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Full text of "Jahrbücher der württembergischen Rechtspflege"

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3rtJ)tl)iid)tr 

ber 

^Mtmßergilcljett^eclitspffege 

f)erau§gegebett 

Don beit SKitgtieb ertt 

be§ 

(Dberlanbesgeridjts unb bes Derroaltungsgertcfyts* 
fyofs 3U Stuttgart 

unb be§ 

Dorftanbes ber nnlrttembergifcfyen 2lmoaltsfammer. 


5 funfi<önter 33aub. 


Tübingen. 

Sßerlag bcv Saupp ’fdjen 33ucf)f)anblimg. 
1904. 


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®rud Bon §. fi aup t> it in Xilbiitgtn. 


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in 


gnjjaltsiUtfrfidjt öfs fütif^rljntru Raubes. 

I. (Sntfcfjeibungen be§ 0berlanbe§gericf)t§. 

A. iu <£ibilfad>eii. 

Seite 

1. ©ibeSgufcfiiebutig über bie ©efiauptuiig, eine Urfunbe imgelefen 

unterfdjrieben gu fiaben? 1 

2. Unter »elcfieu ©orausfefiuugen ift angunefimen, bafs ein „28irt= 

fdjaftSfüfirungSBertrag" ein gur Umgebung ber ©eftimmung beS 
§33 ©em.Drb, bienenbes fHecfitSgeicfiäft barfteüt? .... 3 

3. ©ierabnafimeBertrag. 1. $ört bie ©erpfliefitung gnr Abnafitne 
auf, lue tut ber Abuefimer feine SBirtfdjaft uerpaebtet ? 

2. ©orauSfefiungen einer ScfiabenSerfafiflage »egen SKicfiter* 
füllung 6 

4. ©efellfdtaftsteilung in betreff eines 3eitung8unternefimen3 (§ 752. 

753 ©.©.©.) 10 

5. 3ft ber ©laubiger uerpfliefitet, beit SBürgett non ber 3'uoug8= 

uerfteigerung bes ©nmbftücfs gu bcnacfirid)tigen , auf beut bie 
gorberung, für bereit ©egafilung fiefi ber ©ürge üerbiirgt fiat, 
fifipotfiefarifd) ficfiergeftellt ift? 16 

6. 3ur Auslegung bes § 833 ©.@.39 22 

7. Unter »eldjeu ©orausfefinugeit bat ein Staatsbeamter, ber auf 

SebcnSgeit mit ©eniionSberedjtiguug ernannt ift, aber feine Stelle 
niefit angetreteu fiat, bie gefefilicfien ©eiträge gur ftaatlicfieu 
2Bit»en= unb SßaifeitpenfionSfaffe für bie Giuilftaatsbieiter gu 
entrichten ? 26 

8. Sfann bie Ungültigfeit eines lEeftaments unb ein ©flicfitteilS* 

atifprud) nur allen SeftamentSerben gegenüber einfieitlitfi feftge* 
ftcllt »erben? 38 

9. 3n»iefent ift nad) Scfieibung ber (Sfie für beit Anfprucfi eines 

©Iternteils gegen ben anberii auf (geittucife) Ueberlaffung eines 
fiinbeS ber DtecfitS»eg guläffig? 39 

10. 3 nr 'Auslegung beS Art. 161 Abi. 3 @.@. gum ©.@.©. . . 43 

11. 3ft es guläffig, auf ©runb ber ©eftiinmungen ber Stonfurs* 

orbnung über bie Anfechtung uon SReefitsfiaublungen eine eilt* 
gellte ©ertragsbeftinimuug angufedfiten? 50 

12. S>treit»ertfeftfefiung bei Streit lebiglicfi über bie gäUigfeit ber 

eingeflagtett fyorbcruug? 54 

13. @inb Dteifefoften erftattungSfäfiig, bie babtird) entftanbeit finb, 

bafe eine ©artei ftait eines an ifireiti SBofinfit} »ofiuenben Diecfits* 
anmalts einen am ©cricfitSfifi »ofiuenben ©rogcfibeBollmäefi* 
tigteu aufgeftellt fiat? 58 


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IV 


Qnfjalt. 


14. (Sin i}ied)tjaiimattfami eine ©ebübr geniafj § 38 3iff. 3 ber 

i'om Oiegner nur eifert bedangen , wenn eg aur 
Stellung eines ©e)ud)3 um (Srlnffung bes Ulollftrecftmggbefelilg 
geromntcn t|t ■ . . . . . . . ■ 

15. 1. iHebeutnng ber (Einlegung eine« Patents in eine ©efellfdiaft ; 
teditliche anirfmifl ber (Eintragung bes Ujaten t inlinbers in bie 
iEitelmlle, 

2. flnr SlluSlegung ber §§ 273. 738 23.©.% 

liL $|t bie iMettimmung bes § 343 IB.©. S -Ü. (rid)terlid)e (SrnmfjU 
ber tBertragSitrafe) anwcnbbar auf äjä'traqsftrafen, bie 
em 1. Januar 1900 Pereinbart worben finb V ... . 
YL SBereftnung ber SBergleidiSgebiiijr, wenn ber 33erglcid) 

1. ficfi auf nidjt einflcFIagtc Ülufiiriidjc erftreift, 

2. aufiergetiditlid) abgefcbloffen, aber sum gerid)tlid)en iUroto » 


19. 


28. 

29. 

30. 


foll feftgcfteUt ift C 


18. Haftung beb (Eigentümers einer SlBirtfdjaft für bie non feinem 
angeblichen 2Birtfdiaftsfüf)rer, ber aber in Söirflidjfeit bie 2öirt= 
fdjnft für eigene fKedjnnng betreibt, bejogencn Lieferungen ? . 
ÄöaS ift unter bem „^Betrieb einer ©mtimcnMbudjijanbluug" 
p berftelien? 

20. 3ur 8luslegung be§ § 75 Slbf. 1 ©ab 1 §.@.93 

21. 3 ft bie SBertuanbluug eines SSereins in eine StommanbitgefeH« 
fd)aft ober ber (Eintritt eines ütonimanbitittcn als bcrfönlid) bat 3 
teiibcr ©cjellfchafter non (Einflnfj auf ein g.|ertragapcri)ältnig 
smiichcn bem herein unb bem betreffenben ©eieUidiafter? . . 

22. kann (hi ab ber iloftcn eines iui Jlualant i geführten Sßroseffeg 
bedangt werben, wenn bie iKoüftrccfbarfeit boit Urteilen ber 
©erichte beS betreffenben Laube« in 5)eutfd)lanb anSgcfd)lofjen 
ift unb ber Kläger im dnlaiib ein mit bem ausläubiidien Ur - 


22. 3 

nr Slusleguna bes 

21 <S.$.D 

24, i 

11 § 91 {»ibf. l 

;. : eine Sntfdjäbigung für 3eitöerfäum* 


fämnniffe burdi notwcnbige Jieifeii ober notwenbige Üilabnieb - 
mung non Terminen banbeit ■ ■ ■ ■ . . . . . 

25. .Inwiefern ift ber CSigcn tiiiner eiiiea ©rnnbftücfs berpfliditet, 
baS ©runbftiicf in einem bie ©efäbrbung ber Umwohner anS - 
fdilieBenben 3nftanb an erhalten? . ■ ■ ■ ■ ■ ■ • ■ . 

2 9. inwiefern fnnn eine 23iberibnid)SfIage ans ff 771 (S.tjj.C. auf 
ben iöefiy an bem ©egenftanb ber 3'bangSbollftrecfung geftiitjt 
lnerhen 'i . , . , , . , , . . . , . , = , = : =. 

27. 2 obescif lärmig : fyeftftellung bes SobcStags auf einen Zag 
bor bein 1. 3anuar 1900 


3u §§ HO, 117, 817, 826 «.@.23. 

Stecht auf ben Stainen einer Sßrudichritt 

3u § 368 93.@.9i. . . . . ... i 

31. llngiltigfeit einer SBertragSbeftimmung , woburdj einem 2öirt 
für ficb unb feine fHedjtsuadifoIger bie Sßerpftidjtung auferlegt 
wirb, fein Söier aus einer beftiminten iörauerei ju belieben . 

32. Sft ein „für bie Beweisaufnahme" fubftitnierter Sluwalt 511111 

SlbfdjtiiB eines SBergteidis ermikhtigt? 

33. @citenbmad)ung ber folgen bcs Bezugs tu Lieferung einer 


Seile 

52 

125 

144 

IM 

148 

152 

155 

151 

100 

183 

165 

lfil 

175 

275 

281 

284 

289 

290 
292 


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Snffalt. 


Y 

@eitc 

©Jare, bie nad) ihrer ©atur nur innerhalb beftimmter griff 
geliefert werben fann 294 

34. SBaS ift unter einem ,,'ltiangel im 9ied)t" 311 oerftefjcu ? . . 295 

35. 3um ©egriff bes „argiiftigen ©erfcbweigens" eines Mangels 

(§ 443 ©.©.©.) 298 

36. 1. ©arantie unb jugleid) argliftige Jäufcfnmg betreffs beS 
©ieroerbraudjS in einer uerfauiten'Sßirtfcbaft? 

2. ©eredjnung beS ScbabciiScrfatje« im gall eines burd) falfcffe 
©orfpiegelung über beu ©ieroerbraud) Berübten ©etiugS V . 300 

37. 1. ©effelff ein ©ertrageoerbaltnis smiicben einem (mürtt.) iß oft» 
baltcr unb ben SHeifenbeit, bie in beu Bon iljm laut ©ertrag 
mit ber ©oftBerwaltung geftellten ©oftwageu beförbert werben? 

2. 3ur Sluslegung bes § 883 ©.©.© 302 

38. 3ur Auslegung beS § 886 ©.©.© 305 

39. 3u § 1 unb 13 beS ©efebeS jur ©efcimpfung bes unlauteren 

SBettbewerbS unb § 37 Slbf. 2 $.@.33 311 

40. 2Ber ift unter bem „$anbelnben" i. S. beS § 200 9lbf. 1 

$.©.33. 31t Berffefjen? 318 

41. 9tufed)tung Bon ©efffflüffeit ber ©eneraloerfammlung einer @e= 

uoffenfdjaft 325 

(9ted)tjeitigfeit unb gormrichtigfeit ber 33erufnng ber ©eneral« 
uerfammlung unb ber Slntünbigung ber ©egenftänbe ber ©e« 
fdjlufffaffuitg) 326 

42. 3ft ein Slnfprud) aus einem UnfaUuerfidjerungSuertrag nur 
begröubet, wenn unb foweit ber Unfall einen ©ermögensfcffaben 

für ben ©erficpcrten jur fjolge gehabt bat? ...... 336 

43. 2Infed)tbarfcit ber 3 a f) ll| np uoit ilebenSBerficherungSpräntien 

aus § 32 3iff. 2 Stonf.«Drb.? 338 

44. 1. ßaff ber gafelBieffhaltung als eine mit einem ©ealgemeinberedjt 
Berfniipfte ober als eine unter baS ff omplej Iaftengefeö f atlenbe Saft? 

2. äöanu ift burd) eine ftlagänbernng bie ©erteibigung beS 
©efl. „wefentlid) erfcbmert"? 341 

45. 3uin ©egriff ber unjuläfftgeit Hlagäuberung 347 

46. «amt geftfebung ber ©rosefffofteu mit ber Segrünbung Ber» 
langt werben, bie unterlegene ©artei tjabe in fdjliiffiger '©Seife 
tatfädjlid) auf teinlegung eines ©edffSmittelS üergicfitet S . . 349 

47. 3uläffigfeit beS ©ecbtswegS 350 

48. 3um ©egriff ber Stlagjurücfnabme (§ 271 te.©.D.) .... 353 

49. ©in Urteil faitu tiid)t gleichseitig als 3wifd)euurteil j. beS 

§ 304 unb als ©orbeffaltSurteil i. ©. bes § 302 te.©.D. er« 
laffen werben 355 

50. Steine 3ufammenrecbnung bes UrteilSbetragS unb beS ©etragS 

ber feftgefepten Stoffen im gall bes § 866 Slbf. 3 (£.©.£). . 357 

51. flöniteu Stoffen eines sweiteu ©cdffsaumalts beSffalb erjebt 

Berlangt werben, weil burd) ihre ©ufweubung angeblid) ©artei« 
foffeit erfpart worben fiub? 858 

52. ©ereebuung bes Streitwerts bei einer auf einen ©erglcid) über 

bie UnterffaltSpflidit geffüßteit Silage 359 

53. 3ur Auslegung bes § 13 3*ff- ± 8t.8.@.0 361 

54. Stann ein ©ejirfsnotar für Steifen, bie er als Stonfursoermalter 
gemacht Ifat, bie ©ebühreu beredinen, bie er für Steifen in amt« 

Iidjer teigenfdjaft ju beaufprnchcu fmt? 362 


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VI 


3nt)att. 


B. in Straffad)en. 

L $eu SBeleibigteu fteftt baS 5)tcd)t, fid) ber öffcntlidjen Silage als 
Oiebenflctger anpfölitfjen, aud) bann ju, toeitu bas §anptuer= 
fahren nur inegen falfcher 91nfd)ulbigung unb nid)t biegen ber 
in berfelben jpanblunq au finbenben JBeleibigung eröffnet ift. 
lieber bie flulnffung beg "llnjcbluffeg ift balbtunlid) nod) borber 
ffauptoerhanblung in berateiiber ©ifeung [ su entfcheiben • . 

2. Hnter ben Pon ^oliaeibehorben aur Skrhütung non (Gefahr für 

lieben unb (^jef liiiblieit uon ajleifdjen erlaffeueit Stnorbnungen 
beg 9lvt. 32 fl. 5 Hlol.St.©. finb nid)t nur allgemeine, ftmPern 
audi foldie 8 Inotbnungen au utrftehen, bie für einen einzelnen 
heftinnnten fl-atl ertaffen luerben • ■ ■ • 

3. fluni 93egriff_ be 8 übermäßig fchneUcn Tvafjrene im Sinne beg 
§ 366 fl. 2, St. ©Hfl. in bey amoeiibung auf jUtotorniagenfahrten 

4. iDie ©trafbarteit beS Färbens bon ©ierteigroaren im ginn ber 

fliff. 1 unb 2 beg §10 be 8 3tqef. beti . ben ! 8 etfel)r mit 
Mahrunggmitteln • ■ . • . . ■ . . . . . . ■ ■ • 

5. Sie 9ted)t3gültigfeit beg SBerbotg ber 91itfiinbigung bon ©e « 

heimmitteln unb biefcn gleichflefteUten Stoffen. ®a§ fubjeftiue 
aieticfiulbeli im Sinn beS «3/28 a beS %cl.©t.©. ■ . 

6 . fluni Xatbeftanb beg § 114 gt.Qj.i 8 . ilijnS fällt unter ben 

tBeariff 91mtghnnblung eines IBanfanttolleurg? ■ ■ . ■ . 

7. SDag ©tiafantragsredjt beä iöaterS als gefeölidjett löertreterS 

feüteg niinberiahrigen ©ohneg 

8 . ißer saegrift ,,$aiiblung" im Sinne bcg § 61 ©tr.®.23. lieber 
ba§ iUerhältnig bon Strafantrag unb fßnuattlage .... 

EL. fluni SBegriff bei 91tt fid) bringend, juni HifmibnehmenS unb 
äÜeibeimltdienS im ©inne be§ § 259 @t.®.S 8 

10. ®er Söegriff beg „Ueberlaffeuä au anbere" int ©iutt beg § 367 

fl. 3 @t.@.! 8 . betr. beit Slrpeimittelüerfehr 

11. fltiiuiefein Eattit bie 92adjbilbung boit ©clbmünsen iit ©djofo» 
labentaffe ftrafbav fein? 

SDic £atbeftanb 8 merfiuale beg § 360 fliff. 5 8 i.©t.©.®. unb 
bie fluläffigfeit einer befchräntteit ©insieijuug im ©inne beg 
9lbf. 2 biefeg § 

12 . $ie SBermögenSbefdjäbignng beim ©etvugsuergehen iit ihrem 3Ier= 
hältitig jti einem ©arautieuerfprecheit unb jur flrrtuingerreguug 

13. 2 BaS ift unter „fluni ! 8 crfauf bringen" im ©inn ber 3Winift.= 

Söerfiiguitg Poni 21. fyebr. 1896 31 t nerftehen? 


II. (Sntfcfyeibunflen be§ SSenPflttunggQettdftgifofg. 

1. ©treit über baS 92id)tbeftef)en einer-ßffentHchen SBegelaft (9Hd)t« 

beftehen eines ©änieübertriebgredits) 

2. Unanfecbtbarfeit be§ auf ©ruitb ber ©emerbeorbttuug ergang= 
eneu DleturgbefdjeibS ber SIreiSregierung, moburd) bie (Srlaub= 
ttiä 311m betrieb ber ©ebanfmirtfehaft nerfagt trmrbe .... 

3. flu 91rt. 50 31bf. 1 beS ©efeljeS bont 16. $e3ember 1876 über 
bie Skrmaltunggrecbtgpftegc (Hemmung ber StedjtSfraft) unb 
311 91rt. 10 ff. be§ ©efelseS boin 18. Sluguft 1879 über bie 


Seite 


61 

6 ß 

n 

73 

78 

82 

181 

184 

188 

194 

201 

208 

364 


94 

99 


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3nf)alt. 


VII 


SwaiigsüoUftrccfuttg Wegen öffcntlid)-red)tlidjer Stnfprürfjc (33ei= 
treibuug ftaatlidjer ©etoerbefteuer) 

4. Streit mehrerer ggerfbefi^er über bie 9?ufrunq§red)te an einem 

öffentlichen ©eroäffer. töenüfeung beg üSaffermerfs einer ©äg« 
mühte ginn ^at)Ibetrieb . . . . . . . . . 

5. HoiigejiiDiigpfficlitigftit einer Anlage, burd) toeldje bag gut 2üie = 
fenwafferung benujjte SBofftr, Joroett eg bei biefer ilknuetibung 


1L 


6 . 


8 . 


nicht Derb raucht wirb, beut öffentlichen ©ewdffer , bem es ent » 
flammt, für einen onbetn jjioeci entgegen Wirb • • . . ■ 
fliriDotrechtlidier ober öffentlidireditlidier iHetrieb einer als ©e = 

meiubeauftalt beftcfjenbeii Süafferberforgung ? 

©ine ©cbanfwirtfdiaft fann nid)t burd) Verlegung beg 9lug= 
fdjanfg eiugelner ©etränfe in ein anbereg ©ebdube in mehrere 
Berechtigungen guin 9lu8fd)anl cingeluer ©etränfe geteilt werben 
3n 9trt 24 9tbf. 2 be§ ©efefeeg Dont 16. Segember 1876 unb 


gilt § 58 9lbf. 1 beä SfranfenDerfid)erung8gefefce§ (SMage) 

9. ,Ru § 58 SBb). 1 beg Slranfeimerfidiernnqggeiefeeg . ■ ■ 

10. 3)i 9(rt. 60 91bf. 1 be8 ©cfepeg Pont 16. SDegember 1876 (©r 


}[u 9trt. G0 91b|7 _ 

Öf fnung bet ©ntfdi etbung ober Beifügung b. Berwaltunggbebörbe) 
Qu 9lrt. 15 9lbf. 2 ber 93auorbnung unb gu §§ 6 unb 10 beg 
Stuttgarter Ortibauftatutä (in ber Raffung biefer §§ Pom 
1. 9Iprit 1898). 

Ucberpang ber ^erpffiditung gur ©rftattunq ber Stoffen ber 


a n 

e 


t erpffitbtung 

tefne an beit ©ebweqen auf ben fpätereit ©ebäubebefifeer 


12, .Hu 9lrt. 11 9lbf. 3 unb 4 ber Baumbnung. llebergaug ber 
Betpflidttung gur Begattung eineg Soblenbeitragg auf ben 
fpdteren ©ebaubebefifeer traft ortebauftatutariicber Borfdirift ■ 


Stitt 

114 

212 

221 

225 

238 

241 

241 

249 


369 

311 


EL 

3ft ber fliegenbe ©eridjtgftaitb ber fßreffe aud) für bie 91burteilung 
Don Berfeplungen gegen lanbegrecbtlidie <StrafPorjd)riften auf » 
gefioben ? Urteile ber ©traffammern Tübingen unb ©ilwangen. 116 


IV. Slbfranblung. 

1. Berfügunggrecht beg ©bemanne über bie ©rrungenfdjaftSgrunb* 
ftutfe bei Dem lanbreriitlidieit ©üterftanb. Bon Üanbgeriditgrat 


Srbr. D. 2Bdd)ter = ©pittIer in föali US 

2. Heber bie Huläffigfeit ber 9mfed)tuug gemäjg § 119 B.©.B. beim 

Borbanbeujein uou Mängeln an getauften ^augticren ber in 
§ 4SI B.©.'-ö. erwähnten 9lrteu. ^um iöegriff ber „wefent* 
liehen ©igeufdfaft". Bon 9(mtgrid)ter B r eu cp a, eg>ilf»rid)ter 
beim Satibgertcbt Stuttgart ■ . . ■ . . . . ■ . • . 253 

3. SSerfügungämadjt be8 ©bemanne unb HwanggooUitcecfuug gegen 
ihn bei lanbrediliidier ©rrnngenfdiafigqefeltfchaft- Bon 9t.»9l. 

Pr. Sdiefolb, mm . . . . ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ 375 

V. ®preri)fqat. 

lieber ba8 ©erfahren bei Sßrefjbcliften. Boit Qlmtgantoalt § e it = 

n i n g in Baipingen 2Iü 


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VIII 


9fnl)alt. 


Seite 

IV. £iteravifd)e Sinnigen. 


TOanbri), 3Bürttcmbergifd)e3 ÜBriuatrtdit. II. SBanb. 3. iteit . . 133 
©taubiitqer, (Somineiitar suin SB.6M9. 2. jtufl. . .134. 272. 386 
SDürtnger u. ffadjenburg, Kommentar sunt . . . 272 

Regler, Beiträge sur Siel)re Pom proseffuateit i>Inerfennting wib 

Versieht .... . . . . . 272 

s JUetfd)el, Sag >)ted>t am eifleuen 2Mlbe . . ...... 273 

St ö frier, (Mefangeiieiitrniigpottmeieii in ilBiirttemberg . . . 273 
V et n b m q it n = Dt o I) nt e t , Stommentar sur Wetuerbeotbitmui . ■ 386 
jjeitfcfrrift für : ütrbei tero crficfre'ritng ....... 386 

jstaubingev, Stommentar sum SB.ta.iB. 386 


XLBectjfcIr editg imb bog irnirtt. Siaitbearerfite. I. 8atib. Sie atl = 
gemeinen iiefrren ■ ■ ■ . . . . . . . . . . ■ ■ , 386 
Set I er, Sie Siefjre Don bev Üjormerfung nad) bem neuen :Keid)3red)t 387 
Dtomeitf, ;Sur £etfrnit be3 a.ta.iB. £>eft Hl : s Jtecfrt3nacfrfolge . 387 


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1 


I. 

fntfdjciiiungen öes ©berlanöfsgeridjts. 

A. in © i o i l f a d) e n. 

1 . 

(gifccsjnrrijielnutg über bie Üeljmtptttttg , eine Wrhiutbe 
mtgeleren unterfdjrieben ?» Ijtibcn ? 

SDer 33efl. bat gegen bie Älage, bie fidj auf eine non 
ihm unterjeiebuete Urfunbe ftügte, eingeroeubet, er habe bie 
llrfunbe (in einem buvcf) beti $1. fjeroorgerufenen Irrtum 
über beren Inhalt) unterzeichnet, ohne fie gefefen ju höben, 
unb bat hierüber bem Äl. ben @ib sugefdjoben. hierüber 
ift in ben 

© r ü n b e n 

gefagt: 

©egenüber ber Anfechtung au§ § 119 33.©.53. wegen 
^)rrtum§, roeit ber Seit, über ben Inhalt ber 3Billen§erflä= 
rung im Irrtum geroefen fei ober eine ©rfläritng biefeS $n= 
f>alt§ gar nid)t habe abgeben wollen, fommt uor allem in 
©etraebt, baf? ber Seit, bie Urfunbe unterfebrieben bat. 2>a= 
burd) ift nadb § 416 ©.'■fS.O. sunädjft bemiefen, bafj er bie 
in ber Urfunbe enthaltenen ©rflärungen, barunter and) bie 
fragliche, abgegeben bat. ^Beiter ift bieburd) nad) bem ge= 
roöbnlicben Verlauf unb ben Regeln be§ s 4}erfebr§, abgesehen 
non befonberen Umftänben, and) ber $ewei§ bafür erbradjt, 
bafj ber 33efl. ©rflärungen biefe§ ^nf)att§ abgeben rooltte 

J[a&rbilc§er bet äSürttom&erg. iHt'cfrtsbfli'gf. XV. 1. 1 


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2 


©ntfcfjeibungen bei Oberlanbeigericfjti. 


unb mit beren $nl)alt einoerftanben mar. liefern 33ewei§ 
burrf) bie Urfunbe fann nicht ofjne weiteres burd) eine @ibeS= 
jufd)iebung barüber entgegengetreten roerben, baß ber 53et'l. 
etron§ anbereS erflären wollte ober baß er bie Urfunbe nidjt 
gelefen habe, im (enteren galt mit ber niederen Folgerung, 
baß er bann bie ©rflärung auch nid)t gewollt haben fönne 
ober über ihren Inhalt im Irrtum gewefen fein muffe. @S 
roirb oielmehr baS ©egenteil ber in erfter Sinie genannten 
entfdjeibenben Jatfad)e regelmäßig als burd) bie Urfunbe be= 
roiefen erfcfjeinen unb be§halb ber @ib über biefe Satfadje 
gemäß § 446 <£. s B.O. als unjuläffig, ber @ib über eine 
mittelbar junt S3eweiS ber entfdjeibenben bienenbe Jatfadje 
als unerheblich anjufehen fein. 

3m oorliegenben galt treffen nun bie bereits bei ber 
grage ber Slrglift ’) erörterten Umftänbe ju unb ihr ©efamt* 
ergebnis ift nicht imftanbe, ben nach gewöhnlichem Verlauf au§ 
ber Unterfcßrift ber Urfunbe ju jiehenben ©djluß ju ent* 
fräften, baß ber 93efl. eine ©rflärung beS fraglichen Inhalts 
abgeben wollte unb mit biefent Inhalt einoerftanben war, 
fid) nidjt im Irrtum über biefen befanb. Sobann ift weiter 
behauptet, ber SBefl. höbe bie Urfunbe nicht gelefen beoor 
er fie unterzeichnet höbe. SCBenn aber aud) biefer Umftanb 
hinjutreten würbe unb bewiefen wäre, baß ber $3ef(., ohne 
bie fragliche Seftimmnng ju lefen, unterzeichnet hotte, fo 
wäre aud) bamit nod) nicht bie angeführte Folgerung auS 
ber Unterschrift entfräftet. ®er iöefl. fonnte bie näheren 53e= 
ftimmungen ohne weiteres fo annehmen wollen, wie fie ber 
anbere z u geben pflegte u. f. w. ^[ebenfalls finb bie Um* 
ftänbe nidjt entfdjeibenb für bie Slmtahmc einer befonberen 
oon ber Stegei beS Gebens abweicßenbeit ©eftaltung. Ver- 
gib über baS ®urd)lefen erfdjeint bamit als unerheblich- 
Urteil beS erften ©ioilfenatS oorn 10. Januar 1902 
i. <5. Stoß' gegen ©uggenheint. 


1) Qn beut nicbt abflebrucfteit Jeit beS Urteils. 


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A. in Siüilfacfjen. 


3 


2 . 

Unter melrijeit Pornnsfrtutitgrn ift nujitnrljtnrn, öag 
ein „Ptrtrdjaftsfnljrmtgejjrrtrag“ eilt ?nr Mtngeljuug 
brr fSrftinunmtg brs >5 33 ©rro.Orb. bienrnbes Mrdjts= 
gffdjäfi barftrllt? 1 ) 

Äl. batte mit iß. 5t. einen Vertrag abgefd)Ioffen, burd) 
ben er ben iß. ft. als „SBirtfcbaftsfübrer" auf einer oom 
5tl. gepadfteten 3Birtfd)aft befteEte; für bie gorberungen be§ 
5tl. au§ biefern Vertrag gegen iß. 51. t)at fid) ber iöefl. uer= 
bürgt, ©egenüber einer 5tlage au§ biefer iöürgfdjaft tjat 
Q3efl. eingeroenbet: ber Vertrag jmifdjen bem 5H. unb iß. 5?., 
unb folglich auch ba§ i 8 ürgfd)aft§oerfpred)en, fei nichtig, weil 
511. unb iß. ft. in üöirflidjt'eit einen s ß a d) t oertrag ge= 
fcfitoffen tjaben, fraft beffen iß. 5?. auf eigenen Partien unb 
eigene 9iecf>nung bie 2 Birtfd)aft fjabe führen foüen unb ber 
tmrliegenbe fcfjriftlidje Vertrag nur einen jioedS Umgebung 
bes § 33 ©em.Crb. oerfafjten ungültigen ©djeinoertrag bar= 
fteEe. ®iefer ©inroanb ift oerroorfen morben. 

© r ü n b e : 

3Bäre ermiefen, ba§ ber |)auptfcbutbner iß. ft. in ber 
3eit 00 m 3. Slpril 1900 bi§ jum 10. tlpril 1901 bie ©d)enf= 
roirtfefjaft auf bem ,,.jpirfd)‘‘ in ©., roie ber SBefl. behauptet, 
al§ iß ä d) t e r , fomit für eigene iNed)nung betrieben habe, 
fo mürbe ber Vertrag oom 25. SDtärj 1900, burd) aoetefjen 
fid) ber Hl. ocrpflidUete, bem s ß. 5t. $um 3Birtfd)aft§betrieb 
einen Jeil ber bafelbft bejeidpteten Eiciume 511 überlaffen, 
unb bie ©rfiiüung biefer 33erpflid)tung jebenfall§ bann gegen 
ein oerbietenbes ©efeg oerftoßeu haben, meitn ber Stl. unb 
iß. 5t. fid) beffen bemufjt geioefen mären, baß ba§ ®erl)ä(t= 
ni§ sroifeben ihnen ißad)td)aralter trage. ®enn ba ber ißad)t= 
betrieb einer 2 öirtfd)aft fid) als felbftänbiger betrieb eine§ 
ftehenben ©emerbe§ barfteüt, 511 beffen beginn — unb $ort= 
fe^ung — nad) § 33 'Hbf. 1 ©eio.Drb. eine befonbere poli= 
jeilidje ©enebmigung (5tonjeffion) erforberlid) ift, hätte fid) 

1) 93ergl. 2B.3.33. 8 6. 6 ff.; 10 ff. 

1 * 


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4 


(Sntfdjeibunflen be§ Dberlanbesflericfita. 


V- ft. burd) ben unbeftrittenermaßen ohne foldje ©cnebmi* 
gung begonnenen betrieb ber |)irfd)roirtfd)aft eine# 3Ser= 
geben§ i. 3. be§ § 147 3- 1 ©ero.Orb. fcßulbig gemadjt, 
ber ftl. aber burd) bie Ueberlaffung ber Sßirt|d)aft§räume 
an ben 'ß. ft. juin unfonjeffxonierten betrieb $u jenem Vor* 
geben roiffentlid) burd) bie $at ^Beihilfe geleiftct, § 49 St.©.®. 
3)er Vertrag aber, burd) roeld)en ber ftl. bie Verpflichtung 
jur Ueberlaffung ber 2Birtfcbaft§räume an s ß- 5?., alfo jur 
Begebung einer ftrafbaren .fianblung, übernommen hätte, oer* 
fließe bireft gegen bie §§ 147 3ift- 1 ©ero.Orb- unb § 49 
©t.©.®. unb roäre baber nad) § 134 ®.©.®. nichtig unb 
e§ roürbe ficb al§bann bie fyrage erbeben, ob unb inroieroeit 
bieburd) auch bie ©iiltigfeit be§ oortiegenben VürgfcßaftS* 
oertragei beeinflußt roürbe. 

3>er ®efl. grünbet feine Vebauptung, baß ber ftl. unb 
s ß. ft. nur jum Schein einen 3Birtfcbaft§fübrungloertrag mit* 
einanber abgefcßloffcn buben, baß fie in 2Birf'lid)feit ein s ßad)t= 
oerbcütni§ haben begrünben roollcn unb in einem foldjen aud) 
geftanben feien, lebiglid) auf ben Inhalt ber Vertrag§ur= 
funbe oom 25. fUtär^ 1900. Slllein bieburd) roirb ber ihm 
für bie 9iid)tigfeit feinet Vorbringens obliegenbe VeroeiS 1 ) 
nidjt erbradjt. ®arau§, baß in ber genannten Urlaube ba§ 
Verhältnis jroifdjen bent ftl. unb s ß- ft. aud) — in § 6 — 
als ,,^3ad)t" unb ber ftl. — am Schluffe — als „Ver* 
päd)ter" bezeichnet ift, aud) oon „^ßadjtgelb“ (in § 3) unb 
oon „ s ßad)tzeit" (in § 9) bie Siebe ift, folgt nict)t§ für bie 
Slnnabme beS ®e!l., ba biefc Vcjeidpumgen angefirfjtS beS 
UtnftanbeS, baß nad) bem grunblegenben 1 'ß- ft. jum 
SBirtfcbaftSfüßrer beftellt roürbe , zweifellos lebig* 
tid) ber ftürje tialbev gebraucht roorben finb. Sie in § 3 
beS ®ertrag§ getroffene Vereinbarung fobann, roornacb 'ß- ft- 
einen beftimmten ®etrag für bas Siter ®ier unb SDJein an 
ben ftl. abjufübren batte, unb bie Sifferenj jroifdjen biefent 
®etrag unb bem tatfäd)lid)en ©rlöS für ftd) behalten burfte, 

1) Sßergf- ©euffert 2lrd)io '-8b- 32 91 v. 109, 93b. 34 91 r. 108, 18b. 52 
91r. 73. 


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A. in (£iuilfad)en. 


o 


fcßtießt bie Sluffaffung be§ 93ert)ältniffes at§ einer bloßen 
aSirtfcfjaftSführung , al§ einer bloßen ©teltoertretung best 
Stt. burd) iß. St', nidjt au§, ba bie Gcntlofynung be§ SBirt* 
fcf)aftgfüf)rer§ and) baburcf) gefcheßen t'ann, baß itjni ftatt 
einer feften Summe ein Seit öes (Ertrags gewährt wirb ‘). 

©benfomenig nötigt bie 93eftimmung in § 4 roornad) 
iß. St. llntgelb, ©portel, ©eroerbefteuer, fßolijeiftrafen unb 
Heinere 3tn§beffernngen ju bejahten (bejm. bent Stt. für bie 
oon ibm tjieroegen gemachten StuSgaben ©rfatj ju teilten) 
hatte, jur Annahme eine§ ißacßtoerhältniffeS. 3)enn biefe 
SBertragsbeftinimung t'ann and) at§ 33efd)räntüug ber bem 
53et't. au§ ber 2Öirtfd)aft3 f ü h r u n g juftießenben Vorteile 
aufgefaßt ro erben. .^ebenfalls aber ift b a § nicht erroiefen, 
baß ber Stt. unb s ß. St. einen ißacßtoertrag abfdjließen m o 1 1 1 e n 
unb baß fie bas jmifchen ihnen über bie Sauer be3 9Birt= 
fd)aft§betrieb§ be§ iß. St. b'eftanbene 93erhäftni§ a(§ eine 
s ßad)t angefehen haben. |)iegegen fpridjt oor altem bie nn= 
beftrittenc Satfacße, baß ber Stt. einen mit ber llrfunbe oom 
25 . ültärj 1900 übereinftimntenben iSertragSentmurf bem 
Oberamt ©., atfo ber jur ©rtcitung ber Stonjeffion für fetb= 
ftänbigen ÜBirtfdjaftSbetrieb unb jur ©ntfdjeibung barüber, 
ob ein oon bem Stonjefftonlint)aber oorgefd)lagener ©tell= 
Vertreter ben gefeßlidjen ©rforberniffen genüge (oergt. § 46 
ber ÜJiinifterialoerfügung oom 9 . iRooember 1883 , betr. ben 
ißoltjug ber ©ero.Orb.), juftänbigen 93ef)örbe oorgetegt f>at. 
ÜBäre er baoon ansgegangeu, baß ba3 in bem (Sntrourf ent= 
fprechenb ber Urfunbe oom 25 . 9Jtärj 1900 normierte 93er* 
hättni§ fid) at§ ißad)toerhältni3 barftette, fo hätte er, ba er 
natürlich gemufft hat, baß ein s ßäcf)ter ber Stonjeffion für 
ben 2Birtfd)aftsbetrieb bebürfe, ohne Steifet nicht b i e f e n 
©ntrourf, fonbern einen auf Sciufdjuitg bes Cberatnt§ be= 
red)neteit, bem äußeren 9tnfd)eine itari) unoertennbar auf 58e= 
grünbung eine§ bloßen ©teltoertretungSoerhciltniffeä gerid)= 
teten 93ertrag§entrourf§ oorgetegt. 2)arau§ fobann, baß ba§ 
Cberamt, toie e§ fd)on burd) bie 9tid)tbeanftanbung be§ @nt= 
1) Söergl. Schiefer, ©eroerbeorbnung § 45 9iote 2. 


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6 


©ntfcfjeibimgen beS Obevlanbe§gerid)t§. 


rourfS 511 erfennen gegeben bat, baS Verhältnis feinerfeitS 
and) nid)t als ^3aci)t angefetjen hat, burften ber Äl. unb 
fein ©egenfontrahent V- M ben ©d)luff sieben, baff in 3Birf= 
lid)£eit burch ben Vertrag ein ißadjtüerhältniS nicht begrünbet 
roerbe unb eS fehlt baher sunt minbeften am Vemeife ba= 
für, baff ber Äl. bem iß. M feine SBirtfchaftSräume su einem 
fonseffionSbebiirftigen Vetriebe überlaffen, baff er überhaupt 
bemfelben su einem ein Vergehen i. <3. beS § 147 3- 1 ©ero.Crb. 
begriinbenben Vetriebe Veihilfe leiften roollte, bienad) aber 
aud) bafiir, baf? ber Vertrag oom 25. 9Jlärs 1900 beS M. 
gegen ein uerbietenbeS ©efeh nerftoffen habe. 

Urteil beS jroeitcn ©ioilfenatS oom 30. Vesentber 1901 
i. ©. Ärill gegen SBalbenmaier. 


3. 

girrahnaljmeurrtrag. 

1. gört bif grrpflidjtnng ?nr ghnaljmr nnf, ttirmt ber 
gbneljmer feine UJirtfrijaft nerpnrijtet? 

2. Pitrnnsfebmtgeu einer gdjnbenserfa^klage megen 
IlidjterfüUnng. 

£aut Vertrag ber Parteien oom 5. Februar 1901 hatte 
Vefl. fid) oerpflid)tet, baS Vier für feine 3Birtfd)aft Dom 
1. SJlpril 1901 bis 1. Slpril 1903 auSfd)liefflid) non ber 
Min. s u beziehen. 3m 9Jlärj 1901 oerpachtete Vefl. feine 
SBirtfdjaft an feine bisherige Vierlieferantin unb oerjidjtete 
auf bie il)m suftehenbe perfönlicfje V3irtfd)aftSfonseffion. V)ie 
auf ©djabenSerfah gerichtete, für bie ganse Vertragsbauer 
im Slpril 1901 erhobene Mage ber Min. mürbe smn Seil 
für begrünbet, sum Veil für sur 3«t nicht begrünbet erflärt 
auS folgenben 

© r ü n b e n : 

Ver Unterrichtet hat ben smifdjeit ben ißarteieu am 
5. fjebruar 1901 gefcgloffenen Vertrag bahnt auSgelegt, baff 
Vefl. ungeachtet ber im SUlärj bS. 3- erfolgten Verpachtung 
feiner äßirtfdjaft an bie fped)t=Vrauerei oerpflidjtet geblieben 


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A. in ßtotlfadjen. 


7 


fei, in ber Zeit »om !• 9lpvit 1901/3 baS für feine 2Birt= 
fdjaft evforber(id)e Bier non ber Silin, ju bejieben. ®ie 
fRid)tigfeit biefer Auslegung tnirb non bem Befl. mit Un= 
red)t beftritten, ber SBortlaut beS BertragS fpridjt gegen bie 
älnnafjme, baf) Befl. non ber Silin, nnr baSjenige 'Bier ju 
bejietjen fid) nerpflid)tet t)abe, melcbeS mäbrenb beS genannten 
Zeitraumes i m 3 a 1 1 e b e S Betriebes ber 2Birt= 
f d) a f t b u r d) b e n B e fl. f e l b ft o b e r a u f feine 
e d) n u n g gebraud)t roerben mürbe, als ©egenftanb beS 
BertragS erfd)eint nielmeljr ber Bebarf ber SBirtfc^aft als 
foldjer. SDieS ergibt fid) aud) auS bem, roie offetifunbig ift 
unb baf)er ofjne Z^eifet aud) bent Bett befannt mar, non 
ben Bierbrauereien mit Slbfdjlufj non BierlieferungSnerträgen 
nerfolgten Zu>ed, burd) ©eroinnung einer für längere Zeit 
gebunbenen ft'unbfdjaft eine fid) er e ©runblage für bie ©in» 
ricfjtung beS UmfangS ifjreS ©efd)äftSbetriebS fid) ju ner» 
fcfjaffen. Solchen, in ben beteiligten Slreifen fjerrfdienben 
2lnfdjauungen ^Rechnung tragenb bat benn auch baS bager. 
'11.©. jurn B.@.B. nom 9. Zuni 1899 in 'llrt. 13 2tbf. 2 
für BierlieferungSoerträge beftimmt, baf), menn baS ©efdjäft 
beS einen ober beS anbern Steiles burd) fRed)tSgefd)äft unter 
Sebenben auf einen dritten übergebt, ber bisherige Znbaber 
bafür einjufteben b a ^ baß ber neue Znbaber in ben Ber» 
trag eintritt. Z u ©unften ber non bem Befl. oertretenen 
SluSlegung läßt fid) aud) nicht ber SRangel auSbrüdlidjer, 
auf ben fyall einer Beränberung im SBirtfcbaftSbetrieb be= 
äüglidjer Beftimmungen im Bertrag geltenb rnadjen. äBetut 
auch foldje, inS einjelne gebenbe Berabrebungen behufs Bermei» 
bung non (Streitigfeiten fid) empfehlen mögen, fo redjtfertigt 
beren Zebteu bod) nid)t eine ©infdjränfung ber auS bem 
nid)t fpesialifierten Bertrag abjuleitenben Berpflid)tung beS 
SBirteS. ^iernad) ift bie BierbejugSpflicbt beS Befl. jeben» 
falls nicht bamit erlebigt, bafj er feine Bßirtfdjaft einem 
anbern p a d) t ro e i f e überlaffen b°t. 

®ie &lin. bat bie ©cbabenSerfaßpflidjt beS Befl. in I. Zu= 
ftanj, abgefeben non ber Berufung auf § 826 B.@.B., auf bie 


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8 


©ntfcf)ctbungen be§ OberlaitbeSgevicfjtS. 


oon bern ©efl. oerfcbulbete Unmöglirijfeit bev (Erfüllung be§ 
©ertragS geftü^t. $a§ zeitliche Sffloment ift atlerbing§ für bie 
»on ben Parteien übernommenen ©erbinblid)feiten ber Lieferung 
be^ro. Slbnabme be§ ©iere§ fo roefentlid), bafj biefe nur ju ber 
^eit erfüllt roerben fonnten, me lebe bafür im Vertrag nor= 
gefetjen mar unb ba| mit bent Slblauf ber 3 e it (unb eben 
be^balb) bie Seiftungen, mie fie »ertrag§mäjjig gefdjulbet 
roaren infomeit unmöglid) gemorben finb — foroobl bie ©ier* 
lieferung§oerpflid)tung ber $lin., at§ aud) bie 3lbnabmeoer= 
pf(id)tung be§ ©efl., menn man (entere überhaupt al§ bie 
berjeuigen ber ©erfäuferin forrefpottbierenbe ©erpflid)tung 
gelten taffen mitl. $ie llnmöglidjfeit ber Seiftungen bat 
aud) ber Söefl. fdjulbbaft baburd) bjevbeigefütjrt, bag er feiner 
©erpflidjtung juroiber fid) geroeigert bat, ber jur Seiftung 
bereiten $lin. ba§ ©ier nbjunebmen. |jierau§ ergibt fid) 
nun aber, baff bie Unmöglid)f'eit ber Seiftung nur für ben in 
ber ©ergangenbeit liegenben ©eil be§ im ©ertrag beftinunten 
3eitraume§ rmrliegt; für bie .ßufunft finb bie beseidpteten 
Seiftungen beiber ©arteien möglid); nur ift etroa ber ©efl. 
nerbinbert, ba§ ibm ju liefernbe ©ier ju bem beim ©ertragt 
fdjlup in 2lu§fid)t genommenen -3roecf ju uermenben. 

©ic Slin. bat jmar in II. ^nftanj ben ©d)aben§erfatj- 
anfprud) in erfter Sinie auf ben ©erjug be§ ©efl. ju ftütjen 
erflärt. Mein menn aud) bei ©ucceffiotieferung§oerträgen 
im Jyall bes ©erjug§ be§ ftänferS ber ©erfäufer fofort jur 
Mbrobung ber MIebnung ber Seiftung§annabme bezüglich 
be§ ganzen ©ertragt berechtigt unb menn er aud) nad) § 326 
2lbf. 1 ©.©.©. im ber beftimmten ©rfüllungämeigerung 
be§ $äufer§ jitr Setzung einer 9tad)fd)rift nid)t oerpf(id)tet 
fein unb eine folrfjc SBeigerung hiev norliegeu füllte, fo mii|te 
bie Älin. bod), ebe fie ©d)aben§erfat) megen 9iid)terfüllung 
ge mag £ 32G 3lbf. 1 ju forbern beredjtigt ift, fid) für bie 
MIebnung entfd)ieben unb bic§ bem ©eff. erflärt haben, 
ma§ meber oon il)r behauptet noch — mit ©ücffidjt auf 
ben, freilid) in projeffualifd) unjuläffiger ©Seife gleichzeitig 
erhobenen, (5rf üllungsanfprud) — fonft erfid)tlid) ift. 


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A. in ßioilfadjen. 


9 


Ser auf bie ttocf) nicf)t abgelaufene ®ertrag§jeit be$üg 5 
lidje ©chabenSerfafcanfprucf), worauf er aud) geftütjt werben 
mag — unb t)icmit erlebigt fid) aud) bie Berufung auf § 826 
33.©.®. — jeigt fid) jebod) nod) au§ einem anberen ©vunbe 
als nid)t gerechtfertigt. Älin. beanfprudjt oon bem ®efl. 
©rfatj bes ©eroinneS, ber it)r baburd) entgehe, bafj ihr ber 
®efl. bas für feine SBirtfdjaft erforberlidje SBier in bei uer= 
einbarten 3eit tticfjt abnehme. 3tad) § 252 33.©.®. umfaßt 
jroar bei ©djaben aud) ben entgangenen ©eroinn; allein ent* 
gangen ift bei ©eroinn erft je in bem 3citpunft, ba bie 
Hlin. bem ®efl. ba§ ®ier geliefert haben mürbe unb hieaiit 
bie entfpredjenbe ÄaufpreiSforberung begrünbet worben wäre. 
Safür, bafj uor biefem ^eitpunft ein <3 djaben oortjanben 
roäre, ift nichts uorgebrad)t. ©ine ®erurteilung fann aber 
nur erfolgen, wenn ber geltenb gemadjte Slnfprud) in bem 
mafjgebenbeit geitpunft, am Schluffe ber münblidjen ®er= 
haitblung, auf roeld)e ba§ Urteil ergeht, begrünbet ift. ©troaige 
im gemeinen 3{ed)t in ®ejiet)ung auf ©djabenSerfahanfpriiche 
jugelaffen geroefene 3luSnaf)men ! ) fönnen hier nid)t in ®e= 
tradjt fommeit. Sie ft'lin. hat allerbings ®erurteilung beS 
®efi. ju fünftiger rateuroeifer Zahlung beantragt; allein foldje 
würbe gemcijj §§ 257 — 259 ©. s f3.0. erforbern, baf) nur bie 
gulligfeit beS 2lnfprucf)§ nod) nidjt eingetreten ober bod) 
minbeftenS, bafj ®ebingtf)eit oorhanben fei, roährenb oor= 
liegenb ein ©djabenSerfahanfprucf) überhaupt noch aidjt be= 
grünbet ift s )- 

Urteil beS II. ©iodfenatS oom 10. Ülpril 1902 i. ©. 

®raun gegen Jioolibrauerei. 


1 ) üJIommfen Sehr. II § 14. 

2 ) 1 ©nt«), 3 . S3.@.S. § 190 9JIot. 1 @. 365., fiotum. $ßrot. I 245. 

VI 656; ®iot. jur 9Iou. bev § 231 a.— c, ©aupp=@tein 4. 2lufl. 

@. 547 III bei 4? 257., 548 I 9lbf. 2 ju § 258., @. 549 I ju § 259 

©.'P.d. 


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10 


öntfdjeibungen be§ Oberlanbe!gerid)ti- 


4. 

©sfciirrijnftstfilung in betreff eines 3eitnngsmtter= 

neuntens (§ 752. 75B. 93.©.®.) 

Ser 93eflagte unb feine 9ied)t!uorgänger einerfeitS unb 
ber Kläger be§ief)ung§ir>eife befielt oerftorbene ©tjefrau unb 
©rblafferin anbererfeit! Ratten feit bem Qaljr 1887 beriet)» 
uttg!mcife 1897 bie |>erau!gabe eine! forftroirtfdjaftlidien 
©odjenblatt! unter bem Sitcl „5lu! bem ©albe" betrieben, 
ba! fdjtie^ticfi etma 3500 Ülbonnenten f)atte. 91m 28. ®ep= 
tember 1900 Ijat ber Kläger ben ©efellfd)aft!t>ertrag auf 
31. Sejentber 1900 gefiinbigt, raomit ber ®eflagte einoer= 
ftanben mar. Unbeftritten ift, bafj — atifier bem Kopfflidje 
für bie 3eitfcf)rift — unnerteilte im ©igentum ber ©efellfdjaft 
ftet)enbe ©adjen nid)t uortianben finb. ©eit 1. ^uli 1901 bat 
ber 93ef(. ba! ©rfdjeinen be! ©odjenblatt! „2lu! bem ©albe" 
in feinem Verlage eingeftellt unb gibt feitber bie ©ocfyen* 
jeitfdjrift „gorftlidje ®lätter" fyeraui, roätjrenb ber Kl. in 
einem Kommiffioitsoerlag feit bem genannten geitpunft ba! 
©odjenblatt „2lu! bem ©albe“ meiter erfdjeinen läßt. $nt 
gegenmärtigen ^rojeg beantragt nun ber Kt. ben 93efl. ju 
oerurteilen , in ben Verlauf be! 93 er lag! ber 3eitfd)rift 
„9lu! bem ©albe" unb be! baju gehörigen Kopfftidje! nad) 
ben 9Sorfcf)riften be! ®fanbocrfauf! im ©ege ber öffcnt= 
lid)en 33erfteigerung unb in bie Seilung be! ©rlöfe! unter 
ben Parteien ju gleicfjen Seilen p milligen, in jmeiter 2inie 
bat Kläger bie 2lrt ber Seilung be! „®erlag!" in bas ridjter* 
lidje ©rmeffen geftellt. Ser ®etlagte f)at ben Ülitfprud) be! 
Kläger! beftritten. Sa! ©eridjt I. $nftanj t)at bem in erfter 
Sinie geteilten Klagantrag entfprocfjen. Sa! ®erufung!ge= 
ricf)t fjat bem Eintrag nur inforoeit ftattgegeben, at! ber 93er= 
tauf be! Klid)e! beantragt mürbe, im übrigen aber bie Klage 
abgeroiefen au! folgenben 

@ r ü n b e n : 

3unäd)ft ift feftpfiellen, mie ber „Verlauf" eine! $ei= 
tungsunterueljmen! burd) ben (ober bie) ©igentiimer ber 3ei* 


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A. in ßioilf neben. 


11 


tung redjtlid) aufjufaffen ift. äßenn ber ©igentünier einer 
3eitfcßrift biefe ohne alle fadjtidje Unterlage (rote etina bie 
jur ^erftellung ber ßeitung biencnbett SRaterialien , Vtanu* 
flripte non Slutoren u. brgl.) „»erlauft", fo ßanbelt eS fict» ba= 
bei nid)t um eine Uebertragung »on Sachen ober SHecßten: benn 
bie im betrieb eines geroiffen ©efcßäftS ober Unternebmen§, 
t)ier eine§ 3eitungSunterneßmenS , fid) äußentbe Betätigung 
ber Sßerfönlicßfeit ift fein ber Veräußerung jngänglidjeS ißri= 
»atrecßt (fonbern ein 2luSfluß beS bem ©ebiet beS öffent= 
ließen StecßtS angeßörenben „©runbrecßtS" auf freie Berne* 
gung ber ^erfönlicßfeit l ). 

©in berartiger „Verlauf" einer Unternehmung ift baßer 
ein ganj eigenartiges VecßtSgefcßäft: ber „Verläufer" »er* 
pfließtet fteß, gegen ©emäßrung einer entfpreeßenben ©egen= 
leiftung feitenS beS anbem Vertragsteils biefeit im Betrieb 
einer unter bem gleicßen Sntel — als fjortfeßung ber bis* 
ßerigen Rettung — erfeßeinenben Leitung nicht ju ßinbem 
unb feinerfeitS ben fjortbetrieb feines bisherigen Unterneß* 
menS ju unterlaffen. 2lef>nlicß oerßält eS fid) mit bem „Ver* 
lauf" einer 3lrjtS= ober VedjtSamualtSprapiS ober einer SEunb* 
feßaft 2 ). $aS Slammergericßt hat baßer 3 ) auSgefüßrt : ber 
„Verlauf" einer biSßer im Verlag beS „VerfäuferS" er* 
feßienenen 3eitfd)rift fei fein auf ©runb beS 9f.@ef. »om 
21. 3uli 1879 anfechtbares VecßtSgefcßäft, meil eS fid) babei 
nießt um Sßeggabe eines bem Zugriff ber ©laubiger 
unterliegen ben VermögenSroertS ßaitble. SRatt mag ba= 
»on auSgeßen , baß aud) auf ein berartigeS DtecßtSgefcßäft 
bie ©runbfäße über ben ftauf anroenbbar finb, foroeit fie 
paffen ; bamit ift aber nid)t »iel gewonnen, benn eS ift eben 
ftetS ju prüfen, imoieioeit biefe ©runbfäße auf einen folcßen 
$all paffen. 

3m »orliegenben VecßtSftreit ßanbelt eS fuß um bie 

1) S. ©ierefe £.ißr.9i. Sb. 1 § 81 SHote 8. 

2) Sergl. SH.©. 87 nr. 47 (^«ud) 33 nr. 7); Scuffevt 52 nr. 66; 
56 nr. 27 ; 28.SJ.93. 4 ©. 169 ; 6 ®. 57 — 58. 

3) Qn ber ©ntfdjeibung bei Seuffert 56 nr. 27. 


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12 


©ntfdjeibungen be§ OberlanbesgericfjtS. 


*yrage, ob, menn ein Sefellfchafter bie auf beit betrieb eines 
3eitung§unternef)men§ gerichtete @efcllfd)aft fünbigt, er ober 
überhaupt ein Sefellfdjafter baS 9ied)t hat, ju oertaugen, 
bat ber „SBertag" (richtiger: baS Unternehmen ober (Sefchäft) 
„oertauft" mirb. $)abei toirb — im Slnfcfjlut an bie be= 
hanptungen beS ÄlägerS — unterteilt, bat jmifdjett beti 
Parteien bis 1 . Januar 1901 eine (gemeinrechtliche) SefelU 
fdjaft beftanben hat. 

1) Sine ©efellfd)aft roie bie ber Parteien tann, toenn 
baS Unternehmen unter gemeinfchaftlicher §irma betrieben 
mirb, als offene |)anbelSgefeUfchaft errichtet merben : g 105 
ogl. mit § 1 3iff- 8 |>.©.b. SBirb eine offene .ftanbelSge» 
fellfcfjaft burch Sünbigung aufgelöft, fo haben bie £iguiba= 
toren nach § 149 £>.@. 3 ). »bie ^otberungen eitijujiehen, baS 
übrige Vermögen in Selb umjufehen". 2Jtit Stecht mirb 
oerneint, bat hienach bie Siquibatoren befugt finb, baS Se= 
fdjäft im Sanjeu (gefefjmeige baS ^irmenrecht) ju oerfaufetr '). 
®enu ein folcher berfauf beS „SefdjäftS" mürbe nad) bent 
oben 2luSgeführten beit bisherigen ©efellfdjaftern berpflidj* 
tungen in betreff ihrer fünfiigen geroerblidjen Jätigfeit auf= 
erlegen, j. b. bal)in, bat ftc feine SefchäftSoerbinbung mehr 
mit ben bisherigen Äunben ber ©efellfdjaft unterhalten 2 ) ; 
bie Siquibatoren finb aber naturgemät nid)t berechtigt, ben 
©efetlfdjaftern berartige berpflidjtungen aufjubiirben. 91ad) 
Sluflöfung einer offenen «fpanbelSgefellfdjaft ift — mangels 
gegenteiliger beteinbaruugen — jeber Sefellfdjafter befugt, 
am gleichen Crt, in ber gleidjen ©träte ein gleidjartigeS 
Sefdjäft ju beginnen unb bie bisherigen Äunben ber Sefell- 
fd)aft für fein neues Sefdjäft ju gemimten; in biefe Befugnis 
mürbe eingegriffen, menn bie Siquibatoren baS „Sefdfäft" 
jit „oerfaufen" ermächtigt mären. 

SluS bent bisherigen folgt, bat auch fein ©efellfdjafter 
oom attbern beffen Sinmilligung in ben berfauf beS ®e= 

1) S. Staub 6 u. 7. Slufl- Sinnt. 90 ju § 149 §©.2}., ©areiS 
unb Judjsbcrger Sinnt. 235 Slbf. 3 ju Slrt. 137 §.@.18. a. 3'. 

2) 93ergl. Seuffert 52 m\ 66; 30-3-®- 6 57-58. 


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A. in Gioilfacfieii. 


13 


fcgäftS »erlangen fann: beim er ift (roenn nichts ©egentei* 
ligeS »ereinbart ift) nicfjt berechtigt, bem anbern ©efellfcfjafter 
für bie Bufunft eine Vefdjränfung in ber freien Veroegung 
bejüglicf) feines SrroerbS* nnb ©efcgäftSbetriebS anjufinnen; 
nur ben Verfauf ber faßlichen Unterlagen beS ©efdjäftS: 
ber ©runbftücfe, VJaren, ©efdjäftSeinridjtung, ^orberungen, 
^Patentrechte u. brgl. fann er »erlangen, nicht aber ben beS 
©efdjäftS felbft, ber „©bancen". 

freilich ftellt „baS ©efdjäft" einen unter Umftäuben fefjr 
erheblichen VermögenStuert bar; aber biefer Verniögensiuert 
lägt fich ohne ©ingriff in bie tjödjft perfönlicgen Vedjte ber 
©efellfcfjafter, in bereu Vedjt auf freie Veroegung bejüglicfj 
ihrer ©riuerbStätigfeit, »hne ihre ©iniüilligung in bie lieber* 
nagnie getüiffer einfehtägiger Verpflichtungen uitb Vefcfjrän* 
fungen nicht »eruierten, er lägt fich bafjer otjne ©inroilligung 
aller ©efellfdjafter nicfjt in ©elb umfetjen unb eine foldje 
©inroilligung lägt fidj — falls nidjt bie ©efellfrfjafter bei 
©rütibung ber ©efellfdjaft ober fpäter Vereinbarungen in 
biefer iHicfjtung getroffen gaben — nidjt erjroingen. SBenn ge* 
lehrt t»irb , ber ÄonfurSoerroalter fönne baS ©efdjäft beS 
©emeinfdjulbnerS im ganzen »eräugern , fo ift bamit eben 
bie Veräitgeruug beS „Inbegriffs ber ©efdjäftSeinridjtung, 
ber Söaren unb ©efdjäftSauSftänbe famt ben jum ©efdjäftS* 
betrieb unentbehrlidien ©efdjnftsbüdjern' 1 ju »erftegen *) ; eine 
Verpflichtung ober Vefcgräufung beS ©emeinfdjulbnerS be= 
treffS feines fünftigen ©efdjäftSbetriebS ift aber bamit niegt 
»erbunbett unb fann bamit nidjt oerbunben fein; beim bie 
Verecgtigung, folrije Verpflichtungen anjubebittgen, fehlt bem 
ÄonfurSoermalter in gleicher SBeife loie ben Siquibatoren 
ober ©efeüfdjaftern einer offenen ßanbelSgefellfdjaft. 

können fidj alfo bie bisherigen ©efellfdjafter iticfjt hin* 
fidjtlidj ber Uebernatjme folcger Verpflichtungen unb Vefdjräit* 
fungen einigen, um baburdj eine Verroertung beS „©efdjäftS" 
■ju ermöglichen, fo gört biefeS eben ju beftegen auf. ‘Sag 
ein ©efegäft ober Unternehmen im 3i»eifel mit bem ©nbe 
1) ®ercjt. Seuffevt SonfurSprojejirecfjt § 47 giffer 3 bei 91ote 9. 


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14 


©ntfcfjeibungen be§ DbertanbeSgeridjti. 


bet ©efeltfcfjaft, bie eS betrieben t)at, auf juh Ören t)at, ergibt 
fid) aud) auS fotgenbem ©efichtSpunft. Sie 93egrünber ober 
(Eigentümer einer Unternehmung j. 93. einer 3 e itf c hvift, t ja= 
ben ein (ibeetleS) Qntereffe baran, bafj biefeS Unternehmen, 
baS mit ihrer ißerfon, ihrem Flamen oerfnftpft roar, nicht in 
bie |>änbe oon jemanb fommt, ber eS in einer ben 2lnfid)ten 
unb ©runbfätjen ber bisherigen ©igentümer roiberfpred)enben 
SBeife betreibt, 93. bie bi§h er fonferoatioe, nornehm ge= 
hattene 3 e *tfrf)rift in eine bemofratifd)e ober bem ©fanbat 
unö ft'latfd) hutbigenbe 3^itung oerroanbett ober baS bis* 
herige fotibe faufmäntiifdje ©efd)äft in ein mit alten Mitteln 
ber fReftame arbeitenbeS 3Barenf)au§. ©in foldjer Ueber* 
gang beS bisherigen Unternehmens in .fpänbe, bie minbeftenS 
ber eine ober anbere ber bisherigen ©efettfdjafter mit feinem 
bisherigen ©efdjäft nicht in Berührung fommen taffen roilt, 
tiejfe fich aber unter Umftänben nicfjt oerhüten, roenn ein 
©efetlfcfjafter oon anbern gejtoungen ro erben fönnte, in ben 
33erfauf beS Unternehmens einjuroittigen. 

2) 9BaS im bisherigen betreffs ber offenen -fpanbetSge* 
fettfdjaft auSgeführt roorben ift , muff nach ber Statur ber 
©ad)e and) für bie gemeinred)tlid)e ©efettfdjaft (©osietät) 
gelten : roeutt jroei 9ied)tSanmcilte ober ttterjte eine ©efelt= 
fdjaft jtoecfS gemeinfamer SfuSübung ber gratis gebitbet 
haben, fo fann im fyatt ber Äünbigung ber ©efetlfdjaft (im 
3meifet) fein Seit oertangen, baff bie SßrajiS (baS @efcf)tift, 
bie Siunbfchaft) oerfauft mirb: baS mürbe einen 95er}id)t ber 
„93erfäufer" gegenüber bem „Käufer" auf ^ortbetrieb ber 
ißrajiS in ber bisherigen SSeife burd) jeben einjetnen ber 
bisherigen ©efetlfdjafter bebingen unb ju einem berartigen 
3Serjid)t oerpftidjtet ber ©efetlfdjaftSoertrag an fid) feines* 
roegS. s ituch in betreff einer junt betrieb eines geitungS» 
Unternehmens beftehenben ©efetlfdjaft fann nichts anbereS 
gelten: (oft fid) burch Äünbigung feiteuS eines ©efe(tfd)afterS 
bie ©efetlfd)aft auf, fo hört — mangels gegenteiliger S$er* 
einbarung ber ©efeltfdjafter — bie bisher gemeinfchafttid) 
herausgegebene Leitung auf uub jeber ©efettfdjafter erlangt 


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A. in (Simlfacfjen. 


15 


betreffs Verausgabe einer (neuen) Leitung mit bemfelben ober 
einem anbem Stitel bie Vefugniffe rcieber, bie er oor ©rüm 
bung ber ©efetlfdjaft hatte. 

SBenn bie Parteien feit Veenbiguttg ber ©efellfchaft — 
1. Januar 1901 — eine ©emeinfdjaft nad) ®rud)teilen i. @. 
beS ®.©.®. bilben, fo änbert baS an ber bargelegten ®ad)= 
läge nidjtS. 3)enn baS ®.©.S. enthält in beni Jitel über 
bie „©emeinfcfiaft" feine Veftimmung, inonad) ber Verfauf 
einer gemeinfchaftUchen Unternehmung (b. h- bie Uebernafjme 
geraiffer perföntidjer S3erpflid)tungen unb Vefdjränfungen 
feitenS ber bisherigen ©efellfdjafter, je^igen ©emeinfchaftS* 
teilhaber, gegen geroiffe ©egenleiftungen) auf Verlangen 
eines ©emeinfchaftSteilhaberS auch gegen ben äöillen ber 
anbern ju erfolgen hat; bie oon einer Teilung „gemeinfd)aft= 
lidjer ©egenftänbe" tjanbelnben §§ 752. 753 ®.@.®. taffen 
ftd) auf einen berartigen fyall nicht eutfpvecfjenb anroenben. 

3) ©in Ülnfprudh beS SU. auf ©itiroilligung beS ®efl. 
in bie „Verweigerung" ber 3 e itfd)rift „2luS bent SBatbe“ 
befteht baher nicht, roenn ein foldjer firf) nid)t aus bem 
fcf)riftlicf)en ©efelifchaftSoertrag oom gat)r 1887 abteiten läfjt. 
(2)ie ©rünbe führen aus, bafj bieS nidjt ber galt ift unb 
fahren fobantt fort:) 

2lud) oon einer auf anbere SBeife als burd) Verfteige* 
rung erfolgenben Teilung biefeS Unternehmens fanu feine 
9febe fein, fofern nicht bie Parteien in biefer Vidpung eine 
Vereinbarung treffen; in ©rmanglung einer fotdjen hat oieb 
mehr eben baS Unternehmen aufphören. SBaS aber ben ge= 
ftellten Sflagantrag betrifft, fo märe ein Urteil, fo roie eS 
beantragt unb uont oorigen Vid)ter erlaffen ift, in feinem 
Qnhalt burdpuS uttflar: fo oiel märe mohl pteifelloS, baff 
ber Staufer fünftig eine forftroirtfchaftlidje $eitfd)rift unter 
bem $itel „2luS bem SBalbe" erfcheinen laffen bürfte, ohne 
bafj bie Parteien bagegen ©infpradje erheben fönnten, aber 
ob bie Parteien irgettb meld)e roeiteren Verpftidjtungen — 
unb roetche? — bem Staufer gegenüber hätten, ittSbe= 
fonbere bepgtid) llnterlaffung einer Stonfurrenj u. brgl., 


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16 


(Sntfcfjeibintgen be§ DbertctnbeSgeridjtS. 


bliebe oollftänbig im $unfeln. $5ie Slarftcllung hierüber 
märe aber oottt erheblichfteit Qntereffe für ben Käufer utib 
mutmafjlid) tton entfcfjeibenbem ©ittflug auf ben Kaufpreis. 
QnSbefonbere müfjte Klarheit über baS SBerfjältttiS beS Säu* 
fer§ ju ber ©terbefaffe für ba§ beutfdje f^orftperfonal, alfo 
barübcr fjerrfcfjen, ob ber Säufer in bie auS biefem Vertrag 
fiel) ergebenben 9iect)te unb s $flid)ten einjutreten hätte. ©in 
Urteil, baS ben 33eflagten (ebiglict) fdjutbig erflärt, in bie 
SBerfteigerung beS ,3eitungSunternehtnenS „2tuS bent 2öalbe" 
einjumitligen, ohne bie äterfteigerungSbebingungen, inSbefott* 
bere bie Don ben bisherigen ©efeUfdjaftern ju übernef)tnenben 
93erpflid)tungen feftjufe^en, märe nid)t oollftrecfbar. 9Jtan 
fann roof)l jemanben oerurteiten, in bie Sßerfteigeruug eitteS 
^aufeS, eines ißferbeS u. brgl. einsuroilligen, inbem norauS* 
gefegt roirb, bie 25erfteigerung habe unter ben übtid)en s 33e= 
bingungen $u erfolgen; aber bie SBebingungen, unter betten 
ein ffeitungSuntertu'bmeu oerfteigert roirb, oerftel)en fid) fei* 
neSroegS oon felbft, fönnen oieltttebr fel)r oerfdjiebetter Ülrt 
fein ; ber sur ©ittroilliguttg in bie ißerfteigerung oerurteilte 
©efellfdjafter roäre aber bocf) ttidjt r>erpflicf)tet, fid) alle bem 
attbern ©efellfdjafter beliebettbett 33ebitigungen gefallen 51t 
laffen, unb bie Sßerfteigerung roäre bal)er nid)t ausführbar, 
roentt nicht bie ©efellfchafter über bie '-BerfteigerungSbebin* 
gungen fid) ju einigen oerniöchten ober burd) einen neuen 
DtedjtSftreit feftgeftellt roürbe, roelcfje Sebingungen fid) fcber 
©efellfchafter gefallen ju laffen hat. Sl. hat aud) ittt ®e* 
rufuitgSoerfahren über bie feiner 9tnfid)t nad) ber SSerftei* 
gerung 511 ©runb 311 legenben ’öebinguttgen nur unoollftänbige 
SluSfunft gegeben. 

Urteil beS I. ©ioilfenatS oom 6. 2)ej. 1901 i. ©. 

©djnürlen gegen 3äger. 

$ie Steoifion gegen biefeS Urteil ift jurücfgeroiefett roorben. 

5. 

Jlp; ber ©laubiger uerpflidjiet, bett Jürgen uan ber 
Juiaitgsuerfteigerung bes ©rmtblfüdts ?u beund)rid)i' s 


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A. in Ktoüfadjen. 


17 


gen, mtf brm bie irflibfrnng, für bfren $«nljlnng Jirfj 
brr Uürge »«bürgt Ijat, Ijjj^joitjrhtirirrij prij«ge)ifUt 

ifr? 

Rliit. tjatte an bie 6t)e(eute 9t., ©igentümer beS 5turt)otelö 
in ®., eine auf bem Rurhotet unterpfänblid) »erfidjerte gor* 
berung »on 7000 9)1., toofür ftd) Sefl. »erbürgt batte. Sei 
einem im Qahr 18" in bas unbemegticbe Vermögen ber 
R.’fdjen ©heleute eingeleiteten ,3mangS»ollftredungSoerfahren 
»evbtieb baS Rürhotel bem ©eneralagenten Sr. im britten 
31ufftreid) um 115 000 9)1., einen s fkeiS, bei bem bie unter» 
pfänblid) gefieberte ^orberung ber Rfin. befriebigt roorben märe. 
91nt 4. 9)lai 1900 ertlärte Älin. frfjriftlicf) : fie fei mit bem 3«= 
fd)lag an ben Käufer Sr. einoerftanben, fofern Sef(. fid) 
als Selbftjähler unb Sürge für Sr. oetbinblicb mache. 31m 
9. 9)lai febrieb hierauf bie tHatsfct)reiberei 25. an ben Seil.: 
Sr. habe baS 3lnmefen um 115000 311. angefauft; Rlin. fei 
mit bem ßufdjlag an Sr. unter ber eben angeführten Se= 
bingung einoerftanben; ob Sefl. bie »erlangte Sürgfcbaft 
übernehmen moüe? 31m 15. 2Hai erflärte Sefl. mit Schreiben 
an bie 9tatSfd)reiberei 2). , er übernehme bie Sürgfcbaft be» 
treffS ber 7000 3)1. auch für Sr. Schon am 14. 3Jlai 
1900 aber hatte ber ©emeinberat $. befdjloffen, im Jpinblicf 
auf bie Sßeigerung be§ Sl. (als eines bem betreibenben 
©laubiger »orgehenben SealgtäubigerS, ber burd) baS 
31ngebot beS Sr. nidjt gebedt märe), „baS .ßmangSoollftre» 
efungsoerfahren in ©emägheit beS 3lrt. 21 beS ©efetjeS »om 
18. 31uguft 1879) einjuftellen". 2>ie ©infteüung beS Ser» 
fahrenS ift ber RI. am 30. ober 31. 3>lai 1900 eröffnet mor» 
ben, nid)t aber bem Sefl. 

3tm 22. Quli 1900 orbnete baS 3tmtSgerid)t St. auf 
Slntrag ber ftäbtifchen Sparfaffe St. für eine ^infenforbe» 
rutig biefer Raffe .ßmangSüerfteigerung beS RürhaufeS nebft 
ben baju gehörigen ©runbftiitfen an. 

25er SerfteigerungStermin mürbe reditjeitig im Stutt» 
garter 91euen Sagblatt öffentlich befannt gemacht ; auch &tin. 
mürbe oon ihm in RenntniS gefetjt; fie mar aber roeber im 

ga^vbüdjcr bet Biirtttmbafl. 3ic$t»t>fle(jc. XV. 1, 2 


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18 ©ntfdjeibunqen be§ Dbevlanbe§ßerid)t§. 

9Sorbereitung3= nod) im 58erfteigerung§termin erfdjienen ober 
oertreten. 58ei ber SSerfteigerung am 17. September 1900 
gab Q3r. ba§ SJIeiftgebot oon 80 000 9JJ. ab. (Sine @imoen= 
bung ber beteiligten gegen bie ©rteilung be§ 3 ufd)lag§ er= 
folgte nid)t. üttit befd)lu§ oom 24. September 1900 er= 
teilte ber ftommiffär bem br. ben 3 ufd)tag : bie beteiligten, 
roorunter ftlin., mürben f)ieoon in ftenntnifj gefegt; eine 2 In* 
fedjtung erfolgte nid)t. ftlin. ift (raie bie ifjr folgenben fpt)* 
potbefargläubiger) mit ihrer fforberung oöllig burdjgefalleit, 
it)re JprjpottieJ ift gelöftf)t. ©egen bie ftlage auf bejablnitg 
oon 7000 9W. bat bet'l. u. a. eingemenbet: baran bafi bie 
gegen ihn eingeflagte Sdptlb oon ft. nid)t habe beigetrieben 
roerben fönnen, trage ftlin. felbft bie Sdjulb, fofern fie oon 
bem berfteigerung§termin oom 17. September 1900 megge= 
blieben fei, ftatt burd) Üftitfteigern ben br. fo bod) hinauf* 
jutreiben, baff ihre ffiorberung nod) befriebigung gefunben 
batte, unb fofern fie (roie unbeftritten ift) unterlaffen habe, 
ben betl. oon Gcinftellung be§ erften unb ©inleitung be§ 
jroeiten 3roang3oollftrecfungs>oerfabren§ nnb inSbefonbere oon 
bem berfteigerung§termin oom 17. September 1900 in ftennt* 
ni§ ju fetten unb e§ ihm baburd) 511 ermöglichen, feine 5Hed)te 
unb ^ntereffen ju roabren. befl. ift nach bem ftlagantrag 
oerurteilt morben. 

© r ü n b e. 

2 lus bem bürgfd)aft§oertrag ift feitienfall§ für ftlin. bie 
berpflid)tung ermad)fen, ibrerfeitä bei einer 3 mang§oerftei= 
gerung be§ it)r oerpfanbcten 2 (nmcfen§ auf biefeä 511 bieten; 
e§ ift nicht ein juf eben, moburd) eine folcbe 23erbinblid)feit 
für ftlin. begrünbet gemefen fein follte, bie fie ber ©efabr au§- 
gefegt hätte, bafs ba§ fturbau§ in ihren -jpänben geblieben 
roiire; fid) einem berartigen Sfififo auSjufetjen, batte ftlin. um 
fo meniger Sütlafi, al§ ihr ber ©eil. als Selbftfd)ulbner baf* 
tete, fie alfo nad) ihrem 33 elieben ooti jebcm Vorgehen gegen 
ben f>auptfd)ulbner abfebett unb ‘öejabtnng ber oerfallenen 
Beträge fofort ootn 23ef(. oerlangen tonnte. Sie batte be§* 
halb auch feine s .Uerpflid)tung gegenüber bem ©efl. , bei ber 


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A. in Gioilfncfjen. 


19 


SBerfteigerung ju erfdjeinen ober ficf) oertreten ju taffen ; ein 
bem 9Sergict)t auf bie $qpotf)cf gteidjftehenbe# ißrei#geben 
ihre# Unterpfanb#red)t§ läjft fid) in biefem SBegbleiben oon 
ber 93erfteigerung um fo roeniger fehen, al# fte angeficf)t# 
be§ ©rgebniffe# ber 33erfteigerung oom 30. 2lpril 1900 unb 
ber Sntfache, bafj hinter ihr noch fünf .ffnpothefen für $or= 
berungen im ©efamtbetrag oon 58 000 3)1. eingetragen mären, 
nicht baran benfeti fonnte, bei ber 33erfteigerung oom 17. 
September 1900 toerbe ihre hppothefarifch gefieberte y-otbe» 
ruug au#fallen. 

©ine uubebingte iBerpflidjtung be# ©laubiger#, oon ber 
beoorftehenben QSerfteigerung eine# ihm hwothefarifcf) h a f* 
tenben ©runbftücf# feinen Bürgen minbeften# bann ju be» 
nacbricf)tigen , roenn ber ©laubiger fetbft ber SSerfteigerung 
nicht anraohnen roilt, ift nidjt anjuerfennen : e# ift Sache be# 
Bürgen, fich um bie älermögensoerhättniffe be# .gmuptfehulb» 
tter# ju befümmern, unb er hat in ber Siegel burd) bie in 
öffentlichen blättern erfolgenben Slnfünbigungen einer^mang§* 
oerfteigerung ©elegenheit, oon betartigen fein Qntereffe be» 
rithrenbett ©reigniffen ßenntni# ju nehmen; ber ©laubiger 
fann ihm bie SBahrung feiner (be# ^Bürgen) $ntereffen über» 
laffen, er hat j. 33. 1 ) feine Verpflichtung, ben Bürgen baoon 
( ^u benadjrichtigen , bafj er feine ftorberung im Slonfur# be# 
.£)auptfd>ulbner§ nicht anjumelbcn beabfichtige. Unbebingt 
au#gefd)loffen märe eine SSerpflidjtung be# ©laubiger#, 
ben öürgen oon ber gmangsoerfteigerung eine# bem ©läu» 
biger al§ .^ppothef haftenben ©runbftücf# ju benad)rid)tigen, 
bann, fall# eine folche 33enad)rid)tigung oon 3lmt# megen ju 
erfolgen hätte, toie 33efl. für einen $all ber oortiegenben 
3lrt nad) Inhalt feiner Streitoerfünbung an ben fyisfu# an» 
nimmt. @§ ift aber fraglich, ob biefe Üluffaffung öe# ©efl. 
jutreffenb ift. 

■Bon ber eben berührten fyrage abgefefjen mag bem 'Bef'l. 
jugegeben roerben, baß unter Umftänben nach ben ©runb» 

1) 28ie bev II. Gioilfenat erfannt f) at: f- 38.3-® 6 307 = 

Seuffert 50 9k. 165. 

2 * 


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20 ©ntfctjeibungen beg DberlanbeggeridjtS. 

fät)en oon £reu unb ©lauben ein ©laubiger oerpftidjtet fein 
fann, oon ber beoorftehenben groangSoerfteigerung beS if)m 
at§ Unterpfanb Ijaftenben ©runbftücfS ben Bürgen in Kennt* 
niS ju fetjen. Man roirb auch für ba§ gemeine Dtecfjt 
unb baS Wed)t beS B.©.B. annetjmen fönnen, roaS baS 
WeicbSgericht 1 ) für baS preujjifdfe Wed)t auSgefprocfjen tjat, 
„baff in jebem BürgfdjaftSoerhättniS ber ©laubiger roeber 
abfidjtlicf) noch grob fafjrtäffig bem Bürgen bie Möglicf)feit 
oereitefn batf, fid), menn er feiner ißflid)t gegen ben ®läu= 
biger genügt , auS bem Vermögen beS $auptfd)utbnerS @r= 
fat) ju oerfdjaffen", roibrigenfallS it)m ber Bürge „bie ($in= 
rebe argliftiger WnfprudjSoerfolgung" entgegenhalten fann. 
Sollte biefer @efid)tSpunft im gegenrcärtigen §all anroenb* 
bar fein, fo müfjte fid) feftftellen laffen, einmal, bafj Klin. 
oermuten muffte, Befl. roerbe oon ber auf 17. September 
1900 anberaumten 3roangSoerfteigerung nid)tS erfahren, menn 
fie iljn nicf)t baoon in Kenntnis fetjc , fobann aber roeiter, 
baff Klin. baran benfen muffte ober jebenfallS fonnte , bie 
3roangSoerfteigerung merbe, falls roeber fie nod) Befl. fid) 
baran beteilige, ein berart ungünftigeS ©rgebniS haben, baff 
ihre gorberung ganj ober teiltoeife burdjfallen roerbe. kleine 
biefer Slnnatpnen ift aber begrünbet. ($ieS roirb 3 unäd)ft 
in ber Widmung auS geführt, baff Silin, annehmen burfte, 
Söefl. roerbe oon ber auf 17. September 1900 anberaumten 
3roangSoerfteigerung Kenntnis erhalten; fobann roirb fort* 
gefahren :) WollenbS unhaltbar ift bie Behauptung beS Befl., 
Klin. habe „roiffen müffen, baff ihre fyorberung gegen K. 
oertoren fei", roenn roeber fie noch Befl. bei ber Berfteige* 
rung oom 17. September 1900 erfdjeine. Bei ber Iet 3 tuor= 
angegangenen Berfteigerung oom 30. Stpril 1900 hatte Br. 
115 000 M. geboten, eine Summe, bie jur Befriebigung ber 
gorberung ber Klin. mehr als genügt hätte; hinter ber gor* 
berung ber Klin. fam noch eine Weihe oon ^ppothefargläu= 
bigern mit fehl - beträd)tlid)en gorberuttgen, bie augenfd)eintid) 
baS hächfte igntereffe baran haben mußten, baff ein bem 
1) 9teid)Sger. 58b. 8 ©. 267. 


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A. in ßiotlfadjen. 


21 


wahren SEBert be§ jur Berfteigerung gebrachten StmoefenS 
mögtichft nahe fontmenber ©rlö§ erjiett roarb; unb bajj 
biefer wahre SEBert lOOOOO 2Jt. überflieg, unterliegt feinem 
^weifet angefid)t§ ber £atfad)e, baff Br. am 30. 2tpril 
115000 SR. für ba§ Slnroefen geboten tjatte unb baff f)r>po= 
tfjefarifd) gefieberte ^orberungen im betrag non 140 0002R. 
barauf fjafteten. ®er ©ebanfe muffte batjer au§gefd)toffen 
fein, baff bie ber &tin. nacf)ftef)enben £>r)pothefargtäubiger 
— worunter fapitalfräftige ißerfönlidjfeiten — e§ julaffen 
werben , baff ba§ Stnroefen um einen nur jur ®ecfung ber 
jroei erften |jppott)efen au§reicf)enben <ßrei§ uerfauft roerbe; 
ftlin. burfte fid) uietmefjr barauf oerlaffeit , roenn aud) oon 
i^rer ©eite Sliemanb bei ber Berfteigerung erfd>eine, roerben 
bod) ifjre ^jntereffen notroenbig oon ben Bad)pfanbgläubi= 
gern burd) bie jur SBahrung oon beren Q n tercffen erfor= 
berlidjen ©d)ritte mit geroahrt roerben. 2)aff e§ bem Br. 
(ober fonft jemanben) getingen roerbe, burd) Berhanbtungen 
hinter ben Äutiffen ftd) bie 9Rögtid)feit $u oerfd)affen, ba§ 
Slnwefen um einen nur jur Befriebigung ber jroei erften 
<£>ppothefare au§reid)enben Kaufpreis ju erroerben (roie bie§ 
tatfödjlid) ber ^alt geroefen ju fein fcheint) , roar nicht in 
^Rechnung ju nehmen, aud) bann nicht, roenn ber Beoolt= 
mädjtigte ber $tin. oor bem BerfteigerungStermin bem Br. 
mitgeteilt h fl t/ ®tin. roerbe fid) in bem Termin nid)t oer= 
treten taffen. ®ie $lin. trifft baher nicht ber Borrourf ber 
$ahrtäffigfeit (oottenb§ nicht ber ber groben gahrläffigf'eit 
ober ber Slrglift) gegenüber bem Beft., roenn fie e3 unter* 
tieff, ihn oon bem BerfteigerungStermin in Kenntnis ju fetten ; 
benn fie roar ju ber Sinnahme berechtigt, ihre gorberung 
gegen K. roerbe au§ bem bei ber Berfteigerung erhielten @r= 
158 ®ecfung finbetx, aud) roenn roeber fie noch Beft. fid) an 
ber SSerfteigerung beteilige ober bem Termin anroohne. 

.fpienad) h a t Klitt. burd) Untertaffung ber met)rerroähnten 
Benachrichtigung be§ Bett, roeber ben ihr nach ben @runb= 
fcit}en oon £reu unb ©tauben bem Beft. gegenüber obliegett= 
ben BertragSpflidjten juroiber gehanbett, noch fid) eine un= 


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22 


(Sntfdjeibungen be§ Ober(anbe§gerict)t§. 


erlaubte |janblung i. ©. be§ § 826 ober § 823 33. ©.33. ju 
©djulben fommen (affen. 

Urteil be§ erften ©ioitfenatS »om 29. Stooember 1901 

i. ©. Still g. Schmälste. 

$n gleicher SEBeife f)at ber jtoeite ©ioilfenat am 16. Qa» 

nuar 1902 i. <3. gud)3 g. ginb entfcfjieben. 

6 . 

Jtar Itnsleguitg bes 8 833 &.&.&. ’). 

©in bei ber ftageitben 3)eruf§genoffenfd)aft oerficfjerter 
S?ned)t mar baburd) oerungtiitft, bafj, al§ er mit einem 
£>anbroagen wor bem ©üterbaljnhof in Sterlingen ftanb, bie 
an einem Saftmagen be§ 33efl. befinblidjen s J3ferbe burd) bas 
2lu§ftrömen oon 25ampf au§ einer Sofomotioe fd)eu mürben 
unb gegen ben .fpanbroagen be§ fy. brängten, fo bafj biefer 
burd) ben Saftmagen eine Duetfcfjung am 33eiit erlitt. Silin, 
hat ©rfah ber oon it)r bem gemätjrten ©ntfd)äbigung auf 
©runb be§ § 833 33. ©.33. oom 33eft. oerlangt unb ift mit 
biefem Anfprucf) burdjgebrungen. Aus ben 
©rünben: 

3öa§ bie Auflegung be§ ©efet)e3 anlangt, fo tonnte 
ber Anfid)t ber SBef'l. , bafj § 833 eine „geroollte Stätigfeit" 
be3 Stieret in bem Sinn, roie bie 33efl. bie3 meint, al§ Ur= 
fache ber SBerletjung oorau3fet)e, in biefer Allgemeinheit nid)t 
beigetreten toerben. 2)iefe Anfidjt finbet im ©efety felbft unb 
feiner ©ntfteljung ebenforoenig einen Anhalt, mie bie in ber 
Siteratur ocrtretene aJleinung, bafj ein „33erfd)n(ben" be§ 
£iere§ (ein JQuafioerfdjulben, ein vitium beffelben) oorliegen 
ntüffe a ), mie bie§ im früheren, gemeinen Diedjte angenommen 
mürbe. 2)a§ 33.©.33. h at ben Stanbpunft be§ früheren 
9ied)t§ oerlaffen. @3 h a * allein ben ®efid)t§punft ju ©runbe 
gelegt, bajj berjetiige, ber Siere hält, ba§ SKififo für bie ©e» 
fahren, roelche burd) ba§ £ier für bie Allgemeinheit herbei» 

1) SJergl. SH.©. 50 nr. 37. 49. Grome : Stjftem S8b. 2 § 330 1, 1. 

2) Aergl. Qfai) in ^t>eving§ ^ahrb. iöb. 39 ©. 314. 


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A. in Groilfacfjen. 


23 


geführt roerben, übernehmen mu§ ’). darüber, roeldjer 2tvt 
biefe ©efabren fein müffen, insbefonbere aud) barüber, bafj 
bie Haftung nur bann eintreten fülle, wenn bie ©efabr auf 
einer befonberen t>om £ier gewollten ober uerfdjulbetcn Jätig= 
feit beruhe, finbet fid) in ben Storoerbanblungen nirgenbä 
etroa§ ausgefprodjen. 35ai)er fann, nadfbem ber ©efetjgeber 
ben ©tanbpunft beS früheren Died)t§ ausbrücflid) oerlaffen 
bat, nid)t angenommen roerben, bafi ber @efid)t§punft be§ 
S3erfd)utben§ be§ Sieres, roeil er bie ©runblage be§ germa= 
nifdjen uitb be§ römifdien S)fed)t§ gebitbet habe, be§b a tb al§ 
ber ©eftimmung be§ § 833 immanent betradjtet roerben 
miiffe *). ®er I. ©ntrourf be§ iö.®.®. rootlte unter 3tuf= 
ftellung eine§ neuen @efid)t§punft§ gegenüber bem gemeinen 
(Hecht bie Haftung auSfcbliefjlid) auf ein 23erfd)ulben be§ 
JierbalterS binficbtlicb ber 3tuffid)t§= unb $erroabrungspflid)t 
ftütjen, roe§b«lb bie 33eftimmung in ben £itel 25 über uner= 
laubte |wnblungen eingeftellt rourbe. ®ie föommiffion für 
bie II. £efung bat biefe 93orau§febung bejüglid) ber Haftung 
für bie Haustiere beibebalten, bagegen binfid)tlid) berjenigen 
Stiere, roeldje nid)t 511 ben |>au§tieren gehören, ben oben ber= 
norgebobenen @efid)tspunft angenommen, liefen ©efid)t§= 
punt't b fl t fobann bie l)ieid)§tagsfommiffion unb ba§ Plenum 
be§ 9ieicb§tag§ auf bie Haustiere au§gebebnt. 3)abei rourbe 
lebiglid) beimorgeboben, bafj e§ geboten fei, bettjenigen, ber 
üuru^banbe bäU, für bie buvd) biefe beroorgerufenen ftörper= 
oerlebungen haften 51t (affen unb baff berjenige, ber ju ge- 
werblichen 3roecfen gefäbrlidje $iere ju halten gesroungen 
fei, bie bamit für anbere oerbunbeneti ©efabren übernehmen 
miiffe. $n ber Debatte be§ ißlenum§ rourbe oorroiegenb 
über bie .ßroecfmäfjigfeit ber ©infübrung einer Haftung ohne 
aierfcbulben be§ Sierbalter^ gefprodjen, ohne bah barüber, 
für welcherlei ©efabren, bie feiten§ ber Stiere broben, gehaftet 
roerben miiffe, befonbere SBemerfungen gemacht rourben 3 ). 

1) ©ergl. planet, Gom. ju § 833 9tote 1; $rot. Sb. II. ©. 647. 

2) Sergl. 3fat) a. a. D. 

3) Sergl. ben StonimiffionSbericfjt bei 2J!ugban, 'Materialien II. S. 


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24 


©utfdjeibungen be§ ObcrIanbeigericf)t§. 


$ie 2(u§legung tjat bienad) uom ©efet) fclbft auijugetjen. 
©efet) ift aber au§gefprod)en , al§ 93orau§fei}ung ber 
Haftung be§ £ierbalter§, baf) ba§ 2:ier bie Körperner* 
letjung u. f. ro. o e r u r f a d) t hoben muffe, fpienad) ntufj 
im einzelnen unterfudjt rnerben, ob uon einer SSerur» 
fad)ung burd) ba§ Jier gefprodjen rnerben f'ann. ©§ mag 
babingefteilt bleiben, ob biefe v -8orau§fet)ung fdjon bann ge= 
geben ift, menn bie ben Schaben oerurfadjenbe Xcitigfeit be§ 
£iere§ nid)t über bie ©renje I)inau§get)t, innerhalb beren 
ba§ £ier lebiglid) af§ SBerfjeug in ber fpanb be§ ÜJZenfcfyen 
in 93etrad)t fommt, unb ob nid)t bie Siebenten, melcbe in ber 
Literatur gegen bie uon biefem ftrengeren Stanbpunft au§= 
gefyenbe ©ntfdjeibung ') erhoben roorben finb 2 )., fdjon nad) 
ber Raffung be§ ©efe^eS begrünbet erfdjeinen. ^ebenfalls 
ift bie gefe^tidje 93orau§fet)ung bann gegeben, menn bie llr= 
fadje ber SSerle^ung barin liegt , baß bie fdjeu gemorbenen 
ißferbe gegen bie Senfung be§ 3ubrmann§ au3 ber ihnen 
oorgeroiefenen $at)rbat)n binauSgcgangen finb unb eben t)ic= 
burd) ben Unfall uerurfadjt Ijaben. 3n biefem 3aH bilbet 
bie Üätigfeit ber £iere bie felbftänbige llrfadje ber 93erlet)= 
ung, für roeldje ber Sierljalter nad) bent ©efeb tjaftet, gleid)= 
oiel ob fie eine millfürtidje ober, mie feiten§ ber Siefl. be= 
tont roirb, eine unmilU'ürlidje |)anblung beStjalb barftellt, 
roeil ba§ fdjeugeroorbene Sßferb „unroittfürlidj" tjanbte. 
Steht nun aber feft, bafj bie al§ nädjfte U r f a d) e in S3e* 
tradjt fommenbe Jätigfeit bc§ JiereS bie fpaftbarteit bebingt, 
fo ift fjinfidjtlid) biefer Haftung unerheblich, ob ba§ ©cf)eu= 
rnerben roieberum auf eine entfernter liegenbe Urfadje jurücf= 
^ufütjren ift, mie im oorliegenben $all bann angenommen 
rnerben fann, menn feftftetjt, baf) ba§ ©cfjeumerben burd) 
ba§ unermartete ®ampfau§ftrömen au§ ber Sofomotine oer= 
urfad)t ift. 2)ie§ ift aud) bann nicht ert)eblid), menn bie bie 
entferntere Urfacfje barftellenbe $atfad)p für fid) allein bie 

1801; unb bie S3erf)- be§ iReidjStags bafelbft S. 1408 ff 

1) 3n Seuffert 2lrd)iu 93b. 56 3. 400, nr. 223. 

2i 3uvtft. 3Sod)enfcf)r. 1901 @. 880. 


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A. in Gioilfacfjcn. 


25 


fjaftung einer britten $ßerfon begriinbett foEte. 3)a§ 33. ©.93. 
bat auch infoweit ben ©tanbpunft beS gemeinen 9tecl)t§ oer= 
(affen, als eS bie Haftung beS Tierhalters nirfjt bann auS* 
gefchloffen fein lägt , rnenn baS 93erfd)ulben eine§ britten 
ober eine fonftige Urfadje, für weld)e' ein britter ju haften 
bat (fo ber Gcifenbahnunternehmer nad) bem £)aftpflid)tgefet)), 
ba§ bie nähere Urfacbe ber 93erlet)ung bilbenbe Tun beS TierS 
oeranlafjt. Qn biefem ffaE fann bie ©efamthaftung eintreten, 
welche in § 840 2tbf. 8 beS 33. ©.33. für bas 33erf)ältniS ber 
©efamtfdjulbner unter einanber geregelt ift, nid)t aber ift bie 
ffolge bie ©titlaffung beS Tierhalters auS ber Haftung 1 ). 

2)tit Unrecht beftreitet nun aber bie 93efl. ben urfäcb* 
lidjen 3ufammenbang pnfdjen bem ©djeuwerben unb 93ei= 
ieitebrängen ber s $ferbe unb ber 93erlchung beS ff. Unbe= 
ftritten ift, bafj bie ^ßferbe ber 33efl. infolge ©djeuenS auf 
bie ©eite gebrängt unb baburd) ihren SBagen auf ben .ganb* 
magen beS ff. jugefcboben gaben. Cb in bem „33etfeite= 
brängen" ein eigentliches „Turchgehen" ber ^ßferbe gefunben 
werben roiü, ift unerheblid) : jebenfaES haben bie ißferbe, in= 
bem fie jur ©eite gegangen finb, ber Seitung beS ffuhrmannS 
nicht mehr gehorcht. TieS geht unzweifelhaft auS ber 2luS* 
fage be§ ffuhrmannS 33. he™ 01 '- «für bie ffeftfteEung beS 
urfäd)(id)en $ufammenhangS itmfdjen bem 33cifeitebrängen 
ber s }?ferbe unb ber 93crlet)ung beS ff. genügt aber ber nad) 
ber Slngabe beS ff. als erroiefen ju erad)tenbe Tatbeftanb, 
wenn auch bie nädjfte Urfadic ber 33erletgung fid) nid)t mehr 
mit ©idjerheit feftfteEen lägt. 

^ienach fteht feft, bag bie förderliche 33erlet)ung beS ff., 
für beren ffolge er iHente auS ber Unfaliuerfidjerung bezieht, 
burd) bie ^3ferbe ber 33ef(. oerurfad)t worben ift, 
we(d)e als Tierhalterin für ben angerichteten ©ri)aben haftet. 

Tie ©inwenbung ber S8e£l. , bag ber Unfall burd) 
h ö h e r e © e w a 1 1 oerurfad)t worben fei, tonnte nicgt für 
begrünbet eradjtet werben. @S mag bahiugeftellt bleiben, ob 

1) Sßergt- planet dom. II. @. 629 gu § 833 9iote 2, c, 9lbf. 2 u. 
3 u- S. 640 gu § 840 9tote 2 


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26 ©ntf Reibungen bei Dber(anbe§gcricf)t§. 

nad) ber 2 lbfid)t be§ ©efet)e§ bie bösere ©emalt bic Haftung 
be§ DierbalterS ttad) § 83B au§fd)lief}t, nad)bem ber ©e= 
fetjgeber es unterlaffen bat, ben 2 lusfd)luf) au§sufpred)en, 
roie bie§ in anbern gälten im ©efeb gefd)ebeit ift (ngt. § 701, 
aud) §§ 203 unb 1996 bes iB.©.23., §§ 453, 456 unb 458 
beS £>.@.23. unb § 1 be§ £>aftpflid)tgefebe§), unb 3 mar, mie 
in ber II. Stommiffion gegenüber bem Eintrag auf ausbrttcf» 
lidjett 2 lu§fd)lufj ber Haftung im galle ber höheren ©emalt 
bemerft mürbe, „um bie g-rage ber ©inmirfung ber höheren 
©emalt ber 2Biffenfd)aft ju überlaffen". Denn feinenfallS 
mar im uorliegenbcn Jall bie Urfad)e bes ©d)eumerben§ ber 
ißferbe in einem ©reigniS ju fudjen, meldjes als höhere ®e* 
matt angefeben roerbett fann. s $lötjlid)e«> DampfauSftrömen 
au§ ber Sofomotioe eines baftebenben $ugS ift ebenfo mie 
ein rafdjeS Slnfabren einer 9)tafd)ine u. bgl. ein ©reigniS 
tiid)t aubergeroobnlidter 2 lrt, mit metd)em jeber, ber mit einem 
gubrmerf auf bem ©üterbabnbof ocrfebrt, redeten muß unb 
gegen beffen folgen er fid; aud) immerbin fd)üben fann. Soldje 
Vorfälle fallen nicht unter ben begriff ber böberen ©emalt. 

©in eigenes SBerfcbulben beS §., roeldjcs nad) 
§ 254 beS S3.©.23S. bie Haftung ber 33eft. aufbeben ober 
ntinbern fönnte, tonnte nid)t als oorliegenb angenommen 
merben (mie näher auSgefübrt mirb). 

Urteil beS erften ©ioilfeuatS nom 17. Januar 1902 
i. ©. ©uftao SBerner-Stiftung gegen Sübbeutfdje ©bei* 
unb UnebetmetalbiöerufSgeuoffenfd)aft. 

7. 

Unter meldjen Uurausfebungen tjnt ein SHnntsbenmter, 
ber anf £rbens?eii mit Jtenftansbrredjitgung ernannt 
t|t, aber feine stelle nirijt angetreten Ijat, bie gefeit 
lirijen Beiträge ?itr ltnntlidjrn UJitmen= unb i®ai|en= 
penfuiusknjTr für bie Ciuiiltnnisbiener ?u entridjten? 

Kläger ift nad) ©rftebung ber II. höheren StaatspriU 
fung im Departement beS Qnnern 311 m iHegierungsreferenbär 


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A. in (Siotlfacfjen. 


27 


ernannt, bei oerfd)iebenen Oberämtern als Slffiftent, julet)t 
beim SRinifterium beS Jnnern als SefretariatSgehilfe gegen 
Saggelb in unftänbiger Sermenbung gemefen. ÜBätjrenb 
biefer letzteren Sefdjäftigung mürbe ihm am 20. September 
1898 bie Stelle eines II. Beamten („'älmtmann") bei bem 
ft'. Oberamt £>. unb bamit ein lebenSlänglidjeS, jur gefet^ 
liehen s $enfion bererfjtigenbeS 2lmt übertragen, meldjeS er aber 
tatfädjlid) niemals angetreten b)at, ba er nach biefer Genien* 
nung noef) beim SJlinifterium beS Innern in feiner bisherigen 
Serroenbung als Hilfsarbeiter beS SefretariatS bcfd)äftigt 
blieb. SlnfangS beS JahreS 1899 mürbe er nont ftgl. ftriegS* 
minifterium als Seroerber um eine bei ber Jntenbantur er* 
lebigte Slffefforftelte angenommen, unb behufs 21blegung einer 
iprobebienftseit bafelbft oom ft. SHinifterium beS Ämtern aus 
feinem Gutulbienft auf 6 SRonate beurlaubt, morauf er am 
23. Oftober 1899 junt Jntenbantur=2lffeffor ernannt roor* 
ben unb hiernit auS bem (£ioil=StaatSbienft enbgültig auS* 
getreten ift. @S hanbelte fief) nun bar um ob ber $1. als 
jum 3tmtmann auf SiebenSjeit ernannter unb barum penfionS* 
beredjtigtcr Staatsbeamter oerpfticfjtet fei, bie gefehlten Sei* 
träge jur ftaatlidjen SBitmen* unb 9Baifen* s $enfionSfaffe für 
bie ©ioilftaatSbiener ju entrichten. Siefe Beiträge beftehen 
in bem „©intrittSgelb" unb ben „Jahresbeiträgen". 9iad) 
bem roiirtt. (©ioi{=)Seamtengefeh uom 28. Juni 1876 2lrt. 57 
5lbf. 2 finb als „(Eintritts gelber" ju entrichten „je ’/-> beS 
©ehaltS beS Seamten bei ber erften Slnftellung mit s fien= 
fionsbered)tigung" unb als „Jahresbeiträge" „jährlid) 2 °/ 0 
beS ©ehaltS". ülrt. 58 beftimmt fobatin „bie Serbiublid)feit 
ju Se$al)tung ber ©intrittSgelber erroädhft mit bem ©intritt 
in ben ©enufi eines penfionSberecl)tigten ©ehaltS". 3lrt. 10 
Slbf. 2 fagt: „Jn Gcrmangelung befonberer Jeftfe^ungen be* 
ginnt ber 21nfprud) auf ©eroährung beS mit bem 21mt oer* 
bunbenen GcinfonimenS mit bem Sag beS 31mtSaiitrittS beS 
Seamten." 

Ser ftl. hat behauptet, er fei, meil er feine Stelle als 
ülmtmann niemals angetreten habe, in ben ©eitufi beS mit 


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28 ©rttfdjeibuttgen be§ OberlaitbeSgericfjtS. 

bicfer ©teile oerbuttbeiten penfionsbered)tigten ©ef)alt§ uie= 
malS eingetreten imb betnnad) fei für ibn nach 2lrt. 58 eine 
üBerbinblirfjfeit jur Bejahung beS ©intrittSgelbS — unb ba= 
mit aud) ber jährlichen Beiträge — nid)t ermad)fen ; toäh= 
renb ber Befl. biefe Beiträge oom fit. geforbert Ijat 
unb bie oom fit. oorläufig, angcblid) unter ißroteft, entrid)* 
teten Seite bicfer Beiträge, als oom fit. gefdjulbete be= 
batten roollte, inbem er gettenb madjtc: obroobt eine förnt= 
liebe Qcimoeifung beS fit. in feinen s llmtSgehalt nid)t ftattge= 
funbeit, fei er bod) tatfäcfjtid) in beffen ©enufj infofern eiu= 
getreten, als er roäbrenb feiner, ttad) ber ©rnennung 511m 
2tmtmann fortbauemben unftänbigen Berioenbung als ©et're* 
tariatSgehilfe ein Saggelb bejogen habe, beffen betrag feit 
feiner ©rnennung jum ülmtmann mit 9tücffid)t auf ben mit 
biefer ©teile oert'niipften ©ebalt (toeld)en er toegeit beS 9tid)t= 
antrittS bicfer ©teile, infolge feiner anberroeitigen bienftlidjen 
Benoenbung, nid)t ju bejiebeu gehabt habe) oon früheren 5 
auf 6 Sftarf erhöbt/ auch, ähnlich bem 'IlmtSgehalt, ihm 
in monatlichen traten torau? bejahlt tuorben fei unb 
metdjeS ben betrag feines ©tellengehaltS um 160 9Jt. jäf)r= 
lid) fogar überfliegen h«be. 

Sie filagc auf .3urücfjahlung ber oom fit. entrichteten 
Seile ber genannten 'Beiträge ift im BernfungSoerfahrett ab* 
geroiefen roorben. 

© r ii n b e : 

Sie mürtt. 2Bitioen= unb SBaifenpenfionSfaffe für bie 
©ioilftaatSbiener (begrünbet burri) baS IX. OrganifationS* 
ebitt oom 18. 9tooember 1817, 9trt. 11 unb 12 — 9{eg.= 
Blatt S. 54 Beil. IX. ©.4 — unb beftätigt burd) bie 
BerfaffungSurfunbe § 50) ift jtoar fdjon bei ihrer (Srricf)» 
tung mit einem au§ Staatsmitteln gebilbeten unb unter fion= 
trolle ber CberrechnungSfantmerabgefonbert oerioalteten #onbS 
auSgeftattet, mar aber oon Slnfang an (nad) bem angeführten 
2lrt. 11 c.) unb ift noch (nad) Beamtengefeh oon 1876 
2lrt. 57) auf bie Beiträge ihrer Btitglieber für ihren toirt= 
fd)aftlid)en Beftanb roefentlich angeroiefen. Siefe toirtfd)aft= 


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A. in (Siüilfacfjen. 


29 


liehe ©runblage bev Slnftalt läfjt annet)men, baj? bie £ei= 
ftungen ber Haffe einerfeitS unb bie Beiträge ber üöiitglieber 
anbcrerfeitS im 93erl)ältniS beS SluStaufdjeS oon Seiftung unö 
©egenleiftung fielen unb (egt beSbalb ben ©ebanten nabe, 
bafj auch rechtlich bie 2tnroartfd)aft auf bie fiinftigen £ei= 
ftungen bev Haffe (©terbenadjgehalt unb SBitroenpenfion unb 
bie Pflicht jur ÖeitragSleiftung als ficb gegenfeitig bebingenb 
gleid)jeitig jur ©ntftehung gelangen. 3)a bie Slnroartfdjaft 
auf ©terbenachgehalt nad) 2lrt. 54 unb 2lrt. 2 beS Beamtem 
gefetjeS fdjon gegeben ift burd) bie (lebenslängliche) 21nftel= 
luttg auf einem mit ^ßenfionSberedjtigung oerbunbenen 2lmt, 
ohne 9iücfficf)t auf 93 e r ro i 1 1 i g u n g ober 93 e j u g beS 
mit bent Slnit oevlnüpften ©eljaltS, alfo bie äRitgliebfdjaft 
ober Seilnabme an ber Haffe fdjon hieburcf) begrünbet (ber 
„©intritt" in bie Haffe als tuemit gefdjehen) erfdjeint, fo 
mürbe folgen, bah eben hiemit aud) fd)on bie 93eitragSpflid)t 
(foroohl bejüglid) beS ©hurittSgelbS als ber Jahresbeiträge) 
begrünbet fei, roonach ber Hl. jur Seiftung ber gefe^lidjen 
^Beiträge fd)on allein burd) feine 2lnftellung als 2lmtmann 
uotn 20. September 1898 uerpflid)tet fein mürbe. Jnbeffen 
erfdjeint biefe Folgerung feineSrcegS als eine notroenbige, 
roie benn biefeS 93erhältniS aud) bei ben priuaten SebenS= 
nerfid)erungS=, SBitmem u. f. m. Haffen unb ähnlichen 9ln= 
ftalten mohl bie Siegel bilbet, aber feineSroegS ausnahmslos 
jutrifft; jenem roirtfd)aftlid)en ©efid)tSpunt't ift nämlich auch 
bann Siedlung getragen, menn bev ©intritt in bie Haffe 
jroar als bie unentbehvlidje (unb roid)tigfte), nid)t aber als 
bie einjige SSorauSfehung ber 33eitragSpflid)t gilt, menn burd) 
ihr SBorhanbenfein für bie ©ntftehung beS 9ted)t§ ber Haffe 
auf bie 93eitragSleiftung jroar ber ©runb gelegt (in biefem 
Sinn letjtereS burd) fte „begrünbet") mirb, aber jur 93oll- 
enbung ber ©ntftehung biefeS SiedjtS (ober jur Befugnis 
feiner ©eltenbtnadjung) ttod) roeitere £atfad)en hinjulommen 
müffen. Jn ber £at ift bie 93eitragSleiftung ju ber hi cr 
fraglichen Haffe fd)ou bei ihrer @rrid)tung in ber Söeife be= 
ftimmt morben, baf) jeber ©taatSbiener jur 93ilbung ihres 


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30 


©ntfcßeibungen be§ DberlanbeSgericfjtg. 


$onb§ einen ^Beitrag ju leiften i)abe „burct) 2lbjug oon 1 
Dom 100 non feinem © e h a 1 1", unb bementfprechenb ift in 
ber fog. 2)ienftpragmatif, bein ©efet) über bie SSerfjättniffe 
bev ©ioilftaat§biener uom 28. Quni 1821 § 41 3iff. 2 be= 
ftimmt: „2lt§ jäljrlicfje Beiträge jaulen alle StaatSbiener 
non 23efolbungen, Cuie§$enjget)alten unb ißenftonen burdjauS 
2°/ 0 , roelcfje jurü(fbet)alten roerben" unb ebenfo 
in ber St. Serorbnung in betreff ber '-Boltjiehung ber $ienft= 
pragmatif nom 16. 3Cprit 1822 (9feg.=23latt ©. 289) § 13 
$iff. 3 2lbf. 4 in betreff ber ©intritt§gelber angeorbnet, baß 
bie @rf)ebung berfelben gefdjetjen fotte „m i 1 1 e l § 2t b= 
5 u g §" in uier s Jiaten an ben 4 auf bie 93erroilligung ber 
2)efotbung ober ©efotbung§ert)öt)ung fotgenben 23efolbung§= 
terminen. Unb ba, menn bie ^Beiträge burcf) „21 b $ u g a m 
©et) alt" geteiftct roerben fotlen, notroenbig ein ©et) alt, an 
roelcf)em abgewogen roerben tann, uorßanben fein, b. t). ben 
'Beamten nicf)t bloß eine 2tnroartfct)aft auf fittiftige SReictjung 
eine§ fotcfjen jufteßen, fein ©etjatt nicht bloß im ©tat „au§= 
gefegt" unb ißm „oerroüligt", fonbern feine ©cf)att§forbe= 
rung aud) faltig unb jatjtbar fein muß (entfprecfjenb bent 
attgemeinen ciri(red)t(id)en ©runbfat), baff burcf) gegenfeitige 
2tufred)nung nur fällige fyorberitngen getilgt roerben tonnen), 
fo beftimmt bie angeführte Berorbitung in $iff. 4 2lbf. 3 
folgerichtig bezüglich ber jährlichen Beiträge, baß fie für ein 
©tat§jat)r auf einmal ju entridjtcn feien unb für ihre Be= 
recßnutig at§ 2tormaltag ber 31. ©ejember {eben $at)re§ in 
ber Sßeife beftimmt roerbe, baß biefe Beträge oon allen be- 
treff enben ©ehatten erhoben roerben, roelcße an bem ge= 
nannten Sag bei ben oerfd)iebenen Staffen be§ ©taat§ a n= 
geroiefen ftnb — unb baß nicht in Betracht fomnte, ju 
roeldjer 3eit biefer @et)alt oerroilligt roorben roar, fofern ber 
— regelmäßig mit ber 2lnftellung uerf'nüpften — 2lu3fet)ung 
ober Berroilligung eine§ ®ef)alt§ beffen roirftid)e 21 n ro e i= 
f u n g (ober bie i n ro e i f u n g beä 2lngcftetlten in beffen 
©enuß ober Bejug") in ntandjen gälten erft nacßfolgen tann. 
Semenlfprecßenb h Q t benn auch ba§ &. 2Bürtt. 3uftijtnini= 


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A. in (Jünlfadjen. 31 

fterium in einer 9iote an baS $. Jinanjminifterium »om 
21. 9Jtai 1840 in bem $8 efdpr erb ef all beS nad) feiner @r= 
nennung jum ®erid)tSaftuar in ©öppingen nod) ferner bei 
bem OberamtSgerid)t SubroigSbnrg als SfftuariatSoerroefer 
gegen Jaggelb oerroenbeten ^uftisrcferenbär§ 9i. feine 2ltt= 
fidit babin auSgefprodjen, baß, obwohl „bie 33 e r b i n b= 
lief) feit jur Bejahung beS ©intrittSgelbS unb ber jäbr= 
liefjen Beiträge jum 333itroenpenfionSfonbS mit bem Jag fei= 
ner Ernennung junt ©erid)tSaftuar eingetreten fei, boeb 
bie tnirflicbe © n t r i cf) t u n g jener ©d)ulbigfciten gemäß 
ber angeführten 33erorbtiung oom 16. Sfprit 1822 erft naef) 
ber ©inroeifung geforbert roerben fönne — bemnacb oor 
ber ©rbebung ber 'Beiträge bie gefdjebene 'Knroeifung beS 
©ebafts norauSgefetß werbe." 

3Iuf bemfelben ©tanbpunft ftebt auef) baS roürtt. Be= 
amtengefetj oom 28. Juni 1876 2trt. 57 u. ff. Jn ber Be* 
grünbung ju bem ©ntrourf biefeS ©efeßeS ift ju 2trt. 57 
bemerft: „ Jer 2lrt. 57 enthält baS beftebenbe Dtedit; ber 
3trt. 58 e n t f p r i cf) t bem § 41 3iff- 1 ber Jienftprag* 
matif. Jer 2lrt. 59 ftebt mit ben feitberigen 9tormen im 
©inflang". Jiefcr Üluffaffuitg ift non ben anberen Jaftoren 
ber ©efeßgebung nid)t wiberfproeßen, weshalb bie 2lmtabme 
gerechtfertigt ift, baß Slrt. 58 unb 59 im ©inn beS bis* 
ßerigen 9ied)tS auSjutegen finb. JieS ift aud) — wenigftenS 
bezüglich beS ©intrittSgelbS — in 2lrt. 58 beutlid) jum 2luS* 
bruef gebracht, wenn er beftimmt: „Jie Berbinblicbfeit jur 
Bejahung ber ©intrittSgelber (nämlich : mittels SlbjugS am 
©ebalt) „ermäcbft" (genauer: ift ermaebfen, b. b- woüenbet 
ober reif) „mit bem ©intritt in ben ©enuß eines penfionS* 
berechtigten ©ebaltS" — alfo nidjt febon mit beffen Ber* 
willigung ober mit ber ©rnennung auf baS 9lmt, für weldjeS 
ber penfion§bered)tigte ©ebalt anSgefeßt ift. — 2lud) bin* 
ficßtlid) ber Jahresbeiträge beftimmt 2lrt. 59 gruubfäßlid) 
baSfelbe, roenit er in 2lbf. 1 befagt, baß biefelben je auf ben 
31. Jejember eines JabreS auS ben jenseitigen penfionSbe* 
red)tigten Bejügen eines Beamten ju bered)nen unb (närn* 


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32 


©ntfdjetbungen be§ QberlanbeSger idjts. 


lief) burcf) 2tbjug) ju ergeben feien. 

2lud) im 2(bf. 2 beS 2lrt. 59 ift für beit 2IuS nähme» 
fall, bafj für eine oor bet mit i)3enfion§berecl)tigung oer» 
bunbenen Slnftellung (in fogenannter unftänbiger ißetmenbung 
ober auf oierteljätjrlicf) fünbbater Stelle) erfolgte 3)ienft= 
leiftung unb für bie bei Beredjnuug beS SiuhegebaltS Ijiefiir 
einsurecljnenbe 2)ieuftjeit bie entfpredjenbe 9lad)$af)lung ber 
Jahresbeiträge ju gefdjebett hah al§ Siegel feftgeljalten, 
baf; biefe Beiträge, nicht nad) bem oerroilligten ober juge» 
fdjriebetien , fonbern ttach bem roirflid) bezogenen @iit» 
fomnten bemeffen roerben follen unb ift nur für bie befoit» 
bereit fjälle , too (mie inSbefonbere bei @inred)nung einer 
ÜDiilitärbienftjeit 2lrt. 60) ber wirtliche Bejug eines ©eljaltS 
für bie eiiijuredmeitbe 3>ienftjeit überhaupt nid)t ftattgefunben 
bat, beftimmt, baf) bie Bemeffung „nad) bem auSgefehten" 
(Sebalt unb, mo eS aud) an einem fold)en fehlt, nach bem 
burd) bie nad)folgenbe lebenslänglich« (@ioil)anftellung er» 
langten @el)alt (in Wahrheit alfo auS einem fingierten 
©ebalt) erfolgen folle. 

fpieitad) fann barüber fein 3toeifel fein, baf) für bie 
@ntrid)tung beS SintrittSgelbS immer, unb für bie ber $af)teS= 
beitrage int roeitgreifenben Umfang ber Siegel, baS mirflid) 
bezogene (felbftoerftänblid) : rechtStnäffig bezogene) Siiifommen 
baS Objef't beS SlbjugS unb bamit ber B e j u g eines ©e» 
haltS (nicht fd)on beffen SSerroiUigung) bie tatfäd)liche Bor* 
auSfebung bafür bilbet, baf) baS (burd) bie lebenslängliche 
2tnftellung an fid) begrünbete) Sied)t ber ©taatSfaffe auf 
Seiftung ber Beiträge (auf bereu „2lbjug") jur wollen ©nt» 
ftehung fomme („erroachfe"). 

9iid)t alle Besiige beS Beamten auS feinem 2lntt fommen 
hiebei in betracht, fonbern nur biejenigetx, roeld)e ihm als 
„©eljalt" (2lrt. 11 Jiff. 1) oerlichen ober fold)e Zulagen 
uttb Slebenbejüge, welche burd) ©efet) ober Berabfcf)iebung 
bem ©ef)alt auSbrücflich gleichgeftellt finb (2lrt. 11 2lbf. 2); 
nur biefe finb bei Bemeffung beS SiuhegeljaltS beS Beamten 
ber Berechnung ju ©runb $u legen ; nur biefe finb „pen» 


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A. in Gimlfadjen. 


33 


fionSberecßtigt", roeSßalb 2lrt. 58 oon bcm ©enuß eines 
„penfton§bered)tigten ©eßaltS" fpricfjt ; bloße Saggelber fallen 
jmeifelloS hierunter ntcf)t (Slrt. 11 $iff. 1 — 3 ogl. mit 2lrt. 53 
Slbf. 2 be§ ©eamtengefeßeS). 

©cßon bie ©rnennung auf ba§ 2lmt gibt bem ©eamten 
bie Slmoartfcßaft auf ben für ba§ Slmt auSgefeßtcn ©eßalt, 
toelcßer ißnt regelmäßig aucß mit ber Aufteilung oenoilligt 
(jugefagt) roirb ; aber bie roirtlicße Stekßung be§ ©eßaltS 
füll regelmäßig — uon befonberen geftfeßungen abgefebett 
— (2lrt. 10 2lbf. 2) erft mit bem Amtsantritt erfolgen 
unb feßt bie oon ber juftätibigen ©eßörbe auSgegangene ©r= 
mäcßtigung ber betreffenben ©taatsfaffe jur SluSjaßlung unb 
biejetiige beS Beamten jur ©rßebung beSfelben (bie „2ln= 
meifung“ beS ©eßaltS ober bie „©inroeifung" in ißn) oor= 
auS ; eine befonbere görmlicßfeit ift für fie nießt oorgefeßrieben. 

liefert Unterfd)ieb jioifcßen bloß auSgefeßtem ober oer* 
milligtent uttb bem „angetoiefenen“ ©eßalt bat Art. 58 beS 
©eamtengefeßcS jioeifetloS im Auge, unb roeitn er baS ®r= 
road)feit ber ©citragSoerbinblicßfeit an „ben ©intritt in ben 
©enuß beS penfionSberecßtigten ©eßaltS" fniipft, feßt er t»ie= 
mit bie Amoeifung beS ©eßaltS jtoeifelloS als gefeßeßen oorauS. 

9tun fteßt naeß ber Siote beS ©taatSminifterS beS $n= 
nern an baS S?. ffrinanjminifterium oom 16. Januar 1900 
feft, „baß eine © i n f e ß u n g beS ÄlägerS in feinen Amts* 
geßalt oon 1890 9)?. niemals erfolgt ift" unb feßeint ß’ie= 
naeß, gemäß bem angefüßrten Art. 58 bie ©eitragSpflid)t beS 
SJI. — 3 unäd)ft jur ©ntrießtung beS ©intrittSgelbS, bamit 
aber folgeridjtig aueß ju Seiftung ber Jahresbeiträge — nießt 
„e r to a cß f c n", bie betreffenbe Anforberung ber ©taatsfaffe 
unb bamit bie ÜBiberflageforberung unbegrünbet unb ber 
Anfprud) beS $1. auf Diücfyaßlung beS $u Unrecßt bejro. 
unter ©orbeßalt ©ejaßlten gerechtfertigt ju fein. 

Sillein eS fomrnt meiter folgetibeS in ©etraeßt : 

Stacßbem ber Äl. halb nad) feiner ©rnennung jum Amt» 
mann „miinblicß um ©imoeifung in feinen AmtSgeßalt ge= 
beten", unb hierauf ben Söefcfjeib erßalten ßatte, baß unb 

btr äBürttcmt'etg. XV. 1. 3 


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34 


©ntfdjeUmngen beS DberlanbeägericfjtS. 


warum biefcr Sitte jur ,3eit uod) nicf)t entfprodjen werben 
fönne, mürbe ifym burd) SJtinifterialerlafj oom 10. Stooember 
1898 eröffnet, „bafj fein Saggelb mit äöirfung oom 1. Sio» 
oember 1898 non 5 auf 6 Sit. ert>öt)t unb bie Sftinifterial» 
faffe angemiefen morben fei, it»n in bicfe§ ert)öl)te Saggelb 
einjufe^en" unb roäljrenb fonft — nad) allgemeiner Sor» • 
fdjrift unb Uebung — Saggelber erft nad) 2tblauf jebes 
2Ronat§ au§bejal)lt rocrben unb bisher and) bem Sl. feine 
Saggelber in biefer Söeife au3bcjaf)tt morben waren, ift üjm 
je biefe§ crt)öt)te Saggelb ab 1. Sejember 1898 monatlid) 
im o o r a u § au§bejal)lt morben — entfpredjenb ber in 
ber Steuerung bei 9iegierung§bireftor§ ooit 91. oom 21.®ep* 
ternber 1900 unb in bem Gcrlafj be§ SJtin. b. Innern an bie 
S^gl. Cberred)nung§fammer oom 1. SRai 1900 al§ im S)e= 
partement be§ Innern längft befteljenb bejeugten Uebung, 
toottad) ben auf längere $eit jur Sienftleiftung bei anberen 
SienftfteUen berufenen Seamten (in§befonbere ben al§ Solle» 
gial» ober Sanjleil)ilf§arbeitem einberufenen Ülmtmännern), 
„aud) roenn fie oort)er in iljren 2lmt§gel)alt nod) nid)t ein» 
gefetjt waren "„anstelle i£»rer©el)alte entfpredjenbe 
Saggelber angemiefen“ unb biefe Saggelber (abroeidjenb oon 
ben fonft für unftänbige Serrid)tungen gemährten Saggelbern) 
ben ©etjalten entfpredjenb, monatlid) im oorau§ üu§bejal)tt 
roerben. Siefe Slnorbnung t)at benn aud) — nad) ber au3* 
briicflid)en ©rflärung be§ SRinifterl be§ Qnnern in bem an» 
geführten Gcvlafj an bie Dberred)nung§fammer wie in ber 
ermähnten Stote an ba§ S. ginanjminifterium — „bejmecft, 
bem S. ben ©enuß feine§ 3lmtmann§get)alt§ oon 1890 3R. 
unb ber jeweils bewilligten 9JHetjin§entfd)äbigung oon 140 SR. 
nidjt länger oorjuentßalten"; wenn in ber ermähnten Stote 
bie§ in ber SDBeife auögebrüdt ift: „bamit S. infolge be§ 
Umftanb§, baß er auf bem ©efretariat bes SRin. b. $nn. 
ju oerbleiben ßatte, pefuniär nid)t fd)lecf)ter gefteüt fei, al§ 
roenn er feine 3lmtmann§ftelle in .£). angetreten t)ätte, mürbe 
beinfelben au§ SitligfeitSgrünben am 10. Stooember 1898 
mit ÜBirfung oom 1. tRooentber 1898 ba3 Saggelb oon 5 


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A. in ©ioilfacfien. 


35 


auf 6 SR. erhöht", fo ift nad) bem Angeführten Kar, bafj 
auS ben Söorten : „auS ViUigfeitSgrünben" in feiner Sßeife 
mit bem St. abgeleitet werben fann, bafj bie '-Bewilligung 
ber ermähnten Saggelberhöhung nur eine auf biSfretionärem 
©vmeffen beruhenbe („billige") ©ntfdjäbigung, eine ©naben» 
bemilligung mar, oietmehr jeigt ber 3ufammenl)ang, bafj mit 
biefen SÖorten ber 3wecf, bem baSjenige, maS er als 
feinen AmtSgehalt zu forbcm gehabt hätte, zu gewähren, fo» 
mit als ©rfüllung einer St e d) t S pflidjt ju leiften, unge» 
itau bezeichnet worben, bie ©emährung beS erhöhten unb 
»orau§jahlbaren SaggelbS alfo eine bie ©teile beS orbent» 
liehen ©ehaltS oertretenbe Seiftung gewefen fei, zumal 
ber angeführten Aeufjerung unmittelbar nachher bie ©rflä» 
rung beS SRinifteriumS folgt, „baf) in bem auf 6 SR. gleich 
2190 SR. jährlich erhöhten Saggelb beS S. beffen AmtSge» 
halt (oon 1890 plus 140 = 1930 SR.) inbegriffen zu 
erad)ten fei“. 

darüber bafj biefe ©rfjöhung unb Vorausbezahlung bie 
angeführte Veftimmung h°be, feinen AmtSgehalt ju oet = 
treten, fonnte auch ber $1- nid)t im Zweifel fein, ©elbft 
roenn nicht jutreffen foüte, waS übrigens hödjft roaljrfchein» 
lid) ift, bafj er anläßlich ber ©röffnutig beS 9Rinifterialec= 
laffeS oorn 10. Stooember 1898 über beffen SRotiue bur<h 
münblidje SRitteilung beS mit ber ©röffnuug betrauten 93e= 
amten ober beS Sanjleibireftor§ o. St. nicht im unflaren 
gelaffen worben ift, fo fonnte er bieS fdjon barauS entneh» 
men, bafj bie Anorbnung ber ©rhöhung feines SaggelbS ber 
Abmeifung feines Antrags auf ©inweifung in feinen Amts» 
geholt unmittelbar nadjgefolgt ift, zumal angefidjtS feiner feit 
bem Sah*' 1893 erfolgten Vefdjäftigung im Sienft beS 2>e= 
partement beS Qnnern baoon ausgegangen werben fann, 
bafj ihm bie obenerwähnte Hebung befannt war; eS ift beS» 
halb mit Sicherheit anzunehmen, bafj Sl. bie erhöhten Sag» 
gelber mit bem Vewufjtfein bezogen hat» bafj er hiemit — 
wenn auch nicht feinen AmtSgehalt, aber bod) — ein ooll» 
wertigeS Aequioalent beff eiben beziehe. Somit ift er aber 

3* 


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36 


(Sntfcfjeibungen be§ DberlnnbeSgeucbtS- 


„in ben ©enuß feines penfionSberedjtigten ©ehaltS" im Sinne 
be§ Slrt. 58 58.©. eingetreten; er ift nic£)t in feinen pett» 
fionSberecßtigten SlmtSgeßalt eingemiefen , aber er ift einge» 
treten in ben ©enuß eines folchen ©ejugS, ioeldjer beftimmt 
mar, feinen penfionSberedjtigten SlmtSgeßalt ju uertreten unb 
tuetcßer als foldjer — fotueit er biefe fyunftion batte — im 
$all bcS Slrt. 30 beS SSeamtengefeßeS nad) Slrt. 47 Slbf. 1 
beffetben ber Berechnung feines SiuljegehattS p ©runb p 
legen geiuefett, alfo „penfionSberecf)tigt" gemefen märe. 

