mufjtcn  \ur  Strafe  an  ber  neu  an}ulegeuben  Strafte  nad)  (rutingen  arbeiten 
unb  erhielten  bafür  Speife  unb  Iranf.  9tad)  einiger  ,^eit  rourben  fte 
mit  einem  3c')rPTc»"ifl  roieber  entlaffen.  Soldje  franbroerföburfdjen,  roeldje 
fein  Wünbel  mit  ficf>  f'uljrten,  ober  Wettler  aue  ber  Nadibarfdjaft  rourben  nad) 
erftanbener  Strafe  oline  ^etjrpfennig  entlaffen  Unter  bie  Ttrore  rourben 
Wettel^lanbate  angcfajlagcn,  bie  ^unftmeifter,  Il)orroäd)tcr  unb  perbergäoäter 
rourben  angeroiefeu,  foldjc  ^ubioibuen  oor  bem  Jedjtcn  unb  betteln  ju  oer* 
roarnen  unb  bei  Wetreffung  ju  ftrafen.  SJon  ber  .Handel  rourbe  bie  Settel* 
orbuung  »ertaubet.  Tie  \>aubroeri*burfd)en  erhielten  oon  ben  ^unftmeiftern 
fog.  „3&fyr*tMe4e"  unb  jablteu  bamit  bei  bem  <öerberg*oater  bie  3*d)e.  Sog. 
;oau*arme,  bie  rourbig  roareu  unb  fooiel  fte  nod)  tarnten,  arbeiteten,  mußten 
oom  Stagiftrat  genügenb  unterttüfet  unb  oerforgt  roerbeu.  Starben  foldje  beim 
betteln  ertappt,  fo  rourben  bie  Dinner  roie  bie  .öanbroerteburfdjen  beftraft 
(Strafjenavbett) ,  bie  $rauen  eingeturmt  unb  jum  Spinnen  oerurteilt,  bie 
ttinber  aber  mit  Nutljen  ge^üd)tigt  unb  roenn  folcpcö  nidjt  meljr  oerfing,  in 
ber  „junger- Stube '  cingefperrt.  föer  ©äffen;  ober  ftauäbettlern  etroa«  gab, 
rourbe  uberbteä  beftraft  mit  l  fl.  in  baö  Almofeu. 

Sdjon  Voller  flagte  über  bie  3d)ioierigfeit,  bie  Armenpflege 
fo  einzurichten,  baft  fte  ihren  3ioecf  erfülle  unb  nietjt  bem 
l)eiid)lert|ct)en  Jagbieb  jugute  fomme,  mäbrenb  ber  befdjeibenc 
Arme  leer  ausgebe.  Xxofy  ber  rooblau^gebacbten  Ocganifation 
unb  ber  geiotffenljaften  Ausübung  ibreS  Ämte-s  baben  bie  Armen* 
pfleger  unb  $e$iiteuorftel)er  beute  nod)  mit  ben  gleichen  NBiber* 
roärtigfeiten  fämpfen  mie  ihre  Kollegen  oor  loa  fahren  3n 
oielen  %ä\[e\\  ift  e$  redjt  fdjroer,  ben  roüvbigen  Armen  oom 
unmürbigen  511  unterfdjeiben,  unb  bie  Jyälle,  in  benen  fid)  ber 
Armenpfleger  bintergangen  ober  burd)  einen  beudjlerifcben  Appell 
an  fein  (Gefühl  überrumpelt  fiebt,  finb  gar  nict)t  feiten.  (Sine 
roabre  Stabtplage  finb  bie  fortroäbrenben  (Sinroanberungen 
finberreidjer  unterftütjuugsbebürftiger  Familien,  namentlich  au§ 
Württemberg,  oon  wo  foldje  nadjioeisbar  oft  oon  genuffenlofen 
©enuinben  t)ergefd)icft  toerben,  bamit  fte  nad)  2jät)rtgem  Aufent* 
halt  ben  UnterftütiungSioobnfit}  erwerben,  jft  e§  bod)  oorge* 
fommen,  bafe  eine"  Derartige  $emeinbe  fid)  burd)  3d)ultbeijj  unb 
©emeinberat  gegenüber  einem  beruutergefommenen  sJ)cenfd)en 
unterfcbrifllicb  oerpflid)tete,  ba§  er  nad)  2 jährigem  Aufenthalt  in 
^forjbcim  oon  ber  ftcimatgemeinbe  500  Warf  erhalte,  bie  er 
fid)  bann  aud)  toirflid)  „erwarb". 

s23ejonbers  oerbient  um  bie  Crganifatiou  be£  bisher  im 
Argen  liegeubeu  Anneuwe(en3  mad)te  fid)  Cberbürgermeifter  ©rojj, 


Digitized  by  Google 


480 


^forabeim  im  19.  3abtbunbert. 


inbem  er  nad)  preufnfdjem  duftet  biefen  roid)tigen  *>er 
Senoattung  umformte  unb  bis  in'§  ßleinfte  orbnete.  3>ie  $anje 
Stabt  rourbe  in  5  (jetjt  6)  Slrmenbejirfe  eingeteilt.  Oeben 
53e$irf  leitet  ein  SBesirfSoorfteber.  tiefem  unterließen  bie  3h-men- 
p  fleger,  oon  roeldjen  einer  bi§  ju  10  Familien  unter  feiner  Cbbut 
bat.  $ie  93e$irf3oorfteber,  ©eiftlidjen,  ein  Amtmann  unb  ber 
$Jürgermeifter  bilben  bie  'Mrmenfommiffion,  in  beren  3i§una,en 
über  jeben  einjelnen  %a\l  (alle  14  $age)  beraten  unb  befd)(offen 
wirb,  nod)bem  berfelbe  juoor  in  ben  9lrmenpflegeroerfammlungen 
jebe§  v33ejirf§  grünblid)  erörtert  rourbe. 

Qm  y$a[)xe  1883,  als  bie  9iaer)frage  um  öffentliche  Unter- 
ftütjung  anfing  bebenflid)  ju  werben,  rourbe  im  s<Bürgerau§fct)UB 
ber  ffiutlfd)  au3gefprod)en,  bie  fiifte  ber  llnterftü^ten  ju  oer- 
öffentlicben ,  roaS  aud)  für  fur5e  Seit  gefcfyab.  $ie  Ausgaben 
roürben  fidjerlid)  boppelt  fo  gro|3  fein,  roenn  bie  gefetjlidje  s£e* 
ftimmung,  roonad)  ber  (Empfänger  öffentlicher  Unterftü$una,en 
ba§  3Bat)(red)t  für  Die  $auer  ber  Unterftütjung  oerliert,  nidjt 
erjftierte.  $)iefelbe  erfheeft  ficrj  feit  1890  nidjt  met)r  auf  ben 
(Empfang  oon  Sebrmitteln  auS  ftäOtifd)em  ©elbe. 


3ür  ba§  Hrmenroefen  rourben  ausgegeben: 


a. 

im  3abre  1820 

6  509  ff. 

11  158  SRf. 

b. 

II  It 

1880 

6  155  fe 

1 1  408  „ 

c. 

II  II 

1840 

10  665  fl. 

18  282  „ 

d. 

'1  tt 

1850 

12  362  fl. 

21  192  „ 

e. 

It  It 

1860 

11  142  fl. 

19 100  „ 

f. 

II  II 

1870 

43  388  fl. 

74  379  „ 

It  II 

1880 

88  755  . 

f: 

II  II 

1890 

77  619  „ 

■ 

II  II 

1900 

111811  „ 

9Bäbrenb  ftd)  feit  1820  bie  (£inroor)nersabt  etroa  um  ba§ 
ftebenfadje  oermebrte,  fyabtn  bie  silrmenau§gaben  in  biefer  Seit 
genau  um  ba§  $ebnfad)e  ^genommen.  Unb  bie§  trotj  ber  oor* 
jüglidjen  $erbienftgelegenf)eit  unferer  3eit.  2Bie  roürbe  e§  erft 
roerben,  roenn  eine  gefd)äftlid)e  $rift§  eintreten  follte! 

$m  Wotjabre  1847  trug  fidj  bie  Stabtgcmeinbe  mit  bem  OJebaufen,  ein 
i*ctl|ljoiio  )u  grünben.  Sie  bamalige  Regierung  hielt  ed  aber  fonberbarer 
roeife  „niapt  für  notroenbig,  in  ^forjbeim  ein  berartigeä  fyiftitut  in*  Gebert  >u 
rufen,  ba  bie  sDtel)wl)l  ber  unbemittelten  trinroobner  ^Jfor^eimä  au*  ("vabnfj 
arbeitern  befte^e".  sJiia)t  nur  bem  25cbrängten,  foubem  aua)  bem  leicbrfumigen 
Sdmlbcnmadjer  unb  jroai  unter  bem  Sedmantel  ber  Mnonomität,  biete  ftcb 
(Gelegenheit,  biefe  ^tlfdfaffe  in  9lnfurud)  ju  nehmen.  Selbft  ber  Sieb,  biefc 
e$,  finbe  eine  roiüTommene  Statte,  fein  unrecbtmäfug  erworbenes,  uufontroüter* 
bareö  ®ut  anzubringen.  Uebrigenö  geftattete  man  ber  ©tabt,  ein  Statut  au*-- 
Suarbeiten  unb  ber  Regierung  uorjulcgcn.  Sie  Stabt  wollte  nur  auf  ein 
Aiii'i  garantieren.  Ser  Reinertrag  follte  ber  Stabtfaffe  jufliefcen,  mäbrenb  ba* 
ÄarlSni^er  ^nftitut  oolle  ©arantie  übernahm  unb  ben  Reinertrag  }u  einem 


Digitized  by  Google 


^forjbcim  im  '9  3ahtru»nvert. 


481 


Betrieb«fonb«  fammcltc.  ttarl«rube  naftm  oon  ben  Söebrängten ,  bcncn  e« 
gegen  au«giebige  Sidjerbeit  |ii  .vtflfe  fam,  8%,  ^|or$f)cim  mollte  10°/o.  $er 
,Sin«  mürbe  nebft  10  Mrj.  Sdjreibgebubren  jum  i*orau«  erhoben  burd)  Slbjug 
an  bcm  £arlel)en.  £ie  Werjug«jiufen,  ber  Bud)freujer  unb  bic  Jage  unter 
V«  Ulonat  follten  ebenfall«  jum  Vorteil  ber  Maffc  oerred)net  roerben,  fo  bafj 
bie  Slbjüge  in  ^ e r f ä u ntnidf ftQcn  auf  25°/,  gcftiegcn  waren.  9lad)  3af>re$frif* 
folltc  überbie«  ber  Slnfprud)  auf  Ulebreriö«  au«  ben  ^fanbftücfen  erlöfdjen. 
\Huf  biefe  iBeifc  iwKre  bie  Wrünbung  eine«  l'cibbaufe«  mebr  eine  Spefulation 
ober  eine  $eriorgung«anftalt  für  8  ftäbtifdjc  Beamte  gemefen,  al«  eine  üäter- 
lidje  ftürforge  für  bie  Ernten,  roenn  man  DO«  lederen  foldje  Opfer  geforbert 
bätte.  'Jladjbem  bie  Regierung  bie  ben  Statuten  anbaftcnben  Mängel  grünb^ 
lid>  au«gemerjt  Ijatte,  mürbe  im  s)lpril  184J*  ba«  3nftiM  lebensfähig.  Ulit 
beginn  befferer  faxten  ging  bie  ftäbtifcbe  l'eifjanftalt  mieber  ein,  um  im  3uni 
1877,  im  faxt  ber  allgemeinen  s3lot,  ba  fein  Tag  oerging,  au  bem  nid)t 
minbeften«  eine  (9antan*eige  erfolgte,  mieber  aufzuleben.  Tie  Marleben  lourben 
mit  6"  o  oerjinft,  aufecrbem  rourbe  eine  (9ebübr  erhoben  jur  £ecfung  ber 
$enoaitung«foften  unb  jroar  bei  Marleben  bi«  ju  25  Ulf.  */*  ^fg.,  bi«  ju 
60  Ulf.  i  Wg.,  bi«  ju  100  Ulf.  r/t  ^fg.  pro  Monat.  Tic  ^fanbftütfe 
mürben  in  ber  Siegel  bi«  ju  80°/o  iljre«  Seite«  angenommen.  £>iefe  3lnftalt 
mar  eine  Söobltbat  für  bie  ärmere  Beoölferung,  meldte  baburd)  oor  getoiffen- 
lofen  $Bud)erern  unb  &al«abfd)neibern  beroabrt  blieb;  benn  e«  lagen  JyäUe 
oor,  baft  oon  biefigen  ^fanbleiberu  für  14  Ulf.  in  16  3öoa)en  3  Ulf.  40  ^Sfg. 
(79  "/o)  ^infen  beregnet  mürben.  3"  einem  anbern  Jyall  redinete  ber  gleid)e 
(rbrenmann  für  4  Ulf.  in  3  Monaten  1  Ulf.  (100°/o)  3»n«.  ©in  anberer 
Webermann  liejj  fid>  für  4  Ulf.  in  10  Sodjen  1  Ulf.  80  ^f.  (234  '/•)  jablen. 
Cr«  mufite  jemanb  mobl  in  berber  "Jlot  fein,  loenu  e«  Cbjefte  im  liierte  oon 
4  Ulf.  oerfefcte  unb  in  folgern  ,yalle  234  7»  nebmen,  biefj  bem  Trinen  bie 
.Heble  oollenb«  wjieben.  Sieber  anbere  biefcr  Mategorie  miefen  2lbjat)lungen 
armer  l'eute  jtmicf,  um  red)t  lange  ben  oollen  fam  genießen  )U  fönnen. 

fax~  faxt  einfrieren  in  ber  Stabt  jmei  unter  ftaatlidjer  Kontrolle  ftet)enbe 
^fanbleibauftalten,  bie  namentlich  um  bie  Mircbmeiljjeit,  jur  faxt  ber  Ula«fen* 
bälle  unb  an  Ißeibnadjten  ftarf  frequentiert  merbeu.  $ieUeia)t  märe  ber 
l)ilf«bebürftigen  Beoölferung  beffer  gebient,  menn  ba«  3nftitut  in  ftäbtifd)e 
iüerroaltung  überginge. 

3m  ftrübjabr  1862  rourbe  ein  3(ruient>erein  Ijier  gegrünbet.  lieber 
feine  Tbätigfeit  giebt  ein  9ted)enfdwftsberid)t  3lu«funft.  Tie  (Sinnabmen 
betrugen  oom  1.  Ulai  1866/67  2967  fl.  28  tfrj.  Tie  31u«gaben,  (9elb  für 
Uliele  unb  Vebcn«unterbalt  1019  fl.  33  tfrj.,  an  oerfd)ämte  2lrme  281  fl. 
40  Mrv,  in  9labrung«mitteln  447  fl.  57  Ärj.,  in  Mleibern  unb  Stoffen,  «ett^ 
unb  Veibroeifejeug ,  ödjuben  648  fl.  59  Ärj.,  für  Arbeit  80  fl.  5  Ärv,  für 
Wärterinnen,  Spital  unb  il?erbanb«^eug  22  fl.  12  Mrj.,  Brennmaterial  114  fl. 
12  Mn. ,  8d)iilgelb  20  fl.  60  Hrj.  Tie  9lal)rung«mittel  beftanben  in 
331  Portionen  Ulittageffen. 

Crin  feit  1849  beftebenber  Jungfrauen t>er ein  fonnte  am  10.  9loobr. 
1856  42  arme  ittnber  ber  Stabt  mit  ^lujügeu  oerfeben.  Tie  von  ben  mit; 
gliebern  gefd)inacfooll  angefertigten  ."oanbarbeitcu  mürben  für  roobltbätige  $xvede 
au«gefpielt  unb  ergaben  eine  namlmfte  Crinnabme. 

Ulit  grofjem  (Srfolg  auf  bem  (Gebiete  bes  21rmenroefen«  ift  ber  grauen* 
Herein  tbätig.  Sein  umfaffenbe«  unb  fegen«oolle«  Sirfen  finbet  in  allen 
Sdiidjten  be«  ^olfcö  märmfte  ^Incrfennung. 

3m  Jabre  1848  mürben  in  ber  Stabt  unb  auf  ben  Vanborten  Suppen^ 
anftalten  erridjtet.  3n  UlühitwinVn  unb  Behningen  mürben  burd)  ein  Komitee 
oom  16.  3CDruar  4.  3«^  l85iJ  34  006  Portionen  Suppe  au«geteilt, 
Tiefenbronn,  Bamberg  unb  Steinegg  erhielten  49910,  3tter«ba*  unb  Langenalb 
33460  Portionen. 

31 


Digitized  by  Google 


^fotäbeim  im  19.  ^abrbunbett 


6nbe  ttuguft  1870  grünbete  bie  „£oge  JReudjlin"  eine  prooifonfc^e 
Wolfchtdie,  meiere  e«  ftd)  jur  W»d)t  machte,  bem  weniger  bemittelten  %eü 
ber  Veuölferung  eine  fräftige  Wahrung  um  billigen  $rcie  511  befebaffen.  2>a# 
i'ofal  befanb  ftd)  im  iMivtcrgcbäube  be$  Üonfumt>erein$baufe#  auf  bem  6d)itl» 
plafce  unb  täglich  mürbe  Wittag«  unb  Stbeubeffen  in  ganzen  ttnb  falben 
Portionen  k  6  refp.  37«  Mrj.  ausgegeben.  2  ocboppeii  6uppe  mit  ö\t  iJotb, 
<ylcif<ti  mürbe  für  ß  tfrj.  oertauft. 

Sitegeu  Langel  an  Abnehmern  muftfe  bie  Volfäfuibe  am  15.  Auguft 
1874  gefcl)loffen  roerben,  mürbe  aber  im  Wärj  1877  für  furje  3ett  roieber 
eingeria)tet  unb  blieb  bi*  1879  befteben. 

3m  ^abre  1848  trat  ein  $i(f#t>creitt  in«  l'eben,  ber  fid)  bie  Vinberuug 
ber  größten  9tot  jur  Aufgabe  machte.  9lad)bem  berfelbe  mit  beginn  befferer 
3eiten  fid)  roieber  aufgelöst  (mite,  rourbe  er  Gnbe  April  1877  a(d  ftäbt. 
J0ilf^t»rrein  auf«  neue  gegrünbet.  (£r  bejroedt  bie  bauernbe  Unterftübung 
in  tjieftger  3tabt  lebenber  Armen  unb  3roar  burd)  3un)*ifun9  1)011  Arbeit, 
bura)  ©erodljrung  fleiner,  unoeriinälicber  Marleben.  2>urd)  (irmerbuug  ber 
Witgliebfdmft  übernahm  man  urfpriinglid)  bie  Verpflichtung,  an  $au$;  unb 
gtrafcenbettler  fein  Almofen  ju  »erabreieben. 

Ter  herein  bat  feitbem  viel  oegeu  geftiftet.  Alljabrlid)  im  Pommer 
fd)irft  er  mit  einer  Mehrerin  eine  Anzahl  erbolungebebürfttger  3d)ulfutber  in 
bie  Jerieufolonie  nadj  Salmbad),  toäbrcnb  anbere  in  ber  (ycnc»jcit  tägltd) 
Wild)  unb  "Örot  erhalten,  ^n  ben  'llUntennonatcn  empfangen  arme  3d)ü(er, 
beneu  bie  lilteru  fein  mannet  ftrüftüd  geben  fönneu,  in  beftimmten  Käufern 
roarme  Wild)  mit  örot.  Aufjerbem  fyat  ftd)  bie  Xbättgfeit  beo  Vereins  aud) 
auf  bie  ©rünbung  einer  3djule  für  bäiiSlidjen  (ileroerbefleifi,  in  roeldjev  Jpolj* 
febmberei,  i'aubjägerei ,  Vürftenbinbevci,  einfache  Wetallnrbeiten  (früher  aud) 
*ud)binbevci)  betrieben  mirb  unb  ferner  auf  bie  Wrünbung  einer  ^fanbleib/ 
anftalt  erftredt,  bie  aber  eingegangen  ift. 

Alle  biefe  Vereine,  nicht  julebt  aud)  bie  uou  8eitcn  ber  ueifdjiebeneu 
Jtoufeffionen  gegrüubcten  ^ohltbätigfeitöanftalteu  haben  bie  auf  ben  heutigen 
lag  namentlid)  an  oerfdjämten  Ernten  oiel  (Hutes*  getf)an. 

tfängft  hat  bie  Anficht  allgemeine  Geltung  gewonnen,  bafi  eö  eiu  roeit 
»crbieitftlicbcre*  &*erf  ift,  einem  arbeitsfähigen  Armen  ju  Verbteuft  ju  per« 
helfen,  alö  ifjn  bireft  ju  unterftüben.  4üo  bicä  nicht  )u  umgehen  ift,  füllten 
bie  Oaben  fo  roeit  mie  möglich  nur  tu  Wniiualien  befteben;  beim  bie  (Erfahrung 
leljrt ,  bafc  bie  geroöbvten  Unterftübungen  in  barem  Weibe  häufig  genug  0011 
lüberlid)eu  #amilienoätern,  oft  auch  unter  Withilfe  ber  ebenfo  qualifizierten  Jrau 
in  Spirituofen  umgefebt  merben,  roäbreub  bie  Miuber,  benen  fie  boch  tyaxipU 
fachlich  jugute  fommen  füllten,  s3iot  leiben. 

Um  ben  cparfinn  bei  ben  ärmeren  M  (äffen  ju  meden  uub  ju  pflegen, 
hat  ber  ftilfSucrctn  1883  eine  fogeuanute  ^f ennigfparf äff e  in$  fceben 
gerufen,  bie  aber,  roie  e$  ben  Anfd)ein  bat,  meuig  benübt  mirb. 

3>a$  ^früiionerfUuo. 

Sttit  bem  (Spital  mar  urfprünglidj  ein  ^ßfrünbnerfjauS  oev* 
bunben  $ie  *ßfrünbner  maren  nermÖgenSlofe,  alte,  gebredjlicfye, 
jumteil  aud)  geiftia,  ntd)t  normale  üeute,  bie  r)ier  3öüt)nung  unb 
pflege  fanben.  4öer  noef)  arbeitsfähig  mar,  mürbe  jur  Arbeit 
angeljatten.  ^)ie  Scanner  mußten  unter  3iuffcfjern  an  2anb* 
[tragen  unb  Jfelbroegen  arbeiten,  Oebungen  reuten  :c,  mä^renb 
bie  Leiber  mit  Spinnen,  ©tricieu  unb  anbereu  ^anbarbeiien, 
ju  benen  fie  ju  gebrauchen  maren,  befdjäftigt  mürben,  ©leic^» 
jettig  mit  bem  neuen  ©pitat  mürbe  nebenan  ein  neue«  ^frünbner« 


Digitized  by  Google 


^forgbeim  im  19.  Öabrbunbert.  433 

hauS  erfaßt,  mit  bcr  Umwanblung  beS  SBabeS  £ub  bei  Otter«» 
weier  in  eine  ftreiSpflegeanftalt  würbe  baS  ^frünbnerbauS  frei 
unb  als  ^olfSfdmlgebäube  oerwenbet.  3)ie  Sefyl  ber  *ßfrünbner 
betrug  1835  =  20-30  s£eifonen,  1847  waren  eS  97,  im  3af)re 
1865  =  91  (47  männliche  unb  44  weibliche  ^erfonen).  3)aoon 
waren  uod)  nicht,  bie  §älfte,  nämlich  26  Scanner  unb  16  grauen, 
arbeitsfähig.  3)ie  5luSgaben  beliefen  fid)  in  biefem  3atjre  auf 
9276  fl.  30  ftrj.  $)ie  ©innahmen  beftanben  größtenteils  in 
Arbeitslöhnen,  bie  ber  ©tabt  burd)  bie  ^ßfrünbner  erfpart  blieben, 
fte  betrugen  4  011  fl.  27  Jtcs. 

3m  91ooember  1874  würbe  baS  ^frünbnerhauS  aufgehoben. 
£)aS  je^ige  iUmenflaitö  fteht  auf  bem  £illerwörth. 


3>te  &etbet$e  jitr  ^eimat,*) 

1892  als  9lftiengefeüfrf)aft  00m  ©emeinnüfcigen  herein  gegrünbet, 
oerfolgt  ben  Qmed,  ber  loanbernben  Arbeiterbeoölferung  gegen 
billige  greife  gute  Verpflegung  unb  orbentlidjeS,  reinliches  Unter* 
fommen  311  bieten.  ©d)led)te  (Elemente  werben  in  beftimmten 
©renjen  ober  ganj  fern  gehalten.  93ranntweintrinfen  unb  Starten» 
fpiele  fmb  unterfagt.  Srinfywang  befielt  nicht,  dagegen  ift 
(Gelegenheit  ju  Seftüre  unb  unterhaltenben  (Spielen  geboten. 
3)ie  5lnftalt  oerfügt  über  50  ^Betten  unb  beherbergte  00m  1.  3uli 
1899  bis  babin  1900  =  3857  ^erfonen  in  16  244  ©a)lafnäd)ten. 
$aS  Sd)lafgelb  beträgt  20  unb  25  *ßfg.  $)ie  ©innahmen  be» 
trugen  23  288  Wt,  bie  Ausgaben  22  469  9W. 


Pie  fttotifty  ppaxUffe.**) 

$ie  ©parfaffe  würbe  im  3>ahre  1834  gegrünbet;  bie  bamalS 
feftgelegten  Statuten  blieben  bis  186 1  unoeränbert  in  Straft.  $)er 
ßmtd  ber  $affe  follte  fein,  Arbeiter  unb  $ienftboteu,  welche  oon 
ihrem  QabreSlohn  etwas  erübrigen  tonnten,  ju  bewegen,  ihr  ©elb 
jinStragenb  anzulegen,  anftatt  eS  in  ©pirituofen  umjufe^en  ober 
eS  im  ©piel  ju  oergeuben,  „wie  bieS  früher  öfters  gefchehen  fein 
f oll" .  35ie  ©inlagen  würben  oon  15,  30,  45  Äreujer  an  ange« 
nommen  unb  burften  in  einjelnen  Soften  nicht  über  50  ©ulben 
betvagen.  2)aS  SRagiinum  ber  Kapitalanlage  burfte  bei  einer 
s}krfon  100  ©ulben  nid)t  überfteigen.  3et}t  ift  bie  ©inlage  eine 
unbefchränfte.  33on  2  fl.  an  war  bie  ©inlage  jinStragenb  unb 
$war  &u  8l/s%  ooev  2  ftreujer  pro  ©ulben  jährlich.  3inS  vom 
8m3  würbe  nicht  befahlt.  $ie  ©emeinbe  leiftet  mit  ihrem  93er* 

♦)  $>anbeiaiammerberi$t  1900.  ••)  „SBcoba^ter"  unb  Mitteilungen  ber 
©parfaffenoenoaltung. 

81* 


Digitized  by  Google 


484  ftfotifpta  im  19.  Sabrbunbett. 

mögen  (Garantie  unb  führt  bie  9(uffid)t.  (£nbe  1852  betrugen  bi; 
(Einlagen  122  555  fl.  54  9tv\.  (Snbe  1S57  waren  bei  ber  2 mir 
taffe  H>(>3  sJJcrfonen  mit  einem  (Stntagetapttal  uon  283  905  fL 


beteiligt 

Ötanb  oui  cHefatnteiuleiicr-  (Mefamteinlaa.e 

l.  Januar:  woi:  guthaben : 

1871  3  147  fl.   878  582.51. 

1880  5  108  SWt    2  921  839.06. 

1890  10  775  „      5  989  120.70. 

1900  18Ü60  „     10  137  155. 7S. 


(Snbe  9lo9ember  1867  mürbe  ber  $for$behner  ^orfdjuh 
Herein*)  aairünbet  mit  183  ÜDlitgliebero.  Ter  monatliche  ^Beitior. 
eines  9J!tta,liebe$  mürbe  auf  minbeftenS  15  £rj.,  bas  (£ititritir 
aelb  auf  1  ft.  unb  ber  ^insfufc  f"v  ^cn  9Hita,liebern  gewährten 
^l>orfd)üffe  auf  6%,  feftgefetjt.  Einlage  famt  Senrinn  bitrftc  bc 
einem  ^ita.lieb  nid)t  meljr  at£  300  fl.  betragen.  N2U*  U>cr 
ftanbSmttglieber  mürben  gewählt:  Tireftor  (£br.  Oecter,  Staffier 
Strauß,  ©d)riftfüt)rer  $offmann.  Ter  ^orfdnifjoereiti  bat  ben 
8mecf,  feine  3Ritglieber  buvdi  a,emeinfd)aftlid)en  fivebit  mir  ben 
nötigen  (Mbmittelu  $u  uerfebeu,  alfa  ftar»italuad)fraa,e  intfe 
Angebot  ju  vermitteln.  Terjelbe  füll  für  ben  Arbeiter,  .panb 
merfer  unb  fleiuen  ^abvifanten  ba*  fein,  ma£  bie  Sanfter»  unb 
£anbel$banfen  bem  Kaufmann  unb  ©rofjfabrifanten  ftnb. 


SleoerfidH  ber  cfreraWtöcrgeBttiire  feit  ärönbnna.  t>rs 
^orfdntfiuercini»  ^forißeim,      6.  m.  u. 


:HcdiniiHflC:  Witfllicbeiv 


>br 


^cretn^ncrmöficn 


antcile 


SttferwfMftc 


ims  09 

1871/72 
1875/76 

1MS0  «1 
1885  Sil 

1890/91 
1895  9« 
1899/1900 


529 
1592 

.-•<  2 
2342 
2<  >Nti 
2429 
2647 
2*87 


,  U 

590  426 
3  749  966 
12  521  116 
*i  4u.t  :ti  l 
5  973  364 
8  94S  731 
1 1  H97  201 
19*25  578 


21  639 
1  »17  032 
939  566 
422  825 
334  705 
399  401 
464  802 
650  065 


1  299 
8  918 
34  9*1 
37  8^7 
v4  .  vv> 
115  7:>»i 
138  425 
164  97o 


*)  9?acf)  Mitteilungen  ber  «orfd)ufefaffe  unb  bce  „Beobachter*' 


Digitized  by  Google 


IMorgbeim  im  19.  Sabtbunbert. 


485 


3(fBfrlid)t  der  Äefdiäfto< »rgeßniffc  fett  C^rünbung,  6e$ 
^orfrftttftucrdnö  ^forjfteim,  6.  tf.  m.  u.  £. 


ftrembc  («elfter 

£arle*en  *W3& 
fdmlbt'n 

Heroohrtc  Wov-- 
febfiffe  einffbl. 

Ü?e^ 
Idtigeningen 

<$it>ibeitl>c 

OL  betrag 

Nein« 
fletuintt 

Ml 

$%£ 

u  s  c 

,\t. 

tK 

100  SH1 

204  970 

18*>K  «>9 

309  125 

1  04<»  490 

B*/j 

7  !>«S7 

9  421 

1871,72 

668  18« 

5  201  OHH 

7 

51  4o4 

57  215 

1875  76 

255  Bia 

«8  753 

2  ISH  284 

5 

18  47«» 

20  542 

1880/81 

814  715 

2  568  2«>4 

5 

U  Büß 

19  440 

1885/86 

a7i>  34» 

3  ».47  7UK 

5 

17  4M 

24  0H7 

1800/91 

440  597 

4  25,4  !»«»!* 

i> 

25  0.42 

8)  ;»22 

1M5/96 

518  042 

5  871  000 

♦> 

44  1(K) 

42  24*i 

1899/00 

VU  tiefunbefiispffcgc.*) 

Da«3  alte  /uanlienfmus  am  s.JBaifenl)au$platye,  fd)on  1617 
erbaut  als  „unteres  N#ab",  mürbe  51t  Anfang  be$  3>af)rl)unbert3 
5um  Spital  ausgebaut  unb  aH  foldjeS  bis"  1840  benäht.  3m 
^afjve  1838  erftanb  ein  neues  Spital  unb  ^frunbnerbau*  an 
ber  (Scfe  ber  SJief)*  unb  Sorftftrafje  unb  muvbe  1840  belogen ; 
fpäter  muvbe  ba*  .£>au$  als  ©nmnafmm  benüttf  unb  feit  1885, 
mit  einem  III.  Stocfmevf  oevfeben,  als  ftäbtijdjeS  yeljrerwofjn* 
gtbäube.  Solange  e£  feinem  uvfpvünglidjen  ^wect  biente,  fanb 
bev  eine  Jylügel  als  Spital,  bev  anbete  als  ^frünbnerbauS 
s-i>erwenbung.  Sdjon  1847  erhoben  fid)  Silagen  übet  iHaum 
mangel.  Die  burdjauS  notmenbige  Jreunung  bev  ©efd)led)ter 
unb  oevfd)iebenavtigen  Hranfen  mav  faum  möglid).  Um  bev 
Kalamität  abjul)elfen,  muvbe  bev  Aufbau  eines  III.  StocfmerfeS 
geplant  mit  einet  ftoftenberedjnung  uou  14  000  (Bulben.  Das 
Oberamt  tonnte  fid)  aber  uid)t  überzeugen,  bafj  nierburd)  bie 
Klüngel  befeitigt  würben.  Die  unter  Wirgermeifter  Deimling 
gepflogenen  95er^anblungen  oerfdjleppteu  fid)  unb  mürben  oon 
(SreceliuS  weitergeführt,  jüefjen  aber  jetjt  auf  entfcfjiebenen  'iSiber* 
fpvud)  im  ©emeinberat,  mo  man  bie  richtige  Anfidjt  oertrat,  ba B 
bie  sj$frünbner  l)inauS^ufd)affen  feien  unb  ihnen  ein  anbereS 
Öebäube  erftellt  werben  füllte.  Drot}  allfeitiger  (Stuficfjt^  bau  bie 
beftefjenben  ^uftänbe  unerträglid)  feien,  blieb  bie  Angelegenheit 
lange  viJeit  rufjig  liegen.  <£rft  180i)  70  mürbe  bittet)  beu  .Uianfen- 

•)  .Udler,  fftöftCr,  „iifmUKimcr  »eobacMcr"  unb  „flujeiger"  unb 
3a$t€*berict)t  ber  manfenl,)au$Dcnualtimg  1*99. 


Digitized  by  Google 


486 


^forabetm  im  19.  3abrbunbett. 


fwuS^teubau  Abhilfe  flef*affcn.   %\\  ©elb  fjätte  e§  feineSroegS 

gefehlt,  ba§  ©ebäube  früher  gu  errieten;  benn  fd)on  1847  betrug 
aS  SllmofengrunbftocfSDermögen  20285  fl.  unb  baS  £ofpital= 
grunbftocfSüermögen  12  309  fL  drftereS  follte  %  lefctereS  1 3  ju 
ben  Sofien  beitragen. 

3röt)er  waren  am  Spital  jeroeilS  2  2(erjte  tbätig,  einer  für 
innere  $ranft)eiten  (ber  Spitalaqt)  unb  einer  für  Operationen 
(ber  2Bunbarjt).  5)ie  erften  Spitaloorftänbe  tuaren  Dr.  ©ufjer 
unb  feit  1825  Dr.  2Benj,  bisher  fianbpbuftfuS.  $er  (Spitatarjt 
ift  feit  1873  bivigierenber  Mrjt,  bem  ein  jüngerer  9lffiftenjarjt  jur 
Seite  ftebt.  Grfter  9lfftften$ar$t  mar  Dr.  ©enjel  auS  bergen  mit 
einem  ©ehalt  oon  1000  ©ulben  unb  freier  Station.  9lach  3öenj 
mürbe  ^3c>^jtfii§  Dr.  $icfc  Spitaloorftanb  unb  ^uguft  ©erroig 
OberamtSrounDnr&t,  letzterer  ftarb  1H56.  Sein  Slffiftent  mar  Dr. 
©ifjler,  feit  ©ermigS  Job  ftänbiger  SBunbarjt.  *luf  2>iet>  folgte 
im  Oftober  1840  SlmtSpfmfifuS  Stlfer  unb  oou  1847  an  mürbe 
Dr.  ©ennig  OberamtSrounbarjt,  oon  184s  au  Spitalarjt.  9luf 
Mennig  folgte  1873  Dr.  ©ifjler,  roeldjer  biefeS  2Imt  bis  ju 
feinem  £obe  (1899)  oerroaltete;  feitbem  ift  Dr.  SHupp  birigierenber 
silrjt  beS  StranfenhaufeS.  3h1"  jur  Seite  flehen  gut  Qtit  groei 
Slffiftenjärjte  unb  in  befonberen  fallen  ein  ober  ber  anbere  3lrjt 
au8  ber  Stabt. 

3n  ben  3at>ren  1816—1820  betrug  bie  #abl  ber  Giranten 
im  Spital  burdjfdjnittlid)  10—20;  am  1.  9lpril  1857  rcaren 
5645  «ßerfonen  beitragspflichtig,  fünf  3al>re  juoor  maren  e$ 
3574.  Seit  ber  großen  £nptju§epibemie  oon  1806  mar  bie 
Stabt  bis  jum  $pril  1866  oon  einer  ernfteren  Seuche  oerfrfjont 
geblieben.  3n  biefem  3at)re  brachen  bie  fefnuarjen  flattern  auS, 
eine  ftrauftjeit,  bie  übrigens  über  ganj  Sübbeutjdjlaub  oerbreitet 
mar.  $)er  Verlauf  ber  ©pibemie  mar  im  allgemeinen  fjier  ein 
rafdjer  unb  milber;  aber  eS  brot)te  eine  gefährlichere  Nachfolgerin, 
nämlich  bie  afiatifche  (Sbolera,  roeldje  in  bem  nalKAelegenen  §eil* 
bronn  bereits  eingebogen  mar.  2luf  Hureguug  beS  bamaligen 
ÜWebijinalrateS  Dr.  Soppen  mürben  (£ube  September  1867 
entfdn'ebene  borfehrungen  getroffen  betreffs  ber  9teinlichfettS= 
oerhättniffe  in  ber  Stabt.  2Bar  bie  fchlimme  Einquartierung 
auch  nicht  erfolgt,  fo  holten  bie  üflafpgeln  bod)  baS  ©ute,  ba& 
fie  bie  Stabt  auf  fanitä'rem  ©ebiete  einen  Schritt  meiter  brachten. 
$ie  barmherzigen  Schmeftern  maren  1861  auS  bem 
SJhttterhaufe  sJcieberbronn  hierher  berufen  morben.  @S  finb  jur  3rit 
neun  Schmeftern  l>icr,  bie  ftd)  in  bie  Sfranfeupflege,  3Baifenpflege 
unb  $leinfinberfchule  teilen.  3hv  ftilleS,  anfpruchSlofeS  Söalten 
hat  ihnen  bie  Achtung  aller  ftonfefftonen  ermorben.  -3m  Oahre 
1871  mürbe  ^Pfor^cim  gleichseitig  oom  £upf)uS  unb  ben  blättern 
heimgefucht.   ©rfterer  nahm  bieSmal  einen  ferneren  SBerlauf. 


Digitized  by  Google 


Worapeim  im  19.  3abrpunbert.  487 

$ie  flattern,  an  benen  1870  gegen  40  sßerfonen  erfranft  waren 
(i  $erfott  ftavb  baran),  würben  wahrfcheinlid)  burch  bie  jur 
Pflege  nach  ^for^eim  gebrachten  Söermunbeten  eingefd)leppt. 
93on  ben  1871  an  ben  flattern  erfranften  254  ^erfonen  ftarben 
24,  alfo  9,4  s5rojent.  3m  folgenben  Qaljre  würbe  ber 
3)iafoniffen  oerein  gegrünbet,  ber  fief)  bie  ftranfenpflege 
bei  ben  dinmofmern  aller  @tänbe  unb  ftonfeffionen  jur  Stufgabe 
macht  unb  ben  Unbemittelten  unentgeltlich  ßilfe  leiftet.  1876 
waren  4  ©djwefteru  in  ber  Stabt  thätig.  3»m  Qahre  1873 
würben  1738  Äranfe  im  ©pital  oerpflegt.  390  litten  an  $uphu3 
unb  oermanbten  Ifranfheiten,  714  an  ber  fträtje.  3n  ber  Stabt 
lagen  70  $nphu§f  raufe,  in  ber  $t\U  unb  ^ßflegeanftalt  1.  3m 
3ahre  1874  würben  552  ßrätjfranfe  im  (Spital  be^anbel^  meift 
?fabriflel)rlinge  (502  männliche  unb  50  weibliche).  $)ie  $rätj= 
franft>ctt  war  eine  Sotge  ber  l)öcf)ft  mangelhaften  2Bohnung§* 
oerhältniffe.  3m  3ahre  1880  würben  1143,  1890  =  1341, 
1899  -  2041  ßranfe  oerpflegt.  $ie  Ausgaben  für  1899  betrugen 
147  066  9Hf.,  pro  ßopf  2,07  Tit.  Slm  ßranfenljauS  fmb  jur 
3eit  11  ©djweftern  thätig,  forote  3  (Schülerinnen.  3m  äußern 
$)tenft  wirfen  4  6chweftern.  $ie  3^hl  &er  Letten  beträgt  200. 


28e&tjtitafrat  Dr.  jSerttöarb  ätftfer. 

Dr.  Wijjler  mar  in  frühen  ^afjren  ^icrfjer  getommen,  erft  al«  Slffiftenj* 
arjt  in  ber  fceiU  unb  ^flegeanftalt ;  fpdtcr  liefe  er  fia)  alö  praftifdjer  2Crat  b,ier 
nieber  unb  übernahm  aläbalb  bie  Stelle  eineä  jroetten  £>ofpitalarjte8.  Uner* 
müblia)  tf)ätig  in  feinem  Seruf  unb  balb  gefdjäfet,  befonberS  alä  gefdnefter 
Operateur,  fonb  er  bod)  immer  nod)  bie  Seit,  fict»  gemeinnütjiger  unb  ibealer 
Jljätigfcit  ju  roibmen.  (Sr  mar  einer  ber  (£rften,  melaje  fief)  ber  neujugrünbenben 
^reiroidigen  tfeuenoefjr  anfd)loffen  unb  l)at  al$  üjx  Rorpäarjl  treu  auägeljalten 
bid  julefct,  alä  ber  einzige  ÄorpSoffijier,  ber  von  ber  förünbung  an  bis  jefct, 
roie  er  felbft  einmal  fagte,  bad  ®lüd,  nid>t  baS  Serbienft  gehabt  fmbe,  babei 
bleiben  ju  rönnen.  3m  lurnuerein,  ben  er  ju  neuem  i'eben  ermeden  b,alf, 
befleibete  er  jahrelang  bie  Stelle  eine«  erften  SorftanbeS,  mar  juglcid)  3Witglieb 
be3  ÄreiSauSfdjuffeS  unb  einmal  aud)  Sorfifcenber  beä  X.  Dberrl)einifd)en 
Xumfreife«.  söon  ber  Stelle  eine«  $orftanbe*  trat  er  um  bie  3)iitte  ber  70er 
3ab,re  juriut,  worauf  ifm  ber  banfbare  herein  ju  feinem  ©fjrenmitglieb 
ernannte.  Ungefähr  um  jene  3cit  madjte  ftdj  ber  fdjon  im  reiferen  Hilter 
fteljenbe  2Wanu  nod)  einmal  auf  nad)  ftreiburg,  um  ftd>  bafelbft  nodjtrftglid)  nod) 
ben  2)oftorb,ut  ju  erwerben,  nadjbem  er  1873  bie  2)ireftion  beS  ftranfenljaufed 
infolge  beä  SRürftrittS  feine«  langjährigen  Kollegen  Dr.  Mennig  übeniommen 
Gatte.  Dr.  GJifeler  war  in  feinem  SJeruf  fein  ftreunb  oieler  Sorte,  feine 
Sparfamfeit  barin  mar  faft  fpridnoörtlid).  £od)  beä  Slbenbä,  roenn  il)n  feine 
SJerufSgeftfjäfte  freiließen,  fonntc  er  ein  überaus  lebhafter  unb  geroanbter 
Öefellfcbafter  fein,  ber  in  freier  toie  in  gebunbener  Siebe  bann  ein  SHcifter  be« 
JBorte«  roar.  Siele  feiner  ®elegenl)eU$gebid)te,  befonber«  biejenigen  patriotifdjen 
Sn^alt«,  finb  in  ben  Sieberfdjatj  ber  „WebeHjöljle"  t)ier  übergegangen.  ben 
legten  3flbre»  feiner  SBirffamfeit  ronrbe  Dr.  Wipler,  ioela)er  baö  befoubeve  ißer* 
trauen  ber  Jrau  Öro^erjogin  genofe,  in  9(nerfennung  feiner  langjährigen  Iljätig* 


Digitized  by  Google 


4*8 


93r"orabeim  im  19.  ^abtbunbert. 


feit  als  Mranfenfjaue  =  £ireftor  $um  iltebijinalrat  ernannt.  mi&  1894  unb 
1897  ber  lupbuä  in  ^forjt)eim  überbanb  nalnn,  roar  er  unernuiMid)  tbatig 
unb  pfltclitcif ric|,  roafc  aud)  ber  otabtrat  banfbar  anerfaunte,  iubetn  et 
tljm  aus  ftabtifdien  Mitteln  unter  einftimmiger  (Henebmigung  be*  "öürqer 
audfdjuffeö  eine  Ehrengabe  tiberroie*.  l't'ebijinalrat  Dr.  (Mifcler  hatte  bal& 
barauf  m  erfennen  gegeben,  bafc  er  na*  Ü>oUenbung  feine*  70.  Treben*- 
jabre*,  alfo  im  fterbft  1899,  fieb  au*  ber  Tireftiouetbätigfeit  im  Äranfenhaur 
juriicfuijietjen  gebenfe.  2tber  ein  beftiger  .HranfbeitaanfaU ,  ber  ihn  febon 
um  Cftem  bem  Örabe  nat)e  gebradrt  batte,  \roang  ibn,  feine  Gntfaffum  auf 
ben  1.  ^uli  ju  erbitten,   ifrjiö  <>ulefct  eine  frdftige  Watorr,  ioeld)cr  ba*  SUer 


ntdit*  anbaben  $u  föunen  fd)ien,  muftfe  er  feit  SRotUltal  fdjon  barauf  oer 
\id)ten,  feinem  Berufe  roieber  nad)}ugebeu.  &m  13.  ^uli  1899  oerftarb  er  in 
Reibet  berg ,  roobin  er  \ux  vinberung  feint*  langwierigen  Vciben*  gegangen 
roar.  Dr.  (Hitler  bat  burd)  fein  ^irfeu  bafur  geformt,  baft  fein  Sfafeenfni 
nidit  fo  balb  hier  erlafdieu  wirb.  ^Id  Horftanb  beö  drjtlidjen  herein*,  als 
Dirigent  be*  ftabtifdien  Mraufeubanfeö ,  in  ben  Mreifeu  feiner  Patienten, 
in  benen  ber  ;>euerroel)r,  bes  turtUttrtlnS,  ber  Webelböble  u.  a.  wirb  bie 
Erinnerung  an  ibn  lebenbig  bleiben. 


Sttebtjinafrat  Dr.  Hiernfiarb  (fctftfcr. 


^forabeim  im  19.  3abrbunbett. 


489 


X>a$  itinberrpttaf  „Stfoaß" 

mürbe  im  ^ahre  1884  in  bem  nun  fcpon  feit  $a$ren  behufs  Durchführung 
ber  3t^iUerftrafee  nad)  beut  2lltuabter  .Uircbenmeg  niebergelegten  ftaufe  bc# 
Silberarbeiter*  Eberle  eröffnet.  E*  mar  ein  fleine*  baui,  ba*  aber  bamal* 
bem  befeneibenen  Umfang  be*  Mranfeubaufe*  einigermaßen  genügte.  Wart) 
wenigen  ^ab,rcn  in  bic  Maifer  4lUlbelmftrafie  uerlegt,  rourbe  cö  oon  $for$$eim 
nnb  ber  näheren  Umgebung  in  immer  ftarferem  Wafic  beuü&t,  fo  bafj  bie 
iHäuiulicbfeiteu  aud)  hier  balb  nicht  mehr  ausreichten  nnb  bie  «vrage  herantrat, 
ob  man  baö  ftaus  burd)  einen  5tnbau  üergröfcern  ober  auf  einem  anbern 
Wrunbftücf  ein  neüeä  errichten  follte.  Xcn  legten  Weg  einfd)lagenb ,  erbaute 
man  im  2lpril  18^9  in  ber  iBiSmarrfftrafk  ein  neue*  Mranfenhauc,  bei  beffen 
Einrichtung  alle  ueu^eitlidicn  bngienifeben  unb  flinifcnen  Aortfdjritte  oerroertet 
mürben.  Die  freiroilligen  Waben  *u  biefem  ©au  unb  feiner  s>lu*ftattung  flofieu 
reichlich,  öei  ber  Etnroeibung  am  19.  Woucmber  1900  mar  auch  bie 
©rofcherjogin  amoefenb.  Seit  bem  Skfteljcn  ber  Hnftalt  lag  bie  dr^licbc 
Oberleitung  in  ben  täuben  be*  fcerrn  Webizinalrat  Dr.  Jhumm;  aujjer  ihm 
finb  noch  bie  Herren  Dr.  flupp  unb  Dr.  Muppcnbcim  baran  thdtig,  foioie 
jeitroeilig  bi*  \u  12  Sduoeftern.  Inpbu*  unb  Diptberie  brachten  »ergangene* 
~\abr  bie  meifte  Arbeit  feit  ^eftehen  ber  Sluftalt.  ^m  ganzen  mürben  über 
300  Äinber  behanbelt.  Wöge  auch  biefc  Statte  barmherziger  Viebe  unter  ihrem 
boefmerbienten  Veiter  immer  mehr  gebeiben  zum  Segen  ber  leibenben  Minberroelt. 

E*  barf  an  biefer  Stelle  nicht  unerwähnt  bleiben,  meldj'  mannen,  hen= 
liehen  Slnteil  an  ber  thdtigfeit  be$  "JJerfonal*  in  ben  beibeu  Mranfenhäufcrn 
unb  am  Wohlergehen  ihrer  unglütflieben  ^niaffeu  unfere  bocbucrchrtc  ,yrau 
Wrofjbcrjogiu  gutfc  jeberjeit  nimmt.  Äidjt  nur  burd)  bod)her,zige  Spcnbcu  an 
Weib  unb  Dlaterial  pflegt  fie  ihre  Teilnahme  $u  zeigen:  So  oft  burd)  einen 
größeren  Unglücf*fall  ober  burd)  eine  Epibemie  bie  Arbeit  ber  diente  unb 
Mranfenfchmeftern  aufeerorbentlidj  beanfprud)t  mirb,  unterläfit  e*  bie  hohe  Jyrau 
nie,  fich  roieberholt  perfönlid)  nad)  bem  Ergehen  ber  Mranfen  jn  erfunbigeu, 
unb  fobalb  c*  it)r  Sett  unb  eigene  Wefunbheit  geftatteu,  eilt  ftc  an  biefe 
Statte  merfthdtiger  Weufcheulicbe.  Die  Stabt  meifi  ber  ebleu  VanbcSmuttcr 
bafür  ehrerbietigen  Danf. 


Per  Snpfiuo  in  "2*forjßctm. 

$3ie  in  bie  90er  xV»bre  be*  1H.  ^ahrhunbertö  galt  ^forjbeim  al*  eine  ber 
gefunbeften  Stäbte  be*  Vanbe*.  tfnm  erftenmale  in  ben  Jranjofenfriegen  unb 
namentlich  18ÜH  trat  mit  großer  fceftigfeit  ber  Dupbu*  auf,  bamalö  uid)t  uupaffenb 
ba*  „A-aulfieber"  genannt.  Wauz  in  Uebereinftimmung  mit  ber  mobernen  ftngiene 
führte  Voller  bie  llrfadje  ber  .Hranfheitoerfcheinung  auf  ben  burd)  mangelnben  'Jlbflufe 
be*  Mbroaffcr*  oerfeud)teu  v#oben  zurücf  unb  «erlangte  energifdj,  aber  leiber 
auch  ocrgcblich  Abhilfe.  Die  altgeioo()nteu  S'.pt.uuv  bc*  engen  ftufamtnen« 
leben*,  ber  mangelnben  Lüftung  ber  Wohnungen,  ber  bödjft  primitioen  Ein* 
richtung  ber  Aborte  unb  ber  feijr  im  Birgen  liegenbeu  Reinigung  ber  Strafjen, 
in  benen  —  befonber*  im  ftlöfferoiertel  ber  3lu  -  oft  nod)  bic  Düngerhaufen 
oor  ben  Käufern  lagerten  unb  bie  oaudje  ihren  eigenen  Weg  ual)in,  bauerten 
bie  in  bic  40er  ^ahre  hinein.  Wcfunbl)eit*polijeilid)e*  Einfdjreitcu  hat  biefen 
,Suftdnbcn  mit  oiclcr  4)Jür)c  unb  nid)t  ohne  uielfad)  paffiuen  Wiberftanb  |U 
finben,  mit  ber  ^cit  yvax  ein  irnbc  gcmaajt;  aber  ber  Mranfljcitoftoff  ftedtc 
im  ^obeu,  unb  fo  oft  bie  $cbingungen  ba^u  gegeben  roaven,  oerurfadjtc  er 
mefjr  ober  miuber  Ijeftig  auftreteube  Epibemicn,  unter  benen  lSinl)eimifd)e  unb 
Sugemanberte  litten.  Eine  burd)  Wemöbnung  erlangte  gemiffc  Immunität 
mag  mot)l  mit  bie  Urfache  fein,  bafi  letztere  oerhaltni'jmaiu  ;  zahlreicher  unb 
heftiger  oon  ber  Seuche  ergriffen  mürben  alö  bie  Eingeborenen,  unb  bafj  bie 


Digitized  by  Google 


490  Worabdm  im  19.  Sabt&unbert. 

Bewohner  ber  cictenttic^  oerfeucbten  Stabtoiertel  in  bcr  Jljale&ene  m<^t  ftdrfer 
in  iHitleibenfchaft  gcjogeu  würben  wie  folaje  auf  bcr  ftöhe  uub  in  gefunber 
£age  wobnenben. 

ftolgenbe  Tabelle*)  giebt  einen  Ueberbltcf  über  bie  3ab,l  ber  Jopbu«* 
tobeSfäüe  von  1862  bi*  1897. 


©inwohner 

Qnhl  "her 

O  M  l|  1  OKI 

tobeSfälle 

Mr 

(Sinwolmer 

a  n  h  1  her 

itypbuö* 
tobedfäüe 

1852 

9152 

11 

1875 

23  692 

22 

1853 

24 

1876 

8 

1854 

19 

1877 

10 

1855 

10  711 

7 

1878 

4 

1856 

12 

1879 

7 

1857 

11 

1880 

24  037 

1 

1858 

13  520 

21 

1881 

8 

1859 

28 

1882 

6 

1860 

65 

1883 

6 

1861 

13  854 

16 

1884 

2 

1 15"*' 

97  901 

Q 

1863 

13 

1886 

1 

1864 

16  320 

19 

1887 

6 

1865 

21 

1888 

5 

1866 

35 

1889 

3 

1867 

16  417 

18 

1890 

29  987 

2 

1868 

21 

1891 

6 

1869 

24 

1892 

2 

1870 

19 

1893 

4 

1871 

19  803 

46 

1894 

56  (10,8%) 

1872 

27 

1895 

33  345 

6 

1873 

41 

1896 

24 

1874 

21 

1897 

75 

$ie  3abl  bcr  Grrranfungcn  tonnte  uor  ber  erft  feit  1881  beftetjenben 
Anjeigepflicht  nidjt  feftgeftellt  werben. 

Sßir  feb,en  auä  obiger  Tabelle,  rote  troü  ber  rafd)  anfteigenben 
oölferunggjabl  vom  3abre  1875  ab  bie  „«Jahl  ber  JupbuetobeäfdUe  gegenüber 
früheren  fahren  immer  fleincr  roirb.  $om  ^aljre  1875  ab  trat  nämlich  bie 
neue  Xrinfmafferleitung  in  ben  öffentlichen  betrieb,  wäbrenb  bi^f)er  eine  Söaffer* 
leitung  oon  nur  mangelhaft  filtriertem  önjwaffer  ben  ^auptteil  bed  HxinU 
wafferd  geliefert  ^atte.  "Horn  $af)re  1875  ab  war  über  ein  3ahr$ehnt  ber 
Xyplma  ein  feltener  Öaft  geworben.  Ungefähr  oon  ber  SRitte  ber  80er  ^ab/re 
an  beobachtete  man  wieber  ein  h^ufigeree  Auftreten  tgph&fer  (Erfranfungen, 
trofc  ber  ftetig  wacbjenben  <yürforge  für  beffere  hugienifche  3uftö»öe. 

Tie  3ahl  bcr  lupfjuärranfen  betrug  im  Amtöbejirf  1882 :  32 ;  1883 : 
20;  1884:  20;  1885:  20;  1886:  29;  1887:  51;  1888:46;  1889:34; 
1890:  55;  1891:  26;  1892:  31;  1893:  44;  1894:  509;  1895:  25;  1896: 
118;  1897:  764. 

Stuf  bem  tfanbe  waren  e$  bie  mit  ben  l'ebenöbebingungen  oon  ^Jforj* 
heim  täglia)  in  innigfte  Berührung  gelangenbcn  Arbeiter,  wela)e  bie  Seuche 
in  ihre  Xörfer  oerfc|leppten. 

*)  „Ter  Iqptjuö  im  Amttbejirf  $for*fjeim  im  ^al)re  1894",  nom 
©rofr.  SBejirf*arjte,  ÄarlSruhe  SWalfa)  &  «ogel  1S95. 


Digitized  by  Google 


^forabeim  im  19.  3abrfmnbeit. 


491 


„Söir  bürfen",  fagt  Diebijinalrat  9tel)maun  in  feiner  »rofehüre 
„9lntiologifd)e  2;  t)  p  h  u  S  b  e  ro  c  i  f  e",  „niclit  ba$  herannahen  einer  britten 
großen  ßpibemie  abwarten,  3d)on  bic  erfte,  1894,  erfebredte.  $tei  ber  jrociten 
(1897)  roar  bie  SJolfäftimmung  erbittert  unb  gereijt.  (rine  britte  roürbe  bie 
SJerroirrung  unb  3iatlofigfeit  inä  Ungemeffene  fteigern.  Csd  gilt  alfo,  rechtzeitig 
mit  aller  Energie  baö  .nichtige  unb  Nötige  oorjufehren.  Um  biefen  3Jor« 
beugungSmafjregelu  gerecht  ju  werben,  muß  man  bie  Urfacbe  fenuen. 

3>ie  Sterjte  waren  oon  oomberein  ber  übereinftimmenben  Ueberjeugung 
unb  brachten  biefelbe  aud)  im  Crt$gefunbb,eit$rate  entfdjieben  jum  WuSbrucf, 
bafi  bie  (£pibemie  oom  Xrinfwaffer  ftamme,  roätjrenb  ein  leil  ber  ftäbtifeben 
Beamten  unb  6inmot)ner  fidt)  auf  baö  ^ettenfofer'fcbe  (Mutanten  ftüfcte ,  roeldjer 
bie  Äranftjeit  auf  bie  oon  bemfelben  aufgeftellte  (Mrunbroafferfwpotbefe  jurüd* 
führte.  $te  angeftetlten  SJerfudje  gaben  ben  Slerjten  red)t.  £a«  Gaffer  bed 
(5ngelbaa)e3  gelangte  unfiltriert  in  ben  Cuellftrom  ber  irinfwafferftube.  (Jd 
oerfdjwinbet  511m  großen  leile  in  ben  Jyelfenflüften  ber  SBalbf&MUtyt,  fo  bafi 
unten  an  ber  Stelle,  too  ber  (£ngelbad)  mit  bem  (Mröffelbad)  ftd)  oereinigen 
foll,  nur  ein  geringes  üHinnfal  oorbanbeu  ift.  (£3  tourbe  burd)  d)emifd)e  unb 
bafteriologifd)e  5Berfud)C  nadjgcwiefen,  bafj  ^for^eim  bie  Slbwäffer  oon  mehreren 
benachbarten  £>öb,enorten  in  oerbünnter  Vöfung  getrunfen  hat  unb  bamit  aud) 
bie  barin  enthaltenen  flranFt)eitöfeime. 

Die  6tabtoenoaltung  bat  in  Uebereinfiimmung  mit  ben  3taat$bef)örben 
unb  bem  OrtägefunbbeitSrat  nid)t$  unterlaufen,  ber  Seuche  rafcb  unb  grünblid) 
Ginbalt  311  tt)un.  (Sine  grofic  inlfe  boten  babei  bie  Jlranfenhäufer  (1897  würbe 
ba$  jum  Scfyulhaufe  umgcwanbcltc  ehemalige  ^früubncrljanö  alö  ttraitfeubau* 
benüfct).  jür  bie  Äranfenpflege  wnrbc  ausgiebig  Sorge  getragen; 
191  Letten  ftanben  jur  Verfügung.  8on  Marlärnlje  mürben  tfranfenfdjweftern 
jur  9tuöb,ilfe  gefdneft,  bie  fid)  mit  ben  ^for^eimer  Sdnoeftern  (im  ganjen 
16)  unermüblia)  unb  aufopferungSooll  in  bie  Äranfenpflcge  teilten,  (*in 
DeSinfeftionäapparat  würbe  angefdmfft  unb  burd)  eine  ^crorbnung  würben 
alle  ^Haftnahmen  oorgefdjricben,  bie  irgeubioie  oon  Wert  fein  fonnteu.  Täglich 
erfdjienen  in  ben  Glattem  Stornungen,  baö  i.'eitungöwaffer  in  ungelöstem 
3uftanbe  3U  genießen.  2Me  ^afferlcitung  rourbe  wiebcrf)olt  entleert  unb  famt 
ben  Kammern  be«  ftocbrcferooira  gereinigt. 

Örofjcu  £anf  Ijat  ftd)  bie  Stabtocrwaltung  erroorben  burd)  bie  Jürforgc 
für  bie  bebürftigeu  ÜHetonoalcSjeutcu,  iubem  fic  benfelben  burd)  Abgabe  oon 
DlaljrungSmitteln,  Söein  unb  "öargelb  bie  ^löglidjfeit  einer  rafdjen  Erholung 
unb  2lrbeitöfdl)igfeit  bot. 

(Mleicbjeittg  arbeitete  fte  mit  (fifer  an  ber  ^ertigftellung  eine*  Sßcrfcä 
oon  ganj  eminenter  ^ebeutung;  nämlia)  an  ber  neuen  sll?afferleitung,  ÄanalU 
fation  unb  ^lufrtorrertton. 


eAerjtc  unb  Äpotficficn. 

3m  %af)xt  1810  hatte  ^Jforjheim  2  "Herste,*)  einen  OJeburtStjelfer,  einen 
SÜunbarst,  ber  mit  ben  £orfd)irurgen  gleidjeu  Wang  Ijatte  unb  jwei  Sunbärjte 


*)  ©ine  eigenartige  Crfdjeinung,  bie  feinerjeit  oiel  in  öffentlichen 
blättern  unb  3citfd)riften  oon  ftd)  reben  machte,  roar  ber  tinbe  ber  80er  unb 
anfangs  ber  9üer  Jahre  graffierenbe  .oopnotiömuS,  ben  irgenb  ein  fahrenber 
öJaufler  ^iert>er  oerpflaujt  hatte,  unb  ber  balb  oon  jung  unb  alt,  in 
2öirtfd)aften  unb  Schulhöfen  eifrig  unb  erfolgreich  betrieben  ronrbe.  öefonbcrö 
bie  i'eiftungen  bcS  „"öJinterfarle",  cineö  ftabtbefaunten  CriginalS,  machten 
eine  jeitlang  51uffeheu.   (Jr  gab  förmliche  h9P«otifa)e  Soireen  unb  raupte 


Digitized  by  Google 


492 


^forabcim  im  19. .Ctabtbunbect. 


Mlnifc  i  h.!unbaruteibieueri.  ,\m  ^mt tue  1*.~>!*  maren  e*  12  diente,  iamt  beu 
}uiftalt*unten,  1872  ^  1-i  unb  1««mi  -jn.  »ton  1n'»:>  „b  beüatib  ein  he 
fonberc*  >rtrtM  unb  ein  Vanbnlnnifat,  üurue  ein  Vonufat  be*  ,\neit!  au  \ - 
,\m  Satire  lsi:i  ftarh  ber  <s»i oTh.  \vmat  uub  oiabtrdumfu*  Dr.  •  «urnei.  .llr. 
ieinc  c  teile  fam  lH'J.">  ber  biöhenae  i'anbnluiutu*  Dr.  Ji'eu;.  »ahn  etn;r 
^erionol;:ilai\e  oou  lim  fl.  hatte  beifelbc  27'»  fl.  Webau,  eine  iaeioeuuu.uie. 
I  Walter  Moni,  k  a l tc v  Iinfel  uub  öCluu  hntn  I.  Miaue  ui  beamn  u  nun. 
Stuf  Dr.  -Wein  toUteu  Dr.  Tiets  1  >r.  filier,  Dr.  'Hungen,  Dr.  ;Hvn*i"e;aei . 
Dr.  Atfdjer  unb  IKebiuuatrat  .Heitmann,  letaeier  ieit  ls^7. 

Ter  Mampf  umidieu  vuuuoopaUue,  fllomttbie,  beu  Jv'.rü-rf itren  uub  ber 
Waturheilfuube  nmb  audi  in  ^fonbeim  mit  oiieniie  uefubrt.    0*  ihhk  «n«- 
Hanben  werben,  bat;  bie  Vereine  für  \uuncunuitbie  unb  Jiaturbetlfuube  murin;  m 
bae  Werbienft  haben,  bte  ttenutui*  be*  menidjIidHMi  Monier*  unb  ieiner  t^Me 
im  '^olfe  \\i  fbrbern  uub  ui  einer  a/orbneten  Veben*meh'e  onuireaeu. 

hieben  bieten  bifeiitlid)eu  JlnftaUeu  inr  bie  Weiuubbeii*rulea,e  beüehe:i 
aud)  einzelne  1/rioutinüitute,  mie  \.  -H.  bie  Dr.  ,y r  i  e  b r  t  dt  *  i rb  e  a i i  e  i 
heilanftalt  mtt  aller  xJlrt  ^aber,  barnnter  ein  out  ireauentierte*  -edmununhab. 
l'ana.e  ,^ett  ertnecUe  iid)  bie  Oturidnuna.  and)  auf  fdimebitdu*  veilaumnuutf  uub 
A»fanaa,e.  ^HiMU'itl)  ei  lau  Halten  unterhalten  Dr.  ^rinfmunn  unb  Dr.  ,Hiit«, 
cpeualante  für  .»iuieu  unb  Cbreuletben  fiub  Dr.  «raeli  unb  Dr.  Mnoblodi, 
ArauenarUe  Dr.  M  u  v  neu  h  e  i  m  unb  Dr.  :Keidte  rt  ;  für  vutut  unb 'vutile  1 1* 
franfheiten  Dr.  v  a  a,  e  n  in  e  i  e  r.   .reit  beliehen  in  bei  rtabt  eine  :*i 1 1 : ; o 

;abnnrUUdier  titeltet*.  Tie  beliebten  -Vtajüiae Türen  werben  von  einer  ?lu;e. :u 
männlicher  unb  weih-lidier  IWtüeure  rleir.ia  aeubt. 

Ter  1S70  aearuubete  Wannerhi  D*iu'iein,  inner  bei  i'em::u  ber 
Vetren  J'febtwnalrat  Dr.  Ihumm  nur»  Dr.  Warolb,  bat  Me  e  im  t.htui-.u1 
unb  :?ln*hi!buua  einer  ireiuMlliaeu  3  a  n  1 1  a  t  *  f  o  l  o n  n  e  bewirft,  Me  in  h.u  ;  ■ 
UMten  ihre  ^teufte  bem  vei  tc  uMbniet,  iiher  aud)  für  bie  Aiu'beitvtin:i  -.u  ;r 
lUMt  atof.etn  tJeite  in.  ba  |ie  meliadi  in  ber  5.aae  tft,  bind)  ihre  "lit  ;..^.^ 
bei  Uualiul>Niileu  rafdje  vmItc  \u  »u'u'attreu.  .'uidi  ihrem  1'tiiuei  ha  tu  .i  '  *> 
in  beu  lebten  fahren  w  fatt  alten  Cttutuirteu  ber  Uiuaebuua  loldie  HoLuru 
ttetnlcet. 

'HpOtUtttn.  1 6- »i»  an  beitau->eu  tu  H»or;heim  ;spei  -.HiuMiufni 

ber  benelienben  unteren  .'hnnttefe  iu>u  ;'iMtbet!ni'->  -.'öubfolaer  ^uli>ut->  umiuvh  n.^ 
eine  ;u>ette,  bte  i>bere,  erudwet,  bereu  Inhaber  v.H:»i>tbefer  3alper  n>ar. 
177H  an  luareu  beioe  Jtti'talteu  uu  iU'Mije  uou  ^uli»nt«>,  bt->  1S"7  bte  ^e:.-..v 


»eiuen  „Webieu"  bie  ladu i h  bueu  Tm>\e   ;u  inserieren.    Ol    iaup  natu:'.:  : 
•Ji'a.tjahiuer  unb  uii'n  Me  r  amliiiiu'ub  heidi  i'ti.ite  tut)  mit  ber  neuen  Mu;-.'i 
Vlt->  her  vuttit'ii.i  at>ei  aii'iu.i  ur'::a  uuh  aeMtulub  ;u  u>erben.   i»enu>t  r.'n  bie 
v'K'tnube.    O'ttteu  iahen  .'li  uti,:!';  taub  ba*  VMK'iiotpieren  inbenea  eiit  mit  b> 
beruluuteii    i  iaerei'eu"  in  ber„l'o«t",  wo  uiuitei  Seht  au. 1i  tn)tun»niiert  i'.1::.  r\ 
.HI*  ba*  A'iebiuin  nid't  uneber  vun:  ^enuiiaietii  «leltiuate  ober  aetau.ten  iv.Mte. 
H'ie  heu  Meu  lohte  unb  alle*  uu  iaale  Juu  unb  fle-.n  idilua.  holte  man  c.tu:i 
•Jli;t.  bei  beu  ^ ;  u\ei  •'   biu.h   eine   fiaMtie  CiuU'uie   uitdi   au*  <\\;iert  t;  ut  - 
•>enbe;tte:i  ;;'.uta;:b  in*  u;i  merue  ?it'e::i  viinidnef. 

Ter  vni  :tL>t:*:!r,i*  eunrntelte  Uli  irater  ;imi  ioaeu.  Cfnlttoiuii^  ::••> 
i  v  i  t  i  t  t  *  m  u  •« ,  bei  heute  muh  m  eiiuelueu  ,vamilieu  unb  .{ufelu  nl.iu  ■•  , 
heineluu  uuib. 

J('i,tit   uiiernuihat   fall   n : t •  i >   b^:*   im    ,\.mre    lsv<|  er'olate  Ou'^vu". 
uoeier    utitei  neiMueuoer    VUahev    hJetheii,    bie    al*    vuilfunnlei    in  olmUi:;.: 
Iid  eu  (♦W-voarirern  untere    3tabt   aharanen   unb  bie   ''  umui   tudma   tu.-v-.  •: 
"er  ;iaut:if  ui  beu  beiben  erouubeii  „  'K  :M - : : i ; 1 1  uinei'u"  uuu  io  »tut f.  bos  <.-. 
moT'er  iLMrt-.'-lur.iotaat  uuht  au*ret.hte,  alle  >.Mlieui.heubeu  ai  tauen. 


Digitized  by  Google 


Worjbeim  im  19.  ^abrbunbert. 


493 


oerlaua,tc,  bafi  iebe  ihren  eigenen  Gerrit  haben  folito.    Tie  obere  Apotbefe 
murhe  tion  <»>oitliob  Worfle  erftanben  unb  ber  JVfin  burrii  ein  neue«  ^riiü 
leaium  oon  Marl  Aiiebrid»  iH'ftutiaj. 

,\m  ceptomber  1s*jo  iudtie  fror  t<harma;eut  Auauft  3dnuuad)er  oon 
'h'oifina,cn  um  bie  Irrlauimi*  uad),  eine  britte  Apotbefc  in  i*for^t»cint  errichten 
Ui  burten.  'Jim  eine  minifterielle  Anfrage  verneinten  bie  x  ofalbehoiben,  ba* 
C  bäumt  unMibnufaf.  bie  Jiotmenbigloit  einer  foldjcn.  .»•'adjbeiu  2di.  uoeimal 
mit  feinem  i^ejuch  abgemiefeu  morben  mar,  manbte  ei  fid>  au  bu«>  itaaKuiiinifterium, 
unb  liier  gelang  o«>  ihm,  ein  gunftiaere*  rWefultat  \u  erzielen.  Aber  aud)  bio 
beiben  Apotbefer  Kulpin*  unb  Wellie  blieben  nicht  untbatig  unb  machten  ba« 
rtaatominifterinm  auf  ihre  Heredtt'ame  aufiuerfiam.  ir*  mürbe  liefen  ben 
,vi*fu*  prou'ffiert,  anfangs  oon  Worfle  allein,  bann  aud)  oon  SUilpiu*,  wobei 
beibe  obfiegten  ;  aber  3dnimacbei  behielt  bennodi  leine  Apotbefc,  bie  er  bis  u»  feinem 
Tobe  l^'io  innehatte.  ,vur  feinen  minber  jährigen  3 ahn  xJ^^plf  mürbe  baö 
Hetrtiajt  unfaug*  ocrmaltct  unb  bann  oon  ihm  felbft  bi«  ISS!»  fortgeführt, 
ceitbem  ift  Dr.  Abolf  2d)umad)cr  defilier  ber  Apothcfe.  Tie  untere  Apotljefe 
ging  IS*»')  oon  o.  vubmig  an  bie  ,vamilie  t*reuU*cr  über,  Auf  bei  oberen, 
lent  Dr.  vmff'i.lien  Apothefe,  mohnte  Inuae  ,\abre  bor  al*  ein  freunblidier  verr 
allgemein  beliebte  Apotbefer  Marl  Warfliu.  ccit  lsT'i  befiehl  ein;  oierte 
Apoibefe  i AMerapothete i.  werft  unter  Aleiiduuann,  fpater  unter  Dr.  3uttcr. 
rie  ftanb  nriorunglidi  anftelle  beo  Haftbare*  uuu  „Meift",  feit  1SS5  befinbet 
fte  fidi  an  bei  i>-cte  bor  Marlfriebrid)  unb  veopolbttruflo.  %\m  ,\abre  "SIJS 
muioe  im  ,, 3oban"  bie  Vomeuapolbofe  unter  Otto  h'id  eröffnet  unb  im 
'.»tooember  bie  laugft  ulo  grolu**  Jkburfni*  empfuubenc  Apotbefc  in  bor 

Altitabt  unter  Arthur  3tetimiauu.  Ta*  Apotbcfcrpiiuilegum  mürbe  bei  ben 
brei  legten  Deimern  bor  erften  Apotbefeu  abgclöft. 

laut  Voller  mürben  bie  ^raparatc  feit  180»»'  nad>  ber  preufjifdjen 
■l'harmaoopoe  Pom  ^ahre  lSO|  gefertigt,  moburd)  ben  früher  U'itmcilig  uitage 
getretenen  lliitegolnirtitigleiten  ein  irnoe  gemadit  mürbe. 


Vit  ('•»rofcßfr'OflfiüV  Jt>eif-  unb  "yflVßfuitflaft. 

Jiadibem  man  frhou  feit  fuhren  bamit  umgegangen  mar,  für  heilbare 
,\rren  eine  neue  uoecfma'uge  Anftalt  ui  bauen,  mo\u  e*  aber  mögen  ber 
aolbarmen  .Seit  nicht  fam,  bcidilon  mau  minbeften«  eine  Trennung  ber  ,\rrcn 
unb  foroerltdi  Mranfen  <3tod'.ent  ooruiuebmeu.  irrftero  brachte  mau  1*2«  in 
ein  uripi uu.ilid)  \u  einem  Reimten  Mouoift  heitimmte*  Hobaubc  nadi  veibel 
bera:  nir  leiuerc  erbaute  mau  l^Jl  ein  ei^ono>?  .v>au*  im  iUirfuneraarteu  ui 
1^01  Unim.  3rt)on  in  furuitor  ,utü  leinte  Me  OtTahruua,  bap  bie  ,\rrenanflalt 
iiidil  am  red>ten  i»Ume  unb  ooll  Wandel  unb  Gebrechen  fei,  inebefonbere  mar 
man  me^en  flauiumanael  fdton  l^'J*»  qenotiat,  in  ben  oerlafieuen  Damnen  \\i 
^«orUienu.  in  heuen  Kfct  nur  bao  flihotKMiau*  mar,  eine  ,v«liat  ("\"ccnnuftalt 
ui  anmcHMt.    ;>m  Aaljie  mutbe  bie  ueuaobaute  \>etl    unb  pflege  Anftatt 

oUeuau  oon  bin  voioelbcraem  beioaon.  Tie  ,vtlial  ,\rreuan»talt  ui  t^orthriia 
mürbe  au*aelöü,  4«»  ,\rren  mürben  nach  .Mlenau  oerfeljt,  bie  torperlid)  Mranfen 
unb  unheilbaren  ,\rrcn  in  oem  ^IrbcittMiau«  uuteraebracht ,  unb  ba*  1H2I 
aernute  >\\u*  im  JAni tu»-,«' t ourten  »ur  bie  laubnummoit  Anftalt  beftimmt. 
trüMtvh  la;u  1  -**."» t  ba>  J(i-beu>>bau^  nah  Mi«lau  unb  bie  ,\rren  unb  torperlich 
Mi'iiufou  iviiK'lfeu  »amtliihe  :»taumlidifeiteu,  bie  »ie  lebt  noch  IhMR-'u.  CnblidJ 
c|M'i«ii  Mcl  ihnen  ba«>  fiubere  "»ehaube  im  ^Wuuifiotaarten  alo  Filiale  mieber 
U'.  ba  Mo   •"attMtmmueu  nach  Wecivbiirg  oerfe^t  mürben,  ^ahre  ls*<:» 

mm  ben  im  Jimtaltoaarlen  au  ber  rt.  <>>oora,enüetae  uoei  Paraden  fitr  |e 
2-:>  Mranfe  aebaut. 

Tor  ai  Uli  die  Tieim  mürbe  foater  Dr.  WuUer  ubertiaqen.  meldier  ul« 
l^eh.  voirat  Inte  in  ben  ^uheüanb  oerfeljt  mürbe.    Auf   ihn  folme  alö 


Digitized  by  Google 


494  ^forabetm  im  19.  ^abrbunbert. 

£irertor  «eh.  \tofrat  Dr.  *nd)cr,  1S*1  «eh.  £ofrat  kalter,  Ihm»  ?Uebi»inah 
Mat  Pr.  AÜiher.    i'tit  t>er  Zunahme  her  >Uanfetuabl  tpiirtutii  auch  .Hiuüenv 
ante  amuftellt:  tUMieutpartia,  hie  .Herste  ^arbo,  Wla*  unh  Hlafc. 

,\n  her  isü?»  aeanmbeten  AÜial  Jlnftalt  roaren  bio  w  heren  Äufliiiunei 
1H12  im  (Vinnen  •'»•'»;>  }«fk\\li:n\,\  x\n  ber  -tedte  t  .»Ini'talt,  mit  her  üdi  1*42 
hie  orrennititalt  oereinuite  unh  meldte  feit  1*">4  heu  -.Kanten  *>etl--  unh  ^»leae 
3t u  t alt  fuhrt,  tourbett  oon  1H2«  bis  1*71  uifammen  272«  Mranfc  beban*«lt- 
Ter  Mranfenüattb  im  ,\ahre  1*72  betrug  570  (270  Dt.,  .'»<>«>  ,vr.i,  im  ^abre 
) HhH  «7."»  t:i2:*  i>i.,  -'{52  ,yr.>,  aeaenioartia.  »70  <2Hl  AK  ,  275*  *r.) 

Maa)  hem  ctatut  oon  !>.  £e»,ember  18*  W  tonnten  in  bie  flnftalt  auf 
genommen  toerben : 

1.  ceelenfleftorte,  bei  betten  ju  her  uefprüua,litben  Aomt  her  3ee!en- 
ftoruna,  eine  überioiea.enbe,  haueruhe  aeiüiac  ednoaebe  hinzugetreten  tu: 

2.  WöbfiiinijU'  be*  bödmen  «rabes,  Üretine,  >ioteu: 

».  Crpileptifev,  bereu  Mrantbeit  einen  hohen  «rab  erreicht  bat  ober  mit 

ceelenüoruna.  perhunben  ift; 
4.  .Hranfe  mit  torperlicben,  in  heu  häuslichen  i*erbaltntfien  ntdbt  ju 
beilenben  letben  unb  jroar: 

h  )  mit  auKerlidien,  tu  hohem  Hrabe  enrüellenben  liebeln  urte 
Vupu*.  Mieboi  ober  ioldteu,  bie  mit  her  (Gefahr  her  Auüeduna. 
uertuup»t  finb  i  £t>pbili*> ; 
bi  mit  lahmituaeti  ober  auberen  «ebredtett,  welche  mit  untvili 
turlicbem  flbaana  her  natürlichem  2lu*leerunqen  oerbuuhen  finb ; 

5)  ^ertönen  mit  bodhiiabieu'ti,  fehr  entttelleuben  IKifiüaltunaen. 

k.MIle  biete  Miaute  werben  aber  ent  bann  aumabnt'Malua,  ipenn  fie  »ur 
fieb  ober  anbete  eu'fahrltdj,  ober  ntr  bie  oifeutlidie  einliefen  auüofua.  eber 
qan»lidi  hilflos  finb,  unb  toenn  bieten  llebelftaubeu  tpehcr  burch  bau*h*e 
HileiK,  noro  burrb  Vofaloertoraumt,  flefteuert  werben  fann 

.\nt  ,\ahre  '  »od)  C  nnimma  ber  -»limalt  hei  15  mmeubinaen  trat  ein 
neue*  2tatut  in  Hvaü,  nad)  beut  au'aeuommen  werben  tonnen: 

1.  iMobfinniae  hellen  <%>ntbe-\  tiretitte  unh  ,\bioten : 

2.  Miaute.  weUie  mit  aur>eiM>eu,  in  hohem  «iahe  entüelleuben  unb 
Wn'dieu  crreaeubeit  ober  auüeiteubeu  liebeln,  al*  Mreb*.  aUaenteme 
3itphili*  unb  beraL  behauet  itub. 

A.  dVinnun,  uvMie  inM»l  ie  f  oi  m'rWüVr  ''»ebredteu  an  uumillfurlidient 
^llnunut  ber  iuUuiIuUji  .'luvleevitUv;  leiben. 

♦Ulle  biete  Mr.nfen  Hierbei  ein  bann  auMaihvMabia.  toenn  fie  für  Mit 
ober  anbeve  aev>!u l:>ii,  orei  Mir  bie  i>»fei;tlt,lte  c^lMdltaifeit  auüonni  ober 
iianUid)  bilflo*  »t:ib.  unb  imnn  bieten  U ;iien'taubeu  toeber  burcti  bauedi^e 
",>uttorac.  n-'i)  but.tt  otfeittlune  ober  freiiotlliae  "Jtrmer.  unb  Mranfcnpfleac 
aetteuett  metbeu  fann. 

3tanb  bei  flunalt  oom  15.  ^i:  vtft  l *- >« » :    112  i'ianner,  2^»  brauen 
—  iw»2.    4  fler;te.    1  ^emulier,    l  C  N'fbtidiitaltev ,    I  ^erioaltuue^aMVtent. 
1  ^eviiuiltun-toaeliilM'.    I  W  :M:>mü,    1  C i-ei  .u.trter,   1  Vau<Mneit'ter,  5  ^'erf 
mei'ter,    1  Mait;:eib:e:ter ,   2  ahoi  turte,    l  i  »»artner ,   -'iti  harter,   2  Cber 
nnutentttten,  I  ^.'eif;c::.U\-'  ^i!ie«;ertn,  -1 1  •l'Jartevtunen,  2  .Uochinnen,  S  Aud>en 
mabitien.  2  \'»adei  unb  l»  ivaMnnab.lieii  =    l_'5  i  teilen. 

Ter  oibeutli.be  i  :aat-;;r  *t;t»;  für  |f"<»  betnta  2H»V>  Vit.  TurA 
^r»Miiitfi  ber  :Ke-ue;u'ta  unb  be->  va:tbt,i.t>5  »oll  bie  ^luitalt,  beren  vaje 
inimtien  ber  2  mm  au-»  i'et»Mt'.:be:ieu  ^'»uiiibeu  für  bte  Tauer  unthunlidj  t't. 
ttitd)  etnent  aubern  IM.i^e  feilest  tverbeii. 


Digitized  by  Google 


^forabeim  im  19.  Otobrbunbert. 


405 


öfß.  &ofxat  Dr.  3o6ann  tieorfl  "SJtüffrr 

würbe  geboren  am  7.  Teiember  17i>2  in  iJiedeebeim  bei  fteibelbera,.  IRii  feinem 
12.  ,\ai)re  tarn  er  \u  einem  ilUmbarjt  in  feinem  "Wohnorte  in  bie  Vcbre  unb 
erhielt  von  biefem  Unterridjt  ftbet  mebuiniietoe  unb  d)irura.ifd)e  ^eindjtun^eu. 
Kttf  bem  ftqmnaftum,  roobin  er  nad)  einjähriger  prioater  Vorbereitung  burdj 
einen  (Meiftlidjcn  oom  14.  ^abre  an  fam,  madjte  er  feb,r  rafdje  ifortfebritte, 
bafi  er  mit  17  fahren  bie  llnioerfitat  belieben  tonnte.  1HP2  jum  ^Militär 
acuten,  würbe  er  einem  Tepotbataillon  alt  Unterarzt  beigeben,  ba$  nad) 
Ülufilanb  beftimmt  mar.  Ta  ber  Xbmarfd)  erft  im  cpatjabr  1812  erfolctfe,  fo 
traf  ba«  Bataillon  fdwn  in  Wloa.au  mit  beu  aue  flufolaub  jurudfehrenben 
Prummern  babifdier  ;Nea,imenter  mfammen.  £r  befam  bie  Aubruna,  eine« 
Xranäport*  Mraufer  in  bie  veimat  unb  fam  im  Januar  1 H 1 3  mit  ihnen  in 
(*ttlina.en  an.  3»  $pril  flleidKii  ^abred  marfd)ierte  er  mit  babifAen 
Gruppen  naib  £  vnt  »  on.  mar  in  ber  ccbladit  bei  £ü|cn  nnb  oerf (biebenen  anberu 
Wefedtfen,  madjte  i  n  öerbft  bie  Scblacbt  bei  Veipiia.  mit,  tpo  er  a,efana,en  unb 


tieft.  iSotrm  A#r.  StfülTfr, 

Xireftor  ber  frfil    unb  t«Ae^anftalt. 


au>VKPlunbert  ipurbe ,  fam  al*  rtru*  wu'fa'taener  nad)  X<H  ^uppiu  unb 
mar  bort  bei  ber  ifpibeinie  al«  üx\i  tbatia,.  ,"\ur  feine  Öcmilfytnaai  um  bie 
oinpfuua.  bei  Einwohner  flehen  iMatteru,  befam  er  bie  grofie  preufufdje  ^mpf« 
mebaille.  1*14  \o$  er  mit  ben  babiieben  I nippen  über  beu  flbein  unb  mar 
bei  ber  BelagcrUM  3traftbura*.  iladi  bem  1.  Variier  ^rieben  fam  er  nad) 
Arethurg  in  (Harni|OH  unb  oollenbete  bort  feine  3tubien.  tfr  promooierte  im 
iNdn  1 H 1 "»  al*  Dr.  ber  SHebnin  unb  übiriiroic.  1H1<{  maebte  er  ba*  Staat* 
eramen  für  IKebiün,  iSbirurqic  unb  (Geburtshilfe  unb  würbe  im  gleimen  ^abre 
«fiiftenjarU  beim  (Hrofcb.  tibofifat  Worpheim.  1*-'»»  würbe  er  biriflierenber 
Ärjt  ber  diedjenanftalt,  lb2ö  Ant  bei  laubftummeuinftttutt,  1830  3ieäeiv 


Digitized  by  Google 


41)0 


^iorjbcitu  im  19.  ^abrbuubert. 


hau*  -  iUmitfu*,  l«t*>  ilJebi.vinalrat,    1*"><>  erhielt  er  oa*  IHitterfrem  rem 
,Sahrina.er  voiven,    Is.Vj  ^  feinem  4<)  jabriaen  Tienitjubtlaum  ben  Jitel  <*>rh. 
<nmitt.    v.Mit Heilem  mar  er  mehrere  %\uhre  Wuieum*Di>rttano,  von  1*1."' 
Cbermeiüer  ber  ciitiu-riKieUirirnft  unh  ^ulctw  eiueuvorüanb  beleihen. 

IKüller  mar  eine  allgemein  hvdnieartuete  ^H'nonlidjfeit ;  ieine  ^eriMcn'te 
um  bio  lanajdhrivU'  t\eivifientnifte  Veituua,  ber  xMitftalt  unb  feine  :Hntnlmi>me 
am  buraerlidKti  veben  Laben  ihm  ben  Tauf  ieine*  ,yuriten  unb  ba*  ebren>e 
Vertrauen  bei  itnbt  'l'for-beim  in  reichem  »KaHe  erworben,  reut  2ohn  n't 
Hencrat  v.  Wnller,  ,vluiielab|ntant  er.  Monia.1.  >>oheit  be*  MrojjlKruvi*. 

I>tc  1o\\attn  *&exM<xunn*neMf. 

,\n  feiner  ^otidtuft  vom  1".  November  1  Sftl  aab  Maiier  ii'tllielnt  I. 
bie  iicraiilaminft  uir  cdmfiuna.  ber  brei  ajoiien  t^eietiaebuniVMoerfe,  bie  bort 
beutidien  Arbeitern  bereit*  vielen  retu'u  aebradd  unb  bie  J<eivuubennn\  oci 
a,a  nu'ii  a,ebilbeteu  ^i'elt  in  ftciaenbem  J.Kane  auf  iidi  a.eleuft  haben. 

Ja*  erüe  Weiefc,  erfdiieneu  am  lö.  x\uui  Ls>s3  unb  feither  vielMd) 
verbeffert,  betrifft  bie  ttranfeut»eriirt)etuiifl  ber  Arbeiter,  vierber  nehmen  ; 

$ie  itllgeiiieiiie  Uforjtjfttner  Crt*f  rauf  enf  äffe  mit  einer  -»Vit 
ajtebenahl  von   lt>ü«Mi.     ly*  beiteht  freie  Slentemahl.     ^ei  Unahide-Mllen 
werben  mahrenb  be*  iiamen  £aa.e*  im  Mranfeusimmer  früher  Hotndhilf'»ern^ 
.v>au*i  .Kotoerbaube  aua.elea.t. 

Sie  (ttemctnfcefranfcu^erfictieriiiifl  mit  ->:n>r,  «itaüebern. 

^etrtfbcfrnuffiifdfifii  beftehen  für  bie  Aabrif  her  Hohr.  ikiufiii-r 
(4<K)  lKita.lieben,  für  ba*  ^tnfle'nbe  3aaemerf  (44  1'itta.lieber i.  2oba:m 
beftehen:  eine  '.Vf rftuifluttfl  ber  freien  <>t If^faff rn,  fed>*  einflrfrfembrne 
$ilf*fafieii  mit  bem  2ih  in  Vfoi \hcim,  neun  Örtliche  <JerttiflltMBfl<<rtf  Ur ■ 
etnacfrtirtebcner,  lemrdlificrter  $ilfdfaffen,  ein  toetblidier  ftranfr« * 
uuierftitßtitiflCDerein  (50i>  iKitiilieoen,  eine  allgemeine  MriiufeR-  nnb 
^lerbfaffe  ber  Vtetallarbeiter,  bie  Wröbinger  CrtMraufenfafie. 
vierher  aehoren  ferner  bie  feit  1*  W  befteheube  VAH  (inner  >  unb  bie  1^ 
aciirunbete  ftrauenfferbfaffe. 

J>ie  ^ttfaffuerßdimtita 

autnbet  iidi  auf  ba*  fleid>**eieti  vom  »l.  >li  1*S4  unb  betfen  Untere  e; 
lueiteruuaen  unb  xJtenbennn\en.  «rie  bewvedt  bie  ^eriidieruuii  ber  m  ^etu:*: 
fommenben  l'enoneu  »Kdcn  bie  „volacn  ber  bei  xMiivitbiitta.  ihre*  Berufe*  »:.ti 
ciemuenben  Unfälle.  Tic  Motten  iverbeu  uuoMiltefUid)  von  ben  flrlHit.ubc:  :* 
uetraitfu.  Tie  Uuternelmter  nlcidcr  betriebe  fuib  \u  ^eruf->>nno?u-i',.t.:'Kr. 
iHtiuinit.  bie  ii'ieber  in  iefiionen  einaetetlt  finb.  ivie  v  bie  Tur  h-.er  i". 
^etiiutt  fommt  nhe  i  u  n  b  e  u  t  i  dt  e  Obel  unb  U  n  e  b  e  l  tu  e  t  n  1 1  b  e  r  u  » 
«K  n  oif  e  u  i  d>  n  f  t  ,  ieftuMi  III  Iviben  urib  c Ifafi  vothiinaen.  Horü*c\?iz 
l»er*elben  iU  '.nibert  "hMttum. 

Pif  ^nt»öfiöritt»frfidifruiifl.*i  c»ieid)^oKU  vom  22.  ^uni  lsv»j 

Hebet  bie     1 aelmt'H'  ^ev  ^niMli^eiuu-rMdieruint  be*  Ämt*be\irf*  i'svx 
heim  im  ,\.ibre  aiht  n.idi'iehen^e  ;iuiaiumenfielimu\  ^luffdiliiH : 

*  i  ^m->  -uiu  1.  ,\dmici  I!hxi  fi<^  int  ^ainen  :Ke:dte  verau*aobt  iv^^. - 
n)   utt  Miiiitfe;ii'erü'.1u-nina  runb  1 

I».     „     UuTiiilreri'i.Ju-rumt  w  •*> « " " "  ■  ■ '  - 


Digitized  by  Google 


Worabctm  im  19.  3abtbunbert.  497 

<?tnnaljmeii : 

Cvitt  (Hauten  fiub  im  Slmtöbcur!  ^forjljcim  im  ^abre 

H»uu  tinman^n                                                       «f.  321  202.82 

Neroon  entfallen  auf  bie  Vaubgemeiuben  bc*  91mW* 

bejiria  Worjbcim    25  2'.*5.tiO 

mib  auf  bic  ctabt  ^for^eim  1MI.  295  907.22 

Sin  oiioalibenrcntcn  würben  bcioillia.t: 

n)  im  Mvt  1H<»1-I8!m  cinfd)liefelid> : 

an  5«4  männlicbc  Vertonen  <oon  1 14.60  -  169.S0)  5M.  84  3H«.20 

an  288  lociblidjc  Verfemen  »oon  UO.UO-163.20j                  .  3«  ImiO.so 

l)i  im  ^abre  1900: 

an  111  mäuutidic  Prionen  (oon  126.oo    190.hu)                 „  17  217.40 

an   hh  lociblicbc  ^erfonen  »oon  118.20 -175.hu)                  „  12«03,uu 

jufammen   Vit.  151  137.40 

hiervon  ftnb  abgegangen: 

Turaj  '■Heioilligung  oon  UnfaUrcntcn  unb  Tob: 
28.}  mannlidjc  ilcrionen  iHf.  4«  «10.«) 

103  weiblidje  JJerfonen  w    12  w>2.«o 

jufammen    SM.    59  573.40 

famen  fomit  auf  Cfnbc  ?ewnber  1900  nodj  f ur   

*u*)abjung  2Rf.    91  ß«4.00 

Hn  ÄJterärcnten  würben  bewilligt: 

n)  im  ^rtbre  1H}>1_18<»9  einfdilicftltd» : 

au  ]*>  mdnn(ia)e  Vertanen  <oon  106.80    191.40)  „  27<>2.s.80 

an    7H  rociblidie  ^erfonen  (von  106.W  -  1«3.20)  „       9  4«8.oo 

In  im  >!»re  1900  : 

an  10  mdnnlirfK  Vertanen  »oon  108.00 -202.80)  „       1  552.80 

an   4  weiblidK  Vertanen  »oon  1 11. OJ -140.40»  62(>.80 

jufamincu    Dif.   38  67«. 40 

&teroon  ftnb  abgegangen: 

£urd>  Bewilligung  oon  ^noalibcu;  bqio.  Unfallrcutcn 
unb  bureb  lob: 

oom  >br  lHiM-1000  einfdjlicplid) : 
HU  mannlidie  Vertanen                              ÜMf.  13  0O5.6O 
3-1  iociblid)tf  Vertanen   „ 

Vitammen    SNf.  l«t>74.«o 
(r*  famen  fomit  auf  Irnoe  ?e*cmbcr  1^»«»  nodi  tur 
flusuihhmg  :  i)Jf.    21  »»u1.hu 

,'{ufammcn  fumen  im  'Jlmtsbcurf  Vtarvbcim  auf  Irnbc 

Tciember  I'.mm)  bict  u  id)  uir  *u**üblung  : 

jii  au  ^notflioeiircnie  9Rf.    *M  5«4.uu 

h>  an  Altersrente   „     21  «Ol  .ho 

jufamtnen    iKf.  113  I«5.80 


Digitized  by  Google 


49Ö  $fotabeim  im  19.  äofetbunbctt. 

Stiftungen. 

1.  Bereinigter  Stubtenf  onb«: 

a)  ©  e  i  9  e  r '  fa)er  23  845  SRI.  fleinoermögen. 

b)  9tol)r'fa)er  20189  3)H.  Steinoermögen. 

2.  Sdjro e i et ert'fdje  Sdjulftiftung  (bereinigter  Sa)ulftiftung«fonb«) 
5402  SRI.  Steinoermögen. 

8.  banfier  Stuguft  Äapfer'faje  (Serocrbefajulftiftung,  5798  SRarf 
SXetnpermögen. 

4.  »anfier  Sluguft  Äaof  er*Stif  tung  für  bie  5ortbilbung«ftt)ule 

6891  3Rt.  Weinoermögen. 
6.  bereinigte  »uguft  Äaofer'fa)e  Sajulftif  tungen  34698  2Rf. 

fteinpermögen. 

6.  Äunftgeroerbefa)ulfttftung  41599  UM.  SReinpermögen. 

7.  SMoppeo^Stiftung  ju  GJunften  be«  ©omnaftum«  300  ®ulben,  al« 
»eirrag  für  bie  <£rria)tung  eine«  9tcud)ltnbenfmal«.  bt«  jur  SluS* 
fü^rung  be«felben  foQen  bie  3*nfen  alljäbrlid)  an  benjenigen  Stüter 
ber  ^rimo  au«bejab,lt  werben,  meiner  ben  beften  Sluffafc  über  ein 
Ztyma  au«  ber  paterlänbifdjen  ®efd»djte  liefert. 

8.  I&eobor  boljnenberger'ftfer  tfe^rgelberfonb«  6774  UM.  Steina 
permögen. 

9.  SUtftäbter  Separat  =  2llmofenfonb«  3679  UM.  Jteinoermögen. 

10.  9Bilberfinn'frf)erStipenbienfonb«  39 656  Ulf.  Sieinoermögen. 

11.  SWarfgraf  Äarl  ^ricbrid^Stiftung  («ylöffcr * Söitroen*  unb 
Söaifenftiftung)  70  767  UM.  Steinoermögen. 

12.  kombinierter  tfofalfonb«:  h.  SUmofenfonb«  120 176  UM.  Steins 
permögen;  b.  Spitalfonb«  l  9449  UM.  JHeinoermögen ;  c.  Ä.  Sonntag* 
fdje  Stiftung  10  550  UM.  fleinpermögen. 

13.  bereinigte  ißaifenftif tungeu  61  247  UM.  fteittpermögen. 

14.  bofjnenberger'fdje  Äranfenfttftung  5718  UM  Steinoermögen. 
16.  $ulie  Mittler ' fd>c  Strmenftiftung  17817  UM.  Steinpermögen. 

16.  ©mfi  Sdjroeidert'fcbe  Stiftung  17«2  UM.  Neinpermögen. 

17.  Äuguft  Ä auf  er  sen.*3tiftnng  45318  UM.  fteinoermögen. 

18.  Stiftung  ber  bijouterie^abrifani  3ot>ann  &\  eb,  nle'fa)en  Jamüie 
26  256  UM.  SReinoermögen. 

19.  (Sugen  ©utllaume'fdje  Slrmenftiftung  6234  UM.  Steinpermögen. 

20.  91  ü|elb  erger 'fdje  «rmenftiftung  10  012  UM.  SReinpermögen. 

21.  3uliu«  unb  9tnna  JtaQn'fdje  Stiftung  (für  fterienfolonieu) 
5000  3Rf.  Jteinoermögen. 

22.  ^npalibenftiftung  für  «ngetjörige  be«  bewirf«  ^forjljeim. 

23.  Delonom  ®eorg  granf'fdje  Unterftüfcung  jur  Jörberung  ber  fttnb* 
otefoudjt  500  Uiar!  Äapital. 

24.  Utablener'faje  ^ebrlingdftiftung  2045  UM. 

25.  XQeobor  Sdjob er^Sttf tung  20000  UM.  jur  Unterftüfruug  alter 
unb  iljrem  berufe  bauernb  enoerb«unfäb,iger  ©olbarbeiter,  roe(a)e  in 
^forjljeim  geboren  unb  bafelbft  anfdfftg  ftnb. 

26.  «beiige«  fcamenftift  (feit  1858)  in  «artende. 

Da«  bermögen  be«  ehemaligen  St.  (Mcorgenfrift«  fiel  bei  ber  ©rünbung 
be«  ftaatlidjen  28aifeiU)aufc«  1717  an  biefe«. 

2)  ie  iüngfte  unb  jugleia)  größte  Stiftung,  roeldje  ber  Stabt  unb  per* 
fdjicbenen  SBo^lfa^rtdeinridjtungen  jemal«  gemaa)t  mürbe,  mar  bie  ber  $£tne. 
&mma  Jägct  geb.  JUenle ,  geftorben  1900.  Siefelbe  betrögt  na&eju  eine 
SRiUion. 

3)  anf  unb  (Sipe  ben  boctjljerjigen  Stiftern.  3ßre  tarnen  roerben  oou 
ber  Stabt  in  (Sfcren  gehalten  bura)  alle  Qtittn  unb  ®e|'cf)le$ter. 


Digitized  by  Google 


^forabeim  im  19.  Sabrbunbcrt. 


409 


:-|u  ben  SttofMfabrtärittrirbtiiuQen  ber  ctabt  jäblen  ferner: 

Tic  $111  gemeine  31rbeit*ttad)tt>et0anfialt  für  Arbeitgeber  unb 
Arbeitnehmer ,   biefelbe   ift  gegrunbet  unb  geleitet  com  (ttemeinnitBtflrti 

bereut  mit  Unterftufeung  bee  3tabtrat*  unb  bfocrfet  Vereine.  Tie  (He|d)rtftd= 
ftelie  für  bie  $tt  britetfoloiitc  tlufrnbucf.  Tie  im  (Heroerbeidnilgepaube 
untergebrachte  Vcurliiigcnnllc,  in  roeldje  ben  Vebrlingeu  in  freien  ctunben 
eine  angenehme  llnterfunft  unb  paffenbe  irrbolung  gewahrt  wirb.  £at 
benenne  im  in  ber  Wtnnnafiumftrafle  15  bat  ben  $wtd,  ehrbaren  .Vu-nf 
arbeiterinneu  ein  bleibenbe»,  unb  fteUeulofeu  TienftmaDcbeu  tobue  Unterfdjieb 
ber  Monfeffton)  ein  oorubergebeubc*  Uutcrfommen  |u  bieten.  Ter  ^eurf* 
oerein  für  ^uqriibfdtnu  unb  Weinugeucu  •  ftiirforgc  ftebt  unter  ber 
Veitung  be*  Cberamt*rid)ter*  Cefterle. 


X>te  Colin  dir  5in$erwtcfHMt  ber  Otabt  "5*fori6eim.  ) 

$te  3ina,era,efeUjd)aft,  meld);  im  17.  unb  bis  in  bie  sJ)iitte 
be£  1H.  ^abrbunbertd  tyntin  wenig  oon  fid)  hören  lieft,  blühte 
erft  flehen  1750  roieber  auf,  nadjbem  fid)  einfluBreidje  sJ)tänner 
ibrer  roieber  angenommen  hatten.    1)06  faft  ibreS  300jät)rigen 


(9eftiftet  von  Cbermeifter  2enj  (1838). 


*)  Cuelie:   ^urfbarbt,  «Mcbicbte  ber  löblichen  ^ingergefeBfcbaft  w 
^forjbeim.    lüol  (9ebrudi  bei  INar  Klemm. 

52* 


500 


^fotgbcim  im  19.  ^abtbunbert. 


SBeftetjenS  im  3a^rc  1801  mar  jugleicb  baS  ibrer  Dieuorganifation 
als  SobltbätigfeitSoerein.  $uid)  bie  neuen  Statuten  oom  ^abre 
1836  mürbe  er  bann  als  foldjer  oollenbS  ausgebaut.  3)aS  GrintrittS* 
gelb  mit  @infd)luf}  beS  SegegelbeS  —  ber  Beitrag  jum  $3ruber= 
maf)le  —  mürbe  für  baS  1.  ^at)r  auf  3  fl.  feftgefetyt.  $ie  ©e= 
fellfdjaft  füllte  bcftänbig  oon  2  Cbeuneiftern  geleitet  merben,  oon 
beneu  jebeS  3at)r  einer  311  mäblen  mar.  Gebern  l'eid)enbegangniS 
eineS  9HitgliebeS  tjatte  ein  drittel  aller  9)iitglieber  anjumoljnen. 
2öer  ofme  triftigen  ©runb  fehlte,  jablte  24  Är$.  Strafe.  3)er 
93orftanb  tonnte  bebürftigen  TOtgliebern  ober  anbern  roürbigen 
Ernten  3—5  fl.  auS  ber  ©efeüfdjaftsfaffe  bemiüigen.  3ebe  SSitme 
eines  oerftorbenen  9ttitgliebeS  erhielt  20  fl.  als  SBenefijium.  ©inen 
lebhaften  $mpulS  oerliet)  bem  ©efellfdjaftSleben  ber  $>ireftor 
ber#eil*  unb  <Pflegeanftalt,  -jpofrat  Dr.  9)2 ü Her,  als  Obermeifter. 
3luf  jeinen  Antrag  bemilligte  bie  ®eneraloerfammlung  ftum  $8au 
eineS  2eid)ent)aufeS  —  im  3riebf)of  an  ber  53abn  —  sunädjft 
300  fl.  ICuf  eine  oon  ber  Singergefellfdjaft  1850  in  Umlauf 
gefegte  Sammellifte  mürben  5386  fl.  gejeidjnet.  $aoon  erhielt 
baS  ftäbt.  5Baifenl)auS  2700  fl.,  ber  SKefl  rourbe  $um  2eid)en* 
ballefonbS  gefd)lagen,  ber  im  ^afjre  1862  mit  3812  fl.  bem 
Stabtrat  übergeben  merben  tonnte.  So  ging  aus  ber  Singer* 
gefetlfdmft  bie  3"ittatioe  5111-  Grftellung  einer  Seidjenballe  unb 
jur  ©rünbung  eineS  SBaifenljaufeS  b^roor.  Slud)  fpäterrjiu  mürben 
bem  ÜBaifenfjauS  oon  ber  ©efellfdjaft  nod)  namfjafte  3uroenbungen 
gemalt.  2Bie  in  ben  junger jat)ren  1816  17,  fo  lieg  fte  eS  ftct) 
aud)  in  ben  3al)ren  ber  9t  ot  oon  1847  bis  in  bie  ÜHitte  ber  50er 
3al)re  auf  jebe  Söeife  angelegen  fein,  nad)  Gräften  bie  9tot  ber 
armen  £eute  ju  linbern.  $m  Kriege  1870  71  fpenbete  fie  jur 
SBeiljnadjtSjeit  jebem  im  gelbe  fterjenbcn  ^ßfov5t)etmcr  Rriegcr 
5  fl.  als  (£l)riftfinbd)en,  im  ganjeu  1654,29  9Jlf. 

Qn  ber  ©eneraloerfammlung  oom  5.  Januar  1890  legte 
Obermeiser  JJeeS  ber  (^eneraloerfammluug  einen  neuen  Statuten* 
entmurf  oor,  ber  einftimmige  Mnnabme  fanb.  $arin  mürbe 
feftgefetjt,  baft  ber  Qmd  ber  fiöbl.  Singergefeüfdjaft  ift: 

a.  ^Beteiligung  einer  3ln$af)(  oon  40  sHlitgliebern  bei  ber  33e= 
erbigung  eineS  in  biefiger  Stabt  mit  £ob  abgegangenen 
9JNtgliebeS,  fofern  gufebegleitung  ftattfinbet; 

b.  ben  Hinterbliebenen  eines  oerftorbenen  ©efeüfdjaftSmitgliebeS 
baS  Sterbegelb  oon  fünfzig  9flarf  juv  üöeftreitung  ber 
Seidjenfoften  auSjujablen ; 

c.  alljä'brlid)  eine  oon  bem  ^orftanbe  beantragte  unb  oon  ber 
©eneraloerfammlung  bemilligte  Summe  ©elbeS  an  eine 
2ln$al)l  roürbiger  Firmen  unb  9cotleibenben  ^icfigcv  Stabt  ju 
oerteilen; 


Digitized  by  Google 


^fotgbcim  im  19.  3abrbunbert.  501 

d.  511  außergewöhnlichen  roof)(tf)ätigen  3n?ecfen  einmalige  53ei* 
träge  mit  Genehmigung  ber  @eneraluer|ammlung  ju  leiften. 
SJiitglieb  fann  jeber  ©inroohner  d)riftltd)en  33efenntniffe§ 
mit  gutem,  ehrenhaften  $Huf  nad)  jurücfgelegtem  25.  £eben§jar)r 
w erben. 

$)ie  Hufnabmegebühren  betragen  uom  25.— 30.  2eben§jaljre 
5  <mi,  vom  30.-35.  6  9R f. ,  uom  35.— 40.  7  9flf. ,  oom 
40.— 45.  8  9J?f.,  uom  45.— 50.  9  SM.,  uom  50.— 60.  2eben$jaf)r 
12  SJiarf. 

$er  jährliche  ÜftitgliebSbeitrag  beträgt  2  Sflarf.  $)er  93or* 
ftanb  beftel)t  au3  ben  beibeu  Cbermeifteru,  bem  ©äcfelmeifter, 
jehn  weiteren  SBeretn$mitg(iebern< 


gamilien=v4Bappeu  uon  (X  h  v  i  ft  o  f  51  i  e  n  l  e  (1733). 

F  i 


/^RTiFiEM*  Com  1 1  enüat  Öpv^ 


.  93on  5lird)enrat  Hummer  (?) 

Digitized  by  Google 


502 


^rorabeim  im  19.  3abrbunbert 


9tad)  drlebigung  ber  $age§orbnung  bcr  am  erften  Sonntag 
im  Januar  abjutjaltenben  ©eneraloerfammlung  roirb  bie  feit 
93eftet)en  ber  ©efeüfdjaft  übliche  religiöfe  Seier  oon  bcm  com 
SBorfianbe  r)icrju  ernannten  ©eiftlidjen,  ber  SJHtglieb  bcr  ©efeü= 
fcfjaft  fein  muf,  abgebalten,  nad)  melier  ein  gemeinfdjaftlidbe* 
5)laf)l  eingenommen  roirb.  $ie  93erein§faffe  leiftet  t)ier$u  für  jcbes 
baran  teilnebmenbe  Sftitglieb  ben  Beitrag  oon  einer  9ftarf. 


SBappen  ber  Familie  9tüjelb erger. 

(Öcftiftct  oon  (*meran  ^iijelberger.) 

$)ie  Singergefellfdjaft  befttjt  ein  1701  angelegtes,  in  (3d>it>ein»= 
leber  gebunbeneS  ©tammbnd)  mit  bem  Titelblatt:  „*Pfor$f)eimb 
©tamm^ud),  diner  Söbl.  Singergefellfd)aft  3lnno  1701.  $n 
biefem  33ud)e  finb  bie  „Orbnung  unb  fünften"  unb  bie  tarnen 
ber  alljäbrlid)  aufgenommenen  2ftitglieber  oerjeidjnet,  ebenfo  bie 
33erfammlung3be|cl)tüffe.  s3Jiand)e  SÄitglieber  oereroigten  ficf)  barin 
burd)  fumbolifdje  ,3eid)nungen,  i*)r  Santilienroappfii  ober  burdj 
entfpredjenbe  Sentenzen.  6o  finben  fid)  in  bem  Stammbudje  3eid)s 
nungen  oon  Sflaler  Völler,  bie  2Öappen  ber  gamilien  ftienle  unb 
s}}ütjelberger,  eine  Malerei  be§  Obermeifter  Senj  mit  ©innfprudj, 
gemalt  uon  Völler,  ein  ©ebenfblatt  be§  Obermeisers  (£f>riftop^ 
Werfer,  ba§  alte  (Sdjloft  in  $forjf)eim  barftellenb. 

3)ie  Summe  aller  feit  1813  gemährten  Unterftütjungen 
beträgt  51  797,77  «Warf.  $te  Sflitglieberaabt  ftef)t  auf  913. 
Obermeifter  ioaren  im  Verlaufe  be§  QabrfjunbertS ;  SDittuS, 
©pejial  $err,  ^roreftor  Stattet  Vermalter  Senj,  Sttebijinalrat 
Dr.  5JtüUer,  Q3ürgermeifter  ^crrenner,  (£b-  23ecfer,  ©runer,  Senj, 
Srifc  3)illmann,  ^ermann  Sdjober  (feit  1874),  SReftor  JeeS. 


^forjbetm  im  19.  3abrbunbert 


503 


504 


sJ*forabeim  im  19.  3abrbunbert. 


|>te  *geft  in  3*fors9ettn.  (1501.) 

8*11  Cbuarb  Trauer. 


Ter  al«  Tidjter  beften«  befannte  Amtmann  ßbuarb  Trauer,  Sater  be« 
heutigen  babifajen  ctaatemiutfter«  o.  Trauer,  oeröffcntlid)te  im  3>ai)xt  1844  in 
ber  „Teutfcben  (Sbronif"  Wr.  18  folgenbe  ergreifenbe  8d)ilberung  ber  ^eft  in 
Worjbeim  unb  ber  opfermutigen  X^ätigfcit  ber  ©ingergcfellfdjaft : 


28eld)'  SOrmen,  meld)'  (Mebräuge 

etört  ^fonheim«  SJiorgcurul)  V 

3öaä  treibt  in  bunter  Menge 

Tab  «olf  bein  ftatbau»  3U? 

0  mar'  e»  nie  gefprodjen 

Ta*  fdjaueroollc  Utfort: 

„Tie  ^left  ift  ausgebrochen!" 

£o  tönt'«  oon  Ort  ju  Ort. 

freute  rot  — 

borgen  tot  — 

frilf  und,  frerr,  in  ber  lebten  Wot! 
Unb  mer  nod)  manbelt  im  gotbenen 

(«Jcbcnfe  be«  Tobe«,  ber   bjiftenpflidtf ! 

0  Veib!   $n  jebem  fraufe 
frerrfdit  .Klag'  unb  3eufaen  balb; 
Tie  Bürgerin,  bie  graufe, 
iöerfdiont  nidjt  jung,  nidjt  alt; 
2)a«>  Minb,  ben  fraft'gen  (Matten, 
Ta*  Itfcib  im  od)önl)eit«glanj, 
Ten  Wrei«,  ben  altcrsmatteu, 
Tie  »raut  im  Mnrtbenfrauj. 
freute  rot  — 
borgen  tot  — 

frilf  uns,  frerr,  in  ber  testen  9lot! 
Unb  mer  nod)  manbelt  im  golbeneu 

X'idjt, 

öebenfe  be«  lobe«,  ber  (Sljriftcupflicbt ! 

5*eröbet  fteb/n  bie  Straften, 
iSd  fdjmeigt  ber  Arbeit  cdjall, 
Teö  frirten  tmmt're«  iMafen, 
Öefang  unb  ^eitfdjenfnaB; 
Tie  3tabMsHod'  bört  man  Ratten, 
Ter  Wonnen  Hlagepfalm, 
Biel  bunbert  Cpfer  fallen 
2lcb,  roie  be«  Wrafc«  fralm. 
freute  rot  — 
Morgen  tot  — 

frilf  uu«,  frerr,  in  ber  lebten  9tot! 
Unb  mer  nod)  manbelt  im  golbenen 

ÖJebenfe  be«  Tobe«,  ber  iStjriftenpflicfjt ! 


Ter  Äirdj&of  rairb  ju  enge, 
£r  fträubt  fid)  mein-  unb  mehr, 
Ter  Toten  fdjroerc  Menge 
^u  faffen  naa)  »egebr; 
Ulm  Scgc,  cor  ben  Tburen, 
frauft  fid)  ber  i.'eidjen  3alM- 
.Hein  Menfd)  roill  fie  berübren, 
Cr«  fteigt  bie  Slngft  unb  Dual, 
freute  rot  — 
borgen  tot  — 

frilf  um,  frerr,  in  ber  lebten  3iot! 
Hub  mer  nod)  manbelt  im  golbeneu 

i.'i<bt, 

Webcnfe  be«  Tobe«,  ber  lSt)riftenpflid)t ! 

Ter  »ruber  fliebt  bie  6d)roefter, 

Ten  frerrn  ba«  frau«gefinb, 

Ten  Jyreuub  ber  Jyreunb,  fein  befter, 

Tie  Mutter  felbft  tljr  Winb. 

Wcfprengt  finb  alle  «anbe 

Ter  Sitte,  ber  Watur; 

2£cr  übt  nod)  Mad)t  im  £anbe? 

Tie  ^eft  ift  frerrin  nur! 

freute  rot  — 

Morgen  tot  — 

frilf  uM,  frerr,  in  ber  lebten  Bot! 
Unb  mer  noa)  manbelt  im  golbenen 

ifiebt, 

Öebenfe  be«  Tobe«,  ber  tSljriftenpflidjt ! 

Termeil  nun,  peftgepeinigt, 
Tie  ctabt  ooll  Jammer«  mar, 
frat  Wate«  fid)  uereinigt 
Ihn  »urgent  eine  Sd)ar 
Unb  glaubeu«üarf  gcfdjl offen 
Ten  cblen  oingcrbunb; 
Siel  madere  (Milbgenoffen 
(Melobtcn  fid)  jur  ctuub : 
„ÜBal  aud)  brobt, 
Cual  unb  Job, 

üafct  linbern  un«  ber  Äranfen  9iot 
Unb  mer  nod)  manbelt  im  golbenen 

fcidjt, 

©cbenfe  be«  Tobe«,  ber  (Sbriftenpflidjt !" 


Digitized  by  Google 


iMoräbeim  im  19.  Sabtrmnbett. 


505 


So  führten  fte  mit  Singen 
^l>r  3(mt,  bcr  Stabt  jum  .öcil, 
So  froren  alä  Weriugeu 


3>em  ftrimm  bcr  ^eftilenj. 
£>eute  rot  — 
^Morgen  tot  — 

-\>Uf  bem  Wadjfteu  nad)  «ottcd  Webot, 
ilkr  weiji,  wann  bie  "Hot  in'«  frauö 


SUarb  \>ilf'  unb  Xroft  juteil; 
Tie  i'teb'  unb  Jreue  feljrtc 
^urücf  in'd  2l)al  ber  (*n*, 


bir  brid)t  V 
öebcnfe  bc$  Sobce,  ber  (5 bjiitenp flicht ! 


Unb  (3ott  im  Gimmel  wcbjte 


X>a$  ?kffitdittttiß$a>c(nt.*) 

Cel  -  Öa«  -  lyleftrijität. 


9(m  1.  Sloocmber  1817  würbe  baö  3tabtamt  ^for^eim  angcmiefcn,  bie 
unumgäuglid)  notmcnbigc  Stra&eubclcud)tung  bafclbft  einuifüljrcn  mit  befonberer 
^Berüctfidb ttcttiiu^  auf  beu  Warft  unb  bie  Wröbinger  Traubgaffe.  31  m  10.  3luguft 
1818  jeigte  bcr  AKngiftrat  bem  Worjbeimer  Stabtamtc  au,  bafj  bie  jur  4ie- 
leud)tung  ber  >}auptftrafoen  crforbcrlirijen  latenten,  nad)  bem  iNufter  berer  oon 
tfarlsrulje  nun  fertiggestellt  feien  unb  bajj  ietyt  weitere  $orrid)tungen  getroffen 
mürben,  fo  bafj  c$  feineu  3lnftanb  met)r  gebe,  biefett  }Jolijeigcgenftanb  einju* 
fiteren,  menu  bie  ^eit  ber  *teleud)tung  gefommen  fei.**) 

3Jon  ber  alten,  büfteren  Cclbcleudjtung  Wor$Qctm*  rönnen  mir  und 
r)eitte  nodj  anuafjernb  einen  begriff  madjeu  an  beu  alten  Stra&enlaternen, 
roie  fic  noa)  in  einzelnen  f (einen  3 labten  35abcn3  unb  Sdjwabcuä  befielen. 
JBor  tjuubert  ^atfren  f»elt  man  fic  für  einen  ungcwölmltdjeu  Jyortfüjritt,  menn 
nidjt  gar  für  Vujruö,  beute  mürbe  wobl  fdjioerlid)  jemaub  bamit  jufrieben  fein. 
Tie  alte  Mepäölampcl  mit  ib,rem  übelricd)e»be»  Cualm,  bie  bem  .Kienfpan 
gegenüber  immerhin  einen  gewaltige»  ftortfdjritt  bebeutete,  mar  aud)  ba$ 
leudjtungämflterial  ber  38obnungen,  iljm  folgte  in  ben  ÖOer  3a$ren  bas  freunb* 
lidje  Grböllidjt. 

3»t  ^aljrc  1853  fanb  man  bie  alte  3trajie»bclcud)tuug  aUmdfjltd)  mieber 
rfeb,r  mangelhaft  unb  uugenügenb".  Ter  Vorgang  anbercr  Stabte  lieft  aud) 
in  ^forjljeim  ben  Stiunidj  auffommen,  „an  SteüVbcr  trüben,  oft  nid)t*  al$ 
ben  tarnen  cntfjaltcnben  Cel6elcud)tung"  —  <0a£lirf)t  einzuführen.  "üefonberS 
oon  ben  fd)on  ^ab,lreia)eu  Jabrifen,  in  beueu  roäl)rc»b  mehrerer  Stuubcu  ber 
2Ui»terabe»bc  Dellampen  gebrannt  werben  mußten,  mürbe  biefer  Wipftanb  f cf>r 


*)  ÖeneraKanbcöardHo,  „^fonheimer  Ncobaibter",  ^al)redberid)te  ber 
§anbelefammer. 

•*)  9(u3  einer  (ringabe  ber  Staatsbeamten  oon  1821  erfahren  mir,  bafc 
^forjbeim  burdjaitö  uid)t  „in  bie  Atategorie  einer  allgemeinen  unb  ooUftäubigen 
SBeleud)tungdauftaltM  gehöre.  Wan  habe  bloä  bie  .ftauptftrafjen  mit  Laternen 
uerfcl)en,  erftere  feien  fefjr  eng  gebaut  unb  bie  "Beleuchtung  fei  bauptfddjlid)  ber 
burdjreifenben  ^yrembeu  wegen  eingeführt  toorbe».  Tiefe  müßten  aber  ein 
ntdjt  unbeträd,tlid)cä  Örüdeugelb  befahlen  unb  fo  bürften  fie  nun  aud)  ber 
.fatalen  luefigen  l'ofalitat"  willen  mit  iHedjt  oerlange»,  bap  bei  ihrer  näd)t* 
lid)c»  Turdjreifc  bie  gar  511  enge»  u»b  fttufftnftcreu  üauptftrafoen  roenigften* 
fo  beleud)tet  würben,  bafj  man  nid)t  Wefab^r  laufe,  ^u  oerungludc».  Ten  f)ter 
wob^nenbeu  Staat^bienern  aber  nübc  bie*  wenig  ober  uid)td,  weil  fte  unb  ibre 
Familienangehörigen,  um  fia)  nid)t  einem  Unfall  auejufeben,  in  ben  anbem 
oielen  uubeleudjteten  ^ebengaffen  bod)  ftctd  genötigt  feien,  ibre  eigenen 
latenten  initjuuebmen.  lleberljaupt  »erlange  ^forM)cim  an  JÖcleuditungöfoftcn 
weit  bösere  3a^e  alö  bie  beibeu  Mefibemen  Harlorulje  unb  iJiaunljeim.  Unter« 
jeid)net  mar  biefe  Petition  oon  Nolf  0.  «litter^borf,  .öol^auer,  tSreceliue, 
©erftner,  öraunftein,  ^Jfr.  Kilian,  Jrommcl,  ^roreftor  Kerbel  unb  isiicnlo^r. 


Digitized  by  Google 


506  ^forabeim  im  19.  Sabtbunbert. 

empfunben,  unb  bcr  $Ian,  OJaS  einzuführen  wie  in  bcn  Stacbbarftäbten,  fanb 
lebhaften  ^Beifall.  Tie  ^öefttier  beS  ftammerwerfä,  Öebrüber  ^encfifer,  erflärten 
ftd)  bereit,  bie  Beleuchtung  einzuführen,  wenn  ihnen  bie  Stabta,emeinl>e  bie 
Beleuchtung  ber  Stra&eu  unb  ^lä«e,  fowte  itjrcr  Öebäube  mittele  ^eucbtga* 
auf  bie  Tauer  von  30  fahren  tibertrage  unb  fidi  für  biefe  oerbtnblü* 
mache,  feiner  auberen  ^erfon  bie  "-öenübung  beä  CJemeinbeeigentumd  zur  Einlage 
von  (9aebe(eud)tungöanftalten  ju  geftatten.    Tie   ®ebrüber  Jöentfifcr  vtt- 
pflichteten  ftd)  bagegen,  bie  zur  jabrtfation  be$  Öafee  nötigen  Gtebäube,  \omt 
ben  Qan^en  Jbeleudjtungäapparat  auf  eigane  Äofteu  t>erjufteUenf  ben  betrieb* 
aufwanb  ju  tragen  unb  ben  ^Jrioaten,  welcbe  bie  Zuleitung  von  &ai  in  ibre 
Käufer  wünfrhten,  folebe«  um  einen  beftimmten  ^Jrete  abzulaffen.    3Ran  legte 
ftd)  anfangt  bie  Frage  oor,  ob  nidjt  ^fonbeim,  wie  5.  4).  Mannheim  uni 
ftreiburg,  ba«  Unternehmen  auf  eigene  Äoften  bauen  foüte,  um  e$  enrweber 
felbft  zu  betreiben  ober  in  tyad)t  zu  geben;  aber  man  fam  bann   au«  vci- 
fa)iebeuen  (9rünben  Bieber  baoon  ab.  Tie  SJerbältniffe  ber  genannten  6 tobte 
roaren  oon  beuen  Pforzheim«  febr  oerfdjieben;  fowoljl  nad)  Sinwobnerjabl  al* 
and)  nad)  ihrem  Sterfebr  erfd)ienen  jene  oiel  gröfrer,  wäbrenb  ^forjbetm,  abg<; 
fehen  00m  jyabrifwefen,  fta)  nod)  als  fleiner  Ort  barftcUte.    Ter  öebarf  an 
öffentlichen  Richtern  toar  in  jenen  Stdbten  be«balb  oiel  bebeutenber  al«  in 
Pforzheim.    ^Mannheim  batte  beren  660,  Pforzheim  brauchte  nur  100.  Tie 
Abgabe  oon  ^rioatlicbtern  betrug  hier  etioa  800,  baoon  entfielen  jeboeb  600 
auf  bie  'öijouteriefabrifen.    Tann  aber  fürchtete  man  auch  nicht  obne  Gkunb 
bie  Jirift«  in  ber  s-ÖLjoutcriebrand)e,  etioa  bureb  Äriege  ober  ^(ebnltcbe^,  »a« 
bann  fdjwere  JöerCufte  für  ba«  Unternehmen  bebeuten  würbe,  unb  benen  üd> 
bie  öemcinbe  um  fo  weniger  au«fefcen  wollte,  al«  folche  leiebt  in  eine 
fallen  fonnte,  roelcbe  ob,nebie«  oiele  Opfer  oon  ber  Stabtoerwaltung  forberte. 
9lud)  loar  bie  Finanzlage  ber  Stabt  in  jene  ^eit  burajau«  ntebt  glänzend 
SBafferleitung  unb  Strajienpfläfterung  erforberten  bebeutenbe  pefuniäre  Cpfer; 
©chulbeu  mußten  gemacht  werben,  unb  rooUte  man  ben  ftrebtt  ber  Stabt  n\a)t 
noa)  mehr  anftrengen  —  benn  für  bie  Öa«anlage  wären  minbeften«  5000» 
(Bulben  nötig  gewefen  —  fo  mufete  man  ba«  tyrojeft  anbere  ausfuhren  laffen. 
Tie  OJebrüber  $enrftfer  woüten  fcolzga«  einführen,  beffen  $enufeung  bamal* 
noch  neu   unb   toenig   ausgebeutet   mar.    Tie  ©aepreife  mürben  für  bie 
©trafienflammc    mit    1200  iörenuftunben    zu   4  •/«  Äubiffufc    auf  jährlifib 
20  Bulben  feftgcfefct.    #ür  im)  Äubiffufr  öa«,  welche«  ju  Siebtem  in 
ben  ftabtiiehen  Webäuben  abgegeben  rourbe,  betrug  ber  ^rei«  6  Bulben  (1  cbm 
86  ^>f.)    ^ür  bao  gleiche  Quantum  an  ^rioate  6  fl.  30  Ärz.    Tie  ©emeinbe 
muffte  für  57—60  ber  trübften  Dellaterncn  jäbrlid)  900—1000  fi.   auf  bie 
Stra&enbeleudjtung  oenoenben,  febr  bänfig  aber  infolge  be«  fd)lechten  "JXaterial* 
and)  1200 -14  )0  fl.    flllerbing«  erwud)«  bei  l'eud)tga«  ein  3Jlcbraufn>anb,  ba 
man  bei  100  (Maölid)tern  200()  2Rarf  aufroenben  mufite.    ferner  mürbe  be= 
ftimmt,  ba^  and)  in  ber  ^cit  oom  ^ai  bi«  September,  ba  früher  bie  Laternen 
nidjt  brannten,  beleud)tet  roerben  müffe.    Säbjenb  Äarldruhe  unb  Öaben, 
roeldje  ©täbte  in  ähnlidjeu  «ertragdoerhdltniffen  ftanben,  ben  flüd*  unb  «nfouf 
bee  Serfes  nadi  abgelaufener  ^ertragszeit  in  Betracht  zogen,  entfcbloB  fti 
Pforzheim  ein  berarttgeä  ^(bfommen  nid)t  zu  treffen.  Wohl  rourbe  im  $ertraa 
ber  «auf  erwähnt,  aber  ohne  alle  fteftfejntng  be«  greife*.   31ud)  bie  Jyra^f 
roegen  eine«  ju  ftipulierenben  Siücffauförechte«  rourbe  n\d)t  weiter  in  öetraebt 
gezogen,  ba  ftcb  bie  Parteien  über  ben  ^ireis  nidjt  einigen  fonnten.  Ia4 
einzige  üRedjt,  welche«  fid)  bie  6el)örbe  oorbehielt.  war,  bei  nacblafftgen  3ln^ 
ftellten  oon  bcn  Unternehmern  beren  alebalbige  ^ntlaffung  oerlangen  ju 
bürfen. 

Schon  ©nbe  ber  ftebziger  ^ahre  mürben  mit  ber  Jirma  «enrfifer  Unten 
hanblungen  gepflogen  wegen  ber  Uebcmahme  be*  ®a«werfd  in  ftabt.  iRetne. 
3m  3luguft  IH80  zerfdjlugen  ftcb  biefelbcn  unb  bie  Jürma  erflärte  nad)  3Cblanf 
be«  »ertrag«  $1.  Tejember  1883)  auf  fernere  @a*Ueferungen  oerjidjten  ji 


Digitized  by  Goo 


«Pforabetm  im  19.  ^abrfcunbert. 


507 


müffen.*)  91m  1.  ^nuar  1884  ging  naa)  langen  fchroierigen  $erc)anbUingen 
fobann  ba«  3Bcrr  um  300000  9Mf.  in  bie  ftäbttfcbe  «erroaltung  über.  3m  felben 
Söhre  rourbe  ein  jroetter,  1892  ein  britter  OJadbet)älter  gebaut.  2>aä  Söerf  bat 
ftd)  feitbem  ftetig  oergrößert,  namentlich  aua)  bura)  Abgabe  t»on  Slrbeitögaä 
für  bie  feitbem  aufgefommenen,  aber  feit  ber  ^erroeubung  cleftrifc^er  Äraft 
roieber  teilroeife  außer  (Gebrauch  gefegten  ©aämotore. 

2)a$  ^forjheimer  ftäbt.  ©aäroerf  erjeugte  1900  eine  ©efamtgaömenge 
oon  6170500  ebra  (1899:  4  750000  cbm),  baoon  mürben  oerroenbet  :**) 

für  Straßenbeleuchtung  243  984  cbm  -  4,72% 

„  Beleuchtung  unb  Üötjroecfe  2  540614    „  -  49,14  „ 

„  fteijung  unb  tea)nifa>e  3roecfe  1  993 199    „  »  38,55  „ 

„  Selbfroerbraua)  114  595    „  -    2,21  „ 

„   aW  »erluft  ju  betrauten  278108    „  -    5,38  „ 

6 170  500  cbm  -  100,OOo/o 

$er  Äohlenoerbrauch  betief  ftd)  19<X)  auf  18250  tonnen  (1899: 
16  319,8  tonnen). 

$er  Slbfafc  oon  (Sof*  unb  ©taub  betrug  im  3al>re  1900  :  7896  lonnen 
(1899:  734«  tonnen). 

Sin  theer  mürben  erjeugt  1900  :  938  tonnen  (1899  :  851  tonnen). 

%a&  (Madroaffer  lieferte  einen  Ertrag  oon  9Nf.  23420.«  (1899: 
9Rf.  15151.-). 

2>ie  Straßenbeleuchtung  erfolgte  bura)  718  Straßenlaternen  (1899  :  644) 
infl.  93rÖ$ingen. 

2>ie  3at)l  ber  ®a$meffer  betrug  (Snbe  1900  :  8222  (1899  :  7111). 

«n  <9a3mefferflammen  mürben  1900  gejährt:  59540  (1899:  52  537). 

»n  3Hafchinen  roaren  oort)anben  1900  :  397  ^ferbeftärlen  in  79  fliafdunen 
(1899  :  283  ^ferbeftärfen  in  82  SRafchineu). 

£a  ber  Qtoöfonfum  über  (Snoarten  rafd)  zugenommen  ^at,  baß  bie 
£eiftung8fät)igfett  bed  ÖJaäroerfeS  nicht  met)r  ausreichte,  fo  errichtete  bie  Stabt 
im  Saufe  be*  3al)re*  1900  eine  JBaffergaSanftalt.  3)ie  Slnlagefoften  berfelben 
roaren  auf  212000  mi.  berechnet,  beffen  ^robuftion  auf  mmbeftenS  10  000  cbm 
taglich  bemefftn. 


*)  2tuf  Orunb  einer  oon  ben  Herren  Sluguft  Haofer,  Dr.  2lbolf  dichter 
unb  tljeobor  Schober  angefteUtcn  Berechnung  mußte  bie  Jirma  Bendifer  ben 
Äonfumenten  eine  ganj  beträchtliche  Summe  jurürfjahlen,  roela)e  irrtümlicher« 
roeife  burch  einen  ju  hohen  ^reiäanfdjlag  beä  (MafeS  gegenüber  ber  oertragds 
mäßigen  JeftfteUung  erhoben  roorben  roar. 

•*)  £er  ©adpreiS  für  ben  cbm  beträgt  in: 


^euchtqad 

fteisga* 

Äarlömbe 

18  ^'f. 

.2  Vf. 

Wannheim 

18  . 

12  „ 

^forjljeim 
^retburg 

1«  • 

12  . 

20  „ 

w  . 

fteibelberg 

20  . 

16  „ 

Xurlaa) 

26  „ 

20  „ 

Cffenburg 

18  „ 

12  „ 

©rudjfal 

22  „ 

17  „ 

Äonftanj 

23  „ 

18  . 

508 


Worabeim  im  19.  ^abrbunbert. 


£as  cvftc  ftäbttfcf>e  ©asroerf,  ju  roeldjem  bic  Vorarbeiten 
gleid)  nad)  Vecubigang  ber  granffurter  eleftvifdjeu  s)lus[tellung 
in  Angriff  genommen  mürben,  ift  im  Oftober  1804  bem  betriebe 
übergeben  roorben.  @S  lag  am  (Siufhiffe  unterhalb  ber  Stabt 
neben  bem  ftäbtifdjen  ©asroerf  unb  arbeitete  mit  einer  1 50  pf erbigen 
$ampfmafd)ine,  foroie  einem  120pferbigen  ©aSmotor  als  Referee. 
$ie  Stromlieferung  oon  bem  9)lafd)inenf)aufe  nad)  ber  1,6  km 
entfernten  Unterftation  im  $Mer  bes  SHatfjaufes  gefdjaf)  burd) 
2  ©leid)ftrombt)namomafd)inen  oon  25  unb  40  Stiloroatt  bei 
einer  Spannung  oon  225  bis  300  Volt  mittelft  ^roeileiter* 
fnftems.  3m  Siatfjau^  befaub  ftd)  ein  3lffumulator  für  jroeimal 
110  Volt  oon  «44  bis  870  s2lmpereftunben  Äapajität  bei  3  bis 
4ftünbiger  ßntlabung  unb  oon  bort  aus  mürbe  ber  Strom  nad) 
bem  $reileiterfnftem  ben  oerfdjiebeuen  21ufd)lujj  [teilen  ber  Stabt 
jugefübrt. 

Wit  fflürffuf)*  «"f  bie  bcifpielloS  rafdje  Vermehrung  ber 
&nfd)lüffe,  befonbers  nad)  Staffen  unb  Süben  foroie  in 
sJlücffid)t  auf  bie  $l)atfad)e,  bafc  burd)  bie  bieten  Öeitungsbräfjte 
auf  bem  roeiten  SBege  oiel  Slraft  oerloren  ging,  tarn  man  auf 
ben  ©ebanfen,  im  s-föeften  ber  Stabt  eine  fleinere  Äraftftation 
mit  2Iffumulatorenbatterie  $u  errichten.  3ltts  biefer  3bee  heraus 
ergab  fici)  ber  1897  ausgeführte  s^lau  jur  Verlegung  ber  ganjen 
3Inftalt.  (Sin  neues  SEßert  im  3«ntrum  ber  Stabt  rourbe  errichtet, 
an  Stelle  ber  ehemaligen  Rompagnie^Sägmüblc,  ju  bem  bic 
überaus  günftig  gelegenen  5öafferfräfte  v$forjheimS  (neben  aus* 
reidjenber  3)ampfreferoe)  ausgenutzt  roerben.  öS  arbeitet  mit 
einer  ftefjenben  $>ampfbt)namo,  180—225  PS  ^eiftung  (133  Kw.), 
einer  Sofomobile  (aus  bem  erften  2Berf)  oon  150  PS  mit  2  burd) 
Siemen  angetriebene  2>i)namoS  ä  53  Kw.  2  Turbinen  oon  je 
134  sßferbefräften  marimaler  ^eiftitug,  jum  Antriebe  oon  je 
1  3>t)namo  oon  80  Kw.,  einer  weiteren  $ampfbt)namo  oon 
250-300  PS  (210  Kw.)  5ür  bie  2)ampfbnnamo  liefern  pei 
2enbrinf=Vatteriefeffel  oon  je  140  qm  £eiäfläd)e  ben  nötigen 
$ampf.  @ine  3lttumulatoren=Vatterie,  Si)ftem  iubor,  für  576 
maximaler  3ftünbiger  Gntlabeftromftärte  bei  1728  SImpere* 
fturiben  Äapajität. 

$>ie  ieitungsführnng  gefdjiefjt  im  $)rei(eiterfp,ftem  teils  mit 
Nabeln  unter  bem  Strajjenpflafter,  teils  oberirbifd)  auf  SDtaffen 
an  $aus*  unb  3) ad) ftänbern.  £ic  elefrifdje  Vetriebsfraft  finbet 
immer  mehr  ©ingang  (ber  $uroad)S  für  jebeS  3ahr  betrug  burd)- 
fchnittlid)  etroa  30"  o  bes  oorangegaugenen  3at)reS,  1898  fogar 
40%),  roeil  biefelbe  ftd)  gerabe  für  ben  intermittierenbeu  Vetrieb 


•)  $anbel*!ammcrberi$t  1899,  1900. 


Digitized  by 


$fotabeim  im  19.  Sabrbunbert.  50Ö 

bcr  ßbelmetallinbiiftrie  eignet.  2(u3  bemfelben  ©runbe  tft  bie 
^ermenbnng  bevfelben  bei  §d)ieinern,  ©lafern  unb  IWe^gern  in 
ftetem  2Sad)fen  begriffen. 

3)ie  Vorteile  be§  eleftrifdjen  33etviebe$  f)aben  uerfdjiebene 
größere  gabrife"  oeranlaßt,  fiel)  eigene  Mutagen  511  befcfyaffen, 
beren  Slnfdjlug  an  ba£  ftäbtifdje  2Berf  roeber  für  btefe§  nod)  für 
jene  ruünfdjenSmert  geroefen  märe. 

$)a§  ^forjtjeimer  (SleftrijitätSroerf  t)at  burd)  21nfd)hi(} 
fleinerev  nnb  mittlerer  ^Betriebe  einen  Umfang  erreicht,  bafj  e§ 
auf  5lnfd)lnfj  größerer  ftabrifen  nidjt  jn  reflektieren  braucht. 

2)er  Staub  pro  31.  $e$embeu  1900  ift: 
©lüblampen  =  272  3lbnebmer. 

10  NK.  =    868  ©tuet  ä    35  Watt  =    30  Kw. 

16    „     =  3672     „     „    55      „     =  202  „ 

25    „     =  1068     11     11    88      „     =    94  „ 

32    „     =    320     „     11  110      „     =    35  „ 
5328  Stücf  mit  361  Kw. 

-  7220  Rampen  ä  16  NK. 

^Bogenlampen :  32  Slbnefjmer  mit  186  ^Bogenlampen,  ßleftro» 
motoren:  1278  ©tücf  oon  1/15—  20  ^ferbeftärfen. 

2)ie  ^forjljeimer  Zentrale  gefjört  bereite  ja  ben  größeren 
eieftriaitätSmevfen  $entfd)lanb$. 


p\e  ^forjlWmcr  SSairerfeitiwg.*) 

gu  Anfang  bed  oaMunbertd  »>urbe  bad  Xriufroaffcr  aud  9iol)r-  unb 
mpbrimiien  geholt.  "Jiebft  bem  Sdjlofibrumten  gab  ed  in  bcr  Stabt  5 
öffentliche  fliefsenbe  Brunnen  unb  7  in  ^rioatbäufern.  ^ttr  bic  fliefjcnben 
Brunnen  um  i  ch  4  Leitungen  oorbanben:  1.  bie  eigcntlidK  Stabtbrunneuleitung, 
raeldjc  itjrc  Duelle  im  ÜJürmttjal  fyatte.  Sie  jog  brei  mal  unter  unb  jroei 
mal  über  ber  "Würm  1  inrocg  unb  mar  baber  bem  Jrübrocrben  bei  rHegenroetter 
uub  bem  (Jingefrieren  in  falten  ©intern  leidjt  audgcfe&t.  üon  biefer  Leitung 
mürben  bie  Brunnen  in  ber  öröfcfnger  ^orftabt,  in  ber  :örö$inger  Waffe,  auf 
bem  3Äarft  unb  in  bcr  Iränfgaffe  gefpeift.  2ln  ber  Duelle  mar  bad  SÖaffer 
oortrefflia).  Gine  anbere  gefaxte  Duelle  befaub  fid)  '/*  Stunbe  weiter  oben 
im  sWürmtl)al.  !£er  Stfjlofjbrunnen  erbielt  fein  Saffer  aud  einer  Duelle 
im  (Snjtl)ale,  oon  100  aua)  s#röt>ingen  fein  Irinfioaffer  ertjielt.  $er  Sanft 
©eorgenbrunnen  lag  an  ber  St.  ©eorgenfteige.  Sein  3üaffer  rourbe  in 
oiclcn  Käufern  ald  befonberd  gefunb  unb  fjeilfräftig  gebraust.  ivc-  mar  ald 
blutreinigenb  empfohlen,  ba  ed  bie  tfrdjje  auf  bic  .baut  treiben  uub  roieber 
heilen  follte.  Xie  oierte,  bie  alte  Sd)lofcbrunuenleitung  befam  it)r 
Gaffer  aud  bcr  (*nj.  Ta  biefe  aber  immer  meiter  füblid)  ober  auf  bic  redete 
Seite  abioid),  fidj  im-  #aU.  baburd)  oerminberte  uub  man  mit  bem  Sluffangs 
graben  am  Ufer  immer  t)öl)cr  gelten  muftfe,  fo  erreichte  man  enblich,  bie 
roürttembergiidje  ©renjc,  rooburd)  cd  nic^t  mefjr  möglid)  rourbe,  bad  SBaffer 
auf  ben  f)öd)fteu  ^unft,  ben  Sdjlofjberg,  3U  leiten.   Sicfe  Örunnenlcitung 


•)  Voller,  öenerallanbedardjio,  „Beobachter  "  unb  „Hnjeiger". 


Digitized  by  Google 


510  ^forjbeim  im  19.  Öabrbunbert. 

rourbe  com  Tomdnenärar  ber  Stabt  überlaffcn  unb  ib,r  Söaffer  in  bic  Stabt* 
brunnenlcituug  geleitet.  Set  irodencr  "ißitterung  oerfagte  bie  Leitung  unb  bie 
ftlage  um  Swffcf  bauerte  bie  jur  Erneuerung  unb  Erweiterung  ber  Leitung. 

lUtmpbrumten  beftanben  ju  jener  $e\t  etlicbc  30;  fie  roaren  allen 
Vierteln  ber  Stobt  gleidjmdßig  zugeteilt.  Siuer  befanb  fid)  oor  bent  Sdjneiber 
Söeuj'fdjcn  .\>auS,  einer,  ber  jet»t  nod)  beftebt,  in  ber  Stltftabt  (oor  bem  "Amt- 
b,aus),  einer  oor  bem  alten  SdjulbauS,  einer  am  Sdjloßberg  unb  einer  im 
^rrcnbauS. 

Ta  biefe  alte  SBaffer(ettuna**)  beu  Scbürfnifien  ber  Stabt  nidjt  mehr 
ausreidjtc  unb  burd)  baS  .frodnoaffer  oon  1824  teilroeife  jerftört  roorben  mar, 
foüte  1825  eine  neue  Leitung  angelegt  roerben.  yian  unb  £oftenüberfd)lag 
baju  lieferte  s])Iedjanifer  ftaberftrob.  ES  roaren  t)iernaa>  14  243  K,  erforberlid) ; 
8000  fl.  follten  burd)  Abgabe  oon  ttöbren  an  itrioate  gebedt,  ber  Steft  burd) 
9(mortifation  aufgebradjt  roerben.  ^nbefien  reichte  bie  oorgefebene  Summe 
oon  80i  i)  fl.,  ba  man  ftd)  mit  ber  (Erneuerung  unb  Erweiterung  ber  Sröfciuger 
Leitung  begnügte  Eine  von  Wroßt).  Staffen  unb  Straßenbauiufpeftion  in 
tfarlSrube  entroorfene  unb  oon  ^ngenieurpraftifant  Werftner  ausgeführte  grüub; 
lid>e  Erneuerung  ber  iUafferleitung  im  Enjthale  rourbe  in  ben  Sauren  1862 
unb  1853  ausgeführt. 

3m  Februar  1864  rourbe  neuerbingS  eine  Vergrößerung  ber  ffiaffer* 
leitung  nötig,  3Wan  ließ  ben  öfterrctdjifcqen  Cuellenfinbcr  unb  Sergingenieur 
£>ennod),  tedjnif djen  Tircftor  einer  WefeUidjaft  für  2i>affcrucrf  orgung,  nad) 
^for^etm  fommen  jur  ftuffucfcung  neuer  CueUen  für  gute«  Trinfroaffer.  Gr 
bcjeidjnete  oon  bem  l'agerplafc  bes  SabnbofeS  beim  (Maftbof  jum  „Wrünen 
\>of"  aus  eine  Stelle  redjtS  beim  Eintritt  bcS  unteren  liergarteuroegeS  in  ben 
Ut*alb,  als  etnjige  Stelle,  roo  mit  Sicherheit  gutes  Cucllroaffer  in  genügenber 
Menge  erfdjloifen  roerben  tönne.  Tie  alsbalb  erfolgten  (Mrabarbeitcn,  roeldje 
bafelbft  unter  Warantie  biefer  Wefellfcbaft  oorgenommen  rourben,  roaren  tnbcS 
total  erfolglos,  ba  nur  wenige«  uubraud)  bares  Siderroaffer  oorgefunben 
rourbe.  3n  einem  ber  WefcUfcbaft  angebängten  ^rojeß  mußte  biefe  ber  Stabt 
eine  cntfpredjenbe  Entfd)äbigung*t"umme  entridjtcn. 

Tic  alte  Sröfeingec  Leitung  fpeifte  1894  hier  6  laufenbe  Srunnen, 
foroie  32  Srunnen  in  ^rioatgebauben.  Sie  beftebt  au«  einer  in  geringem 
Slbftanb  oom  Enjbett  angelegten  Srunnenftube,  beren  ^unbamente  unter  bie 
Sohle  bcS  Jyluffes  binabreidjen. 

Tie  quantitatioe  unb  gefunbbeitlidje  Unjuläuglidjfeit  ber  Leitung  ließ 
bie  Stabtoerroaltung  fdjon  jefct  auf  bie  Anlage  einer  neuen  Leitung  bebadjt 
fein.  Iis  rourben  im  Tejember  1KK5  oon  ber  Btaot  bie  Wröffelthalquellen 
angefauft,  toeldje  eine  taglidje  sli>affermenge  oon  43  000  Atubiffuß  ober  8000 
Dtyü  =  12  000  ."peftoliter  lieferte.  Tie  Wröffclthalfägmül)le  rourbe  1874  für 
HO  000  fl.  angefauft  unb  bic  vieferung  an  Möhren,  nebft  bereu  Vcgung  unb 
Verblutung,  foroie  alle  jur  iltafferoerforgung  nötigen  Wegenftänbe  unb  Arbeiten 
ber  Jyirma  Webr.  Vendifer  um  ben  ^JreiS  oon  88  000  fl.  übertragen.  Tie 
Veitung  beS  itkrfeS  roar  bem  Stuttgarter  Vaubircftor  o.  Ebmann  jugeroiefen 
roorben. 

Tie  Duellen  liefern  im  Wittel  50— HO  Sefunbenliter  Söaffer  aus 
Suntfanbfteinfelfen,  geben  aber  in  trodeufter  fleit  bis  auf  baS  balbe  Quantum 
jurtitf.  TaS  Gaffer  ift  uabcju  djemifd)  rein  (ca.  1  beutfdjer  fcdrtcgrab),  alfo 
gan3  oorjiiglid)  geeignet  für  bic  meiften  geroerblid)en  ßroedc ;  aud)  ift  ei  frifd) 
unb  flar  unb  bei  ber  Sürgcrfdjaft  um  fo  l)öt)er  gefdjäfyt,  alS  eS  ganj  unter 
natürlid)cm  Trude  beifließt.  Sd)on  ^u  Einfang  bcS  legten  \ii!iru'h:itc>  batte 
fid)  tnbeffen  bei  ber  ftets  roadjfenben  Einioolntcrjab,!  in  trodenen  3e^icn' 


•*)  ^lanc,  auf  roeldjcu  biefe  älteftc  Leitung  unter  ber  ^>forjb;eimer 
Sleidjc,  roelcbc  fid)  oon  ber  jefcigen  Manalftraße  bis  jur  SdjießbauSftraßc  er- 
ftredte,  eingejeiajnet  roar,  bürften  je^t  uoa)  auf  bem  iHattyaufe  ju  ftnben  fein. 


Digitized  by  Google 


$forj&eim  im  19.  3obtbunbett. 


511 


bcncn  bcr  Söafferoerbraud)  ein  Dlarimum,  ba«  Cuellenergebni«  aber  ein 
Minimum  ift,  ffiaffermangel  eingeteilt  unb  bie  ftäbtifche  Verwaltung  oeranlafet, 
fid)  naa)  neuen  3öafferbejug«quellen  umjufehen.  Segen  ber  technifchen  $e= 
fjanblung  biefer  Angelegenheit  roenbete  üdi  ber  Stabtrat  im  ^ahre  1  s'"'  an 
^Jrof.  Dr.  Sueger  in  Stuttgart,  £er  nächftlicgenben  ^öfung  ber  i^rage  — 
Raffung  unb  Zuleitung  weiteren  Ouellwaffer«  unter  natürlichem  £rucf  au« 
württembergifchem  (JJebiete  —  fteüten  fid)  Schwicrigfetten  entgegen:  auf  bab. 
Öcbiete  waren  Duellen  in  entfpredjenber  Höhenlage  unb  mit  bem  erforberlichen 
SBafferquantum  nicht  oorhanben.  rer  Sadroerftänbige  fd)lug  ba^er  unter 
ausführlicher  Darlegung  ber  frobrologifchen  SJerhältniffe  oor,  örunbmaffer  aufs 
jufuchen  unb  jur  Wertung  ber  weiteren  Bebürfniffe  ju  oerwenben.  ^undchft 
würbe  eine  Orientierung  erreicht  burch  bie  auf  feinen  SHat  im  %a\)xt  1891 
befchloffene,  im  3>uni  1892  oollenbete  Jiefbohrung  auf  ®nmbwaffer  in  ber 
9<är)e  be«  ^forjhotmor  Schlacbthaufe« ;  man  fanb  33  Dieter  unter  Xerrain  unb 
26  steter  unter  ^el«oberflächc  einen  reichhaltigen,  im  33untfanbfieingebirge 
»erlaufenben  Wrunbwafferftrom,  ber  ein  gute«,  naheju  bafterienfreie«  Jrinf* 
waffer  lieferte.  $urcb  biefen  ©rfolg  angeregt,  erbohrte  ba«  $auerifd)e  Brau« 
hau«  auf  bem  {üblichen  Ufer  ber  (Snj  ebenfalls  eine  Üöafferquelle,  beren 
Spiegel  ca.  2  Dieter  ^ö^er  liegt,  al«  jener  ber  erften  Bohrung  beim  Schlacht* 
häufe;  ba«  gefunbene  Gaffer  mar  tabello«.  eine  britte  Bohrung  unternahm 
fobann  1894  wieber  bie  Stabt;  man  erhielte  mit  berfclben  im  ftäbtifdjen 
Bauhöfe  au«  einem  35  Dieter  tiefen  Bohrloche  ein  nachhaltige«  Quantum  uon 
20  Sefunbenliter  guten  Irinfmaffer«,  ba«  mittels  eine«  im  gleichen  %at)xt 
noch  aufgehellten  prooiforifcben  ^Jumpmerfe«  ber  ftäbtifchen,  bereit«  an  em> 
pfinblichem  Süaffermangel  leibenben  Berforgung  bienftbar  gemacht  rourbe.  2>ie 
Spiegellage  ber  3  ebenerroähnten  gebohrten  Brunnen  erroiefen  eine  jiemlid) 
genaue,  nach  Horben  gerichtete,  in  ber  2iefe  uon  ca.  30  Dieter  unter  ZtyaU 
fohle  »erlaufenbe  ©runbmafferftrömung,  bie  au«  bem  Stabtroalbe  (ftagenfchiefi) 
herfommt  unb  fomoljl  baburch,  bnfc  in  btefem  ca.  2000  fceftar  umfaffenben 
Sßalbgebiete  bie  Dleteorroaffer  nabeju  ganj  in  ben  Untergrunb  oerfinfen,  al« 
auch  burch  bie  geognoftifetjen  Berhältniffe :  eine  grofee,  oon  ^rof.  Dr.  o.  ©et 
in  Stuttgart  nachgeroiefene,  in  ber  Dichtung  Oft- 9lorb* Oft  »erlaufene  Ber* 
werfung,  ftarfe«  nörbliche«  fallen  be«  Buntfanbfteingebirge«  unb  ^Bieber* 
oerflachen  ber  Schichten  im  linjthal  bei  ^forjheim,  fich  erflärt.  lieber  ben 
ftarlflöftigen  Buntfanbfteinfelfen,  bie  Iräger  be«  in  bem  Jiefftrom  bei  ^iforj* 
heim  bewegten  ©runbwaffer«  ftnb,  befinbet  fich  in  10-15  Dieter  Dlächtigfeit 
unburchläffige«  (Gebirge  (reiche  thonhaltige  uinerflüftete  Sanbfteine  unb 
Schieferthon),  ba«  bie  Unterlage  bejro.  unburchläffige  Sdndjt  für  ein  jweite« 
Söafferftoctwerf  bilbet,  baß  einen  oberen  Strom  mit  einer,  oon  bem  liefftrom 
roefentlich  oerfchiebenen  unb  unabhängigen  Spiegellage  barftellt.  Tai  Gaffer 
be«  liefftrom«  jeigt  etroa  10-13  beutfehe  ."öärtegrabe,  herrührenb  oon  ber 
Dlufchelfalfüberlagerung  im  üagenfchie&walb  unb  naheju  fonftante  Xemperatur 
(8,5  -  9  0  R.) ;  ber  obere  Strom  führt  reiche«,  aber  für  3Bafferoerf orgung 
weniger  geeignete«  IHaffer,  in  welchem  fich  bie  Söirtungen  bcr  ftarfen  Be* 
fiebelung  be«  (£injug«gebiete«  geltenb  machen.  3uM8e  oerfchiebener  Sbl« 
regungen  au«  ber  Bürgerfdwfi,  bie  im  allgemeinen  ben  Söuufch  hatte,  auch 
au«  ber  fünfttgen  Bejug«queUe  ein  bem  Öröfceltbalmaffer  ähnlich  weiche« 
Söaffer  möglichft  unter  natürlichem  $rud  beifliefjcnb  ui  erhalten,  finb  fobann 
im  oberen  (Sn^thal  bei  Neuenbürg ,  fowie  im  Jöurmthal  noch  4  weitere 
Bohrungen  nach  Söaffer  oorgenommen  worben.  Sie  waren  fämtlich  infofern 
erfolglo«,  al«  fich  ba«  Gebirge  überall  al«  thoniger,  wenig  jerflüfteter  33unt^ 
fanbftein  erwie«,  ber  größere  9öafferbewegungen  in  ber  Jiefe,  bejiehung«weife 
größere  Entnahmen  an  einer  Stelle  nicht  juläfjt.  9laa)  ^eenbigung  biefer 
Serfuche  (1896)  würben  am  5U^C  oe^  Jvriebrich«berge«  bejw.  am  3üalbranb 
be«  öagenfehie^  7  Bohrlöcher  in  ben  liefquellenftrom  abgetieft,  burch  ^ump* 
oerfuche  im  ftebruar  unb  Dlärj  1898  bie  ©efamtergiebigfeit  berfelben  bi«  $u 


Digitized  by  Google 


512 


^fotabeim  int  19.  Safabunbert 


100  Sefunbenliter  feftqeftellt  unb  Ijierauf  eine  Gnoeiteruna,  beä  SSaffenperfe» 
mit  Mücffidit  auf  50  000  £inmolmer  projcftiert.  ein  achte*  ^obrlocb  in  ben 
Ihitinqer  liefen  fonftatierte,  bafc  ber  Jiefquellenftrom  nort)  auf  $rof;c  Strato 
ttjalabiüdvto  in  bebeutenber  sJJiad]tiq.feit  oorbanben  ift,  fo  bah  bic  IKöglidjfeu 
beftebt,  baä  Saffenoerf  bann,  n>e»n  50  000  ^inrooljner  iiberfdjritten  ünb,  uoä 
weiter  auszubauen,  ^u  ber  &t$una.  bco  ^flcgerauöfcfauffe«  »om  1.  2lua,uft  J*i* 
ift  fobann  ba$  i'uea,et,f(fre  ^rojeft  ber  tfolfferoerfsenoeiteruna,  —  bafiert  <ar 
fünftlidjcr  itWifferbcbunq  —  flenefmügt  unb  im  loefcntlicben  roätjrenb  bt? 
folgenben  oöl)i*eö  ber  ^au  uollsoq.en  warben.  (S*  tonnen  jefct  mit  i>ilfc  etru* 
fel)r  fd)öu  Ijergeftellten  "Uumpwerfe*  unb  unter  Söeiterbcnüfruuij  ber  öirötwl 
tbalqueUen  nid)t  nur  bie  befteljenbe  3tabt,  foubern  aud>  alle  in  3(usn*t  qr 
nommenen  neuen  ittauqebiete  mit  Irinfmaffcr  »erleben  werben.  Tabei  bientr. 
bie  Wröfiettbalquellen  in  ber  ftauptiacbe  jur  epeifunq,  ber  r)öd>fta,ekqencr. 
etabtteüe,  woburd)  bie  ^etriebefoften  für  bol  "Vumproerf,  bas  aue  bem  2\c 
quellenftrom  fdjöpft,  pi  einem  Minimum  berabfinfeu.  £er  itfan  ermannet  iK 
für  abfetjbare  Seiten  behoben,  unb  es  ift  fogar  bie  2Nöqlid)feit  uortjanben,  i>e: 
fein*  unter  äi5affermanc\el  leibenben  benad>bartcn  Otemeinbe  "öröfcingen  Söafi« 
abjugeben. 


SxanaVttaiion  unb  SfufjfiorreJHtott. 

(Sine  burcfygreifenbe  SJefferung  ber  §luf^  unb  bamit  aueb 
ber  ©efunbr)eit£oerf)ältniffe  wirb  bie  mit  bev  Stanalifation  ber 
(Btabt  £>anb  in  .£anb  gefyenbe  Ufertorreftion  ber  (Inj  unb  9fagolb 
bringen.  3)ie  au§  früheren  Reiten  uorfjanbenen  Ranale  münbeten 
entroeber  in  ©eroetb^bädje  ober  in  ba3  SBorlanb  ber  bie  Statt 
burd)5iel)enben  Jylüjfe  unb  gaben  bisher  Slnlafj  ju  93efd)it>evben  aller 
Slrt ;  für  Reinigung  unb  Spülung  ber  Kanäle  mar  nid)t  gef orgt.*) 
Um  genaue  SBorfcfjriften  für  S-Berbefferung  befter)enber  unb  $tx- 
ftellung  neuer  Kanäle  geben  ju  fönnen,  bat  bie  ftäbtifdje  2>er= 
maltung  in  ben  legten  3ar)ren  burd)  ^rofeffor  Dr.  Sueger  in 
Stuttgart  ba§  s}kojeft  für  eine  fuftemarifcr)e  ftanalifation  au* 
arbeiten  laffeu,  ba3  nad)  uerfdjiebenen  oergleidjenben  3tubien 
—  e3  fjanbelte  fid)  um  bie  Gcutfdjeibung  ob  Sdjtuemmfufrem  aber 
Xrennfuftem,  um  bie  MuSmünbung  in  bie  (Snj  oberhalb  ober 
unterhalb  Eutingen,  um  bie  $3et)anblung  ber  3lbmaffer  nor  bereit 
5lu3lafj  2C.  —  fyeute  bie  Unterlage  für  aüe  neu  anjulegenben 
(Sntroäfferungen  bilbet.    @3  fteljt  ju  erwarten,  bajs  in  näcbfter 
3eit  ber  unterfte  roidjtigfte  ieil  be3  ftanalnejjcs  ausgebaut  fein 
mirb.   (Sbenfo  mistig  als  SBafferoerf orgung  unb  üanalifation 
maren  für  bie  Stabt  bie  sBa6gabe  jur  s-8err)tnberung  ber  lieber- 
fd)memmungeu  burd)  bie  <ylütfe  Q£\\z,  fflürm  unb  s)cagolb  unb 
jur  53efeitigung  eine?  leitet  ber  fanitär  frt^äblid)en  ©enjerbebödie 
unb  *28el)re.  ^)urd)  s-öerl)aublungeu  mit  ber  ©rojjt)  Oberbireftion 
be§  siBaffer*  unb  otra&enbaueS  in  Rarl^rulje  unb  ba3  banfen?- 

*)  2Im  18.  Xugufl  1873  mürbe  eine  ftdbtifdje  Slbfu^reinrid^tuug  für 
Jäcalftoffe  errietet  unb  in  regclmapige  J^drigfeit  gefegt,  rooburd?  ein«n 
großen  9Äi|ftanb  abgeholfen  rourbc. 


Digitized  by  Google 


^forjbeim  im  19.  Sabrbunbert. 


513 


roerte  (Smtgegenfommen  biefer  93el)örbe  ift  aud)  fyier  ein  ^rojeft 
entftanben,  ba8,  jum  Seile  fdjon  im  SBofljuge  begriffen,  norjüglid) 
geeignet  ift  bie  Krönung  ber  mistigen  fanitären  s&erbefferungen 
in  $forat)eim  ju  bilben.*)  $ie  ©efamtfoften  belaufen  fi$  auf 
3,253,000  Wll  £ier$u  erhält  bie  Stobt  einen  @taat$sufd)u& 
von  900,000  9ttf.  unter  ber  33ebingung,  bafj  bie  Berichtigung 
ber  beiben  giüffe  nad)  bem  geprüften  pane  in  längften§  6  3at)ren 
ausgeführt  roerbe. 


&abanflatten.**) 

53tö  jum  3a^rc  1812  war  nur  eine  ©abeanftalt  in  ^forj^eim,  unb 
jwar  im  Sürgerfwfpital.  25ura)  bie  unfreunblia)e,  unjioedma&ige  Vage  ber* 
felben  unb  ba  fie  ofmefyin  bem  föofpital  jur  ferneren  SJenufcung  juftanb,  [ua)te 
man  bura)  ^rioat  Beiträge  in  ber  <Btatt  ben  Jonbd  jur  (5rria)tung  einer  ent* 
fprea)enben  2(nftalt  jufammenjubringen.  ©in  paffenber  %4ai}  bierju  fanb  fta) 
im  ©arten  be$  Iraubenwirteä  Mittler,  wela)er  unmittelbar  hinter  beffen 
Süirtfdjaftägebäuben  in  ber  SJrbfcinger  93orftabt  lag  unb  an  ben  bura)  bie 
Stabt  füb,renben  Gnjlanal  ftiefj.  Sa  Mittler  oermöge  feiner  3Birtfa)aftdtonjeffion 
in  ber  Vage  mar,  bie  SJabebefuü)er  in  feinem  ftaufe  ober  (harten  ju  bewirten, 
nal)tn  bie  '-öctjbrbe  fein  $3ebenfen,  bie  Saa)e  ju  genehmigen  unb  uoar  auf  12 
xuilire,  jeboa)  unter  ber  »ebingung,  bafc  ba$  frühere  $ab  im  Sofpitale  weiter 
ejiftieren  follte.  3™  3at)re  1826  mürbe  Mittler«  S3abelonjeffion  auf  weitere 
12  3abre  erneuert,  ba*  ©efua)  um  ein  audfa)liefelia)e«  ^irioilegium  aber 
abgelehnt. 

3m  $erbfte  1874  mufjte  bie  einige  prioatc  «abeanftalt  wegen  ju  gc* 
ringer  93enüfcung  eingeben. 

9Äit  ben  80er  fahren  trat  aua)  b,ier  eine  Söanblung  jutn  Seffern  ein; 
1883  befdjlofe  ein  $um  3wede  ber  Grbauung  einer  Jlufibabeanftalt  gebilbete« 
Komitee  eine  fola)e  oberhalb  ber  Hafc'fdjen  oägmüljle  für  bie  Summe  von 
ca.  6000  2Marf  ju  errieten,  unb  (Snbe  3uli  1884  würbe  bie  Jrauenbabeanftalt 
am  untern  ftammergraben  eröffnet. 

;{uv  $eit  befteben  1.  bie  ftäbtifdje  Sabeanftalt  am  obevtn  Dtüblbaa) ; 
2.  bad  ^rauenbab  in  ber  9tagolb ;  3.  bad  3)2äba)enbab  am  unteren  9Jlüb,lbaa) ; 
4.  bie  IWännerbabeanftalt  auf  ber  ^nfel.  3m  freien  barf  gebabet  roerben 
1.  unterhalb  be8  oberen  ftammertoebrä  unb  in  ber  Cnj  gegenüber  bem 
Söeifert'fdjen  Slmoefen,  fowie  oberhalb  beä  ftammerroebr«  (für  Unaben  oon 
12—16  fahren),  für  Änaben  biä  ju  12  3ab,rcn  am  fog.  "JWuffiergumpen  unb 
am  untern  Cammer,   daneben  beftetjen  oiele  prioate  93abegelegetu)eiten,  aua) 


*)  ©ine  größere  ^(u^arbeit  mar  bie  Jperftellung  ber  9lagolbforreftion 
oom  93leia)n>ebr  bis  jur  tUier  ?3tüde  mit  ber  grofjen  ©mbämmung  jum  ©djufce 
ber  SJorftabt  6eban,  ebenfo  bie  Morreftion  ber  Crnj  oom  $endifer'fa)en  SJÖeijr 
biä  nur  Stofebrütfe.  3"  früherer  -|nt  n>ar  bad  (Sn^flufibett  an  ber  @tette  ber 
iHo^brücte  fe^r  enge,  unb  bei  §od)ioaffer  fua)ten  bie  fluten  oft  einen  für$eren 
SBeg  bura)  ©arten  unb  Siefen,  beren  lerrain  je^t  bie  Sorftabt  @eban  ein* 
nimmt,  »ei  beiben  Aufarbeiten,  mit  beren  $>erftellung  ber  ftdbt.  3ngenieur 
8a)mib(e  betraut  war,  fjanbelte  eö  fia)  barum,  bem  &oa)n)affer  bura)  6a)affung 
eiued  genügenb  breiten  Autraumeö  einen  bequemen  ;HiHhn';  \u  oerfa)affen. 
Die  ©ntfernung  be«  ^nfenftein'fdjen  äüebrö,  roobura)  ber  SÖafferjpieget  bei 
ber  'äuer  ©rüde  bei  twb,em  sBafferftanb  um  0,6  "JMeter  gefenft  rourbe,  bat  fta) 
trefflia)  bemäbrt  unb  bie  $oa)ioaffernot  in  ber  2lu  bebeutenb  geminbert. 

**)  w^for3b,eimer  33eobacbter"  unb  #«njeiger",  «bre^falenber. 

33 


Digitized  by  Google 


514  Worgbeim  int  19.  3a&tbunbert. 


in  $äcfereien  unb  ben  meiften  ftotel«.  Sitte  neueren  (Mebäube  ftnb  mit  Sabe- 
einridjtung  oerfepen,  unb  fepr  oiele  Bieter  oon  Ißobnungen  fepen  neuerbing* 
barauf,  baß  biefe  roopltpätige  Ginricptung  nicpt  feple.  J)a*  oon  3rau  3<Sfl« 
Söitroe  ber  ©tabt  ju  biefem  3roccfe  jugerotefene  großartige  SJermftcptni«  er- 
möglicht e«  leptercr,  in  $dlbe  ein  große«  SJolfdbab  ju  erftcHen.  ©in  oon 
ber  ©tabt  erricpteter  SJolfSbabefonb*  oerfügte  bunp  bie  ibm  alljäprlid)  über* 
rotefenen  Ueberfcpüffe  au«  ber  ©parfaffe  im  Japre  189»  fcpon  über  ein  $er= 
mögen  oon  126,936  üKarf.  $ie  Erbauung  be«  SJolföbabe«  bürfte  im  näcpften 
vsaore  (ittuz)  oereit«  tu  iringrtn  genommen  loeroen. 


Jterärjte  itnb  Jterßfifßtttibe. 

9larfj  ben  5Rat*aften  mar  1824  Seper  erfter  iierarjt  ber  ©tabt.  Sorbem 
befaßten  fup  bie  ©cpmtebe  mit  ber  Xierbcüfunbe,  bie  fie  auep  nadj  %iu 
ftettung  be«  ftubierten  unb  ftaatlid)  geprüften  9lr$te«,  aUerbing«  petmlid), 
fortfefcten.  ein  ©djmieb  froljpauer  mürbe  um  jene  .Seit  megen  tturpfufdjerei 
oenoarnt.  3m  3apre  1836  fragt  baö  Dberamt  an,  roeldjen  Beitrag  bie 
©tabtgemeinbe  jur  SJefolbung  eine«  Vcjtrtottcrarftirä  geben  mürbe.  2>er 
fludfcpuß  befeploß  am  20.  Juli  1836,  feinen  feften  »citrag  ju  leiften.  $ür 
ba*  Slnroopnen  bei  ben  12  $iepmärften  erhielt  er  je  2  flL  30  ><v\.  unb  für 
bie  ^leifd)befd)au  oon  ber  Haffe  ber  SHepgerinnung  monatlich  3  fl.  40  Ar). 
$ie  ©tabtgemeinbe  erljöpte  il)ren  Beitrag  in  biefem  3apre  oon  30  auf  48  fl., 
erpielt  aber  immer  noep  feinen  iöejirfstierarjt.  311«  lierarjt  fam  fterbinanb 
Jieller  ungefäpr  um  1836  pierper  unb  oerblieb  bi«  1847;  jeitroeilig  oerfap 
beffen  ©teile  lierarjt  Söenbeltn  öfterer.  3m  3uni  1848  (ber  ftflbtifcpe  3ufcpuß 
betrug  bamal«  140  fl.)  rourbe  Jierarjt  Öauer  oon  SlbelSpeim  pier  al*  DberamtS* 
tierarjt  augeftellt.  ßr  ftarb  1865.  ©ein  9iad)folger  mar  ber  Jierarjt  unb 
fpätere  $3ejtrf«tierarjt  ferner;  er  bejog  1885  r-=  2400  SHarf.  3m|3apre 
1898  trat  er  in  ben  Nupeftanb,  füprt  aber  bie  ©teile  al«  ©(placptpofoorftanb 
roeiter.  @r  erhielt  ben  titel  SJeterinärrat.  Stadlern  fein  Siadjfolger  £>inl 
nad)  SJlüllpeim  oerfefct  roorben  mar,  erpielt  23ejirf«tierarjt  ©teibing  bie  fjieftge 
Ämtoftelle,  roeld)e  er  nod)  innehat. 

$er  $ierf<4ut?t>ereitt  rourbe  1876  gegrünbet.  £er  Beitrag  beläuft  ftep 
pro  3apr  auf  minbeftene  1  SRarf.  3u  Öeginn  ber  80er  3apre  rourben  Prämien 
audgefept  für  biejenigen  ^forjpeimer  3Ncpger,  roela)e  fiep  bei  tötung  fajroerer 
©d)lacbttiere  ber  ©igmunb  fa^en  ©a^ußma«fe  bebienten  unb  für  fold)e  itutfd)er 
unb  Jyuprleute,  roela)e  bie  i^nen  anoertrauten  liere  opne  ©a)läge  ju  bepanbeln 
roiffen.  Slucp  bie  einfüpmng  oon  Gfeln  für  fleinere  ftuprroerfe  ift  fein  «er? 
bienft.  Xem  Vereine  gepören  einflußreia>e  Beamte  unb  Bürger  an.  ^liiahriitti 
an  9Beipnaa)ten  oerteilt  er  unter  braoe  ©4üler  eine  große  üJnnibl  Xierfrt)ii^= 
falenber,  bie  gerne  gelefen  roerben  unb  jebenfaU«  einen  oerebelnben  Einfluß 
auf  ba«  Äinbergemüt  au«3uüben  geeignet  finb. 


J)er  T* crfdjöitrr« n ^om-rri n  *) 

rourbe  im  3al)rc  1868  oon  SBio^ter,  Ulbert  SBittum,  ©tabt> 
baumeiftcr  3öebcr  unb  Oberbfirgermeifter  6dt)mibt  aegvünbct,  löfte 
ftet)  aber  bei  31u§brud)  be§  beutfd)Sfranaörifd)en  Krieges  roieber 

•)  S«aa)  3Jlitteilungen  be«  aerfc^önerunggoerein«. 


Digitized  by  Google 


$forabeim  im  19.  Sabtbunbert  515 


auf.  2Bäf)renb  ber  furjcn  3eit  feines  erftmaligen  53eftebenS  fdjuf 
er  bie  frönen  Anlagen  oon  ber  ßaüfjarbtftrafje  bis  jum  $allharbtfteg. 

3m  Qaljre  1872  erfolgte  bie  sJceugrünbung.  Sßorfttjenber 
rourbe  $err  db.  SBtc^Ier,  welcher  ben  herein  ununterbrochen  bis 
ju  feinem  im  3at)re  1900  erfolgten  £obe  leitete  unb  ju  f)of)er 
SBlütc  braute. 

$urch  ben  herein  rourbe  bie  grofje  ©d)önheit  ber  Umgebung 
sJ$forjbeimS  eigentlich  erft  red)t  erfd)loffen  unb  befannt  gemalt. 
$ie  tjauptfäc^iidjften  ©chöpfungen  fmb  bie  Anlagen  folgenber 
SBege:  $er  fogen.  2)aooSroeg  am  linfen  Ükgolbufer  bis  gegen 
3)illftein  tyn,  ber  gufjroeg  (irbprinjenftrajje— griebbof,  Einlage 
am  -grodjreferooir,  nebft  2Beg  in  bie  3)iUfteiner  §ohle,  ber  $ut* 
pfab  00m  .Ha II tjarbtfteg  burd)  ben  ^agenfdjiefc  nad)  SeehauS 
mit  9lbjroeigungen  nad)  bem  ©d)ütjenfteg ,  bem  dürfen  unb 
©djoferroeg,  ein  guftroeg  00m  ©djütjenfteg  über  ben  (Srjfopf  §ur 
frönen  53ud)e  unb  ein  joldjer  bireft  borthin,  ein  gufjroeg 
läng§  ber  SBürm  bis  jum  $orf  3Bürm  mit  einer  Ueberbrücfung 
beS*  gluffeS  bortfelbft,  einen  gufjroeg  oom  ^ungfernbrunnen 
bireft  gum  Söalbe  unb  oon  bort  längs  beS  SBalbranbeS  sunt 
#utpfab  unb  l)inab  jum  ©d)üfcenfteg,  ein  gufjroeg  oom  #olj* 
bof  am  SRanbe  beS  ftanalerroalbeS  gegen  (Jutingen,  foroie  oon 
biefem  abjroeigenb  jur  3öurmbergerftra|e ;  §erfteHung  beS  SGBegeS 
über  ben  §ad)el,  foroie  oon  ber  $3rettenerftraf$e  auS  jum  SBart* 
türm  unb  gegen  Eutingen  hinab;  93trfenfelberfteg  (Beitrag  100 
3Jlarf),  SBüdjenbronner  Iffialbroeg,  gufjroeg  oon  ber  Stiefenbronner 
©trage  $ur  SBurmbergerftrafje,  ©leichftrajje^ßromenabenroeg  oom 
•iHagolbthal  ab ;  getfenanlage  beim  $allf)arbtfteg  (93id)lerbenfmal), 
Einlage  bei  ber  ©nnagoge,  |>uchenfelberftra{je  bis  jum  (Erjfopf, 
Sßalbroeg  oon  ber  iZBurmtrjalbrücfe  bis  jum  ©eebauS,  3Öeg 
oom  ©djütjenfteg  bis  jum  JotenroieSle,  2Beg  jum  ©djüfcenhauS, 
Dftftabtparf  (3000  3JW.  Beitrag),  gufjroeg  oom  ©chüfcenhauS 
jum  9teferooir,  5)aooSroeg  jum  ©d)fi$enhauS,  äöafferturm  (Beitrag 
2000  SJlarf),  ©iegel*©tein  am  $aooSroeg,  SBiSmarcfbenfmal» 
Anlage  (Beitrag  633  3ttarf),  Springbrunnen  im  ©tabtgarten 
(Beitrag  600  SJcarf);  <ßerron  auf  bem  £uifenpla$,  QatyU 
roeg,  Springbrunnen  beim  „Odjfen",  Beitrag  jum  ftaifer*2öilr)elm= 
3)enfmal  (900  Wt),  2)reifpifc  im  ©eban.  3luj$er  ben  genannten 
Unternehmungen  ftnb  burd)  ben  SöerfchonerungSoerein  auch  bi* 
gufjroege  nach  SÖeifjenftein  unb  $ud)enfelb  mit  SBeitragSleiftung 
ber  dinroobner  beiber  letzteren  Orte  angelegt  roorben.  gerner 
rourben  burch  ben  SSerein  im  Saufe  ber  Qahre  mehrere  hunbert 
©itjbänfe  an  geeigneten  fünften  aufgeteilt,  foroie  oiele  3öeg» 
roeifer  nad)  allen  Dichtungen  ^tit  angebracht. 

$ie  aWitglieberjahl  roar  bis  gum  $al)xt  1900  auf  1434 
angeroachfen. 


Digitized  by  Google 


516 


^BForjbeim  im  19.  ^abrbunbert. 


$ie  oerftorbene  Jrau  (£mma  Oäger  SBitroe  t>ermad)te  bem 
herein  noef)  511  ihren  Sebjeiten  eine  erstmalige  (Stiftung  uon 
5000  9ftarf  jur  freien  Verfügung ;  ferner  bei  tr>rem  vilbleben 
teftamentarifd)  25  000  Wlaxt,  beren  $infen  für  bic  3roecfe 
33erein§  ju  uerroenben  fmb.  2)urcf)  bie  fyorfjtjerjige  (Uabe  ber 
eblen  ^Bürgerin  tarn  ber  herein  in  bie  Sage,  feine  ^Btrffamfeit 
ju  erweitern  unb  einen  eigenen  Sluffefyer  anjnfteüen  unb  ju  be^ 
folben,  roelrfjer  bie  au3gebel)nten  opasierroege  in  gutem  3uftani)e 
ju  erhalten  fyat. 