Ob bie ©eroäbrung eines berartigen ©ehaltS, roelcber, 
obroobl in ber non Staggelbern auSbepfßt, als Sur= 
rogat beS orbentlidjen SlmtSget)altS uenuilligt rcirb , bem 
Bepg beS orbentlidjen StmtSgehaltS in jeber redjtlidjen 
Schiebung gleichpachten fei, ift h' er nicht p eutfdjeiben; 
jebenfallS aber ift biefe ©leidfftetlung als im Sinn beS fß er 
in grage ftebenben Slrt. 58 gelegen p eradjten, roelcfjer fdjon 
in feinem SBortlaut ben 9lad)brucf legt auf ben ©enuß 
eines (regelmäßigen, alfo ber BenfionSbereri)tigung p ©runbe 
p legenben) ©ef)altS, — unb ber feinem Sinn nach baljin 
ergänzt roerben fann: ober eines BepgS, melcber einen ber» 
artigen ©etjalt p uertreten beftimmt ift. 

2)aß bie nad) ftrengem Stedjt fdjon bureb ben ©intritt 
in bie $affe (bie lebenSlänglidje Slnftellung) an fid) begrünbete 
Pflicht pr BeitragSleiftung gemäß bem angeführten Slrt. 58 
erft „erroäd)ft", (ficb ooUenbet) mit bem ©enuß beS mit bem 
lebenslänglichen Slmt uerbtinbenen ®el)altS, beruht, raie ge» 
jeigt, auf ber ©rtoägung, baß bie gefcbulbeten Beiträge bem 
Beamten oon feinem ©ebalt abgejogen unbjuriief» 
behalten roerben füllen, barnit er nicht nötig fjabe , fie 
aud) fdjon oor bem Bepg beS ihm oerioilligteu aber nach 
Slrt. 10 Slbf. 2 noch nidjt angeroiefenen unb auSbejahlten 
©ehaltS aitS feiner Stafcße p leiften, alfo auf einer 9iücf» 
fidjt ber Billigfeit ; biefe BilligfeitSennägung aber entbehrt 
ihrer tatfäd)licf)en ©runblage in einem Qfall roie bem uor» 
liegenben oöllig, mo ber Beamte, ber Stidjteimueifuug in 
feinen Stellengehalt unerachtet, im regelmäßigen ©enuß eines 


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A. in ©ioilfadjen. 


37 


@ef)alt?furrogat? ftef)t, meldie? bcn oorgefdjriebenen 2lbjügen 
ebenfogut wie ber ©tellengehalt felbft unterworfen werben 
fann; e? wäre in hohem ©rab unbillig, wenn ber Sl. 
welcher tatfäcfjlid) baffclbe bejog wie bie in ihren 9ltnt?ge« 
halt eingewiefenen 3lmtmänner unb fogar mehr bejogen hot, 
at? er im $all feiner ©inmeifung in feinen 2lmt?gehalt ju 
beziehen gehabt hotte, gleichwohl non ber $3eitrag?pflid)t, 
welcher alle feine 2tmt?genoffen unterworfen waren, freige= 
taffen worben wäre — ein berart unbillige? SSerhältni? fann 
oom @efet}e nid)t gewollt fein. 

®afj aber bie Staat?oerwaltung nid)t befugt fei, an bie 
©teile be? oerwilligten aber nicht attgewiefenen 2lmt?gef)alt? 
ba? hier fragliche Surrogat, fo wie e? beut Sl. gegenüber 
angeorbnet worben ift, treten ju taffen, hot ber ST. felbft 
nicht behauptet, aud) Ijiegegcn feinergeit fid) nid)t be« 
fdjroert, e? ift be§halb biefe Jrage hier nicht ju erörtern. 
Seine?fall? fann mit bem Sl. al? felbftoerftänbtidje? ©rfor« 
berni? ber fRed)t?gültigfeit einer folcfjen ©urrogierung ba? 
angenommen werben, bah freut betreffenben ©eamten baoon, 
bah ber ihm in £aggelb?fornt angewiefene ©eljalt an ©teile 
be? 2lmt§gehalt§ ju treten beftimmt fei, auch amtliche ©r« 
Öffnung gemacht fein rniiffe; bah ber Sl. hier aud) ohne au?« 
btücfliche ©röffnung über jeue SBeftimmung be? erhöhten 
Staggelb? nicht im 3meifel fein fonnte, ift oben gejeigt, e? 
fann aber hieoott abgefelien werben; für bie Slnwenbung be? 
2lrt. 58, nämlid) für bie Einnahme, bah ber Beamte „in 
bem ©enufj feine? penfion?bered)tigten ©ehalt?" ober eine? 
biefen ju erfe^en beftimmten ©ejug? ein getreten fei, 
«ft e? offenbar getuigenb, bah bent fraglidjen Söejug jene 
Söeftimmung (infolge 2lnorbnung ber hiefür juftänbigen 33e= 
l)örbe) objeftio innewohnt, aud) wenn ber ^Beamte oott biefer 
SBeftimmung feine? Sejug? Senntni? nicf)t erlangt hoben 
follte; au? bem Sftanget einer hierauf fid) erftrerfenbeu amt« 
lid;en ©röffnung ableiten ju wollen, bah hienach „ein ©e« 
nuh eintritt" nid)t oorliege , würbe eine allju formale ©e« 
feije?au?Iegung fein, welche einem 93erwaltung?gefet> gegen« 


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38 


©ntfdjeibungen be§ Dberlanbe§gericf)t§. 


über am menigften angebradjt erfcfjcint. 

Urteil beS I. (EioilfenatS oom 28. Februar 1902 t. ©. 
Safel gegen ffiSfuS. 


8 . 

Jinnn bie Ungültigkeit eines ÜTeJiamrnts mtb ein Jlflirijt= 
teilsmtrprndr nur nlleit ®e)tmnrutserben gegenüber ein-- 
keitlirij feftgeltellt merken? 

Sie oorftebenbe {frage ift oerneint roorben auS folgenben 
® r ii n b e n : 

SBetut ber Vertreter ber Klin. ff. 93- in jmeiter ffnftanj 
bie 2luffaffung befunbet b a t/ baf? e§ fict) im gegenmärtigen 
9tecf)t§ftreit um ein foroobl fämtticfjen in erfter ffnftanj auf* 
getretenen Klägern als alten in ber Klage genannten 23e* 
Wagten gegenüber nur einfjeitlirf) feftjuftetlenbeS StecbtSoer* 
bältniS tjanble unb bajj baber bie fäumigen (Streitteile auf 
jeber ©eite als burd) bie nidjtfäumigen oertreten anjufeben 
feien (®. s f3.C. § 62), fo erfdieint bieS nicht jutreffenb. Sa 
ein ffall ber notroenbigen ©treitgenoffenfebaft im Sinn ber 
früher fog. exceptio plurium litis consortium jroeifelloS nicht 
oorliegt unb aud) oon einer foldtett rein projegred)tlid)en 
©treitgenoffenfebaft, bei ber bie ißrojefjfübrung eines ©treit* 
genoffen mit SBirfung für bie anberen auSgeftattet ift, feine 
9tebe fein fann, fo fragt fid) nur, ob nidjt im bürgerlichen 
9*?ed)t Seftimmungen befteben, roonad) ein }tmfd)en je einem 
Seil ber gefetjlidjen 6rben unb ber SeftamentSerben er* 
gangeneS rerf)tsfräftige§ Urteil über ©ültigfeit ober Un* 
gültigfeit eines SeftamentS unmittelbar für unb gegen bie 
übrigen gefebltcben unb Seftament3*@rben roirffam ift bejm. 
ein ben ißflidjttcilSanfprud) eines (Srben gegen einzelne Se* 
ftamentSerben betrcffenbeS Urteil nach eingetretener 9Jed)tS* 
fraft unmittelbar für nnb gegen bie anberen SeftamentSerben 
toirft. 2fltein im 23. ©.23., beffen 33orfcf)riften , ba ber ®rb= 
laffer nach bent 1. Januar 1900 geftorben ift, hiebet map* 


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A. in ®iüilfacf)en- 


39 


gebenb finb, ift eine ©eftimmung, bafj bie fttecf)t§fraftroirfung 
eine§ bie ©üttigfeit ober Ungültigkeit eine§ £eftament§ be= 
treffenben Urteilt fiel) über bie Parteien f)inau§ erftrecte, 
nietjt enthalten 1 ). 2Ba§ aber ben ©flid)tteil§anfprucf) antangt, 
fo ift bie ©flid)tteil§laft nad) bent 25.©.$. eine ©aefftafj* 
fcfyulb, für roelcfje bie Gerben gemäjj § 2058 al§ ©efamt» 
fcfjulbner tjaften; nad) 33.®.©. § 425 3lbf. 2 mirft jebod) 
ein red)t§fräftige§ Urteil nur für unb gegen bie ©erfon be§ 
beflagten ©efamtfd)ulbner§. 

Urteil be§ jroeiten ®ioilfenat§ oom 19. ®ejember 1901 
i. ©. ©eefer g. 3lapp. 


9. 

Ihuuiefrru ift nndj ^djeibmtg brr ®lje für beit $ht= 
fpruift eines Öelterntrils gegen ben aitbern auf (?eii= 
uietfe) Hebcrlaflnitg eines fiinbrs ber Jledjtsineg p« 

läftig ? 

3>ie @f)e ber ©arteien ift burd) rec^tSfräftigeS Urteil 
be§ 2anbgerid)t§ ©t. oom 1. 3lpril 1899 roegen Duafibefer* 
tion feitenS be§ beflagten Gct)emann§ gefcfjieben. ©cf)on> am 
30. $esember 1897 Ratten bie — bereits bamat§ in tat» 
fäcfftidjer Trennung non einanber lebenben — Seeleute einen 
©ertrag gefefftoffen, roonad) ba§ gemeinfdjaftlidje , 1894 ge= 
borene $inb bem ©Ijemann bauernb überlaffen mürbe, 
bie ©fyefrau aber ba§ s Jied)t fjaben follte, ba§ Ifinb alle 
14 Jage — je am jroeiten Sonntag — oon 11 bis 7 Ut)r 
unb roäljrenb ber ©ommerferieit brei 3Bod)en bei fid) ju 
fyaben. 

9lm 8. ©tai 1900 f)at Älin. beim 2lmt§gerid)t ©t. all 
©ormunbfd)aft§gerid)t beantragt, ba§ 2lmt§gerid)t möge roegen 
oeränberter Umftänbe bie in bem ©ertrag oom 20. ®ejem= 
ber 1897 getroffene Slnorbnung auftieben unb ba§ Stinb feiner 
©lütter jur ©rjiefiung übertaffen, in jroeiter Sinie aber ben 

1) Sergi. aurf) @aiipp=Stein, fromm. jur 6.S-D-/ 4. 9tufl. Sem. II 
1» ju § 62; Sucfjfa, S.Ö.S. unb gemeines !Hecf)t. 2. Süufl. ©• 55 ff. 


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40 (Sntfdjeibungen be§ OberlanbeSgeridjtS. 

jetzigen Beft. bei Strafe oerpftid)ten , baS Sinb jeben 
Sonntag norm. 11 Utjr ihr in ihre SBotjnung ju fd)icfett. 
SfJlit Befchtufi Dom 31. SJiai 1900 hat baS 2tmtSgerid)t ben 
erften Antrag abgelehnt, bagegen bem jroeiten Antrag „je* 
bocf) nur entfprecfjenb bem getroffenen Slbfommen unb nirfjt 
unter Strafanbrotjung, rooju baS Bormunbfd)aft§gerid)t nid)t 
befugt" fei, bat)in gotge gegeben, bajj e§ bem Beft. aufgab, 
„in (Srfütlung beS am 30. 3)ejember 1897" mit ber 2tntrag= 
ftelterin „getroffenen 2lbfommen§ ju geftatten, baf? fie für 
bie Sieget an jebem jweiten Sonntag baS Sinb abfjoten bürfe 
mit ber Berpflicf)tung, es fpäteftenS abcnbS 7 Ut»r jurüctju= 
bringen". 

$m Oftober 1901 f)at Stin. gegen ben Beft. Stage er* 
hoben mit bem Eintrag : ju erfennen, fte fei bereditigt, n>ät)= 
renb ber Sommerferien ba§ Sinb 3 ÜÖocfyen ju fid) ju net)= 
men unb eS roätjrenb ber übrigen Seit bes Sah l '3 jeben 
jroeiten Sonntag norm. 11 IXtjr beim Beftagten abboten ju 
taffen, um eS fpäteftenS abenbS 7 llf)t roieber jurürfjubringen; 
Söeft. fei bei Strafe fdjutbig, ju ben angegebenen -Seiten ba§ 
Sinb ibr ober einem Beooltmädjtigten oon if>r herauSjugeben. 

<S ur Begrünbung ber Stage tiefj fie oortragen: Beft. 
oerroeigere bie Befotgung ber amtsgerichtlichen Slnorbnung 
unb eS fei baber, ba fid) baS 2tmtSgerid)t jur Bedingung 
einer Strafe nicht für befugt erachtet f)abe , Stage geboten. 
®ie SSereiubarung oom 30. ®ejember 1897 fei nod) unter 
bem früheren Siecht eingegangen toorben, nach welchem ber 
St in. bie Sorge für baS Sinb jugefatten märe. 

Beft. hat unter Berroeigerung ber ©intaffung jur £>aupt= 
fadje bie Gcinrebe ber Unjuläffigfeit beS Sied)tSroegS oorge* 
fd)üht mit ber Begrünbung : Stin. oertange eine Siegelung 
bes BerfefjrS jroifd)en it)r unb ihrem Sinb, für beffen s f3erfon 
iljr bie Sorge nidjt juftefje; biefe Siegetung habe aber butd) 
ba§ 93ormunbfd)aftSgericht ju erfolgen unb fei burdj 
biefeS erfolgt. 

®aS Berufungsgericht hat bie Sinrebe ber Unjuläffig* 
feit bes SiedjtSroegS oerroorfen auS fotgenben 


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A. in ßioitfadjen. 


41 


@ r ü n b e n : 

Das Urteil ber (Jioilfammer beruht auf ber Sluffaffung: 
bie 511 entfd)eibenbe ffrage fei, ob jur jtoangSroeifen 33oll= 
ftrecfung einer ootn 33ormunbfcl)aft§gerid)t im Sinn beS 
§ 1686 33. ®.S. getroffenen Siegelung be§ perfönlidjen 93er* 
fehrS eines GclternteilS mit einem Slinb bie orbentlidjen @e= 
rid)te juftänbig feien (maS baS Urteil fobann nerneint). 

Diefe äluffaffung ift nid>t jutreffenb. Die Silage ift 
nicht gerichtet auf 93ollftrecfbarerflärung bei amt§gerirfjtlid)en 
33efd)luffeS oorn 31. SJlai 1900; ber $lagantrag enthält 
leine @rroäf)nung biefeS 53efd)luffeä unb becft fich and) nicht 
mit beffen Inhalt; benn bie Silage oerlangtu. a. fyeftftellung 
bei SlechtS ber Silin., bas Slinb mäbrenb ber Sommerferien 
brei Söodjen ju fid) ju nehmen, unb hierüber hat fid) baS 
3lmtSgerid)t nicht auSgefprochen unb hatte eS feinen Slnlafj, 
fich auSjufpredjen. Die amtSgericfjtlidje 3lnorbnung ift oon 
ber Silage nur in fo fern angeführt, als fie ben Ütnlafj jur 
SBetretung bei SßrojefftüegS gegeben hat, roeil nämlich t>aS 
23ormunbfd)aftSgerid)t fid) jur 2lmoenbung oon 3toang§* 
mittein jtoecfS Durchführung feiner Slnorbnung nicht für be* 
fugt erflärt habe; bie Silage oerlangt aber nid)t einen rid)ter= 
liehen SluSfprud) bahiu, baff bie oormunbfd)aftSgerid)tlid)e 
3lnorbnung beS 2lmtSgerid)tS im SBeg ber ^mangSoollftrecfung 
burd)juführen fei, fonbern fie oerlangt ein oon biefer 3lti= 
orbnung ganj unabhängiges richterlitfjeS Urteil, baS als foldjeS 
bei .ßmangSüollftred'ung fähig ift. 

Silin, ftütjt — nüe fie im 33erufungSöerfaf)ren auSbriicf* 
lid) erflärt h fl t — ben erhobenen Slnfprud) in erfter Sinie 
auf ben Vertrag ber Parteien oom 30. Dejember 1897 ; 
hieoott geht aud) ber 33eH. nad) bem Inhalt feiner 33erufungS= 
beanttoortung auS. Silin, oerlangt alfo nidjt Siegelung be§ 
93erfef)i'§ jmifd)cn il)r unb bem Slinb gemäfj § 1636 Sah 2 
33. ©.33. ogl. mit 3lrt. 206 @.@. jum 33. @.33., fonbern fie 
oerlangt oom 33efl. (Srfüllung be§ ermähnten 33ertrags. gür 
eine folcfje .Silage auf 33ertragSerfülluug ift aber aud) nad) 
bem Sled)t beS 33. @.33. ber "fkojefpoeg (ber SiedjtSmeg im 


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42 


©ntfcftetbungen be§ Dbertanbeggeridjtg. 


©egenfatjpnt 2 Beg ber freiroilligen ©ericf)t#b arf eit ) gegeben '). 
Ob ber in Siebe fteljenbe Vertrag redjtSroirffam ift, berührt 
bie $ ra 9 e ber 3uläffigfeit beS SiecfjtSroegS nid)t ; baS p ent= 
fdjeiben, ift öielmeljr @adje ber materiellen Söiirbigung. 

2luch foroeit bie Silage anf bie ber Silin, traft ©efetjeS 
bejüglid) ber ^ürforge für baS Kinb unb beffen Gcrjiefjung 
pfteljenben Siechte geftiitjt merben will , ift bie 3 uläffigteit 
beS SiedjtSroegS nirfjt 511 beanftanben : barüber, roeldje iHecfjte 
einem ©Iternteil gegenüber bem anbern betreffs eines SünbS 
pftefjen, ^at baS 93ormunbfdjaftSgeridjt nid)t p entfrijeiben, 
baS nur bie Qntereffen unb Stedjte beS SünbS p roaljren hat. 

®ie 2lnorbnung beS SlmtSgeridjtS als 93ormunbfdjaftS= 
geridjtS trom 31. SJtai 1900 fteljt ber 3uläffigfeit beS SiedjtS* 
rcegS für bie erhobene Klage nidjt entgegen. SBollte man 
annehmen, burd) biefe Slnorbnung fei enbgültig feftgeftellt, 
in roeldjem Umfang bie Klin. ben perfönlidjen SSerfetjr mit 
bem Kinb uerlangen fönne, fo märe bie Silage als unbe= 
grünbet (alfo burd) f a dj l i dj e ©ntfdjeibung) abproeifen, 
meil über ben erhobenen Slnfprucfj bereits entfdjieben fei, 
nidjt aber märe bie ©ittrebe ber Unpläffigfeit beS SiecfjtS* 
megS begrünbet b. h- bie ©inrebe, für ben erhobenen 2lu= 
fprud) fei nid)t ber ißrojefjroeg oor ben orbcntlichcn ©eridjten 
gegeben, fotibern er falle in baS ©ebiet ber freimilligen ©e= 
richtSbarfeit (bep>. ber 33ermaltung ober 93ermaltungSge= 
ridjtSbarfeit). 

llebrigenS fteljt bie ermähnte oormunbfdjaftSridjtertidje 
ülnorbnung ber erhobenen Silage überhaupt nidjt im SÖeg : 
baS SiormunbfdjaftSgeridjt tonnte (mie oben bemerft) unb 
mollte auch wohl feine ©ntfcfjeibung barüber treffen, roelcfje 
Stedjte ber Silin, gegen ben SBefl. bepglidj beS gemeinfdjaft* 
liehen SünbS pfteljen; feine Slnorbnung ftütjt fid) nach ihrem 
Qnljalt auf § 1636 8 .©.®.; eine folcfjc Slnorbnung fomntt 
aber nur in fyrage, foroeit ber 93erfef)r beS gefcfjiebeiten ©£) e = 
gatten, bem bie ©orge für bie ißerfon beS SlinbS nidjt p« 

1) ©ergl. JRedJtfpv. bes Dberl.Öer. ©b. 2 nr. 178 *> ; 3 nr. 10S C ; 
Seuffert öt>. 56 nr. 253 ®.' 454 2tbf. 2 a. ©. 


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A. in Gimlfacften. 


43 


ftefyt, nicfjt bitrcf) Vertrag ber dftern geregelt ift (unb etroa 
foroeit bie oertrag§mäfjige iKegetung ben $ntereffen be§ Äinb§ 
juroiberläuft). $ene Stnorbnuug — bie bem in jmeiter Sinie 
gefteüten Stntrag ber Klägerin nn ba§ 5ßormunbfd)aft3gerid)t 
entfprod)en fjat — fann bafjer bie SKin. nid)t tiinbern, ifjre 
oertragStnäfjigen 9ted)te bejüglicf) be§ 33erfef)r§ mit bem SKnb 
im SBeg ber SKage gegen ben 33efl. geltenb ju madjen , um 
baburd) eine im SBeg ber gmangSooüftredung burdjfüfjrbare 
enbgüttige gericfjtlidje ©ntfdjeibnng ju ermirJen. 

Urteil be§ I. ©ioitfenatS oom 7. ÜJtärj 1902 i. <5. 

Jreutter g. Jreutter. 

®ie 3teoifion gegen biefe§ Urteil ift jurücfgeroiefen roorben. 

10 . 

Jnv jtuslegung brs Uri. 161 $bl*. 3 ?nm @.19© . 

©. mar feit 1847 oerfdjollen. 1897 mürben beffen 
mutmafflidje ©rben in ben 33efit) unb ©enuf; feinet 33er= 
mögend norläufig eingeroiefen; im Sauf be§ ^,at)r§ 1900 
rouvbe ©. auf einen nad) bem 1. Januar 1900 gefteüten 2ln= 
trag für tot erftärt. J)ie Parteien ftritten nun barüber, ob 
ba§ SSermögen be§ ©. nad) ben erbred)tlid)en ©runbfät^en 
be§ 33. ©.53. ju oerteilen fei, in meldjem $aü SK. mit jur 
@rbfd)aft berufen märe, ober nad) ben ©runbfätjen be§ bi§ 
1. Qanuar 1900 geltenben roürtt. 9ied)t§, rnonad) ÄI. nidft 
mit jur ©rbfdjaft berufen märe. ©§ mürbe entfdjieben, bie 
93eftimmungen be§ 33.@.33. feien anjumenben, oom 33eru= 
fung§gerid)t au§ folgenben 

© r ü n b e n : 

$urd) bie gerid)tlid)e Jobe§erf[cirung foü ben 9tad)= 
teilen ber beftefyenben Ungemifjfyeit über Seben ober Job 
einer abmefetiben Sßerfon abgefjotfen unb bie Orbnung ber 
3ted)t§Dert)ältniffe be§ 33erfd)ottenen unb ber in s -8ejiebung 
ju ifjirt ftefyenben britten s $erfonen angebabnt merbett, roobei 
e§ ber Statur ber ©adje, mie bem bejeicfjneten 3 roec t- ent* 
fpridjt, baf) ba§ betreffenbe 2lu§fd)luf?urteil in gefe^lid) be= 
ftimmter äöeife unb 2lu§bef)nuug bem roirflidjen (ermiefenen) 


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44 


©ntf Reibungen be§ Dberlanbeifleriditsi 


Job beS Jlerfdjoltencn gleidjgeftellt unb als S3orauSfet)ung 
für ben ©intritt ber red)tlicf)en folgen anerfannt roirb, roeldjc 
bie 9ted)tSorbnung an baS SebenSenbe einer $ßerfon t)infid)t* 
lief) ihrer oerfdjiebenen rechtlichen ©ejiehungen fnüpft. SBirb 
fonad) burd) bie JobeSerfläruug im roefentlidjen ber ©rfolg 
erreid)t, baff nad) SJtajjgabe ber in biefer Sfejiehung gelten^ 
ben gefehlten S3orfd)riften bie redjttidjen folgen beS roirf= 
lidjcn JobeS eintreten, fo ift eS begrünbet, begrifflicf) jroifchen 
ben bie bejeidjnete allgemeine SB i r f u ti g ber JobeS* 
erftärung betreffenben 33eftimmungen unb ben als inbirefte 
*yolge ber JobeSerfläruug fid) barftellenben Slenberungen 
ber StedjtSoerhältniffe nad) 5Dt a § g a b e ber 
betreffenben 9t e cf) t S o r b n u n g ju unterfdjeiben. 
ßiebei muff anerfannt roerben, ba§ auS bem SJcgriff ber 
JobeSerflärung fid) für bie ©eftaltung ber 9tecf)tSoerhä(tniffe 
felbft nichts ergibt, unb bafj pnfcfjen ben ber JobeSerflä* 
rung felbft jufommenben SBirfungen unb ben genannten ent= 
fernteren J-olgeit berfelbeit fein roefentlidjer ^ufantmenhang 
befteht, meldjer eS notroenbig ntadjen mürbe, bafj beibe 
betreiben ©efe^en untermorfen roerben. 

2ÜS eine ber JobeSerflärung e i g e n t ü nt 1 i d) e 
SBirfung ift eS ittSbefonbere ju be^eidjnen, meint baS ©efetj 
an baS auf ©runb beS 2lufgebotSoerfal)renS ergehenbe 2luS= 
fdjlufjurteil bie red)tlid)e Skrmutung beS JobeS beS S3er= 
fdjollenen fnüpft unb biefe SSermutung in gleidjer SBeife roie 
ben erroiefenen Job als 9ted)tSgrunb für ben ©intritt beS 
©rbett in baS Vermögen beS 33crfd)ollenen (roenn aud) uro 
bcfd)abet ber 9tecf)te beS letzteren im feines gortlebenS) 
anerfannt, ober roenn, roie bieS beifpielSroeife oon bem 23.®.$. 
auf bem ©ebiet ber jyamilienrechte metjrfad) gefdjehen ift, 
bem SluSfd)lufjurteit fd)led)thin ober beim ^injutritt weiterer 
SJorauSfehungen (ogl. § 1348 baf.) bie Slebeutung ber ge= 
fet)lid)en 23eenbigung oon 9tcd)tSoerhältniffen beS 2Serfd)ol= 
lenen beigelegt roirb. Jiefe SBirfungen äufjern fid) in ocr= 
fd)iebeuer SBeife, je nad)bem für ben 3eityunft bes oerntro 
teten JobeS ber Jag ber oerfiiubigten JobeSerflärung ober 


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A. in (Simlfadjen. 


45 


ein früherer, nad) gefeßlicber Siegel fid) beftimmenber Sag 
gilt (fonftitutioe ober beftaratorifdje SBirfung ber Sobe§er= 
flärung), unb je nacf) ber oorgefcßriebenen ©ered)nung§roeife, 
nad) ber im letzteren {fall bie ©eftimmnng ju erfolgen bat. 
Sic Sobeäoennutung fann enblid), roa§ ihren näheren $n= 
halt betrifft, entroeber babiu geben, baß ber 9ßerfd)ol(ene an 
bcm feftgeftellten Sobe^tag geftorben fei, alfo aurf) bie 9ln= 
nabme, baß er bis ju biefem Sag gelebt habe, in fid) fcßließen, 
ober fie fann ficb barauf befcbränfen, baß er ben feftgeftellten 
Sag nidjt überlebt habe, rooniit fid) eine befonbere, in ben 
oerfdjiebenen SiecbtSfpftemen ocrfdßeben geftaltete SebenSuer* 
mutung für bie 3 e >t oor ber SobeSerflärung 511 oerbinben 
pflegt. 3ft ber SobeSerflärung eine oorläufige ©inroeifung oon 
mutmaßtidjen Gerben in ben S3efih unb ©enuß beS ©ermögenS 
bei 3?erfd)ollenen oorbergegangeti, fo tritt auf ©runb beS 3lu§- 
fd)lnßurtei(§ eine enbgültige (wenn auch ben Sfed)ten be§ 33er= 
fd)ollenen felbft nirfjt präjubi-gerenbe) Siegelung ber ©rbfolge 
ein, für toeldje entroeber ber 3 eitpunft ber oorauSgegattgenen 
oorläufigen ©erfügung ober, roie bie§ bei ber SJiebrjabl ber 
£anbe§red)te jutrifft, ber 3 e itpunft be§ anjunebmenben So* 
beStagS maßgebetib fein fann. {fällt ber mutmaßliche SobeS* 
tag, roie im oorlicgenben {fall, roo nad) bem für bie SobeS* 
erflärung in Slnroenbnng fommeitbeu roürtt. Sied)t ber 3 e >t* 
punft be§ oollenbeten 70ten SebenSjabrS be§ ©erfcßoUenen 
(23. Januar 1900) entfd)eibenb ift, in bie 3 e it nad) bem 
£fnfrafttrcten be§ 53.©.©., fo muß im 3u>eifet an§ ben 
üebergangsbeftimmnngen be§ Slrt. 213 f. be§ GcinfübrungS* 
gefeßeS, roeldje nad) ber burd) bie SJiotioe beftätigten 2 lbfid)t 
be§ ©efeßgeberS aud) im (fall be§ in ©entäßbeit be§ § 18 
beS ©.©.©. oermuteten SobeS be§ GerblafferS 'f3lab 
greifen, gefolgert roerben, baß bie erbred)tlid)en ©erbältniffe 
nad) ben Seftimmungen be§ neuen Sied)t§ $u regeln futb. 
3 u bemfelben ©rgebniS führt bie ©rroägung, baß nad) bem 
anjuroeitbenben roürtt. Sied)t bie enbgültige ©eerbung be§ 
©erfdjolleneu fid) nad) bem 3 e *tpunft be§ mutmaßlichen 
SobeStagS rid)tet unb baß bemgemäß bie 2lufprüd)e ber Gerben 


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46 


©ntfdjeibungen bcS Dberlanbeägeridjti. 


im 3 r °eifet nirfjt blofj nacf) ben in biefem 3 c *tP un ft bef teh= 
enbeit tatfäcfjlichen 93ert)ättniffen, fonbern auch nach ben in 
biefem 3eitpunft geltenben ©efepen beurteilt roerben müffen. 

Sie ©efamtheit ber angeführten allgemeinen SBirfungen 
ift e§, ma§ ba§ b.©.b. in feine einfd)lägigen beftimmungen 
(§ 18 f.) au§ ber Sobe§erflärung (al§ burd) fie „begrünbet") 
heraorgefjen läfjt, unb roa§ jal)lreid)e Kommentatoren unb 
£ef)rbüd)er be3 neuen 9ted)t§ unter ber bejeid)nung als 
„SBirfungen ber SobeSetflärung" behanbeln. Siefen eigen* 
artigen Söirfungeu ber SobeSerflärung ftefjen bie 
an biefelben fid) ftiüpfenben Slenberungen ber 9tecf)t§oert)ält= 
niffe ber beteiligten als Sßirfungen b e § o e r m u= 
teten SobeS be§ berfcfjotlenen gegenüber; fo [teilt [ich 
ittSbefonbere, ma§ bie beerbung be§ berfdjollenen betrifft, 
bie ©eftaltung ber Nachfolge in baS bermögen beSfelben 
al§ bie burd) erbredjtlidje beftimmungen geregelte SBirfung 
ber )Hed)t§oermutung bar, bafj ber berfdjotlene in bem feft= 
geftellten ^eitpunft geftorben fei. 

Sie Slnnabme, baf; unter ben in 2Irt. 161 2lbf. 3 beS 
©inführ.*©ef. genannten Sßirfungen ber SobeSertlärung nid)t 
blop bie oben bejeidjneten allgemeinen SBirfungen oerftanbeu 
fein, fonbern aud) bie eintretenben Slenberungen ber oermö= 
gen§red)tticf)en bert)ältniffe (in betreff ber ^amtlienrerf)te 
ogl. bie befonbere beftimtnung in 2lbf. 3 Sah 2 bafelbft), 
inSbefoitbere bie Slnfprüdje ber Gerben in be^ietjung auf bie 
9tad)folge in ba§ bermögen be§ berfdjolleuen, ben früheren 
©efepen h^ben unterroorfen roerben mollen, ift nach bem 
Sargeiegten fachlich nicht begrünbet unb burd) ben SBortlaut 
be§ ©efepcS nid)t geboten, ©egen eine fold;e 2lu§legung 
fprid)t noch befonberS bie ©rmägung, bafj eine borfdjrift 
biefeS Inhalts in bie allgemeine beftimmung beS Slrt. 213 ff. 
be£ ©inf.=@ef. über ben Stnmenbungsbereid) beS neuen 9ted)tS 
in be^iehuttg auf bie erbred)tlid)eu berhältniffe in auffallend 
ber SBeife eingreifen mürbe. Siefelbe mürbe aud) mit ber 
fd)on ermähnten Folgerung au s ; ©runbfap be§ anju* 
menbenben ÖanbeSredjtS , bap bie eubgültige ©rbfolge fid) 


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A. in ©ioilfadjen. 


47 


nad) bem $eitpunft beS »ermuteten £obeS beS Verfallenen 
ju vielten t)abe, gegebenenfalls in faum ju löfenbem SBiber-- 
fpvud) fid) befinben. 2)ie bejeidjnete SluSlegung fann aber 
aud) burd) ben $nl)alt bet SOlotioe ju bem ©efeheSentrourf, 
auf roeldjen bie 33erufungSftäger fid) DorsugSroeife ftühen, 
nidjt gerechtfertigt roerben. 

$n biefer £rinfid)t ift junäd)ft h^orjuljeben, bafj in 
Slrt. 158 beS @infüt)r.=©ef. , in bem jum erftenmal non 
ben SBirfungen ber JobeSerflärung bie Siebe ift, bie biS= 
herigen ©efehe für biefe SBirfungen in Söejiefjung auf o o r 
bem Qnfrafttreten b e S bürgerlichen © e f e h = 
b u d) § erfolgteSobeSerflärungen als mafjgebenb 
erflärt finb, bei roelchen eine Regelung beS ©rbgangS in 
2lbfid)t auf baS Vermögen beS 33erfd)ollenen regelmäßig gar 
nicht mehr in $rage fommt, roeil fie oor bem 1. Januar 1900 
bereits ftattgefunben hat. $ie SJlotioe ju bem entfpred)en= 
ben Slrt. 92 ©ah 1 beS ©ntrcurfS (I) erläutern benn auch 
bie bejeichnete 33eftimntung burchauS im ©inn ber Slnroem 
bung ber bisherigen ©efehe in betreff ber fortbauernben 
allgemeinen SBitfungen ber SobeSerflärung (fonftitutioe ober 
beflaratorifche Siatur beS ergangenen ©prud)S, Inhalt ber 
gefehlten SobeSoermutung, 33efd)ränhuig ber £obeSoermu= 
tung auf baS ©ebiet ber 23ermögenSred)te bejm. ©rftred'ung 
berfelbeti auf bie perfönlichen unb gamilienrecf)te), unb füfp 
ren in 33ejiel)ung auf bie „33eerbung beS für tot ©rflärten", 
bie „fid) nach bem gleidjen Sied)t richte“, aus, baß roo 
biefeS Siecht bem jur Sfachfotge berufenen ©vben bie S3er= 
pflicßtung jur ©idjerheitSleiftung für ben galt ber Siüdfebr 
beS 33erfd)ollenen auflege, biefe 33erpflid)tung ebettfo roie 
ber eoentuelle Slnfprud) beS für tot ©rflärten auf <jperauS= 
gäbe feines 23ermögenS beftehen bleibe 1 ). 

33on biefem Inhalt ber SO^otioe auS fällt aud) baS richtige 
Sicht auf bie SluSführungen berfelben, roelche fid) mit bem 
$atl einer n a d) bem^nfrafttreten b e S 33 ü r g er 1. 
©efehbu<h§ ergehenbenSobeSerflärung (ober 
1) ißergl. Sütugban, attaterialieu jum 33(9.33. 33b. 1 @. 08 f. 


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48 


<Sntf Reibungen be§ Dberlanbe§gerid)t§. 


enbgiltigen ©inroeifung), bet eine oorläufige ©inroeifung bejro. 
eine 98erfd)ollenf)eit§erftcirung oorauSgegangen ift, befcfjäftigen. 
Sie SJiotioe fagen fjier 1 ), bajj bie burd) bie oorläufige ©in« 
roeifung „geraffene Siecf)t§lage feine 2lenberung etleibeit" 
fülle, baff aud) bie fpätere 2:obe§etflärung „ttari) SJiafjgabe 
be§ bisherigen SiecfjtS — oorbel)ältlicf) bet Sfnroenbung be§ 
31rt. 92 ©at) 2 be§ ©ntrourfä" (jet)t 21rt. 159 unb 160 be§ 
©infüf)r.«©ef.) — au§gefprod)en roerben fotle. $a§ nach 
ben befteljenben ©efetjen in uerfdjiebene 2lbfd)nitte jetfattenbe, 
mit bet StobeSerflärung enbigenbe 2lbroefenf)eit§oerfaf)ren bilbe 
ein in firf) jufammenfjängenbeS ©anjes, roelcf)e3 nid)t ge« 
ttennt unb oerfcf)iebenen ©efetjen unterteilt roerben bürfe. 
.fpiebei rcirb au§brücflid) ermähnt, baff nari) bet neueren 
Siecf)t3entroicfelung bie ®rbbcred)tigung fiel) in bet Siegel nad) 
bem 3 e itp>unft be§ (Eintritts bet 2tobe§oermutung (successio 
ex nunc) beftimme, bafj aber nacf) einzelnen ©efetjen bem 
oorläufig ©ingeroiefenen ba§ Vermögen oerbleibe, (successio 
ex tune), unb mirb fortgefaf)ten : baß bet aufgeftellte ®e= 
fid)t§punft (nämlid) bet notroenbige 3 u fommenl)ang be§ 9)er= 
fafjrenS einfdjliefflid) bet SBirfungett bet etgel)enben (Snt= 
fcfjeibung) richtig fei unb bafj er jur SBafjrnefpnung redjt« 
lieh gefcf)üt)ter 2lu§ficf)ten feftgefjalten roerben ntüffe, geige fich 
unleugbar in ben fällen, in roeldjen bie ©efetje beim ©in* 
tritt ber £obe§etflätung bie successio ex tune eintreten 
taffen; aber aud) ba, roo bie 2robe§erflärung nur eine successio 
ex nunc jur (folge habe, roürbe eine Siegelung, roeldje auf 
bie nad) bem früheren Sied)t erfolgte 33erfcf)ollen()eit§erflärung 
ober 33efit)einweifung eine bem neuen Siecf)t unterftellte So» 
be§erflärung folgen liefje, in ben non bem früheren Siecfyt 
einheitlich gebauten unb geregelten $uftanb in ftötenber 
SBeife eingreifeu. 

®iefe nicht ooUftänbig flaren ©ät)e geben jroar in ein« 
jelnen SBenbungen bem 3 Iüe if e l Sinum , ob nicht bem auf« 
geftellten ©runbfat) ber 21ufred)tl)altung ber einmal begrün« 
beten Siedjtälage eine «über bie allgemeinen 2Birfungen ber 
1) 9Jiugbatt a. a. 0. ©. 69. 


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A. in ßiuilfadjen. 


49 


$obeSerftärung ßinauSgeßenbe 2tmuenbung gegeben toerben 
motte. 2tttein fie muffen feineSioegS mit -Jfotroenbigfeit ba= 
t)in oerftanben roetben, baß bie fonfrete ©eftaltung ber @rb= 
folge in alten Ratten unabänbertieß bleiben bejto. bem ©im 
ftuß einer abmeießenben ©efeßgebung entzogen fein fotl. Sie 
fpreeßen inSbefonbere nicf)t auS, baß and) bei einer nad) bem 
bisherigen 9tecßt begrünbeten successio ex nunc bie bureß 
bie oortäufige ©inroeifung be§ ißräfumtio erben gefeßaffene 
5Red)t§tage feine 2tenberung mehr erleiben bürfe. SDer ©e= 
feßgeber fonnte nid)t gemeint fein, für eine ©rbfolge bie naef) 
bem für maßgebenb erf'tärten SanbeSrecßt fieß nad) bem 3eit= 
punft beS oermuteten SobeS rid)tet, bie 2lnroenbung beS einer 
früheren prooiforifdjen 33ermögenSau§folge ju ©runb liegem 
ben iRecßtS oorjufeßreiben : er fonnte nur beftimmen, baß aud) 
ba, rno baS bisherige iRecßt bem oorläufig ©ingeroiefenen 
feine 2lmoartfd)aft auf eine enbgültige ©rbfolge gebe, fom 
bern ben ffortbeftanb unb baS 9Raß feiner SRecßte oon bem 
Stanb ber ©rbberecfjtigungen jur $eit beS oermuteten $obeS 
abhängig madje, roenigftenS bie attgemeinen ©runbfätje, nach 
roeteßen int fyatt ber JobeSerftärung bie 3lacßfotge in baS 
38ermögen beS ÜBerfcßoltenen in ©ettung trete unb ihre 2Birf= 
famfeit äußere, bemfetben 9ied)t angehören müffen, auf bem 
bie oorauSgegangene ©imoeifung beruhe. 

fpienaeß fann aud) auS bem Inhalt ber SRotioe, bie 
übrigens befanntennaßen feine authentifefje ©arfteltung ber 
Sluffaffungen ber Urheber be§ ©efeßeSentrourfS felbft ent* 
hatten, nidjtS ©titfcßeibenbeS für bie SluStegung entnommen 
roerben, baß nach 2lrt. 161 2lbf. 3 beS @ittf.@ef. auch bie 
^Regelung ber fonfreten ©rbfotge in baS Sßerntögen beS 23er= 
fchottenen nad) ben ©efeßeu fieß $u ridjten ßabe, meteße für 
baS 2(broefenheitSoerfahren einfd)tießtid) ber SmbeSerftärung 
maßgebenb fittb. äöentt bie 23erufung§f(äger ttoeß ben 2$er= 
fließ gemad)t haben, eine fetbftänbige üBegriinbung ihrer 23er= 
teibigung auS ber in 2lbf. 2 bafetbft enthaltenen 23eftimmuug, 
baß bie bisherigen ©efeße auch für bie „enbgültige ©im 
roeifuttg" maßgebenb feien, abjuteiten, roobei fie bem lcßt= 

^alubücfccr bev äBilrttem&trg. iR«$ts|)f!ege. XV. 4 


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50 


©ntfdjeibungen be§ £)berlanbe§gerid)t§. 


genannten begriff auch bie nad) roürtt. 9ied)t auf ©runb ber 
£obe§erftcirung erfotgenbe enbgültige Verteilung be§ Ver= 
mögend be§ VerfdjoEenen unterfteEt roiffen motten, fo ift 
ihnen mit ©runb entgegnet roorben, bafj bie enbgüttige ©in= 
roeifung, bie ba§ ©efetj a. a. 0. ber ;£obe§erftcirung an bie 
©eite fteltt, einen ben roürtt. ©efetjen fremben 9ied)t§alt be§ 
franjöfifdjen unb babifcfjen Vecf)te§ bitbet, ber, fofern er bie 
Veftätigung einer »orhergegaugenen oortäufigen ©inroeifung 
ju ©unftcn ber ©ingeroiefenen ober ihrer 9ied)t§nad)fotger 
enttjätt, mit bem roürtt. 9ied)t überhaupt nicht nerglidjcn roer* 
ben fann. 2tud) in Vejiehung auf biefen 2lft roäre iiberbies 
in ber angeführten Veftimmung be§ 91rt. 161 nid)t forooht 
bie Vejeicf)nung ber jur 9Inroenbung ju bringenben erbrecht* 
lidjen Vorschriften at§ ber |>inroei§ auf bie ©runbfälje, nad) 
roetdjen bie enbgüttige ©inroeifung fetbft ftattfinbet unb red)t= 
tid) roirffam bleibt, ju erblicfen. 

9iad) bem 2tusgefüt)rten ift für bie beuorftebcnbe Ver* 
teitung be§ Vermögens» bes für tot erftärten $. ®. ©. nicht 
ba§ roürtt. Sanbredjt, fonbern ba§ Vürg. ©efegbud) für mag* 
gebenb ju erachten. 

Urteil be§ erften ©ioitfenat§ t>om 31. ®ejember 1901 

i. ©. Vutad) gegen ©cf)roiEe. 

11 . 

Jf(t es juläfTig, auf ©rnub ber geftinttmutgen ber Jüan* 
kursarbnnug über bie $nferijiuug uau Jledjishanö* 
lungen eine einzelne Pertrngsbrfltitmnung anjnfedjieu* 

$er ©emeinfd)utbner hatte an ben Vefl. , feinen -föcilb* 
bruber, fein fpofgut um 11 000 9)1. uerfauft. 2)er Kaufpreis 
foEte bejah** roerben Durch llebetnahme ber |)ppothefen im 
Vetrag oon 5500 9E. nebft taufenben 3infen unb Varjat)= 
tung oon 5500 3Jf. bei ber Stuftaffung. Vor ber Stuftaffung 
bezahlte Veit. 500 9)1. bar unb übernahm burch Ueberein* 
. lunft mit ben betreffenben ©laubigem ©d)utben be§ Ver* 
f'äufer§ in §öf)e non 4950 9)i. 3)er $onfur§oerroatter h a * 


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A. in ßioilfa<f)cn. 


51 


ba§ Uebereinfommen angefochten, roonad) SBefl. an Stelle 
ber Varjahlung biefe ©djulben übernommen t)at. 

®ie Etage ift im Verufungloerfahren abgeroiefen roorben. 
© r ü n b e: 

©egenftanb ber mit ber Etage angefochtenen Verein* 
barung mar bie geftfetjung ber 2(rt unb SEBeife, auf m et ehe 
bie nicht burcf) Uebernahnie oon .£>gpotbefenfchulben gebeefte 
«g>ätfte bei oon bem Vefl. für bal oon bem ©emeinfd)ulbner 
an itjn oerfanfte ©nt ju entriebtenben Eaufpreifel getilgt 
roerben fotlte. ®er Vefl. oerpfticfjtete fief), über bar $u jaf)* 
tenbe 500 ü)t. geroifffe ©cf)u(ben bei ©emeinfchulbnerl bnrd) 
Vertrag mit ben betreffenben ©laubigem ju übernehmen. 
SDiefe Seiftungen finb erfolgt, unb bamit ift ju bem ent* 
fprechenben betrag bie Eaufpreilforberung bei ©emein* 
fdjulbnerl ertofehen. Vom Stanbpunft ber Etage aul ift 
biefer letztere Slnfprucf) bal, mal burd) bie angefochtene Ver* 
einbarung aul bem Vermögen bei ©emeinfcbulbner! roeggege* 
ben roorben ift; er ift el baher, ber, toenn jene Vereinbarung 
nach §§ 29 ff. E.O. all ben Eoüfurlgläubigern gegenüber 
umoirffam erflärt roirb, gemäß § 37 E.O. jur Eonfurl* 
maffe surücfgeroährt merben mufj. 3)ie Slnfedjtung oermag 
nidjtl anberel ju bercirten, all bafj bie ber Eonfurlmaffe 
nachteiligen Vßirfuttgen ber angefod)tenen Vechtlhanblung 
befeitigt roerben; fie fann nicht bie Eonfurlmaffe in eine 
günftigere Sage oerfeßen, all in biejenige , in ber fie fid) 
ol)ne bie angefod)tene ^anblung befitiben mürbe '). 2>ic 
SBirfung ber angefodjtenen Vereinbarung ift nun befeitigt, 
roenn bie Eaufpreilfdjulb bei Vefl. fo, roie fie ohne bie an* 
gefochtene Vereinbarung beftanb, roieberf)ergeftellt ift. $ur 
Zahlung fann ber Vefl. nur auf ©runb bei Eaufoertrag! 
oerpflidjtet fein ; biefe Verpflichtung fönnte nur aulgefprodjen 
roerben, roenn ein auf ben Eaufoertrag geftüßter Slnfprud) 
für bie Eonfurlmaffe erhoben roäre. 2tul bem Eaufoertrag 
ift aber nicht geflagt. £ienacf) ift bie Elage, fofern fie auf 

1) 9Jlot. ju §§ 30—32 ©ntio. ber S.O. , 9t.©.@. Sb. 16 26. 

Sb. 36 ©. 163. 

4* 


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52 


©ntfdjeibmtgen be§ Cbevlanbesgcricf)t*. 


Verurteilung beS Vefl. jur gaßlung au bie SonfurSmaffe 
gerichtet ift, abzuroeifen, wenn aud), worüber bie 'Parteien 
zunäcßft ftreiten, ber angefocf)tenc VecßtSaft felbftänbig an» 
fed)tbar fein follte. 

2)er Vefl. behauptet, baß bie unftreitig jinifcben bem 
Vefl. unb bem ©emeinfcf)ulbner oor ber 2luflaffung getrof= 
fene Vereinbarung, monad) Vefl. gemiffe Scßutben beS ©e» 
meinfchulbnerS burd) Vertrag mit ben betreffenben ©lau- 
bigem auf 2lbred)nung an bem £iegenfd)aftSfaufpreiS über» 
nontmen bat, für ficf) allein nicht angefod)ten roerben fönne, 
meil fie einen unfelbftänbigen Veftanbtcil beS SiegenfdjaftS* 
faufoertragS bilbe, gleid)üiel ob fie oor ober nad) 2lbfd)luß 
beS letzteren Vertrags burcb Veurfunbung beS ©runbbud)* 
beamten getroffen worbm fei. Cb leßterenfallS bem Vefl. 
beijupflid)ten märe, fann unerörtert bleiben, ba als ermiefen 
erfeßeint, baß baS angefoditene Uebereinfommen ber V r °l°' 
follierung beS KaufoertragS oorauSgegangen ift. (®ie ©riinbe 
führen bieS näher auS unb fahren bann fort:) 

Vei biefer Sadjlage muß, mie Vefl. geltenb mad)t, bie 
3uläffigfeit ber 2lnfecf)tung ber bie Sdnilbübernahme betref» 
fenbeu Vereinbarung für fid) allein oerneint roerben. ®S fanit 
hier nicht oon einem, neben bem Kaufoertrag beftehenben 2lb» 
fornmen bie Vebe fein; baSfelbe läßt fid) nicht etroa als eine 
im oorauS getroffene Verebung ber 2leitberung eines VunfteS 
beS fd)riftliri)en Vertrags auffaffen, fonbern nur als ein in» 
tegrierenber Veftanbteil beS KaufoertragS felbft, als eine 
oon bem Saufoertrag, roie er oon oornhereiu unb bei ber 
Verurfunbung gewollt roar, untrennbare Veftimmung. 3)ie 
.Kontrahenten rooüteu ben Saufoertrag felbft unter ben he» 
zeichneten Vfobatitäten bezüglich beS SaufpreifeS abfdjließen. 
®aß ber Saufoertrag mit biefem Inhalt gerooüt roar, ergibt 
fich auS bem alSbalb nad) beffen 2lbfd)luß inS Söerf ge» 
festen Vollzug ber bie ©djulbübernahme betreffenben Ver» 
abrebung. s Jfad) bem oben Vemerften liegt and) nicht ein» 
mal ein Söiberfprud) jmifcfjen bem toirflid)en SBilfen beS 
Kontrahenten unb ber ©rflärung beSfelben in ber Vertrags» 


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A. in ßioilfadjen. 


53 


urfunbe oor, fonbern nur bie Unterlaffung ber Aufbechtng 
be§ ©inneS, welcher non bcn Kontrahenten ber bie Varjah= 
tung beS Ijälftigen KaufpreifeS betreffenben Veftimmung ber 
VertragSurfunbe betgelegt mürbe, unb bie nur münblid) ge= 
troff ene Verebung ift nad) § 313 V.@.V. mit ber am 5. 
$uni 1900 erfolgten Auflaffung unb Eintragung in baS 
©runbbud) aud) formell gültig geworben. Eben weil bie 
mit ber Klage angefodjtene Verebung einen integrierenben 
Veftanbteil beS KaufoertragS bilbet, läfjt fid) bie 3lnfed)tung 
nidjt auf biefe einzelne Veftimmung befdjränfen. 2)er Kon- 
furSoerwalter fann nicht eine Aenberung beS KaufoertragS 
burcf)fet$en, er muß benfelben entroeber überhaupt gelten laffett 
ober als ©anjeS anfed)ten. 2)a er ihn nicht anfechten ju 
wollen erflärt hat, ift bie Anfechtung ber einen Veftimmung 
benfelben unjuläffig. 2)ie Sage beS KlrS märe aud) nicht 
günftiger, wenn jmifdjen ber tnünblidjen Vereinbarung unb 
bem urfunblicf) erflärten SBillen ein ©egenfat) beftünbe : 
märe, maS roie gefagt nid)t jutrifft, bie bie ©d)ulbübernahme 
betreffenbe Verebung nid)t mirflid) gewollt, fo wäre fie nidjtig 
unb nicht auf ©rutib ber Vorfd)tiften ber K.O. anjufedjten; 
roäre bagegen bie Veftimmung ber VertragSurfuube betreffenb 
bie Varjahlung bes KaufpreifeS nur jutn ©djein erflärt, fo 
mürbe an ihre ©teile jene Verebung getreten fein (§ 117 
©.©.99.) unb ber Umftanb, baj) leitete erft mit ber Auf* 
laffung unb Eintragung rechtsgültig geworben ift, oermöd)te 
nid)tS barait ju änbern, bafj fie oerniöge beS majjgebeuben 
VBillenS ber Kontrahenten als ein oon oornherein non bem 
Kaufoertrag untrennbarer Veftanbteil beSfelben fid) barftellt. 
Ebenfowenig fpridjt ber befoitbere red)ttid)e Eharafter ber 
angefochtenen Vereinbarung für beren ©elbftänbigfeit. 3)ie 
SBirfung ber Vefreiuttg beS ©emeinfcfjulbnerS oon ben fei* 
tenS beS Vefl. ju übernehntenbeu ©djulben trat atterbingS 
nad) § 415 Abf. 1 V.©.V. erft mit ber ©encl)migung ber 
©läubiger ein. Allein ber Umftanb, baj), wie bejeugt ift, 
auSbrücflich bie Einholung biefer ©enehmigung oereinbart 
worben ift, täfjt bie Statfadje unberührt, baf) junäd)ft bie 


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54 


©ntfcfjeibunßen bei DbertanbeigeridjtS. 


©cßulbüberuaßme jroifcßen bem ©emeinfcßulbner unb bem 
Befl. nereinbart roorben ift. |)iemit roar non bem Befl. 
bie, roenu aud) junädjft roegen mattgelnber ©cßriftform nidjt 
ersroingbare Berpflid)tung übernommen, bie ©laubiger be§ 
©emeinfcßulbnerS ju beliebigen (i; 415 2lbf. 3), roie benn 
aud) bev ©emeinfd)ulbner angegeben ßot, baß auSgefprocßenet* 
maßen aud) im $alle ber Steigerung ber ©laubiger an feiner 
©teile beti 93efl. als ©cßulbncr anjuneßmen, ber leßtere 
ißnen habe gaßlung leiften fallen. ®ie Berabrebung ber 
Kontrahenten bebeutete alfo non nornßerein baS Berfprecßen 
beS 93efl., auf 2lbrecßnung an bem Kaufpreis bie ©laubiger 
beS ©emeinfdjulbnerS ju befriebigen. Söenn jebocf) aud) bie= 
felbe irgenbmie non einer Bebingung abhängig geiuefen märe, 
fo ließe ficß nicht einfeßen, roie barauS auf bie Brennbarfeit 
non bem Kaufnertrag füllte gefcßloffen roerben fönnen, ba 
ber Umftanb, baß eine einjelne Beftimmung eines BertragS 
an eine Bebingung gefnüpft ift, ttod) nicßt beffen @inßeit= 
licßfeit aufßebt. 

Urteil beS II. ©inilfenatS noni 22. 9)Iai 1902 i. ©. 

9Jiot)r’fd)e KonfurSmaffe gegen SJioßr. 

12 . 

Sireitroerifrfiretoung bet Streit lebiglirß über bie jriiU 
ligkeit ber eingeklagten jForbernng? 

Ber ©ad)nerßalt ergibt ficß auS ben 
© r fi n b e n : 

Ber 33eflagte ßat bem auf Bezahlung eines reftlicßen 
£iegenfd)aftSfauffd)illingS non 9000 9Jt. geridjteten Klagan* 
fprud) lebiglid) auS bem ©runbe Sßiberfprud) entgegcngefeßt, 
roeil bie ^orberung jur #eit nocß nicßt fällig fei. .fiat ßier= 
nad) baS Beftreiten beS Beflagten fid) nur auf bie flägerifcße 
Behauptung ber fyälligt'eit beS 3lnfprud)S bejogen, fo fragt 
ficß, ob biefer Umftanb auf bie Berechnung beS SBertS beS 
©treitgegenftanbs non ©influß ift. 

Ber jroeite ©inilfenat ßat fid) in früheren ©utfcßeibungen. 


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A. in ßioilfadjen. 


55 


roeldje in ben Qafjrbüdjerti bcr roürtt. 3iedjt§pftege 93b. 3 
©. 137 unb 53b. 6 S. 356 ff. oeröffentlicfjt finb, bafjin au§* 
gefprodjen, bafj in gälten, in metcfjen ber 33eflagte tebigtidj 
bie gälligfeit ber eingeftagten gorbetung beftveite, ber (Streit* 
inert in Slmuenbung be§ § 3 ber S.'iß.O. auf einen ttiebri* 
gereit al§ ben beni SRennroert ber fttagforberung entfprecfjenben 
93etrag feftpfetjen fei. Slltein bei erneuter Prüfung ber ein* 
fdjlägigen ©efetjeSbeftimmungen oermodjte man an biefer 
9t uff aff un g nidjt feftjufjalten. 

Streitgegenftanb im Sinne ber ©toilprojefjorbnung, roie 
audj im Sinne be§ ©eridjtstfoftengefetjeio unb ber ©ebüfjren* 
orbnung für diedjtganmälte ') ift ber burd) bie ft tage ober 
5Biberftage erhobene unb bannt ju geridjtlidjer ©ntfdjeibung 
oerfteltte 2lnfprud) ; unb jroar ift für bie 93eftimmung biefel 
2tnfprudj§, be§ Streitgegenftanbe§, bcr fttage, bejra. SOBiber* 
Wage a n t r a g mafjgebenb 2 ). 

SBenn ferner audj unter Umftänben ju näherer ®ar= 
fteüung be§ fttaganfprudj§ bie -gieranjietjung ber ftlagebe* 
griinbung erforberlidj fein fanrt 8 ), fo ift bodj im fibrigen 
ber .gntjatt ber fttagebegrünbung nidjt ju beriicffidjtigen. 
£sn§befonbcre getjört e§ nidjt jurn 93egriff be§ S t r e i t ge* 
genftanbs, bafj ber 9tnfprudj ein beftrittener ift. tjat 
öesifjalb audj bie Siedjtsoerteibigung be§ 93eftagten aufjer 
Söetradjt ju bteiben, namentlich fomtnt e§ nidjt barauf an, 
roetcfje ©inroenbungen 93eftagter ertjebt, imoiemeit er bie jur 
93egrünbung be§ fttaganfprucfjä oorgebradjten Satfacfjen ein* 

1) »gl. (S.Sß.D. § 3 ff.; § 8 3lbf. 1 § 9; ®.D. f. «R.3t. 

§ 9 9(bf. 1, § 10. 

2) 33gt. ®aupp*©tein, ftomnient. j. (LSJ3.D. 4. Stuft. 33b. 1 
®. 27; Strucfmann = Socf), Komment, j. ß.'fJ.D. 33cm. 1 ,ju § 3; 
‘fllancf, t'efjrbucf) be§ X-eutfdjen (Sioilprojefjredjtä 33b. 1 ©. 259; 
28 ad), ©anbbudj beä beutfdjen (£ünlproäc&red)tS 33b. 1 ©. 309. 370. 
373; SBalter, ®.D. f. 9t.9t. ©. 80; SB illenbiidjer, Stoftenfeft* 
fe^ungsoerfabren ®. 00; ®ittfd). beä 9teid)sigerid)t§ 33b. 17 ®. 379, 
33b. 26 @. 432, 433; Qurift. S5>od>enf cfjrift 1892 ®. 301; 1893 S. 466 
3iff- 2; ©euffertS Strcfj. 33b. 45 ©. 463. 

3) S3gl. SB ad) a. a D. ®. 369; ©ntfcfj. be§ 9teid)§g. 33b. 33®. 4. 


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56 . (Siitfdjeibungen be« Obertanbesgericbt«. 

räumt ober beftreitet '). Semjufolge mar im oorliegenben 
galt Streitgegenftanb — junädhft jebenfall« ju 3eit ber 
Klageerhebung — ber Ulnfprud) be« Kläger« auf 33ejat)tung 
eine« reftlidjen 2iegenfd)aft«fauffd)iUing§ oon 9000 9J2. Sa 
ferner für einen 2lnfprud), meldjer auf Söejahlung einer be* 
ftimmten ©elbfumme gerichtet ift, im altgemeinen ber aud) 
in § 6 ber (£. s }3.0. anerfannte ©ruubfat) gilt, bafj l)ier eben 
biefe Summe ben 3Bert be« 2lnfprud)«, be« Streitgegenftanb«, 
barftellt 2 ), fo belief fid) im gegetiroärtigen Died)t«ftreit ber 
Söert be« Streitgegenftanb« jur 3^it ber Klageerhebung auf 
ben betrag oon 9000 3)2. 

Ser Streitgegenftanb lanti nun atlerbing« int Sauf be« 
9iecf)t§ftreit« 33eränberungen erleiben, uttb eine foldje Sßer* 
änberung ift unter llmftänben geeignet, aud) eine 3)2obifi* 
fation in ber Berechnung be« 3Bert« be« Streitgegenftanb« 
i)erbeisufüt)ren. !jft jebod) — roie oben bargelegt mürbe — 
Streitgegenftanb ber burcf) bie Klage erhobene, in bem Klag* 
antrag jum 2lu«brucf gelangte, unb bamit ju gerid)tlid)er 
(Sntfcheibung oerftellte 2lnfprud), fo t'ann folgerid)tig oon 
einer Slettberung be« Streitgegenftanb« nur bann bie Diebe 
fein, menn im Verlauf be« 9iecf)t«ftreit« biefer Slnfprud) felbft 
eine 3J2obififation erleibet. fMenad) unb ba e« nad) bem 
bereit« Bemerften nicfjt jum begriff be« Streitgegenftanb« 
gehört, bafj ber Dlnfprud) ein beftrittener fei, ift — fall« nur 
ber Klagantrag berfelbe bleibt — für bie Bemeffung be« 
Söert« be« Streitgegenftanb« auch fpäteren Verlauf be« 
9ied)t«ftreit§ unerheblich, ob ber Beflagte ben 2lnfprud) an* 
erfennt ober beftreitet, überhaupt meldje ©inmenbungen er 
gegen benfelben geltcnb ntad)t, mie beim aud) bie „Gmtfdjei* 

1) SSgl- ©aupp = Stein a. a. 0. 58b. 1 ®. 82, 33; Strurf* 
maitn*Kocf) a. a. D. 58em. 1 ju § 3; planet a. a D. 58b.l©.38, 
39; 2Sad) a. a. 0. S8b. 1 3. 373 ; 5BaIter a. a. 0. ©. 80 ff.; 
SßJ xllenbücfjer a- a. 0. ©. 60; ©ntfd). bes 5Reid)sißertd)tS 58b. 3 
©• 392; 12 ©. 361; 26 ®. 433; 33 ©. 4; 3ur. 3öocf)enfrf>rift 1886 
®. 71; 1892 S. 329; 1892 S. 361; 1893 £. 466 3iff. 2; Senf feit« 
9Xrcf)io Sb. 45 S. 463. 

2) Sögt. 3ur. Sßodjenfdjrift 1882 2. 90; 1893 2. 466 3*ff- -• 


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A. in (Simifncfjen. 


57 


bungSbebürftigfeit" beS StlagantragS *) fogar burcb ein 2fn- 
erfenntniS non feiten bes Betlagten allein nod) nidjt auS* 
gefcßloffen wirb. .(pienad) rechtfertigt and) ber Umftanb, baß 
ber Beflagte, wie int oorliegenben $all, nur bie fyälligteit 
ber ^'J^erung beftreitet, nod) nicht bie Sinnahme einer nad)* 
träglidjen Beränberung beS StreitgegenftanbS. ©ine folrfje 
tüäre nur bann gegeben, wenn ber Kläger etwa jufolgc ber (Sin= 
laffutig beS Betlagten ben Silagantrag felbft mobifijiert hätte. 

0lod) ift ju berüctficßtigen, baß bie im @erid)tSfoften= 
gefeß unb in ber ©ebäßrenorbnung für 9ied)tSanroälte feft* 
gefeßteu ©ebüßrcn für beftimmte, im Sauf eines BecfjtS* 
ftreits eintretenbe Sitte junt Slnfaß gelangen, unb man fönnte 
baran beiden, wenn j. 33. bie fontrabiftorifche Bert)anblung 
ober bie Slnorbnung einer Beweisaufnahme unb biefe felbft 
lebiglid) fid) auf bie grage ber UälXigfeit ber eingeflagten 
fyorberung beziehen, bie ©ebüßren für ben betreffenben Sltt 
auS einem geringeren Streitwert feftjufeßeu. $n biefer 3iid)= 
tung fommt § 12 Slbf. 1 beS ©.$.©. (uergt. aud) § 10 ber 
©. 6 . für 9J.SI.) in Betracht. Slllein nad) leßterer Borfcßrift 
ftnb für Sitte, welche einen $ c i l beSStreitge* 
genftanbS betreffen, bie ©ebül)rcn nur nad) bem SBert 
biefeS £eilS 51 t berechnen, unb wenn Streitgegenftanb ber 
in ber $lage erhobene, jur rid)terlid)en ©ntfcfjeibung oer* 
ftellte Slnfprud) ift, fo tarnt bie fyrage ber fyälligfeit beS 
SlnfprudjS nidjt als „ein Steil beS StreitgegenftanbS" ange= 
feßett werben. Bielmehr hnnbelt eS fid) hiebei um eine ein* 
jetne, jur Begrünbung beS g a n j e it SlnfprucßS oorgetragene 
Statfadje. 

9lad) bem StuBgeführten hot bie ©ioitfammer ben Sin* 
trag beS .Klägers auf £>erabfet)ung beS Streitwerts mit 
9ied)t abgelehnt. 

Bcfcßluß beS jweiten ©ioilfenats oont 15. Slpril 1901 

i. S. Sanj geg. ©rabenedfer. 


1) Slgt. SB a cf) a a. 0. ©. 369. 


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58 


©ntfdjeibungen be§ ObertanbesgericfjtS. 


18. 

Snnh Prifchoßen crjiattungsfäljig, bis babnrdj ritt» 
ftanbrn Ititb, baß ritte Partei (tatt eines mt Ujrem 
PUaljnrtß tuuljnettbrn ilerijtsanuialts einen am ©rridjts» 
Rß njüijnenben prajeßtmiaUntüdjtigtrn anfgeßelli tjnt? 

$ie $rage ift bejaht roorben au£ folgenben, ben Sad)» 
uerbalt ergebenben 

© x ü n b e it : 

23ejüglid) ber Steifefoften be£ beJt. @£)emann§ unb be£ 
'projefjbeDollmäd)tigten ber beiben 23ef{., auf roetcfjc bie 23e= 
fdjroerbe fid) besieht, ift bie Üiotroenbigfeit unb fpöbe a n 
f i cf) nidjt beanftanbet; ber ^efdjtuerbefüfjrer beanftanbet bie 
Poften nur begatt), roeil bie 93efL fold;e ftoften bttrd) 2luf= 
ftellung e i n e § ber in ©. rooßnenben, bei bem Sanb» 
geridjt U. 3 ugelaffenett lHed)t£anmälte als ißrosefjbeoollmäcb» 
tigten hätte cermeiben fönnen. 

©emäß 2lrt. 18 2lbf. 1 ber 9i.2l.O. ift e§ bie IRegel, 
baß bie bei einem ©erid)t jugelaffenen $Red)t£anroalte, anbem 
Ort be£ @eridjt£ ihren SBofjnfig tjaben fallen ; ein 
„ausmärtiger" 9ied)t£annia[t im Sinne be£ § 91 2lbf. 2 ber 
©.■p.O. ift ein folcf)er, roeldjer nidjt a m © i b b e £ r o» 
jefjgerid)t£ moljnt ‘). 23ei biefer Sotalifierung ber 9ted)t£» 
anroaltfdjaft unb bei ber bttrd) § 18 2lbf. 5 ber IR. 21.0. be» 
fdjräntten @rftattnng£fäl)igfeit ber IKeifefoften eine£ au£= 
märtigen fRed)t£anroalt£ tarnt ber Partei nidjt jugemutet 
roerben, uon ber 3Baf)t eine£ an bem ©erid)t§fitj moljttenben 
2lnmalt£ besßalb 'llbftanb ju nehmen, roeil aud) an bem 3Bot)n= 
ovt ber Partei mehrere bei bem Sßrojefjgeridjt jugelaffene 
Died)t£anroälte fid) befinbett. 3)ie Steifefoften ber ißartei, 
meldje bitrd) ihren erforberlicßen perfönlidjen 33erfet)r mit 
ifjreit am ®ericl)t£fit 3 motjnenben 'Proseßbeuollmäcbtigten ent» 
Heben, fiitb alfo jur jmectentfprecbenben iKcdjtsuerfolgung 
notracnbig im Sinn ber ©.p.C. § 91 2lbf. 1 Sab 1 unb 
ber 2lnfprud) auf ©rftattung ber fReifefoften be£ benollmäd)» 
l) 9t.©.@. «anb 13 ©. 313 . 


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A. in Giotlfadjen. 


59 


tigten 2tmoalt§ gemäß § 91 2lbf. 2 Saß 1 roirb baburd) 
nid)t beeinträchtigt, bafj bie 9teife n a cf) bent 2Bot)nfif) 
b er Partei gemacht rourbe, alfo oon einem bafelbft 
roofynenben Slmoalt nid;t ju machen geroefcn roäre. 

©ie ait§ bem oben ermähnten £ofalifierung§grunbfat$ 
ertuachfene SBeftimmung be3 § 18 2lbf. 5 ber 9t. 21.0. barf 
in ©tmangelung irgenb melcher gefe^licher 2lnf)att3punfte 
n i ch t ju ©unften bet 23eftellung eine§ am UBohnfit} ber 
Partei, aber nicht am ©eridjtsftt) toohnenbett 2tnmaft§ um- 
g e f e b r t roetben 1 ). 

93eid)fu§ be§ jmeiten ©ioilfenat§ oom 11. 9too. 1901 
i. @. 3iegler 9 e 9- Kngter. 

14. 

©in H*djtsmtumlt kamt ritte (Sfbitljr grmiilj § 38 3iff. 3 
itrr Jt.it.©.©. ttont ©rgttn* ttttr rrjrtjt urrlattgett, mctttt 
es jitr Südlttttg rtttrs ©rfndjs mit ©rlnflung brs Jfoü= 
Itmftttttgöbrfeljlö gekommen ift. 

©ie 

© r ü tt b e 

eine§ 23efchluffes in einer 23efd)roerbefache befagen: 

©er Kläger oerlangt oon bem ©eflagten bie ©rftattung 
ber ©ebiihr be§ § 38 3 ber 9t.2l.©.0. nebft 2lu§lagen. ©er 
©rftattungsanfprud) ift nirfjt begvünbet. ©er § 38 3 ber 0.0. 
fetjt eine ©ebiihr feft „für bie ©rmirfung be§ 33ollftrecfung§* 
befehlt". 2tud) mentt angenommen merbeti mill, ba§ bie 
©ebiihr nid)t erft bann oerfallen ift, menn ba§ ©efud) beu 
©rfolgber ©rlaffung be§ 23ollftrecfung§befehl§ gehabt hat, fo ift 
bod) — jebettfallS bem ftkojeftgegner gegenüber — bie 2ßor= 
ausfehung ber ©ebührenanrechnung, baf? ba§ ©efud) um ©t 
laffung bes 58ollftrecfung§befef)l§ geftctlt morben ift. ©a§ 
©efud) fann aber erft bann al§ geftellt angefehen toerben, 
toenn e§ bem ©erid)t gegenüber erflärt, alfo im 5aUe fdjrift* 

1) Sögt. ©aupp = ©tein jur § 91 9t ote 83; ©ntfd). be§ 

tKetd)3ger. »• 25. Januar 1894, £Jur- SBScbr. S. 113. 


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60 


(Sntfdjeibungen beä Dber(anbesgericf)t§. 


lieber ©inreidjung bei bem ©erid)t cingegangen ift. ®ies 
ift au§i»ei§Üd) bet - Sitten be§ Slmtsgerid)tg ©t. im oorlie* 
genben {fad nid)t gefdjeljen. Sind) bat ber Kläger in fonftiger 
ÜBeife bie ©efudfaellung nidit glaubhaft gemadjt. gür bie 
etnmige 33orbereitung be§ ©efudfa fann oom s Brojepgegner 
eine ©ebifar nid)t erftottet »erlangt werben. 

S3efd)lufj beg erften ©ioilfenatS Dom 19. Slooember 1901 
i. ©. 3öat)l geg. Oberborfer. 


1 


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61 


B. in ©traffacßen. 


1 . 

"Pen Urlribigtru ßrßt bas Jtrrijt, Itdj brr üffrntlirijrn 
gilngt als tlrbenhlägrr an?tttdjlir|frtt , aitdj bann jn, 
«mtn bas Jjjanpitirrfalirrn nur mtgen falfdjrr JlnldniB 
btgmtg nnb nidjt wrgrn brr in brtTrüirn ganblnng jn 
finbrnbrn ßrlrtbigung eröffnet iß. lieber bir 3nlflffuitg 
brs JßnrrijinlTrs iß balbtnnlirii narij nar brr ijmiptarr= 
ijnnbhtng in brratrnbrr öi^nng ni rntrdjeiörn. 

91u§ ben 

63 r ii n b e n. 

©egen bie 33efd)ulbigte iß burcf) SBefdßufj oont 27. Sßai 
1902 ba§ Ijauptnerfaßren uor ber ©traffantmer eröffnet unter 
ber 91nflage, fie, habe am B. 3)ej. 1901 in ©t. bei ber 
©taat€anmaltfd)aft eine Slnjeige gemadff, burdi melcfje fie 
miber beffere§ SBiffen ben „SB. ber Gcrniorbung ber SBtf)." 
befcßutbigte (Vergeben b. § 164 ®t.®.93.). 

91m 2. Quni reichte ber non SB. beuollmädjtigte 9ied)t§= 
anmalt (£. bie fcbriftlicfjc ©rflärung bei ber ©traffantmer 
ein, baß er ftd) namen§ be§ SB. ber öffentlidjen Silage an= 
fcfffieße, ba in ber jurn ©egenftaub ber öffentlichen Silage 
gemachten 9leuf?erung jugteid) eine Seteibigung im ©inn ber 
185 — 187 ©t.©.93. liege, ©einem jugleid) geftellten ©e= 
fud) um 9(fteneinfid)t mürbe nont SSorfißcnben fofort ent= 
fprodjen, aber erft nadjbent bie fpauptoerljanblung auf ben 
23. £suni anberaumt mar unb ber mitbeoollmäd)tigte 9ied)t§» 
anmalt (£. $. in einer am 21. Quni eingereidjten ©d)rift 


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62 


©ntfdjeibungett bei Cberlanbeigeridjti. 


barum nachgefudjt hatte, bafj ber Vefdjluß über .ftulaffung 
ber iRebenflage nod) oor ber .fpauptoerljanblung gefaxt roer* 
ben möge, mürbe oon ber ©traffammer nod) an eben biefem 
Stag befdfjloffen, ben SB. gemäß § 435 ©t.'B.C. als Sieben* 
fläger jujulaffen. 

Sie gegen biefeit Vefchluß non feiten ber Slngeflagten 
erhobene Vefdjroerbe, bereit ©tattbaftigfcit einem Slnftanb 
nid)t unterliegt '), fatut nid)t als begrünbet erfannt rcerbett. 

1. Ser SBortlaut beS ©röffnuug§befd)luffeS epgibt, baß 
in berjenigen Sat, bie f)ier unter ben rechtlichen ®efid)tS* 
punft beS § 164 ©t.©.V. geftellt ift, sugleid) eine Veleibi* 
gung beS Vejichtigten, jroar nid)t im ©tun beS § 185, rool)l 
aber ber §§ 186 ober 187 ©t.@.V. bringenb angejeigt ift. 
Senn ber Ve$id)t beS SJlorbS ift geeignet. Den baooti Ve= 
troffenen in ber öffentlichen SReittung aufs fdpuerfte blof^u* 
ftellen, unb baS Vorbringen eines foldjen VejidRS miber 
beff eres SBiffen fpridjt nidjt roenigcr für einen bemußt red)ts= 
roibrigen ©ebraud) bei SRecfjtS, Slnjeige oom Verbacht ftraf* 
barer ^janblungen bei ber Veljörbe ju machen. Sie redjt* 
lidjc SRöglidjfeit beS .ßufammentreffenS non Veteibigung mit 
falfdjer Slnfcfjulbigung in einer nnb berfelben .fmnblung mirb 
aud) oon ber Vefdimerbc nid)t beftritten, fie erhellt auS bein 
nerfd)iebenartigen Satbeftanb biefer ^roei Vergehen unb ift 
in ber fHed)tfpred)ung anerfannt 2 ). 

2. Sft fonad) ber Satbeftanb einer Veleibigung in ber 
}ur Slnflage geftellten Sat hi»veid)enb gegeben, fo fteht aud) 
bie fKeri)täeitigfeit bei roegen ihr geftellten Strafantrags nach 
§ 61 ©t.@.V. außer 3meifet . . . (hier nid)t uon ^ntereffe). 

ÜRit ber 9ied)tjeitigfeit beS ©trafantragS ift auch bie 
Vered)tigutig jur ©rhebung einer fßrinatflage nad) § 414 
St.fß.0. unb ebenf)iemit jutn 2litfd)luß als Slebenfläger an 

1) fi ö ro e, tSoirnn. § 436 n. 3 ; St r i Ci, Setjrb. ®. 735 ; 9t. ©. in 
9led)tfpr. 8 ®. 533, 'llbfatj ; Bur. 2Bocf)enfcf)rift 1892 S. 144. 

2) D I § b a u f e n ©oinm. § 73 n. 19 I b, II c, d, unb § 187 n. 
7; 9teirf)öger. in ©oltb. S(rcf). 43 ®. 391 u. Bur. 2Bocf)enfcf)r. 1901. 
©. 434 


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B. in Straffacfjen. 


63 


bie öffentliche Silage narfj § 435 2lbf. 1 St.fß;0. bargetan. 

3. $n § 436 2tbf. 1 ©t.fß.O. tft beftimmt, baff bie 2ln= 
fcf)lufjerflärung bei ©erid)t fd)riftlid) einpreid)en fei, unb 
baff baS ©ericfjt über bie Berechtigung jum 2lnfd)lufj nad) 
3lnt)örung ber StaatSanrcaltfd)aft $u erfennen tjabe. Schon 
hiernad) ift anjuneljmen , baff, fobalb bie Ülnfchlufjerflärung 
eingefommen, auch bie StaatSanroaltfchaft ju hören unb 
alSbann ber ©erid)tSbefd)lufj ju faffen fei. SluSbrücflid) be= 
ftimntt aber auch § 435 2(bf. 1, baff ber jur fßrioatffage Be= 
recl)tigte fid) in j eher Sage be§ Verfahrens anfdjliefjen 
föutte. hieraus folgt, baff aud) baS ©erid)t in jeher Sage 
be§ 93erfahren§ über ben 2lnfd)(ufl ju erfennen habe, ©ine 
'lluSlegung , nad) ber jroar bie 2lnfd)(ußerflärung in jeher 
Sage beS Verfahrens berechtigt, bennod) aber baS ®erid)t 
nid)t in jeher Sage oerpflichtet fein füllte, barüber ju er* 
fennett; wäre gegen bie Haren SSorte beS ©efetjeS, fie mürbe 
bem s Jted)t auf 2(nfd)lufj uor einer älenberung ber fprojef^ 
läge roiberfpredjen *). 

9Jtod)te baher ber Vorfitjenbe ber Straffammer auf bie 
2lnfchlufjerf(cirung 00 m 2. £jimi eine alSbalbige ©ntfd)eibung 
mangels einer in SluSficht ju nehmenben Slenberung ber fßro= 
5 efjlage nicht für notroenbig gehalten haben, fo muffte er 
um fo geroiffer auf baS Slnfucfjen oom 21. Quni nod) oor 
einer jpauptoerhanblung einen ©erichtSbefchlufj , mie er ge= 
tan, herbeiführen. 

4. Ohne gefetjlidjen ©runb beftreitet bie Vefdpoerbe aud) 
bie 3 u fiänbigfeit ber Straffammer, nach eröffnetem jpaupt* 
Derfahren in beratenber Sitzung über ben 2lnfd)litfj ju be= 
fdjliefjen. 3h re 3uftänbigfeit ergibt fid) fdjon auS bem ViS= 
herigen, bod) ift gegenüber ben 2fuSführungen ber Vefd)werbe 
noch folgenbeS beijufügen. 

§ür baS .ßwifchenüerfahren in bem Stanb jroifchen ©r= 
Öffnung beS ^auptoerfahrenS unb ber ^»auptoerhanblung 
felbft finb im 5. 2Ibfd)nitt beS 2. Vud)S ber St.'^.O. nach 

1) Söroe, ©omtn. § 436 n. 3, ©tenglein, Gomrn. § 436 
n. 7. 


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64 (Sntfcfjeibungen be§ DbertanbeSgericfjtS. 

beffen Ueberfdjrift unb Inhalt 33orfcfjriften nur inforoeit ge» 
geben, al§ jur Vorbereitung ber £muptoerhanblung erfor» 
bertid), erachtet mürben. £)ieS erflärt, marunt ein @ericf)t§= 
befcßluß roäbrenb biefer Sage beS Verfahrens nur 311 § 222 , 
für baS VebürfniS eines VeroeiSeinjugS burcf) einen beauf» 
tragten 9fid)ter, ermähnt ift. 3>aß nidjt auch gegenüber ber 
2lbtehnung eines 2lntragS auf beugen = ober ©achoerftänbigen» 
Sabung oon feiten beS Vorfitjenben eine ©ntfcheibung beS 
(Berichts 3 ugetaffen, ber 2(ngeflagte oielmehr auf baS Ved)t 
unmittelbarer Sabung befchränft mürbe , beruht auf ßrnecf» 
mäßigfeitSgriinben '). 

Sonft etroa nötig merbenbe ©ericfjtSbefdjlüffe nor ber 
.fpaiiptoerhanblung für auSgefcfjloffen 31 t halten, liegt beSßalb 
fein ©ruttb nor, fie fönnen auch bcm Staub beS Verfahrens 
entfprechenb nidjt anberS als in ber gerid)tSoerfaffungSmäßigen 
Vefehung oon brei Viditern unb auf ©runb ber Stften ge» 
faßt merben. $hre Statthaftigfeit , menn eS fid) um bie 
#rage ber Uuterfud)ungSbaft tmnbelt, nimmt bie Vefd)mcrbe 
felbft an, nidjt meniger finb als notmenbig unb suläffig an» 
erfannt Vefcfjlüffe über Vidjterablehnungeu, § 27 St. s J?.D. 
unb in fällen beS § 81 St.^.O. , fotoie in ben mancherlei 
fällen, in benen .fSinberniffe gegen bie 2 lbt)altung einer 
©auptoerhanblung foldje erheifchen >). 

ilBarum ein berartiger Vefchluß nid)t aud) geftattet fein 
füllte, menn eS fid) um 2lnfd)lußbered)tiguug hanbelt, unb 
trot) ber Veftimmung beS 435 St.^ß.O., ift nicht ab 3 itfel)en. 

5. 3)er oon ber Vefchrcerbe nod) befonberS hevoorge» 
hobene llmftanb, baß bie 91nf(age nur auf ein foIdjeS Ver» 
gehen tautet, roegen beffen eine Vebenf'lage gar nidjt 3 uge» 
taffen ift, fönnte nicht auf bie 3uftänbigfeit beS ©ericßtS 31 m 
©ntfcheibung über ben beantragten 9lnfd)tuß , fonbern nur 
auf ben Inhalt biefer ©ntfeheibung oon ©influß fein, fofern 

1) 9J(otioe jum ©ntnmrf §§ 182—184. 

2) 8 ölt) e § 259 n. 2, auef) S8. II 2lbfcf)n. 5 n. 2,3 a unb b; 
S t en g ( ei n S8. II 'Hbfcbn. 5 n. 3a; © 1 a f e r, §anbb. I S. 477 
n. 19, II @. 482 ff. IV u. V; 9t.©.©. 21. <B. 64. 


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B. in ©traffacfjeit. 


65 


bet Anfdjluß al§ unftatthaft ober gur $eit unftatthaft gu= 
rücfgumeifen wäre. biefer ©egiehung beruft fid) bie ©e= 
fd)roerbe auf bie red)t§fraftähnlid)e SBirfung, bie nad) § 209 
©t.^3.0. bem @röffnungsibefd)luß gufomme unb in biefem 
©taub be§ ©erfahrend aucfj ba§ erfennenbe ©ericht binbe. 
Allein biefe ©inbung ift nur infoweit gugugeben, al§ eine 
beftimmte £at jur Aburteilung oerwiefen ift; ba§ ©erid)t 
aud) an bie tecf)tlid)e ©eurteilung biefer !£at gebunben ju 
halten, wiberftreitet bem ©inn ber ©t.©.0. 3in § 153 baf. 
ift auSgefprocben , baß innerhalb ber ©rennen ber in ber 
Silage begegneten £at unb ber befctjulbigten ißerfonen ba3 
©erid)t gu einer fetbftänbigen iätigfeit berechtigt unb t>er= 
pflid)tet unb baff e§ insbefottbere bei Anwenbutig be§ ©traf-- 
gefetge§ an bie geteilten Anträge nicht gebunben fei. 2Bie 
fd)on bie ©tellung biefer ©orfcfjrift im erften Abfcbnitt über- 
bau ©erfahren in erfter Qnftang ernennen faßt, ift hiemit ein 
allgemeiner, ba§ gange ©erfahren beherrfdjenber ©runbfaß, 
ber ©runbfaß ber nur burch ba§ ©efeij fetbft gebunbenen 
Freiheit be§ rid)terlid)en @rmeffen§, au§gefprocf)en. Ämtern 
billigen biefe§ ©runbfaße§ finbeti fid) roie in § 204, baff bei 
ber ©ntfdjeibung über ©röffnung be§ .£>auptüerfahren§ ba§ 
©erid)t nid)t an bie Anträge ber ©taatsanwaltfcf)aft gebun= 
ben fei, fo in 8 260, baß in ber |)auptt>erbanblung ba§ 
©erid)t bie ben ©egenftanb ber Auflage bilbenbe £at nad) 
freier Uebergeugung gu witrbigen habe. ®arau§ nun, baff 
ba§felbe nicht au§brücflid) and) für ben feltencren $all eine§ 
©efd)luffe§ uor ber ^jauptuerljanblung beftimmt ift, fann 
nimmermehr gefrfjloffen werben, baß hiev ber ©runbfaß oer= 
taffen werben fällte, ©iemanb würbe wohl baran benfen, 
wenn nor ber Ifauptoerhanblung über eine fpaft be§ Ange= 
flagten gu entfd)eiben wäre, baff ba§ gur ©ntfcfjeibung be= 
rufene ©erid)t an bie rechtliche Auffaffung ber Xat gebunben 
fei , bie im @röffnung§befd)luff gum AuSbrucf gebrad)t ift. 
©Sollte man bie§ nicht ebenfo für ben Anfcfjlujf be§ f)?ebenflä= 
ger§ annehmen, fo würbe ein Anfd)tußbered)tigter baburcl), baß 
in bem feiner ©inwirtung nid)t unterftellten ©röffmtng§be= 

3a$r6il4er bet äSilrttemberg. Jietbtbpflege. XV. 1. S 


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66 ©titfdjeibungen be§ Dberlanbe§geridjt§. 

fdjlufj ber ilp pm 21nfd)luj3 bered)tigenbe rechtliche ®efid)t§» 
punft aufjer ad)t gelaffen rourbe, um einen roefentlidjen Seit 
feines lHed)t§, in jeber Sage bc§ Verfahrens fid) anpfdjliefjen, 
gebrad)t roerbett l ). 

33efd)lufj cont 7. Quli 1902 gegen Slnna fDlüller SBroe. 

2 . 

Unter ben non ben JJalifriliebörbrn p Perljntung »an 
(Srfaljr für fcbru mtb (Selmtbljeit non Plrnfriirit er» 
laffenen Unordnungen des $rt. 32 J. 5, JJal.5t.05. ftnb 
nirijt nur allgemeine, fanbern and) faldje Unordnungen 
?n »ergeben, bie für einen einfelnett lie|timmtrn jFnll 
erlnlfeit merbett. 

31u§ ben 

© r ü n b e n : 

9fad) ber tatfäd)lid)en ^-eftfteUung be§ angefoditenen Ur» 
teil§ bat ba§ ©tabtpolijeiamt ©t., nad)bem fdjon im Sauf 
ber corf)ergegangenen ^abre mehrfache Klagen über bie non 
be§ lüngeflagten gabrif ausgebenbe ungeroöt)ulid)e Veläfti» 
guttg burd) Äaminruf? laut geroorben unb bie behufs 2lb= 
bilfe ergangenen unb com Ulngeflagten befolgten polifeilidien 
Sluflagen ohne ben erftrebten ©rfolg geblieben waren, ciel» 
mehr im Oftober 1900 eine erneute Verfdjlimmerung be§ 
3uftattbS unb cerftärfte Veläftigung ber Umroobner burd) 
9tufj erhoben roorben, am 16. s Jloc. bem Slngeflagten au§ 
©rünben ber geuer» unb ©efunbbeitSpolisei bie Auflage ge» 
madjt, mäbrenb furjer $eit pr •öeauffidjtigung nnb Unter» 
roeifuug feines .joeijerS SB. einen gelernten unb erfahrenen 
Sebrbeijer beipsiebeti. 3)iefe üftafjregel rourbe roefentlicb 
beSbalb geroäbtt, roeil bie Vufientroicftung ihrer 3lrt nad) 
eine llnregelmäjjigfeit in ber fpeipng cermuten liefj unb bie 
getroffene 21norbnung nod) befonberS im fpinblicf auf baS 
SebenSalter beS genannten erft 15jährigen .jpciserS gerecht» 
fertigt erfd)ien. 3>er Slngeflagte tarn ber ihm am 28. 9toc. 

1) SRotioe j. ©ntit). § 135; Sinne § 153 n. 4a- d, *204 n. 6, 
260 n. 5 ; ©tenglein § 153 n. 3, 5H.©.©. 33b. 7 ©. 437. 


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B. in ©traffacfjen. 


67 


eröffneten Sluflage mit bem ©rllären nicßt nacß, SB. fei ge» 
rtügenb inftruicrt, oßne aber eine ©infpraeße ju erbeben, unb 
bie übermäßige Vußentwidlung bauerte fort. ®ie barauf» 
ßiti gegen ben Stngeflagten wegen 9iicßtbefolgem> ber erteilten 
Sluflage auf ©tunb be§ Slrt. 32 3- 5 be§ ißot.©t.©. fowie ber 
3- 1 2K>f. 2 ber ©t. ortSpoli^eiticßen Vorfcßriften betr. bie fyern» 
ßaltung gefunbßeit§fcßäblicßen 5laminraucߧ im ©tabtbirei» 
tionSbejirf uom 4/10. ©ept. 1884 erfolgte Verurteilung ju 
10 9Ji. ©elbftrafe ift ber ©egenftanb ber 9ieoifion§befcßmerbe. 

$n bem genannten Slrt. be§ ißo[.©t.@. uom 27. J>ej. 
1871 wirb mit |jaft bi§ ju 14 Jagen ober ©elbftrafe bi§ ju 
60 9)1. bebroßt, wer außer ben im ©t.©.V. unb im gegen» 
wärtigen ©efeß befonber§ bejeießneten hätten ben oon ben 
^olijeibeßorben ju Verßütung non ©efaßren für Beben unb 
©efunbßeit non SJienfcßen ertaffenen Slnorbnungen ^uwiber» 
ßanbelt. SBie ßier oon ißoliseibeßörben im allgemeinen bie 
Siebe ift, oßne jmifeßen ßößeren unb nieberett ju unterfeßei» 
ben, fo ift aueß ber allgemeine 2lu§brucf „Slnorbnungen" ge» 
braueßt, unter bem ebenfomoßl ju allgemeiner ©eltung be= 
ftimmte Verorbnungen ober Verfügungen, al§ für einen be= 
feßränften Ärei§ ober einen einzelnen galt beftimmte SBei» 
fungen begriffen erfcßeineit fönnen. Jie einzige ©rense im 
©efeß ift bureß bie Vejeicßtuing be§ 3rceci§ ber Slnorbnung 
gegeben, ©efaßren für Beben unb ©efunbßeit uon SJienfcßen 
ju uerßüten. ©ben biefer 3 rce( * aber feßließt eine ein» 
feßränfenbe Slueüegung ber ©efeßc§worte gerabe^u au§, läßt 
uielmeßr anneßmett, baß ba§ ©efeß ba§ 3uroiberßanbeln 
gegen alle Slnorbnungen im gebaeßten ©inn mit Strafe be= 
broßt wiffen will 1 ). 

Jiefe Slnnaßnte wirb beftätigt bureß bie Vorarbeiten 
jum ©efeß. Slacßbem in ben 9)iotioen jurn ©efeße§entwurf 
einleitenb gefagt ift, baß ba§ VerorbnungSrecßt in ißolijei» 
faeßen in SBürtt. biSßer tatfäcßlicß uielfacß geübt worben fei, 
nießt oßne baß bei einzelnen Stnläffen bie VefugniS ber Sie» 

1) @ cf) t cf er , b. unb 5ßoI@tr.S8erf. in SSttbg. 3. 2(ufl. 

S. 265 n. 5. 

5* 


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68 (Sntfdjeibungen be§ Dber[anbeegerid)t§. 

gierung 511 folcfjen Verorbnungen beanftanbet roorben märe, 
baff baher bie ©infühtung be§ 9t.©t.@.V. ben 2lnlajj gebe, 
biefen ©egenftanb in angemeffener Söeife 311 regeln 1 ), mirb 
jum 21. 29 $. 5 be§ ©ntrourfS ber ruörtlicf) in ben 21. 32 
be§ ©efetjeS übergegangen ift, bemerft, biefe Veftimnuing 
merbe mit 9iücffid)t barauf für notroenbig erachtet, bafj e§ 
nicht möglicf) fei, alle fyälle jittn »orau§ erfchöpfenb ju be= 
jeid)nen, in benen bie 'fSolijei ju 2 lbroenbung non ©efaljren 
einjufdjreiteu »eranlapt fein fönne, unb es baher biird) ba§ 
öffentlidje Qntereffe ßeboteu fei, ber ^olijeiucrmaltung für 
folrfje ©oentualitäteu ba§ 9ied)t ber ©rlaffung entfpred)en= 
ber 2 lnorbnungen unb ber SDtittel ju itjrer Durchführung 
but'd) ba§ ©efep ju magren. Diefer ©ebanfe mirb ju bem 
2lrt. 49 ff. be§ @ntraurf§, gleicfjlauteub mit bem 2lrt. 51 
beS ©efepe3, in benen ba§ „Verorbnungsred)t in ißolijeü 
fadien" geregelt ift, mit ben SSorten roieberholt, bie 2 tot= 
menbigfeit, polijeilidie 2 lnorbnungen , melche bem (Staate 
bürget geroiffe Verpflichtungen auferlegen, unabhängig non 
bem burd) bie Verf.Urf. pnädjft oorgefehenen 2öeg ber ©e= 
fe^gebung, burd) Verorbnung ober SJHnifteriatoerfügung ju 
erlaffen, unb ba§ 23ebürfui§ ber ißolijeibet)örben, ein lKed)t 
ju ©rlaffung berartiger Vorfcf)riften ju befi^en, fei in ber 
2 lufgabe ber ^ßolijei, bei ber gürfarge für ba§ öffentliche 
2Bohl bem mitunter rafdjen 2Bed)fel ber Vebürfniffe beS 
menfcf)lid)en £eben§ gebüt)renbe ^Rechnung 311 tragen, bejie= 
f)ung§roeife bie lotalen Verf)ältniffe tunlich ju beriicffiditigen, 
in bem ÜJlajj begrünbet, bap hierüber eine 9)teinung§ner= 
fd)iebenheit t'aum beftehe, unb es fid) mohl nur barum haubein 
merbe, bas ben Vehörben eiujuräumenbc Verorbnung§recf)t 
in 2 lbfid)t auf feine ©rennen unb bie 2 lvt ber 2 lu§übung 
näher ju regeln 2 ). 

$n Uebereinftimmung ift im $ommiffionsberid)t ber 
Kammer b. 2lbg. bie Veftimmung ber 3- 5 furj bainit für ge= 
red)tfertigt erflärt, bafj bie Verfehlungen in ben oerfchieben* 

1) SBerh- ber St. b. 2I6g. 1870-72, 1 »b. 1 6. 329. 

2) *ert)- cit. S. 333, 343 


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B in Straffadjcn. 


69 


ften formen auftreten, bie unmöglich im oorauS feftgcfteKt 
werben fönneu, unb wirb ju 2lrt. 49 ff. beS (Entwurfs ein* 
geljenb befprocfjen, bafs gegenüber ber LXnftdjerf)eit beS bis 
bat) er geltenben ÜiedjtS (in (Ermangelung einer unbeanftan* 
beten gcfetflidjen ©runblage) im neuen ©efet) baS 23erorb= 
nungSredjt beftimmter begrenjt roerben folle, wobei einerfeitS 
ber ©runbfat} ber üßerf.Urf. ju watjren fei, baff tiiemanb 
anberS als in ben int ©efct) beftimmten fällen beftraft wer* 
beu bürfe, anbererfeitS aber nid)t ju oerfennen fei, maS aud) 
non ber VolfSoertretung ftetS anerfanttt roorbett, baff auf 
bem ©ebict ber s |?oli 5 ei nid)t alle einzelnen ©ebote unb Ver* 
bote burd) baS ©efet) geregelt werben f'önnen, baff nielmeljr Rie- 
bet bie lofalett Verljältniffe unb bie .ßcitumftänbe bie S0XögIid)= 
feit forbern, biefeS ©ebiet in einjeltten teilen burd) bie beweg* 
lidiere VerorbnungS* unb Verfügungsgewalt ber Regierung 
unb ber mit ber fpolijei betrauten Staatsorgane ju orbnett 1 ). 
Siefen 2luSfübrungen ift in ben Verbanblungen ber Kammer 
ber 2I.bg. wie non feiten ber Kammer ber StanbeSl)erren 
ein Üöiberfprucf) in Stbfidjt auf bie bem ©efetj ju gebenbe 
Auslegung uidjt entgegengefjalten worben 2 ). 

£jn eben biefem Sinn wirb aud) feittjer baS poliseilidje 
VerorbnungSredjt fortwiifyrenb uubeanftanbet auSgeübt, wie 
ba§ tägliche Sehen geigt, unb eS fjat inSbefonbere in Sadjett 
ber ©efunbljeitSpolisei non feiten be§ VermaltungSgeridjtS* 
tjofS riri)terlid)e 3tnerfennung gefunbeu 3 ). 

©rfcf)eiut fjienad) eine oott ber ^olijeibeljörbe beljufS 
Vergütung einer ©efunbljeitSgefäfjrbung getroffene Slnorb* 
nuttg für einen einjelnen fyall ol)ne weiteres auf ©runb beS 
§ 32 3- 5 f fl3.St.@. als ftattfjaft unb itjre 9tid)tbcfolgung 
unter bie Strafbeftimmung biefes 2lrt. fallenb, fo fommt 
nod) f)ingu , baff ber ©enteinberat St. fid) in iUnwettbung 


1) ©benba B. 511, 515 ff. 

2) 3Jerf). b. St. b. 2lbg. 1870—72, 2 tßrot. 33. B- 695, 195, 769; 
SBerlj. b. St. b. StbSf)- 1870—72 1 33cit. 33. B. 155; 1 5ßrot 33. B. 201. 

3) 9lnü§bl. b. 9Jtin. b. Innern uon 1880 ©. 102. 1886 B. 225. 


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70 ©ntfdjeibungcn bei DberlanbeggeridjtS- 

eben biefesi 2lrt. uub be§ 2lrt. 51 s J$.St.@. ueranlafjt gef eben 
bat, unter bern 4. September 1884 befonbere ort§potiseilid)e 
Borfd)riften betr. bie ffernbattung gefunbbeit§fd)äblicben Sa* 
minrauebs ju erlaffen, bie nad) gemäß Slrt. 53 2lbf. 1 biefeS 
©efeßeg erfolgter Prüfung burd) bie oorgefeßte Stabtbiref= 
tion am 10. b. 9Jt. uerfünbigt mürben. 1 ). |)ier wirb jur 
möglicbften Verhütung oon @efunbbeit§befcbäbigungen, meldje 
in ben befonberen Verbältniffen ber Stabt St. au§ ber $5urdjs 
feßung ber Suft mit iKaud), äiuß unb fcßäblidjen Verbren* 
nung§gafen für bie Sinroobnerfdjaft entfteben, unb unter 
^nnroeiä auf bie Strafbrobung be§ 2lrt. 32 s .ß.St.©. ber 
Qnbabec einer ffeuerungsantage oerpflidjtet , ben ihm im 
gefunbbeitspo(ijeilid)en ^yntereffe uon ber s J5olijeibebörbe im 
einzelnen gatl gemad)ten, bie 2lrt be§ Söetriebö ber 2lnlage 
betreffenben Auflagen naebsufomnten. 

Ohne s Jied)t5irrtum bat bie Straffammer eine Sluflage 
biefer 2trt in ber bein Slnget'lagten erteilten SBeifung er= 
blieft. Ob im einseinen ff-atl ein Äaminraud) gefunbbeitsge* 
fäbrbenb fei, ift £atfrage unb in erfter l'inie ber Beurtei* 
lung ber sunäcbft pftänbigen CrtSpotiseibebörbe anbeimge* 
ftellt, in St. nad) Slrt. 25 be3 ®ef. oom 6. $uli 1849 betr. 
einige Slbänberungen unb ©rgänjungen ber @be.=C. unb 
2lrt. 20 be§ ©ef. com 21. Vlai 1891 betr. bie Vermattung 
ber ©emeinben sc. ber Beurteilung be§ StabtpolijeiamtS. 
Stad) ber tatfäd)tirf)en fyeftfteüung ber Straffammer bat biefe 
Beßörbe bie {frage bejaht unb biejenige Slnorbnung getroffen, 
bie fie für groecfentfpredjenb eradjtet bat. fMemit b«t fie 
lebiglid) innerhalb be3 ihr suftebenben @rmeffen§ gebanbelt. 
9)tit 3ted)t roirb oom uorigen Sticßter bemerft, bafj bem 2tn= 
geftagten freiftanb, bagegen ben SBeg ber Befdjmcrbe an bie 
uorgefeßte Bebörbe s« ergreifen, fall# er bie angenommene 
©efäbrbung nidjt ansuerfennen ober bie gegen fie getroffene 
Slnorbnung nicht für angenieffen ober suläfftg ju batten uer-- 
mod)te. 35ie eigcnroillige 2tid)tbefo(gung ber Sluflage aber 
Sog gefeßlidjer Orbnung gemäß bie erfannte Strafe nach fidj. 

1) atmtsbl. b. SJtiu. b. Q. uon 1884 3. 383. 


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B. in Straffndjcn. 


71 


Urteil gegen BiüUer roegen Uebertretung im Sinne 

oon 21rt. 32 3- 5 beS 'JJ.St.©. 

3. 

Jhtm Ergriff öc$ übermäßig ftßneUen jFaßretts im 
gtimte bes § 3(56 3- 2, £t.©.j3. in ber $nmenbnng nnf 
ISoiöruJttgeufaljrten. 

3lu§ ben 

© r ü n b e n. 

Rad) ben Jeftftellungeu bes angefochtenen Urteils ift 
bet Rngetlagte am 30. Sluguft o. 3S. SttittagS gegen 12 Ußr 
in U. oom beginn ber DrtSftraße an jroar langfamer als 
juoor, aber troßbem mit ber ©efcßroinbigfeit eines ftarf 
galoppierenben i)3ferbS mit feinem Btotorroagen gefahren, 
.piemit hat er, roie baS Urteil annimmt, baS juläffige 2Jiaß 
ber 3raßrgefcßroinbigfeit überfcßritten unb ficß baßer ber 
Uebertretung beS § 336. 3- 2 St.©.®, fcßulbig gemacßt, 
ber ben mit Strafe bebroßt, ber in Stabten ober Dörfern 
übermäßig fdjnell fäßrt ober reitet. 2)ie Reoifion roill in 
biefer Rnnaßme eine Verlegung ber materiellen Rechtsnorm 
beS genannten §, nämlich eine Berfennung beS 'Begriffs beS 
übermäßigen fcßnelten gaßtenS erblirfen. tiefer Begriff ift 
aber ein roefentlicß tatfäcßlicßer , ber ficß nacß ben 9lnfcßau= 
ungen beS gemeinen SiebenS beftimmt. ®r mag je nad) ben 
Umftänben, roie ittSbefonbere nacß ber Belebtheit eines Orts ’) 
oerfcßiebener Sluffaffung fäßig fei«, jebenfallS aber !ann eS 
ficß nid)t um ein red)tlicßeS jjtren ßartbeln, roenn ein $aßreti 
als übermäßig fdptell erfannt roirb, baS ber ©efeßroinbigfeit 
eines ftarf galoppierenben iJJferbeS gleicßfontmt, baS alfo 
über bie für ^ußrroerfe allgemein üblidje unb jumal in OrtS= 
ftraßen nacß tj 5 3*ff- 5 ber B.C. betr. Borfcßriften über 
bie Benüßung öffentlid)er Straßen oom 6. $uli 1873 2 ) über* 
ßaupt ftattßafte ©efd)ioinbigfeit unftreitig ßinauSgeßt. 

2)ie Reuifiott roill jroar barin einen RecßtSirrtum er= 

1) 58 e r n e r , Seßrb. b. ®. Strafrecßt«, 18. 2tufl. ©. 701. 

2) Reg.Söt. 1873 ©. 295. 


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72 


©ntfdjeibungen be§ öberlanöe3gertct)t§. 


blicfen, baß nad) bem Urteil bie Ueberfcßrettung eine§ ge= 
roiffcn 92ormalmaße§ ber Scßnelligfeit immer flrafbar fein 
mürbe, gleichgültig welcher 9lrt ba3 gußrroerf fei, anftatt 
baß auf bie Söefdjnffentjeit be§ ffubrroerfs Dtücfficfjt genom= 
men roerbe, ob biefe§ bei ber eingehaltenen ©efdjroinbigfeit 
ein fofortige§ Hinhalten geftatte ober nidjt ; menn baßer aud), 
roirb au3gefüßrt, bie ©efchroinbigleit eine3 ftarf galoppieren 
ben ißferbe§ unbebingt eine übermäßige fei, roeil bei einem 
foldjen s ^ferb ein plößlid)e§ Slnßalten nid)t möglich, fo fei 
bod) biefetbe ©efchroinbigleit bei einem 9)2otorroogen, bel- 
auf ber ©teile angehalten roerbett fötute, feine übermäßige. 
$n biefer Besießung ift im Urteil aud) auSgefprodjen, baß 
ber Behauptung be3 Utngeflagten , er fönne feinen 9J2otor= 
roagen auf einen 3J2eter ©ntfernung jum ©teßen bringen, 
ooller ©laube gefdjenft roerbe, bantit alfo bie 9)2öglid)feit 
folcß plößlicßen 2lnßalten3 tatfäcßticß feftgeftellt. 9Jfit 92ecl)t 
roirb bem aber lein ©eroidjt beigelegt unb roirb al3 uner» 
ßeblicß bejeicßnet, ob burd) ba§ Sußrroerf be3 Slngetlagten 
jentanb gefäßrbet roorben fei. 

$a§ Borbringen ber Sfeoifion mürbe nämlich fcfjon bes= 
halb nid)t al§ ftid)ßaltig anjuerfennen fein, roeil bie 9)2 ö g= 
l i d) f e i t plößlidjen 2lnßalten3 nod) feine ©ernähr bafüt 
gibt, baß ber fyaßrenbe aud) roirflicß oon biefer 9)2öglid)feit 
©ebraud) macht, baß er biejenige Borfidit unb 2 Iufmerffam= 
feit anroenbet unb im Befiß berjenigen ©eiftesgegenroart 
unb rafd)en Befonnenßeit fid) befinbet, bie baju gehören, um 
im gegebenen $atl jene med)anifd)e 9)2ögtid)feit in bie rid)= 
tige SBirfung ju feßen. ©o roirb 5 . B. in ber Berf. be3 
9)2in. b. Innern betr. ben Dtabfabr^Berfeßr 00 m 16. ©ep= 
tember 1888 § 2 9lbf. 4 ’) nur für langfameS fahren mit 
bem 92ab auf bie 9 Jlöglid)t'eit eitte3 ülußalteue; auf ber ©teile 
92üctfid)t genommen, fpieoon fantt inbe§ ganj abgefeßett 
roerben. ®eitn im unjroeibeutigeu Unterfcßieb uom jroeiten 
fyall be§ § 366 Q. 2 ©t.@.B. , ber nur ba§ mit gemeiner 
©efaßr uerbunbenc ©infaßren ober 3 ureiten oon ißferben 
1888 ©. 319. 


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B. in Straffadjen. 


73 


unter ©träfe ftcllt, mirb an erfter 'Stelle bas übermäßig 
fdptelle gal) reu ober fKeiten in ©tobten ober Dörfern ganj 
allgemein unb otjne 9iücffid)t auf eine befonbere ©cfatjr uer= 
boten. ftommt alfo eine befonbere ©efahr nidjt in grage, 
fo tann e§ aud) oon feiner Vebeutung fein, ob biefer @e= 
fat)r oermöge ber '-Bcjdjaffeuljeit bes gut) r in er f 5 t)ätte be= 
gegitet merben fönnen ober nidjt. ©elbftoerftänblid) ftel)t 
bem aud) nidjt entgegen, haft ber ©runb beS Verbots atlju 
rafdjen gaf)ren§ in ber allgemeinen ©efäf)rlid)feit fotdjen 
gatjren§ gelegen fein mag, beim gerabe biefe allgemeine @e= 
fäl)r(id)feit erflärt es, bafj and) bas Verbot gans allgemein 
gebalten ift, bafj bas ©efet) fiter, toic in 'Jtedjtfpr. b. 91.©. 5 
©. 605 gefagt ift, ein reines gormelbelift gefrijaffen bat 1 ). 

Urteil gegen SJtartin 3immermann BOm ] 4 . Voobr. 1901. 

4. 

Pit ^troffmrhcit bes jrärkrn& tum (ßierteigumren im 
pinn ber 3iff- 1 nnb 2 bes § 10 brs ilgef- bftr. beu 
jtlrrkeljr mit llalirnngsmittrln. 

®ie 9ieoifion ber ©taatSanroaltfdjaft behauptet Ver= 
leijung materiell rechtlicher formen burd) 'Jlidjtanroenbung 
ber Strafoorfdjriften beS § 10 Ziffer j un b 2 be§ 9ieid)s= 
gefe^eS uoin 14. SOtai 1879 betr. ben 33erfet>r mit 9tahrung§= 
mittein. ®em 9tecf)t§mittel mar jebod) ber ©rfolg ju oer= 
fagen. Qn bem angefochtenen Verufungsurteil ift folgenber 
©admerhalt feftgeftellt: 

®ie Slngeflagten , melche gemeinfehafttid) eine ©ierteig* 
roarenfabrif in jß. betreiben , haben neben echten , nur au§ 
Sierti , 3M)l unb SBaffer befteljenben ©ierteigmaren foroie 
neben Jeigmaren ohne jeglidjcn ©ijufatj oerfd)iebene ©orten 
oon ©ierteigmaren hergeftellt, meldjen fie ju ben 33eftanb= 
teilen oon 2)tebl, ©ijufatj unb Söaffer eine Veimifdjung oon 
einem gelb färbenben ©toff, bem fog. 9)tartiusgelb gaben. 
®er garbjufah erfolgte babei in umgefehrtem Verhältnis 

1) SJergl. aud) D l § b a u f c 11 60 m. § 366 311 nr. 2. n. a., 8 üd)f. 
Stunalen 58. 9. ©■ 301 — 2. 


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74 ®ntf Reibungen bei CberlanbeigeridjtS. 

sum ©ijufatj, je geringer ber teuere, um fo ftärfer ber 
erfterc : ei trat aber eine 5Berfcf)tecf)terung ber Jeigroaren 
burd) ben fyarbjufab nicht ein, fie befamen roeber eine ge= 
funbheitfd)äblid)e ©igenfebaft , tiod) mürben fie baburcf) ge= 
ringroertiger gemacht. SBäljrenb bie Slngefl. bie feinen @i= 
jufalj enti)attenben Jeigroaren, roeldje gleidjfalli gelb gefärbt 
mürben, unter ber auibrüeftidjen Bejeicbnung „Jeigroarett, 
ebne ©ier" in ben ßanbel brad)ten, haben fie bie gefärbten, 
©ierbeftanbteile enthaltenben Söaren unter ber Bezeichnung 
©ierteigroaren ohne einen bie Färbung anbeutenben Sßernterf 
jum Verlauf gebradjt unb jmar biefe auifdjließlid) an 3roi= 
fcfjenbänbter , non roeldjen aui ber meitere Slbjat) an bai 
fonfumierenbe Ißublifum erfolgte, an letzteres; haben fie felbft 
nur an ihrem 9Jieberlaffungiort ^3. unb jmar auifdjliejjlid) 
ed)te ungefärbte ©ierteigroaren abgegeben. 3)ie groifdjen* 
Ijänbter batten Kenntnis uon ber Hebung bei fyärbeni, fo* 
rcie vom SJiafj bei fyarbge()alti ber einzelnen Sorten, für 
roeldje bie greife nach bent ©rab bei ©ierjufafcei abgeftuft 
roaren unb ei ift bei ihnen burd) bie gelbe $arbe ber ©ier= 
teigroaren eine Säufdjung über einen in BMrflicbfeit ge= 
ringeren ©igehalt nid)t erregt roorben. 3)ie Ülitgefl. haben 
aber aud) nicht in ber s Jlbfid)t ber Säufd)ung bei faufenben 
ißublifumi burd) ihre .ßroifdjenbänbler, nod) in ber Boraui» 
ficht ber 3Jtög(iri)feit einer fold)eu Säufcbung bie gefärbten 
©ierteigroaren bergeftellt, oielmebr mit ber Beimifdjung bei 
fyarbftoffei nur einer ©efd)inacfirid)tuug bei 'jiublifumi dted)= 
uung tragen mollen, uon meld)er fie burd) bie 3 ,l, iid)en= 
bänbler ffenntnii erlangt batten. 

Stuf ©runb biefei Sacboerbalti bat bai Berufungige= 
rieht bai Satbeftanbimerfmal einei Berfälfd)eni ober 9iad)= 
madjeni im Sinn bei jit. § 10 oerneint unb auf greifpre* 
djung erfannt. ©egen biefe fyreifprecf)ung fämpft bie tHe* 
oifion ber Staatianmaltfd)aft mit ber 'Behauptung an: ®ie 
2fngefl. hätten baburd), baß fie aud) ihren billigeren fog. 
©ierteigmaren biefelbe gelbe fyarbe gaben, roie ben teurem 
unb mie fie bie nicht gefärbten JBaren uon ihrem mirflichen 


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B. in Stvaffacfjen. 


75 


©igehalt befißen, ben elfteren ben ©djein einer befferen Be= 
fd) affen tjeit oerließen, roe§t>alb ber Jatbeftanb ber $iff. 1 
be§ § lü als gegeben anjuneßmen fei unb bamit auf ©runb 
bejüglicßer weiterer (Einräumungen ber 2lngefl. aud) berjenige 
ber 3*TT. 2. @S wirb ijiefiir auSgefüßrt: bie Slngefl. feien 
itjrer Berpflicßtung nid)t naeßgefommen, bent fonfumierenben 
fßublifum jeberjeit bie Btöglicßfeit ju gewähren, ju erfennen, 
baß bie intenfioe gelbe fvarbe nießt auSfcßließlicb bejw. wie 
bei ber ©orte 9fr. 4 überhaupt nicht oom (Eigehalt berührt, 
baS ißubtifum fei, foweit eS nicht jufäUig ober auf fpejielle 
Bacßfrage &enntniS nont wahren ©runb ber gelben fyarbe 
erlange, in feinem Vertrauen beim ©infauf oon ©ierteigwaren 
getäufd)t worben. 

^piebei wirb iiberfehen, baff baS Berufungsgericht bieS= 
bezüglich im fontreten galt ju einem anberen tatfäd) liehen 
(Ergebnis gelangt ift, fowie baß baS bloß objeftioe Bterfmal 
einer Berfälfcßung, foweit eS in ber Beintifcßung eines fremb= 
artigen jur beftimmungSmäßigen ^erftellung beS betreffen* 
ben BabrungSmittelS nid)t erforberlidjen ©toffeS mit ber 
jjolge einer Beränberung beS äußeren SlnfeßenS unb ber 
möglichen $eroorbringung beS ©djeinS einer befferen Be= 
fd)affenheit gefeßen wirb , ben Jatbeftanb ber Ziffer 1 beS 
§ 10 nur unter ber weiteren BorauSfeßung erfüllt, baß jene 
S9eimifd)ung „jurn ber £äufcßung im $anbet unb 

Berfeßr" erfolgt ift. Bur wo bie Beimifcßung beS fremben 
©toffeS, oorliegenb alfo bie Slnwenbung beS jyarbftoffS als 
Biittel benütjt wirb, ber SBare ben Schein einer beftimmten 
befferen, wertoolleren Befcßaffenßeit , ßier ben Sd)ein eines 
hößeren als beS in Söirflicßfeit oorßanbenen ©iergeßaltS ju 
oerleiben, wo fonüt bie Slbftcßt ber Blanipulation auf bie 
Üäufdjung über baS Üöefen unb ben äöert ber 'ißare ge= 
rießtet unb bie Blanipulatton infoweit fpefulatio ift, 
liegt in ber Ulnroenbung beS fyarbftoffs eine ftrafbare iäu= 
feßung im Sinn beS ©efeßeS; wo fie bagegett nur auf baS 
beforatioe, ber ©efcßmacfSricßtung beS ißublifumS ju= 
fageitbe 3luSfeßeu ber Söare berechnet ift, lebiglicß in beut 


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76 ®ntf(f|eibungen be§ Cberlanbe§gevid)t3. 

i)ie $arbe fchäpenben, atfo bas Sßefen unb ben 9Bcvt beS 
StahrungSmittelS felbft nicht beriibrenben ©efdjmacf beS s J5ubli= 
fumS itjven ©rutib hat, ba entfällt bie 21nnahme bei - Jäu= 
fdpmg. Cb ba§ eine ober bas anbere jutrifft, ift eine me= 
fentlid) tatfäd)lid)e auS ben fonfreten 38erf)ättniffen ju beant-- 
roortenbe 3 - rage. Vorliegetib bat ba§ VerufungSgeridjt biefe 
VemetSfrage bat)in beautmortet, baff bie Slngeflagten burd) 
ben garbpfap nur einer geroiffen Steigung unb ©efdjntacfS* 
rid)tung be§ fßublifumS ttadjgegebeu unb in feiner Sföeife 
eine SEäufd)ung beffelben begiigtid} ber Cnalität ber SBaren, 
fpejietl bezüglich beS ©rabeS beS ©ierjujatjeS beabfidjtigt 
haben; ebenfo mürbe oerneint, baff burd) baS färben eine 
93erfrf)ted)terung ber fyabrifate eingetreten ift, näberbin baff 
biefe meber eine gefunbbeitfd)äblicbe ©igenfdjaft befamen, 
maS allerbingS für ben Satbeftanb beS § 10 überhaupt nicht 
in grage t'ommt, noch baff fte baburd) in irgenb einer Sßeife 
minberroertig gentad)t mürben. ©S ift bezüglich ber 3mi» 
f d) e n b ä n b I e r , an meldje bie Stngeflagten bie gefärbten 
©ierteigmaren auSfdjtiejjlid) abgefetjt haben, ausbrütflid) feft* 
geftellt, baff mit ber fperftellung ber gefärbten ©ierteigmaren 
eine Säufcbung biefer Slbnehmerfreife gar nicht erfolgen tonnte 
unb follte. Vejüglicf) beS fßublifuntS ift im VerufungSurteil 
jutreffenb auSgefübrt, baff eine Verfehlung gegen § 10 3iff. 1 
uorläge, menn bie Slngeflagten in ber ülbfidjt ber £äufd)ung 
beS fßublifumS burd) ihre 3n)ifcf)enbänblei ober in ber Vor» 
auSficf)t einer folchen 9)töglid)feit ben fyarbftoff beimifdjen 
mürben. TaS Vorliegen ber JäufdjungSabficht ift aber bireft 
oerneint unb bie Sinnahme, baff bie Slngeflagten mit einer 
foldjeit 3)töglid)feit red)neteu ober rechnen mufften, ift mangels 
jurcichenber 2lnt)attSpuutte oermorfeu morben. 2)iefe §eft= 
ftellung beS 33erufungSgerid)tS liegt auf rein tatfäd)lid)em 
©ebiet, ift atfo ber ^Nachprüfung burd) baS SteoifionSgeridjt 
nach SNajfgabe beS § 376 ber St.fß.D. entjogen unb bap 
etrna bie angeftellteu ©rmägungen, auf metd)en jene g-eft« 
ftellung beruht, oott einem StedjtSirrtum beeinflußt mären, 
ift nicht erfid)tlid). 


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B in Straf facbeit. 


77 


4?ienad) erfdjeint bie Diügc bet SReoifton inforoeit ber 
£atbeftanb eines Vergehens im ©inn beS § 10 3iff- 1 beS 
yiahrungSmittelgefetjeS in Jrage fommt, als unbegriinbet. 
®er Satbeftanb ber 3ifi er 2 beS jit. 8 10 toirb non ber 
Sieoifion nur für ben fyall als gegeben angenommen, baff 
eine Verfehlung gegen Die Ziffer 1 oorliegt. 2lbgefel)en ba= 
non, bafj letztere VorauSfetgtng nicht jutrifft, fommt f)ier in 
Vetradjt, baff ber Verlauf ber gefärbten ©ierteigroaren nur 
an bie 3 r °ifcf)enf)änbfer feitenS ber Slngeflagten erfolgte unb 
baff biefe 3mftf)ent)änbler nac ^ j) er getroffenen ^eftftellung 
bie Veimifchung beS 7vavt>ftoff§ fannten, t)ienacf) oon einem 
bemühten Verfdjtoeigen, mie eS § 10 $iff. 2 erforbert, im 
Verhältnis ber 2lngcflagten 31t ben 3 n> if c ^ en ^ &nb lern als 
ihren unmittelbaren 'Abnehmern oon oornherein nid)t bie 
Rebe fein fann. ©in etmaigeS Vetfdjmeigen beS SJrarbju» 
fat^eS feitenS ber 3nnfcf)enhänbler gegenüber bem faufenben 
Vublifum fönnte nur unter ber Vorausfetjuug ber Mittäter* 
fchaft ober ber mittelbaren £äterfchaft (Venütjung ber 3uu= 
fchenhänbler als SBerfjeng) ober auS bem ©efidjtSpunft ber 
^Beihilfe bie ältigef tagten tiadi 3iff- 2 beS § 10 ftrafbar 
machen. Qm »orliegenben galt erlebigt fid) biefe grage je» 
hoch bereits burd) bie ju 3>ff- 1 § 10 getroffene bitibenbe 
geftftellung beS VerufungSgeriditS , bafj toeber bie Slbfidjt 
tiod) baS Veroufjtfeiu einer $äufcf)ung auf ©eiten ber üln» 
geflagten ermeiSlid) oorliegt, alfo auch nicht ein geffiffent» 
licheS Verfchroeigen unb baß bie befonbere gelbe Färbung 
ber mit ©ierbeftanbteilen oerfebenen Veigtoaren uid)t gefdjah, 
um benfetben ben ©cf) ein einer befferen Vefdjaffenheit unb 
einer höheren fßreiSroürbigfeit ju geben, fonbern nur um 
einer bcjüglicfjen @efd)madSrid)tuug beS fßublifuntS entgegen» 
jufommen. ©ben Ijiemit ift fetjon ber ftrafredjtlidje Vegriff 
ber gätfdiung im ©inn beS § 10 jit. 9teid)SgefeheS uer= 
neint, toelcber nach Öen Materialien beS fehleren mie nach 
ber fonftanten 9ted)tfpred)ung >) überall ba uicf)t jutrifft, :oo 

1) Vect)tfpr- iH.©. 93b. IV @. 174, 519, Sntfcf). 9t.@ in Straff. 
91b. 37 6, 73. 


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78 


(Sntfcfjcibungen be§ OberInnbe§gerid)t$. 


nur baS äußere Slnfehen ber SBare ohne Ginwirfung auf 
beren eigenes äBefen unb SBert jurn Qmecf bet - Befriebigung 
einer ©efchmacfSneigung beS NublifuntS oeränbert wirb. 
$iemit ift oorliegenb and) bie Nidjtanroenbung ber Qiff. 2 
§ 10 auSreidjenb gerechtfertigt. 

Sind) fonft lägt baS angefocfjtene llrteit in rechtlidier 
Bejieljung feinen SBerftojj erfennen. Qroar hat bie Straf» 
fainmer als SluSfprud) beS ©actjoerftänbigen angeführt, baff 
wenn bie Gibeftaubteile nod) ju phpfiologifcher SBirfung ge» 
langen fallen, auf 400 gr Jeigmateti minbeftenS ein |)üb= 
nerei ju fommen fyabt, nmhrenb nach ber getroffenen Qeft» 
ftellung bie Slngeflagten Seigmaren, in weldiett auf 1500 gr 
SOtehl nur ein Gi fontmt, noch unter ber 'Benennung als 
„Gierteigmaren", „Giermaccaroni“ in ben $anbel bringen. 
GS fötmte fich alfo fragen, ob hievin niefjt eine unter § 4 
beS ©efe^eS jur Befcimpfung beS unlauteren SB e 1 1» 
b e io e r b S oom 27. SJtai 1896 juftellenbe, jur Irreführung 
geeignete Eingabe tatfädjlidjer Slrt jii finben fei. Mein ab» 
gefehen uon ber fyrage, ob ben Slngeflagten bie angegebene 
©renje einer phqfiologifdjeit Söufung bis babin befannt 
nun - , fonüe abgefehen oon ber weiteren Qrage, ob eS fich nad) 
Inhalt ber Slnflage nid)t fomohl um einen oeränberten red)t= 
liehen ©efichtSpunft im Sinn beS § 264 ber St.N-0. als 
»ielmet)r um eine anbere £at im Sinn beS § 265 a. a. £). 
hanbeln mürbe, fehlt eS jebenSfallS an beut nad) § 12 jenes 
©efe^cS jur Strafoerfolgnng erfotberlidjen Antrag. Qm» 
merhin erfdieint eS angenteffen, ben Slngeflagten biefeit ©e= 
fid)tSpunft hier oor Singen ju führen. 

Urteil oom 27. Quni 1900 gegen Qmmenborfer unb 
Sd)iile wegen BergeljenS gegen baS Nahrungsmittel» 
gefetj. 


5. 

JOir Herijisgültiglmt bes Jlrrbots brr Unkiutbiguug 
uon ©rhrimmiitrln nnb btrfrn glrirfjgrftrUtrn *ütoffrn. 


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b. in Straffadjen. 


79 


Pas fnbjrlitiue iterfdjnlii*« im Sinn brs ftrt. 28 » örs 

Jlal.$t.®pr. 