5lufjer  ben  fcfyon  genannten  Herren  haben  fief)  um  bie  (fr- 
fdjliefjung  ber  fo  mannigfaltigen  9tei$e  nnferer  <Btabt  ein  be-- 
fonbereS  Sßerbienft  erworben  bie  sperren  Jorftmeifter  9tau,  &tat>t- 
baumeifter  5tern  unb  Kettling. 


Crtiornngortättcn  —  ÄuofTugoortc.  *) 

Qu  ben  fdjönften  Stätten  ber  (hfjolung  jaulen  ber  SfaM- 
garten  unb  ber  (Mrtaotparfi.    drfterer  oerbanft  feine  Qnt 


Per  39artturm. 

ftefjung  ber  Qnitiatioe  ber  £crren  fiouiä  Schober  unb  <Stabt* 
gärtner  3.  Diög  1er.  21u§  ber  Cebe  be§  oberen  föennfelbes  t)at 
ber  Opferftnn  ber  Q3eoölferung  ein  ^errlic^e§  glecfdjen  (Erbe 

*)  3la$  ben  ^rotofotten  be$  Oartcnbauocrcinfi. 


Digitized  by  Googl 


93forabeim  im  19.  Sabvtmnbert 


517 


fdjaffen,  bas  jum  Sicbling^aufenttjatt  bcr  $forjf)eimer  geroorben 
ift.  Die  (Eröffnung  be3  ©tabtgartenS  erfolgte  in  SBerbinbung 
mit  einer  Blumen*,  Obft*  uitb  ©emüfeauSfteliung  im  September 
1885.  Gr  fotttc  aur  roeiteren  Pflege  oon  ber  ©tabt  übernommen 
toerben,  aber  ber  ©tabtrat  befcfylofc  in  91nerfeunung  ber  Sßerbienfte 
be§  ©artenbauoereinS  ben  ©arten  beffen  weiterer  $erroaltung 
überlaffen.  3m  3af)re  1886  mürbe  bie  9leftaurationöt)a(Ie 
mit  einem  ^oftenaufroanbe  oon  8000  9flf.  unb  1887  ber  Sfinber* 
fpielpta^  errichtet,  ©eit  1888  finben  nad)  bem  SJhifter  ber 
fcfpäbifcfyen  5Jlai  ■  $inberfefte  ade  jtoei  3af)re  roof)Iarrangierte 
ßinberfefte  für  bie  3ugenb  ber  @artenbauoerein§-5flitglieber  ftatt. 
3m  ©ommer  erfreuen  alhoöcfyentlicf)  minbeftenä  einmal  bie  frfjönen 
ftonjerte  ber  3euern>ef)rfapelle  unb  oon  ,3eit  ju  3eit  fold)e  f)en>or= 
ragenber  auswärtiger  Capellen  ba£  ^ublifum.  Äud)  an  bem 
äuftanbefommen  be§  ©aalbaueS  t)at  ber  ©artenbauoerein  einen 
fyeroorragenben  Anteil.  Qm  3a^re  1896  betrug  bie  9Jlitglieber* 
aat>r  1639,  ba3  SßereinSoermögen  23  961,73  3Hf. 

£)er  Oftftabtparf  erftanb  nad)  garten  kämpfen  au§  bem 
1863  gefd)loffenen  alten  3riebt)of.  ©eine  (Jinroeifjung  erfolgte 
in  Sßerbinbung  mit  einem  ioof)lgelungenen  Äinberfeft  am  8.  Quni 
1898.  3)urd)  bie  forgfame  Pflege,  toeldje  ber  Vßaxt  burd)  §errn 
©tabtgärtner  Dörflinger  erfährt,  ift  berfelbe  ju  einem  ge* 


Partie  Pom  2$ürmtßaf  im  hinter. 

fuuben  unb  anmutigen  Aufenthaltsort  umgeftaltet  roorben.  9tad) 
ber  sßarfftrafte  ju  befinbet  ftd)  ber  ftarf  benutze  ftinberfpielplatj. 
5ür  bie  Aufbewahrung  ber  mertooUeuen  ©rabmonumente  würbe 
am  Oftenbe  ein  s}$lät)d)en  referoiert.    2)urd)  eine  ©djenfung  ber 


Digitized  by  Google 


518  ^3forabetm  im  19.  3abrbunbert. 

oerftorbenen  grau  @mma  3äger  fonnte  in  bei*  SHitte  be§  ^ßarfeS 
eine  ©dmtjrjalle  errichtet  roerben. 

9kd)  einem  93efd)luf$  be§  Cftftabtbüra,eroerein§  fott  oon 
3eit  ju  3eit  bit  jäfjrlidje  ^Sarferöffnung  mit  einem  ßinberfeft 
oerbunben  roerben.   $>a§  letzte  fanb  im  Sommer  1901  ftatt. 

3)em  pdKittfdjußfporf  bient  ber  oon  einer  SlftiengcfeCI* 
fcfyaft  IjergefteÜte  (5d)littfdjuf)teid)  füblid)  com  3rtebrid)§berg. 
Sang  jähriger  SBorftanb  ber  ©efellfd)aft  ift  $err  Xödjterfdjul» 
SHcftor  gee§. 

3)er  jebem  edjten  ^Pfor^eimer  inneroobnenbe  $rieb  jum 
fröfjlidjen  SSanbern  füt)rt  an  ©onn*  unb  geiertapen  große  Scharen 
oon  gußgängern,  alt  unb  jung,  f)iuau§  in  SBalb  unb  gelb. 
2)er  beliebtefte  2Iu3flug§ort  ift  ba§  ibnllifd)  gelegene  Ocdiauo. 


§ccßaus. 

3Iber  aud)  bie  brei  reijenben  ©djroarjroalbtfjciter  unb  beren 
(5eitentt)äld)en  mit  ifjrer  unoergleid)lid)en  Slnmut  unb  2Balbe§= 
prad)t  roerben  fleißig  befudjt.  3m  $erbfte  jebodj,  roenn  bic 
(Sonne  weniger  f)eiß  fyerabfdjeint  unb  bie  glur  im  Obftfegen 
orangt,  jief)t  ber  ^forjljeimer  bie  SBanberung  in§  ^finjgebiet  unb 
9cecfarf)ügellanb oor.  jbex  lia  o  i  fdu-  C>rlnu ar , roaf bin* rein  (feit  1885) 
unb  hex  jpiirtti'mln'rgifdii'  £>$toax)wafovexein  laffeneSftd)  ange= 
legen  fein,  bie  nod)  oerborgenen  ©d)önf)eiten  ber  £eimat  unb  ifjre 
ge|d)irf)tltd)en  Erinnerungen  bem  9laturfreunbe  jugänglid)  ju 
madjen.  Slber  bie  Söanberluft  fü^rt  otele,  meldte  bie  engere 
£eimat  jur  ©enüge  teilten  gelernt  fjaben,  nod)  weiter  f)inau§, 
baf)in,  roo  bie  Betrachtung  ber  sJlatur  jroar  feine  fdjöneren,  aber 
großartigeren  ©inbrüefe  hinterläßt,  in3  Saab  be3  Hochgebirges, 


Google 


^forabeim  im  19.  3abrbunbert.  519 

in  bic  2ttpenn>elt.  Sttandj  trefflicher  93ergbefteiger  finbct  ftd)  in 
unferer  ©tabt,  unb  bie  Berichte  in  ber  s#forjf)eimer  ©cftion  be§ 
biMttfm  -  ößerreiiöifdicn  klpenvezein*  geben  oftmals  ,3eugm§ 
oon  wagemutigen  Säuberungen  im  £oti)lanb.  3)er  herein  f)at 
fid)  felbft  ein  fdjöneS  3)enfma(  gefegt  burcf}  (Srricfytung  ber 
„^forjfjeimer  £ütte"  am  Seimig  »  ^ßafj.  S)erfelbe  gehört  ber 
©ebtrgSmaffe  an,  bie  jmifd^en  bie  SDtafftoe  ber  ©iloretta  unb 
$8ernina=3llpen  einerfeitS,  bie  Oetjtfjaler*  unb  Drtleralpen  anberer* 
feit§  eingelagert  ift  unb  ben  tarnen  Ofenpafjgruppe  ffityrt.  3)ie 
(Sinroeifjung  ber  (Sdjutjfjütte  oottjog  fuf)  unter  Beteiligung  ^ßforj* 
Reimer  Sllpiniften  am  20.  Sluguft  1901. 


Pas  ^feuerföf^roefett  nnb  bie  ^forjöetmer  3fetterwe(ir.*) 

(Sine  5euerlöfa)orbnung  beftanb  für  bie  Stabt  fdjon  oor  300  3a&r«n; 
ber  oorforglidje  unb  umfia)ttge  SRarfgraf  Gljriftopl}  b,atte  aud)  biefem  roidUigen 
3nftitute  feine  Stufmerffamfeit  3ugen>anbt.  Jn  toeld>er  SBeife  baä  gfeuexlöfös 
mefen  fid)  feitbem  aiimaüiui)  ^ernudgebtlbet  tjat,  bürfte  bie  banfbare  Stufgabe 
einer  Spe$ialgefd)id)tc  über  biefen  Öegenftanb  fein. 

Sd)on  früher  befanb  fid)  ^forjb,eim  im  Seftye  einer  3reuerfprifce.  ©in 
Seridjt  ber  3lmt$fcllerei  'Pforjfyeim  an  ben  SDiarfgrafen  oom  3uli  1797  melbet, 
bafj  bie  ^euerfpri^e  befeft  geroefen  fei.  »tan  mollte  fte  mit  ®otte$auer 
iRetourpferben  nad)  tfarlSrufjc  fdneten,  oergafi  eS  aber,  unb  als  bie  ^ranjofen 
famen,  bie  alle  beroeglidje  $abe  mitgeben  biefjen,  fanben  fte  aud)  an  ber 
Jeuerfpri^e  (Gefallen.  #upferfd)mieb  Sbäuerle,  ber  fdjon  etliche  Jeuerfprifcen 
„mit  großem  i'ob  ausgeführt",  foUte  roieber  eine  folaje  b,errid)ten  um  ben 
ijjrei«  oon  100  fL,  roenn  SereniffimuS  bie  ^uftimmung  geben  mollte.  »äuerle 
felbft  fdjrieb  bem  iKarfgrafen,  bafi  er  sroar  320  fL  Endlagen  Imbe;  aber  um 
100  fl.  toolle  er  eine  alte  Sprtfce  roieber  b,erria)ten  unb  führte  9  fünfte  an, 
nad)  benen  bie«  gefd)eb,cn  foUte. 

9lm  7.  Januar  1817  ronrbe  bie  ^forjbeimer  Jeuerlöfdjorbnung  oom 
3at)re  1744  erneuert  unb  ben  Serbältniffen  entfpred)enb  oerbeffert.  fciernad) 
mar  bad  Xabafraudjen,  felbft  mit  bebeeften  pfeifen  in  Sdieunen,  Stallungen, 
ftrudjt*  unb  §euböben,  foroie  ba$  2abafraud)en  mit  unbebetfter  pfeife  auf 
Strafjen,  ba«  fragen  oon  unbebedten  t'idjtern,  ba«  fcolabörren  auf  Defen, 
bad  $ed>eln  oon  ^(aa)d  unb  $anf  bei  vi di t  ftrengftend  unterfagt,  ebenfo  ba$ 
Sdjiefren  mit  öeroetjren  innerhalb  ber  Stabt  ob,ne  befonbere  (Erlaubnis. 

(ftne  (Snoeiterung  erfuhr  bie  fteuerlöfdjorbnung  im  3al)re  1830.  Sieben 
ber  fteuertrommel  foüte  bei  einem  9'ranbe  in  ber  Stabt  bie  Äirdjenglocte  bie 
Beoötferung  oon  bem  $ranbe  benad)rid)tigen.  Bei  einem  auätoärttgen  iöranbe 
foUte  ba$  SRatbauöglöddien  geläutet  roerben.  die  fteuerlöfdrorbnung  umfaßte 
fecfjd  ^aragrapben.  2)iefelben  banbeln  1.  über  bie  «erbütung  ber  ^euerö= 
gefaljr,  2.  über  bie  oorforglia>e  Einrichtung  ber  i.'öfa)anftalt,  3.  über  bie  3tn* 
menbung  unb  Drbnung  ber  Vöfdjanftalten  bei  entftebenben  Jyeuerdbrünften, 
4.  Slnorbnung  mäbrenb  bed  3)ranbcd,  5.  Slnorbnung  nad)  beenbigtem  ©ranbe, 
6.  »elobnung  unb  Strafen.  Jeuerreitem,  toelct)e  juerft  oor  bem  9tatb,aud 
erfebienen,  mürben  Belohnungen  jugefia)ert:  bem  erften  1  fl.  30  Ärj. ;  bem 
jioeiten  1  fl. ;  bem  brüten  45  ftreujer.  diejenigen  ^ferbeeigentümer  ober 
i^re  Änctbte,  njela)e  perfönlid)  mit  ^ferben  erfd|ienen,  um  bie  Spritjen  ju 


;  ^>cneraiianoeeara)to.   iprototoue  oee  (yeuerrocgriorpe. 


Digitized  by  Google 


520 


^Morjbeim  im  19.  3<ibtbunbert 


befpannen,  erhielten  ald  erfter  3  fL,  ald  jroeiter  1  ft.  30  flrj.,  ald  britter 
48  Ärj.  SJelobnung.  Sßer  ben  erften  SButten  Süaffcr  *ur  Sprite  trug,  erhielt 
I  fl.  30  Ärj.,  für  ben  erften  Kübel  ooll  Gaffer  rourben  48  Mrj.  bejaht.  Äm 
30.  IRärj  1841  rourben  12  «utten  unb  30  Mübel  angefd)afft.  1845  erfd)ien 
eine  neue,  oermebrte,  ben  Berhdltniffen  angepaßte  fteuerlöfc&orbnung.  3u 
„Jeuerberren"  rourben  ernannt  bie  Öememberäte  fcuttenlod)  unb  Unter*e<fcr. 
3bnen  unterftanben  10  Obmänner,  16  ©prifcenmeifter,  96  8pri$enmannfd)aften, 
25  Turner.  Scfe^lerjaber  ber  9tettungdmannfd)aft  voaxtn  bie  ©emeinberäte 
Sofinger  unb  £>epp,  benen  HO  "JHannfdjaften  unterftanben.  £ie  fteuerroehr 
roar  in  5  Motten  eingeteilt  mit  je  jroet  Obmännern.  Skr  bei  einem  Sranbe 
auf  ben  Stuf  ber  i'drmtrommel  nidjt  erfd)ien,  white  3  fl.,  roer  md)t  tüd)tig 
arbeitete,  1  fl.,  ober  rourbe  je  nad)  Grmeffen  mit  ©efdngnid  beftraft. 

3m  Februar  1858  befdjloft  ein  Komitee,  an  beffen  Spifce  Äarl  SBeder, 
ftabrifant,  Steinhänbler  Siüalj  unb  ^inngiefcer  SJiürrle  ftanben,  nad)  bem 
Vorgänge  anberer  Stäbte  ein  biöjtplinierteö  unb  ted)nifd)  geübted  ^ompter* 
forpd  ju  errieten,  ^eber  Bürger  unb  ftaatdbürgerlid)e  einroobner  roar  mit 
bem  eintritt  ber  Solljäbrtgfeit  bienftpflid)tig ;  inbeffen  roar  aud)  ^reirotUigen 
ber  eintritt  geftattet.  Eurd)  bie  jroangdroeife  Verpflichtung  jebed  ȟrgerd 
follte  bem  Äorpd  ein  fefted  ^anb  gef dmffcn  roerben,  „ba  im  anbern  ftall  nur 
junge  lebige  SMjoutterd  aud  ftreube  an  ben  blifcenben  Reimen  u.  f.  ro.  bei* 
treten  rourben."  Sobann  roären  bei  ben  ^forjbeimcr  SJerbältniffen  aud) 
frembe  Arbeiter  nid)t  audgefdfloffen,  rooburd)  ein  oft  plöblicber  Üikcbjel  ber 
s]Wannfd)aft,  befonberd  bei  Wcfdjaftdf i tu in,  hervorgerufen  roürbe.  Ald  äludtrittd^ 
alter  rourbe  ba«  50.  Sebendjahr  angenommen.  ÜDie  roegen  Untauglid)feit  ober 
Unroürbigfeit  nicht  ^ugelaffenen  mußten  je  nad)  ben  Bermögendoerbältrüffen 
einen  jährlichen  Beitrag  oon  2—10  fL  roäljrenb  12  fahren  an  bie  Jeuerroe^r^ 
faffe  Iciften. 

Ter  jroangdroeifen  einfübrung  einer  ,  um  erwehr  roiberfefcte  ftd)  bie 
Regierung,  roeld)e  eine  öerufdfeuerroehr  empfahl,  roenn  eine  freiwillige 
Bereinigung  nid)t  ju  ermöglichen  fei.  An  freiwilligen  ^Teilnehmern  aber  feblte 
ed  feinedroegd;  benn  fd)on  im  ^uli  1858  hatte  fid)  aud  allen  Schichten  ber 
Skoölferung  ein  450  SKann  ftarfed  Äorpd  gebilbet,  beffen  Statuten,  benen 
reiburgd  nacbgebilbet,  mit  wenigen  Aenberungen  genehmigt  rourben.  $ad 
orpd  beftanb  aud  5  Abteilungen,  1.  Bettungdmannfcbaft  (©teiger),  2.  Aud= 
träger,  3.  Sprifcenmannfcbaft,  4.  Arbcitdmannfd)aft,  5.  föadjmannfdjaft.  ein 
jtommanbant  fübrte  ben  Oberbefehl,  bie  Äompagnien  rourben  oon  Abteilung«; 
bauptmännern  befohlen,  benen  i'eutnantd  unb  Obmänner  jugeteilt  roaren.  *ei 
einem  SJranbe  in  ber  Stabt  felbft  gefebat)  bie  Alarmierung  burd)  2ambourd 
unb  .fcorniften,  bei  einem  audroärtigen  SBranbe  aber  nur  burd)  letuerc.  3)ad 
einreiben  oon  Webäuben  burfte  oon  1859  an  nur  mit  Wencbmigung  ber 
Staatdbebörbe  gefd)eben.  2Me  sBad)mannfd)aft  burfte  nur  aud  ^fornbeimer 
bürgern  befteben.  3um  eintritt  ober  Audfa)lufi  eined  einjelnen  SJtitgliebed 
roar  bie  Genehmigung  bed  (^emeinberatd  erforberlid).  ;%hre  Audrüftung  hatte 
bie  9Rannfd)aft  felbft  511  ftellen.  %m  £ienft  ober  bei  bienftlid)en  Uebungen 
rourbe  ihnen  bad  Xragen  oon  Säbeln  erlaubt.  Abolf  Äiehnle  rourbe  Äorpd= 
fommanbant,  Dr.  (*ufeler  ftorpdarjt,  ald  roeldjer  er  bid  ju  feinem  lobe  bem 
Äorpd  angehörte.  Sit  erftmalige  ^nfpeltion  bedfelben  fanb  am  1.  ftebruar 
1859  in  ooller  Audrüftung  unb  Uniformierung  ftatt.  Abenbd  9  Uhr  oer= 
fammclte  fid)  bie  ganje  3Rannfd)aft  nod)mald  auf  bem  fiinbenplafc  unb  30g 
bann,  mit  Radeln  audgerüftet  unb  unter  Borantritt  ber  DJtuftl  bed  ttarlor'uber 
^ägerbataillond  burd)  bte  otabt,  um  ihrem  Morpdtommanbanten  91.  Hiebnle, 
Cberamtmann  %9$t  unb  Oberbürgermeifter  3errcnncr  **nt  ^adtl\tttnabe  ju 
bringen,  ^h"  erfte  Jeuerprobe  beftanb  bie  geuerroehr  am  2.  SRdrj  1859 
beim  Salbhornfdjeuerbranbe.  Am  16.  3Ka:  traf  bie  funftooll  geftiette  ,veuer 
roehrfahne  oon  Üarldrulje  ein,  unb  am  9.  September,  an  Öro^crjogd  ®eburtd* 


Digitized  by  Google 


Vfoflfeiw  im  19  ^obrbunbett. 


521 


taq,  mürbe  btefelbe  mit  einem  pompöfen  Aeft  einaemeibt  unb  bamit  ba«  Äorp« 
f eirrltdift  nie  foldje«  fonftituiert.  * 

2Jon  ber  flrftnbung  bio  Imüs  battc  bie  Jeuerrocbr  17»  3djabenfeuer 
in  ^forjfyeiin  unb  ausmärt«  \u  befämpfen. 

2lm  29.  ^uli  lHH.i  bciiinq  fic  ba*  2r>jabriae  Jubiläum  ihre«  23efteben«, 
roobei  für  2r»jabria,e  2Nita,liebfd)aft  37,  für  16jabria,e  52  ,veuermel)rmanner 
mit  bem  oom  (Hroßbcrjoa,  ßeftifteten  l*bren\eid)en  au*a.e*eid)net  würben. 

21  m  25.  ^uni  IHH8  brannte  ba«  3teia.bau«  nieber. 

oin  ,"\ab,re  1h»>h  jourbe  oon  l'ittjoflrapb  2l>ilbelm  i^era,^  ber  (Mrunb 
eieleat  \u  ber  heute  fo  leiftuna,«fäbia,en  unb  beliebten  Aenerroebrntufif  i  2taM- 
fapclle)  ,  bie  lana,c  ^abre  unter  ber  vcitunfi  oon  SU'ra.a.öb  ftanb ,  von 
iNufiflebrer  vaubin  eingeübt  mnrbe  unb  feit  1H87  oon  bem  fonigl.  Militär- 
mufifbireftor  Nufmemenb  ooruiajid)  geleitet  roirb. 

Tie  Äueruftuna.  be«  Morp«  beftanb  fun  nad»  ber  (Hrunbuna,  au«  5 
Aabrfpriben  unb  4  .^anbfpri&en,  ben  nötigen  flettuna,«a,eraten,  Veitern  unb 
einem  iWannfd)aft*maa,en.  2tadj  Cfinfuhrumi  ber  WiÖffeltballeituna.  mürben  5 
.vmbranienroaa,en  befmafft,  um  fid)  biefer  bei  V einarbeiten  ungemein  oorteil» 
baften  £inria)tuna.  bebienen  ju  fönneu.  3eitbem  mürben  burd)  ftabtifdje 
,Sufd)uffe  unb  iNita.Iieberbeiträae  jemeil*  bie  neuefteu  l*inrid»tuna,en  im  X'öfdV 
ßeratcroefen  amu'fdjafft.  3ie  beftnben  fid)  im  untern  3todmerfe  ber  ftraueiv 
arbeit«fdmlc  am  itfaifenbaueplabe.  Seit  Cftober  IImmj  befreit  aud)  ba«  für 
bie  ftete  roadjfenbc  &u«betmuua,  ber  ctabt  fetjr  }medmafwa,e  3nftem  ber 
ÜJcderlinien. 

21m  24.  Juli  1898  feierte  ba«  Äorp«  ba«  4<>jabria,e  Jnbildiim  feine« 
23eftef)en«,  au«  roeldjem  2lnlaf$  eine  flrofce  2ln^abl  auemartia,er  Morp«  in 
Worpheim  eintrafen.  Km  cdjulpla^c  unb  auf  bem  iNarftplab  fanben  bie 
Irrenitienftatt.  Xem  Äorp«  geborten  feit  ber  Wrnnbuna,  an :  UJebiMnalrat 
Dr.  (Hitler,  Vubmia.  Wibrecht,  Gmaileur,  Johann  2lid),  t<reffer,  Jofjann  Totn, 
Bijoutier,  Marl  ir.  veibbranb,  21u*laufer,  Marl  ,"vriebrid)  iHurrle,  Bijoutier, 
Vubmia,  3d>ofer,  3mubmart)ermftr.,  Marl  3d>ule,  23ij.,  itfilbelm  3tödie  sen., 
J\abrifant,  Weora.  Unserer  sen.,  Mufermeifter. 

Wleidjjeitia,  mit  ber  iifonbeimer 
^euermebr  beging  aud)  bie  Cammer« 
feuerroebr  ber  Mcbruber  SciMftfec  ibr 
40jabrigee  Jubiläum. 

Xxt  jebige  iK'itglicbenabl  bce 
Morp*  betraft  :r»0  IMaun. 

Stom  ,x\uni  bi«  *u  feinem 

lobe,  r>.  iKai  Ihihj,  n>ar  fitauyncam 
Mommanbant  ber  i'fonbeimer  Reitet« 
mehr;  nad)  feinem  lobe  trat  ber  bio- 
henue  ;  weite  Mommanbant,  ctabtrat 
"^reftinari,  an  feine  3 teile. 


1$ 

rr 


4 « 

4> 


^OUtd  >ran;maMii. 

l'oui«  JvraiHmann,  fleb.  |H28  \u 
Marieruhe,  trat  im  ^abje  IfVtol  ale 
Maufmann  in  bae  (Seimaft  oon  ^5.  T. 
Waper  in  l;nu  vhetnt  ein  unb  oerbeiratete 
fid)  im  folaenbeu  ^ahre  mit  einer  Ufon« 
beimerin.  Cbmobl  fein  cobn  i'fonbeimo, 
nahm  er  bod)  mabrenb  ber  oielen  ,\ahre 
feine«  \>ierfein«  ben  reiften  Anteil  am 
öffentltdjen  veben  unb  qenofi  in  allen  3dncbten  ber  ^eoolferunfl  ein  qrofie« 
Kltfetjefl  unb  Vertrauen.  211«  3tabtrat,  2.  23ur^enneifter,  ^eürfdrat,  al«  einflu^i« 
reid^e«  i'iitjltcb  oieler  Vereine  unb  (9cfeUjfibVftcn,  namentlia)  aber  in  feiner 


l'ouio  i 'rammiinii. 


522 


^torabcim  im  19.  Oabrtmnbcrt. 


Stellung  ak  tiommanbant  ber  fteuenoebj:,  Sorftanb  beä  xianbc^-^rucrnjctir» 
Serbanbce  unb  alÄ  8ludfd)uji*nitglicb  ber  £eutfa)en  ^euenoe^r,  bat  er  bae 
in  il^n  gefegte  Vertrauen  jebcruett  im  oollen  Umfange  ju  rechtfertigen  oer= 
ftonben.  Sein  Vetdjenbegängni*  am  7.  SRat  189«  gefaltete  fta)  ju  einer 
imoofanten  ftunbgebung  für  ben  $ereioigten.  £er  üranbeöoerbanb  ber  Jeuer- 
roeqr  fefcte  ihm  ein  oon  Silbbauer  Mittler  IpergefteUte«  Örabbenfmal,  baä  fein 
$ilbni$  tragt.  5ran5mann,ä  tliirfen  roirb  bei  ber  Jeuenoe^r  unoergeffen 
bleiben. 

-nirrfjridh'o  4>0ett.*) 

Allgemeinem. 

$)ie  ferneren  $)rangfale  ber  $rieg§jal)re  ju  dnbe  be§  adjt* 
$ef)nten  unb  am  Anfange  be£  oorigen  $ai)rf)unbert3  Ratten  im 
33oI(e  einen  tief  religiöfen  Sinn  erjeugt.  $a§  ©efüf)l  ber  eigenen 
©dnoadjfjeit  unb  €l)nmad)t  gegenüber  ben  ©räueln  be§  Äriege§, 
ben  folgen  oon  9Jlijjjaf)ren,  Ueberfdjroemmungen,  ©eueren,  ließ 
bie  9Jlenfdjen  weniger  auf  iljre  eigene  Straft,  at§  auf  bie  $ilfe 
be§  Rimmels  oertrauen. 

m  in  bie  Witte  ber  40  er  3aljre  beftanb  ein  leiblich 
gute§  93ert)ältni3  sroifdjen  ben  ©liebern  beiber  £auptreligion3= 
gemeinfdjaften  unb  biefer  unter  ftd}.  93on  1845  ab  aber  machte 
ftd),  gleichzeitig  mit  ber  politifdjen  Bewegung  aud)  eine  folctye 
auf  fircr>licf)em  ©ebiete  bemerfbar,  bie  mir  unter  bem  tarnen 
„$eutfd)iatc)oliji§mu§"  fennen,  unb  au§  bem  ftd)  foäter  bie  frei* 
religiöfen  ©emeinben  entioicfelten. 

infolge  ber  Vorgänge  oon  1848  49,  welche  bie  Auflöfuncj 
ber  gefejjlidjen  unb  oaterlänbifdjen  93erl)ältniffe  mit  ftd)  brauten, 
fat)  ftd)  bie  Regierung  oeranlaf&  ein  ftraffere§  Stirdjenregiment 
einzuführen,  als  e§  btSfyer  oon  ber  nationaliftifdjen  eoangelifdjen 
©eiftlidjfeit  unb  oon  ben  liberalen  fatc)olifd)en  ©eiftlid)en  ber 
Söeffenberg'fdjen  (Sdjule  geführt  roorben  mar.  $ie  SReaftion 
fdjuf  aud)  l)ier  einen  bem  93olfe  roenia,  oorteilt)aften  SBanbel. 
$ieti§mu§  unb  3efuiti§mu8  erlangten  bte  Dberfjanb;  bie  fird)* 
liefen  gönnen  unb  ©egenfätje  mürben  fd)ärfer  Ijeroorgeljoben, 
ben  ßirdjengliebern  tourbe  eine  bußfertige  ©eftnnung  jur  oberften 
^flidjt  gemacht,  bie  ftonoentifel  unb  3efuitenmifftonen  übten  eine 
bisher  frembe  Sßirfung  au§,  bie  einerfeitS  &u  rücfrjaltlofer  Unter* 
mürfigfeit  führte,  anberfeitS  einen  mefyr  ober  minber  ftill  oer* 
cjaltenen  ©roll  näfjrte ;  beibeS  mar  bem  roar)rt)aft  religiöfen  Seben 
roenig  bienlidj.**) 

*)  ÜRacft  Mitteilungen  ber  oerfebiebenen  fircfilicben  «emeinfajaften,  beä 
„^forjfjeimer  Slnjeiger"  unb  „Seoba^ter". 

•*)  inmitten  be$  fonfeffioncllcn  £aberö  fällt  ein  Sorfommniä  in  ber 
Heilten  ©emeinbe  ber  ®r.  fcctl;  unb  ^fleganftalt  oon  fo  fdjöner  unb  menfa> 
lia)  ebler  Eenfroeife,  ba&  wir  beSfelben  l)ier  too$l  ßnoäljnung  t$un  bürfen : 


Digitized  by 


SMorabeim  im  19.  3abrbunbert.  523 

tlu§  bem  heftig  geführten  Kampfe  amifchen  Ortboborie  unb 
2iberali3mu§  ging  legerer,  bonf  ber  griebenSliebe  be§'@ro&= 
berjog§  griebrich,  ber  im  3ahre  1860  ba§  oerba&te  Stonforbat 
fallen  Üe|,  als  ©ieger  tywov.  greilich  fefcte  e§  ^icv  auch  fpäter 
nod),  ©nbe  ber  60er,  in  ben  70  unb  80er  Sauren  manche  kämpfe 
ab,  bie  fief)  in  ben  Leitungen  unb  nicht  feiten  bi§  in§  innerfte 
Jamilienleben  hinein  abfpielten,  aber  fie  haben  infofern  genäht, 
als  fte  eine  „reinliche  ©Reibung"  ber  ©eifter  herbeiführten. 

Sftit  befonberem  Qntereffe  oerfolgte  bie  eoangelifdje  5Jircf)e 
bie  im  3<*hrc  1845  angebahnte  beurfcr)iatr)otifc^e  unb  in  ben  70er 
Qatjren  bie  oon  ihr  unterfiütjte  altfatbolifche  Bewegung,  welche 
geeignet  fd)ien,  bie  roeite  ßluft  jnrifchen  ben  beiben  §auptfirchen 
mit  ber  $eit  aümäblig  ju  überbrücken.  $)as  fpätere  ©djicffal 
ber  altfatholifchen  93eroegung  %at  jinar  biefe  Hoffnungen  ftarf 
berabgeftimmt,  ba§  freunbfd)aftlid)e  Verhältnis  aroifchen  ^Srote* 
ftanten  unb  5lltfatholifen  aber  ift  balfelbe  geblieben  roie  ju 
Anfang. 

§eute  barf  ba§  3ufammenleben  ber  oerfdnebengläubigen 
©emeinbeglieber  ein  erträglich  genannt  werben.  3eber  £eil 
hütet  forgfam  feine  ihm  anoertraute  Domäne  unb  macht  über 
feine  Stechte.  3m  übrigen  oerfehren  bie  Bürger  burchauS  frieb* 
lieh  untereinanber,  ohne  bafj  ber  eine  ftch  oiel  um  ba§  SSefennt» 
ni§  be§  anbern  fümmert. 


Pie  epanflefir^e  SxizQe. 

Xai  ioid)ttgfte  irreignis  im  Schofje  ber  eoangelifc^eit  ftira)e  mar  bie 
oon  Marl  ^riebric^  längft  geroünfchte  Bereinigung  ber  lutherifchen  ftirche  mit 
ber  reformierten,  loeldje  nach  langen  unb  cingebenb  gepflogenen  Berhanblungen 
im  3ab,re  1821  oor  ftcb,  ging.  $n  bem  fich  in  ber  golge  ertjebenben  Äaterf>iSmuS* 
ftreit  traten  jefct  bie  pietiften  für  ben  Sortlaut  ber  fmnboltfchen  Schriften 
mit  einem  UngeftQm  auf,  an  melden  man  bie  Stillen  im  Sanbe  nicht  mieber 
ju  erfennen  oermochte.  35ie  Äonoentifel,*)  ein  n>efentlicf)e3  Sierfmal  ber 
pietiften,  mürben  eine  ©efafjr  für  bie  öffentliche  5Hut)e.  (Sbenfo  t>at  ber 
Separatismus,  melier  bie  Erfüllung  fachlicher  2Jorfd)riften  fiartnäctig 
oenoeigerte  unb  fia)  oon  ber  Äira)e  trennte,  ofme  mit  einem  neuen  GHaubenS* 
befenntniS  ober  einer  neuen  flirre  aufzutreten  unb  ber  oielfacft  aus  pietiftifcfjen 
Bewegungen  heroorging,  n>ieberf)olt  bie  öffentliche  SRut)e  geftört.  Seit  1805 
jeigten  ftch,  oon  Württemberg  fommenb,  feparatiftifche  Spuren  in  ber  SBrettener 


„9(m  30.  Cftober  1856",  berietet  ber  „Pforjh-  Beobachter" ,  „empfingen 
in  ber  fteil*  unb  Pfleganftalt  jioei  fattjolifaje  roeibliche  Pfleglinge  jum  erften* 
male  bie  tjl.  Äommunion.  Tie  eine  baoon  hatte  bereits  ihr  30.  Lebensjahr 
Übertritten.  2>ie  fteier  fanb  in  Öegenioart  {amtlicher  Seamten,  Singefteliten 
unb  Pfleglinge  ber  Slnftalt  ftatt,  unb  faft  ade  nahmen  am  Slbenbmahl  teil. 
Eer  Crinbrucf  biefe«  familienhaften  3ufammenlebenS  unb  gegeufeitiger  Anteils 
nähme  mar  ein  ert)ebcnber." 

•)  Siehe  »ierorbt,  ®efa)ichte  ber  eoangel.  Äirc$e  II.  5öb. 


Digitized  by  Google 


524 


i^forabcim  im  19.  3al)rf)unbert 


(Hegenb.  Cö  roaren  «eute,  bie  ftcf»  roeifc  fleibeten,  jeben  obne  Unterfdneb  mit 
„Du"  anjureben  pflegten  unb  ben  „dürften  unb  Sdjroanröden"  ben  Weborfam 
fünbtgten.  Seit  ber  Union  bemerfte  mau  foldjc  &Uberfcfelicbfeiten  gegen  Staat 
unb  Äirdje  in  Dtllroeifeenftein  unb  Dietlingen,  aber  aud)  in  bem  fatbolifdjen 
<£rfmgen,  roo  mehrere  Bürger  fdron  früher  erflärt  hatten,  bie  Äircbe  nie  roieber 
Mi  betreten  unb  bie  bei  beut  Trauergeläute  um  ben  bamals  oerftorbenen  $apft 
nidjt  mittbun  roollten.  fid)  im  September  IHM  gegen  200  ikJeifrrötfe  am 
„Siebbicbfür"  bei  SBilferbingen  auf  eine  bie  öffentliche  Stube  unb  bie  Sieben 
beit  bee  Eigentum*  gcfäbrbenbe  "lücife  oerfammelten,  rourben  ibre  fnbigften 
Äöpfe,  barunter  ifjr  „Altoater"  ^otjann  ,Sad)mann,  Arbeitsbaus  geftedt, 
bie  übrigen  in  ibre  fceimat  unb  l)iet  unter  $olUeiauffid)t  gebraebt.*)  Seitbem 
ftnb  foldje  Auftritte  unterblieben,  «on  1850  an,  als  bie  Meattion  auf  fircli= 
liebem  (Gebiete  üppig  ju  gebeiben  begann,  regten  ftcb  aueb  ber  Separatismus 
unb  ^ietienm  roieber  unb  oerurfadjten  feitbem  ber  liberalen  Äirdje  unb  ibren 
©eiftlidjen  managen  Mummer  unb  5lerbrufj.  ^nbeffen  oerlangt  es  bie  $tf  Uigfeit, 
aud)  beroorjutjeben,  ba&  bie  pietiftifebe  3tid)tung  fieb  im  l'aufe  ber  ;>abre  ber 
StaatSfirdje  mebr  unb  mebr  angegliebert  bat  unb  treu  ;u  ben  ortbobojren 
(Heiftlicben  fteljt.  tyt  Jyübrer  in  llforjbeüu  roar  burd)  beinahe  ein  Halbjahr; 
bunbert  binburd)  sÜHlbelm  Würrle,  ein  Wann  oon  berbem  Gbarafter, 
feltener  Ausbauer  unb  ftrenger  tfrömmigfeit,  beffen  Anregungen  mana)e  roert- 
ooQen  fojialen  öinridjtung  \u  baufen  ift. 

Seit  ^abrsetmten  ift  bie  5üdjtung  ber  eoangclifdjen  (Memeinbe  eine 
überrotegenb  liberale,  unb  bementfpredjcnb  rourben  ftetS  nur  liberale  (9eiftlid)e 
geroäblt.  Sbre  Sttirffamfeit  auf  religiöfem  unb  fojialem  öebiete  ift  reidj  an 
fdjönen  erfolgen. 

Witten  im  iReoolutionstrubel,  1849,  erftanb  bie  erfte  Stletttfinber« 
frt)iilc;  tjeute  befinben  fid)  bereu  fedjs  in  ber  Stabt. 

(Sin  tbriftlidjer,  Ijeute  nod)  beftebenber  Vcfc.^irfcl  würbe  eingerid)tet. 
Tn  t  r t  V.hu-  1856  rourbe  bie  9iieferitbiirq  (oom  Manier  Aa)tfunit  1555  erbaut) 
um  2200  fl.  angetauft  unb  -,u  einem  StettungSbauS  für  oerroabrlofte  Winber 
eingeridjtet.  3m  3abre  18*>1  rourbe  baS  ftauS  Wr.  7  am  ffiaifcnl)au$pla& 
um  5000  fl.  erroorben  unb  jum  eoangelifd)eu  SJereinSbauS  umgeroanbelt.  Am 
1.  Aboent  rourbe  bie  fogenannte  SonntagSftbule  eröffnet.  ^n  biefelbe  $cit 
fällt  bie  örünbung  eines  ^iiiinfrnuru  Vereine«,  au«  beut  fub  fpäter  ein 
«übereilt  cntroidelte.  :>n$  ^atjr  1872  fällt  bie  tfutftcbung  bes  Stafontffen 
toereind  für  bie  ttranfeitpflege.  2luS  biefem  herein  beroorgetyenb,  erftanb  am 
14.  3Jtär$  1884  bas  erfte  ftinbf  rfoital.  Das  neue  cmutgel.  reinSljauö 
in  ber  oberen  Au  rourbe  im  Cf tober  1885  eröffnet. 

Sllientbalben  nebmen  bie  *aien  fctbfttbätigen  Anteil  am  fird)lid)en  geben, 
an  ber  Leitung  firdjlicber  Vereine  unb  bereu  Mefdjäfte.  Der  Slrmentiereiu, 
ber  cunitßcliidif  3(rbetterberetn  mit  Sterbe-  unb  Unterftübungsfaffe  fmb 
coangelifa>proteftantifd)e  Sd)öpfungcn.  Der  euan geht rt)c  ©unb  jur  2öaf)rung, 
beutfd)?proteftantifd)er  ^ntereffen  ftel)t  auf  ber  Starte  gegen  Angriffe  oon 
AnbcrSgläubigen  unb  flärt  feine  Hiitglieber  auf  burd)  Vorträge  unb 
fdjriften  über  alle  bebeuteuberen  Vorgänge  auf  firdjlidjem  (Gebiete.  Der 
Muftat»  3(b0ff;$cretn  bient  ber  (rrroedung  eoangelifd)=rird)lid)en  Sieben* 
unb  ber  Untcrftüfcung  ber  Tiafpora=(Hemeinben.  Am  21.  9Iovember  1863  rourbe 
oon  liberaler  Seite  ber  ^roteftantrnttrrctn  gegrünbet.  o  v  -al)lte  1865: 
100  Witglieber.  Grfter  t'eiter  roar  Cberbürgermeifter  ^erreuner.  Um  ben 
herein  oerbient  madjten  \id)  aufjerbem  ^rofeffor  ^rooence,  Domänenocnoalter 
Stau  unb  Stabtpfarrer  Mlcin.  Die  Ausbreitung  bes  eoangelifdten  GHauben* 
mad)t  ftcf»  ber  ^c^ii  fol'ci  f  in  für  bie  $cibcnmtfft0n  jur  Aufgabe.  £»ierbcr 
gebort  aud)  ber  euangclifdi  v i  o tciian tifdic  Vhffiondberetn.  l'on  iUIar 
Sdmlj  rourbe  anfangs  ber  i»< »er  ^aljrc  ber  ePangclifd)e  Jtiftenbbnnb  in« 


•)  Siet)e  aua)  „lut^erifcb^e  ®emcinbc". 


Digitized  by  Google 


H3forjbcim  im  19.  äabrfmnbett. 


525 


Seben  gerufen,  Jm  Jugenbbeim  im  alten  Werber  ©ecfer'fdjen  öaufe  genießen  bie 
jungen  Seilte  unter  ber  ftufficht  eine«  Weiftlichcn  eine  augemeffene  Unterhaltung  unb 
Belehrung,  £cr  eunitgrl.  SNänner*  utio  Juiigiingcuerr  in  bat  fein  t'ofal 
im  3Jereinöbaufe  an  ber  CSaliocrftrafsc. 

Seit  mehreren  Jaljren  finb  jluei  Stabtmifftottitve  b,ier  thätig,  beren 
-Kirtfamfeit  auf  bem  (Gebiete  ber  SBobltbätigfeit  in  ber  euangelifa)en  &e* 
meinbe  banfbar  anerfannt  roirb. 

Jm  Jobrc  1875  nmrbe  bie  juoor  in  bie  Stabts  unb  9(ltftabtgemeinbe 
jerfallenbe  eoangel.  (Gemeinbe  in  4  ^Jfarrbejirfe  ober  ^Jarocöien  ein* 
geteilt;  jeboa)  blieb  bem  einjeluen  OJemeinbeglieb  bie  freie  Söabl  feines  cool 
forgerä  geroahrt.  Xie  neue  babifa)e  Äirdjenoerfaffung  oom  5.  Septbr.  1861 
mit  Stecht  unb  ^3flicf)t  ber  SBahl  oon  Ätrcbengemeinberat  unb  Äirajengemeinbes 
oerfammlung,  foroie  ber  öeiftlicben  fanb  auch  l)ier  ihren  Eingang  unb  bat  baS 
lirchlicbe  i'eben  in  mannigfacher  SMnficbt  belebt.  1880  mürbe  ber  ©otteöbtenft 
bureb  ben  ßJcbraucb  be$  t'eftionariumS  ober  einer  Scbriftlefung  am  Altäre 
bereichert.  Xai  Jahr  barauf  gelangten  regelmäßige  Sonntagabcnb*®otte$*" 
bienfte  jur  Einführung. 

33eftanben  hier  früher  neben  ben  beiben  Stabtpfarreien  jroei  2)tafonate, 
fo  mürben  biefe  fpäter  ju  eigenen  Pfarreien,  ber  brüten  unb  oierten,  erhoben, 
^m  Jahre  1887  fam  ein  Stabtoifariat,  fpäter  ein  aroeiteS  binju,  «int  $er* 
mehrung  ber  geiftlidjen  Gräfte,  bie  burch  ba$  bebeutenbe  2lnroacbfen  ber  ©e 
meinbe,  roelche  nach  ber  3al)lung  oon  1900  —  33  935  Seeleu  beträgt. 

'JteuerbingS  ift  auch  bie  febon  länger  erftrebte  Grrichtung  einer  öemeinbe* 
franfenpflege,  junächft  mit  3  ttranfenfehroeftern,  oermirflicht  roorben. 

5ür  ben  (Srroerb  eine«  eigenen  (üemeinbebaufca  ift  eine  Stiftung  oon 
100000  9Rarf  oorhanben. 

SBon  größeren  ©emeinbefeiem  ermähnt  bie  ©efebiebte  ber  ^forjheimer 
eoangelifchen  ©emeinbe  baä  Jahr  1817  mit  ber  300  jährigen  Jubelfeier  ber 
Deformation  in  $eutfcf)lanb,  baö  Jahr  185«  mit  berjenigen  in  «aben.  1858 
fanb  hier  ein  0llßa9»Sbofffeft  ftatt,  roobei  eine  «njahl  aueroärtiger  @äfte  mit 
berühmten  Hainen  nie-  iKebner  auftrat. 

Luther«  400fte  (MeburtStagöfeier  am  10.  Siooember  1883,  baS  ©uftao* 
Slbolffeft  im  2)e$ember  1894,  ba$  25jährige  (£rinnerungöfeft  an  ben  glorreichen 
beutfcb^franjbfifcben  Mrieg  im  Jahre  1897,  am  1H.  Februar  1897  baä  400jährige 
Weburtäfeft  Philipp  Dielanchtbon*,  letytereä  in  33erbinbung  mit  ber  Aufführung 
be$  3)Jelana)thonfeftfpicl^  oon  ^irofeffor  Jboma,  mürben  befonberä  feierlich, 

SJon  1803  biä  1824  amtierte  als  £e!an  (Srnft  ^Jbil.  fcoljb  au  er, 
feit  1824  Job.  «ottfcbalf,  feit  1836  Wilhelm  ftrommel,  feit  1857 
Jfaaf  ftiebm,  feit  1869  «ort,  feit  1870  ©ehre*. 

Slltftabtpfarrer  maren  feit  1804  (5.  &.  «ecf,  1809  <ßb.  £•  Vornan,  1812 
3.  3.  eifenlohr,  1822  #r.  &.  t'inbemeoer,  1839  J.  Wehm,  1852  J.  »od. 

9iach  3ttcbm8  Xob  1869  mürbe  an  feine  Stelle  Pfarrer  ^  r  i  e  b  r  t 
»rombacher  ermählt ,  ein  menfebenfreunblicber  $err ,  ber  fieb  in  allen 
SBolfe-fcbicbteu  einer  großen  Beliebtheit  erfreute,  er  ftarb  1895.  ©ein  Wach* 
folger  rourbe  im  gleichen  Jahre  ber  jefcige  Siabtpfarrer  SB.  oan  ber  3floe. 
1870  ftarb  ber  Slltftabtpfarrer  33ocf,  an  feine  (Stelle  mürbe  ber  jefoige  Inhaber 
ber  Stelle,  Stabtpfarrer  itleiu,  ermählt,  ber  fd)on  2  Jahre  juoor  ^ter  als 
üBifar  unb  bann  fur^e  ^eit  Pfarrer  in  3u$enhaufen  mar.  Seit  1859  mirft 
ber  jetyige  Detern  unb  ötabtpfarrer  l*.  (M  e  h  r  e  e ,  früher  ^iafonud  hi«r»  auf 
ber  je^igeu  ctabtpfarrei.  (Gleichfalls  juerft  ald  Ü)iafonud  unb  bann  ald 
Stabtpfarrer  mar  oon  1862—1879  .^aufeer  (ein  ausgezeichneter  JKebner) 
hier  tbätig.  Sein  ^ad)f olger  mürbe  oon  1879—1894  ber  jefcige  Cberfirchenrat 
Dehler,  an  beffen  SteUc  1895  Stabtpfarrer  J.  ÜJ.  Poggenburg  er  geioählt 
rourbe. 


Digitized  by  Google 


523 


$forabeim  im  19.  fobrbunbert. 


3ur  Seit  bcft^t  bie  (Memeinbe  4  ^farrljäufer.  Ta*  «Itftabtpfarrhau* 
rourbe  im  $i.:«re  1787'),  ba«  in  ber  ©djulftra&e  1836,  ba*  auf  bem  Äennfelb 
1876  erbaut.  Xai  jcfcige  ^Jfarrbau*  in  ber  (Snjftra&e,  früher  ein  JJrioat 
gebäube  mit  Jtflbrifeinriaitung,  mürbe  1879  für  feinen  jefciaen  3n>e<f  erworben, 
nadjbem  bie  Äirtfengemeinbe*  infolge  eine*  ^rojeffe*  mit  bem  tfi*tu*  oon  biefem 
8R000  m.  jur  tfnoerbung  eine*  oterten  ^farrbaufe*  audbejablt  erhalten  hatte. 

Ter  SJerroaltung  be*  Äira)engemetnberat*  unterfteben  folgenbe  Jonb*: 

1.  Ter  Etnbtfirrtjcnbau fünfte,  roeld)er  ben  j^tnetf  in::,  eine 
neue  ©tabtfirtbe  ju  bauen  unb  ba*  innere  ber  ©d)lo&fird)e  bi* 
Sum  Neubau  ju  unterhalten. 

2.  Ter  Crt*baufoub0  mit  bem  3roecfe,  bie  *ltftabtfird)e,  bie 
oorfwnbenen  ^fanr^äufer  unb  bie  neue  ©tabtfträ)e  ju  unterhalten. 

3.  Ter     trctKitfonbc«,  melier  ju  ben  Sefolbungen  ber  ®etft 
lieben  beizutragen  unb  fämtlicbe  fircblicbe  öebürfniffe  ju  be* 
ftreiten  ha*,  al«:  (Hebalt  bet  Crganiften,  ber  Steiner  jc.  3n 
biefen  #onb*  fällt  aud)  ba*  Äirdjenopfer.    Kit  biefen  Jonb* 
merben  aud)  bie  Stiftungen  ber  ©d)lofcftrd)e  oerroaltet.  Sobann 

4.  ber  (vü.  $rtt>attttd)eufoitbd. 

©ett  anfang*  ber  90er  3abre  beftc^t  bic  ftaatlid»  eingeführte  eoangel. 

t\ trcliCTil t c ii er  mit  ri  "i'roACiit  dcö  iTtiiioiiintcnltciicriQUTidi^ 

SHit  bem  v^ab,rc  1880  rourbe  burd)  »efcblufe  be*  Stird)engemeinberat* 
bie  ©tabt  in  4  ^Sfarreibejtrfe  abgegrenzt. 

^m  ^abre  1887  oolljog  ftd)  bie  (Hrünbung  einer  f&farrttJtttoenfjilfä. 
faffe  für  bie  Tibjefe  ^forjbeim.  2öäb,renb  fid)  bie  ®eiftlid)en  jur  Seiftung 
^abreebeiträge  bereit  erflärten,  rourbe  ihnen  au*  ber  Witte  ber  <vV 
berau*  burd)  bie  ©rünbung  eine*  ^enfionefonb*  eine  roefentlidjc 
©elbftbilfe  gemährt*  in  ber  Seife,  bafe  au*  ben  fira)lia)en  heiligen-  unb 
»Imofenfonb*  al*  einmaliger  3ufd)u&  3ur  ftunbamentierung  be*  ©runbftod* 
3  ^Jrojent  ju  entrichten  waren  unb  jroar  au*  ben  laufenben  Ueberfcbüffen 
innerhalb  breicr  3abre. 

Km  81.  SRai  1884  rourbe  oon  einem  Äomitee,  an  beffen  ©pifce  Seftor 
$ee*,  bie  §auptlebrer  ßrnft,  SKacf  unb  3ää\  ftabrifant  9tagel  unb  ®uiuoa)eur 
Hab  ftanben,  eine  Serfammlung  einberufen  jur  @rünbung  eine*  ebangel. 
fttrd)end)or£.  Teffen  erfter  $orftanb  roar  #ee*,  bie  Dirigenten  SRad  unb 
bi*  1889,  fcauptlebrer  ftübner  bi*  1892  unb  feitbem  »eallebrer  @pp.  3m 
3abre  1885  fd)on  ;abJtc  ber  Jtirdjencbor  119  aftioe  unb  810  paffioe  $Ktglieber. 
9?on  §at)x  ju  3Qbr  fteigerten  fia)  feine  Jortfdjritte  in  ber  Pflege  be*  eoangel. 
Äirdjenliebe*,  allenthalben  geniest  er  ein  bebeutenbe*  Änfeben  unb  trägt 
roefentlia)  bei  jur  5Berfd)öneruttg  be*  Öotte*bienfte*. 


©eitbem  1789  bie  auf  bem  ©ajulplabe  ftebenbe  eoangelifa)e  ©tabt= 
firdje  abgebrannt  roar,  batte  bie  Öemeinbe  al*  Eigentum  nur  bie  Slltftabtrtraje 
unb  jum  (Hcbraud)  bie  bem  Tomdnenfi*fu*  gebörenbe  ©d)lo^fird)e,  foroie  jur 
3Hitbenübung  mit  ber  fatbolifd)en  @emeinbe  bie  3ßaifenf)au*«  ober  i'tttüaitv 
fird)e,  roorin  fte  ibre  3Bod)engotte*bienfte  bi*  beute  abhält,  ^ei  jenem  SJranbe 
rourbe  nur  ein  Ärujifij  gerettet,  ba*  jefct  in  ber  neuen  ©tabtfird)e,  linf*  oom 
portal  aufgeft.Ut  ift.    1829  rourbe  auf  bem  alten  ^lafc  ba*  Junbament  jur  @r* 


*)  6*  roar  al*  ?iHrt*l)au*  erbaut,  roorauf  bie  grofjen  .Hcllereieu  hin* 
weifen.  3n  beu  flrieg*jabren  biente  e*  tann  oon  1790—1810  al*  Üajareth 
unb  rourbe  erft  1811  oon  Pfarrer  Vornan  al*  ^farrbau*  bejogen. 


Digitized  by  Google 


$forabeim  im  19.  Qabrbunbetl. 


527 


bauung  einer  neuen  Stabtfirdje  gelegt.  9iad)  langen  33erf)anblungen  befd)lofe 
man  jebod)  1841  ben  }Maö  ald  ungeeignet  für  eine  Jttrd)e  ber  8tabtgemeinbe 
ju  übergeben,  roeldje  bafür  ber  .Hiräengemcinbe  einen  folgen  auf  bem  ^ennfelbe 
überliefe.  3luf  Wrunb  einer  Sammlung  oon  9000  fl.  mürbe  1873  bie  SRe^ 
ftauration  ber  2Utftabtfira)e  unb  bie  Erbauung  eine«;  jurmeä  befd)loffen.  Die 
Sttrdje  erhielt  aufeerbem  neue  Wlocfen  (es-dur-^f(orb)  unb  eine  neue  Orgel. 
,\m  ^uni  1875  mürbe  ber  alte  böljerne  Xurm  abgebrod)en  unb  burd)  ben 
fdjönen  neuen  erfefet,  ber  als  bamald  einjiger  größerer  lurm  ber  Stabt  eine 
3ierbe  berfelbett  bilbete.  ödjon  1865  twtte  aud)  bie  Söaifen^auäfirdje 
2  neue  ®lotfen  erhalten. 


Viarf)  ber  <3d)lad)t  bei  3ü(pid)  nahmen  bie  ftranfen  ba3  alemanifdje 
i'anb  bis  jur  Ooö,  (*uj  unb  Äodjcr,  fo  bafe  öaben,  ^ßforjljeim,  §eilbronn  unb 
fcall  ald  bie  Öreujftäbte  beä  ftranfenreidjS  angefetjen  roerben  bürfen.  2)ie 
(Eroberer  bradjten  aud)  baä  iSfuriftentum ,  unb  bie  GJrünbung  ber  älteften 
Äirdjen  in  Sdjroabeu  fällt  urfunblidj  in  baä  8.  unb  9.  Safjr^unbert,  fo  in 
Millingen  775,  <pod)borf  812,  Dürrmenz  83«  u.  f.  ro. 


*)  ^uliud  ^äfjer :  2>ie  @tabt~^forjf)eim  unb  ir)re  Umgebung.  (Sin 
^Beitrag  jur  JöaterlanbSfunbe.    SRieder'ö  Sudjlmnblung,  ^forjfjeim. 

lieber  „$)ie  ®rabbenfmdler  ber  SWarfgrafen  oon  ^Jabeu  in  ber  ©dflofc 
lirdje  3U  ^forjtjeim"  fielje  Dr.  Karl  Sdjaferö  Mitteilungen  aud  bem  (Hermanifdjen 
9lationalmufeum  in  Dürnberg,  2luffafc  im  ,,^for$i).  iöeobaajter"  vom  5.  ^uni 
1899  unb  ff. 


528 


Worabeim  im  19.  ^abrbunbett 


!Jn  biefe  $c\t  fällt  nun  aurfi  bcr  SBau  ber  bei ben  alterten  Ätrdjen 
^fonbeim*  unb  bcr  ttltftabt,  roo  nod)  ber  alte  3tein.  roel&er  ben  ^oaen 
bea  früheren  portale  auffüllte,  erhalten  ift.  (fr  jeiflt  in  bieroajDpbo'cfKn 
,"vifluren  ben  3ica.  be*  (Sbriftentum*  über  bad  \>eibentum.  iWan  barf  roobl 
annehmen,  baf»  uor  ber  jcfeicieu  XntaflC  ein  einfacherer  rbriftlicber  Tempel  an 
Stelle  ber  jefeigen  3d)loßfira)e  ftanb.    on  rocldjer  .Seit  unb  oon  roelcbem 


I>ic  4,'»i1)(iii;l;irdii-  (ber  (£t)or). 

Xanbcoberrn  bie  jeviac  3d)lofiftrd)C  gebaut  rourbc,  ift  urfunblid)  mit 
naduurocoen.  Ter  alteftf  teil  berfelbetl  iü  t>a*  im  romanifdkn  etil  acbalteac 
portal  mit  bei  ganten  roeftlidjen  JHauerfrottt  bio  w  bem  oberen  iHunJ'bixK«» 
(Kinn*.  Tae  qothuctic  Renner  oberhalb  bi*  $inaaital  rourbe  fpater  cingcHtL 
um  bcr  (imporbuhuc  ba*  uotuK  Vicöt  uuuMihrcn.  Tic  an  bcr  äußeren  ,ltont 
fidjttuucn  Iiaaüciue  unterftubten  Duo  frubec  htcr  aeftanbene  **orfcid>  &*4 
Vrtmjang«.    conft  jeigt  bie  Cmatttcntil  bce  twlbfieioiunbcn  iMugangebogni 


Digitized  by  Google 


^forabcim  im  19.  Safetbunbert.  £29 


bie  Einteilung  ber  großen  5roniftäd)c  burch  bic  h*roortretenben  sDianerftretfen 
(i'ifene),  unb  bic  9tunbbogcngefimfe  bcr  ftori^ontalbänber,  bic  maffigen 
Pfeiler  beS  Schiffes,  baft  bic  ©rünbung  bcr  Kirche  in  baS  Enbe  beS 
10.  ^abrhunbertS  fäüt.  Sie  f übliche  Jront  beS  ©chiffeS  jeigt  fdjon  oo^ 
ftänbig  ben  in  bic  »litte  beS  13.  ^ahrhunbertS  fallenben  UebergangSftil. 
Örojje  Unterbrechungen  mögen  aua)  hier  roie  bei  fo  oiclcn  Stauten  jener  3rit 
bic  Stallenbung  ber  Kirche  oerjogert  fwbcn. 

Tie  SUtftäbtet  jltirdje  roar  inbeffen  bie  ältere;  beim  in  einer  Ur= 
funbc  oom  3at)re  1347  erfdjeint  bie  Schloßt"  irdje  als  $ilfallit$e 
ber9Rutterfirche  oon  <St.  Martin  in  bcr  Slltftabt.  ^ebenfalls 
mar  eS  ein  mädjtigeS  Snnaftengefdjlccht,  roelc&eS  bic  (Mrünbung  einer  fo  groß: 
artig  angelegten  iUrcrjc  unternehmen  fonnte,  unb  ba  roir  im  11.  3>ahrhunbert 
^forjheint  im  «eftfce  ber  (trafen  oon  Ealro  fiuben,  bic  jugleid)  ©augrafen 
im  Ufgau  waren,  fo  roerben  roir  faum  fehlgeben,  locnn  wir  in  bem  (trafen 
31  b  a  l  b  e  r  t  oon  (S  a  l  ro ,  beffen  J  odjtcr  bic  Stammmutter  beS  marfgräflia) 
•  oabifdjen  ftaufeS  ift,  ben  (Mrünber  bcr  erften  Anlage  ber  6d)loßfirche  oermuten. 
Sie  fetjr  rcid)  gehaltene  3iibfront  beS  ^angfchiffeS  fäUt  in  bic  Seit,  als  ^forj* 
beim  ben  ftobenftaufen  gehörte.  Ser  Stau  beS  mäd)tigen  6t)ore^  ber  Jürdje 
fällt  mit  bem  füblidjen  Einbau  in  baS  15.  Mrtjunbert  (1460—1480).  Ütan 
SJiarfgraf  6t)riftop^  I.  rührt  ber  2(nbau  auf  ber  9iorbfcite  t)cr,  mie  bic  bafelbft 
nod)  ftdjtbare  ^öhreSjabl  1487  jeigt.  SHarfgraf  Ernft  ließ  fobann  bic  ©ruft 
bauen,  in  welcher  er  aud)  beigefefct  ift.  (Sie  erften  SRarfgrafen  oon  Ütaben 
liegen  teils  in  Ütacfnang  unb  Ültytnfyti,  teil*  in  ber  etiftSfirdje  in  »oben 
begraben.) 

9tad)  ber  Sieformation,  burd)  roeldje  baS  Stift  bcr  Äirdje  aufgehoben 
mürbe,  ging  bcr  ^farrbienft  ber  Stabt  an  bie  frühere  Älofterfirdje  ber 
Somtnifaner  über.  SBftfpenb  ber  Einäfcherung  ber  Stabt  1689  blieb  bie 
Sdjloßfirche  infolge  ber  aufopfernben  Bemühungen  beS  Bürgers  Bed)tolb  oor 
meiterer  3^rftörung  ocrfdjont.  3m  3<*()re  1805  roaren  bie  ruffifdjen  befangenen, 
roelche  naa?  ^ranfreie^  transportiert  mürben,  einige  3*»*  ^icr  cingefperrt ;  auch 
biente  ftc  bis  1808  alS  fceumagajiu. 

Wach  ber  KriegSjeit  überlief  ber  ®roßt)er$og  baS  Sa)iff  ber  roieber 
reparierten  Äirdn  ben  bürgern  für  ben  ÖotteSbienft,  ba  eS  an  einer  Stabt* 
firdje  fehlte.  Seitbem  ift  manches  gefd)et)en  jur  $erfd)önerung  unb  Berbefferung 
beS  inneren  bcr  .Kirche.  Sie  Entfernung  beS  mittelalterlichen  Eingangs  jum 
alten  Schloß  unb  beS  hoben  SÖaUeS,  melier  bie  Sübfeite  ber  .Kirche  umgab, 
mürbe  mit  Jreuben  begrübt.  Einen  erhabenen  2lnblicf  geroätjrt  bcr  hell« 
erleuchtete  großartige  (£l)or  mit  ben  fdjöncn  ©teinbilbern  bcr  t|ier  beigefe^ten 
babifdjen  2)larfgrafcn. 

$m  §al)tt  1880  rourbc  eine  grünblichc  Steftaurienmg  ber  Schlofefirche 
oolljogeu;  40000  l'i'orf  maren  bafär  beigefteuert  roorben.  Sie  Kirche  erhielt 
ein  neues  oon  £>amm  in  Jyranfenthal  hergeftcllteS  ®cläute,  baS  auf  140C0  3Rf. 
ju  ftchen  fam  unb  eine  neue  Drgel. 


I>ic  neue  $taM\x$e  auf  bem  4tnbenpfa^. 

Sängft  roaren  bie  oorhanbenen  ©otteShäufcr  bei  ber  ftetig  roadjfenben 
(Sinioohnerja||l  niajt  mehr  auSreichenb,  unb  eS  mußte  auf  ben  $}au  einer  neuen 
StrtMhrrlic  iöebacht  genommen  roerben.  9lm  13.  3Jiai  1895  gefdjah  bcr  erfte 
6patcnftia)  ju  ihrer  Erbauung  auf  bem  Stennfelbe.  Einweihung  rourbc 

in  (Megcnroart  ber  ©roßherjoglichen  .öerrfdmftcn  am  10.  3Wai  1899  feierlich 
oolljogen.  Stabtpfarrer  oan  ber  Jloe  ^ielt  bie  Jveftprebigt  (^falm  18,  9JerS 
24—26).  Sie  Äoften  bcS  SJaueS  bcliefen  fich  auf  ca.  800000  SHarf.  Scr 
^Jlan  ber  neuen  airche  flammt  oon  Strcfuteft  *oß  in  Hamburg,  bie  Bauleitung 
lag  in  ber  $anb  beS  «aumcifterS  Kettling. 

84 


Digitized  by  Google 


530 


^forjbetm  im  19.  Sabtbunbert. 


Digitized  by  Google 


Worabeun  im  19.  Sabrbunbett.  531 


Tic  neue  Äirdje  macht  einen  imponierenben  (Sinbrucf,  ber  burrf)  ben 
fdjlanfen  Xurmbelm  unb  bie  ^reilegung  beS  ^JlafeeS  ringS  um  biefelbe  noct) 
erhöht  roirb.  lieber  ben  in  fäönem,  rotem  Wainfanbftetn  aufgeführten 
$a?aben  ergebt  fictj  baS  mit  fajieferbiauen  3ie9etn  gebeerte  Zach  \u  ftoljcr 
$Sör)e.  (Ser  Xurm  ber  fatb.  Äiraje  ift  04,  ber  ber  neuen  eoangelifdjen  Ätrcbe 
80  m  hoch).  SaS  ftauptbacb  ift  am  fujje  burct)  bie  oier  Innter  öKebeln 
liegenben  Seitenbäd)er  malerifct)  unterbrachen.  ®egen  ben  S Torraum  ift  bie 
Äirdje  im  tafrern  bura)  einen  fu>ben  ©iebel  abgefcbloffen,  gegen  ben  baS 
©^orbaa)  ftch  anleimt.  Ser  äußere  Aufbau  ift  überaß  ftreng  au«  bem  ©runbrifj 
entroicfelt. 

SaS  ftirdjens^nnere  ift  ein  einr)citlict>er  Kaum  von  foldj  mächtiger 
©röfee,  rote  ber  äußere  Aufbau  fie  faum  oermuten  läjjt;  bie  ftonftruftion  ift 
in  i^rcr  Einfachheit  befonberS  flar,  überficbtlicb  unb  allgemein  »erftänblicb, 
unb  eS  bietet  ber  ©efamteinbrucf  eine  »ollenbete  Harmonie  in  formen  unb 
garben. 

£ie  Steinbilbbauerarbeiten  ftnb  mit  großer  Sorgfalt  nad)  oorjüglidj 
erfunbenen  Lobelien  ausgeführt,  unb  jioar  ftnb  biefelben  nur  bort  angebracht, 
reo  fie  nach  bem  Organismus  beS  «aueS  erforberlia)  finb.  Sie  Säulenfapitäle, 
welche  bie  auf  ben  Säulen  rufjenbe  »elaftung  auf  biefe  ju  übertragen  haben, 
finb  mit  fräftig  oortretenben  iaubföpfett  unb  jroifchengelegtem  ölatt*  unb 
üBlumenfd)mu(t  oerfetjen;  in  ähnlicher  Seife  finb  bie  Äapitäle  unb  Äonfole 
auSgebilbet. 

sMe  Vorarbeiten  im  Innern,  bis  auf  bie  ^itchpine*5ufeböben,  finb  in 
Gichenbol*  ausgeführt.  Sie  SBrüftung  unb  ber  Sorfprung  ber  Emporen  jeigen 
eine  flare  Äonftruftion  unb  lmtn'au*  Zeichnung.  Die  33änfe  haben  10 lebe 
S>tmenfionen,  unb  finb  fo  angeorbnet,  oan  fefjr  bequemes  Sifccn  auf  ihnen 
möglich  ift;  bie  Seitcnftücfe  ber  :öänfe  finb  elegant  auSgefchroeift  unb  haben 
am  Äopfe  pUungen  mit  sierlichen  Schnifcereien,  beren  Wottoe  ber  ^flanjen« 
roelt  entnommen  ftnb. 

2lltar  unb  Äanjel  finb  in  »ornebmefc  Slrt  in  ßidjenholj  oor^üglich  auf- 
geführt unb  reich  mit  6olb  betoriert.  Sie  "pauptfüllungen  ber  Äanjel  jeigen 
Hofens  unb  fiinben^Cmament  mit  ben  Sprüchen:  „®ott  ift  ©eift",  „QJott  ift 
bie  Siebe",  „ööre  beS  §errn  ©ort". 

Sie  Malerei  an  Söänben  unb  ©eroölben,  in  Äafeinsftarben  ausgeführt, 
wirft  prächtig.  $u  bem  fchönen  roten  Wainfanbftein,  in  bem  bie  inneren 
Strchitetturteile  ausgeführt  finb,  treten  2  gut  abgeftimmte  §auptfarben  auf: 
ein  grünliches  $lau,  baS  am  fräftigften  im  2Utarraum,  an  ben  Sßiberlagern 
beS  großen  öauptgcroölbeS  unb  an  ber  Orgelroanb  auftritt,  unb  ein  golbigeS 
©elb  für  ben  ©runbton  beS  ftauptgeroölbeS.  Sie  Drnamentif  ift  in  flarer 
3eid)nung  unb  bejenter  ftarbenftimmung  burchgefübrt.  Sie  SJtotioe  finb 
ber  ^Jflanjenroelt  entnommen,  unb  jroar  ftnb  nur  ^flamen  mit  fu-duinY 
fmnbolifcher  iöebeutung  oerroenbet.  figürliche  Malereien  finb  ausgeführt: 
$n  ben  ^roitfeln  beS  ©eioölbeS  beS  StltarraumS  betenbe  (Sngel;  im 
Triumphbogen  bie  SRebaillonbilber  oon  6  Propheten,  in  ber  Witte  ber= 
felbert  ein  fegnenber  c  tu  iftnS,  auf  ben  ber  Spruch :  „^d?  bin  ber  2Ueg,  bie 
SBahrheit  unb  baS  Seben,  ftiemanb  fommt  jum  SJater  benn  burch  mich"  hin* 
jeigt;  in  ben  einjpringenben  (Scfen  oor  bem  äUtarraum  bie  4  ßoangeliften  in 
gonjer  figur;  an  ber  Crgelmanb  ein  männlicher  unb  ein  weiblicher  Vertreter 
ber  tird)lichen  sJMufif,  erfterer  mit  ber  .oarfe,  leljtere  mit  ber  Orgel,  bie  burch 
ein  breites  Sprudjbanb  mit  ber  ^nfchrift:  wt'obet  ben  öerm  in  feinem  öeilig* 
tum,  lobet  ihn  in  ber  ^t)te  feiner  Wacht"  oerbunben  finb.  Sie  SJialerei  an 
ber  Orgelioanb  gibt  im  «erein  mit  bem  reich  geglieberten  unb  »ergolbeten 
Orgelprofpelt  ein  iicaiivio  $)ilb.  Sie  3?ebenräume  finb  bem  ^auptraum 
entfprechenb  beforiert ;  befonbere  Sorgfalt  ift  auf  bie  ÄuSftattung  ber  §oa)seitS; 
fapelle  oenoenbet. 

84* 


Digitized  by  Google 


^forabeim  im  19.  ^abibunberi. 


2)ie  Jenfter  flehen  in  3eicb,nung  unb  5arbe  gut  mit  ber  2Banb*  unb 
Gteroölbe* iÄalerei  jufammen ;  baö  (Stande  ift  tute  au«  einem  i ^ufj ,  e$  ift  in 
allen  Einzelheiten  hubutt  erfunben  unb  gut  burebaefübrt.  ,>m-  bie  grofien,  in 
ornamentaler  3etchnung  bargeftellten  Seitenfcnftcr  finb  ähnliche  SWohoe  roie 
für  bie  SHalcrei  oerroenbet ;  ber  Altarraum  bat  hingegen  Jenfter  mit  figür^ 
liebem  rJunutt  erhalten.  Tie  3  großen  ^cnfter  bafelbft  jeigen  £arftellungcn 
ber  3  grofien  Äircbenfefte :  tBeibnadtten,  Cftern  unb  ^fingften,  bie  (Seburt 
unb  Auferftebung  CS  grifft  unb  bie  Auegiefeung  be«  ^eiligen  (Meifte*  in  bübfdj 
erfuubenen  (Gruppen  unb  roirfungeooller  Jvarbengebung ;  bie  2  Reinen  Jenftcr 
erhielten  Bruftbilber  ber  beibeu  Reformatoren  Luther  unb  Weland)tb,on. 

Gin  in  Sanbfiein  aufgeführter  laufftein  Qot  bei  jierltcber  ©lieberung 
rcid)e  ornamentale  Bilbbauerarbctten  erhalten. 

£ie  Crgel  ift  ein  SBerf  oon  40  flingenben  iHegiftern,  beffen  lonfüüe 
in   bem  großen  Raum  bei  gutbefefcter  Kirche   ju   prächtiger  Gntfaltung 

$)ie  fünftlid)e  Beleuchtung  ber  Kirche  für  abenblia)e  Benutjung  ift  ber 
^efctjeit  entfprecbenb  eleftrifi  aufgeführt  unb  jroar  auefdjliefjlicb  bureb,  tiHüb» 
lampen.  '-Hm  ber  ©mporenbrüftung  fteben  16  Kanbelaber  mit  je  4  (Glühbirnen, 
bie  im  Verein  mit  ben  übrigen  jroecfmäfjig  oerteilten  Vampen  ben  ^nnenraum 
gut  beleuchten. 

2>er  Architeft,  <L  Vofr  in  Kiel,  I)ai  mit  ber  Kirche  ein  Söerf  jur  Auf  ■ 
iuhvuug  gebracht,  auf  baf  feine  Auftraggeberin,  bie  Soangel.  Öemeinbe,  guten 
Örunb  hat,  ftolj  ju  fein;  ef  bürfte  fdnoerlid)  eine  neue  Kirche  im  ganjen 
Babener  *anbe  ju  finben  fein,  bie  eine  ebensolche  einheitliche  fünftlerifo)c 
£ur<hbilbung  erhalten  hat. 


^forjheim  hat  eine  reiche  fatholifche  Vergangenheit  hinter  ftdj.  Alf 
1556  bie  Reformation  eingeführt  rourbe,  fielen  ihr  bie  noch  beftebenben  jroei 
SRänner  unb  baf  £iominifanerfl öfter  jum  Opfer,  unb  ber  fatholifche  ®ottef* 
bienft  blieb  für  lange  3eit  oerboten.  £a  aber  mit  ber  Vereinigung  ber  Skben- 
$urlad)'fchen  unb  Vaben-'Vaben'fajen  t'anbe  auch  fatholifche  ©efangene  unb 
Kranfe  in  baf  3rren»,  Siechen*  unb  Korreftionfljauf  aufgenommen  mürben, 
fo  mujjte  für  biefelben  eine  fatholifche  Seelforge  eingeführt  roerben.  Gin  Saal 
ber  Anftalt  rourbe,  teilroeife  auf  Koften  bef  ^orbacher  .\>eiligenfonb«,  jur  Kapelle 
eingerichtet  unb  in  biefer  ju  ^fingften  1784  roieber  ber  erfte  fatholifche  (Motte*; 
bienft  abgehalten.  £en  in  ber  Stabt  lebenben  Katbolifen,  meiere  jumteil  au« 
tyrantreia)  eingetoanbert  untren,  geftattete  SWarfgraf  Marl  griebrid)  1783  „alf 
eine  ftetf  roiberruflidje  Ümabe",  an  bem  für  bie  fatholifchen  3üd)tlinge  einju* 
richtenben  ©ottefbienfte  teiljunebmen.  £em  erften  fatholifchen  Kuraten  namenf 
(Meeneu  roar  anfänglich  nicht  erlaubt,  in  ber  Stabt  feinen  sißol)nft&  ju  nehmen, 
erft  im  SJcdrj  1786  rourbe  biefe  (Srlaubmf  erteilt  unb  oon  3"*  5U  o*eit 
erneuert,  3m  ^abre  1803  rourbe  fobann  ben  Hatholifen  geftattet,  nach  »or* 
heriger  Anjeige  unb  Erlegung  ber  Stolgebühren  beim  eoangelifchen  Stobt* 
pfarramte  in  ihren  Käufern  2auf;  unb  Mopulationfafte  bura^  ben  fatholifchen 
Kaplan  oerrichten  ju  (äffen.  Auf  Soften  beö  Gttlinger  Stiftö  unb  bed 
^)burgcr  ^Jaftoreifoub«  rourbe  ber  «etfaal  1807  erroeitert.  1810  jdhlte  bie 
Stabt  unter  5572  (Sinroohnern  278,  im  ^ahre  1814  =  326  Äotholifen.  Tie 
Bemühungen  beö  biieboftichen  (beneraloifariatf  in  Bruchsal  unb  ber  Kirchen* 
feftion,  ber  fatholifchen  ©emeinbe  ^farrechte  ju  oerfdmffen,  blieben  bif  1823 
erfolglos.   Von  ba  an  rourben  bie  fatbolifd)cn  ©inroohncr  al«  eigene  Kirchen^ 


•)  Bad)  ben  ^forroften. 


Digitized  by  Google 


Worabeim  im  19.  Oabtbunbert.  633 


gemeinbe  (^farrfuratie)  mit  eigener  Stanbesbudjführung  anerfannt.  211«  1824 
ber  bisherige  SJetfaal  burd)  baS  .frodjroaffer  fo  befdjäbigt  roorben  roar,  baji 
barin  rein  Öotteäbienft  mehr  abgebalten  roerben  tonnte,  rourbe  ber  fatb,olifchen 
Oemeinbe  ber  Gbor  ber  oormaligen  Sterfüfjerfirdje  vnn  (Gebrauche  eingeräumt 
unb  am  26.  3lpril  1825  um  3300  (Mulben  ju  Gigentum  oerfauft.  %>m  Jafjre 
1841  rourbe  ein  §aus  am  Sdjlo&berg  als  Pfarrhaus  angefauft  unb  ber  Urcis 
mit  6800  Bulben,  foroie  bie  »eeife  mit  170  (Mulben  unb  bie  fcerftellungsfoften 
mit  764  (Mlb.  32  Kr},  oon  ber  allgemeinen  fatholtfchen  Hirchenfaffc  bestritten. 
£as  Ginfommeu  beS  (Meiftlictjen  betrug  anfangs  360  (Mulben,  feit  1809  = 
550  iMulben,  feit  1819  mm  800  (Mulbeu  unb  rourbe  oon  oerfdnebeuen  firchlichen 
Jyonbs  aufgebracht.  £urch  eine  Gntfcbliefiung  oon  1834  rourbe  ber  (Mebalt 
auf  1000  (Bulben  erhöbt.  3tuS  biefem  Gintommen  mufite  ber  (Meiftlid>e  bie 
SHiete  feiner  SÖobnung  beftreiteu  mit  jährlich  100  (Mulben.  SJom  1.  Tejember 
1863  an  rourbe  ber  Staatsbeitrag  auf  550  (Mulben  erhöht,  nadjbem  bie  Wn* 
ftellung  eines  $ifar$  notroenbig  geroorben  roar.  Dbrootjl  eine  fanonifdje 
Grrid)tung  ber  fatbolifd)en  Stabtpfarrei  ^forjheim  nid)t  ftattgefunben  hatte, 
rourbe  itaplan  9llonS  Sdjub  im  3at)re  1851  oom  (Mrofiherjog  i'eopolb  auf  bie 
^pfarret  pra|enttert  uuo  tnoeftiert. 

3Jei  ber  SJolfSjäblung  am  1.  Eejember  1871  roaren  in  ^forj^eim  bereite 
3805,  in  »röfcingen  371,  in  »üdienoronn  116,  in  Eillroeijienftetn  365,  in 
Eutingen  55,  in  Stiefern  39,  in  Söürm  71,  jufammen  in  ber  ©tabt  unb  ben 
Filialen  4832  Katb,olifen. 

$a  bie  ^farrfiraje  faum  250  Sifepläfce  hatte,  fo  rourbe  ber  Steubau 
einer  geräumigen  Äira)e  ein  bringenbes  SJebürfniS.  Stadjbem  ber  Sonifajius* 
oerein  ber  Grjbiöjefe  im  3>abre  1864  jur  (Mrünbung  eines  Äirajenbaufonb* 
600  (Mulbeu  gefpenbet  unb  ber  ju  bemfeben  3">etf  ini  Seben  gerufene  Äreujer* 
oerein  ber  ^forjbeimer  Äatbolifen  400  (Bulben  beigefdjoffen  t)atte,  erhielt  ber 
neue  Jonb  bie  ftaatlidje  (Menetjmigung.  Hlsbalb  erfolgten  anfetjnliche  3Us 
ftiftungen  oon  ^for^eimer  Mattjolifen  unb  ^roteftanten,  fo  bar,  ber  s8aujonb 
am  1.  .Vtiuutr  fa)on  81 660  (Mulben  oerroenbbares  Vermögen  befafj.  1>rarr* 
oerroefer  Gbnft,  welcher  oon  1863  bis  1.  1887  mit  größter  Eingebung 
unb  oielem  Gifer  bie  ratr)oli)d)e  (Memeinbe  paftorierte,  oeranftaltete  mit  gutem 
Grfolg  öffentliche  Sammlungen  jur  Grbauung  einer  ^ran$iSfusfirche,  unb  ber 
StiftungSrat  roenbete  fta)  an  reiche  l'ofalfonbS  um  gutttjateroeife  Beiträge 
unb  erhielt  gleichfalls  rcdjt  namhafte  Summen.  Stadlern  1874  ein  großer 
Üaupla^  für  Äird)e  unb  ^farrljaud  um  55  431  fl.  gefauft  roorben  roar,  befafc 
ber  Jöaufonb  Gnbe  1887  noch  201000  9»arf,  barunter  10000  SHart  au«  ber 
Sntercalarfaffe,  roelchen  biefelbe  fpäter  nochmals  23000  3Harf  beifügte,  fo  bafe 
mau  cmftlich  an  bie  Inangriffnahme  be«  Äirchenbaueö  beufen  fonnte.  Stach 
längeren  ^erhanblungen  rourbe  1888  bie  «uöfiihrung  eine«  oon  93aurat  ^Billiarb 
entroorfenen  ^lane«  um  ben  Äoftcnbetrag  oon  268000  sDfarf  genehmigt.  2tm 
18.  Cttobcr  1H91  rourbe  bie  neuerbaute  Äirche  ju  Qfytm  bee  hl-  ^ranjiefud 
oon  »ffifi  burch  ©rjbifchof  Dr.  5.  Gh.  Noo*  eingeroeiht.  35er  Sau  foftete 
ohne  2lltäre,  (Worten  unb  Crgcl  2^5  209  SJtf.  £?r  Hochaltar  fam  auf  10000, 
bie  Orgel  auf  13000,  bie  (Worten  auf  16000  Dtarf.  £ie  Äira)e  ift  im 
^aftlifaftile  au*  rotem  Sanbftein  gebaut.  Sie  ift  ein  imponierenbed  33auroer(, 
beffen  64  m  hoher  lurm  roeitbin  'fichtbar  ift.  Daß  innere  macht  einen  höchft 
roürbigen  unb  erbebenben  Ginbrurt.  £ag  %ilb  am  rcd)ten  Scitenaltar,  ben 
hl.  3ofeph  mit  bem  '^efudfnaben  barftellenb,  ift  ein  ilteifterioerf ,  ba«  burrt» 
feine  überrafchenbe  Staturroahrheit  unb  ben  roeibeoollen  religiöfcn  Gruft,  ber 
oon  ihm  ausgeht,  auf  ben  süefdjauer  eine  Süirfung  heroorbringt ,  bie  fein 
äbftetifches  roie  religiöfcö  Wefütjl  aufd  iuuigfte  berührt.  ^Ibroeichenb  oon  ber 
üblichen  Xarftellungöroeife  ift  bie  iMutter  (MotteS  auf  bem  Unten  Seitenaltar 
bei  aller  religiöfer  Söürbe  etroaS  ftarl  naturaliftifd)  aufgefaßt,  ein  Umftanb, 
raeldicr  bem  !äilbe  aber  feiuesioeaS  ;um  Staditeil  aereidit. 


Digitized  by  Google 


534 


^forjbeim  im  19.  Oabtbunbert. 


Xai  alte  ^farrbau«  ift  1889  um  28000  Warf  oerfauft  unb  bie  <rr* 
bauung  eine*  neuen  ^farrfjaufed  neben  ber  Mircbe  genehmigt  roorben,  nffibem 


ftd)  ber  StiftungSrat  für  bie  28  000  9Rf.  überfteigenben  Äoften  perfönlid)  haftbar 
gemalt  batte.   $er  Warrbauebau  foftetc  H20UO  Wart. 

Seit  1887  beftfct  bie  Oemeinbe  einen  jroeiten  Kaplan. 


$fotabcim  im  19.  3abrbuubert.  535 

Seit  1k<<m  ftnb  am  Aronleiä)nam*taa,  bie  ^rojeffumen  geftattet,  bie 
fut  finer  rranx  ^cteiliaitna.  erfreuen. 


T>tf  nfur  ßatfiofifäc  Jfttrdir  | -Oodialtar). 

|.  Januar  lnw  war  ber  Warrfonb*  auf  ȟ.ViT  "Warf  ana.en>ad)fen. 
Wad)  bem  lobe  bc«  Ufarroerroefer*  iSljrift  erhielten  befjen  3tcllc  nad)» 
ciuanber  bie  ^farroerroefer  lüeifc,  i<ranbl)ubcr  unb  *Joa,t.    lureb,  £nt{d)liefeung 


536 


Sforjbeim  im  19.  3abtbunbert. 


be$  Örofsbenogö  uom  5.  Januar  1899  f)at  bic  fat()olifd>e  ®emeinbe  ^JforjtjeimS 
eine  fanonifd)  befefctc  Pfarrei,  frerr  $ob.  s#aptift  Seift  ift  bei  erfte 
fatl)olifd)e  Stabtpfarrer  $for$b,eimd,  ein  liebenötoürbiger  unb  geiftuoller  iiriefter, 
ber  fid)  nidjt  nur  ber  Sqmpatt)ien  ber  Matyolifen,  fonbern  aud)  ber  ber  Anberg 
gläubigen  erfreut. 

^farroerroefer  ör rmoiiii  G nrift,  gebürtig  aud  Cberfird),  ue.t  toäbjeub 
24  ^aljren  mit  Umfidjt  unb  treuer  Eingebung  ber  fatf).  ^farrgemeinbe  üorge^ 
ftanben.  "iUät)renb  ber  ttulturfampfsjeit  bot  er  feinen  fpejififd)  fatljolifdjen 
Stanbpunft  mit  (rinfefcung  feiner  ganjen  ^erfönlidjfeit  ju  um  (treu  gefudjt. 
SBar  fein  (rtfer  juroeilen  etroaS  fd)arffantig  unb  in  Befolgung  ber  ibtn  auf* 
erlegten  ^fltdjten  gerabeju  unnaa)fid)t(id)  unb  rütfftd)tölo$,  fo  muft  anberers 
fettö  uon  itym  gefagt  roerben,  min  er  an  fid)  felbft  ben  SNafiftab 
größter  Strenge  anlegte,  bafi  er  in  töerfen  ber  i'iebe  berounbernaiucrt  unb 
efjrroürbig  mar.  Sein  ganje*,  jiemlid)  grofceö  ^rioatoermögen  bat  er  ju 
Armenunterftüfcungen  unb  jum  Mirdjenbau,  ber  Unu  ferjr  am  fcerjen  lag,  uer* 
toenbet.  hieben  biefer  eblcn  (Hefinnung  mirb  itjm  aud)  uon  ben  (Hegnern  bie 
Anerfenmmg  nid)t  oerfagt,  bafj  er  in  firdjlidjen  fingen  ein,  roenn  aud)  berber, 
fo  bod)  fd>arfaudgeprägter  ganjer  (Styarafter  mar  unb  jugteia)  ein  geiftooüer 
SHanu. 

:\u  ben  fatljoltfdjen  Vereinen  jäblen:  Ter  Fat  holt  f  che  SPtänttertoeretn, 

am  1.  April  18H9  gegrünbet.  Gr  ift  ber  ältefte  alter  bieftgen  fattyolifdjen 
Siereine.  Aus  ifrni  ging  fpäter  ber  burd)  uiele  ^ab,re  mit  (Hefdjid  unb  grofeer 
DpferroiUigfeit  uon  £>auptlef)rer  (rifenfolb  geleitete  Äirdjendjor  ber  tun-.  $er 
herein  bejioedt  Uuterbaltung,  forme  Öclebrung  feiner  Diitglieber  unb  ift  politifd) 
im  Sinne  ber  ^entrumöpartei  tljätig.  Tie  Witglieberjabl  beträgt  220.  Ter 
fathoiifriic  Wcfcllriilierriii,  anfangs  ber  70er  ^abre  entftanben,  bietet 
feinen  'äHitgliebern,  uon  betten  er  ein  fittlia>religiöfcS  l'eben  oerlangt,  für  feljr 
geringe  ©egenlctftung  ein  angenef)me$  .freim.  >8efonber$  oerbieut  t)at  fid»  um 
benfeiben  fterr  Stabtrat  (Siemen*  «eltmati  gemadjt. 