Rad) ben geftftellungen im angefodjtenen Urteil ift in 
bev oom 14. 9)iärs 1902 baticrten Rümmer 30 be§ 2 Imts= 
blattet für ben Vejir! V. ein Znferat folgenbeit Zubult^ 
erfd)ienen: „roer lungern, bruft* ober IjalSfranf ift, brauche 
3Beibemann§ Ruffifcben Snöterid), nur ed)t in ißaf. ä 1 504. 
oon 6 . 3Beibemann, Sieben bürg a. .£>at$ ju belieben", $ie 
Slufnabme be§ ZnferatS gefdjat) auf Veranlaffung bc§ Z e u= 
tralannoncenbureauS ©. S. 3). unb (£ie. in roeld)e§ feiner* 
feitS im Auftrag be§ Slngetlagten gebanbelt f)at. ®et (entere 
ift bierocgen mie aud) ber Rebafteur be§ 9lmt§blntt§ au§ 
2 lrt. 28 a Rol.St.©. beftraft roorben. Oiacf) biefetn 2 lrtifel 
ift ftraffällig „roer außer bem ^atle be§ § 367 Ziff. 3 unb 5 
öe§ R.©t.©.V. ben oom Riinifterium be§ Qnnern jum ©d)ub 
gegen ©efunbbeitSgcfcibtbung ober fcbroinbelbafte Ausbeutung 
beS fßublifumS erlaffetien Vorfcbriften über bie öffentlid)e 
Slnfünbigung unb ben Vertrieb non ©ebeimmitteln unb an* 
beren in biefen Vorfcbriften benfetben gteicbgefteltten Stoffen 
ober Zubereitungen, roelcbe jur Verhütung ober Teilung oon 
ÜJtenfcben* unb Üierfranfbeiten ju bienen beftimmt finb, 511 = 
roiberbanbelt". 21 uf ©runb biefer gefet)licben Strafbeftim* 
mung unb beS baS VerorbnungSrecbt in ^olijeifadien regeln* 
ben Art. 51 'fSol.St.©. finb bie beiben baS Verbot ber 
ötfentlid)en Anfünbigung oon ©ebeimmitteln betreffenben 
Verfügungen beS RtinifteriumS beS Qnncnt oom 26. Zuti 
1898 unb oom 14. Februar 1899 ergangen. 2>urd) bie 
elftere ift bas Verbot bet öffentlichen Anfünbigung oon ©e= 
beimmitteln, roe!d)e jur Verhütung ober Teilung oon SRen* 
fdjen unb Sierfranfbeiten ju bienen beftimmt finb, foroie bie 
jeioeilS im Regierungsblatt erfotgeube Vefanntgebung ber 
oom SRinifterium beS Qnnern ben ©ebeimmitteln gleicbge* 
ftellten anberen Stoffe ober Zubereitungen auSgefprocben, 
auf toeldje jenes Verbot gleid)fallS Anroenbung finbeu foll. 
$ie smeite Rtinifterialoerfügung forbert in § 1 , um ben Ve= 
griff beS ©ebeimmittels auSjufcbliefjen, bie Vefanntgebuug 


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80 


(Sntfcfjeibungen bei Dberlanbelgevidjtl. 


ber gufammenfe^ung foldjer 9Jlittef in ber Slnfütibigung 
unter genauer 21ngabe ber 23eftanbteile unb ihrer ©eroichtl* 
ober 3Rengenoerl)ältniffe, im § 2 roerbeu 13 einjetn oet* 
jeidjnete SRittel teill roegen if>rer SEBirfungllofigfeit teil# 
roegen ber frfjroiubeltjaften 2lrt ihrer 2lnpreifung uitb ihre# 
Vertriebs auf ©runb ber oorgenannten Verfügung bent Ver- 
bot ber öffenttidjen 2Infünbigung ohne Stücffi^t barauf unter* 
ftellt, ob ihre 3ufammenfet}ung befannt gegeben ift ober nid)t; 
unter biefen 9Ritteln ift aufgeführt: „Kräutertee, Diuff. Knote* 
rid) (Polygonum aviculare) oon @. SB. in 2. a. .£). 

SDie tReoifion bei Slngeflagten gegen feine auf ©runb 
ber angeführten SBeftimmungen erfolgte SSerurteitung rügt in 
erfter Jöinie eine 93erlehung bei ©efet^el biird) unrid)tige 
Slnroenbung ber 2lrt. 28 a unb 51 bei tßol.©t.©., ferner 
behauptet fxe bie IRcdjtlungiUtigfeit ber beibeit SRinifterial* 
oerfügungen oom 26. 3u(i 1898 unb 14. fyebr. 1899 foroie 
SSerletjung ber 9teid)§gefehgebung in Slnfcbung ber ©einerbe* 
freiheit, § 1 ff. ber 9teid)lgeroerbeorbnung. 2>iefe jRiigen 
finb jebod) nid)t begrünbet. 

2Rit Unrecht roirb bieSlnroenbung b e § 21 r t. 28 » 
foroie bei 21rt. 51 ißol.©t.®. auf ben »orliegenb feftgeftellten 
Sachoerhalt beanftanbet. ®enn biefer enthätt eine ßuroiber* 
hanblung gegen eine beftimmte, oom SRinifterium bei 3»' 
nern auf ©runb ber uorbejeichneten 2lrtifel28a unb 51 er* 
teilte 2Sorfchrift, näntlid) eine 3 unj ibevhanblung gegen bal 
SSerbot ber öffentlichen 2lnfünbigung bei ben fRatnen bei 
21ngeltagten tragenben, in bem Qnferat bei 21mtlblattl oott 
23. empfohlenen 2Rittell. 3)iefe SBerbot#t>orfd)rift aber ge* 
nießt, ba ein galt bei § 367 3- 3 u. 5 iR.St.©.23. nicf)t 
oorliegt, ben ©d)i© ber ©trafbeftimmung bei 2lrt. 28 a 
s f3ol.©t.®. ( fall# fie jum ©chi© gegen ©efunbheitlgefährbung 
ober fdjroinbelhafte 21u§bcutung bei s $ubtifuml erlaffen ift 
unb el fid) um ein ©eheimmittel ober einen anbereu in ber 
23orfd)rift bei 9Rinifteriuml bei Innern ben ©eheinunitteln 
gleidjgeftellten , jur Verhütung ober Leitung oon 9Renfcf)en* 
unb Jierfranlheiten ju bienen beftimmten ©toff bejro. eine 


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B. in Straffacf)en. 


81 


folcf)e Zubereitung ^anbelt. Söeibe 5Borau#fet}Ungen finb hier 
gegeben. ®enn bie ba# ermähnte Verbot enthaltenbe 2fti= 
nifterialoerfügung ift unter au#brücflicher Sejugnatjme auf 
bie Slrt. 28 a unb 51 be# SanbeSpoliseiftrafgefetje# ergangen 
unb e§ finb biefe al§ if)re ©runblage angeführt, worau# ftdj 
»on felbft ergibt, baf? bie im Slrt. 28 a geforberte Zu>erfbe= 
ftimmung ber Süorfdjrift p ©runbe liegt. Ob aber biefe 
Zwecfbeftimmung , nämlich ber ©dpt} gegen ©efunbheit#ge= 
fährbung ober fchroinbelhaftc SluSbeutung be# ißublifum# 
bie Stellung be# oom Slngeflagten oertriebcnen SJlittel# unter 
ba# 'Jlnfünbigung#oerbot erforberte unb tatfächlid) red)tfers 
tigt, ift eine nicht oom dichter fonbern oon ber pftänbigen 
oberften SSerwaltuugsbehörbe p entfcfjeibenbe $ragc, mie au# 
ben ©efeheSmaterialien beutlicf) erhellt ’)• ferner honbelt e§ 
ficf) oorliegenb nach bem oben jitierten Inhalt ber 9Jlinifte= 
rialoerfügung unsweifethaft nni einen ben ©eheimmitteln im 
Sinn be# Slrt. 28 a gleichgeftellten ©toff unb nicht um ein 
©eheimmittel al# foldje#, ober um eine Zubereitung, lieb» 
rigen# fann oöllig bahingeftellt bleiben, ob bie Annahme 
eine# ©eheimmittel# wegen ber fcfjoti im Flamen be§ SRittel# 
„ruffifdjer Knöterich" liegenben Eingabe ber S3efchaffenf)eit 
be#f eiben (Knöterich ift eine s fSflanjengattung ber ißoltjgoneen, 
befonber# befannt ber milbroachfenbe ißogelfnöterid)) unb 
ebenfo bie Sinnahme einer Zubereitung im ©inn be# ©efetje# 
wegen SJtangel# ber für eine folcfje erforberlichen S3orau§= 
fetpngen al§ au#gefchloffen p erachten ift, infofern ber Snö* 
tericl) jebenfall# unter ben '-Begriff „©toffe" fällt, welchen 
nach ber ftaiferlidjen SSerorbnung oom 22. Ot'tober 1901 
betr. ben SBerfeht mit Slrpeimitteln in bem ißerjeidjni# B 
ber bem SSerfauf in Sipotheten oorbehattenen ©toffe, $. SJ. 
aud) SBilfenfraut, ©d)ierling, ©tedppfelblätter, 33ted)wurjel jc. 
— alfo beftimmte ^flanjenarten au#brücflich beigejählt finb. 
SBentt aber bie Menifion unter ©toffen lebiglid) bie in ber 

1) «Dlotioe ju Slrt. -28 a. »eil. 131 3. 298/299, »eit). Stbg. St. 
1896, Stommiff. »er. »eil. 224 3. 492 SIbg. St. 1897, »rot. 7t bg. St. 
1897 0. 3564, »rot. 1898 3. 5207, 5205. 

3a&rbit$« Oer iffiürtteniber.j. :)lcd)täpf(eije. XV. 1. 6 


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82 föntfdjeibungen be§ Dberlanbe§gerid)t§. 

genannten ftaiferlicpen üBerorbnung bejeictjueten 9tot)ftoffe oer= 
ftanben roiffen teilt nnb bie entgegenftebenbe Sluffaffung beS 
93erufungSgericf)ts als eine SBerfennuttg bes ^Begriffs Stoff 
rügt, fo finbet biefe 2lnnaf)me ber Dieoifton tiid)t nur feine 
Unterftüpung , fottbern ihre birefte Söiberlegung fowopl in 
ber Kaiferlicpen SSerotbnung, als in ber (SntftchungSgefdpdjie 
be§ s ilrt. 28 a. 3)enn bie erftere bejeicfjttet nur bie in bem 
if)V angefd)loffenen äferjeichniS ß aufgeführten Stoffe als 
folcpe, welche auperpalb ber 'Hpothet'en nid)t feilgehalten 
ober oerfauft werben bürfen (§ 2) nnb gibt bamit feine ooll= 
ftänbige nnb abfdjliepenbe 3lufjäf)lung aller als Heilmittel 
in ®etrad)t fommenben Stoffe; bie Jatfacpe ber DJiditauf* 
jäptung bes fRufjtfdpen knotend) in biefem iBetjeicpniS fann 
beSpalb feinen 2lnt)alt bafür bieten, bap berfelbe nidit als 
ein ben ©epeimmitteln gleidjjuftellenber Stoff gelten biirfe, 
uielmepr bemeift fte eittjig unb allein bie 9lid)tjugef)5rigfeit 
ju ben bem ÜHpothefenoertrieb befonberS oorbepaltenen Stoffen, 
liefen lepteren folUen unb wollten jebenfalls bie uont Stanb= 
punft ber Heilfutibe oöllig gleichgültigen Stoffe nid)t beige* 
jafjlt werben, aber gcrabe fold)e werben häufig in fcpwinbel* 
Hafter , bie Seicptgläubigt'eit beS ißublifumS auSbeutenber 
SBeife als Heilmittel angeptiefen unb gegen biefe ridjtet fid) 
inSbefonbere baS in ben einjelnen 23unbeSftaaten neben ber 
Slaiferlicpen SBetorbnung ergangene Verbot ber Slnfünbigung 
oon ©epeimmitteln. @S ift beShalb für bie oorwürfige ^rage 
gleichgültig, baff itt § 4 ber jit. 93erorbnung fowie in einem 
bem SöunbeSrat oorliegenben ©ntwurf einer foldjeti neben 
ben „Zubereitungen unb Stoffen" noch baS SBort „©egen* 
ftänbe“ beigefügt ift. 

Hieju fommt, bap bie württ. ©efepgebung bei Sdjaffuttg 
be§ 3lrt. 28 a entfernt nicht baoon auSgittg, bie oon ber tHe* 
oifion bem SluSbrucf „Stoffe" beigelegtc SBefcpränfung auf* 
jufteKen unb nur bie in ber Saiferlidjen SSerorbnung — ba= 
mal§ oom 27. Januar 1890, jept 22. Cftober 1901 — be* 
jeiepneten Siopftoffe hierunter ju begreifen. 3)enn für einen 
Verlauf unb Vertrieb eben biefer, bem allgemeinen HunbelS- 


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B. in ©tvoffadjen. 


83 


oerfebr entjogenen Stoffe beftanben bereits! bie Strafoor* 
fdjriften in § 367 3iff- 3 un b 5 9i.©t.©.58. unb inforoeit 
biefe jur Slnroenbung gelangen formen, bleibt ber 21rt. 28 a 
ißol.St.©. fchon nach feinem Sßortlaut au£gefd)loffen. Siefer 
ift burd) bie Stooelle oom 4. Quli 1898 aber gerabe be§f)alb 
gefdjaffeu roorben, meil bie burcf) bie ftaifcrlid)e Slerorbnung 
in Sßerbinbung mit ben auf fie anroenbbaren Strafoorfdjriften 
be§ § 367 gefdjaffene 9Jtöglicl)feit , ben ©ef)eimmittelf)anbel 
in feinem überroiegenben Seil auf bie 21potl)efen ju befd)rän= 
fen unb beftimmten 93orfd)riften roie aud) einem ißerbot be§ 
Serfaufs in Slpotfjefen ju unterroerfen , gegenüber ben im 
©eheimmittelroefen f)eroorgetretenen SD^i^ftänben fid) al§ um 
julcinglid) erruiefen tjatte unb oon 9ieid)§ roegen be§£)alt» ben 
Sinjelftaaten empfohlen morben mar, bis su einer gefehlten 
Siegelung antäfjlid) einer Sieoifion be§ 9ieid)§ftrafgefe§bud)§ 
bie ©rfaffung eines Verbots jeber öffentlichen Slnfünbigung 
foldjer äftittel im Söege ber ^olijeioerorbnung uorjitfehren. 
fMep beburfte e§ in SBürttemberg gemäfj 2lrt. 51 ißol.St.©. 
einer gefe^lidien ©rmädjtigung unb biefe mürbe, um ein 
roirffameS Vorgehen ju ermöglichen, für ba§ äftinifterium 
be§ Innern au§briicflid) bahin au§gebebttt, aud) folcf)e Stoffe 
unb Zubereitungen, bereu Sejeidptung alä ©eheimmittel 91m 
ftänben unterliegen f'önnte, nach feinem pftichtmäfjigen ©r= 
meffen im 93ebürfnisfall benfelben 33orfd)riften roie bie ©e= 
heimmittel p unterroerfen; ogl. t)iep bie oben jitierten @e= 
fetjeSmaterialien. S)af) hiebei fpejiell ber 9lu§bruc£ „Stoffe" 
in roeitgehenbem Sinn oerftatiben rourbe, geht beutlid) au§ 
ben 93erf)anblungen in ber Slbgeorbnetenfammer heroor, nad) 
roelchen bie oom üftinifterium p ertaffenben 33orfcf)riften j. 53. 
aud) auf ©egenftänbe roie ba§ fog. SSoltafreuj, 93oltaftern 
fid) beziehen füllten, ferner überhaupt auf foldje Mittel, bereu 
©efährlichfeit fid) im einjelnen fdjroer nadjroeifen taffe, 
bereu 33erbot aber roegen ihres fd)rohibell)aften ©h al ' a fler§ 
burd)au§ nottoenbig fei, ^rot. a. a. 0. 1897 S. 3564, 3566. 
£atfäcf)lich finb bann in berfelbett üftinifterialoerfügung roie 
baS ÜJfittel be§ Stngeflagten aud) 23oltafreuä, ©leftrooolta'- 

6 * 


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84 


©ntfcfjeibungen be§ OberlanbesgericlitS. 


freuz, Voltaftern, bent Verbot bei - öffentlichen 2lnfüttbigung 
untevfteHt roorbeti nttb znmr gleichgültig ob bie 3 u fammen= 
jeßung biefer Vtittel bef'attnt gegeben ift ober nicht. $ienacf) 
ift fchon auS leßterem ©runb bie groge, ob ber Knöterich 5« 
ben ©eheimmitteln als foldjer ju jähletx ift, für bie 2lmoen= 
bung beS 2lrt. 28 a nicht entfeheibenb ; er ift jebenfalts als 
ein benfelbeit gleichgeftetlter anberer Stoff auf ©runb ber 
SHinifterialoerfügung anjufelien unb hiemit ber gall beS 
2lrt. 28 a gegeben. 

55er jioeite Eingriff ber Veoifion ift gegen bie V e ch t § = 
g ü 1 1 i g f e i t ber b e i b e u SJlinifterialoerfü* 
g u n g e tt oom 26. Quli 1898 unb 14. Februar 1899 ge= 
richtet; berfelbe geht fehl, foroeit bie VecßtSungültigfeit auS 
ber Veftimmung beS 3lrt. 28 a 5j?ol.©t.©. felbft gefolgert 
werben will. 3” äöürttemberg ift gemäß 2lrt. 51 ff. baS 
Vol.St.©. ba§ VerorbnungSredtt ber Regierung unb ihrer 
Veßörben in 5ßoIiseifacheu burd) eine auSbriicfliche gefeßücße 
©rmäcßtigung foinie baburch bebingt , baß im ©efeß felbft 
bie Strafen für bie 9iicbtbeacf)tuug ber innerhalb biefer ©rem 
jen erlaffenen Verorbttungen unb Verfügungen feftgefeßt wur-- 
bett; roo immer im VeichSftrafgefeß auf polizeiliche Vor* 
fdjriften ober üluorbnuugen 'Bezug genommen toirb ober 
foldie oorauSgefeßt finb , fönnen biefelben burch K. Verorb= 
nung ober SRinifterialoerfügung , für ben ©eltungSbereich 
eines £beramts= bejto. ©enteinbebezirfS burdi bie VezirfS* 
polizei= bezin. CrtSbehörben erlaffett werben. 5)iefe erforber= 
liehe gcfeßtid)e Unterlage ift für bie angefochtenen zwei Vti* 
nifterialoerfügungen in bent 2lrt. 28 a ^tol.St.©. gegeben, 
-gnebureß ift entfpredienb ber auSgefprocheitett 2lbfid)t beS 
©efeßgeberS (»gl. oben) baS ÜJtinifterium beS 3 nnei11 
mächtigt roorben, jum Schüße gegen ©efunbßeitSgefährbung 
ober fchminbelhafte SluSbeutung beS ^ublifumS Vorschriften 
über bie öffentliche Slnt'ünbigung , alfo auch ein Verbot ber 
leßteren nicht nur für ©eheimmittel zu erlaffen, fonberti auch 
folcfje Stoffe unb 3ubereitungen zur Verhütung unb Teilung 
non Kranfßeiten, welche nicht als ©eheimmittel gelten fönnen. 


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B. in ©traffadjen. 


85 


weil ihre Zufammenfetpng genügcnb öffentlich befannt ge= 
geben ift , beten Vertrieb aber auf ©efunbheitSgefährbung 
ober fchroinbelhafte MSbeutung bes ^ßubtifumS f)inau§täuft, 
inforoeit beit ©eheimmitteln gleid) ju ftellen. 

Von biefer ©rmädjtigung hat baS SRinifterium in ben 
ermähnten gruei Verfügungen, bereu Qnhalt oben angegeben 
ift unb baS Verbot ber öffentlichen Mfünbigung ooti ©e= 
beimmitteln foroie einzelner beftimmter, biefen gteicfjgefteUten 
Stoffe unb Zubereitungen umfaßt, in einer bent ©efet} burd)- 
meg entfprecßenben SBeife ©ebraud) gemadjt. Zroar fdjeint 
bie in § 2 ber SRinifterialoerfügung uom 14. Februar 1899 
al§ ein ©runb be§ MfiiubigungSoerbotS genannte 3Bir= 
fungglofigfeit eine ©rroeiterung ber im ©efeß genau um= 
grenzten ©rmäditiguug beS SRinifteriumS ju bebeuten unb 
tonnte auf ben erften Vtid gegenüber bem 2B ortlaut beS 
©efe^eS Vebent'en erregen. Mein eine folcße ©rroeiterung 
unb ein Mlaß p einer Veanftanbung liegt beShalb nid)t 
uor, roeil bie Mpreifung eines roirfuttgSlofen 2RittetS oon 
felbft p ber im ©eietj ermähnten fd)roinbelbaften MSbeu= 
tung beS ^ßubtifumS führt, abgefehen baoon, baß auch ber 
roeitere gefehlte ©runb ber ©efunbheitSgefährbung hiebei 
in fyrage fomnien fann, infofern bie Mroenbung roirfungS» 
lofer SRittel, regelmäßig mit ber Unterlaffung ber Zu$ie= 
hung ärztlicher fpilfe foroie bes ©ebraudjs heilfräftiger SRittel 
oerbunbeti ift unb fo eine ©efährbung ber menfchlidjen ©e= 
funbheit eintreten fann. 

Qnforoeit fobann bie VedjtSungültigfeit ber 9Rinifterial= 
oerfügungen auf einen VSiberfprud) mit ber V e i d) st» 
gefe^gebung geftiiht unb eine Verlegung ber 9teid)S= 
geroerbeorbtiung gerügt roirb, erroeift fid) and) biefer ©itt= 
roanb ber Veoifion als unbegrünbet. @r bebeutet nad) bent 
MSgefüßvten überhaupt eine Veanftanbung beS 2lrt. 28 a 
beS VBürtt. s ^ol.St.©. oont Stanbpunft beS iReidjSrechtS, ba 
feftfteßt, baß bie betben SRinifterialoetfügungen ihrerfeitS 
auf bem gefe^licfien Vobett jenes 2lrtifelS unb innerhalb ber 
barin gejogenen Sdjranfeit ftehen. Mein ber hiev behauptete 


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86 ©ntfcfjeibungen beg Dbertanbe§geritf)t§. 

Sßiberfprud) jroifctjcn 9ieid)§gefet) unb Sanbe§gefet) beftefjt 
nid)t. 2flletbing§ finb burd) s 2trt. 4 ßiff. 15 ber f)?eid)§ner= 
faffung Ptajjregeln bei - ÜJiebijinat» unb Peterinärpolijei ber 
93eaufftd)tigung unb ©efebgebung be§ 3ieid)§ norbebalten, 
bie leitete bat jebod) für ba§ hier in grage ftebenbe @e= 
biet be§ ©ebeimmittelinefenS abgeieben non ber nereinjelten 
Peftimnumg in § 56 3iff- 9 ©em.Crb. nod) feinen ©ebraucb 
gemacht oielmebr biesfjei - biefe§ ©ebiet ber SanbeSgefebgebung 
unb in§befonbere ben auf ©runb berfelbeit erfaffenen poli» 
jeilicben Perorbnungen übertaffen, fomeit nidjt Porfdjriften 
ber ©emerbeorbnung entgegenfteben. 9iad) § 6 2Ibf. 1 
bcrfetben finbet festere auf ben Perfauf non Slrjneimittetn 
unb bie 2fu§übung ber .fieilfunbe nur inforoeit Üfmnenbung 
als au§b r ü cf t i d) e Peftimmungen bariiber in ibr ent» 
batten finb. (Solche finb: § 34 ©em.Crb. wonach bie San» 
beSgefebe für ben fpanbel mit ©iften befonbere ©eitebmigung 
norfdjreiben fönnen, ber § 35 mottad) ber Raubet mit ©rogen 
unb ju fpeilätnecfen bienenben cf>emifcf)en Präparaten bei einer 
Seben unb ©efunbtjeit non ÜJlenfcbett gefäbrbenben fianb* 
babung be§ ©etnerbebetriebS ju unterfagen ift, ferner £ 56 
3iff. 9 unb § 42 a, inonad) Strjnei unb ©ebeimmittel am 
Söobnort mie anberStoo nom Stnfauf ober $eilbieten im Um» 
berjieben auegefditoffen finb, bie Strafnorf d)rift beS § 148 
3iff. 7 a gegen fotctje 3umiberbanbtung, fobann ber bie geft» 
febung ber ütpotbefertareu ben 3entralbebörben anbeimftel» 
lenbe § 80, enblid) § 6 2lbf. 2 inonad) burd) fiaifertidie 
Perorbnung beftiinmt mirb, metd)e Slpotbeferwaren bem freien 
Perfebr ju übertaffen finb. Solche $aiferlid)e Perorbnungen 
betr. ben Perfebr mit 2lrjneimitteln finb am 25. SJtärj 1872, 
4. Januar 1875 u. f. m., bie jüngfte bie norbergebenben 
aufbebenbe am 22. Cftober 1901 ergangen; nad) berfclben 
bürfen bie in ben beigefügten Perjeidptiffen A unb H auf» 
geführten 3 u bereitungen unb Stoffe, bie erfteren ohne Un» 
terfd’ieb ob fie fjeilCräfticjc Stoffe enthalten ober nid)t, ale 
.Heilmittel aufjerbalb ber 2lpotbefen nicht feitgebalten ober 
nerfauft inerben, .jjpiemit ift, mie auch nom 9ieicb§gerid)t an» 


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B. in Straffadjen- 


87 


erfannt, oergl. ©ntfd). in Straff. 33b. 23 S. 429, nicht eine 
generelle Regelung be§ Verlaufs non Heilmitteln, fonbern 
nur bejüglict) ber 93erfauf§bered)tigung ber Slpotbefer waren 
eine mafigebenbe 53eftimmung gegeben unb baneben ber @r= 
laß mebijinal^polijeilidjer ÜJorfchriften bet 2anbe§gefehge= 
bung nur inforoeit au§gefcf)loffen, al§ bie ©ewerbeorbnung 
entgegenftehenbe auöbriicflidje 93eftimmungen enthält. Solche 
hefteten aber weber in ber 9tid)tung, bafj ba§ öffentliche 2ln= 
fänbigen unb 2lnpteifen ber ben 5lpotbelern »orbeljaltenen 
Stoffe unb Zubereitungen al§ Heilmittel erlaubt fein foH 
noch weniger ift bezüglich ber nid)t tjierunterfallenben ©e= 
beimmittel unb geheimmittelähnlichen Stoffe eine foldje reidf)§= 
rechtliche 53eftimmung oorbanben, we§h<df> jum Schutf oon 
Seben unb ©efunbbeit unb jur -Jlbroebr oon 93ermögen§be= 
frf)äbigungen bie öffentlichen, rneift fdiwinbelhaften, bie £eicf)t= 
gläubigfeit be§ ißublifum§ au§beutenben unb $u oerberb= 
lieben ober oöllig wirfung§lofen Heiloetfuchen anreijenben 
3lnfünbigungen unb ülnpreifungen folcfjer s JDtittel unbebenf= 
lid) unter lanbe§red)tlid)e Verbote geftellt werben fönnen. 
®ie§ ift anerfannte§ Diedjt 1 ). 

$atfäd)lid) befteben benn auch in nahezu fämtUcben 33un= 
be§ftaaten Verbote wiber bie öffentliche 5lnfünbigung oon 
©ebeimmitteln unb wo fold)e nicljt febon früher beftanben 
batten, finb fie auf SSeranlaffung be§ 9teid)§fan5leramt§ im 
lebten Zahrjehnt behufs roirffanter 53efämpfung be§ ©eheim= 
mittelunroefews nadfträglid) erlaffen worben, fo in 53aben, 
Sachfen, 53raunfd)meig , Bremen u. f. w. ®iefer Anregung 
oerbanft auch wie fd)on oben bargetan , ber 9lrt. 28a be§ 
ÜBürtt. ißolijeiftrafgefeheS feine ©ntftehung, Sltotioe S. 298, 
So nt. =53 er. S. 491 a. a. O. 53ei biefent gefebgeberifd)en 
Stanb ber aufgeworfenen $rage ift ber ißorwurf einer 9Ser= 

1) SSergt. Scbicfler ©eroerbeorbnung § 6 9?o. 15, 19; 9anb= 
man tt a. a. D. 9to. 18, 19; ©ntfd). iHeidi§ger. in Straff. 93b. 6 S. 
830, 93b. 16 S. .359 93b. 23 @. 428, ©oltbammer 2lrdjit> 93b. 37 
S. 374, DtStjaufen § 367 £iff. 3 9lote g. t) , enbtid) bie bei 9 an b = 
mann 9to. 18 jitierte SRedjtfpredjung. 


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88 


©ntfcfjeibungen be* Obcrlanbeigericfjtn. 


letsung bev 9ieid)3gefet}gebung , welchen bie iHeoifion gegen* 
über bem »om 93orricf)ter jur Slnwenbung gebrachten lanben* 
restlichen Verbot ber öffentlichen Slnfünbigung non ©eheim* 
mittein bejw. biefen gleichgestellten Stoffen erhoben hat, ohne 
Segrünbung unb ber fpesielle £)inwein auf § 1 ber s Jf.©.0. 
erlebigt fid) fcbjott baburd), bafj bie letztere tiad} § 6 auf beit 
SBerfauf oon Slrjneimitteln überhaupt nur infomeit Slnroen» 
bung finbet als fie auöbrürflidje Seftimmungen barüber ent* 
hält, folcfje aber in biefem betreff nid)t oorliegen. 

©tiblid) ift aud) bie weitere SRüge ber iHeoifion oer* 
fehlt, meldje bie Sinnahme be§ Sierufung§gerid)t§, baff $ a h r* 
läffigfeit jur ©trafbarfeit im ©inn ben jit. Slrt. 28a 
genüge, für redjtnirrtümfid) erflärt unb ein oorfätjlichen 
.jpatibeln aln ißoraiBfehung ber Strafbarfeit erforbert. Jenn 
nach 3Irt. 1 be§ iß.St.©. finben bie allgemeinen ^Bestimmungen 
ben iR.©t.@.iö. aud) Slnwenbung auf bie im erfteren mit 
©träfe bebrohten -Ipanblungen uub en gelten fomit nacf) ber 
fubjeftioen ©eite ber ©trafbarfeit biefelben ©runbfähe wie 
für bie im 29. Slbfd)nitt be§ 9i.©t.@.93. behanbelten lieber* 
tretungen. .jpienad) ift fomcit nicht für einzelne llebertre* 
tungen auSnahmsmeife eine aunbrücflid)e auberroeite söeftim* 
mung oorliegt, ein fubjeftioen bie ftrafred)ttid)e SSerantroort= 
lirfjteit ben Jätern begrünbenben ffierfdjulben erforbcrlid), en 
genügt aber, bah biefen S3erfd)ulben auch nur auf eine Jahr* 
läffigfeit ben Jätern surücfjuführen ift, falls nid)t aun ber 
betreffenben ©trafoorfd)rift felbft ban ©rforbernin ben 33or* 
fatjen heroorgcht ©ine folcf)e Slunnahme liegt nach bem 
SBortlaut ben Slrt. 28a hier nicht oor unb ift benhalb aud) 
bie fafjrläffige Uebertretung für strafbar ju erad)ten, jumal 
en fid) um ein ©trafoerbot oon oorbeugenbem, polijeilichem 
©harafter hobelt. ©in fahrläffigen Raubein aber ift oom 
23orrid)ter ohne erfid)tlid)en iHeditnirrtum oorliegenb feftge* 

1) D t § t) o « f e n ju 3lbfc£)nitt 29 9t. 2 91bf. 2 ; jn $ 967 3iff. 3 
9t- a. 3. 5 91. a. St eng lein ju Ulbfdjn. 29 9to. 3% (Sntfcf) 31.©. 
II 3. 321, XII 431, Oiotering bei ©ottbainmer 33b. 31 @. 
350 ff. 


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ß. in ®traffQcf)cn. 


89 


ftellt roorben unb bie t)iegegen geridjtcte Bemängelung bet 
9ieoifion ift unjutreffenb. 9tad) bem angefochtenen Urteil 
bat jroar ber Slngcflagte bie Slnnonceuerpebitionsfirma ©.2. 3). 
u. die. in g. angeroiefen, bie fritifd)e Slnnonce nur bort ju 
oer öffentlichen, mo ber gnbalt nid)t gegen bie 2anbeSgefebe 
üerftofie, unb auch bie girma 2). t)atte if>rerfeit§ Den 9luf= 
trag jur Veröffentlichung unter einer foldjen Sinfrijränfung 
erteilt. 2)a§ VerufungSgeridjt l)it bie Verurteilung in fub= 
jeftiuer 9fid)tung barauf geftütg, baf? bem Slngeflagten uon 
jroei früheren gleichartigen gälten, in melden er unter bem 
30. guni 1897 unb 18. Slpril 1901 uon beutfdjen ©erid)ten 
beftraft roorben mar, befannt geroefen fei , bajj er fid) auf 
bie Sorgfalt eben biefer Slmtonceneypebition nid)t oerlaffen 
bürfe, unb menn er gleidjroobl biefer girma bie SluSroabt 
ber Leitungen für bie Veröffentlichung ber 3lnfünbigung 
überließ, habe er bieburd) minbeftenS fahrläffig getjanbelt ; 
unb burd) biefe gabrläffigfeit bie ungefetjUcbe Veröffent= 
lidjung im Amtsblatt uon V. uerurfadjt. SEBarum biefe auf 
tatfädjlidjem ©ebiet liegenbe unb inforoeit bem VeoifioitSaro 
griff entjogene Sinnahme einet culpa in eligendo für ben 
Begriff ber friminellen gabrläffigfeit nidjt genügen follte, ift 
umfomeniger abjufeben, als biefe Slrt uon gabrläffigfeit in 
ber SBiffenfdjaft roie in ber 9ted)tfprecf)ung ftets als foldje 
anerfannt roorben ift unb eine ftrafbare gabrläffigfeit nadj 
geltenben 9ted)tfätjen baburd) nidjt auSgefdjloffen roirb, bah 
juin ©intritt beS bem ©efet} roiberfpreebenben ©rfolgS bie 
gabrläffigfeit einer brüten s $erfon mitgeroirf't Ijot. 

Urteil beS StraffenatS uom 1. Süejember 1902 in ber 
VeuifionSfadje gegen ©rnft Söeibemann roegen Ueber* 
tretung gegen Slrt. 28a beS iß.St.©. 

6 . 

Jnm tEutbeltanö bes S 114 5*t.(8.l3. Jflns füllt unter ben 
begriff ilnttsbanblung eines fJauhuntrolleurs ? 

®er Slngeflagte ift auS § 114 St.©.V. uerurteilt ruor* 
ben, roeil er eS unternommen habe, burd) 2)rol)ung einen 


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90 


©ntfcfjeibungert bc§ OberlanbelgeridjtS. 


Beamten jur ©oniahme einer 3lmtShanblung }u nötigen. 
2>ie Ijiegegen in jutäffiger SBeife eingelegte Üieoifiou rügt 
bie ©erletjung non ©orfcf)riften be§ materiellen 9ied)t§. 2)iefe 
9tüge get)t fef)l. 

9tad) bem oont ©erufung§gerid)t feftgeftellten Sad)oer= 
f)alt hat ber SIngeflagte ©nbe Oftober 1901 bie baupolijei= 
liehe ©enetjmigung ju bem non ihm beabfidjtigen ©au jroeier 
2)oppelmot)nbäufer an ber U.ftr. in 9t. unter ber ©ebingung 
ber ©inhaltung ber allgemeinen foroie ber für biefett galt 
befonberS erteilten ©auoorfd)riften erhalten unb auf feine 
Ülnjeige oon ber ^evtigftelliutg be§ 9tof)bau§ bat Stabtbau= 
meifter St. bafelbft als amtlich beftellter ©aufontrolleur am 
BO. $an. 1902 bie oorgefchriebene ©aufrijau oorgenommen. 
@r fanb bie 9J?auer= unb Sßanbftärfen nicht entfpredfenb ben 
oorgefdjriebenen 2Jtafjen t)ergeftetlt unb oerfügte bie alSbat= 
bige ©inftellung ber Arbeiten am 9teubau, welche ©erfügung 
oom 5?. Cberamt 9t. beftätigt mürbe; bei einer jmeiten am 
13 . ^ebr. oorgenomtnenen Stontrolle beS St. mürbe mieber= 
holt berfelbe SRangel fonftatiert, obgleich ber Ülngeflagte 
beffett ©erbefferung angejeigt hatte, ©he nun auf ben oon 
St. über bicfen ©efutib crftatteten ©ericfjt eine weitere ©er* 
fügung beS St. CberanitS erging, überfanbte ber Ülngeflagte 
ein Schreiben an St'. be§ Inhalts, bafj biefer at§ ©aufon« 
trolleur grunbloS ihm bie ©auarbeiten an ber U.ftr. einge= 
ftellt habe unb falls er nicht in ber Sage fei, burch ben 
lleberbringer beS SdjreibenS biefe ©inftellung auf&uheben, 
fo fet)e er (Slngefl.) ftd) jur ©rhebung einer ©rioatflage unb 
ftrafred}tlid)er ©erfolgung gegen ihn rocgen ©ergehen im 
Sinn ber §§ 339 unb 349 beS St.®.©, oeranlafjt unb be= 
halte fid) bie ©eltenbmachung oon SchabenSerfatjanfprüchen 
gentäfj §§ 823 , 824 beS ©.©.©. oor. 

9tad) ben ©rünben beS angefochtenen Urteil» h fl t ber 
2lnget'lagte mit biefer 'llubrohung ben St', einjufchüchtern unb 
folchermafjen burch ih u eine Aufhebung beS ©erbotS beS 
äöeiterbauenS herbcijuführen beabfichtigt, unb wohl miffenb, 
bafj bie 3urücfuahme beS ©auoerbotS jutreffenbenfallS burch 


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R. in Straffacfjen. 


91 


baS K. Oberamt $u gefd)ehen habe, auf K. eben in ber 5Hid)= 
tung einwirfen wollen, bafs biefer in feiner ©igenfdjaft als 
®aufontrolleur buvcf) Steilung eines entfpredjenbeit SlntragS 
bei bent K. Cberamt in bent gebachten Sinn für ihn ein= 
trete. $n ber fjierauf geftiit)ten 2lnnahme eines Vergehens 
im Sinn beS § 114 St.©.®, erblicft bie Sleoifion bie $8er= 
fennung be§ Begriffs einer „2(mtShcmblung", ba e§ feinen* 
falls ju beit SlmtSob liegenbeiten beS ®aufontrolleurS gehöre, 
2t »träge ju ftellen, fonbern nur ber ®aubebörbe 2lnjeigen 
ju erftatten unb ein mit bem Bericht über mangelhafte ®au= 
Ausführung oerbunbener Slntrag beSfelben auf Slufhebung 
beS 93auoerbotS feine meitere ®ebeutung hätte, als bie ent* 
fprechenbe non einem beliebigen dritten ber ®aupolijeibe* 
börbe gegenüber gegebene SInregung p einer roieberhotten 
Prüfung ber fyrage, ob bie 2lufred)terhaltung beS ®auoer= 
botS nod) begrünbet erfcheine. 

J)iefer Üluffaffung fann nid)t beigepflid)tet roerben. Jenn 
nad) 2lrt. 92 ber SBauorbnung oom 6. Oftober 1872 ift bie 
uorfd)riftSmäfsige 21u§fübrung ber ®aumefen pnäcbft ooit 
bem bamit beauftragten ®aufd)aumitglieb ju beauffid)tigen 
unb nach § 78 ber 93otlpgSoerfügung «out 28. 9loo. 1882 
hat ber ®aufontrolleur bie ©inhaltung ber allgemeinen unb 
ber im einzelnen $all erteilten befonberen ®auuorfd)riften 
foroie ber ®auriffe nad) allen Jeilen forgfältig p über* 
road)en, nad) erhaltener 2lnjeige oon ber ®eenbigung beS 
iHohbauS bie ®efid)tigung oorpnebmen , nach welcher mit 
bem ®au fortgefahren werben barf, foweit uid)t wegen oor* 
gefunbener SRängel eine ©inftellung beffelben angeorbnet 
mirb, aud) etwaige bei ber ®auoifitation p Jage fommenbe 
9)fängel ungefäumt pr amtlichen Kenntnis p bringen, wor* 
auf fofort bie erforberlidje Einleitung p bereu ®efeitigung 
5 » treffen ift. hieraus ergibt fid) oon felbft, bah bie be* 
pglidjen ®erid)te eines amtlid) befteUteu ®aufontro(leurS 
regelmäßig aud) bie barauS uottt Stanbpunft beS ®auuer* 
ftänbigen unb ber SBahrung ber baupolizeilichen 23orfd)riften 
fid) ergebenben Anträge au ben OrtSoorfteher ober au baS 


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92 


©ntfdjeibungen be§ Cberlanbesgevid)t3. 


5t. Oberamt ju enthalten haben. 9iicE)t blofj bie ffeftftellung, 
fonbern auch bie Beurteilung oorgefunbener SRätigel bejiig* 
lid) ifjrev Bebeutung unb Sragroeite, foiuie in 31b (ich t auf 
bie ju ergreifenben äRaffregeln, insbefonbere in ber (Richtung, 
ob eine Gcinftellung beS Bauend ober bie Aufhebung eines 
erlaffenen BauuerbotS gerechtfertigt erfdjeint, gehört htenad) 
jur SlmtSaufgabe beS Baufontrolleurs unb ob er in (Erfüllung 
biefer Slufgabe nur gutäd)ttid) (ich äufjert ober einen be* 
(timmten Eintrag (teilt, i(t in ber Sache nicht entfdjeibenb 
unb h^ngt oon ben jerueiligen Um(tänben ab, im einen unb 
aubern gall t)anbelt er innerhalb (einer ^uftänbigfeit unb 
anttlidjen (ßerpflid)tung. £neniit ift ber Begriff ber 2lmtS= 
hanblung gegeben unb lff et an änbert ber Umftaub nidffS, 
bah in foldjen ba§ allgemeine ^ntereffe berührettben 2lu* 
gelegenl)eiten aud) (eher britte ju Anregungen ober 3ln= 
geigen gegenüber ber juftänbigen Behörbe befugt i(t; benu 
ber oon einem amtlid) beffellten Baut'ontrolleur au bie Bau= 
polijeibehövbe gerichtete Eintrag auf ©rlaffung ober 2luf= 
hebung eines BauuerbotS roirb in Ausübung einer Amts» 
unb $ienftpflid)t geffellt unb eS fomnit ihm eine hierauf be= 
ruhetibe autoritatioe Bebeutung ju, roaS bei bem feitenS 
eine§ beliebigen britten geffellten Antrag in feiner SBeife ju= 
trifft. ©in ähnlicher Unterfd)ieb liegt oor, roenn ein £anb» 
jäger ober (onffiger Singehöriger beS tßolijei= unb Sicher» 
heitSbienfteS bie Angeige über eine (trafbare -fpanblung an 
eine Quftijbehörbe erffattet unb roenn ein britter fraft bes 
jebent Staatsbürger pftehenben (Hechts eine (trafbare fpaub* 
luug bei ber juftänbigen Behörbe gut Slnjeige bringt, $m 
erften (fall liegt auf Seite beS Angeigenben eine AmtShanb» 
lung oor, im jroeiten nicht. ^ienad) ift aud) bie Berufung 
bes tReoifionSflägerS auf bie in Banb 18 S. 350 oeröffent» 
lid)te ©ntfcheiöung beS (Heid)Sgerid)tS in Straffachen oerfehlt, 
ba eS fid) bort um bie einem jeben Staatsbürger gleidjtnäfjig 
obliegenbe Bfli<ht ber Zeugnisablegung oor ©ericht hanbelt, 
roäl)renb hier bie ^anblung eines Beamten in (frage fleht, 
roeldje biefer in ©emäffheit feiner befonberen Amtsobliegen» 


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B. in Straffacfjen. 


93 


heit unb innerhalb feiner ^uftänbigfeit oorjunehmen hätte. 

®ie Sinnahme be§ Verufung§gericf)t#, e# fei eine 2lmt#= 
hanblung gemefen, ju welcher ber 2tngeflagte bitrcf) feine 
3ufchrift an ben Vaufontrolleur biefen nötigen roollte, er* 
fcheint baher in feiner Söeife rechtsirrtümlicb unb in ber 
^eftftellung , baf? ber 2lngeflagte burrf) bie in ber ,3ufchrift 
enthaltene 9lnbrot)ung eine ©infd)üd)terung be# Vaufontrol* 
leur# unb eine ©inroirfung auf ihn in bent Sinn beabfid)* 
tigt habe, bafj biefer für ihn burdj Stellung eine# Slntrag# 
auf 3urücfnahme be§ Vauuerbot# hei bem $. Oberamt ein= 
trete, liegt jugleid) au#gefprod)en, bah er bie Slnbrohung für 
roivffam ober minbeften# für geeignet h* c l^ ben angeftrebten 
Grfolg hf^beijuführen. 3)ie ^yrtauSfichtftetlung einer ftraf* 
gerid)tlid)en Verfolgung aber, mie fie bie 3ufd)rift neben 
berjenigeti einer ©rhebung non Sd)aöenserfahanfprüri)en ent* 
hält, ift unzweifelhaft eine $>rot)ung im Sinn be# § 114 
St.©.©., b. h- bie 2lnbrohuitg eine# Hebels, um ben anberen 
in eine feine 2EBillen§freiheit befchränfenbe furcht ju oerfehen. 

.g»iemit finb bie fämtlicfjen $atbeftanb#merfmale eine# 
Vergehen# im Sinn be# § 114 St.@.V. zureichenb unb 
rechtlid) einroattbfrei feftgeftedt unb mar fonadj bem einge* 
legten 9?ed)t#mittet ber ©rfolg $u oerfagen. 

Urteil oom 4. $uli 1902 in ber Straffache gegen ©eorg 
$r. Oficfer in Pfullingen megen Vergehen# im Sinn 
be# § 114 St.©.V. 


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94 


II. 

fiitfdjeiöuitgen öes PerimUtuitgsgeridjtsljofs. 

1. 

*j>trrit über öns |Itrijtbr|lelieit einer öfentlirijeu J0ege= 
lull (Dlidjtbefteben eines ©änfeübertrieb§red)t§). 

Mager ift ©igentümer einest auf ber DJlarhmg |>art-- 
baufen ©be. Dlorbbaufen 0.91. ©Uroangen gelegenen ^»ofgut§. 
Sie DJlarhmg ^art^aufen grenjt öftlid) an bie DJlarhmg 
Ripplingen, meftlid) an bic DJlarhmg llntevfdjneibfyeim. Surd) 
bie DJlarhmg .fpartbaufen jieljt ftcfj (nörblid) an ben Raufern 
ber Parteien uotbei) ein Sßeg; er beginnt im Often an ber 
©renje gegen bie DJlarhmg Ripplingen unb nerläuft junädjft 
auf ber bem M. gehörigen ißarjeUe 96 at§ ein mit einem 
©teinförper uerf ebener etma 3 DJleter breiter R-abrroeg. ©egen 
ba§ ©nbe ber ißarjelte 96 münbet non Dlotben her ein non 
Dlorbbaufen fommenber Jelbmeg in biefen gatjrroeg ein. SSon 
ber toeftlirijen ©renje ber ißarjeüe 96 an ift ber <yabriueg 
bis jum ©ingang in ben .fpof be§ fil. — bei ber ©inmün= 
buttg be§ non Dl orbett tommenben Jelbmegg Dir. 3 — eine 
chauffierte Straffe mit einer R-al)rbabn non 3 DJleter Breite ; 
uon ba an bis jur DJlarhmgSgrenje Unterfd)neibf)eim ift ber 
DBeg ($elbroeg Dir. 1) ein bloßer ©rbroeg ohne ©teinförper, 
in ber fpauptfadje ein £oblroeg. 93alb nad) ber ©inmünbung 
be3 ^elbmegS Dir. 3 münbet uon ©üben ber ^elbmeg Dir. 2 
in ben gelbmeg Dir. 1 ein. 

Ser Magantrag, mie er im Verfahren oor ber $?. 5treis= 


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Streit über ba§ 9lidf)tbeftef)en einer öffentl. SBegelaft. 95 

regierung in ©Umangen fchliefjlid) geftellt roorben ift, ging 
baiiin: 51t erfennen, bafj bern 93eff. fein 9ied)t juftehe, über 
ben 2Beg nom £>of |jartt)aufen non ber ©inmünbung be§ 
3Beg§ 9lr. 2 in ben ÜBeg 9Ir. 1 bi§ an bie ©reitje ber SOIar* 
fang Unterfdjneibheim ©änfe $u treiben, 93eff. fyat Sfbroeifung 
bcrÄfage beantragt unb bie Ä. $rei§regierung hat am 30. 3>e= 
jember 1902 auf ftlageabrocifung erfannt. 

$ie non bent ÄI. erhobene Berufung mürbe jurücfge= 
miefen. 

©rünbe: 

I. 9Iacf) 91rt. 10 $iff. 21 be§ ©efe^es nom 16. ®e- 
äernber 1876 gehören oor bie 93ermaftung§gerid)te „Streitig* 
feiten, roeldje betreffen: ba§ non einer ©emeinbe ober uon 
einjefnen in Slttfprud) genommene Diedjt auf Seuütjung eine? 
öffentlichen 28eg§ einjdjliefjtid) ber $rage, ob einem 3Üeg 
bie ©igenfdjaft eine§ öffentlichen 9Beg§ sufommt". ®ie s ftar= 
teien ftreiten barüber, ob bem SBeg 91r. 1 be§ £agepfait§ 
Hi &'.9t. bie ©igenfdjaft eine§ öffentlichen Sßeg§ jufonimt 
unb ob t)ierau§ ein 9tecf)t be§ 93efl. folgt, ©änfe auf biefem 
SBeg ju treiben, ^nforoeit ift bal)er für ben oorliegenben 
9fed)t§ftreit bie 3 l ‘fi«nbigfeit ber 33ermaltung§gerid)te be= 
grünbet. dagegen haben biefe barüber nid)t ju entfdjeiben, 
ob bem $8efl. (auch) fraft 9Jliteigentum§ an bem ©runb unb 
93oben be§ 9Beg§ ba§ 9fecf)t jufteht, ihn jutn ©änfetricb ju 
benütjen. 

II. ÄI. märe jur ©eltenbmadjung be§ erhobenen 2tn= 
fprud>§ nicht befugt, falf§ er nid)t ©igentümer ober min= 
beften§ ^Miteigentümer be§ iöobenS be§ in 9febe ftet)enben 
3öeg§ 9h\ 1 märe. ©§ bebarf aber feiner ©ntfcfjeibung 
barüber, ob ifjm ein folche§ 9iecf)t an bem SBegboben in bet- 
rat §uftef)t. Senn auch menn biefe (frage 511 bejahen ift, 
ftefft fich ber erhobene Sfnfprud) bod) al§ itnbegrünbet bar. 

III. (Steht ber 2Beg 9tr. 1 int ©igentum (ober 9Jtit* 
eigentum) be§ $lläger§, fo fann er ein „öffentlicher Söeg" 
nur in bem (Sinn fein, bafj gemiffen 9)ered)tigten (®emein= 
ben) ober ber Mgenteinheit fraft öffentlidjen 9iecf)t§ bie 53e* 


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96 ©ntfdjeibungen be§ 5Beriüattung3gericf)ts()of3. 

fugniS juftefjt, bett Sßeg ju benütjen, alfo eine öffentlich* 
redjtlidje SBegbienftbarfcit auf bem ©igentutit be$> SH. an bem 
SBeg laftet. 

Vefl. behauptet , ein öffentlicher 2Beg in öiefern ©ittn 
liege nor, inbent er geltenb gemacht hat, ber 2Beg Str. 1 fei 
ein feit Vtenfchengebenfen beftehenber öffentlicher Verbitt* 
buitgStneg non Unterfdpteibheitti über .fmrthaufen auf bie 
©trajfe 3torbhaufen=,3ipplingcn. 

3)ie uiioorbettfliche Verjährung erfe^t einen öffentlid)* 
rechtlichen £itel namentlich bei ber $nanfprud)iiaf)ttie non 
2Öeg= (unb 2Baffernuhung§=)Stechten ; hieran hat ba§ — auf 
ba§ öffentliche Stecht fid) überhaupt nicht besiefjenbe (nergl. 
2lrt. 55 ©.©.) — V.@.V. nidjtS geänbert. ®ajj ber non 
ber „Verjährung öffentlidi rechtlicher 3tnfprüd)e" hanbelube 
Slrt. 141 3t.©. jum V.©.V. bie unoorbenfliche Verjährung 
überhaupt nicht berührt, bebarf feiner 3tu§führung. 

SBenn $1. meint , für ein Sted)t beS Vefl. , bett Sßeg 
Sir. 1 sum ©änfetrieb ju benüfsen, fei getttäf) 3trt. 9 be§ 
©efet)e§ notn 26. 9Jiärj 1873, betreffcitb bie 2lu§itbung unb 
3lblöfung ber 2Bcibered)te auf lanbmirtfchaftlidjen ©runbftücfen 
u. f. tn. ein @rfenntni§ be§ ©emeinberatS erforberlidj , fo 
ift ba§ irrig: ein fold)e§ (SrfenntniS ift nach biefent ©efetjeS* 
artifel nur erforberliri) für Offenhaltung eitteS JriebtnegS 
auf bett ©eroänben (ülntnanben), nid)t aber für Veitithung 
einer ohnehin al§ abgegrenster SBeg fid) barftellenben Voben* 
fläd)e, tnie bie§ ber 2öeg Str. 1 ift. 2lud) um ein lieber* 
fahrt§red)t im ©imte be§ ©efe^eS nottt 26. SJtärj 1862, ba§ 
ber SH. ermähnt hat, hanbelt e§ fid) nicht, nämlich um ba§ 
9ted)t, (mit SBagen) nont herrfchenbett ©runbftücf — ohne 
eigentlichen Söeg — über ba§ bienenbe ju fahren ; benn tnie 
eben bemerft ftetjt im uorliegettben $all bie Venüljung einer 
auSfchliefjtid) als 3Beg bieiteitben, al§ foldjer befottberS ab* 
gegrenstett Vobettflädje in {frage; übrigens ftänbe baS ©efeh 
nottt 26. SJtärs 1862 ber Verufung be§ Vefl. auf unnor* 
benflidje Verjährung nidjt entgegen. 

IY. 35af$ ber 9Beg Str. 1 ein öffentlicher SBeg in bent 


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«Streit über tm§ 9iicf)tbeftet)en einer öffentt- SSJegetaft- 97 

oben bejeichneten Sinn ift, evfdjeint nadjgemiefen. ©r bitbet 
eine gegen bie nörblid) unb fübticfj anftofjenben ©runbftücfe 
butd) STlarffteine abgegrenste fytärf)e r non ©eften I)er bie 
gortfet)ung be3 im Sageplan |fi al§ „©ijinalmeg 9tr. 3 
non Hnterfd)neibt)eim nad) $art!)aufen unb Ripplingen" be= 
jeictineten ©eg§; et ftellt in feinet (im oorliegenben 3Jed)t§= 
ftreit nid)t unmittelbar in ©etradft fommenben) ^ortfetjung 
nach Often non bet ©inmünbung be§ 5elbmeg§ 9lr. 3 bi§ 
jut ©renje bet ^Satjelle 96 eine chauffierte Straffe mit einer 
5al)tbat)n non 3 SJleter ©reite bar; er ift — jufammen mit 
biefer gortfetjung — im ©rimärfatafter al§ ,,©eg oon |)art* 
häufen nad) Unterfchneibbeim" bejeidjnet unb bitbet für bie 
©eft^er ber .£>öfe unb .ßäufer non ^artl)aufen einerfeitS uttb 
bie ©imoohner non Unterfd)neibt)eim anbererfeitS bie natür= 
licf)e unb einzige unmittelbare ©erbinbung unb in feiner 
$ortfet)ung über Rätselte 96 ben geraben unb nächften ©eg 
nadi Ripplingen. SUl bie§ fpricfjt entfd)ieben bafür, bap e§ 
fid) l)ier um einen ber allgemeinen ©enütjung ber umliegen= 
ben ©emeinben mie ber ©etoohner non ^artfjaufen bienen= 
ben öffentlichen ©cg banbeit. ®ie ©ntfcheibungen, bie in 
ben ©orptojeffen ergangen finb, bie ber Stöger gegen ©., 
ben ©etlagten unb anbere geführt hat, ftnb für bie jut ©nt= 
fcfjeibung ftehenbe §rage burd)au§ bebeutungsloS, roeil ba= 
bei bie ©enühung biefe§ ©eg§ überhaupt nie in Jrage ftanb. 

$afür, baff ber fragliche ©eg al§ öffentlictjer ©eg feit 
9J?enfd)engebenfeu benüt)t morben ift, fpredjen benn aud) bie 
fchriftlidjen Steuerungen ber ©emeinberäte non Dtorbhaufen, 
Unterfchneibheint unb Ripplingen, mie bie eiblichen 2tu§fageti 
ber Sdjultheifeeu biefer ©emeinben unb ber Storbbaufer @c= 

meinberäte ; etroa§ ©egeuteiligei ergibt fid) über* 

haupt au§ feiner ReugenauSfage. 3)er ©eg ift nad) bem 
©rgebni§ ber ©emeiöaufnahme non alter§ l)er benützt 
morben jurn ©el)en, fahren (mit Sies= unb Riegelfubven) 
unb ©iehtreiben unb jmar non ©eroohnern oon |)artbau= 
fen, fttorbhaufen, Unterfchneibbeim, Ripplingen, ©alrbeim 
unb nielleid)t oon roeiteren Orten. ®ie ©erufung§begrün= 

3a$rbiU$cr bet SBilrttemberj. Ste^tbpflege. XV. 1. 7 


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98 ©ntfdjeibungen be§ SSenoaItung§geric^tgf)of§. 

bittig fyat beim aud) bie Jatfadje einer folgen Beitiipung 
rticfjt (auSbrücflid)) in 9 (brebe gesogen; aber fie betont, 
bie fortioährenbe Betiüpung müffe fid) als e d) t 3 a u §* 
Übung barftelleit, raenn ba§ Beftehen bes behaupteten 9 ied)t§ 
baburd) bargetan iuerben fotle. SlUein in biefer ßinficf)t tnup 
e§ genügen, roenn — wie bie§ im oorliegetiben fyall jutrifft 
— nach Sage ber @adje nid)t angejeigt ift , • bap bie ben 
SBeg Benüpenben bie§ heimlich ober gegen ben erfennbar 
fünbgegebeiten SBillen be§ ©igentümerS ober auf ©rutib einer 
Bergünftigung be§ ©igentümerS getan haben, unb menn bie 
Benüpenben, roie bie§ bie 3 eu 9 eu au§fagen ergeben haben, 
entmeber ohne roeitereS baoon ausgegangen finb, fie feien 
biefen SBeg als einen öffentlichen SBeg 511 benüpen berechtigt, 
ober fid) überhaupt feine ©ebanfett über ihre Berechtigung, 
ben SBeg 31t benüpen, gemad)t fjaben, fonbern ihn eben be= 
gingen unb befuhren, roeit man e§ nid)t anberS nmpte unb 
ber SBeg fid) äuperlicf) als ein jebermauu§ ©ebraud) offen= 
ftehenber barftellte. 

Y. 3 ft aber ermiefen, baff ber SBeg 9 tr. 1 allgemein 
unb jebenfallS 001t ben Bewohnern fparthaufenS unb ber 
umliegenben Crtfdjaften als ein öffentlicher SBeg 311111 Be= 
gehen, Befahren unb Betreiben benütjt raorben ift, unb ift 
bemgemäfj baS (unterftellte) (Eigentum beS Klägers an bem 
SBegboben mit einer entfpredhenben öffentlich-rechtlichen ®ienft= 
barfeit belaftet, fo ift baoon auSjugehen, bap ber SBeg in 
feber bei berartigen SBegen auf bem Satib üblichen SBeife 
beuüpt iuerben barf, alfo aud) sunt ©änfetreiben, felbft loenu 
uiept bargetau fein follte, bap gerabe aud) biefe beftimmte 
BenüpungSart fd)ou feit unoorbenflid)er $eit in Bed)tSauS= 
übung§abficl)t barauf ftattgefunben l)at: auf ber betreffenben 
Bobenfläche ruht eben bie Saft, als öffentlidjer SBeg benüpt 
roerben ju bürfen, alfo auf alle bei folcfjen SBegen iiblid)e 
SBeife, fomit aud) 311111 ©änfetreiben, bas — mie bie Qeugem 
auSfagen ergeben haben, in ber ©egenb oon .fpartl)aufen 
jebenfallS nichts UnbefatmteS ift. ©inseine beugen haben 
benn auch angegeben, bap Seute auS llnterfd)neibt)eim unb 


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Unanfecfjtbarfeit beä JNefurjbefdjeibs bev ftretävegierung ic. 99 

Seute unbefanuter $erfunft ©cinfe auf bem 2Beg getric= 
bett f)aben. 5ßon ber ÜBerroertung bet unbeeibigten beugen* 
au§fagen bet 2Rutter uttb bet ©efdjroifter be§ 33 ef tagten 
fann bei biefer ©adjlage uöllig abgefefjen juevbeit . . . 
Urteil uont 22./29. Stpvit 1903 in bev 58.©. Qaumann 
gegen ©rljatbt. 


2 . 

Unmtfedjtbarkeit bcs auf GSnutb ber ©einerbeurbnung 
ergangenen Jleknrskrfdjeibs ber ikretsregiernng, tmi= 
burtk bie ®rlttnbnt0 jmit betrieb ber *fid)nnkuiirtfd)aft 
uerfngt würbe 1 ). 

®er ©adjoerfjalt ergibt fid) au§ ben 
© r ü n b e n : 

I. $er 33efd)werbefüt)rev ift mit feinem ©efud) um bie 
©tlaubniä junt betrieb ber ©d)anfroirtfd)aft nont Ober* 
amt ©rail§l)eim mit 33efd)eib oom 5. Quni 1902 wegen 
maugeltiben 33ebtirfniffe§ abgeroiefen roorbeit. ^en ooti ifynt 
gegen ben oberamtlicfjen 33efd)eib erhobenen 9?efur§ f)at bie 
k. ^Regierung be§ 3agftfreife§ am 24. Oftober 1902 al§ 
unbegrünbet nermorfen. ©ine gegen ben $Refur§befd)eib ber 
SreiSrcgierung bei bem 5?. SRiniftetium be§ Innern eittge= 
legte 33efd)wetbe ift non biefer 33et)örbe mit ©rlafj oom 
18. ©ejember 1902 al§ unjuläffig abgemiefen morbeti. ©egen 
biefe letztere ©ntfdjeibung riditet fid) bie oorliegenbe, frift= 
jeitig erhobene iRecfjtSbefcfiwerbe, welche fid) barauf grüubet, 
baff nad) bem geltenben 5Red)t gegen einen bie ©eneljmigung 
junt 3Birtfd)aft§betrieb oerfagenben iRefur§befd)eib ber ßtei§* 
regierung bie 58ermaltung§befd)ioerbe an ba§ SRinifterium 
be§ Innern unb gegen beffeu ©ntfdjeibuug bie !Red)t3be= 
fcfjroerbe an ben 3kvmaltung§gerid)t§t)of greife, unb bc§ 
weiteren bavjutun oerfudjt, üafs bie IBevfagung ber nad)ge= 
fud)ten ©eneljmigung ju Unredjt erfolgt fei. 

1) SSergl. 2B. 3;a£>r£). VII ©. 369. 


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100 ©ntfcfjeibungen be§ ®criüaltunßggcvid)t§^of§. 

II. $ie erhobene 9}cd)t§beid)toerbe ift als unftattbaft 
jurürfjutücifen. $ev 93erix>altung3gerid)t§hof h fl t bie ©the= 
bung bet 9iecht§befd)mevbe in benjenigen 91tigetegenheiteu, auf 
iuetd)e bie §§ 20, 21 bet ©eroerbeorbnung Ulmoenbung finben, 
bistjer fonftant für unftattbaft erflärt unb an biefer tKed)t§* 
aufd)auung and) gegenüber beit abmeichenben ©ntfdjeibungett 
be§ S. 'Preufjifdien Cben)erma(tung§gericht3 »om 30. 9Jtai 
1876 (ßmtfdjeibungen L 3. 280) unb be§ $. ÜSaperifchen 
s .8erma(tung§gevid)tshof§ oom 9. ®ejember 1879 (<$ntfct)ei= 
bungen I 3. 12) feftgehalten (ju uergl. 2Init§bl. be§ 9Jtini= 
fteriumS be§ Innern 1879 3. 342, 1882 3. 324, 1885 
3. 332). 

®er iOenualtungägeridjt^böf erachtet e§ aud) jet}t nach 
raieberbolter eingebenber Prüfung ber iUed)t3fvage für fef>r 
jmeifelhaft, ob mit beit reid)§gefetjlicf)en '■öeftimmungen in 
§ 20, 21 ber ©eroerbeorbnung bie lanbes>recht(iche 3ulaffung 
einer nochmaligen 33erroaltungsbefd)roerbe gegen ben 9iefur»= 
befcbeib unb einer uetroa(tung§gcricht(id)eti 9iecht§befd)roerbe 
gegen bie auf bie nodjmalige iBerroaltungSbefchroerbe er= 
gebenbe ©nticheibung oereinbar ift. 

3)ie in ber ©titfdieibuitg be§ 93evroa(tung§gerid)t§hof3 
oom 30. September 1885 (Stmtsbl. be§ 9TUnifteriuiit§ be§ 
Innern 1885 3. 332) näher begrünbetc 9ted)tsanfd)auung, 
bah nad) reid)§gefehlid)er 93orfcf)rift in ben fällen ber §§ 
20, 21 ber ©eroerbeorbnung gegen bie ©ntfdjeibung ber 9{e= 
fur§inftanj leine toeitere ©efdjtoerbe juläffig fei , ftütjt fic£> 
auf bie ©orte in § 20 be§ ©efetieS : „©egen beit 'Defdjeib 
ift 91efur§ an bie n ä d) ft o o r g e f e h t e 33 e h ö v b e ju* 
läffig". ©§ mirb jugegebeit, bah biefer ©ortlaut ber 33eftim= 
mutig itidjt mit Slotroenbigleit ju ber hiev oertretenen 9lu§= 
teguttg führt, ineil ba§ ©ort „nur“ bariit fehlt, e§ mirb aber 
bie 9iid)tigfeit biefer 2lu§leguitg au3 beut ^ufanunenhalt mit 
g 21 unb att§ ber ©ntftehung3gefd)id)te be§ ®efehe§ batju» 
legen uerfudjt. 3)ie heroorgehobenen ©orte föttneit an fid) 
einen jroeifachen Sinn f>aben. Sie fönneit bahiu oerftanbeu 
m erb eit , bah über Stefurfe im Sinne ber §§ 20, 21 ftet§ 


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Unanfecf)tbarfeit be3 DtefurSbefcfjeib? ber SmiSregienttig k . 101 

biejeitige Söctjörbe ju entfcbeiben habe , roeld)e ber in erfter 
Snftanj entfcbeibeuben S3ebörbe unmittelbar oorgefetjt ift, baft 
alfo feine etma rorbanbetie 3 lu ifct)cninftans überfprungeti 
ro erben bürfe. ©egen biefe Auslegung ergebt fid) aber ba3 
Gebeuten, bafj fie mit bem elften Sat^e be§ § 21 , meldjer 
bie näheren ©eftimmungen über bie ©efyötben , foroobt in 
ber erften al§ in ber 9tefur§inftanj, beti 2anbe§gefet)en oor» 
betjält, nid)t moljl oereinbar ift. ®enn roentt al§ tHefurSin» 
ftanj ftets bie ber erften ^nftanj nad) ber lanbe§red)tlid) be» 
ftetjenben S3et)örbenorganifation unmittelbar norgefetjte S)e= 
t)örbe ju fungieren tnitte, fo bliebe für eine lanbe§gefe^lidie 
S3eftimmung über biefe 93el)örbe fein Staunt übrig. 2Jtan ift 
bat)er ju ber Slnnalpne genötigt, bafj berBanbeSgefetjgebung 
bie freie 53eftimmung barüber juftetjt, meldje 5lef)örbe in 
93ejiet)ung auf bie t) i e r oortiegenben Singe» 
legentjeiten bie ber erften Qnftanj „näcf)ft oorgefettte 
S3ebörbe" fein fall, unb bafj fie nid)t getjinbert ift, bei biefer 
Sfeftimmung eine fonft etma oortjanbene i f ct) en i n ftanj ju 

überfpringen. S)iefe letztere Stuffaffung, für meld)e fid) aud) 
o. Sanbmantt in feinem Kommentar jur ©eroerbeorbnung 
(Stnm. 3 ju § 20) au§gefprori)en bat, tjat in Slrt. 14 be§ 
rciirtt. ©efetje3 über bie l'erma(tung§red)t§pflege oom 10. $e» 
jember 1870 praftifcbe Stnerfennung unb Stnmenbung ge» 
futtben. 

ft'ann man bie lieroorgelmbenen SBorte nicfjt in bem 
eben erörterten Sinn auffaffen, fo bleibt nur übrig, fie ba= 
bin ju oerftetjen, bafj ber Stcfurs nur an bie in SJejiebung 
auf ben betreffenben ©egenftanb näcbft norgefetjte, nicf)t aber 
an eine meitere Sletjörbe juläffig fei, m. a. SB. bafj gegen 
bie @ntfd)eibuug ber erften ^)nftanj nur ein einmaliger Sie» 
fur§ jugelaffen ift. fyür biefe StuStegung fpridit oor altem 
bie Sfemerfung in ben SJtotioen ju § 1 7 — 28 be§ ©ntmurfS 
ber ©cmerbeorbnung non 1809 (Stenogr. S3erid)te be§ tiorb» 
beutfcben Sieid)ötag§ 1869 Slnt. S3anb ©. 115), bafj ber 
©ntmurf bie ©rlebigung alter nid)t prioatrecbtlicben ©inmen» 
bungen unter ^erfteltung eine§ georbneten ^nftanjenjugS 


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102 


@ntf Reibungen be§ 3kra>attung§geric{)t§f)of3. 


jum 2 lbfd)luf 3 511 bringen beabficfjtige. SDtit biefer 
3lbfid)t ift bie 3ulaffung beliebiger weiterer ^jnftanjen burd) 
Siatibesgefet) faum oereinbar. §ür jene Auslegung fprid)t 
weiterhin ber Umftanb, bafj ber ©ntwurf non 1869 gegen* 
über bem Q3efd)lufj ber 9ieid)§tag§fommiffion non 1868, 
welcher bie SliefurSfrift auf 4 2Bod)en nerlcingern motlte, au 
ber 14tägigen ^rift feftt)ält nnb biefe Haltung mit ber Ülb* 
fid)t begrünbet, „burd) möglicfjfte Slbfürjung be§ Verfahrens 
unb ber Triften bie Verjögerung , weldje ber beginn be§ 
VaueS burd) ba§ fäonjeffionSuerfabren nnnermeiblid) erleibet, 
auf ba§ juläfftg geringfte Sftafj einjufdjränfen" (a. a. O. 
©. 116). s Jiid)t§ wäre ber Durchführung ber tjier befun* 
beten 2tbfid)t t)inbertid)er, als bie lanbe§gefet)(td)e 3ulaffung 
weiterer Qnftanjen, burd) welche ba§ ÄonjeffionSuerfabren 
auf§ unbeftimmte nerlängert werben fönnte. Dem gegen* 
über wäre bie fyrage, ob bie reicf)§gcfe^tid)e VefurSfrift auf 
2 ober 4 SBodjen feftgefe^t werben fotte, non untergeorb* 
neter Vebeutung gewefen unb wäre taunt ©runb uorgelegen, 
an ber 14tägigen fjrtift be§ (Entwurfs mit bem 9tad)brud, 
wie e§ gefd)et)en ift, feft}ut)alten. 3BoI)( 51t beachten ift enb* 
lid), bafj, wäfjrenb ber non ber ^urücfnai)me einer 2(ppro* 
bation tc. tjanbetnbe § 52 beS ©ntwurfS non 1869 bie 
näheren Veftimmungen über ba§3Serfat)ren unb bie 
juläffigen ^Rechtsmittel ben £aitbesgefet)en norbe* 
l)ä(t, in § 21 2lbf. 2 be§ ©ntmurfS ein fotd)er Vorbehalt 
nur für bie Veftimntungen über b a § Verfahren ent* 
halten ift. Die nerfd)iebene Raffung ber beibertei Veftiin* 
mutigen erflärt fid) ganj natürlid) au§ ber 2lbfid)t be§ ©nt* 
wutf§, ben iHcd)t§mitteläug in ben fällen be§ § 21 er* 
fd)öpfettb 511 regeln, währenb bei ber entgegengefet)ten 9ltt§* 
leguttg eine ÜBillt'ürlidjfeit in ber Formulierung be§ (Snt* 
mnrfS angenommen werben mufj, toeldie bei einem berartigen 
©efehgebungstnerf nicht ohne jmingenben ©ruttb unterftellt 
werben barf. fyür bie Auslegung be§ gelteitben ®efet)e3 
fomntt aber nur ber § 21, nicht ber § 52 beS ©ntmurfS in 
Vetrad)t. 


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tlnnnfedjtbarfeit beS SHefursbefdjeibS bet SireiSregierutig sc. 103 

®ie Reid)§tag§oerhanblungen über ben (Entwurf föntten 
gegen bie hier oertretene Anfchauung nid)t oerwertet werben. 
2)ie ReichStagSfommiffion non 1868 f)at ben 3 n h a tt be§ 
(Entwurfs nur mit anberen unb (mie äugegeben ift) beut» 
lieferen Sffiorten jutn AuSbrucf gebracht, roenn fie im erften 
©atje bie äBorte „an bie nädjft oorgefet}te 93et)örbe" ftrid) 
unb bafür am Sdjluft beifügte: „(Ein weiterer RefurS gegen 
benfelben (ben RefurSbefrijeib) ift nietjt jidäffig." ^n biefem 
Sinne ift ber SBefchlufj offenbar auch oon ben oerbünbeten 
Regierungen aufgefajjt worben: benn in ben ÜJtotioen ju 
§ 18 bis 22 beS (Entwurfs oon 1869, in welchen bie wefent» 
licken Abweichungen jwifdjen bem (Entwurf oon 1868 unb 
ben 33efd)lttffen ber ReichStagSfommiffion im einjetnen auf» 
geführt unb erörtert fittb, ift jenes fünftes mit feinem 
äßorte gebucht. ÜBenn eS in ber Abfid)t ber Regierungen 
gelegen wäre, bie Jrage ber ßulaffutig einer weiteren ^e» 
fchwerbe gegen ben RefurSbefcfjeib aus bem Streife ber reirijS» 
gefetjlid) feftjuftellenben @runbfät$e auSjufcheiben, fo wäre 
in biefem fünfte eine wefentlidje SÜfferenj jwifdjen bem 
(Entwurf oon 1868 unb bem SBefchlufj ber ReidjStagSfom» 
miffion oorgelegen unb hätten bie Regierungen allen Anlaj? 
gehabt, ihren abweidjenben Stanbpunft in ben Rtotioen beS 
(Entwurfs oon 1869 jum AuSbrucf jn bringen unb ju be» 
grünben. ®aS oollftänbige ©tillfchweigen ber SRotioe über 
ben Sßunft weift bal)er im ©egenteil barauf hin, bafj bie 
Regierungen in bem ®efd)lug ber Slommiffion über jenen 
Sßuuft eine materielle Abweichung oon ber RegierungSoor» 
läge nicht erblicften. 

Aud) ber bei ben Reid)StagSoerbanbtungen oon 1869 
geftcllte Antrag Runge=o. .jpennig, welcher im bvitten Abfah 
einen weiteren RefurS auf @runb ber behaupteten Aftett» 
wibrigfeit julaffen wollte, hatte fonfequenterweife im erften 
Abfat 3 bie SBorte „an bie nächft oorgefetjte Sehörbe" weg» 
gelaffeu, offenbar in ber Annahme, bajj bie geftridjenen 
SBorte mit bem Inhalt beS britten AbfatjeS im SJBiberfprud) 
flehen würben. 2?abei gingen bie Antragfteller, wie oon 


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104 ®ntf Reibungen be§ syerniaItung§gericf)t3t)ofg. 

bem 2lbgeorbtieten SaSfev in ber Sißuttg oom 9. UXprit 1869 
(Stenograph- ©eridjte beS Reichstags 1869 1 . ©rot. 33b. 
©. 278 ff.) niit)er auSgefüf)vt mttrbe, oon bev RoranSfeßung 
auS, baß in ©reußeit bie ©ejirfStegierungen bie follegiatifcf) 
organifievte jroeite ^nftans i u bilben hätten unb bereit @nt* 
fd)eibungen oom 9JHnifterium einer Racf)prüfung auf ©vittib 
ber Elften ju unterjieljen mären. Sie oom ©väfibenten be§ 
RunbeSfanjleramtS gegebene ^Darlegung, baß bie ebenbemerfte 
RorauSfeßung nicfji gutreffe, bie Rerßältniffe in ©reußen 
oielntchr baju nötigen, als erfte Qitftanft bie Regierungen unb 
al§ jtoeite baS RHtüfteriuni p beiaffen (a. a. O. <3. 277), 
hatte frfiliefjlicf) bie fyolge, baff bev Antrag Runge-o. ffennig 
burd) ben Eintrag £asfer (Rr. 85 ber Srucffadjen) erfeßt 
mürbe, meldjer oon ber ffulaffung einer britten ^nftanj ab- 
fal) unb ben § 21 Elbf. 1 beS ©ntrouvfS unoeränbert beließ, 
©ine unbefangene Retradjtung fann nid)t ocrfentten, baß ba= 
mit ber Elntragfteller unb, i()m folgeitb, ber Reichstag, mel= 
d)er bem Eintrag juftimmte, auf bie $ulaffung einer britten $n= 
ftanj nergidjtet unb ben ©ntrourf in bem fritifdjen fünfte 
in bem Sinne angenommen t»at, in meldjem er non ben oer= 
biinbeten Regierungen eingebrad)t mar. ©S mag gutreffen, 
baß biefc Stellungnahme beS Reichstags burd) bie ©rroä» 
gung beeinflußt morbett ift, baß nach ben oom RunbeSratS= 
tifd) gegebenen ©rflärungen eine lanbcSgefeßlicf) jujulaffenbe 
britte ^nftanj für ©reußen gegenftanbSloS märe. Slllein für 
ben Sinn unb Qnbatt beS gefaßten RefdßuffeS ift biefeS 
SRotio oßne ©ebeutung. |>ätte ber Reichstag auf bie $u» 
laffung ber britten Qnftanj irgenb ein ©emid)t gelegt, fo 
märe jur SBieberaufitahme beS hierauf be$üglid)eti Eintrags 
gettügenbe Reranlaffung oorgelegen, nad)bem in ber Sißung 
oont 10. Elpril 1869 barauf hingemiefen morbett mar, baß 
in aitberett RutibeSftaaten eine anbere Orbnung ber ffuftäm 
bigfeitSoevl)ältniffe in ff rage fomnten merbe, als in ©rettßen, 
unb nadjbetn biefetn Untftanb burd) bie Elbätiberung beS Ein- 
trags ßaSfer ittt Sitttte beS EltnenbemcutS ffvieS Redjnuttg 
getragen morbett mar, mottad) eS ben SanbeSgefeßen über» 


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Unanfcd)tbarfeit bee SHefursbefcfjeibs! ber ftretSregierutig jc. 105 

laffen rourbe, ob fie bie ©arantien einer uuparteiifcßen uub 
fachgemäßen ©ntfcßeibung (follegiafe Organifation ber Ve= 
ßörbe, ©eßör ber Parteien, Öffentlidjfeit ber Verßanblung) 
in ber erften ober- in ber fHefurSinftanj gewähren wollten 
(a. a. O. ©. 295, 297 ff.), 3i(Iein oon feiner Seite mürbe 
aud) nur ber Verfucß gemad)t, auf jene ffrage jurücfju* 
fommen. 

®ie für bie gegenteilige SluSlegung beS ©efeßeS oer= 
merteten Steigerungen einzelner 9ieid)Stag§abgeorbneten be= 
jieben ficf), im 3ufammenßang aufgefaßt, nur auf bie fyrage, 
ob bie oon ihnen für erforberlid) eradjteten ©arantien einer 
fadigemäßen ©ntfcßeibung in bie erfte ober in bie 9tefur§= 
inftanj oerlegt roerben follten, unb haben auf bie hier oor» 
liegenbe grage, ob lanbeSgefeßlicß meitere Vefcßroerbeinftanjen 
eingefüßrt toerben fönnen, feinen Vejug. ©S ift baßer nidjt 
jutreffenb, raenn barauS ber Sd)luß gejogen mirb, eS habe 
reid)Sgefeßlicß nur ein SJtinbeftmaß oon ©arantien für eine 
fachgemäße Vebanblutig gefcßaffen roerben roolten, ba§ burcß 
bie lanbeSgefeßlidje 3 u t a ff un 9 weiterer Qnftanjen beliebig 
oermehrt roerben tonne. So roenig es ficf) beftreiten läßt, 
baß bie Schaffung berartiger ©arantien bei ben Verßanb* 
hingen beS 9icid)StagS im Vorbergrunb beS QntereffeS ftaub, 
fo unrichtig roäre e§, biefen an ficf) jutreffenben ©eficßts* 
punft als ben allein maßgebenben ju betradjtcn uub bie in 
ben 9)iotioen fo beftimmt auSgefprocßene Slbfidjt ber mög= 
lidßten Slbfürjung be§ Verfahrens unb ber a b f cf) 1 i e ß e n* 
ben ©rlebigung ber StonjeffionSgefurije unb ber ba* 
gegen erhobenen ©inroenbungen ju überfeßen. 

®ie Verwerfung ber ßier oertretenen Auslegung mürbe 
ju bem ©rgebniS füßren, baß ben SBorten „an bie näcßft 
oorgefeßte Veßorbe" überhaupt feine Vebeutung jufomme. 
9hm ift eS aber fd)on im allgemeinen mißlief) uub oßne 
jroingenben ©runb nid)t ftattßaft anjuneßmen, baß ber ©e= 
fe^geber etroaS VebeutungslofeS gefugt habe, unb fteßen einer 
foldjeti ainnaßme im oorliegenben Jall im -öinblicf auf ben 
$nßalt ber Vfotioe jum ©efeßcSentrourf unb auf ben Ver= 


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106 (Sntfrfjctbmigcn be§ 5üernmltung§gerid)t§l)of§. 

(auf bei - parlamentarifdjen Serfjanblungen über benfelben uod) 
Sebenfett befonberer 2(rt entgegen. 

3m ©inflang ()iemit fjabett bie in beit einzelnen SunbeS* 
ftaaten erlaffenen StuSfüfjrungSnorfcfjriften urfprilnglicf) faft 
ausnahmslos non bei Eröffnung einer britten Qnftanj ab* 
gefefjen unb }um großen leite ben ^nftanjenjug al§ einen 
fcfjon buvd) bie ©eroerbeorbnung befdjränften met)r ober 
roeniger beut(id) anerfannt (ju nergl. bie in ber ©ntfcfjeibung 
beS ft. ^ßreufi. ObernermaltungSgeridjtS nom 30. 9Jfai 1876 
auf ©. 286/7 gegebenen 5fad)ioeife). QnSbefonbere liegt biefe 
2(nfd)auung ben roürttemb. 2luSfüf)rung§norfd)riften (§ 1 unb 
18 2lbf. 2 ber Sdtinifterialnerfügung B nom 14. Se*ember 
1871, Oteg.Sl. ©. 350, § 6 $iff. 7 ber ft. Serorbnung nom 
19. 3uni 1873, (Reg.Sl. ©. 251) ju ©runbe. SSoit ber glei= 
cfjen 2lnfd)auung gingen, iuie bie ©ntfdjeibung beS ft. Sageri* 
fcfjen Serma(tungSgerid)tSl)ofS nom 9. Sejember 1879 ©. 14 
erfennen läjst, ^Regierung unb SolfSnertretung in Sägern 
bei ber ©rlaffung beS bagerifdjen ©efetjeS nom 8. Stuguft 
1878, bie ©rridftung eines SermaltungSgeridjtSbofS betreffend 
auS (ju uergl. 2lrt. 8 $iff. 8 unb 2lrt. 9 2lbf. 3 biefeS ©e= 
fetjeS). ©rft nad}bem fid) ba§ ft. ißreufjifdje Obcrnennal= 
tungSgeridjt mit feiner ©ntfdjeibung nom 30. 2Rai 1876 auf 
ben gegenteiligen ©taubpunf't geftellt fyatte, tnurbe in Preußen 
unb jmar erftmals burd) baS 3uftcinbigteitSgefet) nom 26. ^uli 
1876 bie ütnfedjtung ber auf ©ruub ber 20, 21 ber ©e= 
merbeorbnung ergangenen OteturSbefdjeibe mittels ber (Re* 
uifion im SerroaltungSftreitnerfaliren für juläffig erftärt. Ser 
Umfang biefeS SHed)tSmittelS mürbe jebod) burd) baS $u* 
ftänbigteitSgefet) nom 1. Sluguft 1883 mefentlid) eingefdjränft, 
namentlid) mürben burd) § 114 biefeS ©efetjeS bie CSntfctjci* 
bungen beS SejirfSauSfdgtffeS über bie ©rteilung non 2ßirt= 
fdjaftSfonseffionen für enbgültig erftärt. SReueftenS fjat aud) 
nod) baS ft. fäd)fifd)e ©efe^ nom 19. 3nli 1900 über bie 
SermaltungSredjtSpflege bie f$:rage, 06 in ben nad) §§ 20, 
21 ber ©emerbeorbnung 511 betjanbetnben 2tngelegenl)eiteu bie 
©ntfdjeibung ber gmeitett Qnftanj enbgültig fei, obgleid) 511= 


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Uimnfedjtbarfeit be§ SHefursbefcbeibg bcr ftreigregierung jc. 107 

uor bie fädjfifdje Praxis bie Sliditigfeitsbefdimerbe gegen bie 
jroeitinftanälidjen ©ntfdjeibungen jugelaffeu ljatte , nid)t po= 
fitio geloft, fonbent ber Sied)tfpred)ung be§ Cberoermattung§= 
gerid)t§ übertaffen , für metdje Slnfidit fie fid) entfdjeiben 
roolle, fomeit nid)t in ben fyällen biefer 2lrt bie 2lnfecf)tung§= 
ftage fctjon nad) § 75 $iff. 4 be§ ©efetjeS au§gefd)loffen 
fei >)• 

J 1 1. @s ift jusugeben, baß bie unter Ziffer 11. erör= 
texten ©ebettfen gegenüber ber äutaffung einer 9ieci)tsbe= 
fdjroerbe im Sinne bes 31rt. 13 be§ roürttemb. ©efet 5 C§ oom 
16. ^ejember 1876 oieüeid)t meniger jutreffen mürben, roeil 
bie ÜiecßtSbefdjmerbe fein 9icd)t§mittel in benx Sinne ift, baß 
ber ©ermaltung§gerirf)t§bof bie höhere Qnftanj gegenüber ben 
©erma(tung§behörben bitben mürbe, roeit e§ fid) babci uiel= 
mehr um bie Anrufung einer neben ben ©ermattung§behör= 
ben fteßenben 9ied)t§fontrottinftanj banbclt, bereu Jätigfeit 
regelmäßig erft bann in Slnfprud) genommen merben f'ann, 
mettn bie 2lnge(egenheit in ber ^nftans ber ©ermaltuug jum 
2lbfd)luß gebradit ift. 3>er ©erma(tung§gericf)t§l)of 4'aun jc= 
bod) äfjnlicf) mie in bem burd) bas Urteil oom 3. $uti 1895 
entfdjiebenen fyall, in melcbent bie Sied)t§befd)merbe unmittel- 
bar gegen ben Stefur§befd)eib ber Slrei§regierung erhoben 
rcorben mar (SBiirtt. Qaf)rbüd)er YII S. 369), oon einer 
©ntfdjciöung ber f$rage abfehcn, ob mit ben reid)3gefet)lidien 
©eftimmungen in §§ 20, 21 ber ©emerbeorbnung bie Ian= 
be§red)tlid)e ^utaffung einer mciteren ©efdpuerbe, momit bie 
Siefursbefd)eibe ber SreiSregierungett bei bem 2JJinifterium 
anfedjtbar mären , unb fobann bie oerma(tuug§gerid)tlid)e 
i)ted)tsbefd)merbe gegen bie auf fold)e ©efdjmerben ergehen* 
ben 9JUnifterialentfcf)eibungen oerträglid) ift. S)enn jcbenfallg 
ift tanbesgefetßid) bie Siegelung be§ Qnftanjenjugö in ©e= 

1) St p e 1 1, Skrioaltuugsrecbtepftege, §>nnbausgabe ®. *235; neigt, 
nun aber bie bie 3'däffigfeit ber Stnfedjtungsflagc bejafjenbe @nt* 
fdjeibitng bc§ fädjiifctjen Cbernerroattungägerid)t§ oom *25. Sluguft 
1902 in bem jüitgft er|d)ieneneu Jpeft 2 ber §al)rbüct)er beefctben S3b 
111. ©. 140. 


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108 (Sntfcßeibungen beä SöeriualtungSgcricfjtgfjof#. 

werbefadjen auf ©runb beS § 21 bei - ©ewerbeorbnung in 
bei - Seife erfolgt, baß gegen ben 9iefurSbefd)eib bei - ®reiS= 
regievung weitere SSerwaltungSbefcßwerbe an ba§ Minifterium 
nidff ftattfinbet unb folgeioeife aud) eine oerwaltungSgericßU 
lid)e 9ied)tSbefd)wcrbe gegen eine auf eine folcße 93erroal= 
tungSbefdjroevbe ergeßenbe Minifterialentfcßeibung nidjt ftatt= 
finben fann. ®ie gefeßgebenbeu fjaftoren finb allerbingS bei 
ber SBerabfcßiebung beS ©efeßeS oom 16. $)ejbr. 1876 baoou 
ausgegangen, baß nad) allgemein anerfannter 9iecßt§anftd)t 
bie ©ewerbeorbnung bem SanbeSredff für bie ber 9iefurS= 
inftanj unterliegenben 5äd c bie ©ewäßrung eines weiteren 
SiedffSmittelS gegen ben 9icfurSbefd)eib nießt geftatte, allein 
auS ben Materialien be§ ©efeßeS unb bem ©efeße felbft 
ergibt fid) beutlid), baß bie gcfeßgebetiben gaftoren, inbeni 
fie auSnaßmSroeife für bie o - ä(le ber gurüdnaßme einer ber 
in § 53 ber ©eroerbeorbnung gebadeten Slyprobationen, @e* 
nebmigungen unb 23efta(lungen gegen bie erftinftanjlicfjen iöe= 
fdjeibe ber ÄreiSregierungen nad) Maßgabe ber 2lrt. 14, 59 
2lbf. 1 unb 60 2lbf. 1 bie SiedffSbefcßwerbe au ben 3$erwal= 
tungSgerid)tSl)of juließen, baS SluSfunftSmittel beS 2lrt. 14, 
ben iBcrwaltungSgeridffSßof für bie StefurSinftanj ber §§ 20, 
21 ber ©emerbeorbnuug ju erftären , mit gutem 2)ebad)t, 
weil fie beS weiteren ein ‘äebiirfniS nießt anertannten, nießt 
in weiterem Umfang ergriffen ßaben, wiewoßl fein redfflicßeS 
•fpinberniS gegen bie SluSbeßuung biefer 2luSnaßmebeftiiw 
mung, wenn baS 23efteßen uerwaltungSgericßtlid) ju fcßüßew 
ber fubjeftioer fRedjte and) fonft anerfannt werben wollte, 
beftanb unb ben gefeßgebenbeu ^aftoren nud) baS Slicßtbe* 
fteßen eines recßtlicßen .fpiuberniffeS unter biefer 23orauS= 
feßung nidjt jweifelßaft war. 

2luS Slnlaß ber Beratung beS § 18 beS 9iecßenfd)aftS= 
bcricßtS be§ ftänbifeßen 2luSfd)uffeS oom 20. Oftober 1873, 
betr. bie St Üerorbnung oom 19. Quni 1873 bejüglicß beS 
SBerfaßrenS in ©ewerbefadjen , war uon ben ©teinben mit 
2lbrcffe oom 28. Januar / 13. Quni 1874 an bie Ä. Siegie* 
rung bie '-Bitte um ©iuleituug ju gefeßlidjer Siegelung beS 


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Unanfecfjtbarteü bcS SKefurSbefcfjeibg bet Kretäregierung :c 109 

©erfat)ren§ , foroie ber guftönbigfeit ber ©et)örben gerichtet 
roorben. $er ©efdjluf? ber Kammer ber Slbgeorbneten mar 
auf ben ©eridjt if)rer ftaat§red)tlid)en Kommiffion gefapt 
roorben: ber eingetjenbe Komnüffion§bericf)t füf>rt ben § 155 
ber ©eroerbeorbtiung an, monad) , mo in biefern ©efep auf 
bic £anbe§ g efepe oerroiefen ift, unter ben (enteren and) 
bie oerfaffung§= ober gefeptncipig erlaffenen ©etorbnungeu 
oerftanben finb, legt bar (mie bie§ bereite in ber ©ipung 
ber Kammer oom 21. Slooember 1873 non beut ©taat§mi= 
nifter be§ Qnnern gefdjefjen mar), baf? fdjoti bisher in ©e* 
roerbefacfjen, infomeit nicf)t gefeplicpc 93orfd>riften norliegeu, 
forooljl ba§ ©erfahren at3 aud) bie ^uftänbicjfeit ber ©e= 
pörben im ©erorbnung§roege georbnet unb meiter gebilbet 
roorben fei, unb fommt ju bem ©cfjtuffe, e§ liege fein ©runb 
oor, bie 9ied)t§giiltigfeit unb Sied)t§beftäubigfeit ber K. ©er* 
orbnung oom 19. Quni 1873 511 beanftanben, e§ fei aber 
gleidpoobl bie gefeplidje Siegelung münfdjenSroert (©erb- b. 
K. b. 3lbg. 1870/74, I. ©eil. ©b. 4. 2Ibt. @.2111 ff., YIII. 
©rot. ©b. ©. 4748, IX. ©rot. ©b. ©. 5290 ff.), ©ei ber 
Kommifftonäberatung ber Kammer ber ©tanbe§perren batte 
ber ©eridjterftatter gegen ben ^npalt ber K. ©erorbnung 
oom 19. Quni 1873 ©ebenfen in ber Siidjtung geäußert, 
baf? im ©erorbnung§mege 'eine ©efdjränfung ber Qnftaujen 
nad) unten, nid)t nad) oben habe oerfügt merben fönnen, 
roäl)tenb bie beiben ^nftanjen ber ©eroerbeorbnung baburd) 
gefctjaffen merben fönnen, baf? in erfter Qnftanj bas ffllini* 
fterium, al§ SiefurSinftanj ber ©eßeime Siat, bie bamalige 
3lbminiftratiojuftijbel)örbe, ju entfdjeiben fjätte. liefen ©e* 
benfeti mürbe meber oom ©ericßterftatter felbft nod) oon an* 
berer ©eite eine gegeben, dagegen ift in bem Korn* 

miffion^beridit ber Kammer ber ©tanbelfjerren 511 bem ©e* 
fep oom 16. SDejember 1876 bei bem Eintrag auf Slnttaljmc 
be§ 2lrt. 15 be§ @ntmurf§ (9lrt. 14 be§ @efepe§) auf bie 
©eratung ber §§ 17 unb 18 be§ 9ied)enfd)aft§berid)t§ oom 
29. Oftober 1872, roorüber früher fd?on ein ©eridjt erftattet 
roorben mar, unb be§ § 18 be§ Siecf)enfd)aft§berid)t§ oom 


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110 ©ntfdjeibungen be§ '13erroaItung§geric{)ts()of§. 

20. Cftober 1873 (93erf). b. $r. b. 3tanbe§h- 1870/74, II. 33eit. 
33b. 3. 1137, 1148, II. ^J3vot. 33b. 3. 1517) mit bem 33e= 
merfctt bingeroiefcn , bafj bantalS bicfe ßantnter fid) für bie 
(Srfjaftung ber ©eheimett 9fat§»3nftanj unter ähnlichen 93er= 
hältniffen au§gefprod)ett fiabe |33erl). b. S. b. 3tanbe§f). 
1875/76, 33ei(. 33b. 3. 372). 

3u ben 3Borten be§ 2lrt. 10 ßtff. 24 be§ ©efet)e§ uom 
16. 3ejember 1876 „attSfdjliefjlich be§ GcrfenntniffeS über 
bie nad) üötaffgabe ber beftetjenben befonbereu 33orfdjriften 
ju beljanbelnbeit ©efucfje um bie (Erteilung ber ©enehmigutig 
jur (Errichtung ober SBeränberung uon SBafferiuerfen" ift in 
ben SJlotiuen gefügt : $n 33ejiet)ung auf bie 33et)anbhing 
biefer ©efudje hefteten befonbere, teil# in ber ©etuerbeorb= 
nung, teil# auf ©rttnb berfelben in ber 5t. 33erorbnung uom 
19. Qüni 1873 bejtn. ber SJJinifteriatuerfügung uom 14. 3e* 
jetnber 1871 ertaffene 33orfd)riften , luonacf) bie 5trei§regie= 
rung al§ 33erma(tungsbet)örbe in erfter, ba§ SJtinifterium 
eubgiiltig in jiueiter ^nftanj ju entfdjeibeit l)abe; in biefen 
fällen finbe bafjer aud) eine 33efd)tuerbe an ben 33ertual= 
tungsgerid)t§I)of nad) SRafigabe be§ 3lrt. 14 be§ @ntiuurf§ 
(21rt. 13 bee> ©efetjeS) nicht ftatt. 3er 5tommiffiou3beriri)t 
ber Kammer ber 3lbgeorbueten bemerft : 33ei ber 3lusfd)lie§ung 
ber (Erfenntniffe über ©efudje um (Erteilung ber ©eitehnti» 
gütig ju <$rrid)tung ober 33eränberung uon 3öaffertuerfett 
uon ber 3uftänbigfeit ber 33enualtungggerid)te bes> ®ntnmrf§ 
fei unter SSertueifung auf bie fölotiue nichts ju erinnern 
(fpohl, ©efet) über bie 3?eriualtung§red)t§pflege 3. 52, 141). 
3n bem 5tommiffion§berid)t ber Etammer ber ©taubes tjerren, 
ber im ganjeit juftimmt, ift hierüber nid)t# tueiter bemerft. 

3u bem 3lrt. 14 bes ©efetjes führen bie 8)lotiue aus: 
t)iad) § 19 ber üftinifterialuerfügung A uom 14. 3ejember 
1871 unb nach § 8 ber 5t. 33erorbnung uom 19. Quni 1873 
fei jur 3uvüdfnahme ber Approbationen jc. in Aittuettbung 
be§ § 53 ber ©eiuerbeorbnung bie 5trei§regierung juftänbig, 
gegen bereit Verfügung eine 33efd)iuerbe au bas SJfinifterium 
ftattfinbe, beffett ©ntfdjeibung int ßinblicf auf bie 33orfd)rift 


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Unanferfjtbarfeit bei 5Hefuvibefd)eibi ber Streisregievung jc. 111 

bei § 26 ber ©ewerbeorbttung enbgiiltig fei; ei fei aber 
nict)t ju oerfennen, baff in bcn gälten biefer Art bie 33eire= 
tung bei 23erwaltungirecl)tiwegi jugelaffen werben follte; 
ber (Entwurf fdjlage oor, biefe mit Umgebung ber gnftanj 
bei SRinifteriumi bireft non ber ftreiiregierung an ben Sßer* 
waltungigericbtibof geben ju (affen, woburd) in biefen gälten 
ber ©runbfat) bei Art. 60 bei (Entwurfs (Art. 59 bei ©e= 
febei), welcher für bie (Erhebung ber 9fecbtibefd)werbe bie 
©rfd)öpfung bei gnftanjenjugi ber SSermaltungibebörben a(i 
Aegel oorauifebe, eine Ausnahme erleibe (ßobt ©. 57 ff.). 
2)er Sommiffionibericbt ber Äatnmer ber Abgeorbneten be= 
merf't baju, ittbem er fiel) einoerftanben erflärt: Solange ber 
Approbierte bie 93ebingungen bei ©efebei erfülle, b a ^e er 
ein gefeblidjei s Jiecf)t auf bie erlangte Äonjeffion unb ei liege 
eine 9{ed)tioerlebung oor, wenn bie SBeftimmungen bei ®e* 
febei bei ber ©ntjiebung ber Sonjeffion nid)t beachtet wer= 
ben; ei fei baljer ganj unjweifelhaft, baß nach unferem 33er= 
faffungiredjt § 60 $iff. 1 bent beteiligten eine s Jfed)tibe= 
fdjwerbe an bie oberfte Abmimftratiüjuftijbebörbe juftelje; 
biefent tHedjtijug fdjeine entgegenjufteben, baff nad) § 19 
ber SRinifterialoerfügung A oom 14. Sejember 1871 unb 
§ 8 ber 51. Sßerorbnung oom 19. guni 1873 jur 3urücf= 
nähme oon Approbationen bie 5treiiregierungen juftänbig 
feien unb gegen beren ©ntfdjeibung nur einmalige be= 
fdjwerbe, an bai SRinifterium , juläffig fei (fjobt ©. 146). 
3>er 5lommiffioniberid)t ber 51ammer ber ©tanbeiberren ent= 
hält fid) einer befonberen Auifübrung. ©amtliche gefet 3 ge= 
benbe gaftoren waren barüber einoerftanben, baff für bie 
anberen unter bie gif 20, 21 ber ©eioerbeorbnung gehörigen 
gälte — fofern ein oerma(tungigerid)tlid) ju fd)ül)enbei fub= 
jeftioei 9ted)t nicht anjuerf'ennen fei — fein öebürfnii für 
bie gulaffung bei oenoaltungigerid)tlid)en Schuhei oorliege, 
unb ei beftanb allfeitig bie Abfid)t, bai in bent Art. 14 ge= 
funbene Auifunftimittel nicht weiter auijubebnen. gugleid) 
fattb mit ber Aufnahme bei Art. 14 in bai ©efet) bie ge= 
fehliche ^Regelung ber guftänbigteit ber Stebörben, um welche 


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112 @ntf (Reibungen bei 5BentmItunßlgericf)t§f)ofl. 

bie ©taube bie R. Regierung gebeten tjatten, toenn aud) in 
befdjränftevem Umfang , i^re ©vlebigung. ©I ift auef) bie 
oom aWinifterium bei Innern am 9. 9tooembev 1883 junt 
Solljug bev ©emevbeovbnung ettaffene Verfügung, melcfje in 
§ 52 befagt, baf? bie .Suftänbigfeit unb bal Sevfafyven in 
ben gälten bei - §S 53 unb 54 bev ©emevbeovbnung teil! 
buvd) 2lvt. 14, 60 ff. bei ©efetje! oom 16. 3)ejembev 1876, 
teifl buvdj § 8 bev 5?. Sevovbnung oom 19. $uni 1873 ge= 
vegett fei, unb in !$ 3 su jj 16—28 bev ©emevbeovbnung im 
allgemeinen aulfpvidjt, bafj bie Seftimmungen bev Ser= 
ovbnung oom 19. ^ 5 imi 1873 in fovtbauevnbev ©ettung 
bleiben, in bem ftänbifdjeu 'Hed)enfd)aftlbevid)t oont 21. Ülpvil 
1884 unb bei beffen Sevatung in ben beiben Kammern nid)t 
nuv unbeanftanbet geblieben, foubevn el ift fogav in bem 
9ied)enfcf)aft!bevid)t aulbvürtlid) gefagt, bafj fid) beven Qn= 
Ijatt innevbalb bev beftebenben gefetjlidjen SJovfdjviften be« 
mege (Sevfjanblungen b. ft'ammev bev Slbgeovbneten 1883/84, 
I. Seil. Sb., 1. 2lbt. ®. 450/52). 

tJiad) allbem unb im meiteven ^inblicf auf 2lvt. 15 
$iff. 1 bei ©efetjel ootn 16. ^ejembev 1876 mcive, wenn 
bev Sefd)roevbefül)vev feine 9ied)tlbefdimevbe unmittelbav gegen 
ben Dfefuvlbefdjeib bev .fiveilvegievutig fviftjeitig bei bem Sev= 
maltunglgevid)tlf)of evtjoben hätte, bie SRedjtlbefdjmevbe all 
unjulciffig abjumeifen gemefen. s Jtid)t attbcvl oevbält el fid), 
nacfjbem bev Sefd)roevbefüf>vev junäcljft ttod) eine Senoal* 
tunglbefdpoevbe an bal 9Jiiniftevium gevidjtet t)at, meldje 
oott biefent all unftattbaft oevroovfett movbeu ift. 

o. ©avmei), Oeffentt. Diedjt ©. 521 ff. evflävt bie in bem 
©efet} oom 16. ®ejentbev 1876 oolljogeue 2lbfdjeibung bev Jälle, 
in tocld)cn bie Slngeljung bei Sevroaltunglgevidjtl jugelaffen ift, 
oott ben bev oevmaltung!gevicf)tlid)en Äontvolle eutjogenen 5äl= 
len föv ganj folgeviditig: el eignen fid) nidtt alle bev untev bie 
Sautelen bev §§ 20 ff. bev ©emevbeovbnung gegen roillfüvlidje 
unb pavtciifdje Sefjanblung geftellten fyälle juv tHecf)tfpved)ung ; 
bie ©vteilung obev Sevfagung bev ©enebntigung Iciftigev ©emev'- 
beanlagen unb bie Untevfagung bev Senü^uitg einev gemevb* 


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Unanfedjtbavfeit bei SHefursbefdjeibl ber Kreilregieruitg k. 113 


lidjeu Anlage, bie Serfagung bei - ©enefjmigung jum betrieb 
einel ber in beit §§ 30 , 32 , 33 unb 34 , forme bie Unterfagung 
bei Setriebl ber in beit §§ 35 unb 37 befleicfjneten ©enterbe 
fei burd) tatfäd)lid)e Soraulfetjungen bcbiugt, roelcfje jur @r» 
reidjung bei gtoecfl bei ©efet)eS bie ooüe fyreifjeit ber Ser» 
roaltung tierlangen unb nur bie unparteiifdje $anbf)abung 
biefer ©etualt ooraulfetjen. Siidjt allenthalben ift in ben @e= 
fetten attberer beutfdjer Sunbelftaaten ber Kreil ber ber oer» 
roaltunglgeridftlidjen Kontrolle unterliegenben fjfctlle fo eng 
mie in 9trt. 14 bei ©efetjcl tiont 16 . Sejentber 1876 ge» 
jogett. Sereitl in beut Urteil bei SenoaltungSgeridjtlljofS 
oom 3 . Quli 1895 ift aber angeführt, baff mit beut Slrt. 14 
bal babifdje ©efe^ oom 14 . $uni 1884 über bie Senoal» 
tunglrecfjtlpflege in §4 Slbf. 4 3iff- 3 int mefentlidjett überein» 
ftimmt ttnb baff aud) (toie fdton oben ermähnt) nad) jj 114 
bei pteufjifd)en ©efetjel oom 1 . Sluguft 1883 über bie $u» 
ftänbigfeit ber Serroaltunglbef)örben unb Serroaltunglge» 
rid)tlbef)örbett bie über Einträge auf ©rteilung ber ©rlaub» 
itil jum Setrieb ber ©aft» uttb ©djanftoirtfdjaft in jioeiter 
Qnftanj ergangenen @ntfd)eibungen enbgültig finb. $eS= 
gleichen finb folcfje ©ntfcfjeibungen nad) bem fäd)fifd)eit ©e» 
fet) oont 19 . ^[uli 1900 über bie Sertoaltunglred)tlpflege 
§ 75 3iff. 4 ber 2lnfed)tungltlage entjogett. $n Sägern 
ift, toie ber bortige SerioaltungSgerid)tlf)of bie §§ 20 unb 
21 ber ©etoerbeorbnung aullegt unb bal bagerifcbe ©efet) 
oom 8 . Sluguft 1878 über bie Serroaltunglrecfjtlpflege an» 
roettbet, jroar bie Anrufung bei Serroattunglgerid)t!l)of! 
formell juläffig, bie Sefdjroerbe aber unter ben Umftänben 
bei oorliegettben $allel erfolglos, meil ber bagerifdie Ser» 
ioaltunglgericl)tll)of bie fyrage, ob ein Sebürfnil für bie @r= 
teilung ber 2Birtfd)aftlbered)tigung oorliegt, all eine feiner 
Sladjprüfung entzogene ©rmeffenlfrage bebanbelt (Sieger» 
$groff, Scrmaltunglredjtlpflege, 3 . Sufi. S. 189 ). 

Urteil oom 6 ./ 13 . SJiai 1903 in ber Siedjtlbefdjtoerbe» 
fadje bei ©. C. in U. 


JjabrbütSer fcev 28itrttcml>cr(j. XV. 1. 8 


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114 


©ntfcfjeibuugen bei S8evnMÜungigericf)t§E)ofi. 


3. 

3« $rt. 50 £lbf. 1 bes (Sefefees umu 16. jOrtemlier 1876 
übte bie itrruinltnm)srrrl)tspffrgr (Hemmung bev Ved)t§* 
traft) 

unb p Urt. 10 ff. brs (gefeites uont 18. Jlugnft 1879 
über bie jltumtgstHtUffredtung wegen öffentlidjredji* 
lidjer Jhtfprnrije (Beitreibung ftaatlidjer ©eroerbefteuer). 

35er ®ad)nerl)alt ergibt fidj aus ben 
© r ü n b e n : 

®otuol)l bie Berufung bes Betlagten als aud) bie Sin* 
fdffugberufung ber Klägerin finb, neun Äoftenpunft abgefel)ett, 
au3beu folgeuben@rmäguttgen als unbegrünbet prücfpweifen. 

1. 35ie Berufung be§ Betlagten, infomeit er mit ber 
Bitte, ba§ Urteil ber ftrei§regierung abpciiiDertt unb aufge* 
redjnete 3 SJtart SB o l) n ft e u e r p ftreidjen, feine Verur* 
teilung pr Bewaldung non 3 SJtarf SBobnfteuer anfidff, ift 
als unbegrünbet prücfpweifen .... 

2. Ob nun ber Beflagte nadjträglid) aud) bie Berufung 
megen feiner Verurteilung p Bejahung be§ © e m e i n b e* 
unb 21 nt t § f d) a b e n § ergeben will, läßt firi) beut am 
14. Stprit 1903 eingelaufenen ©djriftfatj nidjt mit ©idjerbeit 
entuel)tnen. ^ebenfalls ift, wie aues bem Ijernad) tuieber jur 
©praefje fommettbeu Slrt. 50 Slbf. 1 be§ ©efetjeS uont 16. 35e* 
jentber 1876 über bie Veriualtung§red)tspf(ege in Verbinbung 
mit Slrt. 692 ber mürtt. ©iuilprojefjorbnuug uoiit 3. Stpril 
1868 fid) ergibt, bie fyrift f)iep uerfäumt, ba bie fttage auf 
Bepljlung ber SBolpfteuer gegenüber ber batnit oerbunbenett 
.Olage auf Bejahung ber ©emerbefteuer einen felbftänbigen 
Slufprud) barftellt. 

3. 35ie tlägerifd)c ©emeinbe l)at fid) ber non bem Be* 
tlagten erhobenen 'Berufung angefdffoffett, inbem fie in iljrer 
©rflärung nom 10./12. Februar 1903 bie Verurteilung bei 
Veflagteu p Vepbluitg ber in ber Silage geforberten ftaat* 
I i d) e ti © e tu erbe ft euer mit 2 VI. 34 Bf- unb 78 Bf- 
beantragt. S)ie ©tattfyaftigfeit biefer 2tnfd)liefjiing ift nietjt 


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3« 2lrt. 50 21bf. 1 be§ ®ef. v . 16. £ejbv. 1876. 115 

ju beanftanben. $roar gcftcittct ber 2(rt. 50 2(bf. 1 beö ©e= 
feilet oom 16. ;£ejember 1876 über bie 93erroaltungsrecht§= 
pflege bie 2lnfd)licpung nur infomeit, al§ buvrf) bie 23e= 
rufung bie Diecf)t§fraftbe§ Urteils gehemmt 
ift'), unb tjanbelt e§ fid; bei ber ©inflagung bev ftaatlicfjen 
©eroerbefteuer um einen anberen Slnfpruch als bei bev ©itu 
flagung bev SBohnfteuer für bie ©emeinbe; ba jebocf) ber 
23ef'lagte bie Berufung jugleid) tuegen bev ©ntfdjeibung im 
Softenpunfte erhoben f)at, ift für bie f lägevifd)e ©emeinbe 
bie 21nfd)liejjung bejiig(id) bev .jpauptfache ermöglicht (9tenc 
^uftijgefehgebung II. 3. 21bt. ©. 179). 

®ie 2lnfchlufjberufung ift jebod) gteidjfatlS alö uttbe* 
gvünbet jurücfäuroeifen. Stuf ©rutib ber SSeranlcigung be§ 
23eflagten jur orbentlidjen ©eroerbeftcuer mar bie 23eitrei= 
buttg ber für ihn feftgefetjten © t a a t § fteuer im 3mang§= 
mege oott bem O r t § u o r ft e 1) e r in SHttroenbung ber 
21 r t. 1 0 ff. be§ ©efe^eS uom 18. 2luguft 1879 über bie 
•3mang§uollftrccfung megett öffenttid)red)tlid;er Slnfprftdje ju 
bewirten unb ba§ uermnltung§gerid)t(id)e ißartciftreituerfahren 
be§ 21rt. 10 be§ 2>eriualtung§red)tspflegegefehes uom 16. ®e= 
jember 1876 jur ©ntfdjeibung über baö 2)efteben biefer 
©taatSfteuerfdnilb be§ 33ef(agten ift ausgefdiloffen 1 2 ). 

©omeit bie Berufung be§ Seflagten gegen bie unter 
rid)ter(iche ©ntfdjeibung im So ft e n p u n f t gerichtet ift, 
ift ihr ein ©rfolg nid)t ju oerfagen .... 

Urteil uom 15./22. Ülpril 1903 in ber 23.3. 5Hup gegen 
©emeinbe Shalborf. 

1) Slergl. § o b I ©efelj über bie 5Uerioaltunggrecf)tspftcge @eüe 
65 unb 2(rt. 692 ber roürttemb. ßioilprojeBorbnung oom 8. 9tpril 
1868. 

2) © ö i bie S3enoa(tung£red)t§pflege in SBürttemberg @. 489. 


8 * 


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116 


III. 

3ft brr fliegcnbe ©fririjtsltrtub brr greife ourij für bic 
gUntrtrüung »tut PerfeijUmgen gegen Itmbesrrdjtlidjc 
^trnfuarrdjrifteu mtfgejjölirn ? 

Urteile ber ©traffammern Tübingen unb ©ümangen. 

Tiefe $rage ift in ber 2lbbanblung im 14. Vattb ©. 243 ff. 
ber 3at)rbürf)er bejaht, übrigen# nid)t ohne bafe ber Verfaffer 
fetbft entgegenftebenbe Vebettfen bernor^ebt. Verneint ba= 
gegen rourbe fie in jroei lanbgeridjtlicfjen Urteilen, beibe in 
©traffncfjen gegen ben Sotteriefollefteur Äarl Vecfer »on 
©iiftroro megett Verfehlungen gegen 2(rt. 7 30t- 3 be# 
roiirtt. ißol.©t.@. ')• 

$n bem Urteil ber ©traffammev be# Saubgeridjt# Tü= 
bingcn nom 2. 2lpril 1903 roirb gefagt : 

Tie gebrndten ißrofpefte unb SoBanerbietungen finb 
jroar ohne Zweifel al# Trurffdjriften i. ©. be# § 7 ©t. s f?.0. 
anjufeben, aud) ift burd) ben ^nf>alt biefer im ^ttlanb, b. b- 
innerhalb be# EHeid)#gebiet§ evfdjienenen Trucffd)rifteu eine 
ftrafbare .fmnblung, bie Uebertretung i. ©. be# 2lrt. 7 3*ff- 3 
s f3ol.©t.@. begrünbet roorben, enblid) finb biefe Trucffdjriften 
in ©üftroi», bem 0rt, nott tuo au# fie »erbreitet roorben 
finb, roo ber beginn be# Verbreiten# ftattgefunben bat, er= 
fdjieneit ; »gl. bie jutreffenbeu 2tu#fitbmngen in ^jalirb. für 
roürtt. Ved)t#pf(ege 14, 243 f., ©djroarje, SEom. jutu ißrefj'- 
gefetj ©. 195; aber Vorau#fet}ung ber 2lm»enbbarfeit be# 
2lbfatje# 2 »on ij 7 ©t.iß.0. ift, baß am 0rt be# @rfdjei= 
nett# ber Tmrffdjrift überhaupt ber @erid)t#ftanb ber be= 
gangeneu Tat begrünbet ift. Tie# trifft im »orliegem 

1) $a§ Cberlanbe#gerid)t , an bas bie Urteile im ißemjiongioeg 
gelangten, batte fid) über bie ffrage, als lebiglicb auf eine tKed)t#= 
norm über ba§ Verfahren fid) bepebenb, nach § 380 «t.'fl O. nidjt 
auljufpredjen. 


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3 ft ber ©cvidjtsftanb bet treffe sc. 117 

beti gall nicf)t 511 . Ja e§ fid) um bie Uebertretung eine§ 
nur in Siirttemberg geltenben ©trafgefetjes ßanbelt, fom= 
men al§ Orte bev begangenen Jat nur biejenigcn innerhalb 
Sürttemberg§ gelegenen Orte in '-öetradjt, mol) in ber ‘ätnge= 
flagte bie SoSanerbietungen oerfcßicft bat, ogl. I, 276. 

Ja§ anbere Urteil, non ber ©traffammer bes Sanb= 
gerid)t§ ©llmangen am 4. 2lpril 1903 erlaffen, gibt folgenbe 
2 lu§füf)rung : 

Jer genannte s llbf. 2 be§ § 7 ber ©t.ffl.O. finbet hier 
gar feine ülnwenbung. ©§ fann baoon abgefefjen werben, 
ob ber Jatbeftanb ber ftrafbaren |janblung fdjon burcß ben 
^nf)alt ber Jrucffdfrift an fiel) begrünbet ift, jebenfallS ift 
bie Jat nicf)t am @rfcf)einung§ort ber Jrucffdjrift, b. b. an 
bent Orte, oon bem ait§ biefe oerbreitet worben ift, nämlid) 
in ©üftrow , begangen. Jie Jätigfeit, bie ber Slngeflagte 
bei ber 2 lbfenbung ber OsmpfebtungSfdjreiben entroicfelt bat, 
ift nad) bem bort geltenben ©trafgefetj nidjt mißbilligt, e§ 
ift eine burd)au§ neutrale fpanblung. f. SDBürtt. Sabrb. $Bb. 14 
©. 249. 3>er ©barafter ber ftrafbaren fpanblung befteljt im 
oorliegenben $all barin, baß bie oon bem Slngeft. beabfid)= 
tigte Sirfung innerhalb eines beftimmten @ebiet§ eintritt, 
baß bie oerbotenen ßofe ber 9)tecflenburgifd)en ©taatslotterie 
angeboten werben. Jie .fSanblung wirb alfo erft ftrafbar 
mit bem (Eintritt biefer Sirffamfeit, b. t). mit bem 2 Iugcn= 
blicf, wo ba§ ba§ Angebot ber fiofe entßaltenbe ©cfjriftftücf 
bem 2 lbreffaten oon ber f|3oft ausgebäubigt wirb. 9t ur an 
biefenx festeren Orte ift bie ftrafbare .gmnblung begangen, 
ber Ort, oon bem au§ 51 a- (Srreidjung be§ $tel3 bie oer= 
fd)iebetien Strafte in Bewegung gefeßt werben, bleibt außer 
Setradjt (f. (Entfd). be§ 9t.©. 23b. I. ©. 276). 5lbf. 2 be§ 
i; 7 ber ©t.fß.O. feljt and) mehrere ©erid)t§ftänbe ber be* 
gangettett Jat oorau§, tjier gibt e§ aber, wie eben au§ge* 
führt, nur ben einen, wo bie oon bem Jäter gewollte 
Sirffamfeit mit feinem Sillen in bie ©rfcßeinung getreten 
ift. ©ol)in finb alle oorliegenben llebertretungen im 2 lmt§* 
geridjtsbejirf ©. begangen. 


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118 


IV. 

JUiljauMimg, 

ilerfuguugörcrfjt tws (iMjfimtmts über bie (Errangen: 
fdjöftsgvmtbftiitkc bei bent iüubrrrijÜidjctt 05itter|imti>. 

©on SanbgerichtSrat ftrhr. »• 2öücf)ter»®pittler in .ft all. 

bie GhTungenfd)aft§grunbftücfe je fjälftig im Geigen» 
tum beiber (Sljegatteu ftcfyen, ift einer ber wenigen Scit)e in 
ber Sefjre non ber lanövedjtlidjett CSrrungenfd)af t§gefellfd)aft, 
weldje faunt jemals bireft beftritten worben finb ‘). ®er Streit 
beginnt jebod), fobalb au§ bem (Sigentunt ber ©ijefrau an 

1) QnSbefonbere ift btefev Saß anevfannt uott bem St. Ober» 
laitbeSgeridjt (Saßeb. ©attb 8 , S. 3 2 9 — 331) bei 9lufftetlung 
bev Dßefe über baS latente 9JHteigentum ber ©ßefrau iog(. ßieju auch 
©anb 11 , ©. 85, ©anb 14, S. 53). Söeiter gebt fcßon Stlumpp 
(©runbbucßredjt, 2. 2lufl. @. 315, 550 unb bei ©ofcßer, ©anb 44, 
©. 227), welcher b e i b e n ©ßeleuten wäßrenb ber Dauer ber ©einein» 
fcbaft bie ©efugniS abfpricßt, ihren ibeellen 21nteil an ben Grrungen» 
f ct»af tSgrunbftücfcn unter Sebenben an einen Dritten recßtSgefcßäft» 
tid) ju übertragen, ftlumpp ftellt bie altrecbtticben ©üterftänbe ber 
©rrungenfchaftSgefellfchaft unb ber allgemeinen ©ütergemeinfebaft in 
biefent fünfte einanber oöllig gleich, führt an, baß baS eheliche @e= 
meinfchaftSoermögen beiber ©üterftänbe in 21nfeßung ber tHecßtSroit» 
fuitg ber letzteren feßott uor bem 1. Januar 1900 bem ehelichen ®e= 
famtgut gleichgeftellt worben fei, unb fiefjt in nllebem ein erfreuliches 
©rgebttiS. Stoufeguenter wäre aber wohl non feinem Stanbpunft auS 
bie Einnahme eines GigenlutnS „51t r gefamten $aitb" an ber ©rrungen» 
fdjaft als ©anjeitt, unb biefe let3te Stonfegueti,) ift bentt auch in ber 
Dat bereits in einer ©ntfdjeibung beS 2lmtSgerichtS Ipeilbrontt ootn 
3aßre 1882 !©of eher, © anb 3 0, 1 3 5i gejogen toorben, ohne 

baß jebod), fooiel erficfjtlich, biefer ©orftoß ber beutfd)red)tlid)en 2ltt» 
fchauungen gegen bie pofitioen ©orfchrifteit bee wiirtt. SanbrecßtS 
auf bie ©rajriS einen nachhaltigen Ginfluß geübt hätte. 


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33erfügung§recf)t be§ ©hemannS :c. 


119 


ißrer .finlfte für bie $auer bei - ©emeinfdjnft irgenb eine 
redjtlidfe fyofge abgeleitet ro erben roill. 35a bie fortbauernbe 
SBirffamfeit bei fanbvedjtlidjen ©rrungenfdjaftsgefellfcßaft auf 
bie nor bem 1. Januar 1900 gefcßloffenett @ben befcßränft 
ift, baubeit c§ fid) um ein abfterbenbe§ ©3 ift 

t'aum ju fjoffen , baß jetjt uod) nor Storfcßluß eine allfeitige 
Berftänbigung über bie recßtticße 9iatur bicfe§ $nftitute§ ge= 
lingen roerbe. $mnterßin ift aber feine praftifctje Bebeutung 
fo groß unb fein $ortbefteßcn nocß auf eine fo lange 35auer 
berechnet, baf} aud) beute ber Berfucß nicht jroecflo§ erfcf)einen 
mag, in ben ßauptfäcßlicßften, ben lanbrecßtlicßen ©üterftanb 
betreffenben Streitfragen eine juoerläffige allgemeine 
©runblage ju gemintien. $u biefem söeljufe muß nor allem 
unterfucbt raerben, melcbcr (Sittfluß bei Beurteilung jene§ 
©uterred)t§nerbä(tniffe§ bem ©ntroidlungSgang be§ gemeinen 
beutfeßen ^riDatred)t§ unb bem jetjt geltenben 9ied)t be§ 
Bürgerlichen ©efeßbud)§ einjuräunten ift. 2)etut ba§ 2lu§= 
einanbergeßeti ber Meinungen ift gerabe bei biefem Qnftitut 
unfereä fßartifularrecßtS non allem Anfang an baburdh ge= 
förbert roorben, baß bie Borfcßriften be§ £anbred)t§ unb ber 
Bfanbgefeßgebung ben ©egenftanb nid)t erfeßöpfen, unb baß 
bei bem Berfucße einer ftjftematifcßen Bearbeitung ber Beßre 
nidjt feiten au§ bem gemeinen Stecßte, röntifeßen unb beutfeßen 
llrfprimgä, ©ebaitfen in biefclbe hineingetragen roorben finb, 
bie mit ben pofitioen Säßen unb bem ©eift be§ 2anbe§= 
recf)ts> im Bßiberiprucß fteßen. B$a§ nun ba§ Berßältni§ p 
ber ©rrungenfd)aft§gemeinfd)aft be§ B.©.B. anlangt, fo fann 
barüber fein ßroeifel Oeftcfjen , baß ber hierin gelegene 2tb= 
feßluß ber mobertten 9ied)t§entroidlung für bie .öanbßaluing 
be§ burd) Slrt. 200 be§ ©.©. aufrecßterßaltenen ©üterftan« 
be§ ber lanbrecßtlicßeu ©rrungenfdjaftSgefellfcßaft leine maß= 
gebenbe Bebeutung ßat 1 ). Senn bie Banbe§gefeßgebung 

1) Sind) ©cfjefotb (Qabrb. Banb9@. 267 f.) uerroertet ba§ 
SHedjt be§ :!?.©. 93- nid)t in biefem ©inne. (Sr erblitft nur in ber 
Uebereinfiimmung ber neueren ©rgebniffe ber irnirtt. 3:t)corie unb 
s ßrari§ mit bem ©ang ber gefamten beutfrfjen SHed)t§entn>irflung eine 


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120 


9lbf)anblung. 


t)atte es ja in ber ^anb, antäfjlid) bev ©infühtung be§ 
58. @.33. ba§ bei un§ gelteube 9ted)t ber @rrungenjd)aftsge» 
fellfdjaft in basjenige ber @rrungenfd)aft§genteinfd)aft be§ 
33. @.33. aud) für bie beftefjenben @l}en überjuieiten unb fo 
beit 2lnfd)tufj an bie allgemeine iKedjtSentmidlung aud) in 
biefetn fünfte ju uolljicben. Söenn l)ieuon abgefeljen mot» 
ben ift , fo lag nad) bett SJiotiueu ju 2lrt. 244—248 bes 
©ntrourfS eines 2lusf.=@ef. j. 33.@.33. (3. 611) ber ©runb 
in ber Sinnahme, bafj bie 5ßerfd)iebenheiteu jmifdjen betn bi§= 
herigen unb bem neuen 91ed)te ju groß feien, um ofjne 93er» 
letjung oott 9ted)ten beS einen ober bes anberen ©begatten 
unb ber ©laubiger jene Ueberleitung, felbft mit entfpredjen» 
ben Uebergang§oorfd)riften , ju ermöglid)en. 9ll§ 33eifpiel 
biefer 9)erfd)iebenheit führen bie SJlotioe unter anberem aud) 
bie ©runbfätje be§ alten unb be§ neuen DtedjteS l)inficf)tltd) 
be§ UmfangS be§ 93erfügungSred)t§ be§ @h cmanu § über ba§ 
feiner 33crmaltung unterftellte 33ermögen an. Sind) bet Äom» 
tniffionSbericbt ber jroeiten Kammer (3. 552) ermähnt aus» 
briicf lief) bie redjtlid) anberS geartete Honftruftion be§ ge- 
meinfd)aft(ichen 33ermögen§ als ©efamtgut, in metd)er ein 
mtterfdjeibenbeS SJtertmal be§ neuen DtedjtS gefunben mirb 1 ). 

23eftätigung bei- SHidjtigfeit jener ©rgebniffe, wogegen — oon bem 
pofttiüeit Snfjalt ber partitutarreebttidben Slormeu abgefeben — au 
unb für fid) nichts 51 t erinnern märe. 

1 ) $ie iJticbtüberleitung be§ ©üterftanbeS in baS neue'Jledjt bat 
für bie Befugnis be§ ©bemann? jur Verfügung über bie ©rrungen» 
fd)aft§grunbftiidc bie eigentümticbe golge, bap nad) unfereut fRed)te 
gemäfi ber berrfcbeitben 3lnfid)t ber ©bemann $ur 23eräuperung im 
engeren Sinne ber ßuftimmung ber ©befrau in feinem ftall bebiirfen 
fotl, obgleich fie '.Miteigentümerin im Sinn ber §§ 1008 ff. be§ 23.©.23. 
ift, mäbrenb bei ber ©rrungenfdjaftSgemcinfcbaft be§ neuen 9tcd)t§ 
nad) ben §S 1445, 1519 9(bf. 2 be-3 SB.©. 23. ber SJlann nidjt nur ju 
jeber Verfügung über ein ©efamtgutSgrunbftücf, fonbern fogar jur 
©ingebung ber 23erpflid)tung ju einer fotdjen Verfügung ber ©in» 
loitligung ber jyrau bebarf. ©erabe tjicr, 100 e§ fid) um ben Sdjut) 
ber ffrau gegen eine 23enad)teitigung burd) ben ÜJlann banbett, luitl 
bie Sl'oitfequensen ber mobernen ©eftattung bes „beutfd)red)tlid)cn 
SonberoerntögenS" (be§ ©efamtgutS be§ SB. ©.23) niemanb sieben. 


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Berfügungsred)t bes ©f)emann§ k . 