$er  fatliolifdic  Slrbeitertoerciu  null  unter  ^eftbaltung  am  fatbol. 
(Glauben  bie  ^ntereffen  ber  Arbeiter  unb  bie  guten  $Jejiel)ungen  berfelbcn  $u 
ben  Arbeitgebern  roabren.  $er  f «i tbolifdtc  feprlintunieretn  bietet  jungen 
beuten,  benen  e$  an  einem  erjiebjidjeu  Jamilienanfajlufe  feb,lt,  gute  l'eftüre, 
paffenbe  «Spiele  unb  fonftige  Uuterbaltung  unb  $elebrung.  lv«>  barf 
bantenb  anerfannt  toerbeu,  baji  bie  .öerrett  ttapläne  ba$  Opfer  au  3Rübe  unb 
#eit  ntd)t  fdjeueu,  beu  Vebrlingcn  an  Sonntag  9ladnnittagen  Öefellfdjaft  ju 
leiften  unb  auf  unterf)altenbe  ftJeife  erjieblid)  auf  fie  einjurotrfen.  ^er 
Cvhinbctbciti'crcui  bctbdttgt  fid]  burd)  llnterftüfcung  uon  ftaudarmen.  £ie 
^uunf tauen  'Kongregation,  tueldjc  ibr.freim  im  &d)tt>rfternbattfe,  ©alb= 
ftrafie  14,  bat,  tuiU  ihre  ^Dlitglieber  ju  einem  frommen  unb  ehrbaren  Söanbel 
anbalten  unb  burd)  ftc  audj  auf  anbere  3){abd)cn  erjietjlid)  roirfen. 

2>ie  erftgenannteu  Vereine  lu-.bcu  burd)  beu  Auf  auf  beö  Guropäif  d)en 
$ofcö  im  %al)ve  1898  (um  ben  ^reiä  uon  180000  3)i f.)  ein  eigene*  93erein*= 
b,aud  erhalten.  ^rüb,er  mürben  bie  ^ufammenfünfte  im  oberen  Saale  bes 
„^följer  $of"  abgelmlten. 

pie  aftltatliorifdii'  ^cmnttdc. 

infolge  be4  auf  bem  3iatifanifd)en  Honjil  18H9/70  proflamierten  Mn- 
feblbarfcitöbogmae  füllten  fid)  uiele  Matbolifen  in  ibrem  religiöfen  (Heroiffcn 
unb  (Hcfüb.1  oerle^t.  2lUerortö  bilbeteu  ftd)  ^rotcftuerfamtnlungen,  unb  aud) 
in  unferer  Stabt  madjtc  fid)  eine  lebhafte  ^eiucgung  unter  ben  tfatfjolifcn 
geltenb. 

3m  ^uli  1869  erging  ein  Aufruf  an  bie  „fatbolifdjen  Mitbürger  in 
Stabt  unb  £anb",  roorin  baö  -Holl  jur  Mitarbeit  aufgeforbert  rourbe  „gegen 
ben  iUifUnaud)  ber  Maujel  ju  politifeben  unb  rtrd)lid)cn  ti^üf)lercien,  —  für  bie 
2Bieberf)erftellung  bed  geftörten  ^riebend  in  ber  Äira)e  unb  ber  a)riftlia)en 


Digitized  by  Google 


$fora&eim  im  19.  3at>rbunbert 


dulbung  unb  2(d)tung  9(nber$gläubigen  gegenüber,  -  gegen  bie  Änmafcungen 
ber  ©eiftlia)feit,  fomie  baä  gefyäffige,  aufrcijcnbe  treiben  bcr  ultramontanen 
treffe  auf  politifdjem  unb  fojialem  Gebiet,  -  für  bie  SBieberfjerftellung 
ber  bem  fatf)olifd)en  SBolfe  firdjenoerfaffungämäfiig  jufteljenben,  burcq  ben 
ftleruä  tynt  oorentljaltenen  Stedjtc  in  ber  Äira)e."  Unterzeichnet  mar  ber 
Aufruf  oon  ben  91  SWitgliebern  beö  „ftatfioltfeittoerettte". 

3lm  17.  Hpril  1870  (jatte  ber  „flattwlifenoeretn"  eine  Slbreffe  an  döllinger 
gefdndt,  meldje  eine  begeifterte  ^uftimmung  enthielt  ju  feiner  am  28.  9Här$ 
beäfelben  3al>re$  nn  Grjbifa)of  @regortud  o.  Sd)err  in  IWündjen  abgegebenen 
©rflärung  bejüglid)  ber  an  if>n  ergangenen  9lufforberung  jur  Unterwerfung. 

3u  ber  am  7.  Huguft  1871  imfcarmoniefaale  in  fceibelberg  ftattge* 
fwbten  grofjen  SUtfatfwlifenoerfammlung,  in  melier  ^rofeffor  s^id)eli*  einen 
Vortrag  Inelt,  mar  alä  ^forj^eimer  delegierter  9totar  dämm  erfa)ienen.  !^n 
ber  Sifcung  beä  öeibelberger  ÄomiteeS  oom  16.  SCuguft  legte  ^rofeffor 
ftriebreidj  bie  Criginalafteu  beä  ^forjtyeimer  ÄomtteeS  oor  unb  beantragte, 
baf*  ätjnlid)  bem  bieäfeitigen  Worgefyen  bie  i'anbbeoölferung  ber  fceibelberger 
Öegenb  mm  9lufd)lufe  an  bie  altfatbolifdje  Sad)e  aufgeforbert  werben  follte. 

3m  3af>re  1873  gehörten  86  felbftänbige  9Witglieber  mit  270  Seelen 
ber  altfatl)olifd>en  ©emeinbe  an.  ;]uan  erhielt  biefe  burd)  ba#  Entgegen- 
fommen  ber  'jjroteftanten  bie  2lltftabtftrd)e,  fpäter  bura?  Verfügung  be3  ®ro|^. 
3Jerwaltung$f)ofe$  bie  9tnftalt$fird)c  jur  SNitbenüfcung  überwiefen.  ^rofeffor 
ftriebreidj  tnelt  barin  am  26.  Cftober  1873  bei  (Melegenf>eit  ber  f)ier  tagenben 
SUtfatljolifenoerfammlung  ben  erften  @otte$bieuft.  3m  felben  Jafyre  mürbe 
bie  ©rünbung  einer  altfatfyolifd)en  Pfarrei  befajloffen  unb  bie  9lu3fä)reibung 
bcr  ^farrftelle.  dem  (9eiftlid)en  fonnte  ein  Gewalt  oon  2000  fL  jugefta^ert 
werben,  ba  bie  ocranftaltete  ^eidmung  oon  ^abreebeiträgen  reidje  bittet 
gewährte. 

der  erfte  altfatr>olifc^e  ®eiftlia)e  mar  Pfarrer  dilger ;  im  ^a^re  1880 
taufa)te  er  feine  ©teile  mit  Pfarrer  "^näjfa  au*  fturtwangen.  diefer,  ein 
ftiller,  geiftuoller  öerr,  ber  in  ber  Stabt  oiel  Slnfeben  genofe,  ftarb  t)ier  im 
^aftre  1894.  Sein  9iad)folger  ift  ber  jefoige  Stabtpfarrer  dittrid). 

$ür  ben  neuerwätjlten  altfatfjolifdjcn  SJifdjof  9tein!en*  würben  hier  im 
Sluguft  1873  bei  3«">elier  ^u^Ier  Äreuj  unb  Stab  angefertigt,  die  ©eftellung 
erfolgte  burtt)  baö  Äölner  Komitee. 

3tm  11.  Sinti  1874  würbe  bie  erfte  alt!at()oüfd)e  drauung  mit  WotteS* 
bienft  in  ber  9lltftabtrtra)e  oolljogen. 

9lm  4.  9tooember  1874  beging  bie  töemeinbe  eine  ©ebenffeier  ju 
(Sfjren  be$  3Mfd)ofä  äßeffenberg. 

die  altfatljolifdje  Wemeinbe  l)atte  1876  =  166  felbftänbige  Männer, 
40  felbftänbige  ftrauen,  39  3teligionefa)üler,  1877  =  171  felbftänbige  SWänner, 
46  felbftänbige  grauen,  46  9teligionäfd)üler.  die  ganje  Seelenjafjl  betrug  435. 
2lufecrbem  waren  bem  altfatt)olifa)en  ©eiftliajen  noa)  etwa  400  Pfleglinge  ber 
Ijieftgen  4>eil=  unb  "JJflegeanftalt  unterftellt,  wofür  berfelbe  ein  Gewalt  oon 
jä^rlia)  900  3Hf.  au*  ber  Staatefaffe  bejog.  1876  famen  15  laufen,  18  $e* 
erbigungen  unb  jwei  drauungen  oor. 

der  jefcige  @tanb  ber  ©cmeinbe  beträgt  gegen  400  Seelen. 

3Jtit  großen  öoffnungen  batte  bie  altlatt)olifa)e  Bewegung  eingefe^t. 
die  Regierung  unter  Solln  ^atte  fie  fräftig  unterftüfct,  unb  aua)  oon  Seiten 
ber  eoangelifdjen  ftiraje  würbe  \t)t  jebmebe  J^örberung  juteil.  SBenn  bie 
altfatljolifdje  Wird)e  i^re  öoffnungen  in  ber  Jyolge  nia)t  oerwirflid)t  faö,  fo 
barf  fte  fia)  ru^ig  alä  ein  Dpfer  ber  wanbelbaren  ^Jolitif  betrauten.  Sajon 
ßnbe  ber  70er  Safere  war  bie  ftaatliaje  Jürforge  fiür  bie  3lltfatl)0lifen  einer 
fühlen  OHeiajgiltigfeit  gegen  fie  gewidien. 

31  n  bie  attfatfwlifd)e  (^emeinbe  gliebern  fia)  ber  altf  at^oli  f  d)  e 
grauen  oerein  unb  ber  a  1 1  f  a  1 1)  o  1  if  d>  e     ä  n  n  e  r  o  e  r  e  i  n  an. 


Digitized  by  Google 


538 


iMorjbcim  im  19.  3abrbunbert. 


pic  iorniTitiftfii'  tiemetttbe. 

Tic  Israeliten"  benüfeten  ihr  alte*  ÜJotteäbaud,  baS  an  Stelle  be$ 
jefcigcn  neuen  Anger'fchcn  ftaufet  in  ber  SRefcgerftra&e  ftanb,  bi$  jum  3ab,re 
1893.  3n  biefem  Safere  würbe  bie  neue,  oon  ^rofeffor  vcoi  in  Marldrnfje 
unb  9lrd)itcft  HIein  hier  erbaute  Sqnagoge,  mcldie  *J«>uooo  iJiarf  f öftere, 
unter  Beteiligung  ber  ftaatlicheu  unb  ftabtifcqcn  Behörben,  foroie  ber  Weift= 
iidjfctt  anberer  Bcfenntniffe  feicrlidj  eingeweiht.  Sie  ift  im  maurifaV 
gotlnfcben  Stile  gebaut  unb  bilbet  eine  ^ierbe  ber  Stabt.  Tie  öemeiaix» 
unterfteht  bem  Karlsruher  Rabbiner. 


211S  Mantor  roirfte  in  ber  Hemeinbe  ju  Anfang  beä  ;Jat)rhunbertd  ber 
l'ehrer  Sdjlenfer,  ihm  folgte  ("Jibeou  Blöd),  ber  (Mrofwater  ber  Inhaber  beä 
Banrgefdjäftcä  Blod).  Gr  befleibete  fein  Amt  40  ^atjrc  lang  jur  ^ufriebenrjeit 
ber  (hemeinbe  unb  ftarb  188«  t)od)betagt  unb  allgemein  geet)rt.  Sein  9iact> 
folger  mürbe  ber  iHeallehrer  unb  Mantor  GliaS  Bloch,  ein  SRann  oon 
umfaffenben  «cuntniffen  unb  regem  Weifte,  Bei  feinem  Tienftantritt  mürbe 
ber  Sd)äd)terbienft  oon  bem  bed  Borfängerd  unb  SHeligiondlcfjrerä  getrennt. 
9iaa)  Gliae  Blodjä  lob  (1895)  erhielt  ber  jefcige  £auptlet)rer  Taoib  Sommer 
bie  Stelle  eine*  iäraelitifdjcn  .Hantorö. 

Ter  alte  i*raelitiftb,e^Jyriebb/of  an  ber  Gutinger  Strafe  rourbe  1846 
eröffnet  unb  biä  1878  benüfct.  ^n  biefem  §ai)vt  fanb  bie  erfte  Beerbigung 
auf  bem  neuen  Jyriebbof  auf  ber  Sdwnj  ftatt. 

Tie  iäraelitifdje  (Memeinbe  jäfjlt  435  Seelen.  :\n  ben  älteften  Familien  ge 
hören :  bie  Familie  Sdjleftuger,  nadnoeiölid)  feit  1706  in  ^forjtjeim 

»      -Kuhn,  „         „    1813  „  u 

Tie  iöraelitifdjen  Bürger  unferer  Stabt  finb  jumeift  motjlbabenb ;  it)re 
Anteilnahme  am  Wcmcinbelebcn  ftel)t  ntdjt  hinter  jener  anberer  Äonfefftonen 
jururf,  unb  it)r  Berfctjr  mit  biefen  war  ftetd  ein  looaler.  Tie  antifemitifdjc 
Bewegung  anfangt  ber  90er  Jahre  feint f  aud)  hier  eine  jubenfeinblidje  Partei, 
wela)e  aber  trofc  ber  Bemühungen  it)rcr  ftüljrer  Ablroarbt  unb  i'iebermann  oon 
Sonnenberg  feinen  Boben  gewinnen  fonnte. 

An  bie  iöraelitifdjc  Wemcinbe  fd)licfjen  fid)  an:  ber  i  d  r  a e I i t i f  dj c 
%  r  m  e  u  o  e  r  e  i  n ,  ber  iäraelitifdje  J  r  a  u  e  n  o  e  r  e  i  n  unb  ber  i  8  r  a  e= 
litifdje  ättol)lti)ätig(eit3»erein. 


Google 


^forgbeim  im  19,  3a Rimbert.  539 


PU  itexxeti^xofe  Öemeinbe. 

Tie  ©eroegung,  welche  auf  fachlichem  ©ebiete  oon  bem  ehemaligen 
fatf)Olifc^en  Kaplan  ÜKonge  unb  oon  Torotat  im  vx\af)re  1845  in«  £eben  gerufen 
rourbe,  führte  nach  einem  Vortrage  Monges  am  21-  Cftober  1845  auch  fner 
jur  (Mmbung  einer  beutf<fj*fatl)0ltfrfieu  (ttemeittbc.  ÜHonge  roolmte  bamal« 
bei  <SI)r.  frerre,  bem  erften  SBorftanb  ber  ©emetnbe  unb  nachmaligen  ftübrer  ber 
^fortfjeimer  Siabifalen  jur  ^eit  be«  Slufftanbe«.  311«  ^Jrebiger  famen  regeU 
mäjjtg  hierher  Heribert  3iou  au«  Stuttgart,  iörugger  au«  öeibelberg,  Wibrecht, 
ber  3Jerfaffer  be«  roeitoerbreiteten  ^Jrebigtbucbe«  „Religion"  unb  ber  Sammlung 
freireligiöfer  0ebia)te  „kleine  Stunben  ber  2tnbaa)t",  ferner  ber  je&t  noch  in 
München  lebenbe,  au«  Marl«rube  gebürtige  "^rebiger  Ätarl  Scholl  unb  feit  15 
Jahren  ^rebiger  Sdjneiber  au«  ^Mannheim.  Ter  ©otte«bienft  mürbe  juerft 
im  Saale  be«  w9iömift^en  Äaifer",  bann  im  ^latt)au«faal  abgehalten.  3m 
3Hai  1848,  al«  bie  slßogen  ber  politifajen  Seroegung  b,oa)  gingen,  hielt  bamtt, 
rote  bie«  in  folgen  3eitläuftcn  immer  ber  Jyall  ju  fein  pflegt,  bie  reltgiöfe 
gleiten  Schritt.  Tie  Teutfcb=5tatbolifen  ftelttcu  beim  Dberamt  ba«  ©efucb. 
um  SJcitbenü^ung  ber  proteftantifdjen  Mirale.  Tie  ©eiftltchen  aber  mehrten  ftch 
bagegen  unb  ber  ©emeinberat  erroiberte,  bafj  nach  ber  Slnjabl  ber  9Witglieber 
ba«  bi«herige  Sofa!  im  !Katbau«faal  grofe  genug  fei.  Sbn  3.  2lpril  1849 
rourbe  ber  ©emeinbe  fobann  auf  roieberholte«  9(nfud)en  bie  ftriebboffapeUe 
auf  bem  alten  @otte«acfcr  (jefct  Stabtparf)  jur  SWitbenüfcung  überlaffen.  DJacb 
bem  9lbbrucf>  ber  .HapeUe  hielt  bie  ©emeinbe  ihre  SJerfammlungen  im  Saale 
be«  „Sdjroarjen  Slbler"  ab ;  fpäter  erhielt  fie  einen  Saat  im  alten  Sctjulhaufe 
angeroiefen. 

Km  2.  Dftober  1870  feierte  bie  freie  ©emeinbe  ba«  #eft  ihre« 
25;jäbrigen  33eftehen«. 

Tie  Sifte  ber  alten  SWitgltebcr  in  ben  40er,  50er  unb  60er  Röhren 
roeift  tarnen  auf  oon  oornebmer  öerfunft;  tyeute  fmb  bie  ©emembeglteber 
meift  Arbeiter.  Slber  auch  in  ber  Tenbcnj  ber  freien  ©emeinbe  t)at  fia)  im 
i'aufe  ber  ^abre  eine  Söanblung  oolljogen.  3Bäbrenb  'Mau,  Skugger  unb 
Wibrecht  noch  am  Unfterblicbieit«glauben  (al«  einem  fortleben  ber  Seele)  unb 
am  GHauben  an  ©Ott  al«  ein  abfolute«  Söefen  f  efthielten  unb  nur  bie  $"it)eit 
oon  fachlichen  formen,  Safcungeu  unb  ©lauben«jroang  oerlangten,  fteljen  bie 
neueren  ^rebiger  mehr  auf  bem  SBoben  be«  v#anthei«mu«  unb  be«  @oolutioni«mu« ; 
fie  betrachten  ben  i)(enfa)en  lebiglid)  al«  oberfte«  ©lieb  in  ber  großen  Mette 
ber  organifajen  Schöpfung  unb  lehren,  bafj  ba«  ©lücf  be«  SJtenfchen  in  einem 
ben  eroigen,  unroanbelbaren  ©efefeen  ber  91atur  entfprechenben  X'eben  beruhe, 
unb  ba|  alle  Sünbe  unb  alle«  Unglücf  au«  ber  Pachtung  biefer  ©efefee 
heroorgehe. 

Tie  ©emeinbe  f>at  einen  #onb«  gegränbet  jur  (SrfteUung  eine«  herein«* 
häufe«;  ihre  SHitglieberjahl  beträgt  203. 


Anfang«  ber  60  er  fyfyto  fanb  biefe  Meligion«gemeinfchaft,  bie  ihren 
Urfprung  gleich  ben  übrigen  fleinen  aufjerfirchlichen  ©emeinfebaften  in  Slmerifa 
Imt,  hier  ihre  erften  Anhänger.  Sie  fehltest  fidj  oon  ber  £anbe«firche  au« 
unb  hat  ihren  eigenen  ^Jrebiger.  Jb*  ©otte«bau«  ift  bie  3'°nöfaPcUe  C^lt« 
ftäbterfirchenroeg  8).  @otte«btenft  ift  an  5  lagen  in  ber  9öocf>e.  Tie  ^etlro* 
biftengemeinbe  $ör>(t  102  aWitglieber. 

<£pattfleftfdie  <&etnftttf$aft. 

Tiefelbe  befteht  feit  etroa  10  3a*)«n  unb  ftcljt  ebenfall«  außerhalb 
ber  Sanbe«firche.    Sie  f)<xt  sum  3roerf:   Tie  ^örberung  unb  (Spaltung 


Digitized  by  Google 


540  Sfotabetm  im  19.  Safabunbett. 

pofitioen  (Shriftentume,  bic  fcebung  ber  Sittlidjteit,  Anleitung  bcr  ^ugenb  jur 
Treue  gegen  (Mott  unb  bic  Cbrigfeit.  Sonntag«  unb  SJJittroodje  abenbe  finben 
regelmäßig  Vorträge  ftatt  im  iHerein*l)aiife,  Wagolbftrafje  13. 

•  pic  iöaptiftenflemetn&f 

bat  itjr  SJerfammlungeiofal  Womnafiumftraüe  5.  Sonntage  unb  Touneretage 
ift  «otteebienft.   3br  itrebiger  nennt  fta)  SNiffionar. 

3n  9teuftabt:$rö$ingen  beft^t  bie 

ilpoilol'ifdn'  cfremetit&e 

ein  huMdicv  Wotteebaue. 
3lud)  bie 

Saeiteaxmee 

t)at  in  ben  90er  ^a^ren  b,ier  »oben  ju  geioinnen  gefudjt.  2)a  fte  aber  bei 
unferer  »eoölferuug  wenig  vi5crftänbnie  fanb  für  ifjrc  geroip  rooblgemeinte  ur.b 
anberroärtS  aud)  erfolgreiche  Xbatigteit  unb  burd)  iijrc  militärifd);theatralifd) 
ut.u'fr.uucu  formen  ber  Spottfucbt  anheimfiel,  fchüttelte  fie  ben  ^forjheimer 
©taub  oon  ben  tfüfyn  unb  oerfua)te  itjr  ÄriegSglücf  in  anberen  QJegenben. 


Pte  fpan^ffifrfi-rutßfnfifif  äerncinbe.*) 

^m  ^ftnjthal,  beffen  »coölferung  oon  je  ber  mnftifchen  »liebtung 
jugeneigt  mar,  trat  bei  ben  allgemeinen  Sirren  ber  40  er  3at)re  ber  SEÖiber* 
ftanb  gegen  manage,  bem  Althergebrachten  feinblicbe  Slnorbnungen  ber  Äirchem 
bebörbe  befonbere  grell  ju  läge.  Wieber  mar  ee  ein  2Hann,  beffen  Anlage 
jum  ftanatiemue  unb  jur  Cppofttion  ee  fertig  brad)te,  eine  Trennung  oon 
ben  bi$beng<m  fira)lia)en  formen  ju  betoerfftelligen.  (ie  mar  Ufnrrcr  $aafj 
in  3fp ringen.  Jtonflift  über  Äonflift  mit  ber  flirebenbebörbe,  ber  einmal 
geraten  mürbe :  „Stacht  ilm  jum  Oberfircbenrat,  bann  habt  ihr  :'<ui)c  !M  braugte 
ibn  enblid)  jur  Separation,  jur  ®rünbung  einer  lutherifd)en  ®emeinbe  im 
$finjtt)al  mit  bem  Bit}  in  Springen.  3unäd)ft  jog  fid)  &aag  nadj  Bretten 
jurücf.  (£e  mar  im  ^abre  18o6.  ©ine«  Sonntage  bielt  er  im  „Slbler"  in 
Springen  eine  Sammlungeprebigt  über  ben  Ic£t :  .frier  fteb'  id),  id)  fann  nidjt 
anbere".  £ae  mar  bae  Signal  jur  (Mrünbung  ber  feparierten  lutb\  Öemeinben  im 
^finjthal.  Sotl  »retten  aue  oerroaltete  fraag  anfange  bie  Öemeinben,  bie 
(Sbuarb  ftrommel,  ber  juerft  im  „"JJrinjcn"  in  ^forjh,eim  tuohnte,  an  feine  Stelle 
trat.  1860  mürbe  mit  bem  »au  einer  eigenen  Kirche  begonnen,  bie  am 
3.  9tooember  gleiten  Sah«**  eingeweiht  roerben  fonnte.  Gin  Jyrcunb  jrommele, 
Horcher,  trat  bemfelbcn  einen  »auplafc  ab,  auf  welchem  erfterer  ein  $aue 
errichtete,  in  roe(d)em  er  25  Jahre  unentgeltlich  roobnen  burfte,  roorauf  ba*= 
felbe  bem  Örunbeigcntümer  jufallen  follte.  (Se  ift  bae  heute  ber  Schrift* 
ftellerin  ftrau  i'oeperi.'poufell  gehörige  Slmoefen,  fet)r  romantifa)  am  SBalbee= 
ranb  gelegen.  1874  trat  ein  ^rebiger  (Sichhoru  in  bcr  Wemcinbe  auf,  geriet 
mit  Jyrommcl  in  Monflift  unb  jog  auf  ben  Sperlingebof  bei  SBilferbingen. 
hierher  fiebeltc  aud)  bcr  oom  Dberfirdjenrat  entlaffcne  ftaag  unb  fammelte  bie 
altlutherifaje  (SJemetnbe,  ober  roie  ftc  fid»  gern  nennt,  bie  „Ölieber  ber  freien 
lutherifdjen  Kirche",  fraag  ftarb  1876.  3ln  feine  Stelle  trat  ^irebiger  Kraus, 
ber  aue  9(meri!a  fam.  (ix  prebigte  bie  fog.  „Sonn  tage  lehre",  b.  b.  aud) 
am  Sonntag  bürfe  man  Söerftagearbeit  oollbringcn,  meun  ee  nur  im  Slufblicf 


•)  «on  ^auptlchrer  »enj  in  Springen  naa)  alten  Äirdjen*  unb  3tate= 
aften  mitacteilt. 


Digitized  by  Googl 


<Bforabeim  im  19  Sabtbunbert. 


jum  §errn  gefdjebe.  2>er  boburd)  in  bcr  ©emeinbe  Ijeroorgerufene  3roiefpalt 
führte  511  feiner  SBerbrdngung  unb  jur  Berufung  be$  ^farrerä  Staubenmeier, 
eine«  SBürttcmbergerö,  an  befielt  Stelle  ber  jefcige  Pfarrer  (rberle  trat  jur 
ilaftoration  ber  SUilutljeraner.  ©ine  unqualifizierte  Steuerung  auf  bem 
iyriebbof  ju  Sfprtngcn  führte  einen  SJcfdjlufe  be$  Cbcrfira)enratS  Ijerbei,  roonad) 
ben  ädtluttjeranern  bad  ©eläute  ganj  oerfagt ,  ben  Lutheranern  nur  gegen 
©riegung  boppelter  lape  gewährt  joirb.  X'ejjtere  fjatten  unter  Trommel  itjre 
©emeinbe  rul)ig  weiter  cntroidelt,  ber  aud)  mit  Pfarrer  Spea)t  ^rieben  b,ielt, 
obtoofjl  Unterer  burdi  Slbiucidjung  00m  eoangel.  Munal  weiterem  SlbfaH  oon 
ber  eoangeltfdjcn  Jtirdje  oorjubeugeu  fud)te.  ftrommel  mürbe  im  fcerbft  1880 
al*  ©eneralfuperintenbent  naa)  (Seile  in  ftannooer  berufen. 

Xn  feine  SteUe  trat  fein  bisheriger  $>ilfäprebiger  Pfarrer  Scriba,  ber 
feit  1880  bie  ©emeinbe  leitet.  Unter  feiner  SBerroaltung  rourbe  ba3  oon  fizau 
Äaffanom  erroorbene  Slnroefen  mit  Unterftüfcung  burd)  ,\vi.  ftoffmann  jum 
luttjerifdjen  ^Jfarrljaud  umgebaut,  foauptletjrer  Stern  oon  Büchenbronn  trat 
al$  Steligiondlebjer  in  ben  ÜMenft  ber  lutf)erifd)en  ©emeinbe.  SJor  5  fahren 
trennte  fid)  Rarldrufje  unb  oor  3  ^a^ren  Jreiburg  oon  ber  lutfjcrifdjen  SJuttcr^ 
gcmeinbe  ju  Springen  unb  ftellten  eigene  ©eiftlidje  an.  (Sin  ©lanjpunft  in 
ber  @efd)id)te  bcr  lutberifdjen  ©emeinbe  mar  bie  Örunbung  beö  1887  erbauten, 
feb,r  fdjön  gelegenen  ©emeinbeljaufeä,  ba£  jcfct  00m  Pfarrer  beroolmt,  mit 
SötrtfdjaftSfonjeffton  oerfeb,en  ift,  unb  worin  SonntaaS  geroirtet  wirb  nadj  ber 
Eeoife :  „Die  #reube  im  fterrn  ift  meine  Stärfe  r  ©noäb,nt  fei  noa)  bie 
Xhätigfett  ber  beiben  Siafoniffen  Jräulein  (*ltfabetl)a  0.  Derlen  unb  6b,aro* 
lotte  0.  ^latenj.'oallermünbe,  auf  beren  SJeranlaffung  ber  Springer  Krönten* 
oerein  gegrünbet  rourbe.  2>er  ©et)alt  be$  ©eiftlia)en  roirb  aufgebraßt,  inbem 
pro  Äopf  ber  ©emeinbe  4  3Kf.  jährlich  bejatjlt  roerben  unb  jroar  freiwillig. 
(Sö  befiehl  ein  ^aftoralhilfSfonbS  unb  eine  ^aftoralroittroenfaffe.  X\t  Skr* 
roaltung  bed  ©emeinbeoermögenä,  ber  ^farrbefolbung  jc.  unterfteht  einem 
si?orftanb  auS  £aien.  X'xt  Springer  lutherifdje  ©emeinbe  jählt  175  SHitglieber, 
bie  altluttjerifaje  25.  2)a$  lutljerifdje  iUrd>leiu  ift  eine  $ierbe  SfpringcnS. 
^m  a(tiutf)erifd)en  Pfarrhaus,  gegenüber  bem  Bahnhof,  ift  ein  Saal  für  bie 
fira)lid)en  Bebürfniffe  biefer  ©emeinbe. 


Vit  Vfoxtfexmex  3frte60öfc.*) 

s;Hniä&lid)  oon  ©rabarbeiten  beim  ©a§roerf  rourbe  im  3at)re 
1898  bafelbft  ein  uralter  93egräbni§plat>  entbeeft.  $)ie  in  ben 
©räbern  gefunbenen  Söaffen  unb  ©laSperlen  heukn  barauf  i)\nf 
ba§  er  au§  ber  £eit  ber  ißölferroanberung  ftammt.  3m  übrigen 
pnben  fict>  (einerlei  Slotijen  ober  s$läne  oor,  welche  barauf  binroeifen, 
baf$  oor  1588  fdron  ein  ftäbtifdjer  Sneb^of  ba  roar.  9ttan  roirb 
bafjer  nidjt  fe^lgeben,  roenn  man  annimmt,  ba§  oortjer  über= 
Ijaupt  fein  allgemeiner  größerer  33egräbni§ülatj  oor|anben  geroefen 
ift  fonbern  bafj,  roie  in  oielen  anbern  ©täbten,  bei  jeber  Äirc^e 
bie  näd)fte  Umgebung  at§  öegräbniöftätte ,  a(§  fogenanuter 
.UivdihoT  beuü^t  rouvbe.  216er  nic^t  nur  bie  Umgebung  ber 
^ira^en,  aud)  ba§  3nnere  berfelben  biente  ^aufig  jum  ^3e* 
graben  ber  ioten.  ©0  roar  e3  aueb  \)\tx  in  ber  ©d)lo&fird)e. 

•)  9(aa)  einem  3luffa^  oon  ^rioatier  Robert  ©erroig  im  w^forjb,eimer 
Slnjeiger"  1898. 


Digitized  by  Google 


542  Sforabetm  im  10.  Sfobtbunbett 

Unter  bem  (£f)or  berfelben  befinbet  fid)  bie  ©ruft  für  bte  mar!= 
gräfliche  gamilie.  ^Öicfe  ©ruft  rourbe  oon  9Jlarfgraf  <£rn|t 
erbaut.  3)ie  oielen  an  ben  SBänben  ber  <5ettenfapellen  auf* 
geseilten  ©rabplatten  fmb  $eugen  bafür,  bafj  manche  ber  f)ier 
anfäffigen  abeligen  gamilien  in  bei*  ®d)loj3fird)e  ihre  SBegräbni^- 
ftdtte  Ratten.  3)id)t  im  Horben  ber  $ird)e  ftanben  bie  eng  jufammen-- 
gebrängten  2öot)ngebäube  be3  6d)lo&e§;  aber  ba§  ©elänbe  an 
ber  ©übfeite  war  ein  griebfjof.  3m  Qafjre  1882  würben  in 
biefen  Anlagen  beim  Segen  ber  ©aSleitung  menfdjltcfje  ©ebeine 
aufgefunben. 

Eejüglid)  ber  Slltftabtfirc^e  ift  e§  nod)  in  oieler  ©ebädjtnte, 
bafj  ganj  regelmäßig  bie  ©lieber  ber  9lltftabtgemeinbe  in  ben 
riebtjofanlagen  bid>t  um  bie  ßircfye  begraben  mürben.  <£rft  im 
aljre  1861  mürbe  biefer  griebljof  gefdjloffen.  Weniger  befannt 
bürfte  e3  fein,  bafj  in  früheren  Reiten  $udjenfett>  eine  giliale 
ber  3lltfiabtfird)e  mar  unb  feine  $oten  auf  ben  2Ütftäbter 
gdeb^of  begraben  mufjte.  3>m  3af>re  1496  rourbe  biefeä  35er 
t)ältni§  gelöft. 

On  ber  ©rötjtnger  93orftabt  mar  ein  ^ird)t)of  beim  Rirdfletn 
um  fyl.  ^reuj".  3)a§  an  ba§  ftlrdjlein  anftofcenbe  ©ut 
mar  oon  einer  ^lnjal)I  ^Bürgern  ju  einem  Samilienbegräbms 
angefauft  morben.  sJttcfytbered)tigte  mufjten  für  jebe  (Erlaubnis, 
ein  ^IngeljörigeS  bort  beerbigen  ju  bürfen,  einen  ©ulben  bejahen. 
3n  ber  legten  $eit  fcineS  93cfter>cn§  Durfte  er  nur  noef)  oon  93e-- 
redjtigten  benutzt  merben.  3»m  3a^re  1800  rourbe  er  aus 
fanitären  9iücffid)ten  auf  bie  söerooljner  ber  umliegenben  Käufer 
gefdjloffen. 

3)ie  oerfdjiebenen  Klafter  ber  Stabt  Ratten  innerhalb  ibrer 
dauern  in  einem  £eile  be§  Hloftergarten§  it)re  93egräbni3p[äf}e. 
$ie  ^riore  unb  2öof)ltf)äter  ber  ßlöfter  rourben  in  ben  &l  öfter 
fird)en  ober  ftreujgängen,  bie  3Rönd)e  ober  91onnen  in  einem 
ieile  be§  ÄloftergartenS  begraben.  2lber  aud)  anberc  Seilte  fanben 
iljre  letzte  sJiut)eftätte  bafelbft. 

©§  ift  befannt,  bafj  3ot).  9teud)lin§  Butter,  beren  ©arte 
$lofterfd)affner  bei  ben  ^Domin ifanern  geroefen  war ,  in 
biefem  Softer  begraben  rourbe.  ©efd)id)t3fcr)reiber  (£ruftu§  br 
ridjtet  oon  jroei  ©rabfdjriften  au§  bem  (£t)or  ber  $)ominifaner* 
fird)e,  oon  einer  1398  oerftorbenen  grau  (Slifabeaja  Dcoctjettin, 
£>einrid)  oon  $etingen§  ©emarjlin  unb  oon  einem  Christophorus 
ad  Habsberg.  2>on  bemfelben  eräät)lt  ©.  2.  Deimling:  M$ie 
nadj  bem  granjofenbraub  oon  1689  ftet)eu  gebliebenen  ftreuj* 
gänge  rourben  1754  eingeriffen  unb  ju  einem  ©arten  umge* 
roanbelt"*).   3u  bef lagen  ift,  baß  bei  biefer  Arbeit  bie  oielen 


•)  %n  eteUc  beweiben  ftefjt  ba*  gütige  „alte  @c$ul$<roä". 


Digitized  by  Google 


Worjbetm  im  ld.  Öabrbunbert. 


543 


fdjönen  ©rabfdjriften  unb  $entmäler,  bic  in  ber  ^peralbif  unb 
in  bev  ©efdjidjte  be§  SlbelS  fo  mannen  mertoollen  2Iuffd)luft 
Ratten  geben  tonnen,  ju  ©runbe  gegangen  ftnb.  @tlid)e§  mürbe 
ja  auch  gerettet,  unb  bie  am  beften  erhaltenen  Steine  mürben  im 
dtyox  ber  neuen  Stabtfirche  aufgeteilt,  meiere  an  ber  ©teile  ber 
abgebrannten  2)ominifanerfird)e  erbaut  unb  1720  eingeroeiht 
roorben  mar.  911S  aber  1789  biefe  neue  Stabtfirche  ebenfalls 
abbrannte,  gingen  bie  Cvpithapbicu  naheju  alle  ju  ©runbe,  unb  nur 
einige  ber  am  §aupttt)or  rechts  unb  linfS  befeftigt  gemefenen 
platten  blieben  erhalten,  fo  ber  Stein  am  linfen  portal,  meieren 
einft  Sfauchlin  feiner  SJiutter  hatte  fetjen  taffen. 

Sei  ben  jranjtSfanern  roaren  bie  vJ3ert)ältniffe  ähnlich 
mie  bei  ben  ftominifanern.  93ei  ihrem  Sllofter  befanb  fid)  ein 
auSgebe^nter  ftloftergarten,  oon  meinem  ein  £eil  als  93egräbniS= 
ftätte  biente.  5lud)  auf  biefem  griebhof  mürben  fieute  beerbigt, 
meiere  außerhalb  beS  RlofterS  roohnten.  (Ein  ehemaliger  iBifchöf 
oon  Speier,  Johannes  9ti$  oon  |>ohenecf,  genannt  (Eubenberg, 
hatte  fid)  hierher  jurürfgejogen  unb  roarb  nach  feinem  1467  erfolgten 
iobe  bei  ben  JranjiSfanern  beerbigt;  ebenfo  1497  ein  3öilhelm 
oon  Urbach,  Sluffetjer  ber  $errfd)aft  3lltenfteig,  ein  SHtfad)  oon 
Deichendem,  33ogt  ju  97lid)enburg,  unb  ein  ftonrab  oon  (Enzberg. 
2Benn  biefe  Herren  oom  3lbel  im  Schiff  ber  ftirche  beigefetjt 
mürben,  fo  barf  roohl  angenommen  roerben,  bafj  baS  bürgerliche 
(Element  auf  bem  &egräbniSplatj  im  Äloftergarten  feine  $oten 
beerbigen  burfte.  3(18  infolge  beS  OrleanS'fd)en  Krieges  ber 
baufällig  gemorbene  £urm  unb  baS  ruinöfe  Schiff  ber  jranjiS* 
fanerfirche  eingeriffen  merben  mußten,  mürben  oiele  ber  ©rab= 
benfmäler  oerfchüttet. 

Sluch  in  bem  $ominifanerinnenf  lofter  „SDtaria 
SHagbalena"  mar  ein  93egräbniSplat}  innerhalb  ber  ftlofter* 
mauern.  3)ie  1579  itt  einem  Spital  umgeroanbeltcn  ftlofter* 
gebäube  gingen  gleichfalls  im  OrleanS'fdjen  Kriege  ju  ©runbe. 
Iii  ihre  Stelle  nbauti  SJcarfgraf  ftarl  Wilhelm  baS  SanbeS* 
roaifenhauS,  oerbunben  mit  Siedjenanftalt  unb  3ud)thauS. 
Erhalten  ift  auS  ber  ßlofter^eit  faft  nichts  mehr.  Dur  bie  ©rab* 
malplatte  ber  SJcarfgräfin  ßuitgarb,  Dubolf  IV.  ©emahlin  (roelcheS 
gürftenpaar  1322  baS  erfte  Spital  in  ^forjheim,  bei  bem  ftlofter 
gelegen,  geftiftet  hatte),  roirb  heute  noct)  im  §ofe  ber  £eil*  unb 
$fleganftalt  aufbemahrt. 

Oberhalb  ber  silu,  beim  St.  ©eorgenftif  t,  ift  unjroeifel* 
haft  beim  ftirdjlein  ein  SJegräbniSplat)  für  bie  im  bortigen  9lful 
Sßerftorbenen  —  roenn  nicht  für  bie  Öeroohner  ber  $lu  überhaupt 
—  geroefen. 

Äurj  nad)  ber  (Einführung  ber  Deformation  in  ^Pforjheim 
burch  ftarl  IL  im  3ö&te  1556  mufte  auch  baS  SSegräbmSroefen 


&44 


$forabeim  im  19.  3abri>unbert. 


neu  geregelt  roerben.  3)ie  Klöfter  würben  in  ber  3*ü  *m 
1560—1565  aufgehoben.  35a3  letzte  war  ba§  ftl  öfter  bei 
$)ominifanerinnen.  $>a§  begraben  innerhalb  ber  föirdjen  rourte 
fortan  ftrenge  oerboten.  5lber  aud)  bie  oerfdjiebenen  fleinen 
JJriebrjöfe  bei  ben  ftirdjen  unb  in  bell  Kloftergärten  roaren  als 
unhaltbar  erfannt  roorben,  unb  fo  n>ar  man  gezwungen,  im 
Often  ber  Stabt,  an  ber  Strafje  nadj  Sulingen,  einen  allgemeinen 
Jriebbof,  2  JA  borgen  gxo%  anzulegen. 

S)a3  Verbot,  innerhalb  ber  Kirdjen  £ote  ju  beftatten. 
rourbe  übrigens  nochmals  burdjbrodjen.  Qm  dtyox  ber  ober 
ermähnten  neuerbauten  ©tabtfirdje  burfte  ba§  abelige  tarnen 
ftift  feine  $oten  begraben.  9tach  33ernicf)tung  ber  Äircfje  mürbe 
biefem  auf  bem  allgemeinen  §riebrjofe,  bicfyt  neben  ber  Capelle, 
ein  ^latj  „auf  eroige  3eit*n"  jugeroiefen. 

35ie  erfte  bebeutenbe  sJcadjrid)t  über  biefen  allgemeinen 
ftriebfyof  ftammt  au§  ber  $eit  be3  Orlean§'fd)en  Krieget.  2le 
Kapelle  rourbe  in  einem  ber  großen  93ränbe  eingeäfcfyert  unb 
tonnte  erft  1711  roieber  aufgebaut  roerben.  2113  33emei3  für  bie 
bamaligen  traurigen  SBerfjältniffe  fei  erroäfntt,  bafc  |u  ihrem 
Söieberauf  bau  bie  oerfd)iebenften  ©elber,  aus  ber  etabtfafie, 
(5tipenbienfonb§,  Kolleften  :c.  oerroenbet  roerben  mußten. 

SÖ3ie  oben  ermähnt  rourbe,  ging  1800  ber  Streu  §tir$< 
friebrjof  ein.  SBürgermeifter  fcreljer  t)atte  bie  beteiligten 
Familien  oeranlagt,  auf  if)re  alten  SHedjte  511  oerjidjten.  $er 
ftäbtifdje  griebfyof  mußte  nun  um  etroa  1  borgen  vex 
tjrößert  roerben.  5ll§  im  Qafjre  1824  aud)  ba§  mit  einer  öde 
in  bie  ©trage  oorfpringenbe  Kreujfird)letn  abgeriffen  rourbe, 
oerbradjte  man  bie  fdjönften  ©ebentplatten  —  ber  Kreujfriebbof 
befaß  feljr  fdjöne  ©rabbenfmäler  —  auf  ben  ftäbttfct>en  griebtrof. 
roo  fte  in  beforatioer  SÖeife  an  ber  ilapelle  befeftigt  mürben. 

3ur  Qtit  ber  9capoleon'fcb,en  Kriege  mußte  bei  Gruppen* 
burdjmärfcfjen  ber  ftäbtifdje  griebfyof  $um  SluffteUen  be§  ^IrtiUerie^ 
parf3  unb  jur  oorübergetjenben  Hufnatmte  ber  (befangenem 
tran§porte  bienen. 

Veranlaßt  burd)  bie  junefjmenbe  3lu§ber)nung  ber  «ertabt 
rourbe  biefer  griebtrof  im  Safyn  1863  gefdjloffen  unb  auf  ber 
anbem  (Seite  ber  6traße,  etroa§  oftroärtS,  ein  neuer,  ummauerter 
SBegräbniSplatj  mit  Kapelle  unb  $luffef)erroor)nung  angelegt.  $on 
nun  an  fjieß  ber  anbere  ber  „alte  griebrjof" ;  e*  frotte  275 
3at)re  lang  ber  <Stabt  al§  33egräbni§plat3  gebient.  3m  Sommer 
1898  übergab  it)n  bie  Stabtoerroaltung  jum  jroeitenmale  ber 
Ceffentltd)! eit  unb  jroar  unter  bem  Flamen  Oftftabtparf  als 
eine  (Srfjolungsftätte.  $)ie  nod)  oorrjanbenen  ©räber  unb  ©rab- 
benfmäler  roerben  pietätooll  in  (£f)ren  gehalten.  3Me  erfte  8c« 
erbigung  im  neuen  griebrjofe  fanb  am  19.  9tooember  1863  ftatt 


Digitized  by  Google 


-After  ovirMiol"  an  6er  (htttttacrftrafic,  jcUt  OtaMparft. 

Qm  Original  ju  fjaben  bei  äÜ.  $ergftöfe  SUroe.,  ^forj^eim.) 


Digitized  by  Google 


^fovjbeim  im  19.  ^abtbunbcrt. 


54fc 


Qm  Saufe  oon  14  fahren  fcfjon  mar  er  coli.  %m  $riegSjahr 
1870  71  f)attc  biefer  griebfjof  feine  grofje  $tit,  als  uerfcrjtebene 
SSernnmbete,  teils  im  Sajavet  in  bev  Turnhalle,  teils  in  ^liuat- 
f)äufern  tjicv  oerftarben  unb  jeweils  unter  großer  Beteiligung  ber 
$3eoülferuug  auf  bemfelben  beerbigt  mürben.  3^nen  ju  @()ren 
mürbe  bafelbft  ein  fdjöner  ®ebenfftein  errichtet. 

$>ie  ftäbtifd)e  Berroaltung  befdjlofj  nunmehr,  ben  neuen 
ftriebhof  in  metterer  (Entfernung  uon  ber  Stabt  unb  in  größeren 
SDimenfionen  anzulegen.  8m  14.  Slpril  1877  mürbe  ber  bis* 
herige  ©otteSacfer  gcfdjloffen.  Schuhmacher  Stumm  liegt  bort 
als  letzter  beerbigt.  3)ie  neue  Begrab  niSftätte  „auf  ber 
Sd)an$"  mürbe  am  15.  91uril  burd)  bie  Beerbigung  eines 
I7=jäl)rigen  9Häbd)enS,  (Emilie  Qffinger,  eröffnet.  3>aS  ©elänbe 
fam  auf  57  812  s)Jlt  ftu  ftefyen.  (SS  erftreeft  fid)  in  anfefynlidjer 
breite  uon  ber  (Eifinger  Sanbftrajje  über  ben  ganjen  ^ötjenrücfen 
bis  jur  Qfpringer  Sanbftra&e.  ^euevbingS  ift  bie  äufahrtftrafce 
uon  ber  Bahn  bis  jum  „3ät)ringer  .£>of",  bie  3ä'h vinger  sMee, 
mefentlid)  uerbreitert  unb  uerfdjönert  tuorben,  oon  Bilbhauer 
SimmefS  58of)nhauS  au  nimmt  ber  Seicfjentuagen  ben  2Öeg  über 
bie  fd)ön  augelegte  neue  ®reiSftra&e  nad)  ber  Schaag.  Seiber 
hat  bie  freie,  fyotje  Sage  beS  JriebhofS  baS  Unangenehme,  bafj 
er  ftetS  minbig  ift  unb  bal)er  trotj  ber  herrlichen  $Hunbfid)t,  bie 
man  uon  Iner  auS  geniest,  uon  manchem  ängftlid)  gemieben 
roirb,  bis  aud)  tytn  bie  Stunbe  fcrjlägt,  ba  ihm  fein  Suftjug 
mehr  ferjabet. 

Bis  jum  3al)re  1846  hatten  bie  Israeliten  feinen 
eigenen  griebtjof.  Sie  uerbrad)ten  ihre  Soten  nad)  Untergrombach 
bei  Bruchfat.  2)er  Söagen  mit  bem  fet)r  fdjmucflofen  Sarg  fuhr 
gewöhnlich  abenbS  nad)  9  Ul)r  oon  ^forjtjeim  ab,  um  am  frühen 
borgen  an  feinem  BeftimmungSorte  ju  fein.  Bon  1846  bis 
1877  t)atte  bie  jübifdje  ©emeinbe  einen  eigenen  griebhof  in  ber 
9lät)e  beS  ©aSmerfS.  Bei  ber  (Eröffnung  beS  allgemeinen  grieb* 
hojeS  auf  ber  Sdjanj  mürbe  ihr  bie  norböftlidje  (Scfe  als  Be* 
gräbniSpta^  zugeteilt.    Sie  bellte  bafür  3046  9ftarf. 

£)ie  ©rabfteine  auf  ben  uier  grtebhöfen  geben  ein  fleineS 
fulturgefd)id)tlid)eS  Bilb.  $te  auS  bem  Rreujfriebhofe  ftammenben, 
teiliuetje  noch  red)t  gut  erhaltenen  ^lattengrabfteine,  meldje  beim 
Abbruch  btv  altehrmürbigen  Capelle  auf  bem  „alten  griebhof" 
roieber  luanberu  mu&ten,  um  im  Betfaal  beS  griebhofS  an  ber 
Bal)n  eine  weitere  Unterfunft  &u  ftnben,  finb  größtenteils  recht 
}d)öne  sDlonumente  auS  ber  9tenaiffance$eit.  Unter  ben  ®rab* 
fteinen  auf  bem  alten  griebhof  ^euufc^te,  entfprecheub  ber  allge* 
meinen  ©efchmacfSrtchtuug,  metft  grofje  Einfachheit. 

3m  griebhof  an  ber  Bahn  fommt  fchon  mehr  eigentliche 
Bilbhauerarbeit  uor.   kleben  rotem  unb  metpem  Sanbftein  ift 

85 


Digitized  by  Google 


546 


ftforabeim  im  19.  Öafetbunbert. 


fjäufifl  aud)  Marmor  jut  SBerroenbung  gebracht.  ^ebenfalls 
beutet  biefer  Jortfdjritt  gleid)  ben  oielen  guterf)altenen  gamilieu* 
begräbnteplä&en  auf  eiue  5krbefferuug  bev  materiellen  SBerfjält* 
niffe  tyn. 

2)er  JJrtebfjof  auf  bei*  ®d)auj  weift  fef)r  fetjöne  ©rab= 
monumente  in  reidjer  3<W  a"f-  SM*  möglichen  Qeftematten 
foroie  s<8ronjeguf?  fiuben  SBerroenbung.  $)ie  (#rabbenfmäler  finb 
häufig  gefdjmarfoöll  entworfen,  bie  33ilbfjauerarbeiteu  gut  au§= 
geführt.  3roifd)en  oeu  einfachen  (Srabfteineu  be3  alten  Srieb^ 
i)ofe§  unb  jenen  oft  monumentalen  ©rabbenf malern  be$  grieb* 
rjofe§  auf  ber  Scfjanj  ift  ein  großer  Unterfdneb.  sJlid)t  allein 
oerebelter  ©efcfymacf  fommt  barin  jum  9(u3brucf,  fonbern  aud) 
ba§  ftetige  Jortfdjreiten  oon  bev  einfügen  @infad)t)eit  ju  ersten 
Slnfprücfyen  in  allen  fingen  be§  ßebeu§. 


^ißar  äeorg  jlitgitll  ^attftammer.*) 

Stuf  bem  SUtftdbter  ftriebbofe,  nabe  ber  aHauer  an  ber  ftlufefeite,  Hegt 
ein  ©rab,  ofme  (Stein,  ohne  itreuj,  ol)ite  irgenb  melden  Sdjmucf  ober  eine 
^nfajrift,  unb  bod)  ift  ee  bie  Stutjeftätte  eines  IWanne«,  ber  ftcQ  um  bie 
forfdjung  ber  SBergangentjeit  feiner  oon  itym  über  alle«  geliebten  Steterftabt 
$forjf>eim  ein  b>ljed  SJerbienft  erroorben  bat.  Ter  9Hann  roar  ber  eoangelifcfje 
^farroifar  Georg  9luguft  Üottljammer,  ber  trüber  beä  oor  2  Ja^en  oer= 
ftorbenen  Jfabrifanten  ftarl  fteinrid»  Vottlmmmer.  (Sr  roar  ein  SHann  oon  reidjetu 
Weifte  unb  ungeroölmlidjer  8rtjaffeu«fraft.  (Seine  Schriften  jeugen  oon  ftrenger 
ffiiffenfdjaftlidjfeit,  fie  ftnb  oon  lidjtooller  Mlarljoit  ber  Darftellung  unb  oon  fold) 
(kftetQifrfj  geläutertem  6d)ioung  ber  tUmutaue,  ba&  man  fie  immer  roteber 
mit  ®enufc  ju  lefen  oermag.  ©eorg  2luguft  £ottl)ammer  mar  geboren  am 
5.  Cftober  1811  im  .\>aufe  9ir.  ti  ber  «einen  ÜJerbergaffe  in  ^forjfjeim.  ©ein 
SJatei  mar  ber  ©olbarbeiter  ßbriftopt)  ^riebrid)  von  ha  minor,  ber  atö  jroeiter 
Äabinetmeifter  in  Subroig  Äienle'ö  jabrif  th.üig  mar.  @eorg  befudjte  bie 
£ateinfd)ule  feiner  Saterftabt  unb  mar  ftetä  einer  ber  beften  ©djüler. 
fceibelberg  ftubierte  er  Jfjeologie.  SW«  fterienjeit  benufcte  er  mit  Vorliebe 
nun  Xurdjftöbern  alter  ©cfdjidjtSroerfe,  roeldje  auf  bie  ©efdjidjte  feiner  Heimat 
Sejug  Ratten.  9tadj  beenbigtem  Stubium  fanb  l'ottbammer  eiue  Stelle  al* 
fcaudlebjer  in  ber  ^amilie  be*  ftreitjerrn  Ööler  o.  NaoenSburg  in  ber  tief» 
bürg  (3Bafferfd)lofr)  ©a)attb,aufen  bei  SBieälod).  §ier  oerblieb  er  B  3ab,re. 
Die  Jamilie  be«  ftretyerru  gab  u)m  ba3  3eugni8,  bofc  er  ein  feb,r  gelehrter 
fcerr  geroefen  fei,  fleijjig  unb  talentoou".  Siieüeidjt  tljat  er  im  Arbeiten  be* 
©uten  juoiel  unb  oerfäumte  bie  nötige  (hbolung.  3m  ftrübjommer  1840 
fam  er  ald  ^ifar  in  bie  Giemeinbe  3)ammentb^al.  ^ber  balb  maa)te  fub  eine 
geiftige  Störung  bei  if)m  bemerfbar,  medb,alb  er  ben  SKfarbienft  aufgeben 
mufete.  ©ine  Äur  in  ber  .^eilanftatt  Söinnenben  braute  itjm  feine  ^öefferung ; 
ba  feine  flranffjeit  einen  gutartigen  ISljaratter  batte,  rourbe  er  nad)  <paufe 
jurüdgetjolt,  roo  er  biö  ju  feinem  am  4.  Tejember  1841  erfolgten  lobe  in 
ber  Pflege  feiner  ©Item  unb  Wefdnoifter  oerblieb. 

Irofcbem  Vottb,ammer  in  ^forjbeim  geboren  rourbe  unb  bicr  ftarb, 
roiffen  bie  roenigften  Seute  etroa*  oon  itjin,  oiel  roeniger  oon  feinen  ©djriften.**) 


*)  9iad)  einer  ÜHitteilung  im  w9lnjciger"  oon  SR.  ©erroig. 
••)  Urft  bura)  bie  9tadn'orfd)ungen  be«  ^errn  91.  ©erroig  fam  einige» 
£i$t  in  bie  öefdjidjte  bee  oerbienten  SWanne«. 


Digitized  by  Google 


^forafoim  im  1§.  3afctbunbett.  547 

SJom  1.  Januar  bt«  1.  Juli  1835  erfchienen  in  bcr  Drucferei  Äafr  al« 
wöchentliche  Beilage  jum  „^Beobachter"  oon  ihm  eine  SCnjahl  fluffäfre,  betitelt 
„^for$betm«  llorjett".  3)icfed  Beiblatt  rourbe  otelfacb  gefammelt  unb  gebunben 
unb  ift  beute  noch  in  einjelnen  .Käufern  ju  finben.  SWotio  führte  ee  ben 
Spruch  von  SBielanb: 

„Du  ((einer  Ort,  roo  ich  ba«  erfte  Sicht  gefogen, 
Den  erften  (Schmers,  bie  erfte  Suft  empfanb: 
(Sei  immerhin  unfebeinbar,  unbefannt, 
9Rein  fcerj  bleibt  boef)  vor  allem  Dir  geroogen." 

Die  26  Hummern  von  „^for^eim*  SJorjeit"  enthalten  3  hiftorifebe 
Ucoocllen,  „Die  §ochjeit  oon  Dübingen",  „Der  fmMtt^mt  „Die  Äaiferlichen 
in  ^forjheim",  ferner  eine  roertoolle  gefcbichtlicbe  otubie  über  „$}urg  unb 
Dorf  Söeifcenfteiu"  unb  über  bie  SHecbtöoerhältniffe  ber  Dorfberoohner  jum 
Schlofeherrn.  (Sine  weitere  Arbeit  behanbelt  in  recht  ausführlicher  Söeife  bie 
ehemalige  @röfje  unb  Söeoölferung  uuferer  Stabt.  Diefer  folgt  eine  fehr 
ausführliche  Sdjilberung  ber  Grlebniffe  ^forjbeim«  im  CrleanS'fcben  Kriege. 
Dajroifcben  finb  (leinere  SCrtifel  eingeftreut,  Nachrichten  über  einjelne  Jamilien, 
über  bie  fcerenprojeffe  in  erfingen,  hiftorifche  Sfijjen,  j.  8.  „fceinricb,  ®ölbelin 
oon  Diefenau",  „Die  alte  ©olbfebmiebejuuft",  „Die  alte  ^lofrerjunft"  ic.  :c. 
SSaS  £otthammer  an  gcfdjidjtlichem  Material  jufammengetragen  tjat,  entfpridjt 
einer  grojjen,  oon  bem  mit  foldjer  Dhätigfeit  Unbelannten  meift  gar  nicht  ge* 
roürbigten  ÄrbeitSleiftung.  Dabei  ha:  er  überaus  pünftlicb,  unb  gereiften* 
baft  gearbeitet,  Jm  ÜJro&herjoglichen  QJenerallanbeSardüo  befinbet  ftd)  ber  oon 
Ä.  $b.  i'otthammer  um  55  Öulbeit  erioorbene  fdjriftlicbe  9tod)lafi  beS  ©efcbtcbtS* 
forfäerS,  (fsjerpte  oon  Urfunben,  HuSjüge  au«  3iat«protofollen,  Siotijen  über 
^JforjheimS  Bürger:  unb  SlbelSgefdjlechter.  iBon  jufammenhdngenben  Arbeiten 
finbet  fia)  barunter  eine  otubie  über  bie  (Einführung  ber  Deformation  in 
^forjheim  unb  SJemerfungen  jur  Äird)engefa)ia)te  ber  @tabt.  Slujierbem  be« 
finbet  fieb  babei  eine  Arbeit  über:  Der  Dob  ber  400  ^forjfjcimer.  8dm 
Durdjforfchen  ber  alten  Daufregifter  mar  i'otthammer  barauf  gefommen,  bafi 
bie  Drabition  oom  Dpfertob  ber  Sierhunbert  unmöglich  in  ber  ^orm  richtig 
fein  fönne,  bafj  ade  auf  ber  Söahlftatt  geblieben  feien. 

^flüger  fdjreibt  im  itorroort  feiner  „(Mefchichte  ^forjbeimS":  „9Jm 
fleijjigften  unb  grünblichften  unter  ben  benannten  (Dr.  Wap  1687,  ($.  S. 
Deimling  1788,  ©ehreS  1795,  Noller  1811,  Slotthammer  1835)  hat  Sotthammer 
auf  bem  (Gebiete  ber  Öefcbicbte  feiner  SJaterftabt  gearbeitet.  Doch  liefe  ihn 
ber  Dob  fein  Söerf  nicht  oollenben.  ©eine  3Rauuffripte,  bie  ftch  im  ©eneral* 
lanbeSardno  in  Karlsruhe  befinben,  ^aben  mir  manage  fdjäpbare  SluSbeute 
gewährt,  obgleich  aud)  b,ier  roieber  auf  ®runb  neuerer  5orf^un9  unD  DCr 
©rgebniffe  berfelben  oiele«  ju  beridjtigen  unb  ju  ergdnjen  mar." 

Der  früh,  oerftorbene,  treue  unb  hochbegabte  3 olm  ber  Stabt  ^forj^eim 
hätte  e$  roohl  oerbient,  ba^  fein  Slnbenfen  bura)  ein,  wenn  aua)  befd>eibene* 
Reichen  ber  Erinnerung  geehrt  mürbe. 


Seit  ben  80  er  3<*&ren  bed  18.  ^ahrbunbert«  mar  auch  ba«  einft  fo 
berühmte  ^forjheimer  ^Jdbagogium  roieber  aufgeblüht.  iBon  1790—1809  roar 


*)  söeüage  jum  ^ohreöberichte  oon  1890,  ©efebichte  bed  ÖpmnafiumiS 
oon  Direftor  Scbneiber,  Beilage  jum  Jahresberichte  oon  1901.  ©efebiebte  ber 
«Inftalt  oon  1890—1900  oon  Direftor  »ifftnger,  unb  Jahresberichte  be« 
^Jabagogium«. 

85* 


Digitized  by  Google 


^fotabeira  tm  19.  3abtbimb«rt. 


ba«felbe  mit  einer  Healfdmle  oerbunben.  3m  Jahre  1838  erfuhr  bie  Littels 
fdjule  in  ihrer  Crganifation  infofern  eine  Steränberung ,  al«  fie  neuerbing« 
mit  einer  lateinlofcn  ^öt)eren  *Bürgerfd)ule  oerbunben  würbe.  ,\u  biefer  $er* 
faffung  verharrte  bie  Slnftalt  bi«  jum  5.  Dftobcr  186».  $aun  würbe  bie 
höhere  3}ürgerfd)ule  in  ein  fed)«flaffige«  Ncalgamnafium  umgewanbelt  unb  mit 
bem  ^äbagogium  in  ber  fßeife  oereinigt,  baß  bie  brei  unteren  Klaffen  beiber 
^(nftalten  benfelben  vclivolan  Ratten  unb  barnad)  bie  (Gabelung  eintrat,  3lber 
bereit«  feit  bem  Jahre  1871  mar  innerhalb  ber  SJürgerfdmft  ba«  Serlangen 
nad)  einer  lateinlofen  höheren  !öürgcrfd)ule  laut  geworben,  welche  bann  auch 
am  15.  Jcoruar  1875  wieber  in«  Vcben  gerufen  würbe.  Gin  im  Slpril  187« 
oon  bem  bamaligen  2>orftanbe  be«  }$äbagogium«,  be«  :Healgqmnafium«  unb 
ber  beeren  ȟrgerfdjule  in  "^forjbeim,  bem  jefeigen  Dberfa)ulrat  Dr.  Ernft 
o.  ©aUmürd,  oerfafcte«  (Mutanten  fagt  über  ben  bamaligen  Stanb  be«  ^forjbeimer 
aRittelfa)ulmefen«  u.  a.  folgenbe«: 

„£ie  in  ^for3b,eim  gegenwärtig  bcftel)enben  SHittelfcbulen  finb: 

a.  35 ad  Stealgumnafium  mit  6  Klaffen  mit  ber  Skrecbttgung  ber 
2(u«ftellung  oon  Giniäbrig^v^ciioilligeujeugniffcn  nad)  Slbfoloierung  ber  K.  Klaffe, 
©ein  ^roetf  ift  bie  Vorbereitung  für  bie  ted)nifcbeu  Jyäcber  refp.  für  bie  7.  Klaffe 
eine«  ariaffigeu  Siealgumnaftum«. 

b.  2)a«  ^äbagogium,  b.  f>.  bie  fünf  unteren  Klaffen  be«  ooÜ* 
ftänbigen  9  flaffigen  (Mnmnafialfurfe«.  ÜJon  biefen  5  Klaffen  finb  bie  3  untetn 
mit  ben  ftealgqmnafiumäflaffen  fombiniert,  bie  beiben  obern  erbalten  blofc  ben 
grted)ifa)en  Unterricht  unb  befoubere  i'ateinftunben  für  fid)  allein. 

c.  3)ie  höhere  ^ürgerfdjule.  2>iefelbe  umfaßt  2  Klaffen  unb 
foU  oorerft  auf  4  weitergeführt  werben.  3?amit  finb  alle  im  (Groftberjogtum 
organifierten  ^ittelfdjulen  ^ier  oertreten,  jebott)  (eine  in  folgern  Umfange,  baji 
fie  eine  irgenbwie  abfd)lie^enbe  SMlbung  $u  oermitteln  im  ©tanbe  wäre.  ,\n 
biefer  Öejiebung  ift  ^forjbeim  ungüuftiger  geftellt,  al«  oiele  weit  Heinere 
Stäbte  be«  Sanbe«." 

$a«  Öutadjten  fommt  nad)  Erörterung  ber  päbagogifdjen  SJebürfniffe 
^iforjheim«  ju  bem  Slntrage,  ba«  ^äbagogium  unb  diealggmnafiutn  in  ein 
7flaffige«  ^rogomnafium  umjuwanbelu  unb  baueben  bie  neben-  $ürgerfdut(e 
bi«  auf  eine  Öflaffige  fortjufüb,ren.  £iefe«  (Gutachten  fanb  bie  3ufii»mmm9 
ber  ©tabtbehörbe,  unb  bie  Einrichtung  ber  geplanten  Slnftau  jene  ber  Regierung. 
$n  ber  neuen  Stnftalt  ^atte  ^Jforjheim  eine  ©cpule  erbalten,  welche,  oerglidjen 
mit  ben  bi«berigen  5(nftalten,  fowol)l  höhere  ^eredjtigungcn,  al«  aua)  isoliere 
wiffeufd)aftlia)e  erreidjte,  wäbrenb  baneben  burdj  bie  weitere  9lu«bilbung  ber 
höheren  SJürgerfdmle  bie  Jntereffen  ber  Eltern  berüdfid)tigt  würben,  welche  für 
ibre  ©ohne  bie  fog.  reale  23Übung  ber  (Ggmnaftalbilbung  oorjogen.  2Bie  oon 
felber  aber  brängte  bie  blofce  giften)  be«  ^rogomnafium«  naturgemäß  auf  bie 
Erweiterung  be«felben  ju  einem  SBollgumnafium  tyin,  wenn  nur  bie  Schüler* 
frequenj  eine  foldje  war,  bafj  bie  bamit  oerbunbenen  SJiebrfoften  Staat  unb 
©tabt  jujumuten,  gerechtfertigt  erfd)ien.  Unb  biefe  Sebingung  war  gegeben. 
Äm  1.  9tooember  1878  fteUte,  wie  ber  Jahresbericht  ber  Stnftalt  pro  1878/79 
aufführt,  bie  ^ireftion  an  bie  Oberfdmlbehörbe  ba«  begrünbete  (rrfueben, 
womöglich  fchon  für  ba«  nächfte  ©chuljabr  bie  Errichtung  einer  ^Jrima  an  ber 
9(nftalt  bewirfen  3u  wollen.  3>ie  alebalbige  I'urchfübrung  biefer  Wafjnabme 
fa)eiterte  oorerft  am  Öelbpunft.  3luf  eine  oon  52  ^ntereffenten  an  ben 
©tabtrat  gerichtete  Eingabe  befcblofj  ber  «ürgerau«fd)uß  am  18.  «uguft  1880, 
naa>bem  Regierung  unb  Kammer  bereit«  ihre  (Genehmigung  ba$u  erteilt  hatten, 
bie  Einführung  eine«  neunflaffigen  ^üllt^umintimn«? ,  ba«  al«  folche«  im 
neuen  ©chuljahr  1880/81  feinen  Unterricht  aufnahm. 


Digitized  by  Google 


^forabeim  im  19.  3abrbunbeit. 


549 


rti  ü  I  f  v  \  n  hl  : 


Im 
^Jäbagogium 

9n  ber  fröf). 
SJürgerfdjule 

Xm  Weal« 
gQtunafium 

IQIC  17 

lolo  4/ 

130 

194/  ,40 

1 

31 

Io04/O0 

51 

110 

42 

123 

1858/P9 

54 

131 

— 

55 

152 

1861  62 

62 

156 

1866/67 

90 

141 

1867  68 

103 

159 

1868/69 

55 

68 

140 

1869,70 

32 

30 

216 

1870:71 

9 

22:* 

1872/73 

4 

317 

1873/74 

7 

303 

3(13  SJorftänbe  roirften  am  }Jäbagogium  bejro.  an  beiben  3(nfta(ten  von 
»cgtun  be*  19.  3aljrf)unbcrt$  ab:  Seit  1790  3.  ft.  Ib,.  3anbt,  1807  3.  ®. 
ft.  Treutel,  1818  ffi.  frommet,  1838  C5l>r.  Äröll,  1842  Saljer,  1846  fcenn, 
1852  &.  ftelferich,  1854  3.  i'ameo,  1866  ^ßrooence,  1875  0.  Sallroürcf.  £ebrer 
an  bcn  Slnftaltcn  roarcn  oon  1848  ab  bis  1875:  ^Jrofeffor  Schumacher, 
^trofeffor  0.  tfifenlobr,  l'ehrer  3.  Schönlein,  Steallehrer  tfubn,  i'ebrer  Slrnolb, 
Vehrer  iHichter,  bie  ^rofefforen  Kamill,  (Sppelin,  Dr.  (Drohe,  Saljer,  Sloth, 
(Sh.  Stocfert,  Dr.  ©arlipp,  Dr.  ftobenberg,  Ä.  o.  l'ang«borff,  Sieallebrer 
^of|.  Skifei. 

Tie  tlcbaiifuitg  bed  GJpmnafiumä  bei  feiner  Stegrünbung  roar  baä  alte 
SpitaU  unb  WrünbnerhauS ,  roelcbeä  nach  feinem  Umbau  1872  oon  bem 
bamaligen  ^äbagogium  unb  Stealgumnafium  bejogen  rourbe.  5Borb,er  befanb 
fieb  bie  Slnftalt  im  alten  Scbulbaud,  loofelbft  noch.  1856  untergebracht  roaren: 

Ta$  ^ctbagogium  unb  bie  §öb,ere  Öürgerfchule  mit  171  Schülern, 


Tic  ©eroerbefcbule 

Tie  flnabenfcbule 

Tie  3}cäbd)eufd)ule 

Tie  eoangel.  Jortbilbungefcbule 

Tie  faib. 

Tie  höhere  Xöchterfcbule 


n 
m 

H 

n 


310  . 
310  „ 
302  Schülerinnen 
81  Schülern 
124  „ 
123  . 


„Sufammen  alfo    1421  Schüler. 


SÖar  ber  Tanf,  roelchen  Tireftor  ^rooence  ber  (Hemeinbebehörbe  für 
baä  eigene  Webäube  auäfprad),  ein  roohlbegrünbeter ,  fo  machten  fich  beffen 
ungeachtet  für  bie  Jyolge  fo  oiele  Unannchmlicbfeitcn  geltenb,  bajj  bie  Sufriebenheit 
nicht  lauge  anhielt.  Tie  roieberholten  klagen  lourbeu  in  ber  ii'cife  abgeftellt, 
bafo  bem  Wumnafium  bas  bisherige  s-Bolf*fd)ulgebäube  im  „Seban"  jugeroiefen 
rourbe,  in  welches  e$  im  SRooember  1884  überftebclte.  Ter  ^taat  überlief 
bafür  ber  Stabt  ba*  bi«  bab,in  im  Eigentum  beö  ©ymnaftum*  befinblich. 


Digitized  by  Google 


550 


^forabeim  im  19.  3abtfcunbett. 


$roreftorat$bau£  (Sparfaffe),  welches  bie  Sienftwotmungen  beS  $ireftor8 
unb  jweicr  ^rofefforen  enthielt,  im  Äufdjlage  ju  50  000  Watt,  ferner  bejahte 
er  ber  ©tabt,  obwohl  biefelbe  bie  Verpflichtung  §ur  Grftellung  ber  geeigneten 
Totalitäten  für  ba$  (Hnmnaftum  hatte,  ein  jährliches  iJtietgelb  oon  2000  3Wf. 
unb  ba«  SüohnungSgelb  bed  Direftor«,  früher  540  Uif.,  feit  1890:  620  $if., 
ba  biefer  nun  feine  Eienftmolmung  im  Sctjulgebäube  felbft  bat. 

£ie  bem  ßtyinnaftum  übergebenen  Bäume  liegen  in  ber  nad)  9torb* 
weft  gerichteten  foälfte  beä  fcaufeS,  wäb,renb  bie  füböftlidje  ber  Cberrealfdmlc 
jugebort,  bod)  fo,  bafj  beibe  ftuftalten  oöllig  getrennt  finb.  ,\u  ben  oberen 
Stocfwerfen  würben  $Bob,nungen  für  BolfSfdjullebrer  eingerichtet  3>ic  Sr* 
Weiterung  ber  9tealfd)ule  ju  einer  Cberrealfdmle  unb  bie  ftetig  roadjfenbe 
cctuilofuilii  biefer  9(nftalt  liefe  ein  ferneres  Verbleiben  beiber  Sdjulanftalten 
in  bem  gemeinfamen  Webäube  als  uuthunlicti  erscheinen.  5ur  baS  Ögmnaftum 
ift  ba  hei  ein  U'eubau  geplant,  ber  in  wenigen  Rainen  fertig  geftellt  fein  foU. 

3ur  tfetjrperran nuq  ift  ju  erwähnen,  bafj  bie  beiben  ^abreäfurfe  ber 
'Prima  bis  jum  frerbft  1899  in  allen  fächern  fombiniert  waren,  unb  ba&  erft 
oon  biefer  Seit  ab  ber  matbematifebe  Unterricht  für  beibe  fllaffen  oöllig,  ber 
beS  ö)ried)ifchen  teilioeife  getrennt  unterrichtet  wirb. 

T)it  Beteiligung  ber  Sdjüler  an  ben  fafultatioen  Jachem  beS  Ifng« 
lifchen,  ^ebrätfehen  unb  an  bem  feit  1895/96  eingeführten  freiwilligen  Unters 
rieht  für  barftellenbe  Weometrie  ift  eine  febr  rege;  ftc  betrug  1899/1900  im 
gaujen  burd)fd)nittlich  82,98  ^rojent  ber  Schüler  in  $rima  unb  Sefunba. 
•Jl'.ul!  jur  Erlernung  ber  Stenographie  ift  ben  Schülern  (Gelegenheit  geboten, 
©elebrt  würbe  anfangs  ba*  Suftem  SioUer,  fpdter  baS  GtabelSberger'fcbe  unb 
Stol$e=Sd)reo'fche.  2>er  oon  Iurnlel)rer  Scbeuffele  1883  eingeführte  ftreu 
turnturS  hätte  mit  bem  Schuljahr  1891/92  auf.  Schon  im  l'aufe  beS  erften 
^abrjefmtS  waren  ber  £>anbfcrtigfeitSunterrid)t  (1880,81— 1885,861  unb  Oer 
an  ber  Äunftgewerbefd)ule  für  (Gomnafiaften  eingerichtete  ßeidjenfurä  (1883/84 
bis  1887/88)  mangels  an  Teilnehmern  eingegangen. 

9lm  Öamnaftum  wirlten  unb  wirfen  feit  1880  folgenbe  tfr bm : 
Dr.  .^einrieb  Schneiber,  Direftor  (1877  — 1895  f),  (er  war  ein  Wann  oon  um* 
faffenbem  Riffen  unb  geläutertem  (Sbarafter,  beffen  unermüblidje  felbftlofe 
Eingabe,  beffen  pflichttreue  unb  OrbnungSfinn  befrud)tenb  wirfte  auf  alle  bie 
lebrenb  unb  lemenb  51t  gemeinfamer  Arbeit  mit  ii)m  oerbunben  waren),  ^ro* 
feffor  Karl  Biffinger,  £ircrtor  (feit  1895),  «leranber  «et)r  (1880-1881), 
Dr.  £ubwig  Örofje  (bis  1887),  Dr.  Atari  Sieufe  (feit  1876  hier),  SBilbelm 
Stern  (1876-1887),  Äarl  Steljner  (feit  1877),  £ran$  "Pia*  (18-1  —  1889), 
(Smft  Jeimann  (1882-1884),  Marl  »merSbad)  (1885—1887),  Dr.  Äarl 
Bädjle  (1887-  1892),  Jriebrid)  flcüblbäufer  (feit  1887),  .^einrieb  SHeicbcU 
(feit  1889),  dbuarb  Baumann  (feit  1893),  (Sbwin  Tepp  (feit  1894),  SBilbelm 
Äöhler  (feit  1894),  ^rofefforen ;  Wibrecht  ©anSlofer  (187«— 1898),  »ermann 
ftüffinger  (oon  1877  an  Tehrer  ber  Slnftalt,  beroorragenber  SWuftfer,  beliebter 
ÄoHege  unb  Lehrer,  ftarb  1889),  21.  Gpp  (feit  1890),  iHeallebrer. 

Seit  bem  Befteben  beS  (HpmnafiumS  (1880  bis  fterbft  1900)  haben 
an  bemfelben  184  Sdjüler  baS  iHeifcjcugntS  für  bie  Unioerfität  geholt.  3US 
Beruf  wählten  oon  beufelben  eoangel.  Theologie  22,  fatholifdje  3,  JuriSprubenj 
53,  aKebijin  47,  Jinan^ad)  6,  ^tfiloloc^ie  15,  eoangelifdje  Theologie  unb 
Philologie  1,  'Diatbematif  unb  ^iaturwiffenfehaft  4,  Jyorftwiffenfdjaft  5,  Militär: 
bienft  5,  fiifeubahnbienft  4,  Wafdjinenbau  unb  (Sleftroted)ni(  7,  Chemie  2, 
Baufad)  1,  Jngenieurfadi  3,  ^oftfadj  3,  ben  faufmännifd)en  Beruf  2,  au«^ 
gewanbert  {.    ein  3iel  ihre«  Stubiumd  haben  nur  febj  wenige  nidjt  erreicht. 

lieber  ben  Woppepprei«  fiehe  Stiftungen.  Die  ^infen  bettagen  jährlidj 
20  SNf.  57  ^fg. 


Digitized  by  Google 


Worabeim  im  19.  3abrbunbert  551 
OFrrqttcni  beö  (Otimitafiitittö  Hott  1*80-1900. 


e 

s 

CS 
B 
© 
P 
Ö 

is 

.  o 
•»  s 

|1 

a 
w 

W 

42. 
§ 

c  s 

<>2  o 
s  ® 

s-  K 
-1 

p 

•ff 

2 

*»» 

«* 

o> 

w 

ß 
ES 

«» 

r— 

■o 

© 

W 
1 

i« 

«4 

2  2 

B 
!Ö 

5 
5t 

B 
So 

a 

CS« 

e>  .s. 
^"5 
-  -c 

&i  ^ 

B 

c? 

2JHt  b*m  fttet 
erworbenen 
Wclfeneuflnt«  für 
ben  ttlnjäbjrtg: 

ftretroiaiaen* 
$tenfl  enllafTen 

c.  <_» 

es 
1* 

au« 
U.  11 

D.  II 

aus 

U.I 

1880/81 

170 

19  (1) 

9 

1 

182 

14 

3 

181 

199 

4 

2 

ii 

1884/85 

170 

31  (4) 

10 

1 

175 

27 

10 

193 

212 

8 

2 

5 

1889  90 

143 

31 

7 

1 

148 

25 

9 

173 

182 

6 

2 

9 

1895/96 

114 

44(9) 

5 

139 

19 

5 

156 

163 

3 

3 

11 

1899/1900  1 129 

41  (9) 

3 

1 

137 

23 

13 

166  173 

2 

1 

8 

&ie  einnahmen  ber  ÄnftaltSfaffe  betrugen 

1881  -  39165,30  SRf.    1900  -  57  611,43  m. 

2>ie  ftuägaben  ber  3(nftalt8faffe  betrugen 

1881  -  37  693,93  2Hf.    1900  -  68  317,19  2HF. 


Bte  ©flmeaffdmfe.*) 

5)ie  Dberrealfdjule  in  ^forjljeim  ift  fjernorgegangen  au§ 
bev  $öbern  SBürgerfcfyule,  bie  am  1.  bcjro.  13.  gebruar  1875 
in  i()rer  nnterften  5llaffc  oon  bem  bamaligen  ^abagogium  unb 
SHealgumnaftum  abgezweigt,  bei  ber  (Eröffnung  34  ©djüler  jaulte. 
$iefe  3at)l  err)öt)tc  fid)  am  ©d)lu&  bc§  1.  ©dmljaf)re§  1874/75 
auf  40.  $ie  neue,  junädjft  auf  4  QafjreSfurfe  berechnete  Anftalt 
mürbe  oorerft  ber  $)ireftion  be§  $äbagogtum§  unterteilt  unb 
nafym  au§  beffen  Sefjrerfollegium  bie  nötige  £efjrfräfte,  roie 
fte  aud)  beren  Qnfpeftion  unb  $lufftd)t£rat  unterftanb.  3af)r 
für  3af)r  füllte  eine  neue  SUaffe  angefügt  unb  ba§ 
Sefyrperfonal  nad)  3Jcaf$gabe  be3  93ebürfniffe3  erweitert  werben. 
3m  4.  ©djuljafjr,  1877/78,  feit  ©rünbung  ber  Auftalt  rourbe 
bie  unterfte  ftlaffe  in  2  Abteilungen  gefpalten.  3m  <5d)uljaf)r 
1879/80  fanb .  bie  Anftalt  mit  ber  ©rric^tung  ber  oberften 
klaffe  i^ren  einftmeiligen  le^rplanmä^igen  9lbfd)lujj.  S)ie  Qafyl 
ber  in  biefem  ©cfyuljatjr  bie  Änftalt  befud)enben  ©djüler  belief 
ftcf)  auf  174,  roobei  bie  klaffen  I  bi§  IV  einfrijliefjlid)  in  je 
2  Abteilungen  gefpalten  waren.  Qm  ©djuljaljr  1880/81  mar 
bie  Schule  in  ber  Sefyrerfdjaft  fomo^l  al$  in  ber  <Sd)ülerjaf)l 
fomeit  erftarft,  ba§  fie  ber  iireftion  be§  frübern  ^ßäbngogiumS 
unb  Diealgomnaftum^,  nunmeljrigen  ©r)mnafium§,  entzogen  unb 
einer  felbftänbigen  Seitung  unterteilt  werben  fonnte.  ^J)ie  sJ3orftanb- 

*)        amtteilungen  ber  Jerxen  ^rofeffor    Unjer  unb  ^ireftor  Dr.  UlüUer. 


Digitized  by  Google 


^forabeim  im  19.  ^abrbunbert. 


fdjaft  würbe  bem  bisherigen  SBorftanb  be§  SHealprogumnafiumS  in 
Gttentjeim,  ^rofeffor  Sölluer,  übertragen,  bcffen  Xienftantritt  im 
Oftober  1880  erfolgte.  $ie  9lnftalt  entwickelte  ftd)  in  ben  folgenbeu 
3afjren  in  junebmeuber  Steigerung  ber  Sd)ülerjaf)l,  bie  ftd)  im 
Sdmljaf)r  1880  81  bereite  auf  280  cvr>of>t  hatte,  in  erfreulicher 
5öeife.  ©ei  ber  gebeil)lict)en  Gnttwicflung  be§  9ieatfcbulwefeu3, 
wie  in  ben  übrigen  babifdjeu  Stäbten,  fo  aud)  in  ^for^eim, 
tonnte  bie  Umgeftaltung  ber  ©öbern  iBürgerfdjule  in  eine 
7flafftge  sJiealfd)ule  in$  Muge  gefafjt,  unb  febon  im  $otyct  1883/84 
oorerft  in  prooiforifdjer  Söeife  angebahnt  werben.  2)ie  befinitioe 
Umgeftaltung  erfolgte  erft  im  Schuljahr  1884  85.  ^n  biefem 
3af)re  trat  aber  aud)  eine  Slenberung  in  ber  fieitung  ber 
(Schule  infofern  ein,  als  $orftanb  s]kofeffor  Söllner  infolge  eine§ 
fdjweren  2(ugenleiben§  biefer  Stellung  enthoben  unb  al§  ^rofeffor 
an  ba$  ©nmnafium  in  ftarlSrube  oerfetjt  würbe. 

Sin  feine  Stelle  trat  s}kofeffor  ©ibler,  bisher  am  ©umnafium 
in  ftarlSrube,  unter  bem  10.  Qanuar  jum  $)ireftor  ber  9feal* 
fd)ule  ernannt.  $>urcb  (Srlafj  ©rofcb  Oberfd)ulrat§  ooin  27.  $an. 
1885  würbe  bie  bisherige  £)öf)ere  $3ürger[d)ule  enbgiltig  unter 
bie  3af)l  ber  iHealfdjulen  aufgenommen,  ^n  bem  bieSbeflüglidjen, 
jwifd)en  ©rofjh.  Oberfdjulrat  unb  bem  Stabtrat  in  ^for^eim 
oereinbarten  Statut  würben  £el)rplan  unb  Organifation  ber 
SInftalt  al§  Tflafftge  fliealfcbule  geregelt.  3)ic  Schute  jäblte  im 
Sd)uljal)r  1883  84  321  Stüter  3u  beginn  be§  Schuljahres 
1885/86  würbe  e§  möglich,  ber  Stnftalt  eine  ihrer  «ebeutung 
unb  ber  #abl  tt)rer  Sdjüler  entfpredjenbe  sJtciumlid)feit  sujuweifen, 
inbem  ba§  ©mnnaftum  unb  bie  iHealfdjule  ba§  in  ben  70  er 
Sauren  erbaute  ScbulbauS  ber  Sebanoorftabt  jugemiefen 
erhielten.  $ireftor  53if)ler  leitete  bie  Slnftalt  bis  Oftern 
1888.  3m  9)tai  beSfelben  $abre§  würbe  ^rofeffor  ^Bilrjelm 
Stocfer  oom  SHealgnmnafunn  in  Karlsruhe  |itm  $)ireftor  ber 
9?ea(fdm(e  ernannt,  $ie  früher  fdjon  oerfucb$weife  getroffene 
Umwanblung' dou  Ol  (OII)  in  eine  Ihuit'mäunifrfu'  $a<üfrtatte 
würbe  511  beginn  bes  Schuljahres  1888  89  bafjin  abgeanbert, 
ba&  in  möglicher  Anlehnung  an  bie  lef)rplanma&ige  @inrid)tung 
ber  7flafftgen  sJtealfcbulen  be§  £anbe§  gleichzeitig  bie  örtlichen 
^erl)ältniffen  mit  ihren  ben  ©anbei  unb  ber  Qnbuftrie  sugewanbten 
SJebürfniffen  tt)unlid)ft  berücrjidjt  werben.  9Iuf  Antrag  be3  Beirats 
ber  ©ewerbefdjule,  bem  fiel)  bie  ftäbttfdjeu  $3cbÖrben  anfdjloffen, 
würbe  mit  ©cnebmtgung  ©roßl).  OberfdjulratS  ber  feit  30  fahren 
ber  ©ewerbefdjule  angeglieberte  flau finännifdir  wintern rfttsfturs 
ber  JHealfdjule  angefd)lo||en  unb  bereu  ^ireftion  unterfteüt,  im 
übrigen  aber  oöllig  felbftänbig  gegliebert. 

3>urd)  Grlaft  ©roftb.  OberfdnilratS  oom  18.  Oftober  1893 
würbe  genehmigt,  bajj  italienifdjer  unb  fpanifdjer  Sprachunterricht 

•     *  •  ■  ■  • 


Digitized  by 


^foräbeint  im  19.  3abilmubert.  553 


an  freiwillige  Teilnehmer  au§  ber  btx:  Realfdjüler  im 

SHahmen  bei  UuterridjtS  be$  -Äanörfou urfes  unentgeltlich  erteilt 
werbe,  unb  jroar  jeroeilS  mit  beginn  be3  Sommerfemefter$  jebe$ 
Sd)uljaf)re$.  Tiefe  Unterrid)t§erteilung  follte  ftd)  erftrecfen  auf 
Schüler  ber  Olli  bi§  Ol.  Qu  gleidjer  Qzit  rourbe  bie  (Srteilung 
oou  ftenograpfjifdjem  Unterricht  nach  bem  Snftem  Babelsberger 
genehmigt.  9lm  10.  9lpril  1896  erfolgte  bie  Veröffentlichung 
be£  neuen  SehrplanS  ber  Realfolien  unb  Oberrealfd)ulen  unb 
ber  Drbnung  ber  Reifeprüfung ,  roie  fte  au§  ben  Beratungen 
ber  nach  Karlsruhe  berufenen  $)ireftoren  unb  Borftänbe  ber 
genannten  (Schulen  herooröcöan9eu  waren.  $u  Beginn  be$ 
SdmljahreS  1896  97  rourbe  ber  ^lan  ber  (£rroeiterung  ber 
7f(afftgen  Realfdjule  ju  einer  Bollanftalt  roieberum  aufgenommen. 
Bon  zahlreichen  (Sltern  unb  Jürforgern  ber  Schüler  unterftütjt, 
rourbe  feitenS  ber  3)ireftion  eine  bieSbejügliche  5)euffchrift  au§* 
gearbeitet;  oou  ben  ftäbtifchen  Kollegien  befürwortet,  fanb  fte 
aud)  bei  ber  ©ro&b-  Regierung  nunmehr  freuubliche  Aufnahme. 
3m  Schuljahre  1898/99  erfolgte  bie  Errichtung  ber  O  I,  nach* 
bem  im  3at)re  juoor  bie  U  I  errichtet  roorben  roar. 

s-löährenb  ber  Sdjülerftanb  Gcnbe  ber  80er  unb  am  Einfang 
ber  90er  Jahre  ftd)  bi§  ju  475  Schülern  erhoben  ^atte^  ging  er 
bann  roieber  langfam,  aber  ftetig  jurücf  bi$  um  bie  SRitte  ber 
90er  Jahre,  fobafj  im  (Schuljahr  *  1893  94  ber  Beftanb  nur  385 
jählte;  feit  bem  Schuljahr  1894/95  ift  ebenfo  ftetig  roieber  ein 
vJlnfchroellen  bemerfbar,  fobag  ficf>  bie  Schülerjahl  im  Schuljahr 
1895  96  bereite  roieber  auf  405,  im  folgenben  Jahre  auf  425, 
im  Schuljahre  1897  98  auf  452,  bann  auf  495  unb  im  legten, 
1899/1900  auf  507  erhöhte. 

$ie  $lnftalt  hatte  im  grühjabr  1901  einen  fdjroeren  Ber* 
luft  ju  beflagen.  Jbr  $ireftor  3Bi(heün  Stocfer  roar  in  ber 
Rächt  sunt  9tfchermittroocb,  63  Jahre  alt,  oou  einem  jähen  Tobe 
ereilt  roorben.  2Ba§  ber  Berftorbene  al§  ^äbagoge,  Bürger 
unb  ©efeüjchafter  an  (Ehren  uerbient,  ba§  hat  £err  ^rofeffor 
(S.  Unfer  in  einem  längeren  Rachruf  (Jahresbericht  1901)  ebenfo 
fa)ön  roie  roürbig  bargelegt. 

Einer  anbern  fteber  roirb  e§  oorbehalten  fein,  ba§  Mnbenfen 
biefeS  oerbienten  ebleu  SJcanneS  auch  in  ber  ©efd)ichte  ^forjheim§ 
ju  oereroigen. 