121 


$ienad) get)t e§ nidit an, bas alte Stedjt auH beni neuen 511 
erflären. Sdjtoietiger beantwortet fid| bie fyrage ttad) bem 
93evt)ältni§ unfereS f$artifu(arred)ts ju ber Sortbitbung be§ 
gemeinfamen, in tDeutfdjtanb einf)eimifd)en Sted)te§ oor feiner 
Äobififation burd) ba§ ö.©. 1 ©. ©et|t man aber mit ©er = 
ber (Stiftern be§ beutfcben s )3riuatred)t3 §7 Stote 3, 5. Stuft. 
©. 13) baoon au§, baß ba§ beutfdje fkioatrecfjt , at§ bie 
btof?e roiffenfd)afttid)e .ßufammenfaffung ber in ber @ntroicf= 
hing be§ ein$elftaattid)en f3rioatred)t§ 511 Sage tretenben 
fkobut'te be§ gemeinfamen 33olfsgeifte§, nur jur ©rftärung, 
nidit aber jur ©rgänjung bes fßartifularrechtS bienen f'ann, 
weit nur bem teueren eine formelle ®ettung überhaupt ju» 
fommt, fo wirb fid) für bie Slmoenbung be3 eiut)cimifd|en 
f?artifularred)tes bie Sieget ergeben, baff immer juerft bie 
pofitioe Storni be§ Üanbesred)t§ , bann bie partifu(arred)t= 
ließe Stßeorie unb fßraji§ unb erft in t elfter Sinie bie att= 
gemeine Sted|t§entmicftung in ben übrigen beutfcßen Staaten 
jur Stid)tfd)nur ju netjinen ift. SBas fobann ba§ Sattbes* 
red)t fetbft betrifft, fo finb t)ier naturgemäß jioei fßerioben 
ju unterfcßeiben, nämtid) biejeiüge ber Sted)t§entiuicf(ung auf 
©runb bes £anbred)ts oon 1610 bi3 ju ben fßfanbgefeßen 
ber (jaßre 1825 — 1828 unb fobann bie $eit nacf) ber fßfattb* 
gefeßgebung. ®ic Siteratur unb 9ted)tfpred)ung ber elften 
fßeriobe wirb, fomeit fie nid|t auf bie f3fanbgefeßgebuttg 
nad)i»ei§bar eiugemirft tjat , in ifjrer Siebeutung gegenüber 
bemjenigen jurücftreten ntüffen, roas auf ©runb ber ipfanb- 
gefetjgebung uoti württ. ®erid|ten au»gefprod)en unb oon 
Scßriftftetlern bes mürtt. Siedjts gelehrt morben ift. 

5öetrad|tet man oon biefeni altgemeinen ©tanbpunft au§ 

Ser ©runb Ijiefür liegt aber nicfjt etroa barin, bap baS pofitioe loiirtt. 
9ied)t it)f biefeit ©d)M 3 ausbrücftid) oerfagen mürbe, fonbern au§= 
fd)liep(id) in bem Umftanb, bap in bie Sljeorie bes beutfclfen flrioaO 
redjtl bie £ebre oon einer unbefdjränften Befugnis beS Sülanne? jur 
5}eriiu(jerung ber @rrungenfdiaftsliegenfd)aft jeitroeilig Ütufnatime ge= 
funben f)at, unb bap aud) bie eintjeimifdjc Literatur unb 9ted)tfpre= 
cf)ung biefem 'Borgang mitunter gefolgt ift. 


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122 


9lbf)anblung. 


bie in bev Heberfdjrift begeidjitete Materie, fo finb e« 
oor allem bie 2lrtifel 23 unb 24 be§ 'tPfanbgcfe^eS nont 
15 . 2lpril 1825 , in welchen bie ©ntfdjeibung gefndjt werben 
muff. ®a§ ißfanbgefet) f)at, feinem unmittelbaren ,8wecf ent» 
fpredjenb, bie grage ber $8eräufjerung§befugni§ be« @be» 
mann« an ber Srrungenfdjaftstiegenidjaft nicfjt ex professo 
geregelt, ©leidpoobt ift e« bie einzige in biefer grage ju 
©ebot fteljenbe gefet)lid)e Ciuelle, ba aud) ba§ Sanbredjt eine 
auSbrücflicfye ©ntfdjeibung nid)t enthält, f£er 2lrt. 23 be» 
banbeit bie 23efugni§ bes CBffemanrtS jur Sßerpfcinbung ber 
feiner ($f)efvau eigentümlid) gehörigen ©utsftücfe. ©r fpridjt 
au«, bafs biefe SSerpfcinbung für eine ben ©bemann au«» 
fdjliefjenb anget)enbe Sdptlb ohne SJtitwirfung ber ©befrau 
nid)t gültig fei. 2lrt. 24 banbeit t»on ber unterpfänblidjen 
®icf)erftellung ber Sojialfdptlben. @r befagt, bafj biefe auf 
ben ©rrungenfdjaftsgrunbftücfen aud) ohne bie ©befrau n o l U 
giiltig erfolgen fönne. 2Bie oerljält e« fiel) nun, wenn ber 
©bemann für eine 'f3riuatinfd)ulb ein ©rrungenfd)aftsgrunb= 
ftüct uerpfänben wollte, unb bie Unterpfanbsbebörbc feinem 
Antrag ftattgegeben bat? 3>ie Antwort fauu wobl feine 
anbere fein, al« baff bie 33erpfänbung gültig ift für bie 
fpälfte be§ ©bemanne« an bent ©runbftiicf, ungültig aber 
(fowobt nad) 2(rt. 23 2lbf. 1 al§ itad) 2lrt. 24 be« s)3f.©ef.) 
in 2lnfebung ber ©runbftüdsbälfte ber ©befrau '). 3)ie§ ift 
aud) bie 2luffaffung ber .funiptinftruftiou, bie über bie 3(us= 
leguttg be§ Sßfanbgefebe« jur $eit feiner ©rlaffung immerbin 
beachtenswerte 3tuffd)lüffe ju geben geeignet ift unb bie in 
§ 138 2lbf. 1 non ber gültigen SBerpfänbung be§ 21 nt eil« 
ber ©befrau an bent errungenen Vermögen ausbrttcflid) bau» 

1) So ausbriicflid) Seeg er, ©onunentar gum Sflfanbgef. SBanb 
1. S. 131, © e f . © n t io u r f oon 1840 über bie ef>elicf)e ©iitergeinein» 
f cfjrtft § 131. 3t. STR. ift, ioa§ bie .£>ätfte be§ 3Ranne§ betrifft, §uf= 
naget, '-Belehrung über ba§ luiirtt. spfanbgefctj 4. 2lufl. S. 74 unb 
für bie 4)ätfte ber grau SR öm e r, Unterpf«nbsred)t S. 142, loogegen 
aber auf rourtt. 21 r cf) io '-Banb 10 S. 165, 23 of eher SBatib 15 
S. 42, SBunb 16 S. 201, Sang Sachenrecht, § 171 bei 74, ju erioei» 
fen ift. 


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93erfii0ungsred)t be§ ©hemannS jc. 


123 


beit. 2>er ©ebanfe, baff eine SSerfügung über bett ibeellen 
2tntcil an einem ©rrungeufdjaftSgrunbftücf tuäfjrenb ber 
2)auer ber ©emeinfdjaft feinem ber ©atten geftattet fei, ift 
aber nidjt nur bem 5ßfanbgefet) unb ber -fjauptinftruftion 
fremb, fonbertt er ift aud) non ber mürtt. ißrariS bis jum Qn= 
frafttreten beS 58. ©.58. niemals gutgeljeifjen morben. 35iel= 
mefir ftanb l)infid)tlid) ber ©idjerftellung ber ©Ijefrau auf 
©rrungenfdjaftSgrunbftücfen nad) altem Dfcdjt bie 21nfid)t 
in nafjeju unbeftrittener ©eltung >), baff fic nur auf b e r 
,£> ä 1 f t e beS ©tjemannes überhaupt redjtlid) möglid) fei, 
mäf)renb in biefent fünfte allerbingS ber § 1009 21bf. 1 
beS 58.©. 58. eine ülenberung gebradjt bat 2 ). 38aS ift aber 
ber ©runb ber Ungültigfeit einer 5ßerpfänbung ber ©runb» 
ftücfSbälfte ber ©befallt für eine 5)3riuatiufd)ulb beS SJtanneS? 
Offenbar ift fie be§£)alb ungültig, meit bem SJtanne baS 5ßer= 
tualtnngSred)t nur für fojiale .ßwecfe, nidjt aber für feine 
©onberjtüecfe eingeräumt ift 3 ). ©eine eigene .£älfte »er» 
pfänbet ber ©bemann als ©igcntümer, meSbalb baS jßfanb» 
gefeb eine befonbere 58eftimmung in biefer fnnfidjt nicht ent» 
l)ält. 2)ie ^älfte ber fyrau »erpfänbet er als SBermögenS» 
»erroalter 4 ), foroeit eS fid) um eine ©ojialfcbulb fjanbelt, fo* 

1) 93gt. bie ©ntfdjeibung ber ©ioUfatnmer ©eitbronn oom 21. 
Slooember 1882 in bem oben, ©. 118 91ote 1 angeführten f^attc, SS o f d) er 
93anb 30 @. 136 ff. (f. auch 3 a b r b. 93 a n b 8 @. 196). 

2) 'S er 'Pfanbrerf)tstite( ber ©hefrau befcfjränft fid) bagegen nad) 
2(rt. 260 be§ 3(u§f.@ef. 3. 93.65.®., wie bisher/ auf bie ©runbftiitfe 
bes ©bemannet. ©S ift alfo and) heute noch ber fyall benfbar, bap 
bie @id)erung§hWothef für bie ff-rau nur auf ber ©runbftürf§()älfte 
be§ SJlaitneS eingetragen roirb. Sie ©intragung auf ihrer eigenen 
©älfte famt fie nicht erzwingen, um§ uont ©tanbpunft ber betrieben» 
ben 8ehre (ogl. Sttote 1 ©. 120) in hohem ©rabe mijjlid) ift, fall© ber 
i'iann feine Siegenfdjaft beigebradjt hot, unb feine ©rrungenfdjaftS» 
hälfte jur ©icherftetlung ber ff-ran nid)t ausreicht. 

3) 93gf. hierher unb jum folgenben ©ufnagel«. a. D., @. 72—74. 

4) 3'oar mirb (f^ahrb. 93anb8 @.330) gefagt, bie befonbere 
©eftaltung be§ 5Dliteigentum3 ber ©heleute luährenb ber Sauer ber 
©emeinfdjaft nmrjle nicht btofi in bem ehelidjen 93ernmltungSred)t, 
fonbern fchon in ber ehelidjen ©emeinfdjaft unb ffioedbeftimmung. 


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124 


Slbbanblung. 


weit aber eine ^lioatiofctjulb beS fDtanneS in *yrage 
bebatf cS t>iev einer Sntevceffion ber (Ehefrau mittels 3>er= 
pfänbung ifyveS (Eigentums für biefe frembe, roeber bie f^rau 
felbft nod) bie (Svrungenfcf)aft§gefellfd)aftberüt)renbe ©d)ulb *). 
(ES erhellt Ijieitad) , baff bas fßfanbgefetj auS bent ibeetten 
SJliteigentum beiber ©atten an ben (Errungenfd)aftSgrunb= 
ftiicfeu alle im SöiiteigentumSbegriff beS röniifdjen 9ted)ts be= 
grünbeten ftonfequenjen gesogen unb baS Sßermaltungsredjt 
beS SÜlanneS an ber Siegenfdjaft auf bie in (Erfüllung ber 
fojialen ^niecte norjunebmenben 9ied)tSl)aitbIutigen eilige» 
fdjränft l)at. 93ont ©tanbpunfte bevjettigen, melrfje bis jttr 
^faitbgefetsgebung ein u n u nt fdjrciitfteS 93eräufjentngS» 
vedjt beS SRattneS an ber ©rrungenfcfjaftSliegenfdjaft bebanp- 
teten s ), enthielten bie Slrtitel 2 3, 2 4 beS '’jjfanbgefetseS 
allerbittgS eine einfd)neibenbe 91 e u e r u n g. 2)teS 
ift aber aud) oon ben gleidjjeitigen ©djriftftellern über miirtt. 

Sllleitt jur ©rfülluttg ber ^toecfe ber ehelichen ©etneinfdiaft in oer» 
tnogen§red)tlid)er 58ejiel)nng bient bod) tuol)l gerabe ba§ SJertual» 
tung?red)t bei ©bemanne?-, fo tuie c? in bent einseinen ©üterftanb 
geftaltet ift- ©in Miteigentum ber ©beleute nad) Sörudjteilen ift and) 
bei ©ütertrennung möglidf, unb bier unterfcbcibet e? ficb in feiner 
Sßirfung burd) gar nicht? oon bem normalen Miteigentum. 

1) 'Sie '-öorfcbrift einer befonberen fjorm ber Jtnterceffion ift aller» 
bing? im geltenbcn Siecht meggefallen. Ste ßuftimmung ber J$-rau 
ift gemäß ber allgemeinen SBeftimmuug in § 29 ber ©.33 D. nacbju» 
meifeit. Materiell banbeit ee fid) aber nad) toie oor um bie 33elaftuttg 
ber ©runbftüdsbälfte ber fyrnu für eine frembe 3d)ulb, unb ba? guter 
redjtliche ©rforberni? ihrer ßuftimmung ift baberunoeräubert geblieben. 

2t öierber gebären oon ben jur Obcrtribunalentfcbeibung im 
io ü r 1 1- 31 r d) i o 58 a n b 10, 3. 165 9!ote 102 gegebenen ©itaten 
aufiev ben angeführten ;Ked)tSgutad)ten ber Sü bing er Suriften* 
fafultät noch Ißfijer, 91ed)te unb S8erbinblid)feiten ber SBeiber, 
33anb I. 3. 236, unb ©riefinger, £anbred)t?fommentar 33anb II. 
©. 443. Sagegen ftellen aUerbittg? SB ä d) t e r (in Sanoei)? Monat?» 
fdjrift, 93attb 8 3. 485) unb iHei)fd)er (tuiirtt. SJrioatredbt , § 561 
bei Slote 13) jenen Satt lange 3?it n a d) ber 'Pfanbgefetigcbung ttod) 
auf, wobei fie jur 58egrünbung auf bie ältere Literatur, inSbefonbere 
bie lübittger ßonfiliett, unb baneben gerabe auf ben SIrt. 24 bei 'Pfattb= 
gefebe? fid) berufen, 3n Unterer £nnfid)t ogl. 91otc 2 ©. 125 unten. 


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ißerfügungirecbt bei ($f)cmann§ :c. 


125 


&ted)t feine§meg§ nerfannt roorben. 501 a 9 e r , Kommentar 
jum '}?fanbgefcß, 5£eil 1 ©. 270, 271 madjt hierauf au§* 
brüdlicf) aufmerffam uitb finbet in bem neuen 9ted)t§faß eine 
älncrfenuung be§ bei - ©befiau an itjveni Slnteil juftebenben 
ic a f) r e n © i g e tt t um §. 33 o l ( e t) , Kommentar, ©anb I 
©. 166, siliert bie 2 lu§füf)iungen 2 JJaqer§, ftet)t aber feiner» 
feiti fcßon für ba§ frühere fHccßt auf bem Stanbpunft, baff 
bei SWann jur Veräußerung ber @riungenfd)aft§grunbftüdfe 
ohne ÜHitroiifung bei fjiau nui „im ^nteieffe bei ©efell» 
fdjaft" befugt fei ')• 33 ei bem ßeroorragenben 9lnteil, ben 
©ollet) an bem ^uftanbefommen bes ^ßfaubgefetjeS gehabt 
hat , liegt jebenfall§ bie 9lu§legung am näd)ften, baff bie 
Stitifef 23, 24 besfelben nui für ben ffall ber Verpfänbung 
bas auSbriidlid) beftimnten mailten, roa§ uad) 3lufid)t bei 
gefeßgebenben ffaftoien im fyall bei Veräußerung »an ©r= 
iuugenfcf)aft§giunbftücfen ohnehin galt. 3£8eun im ©egenfaß 
hieju bie ©ntfcßeibung bc§ Ä. Cbertribunal§ »am 26. Cft. 
1866, m ü 1 1 1 . 91 r d) i o V a n b 10, ©. 165, eine freie 
Veräußeiung§befugnii bc§ ©f) ernannt an ben ©irungen» 
fcßaftSgiunbftüdeu oßne Diücfficßt auf ben fojialeit 3 roecf bei 

1) ©i folt nicht t>erfcf)roiegen merben, bafs auch 3? o 1 1 e i) in ben 
fcfjoit im $\af)r 1808 erfd)ienenen 3 3 31 lt f f ä ß e n 295 »on einer un= 
bcfdjränften SSefugnii bei ©hemanni jur Sleräußerung unb Sßerpfän» 
bung ber ©rrungenfchaft fpricfjt. 3tud) ber ©efeßentrourf von 
1840 mollte, neben SUufrechterhaltung ber befonbereit 3?orfd)rift bei 
9trt. 24 bes ißfanbgefeßei, in § 130 im übrigen bctit ©bemann bie 
unbefchränfte $eräujierungibefugnii an ber ©rrungenfdiaft einräu» 
men. Die 33egrünbung, ©. 136, ermähnt aber, baß gemöhnlid) ber 
©tjefrau bai !Hed)t jugefprochen merbe, gegen nachteilige 31er= 
äujierungSafte bei ©hemanni richterliche iipilfe 511 fliehen, unb be= 
merft, wenn ein berartiger ©chutj nicht entbehrt merben tönne, märe 
ei nod) geratener, jur Veräußerung non liegen ben ©ütern ber 
©emeinfdhaft bie 3 " ft i m m u n g ber ©befrau für notmenbig ju 
erflären, ©in Schmanfen ber iHcdUigelehrten hat alfo in biefer ft-rage 
unuertennbar, unb jroar auch nod) nach bem Vfanbgefeß ftattgefunben. 
'Mein gerabe biefer Umftanb meift barauf hin, bah bie ©ntfdjeibung 
in bem »nbglichft engen 9lnfd)lub an bae pofitioe SHed)t gefucht mer» 
ben utufs. 


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126 


Mbhanblung. 


Sßerfugung nnjuneljmen f d) e i n t , fo mürbe biefe 'ülufftcf- 
tung einer ©runblage im pofitioen roiirtt. 5Hed)t jebenfall§ 
entbehren ‘). ®ie (Sntfd)eibuttg bcfagt jebocf) ausbviicflid) 
nur fooiei, bap ber Söiberfprud) ber Gcfjefrau eine burd) beit 
(Seemann „« I § Vertreter ber e f) e t i d) e n © e f e H» 
f d) a f t" uorgettommene 93eräuperung nid)t ungültig ntadie, 
tutb baff and) ein Vorteil 2 ) für bic ©mmgenfdjaftSge* 

1) Die im De^t oertretene 91ed)tianfd)auung famt firf) auf bai 
ißfanbgefet} als unmittelbare unb auifchtießlidje SHechtiquelle aller* 
bingi aud) lticfjt ftütseit. Sie f»at abev für fid) bie redjtlidje Sou* 
fequettj einerfeiti bei SUtiteigentumirechtei ber ©ßefrau unb anberer* 
feiti bei Venualtungirechtei bei ©hemannS, beffen Umfang t)infirf>t= 
lieb ber fiiegenfdjaft für einen fpejielten ftatl ber Veräußerung, nätn-- 
lid) für beit ff-alt ber Verpfänbung , bai 'flfanbgefetj auibrücflicß re* 
gelt. Unmittelbar ift in 2lrt- 24 überhaupt nur bie Verpfänbung ber 
©rrungenfdjaftSgrunbftücfe für eine Soäialfdjulb normiert. 2Bai für 
Vrioatiofchulben bei ÜDiannei gilt, muh teils atti bent ©egenfaß, 
teili au§ 2lrt. 23 entnommen m erben. 2tber ber genteinfame @e* 
banfe beiber 2lrtifel ift bodj getuiß ber, baß für bie Veräußerungi* 
befugttii bei ©hemaniti ohne 3uftimmung ber ©fjefrau im Jatle ber 
Verpfänbung ber ©rruitgenfchaftiliegenfdjaft ber fojiale Qtoecf ber 
Verfügung bie Vorauifebnng bilbe. Süentt ßieraui gegnerifdjerfeits 
(ugl- oben 9Jote 2 a. @. S. 124) mitunter gefdjloffett toorben ift, bei 
fonftigen Veräußerungen tomnie biefe Vorauifetjung in SBegfaH, fo 
liegt hierin beihalb ein uitjul affiger Schluß e contrario, meil 
bai Schmeigen bei '-Pfatibgefebei über biefeit 'flunft fich aui ben 
Sd)ranfeit feiner ßioectbeftimmung erflärt. Die im Dert gezogene 
entgegengefehte Folgerung, baß e§ nach bem 'firingip bei ©efetjei 
bei a 1 1 e tt Veräußerungen auf ben fojialen ober nicht fokalen 3med 
ber Verfügung anfomnte, hat bogegett ben Umftanb für ftch, baß bie 
Verpfänbung unter ben begriff ber Veräußerung im toeitereit Sinne 
ooit jeher fubfumiert toorben ift, baß auch bie Verpfänbung im ffalle 
ber Durchführung bei hppothefarifchett Stedjtei ju einem ©igentumi* 
toedtfel führt, unb baß beißalb biefchon ber bloßen Ver* 
p f ä tt b u it g burd) bai ©efet) gezogenen Schranfeit tt nt f o mehr 
ber Veräußerung int engeren Sinne gegenüber ntaßgebenb erfdjeinen 
muffen. 

2) Die ©ntfeheibung fprießt ooit einem „to i r f l i d) e n" Vorteil. 
@i faitn alfo ber abgeurteilte fonfrete galt feßr rnoßl fo gelegen 
fein, baß ber ©bemann jmar im Sntereffe ber ©rrungenfchaftigefell* 
feßaft bte Veräußerung oorgenommen t)atte , biefer aber tatfächlid) 


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©erfügungsrecht be§ ©hemannS ic. 


127 


fellfcfyaft lueöer bei ber Veräußerung nod) bei ber Verpfän* 
bung ber G:rrungenfd)aft§liegenfd)aft Vorausfchung bev ©ii(= 
tigfeit be§ fHecl)t§afte§ fei. 2>ie Stnna^me, baß bev @t)e= 
mann bei bev Uebeveignung non @rrungenfd)aftsgrunbftücfen 
an brittc fßerfonen eine freiere (Stellung l)abe, al§ bei ber 
bloßen Vevpfänbung bevfetben, roiberfprid)t aber fo feljr nicfjt 
nur bev vecf>tlic£>en ^onfequenj, fonbevn aud) bev natürlichen 
roivtfd)aftlicf)en Slnfcfjauung, baß ohne jroingenben ©rutib ein 
fold)e§ ®vgebni§ tuebev al§ Sinn be§ $fanbgefeße§ gelten, 
nod) felbft auf bie Autorität be§ ObevtvibunaB h<» gutge= 
heißen roerben tann. ßienad) finb bie gegebenen 2Iu§füf)' 
vungen bahin jufammenjufaffen, baß ber ©bemann über bie 
bev (Sfjefrau gehörige Hälfte ber Srrungenfd)aft§grunbftücfe 
nur fojialen 3 11-1 e cf e ir allein oerfügen fann *). 
Qnsbefottbere für bie ©runbbudjcimter roirb e§ fid) bal)cr em* 
pfeßlen, bei alten foldjen Verfügungen, nid)t bloß bei 
©runbfrebitbelaftungen (f. .fl l u nt p p , ©runbbud)red)t, 2. 
2lufl. S. 315), entiueber ben iftad)ioei§ be§ fojialen $nietf§ 
ober bie 3uftimnutng ber ©hef l ’ au 5» oerlangeti *) 


ein ©orteil nicht ennachfen toar. 3nt übrigen ift barauf hinjuroeifen, 
bap ba§ Dbertribunal feine§incg§ e contrario argumentiert, nielmehr 
mit ber ©eftimmung in 3lrt. 24 beS ©f.@ef. bie non ihm aufgeftetlten 
Satte in bireften ©iitflang ju bringen beftrebt ift. 

1) So Sang, ©erf.SH. 2. 2luft. S. 358 f., unb bie ©inüfammer 
Stuttgart bei ©ofcher, ©anb 34 S. 107 (contra: St. Oberlanbe§= 
gericht, bafelbft @. 134). 

2) 5Dlit beit tatfüchlichen ©epflogeuljeiten bes 9lecbtsoerfef)r§ 
ftefjt biefeö ©erlangen niel mehr im ©inflang, alö bie 2lnl)cinger ber 
herrfchenben Sheorie ju glauben geneigt fein mögen. 2>er logifchett 
Stonfequenj, rooitach bie ßuftimmung ber ©hefrau, fomeit ba§ @efeh 
biefelbe bei ber ©erpfänbuttg non ©rrungenfchaftSgrunbftücfen uer- 
langt, um fo mehr bei bereu ©eräuperung geforbert inerben muh, 
haben ficf) auch unfere ©el)örben ber freiiuidigen ©eridfjtgbarteit ju 
feiner ßeit nöltiq entzogen. ®a ferner ba§ uorbanbene Jpitereffe bev 
©emeinfchaft an ber ©erfügung über ein ©rrungenfchaftSgvunbftüct 
au« ben Umftänben nicht immer ohne roeiteres l)eruovgel)t , lag es 
non jeher nahe, bie Prüfung biefer fjrage baburd) ju umgehen, bafj 
bie 3 u ftimmung ber ©hefrau, bie nur feiten neriueigert toirb, auf 


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128 


2lbl)anblung. 


3Ba§ fobann bic ßwangsoollftvecfung anlangt, fo bietet 
fid) f)iei, felbft »nenn man eine unbefdjränfte 33efugni§ be§ 
@f>emann§ jui 93eiäufjeiung bei ®mmgenfd)aft§giunbftücfe 
antiebmeti mollte, nicf)t baSjenige 53ilb bav, n>eld)e$ an bei' 
$anb bei ©ntfdjeibung be§ $. Obeilanbe§geiid)t§ nont 8. SUtäij 
1888 (3al)ib. föattb 3, ©. 196) ©angp in bei elften 
Auflage feines 2(nf)ang§ jui (£.^.0. ©. 53 entworfen l)at, 
unb mcld)e§, geftiitjt auf biefe iBoigiinge, ©djefolb (3at)ib. 

alle (Jaüe eingeholt würbe. £ie gegenteiligen 2lu3fiif)ruugen bei 
SSofdjer, Hanb42,S. 102 ff. ftnb infofern jutreffenb, al§ fie 
für bie ©fjen mit lanbredjtlicher ©rrungenfchaftlgefellfchaft, bie am 
1. Januar 1900 beftanben haben, ber Hefugnii be§ @be= 

maitns jur Verfügung über bie ©rrungenfd)aft§grunbftütfe nicht ba§ 
neue 'Hecht, fonbern basS in ©eltung gebliebene ©üterred}t3t>erhältni§ 
entfeheiben taffen. 3 U weit geht e§ aber jebenfallS, wenn hie*-' ohne 
©infehräntung gefagt ift, ber ©bemann fönne bie @rrungenfd)aft§= 
grunbftücte ohne 3uftimmung ber ©hefrau b e 1 a ft e n. ®enn ju ben 
nach 2trt. 200 be§ ©.©. jum 23.©. H- mafigebenb gebliebenen ©efetjen 
über ben ©üterftanb gehören auch bie 2lrtifel 23 unb 24 beö '}3fanb= 
gefeljeä infoweit, als fie ben Umfang bcs beut ©hetnaitn juftehenben 
Herroaltung§red)te§ beftimmen. Sobanit beroeift aber auch biefe Wiit= 
teiluug, bafi bie 'fkariS noch heute geneigt ift, bei allen 93erfü= 
gungen beä ©hcmannS über ©rrungenfchaftögrunbftütfe bie 9)litmir= 
fung ber ©hefrau al§ notmenbig ju forbern. $afj unter bem ©itt= 
flufj ber Literatur unb unter ber ©inwirfung ber 2lufficf)t§behörben 
bie Heifpiele für eine gegenteilige i)kaji§ ebenfo häufig »orfommen 
mögen, foll gar nicht beftritten merbeu. 2lbcr ooit ber Hilbung eine? 
©emohnheitsrechtes im Sinne ber ©ntfeheibung be§ CbertribunalS 
uont 26. Oftober 1866 fann mohl feine Hebe fein, Uebcrbieö geht 
au§ biefer ©ntfd)cibung gar nidjt Ijeioor, ob eS fid) babei um eine 
Herfügung über ©rrungenfdjaftöliegenfchaft überhaupt gehanbelt 
hat. $aö bei ber lanbrechtlichen ©rrungenfd)aftggefellfd)aft fcf>r oiel 
auf $oftrin unb ^rayi§ beruht, hebt aud) ber St. Herroaltungsge= 
ridjtähof in einem Urteil ootu 26. Februar 1902 (Q a h r b. 23 a n b 1 4, 
3. 87) heioor. lieber bie Hrajciö ber ©eridjte in 2lnfef)ung ber 23e= 
fugniä be# ©hemannS jur freiwilligen Heräufierung oou ©r- 
rungenfchaftSgrunbftüdeu fehlt es aber an genügenben 'Jfachroeifungen, 
unb bie ©rgebniife ber ’Xoftrin als foldjc bleiben einer Hachpriifuug 
auf bie Hid)tigfeit ber ihnen 311 ©runbe liegenben miffenfd)aftlid)en 
Operationen jeber^eit jugänglid) (ogl. 3Ö inbfeheib, 'fJanbeften, 
§ 16 Hote 8). 


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©erfiigungSrecht beS ©hentannS :c. 


129 


33anb 8 , S. 253, 33anb 9, S. 268) unb Älutnpp (bei 
33ofd)er, 99 a it b 44, S. 227) roiebergegeben haben. $etin 
jene 33efugniS beS @f)emanti§ ift unter alten Ümftänben ein 
SluSflufj feine§ 93erroaltungSred)tS, baS ber ©laubiger an 
feiner Stelle nidjt auSüben !ann. Sd)efolb felbft meift 
(33anb 9, S. 260) barauf hin, bafj bie 33erpflicf)tung beS 
©IjemannS, bie@rrungenfd)aftSftücfe jur^ecfung ber Sojial* 
fdjulben ju oerroenben, J)ier nicht in 33etrad)t tommen fönne, 
roenn baS .(SrrungenfdjaftSgut hälftig als Vermögen ber @be= 
frau ju gelten t)abe. 3)er non itjm unb ©au pp poftulierte 
Sah, bafj b)infid)tlic£> ber ^roangSoollfirecfung roährenb beS 
33eftef)enS ber ©emeinfd)aft bie @rrungenfd)aft als Vermögen 
beS ÜDtanneS ju beljanbeln fei, entbehrt aber jeber pofitioen 
©runblage. 2lud) baS OberlanbeSgerid)t hat, roie 2äm= 
inert (33 of cf) er, 33 an b 34, S. 329) anführt, nod) in einer 
©ntfdjeibung notn 30. SDejember 1891 ben Sonberglciubiger 
beS ©fjemannS fjinfidjtlid) ber groangSoollftrecfung auf baS 
Sonbergut beS ©IjemannS unb feine @rrungenfd)aftSf)älfte 
nermiefen. 2)afj eS aber auf bie fojiale ober nid)tfojiale 
©igenfcfjaft ber Sdjitlb nad) §671 (jet)t § 750) ber ©.^.O. 
nidjt antommen, bie 3roangSooUftredung uielmefjr ftets nur 
in baS 33ermögen beSjettigen SdjulbnerS ftattfinbcn fönne, 
welchen ber 33ollftrecfungStitel bejeidjne, meift bie angeführte 
3lbl)aubluug nou Sämmert überjeugenb itadj. 2Benn jetjt 
ber § 740 ber G.^.O. für bie 3n>angSoollftrecfung in baS 
©efamtgut abmeidjenb oon biefer Siegel 1 ) auSfprid)t, baff 
ein gegen ben G()cmann ergangenes Urteil genügenb fei, fo 
fehlt cS für baS Grrungenfd)aftSgut beS lanbred)tlid)cn ©ii= 
terftanbeS an einer auSbriidlid)eu 33eftimmung glcidjeu 3tt= 
IjaltS 2 ). ©iner analogen Slumenbung ber SfnSnahmeoor- 

1) 2-afi auch bei beut ©efamtgute be§ 33.©.®. bie juriftifdje Si'on- 
fequeuj einen gegen bcibe ©h cIeilt c uollftrecfbarcn Sitel verfangt hätte, 
baritber f. © a it p p = S t c i n, ©ein. I pt § 710 K.'ß. D. 

2 ) (Sitte folche Seftiminuitg fonnte bie SanbeSgefchgebuitg gar 
nicht treffen. ®er § 2 beS ($.©. pttn 3 '°ang§uerftcigerungigefet 3 be- 
sieht fid) nur auf bie ©orbehatte im (S.W. pttn © © ©. l!ie lieber; 
gaugSbeftimmung in 9lrt. 200 beS (S.©. 511111 ©.©.©. berechtigt bie 

3al(ibü<tycr bev äBiltUtmbivg. XV. 1. 0 


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130 


aibfjanblung. 


fcfjrift in § 740 (£.$.0., inte fie Klutnpp empfiehlt, ftefjt 
ber Umftanb entgegen, baf? ba§ @rrnngenfd)aft:Buermögen 
uid)t, wie ba§ ©efamtgut be§ 3. ©.3., ju gefamter -jpaub 
beiben ©Ijegatten gehört, fonbern in ifyrem ibeeüen SJtiteigen* 
tum ftef)t 1 ). $n § 17 2lbf. 1 (ogl. mit § 146) be§ 3reang§= 
oerfteigerung§gefeffe§ ift ba§ ©rfotberniS bec ßugetjörigfeit 
be§ 3oüftre<iung§gegenftanbe§ jum Vermögen be§ im 33oll= 
ftrecfung§titel bejeic^neten <5d)utbner§ nod) fdjärfer bat>in 
formuliert, baff ber ©d)ulbner al§ ©igentümer be§ @runb= 
ftiicf§ eingetragen fein müffe, bamit bie 3>tmng§oerfteigerung 
ober 3tt>ang§oem)altung eine§ ®runbftücf§ angeorbnet werben 

bürfe. $iir bie britte $orm ber Qtnmobiliarootlftrecfung, 

bie 3 tuan 0§f)t)P o rt) e f> ergibt fid) ba§ gleiche ©rforberni§ au§ 
§ 40 3lbf. 1 ber ©.'3.0. 9iun fitib bie jum ©efamtgut be§ 
3.©.3. gehörigen ©runbftiirfe im ©runbbutf) nidjt al§ ©tgeit* 
tum be§ ©fjentanni, fonbern al§ ©efamteigentum bei ber 
©Regatten einjutragen, wobei nad) § 48 ber ©.3.0. ba§ 
für bie ©emeinfcfjaft maftgebettbe 9ied)t§uerl)ältni§ bejeidjuet 
werben fott. ®er ©at}, bajj ba§ gemeinfd)aftlid)e Vermögen 
SanbeSgefetsgebung nad) 9tvt. 208 bafelbft ju 9tenbcrungen be§ San* 
be§red)te§ nur in materieller £>infid)t. f^itr ben ißrojeb unb bie 3mang3= 
ootlftrecfung gelten autf) in 2tbfid)t auf bie parti!ularred)tlicb fort* 
beftetjenbeu ©iiterftänbe bie reidjSredjtlidjen SRormen. 2ler äiorbe* 
halt in § 801 ber K.'fl.O. enblid) betrifft nur bie lanbeSgefetjlid) 
jugelaffenen befonbereit Schulbtitel. 

1) ®§ ift in biefeut 3ufamtnent)ang nid)t ohne 93cbeutung, bah 
ber Sprachgebrauch be3 mürtt. 9ted)t§ ben gefetjlidjcn ©iiterftanb 
nicht al§ ®rrungenfd)aft§gemeinfd)aft fonbern al§ ©rrungenfdjaftä* 
g e f e 1 1 f d) a f t benennt. 9tud) ©erber, 8 234 91ote 6 führt at§ 
iBefonbcrfjeit ber mürtt. ©eftaltung an , bafi ba§ gemeinfdjaftlidje 
SBermögen früher allgemein al§ ©ojietätSmaffc bejeichuet morben 
fei. ffßentt alfo hier bie Analogie eines anbercn 9ied)t£oerf)ü(tniife§ 
überhaupt herangejogen roerben motlte, fo tonnte e§ nur bie ber©e= 
fett f d) a ft im Sinn bc§ 83.©.93. fein, bei weldjer jroat and) ein 
©efeüfchaftäocrmogen ejifliert, bie SSoHftrecfung in baSfelbc aber 
nad) § 736 ber © s p.D. ein gegen alle ©efellfdjnfter ergangenes llr* 
teil norauSfeht. 3tn übrigen ift bie @rrungcnfd)aft*3gefeltfd)aft bes 
mürtt. 8anbrecht§ felbftoerftünblid) roeber eine reine Sojietat im Sinn 
beS SH.Ül., noch eine reine ©efellfdjaft im Sinn be§ 93 © 93. 


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VerfügungSredjt be§ @fjemann§ tc. 


131 


„für bie gegen ben SRann gerichtete ,3mangSüoHftrecfung" 
als Vermögen beS @hemann§ gelte (f. 3af)rb. Vb.9, 
©. 267) ift atfo nictjt einmal für baS ©efamtgut 
beS V.@.V. richtig. $ie ßwangSoollftrecfung in baS ©e= 
f amtgut richtet fid) oielmeljr notmenbig gegen üDtann unb 
$rau, unb bie Vefonbertjeit beS Verfahrens befteht nur barin, 
bafj bie Vollftrecfbarfeit beS gegen ben Vtann erroirften Titels 
in Sltifehung be§ ©efanitgutS nach § 740 ber ©.^$.0. auch 
ber gegenüber roirffam mirb. 3)iefe Veftimmung mar 
nur beShalb überhaupt möglich, weil nad) ben Vorschriften 
beS materiellen Ved)tS, ben §§ 1459, 1530, 1549 beS V.@.V., 
ba§ ©efamtgut für alle Verbinbtichfeiten beS VtauneS haftet. 
Söenn aber für bie ©rrungenfcfjaft beS lanbredjtticfjen ©iiter= 
ftanbeS biefelbe meitgeljenbe Haftung behauptet mirb(©d)e= 
folb, $ahrb. Vaub 8, ©. 253), fo liegt eben auch hiet baS 
unbemiefene ^ßoftulat ju ©runbe, bafj bie ©rrungenfdjaft 
nach aufjen roäf)tenb ber ®auer ber ®emeinfd)aft als Ver* 
mögen beS VtanneS ju behanbeltt fei. 2>aS im ©runbbuch 
einjutragenbe 9iecf)tSüerhältniS fobann befteht bei ben @r= 
rungenfdjaftsgrunbftücfen in bem SJtitcigentum nad) Vrud)= 
teilen, monebett nad) § 29 2lbf. 4 ber ©runbbuchuerfügung 
uont 2. September 1899 ber ©üterftanb, fomeit er bem 
©runbbuchamt nadjgemiefen ift, oermerft merben fall. .0iin= 
fichtlid) ber 33 o 1 1 ft r e cf ung bilbet aber bie @rrungenfcf)aft 
nach toürtt. 9fed)t nicht, tnie baS ©efamtgut beS V.®.V., 
einen nöllig abgetrennten unb befottberen SiechtSgrunbfcihen 
unterworfenen VermögenSfomplej.'. ©S gibt bei ber 3rcangS= 
oollftrecfung gegen bie ©helcute feine (britte) SUf affe ber 
©rrungenfchaft, fotibem nur jmei VollftrecfungSmaffen, baS 
Vermögen beS SDtanneS unb baS Vermögen ber grau , ju 
meldjen je hälftig bie ©rrungenfchaftSgrunbftücfe ge= 
hören 1 ). 


1) ’&ieS ift namentlich auch ber ©tanbpunft be§ ntehrerroäfjnten 
©efetjeSentiuurfä über bie ©ütergemeinfchaft uont Qatjre 1840. 
3n ber Vegritnbung @. 203—209 toirb anSgefübrt, bah int SonturS 


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132 


2 lbf)anblung. 


of)nc 2 lntufung ber lueiblicfjcn JJ-reitjeiten and) fünftig, wie bisher, 
jwei 9Jt affen, nicht brei gebilbet werben follen- Hach §228 bei 
©ntmurfi füllte bie 2lftivmaffe jebei (Satten aui bent nod) vorhan* 
beneit 23eibringen unb ber .jjälfte bei ©emeinfehaftivermögeni be-- 
fteheit. 2tn biefer Raffte ber 23ruttoerrungenfd)aft, alfo an ber @e= 
famtljeit ber ibeellen Hälften jebeö einzelnen ©rrungenfd)aftiftütf§, 
foUte aber nad) ben §§ 229 , 230 im ftalle bei ©antei einei ober 
beiber ©heleute berjenige ©atte, ju beffen ©unften bte ©efeUfdjafti* 
teiiung einen ©rfatjaufprtich ergab, ein 2 lbfonberuitgired)t genießen. 
2luf biefen 23orfd)lag beziehen fid) bie in ben Q a t) r b. 23anb 8 
S. 331 herangejogenett 2luifül)rungen ber 3)iotivc ©. 207 über beit 
proviforifdjen ©harafter ber guteilitug ber (Srntngcnfdjaftstjälften 
an jebett ber beiben ©Regatten. 3 u flf c *rf) fmbet fid) aber hier eine 
©rörterung barüber, bafj bie © e mein fdjaftS gläubig er an bai 
©emeingut feine befonbereu 'Hechte haben, oieltnehr roie S e p a r a t- 
gläubiger jebei ©begatten * u r Hälfte ju behanbetn 
feien. $cnei, lebiglid) für ben fjatl bei öantvevfahreui vorgefd)la= 
gene 2 lbfonberungired)t ift nun, toie ber ganje ©nttuurf, nicht junt 
©efefc geworben. Vielmehr blieb ei — bii jur Heid)ifonfuriorb= 
ttung - bei bem gettenben Hecht, alfo bei bent ©runbfal), bafj fo= 
wohl im 3 -aü bei Jionfurfei ali in bem ber fonftigen 3 lt, ang§ooll= 
ftreduug bie tpälfte aller einjcltten ©rrungenfdjaftlftücfe oott beit 
©laubigem ber einzelnen ©begatten, uitb bemjufolge and) oott ben 
©ojialgläubigern je nad) bem Umfang ber Haftung bei eittjelnen 

©begatten biefen gegenüber, in 2lnfprud) ju nehmen war. — 23gl. 

ferner 23 o 1 1 e 9 , St' 0 nt nt e tt t a r j u tu iß f a u b g e f e 13 , 23anb I. 

©. 168 Hote 7 , 23attb II. ©. 1064 , 23attb III. ©. 1277 — 1283 , fiel) re 

oonbett offen 1 1 i cf) e tt Unterpfänbern, ©. 130 III. © 0 = 
bann f. ©jtefutionigefeh 00 m 15 . 2lprü 1825 2lrt- 33 2lbf. 2 . 
©in 2 ?ollftredungi t i t e I gegen bie ©hefrau war allerbingi, wie 
e fj (Qiatub. 23anb 1 ©. 252 ) richtig anführt, nach betn württ. Hed)t 
vor ©infiibrung ber H.G.'ft.D. nicht uotwenbig. 2lber ber ©runbfat), 
bajs bie 23o(lftredung nur in bai 23ertnögen bei Sdjulbneri ftatthaft 
fei, war fdjoit bem bamaligeu Hed)t bnrd)aui geläufig, unb ali 2 ?er* 
mögen ber ©hefrau im Sinne von 2lrt. 33 2lbf. 2 bei ©jetutioni* 
gefe^ei galt jwetfelloi and) ihr 2 lnteil an ben ©rrungenfehaftiftüden. 
tiefer 2 lnteil burfte ber ©refution für (ßrioativfdjulben bei 
Hiaitnei nicht unterworfen werben, unb er barf beihalb nach f)eu= 
tigern 3maitgivollftrerfungired)t jum ©egenftanb ber 23olIftretfung 
nur gemacht werben, wenn ber 23ollftredungititel auf ben Hamen 
ber ©hefrau lautet, ©erabe weil , wie ©chefolb (Q a h r b. 9 
©. 2 6 7 ) bemerft, bie G.'fS.O. feine Quelle für bie ftortentwitflung 
bei ehelichen @üterred)ti ift, müffen bie materiellen ©runbfähe bei 


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93erfügung§red)t be§ ®f)ematm§ ic. 


133 


württ. (SjefntionäredjieS in '„’lbficbt nuf bic 93ef)nitblnng bes ©rrungem 
fd)aft3uertnogenS and) nacf) 3[itfbebung be§ Gjefutümegefetjeei info= 
weit angewenbet werben, al§ nid)t bic formell jwingenben ®otfd)riften 
bcr <£.'}.* C- über ben ^Uoilftredungsditel bem im Söege fteben. — 3m 
(Sinne ber jiir (frage ber 3 ,Bnn 0^ l ’°Ul^fdung gegebenen 'lluSfüt) 5 
rungen bat bie G i n i ( f a in in e r £> a l ( am 3. fDtärj 1902 über bie 
syefdjwerbc beä 3- ®t., Siuarigsucrfteinerung betreffenb, entfdjieben. 

3 n f a t 3 ber 9t e b a ft i o n : nrgl. and) Scuffert 46 nr. 76 
(,9t.©.) unb nr. 296 (3?ai)erifd)eä oberfteei S?anbesgerid)t). 


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134 


giterarifrijc Jlitjeijjcn. 

Xer iiueite iPanb oon SRanbrg’S: Sl'iirttcmbcrflifdiem 3<rit>at> 
rcriif, non bei' 12. iMefertmg an fyerauägegebeu non D.8.©.iH. Dr. 
Ö a i b 1 e n (oergl. Söb. 13 S. '2(15; ‘-3b. 11 8. 127 unb 255 ber 3at)r= 
biidjer) ift jetjt uotlftänbig erfd)icnen unb baiuit ein Söerf oollenbet, 
baä bein Jlraftifer oiel >]eit crfparen mirb, bie er fonft auf ba§ 
91acf)fd)(agen in ben einfdjlägigen amtlichen sptätteru Ijätte oerioenben 
muffen. Xurcf) eine am Sdjlufj bc§ brüten Jeil§ angefügte „fgftema» 
tifcfjc Ueberfirfjt" unb ein SHegifter mirb ber ©ebraud) be§ 2ßcrt§ 
nocf) mefcntlid) erleidjtcrt. 

3. uou Stfliibinner? ftomntenlar jum 31. ©.SP. (SRiindjen 3. 
Sd)iueil3cr’g 58erlag) crfdjeint, nod) efje bie erfte 3(uflage oiillig er» 
fdjicneu ift, nad) bem Job bes Herausgebers» in jiueiter ooüftänbig 
neubearbeiteter ’lluflage (bis jeljt 5 Sieferungen im SfkeiS oon juf. 
15 SR. 80 SJlf , entfjaltenb: Sadjenredjt §>? 854 bis 1170, erläutert 
uou C.@.fR. Siober, unb ftamilienredjt §§ 1297 — 1411, erläutert oon 
£.©.3t. ©ngchnaitu). Xiefer fog. baperifdje Stommentar erfreut fid) 
infolge ber eingeljenben unb grünblidjen, oon ioiffenfd)aftlid)em ©eift 
getragenen ©rläuterung beS ©efeljeS eines guten fRufä nnb wirb ba= 
Ijer aud) in feiner jet)igeit, bie neuefte Literatur unb SRedjtfpredjung 
beriidfidjtigenben ©eftalt bie oerbiente 33ead)tung finben $er ©e= 
famtpreiS roirb fief) auf etioa 75 3R. belaufen. 

n 


3>nuftfcl)rcrei’rt(§t«(iunfl : 

3u sPanb 14 @. 288 3®de 16 oon oben lies 350 ftatt 305. 


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135 


I. 

ftntftyeftuitgen öcs (Öberlönöesgcrtdjts. 

A. in (£iuilfacf>en. 

15. 

1. gehrntnng btt ffiinlrgnng eines Patents in «in* ©e= 
Wtbttfi; redjiiidje gUrkmtg ber ©intrngnng brs 
gntentinknkers in bie SEitelroüe. 

2. Jur guslegung ber §§ 273. 738 g.Ö.g. 

®ie Parteien tjaben im $at)r 1900 eine offene .£janbel3= 
gefellfdjaft gegriinbet; ©nbe be§ $akr§ 1900 f)at Stf. gemäfj 
§ 142 2lbf. 2 $.©.0., nadjbem über ba§ 93ermögen be§ 
Söefl. gonturS eröffnet mar, ba§ ©efdjäft of)ne Siquibation 
mit Slftioen unb ißaffioen übernommen, ©egen feine glage 
auf ©inroitligung in bie Untfdjreibung eines bem Seit. 
ftefjenben, oon itjm in bie ©efellfdjaft eingelegten, aber nickt 
auf fie umgefcfjriebenen Patents auf ben Kt. f)at $8efl. frfjlie^ 
lid) nur nocf) eingeroenbet: eS ftet>e iljm betreffs ber gefor= 
berten Seiftung ein .gurüctbekaltungSreckt infolang ju, als 
gl. nic^t feine 93erpflid)tung jur ^erau§jaf)lung beS ben 93efl. 
treffenben 2lnteil§ am ©efellfckaftSoermögen erfüllt kabe. 

33efl. ift nack bem glagantrag oerurteilt morben, oom 
93erufungSgerirf)t aus folgenben 

© r ü n b e n : 

I. 2>ie 5Borfd)rift beS s JatentgefekeS § 19, roonack in 
ber ißatentrolle ber ißatentinkaber unb im fjalte einer 2len= 
berung in feiner $erfon aud) biefe 3lenberung oermerft unb 
burck ben 9ieid)§anjeiger oeröffentlicfit toerben foll, ift kin* 

3a$rbü$cr für SBiiMtemberfl. SHec^täpftegc. XV. 2 . 10 


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136 (äntfdjeibungen bes DbevI«nbe§gerid)tS. 

ftcfjtlirf) ihrer redjtlidjen Vebeutung, bcsüglid) bet fyrage, 
roeldjen ©influfj bai Unterbleiben bet ©intragung bet Ver= 
änbetung in bet perfon bei Patentinhaberi auf bie 2Birf= 
famfeit bet Uebertragung bei Patentrechte fjabe, nicht ganj 
jtoeifelloi, angefid)t§ ber itid)t unjroeibeutigen Raffung bet 
Söorte bei 2lbf. 2: „Solange biefei (bie Vermerfung ber 
Slenberung in ber Volle) nid)t gefdjeljen ift, bleibt ber frühere 
Patentinhaber nad) SVaffgabe biefei ©efetjei berechtigt uub 
»erpflidjtet". 

^ebenfalls aber ift bie 1 ) SDteinung, baff, entfprechenb 
bem ben ©intragungen in bie Volle unb ihrer Veröffent* 
lidjung im Veichianjeiger im allgemeinen unterliegenben 
3mecf, oon ber ©rteilung bei patente unb ben baburd) an* 
erfannten technifchen $ortfd)ritten meiten Greifen alibalb 
Äenntnii ju geben, biefen ©inträgen (einerlei rechtliche 9ßir= 
fung fonbern nur bie Vebeutung einei „n a d) r i d) 1 1 i d) e n 
Vermerfi" jufommen, für bie hier fraglidjen ©inträge fdjon 
burch ben Söortlaut bei ©efetjei roiberlegt, roährenb anbe* 
rerfeiti bie 2 ) 2lnfid)t, bafj bai an fiel) gültige Patentüber* 
tragungigefdjäft ohne ©intrag unb Veröffentlichung ber 2len* 
berung rechtlich unroirffam fei, alfo ber biiherige patent* 
inhaber feiner llebertragungierflärung unerachtet alleiniger 
Präger ber Vecf)te unb Verbinblid)feiten aui bem patent 
bleibe, — oerfennt, baf) in ben SBorten bei 2lbf. 2 bei § 19: 
„nad) SJtafigabe biefei ©efe^ei" eine Vefdjrän* 
fung ber fraglichen SBirfung $um Sluibrucf gebracht ift ba* 
hin, bafj bem bisherigen Inhaber nur biejenigeit Ved)te unb 
Pflichten aui bem patent oerbleibeit, roelche burd) bai Pa* 
tentgefet) felbft geregelt finb. Vacf) ber gerichtlichen ©nt* 
roicflung ber @inrid)tung ber patentrolle in faft allen Sful* 
turftaaten ift anjunehmen, ei fei burd) bie angeführten SBorte 
auigebrüeft, baf) ber eingetragene Patentinhaber ali folget 
jur geridjtlidjen ©eltenbntad)ung, Verfolgung unb Verteibi* 

1) Süoch oon $ a in b a cf) , SJJufterfcbut), auigefprodjetie. 

2 ) 58on SRofentf)aI ^atentgefe^ 236 unb Stloftermann 
^atentgefeft 159 oerteibigte. 


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A. in ©hnlfacben. 


137 


gung beS 9ted£)t§ auS bem patent in einem nach ältafjgabe 
beS PatentgefetjeS ftattfinbenben Verfahren unb gegenüber 
bem Patentamt als legitimiert gelte, im übrigen aber (Ent* 
ftet)nng unb Uebergang beS Patentrechts burch bie (Eintra* 
gung ober beren SJlangel nicht berührt, inSbefonbere bie 
9ied)tSgüttigfeit ber Uebertragung beS Patentrechts feitenS 
be§ eingetragenen bisherigen Patentinhabers auf einen an* 
bern oon ber (Eintragung biefer 3lenberung unabhängig fein 
fotle — roobei bie fyrage, ob bie 93efugniS beS eingetrage* 
nen, aber fachlich nicht mehr berechtigten QnhaberS jur ge* 
ridjtlichen ißertretung beS Patents ') auch auf bie roegen 
S3erlehung beS Patentrechts ju führenben (Eioil* unb ©traf* , 
projeffe ju erftreden ober 5 ) auf bie im Patentgefet} 2lb* 
fdjnitt 3 geregelten SßerfahrenSarten (eigentlidje patentfachen)* 
ju befchränfen fei, im oorliegenben galt bahingeftellt bleiben 
fanit. $enn roenn bem eingetragenen Patentinhaber nach 
erfolgter aber nicht eingetragener Uebertragung feines Pa* 
tentredjtS auch nur b i e 93efugniffe als auSfchliefUidje »er* 
bleiben : (Erteilung eines .ßufahpatenteS nadjjufud)en, ©tun* 
bung ober (Erlafj ber Patentgebühren ju beantragen, burct) 
eine 2Serjid)t§er!lärung bie Söfdjung beS Patents hcrbeisu* 
führen, in bem Verfahren über 9tid)tigerflätung ober 3urüd* 
nähme beS Patents ber red)te söefl. ju fein unb überhaupt 
in allen ba§ patent betreffenben Slngelegenheiten oom 
■Patentamt als ber Inhaber beS Patents behanbelt ju tuet* 
ben, — fo bleibt, troh erfolgter Uebertragung beS Patents, 
eine feljr umfaffenbe unb für feine oolle SluSnühung unent* 
behrlidje Sieihe oon Sefugniffen bei bem bisherigen Patent* 
infjaber jurüd. $n ber Siegel aber roerben, roenn bie Ueber* 
tragung nid)t blofj beS (Gebrauchsrechts am Patent, b. h- 
ber Befugnis ein frembeS Patent auSjubeuten, fonberit beS 
9ied)tS am Patent felbft (beS „(Eigentumsrechts" baran) 
geroollt ift, bie Parteien bie übereinftimmenbe Slbfidjt haben, 

1) 3JJit St o b I e r , ©pftem be§ ^Patentrechts § 208 S. 530 u. ff. 

2) SJJit © e I i g f o t) n , Stommentar jurn 'Patentgefeb 2. Stuft. 


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138 


(Sntfcfjeibungen b e§ ObetlanbeägevidjtS. 


baff ber ©troerber ba§ o o 1 1 e 9ted)t am patent, inSbefon= 
bere aucf) bie 33efugniS feinet ©eltenbmachung not bem Pa= 
tentamt unb not ©eridft haben foße, unb ift beShalb biefe 
3lbficf)t ju unterließen, roo nic^t auS ben Umftänben, inSbe» 
fonbere aus bem bet PatentübertragungSerflärung (39.0.53. 
§413 unb 398) ju ©tunbe liegenben StecbtSgefdjäft ein an= 
bereS erfaßt. $m oorliegenben §aß aber ift, nach bem 3roecf 
ber Uebertragung beS fraglichen Patents: bem S)efl. als 
©inlage in bie ©efeßfcfjaft („als Kapitalanteil") ju bienen, 
anjunehmen, baff ber ©efeßfcfjaft bie ooße 33erfügung über 
baS Patentrecht, atfo auch bie 33efugniS jur gerichtlichen unb 
patentamtlichen 93ertretung beffelben übertragen roerbcn iooßte, 
roeil ohne folßje bie ©efeßfchaft an ber freien SSerfügung 
über baffelbe roefentlich getjinbevt märe ; ber 33efl. mar beS= 
halb auS § 2 beS ©efeßfchaftSoertragS oerpfticf)tet, ber @e= 
feßfdjaft baS fragliche Patent ju ooßent Stecht ju übertragen, 
alfo ihr auch biejenigen 33efugniffe, beten Uebergang burch 
bie ©intragung ber erfolgten Uebertragung bebingt ift, ju 
oerfchaffen, fonad), ba folche Sßerfchaffung nur burch ®tn* 
tragung möglich ift, biefe ju erroirfen, b. h- ja ih rer -& er = 
beiführung burd) ©rteilung feiner ©intragSberoißigung mit* 
juroirlen. 

®er 3Infprud) beS Kl. geht aber nicht bahin, baff ber 
33efl. bie Ueberfchreibung beS Patents auf bie © e f e 1 U 
f ch a f t 9Ji. -unb bemirfe, mit anbern SBorten ben rücU 
ftänbigen $eil ber uon ihm jugefagten ©efeßfchaftSeinlage 
in bie © e f e 1 1 f cf) a f t einmerfe, fonbern batauf, baff ber 
33e!l. bie Umfdjreibung beS Patents auf ben Stamen beS KI. 
aßein, als ©injelfaufmann, bemißige, alfo : eine rücfftänbige 
©efeßfchaftSeinlage nicht an bie (nicht mehr beftehenbe) ©e= 
feßfdjaft, fonbern an ben SU., als beten StecfjtSnachfolger, 
leifte. tiefer Slnfprud) ift nicht burch bie ©efeßfcfjaftSein* 
legung aßein, fonbern mefentlid) aud) burd) bie £atfad)e be- 
grünbet, baff infolge ber Uebernahmeerflärung beS $1. im 
©inn beS .£>.@.33. § 142 2lbf. 2 baS gefamte ©efeßfd)aftS= 
oermögen mit Slftioen unb paffioen gemäff 'S.©.©. § 738 


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A. in ©ioilfadjen. 


139 


non 9iect)t§ roegen — nicfjt burcb Vertrag noch burcb Ueber- 
tragungSbanbtung beS 33eft. — auf ben 5tt. als alleinigen 
Sträger beffetben übergegangen ift ; ebenfo f)at aber auef) ber 
ainfprucf) beS Seit barauf, bafj er „non ben gemeinfd)aft= 
licken ©cfjulben befreit unb ihm baSjenige, roaS er im galt 
ber Stuflöfung ber ©efetlfcbaft bei ber SluSeinanberfetjung 
erhalten mürbe, auSbejablt roerbe", in bem ©efellfcbaftS* 
erridjtungSoertrag nur feine notmenbige 93orauSfeijung, feine 
@ntftei)ung§urfacf)e aber in ber Stuflöfung ber ©efellfdjaft 
ober ber biefe 2luflöfung abroenbenben einfeitigen lieber* 
nabmeerflcirung beS RI., fomit in bemfelben £Rec£)t§Dert)äItni§, 
auS roeldjem auch baS 9^ecf)t beS RI. auf§ ©anje beS bisher 
gemeinfcfjaftlid) geroefenen ©efeltfdjaftSoermögenS abjuteiten 
ift; man ift beSbafb ju ber 2tnnal)me geneigt, bafj biefe bei* 
berfeitigen Steckte als Seiftung unb ©egenleiftung im 9ßer= 
bältniS beS SluStaufdjeS unb jroar beS gleichseitigen 2luS= 
taufdjeS fielen, alfo nur 3ug um 3ug oerroirflid)t merben 
fönnen, bafj fomit gemäfj 33. ©.33. § 273 9tbf. 1 ber auSge* 
fdjiebene ©efetlfdjafter, meid) er eine ber ©efellfcbaft gehörige 
(Sache in ^änben t)at, bem auf ©runb beS 9ted)tSübergangS 
beren Verausgabe fjum ©anjen, nid)t blofj ju feinem ®e* 
fetlfcbaftSanteil) forbernben nicht auSgefcbiebenen ©efell* 
fdjafter bie Verausgabe infotange »ermeigern fönne, bis ibm 
bie non letzterem gefebufbete SluSjablung feines SluSeinanber* 
febungSgutbabenS geteiftet bejm. angeboten fei; baff ebenfo 
ber 9(u§gefd)iebene, welcher jur feines SluSfcbeibenS ber 
©efetlfcbaft ©elb, jum 53eifpiel eine rücfftänbige ©etbeinlage, 
febutbig ift, bem bie ootle 33ejablung forbernben Ueberneb' 
mer entgegenbalten fönne, er braudje nicht ju bejahten, ehe 
im 3Beg ber 9tuSeinanberfet}ung feftgeftellt fei, ob unb roie* 
oiet er unter 93erücffid)tigung feines SluSeinanberfetjungS* 
gutbabenS an bie ©efetlfcbaft überhaupt noch fdjulbig fei, er 
bürfe bis babin, bie gefdjulbete 3 a btung jurüefbatten bejro. 
aufreebnen; bementfpredjenb märe im uorliegenben galt bem 
Stnfprucb beS Kt. barauf, bafj ber 33efl. bie infolge ber 
Stiebteintragung ber gefabenen ißatenteinroerfung in feiner 


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140 


©ntfcfjeibungen be§ Dberlanbe3gerid)t§. 


$anb jurüdgebliebenen patentredjtlichen 93efugniffe — in 
©rgänpng ber non itjm jugefagten ©intage — nachträglich 
in ba§ ©efellfd)aft§üermögen cinbringe unb bamit auf ben 
ÄI. als ben jet)t aßeinigen |jerm biefeS Vermögens* über* 
trage unb bie hi e füv erforberlid)e Uebertragung§hanblung 
(bie oerlangte ®inwiltigung§erf(äruttg) Dolljiehe — oom Vetl. 
entgegenjuhatten, baff er biefe Stiftung nur gegen 2lu§* 
jahlung feinet 2lu§einanberfetjung§gutt)aben§ oorjunehmen 
verpflichtet fei. ®ies wäre allerbingS in bem f$:all jutreffenb, 
wenn infolge be§ $?outur§au§brud)§ über ben Vefl., ber 
Siegel gemäfj, bie 2luflöfung ber ©efeltfchaft unb bie burd) 
fie nötig gemad)te Teilung besS ©efellfd)afts>üermögenä 
(bie Siquibation |).©.V. § 145 folg.) eingetreten märe. 3n 
biefem $atl bauert bie ©efeltfchaft unb bamit bie ©emein* 
fchaft be§ ©efellfchaft§oermögen§ (bef)uf§ Ülbwidlung ber 
taufenben ©efcfjäfte, Verfilberung ber ©efellfdjaft§aftioen unb 
Vefriebigung ober Sicherung ber ©efellfd)aft3gläubiger) fort 
bis ju beenbigter Teilung, b. h- bis jur 2luSt'et)rung beS 
nad) Vefriebigung aller ©efetlfcf)aftSgläubiger unb Vütfer= 
ftattung ber ©inlagen ben einzelnen ©efellfchafter treffen* 
ben ©ewinnanteilS ober beS burd) feinen Verluftanteil nidjt 
oerbraudjten SieftS feiner ©inlage; ber einjelne ©efellfchafter 
hat bie in feinen fpänben befinblidjen Stüde beS ©efellfchaftS* 
oermögenS roie bie non ihm ber ©efeltfchaft gefdjulbeten 
betrage bet)uf§ ihrer Verwenbung jur Slbmidlung unb jur 
Vefriebigung ber ©laubiger jur Verfügung ju ftellen, aber 
nidjt bem anbern ©efellfchafter als fold)em, fonbern nur bem 
Siquibator, b. h- bem burd) Vereinbarung aller ©efellfchafter, 
nötigenfalls burd) baS ®erid)t (<£).©.V. § 146) beftellten 
Vertreter beS (noch gemeinfd)aftlid)en)©efellfchaftSüermögenS; 
unb aud) roo eS bei ber Siquibation burd) bie ©efellfchafter 
felbft Derbleibt unb nur jwei ©efellfchafter oorhanben finb, 
tonnte bem einen ©efellfchafter, welcher dou einem anbern 
bie Vejatjlung einer Dün biefem nod) gefdjulbeteu rütfftän* 
bigen ©elbeinlage forbern wollte, oom letzteren, unter Veru» 
fung auf bie nod) nicht aufgehobene VermögenSgemeinfd)aft, 


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A. in 6.iuilfacf)en. 


141 


entgegengehalten werben, bafj er biefe ©inlage nicfjt bem II. 
fonbem bcr ©efellfchaft fdfulbe unb bafj über biefe ©efell* 
fcf)aft3forberung nur berjentge oerfügen bürfe, bem fte im 
Verfolg be§ 2:eilung§oerfahren§ — atfo auf ©runb be§ 58er» 
teilung§plan§ — burd) übereinftimmenben 23efchlujj beiber 
Siquibatoren, nötigenfall§ burd) Verfügung be§ £eilung§» 
vichterS, pgeroiefen fei, roa§ bie geftfetpng be§ £eilung§» 
plan§ unb barnit b i e geftftellung jur 23orau3fetpng habe, 
ob unb wa§ er, mit iRüdtfidjt auf ba§ i h nx pfommenbe 
2lwoeinanberfetpng§gutf)aben, an feiner ©cf)ulb nod) p ent= 
richten unb roem er e§ p entrichten habe. 

21 n b e r § aber liegt bie Sache bann, roenn im gall be§ 
2lu§fd)eiben§ eine§ ©efellfd)after§ (burd) freiwilligen 2lu§tritt, 
$ob ober burd) 2lu§fd)liefjung ober SonlurS bep>. .8wang§* 
oollftrecfung in feinen ©efellfcfjaftSanteil) bie 2luflöfung ber 
©efellfchaft unb bie barnit gegebene 9iotroenbig!eit ber Siqui» 
bation befeitigt wirb baburd), bafj bie übrigen ©efellfd)after 
bie ©efellfchaft fortfetjen, bejw., xoo nur ein ©efellfdjafter 
übrigbleibt, ber übrigbleibenbe ba§ ©efdjäft ber früheren 
©efellfcfjafter fortfetjen unb p biefem $wecf boS gefamte 
©efeUfd)aft§oermögen mit Slftioen unb ißaffioen (ohne £iqui= 
bation) übernehmen p roollen erllärt hat- $n biefem galt 
ift — nach ®.©.©. § 738 — mit bem 2lu§fcf)eiben be3 
einen ©efellfcf)after§ fein 2lnteil am ©efellfchaftSuermögen 
(in bem pr 3eit feiner 2lu§fdjeibung oorljanbenen ©tanbe) 
bem anbern@efellfchafter „j u g e ro a cf) f e n", b. h- oon 9lecht3 
wegen auf biefen übergegaugen, ber nid)t 2lu§fd)eibenbe fo= 
nad) — ohne Uebertragung feiten§ be§ 2lu§gefd)iebenen unb 
oljne ©ntfcheibung non Siquibatoren ober £eilung§rid)tern — 
pr ©inflagung ber ganzen beim 2lu§gefcf)iebenen nod) tücf= 
ftänbigen jorberung ber ©efeUfchaft befugt ; ber 2lu§gefd)ie* 
bene aber ftel)t jetjt bem Uebernehtnenben al§ bem alleinigen 
Präger be§ ©efellfd)aft§oermögen§ nicht mehr al§ ©efell= 
fchafter, fonbem at§ 9lid)tgefeUfd)after gegenüber, xoeldjer, 
wie jebev britte ©efe(lfd)aft§fcf)ulbner, feine ©dplb an ben 
bie ©efellfdjaft oertretenben Uebernehmev fd)led)tweg p ent* 


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142 


©ntfdjeibungen beS Dberlaubesgeritfjte. 


rieten f>at ; er tarnt feinen Slnfprucf) auf ba§, roa§ er im 
galt ber Sluflöfung unb Siquibation ber ©efeüfrfjaft al§ fein 
2lu?einanberfet}ung?gutt)aben erhalten tjaben mürbe unb roa? 
er je^t, ohne 2lu?einanberfehung?»erfat)ren al? eine ®elb= 
forberung gegen ben Uebernehmer anjufpredjen hat, meber 
jur 2lufred)nung auf feine ®efellfd)aft§fd)ulb nod) aud) jur 
,3urücEhaltung ihrer ©rfüllung bi? jur Erfüllung feiner 
gorberung geltenb machen, dürfte er bi? jur 2Iu?jahlung 
feiner 2lbfinbung?forberung feine Seiftung jurücftjatten , fo 
märe ber Uebernehmer in ber Verfügung über biefe? ©efetl» 
fdf)aft§aftiüum infolange gehemmt unb baburdj ber gortbe= 
trieb be? ©efdjäftS möglicherroeife lahmgelegt, aud) fein 5tre= 
btt gefährbet, alfo gerabe ba? »ereitelt, roa? ber ber 
Uebernahnte ift unb roa? bie Uebernahmeerflätung nach bem 
©efet) bemirfett foll: bie burd) £iquibation?fd)roierigfeiten 
rtict)t gefjinberte ununterbrodjene gortfüljrung be? ©efd)äft?* 
betrieb?. 

@d)on nacf) bi?herigem 9ftecf)t mar biefe 2öirfuitg h ers 
beijufüljren in bem gall ermöglid)t, roenn im @efetlfd)aft?= 
»ertrag »orgefet)en ober »or 2luflöfung ber ©efellfdjaft »on 
ben ©efellfdjaftem frei oereinbart mar, baß beim 2lu?fd)eiben 
be? einen ©efellfd)after? ber anbere ba? ©efdjäft für allei= 
nige Rechnung fortjufetjen berechtigt fein folle. gür biefen 
gall tjat ba? 9teid)?gerid)t I. ©iuilfenat am 4. Sflärj 1893 ] ) 
entfdjieben: nach beut ©inn einer foldjen Vereinbarung fei 
ber ba? ©efdjäft gortfetjenbe nicfjt erft bann, roenn er ben 
9lu?fcf)eibenben abgefunben habe ober 2tbfinbung?fumme 
ermittelt fei, fonbem »orn £age be? 2lu?fcf)eiben? ab be= 
redjtigt, ba? ©efdjaft für feine eigene 9ted)nung ju betreiben 
(betnnach über bie ©efellfd)aft?attioen frei ju oerfügen) ohne 
bafj ihn ber anbere burd) Berufung auf feine noch uner* 
mittelte 2lbfinbung?forberung unb beren biircf) bie freie Ver* 
fügung be§ Uebernehntenben bemirtte ©efährbung hievon hin* 
bern tonnte, „roeil fonft bi? jur Ermittlung ber 3lbfinbung?= 


1) Sö o t s e , 'fkaji? tc. 93b. 16 @. 292 Vr. 495. 


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A. in ©tbUfadjen. 


143 


fumrne ba§ <53efcf)äft ftiUfteljen müfjte''. 

2Ba§ Ijier au§ ber 33ereinbarung ber Parteien als oer* 
mutlicfjer ©efcfjäftSroille abgeleitet toirb, ift burdj § 738 58. ©.33. 
als (oermittelnber) 9tecf)t§fat} feftgefetjt. 

Sin ©teile ber im I. ©ntrourf beS 33. ©.58. § 658 Stbf. 4 
unb 5 oorgefeljenen 33e(timmung: „baf? ber SluSfcfjeibenbe 
oerpflidjtet fei, feinen 5Hnteil an ben gemeinfctjaftlidien 
©egenftänben ben übrigen ©efellfdjaftern ju übertragen 
unb leitete b a g e g e n oerpflicfjtet feien, bem SluSfdjeibenben 
fein StuSeinanberfetjungSgutljaben in einer ©elbfumme ju 
jatilen“ f>at bie II. ßommiffion in § 673 beS II. @ntn>. bie 
— in § 738 beS ©efetjeS nabeju it)örtticf> übernommene — 
33eftimmung oorgefd)lagen, baff beim SluSfdjeiben eines ®e= 
fellfdjafterS fein Slnteil am ©efellfcfjaftSoecmögen „ben übrigen 
©efetlfcfjaftern j u n> a cf) f e" ; „biefe legieren finb t>erpfücf»tet" 
(nicfjt : „finb bagegen oerpflidjtet"), bem SluSfdjeibenben 
ein SluSeinanberfetjungSgutfjaben in ©elb ju jatjlen" — unb 
tjat biefe Slenberuttg barnit begrünbet: „biefetben ©rünbe, 
roeldje ben ©efetjgeber oeranlafjt fjaben, eine 58erabrebung, 
baff bie ©efettfcfjaft trotj SluSfdjeibenS einzelner SHitglieber 
fortbeftefjen fotte, als redjtSoerbinblicf) anjufeljen, laffen e§ 
als toünfcfjenSioert erfcfjeinen, bafj bie übrigen ©efellfcfjafter 
über baS ©efettfcfjaftSoermögen ben ©efellfcfjaftSätoecfen ent= 
fprecfjenb oerfügen fönnen, otjne b u r dj ein e t ro a i g e S 
@infprud)Sred)t beS auSgefdjifcbenen ©efel(= 
fdjafterS betjinbert ju roerbe n“, m. a. 5ffi. : an 
©teile ber im I. ©ntro. oorgefefjenen UebertragungSpflidjt 
beS StuSfdjeibenben ift baS oon StecfjtS roegen eintretenbe 3ln= 
toacfjfen feinet ©efellfdjaftSanteilS au§ bem ©runb gefegt 
toorben, weil fjieburcf) oerljinbert merben folt, bafj bie bie 
©efellfdjaft gortfetjenben in bem ungeftörten ffortbetrieb beS 
©efdjäftS baburd) gehemmt werben, bafj ber jur Uebertragung 
feine§ ©efdjäftSanteilS oerpflirfjtete 2luSgefd)iebene biefe nur 
gegen gleidjjeitige ober oorauSgeljenbe 33efriebigung feiner 
Slnfprücfje an baS ©efellfdiaftSoermögen oornel)men, m. a. 
3EB. an ben in feiner .fjanb befinbüdjen ©efellfdjaftSaftioen 


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144 


©ntfrijeibungen be§ Oberlanbe§gericf)t§. 


ein 3urücfbef)altung§recf)t geltenb machen rooEte. 

®anad) mürbe bie 3 utaffung eines folcfjen - 3 utücfbe= 
haltungSred)tS gegen ©inn unb .ßroecf beS § 738 ©.©. 33 , 
oerftoffen unb famt beShatb aud) im oorliegenben $aE ȣ>n 
Ülmoenbung beS § 273 33. ©.5). feine Diebe fein; biefe letj* 
tere 93eftintntung beruht auf bem ©ebanfen, baff gorberung 
unb ©egenforberung, Diedjt unb Pflicht, auS ihrem natür* 
liehen 3ufammenhang nidjt loSgeriffen roerben foEen; roo 
aber bem an fiel) oorliegenben („natürlichen") ^ufammenfjang 
oom ©efeh auS höheren Dtücffichten bie rechtliche 2lnerfen= 
nung oerfagt ift, fattn ber einzelne auf folgen 3 ufamnten= 
hang nic^t mehr $u feinem Vorteil fief) berufen. 

Urteil be§ 1. 3ioilfenatS uom 14 . SEärj 1902 i. ©. 9JlüEet 
g. Johannes. 


16. 

bie Hrjltmtmtng brs § 343 0.(5. 0. (rithterlidje ©r= 
mäfjignng ber llrrtrngsprafr) amnenbbar auf |Ier= 
tragsffrafeit, bte war bem 1. Jlaunar 1900 uereinbart 
rnarben pub? 

2 >ie grage ift verneint roo.rben auS folgenben 
© r ü n b e n : 

$em bis 1. Januar 1900 in SBürttemberg in ©eltung 
geroefenett 9iecf)t, unter beffen ßerrfcf)aft ber Vertrag ge= 
fchloffen mürbe, mar eine 33efugttiS beS 9licf)tev§ jur .£)erab= 
fetjung einer SBertragSftrafe fremb. 2) er oom Unterrid)ter 
angenommenen DtechtSmeinung aber, baff bie SBeftimmung 
beS § 343 beS 33.Ö.33. auf DiedjtSoerbältniffe jurücfroirfe, 
melche oor bem Qnfrafttreten beS bürgerlichen ®efegbud)S 
entftanben finb, fattn nid)t beigetreten toerben. 3 mar lajit 
fid) nicht oerfennen, baff ber ©efepgeber bei ber Einführung 
ber Seftimmung beS § 343 oott ber ©rroäguttg geleitet mürbe, 
bap ein 33ebürfniS beftehe, ben fdjmeren Uebertreibuttgeti unb 
3lu§fd)reitungen, 51 t roelchen bas SluSbebittgen oon 33ertragS= 
ftrafeit in nicht fettenen fyäEen mißbraucht mirb, bttref) eine 


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A. in Sioilfadfjen. 


145 


befonbere Vorfdjrift nad) 2Jlögttd)feit oorjubeugen l ). Mein 
bieS erfdjeint boct) nic^t auSreicßenb, um f)ierau§ ben SBitlen 
beS ©efeßgeberS abjuteiten, feiner Vorfcßrift rücfwirfenbe 
Kraft beijutegen. SÖenn aud) an fid) ein folcßer Söille, ohne 
baß er auSbrücftid) erftärt worben ift, aus ber Vebeütung 
entnommen werben fann, wetdje ber ©efeßgeber bem neuen 
9ied)tSfaß auS ©rünben beS 9tecßtS= unb ©ittticf)feitSgefühtS 
beitegt, fo ift bocf) bei jebent neu eingefaßten VedjtSfaß ju 
prüfen, ob biefe ©rünbe bem ©efeßgeber wichtig genug er* 
fdjienen, um bem ©aß rücfmirfenbe Kraft auf bie bem frü= 
ßeren 9ted)t angeßörigen Verträge einjuräumen, unb bamit 
in befteßenbe VertragSrecßte einjugreifen. gür eine fotcfje 2tn= 
naßne feßlt eS im gatte beS § 343 V.©.V. an geniigenben 
ülnßaltSpunften, nacßbem ber ©efeßgeber mcßt etwa eine Uit* 
gültigfeit ber Vereinbarung ßinfid)ttid) beS übermäßigen Ve* 
tragS auSgefprocßett, fonbern nur eine, überbieS oom Stntrag 
beS ©cßulbnerS abhängige, VefugniS beS VicßterS jur @r= 
mäßigung feftgefeßt hat. ©egen bie gebacßte Mnaßme fpricßt 
außerbem bie ©rroägung, baß ber ©efeßgeber aud) ber Vor* 
fcßrift beS § 4, 1 beS ©efeßeS oom 16. Sftai 1894 betr. bie 
StbjahtungSgefcßäfte bie Vücfwirfung oerfagt hat, obwoßt 
ßier gleichartige gefeßgeberifdje ©rünbe oortagen, unb ber 
©efeßgeber bei ber ©infüßrung beS ©aßeS in § 343 gerabe 
auch an biefen ©aß ficß angefcßloffen hat *). ÜBirb aber oer* 
neint, baß bem SHecßtSfaß in § 343 beS V.©.V’S rüctwir* 
fenbe Kraft beiwohnt, fo bleiben uon biefem VecßtSfaß auch 
biejenigen gälte unberührt, in beiten bie VertragSftrafe jwar 
auf ©ruttb eines bem früheren Ved)t angeßörigen Vertrags, 
aber burcß eine erft unter ber fperrfcßaft beS V.©.V’S be* 
gangene VertragSoerteßung oerwirft worben ift. 9tacß bem 
2tuSgefüßrten tonnte bem Eintrag ber Veftagten auf fperab* 
minberung ber eingeforberten VertragSftrafe mcßt ftattgegeben 
werben. 

1) Sögt. Stomm. ßot. »b. I ©. 783. 

2) (Sntfd). b. SR.@. im fäcßf. 2lrd). für bürg. SHedjt 23b. 10 ©. 751. 


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146 ©ntfdjeibungen bei Dberlanbeigeridjti. 

Urteil be§ I. ©ioilfenat§ tom 27. Quni 1902 i. <3. ©urr 
gegen SBürtt. ^otjensoUern’fdje SrauereigefeHfdjaft. ®ie 
SReoifion gegen biefe§ Urteil ift jurüclgewiefen worben: 
oergl. 9i@. 53 Sir. 105. 

17. • 

Urrrdjmntg brr #rrglrtdjsgrljüjjr, writn brr 3?rrglrtdj 

1. firfj nnf nidjt rhtgrhlngtr Jinfprüdjr rrjlrrdtt, 

2. jmffrrgrridjtlirij nbgrftiUtfflrtt» «brr jnm grririjtlidjru 
Protokoll frilgrftrllt iß? 

Kl. bat auf Sejahlung oon 500 2JI. Klage erhoben. 
Siacf) Serfjanblung ber @ad)e im 93erufung§oerfat)ren jeigten 
bie Parteien t>or ber auf 4. Oltober 1901 anberaumten Ser* 
lünbigung be§ ©erid)t§befd)luffe§ an, ba| fie fid) oerglid)en 
haben, unb im Termin com 4. Oltober ben Sergleid) ju 
ißrotololl geben werben. ®er bemgemäfj ju ißrotololl ge= 
gebene Vergleich, wonad) Seit. bie Koften be§ 9ied)t§ftreit§ 
übernommen hat, bejog fid) auf bie ganje fptrberung be§ 
Klr§. im betrag oon 2000 9Ji., mooon bie eingettagten 
500 SH. einen ®eil bilbeten. $n feinem Koftenfeftfehung§= 
gefuch hat Kl. eine Sergleid)§gebüt)r au§ 2000 2Jt. mit 
36 3J1. berechnet, bie ©ioillammer hat biefe ©ebühr auf 
9 9J1. 50 i)3f. herabgefe^t. ®ie Sefcf)werbe bei K'lr§. gegen 
biefen Slbftrid) ift jurüdgemiefen worben au§ folgenben 
© r ü n b e n : 

3Ba§ junächft bie fprage betrifft, au§ weldjem Streit» 
wert bie bem Häg. 2lnwalt julommenbe 58ergleid)§gebühr ju 
berechnen fei, fo ift ©egenftanb be§ anhängig gemachten 
9t e d) t § ft r e i t § nur ber auf 500 9JI. fid) belaufenbe ®eil= 
betrag be§ Häg. @efamtanfprucf)§ uon 2000 9Jt. gewefen. 
Söenn nun auch in bem oon ben Parteien gefdjloffenen 93er= 
gleich ber ©efamtanfprud) be§ Klr«. htaeingejogen unb mit 
bem Vergleich erlebigt worben ift, fo beftimmt fid) bod) bie 
für bie |whe ber Sergleid)§gebül)r mafjgebenbe SBertfiufe 
nur nach bemjenigen Setrag ber Häg. gorberung, welcher 


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A. in ©itnlfadien. 


147 


im ißrojc| befangen mar. 2lud) ber äBortlaut be§ 93ergleich§ 
berechtigt nicht ju ber Stnnaijme, bafj ber 93ell. bie @rftat= 
tung einer teeren a(§ bec au§ bem ©treitroert non 500 9Jt. 
ftd) ergebenben 93evgleicf)§gebüt)r höbe übernehmen rcollen. 
5£>er 93e!l. h®t fi<h Sur Tragung fämtlid)er Soften be§ 
„9t e d) t 3 ft r e i t §" oerpflichtet. $u ben Soften be§ „9ted)t§= 
ftreitS" gefjört aber nur bie im 9t e cf) t § ft r e i t au§ bem 
anhängig gemachten £eitanfprucf) erroachfene 93ergleich§gebüf)r. 
.ßiemit evlebigt fid) auch bie grage, ob ber Seit., wenn ber 
ftäg. Slnmalt für feine SJtitioirfung auch bei ©rlebigung be§ 
nicht anhängig gemachten 9Jtehranfprud)§ oon 1500 SDt. ge- 
mäfj § 92 9t.5l.©.0. eine höhere ©ebütjr al§ bie au§ bem 
©treitroert oon 500 SDt. fich ergebenbe 93ergleid)3gebühc oon 
feiner Partei beanfpruchen fönnte — ogt. hieju Sönigl. 
SSürtt. 93.0. oom 29. Januar 1869 § 43 unb oom 30. 2lpril 
1875 §§ 1 — 5 — , aud) für ben Mehrbetrag erftattung§= 
pftirfjtig märe. SDentt biefer SDtehrbetrag mürbe gleichfalls 
nicht ju ben Soften be§ „9ted)t§ftreit§" gehören, beren Stra= 
gung allein ber 93etl. übernommen hat *). 

9Ba§ ben jroeiten 93efd)roerbepunl:t betrifft, fo ift bie 
9tecf)tfprechung unb Stheorie — oon ganj roenigen 2lu§nal)men 
abgefehen 2 ) — bahin einig, bafj bie burd) § 18 9t.2l.©.0. 
beftimmte ©rmäfjigung ber 93ergleicf)3gebühr nicht blojj bann 
eintritt, roenn ber Vergleich erft unter ÜDtitroirfung be§ ®e= 
rid)tS abgefdjloffen mivb, fonbertt aud) bann, mann ein 
jroifchen ben Parteien unter 2JUtroirfung ihrer Ülnroälte ju= 
oor fdjon oöllig oerabrebeter außergerichtlicher Vergleich oor= 
liegt unb nur ju gerichtlichem ißrotofoll feftgeftellt mirb 3 ). 

®er ©ioilfenat h at leinen Slnlajj ju einer oon ber 

1) S3gt. aud) ©ntfd). b. 91.©. SSb. 36 S. 401 ; 3Bürtt. 3faf)rb. 
58b. 8 ©. 217 ; 9ted)tfpred)ung ber O S.©. 58b. 2 ©. 427 ; 58 u f d) , 
3eitfchr. 58b. 18 @. 532. 

2) S 8 gl. 5 . 58. 2B a 1 1 e r 2. 9lufl. ©. 249. 

3) 58gl. 911 e 0 e r = 3 r in l e r 3. 2lufl. §18 91ote 2 ; 5ßfaffe* 
r 0 1 i) 3. 3tufl. § 18 Sinnt. 1; 2BUlenbüd)er §18 91ote 2; 91®. 
in Surijt 2ßod)enfd)r. 1888 ©. 100; 91. @. bet Sßatter a. a. D. 


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148 


föntfdjeibungen be§ Dberlanbefgevidjtä. 


berrfcbenben 9lnfid)t abmeicbenben SÄuffaffung. 

Sefdjlufj be§ I. @ioilfenat§ oorn 25. Sftärj 1902 i. ®. 

9ienj gegen ©trobbäcter. 

18. 

Haftung Ms Gtigeniimttrs einer ittirtfdjafi für Me 
nen reiup»t tingebltdjen JBirtfrijaftafiibrrr, Mr ober in 
iJJtrhltdjbeit Me Pirtrrijnft fiir eigene Herijnnng be= 
treibt, bejogeiten Jfiefernngen ? 

Kläger t)at SBeinlieferungen im i)3rei§ non über 1400 9 Jt. 
gemacht ju .fjanben be§ SB. ff., ber bamal§ eine bent Seft. 
gehörige 9Birtfd)aft al§ „9Birtfcbaft§fübrer" betrieben bat. 
Stuf Klage be§ Kläger^ ift ber Settagte jur Sejablung be§ 
2Beine§ nerurteitt roorben, obmobt biefer geltenb machte, ff. 
habe in SBirflidjfeit bie 3Birtfd)aft al§ fein $äd)ter für 
eigene 9ied)nung geführt unb Kläger habe bie ganje ©ach* 
läge gefannt. 

© r ü n b e : 

1. ÜBenn ber urtunblid) feftgefebte Sertrag, melcber nad) 
bem unftreitigen Satbeftanb I. Qnftanj ju Anfang be§ Jahres 
1895 jrcifeben bem Seflagten unb SB. ff. ju ©tanb getommen 
ift, oon biefen beiben in ber er n ft lieben 91 b fiebt ge* 
fdjloffen (unb aufred)terba(ten) morbett märe, ben Se = 
ftim nt ungen ber ©emetbeorbnung gerecht j u 
werben, fo hätte ficb folgenbe§ Sertrag§nerbältni§ jnn= 
feben jenen beiben ergeben: 

9tur ber Set tagte batte bie @rtaubni§, bie 9Birt= 
fdjaft ju betreiben (®.Ö. § 33) b. b- fie auf eigene Sied)* 
nung ju betreiben; er tonnte aber feine Setriebsbefugni§ 
bureb einen ©tetloertreter auSübcn (©.£). § 45) 
unb al§ fold)en bat er ben ff. mit ber (auch fonft für einen 
Vertreter im 9Birtfd)aft§betrieb üblidjen) Sejeicbnung eine§ 
„ SB i rtf cb af t^f üb r er § " beftellt. — 3)er Seflagte burfte bem 
ff. aud) nicht einen üfceit be§ 2Birtfd)aft§betriebe§ jur 
ffübrung auf eigene 9tecbnung übertragen, inSbefonbere nicht 


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A. in G-iuUfadjen. 


149 


ben SBeinauifdjanf. Söenn in § 2 2lbf. 2 bei Vertrages 
beftimmt mar, bafj „ber Dtutjen an SBcin" bem ff. aufalle, 
fo roat bamit nur auigefprodjen, bafj biefer Seit bei @r= 
tragei, roeldjer junäd)ft bem Vefl. ali Verläufer bei SBeinei 
jufallen mujjte, auijumitteln unb bem 5- als 23elol)nung für 
feine ©tetfoertretung s u überlaffen fei. 

®a ber 5?auf »on geiftigen ©etränfen in ber Ülbfidjt 
bei 2luifd)anEi in Heineren Viengen ein .fjanbeligefdjäft 
im ©inne bei 2lrt. 271 3‘ff- 1 bei alten ift unb 

ber 93e!lagte burd) feinen ©telluertreter foldje ©efdjäfte ge= 
roerbemäfjig betrieb, alfo Kaufmann im ©inne bei 2lrt. 4 
b. £>.©.93.’i unb § 1 2lbf. 1 »ergl. mit 2lbf. 2 3iff- 1 bei 
jet)igen .£j.©.V. mar, fo mar ff. $anblung§beoollmäd)tigter 
im ©inn »on 2lrt. 47 bei alten unb § 54 bei jetzigen f).©.93. 

2lui ber Uebertragung bet Söirtfdjaftifüfjrung an ff. 
ergab ftd), bafj biefer aud) ben jum Sluifdjanf erforberlidjen 
SBein einjuEaufen ^atte, unb roenn er über foldje Verträge 
mit britten »erfjanbelte, fo mar ei felbftoerftänblid), bafj er 
and) tjiebei ©telluertreter bei VeElagten mar unb ali foldjer 
»on bem anberen Vertragfd)liefjenben, meinem bai Vor* 
Ijanbenfein einei jßrinjipali im ©inn bei 2lrt. 47 bei alten 
§ 54 bei jetzigen |j.®.93. befannt mar, angefefyen mürbe, fo 
bafj alfo aui berartigen SBeinfaufuerträgen ber 93 e f l. be* 
redjtigt unb »erpflid)tet mürbe. 

2. 9tacf) Qnfjalt ber 93ef)auptungen bei 93eflagten über 
feine münblidjen Vereinbarungen mit ff., meld)e Veljaup» 
tungen burd) bie 3 eu 9 ertan 9 a b e bei letzteren beftätigt finb, 
ift allerbingi ein roefentlid) anberi geftaltetei Vedjti* 
»erljältnii jroifcfjen jenen beiben ju ©tanb gefommen. 

SBenn foldjei Vorbringen bei 3eugen richtig ift, roenn 
alfo in 9Birflid)Eeit ein ißad)t»erl)ältnii jmifdjen bem 93e= 
flagten unb bem 3*ugen beftanb, fo t)at nirfjt ber VeElagte, 
fonbern jc. ff. bie Väirtfdjaft ali felbftänbiger ©eroerbe* 
treibenber im ©inn bei § 14 ber ®.=C. betrieben. 2>a ei 
aber bem leiteten nad) feiner 3 eu 9 enau ®f a 9 e niemali ge= 
lang, eine drlaubnii ju felbftänbigent SBirtfdjaftibetrieb ju 


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150 


©ntfcfjeitmngen beä OberlanbeSgerid)t3. 


erhalten, fo märe er ber ©efabr einer Strafe au§ § 147 
$iff. 1 ®.D., ber 53ell. ber ©efabr einer 33eftrafung roegen 
Beihilfe ju genanntem Vergeben auSgefetjt geroefett, roenn 
beibe eS gegenüber dritten jugegeben hätten, bafj :c. g- 9öirt= 
fdjaftSpäcbter fei. £>ierauS ergibt ficb fd)on eine allgemeine 
©abrfcbeinlid)leit bafür, bafj beibe nach aujjen ben Ulnfcbein 
aufrecht ermatten haben, e§ beftetje jroifc^en ihnen baS nad) 
ber ©.0. gefet)lid) erlaubte RedjtSoerbältniS im Sinn ber 
obigen 2tuSfübrungen. $a {3 aber ber Schein eine§ foldjen 
StelloertretungSoerbältniffeS gegenüber bem Kläger bei 
bem aibfcbtufj ber ber Klageforberuttg ju ©runb liegenben 
Kaufoerträge aufrecht erhalten morben ift, ergibt fid) auS 
bem unftreitigen S£atbeftanb in S3erbinbung mit bem @rgeb= 
niS ber SBeroeiSaufnabme erfter ^nftanj, roie fjienad) beS 
näheren ju erörtern ift. 

a) t)at, roie auS bem Qnbalt feiner Mengenangabe 
ju entnehmen ift, gegenüber bem Kläger jroar nicht auS= 
brüdlid) erflärt, bafj er als Stelloertreter beS 33efl. laufe; 
er bat aber roieberbolt Steuerungen gegenüber benfelben ge= 
tan, auS melcben Kläger entnebmen mußte, baß bie ©ein* 
fäufe auf Rechnung beS S3ell. abgefcßloffen roerben, unb 
roetd)e finnloS geroefen mären, menn sc. g. gegenüber bem 
Kläger jugegeben hätte, baß er als Rächtet bie ©irtfdjaft 
führe. 

©enn bei foldjen ©ebabren beS ber Kläger bie 
Rechnungen über gelieferte ©eine aud) an biefen gefenbet 
bat, fo enthielt bieS leine Kunbgebung beS Klägers, baß er 
ben 3C. §. alS- feinen Scbulbner anfebe, fonbertt baß Kläger 
baoon auSgeße, roerbe oon bem 53ell., roie mit ber 33e= 
ftellung, fo aud) mit ber Gablung ö e § ©eines beauftragt fein. 

b) $er Sellagte gibt ju, baß er bejüglid) bet beiben 
erften ©eintieferungen Rechnungen oon Kläger erhalten bat, 
roelcbe auf ben Rainen beS 33etl. auSgeftellt roaren. hieraus 
erfuhr ber 33ellagte, baß ber Kläger ben 3C. %. als feinen 
Stello er tretet (^anblungSbeoollmäcbtigten), ihn aber als ben 
©irt (ißrinjipal) anfebe. ©ollte ber Söell. bem Kläger ju 


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A. in (Etötlfadjen. 


151 


oerftet)en geben, bah 2 c. F- nid)t auf Rechnung beS Söefl., 
fonbetti auf eigene Rechnung taufe, fo genügte eS nicht, 
roenn et bent Släger fagen unb fd) reiben lief), biefer folle 
bem Seflagten feine Rechnung mehr fdjicfen. 2>enn bet Se= 
flagte fonnte, aud) roenn et bet ißrinjipal roar, bie '-Bejah 5 
tung bet Rechnungen nebft bet '-Buchführung beS ic. F- über* 
tragen, unb im übrigen rourben tiad) ber bem Stöger burd) 
2 c. 5- übermittelten Söeifung beS '-Bcflagten oom 7. Januar 
1901 bie Sabefcheine auf ben Ramen beS Se f lag = 
ten auSgeftellt, fo bah biefer » 01 t jeber roeiteren Sieferung 
S'enntniS erhielt. — ®eSt>alb erfdjeint unerheblich, ob ber 
Sefl. bezüglich jeber Lieferung aud) bie in bem Sopierbud) 
beS SIS. enthaltenben Rechnungen erhalten hot- 

c) Rad) § 15 a. b. ®.D., roeldjer am 1. Januar 1900 
in SBirfung getreten ift, tjaben ©eroerbtreibenbe, roetd)e eine 
SSirtfdjaft betreiben, ihren Familiennamen an ber Ütufjen* 
feite ber 2öirtfd)aft in beutlid) lesbarer Sd)rift anjubringen. 
$a burd) bie au ber 2Birtfcf)aft beS Seflagten angebrachte 
2luffd)rift roie unbeftritten biefer, nidjt ic. F- al§ ber ©e= 
roerbtreibenbe angegeben roar, fo mufjten alle, roelcheit jene 
gefeplidje Sorfdjrift befannt roar, annehmen, bah Sv roenn 
er auf bie juni Setrieb ber SQSirtfdjaft erforberlichen Ser* 
träge ohne Rennung beS RatnenS beS Seflagten abfdjlofi, 
als beffen ©telloertreter hanbte. 

3. ®a ber Seflagte tjienad) gemufft unb gebulbet h a t 
bah JC - S- fid) nlä fein Stelluertreter (SeooUmäd)tigter) 
gebärbe unb als folcfjer Saufoerträge mit Släger abfehfiepe, 
unb ba ber Sefl. ber Fottfetjung foldjer 9lbfd)tüffe feinen 
SBiberfprud) entgegengefept h«t fo muh er fid) nach ben 
©runbfäpett oon Jreu unb ©tauben im Serfefjr gefallen 
laffen, als © e f d) ä f t S h e r r angefehen 511 roerben ; er 
haftet baher bem Släger für Sejahlung beS eingeflagten 
S'auffd)illingSbetragS '). 

2ln fold)er Haftung beS Seflagten fann beffen unbe* 


1) SBergl. 5H.@. »b. 43 <3. 190/91 u. ».©.SB. § 157. 

Jja^rbilefjct für SBÜtttcmberg. 9 C - XV. 2. 11 


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152 


©ntfcEjeibungen beS Dberlanbe§gevicf)t§. 


ftimmteS Vorbringen: Kläger i)abe au§ äftitteilungen be§ 
33efl. „b i e ganjeSacblage getan nt" nid)t§ änbern, 
ebenfo menig ba§ Vorbringen: „Kläger habe baS Ver = 
t) ä 1 1 n i s g ru i f cf) e n Vefl. unb g. genau ge tan nt", 
(roorüber Vefl. bem Kläger beu @ib jugefdjoben bat). SBenn 
ber Kläger aud> gemußt t)ätte, bafj ba§ Verhältnis jroifct)en 
Veit, unb %. non biefen als ißad)toerbältniS angefeljen 
toerbe, fo bürfte er gteirfjrco^t au§ bem oben $iff. 2, lit. a 
bis c erörterten Verhalten jener beiben ben ©cblufj }iet)en, 
bafj Vefl. nac| a u § e tt ben jc. $. a l S f e i n e n V e * 
oollmädjtigten b a n b e l n l a f f e u rooltte, unb 
hierin finbet ber Klaganfprud) feine gettügenbe Vegrünbung. 

Urteil beS II. ©ioilfenatS oom 20. ÜRärj 1902. i. ©. 

QUe g. SRidjel. 


19. 

Pas i|l unter bem „betrieb einer ^nrtintentsbudj= 
Jjnnblnng" ?u ner|Ieijeu? 

Veftagter betreibt einen „Kunft*, SRufifatien* unb Ver= 
lagSbucbbanbel" ; bis ©tibe 1898 bat er auct) eine ©orti= 
mentSbucbbanblung mit offenem Sabeti betrieben; burd) Ver= 
trag oom 12. Sejember 1898 bat er aber fein ganjeS ©orti= 
mentsbudjlager an ben Klr. oerfauft unb fid) oerpflidjtet, in 
ber betreffenbeti ©tabt mäbrenb 10 fahren feine Sortiments* 
bud)banblung 511 betreiben. Kl. f>at behauptet, Vefl. habe 
biefer Verpflichtung jutoibergebanbelt, fofern er nach 2Ib= 
fdjluf? beS Vertrags eine Veibe oon Viicberu unb $eitfcbriften 
oon attberen Vud)banblungen bejogen unb (mit SRuljen) an 
dritte oerfauft habe. Vefl. bat u. a. geltenb gemacht, auch 
toenn bieS richtig toäre, fo läge hierin nod) fein „Vetrieb 
einer ©ortimentSbucbbanblung". 

hierüber befagen bie 

© r ii n b e 

beS VerufungSurteilS : 

©in faufmännifcbeS (ober gewerbliches) ©efdjäft betreibt, 


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A. in ©ioilfadjen. 


153 


roer eine .ßanbelS* (ober geroerblicfje) 91ieberlaffung in bem 
betreffenben ©efcßäftSjroeig errietet ober ßat, non ber au§ 
er entfprecßenbe ©efcßäfte abfdftießt. SBern alfo nertrag§= 
mäßig nerboten ift, ein ©efdjäft non gereifter Slrt in einem 
gereiften ®ejirf ju betreiben, bem ift (fofern nicßt befonbere 
©rünbe eine anbere 3luftaffung redjtfertigen) nerboten, eine 
SJlieberlaffung ber bejeicfyneten 2 lrt bort ju galten ober ju 
errichten ; bie geroerbgmäßige ©ntfaltung einer Sntigteit, bie 
mit ber non einer .jpanbelSmebertaffung regelmäßig au§= 
geßenben übereinftimmt nnb bem SBertragSgegner in äßnlicßer 
SEßeife Äonfurrenj mncfjt roie eine .£janbel§niebetlaffung 
in bem betreffenben SBejitf, nermag bie lüerrotrfung einer 
auf ben betrieb eine§ ®efd)äft§ gefegten 9Sertrag§ftrafe nidjt 
ßerbeijufüßren, falls jene £ätigfeit nicßt non einer geroerb* 
lidjen in bem betr. Söejirf befinblicfjen fftieberlaffung au§ 
entfaltet roirb 1 ). 

®er 33efl. t)at in eine geroerblicße fftiebertaftung, 
fofern er bort eine USerlagäbucßßanblung foreie einen Jlunft* 
unb üöhtfifalienßanbel (mittels ÄleinnerfaufS) betreibt; ber 
Shtnft* unb SWufifalienßanbel ift ein ©efdjäft, ba§ ßäufig in 
SSerbinbung mit einer ©ortimentiBbucljßanblung betrieben 
roirb 2 ). 

SEBenn ein Kaufmann, ber bisher einen Slunft* unb 
ÜJlufifalienßanbel betrieben ßat, fein ©efcßäft in ber SSeife 
erroeitert, baß er auf 53eftellung aud) 53üd)er non Verlegern 
unb ©roßfortimentern junt ^roecf be§ ÜBerfauf§ an bie i 8 e* 
fteller bejießt, unb babei feinerfeitS bie Südjer mit bem bei 
(Sortimentern üblid)ett Diabatt erßält, roäßrenb er fie 511 bem* 
felben ifkei§ roie ber ©ortimentSbucßßänbler abgibt, roenn 
er alfo biefen ©efcßäftSjroeig jroar nur nebenher in Keinem 
Umfang, aber bod) gewerbsmäßig betreibt, b. ß. in ber auf 

1) S8gl. Urteil biefeS (Senats ooin 18. San. 1889 i. <S. Sd)öitinger 
g. SSuntüller (in 3B-3.93- 4 6. 148 ff); 91.©. 26 9lr- 27; ©taub 
Somm. 3. §.@.*ö. 9Inm. 12 ju § 74. 

2) SBergl. aucß 93rocff)au§ Stonv>.=8ejifon s. v. „Sortiment-jbud)* 
ßanblung". 

11 * 


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154 


föntfdjeibungen bei Oberlanbeigeridjti. 


Gcrfcßließung ober Qcrßattung einer bauernben GcrwerbSquelte 
gerichteten Stbficßt, fo betreibt ber ©etreffenbe eine ©orti* 
ment§bud)ßanbtung, fofern nicf)t für ben ©etrieb einer folcßen 
nocß ineitere ©egriffSmerfmate erforberlicf) finb. 2U3 ein 
folcßeS fönnte junädjft ein S a b e it in ©etracßt fommen, 
b. I). ein nicßt nur jebem ©üd^erbeftetter jugängticßer, fon* 
bern and) mit öffentlicßer 2lu§ftettung non ©ücßern nerbun* 
bener ©efdjäftSraum. ^Regelmäßig ruirb ja ein Sortiments* 
bucßßänbter einen berartigen Saben tjaben, ebenfo wie ein 
Stunft* unb ©tufifatieußäubler ; aber jum ©egriff beS ©orti* 
mentSbucßßänbterS gehört ein fotcßer Saben fo wenig als ju 
bem beS Äunft* unb -IRufitalienßänblerS : ©efl. ift unftreitig 
teßtereS, oßne einen Saben ber bejeicßneten 2trt ju ßaben 
(einen ©cßaufafteti fcßeint er allerbingS ju l)aben). Gcin 
©ortiment§bud)ßänbter wirb fobann in ber ©eget feinen @e= 
fcßäftSbetrieb öffenttid) anfünbigen, fid) non $eit ju 3eit — 
für ben ©ejug non neu erfd)ienenen ©ücßern — öffenttid) 
empfeßlen unb ein Säger ber gangbaren ©ücßet gewiffer 
$äd)er in größerem ober geringerem Umfang Ratten. 2lber 
aud) biefe 9lrt be§ ©efd)äftSbetriebS läßt fid) nid)t als not* 
wenbigeS, wefentticßeS ©terfmat einer ©ortimeutsbucßßanb* 
lung anfeßen; gerabe berjenige, ber non feiner junädjft an* 
beren 3weden (wie bern 93erlag§gefcf)äft, einer Äunft* ober 
©tufifatienßanbtung) bienenben, geroerblidjen 9tieberlaffung 
auS nebenher gewerbsmäßig ©ortimcntSgefdjäfte ju ntadjen 
ftcß entfcßtießt, fann unter Umftänben non berartigen ©et* 
anftattungen abfeßen unb fid) barauf befcßränten, unter ber 
$anb feinem ÄunbentreiS befannt ju geben, baß et aud) im 
©injetuerfauf auf ©efteltung ©ücßer frentben ©ertagS tiefere, 
unb fobann fotcße ©efteltnngen auSjufüßren. ©in atS .giaupt* 
gefcßäft betriebener ©ortimentSbud)ßanbet wirb freiticß ©er* 
anftattungen ber bcjeicßneten ober ät)nlid)er 2trt nicßt ent* 
beßren tonnen, woßt aber ein als 9t eb en gefd)äft betriebener. 

Urteil beS I. (SioilfenatS nom 4. Slpril 1902 i. ®. 

$ueS g. ÄtöreS. 


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A. in ©toilfadjeit. 


155 


20 . 

3nr $nslrgnnij bes § 75 Stbl*. 1 $nfe 1 0.®.|3. 

Kläger £>at »oitt Seflagten, feinem früheren Singeft eilten, 
tuegett Slerlet^ung eines »ertragSmäfjigen KoitfurrenjoerbotS 
bie 93eja£)tung einer SSertragSftrafe »erlangt. 33ef(agter l)at 
biefe u. a. auS b e nt ©ruttbe oerroeigert, meil Kläger it)m 
©runb giir 9luflöfung beS $ienft»erf)ältniffeS baburcf) ge* 
geben l)abe, bafj er il)tt beS 5)iebftal)lS bejicfjtigt l)abe. Jpie= 
rüber fagen bie 

© r ü n b e 

beS SBerufungSurteilS : 

@S fragt ficf), ob bei ©elingett beS oom ©eflagten über 
bett 3)iebftat)t§bejid)t angetretenen 33etueifeS ber JaU beS § 75 
9lbf. 1 £.©.33. oorliegen fönnte: „©ibt ber fßrin^ipal burd) 
»ertragSmibrigeS 33erf)alten bem £attb[ungSgel)ilfen ©runb, 
baS 2>ienft»erl)ältniS gemäfj ben 33orfd)riften beS § 70, 71 
aufjulöfen", f)ier alfo toegeu erfjeblidjer ©l)roerle|ungen § 71 
,3iff. 4 £.@.33., „fo fantt er u. f. ro.‘‘. 

2lud) ttad) ber ®arftellung beS 33eftagten fteljt feft, bajj 
biefer auS anbern ©rünbett uttb mit orbeutlid)er ^yrift ge* 
fünbigt l)at uttb ausgetreten ift, fomic, bajj ber 33eflagte 
jenen Sejidjt beS $iebftat)lS erft erfahren tjat, nad)betn er 
längft bei bem Kläger ausgetreten mar uttb baS Konfurrenj* 
»erbot übertreten fjatte. 

2)ajj auf einen foldjett galt § 75 £>.©.33. nid)t jutrifft, 
tuirb oott Staub 1 ) als fidjcr ol)tie 3tnfüt)rung einer gegen* 
teiligcit äReittuttg angenommen. $afj auS einem ©ruttbe 
beS § 70, 71 baS 33ert)ältniS »ott £anbtung§gef)itfeti aud) 
toirflid) aufgelöft fein muff uttb eS nicfjt genügt, roettn ein 
foldjer ©runb überhaupt »ortiegt ettoa nur in ber SBeife, 
bajj bie Sluftöfung tuegeti beffelben ntöglid) märe, toettn ber 
2lngeftellte baS SSorliegen fettnett mürbe, cntfpridjt aud) 51t* 
nädjft bent 3Bortlaut beS § 75 uttb ber Slttorbnung ber 

1) Slotn. 5. §.©.S8. 6. u. 7 . 2lufl. 9tmn. 2 311 § 75 . 


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156 ©ntfdjeibungen beä Dber(anbe§gend)t§. 

gälte in § 75 2tbf. 1. gmmerhin fönnen bie SB orte „gibt 
. . . . @ruttb anfsulöfen" namentlid) im gufantmenhang ba= 
mit gweifel erregen, bafi § 70 2lbf. 1 £.@.23. unbeanftanbet 
aucf) bei bem „Borliegen eine§ mistigen ©runbeS" Slnwen* 
bung finbet, ber erft nacfjträglid), fogor erft nach ber @nt= 
Inffung eintritt 1 ). Ülber ba§ letztere beruht auf ber beforn 
beren ©rwägung, bafj bie ^Rechtfertigung be§ SRücftrittS oom 
Bertrag oom $Rid)ter nad) ber gegenwärtigen ©eftaltung ber 
Berfjättniffe ju prüfen ift. £>iefe ©rwägung ift auf bie Ber* 
letjung be§ JtonfurrenjüerbotiB ober auf bie grage feiner 
SBirffamfeit nicht gleidjmäfjig anjuwettben. £ier ift e§ bie 
2lrt ber 2tuflöfung be§ 3E)ienftoerf)äItniffe§, welcher nach § 75 
2lbf. 1 £.@.23. unter Umftänben ba§ ßonfurrenjoerbot al§ 
unbillig erfdjeinen läfjt. 3)ie§ fpridjt aber bafür, ba§ e§ 
auf ben wirflidjen @runb ber Sluflöfung anfommt. gm @nt= 
wurf be§ SReid)§juftij$amt§ für ba§ neue £.@.23. oon 1896 
war ber fraglidje galt in § 67 bat)in beftimmt: „gibt er 
(ber s |3rtnäipal) burch oertrag§wibrige§ Bertolten bem £anb= 
lung§gehilfen Beranlaffung 5 u r Sluflöfung be§ 
®ienftoerhältniffe§." 3)ie§ fpridjt entfcfjieben für ba§ @r= 
forberni§ wirflidjer Beranlaffung, nidjt für bie Einnahme 
eine§ nur möglichen 2lnlaffe§. ®iefe gaffung ift in § 74 
be§ an ben SReicfjStag gelangten @ntwurf§ 2 ) in bie fpäter 
auch ü£>m ©efefc beibehaltene gaffung oeränbert: „gibt er 
burch oertrag§wibrige§ Berhalten bem £anbluug§gehilfen 
©runb, ba§ ®ienftoerhältni§ gentäfj ben Borfdjriften ber 
§ 69, 70 aufjulöfen". gn ber ®entfd)rift ift jebod) feine 
Ülenberung ber 23emerfung eingetreten 3 ) : „ganj ebenfo liegt 
bie <3ad)e, wenn ber ©etjilfe b u r d) oertrag§wibrige§ Ber* 
halten be§ i)3rinsipal§ jur Sluflöfung be§ Bertrag§oerhält* 
niffe§ oeranlafjt worben ift". 

s Jtach all bem ift baoon auSjugeljen, bafj bie behauptete 
©hvoevlehung eine Unwirffamfeit be§ ßonfurrenjoerbotiS nach 

1) 58ergl. SH.©. 32 @. 250; ©taub £.©.58. 2lnm. 3 ju § 70. 

2) @. £ a b n , ÜHatertalien jum £.@.58 ©■ 25. 

3) ©. ®entfd)rift ©. 65; £ a f) n : SJJotiue ©.243. 


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A. in Gioüfadjeit. 


157 


§ 75 2lbf. 1 $.©.$8. nicht ergeben fönnte. 

Urteil bei I. ©ioitfenati »om 18. Slpril 1902 i. ®. 
©utor g. 9iofd)mann. 


21 . 

Jlft bie Perwnnblmtg eines Prrrins in eine pamtmut» 
bitgefrUrrijaft ober (Eintritt eines Pammanbitijien 
als prrfiinlirf) Ijaftenbrr ©rrellfrijafter nun dittflnfi auf 
ein Prrtragsurrhnliitis jinifrljen bent Perein nnb bent 
beireffenben ©efeUfrijafter ? 

®urd) Vertrag mit bem Sonfumoerein Slrbeiterbunb 
»om 3. SJiai 1896 hat ©. 33. „ali ©efdjäftiführer" bie Ver= 
faufiftelle bei Vereini in 8. mit ber Verpflichtung über* 
nommen, alle SBarett oon bem ftonfumoerein ju begietjen. 
3rür bie aui biefem Vertrag entfpringenben Verbinblid)feiten 
bei ®. V. gegen ben Äonfumoerein hat fid) ber Vett. am 
10. SJlai 1896 ali Selbftjählerbürgc haftbar gemacht. ®er 
$?onfum»erein hat fid) fpäter in eine Koinmanbitgefellfdjaft 
umgeroaitbelt, welcher ©. V. guerft ali Siommanbitift, nadp 
her ali perfönlid) haftenber ©efellfchafter angehörte. 2lui let)* 
terem Umftanb fud)te Veflagter, ali er aui feiner Vürgfdjaft 
»ou ber Äommanbitgefellfdjaft belangt mürbe, abjuleiten, bafj 
bai Vertragioerhältnii bei ©. V. ju ber Sllägerin unb bamit 
auch feine Haftung ali Vürge aufget)ört habe. 

21u§ ben (auf bem alten 9ieri)t berutjenben) 

@ r it n b e n 

bei Verufungiurteili : 

2)lit bem Vermögen bei Slonfumnereini finb aud) beffen 
Siechte aui ben Verträgen oom 3. unb 10. ÜDlai 1896 auf 
bie Kommanbitgefetlfchaft übergegangen, in welche ber Sion= 
fumoerein am 28. 2)ejember 1896 mit SBirfung »om 1. $a= 
nuar 1897 ab unter auibriicflidjer ^uweifung feiitei »or= 
hanbenen Vermögeni an bie Äommanbitgefellfdjaft umge= 
wanbett worben ift. Vei ber ^uweifuug bei »orhanbenen 
Vermögeni bei ^onfumoereini an bie $ommaubitgefellfd)aft 


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158 


©ntfcijetbungen be§ Dberlonbeägericfjt#. 


würbe fein 93eftanbteil jene§ 23ermögenS unb feine ber 23e* 
jiefjungen, wie baS ©efdjäft bisher beftanb unb mittels welcher 
eS im 3Serfef)t fiel) wirtfdjaftlid) betätigte, ausgenommen. 

®ie frühere Streitfrage, ob and) foldje gorberuitgen 
übertragen ro erben fönnen, bei welchen ber (gläubiger 93er* 
binblicljfeiten gegen ben Sdjulbner ^at, ift in SBiffenfdjaft 
unb ißrajiS fängft in bejafjenbem Sinn entfdjieben ’). 

2(ud) bie )Hecf)te aus einem ®ienfto ertrage finb über* 
tragbar, wenn burd) einen foldjen Uebergang uid)t eine 93er* 
änberuug beS SeiftungSinhaltS beS ursprünglichen SSertragS* 
nerl)ältuiffeS eintvitt, nid)t bie )Hücffid)t auf f)öd)ft perfön* 
liehe für baS 93ertragSoerf)ältniS wefentlidje (Sigenfdjaften 
eines .Kontrahenten entgegenftefjt 2 ). 

®ie 9fecf)te unb Pflichten auS bem ©efdjäftSoertrag uom 
3. SJtai 1896 haben aber feinerlei Slenberung beS SeiftungS* 
inljalts baburd) erfahren, bafj nunmehr bie Kommanbitgefell* 
fcfjaft an bie Stelle beS ÄonfumoereinS getreten ift; bie 
Seiftungen finb für beibe £eilc gleid) geblieben; infofern 
batte fief) nur ber s Jtame beS ©efdiäftSfjerrn geänbert; für 
ben Inhalt ber Seiftungen, wie bie Diedjte beS 93. mar bie 
Ummanblung beS bisherigen SSereinS in bie gorm einer 
Kommanbitgefe£lfd)aft unmefentlid). 

$Da aud) bebingte unb erft fiinftig jur Gmtftehung t'orn* 
meitbe fyorberungen abgetreten werben fönnen, fo fönnen 
aud) $orberungen auS gegenfeitigen 93erträgen, bie auf fort* 
laufenbe beiberfeitige Seiftuugen gerichtet finb, unb jwav 
nid)t blof) fpejiell auf (grunb foldjer 93ertragSoert)äftniffe 
fd)on erworben unb fällig geworbene Slftiopoften cebiert werben. 

9Jlit ber Uebertragung ber 9fed)te auS bem mit bem 
.fpauptfdpdbner abgefdjloffenen Vertrage ging nun aber oon 
felbft aud) baS s Jiebenred)t ber 93ürgfd)aft auf bie Kommanbit* 
gefellfd)aft über 1 ). @S ift bafjer unerl)eblid), ba| ber 93e= 

1) SUiotioe 3 . ©. I. Sö.©.S3. 11. § 295. 

2) SH.O.6.©. 18 <3. 374; SH.@. in ©euffert’S Strcf». <8b. 45 
9lr. 177, 3af)vbb. ber loürtt- SKedjtSpflefle 4 @. 288; 10 3. 16. 

31 2B i n b f d) e i b , ißanb. § 332 Dir- 2. 


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A. in Gioüfadjen. 


159 


ffagte urfprünglidj fid) bem Konfumoerein gegenüber werbürgt 
hat. ©elbft ber Qrrtum be§ Bürgen über bie ißerfon beS 
©läubigerS fdjabet uid)t ’). $ajj auch für bebiugte unb 
fünftig fällig werbenbe Verbinblichfeiten eine Verbürgung 
redjtlid) möglid) ift, bebarf feiner weiteren 2(u§füf)rung. 

SJtit bem (Srtöfdjen ber ßauptfd)utb enbigt jwar aud) 
bie Verbinblicfjfeit be§ Vürgen. $afj aber burd) ba§ ©nbe 
ber Gcyiftenj be§ KonfumuereinS als foldjen nid)t aucf) baS 
<Sd)ulboerhältni§ be§ ©. V. au§ bem Vertrag uont 3. SRai 
1896 aufgefiört l)at, folgt au§ ben obigen Ausführungen. 

3)er Veflagte macht jebod) in biefer Qnftanj weiter gel= 
tenb, e§ habe ba§ Vertrag§oerf)ä(tni§ be§ jc. V. ju ber 
Klägerin baburd) aufgehört, baß er im $uni 1899, wät)renb 
er bi§t)er nur Konintanbit war, petfönlid) haftenber ©efclf» 
fcfjafter geworben fei. tiefer ©inwanb ift unbegriinbct. 

®urdi ben ©intritt be§ V. als perfönlid) baftenber ©e» 
fellfd)after ift meber baS bisherige auf bem ©efdjäftsoertrage 
oom 3. Oftober 1896 jwifdjen V. unb ber Klägerin beftefjenbe 
©d)ulbuerl)ältniS erlofdjen, noch finb bie Ved)t§gefd)äfte auf 
©ruub be§ ©efdjäftSoertragS jroifdjen V. unb ber Klägerin 
etwa unmöglich geworben. 35enn ba bie Kommaubitgefell» 
fdjaft, wie bie offene -jpanbelSgefellfdjaft, ein gegenüber ben 
einseinen ©efellfchaftern felbftänbigeS VedjtSfubjeft ift, wenn 
fie and) nicht als juriftifd)e ^ßerfon auf juf affen ift, fo fann 
bet ©efellfdjaftec (nidit blojj ber Kommanbitift, fonbern aud) 
ber perfönlid) h a ftenbe ©efellfdjafter, wie ber ©efellfcl)after 
ber offenen ^panbel§gefeltfd)aft) mit ber @efellfd)aft als foldier 
9fed)tSgefcf)äfte abfd)lieffen unb auf ©runb biefer ©efdjäfte 
ihr ©läubiger ober ©d)ulbner werben; fo fann er mit il)t 
Kauf», ÜJliet», Darlehens» u. a. Verträge fdjliefjcu ; feine 
©igenfdjaft als ©efellfdiafter ift fp^i nur ein jufälliger 
Umftaub; als Kontrahent fte£)t er in foldjen fällen ihr wie 
ein dritter gegenüber. 

®aS Vertrags» unb ©chulboerf)ä(tuiS swifdjeu V. unb 

1) SBinbfdjeib, a. a. 0. § 477 9tr. 2. 

2) ©otbfdbmib, 3eitfdjr. f. £.9t. 42 529 9t.©.©. «b. 36 

63. 


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160 


föntfdjeibunflen beü Dberlanbesgerid)t§. 


bet Klägerin hat fomit burd) bie Ummanblung be§ tc. 33. 
au§ bem Kommanbitiften in einen perfönlid) tjaftenben ©e* 
fetlfdjafter feine 3tenberung erlitten. 

Urteil be§ II. ©ioilfenatä oom 5. Quni 1902 i. ©. 

KomtnanbitgefelIfd)aft Slrbeiterbunb $eilbronn, @. Kitt* 

ter & ©ie. gegen Simann. 

22 . 

Itantt ®rrnb ber ftc|iett eines im iUtslanb geführten 
$Jrnje)fes nerlnngt rnerben, tnettn bie Uollliretklmrkeit 
tum Urteilen ber ©cridjte bes hetreffenben Jüutbes iu 
Bentfdjlanb nusgerrijlojfen i|i mtb ber ftläger int Jtn= 
Inttb ein mit bcnt nusliinbirdten Urteil rnrijürij über* 
einftimmenbes Urteil erwirkt? 

Kläger, ein in Slntmerpen anfäfftger Kaufmann, tjat gegen 
bie ©eflagte, eine offene £)anbel§gcfeltfd)aft in ©t., junädjft 
beim -fpanbelSgericfyt in Slntroerpen Klage auf ©d)aben§erfat) 
erhoben, bie fid) auf einen oon ber ©eflagten in Slntmerpen 
ju erfütlenben ©ertrag ftütjte, unb hat ein ber Klage ent* 
fpred)enbe§ ©erfäumni§urteil be§ $anbel§gerid)t§ 21ntwerpen 
erroirft. ®a ©eflagter biefem Urteil, beffen ©ollftrecfung im 
3)eutfd)en Dteid) nicht juläfftg mar, feine $olge leiftete, erhob 
Kläger bei bem juftänbigen ©ericht in ©t. Klage gegen bie 
©eflagte auf ©ejahlung be§ ihm burd) ba§ Slntroerpener ©e= 
ridjt sugefprod)enen ©d)aben§erfahfumme unb auf ©rfat) ber 
ihm burd) ben Slntroerpener ©vo^ef) ermadjfenen Koften. $ent 
erfteren Eintrag mürbe burd) Scilurteil ber ©ioilfatnnter, ba§ 
com ©erufung§gerid)t beftätigt mürbe, entfprorijen, burd) ihr 
©nburteil hat bagege n bie ©ioifammer ben jmeiten Slnfprud) 
abgemiefen unb ba§ ©i?.@. hat bie ©erufung gegen biefe§ 
Urteil äutücfgemiefen au§ folgenben 

© r ü tt b e tt. 

$ie in 5Rebe ftel)enben Koften im ©etrag oon 288 ©ff. 
finb unftreitig Koften bes 9lntmerpener ©rojeffe§, ben ber 
Kläger gegen bie ©eflagte geführt hat. ®urd) biefett 9fed)t§* 


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A. in ßioilfod)en. 


161 


ftreit fonnte Äf. anerfanntermafjen ein in $eutfd)lanb »oll» 
ftrecfbareS Urteil gegen bie SBeflagte nid)t erlangen unb ba» 
rauf, bafj SBeflagte fid) bent Urteil beS belgifcfjen ©ericfjtS 
freiwillig fügen werbe, fonnte Kläger nicf)t rechnen: begreif» 
licfjerweife ift ein unterlegener SBeflagter im Zweifel nicfjt 
geneigt, ein im $nlanb nid)t »ollftredbareS auSlänbifcfyeS Ur= 
teil anjuerfennen, unb wirb er, wenn immer möglid), 33er* 
fjanblung unb ©ntfdjeibung ber Sadje burd) ein inlänbifcfyeS 
©eridjt beanfprucfyen. Siefe naljeliegcnbe ©rwägung fonnte 
unb mujjte aucf) ber Kläger anftellen unb fid) bemgemäfj 
fagen, bafj ein ju feinen ©unften Iautenbe§ Urteil beS Sünt» 
werpener ©eridjtS if)n mutmajjlid) nid)t jurn $iel führen, 
er »ielmefjr einen ^weiten Sßrojefj in St. gegen bie Söefl. ju 
führen fjaben werbe. 

@S läfjt fid) aud) feineSwegS fagen, SBefl. l)abe cfjifanöS 
ober frf)ulbf)aft gegenüber ben Sil. getjanbelt, inbem fie fid) 
bem in Slntwerpett gegen fie gefällten Urteil nid)t unterwarf : 
abgelegen baoon, bafj ber oom Sil. erhobene SInfptud) nacf) 
©runb unb Sßetrag nicfjt berart befdjaffen war, bafj feine 
SBerecfjtigung für SBefl. auf ber |janb liegen mufjte, fann eS 
überhaupt niemals als ein frijulbfjafteS SBert)alten eines SBefl. 
gegen ben Siläger, baS ifjn bem legieren gegenüber fdjabenS» 
erfa^pflidjtig macfjcn würbe, angefefyen werben, wenn ber 
SBefl. fid) einem im Qnlanb nid)t oollftredfbaren auSlänbifdjen 
Urteil nicfjt freiwillig unterwirft. SEBenn ber inlänbifdje Staat 
bie Urteile ber ©eridjte eines beftimmten auswärtigen Staats 
nidjt anerfennt (§ 328 (£.Sß.D.) ober für nicfjt »ollftrecfbar 
erflärt (§ 724 Sllbf. 2 (£.Sß.£).), alfo auSfpricf)t, bafj er unter 
feinen Umftänben bie |janb baju biete, einen Qnfänber ju 
jwingcn, einem berartigen Urteil $olge ju leiften, fann eS 
bem Qnlänber nicf)t jur Scfptlb angeredjnet werben, wenn er 
bem Urteil ficf) ju unterwerfen fid) weigert. $ft bem aber 
fo, fo ift ber Qnlänber aud) nidjt oerpftidjtet, bem ob» 
fiegenben SluSlänber bie oon biefem in einem foldjen SJko» 
jefj, beffen Urteil für ben Qnlänber nicf)t mafjgebenb ift, auf» 
gewenbeten Sfoften ju erfetjen, aud) wenn baS nad)fjer oon 


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162 ©tttfrfjeibunflen be§ CberIanbeS(jetid)t§. 

bem SluSlänber angerufene irttänbifrfje ©eridjt in feinem Ur* 
teit jum gleidjen Ergebnis gelangt, mie baS juerft ange= 
gatigene auSlänbifcße ©ericßt; benn biefe Soften mären für 
ben ,3mecf, ein Urteil ju erreitfen, baS ber ^ntänber gegen 
fid) geltenb laffen muß, oergeblid) aufgeroenbet, mie ber 2luS= 
länber 001 t oornßerein mußte ober roiffen mußte. 

hieran änbert ber Umftanb nicßtS, baß im oortiegenben 
$all Stt. bei bem ©erid)t b e S Orts im 9lu§lattb Hlage er= 
ßoben tjat, ber tiad) bem Urteil biefeS ©enatS oom 2. Ülpril 
1901 für ben Befl. ber Erfüllungsort mar. ®enn roenn 
§ 21 E.'fS.O. baS ©ericßt beS Erfüllungsorts für Klagen 
auf Vertragserfüllung als juftänbig bejeidjnet, fo ßat er ba* 
bei felbftoerftänblid) b e ut f d) e ©eridjte im 2luge. 2luS § 328 
3iff. 1 E.iß.O. mag fobanti abpleiten fein, baß baS Qn= 
lanb auStänbifcße Urteile oon ©ericßten beS Erfüllungsorts 
anerfennt, falls n i d) t biefe Slnerfennung gemäß $iff. 2 
bis 5 biefeS § auSgefri)loffen ift; fomeit aber leßtereS jutrifft 
(j. V. meit — mie im gegcnmärtigen $all — bie ©egen= 
feitigfeit nid)t oerbürgt ift), ocrmag ber Umftanb, baß ein 
auSläitbifdjeS, im Qjnlatib nicßt uollftrecfbareS Urteil oom 
©etid)t beS Erfüllungsorts erlaffen ift, feinen 
©runb bafür absugebeit, baß ber Qnlänber für oerpflidjtet 
ju eracßten märe, fid) biefem Urteil 51 t unterroerfen. 