T>ex\ci$ni$  oet  etatmäftiqrn  Beßrer  ber  GibexteaUMe 
vom  $c6ruar  1875  an  0t$  1901. 

iöorftanb  ^rofeffor  Dr.  (£.  oou  SaUroiirct  1875-1877 
^rofeffor  3of.  Stöcfle  1875-1888 
fteailefatv  Gbuarb  äöangner  1875-1877  (f) 


Digitized  by  Google 


554  ^fotabeim  im  19.  ^abtbunbert. 

tteallebrer  eiia*  *Uotf  1878-1893  (f) 

Tireftor  Dr.  fteiurict)  3d)neiber  187«— 1880 

fleallebrer  Üarl  Gruner  feit  1876 

Irofeffor      8.  Tretforu  1878  1881 

irofcffor  I.  Q.  bäumt  1878  -1887 

Turnlehrer  Hermann  3d)euffele  „  1878 

fleiajenlebrer  fiJufto»  SHeber  1879  -  1901 

«orftaub  ^rofeffor  ^ob-  Söllner  1880  - 1885 

ISrofeffor  «balbert  flaier  1881  -1885 

tyrofeffor  Dr.  (Jbmunb  o.  Jreijbolb  1881- 18S7 

^rofeffor  %ot).  *ep.  flepf  1881  — 18S8 

Healle&rer  fceauber  kümmele  „  1882 

£ireftor  ^einrieb,  Ötb,ler  1885  1887 

irofcffor  i^bilipp  Äfal  1885-1890 

^rofeffor  £mil  Unfer  „  1S85 

tkofeffor  Dr.  ftertinanb  3tabl  „  1886 

Neallcljrer  ftuftao  Sdjueiber  IP87-  1892 

Cberlebrer  Cefar  Äüfeioiebcr  1887  —  1892 

fleallebrer  Marl  fBenjel  1887-1896 

Tireftor  ffiilbelm  Stoder  1888   1901  (f) 

tyrofeffor  öeora.  Ireiber  1888-1890 

Otto  ftartmanu  „  1888 

Slnbrca*  »raubt  „  1889 

Dr.  >fepb,  (Mrabeubörfer  ,  1891 

Marl  l'ana,  ,  !891 

fleallebjer  3(bottmüUer  „  1892 

^btlipp  Wtwt  „  1893 

ftelir.  «artiu  „  1895 

Marl  Mefter  „  189« 

^rofetfor  «eorg  UDieirucr  „  1898 

^etef  i'tuben  „  1899 

Tireftor  M.  Jriebr.  Füller  ,  1901 


Pas  Sfd>rfö)e  ?nl!Uttt. 

feit  1878  nad)  $arl§ruf)e  übergeftebelte  5e<$t'f<tie 
3 uilt tut  rourbe  1874  rjier  al§  fog.  3Iufgabenfdmle  für  ©djüler 
be§  bamatigen  ^tealgnmnaftumS  gegrünbet,  forote  als"  93or* 
bereitungdanftalt  für  ba§  (Sinjät)rifl  -  SreiiüiUigeneramen.  $ie 
Änftalt  ertjielt  2  3at)re  fpäter  bic  ßonjeffion  ju  einer  (Elementar* 
SBorfdmle  Tür  ba§  SRealggmnaftum. 


I>te  t^ntJcrßcftßttff.*) 

(Sin  fdjon  1771  gemachter  SBerfud),  für  augeljeube  Jpanb* 
roerfer  eine  3eid)enfd)ule  mit  Unterricht  in  ©eometrie  unb 
3Red)amf  in'g  i*cben  $u  rufen,  blieb  oljne  bauernben  drfolg. 

♦)  3a(n*e*beria)te  ber  ®eu>erbefd)ule,  „$eobad)tcr". 


Digitized  by  Google 


tDforabeim  im  19.  Oabibunbeit. 


<ßon  1805  1833  beftcmb  für  freimütige  Teilnehmer  oon 
Sdjülern  be§  >päbagogium3  unb  bev  93olf3fd)ule  ein  5lurd  für 
greibanbjeidjnen,  au$  meldjem  ftd)  1833  eine  georbnete  ftaatlidje 

fianbmerferfcbule  enttoicfelte.  Sic  follte  bcn  Qimd  haben,  jungen 
euten,  bic  ftd)  einem  ®eroerbe  mibmeten,  ba§  feine  l)öf)ere 
ioiffenfd)aftliche  SBilbung  erforberte,  unb  ba§  fte  praftifd)  ju  er* 
(erneu  bereits  begonnen  hatten,  biejenigen  ftenntniffe  unb  graphischen 
^ertigfeiten  beizubringen,  bie  fte  jum  oerftänbigen  betriebe  biefe$ 
(SeroerbeS  gefrf)icft  machen  fonnten.  3)er  Unterricht  follte  um* 
faffen:  ßanbjetd)nen  geometrifdjer  Figuren  unb  Körper,  Orna* 
mentenjeidmen,  $Iritbmetif  unb  algebraifdje  ©runbbegriffe,  ©eo* 
metrie  unb  geometrifd)e3  Zeichnen,  inbuftrielle  5öirtfd)aft3lebre 
mit  Einleitung  jur  einfachen  ^Buchhaltung,  Hebungen  in  fd)rift* 
lieben  9luffätjen,  ferner  9laturfunbe  unb  sUled)anif.  2)ie  Unter* 
rid)t§jett  mar  auf  bie  Sonntage  mit  2  Stauben  unb  an  2öod)en-- 
tagen  in  ben  JJeierabenbftunben  auf  1  Stunbe  feftgefefyt.  5lud) 
gefitteten  <£>anbroerf§gefellen  mar  ber  SBefud)  ber  Schule  erlaubt. 
4)ie  Sefjrer  maren  junäcbft  unftänbige,  ttici)t  päbagogifd)  berufe* 
mäfrig  oorgebilbete :  Skupraftifanten,  ©umnaftallehrer,  Pfarrer, 
93olf$fd)uller)rer,  ©raoeure,  OTecfjanifer.  35er  (Staat  leiftete  einen 
^Beitrag  oon  jährlich  100  fl.;  ber  ©emeinbebeitrag  betrug  neben 
©etoäbrung  be£  ScbullofalS,  ber  $eijung,  ^Beleuchtung  unb  93e* 
bienung  50  fl.  2)ie  Scbuloerbältmffe  maren  fefjr  fchmanfenbe, 
unb  nur  burd)  ba§  Eingreifen  ber  Regierung  mürbe  ba§  (Sin* 
gel)en  ber  Schule  oerbinbert. 

3m  Safjre  1844  betrug  bie  Sd)ülerjabl  80,  bie  oon 
einem  ftacblebrer,  $ireftor  $uber,  erteilten  möcfyentlidjen  Stunben 
21.  iftit  beut  9luffd)rounge  ber  Qnbufrrie  unb  burd)  bie  treff* 
lidje  Organifation  ber  Schule  burd)  |>uber  fteigerte  ftd)  bie 
tJrequenj  oon  3abr  ju  3af)r.  $ie  Scbüleraabl,  roeldje  1850: 
121  betrug,  erhöhte  fid)  1854  auf  372  unb  1858  auf  585. 
Utiterrid)t$fiunben  mürben  nun  roödjeutlicf)  102  erteilt.  3m 
felben  Qabre  erhielt  bie  9lnftalt  auch  e'ne  $anbel3abteilung  an* 
gefügt.  2Bäbrenb  ber  ©efamtaufmanb  1843  nod)  mit  900  fl. 
beftritten  rourbe,  erreichte  ba§  SBubget  1868  =  4000  fl.  $>aoon 
mürben  1400  fl.  burd)  Sdjulgelber,  ba§  Uebrige  burd)  ^Beitrag 
au§  ©emeinbe*  unb  (Staatsmitteln  gebeeft. 

1851  erhielt  bie  Schule  2  £ilf Slebrer  unb  1858  einen 
jtoeiten  fmuptlebrer.  93i§ber  mürbe  ber  Unterricht  im  9iathaufe 
abgehalten,  im  Qafjre  1859  rourbe  bie  Schute  in  ba§  ^äbagogiumS* 
•  gebäube  oerlegt.  1873  erhielt  bie  Slnftalt  eine  stoeiten  3**4)*"' 
unb  SDlobeüterlef)i*ev  unb  1875  einen  jtoeiten  ©eroerbefcbullebrer, 
fo  bajj  §u  biefer  Qeit  ber  £et)rförper  au§  1  SMtor,  2  ©eroerbe* 
Ichrern,  2  Zeichenlehrern  unb  einem  Sprachlehrer  beftanb.  2)ie 


Digitized  by  Google 


556  ^forabeim  im  19.  3abtbunbert. 

Scf)üler$af)l  (btc  am  Sreijeidjnen  teilnehmenben  $olf§fd)üler  mit» 
gerechnet  betrug:  1290, 

Stach  ber  im  3arjre  1877  erfolgten  JertigfteUung  be§  neuen 
©ebäubeS  für  ©eroerbe*  unb  ftunftgemerbefchule  an  ber  3ahnftrafee 
rourbe  elftere  borthin  uerlegt.  ÄtS  im  3<ihre  1887  ber  uerbieute  bis* 
herige  sJteftor.gmber  inben  roobloerbieuteu  SRuheftanb  übertrat,  mürbe 
ßerr  ©eroerbefdjulbauptleljrer  iHücflin  an  feine  ©teile  berufen. 
3«n  gleichen  3al)re  mürben  bie  s-ttolf$fd)üler  au§  bem  ©eroerbe* 
Unterricht  aufgetrieben  unb  erhielten  beu  3cichenun^erri^)^ 
an  ber  33otfdfd)ulc.  $)er  £et)rtörper  jählte  nunmehr 
1  SReftor,  3  ©eroerbelerjrer ,  3  Zeichenlehrer ,  1  Sprachlehrer, 
1  33olf§fchullehrer ,  bie  3d)üler$ahl  betrug  1 198.  3m  Qafjre 
1889  mar  leitete  fdjou  auf  1278  angemachfen.  2)er  Unterricht 
mürbe  fortan  in  befonberen  Sadjftoffen  erteilt:  Metallarbeiter^ 
Söauhanbroerfer,  ©olbfehmiebe ;  mit  Unterabteilungen  im  Jach- 
aeichnen:  SJcedjanifer,  Sd)loffer  unb  Blechner,  SJiaurer  unb 
3tmmerleute,  Schreiner  unb  ©lafer,  Sattler  unb  Japejiere.  3m 
folgenben  3ahre  mürbe  ein  Ortöftatut  aufgeteilt,  burch  meld)e3 
bie  Singehörigen  ber  jumeift  ber  gefdjäftlidjen  SluSbilbung  be* 
bürftigen  Sachgruppen  jum  3jährigen  Schulbefud)  uerpflichtet 
muroen.  Seit  1891  ift  bie  ^anbelsabteiluug  oon  ber  @eroerbe= 
fdnile  abgetrennt  unb  ber  iHeal*  be^ro.  Oberrealfchule  als  §anbel§= 
fur§  jugeroiefen.  3"  biefem  3ahre  mürbe  aud)  ber  ©runbftein  gelegt 
W  bem  neuen  ©emerbefd)ulgebäube  auf  ber  Qitfet,  ba3  im 
folgenben  3«hre  mit  großer  Jyeterlidjfeit  etngemeiht  unb  eröffnet 
mürbe.  $a3  Sehrerfoüegium  befteht  $ur  Qnt  au§  einem  9ieftor, 
fed)3  ©emerbefdjulhauptlehrern ,  fomie  auS  fed)$  ©emerbe*  unb 
3eid)enlehramt^  *  flanbibaten.  Die  Schülerjahl  beträgt  1261. 
2113  Serjrer  mirften  an  ber  Schule: 

Philipp  fcubec,  JHeftor  1842-1888 
2ÖiU)dm  iWenerfjnber,  (^eroerbelebrcr  1864— 1886  (|) 

Ul)üipp  5ee$,  ncu^mali  fteftor  ber  Iöd)terfd>nlc  1859  -  1863 

9t.  ^olnauer,  «eroerbele^rcr  1863—1866  (f) 

ftr.  SRücflm,  SReftor  feit  1868 

D.  ftöflein,  nadjmalö  ^rofeffor  an  ber  Atanftaerocrbefdjulc  1872—1877 
3.  3*ea.fcr,  Weioerbelebrer  „  1875 

Mefter,  nadnnalö  ^rofeffor  an  ber  Hnnftaeioerbefdjule  1877—18/9 
CSb.  »iaU,  8ci*cnlebrer  „  1879 

iHaier,  ^eidjenlclner  1880—1886  (f) 

3ö.  ©anm,  ^eidjenlcbrer  m  18S6 

&.  «aber,  ftctuerbelcljrer  1886—1896 
SB.  SHeftermann,  Wen>erbelcb>r  „  1888 

SH.  £iefc,  3eicf»cnlebrer  „  1891 

&.  SRu*,  (Mcroerbelebrer  „  1896 

{y.  «aber,  «erocrbelefjrer  „  1900 


Digitized  by  Google 


^forabeim  im  19.  3abrbunbcrt. 


557 


<&ctm0rrd)itrnTttor  3*6.  Äußer. 

(Geboren  «.  Xuguft  1817,  geftorben  9.  Sluguft  1H97  in  ^forjbeim.) 

o»n  >hr  1*44  als  (Mcivcibcfd)itlfaubibat  hierher  berufen,  mar  .fcuiber, 
iDeldjer  für  biefen  H'eljrberuf  befonberä  »onicbilbct  war,  ber  erfte  iebrer  ber 
bamalä  in  noeb,  recht  befdxibeuen  ^erbältniffen  fid)  befiublirijcn  Wewcrbefdjule. 
47  Mlaffenfduiler  zahlte  bie  l'ebranftalt,  an  weldjer,  ale  früher  auä  ber  Sdjule 
fd)icb,  119M  Schüler  unterrichtet  würben.  3ccftor  früher  t>erftanb  e$,  feine 
i  d) ülcr  in  bie  »orber  gänzlich  fremben  addier  ber  leebuif  mit  (frfolg  einju* 
führen.  Unter  feiner  Leitung  hob  fid)  bie  Wewerbefdmle  ju  einer  ber  erften 
im  Vanbe,  bereu  (riuridjtungen  $um  leil  für  bie  übrigen  oorbilblicb  würben. 


43  Jahre  bat  er  fo  in  Segen  an  ber  Sdjule  gewirft,  luv  ihn  baä  fjerannahenbe 
70.  Lebensjahr  »eranlafjte,  bie  wohluerbientc  Muhe  auf  nufuchen ,  ber  er  nodi 
uolle  10  oahrc  fid)  erfreuen  burfte.  Meftor  früher  war  währenb  feiner  ^forjbeimer 
Ibätigfeit  nidjt  nur  ein  tüditiger  Lehrer,  foubern  auch  ein  guter  Bürger,  ber 
an  allen  (freigniffeu  unb  Meftrcbungen  feiner  jmeiten  freimat  lebhaften  Zuteil 
nahm,  (fr  war  einer  ber  erften,  meldjc  fid)  ber  altfatbolifdjen  Öemeinbe  mit 
»ollem  (iifer  wibmeten;  er  war  jahrelang  ihr  8o*ftonb  unb  wiebertjolt  9Jcit= 
glieö  ber  allgemeinen  Sunobe.  Much,  gehörte  er  ;u  ben  ©rjitnbern  unb 
unermüblicben  Jörbcrern  be$  Munftge werbe  herein*,  beffen  SJorftanbSmitglieb  er 
lange  ^aljve  war.  ^efonberS  erfolgreich  war  feine  facbfdjriftftellerifcfte  Xhätigfeir. 
Seine  „aWedjanif  für  Öewerbe«  unb  §anbwerferfdmlen"  erfebien  im  %at)vt  1854 


^fiDcrßcf(6«rrfßtor  l^fi.  £>ußer. 


Digitized  by  Google 


558 


Wotabeim  im  19.  3abrbunbert. 


im  Verlag  uou  ttraid  u.  .vofmaiui  in  Stuttgart;  bie  fpätereu  Auflagen  im 
Verlag  von  %  (frngelborn  ebcnbafetbft.  £a*  Vebrbudj  fanb  grofee  Verbreitung 
unb  ftnerfennung  unb  rourbe  im  ftuffifdie  unb  '^talienifdje  überfefct.  Huf 
Veranlaffung  bcr  Mannten  Verlagöfiriua  ^.  iüeber  in  ^eipjig  fdjricb  er 
neben  anberem  ben  in  roieberbolter  Auflage  erfebienenen  „Äatedndmuä  ber 
SRecbanif",  ber  ben  Kamen  beö  Verfajferd  weit  über  bie  nädjften  Senifdfreife 
binauätrug.  —  ftitr  feine  langjährige  ttcrufetbätigfeit  rourbe  SReftor  $uber  von 
feinem  yanbcSfürften  burd)  Verleihung  bes  ^äbringer  l'örocnorbeuS  II.  unb 
I.  Stlaffe  ausgezeichnet.  Die  3tabtgemeiube  ehrte  ihn  nach  25jäbriger  Jbätigfeit 
burd)  ein  roertuollcs  (^efdjenf  unb  nad)  ^tb^aiiij  auS  beut  Berufe  rourbe  ihm 
von  ber  £anbel«fammer  eine  äufterft  fuuftuoUe  ilbreffe  überreidjt  mit  ber 
Sötbmung : 

„Dem  bo(ögefcbä$ten  &brer,  bem  umfiebtigen  unb  pflicbtgetreuen  Vor* 
ftanb  ber  hiefigen  (t)eroerbef<bu(e,  .\>crrn  Sieftor  itbilipp  .früher,  in  bantbarer 
Erinnerung  an  feine  mehr  alä  oienigjafjrige  erfolgreidje  "©irffamfeit,  gcroibmet 
im  Huftrag  feiner  jablreichcu  Verehrer  unb  ehemaligen  odjüler  au«  faufc 
männifeben  unb  inbuftrieUen  Kreifcn." 


?a*  Wot\üe\met  3ö$tertnflttttt.*) 

3u  Anfang  bcr  jtoanjiger  3al)rc  gaben  $efan  ^EBil^elni 
Subtoig  grommei  unb  N}kä$eptor  ©erbel  auf  SBunfd)  einiger 
gamilien  einer  flehten  5lnjat)(  Spulerinnen  im  bamaligen 
$äbagogium  jeben  Nachmittag  Unterricht.  2Iu§  tiefen  Stunben 
ergab  fid)  balb  ba§  $ebürfni$  einer  eigenen  (SrsiefnmgS*  unb 
Unlerrid)t3anftalt  für  bie  Töchter  oometjmer  ©täube.  3m  3at)re 
1825  beriefen  bie  gamilien  feenefifer  unb  ginfenftein  gräulein 
Caroline  grieberife  ftötjler  (geb.  1783  in  $f  Olxheim)  al§  Leiterin 
ber  neuen  Sdjulanftalt.  Wit  it>v  roirften  im  £anbarbeit§* 
Unterricht  unb  im  granjftfifdjeu  ibre  beiben  ©djmeftern.  Sie 
unterridjteten  it)re  fed)3  bis  fieben  Schülerinnen  junäcbft  im  alten 
3)efanat3baufe,  ioeld)e3  mit  bem  ©ingang  nad)  ber  ®umnafium* 
ftrafje  ftanb,  ba,  mo  je^t  ber  Pfarrgarten  ift.  Später  oerlegten 
fie  it)r  Qnftitut  nad)  ber  fteuchlmftrajje  in  ba§  £au§  be$ 
bamaligen  $omänenoenoalter3  (£receliu§,  too  e§  bis  1839  oer* 
blieb.  3Jiit  ben  obengenannten  £ef)rern  unterrichteten  bie  Tanten 
in  Religion,  $eutfd),  ©eograpbie,  granjoftfet)  unb  Zeichnen.  9Jht 
bem  3at)re  1839  fam  bie  Mnftalt  unter  bie  Leitung  eines 
gräulein  £e;rtor,  toeld)e§  im  §aufe  ber  ^Bierbrauerei  53ecf()  am 
^arft  für  bie  5lnftalt  eine  3Bot)mtng  mietete.  Nad)  3  3ahrcn 
oerbeiratete  ftd)  bie  $)ame  mit  gabrifant  Subtoig  Wagner.  Nunmehr 
rourbe  ba§  Qnftitut  oou  $iafonu$  3Bagner  unb  feinen  beiben 
Scbroeftern  übernommen,  bie  ihm  29  3al)re  lang  mit  ©efd)icf  unb 
£tebe  oorftauben.  1871  fam  e3  in  bie  £änbe  ber  beiben  gräulein 
Sommerfchu.   Seit  ber  Verheiratung  ber  älteften  ber  beiben 


•)  Wad)  ^abredbe nebten  unb  Mitteilungen  be«  £errn  Jabrifanten  Ulbert 
aWaifcöbofer. 


Digitized  by  Google 


^forabeim  im  19.  äabrbunbett. 


559 


3>amen  mit  *Jkofeffor  3ftau  führte  e§  ben  tarnen  Quftitut  OTag* 
©ommerfdju.  1872  bitbeten  bie  (Sftern  ber  bamaligen  ©cbüterinnen 
eine  ^If tiengefeüfd)aft  unb  fauften  ba§  £au§^o.  20  ber©nmnafium* 
ftrafce,  oon  welchem  ßeitpunft  a^  bic  SCnflatt  einen  öffentlichen 
(£baiafter  annahm,  unb  ben  (Sltern  ba3  SKecbt  ber  SBorftanbS* 
bejro.  s-Borfteberiu4Babl  jugeftanbeu  mürbe.  s4$on  1881  an  bis 
1901  mirften  mit  üietem  (Stfolge  auf  unterriebtlicbem  unb  erjieb* 
liebem  Gebiete  bie  ($efcbroifter  Wühler  an  ber  Mnftalt.  3)urd) 
Vermittlung  bei  aud)  fonft  um  biefelbe  oerbienten  gabrtfauten 
3crrenner  mürbe  fte  ber  9luffid)t  ber  &rei§fd)ulüifitatur  enthoben 
unb  bireft  ber  Oberfcbulbebörbe  unterteilt.  $ie  Oberaufftcbt 
führt  im  Auftrag  ber  93ebörbe  ber  jeweilige  ©nmnafiumlbireftor. 

$)a§  ^nftitut  ba*  ben  Sebrptan  ber  bohren  SJläbcben* 
fdjulen  unb  10  Oabrelfurfe.  $cl.  Eintritt  erfolgt  mit  bem 
jurfief  gelegten  6.  ßebenljabr.  3)a§  <3d)iiljat)r  1901  begann  mit 
200  (Schülerinnen.  $a3  ©chulgelb  beträgt  102,  120  unb  141  9flf. 

$)a§  neue  ©cbulbaul  in  ber  s2öimpfenerftra&e  rourbe  oon 
ber  5lftiengefellfd)aft  in  ben  Qaljren  1896/97  errichtet  unb  im 
^perbfte  bei  let3tgeuannten  3^)1*3  belogen.  (Sl  enthält  aufjer 
ben  ©cbulräumen  mit  luruballe  eine  größere  Wohnung  für  bie 
Sßorfteberin  unb  befi^t  einen  aulgebebnteu  $of  all  Spielplan 

3)erjeitige  Setterin  ber  Xnftalt  ift  Jräulein  SBiegeleben. 
$ieljäf)riger  ißorftaub  ber  s3lftiengefellfcbaft  ift  $err  gabrifant 
Ulbert  SJhifcbbofer. 


X>ic  Jüößere  $oröter(ifjufe.*) 

$)ie  erfte  Anregung  juv  ©rünbuug  einer  höheren  £öd)ter* 
fd)ule  nad)  bem  dufter,  mie  foldje  bereit!  in  fleineren  ©täbten 
beftanben,  gab  ber  Stabtrat  im  ^afyre  1834.  Wnf  bal  oon  ber 
6taatlbebörbe  eingeholte  ©utadjten  bei  bamaligen  euangelifdjen 
©tabtpfarramtl,  roelcbel  Sterin  eine  @cbäbiguiui  bei  oon  ihm 
protegierten  Wohlergehen  $öd)terinftitutl  befürdjtete,  rourbe  bie 
Errichtung  einer  berartigen  Sdjulanftalt  bis  jum  3ahre  1849 
oerfchoben.  5(m  17.  9lpril  1847  befebäftigte  fich  bie  gro&e 
5lulfd)u&üerfammlung  mit  ber  „9ieorganifation  ber  SBolflfcbule 
in  Verbinbung  mit  einer  <5d)ule  nad)  erweitertem  fiehrplane  für 
bie  beiben  oberen  klaffen."  $)a  bie  s2(ulfübrung  biefel  ^ßlanel 
nicht  möglich  roar,  ohue  bal  fdjroerbelaftete  ftäbtifdje  ^uilgabe* 
bubget  noch  mehr  ju  belaften,  brachte  ber  ©emeinberat  eine 
anberroeitige  9teuorbnung  in  SBorfd)Iag    2)ie  ©rfparniffe,  roeldje 

•)■  ®efd)id)te  ber  ftäbriföen  §Ö>ren  Xö^terfäule  ju  $forjf)etm,  ^eft* 
förift  jur  fteier  be«  50jäl)rigen  «efte^enä  ber  Kjrjfatt  oon  ty.  Jee«,  9ie!tor. 
m  ©ebr.  »obe. 


Digitized  by  Google 


560 


^forjbeim  im  19.  Sabrbunbert. 


mau  in  ter  ßuabenfdjule  burd)  uoUftänbige  2lu§nü$ung  ber 
^e^rfräftc  &u  machen  boffte,  follten  für  bie  SHabdjenfcijule  uer= 
wenbet,  bejw.  jur  @rrid)tung  einer  uollfommenen  Södjterfdjule 
mit  junöd)ft  3  Äloffen  gewonnen  werben.  3)ie  Soften  bafür 
berechneten  fid)  für  ben  1.  Beßrer  auf  800—1000  fl.,  für  einen 
Unterleder  auf  300  fl.,  für  eine  Sekretin  auf  350—500  (L, 
für  Aushilfe  auf  150—  200  fl.,  jufammen  alfo  auf  1600—2000  f(. 
$)abei  rechnete  man  auf  600  —  1000  fl.  Einnahmen  bei  60 
Schülerinnen  ä  10  fl.  bejw.  100  Schülerinnen  a  10  fl.  Sdnilgelb, 
fo  bafj  alfo  ein  9teinaufwanb  r>on  1000  fl.  erforberlid)  mar. 

$te  ©erjorbe  erflärte  ftcf)  mit  bem  oorgelegten  ^lane  eiu= 
oerftanben,  unb  bie  3  neuen  Stellen  mürben  ausgefchrieben.  $)ie 
Stelle  al§  erfter  tfet)rer  unb  üBorftanb  ber  höheren  Xöd)terfd)ule 
ert)ielt  ber  bisherige  üBorftefjer  ber  iHaftatter  £öd)terfd)ule,  ®.  g. 
^flüger.  $)ie  ^eit  bis  jur  Eröffnung  ber  Anftalt  an  Ofteru 
18S9  benütjte  pflüget*  jur  Ausarbeitung  eines  Spejiallehrplans. 
Seine  erften  Mitarbeiter  mürben  Unterleiber  Qäcf  unb  $rl.  5?ärd)er. 
*Pflügers  Aufteilung  mar  junächft  eine  prouiforifd)e.  3»  ben 
beiben  erften  fahren  erlitt  ber  Sehrplan  infofern  eine  S-Üerfd)iebung, 
als  bie  Sehrfädjer  ber  einzelnen  3  Sdnilflaffen  nicht  fortfcbreitenb, 
fonbern  nabeju  parallellaufenb  erteilt  merben  mußten.  Unter 
ber  mufterbaften  oom  (Seifte  ^eftalojjis  unb  2)iefterwegs  burd); 
mebteu  Schulorganifatiou  ^flflgetd  gebiet)  bie  Anftalt  ju  t)ot)er 
23lüte  unb  genof*  fortan  bas  nachhaltige  Vertrauen  ber  ^Bürger- 
fctjaft 

93is  jum  ^al)re  1859  waren  fämtlid)e  Sd)ulfategorien  im 
alten  Schult)  auf  e  an  ber  ^Heudjtinftraße  untergebradjt.  (Sin 
eigenes  $eim  war  bei  ber  ftarf  madjfenbeu  Sdjülerjahl  ber 
$öchterfdmle  fetjr  oonnöten.  3m  Oftober  1859  fonnte  fobann 
bas  jetjige  £öd)terfd)itlgebäube,  dcfe  ber  iHofen=  unb  ©omnaftumss 
ftrajje,  bejogeu  merben.  3m  folgenben  3<*hre  erhielt  bie  bis* 
berige  Ms^rioatfd)ule"  ben  (Stjarafter  einer  öffentlichen  Anftalt. 
Wäger  erhielt  ben  Sitel  eines  $ireftors  unb  1000  ©ulben 
©ehalt,  ber  jum  $auptlet)rer  ernannte  Serjrer  3äcf  600  fl., 
Unterlehrer  3ad)inann,  feit  1858  hier,  350  fl.,  bie  erfte  Severin 
(£eud)fenring)  350  fl.,  bie  zweite  (Qclife  Sdjnaiter,  fpäter  grau 
93erggö$)  200  fl. 

Äurj  nad)  ber  Eröffnung  ber  Sdjule  erhielt  biefelbe  eine 
4.  Waffe,  1854  eine  5.  unb  1860  eine  6.  als  fog.  gortbilbungs» 
fürs  angehängt,  uon  roeldjen  bie  beiben  erfteren  alsbalb  bem 
Sd)ulorganismus  eiugegliebert  würben.  2)er  Unterricht  umfaßte 
neben  ben  gewöhnlichen  Sd)ulfäd)ern  granjöfifd)  unb  (Snglifd), 
weibliche  §anbarbeiten,  fpäter  auch  £eid)nen,  turnen  unb  $uch= 
führung. 


Digitized  by 


$fotabeim  im  ld.  3abrbunbert.  661 

$)ie  auffallenb  fd)önen  Erfolge  $flüger§  biteben  bei  ber 
Regierung  nicht  unoermerft  unb  unbelobnt.  3m  9luguft  1862 
rourbe  bev  tüchtige  Schulmann  jum  Oberfdntlrat  ernannt.  93on 
1862—1863  oerfaf)  s}$rofeffor  ^ßrooence  interimiftifch  bie  $ireftor* 
ftelle,  roä'brenb  ftd)  ©eroerbefchulbireftor  £mber  nnb  ©eroerbe* 
fdjulhauptlehrer  3e*3  —  ber  früher  fdjon  ben  englifd)en  Unter» 
rid)t  gab  —  ftd)  in  be3  $ireftor§  Unterrid)t§penfum  teilten. 

3m  ©eifte  feines  Vorgängers  s$flüger  leitete  oon  1863 
bi§  1874  ber  jetzige  fteftor  *ßt).  §ee$  bie  Slnftalt.  Ku8  SRfitffidjt 
auf  feine  elterliche  gamilie  legte  er  1874  feine  Stelle  nieber 
unb  errichtete  in  ber  Stabt  ein  >tuaßntpntfiouat  für  3n*  unb 
2lu3länber.  ©ein  Nachfolger  mürbe  SReftor  SBauer,  jugleich 
93olfSfd)uloorftanb.  3m  $abre  1875  belogen  an  ©ehalt:  $er 
SReftor  2000  fl.,  ber  1864  jum  $auptlebrer  ernannte  ßehrer 
3achmann  1633  fl.,  granj  Schmitt  (feit  1874  etatSmä&ig)  1283  fl., 
Sprachlehrer  Schuhmacher  (fett  1886  $auptlet)rer)  1400  fl., 
sJlrbettSlehrerin  Sichler  (1861)  600  fl.,  Sehrerin  Seefrieb  600  fl., 
Sehrerin  Sauer  (1874)  500  fl.,  Mehrerin  Schanbelmaier  (1874) 
450  fl.  @ine  im  Oftober  1878  geplante  Umroanblung  ber 
Xöchterfchule  in  eine  TOttelfdjule  mürbe  com  93ürgerau§fchujj 
abgelehnt. 


ftrequenj  ber  büticven  Tiirfitcrfrfiulc  1849/1901. 


Sdjuliaqr 

Sä 

a  3 
^€ 
»*) 

■j 
1 

3 

£ 

I 

^ 

o 

2 
ä 

e 

8 

u 
■<m 

c 

o 
c 

¥ 
« 

o 
c 
o 

Öl 
4» 

s 

CS 

%» 

V- 

x> 
u 
o 

w 

•* 

»> 

« 

J= 

a 
■« 
c 

U 

5* 

w  — • 

II 

Betrag  be*  eanila.elt>e*. 

1H45»  50 

62 

54 

5 

3 

3 

3 

1 .  Ml.  3  fl.,  2.  Ml.  3  fl.,  3.  Ml.  4  fl.  80 

1859/tiO 

154  138 

H* 

2 

4 

4 

- 

l.Ml.  12,  2.U.3.MI.  15,  4.  Ml.  18  fl. 

1869/70 

214  191 

18 

3 

2 

15 

6 

30 

1.  Ml.  16,  2.U.3.  Ml.  20,  4.  Ml.  24  fl. 

1879  80 

182 

162 

19 

2 

9 

16 

6 

5 

1 .  u.  2.  Ml.  40, 3.  u.  4 . 50, 5.  u.  6. 60,  ü 

1889/90 

824 

61 

38 

8 

15 

2 

11 

1 

6 

37 

1.U.2.MI  42,3.u.4.51,5. u.6.60t^. 

1899/1900 

308 

243 

5t  i 

1 

6 

1 

9 

6 

18 

für  alle  Klaffen  je  45  M  p.  3. 

1900/1901 

317 

256 

56 

1 

4 

1 

6 

1 

6 

27 

tt  n 

Seit  1882  leitet  §err  Gefror  Sty.  5«3  mieber  bieSlnftalt,  beren 
©ha^after  burch  Statut  oom  3ult  1886  genau  präjiftert  rourbe 
als  eine  Sd)utanftalt  aroifdjen  SBolfö*  unb  SJKttelfdmle.  $ur 
3ett  ftnb  an  berfelben  5  §auptlehrer,  1  $auptlef)rerin  unb 
5  Unterlehrerinnen  thätig.  Slufjer  ben  fchon  genannten  ftnb 
j.  Qt.  noch  an  ber  Schule  etatSmäjjig  angeftellt:  3)ie  Herren 
s-ßiftor  9Irmbrufter,  ^h^PP  ötttfyarb  unb  Jräulein  Äoft.  3m 
3ahre  1899  beging  bie  l>ör)erc  iödjterfchule  im  SJhtfeum  baS 
geft  ihre!  50jährigen  SBeftehenS.  ®ie  Seter,  an  ber  ftch  bie 
ehemaligen  Schülerinnen,  bie  ftäbtijchen  unb   ftaatlichen  93e» 

86 

Digitized  by  Google 


562 


$forgbeim  im  19.  3abtbunbett. 


fjörben  beteiligten,  naf)m  einen  erfyebenben,  für  bie  Slnftalt 
f)öd)ft  eljienüoUen  Verlauf,  föeftor  $Jee§  erhielt  ben  Orben  com 
3äl)vinc)er  Söroen,  £>auptlef)vev  3ad)"iann  ba§  s3kvbienftfvenj 
biefeS  OrbenS  unb  trautem  öauer  eine  uon  ber  Jrau  ©ro^ 
Ijerjogin  geftiftete  9lu3$eid)nung. 


^JfCüflcr  rourbe  1818  in  Sdropffyeim  geboren,  befudjte  baä  ^dbagogium 
feiner  3taterftabt  unb  fpdter  ba$  eoangelifd)e  l'efjrerfemiuar  in  Marlärubye. 
Maum  20  ^ahre  alt,  rourbe  er  an  bie  bösere  Xörfjterfcbule  nacb  ftaftatt  berufen, 
roo  er  8  0>at)re  tr)dtic|  roar  unb  von  1846—49  bie  erftc  l'et)rer=:  unb  Storftanbd* 
ftelle  befleibete.  oeiu  Slufenttjalt  in  Siaftatt  roar  für  feine  fpätere  3iMrffamfeit 


ftßcrfcßufrat  "2*fTü(|cr. 

an  ber  beeren  Jöd)terfd)ulc  in  ^forjfjeim  oon  gro&em  gierte,  roeil  er  bort 
burd)  umfaffenbe  ^rioatftubien  unb  uamcntlia)  burd)  b»c  mit  meiern  Jlcifee 
betriebenen  päbagogifdjen  iyadjftubieu  fid)  ju  einem  Ijcroorragenben  8d)uU 
manu  audbilbete. 

SBae  ^Jflüger  a»  3d)utoorftanb  b,ier  leiftete,  roirb  tym  allein  ein 
bauernbed  Slnbenfen  beroafjren.  Über  ber  fleißige  unb  Ijodjbegabte  2Hann,  ber 


Digitized  by  Google 


■ 


Worabeim  im  i9.  Öabrbunbert.  66$ 

überall  Spuren  feine«  reiben  ©eifte«  unb  fetner  Sirbett  binterliefj,  bat  fic^ 
auch  al«  Scbriftfteller  einen  unoergäuglicben  tarnen  gemacht.  Seine  Sehr* 
büa)er  gelten  Ijeutc  noch  al«  muftergiltig  unb  feine  „©efajtcbte  ber  Stabt 
^Jforjbeim"  mirb  al«  reiche«,  moblangelegte«  Queltenroerf  immer  ihren  aftuellen 
föert  haben.  3ro°lf  3«^w  hat  ^ffüger  mit  unermübltcber  3lu«bauer  unb 
liebeooller  Eingebung  baran  gearbeitet,  ohne  einen  anberen  ©eromn  baoon 
ju  haben  al«  bie  banfbare  «nerfennung  ber  »ürgerfchaft  unb  ben  getftigen 
©enufj. 

!8on  1802—1868  roirfte  ^flüger  al«  Dberfajulrat  unb  fdjrieb  in  biefer  3eit 
ein  für  gemtfdjte  Skalen  beftimmte«  t'efebud),  beffen  (Einführung  it)m  ohne  ©runb 
oiel  ^einbfebaft  oon  f  onferoatioer  unb  ultramontaner  Seite  jujocj.  Da«  fRiniftertum 
3oHu  ^atte  fein  SBerftänbni«  für  ben  Süert  ber  Jacbaufftcbt  in  ber  9iol!$fa)u(e. 
Wüger  mürbe  Direftor  ber  iaubftummenanftalt  in  9Weer«burg ,  roo  er  am 
23.  Öftober  1869  ftarb.  (£r  mar  ein  Wann  be«  ©eifte«  unb  ber  £iebe,  ein 
Dberfcbulrat,  roelcber  ber  Schule  unb  ihrer  Lehrer  SJebürfni«  rannte.  Sein 
Job  rourbe  oon  allen,  bie  ba«  ©lüct  hatten,  mit  bem  bebeutenben  Wanne  in 
Berührung  ju  fommen,  tief  beflagt,  am  meiften  oon  ber  babtfeben  Sebrerfcbaft, 
bie  it|m  in  ihrer  ©efebiebte  unb  in  ber  ©efa)ia)te  ber  $oltäfa)u(e  ein  Denfmal 
gefeit  r)at  bauernber  benn  Stein  unb  ©rj. 


3u  Anfang  be«  3ahrtmubert«  mar  bie  et>attge(ifd)c  ^olfäfcttule, 

aua)  Irioialfa)ule  genannt,  bereit«  in  eine  Änaben*  unb  3Räba>enfa)ule  abgeteilt, 
beren  jebe  einen  eigenen  Öebrer  mit  einem  ©ehilfen  hatte.  Die  Sehrer  hatten 
ihre  aßofmungen  fömtlia)  im  Sdjulgebdube  (alte«  Schulhau«).  Den  Änaben 
roie  ben  iRäba)eu  toaren  je  2  Limmer  angeioiefen.  Die  3af>l  ber  Änaben 
belief  fia)  1810  auf  280,  bie  ber  9Raba)en  auf  360;  feit  1807  hatte  fte  um 
60  jugenommen.  Der  Unterricht  mar  breiflafftg.  Die  erfte  Älaffe,  mclche 
Äinber  oon  10—14  fahren  enthielt,  hatte  tdglich  i  Stunben  Unterricht.  -Die» 
felbe  Unterrtcbt«jett  hatte  bie  jioeite  Älaffe  mit  Äinbern  oon  7 — 9  fahren; 
bie  britte  Älaffe  (&$MScSd)ule)  hatte  nur  eine  otimbe  täglich  Unterricht.  Die 
Schuljeit  ber  Änaben  umfaßte  fchou  bamal«  8  $abre;  bie  ber  Räbchen  mar 
um  ein  3ahr  fürjer.  Die  £ehrgegenftänbe  maren  £efen,  Schreiben,  9ted)nen, 
Singen.  Die  meifte  3"t  mürbe  bem  Stcltgionäunterridjt  jugeroenbet.  Die 
beiben  §auptlebrer  (ehemal«  ^raaeptoren  genannt)  maren  fett  geller'«  (bi« 
1825)  unb  fieibfrieb'«  (bi«  1807)  ^Jenfionierung  bie  ©ebrüber  Äarl  Jriebria) 
unb  ©hriftoph  Sbler.**)  »i«  1815  beftanb  neben  ber  beutfa)en  Schule  noch  bie 
2Baifenhau«fchule  mit  etioa  60  Schülern  unb  bie  Brmenfchule  mit  40  Sa)ülem. 
3nfolge  ber  unaufhörlichen  Streitigfeiten  jroifchen  ben  Sinnen,  Söatfenhau«*  unb 
Stabtfchullehrern  roegen  ihrer  uubeftimmt  begrenzten  Äompetenjen,  ber  Abtreibung 
oon  Schülern  unb  ber  gegenfeitigen  Srt)äbigung  in  ihrem  ohnehin  fchon  mehr  al« 


•)  Stoller,  Schulaften,  „«eobachter",  3ahre«bertct)te  ber  »olf«fchule. 

••)  Die  Stammoäter  einer  bi«  in  bie  60er  3ahre  roeitoerjmeigten  fiehrer« 
familic,  beren  'Jiacbfommen  h^ate  in  anberen  $eruf«arten  thätig  ftnb.  3tHe 
haben  al«  ©rbftücf  eine  au«gefprod)en  muftfalifche  ober  jeid)nerifcbe  Begabung 
mitbefommen. 

86* 


Digitized  by  Google 


564  Wotabetin  im  19.  Sobrbunbett. 

fpdrlidjen  Sinfontmen,  befcblofe  bic  Regierung  bie  Slufbcbung  bcr  3lrmen=  unb 
2Batfenbau«fdmle  unb  wie*  bie  Sdjüler  ber  Stabtfcbule  ju. 

Tie  .t»öl)e  be«  Sdmlgelbe*  richtete  ftcf)  nach  ber  Äinberjabl.  (**  betrug 
1835  =  1  fl.  36  ttrj.  «et  Unocrmögen  mufete  bie  «rmenfaffe  bafür  auf^ 
fontmen  mit  1  fl.  pro  .Hinb.  Ta*  (Sinfommeu  eine*  .pauptlebrer*  betrug 
336  fl.  nebft  Scbulgelb.  Tie  Stabt  mufjte  ju  ben  i'ebrergehdltcru  512  fl.  bei- 
tragen. Ta*  2Bohnung*gelb  betrug  anfang*  75  fl.,  fpäter  120  fl.,  feit  1872 
=  540  3Hf.  Gin  Unterlcbrer  Ijattc  erft  45  fl.  idljrlicb,  fpdter  aufjerbem  nod) 
freie  Äoft,  SBobnung,  $ei$uug  unb  X'icbt,  ober  115  fl.  (£ntfd)äbigung  bafür. 
Tiefe  SJerbäitniffe  blieben  bi*  1858.  3ion  ba  an  betrug  ba*  ßtnfommen  eine* 
Unterleiber*  202  fl.  $i*  jum  Mb™  1813  fjatte  bie  Stabt  ba*  3a)ul- 
befefcung*recbt.  Wit  (iinfüljrnug  ber  Stäbteorbnung  erhielt  fte  ba*  träfen« 
tatton*?,  feit  1898  roieber  ba*  oolle  Üefe&ung*recbt. 

Sange  Jabre  würbe  Klage  gefübrt  über  bie  Unjulänglicbfeit  be*  SJoir** 
fcbulunterricbt*,  woran  neben  ungenügenber  Stunbenjabl  unb  überfüllten  Älaffen 
bie  faft  au*fd)lie&licb  auf  ben  5Heligion*lebrftoff  gerichtete  Tbätigfeit  ber  Schule 
bie  Scbulb  trug.  Waturfunbe,  «cfdudjte,  Geographie  unb  (Meometrie  fanben 
nabeju  (eine,  3iea)nen,  i'efen  unb  Sluffafc  nur  mangelhafte  Pflege.  Tie  feit 
1845  311  Jage  getretene  ftbftcbt  ber  Stabtoerwaltuug,  bie  Schule  ju  erweitern, 
follte  ermög(ia)t  werben  bura)  Slnftellung  oon  4  weiteren  fcauptlehrern,  währenb 
bie  mit  bem  ^dbagogium  oerbunbene  b&tierc  ©ürgerfd)ule  eine  jeitgemäfje 
Ummanblung  erfuhr  unb  gleichzeitig  eine  bösere  Xöcbterfcbule  errichtet  rourbe. 
3nbeffen  oerblieb  e*  in  ber  $olf*fd)ule  bei  bem  früheren  Softem.  9Zur  jroei 
weitere  §aupt(ebrerftellen  rourben  errichtet.  Tie  teilroeife  Erweiterung  ber  beiben 
Dberflaffen  erfolgte  in  ben  60er  ^abren. 

$ie  tattfoU^c  £d)Ulr.  3lm  2.  Januar  1812  faub  bie  feierliche 
(Eröffnung  ber  neu  errichteten  fatbolifdjen  Schule  ftatt.  Ta*  gemietete  Sofal 
befanb  fia)  im  mittleren  Stod  be*  öudjbrucrer  Jiafc'fcben  §aufe*  (»edh  am 
Warft),  fpdter  rourbe  bie  fath.  3d)ule  im  alten  Scbulbaufe  untergebracht.  Ter 
lanbe*l)errlicbe  Tefan  i'orenj  tu  Grftngen  tote*  ben  neuen  Sebrer  Senj  in 
feine  ©teile  ein  unb  übertrug  bem  ^farrfurat  »eohofer  bie  Scbulaufftcbt.  Ter 
Sehrer  bejog  feinen  (behalt  au*  Stiftungen  ber  fatbolifeben  l'anbe*teile,  er 
betrug  1868  450  fl.  olme  Schulgelb,  ber  be*  Untererer*  mit  Scbulgelb  315  fl. 

311*  $auptlel)rer  waren  bi*  jur  Einführung  ber  gemtfdjten  Schule 
angeftellt  2enj,  ©beimann,  9lmbro*  Öumpp,  ^of.  Hermann,  Äarl  Pfeiffer, 
2Uot*  Äolb*)  oon  1863—1892.  Seit  1859  betrug  ba*  Scbulgelb  (bei  beiben 
Äonfefftonen)  für  bie  I.  klaffe  2  fl.,  für  bie  II.  Älaffe  2  fl.  36  Ärj.  jährlich. 
Tie  Schülersahl  belief  ftcb  1835  auf  36,  1865  auf  141,  1868  auf  211.  Sang* 
jdt)rtger  Sorftanb  be*  fatb-  Drtefcbulrat*  war  ftabrifant  Warolb. 


*)  Ein  Wann  Don  berber  Ärt,  aber  aueb  oon  umfaffeubem  Äönnen  unb 
3üiffen  auf  bem  ©ebiete  ber  Wuftf  unb  ber  9laturwiffenfd)aften.  Tie  alten 
Wttglieber  be*  „Sängerfranje*"  rübmen  noch,  beute  feine  Tüchttgfeit  al* 
Tirigent,  unb  oiele  feiner  Sattler  oerbanfen  bem  „alten  Holb"  tb,re  reidjeu 
Äenntniffe  in  ber  SRaturlunbe.  5m  3afyrc  1883  faufte  tbm  bie  Stabt  80  teil* 
oon  ib^m  felbft,  teil*  nad)  feiner  Slnroeifung  gefertigte  pb^fifalifcöe  Slpparate  ab. 


Digitized  by  Google 


^forabeim  im  19.  3atjrbunbert  565 


$ie  i^raelitifc^e  ZtfynU,  gegrünbet  1832,  jätjlte  1837  =  15  Sc^ul* 
fiubcr.  Sic  roar  in  ber  alten  Simagoge  (Dteljgerftrafje)  untergebracht.  £ie 
Lehrer  Sd)lenfer  unb  Öibeon  Slod)  (btd  1868)  oerfaben  nod)  ben  Sdjäcbterbienft. 

Wach  «erhältm«  ber  Seelenjahl  (im  Safere  1837  =  118,  ttftmlty 
53  männliche  unb  65  roeibltcbe)  jaulte  bie  Stabt  für  Unterhaltung  ber  Schule 
einen  öeitrag  oon  40  fl.  45  tfrj.,  berjenige  ber  i«raelittf  d>en  (SJcmeinbe  betrug 
209  fl.  14  Är*.   «ufterbem  gab  bie  Stabt  bem  Lehrer  2  fltafter  öol$. 

St«  jur  neuen  »era,  beginnenb  mit  bem  Jahre  1864/ftanb  bie  ©ö)ule 
unter  geiftlidjer  Mufftet.  3m  $uli  1864  rourbe  ba«  ©efefc  über  bie  örtliche 
Stuffidjt  ber  Soltefdmle  oerfünbet  unb  ber  Orttföulrat  trat  in«  i'eben.*) 

Sö)on  im  3o$re  1864  ging  eine  oon  1000  Unterfamften  bebedte  Petition 
^Jforjbeimer  Bürger  an  ba«  3Ximfterium  ab,  roelche  bie  gcmifcbte  Sdwle  oer* 
langte.  Anfang«  1870  entftanb  ein  großer  Jtampf  um  bie  fafultatioe  (Situ 
fübrung  berfclben.  ^f)r  b^eftigfter  (Megner  mar  ^ßfarroerroefer  (Sfirift,  ber  in  SBort 
unb  Schrift  bie  oon  ihm  befürchteten  nachteiligen  Äonfequenjen  biefer  (Sinridjtung 
für  ba«  religiöfe  unb  firdjliche  l'eben  in  ben  büfierften  färben  ausmalte.  J)ie 
barüber  geführte  3citung8fef)be  roar  eine  menig  erquidlicbe.  9luf  bciben  Seiten 
rourbe  rüdftcht«lo«  gcldmpft.  3lm  9.  Slpril  rourbe  burdj  bie  Urne  ba«  Sdjidfal 
ber  gemifd)ten  Schule  entfa)teben  3Me  öffentliche  Weinung  fpraa)  ftd)  nabeju 
einftimmig  bafür  au«.  Wit  großem  Jubel  rourbe  bie  Sefanntmachung  be« 
Siefultate«  aufgenommen.  Ölodengeläutc,  SöKerfchüffe,  Seflaggung  ber  §öufer, 
ftefoug,  (9efang«oorträge  unb  ein  folenne«  Sanfett  oerberrlicbten  ba«  roia)tige 
©reigni«.  Sie  Jolge  bat  gcjeigt,  bafc  bie  gehegten  Sefürchtungen  für  ba« 
religiöfe  i^eben  nicht  nur  übertrieben  roarcn,  fonbern  bafc  ba«felbe  bura)  einen 
eblen  Wetteifer  ber  beiben  Äonfefftonen  an  Vertiefung  eber  noch  gewonnen  r)at. 
Si«  jum  Jahre  1876  leitete  ber  Qrt«fd)ulrat  ba«  Solf«fd)ulroefen.  Von  ba  ab 
rourbe  e«  ber  Sd)ulfommiffton  unb  einem  befonberen  Sdjuloorftanbe  mit  bem 
Xitel  eine«  Sieftor«  untcrftellt.  (Srfter  Weftor  roar  ber  Jödjterfdmlbireftor 
Sauer,  ber  al«  Jftrei«fd)ulrat  in  £af>r  ftarb.  (£r  roar  ein  Wann  oon  umfaffenbem 
JBiffen  unb  feinem  Serftdnbut«  für  bie  Sebürfuiffe  ber  Schule,  ein  treuer 
Vertreter  ber  Siefterroeg'fcben  3Urf>tung.  9tacb,  feiner  Seförberung  jum  Krei«* 
fcbulrat  in  Sabr  oerfab  bi«  Oftern  1883  ber  feit  1842  in  ber  Stabt  angefteUte 
^auptlefn-cr  2Bill)elin  Scbmibt  bie  9leftorat«gefd)äfte.  Sein  9tad)foIger  rourbe 
ber  beseitige  Neftor,  fteallehrer  öeorg  Sd>id  oom  ftcalgomnaftum  in  Wannbeim. 

Seit  1883  rourbe  mit  ber  foftematifeben  Erweiterung  ber  Solföfdmle 
begonnen,  inbem  bie  Stunbcnjabl  unb  bementfprea)enb  aud)  ba«  Vefyrpenfum 
ber  VI.,  VII.  unb  VIII.  Mlaffe  erhöbt  rourben.  Jn  ben  Jahren  1884-1886 


*)  (Sine  fräftige  Stüfce  batte  bie  $olf«fcbule  an  ben  Sürgermeifteru 
^errenuer  unb  Scbmibt,  foroic  au  ben  Ortefdiulrdten  (Shriftopb,  Seder  unb 
flpotbefer  Wärfltu.  Seder  roar  roegeu  feiner  Strenge  gegen  unbotmä&tge 
Sdjüler  oon  biefeu  gefürchtet;  bie  ftälle,  ba  ber  alte  Sd)ulbiener  Judj«, 
ber  „Sd)iilfucb«",  mit  beia  ^ofjiftod  au  ben  Delinquenten  oor  oerfantmelter 
.Hlaffe  nadjbrüdlid)  feine«  Slmte«  roaltcte,  ftub  rjeute  nod)  gar  maudjem  in 
roentg  erbaulieber  (Erinnerung.  <5iue  febr  rooblroollenbe  unb  freuublidie  9iatur 
roar  ber  Slpottjefer  aJlärflin,  beffen  ^Inbenfen  bei  ben  ^iefitjen  Colföfdjullehrern 
in  ehren  gehalten  roirb. 


Digitized  by  Google 


566  $forabeim  im  19.  Sabrfmnbett 

würben  fobann  aud)  baS  III.,  IV.  unb  V.  @djuljahr  erweitert,  wäbrenb  beim 
I.  unb  II.  bie  einfache  Unterridjtäjeit  beibehalten  wnrbe. 

^olgenbe  XabeUe  giebt  ein  8ilb  oon  bem  rafdjen  SöadjStum-  ber  Schule 
feit  1876. 


Sdjülerja  h  [ 

<5d)uljabr 

Sebjrlräfte 

Waffen 

58otf*fd)ule 

Jortbilbung** 
fcbule 

1876 

23 

39 

2144 

? 

1883/84 

45 

60 

3352 

529 

1890/91 

61 

73 

3840 

613 

1894  95 

70 

77 

3907 

853 

1900/01 

90 

102 

4943 

924 

Seit  Cftern  1897  beftebt  aud)  eine  #ilf4«f ait'c,  in  welche  foldje  Äinber 
aufgenommen  werben,  bie  nach  2jäbrigem  üefudje  einer  Klaffe  nicht  promooiert 
werben  fönnen.  Ter  Unterriebt  wirb  für  Änaben  unb  iHäbctjen  gemeinfam  in 
26  5Boa)enftunben  erteilt.  Tie  Stnjabl  ber  Schüler  biefer  Älaffe  beträgt  $ur 
3eit  33. 

Tie  ftarfe  3unabnte  ber  Sdjülerjabl  Enbe  ber  60er  unb  anfangs  ber 
70er  ySabxe  nötigte  bie  3tabtoerwaltung  in  Ermangelung  genügenber  Schul- 
räume  bei  ^rioaten  folebe  *u  mieten;  fo  mürben  r»on  1879  biä  jur  Erftellung 
beä  erften  93abnboffcbulbaufe3  in  mehreren  ^rioatbäufern  Unterricht  erteilt. 
Taä  Scbulqauä  im  „Seban"  würbe  1876,  baä  EnjfdmlbauS  an  beffen  StcHe 
juoor  ein  Scbulgebäube  bödw  primitioer  Slueftattung  (alteä  JyeuerbauS)  üanb, 
1883,  ba$  Mnabenfcbulhauö  an  ber  Erbprin*enftrai$e  1885,  bie  Turnballe  bafelbft 
1886,  baä  Seiherfdiulbauä  1890,  baS  3Jiäbd)enfcbulbau*  an  ber  (*rbprinjen= 
ftra&e  1892;  baä  erfte  Sdjulbauä  an  ber  Ealwerftrafee  1886,  bad  jweite  bafelbft 
famt  Turnhalle  1901 ;  bic  Turnhalle  an  ber  Älingftra&e  1897,  ba«  Sdmlbau« 
bafelbft  1900  feinem  3wecf  übergeben.  1876  würbe  bie  ftäbtifdje  Söaifenanftalt 
(Galwerftra&e  in  bie  £>ol$gartcnftraf$e  oerlegt  unb  jenes  ju  Lehrerwotmungen 
eingeriebtet.  $on  1880— 1897  biente  ba*  frühere  ^Jfrünbnerbau«  als  Scbulbau*. 

Wach  bem  «oranfcblag  oon  1899  betrug  bie  »uSgabe  für  bie  $olf$* 
fajule  212  546,95  3Hf.,  baS  Erträgnis  ber  Scbulpfrünbe  669,08  3JH.,  baS  oon 
auswärtigen  Schülern  erbobene  Sdmlgelb  3136  üÄf. 

Tie  im  3af>re  1900  com  ©ürgerauSfdmfj  befdjloffene  Slnfdwffung  ber 
Lehrmittel  aus  ber  Stabtfaffe  bebeutet  einen  wichtigen  Stritt  auf  bem  Ge- 
biete fojialer  ftürforge,  aber  auch  eine  mim  hafte  ftet)  jälr.ii.ii  fteigernbe  3luS 
gäbe  für  bie  Stabtfaffe.  Tie  Slbfcbaffung  beS  ScbulgelbeS  war  fdwn  1893 
befdjloffen  roorben.  $iS  1.  Januar  1898  roar  baS  Einfommen  ber  Sebrer 
oon  bem  alljährlich  feftjufe^enbcn  betrag  beS  ScbulgelbeS  abbängig.  TaSfel&e 
betrug  pro  Älinb  8  m..  für  «uSwärtige  (für  welche  biefer  betrag  iefct  nodj 
beibehalten  wirb)  16  3Hf. 

Turdi  bie  (MebaltSregulierung  oon  1895  unb  bowptfäd)lid)  burd)  baS 
neuefte  WebaltSftatut,  finb  bie  ^olfSfcqullebrergcbälter  genau  normiert  worben, 
wad  einen  großen  Jvortfdjritt  gegen  bie  früheren  oom  Ertrag  beS  ScbulgelbeS 
abhängigen  0ebaltSoerb,ältniffe  bebeutet.  Ein  ftauptlebrer  erhält  neuerbingS 
2100  Warf  '.Anfangs*  unb  3M0  Warf  üöcbftgebalt,  Sebtercn  in  20  etat* 
mäßigen  Ticnft jähren,  ein  Untcrlehrer  erhält  12Ö0  i)if.,  nadj  öjäbriger  Tienft* 
jeit  unb  jurücfgelcgter  Tienftprüfung  1300  SXf.  (behalt,  eine  ftauptlehrerin 
1500—2200  m..  innerhalb  10  Tienftjabrcn. 

Tie  Schule  oerfügt  über  eine  ftattlid)e  Schüler  unb  Sehrerbibliotbcf. 
Ter  ®runb  baju  würbe  im  3uli  1867  gelegt,  inbem  bie  Witglieber  bei 


Digitized  by  Google 


$foraf)eim  im  19.  3abrbunbert.  567 


eoangelifdjen  Ort«fd)ulrat$  bei  bcr  (Sinroobnerfdmft  eine  Sammlung  oer* 
anftalteten,  bie  gegen  900  fi.  ergab,  $em  SJeifpiele  folgte  aud)  ber  bamalige 
iatf)olifa>e  DrtSfdjulrat. 

öleidjjeitig  mit  ber  teraelitifdjen  Scfmle  mürbe  1882  bie  $BintJ)ec'fd)e 
Uri Hat f rfi nie  (SRefcgerftraße)  gegrunbet,  meldte  nad)  Sütttjerö  Job  von  beffen 
Sdjroiegerfobn  fcüttner  übernommen  unb  geleitet  rourbe.  %m  $abre  1862 
entftanb  auf  Slnrcgung  mehrerer  cinflußreiajer  Bürger  eine  jioette  ^rioatfdjule 
unter  bem  Sefjrer  3ri)if?erbe(ter,  ber  ftdi  bei  ber  Ginrool)nerfd)aft  einer  bes 
fonberen  Beliebtheit  erfreute.  9Jtit  ber  jeitgemäßen  Umgeftaltung  unb  Ver« 
befferung  be«  33olf$fd)ulroefen3  roud)«  aud)  ba$  Vertrauen  beö  üermöglid)eren 
Seil«  ber  Ginrootjner  ju  bemfelben.  $te  ftrequenj  ber  ^rioatfdjuten  ließ 
ftetig  nad).  3m  ^afjre  1894  löften  fte  ftd)  auf,  unb  ed  mürbe  jroifd)en  il)ren 
^nfjabern  unb  ber  Stabt  eine  Vereinbarung  getroffen,  roonadj  bie  2ef>rer 
Sdjifferbecfer  unb  fcüttner  in  ben  Dienft  ber  ftäbtifdjen  SoLttföule  übertraten. 

Offne  unbefdjeiben  ju  fein,  barf  man  jagen,  baß  bie  erroeiterte  VolW* 
fd)ule  in  ^forjfjcim  eine  efjrcnooüe  Stellung  einnimmt  unter  ben  Sdjulen  ber 
größeren  Stäbte  be3  SanbcS.  -\n  roiebertjolten  iJlalen  mürbe  bied  Urteil  von 
berufener  Seite  auSgefprodjen.  $anf  ber  liberalen  Sdnilgefefcgebung  ber 
fedjjiger  unb  fiebriger  iaf)xe,  bie  in  erfter  Sinie  ber  ftodjfjerjigfeit  unb  VolfS* 
freunblidjfeit  unfereS  oercfjrten  Wroßberjogä  ^riebricr)  jujufdjreiben  ift,  fobann 
aber  aud)  ber  9Jef)arrlid)feit  unb  UeberjeuguugStreue  au$gejeidmeter  Ratgeber 
ber  Ärone,  roie  o.  Stoggeubad),  Dr.  Samen,  Dr.  Stabel  unb  DberfdwlratS* 
birertor  Änic«,  banf  biefer  Schulreform  l)at  ba*  babifaje  VollSfchulroefen  in 
ben  60er  unb  70er  Jabjen  einen  Sluffdjroung  genommen,  um  ben  un«  alle 
übrigen  beutfdjen  Staaten  einft  beneibeten.  Seiber  i»at  btefeS  2fufblüf)en  feit 
ben  80er  3abJcn  *i"c"  gemiffen  Stillftanb  erfat)ren.  %a$  Solldfdjulroefen  l)at 
in  ben  legten  2  3af)rjet)nten  nid)t  gleiten  Stritt  gehalten  mit  ben  Littels 
fd)ulen.  TüiauS  ergab  fid)  mit  ber  Seit  bann  eine  auffällige  Differenz 
$roifd)en  ben  Seiftungen  an  ben  Sanbfdjulen  unb  jenen  ber  Stdbte  mit 
Stäbteredjt.  ^forjfjeim  bat  gleicft  anbem  größeren  Stäbten  feine  ^Nittel  unb 
Äoften  gefdjeut,  bie  erroeiterte  «olfäfdjnle  auf  ber  fcöbe  ber  3eit  ju  erhalten. 
2)ie  enormen  Summen,  roeldje  unfere  Stabt  auf  3d)uibau3bauten  unb  in  ben 
legten  3af)ren  aud)  auf  eine  jcitgemdße  l'eljrerbefolbung  oerroenbete,  finb  tjierfttr 
fpredjenbe  Belege.  SEBenn  cö  roafjr  ift,  baß  an  bem  Slufroanbe  für  Sdmleu 
unb  allgemeine  Btlbungäjiuede,  ben  ein  Staat  ober  eine  ÖJemeinbe  leiftet,  beren 
Kultur*  unb  Bilbungägrab  ermeffen  roerben  fann,  fo  barf  ^forjfjeim  ot)ne 
3roeifel  mit  an  erfter  Stelle  genannt  roerben. 

911$  :pauptlef)rer  roirften  im  Saufe  beS  3«brf)unbertd  an  ber  Volfsfdmle 
(außer  ben  fdjon  genannten  fatbolifeben) :  (£.  Jyr.  ^bler,  t£f)riftopt>  $bler, 
2Bilf)clm  Sd)mibt,  Jol).  ISfjnftopl)  ffianfel,  ,"yranj  ^bler,  3Hid)ael  «eitl),  Blum, 
Stein,  3äd,  üKad,  ^l).  3**01"'  ^offner,  SdjiUinger,  Wlücf,  (9eter,  (St)r.  Heller, 
Äempf,  ftd).  Monrab,  Börner,  (?f)aib,  ^frieberid),  (9leiä,  Neinig,  (iifenfolb, 
3.  Söeber,  3afob  Sdnnibt,  Nlbin  Sd)tnibt,  Seonbarbt,  örnft,  kalter,  Sd)ed)ter, 
9tötl),  §übner,  Stapf,  StoU^,  Stolj,  Hnoblod),  Kaufmann,  Elingmann,  ^opp, 
3iegler,  iHubolf,  Wöö,  3d)itterbecfer,  Selper,  8inffr,  feuert,  Sdjaber,  Sejauer, 
©fdjeiblen,  SBipf,  .Hadper.  Stat)l,  Spätl),  hinter,  Pfeifer,  Werfer,  Sommer, 
Jtötjlcr,  (vdert.   iöauptlet)rerinneu :  ^räulein  ißallraff,  8olI,  Mübler,  Sicftnger. 

Seljreroereinigungen  $um  .Smerfc  ber  beruflichen  unb  allgemein  roiffen- 
fd)aftlid)en  ^-ortbilbung  jmb  außer  ber  freien  Seljrerfonf erenj  „Der 
^Jäbagogifdje  Verein,"  ber  beutfdjc  „Scbreroerein  für  Rattm 
funbe"  (3i^  in  Stuttgart)  unb  ber  wSel)rer:  Xurnoerein". 


Digitized  by  Google 


568 


^lorabeim  im  19.  Saptbunbert. 


pic  JnDttßrief^itff. 

$er  erfte  3nbuftrieunterrid)t  roar  ein  prioater  unb  rourbe 
oon  Näherinnen  erteilt  iftebe  ©djneibergeroerbe),  bie  toäbrenb  ber 
sJlähftunbe  mit  ihren  Schülerinnen  imeift  au§  bem  SHütelftanbe) 
franjöftfch  parlierten.  $)urd)  ba§  ©efefc  oon  1833  würben  bie 
9ftäbd)en  oerpflicbtet,  dienstags,  üHittrood),  JreitagS  unb  Sam£= 
tag§  oon  1—4  Uhr  nachmittag^  bie  Stricf*  unb  sJtäbfd)ule  ui 
befugen.  2)ie  neue  (Einrichtung  uerlangt,  bafc  bie  Räbchen» 
flaffen  II — VIII  roöd)entlicb  jroeimal  je  2  ©tunben  ,g>anbarbeit§* 
Unterricht  erhalten.  $erfelbe  wirb  oon  10  fiehrerinnen  erteilt. 
3ebe  klaffe  hat  2  Abteilungen,  im  ganjen  ftnb  e§  beren  80. 

3m  3ahre  1878  rourbe  oon  bem  ftäbtifchen  $ilf$oeretn 
bie  Äna0etiÄr0fit5f(öufc  ins  Seben  gerufen  unb  oon  bemfelben 
bi§  beute  unterhalten.  2>er  Unterricht  ift  fafultatio  unb  roirb 
oon  2  Cebrern  (s2Beber  unb  ^Börner)  geleitet. 

3n  9ieuftabt=$rö&ingen,  Rriebrichftra&e  116,  befteht  bie 
oon  3rau  Auguft  ©encfifer  gegrünbete  sIßobtthätigfeit3anftalt 
„Safem".  Sie  umfaßt  eine  3nbuftriefrf)uler  ein  9ttäbd)enbeim 
unb  eine  ftleinfinberberoabranftalt. 

(Sine  ^rioatinbuftriefchule  unterhalten  feit  15  3ahren 
bie  ©efd)toifter  ©chlefinger  in  ber  ©alroerftrafce. 

pie  ,vorUnrouit!V3fdmfc. 

$)ie  ehemalige  ^Binterfchule  —  aud)  SRealfdmle  genannt  — 
rourbe  burd)  ©efetj  oom  ^abre  1833  in  eine  ©onntagSfdmle  unb 
biefe  oon  1840  ab  in  eine  s2ßerftag3fortbilbung§fcbule  umgeroanbelt ; 
erftere  fanb  oon  11-12  Uhr,  letjtere  an  je  einem  Nachmittag 
in  ber  tBodje,  fpäter,  auf  Antrag  ber  jjöbrifanten,  in  ben 
Abenbftunben  ftatt.  Sßon  1865  an  roaren  bie  eoangelifcheu 
SortbilbungSfchüler  in  2  klaffen  mit  nur  einmaligem  Schulbefud) 
eingeteilt.  Sine  flfcuorbnung  erfuhr  ba§  gortbilbungSfdjulroefen 
erft  roieber  burd)  ba§  ®efefc  oon  1872. 

$a  oor  1840  in  ^forsheim  nicht  nur  feine  fatholifchen 
Sonn*  unb  2öerftag§fortbilbung§fcbulen*)  beftanben,  fonbem 
felbft  in  ber  gewöhnlichen  $olf3fd)ule  nicht  einmal  annähernb 
Dasjenige  geleistet  rourbe,  roa§  hätte  geleiftet  roerben  fotlen, 
ba  ferner  bie  SWebrjabl  bev  fatholifchen  Sonntag§fd)üler  ein 
©emi(d)  oon  Knaben  unb  9J?äbd)en  au§  ben  oerfdjiebenften 
©egenben  be§  2anbe§,  felbft  au§  frembeu  Säubern  roar,  fo  hielt 
man  e§  bei  (Einführung  ber  @eroerbefd)ule  für  nötig,  eine 
förmliche  Prüfung  mit  ben  ft'naben  oor5unehmen,  um  |U  unter' 
fuchen,    ob    biefelben    bie    gefeilteren  $orbereitung§fenntniffe 

•)  «crid)t  ber  fatf)olifäen  $ejirf$|<f)uloifitatur  com  18.  3Cuguft  1840. 
ÖenerallanbeSardjio. 


Digitized  by 


^forabeim  im  19.  ^abrbunbert. 


569 


befäfjen,  um  mit  Umgebung  ber  9Serftag§fortbilbung§fd)ule  in 
bie  ©eroerbefdjule  aufgenommen  ju  werben.  Da§  Dtefultat  fiel 
fo  wenig  befrübigenb  au3,  baß  man  oon  bem  ^lane,  fä'mUicfje 
Knaben  in  bie  ©emerbefdjule  gu  fd)icfeu,  gänjlich  abgeben  unb 
übet  ober  wof)l  nad)  bem  SJJufter  bev  eoangel.  ©emeinbe  eine 
fathol.  3Berftagsfortbilbung3fd)ule  errichten  mu&te.  Diefelbe 
mürbe  jeben  hinter  abgehalten  unb  jwar  9ftittwod)3  unb 
(Bam§tag§  an  je  2  Stunbeu  be£  9]ad)inittag§. 

Die  Silage  Aber  mangelhaften  53efud)  ber  ^ortbilbungS* 
fdjule,  oeranlafct  burd)  bie  ÖHeidjgiltigfeit  unb  9lbneigung  feitenS 
ber  Altern  unb  Sehrherrn,  ift  fo  alt  mir  bie  gortbilbung§fd)ule 
felbft.  (So  fat)  fid)  bie  Regierung  be§  «mittelrheintreifeS  1840 
oeranlagt,  uom  Oberamt  unb  ben  Sdjuloorftäubeu  bie  9lufftellung 
eines  s-ßeraeichniffe3  über  Jabrifanten,  Altern  unb  Pfleger  511 
oerlangen,  bereu  Sebrlinge,  Söhne  uub  Pfleglinge  jum  $3efud) 
ber  ©c^ule  verpflichtet  waren,  um  jene  für  beren  ©djulbefud) 
oerantmortlid)  machen  $u  fönnen. 

%nd)  bie  $lage  über  bie  Verrohung  ber  3ugenb  ift  nid)t 
neu.  Die  eoangel.  93eäirf3fcbuloifitatur  *ißfor$beitu  in  Dietlingen 
beflagte  fid)  oor  60  fahren  fdjmer  über  „ba3  jud)tlofe  Xreiben 
ber  nod)  fortbilbung$fd)ulpflid)tigen  Knaben."  9lu§  10  Orten 
be§  93eairf§,  meiere  junge  Seute  in  bie  Jabrifen  entfenbeten, 
liefen  klagen  ein  „über  ba§  freche  betragen  ber  jungen,  bie 
fid)  nid)t  me^r  ber  «Sitte,  3ud)t  unb  Orbnung  fügen  wollten, 
bie  nad)  ber  Sdjulentlaffung  oerfudjten,  auf  eigenen  Jüfjen  ju 
ftehen,  unb  bie  burd)  ba§  ©elb,  ba§  ihnen  fo  leid)t  in  bie 
Saferen  fliege,  fieb  erhaben  fühlten  über  bie  9(norbmmgen,  welch« 
ihnen  ftirdje  unb  ©chule  auferlegten." 

3ür  bie  gortbilbuugSfdmle  ber  Knaben  ftnb  gegenwärtig 
21  klaffen  errichtet  unb  awar: 

18  klaffen  für  ©olbfd)mieb§lehrlinge, 
1  klaffe     „  9ftet}gerlebrlinge, 
1     „        „  33äcferlehrlinge, 
t     „        .,   ©ärtner  unb  Saubmirte. 

Jür  9ftäbd)en  beftehen  9  JortbilbungSfdmlflaffen.  3n  ber 
feit  einigen  3abven  erridjteten  Äaitößaftunflöfdmfe  werben  täglich 
24,  wöchentlich  alfo  144  Stäbchen  unterrichtet.  sJtur  bie  befferen 
<5d)ülevinnen  ber  VII.  uub  VIII.  klaffen  fönnen  Aufnahme 
pnben.*)  Der  Unterricht  bauert  oon  8-12  Uhr  unb  erftreeft  fict) 
auf  einen  theoretifdjen  unb  einen  praftifd)en  Seil,  (öfterer  be* 
faf3t  fid)  mit  ber  Kenntnis  ber  wid)ttgften  Lebensmittel  unb  ber 
Slufjeidjnung  oon  ftodjrejepten ;  er  giebt  Einleitung  im  2Bafd)en 

*)  Turd)  einen  £tabtrat*bcfcf)hiti  wirb  cä  fortan  allen  faiulentlaffenen 
Wo^einter  3Häbd)en  ermöa.lid)t  fein,  bie  erfolgreid)  toirfenbe  ftauet)altung,«= 
fd)ule  befugen. 


Digitized  by  Google 


670 


$forabciin  im  19.  ^abtbunbert. 


unb  ^Bügeln,  in  ber  ©efunbheit§*  unb  Äranfenpflege.  ^raftifd: 
futb  bic  Schülerinnen  thätig  mit  ber  ßerftellung  uon  opeifen. 
$5en  Sfoftenaufroanb  bcftreitet  bic  Stabtfaffe. 


T>ie  Snntenarßettefcfiiife. 

9(uf  Anregung  einer  9ln$at)l  Bürger  würbe  im  .©erbfte 
1877  nad)  bem  dufter  ber  berühmten  Oteutlinger  Sdjule  bie 
©rünbung  einer  ftrauenarbeit^fdjule  befdjloffen,  roelctje  mit  jroei 
SHeutlinger  Lehrerinnen  im  Jebruar  1878  in  3  Sälen  be§  ebe= 
maligen  ^PfrünbnerbaufeS  an  ber  £oljgartenftrafte  in?§  Seben 
trat.   3)ie  Schule  umfaßte  junäehft  eine  $anbnähf(affe  unb  eine 
3JZafd)inennär)f(affe.    Seit  Obligatorien  3eirl)enunterrid)t  baIlc 
^ßrofeffor  £öflein  an  ber  ftunftgewerbefchule  übernommen.  5lm 
erften  $ur3  beteiligten  ftd)  28  Schülerinnen.   3m  -£>erbft  1878 
fd)lof$  ftd)  nod)  ein  $ur§  für  Üleibermadjen  an.  (£ine  oorjüglicie 
Erwerbung  machte  ber  93erwaltung$rat  im  Qahre  18S0  mit  ber 
Slnftellung  oon  gräulein  33  e  r  t  h  a    i  e  §  al§  $orftef>erin.  Unter 
ihrer  Seitung  gelangte  bie  Hnftalt  51t  großer  93lüte.   $er  3eid)en: 
nnterridjt  wie§  auf  ber  it)m  oon  gräulein  sJtte§  gegebenen  neuen 
©runblage  überrafdjenbe  gortfdnitte  auf,  ebenfo  ber  neu  einge* 
führte  Unterricht  im  $unftftiefen  unb  auf  anbem  funftgeroerk 
lidjen  ©ebieten.   <Bon  £erbft  1880  bi§  Ofteru  1883  befanb  ftdj 
bie  Schute  im  2otthammer'fd)en  £aufe  (Bltfiäbterftra&e).  Nad) 
fürjerer  Unterfunft  in  ben  WöSgen'fchen  gabrifräumen  eüttaner 
unb  s^ei)le)  etablierte  fid)  bie  Schule  im  Ehriftopt)  «etfer'feben 
Inwefen  Sd)lo&berg  11.    »n  ber  SHiete  oon  1500  üWf.  lentete 
bie  Stabt  3<>o,  ber  Oberfchulrat  500  SM.  jährlich. 

Seit  188G  werben  auf  Rechnung  be§  ßreifeS  ftarlsrube 
fturfe  abgehalten  jur  5lu$bilbung  oon  SlrbeitSlehrerinnen  auf  bem 
fianbe.  Qu  ben  fuhren  1886  unb  1887  mürben  32  Seherinnen 
ausgebildet.  Seit  Einführung  ber  neuen  s?rüfung§orbnung  oon 
1894  werben  bie  Prüfungen  alljährlich  in  Karlsruhe  abgenommen. 
Fräulein  sJiie§  übernahm  im  Februar  1894  bie  '-Borftefjerinnen 
ftelle  in  Stuttgart.  3hre  Nachfolgerin  mürbe  fixau  Dr.  ©frörer 
bte  1899,  feitbem  fträulein  Slnna*  ftnöbel. 

$m  3abre  1895  errichtete  ber  Stabtrat  am  s.ß$aifenbau?= 
plat*  Wo.  4  ein  ©ebäube,  beffen  ÜRäume  im  dibgefchofc  ber 
^lufbemahrung  oon  ^euermebrgerätfehaften  unb  in  ben  Cber^ 
gefdjoffen  ber  JrauenarbeitSfdjule  bienen.  Seit  1899  befinbe! 
fid)  bie  s2lnftalt  in  ftäbt.  Verwaltung.  3ln  ihr  mirfen  außer  ber 
^orfteherin  bie  Lehrerinnen:  sJJcalm$heimer,  ^Cbele  3öolf#  Emilie 
©eier,  Henriette  2>ncferhoff. 

©elehrt  wirb:  öanbnähen  unb  SBei&fticfen  in  3  Jturfen, 
sJJiafd)inennär)en  in  2  Surfen,  SUeibernär)en  in  2  Surfen,  3öolifa$ 


Digitized  by  Go 


Worabeiin  im  19  Sabrbunbcrt.  571 

unb  93untfticfen,  obligatorifd)e§  3eicf)nen  Ku*  Äanbibotinncn  unb 
ba$  3eid)enlebreriunene;ramen,  foroie  funftgeroerblid)e$  Qnäßm. 
daneben  erfolgt  in  f)albjäbrlid)en  Surfen  bic  AuSbilbung  uon 
3nbuftrielebrerinnen.  3)ie  Soften  für  ben  SBefud)  ber  Sd)ule 
fmb  mäßig.  3rtjre  ^^ätigfeit,  bic  ftd)  aUjä'brlid)  bei  ber  Au3* 
ftellung  ber  Arbeiten  beurteilen  läßt,  bat  einen  ganj  beroor* 
ragenben  Anteil  an  ber  SBerbefferung  Der  allgemeinen  ©efdjmacfS* 
ridjtung  in  Anfertigung  unb  93enü$ung  roeibltdjer  $anbarbeiten. 


Pao  fläMifdic  SSatfenßan*. 

•sHadj  Aufhebung  be§  ftaatlidjen  SGBaifenfjaufeS  für  bic 
Söaben^urladffdjen  fianbe  rourbe  für  bie  3Baifenfinber  ber 
betreffenben  Orte  in  ber  3Beife  geforgt,  bafc  ibnen  Ijalbjäbrlic^ 
bis  jum  oollenbeten  14.  Sebent jabre  au§  bem  gonb3  für  Ange= 
börige  ber  alten  SJiartaraffdjaft  93enefijien  gegeben  mürben,  au§ 
benen  jumteil  ifjre  (Srjiebungsfoften  al§  fog.  3iebfinber  in 
s}$rioatf)äufern  beglichen  mürben.  3m  3at)re  1869  erhielten  in 
^forjbeim  12  2Baifenfinber  bie  -3uroeifung  oon  je  12  fl.  2)iefe 
93euefijien  mürben  au3  bem  Ertrage  oon  Jodetten  beftritten. 

3)a§  jetzige  ftäbtifdje  3Öaifenf)au3  entftanb  au$  einer  1846 
oon  ber  löblichen  Singergefellfdjaft  gemadjten  Stiftung,  beftefyenb 
au3  10—12  Letten.  $ie  Stabt  übernabm  bie  ©abe  mit  ber 
93ebingung,  bie  3Öaifenanftalt  in§  Seben  |ii  rufen  unb  ju  unter» 
balten.  SDiefelbe  mar  urfpvünglid)  auf  bem  3öaifenbau3plat}e 
im  ©ebäube  neben  bem  alten  Sd)lad)tbau$  untergebracht,  fpäter 
in  bem  nun  niebevgeriffenen  ©ebäube  an  ber  (£alroerftrafje, 
roeldjeS  mit  ber  $eit  als  ju  flein  befunben  unb  ju  Witt*  unb 
S)ienftmot)nungen  für  Sebrer  eingerichtet  rourbe.  $ie  SBaifen» 
anftalt  rourbe  barauf  im  <ßfrünbnerf)au§  an  ber  Jgroljgartenftrafje, 
(Enbe  ber  60er  3abre  in  bem  jefcigen  ©ebäube  untergebracht. 
$a§  ©ebäube  roar  urfprünglid)  ba3  Armenbab  in  Silbbab  unb 
rourbe  burd)  Aug.  Käufer  Ben.  bei  ber  93erfteigerung  jum  Abbrud)  für 
bie  Stabt  erroorben.  $ie  Anftalt  erfveute  fid)  ftetS  ber  roärmften 
Jürforge  ber  Stabtbebörbe  unb  aud)  be§  SBoblrooüenS  oon 
prioater  Seite.  $efonber§  auf  Anregung  be§  SöaifenbauSoaterS 
$uggert,  ber  24  Qabre  lang  bie  Anftalt  leitete,  rourbeu  berfelben 
mancherlei  namhafte  Stiftungen  jugeroanbt.  Q3ei  bem  .^aufe  ift 
ein  groger  ©arten  mit  Obftbäumen;  au$  Sdjenfungen  oon  Der* 
mögenben  bürgern  fonnten  ein  größeres  Bauerngut,  foroie  nod) 
umliegenbe  ©ütei*  an  ber  sBurmbergerftra§e  gefauft  roerben,  um 
bafelbft  in  fpäteren  3<tl)ren  ein  neues  SaifenbanS  ju  erridjten 
$ie  $oft  für  bie  ftinber  roirb  au§  bem  SlranfenbauS  bejogen. 
hierfür  roerben  30  *ßfg.  pro  $opf  oergütet,  im  ganzen  pro  jjabr 
etroa  4000  SRI   3n  ber  Anftalt  befinben  fid)  j.  3-  38  äinber, 


Digitized  by  Google 


572 


^forabcim  im  19.  Sabtbunbert. 


22  ftnaben  unb  16  Räbchen,  31  eoaugelifd)e  unb  7  fatf)olifd)e. 
$er  gegenroärtige  $au§oater,  |>agmeier,  ift  ein  früherer  93olfS- 
fd)uüet)rev. 

$aS  reine  Vermögen  ber  SaifenhauSfaffe  betrug  am 
1.  Januar  1901  =  5894,70  Wlt 


Pas  $au0ßummentnftüut. 

©ro^tjersog  Subroig  errichtete  unterm  2.  5Iuguft  1826  biefe 
©dmle  für  bie  taubftumme  3ugenb.  Sie  mar  nidjt  bie  erfte 
"Slnftalt  biefer  9trt  in  93aben,  oielmehr  eine  Grroeiterung  unb 
Sortierung  jener  Jaubftummenanftalt,  roetd>e  $arl  Sriebrid)  im 
3ahre  1783  in  Karlsruhe  gegrnnbet  t)atte.  3n  $eutfd)lanb  mar 
fie  bie  britte  auf  ©taatSfoften  beftebenbe  Jaubftummenanftalt.*) 
s3iad)  bem  ©tatut  oon  1853  hatte  fie  ben  Qmtd,  bie  $inber  |U  oer* 
ftäubigen,  religiös  fittlidjen  SJlenfdjen  ju  bitben  unb  in  ben  jebem 
©rmachfenen  im  bürgerlidjen  Seben  nötigen  ftenntniffen  ju  unter» 
richten.  $ie  Sehrgegenftänbe  roaren  biefelben  wie  in  ber  SBolfS* 
Khute,  aufgenommen  ©efang.  9t Üe  UnterrichtSgegenftänbe  mürben 
in  ber  Saut--  unb  ©chriftfprache  erteilt,  mobei  bie  ©ebevbenfprache 
nur  als  äufierfteS  Hilfsmittel  benufct  merben  burfte.  $er  ®e= 
roerbSunterrid)t  beftanb  in  ©tiefen,  sBafd)en,  Mügeln,  $äfeln, 
sJtähen,  ßleibermadjen,  ©triefen,  ©pinnen,  ^olftmachen,  $app= 
unb  ©troharbeiten,  ©artenbau  unb  fonftigen  häuslichen  Arbeiten. 
$ie  3ööti«rte  erhielten  in  ber  Slnftalt  nebft  bem  Unterricht,  Sloft, 
3Bohnung,  Reibung  unb  Pflege.  $ie  Littel  mürben  gefdjöpft 
1.  aus  ber  ©taatsbotation  oon  .9350  fl.,  2.  ben  Beiträgen  auS 
bem  etmaigen  Vermögen  ber  Zöglinge,  milben  JonbS,  ©emeinbe* 
mittein,  3.  aus  bem  (Ertrage  ber  ©tiftungSfapitalien  unb  beS 
übrigen  StermögenS  ber  Slnftalt.  Zufammen  9«geu  13000  fl. 
Aufnahmefähig  maren  Slinber  oom  7. — 12.  Lebensjahre,  fie  blieben 
in  ber  Siegel  6—6  :jahre  in  ber  Stnftalt.  $>ie  ber  Zög- 
linge ftieg'oon  1826-1830  oon  11  auf  32,  oon  ba  bis  1835 
auf  47,  oon  ba  bis  1840  auf  52,  bis  1845  auf  57,  bis  1850 
auf  71,  bis  1855  auf  79. 

$)a§  Sofal  befanb  fid)  beim  ehemaligen  5™nii3fanerflofier 
(roeldjeS  feit  1826  als  ©iedjenanftalt  umgebaut  mar),  neben  bem 
jur  ftirdje  ^evoteiicfjtcten  (£hor  ber  früheren  $lofterfird)e.  3Me 
Zöglinge  ber  Zmangsanftalt  —  5TrbeitShauS  —  mürben  hier 
gemeinfam  mit  ben  £aubjiummenfchülern  unterrichtet.  911S  1842 
bie  obere  9lnftalt  neben  ber  fath.  ftird)e  infolge  (Eröffnung  ber 
neuerbauten  Qtfauiu  geleert  merben  fonnte,  mürben  bie  iaub- 
ftummen  borthin  oerbradjt.  ©ie  erhielten  bas  ©ebäube  mit  bem 
großen  ©arten  unb  anftojjenben  v$arf  jur  alleinigen  $3enüt}ung 

•)  diejenigen  für  i'eipjig  unb  Söien  würben  1779  gegründet. 


Digitized  by 


^forabcim  im  19.  Saqilmnbert.  573 

jugemiefen.  Oben  an  ben  Vßaxi  fdjlofj  ftd)  ber  tiefe  uub  breite 
alte  ©tabtgraben  an,  worin  ftd)  bie  ^oljremife  be§  3»ftitut§ 
befanben.  $ie  ^ögtinge  Ratten  fjier  rcidjlid)  (Gelegenheit  gnv 
©artenarbeit  unter  Einleitung  ber  üetjrer.  3)ie  oon  ifynen  fyer* 
gefteüten  ^ßappfcfjadjteln  fanben  bei  ben  gabrifanten  Sßermeubung 
jur  Sßerpacfung  ber  ®olbmaren.  (Srfter  93orftanb  war  2)ireftor 
^rofeffor  33ad)  (geftorben  14.  9Wat  1865),  neben  it)m  roirfteu 
ft  #et)rer  (barunter  oon  $8ebeutung  3öurft  uub  Söillarett)),  eine 
3nbuftrielel)rertn  unb  ba§  nötige  £ilf£perfonal. 

Qm  Qafyre  1866  mürbe  bie  Snftalt  geteilt ;  bie  eine  |)älfte 
fam  nad)  (Serlacfysfjeim,  bie  anbere  uad)  s3Jleer3burg. 

$ie  9lu§gaben  für  bie  ^forj^eimer  ©cfyulen  betrugen  nad) 
bem  ^edmungSabfdjlufe  oom  1.  Januar  1901: 

ftür  bie  «olfSfdjule  252  687,62  9Jtf. 

ii  „  tjöbere  $öd)terfd)ule  39  848,37  „ 
„  „  grauenarbeitsfdmle  10  520,68  „ 
„    „  ©eroerbefdjule  51630,86  „ 

„    „  Oberrealfdjule  118  974,99  „ 

3ufammcn    473  662,48  Wl 


$ie  ftäbtifdje  33otf§bibliotJ)ef  ift  am  1.  Sauuor  1893  er* 
öffnet  toorben.  Qu  iljrer  (Sinriditung  roirb  feit  bem  $af)re  1889 
burd)  ©emeinbeoertretung3befd)lnf3  aufi  ben  Ueberfdjüffen  ber 
ftäbtifdjen  ©parfaffe  ein  gonb§  angesammelt,  ber  am  1.  Januar 
1899  ofjne  Snoentarroert  bie  £öl)e  oon  59  200  ^art  erreicht 
Ijatte.  $ie  äaty  ber  «änbe  ber  $olfsbibliotf)ef  beträgt  jur 
3eit  3683.  SluSgelieljen  mürben  1900:  14  662  $änbe  an  1785 
^ßerfonen. 

3n  ber  Sefe^alle  liegen  auger  ben  brei  s$for5f)eimer  $age3* 
blättern  19  jungen  unb  3eitfd)riften  auf.  Sie  ift  an 
SBerftagen  oon  5—10  Ut)r,  uom  l  ^ooember  big  1.  9Ipril 
an  <3onn*.  unb  geiertagen  oon  10—12  unb  oon  2  7 
Ufjr  geöffnet,  bie  93üd)erei  jeben  Söerftag  oon  6—7  Ufyr. 
$ie  fiefebatle  mürbe  1900  oon  8347  *  ^erfonen  befud)t. 
gür  bie  @ntleib,er  oon  Öftrem  ift  eine  (SrlaubniSfarte  oorge* 
fd)rieben.  Unbefannte  bebürfen  gut  Erlangung  einer  foldjen  ber 
5Öefd)einigung  eines  befannten  Bürgen.  $ie  SBermaltung  ber 
Sßolrsbibliottjet"  liegt  in  ber  $anb  einer  unter  bem  Stabtrat 
ftetjenben  ftommifjlon  oon  5  3Jiitgliebern.  33ibliotf)efar  ift  £auot-= 
teurer  Sdjedjter.  3)ie  33iblioti)ef  ift  im  2.  Stocf  be§  alten 
(Berber  SBecfer'fdjen  £aufeS  in  ber  großen  ©erberftrafje  unter* 
gebracht. 


Digitized  by  Google 


5?4 


Worabeini  im  19.  ^abrbunbert. 


Sem  BtlbuugsbebürfniS  bcr  organifierten  Arbeiter  bicnt 
eine  3entralbibltothef  im  9Jerein$hau«  (ööwen). 


Ser  5Hangel  eines  eigenen  ftäbtifdjen  2^enter§  würbe  feit 
langem  fd)wer  empfunben.  Ser  uermöglidjere  Jeil  bei*  din* 
mohnerfdjaft  fonnte  iuli  allerbingS  (Sifaij  oerfdjaffen  bind)  beu 
Befud)  bei*  £>oftheater  in  Karlsruhe  nnb  Stuttgart;  aber  bie 
weniger  bemittelten  Bürgersleute  mußten  fid)  mit  bem  begnügen, 
waS  bie  jeitweilig  l)icr  auftretenben  wanbernben  Schaufpieler* 
truppen  boten.  'Sie  ^(orjbeimer  waren  aud)  für  ba§  Wenige 
baufbar,  unb  bie  Sdjaufpieler  haben  ehemals  oou  ihnen  neben  ber 
(Ihre  aud)  immer  ben  ungleich  l)ötjer  gejd)ät3ten  Sanf  in  materieller 
eJorm  empfangen.  9Imübelften  baran  roaren  t)tcr  bie  3ünger  &halia§ 
im  %a\)xe  1849/60  jur  $eit  allgemeiner  leiblicher  unb  feelifd)er 
sJcot.  Ser  bamalige  Jtjeaterbireftor  NJBolf  wanbte  fid)  in  einem 
3lugenblicf  ber  Berjweiflung  an  ben  $ommanbeur  ber  preußifdjen 
BefatjungStruppen  unb  bat  ihn  in  flehentlichen  s4Borten,  er  möge 
bod)  bie  iHegimentSmufif  im  Xtjeöter  fpielen  laffen,  bamit  ber 
Befud)  ftärfer  unb  feiner  total  leeren  Slaffe  roieber  etma§ 
aufgeholfen  werbe.  Ser  Äommanbeur  l)atte  ein  menfd)lid)e3 
führen  unb  fd)icfte  feine  sJDhififer  int  Theater,  gortan  befud)teu 
aud)  er  unb  feine  Offiziere  baSfelbe  öfters  unb  gaben  ihm  auf 
biefe  SBeife  fojufagen  eine  höhere  Söethe,  fobaß  auch  bie  ^Pforj- 
heimer  oornehme  Uöelt  eS  nicht  mehr  oerfchmähte,  baS  Theater 
an  ber  ftaufcenbad)  511  befudjen. 

3u  (£nbe  beS  18.  unb  am  Anfang  beS  19.  3ahrf)unbertS 
mürben  bie  Sdjaufpiele  im  brüten  3tocf  beS  sJtattmufeS  gegeben. 
Sann  hat  man  1803  einer  manberuben  Jruppe  &u  ©efaUen  ein 
befonbereS  ©ebäube  errid)tet.  SaSfelbe  fdjeint  inbeffen  nicht 
ausgereidjt  ju  fyaben  ober  fonft  unzulänglich  gemefen  ju  fein, 
benn  baS  ih^ater  rourbe  fpäter  in  bie  entfpredjenb  umgebaute 
©djeune  beS  ftrouenmirtS  ^öeber  an  ber  ftautjenbad)  perlegt.  9US 
baS  BejirfSamt  aud)  biefe  9iäumlid)feiten  nicht  für  einmanbfrei  er* 
flärte  bejüglich  etwaiger  ©efatjren  unb  immer  größere  Sluflagen 
machte,  mürbe  baS  $hent^  in  ben  „liefen"  (je^t  „(Schiff")  ©erlegt. 
Bauunternehmer  §einrid)  3ttaier  erwarb  baS  sBirtSl)auS,  l»eß  oa§* 


Sheaterräume  ben  erhöhten  (Jrforberniffen  entfprechenb  her* 
richten. 

"Seit  einer  9ieihe  uon  fahren  befteht  ein  2heaterfonb§  jum 
Bau  eines  ftäbtifchen  Realer?,  weldjem  jahrlich  30000  Warf 
auS  ber  (^aswerfSfaffe  aufließen,    mn  1.  Januar  1900  betrug 


Sßeater. 


Digitized  by 


<Cforabetm  im  19.  3abr&unbert.  o75 


ba£  reine  Söermogcn  bev  £f)caterfonb§faffe  307  142,97  TO.  (Sine 
!£heaterbaufommiffion  befajjte  ficf)  mit  ber  ^ßlatjfrage,  ber 
tedmifdjen  unb  praftifrfjen  (Einrichtung  be§  93aue§.  Die  fdjarf 
geteilte  Meinung  in  ber  ^31a^frage  ift  roofyl  bie  Urfadje,  bafj 
nicht  ^eute  fchon  ein  ber  Söebeutung  ber  Stabt  entfpred)enbe§ 
XfytaUx  erbaut  ift. 

Unter  ben  ©chaufpielergefellfchäften,  bie  feit  50  Qatjren  in 
^Pforjt)cim  aufgetreten  finb,  nennen  mir  bie  ©efcfjroifter  SJlarbitj, 
Direftor  Söolf  mit  ber  gamilie  s-BMenborf,  siöeinftötter,  bie 
gramilien  hinter  (93ater  be$  Double^gabrifanten  $arl  3Binterj, 
Detloff,  Urban,  $erfebaum,  Direftor  sJteufj  (Urbans  @rben). 

Die  Seiftungen  be3  „<5aifontheater$"  unter  £errn  Sfteuß' 
Seitung  finb  berart,  bafj  auch  ocl'  an  ^°^c  $lnforberungen  ge* 
roö^nte  Seil  be§  <ßublifum§  feine  SBefriebigung  babei  finbet. 


Vereine  unb  ^cfefffdi äffen,  n>ef<$e  2Sir&ung>}n)edten 

btenen,  (tob: 

Die  £oae  %end)V\n,  gegrünbet  am  6.  Slpril  1864.  <5ie 
gehört  ju  ber  uHutterloge  „jur  8onnc"  in  93aurcuth,  bie  1741 
am  21.  Sönuar  gegrünbet  rourbe.  (Derfelben  unterftehen  30 
beutfdje,  barunter  7  babifdje,  6  norroegifche  Sogen  unb  1 4  Sogen* 
fränjchen.)  Die  Üflitgtieberjahl  beläuft  fid)  auf  etroa  90.  3m 
Dejember  1894  mürbe  bie  Soge  nach  ihrem  neuen  $eim,  (&nfr 
ftrafce  23,  oevlegt. 

Der  naturroiffenfchaftliche  herein,  gegrünbet 
Cftober  1883  mit  30  SHitgliebern.  Der  literartfdje  $er* 
ein,  unter  Direftor  (Stocf er  gegrünbet,  ber  SBerein  für  grauen* 
b  i  l  b  u  u  g  unb  grauen  ftubium,  uon  9ieaUehrer  ©runer 
unb  Jyräulein  33erggöt>  gegrünbet. 

Der  ©abeUberger'fche  (feit  1876),  sJMer'|*che,  6to(se* 
@chren'fche  unb  5trenb§'fche  ©tenographenoerein. 

Der  Sefeoerein  „jur  alten  $anne"  (1820  gegrünbet) 
heifct  feit  1873  93ürgertefeoerein. 

Der  Sefeoerein  „$  u  r  «Sonn  e"  (feit  1839). 

Der  ßntomologenflub,  herein  für  ©chmelterlingSfunbe. 

Der  babifche  ^hiUteliften^ereiu,  ber  herein  für 
^oftmertjeichen-Sammler      o  §  m  o  3". 

Der  bramatifche  herein  „£haliaM  unb  ber 
bramatifche  herein  „SBohlfafjrt"  fjulbigen  gelegentlich 
bem  Siebhabertheater,  ©rünber  ber  „^holia"  ift  Kaufmann 
ftuballa. 


Digitized  by  Google 


576 


Worabeim  im  19.  Sabrbunbert. 


Paraßter  ber  IBcnörßcnittfl.*) 

Es  roirb  uid)t  mit  Unvedjt  beut?  uielfad)  gefragt  über  bie 
Abnahme  bes  ftam  ili  e  n  g  e  i  ft  es ,  bei  nur  nod)  in  ben  ftilieri 
uoruebmen  Greifen,  im  fleinen  Bürgertum,  bei  Pfarrern  unb 
^Beamten  ju  finben  ift.  Xas  Verhältnis  ber  ©begatten  unter 
ftd)  unb  51t  ben  ftinbern  ift  ntdjt  mebr  bas  patriard)alifd)e  oon 
ebebem,  es  ift  ein  freiere«  geworben,  unb  mit  bem  allmählichen 
3urücftreten  ber  burd)  bie  trabitioueUeu  Sitten  gefegten  ($ren$en 
bat  Ieiber  aud)  oielfad)  bie  Autorität  fet>r  gelitten.  $od)  finb 
bie  Jamilien  glücflidjerroeife  nid)t  feiten,  in  benen  ein  ad)tens* 
roertes  gegeufeitiges  Verhältnis  beftel)t,  bas  auf  roedjfelfeitiger 
Zuneigung  unb  s)ld)tung  ber  ^flid)ten  berubt.  3n  ben  ef)ren= 
feften  bürgerlidjeu  Schichten  roirb  nod)  beute  ber  Samilienfinn 
nacb  altem  £>erfommeu  eifrig  gepflegt,  ohne  baß  üiel  SBefens 
baraus  gemacht  roirb. 

Es  ift  bejeid)nenb  für  ben  3city"ft  ^ft6  hxl  Anfang  bes 
3al)rl)unberts  bie  gamiliendjrouifen,  bie  $auSbüd)er,  bie  iräger 
ber  gamilientrabition  unb  bes  gamilienjufammenbangs,  naineut- 
lieb  in  bem  Heineren  Bürgertum  nod)  jiemlid)  oft  angetroffen 
werben. 

$Ms  &u  Deu  ftHes  umroäl^enben  SReoolutionsfciegen  be* 
roafjrten  bie  sPfor$heimer  in  Sreue  ihren  guten  alten  beutfdjen 
Sinn,  ben  man  mit  Unrecht  Spie&bürgerfinn  nennt.  9)lit  tym 
oerbanb  fid)  ftrenge  Weligiöfität,  2inf)änglid)feit  an  bie  Sürdje 
unb  an  ben  gürften.  JJm  reinften  ©eroanbe  fanb  man  biefeu 
Sinn  bei  ben  glöfjevn  in  ber  3fa,  bie,  roie  Voller  Jagt,  gleid)fam 
eine  eigene  gamilie  ausmad)ten  unb  ftd)  bureb  Hleibung  unb 
Sprache,  foioie  burd)  fräftigere  öeibesfonftitution  tum  ben  Stabt= 
bemobneru  unterfdjieben  unb  ben  ©ottesbienft  am  fleifjigften  be= 
fudjten,  roas  roof)l  aud)  mit  ber  ©efährlidjfeit  ihres  Berufes, 
ber  fte  bie  vilbf)ängigfett  bes  9Jleufd)en  uon  einer  höheren  ©eroalt 
befonbers  beutlid)  f üblen  lie§,  jufammenbing.  Sie  heirateten 
meift  unter  fid).  2)od)  oerroifd)te  fid)  aud)  bei  ibnen  nad)  unb 
nac^  ber  alte  3ufd)nitt  uub  fdjon  1810  roar  nur  nod)  bei  ben 
Gilten  bas  s3llte  fidjtbar. 

$ie  Ehrerbietung  ber  ftinber  gegenüber  ben  Eltern  ift 
eute  nicht  burd)roeg  fo  grofj  roie  am  Anfang  bes  uorigen  3ahr= 
unberts.  damals  trat  biefer  iHefpeFt  aud)  äußerlich  h«roor: 
$ie  Eltern  rourbeu  oon  ben  Slinbern  mit  ber  allgemein  für 
9refpeftperfonen  gelteuben  5lnrebe  „Sie"  angefproeben  ober  in 
fleinbürgerlid)en  Greifen  mit  bem  uugleid)  feböneren  „3bv"- 
Ueberhaupt  jeigte  ber  Umgang  im  £aufe  nod)  mand)es  förmliche, 

*)  Duellen:  Voller,  münblidjc  Witteilimaen  aUiubnntrbiger  alter  Seilte, 
„©eobadjter". 


Digitized  by 


WoratKim  im  19.  ^abtbunbett 


t>11 


ein  Sfaidjflang  bc§  jeremoniellen  93erfel)r3  früherer  3eit  uno 
namentlid)  be§  franjöfifdjen  ©influffe§,  her  ftd)  aud)  in  ber 
beliebten  9lnroenbung  franjöfifctjev  MuSbrütfe  unb  SHeberoenbungen 
5u  erfennen  gab.  $)ie  ©Kern  würben  in  allen  Greifen  mit 
^Sater  unb  2Hutter  augerebet,  mätjrenb  fjeute  jebeä  Slrbeiterfinb 
r>on  s$apa  unb  SRarna  fpridjt.  UebrigenS  fefjrt  man  in  oor* 
nehmen  gamilien  jetjt  roieber  ju  bev  oernünftigen  früheren 
2lnrebe  juruet.  $errfd)te  bamalS  im  £aufe  nod)  ftrengere  <8ud)t, 
fo  jeigte  aud)  ber  tägliche  ©ang  be§  rjöuSltc^eii  Sebent  eine 
feftere  SHegelmäfjigfeit  al§  tjeute :  Ellies  mar  einfacher  unb  besfyalb 
geregelter.  ©in  SBlicf  auf  bie  f)äu§lid)e  $age§orbnung  jener  $eit 
$eigt  aud),  roie  fefjr  bamalS  im  $aufe  nod)  auf  ftrömmigfeit 
unb  ©otte§furd)t  gehalten  mürbe.  (Sine  fur$e  $au§anbad)t  mar 
be3  morgen«  in  Dielen  gamilien  SHegel.  $en  Jag  befdjlofj  bie 
Sefung  eine«  Söibelabfdjnitte«  unb  ein  ©ebet,  bei  ben  $atljolifen 
ber  gemeinfam  gebetete  fltofenfranj  ober  eine  fiitanei.  $)iefe 
formen  ber  grömmigfeit  machten  in  ben  30er  unb  40er  Qafyren 
bem  ,3eitgeift  ber  5lufflärung  unb  ba  unb  bort  aud)  ber  Religion«* 
fpötterei  s$iatj;  fie  jeigten  ftd)  mieber  in  ben  50er  unb  nad) 
roieberum  30  3>a^en  oer  religiöfen  ©leidjgiltigfeit  am  ©übe  be« 
3at)rf)unbert§. 

3)ie  granjofenfriege  unb  bie  93ermifd)ung  mit  bem 
fremben  (Clement,  ba«  bie  neue  Qnbuftrie  unb  ben  $anbel 
in  bie  ©tabt  brachte,  Ratten  bie  ©itten  unb  ben  (S^arafter 
moberniftert.  3)ie  SRücfftdjt  auf  ©efunbfjeit  unb  ©ittlidjfeit  f)at 
tmbei  menig  gewonnen,  fo  bafj  bie  3llten  fdjon  bamal«  ben  SRuf 
nad)  ber  „guten  alten  Qtit"  oernefymen  ließen.  3)ie  fortbauernben 
©inroanberungen  au«  naf)  unb  fern,  bie  melen  Jremben,  granjofen, 
©djroeijer,  Oefterreidjer  u.  f.  ro.,  geben  ber  ©inroofjnerfdjaft  f)eute 
einen  faft  internationalen  ©fjarafter.  3)od)  f)at  ber  alte 
^ßforjfjeimer  ©eift  im  herein  mit  bem  ifjm  oerroanbten  über* 
miegenb  fc^roäbifdjen  ©lement  berfelben  teilmeife  immer  nod)  bie 
alte  Eigenart  aufzuprägen  t>ermod)t.  SSorjüglid)  jeidjnet  ftc^  ber 
^forj^eimer  au«  burd)  eine  geroiffe  ©utmütiafeit  unb  einen  un» 
t>ergleid)(id)en  Opferftnn,  roo  e§  ftd)  um  bie  Sinberung  r«on  $lot 
ober  um  eine  sBof)Ifahrt«einrid)tung  fjanbelt.*)  ©ein  berbsjooiale« 
Auftreten  roirb  jumeilen  oon  gremben,  namentlich  oon  91orb* 
beutfdjen,  unangenehm  empfunben  unb  al«  ©robtjeit  gebeutet. 


•)  „%n  ber  @pibcmie  oon  1806",  föreibt  Voller,  „waten  ÄeUer  unb 
Äüdjett  ber  Seiten  für  bie  9iotleibenben  offen,  unb  bie  Herste  fanben  immer 
eine  Jreiftatt  für  arme  Äranfe."  ©tefje  aud)  in  „^olitifdjeä"  bie  Sammlungen 
für  ©djieänng  *  fcolftein,  bie  großartigen  Äufroenbungen  in  ben  Kriegen 
1812/14  unb  1870/71.  ftür  bie  ftamUie  eine«  f  ©d)riftfteUerS  fmb 
1898  in  wenigen  Xagen  4200  SRarf  gefammelt  »oorben.  ©o  immer  ^ilfe 
nötig  ift,  btt  ift  ber  ^Jforj^eimer  aua)  ^ilf«6ereit. 

87 


Digitized  by  Google 


578  ^forabetm  tm  lö.  ^afabunbett. 

SEBec  aber  längere  Seit  mit  ben  ^ßfoi^eimevn  oerfebrt  unb  fic 
näher  fenucn  gelernt  h^t,  weife,  baj$  Rilltet  ber  raupen  ^ugenieite 
ein  gefuuber  Sinn  unb  ein  wannet  (Smpfmben  fteeft.  i'ebm 
unb  Beamte,  bie  meliere  Oabre  in  ber  Stabt  fid)  aufhielten,  fühlter 
ftd)  nod)  immer  mol)l  unter  ber  Skuölferung. 


pie  SSoßnitnflew. 

^u  Anfang  be§  OahifmnbertS  waren  bie  Stuben  in  ben 
alten  ©ebäuben  faft  alle  flein  unb  niebrig,  in  beu  unteren  Btod 
werfen  feucht  unb  jumteil  finfter.  ©rofje,  freie  SBobnunaen 
maren  im  gta$&ßtti£  ju  beu  übrigen  nur  wenig  511  fiubeu.  SÄ 
£anbwerfer  Ratten  8Bo$ttuttg  unb  £)anbwerteftätte  in  bemfelben 
Saume  unb  nid)t  wenige  aud)  ihre  Sdjlaffteüen,  etwa  burdi  ein? 
$3rettermaub  ober  burd)  Vorhänge  gefonbert,  baueben,  $aB 
oerfd)iebenen  Slusbünftungen  in  einem  fü  engen  9iaume  ber  0e» 
funbljeit  nachteilig,  wenigften§  ber  Teilung  ber  in  fold)en  3immen; 
liegenben  ftranfeu  l)iuberlid)  fein  mu&te,  ift  febr  begreiflieb,  tie 
gerabe  in  jener  $eit  gesiegelten  greife  für  £auSntieten  machten 
eine  fold)e  (liufdjränfung  notmenbig.  s#ielfad)  fehlte  es  aud?  an 
ber  nötigen  sJfeiulid)feit  unb  Lüftung. 

Sine  fd)äblid)e  9M  ju  fdjlafeu  mar  nod)  inandjerort^  bie, 
baf$  bie  $3ettftellen  gleidjfam  al£  eine  eigene  <£tag.e,  wie  hi 
beu  ftafernenftuben ,  in  ber  nämlichen  <Stube  angebracht  waren. 
—  um  ben  unteren  Dtauni  511  geminnen  — ,  mo  jeber  über  ba-3 
Hinbesalter  evmad)fetie  ÜDtenfd)  uid)t  mer)r  flehen,  nur  lieaeu 
fonnte,  unb  mo  man  alle  ^luSbünftungen  unb  Suftarten,  W 
wegen  ihrer  2eid)tigfeit  in  bie  $öt)e  fteigen,  einatmen  inujjte. 

$ie  Letten  felbft,  bereu  defteüe  red)t  fdjmal  waren, 
ftanben  im  ©ommer  unb  ÜBintev  au§  Seberbetten.  $ie  9}iatrat>en 
waten  um  ba§  Qaljr  1810  nod)  eine  große  Neuheit.  $te  ^untyinae 
ber  nod)  Ijäi'figen  Himmelbetten  beftanben  meift  au§  gewürfeltem 
Kattun. 

$ie  3)ienftboten  Ratten  gewöhnlich  bireft  unter  bem  $ache 
ihre  Letten,  wo  fte  fid)  auch  in  (raufen  $agen  aufhalten  mußten. 
Voller  oerlangte  be§t)alb  für  fie  briugeub  ein  föraufenbau*. 
ipofür  er  alle  jene  Hausbewohner,  bie  ihr  ©efinbe  gerne  pl 
oerpflegt  wiffen  wollten  unb  ihnen  feine  beffeie  ^ßflegeftätte  iß 
$raufbeit§fällen  anjuweifen  wußten,  al§  am  meiften  bettiaa? 
pflidjtig  erfannte. 

$ie  Erwärmung  ber  Limmer  war  bei  beut  gemeinen  tDlann 
gewöhnltd)  $u  ftarf,  unb  e§  würbe  nur  auf  bie  Oahresjeit,  feiten 
auf  bie  gerabe  oorhanbene  Witterung  SRücffidjt  genommen.  3elbn 
bie  silrmen,  bie  ihr  £olj  mühfelig  erwerben  mußten,  h^ijten  febr 
heftig  ein.  OefterS  war  ba§  lochen  in  ben  Oefeu  baran  Schult», 


Digitized  by  Google 


SMoigbeim  im  19.  Öobrbunbett.  579 

öfter§  mußte  aud)  Safere,  befonber§  oon  ßinbern,  getroefnet 
roerben.  $aju  fam  nod)  ber  Oel*  unb  £id)terbampf.  2Benn 
Schnupfen,  $opffd)incrj  unb  ftatarrbe  entftanben,  fo  Surfte  man 
fid)  barüber  nid)t  rounbern.  5luffallenb  mar  nur,  baß  trotjbem 
ftvatifc  unb  £inber  in  foldjer  Umgebung  gefunb  mürben,  bejro. 
ohne  merflidjen  9iad)teil  aufroud)fen. 

$ie  SBoijmingSeinricbtungen  waren  aud)  im  ^ßatrijierfjaufe  nad) 
unfern  heutigen  ^Begriffen  rect)t  befdjeibene.  $od)  fjatte  fid)  barin 
manches  altertümliche  $rad)tftücf  erhalten,  unb  aud)  fonft  jeigte  fid) 
fjier  eine  gemiffe  Solibität,  menn  aud)  oon  einem  „Stil",  roie  man 
itjn  fjeute  in  ben  feinen  $Öof)nungen  liebt,  nid)t  bie  SRebe  mar.  35ie 
meift  au3  poliertem  $irfd)t)olj  gefertigten  s3ftöbel  ftanben  gerab* 
linig.  sJJlal)agonimöbel  famen  (jube  be§  1h.  Qat)rf)unbert§  auf. 
9lod)  um  bie  Witte  be§  19.  3öl)rbunbert3  mürben  itjre  $3efi§er 
von  ben  Quljabern  oon  sJ]ußbaummöbelu  beueibet.  93ielfad) 
watet]  bie  älteften  sJ)}öbel  aud)  mit  93ronce  uerjiert.  $ie  mit  ge= 
fefynitjten  £el)nen  uerfeljenen  Stütjle  roaren  l)äufig  grün  über^en. 
©rün  mar  überhaupt  bie  bevorzugte  ftarbe  bei  $ett=  unb  genfter* 
oortjängen  unb  £ifd)becfen.  2öolieue  Vorhänge  roaren  nod)  ein 
SuruSgegeuftaub  unb  traten  erft  fpäter  auf.  Allgemeiner  roaren 
s^ort)(inge  au§  roeißem  sJJcull.  $ie  Spiegel  roaren,  ba  man  nod) 
feine  großen  ©laSplatten  fannte,  (fein  ober  au§  einzelnen  Stücfen 
$ufammengefe^t.  ftoftbare  Seppidje  unb  Vorlagen  gab  e§  nur 
in  einzelnen  ber  ooruefjmften  Käufer.  $öd)ften§  oor  bem  9täfj* 
tifdjdjen  ber  £au§frau  lag  ein  fletner  £eppid).  $8ilberfd)inucf 
mar  allgemein,  ©infame,  glatte,  braune  unb  fdjroarje  9taf)men 
umgaben  bie  oft  redjt  guten  ßupferftidje.  3"  einem  Oelbilb 
gehörte  ein  ©olbrafjmen.  (Ein  ftänbiger  Sdjmucf  ber  SBofniftube 
roar  bie  t)or>c  Stanbutjr.  £>äufig  roaren  aud)  fleine  s$enbuleu 
unb  Sdjlaguljren.  (Sie  ftanben  meift  auf  einfachem  *ßoftament, 
fleineu  Slonfolen  ober  unter  bem  ©la§fturj.  §n  ber  „guten 
Stube"  —  tjeroorgegangen  au§  bem  früheren  ^ßrunffaal  großer 
.päufer  —  ober  in  ber  fpäteren  S-Bifitenftube,  bie  fcr)v  feiten  ge* 
öffnet  rourbe,  roaren  bie  beften  Stücfe  be3  ßauSratS,  oft  au§ 
oerfd)iebenen  Reiten  ftammenb,  uereinigt:  gamilienporträtS  in 
sJkftell*  ober  Oelfarben  unb  Spiegel  in  ©olbrafjmen  an  ben 
SÖänben,  bie  Silber  meift  jugeljängt,  auf  ben  Sdjränfen  unb 
Sifdjdjeu  ^or^eHan*  unb  ftanencefigureu,  niefenbe  (£f)inefen,  be= 
malte  Xaffeu  mit  rüljrenben  ^njdjrifteu.  Oefter  anzutreffen  roar  aud) 
bie  Seroante,  ein  Sdjaufdjranf  mit  ©lasfadjen,  fdjönen  Xaffen, 
filbernen  Seudjteru,  s^atengefd)eufen  u.  f.  ro.  «£ier  ftanben  bie 
„guten"  Sitjmöbel,  bie  meift  gepolftert  roaren.  $um  Sdjut}  ber 
s#olfter  roaren  fte  in  ber  Siegel  mit  Ueberjügen  bebeeft,  eine 
Sitte,  bie  per)  Ijeute  nod)  in  fparfamen  gamilien  erhalten  bat, 
roie  benn  überhaupt  ber  SHefpeft  oor  ber  guten  Stube  eine 

37* 


Digitized  by  Google 


580  SJforabetm  im  19.  3abtbunbert. 

trabitionelle  Samilieneigentümlichfeit  geblieben  ift.  $ie  übrigen 
Limmer  maren  fe^r  einfad)  eingerichtet ;  oielfad)  ftanben  in  ihnen 
fehr  alte  Sfllöbel;  benn  bie  SluSftattung  bev  $raut  enthielt  nicht 
wie  heute  au§fd)ließlid)  neue  Sachen,  oielmehr  waren  alte 
gamilienftücfe  in  ber  jungen  Eh*  gerne  gefefjen.  3m  großen 
3Öofm*  unb  Eßjimmer  ftanb  ber  große  Xifd),  ber  Schreib* 
fefretär  ber  ^pauefrau,  ein  Ranapee  unb  ein  Spinett  ober  ftlaoier. 
9ln  ber  Sßanb  hi»9  oie  Jliegenflatfdje,  neben  bev  £f)ür  ber  $lingel= 
&ug,  ein  mit  perlen  geftiefter  3*u9ft™f*«  nitt  btefem  ©las*  ober 
Stteffinggriff. 

SlUe  biefe  SSerhältniffe  fydbtn  ftd)  nun  im  Saufe  beS  $abx* 
hunbertS  aufjerorbentlid)  geänbert.  ©erabe  bie  2Bof)nung  jeigt  bie 
Steigerung  beS  allgemeinen  SBotjlftanbeS,  ben  Einfluß  ber  neuen 
Lebenshaltung  öm  beutlichften.  s2lllmäl)lid)  brang  größere  güüe 
in  bie  Einrichtung.  Teppiche,  Sortieren,  feibene  Vorhänge  mit 
©arbinen  oerbannten  ben  fahlen  Ebarafter  beS  ^immerS,  m™ 
ihn  einft  aud)  bie  Söohnung  ber  roohlhabeuberen  klaffe  bot.  $n 
ber  ©eftaltung  ber  3Höbet  jeigte  fid)  ber  ©efehmaef  eines  neuen 
ftunftgeroerbeS ;  fic  mürben  weniger  fteif  unb  gerabtinig,  bie 
^olfter  weniger  unbequem.  93on  ganj  heroorra9enocm  Einfluß 
mar  baS  SBeifpiel,  roeldjeS  bie  faft  fprichtoörtlid)  geroorbene 
luyuriöfe  SebenShaltung  ber  fchroei$erifch»fran$öfifchen  Jabrifanten 
unb  Arbeiter  ausübte. 

2öar  bie  Seoölferung  früher  ftabiler  geroefen,  fo  begannen 
bie  SWietSroohnungen  burch  bie  in  ben  £auffe  *  Venoben  ber 
3nbuftrie  ftarf  ab--  unb  jugehenbe  Slrbeiterbeoölferung  fld>  fehr 
ju  mehren,  $ie  ein--  unb  sroeiftöcfigen  s4Bohnhäufer  oer* 
fchroanben  unb  machten  hohen  Käufern  $latj,  roelche  bem  3«t9«P 
burch  größere  Eleganj  Rechnung  ju  tragen  fudjten.  2lber  ber 
Ueberfluß  an  SRaum  fchroanb;  aUeS  brängte  fich  jufammen;  bie 
2öirtfd)aftSräume  traten  in  ben  |>intergrunb ;  auch  Schlafzimmer 
unb  ©aftyimmer  mürben  ftiefmütterlid)  behanbelt,  mogegen  man  bie 
befferen  Wohnräume  behaglicher  auSjugeftalten  begann.  „5Bof)n* 
unb  Sd)lafjimmer  roerben  in  bie  ungefunbeften  unb  engfien 
SKäume  oerlegt,  bamit  nur  für  ben  Salon  ber  befte  unb 
glänjenbfte  Seil  übrig  bleibt."  (Wehl.) 

9flit  bem  junehmenben  Reichtum  Enbe  ber  feiger  unb 
anfangs  ber  ftebaiger  3ahre  fteigerte  ftd)  auch  bie  Vorliebe  ber 
reichen  Einmohner,  benfelben  ju  aeigen.  ES  trat  gleichzeitig 
eine  eigentümliche  Stil'  unb  ©efd^nacflofigfeit  an  ben  Sag,  bis 
unter  franjöfifcbem  Einfluß  mieber  ein  ©anbei  jum  befferen  eintrat. 
$ie  Wohnung  mürbe  in  einem  beftimmten  Stil  —  Ütenaiffance, 
Empire  —  auSgeftattet  S)er  ©efdjmacf  an  altbeutfchen  Pöbeln, 
Xifd)en,  Stühlen,  Oefen  unb  Sd)ränfen  fanb  Slnflang,  fteh*  aber 
oielfad)  im  2öiberfprud)  mit  ber  mobernen  Bauart  ber  $>äufer. 


Digitized  by  Google 


$forabeim  im  19.  3abrbunbert. 


581 


(Sbenfo  fetjt  fiel)  bie  föofofomanier  unb  bie  beliebte  englifdje  (£in* 
ridjtuug  utelfad^  in  ©egenfafc  mit  anbern  leiten  be§  $aufe§  unb 
bei*  9iatur  feiner  SBerooljner.  $>te  abfolute  $uvd)füf)rung  eines 
etnfeitigen  ©tilS  ift  eben  nur  möglid)  unter  teilroeifem  $ßerjid)t 
auf  mobernen  Komfort. 

3m  allgemeinen  barf  jebod)  gefagt  werben,  bafj  unfere 
begüterte  (Sinmofjnerfcfyaft  &u  wohnen  werftest.  9Jht  ©lanj  unb  ®e* 
fcfjmad  oerbinbet  ftd)  in  ifyrem  |>eimroe}en  93ornet)ml)eit  unb  93ef)ag* 
licfjfeit.  5lud)  im  9Jlittelftanbe  iftba§  93eftreben  oielfad)  bemerfbar,  ben 
SHeidjtum  nad)$uaf)men,  aber  bie  baburd)  nötig  roerbenbe  (Sinfdjränf* 
ung  auf  anbern  ©ebieten  ber  SebenSfyaltung  ftefjt  f)ierju  oft  genug  in 
grellem  2Öiberfprud).  93efonber§  roofjltljuenb  berührt  bagegen  bie 
befdjeibene  unb  bod)  fo  gebiegene,  ber)agticr)  anmutenbe  bürgerlidje 
Gnnfadjfjeit  im  $auSf)alt  mancher  alten  ^ßfor^eimer  Jamilie. 
9Jcit  einfachen,  aber  foliben  Mitteln  ift  bie  iöofjnung,  menn  aud) 
nid)t  „ftiluoll",  fo  bod)  überaus  freunblid)  unb  anfjeimelnb 
f)ergerid)tet.  ^ßeinlidje  ©auberfeit,  gefdjicfte  Slnorbnung  ber  oft 
altoäterlidjen  9Jtöbel,  fdmeetoeifje  ©arbinen  an  ben  5cnf*ern  uno 
roofylgepflegte  ^Blumen,  Silber  fyeruorragenber  unb  ^Photographien 
befreunbeter  s$erfönlid)feiten  an  ben  2Öänben  geben  ber  2Bot)nung 
ben  (£harafter  beS  gefunben,  lebensfrohen  unb  etjrenfeften 
93üvgertum3. 

SBenig  Jortfdjritte  ftnb  oergleid)§meife  in  ber  Söofynung  ber 
unteren  klaffen  ju  fonftatieren,  unb  Dielfad)  treffen  bie  oon  Voller 
ermähnten  3uftänbe  *?or  ^unbert  Sauren  bort  auch  r)eute  nod)  $u, 
(>auptfäcr)Iid)  ba,  roo  beibe  (Eheleute  unb  bie  erroacfjfenen  $inber 
tagsüber  in  ber  Sfa&rif  befdjäftigt  ftnb.  3Öo  eS  ftd)  um  fd)led)te, 
gefunbtjeitSfdjäblidje  3Bof)nräume  tjanbelt,  fd)afft  bie  ©efunbheitS* 
unb  SBaupolijei  allmählich  ^Banbel. 

3)ie  befferen  @rn?erbSoert)ältniffe  erzeugen  bet  bem  foliben 
Arbeiter  baS  Streben  nad)  einem  eigenen  £eim,  unb  bie  Säüe 
ftnb  nid)t  feiten,  bafj  eS  ihm  bei  Umftd)t  unb  auSbauernber 
©parfamfett  glüeft,  fein  Obeal  ju  oermirflic^en. 


X>ie  fntälirttnfl. 

Ter  Umftanb,  bafj  bie  ftauftroirtföaft  meift  auf  ftd)  felbft  angeroiefen 
war,  madjtc  früher  meljr  wie  Ijeute  feinen  (Sinflufc  auf  bie  ÜBJaljl  unb  3U0Cs 
reitung  ber  3petfen  geltenb. 

Tie  arbettfame  klaffe  ber  ferneren  genofi  beö  borgend  gerobljnlid) 
ouppe  (ber  SHann  erroa  Brcmnhoein  unb  $rot),  mittag*  9Ref)(fpeifcn,  Kartoffeln 
in  folteret  $rül)e,  in  ber  sItfod)e  einmal  tfleifrf)  unb  (Hemiife  unb  abenbS 
Suppe,  gefottenc  Kartoffeln,  fauere  (geftanbene)  Wtid)  mit  iBrot  ober  Äars 
toffeln,  bei  befferem  SBerbienft  mefjr  Jyleiid)fpcijen,  Wemüfe  unb  Salat.  Jm 
SHittelftanbe  roedjfelten  ^yleifd^  unb  9)icf)lipeifen  ab.  3m  Söinter  genojj  man 
ba$  Jyleifd)  felbftgefd)lad)teter  8d)roeine,  gefaljeu  unb  geräubert  unb  oerbraudjte 
bie  Söürfte  jum  Öemufe.   Jür  bae  ©efmbe  gab  e*  im  Söinter  abenb*  Suppe 


Digitized  by  Google 


582  Worabeim  im  19.  3abrbunbert. 

unb  Salat,  im  Sommer  Suppe  unb  Sauermild).  T er  3'efler'  e*n  au^  teuerer 
unb  iuncr  i)Itlcf>  mit  etroa«  J.'ütu  gefod)te«  unb  im  Heiler  erfaltete«  (£ffen, 
mürbe  im  Sommer  f)äufig  für  bie  ftelbarbeiter  bereitet. 

Ter  $ermögltd)ere  batte  täglid)  mittag«  Dcbfen  ober  Äinbfleifd)  mit 
Suppe  unb  ©emüfe,  im  hinter  nod)  mit  Sd)roeinefleifd).  Ter  gute  Ttid» 
mürbe  mit  Aleiidjbrubfuppe,  Ocbfenfleifd)  mit  Beilage,  Öemüfe  unb  ftleif* 
befefct;  nur  auf  ben  beften  Ttfcben  fant»  man  Skaten  unb  9iaa)ti|"a>. 

Tic  $eit  be«  Gficn«  mar  narf)  Staub  unb  Sefcbaftigttng  oerfdneben. 
Ter  Bürger  fetjte  fieb  in  ber  Siegel  oor  12  Ubr  &u  Tifd),  bie  oornebmc  Seit 
unb  bie,  beren  Wefcbafte  bi«  12  Ubr  bauerten,  v  8.  bie  Jvabrifarbeiter,  nad> 
12  Ubr.  2lbenb«  aß  ber  Bürger  im  Sommer  um  7,  im  hinter  um  6  Ubr 
„junadjt",  ber  Arbeiter  unb  ber  iHeidje  um  8  Ubr. 

Tie  2Ref)lf peif en  roaren  bei  allen  Klaffen  ber  <£inroobner,  am 
bäuftgften  aber  bei  ber  armen  in  ©ebraud),  roeil  ftd)  bie  Arbeiter  bie  3«* 
}um  ftleifd)fod)en  ntdtf  nebmen  tonnten  ober  uviinn.  JKciv.  unb  ©rie«bret, 
oorwglid)  au«  SBelfdjfornmebl  unb  Knöpfte  in  iHildj,  fauerer  Örübe  ober  mit 
Sdunaljbutter  gefdjmäljt,  oft  bura>  ibre  £>ärte  unoerbaulid),  roaren  bie  ge= 
roöbnlidjftcn  9Ref)lfpeifen.  Siornefmter  roaren  fdron  bie  Rubeln,  au«  3Jiebl 
unb  Giern  bereitet.  TOit  ftleifdjbrübe  roaren  fie  bei  ben  rooblfjabenberen 
Stänben  beliebt,  häufig  mürben  fie  in  ber  »tild)  unb  ganj  breit  gelaffen, 
oft  aud)  gefdjmaijt  genoffen.  9Jur  bei  benen,  roelctje  SJieb  batten,  roar  ba« 
Sd)ntaljgebarfene  üblid),  roeldje«  fo  roie  bie  £ierhtd)en  (ein  Sonniag«effen 
für  bie  ärmere  SJeoÖlferung)  unter  bie  unoerbaulidjften  Speifen  geborte,  be- 
fonber«  roenn  fte,  roie  üblid),  rcd)t  fett  bereitet  rourben.  Tie  Kartoffeln  bilbeten 
fdjon  bamal«  ba«  Skot  ber  2trmen,  „bie  nidjt  erbettelte«  ©elb  an  Kaffee; 
brüben  oerfdjroenbeten."  @«  roar  aber  aud)  bie  Speife  auf  bem  Tifdje  be« 
3öol)lbabenben  unb  9leid)eu  unb  biente  bem  Mittelmann  in  allerlei  ^orm  al« 
ein  geroöbnlidje«  (Sffen.  Ter  3termere  genofi  fie  blofj  gefotten  ober  mit  $rot 
unb  Suppe  ober  mit  einer  faueren  Srübe  al«  SJlittagcffen.  Ter  JBoblbobenbere 
mad)te  au«  ibnen  Salat,  ©emüfe  mit  #leifd)brübe,  ober  er  afi  fte  in  Sdjmalj 
gebraten  („gebrägelte  ©rumbire").   Ta«  Sefter  foftetc  20—30  Pfennig. 

Tie  Senüfcung  unb  3u6ereitung  ber  ©emüfe  roar  ungefähr  biefelbe 
roie  fjeute.  SRebr  al«  jefct  fanben  öülfenfrüajte  Serroenbung.  '«on  ben  ©es 
treibearten  rourben  fmuptfädjltd)  ©erfte  unb  fcirfen  jum  Kodjen  benufct. 

3u(fer  unb  fcontg.  (Srfterer  Toftete  im  3al)re  1807  l  9K,  3^Jfg.,  bret 
3abre  fpäter  bi«  ju  3  3)tf.  40  $fg.  ba«  ^Jfunb  unb  rourbe  barum  roenig 
benufct.  3"  oermöglidjeren  Familien  rourbe  er  burdj  ben  ftonig  erfe^t,  roooon 
ba«  $funb  bi«  ju  1  SM.  30  ^fg.  foftete,  ba«  Toppelte  be«  früheren  greife«.*) 

Ter  ©ff ig  roar  bei  ben  billigen  Süeinpreifen  (Snbe  be«  18.  '^atir- 
bunbert«  billig  unb  gut.  SJlan  fannte  nur  SSeineffig.  9?aa)  ben  oielen  #ci)U 
jabren  nalmt  man  aber  feine  3uflu$t  aud)  |H  Dbftmoft«,  5vrud)ts  unb  ^ier» 
effig.    Ter  SBeineffig  rourbe  oielfad)  fdjon  oerfälfd)t  in  ben  $anbel  gebradjt. 

9teben  ben  geroöbnlidjen  ^leff Pforten  Um  auf  ben  Tifa)  ber  ffiobl1 
babenben  (Geflügel  unb  vBi(bbret,  rooran  aber  bie  umliegcnben  ^Salbungen  ju 
jener  3^it  (inner  roaren  al«  jc^t.  9iod)  oor  120  jabren  (alfo  gegen  1780) 
famen,  rote  Möller  mitteilt,  im  S>agenfd)iefj  Söilbfdnoeiiie  oor.  Söilbe  Gnten 
roaren  im  5ßinter  ntdjt  feiten,  cbenfo  Jelbbübner.  l'erdjen  rourben  au« 
anberen  Wegenbcu  gefdjidt.  $ln  befferen  Sorten  oon  ^yif c^en  fehlte  e«. 
Forellen,  tfeben,  x>ed)tc  unb  Karpfen  Fanten  au«  ber  ^adjbarfdjaft,  com  iHtjcin 
ber  i?ad)«  ober  Salm,  ^n  ben  3  Alüffcn  rourben  Olafen,  3«ei^fifd)e,  Sarben, 
9lale,  ©reffen,  Kruppen,  (Mrunbeln,  "iMcden,  Sitterfifdje  unb  wi*>effelnw  gefangen. 
Son  au«länbtfd)cn  ^ifd)en  rourben  Stodfifdje  unb  geringe  allgemein  genoffen, 
feltener  öüdlinge  unb  Sarbellen.    0»  ber  9Jagolb  unb  Sürm  fanben  fia)  uodj 


•)  Tiefe  enorme  ?rei«erl)öbung  roar  eine  golge  ber  Kontinentalfperre. 


Digitized  by  Google 


^forjbeim  im  19.  3abtbunbett. 


583 


häufig  Jlrebfe.  Xn  ftrofchfchenfeln  fanb  man  wenig  (Mefdjmacf;  aufteile  ber 
Äujtern  rourben  Sdjnecfen  genoffen. 

Tie  9)caa«  Wild),  1 '/«  l'iter,  foftete  14—17  Pfennig,  alfo  *jz  beS 
heutigen  greife*.  "JJlan  Ijatte  fte  in  großer  9Henge  in  ber  Stabt  felbft,  bod) 
würbe  fie  aud)  von  ben  näcfjften  Törfem  fjergcliefert.  „Singer  über  Süer* 
bünnung  mit  Söaffer  fonnte  man  über  feine  Jyälfdjung  flogen." 

TaS  $funb  Butter  foftete  im  Turcbfchnitt  52—56  $fg.  SBät)renb 
unb  nad)  ber  Biehfeudje  im  $>crDft  unb  Söinter  1796  unb  im  Spätfommer 
1797  foftete  fie  1  Dif.  bis  1  9Jtf.  30  «fg. 

Bejüglicb,  ber  (fletränfe  Qielt  man  ftd)  oor  fmnbert  fahren  mehr  an 
ben  "iöein  als  an'S  Bier,  baS  nad)  unfern  Begriffen  ein  wenig  fdjmacf^afted 
©etränf  gemefeu  fein  mau.  Slepfels  unb  Bimenmoft  gab  eS  in  faft  allen 
Haushaltungen,  wo  oiete  Ttenftboten  unb  Taglöhner  nötig  waren.  Wandje 
oerbefferten  it>n  burd)  ißein  unb  Branntwein,  fieserer  rourbe  feit  ber  9lb* 
nähme  beS  SBeintrinfenS  roieber  mehr  Wenu&mittel  unb  rourbe  namentlich  in 
Reiten  ber  9lot  ftarf  oerfonfumiert.*)  Voller  beflagt  cd,  bafe  in  höheren 
Stäuben  ber  BerbauungSfaffee  mittags  mit  Jtirfdjenroaffer  getrunfen  routbe. 
Ter  ftaffee  roar  in  ber  Hütte  beS  Bettlers  roie  bei  bem  SReidjften  anjutreffen, 
.nur  fudjte  ber  erftere  feine  ganje  GHürtfeligfeit  in  einem  ©etränf,  baS  er  auf 
bie  etenbefte  2lrt  bereitete."  Tie  Beimifd)ungen  roaren  3»d)orien,  (SJelberüben, 
Tidrüben,  (iicheln,  Joggen  :c.  Ter  9lrme  genofj  biefe  Brühe  als  ^"W"*' 
«Wittag*  unb  Stbeubeffcn  in  großen  Quantitäten,  ber  SBof>lb,abenbe  in  fefjr 
ftarfer  Zubereitung  beS  morgenS  unb  nad)  bem  'JJlittagtifd).  Ter  Kaffee  rourbe 
alö  fogenannteS  herjftärfenbcS  Littel  betrachtet.  (Sbofolabe  war  nur  ein 
Öetränf  ber  Steigen  unb  rourbe  feiten  genoffeu.  Ten  Tbee  gebrauchte  ber 
gemeine  Wann  nur  in  ttranffyeiten,  bei  höheren  Stänben  roar  er  feit  Beginn 
beS  18.  3ar)rl)uubertS  als  Stbenbgetränf  unter  ben  5raucn  eingeführt. 

Sehr  beliebt  roar  als  Befd)Iuft  fröhlicher  (Mefellfdjaften  in  ben  langen 
9üintemäd)teu  ber  Bunfd). 

3lud)  in  ber  alten  3eit  flo&  es  ^er  in  retchen  Jyamilien  bei  befonberen 
feftlictjen  Xntflffen  lururiöfe  ©cfeUfdmften,  bei  benen  mit  Speifen  unb  ©etränfen 
unb  feinem  Tafelgefcijtrr  ein  grojier  Slufwanb  gemacht  rourbe.  Heute  finb 
folche  jiemlid)  allgemein  geroorben.  Tie  3eiten  beS  TbeeS  unb  ber  ©Utters 
brote  finb  oorüber.  2Man  firtbet  in  ben  Mreifen  ber  reichen  ftabrifanten, 
aber  aud)  In  ben  Jamilien  ber  höheren  Beamten  feine  Tafelgenüffe.  5iid)t 
bloS  bei  Soupers  unb  TinerS,  aud)  bei  Empfängen,  roo  Büffets  aufgeteilt 
finb,  gehört  etwas  £uruS  jum  guten  Ton.  TaS  Tafelgerät,  bie  ÄuSftattung 
ber  Tafel  mit  Blumen  ic.  m«|  möglichst  gläujenb  fein,  ittit  einer  Sorte  Stein 
begnügt  man  ftd)  in  foldjen  #&ücn  nie. 

3tber  aud)  ber  Hanbmerfer  unb  Arbeiter  lebt  jefct  ungleich  beffer  als 
ehemalö.    Tie  günfttgen  Vof)nocrr)(tltuiffc  erlauben  ihm,  roenn  nia)t  täglid),  fo 


*)  ©ne  amtliche  Befanntmadjung  im  „Bforjfjeimer  Beobachter"  oom 
7.  Januar  1861  lautet: 

„GS  roirb  oiclfach  Älage  gefuhrt,  baü  bie  gegen  baS  Ueberhaubnebmen 
be5  BranntroeiiitrinfenS  getroffenen  Änorbnungen  nicht  gehörig  beobachtet 
roerben,  unb  in«befonberc  in  oerid)icbencn  .Hrauilaben  Branntrocin  in  f leinen 
Quantitäten  abgegeben  roirb.  tin  febr  trauriger  Vorgang  hat  weiter  gezeigt, 
ba&  fogar  Ünawm  fd)on  bem  tfrauntroeintrinfeu  fid)  ergeben.  Söir  forbern 
beähalb  fämtliche  "öürgermeiftcr  auf,  bie  $>erorbnung  oom  14.  sJcooember  1843, 
Serorbnungdblatt  9?r.  21,  mit  aller  Strenge  ju  ho»bhaben,  inöbefonbere  bie 
^ßolijeibiener  anjuroeifen,  ben  orbnungStoibrigen  SJcrfauf  oon  Branutroein 
unter  einer  halben  SHaj},  foroie  bie  Abgabe  oon  Branntwein  au  fd)ulpflid)tige 
Minber  jur  2ln^eige  31t  bringen,  überhaupt  oon  ihrer  Seite  alles  sn  thun,  um 
bem  lleberhanbnehmen  beS  in  jeber  £infid)t  311  Örunbe  richtenben  Branntroeiiu 
trtnfen«  naa)  a»öglid)feit  su  fteuern." 


Digitized  by  Google 


584  ^forabeim  im  19.  3afrftunbcrt. 

bocf)  meb,rmal«  in  ber  SBodje  ^Ceifd»fpeifen  unb  ift  er  nur  fonft  fparfam,  fo 
Tann  er  am  Sonntag  audj  „fein  .frulm  im  Zopfe"  fjaben.  ^ebe  aud>  nur 
einigermaßen  behäbige  Arbeiterfrau  fauft  ftdj  tyre  SRartinigand  unb  läßt  ed 
i&rem  Difdje  überhaupt  an  Abroedjdlung  in  ber  Aufeinanberfolge  ber  Spetfen 
nidjt  mangeln.  Selbft  an  einem  befdfeibenen  lifdjroein  fetjlt  e«  vielen 
ntc^t.  DaS  finb  bann  aber  immer  foldje  Arbeiter,  bie  ju  fparen  oerftefyen,  bei 
melden  nidjt  bie  Sbierflafc^e  permanent  regiert  unb  am  Samstag,  Sonntag 
unb  9Rontag  ber  obligate  Jiaufa).  Sei  biefen  ift  allerbing«  jahjau«  jahrein 
Sdnnaltjan*  Äüd)enmeifter,  aueb,  roenn  bie  Serbtenftgelegentyeit  eine  nodj 
beijere  wäre. 

• 

Srfjon  oor  Rimbert  3at)ren  flagte  Stoller  über  ben  SNißbraud)  t>e$ 
Tabafc<  beim  Hauten  unb  Sdjnupfen  befonber*  bei  jungen  beuten.  Aucb. 
biefe  Öerooljnljeit  bat  im  oergaugenen  ^abrljunbert  er!>eblia)c  fBanblungen 
burdjgemadjt ;  fie  ift  außerorbentlid)  oiel  ftärfer  geroorben  unb  mar  früher 
meb,r  auf  ba$  &au4  befrfjränft  al$  je&t.  Die  Stärfe  bc«  »erbraudj*  ift  ebenfo 
roie  bie  Sitte  ber  befferen  Stänbe,  feine  unb  teure  Zigarren  ju  raupen,  *um 
guten  Zeil  auf  bie  Serbefferung  ber  roirtfdmftlidjen  Sage  jurücfjufüfyren. 
3Ran  l>at  fjeute  mebr  ©elb  übrig  für  biefe  Dinge.  Sor  1848  b,errfdften  bie 
pfeifen  oor,  roooon  fid)  mand>e  eine  ganje  Sammlung  anlegten.  SJon  ba  ab 
eroberte  bie  ^iflarre  *>ie  $B*lt.  Dafür  ift  bie  Sitte  beS  Schnupfen«  jurücf' 
gegangen.  (£$  fommt  in  guter  (Mefellfdmft  gar  nidit,  im  $>aufe  wenig  oor. 
Weitere  Herren  bieten  fid)  nur  bann  unb  mann  am  Stammtifd)  bie  Dofe  an. 
AI*  „Äoft  ber  Olafen"  mar  ber  &Qnup\tabat  eiuft  aua)  oon  Damen  gefdjafct, 
bie  ilm  juroeilen  in  jierliajen  golbenen  DöSdjen  mit  fid)  führten.  Seit  1814 
»erbreiteten  fta)  bie  Dofen  oon  »irfenrinbe. 


Pie  iitettmiifl. 

3Hit  ©ejug  auf  bie  Äleibung  unterfdjeibet  fidj  unfere  £eben*rocife,  roa* 
ba$  §pgienifd)e  betrifft,  nidjt  aUftufefyr  oon  ber  ju  Anfang  be*  oorigen  jdfyt* 
ImnbertS,  trofcbem  ja  bleute  ftärfere  fteformbeftrebungen  aud)  auf  biefem 
(Mebirte  fid)  geltcnb  madjen,  of)ne  aber  weitere  Sdjidjten  $u  ergreifen,  ^m 
©egenteil  mar  ju  (£nbe  beö  18.  ^afjrtmnbertS  eine  entfdjiebene  Steigung  jum 
(Sefunben  unb  92atürlid)en  bemerfbar,  eine  ^olge  ber  3.  3-  9iouffeau'fd)en 
Stiftung,  beö  Drange*  nad)  9iatur.  So  §um  Beifpiel  mar  ba*  Sdmüren, 
gegen  bad  bie  Aerjte  (fiefje  Voller)  feit  langem  fämpften,  faft  abgenommen. 
Aber  oom  Raffte  1810  ab  bolten  bie  Damen  mieber  bie  fteifen  Gorfet*  ber 
(Mroßinutter  tyeroor,  um  iljre  öeljaglidjtcit  unb  iljr  "iüo&Ibeftnben  einer  unnatür* 
lid)en  Öcjterttyeit  ju  opfern.  (Mroße  Jpaletüdjer  unb  Sfyarol*  mürben  SWobe, 
bie  übrigen«  bei  ber  bamaligen  JrauenHetbung  ein  guter  Sdjufc  in  ber  rauben 
^afyredjett  unb  nad)  (Srfjifcung  roaren,  inbem  fie  oor  (£rfältung  bewahrten. 
Die  großen  „Sd)lupfer"  ober  3Jtuffe  roaren  bamal*  außer  ©ebraua)  getommen, 
um  rote  jebe  ÜKobe  fpäter  roieber  in  ueränberter  Jyorm  Aufnahme  ju  finben. 
Voller  flogt  über  ben  AUeiberluruS  in  allen  Stönben,  befonberd  beim  roeiblidjen 
Dienftperfonale ,  eine  Mtage,  bie  l^eutc  mebr  roie  bamalö  Berechtigung 
•  bat.  Der  übertriebene  Aufmanb  für  äußere  tfleibung  bei  ^oliffeufen  unb 
Dienftboten  b,at  bie  einftige  Unterfdjeibung  ber  Stänbc  beinahe  ocrbrdngt; 
oornel)me  grauen  Imben  begonnen,  nidjt  foivotjl  bureb,  ben  äußeren  Sdjnitt 
unb  lujruriöfe  Audftattung  bcr  (Meroänber  al§  oielmetjr  bura)  roertoolle  Stoffe 
unb  elegante  (sinfadjljcit  ibren  Stanb  ju  repräfentieren. 

»ei  ben  IHdnnern  ber  oornebmeu  Welt  artete  bie  3)iobe  oor  HK)  ^abren 
oielfad)  auö  unb  gipfelte,  roie  fyeutc  im  ÜHgerltum,  bainal«  im  w3^rDen9e^ 
mit  mobifa)em  Jrad,  roob,l  parfümiert,  in  bie  feinfte,  ai«vlid)  gefältete  i^ein* 


Digitized  by  Googlt 


^forabetm  im  19.  Sabtbunbert. 


585 


manb  gefleibet,  bic  ©einfleiber  oon  ^Jari«,  bie  burdjbrodjeneu  Seibeuftrümpfe 
oon  tfuon,  bic  Sdjube  oon  Strasburg,  bewaffnet  mit  Lorgnette."  £a«  war 
bamal«  bie  Uiobe  ber  elegant«.  Gin  früher  häufiger  @d)mud  ber  SHänner, 
bie  Ohrringe  ber  „3nerooaole«",  ift  balb  abgefommen.  Slber  mit  bruftnabeln, 
isöerloque«  oon  großer  SJtannigfaltigfeit  an  ben  Uf)ren  (bie  früher  in  einer 
£>ofentafdjc  getragen  mürben),  mit  Siegelringen,  6pajierftöcfcn  unb  Xabatieren 
mnrbe  oiel  X'uru«  getrieben.  &anbfa)ul)e  maren  nid)t  fo  obligatorifdj  wie  beute. 
2Me  Jpaartraa)t  ber  Männer  mar  ber  Iitu«fopf,  bie  5rflUCn  Sterten  fid),  100 
eigene«  fraar  mangelte,  fdjon  bamal«  mit  frembem,  bod)  batte  ba«  fouft 
üblidje  Ginfalben  unb  Zubern  in  ^forjtjeim  feinen  Gingang  gefunben. 

ttnenblid)  oiel  ftärfer  ift  ber' ©anbei  ber  meibliien  al«  ber  männltdjen 
flleibung  gewefen.  $a«  ^abrlmnbert  bat  fie  allmä&lid)  fid)  aufblähen  unb 
mieber  jufammenfdjrumpfen  fct>cn.  £a«  einfadje  5t leib  be«  erften  .V.livu'hmo 
mürbe  balb  an  ben  Srfmttern,  balb  am  Oberarm  mit  puffen  uerfeljen,  bie 
©eftalt  rourbe  burd)  immer  neue  Unterröcfe  weiter  unb  weiter,  bie  iaille  fanf 
berab;  ben  ftöbepunft  errcid)te  bie  SttfMfyunfl  mit  ber  Grinoline,  bann  trat 
roieber  ein  ^urücftreten  ber  unteren  frälfte  ein,  ein  furje«  Äleib,  ba«  bie 
ftüfje  feljen  lieft,  warb  3)tobc;  in  ben  80er  ^abren  enoeitertc  fid)  ba«  Äleib 
nad)  hinten  jum  cul  de  Paris,  um  bann  mieber  enganliegenb  \n  werben. 

Sei  ben  Männern  ftnb  bie  Grruugenfdjafteu  ber  Seoolution  bi«  Ijeute 
geblieben:  SWorf  unb  lange  \>ofe,  furje  Sefte  unb  ftracf.  daneben  treten 
(leinere  $eränberungen  jurücf,  wie  bie  größere  (Ü3iebcrmann«trad)t  ber  20  er 
unb  30  er  ^aljre)  ober  geringere  SBeite  ber  ftofen  unb  be«  iHocfe«,  bie 
SJenberungen  ber  S>al«binbe  :c.  9Jad)  1848  würbe  ber  amertfanifdje  Cuäeferfjut, 
ber  golinber,  fpottweife  „^tngftrö^re"  genannt,  ein  Stxtyn  loaaler  unb 
fonferoatioer  Öefinnung  unb  oerbrängte  ben  breitfrämpigeu  £ecferl)ut.  ^olitifdje 
SBanblungen  ftnb  übrigen«  aud)  auf  bie  iBartmoben  oon  Giuflujj  gewefen. 
Anfang«  war  Sartlofigfeit  ba«  allein  ^eine,  bann  ber  ftaooritbart  an  ben 
Oljren,  baneben  ber  militärifdje  Schnurrbart,  ber  in  jmei  Ijaftltdjen,  abgeftufcten 
büfdjeln  ftanb,  fobann  ber  Vollbart,  ber  aufang«  al«  Eemofratenbart  oerpönt, 
Ijeute  befonber«  gepflegt  wirb.  £er  „G«  ift  errcidjt"*  Schnurrbart  feiert  ein 
oieloerfpottete«  iafein.  .'peute  r)crrfcr>t  $ttt«  unb  bartfreiljett.  Unb  biefer  3ug 
jum  freien  unb  bequemeren  ift  juglcid)  ber  "öauptjug  ber  Gntwi(flung 
ber  mannlidjen  3Jcoben  be«  ijarjrbunbert«. 

G«  barf  al«  ein  günftige«  3eid)en  für  bie  gefteigerte  Veben«fmltung 
unferer  Slrbeitcrbeoölferung.  betrachtet  werben,  baft  fie  burdnoeg  gut  gefleibet 
erfd)eint  unb  aud)  im  21Utag«gewaube  einen  wobltbucnbeu  Giubrucf  ber 
Sauberfeit  unb  einer  gewiffen  ^etjäbigfeit  mad)t.  2(ud)  an  ben  Sdjulfinbern, 
namentlich  bei  ben  3Räbd)en,  tritt  bie«  bcutlict)  heroor.  rtinber  mit  &er* 
riffenen  Äleibern  fommen  fer>r  wenige  sur  Sd)ule,  barfüßige  gar  feine. 

Gin  anberer  3ug,  ber  ju  immer  größerer  Nüchternheit  unb  ftarblofigfeit, 
fdjeint,  wenn  man  wenigften«  bie  Vorliebe  für  bie  heutigen  Sport«foftüme 
bebenft,  allmd^lid)  ju  oerfd)winben. 

3u  Einfang  be«  ^br^unbert«  berrfdjte  ein  faft  überfdjwenglidje«  ®e^ 
fül)l«leben.  3)ian  fdjwärmte  für  Religion  unb  ^aterlaub  unb  erging  fid)  in 
3lu«brüdeu  unb  (Mcfül)l«ergüffen,  für  bie  unfere  nüdjierne  Reit  fein  Ihn 
ftdnbni«  mef)r  fyat.  Xa«  Öefü^l  ber  ÜHefignation,  ^eroorgerufen  burd)  bie 
iKeoolutiouöfriege,  war  ein  ftarfe«,  allgemeine«,  unb  äußerte  fid)  in  ber  3tbs 
wenbung  00m  realen  £eben. 

,,^n  be«  fcerjen«  heilig  ftiüe  Sidume 

SRttty  bu  flieljen,  au«  be«  Seben«  Xrang! 

^rei^eit  ift  nur  in  bem  9leid)  ber  Iraume 

Unb  ba«  öapöne  blüljt  nur  im  ®efang  l* 


Digitized  by  Google 


586 


^forabeim  im  19.  3abr&unbert. 


So  fang  Stiller  jur  Jahrbunbertioenbe  unb  traf  bamit  aua)  bic 
Stimmung  bcr  erften  ©eneration  beS  19.  ^ahrhunbertS.  ftcftßnation,  un* 
praftifc^er  ^bealiSmuS,  litterarifcbe  ontereffen,  baS  fmb  bie  dmraftcriftifdjen 
SNerfmale  jener  Gpocbe.  ?>n  ben  Sdjöpfungcn  ber  Stomantifer  Ijat  biefer 
3eitgetft  ieinen  btebterifepen  HuSbrucf  gefunben.  (Siehe  auch  „^forjbeim  in  ben 
tyreiuetteinegcn  .) 

ß  8  mar  bie  ßeit  beS  geheimen  tagel  u<beS,  beS  3tammbudjeS,  baS 
beute  nur  nocti  oon  Sduilftnbcrn  in  Gljrcn  gehalten  wirb  unb  ber  Silhouetten, 
roelcbe  burd)  baS  ^hotographicalbum  oerbrdngt  würben. 

5öie  bie  gemetnfd)aftltdje  fceftitre,  fo  rourbe  bamalS  auch  baS  Grjäblen 
im  (ynmilienfreife  ftärfer  gepflegt  alS  jefct.  Tie  Sllten  unb  baS  (Hefinbc  er* 
jäblten  ben  Äinbern  nodj  artige  iMrcben  unb  grufelige  (Heiftergefdnchten. 

DaS  gemeinfd)aftlid)e  Singen  im  ftamilienfreife,  fei  eS  jur  Grbauung, 
fei  eS  als  SluSbrutf  feftlidjer  ^reube  ober  einer  gerübrten,  befebaulichen 
Stimmung,  mar  feb.r  beliebt.  Die  lieber  hatten  Sinn  unb  ^ärme,  loabjcnb 
bie  öben,  freien  öaffenbauer,  bie  beute  ben  .\>auptbeftanbteil  beS  iiolfSlieber* 
ninuu-v  ausmachen,  beffer  bort  geblieben  waren,  iuo  fte  entftanben  ftnb.  Tai 
Jafelflaoier  mar  baS  ^nftrument  ber  iKäbcfceit  unb  Araueu,  ba>  ber  Knaben 
bie  SBioline  unb  ftlöte,  bamal*  ein  beliebte«  ^nftrument.  3n  jener  3eit  unb 
bis  1870  borte  man  auch  in  oielen  Jamilten  bie  «uitarre,  namentlich  oon 
grauen,  fptelen. 

Die  „^fonbeimer  ioöcbentlid)en  Nachrichten"  brachten  1796  folgenbeu 
Bericht  über  ein  »iuftfesamen : 

1796.  SRufiferamen  an  ber  Stealfcbule.  StabtmufifuS  .fcr.  £ao.  Slnbr. 
ftorftmeper  lehrte  3)iufif,  in  loödjcntlicben  16  Stunben  unb  SamStagS  naaV 
mittags  oon  3  bis  4  Ubr  in  einer  allgemeinen  Girerjierftunbe.  DaS  Gramen 
tourbe  mit  einer  Spmphonie  oon  allen  Sdiülem  eröffnet,  barauf  lieji  fid>  be- 
fonberS  hören:  1)  (Mcorg  ^af.  Mennig  auf  ber  Violine  in  eine  Duabro  oon 
Jvräniel.  2)  ^ob,.  3tbam  'öeuefifer  auf  ber  Jvlöte  in  einem  Stonjert  oon  Jyil«. 
3)  gr.  ^annoff  auf  ber  Violine  in  einem  Duabro  oon  Ölepcl.  4)  (Hottlieb 
Selbmann  auf  ber  ftlöte  in  einem  Duabro  oon  loeScbp.  5)  gr.  ^funber 
unb  6)  Tax*.  Jvorftmeper  jeber  auf  ber  Violine  in  einem  Duabro  oon  Stanutife. 
7)  grep  auf  ber  Jlöte  in  einem  Duabro  oon  toeSdm.  8)  Jyr.  Dörr  auf 
ber  Sioline  in  einem  Irio  oon  Stamme!.  9)  &Mlbclm  Jvübner  unb  10)  Bieter 
Mittler  auf  ber  Jlöte  in  einem  Jrio  oon  lieber.  11)  (Hottlieb  Gb.  (Mülidj, 
12)  Gbx  £auennann  unb  13)  Gbriftian  $}eibmann  auf  ber  Jvlötc  in  einem 
Irio  oon  Gfcher.  14)  Acrb.  GbareuS  unb  15)  Jr.  Äummer  auf  ber  Violine 
in  einem  Irio  oon  31.  ftorftmeper.  16)  ÜWtor  GbareuS  auf  ber  ftlötc  in 
einem  Jrto  oon  Gfdier.*3um  "sHcfdUufc  mürben  einige  i)iärfrf)C  oon  ben  Änaben 
allein  (unb  babep  oon  (Hottlieb  Söeibmann  unb  31.  ftrcp  bcr  Öa^  unb  G^riftian 
SBeibmann  bic  v^iola)  gefpielt.    ^aty  ber  Sd)iiler  31. 

T  a  S  W  u  f  i  j  i  c  r  e  n  im  \>  a  u  f  e  l)at  geiotfj  t>eute  jugenommen. 
Slbcr  als  gemeinfdmftlidjeS  ^öanb  ber  ^amilic  fonnte  bie  fcauSmufif  friiber 
bod)  in  böljerem  (Mrabe  gelten. ^Ge  b,iug  bieS  mit  bem  fdjon  enod^nten 
ftdrferen  (Mcfublelcben  jufammen,  baS  fta)  gern  Vuft  madjte.  öefouberS  ift 
baS  l)äuSlid)e  Mlaoierfpiel,  ba<$  fo  febr  jugenommen'  bat,  beute  einer  mehr 
ober  minber  loi^igen  Äritif  oerfallen.  hieben  bem  Älauier  haben  Violine  unb 
GcUo  ihren  iUa(  behauptet.  Seit  3  ^aföeQnten  gehört  aua)  bie  3»ther  ju 
ben  beliebt  geroorbenen  ^nftrumenteu. 

Die  Pflege  ber  $au Smufi!  entfpridit  ber  jeioeiligen  gefellf(haft(i(hen 
Gutioicfelung.  Xie  2Dabl  bcr  Salonmufif  gefd)iel)t  oft  meniger  nach  ber 
JHid)tung  geiftiger  liefe,  bic  ein  ernftefl  sJDiitbenfen,  3)litempfinben  oerlangt, 
als  oiclmchr  nadi  ben- Gingebungen  einer  momentanen  i'aune,  unb  roo  baS 
Grftere  gelegcntlid;  jutrifft,  gefdjicht  cö  mehr  um  beS  guten  loncS  unb  ber 


Digitized  by  Google 


^forafceim  im  19.  3afjrbunbert. 


587 


Wöbe  mitten,  otjne  bnfe  bann  natürlich  (Mcift  unb  oerfeinerteä  ®efür)l  ba&ei 
tbätig  roären  ober  einen  befonberen  ©eroinu  baoon  bitten.  ÜKbcr  auch  bie 
Jamtlien  ftnb  nicht  feiten,  in  benen  mit  roirflidjem  VerftänbniS  unb  plam 
mäßiget  ftuöroabl  ante  SWufif  gepflegt  roirb,  roo  man  neben  Veethooen,  c:  iiopin, 
Schumann,  ÖraljmS,  tiefangelegtc  SWoberne  l)ört,  roie  JHtcbarb  Strauß  iSor* 
neltud  u.  a. 

Sie  Sitte  ber  Weburtä*,  Verlobung8*unbTobe8anjetgen 
hat  butcf)  ba8  ganje  ^abrhunbert  beftanben,  roenn  aud)  in  oeranberter  %oxm 
unb  junäcbft  ausfchlicfilicb  bei  ber  oornchmen  ÜL'elt.  Ser  erfte  „Irauerbrief 
erfebien  am  4.  Wärj  1795.*) 

Unter  allen  ^eftlid)Ieiten  ber  ftamilie  im t  ba$  e  i  h n  a  ci>  tote  ü 
feinen  fd)önen  Gtjarafter  burd)  bad  ganje  ^Q^bunbert  beroatjrt.  2lud)  bie 
ärmfte  ftamilie  lauft  fieb  auf  bem  Ghriftbaummarft,  ber  8  Sage  cor  bem  Jefte 
reichliche  sÄuSroabl  bietet,  ihr  Väumcben.  (Sine  fpejiftfcb  einbeimifebe  Sitte  bat 
ftcb,  feit  einigen  ^ahrjehnten  eingebürgert,  nämlich  bie,  baft  bie  9(noerroanbten 
eineä  lieben  Verdorbenen  biefem  am  ^eiligen  iMbenb  aufs  (Hrab  ein  brennenbeS 
(Sb^iftbäumchen  aufpflanzen.  (Meroifc  ebenfo  finnig  roie  pietätooll !  Ser  limem 
oeretn,  ber  fcilföoeretn,  bie  £oge  iHeucblin  unb  anbere  gemeinnützige  Kor- 
porationen (äffen  fid)  bie  ^eiebenfung  ber  Trinen  angelegen  fein,  unb  bie 
$rioatrool)lthätigfeit  ift  gerabe  in  biefer  Reil  ber  roerftljätigen  l'iebe  eine 
ganj  aufjerorbeut  liebe.  Sie  Vereine  unb  (Mefellfdjafteu  halten  tfjre  Seibnacht«* 
feiern,  roobei  freilief)  bie  Stimmung  bei  Aufführung  oon  Sheaterftücfen,  bie 
bem  ernften  religio fen  Gb,arafter  bed  Jvefteö  oft  bireft  entgegen  gefebt  finb, 
feine  fonberlicb  roeiheoottc  ift.  (Jbenfo  unangemeffen  ift  e$,  bafj  einzelne 
2Beif)nachtsfeiern  oft  febon  im  Nooember  beginnen  unb  anbere  erft  na*  Sret« 
fönig  oeranftaltet  roerben.  -'Cu.ii  bie  geroöi)n(id)  bamit  oerbunbenen  Lotterien 
unb  Verweigerungen  ftnb  faum  baju  angetljan,  ben  Veranftaltungen  eine  be- 
fonbere  Sinnigreit  ju  oerleiben. 

Sie  Soloeftcrfeicr  roirb  in  ben  OJaftbäufern  nach  althergebrachter 
Sitte  mit  bem  „Auöfnobeln"  oon  Vrefceln  eingeleitet.  Sa$  (äftige  fterumfd)ideu 
oon  Viftteufarten  ^ur  }ieujabr$gratulation  ift  in  oielen  Familien  bura)  ein 
©efebent  an  bie  Maffe  be*  ftäbtifdjcn  .fcilfdoerein*  abgelöft  roorben.  Viel 
«ergerni*  erregt  ba*  roüfte  Schreien  unb  Sineficn  in  ber  fleujabränaebt  in 
ben  Straften  ber  Stabt,  befonberä  auf  bem  SHarftplafce. 

Sie  öffentlichen  liarncoalSauffübrungen  ftnb  früber  häufiger 
unb  impofanter  gcroejen,  als  jefct.    Riecht  roibcrroärttg  unb  abftoftcnb  ftnb  bie 


*)  Serfelbe  tft  bejeidmenb  für  bie  Umftänblid)fcit  unb  überfchroänglicbc 
Wefüblääufeerung  ber  ^cit : 

„S  r  au  e  ranzige.  (S$  f>at  bem  2tttmäd)tigcn  gefallen,  meine  fo 
innigft  geliebte  (Mattiu,  Sßilljelmine  Vuifc,  eine  geb.  Scbroörmäunin ,  ben 
2.  biefeä  AbenbS  nad»  8  Ubr  511  fid)  tu  bie  feelige  (Sroigfeit  abjurufen  unb 
mich  baburch  in  eine  gränjenlofe  Vetrübniö  ju  oerfeten.  Sic  ftarb,  nacb>em 
fie  mir  roenige  Jage  juoor  2  tote  3){abdjen  geboren  hatte ,  am  Vranbe. 
Schon  feit  beinahe  6  föoeben  oor  ihrem  fo  frühen  lobe  litt  fie  unauS* 
fpreajliche  Schmerlen,  ba  fie  rodbrenb  ihrer  Sd)roangcrfd)aft  mit  einer  bös- 
artigen Safferfucht  beljaftet  mar  unb  brachte  it)r  Alter  auf  nicht  oolle 
31  ^sahre.  ^d)  fühle  mich  baher  aufgeforbert,  allen  meinen  unb  ber  Vcr* 
eroigten  oerchrungdroürbigen  ^reunben  unb  Jyrcunbinnen  biefe  traurige 
Nachricht  ju  geben  unb  Sie  51t  bitten,  mir  fernerhin  obre  fdiafobare  Jvreunb* 
febaft  ju  fchenten.  lleberjcugt  oon  ieber  Jcilnnbme  an  biefem  meinem 
traurigen  Scbidfale  oerbitte  ich  mir  alle  Veilcibebcjeugung  unb  empfehle  mich 
in  Serofelben  beftänbige*  fDoljlroollen. 

^iaftatt,  ben  4.  3)ierj  1795. 

Ser  Verewigten  @atte. 
Vucbb^alter  Sieoert 


Digitized  by  Google 


I 


588  ^forjbeim  im  19.  Sabrbunbert. 

Dielen  oerlumpten  (Meftalten,  welche  man  an  ben  Jyaftnadjtdtagen  truppn>eife 
berumjieben  ficht,  mäbrcnb  bie  Minbcrfoftüme  meift  einen  gefälligen  l*tubn|cf 
machen,  ^nbeffen  erfreuen  fid)  bie  oft  mit  Dielen  Äoften  «nb  großen 
Opfern  an  gelt  Derfmnbcnen  Ibeatcrauffubrunc;en  ber  gefelligen  Vereine  großer 
Beliebtheit. 

Tie  oier  ftircftrocirjcn,  ber  flltftabt,  ber  3lu,  ber  Äaufeenbad)  unb  ber 
^torftabt,  fomie  biejenigen  ber  umliegcnben  Crtfcbaften,  werben,  trofcbem  ba« 
iöerein«leben  fid)  immer  mehr  ausbreitet,  lebhaft  befugt  unb  bei  üßein  unb 
Tanj  gefeiert.  Ter  (Meuufe  an  Mird)wethfud)en ,  neuem  SBein  unb  lan^ 
oergnügen  gibt  jenem  ber  alten  3eit  firfjcr  nicbt«  nad).  2lud)  an  ben  altber» 
gebracht  fit  Sd)lägereien  ift  fein  Langel.  Tod)  fommen  fotdje  meift  weniger 
unter  ber  einheimifdjen  al«  jugemanberten  SlrbeiterbeDÖlferuug  oor,  wie  über= 
baupt  ba«  gefellige  Veben  feine«weg«  an  3(nuel)mlid)feit  gewonnen  tnrt  bura) 
ben  ftarfen  $teoöl!erung«5uwacb«.  Tie  Dielen  (Treffe  auf  ben  Sonntag  für 
Sonntag  im  fterbft  ftd)  folgenben  .Uird)wciben  gaben  ber  Bebörbc  wieberbolt 
jum  (Jinfdjreiten  3(n(aft.  (linc  allgemeine  SHinifterialoerfügung  oom  ^a^re 
1B40  oerlangte,  baft  bie  Jeier  ber  Äircbmeiben  übcraU  möglicbft  gleichzeitig 
abgebalten  werben  follten,  bamit  bie  weltliche  fteier  mit  ber  fird)licben  HNN 
mögltd)  auf  einen  Tag  falle,  alfo  auf  ben  3.  Sonntag  im  Oftober.  Xttf 
eine  Stemonftration  ber  (Memeinben  Baufcblott,  ilUirm  unb  Äiefelbronn  er* 
wiberte  im  ^abre  1857  ba«  Oberamt:  3n  einem  Bejirfe  mit  taufenben  reiaV 
bezahlter  Arbeiter,  benen  jebe  (Gelegenheit  %u  Veicbtfinn  unb  SJerfdjweubung 
willfommen  fei,  werbe  bie  ^erorbnung  über  bie  umfdjidjtig  |ii  b^ltenben 
.«irdjweiben  möglicbft  einjdjreitenb  ju  bebaubclu  fein,  wenn  nid)t  Uebel  aller 
Xd  erwachsen  follen.  Tie  Mircbweibfefte  in  ber  näcbftcn  Umgebung  ber  Stabt 
bienten  nicht  etwa  ju  gern  gegönnter  (Srbolung  unb  Erheiterung  eine«  Torfe« 
unb  ber  üterwanbten  feiner  Angehörigen,  fonbern  fie  feien  in«gcfamt  Ster* 
anlaffungen  für  bie  gefamte  ftabrifbeoölfcrung  ju  3(uöfd)weifungcn  aller  Hrt 
unb  müßten,  oon  biefem  (Gefid)t«punfte  au«  angefehen,  al«  wahre  Uebel  er= 
fdjeincn.  Tamit  feien  aud)  bie  ftabrifanten  etnoerftanben,  benen  bie  5ttrd)= 
weihbefudjer  oft  halbe  lochen  oom  (Gefdjäfte  fernblieben.  ©«  fei  bringenb 
ju  münfd)en,  bafe  biefe  jewctl«  aufcerorbentlid)  befugten  ftefte  möglichst  einge= 
fdjränft  würben.  Tie  :Hemon|*tranten  erhielten  aber  bamal«  oon  ber  Regierung 
9ied)t,  unb  erft  anfang«  ber  90er  ^aljvc  würben  bie  Äirdjwctben  be«  ganjen 
Bejirf«  auf  brei  oerfdjiebene  Sonntage  oerlegt  —  nidjt  jum  Unfcgen  ber 
Beoölferung. 

Tie  .frauptftätten  ber  (Gefelligfeit  für  bie  oornehmen  Äreife  waren  bie 
Zäunte  be«  (überall  beftehenben)  Mafmo«  unb  ber  l'efegefellfchaft.  3eben 
hinter  war  (Gelegenheit  gegeben,  fid)  bureb  lanj  unb  Spiel  ju  ergöfcen.  *ud) 
in  ^rioathdufern  würben  manche  langen  Slbenbe  in  munterer  (Gefellfdjaft  oer- 
guügt  jugebradjt.  ^m  Sommer  fanb  man  fid)  in  einigen  (Gärten  beim  Megel* 
fpiel  jufammen.  Ter  Bürger  befuchtc  Sonntag«  fein  üikinhau«  unb  oerbrachte 
bort  in  gewohnter  (Gefellfdjaft  einige  Stunben  in  anregenbem  (Geplauber  über  bie 
Tageeereigniffe,  bie  Wemeinbe*  unb  hohe  töcltpolitif.  #abrtfant,  fcanbmert«* 
manu  unb  Slrbeiter,  mit  bem  unoenueiblidjen  Pfeifchen,  gingen  aud) 
gerne  in  bie  Bierbäufer,  wo  e«  abenbs  meift  red)t  lebhaft  juging.  ttartenfpicle 
waren  bamal«  weniger  beliebt  al«  heute.  (Tin  feit  1790  beftehenbe«  tfaffee^ 
hau«  unterhielt  ein  ^billarb,  |U  jener  ,^eit  etwa«  befonber«  IMerfwürbige«.  ^n 
ber  £efegefell|cbaft,  bem  fpdtercn  iHufeum,  war  jeben  abenb  (Gelegenheit  geboten, 
an  einem  freunblid)en  unb  geräumigen  Orte  „in  wortlofer  !Hube,  in  trautem 
(Gefpradje,  im  erheiterubcu  Spiele  ober  burd)  anregenbe  l'cftüre  ftd)  Itt  unten 
halten".  9tud)  oeridjaffte  fie  burd)  ben  ^efejirfel  unb  eine  für  jene  ^eit 
anfehnlid)e  s-Bibliothef  ihren  Witgliebern  Belehrung  unb  .^erftreuung. 

ftedjt  lebhaft  war  ba«  gefellige  ireben  in  ben  40er  ^a^ren.  .frauptfdd)lid) 
war  e«  bamal«  bie  leibige  ^olitif,  weld)e  bie  l'cute  am  Hbcnb  sufammen« 
führte  unb  häufig  genug  länger  jufammen  behielt,  al«  ber  ^olijei  unb  ben 


Digitized  by  Google 

i 


pic  T*foT\Mmtt  -£d»fiidffffffc6ttft  in  6rn  50ff  öftren. 


1.  ftriebridi  Metfor,  troroentoirt,  2.  Rarl  <vUiiict).  ftdbrifttnt,  8.  Cnicriiu 'Ku*clbci\Kr,  i 
5.  Dr.  med.  £ietttitltt,  rt.  thriMoob,  **cder,  ftabritaitt,  7.  ^iclanot,  H.  fcjilb.  Mampf, 
^abrifant,      Xiifl.  irtmuin,  'J<iid>pnicfer,  10.  Utiaou-r,  Sanfter,  11.  Jrricor.  irbntmann, 
12.  oon  ,ubcr,  I  i.  ,\oij.  Mteitte,  $dbrtfant,  14.  ftorftmetfter  vol>,  15.  <*iottid>aid.  roanacL 
Stabtpfarrcr,  16.  cdjuh,  fatb.  StaMpforrcr«  IT.  ^abrifaiti  Wrofr,  1h.  ^ncortd)  fc>alv 

Kaufmann,  H».  ,\.  ö.  Stoller,  SRaicr. 


Google 


Sfortfeim  im  19.  Sabrbunbert.  &89 


&au*fraucn  lieb  fein  mod)te.  2)ie  Umgangsformen  würben  berber,  ber  öers 
fefjräton  rüber  a(d  je,  mib  gar  mandjeSmal  würben  bie  2Keinung*oerfd)iebens 
fjciten  mit  fdjlagenben  iBeweifeu  oerfodjten. 

3Me  fünfziger  §at)ve  bejeidjnen  einen  ftarfeu  Stüdgang  be*  gefeUigen 
bebend.  2lu*  jener  $eit  ift  älteren  l'euten  nod)  bie  , . Vbtuciiflcfciif tiiaf t" 
in  Erinnerung,  eine  Bereinigung  oon  Herren  ber  oornefünen  ©efellfdjaft,  bie 
an  jmei  ftbenben  wödjentlid)  311  Spiel  unb  untert)altenben  Öcfprädjen  fid)  im 
„i'öwen"  jufammenfanben. 

tirft  in  ben  60  er  Oiatyren  belebte  fia)  bie  Öefelligfeit  mieber.  $ie 
£>auptftätte  berfelben  mar  bamal*  unb  bi*  gegen  1890  bie  „SUte  Äeppelei",  mo 
fid)  Arbeiter,  ."banbmerfer  unb  Beamten  aUabcnblid)  ju  »ereinigen  pflegten,  oljne 
auf  jene  fdjarf  abgegrenjte  Stangorbnung  9tüdfid)t  ju  nehmen,  bie  ba*  SBirt*f)au*s 
leben  l)eute  lennjeidjnet  unb  bie  ber  Jörberung  eine«  gefunben  fojialen  Seben* 
wenig  bienlid)  ift.  Eine  urgemütlidje  Öefellfdjaft  mujs  ftd)  in  biefer  3C**  um 
'  ben  geiftreidjen,  aud)  al*  $id)ter  beften*  betannten  (Graveur  J^-ri»  ^rtinniter 
gebildet  haben.  £ic  Hainen  unb  Xljaten  ber  „Sarai)*,  „Sajommel",  „fcerren= 
üoIj",  „langer  lieber"  u.  a.  bilben  Ijeute  nod)  oielfadi  ben  ®efpräd)Sftoff  alter 
^forjfjeimer.  Rubere  ©ammeiorte  waren  3teny  ©laäljqlle,  JHettenmaier  jum 
„untern  Gngel",  bie  „'öpoaria",  weld)e  bi*  auf  ben  heutigen  Sag  einen  9(m 
jieljungSpunft  für  bie  kaufmanufdwft,  Beamte  unb  i'efjrer  bilbet. 

Süäljrenb  ber  oornebme  leil  ber  (Siumofmer  l)cutc  nod)  neben  ber  alten 
2trt  ber  gefclligen  ^ufammenfünfte  im  Wufcum  unb  in  ber  ,,9tcbell)öf)le''  gerne 
bie  öefelligfeit  im  .paufe  pflegt,  befriebigt  ber  fleinere  HKittel*  unb  ber  Arbeiter; 
ftanb  feine Erholung  auäfdjliefilid)  im «ereinslebeu.  Tic  ftuäbilbuug be* mobemen 
SJereinömefen*  f)at  bie  aufjerf)äu*lid)e  (Uefelligfett  fcr)r  geförbert.*)  25ie 
(Mefang=,  Xurn=,  ^anbwerfer^  unb  eine  Stenge  fonftiger  Vereine,  ja  aud)  jumteil 
bie  politifdjen,  namentlid)  bie  ber  Sojialbcmofraten,  fefjen  bei  befonberen 
Xttlftffcn  eine  il)rer  Aufgaben  aud)  in  ber  Pflege  oon  jamtlienoergnügungen. 
9ted)t  wobltl)ucnb  berühren  bie  an  Sonn^  unb  geiertagen  von  Jamilienoätern 
unternommenen  HuSflüge  mit  ftrau  unb  Äinbern  in  bie  umliegenben  Ortfdjaften. 

Stuf  feinen  5lu*flügen  liebt  e*  ber  ^forjfjeimer  „etwa*  braufgetjen"  8" 
laffen.  @r  ift  ein  ftreunb  oon  einem  guten  unb  ausgiebigen  ^efper  unb 
blidt  mit  einem  gewiffen  fpöttifd)en  3)Htleib  auf  ben  genügfamen  SRcfibcnjter, 
ber  meljr  auf  ben  fragen  bält  al*  auf  ben  SWagen. 