ES mag fobann fein, baß baS 2lntroerpener Urteil für ben 
Hl. infofern SBert ßat, als er eS unter Umftänben mittels 
fßfänbung oon gorberungen ber Befl. an Einrooßner 'Belgiens 
Dollftrecfen taffen fann. SDarauS folgt aber nicf)t, baß Befl. 
bem Hl. bie .Höften beS betreffenben 'fkojeffeS ju erfeßen 
oerpflid)tet ift, beffen Urteil ihm gegenüber feine Bebeutung 
bat, fo meit eben nidjt bie ©ericßtSgematt beS auSlänbifdien 
©erid)ts bie Boüftrecfung ju erjmingen tatfäd;lidj in ber 
Sage ift. ES mar allerbingS bem Hl., mettn er fid) bie 9)tög= 
lid)feit fidjeru mollte, bie ßroangSoollftrecfung in foldie Ber= 
mögenSteile ber Befl. ßerbeijufüßren, bie fid) in Belgien be= 
finben, unbenommen, ein Urteil eines belgifdjen ©eridjtS neben 
bem für bie Befl. allein maßgebenben beS juftänbigen beut= 


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A. in (Sinilfacfjen. 


lt>3 


fcfjen ©eticfjtS ju erroirfen; aber ein 9tedjt§grunb bafür befielt 
nidjt, bet Sefl. bie Soften audj biefe§ jmeiten, in Belgien 
geführten, für fte nicfjt ntafjgebenben 9tedjt§ftreit§ aufju= 
bürben. 

Urteil be§ I. ®iüi(fenat§ »om 21. »febr. 1902 i. S. 9Jtönt= 

merSljeim g. Sefjrenfraufj. 

23. 

Jur Unslegung bcs § 21 

3)er ©adjuertjalt ergibt fiel) au§ ben 
© r ü n b e n. 

.groifefjen ben Parteien ift aufjer Streit, bafj ber 93eft. 
jebenfaüs fdjon jur 3eit ber Stlagerljebung am Orte feinet, 
5 roeifello§ at§ »fabrif ju betrad)tenben Sl.’er ®leftrijitcit§» 
roetfe3, alfo innerhalb be§ SanbgeridjtSbejirf'S 9t., junt 3mede 
be§ »fabrifbetrieb§ eine 9tieberlaffung i. ©. be§ § 21 S.^ß.O., 
b. 1). eine 91 ieberlaffung , non meldjet au§ unmittelbar ©e= 
fcf)äfte gefdjloffen merben, gefjabt f)at. 3)er fit., meldjer bie 
3uftänbigfeit be§ Sanbgeridjts 9t. in erfter Sinie auf bie 
ebengenannte ©efetjeSbeftimmung grünbet, eradjtet e§ im ©e= 
genfatj ju ber Sluffaffuug bes> s t3efl. für bie Slnmenbbarfeit 
biefer Seftimmnng nicfjt al§ erforberlid) , bafj bie 9tieber= 
laffung bereite jur ber ©ntftetjung be§ Stlageanfptudj§ 
begrünbet mar, unb f)ält bcsfjalb bie Jeftftellung be§ 3^it= 
punfte§ ber SBegrünbung ber Stieberlaffung be§ SBefi. nicfjt 
für geboten, fonbern b i e »frage für entfcfjeibenb, ob bie Silage 
auf ben ©efcfjäft§betrieb ber n u n m e fj r uortjanbenen 9tie= 
berlaffung SBejitg fjabe. ®iefe »fragen aber bejatjt ber Äl. 
„roeil ber ©efdjäftSbetrieb bei einem ©leftrijitätäroerf nidjt 
blof; in ber Lieferung ber eleftrifdjen Straft, fonbern auefj 
fdjon in ber 2lnlage öe§ 2Berf§, in ber ©rridjtung ber elef= 
trifdjen Zentrale beftefje" unb bie ben ©runb be§ erhobenen 
bitbenben Slrbeiten gerabe biefer ©rridjtung gebient Ijabcn. 

SJtan fattn e§ nun bafjingeftellt laffen, ob nidjt bet ©e= 
ridjtSftanb ber 9tiebertaffung oorauSfetjt, bafj ber 21nfprudj 


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164 


©ntfdjeibungeit be§ Oberlartbeggeridpg. 


erft n a d) ©rricfjtung ber legieren entftanben ift l ) ; benn je= 
benfall§ ermangelt bie gegenwärtige Silage ber Sejieljung auf 
ben ©efdjäftSbetrieb bev Dt.’er Dtieberlaffung bes> Sett., 
beren 3mecf bie ©rjeugung nnb bie faufmännifcf)e Serwer* 
tung oon ©leftrijität bilbet. $ev § 21 ©.iß.D. fovbert einen 
3ufamment)ang jwifdjen bem Sllageanfprud) unb bem 58 e= 
triebe, ber 3lu§übung be§ ©ewerbeS 2 ). 

Son einem foldjen .ßufammenbang tarnt aber bei bem 
Dlufprud) be§ ftt. nidjt bie Diebe fein ; benn bie Dlrbeiten bed 
letzteren Ratten für ben Setrieb felbft, für bie ©rjeugung unb 
bie Slbgabe ber ©leftrijität lebiglid) norbereitenben ©tjaratter ; 
fie fällten ba§ ©ebäube fdjaffen, in bem ba§ ©eroerbe erft 
betrieben werben füllte unb tonnte, betrafen alfo bie S e= 
grünbung, nirfjt ben Setrieb ber Dtieberlaffung 3 ). 

DBenn bev Sit. oortragen läfjt, baff aud) bie Sorberei* 
tung§gefd)äfte wie g. S. bie DJtietung eine§ £aben§ jum 
3mecfe be§ beabfidpigten DöarenuerfaufS junt ©eroerbebetrieb 
gehören, fo mag biefe Stuffaffung richtig fein, foroeit e§ fid) 
um bie 5tage fyanbelt, ob in beravtigen ©efdjäften ber S e= 
ginn eines $anbet8geroerbe§ ju erblicten fei 4 ). ®ie 
Uebertragung einc3 foldjett Died)t§grunbfat)e§ auf bie gälte 
be§ § 21 ©.iß.O. märe aber fdjon belfjalb au§gefd)loffeu, 
weil ber Setrieb einer Dtieberlaffung im Sinne biefer @e= 
fetje§ftelle erft mit bem 3eitpuntt beginnt, in weld)em uon 
ber Dtieberlaffung au§ unmittelbar ©efdjäfte abgefd)loffen 
werben, gang abgefeljen baoon, bap § 21 git. eine Segiefyung 
be§ S£ t a g anfprud}§ auf bett Setrieb fovbert. 

SBenn bev Sil. ferner gut Segritnbung ber .ßuftänbigfeit 
be§ £anbgerid)t§ Dt. unter bem ®efid)t§puuft be§ § 21 ©.S-O. 
behauptet, gur 3cit ber Sergebung uttb ber Sornalpne feiner 
Dlrbeiten t)abe ber Setl. ein Sureau — unter ber Seitutig 

1) Sögt. SR.©. 58b. 30 @. 328 3- 2 ©atj 1. 

2) »gl. SR.©. 44 ©. 357, aud) ®b. 2 @. 391. 

3) »gl. aud) Sßeterfen-SHnger. Korn. g. G.sp.D. § 21 3'ff 
10, ©euffert, Siom. g. ®.Sß.0. § 21 3>ff- 4. 

4) »gl. ©taub, Stomm. g. fr©.®. ©. 1043 »um. 14. 


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A. in ©ioilfadjeu. 


165 


beS Ingenieurs 2B. — in 2t. gehabt, fo ift nid)t erficfytlid), 
inwiefern biefer Umftanb geeignet fein follte, beti in § 21 
geforberten 3ufammenl)ang jwifdjen jenen 2trbeiten 
unb b e m betrieb beS ©teftrijitätSwerfS begir». ber 9tie= 
bertaffung bafelbft tjerjuftellen. 

Urteil beS II. ©inilfenatS oom 13. 2üärj 1902 i. ©. 

Söegmann g. Sieiffer. 


24. 

3» § 91 Hbf. 1 CJÜ.©. : eine (Bntl'djobigttng für Jteit= 
tjfrfänmms ritter Partei ifl ttutr ?nläfltg, fororit cs 
ftdj nnt Jeituerfäumnis bnrdj nniroenbigr Jtetfen aber 
ttolwenbige lUnljrncijmnug uon Vermittelt tjoubdi 

©in non ber obfiegenben Partei berechneter ißoften für 
ßeitaufroanb burd) fct)riftlid)e ^Beantwortung ber gegnerifdjen 
©djriftfätje ift abgeftridjeu worben auS fotgenben 
© r ü tt b e n : 

®ie mafjgebenbe 33orfd)rift ift in 2lbf. 1 beS § 91 bet 
©■23.0. enthalten. 9} ad) ber Raffung biefeS 2lbfat)eS, wo= 
fetbft in ©ai} 1 bie generelle 93orfd)rift »orangeftellt ift, bafj 
bie notwenbigen Soften ju erfe^en fiitb, wäfjrenb in ©aij 2 
gefagt ift, baf) ju biefen notwenbigen Soften „aud/' ber Stuf* 
wanb für notwenbige Steifen unb bie burd) bie notwenbige 
2ßal)rnet)nmng oott Terminen entftanbene 3eitoerfäumniS ge* 
hört, fönnte eS jroar fdjeinen, als ob bie in ©ah 2 auS* 
brücflicf) bejeidjneten Äoften nur beifpielSweife tjeroorgeljoben 
wären, unb als ob inSbefonbete aucf) eine Anrechnung für 
fonftige 3 e it Dec fÄunmiS juläffig fei. ^iegegett fpricht aber 
bie @ntftet)ungSgefd)id)te ber 33eftimmung beS ©ah 2 ganj 
entfdjieben. Qu ber Segrünbung beS ©utwurfS ju biefer 
(ungeänbert ©efeh geworbenen) 93orfd)rift ber Stooelle ift 
gefagt >) : 

„®urd) ben 3 u i ü h ottt ©djluf? beS 2lbf. 1 wirb bie biS= 
fjerige ftreitige f^rage, ob bie unterliegenbe Partei bem ©egner 

1) S8gl. £»af)n 5 9)ti*0ban, SJtaterialien 2?b. 8 S. 87. 


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166 


©ntfcßeibungen be§ Oberlanbe§gerid)t§. 


aucß ©ntfdjäbigung für .ßeitöerfäumnis ju gewahren ßat, 
in bejaßenbent ©inne entfcßiebett. 2)iefe Siegelung, roelcße 
namentlidß für beit amt§gericßtlicßen Ißrojeß praftifdje S3e= 
beutung ßat, erfcßeint auS roirtfdfaftlicßeu ©rünben gered)t= 
fertigt, ©egen übermäßige Slnrecßnungen roirb ber ©rfaß= 
pflichtige burd) bie Sßorfcßrift gefiebert, baß nur bie -Seitner* 
fäuntnis 93eriidficßtigung ßubet, bie infolge notroenbiger Stei= 
fett ober ber notroeitbigen SBaßtneßmuttg won Terminen ent= 
ftanbeti ift itttb baß bie für bie ©ntfdjäbigung oon $eugen 
gettenben SSorfcßriften (§§ 2,5 ber ©ebüßretiorbnung für 
■ßeugeit uttb ©adperftäitbige oom 30. ^uni 1878) entfpre* 
djenbe Slnroenbung finben". 

Stad) betn 2Jerid)t ber Steicߧtag§fommiffion *) beftanb 
bort ©encigtßeit, nicht ettoa eine Güntfcßäbigung für ^eitoer= 
fäuntniS allgemein jujulaffen, fonbern bie ©ntfcßäbigung für 
^eitoerfäumni§ bei SÖaßrneßmuug notioenbiger Termine at§ 
ju meitgeßenb jit ftreidjen ober menigften§ einjufdfränfen — 
feßließlid) mürbe aber ber ©ntrourf unoeränbert angenommen. 

fpienaeß ift bie Stouelle nicht baoon au§gegangen, baß 
bureß bie S3eftimmung be§ ©aß 1 '.Hbf. 1 bereits eine ©nt= 
fd)äbigung§pftid)t für 3eitoerfänmni§ ber Partei infolge beS 
ißrojeffeS ftatniert fei, unb baß e§ fieß bei ber betreffenben 
S5orfd)rift in ©aß 2 nur um einen auSbriidlicß au§sufpre= 
eßenben 'ilnmeubungSfall biefeS ©runbfaßeS ßattble ; oielmeßr 
ift anjuneßmen, baß bie leßtere SJorfcßrift eine finguläre, 
nicht fdjoit auS ber ©eftimmung beS ©aß 1 fieß ergebenbe 
fei. ©ontit ift eine Slnredjnung für 3eit»erfäumui§ nur iu= 
fomeit erftattung§fäßig, als eS fid) um ^eitoerfäumitiS in= 
folge notioenbiger Steifen unb bei SBaßrtteßmung itotraeubiger 
Termine ßanbelt 2 ), uub eS ift beSßalb bie oorliegenb oer= 
fud)te Slnrecßnung einer infolge fdjriftlidjer Qnftruftion feinet 
SlitmaltS entftanbenen ,3eitüerfäumniS beS Kl. nießt erftat* 

1 ) Sößt. tp a b n = SH u g b a n a. a O. @. 288 ff. 

2) @o aud) bie Kommentare jur (S.'ß.O. ju § 91: SH ei liefe, 
4. 2lufl. Slote 1 lit. a. ; SJJeterfen* Singer, 4. Stuft, unter II unb 
Seuffert, 8. Slufl. unter giff. 1 lit. b. 


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A. in Gioilfadjen 


167 


tung§fäl)ig. ®er con bem Söefc^roerbefütjrev geltenb gemachte 
©runb, bic fcfjriftlicfje Qnftruftion tjabe eine Steife ju bem 
Slnroalt, bereu Koften jmeifello§ erftattung§fäf)ig mären, er= 
fe^t, ift uicfjt jutreffenb. Qm Koftenfeftfet)ung3oerfal)ren famt 
e§ ficf) nur um bie 2lnred)nung tatfäcfilid) entftanbenen 2luf* 
manb§ Raubein unb e§ fönnen 2tnfprücf)e nad) 2lrt einer um 
gerechtfertigten Sereidjerung feine 33erücffid)tigung finben, ba, 
mie bie üDiotioe jur ©.'iß.O. (ju § 85 be§ ©ntro.) 1 ) fagen: 
„©djabenSerfatjanfprüdje, bereu Qunbament nidjt allein burd) 
bie 2Tatfad)e be§ 0bfteg§ im 9iecf)tdftreit, fonbern nod) burd) 
roeitere Umftänbe begrünbet mirb, außerhalb be§ fßrojejj* 
foftenerfatjeS liegen." 

Sefdjlufj be§ I. SiuilfenatS nom 14. Qanuar 1902 i. ©. 

©unjentyaufer gegen Sätjner. 

25. 

Jlmniefern ift her (Eigentümer eines ©rnnbftnths uer= 
pflidjtei, bns (jSrnnbftnrb in einem bie ©efüljrbung brr 
llmmajjner misfrijlieffrnbeu $ufianb jn erhalten? 2 ). 

Qn ber 9iari)t oom 13. auf 14. Qebruar 1900 töfte fid) 
non einer [teilen QelSroaub be§ jum Stittergut be3 Sef'l. ge= 
hörigen Sd)lofjberg§ in 303. ein größerer gelSblocf im ©e= 
roidjt uon 80 bi§ 90 Qentnern lo§, ftürjte herab unb jer= 
trümmerte bie bem ©cfylofjberg jugefel)rte 3E8anb be§ ffkr= 
terreftocfS in bem am $uf) be§ ©d)lof?berg§ gelegenen flä= 
gerifrfjen -häufe. 

®er Kläger fiat nun ben Seflagten al§ Sefitjer be§ 
©cf)lof)berg§ auf ©djabenSerfa^ uerflagt. ®ie Klage ift ab= 
geroiefen morben. 2lu§ ben 

© r ü n b e n 

be§ Serufung§urteit§: 

1) ÜReicfjätagSbrudfadje 9lr. 6 S. 43ü. 

2) ®ie öffent(icf)=recf)tlid)e Seite biefe4 3ulle§ beljanbelt bie in 
33b. 14 S. 114 ff. abgebruette tSntfdjeibung bes ®ern>altung§gencf)t3= 
bof§. 

gafcrfrüctycv für ÜBttrttcmburg. Sie^Wjjftegt. XV. 2. 12 


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168 ©ntfdjeibungen be§ Dbertanbe§gericf)t§. 

®a baS flägcrifrfjerfcitS bern ©eil. unter bem ©efichtS® 
punlt foroof)l be§ § 823 al§ be§ § 836 be§ ©.©.©.’S jur 
Saft gelegte ©erhalten unsroeifelljaft in einem Untertaffen 
beftehen mürbe, biefeS Untertaffen aber bis ju bem in ber 
9tad)t oom 13. anf 14. gebruar 1900 erfolgten ©intritt beS 
fcfjäbigenben ©reigtiiffeS, mitt>in aud) nad) Qntrafttreten beS 
©.©.©.’S, fortgebauert t)ätte, fo ift ba§ oom $1. behauptete 
©d)ulboerf)ältni§ a(§ unter bem neuen iKerfjt entftanben an= 
jufehen unb batjer nad) biefem ju beurteilen. (©.©. 5. 51.©. 93. 
2trt. 170.) J ) 

llnftreitig t)at ber ©efthoorgänget beS Klr.’S, $. ©t. in 
3B., etma um baS Qat)r 1845 ba§ in f?rage ftehenbe -£>auS 
auf einem bamalS, roie and) jetjt nod) junt greil)err oon 
K.’fd)en ©ittergnt gehörigen ©runbftiicf nad) oorgängiger 
oertragSmäftiger Vereinbarung mit bem 9ied)tSoorgänger beS 
©eil. erridjtet, mobei ©t. fid) jur ©ejatjlung eines jät)rlid)en 
„©ntnb^infeS" oon 6 ft. oerpflidjtete, eine Seiftung, roetd)e 
bei ben fpäteren Verläufen beS .jpanfeS jcroeilS oon ben Kän® 
fern, namenttid) aud) bem Kläger, übernommen mürbe, ©ei 
biefer 3ad)lage nnb ba — roie ber Unterrichtet jutreffenb 
heroorhebt — ber ©ertrag über ©eftettung einer ©uperficieS 
formlos, inSbefonbete ohne ©eobad)tnng ber für bie ©egrün® 
bung oon ©ealferoituten gegebenen ©orfdjriften beS roürtt. 
Sanbred)tS abgefd)toffen roerben fonnte, beftel)t fein ©ebenfen, 
in Uebereinftimmnng mit beibeit Parteien bie ©eredjtigung 
beS Klägers an bem |jaufe als eine fuperficiarifcfje aufju® 
faffen, unb eS ift auf biefetbe nad) ©.©. 5. ©.©.©. 2lrt. 184, 
foroeit es fid) um bie ©orfdjriften in ©.©.©. § 1017 h«« s 
bett, baS neue 9ied)t über ©rbbaurecht, im übrigen aber baS 
alte 9ted)t anjuroenbeit*). 3)urd) ben JelSfturs ift hi enac h 
nid)t eine im ©igentntn beS Klr.’S ftcl)enbe ©ad)e, fonbern 
eine ©ad)e beS ©eft., an toeld)er bem Kt. ein ©rbbaurecht 
juftel)t, befd)äbigt roorben. SDiefer Umftanb mürbe jeboch 

1) ®gl. öabirfjt ©tnroirtung. 2. ?tuft. ®. 171 9lote 2. 

2) 31gt. aud) § a b i cf) t a. a. D. S. 414 ff. ; s )3 1 a n cf S8.(i).'-8- 
)u 3trt. 184 ©.@. 


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A. in ßiüilfarfjen. 


169 


bie Slnrocnbung be3 § 823 2lbf. 1 93.0.93. nid)t bittbern, 
ba eben ba§ ©rbbauredjt al§ ba§ mietete 9iedt)t anjufetjen 
roäre (ogl. bie SBorte „(Eigentum ober ein fonftige§ 9ted)t 
eitte§ Slnbern") 1 ) unb — ba§ 3utreffen ber fonftigen ($r= 
forberniffe be§ § 823 oorau§gefet)t — 93efl. trotj be§ i£>nt 
al§ Inhaber be§ ÜJtajorat§ juftebenben @igentum§ an beitt 
.fpaufe feine 93cfugni§ jur Söerleljung jene§ 9ted)t§ be§ SUr.’S 
gehabt ^ätte — ogl. § 903 („forueit nid)t 9ferf)te dritter 
entgegenfteben") unb § 916 93.0.93. 

Slnlatigcitb bie weitere fjirage, 06 anjunefjmen ift, bafj 
ber 93ef(. bie Söefdjäbigung be§ flägerifcben $aufe§ fabrläffig 
f) erb ei g ef ii l) r t f)at, fo tönnte, wie bereite ermäfjnt würbe, ba§ 
betreffenbe 93erbatten be§ ^öefl. nur in einem Unterlaffen, 
nätnlicf) ber 9lid)tanwenbung non Scbuijmafjtegeln jur 93er* 
biitnng be§ gel§fturäe§, gefuuben merben. Saft nun bie 
unter § 823 fallenbe wiberred)tlid)e ^anblung foroofjt in 
einem Sun al§ in einem Unterlaffen beftefjen fann, unter* 
Hegt feinem 3 n,e *f e t 2 )- Sittein fo wenig, roie nacl) früherem 
gemeinen Dfectjt 3 ), ift nad) bem 93.0.93. al§ ein bie |jaft* 
pflidjt begrünbete§ Unterlaffen fdjoit ein blofjeS paffiue§ 93er* 
galten, ein 9tid)ttun, anjufeljen; oielmebr mufj fid) ba§ Un= 
terlaffen al§ 9tid)terfüllung einer 9ted)t§pflicf)t junt |)anbeln 
barftellen 4 ). .^ienad) fragt fid) junäcfjft, ob auf feiten be§ 
93efl. eine 93erpflid)tung beftanb, an bem 93ergabbang, oon 
roetdjem fid) ber *yel€blocf lo§gelöft fjat, bie geeigneten ©djub* 
maßregeln jur 93erl)ütung be§ Sel§fturje§ bejw. jur 93er* 
binberung einer ©djäbigung be§ flägerifcben .fpaufe§ 511 treffen. 

Kläger oerfucfjt eine foldje 93erpflicf)tung be3 93efl. au§ 

1) Unb tjie^u RI a n d a- a. D. Sem. 2 a s ll6f. 9 ju § 82B 2lbf. 1. 

2) Sgl. I. Gntro. eines S-G.S.’S $ 704 2lbf. 1, 100 bieS auSbriict* 
lief) beruorgeboben mar; ÜJlotioe Sb. 2 ©. 727, planet a. a- D. 
Sem. 2 b a. ©. ju § 823 ; tönbemann, £ef)rb. beä Sürg. SedjtS 
§ 201 9lr. 4. 

3) Sgl. 3 . S 1. 13 § 2 D. 7, 1; 1. 8 pr., 1. 27 § 9; 1. 31 D. 
9, 2; SCSinb f d) eib , Reinheiten § 455 9t r. 2; 23 ä cf) t er, Raub. 
§ 215, 5?aljrb. ber SSBiirtt. SecfjtSpflege Sb. 8 S. 300. 

4) Sgl. @n bemann a. a. O. § 201 9lr. 4 u. § 131. 

12 * 


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170 


(Sntfcf)cibimgen be§ Dberlanbe3gericf)t§. 


bem öffentlichen 9ted)t herjuleiten. ^n ber $at roirb in neue* 
rer $eit Dielfacf) ber ©runbfat} aufgefteltt, bafj ber ©igen* 
tiimer einer ©ad)e bejro. eines ©runbftücfS bie ©erpflicf)tung 
habe, baffelbe in einem fotdjen 3uftanb ju erhalten, uitb 
erforbertichen $allS auch fo umjugeftatten, roie eS bie 
polijeilid) ju fcf)ühenbeu öffentlichen Qnteteffen oertangen, 
unb jroar and) bann, roenti bie betr. mangelhafte ©efd)affen-- 
heit ber Sache, beS ©runbftücfS, ohne gutun beS ©igen* 
tümerS, inSbefonbere burd) Zufall, entftanben ift. Siefer 
©ruitbfah roirb oor 2lHem in ber ©rajiS beS preufj. Ober* 
oerroaltungSgerid)tS in jahlreichen ©ntfd)eibungen nicht blofr 
für ©ebiete beS 3tllg. preufj. ßanbred)tS fonbern aud) für 
SanbeSteile, in roeldjeit baS gemeine 9ied)t galt, oertreten ') 
— unb auch baS 9ieid)Sgerid)t (5. ©ioilfenat) hat benfelben 
in einer ©ntfdjeibung oom 10. ^uni 1896 *), roenigftenS fo= 
raeit eS fid) um bie ©l'haltung beS ©runbftücfS in einem 
ber polijeilidjen Stnforberungen entfpred)enben 3uftanb han= 
beit, als jutreffenb erad)tet. ©S ift benn aud) nicht ju 
oertennen, bafj ber ermähnte allgemeine ©ah einer grofjen 
3tnjahl uon polijeigefehlidjen ©eftimmungen ju ©runbe liegt. 
Allein folche ©eftimmungen, roeldje auf bett gegenmärtigen 
{fall attmenbbar mären, beftehen eben nicht ; inSbefonbere be= 
Sieht fid) ber oom Kläger in ber ©erufungSinftanj angeführte 
2lrt. 18 ber Mgemeinen ©auorbnung oom 6. Oftober 1872 
auf 2lbl)ilfe gegen bie ©efährlidjfeit „beS baulichen $uftanbS 
eines ©auroefenS", maS hier nid)t jutrifft, mäl)renb bie ©or= 
fchrift in § 867 s Jtr. 12 beS ©t.©.©.’S, mie aud) au§ ihrem 
fonftigen Inhalt beutlid) heroorgeht, baS ©ublifunt gegen bie 
©efahr beS 3lbftürjenS über 9lbl)änge fdjütjen mill unb in* 
forceit bie ©erroahrung oon 2lbl)ängen (j. ©. burd) ©cf)ran* 
fen) anorbnet. äßenn man aber aud) jenen allgemeinen ©ah 
nicht bloß als baS ben betr. polijeilidjen ©eftimmungen ju 

1) 93gl. j. 93. (Sntfrf). be3 ©reuf). DberoeriuaUungSgeucbtS 93b. 7 

©. 351, 93b. 8 330, 93b. 10 @. 180, 93b. 12 @. 310, 93b. 13 <©. 320, 

93b. 18 ©. 414, 93b. 30 @. 424. 

2) (Sntfcf). be§ 91eicf)Sger. 18b. 37 S. 334, 335. 


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A. in ©ioilfacfjCH- 


171 


©runbe liegenbe unb für beten Auslegung unb Sltimenbung 
oerroertbare ißrinjip, fonberu gerabeju als eine Storni beS 
geltenben DiedjtS anfehen roollte, fo ift boef) in Söetracfjt ju 
jiehen, bafj eine folcfje allgemeine ungefrfjriebene Stornt jeben* 
falls burd) bie Vorschriften bet beftefjenben 9leid)S= unb San* 
beSgefeijgebung if)re Utngrenjung erfährt, unb bafj eben für 
ben gegenraärtigen Jall, in roeldjem es fid) in 2Birflicf)feit 
— minbeftenS sunäc£)ft — nirfjt um eine Sollifton jmifdjen 
bem ©runbftücfSeigentümer unb öffentlidjen $ntereffen, fom 
bern um einen Streit jmifdjen ©runbftüdfSnadjbarn fmnbelt, 
bie umfaffcnbeit, bie einjelnen Vefugniffe beS ©igentümerS, 
namentlich im Verhältnis jum Stadjbarn betreffenben Ve= 
ftimmungen beS V.©.V. § 904 ff. unb ber Ijicju ergangenen 
mürtt. ©efetje, inSbefonbete beS StuSf.gef. 2lrt. 217 ff., eingreifen, 
worin fpejiell baS Vtajj ber Verpflichtung beS ©runbftücfS* 
eigentümerS jn Veränberungen feines ©runbftücfS bejm. ©e= 
ftattung ber Vornahme oon foldjen beljufS Ulbroenbung oon 
©efahren für bie 9tad)batn burd) eine Dteitje oon Vorfd)riften 
(J. V. §§ 904, 906, 907. 908, 21uSf.©ef. 2lrt. 219, 226) fo 
genau feftgefetjt rcirb, bafj fid) er für eine Slnmenbung beS 
mehrermähnten aUgemeitteu ©rutibfatjeS fein Vaum bleibt 1 ), 
^iebei fann baljingcftellt bleiben, ob etma mit 9tücfficf)t auf 
bie Sicherheit beS VerfehrS auf ber unterhalb ber Slbfturj- 
ftelle oorüberführenben StaatSftrafje Vefl. jur 2lnmenbung 
oon Schuhmafjregeln oerbunben mar unb ift; benn eS h^ 5 
beit fich eben h* er nur um baS Verhältnis jroifdjen bem 
Vefl. unb bem St als bem bejiiglid) beS .jpaufeS ©rbbau* 
berechtigten (ogl. übrigens baS auf bie 9ted)tSbefchroerbe beS 
Vefl. gegen bie ©ntfdjeibung beS S. VtinifteriumS beS Innern 
oom 26. Cftober 1901, betr. bie Verpflid)tung jur ßerfteh 
lung oon Sd)uhoorrid)tungen gegen gelSabfturj, ergangene 
Urteil beS S. VermaltungSgeridjtShofS oom 29. Januar 1902 *), 
in rcelchetn auch unter jenem ©efichtSpunft bie Verpflichtung 

1) Sögt aud) äPotioe j. I. ©ntro. eines 58.©.58.’§ (ju § 735 33.®.58. 
= § 836) ®b- 2 @. 815, 816. 

2) 58b. 14 S. 114 ff. 


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172 


©ittfdjeibungen bei Dberlanbe§gerid)t§. 


be§ Sefl. uerneint mirb). — Sentjufolge fragt fid) roeiter, 
ob nidjt ©eft. nad) beit einfdjlägigeit ©orfcfjriften be§ 9lad)* 
barred)t§, rneldje geittäfj § 1017 2lbf. 1 ©.©.©. (ogl. mit 
©.©. 2Irt. 184) aucf) für ba§ ©ert)ältni§ be§ söefl. al§ @U 
gentümer§ be§ 0d)(ofjberg$> nitb be§ Kl.'§ al§ @rbbauberecf}= 
tigten auf bent bem ©efl. gehörigen ©runbftücf attjumenben 
finb, üerpflictjtet roar, ©djutjüorfefyrungen gegen ^eläabftürje 
5 U treffen. 

Safj bie Seftimmung im ©.©.©. § 906 (Qmmiffionen) 
auf ben oorliegenbctt jfall nicf)t jutrifft, bebarf faunt näherer 
Darlegung — banbeit e§ fid) ja bod) bort um 3ufül)rung 
fog. „^mponberabitien" unb rnufj legiere überbie§ bie golge 
einer metifdjlidjen Sätigfeit auf bem betrcffenben ©runbftücf 
fein, tooDon l)ier bei bem auf 9taturoorgänge jurficfjufüf)ren= 
ben @tuv '5 eine§ Reifens felbftoerftänblid) teine ©ebe fein 
fann. 

Unftreitig ift oor tanger 3eit (nad) ber ©efyauptung be§ 
©efl. fdjon im 3at)r 1543 ju 3roecfeit öe§ Sd)lofjbau§) oott 
einem ©efitjoorgättger be§ ©eff. an ber bem flägerifdjett fpau§ 
jugefebrteit Seite be§ ©erg§ eine Kiesgrube angelegt raorbett, 
unb e§ tarnt nad) ben ©utadjten ber in erfter 3nftanj oer= 
nomntenett Sadjuerftänbigeit barüber teilt 3roeifel obmatten, 
baf) bie feinerjeitige Einlegung unb s 3ln§beutung biefer Kie»= 
grübe, roeldje jebod) ttad) ber 9lttnal)nte be§ Sad)oerftänbigcit 
9f. feit etma 100 ^jabren, ttad) beseitigen be§ Sadjoerftäm 
bigen 91t. itiinbeften§ feit ein paar $af)rjel)nten oertaffen 
ift, ittfofertt ju bem in ber 9Zad)t uont 13. auf 14. Februar 
1900 erfolgten fyet§fturs mitgcmirft l)at, al§ infolge be§ 
3uftanb§, in roeldjent fid) ber „angefdpiittene" ©erg itadj 
bent ©erlaffen ber ©rube befanb, itt ©erbinbung mit ben 
Sßitterung§einftüffen unb ber Sagcruttg oon roltenbent Kie§ 
jtuifdjeit beit 9tagelflul)felfen eitt Seit be» 2lbf)atig§ itt§ 
©utfdjen taut, tjieburd) eine Sd)utt()atbe fid) bilbete unb bie 
oben in ber Steitmanb befinblidjeit Reifen, barunter aud) ber 
itt ber fraglidjett 9tad)t abgeftürjtc, alltitalid) blofjgelegt mür- 
ben. -- Ser Kläger fudjt nun au§ ber Satfadje, baf; bie 


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A. in ©tmlfctdjen. 


173 


feinerjeitige Anlegung unb 2lulbeutung bev Kiesgrube ben 
burdj gellfturj ©efahr brohettben 3«ftanb t)erbeigefü^rt ijabe, 
bic Einnahme tjerjuleiten, e§ fei Befl. jur 2lnroenbung ent» 
fpredjenbec Schutjmahregeln oerbunben gemefen. SBenn et 
Riebet jur ©ntfietjung einer fo Idjetx Verpflichtung bei Vefl. 
fdjon ben Umftnnb allein, baff Vefihoorgänget beffelbeit bic 
Slielgrube angelegt unb aulgebeutet haben, für aulreichetib 
erachtet, fo hat ber Unterrichtet bie! mit ^Redbt jurücfgemie» 
len; benn e! lammt — ganj abgefetjen aoit ber grage, ob 
Vefl. ohne Söeitere! bie Sätigfeit feiner Vefitjoorgänger mie 
eine eigene ju oertreten hätte — in Betracht, baff nach neuem 
toie nad) altem 9ted)t ber (Eigentümer einer Sache, foroeit 
nicht bas ©efet; ober Rechte dritter entgegenftehen, mit ber 
Sache nach ^Belieben oerfahren f'ann unb baff bähet, toie an» 
junehmeit, bie Befihoorgättger bei Befl. burch bie Anlegung 
unb Slulbeutung ber Kiesgrube lebiglid) oon einer ihnen ju» 
ftehenben Befugnis ©ebraucf) gentad)t höben. ®emjufolge 
müßten roeitere Umftänbe oorliegen, um bie Annahme ber 
flägerifdjerfeit! behaupteten Verpflichtung bei Befl. ju recht» 
fertigen. — 2Bät)renb ba! römifd)e Dfedjt megen eine! burch 
fehlerhafte Befchaffenheit eine! ©runbftücf! (vitium aedium, 
loci, operis) — nid)t burd) bie natürliche Befchaffenheit — 
brohenben Schaben! in ber Siegel bem Bebrohten gegen ben 
©runbftücfleigentümer nur eine ^orbevung auf ein Schaben!» 
erfahoerfprecheu (cautio damni infecti) unb blof; im gall 
ber oorgängigen ©rlanguttg eines folchen bei roirflichem ©in» 
tritt eine! Schaben! einen ©rfahanfprud) gemährte, fanti 
nad) bem B.©.B. § 907 ber ©igentümer eine! ©runbftücf! 
fchon oon oornherein oerlangen, bah au f bent 9fad)bargrunb= 
ftücf nicht 2lnlagen tjergeftetlt ober gehalten rcerben, oon benen 
mit Sicherheit oorauljufehen ift, bah ih* ®eftanb ober ihre 
Benützung eine nnjuläffige ©imoirfung auf fein ©runbftücf 
ju golge hat; c! ift alfo berjcnige, ber eine foldje 2lnlage 
auf feinem ©runbftücf hat, oerpflicfjtet, biefe Einlagen ju be» 
feitigen bejm. SJiahnahmeit ju treffen, melche bie eben ermähnte 
Beeinträchtigung bei -Jlachbargrunbftücf! aulfchliehcn. ©ine 


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174 


©ntfdjeibungen bei Dberlanbeigericfjti. 


ÄteSgrubc gehört nun allerbing§ jiueifelloS ju ben 2lnlagen 
im «Sinn be$ § 907, auch ifi natürltrf) bev Umftanb allein, 
baff eine Einlage feit langer 3eit nicht ntef)r in 2}enüt}ung 
fief) befinbet, nicht geeignet, .ßiDeifel l)inficf)tlirf) ber 2lnn)enb= 
barfeit biefer ©efeheSbeftimmung ju rechtfertigen; iusbefon* 
bere fontmt bem „fpalten" einer 2lntage feine anbere 23ebeu* 
tung ju, als eben bie be3 tatfäcfjticfjen 93eftef)enlaffen§ einer 
foldjen. SlUein tro^bem Ijat ber Unterrichtet mit Dtedjt ba§ 
ßutreffen be§ § 907 oerneint. Senn roie bie 2kn)ei3auf* 
nähme in erfter^nftanj, namentlich ber gerichtliche 21ugenfcf)ein 
unb bie SBernet)mung ber Sachoerftcinbigen, mit Sicherheit 
ergeben bat, hat bie Hie§grube feit langer $eit, minbeften§ 
feit uielcu Qahrjehnten, ju beftehen aufgehört, unb e§ ift an 
beren Stelle burch bie ©inrcirfung non Ülaturfräften eine 
Schutthalbe getreten, gmar bot nach ber Sluffaffung 
ber Sachoerftcinbigen bie feinerjeitige Einlegung unb bie all* 
mählidje 21ui§beutung ber StieSgrube ben 21nftofj ju ber 93il= 
bung ber Schutthalbe unb bamit jugleid) jur ©tofjlegung 
ber im oberen Seil ber SBanb befinblid)en 9tagelfluhfelfen 
gegeben, unb felbftoerftänblich ift bie Satfadje allein, bafj 
auf bie — unb jtoar gerabe bie 9lad)bargruubftücfe beein* 
trächtigenbe — ©eftattung einer Slntage aiaturoorgäitge ein* 
geroirft fmben, nod) nicht geeignet, bem betr. ©runbftücfSteil 
ben ©harafter einer Slnlage ju nehmen. Slllein im oortie* 
genbeu galt ift eben bie früher oorhanbene Einlage ber Süe§= 
grübe burdj bas fid) auf eine lange 9ieif)e oon 3®b**n er* 
ftreefenbe ^ufaminetiroirfen non uerfd)iebenen, tuenn aud) teil* 
meife eben burri) bie ©rridjtung jener Einlage au§gelöften, 
Sfaturfväften gerabeju befeitigt, oerfd)iittet tuorben, unb e§ 
hat fo ba§ bejiiglidje Stiicf ber ©rboberfläche auf natürlichem 
SBege bie jetzige Ummanblung in eine gegen ben ft-ufj be§ 
2tbhang§ fid) l)inäief)enbe, fd)Oti mit tuilbmadjfenben 53 (innen 
unb ©efträud)en bebeefte Schutt* uub ©eröUfjalbe erfahren. 
Unter biefen Umftänben fanu bei ber jetzigen, bereite min* 
beften§ feit oieleit 3ah r 3 e fynten beftehenben ©eftattung be§ 2lb* 
hatig§ won einer Einlage im Sinne be§ § 907 feine 3febe fein. 


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A. in (Siutlfadjen. 


175 


2luS beut eben SluSgefüljrten ergibt ftcfj jugleidj audj bie 
Unanroenbbarfeit beS § 908 $.©.23. $enn felbft roettn man 
eine SlieSgrube als ein mit bem betr. ©runbftücf oerbuttbe* 
tteS „SBert" anfeheit nnb bemjufolge ben $efil 3 er ber ©rube, 
falls etma einem 9tadjbargrunbftücf burdj ©infturj eines SteilS 
(j. $. einer SDSanb) biefer ©rnbe bie ©efafjr einer $efdjä* 
bigung brotjen mürbe, bie $erpflicfjtung auferlegen mollte, 
bie jur 9lbmenbung ber ©efaf)r erforberlidje $orfeljrung ju 
treffen *), fo ift eben, mie bargelegt, fdjon feit oieleu Qafjren 
bie früher am ©cljloßberg oorljanbene ÄieSgrube eingegangen 
unb an bereu ©teile jufolge Untbilbung burdj bie 9tatur= 
fräfte eine Schutt* unb ©erölltjalbe getreten, roeldjer bie 
©igenfcfjaft eines „SBerfS" überall nicht jufontmt. 

Qm Uebrigen finbeit fid) nirgenbS nadjbarrechtlidje ober 
fonftige $eftimmungen, auS welchen bie 2lnnafjme einer 
$erpflicfjtung beS $eflagtcn jur Slnmenbuttg uon ©djutj* 
maßregeln gegen ben QelSfturj fjergeleitet merbe tonnte ; inS* 
befonbere fittb foldje $orfdjriften aud) nidjt im SBürtt. 2luS= 
füljr.©ef. jum 23.®.$. enthalten. 

£ienadj fann bem $efl. in ©rmanglung beS $eftehenS 
einer $erpflidjtung jur ßerftellung «on ©djuhuorridjtungen 
gegen ben QelSfturj bereu Untevlaffung nidjt jugeredjnet 
merben. — Qugleidj ergibt fid) auS ben $iS(jerigen, baß 
bem $ctl. auch nidjt ein $erftoß gegen ein ben ©djutj 2tn= 
berer bejwecfenbeS ©efetj jur Saft ju legen ift. (§ 828 ülbf. 2.) 
Urteil beS II. ©ioilfenatS oom 24. Slpril 1902 i. ©. 
ft'olafdj gegen Stönig=2£Barthaufen. 

26. 

Jltumeferit kamt ritte JUibei-rpnirhsklitge utte § 771 
©.$.©. ttttf bett Heft# an bem ©egettftnttb ber 3mttttgs= 
tiollflredutng geflit#t werben? 

®ie $etlagte hot auf ©runb eines oollftrecfbaren Urteils 
gegen Q. 9t. in ©dj., baS ben 9t. jur $ejafjlung uon 351 2JI. 

1) 58gl. hteju Jßtancf S3.@.33. 23em. 2a ju § 886. 


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176 ©itlfcbeibungen be3 Dberlanbeägericf)t3. 

3B ißfg. nebft 3‘nfen an ©effagte für fdjulbig erftärte, am 
18. 9Jtärj 1901 einen 53efd)luf3 beS Amtsgerichts 2. enoirtt, 
bev bie ^roangSoerfteigerung ©runbbud) oon ©ch- 

auf 9t. als (Eigentümer eingetragenen ©runbftürfe attorb= 
nete. Kläger hat gemäfj § 771 ©.tß.D. im 2Beg ber Klage 
SBiberfprud) gegen bie groangSoollftredung erhoben auf 
©runb folgetiben ©adjoerhaltS : bie fraglichen ©runbftücte 
roaten im (Eigentum beS Klägers, bis biefer fie am 1. 2)e= 
jember 1900 an 9t. oerfaufte unb auflief), morauf 9t. als 
(Eigentümer im ©runbbud) eingetragen roorben ift. 9tad)' 
bem Kläger gegen 9t. Klage auf S8ejal)lung beS AttgelbS non 
9000 ÜJt. erhoben hatte, fcl)(offen Kläger unb 9i. am 25. $a= 
nuar 1901 einen gerichtlichen 93ergleid), rconad) ber Kauf 
oom 1. 35ejentber 1900 rürfgängig gentadjt mürbe unb baS 
(Eigentum an beu in 9icbe fteheubeu ©runbftüden auf ben 
Kläger juriidübertragen merben foHte. Am 25. ober 26. $a= 
nuar 1901 entfernte fid) 9t. oon ©d). unb ift feittjer mit 
unbefanntem Aufenthalt abroefenb; eine Auflaffung ber ©runb= 
ftüdc an ben Kläger tonnte baher junächft nicht ftattfinben. 
©eit 26. Januar 1901 ift Kläger rcieber im Sefitj ber 
©runbftürfe unb betreibt rcieber ba§ juoor oon 9t. in bent 
ertauften .jpauS betriebene faufmännifche ©efchäft; nad) ber 
BeugcitauSfage beS ©d)ultl)ei$en oon ©ch- h Q ( ih m Kläger 
erjählt, er höbe — nad)bent er mit 9t. einen 93ergleid) ge= 
fdjloffen — bie Schlüffel beS .JmufeS beim ©erichtSoolljieher 
geholt ; biefent habe nad) beffeit (Erjählung 9t. anläjflid) einer 
am 25. Januar 1901 bei ihm oorgenommenen ipfänbung 
erflärt: er toolle oon ber ®efd)id)te nid)tS mehr; barauf 
habe 9t. baS Attrcefen oerlaffeit unb ber ®erid)tSoollsieher 
ben .jpauSfchlüffel an fid) genommen. 

£jn feinem Q3efih ber ©runbftücte unb bem Anfprud) 
gegen 9t. auf 9tiidübertragung beS ©igentumS fietjt Kläger 
ein bie Seräugerung hinbernbeS 9ted)t an ben ©runbftüden 
i. ©. beS § 771 ©.^.0. 

@S rcurbe nad) bem Klagautrag erfannt, oom ^Berufung?» 
gerid)t ait§ folgettbeti 


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A. in ßioilfadjcn. 


177 


© r ü n b e n : 

I. Ser Klaganfprucf) ift begrünbet, roenn bev Veftß beS 
5llägerS ftd) als „ein bie Veräußerung ßinbertibeS SHecßt an 
bent ©egenftanb bev 3rcangSuollftredüng" bavftellt, b. ß. 
als ein SHecßt „baS geeignet ift, eine Veräußerung beS ©egen* 
ftanbS burd) ben Scßulbner unb jum ^luccfe ber Vefriebi* 
gung feiner ©laubiger auSjufdjließen, fo baß ber ©egenftanb 
vermöge biefeS SRecßtS aitS bem freien, ber Verfügung beS 
©cßulbtterS unb bem .ßugriff feiner ©laubiger unterliegenben 
Vermögen beS ©cßulbnerS auSfcfjeibet" ')■ Ser § 771 CS.^S.O. 
entfpridjt für bie 3^««9§t>oHftrecfmtg ber in § 43 $.0. — 
betreffs ber „2luSfonberung" — für bas 5tonfur§uerfal)ren 
gegebenen Veftimmung, bie SGBiberfprucßSflage beS § 771 ift 
unter benfelben VorauSfeßuttgen begrünbet, mie ein 9fuSfoit= 
berungSanfprud) i. S. beS § 43 51.0.; ein bie Veräußerung 
ßinbernbeS SWecßt am ©egenftanb ber 3roangSuollftredung 
liegt oor, roenn bev SBiberfprucßSfläger im J^all beS ÄonfurfeS 
beS ©cßulbnerS auf ©runb eines binglid)en ober perfönlidjen 
SKecßtS Slnfprud) auf 2tuSfonberung beS ©egenftanbs als 
eines nicßt jum Vermögen beS ©emeinfcßulbnerS gehörigen 
ßätte 3 ). 

II. 0b ber Vefiß ein SHedjt i ft , fann batjingeftellt blei» 
ben; jebenfaHS geroäßrt er — unter gemiffen Voraus* 
feßungen — ein SRecßt auf Snneßabung ber betreffenben 
©ad)e (ogl. §§ 858 ff., 986 V.©.V.) unb läßt ftd) infofern 
als SHedjt am ©egenftanb bev gmangSoollftretfung ober als 
(bingtidjeS) SKecßt im Sinne beS t; 43 51.0. bejeicßnett. Kläger 
erlangte oßne ?frage burcß ben Vergleich oont 25. Januar 
1901 gegen SW. einen perfönticßen Slnfprucß auf Verausgabe 
unb SWücfiibertragung ber ©runbftücfe. Söenn V. am Sag 
beS aibfcßluffeS biefeS (oott ißnt felbft unterjeidjneten) Ver* 
gteid)S baS Slnroefen in Sd). unter gurüdlaffung beS V«uS= 
fdjlüffelS uerließ, fo barf unbebenflid) angenommen roerbett, 

1) @ au pp* St ein, 2tnm. II, 1 2lbf. 2 ju § 771 ©.tp.O. 

2) 33gl- ßieju % e r n b u r g , b. bürg. SHecfjt. 33b. 1 § 172 bei u. 
in 91ote 14. 


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178 ©ntfcfjeibungen be§ DbevIanbeSgevicf)tS. 

er tjabe bieS im Veroufjtfein baoon getan, baff Kläger ficf) 
alSfmlb in bcu Vefttj beS StmoefenS fetjen roerbe, unb er fei 
mit biefer Söefi^ergreifung beS Klägers einoer ftanben gemefen, 
bie ja ber getroffenen Vereinbarung burdjauS entferntet). ®ie 
(Sachlage ift batjer feine anbere, als menn 9t. bent Kläger 
bie ©runbftücfe auf ©ruub ber getroffenen Vereinbarung 
förmlich übergeben hätte. 

III. Kläger t)ätte fonad) bem 9t. gegenüber bie Verausgabe 
ber ©runbftücfe geinäfe § 986 V.@.V. oeriueigern fönnen, 
aud) el)e baS Verf.Urt. oom 13. 9tooember 1901 red)tSfräf= 
tig mar 1 2 ), meil bem 9t. gegenüber — tro^bem biefem nod) 
(Vud)=)@igentunt an ben ©runbftücfen juftanb — Kl. juin Ve= 
fit} berechtigt mar. (2Iucf) ber KonfurSmaffe 9t. gegenüber 
hätte Kläger richtiger 2tnficf)t nach baS gteidje 9ied)t) *). 

IV. SlllerbingS hätte 5R- jur .Seit ber ©inleitung beS gmattgS* 
oerfteigerungSoerfahrenS al§ Vud)=@igentümer bie mit feinem 
äBillen im Vefit} beS Klägers befinblidjen ©runbftücfe mit= 
telS Sluflaffung unb lleberfchreibung im ©runbbud) iibereig» 
nen unb ber gutgläubige ©rmerber hätte fie bann oom Klä= 
ger herauSoerlangen fönnen. Mein 9t. hätte hieburd) nicht 
etraa oon einem ihm juftehenben 9ted)t einen ihm geftatteten 
©ebrauch gemadjt, fonbern er hätte unter SRiffbraucf) feines 
formalen (Vuch=) ©igentumS oon ber tatfäd)lid)en 9Jtöglicf)= 
feit, über bie ©runbftücfe redjtSroirffam ju oerfügen, einen 
m i b e r r e ch 1 1 i d) e n ©ebrauch gemacht, bie Veredjtigung 
beS gutgläubigen ©rroerberS, bieihm in folcfjer SBeife oon 9t. jutn 
©igentuni übertragenen ©runbftücfe oom Kläger herauSjuoer» 
langen, mürbe fiel) nidfe auf ein entfprechenbeS9iecf)t 9t.S ftütjen 
(bem ja — mie bemerft — ber § 986 V.@.V. entgegenftünbe), 
fonbern erft in ber fßerfon beS ©rmerberS — traft gefehlidjer 


1) 5Jtad) biefem Urteil ift 9t. fcf)utbig, eine ©rftärung baf)in ab= 
äugeben, bau er mit Uebertragung beS ©igentumS ber fragt. @runb= 
ftüde an ben KI. unb entfprecfjcnber 9tenberung beS ©runbbucfjS ein= 
oerftanben fei. 

2) 93gl. ®ernburg, b. bürg. Dt. 93b. 3 (1. Stuft.) § 91 3iff. 3 
bei Dtote 2. 


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A. in Giüilfctdjen. 


179 


SBeftimmung — entfielen; bev ©rroerber eines ©runbftücfS 
erlangt in einem folgen mel)r DJedjt als ber SJeräufje» 
rer befeffen tiat ; er f'ann ootleS, unanfechtbares ©igentum 
an ©runbftücfen erlangen, bejüglicf) beten bem 93eräuf?erer 
ein nur formales 83ud)=©igentunt juftatib. 

V. DJ. l)atte nad) bem DluSgefüfjrten jtoar bie DJJöglid)» 
feit, über bie in Diebe ftef)enben ©runbftticfe recfjtSroirffam 
(jur 3eit ber ©inleitung beS ^roangSoerfteigerungSoerfahrenS) 
SU oerfügen, aber er hatte roeber bie 83efugniS ju folcfjen 
red)tlid)en SBerfüguttgen, nod) anbererfeitS bie DHöglichfeit, 
tatfäcf)lid) mit ben ©runbftücfen nacf) belieben jii »er» 
fahren b. I). fie nad) belieben ju benützen unb anbere oon 
jebet ©inroirfung auSjufchliefjen (§ 903 83. ©. 5 }.), toeil Äläger 
bie ©runbftücfe ifjm gegenüber auf ©runb beS ben DJ. ju 
bereit DJücfübertragung uerpflidjtenben Vergleichs berechtigter 
DBeife befafj. $aS ©igentum beS DJ. mar fontit ein lebiglid) 
formales (83ucf)=) ©igentum. ©ine berart in nur formalem 
©igentum einer Sßerfon ftel)enbe ©adje fantt aber nicht mehr 
als ju beten Vermögen gehörig angefefyett roerbeit. Vielmehr 
mufj, roenn ein ©emeiufdjulbner ein ihm gehöriges ©runb» 
ftücf oerfauft unb übergeben hat, eine entfpredjenbe ©in» 
tragung im ©tunbbud) aber (unb bie Dluflaffung) nod) nicht 
erfolgt ift, bem ©rroerber unb Vefitjer ein DluSfottberungS» 
red)t bejüglid) biefeS ©runbftüdS im ÄonfurS jugeftanben 
toerben, toeil baS bem ©emeinfdjulbner oerbliebene 83ud)» 
©igentum ein lebiglid) formales ift unb bemgentäjj ber Äon» 
furSoermalter itt gleicher üBeife roie ber ©enteinfdjulbner felbft 
red)tSmibrig tjatibelit mürbe, menn er baS ©runbftücf einem 
dritten aufliefje J ). $n gleicher SBeife mufj aber aud) nach 
bem unter $iff. !• ©efagtett bem ©rroerber, ber gegenüber 
bem 93udj=@igentümer jum ^öefih bered)tigt ift, toeil er baS 
©runbftücf mit beffen DBillen (jufotge llebergabe) im Vefit) 
hat, bie 3Biberfprud)Sflage gegen einen ©laubiger beS Ver» 
ciujjjererS gegeben merbett, ber baS ©runbftücf im .ßroangS» 
roeg oerfteigern taffen roilt. 2)ettn biefer ©laubiger fantt 
1) a?flt. ®ernburg a. a. D- 3iff. 4. 


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180 


(Stitfdjeibungen be§ DberlanbeägericbtS. 


bepgtid) be§ ®runbftiicf§ feine roeitergeßenben Vefugniffe 
E)abeu al§ ber Veräußerer. ®a§ betreffenbe ©runbftücf ift 
roegen be§ baran beftehenben 9iecf)t§ be§ ®rroerber§ unb Ve= 
fißcr§ uicfjt meßr al§ jum Vermögen be§ 0 d)ulbner§ unb 
Veräußerer^ gehörig 51 t betrachten unb jcne§ fRecßt be§ Ve= 
fit 3 er§ ift bemgemäß ein bie Veräußerung f)inbernbe§ 9ied)t 
am ©egenftanb ber 3 roang§üollftrecfung. 

2 )aß für bie $rage, ob jemanbem ein 3lu§fonbcrung§red)t 
(unb bementfpredjenb: ob ihm ein bie Veräußerung ßinbem* 
be§ s Jfed)t i. S. be§ § 771 ©.sß.O.) betreffs eines @runb= 
ftücfS jufteßt, nid)t unbebingt ber Umftanb entfd;eibet, baß 
einer anbern ißerfon baS formale (Vucß») (Eigentum an bem 
©runbftücf jufteßt, hot baS SKeidi§gericf)t *) in Uebereinftim* 
mung mit ben>orragenben Ved)tSlebvern angenommen s ). 

®aß aus bem ©efeß über bie .flnmngSuerfteigerung 00 m 
24. Vtärj 1897 fid) nichts für ober gegen bie im Vorfteßen» 
ben bargelegte fRecßtSauffaffung ergibt, hot bie ©bilfammer 
jutreffenb aitSgefüßrt, Vefl. hat and) feine Veftimmung bie* 
fe§ ©efeßeS als 311 ihren ©unften fpredjenb angeführt. Ob 
and) unter anbern Verßältniffen als ben im gegenroärtigen 
9fed)t§ftreit oortiegenben ber Vefiß eines äöiberfprucßflägerS 
als ein bie Veräußerung ßinbernbeS 9fecßt ju gelten hot, fann 
bahingeftellt bleiben. SDaß — mie Veflagter auSführt — 
nad) bem Spftem beS V.©.V. für ben Vefiß „bie ÜJtöglid)* 
feit ber (Eintragung im ©runbbuch" nid)t befleiß, fteßt ber 
Slnerfennung eines auf Sefißüberlaffmtg feitenS beS ©igen* 
tümerS fid) ftüßenben SHecßtS non ber Slrt beS bem Slläger 
juftebenben als eines bie Veräußerung ßinbernbeu 9fed)tS 
nid)t im Vßeg, weil eben nad) bem ÜluSgefüßrten ber Qnßalt 
beS ©runbbncßS nicht unbebingt für bie f^rage ntaßgebenb 
ift, ob einem 2Biberfprnd)Sfläger ein bie Veräußerung ßin= 
bernbeS 9ied)t jufteßt. 

Urteil beS I. (EioilfenatS 00 m 21. SJlärj 1902 i. 0. 

Vücßfenfteiu g. ^jocßbörfer. 

1) @. SH.©. 45 Sür. 18 = ©euffert 55 9lr. 191. 

2) S8g[. auct) Säger, Stont. 3 . 9.0. Sinnt. 25 ju § 43. 


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181 


B. in ©traffadfjen. 

7. 

Bus Bintfmtirtigsvedjt iu>s Paters nls gefeit! idj nt Per= 
treters feines minderjährigen Boljnes. 

Ser tßrioatfläger hat megen einer feinem minberjätjrigen, 
15 3af) re alten $au3fohn $. ®. burct) beit Slngef tagten su* 
gefügten fäörperoerlebuitg s f3riuatllage erhoben unb ber 2tn= 
geflagte ift in beibeit ®orinftanjen tgeruegen ju 25 3W. ©elb= 
ftrafe oerurteitt morben. 3« bem burd) bie 9teoifion be§ 
Stngeftagten angefochtenen 33erufung§urteil ift feftgeftettt, bag 
ber ^ßrioatfläger beit Strafantrag geftellt unb in eigenem 
Sttamen bie ^rioatftage erhoben hat, feine Befugnis tgep ift 
auf bie @igenfd)aft at§ gefeplid)er SBertreter be§ minberjäh= 
rigett SSerletjten geftiipt. Sem gegenüber beftreitet bie atl= 
gemein auf Söerletjung be3 materiellen 3ied)t§ geftütjte 9ie= 
oifiott biefe Slftiutegitimation be§ s f.?rii)at!täger§ unb rügt 
bie Sßertehung ber 33eftimmungen über ba§ 2tntrag§red)t, 
in bereit iKefuttat jugleich bie 93eftimmungen über bie @r= 
hebuttg ber 'jirioatttage, inibefottbere bie §§ 65, 195 be§ 
St.©.®. unb 3lrt. 34 $iff. Hl. be§ Ginfübrung§gefetje§ jutn 
33.©.®. fatfd) angemanbt feien, infofern ber Strafantrag 
unb bie s prioatf(age oon bem 33 ater nidjt al3 Vertreter be§ 
Sohnes» fonbern traft eigenen 3ied)t§ erhoben fei, ein fo(d)e§ 
eigenes JHedjt aber nur bem ©bemann einer belcibigten ©ht'frau, 
nicht bem gefeplicheit Vertreter juftehe unb auS bem ungittigen 
Strafantrag pgleid) bie Untäffigfeit ber^rioatftage fid) ergebe. 

Sie formelle ^uläffigfcit biefeS SReuifionSangriffS ftcht 


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182 


(SntfdjetbunQcn be§ Dberlmibe3flevicf)t§. 


außer .ßroeifet foroeit berfelbe gegen bie angenommene ®e= 
reeßtigung beS s $rioatllägerS jur Stellung beS Strafantrags 
gerietet tft. 9lad) ber oom OberlanbeSgericßt gegenüber 
anberer Meinung in feiner 'Jtecßtfprecßung ftets feftgeßalte» 
nen 2luffaffung bilbet baS ®orliegen eines rccßtSgiltigen 
Strafantrag§ foroie bie Berechtigung ju feiner Stellung nicht 
nur eine projeffuale ®orausfeßung ber Strafoerfotgung ber 
fog. 2lntragSbelifte, fonbent snglcicß eine bent materiellen 
9?ed)t angeßörige grage, roeldje bureß § 380 ber St.ip.O. 
ber Prüfung beS SfeuißonSgericßtS nicht entjogen ift, ogf. 
aud) OlSßaufen § 61 9h\ 1, Söroe 33. II 2Ibfcßn. I 91r. 7 a, 
§ 380 91r. 26. — Siefer ÜteuifionSangriff get}t jeboch fehl. 

2IllerbingS ift ber IReuifion barin beijupflicßten, baß 
bnreß ben jit. 2lrt. 34 beS ©inf.@ef. j. 33.©.®. eine 2lenbe= 
rung beS befteßenben StrafrecßtS eingetreten ift unb jroar 
infomeit als bem ®ater als gnßaber ber elterlichen ©eroalt 
neben feinem nad) ÜJIaßgabe beS g 65 St.©.®, befteßen 
gebliebenen Siecßt als gefeßließer Vertreter eines oerleßten 
ÜJJlinberjäßrigen ben Strafantrag ju ftellen, nicht aueß noeß 
ein oon biefer ®ertretungSnmd)t unabßäugigeS, uollftänbig 
loSgelöfteS 2lntragSred)t jufommt. SeßtereS mar früßer auf 
©runb beS nunmeßr abgeänberten § 195 St.©.®., auf roel» 
eßen für bie gälte ber ftörperoerleßung ber § 232 2lbf. 2 
®ejug nimmt, ber galt gemefen unb ift roegeit ber oerän» 
berten ©eftaltung ber elterlicßen ©emalt im Sinn beS ®ür= 
gerlidjcn @efeßbud)S 51t bem auSgefprocßenen groecf, um bie 
®orfd)riften beS St.®.®, in biefent Seil mit bem erfteren 
in ©inflang 51t bringen unb mit biefer ®efri)ränfung befeitigt 
roorben, ogl. tDlotioe ju 2lrt. 16, jeßt 34 ©inf.©., bei SJhtg- 
ban ®b. I S. 6, ^rotof. ber II. Äommiffton ßieju 9tr. 444 
S. 9137—9140 (®b. VI S. 573, 575). Senn jenes Siecßt 
ftanb in ben gälten ber §§ 195, 232 St.©.®, bem fpauS» 
oater als ein eigenes, mit ber unterließen ©eroalt uerburo 
beneS 9ied)t aud) in ben gälten ju, roenn er im übrigen nidßt 
ber gefeßlid)e Vertreter beS ftinbeS roar, alfo aueß roenn baS 
^auSfittb oolljäßrig roar; nun fann biefer galt nad) bem 


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B. in ©traffacfjen. 


18B 


Sö.0.93. nicht mehr norfommen, ba nacf) § 1626 bie .£>auS= 
finbfchaft unb elterlidje ©eroalt mit ber Volljährigfeit enbigt 
unb bie festere nicht mehr, roie früher nad) gemeinem Ved)t, 
überbauern fantt. fpiemit mar bie Streichung jene§ meiteren 
felbftänbigen 2lntragSred)tS beS .fjauSnaterS gegeben unb es 
mar überbieS entbehrlid) geroorben, meil im § 65 St.©.V. 
auch nad) ber neuen Raffung bem Vater a l S gefehlt* 
cf) e n Vertreter beS ntinberjährigen SohneS ein f e l b= 
ft ä ti b i g e § unb non ber VefugtiiS beS burcf) itjn Vertre= 
tenen unabhängiges 21 tt t r a g S r e cl) t a u § b r ü d- 
l i dt) eingeräumt ift. ®iefeS Ved)t ift nad) roie nor 
ein eigenes, non bem etroaigen gegenteiligen SBillen bes 
SJtinberjätjrigen nicht abhängiges unb neben ber eigenen Ve= 
fugntS beS leiteten, falls biefer 18 3al)re alt ift, nöllig felb= 
ftänbig nebenherlaufenbeS ; n u r ift baffelbc e i n j i g in 
ber ©igenfdjaftbeS Vater S als gefe^lidjen 
Vertreters begrün bet unb tarnt non biefer red)tli= 
d)en Stellung als Vertreter nicht loSgelöft tnerbett, fo baf? es 
im Unterfdjieb non früher erlifd)t, roentt bem Vater bie ge= 
fehlid)e Vertretung nicht jufommt. Qnfolange ober biefe be= 
ftel)t, ift bie 2lntragSbered)tiguug aus § 65 eine felbftänbige, 
roie fie and) früher neben ber über bie 9JiinberjährigfeitS= 
bauer hinauSgreifenbeit beS § 195 unabhängig ttebenberlief. 
SDiefe 2tuffaffitng finbet ihre 2tnerfennung unb Vegrünbuttg 
in ben norerroähnten ©efeheSmaterialien roie in bett $ont= 
mentaren non planet j. V.@.V. VI. Vb. S. 105 — 107 2ltim. 
3 a— c, 6; ferner non OlShaufett 6. Stuflage 1901 sunt St.©.V. 
§ 65 9lr. 4, 15, § 195 9h\ 1 a, b, Oppenhoff ju § 65 Vv. 18, 
grand 2. Stuft, ju § 65 9ir. I 3, § 195 9lr. I, ogl. ebettfo 
Csntfd). V.©. in Straff. Vb. 1 S. 291, Vb. 4 S. 145 Vb. 12, 
S. 415, Vb. 13 S. 115; Vb. 22 S. 256, $uriftifd)e 2Bocf)en= 
fd)rift 1902 S. 537, b. ^uriftenjeitung 1902 S. 364. 

£>ienad) ift bie 2lnnahme ber Venifiott, baf baS eigene 
felbftänbige StrafantragSredjt beS VaterS überhaupt uid)t 
mehr befteht, eine nidjt ptreffenbe unb baS VerufungSgerid)t 
hat ohne VedjtSirrtum bem Vater bes 15 jäfjrigen Verlebten 

J|abrbii<('er fflv SSflrttcmbcrg. älccbtsi'flcgc. XV. 2. 13 


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184 ©ntfcEjeibunflen be§ ObertanbeSfleridfjtS. 

bie SefugniS jugefprocfjen, felbftanbig oon fid} auS ben ©traf» 
antrag wegen ^örperoerlehung be§ ©ohneS ju [teilen. Siefe 
33efugni§ befielt oorliegenb auf ©runb ber §§ 65 unb 232 
beS ©t.®.©. fpiemit ift ber jweite, gegen bie ©efugnis jur 
felbftänbigen ©rljebung ber s $rioatflage gerichtete Angriff non 
felbft erlebigt, nadjbem bie für ihn aufgefteUte ©runblage, 
nämlich bie Ungiltigfeit beS oom ©ater felbftanbig geftellten 
©trafantragS [ich als unhaltbar ergeben h<*t. ©ad) § 414 
2lbf. 2 ©t.iß.D. fteht bie ©efugnis jur ©rhebmtg ber [ßri» 
uatflage wegen nur auf Eintrag oerfolgbarer ©eleibigungett 
uub Störperoerlehungen bemjenigen ju, welchem im ©traf» 
gefeh baS ©echt beigelegt ift, felbftanbig auf ©eftrafung an» 
jutragen. UeberbieS bezieht [ich biefcr Singriff foweit er 
über bie oben erörterte materiell rechtliche unb nad) bem 
©trafgefeh ju entfctjeibenbe ^rage ber felbftänbigen SlntragS» 
beredjtigung hinauSgeht, auf eine [Rechtsnorm über baS ©er» 
fahren unb fann be§t>atb infoweit gegenüber einem lanbge» 
ricf)tlid)en ©erufungSurteil fdjoit nach § 380 ber ©t.^.C. 
eine ©eadjtung nidjt finben. Saffelbe trifft für bie aufge» 
worfene Srgge ber ßuläffigteit einer SBiberflage ju, weldje 
übrigens nicht erhoben würbe. 

Stach bem SluSgeführten war, ba and) bie fonftige all» 
feitige ©rüfuttg einen materiellen ©edjtSuerftofi nicht ergab, 
baS eingelegte ©edjtSmittel als unbegrünbet ju oerwerfen. 
Urteil beS ©traffenatS oom 30. äRärj 1903 in ber fßri* 
oatflagfadje ©adjmann gegen ©an wegen Ä'örperoer» 
oerlehuttg. 


8 . 

Brr Begriff „ffmtblmtg“ tut *jnmte bts § 61 Sür.tS.li. 
lieber bns Perljöltnis van Btrnfantrng ttttb Jlriuaiklttge. 

SluS ben 

© r ii n b e n : 

©ont ©erufungSgericht würbe in ber feftgeftellten gefamten 
Sleujjerutig beS Stngeflagten, bereit einzelne Seile in jwei 


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B. in Straffacfjeit. 


185 


»erfdjiebenen ^ßrioatflagen »erfolgt würben, ein untrennbares 
einheitliches ©an$e — ©ine f>anblung erblicft unb t)ierau§ 
jutreffenb gefolgert, bafj mit ber erften, ben Strafantrag mit= 
enthaltenben unb wegen beS SluSbtutfS „Sugenbeutel" er= 
hobenen ißrioatflage bie ganje, burd) bie Sleufjerung gegen* 
über ber X. mit 93ejiet)ung auf ben $ri»atfläger »er* 
übte £at ttad) allen ihren tatfäcf)lid)en unb rechtlichen ©e= 
fid)tSpunften ftrafrecf)tlid) »erfolgt unb bejüglid) biefer SEat 
burd) ßurücfnahme ber erften ifkiüatflage bie Strafoerfolgung 
mieber aufgegeben mürbe, fomie baff bie ©rtjebung ber jwei* 
ten Sßrioatflage einen SEeil ber nämlichen Sat betreffe unb 
hiernit bie jurütfgenomntene s $ri»atflage entgegen ber 93or* 
fchrift beS § 432 St.^.O. »on neuem erhoben roorben fei. 
^nfomeit bie SReoifion in biefen Ausführungen einen SSerftofj 
gegen bie Söeftimmungen ber §§ 432, 431 St.iß.O. finbet, 
fanu ihre Dtüge im ^inblid auf § 380 St.^3.0. in biefer $n= 
ftanj eine 33eacf)tung nicht finbett, ba hienad) bie 23ertet)ung 
projeffualer aSorfdjriften abgefeljen »on einet hie»-' nicht in 
grage fommenben Ausnahme gegenüber einem in ber SBeru* 
fungSinftanj ergangenen lanbgerid)tlichen Urteil nicht geltenb 
gemadjt werben tann. Qnbeffen ergibt bie weitere $3egtün= 
bung biefer SReoifionSrüge, baff jugleid) eine SSerfennuug beS 
Begriffs ^anblung im Sinn b e § § 6 1 S t. ©. 23. 
fowie eine irrtümliche Auffaffung über bie Sebeutung unb 
Tragweite beS mit einer ^ßrinatflage geftellten Strafantrags 
behauptet wirb, .fpiemit ift aber bie Sßerlehuug einer rna* 
teriellen ^Rechtsnorm gerügt unb in biefem sßuntt bie 9te»i= 
fion juläffig. 

2)ie ©ntfdjeibung biefer 9te»ifionSbefchwerbe h“ngt ba* 
»on ab, ob bie jum ©egenftanb ber erften ^rioatflage ge* 
machte ^anblung ibentifd) ift mit berfenigen, wegen welcher 
bie jweite ißrioatflage erhoben würbe. S)iefe 3 ra 9 e ift nont 
'■Berufungsgericht ohne erfid)tlid)en 9ted)tSirrtum bejaht wor* 
ben. ®enn ber ^Begriff ber fpaublung, weither ber bie An* 
tragSbered)tigung regelnben 93orfd)rift beS § 61 St.©.$8. ju 
©runbe liegt, umfaßt, foweit eS fid) wie »orliegenb um mört* 

13* 


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186 (Sntfcfyeibungen be§ 0bertanbe§gerid)t§. 

Itdje Veleibigungen hobelt, nicfjt fotr>ot)t bie einjelne nach 
einem beftimmten Sßortlaut mitgeteitte Steuerung, fonbern 
bie gefantte bei einem fonfreten, nad) Oft, unb Umftän* 
ben näher gefcfjitbevten VorfommniS erfolgte beteibigenbe 
Sunbgebung nad) intern objeftioen unb fubjeftioen Inhalt. 
2tud) bejroedit ber mittels Ißrioatflage gefteltte ©trafantrag 
be§ Veleibigten bie ftrafredjtliche Verfolgung ber angejeigten 
^anblung nad) SJtajjgabe ber beftehenben ißrojefigefeije unb 
nad) biefen f)«t baS ©erid)t bie Verpflichtung, bie jum ©e= 
geftanb ber Stage gemachte ^anblung nad) ihrem äußeren 
gefchid)tlichen Vorgang fomie nad) ihrer mähren Vefdjaffen* 
heit unb Vollftänbigfeit ju ermitteln unb hernach abjuurtei* 
len. -fpiemit ift oon felbft gegeben, roie aud) in VBiffenfdjaft 
unb 9?ed)tfpred)ung übereinftimmenb anerfannt ift, bafj bem 
Vegriff ber Jpanbtung in § 61 biefelbe Vebeutung unb ber* 
felbe Umfang beigelegt roerben muff, rcie biefelben nach ben 
Vrojefjgefetjen ber jum ©egenftanb ber Untersuchung unb be§ 
Urteils gemachten S£at beimohnen, ogl. DlSljaufen ju § 61 
s Jtr. 40, ©tenglein a. a. O. Stote 23, IHechtSfpr. 9t.@. Vb. 9 
©. 430, ©ntfd). 9i.@. Vb. 8 <5. 386, Vb. 5 ©. 98 unb 271, 
Vb. 6 ©. 306, Vb. 17 ©. 227. |jierauS folgt, baf) ber Ve= 
griff ^anblung nicht auf bie in ber ©trafflage oon bem Sin* 
tragfteller angeführten einzelnen SBorte unb ©atjroenbungen 
bejro. Jatfad)en befrijränft roerben barf, fonbern bafj er bie 
im ©trafantrag bejeidpiete $at in allen ihren ©injelheiten 
unb in ihrer ©efamtheit umfafjt, roie fid) biefelbe nad) bem 
Inbegriff ber im Verfahren ermittelten Umftänbe auS bem 
©rgebnis berfelben geftaltet unb baff eine Slenberung in ein* 
jelnen tatfädjlidjen ÜJtomenten, fei eS eine ©rroeiterung 
ober Sitrjung ober fachliche Slbroeidjung gegenüber ber 
urfprünglichen Vefdjitlbigung nid)t entfdjeibenb roirft, 
foroeit nur bie Qbentität bet bejeichneten ^anblung oon fol* 
djeti Slbroeid)ungen nid)t berührt roirb. $iebei niad)t eS fei* 
nen Unterfd)ieb, ob foldje Slbroeidjungen unb Slenberuugen 
beS angejeigten ©ad)oerl)altS bem ©traffläger befannt roaren 
ober nicf)t, ob alfo ihre Stidjtaufnahme in bie ©trafflage auf 


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B. in Straf facfjeu. 


187 


einer UnfenntniS feitenS beS AntragftellerS beruhte ober nicf)t ; 
mafjgebenb bleibt oietmetjr, ba§ eS fiel) um baffelbe gefrf)icf>t= 
Iid;c VorfommniS, um benfetben tatfäd>lic£)en Vorgang f»an= 
beit, beffen ftrafred)t(id)e Verfolgung mit ber Mage erftrebt 
mirb. Vorliegenb bejog fid) ber mit ber erften ißrioatflage 
geftellte Strafantrag nach ber geftftellung beS Vorrid)terS 
auf bie bei bem näher ermähnten Aniah erfolgte Aeufjerung 
beS Angeflagten gegenüber ber grau S., roontit ber Ange= 
flagte feinem Unmut über bie BelaftungSjeugen ®. (ben 
^rioatfläger) unb S. in bem oorauSgegangeneu BeleibigungS= 
projeh in ber Art AuSbrucf gegeben h«t, baff er im $ufam= 
menhang fomie in unmittelbarer Aufeinaitberfolge ber ©ä^e 
biefe 3 eu 3 ett al§ Sugenbeutel bejeid)nete unb aujjerbem über 
©. beifügte, biefem fei nicf)t§ 511 liiberlich. .ßutreffenb h a * 
hierin baS Berufungsgericht eine $anblung im Sinne beS 
§ 61 St.©.B. erblicft unb bem Umftanb feine Bebeutung 
beigenteffett, ba^ s ^rioatf(äger oott bem jmeiten, ihn allein 
berührenben Seil ber 91eufjerung beS Angeflagten erft fpäter 
unb jroar nad) .gurücfuabme ber auf ©runb beS erften SeitS 
berfelben erhobenen >PrioatfIage Kenntnis erhielt. Sie ent= 
gegenftehenben Ausführungen bcS fReoifiottSflägerS ftetjen 
teils im VJiberfprud) mit ber oben begrünbeten Auslegung 
beS 9ted)tSbegriffS ber |janblung, megen meld)er mit ber er= 
ften s $rioatflage Antrag auf Strafuerfolguttg geftellt mürbe, 
teils beroegeit fie fid) auf projeffualem ©ebiet, roeldjeS ge= 
mäh >i 380 @t.fß.O. bem VeoifionSatigriff entjogeu ift, fie 
mürben überbieS 511 ber oont ©efehgeber auSbrücflich auSge= 
fdjloffetten golgerung führen, bah in Bejahung auf benfetben 
tatfäd)lid)en Vorgang, melier in ber erften ijirioatflage unb 
in bem auf fie ergangenen ©röffuungSbefdjluh beS AmtSge= 
richtS jum ©egeuftatib ber Auflage megen Beleibigung im 
Sinn beS § 185 St.©.B. gemacht mar, nad) ,3urücfnahme 
biefer ^rioatflage eine neue, bie gleiche Sat behanbelnbe 
Klage juläffig märe, obgleich ämifdjen biefer lehtereu unb 
bem gnhalt ber früheren ^rioatflage bie Unterftellung real 
fonfurrierenber BeleibigungSoergehen auSgefd)loffen bliebe. 


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188 (Sntfdjcibungen beS DberlanbeggeridjtS. 

®iefer IReoifionSangriff gellt fomit fct)I unb worin bie 
weiter behauptete Berlebung b e § § 6 4 S 1. ©. 33. liegen 
fotl, ift nicf)t erfidjtlid), »om DteuifionSfläger auch nicht näher 
angegeben. $aS Berufungsgericht hat aus her 3urüctnahme 
ber erften ^ßrioatftage nur bie burd) bie Borfdjrift beS § 432 
St.^ß.£>. gegebene Folgerung gejogen unb nicht etwa aus* 
gefprodjen, bafj mit ber 3urücfnahme einer lßri»at!tage ber 
barin enthaltene Antrag auf Strafnerfolgung uon felbft unb 
ohne weiteres in feiner Söirffamfeit hinwegfalle. ©in foldjer 
SluSfprud) würbe allerbingS eine Bertennung ber in ber 
redjttidjen Bebeutung beS Strafantrags unb ber ^ßrioatflage= 
erhebung beruheuben Berfdjiebenheit unb ber hieburd) be= 
grünbeten Selbftänbigfeit beiber Sitte nahelegen, welche let^ 
tere im galt ber 3urücfnat)me ber erhobenen s ^3riuatftagc in 
ber gortbauer beS felbftänbigen ÄlageredjtS eines anberen 
ju bemfelben Strafantrag Beredjtigten fowie barin h er °or= 
tritt, baff überall wo ber Strafantrag nad) ben gefetjlidjen 
Borfdjriften iticfjt jurüefgenonunen werben fann, bie burd) 
feine Stellung ber StaatSanwattfdjaft gewährte Befugnis 
jur ©rhebung ber öffentlidjen Silage beftehen bleibt. Bor= 
liegenb hanbelt eS fid) aber für bie iHeoifion nur um baS 
Brioatflagved)t beSfelben SßriDattt&gerS, welches in Beziehung 
auf biefelbe, mittels einer Sßriuatflage »erfolgte $anbtung 
burd) bereu 3uriicfnahme »erbraucht wirb. 

Urteil beS StraffenatS »ont 12. 3an. 1903 in ber 

»attlagfache ©aifer gegen Schumacher. 

9. 

3nnt Uegriff bcs ftd) bringens, jnnt JJfanbnrljmens 
nnb Pnheiwlidjenö im §imte brs $ 259 $1 MS. 

SluS ben 

© r ü n b e n : 

2)ie gegen baS freifpredjenbe Urteil ber BerufungSge= 
ridjtS eingelegte iHeoifion ber StaatSanwaltfdjaft rügt bie 
Berletjung »on Dtormen beS Strafrechts, fpe^iell beS § 259 
St.@.B. 


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B. in ©traffadjen. 


189 


9tad) ben tatfädjlidjcn geftftellungen im angefochtenen 
Urteil t)at ber Slngeflagte etma 20 tannene Stangen, rnelcße 
ber inpufcßen recßtSfräftig p Strafe nerurteifte Korbmacher 
$. K. 91. oon 2Jt., batnalS beim 2lngeflagten mohnhaft, im 
S.er ©emeinbemalb unberechtigt gehauen hatte, in Berrcaß* 
rung genommen unb hiebei gemußt ober roenigftenS ben Ilm* 
ftänben nad) annehmen muffen, baß bie Stangen mittels 
einer ftrafbaren $anblung, nämlich mittels 3)iebftaßlS er* 
langt roaren. Söei einer ©nbc 9Jtai 1902 im .fpaufe beS 9ln= 
geflagten oorgenommenen $urdhfucßung mürben bie Stangen 
im Schöpf in einer 2lrt KellerßalS oerfteeft oorgefunben; p* 
oor hatte ber 21ngeflagte bein Sanbjäger auf Borßalt erflärt, 
er habe feine Stangen, man föitne fein Slnroefen bureßfueßen 
unb als fie bann im Berftecf oorgefunben maren, ermiberte 
er : 9t. habe fie ohne fein SBiffen geholt, er behalte fie für 
ben -öauSjinS, meldjen 9i. ihm fd)ulbe, ba er erfahren habe, 
baß biefer bie Stangen oerfaufen roolle. $n melier SBeife 
ber Slngeflagte fid) in ben Befiß ber Stangen gefeßt hat, 
ob bieS eigenmädjtig unb gegen ben ÄBiUen beS 9t. gefeßeßen 
ift, ftcllt baS Berufungsgericht nießt auSbriidlid) feft, fonbern 
fprießt fiel) bet ber Begrünbung ber ‘Jreifprecßung auS § 259 
St.©.B. furj baßiit auS: 

eS fei nießt feftpftellen gemefen, baß ber Ülngeflagte 
bie Stangen oerßeimlid)t, pm ißfanb genommen ober 

fonft an fid) gebracht habe ein Gcrtuerb ber Stangen 

bureß ben Ulngeflagtcn auf berioatioem 9Beg fei nießt er* 
meiSlicß, aud) fei ißm nießt p miberlegett, baß er fie nur 
ooritbergeßenb in Berraaßrung nehmen mollte. 

Qnforoeit bie 9teoifiou eine mangelhafte tatfäcßlicße Be* 
grünbung ber ßier getroffenen geftftellung, jumal in ber 
9iid)tung rügt, baß meber ber Ort, an melcßem bie Stangen 
unmittelbar nad) bem -fpereittfcßaffen oont äBalb im ©eßöft 
beS Slngeflagten oerroaßrt mürben, nod) bie 3eitbauer unb 
bie näßeren Umftänbc ber Bermaßrung burd) leßteren über* 
ßaupt unterfud)t unb feftgeftellt morben feien, liegt eine in 
biefer ^nftanj gemäß g 380 St.^ß.O. nidßt bead)tlid)e 9tüge 


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190 ©ntfdfjeibungen bei Dbertanbeigevidjti. 

bei SBerletjung projeffualer ÜBovfdjriften, näfjevtjin bei § 266 
©t. s f3.C. oor. @i fann fidj oielmetjr nur barum fjanbetn, 
ob bie geftftellungen bei 33erufungigericfjti bie 9iidjtanroem 
bung ber bie ©acfjtjeljlerci betreffenben ©trafoorfdjrift bei 
§ 259 ©t.©.33. jureidjenb verfjtfertigen unb ob fie nidjt eine 
redjtiirrtümlidje 9luffaffung ber legieren erfennen taffen. 

©ne folctie fief)t bie 9teoifion junädjft barin, bafj ba§ 
S 8 erufung§gerid)t trotj ber fyeftftellung, ber 2 lngeflagte t>abe 
bie ©taugen in 5ßerroatjrung genommen unb einftmeilen be= 
batten, nidjt ju ber 2 lnnafjme bei gefetjlidjen £atbeftaubi= 
metfmali bei Slnfidjbringeni gelangt fei. $iefer 
Eingriff geljt fehl. ®eitn ber begriff bei Ülnfidjbringeni fetjt 
nach ber äbereinftimmenben Sluffaffung in ber SQBiffenfcfjaft 
unb 9tedjtfpredjung eine Uebertragung ber tatfädjlidjen 95er= 
fügungigercalt auf ©runb einer SBillenieinigung jmifdjen 
©eher unb 9tefjmer baljiti ooraui, bafj ber letjtere befugt 
fein fall, bie aui bent ©ematjrfam bei erfteren übcrfommene 
©acbe roie eine eigene 511 befitjen ober bocf) für feine 
3 mecfe über fie ju oerfügen. SBortiegeub tjat bai s Serufungi= 
geridjt einen ©rmerb ber ©tangeti burdj beit Slngeflagten 
auf berioatioem äßeg nidjt ali ermiefen angenommen unb 
fjiemit uerftänbticfj jum Sluibrucf gebracht, bafj ein 93efU}= 
übertragungiaft ber bejeidjneten 9lrt ätoifdjeti 9t. unb bem 
Slngeflagten nidjt feftäuftellen fei. ©iefe für bai 9teoifioni= 
geridjt bitibenbe 93emeiiannatjme ift redjtlidj einmanbfrei, 
inibefonbere fann ber Sluibrucf „©rmerb auf berioatioem 
9ßeg" uadj ber gegebenen ©adjlage nidjt anberi ali gleidj 
©rmerb burdj 33efitjübertragung in beibfeitigem ©inoerftcinb* 
nii auigelegt merbeu ; biefe $ 8 emeiiannatjme aber genügt, 
um bas Smtbeftanbimerfmal bei Wnfidjbringeni ali auige= 
fdjloffen anpfeljen unb bie erfolgte ftreifpredjung infomeit 
ju begrünben. SBeitn bie 9teoifton fidj barauf beruft, bafj 
bem 00 m Serufuugigeridjt angenommenen S3efjalten ber 
©taugen feiteni bei 'Jlngeftagten uotmenbig ein 93efitjerroerb 
oorauigegangen fein mu^te, fo iiberfieljt fie, bafj nictjt bie 
blofje Satfadje bei ©rmerbi oon ®cfitj ober ©ematjrfam. 


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B. in ©traffadien. 


191 


fonbcru bie Slrt biefe! ©rroerb! als eine! abgeleiteten (beri= 
uatiuen) ffier entfeffeibenb ift uitb baff biefe Befiffableitung 
ifjren ©runb in ber SBitlenSübereinftimmung beibev Seite 
haben muff, toogegen eine eigenmädffige, ettua heimliche ober 
fonft gegen ben erfennbaren SBillett be! 93ovbefi^ev§ erfolgte 
Befifferlangung ben Satbeftanb einer Hehlerei im Sinn be! 
§ 259 St.©.B. nicht erfüllt. (Sine fold^e Befiffergreifung 
tann oielmeffr nur at! eigene! felbftänbige! Setift — je ttad) 
ber befonberen ©eftaltung be! ^alleS at! Siebftaffl, Unter» 
fcfflagung, Staub u. f. tu. in Jfrage fotnmen. Sie |yeftftel= 
tung be! Berufungsgericht! läfft nun bie SJtöglidffeit offen, 
baff ber Slngeflagte bie Stangen offne SBiffett unb SBillett 
be! jc. 9t. für fieff in Bertuaffrung genommen unb behalten 
ffat, fie fdffliefft barnit ben 9ted)t!begriff be! Sltificffbringen! 
au! unb bie 9tid)tannaffme eine! Bergeffen! be! Siebftahl! 
ober ber Unterfd)tagung wirb ohne red)tlid)e! Bebcnlen ba= 
mit begrünbet, baff ber BacfftoeiS ber .ßueignungSabficfft feffle, 
infofern bent Slngeflagten niefft ju toiberlegen fei, baff er bie 
Stangen nur uorübergeffenb in Benpaffrung ffabe nehmen 
tuollett. 

Ser mangelttbe 9tad)ioei! eine! berioatiueu (SrmerbS 
feiten! be! Slngeflagten begrünbet an ffd) meiterffin ben SluS» 
feffluff be! SatbeftanbSmerfmal! be! jum B f a n b »eff» 
men! im Sinn be! § 259. Senn biefe!, mie and) ba! 
Slnfaufen, fittb nur al! einzelne Sitten unb Beiffnele be! alb- 
gemeinen Begriff! Sin fieff bringen in ber silierten Strafuor» 
feffrift angeführt, mie feffon au! ben beigefügten SBorten 
„ober f o tt ft an fieff bringt" unjiueifelffaft fferuorgefft. (S! 
muff beSffalb bei biefen Unterarten ba! gleiche (Srforberni! 
ber Befifferlanguttg bureff beiberfeitige SBillenSübereinftim» 
muttg be! ©eber! unb 9tcffmer! mie bei betn allgemeineren 
Begriff gutreffen unb ber ffier feftgeftellte Btangel biefe! @r= 
fotbetniffeS uertnag fomit aueff ttad) biefer Seite bie 9iicfft= 
anroenbuttg be! § 259 gu reefftfertigen. Sagegen gibt aller» 
bing! bie bereit! angeführte Begriinbuttg im BetufungSur» 
teil, e! fei bent Slttgeflagten ttidff gu tuiberlegcn, baff er bie 


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192 ©ntfdjeibungen be§ Dberlanbe§gerid)t§. 

Stangen nur norübergehenb in Serrcatjrung nehmen rooüte, 
bem 93erbad)t einer red)Birrigen ShBlegung be§ ^Begriffe; 
„jum ^ßfanb nehmen" nach anberer SRidjtung Staunt. ®enn 
biefe söegrünbung läfjt entnehmen, bafj nad) 2 tnficf)t be§ S3e= 
rufung§gerid)B ein furjjeitigeS , nur t>orübergeheitbe§ jum 
Sßfanb nehmen ben Statbeftanb ber Sad)hehlerei ju erfüllen 
nid)t geeignet fei. 2 )iefe 2 Infid)t roirb non ber Steoifion mit 
Stecht aB irrig bezeichnet. ®emt nidjt barauf fommt e§ an, 
auf roie lange 3 eitbnuer eine Sache jum '’fjfanb genommen 
roirb, bie§ fann uielniehr unbefdjabet be§ sBegriff^ auf eine 
beftimmte griff ober unter einer SSebingung gefcheheit, ja e§ 
ift beftimmung§gemäfj an fid) jebe 93erpfänbuug in bem Sinn 
eine befriftete unb oorübergehenbe, bajj fic mit bem Gintritt 
ber Tilgung ber Schulb, für beren Sidjerftellung fie gefchal), 
ihr Gnbe erreicht. S)ementfpred)enb ift auch bie geftftellung 
im angefodjtenen Urteil, ber Slngetlagte h^e bie Stangen 
einftroeilcn für ben oon :c. St. ihm gefchulöeteu ^auSjins be» 
halten, bahin ju oerftehen, bafj er fie jur Sicherheit für feine 
äUietjuBforberung infolange aB ißfanb in SSerroahrung ge» 
nommen hatte bi§ biefe gorberung burd) Zahlung ober unter 
Umftänben aud) burd) Slnnahme ber Stangen an ,3ahlung§* 
ftatt getilgt roorben roäre. S§ fann fomit biefe geftfteltung 
aud) nid)t jur SSegrünbung be§ ShBfcfjluffeS bed £atbeftanbd= 
mertmaB bed 511 m ipfanbnehmend roie gefd)el)en uerroertet 
roerben ; ber hiebei unterlaufene Siedjtdirrtum führt aber trat)» 
bem nidjt jur Stufhebung be§ UrteiB, ba ba§ für jened S£at* 
beftanbdmerfmat roefentlid)e GrforbernB einer einoerftäub» 
liehen SSefipbertragung nad) ber anberroeiten geftfteltung er» 
mangelt. 

dagegen ift bem roeiteren Slugriff ber Steoifion, welcher 
fid) gegen bie Stichtannahme bed SSegriffd eined SS e r h e i in» 
l i d) e n d ridjtet, ein Grfolg nidjt ju oerfageit. Stach ben 
UrteiBgriinben erforbert bad SSerheintlidjen eine Jätigfeit, 
roeldje barauf abjiett, bem Sigentümer bie Sluffinbung ber 
Sad)e ju erfdjroeren ober unmöglid) ju mad)eit unb eben hte» 
für ift in bem Verbergen ber Stangen im SMerI)aB ein 511 » 


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B. in Stvaffncfjen. 


193 


reidjenber SBeroeiSgrunb nicf)t erblicft roorben. 9t un fann 
aber ein 58ert)eimtid)en auch in einer anbeven SBeranftaltung 
ober £ätigfeit gefunben roerben, melche geeignet ift unb be= 
jmecft, ber nad)forfd)enbett 53et)örbe gegenüber bie 2luffinbung 
ober 33efd)lagnaf)me ber Sad)e jn Bereitein ober jn erfd)toe= 
ren, eS braucht bie 3Sert)eimIid)ung überhaupt nicht im @in= 
oerftänbnis mit bem ®ieb (ober beffen Mittelsmann) ju ge= 
fd)ehen, mie bieS beim 31nftd)bringen unb junt if3fanbnel)men 
allerbingS erforberlicf) ift. Cb bie Prüfung unb ®ntfd)ei= 
bung beS ^Berufungsgerichts aud) nad) biefer letzteren 9{id)= 
tung erfolgt ift, läfjt bas Urteil nicht erlernten, unb bod) mar, 
um bem 23erbad)t einer red)tSirrigen Sluffaffung feinen s Jtaum 
ju laffen, ein 9luSfprud) hierüber umfomebr geboten, als au 
anbeter Stelle ber mangelnbe 9tad)toeiS eines cinoerftänb= 
lidjen |>anbelnS als ©runb ber 9ticf)tanmenbung beS § 259 
St.©.33. angeführt mürbe. Qener 33 erb acht erfdjeint hieuad) 
begrünbet, utib baj) eine foldje irrige Sluffaffung bie oorer= 
mahnte, in biefer ^nftanj nid)t anfechtbare ^eftftellung be= 
einflufjt ha&en fann, liegt ol)tte meitereS ttalje. 3lber and) 
ber meitere für bie 9tichtannal)me eines 33erl)eimlid)enS ati= 
geführte ©runb gibt junt gleidjeu 33ebettfen 2lnlafj, ob nid)t 
eine 23erfenuung biefeS SatbeftanbSmerfmalS norliegt. ®aS 
93erheimlid)en mirb näntliri) oom 33erufungSgerid)t trot) ber 
bem Sanbjäger gegenüber not ber .ßauSfudjung erfolgten 9lb= 
leugnung beS ©efi^eS ber im SMerhalS uerftedten, alfo nicht 
etroa offeufichtlid) baliegenben Stangen beSl)alb uerneint, meil 
ber 9lngeflagte feiner ©rflärung, er habe feine Stangen, bei= 
gefügt habe, man fönne fein 3lnmefen burdjfudjen. §ieju ift 
aber eine Jeftftellung ober aud) nur Slnbeutnng baritber um 
terbliebeu, in meldjer 3lbfid)t biefeS Slnbieten ber ®urchfud)ung 
erfolgt ift, nämlich ob im ©rnfte ober uielmehr ju bem 3roecf, 
burd) ben bamit ermecften 2lnfd)ein ber Dteblidjfeit unb beS 
guten ©eroiffenS ben Sanbjäger ooti ber 3)urd)fud)ung ab= 
jul)alten. $n letzterem fyall märe, mie bie Dteoifion jutref= 
fenb annimmt, eine Unterftütjung unb breifte öefräftigung 
ber bereits miber beffereS ÜBiffcn gefd)cl)enen Slbleugtmng beS 


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194 ©ntfdjeibutigen bc§ Dberlanbe§gerid)t§. 

Vefit)e§ bev ©taugen burcf) ben Stngeflagten gegenüber ber 
berechtigten Anfrage ber SBefjörbe erfolgt unb eine 

ÜEätigfeit gegeben, welche ba§ ©efet) mit bem begriff Ver= 
heimlichen im Sinn be§ § 259 ©t.@.V. unter Strafe gefteüt 
hat. $ie getroffene ffeftftellung erfcheint be§h<-tlE) nicht ge= 
nügenb, um bie Sinnahme auSzufcfjliejjen, ber Slngeft. habe 
bie Stangen oerheimlicht, oon welchen er wufjte, bafj fte ge= 
itohlen waren, unb um bemgemäß bie ^reifprechung au§ 
§ 259 St.©.V. ju rechtfertigen. 

Urteil be§ StraffenatS oont 15. ®ejember 1902 in ber 

Straffache gegen 35aoib Vöhnt. 

10 . 

Per prgriflf öes ,,UrbrrIn!Teus an nttöere“ im pimt 
bes $ 367 3- 3 pt.05.0. betr. ben prj neimtitelnerheljr 1 ). 

2lu§ ben © r ü n b e n : 

Stad) ben tatfädjlichen Bestellungen be§ Verufungsge* 
richte; befteht in ®. ein honwopathifcber Verein, welcher nicht 
in ba§ Verein§regifter eingetragen ift, unb u. a. bejwecft, 
jebeS Vtitgüeb in bie Sage $u oerfehen, fid) unb ben ©einigen 
im (frfranfung§fall auf rafdE>e, fidjere unb faft foftenlofe Sßeife 
felbft ju halfen; biefer Zweit fall erreicht werben burcf) Ver= 
mittlung be§ Vejug§ l) o m ö opath tf djer SRittet für bie 9Rit= 
glieber oon einer tmmöopatf)ifd)en Zentralapotljefe ; ba§ ©in» 
tritt§gelb beträgt 1 SJtf., ber monatliche Beitrag 15 ißfg., 
wofür ben Sttitgliebern bie unentgeltliche Veniitjung ber 
3Serein§apothefe gewährt wirb. 35iefe legiere befinbet fid) 
in Verwahrung unb Verwaltung be§ Slngeflagten unb biefer 
hat am 2. 2Mrj 1903 an bie £od)ter eine§ Verein§mitglieb§ 
au§ ber Verein§apotf)efe Slfonit ab§ Heilmittel abgegeben 
unb jwar ohne polizeiliche ©rlaubniS. Stad) bem ©utachten 
be§ Sadjoerftänbigen gehört biefe§ SRittel ju ben im Ver= 
jcid)ni§ A ber St'aiferlidjen Verorbnung oont 22. Cftober 
1901 aufgeführten Zubereitungen, bereu H an bel nicht frei= 
gegeben ift unb ba§ Verufung§gerid)t fiat hienad) ben 2ltt= 
1) Vevgt. 33b. 6 3. 361 ff. 


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B. in Straffacfjen. 


195 


gesagten roegctt Uebertretung gegen § 367 Ziff. 3 ©t.©.©. 
jur ©elbftrafe »cm 5 SRI. oerurteilt, ba er ohne polijeilid)e 
©rlaubniS Slrjneien, fotoeit ber Raubet mit beitfelben nicht 
freigegeben ift, an anbere überlaffen l)abe. 

2)ie f)iegegen eingelegte ©eoifion be§ Slnget'lagten rügt 
©erletpng oon formen be§ materiellen 9ied)t§, ohne inbeS 
eine beftimmte einjelne 9ted)t§oerlet)ung in bem angefochtenen 
Urteil ju bejeicf)nen. 2)ie gebotene allfeitige Stacfjprüfung 
läfjt einen foldjen ©erftofj and) nidjt erfennen. 

Stad) § 367 3iff. 3 ©t.©.©. mirb beftraft, mer ohne 
polijeilidje ©rlaubniS ©ift ober Slrjneieit foroeit ber -fpanbel 
mit benfelben nicht freigegeben ift, jubereitet, feilf)ält, oer= 
fauft ober fonft an anbere überlägt. 2Ba§ unter Slrjneieu 
ju oerfteljen unb mie weit ber ^anbel mit ihnen befdfränft 
fein fotl, ift im ©trafgefet) nicht auSgefprodjen, mohl aber 
in ber auf ©runb beS § 6 Slbf. 2 ber 9t.©ero.O. erlaffenen, 
berjeit in ©eltung ftehenben Kaiferl. ©erorbnung oom 22. 
iDftober 1901 betr. ben ©erfehr mit 21rjneimitteln. *3)iefe 
geftattet in §§ 1, 2 ba§ geilhatten unb ben ©erlauf ber in ben 
beigegebenen ©erjeid)niffeit A unb B aufgeführten Zuberei= 
tungen unb ©toffe nur in 2tpott)elen unb jmar bejüglid) ber 
in A ermähnten Zubereitungen mit bem ©eifatj, bafj e§ !ei= 
nen Unterfdjieb mad)e, ob fie gcitfräftige ©toffe enthalten 
ober nicht, fofern fie nur als Heilmittel oerabreid)t merben. 
Hierauf folgt, baff beim Zutreffen ber letzteren ©orauSfetsung 
bie im ©erjeidjniS A genannten Zubereitungen folche 21rj= 
neien bilben, bereu Hanbel im ©iitn beS § 367 Z'ff- 3 ©t.@.©. 
nid)t freigegeben ift. ©ad) ber ohne erfidjtlichen StedjtSirr* 
tum getroffenen geftftellung beS ©crufungSgerid)tS fällt baS 
hier in grage ftehenbe Slt'onit unter bie in 9h. 3 beS ©er= 
jeichniffeS A genannten „üluSjüge in fefter ober flüfftger 
gorm" unb treffen bie bafelbft jugelaffetten 21uSnat)men, auch 
bie in 2lbf. 2 unb 3 beS § 1 ermähnten ©infchränfungen 
auf Utfonit nicht ju. H* enac () ftnb oorliegenb bie jur 21u= 
menbung ber ©trafoorfchrift erforbertichen ©atbeftanbSmerf-- 
male gegeben, fofern mit bem ©erufungSgerid)t nrtb ent= 


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196 


©ntfdjeibmigen be§ Dber(anbe§gevid)t§. 


gegen bem ©dptporbringen be§ Stngeflagten aud) ba§ 9Jlerf= 
mal be§ „U e b e r I a f f e n § an an b er e" al§ oorliegenb ju 
erachten ift. 

©ine 93egriff§beftimmung biefe§ £atbeftanb§merfmal§ 
enthält ba§ ©trafgefet) nidjt; nadj bem gemeinen ©pradj* 
gebraudj oerftefyt man barunter ba§ 3lufgeben be§ ©eroatjr* 
fam§ einer ©ad)e ju ©unften eine§ anberen, roeldjer ba§ 
©igentunt an ber ©ad)e erroerben ober fonft biefelbe an fid) 
bringen will. @1 roirb fonadj oorauSgefetjt, bajj ber lieber* 
laffettbe ein 33erfüguttg§redjt ober eine tatfädjlidjc 23erfügung§* 
ntadjt über ben betrcffeubett ©egenftanb Ijat, fei e§, bafj 
biefer in feinem ©igentunt fieljt, ober er namett§ be§ bep>. 
ber ©igentümer über benfelben ju bi§pottierett befugt ift, 
ober bafj er nur tatfädjlidj — otjite 93erftigung§redjt — in 
ber Sage ift, über benfelben $u oerfügen; ferner roirb oor* 
au§gefetjt, bafi tninbeften§ bie faltifcfje ffierfügungSgeioatt unb 
ber ©eroatjrfam auf ben anberen übertragen roirb, ber eine 
alfo bie 93erfügung§mad)t über bie ©ad)e aufgibt unb biefelbe 
gleidjjeitig bem anbern überläßt, biefer fie alfo suuor ttod) 
nidjt befeffen fjat. 3>afj biefe 2tu3legung and) bem ©illett 
be§ ©efetjgeberS entfpridjt, ergibt bie gattje Raffung ber 
in grage fteljetiben ©trafoorfdjrift, toeldje mit ben ©orten 
„ober fonft an attbere überläßt" fo umfaffettb unb allgemein 
roie möglicf) lautet unb inbem biefe ©orte ben oorau§ge* 
gangetiett „roer . . . jubereitet, feilßätt, oerfauft" ergönjenb 
gegenübergeftellt roerben , beutlidj erfennen läßt, baff fcfjon 
febe Uebertragung ber tatfäcßlidf en 33erfiigung§geroalt, roie 
immer fie geftaltct fein mag, barunter fällt unb überhaupt 
alle $älle eine§ lleberlaffettl bamit gemeint fittb. .ßiemit 
ftimmen bie Kommentatoren überein, roelcfje ben 9Iu§bru<f 
„an anbere übertaffen" in ber ßauptfadje al§ gleidjbebeutenb 
mit „Qnoerteljrbringen" int ©intt be§ § 324 ©t.@.©. unb 
be§ § 12 be§ 9ialjrung§mittelgefet}e§ ooin 14. Sütai 1879 er* 
achten, ogt. Dläljaufen 511 8 367 3. 3 9lote3 f ß, SiSjt. ©. 505, 
.ßälfdjnet II ©. 662, Oppettfjoff 9h. 23 b; ebenfo bie Diedjt* 
fprecfjttng bes ih'eitfjSgcridjts, ttadj roelcßer ber 3lu§brucf in 


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B. in ©traffadjen. 


197 


§ 367 3- 3 eine anfdjeinenb nod) umfaffenbere ^-orm jum 
9luSbtucf bringt, als bie fonft gleidjbebeutenbe Raffung „in 
23erfel)r bringen", ogl. Gcntfd). III ©. 122/123 unb ber int 
©prengftoffgefelj oont 9. Quni 1884 8, 9 gleichlautenbe 

21uSbrucf „ober fonft an anbere überlaffen" baliin auSgelegt 
roirb, baff barunter baS ©inräumen einer tatfädjlichen 93er= 
fügungSgeroalt übet bie überladene Sache jn oerfteljen fei, 
©ntfd). XVII. 258. 2)eutfd)e ^uriftenjeit. 1900, ©. 74. 

$n fällen be§ 9Ä i t e i g e n t u m § mehrerer an ber= 
felben ©acf)e fattn nun alletbingS oott einem Ueberlaffen an 
anbere bann nid)t roof)l gefprodjen toerbett, roenn unb foroeit 
ber anbere felbft traft ©igentumSrechtS über bie betreffenbe 
Sache ju oerfügen berechtigt ift unb berjettige in beffett ©e= 
tüatjrfam bie Sache fid) befinbet, nur ©tettoertreter beffett 
ift, bem er biefelbe überläßt. 2lnberS liegt aber ber gall 
fdjott, roenn mehrere ^erfüllen Sdliteigeutümer an einer fot= 
chen ©adje fittb, ohne bah ber einzelne über feinen UCnteit 
ju oerfügen berechtigt ift unb ein fyatl biefer 3lrt ift hier ge= 
geben. 2)er h om öopatbifd)e Sßereitt in 2). ift roie auS ben 
tatfächtidjeu geftftellungen beS 23ortid)terS heroorgeht, feine 
juriftifdje Sßerfon unb nicht in ba§ SSereinSregifter eingetragen, 
alfo nid)t rechtsfähig unb eS fittben beSljalb ttad) ^ 54 '13. ©.53. 
bie 93orfd)riften über bie ©efellfdjaft auf ihn 2lnroenbung. 
9Iacf) biefen — § 718 — ift bie 3}ereinSapotl)efe b. h- bie oon 
ber 3entralapott)efe angefcfjafften Slrjneien jum gemeinfd)aft= 
liefen Vermögen ber 33ereiitStnitglieber getoorben, baS ein= 
jetne Sftitglieb barf aber nad) § 719 nid)t über feinen 2ln= 
teil an bem ©efeUfchaftSoemtögen ober an ben einjetnen baju 
gehörigen ©egenftänben oerfügen unb ebenforoenig fleht ihm 
baS 9ted)t ju, Teilung ju oerlangeu, eS fann uietntehr hier 
nach bent 33erein§ftatut nur in beftimmtem fyall bie unent* 
geltlidje 3 UIüe if un 9 einjelner Heilmittel beaufpruchen, itärn-- 
lid) im Soll eigener ©rfranfung ober bei ©rfranfung eines 
guntiliengliebeS. Sritt biefer galt nicht ein, fo erhält baS 
93ereinSmitglieb infolange nid)tS oott bem ©efellfcf)aftSoer= 
mögen, auf ber aitbereti ©eite muh ein franfeS SRitglieb auch 


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198 ©ntfdjeibungen be§ DberlanbeSgericfjtS- 

baS 93ielfad)e bev auf eS nach 53rud)teiten entfallenben Quote 
bet oorhanbenen Slrpeimittel erhalten uitb eS ift nidjt auSge* 
fcf)loffen, bafj ein einiges SJtitglieb ben gatijcn SBorrat eines 
Heilmittels allein oerbraudht. itrotjbem alfo recfjtlirf) bic ein* 
jelnen 53ereinSmitglieber als ^Miteigentümer ber 5$ereinSapo* 
tfjefe anjufeljen fittb, liegt bocf) nad) § 719 53. ©.53. unb nad) 
bev befonberen, burd) ben SJereinSjioecf gegebenen ©eftaltung, 
nid)t ein ^Miteigentum im ftreng cioiliftifcfjeu Sinn unb mit 
ben gewöhnlichen MedftSfolgen oor, baSfelbe tritt oielmeljr 
nur in ber §orm in bie ©rfdjeinung, bafj ber einseine fraft 
feiner SMitgliebfdjaft Slnfprud) barauf hat, baff ihm im 53e* 
barfSfall oon ben für ben SBerein angefdiafften Heilmitteln baS 
erforb erlicfje Quantum oerabfolgt roevbe, alfo in ber ©eftalt 
eines 5orberungSred)tS beS einzelnen ÜJlitgliebS an baS ©e= 
fellfdjaftSoermögen bejro. gegen bie @efamtl)eit bev übrigen 
SßereinSmitglieber. Hi^i roirb ^ er Slngetlagte als 93ern)af)rer 
unb Vermalter bev 53ereinSapotl)efe in Sätigfeit gefegt, er- 
bat traft ber it)m oon ber ©efamtbeit bev 53ereinSmitglieber 
erteilten SSollmadjt unb ©efdjöftSführung baS gewünfcfjte Heil 1 
mittel ju oevabfolgen, er gibt bamit ben ©etoaljrfam unb 
bie bis baljin il)m juftefyenbe tatfäd)licl)e 33erfügungSgewalt 
über baSfelbe ju ©unften beS betreffenben ÜJHtgliebS auf unb 
überträgt beibeS an letzteres. Hierin aber liegt ein lieber* 
laffen beS Heilmittels an einen „anbern", welcher erft l)ie* 
burd) auSfd)Iiefjltcf)eS ©igentumSredjt an bem SMittel erwirbt 
unb juoor barüber oon fid) auS nidjt oerfügen tonnte. Hie 5 
nacf) rechtfertigt ber feftgeftellte ©acfjoerhalt bie Sltuoenbung 
ber ©trafoorfdjrift beS § 367 $iff. 3 unb oermag ficfj baS 
MeoifionSgevicf)t ber gegenteiligen, oont preufjifchen Kammer* 
geriet (©oltb. 2lvdj. 53b. 40 ©. 352. 53b. 46 ©. 356) unb 
oon ben Ober(anbeSgerid)ten granffurt, $ena unb Karlsruhe 
(©oltb. Slrd). 53b. 48 ©. 146 unb in 53eiatten lieg. UrteilSab* 
icfjrift) foioie oon OlStjaufen Stomni. S 367 3- 3 Mote 3 f [J 
oertretenen Sluffaffung nidjt anjufd)liefjen. Hieooit abgefetjen 
ift überhaupt ber 53egriff beS UeberlaffenS an anbere im 
©itin biefeS § nidjt nad) ftreng cioilvedjtlidjcn Movmen p 


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B. in ©traffadjen. 


199 


beftimmen unb roefentticf) al§ tatfätfjlirfjei begriff aufpfaffen. 

$iefe 2lu§legung ber fraglichen Strafoorfchrift finbet 
weiterhin eine roefentlidje Unterftütpng unb SBegrünbung in 
bem gefehgeDerifchen (Sinn unb Z n» e dt berfelben. tiefer 
geht ba£)iit, ntie bie Materialien p § 6 2lbf. 2 b. 9i.©.£>. in 
SSerbinbung mit § 367 St.©.23. ergeben, eine obrigfeitliche 
Kontrolle be§ 2lrpeimitteloerfehr§ p fidjern unb ba§ ^ßtt* 
blifum tunlidjft gegen bie ©efaf)ren p fchttfcen, roelcfye burd) 
ntebijinifche SJtittel für Seben unb ©efunbtjeit ber 9Renfcf)en, 
fpejiell burd) unbeaufsichtigte 93erabreicf)ung oon 2lrpeimit= 
tetn feiten^ nidjtfadperftcinbiger s }$erfonen herbeigeführt roer* 
bett fönnen. Soldje ©efaljren entftetjen für ba§ 'tßublifutn 
nid)t allein au§ ber Zubereitung non Stoffen für fjeiläroedte 
burd) Unfunbige, fonbern in gleichem 2Rafj burd) 33erabfol* 
gütig ber oon fadjoerftänbiger Seite gefertigten Slrpeimittel 
burd) Unberechtigte, toeldje in SSerfennung ber SEBirfung oon 
Heilmitteln burd) im einzelnen ffall unptreffenbe 25ertuen= 
bung ober Seftimmung ber Mengen, 2lrten, aud) burd) 2lb* 
gäbe foldjer in nid)t mehr unoerborbenem Zuftanb u. f. m. 
bie mettfd)lid)e ©efunbfjeit fd)toer gefährben unb fdjäbigen 
fönnen. Zu biefem Zmecf hat ber ©efetpeber bie Sßerab* 
reidjung ber nad) fforrn ober Znljalt fid) al§ Heilmittel bar* 
ftellenben, in ber silierten Äaifert. Sßerorbttung fpejiell auf* 
geführten Zubereitungen unb Stoffe lebiglid) ben ftaatüd) 
beauffid)tigten 2lpo tiefen oorbel)alten unb aufjerbem bie 2lu§= 
folge biefer Heilmittel nur auf ©runb polijeilidjer @rlaubni§ 
pgelaffen, um auf biefe SEBeife burd) bie 2lusroaf)t ber ge* 
eigneten s #erfonen, burd) Kontrolle ber $8efd)affenl)eit ihrer 
Vorräte unb ihrer Jätigfeit jenen ©efahren für bie öffent* 
lid)e ©efunbheiteipflege oorpbeugen. 3)er tg?* oom ©efetj= 
geber im öffentlichen Zntereffe oerfolgte unb burd) bie Straf* 
norfdjrift be§ § 367 Z- 3 gefdjütjte Zu>c’d mirb über ue* 1 
eitelt, unb biefe 33orfcf)rift oerle^t, roenn ein SSerein nad) ber 
9(rt be§ h*er in $rage ftehenben Vorräte einzelner bem 2lpo* 
thefenoertrieb au§fd)lie§(ich oorbehaltener Stoffe unb Zube* 
reitungen anfdhafft, auf Säger hält unb bann juni ©ebrauef) 

Jahrbücher für 2üürttembcrg. Rechtspflege. XV. 2. 14 


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200 


@ntfcf)eibungen be§ Dberlanbesgericfjtg. 


in KranfheitSfällen ber 9Jlitglieber unter Umgebung bev 2lpo* 
tiefen im ©injelfall burcf) eine ißerfon ohne au§reitf)enb ge= 
prüfte ©adjfenntniS ben einjelnen ausfolgen läfst. ®ie§ fommt, 
roie ber SBorricfyter jutreffenb fagt, auf eine organifterte Um= 
getjung beS ©efetjeS f)inau§, bereu öeftrafung nad) bem 2lu§= 
geführten forootjl burd) ben SBortlaut als burd) ben Sinn 
unb $roed her 93orfdf>rift beS § 367 3iff. 3 ©t.©.$8. be» 
grünbet roirb. 

®iefe ©efetjeSauSlegung füfjrt enbtid) aucf) nicht §u ben 
nom gegenteiligen ©tanbpunft aus befürchteten £ o n f e= 
quenjen, roeldje ber ©efetjgeber jroeifelloS nicht beabfich= 
tigt h«t. @§ roirb fpenach nidjt, roie behauptet mürbe, ber 
'öebienftete ober 93ote ftrafbar, welcher im 21 uf trag bie Slrjnei 
in ber 2tpott>efe abholt unb fie bem Sluftraggeber, j. ö. ber 
$ienftherrfd)aft hernach übergibt; benn foldjenfaUS erroirbt 
ber 23ote ober 'Schiente unmittelbar für ben Sluftraggeber 
bie SerfügungSgeroalt unb jroar im SDioment, mo er bie 2lrj= 
nei in ber 2lpothefe auSgefolgt erhält, er überläfjt fie alfo 
bei ber Uebergabe an ben Auftraggeber nicht an einen „an- 
bem". 2lud) in fällen, in welchen ein gamilienoater, ©he- 
gatte u. f. m. berartige Heilmittel auS feiner fog. H au § 5 
apothele einem Qumilienglieb ober häuSlicf)en ®ienftboten 
oerabrcid)t, bürfte bie Anroenbbarfeit ber <Strafoorfd)rift re= 
gelmäfjig im H* n hfttf au f hie hei her Anfdjaffung foldfer 
HauSapothefenmittel beftehenbe Slbfidjt unb bie .ßugehörigfeit 
biefer ißerfonen ju berfelben häuslichen ©emeinfdjaft auSge= 
fd)t offen bleiben, Soweit bieS nidjt ber fyall ift unb biefe 
©efetjeSauSlegung unter Umftänben ju nicht roünfchenSroerten 
Äonfequenjen gelangen faitn, liegt im ©injelfall root)t eine 
geroiffe, aber oom Stanbpunft beS beftehenben ©efetjeS nid)t 
ju oermeibenbe Härte oor, roelche bei 33orfd)riften oon rein 
gefunbheitöpolijeilid)etn oorbeugenbem ©h ai- ofter roie ber ge= 
genroärtigen nidjts Seltenes ift unb auS höheren ©rünben 
beS öffentlichen ©emeinroohlS fid) unfd)roer redjtfertigen läfjt. 

Urteil beS fyerienfenatS oom 29. 3»li 1903 in ber Straf* 

fadje gegen ©ottfrieb Sdjlotterbecf. 


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B. in ©traffadjeu. 


201 


11 . 

Jtanjwferit hattn btc Uadjbilömtg non ©eUrnimtjrtt in 
Ötljukolabemafle prüfbar fein? 

Pie ®ntü£)lanbömcrhtttalc örs 8 360 Jiff. 5 $.*51 MS. 
mtb bie ^itläfligheit einer befdjränkten int 

£tntte bes Hbf. 2 biefes §. 

2lu§ ben 

© r ü n b e n : 

$er 2lngeflagte ift Seiler unb ®efd)äft§füf)rer bet „93er= 
einigten ©l)ofolabe= unb 53onbonfabrifen @. O. 2Jlofer unb 
®. unb 2B. SRotf) jr." in ©t. unb ift in beiben S3orinftanjen 
wegen 23erfet)lung gegen § 360 3iff. 5 ©t.©.93. jur ©elb= 
ftrafe non 20 2J1. auf ©runb bet fyeftftetlung oerurteilt 
worben, baf? er fortgefetjt feit einer 9teibe oon Qafyren unb 
jebenfall§ nod) innerhalb ber bem Strafbefehl nom 16. $uli 
1902 uorangegangenen brei SJJonate bei $erftellung uon 
©fjofotaberoaren oerfdjiebene SReid^metattmünjen, nämlicf) bie 
©inmarfs ^ünfmart= unb 3n>anjigmartftücfe nadjbitben tief? 
unb fjieburd) ben Stbbrud uon Stempeln, welche jur 3tnfer= 
tigung uon SDtetaltgelb bienen fonnten, unb jroar ofyne ben 
fcfiriftlidjen Auftrag einer ®ef)ötbe unternahm. 9tad) bem 
nom ^Berufungsgericht als erroiefen angenommenen ©adper* 
halt gefc^af) bie ^erfteüung in ber 9lrt, baff ©chofolabemaffe 
mit weifjem ober gelbem ©taniol umhüllt in einer 2Hafd)ine 
mit jmei Stempeln gepreßt unb ju f leinen ©d) eiben in ©e= 
ftalt unb ©röjje ber genannten 9ieid)3münäen geformt mürbe. 
$aS ©epräge, meldjeS fiel) bei biefem Verfahren oon ben 
Stempeln auf bie beiben ©eiten ber . gepreßten ©tücCe unb 
Sroar in erfter Sinie auf bie ©taniolumljüllung übertrug, mar 
uötlig übereinftimmenb mit bem ©epräge ber entfprecfjenben 
aJtetallmünjen, abgefefjen oon ganj geringfügigen Slbroeidjun* 
gen, bie ©fyofolabemünjen waren etwas bitfet unb jugleid) 
leidjter als bie ©elbmüttjen, aud) fehlte bie biefett eigentüm» 
tidje 3tanbfcl)rift bejw. 9tanboerjierung bei ben 5 a kviEaten 

14* 


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202 ©ntf Reibungen bei OberlanbeSgericfjtä. 

be§ Angeflagten. $ie Veoifion bei Angetlagten rügt Sßer= 
lehung bev Strafoorfchrift bei § 360 3- 5 St.©.V. burd) 
irrtümliche Anwenbung. 2)iefe 9iüge ift jebori) nid}t be= 
grünbet. 

9tacb § 360 3tff. 4 St.©.V. roirb beftraft, wer ohne 
fdjrifttidjen Auftrag einer Söetjörbe Stempel, Siegel, Stiche, 
glatten ober anbere formen, welche jur Anfertigung non 
SJletallgelb u. f. tn. bienen tonnen, anfertigt ober an 
einen anberen all bie Söetjörbe oerabfolgt; nad) § 360 3iff- 5 
wirb beftraft, mer ohne fc^riftlidjen Auftrag einer Vefjörbe 
ben Abbrucf ber in 3>ff er 4 genannten Stempel, Siegel, 
Stiche u. f. tn. unternimmt ober Abbrüde an einen anberen 
all bie Veljörbe oerabfolgt. 3)ie t)ier gegebenen Strafoor» 
fünften oerfolgen, roie fid) aul ihrem SBortlaut, aul ber 
@ntftel)unglgefd)id)te unb bem 3»fatui«enhang mit benjeni* 
gen über Sftünjoerbrec^en bejro. SUünjoerge^en im Sinn ber 
§§ 146 ff. St.@.V. ergibt, ben polizeilichen ©efid)tlpunft 
ber tunlidjften Verhütung oon 9)tünj= unb Stempelbetiften 
unb motten weitergehenb all § 151 nid)t bloß bie bort oor= 
gefetjenen Vorbereitunglhanblungen zu einem 9)tünzoerbred>en 
fonbern fd)on foldje Veranftaltungen unter Strafe ftellen, 
weldje möglicherweife bie Vegehung einel SUtünzbeliftl zur 
golge haben fomie zu einer mißbräud)lichen Verroenbung 
oon ©elbprägeformen bei iHeidjl führen fönnen. ®iefe Strafe 
oorfd)riften bezroeden fonad) in erfter Sinie ben Schuh ber 
ftaatlicfjen Münzhoheit flegelt unbefugte Ütadjbilbungen oon 
Steidjlmiinzen in weiterem, burd) ben rein polizeilichen ©h a = 
rafter ber Vorbeugung bebingten Umfang unb erft in zwei- 
ter Sinie ben Schuh bei ißublifum! gegen mehr ober min» 
ber fd)wer zu oertneibenbe Säufcfjungen im ©elboertehr, wet» 
eher erfahrungsgemäß häufig bie nähere Vrüfung bei ein» 
feinen Münzftüdl aulfcßließt. 

®ie oorliegenb zut Anwenbung gebrachte Strafbeftim» 
mimg ber 3iffev 5 bei § 360 erforbert einmal ben Mangel 
einel fchriftlidjen beßörblichen Auftrag!, fobann bie Ver» 
wenbitng oon Stempeln, weld)e zur Anfertigung oon Metall» 


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B. in Straffncfjen. 


203 


gelb bienen fönnen unb enbtid) baS Unternehmen beS 2tb= 
btucfS eines berartigen Stempel». 3)iefe £atbeftanbSmerf= 
male finb in bem angefochtenen Berufungsurteil tatfäd)tid) 
auSreidjetib unb rechtlich eiitroanbfrei feftgefteüt. ®er 2ln= 
geflagte hat bei fperftellung ber Staniolfd)ofolabemünjen ohne 
ben fchriftlichen Stuftrag einer Betjörbe gehanbelt. 3)ie @nt= 
fcheibung ber Jrage, ob bie hiebei oom Slngeflagten benäh 5 
t e n Stempel jur Slnfertigung oott 9Jletallgetb bienen 
fönnen, bilbet junächft einen ©egenftanb ber tatfäcf)tirf)cn, 
in ber 9tenifionSinftanj nid)t angreifbaren geftftellung. 9tun 
finb nach &er au f ^aS ©utad)ten eines Sachnerftänbigen ge= 
ftühten BeroeiSannahme beS Berufungsgerichts bie jur 3ln= 
fertigung . ber ©hofotabemiinjen oerroenbeten Stempel fo be= 
fd) affen, baß fie jur fperfteüung non SJlünjen nicht nur auS 
'Blei unb meidjen Metallen, fonbern aud) auS harten 3Jtetallen, 
alfo non ed)ten ©elbmünjen, menn aud) fold)enfallS nur für 
fur§e Beit, bienen fönnen. SBenit hiebei bem Umftanb, bah 
bie ermähnte gähigfeit ber Stempel bei Bermenbuttg non 
hartem SJletaU non nicht langer ®auer ift, für ben £atbe= 
ftanb ber Strafoorfd)rift als nicht entfcfjeibenb erachtet unb 
eine ©infcfjränfung ber letzteren auf nid)t abnühbare ober 
foroeit bieS technifd) möglich jur bauernben $erftetlung non 
Sftetallgelb bienlidje Stempel als bem SBortlaut tnie bem 
ßroecf ber ©efeheSbeftimmung juroiberlaufenb erflärt mürbe, 
fo ift biefer Sluffaffung beijutreten. ©benforoenig erforbert 
ber Jatbeftanb ber 3iff- 4 unb folgerichtig auch ber ber 
3iff. 5 beS § 360 , bah &ie angefertigten Stempel mit ben 
*ur ^jerftellung echten SJletallgelbeS beftimmten unb amtlich 
gebrauchten Stempeln noüfommen unb ohne jebe fleine 2lb= 
meidjung übereinftimmen, nielmehr nermögen nur bei befon* 
berer Stufmerffamfeit mahrnehmbare unb fonft leicfjt ju über* 
fehenbe 2lbroeichungen bie Strafbarfeit hiev umforoeniger auS= 
jufchliehen, roeit auch &ie Slnroenbung ber §§ 146 ff. St.©.B. 
hienon unabhängig ift. 3)ie nont BerufungSgerid)t in ber 
Dichtung getroffene geftftellung, bah &ie benühten Stempel 
bie nom ©efeh geforberte Befd)affenheit ber 35ienlid)feit jur 


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204 


@ntfcf)eibun0en be§ Dbertnubejgerirfjts. 


Anfertigung oon SJletallgelb befi^en, läfj t fonacf) einen 9tecf)t§= 
irrtum nid)t erfennen. 

2)afj fobamt bie mit biefen Stempeln tjergefteUten gabri= 
täte, näheren A b b r ü cf e in ftaniolumhüllter ©t)ofo(abe= 
maffe als Abbrücfe bev in 3‘ff- 5 be§ § 360 bejeidjneten 
Art objeftin fid) barftellen, ift oom Verufung§gerid)t ein* 
roanbfrei feftgeftellt. Unter „Abbrucf", roelcf)e§ Söort jugleid) 
ba§ Abgebrucfte in ficf) fdjliefjt, roirb £>ier ba§ au§ ber Ve= 
nfiljung ber in 3iff. 4 genannten Stempel b^toorgegangene 
gabrifat oerftanben, unb nic^t etma bloff bie SBiebergabe 
be§ Stempelt. $)a§ ©efeb fpricf)t nun furjroeg non einem 
Unternehmen be§ Abbruch ber in $iff. 4 genannten Stern* 
pet ohne ein meitere§ @rforberni§ in 2Ibficf)t auf bie Ve* 
fdjaffenbeit ber Abbrücfe ober in ber SHidjtung aufjuftellen, 
auf roetdje ÜJfaffe ober in meinem Stoff biefe Abbrücfe er* 
folgen muffen, um unter bie Strafbrotjung ju fallen. @3 
liegt auch nat)e, baff bei bem rein polijeilidjen ßfjuvafter 
unb 3roecf ber Strafoorfd)rift im |>inblicf auf bie @e* 
fährlidjfeit einer mißbräuchlichen Vermenbung foldjer Stern* 
pel fcfjon ber Vefiß berfelben, nadjbem bie Anfertigung ober 
Verabfolgung an dritte nach Ablauf oon brei 9Jlonateu 
nid)t mehr geftraft rcerben f'anu, bie ©efaßr be§ 9Jlißbraucb§ 
aber fortbefteljeir bleibt, al§ bebeuflicf) erachtet unb be§f)atb 
fcf)on jebe bas Unternehmen eine» Abbruch barftellenbe Ve= 
tätigung mit einem berartigen Stempel unter Strafe geftellt 
merben moUte, felbft roenn biefe in harmlofet SBeife gefcfjaf). 
.fnebei fantt überbie§ barauf htngemiefen merben, baß aud) 
für ben Stotbeftanb be§ § 146 St.@.33. nur entfcßeibenb ift, 
baß bem nad)gemad)ten ©elbftücf ein Schein geltenben echten 
9)letallgelbe§ inneroohnt, mährenb e§ nicht oon Velang ift, 
burd) melche Mittel biefer Sdjein h^orgerufen mirb unb 
für bie ©ntfdjeibung ber $rage über ba§ Vorßanbenfein eitte§ 
foldjen Sd)eine§ roeber auf ba§ ©epräge noch auf ben Stoff, 
au§ melchem bie falfcße SRiinje befte£)t, ein maßgebenbeS ®e= 
reicht gelegt merben muh, @ntfd). 3J.©. in Straff. Vb. 6 
S. 142. 