?a$  auSgebeljnte  Äneipenleben,  ba*  fid)  ber  Steigerung  be*  SMer* 
fonfumS  entfpred)enb  gehoben  l)at,  ift  ein  ber  ©egenwart  eigentümltdje*  unb 
beflagenäwerte*  Clement.  £ie  Sdjattenfeiten  be*  ttneipenleben*  ftnb  in  einer 
Earftelhmg  ber  ^forjljetmer  treffe  aus  bem  %at)ve  1900  etwa«  braftifa),  aber 
treffenb  gefd)ilbert : 

„(*S  ift  immer  etwa*  loS."  Äein  Sonntag  »ergebt,  an  bem 
nidjt  3Jerein*fefte,  Ausflüge,  Jtränsdjen  unb  immer  neue  SJergnügungSarten  bie 
Safdjen  ju  erleichtern  fud)en.  lötag  ber  Söinterfdmee  wirbeln  ober  bie  grüfjling** 
fonne  in*  ftreie  loden,  mag  bie  Sommcrfonne  brennen  ober  ber  §erbftfturm 
beulen,  einerlei:  ba*  «erlangen,  fid)  ju  amüfteren,  fdjafft  bie  Gelegenheit, 


*)  3tber  e*  liegt  aud)  eine  gute  Softe  SBafjrljeit  in  bem  2ßort,  ba| 
„oor  (auter  @efellfa)aften  feine  redete  (Mefeüfd)aftlid)feit  meiii  auftommen  fann, 
baf(  ba*  $erein*(eben  oerflad)enb  wirfe  auf  ben  (Sljaratter,  auf  ®eift  unb 
(9emüt."  Ueberau  l)errfa)t  ber  3ll9  fafteumäpiger  3lbfd)lie$ung  unb  bie 
beute  meljr  al*  je  in  $etrad)t  fommenbe  politifd^e  (^efinnung,  fowie  litel  unb 
.t Littel  beü  (j-inwincu  c\cikh  ben  !tfuefd)lag  -für-  bU  $ttai}l  be*  herein*,  -ric 
jenigen  Bereinigungen,  welche  nad)  alter  Xrabition  auf  fo(d)e  iHcuiuuiia)feiten 
nidjt  fe^en,  finb  bie  löblidje  Singergefellfd)aft,  bie  Iurua,emeinben,  bie  folbatifdjen 
SBereinigunflen,  in  beneu  fid)  alle  Stänbe  unb  ^arteten,  ob  reid)  ober  arm, 
in  brüberlidjer  eintragt  bie  §anb  reidjen  ju  aufridjtiger  söetl)dtigung  ber  i^nen 

burd;  bie  Sa^ungen.  oorgefdjriebenen  ^Sflid)ten. 

«•■■  .•'•*•'*•..  •     •  .  •  •  • 


Digitized  by  Google 


B90 


^for^biini  im  19.  Onbi buttert. 


unb  bie  «eleaenbeit  frfjafft  ba*  SJerlanflen.  lieber  bie  unerträa,lid)e  Saft  ber 
Slbaaben  (liebt  ed  oiei  Durren  unb  3tölmen;  aber  roir  bebenten  nur  feiten, 
roie  bod)  wir  im!  Klbü  bcüeuern  burrf)  bie  &u«aab<u  für  unfer  Siergnüa,eu. 


 im — 


*  < 


Söanbflcmäf&r  tut  ^UtoßcITer. 

d$  werben  in  £eutfd)lanb  jährltd)  etwa  50  bis  f>0  Warf  pro  Äopf  ausgegeben 
allein  für  ben  Wenufe  uon  it'ctn,  öier,  ^Branntwein.  Unb  bei  biefen  ftuägaben 
bleibt  cv  uoa)  mau.     Süeldje  erfdnitternben  Öcfdjia)teu  von  menfdjlidjem 


Google 


$fotabeim  im  19.  3obtbunbett. 


691 


vetdtttinn,  oon  ber  Blinbljeit  uub  bem  (Slenb  ber  SkrgnügungSfudjt  (önutc  baS 
1'eiljhauS  wohl  erjählen!  Dafe  unter  foldjen  ^er^altniffen  mandjer  fcauSftanb 
jurütfgeht,  bafj  ber  i*otjn  nid)t  auSreid)t  unb  bie  Jtinber  fdjledjt  genährt, 
fd)lcd)t  gefleibet,  l.iiicvht  erjogeu  bnhinftedjeu  muffen,  weil  eS  am  "Äötigften 
foiiit,  baft  für  5traitf()eit  uub  Unglüd  fein  Notpfennig  in  bei*  Sparfaffe  liegt, 
baran  finb  nid)t  in  erfter  i'inic  bie  fd)led)ten  Betten  fdjulb,  fonbern  bie  oielen 
fiuftbarfeiten  unb  Vergnügungen.  2Ser  jum  Söohlftanb  fommen  will,  f>at  3eit, 
SlrbettSfreubigfeit  unb  0*clb  nötig;  aber  gerabe  biefe  brei  Dinge  werben  unS 
von  ber  !öergnügungSfud)t  geftof)len.  ©auj  befonberS  wirb  burd)  biefe 
unfere  t)eranwad)fenbe  ^ugenb  bebroht  uub  gcfdjäbigt.  Denn  nur  ju 
letd)t  gewöhnt  fid)  biefelbe  an  ^ebürfniffe,  bie  ihr  baS  fpätere  i'eben  nid)t 
erfüllen  fann,  unb  fie  oerliert  baburd)  ben  Öeift  ber  Sparfamfeit  unb 
ber  (Benügfamteit.  ißenn  foldje  junge  £eute  bann  fpdter  einen  eigenen  wutS* 
ftanb  grünbeu,  bann  fallen  fie  faft  mit  tötlid>er  Wewip^eit  ber  Unjufriebenljeit 
unb  bem  CSlenbe  anhetm,  unb  eS  ift  eine  alte  Erfahrung,  bafj  eS  mit  ber 
VergnügungSfudjt  anfangt  unb  mit  ber  Vcrfommenheit  unb  am  «ettelftabe 
enbet.  3ßenn  auf  irgenb  einem  «ebiete  bcS  VoltSlebenS,  fo  ift  tjier  eine 
Slenberuug  nötig." 

^ür  bie  "Hrbeiterflaffc  (oiumt  babci  bei*  (rinflufc  ber  neuen  wtrtfd)aft* 
lidjen  Verbaltniffe  in  Steira  in.  Die  einzelnen  Stäube  uub  $krufSflaffeu  tyabcn 
fid),  wie  bereits  angebeutet,  feit  1870  mel)r  unb  mehr  von  cinanber  gefdjicben 
unb  fua)en  ihre  geiclligen  *rettbeu  unter  fid). 

Die  fleinen,  niebrigen  unb  raud)igen  SMerftuben  haben  grofien  luxuriös 
auSgeftatteten  SMerpaldfteu  ^lajj  gemadjt.  Das  Moloffeum  mit  Variet&heater 
Derfammelt  bie  genufelicbenbe  Au  ienb  jebe  itiodjc  einigemal o  in  feinen  Baumen. 
Der  StatSfeller,  bie  ftloftermuble,  baS  iüanrifdje  ^ratihau*,  ber  ^ifäljer  $of, 
finb  oou  ber  befferen  ©efelljdjaft  fleißig  befudjte  Sofale.  Dod)  ^at  eS  ben 
4lnfd)ein,  als  ob  fid)  ber  edjtc  ^forjbeimer  in  biefen  neuen  ^Jradjtlofaleu 
weniger  bel)aglid)  fül)le  als  in  ben  früheren  Kneipen.  DaS  lefcte  ^ierlofal 
nad)  altem  etil  war  bie  Brauerei  Hern,  an  beren  Stelle  jetyt  bie 
„Äaiferblume"  ftel)t.  Sin  beftimmten  Stbenben  oerfammelte  fid)  bort  uod)  in 
ben  80er  fahren  eine  nad)  Staub,  politifdjcm  unb  religiofem  *efenntni$ 
burdjauS  gemifd)tc  Öefeüfdjaft  unb  unterhielt  fid)  bei  anregenben  Wefprddjeu 
uub  l)eiter  arrangierten  Sd)(ad)tfeften  ftetS  aufs  befte.  Die  leibige  ^olitil 
(>at  aud)  hier  iljren  3<mtap\t\  hineingeworfen  unb  biefer  legten  Stätte  alt* 
pforjljeimerifdjer  ÖcfeUigfeit  ein  unrühmliches  (Snbe  bereitet. 

3m  allgemeinen  trug  bie  Unterhaltung  in  ben  erften  ^ab^ebuteu  einen 
ftrengen  religiöS^üaterlänbifdjen  (Sbarafter,  währenb  fie  früher  einen  mehr 
freigeiftigen  unb  foSmopolitifdjen  tyatte.  3Wtt  ben  30  er  fahren  fe^te  ein 
Umfdjwung  ein.  Die  poiitifd)e  lenbenj  trat  lebhaft  in  ben  Vorbergrunb  alles 
^ntereffeS,  unb  biefer  ^ug  würbe  immer  ftdrfer,  bis  nad)  ben  politifd)en 
Umwäljungen  in  ber  Glitte  beS  ^a^rhunbertS  wieber  ein  9tücffd)lag  eintrat, 
fceute,  nad)bem  wir  ein  frdftigeS,  nationales,  öffentliches  Veben  errungen  f)aben,  ift 
bie  Unterhaltung  uid)t  mehr  oou  einem  einigen  ^utereffe  befonberS  beherrfdjt, 
abgefehen  oou  jufälligen  (Sinflüffen.  Das  9tioeau  ber  Unterhaltung  richtet  fid) 
nad)  ben  Teilnehmern.  Die  feine  ®efcllfd)aft  bewahrt  einen  fonoentionellen, 
unanftöfrigen,  glatten  Don  ber  Unterhaltung;  liefe  ift  gerabe  triebt  immer 
eriDünfd)t;  bagegeu  t)errfd)t  ein  gewiffer  (MefiunungS}wang.  iMau  fe&t  oorauS, 
bafi  ber  aubere  „woljlbenfenb",  „gutgefinut"  fei.  xx>u  beuiUeiicu  ber  geiftigen 
(Slite  t>errfc^t  ein  freieres  belebteres  siöefen. 

Die  ®ef et  1  f d)af tsf piele  ber  (^rwad)fenen  wie  ber  x\mKno  tyaben  ftd) 
wenig  oeränbert.   Sßi^ige  Spiele  finb  feltener  alS  r^armtofe  ^fänberfpiele, 
3}linbefuhfpiele,  Äämmerdjenoermieten,  3)iofierftuhl  te.   mad)en  aud)  ben 
roachfenen  mand)inal  Jreube.   Neu,  aber  nid)t  immer  bem  beutfdjen  SJolfS^ 
djarafter  angepaßt,  finb  bie  oon  Gnglanb  importierten  Spiele  ber  oornel)men 


Digitized  by  Google 


&92 


^forabeim  im  19.  $abrbunbett. 


Öefellfdwft :  ba$  tfu&ballipiel,  Varontenni«  unb  iSrodet.  beliebte  Äartenfpiele 
um  geringen  Ginfafe  ftnb  ba$  6H=SpicI,  Cego,  larrod,  Sfat,  lapp. 

(Sine  .t>ouptroürje  ber  gcfeUidjaftlicpen  Unterhaltung  —  fcer  Xau\  — 
jeigt  in  ber  Crntioidluug  roäl);enb  bc*  Mrbunberte  einige  2öanblungen.  ©r 
ftanb  unb  ftet>t  im  Wittelpunft  beö  gefelligen  Jöauptfefteä,  be*  «alle«,  $abei 
herrfdjte  früher  unftreitig  eine  größere  (rinfadjheit.  (sin  Souper  gab  eS  feiten, 
unb  oon  ben  heutigen  (iottllonfineffeu  hatte  man  feine  Ahnung:  ed  genügten 
fleine  Sträußen  unb  $änber.  Tic  grofeen  SLiintcrbälle  ju  »nfang  be$ 
oabjbunbert*  belegte  man  mit  ber  allgemeinen  ^cjeidmung  3Na$fenbälle.  £ie  Vor- 
liebe für  öfjentlidjc  $*älle  fdjeint  in  befferer  Wefclifdjaft  mehr  ben  ftauSbällen  $la$ 
ju  madjen.  6d>ou  in  ben  30  er  unb  40  er  fahren  fam  alljährlich  ein  lanj* 
meifter  in  bie  ctabt  unb  empfahl  fia)  in  gemähten  Sluäbrüden  einem  tfoben 
^ublifum  al$  maitre  de  danse. 

$)ie  fidj  ftetig  fteigernben  ^tnfprüdje  unb  bie  Sucht,  cd  ber  oermögenberen 
Älaffe  in  Vuru*  unb  Vergnügungen  nadjuitbun,  bat  fdjon  bei  vielen  jungen  beuten 
recht  üble  folgen  gejeiticit.  Weuerbingö  galten  oornebmc  Familien  bie  Tanjftunbe 
im  eigenen  fraufe  ab.  ^ebroeber  unnötige  31ufroaub  ift  oerpöut,  bagegen  roablen 
fte  fieb,  naa)  (Mutbünfeit  bie  am  Unterricht  teiluef)meuben  jungen  ifeute  felbft 
auö  unb  feben  babei  weniger  auf  oornebme  .'oerfuuft  al$  auf  löoblerjogenbeit 
unb  ein  gefitteted  Wenebmen.  3"  Dcn  alten  Nunbtäujen,  jur  Franchise  unb 
bem  Lancier  famen  in  ben  lefrten  ^abrjebnten  nod)  bie  „Washington 
Post",  „Pas  de  quatre".  „Pas  des  Patineurs",  „Graciana",  „Tyrolienne" 
„Menuett".  Tie  latuftunbe,  früher  auefcblie&licb  oon  ber  begüterten  ®efell* 
fdjaft  beuü&t,  wirb  freute  oon  ber  ^ugeub  aUer  OJefellfdmftdfretfe  befud)t. 


gereifte  jttr  Pflege  ber  SCnterßaftuttg  unb  <Meu"ta,&ett. 

Allgemeinem. 

(£ine  befoubere  Vorliebe  mad)t  fid)  in  sPfor$beim  bemerfbar 
für  formale  Eilige:  3Jlufif,  ©efang,  inrnen  unb  aller  3lrt  Sport, 
rcortn  bie  s^for5beimer  anerfannt  $eroorragenbe8  leiften,  roäljrenb 
5kftrebungen  auf  geiftigen  ©ebieten  roeniger  eifrig  unb  met)r  in 
Heineren  gefdjloffenen  Sheifen  gepflegt  roerben.  3)er  erfte 
^forjtjeime'r  Abrejjfaleuber  oom  Oatjre  1859  nennt  an  Vereinen 
für  gcfellige  unb  untertjaltenbe  3tuecfe  nur  10,  jener  uom  3at)re 
1872  =  15,  im  3>af)re  1900  waren  eS  bereu  102. 

^Dic  ältefte  biefer  ©efellfdjaften  ift 

pie  C'diüIn'itiU'lVIllifiaf t  (fiefje  Seite  50  unb  152).*) 

3m  ^abre  1824  rourbc  bie  noch  1817  betätigte,  oon  3Ravb 
graf  Weorg  ftriebrid)  ber  Sdnifcengefellfdjaft  „$u  einem  beftänbigen  OkbcWjtmä" 
bewilligte  jährliche  Wnabengabe  oon  15  fl.  fettend  ber  ftof  *  2?omänenbehörbe 
aufgehoben.  Tie  Verlegung  beä  chnoürbigen  (Sbarafterä  ber  Stiftung  beroog 
bie  ocbüfcengefellfdjaft,  unmittelbar  bem  (Mrofiberjog  £ubioig  ihre  SJefchroerbe 
gegen  biefen  tiefötuft  oorjutragen  unb  ihn  um  Slufredjterhaltung  ber  alten 
(Gepflogenheit  ju  bitten.  £ie  $itte  rourbc  gewährt  unb  bie  $abe  bid  1872  entrichtet, 
^n  biefem  ^ahre  rourbe  fie  mit  uoö)  anbereu  Stiftungen  aufgehoben.  ^um 

banfbaren  2lnbenfen  an  jenen  ÖJnabenaft  ftiftete  bie  OJefelifdjaft  am  St.  §ubertuä* 

_  

*)  Cueüen:  3lufjeidjnungen  bc*  .v^crrn  ebelfteinhänbler  Äarl  SWaurer 
über  bie  6chüfcengefeUfdmft. 


Digitized  by  Google 


^torgbeim  im  lö.  3abrbunbert. 


593 


tage  1824  $u  ihrem  (Eigentum  unb  junt  QJebraud)  bei  freubigen  2(nläffen  einen 
ftlbernen  ^o!al  mit  beut  «ilbniffe  be*  (Mrofeljerjog*  Subioig. 

iBoit  ba  ab  begann  eine  „Seit  frifdjen  fröhlidjen  Seben*  unter  ben 
Sdjüfcenfreuuben.  Sdljäfjrlid)  mit  beginn  ber  befferen  3ahre*jeit  erfolgte  ber 
9(u*,uig  nad)  bem  Sd)ief}l)aufe  jum  dröffnung*fd)iefien.  >  nad)  Umftänben 
gefdiat)  berfelbe  in  ftiller  Weife  ober  aber  unter  ftörnerflang,  mit  3>°9bmufif 
unb  Jvafme,  bie  Sdjüfcen  in  Uniform  mit  Sütbfe  unb  Waibtafcbe,  bie  ftüte  mit 
Tannenjroeigen  gefdjmüdt.  ,\m  Oftober  mürbe  ba*  Sdjlu&fdjiejicn  abgehalten, 
roobei  man  in  g(cid)er  Seife  roie  beim  5lu*marfd)  im  viübjabr,  in  bie  «Stabt 
jurücfjog.  3luf  bem  ^{arftpian  rourbe  bann  eine  Saloe  abgefeuert,  roorauf 
fid)  bie  Sdjüfceu  in  tr)rer  Verberge  im  „Sdjroarjen  2lbler"  bei  einem  einfädln 
SWflf)le  vereinigten  unb  ben  $ed)er  freifen  (iefien.  £aä  @d)üfcenroefen  erhielt 
bnrd)  bie  polittfd)en  Kämpfe  in  ber  Kammer  unb  burd)  ben  $rang  im  !Öolfe 
naa)  politifdjer  ftreibeit  neue*  Seben.  3lm  22.  9tooember  1846  erliefe  bie 
Karl*rut)er  Sdjü&engefellfdjaft  folgenbe*  Stunbfdjrciben :  „^n  ben  legten  fahren 
haben  fid)  in  ganj  Teutfdjlartb  ©d)ü|yengefellfd)aften  gebilbet  unb  alte  neu 
organiftert.  Ta  nun  aber  bei  (Meift  unferer  3*it  fein  müßige*  Spielen  bulbet, 
fo  mujs  ein  beftimmter  Öebanfe  malten,  roeldjer  biefe  Vereine  aufammenhält, 
inbem  er  ihrem  Ireiben  einen  $wd,  ir)rem  i'eben  eine  Stiftung  giebt. 
Grfennen  nun  bie  6d)üt»engefellfd)afteu  ihre  bösere  üeftimmuug  barin,  bafi  fie 
bie  33üd)fe  unb  bie  ^ertigfeiten  in  tt)rer  £>anbb,abung  im  Süolfe  oerbreiten, 
um  bie  Jüürger  männlid)  unb  toer)rr)aft  IU  mad)en,  fo  liegen  bie  9)ürgfdwften 
für  iljr  $}eftel)en  unb  Wirfcn  in  ber  Waffeuluft,  bie  mit  bem  £eutfö)en  geboren 
roirb,  in  ber  (Erinnerung  an  bie  Xlmtfraft  einer  vergangenen  $eit  unb  in  bem 
mächtigen  9iationalgcfül)l  ber  Wegentoart."  Tic  ®d)ütyengefeUfd)aft  übte  ftd) 
fortan' tüd)tig  im  Sdjiejjen,  in  ber  ftaubbabung  ber  SBaffe  unb  in  ber  Pflege 
be*  paterlänbifeben  Sinne*.  Jim  14.  2lpril  1848  perpflid)teten  fid)  40  2Wit* 
glieber:  „mit  aller  Alraft  baut  beizutragen,  bafi  bie  Orbnung  in  fuefiger  Stabt 
aufreebt  erhalten  toerbeu  unb  für  ben  fiaü,  bafe  fie  geftört  mürbe,  auf  ben  erfteu 
Trommelfdjlag  beim  Statljaufe  mit  ihren  Waffen  ju  erfdjeinen." 

Tie  ©efellfdmft  bot  fo  für  bie  erfte  §älfte  be*  ^ab,re*  1848  eine  will* 
fommene  8d)ufctruppe,  bi*  bie  ^ürgerroebr  beroaffnet  unb  eingeübt  roar.  §m  Slpril 
1848  jäljlte  bie  Sd)ü$engefeUfcbaft  63,  1849  =  105  iHitglieber.  6d)ü&en* 
meiftcr  roaren  eilbcrroarcnfabritant  (5l)rift.  Jriebr.  &aug  ber  lange  &aug. 
Sinti  auf  bem  $ilb :  tfahnenroeibe  ber  ^ürgerroebr),  unb  Kaufmann  Vcmmeiid). 
3m  Januar  1848  bilbeten  53  '•Dlitglieber  ba*  fog.  3a)arffa)ü|jen^al)ulein  ber 
Söürgerroehr. 

9iad)  öefefcung  ber  Stabt  burd)  bie  ^reufeeu  mußten  alle  Waffen  abge* 
liefert  roerben,  unb  ba*  ®efeUfd)aft*fd)ief$eu  rubte  bi*  *um  Jahre  1852.  Ta* 
nad»  (Mrünbung  be*  beutfa)cn  <2d)üfcenbunbe*  im  ^abre  1862  ju  ftranffurt  3R. 
abgehaltene  erfte  beutfdje  öunbc*fd)ie&en  gab  ber  ßefeUfdiaft  roieber  einen 
mäd)tigeu  ^mpul*.  «Heue  Söaffen  mürben  angefd)afft  unb  bie  ©djiefipla&e 
übten  roieber  eine  grofte  Sdijie^ungdfraft  au*. 

Ter  alte  8d)ie$pla|f  am  füblid)en  @nbe  ber  3)leid)e  roar  burd)  bie 
Anlage  ber  Strafte  unb  ben  mangelnbeu  SRaum  für  bie  Xauer  unbraudjbar 
geroorben.  Turd)  ba*  (Entgegenfommen  ber  Stabtoerroaltung  erhielt  bie 
3d)ü^eugefellfd)aft  einen  neuen  §d,iefip(a$  auf  ber  <3d)anj  überlaffen,  roo  im 
^uni  1863  bie  erfte  Uebung  ftattfanb.  Slufeer  ben  geroöbnlid)en  Sd)ieftübungen 
rourbe  pom  7,— 11.  2luguft  1864  ein  Krei*fd)ieften  für  9iteberbabeu  baljier 
abgehalten,  ju  bem  fid)  oa)ü^en  au*  $)abeu,  Württemberg,  kapern,  ber  ^Jfalj 
unb  ber  odjroeij  einfauben.  0)efd)offen  rourbe  auf  4  Stanb*  unb  4  ^el^Ic^r* 
fd)ciben  unb  je  eine  Jyelbfdieibe  auf  beibe  Entfernungen.  3ab/Ircid)e  Öbren* 
gaben  ftifteten  bie  Stabt  unb  ^rioate.  Ten  Öabeutempel  fdjmücften  85  Jelb* 
unb  25  3tanbbed)er  au*  Silber  im  Werte  pon  je  30  fl. 

^m  3uli  be*  Miieg*jab,re*  1866  übernabmen  bie  waffenfähigen  5Wit« 
glieber  bi«  2Jerpflia)tung  für  ben  eia)erh,eit*bienft  ber  Stabt  in  gemeinfdiaft* 

b8 


Digitized  by  Google 


594 


^forabeim  im  19.  Saforbimbett. 


lieber  Drganifation  mit  ben  Turnern  unb  bem  JeuerwebrforpS ;  ebenfo  im 
^ahrc  1870;  oon  morgend  6  Ub,r  biö  mittag*  12  Uljr  bejog  jeroetld  eine 
©djüfcenabteilung  bie  SJadje  am  Öalmlwf,  wo  aud)  Diele  anbere  SRitglieber 
im  Dienfte  beö  £ilf«oerein$  tb,ätig  waren. 

«m  30.  unb  31.  Stuguft  1871  oeranftaltete  bie  Scbüfcengefellfdmft  ein 
woljlgelungeneä  Seban=fteftfd)iejjen. 

2luf  ben  beutfdjen  Sdnifcenfeften  in  Bremen,  SBien,  SRüncben,  Stuttgart, 
jetdmeten  fia)  bie  ^forjt>eimer  Sdm&en  jeweils  rübmlid)  aus. 

3m  3at>re  1879  würbe  ber  ©efeüfdjaft  ber  bisherige  Sduefrplafc  auf 
ber  3d)anj  für  bie  Sßeiterbeiutftung  unterfagt.  Unbefugte  Ratten  aufeerbalb 
ber  Sdjtefjftänbe  unb  3 1  tu  •  hoit äoorriditungen  gcfdjoffen;  etliche  SRale  roaren 
Hügeln  über  bie  Sdmfcroälle  funau*  geflogen  unb  Iwtten  in  SÜotjnungen  ein- 
geflogen,  bie  in  ber  Sdjujjridjtung  lagen,  £a  bie  geplanten  baulichen  $er= 
dnberungen  nia)t  genehmigt  mürben  unb  bie  fortroäfjrenben  unfruchtbaren 
Jüertjanblungen  mit  ben  löeljörben  bie  3Ritglieber  allmählich,  ermübeten,  oerlor 
fia),  namentlich  aud)  unter  bem  (Jinfluffe  be$  fd)led)ten  ®efd)äftägange8,  ba* 
^ntereffe  am  Scbiefjroefcn.  Die  Stabt  oerlangte  1885  ben  ber  ®d)üfrengefetl= 
fd)aft  überlaffenen  ßlajj  jurücf.  Eie  ftequifiten  mürben  in  baö  alte  Spruen 
haue  oerbrad):,  roo  fie  beim  ^atbaudbranbe  1891  bid  auf  wenige  Ueberrefte 
jugrunbe  gingen. 

9118  im  3anu°r  1895  bie  Anregung  jur  Äonftituierung  ber  ®efeüfd)aft 
burd)  ben  feit  1883  r)ier  beftefjenben  unb  baö  Scbjefien  mit  .-{immeruutu'it 
betreibenben  „3d)ü$en=Älub"  gegeben  rourbe,  roaren  oon  ber  alten,  feinerjeit 
fo  blüb,enben,  jeitroeife  bi*  150  SJiitglieber  jäblenben  Sdjüfcengefellfdjaft  nur 
nod)  12  oörfjanben. 

©ei  ber  ^Bieber*  Drganifation  ber  ®efettfcf)aft  rourbe  ber  ®runbfafc  auf* 
geftellt,  entgegen  früherer  (Beflogenljeit,  eine  neue  Sdjiefeftätte  nur  auf  eigenem 
@runb  unb  $*oben  ju  errieten.  Durcb,  ben  jablreidjen  beitritt  unb  bie  Opfer* 
roilligfeit  einer  großen  9lnjal)l  oon  tyreunben  ber  @aa)e  fonnte  alebau)  aud) 
ein  geeigneter  (3elanbe-MonuUa-  oon  ca.  13  3Rorgen  am  füblicbcn  Abhang  bed 
SRobS  (@d)euer*5Rain)  angelauft  werben.  @in  Sdnefrbaud  mit  öffentlicher 
9ieftauration  unb  @artenroirtfd)aft  würbe  gebaut.  Die  Sduefjbalm  \)üt  4 
Scheiben  auf  Stanb  (175)  unb  4  Scheiben  auf  Jelb  (300  3Weter),  fowie  einen 
©tanb  für  laufenbeS  Söilb  unb  }Mftolen  unb  fatn  bei  SJebarf  oergröfiert 
werben. 

Der  Söert  be«  ©runbftüdS  famt  Schiejjeinricfitung ,  Äugelfdngen  ic. 
beträgt  69300  m.  Sin  ^eftlicbfeiten  finb  weiter  $u  oerjeidjnen:  Da«  grofce 
Siuweibungefdnefjen  oom  7.-9.  September  1897. 

Da«  aUjär^rlicf)  am  9.  September  ju  Ubren  Sr.  Äönigl.  fcoheit  bc* 
ÖrofaerjogS  ftattfinbenbe  fteftfcbie&en. 

Dad  grofje  Silberfcbie&en  am  11.,  12.  unb  18.  Sluguft  1901  unb  bei 
alljäb^rlid)  im  Dejember  ftattfinbenbe  Sd)ü&enbaü*  im  SJlufeum. 

Cberfcbüfcenmeifter:  Stabtrat  SÖUfjelm  §enfel  (früber  ebelfteinbänbler 
flarl  SWaurer).    2Hiiglieberjabl  156. 

Ter  SffiiujcitHub  bat  feine  Sd)ie^ftdtte  uim  ßüumerftu^ensSd^ieften 
im  Sleftaurant  ^ßrinj  Äarl.  ©rfter  ©ajü^eumeifter  war  biet  ju  feinem  £obe 
^iuliud  cdineiber. 


per  Surttoerettt  ^forjßfitn. 

Die  lurnfadje  fanb  fdjon  in  ben  jmanjiger  ^a^xtn  auf  bie  3lnregung 
3ab,n'd  unb  feiner  ©a)tiler  aüentbalben  in  Deutfdjlanb  oiele  Slnfjänger.  ^n 
^Jfor}b,eim  bilbete  fia)  1834  eine  „Xitrugemeinfce".  Sie  blatte  jwifa)en  ber 
©naftra^e  unb  bem  ftfjöneit,  fd^atrigen  SBagner'fajen  Tiergarten  einen  ge« 


Digitized  by  Google 


$fotabetm  im  19.  ^abibunbert.  695 


räumigen,  mit  Turngeräten  gut  au«geftattetcn  Turnplafc.  Tio  Turnhalle 
bcfnnb  fid)  weiter  unten  am  2)tefcelgraben,  anftelle  be«  jefeigen  Voll«* 
fd)ulgebäube«.  Rad)  heutigen  Gegriffen  mar  fie  Hein  unb  unfeheinbar.  £a« 
©eräteturnen,  Jedjten  unb  fonftige  forperlid)e  Uebungcn  würben  eifrig  betrieben, 
babei  aber  aud)  al«  oberfte  turnerifdje  $flid)t  ber  oaterlänbifd)e  Seift  gepflegte 
Sange  $e\t  (nnburet)  war  ber  oor  wenigen  fahren  erft  oerftorbene 
©raoeur  Ifteorg  Stoib,  wela)er  in  ber  6n$ftrafce  beim  Turnplafc  feine 
SBofjnung  fjatte,  Vorftanb  ber  Turngemeinbe.  §t)m  jur  (Seite  ftanben  al« 
erfter  Schriftführer  @  m  a  n  u  e  l  Ä  l  e  i  n  unb  al«  Äaffier  Raffer  $  r.  3  i  e  g  I  e  r. 
Fahnenträger  war  Jrifc  Ättt|.  3"  beu  Vorftanb«beratungeu  würben  aud) 
bie  Vorturner  betgejogen.  25er  ©runbjug  be«  ß haraftcro  jener  Turnerfd)aft 
war  ein  wahrhaft  fdjöner  unb  gerabe  für  unfere  ^eit  unbebingt  erftreben«« 
werter  —  bie  ©infac^ett.  £infad)  war  bamal«  ber  Turner  in  feiner  Äleibung, 
einfad)  unb  befdjeiben  in  feiner  ganjen  £eben«haltung.  Vei  fteften  unb  Turn« 
fahrten  würbe  oon  ben  Seitern  auf  ftrengfte  (Sinfadjtjeit  unb  Sparfamfeit  ge* 
fehen.  $ ie  Turner  ftanben  barum  aud)  bei  ber  Vürgerfdjaft  in  hoher  2ld)tung. 
3(u«  ilmen  heran«  bilbeten  fid)  bie  erften  Anfänge  ber  freiwilligen  Feuerwehr 
(fter>e  „$ie  $for$heimer  Feuerwehr).  Die  Reaftion  naa)  1849  löfte  bie  Turn* 
gemeinbe  wie  fo  Diele  anbere  Vereine  auf. 

-Hl c-  im  3afyre  1859  naa)  lOjäfjjriger  Reafiion«3eit  fid)  wieber  eine 
regere  Teilnahme  be^  beutfdjen  Volfe«  am  potitifd)en  unb  nationalen  Seben 
ju  jeigen  begann,  trat  aud)  für  bie  Turnfad)e,  bie  il)r  T>afein  währenb  biefer 
3eit  nur  im  öeheimeu  friften  fonnte,  eine  jjkriobe  fräftigen  2tuffd)wung«  ein. 
Die  beutfd)en  Regierungen  begannen  enblid)  wieber  bie  heroorragenbe  Ve  ■ 
beutuug  be«  Turnend  für  bie  förperlidje  unb  geiftige  Hebung  ber  sßotfdfraft 
ju  würbigen,  allüberall  im  beutfdjen  Vaterlanbe  regte  ftdj  frifdje«  Turnerleben. 

^n  Vaben  inibefonbere  war  bura)  ba«  t>od)l>eraige  9Wanifeft  be« 
©ro^er3og«  «yriebrid)  im  2lpril  1860  ber  alte  ©eift  freiheitlichen  Vürger« 
finu«  wieber  erwadjt,  unb  al«  bann  oon  Tf).  ©eorgii  in  (Sulingen,  bem 
fpäteren  langjährigen  Vorfifcenben  ber  beutfd)en  Turnerfdjaft  unb  ($.  Callenberg 
in  Stuttgart  im  ftrühjafjr  1860  ber  „Ruf  jur  Sammlung"  an  bie  beutfd)en 
Turner  erging,  ba  entflammten  aud)  in  $forjheim  bie  iperaen  ber  jüngeren 
unb  älteren  Turner  auf«  Reue  in  heller  Vegeifterung  für  bie  Sache  %at)t\S. 

3lm  2.  9Wai  1860  würbe  oon  einer  2tnjaf}l  älterer  Turner  im  „^forjs 
heimer  Veobad)ter"  ein  Aufruf  §ur  ©rünbung  eine«  Xiirttuerein**)  erlafjen 
unb  in  ber  am  3.  3Rai  ju  bieiem  3wecf  ftattgehabten  Verfammlung  ein  prooi* 
forifdje«  Komitee,  beftehenb  aus  ben  Herren  Dr.  ©i fei  er,  £>.  Keller, 
Speibel,  Steinmann,  ©unfer,  i'ufc  unb  Genfer,  gewatjlt 
welche«  bie  nötigen  Vorarbeiten:  Entwurf  ber  Safcungen,  Verljanblungen  mit 
ber  Stabt  jwectS  Ueberlaffung  be«  Sinbenplafce«  al«  Turnplafc,  ^ejajaffung 
oon  ©eräten  unb  bergl.,  ju  beforgen  hatte. 

3n  ber  am  15.  9)tai  abgehaltenen  fonftituicrenben  $auptoerfamm(ung 
würbe  bie  ©rünbung  be«  Verein«  mit  ber  eingefd)riebenen  £ahl  oon  317 
^Mtgliebem  oolljogen,  bie  Sa^ungen  genehmigt  unb  ber  Vorftanb  in  ber 
®efamtjal)l  oon  11  SRitgliebern  gewählt,  ßrfter  Sprecher  (Vorfifcenber)  würbe 
6  m.  Älein,  jweiter  (Sb.  öid)ler.  Älein  unb  nod)  einige  weitere  SMU 
glieber  be«  Vorftanbe«  tyatten  fd)ou  ber  am  19.  $uli  1834  gegrünbeten  unb 
1849  wieber  aufgelösten  „Turngemeinbe"  angehört.  T)er  neue  Rechner 
Heinrich  Heller  wählte  mit  bem  1860  amtierenben  Oberbürgermeifter  3«rrenner 
ju  ben  (Srünbern  biefer  ®efellfd)aft,  beren  bei  ber  Muflöfung  nod)  oorhanbene« 
üBermögen  oon  einigen  Ulitgliebem  währenb  10  ^a^ren  treu  oerwaltet  unb 
bem  neugegrünbeten  Verein  im  Vertage  oon  fl.  300,14  fofort  übergeben  würbe. 

T)er  Vegeifterung  be«  Verein«  entfprad)  bie  rührige  Tl)ätigfeit  be« 
Vorftanbe«.   Sd)on  im  §m\\  würbe  ba«  erfte  beutfa)e  Turnfeft  in  Äoburg 


•)  Mitgeteilt  oon  .§errn  X.  Söanner. 

BS* 


Digitized  by  Google 


596 


$fotarjeim  im  19.  3abrbunbett. 


burd)  bie  Turner  ,Sorn,  Sd)mibt  unb  Äöbelin  befdjidft.  Tejember 
beweiben  ^ab,red  trat  bcr  herein  bcm  „C  be r r  he  i  nif  d> e n  lumcrbunb" 
ald  SJtitbegrünber  bei.  3ur  fteranbilbung  einer  tüd)tigen  Vorturnerfchaft 
rourbe  Turnlehrer  (SIfenfjon«  oon  Stuttgart  beritfeit  unb  baburdj  bie  ®runb- 
läge  für  eine  gcbeiblidje  (*ntroidelung  gefdjaffen. 

3m  jrociten  Jahre  begannen  fdron  bie  Vorarbeiten  junt  Vau  einer 
eigenen  ftttltbaKe;  alc  tedmifcher  Berater  rourbe  Vaumeifter  %.  itfeber  beige; 
flogen.  Tie  9Jeuroab,l  be$  Vorftanbe«  im  Juli  lHöl  bradjte  Vitbier  an 
bie  Spi&e  beS  Vereins.  Tie  Teilnahme  ber  Veoölferung  roudjs  jufchenbs: 
oou  biefigen  grauen  unb  Jungfrauen  rourbe  eine  präduige  #ah»te  geftiftet  unb 
bie  iüethe  berfelben  am  9.  September  oolljogen. 

Tic  .frauptthätigfeit  VidjlcrS  richtete  fid)  neben  einer  ttmfaffenben  Ver^ 
beft'erung  ber  Safcungen  auf  ben  projettierten  TurnhaUebau.  Tie  (Memeinbe^ 
oerroalrung  befdjafftc  bereitwillig  Örunb  unb  Voben  für  Jurnplajj  unb  lurn^ 
balle  am  äUeitjerberg,  unter  Vorbehalt  bes  ®igentum8red)ted,  roofür  aber  beut 
Turnoerein  burd)  einen  Steoerä  bie  unbefd)ränfte  öenüfcung  be$  Voben* 
garantiert  rourbe.  Tan!  ber  raftlofen  Tbätigfeit  Vid)ler'S  rourbe  ba$  $}au= 
fapital  faft  au#fd)liefjlid)  oou  iJiitgliebern  gegen  unoerjinSlidje  Schulboer; 
fa)reibungeu  aufgebracht.  SJaumeifter  &  ffi  e  b  e  r  fertigte  ben  Bauplan  unb 
rourbe  jugletd)  mit  ber  ^Bauleitung  beauftragt.  3lm  3.  URai  1863  fonnte  bie 
feierliche  ©runbfteinlegung  unb  am  14.  September  bie  Einweihung  ber  Turn* 
^alle  ftattfinben. 

3ll  gleiö)er  3e"  (13.  — 16.  Sept.)  rourbe  b,ier  baä  2.  oberrfjeinifdje 
Turufeft,  beffen  Turdjfübrung  bem  Turnoerein  fd»on  im  Jahr  1862  uom 
SJunb  übertragen  roorben  roar,  abgehalten.  Tie  (£inroohnerfd)aft  ^forjheimä 
legte  aitii  in  biefem  gälte  ein  neued  gtänjenbeS  ^eugniö  begeisterter  Opfer- 
rotlligfeit  an  ben  Tag,  unb  ber  Turnoerein  fettterfett«  beroieä,  bafj  er  auf  ber 
§öb,e  tumerifdjer  Jyorberungcu  ftanb. 

Von  ben  12  auSgeiefct  geroefenen  greifen  fielen  8  auf  3)litgltcbcr  beö 
Vereint.  Von  biefer  rfeit  an  behauptete  ber  turnoerein  aud)  feine  angefehene 
Stellung  int  oberrheinifdjen  Turnerbunb,  fpäter  im  X.  beutfdjeu  Tttrntreife, 
feit  beffen  ©rünbung  (2.  <Koo.  1879)  biö  heute. 

3Hit  bem  3lbfd)lu»i  biefer  3  jährigen  ^eriobe  trat  eine  geroiffe  Ver* 
flauung  ein,  bie  erfte  Vcgeifterung  roar  ocrraufd)t,  ber  Verein  roar  jefct  in  baä 
Stabium  einer  normalen  (rntroitflung  eingetreten. 

Süenn  aud)  bie  Jahre  1863/64,  1866  unb  1870/71  mit  ihren  politifd) 
folgenfa)roeren  SHefultaten  nid)t  ohne  fühlbare  <3rfd)ütterungen  an  bem  Vereint 
leben  oorbeigingen  —  1870  allein  roaren  42  Witgliebcr  im  gelbe,  bie  Turn* 
halle  roar  in  ein  i'ajaretl)  ocrroanbelt,  unb  ber  Turnbetrieb  ganj  etngcftellt  — 
feine  Tafein*bered)tigung  rote  feine  l'ebenäfdbigfcit  unb  9tü$ltd)feit  hatte  ber 
Verein  in  ben  abgelaufenen  10  Jabren  beroiefen.  Jtud)  im  übrigen  beutfd)en 
Vaterlanb,  roar  fein  Slnfehen  berart  befeftigt,  bafe  im  Jahre  1871  oom  3(u$= 
fd)uf$  ber  beutfdjen  Turnerfd)aft  mit  bem  Verein  roegen  Uebernahme  eine« 
beutfd)en  Turnfefted  oerbanbelt  rourbe. 

Von  1873  au  txaten  im  Vereinöleben  jurocilen  ftd)  roiberfpred)enbe 
politifd)e  Tenbenjen  ju  Tage;  tsnbe  ber  70er  Jahre  nahmen  biefelben  einen 
fdjärferen  Gharafter  an.  Ter  Verein  jeigte  fid)  aber  aud)  in  biefer  fd)roeren 
Äriftl  feiner  Slufgabe  oollftänbig  geroachfen.  Gr  blieb  feft  auf  bcm  SJoben 
feiner  Sa&ungeu  fteben,  ein  Teil  ber  iKitglieber  fd)icb  aud,  unb  bcr  Verein 
Imtte  an  innerer  Äraft  burd)  biefen  Vtiutcrung*projefj  nur  gcroonnen. 

Vi4  itim  Jahre  1885  fanben  aufeer  beut  am  16.  Sluguft  biefe«  Jahreä 
gefeierten  25jährigen  Stiftungöfeft  reine  befonberö  erroähnendroerten  (Sreignifie 
ftatt;  bagegen  roar  bem  Verein  für  1886  oom  Alreiö  eine  bebeutenbe 
Aufgabe,  bie  Turdjführung  eines  ÄrciefefteS,  gefteUt.  SfiJie  ber  Verein  biefe 
Aufgabe  gclöft  hat>  ift  nid)t  nur  hier,  foubern  aua)  im  ganjen  X.  Hreife 
gebührenb  anerfannt  roorben.   3t ud)  bieSmal  bewährte  fid)  bie  Teilnahme  unb 


Digitized  by  Google 


^forgbeim  im  19.  Sabrbunbert. 


597 


Cpfermilltgfeit  bcr  Ginwobnerfcbaft  in  glan^eitber  Seife,  unb  ber  Verein  hätte 
alle  Urfadje,  mit  bem  finaujiellen  Grgebni«  jufriebcu  ju  fein,  Tie  im  Sommer 
1889  eingerichtete  eleftvifc^e  Beleuchtung«anlage  ift  bagegen  al«  finanjieüer 
^lifeerfolg  ju  oerjeichnen;  bie  Vefferuug  be«  Turn betrieb*  im  freien 
wäfjrenb  ber  Sommermonate  burd)  eigene«  eleftrifche«  i'idjt  fö^nte  mit  bem 
erwähnten  Nachteil  mieber  au«. 

Gnbe  1893  würbe  eine  Tamenabteilung  gcgrünbet,  welche  bi«  |Utti 
.fterbft  1900  unter  weiblicher  Leitung  ftehenb,  mancberlei  Schmanfungeu  unter« 
morfen  mar,  jefct  aber  in  erfreulicher  3unaf)me  begriffen  unb  in  regelmäßigem 
betrieb  männlicher  Leitung  anvertraut  ift. 

911«  bebeutenbere«  Greigni«  ift  nod)  ermäfmen«wert  bie  am  1.  Cftober 
1898  abgehaltene  Jyeier  jur  Ghrung  oon  80  SHitgliebern,  rocldje  25  unb  mehr 
^at)re,  manche  fogar  feit  ber  Wrünbung  bem  herein  angehörten,  ein  wahrhaft 
ebrenbe«  3c"9"i*  treuer,  ftch  gleid)  bleibeuber  ©efinnung  gegen  bie  einmal 
al«  recht  unb  gut  erfanntc  Saa)e. 

Ter  Verein,  melchem  im  ^at)re  1897  Äörperfd)aft«red)te  oerlieben  morben 
waren,  ift  jcfct  in«  Vereiu«rcgifter  eingetragen.  Seine  9)iitgliebfd)aft  fefet  fich 
gegenwärtig  founi  1901)  jufammen  and  196  3Ögltngen,  482  Turnern,  502 
Turnfreunben  unb  64  Tarnen.  Gr  befifct  eine  mit  ©eräten  gut  au«gerüftete 
Turnhalle  (leiber  nid)t  auf  eigenem  (Mrunb  unb  iüoben),  eine  mohlgeorbnete 
Sammlung  turnerifcher  Serfe,  feine  ^inanjen  finb  geregelt  unb  bie  Turnhalle* 
baufchi>(ben  bejahlt.  Gin  Sängerflub  forgt  für  bie  SBefriebtgung  fonftiger 
gefellfd)aftlicber  Bebürfniffe,  benen  ber  Verein  oon  3cit  ju  3eit,  fei  e«  bei 
befouberen  ober  regelmäßig  wieberfebrenben  Veranlagungen,  aud)  noch  burd) 
turnerifche  ober  fonftige  fünftlerifche  Vorführungen  Siedjmtng  trägt.  Turnfahrten 
merbeu  in  genügenber  3<»hl  oeranftaltet. 

Ter  Turnbetrieb  aller  Ktterf  Baffen,  fowie  ber  Tamenabteilung,  unter 
ber  Leitung  tüdjttger  Turnwartc  unb  anberer  berufener  Kräfte  ftehenb,  bcan* 
fprudjt  im  Sommer  alle  Sodjenabenbc ;  im  Sinter  ift  bagegen  infolge  ber 
Ijiefigen  befouberen  Vcrhältniffe  bie  Beteiligung  am  Turnen  eine  geringere. 

Tie  Senutumg  ber  Turnhalle  für  Sdmljwecfe  ift  feit  1867  mit  ber 
Stabtgemeinbe  ocrtrag«mäfiig  georbnet,  leiber  jum  Nachteil  be«  Vereins,  bei 
beffen  9technung«abfchlüffcn  fich  im  l'aufe  ber  ~>ahre  bie  Schattenfeiteu  immer 
fühlbarer  jeigten. 

dufter  ihrem  eigentlichen  3md  würbe  bie  Turnhalle  feit  SRitte  ber 
70er  oöhre  houptfädilia)  oom  SJlufifoerein  für  bie  Aufführung  größerer  Ton* 
merfe  unb  Äonjerte,  aber  auch  für  größere  Volf«oerfammlungen,  3lu«ftellungen 
unb  bergl.  in  2lnfprud)  genommen.  Ohne  bie  Turnhalle  be«  Verein«  hatten 
viele  Sünfche  ber  Gimoohner  unerfüllt  bleiben  müffen. 

Seine  turnerifche  Tüchtigfeit  hat  ber  Verein  auf  allen  Ärei«fcften,  fowie 
auch  auf  ben  großen  beutfehen  Tumfeften  beioiefeu.  Gine  feiten  grofje  3a^ 
oon  Siegern  ift  in  ben  Ghrentafeln  be«  Verein«  eingetragen. 

3n  ber  Leitung  be«  Turnverein«  ftanben  oon  feiner  ftrünbung  an 
immer  Wänner,  welchen  neben  ihren  Vereinspflichten  bie  Pflege  oatcrläubifdjer 
Öefinnung  niemal«  9lebenfad)e  geioefen  ift.  "illit  befonberer  Slncrfennung  fei 
in  lebtercr  Bejiehung  bcr  Thätigfeit  Vidjler«  (|)  gebadjt.  3n  manche«  junge 
£>erj  hnt  cr  Da$  Samenforn  oaterlänbifcher  Vegeifterung  gelegt,  ba«  fpäter  im 
gereiften  9Wanu  fich  jnr  fchönen  Jrucht  entfaltete. 

Tie  Vorftänbe  be«  Verein«  waren  bejw.  finb  in  nadifteuenber  Steigen* 
folge:  Gm.  Älein,  Gb.  Sichler,  t'ubw.  ^ucan,  Dr.  (Miller,  3lb.  Slrnolb,  fterb. 
Äielmle,  &.  Sanner,  3lb.  3lrnolb  unb  wieber  0.  Sanner.  Von  ben  (benannten 
war  Dr.  Öifeler  febou  1863  SWitglieb  ber  beutfehen  Turneifdwft,  währeub  ber 
jefcige  Vorftanb  jugleich,  ba«  Xmt  be«  Jtrei«ocrtreter«  be«  X.  beutfehen  Turn* 
freife«  befleibet  unb  in  biefer  Stellung  ebenfaU«  bem  2lu«fchu&  bcr  beutffl)en 
Tumerfd)aft  angehört. 


Digitized  by  Google 


598 


flein  herein  bat  gleid)  ijofje  Kufgaben  jum  3">ed  roie  ber  iturnoerein. 
8tärfung  ber  förperltdjen,  geifrtgen  unb  ftttlidjen  Äräfte  fetner  SXitglieber,  aber 
md)t  nur  jum  ÜöobJ  unb  im  ä"t«reffc  be«  (iinjelnen,  fonbern  immer  im 
£inbli(f  auf  ba«  @anje,  Pflege  oaterlänbifcber  ©efinnung,  ber  Siebe  §u  Haifer 
unb  Seid),  fteranbilbung  ber  Jugenb  $u  einem  freien  beutfdjen  Sürgertum, 
unter  3lu$fdjiu&  aller  partei  *  politifdjen  Steftrebungen ;  ba$  ftnb  bie  hoben 
3iele,  bie  ber  iumoerein  ftcr)  gefteclt  Ijat.  Wöge  ifmt  bie  manne  Jeilnalmte 
ber  ©intoolmerfdjaft  für  alle  ^ufunft  in  gleicher  Söeife  erhalten  bleiben  roie 
bidber. 


Per  Sururrüunö. 

Tie  Wrünbung  be$  „XurnerbunbeS"  erfolgte  im  5eoruar  1879.  2)ie 
©rünber  roaren  frühere  iHitglieber  be«  „XurnperetnS",  bie  jumteil  fdjon  fefjr 
lange  im  Xurnoerein  tbatig  waren. 

©er  erfte  2urnrat  beftanb  au«:  £.  TOeole  senior,  Sorftanb,  fcod), 
Herfmer,  20.  Durban,  Schriftführer,  «.  3>leole,  1.  2urnroart,  2b,.  (Jfftg, 
2.  Jurnroart,  vierten«,  ^eugroart. 

3immermeifter  'Popp  erftellte  auf  feinem  $lafce  an  ber  §oljgartenftrajje 
auf  Äoften  be$  herein«  eine  JurnbaUe  für  4000  SKart.  ,yur  ©runb  unb 
©oben  mu&te  eine  jär)rlic^e  SRiete  oon  200  3Äf.  tusatiit  toerben.  Xm  29.  Juni 
1879  fanb  bie  ©inroeibung  ber  $att*e  ftatt.  ^m  felben  Jahre  erfolgte  audj  ber 
»nfd)lufi  beS  Herein*  an  ben  oberrheinifeben  Jurnerbunb  (X.  Äreidh  9lm 
13.  Juni  1880  toar  bie  SBeibe  ber  oon  grauen  unb  Jungfrauen  geftifteten 
<yatme.  1885  mufjte  bie  Jpalle  oerrauft  roerben,  roeil  bie  Stabt  ben  ^la% 
beanfprud)te.  J?iefelbe  fteHte  bie  öalle  auf  ben  alten  SHebmarftSplafc,  unb  ber 
herein  ging  bei  ihr  in  SHiete.  Jm  Slpril  1897  erhielt  ber  Xurnerbunb  bie 
Sterte  ber  juriftifdjen  ^erfon.  3ur  tfinroeilwng  ber  oon  ber  Stabt  neu* 
errichteten  lunnalle  an  ber  ittmgftraße,  in  roelctjer  ber  herein  gegen  eine 
jabrlite  -«Miete  oon  30»>  Wart  nunmehr  feine  Uebuugen  abgalt,  fanb  am 
27.  Wooember   8  »7  giojjer  Jeftfomtner*  ftatt. 

Xtv  Xurnerbunb  bot  fid)  burd)  eifrige  Pflege  turnerifetjer  £ugenben 
unb  burd)  oielfacfte  eb,renooüe  Kudjeidjnung  feiner  "Ötitglieber  auf  größeren 
2umfeften  bei  ber  einraobnerf<baft  unb  in  roeiteren  Äreifen  ber  2urnerfd)aft  in 
Sldjtung  äu  fefcen  oerftanben. 

SWitglieberjabl :  Februar  1879  =  93;  ©nbe  1879  =  600;  1833  = 
300;  1886  =  283;  1900  ==  520  Surner,  107  3öglmge,  33  Surnfreunbe, 
1  (Sb,renmitglieb.    Seit  l  Jahr  befteot  aud)  eine  turnabteilung  für  grauen. 

HermögenSftaub :  20800,62  3Rf.  in  «aar  unb  §«potbefen,  1432,07  SR  f. 
in  Jnoentunoerten.  Jetziger  SJorftanb :  Crimoalb,  £opp,  £>od),  ®et)re§,  ®.  Söeber, 
SRein,  Jurnroarte:  Siofer,  Sangbein,  3«"9'oart:  SBeifj. 

*  * 

<pierf)er  jählen  nod)  bie  ,,Ttmiflefellirf>.iTt  .^adiel"  (iXitglieb  be« 
^forsheimer  JurngaueS,  iurnpla|j  an  ber  Springer  ©tra&e)  unb  bie  Turn* 
flcf.llirtiaft  s?JiintrtDt  ^loninncit  (Xurnpla^  an  ber  Stcinftra^e) ,  bie 
lurnoereinigung  ,,(«ntc<  Wtut4"  (früher  Xurnerflub  be«  lurnoereinö).  ©em 
Kraftfport  bienen  ber  'IltfiletettbuitD  i»for<hcini.  ber  *ltf)lrtettflufi,  ber 
«tblctenflub  „mcrmaiiia'  ,  ber  Jufeballflub  'HUetnania  (Uebung«pla<j 
SUetbenoicfen),  ber  Ju&baUflub  ^ranfonta  (Uebungöpla^  poftroiefen.  beim 
äyafferrcferooir),  ber  ^"^öUflub  $eltoetia  (llebung«pla$  fBeitjerroiefen),  ber 
AU^baUflub  „ttliffabt"  i  llebung^pl  auf  ber  ®a)an.O  unb  ber  $uftbaüflnb 
Vfor^neim  (Uebungöpla^ :  flennbabn  im  fßtumtbal),  ferner  ein  Muöcrfhib, 
ein  2rf)tuim.i.fntb  mit  Sa)ioimmplat}  unb  Öabehauö  bei  Eutingen,  foroie 
ein  Sftflub  Sdjtuoritnalb. 


Digitized  by  Google 


Worabeim  im  19.  Oabrbunbert.  599 

oor  wenigen  Sauren  beftanb  unter  bem  5>orftfc  beä  f  Äommerjien* 
ratö  Öülid)  eine  :h\ itbnhn  ^Ifttcnflcfcllfctuift  mit  einem  nunmehr  nieber* 
gelegten  Heitf>au$  in  ber  ^fpringerftrafec  17. 


Per  Veteranen  wein. 

$er  Söeteranenuerein  für  ben  5lmt3bejirf  ^forjßeim  mürbe 
am  1.  9Jki  1871  gegrünbet.  $ie  erften  SBorftanbSmitglieber 
roaren  ©raueur  (Ebuarb  Wnberer,  Sßorftanb,  Hart  glammer, 
©ct)riftfür)rer,  5larl  SRau,  Kaufmann,  Hafftev.  9]od)  im  näm* 
ließen  $aßre  rourbe  eine  (Sammlung  bei  ben  CSinrooßnern  oer* 
anftaltct  jur  ©rünbung  eines  gonbS  jur  Unterftü^ung  franfer 
9flitglieber.  $)ie  (Sammlung  ergab  annäßernb  2000  ©ulben. 
s3Iu§  ber  aufgelöften  „£anbbausunft  in  Qcllmenbingen"  floffen  bem 
herein  1000  ©ulben  ju. 

2lm  10.  5ftai  1873  tonnte  ber  SBeteranenoerein  feine  uon 
ben  grauen  unb  Jungfrauen  ber  ©tabt  geftiftete  gafme  (nebft 
fUbernen  Sorbeerfranj)  einmeißelt. 

3m  9ftai  1881  feßieb  fid)  ber  93erein  in  einen  fianboerein 
unb  einen  ©tabtoerein.  3>te  ©rünbung  be3  ©njgau  *  Sttilitär* 
s$erein§43erbanbe§,  ber  fuß  alsbalb  bem  £anbe§oerbanb  anfeßlofc, 
fiel  in  ba3  3»aßr  1886.  Qaßre  fpäter  feierte  ber  Sßeteranen* 
oerein  fein  25jäßrige£  ©tiftungSfeft.  93ei  biefem  ^Inlaft  rourbe 
ißm  tron  Sr.  Königl.  |)oßeit  bem  ©ro&ßerjog  bie  grofce  ftlberne 
gaßnenmebaille  oerließen.  $>er  jetjige  SBereinSoorftanb  ift  5lbolf 
Sftajer,  SRittmeifter  ber  £anbroeßr*$at>allerie  (feit  8  Qaßren), 
2.  ißorftanb:  bis  oor  furjem  Jabrifant  ^antlen  (12  3aßre), 
Srfjriftf ftr)rcr :  gabrtfant  9Rorit}  größner  (feit  24  Qaßren), 
ftaffier:  (Sbuarb  |)oppe  (feit  28  $aßren). 

3tu3bejaßlt  rourben  feit  SBefteßen  be§  Vereins  com  1.  9Rat 
1871  bis  1.  9Rai  1901: 

2ln  flranfenunterftü^ungen       43  470,77  9Rf. 
„  ©terbebenefoien   8  190,30  „ 

3ufammen   51661,07  9ttf. 

$a3  ©aruermögen  beträgt  15  472,42  „ 
Jnoentarroert  896,00  „ 

Sufammen   16  368,42  9ttf. 

$er  S&ifttä  marin  rourbe  am  20.  Quli  1880  gegrünbet. 
3roecf  beS  Vereins  ift:  1)  $ie  Pflege  be§  ©eifteS  ber  $reue 
gefeit  ftaifer,  £anbe§ßerrn  unb  Sßaterlanb ;  2)  Unterhaltung  unb 
Belebung  be§  mititärifeßen  unb  famerabfcßaftlicßen  93erouf$tfein3 ; 
3)  Unterftütjung  ber  SßereinSmitglieber  bejießungSroeife  bereu 
Hinterbliebenen;  4j  $>aßingefcßiebenen  ßameraben  bie  legten 


Digitized  by  Google 


600 


^forabetm  im  19.  Sabtbunbert. 


(Efjren  au  ermeifen.  $)ie  Qatfl  ber  SDütglieber  beträgt  700.  $er* 
jeitiger  s-ßorftanb  tft  §err  Serbtuaub  £amberger. 

$er  itriegerwein,  gfetd)  bem  SOWitäroerein  9Jhtglieb  best 
babifrfjen  2anbe§oerbanbe3.   Borftaub  Karl  <5d)lien$. 

SDet  ftrfewe-  unb  ^anömcfiroffiiicrsocrein,  93orftanb3* 
mitglieber :  ftittmeifter  ber  2anbroef)r  a.  5).  5lbolf  Sttajer,  $aupt; 
mann  b.  2.  8d)äfer  unb  Oberftabäarjt  b.  2.  Dr.  9)krolb. 

hieben  biefen  militärifdjen  Bereinigungen  bitbeten  ftd)  in 
ben  testen  Korporationen  einzelner  Waffengattungen, 

5.  93.  ber  iUtifferie-'sPereitt,  ein  *RIartttr-|ßttrettt,  bie  Ißez- 
einigten  ^toittere  ^fonßetmö,  herein  eiktnafiger  liier. 


3ftußß-  unb  <$efangt>eretne. 

s$for$betm  mar  oon  jet)ev  eine  muftf-  unb  fange§frofje 
©tabt.  SHotler§  Klage,  baß  fict»  toofyl  oiele  9Jhtfiffreunbe,  aber 
wenig  SJatfifoerftäubige  in  s]$for$beim  befänben,  unb  baß  e§  oor 
allem  an  ÜJluftflebrern  fef)le,  trifft  fjeute  nur  nod)  teilroeife  $u, 
beim  an  9Jhtfiflel)rern  unb  ©efangSbirigenten  tft  gerabe  fein 
Langel.  3Jlan  fudjte  bem  fytytn  tüd)tiger  ÜJtuftflefjrer  fdjou  in 
ben  40er  3at)reu  abhelfen,  inbem  man  gefdjulte  9)tuftfer  oon 
aufwärts  bemog,  r)icrt)cr  511  sieben,  fie  oon  «Seiten  ber  Stobt* 
oerroaltung  mit  bem  5Jtufifunterrid)t  an  ben  ftäbt.  ©rfjulen  be= 
traute  unb  ihnen  in  jeber  Weife  eine  anftänbig*  @yiften$  ermög= 
liebte.  $a3  altebrmürbige  3nftttut  be§  StabtmuftfuS  ober 
„©tabtjinfeniften",  roie  ber  9lame  oon  alter§t)cr  unb  bi§  in  bie 
60er  3at)re  im  3$olf3munb  lautete,  mürbe  letztmals  im  3at)re 
1863  an  ben  StabSboboiften  Gruft  Schmitt  oergeben.  @r 
errichtete  ein  Stabtordjefter ,  ba§  aber  1869  mteber  einging, 
angebüd)  au§  gefränftem  (£f)rgefüf)l  ber  SDlufifer,  meil  ber 
SJiuftfoerein  51t  einer  5luffübrung  Karlsruher  Künftler  f ommen  ließ. 

3)a3  ntufifalifdje  2eben  ber  ©tabt  f)at  ftdj  feitbem  ftetig 
gehoben,  menn  aud)  nid)t  in  gleichem  ©rabe  mie  erroa  iit 
Karlsruhe  ober  in  Sftannhetm.  2ll§  ein  großer  Langel  wirb 
am  t)iefigen  ^lafce  ba$  Jefjlen  eine§  9Jluftfinftitut§  empfunben, 
in  bem  gute  9Hufif  planmäßig  betrieben  mirb.  $ie  Kunft* 
jünger,  befonberS  in  ber  Qnftrumentalmuftf,  böreu  (eine  Konfurrenj 
in  öffentlichen  Borfpieleu,  mie  etma  bie  Schüler  oon  Konferoatorien 
unb  äfjnlidjen  ^Inftalten.  ^nfolgebeffen  tritt  —  bei  Seffern  unb 
Sdjülern  —  gar  leidjt  jene  Selbftgenügfamfeit  ein,  bie  nicht  feiten 
|ttc  S3erflad)ung  führt,  ©ef allen  au  gebiegener,  ernfter  SDInfif 
finbet  man  nur  in  wenigen,  oorrotegenb  Heineren  Greifen.  3Me 
Sluff Ölungen  in  ben  feit  furjem  arrangierten  Kammermufif* 


Digitized  by 


fy'orabeim  im  19.  Oabrbunbett. 


601 


oben ben  be3  $errn  Utößineier  finb  oorsüglid),  aber 
gleich  ben  Äünftleifonjerteii ,  bei  beue»  jeweils  mufifalifc£>e 
©rö&e"  erftcn  9iange§  auftreten,  fdjroach  befuc^t.  $ie  (Eintritt«* 
preife  fönnen  rool)l'nid)t  bie  Urfacfje  biefer  (Sifcheinung  fein,  ba 
man  für  uiel  minber  roidjtige  $inge  ©elb  genug  übrig  f)at  — 
roohl  aber  ber  SJIangel  an  3"tereffe,  ber  roieberum  einem  bebauet* 
liefen  9Jtaugel  an  BerftänbniS  für  ben  3öert  einer  eblen  SJhiftf 
entfprid)t.  tiefem  Uebelftaube  tonnte  nur  ein  gute§  üttufiftnftitut 
abhelfen,  ba§  burd)  fnftemattfdje  Arbeit  ba3  ©efübl  unb  35er* 
ftänbnte  für  ben  3ßert  roirflid)  guter  Stornierte  ju  roeefen  unb 
ba§  3utereffe  bafür  ju  förbem  hätte. 

(£inen  bemerfen§roerten  (Sinflufj  auf  bie  ©eftaltung  be3 
muftfalifdjen  Sebent  ber  Stabt  t>atte  auch  ber  feit  10  fahren 
in  Karlsruhe  roohnenbe  |jerr  graif  fcHriomann ,  beffen  muftf* 
theoretischem  Unterricht  eine  ganje  9(n$af)l  begabter  i*eute  ihre 
5?enntntffc  oerbanft.  Mehrere  junge  Lehrer,  bie  feilte  al§ 
SHuftflehrer  unb  Dirigenten  f)ier  tfjätig  finb,  bereitete  er  mit 
drfolg  auf  ba3  ftaatlidje  2)hiftf(ef)rereramen  oor.  9lud)  als 
Äompoitift  mar  dtjriSmann  thätig,  unb  etlidje  feiner  Schöpfungen 
mürben  in  größeren  9JhiftfgefeUfd)afteu  aufgeführt  unb  beifällig 
fritifiert. 

9fa  <ft  dang  vereinen  ift  j.  gerabe  fein  Langel  in  ber 
Stabt.  ©egenüber  ber  befdjeibeuen  Slnjafjl  oon  5  Singoereiuen 
im  £$abre  1859*)  unb  ben  8  uom  3af)re  1872  nimmt  fid)  bie 
im  3al)re  1900  auf  25  geftiegeue  3abl  ber  ©efauguereine  recht 
ftattlid)  au*.  (Sin  heroorragenbe§  Berbieuft  um  bie  ftörberung 
be§  üftännergefangs  hat  ßerr  SJlufifbiret'ür  e ftcobor  25iofir,  bem 
eine  ganje  ^lnjat)!  oon  Vereinen  ihre  Hebung  oerbanft.  Bei 
patriotifchen  geftlidjfeiten,  SobltbätigfeitSoeranftaltungen  u.  f.  ro. 
haben  bie  ©efangoereine  ihre  TOtroirfung  flete  mit  ber  größten 
Bereitroilitgfeit  jugefagt,  unb  bie  aus  ihren  $onjerten  erhielten 
Beiträge  ju  roohlthätigen  ober  gemeinnützigen  ftw eefen  ftnb  oft 
recht  namhafte  gemefen. 

9113  ein  Jehler  mufe  bie  ^erfplitterung  ber  oteleu  au§* 
gezeichneten  Gräfte  burd)  fortroäl)renbe  9ceubilbuugen  oou  Ber* 
einen  betrachtet  merben.  2Bäre  e3  möglid),  bie  befteu  Sänger 
aller  Bereine  ju  fammeln,  fo  müfjte  ba3  eine  Bereinigung  geben, 
roeldje  ben  r)öcf)ftcn  2lnforberungen  an  ben  ftunftgefang  geroadjfen, 
bie  eine  $ierbe  be§  BereinslebenS  unb  ein  Vorteil  auch  in 
fojialer  £iuficht  märe.  3)er  ©ebanfe  einer  Bereinigung  ift  nidjt 
neu.  Sdjon  im  Qahre  1861  mad)te  jemanb  im  „Beobachter" 
barauf  aufmerffam,  „rote  fd)ön  unb  lohnenb  e3  roäre,  roenn 

*)  gäcilienoerein,  Wännergejcmgoereiu ,  Jreunbfdjaft ,  ^for^eimer 
6ängerfranj,  Sieberfranj. 


Digitized  by  Google 


602  ^forabeim  im  19.  3abrbunbert. 

fünftig  alle  14  Sage  ober  8  Söodjen  toieberfebrenbe  groben 
ober  tfteprobuftionen  ber  oereinigten  ©efangoereine  ju  ©taube 
fämen".  $ie  ©efangSauffübrungen  ber  oereinigten  SRännev« 
gefangoereine  jur  Eröffnungsfeier  ber  93af)n  ©ilferbingen^forj* 
beim  Ratten  überrafcfyenbe  Oiefultate  erhielt  unb  ben  3uf)örern 
fet)r  imponiert. 

Auf  Anregung  be3  §erru  Jfabrifanten  Äarl  klaget  ift  im 
legten  Qafyre  eine  ^Bereinigung  ber  ©efangoereine  juftanbe* 
gefommen,  fo  bafj  ftd)  l)ierau$  oielleidjt  bod)  nod)  ber  alte 
3Bunfd)  oenoirflidjen  liege. 

$Bi8  in  bie  Sttitte  ber  90er  3abre  ftanben  bie  ^forjfjeimer 
©efangoereine  an  ber  Spi^e  aller  babifdjen  Vereine,  ©eit  btefer 
3eit  feinen  9Hannf)eim  unb  ftarUrufye  ben  Vorrang  gewonnen 
5u  fyaben.  9ted)t  roünfdjenSioert  märe  e§,  roenn  fid)  in  ber  sBat)I 
ber  ©efang^litteratur  sugunften  neuerer  ftomponiften,  wie  $egar, 
fiifet,  9tbeiuberger  jc.  eine  jeitgemage  (SefdjmacfSänberung  oollaöge. 
$ie  leichten,  ffi&lidjen  lieber,  toeldje  feit  ^afjren  ba  unb  bort  mit 
Vorliebe  getoät)lt  toerben,  entfpredjen  fetneStoegS  bem  ©eifte 
unferer  Seit,  ber  auf  allen  (Gebieten  ber  Stunft  ftraft  unb 
SebenSroabrbeit  oerlangt.  9(üerbing§  ftetten  bie  9Hoberuen  aud) 
tjö'fjere  silnforberungen  an  ©eift  unb  ©emüt  be§  ©änger£. 

3n  neuerer  3*it  macfjt  ftd)  in  ben  ©efangoereinen  eine 
geroiffe  Abneigung  geltenb  gegen  ba§  ^ßreiSioettfingen.  ©inb  bie 
jur  ieilnatjme  an  einem  folgen  ^Settftngen  erforberlidjen  Hebungen 
unjtoeifelfjaft  eine  gute  ©dmle  be§  ©efangS,  fo  oertieren  bie 
Vereine  buref)  bie  unauffjörlidjen,  ftd)  tägltd)  fteigernben  ©trapajen 
unb  Aufregungen  oor  bem  ©ettgefangSfefte  iljren  ©Ijarafter  als 
^flegeftätten  ber  Unterhaltung  unb  (Irbolung,  abgefef)en  oon  ben 
großen  Soften,  toeldje  fold)e  Jefte  jebem  sjflttgliebe  auferlegen. 
Siel  ftnniger  ftnb  bie  oon  einzelnen  Vereinen  feit  langem  ge= 
pflogenen  ©ängerfafjrten  51t  befreunbeten©efeUfcfyaftenin©änoaben, 
in  ber  sJ3fala,  am  sJtyein  ober  in  ber  ©d)toeij. 

$>er  erfte  herein,  toeldjer  ftd)  f)ier  bie  Darbietung  befferer 
5Huftf  angelegen  fein  lieg,  mar 

ber  ^utltlUmrin. 

2terfd)iebene  Vereine  ^forjfyeimS  traten  im  ^af>rc  1868  jufammen  jum 
3»ocdc  ber  ^erfdjmeljung  ju  einem  grüfreren,  leiftungäfalngen  herein,  roeldjem 
ber  Kanu  Wufifoerein  gegeben  rourbe.  ginn  Dirigenten  beSfelben  rourbe 
ber  bureb,  fein  eifolgrcidjeö  ilUrfcn  in  Jreibnrg  bamalS  fdron  beftenS 

befannte  iJiuftfbireftor  Xhcobor  9Rol)r*)  berufen.    Der  herein  pflegte  bie 


•)  fterr  Ifjcobor  iDiobr  rourbe  oon  bem  6abifdjen  3fingerbunb  für  feine 
SBerbienfte  um  bie  pflege  be*  Wefangc*  unb  ber  Äufil  jum  öuubeäbirigenten 
erroätjlt.  3e.  Mgl.  .öotjeit  ber  (Mro&tjerjog  ebjte  tpu  burd)  SJerleifcung  be$ 
Sitterorbenö  oom  Springer  l'öroen  II.  unb  I.  JUaffe. 


Digitized  by 


Worabeim  [m  19.  Sabtbunbett. 


603 


^nftrumcntali  unb  ßhormufif.  Da  ba«  oon  ihm  unterfrüfete  Stnbtordjefter  ju 
fdjroad)  roar  unb  auch  fonft  Unjuläuglidjfeiten  fid)  bemerfbar  matten,  engagierte 
man  für  bie  größeren  Aufführungen  mit  Drd)efter  bie  ÄarlSruher  fcoffapelle, 
roeldje  feit  bem  25.  sJlooember  1867  regelmäßig  jebe«  %af)v  jroeimal  mirroirfte. 
©eitbem  befamen  bie  Äonjcrte  be$  SRufifoereins  banf  ber  au«ge$eidjneten 
Seitung  be$  Direftor«  9Hot)r  einen  roirflid)  fünftlerifdjen  Auffchroung.  öeute 
genießt  ber  herein  ben  Ruf,  einer  ber  beften  gemifd)ten  Ghoroereine  be« 
babifdjen  l'anbe«  unb  über  beffen  ®renjen  b,inau*  ju  fein,  ©in  Hauptgewinn 
für  beufelben  war,  baß  ber  „Wänuergefangoerein"  feine  auägejeichneieu 
Kräfte  bem  gemifd)ten  (Sbore  jeweils  bereitroillig  jur  Verfügung  fteüte. 

(Sin  1898  herausgegebene«  Söerjeiajni«  über  bie  Aufführungen  be« 
9)tufifoerein«  befagt,  baß  big  bahin  etwa  248  Äonjerte  ftattfanben,  wobei  ber 
aemtfdjte  ©^or  110  mal,  ber  SJiännergefangoeretn  ungefähr  80  mal  auftraten. 
63  ift  eine  ftattlid)e  Steifje  ber  oornebmften  Ionfd)öpfungen  älterer  unb  neuerer 
SNeifter,  roeld)e  burd)  bie  beiben  Vereine  bem  mufifliebenben  ^forjheim  ju 
©er)br  gebracht  rourbe.  Die  bebeutenbften  flünftler  unb  Äünftlerinnen  ber 
$üt)ne,  foroic  be«  ftonjertfaale«,  ftellten  bem  Vereine  ib,re  Äräfte  jur  «er* 
fügung. 


Per  $nfttumentatvexe\n. 

Am  21.  ganuar  1875  erging  oon  einer  Anjahl  SRufiffreunbe,  an  bereu 
©pifce  Herr  £einrid)  &d)äfer  ftanb,  ein  Aufruf  an  gleidjgefmnte  mufifbefärngte 
(£inroor)ner  ber  2 tabt,  t)auptfäd)lid)  an  foldje,  welche  ein  ^nftrument  hinlänglich 
beherrfdjten,  §ur  ©rünbung  eine*  Dtlettantenftreid)ord)efter$.  SBi«  bat)in  beftanb 
ein  Doppelblea)quartett.  Am  12.  ftebruar  fonftituierte  fid)  ber  herein.  3*ir 
erften  "ürobe  hatten  ftd)  35  au«übcnbe  2)iitglieber  eingefunben,  oon  welchen 
beim  25  jährigen  SubiläumSfonjerte  nod)  ö  mitwirken.  Aud)  feiten«  ber 
pafftoen  "Witglieber  ^atte  fid)  ber  herein  bauemb  großer  3"ncigung  ju  erfreuen. 

Da«  erfte  Äonjert  fanb  am  12.  ^uli  1875  in  ber  Turnhalle  ftatt.  3Ran 
freute  fid)  t^lid),  enblid)  einmal  ein  ooUbefe&te«  Streidjordjefter  oon  Dilettanten 
ju  haben.  Unter  Opfern  unb  «Kühen  hat  fid)  ber  herein  feitbem  nid)t  nur  ju 
erhalten,  fonbern  ftetig  äu  oeroollfommnen  oerftanben.  SBeim  25jähr.  <3tiftung«feft 
wirfte  bie  jum  ©hrenmitgliebe  ernannte  berüumte  SSiolinfpielerin  $}ettn  Schwabe 
au«  Berlin  mit  unb  ftrl.  ©.  3Rarolb  trug  einen  oon  9techt«anroalt  33rombad)er 
geblatteten  ^rolog  cor.  SJon  ben  bamal«  nod)  aftioen  (Srünbern  be«  herein« 
rourbe  bei  biefem  Anlaß  ein  ©a$  ber  G-dur-«omphonie  oon  fcanbn  gefpielt. 

Dirigenten  be«  SJerein«  roaren  £eo  ^auer,  0.  ©allroürcf,  Ii).  Penning, 
(Smil  ttyrUmamt,  (£.  SHufdjeroeur)  unb  A.  20.  33aal.  3n  biefer  Seit  *>at  DCr 
herein  187  herein«*,  3  Benefij*  unb  5  entreefonjerte  gegeben.  ®ern  fteHte 
fid)  ba«  Orcf/efter  jeroeil«  in  ben  Dienft  ber  2Bohlth«igteit,  fo  für  bie  Ueber* 
fdiroemmten  in  ^i^eittd^etm,  für  bie  Abgebrannten  in  Xobtnau,  für  bie  ^forj* 
heimer  Armen,  für  bie  Hinterbliebenen  ber  bei  öugftetten  «erunglüeften,  foroic 
für  bie  .$agelbefa)äbigten  im  3>uli  1897 ;  ferner  roirfte  ber  herein  mit  bei  oers 
fdjiebenen  feftlid)en  Sieranftaltungen. 

An  großen  orcheftralen  Herfen  fla)Ttfd)er  9Hufif  famen  jur  Aufführung : 
4  (Symphonien  oon  öaobn,  3  oon  ^ojart,  l  oon  tSchubert,  1  oon  9iiel«  20. 
Öabe  unb  1  oon  Schumann,  foroie  bie  iöiolinfonjerte  oon  öeethooen,  3Rar 
©rua),  Dlenbelfohu  unb  opohr.  An  Opern  unb  Operetten  rourben  gegeben: 
Aftf)enbröbel  oon  @hri*mann,  bie  Opernprobe,  fomifd)e  Oper  oon  fior|jing, 
ber  Sdmufpielbireftor,  fomifdje  Dper  oon  sDlojart  unb  ber  Dorfbarbier,  fomifche 
Oper  oon  ed)enf.  Der  ^nftrumentaloerein  ift  eine  ^flanjftätte  ebler  9)hiftf 
unb  be«  gefelligen  ieben«  unb  al«  foldje  eine  3ierbe  ber  Stabt. 


Digitized  by  Google 


604 


vT?forjt)<ini  im  19.  3abrbunbett. 


Ü>tr  baben  bereite  unter  bem  Äapitel  „Tie  ty'onbeimer  Aeuerroebr" 
bie  ZtatttaptWe  unter  :Wnffticȟer)!)-?  Rettung  ge^iemenb  erroabnt.  8efr 
fügen  wollen  roir  t)ier  nod),  bafj  fcerr  SNuftfbireftor  rHufdjeroepb  bei  (Meiegen* 
b,eit  ber  38eltau«ftellung  in  (Sbica^o  bie  hohe  (rbre  genoß,  von  Se.  Wajeftät 
bem  Mauer  ba^u  auecriefjen  m<  fein,  bort  ein  auSerroablted  beutid)e4  3Ri(itdr= 
ordjefter  }tl  birigieren.  Tie  £eutfd)cn  in  ftmerifa  roaren  mit  Äecbt  ftol$ 
auf  bie  Veiftungeu  itjre*  Vanbdmannee,  bie  bem  beutfdjeu  3(ufef)cn  unb  ber 
beutfdjen  ÄufH  |mn  rHutym  gereichten. 


» 

V\e  SxtnnMaft 

ift  ber  ältefte  Öefanguercin  ber  Stabt.  Sd»on  oor  1850  grünbeten  «ngeftcüte 
unb  Arbeiter  be«  SJendifer'fdjen  (rifenroerfeä  ben  fogen.  „.ttammerDerem-,  ber 
aber  erft  burd)  ^ujielnmg  fangesfunbiger  Männer  aud  ^fonbeim  im  3abre 
1850  unter  bem  tarnen  „^reunbfdmft"  lebensfähig  rourbe.  Xer  erblinbete 
2Nori$  Skndifer  mar  ber  (Srünber  unb  ein  eifriger  Jorberer  biefe«  herein*.  9Uö 
in  ben  50er  ^abren  bie  gefeüigen  Vereine  oou  ben  ^ebörben  al$  ftaatägefäljrlid? 
nie  [fad)  aufgelöst  rourbeu,  blieb  bie  „Jvreunbfdjaft-,  toelcbc  neben  bem  roelt* 
lid)en  i'iebe  aud)  ben  Mirdjenacfang  pflegte,  oou  biefem  Sd)idfal  oerfdjont. 
9lud>  beute  nod)  befteben  bie  guten  $esieb,ungen  ber  „ftreunbfcbaft4'  511m 
Äirdjendjor,  bem  nid)t  roentge  tf>rer  länger  angehören. 

Unter  Ibeobor  SMofyrS,  Gdertä  unb  lippä  Leitung  feierte  ber  herein 
große  Iriumpbe.  3m  ^aifie  1870  erhielt  bie  ^reunbfebaft  mit  23  Sängern  in 
Jyreiburg  einen  1.  %*reU  im  SJolfägefaug ;  187»  mit  29  Saugern  einen  2.  frei* 
für  Äunftgefang  in  Sigmariugen;  1881  mit  37  Sängern  auf  bem  fdjroäbifdjen 
Sängerfeft  in  Wmünb  einen  2.  %*reiä;  ebenfo  1836  in  fteilbronn  mit  45 
Sängern;  181*2  mit  «n  Sängern  einen  1.  ^reid  im  Jtunftgefang  auf  bem 
fdjroäbifdjen  i'ieberfeft  in  Reutlingen,  unb  1895  einen  foldjen  auf  bem  babifdjeu 
«unbeefangerfeft  in  Marl*rube  mit  110  Sängern.  Tai  im  3uli  1900  in  ber 
^eftballe  gefeierte  50jäb,rige  Jubiläum  beä  herein«  mar  in  jeber  t*ejiebung 
eine  großartige  iücranftaltung.  Sluguft  1901  errang  ftd)  bie  „ftreunb; 
fdmft"  einen  fyeil  (4a)  auf  bem  iuternatiottalen  ßefangäroettfefte  in  Köln. 


9tad)bem  von  einer  Slnjaljl  Sängern  fd)on  feit  bem  3>dt)xz  1839  regel- 
mäßige 3ufammenfünfte  gepflogen  mürben  jur  ^iflccic  beä  iHännergefangS, 
oereinten  fid)  biefelben  im  3<ibre  1858  ftatutengemäß  unter  bem  Hainen 
„SHännergefanguerem  ^forjljeim".  Seine  erften  Dirigenten  roaren  SJrod, 
3iottcngattcr,  Ulbert  unb  (rrnft  Sd)tnitt.  3m  3«*)«*  1867  übernahm  Wu[\U 
bireftor  Tf)eobor  SHobr  bie  Leitung  beS  „Dtännergefangoercinä".  Unter  feiner 
geroaubteu  unb  tt)atfräftigen  £ireftion  erbob  fid)  berfelbe  $u  fd>önfter  Mute,  fo 
baß  er  00m  Sängerfefte  in  9)Jannf)eim  1881,  oon  ftreiburg  1886,  oou  Äarl3= 
rutje  1891  ftetö  mit  bem  allererftcu  greife  beimfebren  lonnte. 

£urd)  feine  SWitroirfung  bei  etwa  80  gemifdjten  (Sfjor  *  Aufführungen 
im  vJ)hiftfoerein  unb  burd)  fein  öfteres  Auftreten  in  Monierten  beSfelben,  er* 
roarbeu  fid)  bie  oon  $aufc  au*  fdjon  burebroeg  gut  gefd)ulten  Sänger  jene 
mufifalift^e  Sidierbeit  unb  feine  SluffaffungSroeife,  roeldje  l)eute  nod)  ihre 
Weretnölciftungeu  auöjeidinet. 

5lud)  in  gefeüfd)aftlid)er  ^cjiebuug  ftcl)t  ber  herein,  roela)er  nur  aftioc 
i)iitglieber  unb  einige  (£l)reumitg(ieber  befi^t,  au  ber  Spi|;e  ber  ^forjbeimer 
Vereine.    3öir  erinnern  nur  an  bie  feb^r  gelungenen  Aufführungen  ber 


Digitized  by  Go 


605 


Operetten:  „Ter  »ettelftubent*  (1884),  „Der  Jvelbprebiger"  (1888),  „Die 
fteben  Scbwaben"  von  Millötfer  (1889),  an  Die  Cperettenauffübrung:  „Der 
äöitbf^ü^"  von  l'orfcing  (1893)  unb  eine  SMenge  anberer  Singfpiele  ic. 


eintrntftt-  ^  i'olif'inu. 

äkibe  Statine  würben  1850  gegrünbet,  erfterer  alä  Vefeoerein,  festerer 
$ur  Pflege  ber  Wefelligfeit.  ©rft  gegen  SHitie  ber  60er  $a$re  bilbeten  fic  fid) 
ju  Singoeretneu  auö.  lebhafter  Erinnerung  finb  noa)  bie  pompöfen,  aber 
aua)  redjt  foftfpteligen  (vaftnadjtäauffübruugen  bed  /fro  t)fi nn,  ber  fta) 
bamit  finnnjiell  etroaS  ftarf  engagierte  unb  bann  infolge  einer  allerbingä  übers 
triebenen  2lengftlid)feit  oieler  iKitgliebcr,  bie  ibm  nad)  unb  nad)  ben  Etüden 
teerten,  feiner  fluflöfung  entgegenging.  3m  Jaljrc  1897  uercinigten  ftd)  60  bi« 
70  alte  tfrobfinnäiuitglieber  mit  30  oon  ber  Gintradjt  \u  einem  neuen  herein, 
bem  fie  ben  tarnen  Gintrad)t-tfrot)finn  gaben,  iton  ben  beiben  Jyaljuen  —  bie 
beä  ^robftnn  würbe  1853,  jene  ber  (rintradjt  1884  eingeweiht  —  folt  erftcre 
bem  ftabtifdjeu  Slltertumämufeum  ubergeben  werben.  Km  5.  unb  6.  3Hat  1901 
beging  ber  herein  baä  Jubiläum  be$  50jdl)rigen  BeftebenS  uon  <£intrad)t= 
unb  5™l)finn. 


Per  Oättgerßratt} 

mürbe  im  September  1858  gegrünbet  uon  38  Witgliebern  unter  bem  Siorfifce 
oon  2.  SRirtfdjelfnauS.  Gr  tyat  neben  ben  gefänglichen  Stiftungen  ftet-3  bie 
Pflege  froher  WefeUigfett  (namentlid)  burd»  tl)eatralifd)e  Sluffütjrungen  ic.) 
im  Singe  gehabt.  1859  erhielt  ber  herein  eine  ftabne,  bie  jefet  nod)  im  Öe* 
braud)  ift.  Gr  beteiligt  fid)  eifrig  au  ben  Säugerfefteu  (18)5  MarlSrutje 
II.  ^irete).  3m  $al)re  1873  mürbe  eine  Säugerfaffc  gegrünbet,  woburd)  für 
bie  Jyolge  von  £eit  ju  ^eit  gröfeere  SängerauSflüge  ennöglid)t  mürben  (Bregen*, 
Wündjeu,  Saljburg).  Slnfangd  ber  70er  Jnbre  fdmffte  ber  herein  ein  eigenes, 
feitbem  oon  uielen  anbern  Vereinen  bcnüfcteS  2 beater  an.  Bcjeidjnenb  für  ben 
guten  (Meift  ber  WcfeUfdjaft  ift  bie  9lnl)duglid)feit  ber  alten  Sänger.*) 

Dirigenten  waren:  tteadefjrer  flut)n,  Sdmtitt,  ftauptlebrer  Kolb,  3leal= 
lebrer  (Gruner,  SMufilbireftor  fteib.  Sd)meifter  unb  feit  einigen  3abren  3teal= 
lebrer  Gruft  OJöfce,  unter  beffeu  ^ftytltng  ber  herein  bebeutenbe  Jyortfdjrttte  unb 
(rrfolge  erhielt  tjat. 

• 

mürbe  am  25.  Cftober  1663  uon  3fi  Herren  gegrünbet.  Gifter  iBorftanb  mar 
Jabrifant  Sd)ultl)c3  (bis  1876).  Dirigenten :  Mottengatter ,  Stabtjinrenift 
Sdnuitt,  £b,eobor  SJJotjr,  9t.  Stt.  Baal,  ib.  $raff,  Stöbert  SBiemann,  Stöbmeier. 

Die  SMebertafel  erftrebt  nid)t  fomob,!  ben  Stuljm,  burd)  glänjenbe 
Seiftungen  auf  Sängerfeften  ftd)  bcruorjutljun  unb  fid)  au  allen  ^reiöberoerbungen 
ju  beteiligen,  als  uielmebr  bie  Pflege  eined  beitereu,  gcfeUigen  ^ereiuslcbenä, 
momöglid)  unter  Beteiligung  ber  ^amilieuangebörigen.  Watt)  biefer  Seite  bin 
ftanb  bie  l'iebertafel  in  ben  80er  Jahren,  ib,rer  -blütejeit,  alle«  Vereinen  ooran. 
^robe  Vebeneluft  unb  föftlidier  2i>i$  mar  in  itjr  ju  fiuben,  unb  nirgenbö  tonnte 
man  fid)  fo  frei  unb  beljaglid)  füblen,  mie  im  Mreife  ber  fröhlichen  l'iebertafler. 
Xrefflidjc  Sanger  unb  gefeUfdmftlid)  auägejeidmet  oeranlagte  Naturen,  mie 


*)  ein  Sänger  (gottyammer)  fingt  fa)on  feit  1859  ununterbrochen  mit. 


I 


Digitized  by  Google 


606  $forabeim  im  19.  Oabrbunbert. 

©uftao  Weple,  Äaxl  Stagel,  (rnril  Äbredjt,  «artl>,  Scblub  u.  a.  waren  e§,  roelcbe 
ber  Üiebertafel  riefen  Äorpägeift  mitteilten.  SBo  fie  fang,  n>ar  fte  gerne 
gehört,  unb  ipre  ftaftuacptdauffüprungen  jäplen  peute  nod)  ju  ben  beliebteren 
unb  befud)teftcn.  itfenig  förbcrlicp  roar  bem  ferneren  ®cbeipen  bei  «ereind 
ber  öftere  Dtrtgentenroecpfel.  <£r  parte  baä  Scbicffal  aller  berartiger  Wefell- 
fcpaften.  SJiancpe  alte  beroäprte  Sänger  jogen  fiep  oom  GJefang  jurücf  unb  fonnten 
nicpt  fo  rafcp  burcp  gleichwertige  Kräfte  erfefct  roerben.  §eute  beftnbet  fiep  bie 
i'iebertafel  burcp  ben  ftarfeu  äuroacp*  tücptiger  junger  Sänger  roieber  im 
Stuffcproung.  greife:  IV.  «ab.  Sängerbunbedfeft  ftreiburg  1886  II.  ^ret$  im 
Hunftgefang,  V.  «ab.  Sängerbunbeefeft  Äarldrupe  25.  unb  26.  3Rai  1890 
II.  ^reiä  im  äunftgefang.   Der  (Spor  jäplt  über  70  Sänger. 