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B. in ©traffacfjen. 


205 


9lun gef)t bie 9ie»ifion baoon au?, baß bie 2lbbrücfe 
jener (Stempel mcßt unterfcßieb?fo§ uitb oßne weitere? burd) 
bie 95eftimmung bet 3iff. 5 be? § 360 unter ©träfe geftellt 
finb, baß oiefmeßr nur bie £>erfteUung m e t et 1 1 g e t b ä ß n= 
I i rf) e r 2lbbrücfe bie (Strafbarfeit im ©inn be? ©efeße? be= 
griinbe. ©3 bebarf jeborf) oorliegenb einer ©ntfeßeibung bie= 
fer Streitfrage feiten? be? s J{eoifton§gerid)t? nicht, roeif in 
bern angefodjtenen Urteil bie ©tanioldjofolabemüngen be? 
SIngeffagten tatfädjlid) ju ben metallgelbät)nlid)en 9lbbrüdEen 
gerechnet fitib. ($3 ift bie? bamit begrünbet roorben, baff 
bie ©tanioloerfleibung auf ber ©ßofofabefornt in affen Zeu 
len, in?befonbere auf bem beiberfeitigen ©epräge fo eng uub 
gleichmäßig aufgeprägt fei, baß fie bem obcrfläcßfidjen 53e= 
feßauer ba? ©anje a(3 ein einheitliche? ©ebilbe erfcheinen 
laffe unb ißm bie mähre ^ufammenfeßung tierberge, fomie 
baß burd) biefe ©taniofoerfleibung, bereu ©lanj unb garbe 
beiten be? ©ifber? bejro. ©olbe? ähnlich fei, bie Gbofolabe= 
mutten einen nidjt utterßeblidjen ©rab oon 3feßnficßfcit mit 
echten Silben bejro. ©olbmünjeit belommen, roa? gerabe be= 
jroeeft unb rooburd) bie Sftögficßfeit nießt au?gefd)foffen fei, 
baß unter Umftänben, meld)e ficß unfeßroer »orftelfen laffen, 
llnoorficßtige ober Unerfahrene getäufeßt roerben, rnentt biefe 
£äufd)ung oielfeicßt aud) nur im 33orjeigen, nicht im 4Mn= 
geben gefeßeße. 

2)iefe 2fu?füßrungen, auf rcefeßen bie tatrießterfieße 2tn= 
naßme ber äußeren ©efbäßnlicßfeit ber mit jenen unter 3iff. 4 
be? § 360 falfenben ©tempeln ßergeftelften gabrifate ober 
üfbbrücle berußt, laffen eine ißnen etma ju ©runbe liegenbe 
red)t?irrige Stuffaffung nidjt erfennen. SJlit Unredßt bemän= 
gelt bie fHeoifion, baß biefe Sfnnaßme ber ©elbäßnfidjfeit 
nießt auf ba? 2tu?feßcn unb bie fonftigen ©igenfdjaften ber 
©ßofofabemünjen fefbft geftüßt, oielmeßr nur barau? gefol= 
gert roerbe, baß befonbere 33eranftaltungen unb SBorfpiege* 
lungen beim äSorjeigen ber SJfünjcu oorau?gefeßt roerben. 
®eitn bie angeführte Segrünbutig folgert bie ©igenfeßaft ber 
©efbäßnficßfeit gerabe au? ber gönn, bem aufgepreßten ©e= 


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206 ©ntfdjeibungen be§ Oberlanbe§gericf)tä. 

präge ber $abrifatc foroie aitS garbe unb ©lanj ber bic 
©^ofolabemaffe umgebenben unb mit biefer als ein eint)eit= 
lidjeS ©ebilbe evfdjeinenben ©taniofuerfleibung, alfo aus bem 
SluSfehen unb ber äußeren täufcßenben 93efd)affenheit ber 
©taniolchofolabemünjen, nirfjt aber — wie bie 9ieoifion un= 
terftellt — anS anberweiten außerhalb ber gabrifate fetbft 
liegenbeti unb uon biefen unterfcßeibbaren ©rfdjeinungen unb 
Sßeranftaltungen. ^iemit erfebigt fid) uon felbft ber auf ber 
©runblage biefer Unterftellung bem 93erufungSrid)ter gemachte 
aSorwurf eines 2Biberfprucf)S mit ber 9ted)tfpred)ung beS 
91eid)Sgerid)tS (@ntfd). 93b. 6 ©. 142). 2)ie 9ieuifion uer= 
wechfelt t)ier offenfidjtlid) bie auf bie 93efd)affenl)eit ber ga= 
brifate geftüt)te 9lnnabme ber ©elbäf)nlid)feit mit bem ®e= 
eignetfein uon SDlünjnadjbilbungen jur Stäufdjung 2lrglofer 
im gewöhnlichen Sßerfetjr, welches ein SatbeftanbSmerfmal ber 
9Jiünjuerbred)en im ©inn ber §§ 146 ff. St.©.93. bilbet. Uebrh 
genS genügt aud) bei festeren, wenn bie als mög(id) angenommene 
£äufd)ung Unerfahrener uielleid)t nicht im Eingehen fonbern 
nur im Sßorjeigen ber SUlönjen gefd)ief)t, ©ntfd). 91. ©. 93b. 14 
©. 161, 9ied;tfp. 8 ©. 400. ®em 9luSgefübrten gegenüber 
fann auch ber ©inwanb, baß hiemit eine blüfjenbe ^nbuftrie 
lahmgelegt werbe, bie 2lnwenbung beS beftehenben ©efeßeS 
nidjt behiitbern, unb biefer ©inwanb ift umfoweniger fticf)'- 
baltig, als bie Qnbuffcte auf ber fdjon nad) 3iff- 4 beS 
§ 360 uerbotenen ©tempelaufertigung beruht unb jebe weU 
tere 9ieuanfertigung eines foldjen ©tempelS eine neue ©traf= 
uerfolgung nad) fid) sieben fönnte. ©benfo wenig fann mit 
ber 9ieuißon eine 9lrt inneren SBiberfprucfjS jwifd)en ber 
geftftellung ber ©elbäl)nlid)feit unb ber 9luSfüf)rung im 93e= 
rufungSurteil gefeljen werben, woitad) eine 93el)örbe möglicher* 
weife aus Slnlaß einer ©d)ulfeierlid)feit fold)e ©hofolabe* 
müngen anfertigen laffen fönnte. ®enn and) in einem fot= 
djen, übrigens faum benfbarett fyatl müßte jebenfallS ein bie 
©trafbarfeit auS 3*ff- 5 § 360 auSfcfjließenber f cf) r i f 1 1 i= 
d)er Auftrag einer 93el)örbe oorliegett unb mit ber @r= 
teilung eines folgen werben regelmäßig uon felbft bie gegen 


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B. in ©traffacfjeti. 


207 


eine mif}bräud)licf)e SSerroenbung bienlidjen 93orficbtSmajjre= 
geln getroffen roerben. Sitte aber trot) foldjer Sftaffttabmen 
ober roegen Unterlaffung berfelben eintretenbe ©efätjrbung 
ber Sidjerbeit beS ©elboerfebrS tonnte fetbftrebenb im ©itt= 
jetfalt bie Strafbarfeit nicht für ftd) allein begrüttben. Ser 
t)ier oortiegenbe ÜÖlanget eines fotdjett SluftragS roirb aud) 
nid)t etroa burdj bie im Qabr 1898 bemittigte ©intragung 
biefer ©bofolabefabrifate in bie ©ebraudjSmufterrotte erfefct, 
ba biefe ©intragung nid)t einen, SBeftimmungen beS 9ieidj§= 
ftrafred)t§ jttroiberlaufenben Sdp© ju gewähren oerntag. 
©in bejügticfjer Qrrtum beS Slnget'lagten oevntödjte als Qrr= 
tum über ba§ Strafgefetj nicfjt oor Strafe ju fdjiitjen. @ttb= 
tief) ift aud) eine »orfätjtidje 93ertibitng feilend be§ Singe* 
ftagten feftgeftetlt morben. tiefer l)at bie oom ©efet) er* 
forberte ©igettfdjaft ber jur Stnfertigung oon 9Jtetattgetb 
bienlicfjen Stempel gefannt uttb mittels biefer beroufjterinafjen 
bie ©bofolabentünjett of)tte bet)örbtid)en Stuftrag tjerftetten 
taffen. 

Ser Steoifton ift ber ©rfotg aud) inforoeit ju oerfagen, 
als fte gegen bie oetfügte © i tt j i e t) u tt g ber beitütjten 
Stempel gerichtet erfd)eint. Sfad) Stbf. 2 § 360 St.©.33. ift 
bem 9iid)ter bie ©vntädjtigutig ju fotdjer Ginjiet)itng erteilt, 
oon biefer t)aben bie 'Sorinftanjen ©ebraud) gemad)t, jebod) 
nur in befdjränftem Umfang, infofern tticfjt bie oorf)anbetten 
Slbbrücfe fonbern nur bie ju bereit fperftellung oertoettbeteu 
Stempel ber ©injietjung utiterroorfeti mürben. Sie ©in* 
jieljung ber (enteren ift aber nidjt nur im ^yall ber Qiff. 4 
fonbern aud) in bem ber Qiff. 5 beS § 360 juläffig, itt roel* 
cf)em fie bie SJtittel uttb SBerfjeuge jur möglichen SeliftS* 
begefiung bilben. Qm übrigen banbeit eS fid) fjtebei um 
eine bem rid)terlid)en ©rmeffen anbeimgeftellte ©ntfd)eibung, 
bereit Sfadjprüfung inforoeit ber Sfeoiftott entjogeit ift. 

Urteil beS Straffenats oottt 22. Sej. 1902 gegen ©. 

S?. SBagner in Stuttgart. 


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208 


©ntfcfyeibungen be§ Cberlanbe§gerid)t§. 


12 . 

Jlt* Pcrntögenöbfrdjäitgnttg beim UttnigsuergEhEtt itt 
PfrljÄltnis ?u riitrm ©arattiteuerrprEiliEn mtb 
jitr JfrrtumserrEgttng. 

2luS bett 

© r ü n b c u : 

Sie tatfäd)lid)en Bestellungen enthalten fämtlictje Sat= 
beftanbSmerfmale beS bem Süngeflagten jur Saft gelegten 
BergeljenS eines Betrugs nach ber objet'tioen rote nach ber 
fubjeftioen ©eite unb bie Angriffe ber Dteoifion f^eitern 
an biefen Bestellungen beS Urteils. BnSbefottbere tann bem 
93efd)roerbefüt)rer baritt nicf)t beigepflid)tet roerben, baff baS 
Berufungsgericht baS SBefett eines ©arantieoerfpre» 
cf) e n S als einer 3 u ftcf)erimg beS ©cfjabenSerfageS für ben 
Ball beS BorhanbenfeinS non Btängeln nerfannt tjabe, in= 
bem eS auS bentfelbett nur bie angeblich barin enthaltene 
Behauptung ber Behlerlofigfeit herauSfd)älte unb biefe für 
baS irrtumerregenbe Raubein erflärte, roährenb eS ben für 
bie SBillenSentfchliefjung mafjgebettben, in ber Haftung für 
ben SJtinberroert infolge etroaiger B^tjlcr liegenbett rechtlidtjen 
Borteil beS Käufers nidjt roürbigte. 'Senn biefer Angriff 
beruht auf einer Benennung ber UrteilSgrünbe, in roeldjen 
ber ,3uficherung beS Slngeflagten, er fei für alle Buhler gut, 
eben nicht bie Bebeutung eines bloßen ©arantieuerfpredjenS 
für etroaige Btängel, fonbertt roeiterhin auch biejenige ber 
pofitinen Behauptung ber B e t)terIofi gfcit 
ber Siete beigelegt roorbett ift. Siefe 2luSlegung 
ber »um Slngeflagten gebrauchten SBorte fällt aber in baS 
bem Borrichter uorbel)altene ©ebiet bet BeroeiSroürbigung 
uttb tatfächlidjen Bestellung, unb er hat biefe 2luSfegung 
für ben oortiegenben B&U unter Einführung tatfächlicher ©r= 
roägungen unb ohne erfidjtlidjen 9ted)tSirrtum getroffen, ©in 
folcher liegt aud) nidjt, roie bie Bemfioti behauptet, in ber 
bat)in lautenben Bestellung, bah her 3lngeflagte bem tc. K. 


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B. in Straffadjen. 


209 


bie Verftcberung bei' get)IerIoftgfeit berSiere „geben wollte 
unb biefer fo entfpredjenb bie Sleufjerung auffaffen mufjte 
unb aufgefafjt t>abe" unb el roirb mit Unrecht bem Urteil 
ber Vorrourf gemacht, baß biefe geftftellung irrtümlich nur 
bie 2lbfid)t bei 2leufjernben, nicht aber ben Inhalt ber 3leu^e= 
rung felbft ergreife. ©egenteil umfafjt bie angegriffene 
geftftellung einmal ben Sßortlaut ber 2leufjerung unb fobann 
ben nadh ber fonfreten Sachlage moht juläffigen unb nom 
Sleufjernben bamit nerbuubenen Sinn, enblicf) bie ooltftänbig 
übereinftimmenbe Sluffaffung bei anberen Vertraglfd)tiefjen= 
ben; hi em ü ift aber bie erforberlidje uolle llebereinftimmung 
ber Parteien begüglicf) ber getroffenen Vereinbarung nach 
bereu 3wed unb Inhalt fonftatiert. Sie uermijgte ^eftftel* 
lung bei Inhalts ber mafjgebenben ©dlärung ift »orliegenb 
in bemjenigen enthalten, mal nach ber fJeftfteUung im ange= 
fochtenen Urteil ber ©rflärenbe tatfächlich geraollt unb in 
einer Söeife jum Slulbrud gebracht hat, bafj ber anbere Seil 
ihn richtig uerftanb unb bie bem roirflichen SBillen entfpre» 
chenbe Sötllenlerflärung nad) ben obmaltenben Umftänben 
nicht anberl auffaffen fonnte. 2Bo in fo!d)er SBeife foroohl 
bie llebereinftimmung jmifchen Söille unb ©rflärung all bie 
Verftänblichteit ber letzteren unb bie Satfadje bei richtig 
Verftanbenfeinl nad) ber einen mie nach ber anbern Seite 
feftgeftellt ift, fatm mit ©runb oon einer £üde ober oon 
einer Vern>ed)llung äroifdjen Gcrflärunglabfidjt unb @rflä= 
runglinhalt nid)t gefprodjen roerben. 

Sie oom Slngeflagten beim Vertraglabfchluß abgegebene 
©rftärung enthält nun unjroeifelhaft in bem oom Berufungl* 
gerid)t feftgeftellten Sinn bie oerbinblidje 3ufage ber Haftung 
für ben gall, bajj fid) an einem ber oerfauften Stiere 3*h = 
ler geigen. Sßenn aber bie fWeuifion mit ber in con- 
tractu liegenben Uebernahme biefer Haftung bie Bereicherung 
bei Slngetlagten unb bie Vermögenlbefchäbigung 
bei 2C. 9t. für aulgefdjloffen erachtet, infofern jene ©rtlärung 
bie Uebernahme ber cioilred)ttichen ^ßflidjt jur Sedung bei 
ganzen Vermögenlfd)abenl bebeute, fo ift biefe Sd)luf)folge= 


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210 ©ntfdjeibungen be§ DbertanbeSgerirfjti- 

rung tmrliegenb oerfeglt. $enn bie UrteilSgrünbe erflären 
als erroiefeit, bag eS bem Käufer K. gerabe batum 5 u 
t u n ro a r , fehlerfreie £ i e re 3 u erhalten unb 
bag nur bie Vegauptuttg ihrer ^eglerlofigteit, alfo baS hie= 
rauf gerichtete dictum et promissum bes VerfäuferS, wie 
biefem bewugt, für 2c. K. beftimmenb mar, ben Kaufoertrag 
ab jufd) liegen, enbtich bafj K. burd) biefen VertragSabfdjlug 
eine VerntögeuSbefcgäbigung um ein SSiertet bis fünftel beS 
gezahlten KaufpreifeS erlitten habe, abgefehen uon ber wei= 
tergehenben ©efägrbuitg feines Vermögens, welche aus feiner 
Haftpflicht für bie burd) ben bösartigen Stier oerurfacgten 
Vefdjäbigungett fid) ergebe. SBenn eS nun auch bem K. ge= 
fingen follte, feinen Schaben bemnädjft burch Qnattfprudp 
nähme beS 2 lngef(agten auf ©runb beS ©arantieoerfprecgenS 
erfegt ju erhalten, fo hat er ihn gleichwohl int SJioment ber 
Vertragserfüllung erlitten unb bie oorn Stngellagten gegebene 
3ufid)erung eines erft 51t realifierenbett ©rfaganfprudgS ftellt, 
wie bie tatfäc^licfje geftftellung unjroeifelhaft erfettnen lägt, 
{einerlei uollett ©egenroert bar. ®ie Satfadje beS in ber 
oben erwähnten SHicgtung fd)on eingetretenen SchabenS wirb 
burd) eine fpätere 2 luSgleid)ung nidjt befeitigt ; aber nur bie 
§rage über ben ©intritt ber VerntögenSbefdjäbiguttg unb 
nicht btejenige über bereit SBiebetaufgebung ift gier non 
Velang. 

äBeitergin ift ber erforberliche Kaufjufammenhang jwi= 
fd)eit VerntögenSbefdjäbigung unb 3 [rrtum§erregung 
jureichenb feftgeftellt. ®ie legtere ift nidjt allein in bem 
biogen Verfcgweigen beS bem einen Stier angaftenben, als 
wefentlid) erfamtten SftattgelS gefegen worben, fonbern 3m 
gleid) in bem mit biefent Scgweigeit in Verbinbuttg gebradp 
ten aftioeti, auf Säufcgung beS Käufers berechneten Vergalt 
ten, wie eS im VerufungSurteil ttäger gefcgilbert ift unb fer= 
ner in ber feftgeftellten pofitioen Vegauptung ber ^et)lertoftg= 
teit ber Jiere, foitacg in ber Vorfpiegeluitg einer falfcgen 
Jatfadje. 2 Bemt hiebei baS VerufungSgeridjt augerbent uon 
einer VecgtSpflicgt beS Slngeflagten jur Offenbarung beS 


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B. in ©traffadjen. 


211 


oerfcfyroiegenen 9Jtangel§ fpridjt, fo faun bat)ingefteUt bleiben, 
ob biefe ülnnafjme einroanbfrei begviinbet ift, unb tueldje 93e= 
beutung it)r an fid) jufäme, ba ba§ £atbeftanb§merfmal ber 
3rrtum§erregung aucf) ohne biefe Slnna^me in einer bem 
Strafgefet} entfpredjenben unb tatfädjlicf) genügeuben SQBeifc 
begrünbet rourbe. 

Urteil oom 22. Oftober 1902 gegen Simon Seniberger 
in SRejingen. 


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212 


II. 

ßntfdjriöuitgcit öes lleriualtungsgcridjtsfjofs. 

4 . 

Jütreit Jiteljrftcr UJerkbEfiifEr über Me ptimngsrErijte 
an einem öffentiidjrn (gErcitfler. Hennkmtg bes palTer- 
merke einer $ügmnble futn JUaljlbetrieb. 

$ie Kläger ftnb bie jet^t roieber oerbeiratete SBitroe unb 
bie ßinber be3 9Jlütter§ griebrid) in 93efigbeim unb al§ 
feine ©rben (Eigentümer ber am redeten Ufer be§ öffentlidjen 
(EnjfluffeS in 53efigbeim gelegenen fog. oberen @njmüf)le, 
einer föunbenmat)lmü{)te. ®iefc SJliible t)at laut £auf= 
briefe§ oom 18. Dtooember 1524 ber (Srjberjog fyerbinanb 
oon Oefterreid}, bamat§ „^erjog ju SBürttemberg" um einen 
eroigen 3i n ^ oon 35 ißfb. geller „mit ihren 3ugebörben, 
s Jted)ten unb ©eredjtigfeiten, rcie mir bie bisher inne gehabt 
haben", an bie ©tabt ®efigbeim oerfauft, unb bie ©tabt 
bat fte am 11. Oftober 1773 „mit aller ßugcböt unb mit 
©erecfjtigfeiten unb 93efd)roerben", rcie fie bie ©tabt bi§f)er 
innegebabt, um 7750 fl. an einen )Hed)t3oorgänger ber Stöger 
weiter oeräufjert. Um biefe 3eit beftanb neben ber oberen 
Gcnjmüble eine 3Balf= unb ©djleifmüble, rceldje ein 9ted)t§= 
oorgänger be§ @rblaffer§ ber Slläger im Qabr 1785 erfaufte. 
2)a§ in betn ©üterbud) unter bent ©cbilb be§ @rblaffer§ unb 
and) in betn jur ©oentualteilung gefertigten ^nocntar auf- 
geführte Söebr ber oberen ©njnuible siebt fid) non biefer 
SJtüble quer über bie @nj bi3 jur (neuen) ftaatlidjen ^lop= 
gaffe. $urd) eine Qnfet oon biefer fylojjgaffe getrennt liegt 


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Streit über bie 9lutjung§redjte an einem öffentl. ©emäffer. 213 

auf bem linfen Ufer ber Enj bie ehemalige (alte) fylofjgaffe, 
roeldje gegenwärtig einen Sanal bUbet, an roelcfjem fid) bem 
Slnroefen ber Släger gegenüber bie 9Jtüi)Ie be§ Veflagten be= 
finbet. 

3)iefe 3JtüfjIe mürbe oon ber 3eit ihrer Errichtung an 
(1777) auSfdjliefjlidj als Sägmüfjte unb oont ^aljr 1884 
an aud) al§ Celmüljle betrieben. 2)ie redjtlictje Erunblage 
für biefe§ SBafferroerf unb be§ mit bemfelben oerbunbenen 
SBaffernuhungSrechtS bilbet einmal bie herzogliche S o n= 
ä e f f i o n oom 24. 2lpril 1676, roeldje bem Votgerber |jan§ 
Qafob gauth nott Vefigheint jur Errichtung einer S o lj= 
m ü fj 1 e erteilt morben ift. ©iefe Sofjmühle mürbe auf ber 
Qnfel am Enbe berfetben errichtet unb bejog itjr Söaffer auS 
ber @n$ burd) einen bie Onfel burdjjiefjenben eigenen Sanal. 
3)ie SBafferoerteilung jroifdjen ihr unb ber oberen Enjmütjle 
beruht auf ben „con ditiones 1 ' oom 7. 2luguft 1688, roeldje 
bie ©tabt Veftgljeim al§ bamalige Eigentümerin ber oberen 
@njmüt)le bem $auttj aufertegt unb bereinigt, unb roeldje 
biefer freiroitlig auf fid) genommen tjot. ©obann bie tj e x- 
jogtidje S o n j e f f i o n oom jQfat)r 17 7 7, roorin bem 
^immermann Seontjarbt SJtidjael Sticfjinger oon Veftgfjeim bie 
Erlaubnis jur Errichtung einer 3 ä g m ii ij 1 e n e b ft O e U 
fdjtag unb ^attfreibe erteilt roorben ift, in 93erbin= 
bung mit ber Sonoention oom 17. Februar 1778 „jroi- 
fdjen bet oberen Enjnuifjle unb ber neuen ©ägnütfjle über 
bie Verabfolgung beS 2Baffer§ au§ bem oberen Enjmühlroehr 
jur ©ägmüfjle, Oelfdjtag unb |janfreibe auf Ein 9tab". 2)er 
SBerfmeifter Sari $r. in Vefigljeim, au§ beffen Eantmaffe 
ber Vellagte im ^afjr 18 71 biefeS leitete 9Jtütjleanroefen 
nadj ben VerfaufSbebingungen fo, roie bie SaufSobjefte feit* 
tjer befeffen mürben, unb ofjne Earantie für SJtajj unb et= 
roaige Saften, bie barauf ruhen, im öffentlichen Slufftreidj 
erlauft h a t befafj feinerjeit audj bie Soljmüljle. Er h a t 
aber fcfjon im 1858 mit Einroilligung fäintlidjer Ve= 
teiligten, barunter be§ oberen EnjmüllerS auf Erutib ber 
EeneljmigungSuthtnbe oom 7. ©eptember 1858 bie Söaffer* 


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214 6ntf Reibungen beä 3knüaItung§gerid)t3t)of3- 

traft ber Sohmüfjle mit berjenigen feinet- Sägmühle Bereinigt, 
ben ju (enteret gehörigen befonberen Kanal entfprechenb oer= 
gröjjert unb mehr gegen ba3 Unt3feitige Ufer oerlegt, rootauf 
bet Stand bet Sotjmütjle au3gefü(lt unb biefe felbft abge= 
brocfjen mürbe. 2113 nun bet Jöeflagte im 3af)r 1898 bie 
Sägmühle trotj be3 2Biberfprud)3 ber Kläger jum größeren 
Seil in eine Kunbenmahlmühte umgeroanbett tjat, ohne hiebei 
eine 2Ienb«rung an ber äußeren 2lnlage unb ben ©ebäuüch= 
leiten fomie be3 2Öaffertriebroerf3 unb ber Stauanlage oot= 
june^nten, fo ba§ bie K. Stegierung für ben 21ecfarfrei3 eine 
gcmerbe= bejto. flufjpolijeilidje ©enehmigung nad) ©rlajj oom 
10. ^uni 1898 nicht für erforberlid) erachtete, entftanb Streit 
jroifchen ben Parteien, fofern bie Kläger fid) für berechtigt 
hielten, bem Söeflagten biefe 2trt ber 23eniihung be3 ifjm ju« 
gemiefenen ©njroafferS p unterfagen. $er Streit mürbe p= 
nädjft nor ben ©ioilgeridjten in 3 ^nftanjen oerfolgt. 2)urch 
red)tSfräftige3 Urteil be3 K. 0berlanbe3gerid)t3 oom 18. 
nuar 1900 mürbe bie non ben Klägern erhobene Silage megen 
Unjuläffigfeit be3 s Jted)t3roeg3 abgeroiefen. Stumnehr erhoben 
bie Kläger Silage cor ber St. Regierung be3 9tecfarlreife3 al3 
SßermaltungSgericht unter bem £inroei3 auf bie ©eftimmung 
be3 2lrt. 1 2lbf. 3 be3 mürtt. 2Baffcrgefet}e3 oont 1. 2>ejember 
1900, roelcher mit ber am 27. ®e$ember 1900 erfolgten 33er* 
fünbigung biefe3 ®efehe§ in Kraft getreten ift (2lrt. 121 2lbf. 1), 
unb mit bem Antrag : „©3 roirb feftgeftellt, ba| bem 23 e= 
flagten nidjt ba3 Stecht gnftetjt, fein — ÜBafferroerf jum 23e= 
trieb einer 95tat)tmühle ju benähen, unb e3 roirb bem 23e= 
flagten foldje 33euüt}ung bei einer oom 23erroaltung3gericht 
feftjufehenben Strafe oetboben." Sitrd) Urteil oom 23. 2)e= 
jernber 1901 mürbe bie Silage al3 uitbegriinbet abgeroiefen. 
©egen ba3 Urteil hoben bie Kläger bei bem 23erroaltung3= 
gerid)t3hof bie Berufung mit bem Antrag eingelegt, ba3 Ur* 
teil aufsuheben unb ju erlenuen, rcie fie in I. ,3nftan$ be s 
antragt hotten. ®ie Berufung mürbe jurücfgeroiefen. 

© r ii it b e : 

®ie Kläger geftehen jmar bem 23el'lagten ein 3tut$ung3* 


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Streit über bie StufcunRgrecfjte an einem öffentl. ©eroäffer. 215 

red)t am Snjroaffer inforoeit ju, at§ fein SBerf für bie uv* 
fpriingticb beftimmten 3>»ecfe einer Sägmübte nebft Oelfdftag 
unb $anfreibe oerroenbet mirb. Qt) r S3erbietung§red)t aber 
ftütjen fte barauf, bafj auf bie ©tabt Siefigbeim burcf) ben 
SBerfauf ber oberen Qcnsmüble feiten§ be§ bamaligen Qnf)aber§ 
ber StaatSgeroatt im 3abr 1524 an bem burd) ba§ SBebr 
geflauten Gcnsftuf; ba§fe(be unumfrfjränfte 9iut)ung§red)t, ba§ 
ber’Sierfäufer befeffen habe, übertragen roorbeti fei unb burd) 
bie SBeiteroerciufjerung feiten# ber ©tabt auf itjre 9ied)t§nad)= 
fotger roenigftenS fooiel an ausfd)tiefjlicber Sicred)tigung über* 
gegangen fei, roie fie beute nod) ein ^ßrioatmann haben fönne ; 
baff ferner, roa§ bem Sieftagten an bem ©njroaffer ju be= 
nü^en juftebje, lebiglicf) oon ben Klägern bejm. beren Sied)t§* 
oorfabren abgegeben morben fei, jebod) nur ju beftimmten 
.ßroecfen unb oergünftigung§roeife bejto. unter geroiffen Sie* 
bingungen, nad) beren (Eintritt für bie Kläger an ficf) ber 
Slnfprud) auf gänzliche Slufbebung ber SBaffernut)ung be§ 
Sieftagten ermad)fen märe unb jum minbeften ber Stnfprucb 
auf Unterfagung be§ 3Jtablmü[)(ebetriebe§ erroadjfen fei. 3n= 
beffen ftnb irgenbroetdje fidjeren SlnbattSpunfte für ben ur= 
fprüngtidjen Umfang be§ 9Baffernut)ung§red)t§ ber oberen 
(Snsmübte ben Stften nid)t $u entnehmen. mirb nun 
baran nid)t ju jroeifetn fein, bajj bei bem Sierfauf biefer 
SJfübte im ^fat)r 1524 ba§ berfetben jufommenbe SSaf* 
fernut)ung§recbt (SBaffergef. Strt. 39, Si.©.S3. § 96) mitoer* 
äußert morben ift, baff aber t>on einer Sftitübertragung ber 
Legalität fetbft nid)t bie Siebe mar unb nid)t bie Siebe fein 
fonnte *). 

^m übrigen ftefjt ber behaupteten au#fd)tie^ticf)en Sie* 
redjtigung bie gleichseitige ©riftenj ber ehemaligen SSalf* unb 
©cf)teifmüble, bie erft im 3 a ^) r 1785 oon einem Sted)ts>oor* 
ganger ber Kläger erroorben morben ift, im SBege, roobei 
babingeftettt bteiben fann, roie e§ ftd) mit bem „$tufi" oer* 
hält, roetcben ber ©rbauer ber üobmübte oon ben (Snsfifdjern 

1 ) ©erber, ®eutfcf)e§ Strioatredjt § 63 SJtote 14 , § 67 . 
^aljrbücfjrr für fflürttraiberg. XV. 2. 15 


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216 ®ntf Reibungen be§ 93erumItung3gerid)t§l)of§. 

feinerjeit erworben bat. 2lud) ift eS überhaupt fragtief), ob 
mit ber oberen Enjmüfjle jemals eine 2Baffemußung oer= 
fniipft war, bie als 9t ed) t (nicht bloß in tatsächlicher 2luS* 
Übung) über baS 99ebfirfniS biefer 9)tüf)le hinausging, wie 
fpätere Vorgänge jeigeit ’). 

ES bebarf jeboch eines weiteren Eingehens herauf unb 
auf bie weitere 3rage nicht, wie eS fief) mit ber unter an* 
berem für baS unbefcf)ränfte 9tußungSred)t aufgeftellten 53e* 
hauptung ber Ätäger über baS (Eigentum am 3Bet)r unb 
beffen Erftrecfung über ben ganjen Enjftuß bis jurn linfen 
Ufer oerhatten hat- Senn (ebenfalls haben fid) an ein fo 
weit gel)enbe§ 9tußungSred)t roeber bie fpätcren .önhaber be§ 
in ber $orm beS SBaffer* bejw. ÜDtühlenregalS geübten ftaat* 
liehen SöafferhoheitSrechtS nod) bie 9ted)tSoorgänger ber Älä* 
ger gehalten. Sie Inhaber ber Legalität mußten fd)on wegen 
ber fortlaufenben SÖafferregaljinfen bie befteßenbe 3Baffev= 
nußung ber oberen Enjmtthle fennen unb bie 9Jtöglid)feit 
in§ 2luge faffen, baß fpätere Äonjefftonen ohne Einwirfung 
auf biefe SBaffernußung bejw. ohne HJtitbenüßung betreiben 
unb befonberS ber Stauanlage nid)t bureßgeführt werben 
fönnten (oergl. auch SBaffergef. 5lrt. 57 ff.). Seffen unge* 
achtet ergingen bie beiben herjoglidjen Äonjeffionen oon 1676 
jur Errichtung ber £ohmüf)lc unb uoti 1778 jur Errichtung 
ber Sägmühle, welche bie rechtliche ©runblage für bie 2Baf= 
ferbenüßungSanlage beS 93eflagten bilben. Siefe Äonjeffionen 
finb, wie ohne weiteres unterstellt werben tann, auch roenn 
bieS nidjt auSbrücftid) gefagt ift, nur unbefchabet ber Dtecßte 
Sritter (alfo aud) beS bamaligen oberen EnjmiillerS) erteilt 
worben. Sie enthalten außer ber allgemeinen ^weefangabe 
feine näheren ißtäne unb 93orfd)riften über bie SluSfüßrung 
ber Slitlage, feßten alfo oorauS, baß biefe erft burd) Einigung 
ber beteiligten SBerfbeftßer bejw. burd) behörblicße Entfd^ei* 
bung gefeßaffen werben füllten. Sie Äonjeffiotten erhielten 
beim aud) ißre fpejielle 3luSgeftaltung erft burch bie condi- 
tiones oom 7. Sluguft 1688 unb burch bie Äonoention oom 

1) «gl. SSiirtt. Strcßio I ©. 274, XXIII 324. 


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Streit über feie StubungSrecfjte an einem öffentl. ©erodffer. 217 

17. Februar 1778, Sßereittbarungen grüifc£)en ben 9ted)t§öor= 
gcingern ber Kläger uttb be§ $8eflagten, ju benen fiel) bie 
erfteren trotj ber angeblichen llnbefct)vänftf)eit iljre§ 9ted)t§ 
— roemt aud) nach anfänglichem SBiberftrebett uttb unter 
^ufprucfj ber Obrigfeit — au§ freien ©tücfen Ijerbetgelaffen 
haben. 

1. 9hut finb allerbing§ bie conditiones in einer Söeife 
gefaxt, al§ ob e§ fid) nidjt forooljl um einen gegenfeitigen 
Vertrag ber ©tabt al§ Sefitjerin ber oberen @njmüt)le mit 
bem ©rbauer ber Sohtnüfjle, al§ um eine obrigfeitlidje H3e= 
toilligung ttnb um eine HSergünftigung gefjatibelt hätte. ©ie 
machen in 3iff. 2 unb 4 bie $ulaffung be§ Sohftampfeit§ 
oon bem jebesntaligen ©utbefitiben be§ 9Jtüfjlnteifter§ unb 
ba§ Hluffjörett ber Sotjmüljle auf Segeljren baoott abhängig, 
„meint ber glufj änbern ober bie ^ulaffuttg fotchen ®ebraucf)§ 
nic^t metjr profitabel unb ber ©tabt aU^u befchmerüdj faden 
mürbe." 9Jtit 9tecfjt getjt aber ber Unterrichtet baoon au§, 
bafj bie Kläger iljr 33erbietung§redjt auf bie conditiones nidjt 
mehr ftütjen fötttten, nadjbem auf ©runb ber 33ertjanblung 
nom 17. Quni 1858 jroifdjen bem bamaligen oberen @nj= 
müller unb bem bamaligen ©ägmiilter unb auf ©runb ber 
©enehmigungSurt'unbe oont 7. ©eptentber 1858 bie 9G3affer= 
fraft ber Sohmütjte mit ber SSafferfraft ber ©ägntüljle unter 
gemiffen auf bie SBafferbenfitjung bejüglidjett 2lus>füf)tung§= 
oorfchrifteu oereinigt unb ber Kanal ber letzteren entfpredjetib 
oergröfjert unb mehr gegen ba§ linf§feitige Ufer oerlegt mor= 
ben ift, morauf bie Hluffütlung be§ Kanals ber Soljmühle 
unb ber Hlblauf ber Sohmühle felbft erfolgt mar. ®amit ift 
biefe SBafferbenütjung^anlage überhaupt erlofchett unb ihre 
lÜBaffertraft al§ ein mit ihr ocrbunbene§ IRedjt untergegangen 
unb in bem 3öaffernutjung§red)t ber ©ägmühle aufgegangen. 
Gc§ fattn bafjer — auch ohne Hinnahme eine§ ftillfdjroeigem 
ben 33erjidjt§ — oon einem Jortbeftehen ber conditiones, 
unter benen bie Sohmühle biStjer betrieben mürbe, ebenfo* 
menig bie Siebe fein, al§ oon ihrem Uebergang auf bie allein 
meiterbefteljenbe ©ägtnühle. 

15 * 


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218 @ittf Reibungen bes ‘®ertoa(tungsgericf)t§f)ofs!. 

2. s JUd)t ganj ebenfo oertjält e§ fid) mit ber Äonoention 
uoit 1778. 3>enn mcnn aud) bie barin enthaltenen Veftim» 
mungeti über bie für ben SBafferbebarf unb SBafferoerbraud) 
erheblidfen ©inridjtungert unb Vefianbteile be§ SBafferbauS 
fcfjon burd) ben Vergleid) oom 30. September 1840 mit ber 
©enetjmigungSurfunbe oom 27. Stouember 1840 unb fobann 
burd) bie fpäteren ©enehmtgungSurfunben oom 7. September 
1858 (f. $iff. 3), oom 31. SJtärj 1875 unb 16. Oftober 1889 
abgeänbert unb ergänzt morben finb, fo ift bamit bocf) nicht 
bie Äonoention felbft mit alten itjreti anberen Veftimmungen 
j. 58. über bie Teilnahme an ben 2SebrunterbaItung§foften 
unb an ben SBafferregaljinfen aufgehoben unb erfetjt roorbett. 
hieran änbert c§ aud) nid)t§, bajj bie Veftimmung ber $iff. 11/ 
loornad) ficf) ber gaitje Äontraft ganj unb gar aufbeben folt, 
„wenn bie Sägmütjte, fjanfreibe unb Celfdjlag über furj 
ober taug gar eiligeren fällte", in Verbinbung mit bent 
Scblufifatj ber Äonoention in ben fpäteren Verbanblungen 
unb ©enel)migung§urfunben foioie in ber s 2öerf3befd)reibung 
eine ©rroäfjnung nid)t gefunben bat. $effenungeacbtet föntien 
bie Äläger aud) auf bie 3iff- U it)v 93erbietung§red)t nid)t 
ftütjen, unb ift auch in biefer Vejiebung bem Urteil erfter 
fjnftaitj beijutreten. ®a§ 93erbietung§red)t fönnte nur burcb» 
greifen, loenn ber betrieb bcjro. ber g-ortbetrieb ber Säg» 
mübte nebft Oelfdjlag unb fianfreibc nad) SJtajjgabe ber ur» 
fprünglidjen Äonjeffion bejru. ber fpäteren Vereinbarungen 
ber 9fed)t§oorgänger ber Parteien unb bcbörbticben ©eneb» 
mignngen al§ unter ber Vebingung ber fortbauernben Ver» 
fotgung biefer erfolgt anjufeben märe. $a§ trifft 

jcbod) nidjt p. folgt an ficf) nod) nicht au§ ber felbft» 
oerftänblid)en Vejeidjnung b e § $ m e cf 3 be§ Unter» 
nehmend in bem ©efud) be§ ©rbauerS ber Sägmüble um 
Äonjeffion unb in ber barauf erteilten Äonjeffion, auch nid)t 
au§ ber Befürwortung be§ Vorhaben^ al§ jum Beften be§ 
^ublifum§ bienenb burd) bie Bebörbe. 3lud) bie fpäteren 
Verbatiblungen unb bef)örblicf)en Sitte, inSbefonbere bie Äon» 
oention in ihrer 3iff. 11/ metd)e mehr nicht beftimmen roitl. 


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Streit über bie VufcuitgSrecbte an einem öffentt. ©eiodffer. 219 

als bafj ber Vertrag ftd) aufhebt mit bem (Eingehen beS nad) 
ber gegenwärtigen Verwenbung gefennjeichneten SJBaffertoerfS, 
faffcn nicfjt erfennen, baff baS äBaffermerf auf bie benannten 
.Qroecfe für alte 3 u f un ft feftgelegt werben füllte. (ES fanti 
jwar jugegcben werben, baf), roenn ber Sägmüller aud) ben 
betrieb einer 9Jtal)lmül)le in feinem ©efudje mit angegeben 
hätte, ber obere (Enjimiller bie Abgabe oon SBaffer t)ieju 
oermeigert l)ätte, bafj alfo beiberfeitS eine foIc£;e Venütjung 
beS SöaffermetfS nidjt oon Slnfang an in 2luSfid)t geitom= 
men mar. (ES mag fid; bieg aud) barauS erflären, baff in 
SBiirttemberg bantalS unb nocl) nad) ber ©. 0. oon 1836 bis 
jur ©.0. oon 1862 bie 2lnlegung oon ©etreibemüfjlen für 
911al)lgäfte ($unbenmüf)len) als fold)e, gleidjoiel, ob mit ober 
ohne Venütjung oon SBafferfräften, burd) eine oorgängige 
gewerbepolijeilidje (Ermächtigung bebingt mar ') unb auf eine 
fold)e @rmäd)tigung wegen ber gewerblid)en Sonfurvenj mit 
Sidjerfjcit nid)t ju rechnen war, obwohl ber oberen <$ngmüf)le 
mel)r SBaffer juflof), als für ihren Setrieb erforberlid) war. 
Slllein t)^rau§ läf)t fid) eine ftillfd)weigenbe Vereinbarung 
über ben 2luSfd)luf) einer fünftigen Venüt)ung ber Sägmüf)le 
ju einer 9J?at)lmüt)le nid)t ableiten, ganj abgefet)en oott ber 
grage, ob ben Veflagten als (EinjelrechtSnachfolger eine fold;e 
Vereinbarung binben würbe. $aS 'ÜBaffergefeh oom 1. 25ej. 
1900 fann jwar aud) mit feinen hierher gehörigen unb bie s Jtitcf= 
wirfung auf beftehenbe 2Baffernut)ungSred)te oorfdjreibenben 
Veftimmungen (2lrt. 31 2lbf.4. 6, 2lrt.44, 2lbf.4)‘) auf bie fchon 
im Qahr 1898 oorgenommene (Einrichtung ber ÜDtahlmühle in 
bem beflagten SBaffermerf feine unmittelbare, fonbern nur in-- 
foweit Slnwenbung finben, als barin baS bisherige Vecfjt jurn 
2luSbrucf gelangt. 3)ieS trifft aber hier $u. 3)aS SBaffergefet) 
fdjreibt jwar allgemein oor, bajj in ber VerleihungSurfunbe 
ber ^wecf anjugeben fei, für weldjeti bie Verleihung erfolgt, 

1) @.D. oom 5. 2lug. 1836 91rt. 123, ®.D. oom 12. gebe. 1862 
2lrt. 11. 13. 

2) Serf)anblungen ber Kammer ber Startbesi)erren 1899/1900 
»eil. Sb. 94. 681. 


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220 ®ntf<f»eibungen be§ Sterraaltimg§gerid)t3bof§. 

unterfcfjeibet aber bei ber Söeuü^ung öffentlicher ©etoäffet mit 
ober of)ne Stauanlage, ob bie SSerleibung erfolgt 1. ju !Erieb= 
toerfen ober 2. jur 93etoäfferung unb fonftigen 2öafferent= 
nahmen ober 3. ju $8abe= unb SBafdjanftalten unb berglcidjen. 
$n ben lebten beiben fällen — erflävett bie SJtotioe bejto. 
ber Stommiffion§bericf)t — ftnb ber 3toecf, für roetd)en ba§ 
SBaffer oerroenbet roerben joill, foroie aud) bie ©runbftüde 
unb Anlagen, für rceldje bie Senütjung erfolgen foH, für 
3t rt unb Umfang ber SBaffevtiuijung felbft beftimmenb. ®afj 
in biefen gälten ber gtoecf ber oerlieljenen -Jiuljung ftet§ 
fpejietl ju bezeichnen ift, ergibt ftd) au§ ber 9t a t u r b e t 
S a cf) e. dagegen erfdjöpft fid; bei ber Senütjung be§ 9Baf= 
fer§ für ein SCriebtoerf bie SBafferbenü^ung in ber 33etoe= 
gung be§ SriebtoerfS burd) bie bem s Jlu^ung§bered)tigten ju= 
geroiefene, in bem beftimmten ©efäll fid) beroegenbe Söaffer= 
menge. 3)ie Slnlage, roeld)er ba§ Sriebroerf bient, fann jtoar 
für bie tatfäd)lid)e, mehr ober rceniger oollftänbige $nati- 
fprudjnahme ber oerlietjenen blutjung oon ®rheblid)feit fein; 
ihre Slettberung ift aber fonft oon feinem Gcinflufj auf ©röfje 
unb 2lrt ber SBaffernutjung. ®ie 33erleif)ung be§ 9ted)t§ 
jur ©emitsung be§ 3Baffer§ für ein SEtiebtoerf fotl baf)ev, aud) 
roenn in bet $Berleif)ung§urfunbe, roie üblich unb felbftoer* 
ftänbtid) ift, ber fpejielte ffabrifationSsroeig, bem ba§ !Erieb= 
roerf zunächft bienen foll (Äunftmüfjle, Spinnerei, Sägtoerf 
u. f. io.), genannt rairb, nicf)t an bie ©ebingung ber fort= 
bauernben pflege biefe§ beftimmten ffabrifation§jioeige§ ge= 
fnüpft fein, mofern bie§ nicht beim SSorhanbenfein befon* 
berer tlmftänbe in ber 93etleif)ung§urfunbe auSbrücflid) au§= 
gefprodjen roirb j. 33. bei Slntagen, ioeldje zur ©eioinnung 
unb Slbgabe eleftrifdjer Äraft beftimmt finb 1 ). 

®a foldje befonberen Umftänbe t)ier nidjt oorliegen unb 
in bem geroerblichen SBettberoerb al§ folgern nidjt ju finben 

1) 3B.©. 3trt. 35 21bf. 2, 3lrt. 31 9(bf. 2, »gl. 2Irt. 44 2lbf. 1 
3iff 5 unb 2lbf. 4; SBerfjanblungen ber Stammer ber @tanbe§f)erren 
1899/1900 »eil. Söb. @. 97. 683. 688. «ßrot. 23b 761. 764; SBoU= 

jjug§=58erfügung uom 16. 3ioo. 1901 5. 28.®. § 92. 93. 125. 


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SonjefftonSpflidjtiflfeit einer Stnlage jc. 221 

finb, fo fann bem Sef tagten aucf) bie 93enühutig feines 9Baf= 
ferroerfS jurn 2Rat)lbetrieb nicht oerroehrt roerben, jumal bie 
Kläger felbft jugeben, bafj burd) bie @inricf)tung ber 9J?at)t= 
ntüf)le nidt)t nur bie Stauanlage tiidjt oeränbert, fonbern 
aucf) baS SGöaffer für bie obere @njmüf)Ie nidjt gefcfjmälert 
toorben ift. 

Urteil oom 13./20. 9Rai 1903 in ber 95erufung§fad)e 

Roller unb ©en. gegen drnft. 

5. 

^iwjentonspflirijtigkett einer Unlage, burdj meldje bas 
?nr JtfiefenmiifTermtg krankte $0a|fer, fonjeit es bei 
jbtefer Perineubnng tttriji »erbrandji wirb, bem öffent= 
lirijen OSemäfTer, bem es entlinmmt, für einen nnbern 
3mrdt enijogen mirb. 

®ie 31ftiengcfeüfcf)aft 95." mit bem Sit) in St. ift 
digentiimerin ber in 2B. an ber dnj gelegenen fßapierfabrif ; 
aufjerbem befitjt fie oberhalb in einer dntfernung oon etroa 
700 m am -Rennboot), einem anerfannt öffentlichen, oon linfs= 
her in bie dnj fliefjenben ©emäffer, eine 9Biefenparjelle 
Rr. 540 ber SRarfung 925., bie nach altem ^erfommen oom 
Rennbach au§ beroäffert merbeu barf. 3)iefer ©eiocifferung 
bient bauptfäcfjüd) ein oberhalb ber SSiefe oom Rennbach ab= 
gejroeigter am Slopf ber 9Biefe fid^ h'ttiiehcnber 2Baffergra= 
ben. 9luf biefer Sßiefe hat bie 2). 95. im Qahre 1899 in ber 
dntfernung oon einigen SRetern oom Rennbad) eine Sicfer= 
anlage nebft Schacht errichtet, mittefft welcher ba§ für bie 
93enmfferung ber SBiefe jugeleitete fRennbad)ioaffer, meldfeS 
früher oennöge be§ natürlichen ©efälleS loiebet bem Rennbad) 
juflofj, nebft bem auf ber 9Biefe nieberfallenben iagioaffer 
gefantmelt unb mit einigem einftcferttben ©runbioaffer in ge= 
fchloffener 9li3l)renteitung ber ißapierfabrif für beren 3wecfe 
jugeführt mirb. 

infolge einer @infprad)e ber Stabtgemeinbe 9B., roeldjer 
im Rennbach ba§ ^ifc^eretvcdjt unb aufjerbem für jmei in 


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222 ©ntfdjeibungen bes SßernmItung§gericf)t§bof3. 

ber 9iät)e gelegene SBiefenparjellcn ba§ Vewäfferung§red)t 
juftetjt, f)al ba3 5?. Oberamt 9leuenbürg am 28. 2Rai 1900 
ber ißapierfabrif SB. non glufjpolijei wegen bie Sluflage ge» 
macht, ftcf) jeber non ber bisherigen Uebutig abroeidjenben 
Stufung be§ 9fennbad)waffer3 ju enthalten utib für SBiebcr» 
herfteüung be§ alten £auf§ be§ SBäfferwafferS ju forgen. 
2>ie Ijtegegen non ber 3). 35. erhobene VerwaltungSbefchwerbc 
ift sunäcijft non ber ft. ftrei§regierung in Steutlingen am 
2. Vooember 1901 unb fobann notn ft. SJlinifterium be§ 
Innern mit (Sntfdjeibnng nom 9./11. ®ejember 1902 al§ 
unbegrünbet abgemiefcn worben. 3)cr al§ ©adperftänbige 
beigejogette ©trafjeubauinfpeftor ©d). Ijat in einer gutäd)t= 
lieben 2leufjerung nom 17. Quni 1901 bei nieberem SBaffer» 
ftanb bie SBafferntcnge be§ 9iennbad)§ oberhalb ber SBiefe 
auf 15 ©efunbenliter berechnet unb bcn betrag be§ au§ beut 
Sd)ad)te abgeleiteten SBafferS auf ©runb einer SJleffung mit 
1,33 ©efunbenliter angegeben; wenn man Ijicoott al§ mut» 
mafflicben S3etrag be§ ©runbwaffcrS 0,13 ©efunbenliter ab» 
5 iel>e, werben bent Ventibad) burch bie ©icferanlage 1,2 ©e» 
funbenliter ober 8% feiner gefamten SBaffermenge cntjogen. 
S)a§ ft. SHinifterium be§ Innern hat bei feiner ©ntfdjeibung 
folgenbcn ©tanbpunft eingenommen: Siad) l)errfd)enbcrlKed)t§» 
anfcfiauung, bie aud) in ben 9lrt. 1 u. 2 be§ SBaffergefet)e3 
nom 1. 3)ejember 1900 jum Sluesbrucf gefommeti fei, bilbe 
ba§ nad) Urfprung unb SluSgang mit einem öffentlichen ©e» 
wäffer jufamntenbängeube SBiefenwäfferungSwaffer wäfjrenb 
feines ganjen Verlaufs über bie ju bcwäffernben ©runbftiide 
fortbauernb einen Veftanbteil be§ öffentlichen ©ewäfferä unb 
höre fo nidjt auf, öffentliches SBaffer ju fein ; werbe foldjeS 
SBaffer mittelft einer fünftlid) angelegten, auf 3)auer bered)» 
neten nicht jeberjeit wieber leicht entfernbaren Vorrichtung 
aufgefangen unb weggeleitet, fo liege eine über ben geftatteten 
©emeingebraud) b>*iciu§gebenbe ncrleibung§pflid)tige Venüt» 
jung eine§ öffentlichen ©ewäfferS oor; hieran fönne ber Um» 
ftanb nid)t§ änbern, bafj in ber ©icferanlage auch ba§ nie» 
berfallenbe Jagwaffer gefammelt werbe, ©egen bie SJtini» 


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ÄonäeffionSpflicfjtigfett einer Einlage :c. 


223 


fterialentfd)eibung ^at bie 2). V. bie 9iecfjt§befd)tt)crbe an ben 
Verroattung§geridht§hof eingelegt. 

3)ie Vefdjrcerbe rourbe abgeroiefen. 

©rünbe: 

gür bie 9ie<ht§befd)roerbe finb bie VorauSfehungen be§ 
Slrt. 13 be§ ©efet)e§ über bie Verroaltung§red)tspflege ootn 
16. Sejember 1876 gegeben ; aufjerbent ift für gälte, n>ie ber 
oorliegenbe, bie 3 u ^öffigfeit ber VedjtSbefchroerbe im 2lrt. 112 
2lbf. 2 be§ VBaffergefeheS oom 1. 2)ejember 1900, roelcf)e§ 
mit bem 1. gauuar 1902 in rotte SJBirff amfeit getreten ift, 
au§brücftid) anerfannt. gft tjienact) bie Statttjaftigfeit ber 
9ied)t§befdjroerbe nidjt ju beanftanben, fo ntufj it)r bod) au§ 
ben in ber angefochtenen ©ntfdjeibung enthaltenen ©rünben 
ber ©rfotg oerfagt roerben. 

1. Stuf ©runb ber Vorfchriften be§ 2öaffergefehe§ ift 
ju ber oon ber Vcfcf)roerbeführerin hevgefteltten @ntnaf)me 
oon bem öffentlidjert ©eroäffer be§ 9tennba<h§ entftammenbem 
VBaffer ju prioaten 3roecfen unjroeifelhaft bie Verleihung 
ber juftänbigen Vehörbe erforberlid). Unter ben au§ bem 
©emcingebrauch fliefjenben Vefugniffen ift eine fotctje Ve= 
nü^ung im Strt. 16 be§ ©efetjeä nidjt ermähnt, oietmehr ift 
im 2lrt. 31 2lbf. 2 $iff. 2 ausbrücflid) bie Verleihung ge= 
forbert für jebe Venühuug öffentlicher ©eroäffer, bei roetdjer 
eine 2Bafferentnaf)me mittetft einer bteibenben Vorrichtung 
ftattfinbet. 2)ie Stnnahme, at§ ob ba§ für bie 2Biefenbe= 
roäfferung einem öffentlichen ©eroäffer entnommene SB aff er 
nad^her ohne roeitereS für einen anbern 3roecf bem Vlutter* 
bach bauernb entzogen roerben bürfte, roirb roiberlegt burd) 
ben 2lrt. 40 2lbf. 3; nad) biefer Veftimmung muh, wenn 
nicht ein anbere§ geftattet ober uorgefdjrieben roirb, ba§ 
einem öffentlichen ©eroäffer entzogene SÖaffer, nadjbem e§ 
beit 3roecf, roeld)em bie geftattete Sfuhung beleihen bient, 
erfüllt hat, inforoeit, al§ e§ hteburc^ nicht oerbraud)t roorben 
ift, jenem ©eroäffer roieber jugeführt roerben. 2>ie ohne oor= 
gängige ©enehmigung (Slrt. 31 2lbf. 6 be§ SößaffergefeheS) 
oon ber Vefchroerbeführerin hergeftellte @icferung§antage mit 


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224 ©ntfcfjeibungcn beä 3}em>attuiig§gericf)t§f)of§. 

<3ammelfd)ad)t unb Slblaufleitung fte£)t bafjer im 3Biberfprud) 
mit ben 93orfd)riften be§ 2Baffergefet)e§ ; nad) 2lrt. 112 
91bf. 1 biefe§ ©efet)e§ bejm. § 262 bei- 3Boü$ug§t>etfügung 
uom 16. 9louember 1901 roar batjer bie 'sßolijeibe^örbe be= 
fugt, ber 33efd)tuerbefül)rerin bie Sefeitigung biefer 33eran= 
ftaltung aufjugebert. 

2. ®ie uon bei- ^olijeibettörbe mit bei Verfügung uom 
28. 9Jtai 1900 beanftanbete ©icferanlage bei- 23efd)ioerbe= 
füfjrerin ift fd)on im ^atjve 1899, atfo uor bem Qnfraft= 
treten be§ SBaffergefetjeS uom 1. Sejember 1900 aulgefütjrt 
roorben; iljrc s Jted)tmäfjigleit ift batjer nad) bem bamat§ in 
©eltung befinblidjen 2öafferred)t ju beurteilen. 21Uein ba 
biefe§ 9ted)t in ben für ben oortiegenben ffall mafjgebenben 
fünften eine 2lbiueid)ung uon ber nad)f)erigen Eobifilation 
nid)t aufroeift, fanu biefe ^Beurteilung ju einem anberen (Sr* 
gebni§ nid)t führen. 2)a aud) nad) bem früheren 9ted)t unter 
ben obiualtenbert Umftcinben für ben äöäfferung§bered)tigten 
bie öffentlid) red)tlid)e 33erpflid)tung beftanb, ba§ jur SBiefen* 
roäfferung benützte SBaffer, inforoeit e§ bei biefer SSertuen» 
bnng nidjt uerbraudjt mürbe, bem öffentlichen ©eruäffer, bem 
e§ entftammte, roieber jitfliefjen ju taffen, fanu im uorliegen* 
ben pralle uon einer näheren Erörterung ber $rage, unter 
meldjen 33orau§fe^ungen ba§ 3Baffer auf feinem SBege au§ 
bem öffentlichen ©eiuäffer bi§ jur iHüdfe^r in baSfelbe bie 
•Jlatur eines* öffentlichen 5öaffer§ beibehält ober in ba§ s fki= 
uateigentnm be§ ©runbeigentümer§ übergeht, abgefetjeu rcer= 
ben. (93gl. Urteil be§ ätern>altung§gerid)t§l)of!5 uom 18. 21pril 
1887 im 2tmtSbtatt be§ 9Jlinifterium§ be§ Innern Qatjrg. 
1887 <B. 235 ff.). 

3. 3)er 33el)auptung ber 33efd)iuerbefül)rerin, bie polijei= 
lid) beanftanbete Einlage biene in erfter Sinie ber Entnahme 
be§ au§ ber SBiefe fid) fammelnben $agtuaffer§ unb be§ 
unterirbifdjen ©runbiuaffer§, fann eine SBebeutung nid)t bei= 
getneffen merben. 3Bie fid) fd)on au§ ber ©nuerbung eine§ 
SBäfferung§red)t§ für biefe SBiefe ergibt, reicht biefe§ $ag= 
roaffer nicht einmal jur uollftänbigen 33efriebigung ber laitb* 


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'|int)Qtred)tItd)er ober offentlicfjr ecf)tficf)er betrieb jc. 225 

tturtfcfjaftlidjen 23ebürfniffe biefer Söiefe au§; auef) madjt 
nad) bem ©utadjten be§ ©acfjoerftänbigen ba§ ©runbioaffev 
unter bem mittelft ber 2lnlage abgeleiteten 25$affer nur ben 
getjnten Seit au§. 3tebenfaU§ aber hätte bie ©efdjroerbefüt)* 
rerin bie Stntage fo einjuricfjten, bajj baburd) für ba§ au§ 
bem Stennbad) ftammenbe SSaffer, bezüglich beffen itjr bie 
freie 93erfügung iticfjt zuftefjt, ber Siücfftuji in ben Stennbad) 
nidjt au§gefd)toffen roirb. 

Urteil oont 29. 2tpril 1903 in ber Sted)t§befd)ioerbefad)e 

ber Stftiengefettfdjaft S. 23. 

6 . 

Jlriöfltredjiltdjer ober üffrntltthrrdjtltdjer betrieb einer 
nls ©emeinbennftnlt be(teljenben JUafferuerforgmtg? 

Sie ©emeinbe ©t. i /9t. fjat im ^atjre 1898 bie ©rftettung 
einer 2Safferoerforgung§anlage unternommen. Ser 23efd)lufj 
ber bürgerlidjeti Kollegien oom 14. Slpril 1898 befagt: Sie 
Seitung merbe auf 9ted)nung ber ©emeinbe erftellt unb fo 
eingerichtet, baf? fid) bie ganze ©emeinbe beteiligen tönne, 
foroeit bie§ bie ^ötjentage ber in 2lu§fid)t genommenen 
Duellen jutaffe; ber ganze Üluftoanb merbe oon ben 23etei= 
ligten getragen unb in gorm oon 2Bafferjinfen aufgebradjt, 
fo bafj 9tid)tteitnet)mer nid)t betaftet roerben. Unb am 14. 
Sejember 1898 faxten bie bürgerlichen Kollegien ben 23e* 
fchlufj, bie Söafferleitung nad) bem oon bem Cberbaurat 
©. gefertigten ißlan unb $oftenooranfd)lag nunmehr jur 
2tu§füt>rung ju bringen, unb jroar, um eine möglichft allge» 
meine 23eteitigung ju erreichen, in ber SBeife, baf? bie ®e= 
meinbe bie Seitungen bi§ an bie Raufer führe . . ., ben ent* 
ftefjenben Slufmanb auf bie ©emeinbefaff e ju übernehmen 
unb burd) @d)ulbaufnat)me ju beden, bie ©d)ulbentilgung§= 
rate, bie 3* n fen unb ben jeweiligen taufenben Slufioatib burd) 
SEBafferzittfe aufzubringen. 

Sen ©ebäubebefitjern mar jitoor ein ©djriftftücf jur 
Unterzeichnung oorgetegt morbeit be§ 3nt)att§: „Sie Unter» 


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226 (Jntfcfjeibmtgcn be3 3krn)altung3gerid)t§f)of3. 

geidjneten, tueldje fiel) bei bei - piojeftieiten, auf vunb 45000 Sit. 
oetanfd)lagteu SEBaffetleitung beteiligen tuoEen, ueipftidjten 
fid) fjiebutd) gut 5Begaf)luug beifeftgefetjt lueibenben.SBaffetginfe 
unb gu ©iutjaltungbemod) feftgufteEenben ©abuugen fyiefüt". 

’JHird) ©ilafg bei SieiSiegietung in SubiuigSbutg 
uom 5. ^aituai 1899 luuibe bem 93efd)tu0 bei büigcilidjen 
ftoEegiett, gut ®edung bei ooteift auf 45 500 9Jt. uetan* 
fdjlagten ft'often bei OueEroaffeileitung eine ©ctjulb in gleU 
d)em Setiage aufguneljmen, bie ©eneljmigung mit bei ÜJiaf)= 
gäbe eiteilt, bafj ubei bie SBiebeiabtiagung biefc§ 2lnlef)en§ 
ein nätjeiei *ßlan aufjufteEen unb gut ©enefymigung uoigu* 
legen fei nnb bajj etwaige Beiträge be§ ©taat§ unb bei 
3entialfaffe füi ba§ geueitöfdpuefen alSbalb gu einei aujjei* 
otbentlidfen ©djulbentilgung gu ueooenben feien. ®ei S?o= 
ftenaufroanb ftieg auf 63 686 3)t. unb fdjliefjlid), naebbent noch 
53 $ei(net)mei beigetieten tuaten, auf 67 362 2Jt. 21 ißf. ®utcf) 
©ilaffe bei ÄteiStegietung uom 12. ^-ebtuai 1900 unb 16. ^uli 
1901 nmibe bie ©enefjmigung gui entfptedjenben @if)öt)ung bei 
Saileben§aufnabme auSgefpiodjeti ; bie Tilgung bei ©djulb 
foE mit bem $al)te 1950 beenbet fein. 

3>ie Anlage gibt bas au§ 6 CueEen entfpiingenbe Söaffei 
buicb SBeimittlung eines $od)tefeiooit§ an ca. 50 ^pbianten 
nnb an nafjegu fämtlicbe ©ebäubebefibei gurn ©ebiand) bei= 
felbeu in ben |>au§f)attungen unb ©taEungen unb im ©e= 
luetbebetiieb ab; in einem '-Belicht be§ ©djultfjeifjenamtS uom 
10. Cftobei 1902 ift gefagt, e§ feien nui 19 |)au3f)<dtungen 
nod) nid)t angefd)loffen. @§ finb jeboef) bie |>eilanftalt in 
©d)lojj @t. mit ca. 450 iöetoofjnein unb bie eine fjalbe 
©tunbe entfeinte ©eentüble in bie Seitung nidjt eittbegogen. 

31m 30. ÜÄäig 1900 f)aben bie büigeilicben ÄoEegien 
bie „©abungen füi bie SfBaffeiabgabe auS bet ©emeinbe= 
roaffetleitung" befdjfoffen, inbent fte ein ©jemplat beS ©ta= 
tuts bei ©emeinbe .£>. in einigen unteigeoibneten fünften ab= 
änbetten unb unteigeidjneten. 3n § 1 3lbf. 1 ift gefagt: 
met butd) bie ©emeinbetnaffeileitung gu itgenbroeldiem 3wecf 
SBaffet gu begietjen luiinfdje unb baSfelbe fid) guleiteu laffen 


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sprk>atred)tlid)er ober öffentlicfjrccfjtticfjer ^Betrieb jc. 227 

motte, fyabe bieS bei bern ©emeitibeDorftanb anjujeigeu, ber 
roegen £>erftellung ber Zuleitung bie entfprechenbe Beifügung 
fofort treffen unb betn 2lntragftetter unentgeltlich ein @jem= 
plar beS Statute befjänbigen roerbe. @S ljat jebod) eine 
Beraielfältigung beS (Statuts unb bie (Eröffnung feines Qro 
t)alt§ an bie einzelnen SBafferabnehtner nicfjt ftattgefunben 
unb auch eine öffentliche Befanntmachung beS Statuts ift 
nicht erfolgt. Qm übrigen enthält baS Statut inSbefonbere 
folgenbe Beftimmungen : 

§ 4 2lbf. 1. 3) u r cf) U n t e r z e i d) n u n g b e S $ er- 
trag S unterroirft ftd) ber Stnmelbenbe nid)t nur beit a(l= 
gemeinen ÜBejugSbebingutigen unb terf>nifchen Borfd)riften, 
roie biefetben jetzt oortiegen, foitbern auch benjenigen Ber= 
änberungen in Berechnung beS SBafferjinfeS, roelcfje burd) 
Boraahme ber uorbehaltenen Sarifreoifionen in ber f^olge 
eintreten fönnen. 

§ 5. 3)er SBafferabnehmer hat einen Bed)tSanfprud) 
auf Sßafferbejug, folattge bie ©emeinbe beS 5BafferS nicht 
Zeitroeife ober bleibenb für öffentliche 3roede bebarf ober 
u o n i h r e in S ü ti b i g u n g S r e d) t © e b r a u d) m a d) t, 

§ 13. Stenberungen ober .ßufätze zu biefeti BertragSbe* 
bingungen, foroie Beftimmungen uoit nur üorübergef)enber®ül= 
tigfeit roerben burd) BtafatC/ SageSblätter ober SluSrufen 
befannt gemacht unb hteburd) für bie ©afferabuehmer ebenfo 
nerbinblid) roie ber oon benfelben Unterzeichnete Bertrag. 

35er § 14 broht für bie Uebertretung uerfd)iebener Bor* 
fchriften Slonoentionalftrafbn an, bie oom ©emeinberat nad) 
Sage beS einzelnen gallS angefetjt roerben. 

§ 15. 35er Bertrag über ben Söafferbezug ift für beit 
Abnehmer roie für bie ©emeinbe oierteljähr* 
H ch , je am e r ft e n eines 3R o n a t S , f ü n b b a r. 
35ie Äitnbigung muf* bei bern Schultheifjenamt fdjriftlid) eiti= 
gereicht roerben. 

§ 16. Befdjroerben gegen Slnorbnuitgeit ber Betriebs* 
oerroaltung ftnb bei bem ©emeinberat anzubringen, roeld)er 
barüber nad) Beraehmung ber Befd)roerbefül)rer unb beS be= 


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228 föntfcfjeibungen beä ®cnua[tung§gericf)t§f)ofg. 

treffetibcn Beamten befdjtiefjt. Streitigfeiten, roelcfje jroifd)en 
einem 9Bafferabnef)mer unb ber ©emeinbe entfielen, finb 
unter iUusfdjluf; bes 9ied)t§roeg§ burcf) ein Sd;ieb§gerid)t $u 
entfdjeiben, rooju jebe Partei jroei Vertreter beftimmt, roeldje 
unter bem Sßorfitj be§ Ort§oorftanbe§ al§ Obmann bie ©nt* 
fcfjeibung faßen. 

Surd) 93efd)Iufj ber bürgerlichen Ä'oltegien uont 80. Mätj 
1900 mürben aud) bie SBafferjinfe in ihren oerfchiebenen 
Beträgen feftgefeht (e§ finb hiebei aud) SEßafferjinfe für ba§ 
iRatl)au§, ba§ Sd)ulf)au§, ba§ 9Irmenf)au§ unb ben garten* 
ftall beftimmt); alle Sähe follen „infolange in 91nfat} fom= 
men, al3 nicht eine Slenberung erfolgt". 

®er Söitroe iß. iß. in St., beren ißeoollmädjtigter bie 
obenerroeihnte, oor ber 2lu§führung ber ifBafferoerforgungS* 
antage aufgenommene ißerpflid)tung§urfunbe mitunterjeichnet 
hatte unb beren 2Bot)nhau§ in ber $olge an bie Seitung an= 
gefcffloffen roorben mar, ift oon bem ©emeinberat am 30. Sep= 
tember 1901 ber SBafferbejug mit SBirfung oom 1. Januar 
1902 an gefünbigt unb am 1. STiärj 1902 bie oon ber £>aupt= 
leitungnari) ihrem |)aufe fütjrenbe Seitung abgegraben roorben. 

®ie§ gefdjah, roeil bie ÜÖitroe iß., ber bie ©emeinbe 
einen £eil ihres üöeinbergS jur Slnlegung be§ 9ieferooir§ ab= 
getauft hatte, einen ©ioilprojefj gegen bie ©emeinbe auf 
©rfah be§ bei biefer 2lnlegung in ihrem üBeinbetg angerich- 
teten Sri)aben§ anhängig gemadjt unb fich mit ber ihr an- 
gebotenen 2lbfinbung nicht begnügt hatte. 

©egen bas ißorgehen bes ©emeinberat! mit ber Slün= 
bigung be§ Üßafferbejug! hat fich hie ÜBitroe iß. fcfjoit am 
3. Oftober 1901 bei bem Oberamt ©annftatt befdjroert, 
ihre ißefchroerbe rourbe aber mit ber Segrünbung abgelehnt, 
bafj ba§ Statut über bie ißenütjung ber Safferleitung fein 
polijeilidie! Statut fei. hierauf erhob bie äöitroe iß. bei 
bem $1. 3tmt§gerid)t ©annftatt Silage gegen bie ©emeinbe 
auf bie SeftfteUuug, bafj bie Stüubigung be! üBafferbejug§ 
ungültig fei; burd) Urteil be! SlmtSgerichtS oom 15. SDiai 
1902 ift aber bie Klägerin mit biefer Silage roegen Unjuläf= 


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'fh'ioatrecfjttidjer ober öffentlicfjredjtlicfier Setrieb 2 c. 229 

figfeit be§ 9ted)t§meg§ uor beit bürgerlichen ©evidjten abge= 
wiefen motben unb bie ooit if)r erhobene ^Berufung ift bei ber 
©ioilfamnier I be§ S. £anbgerid)t§ Stuttgart nod) nicht er= 
lebigt. @§ tjat nämlich bie SIBitwe SB. am 11. ÜJtärj 1902 
bei bem Oberamt ©annftatt eine neue SBefchmerbe anhängig 
gemacht mit bem Antrag, e§ möge ber ©emeinbe aufgegeben 
werben, if)r ben SBejug bes 9Baffer§ au§ ber ©emeinbewaffer= 
leitung ju geftattcn unb auf Soften ber ©emeinbe ben SUn- 
fd)lufj ber Hou§leitung an bie Hauptleitung toieber herju* 
[teilen. 3Jlit SBefdjeib oom 10. 3)tai 1902 t)at ba§ Oberamt 
ein fad)licf)e§ ©ingehen auf bie SBefchmerbe mit ber SBegrün* 
bung abgelehnt, baff e§ fidt) um einen ber $uftänbigfeit for 
bürgerlichen ©erid)te unterfteljenben SBertrag t>^nble, ber fei= 
nen 9iaum jum ©ingreifen ber SJlufficf)t§behörbe laffe. 2ll§ 
hierauf bie SBitroe SB. weitere SBefchmerbe an bie S. Srei§= 
regierung in SubroigSburg erhob, hot biefe burd) ©rlajj oom 
8. Quli 1902 bie SBefchmerbe (at§ roegen ber Unjuftänbigleit 
ber SBerroaltung§behörben unbegrünbet) abgemiefen. 

dagegen hat, al§ hierauf bie SIBitwe SB. ftch mit einet 
weiteren SJefchroerbe an ba§ S. SJlinifterium be§ Innern 
roanbte, ba§ S. SDtinifterium burch ©rlafj oom 1. SDejember 
1902 biefe SBefchmerbe al§ begrünbet erfannt unb ber ©e= 
nteinbe St. auferlegt, ber STßitroe SB. ben SBejug be§ S85af[er§ 
au§ ber ©emeinbemafferleitung für ihr SJBohngebäube einju» 
räumen unb ju biefem -3mect ben Slnfdjlufä ber Hau§leitung 
an bie Hauptleitung auf ihre Soften fofort mieber herju* 
[teilen. 

©egen biefe ihm am 20. SJJejentber 1902 eröffnete ©nt= 
fdjeibung hot ber ©emeinberat St. bei bem SBerwaltung§ge* 
richtshof bie SRechtSbefdpoerbe mit bem Eintrag, bie @nt= 
fcheibung aufjer Sffiirfung ju fetten, erhoben. ®ie SRed)t§be= 
fdjroerbe ift al§ unbegrünbet jutücfgetoicfen roorben au§ nach'' 
ftehenben 

©rünben: 

1. SJ)ieSrei§regierung hat in ihrer ©ntfdjeibung oom 8. ^uli 
1902 ben Stanbpunft eingenommen : SJllterbingS fei bie SJBaf* 


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230 (Sntfdjeibungen bei 9?erroaItunßggeridjt§Ijof§. 

ferleitung jebent ©inroohner jur Verfügung §u ftellen, aber 
nur foroeit fie öffentliche ©inricfjtung fei b. h- foroeit fie ba§ 
©Baffer in öffentlichen ©rannen, Seichen, ©Betten, .£>i)branten 
jc. bem ©emeingebraud) prei§gebe, nicht aber foroeit ba§ 
SBaffer in beti SeitungSröhren jum ©rioatgebraud) bem eiit= 
jelnen jugeleitet ober in einer über bcn ©emeingebraud) t)i= 
nauSgehenben ©Beife oon einem ©rioatcn beanfprucht roerbe. 
©on einem im öffentlichen Siecht begrünbeten ©efucf) ber 93. 
auf 2lnfd)lufj an bie ©emeinberoafferleitung fönne baher feine 
Siebe fein. 2lnber§ roiirbe e§ fich oerhalten, roenn ber Se= 
fcfjroerbeführerin bie SJlöglichfeit genommen roäre, bie öffent» 
lid)en ©runneti ju benähen, roa3 aber oon ber ©efd)ioerbe» 
führerin nicht behauptet unb nicht au§ ben ©Iften erficfjtlid) 
fei. $n ihvev an ba§ Ä'. SJlinifterium gericf)teten ©efdjroerbe» 
fdjrift hat fobann aber bie ©Bittoe ©. oorgebra<ht: Ser Um = 
ftanb, bah fid) fämtliche ©etoohner oon St. ber 9Bafferlei= 
tung angefchloffen haben, habe jur f^olge gehabt, bah bie 
meiften ber in ber ©emeiitbe benähten ©runnen, bie jeboch 
©rioatbrunneu geroefen feien, inSbefoitbere auch her oon ihr 
bi§h er benähte, etroa 50 in oon ihrer ©Bohnung entfernte 
©rioatbrunnen, eingegangen feien unb in ben atibern, ba fie 
nicht benäht rcerben, baS ©Baffer ftehe unb unbrauchbar 
roerbe, unb e§ hat biefe§ ©orbringen bem ft'. SJlinifterium 
9lnlah ju ©rmittelungen gegeben. Stad) bcn ©eridften bes 
Sd)nltheihenamt§ St. oom 25. ©luguft unb 12. September 
1902 roaren bie oor ©rftellung ber ©Bafferleitung in St. 
oorhanbenen 39 ©rannen mit alleiniger 2lu§nat)me be§ noch 
im ©ebrauch ftehenben ©runnen§ ber Gcichanftalt ber ®e= 
meinbe ©rioatbrunnen ; öffentlicfje ©iehtränfen beftanben nidjt 
unb finb auch jeht nicht eingerichtet roorben; oon ben ©ri» 
oatbrunnen finb jroei burd) .ßufüllung ganj auher ©ebrauch 
gefeht roorben, roäl)renb oon ben anbern ein Seil noch he» 
nüht roirb, ein anberer Seil nur fo auher ©ebrauch gefeht 
ift, baß hie ©Bieberbenühbarf'eit leid)t hergeftellt roerben 
fattn. 


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$ßriüatred)tlid)er ober öffentlid)rcdf)tlicf)er betrieb jc. 231 

2. $. SEtinifterium ift bei feiner ©ntfcßeibung oon 

fofgenben ©rroäguttgen au§gegangen: 

3)ie non ber ©enteinbe (St errichtete SBafferleitung fei 
eine öffentliche ©emeinbeanftalt, nirfjt bloß foweit fie burch 
bie OueEfaffungen, ba§ Hodjreferooir, ba§ Hauptroßrneß unb 
bie ^pbranten ^euerlöfcßsroecfcn biene, fonbern auch foroeit 
fie ben $au§befitjern ba§ jurn £ranf für SJtenfdien unb SSieh 
unb jum 2Birtfcßaft§betrieb erforberlicße SBaffer juleite. 2)ie 
fyürforge für bie 93efct)affung be§ 2xinf= unb 9tußn>affer§ 
ber ©enteinbeeinrooßner fei unsweifelßaft eine öffentliche 2luf* 
gäbe ber ©enteinben. SBäßrenb aber früher bie ©enteinben 
bicfe Aufgabe baburd) erfüllten, baß fie ba§ SBaffer ber öffent* 
liehen ©emeinbebrumien ben ©imuohnern jum Schöpfen unb 
Sunt Srcinfett be§ Vieߧ überließen, habe in neuerer 3e't 
bie ©inrießtung oon Hocßbruclleitungen e3 ermöglicht, ba§ 
SBaffer unmittelbar au§ ber Hauptleitung in Hau§ unb 
©taE su führen. 2>amit habe fich t»oßl bie Slrt unb SBeife 
ber Vettüßung ber öffentlichen ©emeinbeanftalt geänbert, bie 
letztere aber habe ihren ©ßarafter nid)t oerloren, bie _3ufußr 
be§ 2Baffer§ burch bie HausfeitungSanfcßlüffe j e j nichts am 
bere§ als bie ntoberne Slrt ber Vermittelung be§ aEgenteinen 
©ebrau<ߧ. 

$ie§ habe ba§ SEUnifterium feßott in einer ©ntfdfeibung 
uom 28. Januar 1881 mittelbar baburd) anerfannt, baß e§ 
eine HauSroafferoerforgungSanftalt für eine ©emeinbeange* 
legenßeit im Sinne be§ § 3 be§ Verroaltung§ebift§ erflärt 
habe, beren Soften nach § 25 Slbf. 1 biefe§ ©efeße§ in »ollem 
^Betrag al§ ©emeinbefdjaben umgelegt werben föttnen. 2)ie= 
fern Vorgang feien itisroifcßen .ßmnberte meift länblicßer ©e* 
meinben gefolgt, toelcße bie ft'often ber ©inridjtung unb be§ 
S3etrieb§ ißrer Hausmafferleitungen ohne ©rßebung oon SBaf* 
fersinfen im SBege ber Vefteuerung aufbringen, ©ine Sin* 
erfennung ber HauStoafferleitungen al§ bem öffentlidjen Qn* 
tereffe bienenber ©emeinbeanftalten liege ferner in ber £at* 
faeße, baß meßrfad) ©enteinben sur ©rroerbung ber für bie 
HerfteEuug oon !£rinf= unb Stußmafferoerforgungen erfor* 

^ö^rbücfyer für SBÜrttemberg. XV. 2. 16 


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232 (Sntfdjeibungen beä ^JerTt>aCtungögerirf)tä^ofä- 

berlidjeti ©runbftücfe im SBeg ber ZroangSenteignung in 
fällen ermächtigt roorben feien, in benen bie 3öafferoerfor= 
gung ganj ober überroiegenb als fpauSleitungSeinrichtung 
geplant mar. 

Siefer SerroaltungSprajriS entfpred)e aud) bie ©efet } 5 
gebung: 2trt. 27 2tbf. 1 ber SerroaltungSnooetle oorn 21. 9Jiai 
1891, 2lrt. 3 2lbf.2 Sah 2 bes SÖ3affcrgefe^e§ oont l.Sejember 
1900, 2lrt. 23 a beS SßolijeiftrafgefetjeS in ber Raffung be§ 
©efetjeS oom 4. Zuli 1898. 

Ser ©Ijarafter einer oon einer ©emeinbe mit öffentlichen 
tDlitteln errichteten fpauSroafferleitung als einer öffentlichen 
©emeinbeanftalt roerbe baburd) nicht auSgefcf)loffen, baff bie 
©emeinbe bie gefamten burd) bie 2 lnlage unb ihren Setrieb 
entftehenben Soften burch SBafferjinfen beeft, bie oon ben 
Abnehmern bes SöafferS erhoben toerben, alfo bie ©teuer» 
pflidjtigen als foldje nicht ju biefen Äoften heranjiel)t; betm 
eS bleibe bie Satfadje befielen, baff bie Einlage bef)uf§ @r» 
füllung öffentlicher 3 lt,ec i e / weh* aus ©rroerbSgriinben, mit 
ben Kräften ber ©emeinbe erfteilt roorben fei ; auf ber ©e» 
meinbe ruhe baS finanjielle Siififo beS Unternehmens unb 
bie ©emeinbe fei burd) nichts gehinbert, jeberjeit bie ©rhebung 
oon SBafferjinfen ju befdjränfen ober einjuftellen unb bamit 
ben 2lnlage= unb SetriebSaufroanb ganj ober teilroeife im 
3Beg ber Sefteuerung aufjubringen. 2 lucf) baburch roerbe 
ber öffentliche ®h lU ' a ft er bet SöafferoerforgungSanlage nicht 
in ff-rage geftellt, bah ih rc Seniitjung ben ^Beteiligten nid)t 
jur gemad)t, foubern in ihr freies Setiebcn 

geftellt unb oon ber ©ntridjtung einer ©egeuleiftung abhängig 
gemacht roerbe. 5 ü r ben Segriff ber öffentlichen ©emeinbe» 
anftalt fei jener ©egenfah belanglos unb tatfädjlid) gebe eS 
jahlreidje berartige Slnftalten, bereu Senütjung allgemein ober 
in ber Siegel nur gegen befonbere SergiitungSgebühr geftat» 
tet fei, roie 5 . S. Sohlen, @emeinberoafd)= unb Sacfl)öufer, 
9Baghäufer, SJiarfthallen, keltern, Zuchttiere. 

ÜBenn hienad) ein begriinbeter Zweifel barüber nicht be» 
ftehen fönne, bah bie SBafferteitung ber ©emeinbe ©t. eine 


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'fßrioatrecfjtttdjer ober öffentlidjrecfytlicfyer '-Betrieb je. 233 

öffentliche ©emeinbeanftalt fei, fo feien nad) bem burcf) 9lrt. 46 
be§ ©emeinbeangetjörigfeit^gefeheö nicht gefchaffenen, aber 
oorau§gefetjten unb anerfannten ©runbfat}, bafj feindliche 
©inroohner ber ©emeinbe jur benühung ber öffentlidjen ©e= 
meinbeanftatten gleidjmäfjig berechtigt feien, eben biefe ©in= 
roofmer jur benütjung ber SCBaff erleitung burch ©ntnahme 
be§ SBafferä au§ ben ißrinatleitungen unter ben für biefe 
benütjung oott ber ©emeinbe allgemein aufgeftellten bebing= 
uttgen in gleicher SBeife jujulaffen. fpiemit oertrage fidj 
roohl eine 93efchränfung ober ©ntjiehung be§ 9Bafferbejug§, 
bie im öffentlichen ^ntereffe nötig roerbe, unb e§ taffe fidh 
unter biefem ®eftd)t§punfte ciufjerftenfallä eine ©ntjiehung 
be§ SBafferS rechtfertigen, bie einem einjetnen ©ebäubebe= 
fitjer gegenüber wegen mifjbräudjlicher beniihung ber Seitung 
oerfügt roerbe. dagegen rechtfertigen anbere ©rünbe eine 
foldje SJtafjregel nicht, ©ine entgegenftehenbe beftimmung, 
möge fie auf einfeitiger geftfe^ung ber ©emeinbeoerroaltung 
ober auf einer bereinbaruttg $roifd)en biefer unb bett ÜBaffer* 
abnehmem beruhen, föntte biefem au§ bem öffentlichen Siecht 
fid) ergebenben ©runbfatj gegenüber feine ©eltung bean= 
fptudjen. 

S)ie Slnroenbuttg biefer prittjipicllen Sluäführungen auf 
ben oorliegenben $all ergebe, baff bie ©emeinbe ©t., al§ fte 
ber SBitroe b. ben bejug be§ 9Baffer§ aus einer Urfadje 
fiinbigte, bie mit ber beftimmungägemäfjen benütpmg ber 
2Bafferoerforgung§anlage in feinem .ßufammenhang ftet)e, 
ben über bie allgemeine benü^barfeit ber @emeinbeeinrid)= 
tungen beftehenben Stowten juroibergehanbelt h^e unb bafj 
ba3 berfahren ber ©emeinbe auch nid)t burd) ben § 15 ber 
©atjungen für bie SBafferabgabe, ber ben beteiligten ein 
Äünbigung§red)t oorbehält, gered)tfertigt roerben föntte. 2tb= 
gefehen baoon, ob nid)t biefe beftimmung felbft in ber 3111= 
gemeinheü ihrer Raffung anfechtbar fei, ftehe jebenfalls bie 
toillfürlidje, burch fein Qntereffe ber ©efamtheit geforberte 
Stnroenbung berfelben, roie fie gegenüber ber SBitroe b. er= 
folgt fei, im SBiberfprud) mit einem jroingenben ©ruttbfah 

16* 


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234 ©ntfdjeibungen bes «en»a[tung§öeridjt§f)of§. 

be§ öffentlichen fJtecfjtS unb fei be§^alb unjuläfftg, g t e i cf)= 
o i e t ob beinhalt b er genannten ©atjungen 
a l § öffentlidjredjtticheSSiegtement ober a t § 
bie ©runbtage prioatredjtlicfjer Verträge 
aufgefa^t roerbe. 

3. $ie ©emeinbe oermag ni cfjt barjutun, bafj bie 3)ii= 
nifteriatentfdjeibung redfjttidj nid)t begrünbet unb fie tjieburdj 
in einem it)t juftetjenben fHedjt oertetjt ober mit einer iljr 
nidjt obtiegenben SBerbinbticfjfeit betaftet fei. Sie führt in 
ber 9iedjt§befd)roerbefd)rift au§: Üt(§ bie Stntegung ber 28af= 
ferleitung an bie bürgertidjen Kollegien getommen fei, tjaben 
bie 2lnfjänger be§ Unternehmend nur fdjroadj bie SDtetjrljeit 
gebilbet unb oljne bie gefttegung be§ ©runbfatjed, baff ber 
ganje Stufroanb oon ben beteiligten getragen roerbe, fo bafj 
9tidjtteitnetjmer nicfjt betaftet roerben, roäre ba§ Unternetj* 
men nicht zu ftanbe gefommen ; auf bie ©emeinbe fei aufjer 
bent finanziellen Stififo eine Saft nidjt übernommen roorben 
unb e§ fönne auch oon niemanb ein Stecht gegen bie ®e= 
meinbe abgeleitet roerben, roie audj bie ©emeinbe felbft für 
itjre öffenttidjen ©inricfjtungen mit SBafferzind betaftet fei. 3n 
bem 2trt. 46 be§ ©emeinbeangehörigfeitdgefetjed fei ba§ 9tedjt 
alter ©emeinbeeinrootjner zur benü^ung ber öffenttidjen @e* 
meinbeanftatten aud ber ^ßflirfjt berfetben, zu ben ©emeinbe^ 
taften beizutragen, abgeleitet unb tjieraui folge, bafj unter 
ben öffenttidjen ©emeinbeanftatten im ©imte be§ 2lrt. 46 
nur fotdje oerftanben feien, beren Soften burd) ©emeinbe* 
umtage aufgebracht roerben ober aufgebracht roerben müßten. 
$>ie Ijereinjietjung ber SBafferteitung in bie Kategorie ber 
öffentlichen ©emeinbeanftatten tjätte audj im |jinbtid auf bie 
jroar mit eigener Seitung oerfehene, aber fidj immer mehr 
oergröfjernbe .fjeitanftatt im ©djtofj ©t. unb auf bie @ee= 
mühte ihre Gebeuten. iHudj bie oon ben bürgerlichen £ol* 
tegien in ©fjtingen am 29. Januar 1878 feftgefteltten 93er= 
tragdbeftimmungen über bie Abgabe oon SBaffer ju ißrioat* 
teitungen au§ bem bortigen SBaffertoerf enthalten bie ©e* 
ftimmung über bad ber ©emeinbe zuftefjenbe 3^ecf)t ber Sün* 


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©rioatre<f)tIicf)er ober öffentticfjredjtlicfjer ©etrieb :c. 235 

bigung beS äöafferbejugS. ®aS Vorgehen gegen bie SBitroe 
V. fei nicht nur recfjtlid) jutäfftg, fonbern aucf) ttacf» 5öitlig= 
feitSgrünben gerechtfertigt geroefen, benn roer, rcie bie Söitroe 
33. getan, burd) eine unbegrünbete unb übertrieben hohe gor= 
berung ftdj an bem Unternehmen ju bereichern fuche, fchabe 
bemfelben unb fei non ben SBohltaten beSfclben minbeftenS 
fo lange, als biefer Stanbpunft eingenommen roerbe, auS= 
jufcfjließen. 

$aß bie Söafferleitung in 8t. eine ©emeinbeanftalt ift, 
obfcfjon bie fämtlichen Soften burd) bie SBafferjinfe aufge= 
bracht roerben unb obfdjon bie ^eilanftalt im Schloß 8t. 
unb bie 8eemühle an bie Seitung nicht angefdjloffen finb, 
fann nun aber nicht in ßroeifel gejogen roerben. ©inet - @r= 
örterung bebarf nur bie grage, ob ber betrieb ber SBaffer* 
leitung im Verhältnis ju ben ©emeinbeeinroohnern ein lebig= 
lieh t>rioatroirtfd)aftlid)er betrieb ift unb fein fann unb ob mit 
s Jtücffid)t hierauf ber Verfügung, roeld)e auf bie Vefcßroerbe 
ber SCßitroe 33. ju bereit ©unften baS Vlinifteriunt im 
2luffid)tSroege getroffen l) a t ein rechtliches fpinberniS ent= 
gegenftanb. 

SBieroohl für bie 2Inftalten, roeldje für öffentlidje 3mecfe 
oon bem Staat unb ben ©enteinben hergefteüt roerben, bie 
öffentlich rechtliche ©eftaltung ber 9hit)ung ber atnftalt 
bie regelmäßige unb ber 8ad)e entfpredjenbe gönn ber Ve= 
ftimmung beS VerhältniffeS ju bem 9tut)enben ift, fann bod) 
nad) Vefdjaffenheit ber Uinftänbe biefeS Verhältnis aud) in 
ben gönnen beS ^rioairechtS geregelt fein, ©injelne Slrten 
oon Slnftalten jeigen in bem 3mecfe, bem fie bienen, unb in 
ber 2lrt, roie fie ihn oerfolgen, mehr ober miitber SUefjnlid)* 
feit mit Unternehmungen geroerblidjer 2lrt, roelche baneben 
oon *ßrioaten betrieben roerben. ®arauS, baß bie prioatroirt* 
fchaftlidje ©eftaltung beS VetriebS ber Staats* unb ©emeinbean* 
ftalt bie herfömmlicheift, erflärt fid), baß fie beibehatten ift, aud) 
roo bie 2lbfid)t einer ©eroinnerjielung auS bem Vetrieb ber 
Slnftalt bei bem Staat unb ben ©emeinben nidjt oorhanben 
ift. Unb obgleich inSbefonbere nad) allgemeiner gefetjlidjer 


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236 ©ntfdjeibungen be§ S8erroaltung§gericf)t§lj°f3- 

93eftimmung bie ©ifenbahnoerroaltungen jur 3ulaffung jur 
Seförberung »erpflicfjtet finb, metben »on ben StaatSeifen* 
baljnen mit bem ißublifum pri»atredjtlidje Verträge über bie 
ißerfonen* unb ©ütertranSporte abgefdjloffen. 

■Jladj 93efcf)affent)eit bet Umftänbe ift aud) bie Möglich'- 
feit nidjt in Slbrebe ju ftetten, bafj eine ©emeinbe eine 
3Bafferteitung§anftalt im SSerfjältniS ju ben 9Baf» 
ferabnebment als ein lebiglidj pri»atroirtfdjaftlid)cS Untere 
nehmen errichtet unb betreibt, fo bafj fie ben @emeinbeein= 
roofjnern ben SBaffetbejug auf ©runb unb in ©rfüttung prU 
»atrechtlidjer 33ertrag§nerf>äf tniffe, bie nad) freiem SSilten 
ber 9tnftaltSoenualtung mit ben einseinen SBafferabneljmern 
ju ftanbe fommen, geroährt. Unb aud) rcenn bie non ber 
©enieinbe ^ergeftellte Sßafferoerforgung als ©emeinbeanftalt 
ju öffentlicf)red)tlicf)er fliuljung eingerichtet ift, fönnen in bem 
Statut ber abminiftratioen Orbnung ber 3ulaffung ju ber 
Stutjung ber 2lnftalt unb ber ©egenleiftungen für bie Dtutjung 
geftfetjungen priuatredjtlidjen ^nl)att§ tjinjutreten; folcfje fmb 
bie SJeftimmungen über bie 93erpflidjtungen ber @ebäubebe= 
fi^er, inforoeit bie ©emeinbe für ihre [Rechnung auf ihrem 
©igentum unb in ihren ©ebänben bie ißrioatleitungen h et = 
[teilen läfjt. 

3l(tein im »orliegenben ^all h fl t ba§ .fl. Minifterium mit 
»ollem [Redjt auSgefprodjen, ba$ bie »on ber ©emeinbe St. 
erftellte 2Öaffer»erforgung nidjt eine foldje ©emeinbeanftalt 
fei, bie ben ©emeinbeeinroofjnern gegenüber lebiglid) prioat* 
roirtfdjaftlidj betrieben roerben fönne. ®er Raffung ber »on 
ben bürgerlichen Kollegien befdjloffenen Satzungen läfjt fidj 
nicht einmal mit Sicherheit entnehmen, bafj bie ÜBenütjung 
ber SBafferleitung burch bie ©emeinbeeinroohner in SBitflid)* 
feit nur innerhalb prioatredjtlidjer Verträge, roelche snnfdjen 
ihnen unb ber ©emeinbe abgefchloffen toerben, [ich h a & e ooll= 
jiehen follen, unb auS bem, roaS fonft erhoben ift, erhellt 
nidjt, bafj tatfächlidj bet SBafferbejug fidj in biefer SEBeife 
geftaltete. ®ie Unterjeidjnung beS Sdjriftftücf0, rooburch 
bie 2luSfül)rung beS Unternehmens gefidjert mürbe, mar auch 


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'$riDatred)tIid)er ober öffentlidjrecfytlicfjer Setrieb :c. 237 

für biejenigert ©ebeiubebefther, welche fid) an biefer Unter* 
jeid)nung beteiligten, fein 2 lbfd)luj 3 eine§ fertigen prioatred)tli= 
d)en Sertrag§ über bie bem rcirflicfjen Sebarf ber einjelnen ©e= 
bäubebeft^er entfpredjenbe Seniiljung ber 2Bafferleitung§an= 
ftaft. Qn bem § 1 ber Satzungen ift nod) eine Slnmelbung 
erforbert; bie Seroielfältigung be§ Statuts, meldje bie Se= 
fjänbignng eines ©yetnplarS an ben Slntragfteller ermöglicht 
hätte, f)at aber niefjt ftattgefunben unb aud) eine öffentliche 
Sefanntmadfitng ber ©atjungen ift nidjt erfolgt. SBie bem aber 
aud) fei, jebenfallS roar bie Sefdjaffung beS für bie ©emein* 
beeinroohncr unentbehrlichen £rinf= unb 9luhmaffer§ in ber 
SBeife eine im öffentlichen 9ied)t begrünbete Aufgabe ber @e= 
meinbe, baff ihr burch eine ©eftattung ber Samsung ber 
Sßafferleitung, raeldje bie ©emährung bei 2Bafferbejug§ 
mitteli Slnfchluffei ber ^auileitung unb bie ftfinbigung bei 
SBafferbejugS in bie freie ©ntfcf)liefjung bei ©emeinberati 
geftellt hätte, nicht genügt roerben fonnte. 3)aff für eine 
freie SSefugnii bei ©emeinberati, im SBege bei 2tbfd)luffe§ 
prinatrechtlicher Serträge unb im SBege ber ftünbiguttg fol= 
eher Serträge über ben SBafferbejug ju oerfügen, im oor* 
liegettben $alle fein Saum fein fonnte, ergibt fid) unreife!* 
haft baraui, baff bei ber @inrid)tung ber Söafferoerforgung 
bie SBafferjuleitung jur ©peifung öffentlicher Brunnen un= 
berücffidjtigt geblieben ift, fo baff in ber — ohne bie ^jeil* 
anftalt im Schloff ©t. — gegen 1600 ©inmohner jäfjlenben 
©emeinbe nur ein einiger öffentlidjer Srunnen worhanben 
ift. Sun ftttb jroar aud) oor ber Anlegung ber SSÖafferoer* 
forgung oon ben 39 Saunten 38 fßrioatbrunnen geroefen; 
allein bie £>erfteUung ber SBafferleitung hat jur utiauSbleib* 
lid)en golge, b«fj bie 3al)l her in braudjbarem ©tanbe be= 
finblid)en ^ßrioatbrunnen in fortfehreitenber rafdjer Sermin* 
berung begriffen ift. 

Ob ber ©d)aben§erfat}anfprucf), ben bie SBitme S. bei 
bem 2fmtigerid)t ©annftatt gegen bie ©emeinbe eingeflagt 
hat, in feinem oolleu Setrage begrünbet mar, ift fp er aicf)t 
nachjuprüfen. 35ie oon bem ft. SRinifterium im 2lufftd)t§* 


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238 ©ntfdjeibungen beS 58enoaltung§gericf)t§f)of3- 

wege auf bie 93efd)werbe ber ©itrne 'S. getroffene 93erfügung 
finbet ifjre oolte s Jted)tfertigung barin, bafj oon bern ®e= 
nieinberat bie Äiinbigung beS ©afferbejugS auS einem ©runbe 
oorgenommen worben ift, ber mit ber beftimmungSgemäjjen 
93enütjung ber ©afferoerforgungSanlage in feinem .ßufam* 
menfjang ftetjt. 

Urteil oom 17. Quni 1903 in ber 9ted)tSbefd)werbefad)e 
ber ©enteinbe ©t. i. 9t. 


7. 

©ine Strijankmirtfrijaff kann nitijt burdj Perlegung beo 
pusfrijunks einzelner ©rträuke in etn nttberes ©ebäube 
in tnekrere Jlrredjtignngen ?nnt pitsfrijauk ein?clner 
©etriinke geteilt werben. 

Ser 33efdf)werbefül)rer 3- 3- betrieb auf feinem .fpaufe 
9tr. 33 ber fjovftftra^e in Stuttgart neben ber 93äcferei feit 
Qatjren eine ©cfjanfwirtfdjaft mit 9lusfd)anf oon ©ein, Obft= 
moft, SJier unb ^Branntwein. 3m 3af)r 1894 bat er, nad)= 
bem er biefeS $auS oeräufjert fjattc, um ©enefgnigung ber 
Verlegung feines unbefcfjränften ©d)anfmirtfcf)aftSred)t§ in 
baS oon il)m erworbene, jetjt mit 9tr. 59 bejcid)nete £muS 
ber J^ofjamteSftrape. Qcbod) Ratten feine roieberkotten ©e= 
fudje feinen ©rfotg, ba bie ©tabtbireftion bei il)ren 33efcf)ei= 
ben ebenfo, roie ba§ ©tabtpolijeiamt unb bie ^olijeiabteilung 
be§ ©emeinberatS in itjren ©utacfjten ber 2lnftd)t waren, bafj 
bie 93ert)ältniffe bei bem neuen Sofal wefentlid) aitbere feien, 
als bei bem alten Sofal, unb beSljalb bie ©cbürfniSfrage 
oerneinten. 9lud) in feinem fdjriftlidjen ©efud) oom l.SRärj 
1898 tjat er um Verlegung feines unbefd)ränften ©d)anfwirt* 
fd)aftSred)t§ gebeten, aber am 8. 9Jtärj oor bem ©tabtpolU 
jeiamt, fowie in einer fp eiteren ffiingabe oom 17. 9Jtärj 1898 
erflärt, bafj er nur um bie ©enetjinigung beS SluSfdjanfS oon 
©ein unb Dbftmoft, abgefeljen oom 53ier, bitte. SaS ©tabt* 
polijeiamt unb bie ^oliseiabteilung beS ©emeinberatS t)abeu 
fick am 27. 3lpril 1898 bafjiu geäußert, bafj ba§ 93orl)an= 


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SBefugniffe bei Verlegung eines Sd)anftmrtfcf)aft§recf)t§. 239 

benfeitt eines VebürfniffeS für ben beabfidjtigten 3Öirtfrf)aft§= 
betrieb (2Beitt= uub Vioftfdjanf) angenommen roerben fönne, 
raenn bie SSÖirtfdjaft ^orftftrafje 33 eingel)e, unb unter biefer 
VorauSfe^ung baS ©efud) nid)t beanftanbet roerbe. 2)ie 
©tabtbireftiou t)at jebod) am 20. ÜJlai 1898 bie ©ene£>tnt= 
gütig „jur Verlegung ber in bem unbefdjränften ©djattfroirt* 
fcf)aftSred)t inbegriffenen VefugniS jutn SluSfdjanf oon 9Bettt 
unb Obftmoft" unter Verneinung ber VebürfniSfrage uerfagt. 
VBäljrenb ber als oerfpätet nad)trägtid) jurüefgenomntene 9ie= 
furS fdjroebte, l)at am 6. ^juli 1898 ba§ jutn Verid)t auf* 
geforberte ©tabtpolijeiamt foroie bie Volijetabteilung beS ©e= 
meinberatS auf bem am 27. 2lpril eingenommenen 3tatib= 
punft befjarrt; beSgleidjett in ber Sleujjerung ootn 8. September 
1898, nadjbent 9ied)tSamoalt ©d). als Veoollmäcfytigter beS 
je. 5- „beffen ©efud) um bie ©rlaubniS jur Verlegung feines 
Sd)anf'nnrtfd)aftSred)tS unb jtoar jum SluSfdjanf oott SBeitt, 
SJloft, abgefeljett oom Vier" unter Verufung auf bie früheren 
©ingaben unb ben $nf)alt b ei - j Ur (Jinfidjt mitgeteilten Stften 
mit ©ingabe ootn 29. Sluguft 1898 erneuert fjatte. $n bem 
©rlafj ber ©tabtbireftion oom 21. ©eptember 1898 an baS 
©tabtpolijeiamt toirb bie $rage erhoben, ob angefidjts ber 
jiemlicf) ftarfen Ueberbauung in ber Umgebung beS £jaufeS 
in ber ^ot)anneSftrape uub ber geringen ©ntferuung ber bei= 
ben Sofale oon einanber nod) gefagt toerben fönne, bafj bie 
für bie VebürfniSfrage mafjgebenben Verf)ältniffe ttod) roefent* 
lief) anbere feien; fobann toirb auSgefüljrt, bafj ber jum 
Vetrieb ber unbefdjränften ©cfjanfroirtfdjaft fonjeffionierte 
oormiegenb SBein unb Obftmoft auSjufcfjänfen fdjeitte, in bem 
|jaufe ber 3ol)anueSftrafje toolle er gleid)fallS nur Söein unb 
Obftmoft jum 21uSfd)anf bringen, eS toerbe angenommen 
roerben fönneit, bafj fein SfunbenfreiS atmeibernb berfelbe 
bleibe, roentt er fiinftig feinen Vetrieb in bem neuen Sofa! 
auSiibe; enblid) toirb bemerft: „3)aS ©tabtpolijeiamt toolle 
ftd) in ber ©ad)e äußern; oorauSgefet)t toirb ttad) roie oor, 
bafj bie 3Birtfd)aft gorftftrafje 9fr. 33 enbgültig eittgel)t unb 
aud) tticfjt etroa roieber in einem an ©teile be§ alten -£jaufeS 


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240 ©ntf Reibungen bei S8erroaItungigeric^ti^ofi. 

trctenben neuen ©ebäube mieber erftefjt". 93om ©tabtpoli» 
jeiamt raurbe berietet, baff bei- SfunbenfreiS im neuen Sofal 
jo jiemlid) berfelbe bleiben metbe, mie im alten, baf) aber 
bev Käufer be§ Kaufes 33 jjorftftrafje, ba§ jebod) nod) nid)t 
auf it)n eingefdjriebeit fei, au ©teile beS alten ein neues 
|jau§ erftellen rooEe unb barauf eine SBirtfdjaft mit 33äcferei 
ju betreiben gebenfe. 9funmef)r mürbe am 4. Oftober 1898 
oon ber ©tabtbireftion „auf ©runb ber Elften [47-— 66" be= 
fcfjloffen, bem «bie nacf»gefucf)te ©rlaubuiS ju erteilen, 
ben 3lusfd)anf non Söein unb Obftmoft, ju meldjem u. a. 
berfelbe für bie s J3etriebsftätte 9fr. 33 ber jforftftrafje er= 
mädjtigt mürbe, fiinftig in ben Sofalen im ©rbgefdjoji be§ 
Kaufes 9fr. 59 ber 3of)anne§ftrafje auSjuüben unter ber 33e= 
bingung ber noEftänbigen 93efeitigung ber Sofalmängel". 
®ie§ mürbe bem mit ber ©mpfangnaljme ber ®enef)migung§= 
urfunbe beauftragten ©dimiegerfofjti beS $. am 5. Oftober 
eröffnet, unb am 6. Oftober 1898 erging ein ©rlafj ber 
©tabtbireftion an ba§ ©tabtpolijeiamt jur ©töffnung an 
ben Käufer bes §aitfe§ fjorftftrafje 9h - . 33, bafä er feinerlei 
9lu§fid)t fjabe, bie Sonjeffion juni ©djanfmirtfdjaftSbetrieb 
in biefem £)aufe ju erlangen, nadjbem ba§ 33erlegung§gefud) 
be§ 3. in ber Slnnabnte genehmigt morben fei, baf? bie 93er= 
fjältniffe in ber QofjanneSftrafjc nicfjt mefentlid) anberS liegen, 
at§ in ber gorftftrafje jc. 35er '-öefdjroerbefüljrer fjat feine 
SBirtfdjaft in ber jfforftftrajje am 9. Oftober 1898 eingefteflt. 

$n einer ©ingabe nont 4. 2Eai 1901 f)at fobann ber 
58efd)merbefül)rer neben feiner bereits beftefjeuben ^onjeffion 
für bie 3ol)anne§ftraf?e aud) um bie ©enefjmigung jum 33e= 
trieb eines 33ier= unb ©pirituofenausfdjanfS bafelbft gebeten, 
biefeS ©efudj aber, gegen ba§ ficf) bie begutadjtenben 33e= 
f)örben inSbefoitbere megeu mangelnben 33ebürfniffe§ au§ge= 
fprodjen f)aben, fpäter jurixcfgejogen. 9lunmef)r l)at ber 33e= 
fdjroerbefüljrer bie oon if>nt beabfidjtigte 2Bieberaufnaf)me be§ 
3lu§fd)anf§ oon 93iev unb 33rannttoein in bem $aufe 9fr. 33 
^orftftrafje ber ©tabtbireftion angejeigt unb im Saufe be§ 
SßerfaljrenS gebeten, 31t oerfügen, baff biefeS 9fed)t nod) fort-- 


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Sefugntffe bei Verlegung etne§ 6cf)anftoirtfc^aft§red)t§. 241 

befiele unb burdj bie SBegoerlegung einjelner Äonjeffton§= 
rechte nicf)t ertofcfjcrt fei. $ie ©tabtbireftion fjat ben gmt' 
beftanb be§ beanfpruchten 9fed)t§ in bem 93efd)eib oom 
10. $ejember 1901 nicht anerfannt, roeil bei ber ©enet>mi= 
gung ber Verlegung eine folche Teilung ber Äonjeffion nicf)t 
in grage geftanben unb oon 3ud)§ aud) nicf)t erbeten roor* 
ben fei, einer au§brücflid)en Äonftatierung, baff bie Äonjef* 
fion ihrem ganjen Inhalt nach roegoerlegt roerbe, habe e§ 
felbftoerftänblid) nicf)t beburft. ®ie tjiegegen erhobene 50 z- 
fd) roerbe rourbe non ber Ä. Regierung be§ 9fecfatfreife§ 
unb bie roeitere 23efd)roetbe non bem Ä. SJlinifterium be§ 
Qnnern burd) ©rlafj oom 24. 21pril 1902 al§ unbegrünbet 
abgeroiefen, roeil bie Sefdjränfung be§ ©d)anfroirtfd)aft§= 
red)t§ auf SBein unb Obftmoft bie Sebingung geroefeit fei, 
unter roelcfjer nad) ber oon bem 33efd)roerbefül)rer, bem @e- 
meinberat unb ber ©tabtbireftion angenommenen 33orau§= 
fetjung bie Verlegung allein ju erlangen roar, unb roeil nad) 
ber Verlegung be§ ©^antroirtfd)aft§red)t§ al§ fold)em, al§ 
eine§ einheitlichen 9fed)t§, bei bem bie $8eftimmung ber ein* 
jetnen ©etränfearten nur eine feiner $nl)ttlt§beftimmungen 
bilbe, trot) feiner befd)ränfteren OnhaltSbeftimmung oon bem 
gortbeftanb roeiterer 2lu§fd)anfSbefugniffe feine 9febe fein 
fönne. $ie gegen bie ©ntfcheibung be§ Ä. 9Jlinifterium§ er= 
hobene 9ied)t§befd)roerbe ift oon bem 93erroaltung§gerid)t§l)of 
jurücfgeroiefen roorben. 

© r il n b e : 

2)ie 9fed)t§befd)roerbe, gegen beren ©tattljaftigfeit ber 
®erroaltung§gerid)t§f)of im oorliegenben $atl fein f3ebenfen 
hat, fonnte einen ©rfolg nicht haben. $ie grage, ob bie 
oon bem Sefdjroerbefüfyrer in 3lnfprucfj genommene f3efugni§ 
jum 2lu§fd)anf oon Siet unb ©pirituofen auf bem |)au§ 
Sfr. 33 ber ^orftftrafje — ungeachtet ber Verlegung bet 2lu§* 
fcf)anf§befugni§ oon SEßein unb Dbftmoft nad) ber Johannes* 
ftrafje 9fr. 59 — erhalten unb ber 53efd)roerbefühter beim 
gemäfj berechtigt geblieben ift, biefen 9Birtfd)aft§betrieb roie= 
ber aufjuttehmen ober nicht, hängt baoott ab, roa§ ber ©e= 


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242 (Sntfdjetbungen be§ ®eriuattimgsgerid)tsf)of§. 

fdjroetbcfüfiter mit feinem in bev (Eingabe oom 29. Sluguft 
1898 bei ber Stabtbireftion geteilten ©efud) um Verlegung 
beS Schanfwirtfd)aftSred)tS — unter bet Vefchränfung auf 
bett SluSfchanf non ÜBeitt unb Dbftmoft — beabficijtigt t)at, 
unb fobaitn baoon, maS bie Stabtbireftion in bent auf biefeS 
©efuef) erteilten Vefdjeib oom 4. Cftober 1898 genehmigen 
wollte unb genehmigt h«t- 9tuti fteht feft, baff baS <Stabt= 
polijeiantt unb ber ©enteinberat in ihren Sleufjerungen nom 
27. 2Cpril, 6. 3«li unb 8. (September 1898 unb bie Stabt* 
bireftion in ihrem ©rlafj »om 21. September 1898 überein* 
ftimmenb bie 'Jlnfidjt auSgefprochen hüben, bafj baS enbgül* 
tige @ingel)en ber SBirtfchaft in ber gorftftrafje bie Voraus* 
feijung für bie nachgefud)te ©eitehmigung ber Verlegung beS 
befchränfteren 2Bix*tfthaft§red)t§ in bie .QiohanneSftrafie ju 
bilben höbe, wie bieS auch in bent nachgefolgten ©enehmi* 
gungSbefdjlufi felbft, wenn and) nicht in auSbritcflichen 2Bor* 
ten, burch Vejugnahme auf bie betreffenben Sitten SluSbrucf 
gefunbeti h«t- Ser Vefchmerbeführer tonnte bei ber ©in* 
reichung feines VerlegungSgefud)S barüber nicht int 3 n>e if e ^ 
fein, baff eine ©enehntigung beSfelbett ohne Slufgabe ber bis* 
herigen 9Birtfd)aft nicht ju erlangen mar. Senn wenn feine 
Slbfidjt, mie er in ber Vegrünbung ber VedjtSbefchwerbe gel* 
tenb macht, bahin gegangen märe, nur ben auf 9Bein unb 
Obftntoft bejüglichen Seil feiner SBirtfchaftSfonjeffion ju oer* 
legen unb im übrigen bie SluSfchanfSbefugniS für Vier unb 
Spirituofen in ber gorftftraffe bcijubehalten, fo hätte eS fief) 
überhaupt nicht mehr um bie b 1 o f? e Verlegung ber 
SBirtfchaft in ein a u b e r e S 2 o t a l mit felbftge* 
wolltet Vefdjränfung auf getoiffe ©eträntearten, fonbern u m 
bie ©rünbung einer j w e i t e n 2Birtfcf)aft beS* 
felben 2BirtS gehanbelt unter Verteilung ber ©eträntearten 
auf baS neue unb baS alte 2ofal. fpieju hätte «3 trotj ber 
gebadjten Selbftbefd)räntnng einer neuen felbftänbigen ®ott= 
jeffion beburft. Sa nun ben mehrfachen tmrauSgegangenett 
©efudjett um Verlegung beS uitbef darauf ten 2Birtfd)aftS* 
rechts, bie nur einen 2B e d) f e l b e S 2 o f a l S jur fjolge 


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SBefugniffe bet Verlegung etne§ Scfjatif juirtJ'cfjaf tsrecfjtsi. 243 

gehabt hätten, bie ©enelimigung oerfagt morben ift, fo muffte 
fid) ber 33efd)merbefül)ter fagcn, baff nur einem foldjen 93ev* 
iegung§gefud) (tattgegeben werben mürbe, b«3 ein b e f dj r ä n t- 
t e r e § ©d)anfmirtfdjaft§red)t jum ©egenftanb unb eine 
93ermet)rung ber 3 a f) l ber 2Ö i r t f cf) a f t e tt it i d) t 
gut golge f)at. Neffen mar fid) ber 9kfcf)werbefül)rer bei 
ber Stellung feine§ ©efudjS beroufft unb mit jener 93orau§= 
fetjung ber S3ef)ötben, non ber er bei feinem ißerfeijr mit 
ben 99ef)örben unb jufolge oon Slfteneinficfjt nid)t of)ne 
Kenntnis bleiben fonnte, mar er umfoniefyr einoerftanben, ab? 
er nad) ber 93eräufferung feines $aufe§ in ber gorftftrajfe 
an bem ffortbetrieb ber SGBirtfcfjaft bafelbft fein Qntereffe 
meljr t)atte, wogegen iljm an ber ©rtangung ber Verlegung 
ber SBirtfdjaft in fein neu erroorbene§ f?au§ in ber 3o= 
f)anne§ftraffe alle§ gelegen fein muffte. Sein @inoerftänbni§ 
mit ber gebadeten 33orau§fet)uug wirb aber nocf) burd) fein 
fpätere§ üßerljalten, burd) bie ©inftellung be§ 2Birtfd)aftsbe= 
trieb§ fofort nacf) ber ©enefpniguttg, foroie burd) ben 93er» 
fud) bargetan, bie S3efugni§ jutn 2lu§fd)anf uon Söier unb 
©pirituofen aucl) für bas» neue £ofal su erlangen. Sillen 
biefen Statfacfjen gegenüber fann ber in ber 9ied)t§befd)merbe 
angeführten Söetjauptung, baff ber 33efd)roerbefüf)rer feinem 
^>au§täufer gegenüber erftärt habe, baff er fid) feine $on* 
jeffion auf ©ebäube 9t r. 33 ber Jorftftraffe oorbefyalte, fein 
©eroicfyt beigelegt roerben unb ift ber bafür angebotene 53e= 
n>ei§ mit bem 3eugen hi ei ' nidjt einjujiefjen. Sine golge 
be§ gebactjten (SinoerftänbniffeS aber ift, baff ber 93efd)roerbe= 
führet bie oon ihm als fortbefteljenb in Slnfprucf) genommenen 
2lu§fd)anf§befugniffe in bem $au§ 9tr. 33 ber fforftftraffe, 
ba§ augenfd)einlid) infolge oon $erwürfniffen mit bem |>au§= 
fäufer in ben £mnben be§ $8efcf)merbefüf)rer§ geblieben ober 
in feine ^änbe jurüdgelangt ift, nid)t mel)r au§üben barf. 
Unb biefe ^olge tritt ein, aud) wenn man mit bem 53e= 
fdjroerbefüljrer biefe Slu§fd)anf§befugniffe ald oon eiitanber 
unabhängige felbftäubige Steckte, roie fie f)infid)ttid) ber 93es 
fportelung behanbelt werben, unb nicht oielmeljr al§ Slu§= 


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244 ©ntfdjeibungen beS 3kvroa(tung§gerid)t§f)of§. 

flüffe be§ im Sinne bet ©ewerbeorbnung einheitlichen 33e= 
griffe be§ Sd)anfwirtfchaft§red)t§, ba§ bie 33efugni§ jum 
2tu§fd)anf mehrerer 2lrten non ©etränfen in fid) fdjlie^t, 
anfehen mollte unb fönnte. 

Urteil oom 28. Januar 1903 in ber 9ied)t§befd)werbc= 
fache be§ $. $. 


8 . 

jln Uri. 24 fUtf. 2 bes ©eJVp» turnt 16. Pejembn* 1876 
mtb ?n 8 58 Hbf. 1 bes gtrattkettuerjtthmtttgsgefeijts 

(Ülnge). 

®urch einen bem Kläger 51. S. am 3. ÜJiai 1902 juge= 
fteHten 33efc£)eib be§ ©enteinberat§ Ulm at§ 2luffid)t§behörbe 
im Sinne be§ § 58 9lbf. 1 51.33.®. in ber Streitfache ber 
gemeinfamen Drt§franfenfaffe Ulm gegen ben Kläger ift lei}= 
terer für oerpflichtet erflärt rootben, „ben 2lufwanb ju er* 
fetten, ben bie gemeinfame OrtSfranfenfaffe auf ben" bei ihm 
„in Slrbeit geroefenen, oon ihm oerfpätet angemelbeten Sau» 
auffehev 2. 33. in Ulm oont Sag feiner ©rfranfung bi§ j u 
feiner SBiebetgenefung ju machen h^t". 

3lm 24. 3Jtai 1902 fam bei ber 51. Regierung be§ So» 
naufreife§ eine oom Kläger Unterzeichnete ©ingabe folgeitben 
SBorttautS ein: „ßoher Stelle berichte id) htemit ganz er» 
gebenft, bafj id) gegen ben 33efcf|lufj be§ ©emeinberatl Ulm 
oom 24. ülprit 1902 betteffenb Streitfache ber gemeinfamen 
Ort§lran!enfaffe gegen mid) wegen Vergütung oon 51ranfen» 
oerpflegung§foften für beti 33auauffeher 2. 33. hier 33efcf)merbe 
erhebe unb in biefev Sache ©ntfdjeibung ber 51. 51rei§regie» 
rung erbitte. 33egrüitbung ber 33efd)n>erbe fotoie näherer 33e» 
rieht folgt in einigen Sagen." Siefe ©ingabe ging „zunächft" 
— mit einem Sennin oon oier äBodjen — „zu ben SUten“. 
®leichfall§ mit einer ©ingabe oom 24. Sftai zeigte S. bem 
©emeinberat an, bafj er gegen ben 33efd)eib „33efchroerbe" 
an bie $rei§regierung erheben werbe; al§ am 6. Quni ber 
©emeinberat ihn um 3lu§funft barübet erfuchte, ob oon feiner 


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3u 9lrt. 24 2lbf. 2 be§ ®cf. u. 16. $ej. 76 u. ju § 58 9lbf. 1 Ä.».®ef. 245 

©eite nun 5llage bet ber ÄreiSregierung als BerroattungS* 
geriet eingereidjt roorben fei, erroiberte am 13. ^uni ©.: 
„bie non mir an bie Ä. SlreiSregierung in ©adjett beS 33. 
gerichtete Befdjroerbe geht bahitt, mir won berfelben als ber 
oberen BerroaltungSbehörbe eine @ntfd)eibung in obiger ©adje 
ju erbitten." 

2lm 26. ^uni 1902 reichte Kläger bei ber ßreiSregie* 
rung eine „Begrünbung" feiner „Befchroerbe in ©achen B.“ 
ein, rcorin er bie ©treitfacfje in Uebereinftimmung mit bem 
Befcfjeib bes ©enteinberatS Ulm bejeicfjuete unb ben ©ad)= 
oerhatt barlegte, ohne übrigens einen beftimmten Slntrag ju 
fieEen. 2>ie ©ingabe fchliefft: „$d) bitte bie Beurteilung 
beS gaES auf biefen ©efidjtSpunft grünben ju woEen“. 

2lm 11. $uli 1902 erlief bie SreiSregierung „gemäfj 
2lrt. 27 be§ ©efe^eS über bie BerroaltungSred)tSpflege" einen 
— bem Kläger am 13. ,3iuli jugefteEten — „Befcheib" ba= 
hin: „bie $lage rcirb als rechtlich unjutäffig jurücf getoiefen. " 
$nben ©rünben ift auSgeführt: ®em ©djriftfatj oom24. 3Jlai 
fehlen bie notroenbigen ÜDIerfmale einer fötage, mie fie 2lrt. 24 
3lbf. 2 beS BerroaltungSredjtSpflegegefeheS auffteEe; ber 
©chriftfatj oom 26. $uni hätte jroat als Htage behanbelt 
werben fönnen, jur $eit feiner ©inreichung fei aber ber ge* 
meinberätlidje Befcheib längft in 9tecf)tSfraft ertoachfen ge* 
roefen. 

9tad)bem Kläger in einer am 21. ^uli 1902 bei ber 
ÄreiSregierung eittgefommenen ©ingabe um Slnberaumung 
einer münblidjen Berhanblung gebeten hatte, mürbe baS roei* 
tere Berfahren gemäfi 2lrt. 28 ff. beS BerroattungSrechtS* 
pflegegefetjeS in bie SBege geleitet; jur ©teEung eines 2ln* 
tragS aufgeforbert, beantragte Kläger in einer ©ingabe oom 
8./11. Sluguft eine ©ntfcheibung bahin ergehen ju laffen, baff 
B. oon ber gemeinfanten DrtSfranfenfaffe, ba er nidjt non 
ihm als 2luffeher angefteEt gemefen, jur Bezahlung ber ent* 
ftanbenen SlranfenoerpflegungSfoften heranjujiehen fei; in ber 
münblichen Berhanblung oom 3. fNooentber 1902 enblid) ftellte 
Kläger ben Eintrag: ju etfennen, bah er nid)t oerpflidjtet 


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246 ©rttfdjeibungen be§ Söerioa[tungSgeridf)t§f)ofS. 

fei, ber Söeftagten ben it)r burcf) bie Kranfenunterftütjung be§ 
3Juffct)er§ 33. erroachfenen 2luftoanb ju eiferen. 

93on ber Krei3regierung rourbe burd) Urteil oom 3. s Jlo= 
oember 1902 bie Klage, meit oerfpätet, al§ unftattl)aft ab= 
getoiefen. 3)ie non bem Kläger erhobene Berufung mürbe 
Zuriicfgeroiefcn. 

2lu§ ben © r ä n b e n : 

Unter ben oorhanbenen Umftänben läfjt fid) nid)t an* 
nehmen, baff ber Kläger, inbem er bie Hingabe oom 24. ÜDtai 
an bie Krei§regierung richtete, oerroaltung§gerid)tlid)e Klage 
gegen bie SeUagte rechtzeitig erhoben hat- 3 raar >Ȋre ber 
Umftanb, baff Kläger in biefcr Hingabe ben 2lu§brucf „33e* 
fdjmerbe" gebraucht h fl t, für fid) allein unerheblich- 2l(lein 
al§ am 6. ^iuni ber ©emeinberat ben Kläger um 2lu§funft 
barüber erfudjte, ob oon feiner ©eite Klage bei ber Krei§= 
regierung at§ a3erroaltung§gerid)t eingereicht morben fei, hot 
Kläger am 13. Quni ertoibert, bie oon ihm an bie Krei§* 
regierung gerichtete 33efd)ioerbe gehe bahin, oon ihr als ber 
oberen 93eriüaltung§bet)örbe eine Hntfcheibung ju erbitten. 
$ieburd) roirb e§ fraglid), ob nid)t ber Kläger mit ber Hin- 
gabe oom 24. 9U?ai in ber £at eine 33ermaltung§be= 
f ch io e r b e (mit Ueberfpringung be§ Oberamtä) an bie Krei§= 
regierung ju bringen beabfidjtigt hot- §ür biefe 2lbficf)t 
fprid)t auch ber Umftanb, baff in ber Hingabe fein Slntrag 
gegenüber ber 33eflagten geftellt ift, ein SJtangel, ber fid) in 
bem Sdjriftfat) oom 26. ^uni, tuorin ber Kläger bie 33e* 
fchmerbe begrünbet hot, fortfeljt, toeSbolb benn and) bie Krei§= 
regierung, als Kläger gegenüber ihrem S8efd>eib ben Eintrag 
auf ntünblidje 93erhanblung geftellt Ijotte, noch ben Kläger 
Zur Hrflärung aufforberte, toaS er benn bem 33eflagten ge* 
genüber bejioecfe, morauf Kläger bie Hrlaffung einer Hnt= 
fd)eibung bahin beantragte, baff 33. oon ber gemeinfamcn 
Crtsfranfenfaffe jur Bezahlung ber entftanbenen Kranfen- 
oerpf(egung§foften heronzuzielien fei. 

^ebenfalls aber ift in ber Hingabe oom 24. DJtai nid)t 
Zum flaren Slusbrucf gelangt, baf) Kläger mit ihr eine Klage 


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3u § 58 2t6f. 1 be§ firanfennerfidjerungSgefetjeS. 247 

im ©inne be§ § 58 $.Sß.©. ju ergeben beabftdjtige. SEBenn 
nun aud) an bie Klageerfjebung f)inficf)tlid) ber ©rfüllung 
ber ÜBorfcfjriften be§ 3lrt. 24 be§ ©efet)e§ nom 16. Sejember 
1876 feine ftrengen Slnforbetungen ju ftellen finb (fofern bet 
Mangel ber ©inleitung ber SSertjanblung nidjt im Söeg ftefjt), 
fo mujj bocf) foniel unter allen Umftänben au§ bern betreffen* 
ben ©d)riftftücf mit notier ©id)erf)eit fid) entnehmen taffen, 
bafj e§ eine nerroaltung§geriri)tlid)e SU a g e barftellen foll. 
S)a§ trifft aber bei bet (Eingabe nom 24. Mai nid)t ju, in§* 
befonbere be§l)alb, roeil in biefer al§ rr 23efd)roerbe" bejeid)* 
neten ©ingabe ein Eintrag überhaupt nid)t enthalten mar. 

Mit Died)t l)at bafyer bie $rei§regierung angenommen, 
biefe ©ingabe fönne nid)t al§ eine (jur SBafjrung bet nier* 
roöc^igen griff be§ 2lrt. 58 $.33.©. geeignete) $ l a g e an* 
gefef)en roerben. 

Urteil oont 2 , 8 ' m - — ’ 1903 in ber 33.©. ©ilberfjotn 
4. gebruar 

gegen gemeinfame OrtSfranfenfaffe Ulm. 

9. 

Ju § 58 Ubf. 1 bes Urankcuuerjtiftmmgsgcff^rs. 

(Sie $lageerf)ebung ift aud) bann jutäffig, menn bie 
2luffid)t§bef)örbe bie fad)tid)e 33orentfd)eibung abgeleljnt l)at. 
2lnroenbbarfeit ber 33orfd)riftett über bie ©rroeiterung be§ 
$lagantrag§ in ber 33erufung§inftanj unb über bie Sin* 
fdjtiejjung an bie Berufung auf bie ©rtjebung einer SBiber* 
ftage.) 

Ser ©acf)oerl)alt ergibt fid) au§ ben 
© r ü n b e n : 

Ser ©emeinberat U. f)at in feiner 93orentfd)eibung nom 
8. guli 1902 auSgefptodjen , bem Slntragfteller M. roerbe 
ein Slnfprud) auf Steigung ber Äranfenunterftü^ung b. I). 
be§ 2 Mf. für ben Sag betragenben $ranfengelb§ für bie 
geit nom 8. bi§ 20. guni je einfcfjlie^licf) juerfannt, mit 
einem barübet f)inau§get)enben Slnfprud) merbe M. abgetviefen. 

ga^rbiictyer für SBiirttembevQ. SRedbtSpflege. XV. 2. 17 


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248 (Sntfcfjeibungen be§ 93erroaltung8gevicht§b 0 f § - 

9tad)bem bie Slaffe rechtzeitig Silage auf geftftedung erhoben 
hatte, ba| fte n i ch t uerpflid)tet fei, bem ©eflagten über ben 
7. ^uni hinaus b. h- uom 8. bis 20. 3uni Slranfengelb ju 
gewähren, hot ©eflagter mit bem Slntrag, nicht nur bie Silage 
als unbegriinbet abjuroeifen, fonbern auch bie Slaffe p oer* 
urteilen, ihm bis prn ©nbe feiner Slranfheit (23. Quli) baS 
Slranfengelb p bejahten, SBiöerflage erhoben. S)iefe SBiber* 
flage ift oott ber Sl. SlreiSregierung oon SlmtS roegen auS bem 
©runbe abgeroiefen rcorben, bafj ber ©erroaltungSred)tSroeg 
jur .ßeit um beSroillen nicht ftatttjaft fei, roeil bie ©orent* 
fdjeibung ber 2luffid)tSbehörbe über ben ©egenftanb ber 3Bi= 
berflage nod) nicht ergangen fei. 2)ie Sl. SlreiSregierung gibt 
hiemit bem § 58 Stbf. 1 beS SlranfenoerficherungSgefeheS eine 
StuSlegung, bie ju unjroedmäfjiger Häufung ber ißrojeffe 
fütjrt unb ber ber ©erroaltungSgerid)tShof nicht beijutreten 
uerrnag. 

©ei ber Anrufung beS ©emeinberatS hotte bet 2lntrag* 
fteller ben ©etrag feiner ^orberung nicht bezeichnet. ®er 
©emeinberat ift in feinem ©efdjeib baoon auSgegangen, bafi 
ber SlntragfteHer bie ©erurteilung ber Slaffe jur ©ejafjlung 
beS ÄranfengelbS bis jum ©nbe feiner Äranfheit verlange, 
hat aber als ungewiß angenommen, ob ber Slutragftetler 
toirflich geltenb madje, baff feine Slranfheit über ben 20. 3funi 
hinaus fortgebauert hübe. 'Mein für ben galt, bafj ber Sin* 
tragfteller biefe ©ehauptung aufftelle, h fl t ber ©emeinberat 
ihn mit bem über ben 20. $uni hinauSgehenben ©etrag ab* 
gemiefen, jroar nicht inbem er inforoeit ben Slnfprud) für 
unbegriinbet erflärte, aber bod) in ber Söeife, baf} er ihn 
auf eine anberroeitige ©eltenbmachung beSfelbett »erroieS. 

®er ©erroaltungSgerid)tSf)of trägt fein ©ebenfen, ben 
§ 58 Slbf. 1 beS SlranfenuerficherungSgefetjeS bahin auSju* 
legen, bafj bie Sllagerhebung nid)t nur bann ftattfinbet, roenn 
eine ©orentfdjeibung in ber ©ache ergangen ift, fonbern auch 
bann juläffig ift, roenn bie 3luffid)tSbebörbe bie fachliche ©or* 
entfcheibung auS irgenb roelchem ©runbe abgelehnt hot 1 )- 2)er 

1) 3Jgl. ©aupp*©tein, ©tuilprose^orbiumg 4. 2Iufl. I ©• 526 
9lote 58. ' 


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3u § 58 2lbf. 1 bes> ftranfenoerficf)erung§gcfeöe§. 249 

2fntragftelier 9K. rocire bafyer projefjrcditfid) nicf)t gefjinbert 
geroefen, feinerfettS infolge be§ teitroeife eine folcfye 21blef)= 
itung entfyattenben 33efd)eib§ friftjeitig $tage gegen bie Äaffe 
ju ergeben unb tjiebei ebenfo, roie er e§ im SSßege ber 21n= 
fteüung ber SGBiberflage getan f)at, feinen 2fnfprucf) mit ber 
SBefjauptung, bafj feine ftranffyeit bi§ jum 23. Quli fortge= 
bauert t)abe, ju ermeitern. ®s unterliegt feinem SBebeufen, 
bie SBeftimmungen ber (Eioilprosefjotbnung §§ 268 9tr. 2 unb 
529 3lbf. 2 über bie ©rroeiterung be§ $lagantrag§ in ber 
SB e r u f u n g § i n ft a n j ju entfpredjenber 2lnroenbung ju 
bringen *). ®er SBerroaltungsgerid)t§f)of nimmt aber aud) 
feinen SHnftanb, bie SBorfdjriften be§ ©efetjeS über bie Sßer= 
roaltung§red)t§pflege oom 16. SSejembet 1876 2lrt. 50 unb 
ber Sioifprojejjorbnung § 521 über bie 21 n f d) f i e § un g 
an bie ^Berufung foroeit tuntid) für entfpred)enb anroenbbar 
ju erftären. ^iettad) mar, nadjbem bie Slaffe itjrerfeitS frift= 
jeitig roegen be§ if>r ungünftigen £eil§ ber Sßorentfdjeibung 
bie 5tlage erhoben tjatte, momit bie ganje Sßorentfdjeibung 
if>re SBirffamfeit oerforen fjatte, bem SBeftagten prose|red)t= 
lief) nidtjt oerroefyrt, im Sffiege ber SGBiberflage auf feinem 2ln= 
fprud) unter Gerroeiterung be§ S8etrag§ bi§ jum 23. Quti ju 
betjarren s ). 

SDemgemäfj ift bie unterricfjterlidje Gentfcfjeibung, foroeit 
fie bie SGBiberflage roegen Unjuläffigfeit be3 Sßerroattung§red)t§= 
roeg§ abgeroiefen Ijat, aufjufjeben unb in ber ©acfje ju er= 
fennen. 

Urteil oom 1./8. Quli 1903 in ber SB.©. ÜJlaper gegen 

Ort§franfenfaffe Utm. 


10 . 

Jn Uri. 60 $bf. 1 brs ©efrlfes oom 16. Pejember 
1876 (Gcröffnung ber Sntfdjeibung ober Sßerfitgung ber 33er= 

roattung§bet)örbe). 

®er ©acfyoerljalt ergibt ftd) au§ ben 

1) ®gt. aud) Slrbeiteruerforgung XII @. 205 u. XIV ©. 608. 

2) %I. aud) in '-öetveff ber Slnfdjliejiung an bie Berufung 3af)rb. 
ber äSürttemb. )Wed)t§pflege IX @. 219. 

17 * 


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250 ©ntfcfjeibungen be§ SBennaltungggeridjtäljofS. 

© r ü n b e n : 

9)lit bem an bie ft. ftrei§regierung ergangenen ©rtaffe 
oom 10. Oftober 1902 l)at ba§ ft. Sttinifterium be§ Innern 
bie 93efcf)roerbe at§ unbegrünbet abgeroiefen, roetcfje gegen bie 
oon bem ft. Oberamt 23. mit guftimmung be§ 2tmt§oerfamm* 
tung§au§fcf)uffe§ unter bem 7. Stuguft 1899 ertaffene unb 
oon ber ftreisregierung am 16. Stuguft 1899 für t>oUgiet)bar 
erftärte bejirlgpolijeitidje 93orfd)rift, betreffenb ... für bie 
©tabtgemeinbe ©d). ber 9ied)t§anroatt Dr. ©cf). eingelegt 
fyatte. bem SRinifterialerlaffe ift angeorbnet roorben, bafj 

non ber ©ntfcfjeibung ber 23efd)toerbefüf)rerin unb beren 93e* 
oollmäd)tigten ©röffnung ju inanen fei. 23on ber ftrei§= 
regierung mit ber 23eforgung be§ weiteren beauftragt f)at ba§ 
Oberamt 23. ben SRinifterialerlafj am 24. Oftober 1902 bem 
©emeinberat ©cf). unb am 2. Januar 1903 aud) bem 9®fed)t§* 
anroatt Dr. ®d). eröffnet, unb sroar nadjbem biefer mit feiner 
©ingabe nom 27./29. ©ejember 1902 unter bet 2lnfüf)rung, 
baf) er mit ber ©rfjebung ber 9ted)tsbefd)roerbe an ben 93er* 
roattung§gerid)t§t)of beauftragt fei, bie guftetlung an feine 
ißerfon ju bem groecfe, bafj bie cinmonattidje griff in ben 
Sauf fommen fönne, oertangt fjatte. 

gn bem bei bem 93erroaltung§gericf)t§f)of am 12. gebruar 
eingefommenen ©djriftfatje fjat fobann 9ied)t§anroalt Dr. ©cf), 
bie 9ied)tgbefd)roerbe gegen bie 9Jlinifteriatentfcf)cibung erhoben, 
©r tjat jebod) feine 23eooIfmäd)tigung jur ©integung be§ 
9ied)t3mittel§ nidjt nacfjgeroiefen. 23ei ben oberamtlicfjen 
2fftcn befinbet fid) abfcfjrifttid) ber 9fu§$ug au§ bem ©e= 
meinberatSprotofolt oom 5. Oftober 1899, taut beffen if)tn 
oon bem ©emeinberat ber Auftrag erteilt roorben ift, in biefer 
©ad)e bei bem Cberamt in 93. oorftettig ju roerben; unter 
93ortegung biefe§ ißrotofottau§äug§ fjat er mit feiner ©ingabe 
oom 13./15. Oftober 1899 an baö Oberamt bie 93orftetlung 
gerichtet, ber gegenüber bas Oberamt mit feinem 23efcf)luffe 
oom 3. gufi 1900 bie bejirfspolijeilidje 23orfcf)rift in ifjrem 
ganzen Umfange aufrecht erhalten fjat. gener gemeinberät* 
lidje ißrotofottau^sug oom 5. Oftober 1899 ift als eine 93ott= 


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3u 2trt. 60 2tbf. 1 be§ ©efe^es uont 16. lEejember 1876. 251 

macf)t juv ©rljebung ber BecbtSbefcbmerbe an ben Berroal= 
tungSgericbtSbof nid)t aitjuerfennen. 

Bad) § 89 ber ©iüilprosefjorbnung unb 21rt. 72 be§ 
©efet)e§ oom 16. $ejember 1876 über bie Bern>altung§red)t§= 
pflege fönnte bem BecbtSanroalt Dr. ©rif). jur Beibringung 
ber ©enebmigung be§ ©emeinberatS eine $rift beftimmt roer= 
ben; jur Sßabtung ber Botfrift für bie ©rljebung ber Bed)t§= 
befcbmerbe mar ber BacbtoeiS ber Bollmacbt innerhalb ber 
Botfrift nicht unbebingt erforberlid) *). Bad) Sage ber Sache 
fietjt jebod) ber BerroaltungSgericbtSbof baoon ab, non ber 
Befugnis ber einftroeiligen 3ulaffung be§ BecbtSamualt» Dr. 
S<h- als BeooUmäcf)tigten ©ebraucf) 511 machen, ba, roemt 
auch bie ©enehmigung beS ©emeinberatS beigebrad)t roerben 
tuirb, hoch baS Becf)tSmittel roegen Berfäumung ber eitu 
monatlidjen Botfrift ju nerroerfen ift. 

®ie ©ioilprojefjorbnung § 176 beftimmt, bafs 
luttgen, meldje in einem anhängigen Bed)tSftreite gefchehen 
füllen, au ben für bie Qnftanj beftellten ‘’ßroäefsbeuollmäcbtig* 
ten gefchehen m ü f f e n. Bad) 31rt. 72 beS ©efetjeS oont 
16. £>ejember 1876 ift biefe Borfdjrift entfprecfjenb aud) non 
ben BerroaltungS g e r i d) t e n anjuroenben ; fie ift aber nidjt 
bafür ntafjgebenb, mie bie in 2lrt. 60 3tbf. 1 beS ©efe^eS 
oom 16. ^Jejember 1876 oorauSgefetjten ©röffnuitgen ber 
©ntfcheibungen unb Berfüguttgen ber BerroaltungS* 
betjörben mit ber SBirfung, bafj bie Botfrift $ur ©r= 
hebung ber Bed)tSbefd)roerbe in ben Sauf gefegt roirb, ju er* 
folgen haben, unb roieroobt bie Umgehung beS Beoollmäd)' 
tigten nicht ju billigen ift, beftebt bodt) für baS BerroaltungS* 
»erfahren ber oorliegenben 91rt lein Bed)tSfat), roonad) ber 
©röffnung an bie befchrocrbeführenbe ißartei felbft, bejro. ihre 
gefe^ticJje Bertretung bie Söirfung beS Beginns ber Bot* 
frift oerfagt märe. Qn nicht feltenen fällen mirb ein öffent= 
licheS ^ntereffe baran oorliegen, bafj bie ©röffnung einer 
Behörbe unmittelbar gemacht unb ihre ©röffnungSbefd)eiui* 

1) 3at)rf>. ber Sßürtt. ^Rechtspflege IX @. 221. 


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252 Gntfcfjeibungen be§ S8crroattung?gerid^t§t)of§. 

gung ju ben 3Iften gebraut roirb; nach 21rt. 63 2Ibf. 1 be§ 
©efetje§ nom 16. Sejember 1876 ftet)t auch bic drhebung 
bet Diecf)t§befchroerbe bern SBoUjug ber angefochtenen 9Ser= 
fügung nicht im SBege. ®em Umftanbe aber, bajj im oor= 
liegenben $afle Ä- SJHnifterium bie dröffnung an bie 
Söefchroerbeführerin unb an beren 93eoollmäd)tigten angeorbnet 
hat, ift eine befonbere Sebeutung jebenfalf§ batum nic^t bei= 
julegen, meil in SBirflichfeit ber 9ted)t§anroalt Dr. ©cf). oer= 
möge jene§ ißrotofolfau§äug§ nom 5. Oltober 1899 nicht 23e= 
nolfmäd)tigter ber ©tabtgemeinbe ©cf). in ber 9Jiinifterial= 
inftanj mar, bie ©tabtgemeinbe in ber dittgegennabme ber 
dröffnung nicht ju nertreten hatte- ®ie ©tabtgemeinbe ©ch- 
mar burch bie an ben ©emeinberat gesehene (Eröffnung ber 
9Jtinifteria(entfd)eibung in ben ©tanb gefegt bie 9ied)t§be= 
fd)roerbe gegen biefetbe ju erheben; nid)t aber mar ber 93e= 
ginn be§ 2auf§ ber iftotfrift jur drhebung be§ 9fed)t§mittel§ 
baooit abhängig, bafj noch bie dröffnung ber dntfcf)eibung 
an ben 9ted)t§anroalt Dr. ©d). ooUjogen mürbe, fpienad) 
mirb bie Sfecht§befcf)merbe al§ unftatthaft nermorfen. 

93efcf)luf3 nom 25. Februar 1903 in ber 9tedjt§befchroerbe= 
fache be§ fHecht§anmaft§ Dr. ©cf), für bie ©tabtgemeinbe 
©d). 


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253 


m. 

3U)l)«ni>liinijeii. 

Heber bit jlnläfltsketi brr ftnfrdjtnng gemäß § 119 
H.GS.H. beim iNrijanbenjrin wo« ISnngeln trn gekauf= 
ten Haustieren ber in § 481 U.tS.H. ermähnte« Urten. 

Jnm Hegriff ber „uterrntlidjen ©igenfrijaft“. 

S8on atmtsricfjter S8 r e u cf) a , £n(fsricf)ter beim Sanbgeridjt Stuttgart. 

2)ie §rage, ob unb inwieweit int oorauSgefeßten ^alle 
ber Käufer neben ober an Stelle ber äbilitifdjen SanblungS= 
ffage auef) baS 9ied)t hat, ben Staufuertrag wegen QrrtuniS 
über eine „wefentlicße @igenfdt)aft" nach g 119 anpfedffen, 
ßat in ber Siteratur eine oerfchiebene ^Beantwortung erfahren. 

Qn einem in Sir. 6 beS Jahrgangs 1902 ber 2)eutfd)en 
Quriftenjeitung erfeßienenen 2tuffaß oertritt SiedßtSanwalt 
( 3 . Saunt, Serlitt, bie ainficßt, baß ber Staufer baS 2tnferf)= 
tungSredft habe f o w o ß l beim Soriiegen eines Hauptmangels 
als auch beim Sorßanbenfein anberer wichtiger fehler, baß 
inSbefottbere int Schlacßtoiehbanbet bie gaHtreidjen Strand 
ßeiten, welcße, obwohl fie als gefeßlidje Hauptmängel nicht 
anerfannt finb, troßbent regelmäßig baju führen, baß baS 
gleifcß bureß bie ^leifdjbefdjau als junt menfd)lid)en ©emtß 
untauglich ober als minberwertig oertoorfen wirb, als oer= 
tehrSwefentlidhe Gcigenfcßaften im Sinn beS § 119 anjufeßen 
feien, beren UnfenntniS ben Staufer pr Slnfecßtung berechtige. 

atueß fft.Seonßarb 1 ), weld)er als oerfeßrSwefenttich jebe 

1) $er atlg. Steil beS 93.©.93. ©. 493. 


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254 


aibhanbtungen. 


©igenfdjaft anfieht, bie für ben ©efchäftSjroecf wichtig ift, 
oorauSgefetft, bafi biefe 2Bicf)tigfeit im einzelnen QaHe er= 
fennbar fjernortritt, erachtet eS ‘) allgemein, otjne für baS 
©ebiet beS SMeljfaufS eine ©infdjränfung ju machen, für 
einen „Hauptuoräug" beS 33. ©.53., bafj eS bem „Säufer 
„einer fd)fecf)ten Sadje im QrrtumSfalle bie 2Bat)l jroifd)en 
„nerfdjiebenen 9ied)t§f)ilfen gibt, ju benett aud) baS 2lnfed)» 
„iungSrecf)t beS § 119 gehört." 

Qm ©egenfah fjiesu lehrt H a n§ ©töljte in einer in ber 
Qur. 3Bodjenfd)rift Qafyrg. 1901 S. 737 folg, oeröffentlidjten 
31bt)anblung, baff m e b e r Hauptmängel, n o d) anbere Qet)Ier 
jur 2tnfed)tung berechtigen. Seine 33egriinbung gef)t baf)in: 
„23eim 93iehhaubel gef)e baS 23. ©.23. oon ber 2lnftcf)t 
„auS, bah nur Hauptmängel * 5en Söert °^ ei ' bi* tauglich» 
„feit ber £iere ju bem gemöfjntidjeu ©ebraucf) aufheben ober 
„minbern, eS föune alfo nur ein Qrrturn über Hauptmängel 
„als ein roefentlidjer im Sinne beS § 119 21bf. 2 betrachtet 
„merben, fofertt man überhaupt baS SBortjanbenfein eines 
„Hauptmangels als eine „(Sigenfcfjaft" betrachten“ föttne. 
©in Qrrturn über anbere als Hauptmängel fei bafjer nicht 
als ein roefentlicher aujufehen. 

2BaS aber bie Hauptmängel anbetange, fo habe baS 
23.©.23. in ben §§ 481 ff. Spejinlbeftimmungen gefchnffen, 
roeldje Ausnahmen oon ben allgemeinen 23eftimmungen ent» 
halten unb an welche fiel) ber Käufer halten müffe, ba 
burd) Qulaffung beS 2lufed)tungSrechtS jene SluSnahmS» 
beftimmungen umgangen mürben 2 ). 

1) ©. 496 Slntn. 2. 

2) £>irfd) „$ie ®eiuät)rteiftung beim *iel)l)anbel" tritt iit eine 
©rörterung ber oorangeftettten grage nidtjt ein. ®r fcheint übrigen! 
ebenfall! auf bem ©tanbpuntt oon St 5 Igle ju fteben, menn er bei» 
läufig in § 1 ©. 12 betnerft: 

„Slucfj für ba! im 33 .®.*. für ben *iel)£)anbel ju ©runbe gelegte 
„beutfd)red)tlicf)e Spfteni ift bie grage be! grrtum! ohne ©influjj 
„auf bie Beurteilung" 
unb in § 2 @. 16 au!füf)rt: 

„®! ift auch nicht etioa juläffig, berartige ÜWänget (gemeint finb 


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93 reu cf) a: Ueber bie ^uläffigfeit her Anfechtung :c. 255 

tiefer Argumentation fann nicfjt jugeftimmt roerben. 

Augenfdfeinlid) unbegrünbet ift junäcfjft ©tölstel 58e* 
benfeit, ob überhaupt bal 93orhanbenfein eines Sftangell at§ 
eine „@igenfd)aft" betrachtet werben fönne. 2Barunt foltte 
benn beifpielSioeife bie ©efunbheit einel ißferbel nidjt gerabe 
fo gut eine ©igenfdjaft belfelben fein, wie feine fjarbe, fein 
Atter, fein @efd)ted)t? 

$en Aulgaitglpunft feiner Schlußfolgerung bitbet nad) 
bem Aulgeführten offenbar ber Sah, baß wefentlidje @igen= 
fd)aftcn i. S. bei § 119 fotdje 9Jlängel feien, „welche ben 
„SBert ober bie £augtid)feit ber Sache ju bem gewöhnlichen 
„@ebraud)c aufheben ober minbern." 3» biefer Segriffl* 
beftinimung wirb weiter unten Stellung ju nehmen fein. 

Unhaltbar ift ber Sah, mit welchem Stöljle bie 9lid)t= 
anwenbbarfeit ber Anfechtung bei Irrtum über fehler, welche 
nicht jn ben Hauptmängeln gehören, rechtfertigt : 2)al 93. ©.$8. 
hat feine fRedftlnorm bei Inhalt!, baß beim 93iehhanbel, 
„nur Hauptmängel ben 3Bert ober bie $auglid)feit bei Sierel 
„ju bem gewöhnlichen ©ebraud) aufheben ober minbern“, unb 
baß an anbere 9)tängel aud) abgefehen non bem Diecht ber 
©ewährteiftung irgenbwetdje fRecßtlfolgen fid) nid)t fnüpfen 
füllen. ©I fagt non fotd)en, nur — fietje >; 482 — baß ber 
'•Berfäufer fie nid)t p oertreten h^e, b. h- »ach ©e= 
währleiftunglred)t. Alan fann bie Stöljle’fchen Sßefen paf* 
fteren taffen, all eine — atlerbingl wenig glürflidje — Um= 
fdjreibung ber ebenerwähnten 9lorm bei § 482, aber man 
barf fie nicht oerwenben all ©lieb einer Schlußfolgerung, 
in ber bie fJlorm felbft feinen '}3tah hätte. 

Unrichtig ift eitblich bie 93egrünbung, mit welcher Stöljle 

„fehler, bie iiicfjt unter bie Hauptmängel aufgenommen finb) auf 
„anberem SCBege, j. 93. mit einer Slage wegen mangelnber 93orau§= 
„fetjung ober wegen §rrtum§ u. bgl. all ®runb ber 93er= 
„traglauflöfung geltenb ju machen. — Auf ©runb ber 'Materialien 
„§um 93.0.93. fann fein 3weifel obwalten, bajj für ba§ neue SHecf)t 
„ — bie Hauptmängellifte bie hoppelte 93cbeutung fjabe, baft für 
„jeben Hauptmangel, aber für nidjtl all für Hauptmängel gehaftet 
„werben muß.“ 


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256 


Slbljanblungen. 


ben 9lu§fdE)luf? bet Anfechtung bei grrtum übet $aupt= 
mängel, bie er an fich ali roefentlidje ©igenfdjaften an= 
fiet)t, rechtfertigt : Allerbingi finb bie §§ 481 ff. Spejialgefehe, 
welche ein 2 luinahmired)t ftatuieren, aber nur im Söerfjättnil 
ju ben allgemeinen 93eftimmungen über bie ©eroährleiftung 
in ben §§ 459 ff. $)ah fie ober bie 5öorfd)riften über bie 
©eroährleiftung beim Kauf überhaupt bai Anroenbungigebiet 
bei § 119 befdiränfen, biefem gegenüber ein Auinahmirecht 
barftellen, fann nicht jugegebeti merbeit. 

®ie 93orfd)riften bei allgemeinen £eili be§ ©.©.33. haben 
für bie feindlichen übrigen 4 Siidjer beifelben ©eltung, fo 
roeit fie nid)t für ein befonberei ©ebiet auibrücflid) auige= 
fchloffen finb. ©in foldjer Auifchlufj ber Anroenbbarfeit bei 
§ 119, mie er 5 . 58. für bai ©ebiet bei ®hered)ti in § 1330 ff. 
ftatuiert ift, ift für ben gatl, bafj eine gefaufte Sache, ober 
für ben fpejielleren gall, ba^ ein gefauftei $auitier mit 
einem 9J?angel behaftet ift, an feiner Stelle bei 58. ©.58. aui* 
gefprodjen, ober aud) nur angebeutet. SBenn in § 460 ge* 
fagt ift „ber 5ßetfäufer hat einen 9Jtangel nicht ju oer* 
„treten, menn ber Käufer benfelben beim Abfchlujj bei 
„58ertragi fennt" roetm ferner § 482 auifpricht, bah -ber 
„5ßerfäufer n u r beftimmte gehler unb biefe nur“ unter ge* 
roiffen 58orauifetjungen, „ju oertreten" habe, roenn enblid) 
§ 485 beftimmt, bah »ber Käufer bie ihm roegen bei 9Jiangeli 
juftehenben Rechte oerliert", fofern er fie nicht innerhalb einer 
getoiffeu grift geltenbmacf)t, fo besieht fid) all biei nur auf 
bie in bent betreffenben Abfdjnitt ftatuierte Haftung, befagt 
alfo nur fooiel, bah ber 58erfäufer ali fold)er, mit ben ©e* 
mährleiftungiflagen unter gemiffen 58orauifel}ungen roegen 
SJlangelbaftigfeit bei Kaufobjeftei nicht ober niebtmehr in 
Anfprud) genommen roerbeti fönne, fdjliefjt aber eine aui 
einem anbern ©efid)tipunft begrünbete Haftung nicht aui. 
2>ie ©eroährleiftungiflagen einerfeiti unb bie Anfettung an* 
bererfeiti haben ein total oerfcfjiebenei gunbament: gene 
fetjen einen redjtigültigen Kauf ooraui, biefe erforbert ein 
oon .£>aui aui mit bem Keim ber 9tid)tigfeit behaftetei 9ied)ti* 


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93reucf)a: Ueber bte 3 u täfftgfeit ber 9Infed£)tung je. 257 

gcfc^äft, ift baS Mittel, um bie junädjft nur bebingte Un= 
gültigfett beSfelben ju einer unbebingten ju machen. 

@o bietet alfo bie Raffung beS ©efeßeS nicht ben min= 
beften SlnljaltSpunft für bie Stnftdjt ©töljleS, bafj bie § 481 
folg, bem § 119 gegenüber ein ©pejialred)t barftetlen. @r 
fdjeint fie auef) felbft auSfd)liefjlich auf bie ratio legis ju 
grünben, roenn er fagt, bie ftriften Vorfchriften ber § 481 ff. 
mürben bei .ßulaffung ber Anfechtung umgangen roerben. 

Seßtere Vehauptung ift allerbingS richtig, eS ift juju= 
geben, bafj im 2ßiet)f)anbet bie 3ulaffung ber Anfechtung beim 
Vorhanbenfein non gestern, „meldje ben 9Bert ober bie £aug= 
„lic£)feit ju bem gemöhnlidjen ©ebraud) auffjeben ober mim 
„bern" eine oöllige Vereitelung ber oon bem V.©.V. in ben 
§§ 481 ff. angeftrebten 3 Iüec ® c bebeuten mürbe, ja eS ift felbft 
nic^t ju oerfennen, baß auch für ba§ allgemeine ©emäl)r= 
leiftungSred)t auS ber Konfurrenj ber Anfechtung mit ben 
äbilitifdjen 9ted)tSbehelfen fid) unter Umftänben SiShartno= 
nieen ergeben. SieS mögen folgenbe ©rroägungen näher 
illuftrieren : 

a) 9tad) bem bereits ermähnten § 460 füll ber Verkäufer 
nid)t haften, menn bem Käufer ber SJIangel infolge grober 
^aljrläffigfeit unbefannt geblieben ift. $ur Anfechtung ift 
jebod) ber $rrenbe bered)tigt, auch toettu fein Irrtum noch 
fo fetjr burd) eigene gafjrläffigfeit oerurfadjt mürbe ; hier ift 
bie $rage ber @ntfd)ulbbarfeit beS Irrtums »öllig belanglos. 

b) Sie äbilitifcfjen Klagen unterliegen oom $all ber 
Arglift abgefet)en einer furjett (6monatlid)en bejm. 1 jährigen) 
Verjährung; im Viehhattbel fnüpft fid) ber 9ted)tSoerluft an 
bie Verfäumung noch fürjer bemeffetter Triften. 'Sie 9Jiotioe 
Vb. II ©. 257 bejm. 253 fagen jur Vegrünbuitg biefer Ve= 
ftimmungen: bafj „für ben Verfehr bie 3ufaffung beS $u= 
„rütfgreifenS auf QualitätSmängel nach längerer 3eit i m 
„höchften ©rab läftig unb hemmenb“ fei unb hinfid)tlid) beS 
ViehfaufS, bafj „bie 9tiicffid)t auf bie Sicherheit beS Ver- 
„fehrS unb ben in beffen Qntereffe ju erjieletiben 9ted)tS= 
„frieben eS rechtfertigen, ben fraglichen VemeiS (nämlich ber 


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258 


2tt>I)anbtungen. 


„üJJangettjaftigfcit beS SiereS) nad) Slblauf ber ©eroäbrfrift 
abjufd)neiben“. ®a§ 2lnfecf)tung§recf)t bagegen, muff jroar 
unnerjüglid) geltenb gemacht werben, nad)bem ber ^Berechtigte 
non bem 2lnfecf)tungSgrunbe SenntniS ertjatten bat, nerjäbrt 
aber erft in 30 Satiren. $m ^9 ber 21nfecf)tung fönnte 
alfo j. S. ber Käufer eine§ bämpfigen i)3ferbe§, einer tuber= 
fulofen Sub unter Umftänben nod) nad) SJionaten ben Se= 
weis ber ÜJiangelbaftigfeit uerfudjen. 

c) 2>ev Serfäufer non Haustieren fotl oom $all ber 
©arantieleiftung abgefeben, nur für einige wenige, fpejiell 
genannte Rebler einjuftef)en fabelt. gttr baS Siecht ber Üln= 
fedjtung beftebt eine foldje fpejielle giyierung ber als 21m 
fed)tung§grünbe anerfannten (Sigenfdjaften nicht, bie 2tnfd)au= 
ungen beS SerfebrS fotten bariiber entfdjeiben, ob eine (Eigen* 
fdjaft «1§ mefentlid) aitjufeben ift ober nicht. (ES ift flar, 
bafj, wenn man mit Saum, £eonf)arb, ©töljle u. a., als 
wefentlidje (Eigenfdjaft jeben für bie ©ebraud)Sfäbigfeit unb 
ben 2Bert ber ©ad)e mistigen SOiangel anfieljt, jabtreidje 
gebier als 21nfed)tungSgrünbe anjuerfennen mären, bie unter 
bie Hauptmängel nid)t aufgenommen finb.. 

d) Siefe ©iSbarntonieen mären um fo bebeutungSnoller, 
meit abgefeben banon, baff bie Ülufedjtung unnerjüglid) nad) 
ber 2lufllärung beS Irrtums ju erfolgen b^t, bie ©eltenb* 
madjung biefeS StedjtSbebelfS gegenüber ber (Erhebung ber 
'JßanbelungSflage nielfad) nid)t mefentlid) erfebmert märe: 

a) ßroar bat ber Slnfedjtenbe ju bemeifen, baff er über 
bie in S^age ftebenbe ©igenfdjaft fid) im Qrrtum befunben 
habe, roäbrenb bem bie Sßanbelung begebrenben Käufer ein 
foldjer SemeiS nicht obliegt. Mein gewöhnlich roirb, fo= 
halb baS Sorbanbenfein eine§ erheblichen ÜJlattgelS bargetan 
ift, ohne weiteres auch bie UnfenntniS beS SäuferS barüber 
flar ju Sage liegen, ©ie wirb in ber Siegel auS bem ooit 
ihm gezahlten Kaufpreis o()tie weiteres folgen. 

ß) 31ud) maS ben (Erfolg beS 9ied)tSbebelfS anbetrifft, 
märe ber anfed)tcnbe Säufer nielfacf) nicht mefentlicb ungün* 
ftiger baran, als bev auf Sßanbtung flagenbe. @r braucht. 


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Sreudja: Ueber bie 3 u läfft0feit ber 3lnferf)tung :c. 259 

roaS bie |)auptfache ift, ebenfo tüte ber festere ben noch nid)t 
entrichteten Kaufpreis nicfjt ju bejahten unb fann ben bereits 
gejäteten jurücfforbetn. Bor ber ihm obtiegenben Berpftid)= 
tnng jum ©rfatj beS negatioen BertragSintereffeS braucht 
ihm in ber Sieget nicht fonberlich bange jn fein. 2Bitt ber 
Berfäufer baSfelbe mit ber Behauptung tiquibieren, bafj er 
baS 2ier in ber 3roifd)enjeit an einen anberen Siebhaber jum 
gleichen ißreiS toSgebrad)t hätte, fo roirb ihm in ber Sieget 
entgegengetjatten roerben fönnen, bafj biefer dritte ohne 
groeifel auct) angefochten hätte. Unb mit Siecht bemerft Se= 
net in ber fpäter anjuführettben Slbhanbtung, eS merbe, roenn 
j. B. ein getauftes s $ferb am Siot} frepiert „oon einem ©dja= 
„ben, ber bent Berfäufer burd) fein Bertrauen auf bie ©üt= 
„tigteit beS angefod)tenen Kaufs ermad)fen märe, in ber Siegel 
„feine Siebe fein" fönnen. ©nblid) roirb ber SGBert, ber bem 
SfufechtungSgegner bis jur Siücfgabe bei* (Sache entgangenen 
Siut^ungen bem Qntereffe beS Käufers am Siücfempfang bejro. 
bem Behalten beS KauffchillingS gegenüber meiftenS nicht ins 
©eroidjt fallen. 

©o mürbe atfo atterbingS, roenn bei oortiegenben Biet) 5 
mängetn 3lnfed)tung unb SBanbtung fonfurrieren mürben, 
baS ©efetj feine eigenen 3tbfid)ten in ber auffattenbften SBeife 
burdjfreujen, mürbe, roaS eS bem Berfäufer an StechtSfdjutj 
mit ber einen §anb gibt, mit ber anberen ihm roieber ent= 
jiehen. 

Mein trotj biefer Konfequenjen roäre, roenn baS ©efeh 
fotch roiberfpruchSootte Siormen aufgeftcüt hätte, ohne in feiner 
Raffung jum 2luSbrud ju bringen, bafj bie einen bie anbern 
befd)ränfett fotten, ber 9iicf)ter nicht befugt, fo roie ©tötjte 
tut, imäöege ber 2lu Steg ung einjig unb allein auf 
©runb ber ©rroägung, bafj baS ©efetj feinen Unfinn ftatuiert 
haben fönne, jenes 2tbf)ängigfeitSüerhättmS jroifdjen ben frag* 
liehen Siormen h er ä u fl e ü en - SBenn, roie Baum meint, ber 
9luSfcf)tufj ber Slnfechtung für baS fragliche ©ebiet uom ®e* 
fehgeber „offenbar überfeheti roorbett ift", fo fann nur im 
2Beg ber ©efehgebuitg nidjt aber burch ben Siichter im SBege 


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260 2lbf)cutblungen. 

einer Auslegung bie im ©efeh felbft feine ©tütje finbet, 5lb= 
hitfe gefdjaffen roerben. 

©töljle müfjte alfo non feiner Definition beS Begriffs 
ber „roefentlidjen ©igenfdjaft" aus fonfequentermeife ebenfo 
roie Baum unb Seonharb ju bent ©d)lufj fommen, baff nicf)t 
blojj Hauptmängel, fonbern auch fonftige Sfranftjeiten, fomeit 
fie eine geroiffe Bebeutung für ben ÜBert unb bie Brauch* 
barfeit beS getauften DiereS Ijaben, einen 9tnfed)tungSgrunb 
abgeben. 

©oll nun aber nrirflid) ein fo forgfältig auSgearbeiteteS 
©efet} roie baS B.©.B. ein fo grobes Berfehen enthalten? 
DaS fdjeint bod) unmöglich ju fein. Darum brängen jene 
Sonfequenjen baju, bie9iicf)tigfeit beS Borberfa^eS ber ©djlufj* 
folgerung, nämlich bie Behauptung, baff als roefentlidje ©igero 
fd>aft, jeber roidjtige SJiangel, jeber Segler, roelcher ben SBert 
ober bie Dauglidjfeit ju bem gewöhnlichen ©ebraud) aufhebt 
ober minbert", ju erad)ten fei, einer genaueren Prüfung ju 
untergeben. Diefe itnterfudjung roirb jeigen, bafj jene De* 
finition unhaltbar, nämlich ä u weit ift, bafj beim Biehfauf 
Ätanf beiten unb Untugenben, feien fie 4 panptinängel ober 
nicht, als „roefentlidje ©igenfchaften" nicht atisufeben finb. 
Qm 2Öeg ber richtigen Beftimmung beS lehterroähnten Be* 
griffet gelangt man alfo ju bem praftifch allein brauchbaren 
Befultat, baff im Biehhanbel roegen ®ranfl)eiten unb Um 
tugenben, eine 3lnfed)tung auS § 119 nicht juläffig ift. 

DaS B.©.B. felbft gibt feine Definition beS ermähnten 
'Begriffe. Sludj in ben SJtaterialien baju ift berfelbe nicht 
erläutert. B3ohl aber geben biefelbett jlluffchlujj über bie 
©ntftef)ung§gefd)icbte beS 2lbf. 2 beS § 119. Der I. ©ntrourf 
hatte ben Qrrtum über ©igenfchaften ber ‘ißerfon ober ©ache 
als blofjen Irrtum in ben Beroeggriinbeu für unbeachtlich 
erflärt. ©rft in ber 2. Sefutig rourbe bie Beftimmung beS 
2lbf. 2 aufgenommen. Die Siommiffion ging nach ben s $ro* 
tofoUen baoon auS, „baj? ber ©taubpunft beS ©ntrourfS — 
„bem Bebürfniffe beS BerfeljrS, ber Billigfeit unb bem 3“g 
„ber ntobernen Bed)tSentroicflung nicht geredet roerbe. Die 


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® r c u rf) a : Ueber bie 3utäffig?eit ber Slnfedjtung jc. 261 

„(entere, roie fte im gemeinen SRecljt, im preufj. Mg. £anb= 
„red)t (mit einer SJtobififation) im code civil, im fdjtoeijeri* 
„fd)en ©btigationenred)t, in alten neueren ©ntroürfen foroie 
„in ber 9ted)tfpred)ung beS 9teid)Sgerid)tS fid) jeige, roeife 
„barauf t)in, ben Irrtum über @igenfd)aften bann für be= 
„acf)tticf) ju erflären, roenn biefe nad) ben im Serfeljr t)err= 
„fdjenben Mfdjauungen als wefenlid) anjufetjen fiitb." 

llnb bie Senffdjrift (®. 19) fagt, bie ^öerücffidjtigung 
eines Irrtums über folcije ©igenfcfjafteu ber fßerfon ober 
®ad)e, roetdje im Serfef)r als wefentlid) attgefefjen roerben, 
entfpredje „ber neuen IKedjtSentroidlung roie biefe in ber 
„©efeljgebung ogt. pr. Sl.S.Di. I 4 § 77. 81. 82 unb in bet 
„gemeinred)ttid)en ißrayiS MSbrud gefunbeti'' fjabe. 

Söenn tjienacf) baS S.©.S. in ber Slnerfennung beS 
Irrtums über mefentlidje ©igenfdjaften als MfecfytungSgrünbe 
ber mobernen s Jied)tSentmid(ung gefolgt ift, fo ift eS natür= 
lief) für bie Seftimmung beS Begriffs ber roefentl. ©igem 
fdjaft oon größter Sebeutung ju roiffen, raie jene Sotbilbet 
beS S.©.S. benfelbeti oerftanben tjaben, bejto. in roeldjem 
Umfang fie ben Irrtum über ©igenfefjaften als UngiltigfeitS* 
grunb Ijaben gelten laffen. 

®er Sater beS SegriffS ber roefentlidjeu ©igenfdjaft 
ift ©auignt), ber ifjn in feinem „©pftem" Sb. III. 3. 283 
als baS einigen oiclerörterten ißanbeften ju ©runb liegenbe 
ißrinjip entroidclt tjat 1 ). güt baS gemeine St e d) t ift 
©aoignp’S £ef)re jur überroiegenben ^errfefjaft gelangt, inS= 
befonbere fjat fid) it)r aud) baS 9teid)Sgerid)t (ogt. bie ©ntfd). 
Sb. 19 ©. 261) angefd)(offen. 

©ng oerroanbtmit ber Saoigm)’fd)en£el)re ift ber©tanb= 
puntt beS franjöfifd)en 9ted)tS, fofern man einer fpäter t)err= 
fdjenb geworbenen, aud) oom 9ieid)Sgetid)t (ogl. ©ntfd). Sb. 34 

1) Seine “Definition lautet: „Der Irrtum über eine ©igenfdjaft 
ift ein roefentlidjer, roenn burcf) bie irrig uorau§gefet)te (Sigenfdjaft 
nad) ben im roirflitfjen syerfeljr t)er*fd)enben Gegriffen bie Sache ju 
einer anberit 9trt oon Sadjen geregnet roerben müßte at§ roo^u fie 
roirflid) gehört." 


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262 


9lbf}atibtuugen. 


©. 321) acceptierten 2lu§Iegung folgenb unter roefentlidjem 
Irrtum, erreur qui tombe sur la substance i. 3. be§ 2lrt. 1110 
be§ eode civil, roeldjer nad) 2lrt. 1117 ba§ 9iedjt auf rid)= 
terlidje 'JiicfjtigfeitSerflärung begrünbet, nidjt nur ben $rr* 
tum über bie ftofflidje 3ufammenfetjung ber ©ad)e, fonbern 
aud) benjenigen über atibere ba§ SBefen ber ©acfje beftim* 
menbe ©igenfcfjaften oerftefjt. 

SSollftänbig auf bem 33oben ber ©aoignp’fch en fietjre 
ftet)t ba§ ©djroeiserifdje Cbligationenrecfjt, beffen 2lrt. 19 
3. 3 einen „roefentlidjen Qrrtum" ber ben Vertrag für ben 
itrenben Jett unoerbinbücfj niadjt, insbefonbere bann an* 
nimmt, roenn bie irrig oorau§gefet}ten ©igenfcfjaften ber 
©adje fo ertjeblidj finb, bafj biefetbc „je nadjbem biefe Geigen* 
fefjaften oortjanben finb ober festen, im 33erfetjr ju einer ganj 
oerfcfjiebenen ©attung ober 2lrt oon ©adjen gerechnet roirb". 

©inen oon ber ©aoigntj’fdjen Setjre abrocid)enben ©tanb* 
punft nimmt ba§ oor bem ©rfdjeinen oon beffen „©gftem" 
in $raft getretene Jßreußifcfje Mg. Banbredjt ein. ®a§felbe 
fennt ben 33egriff ber roefentlidjen ©igenfdjaft nod) nidjt, 
fonbern beftimmt in ben § 77 unb 81, bafj ber Qrrtum in 
„au§brüctlidj oorau§gefeßten ©igenfcfjaften ber 'fJerfon ober 
„Sache", ferner „ber Qrrtum in foldjen ©igenfcfjaften ber 
„ißerfon ober Sache, roeldje babei gewöhnlich ooramSgefetjt 
„roerbeti“, bie 3Billen§erftcirung entfräfte. ®er SJegriff ber 
„gewöhnlich oorausgcfetjten ©igenfcfjaften“ ift natürlich ein 
meiterer al§ ber ber roefenttidjen ©igenfdjaften im ©aoigntj’* 
fdjeti Sinne. 3» ben erfteren gehören, roie auch Wernburg 
‘'JSreufj. s f3rioat*9iedjt § 143 tjeroorfjebt „namentlich“ — aber 
feine§roeg§ allein — „biejenigen ©igenfcfjaften einer ©acfje, 
„roeldje biefelben naef» ben Mfdjauungen be§ 93erf'etjr§ berge* 
„ftalt fennjeicfjnen, bafj im ^all itjre^ 9Jlangel§ bie ©adje 
„ju einer anberen 2lrt oon ©arijett gerechnet roerben muß, 
„at§ bie Parteien ooraicafetjten“. 

Siefe tjiftorifdje Unterfudjung beredjtigt ju bem ©djlufi, 
bafj ba§ 23.©.©. ben in Siebe ftetjenben begriff nicht bloß 
bem SBortlaut, fonbern auch bem Sinne nach au§ ber Sa* 


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'■8 reu cf ja: Ueber bie 3uläffigfeit bcr 9lnfecf)tung tc. 263 

oigni)’fcf)cn Sehre unb bei » o n i h r beeinflußten mo= 
beinen Dtecßtsentnnctlung tjerübergenommen hat 1 ). 2113 oor= 
bilblicf) für ba§ ©.©.'3. tonnten bie Materialien ju bem= 
felben ba§ 'ßreuß. 2lllg. Sanbrecßt trot}bem infofern bejeid)= 
nett, al§ biefe§ nad) beut 3lu§gefüt)rten ben 3 ri 'tunt über 
©igenfcßaften ber 5ßerfon ober Sache itt be)onber§ tueitget>en= 
Dem 2)taße al§ UngültigleitSgrunb atterfanitte. 

3Bir meinen atfo 2 ), baß eine ©igenfdjaft al§ roefentlid) 
im Sinne be§ § 119 Dlbf. 2 bann anjufeßen ift, roentt nacf) 
ben im '-üerfebr ßerrfcßenben älttfcßauungen für ba§ in §rage 
fteßenbe ^Hecf)t§gefd)äft bie Sadje ju einer anberen 9lrt oon 
Sad)en ju redeten ift, je ttacßbent bie ©igenfdtaft oorßaitben 
ift ober fehlt. darauf, baß e§ auf ba§ in grage fteßenbe 
9ted)t€gefd)äft atifotttntt, ßat mit 9ied)t ©nbentann Sehrbd). 
be§ Söürgerf. 9ted)t§ § 71 'S. 21 aufmerffatn gemacht. 

3BaS bie Stellungnahme ber jum 58.©.®. erschienenen 
Siteratur anbelangt, fo mag auf bie ^ufammenftellung ber 
tHbßanblung oott Otto Senel, itt Qßeringä Qaßrbüdjern 
®b. 44 S. 1 ff. über ben Irrtum »über raefentlicße @igcn= 
fdiaften" oertoiefen roerbett. Uebertoiegenb fdjeinen ßienacf) 
bie Scßriftfteller, tueldje fid) jtttn ®egriff „ber mefentlidjen 
©igenfdjaft" überhaupt auSfprechen 3 ), ber Sari)e nach auf 

1) SBielleicßt trifft auch auf unferen begriff ber Saß ju ben 
DberlanbeSgericßtSrat IR. Scßneiber, Stettin fürjlicß in ber beutfeßen 
Suriftenjeitung 1903 ÜRr. 10 auSgefprochen hat: „ 4 lluch in unferen, 
„fo forgfant uorbereiteten unb fo cingehenb burchberatenen ©efeßett 
„ftitben fiel) ÜHecfjtSbegriffe oenoanbt, bie bie Schöpfer unb 31erfaffer 
„beS ©efeßeSmorteS ohne eigene, ootle Klarheit über beten Sragmeite, 
„fojufageit unbeiouftt unb teils in Slnteßnung an eine hergebrachte 
„5tu§brucfSmeife, teils mit iöenußung bcS oolfStünilichen Spracßge* 
„braucßS mahlten. Sie oertrauen babei, bah man mit bem '8iSßeri= 
„gen gut gefahren fei, bie iRecßtSfprecbung baher fieß ferner bantit 
„abfinbeit merbe, bah unfere Sprache auch für ben ©efeßgeber „benft" 
„unb hoffen auf bie bloße ©mpfinbung, baS IRicßtige getroffen ju 
„haben, bauen ju bürfen." 

2) Q[n facßl. Uebereinftimmuug mit ©nbentann am ange-- 
führten Drte. 

3) Sluf eine nähere Unterfucßung geht aufser ö e n e I feiner ein. 

ga^rbfle^er für Siirttcmberg. SiccbtSbfleflc. XV. 2. 18 


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264 


Slbbanblungen. 


bem Stanbpunft bec Saoigttg’fchen Sehre ju ftetjen, wenn 
fie aud) in ber ^yormutierung ihrer Definition oariieren nnb 
burdjweg nidjt auSbritcflid) bie Bebeutung bei- (Sigenfcfjaft 
für bie 9frtjngel)örigfeit ber Sache als ba§ entfdjeibenbe 
SJterfmal ticroovljeben. 

Settel felbft oerwirft bie obige BegriffSbeftimmung. 21U 
lein eS fann feiner iöiethobe, ben Sinn unfereS Begriffs ju 
erforfdjen, nidjt gefolgt nnb bem non ihm gewonnenen 9ie= 
fnltat nid)t beigepflid)tet werben. 

9lnd) er anerkennt, bafj angeftdjti beS in ben 2)lateria= 
lien beS B.@.B. gegebenen §ingerjeig§ bei fjcftftellung beS 
Sinnes beS 3lbf. 2 beS g 119 auf t)iftorifdje Sßeife oorju» 
geben ift. s Jlad)bent er auf Saoignrj als ben Urbeber bes 
fraglichen 'Begriffs bingewiefen unb fonftatiert l)at, bafj feine 
Sehre in ber gemeinrechtlichen Dtjeorie unb ißrayiS fowie in 
oerfcbiebenen mobernen ©efebgebungen unb ©ntwürfen jur 
|ierrfd)aft gefommen ift, gebt er auf bie ißanbeltenftellen, 
auS benen Saoignt) feine Sehre abftrabiert hat, juriicf unb 
oerwenbet, inbern er bie Saoignt)’fd)e Sehre unb alle in ben 
ßommiffionSprotofollen als Botbilber bes B.@.B. beseidpieten 
Cuellen in SEBirf lirf)feit ootlftänbig beifeite fetjt, einzig 
unb allein jene als 9(u§legungSniittel. @r fucfjt oon neuem 
unabhängig oon Saoignt) bas jenen ißanbeftenftellen l ) 311 
©vunb liegettbe gemciufdjaftlidje ^rittjip 511 erfaffett unb fitt= 
bet baSfelbe „in bem anomalen ©harafter", bem feltenen Bor= 
fommen jener gätle. DaS bringt ihn, fagt er, auf einen 
fd)wermiegeuben Unterfd)ieb unter ben ©igenfdjaften, bie im 
Berfebr für bebeutfani attgefeben werben. Unter biefeit ©i» 
gcnfdjaften feien foldje, bie normalerweife bei obmaltenben 
Zweifeln beS ftäuferS oertragSmäjjig jugeftchert 311 werben 
pflegen, aubererfeitS foldje, l)i«fid)tlid) berett eine ßufidjerung 

1) (SS banbett ficf) um bie f^älle, baß jemaitb bronjeneS §auS= 
gerate tauft, ba§ er für golbneS ober foldjeS oon iölei, ober 
attberem geringerem 'Hietafl ober oon föolj, ba§ er für Silber 
hält, ober (Sffig, ben er für 3Beitt anfiebt, ober eine Stlaoin, bie er 
für einen männlichen Sflaoeti hält. 


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'-ö r e u cf) n : Heber bie 3 u Iäffi 0 feit ber Anfechtung ic. 265 

jroar moht ba unb bort erfolgen möge, ohne baß aber ber 
SDtangel einer bereinigen .ßuficljerung etroa§ 2fnomn(e§ hätte. 

SBefentlicf) ift ihm nun mag „jum normalen ®efd)äft§* 
intjatt" gehört, beim Kaufe alfo Sigenfdjaften, roeldje jur 
normalen iSnbioibualifierung be§ KaufobjeftS" gehören. 

ÜJtan roirb jebocl) billig bejroeifeltt fönnen, ob, roie Se^ 
net meint, gerabe jene ^anbeftenfäüe „bie ©ebanfen ber 
Stebaftoren best § 119 2lbf. 2 beherrfcht haben, unb ob ihnen 
bie neue StedjtSentroicflung unb 9techt§fprecf)ung, ber fie ge= 
folgt ju fein behaupten, nicht bie eigentlichen SSorbilber, fon= 
bern nur bie SBegroeifer ju jenen Sßanbeftenftellen al§ ber 
roirf'lidjen Duelle, au§ ber ber fragliche begriff gefcfjöpft 
mürbe, geroefeit ftnb, ebenfo aber auch, ob in ber Senel’fchen 
Sehre ba§ gemeinfame djarafteriftifdje SJterfmal ber ermähn* 
ten ?yälle beffer erfaßt ift, al§ in ber Saoignp’fcheti, ob, nid)t 
nielmehr bie anormale Statur ber gälte jroar eine gemein* 
fdjaftliche ©igenfcfjaft berfelbeti barftellt, aber nur eine fef»r 
nebenfächlid)e. Qft aber bie eine ober bie anbere grage ge* 
gen Senel ju eutfeheiben, fo bridjt bie hiftorifdje ©runblage 
feiner £h e f e / bie >h re eittsige ©tütje bebeutet, jufammen. Unb 
roa§ bie praftifeffe 23raud)barfeit ber Senet’fchen Segriff§be* 
ftimmung anbetrifft, fo fdjeint mir fraglid), ob mit berfelben 
in allen fällen „bem richterlichen ©rtneffen ber relatio fefte 
SJtafiftab gegeben ift". 

2)tau braucht, um Sebetifen in biefer 9tid)tung ju be= 
fomnien, nur bie oon ihm felbft gegebenen Seifpiele fid) oor* 
juhalten : ben grrtum über ben SDteifter eine§ alten ©emäl* 
be§ hält für Tiidjt beachtlid) : benn beim Kauf eine§ fol* 
d)en gehöre bie 'ißerfon be§ 9Jteifter§ nicht jur normalen gn= 
bioibualifierung be§ Kaufgegenftanb3; bagegen läfjt er 21n= 
fed)tung ju, menn jenianb ein Silb eine§ tnobernen 2)teifter§ 
ju laufen gebadfte, ba§ in 2ßirflid)teit oon einem anberen 
lebenben ober toten SJteiftcr herrüf)rt, ba Silber lebenber 
SJteifter faft immer unter beftimmter ,8uficberung binfidjtlid) 
ber fßerfon be§ 2Jtaler§ oerfauft ju roerben pflegen. 2lud) 
muß er, meil feine Segriffsbeftimmuug oerfagt, bie 21nroen* 

18* 


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266 


2 lbf)anblungen. 


butig be§ § 119 21bf. 2 auf Verträge, mie Auftrag, 93er= 
roaftrung, Seifte unb ätjntidje, j. '-8. audj in bem galt, baff 
ber Sßerteiher einer ttödjft foftbaren Sache, bereu wirtliche 
33efcf)affenheit unb bereit SBert erft nachträglich erfährt, für 
au§gefcf)loffeit erflären ! 

ißemerfenSwcrt für bie gegenwärtige Unterfuct)ung ift 
übrigens, baff Senet bett Irrtum über einen üftangel beS 
KaufobjeftS a U g e in e i n , nidjt blaff für baS ©ebiet beS 
äfiettfaufS, als 2lnfed)tuitgSgrunb n i d) t auerfenitt. 

Senet bejeicfjnet als ben gel)Ier ber Samgtu)’fd}en 33e= 
griffsbeftimmutig bie Dielatioität beS idrtbegriffS. gujugeben 
ift nun aUerbiitgS, baff eS in manchen fällen fdjmer fein 
wirb, 51t fagen, ob baS getiten ober iüorttanbenfein einer 
©igeitfdtaft nad) ben 9lnfd)auungen beS tßerfetjrS bie 3uge= 
hörigfeit ber betr. Sadje ju einer auberen Slrt oon Sachen 
begrünbe ober uid)t. Slllein toenit baS ®.©. s -8. ben 9tid)ter 
anroeift, bei ber @ntfd)eibung über bie 3Befentlid)feit einer 
©igeufdjaft bie 3tnfd)auungen beS 5krfef)rS ju Dtate ju jie= 
tjen, fo anerfennt eS felbft, bafj biefer begriff fein fdjarf 
abgcgrenjter ift unb baff baS rid|terlid)e ©rmeffen bei .fpanb= 
habung beSfetbeu einen weiten Spielraum haben muff. Unb 
loeuti man im gemeinen, fratijöfifdten unb fcf)it>ei3erifd)en 
iliedjt in jahrjehntelanger fßrajiS mit ber Saoigitp’fchen 
33egriffSbeftimmung ben ©ebürfniffen beS ©erfehrS gerecht 
geworben ift, fo bürfte ihre praftifche ©raud)barfeit als be* 
mährt ju gelten hflben. 

2öaS nun bie Stnroenbung ber oorftehenb gemoitnenen 
©egriffSbeftimmung auf ben galt ber ©tangelhaftigfeit ber 
getauften Sache anbetrifft, fo fann ber Meinung Senets, 
baff man non berfelbeit auS fonfequentermeife ju ber 2Xtx= 
nähme fotntnen müffe, baff allgemein fowoht für ©ief)- als 
für fonftige Käufe bie SRangethaftigfeit beS KaufobjeftS eine 
roefentliche Gigenfd)aft i. S. be§ § 119 Stbf. 2 fei, nicht bei* 
gepflichtet merben. Cb für baS ©ebiet beS gemöhntidjen 
Kaufes ein bem Kaufobjeft aitf)aftenber fanget baSfetbe 
nach ber ©erf eh tS auf d)u u uu g als eine Sad)e ganj atiberer 


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S8 r e u d) et : lieber bic 3uläffigfeit ber 2lnfed)tung 2 c. 267 

2trt erfdjeinen taffe, fönnte für bie gegenrocirtige Unterfudjung 
an fiel) bat)in geftellt bleiben. ©emötjntid) roirb öieS nid)t 
ber fein- aber nicht au§naf)mSroeife auch SJiängel 
norfontmen, benen bie 93erfehrSanfd)auung bie iöebeutung 
beintifjt, baff fie bie ©ad)e su einem Objeft anberer 3lrt 
ftempetn, bajj alfo Stnfecfjtung unb bie äbititifd)en Etagen 
miteinanber fonfurrieven tonnen, möchte ict) trotg ber oben 
tjeroorgetjobenen SDiSharmottieen jroifchen bem Siecfjt ber 3ln= 
fedjtung unb bem allgemeinen ©eroät)rfd)aftSred)t ent» 
gegen ber 2lnfid)t ßenetS nicht für gattj au§gefd)toffen erachten. 

SBer j. s 5). ein neues $8ud) ju taufen roätmte, unb nadf» 
f)er finbet, baff ba§felbe bereits gebraucht unb befdjtnutjt ift, 
hat m. uidjt bloß bic SöanbetuugS* unb bie SDiinberungS» 
flage, fonbern aud) baS 2tnfechtungSred)t nach § 119 Stbf. 2. 
SDemt im 58ud)f>anbet gelten gebrauchte, fog. antiquarifdje 
Bücher al§ .jpanbelSobjefte befonberer Ütrt. 2tnberS aber 
»erhält eS ficf), wenn bie 9J?angetf)aftigfeit barin befteht, 
baß im $rud eine Slnsaf)! ©eiten mißraten finb 1 )- 

$ür baS Spezialgebiet beS 33ief)faufS aber ift ju fagen: 

1) 2tucf> in bem ftatl beS QrrtumS über roefenttidje ©igenfdjaften 
ber iß e r f o n roirb man mit ber oben gewonnenen SBegriffSbeftim» 
tnung gu praftifch brauchbaren IKefultaten tommen. 9Jlan roirb ba» 
nacf) bie 2(nfed)tung gulaffen, roeitn beifpielSroeife ftatt eines appro» 
bierten ÜlrgteS ein nicht approbierter fog. Siaturargt befietlt rourbe, 
ebenfo in beit oon Senel a. a. 0. ©. 20 f. auf ©runb feiner Stheorie 
in gleichem Sinn entfd)iebenen Söcifpielcn : ©ngagieruitg eines ®nn= 
gerS ftatt eines ©chaufpielerS burd) einen Stheaterbireftor, eines 
fodjenSunfunbigen Stubenmäbd)en§ ftatt einer Söd)in burd) eine 
fpauSfrau. dagegen roirb man mit 2 e n e t ein SKnfedjtungSredjt 
nicht geben, roenn fid) nad)träglid) hernuSftellt, bafi ein angefteüter 
Saffier fchon roegen Untcrfchlagung geftraft rourbe, ebenfo in bem 
befonberS wichtigen unb beftrittenen 3 Q H, bau einer infoloenten 
trebitunroürbigen 'ßerfoit Strebit eingeräumt rourbe. SVranfheiten ber 
ißerfon roerben regelmä&ig als 2lnfed)tungSgrunb nicht gelten tönnen, 
fo wichtig biefe ©igenfdjaft für ben 'UertragSgroecf im eingelnen ff alle 
auch fein mag, man beute g. 5ö. au ben JJall, bah ei» StinbSmäbchen, 
ein JpauSlehrer mit einer anftedenben Sranffjeit behaftet ift. 3» 
foldjen fällen brauet ber ©egner aber and) ein 2lnfed)tungSred)t 
nicht, ba er ja nach § 626 fofort fünbigen taun. S)ap als ©runb 


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268 


2Ibf)anblungcn. 


bafj Kr a nfljciten unb Untugenbeti beS StierS ju 
bett für bie Sfrtjugeh örigf eit beSf eiben mafj* 
ge b enb en ©igettf d) af t eu nid)t gehören, unb jn>ar 
gilt bie§ aucf) oon beu Hauptmängeln. 9ladj ben 2lnfdjauungen 
beS täglichen ßebenS, in Hanbel un b $erfef)r, gelten ttir- 
genbS braute Stiere gegenüber ben gefnitben Stieren ber betr. 
©attung als eine befottbere, felbftänbige 2trt. 

Sin Sßferb, baS mit 35atnpf behaftet ift, eine perlfüdjtige 
Kuh, ein räubiges 6cf)af finb megen ber ihnen anhaftenben 
Kranfheit feine Stiere anberer 2lrt als gefunbe Stüde. StieS 
liegt mohl für ben galt auf ber Haitb, baff infolge beS 
Mangels bie ®ebrauchsfät)igfeit nur herabgefetjt, nicht auf= 
gehoben roirb, wenn alfo 5. 9J. ein bäinpfigeS ifjferb nur 
noch jum leichten, nicht auch junt fdpoeren 3ug tauglich ift, 
ober als SReitpferb nur noch in mäßigen ©angarten geritten 
merben fann. 

fraglich fann nur fein, ob fid) bieS nidjt aitberS oer= 
halte, meuti infolge beS SRangelS bie Stauglid)feit ju bem 
gewöhnlichen ober bem nach be>» Vertrag oorauSgefet)tcn 
©ebraud) oöllig aufgehoben roirb. SBenn beifpielSroeife ein 
Sfßferb infolge einer ihm anhaftenben .fpuffranfheit als 3 U 9 5 
unb Steitpferb oollftäubig unbrauchbar ift, ober roenn baS 
ffdeifd) eines Sd)(ad)tod)fen infolge ißerlfudjt als jum menfd)= 
lidjen ©enuft ungeeignet fid) herauöftellt, fo fönnte mit ei- 
nem Schein oou Diedjt gefagt roerben: ein foldjeS Sßferb ift 
eben fein 3 U 9 5 unb tReitpferb mehr, ein foldjer £>d)fe ift fein 
Sdjladjttier mehr, alfo hui man eS mit einem Stier anberer 
SMrt ju tun. Stagegen ift junächft ju benterfen : bie itibioi* 
buellen 3n>ede, bie ber betr. Käufer für feine ißerfon mit 
bem Kaufobjeft oerfolgt, hüben, gtcidjuiel ob fie beim 93er* 
tragSfdjlufj bem ©egner erfeutibar gemad)t rourben ober 

ber Sinfechtung einer (£ t) e nach allgemeiner 9lnfid)t auch getuiffe 
Strant()eiteu bes anberen ©begatten anerfamtt merben mfiffen, fann 
gegen bie iKicf)tigfeit ber obigen Definition mobl nicht in§ gelb ge= 
führt merben, ba für biefeS ©ebiet baS 'Jlufechtungerecht in § 1332 f. 
exzeptionell geregelt ift unb ber in grage fouunenbe § 1333 auch bie 
Raffung bes § 119 2lbf. 2 oermeibet. 


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33 r e u cf) a : lieber bie 3tüäfftgfeit ber Sfttfedjtung jc- 269 

uicfjt, aufjer 23 etracf)t 511 bleiben, wenn e§ fiel) barum t)an= 
beit, bie für ba§ SBefen ber ©aefje djavafteriftifefjen Geigen* 
fefjaften feftjuftellen *). ©0 ift j. 23 . ein s fßferb, ba§ ein Offi= 
gier jum ©ebraud) oor ber gront fitf) angefefjafft hat, ba§ 
aber infolge einer Untngenb ju biefem fpejiellen $wecf nicht 
brauchbar ift, loätjrenb e§ im übrigen ein taugliches 9 ieit= 
pferb ift, nid)t al§ ein S£i er anberer s itrt anjufehen, beim al§ 
ein mit biefer Untugenb nid)t behaftetes Dteitpferb. 2lber 
aurf) bei ben normet ermähnten 23 eifpielen oerf)ält eS fidt> 
nidjt attberS, meit eben im £>anbel unb Sßerfetjr fjuffranfe 
ißferbe, tuberfulofe ®d)lad)trinber als befonbere Tierarten 
eine Stolle überall nid)t fpielen. 

® u r d> ro e g f i n b b e m it a cf) Untugen ben it n b 
Hr anf'h eiten, m eld/ (enteren äußere 33 er le tjungen, 
93 ef d) äbi gun g burd) grentbförper u. ä. gleich* 
ju ft eiten finb, als roef entließe ©igenfcljaften 
i. ©. b e § § 119 21 bf. 2 n i d) t anjufefjen unb e § 
i ft ber Käufer wegen 3 r r t u m § über f 0 l d) e 
n i cf) t 5 u r 21 n f e d) t n it g berechtigt, 0 i e l m e h r 
0 0 m % a 1 1 ber argliftigen Üäufd)ung a b g e= 
f e f) e n , au§fd)liefjlid) auf bie SCBanbelung 
au gemief eit. ©elbftoerftänblicf) will nicht behauptet 
werben, bafj int 33 iehhanbel bie 2lnfed)tmtg wegen $rrtum§ 
über wefentlidje ©igenfrf)aften überhaupt auSgefri)loffen fei. 
ÜBer beifpiets weife einen faftrierten Odffen ju taufen wähnte, 
ftatt beffen aber einen nicf)t oerfchnittenen Darren erhält, 
fanti nt. (£. ben Häuf aufed)ten. S)enn oerfchnittene unb unoer* 
fdjnittene ©tiere werben fowohl in ber Banbwirtfcfjaft als 
im ©d)lad)toicl)hanbel al§ befonbere Tierarten angefehen. 

1) Gbenfo Senel a. a. D. bef. Seite 18, 16 unb SBurcfjavb 
33eiträge $. (Srläuterung X. SH. Söb. 39 S- 25. Slnberer 21nficf)t : 
Seonbarb a. a. C- S. 496 2lnm. 2 a unb bie bovt jitierten. 

P.S. 9iacf) g-ertigftellung oorftehenber 'llbfjanbhtng fjat bie 2ite= 
ratur jju § 119 2tbf. 2 einen bebeutfainen 3utt)acb3 erhalten burcf) bie 
Schrift uott Siegmunb Scfjlojnnann: „Xer Irrtum über roef entließe 
(Sigenfcbaften ber perfoii unb ber Sache nach bem 33 @ 33." 33erlag 
non ©uftao 3"ifcf)ei' in ijma. 


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270 


Sprcdjfaal. 

lieber bös JJerföbten bet JJrepelikten. 

3)on 3lntt§amoaIt Henning in 3Saif)ingeit. 

2>ie 3Xb£)anblung im 14. 93anb ber Jahrbücher <5. 243 
befd)äftigt fid) mit 33erfet)lungen gegen lanbe§vecb»ttidje 3Sor= 
fdjriften, bie burd) bie ißreffe uerübt roerben. 3)ie im 15. 
93anb ©. 116 mitgeteilte ©ntfdjeibung ber ©traffammer 
Tübingen bejaht für einen ber bäufigfteit Jälle, für baS 
SoSanbieten mittels gebrudter Slnpreifungen, ben Jatbeftanb 
einer burd) bie s f3 reffe begangenen Uebertrctung. 

$iefe Stuffaffung , beren 9iid)tigfeit id) batjingeftellt 
fein laffe, bürfte geeignet fein, eine Umroäljung in ber 
beftehenben Praxis t)crbeiäufüt)ren. @S beftimmt nämlid) 
ber § 29 beS 9t.©. über bie Sßreffe, bafj „ jur ©ntfdjeibung 
über bie burd) bie treffe begangenen Uebertretungen b i e 
© e r i d) t e aud) in benjenigen 53unbeSftaaten auSfchliefjlid) 
juftänbig feien, mo juv Jett nod) beren Slburteilung ben SJer= 
raaltungSbelmrben ^uftefie". 2)iefe Q3eftimmung, menn and) 
urfprünglid) als UebergangSnorfd)rift gebad)t, roirb auef) 
beute nod) ©iiltigfeit J)aben. 25ieS ift allerbingS nicht un» 
beftritten (ngl. j. 33. ©cfjicfer, $olijeiftrafrecf)t u. f. ro. 
III. Auflage ©. 281). Uebermiegenbe ©rünbe fprechen aber 
für bie ©ültigfeit ber 93orfcf)rift. ®ann mar aber bie bisc- 
herige s 4?rafiS auf einem Jrrroeg. Sie Oberämter, bie fid) 
in erfter Sinie mit berartigen Uebertretungen befaßten, finb 
überhaupt nicht juftänbig; fämtlidje j. $. bei ben Oberäm* 
tern anhängigen llnterfudjungen mären fofort an bie 3lmtS= 
anmaltfchaften abjugeben. SBenn (roaS id) nicht meifj) ben 


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Sprecfjfaal. 


271 


beiben oben 116 abgebrucften ©ntfctjeibungen eine poti= 
jeilidje ©trafuerfügung ju ©ruttbe tag, fo gälten bie ®e= 
richte in folgerichtiger Durchführung be§ ©ebanfen§, ba§ 
fßrefjübertretungen oortiegen, jn)ar nicht freifpredjen müffen 
(benn ber ©ericf)t§ftanb be§ § 7 ©t.iß.O. trifft feine§fat£ü 
ju), aber fie hätten gemäfj § 458 ©t.fß.0. bie ©trafoerfü* 
gung burch Urteil aufheben müffen, ohne in ber ©aefje fetbft 
3u entfdjeiben '). 

1) 3u Dergleichen bie ©ntfdjeibung be§ 1. Straff enatS be§ IR®, 
öont 28. 2Jtai 1903, mitgeteilt in ben ©mtfcf). b. SR®, in Straff. SBb. 
36 S. 270, in ber au3gefprod)en roirb, bafj ber für 'Prefsrergehen 
oorgefcljene au§fdjrieplicf>e ®ericf)t§ftaub be§ § 7 St'PO. (Raffung o. 
13. 3nni 1903) bemjeiügen gegenüber nidjt jutreffe, ber fiefj burdj 
Ueberfenbung gebruefter 'lingebote ec. bem Verlauf non Öofen ju einer 
nicht jugelaffenen Lotterie unterziehe, ©ier fehle bie iiorausfetjung, 
bah ber Xatbeftanb ber ftrafbaren £>anblung burch ben Inhalt einer 
im ^nlanb erfchieneiten Xrucffdjrift begrünbet roerbe, beim nicht ber 
Sntjalt ber Xrucffdjrift, fonberit nur ihre Einführung in einen ihnen 
gefehtidj oerfdjloffenen SBunbeSftaat fei ftrafbar. 2Inm. b. 3teb. 


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272 


£ttn*arifrij£ iJnjetgi'n. 

5)on bcm im elften •'öeft bicfe§ xöanbs ©. 134 aitgejeigten 3tau= 
binflcr'fchen Kommentar jum 58©.'-8. ift bie jmeite Sluflage bes Sa= 
djenredjtS in oier Sieferungen (mit juf. 635 Seiten unb einem aus- 
führlichen Sachregifter) je^t ooHftänbig erfetjienen (93rei3 15 SJ?.), 
ferner oom ^amilienrccht bie jroeite Lieferung, bie bi§ § 1493 reicht. 

9Jon bem Kommentar jura oon 2>üriti(tcr u. ©acöcnburB 

(9Jtannl)eim , *ben§he>»ter), ber fich oerbienten 9lnfehen§ erfreut, 
liegt bie erfte Siefcrung be§ britten iöanb§ oor, bie eine eiitgeheitbe 
fijftematifcfje ®arfte£lung beS Kaufs nach bem SB.©.i 8 . (auf 112 Sei* 
ten) enthält, aber noch nicht jum Slbfdjlttfi bringt, bie fi<h , 5 . * 8 . (auf 
S. 72) auch mit ber jetst im 54. S3anb ber ISntfcfjeibungen be§ St.©, 
unter Str. 29 abgebrueften (Sntfcheibung be§ St.©. über bie berget! 
lebhaft oerhanbelte Srage über bie &olge pofitioer 'Jtechtsuerlehungen 
in 5krtragSoerl)ältniffen befchäftigt. 

Sbeiträge jur t!ebrc Oom brojcffualcn Slncrfcnnlnis unb Slerjicbt 
Sßoit Dr. jur. 91. Regler, ißrinatbogent an ber Unioerfität Sübin= 
gen (Tübingen u. Seipgig, 3). <5- 9). lUtohr, iflreiS 6 50t.). "Sie be= 
achtensroerte Schrift befaßt ftch in eitigehenber (Earftellung mit bem 
rechtlidicn (Sljarafter be§ progeffiialen SluerfcnntniffcS unb SlevjichtS, 
inbem fie bie Slnfidjt, biefe jroei progeffualen Qnftitute feien (t»enig= 
ftenS juglcidj) materielle (prioatrechtliche) (Bifpofitionen ober ;Hed)tS= 
gefd)äfte, ablehnt unb ihnen bie Statur rein projeffualer — nicht 
5Hecht§gefd)äfte fonbern — Sitte gufpridjt. Xabei roetben bie oer- 
fchiebenett Sluffaffungen insbefotibere bes projeffualen SlnertenntniffeS, 
namentlich auch bie „epochemadjenben 'Ausführungen" SBüloro’S (in 
feinem „®eftäubnisred)t") eiitgehenb tritifiert. Qft fonach bie Schrift 
auch toefentlid) tljeoretifcher Statur, fo finb ihre Grrgebniffe boch in 
mannigfacher Segiebung aud) für bie 'fkaris »on SJebeutung (oergl. 
j. 93. 207 ff. über bie 93ebeutung ber (Srtlärung : man beftreite nicht, 
moUe nidjt beftreiten). 


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2iterarifd)e 2lnjeigeit. 


273 


9Jiit bem neuerbingS oielbefprocheneit „3ted)t ora eigenen ©ilbe" 
befcbäftigt ficf> eine — juerft im 91. f. c- '■)?. ©b. 94 erfdjienene — 
2lbhanblung non Dr. Siegfrieb SH i e t f d) e 1 , ©rof. in Tübingen 
(Tübingen u 2eipjig, 3t- E. ©• 9Hof)t, k fkeiS 1,20 9H.). Sie fit^rt in 
anregenber Tarftellung auS, baft baS geltenbe SRedjt einen genügen; 
ben Schub gegen 2Hipbraud) beS eigenen SilbS nicht gewährt unb 
uertritt bie Slnfidjt, baft in ben ftäüen, ba baS ©ilb einer S|krfon 
einer nnbern Sßerfon beigelegt ober fonft nupbräudjlid) oerioenbet 
wirb, — „genau unter bcnfelben ©orauSfct)ungen mie ber 9tame auch 
ba§ ©ilb gegen SHipbraud) gefcf)üht werben ntuft" (ogl. § 12 ©.©.93.), 
wätjreub ber Schuh gegen ©eröffentlidjung beS 9lbbilbS, bie erfolgen, 
um baS Urbüb felbft barjuftelleu, im 2Ulgetneinen nur bejügticf) ber 
auf m e d) a n i f d) e nt (itiSbefoubere photographifchem ) 3Beg Ija'ge* 
(teilten 9lbbilbung (unter ber ©orauSfehuitg, bap ein ^ntereffe beS 
21bgebitbeten oerIct3t wirb) gewährt werben foU. Sßf. 

ToS WefnngcnentranSportiocfen in at'iirttemberg. 3ufammenftel= 
lung unb Erläuterung ber auf baS ©efangenentrauSportwefen in 
SBürttemberg bejüglichen ©orfchriften. £>erauSgegeben oonDr. 8ub= 
tu i g St ö 1) l e r , 9Hinifterialrat im St. ÜHinifterium be§ Innern. SDlit 
einer Eifeubahntarte oon Sßürttemberg. Stuttgart, Sto^Ujamnter. 

Ter ©efangenentranSport in unferem taube ift in biefent Qabre 
oon ©runb au§ umgeftaltet worben üöährettb er feittjer ganj oon 
ben ©olijeibehörben unter ber teitung ber Dberämter beforgt würbe, 
ift jeht eine Sdjeibmtg erfolgt ätoifdjeu gerichtlichen unb polijeilichett 
©efangenen unb es ift in ber neuen ©efangenentranoportorbnung 
Verfügung ber SDtinifterien ber Quftij unb beS 3uneut ooin 21. Sötärj 
1903, )Heg.=©l. S. 111) beftimmt worben, bap ben 3 it ft ij b e b ö r= 
ben bie 91norbnung unb Einleitung ber bei ihnen anfalleitben Trans- 
porte ber gericbtlidjen ©efangetten obliege. 

infolge biefer ©orfcfjrift ift ben ©eridjten, StaatSanwaltfchaften 
unb Strafanftalten eine ganj neue Slufgabc äugewiefen unb fie fittb 
in bie SHotroenbigfeit oerfeht worben, in ein ihnen bis babitt fretnbeS 
©ebiet fid) einjuarbeiteu. tpiebei ergaben fid) mancherlei Schwierige 
{eiten, jumal ba bie in ©etradjt fontmenben ©eftimmungen weit ser= 
ftreut fittb unb fo war ber SDBunfd) ttad) einer iiberficbtlicben ßu* 
famntenfteUung aller auf biefen ©egenftattb ficb be,)iebenbett ©orfeftrif; 
ten wohl begrünbet. Tiefem SIßunfd) tommt bas Stöbler’fcbe ©ud) 
entgegen. ES bietet aber nicht nur eine 3 u f nm *nenftetlung, fonbern 
and) eine orientierenbe Einführung unb wertuofle Erläuterungen, 
bie eS bem bisher mit bent ©efangenentranSportwefeu nicht ©er= 
trauten ungemein erleichtern, rafd) einen Heberblirf über ben Stoff 
ju gewinnen unb im Eiujelfall fid) SHatS 311 erholen. 

3n bie ber erften Lieferung beigegebeue Starte fattn leicht (etwa 


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274 


fiiterarifcfye Sinnigen. 


mit farbiger 2inte) ber Stur§ ber (befangenenroageit eingejeicfjnet 
roerben. $ie ©intragung burcf) gnrbenbrucf batte baS Sucf) ju fefyr 
oerteuert. ®ie jioeite (Sd)lu6=)Cieferung mirb in Salbe nacbfolgen 
unb neben anberent alles baS bringen, ioa§ I)inficf)tlicf) ber 3lu§Iie= 
ferung unb SluSmeifung oon (befangenen f)ieE)er oon Selang ift. 

Slein. 


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275 


I. 

(jBntfdjeiämngen fies (Dkilflnittsgeridjts. 

A. in © i n i l f a d) e n. 

27. 

UTobeserhliming : ifejtftdlnng bes Sobrsingö auf einen 
®ug uor beut 1. Jtonnw 1900. 

$er am 29. -Jlooember 1848 geborene ft. S J{., ber im 
3ai)r 1865 förmlich nad) 3tmerifa au§geroanbert unb feit 
1869 oerfdjollen ift, ift burd) ba§ amt3gerid)tlid)e Urteil für 
tot erklärt roorben, roobei at§ 3robe§tag ber 1. Januar 1900 
feftgefe^t roorben ift. Stuf 2lnfed)tung§flage bc§ ftläger§ ift 
als> Sobestag ber 1. Januar 1880 feftgefetjt roorben. 

© r ü tt b e. 

3lbgefet)en non allgemeinen ©rünben iftfdjon aus Slrt. 161 
be§ ©inf.=©ef. 33. @.33. 2lbf. 1 unb 2 al§ ©egenfatj ju ent= 
nehmen, bafj nad) bern 33. ©.33. ein oom 1. Januar 1900 
ab anhängig geworbene^ 33erfafjren roegen $obe§erflä= 
rung roie ba£ oorliegenbe, nad) bem 9ted)te be§ 33.©.®. 
erlebigt roerben foll, oorbebältlid) ber 3tusnal)me »on 2lbf. 2 
be§ 2lrt. 161 ‘). 

@3 feinben alfo f)ienad) bie 33eftimmungen be§ § 18 
3lbf. 1, § 14 33. @.33. Slnroenbung unb im oorliegettben $all 
roäre, foferit nid)t bie ©rmittlungen ein anbere§ ergeben, 

1) 3u oergl. auef) SRotioe jum ©nttourf be§ ©inf.=@ef. junt 
«.©.S8. 'Urt. 92. 

3abrbild?er ber Silrttcmberö- iHccbtSpflcfle. XV. 3 19 


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276 ©ntfdjeibungen be§ OberIanbe§gericf)t§. 

bev 3eitpunt't be§ Jobe§ auf ben beginn be§ 1. Januar 1880 
ju beftimmen, ba ba§ letzte 3al)v, in meinem bev 93evfd)otlene 
ben oovljanbenen SNadjvidjten jufotge nod) gelebt bat, ba§ 
$abv 1869 ift, bev jet)njät)rige Zeitraum be§ § 14 23.®.23. 
alfo mit bern ©d)luffe be§ 3«f)ve§ 1869 beginnen unb mit 
bem 31. Jejembev 1879 fdjliefjen würbe, womit jugfeidj bie 
g-vift be§ § 14 2lbf. 1 Satj 2 gewahrt wäre. 

Jap bamit ba§ 23.©.23. auf einen in bie 3eit »or feinem 
Qnfvafttveten faltenben Jag juvürfgveifen würbe, märe an 
unb für fid) nid)t§ 2luffatlenbe§, ba in § 18, § 14 au§bvü(f= 
lid) ein fold)e§ ^uvörfgreifen beftinunt ift unb bev 3roecf bev 
23eftimmung eben ein 3uvücfgveifen auf eine «ergangene ^eit 
evfovbert, („beflaratorifdje'' im ©egenfatj ju „fonftitutioev" 
SBivfung J )). 

Ja§ 23. @.23. mitt aber otine 3 w eifct nid)t eingveU 
f e n , roebev in bie evtennbaven tatfäd)lid)en 23evf)ältniffe bev 
28irflid)feit, mie fid) au§ bem 23orbeba(t anbever ©rgebniffe 
bev ©rmittlungen in § 18 2lbf. 1 23.©.23. unb bev 21nfed)= 
tnng bes § 973 ©.ip.O. ergibt, nod) in be ft eben be 91 ed)t§= 
oevtjältniffe, mie fid) au§ altgemeinen ©runbfäbett unb 
au§ bem befonbeven Slusbvuct ergibt, ben biefe ©rmäguttg 
in 2trt. 161 2lbf. 2 ©inf.=@ef. gefunben bat. Jiefer 21u§* 
bvud in 2trt. 161 2tbf. 2 ift infofern ein nod) roeitevge()en= 
bev, al§ nid)t blofj ba§ 3 ur ütfgreifeu be§ 2ied)t§ be§ 23.©.23. 
in bie 33cvgangenl)eit $alt ntadjt oor ben in 2lrt. 161 2tbf. 2 
evmäbnten 9fed)t$>uert)ältniffen, fonbevn ba§ 23. @.23. bem 
alten 9{ed)t ba§ ganje ©ebiet bev JobcSerflärung überläßt, 
oovbet)ältlid) atlerbing§ einer nad) 21rt. 162 nebenbevgeben-- 
ben befonbeven JobeSevflävung nad) neuem 5Red)t. 

@§ fragt fid) nun, ob im oortiegenben gab 23erbä(tniffe 
novliegen, bie ba§ ©ingreifen unb 3io - ücfgreifen be§ 23. ©.23. 
ju Ijemmen geeignet finb. 

©§ tann babingefteUt bleiben, ob eine nad) altem 9ied)t 
beftef)enbe eigentüctje Sebeninermutung ein fold)e§ 

1) 3u uergl. 'Ikotofolte ber juieiten Sefung 33.@.3- ju §§ 7, 9 
be§ CSnttuurfS II., 9lu§gabe t>on ©uttenberg 33b. 1 S. 21. 


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A. in Gipüfacfjen. 


277 


SSerpciltniB ift, in roeld)e§ bas $}.©.33. nicfjt eingreift J ); benn 
nad) roürttembergifdjem Diedjte beftanb feine folcpe 2eben§* 
oermutung, fonbern nur eine al§ befdjränfte £eben§oermu= 
tung bejeicfjnete redftlicpe 9Jlögticf}feit be§ ©rbfd)aft3antritts 
für einen SSerfdjottenen. $er s itbu>efent)eit§pflegev eine§ 33er- 
fcpollenen fonnte, roenn biefev ba£ 70. Sebenäjapr nod) nid)t 
jurüctgelegt fjatte unb nicfjt burd) förmliche 2lu§roanberitng 
ba§ iuürttembergifcf)e ©taat§bürgerrecf)t oerloren tjatte ober 
fonftroie al§ 2lus>lcinber ju betrad)ten mar, mit oollem iWecpte 
für ben 33erfd)ollenen eine ©rbfcpaft antreten unb fo erroer= 
bert, bap jur 3eit be§ fpciter feftjuftetlenben $obe§ itid)t ben 
®rben bes ©rblafferS, fonbern benen be§ ÜBerfcpollenen biefe 
©rbfdjaft jufiel 3 ). 

@§ nuirbe atfo nad) miirttembergifcpem Diedjt für ben 
Jall eines fo(d)en @rbfd)aft§antritt3 angenommen, bap ber 
33erfd)ollene nod) lebe. 3 m übrigen aber fjatte berjenige, 
ber au£ bem 2eben eines nod) nidjt 70 ^aljre alten 33er= 
fdjollenen 9ied)te ableiten mollte, baS Seben ju beroeifen; 
eine SSermutung, bap ber 33erfd)ollene bis $um uollenbeten 
70. £ebeuSjat>re gelebt pabe, beftanb nid)t :i ). 

tiefer ©eftaltuug be§ mürttembergifcpen iKedjtcS gegetn 
über ift nun allerbingS an juneptnen , baß bas 33.®. 33. in 
einen auf folcf)e Söeife erfolgten © r b f d) a f t § a n - 
tritt für einen 33erfcpollenen n i cf) t ein greifen roill. 
®ie itt einem fyall beS roirflid) erfolgten GrbfdjaftSantrittS 
uorliegenben tatfäd)lid)en unb red)tlicpcn 33erf)ältniffe fonnten 
baburd) berücffid)tigt ra erben, bap bie £obe§erflärung beS 
neuen iRedjtS in iprern .ßutücfgepen auf bie 33ergaugenpeit 
•gfalt mad)en mürbe oor bem Umftanb, bap ber ißerfdjollene 
am £age be§ giltig für ipti erfolgten ©rbfcpaftSantrittS nod) 

1) 3Bie §abid)t 3. Ulufl. ©. 101 annimmt. 

2) SBürtt. 3a(jrb. ®b. 5 ©. 80 ff. in§befonbere ©. 86 , 87 , 88, 
89, 00, Sang; 'JÖiirtt. 'Berfonenrecbt (@. 9) § 3 ßiff 4. 

3) 3« oevgl. Sang a. a. C. § 3 3iff 4 unb SBürtt. ffaprb. ®b. 5 
©. 85 unb im ©egenfafc baju @. 86 ff., ferner ffiiirtt. 'llrdjiu xöb. 16 
<S. 125, 126 *b. 6 ®. 141, 142. 

19 * 


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278 


(Sntfdjeibungen be§ CberlanbeSgericfjtS- 


gelebt haben ntüfjte, uub beetbjatb ben JobeStag nidjt über 
biefen Jag jurücf »erlegen, fonbern auf ben folgenben Jag 
feftfeßen mürbe. J>ieS würbe ber Verücfficfjtigung ber er- 
mittelten Verljältniffe beS einjelnen $alleS entfprecfjen, wie 
fie in § 18 2lbf. 2 93.©. V. uorgefetjen ift. ©S liegen fid) 
aber auch ©rünbe bafür geltenb machen, baß ber JobeStag 
junädjft ohne Rücffidjt auf ben erfolgten ©rbfchaftSantritt 
für ben Verfallenen gemäß § 14 V.©.93. feftgefeßt unb 
nur für ben erfolgten ©rbfchaftSantritt bie baburdj gegebene 
Sadj= unb Rechtslage oorbehalten würbe. J)afj ber Ver= 
fchollene bamit für bie einen Vertjältniffe als tot, für bie 
anheim als tebenb ju behanbeln wäre, ift nicht als unmög= 
lid) anjufefjen, würbe uielmefjr ber Slnorbitung entfpredjen, 
bie baS '5.©.®. fonft für baS Qneinanbergreifcn uerfdjiebe* 
ner Redjtc auSbrüdlid) getroffen Ijat, SCrt. 162 @inf.=®ef. 
unb 2lrt. 9 ©inf.=@ef. 93.@.93. ^m uorliegenben galt tann 
jebod) bahingeftellt bleiben, wie fid) im einjelnen baS neue 
Redjt mit einem erfolgten ©rbfchaftSantritt abjufiitben hätte, 
ba ein folcfjer nicht ftattgefunben hat. 

3ft ein ©rbfchaftSantritt für ben Verfdjotlenen nicht er* 
folgt, fo beftanb für 3mlle, in benen nid)t, wie hier, bie 
württembergifche StaatSangeljörigfeit aufgegeben war — je= 
benfallS bis jum 1. Qanuar 1900 — bie 9)1 ög lieh feit, 
baß für ben Verfallenen eine @rbfd)aft angetreten würbe. 
©S himbelt fich aber lebiglid) um eine fÖfoglidj feit, bie nicht 
cingetreten ift. Jiafj uor einer fold)en baS 18. ©.93. mit 
feinem befiimmungSgemäßen ^urücfgieifen in bie Vergangen» 
heit |jalt machen füllte, ift nidjt anjunehmen. J)ie nicht ein* 
getretene 9Jlöglidjfeit fann einen ©runb giefür nidjt abgeben, eS 
tjanbett fid) nidjt um ein als oorljanben anjunetjmenbeS 
RedjtSoerhältniS, baS berüdfidjtigt werben müßte. @S be= 
ftefjt inSbefonbere nidjt etwa ein erbredjtlicfjeS Verhältnis 
jwifdjen einem ©rblaffer unb bem Verfdjollenen. ©intnal 
fehlt eS an einem ©rblaffer, eS befteljt nur bie Üttöglidjfeit, 
baß jemanb fterben tonnte ober geftorben fein fonnte, beffen 
©rbe ber Vetf ollene werben fonnte, unb audj wenn ein 


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A. in Gioüfacfjen. 


279 


foldier ©rblaffcr oorhatiben märe, mürbe gunädjft nur bie 
SJföglichfeit beftehen, bah ber 33erfcf)ollene nod) gelebt haben 
fönnte unb ©rbe roerben fönnte, unb an biefe 3Jtöglid)feit 
mürbe ftd) nach bem alten 9ted)te bie roeitere SERöglidjfeit 
anfd)liefjen, bap ber 9lbmefent)eitSpfleger bie ©rbfchaft für 
ben 93erfdjollenen antreten tonnte unb infomeit ber 3?er= 
fd)ollene als lebenb bebanbelt mürbe. 

Söenn roeiter gefagt roirb, biefe allerbingS bi§t)ev nicht 
eingetretene 9Ö2öglid)feit fönnte aud) nad) ber 3 eit nottt 1 . 3 a» 
nuar 1900 ab baburcf) eintreten, baf) ein nor 1. Januar 1900 
geftorbener ©rblaffer beS 23erfd)otlenen nachträglich entbectt 
mürbe, unb roenn es baher als ungerechtfertigt erad)tet mürbe, 
bie s Dföglid)feit eines; @rbfd)aftSantrittS für ben 95erfd)olle= 
neu abjufdjtieibeti, fo ift nor allein and) eine 93eftinnnung 
beS SbbeStageS erft auf 1. Januar 1900 nid)t geeignet, bie» 
fer Unbilligfeit abjuhelfen, ober 3Biberfprüd)e ju oert)inbern ; 
beim menn and) nad)träglid) nod) ein fold)er oorl. Januar 
1900 geftorbener Gcrblaffev entbedt mürbe, fo fönnte bod) 
ber 2lbmefenl)eitSpfleger fd)oit be§f)alb nid)t mehr ober nidit 
ohne SBiberfprud) mit ber fyeftfehung beS StobeStageS auf 
1 . Januar 1900 für ben 33erfd)olleneti antreten, roeil ber 
2Serfcf)ollene guv 3eit beS ©rbfdjaftSantrittS nod) leben mühte, 
oom 1. Januar 1900 ab jebocf) aud) gentäf) biefer £obeS» 
erflärung als tot 511 behanbeln märe. @S ift aber überhaupt 
nid)t aiijunehmen, bafj biefe 23efugniS be§ 2lbmefenl)eitSpf(e» 
gerS jum ©rbfdjaftSuntritt für einen 23erfcf)ollenen gemäf, 
bem alten 2ied)te nom 1. Januar 1900 ab fortgebauert hätte. 
2)ieS ergibt fid) auS 2lrt. 210 @inf.=©ef. 23. ©.'23.; ngl. § 1911 
93.@.23.' 

2 >ie bisher niefjt nerroirflid)te Sftöglidjfeit fann fid) alfo 
aud) nid)t mehr oerroirflidjen unb bilbet um fo rceuiger einen 
Umftanb, ber baS 3 ur üdgreifen beS 23. ©.23. aufhalten fönnte. 

®er mehrfach angeführte 21 rt. 213 @inf.=®ef. 23. ©.23. 
fann einen ©rutib gegen bie 2Birffamfeit ber 23eftimmungen 
beS § 14, § 18 23.©. 23. gleichfalls nidjt abgebetx ober über= 
haupt in 23etrad)t fommen, fomeit eS fid) nicht um einen er» 


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280 


(Sntfdjeibungcn be§ Cberlanbejßcvidjtä. 


folgten ©rbfcbaftSantritt für ben SScrfdjottenen, fotibern nur 
um bie bejeidjnete ÜJtöglicbfeit fjanbeft. 2lrt. 213 fetjt oor 
allem einen ©rblaffer »orauS, ber oor 1. Januar 1900 ge« 
ftorben ift, l)ier einen ©rblaffer be§ 23erfd)otlenen. Sin fol« 
djer ©rblaffer fehlt aber, roie eben auSgeführt, unb menn 
er aucf) oorf)anben märe ober nod) entbecft mürbe, fo mürbe, 
mie gleichfalls auSgeführt ift, noch fein erbrecf)tlicheS 33er« 
hältniS jmifdjett bent SSerfdjoUeneti unb il)nt beftehen, fon« 
bern nur bie Sftöglicbfeit eines folgen unb im 21nfcf)lufj 
baratt bie SRöglicf)feit, burd) @rbfd>aftSantritt oon feiten beS 
2lbroefenbcitSpPegerS ein foldjeS ju frijaffen unb jroar bis 
pin 1. Januar 1900. ©S banbeit fid) alfo nicht um be= 
ftebenbe erbrechtliche 93erf)ättniffe, auf bie 2lrt. 213 2tnroen« 
bung finben fönute. 

UebrigenS gehört bie mehrermähnte 3Jlöglid)feit eines 
©rbfchaftSantrittS für einen 93erfd)oltenen im roefentli<ben 
bent ißerfonenredjt (§ 1 — 20 $.©.33.) unb $f(egfd)aftSred)t 
(§ 1909—1921 23.©.33.) an. 

, s Jlid)t einmal eine berartige 9Jtöglicf)feit beftanb übri« 
genS im oorliegenbett ^all, ba ber Sßerfdjollene burd) form« 
lidje 2luSmanberung baS m ü r 1 1 e m b e r g i f d) e Staats« 
bürget re d)t oerloren 1) a 1 1 e. @S beftel)t baber 
nod) roeniger ein 2lnlafj jur ©infchränfung ber SBirffamfeit 
beS '8.©.«. 

2Iud) ein 33ebürfniS ber © i n 1) e i 1 1 i d) f e i t in ber 
2)ef)anblung ber ermähnten, oerfd)ieben geftalteten fyälle fann 
einen foldjen 2lnlaf3 nicht geben. 33or allem ift gegenüber 
burcbauS einheitlicher 23ef)anbtung bie 23erücffid)tigung ber 
tatfäd)lid)en unb red)tlid)cn $erl)ältniffe beS einzelnen Falles 
ben angeführten ©efeheSftellen ju entnehmen; im übrigen 
mirb aber bie einheitliche 33ehaublung bei mögticbfter 2)urd)« 
filhrung beS einheitlich unb oollftänbig auSgeftalteten neuen 
>Hed)t§ am eljeften erreicht. 2lud) fouft befteht fein 2tnlafj, 
biefett 23eftintmungen gegenüber für bie ©eftaltungen be§ 
alten 9ted)tS eine meiterreidjenbe SSirffamfeit ju mahrett. 


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A. in Kiuilfacfyen. 


281 


ali bic unzweifelhaft erforberticfje 1 ) 2 ). 

Urteil bei elften ©inilfenati »om 13. $uni 1902 i. <5. 
31anz g. 6taatianroaltfd)aft. 


28. 

3 « §§ 116 , 117 , 817 , 826 &M.&. 

33efl., bev bem Kt. 870 SU. fdpilbete, bat mit feinen 
©laubigem einen aufjergerid)ttid)en Slfforb abgefd)loffen, roo= 
burd) bie ©laubiger bem 33ef'l. gegen bare s -8ejat)lung non 
40%, ihrer fyorberungen bie reftlidjen 60% nacf)lie|en. ®ie= 
fern 33ergleid) ift ber Kl. taut feiner gufcbrift an bai Schult* 
beipcnamt S. »om 24. SRärj 1900 beigetreten uitb ei erhielt 
ber Kt. jufotgebeffen non bem Sd)ultbeifjen K., ber bai 2lr= 
rangement »ermittelt bat 40% feiner Sleftforberung mit 
348 3)1. auibejablt. 

®er Kt. batte aber mit bem 93efl. ein gebeimei Slbfom* 
men getroffen, roorin ber Kl. feine 3uftimmung j U bent $ et5 
gleid) jugefagt batte gegen bai 93erfpred)en bei SBefl., ibm 
auper bert ibm burd) beti Vergleich jutommenben 40% feinet 
gorberung nod) bie weitere Summe »on 372 SW. ju bejab= 
len; bie Klage auf 33ejablung biefer 372 3)1. ift redbtifräftig 
abgeroiefen, weil bai betreffenbe 3ablungi»erfpred)en bei 
$8efl. ali gegen bie guten Sitten »erftofjenb nirfjtig fei. Kl. 
bat barauf Klage auf s öejabtung feiner ganzen Weftforberung 
»on (870 minus 348 =) 522 3)1. erhoben, bie aber ebenfatli 
abgeiuiefen mürbe, »om 33crufungigerid)t aui folgenben 

1) 3u uevgl. ©ürtt Qaljrb. 93b. 5 @. 95. 

2) ©egen bie hier oertretene 3lnfirf)t : 58 of d) cr§ 3®dfd)rift 93b. 42 
©. 260 ff., inibefonbere 3. 337 , 338 , 339, auperbent teilroeife £> a= 
b i cf> t 8. 'Jluff. ®. 92 ff., inibefonbere ©. 102, 104 uitb bie bei 93o* 
fdjer Slngefubvtcn. ffür bic hier »ertretene 9lnficf)t unb teitioeife 
noch meitergef)enb : s pi a n f, 93.@.93. p 9lrt. 158 @inf.=@ef. ; Snnec* 
cerui^Sebman it, 93ürg. 9t. 33b. I. 3- 53 , 54 ; 9t e f) b e i n 33b. I. 
©. 13 3iff. 16 a. ©.; ©. Pfizer, 93.©. 93. ©inleitung 3. XXVI; 
93 o f d) e r § 3 e 'tfd)r- 93b. 43 ©. 154. 


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282 


©ntfdjeibungen bei DbcrlaitbesßeridjtS. 


© r ü ii b e n : 

©eibe Parteien gehen in Uebereinftimmung mit bett 6v= 
fenntniffett in bem ©ovpvojeß bev Parteien »om 17. SEJtai 
unb 1. Dftobev 1901 bauott au§, baß ba§ .3ahluiig§Dev= 
fpvedjen bejüglid) bev 372 9Jt. wegen ©erftoßeS gegen bie 
guten (Sitten (©.@.33. § 138) nichtig ift. 

2)ev RI. jieht barau§ bie fYolgevuttg, baß hiemit aud) 
bev Sdjulbnadjlaß al§ Seil eitte§ einheitlichen s Jied)t§gefd)äft§ 
nichtig fei (©.@.33. § 139) unb ftagt be§tjalb bett ganjctt 
Scßulbveft abjiiqlid) bev empfangenen 40%, nämlich vefttid) 
ttod) 522 9JI. ein. 

2)ie Sioilfammev hat jwav betn RI. bie Sfeplif itidtt oev* 
wovfen, baß bie oott ihm bent Sdjultheißenamt S. gegenüber 
abgegebene ©rflärung iibev ben 9tacf)(aß bev veftlidjen 60 % nuv 
jum Schein abgegeben roovben fei b. h- bent toahven SBillen 
be§ RI. nidjt entfpvodjen habe, uevneint abev bie Siidjtigfeit 
biefev 2Billen§evflävung, nteit bev Schultheiß R., bev nidjt 
bloß bett ©ett., fonbevn and) bie ^ntevcffen bev @läubigev 
»evtveten habe, »on bem geheimen ©ovbehatt bejüglid) be$ 
5ovbevung§veft§ feine Kenntnis gehabt habe- Slllein im ©ev= 
hältni§ be§ Rf. ju bem ©eft. tvifft nicht § 116, fottbevtt § 1 17 
Slbf. 1 ©.@.©. ju, ba bie obige 3Billen§erftävung, fomeit fie 
bem ©efl. obev feinem ©evtvetev gegeniibev abjugebett roav, 
nach bem unbeftvittenen geheimen 3tbfommen bev ©avteien 
ja mit bem ©inoevftänbni§ be§ ©efl. nuv junt Sd)ein abge* 
geben movbett ift, wobei bev ©efl. fid) nach § 166 2lbf. 2 
©.@.©. nidjt auf bie UnfenntitiS feines! ©evtvetev§ bevufen 
fann. 2)ie Sd)ulbnad)laßevflävung ift bahev bent ©efl. gegen* 
iibev gemäß § 117 ©,@.©. nid)tig. 

2lu§ biefev 9tid)tigfeit evgibt fid) abev nidjt bie ooiti 
RI. gejogette Ronfequenj, baß nun RL feine uvfpvünglidje 
gorberung geltenb machen fönnte, at§ ob nidjt§ gcfd)el)en 
ntäve. 3)etttt buvd) bie s Jfidjtigfeit jettev gegen bie guten 
Sitten oevftoßenben ©eveittbavung wirb nidjt ohne weiteves 
bev fvüheve ,3uftattb wiebcvljevgeftellt ; oielmehv hat bev Rl. 
jufotgc feinev [juftimmungsevflävung ju bem ©evgleicf) au§ 


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A. in ßioilfadjcn. 


283 


SJlittetn dritter, bie unter ber ©orau?fetjung unb jum 3roede 
be? 9SevgIeicf)§ ju ©unften be? jaf)lung?unfät)igen ©eflagten 
mit Darlehen unb ihrem 5?rebit interueniert t)aben, 40% 
feine? ©uthaben? bejatjlt erhalten. ®? oerftöfjt nun aber 
gegen bie guten ©itten, roenn ber ft'l. nad) biefem ©ntpfang 
ber ©ergleid)?fumme bem ©eil. jumutet, ihm bie reftlidjen 
60% trot) jener ben ©laubigem unb ben ^nterjebenten ge» 
genüber abgegebenen ©adilafjerflärung ju bejahten unb fo 
einerfeit? it)nt $u Vorteilen ju ucrtjelfen, mie er fie bei ber 
feinerjeitigen ©ermögen?lage be? ©efl. ohne bie $äufd)ung 
jener ^ntereffenten nie erlangt Ijätte, utib anbererfeit? bie 
nunmehrige ©etmögen?lage be? ©efl. ben regrefjberecfjtigten 
^nterjebenten gegenüber, bie im Vertrauen auf bie uom 511. 
abgegebene iJtadjlafjerflärung bie 9JJittel jur Zahlung ber 
Slfforbfumme befdjafft h«ben, ju oerfri)led)tern. 

©ad) § 817 be? ©.©. 93 . mürbe ber $1. im ffatle ber 
2lnnal)me ber jet)t nod) »erlangten Seiftung, meit er hieburd) 
gegen bie guten ©itten »erftofjen mürbe, jur öerau?gabe 
be? ©mpfangenen »erpflid)tet fein. 3roar ift nad) ij 817 
2lbf. 2 bie iRüctforberung au?gefd)loffen, roenn bem Seiften» 
ben gleichfalls ein foldjcr ©erftofj jur Saft fällt. Mein ©efl. 
roeigert fid) ja 51t jal)Icn unb roenn bie ©eftforberung im 
3roang?oollftrecfung?roege beigetrieben roürbe, fo mürbe ben 
©efl., ba bie ^Beitreibung otjne, ja gegen feinen SBillen ge» 
fd)ät)e, ber SBorrourf eine? eigenen ©erftofje? gegen bie guten 
©itten ober ber Teilnahme an einem foldjeti ©erftofj nid)t 
treffen. 

SBäre aber ber Sit. fofort roieber jur |jerau?gabe be? 
(Erlangten oerpflid)tet, fo t>«nbelt er unerlaubt, inbem er auf 
bie Seiftung f’lagt (©.©.©. § 826) — dolo l'acit, qui petit, 
cpiod redditums est — unb b«t hierzu? ber ©efl. gegen bie 
Mage eine perfönlidje ©ittrebe. 

Urteil be? jroeiten ©iuilfenat? uom 19. 3uni 1902 i. ©. 

©djuler g. .fjafner. 


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284 


©ntfcfjeibungen bc§ Cberlaiibesgevicfjt?. 


29. 

Jlfdjt auf heu Hamm einer Prudtfdjrift. 

$fitt. unb 33efl. galten gemeinfcbaftlicb bvei Jahrgänge 
»on 2lrcbitefturbilbern unter bent Xitel „SJtoberne 9teubau= 
ten" bevauigegeben unb barauf im SBeg ber Uebereiufunft 
ba§ unter ihnen beftebeitbe Verhältnis gelöft. darauf gab 
Vefl. einen „Jahrgang IV.“ ber „ÜJlobernen Neubauten" 
heraus. Älin. erhob Stfage gegen ihn mit bent ftlagantrag : 
SU erfennen, 23efl. fei fdtulbig, bie Rührung be§ XitetS „9Jlo= 
berne Neubauten" für bie »ott ihm berauSgegebene X)ru<f* 
fdjrift — , in jroeiter Siitie, bie '-öeseicbnuttg biefer X>rucf= 
febrift als „»ierter (u. f. m.) Jahrgang“ ju untertaffen. X)ie 
Stlage ift abgeroiefen toorben. 

2luS ben 

@ r ü tt b e it 

beS VerufutigSurteilS : 

Xer 2tnfprud) ber Älin. barauf, baff '-Bett, für baS »ott 
ihm berauSgegebene 2lrcbiteftur*3Berf bie Rührung beS Xi* 
telS „Sttoberne Neubauten" nnterlaffe, fattn nicht auf § 1 
ober § 8 beS ©efeljeS jur Vefämpfung beS unlauteren Xßett* 
beiuerbS geftüt^t toerben. s Jtad) sf 1 fann (unter geroiffen 
VorauSfetsungen), tuer über gefcbäftlicbe Verbältniffe unrich- 
tige Eingaben tatfächticher 2trt macht, auf llnterfaffung ber 
unrid)tigen Stngaben (uttb auf SchabenSerfatp in 2lnfpruch 
genommen merbeit. X>er Xitel „2Jto berne 9teubauten'' ent* 
hält aber augenfcbeiitlicb feine berartige „unrichtige 3(ngabe 
tatfäd)licber 2lrt". § 8 beS iöettbetuerbgefebeS foll nach ber 
2Xttfid)t ber ftliit. b eSbalb aruuenbbar fein, roeit fie fich 
beS XitelS „üDtoberne 2ieubauten" itod) beute für bie Säger* 
beftänbe ber brei erfteit Jahrgänge befugter SSeife bebiettc. 
2lber bei Xrucfjdjriften, »oit betten toie im »orliegettbett 
Tyall — jeber 33attb ein in fiel) abgcfd)loffeneS SBerf barftellt, 
bilbet bie 33e,seid)nung beS einseinen VaitbeS ober Jahrgang! 
mit einer 3teibensabl eine »öllig geniigettbe llnterfcbeibung 


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A. in (Sioilfnrfjcit. 


285 


ooit öen anbern 99änbett ober ^a^rgäugcn, fo baß eine s -8er= 
roecßilung mit biefeit — toie fic bei - § 8 oorauifeßt — aui= 
gefcßloffen ift. SBet - einen ®anb obei ein ©eft bei jeßt oont 
Söeff. herauigegebenett Söerfi „SItoberne Neubauten", roo= 
rauf beutliri) ftef)t: „Vierter Jahrgang", jur |>anb nimmt, 
erfießt fofovt, baß brei frühere Jahrgänge oorhanben finb, 
unb erfährt auf Grfunbigung, baß biefe früheren Jahrgänge 
hei ber fttin. erfdjienen finb : eine 3>erroed)itung ber beibeit 
SBerfe — bei früher im Vertag ber Silin. erfdßenenen unb 
bei im ©elbftoerlag bei 93efl. erfeßeinenben — fann baßer 
nicht moht ftattfinben unb ei ift fchon aui biefem ©runb 
nid)t anjuneßmen, baß 33efl. bei ber Söahl bei Xiteli feinei 
neuen Unternehmeni anf eine SBerroecßitung mit ber früheren 
Unternehmung („ültobeme Steubauten, Jahrgang I, II unb 
III") gerechnet hat. 

Silin, fteßt auf beut ©tanbpunft, jmifeßen ihr unb öent 
$8efl. habe bezüglich ber brei elften Jahrgänge ber „SSloberiten 
Neubauten" ein ©efellfchaftiuerßältnii beftatiben. Slber wenn 
man auch ßieoon auigeht, ergibt fid) nid)t — roie Silin, meint 
— aui ben allgemeinen unter ©efellfchaftern geltenben ®runb= 
fäßen über Xreu unb ©tauben, baß Söett. für bie non ihm 
herauigegebene Xrucffößrift ben Xitel „SJtoberue Steubauten" 
nid)t mähten burfte. Silit Sluflöfung ber ©efellfdjaft ber ^ar= 
teien burd) ben Vertrag oont 4. Cttober 1899 hat bai ge= 
meinfcfjaftliche SBerf ber Parteien — bie „SJlobernen Sleu* 
bauten" — ju erfeßeinen aufgehört, .jpieoon geht Silin, fetbft 
aui. Xaraui folgt aber nid)t, baß nunmehr fein Seit für 
ein oott ihm allein neu herauigegebenei SBerf ben Xitel 
„SJloöerne Sleubauten" mähten burfte; im ©egenteil mar nun* 
mehr jeher Xritte beredjtigt, einem neuen SSerf biefen Xitel 
ju geben (fofern — f. oben — § 8 bei SBettbemerbgefeßei 
nicht jutrifft), unb aud) für jebe ber Parteien beftanb ein 
gleid)ei 9ied)t. Gin tRedit bei SSertegeri ober llrhebcri eittei 
(nod) gefchüßteu, abgefchloffenen) ©cßriftmerti barauf, baß 
ttiemanb beffen Xitel für ein gleichartige^ neuci ©eßriftmerf 
benüßt, befteht nidjt (abgefeheit oielleidjt oon feltenen Ütu§=- 


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286 


(Stitj'tfjeibungen bes Oberlanbe§gertcf)tS. 


natmiSfälten, in betten aucf) ber Sitet beS SBerfS eine origi= 
nelle ©djöpfung barftellt) ; eS märe baher nichts im SBege ge» 
ftnnben, baß nad) Slbfcßluß beS 3. QaßrgangS ber „Vtobernen 
Neubauten" ein anberev Strcßiteft unb ein anberer Verlag 
als bie Parteien ein neues Slrdjitefturroerf unter eben biefem 
Sitet batten erfdfeinen taffen (ugt. bie Analogie ber 9Baren= 
Reichen : tf 9 Slbf. 2, ugt. mit § 4 2lbf. 2 beS SieidjSgef. oom 
12. SJtai 1894). Sie Parteien fetbft aber hoben — in @rmang= 
luitg gegenteiliger Vereinbarungen — mit Ütuftöfung ber unter 
ihnen beftehettben ©efettfcßaft bezüglich beS SitelS ber uott 
ihnen bi§h er hevauSgegebenen Srudfdjrift „SJtoberne Sleu» 
bauten" baS gleiche Stecht erlangt, mie jeber Sritte; eine 
gegenfeitige Vefcbränhtttg bejügtid) beS SiecßtS, biefett Sitet 
für ein neu herausgegebenes SBerf ju benüßen, oerftanb fid) 
feiiteSroegS oon fetbft, beburfte uietmehr befottberer Verein» 
baruitg. ©egenüber ber StuSfübriing ber ©ioilfammer : beibe 
Seite haben ein ^ntereffe baratt gehabt, baß ber anbere Seit 
baS frühere Unternehmen tiidjt fortfeße (b. h. beit Sitet beS 
früheren Unternehmens nicht für ein tteueS benähe) unb mit 
4pitfe beS uon biefem genoffenen SlnfehenS beut früheren @e» 
fettfdjafter eine Sottfurrenj bereite, ift barauf h> n äuroeifen, 
baß ttid)t jebeS Qtiiteveffe recßtlid) gefchüßt, junt Stecht erßo» 
ben ift; ba§ bejeidjnete Qntereffe mochte bie Parteien tteran» 
taffen, be^üglid) beS eittfdjlägigeii ißunftS Vereinbarungen ju 
treffen, fann aber für ftch altein feinem Seit baS Sted)t ge» 
mähren, beut anbern Seit 511 uttterfagen, für ein neues bud)» 
hänbterifd)eS Unternehmen ben Sitet beS früheren gemein» 
fdmfttichen Unternehmens ju mähten. StlterbingS fonnten, 
metttt jeber Seit beredjtigt mar, einem neuen Unternehmen 
ben Sitet „Sltoberne Steubauten" ju geben, ^olliftonen ent» 
flehen; aber attd) biefe 9Jtögticf)feit fonnte nur bie Parteien 
uerantaffen, ihr bttrd) eittfprechenbe Slbreben uorjubeugen, 
aber tiidjt bie Verpflichtung ber Parteien begrttnben, fid) ge» 
genfeitig beS ©ebraud)S beS mebrermähnten SitetS }u ent» 
halten. 

SBenti alfo bie Parteien tebigtid) vereinbart haben, bie 


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A. in (Siüiifacfjeu. 


287 


unter ihnen beftehenbe ©efellfdjaft folle aufgetöft uttb bamit 
baS ©rfcfjeinen beS bisher uon ihnen gemeinfdjaftlid) heraus* 
gegebenen Unternehmens ber „SJlobernen Neubauten" beeu* 
bet fein, fo h«l 23efl. nicht baburcf) gegen bie 93ertragStreue 
oerftofjen, baff er einem neuen uon ttjm hetauSgegebenen 
SGBerf ben 9famen „9Jtoberne Neubauten" gegeben l)at. 

3lud) ber in jtoeiter fiinie geftetlte Slnfpruch tcipt [ich auf 
öeftimmungen beS ©efetjeS jur Sefämpfung beS unlau- 
teren SBettbeioerbS nid)t ftü^en. ©djon oben ift h ei ' s 
uorgehoben roorben, ba§ bie 93ejeid)nung „Vierter u. f. ro. 
Jahrgang" baju bient, 93erroed)Slungen mit ben brei Jahr* 
gangen ber uon ben Parteien gemeinfam f) ei:au § 9 e 9 ebenen 
jeitfchrift „üJZobetne 9teubauten" auSjufcf)lief}en, über bie bie 
ÄUn. ttad) beut Inhalt beS Vertrags oom 4. Oftober 1899 
ju nerfügen hat; § 8 beS SBettberoerbgefeheS trifft baber 
nirf)t ju. 2lber auch § 1 biefeS ©efetjeS nid)t: e§ mag fid) 
ui et leicht bei bet ^Bezeichnung „uierter u. f. io. ^atjrgang" 
um eine unrichtige Eingabe tatfäd)lid)er 2lrt „über gefd)äft= 
liehe SSerhältniffe“ hanbeln ; nicht erfid)tlicf) ift aber, inwiefern 
biefe 2)ejeicf)nung geeignet fein foüte, ben Slnfdjein eines be* 
fonberSgünftigen Angebots heroorjutufen. 9Jtan fann 
jugeben, bafj biefe 23ejeid)nung bei bem Jeil beS ißublifumS, 
ber bie Jahrgänge I— III ber „9Jtobernen Neubauten" — ober 
bod) einen iöanb l)ieuon — fennt, bie Einnahme erroeeft, eS 
hanble fid) um baS gleiche Söerf, um ben 'fkeiS uon 30 9)1. 
loerbe alfo raefentlid) baS ©leidje geliefert, roie in ben früheren 
Jahrgängen; allein einmal ift hiemit ber 2tnfdjein eines „be= 
fonberS" — b. h- auSnahmSroeife — günftigen Angebots nicht 
heruorgerufen, fobann aber hat Silin, bejüglid) ber Jrage, 
ob baS oom s -8efl. in feinen „ÜJlobernen Neubauten'' ©ebo* 
tene gegenüber bem in bem früheren 9ßetf gleidjen 9latnenS 
©ebotenen minbenuertig fei, nur angeführt : bie ülbbilbungeu 
ber Jahrgänge I — III beftel)en in £id)tbrucfbilbern, bie beS 
fog. Jahrgangs IV in ©lidjeetafeln, bie Sfoften einer ©lidjee* 
tafel belaufen fid) aber auf nur etwa 150 ÜJt. gegen 200 9)1. 
ftoften einer £id)tbrudtafel. 3lber bie billiger hergeftellten 


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288 


©ntfdjeibungen bcs Dberlaiit>csgevtd)tS. 


2tbbitbungen müffen f'eineSroegS fd)led)ter ober weniger jroecf* 
entfpredjenb fein als bie mittels eines teureren (5. $}. älteren) 
Verfahrens tjergeftcllten, unb roenn bie Parteien beifpielS* 
weife ben 3. Jahrgang itjrer „fDtobernen Neubauten" mit 
Glidjeetafeln ftatt £id)tbrucfbilbern f)ätten erf dritten laffen, 
ohne bieS auSbrücflich ^eruorjutjeben, fo hätte t)icrauf ficf)er= 
lief) fein Stonfurrent gemäff § 1 beS SEBettbewerbgefetjeS ben 
Sltifprud) griinben fönnen, bie Parteien fjaben bie Ve^eid) 5 
nung biefer 2)rucffd)rift als beS „britten VattbeS" ber SJto* 
bernen Neubauten 51t unterlaffen. Sine fonftige auSbrücf* 
l i et) e ©efeheSoorfdjrift, auf bie ber 3lnfprud) auf Unterlaffung 
ber Sejeidjnung „nierter u. f. m. Jahrgang“ fiel) ftütjen liejfe, 
bat Silin. nid)t angeführt, unb roeijj baS ^Berufungsgericht 
nid)t 511 finben ; inSbefonbere erfd)eint meber ber Satbeftanb 
beS § 823 nod) ber beS J5 826 V.@.V. gegeben. ©ine 33er= 
einbarung bal)in, bap Söefl. eine etwa oon if)tn unter ber 33e= 
jeidpiung „'JJioberue 'Jieubauten" herauSjugebenbe ®rucffd)rift 
itid)t als uierteu u. f. m. Jahrgang falle bejeidpieti bürfen, 
bat Silin, nidjt behauptet. @S t'ann fid) alfa nur fragen, ob 
auS allgemeinen iHed)tSgrunbfät)en bie Unjuläffigfeit ber in 
Vebe fteheuben '-Bezeichnung folgt. 

Qu biefer 'Beziehung ift nicht ju oerfennen, baff ein 
Schriftfteller ober Verleger ein halb nur ibealeS, halb aud) 
mirtfd)aftlid)eS Qntereffe baran haben fann, baff nicht ein 
attberer ©djriftfteller ober Verleger ein oon i h m oerfaffteS 
ober herauSgegebeneS VBerf' als „fvortfepung", „oierteu u. f. 10. 
Jahrgang“ eines oont elfteren oerfajften ober »erlegten SÖBerfS 
bejeidptet. 3lbgefcl)en oon ben im oortiegenben galt nach 
ben obigen nicht in Vetracf)t fommenben ®efid)tSpunften 
beS unlautern SBettbemerbS, ber Verlegung eines f)tamenS= 
redjtS, ber oorfählidjen gegen bie guten Sitten oerftoffenben 
VermögenSbefdjäbigung tonnte fid) ein ©efehgeber rool)l uer= 
anlajft fehen, ein berartigeS Vorgehen als CSingriff in ein 
s f3erfönlid)feitSred)t aufjufaffen unb bemgeinäff in beftimmten 
©renjen ju unterfagen. f>iad) ber 2tnfid)t beS VerufungS= 
gerichts ift aber bie VedpSentwidlung in 2)eutfd)lanb bisher 


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A. in Giüilfadjen. 


289 


nicht bubin gelangt, ein s 43erfönticf)feiteved)t in folgern Um* 
fang anperfennen unb ba§ in folcfjen gälten unter Umftänben 
beftetjenbe ibeale ober and) mirtfdjaftlidje ^ntereffe be§ fcäf)e= 
reu Urhebers ober Verlegers baran, bafj ein fpätereS 3Berf 
fid) uicfjt als „fyortfetpng" eine» oon it>m «erfaßten ober 
»erlegten SerfS bejeidjuet, fdjlecfjtbin p einem Vedjt p er= 
beben, beffen Verlegung einen Ülnfprud) auf Unter [aff ung be= 
grünbeti mürbe. 

Urteil be§ erften ©ioilfenatS oom 11. $uli 1902 i. @. 

Gbner g. Jficf. 


.‘30. 

3u 8 366 §.< 6 . 0 . 

$1. bat bem Vefl. am 5. Februar 1901 2152 9Jlf. be= 
pblt, 2048 2Jff. 8 s Pfg. baoon unbeftrittenermafjen bebufS 
®ecfung einer Sdjulb oon 2000 2Jlt'. nebft 3infen, p bereu 
Vepblung er redjtSfräftig oerurteilt mar. Streit mar unter 
ben Parteien barüber, melcbe Sdjulb burd) Gablung ber 
rceiteren 103 9Jff. 92 s Pfg. als getilgt p gelten b a, be, ob 

— mie &l. behauptete — eine SBedjfelfdjulb, betreffs mcldjer 
ber ^öefl. ein oorläufig oollftrecfbareS Urteil ermirft batte, 
ober, mie Vefl. behauptete, gemiffe anbere ältere angebliche 
Sdjulben beS fil. : p einer Verrechnung auf biefe Sdjulben 

— bat Söefl. auSgefübrt — fei er fd)on gemäfj § 366 2tbf. 2 
V.@.V. berechtigt geroefen. 

®ie 

© r ii n b e 

beS VerufungSurteilS fagen hierüber : 

Senn anläßlich ber .ßablung 2152 9Jlf. feine ber 
Parteien etmaS barüber gefagt hat, auf meldje Sdjulb beS 
Sil. bie Gablung ber 103 3Jlf. 92 s Pfg. erfolge, fo mar fie 
auf bie Sedjfelfcbulb beS Sil. p oerredjnen. Senn ein ba* 
fjin gehenber Sille beS Äl. ergab fid) bieSfallS ohne meiteres 
aus ben Umftänben unb beburftc baljer feiner auSbriicflidjen 


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290 


(Sntfdjeiöungen bes DberlanbeSgericfjtS. 


©rflärung 1 ): jur üöejablung biefev 3d)ulb war SU. »erur= 
teilt unb eS war biewegen .ftwangSpotlftrecfung gegen ibn 
eingeteitet ; eS x>erftaitb fid) beSbalb tton felbft , baff er — 
faü§ er nichts ©egenteiligeS erflärte — nad) Tilgung ber 
Sdgilb non 2000 3)tf. biefe 3Bed)fetfd)ulb tilgen wollte unb 
nid)t etwa anbere ©cbulben, bejügticb bereit er nid)t eittge= 
flagt war unb bereu 'Belieben er im iKed)t§ftreit burdjauS 
in 3lbrebe gezogen bat. (Gegenüber biefem bem Befl. auS 
beti Umftänben erfennbaren SBilleu war Befl. nid)t berecb= 
tigt, bie .ßablung — foweit fie beit betrag ttott 2000 9)tf. 
ttebft .Qittfen überftieg — e i tt f e i t i g auf anbere Scbulben 
bes Äl. als beffett SBedjfelfdjulb ju nerrecbnen unb e§ ift 
aud) für bie 3lnwenbung beS § 360 'Hbf. 2 B.©.B. fein 
'Jiaum. 

Urteil beS I. ©ioilfenatS oont 31. Cftobcr 1902 i. ©. 

iHapp g. SHiecfer. 


31. 

Ungiftigkeit einer JlerirajjsbeJiiimnnng, mttbnrdj einem 
Ulirt für fidj unb feine .Jtrdjtsnnrijfolger bie Perpflirij= 
tmtg «nferlegt wirb , fein Öier nns einer bejtimmten 
firmier ei jn bejtetjen. 

3)er Sadperljalt ergibt fidj auS bcn 
© r ü tt b e tt : 

Ser Ülnfprud) beS Klägers ftütjt fid) auf ben § 10 ber 
jwifdjen ifjrn unb ber bantals ttod) lebigen, injmifd)en ner= 
ftorbenen, (Stjcfrau beS Befl. über bie Söwenwirtfdjaft in 
abgefcbloffenen ÄaufoertragS com 24. Slpril 1893, wofelbft 
ttadj ber itt § G getroffenen Beftimmung, baff baS Slnmefen 
— ausgenommen bie Bebittgung beS BierbejugS — foften= 
frei auf bie Käuferin übergebe, feftgefetjt ift: „SaS Bier, 
weldjeS auf bem Huroefen jum SluSfdjanf fontnit, ift auS ber 


l") Stevgl. ©euffert t8b. 54 'Jtro. 146. 


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A. in G,it>i(fctd)en. 


291 


Vrauerei K. ju besiegen, roeldje Vrauerei an ba§ Slnroefen 
ein gteicf) gutes Vier roie ihrer anbeven Kunbfchaft jum 
^fßreiS non 17 ißfg. pr. Siter franfo ju liefern Ijat. $iefe 
Saft beS VierbejugS ift nur gegen eine an %v. •£»• ober beffen 
(Srben jn leiftenbe @ntfd)äbigung non 1500 2Jtf. absulöfett. 
Vor ber 'Bezahlung ber SlblöfungSfumme barf auf bem 2lu* 
roefen niemals anbereS Vier auSgefdjenft roerben." 