Der  herein  rourbe  am  1.  ftooember  1866  gegrünbet.  «U  jefrt  pat  er 
nacpfte&enbe  ©rfolge  ju  oerjeicpnen:  1)  Beta  «ab.  «unbeSfängerfeft  am  5.-7. 
3uni  1881  in  iWannpeim,  Abteilung  «olfSgefang,  31  Sänger,  2.  }Jreid,  filberner 
«ßofal;  2)  «eim  «ab.  «unbeSfängerfeft  am  25.-  26.  iRai  1900  in  Jtarl«rupe, 
Abteilung  erfcproerter  SJolfägefang,  48  Sänger,  einen  1.  %trei$;  3)  «eim 
Scproäb.  Sängerbunbeöfeft  am  10.— 12.  ^uli  1892  in  Reutlingen,  Abteilung 
Äunftgefang,  58  Sänger,  2.  ^reiä  nebft  filberbefcplagenem  Drinfporn ;  4)  «cim 
«ab.  «unbeSfängerfeft  am  2.-4.  ^uni  1892  in  Harlärupe,  Abteilung  Äunft= 
gefang,  70  Sänger,  2.  ^reiä.  Dirigenten:  ©rnft  Scpmitt,  feit  ber  ©rünbung 
bid  ^unt  1880;  fterbinanb  Sa^meifier,  bid  DJai  1887;  ©buarb  ftufcperoepp, 
bis  3uni  1889;  Ulbert  6pp,  bt«  Januar  1891;  8.  IB.  «aal,  bi«  Sunt  1895; 
feitbem  Steuert.  Der  «erein  jä^lt  feit  einigen  fahren  ju  ben  erften  ber 
Stabt  unb  erfreut  fid)  infolge  feiner  l'eiftungen  auf  gefänglichem  unb  gefclligem 
Gebiete  großer  «eliebtbeit.   Seiger  iÄitglieberftanb  430,  aftioe  Sänger  137. 


C&efanßtierftn  Harmonie. 

Die  ÖefeUfd)aft  „Harmonie"  rourbe  im  Februar  1873  oon  24  jungen 
fieuten  im  Älter  oon  18—20  ^aqren  gegrünbet.  ©in  Dcü  Der  SHitglieber 
roar  fcpon  feit  bem  Japre  1871  als  „oängertlub  jüngerer  Durner"  unter 
Direftton  beö  £>errn  $>übfcpenberger  oereinigt.  Diefer  Älub  blieb  auä)  inner« 
palb  ber  „fcarmonie"  nocp  einige  3cit  beftepen.  6rft  im  %ab,xt  1876  begannen 
bie  regelmäßigen  Singftunben  roieber.  Dirigent  roar  unb  ift  bi*  beute  mit 
einer  Unterbrechung  oon  mehreren  $abren  §err  .frauptleprer  @g.  ©cfert  au* 
»röfcingen. 

Die  gapnenroeioe  fanb  im  ^apre  1877  ftatt. 

9tm  üßcttgefang  beteiligte  fie  ftd)  nur  einmal  unb  jroar  beim  «abtfdjen 
Sängerbunbedfeft  1895  in  flarlärupe  unb  crpielt  ben  Ia.  ^rcid  im  erfcproerten 
^olfögefang. 

3m  3apre  1898  feierte  bie  ÖefcUfcpaft  ipr  25jäprige*  «efteben  mit 
einem  2tägigcn  ^efte  in  größerem  3Raßftabe.  Die  nod)  bem  «erein  angebörigen 
4  Biitgrü'uber  ü.  Äönig,  2.  ÜDianj,  3i.  SKerflc,  3ul.  Sd)ufter,  rourben  ju 
eprenmitgliebern  ernannt. 

3ur  3eit  beftept  bie  ©efellfcpaft  au*  etroa  440  iKitgliebern  mit  ungefäpr 
60  Sängern. 

»orftanb  ift  ^err  Na£  ^afenmeper. 


Digitized  by  Google 


<Bforabetm  im  19.  ^abrbunbett.  "  60? 

Tie  ftefeHfäaft  bcfte^t  meift  au$  Jabrifanten  unb  Knufleuten  unb  beftfct 
eine  SJibliotfjef  oon  8000  Sdnben. 

©rfter  Storftanb  mar  £err  CSfar  SMatfdjfjofer. 

♦  * 

* 

®tol3  bürfen  wir  auaj  fein  auf  bic  erfolge  im  Öcbiete  ber  fttafau 
muftf.  Ter  ebanßehfdie  M  urii  citri)  or  ^at  firfj  unter  «.  (SpoS  tüchtiger 
3Mreftion  ju  einer  tjoben  Stufe  emporgerungen.  Eurdj  bie  fdjöne  neue  Orgel 
ber  eoangel.  Stabtfirdje  unb  unter  ^ujiebung  oon  beroorragenben  Sängern, 
erfter  Äünftler  auf  ber  Crgel  unb  oon  guten  Cra^efteru  ift  tym  roieberljolt  bie 
91uffüf>ruug  grofcer  Oratorien  mögltdj  geworben,  bie  aua)  oon  auöroartS  oiele 
3ut)örer  herbeiführten. 

9iid  t  unerroäfmt  bleiben  foU  ber  namentüa)  bei  beu  uiiu-iidieu  cd)lufj= 
aften  jur  (Geltung  fommenbe  berrlia)e  «ctnilßcfaua  ber  ^olr\<fd)ulc, 
an  beffen  erfrifa)enber  Jßirfung  fta)  aua)  ber  Äunftfreunb  gerne  ergöfct. 

©eitere  Öefang*  unb  SHuftfoereine  ftnb: 

„Konforbin",  „<*rbeiteruna,",  „@rtsitteriiuß",  „(Bermania", 
ber  ^Itbeitcracfattgtoercttt  „ftretljeU",  ber  aRuftfocrein  „Urion'*,  ber 
„£ieberfran|",  ein  £ättgerbtittb  „Sttfcletenflub",  ein  „eänßcrbttnb 
SUeuftabt  ^rötjinßen",  ber  ,,3Rämtcrßefanßt>erettt  illtßabt",  bie 
r,  2äiiflert)alle  ttorftabt  «ebau",  ber  „  Eiiu^crf  lub  Xuntfceretn",  ber 
eäugcrflub  Xiirnflcfellfrijaft  „$ad)el",  ber  langer! lub  Surner. 
bmtb",  ber  ttätfergefauflUercin',  ein  „3UIjcrftnb"  unb  ein  „3ttber* 
Herein". 


Per  C>naü»int. 

©djon  in  ben  70er  Qabrcn  machte  fid)  ba§  53ebürfni§  nad) 
einem  ©aalbau  fühlbar.  bilbete  ftcf)  ein  Komitee  jur 

©rünbung  eme§  ©aalbaufonbS  unb  bie  gefetügen  Vereine  roaren 
bemüht  burd)  $on$erte  unb  fonftige  Sßeranftaltungen  benfelben 
möglid)ft  rafd)  in  bie  #ölje  ju  bringen.  ©o  brachte  eine  $f)eater* 
auffüfyrung  be3  SftännergefangoereinS  in  ber  £urnf)at(e  am  12. 
3tprit  1874  bem  5onb§  300  ft.  ein. 

3)te  gefc^äftUcf)C  ÄrifiS  lieft  aud)  biefe£  Unternehmen  oor 
notroenbigeren  fingen  auf  lange  Qtit  jurüeftreten,  bis  enblid) 
@nbe  ber  80  er  Qat)re  unter  bem  Sßorfttje  be§  Oberbürger = 
meifter§  £abermef)l  unb  unter  SWitwirfung  namhafter  s$erfonen 
au§  ben  gefelligen  Greifen  ber  ©tabt  neuerbingS  ein  ©aalbau* 
fomitee  in  £f)ätigfeit  trat,  beffen  erfolgreicher  Arbeit  e§  ju  banfen 
ift,  baft  im  Üuguft  1900  ber  ©aalbau  eröffnet  werben  fonnte. 
i)ie§  gefdjaf)  burd)  ein  großartig  verlaufenes  ftonjert  ber  oer* 
einigten  ©efangoereine  unb  burd)  eine  2lnfprad)e  be§  Oberbürger* 
meifterS. 

$er  ©aalbau  jeigt  eine  einfache  unb  flarc,  ben  ^ßlati* 
uedjältniffen  unb  2lnforberungeu  angemeffene  2)i3pofition  unb 
Einteilung. 

Qm  @rbgefd)of$  betritt  man,  uon  ber  ©tabt  fommenb,  bie 
geräumige,  mit  öroet  ßaffeulogen  r>erfet)ene  Vorhalle  unb  bann 


Digitized  by  Google 


608 


^forgbcim  im  19.  Oabrbunbert. 


ba§  große  unter  bem  .frauptjaate  liegenbe  5Jeftibül,  in  roeldjem 
in  uortrefflidjer  ©eife  bie  ©arberobe  angeorbnet  ift. 

ffied)t§  neben  ber  SJovfyalle  unb  bem  Sßeftibül,  an  ber 
Straße  gelegen  unb  oon  biefer  unmittelbar  jugänglid),  befinben 
ftd)  brei  größere,  reidjlid)  beleud)tete  ^Häume  für  bie  £age3roirt- 
fdjaft,  mit  Büffet  oerjefjen,  ba§  burd)  einen  befonberen  ©ang 
mit  ber  linfö  oom  ^eftibiil  liegeubeu  ftüdje  in  guter  3$erbinbung 
ftel)t.  Sinfs  uou  ber  SBorfyaue  ift  ein  größeres  ©efellfdjaftS-- 
jimmer  angeorbnet,  ba§  für  oerfdjiebene  äroecte  oermenbbar  ift, 
unb  linfS  uom  ÜBeftibflf,  bem  9tad)bargelänbe  jugefebrt,  liegt  bie 
geräumige,  nad)  bem  Saal  unb  beffeu  ©alerien  füljreube  $Mtpt< 
treppe. 


$ie  ftüdje  mit  reidjlid)  100  Cuabratmeter  Jladje  ftef)t  In 
SBerbinbung  mit  einem  s3turid)tevaum,  mit  einem  boppelteu,  nad) 
bem  Cbergefdjoffe  füljrenben  ftllftug  unb  einem  großen  Sommer« 
büffet,  ba§  jmei  breite,  buvd)  ein  s4?orbad)  gefdjütjte  Sdjalter* 
Öffnungen  gut  Verabreichung  uou  Speifen  unb  ©etränfen  nadi 
bem  ©arten  befitjt  unb  bind)  eine  in  bem  anfd)ließeuben  £urme 
liegeube  Xveppe  mit  bem  Büffet  be§  ObergefcfjoffeS  oerbunbeu 
ift,  fo  baß  bei  größeren  Heranftaltungen  bie  Speifen  auf  bem 
fürjeften  "-löege  nad)  bem  .jpauptgefdjoß  gebracht  werben  fönuen. 

$er  im  #auptaefd)ofj  angeorbnete  große,  16  unb  32  9Reter 
meffenbe  Saal  ift  mit  einem  5  9Reter  breiten,  brei  Stufen  über 
bem  Saalboben  evtjöljten  Umgang  uerfefyen  unb  nur  ber  Zugang 


Google 


iiforabehn  inf  19.  3abrbunbert.  G09 

von  ber  Haupttreppe  unb  ber  SfaSgang  uad)  ber  großen  ^erraffe 
(legen  mit  bem  Saalboben  auf  berfelben  @bene. 

3)er  Saal  ftebt  einer) ei t3  mit  ber  gegen  beu  ©arten  ge* 
(eaeneu  ^erraffe  in  SHerbinbung,  roäbrenb  er  am  anbeten  (Snbe, 
über  ber  SorfyaKe  gelegen,  ein  grofteS  ftufenfürmig  fteigenbeS 
Sßobium  befitjt. 

3m  9lnfd)hi&  an  ben  ©aal,  unb  mit  bem  Umgänge  auf 
einer  (Sbene  liegenb,  ift  nod)  ein  9tebenfaa(  non  ca.  155  Quabrat* 
meter  uorfjanben. 


$er  Saat  ift  auf  brei  Seiten  mit  einer  Oalerie  uerfefjeu, 
roeldje  burd)  bie  Haupttreppe,  bie  an  ber  ©artenfeite  (tegenbe 
sJlebentreppe,  unb  burd)  bie  leiben  an  ber  SBotfyatte  lefinblidjen 
$3enbeltreppen  §itg&ngttd)  ift;  bei  5euersgefal)r  ftc()t  nod)  weiter 
als  SRotau&gaita  bie  s33  äff  et  treppe  j  juv  Verfügung,  fo  baß  auf 
fünf  treppen  eine  rafdje  Entleerung  gefiebert  ift. 

$ie  Söaufoften  be£  Saales,  ber  bei  ftonjerteu  :c.  für  2700 
ißafonen,  für  3(u$fteUung3ftioetfe  an  s#obeu  unb  ^aubfladjeu 

39 


Digitized  by  Google 


610 


Worabeim  im  19.  Sabrbunbert. 


etroa  1500  Guabratmeter  Staunt  bietet,  betrugen  of)ne  dinvicrjtung 
etroa  600,000  9Warf. 

$er  drbauev  be§  ©ebäubeS  ift  §err  ©tabtbaumeifter 
Wfohfl  ftern. 


XHe  ^ufeum$-Aßttcn-6cfeirrdiaft. 

$a§  Sttufeum  bilbete  bi§  in  bie  60er  3at)re  ben  Littel* 
punft  unb  roofyl  and)  bie  einzige  Stätte  für  ben  gefelligen  unb 
geiftigen  s#erfef)r  ber  oornebmen  2Belt.  Von  1846— 1852 
batte  bie  ©efellfc^aft  für  bie  ©ommerunterfjaltungen  ben  (Sngel* 
garten  gemietet.  $rotj  ber  mannigfad)eu  unb  foftfpieligen  bau* 
lidjen  (Srroeiterungen  unb  s31eueinrid)tungen  erroieS  fict)  ba§  bis* 
fjerige  5flufeum§gebäube  al§  unjulänglid).  1874  fonftituierte  fidj 
bie  ®efellföaft  al*  ff9nufeum§s^ftien5©efeUfd)aft  in  ^for^etm 
jum  3tvede  ber  Jörberung  gefelliger  unb  litterarifdjer  Unter» 
Haltung."  $a§  Slftieufapitat  rourbe  auf  60  000  3Jlarf  feft* 
gefteüt  unb  in  200  Stttien  ä  300  ÜHarf  geteilt,  roeldje  auf 
bie  s3tamen  ber  93eft£er  gefdjrieben  fiub.  2lm  17.  September 
taufte  bie  ©efellfdjaft  ben  SBauplatj  ju  ifyrem  jetzigen  Vereint 
fjaufe  für  63  000  ©ulben  (21/,  ft.  pro  Duabratfug).  $a$  alte 
5Jhifeum  ging  an  ©aftroirt  s^öetfct)  jum  „©cfyroarjen  3lbler"  über. 
Qiüti  3af)re  fpäter,  am  1.  Oft  ober  1876  mürbe  bie  9Jlufeum§= 
roirtfdjaft  eröffnet,  bie  bi§  oor  furjem  r»on  SBitroe  $atj  geleitet 
rourbe.  2tm  31.  Qanuar  1895  feierte  bie  9Jhifeum§gefeü= 
fdjaft  ba§  ?yeft  ifjreS  lOOjäfjrigen  33eftef)en§  mit  Stöbert,  3efls 
fpiel  unb  $3aü.  Verfaffer  be§  JeftfpielS  mar  Oberamtmaun 
XeitigSmann  in  Appingen,  früher  SBorftanb  ber  ©efeüfd)aft. 

35ie  *ßfor$eimer  s3Jtufeum§gefetlfcf)aft  barf  für  ftd)  ba3 
33erbienft  in  3lnfprud)  nehmen,  ju  einer  Qtit,  ba  fonft  feinerlet 
Gelegenheit  ju  f)eroorragenben  geiftigen  ©enüffen  in  ber  ©tabt 
geboten  mar,  Hünftler  unb  ©eletjrte  oon  SBebeutung  für  muftfa- 
lifctje,  bejTD.  litterarifdje  Vorträge  geroonnen  unb  biefe  and) 
sJhd)tmitgliebern  jugänglid)  gemalt  ju  tjaben.  3n  ben  60er 
3at>ren  Stetten  auf  Veranlagung  ber  9)lu{eum§gefellfd)aft  Vor* 
träge:  Dr.  93lum,  Onfen,  ^orbecfe,  Söunbt,  $(untfrf)lt,  ßöff« 
mann  oon  3nßer§leben ;  t»  ben  70er  Sauren  •  ber  Slfrifareifenbe 
üfloblfS  (in  ber  $urnt)alle  über  feine  ©ypebition  in  bie  Inbifdjc 
SBüfte),  1878  «Biftor  o.  ©djeffel  über  feine  3bnüe  „SBalb* 
einfamfeit",  1878  Jriebrid)  Sobenftebt  über  „SHir^a  ©djaffn". 

$ie  OTufeumSgcfeüfcrjaft  oerfügt  roof)l  über  bie  gröfjte  unb 
roertoollfte  ^Bibliot^ef  in  ber  ©tabt. 

$ie  gjlitglieberäa^l  beträgt  260. 


Digitized  by  Google 


^forjbeim  im  19.  Oabtbunbert.  611 

$)er  93orftaub  bcftanb  im  Qa^re  1900  au§  bcn  Herren  Dr. 
33rinfmann,  5lugenarat,  1.  SBorftanb,  ©tabtpfarrer  $lein,  ©djrtft* 
füfyrer  unb  93tbltottjefar,  8mil  53ecfer,  Äaffier. 


rourbc  1861  gegrünbet.  3n>etf  berfelben  ift  bic  Pflege  bcr  ©e- 
felligfeit  unb  bcr  93aterlanb3liebe.  Schere  wirb  betätigt  burrf) 
aufrichtige  ®efinnung  für  Raifer  unb  sJReid),  burd)  bic  gcicr  ber 
oaterlänbifdjen  ©ebenftage  unb  roerftf)ätige§  ©intreten  für  alles, 
n>a§  ber  Sörberung  be§  engeren  |>eimatlanbe§  unb  be§  sJieid)e3 
bient.  daneben  oergi^t  bie  „sJiebelt)öt)le"  nie,  für  2lrme  unb  sJiot* 
leibenbe,  in  Unglücksfällen,  ober  roo  e§  ftd)  fonft  um  bic  £ilfe« 
leiftung  ju  einem  guten  Söerfe  tjanbelt,  ttjatfräftig  unb  opfer* 
willig  ifjre  jeweils  reid)e  ©abe  ju  fpenben. 

31>r  SßereinSlofal  befinbet  fiefy  a-  3  im  flogen  ©aale  ber 
SKeftauration  aum  „^ßrinj  ftarl",  wo  täglid)  3ufammenfünfte 
ftattfinben.  $ie  offijieUen  9lbenbe  ftnb  9Jtittwod)  unb  ©am§tag. 
$ie  gefte  (StiftungSfeft  unb  ©ommerauSflug)  werben  gewöl)nlid} 
gemeinfam  mit  bcn  tarnen  gefeiert,  fonft  finben  nur  #erren* 
abenbe  ftatt. 

$ie  SRitglieberaafjl  ift  (otyne  @^renmitglieber)  auf  140  be* 
föränft. 

3)cr  Sßorftanb  beftefjt  j.  3«  au$  °*m 

I.  Oberfpalter,  Dr.  s33arbo,  Oberarzt  an  ber  £eil*  unb 

^flcgeanftalt. 

II.  „         s}kofeffor  St.  Sang. 

III.  SRednier,  gabrifaut  @mil  $ncf  erhoff  unb  12  Orafyithteil, 


„Per  SxofäUW, 

eine  fibcle  $ftteip*©efellfcf)aft,  rourbc  im  $af)re  1864  infolge 
einer  3Bette  gegrünbet.*)  9Jhtglieber  roaren  e$  nie  mefyr  al§  20. 
Einige  33erübmtf)eit  erlangte  ber  Jrofdjteid)  burcl)  feine  Saft« 
nad)t§auffüf)rungen,  beftebenb  in  felbftDerfafjten  Suftfpielen  lofalen 
(£j)arafter§,  worin  ftäbtifdje  S3erl)ältniffe  unb  befannte  ^ßerfönlid)* 
feiten  perfifliert  rourben.  2)a§  erfte  Sofal  roar  ba§  $interaimmer 
be§  „^ßfälaer  $of".  $)ie  möd)entlid)en  3ufammcnfünftc  mürben 
burd)  mufifalifdje  unb  fyumoriftifdje  Vorträge  geroürat  unb  oon 
greunben  be$  #umor3  gerne  befudjt.   InfangS  bcr  90er  3at)re 

•)  »ei  bcr  polizeilichen  2(nmelbunfl  nmrbe  aI8  ßroeef  ber  Sereiniflunfl 
angegeben:  „Hebung  ber  üitterotitr  unb  ber  Jroföju^i". 

3b' 


Digitized  by  Google 


612  «forjbeim  im  19.  Sabrbunbcrt. 

mar  ber  Beftanb  bev  au§übenben  9ttitglieber  fo  jufammem 
$efcf)mofaen,  bafj  bie  9(ufli)fung  befdjloffen,  ber  „grofdjteid)"  auf 
bem  ^piättig  aUegorifd)  ju  ©reibe  getragen  unb  ba3  übrige  Ber* 
mögen  oertrunfen  nmrbe. 

*  * 
* 

Weitere  Vereine  jur  Pflege  bev  ©efelligfeit  finb  bie  ©efett- 
fd)aft  „immergrün",  bie  „^ittrood)§gefellfd)af  t", 
„(St.  ©eorgent)öf)e",  „UuitaS",  ber  „B erf erjr^f I ub\ 
eine  Bereinigung  s$f  orafyeimer  ©ifenbafcn*  unb 
<ßoftbeamten  unb  ein  „*Poft  =  Unterbeam  ten*Berein\ 

3)ie  m'elen  in  ber  Stabt  roofynenben  9iid)tbabener  unb  5lus* 
länber  fyabeu  fid)  mit  ber  $eit  lanb3mannfd)aftlid)en  Ber- 
einigungen jufammengetf)an,  fo  befterjen  5.  Q.  ein  herein  bev 
„Bauern"  (SBfirttemberger  $of),  ein  „Bötjmifd)* ftauifdjer 
Berein  ($ßfal$),  „©münber  Bereinigung",  eine  „Sdjnmjer 
©efellfd)aft"  (©d)iff),  ein  „Oefterreid)*Ungarifd)ev  Bevein". 


Digitized  by  Google 


«Bforabeim  im  19.  3abtbunbert. 


6ia 


g>o$e  ISefttdie. 

$a3  babtfcfye  $ürftenf)au§  bat  oon  jefjer  bcn  lebfyafteften 
Stattet!  genommen  am  5Bob,lergef)en  ber  Qnbuftrtcftabt  ^ßforjfjeim 
unb  basfelbe  ioieberf)olt  burd)  ben  93efud)  be§  £anbe§f)errn  be* 
funbet. 

31m  28.  3um  1819  erfdjien  ©roijjfjerjog  Snbnng  in 
ber  Stabt,  feierlid)  empfangen  oon  ben  33et)örben,  bem  ßaoaüerie* 
forp§  unb  3tf9*vforp§  ()or)e  |>err  ftieg  in  ber  „^ßoft"  ab 

unb  fufjr  nad)  einigem  Slufentfjalt,  oon  ber  SBürgerfaoallerie  bi§ 
jiit  Söilferbinger  ^)öt)c  begleitet,  nad)  $arl§ruf)e  jurfief. 

2lm  24.  Üttai  1830  roaren  © r o  f) er  jo g  Seopolb,  bie 
©rofjfjerjoginunb  bieSftarfgrafen  ©ilfjelm  unb 
s3)l  a  r.  i  m  i  l  i  a  n  t)ier,  übernachteten  in  ber  „^ßoft",  um  anbern 
£age£  511m  93efud)  bei*  SBürttemberger  $onig§famitie  nad)  ©tutt* 
gart  weiter  51t  reifen.  3)te  fjofjen  $errfd)aften  befud)ten  bie 
sBobnenberger'fd)e  sßapierfabrif  in  -Wiefern,  bie  5infenftein'fd)e 
£ud)fabrif,  bie  3)ennig'fd)e  unb  Kiefmle'fdje  93ijouteriefabnfen, 
foroie  ba§  SBencfifer'fdje  (Sifenroerf  unb  bie  ©djlojjfirdje. 

93ei  ber  @inroei()ung  be§  ODenfonalS  ber  400  ^ßforjljeimer 
in  ber  Sdjlojsfirdje  1884  erfd)ien  ©roffterjog  £eopolb  mit  ben 
2  grinsen  tfubroig  sJSill)elm  unb  griebrid)  (jefciger  ©ro^erjog). 
C#ilb  im  SlltertumSmufeum). 

Uufer  <&xoMct)0$  $rtcbri<6  beehrte  bie  Stabt  al§ 
sJhinjregent  jum  erftenmate  mit  einem  93efud)  am  8.  9flai  1854 
unb  nnirbe  begeiftert  empfangen.  $>er  nädjfte  $3efud)  be3  ©rof$= 
berjog^  erfolgte  bei  ber  (£ifenbaf)neinroeif)ung  1861. 

sJIm  2."  Oftober  1856  traf  ber  König  oon  Greußen  in 
^forjbeim  [ein,  um  fid)  nach  Sübingenfau  begebeifunb  mit  feiner 
©ernannt  einen  $3efud)  auf  bem  |>ol)enäollern  ju  machen.  Qn 
feiner  93egleitungfc„befanben  fid)  ber  s$rinj  non^reugen,  Wtnifter* 
präfibent  oon  ÜWan teuffei,  Generalleutnant  0.  SBebeü,  SUkjor  0. 
b.  Gröben  unb  v.  UJfemanft. 

9m  30.  Quli  1856  fam  bie  Äatferm  «Wutter  oon  SRuftfanb 
nebft  bem  Kronprinzen  Karl  4  unb  ber  Kronprin$efftn»;Olga  oon 
Württemberg  burd)  bie  mit  rufftfdjen,  preuftifdjen  unb  babifdjen 
Sagten  feftlidj.gefdjmücfte  ©tabt.  $>ie  l)ot)en;$errfd)aften  mürben 
oon  ben  Vertretern  ber  ftaatlidjen  unb  ftäbtifdjen  93ef)örben  ef)rer* 
bietigft  begrüßt  Sie  famen  oon  5Bilbbab  unb  festen  if>re  SReife 
über  s#rud)fal,  .£>eibelberg  unb  granffurt  nad)  Berlin  fort. 


Digitized  by  Google 


614  ^forabeim  im  19.  $abrbunbett. 


2(m  14.  ftuli  1857  tarnen  ßaifer  SttifofauS  I.  unb  bie 
ftaiferin  oon  9tufjlanb  auf  ber  Siücfretfe  oon  ÜBilbbab  ^ter  burd), 
begleitet  oom  ©rofcfürften  9ftid)ael  unb  ber  Äronprinjeffm  Olga 
oon  SBürttemberg ,  foroie  nod)  anbem  b*>b*n  ^ßerfonen  nebft 
großem  ©efolge.  $)te  fyieftge  $oft  beburfte  jur  SBeiterbeförberuna, 
92  ^ferbe. 

SEBenig  freunbtid)  f et) eint  ber  ftönig  Silbelm  oon  Greußen 
am  26.  2Iuauft  1865  am  Skbnbof  f^ier  oon  ber  SBeoölferuna; 
aufgenommen  morben  ju  fein.  $er  M93eobacbter"  fdjreibt :  „$a3 
SSerbalten  ber  3ufd)auer  war  ©efüblen,  meldte  bie  neueften 
Vorgänge  —  gemeint  ift  ber  preu§ifd)*öftemid)ifd)e  flonflift  — 
bei  jebem  greunbe  be$  9fed)t$  unb  ber  greifjeit  tyeroorrufen, 
entjprecbenb." 

SBeitere  53efurf)e  beS  ©roßberjogS  unb  ber  ©roß« 
f>er$ogin  fanben  ftatt  am  24.  SRai  1864,  am  19.  September 
1868  —  gelegent(id)  ber  SRanöoer  —  mit  anberen  Jürftlidjfeiten 
unb  bem  ©eneralftab.  33efonber3  feftlid)  mar  ber  furje  9(ufent* 
ba(t  ber  ©roffterjogtieben  |jerrfd)aften  bei  tyrer  Irtücffebr  oon 
©t.  üftoriti  am  18.  3uli  1870,  am  Jage  oor  ber  fran$öftfd)en 
$rieg$erflärung.  5Dic  $ablreid)en  auf  bem  SBabnbof  oerfammetten 
©imoobner  brad)ten  in  gro&artigfter  SBeife  ber  geliebten  dürften« 
familie  bie  $erftd)erung  unfrfd)ütterlid)er  Eingebung  unb  Jreue  bar. 

3lm  1.  3uli  1876  bei  ©elegenbeit  ber  Eröffnung  ber  ßanbeS- 
SRofenauSfteÜung,  roeld)e  in  ber  SBilla  ©efetl  abgebalten  rourbe, 
waren  ber  © roßberjog  unb  ber  @rb gr oßb  er  jog,  anbem 
£aa§  auch  tyvinfi  War  oon  ^aben  in  ^Pfovjbeim. 

93ei  feinem  näcbften  33cfucbe  am  13.  9Wai  18M  rourbe 
bein  ©rofibergog  oon  1000  <ßerfonen  ein  Jacfelgug  gebradjt. 

$te  weiteren  93efucbe  be$  SanbeSfürften  erfolgten  gefegent* 
(id)  ber  ßunftgetoerbe*9lu$fteHung  1896,  ber  dimoeiljung  be§ 
neuen  9tatf)aufe3  1895  unb  ber  eoangelifdjen  ©tabtfird)e  J899. 
3ebe3mat  mar  bie  91nmefenbeit  be3  oerefyrten  l)of)en  $errn  für 
bie  93eoölferung  ein  Jag  ber  allgemeinen  Jreube. 

3lm  14.  Sluguft  1871  unb  am  10.  September  1876  mar 
©eneral  Serber  Ijier. 

3lm  2.  3uli  1875  traf  bie  Äönigin  oon(3adjfen  f^tcr  ein, 
um  in  ber  ©djlofjfirdje  bie  ©ruft  ju  befudjen  unb  am  ©rabe 
ibrer  ©roßmutter,  ber  ©roßb^ogin  Stephanie,  ju  beten.  #ie* 
rauf  begab  fte  fid)  in  bie  fatyoUfcf)e  5lird)e,  mo  eine  ütteffe  a*Ie* 
briert  mürbe. 

2lm  12.  3uü  1876  befugten  bie  ruffifeben  ©roßfür  ften 
$1  i f o ( a o  unb  ÜH i cb a e l  ÜKidjaeloroitfd)  bie  ©ebloßfirebe. 

21m  8.  Qitli  1879  mar  ©eneralpoftmeifter  ©tepban 
f)ier  unb  befidjttgte  ba§  neue  9teid)8poftgebäube,  toekfyeS  am 
1.  Oftober  bem  ÜJertetjr  übergeben  mürbe. 


Digitized  by 


S&fotiWm  im  19.  Sagrbunbert. 


ilfciite  Gßronifi. 

1811  roud)§  ber  beftc  SBein  be§  3at)rt)unbcrt^  nad)  bcm  in 
biefem  3afyre  fidjtbaren  Kometen  „$ometenroein  ge= 
nannt.  $>er  Äomet  tjatte  einen  $urd)meffer  oon  27000 
Sfteilen,  eine  ©dnneiflänge  oon  12  Millionen  Stetten 
nnb  roirb  erft  in  3380  3>af)ren  roieber  erfdjetnen.  @r 
flößte  als  Vorbote  fcf)limmer  2)inge  große  gurd)t  ein ; 
aber  man  tranf  trofcbem  oiele  3al)ve  lang  mit  2Bonne 
ben  feurigen  <£lfer,  ber  mit  1000  ©ulben  ba§  Juber 
bejatjlt  mürbe. 

1816  17  sJ)lißmad)§,  Neuerung,  junger  unb  Stummer. 

1818  12.  3)e$ember  erfolgte  bie  feierliche  SBeifetjung  be§  oier 
Xage  juoor  in  ^Haftatt  verstorbenen  ©roßfyerjogS  #arl 
in  ber  fürftlidjen  Familiengruft  511  ^forjbeim. 

1824  2lm  29.  Oftober  großes  #od)roaffer.  (Sin  heftiger 
Sftegen  fdjrcellte  bie  Jlüffe  (£nj,  9lagolb  unb  SBürm  511 
©trömen  an.  ©egen  Wittag  brad)ten  fie  fdjon  loS« 
geriffene  Flöße  unb  anbereS  $olj.  ©amtliche  SBrütfen 
ber  Stabt,  bie  meiften  in  93rö$ingen,  5Bürm,  Sulingen, 
liefern,  GEllmenbingen,  SBeilcr  unb  $illroeißenftein 
mürben  fortgeriffen.  $er  SBafferftanb  mar  4  (Schill) 
f)öf)er  als  1784.  $ie  unteren  Straßen  ber  Stabt  unb 
ber  93orftabt  5Ut  mareu  0te  jura  ^ftarfttpfafe  üfler- 
frftmeiitmt.  $)a3  2Öaffer  brang  burd)  bie  Fenfter  ber 
drbgefdjoffe  in  bie  $äufer,  in  ben  niebriger  ftefyenben 
fogar  in  ben  2.  Stocf.  $ein  Sflenfdjeuleben  fam  um, 
aber  ber  Schaben  mar  fef)r  groß,  fielen  Käufern 
brol)te  ber  (Sinfturj,  93ief)  ertranf,  bie  SBaffermerfe 
mürben  befdjäbigt,  bie  ©arten  maren  ju  Süften  ge« 
morben. 

1829      oon  9boember  bis  9Härj  große  Äatte. 

18H4      fjeißer  Sommer,  auSgejeidjneter  SBein,  teures  $rot. 

22.  9tooember  <£inmeit)ung  beS  von  ©roßljerjog  £eo* 
polb  geftifteten  $enfmalS  ber  400  ^for^eimer  in  bev 
©d)lo|fird)e. 

1839  7.  Jebruar  (Srbbeben  in  ^forjljeim. 

1 840  2.  5ftai  s$oftbranb.  3m  golbenen  $lbler  auSgebrodjeu, 
jevftövte  in  furjer  Qett  $ojl#  hinter,  grünen  93aum, 
golbenen  s2lbler  unb  oier  ^rioatgebäube. 


Digitized  by  Google 


«16  ^[orjbcim  im  19.  ^abtbunbcrt. 

1842       guter  Söein,  ba«  Silber  15  hl  galt  140  (Mben  (240 

184.)      ftrenge  teilte  im  9Jiars.    18  ®rab  R. 

1841147  !DMf?n>ad)2v  Teuerung,  junger  unb  Rümmer, 

1851  l.  Auguft  traten  infolge  anbaltenber  ftarfer  sJiegengüffe 
alle  Jrlüffe  «ber  bie  Ufer  unb  richteten  großen  Schaben 
an.  $ie  fluten  riffen  einen  Teil  ber  Auer  Shücfe  mit 
fief)  fort.  $abet  tarnen  \wötf  "2»erfonen,  bie  M  in 
einem  Hadjen  retten  wofften,  ntn'o  4e0en.  (Aeljm 
ltd)e  £od)waffer,  Mim  ^cil  mit  Gi§gang  oerbunben, 
traten  ein  in  ben  3al)ren  1522,  1572,  V»87,  1690, 
1729,  1784,  1799).  Sief)e  Auffafc  im  Anzeiger 
Dorn  9.  u.  11.  9toobr.  1901. 

1856  £od)waffer.  Am  22.  ÜJlat  ertranf  ein  Sfläbcfjeu  au§ 
Bamberg  in  ber  2Öfmn,  in  meiere  e§  beim  lieber^ 
fd)reiten  eines  Steges  geriet. 

1858  Oftober.  3n  bem  an  ber  St.  ®eorgenfteige  angelegten 
(harten  ber  #eil»  unb  ^flegeanftalf  mürben  beim  Unv 
graben  oerfd)iebene  Altertümer,  fteinerne  Mügeln, 
äWfinjen,  Saffcnftücfe,  aujierbem  menfd)lid)e  Sfelette 
aufgefunben. 

S)a$  3al)v  brachte  eine  reiche  ftirfdjenernte.  9ttaud)= 
mal  waren  über  300  ftörbe  auf  bem  ÜDlarfte.  Ta§ 
sJ3funb  foftete  1  Rtfc  (3  $fß.). 

3m  3u[\  muffte  am  Gingang  in  bie  fürflliaV 
©ruft  ber  Sdjloftfirdje  eine  Reparatur  oorgenommen 
werben,  weStjalb  eine  Abteilung  Militär  t)ier  eiurüdte, 
um  wäfjreub  ber  $auer  jener  Arbeiten  in  ber  ftirdje 
unb  an  ben  Gingängen  3Badje  ^u  ftefjen. 

Am  13.  Aug.  würben  beim  (Kraben  eines  Stollen« 
im  Sd)iilf)of  s3hud)ftürfe  $iemlid)  funftooüer  Töpfereien, 
Stüde  gefdjmofaenen  ©locfenguteS  u.  f.  w.  gefunben, 
bie  wofjl  Don  bem  früheren  $ominifanerflo[ter  t)er- 
rüfyrten,  ba§  an  jener  »Stelle  ftanb,  unb  ba§  im  Sep* 
tember  1692  oon  bem  fran5Öfifd)en  ©eneral  (£t)amilln 
nebft  ber  Au,  ber  53rötjinger  2?orftabt  unb  einigen 
anberen  Stabtteilen  jerftört  würbe,  roäfyrenb  eS  bei  ben 
Trauben  1G89  oerfdjont  blieb. 

1859  anfangt  9iooember  heftige  Stürme,  fo  bafj  bie  Jeuer* 
wehr  abteilungSmeife  nad)t£  patroullieren  unb  SBadjen 
aufteilen  mngte,  um  bei  etwaiger  geuerSgefafyr  gleid) 
bei  ber  $anb  511  fein. 

2.  Wooember.  Qu  gunften  ber  burd)  ben  grogen 
$ranb  in  WetfarbifdjofSbeim  ©efd)äbigten  fanbeu 
Sammlungen  unb  ftonjerte  ber  oereinigten  ©ejang; 
oereine  ftatt. 


Digitized  by  Gc 


Google 


<Bforabeim  \m  19.  ^abtbunbert.  617 

1860  7.  gebruar.  SJeifefcung  bcv  ©roffterjogin  (Stephanie, 
©rofftersog  Äaii§  ©emaf)lin,  in  ber  gürftengruft  &u 
^3for$beim. 

1861  im  sJWai  rourbe  beim  ^graben  eine§  gunbamentS  in 
ber  $leid)ftraße  in  l1 ,  gufc  £iefe  ein  9Ratnmut*5at)n 
gefuuben  oon  V/2  gufj  Sänge  unb  3  Qo\l  SDurchmeffer 
am  bieten  (Snbe. 

1862  31.  Januar  £od)maffer.  $ie  niebrig  gelegenen  Stabt* 
teile  mürben  überfdjmemmt.  3)ie  s#emobuer  mußten 
it)r  33iel)  nnb  i()ve  fonftige  £>abe  in  Sidjerljeit  bringen. 
9(uf  ben  glüffen  tarnen  krümmer  oon  ftlöfjen,  ^rücfen, 
Stegen,  ($arten$äunen  angefdjmommeu.  $er  glofjfanal 
mürbe  jerftört  nnb  oon  ber  ßafmerftrafje  ein  Stücf 
roeggeriffen. 

1865  s2Iu§geaeid)nete§  sBeinjaf)r. 

1866  ©ejirtSförfter  u.  3)at>an$,  früher  t)icr,  fpäter  in  (Sterns* 
bad),  mürbe  511m  @bwubürger  ernannt. 

3(m  15.  Qnni  fanb  in  ^forjbeim  bie  erfte  (Eioil= 
tvannng  auf  bem  9tatfmufe  ftatt;  fie  rourbe  oon 
Amtmann  ©oll  oolijogeu.  4>er  ^Bräutigam  mar  ein 
3$raelite  au§  (£aunftatt,  bie  93raut  eoangelifd)  nnb  au§ 
Stuttgart. 

1867  Ueberfdjroemmung  ber  nieberen  Stabtteile.  3(m  17.  Quni 
fanb  in  ber  ^nrnbaüe  nad)  bem  s4$orbilb  anberer  Stäbte 
eine  J^reiligratb^feier  ftatt.  55er  Ghtrag  oon 
300  (Bulben  rourbe  bem  bamalS  au3  bem  @ril  surüct= 
geteerten  3)id)ter  übergeben. 

1868  am  8.  September  brad)  ein  SBranb  0.11$  im  <£>agenfd)ieß, 
ebne  aber  größere  21u3bef)mtng  $u  geminnen. 

1869  in  ber  sJcad)t  oom  1.  511m  2.  September  leidjteS  (Srb- 
beben. 

3?er  Söartturm,  an  bem  feit  1733  nid)t<S  mef)r 
gefdjab,  mürbe  renoviert.  3)ie  Littel  baju  flammten 
au3  freiwilligen  Beiträgen. 

1870  am  11.  2luguft  ber  (Snjfteg  oon  ben  ^Bellen  fortge« 
riffen.  $m  Oftober  Orfan.  ©rofjer  Schaben  an 
Sßalb*  unb  Obftbäumen. 

1 87 1  25.  3Wai  großer  Skanb  in  ©runbad) ;  34  ©ebäube  ab« 
gebrannt,  barunter  Sd)ull)au$,  9tatl)au3  unb  bie  turj 
juoor  erbaute  $ird)e. 

1874  17.  gebruar.  2>ie  Wafjer'fdje  goimüerfägmüfjle  beim 
5lupferbammer  abgebrannt. 

1875  am  20.  Januar  warf  ber  Sturm  ba£  große  prooifo* 
rifdje  9>?aga5ingebäube  ber  Sd)lofferei  Scfjroicfert  auf 
bem  SHennfelb  um. 


Digitized  by  Google 


618  ^rorabeiin  im  19.  3abttmnbert. 

3(m  12.  3uli  SBolfenbrudj,  rocket  in  2ieben$et(, 
#irfau,  Qcrnftmühle  unb  Heuhaufen  gro{$e  Verheerungen 
anrichtete. 

1876  Oberbürgermeifter  ©rofj  übergiebt  für  bie  lieber» 
frfjroemmten  in  ^pt)ilipp§burg  bem  bortigen  Bürger» 
meifteramt  1431,50  Tit.  al$  (Ergebnis  einer  Sammlung 
in  ber  Stabt  ^for^eim. 

93ei  ben  ©rabarbeiten  für  bie  3Bafferleitung  ftiefc 
man  auf  bem  Schulplatje  auf  eine  ©rabftätte,  roeldje 
bem  'sttnfdjein  nach  in  früherer  Qtit  als  Familiengruft 
gebient  hatte. 

1879  am  19.  3lpril  mürben  bei  Anlegung  eines  3Balbioege§ 
im  (Düringer  ©emeinbemalb  „am  Älingenrain"  30  cm 
unter  ber  $obenoberfläd)e  eine  fdjön  geformte  mann* 
lid)e  Sigur  oon  roeifjem  Sanbftein,  leiber  ofme  Hopf 
unb  oielfad)  befdjäbigt,  femer  10  Stupfermfinjen,  bie 
©pi$e  eine«  3Burffpeereifen§  unb  eine  In^at)!  £ohl* 
Siegel  gefunben.  $ie  Jigur  ftellt  einen  5Herfur  bar, 
ber  ftch  auf  ben  SJlerfurftab  ftüfct  unb  in  ber  umge* 
hängten  Safdje  ein  Sööcfdjen  trägt.  $>ie  9Jlün&en  ftnb 
Sefterjien  unb  2lfj  au8  ber  älteren  römifchen  $aifer= 
jeit  oon  9lntoninu§  $iu§  138—161  n.  unb  roafjr» 
fd)einlid)  oon  Trojan  98—117  n.  dfyv.  unb  (£ommobu§ 
180  - 193  n.  (£f)r.  $ie  ftunbftücfe  mürben  ber  bitter» 
tum§fammlung  in  Karlsruhe  jugefteflt. 

1879  grofceS  #od)roaffer  mit  (Stegang.  SBerber*  unb  5llt« 
ftätter  Q3rücfe  mürben  fortgeriffen. 

1882      grofje  Ueberfchroemmung. 

1885  ftarfe  (Einquartierung  anläßlich  ber  ©orpSmanöoer 
be§  14.  31rmeecorp§. 

1886  oom  20.— 24.  S^ember  fdjneite  e§  faft  unaufhörlich, 
fo  baf?  ber  Schnee  über  l  Sfleter  tief  auf  ber  Strafte 
lag  unb  großen  (Schaben  an  Räumen  unb  ©ebäuben 
anrichtete.  $>a§  *ßerronbad)  be§  3khnhofe§  rourbe 
eingebrüeft.  Sbtt  Schnee  fchmolj  langfam,  unb  bie 
Stabt  blieb  Diesmal  glüefliebermeife  oom  #od)roaffer 
oerfd)out. 

^fingftbienftag  $3ranb  ber  ^Öeifcenfteiner  Rapier- 
fabrif. 

1893      fchled)te3  ftutterjahr  (fiehe  33icf>5urf)t). 

3(m  24.  Sluguft  abenbS  9  Ufjr  brad)  im  Schoen 
in  3almbad)  Jeuer  au§,  bei  joeldjem  4  ftinber  ber 
sßforjheimer  JJerienfoloni?,  bie  bort  untergebracht  mar, 


Digitized  by  Google 


^forabeim  im  19.  Öabtbunbett.  619 

um§  Seben  famcn.  $)ie  ©tabtoerroaltung  lief*  bic 
fttnber  gemeinfam  beerbigen  unb  fefcte  if)nen  einen 
©ebenfftein. 

1900  ®efegnete§  $abr.  ©etreibe  aut  unb  mef,  Obfi  gefunb 
unb  in  §fille  unb  güüe.  (ES  Ijielt  fic^  bis  jur  neuen 
Obfternte. 


Digitized  by  Google 


620 


gtftdftrag* 

Unter  bem  Stopitel  Släoti  Idie  2tertt»aftuna,  ift  nacfjju tragen,  • 
ba&  bie  uerantioortlidje  Leitung  ber  gefamten  Verwaltung  in  ben 
Rauben  be$  CberbürgermeifterS  liegt.'  £erfelbe  fübrt  ben  Vorfiti 
in  ben  3tabtrat§=  unb  BürgerauSfdju&fitjungen.  (Srftere  finben 
in  ber  9tegel  jeben  $ien§tag,  letztere  nad)  (Srmeffen  be3  Vor* 
fttjenben  gewöfynlid)  jeben  sJ)lonat  einmal  unb  jioar  meift 
9Jiontag§  ftatt.  2)er  Oberbürgermeifter  fütjrt  ben  Borftt}  in 
folgenben  ftommifftonen:  $rd)io-  unb  9lltertum3fommiffton,  Bau* 
fommiffion,  Steuerfdjattungsrat  ber  Stabt  sHforjbeim,  3d)iil= 
fommiffion,  flanalifationsfommiffion.  $er  Bürgermeifter  leitet 
bie  Slrmenoerroaltung.  ba$  ©emeinbegeridjt,  ba3  (9eioerbegerid)t, 
ba§  StanbeSamt,  bie  ftäbtifdje  5lrbeiteroerrid)erung§fommiffton. 
$ie  übrigen  Stommiffionen  werben  ootl  8tabträteu  ober  befonbers 
für  baei  betreffeube  9tmt  oereigenfdjafteten  bürgern  geleitet. 

©eit  Befteben  ber  Stäbteorbnuug  1875  befinben  fid)  ununter* 
brodjen  in  ben  ftäbtifdjen  Kollegien  bie  .sperren  ttuguft  Stapf  er, 
Banfbireftor  unb  Dr.  9  b  o  l  f  iH  id)  ter. 

Seit  1.  3«nuar  1H07  ift  eine  2)ienft*  unb  ©etmltSorbnuna, 
für  bie  penfiou*bered)tigten  Beamten  ber  ötabtgemeinbe  in  Straft. 
.£>iernad)  wirb  ben  'Beamten  ba§  9lmt$gef)eimni«  $ur  ^flid)t  ge= 
madjt,  aud)  uad)  Muflöfung  be$  2)ienftoeri)ältniffe*.  £ie  (Erlaubnis 
jur  Uebernabme  oon  sJiebenbefd)äftiguugen  bangt  oon  ber  geioiffen« 
haften  $ienftfüf)rung  ber  Beamten  ab  unb  ift  oon  ber  ®eneb^ 
migung  burd)  ben  Stabtrat  abhängig.  Ohne  (Genehmigung  bes 
StabtratS  bürfen  ftäbtifdje  Beamte  feine  (#efd)enfe  annehmen, 
bie  ifjnen  mit  Be^ug  auf  ben  $tenft  oon  britten  s^erfonen  ange= 
boten  roerben.  $et  .£öd)ftgel)alt  ift  erreidjbar  in  20  $ienft- 
jafjren,  in  ber  SGBeife,  ba&  uad)  je  fltoei  3af)ren  eine  Zulage  oon 
10  s]?ro^nt  ber  2>ifferen$  ptfdjen  Anfang*»  unb  £öd)ftget)alt 
geioäfjrt  mirb.  $ienftentlaffung  fann  jeberjeit  obne  Stünbigung, 
aber  nur  nadi  oorauSgegangener  $i3$iolinarunterfurf)ung  au§ge= 
fpvodjen  merben.  2)er  ^nfprud)  auf  Mubegebalt  toivb  uad)  jebn- 
jäbriger  $ienftjeit  ermorben.  $)er  9lu^eqet)att  ift  geregelt  mie 
bei  ben  ftaatlidjen  Beamten,  ebenfo  ba§  3Bitir>en=  unb  *©aifen- 
gelb,  $ie  Stiftungen  ber  Beamten  für  bie  N#enftonsfaffe  ent* 
fpredjen  ben  früheren  ftaatlidjen  Beftimmungeu. 

Bürgermeifter  bejio.  Oberbürgermeifter  waren  im  i?aufe  be$ 
3af)tf)uubert$ :  Seit  1792  3af.  griebr.  $ret)er,  1815  Strenfel, 


Digitized  by 


G2i 

1830  2ena,  1837  Deimling,  1848  GreceliuS,  1849  3errenner, 
1803  (£.  Sdjmibt,  1875  ®rofj,  1884  §tvaa$,  1888  gabermcty. 

*  * 

Unter  bem  Kapitel  ftaatftdk  ^.ießorben  ift  nad)iutragen : 

Pa$  Notariat  I  OHotar  8d)mib)  umfaßt  bie  nörb(id) 
buvd)  bie  (Üifenbatjn  nad)  Stuttgart  unb  weftlid)  burd)  beu 
Sdjlofcberg,  lie  Deimtingftrafce,  bie  2(uerbrürfe  unb  bie  s«ftagolb 
begangenen  ©tabtteile. 

l>as  Notariat  II  ONotar  sBürtt))  umfaßt  bie  übrigen 
Seile  ber  Stabt. 

Pa$  Notariat  III  (^lotav  l'ubnjig  ^flauer)  umfaßt  bie 
Crte  Öaufdjtott,  Bilfingen,  Brötzingen,  Dürrn,  (lifingeu,  (Srfingen, 
Eutingen,  ©öbridjen,  3f  »ringen,  ftiefelbronn,  Wiefern,  Oefdjel* 
brenn. 

pas  Notariat  IV  (9iotar  3öalj)  umfaßt  bie  ©emeinben 
DiUiueijjenftein,  Bamberg,  £>of)enn)art,  £md)enfelb,  ^efjningen, 
änfti)lf)aufen,  Weufjaufen,  Sdjeübronn,  oteinegg,  Siefenbronn, 
SBürm. 

Pas»  Notariat  V  (sJtotar  Burff)arbt)  umfaßt  bie  Orte 
Büchenbronn,  Dieteufyaufeu,  Dietlingen,  <£Ümenbingeu,  3tter§= 

bad),  Sangeualb,  Obermutfdjelbad),  Böttingen  unb  2Beüer. 

*  * 
* 

jtf$  1Hed}t$aitn>äTte  finb  3.  3.  t)iev  tfjätig  griebrid) 
Brombad) er  unb  Dornoff,  Dr.  Seopolb  Dämmert, 
Martin  D  u  f  n  e  r ,  <3  a  m  u  e  l  fetterer,  8  a  r  i  ©  r  0  6  unb 

Jranj  ftratt,  Dr.  3* v i ^  Detter. 

*  * 
* 

Unter  beu  Beamten  hex  Äetf-  unb  "2*fl>geanflaft  feien 
nod)  genannt  Med)nung§rat  Oofef  ©d)uler,  t)ier  feit  1889 

unb  Cberbud)t)a(ter  Oafob  tfuljn,  feit  1885. 

*  * 

cMa)äftofäflc  be$  <&xoh§ex\o$tidwn  Ämtegeridjto. 

((Srgäujung  511  Seite  344.) 

3aßrgang  1898.  —  gipttyro^effr. 

Anhängig  geworbene  gäüe  2822. 
9Jh'iublid)e  Bertyanblungen,  ©efamtjafil  3308. 
Darunter  fontra^biftorifdje  1136. 
(Snbuvteile  1720. 
Darunter  fontra=biftorifd)e  219. 

(Srlaffene  3«Muug5befeble  3814. 
CSrlajfcne  BoUftre'cfung*befef)le  1488, 


Digitized  by  Google 


622 


Sottiogene  gofjrnifjuerfteigerungen  252. 
«onftrt<funftc>i'Q^en  einfd)lieglid)  Slrrefte  706. 
(Jntmünbigungtii  8. 

«äJtunbtoterflärungen  1.  unb  2.  ©rabeS  je  2. 

£txatta<Qen. 

Ergangene  Urteile  mit  «Schöffen  683,  tlme  £d>öf?en  15, 
<ßrioatflagefad)en  68,  fonftige  Söergefjen  2il,  m  ber  Straf* 
fommer  überroiefene  Sßergetjen  355,  wegen  Üebertrttungen  7^, 
erlaffene  Strafbefefjle  70,  Jorftftrafoerfafjren  609,  Betören 
au$  früheren  3at)ren  26,  neu  anhängige  23. 

iionfiurfe:   3urücfroeifung   De$  Antrags  auf  Äonfur*» 
eröffnung  2,  (Scfylufjoerteilung  18,  3roang3oergleid)  1,  auf  anbere 
91rt  3.  (Eröffnete  Äonfurfe  20,  barunter  £anbel$leute  5,  $e 
roerbetreibenbe  12,  Sanbroirte  2,  fonftige  ^erfouen  1. 

JeilungSmaffe :  bis  ju  1000  2flf.  4,  bis  ju  10  000  3Wf. 
14,  über  10000  2Jlf.  1.  Sdjulbenmaff  e :  uon  1000— loooo  ißll. 
9,  über  10000  9Wf.  10. 

^rojentfatj  bei  ber  @d)lufjoerteilung :  bi£  &u  25°  o  11,  pen 
25  -50%  4,  über  50%  3.  3m  3roang$oergleid) :  oon  25  btl 
60°  o  1. 

-£tegenfi$aftfid)f   3n»ang$neräu Gerungen:    3«^  »er 

Salle:  19.  $aoon  trafen  bem  ^Berufe  na$:  Sanbroirte  3, 
©eroerbetreibenbe  13,  ßanbroirtfdjaft  unb  ©emerbe  jugleid)  rreibtnbc 
^Serfonen  1,  fonftige  ^erfonen  2.  (£3  mürben  oeräufjert  nur 
©ebäube  in  6  fallen,  nur  ©elänbe  in  5  gäüen,  Slädje  2  £eftar 
55  ftr.  ©ebäube  unb  ©elänbe  mürben  oeräufjert  in  9  JäUen, 
ijläcfye  9  |>eftar  18  2ir.  (SdjätjungSroert  ber  fiiegenfdjaften : 
611000  9Jtt.,  <5teigerungSerlö3  ber  fiiegenfdjaften :  462000  IDll 

3ffattbet»trftgf. 

Eebungene  <Pfanbred)te :  3at)l  748,  Äapitalbetrag  9  099  000 
9)hrf.  sJiid)terlid)e  $fanbred)te :  3al)l  172,  Äapitalbetrag  214 
maxi  «or$ug$red)te :  3at)l  2141,  Äapitalbetrag  7  741  oOO  3RL 
Äauffdjiüinge  7  554  000  Ml,  ©leidjftellungSgelber  1*7  CH»  ©f. 
3m  ©anjen  3061,  Äapitalbetrag  17  054000  «Ulf.  SBelaftet  bem 
Berufe  nad):  ifanbmirte  756,  ®emerbetreibenbe  15  33*,  i*erfoneit 
mit£anbroirtfd)aft  unb©emerbe  augleid)  122,  fonftige  ^erfonen  837. 

^fanörtridjr. 

ftebungene  ^fanbvedjte:  $af)l  680,  Äapitalbetrag  3  601  0<m) 
$ftavf.  NJtid)terlid)e  s^fanbred)te :  ^at)l  164,  Äapitalbetrag  181  000 
sJ)iarf.  ^ov^ugeredjte :  3<*bl  7194,  Äapitalbetrag  9  007  000  SWf. 
Xaoon  Äauffc^iUinge    8  329  000  SHarf,  ©leic$fteüung*gelber 


Digitized  by  Google 


623 


678000  m.  3m  ©anjen  8038,  ßapitalbetrag  12  789  000  2Rf. 
(Sntlaftet  bcm  Berufe  nad):  ganbroirte  607,  ©eroerbetreibenbe 
6945,  ^cvfonen,  roeldje  Sanbnnrtfdjaft  unb  ©eroerbe  augleid) 
betreiben :  29,  fonftige  ^erfonen  209.  darunter  jufolge  ridjter* 
lieber  Verfügung  20,  Äapitalbetrag  98  000  9ttf.  infolge  allge* 
metner  SBeremigung  5235,  Äapitalbetrag  4  999  000  3Jtf. 


SBei  bem  s2lbfd)nitt  §ewetbe  {ei  ber  feit  12  ^afyren  beftefyenbe 
ftofylenuerein  ermahnt,  beffen  Sttitglieber  burd)  oorauSent* 
richtete  $eiljal)lungen  ba§  9lnred)t  erhalten,  an  ben  burd)  Staffen* 
be$ug  billiger  erworbenen  $of)len  ftd)  ein  beftimmte§  Cuantum 
5U  fidjern. 


$8ei  50a6ffa8tt$dnri(6tungeti  uerbient  Gmtmbnung  baS 
unter  Dr.  ©uftao  o.  SHoeljl  ftefjenbe  4a6oratorium,  eine 
amtliche  Unterf  ud)ung§anftalt  f  ft r  9iaf)rung8»  unb 
©enufcmtttel,  foroie  ©ebraudjSgegenftänbe. 


Digitized  by  Google 


624 


Sdjlulnuui't. 

Xaufenb  3al)ve  heimatlicher  ©eja,id)te  hüben  wir  in  ben 
oorliegeuben  blättern  an  itnferm  (Seifte  uorüber^iebeu  febeu  nnb 
in  großen  Büßen  bas  kommen  nnb  Öeljen  ber  ©efd)led)ter,  bas 
UBerben  nnb  Vergeben  ber  jebem  Zeitalter  eigentümlichen  Buftäuöe 
nnb  (Einrichtungen  oerfolgt.  Allenthalben  haben  mir  baefelbe 
(#efd)eben,  biefelbe  (9efetjmäßigfeit  beobadjtet,  im  großen  Hölter 
leben  mie  in  ber  ©emeinbe  uno  im  ^afeinSfampf  be«s  einzelnen 
sJ!)lenfd)en.  Ueberau  ein  laugfamee,  müheoolles  Aufmärteftreben, 
ein  ^Blflljen  unb  Reifen,  bis  ber  £)ol)epuuft  ber  jemeiligen  Gut^ 
mictluug  überschritten  mar,  unb  bann  ein  rafdje*  Abwärtefteigen, 
bem  bie  Auflöfuug  oeralteter  unb  bie  Umbilbung  flu  neuen 
formen  folgte. 

Aue  nebelgrauer  Jen«  taudjt  ba*  Öilb  be*  mevbenben 
Worpheim  uor  und  auf.  3u  feiner  $efd)id)te,  in  feinem  ÜBirfen 
unb  Schaffen,  Stetten  unb  UBageu  fpiegelt  fid)  bas  hieben  unb 
Streben  bee  gefamten  Golfes,  mie  bae  große  SonnenbÜb  aus  bem 
Meinen  SEBaffertropfen  uns  entgegenleuchtet.  (£s  ift  ein  Beiden 
gefuuber  (Sntmicflung,  menu  ber  ©eift  be*  gaiuen  Golfes  im 
hieben  ber  einzelnen  ©emeinbe  wirft.  Denn  mie  bas  ($roße  burd)  bas 
Einzelne,  fo  tann  mieberum  bas  ©emeinbeleben  nur  gebeiheu, 
menu  bie  großen  unb  guten  (Gebauten  ber  Beit  bie  in  bie  fernften 
SGBinfel  bringen,  bie  (Steiftet  befruchten,  bas  Xfyun  heben  unb 
heftigen. 

©efd)üfct  unb  gepflegt  oon  einem  ftarfeu  Jyüi'fteugefcbledjte, 
entmictelt  fid)  in  beu  dauern  bes  alten  ^for^eim  balb  ein 
reges,  gewerbliches  ßeben.  An  allen  baS  §eimatlanb  berübrenbeu 
Reiben  unb  Jreuben  nimmt  bie  aufftrebeube  ^ta^t  beu  lebhafteren 
Anteil.  Das  erlauchte  .paus  ber  Bähringer  giebt  ihr  burd)  einen 
feiner  ebelften  unb  genialften  Vertreter  bie  gefetjlidjen  ©runblagen 
für  eine  allfeitige  freiheitliche  Entfaltung  ihrer  Äräfte.  3Bot)(« 
fahrt,  93ilbung  unb  ©efittung  erreichen  eine  hohe  sölüte. 

Die  mächtige  Bewegung  ber  ($eifter  in  ber  Beit  ber  !Ke* 
fornuition  erfaßt  auch  bie  'Bürger  ber  Stabt  s^forjheim  mit 
aller  9Jiad)t  unb  $iel)t  fie  in  ihren  ®ann.  —  Der  bebeutenbfte 
ber  .pumaniften,  „ber  ditftov  DeutfdjlanbS",  iHeud)Un,  mirb 
in  ihren  dauern  geboren,  ^forjheime  größter  ©ol)n.  Unenblid)er 
Segen  gel)t  oon  ihm  aus  für  bie  beutfehe  4öiffenfd)aft  unb  bas 
3d)ulmefen  feiner  SBaterftabt.       Dann  fominen  Reiten  unfäg« 


Digitized  by  Google 


625 

lieber  9tot.  $er  entfetjlid)e  30jär)rige  ßrieg  mit  feinem  befolge 
von  Jammer  unb  (SIenb,  unb  mehr  noch  bie  barauffolgenben 
fvanjöfifc^en  SDIorbbrennereien  haben  *pfor$heim  bem  lintergange 
nat)e  gebracht.  2(6cr  grofj  unb  ehrroürbig  jetgte  fid)  gerabe  in 
jenen  Reiten  därtefter  Prüfung  unb  bitterfter  $8ebrängni§  bei* 
©laubeuSmut ,  bie  3ftanne§treue  unb  bie  wahrhaft  t)eroifc^e 
Xapferfeit  eine§  ftttlid)  lauteren  unb  geftä'hlten  93ürgertum$,  beffen 
Saaten  wert  finb,  ben  nad)lebeuben  ©efdjlechtern  für  alle  3*iten 
als  erhebenbe§  $3eifpiel  uor  bie  Seele  geführt  ju  werben. 

($ine  neue  Seit  mar  angebrochen.  9leue  Einrichtungen  unb 
formen  maren  nötig  geworben,  für  welche  bie  $3ürgerfd)aft  ihre 
forgfam  gehüteten  ^ßrioilegien  opfern  mufjte.  $>a{3  fte  mit  all 
it)rer  3ßl)igfcit  ben  äufjerften  SÖtbcrftanb  leiftete  gegen  ba§  Auf- 
geben ber  i^r  lieb  geworbenen  Freiheiten,  gereicht  ihrem  Styatattet 
in  unfern  klugen  ficher  nicht  jur  Unehre. 

Sieber  mar  e§  ein  Springer,  ber  bem  oerarmten,  herunter» 
gefommenen  Sßolfe  bie  Sege  bahnte  ju  neuer  3Bot)lfahrt  unb 
befferen  Sitten.  3)er  unüergeßlidje  $arl  F'riebrid)  mar  e§,  bem 
s$jorjheim  öen  Auffdjmung  ber  glöf$erei,  be£  .£>ol5haubel$  unb 
cor  allem  jener  ^nbuftrie  bantt,  bie  e§  511  bem  gemacht  fyat, 
roa§  e§  heu*e  ift.  — 

$ie  (Sinworjnerfchaft  ^at  fich  in  bem  abgelaufenen  Rafyv* 
hunbert  oerneunfacht.  $ementfpred)enb  mufcte  auch  ftäbtifche 
Verwaltung  brechen  mit  ben  alten  £rabitionen  unb  einen  3ug 
in'3  ®rofce  annehmen.  Soldje  Sanblungen  ftnb  naturgemäß 
immer  mit  Sehen  oerbunben,  unter  benen  bie  Vertreter  ber 
neuen  Dichtung  nicht  minber  leiben,  wie  jene  ber  althergebrachten, 
^auwefen,  ®efunbheit$pflege  unb  $Übung3anftalten  nehmen 
außerorbentliche  Littel  in  Anfprud).  Aber  fte  fmb  nicht  umfonft 
au  gewenbet.  $efct  fdjon  jeigen  fid)  bie  guten  Solgen  ber 
ftäbtifchen  Reformen :  *Pforaheim§  Au§fef)en  ift  ba§  einer  fcf)önen, 
roohlha&enben  Stabt;  bie  &nphu§plage  ift  oerfchwunben ;  unfere 
©djulen  ftehen  an  ber  Spitze  ber  gleichwertigen  Anftalten  be3 
Sanbe§.  Selche  ungeheuere  Summe  oon  Arbeit  unb  Sorgen 
biefe  (Srrungenfchaften  unfere  Stabtoermaltung  toftete,  ba§  ent* 
äieht  ftd)  bem  Auge  be§  gewöhnlichen  Bürgers.  Senn  er  aber 
bie  Sohlthaten  einmal  am  eigenen  Seibe  empfinbet,  bann  wirb 
er  jenen  Scannern  wof)l  oon  ^erjen  banfbar  fein,  bie  für  ihn 
unb  feine  9}ad)fommen  ihr  33efte§  eingefetjt  fyabzn  an  geiftiger 
unb  phnfifcher  ßraft.  - 

$roftlo§  hat  ba§  19.  ^ahrljunbert  begonnen!  flraftuoll 
unb  in  ftoljer  Schönheit  fteht  an  feinem  Schluffe  ba§  neugeeinte 
beutfehe  SHeid)  im  sJtate  ber  Sßölfer,  ein  ßott  be£  grtebenS  unb 
ber  Arbeit!  $er  beutfd)e  s3tame  ift  mieber  geadjtet,  beutfd)e 
Siffenfdjaft  unb  Runft,  beutfehe  ^nbuftrie  unb  beutfeher  .£>anbel 

40 


Digitized  by  Google 


626 

fjaben  bie  2öelt  erobert  2Sa§  bie  nationale  SBiebergeburt  uub 
ber  roirtfd)aftlid)e  5(uffd)roung  be$  Weidas  für  *ßforjcjeim  ju 
bebeuten  Imben,  ba§  jeigt  un3  ein  $licf  in  unfere  s4Berfftätten 
nnb  gabrifen  unb  auf  bie  riefigen  Slrbeitermaffen,  welche  fyter 
ihr  reid)lid)e§  93rot  oerbienen. 

s4öenn  bie  ©efd)id)te  unferer  Steterftabt  banfeSooll  jener 
großen  Männer  gebenft,  beren  ftaat3mäunifd)e  SBeiSljeit  nnb 
Übatfraft  biefe  Erfolge  errungen  bat,  fo  ftetjt  mitten  unter 
ibnen  in  l)ellleud)tenben  Settern  ber  sJcame  unfereS  geliebten 
$xohfltx\o$z  ^riebrieß.  ©anj  im  ©eifte  feines  eblen  ©rof3= 
roter*  bat  ber  bofye  $tw  allezeit  befonberS  mannen  Anteil  an  bem 
sittoblerget)en  s}Jfor$beim§  genommen.  9(u3  einem  f  leinen  £anb= 
ftäbtdjen  fyat  e§  fid)  unter  ©rof^er^og  griebrid)3  Regierung 
ju  einer  ftattlidjen  ^rooinjialftabt,  511  einem  2öeltinbuftrieplat} 
emporgefdjroungen,  beffen  (Jrjeugniffe  feilte  nad)  allen  Säubern 
ber  @rbe  geben.  sBa§  ber  bod)^er,Mge  Surft,  beffen  $anb  bie 
©efcfycfe  unfereS  £eimatlanbe$  nun  fd)on  ein  balbeS  3abrf)unbert 
binburd)  mit  immer  gleidjer  pflichttreue  unb  roacjrbaft  oäterlictjer 
gürforge  lenft,  für  unfere  £eimat|tabt  getban  \)at,  ba$  foll  tym 
eroig  unoergeffen  bleiben! 

äBenti  an  feinem  @t)rentage*)  baS  gan^e  $eutfd)lanb 
feinen  getreuen  derart  beglütfroünfd)t,  roenn  ba£  treue  'Babener* 
oolf  bem  geliebten  ©roftberjog  aufs  neue  feine  £ulbigung  unb 
ben  9lu*brucf  inniger  Sßerebrung  barbringt,  bann  roirb  audj  feine 
getreue  3tabt  s^|orjbeim  an  ben  3tufeu  be3  Jbrones  it>rc  gefteS 
gäbe  nieberlegen  — 

ben  unoerroelftidjeu  $ranj  bes  2>anfe3,  ber  Siebe 
uub  ber  'öürgertreue. 

©ott  erbalte  unb  fdjütje  unfern  geliebten  ©rofjtjerjog 

unb  fein  ganjeS  $au$! 

®ott  fegne  unb  fd)üt$c  unfere  teuere  Sßaterftabt 

s^f  orjrjeim. 

•)  3m  iMpril  1902 :  r,ojäl)rige*  iHegtenmgdjubiläum  «r.  Äönigl.  §ot)eit 
De«  Öro^erjoge  Jriebrid). 


Digitized  by  Googl' 


!nljnlt*ucrjrid|iuti. 


Seite 

Vorwort. 


4 

-7 

Tie  ältefte  ©efdurtjte. 

1 

 22 

Tic  ctabt  in  ihren  Oluranaen.  -     Anncrc  ^erlHilluine, 
—  oofyann  Fendilin.  --  SUlaemeine  'J.'iiitcitunflen. 

yforjfieim  unter  ^ttarlinrnf  (ifiriflkpfi  .... 

22 

-35 

ctdbteorbnuun,.  —  (^cnuTbcorbiuiiM,.  -  ■  «"h' brauche  unb 
bitten. 

yfonlieim  im  IKeformationsieitafter  .... 

35 

-59 

Tic  luntctonnatonfilic  ,;cir.  —  Tic  triutuhuiua,  bei  :Hc 
fornnuion  in  Uronbeini.        i'UUeiueuu-  ^cilialtmfie.  -~ 
veri'orraaenbe  ttfonbeimer  au<>  Der  Weionuatimusett. 
(\  oh  anno  Hu  cter.  —  ^ohnnnco  3chiocbcl.  —  9iifo(auö 
(Werbet.       %a$  Worräetnwr  3d)üfcenfeft  uon  1561. 
3  onfttt^f    i  o 1 f o j n t n n i  j fe . 

yforifietm  in  Der  3ett  vom  1(>.  \um  17.  Jatir- 

59 

-73 

^for^eimer  Mclifltoneunrurjen.  —  3lnbt  unb  ^anb  cor 
bem  3Qi<üt)ria,cn  Miiefl. 


yforyßeim  im  Mjäfitiflctt  iUtffl  ......  73—101 

Tie  400  Wonfreimer.  —  Tie  ,Seit  von  WM— 1H34.  — 
TJc  jdUnnmcn  „Seiten  nad)  ber  Wbrblina,er  3cf>Iacf>t.  — 
Tic  IcMcn  Mrieaöjahre. 

pon  inis-niss  101—H7 

innere  $erf)ültnifie.  —  Taö  cd)iilioefen  in  t'forjljeitn. 
—  Mgemcinc  ^erhältniffe.  —  3itten  unb  t^cbrriudjc.  — 
9Jeue  &riea,$lafteii. 


yforjfieim  oor  feiner  3erftiminfl  117  — 127 


:'lu*]eheu  itiit>  ^ereüuiuna.  ber  itabt.        Urmihnin  im 

Innern. 

yfor*)Hetm  im  i^rfrattoYdlen  /triebe  

127 

-146 

Tie  (Sreiflttiffe  bid  $um  jioeiten  iöranbe.  innmihine, 

^luubenuni  nur»  .'iietu'rbicnuima,  ber  3tabt.       Juuh  bei 

;>erftonimi.       .{mcite  irinnahmo  ^fnriheimo.  -  •Weitere 

Trema,  üile.  —  Tie  leinen  Mrieac^eiten. 

146 

—  166 

Ter  "WieberauflHin  ber  -tabt,       innere  ^eilialunije. 
sJlUa,cmeiue  -'Jitttcitunani.       cimier  unb  3diu!>eniUM"ell- 

»eli oft.       Mneacnjclic  Reiten.  —  Ter  lUiiulcitenüteit. 

40* 

628 

"gladmditnt  von  c'\n\ctncn  ^amtficn  nnb  fierpot-  Seite 
ra^cnDcn  ^lannfru  yfor^fictms  .    .   .    .   .  166 — 171 

1.  Tic  »yamilie  Ungercr.      l  .^ofrann  ftetnnfl  War}. 

•J.  Tic  Aamilic  .^a|.  2.  fofrann  8nr!harb  Sm. 

B.  Tie  ,vamtlte  Mi:nlc.         3.  Marl  ^ofcpli  ftouctuu"'. 

yforjnTtm  unter  itarf  ^rtcbrifl  ■  17^-206 

'♦UUa.emcineä.  —  Tic  rUcuolutiotigfriCjK.  —  jylöMerci  mit» 
S>c>UlHiut>cl.  —  3ti|tuiu\cn.  —  JiCKlmiül*  bas  &'ai'enl)aug 
Iii  ^foi^hcim.  —  (jtaoerbe,  ^nfrunric  unb  >>  anbei,  ^ldcr= 
bau  unb  gicfaudjt.  —  Scrftfricbeneg.  —  fferbientc  ^fora* 
beimer. 

pif  Chi tft cfin nfl  nnb  chitnrirfifmtfl  6er  U> ijo uteri c- 

frtßriUatiott  ttt  yfor^linm   "  .    ."  .    .    .    .  206  —  272 

%Ügemeineg.  —  £a3  nnb  SBie  ber  Wijoütvnt* 

fäbrifatton.  —  Beleuchtung. —  jfflne/  —  pirbeiter- 
uniorae.  _■ —  Crntmicf  lung  euuelner  ^ijoutcriegefaiaite.  — 
Ter  flunfuu'nu'rbcpciciiu  --  Tic  MunntU'UHnbcfcftule.  — 
Tic  (Ürofih.  irbclmetall  lUobicranftalt.  —  ^crb.  CeaVMc. 
Staatsrat  3ot).  firtebrid)  Baumgartner. 

"2*for>oeim  im  Ii»,  ^afirfhtnbrrt. 

^ormMf»  272-330 

Tie  Areibeitgrriege.  —  1815—184«.  -  $for)$eim 
mäfjrenb  ber  fteoolution  1848/49.  —  Keile  Bähten.  — 
"Jiforjbeim  im  großen  Mriege.  —  Tie  politifdjen  Parteien. 

—  Tie  Sanbtaggabgeorbueten  ber  Stabt  $forjf)eim.  — 
Tie  Sanbtaggabgcorbneten  beg  l'anbbejirfg  •JJforjtjcim.  — 
tfbuarb  Bidjlcr.  —  SMorifc  SXüUer.  —  gubmifl  «uerbad>. 

^.Uufidic  yfetäubetumttn  in  ber  Otabt  ....  330—342 
~T ic  ^(nuu'»ofü Mifctraft"  —   Tic  gemeinnüfrifle  BaugefeUs 
fc^aft.  —  Brüden  unb  Stege. 

C»tafltfid)c  a,iefiürbett    «   •    •    •    ■   342—347 

flenoaltung  unb  (Merid)t.  —  Tag  (ffroftf).  Mmi&geridX  — 
Tag  ^lolfyeiwefcn.  —  Tie  Staotgnnuumffloft"--  Ta* 
HroM.  /UiUTiManit.  —  Cbercinnehmer  unb  Toiuancu- 
ivrivoltcr.  —  ClH-iftcncriiiÜH'ftfr.  —  Tic  Steuer 
ciunclnncrcien.  —  Tag  3teucrfoiiiuufi\niat.  —  Scftion 
für  äBaffer  unb  Straficnbau.  —  Tag  militarifrtK  iKclbcaint. 

Sfäbtitye  petwattunt   347—387 

Bürger  unb  Öcmcinbebcamte.  —  Oberbürgermeifter  Mafpar 
Sdunibt.  ÖeföäftdfÄUe  von  1863-1876.  —  Statiftif  über 
bic  Tlmtigfeit  beg  Bürgermcifteramtg  ^forjfyetm  feit  1879. 

—  Beamte  unb  Slngcftellte  feit  1870.  —  Statiftif  über 
bie  Ttjätigfeit  beg  (Mcroerbegeridjtg  ^forjljeim.  —  (Sc* 
meinbeoermögen.  —  Tag  ^forjbeimer  Stattjaug.  —  Tie 
Gtanifbc  im  "^forjbeimer  Bürgcraugfdntfift&unggfaal.  — 
Tie  (Stnwetyunfl  beg  neue»  Statfmufeg.  —  Bürgermeifter 
^errenner.  —  Bürgermeifter  (irecetiug.  —  Tag  ^Jforj» 
beimer  Bürgerforpg.  —  Staub  unb  (Mang  ber  Beoölicrung. 
Bcöölferunggberoegung.  —  Tie  ftamilie  Öerroig.  —  Tie 
^antUie  Sajober, 

J-orftmirtr^qft   387—391 

3-föfTerei  nnb  jC>of}fiqnbcf  391—411 


629 


Seite 

lanbmixttMt  mtj)  gKefliudjt  .    .    .    .    .    . .  411—420 

?ülgemeine3  —  Weinbau.  —  (Gartenbau.  —  attfetbcu. 
STbftbau.  —  gHelMudjt. 

(Vtpcr6c  unb  SSanbct  .    .    .   420— 46Ö 

OTgewetBCg. .  —  2)ie  ginfenftein'fdje  Xudjfabri!.  —  SDie 
jgmmiatfabnf.  •—  SDer •  Crm'iiiinmmcc.  —  SDer  Kupfer* 
hammer.  —  SWeflünifdjc  ^erfftatten ,  orfiloffercieu, 
cdmiieben.  —  tarier  jjgo  IRc^gcr.  —  ^irtc,  Bierbrauer 
unb  .Hnfer.  —  lUuhlen.  —  cdmlnnariier  uub  3d)neiber. 
—  gdneinenu'lduiftc.  —  (Berber.  —  Banf;  unb  'Vechtel 
gcfdiaTte.  —  Ter  MIctnhanbel.  — •  Ter  .Hoin'umperein — 
Ter  veben\Mnittelbeburfni*perein  für  ^tinUK'int  uub  Um* 
flcbuiuy  -  Tns  Bud)brurtera,e"K'rbe.  -  -  „^eoLmdjter", 
^forUieimer  Anzeiger",  „^for^l).  ctabiifdK'ä  Tagblatt". 


--  Tie  .vaubelMüinmer.   —   Ter  Maufumniufdje  herein. 
Mrebttorenperein.  —  herein  Mrebitreform.  —  3tatiftif 


über  (bewerbe  in  ffionftetm.  —  ^ufammenttcUuna,  ber  in 


^for^eim  beitebenben,    ber  Adbrifaufjtdit  unterftellteu 

Vao  '&fxMxowffcii   460—478 

$et  SMaift.  —  Xit  3 trafen.  —  g)ie  ^oft.  —  Tie  crücnbnhn. 

^ofiffaiirtoctnritfititnqcn  .   .    .    .    .    .    .    .    .  478—522 

foie  Armenpflege.  —  Ta>>  Wrüubiierbau*.  -_-  Tie  >.H'Vr 
berge  j>ur  Heimat.  —  T)ie  ftflbtifdK  3mufmfe.  —  yer 
^orfdmftperein.  —  Tie  6einnbheitc>pf(ea,e.  —  SRebijüialrat 
Dr.  Bernbarb  Mittler.  —  Tas  Minberipital  3Hoat).  — 
Ter  2nphu>>  in  ^fonDeim.  —  Sterbe  nnb  Apotbcfen.  — 
Tie  ChojdjerH^glidK  >>eil  unb  jtflegeanftatt.  -  -  beliehner 
fiqfrct  Dr\  gofronn  ®eoca  ^'ff^r  —  3)ie  folgten  %er« 
fidH'rmuv>ac'"el|ie.  —  flranfen  ,  UitfalK  Alterv-pentdieiunq. 

—  Stiftungen.  Tie  loblidie  cingergcfellfd)aft  ber 
3tabt  ^forjheim.  --  Tie  ^K'ft  in  ^sfonheim  ((^ebiriit  von 
brauen.  Ta->  '^elembtumvMpefen.  —  Ta>>  UleftmitatS*  • 
werf.  — -  Tie  yfor^eimer  gPaffertcitting.  —  flanatifation 
unb  Alufoforreftion.  —  flabeanftotten.  —  Tierärzte  unb 
Zierheilfunbe.  —  Ter  ^cndiönerungäperein.  —  £rbolumv>: 
ftatten,  Au$flug*prte.  Ta*  Tyeucrlöfdjuiejeu  imb  bie 
^fonbeimer  Aeueripelur.  —  Säjjflj  Armmiumn. 

Ulifbmtfls-  unb  gnu'fhtttflSrtnßaffnt  .....  522—576 
Mir  rf)  Ii  du  3  4? eben.  -—  Allgemeine*.  —  Tte  epange» 
lifdjc  Mirdjc.  -  -  Tie  epongeliuben  Mir  dien  ^foi^lKim*.  — 
Tie  fatrjoliidje  Mirdiengemeinfre.       Tie  altfntbolifdie  i'k 
meinbe. — Xit  tgraetitifc&e  (jkmeinbe.  —  3)ie  freirelifliSfe 
("ic  meinbe.  —  Tie  IVctbobifumgemeinbt.  •—  $te  epange - 
li)d)e  Hemeümbaft.  —  Tie  Baptiftengemcinbe. —  Tie 
apottolmbe  (Hemeinbe.  -  -  Tie  >>eiläannee.       -iie  eimn 
gelifcb-lntberifdie  (^eineinbe.  —  Tie  yionbeimei  ^-rieb- 
p5fe.  —  feilet  Qeora,  Stuauft  flottfrommer.  —  Stuten. 

—  Heidndite  bee  Hnmuafiumä  —  Tie  Cberreal}'cf)ule. 
Tä*  AedU'fdH'  onftitut.      Tie  (^eiperbefdiule.  — •  Heiuerbe^ 
fdyulreftor  j>l).  >>uber.       Tas     or^beimer  Töcfitcrinftiiut. 
•^Ete  poliere  rafltofa)ule.  —  < ^.  yflttaeV.  —  TTe 
%öTf«trf)ule.  —  !^ie  ^ottbilbunjofdiiile.  —  iDie  grauen- 


Google 


630 


3eitc 


orbettdf^ulc.   —  To*  ftabtifd>e  ©aifenljau«.  —  Ta* 
Taubftummemnftitut.  —  Tic  Stolf*f>ibliot$ef.  —  Tai 
Ibeater.  —  Vereine  unb  (HefeUfdjaften  ju  Öilbungdjioecfcn. 

576- 

-578 

57s 

-581 

-584 

5H.j 

-585 

585- 

-692 

Vereine  5j  yflVflc  ber  2(tttfrfiqfhtttfl  unfr 

gegggeH    .   .   .   .   .   .   .   77",   .   .  592-607 

•JlUcu'incinc*.  Tic  3d)u^cn^efcU'"ilian,  2un\-. 
peicin.  Ter  ^urncvbunb.  -  Tor  ^ttoranciuu'rcm.  — 
Ter  jPKUtflrperein.  —  Ter  Uriefleroeretn  — $er  Weferpc* 
unb  Sanbroebrof  fffiet&petetn.  —  W n f i f -  unbOefanfl' 
Vereine.  -—  Ter  i^ufif verein.  •-  Ter  ^nftrutitcntol« 
iHTcin.  Tic  3tflMfrtpclIc.  —  Tic  .yrennbüfraft.  —  Tor 
lKanncracüiiuuH'icin  Idenheim,  (i tsuradu  ,yrolmnn.  — 
Ter   3a»acr'fram.  —  Tic  Heiellirtum   xrtebertafet.  — 


ftefanfloeretn  gieberfraUe.  —  Okfotifloerciu  .foormonie. 


Ter  ctmnaeiiuie  Äircbendjor. 
Per  Saarßau  

.  .;i»7  »ilo 

.  610—611 

Pic  MeINMt  „IHcßcrfiöftfr*  .   .  . 

611 

.  611—612 

.  613-614 

.  615-619 

.  620 -<52:; 

.  684—626 

Google 


gtomhturciu 


Seite  36  4.  3eiU  oon  unten  ftatt:  .311«  Filiale  geborten  baju:  SSürm, 
fcudjenfelb,  Dillftein  unb  ein  Xeil  oon  2Beif$enftein ,  wo  bie 
jefcigeÄirdje  fdjon  1521  ftanb",  lefe :  Die  jefcige  flirdje 
rourbe  1784  fertig  unb  im  Sluguft  biefe*  3a(>reä  eingeweiht. 
Die  alte  SBeifcenfteiner  $<$(oftfapeUe  ftanb  beim  (£ingangdtb,or 
ber  unteren  SJurg  unb  roarb,  weil  baufällig,  finfter  unb  feuajt 
1782  abgebroa)eu. 

„  73  8.  3eile  oon  oben  ftatt  Wartgraf  ©ruft  ftriebrid)  lefe  ®eorg 
l^riebrid). 

„  179  1.  3eile  oon  unten  ftatt  „f  ranjöfifcben  SBorpoften"  lefe 
5fterreid)if a)en  SJorpoften. 

„  182  19.  3eile  oon  unten  (©ie&e  Äleinfajmibt :  Karl  ftriebria)  oon 
Stoben,  Seite  177)  (efe  ftatt  ^Jforjtjeim  —  Ulm. 

„     183   7.  3eUe  uon  oben  ftatt  Ulmen  lefe  @pifeaf)om. 

„  187  23.  3eile  oon  oben  jtatt:  ftinanjminifter  «aumgärtner  lefe: 
Staatsrat  Saumgärtner. 

„  192  1.  3ei(e  oon  unten  ftatt:  Sulinger  ©äffe  tefe:  Deftlidje 
H  a  r  l  5  r  i  e  b  r  i  d)  ft  r  a  fi  e.  12.  3eile  oon  oben  (efe  ftatt : 
Die  Sleicfce  toar  auf  bem  9tennfe(bplafc  —  an  [teile  beä 
großen  »eiferten  *lnroefen$,  gegenüber  ber 
a)emifa)en  ftabrif,  jefct  «uguft  Äaofer  gehörig. 

198  2.  Seile  oon  oben  ftatt:  öauer  lefe:  Trauer. 

ii  201  1.  Seile  oon  unten  ftatt:  an  ber  SJabgaffebrücfe  über  bem  oberen 
§Hü|l!ana(  (efe:  hinter  ber  Kante  am  ÜJiü t)lf anal. 

„  210  1.  3ei(e  von  oben  ftatt:  Warne,  lefe:  Wann. 

„  224  16.  3*i(c  von  unten  ftatt:  geioogen  (efe:  aufgewogen. 

„  263  8.  3*i(e  »on  oben  ift  j  ä  l)  r  1  i  d)  ju  ftreid)en. 

„  277  «.  3eil<  oon  oben  lefe:  »unbeäafte. 

„  278  17.  3ei(*  »on  unten  ftatt:  Stabträte  lefe:  Staatsräte. 

„  285  11.  3eile  oon  oben  ftreiaje:  mit  ben. 

„  238  1.  3*'(*  oon  uiUtti  ftatt:  §errmann  lefe:  ®  reif  f. 

„  302  7.  3eile  oon  unten  lefe:  7.  »pril  1860. 

„  304  7.  3eile  oon  oben  ftatt  mar  lefe:  Ijatte. 

„  320  6.  3ei(e  oon  unten  ftatt:  1881  (efe:  1880. 

„  335  3.  3ei(e  oon  oben:  „Die  nod)  fteb^enben  alten  £fjore  famen 
jum  SKbbrua);  fo  fielen  ic."  foll  Reiften :  „Die  nod)  ftefjenben 
Itjore  oberhalb  unb  unterhalb  be«  Sd)loffe« 
tarnen  jum  3lbbrud>.  311  le  übrigen  i^ore  roaren 
fd)on  frütjer  abgetragen  morben. 


Digitized  by  Google 


632 

eeite  355   17.  3eite  oon  unten  ftatt  1873  Iefe  1863. 

„     438  11.  3etle  oon  unten  hinter  ^eftyc  tft  ein<utfd)alten  oof. 

„     447  12.  3eile  oon  unten  ift  ju  (treiben:  3U*  3eit  bat  ber  herein 
1911  9Rttfllteber. 

„     494  3.  9lDfafc  oon  unten  tft  ju  ftrei^en. 

„     496  3.  Seile  oon  unten  ftatt  1,4(30,000  lefe  1,400,000,000. 

„     508  2.  Seite  oon  o&en  ftatt  (MaSioerf  lefe  <r  l  e  f  t  r  i  3  i  t  d  t  *  10  e  r  f. 

„     510  24.  3eilc  oon  unten  ftatt  1894  lefe  1864. 

„     5£2  1 7.  3ei(e  oon  unten  ftatt  nationaliftifäeu  lefe  ratio naliftifi^en. 

„     532  22.  Seile  oon  unten  ftatt  Sominifancrflofter  lefe  2)omini< 
fanerinnenflofter. 

„     566  Seile  10  unb  14  oon  unten  lefe  1893. 


Digitized  by  Google 


I 

I 


Digitized  by  Google 


I 


Digitized  by  Google  !