$er Klaganfprud) ift unbegrünbet, mag mit ber er* 
mahnten Veftintmuug bie Konftituierung einer bin glichen, 
alle Inhaber ber Söroenroirtfchaft als foldje oerpftichtenben, 
unb nur gegen Vejahlung einer 9lblöfungSfumme non 1500 ü)tf. 
aufjithebenben 33erbinblicf)feit jum Söierbegug beabfidjtigt ge* 
roefen ober bie Vteinung ber Kontrahenten baf)in gegangen 
fein, baff bie Käuferin beS SlnroefenS nur perf öit.lid) jur 
Vierabnahme »erpflid)tet fei unb für ben galt beS ÜlufhörenS 
beS VierbejugS eine VertragSftrafe im genannten Vetrage 
ju bejahten l)abe. 

1. 3)ie b i n g l i cf) e Velaftnng ber £öroenroirtfd)aft mit 
einer Verpflichtung ber genannten 2lrt roar, gatij abgefeljen 
oon ben früheren hierauf bejiiglid)en gefehlten Veftim* 
mungen, unter allen Umftänben burch bie Vorfcfjriften ber 
@eroerbe=D. § 8 $iff. 2, ogl. mit §§ 7 unb 10 auSgefdjloffeu. 

2. dagegen ntuft eS jroar für ftatthaft erflärt roerben, 
baff ein <Sri)eutroirt fid) oertragSmäfjig oerpflichte, feinen 
Vierbebarf Icbiglid) auS einer beftimmten '-Brauerei ju be* 
jiehen, oorauSgefet)t jebod), bafj biefe obligatorifdje Ver* 
binblid)teit fid) innerhalb ber Schranfen ber (Üeroerbefreiheit 
unb ber geroerblidjeit Jyreijügigfeit (§§ 8 ($iff. 2), 10 eit.) 
beroege. ®aju gehört aber, bafi ber Vierjroang auf bie 
■ißerfon beS Kontrahenten befchränft bleibt unb fich aufjer* 
bem auf einen beftimmten Zeitraum beziehe, ber über bie 2e= 
benSbauer beS Verpflidjteten hinaus nidjt erftreeft roerben barf ). 

1) <5. @cf|icfer, öero.dDrb. c4. Stuft.) @. ‘21 3iff- 3 2lbf. 3; @. 24 
3iff. 3 , @.25 3iff 2 ; 3af)rb. für 2öürtt. iHecfjtspfl. ®b. 8, 303 ff., 
11, 11; Seuffert, Strcfjiu 93b. 49 91ro. 102; Süotioe jum (£.©. juin 
* @. 165. 

3af)rbüc§cr ber Bilrttembcrg. 9iec$t4t>flege XV. 3. 20 


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292 ©ntfdjeibungen be§ Obertcutbeggericfits. 

|)ienacb ift , aud) wenn burd) § 10 be§ StaufoertragS 
nur eine obligatorifcfje Verpflichtung jum Vierbejug aufer= 
legt werben wollte, biefelbe als mit bem am 9. Sejember 1897 
eingetretenen Sobe ber Käuferin erlofdhen ju betrachten. Baratt 
tonnte burch ben Umftanb, baff Söefl. im SBege ber Unioev= 
fatfitcceffion 9ie<htSnad)folger ber Verpflichteten geworben 
wäre, nichts geänbert werben. Senn füllte fetbft eine auf 
eine b e ft i nt m t e -3^)1 oon fahren fcftgefe^te VierbesugS* 
»erpflichtung auf ben Unioerfalfucceffor beS perföntid) Vev= 
pflichteten gleich ben übrigen Verbinblichfeiten beS le^teren 
übergehen, fo ntufj bod) bie guläffigfeit einer Vachfolgc in 
eine an leine seitliche Schranten gebunbene 
Verpflichtung , wie bie »orliegenbe , unter allen Umftänben 
als mit ben oorerwähnten Veftimmungen ber @ewerbeorb= 
nuttg über ©ewerbefreiheit in einem cntfchiebenen SÖiberfptud) 
ftehenb oerneint werben. Sie ©üttigfeit einer berartigen 
Nachfolge tarne unter Umftänben im ©rfolg ber »erbotenen 
@rrid)tung einer binglichen Saft jiemlid) nahe. 

Urteil beS II. ©iöilfenatS »om 1. SRai 1902 i. 0. 

|)ärle g. Späh. 


32. 

Jljl ritt „fiir bie igeuteisttufualjote“ Jnbliitimrirr An- 
walt mm jShrthlnf? eines Pergleirhs ermächtigt ? 

Sie 3rage ift »erneint worben anS folgenbett 
© r ü n b e n : 

Surd) ben angefod)tenen Vefdflufj ift bie bem Äl. burd) 
bie ©erichtSfdjreiberei beS SanbgerichtS erteilte VoltftredungS» 
Häufet für einen Vergleich, ber in bem VeweiSaufnahmeten 
min »om 6. Sejember 1902 uor bem beauftragten Vid)ter 
abgefdjloffen worben war, auf Eintrag beS Vetl. aufgehoben 
unb bie 3wangSoollftred'ung aus bem Vergleich für unju* 
läffig erflärt worben, weil ber in bem Sertnin »om 6. Se= 
jember erfdjienene Vertreter beS Vetl., ber für fehleren ben 


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A. in ©tciifacfien. 


293 


Vergleich abgefc^foffen hat, laut ber oon if)m uorgel^gten 
Vollmacht uon bem ijkosefjbeoollmächtigten beS Vefl. „nur 
für bie VeroeiSaufnahtne" fubftituiert unb baher nad) 9ln= 
ftdjt ber ©ioilfammer jum Slbfchlufj beS Vergleiches nicht 
ermächtigt mar. 

$>ie oom SU. hingegen erhobene fofortige Vefd)merbe ift 
nach § 793 ©.V©. an fid; juläffig unb red)täeitig eingelegt, 
aber fadjlid) nicht begrünbet. 

SBie nad) § 83 ©.$.©. bie ^rojefjooUmacht befdjränft 
merben fann, fo fann auch bie „Veftellung eines Vertreters", 
5 u ber nach § 81 © V-O- ber ‘projepeoollmächtigte befugt 
ift, mit ber Vefcfjränfung auf einzelne beftimmte ißrojeffhanb- 
lungen erfolgen *). 3)tit iWedjt hat baS £anbgerid)t in feinem 
Vefchlufj aus ber eben ermähnten Raffung ber Unteroollmacht 
eine Vefchräitfung ber VertretungSmad)t beS uom ißrojejj- 
beoollmächtigten beS Vefl. fubftituierten 3>uftijreferenbär§ 
jmeiter ftlaffe $>. auf bie mit ber V e ro e i S a u f n a h nt e 
unmittelbar jufammenhängenben $rosejihanblungen gefolgert 
unb baher bie ©rmäd)tigung biefeS Vertreters jum Slbfchlufi 
eines VergleidjeS für ben Vefl. oerneint. |)ierauS ergibt 
fidj, bafi ber abgefchloffene Vergleich für ben Vefl. unoer= 
binblich mnr unb nur burd) beffen nachträgliche ©enefjmü 
gung red)tSroirffam hätte merben fömien. ©ine folcfje ©e= 
nehniigung ift aber oom Sl. nicht bargetan unb inSbefonbere 
nicht etma barauS abjuleiten, ba§ ber Vefl. ben Vergleid) 
uom 6. SJejember 1902 nicht miberrufen hat, obgleid) ihm 
ein SBiberrufSrecht bis 10. 3)ejember oorbehalten mar ; beim 
ba für ben Vefl. bie 2lbmad)ungen feines Vertreters in fei- 
ner 2öeife uerbinblid) rcaren, fonnte er baburd) nidjt jur 
Slbgabe einer SßitlenSerftärung mit bet Söirfung oerpflicf)tet 
merben, bafi auS ber Unterlaffung ber ©rflärung irgenb= 
reelle tHecfjtSfolgen für ihn entftehen mürben, llnerheblid) 
ift baher aud), ob ber Vefl. unb fein 'fh'Ojefjbeooltmädjtigter 
oor Ablauf ber ÜBiberrufSfrift Kenntnis oon bem Vergleid) 

1) @aupp=Stein (S.. S #.D. § 81 2lnm. II. c., a., § 88 3Inm. III. 

20 * 


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294 


©ntf Reibungen bes Dberlanbe§gericf)ts. 


erhielten ober nicfjt. 

93efd)luf3 bes erften ©ioilfenatS »om 27. Januar 1903 
i. S. Schnell g. ®ecter. 


33. 

©rllrnbtnarijtmg brr jfalgrn brs Prrpgs tu ürefernitg 
riitrv Pure, bir tturij tljrrr Patur nur inttrrljitH* br= 
ffimmter jfrijt grliefrrt werben kan«. 

hierüber fagen bie 

@ r ü n b e 

eines SBerufungSurteilS : 

33e§ügticf) bet in ben brei Sftonateu Januar bis SRärs 
1897 ju roenig gelieferten 16 ober 18 SBagen mag Silin, in 
SBerjug geraten fein. 2Iber bie 93efl. Ijat oom 13. Sefouar 
an bi§ ju @nbe ber Sieferjeit fein SebenSjeidjeu mehr non 
fid) gegeben, oielntebr bis jn itjrein Sörief oom 28. Quni 1897 
gefdgoiegen. s Jlun ift ju erwägen, bafj es fid) bei bem £ie= 
ferangSoertrag ber Parteien um bie ÖasfoteS ber Sßrobuf* 
tion ber 9iemfd)eiber ©aSanftalt oom 1. 3lpril 1896 bis 
31. SDfärj 189 7, alfo um bie in einer feftbeftimmten 3eit 
geioouneneit ©rjeugniffe, Ijanbelte. ®er 9iatur ber Sache 
nad) tonnten fotd)e SlofeS nxcfjt beliebig lang nach Slblauf 
ber Sieferjeit geliefert werben; 53efl. fetbft gel)t in ihrem 
93rief oom 28. $uni 1897 baoon aus, bag fegt bie Sieferung 
ber im Vertrag bebungetien äßate nicht mehr möglid) fei; 
benn fie fragt t)ier, welches ißrobuft Silin, als @ r f a g }u 
liefern im Staub fei. SBenn aber in einem berartigen Juli, 
roo bie Sieferung fid) innerhalb eines feftbeftimmten 3 e tt= 
raumS ooUjiefyeu foll unb bie ju liefernbe Söare nad) Slblauf 
biefeS Zeitraums, toic beibe ÜkrtragSteile miffen, nid)t metjr 
oorbanbett ift, ber Slciufet auf 9tad)lieferung ber rücfftän- 
bigen 23ejüge befteben will, mujj er bieS nad) 2reu unb 
(SHauben bem ißerfäufer entroeber innerhalb ber Sieferjeit 
ober bod) unmittelbar nad) bereit 2lblauf mitteilen, unb baS 


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A. in Gtoilfadjen. 


295 


©teiche gilt in betreff be§ SSerfäuferS, ber auf ber Stbnahme 
be§ nicf)t bezogenen Seils ber Sieferung beftefyen roiü. ©chroei» 
gen beibe Seite in einem berartigen $all bis jurn Slbtauf 
ber Sieferjeit unb tangere 3 e ‘t nachher, fo täfjt ficb) baS nid)t 
anberS auffaffen, als bafs beiberfeitS barauf oerjictjtet rairb, 
bie rüdfftänbige SBare noch nachträglich $u beziehen bcjm. ju 
liefern, unb falls je ein fotcfier 93erjichtSmitle nid)t oortjanben 
fein foltte, müffen fid) nach ben ©ranbfätjen non Sreu unb 
©tauben beibe Seite fo betjanbeln taffen, als hätten fte auf 
23ejug bejm. 2tbnabme ber riicfftänbigen SBare oerjicfjtet *). 

9Benn bafier Min. @nbe Quni 1897 mit bem Verlangen 
heroorgetreten märe, 23efl. fotte nunmehr bie roätjreub ber 
oertragSmäfjigen SieferungSjeit nicht bezogenen 46 ober 48 
MdeSroaggonS bejieljen, fo märe Seit, berechtigt gemefen, 
biefeS Verlangen mit bem .^inmeiS barauf abjulehnen, baft 
bejüglicf) biefer SBagen bet Sßertrag als ftitlfd)roeigenb auf» 
getöft ju gelten t)abe. Umgefet)rt mar aber audj Söeft. ihrer» 
feitS nicht berechtigt, nadjbem fie feit 13. ffebruar 1897 feine 
Sieferung mehr oertangt hatte, plötzlich nat)eju brei SDfonate 
nach bem ©nbe beS oertragSmäfjigen 2ieferungSjat)rS baS 
atnfinnen ju ftelten, Min. fotte ihr bie jur 3 a hl Don 100 
3Bagen fehlenbett Sßagen nachträglich tiefem. 

konnte aber 23eft. am 28. Quni 1897 betreffs ber eben 
ermähnten 46 ober 48 SBagen nicht mehr SertragSerfüttung 
oerlangen, unb h fl t Min. biefeS Verlangen in ihrem 23rief 
oom 6. $uli 1897 mit Stectjt abgetehnt, fo fann fetbftoer» 
ftänbtid) 23eft. auf biefe @rfüllungS»2Beigetung feinen ©dja» 
benSerfaijanfprud) ftfitjen. 

Urteil beS erften ©ioitfenatS oom 9. SJtai 1902 i. ©. 

SSohminfel g. ©tofj. 


34. 

$0ns i|f unter einem „IHiutgel im Merijt“ ?n nerfteljen* 

baS oom Mäger unter ber girrna „©ebrüber 2t. in 

1) Staub, Stom. jum .£>.©.58. 2. 2lufl., § 31 ju 2lrt. 354; § 13 
ju 2(rt. 337 ; 9t.©. 1. 9tro. 31 S. 64. 


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296 


(£ntfd)eibuußen be§ DberlanbeSgeridjtss. 


St." als SlUeininbaber betriebene ©ifenmarengefcbäft ift ber 
58eflagte mit Vertrag oom 11. Quli 1900 als „aftioer Jeil» 
baber" (offener ßanbelSgefellfchafter) eingetreten. 2lm 9. 2lu» 
guft beS folgenbcn Qat)reS ift ber Kläger auS biefer ©e= 
fctlfcbaft ansgetreten unb fjat ber 58ef(agte baS ®efd)äft mit 
allen Slftioen unb ^affioen allein übernommen; nach 3iff- I 
biefeS Vertrags h“t Kläger „feinen ©efd)äftSanteil mit allen 
Siechten nnb Klagen an ben 23efl. für bie Summe oon 
60 000 SU. fünf lieh abgetreten", hieran finb 30 000 SU. 
fofort bar bejahU morben, bie anberen 30 000 SU. follten 
nad) Qiff. II beS Vertrags auf 15. Slooember 1901 bar be» 
,^at)lt roerben, ber 58efl. hat aber am genannten Jag nur 
bie -jpälfte biefer Summe befahlt. Die Gablung Des SieftS 
uerroeigert. Qm Urfunbenprojeß ift '-8efl. unter 35orbef>alt 
feiner Siechte jur 23ejal)tung ber 15 000 SU. oernrteilt roor» 
ben, im Siacboerfabren b<d ®efl. beantragt, feine 33erurtei» 
lung jur Sejablung ber 15 000 SU. nur mit ber 58efcf)rän» 
fung auSjujpredjen, baß er jur Qaßlung erft uerpflidjtet fei, 
nacbbeni ibnt Kl. entroeber Sicherheit Dafür geleiftet habe, 
baß jroei ©laubiger ber Qirma ©ebr. 21. if)n nicht in Sin» 
fprud) neljmen, ober nachbent Kl. bie Befreiung beS 23efl. 
oon ben 2lnfprücf)en jener beibeti ©laubiger beiuirft habe. 
2>aS im Urfunbenprojeß ergangene Urteil ift aber ooni iöe= 
rufungSgerid)t aufrecht erhalten morben. 

2luS ben 

© r ü n b e n 

beS 5BerufungSurteilS : 

'-Bei Dem Umftanb, baß ber StuStritt beS Kl. auS ber 
mit Dem 23efl. geführten ©efellfcßaft nicht Dem (nad) § 105, 
2lbf. 2 .|p.®.23. aud) auf offene .|panbeSgefellfd)aften unb jmar 
entfpred)enb .p.@ 23. § 142 auch auf eine auS nur 2 Jeil» 
baberu beftebcube ©efellfdjaft anmenbbarett) § 738 58.0.2}. 
entfpred)enb geregelt, fonbern — maS bei ber nachgiebigen Sia» 
tur ber in § 738 enthaltenen 23orfd)riften ben Parteien frei» 
ftanb — als 5ßerfauf beS ©efd)äftSantcilS beS Kt. an ben 58eU. 
um bie als KaufSfumme aufgefaßte SlbfinbungSfumme be= 


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A. in (Simlfadjen. 


297 


jeicßnet roorbeit ift, ßnt ber »orige 9iicßter geglaubt, baS »om 
Veil. bcanfprucßte 3urücfbebaltungSrecßt auS b e m ©eficßtS* 
punft ableiten ju fönnen, baß bie für ben Vefl. fortbefteßenbe 
perfönlicße Jpaftbavfeit gegenüber ben ©laubigem 9t. unb S. 
al§ eine auf bem »om St’l. »erfauften .£>anbelSoermögen ßaf* 
tenbe S a ft unb beSßalb als ein „93iangel im 9ted)t" be§ 
Verläufers gelten müffe, rcegen beffen ber letztere gemäß 
V.@.V. § 445, 434. 440 bem Käufer @emäßr ju leiften habe 
unb ber Stäufcr nad) § 328 V.©.V. bie Vejaßlung beS Stauf* 
preifeS bis jur Vereitlung biefer ©eroäßrleiftung jurücfju* 
halten befugt fei. 

SJtan fann banon abfeßen, baß aucß bei biefer Sluffaffung 
bie ©inbeßaltung ber getlagten 3aßtnng uacß § 320 (Söorte: 
„@S fei benn" u. f. ro.) beSßalb mcßt begrünbet märe, meü, 
mie gezeigt, nach SBortlaut unb Sinn beS SrennungS»er= 
tragS »om 9. Sluguft (fomit beS StaufoertragS) ber Veflagte 
jur V o r leiftung »erpflicßtet ift ; benn bie ermähnte 9luffaffung 
fann auch «n ftcß mcßt als richtig erfannt roerben. 

3 mar fteßt ber 3nlaffigfeit beS »on ben Parteien »er* 
einbarten Verlaufs beS ©efellfcßaftSanteilS beS einen an ben 
aubern ©efellfchafter behufs Uluflöfung ber ©efeUfcßaft meber 
V.@.V. § 311 noch 8 719 entgegen (mie aus § 717 teßter fyall 
unb fp.@.V. £j 135, 141 ficß ergibt); aber ber Uinftanb, baß 
»on ben ©efd)äftSgläubigerit 9t. unb £. ber Veil, »etrnöge 
feines früheren ©intrittS als offener .jpanbetSgefellfcßaftet beS 
SllrS., gemäß § 28 $.@.V. perfönlich in Slnfprud) genommen 
merbeit fann, fann nid)t als ein Sftangel in bem »om Äl. 
bem Veil, oeräußerten 9ted)t ober ^anbelSnermögen im Sinne 
beS V.©.V. § 434, 439. 442, 443 gelten, ba biefe fpaftbarfeit 
beS Veil, nicht als eine auf bem übertragenen ^aitbelSoer* 
mögen beS 5tl. rußenbe iiaft erfdjeint, »ielmeßr unabhängig 
»on biefem Vermögen unb beffen hälftigem Uebergang auf 
ben Veil, bttreß bie Satfacße allein begrünbet morben ift, 
baß er als offener .jpanbeSgefellfcßafter beS SEI. fieß gefüßrt 
unb bie bejüglicß jener beiben ©läubiger mit feinem Seil* 
habet getroffene abmeießettbe Vereinbarung biefen meber mit* 


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298 Gntfdjcibmtgen be§ Dbertaubesgeridjts. 

geteilt, noch öffentlidi befannt gemacht t»ai ; jene .fmftbarfeit 
l)at and) nidjt etwa eine bingliche Söetaftung feines $anbel§* 
oermögen§ ober be§ nont SU. übernommenen 2lntei(§ baran 
herbeigeführt, fonbern feine iß e r f o it ergriffen ($.©.58. 
§ 128) unb bamit fein ganje§ joanbet§= m i e ißrioatoermö= 
gen bem 93otlftrecfung§jugriff jener ©laubiger au§gefe^t; 
aber aud) biefeS (entere Verhältnis fann befanntlicf) nicht 
als pfanbred)tlid)e ober pfanbäl)nlicf)e Verhaftung feines Ver- 
ntögen§ gelten, meil eS an fid) — oor ber roirflid) oerfügten 
ipfäubung ober Vefcfjlagnahme — teine bingliche gegen dritte 
roirfenbe Velaftung meber feines ganjen Vermögens nod) 
eines einjelnen SöeftanbteilS beSfelben barftellt, unb barum 
nidjt ben in § 434 gemeinten „9ied)ten b r i 1 1 e t" beigejcifylt 
roerben fann. 

Urteil beS erften (Sioilfenats oom 27. ^uni 1902 i. S. 

©täfjle g. ©aro. 


35. 

Junt Begriff bcs „nrgliffigen Berfrijnirigens“ eines 
Mangels (H 443 0.6.1?.). 

2>ie Stl. fjaben einen ßaufoertrag, moburcf) fle oon ber 
Vef'ln. ein junt 3Birtfcf)aft§betrieb cingcriditeteS $auS jum 
3merf beS SSirtfdjaftsbetriebS gcfauft l)aben, wegen arg* 
liftiger ütäufchung feitenS ber Vet'lu. angeforiffen, inbent fie 
gcltenb machten: Vetl. habe in betreff ber jwifchen ihrem 
unb bem Vad)bar=.jpauS befinblidjen, 2,90 SRetev breiten ©in* 
fat>rt behauptet, biefe ©infahrt gehöre ganj $u ihrem £iauS, 
währenb fie in SBirflidjfeit nur in ber Breite oon 0,58 Sfteter 
junt |muS ber Vefln. gehört habe, jebenfallS habe ihnen 
Vetl. bie letztere, ihr roohlbefaunte Jatfadje argliftig oev» 
fdjwiegen. $tt Unterer Vejiefjung fagett bie 

© v ü n b e 

beS VerufungsurteilS : 

Von biefer Sadffage (nämlich bafj bie ©infahrt nach 


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A. in ©imlfachen. 


299 


einet tt)v non 2 Jyelbuntergängern gemalten Mitteilung nur 
in ber ^Breite non 58 cm ju ihrem .$auS gehöre) mar 93efl. 
einem Kaufsliebhaber if)ve§ Kaufes Kenntnis ju geben t>er» 
pflidjtet. ‘Senn einerfeitS mufjte ein folcher, menn ihm nichts 
©egenteiligeS gefagt mürbe, annehmen, jene ©infahrt gehöre 
jum ßauS Sir. 87, beffen Zugang fte bitbet (Söefl. fetbft 
fagt ja: biefe Einnahme fei fo felbftoerftänblid) geroefen, baß 
bie Slngabe beS beugen 9J?., er habe gefragt, ob „ber .fpof" 
jum |)auS ber $3eft. gehöre, ganj ungtaubhaft fei), attbercr» 
feitS fonnte aud) bie ’üeftagte nicht im .ßroeifel bariiber fein, 
bafj ein Käufer eine SBirtfcfjaft mit einem berart fchmaten 
Zugang nidjt ober {ebenfalls nicht um ben gleidjen *ßreiS 
faufett mirb, mic menn bie ganje ©infahrt jurn $auS ge* 
hören mürbe ober bod) benütjt roerben bürfte. Söeft. mar 
baher oerpflichtet, bem Kaufsliebhaber, aud) menn er feine 
grage in biefer Siidjtung an fie ftellte, non biefent erheb» 
liehen Mangel beS |>aufeS, ben er nicht ahnen fonnte, Mit» 
teilung ju machen unb menn fie ben Mangel, obroohl fie fid) 
feiner bemüht mar, uerfdjmiegen hat, fo hat fte fid) einer 
argliftigen £äufd)ung beS Käufers fdjutbig gemacht '). .ffieran 
mürbe eS nichts änbern, menn SBefl. an ber 9iid)tigteit bef» 
fen, roaS ihr bie Untergänger 2. unb ®t. gefagt hatten, ge» 
jrceifelt hätte; benn bariiber mar fid) ®ef(. fetbftnerftänblich 
infolge jener Mitteilung flar, bafj ihr Siecht an ber ganjen 
©infahrt jum minbeften fraglich mar, unb baS mufjte fie 
bem Käufer erflären, roobei fte anfügen mochte, fie fdjenfe 
jener Mitteilung ber llntergänger feinen ©tauben. 

Urteil beS erften ©ioilfenatS oont 7. Siooentber 1902 
i. <£. .ßoffmann gegen Slcfermann. 


1) ©ergl. (£ o f a cf : yc^vbucf) beS bürgert. StecfjtS, ©b. I. § 65 I., 
1 c.; ©euffert ©b. 52 9lro- 174; 49 91ro. 149; StegelSberger: 
$anb. ©b. 1. § 146 II.; 2Bürtt. Safjrb. 6 ©. 159; 'fttanef: ©.©.©. 
2Inm. ju § 449 ; Wernburg: bas biirgerl. Stecht, ©b. II., 9lbt. II, 
§ 184 VL, 4 ; ©taub, 9lmu. 124 a. (S. ju § 377 £>.©.©. 


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300 


(Sntfd)eibungen bes Obetlanbeggcricf)ts. 


36. 

1. (Öarantu uni» juglrid) arglijlige Jüitldjung betreffs 
bes ßietruerbraudjs in einer uerkanften JÜirtfdjaft? 

2. ßerednuxng bes Hidjabenserrnkes int iFnU eines bnrdj 
fnirtfje Parfpiegclung aber ben ßierxtrrbrnndj aeritblen 

ßetrngs ? 

s BeEl. bat gegenüber einer unbeftrittenen Jyorberung ber 
Min. eine angeblidje 3cbaben§erfabforberuttg non 3150 SDl. 
aufgeredjnet, iitbem er geltenb machte: Min. b^e ifjm beim 
ißerfauf ihrer SOBirtfrfjaft an itjn erftärt: ber '-Bieruerbraud) 
betrage täglid) 300 Siter, er habe aber trot} guter @efd)äft§= 
f übrung (mofiir iBeroeiS augetreten mürbe) mäbrenb ber 
gan5cn v )$ad)tjeit burd)fd)nittlid) fauni 200 Siter söier täglid) 
uerbraudjt. 2)a3 ergebe — bei einem ©eroinn non 7 ißf. 
am Siter — gegenüber bem jugefagten ©rlö§ einen SRinber* 
erlö§ non täglid) 7 2R., alfo «ou 3150 9R. für bie ganje 
s f3ad)tjeit; mit biefer 3d)abenäerfabforbernng rechne ^Beft. 
gegen bie Magforberung auf. Cfa ben 

©rüuben 

bes> ben iBefl. nad) bem Magantrag uerurteilenben ©rtennt* 
niffeS ift u. a. gejagt: 

s öeH. madjt geltenb: Min. habe ihn argliftiger Söeife 
burd) bemüht unmabre Eingaben über bie £)öbe be§ SBier* 
uerbraud)S in ber in iHebe ftebenben atBirtfcbaft jum 3lbfd)lufj 
be§ i)3ad)tu ertragt beftimmt. aBettn atefl. biefer ^Behauptung 
bie aßenbung gibt, .Ulin. ba&e il)nt einen '-Bieruerbraud) uott 
täglid) burd)fd)nittlid) 300 Siter „jugefagt", „garantiert", fo 
liegt barixt ein gemiffer aSiberfprud) gegenüber beriBebaup* 
tung einer „argliftigen Jäufdpuig": benn hätte Min. ben 
bejeidpieteu '-Bieruerbraud) garantiert b. b- bätte fie erflärt, 
bafür aufEontmen 511 rooüen, baff '4kfl. au§ iBierabfat) min* 
beftenS 300 x 24 s 43f. täglid) einnebme, fo mar '^BeEl. äugen« 
fd)einlid) nid)t gefd)äbigt, roenn er eine fold)e ©innabme in 


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A. in ©iüilfadien. 


301 


Bed)nuug nahm, betnt bie (zahlungsfähige) ftlin. wäre ja 
biesfalls oertragSmäfjig traft ihrer $ufage oerpflicf)tet ge= 
roefen, it)m ben Unterfcf)ieb jmifd)en ber wirtlichen unb ber 
jugefagten Einnahme auS '-Bier zu erfeßen; oon einer arg= 
tiftigen Säufcfjung fönnte biesfalls taum bie Bebe fein. 

SEBollte man aber je ber Klin. eine argliftige £äufd)ung 
beS Befl. über ben bisherigen Bieroerbraud) imb ben fünftig 
in ber äöirtfcfjaft 511 errcartenben jur Saft (egen, fo fünnte 
ber ©djaben beS Befl. feineSwegS fo berechnet werben, wie 
bieS ber Befl. tut. S3efl. oerlangt ©rfaß beS Unterfcf)ieb§ 
an ©eminn, ber fid) bei einem Bieroerbraud) oon 200 Siteru 
täglid) gegenüber einem foldjen oon 300 Sitern täglich er= 
gibt, mit 7 2Jt. für ben iag: eine foldje Berechnung märe 
nur juläffig, roenn &lin. bem Bett, bafür ©arantie geleiftet 
hätte, ba§ er mährenb feines SBirtfrijaftSbetriebS täglich 300 
Siter abfeße unb fomit täglich (im 3>urchfd)nitt) am Bier 
21 9)t. oerbiene. Bon einer folcfjen ©arantiedlebernahme 
ift aber, wie oben 1 ) gezeigt worben ift, feine Bebe. Kommt 
aber bie Hingabe eines täglichen Bieroerbraud)S oon burdj- 
fchnittlich 300 Sitern nur in f 0 fern in Betracht, als fie für 
ben Bett, ein BeftimmungSgrunb bafür gewefen fein foll, 
einen ißad)tjinS in ^pöfje oon 5000 2)t. ju bewilligen, fo 
läßt fid) ber burcf) biefe angebliche falfdje Eingabe beni Bett, 
oerurfadjte ©djaben nur in bet Söeife ermitteln (ober fdjätjein, 
bah feflgeftetlt wirb, wie oiet weniger als 5000 Bl. s $ad)t= 
jinS Befl. mutmahlid) bewilligt hütte, falls ihm ber bisherige 
täglidje Bieroerbraud) w a 1) r h e i t § 9 e m ä h angegeben 
worben wäre. $n biefev Bid)tung hat aber Befl. überhaupt 
feine Behauptung aufgeftellt unb baS ©eridit ift in @rmang= 
lung aller tatfäcf)lid)en HlnhaltSpunfte nid) t in ber Sage, im 
BBeg ber Schälung oon fid) auS ben Bad)tjinS, ben ber 
Befl. bei wahrheitsgemäßer Eingabe beS BieroerbrauchS be= 
willigt (bezw. über ben er fid) bieSfallS mit ber Klin. ge= 
einigt) hätte, unb im itnfdjluh hieran ben ©d)aben feftju= 

1) 3« bem nicht abgebrucfteu Seil ber (Sriinbc. 


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302 


©ntfctjeibungcn beä Dberlanbe§gericf)t§. 


ftellen, ben ber S3efl. etroa jufolge bei - angeblichen fallen 
SRitteilung ber Silin, erlitten haben fönnte. 

Urteil be§ erften ©ioilfenatS oorn 2. 9Jtai 1902 i. <3. 
.^äu^er g. (Schleifer. 


37. 

1. $e|lfl)t cinPertrngsnerhiiltnis jaifrijm einem (miirtt.) 
Po)thölter mtii ben Üttifenben, bte in ben nun ihm laut 
Pertrag mit ber JJalhtermnltnng gehellten Pojtmngen 
befiirbert werben? 

2. Jnr jUnslegnng bes § 833 $M.&. 

Ser S3efl hat burcf) Vertrag mit ber $. ißoftoerroaltung 
bie 2lu§führung ber ^oftmagenf ährten $roifcf)en ©. unb SB. 
übernommen, hiebei liegt bem Sefl. im rcefentlichen bie 
^nftanbhaltung be§ ißoftfuhrroerfS, bie Slnfchaffung unb Lim 
terhaltung ber s fßoftpferbe, bie Slnftellung uttb ©ntlofjnung 
ber ißofiillone ob, roäfjrenb ber ißoftoerroaltung bie (Erhebung 
ber ißerfonen» unb Steifegepäcttajen, welche übrigens bie 
ißoftanftatt nachher bem S3efl. auSjufolgen hat, jufommt, auch 
bie ißoftillone oom Slugenblicf bes Slntritts einer ißoftbienft* 
leiftung an bem Söefehl ber '»ßoftbehörbe unterteilt finb; ber 
53et'l. hat ber SSoftoerroaltung für ben ihr burcf) ^anbluitgen 
ober Untertaffungen ber ißoftiltone unb burd) ©eftellung 
bieftuntüchtiger Siferbe fomie mangelhaften fyuhrroerts unb 
®efd)irr§ entftehenben Schaben ju haften. 

2lm Stbenb beS 21. Sftärj 1900 ift ber mit jroei bem 
Sfeflagten gehörigen 'Bieebcn befpannten unb oon bem burd) 
ben S3et(. angefteüten ißoftillon ft. gelenfte s f3erfonenpoftma= 
gen ber Streife SB.—©, umgeftürjt. .ftiebei mürbe ber S3a= 
ter ber ftl., ber fid) im SBageit befanb, getötet. Sie gegen 
ben Stefl. erhobene SchabenSerfatjflage mürbe u. a. auf § 278 
unb 833 S3.@.S3. geftüt)t. Siefe ftlagegrünbe mürben für 
nidjt ftichhaltig erflärt. 


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A. in (Siüilfacfyen. 


303 


® r ü n b e. 

®aß ber oerftorbene @t. burd) bie Söfuitg beei gaßr* 
frfjeinS für bie 3at)rt »on ®. nad) ©. nicht in ein Vertrags* 
nerf)ältni§ ju bem Veft., fonbern nur in ein foIcfjeS jut ^Sofi= 
nerroattung getreten ift, unb baß baßer eine Haftung be§ 
S8e£t. au§ V.©.V. § 278 nid)t in fonunen fann, hat 

ber Unterrichtet in jutreffenbcnoeife ausgefüßtt. Vefl. t)at fidj 
eben nidft jur Srfüttung einer ißm gegenüber bem @t. ob* 
liegenben 33erbinblicf)£eit be§ ißoftillonS St. bebient; fonbern 
eS I)at fid) bie 'tßoftnerroaltung be§ Vefl. behufs Erfüllung 
ber ißr gegenüber bem <3t. obtiegenben Verpflichtung jur Ve= 
förberung beSfelben non ®. nad) ©. unb ber Vefl. feinerfeitS 
«lieber behufs (Erfüllung feiner ber Voftoerroattung gegen* 
über beftebenben Verpflichtung jur Vernietung be§ SEranS* 
portS be§ Voftiüon§ $. bebient. ®er Vertrag, burd) rael* 
djen Vefl. ber fßoftoerroaltung fid) jur Gcrfüllung ber non 
biefer ben Sfteifenben gegenüber einsugefjenben, bereu Veför* 
berung betreffenben Verpflichtungen oerbinblid) gemacht t)at, 
ift ber fog. gahrteiftungSoertrag. 2öenn e§ in biefem Ver* 
trag heißt, baß ber Veft. fid) oerpfIicf)te, bie ißoftoerbinbungS* 
faßrten auf eigene Vecßnung ju unterhalten unb mittels ber* 
felben .... Sieifenbe . . . . $u befördern, fo märe e§ unrichtig, 
hierin etma eine Vereinbarung baßin ju erbtiden, baß Veft. 
feinerfeitS mit ben Veifenben bie Verträge über beren Vc= 
förberung abjufcßließen habe. Vielmehr ift e§ auch hier — 
gteid)roie in bem $all, mentt bie ^ßoftoevroattung in ihren 
eigenen SBagen, mit ihren eigenen Vfe^en unb burd) bie 
oon ihr angefteltten Voftitlone bie Sieifenbeu beförbert — 
bie V°ft l, ermaltung, roelcße in eigenem Flamen mit ben Vei* 
fenben bie VeförbcrungSoerträge abfdßließt. 3)ieS erßellt 
beutlid) aud) auS ben fonftigen Veftimmungen be§ gaßrlei* 
ftungSuertragS unb ber einen Veftanbteil beSfetben bitbenben 
Voftfußrorbnung. .QüiSbefonbete ift in erfterem bie (Erhebung 
ber Saye non ben Veifenbett (itnb bamit ber älbfcßluß be§ Ve= 
förberungSoertragS) ber V°ftanftalt oorbeßalten, unb nad) 
letzterer fteht ber s J$oftoermattung nidjt bloß im allgemeinen 


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304 


©ntfdjeibungen be§ Cberlanbe§geridf)t§. 


bie Slufficfjt über ben betrieb be§ 5ßoftfuhrbienfte§ ju, fon» 
bern e§ finb fpejieU aud) bie ißoftillone t>on bem Slugenblicf 
an, n>o fie eine ißoftbienftleiftung angetreten haben, unter 
bent ©efet)l ber i)ßoftbet)örben unb ber im 3)ienft befinblidjen 
ißoftbeamten geftellt : oor allem aber fommt burd) bie auf 
bie Haftung be§ s Jtoftful)runternehmer§ bezüglichen 93orfd^rif= 
ten (§ 19 ber ^ßoftfufyrorbnung) flar jum Slusbrud, bah 
bem ißublifum, ben Steifenben gegenüber nicf)t ber ^ßoftfuf)r= 
Unternehmer, fonbern bie 5ßoftoerwaltung für bie Erfüllung 
ber au§ bem ©eförberungSoertrag entftehenbeu 9Serpflid}tun= 
gen haftet unb bah nur Seigerer gegen ben ^ßoftfuf>runter= 
nehmer ein Slnfprud) auf ©d)abto§f)a(tung eingeräumt ift 
iogl. hiejn aud) § 71 3iff- I ber früheren nnirtt. ?ßoft=- 
orbnung uoni 27. .^uni 1892, bejrn. § 70 $iff I ber neuen 
nnirtt. s f3oftorbnung nom 21. SRai 1900, roo — ohne Un= 
terfd)eibung jroifchen ben oon ber ‘ißoftüerwaltung unmittel» 
bar unb ben burd) 'ßoftfuhrunternehmer angeführten ißoft» 
magenfahrten bie burd) bie Sinnahme be§ Steifenben ein» 
gegangene 58erbinblid){'eit jur ©eförberung als ber 5ßoftan= 
ftalt obtiegenb bezeichnet roirb). 

Slud) bem SSerfud) ber Sl., ihren Slnfprud) auf ©.@.$3. 
§ 833 ju ftü^en, muhte ber (Srfolg oerfagt werben. 

Stad) ber ^Behauptung ber St., folt ber Umfturj best 
5ßoftwagen§ baburd) oerurfacht roorben fein, bah ^ßoftillon 
fl. nirf)t auf bie ißferbe geachtet höbe unb bah biefe infolge 
hieoon auf einen an ber Unten ©eite ber Straffe befinblicfjen 
Raufen 5Befd)otterung8fteine hinaufgelaufen feien. 

SBenit nun aud) eine Haftung be§ ©efl. au§ § 833 nicht 
fd)on besfptlb au§gefd)toffen erfd)eint, weit tiad) 834 be§ 
58.©.©. ber ißoftillon S., welcher oom ©efl. zweifellos! bie 
Rührung ber Sluffidjt über bie ißferbe währenb ber ^ährten 
burd) feinen ainftellungSoertrag übernommen hatte, oerant» 
wörtlich ift 1 ), fo ift bod) — wie ber Unterrichtet - mit 3ted)t 

1) %l. bieju SB.©.*. § 840; «ß I an cf, 93.©.®. »em. 2 c ju §833 
unb üöetn. 1 ju § 840 ; a. 91t. @ n b e m a n n , Siebrbud) be§ bürgert. 
:Ked)tö § 202 ‘Jtote 10. 


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A. in ßioilfacfien. 


305 


heroorbebt — § 833 auf ben gegentocirtigeti 3M auS bem 
©runbe unamoenbbar, roeil nicf)t anjunehnicn ift, bafj St., 
fall« überhaupt fein Job auf ben Umfturj beS ißoftroagenS 
juriidfjufütjren fein füllte, burd) bie 5J3ferbe beS ©eil. ge= 
tötet toorben ift. 3roar finb bei 3ugtunbelegung ber tt<ige= 
rifcfjen JarfteUung beS SorfaUS bie 'Bewegungen beS ftuhr= 
roerfS, welche unmittelbar beffen Umfturj nach fid) gejogen 
haben, als oon ben ^ferben beS Bell. auSgegangeu anju= 
fefien. Mein § 833 fetjt eine fetbftänbige, loitlfürlidjc Jci= 
tigfeit beS JierS woraus. JieS trifft aber bei einem Jier, 
infolange eS nur ber Rührung eines SJtenfdjen folgt unb fo= 
weit eS bjtebei Schaben anftiftet, nicht ju ; oielntebr ift baS 
Jier in biefer Beit unb inforoeit lebigüd) SBerfjeug feines 
^üfjrerS, unb ber auf bie 3t rt unb SBeife ber Senfung beS 
JierS jurücfjuführenbe Schaben ift nid)t burd) baS J i er , 
fonbertt eben burd) ben fführer oerurfadjt ’). Sollten nun 
auch, roie bie Sit behaupten, in norliegenbem galt bie ißferbe, 
meil ber ißoftillon 51. nid)t auf fic gead)tet habe, auf ben 
Steinhaufen l)i»flufgelaufen fein, fo hoben fid) bod) bie Jiere 
fortbauernb im Bereich ber Rührung unb Seitung beS s }!o= 
ftillonS befunben, unb ber Umfturj beS SöagenS märe bat)er 
felbft nad) ber fläg. Sd)ilberung eben nur burcb bie nad)= 
läfftge Setifung ber Bferbe feitenS beS ißoftillonS hctbeige» 
führt roorben. 

Broifchenurteil beS jweiten BiuilfenatS oom 19. ^uni 

1902 i. S. Sted g. Bulling. 


38. 

Jlnr Unslegnng bes § 836 &.($>.$■ 

Jet lebige ^abrifarbeiter 9t. oon 9t. ift am 10. 2lu= 
guft 1901 in ber bem Belln. gehörigen Sdjeuer unb jwar 

11 SSflI. @ntfct). bei iHetcfjSger. oom 10. Februar 1902 in Q-uv. 
5®od)enfrf)r. ©. 205. 


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306 


(£ntfd)eibungen beg Oberlanbeggericf)t§. 


in bem ©cheuernteit , ben ber Bell. an ben Sluefdjeller 
oon 9t. vermietet batte, baburd) »erunglütft, bafj ein 93rett 
beS ©djeuerbobettS, auf welches er bet beu Slrbeit beS ©arbew 
auftaben§ auftrat, beim Stuftreten mit ihm burdjbrad), wor= 
auf er burd) bie entftanbene Oeffuung im Boben f)inburd) s 
ftürjte uttb infolge beS ©turjeS ben Job erlitt, ©in um 
et)elid)er ©ot)n beS Berunglürften bat gegen ben Bell. als 
ben ©igenbefitjer ber Scheuer Klage auf ©rfat) beS ibm burd) 
ben Job beS 91. jugegatigenen uttb f'ünftig $ugel)ettben ©d)a= 
bettS erhoben unb biefen Slnfprud) auf 5; 836 B.©.B. geftü^t. 
Jie Klage ift im BerufungSoerfaf)ren abgeroiefen roorben. 

© r ü n b e : 

J)er § 836 beS B.©.B.’S macht ben ©igenbefitjer eines 
©ebättbeS für ©d)abett haftbar, welcher entftanbeu ift burd) 
ben ©infturj eitteS ©ebättbeS ober burd) bie Slblöfung oott 
Jeilen beS ©ebäubeS, mentt bie objeftio fehlerhafte Befchaffetn 
beit besfelben ben ©infturj ober bie Slblöfung urfäcblid) her- 
beigeführt bat- ^ur Begrünbuttg ber Klage bebarf es nid)t 
beS 9tacf)meifeS eines BerfdjulbettS beS Befl., foitbern allein 
beS im ©efet) feftgefebten objeftioen ©adjoerhalts. 

Jiefcr ©acboerbalt ift hier gegeben.. 

J)aS Brett, beffett Jurd)bred)en ben ©turj unb bamit 
ben Job beS 9t. oerurfad)t hat, bilbet in ber ,3ufammen= 
fe^ung mit anbertt auf Cuerbalfett aufgelegten unb feft an 
einanber gefügten Brettern ben oberen Boben ber ©djeuer, 
foitiit einen Jeil beS ©chcuergebäitbeS. Jaburd), bafj baS 
'Brett burd)gebrod)eti ift, bat fid) ein Jeil beS BobettS auS 
feinem ^ufammenbattg abgelöft, unb eS hat eben bie 31b> 
lüfung beS BobenteilS baS lltiglüd oerurfadjt. 

J)ie Urfadje beS Jurd)bred)enS beS Bretts mar — roie 
auf ©runb be§ SlugenfdjeittS uttb ber gutachtlichen 2tcu§e= 
rnngett ber beibett ©acboerftänbigeit feftgeftellt werben fann 
— ba§ 3 u famtiienwirfett ber fehlerhaften Befd)affenbeit beS 
gebrod)enett BrctteS unb ber fehlerhaften Slttlagc beS BobettS 
in feiner gufammenfügung. ©itttttal war ttad) bem auf ben 
Slugenfcheiti geftüt)ten Befuttb ber ©arijuerftänbigen baS ge= 


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A. in (Siüilfacfjen. 


307 


brodjene SJrett wie ber ganze umgebenbe Sielag burcf) SBurtw 
frafi jerrilttet. ©obattn ftellt bcr ©adjoerftänbige SB. all 
einen SJtangel bei SBobenl feft, baf? bie Sketter auf bem 
©tofj ungleidjmähig aufgelegt waren unb zwar fo, baff bie 
Üluflage ber Siobenbretter auf ber ©eite ber Surcf)brud)ftelle 
bal ju geringe äftafj oon 5—6 cm hatte. Ser erftere ÜJlangel, 
beffett fd)äblicf)e SBitfung mit ber .ßeit fortfehreitet, erforbert 
bie rechtzeitige (Erneuerung ber fdjabbaft geroorbeneti S3retter, 
unb el gehört zur orbnunglntä|igen Unterhaltung bei ©e= 
bäubel, baff für rechtzeitige (Entfernung ober (Erfetjung ber 
frf)abhaft geworbenen Seile geforgt roirb. (Ebenfo mag mit 
bem Unterrichter angenommen werben, baff bie bejcidjnete 
unrichtige Sluflage ber S3rctter auf bem Stoff all ein gehler 
in ber (Errichtung bei ©ebäubel ftd) barftellt, wäljrenb 
bie Unterlaffung ber (Erneuerung rourmftid)iger Seite all 
eine mangelhafte Unterhaltung bei ©ebäubel ju be= 
zeichnen ift. 

Ser Surchbrud) wäre nun allerbingl — wie gleidjfatll 
nad) bem ©utad)ten bei ©adperftänbigen SB. feftgcftellt wer= 
ben barf — nid)t erfolgt, wenn nicht ber Sferunglücfte mit 
feinem ganzen Körpergewicht auf bal Skett ftarf aufgefprungen 
wäre. Sal Sluffpringen war fonad) bie mitwirfenbe Urfache 
an bem llnglürf. Siefel Sluffpringen ift aber feine außer» 
gewöhnliche äufjere (Einwirfung, fonbern fällt in ben Bereich 
ber gewöhntidjen, orbnunglntäfjigen Sknüßung bei ©ebäubel, 
wie fie bie Slrbeit in ber ©d)euer mit fid) bringt. Sal ©efetj 
«erlangt aber nicht, bah bie objeftio fehlerhafte S3efd)affen= 
heit bei ©ebäubel bie alleinige Urfadje bei ©djabenl 
ift; el genügt, wenn fie all Urfache mitgewirft hat. 

Ser SJefl. haftet hienad) für ben entftanbenen ©djabeu 
all (Eigenbefißer ber ©djeuer bil jum Stad)weil feinel 9lid)t= 
oerfchulbenl; er wirb oon ber Haftung frei, wenn er beweift, 
„bah et bie im SJerfehr erforberliche Sorgfalt junt 3wecf 
ber Slbwenbung ber ©efahr beobachtet hat". 

Siefer S3eweil ift oon bem S3efl. erbradjt. 

Sie all Urfache bei Surdjbredjenl feftgeftellten SJiängel 

^fl^rbilcffer bei* Sürttemberg. DtcdjtSvflege. XV. 3. 21 


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308 


©ntfdjeibuttßen bcS Dberlonbesgericfjts. 


— S33urmftidf)igfeit unb fetjfertjafte Auflage am ©tof? — finb 
SJtängel, roelche nicfjt offen baliegen nnb ei ift, mie ber ©ad)= 
oerftänbige SB. fagt, für beit 9tid)tfad)Derftänbigen nid)t leicht, 
berartige SJtängel aufjubecfen. Stuf ber Oberfläche bei 93o= 
beni täfjt fid) nid)t fehen, mie meit bie Streiter am ©toh 
auf beit Sragbatfen aufliegen; unb ei ift einteucf)tenb, bah 
ber Stichtbauoerftäubige ohne befonberen 9lnlah nidjt auf 
ben ©ebanfen tommen roirb, ben Stoben barauf ju unter» 
fudjett, ob bie SJretter am ©tofj ridjtig auftiegen. 2lud) hot 
ber Sieflagte mit Stecht barauf Ipnfletoiefen, bah bte @mt= 
betfutig biefei Qehleri »on bem 9tichtfad)oerftänbigen um fo 
roeniger ju erroarten ift, ali tatfädjlid) auch ber uont @erid)t 
beigejogene ©adjoerftänbige St. an biefeu Qehler nid)t gebadjt 
unb ihn nidjt mahrgenommen h<*t. Siejüglid) ber SButm» 
ftidjigfeit ift ber ©achoerftänbige S?. ber 2lnfid)t, bah bie 
oorhanbenen >Kefte bei gebrochenen Strettei nid)t ben ©d)luh 
ju taffen, bah ber ©djeuereigentümer hätte Sterbad)t fdjöpfeu 
muffen, meit bie SBurmftidje an ber Oberfläche menig ficht» 
bar finb ; audi betont er, bah bie S3urmfticf)igfeit ooit unten 
her bei ber hohen Sage bei Stobeni nicht ju erfennen mar. 
®er ©achoerftänbige SB. nimmt ali feftftehenb an, bah ber 
Stoben bei ber ®urd)brud)ftette mit mehr ober roeniger burd) 
SBurmfraf} jerrütteteu Strettern betegt mar; er fpridjt fid) 
aber trot}bem babin aui, ei fei für ben Stefitjer ober Pächter 
ber 3d)euer auherorbentüd) erfchroert geroefen, bie fd)abl)aften 
©teilen am Stobenbelag ju entbecfen, meit bie rourntftichigen 
©teilen bei ber bcträdjtlidjen |)i!>h e bei Stobeni über ber Zenite 
ooit unten her nicht gefeljen merben tonnten, bie Oberfläche 
aber burd) ©taub unb Stbfälte oon $eu, Oetjmb unb ©troh 
bebedt gemefeit fei, überbiei ber bid)tc Stetag bei Stretterbo» 
beni ein ©rfennen murmftichiger ©teilen beeinträchtigt habe. 
Qm übrigen ertlärt ber ©achoerftänbige SB., ei fei ber Sto» 
ben, fo mie er fid) äuherlicf) barfteüt, im allgemeinen roobl 
erhalten, unb namentlich ber Sielag bid)t unb pünftlid) ge» 
mefen. 

^öei biefer ©ad)lage erscheint bie Stehauptung bei Ste» 


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A. in Gipüfadjen. 


309 


flagten, bap er jur be§ UnglüdSfaltS oon bent Bor* 
panbenfein ber beibett SRängel — ber SEBurmfticpigfeit unb 
bet fehlerhaften 2luflage — feine S?enntni§ gehabt pabe, 
bnrcpau§ glaubhaft. ©benfo oerbient auch bie Behauptung 
be§ Beflagten an fiep oollen ©tauben, bap er nid)t gennipt 
habe, bap bie Besoffenheit be§ Boben§ 2tnlap jut Befürcp* 
tung gebe, e§ feien uerborgene SRängel uorpanben. 

SEBenn ber ©igentümer eine§ ©cpeuergebäube§ bie ©cpeuer 
ober Seile berfelbeit an Sritte oermietet, fo ift e§ im Ber* 
lehr üblid), bap er bie Üiäume oor ber Ueberlaffung ber* 
felben an ben SRieter mit biefern befuhtigt unb fich überzeugt, 
bap ba§ ©ebäube fo befdjaffen ift, bap e§ ohne ©efahr bem 
beftimmung§gemäpen ©ebraucp bur«h ben 9Rieter übergeben 
roerben fann. Sagegen fann e§ nicht al§ üblich bejeicpnet 
toerben, bie Befidjtigung mähvenb ber SRietjeit ohne befott* 
bereit 9lnlap ju mieberholen, jebenfall§ bann nicht, roettn bie 
9lrt ber Benützung be§ ©ebäubeS eine gefahrbrittgenbe Ber* 
änberung ber ©ebäubeteile nicht erroarten täpt, roie bie§ bei 
ber Bermietung einer Scheuer jur 9lufberoahrung lanbroirt* 
fdjaftlicper ©rjeugniffe jutrifft, aud) bie 2Riete nicht fo lange 
bauert, bap fdjon ber .ßeitablauf eine |o!rf)e Beränberung 
am ©ebäube nach tegelmäpigem Bertauf mit fich bringt, 
©ine foldje roieberholte Beficptigung ift au«h itid)t erforber* 
tief) ; benit ber Bermieter barf fich barauf oerlaffen, bap ipm 
ber SRieter fepon im eigenen Qntereffe ooti bem Bemerft* 
roerben einer ©d)abpaftigfeit am ©ebäube Kenntnis geben 
rcirb, jumat ber SRieter burep ben fortbauernben ©ebraucp 
ber ©aepe in ben ©tanb gefept ift, bie ©cpäben redjtjeitig 
ju erfennen, foroeit bie ©ntbeefung für ben -Ricptfacpoerftän* 
bigen möglidj ift. 

Stacp bem 3eugni§ be§ 9Rieter§ 21. ftept feft, bap ber 
Befl. ttaep ber Bermietung an 21. mit biefern ben oermieteten 
©«heuernteil, in§befonbere auep bie burcpbrodjetie ©teile, be* 
fid)tigt pat, opne bap einer oon ipnett eine fdjabpafte ©teile 
gefunbett pätte. 2ln ber SBaprpeit biefer 2lu§fage ju sroei* 
fein, liegt fein ©runb oor. Üfidjt erroiefen ift, bap bie oor* 

21 * 


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310 ©ntfdjeibungen be§ Dberlcmbe§gerid)t§. 

genommene Veficf)tigung eine berart eingetjenbe unb grütib* 
licf)e mar, roie fie notmenbig mar, um bie etma ootfyanbenen 
SDiängel ju entbecEen. -jpieju f)ätte nad) ber Sleufjerung beS 
©acfjoerftänbigen gehört, bajj ber Vefidjtigenbe, nötigem 
falls unter Zuhilfenahme einer Sampe, burd) Vefidjtigen, 
®ef)en unb treten bie Vobenbretter fonbierte; ber Veft. hätte 
bann meiter, menn er bei biefer Veficfjtigung etroa§ Verbäd)* 
tigeS bemerft hätte, einen ©adjoerftänbigen beijietjen müffen, 
ber etma unter 9lnroenbung fd)atfer Qnftrumente bie Vfängel 
hätte feftftellen fönnen. $er ©adjoerftäubige Ä. bemertt 
hieju, eine foldje genaue Unterfud)ung ber Vöben märe jroar 
bei einer Veuoermietung feinet @rad)ten3 am sßtat), gefcfjehe 
aber in ber Siegel nicht. <3ie ift aud) in 9BirHid)leit, roie 
baS VerufitngSgeridjt unter Söürbiguttg ber Verfjältniffe feft= 
geftellt bat, im Verfehl' nid)t iiblid) unb nidjt erforberlicf) ; 
jebenfallS bann nidjt, roentt, roie t)i er ber «fall roar, ber 
äufjere $uftanb beS ©cfjeuerbobenS ficf) als im allgemeinen 
roo^l erhalten gezeigt h a t- normale 93erfet>r o erlangt 
nur biejenige Sorgfalt, roeldje im richtigen Verhältnis ju 
bem ju erteichenben Zroed: fleht : eS roürbe aber einen um 
oerhältniSmäfjigen Slufroanb an 2Jlüf)e unb Zeit etforbern, 
baS ©ebäube in allen feinen teilen (ba bocf) bie Unterfud)ung 
nicht auf eittjelne ©ebäubeteile befdjränft roerben fönnte) in 
ber SEßeife grünblich ä u unterfuchen, roie bieS ber ©ad)oer= 
ftänbige im Sluge h a t ; aud) roäre eS für bie Sieget jroecfloS, 
ein äußerlich rool)l erhaltenes ©ebäube in fotcher Söeife ju 
burchfudjen. SBenn bei ber ©ebäubebeftd)tigung ber ©igem 
tümer fid) barauf befdjränft, burd) bie Väunie ju gehen ober 
Umfchau ju hatten, ob äußerlich feine ©d)äben erfennbar 
finb, fo erfüllt er baS, roaS ber normale Verfeljr oon ihm 
als bem ©igentümer unb Vermieter eines ©ebäubeS unter 
ben uorliegenbeti Verhältniffen erforbert. @S ift nicht bloff 
eine im tatfäd)licf)en Verfehl - eingeriffene Slachläffigfeit unb 
Unfitte, roenn er eine grünblidjere llnterfud)ung aller ein= 
jetnen ©ebäubeteilc unterläßt, auch nicht oon uornherein 
einen Vauoerftäubigen beijieljt. 


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A. in ©ioilfadjen. 


311 


Silit ber ©eficbtigung bet Scheuet oor bet Uebergabe 
an ben Spielet 31. bat ber ©eflagte ben btenacb an i£>n ju 
ftellenben 3(nforberungen an (Sorgfalt genügt, narfjbem tt>m 
ber allgemeine 3 u ftanb ber ®d)euer eine SBeranlaffung jur 
eingebenben ©eficbtigung unb Unterfudbung einzelner Seile 
nid)t gegeben batte, ebenfo roenig baju, oon oornberein einen 
©auoerftänbigen beijujieben. 

Senn e§ mar, mie ber Sadjoerftänbige 28. beroorbebt, 
bie allgemeine ©efcbaffenbeit be§ ScbeuerbobettS in Orbnung 
unb ber 2Burmfraf} nur auS befoitberen ©rünbett — bidfter 
Slbfcblufj be§ ©obenS, nid)t genitgenbeS 2lu§trodfnen ber 
©obenbretter »or bent ©erlegen — ju er£)eblid;er 3lu§beb= 
nung gelangt; Umftänbe, melcbe bent ©efl. entgehen tonnten, 
ohne bafj ibm barum ein SD^angel an Sorgfalt jur Saft ge* 
legt merbett fantt. 

gur ©ornabme einer grünblidjen Unterfudbung unb jur 
©eijiebung eines ©auoerftänbigen batte ber ©efl. um fo roc= 
niger Slnla^, als aud) bie jäbrlicb jmeimal ftattfinbenbe be= 
börblidje geuerfd)au, ju beren Slufgabe eS gehört, auf aTfängel 
ber ©ebäube su ad)ten, rceldje bie ©efunbbeit ober Sicher» 
beit gefäbrben (ft. ©.O. oont 21. Sej. 1876 §§ 35 u. 41) 
nicht in ber Sage mar, bie SRängel ju entbecfen. 

|)ienadb ftef>t feft, bafj ber ©eflagte biejettige Sorgfalt 
aufgemenbet bat, melcbe oon ibm als bem nicht baitoerftän» 
bigen ©igentümer unb ©ermieter ber Scheuer nad) ber 2lti= 
fcbauuttg beS ©erfebrs erforbert merben mufj, um bie ©efabr 
eines ©rudjeS oon Seilen beS ScbeuergebäubeS abjuroenbeit. 

Samit mirb er oon ber ihm burd) § 836 beS ©.©.©.’S 
auferlegten @rfabpflid)t befreit. 

Urteil beS 1. ©ioilfenats ootn 21. Oftober 1903 i. S. 

Herbert gegen ©utbe. 


39. 

Ju § 1 mtö 13 bes ©rfdies ?ttr Hekämijfung bes mtlnu* 
Inen JUfttkemerbs unb § 37 Jlbf. 2 §.©.$. 

Sie beflagte tfirma bat feit Sluguft 1901 ihre in 3«= 


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312 (Sntfcfjeibuugen bei Dberlanbelgeridjtl. 

tungen unb Fettstiften erfdjeittenben ©efcbäftlanfünbigungen 
mit bev Unterzeichnung: „I. Oulberfauerfrautfabrif $. $1. in 
33.“ ober „|j. 33. I. Jitberfauerfrautfabrif 93." »eröff entlieht. 

S5ie fläg. 3?irma bat nun mit ber Stage »erlangt: 

1. baf? bie 33ef(agte ben ©ebraucb bei Fufatjeä „erfte“ 
in Fiff ct über 33ucbftaben ju ihrer Jyirma „g-i[berfauert'raut= 
fabrif“ ju untertaffen fjabe, 

2. bafj fie in öffentticf)en 33efanntmad)ungen unb aJtit- 
teitungen, roetcbe für einen größeren Sreil oon ^erfonen 
beftimmt finb, bie unrichtige Eingabe, fie fei bie „erfte“ 3St* 
berfauerfrautfabrit ju untertaffen habe. 

$en 2tnfprud) ju 1 bat bie Slägerin auf § 37 2 bei 
■jp.©.33. , benfenigen ju 2 auf § 1 2lbf. 1 bei äöettbeiuerb= 
gefeßel geftüßt, zugleich bat fie 33eröffenttid)unglbefugnil ge= 
ntäfj § 13 bei gen. ©efcßel »erlangt. 

2)al 33erufuuglurteit bat betn jioeiten Slagantrag ent= 
fprodjen, im übrigen aber bie Stage abgetoiefen. 

kul ben 

© r ü n b e n : 

3Benn bie 33ejeid)nung bei ©efdjäftl ber 33eftagten all 
„I. Sauerfrautfabrif“ im Sinne einer Feitbeftimmung, b. b- 
in bem Sinne, baß balfetbe bal ältefte ©efebäft, bie 
ä 1 1 e ft e fabrif ber Brandje fei, ju »erfteben ift, fo enthält 
fie einer Angabe tatfädjlidjer 2t rt über gefd)äfttid)e Berbält* 
niffe. Sie ift aud) unter ben gegebenen Umftänben geeignet, 
ben 2lnfd)ein eine! befonberl giinftigen 2lngebotl ju er» 
meefen, befonberl belbalb , roeit el fid) um bie ©efdjäfte 
eine! burd) bie £>ertlid)feit befdjränften Fnbuftriejroeigl, bie 
3Scri»ertung bei Sauerfrauterjeugniffel ber $ i l b e r gegeitb 
banbeit, luetcfje binfidjttid) ber ©iite bei ©rjeugniffe! einen 
anerkannten 9iuf in ben Steifen ber Sonfumenten genießt. 
Bei ber Beurteilung ber Seiftunglfäbigfeit bei ©efcbäftl, ber 
©üte ber SSace fpiett fomobl bie 2lrt ber Herstellung ber 
2Bare, all aud) ber Bejuglort eine i»efent(id)e Üiolte, ba bie 
©üte bei ijSrobuft! mefenttid) »on ber Bobenbefcbaffenbeit 
unb fonftigen mit ber örtlidjen Sage in F u faniment)ang 


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A. in (Sioüfacßen. 


313 


fteßenben Söerßättniffen beeinflußt ift. $a§ $auf§publifunt 
mirb mit Siecßt anneßmen, baß bie ältere, früßer in 2ätig= 
feit getretene Jabrif eßer at§ bie jüngere in ber Sage mar, 
ficß bie beffere örtticße 33e$ug§quetle ju ficßern unb bie nö= 
tigen ©rfaßruttgeti in ber 2lu3roaßl be§ s ^robuft§ unb in 
ber .frerftellung ber Sßare ju fammeln. Sie§ uni fo nteßr, al§ 
ber in Jrage fteßenbe Jnhuftriejmeig , fomeit e§ ficß um 
fabrifmäßige |jerftetlung ßanbelt, oerßättni§mäßig jüngeren 
®atuin§ ift. 

Sie 33ef tagte beftreitet, baß bie oon ißr geroäßtte 33e= 
jeicßnutig in biefem jeitticßen ©inne gemeint fei unb uont 
s f3ubtifum aufgefaßt roerbe ; fie will mit ber 33ejeicßnung nur 
ißre gefd)äfttid)en Seiftungen at§ befonber§ ßeroorragenb, 
erftt'taffig barfteüen. Siefe 2luffaffutig fonnte nicßt für ju= 
treffenb eracßtet merben. 

©ntfdjeibenb ift nicßt ber ©inn, ben ber 2tnfünbigetibe, 
bie Söeftagte, ben SBorten beitegt, fotibern ißre objeftioe 33e= 
beutung, metcße burd) bie 2lu§Iegung ber SBorte uom ©tanb= 
punft beteiligen au§, an ben fie gericßtet finb, atfo be§ 
faufenben ^ubtifumS, gefunben merben muß. 

Um bie tatfäcßlicß im ^ubtifum ßerrfcßenbe 2luffaffung 
ju ermitteln, ift es nicßt oßne äöert, bie 3tnficßt ber Jnter» 
effenten feftjuftetten , metcße at§ ^onfurrenten ber beftagten 
Jirma in bemfetben ®efcßäft§p>eig in 33etracßt fomtnen, fo= 
fern oon ißnen oorau§gefeßt merben barf, baß fie mit ben 
Slnfcßauungen bed ißublifum§ oorjugSroeife befannt unb oer* 
traut finb. Qn biefer .jpinficßt ßat bie 33emei3aufnaßme fot= 
genbeä ergeben : Slußer ben Parteien befteßen in ben Jilber= 
orten nod) brei mcitere ©efcßäfte, bie fid) al§ ©auerfraut= 
fabrifen bejeidpien, ©t. in @. , 3B. in 35., $. in unb 
beftanb früßer bas jeßt eingegangene ©efd)äft oon ©cß. in 
33. 3ttte biefe ßabeti ficß „erfte" Jabrif genannt, bie beiben 
erften, fotange fie ißre ©efcßäfte at§ ©efeltfcßaft oereinigt 
ßatten. ©cß. glaubt ficß ßie^u berechtigt, meit fein ®efd)äft 
ber Seit tiacß ba§ ättefte gemefett fei. Sie anbertt fonnten 
bie§ für ißre ©efcßäfte nicßt in 2(nfprud) neßmen, meit fie 


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314 


föntfdjeibungen be3 DberlanbeSgerid)tg. 


in 9Birftid)feit nic^t bie ätteften waren. Sie wollten mit 
ber ^öejeid)nung „erfte" überhaupt feinen Sinn oerbunben, 
fid) feine ©ebanfen gemacht haben, wa§ fie bebeute. SlUein 
fowoljl St. unb SB. al§ $>. haben fid) bem ißroteft ber Klä* 
gerin, bie if)nen ba3 9ied)t ju ber ^Bezeichnung beftritt, weil 
fie felbft bie ältefte Jabrif fei, bie anbern fid) be§balb 
nicfjt at§ bie erfte Jabrif bezeichnen bürfen, gefügt unb 
ba§ SBort „erfte" nur nod) in bem 3ufammenl)ang „erfte 
©.er Jabrif", „erfte SJt.et Jabrif" gebraud)t. Sie haben ba= 
mit anerfannt, bafj bie ^Bezeichnung „erfte" allerbing§ im 
Sinne ber „ä 1 1 e ft e n" Jabrif oerftanben werben fanti. 
©nblid) hat nod) ber Jnhaber einer Sauerfrauthanblung in 
£., 9t., fid) al§ 3euge bahin geäußert, er habe bie Slnnon» 
cierung ber Klägerin, fie fei bie e r ft e Jabrif im Sinne ber 
ä 1 1 e ft e it Jabrif aufgefafjt. ®arau§ geht hemor, baf) bie 
©efcf)äft§fonfurrenten allerbing§ bie öejeidjnung „erfte" im 
Sinne ber Klägerin »erftehen unb fid) bemujjt finb, baff auch 
ba§ übrige ißublifum biefen Sinn bem SBorte unterlegt. 

®iefer 3luffaffung fteht aud) bie gewöhnliche SEBortbe» 
beutung nicht entgegen. SBot)t wirb ba§ SBort „erfte“ and) 
gebraucht, um bie Qualität be§ ©efcf)äft 0 ober ber SBare 
al§ befonber§ h^aa^agenb , erftflaffig h^njorjuheben. 3)a* 
neben aber bebeutet ba§ SBort jweifeHo§ auch, baff ba§ ©e» 
fchäft fid) al§ ba§ erftgegrünbete, ba§ ältefte funbgeben will. 
3)a§ ißublifum wirb benn auch bie ^Bezeichnung im einen 
wie im anbern Sinne oerftehen. 

dagegen läfjt fid) mit 9ted)t aud) nicfjt anführen, bajj 
bie Klägerin felbft bem Söort „erfte" eine aitbere ®ebeutung 
beigelegt habe, inbent fie fid) „erfte unb ältefte" Jabrif ge» 
heiffen habe, um funbzugeben, baff fie bie ältefte wie aud) 
bie befte Jabrif fei. ©erabe im 9ieflamewefen ift e§ üblich, 
benfelben ^Begriff mit mehreren, gleid)bebeutenben SOBorten 
au§jubriiden. Unb baff auch *»a§ ißublifum bie 3ufammen = 
ftellung ber beiben SBorte oor allem al§ eine 93erftärtüng 
ber ^Behauptung, bie ältefte Jabrif 511 fein, auffaffen wirb. 
Zeigt bie 9leujjerung be§ $eugen 9t., er faffe bie 9lu§brucf§= 


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A. in (Siuitfadjen. 315 

roeife bcv Klägerin als bic 9Serftcf)erung auf, bafj fie bie 
ältefte (fabvif fei. 

@S läfjt fid) aud) nicht jugeben , baß bie 5ßerf)ältniffe 
fo liegen, bafj baS ißublifum bie Mtünbigung ber Veftag= 
teu nid)t im jeitlidjen Sinne, foitbern nur in bent einer 
GualitätSbeäeidjnung nerftetjen fann unb roirb. 9ficf)t mit 
Unrecht roeift bie Klägerin barauf hin, bafj ber fabrifationS* 
mäßige Vetrieb ber fperfteUung uon Sauerfraut, jebenfatlS 
in ber gilbergegenb, nur wenige Qa^rje^nte alt fei. ©erabe 
beShalb wirb bas faufenbe ißublifum SBert barauf legen, 
ob eine gabrif fdion länger beftet)t, unb roirb barum um fo 
mehr geneigt fein, eine hierauf bejüglidje Ve$eid)nung im 
Sinne einer .3eitbeftimmung auf juf affen. 

$aS ßanbgeridjt Ijat angenommen, baff in betn ©e= 
fdjäftSjroeig ber Sauerfrautfabrifation eine geroiffe aÜge= 
meine Hebung beftef)t, fid) bie Vejeichnung „er fte gabrif" 
beijulegen; unb eS tonnte ja rootjl hieraus ber Sdjlufj ge= 
jogen roerben, bafj bie SluSbrucfSroeife in ber $olge itjre ur= 
fprüngliche Vebeutung oertoren tjat unb nad) ber bermali* 
gen Hebung nur bie Vebeutung einer allgemeinen GualitätS= 
bejeicbnung angenommen hat. Mein für biefe Einnahme 
fehlt bod) bie genügenbe tatfäd)(id)e Unterlage. (3)ieS roirb 
näher auSgeführt unb bann fortgefahren:) ®ie oon ber $?lä= 
geriu im Mfchluf) an bie UntertaffungSflage beantragte 
fpredjung ber Veröffentlichungsbefugnis ftefjt im ©rmeffen - 
beS ®erid)tS (§ 13 beS SBettberoerbgefetjeS). Sie ift unter 
ben gegebenen Umftänben nidjt geboten. ©S fann nicht an* 
genommen roerben, bafj eine erhebliche Sdjäbigung ber $lä= 
gerin ober überhaupt eine roefentlidj in§ ®eroid)t fallenbe 
^Beeinträchtigung ihrer ^ntereffen als golge ber unerlaubten 
■jßublifationen ber Veflagten jetjt nod) fortroirft, fo bafj bie 
2lufhebuitg biefer SBirfung burch bie Veröffentlichung be§ 
obfiegenben Urteils augejeigt erfcheineti fönnte. MbererfeitS 
roürbe üorauSfid)tlid) bie beantragte Veröffentlichung beS Ur= 
teils mehr eine Sdjäbigung beS erlaubten ©efcfjäftSbetriebS 
ber Veflagten herbeiführen , als ben $roecf beS gefehlten 


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316 @ntfd)eibungen beä Oberlanbesgericfjts. 

93erbot§ be§ ©ettbemerbgefetjeä erfüllen. ©§ mar bafjev bie 
3urücfmeifung be§ 2lntrag§ ber Klägerin begrünbet. 

Sie Klägerin t)at meiter auf Itnterlaffung be§ ©ebraud)§ 
bev ftirma mit bem gerügten Seifat) „I." ju $ilberfauer* 
frautfabrif gef lagt, aud) ohne baff bev ©ebraucf) in öffent* 
liefen 9lnfünbtgungen , roie fie § 1 2lbf. 1 be§ SB.©, oor* 
au§fet)t, erfolgt, inbem fie fid) auf bie gefet)tid)e 23eftimmung 
be§ § 37 2lbf. 2 be§ .£>.©.®. berufen f)at. ^jnforoeit fonnte 
bie Stage — in Uebereinftimmung mit bem £anbgerid)t — 
nid)t für begrünbet erfannt roerben. ©enn ber söeifat) nad) 
§ 18 ä be§ ^».©.58. oerboten ift, fo ftefjt bie ©ntfdjeibuug 
nad) § 37 2lbf. 1 be§ l».©.© bem 9fegifterfüf)rer ju, mel* 
cf)er an ba§ im ©ioilprojefj sroifdjen ben Parteien ergangene 
Urteil nidjt gebunben ift. Ser Unter taff ungSanfprud) be§ 
37 9lbf. 2 bagegen fet)t uorau§, bafj ber Stagenbe burd) 
ben unbefugten girmengebraud) in feinen 9i e d) t e n oer* 
letjt roitb. Siefe 33orau§fet)ung trifft tjier nid)t ju. ©§ 
erfefjeint nid)t jutäffig , ben oorn ©efet) aufgeftettten begriff 
im ©eg ber 2lu§legung batjin ju erroeitern, bafj al§ ge= 
fd)üt)t angefehen merben nicht bie iRedite be§ Slagenben, 
fonbern beffen berecfjtigte ^ntereffen , auch bann, roenn bie 
Qntereffen fid) nicf)t al§ 9fecf)te barftellen. 3“ biefer 3tu§= 
tegung nötigen bie gefetjgeberifdjen Storarbeiten nicht. ©enn 
aud) in einem ©ntmurf ber 2lus>brucf „tKedjte" mit bemjeni* 
gen „bered)tigte Qntereffen" erfetjt merben roottte, fo ift 
bod) biefe 2luSbrud§roeife in bas ©efet) n i d) t übergegangen, 
fonbern e§ mürbe, gleid)oiet mit metd)er 93egrünbung, ber 
früher im ©efet) enthaltene 2lu§brucf roieber fjergeftettt J ). 
SJfafjgebenb ift aber ber oom ©efet) gemätjlte 2lu§bvucf; unb 
e§ bavf oorau§gefet)t merben, bafj ber ©efehgeber fid) be§ 
©egenfat)e§ smifdjen berechtigten Qntereffen unb dtedjten mot)t 
bemufjt gemefen ift a ). 2lud) bie bisherige 9ted)tfpred)ung 

1) Stgl. S ü r i n g e r = £> a d) e n b u v g ju § 37, Sinnt. III., 3- 
142. 

2) Sigt. S t a u b, Sem. §u § 37 Sinnt. 14. 


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A. in (Siuilfadjen. 


317 


hielt 1 ) im allgemeinen baran feft, baff bei- gleid)lau= 
tenbe 2lrt. 27 be§ $.©.58. a. 5- bie 33erlei}ung eine§ be= 
ftimmten 9ted)t§, fei e§ be§ 9tamen= ober $irmenred)t§ 
ober eine§ fonftigen 9^edt»t§, roie eine§ '■Patentrechts, oorau§= 
fe^t 2 ). 

©in 9fecf)t ber Klägerin, roeldjeS burd) einen unbe= 
fugten Jirmengebraud) ber SSeffagten oerle^t morben märe, 
ift aber »on if)r nicf)t bargetan. 5Da§ 5lBettberoerbgefet} oer» 
lei$t jroar in § 1 2lbf. 1 einen Slnfprucf) auf Untertaffung 
beftimmter Slngaben in öffentlichen Slnfünbigungen, nicht aber 
fd)ted)t^in ein Siedjt auf ©djut} gegen unlauteren Söettbe» 
raerb, auch foroeit biefer nicht unter bie SßorauSfetjungen be§ 
©efetjeS fällt. $a§ ©efeh roill mit ber 5ßerleil)ung be§ 3ln= 
fprucf)§ berechtigte Qntereffen fcljütjen, roährettb biefe oielleidjt 
nach Sage be§ gallS meiter gehen fönnen , al§ ber ©djutj 
be§ ©efetjeS reicht 3 ). 

$iernad) mar ber ©ntfcheibung be§ 8anbgericf)t§ beijro 
treten, roeldje bie Slnroenbbarfeit be§ § 37 2 be§ $.©.58. 
oerneint unb bahingeftellt läfft, ob ein unbefugter girmen= 
gebrauch ber 58eflagten bargetan ift. 

SDie Klägerin roill bie $lage auf Unterlaffung be§ ®e= 
braud)§ beS $irmenbeifahe§, foroeit fie nicht nach § 1 2lbf. 1 
be§ äB.©. begrünbet ift, auf bie 58eftimmungen be§ 58.©.©. 
ftü^en, roobei fie fid) oor allem auf § 826 beruft, roeldjer 
benfenigen jutn ©djabenSerfah oerpflichtet, ber ber SBahrljeit 
juroiber eine Satfache behauptet, bie geeignet ift, Stadtteile 
für ben ©rroerb eines anbent herbeijuführen. SDiefe 0e= 
fetjeSbeftinunung fann jebocf) fdjon barum feine Slnroenbung 
finben, roeil fie eine gegen eine beftimmte 5perfon gerichtete, 
beren 58erl)ältniffe betreffenbe 58ehauptung oorauSfeht. ©ie 
greift ein in baS 5ßerbot be§ § 6 unb 7 be§ SBettberoerb* 
gefetyeS, becft fich aber nicht mit bemjenigett be§ § 1 2lbf. 1 

1) 2lfagefet)en ccm ber nbroeicftenben (Sntfdjeibung be§ Steidjsger. 
«b. 22 @. 60. 

2) Sßergt. bie @ntfdj. in 'JietdjSgev. 50b- B S. 165; 7 @. 280; 
18 <S. 140; 19 S. 22; 29 ©. 71 ; 25 @. 2; 37 ©. 59. 

3) SBergl. bie (Sntfcf). beS Dbert.’öer. in 8af)r&. XI. 282. 


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318 


©ntfdjeibungen be§ Cberlanbeggericfjtä. 


unb 2 biefeS ©efetjeS 1 ). 9täher mürbe bie Slmoenbbarleit 
bcr §§ 823 2 unb 826 liegen, tnenn angenommen roerben 
tonnte, baff bie Set'lagte bamit, bajj fte einen unjuläffigen 
SÖeifa^ jur fjirma gemacht tjat, gegen ein ben @d)ut} am 
berer beätoecfenbeS ©efet) oerftoffen |abe, ober, baff bet ©e= 
braud) beS 3ufat)eS ben guten «Sitten sumiberlaufe. @S mat 
jebocf) fdjon beShalb oon bet Stmoenbung biefer ©efetjeSbe* 
ftimmungen abjufehen, rceit baS Vorbringen bet Klägerin 
nirfjt auSreicf)t, um eine <3d)äbiguug betfelben infolge beS 
Verhaltens bet Veflagten feftjnftellen. 

Urteil beS I. ©ioilfenats oom 13. 3uni 1902 i. ©. 

Stiem g. SdjöH. 


40. 

Per tji unter bent „gmtbelnbeu" i. ö. bes § 200 
itbf. 1 &.&S. ?« »erflehen* 

2US im fperbft 1899 bie oon ber offenen $anbelSgefetl= 
frijaft ®. 9t. u. ©ohne (Teilhaber ©. 9t. sen., unb beffen 
brei ©ohne ©., 5t. unb Q. 9t.) betriebene „Vierbrauerei jur 
Stabt" in ©. in .ßtthlungSfchroierigteiten geriet, traten bie 
©laubiger jufammen unb bef cf) (offen, um ein 5tonfurSoer= 
fahren ju oermeiben, in Uebereinftimmung mit ben biSt)eri= 
gen Teilhabern, eine 2lftiengefellfchaft ju griinben, welche bie 
Vrauerei übernehmen unb roeiter betreiben unb bie ©laubiger 
burch 2lftien, roenigftenS bezüglich eines großen Teils ihrer 
gorberungen, befriebigen füllte. Tie Verfammlungen mur* 
ben einberufen unb geleitet oon bem bamaligen 9tatSfd)reiber 
5t. in ©., melcher junädjft als Veauftragter oon ©. 9t. 
u. ©e. auftrat. 2lud) bie Veflagte mar als ©läubigerin in 
ben Verfammlungen oertreten, balb burch einen ihrer Teil* 
habet, balb burch ifuen ißrofuriften 2. 9Jt. ober ihren 9tei= 
fenben ©. 2. TaS nächfte ©rgebniS ber Verhanbtungen mar, 
baff am 20. 9}ooeinber 1899 ein fd)riftlicher 5taufoertrag 
jtoifchen ben bisherigen ©igentümern beS Vrauereian* 
1) 3lgt. SBtberfelb in © r u cf) o t S S3eitr- 23b. 42 @. 367 ff. 


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A. in (S.totlj'acfjen. 


319 


roefenS unb einem Konfortium oon Käufern abgefcfjtoffen 
mürbe, burcf) ben ba§ getarnte SSrauereianmefen mit alten 
^ubetjövben (SBaren unb 23etrieb3einricf)tungen) .fomie fämt* 
licken 9tu§ftänben an bie bejeidpeten Käufer, roo tuntet bie 
S3efl., oerfauft mürbe, um e§ auf bie ju gtünbenbe Slftien* 
gefellfcfyaft ju übertragen. 3 n bet 3$ertrag§urfunbe ift be= 
merft, baff bie Käufer „nidjt für fief) perfönlid), fonbern für 
bie bereits befcfjloffene unb bemnädfft gerid)t(id) anjumelbenbe 
Slftiengefellfcfyaft Stabtbrauerei ©. 21. ©. ermerben", ferner 
baff bie llebergabe bereits erfolgt fei. 2ll§ Kaufpreis mürben 
feftgefetjt 400 000 3Jt. 

2lm 21. Stooember 1899 übernahm Ä. tatfäcfjticf) bie 
Leitung be§ 23rauereibetrieb§ unb führte fie in ber golge 
roeiter, roobei er bie erforberlidjen ©intäufe für ben SJraue* 
reibetrieb ntadjte unb bie fonftigen ©efdjäfte abfcfylofj. ©t 
nannte fid) Sireftor ber 2lftienbrauerei jur Stabt ©., aucl) 
jeidjnete er mit ber fjirma „Slftienbrauerei jur Stabt". 

^m Streit ift, auf meffen Flamen unb Stecfjnung 3- K. 
hierbei tjanbelte. * 

Slnt 20. SJtärj 1900 fant ber ©efellfcf)aft§oertrag jur 
©rünbung ber projeftierten 2lftiengefellfd)aft juftanbe. ©tun* 
ber maren : 1. bie Sef tagte, 2. 9Jt. SB. in 2)1., 3. 3- 
4. ©. K., 5. @. K. 

©teicfjjeitig mit bem 2tbfd)luf} be§ ©efellfdjaftSoertragS 
mürbe am 20. SRärj 1900 oon ben fünf ©rünbern ber 2luf» 
ficfjtSrat, beftefyenb au§ fieben ißerfonen, barunter neben ben 
©rünbern @. K. unb SB. ber Kaufmann 2. 2Jt., ißrofurift 
her SSefltt., unb fofort an bemfetben Sage oom Sluffidjtsrat 
al§ SSorftanb ber Slftiengefetlfdjaft $. K. geroätjtt. 

©in am 24. 2lpril 1900 beim 2lmt§gerid)t ©. oon bem 
SSorftanb unb ben fünf ©rünbern eingereidjter 2tntrag auf 
(Eintragung ber 2lftiengefellfd)aft in ba§ fpanbet§regifter mürbe, 
nocf) et)e bie ©intragung erfolgte, mieber jurüefgejogen, nacf)= 
bem mittlerroeile am 15. SJlai 1900 bie ©rüttber bie 2luf= 
fyebung be§ ©efellfdjaftSoertragS oereinbart unb ber SSorftanb 
fomie ber SluffidtjtSrat it)re Stellungen niebergelegt Ratten. 


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32U (Sntfdjeibungen be§ D6ertanbeigeridjt§. 

©leidjjeitig oereinbarten bie am Saufoertrage oom 20. 9toobr. 
1900 beteiligten Käufer unb SOetfäufer beffen 3tuft)ebung. 
35er ©runb biefer Sßorfommniffe tag in bem Umftanb, bafj 
bie ©ebrüber S. aujjer ftanbe waren (roa§ fie in bem @e= 
fellfcbaftSoertrage übernommen batten), ba§ jur Uebernatime 
non 2lftien im betrage ooti 150000 2 Jt. erforberlidje Sa= 
pital ju befdjaffen. 

3)emnäd)ft mürbe über ba§ Vermögen be§ ©. 2t. sen. 
unb ber F> l 'ma 9t* u. @e. ber ÄonfurS eröffnet. St. bat 
roäbrenb ber ©efd)äft§fübrung be§ (t>ermögen§lofen) F* S. 
2Baren für bie Brauerei geliefert unb jmar im 35ejember 

1899 für 92 9)t. 40 ißf., im Stpril 1900 für 2770 3Jt. 70 ty). 
2tuf Sejablung biefer Beträge bat er gegen bieiBefl. Mage 
erhoben, bie er u. a. auf § 200 2lbf. 1 |).®.23. ftütjte. 
®a§ 5öerufung§gerid)t bat in betreff be§ ißoften§ oon 
2770 2Jt. 70 s )3f. ber Stage entfprod>en. 

2tu§ ben 

©rünben. 

SOtit bem 2tbfd)lufj be§ ©rünberuertragS »om 20. Sitars 

1900 trat eine ©riinbergemeinfebaft jufamnten, roeld)e inner* 
halb ber gefeblidjen ©renjen mit SBirhtng für bie fünftige 
2lftiengefellfd)aft banbeln fonnte. 2)ie Fortführung be§ 
23rauereibetrieb§ lag nun jmeifello§ außerhalb ber oom ©e* 
feb anerfannteit Fnnftionen ber ©riinbergemeinfebaft. 9tecbt§* 
banbtungen, roeldje jum betrieb ber Brauerei geboren, oer= 
pftid)teten, wenn fie oom 3Sorftanb oorgenomnien mürben, 
roeber bie fünftige 2lftienge[ellfd)aft, nod) bie ©rünberge* 
meinfebaft. SJtöglid) mar e§ atlerbing§, bafj bie ©emein* 
fefjaft ber ©rünber fid) neben ber ©riinbung ber 21ftienge* 
fellfdjcift ju einer ©rünbung jufantmenfanb, rceldje unter 
irgetib einer ©efellfd)aft§form ben betrieb ber Brauerei für 
bie ^roifebenjeit j ur ©intragung übernahm. SÖenn jebod) 
feftftebt, bafj eine folcbe ©rünbergefellfdjaft o o r bem 2lb* 
fd)lufj bes ©rünbung§oertrag§ nicht beftanb, auch nicht in 
ber ©emeinfebaft ber fünf Säufer, fo ift fie aud) nicht mit 
bem 2lbfd)lufj be§ ©rünbungSoertragS in§ 2eben getreten. 


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A. in ©ipüfadjen. 


321 


lieber bie ©rtinbung einer folgen ©efellfdjaft tueijj Kläger 
nid)t§ anjufütjren. 3»» ©rfinbungSoertrag felbft ift ein roei* 
lerer Vertrag über bie Uebernnljme bes Srauereibetriebs 
burcf) bie ©emeinfcbaft ber ©rftnbet nicht enthalten. Stad) 
bem 2lbfct)lu§ be§ ©rünbung§oertrag§ führte ber jum 93or= 
ftanb ber 2Iftiengefellfcbaft gewählte K. bie ©efctjäfte be§ 
23rauereibetrieb§ toeiter, nicf)t auf ben Stamen beS @rün= 
berfonfortiutn§, fonbern — foioeit erfid)tlid) — auf ben Sta* 
nten ber 2lfttengefeUfri)aft, roelcfje mit einem ©rünber!on= 
fortium im angegebenen (Sinne nicht ibentifd) ift. 

2) er Kläger glaubt ferner bie Haftung ber Seflagten 

au§ ber gefehlten 33eftintmung be§ 3frt. 211,2 beö 6.©.93§. 
a. %. bejilglid) be§ £ieferung§gefd)äft§ oont ®ejember 1899 
unb be§ § 200 be§ tt. %. bezüglich be§jenigen »om 

3lpril 1900 ^erteilen ju fönnen. 3)ie§ ift begrüttbet binfid)t= 
lief) be§ jtoeiten, n a d) bem 3lbfd)lufj be§ ©rünbung§oertrags 
oont 20. SJtärj 1900 oereinbarten ©efd)äft§, nid)t aber f)in^ 
fidjtlid) be§ elften oor ben ©rünbung§oertrag fallenbett £ie= 
ferung§gefd)äft§. 

3) er § 200 9lbf. 1 jroeiter (Sab be§ |>.©. s (8. bt- 
ftimmt : „SBirb oorber (oor ber ©intragung) im Stamen ber 
©efetlfdjaft get)anbelt ; fo fjaftet ber .jpanbelnbe perfönlicb ; 
Ijanbetn mehrere, fo haften fie al§ ®efamtfd)utbner". ®ie 
93eftimmung ift fad)lid) unoeränbert au§ 9(rt. 211 b. |>.@.i83. 
a. 5- bevübergenommen toorben. (Sie ift eine pofitioe für 
ba§ 2lftienved)t au§ 3ioecfmäf?igfeit§grünben getroffene ®e= 
febe§oorfcbrift. ©§ fittb nicht 9lecbt§grunbfät)e allgemeiner 
Statur, roeldje ber ©efebgeber für ba§ Slftienredjt fiebern roill, 
iit§befonbere ftnb tiidjt bie ©runbfäfce über bie Haftung be§ 
falsus procurator nach § 179 be§ ®.©.23§. b* er toieberge= 
geben. $er ©efebgeber mill bureb bie Slnbrobung einer nadp 
teiligen Sblge für ben |janbelnben ben gioecf erreichen, bap 
bie 2lftiengefellfcbaften fid) hüten, oor ber ©intragung, bie 
ihre ©ntftebung erft berbeifübren foll, ihre ©efdpifte ju be= 
ginnen. $ie§ ergibt fid) ait$ ber ©ntftebung§gefri)id)te bes 


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322 


(Sntfctjeibungen beä Oberlanbeägericf)tS. 


©efeßeS ‘). @5 ift baßer otjnc 3ut)Ufenat|me anberer 9tecf)t§* 
grunbfäße au§frf)Iie^licl) au3 bem ©efeß ju entnehmen, mie 
roeit ber ^Begriff „£>anbetnbe" au§jubet)nen ift. |)iefür geben 
bie gefeßgeberifdjeu Boratbeiten ben fixeren Stnhalt: Bei 
ber Beratung be§ ©efetje§ in ber Raffung be§ SlUg. 
$.©.B§. mürbe anläßlich ber geftfeßung ber Sßortfaffung 
be§ ©efeße§ bemerft, „unter ^anbetuben feien felbftoerftcinbtid) 
aucf) bie etroaigen Stuftraggeber ber ^anbetnben gemeint" 2 ). 
©päter mürbe gegenüber beut ©inroanb, mit ber Haftung 
be§ ßanbelnben roerbe bem Sßubtifum bei großen ©efdjäften 
meitig gebient fein föntien, t)eroorget)oben, „baß unter ben 
.£>anbeluben nid)t allein bie gefcßäftSführenben SJtitglieber, 
fonbern alle biejettigen 3eid)ner oon Slftien gemeint feien, 
mit bereu SBitlen gehaubeit roorben fei" 3 ). Siefe 2tu§Iegung 
ftetjt benn aud) mit ber gemcitjtten Raffung be§ ©efeßes im 
©inttang, fobalb unter bem 'Begriff be3 .£>anbeln§ nid)t nur 
ba§ äußerliche .fperoortreteu beim Slbfcfjluß bes» einietneu 
©efd)äft§ uerftanben mirb, fonbern bie ganje Sätigfeit ber* 
jenigen, melcße al§ Urheber ber tpanblung in Betracht fom* 
men. ©3 läßt fich alfo nicht etma 4 ) biemeitergehenbe3lu§legung 
bamit abmeifen, baß bie in ben ißrotofoHen niebergelegte 
Sfteinung im ©efeß feinen SluSbrucf gefunben h a ^ e - Biel* 
mehr ift e§ gerechtfertigt, ba§ ©efeß entfprecßenb ber bei ber 
Beratung beleihen funbgegebenen Slbficßt ber ©efeßgeber 
auSjutegen. Qu biefem ©inti fprecheit ftd) aud) bie meiften 
©djriftfteller au§ & ); mährenb bie uon fRenaub 0 ) oertretene 
abmeicßenbe SDteinung oon ber — all unjutreffenb ju be* 

1) ©gl. (Sntfd)- b. 91.©. «b. 47, 1 ff. 

2) Sögt. 9tünib. 'Jhot. ©. 1039. 

3) Dtürnb. 'Prot. 2. 1450. 

4) äJiit 'Jtin g, bas Sl.öefet) betr. bie 31.©. © 283. 

5) So ,'5 a t) n , Äom. $ ©.©.'-8. ju 3lrt 211; k a t) f e r , 31.©. 
1891, @.101; ©ölbernborff, bie 3(.@. 3. 105 (.bei ©ejolb); 
£>ergenf)af)n, bie 31.®. 1891, 2. 68 ; 31 n f cf; ii j in 2 i e b c n * 
baarb Slrcf). , ©b. 13, 3. 44 u. 52 ; tut a f o «» e r , 31.©., 3. 49 ju 
3lrt. 211, Stole 48b.; aud) komm. 12. 31ufl. )u § 200 IL6 (,2cf)luft). 

6) Xa§ 9ted)t ber 31.©. 3. 397. 


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A. in (£tmlfacf)en. 


323 


jeidpienben — 2lnficf)t au§gel)t, baß bev ©runb ber Haftung 
ba§ Auftreten al3 SBollmachthaber otjne SSoHmacßt fei. 

©3 !ann nun bat)ingeftettt bleiben, ob ber § 200 be^io. 
Art. 211 and) ben 5all treffen toiU, baß jemanb nod) oor 
ber ©rrichtung ber Aftiengefellfchaft (hier alfo oor bem ©rün* 
bung3oertrag oont 20. fülärj 1900) im Aarnen einer toeber 
errichteten, noch eingetragenen Aftiengefellfchaft getjanbelt h«t, 
unb ob nicht etroa fdjon au3 biefem ©runb bie Haftung 
ber SBeflagteu au3 bem ©efd)äft oom Sejember 1899 ju 
oerneinen märe. ®enn für biefe§ ©efcf)äft ift bie Haftung 
ber 33eflagten fd)on be3l)alb au3gefcf)toffen, weil für bie Seit 
oor bem 20. SDtärj 1900 ein au3britcflid) ober ftillfd)tücigenb 
erteilter Auftrag ber nachmaligen ©rünber, fo auch ber *8e= 
flagten, an f$r. K., ben 33rauereibetrieb 9tamen3 ber Aftien* 
gefellfchaft $u führen, nicht erroiefen ift. 33or Abfdjluß be3 
©rünbung3oertrag3 gab e3 feine ©rünber im eigentlichen 
Sinn, fonbern nur ißerfonen, melche fid) um ba3 3uftanbe= 
fomrnen ber ©riinbung bemühten. ®eren Stätigfeit befchränfte 
fich aber auf bie Vornahme einzelner |janblungen, welche 
auf bie (Streichung be§ ,3n>ecf3 ber ©rünbung absielten. So 
überließen bie Käufer be3 2)rauereianioefen3 ben gortbetrieb 
ber Brauerei bem 5- K. ; fie ermöglichten ihm bie S8etrieb§= 
füßrung burd) ben Anfauf ber ^Brauerei, aber fie gaben 
ißm feine SBeifuttg, ben betrieb auf ben Dtamen ber 
Aftiengefellfchaft ju führen. Spejiell ber 23eflagten ift nicht 
nachsuroeifen, baß fie irgenbroie auf benfelben eingeroirft fjat, 
9tamen3 ber Aftiengefellfchaft, unb nicht bloß auf fünftige 
Abrechnung mit biefer, bie ^Brauerei ju betreiben. Sie burfte 
aud) ju $olge ber Sefpredfung in '-8. annehmen, baß $. K. 
feinen eigenen Aanten jum ©efcßäft hergeben roerbe, toie fie 
auch ihre Abfdjlitffc oom 5. Sejeinber 1899 unb 7. Februar 
1900 auf feinen Flamen geftellt h«t, toährenb bie einzige an 
bie „Aftiengefellfchaft" gerid)tete ißoftfarte oom 27. Januar 
1900, bie einen eigentlichen ©efd)äft3abfchluß nicht enthielt, 
auch müßt auf ungenauer Au3brucf3toeife beruhen fonnte. 

Alit bem Abfcfjluß be3 ©rünbung3oertrag3 lag eine 

3a$t6il<$er ber äBilrttemberfl. Jtedjtspflege. XV. 3. 22 


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324 ©ntfcßeibungen be§ Dbertanbesgericfjtg. 

ueränberfe Sachlage uor : bie 2lftiengefellfd)aft roat errichtet 
unb ißre Vertretungsorgane maren beftetlt. SBenn uon jeßt 
ab ber jur Vertretung ber atftiengefellfrfjaft berufene Vor* 
fianb bie ©efefjäfte führte, melcße feine Stellung als Vor= 
ftanb ju führen ißm auferlegte, fo roar e§ mangels be= 
fonberer Vereinbarung über bie ©efcßäftSfüßrung 
in ber Qroifcßenseit als felbftuerftänblirf) ansufeßen, baß er bie 
©efcßäftSfüßrung im Siamen ber 9lttiengefellfcßaft beforgte, unb 
nid)t meßr, roie bieS früher ber fjall fein mochte, auf feinen Sta= 
men ßanbette, aber mit ber Slbftcßt,- bie Slftiengefellfcßaft txaeß 
it)rer ©ntfteßung eintreten ju laffen. darüber fonnten aud) bie 
©rünber, fornit aueß bie beflagte, niefjt im ^roeifel fein, 
©ie mußten, baß $. biSßet bie ©efd)äfte beS brauerei» 
betriebS geführt ßatte, unb maren bamit einuerftanben, baß 
er baS fernerhin tun füllte, ba ber betrieb boeß nießt ftill= 
fteßen burfte. SarauS ergab fieß aber roeiter, baß fie aud) 
mußten unb einuerftanben maren, baß er, als Vorftanb ber 
Slftiengefellfcßaft beftellt, bie ©efd)äfte SiamenS ber Stftien* 
gefellfcßaft fitßre. Saß ber biSßer befteßenbe 3roifd)ensuftanb 
in ber betriebSfüßrung mit ber ©rrießtung ber 21f'tiengefellfcßaft 
unter allen beteiligten als beenbigt galt, roeift aud) ber 
ßalt beS ©rünbungSuertragS auS. $n Sit. G beS Vertrags 
ift gefagt, baß bie Ulftiengefellfcßaft baS Vrauereianroefen 
mit fämtlicßent jum betrieb notmenbigen Qnuentar bis auf 
beit bieruorrat ßinauS übernommen ßabe unb jmar nad) 
bent ©tanb uorn 20. Stoo. 1899 refp. 1. SHärj 1900. Sa* 
mit tuirb bie biSßerige betriebSfüßrung beS 5- als be= 
enbigt angefeßen unb eS foll nun bie 3l!tiengefeHfcßaft, bie 
»oin 1. Sitars 1900 ab ba§ ganse sur betriebSfüßrung noG 
roenbige Qnuentar mit $affen= unb 3Bed)feloorrat übernommen 
ßat, bie betriebSfüßrung überneßmen. Sie ©rünber gingen alfo 
im ©rünbungSn ertrag felbft banon auS, baß uorn l.SJiärs 1900 
ab ber gansebetrieb als auf bie 2KtiengefelIfcßaft übergegangen 
angefeßen fein follte. SieS feßloß aber unter ben gegebenen 
Verßältniffen ißr ©inuerftänbniS in fieß, baß ber Vorftanb ber 
Ülltiengefellfdjaft aueß fofort bie SSeiterfüßrung beS betriebS 


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A. in 6t»ilfact)en. i 325 

s Jlnmen§ bcv Slftiengcfeüfcfjaft einjuleiten tjabe. 

©3 paben pienach bie ©riinber, roelcpe, ba eine @imul= 
tangrflnbung oorlag, bie einjigen -äeicpner bet Ülftien roaren 
unb al3 folcpe bie ©eneralnerfammlung bilbeten, im ©rün* 
bung§oertrag, roenn aud) nicpt au§brücflicp, fo bocp burd) 
bie geftfepung be§ gnpalt§ be3 Bertrag3 ihre ©inroilügung 
erteilt, bap ber Borftanb mit bem @efcpäft§betrieb für bie 
Slttiengefellfcpaft fofort mit ber ©rridptung ber ©efellfcpaft 
beginnen fotle. 

3)amit ift bie Haftung ber ©rüitber nad) § 200 be§ 
«)5.©.B§. begrünbet: burd) bie ©ingepung be§ ©rünbungs* 
uertrag§ paben fte ben Derzeitigen ©efcpäft§beginn für bie 
3lftiengefellfd)aft in beroupter unb gercotlter SBcife perbei* 
geführt. 

®ie golge her — oott bem Berufungsgericht gebiEigten 
— 'Annahme, bap ber § 200 be§ -5p.©.B§. eine auf groecf; 
mäpigfeitsgrünben berupenbe pofitioe restliche Beftimmung 
enthält, ift ber 2tu§fd)Iup ber ©inrebe, bap ber dritte beim 
atbfdplup be§ Bertrag3 non bem gehlen ber ©intragung 
Kenntnis gehabt hat. 2)a§ ©efep gemährt ihm bie Haftung 
ber ^anbelnben ohne Bütffipt barauf, ob er ben roirflicpen 
©adjoerpalt be§ S -Hid)tbeftepen§ ber Slftiengefcllfdjaft fennt 
ober nicpt l ). ©§ ift baper mterpeblid), ob bem .ftläger beim 
Bertrag§fd)lup befannt mar, bap bie ©intragung nod) au§= 
ftanb, ober nicpt. 

Urteil be3 I. ©ioilfenats) oom 14. 9ioobr. 1902 i. ©. 

•fpornung g. Btavr. 

3)ieBeoifion gegen biefe§ Urteil ift jurücfgeroiefen morben. 

41. 

Ilnfeiptuug uan Urrtblüffen ber ©enrraluerrammlmtg 
einer (Srnoflenrdjaft. 

(9ied)tjeitigteit unb gormridjtigfeit ber Berufung ber ©ene= 

1) 58fll ©ntfd). beS iK.W. «b. 47, S. 3. 

22 * 


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326 


(Sntfcfjeibungen be§ Dberlnnbc§gericf)t8. 


raloerfantmlung unb bei 3lttfitnbigung bei ©egenftänbe bei 
Sefdjlufjfaffung.) 

$1., eilt ÜDtitglieb ber befl. Sterbetaffe, e. ©. m. b. 
tjat gemeinfchaftlidj mit bem Suchbrucfer Sd). ein Statt 
„3lui bem SBalbe" t)erau§gegeben , bai bie Sterbefaffe zu» 
folge Settragi al§ Sereinibtatt mit Sd). benützte , beten 
„Satzungen unb ©efdjäftiatiroeifung" u. a. fotgenbe Seftim» 
mutigen enthalten: § 28 3tbf. 1 unb 2. „$ie Sßillenierflä» 
rung unb ,3eicbnung für bie ©enoffenfchaft rnufj butdj 2 SJtit» 
glieber bei gefd^äftifütjrenben Sorftattbi erfolgen, rnenn fie 
©ritten gegenüber 9techtioerbinb(id)feit f)aben foll." § 34 
beftimmt, bafj ber 9tufficf)tirat aui 7 2Jiitgtiebern beftef)t, 
bie aui ihrer Sftitte einen ißräfibenteu roäblett, unb baß $u 
einer Sefd)lufjfaffung bie 9lnioefenbeit oon minbefteni 3 SRit» 
güebetn bei 3tufficf)tirati erforberlid) ift. § 38 3tbf. 1 
lautet : „®ic Serufuttg ber fjauptoerfammlung muß mit einer 
$rift oott minbefteni 6 SBodjeti bett ©enoffen btircf) bai Ser» 
einiblatt (§ 44) jur Kenntnis gebracht roerben unb ift, toenn 
fie oont Sorftanb auigeht, oon biefem in ber ttad) § 28 
oorgefd)iiebenen 2Beife ju unterzeichnen." 9tacf) 3lbf. 2 foll 
ber -3iüecf ber .fpauptoerfantmlung jeberjeit bei ber Serufung 
betannt gemacht roerben. § 39 enthält Seftintmungen über 
bett O r t unb bie $eit ber -'pauptuerfammtung, roorüber bie 
„ jeroeilig letztoorhergehenbe ^auptoerfammlung" ju entfcfjei» 
ben haben foll. Heber „Sefanntmadjungen" beftimmt § 44: 
,,©ie oon ber ©enoffenfchaft auigehenben öffentlichen Sefannt» 
machungen erfolgen unter ber Jirttta ber ©enoffenfchaft ge» 
jeidiitet oon 2 SRitgliebent bei gefd)äftifüf)renbcn Sorftanbi. 
— Sie finb in bem 2ßod)enblatt für ^orftioirtfdjaft „2Iui 
bem SSalbe" aufzunehmen. — Sille im 2Bod)enblatt „2lui 
bem Sßalbe" redjtzeitig erfchiettenen Sereittinachrid)ten gelten 
ali jebettt ©enoffen zugeftellt. — Seim ©ingehen biefei 
Slattei beftimmt ber Sorftanb mit ©ettebniigung bei 2luf» 
fichtirati bii zu* nächften fpauptoerfantmlung ein anberei 
an beffett Stelle." 


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A. in Gümlfacfjen. 


327 


Ül u § b er ©efcf)äft§anroeifung: § 17 ytbf. 1 : 
„Sie orbentlidje .fpauptüerfammtung finbet alljährlich einmal 
ftatt ttad) § 36—39 ber Sa^ungen." 3lbf. 2: „Siefelbe ift 
uom gefcf)äftsfüf)renben SSorftanb fpäteften§ 6 9Bod)en juuor 
mit Eingabe be§ 3mecf§ im 93erein§blatt befannt ju ma» 
cfjen." 2lbf. 5: „Sie fpejielle SageSorbnung ber $auptx>er» 
fammlung ift al§bann fpäteften§ 14 Sage nortjer im Vereins* 
blatt befannt ju machen." 9tacf) § 20 leitet ber ißräfibent 
be§ 3lnffid)t§rate» beffen ©efdjäfte unb uertritt it)n nach in» 
nen nnb aujjen. § 22 2lbf. 1 fjanbelt non betx o r b e n t» 
t i d) e n Sitzungen be3 31uffid)t§rat§ unb beftimmt in 2lbf. 1 : 
„Sitzungen be3 ©efamtaufficf)t§rat§ falten nur ftattfinben, 
menn roidjtige ©egenftänbe jut Beratung ftefjen unb xaenn 
ber ©egenftanb eine 23efd)luf3faffung mittelft fd)tiftlid)en 93er* 
fe^rö unmöglid) erfdjeitien lägt." 

SJtit ©nbe 3uni ftellte ©cf). ba§ ©rfdjeitxen be§ 93latte§ 
„2lu§ bern SBalbe" ein, roorauf Sfl. ein ^ölatt gleichen 9la* 
men§ im SfomntifftonSoerlag uon Q. unb ©cf)m. erfd)einen tieft. 

3m IHeicftSanjeiger uam 13. Quli 1901 ueröffenttidite 
bie „©terbefaffe für bas beutfdje ^orftperfonal, @. ©. nt. b. 
.jp. Ser gefd)äft§fül)renbe 93orftanb: 9Tt.“, bie orbentlidje 
.fpauptuerfammtung roerbe fjiemit auf SJtontag ben 26. 9lug. 
morgett§ 9 Uftt nacf) 9t. berufen. „Sie SageSorbttung roirb 
ben 2Jtitgliebern burcf) ein befonbereS Flugblatt, roeldjeS non 
benx 93ertag ©. ©d). jur 93erfenbung gelangt, befannt ge* 
geben." 

Sie „SJtitteilung I" ber 93cfln. ift ein nom 10. J^uli 
1901 batierte§ xinb „Ser gefd)äft3füf)renbe 33orftanb 91t. unb 
23." unterjeidgxeteiä Flugblatt, ©ie tautet : „3Jlit biefenx 
teilen mir unfern aeret)vlid)en ÜOtitgliebern mit, baft mir 
gegenroärtig ohne 95erein§btatt fiixb, ba ber 93ertag ©. ©d)., 
mit meldjetn mir ben £ieferung§oertrag abgefd)loffen haben, 
axt§ ©riinben, meldje hier nicht ju erörtern finb, „9lu§ bent 
SBalbe“ nirfjt mehr erfdjeinen läftt. Qnfolgebeffen roerbett 
mit ©enehmigung be§ 9lnfjtd)t§rat§ fäinttidje SSeröffentli* 
cfjuxxgen, fomeit fie ba§ ©enoffetxfdjaftSgefeft oorfcftreibt, bi§ 


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328 


©ntfdjeibuitgen be§ CbevlanbeSgericf)t§- 


auf weiteres im „9ieicf)§anjeiger" ftattfinben. Sie feitber 
im BereinSblatt erfolgten Mitteilungen werben ben ©enoffen 
junädjft in Flugblättern jugeben. — 2ÖaS weiter in biefer 
Stngelegentjeit ju gefcf)et)en bat, baS ju beraten wirb bie 
näcbfte .ßauptuerfammlung ©etegenbcit bieten." @S folgt nun 
bie Belanntmacbung ber Berufung ber -Jpauptuerfammlung 
wie im DteicbSanjeiger uom 13. Quti unb bie Slngabe ber 
SageSorbnuttg, beren 3iff. V lautet: „(Sinf'örperung beS 
SterbefaffenoereinS für baS ft', baperifdje gorftperfonat in 
nufere ©enoffenfcbaft." Siefe Mitteilung ift nach ber Be= 
bauptung ber Befln. am 13. Fuli 1901 jur ißoft gegeben wor* 
ben. ftl. bat erflärt, er wiffe nid)t, wann bie Mitteilung I 
oerfanbt unb in bie fjjänbe ber ©enoffen gelangt fei, er be= 
zweifle aber, bafj bie Berfenbung fcboit am 13. Fuli erfolgt 
fei; er felbft habe bie Mitteilung ju fpät erbalten. Sie 
SageSorbnung ift aud) in ber am 22. Fuli 1901 auSgegebe* 
nen 3tr. 28 beS (flägcrifcben) Blattes „2luS bem SBalbe“ 
abgebrurft worben. 

Fm BeicbSanseiger 00m 10. Sluguft oeröffentlicbte ber 
gefcbäftSfübrenbe Borftanb ber Befl. (unterjeicbnet M. — B.i 
uodjntalS bie SageSorbnung für bie Jpauptoerfammlung uom 
26. luguft, wobei $iff. V wie in bet „Mitteilung I“ lautete, 
3iff. X: „BereinSblatt". Siefe SageSorbnung würbe auch 
in ber „Mitteilung II" ueröffentlicbt, bie in ber Feit uom 
5. — 11. 2luguft jur Berfenbung an bie Mitglieber gelangt 
ift. Sie ©eneraloerfammlung bat u. a. befdjloffen : ba§ im 
ftommiffionSoerlag ooit F- u. ©cbm. erfcbiencne Söodjenblatt 
„2luS bem SSalbe" nidjt mehr als Organ ber ©terbefaffe 
anjuetEennen unb ben ©terbefaffenuerein für baS ft. baue- 
rifdje Forftperfonal in bie ©terbefaffe ein^uoerleiben. S)iefe 
Befdjlüffe bat ftl. mit ftlage augefodjteti mit ber Behauptung, 
bie Berufung ber fpauptoerfammlung unb bie 2lnfünbigung 
ber ©egenftänbe ber Befcf)lufjfaffung fei nicht gehörig erfolgt, 
iitbem er jur Begriinbung geltenb madjte: 

1) Sie betreffenben Befanntmadjungen batten fatjungS* 
gemäfj im BereinSblatt „2luS bem SBalbe" erfolgen fallen. 


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A. in ßtmifadjeu. 


329 


baS feineSroegs eingegangen, fonbern ftetS oon ifjm fortge= 
fiifjrt roorben fei. 

2) Jie Flugblätter „Mitteilung I" unb „Mitteilung 11" 
haben nicht bie fahungSgemäfi erforberliche ©enehmigung ber 
Mehrheit beS 2luffid)tSrat§ erhalten: BeroeiS: ®ibeS 5 ufd)ie= 
bang bahin, bafs bie 2luffid)tSratSmitglieber in ber erforber* 
lidjen Mehrheit oor bein ©rfd) einen ber beibeit Flugblätter 
ihre ^uftimmung jum Vorgehen beS BorftanbS auSbrücflid) 
ober burch llnterlaffung eines 2Biberfprucf)3 ertlärt haben. 
Jiefe Mitteilungen feien überhaupt fein „Blatt", baS an 
©teile beS BereinSblattS h a i> c geroäljlt roerben bürfen. 

3) S)ie fed)Sinöd)ige Jyrift jur Berufung ber $auptoer= 
fammlung fei nidjt eingehalten, roeil ju bejroeifcln fei, bafj 
bie Mitteilung I fcljon am 13. 3tuli oerfanbt roorben fei; 
baSfelbe gelte oon ber 14tägigen ^rift für Slnfünbigung ber 
JageSorbnung; bie „Mitteilung II" fei an alle $h utu= unb 
JajiS’fche Forftämter erft am 12. Slug. unb fpäter oerfanbt 
roorben unb nicht oor 13. Sluguft an fie gelangt; füllte biefe 
Mitteilung je fefjon am 11. Sluguft auSgegeben roorben fein, 
fo fomme in Betracht, baf? biefer Jag ein ©onntag geroefen 
fei, unb baS Jloftanit allein jur ©rpebition 1 — 2 Jage brauche. 

4) Jie Sltifünbigung ber $iff. V ber JageSorbnung ge= 
nüge in ihrer fnappen F«ffung nicht, um oerftänblid) ju ma= 
dien, um roeld)’ erhebliche Belüftung ber Befln. eS fid) bei 
ber ©inoerleibung beS ©terbefaffenoereinS für baS baperifdje 
Forftperfonal hnnble. 

Jie ft'lage ift abgeroiefen roorben, oont Berufungsgericht 
au§ folgenbett 

© r ü n b e n : 

2)ic redjtjeitig erhobene .ttlage ficht bie oon ihr beäeid)= 
neten Befcfjlüffe ber fpauptoerfammlung ber Befl. oom 26. 
Sluguft 1901 au§ ©rünben an, bereit ©eltenbmad)ung bem 
Äl. troh feines 9ticf)terfd)einenS auf biefer Berfammlung ge= 
mäfi § 51 Slbf. 2 beS ©enoffenfcfjaftSgefeheS jufteht. 

1. Jie Berufung ber fpauptuerfammlung hatte uad) bett 
©atjungen im BereinSblatt ju erfcheinen, fofern jur 3eit ein 


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330 


(Sntfdjeibungen beS Oberlanbesgeridjtä. 


fotdjeS beftanb. 2Iber Söeft. hat mit Sed)t baS SereinSbtatt 
„2tuS bem SBatbe" atS mit 1. Quti 1901 eingegangen be= 
trachtet. SereinSbtatt roar baS non <BcE). oerlegte unö rebü 
gierte SBodjenbtatt „StuS bem SBalbe"; nur mit ©d). t)atte 
Seit, ben Vertrag über bett Sejug biefeS StatteS feitenS alter 
üötitgtieber ber ©terbefaffe gefdjloffen: biefeS ^ötatt hat mit 
Qcnbe Quni 1901 gu erfd)einen aufgehört; roenn Ät. non ba 
an ein Statt gteidjen Samens im SlommiffionSoerlag non 3 - 
unb ©d)m. in 3t. erfd)einen lief), fo mar baS für bie Sef’l. 
ein anbereS Statt als baS bisherige SereinSbtatt; ftanb 
fie bod) meber mit bem St. noch mit 3- unb ©d)m. in einem 
SertragSoerhältniS, unb roenn biefe ^erfonen itjrerfeitS baS 
non ihnen hevauSgegebene Statt „2luS bem 2Batbe" für iben= 
tifd) mit bem bisherigen SereinSbtatt ober für beffen f?ort= 
fetjung erttärten, fo roar bie einfeitige (Srftärung fetbftner= 
ftänbtid) für Sett. nidjt binbenb, fie braud)te auf baS 3tn= 
erbieten beS SltrS. ober non 3 - unb ©d)in., mit ihnen bas 
jroifdjen it)r unb Sd). bisher beftetjenbe SertragSnertjättniS 
fortjufehen, nid)t einjugehen. 

3>aS 9ted)tSnerf)ältniS sroifcben bem $(. unb ©cf). be= 
rüt)rte bie Sett. nicht, falls eS ihr je befannt roar: non 
ihrem ©tanbpunft auS tonnte fie nünbeftenS (ohne 2lrg= 
tift) baS nont SEI. hei'auSgegebene Statt „9tuS bem Sßatbe" 
für ein anbereS atS baS bisherige SereinSbtatt anfehen, roie 
eS aud) objeftin jebenfattS groeifethaft roar, ob biefeS Statt 
mit bem bisherigen SereinSbtatt ibentifcf) roar, beffen 3ort= 
fe^nng bitbete: an fid) roar, uadjbem ber Serteger unb £jer= 
auSgeber beS StattS „2luS bem 2Balbe" erftart hatte, er taffe 
eS eingehen, jebermann beredjtigt, ein neues Statt unter bie= 
fern Sitet erfcheiuen ju taffen, baS hiemit natürlich nicht non 
fetbft junt SereinSbtatt rourbe; eine ifMfung in ber Sich- 
tung eintreten ju taffen, ob eS fid) mit einem nom &(. her* 
auSgegebenen Slatt anberS nerhatte, ob Sit. gufolge feines 
SedjtSnerhältniffeS mit Sd). baS non ©d). aufgegebene Statt 
feinerfeitS fortjufehen berechtigt roar, hatte Sett. feinen 2ln* 
tafj. (SS mag fein, baß — roie bie SerufungSbegrünbung 


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A. in (Sioitfadjen. 


331 


behauptet bat — bie ißerfon bes ©erleger§ einer Leitung 
nidjt unter alten Umftänben für bie grage ber ^bentität einer 
Leitung roefentlid) ift: im torliegenben galt mar fte be§t)afb 
roefentlidj, roeit ©eil. nur mit biefem ©erleger (nicht etrna 
aud) mit bent Sit.) einen ©ertrag gefdjloffen t)atte, unb ber 
©erteger nach aufjen al§ alleiniger ©ebafteur unb ©erfii= 
gungSberedjtigter bezüglich be§ ©latt§ aufgetreten mar. 

$aburdj alfo, ba§ ©efl. bie ©erufuttg ber |jauptoer= 
fammlung nicht (rechtzeitig) in bem nom ÄL h erau §8 e fl e5 
betten ©latt „3lu§ bem 28albe" anfünbigte, hol fie nidjt 
gegen bie Satzungen terftofjen, meil fie eben biefes> ©latt 
nicht al§ ba3 ©erein§blatt attjufehen brauchte. 

II. $ie ©efanntmadjung im ©eidj§an$eiger nom 13. Quli 
1901 betr. bie ©erufung ber )pauptoerfammtung fann nicht 
al§ in gehöriger SBeife erfolgt gelten, meil fie nur ton einem 
©orftanbämitglieb unterzeichnet mar, roas ber ©eftimmung 
be§ § 38 3Ibf. 1 oergt. mit § 28 Ütbf. 1 ber Satzungen (f. 
aud) § 25 2lbf. 1 be§ ®enoffenfdjaft§gefetje§) jumibertief. 
3)iefe ©orfdjrift ftellt fidj nad) ihrer Raffung tiicfjt al§ blofje 
DrbnungStorfdjrift bar. 3roar h at ©efl* geltenb gemacht: 
bie ©efanntmadjung (bie Annonce) fei eine blope 2lb f ct) r ift, 
für bie e§ nidjt erheblich fei, ob bie Unterfchriften ridjtig 
roiebergegeben feien, allein bie SRitglieber ber ©enoffenfcfjaft 
müffen au§ ber ©efanntmadjung erfehett löntten, ob fie ton 
bem baju berufenen Organ au§gefjt, unb eine ©ernähr hie= 
für bietet nur bie ©infjattung ber fatjungSmäfjigen $ornt; 
ein etrna untergelaufener ®rucffelj(er ntüjjte recfjtjeitig faeridj= 
tigt tterben; einer nidjt ober nidjt in ber gehörigen SDBeife 
Unterzeichneten ©efanntmachung brauchen bie ÜJhtglieber leine 
^olge ju leiften. mag fobantt richtig fein, bafj e§ genügt, 
roenn aus einer ©efanntmadjung h evt, °rgeht, bafj fie roirf= 
lidj tont ©orftanb au§geht: eben bie§ erhellt aber au§ einer 
nidjt in ber oorgefdjriebetten 3Beife ton mehreren ©or= 
ftanb§mitgliebern, fottbern nur ton eine m ©orftanbsmit= 
glieb unterjeidjuetcn ©efanntmadjung nidjt. 

III. $itrdj bie „SRitteilung I" ift bie ©erufung ber^aupt* 


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332 (Sntfcfjeibungen be§ Dberlanbeigericfjti. 

oerfammlung ben ©ettoffen rechtseitig jur Kenntnis gebracht 
worben, falls biefe Mitteilung in ber Dat am 13. ^uli sur 
«Poft gegeben worben ift. Der Meinung beS SflrS., eS fomnte 
nidt)t auf ben Dag ber Aufgabe jur ißoft, fonbern auf ben 
Dag ber Slttfunft ber Mitteilung bei ben einseinen ©enoffen 
an, fann nid)t beigeftimmt werben. 5ür bie Befanntma* 
djungen im SBereinSblatt ift nad) § 44 ber Salbungen, mie ÄL 
einräumt, ber Dag beS ©rfdteittenS beS Blatts mafjgebetib, 
ber gleiche ©runbfatj ift in § 10 Slbf. 2 4>©.B. für bie Be= 
fannttnadfuttgen uon ©intragungen im |>anbelSregifter burd) 
öffentlidje Blätter aufgeftellt, er muff aber allgemein gelten 1 ), 
roeil fanft ber Beweis bafür, bafj eine ffrift eingehalten wor= 
ben ift, fid) häufig überhaupt nicht erbringen liefje. 9Benn ein 
Bereitt taufenbe non Mitglieberti h“t »on betten einseine abs 
feitS oott ©ifenbahtt uttb ^3oft toohttett, fattn bis s ur Slnfunft 
eines ^eitungSblattS ober eine# Briefs leicht eine längere 
fjrift, als im oorauS su betneffen ift, uergehen, abgefeljen 
baoott, bafj in berartigen gälten immer fraglid) bliebe, ob 
bie Settbuttg an alle BereinSmitglieber gelangt ift, wenn 
nicht eine Bereinigung über bie SluShättbigung beigebrad)t 
ift, eine Umftänblichfeit, bie nicht oerlangt werben fann. 3jt 
aber — ntonon Sl. fclbft anSgeht — bei Befanntmadjungen 
burdt 3 e ituttgen allgemein ber Dag entfdjeibenb, an bettt bie 
Leitung erfdjeint, fo muff audt bei Befanntmacbungen burd) 
Briefe bie 3 e it ber 3lufgabe sur ißoft mafjgebenb fein : beim 
eS beftel)t feine größere ©ernähr für rechtseitige Sin fünf t einer 
Leitung als für bie eines Briefes. 

©S ntufj baher — falls Befl. für bie rechtzeitige Be= 
fantitmad)ung ber 'Berufung ber fpauptnerfammlung betneiS= 
pflid)tig ift — ber 'JladjweiS genügen, baf? bie Mitteilung l 
fo zeitig sur '}$oft gegeben worben ift, bafj su>ifd)en bent Dag 
ber Slnfgabe uttb bem Dag ber ^»auptoerfammlung — 26. 
Sluguft — eine 3rrift oott 6 2Bod)en lag. DaS war ber £yall, 

1) tBergl. für Sßeröffentlicbung in öffentlichen SStättern: Staub, 
.£>.©.'■8., Sinnt. 1 su § 255; iß arifiuS = $rüger,©enoffenfd)aft§= 
gef., 2. Stuft., 2lnm. 1 ju § 44 (jetjt 46). 


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A. in (Sioilfadjen. 


333 


roenn bie Aufgabe jur s ^oft fpäteftenS am 13. ober 14. ^uli 
erfolgt ift. RI. fcßeint nidjt beftreiten ju rnollen, baß leßtereS 
gefdjeßen ift, unb angeficßtS ber Statfacße, baß bie i ß m ju» 
gefanbte Blitteilung beit s }3oftftempel beS 13. $uli getragen 
ßat, beftebt hierüber aud) fein 3meifel. 2lud) in ber 9iid)= 
tung bot RI. feine Bemängelung erhoben, bafj bie „9Jtittei= 
luttg I" etma nidjt an alle ©enoffen oerfanbt raorbeit fei, 
unb eS ift ßienad) baoon auSjugeßett, baß — rote bieS baS 
Bormale roar — bie Berfenbung an alle ©enoffen erfolgt ift. 

IV. @S fragt ftd) aber roeiter, ob bie Befanntmadjung 
ber Berufung ber .£jauptoerfammmlung bureß ein Flugblatt, 
roie bieS bie 2Jtitteilung I roar, erfolgen burfte, ob fie nießt 
burd) eine Leitung erfolgen mußte. Bacß betn ©enoffen* 
fcßaftSgefeß (§ 6 3iff. 3) muß biefe Berufung nid)t burd) 
ein „öffentliches Blatt" erfolgen 1 ); aber bie Soßungen ber 
Bcfln. febett in § 38 oergl. mit § 44 eine Befaitntmacßung 
ber Berufung ber ^pauptocrfammlung nur biircß baS „Ber* 
einsblatt" ober ein anbereS, an beffeti Stelle tretenbeS „Blatt" 
oor. 'Saß hierunter ein „öffentliches Blatt", ein 3eitungS* 
blatt, uerftanben unb nidjt an ein Flugblatt gebaeßt ift, fann 
bem RI. jugegeben roerbett. tiefer Borfcßrift — ißrem SBort* 
laut nach — ßat baßer bie erroäßttte Befatitttmadptng 
(burd) bie Btitteilung 1) nießt entfprod)en. 

2lber bie Befl. befaitb fieß in einer Botlage. Sie .fpaupt* 
oerfamnilung für 1901 roar (tjgl. § 39 ber Saßungett) ooti 
ber oorjäßrigen ^auptoerfammlutig auf 26. Sluguft anbe* 
räumt; baS BereinSblatt roar mit ©nbeOutti oßne uorgängige 
öffentliche 2lufünbigung eittgegattgen ; Borftanb unb 2lufficßtS» 
rat hatten ßiettaeß feine ©elegettßeit gehabt, bett ©enoffen 
bureß baS BereinSblatt mitjuteilen, roelcßeS Blatt einftroeilen 
— bis jur näcßften^Öauptoerfammluug — an beffen Stelle trete; 
bie Befatintntacßung ber .fpauptoerfammlung, bie bei 3'Ort* 
befteßett beS BereinSblattS in beffen erfter ober jroeiter $uli* 
Kummer ju erfolgen gehabt hätte, fonnte fomit im Quli ttießt 
tneßr in einem öffentlichen Blatt erfeßeinen, in bem bie ©e= 
1) 'Dßl. $arifiu8*ftrüger a. a. D. 3lnm. II, 5 ju § 6. 


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334 


©ntfcfjeibungen be§ äOberlanbeSgeridjtS. 


noffen eine berartige Bef'anntmad)ung erroarten burften unb 
mußten, roofern nid)t ein foldjeS Blatt junor beti ©enoffen 
burd) briefliche Mitteilung befannt gegeben roar; bie Ber* 
öffenttichung in einem Blatt, ba§ jmar Borftaub unb 2luf= 
fid)t§rat gemailt, beffen äßaf)l fie aber ben ©enoffen nidit 
rechtzeitig funbgegeben Ijätten, Ijatte sroar bem Buchftaben, 
nid)t aber bem ©inn be§ § 44 ber ©ajjungen entfprodjen. 
Unter biefen Umftänben unb ba bie $eit brängte, roareu bie 
maggebettben Organe ber Befl. berechtigt, bie Berufung ber 
^auptnerfammlung ben Mitgliebern burd) ein befonberes, 
an jeben ©enoffen oerfanbteS Flugblatt jur ftetmtnis 511 
bringen, menn aud) ein berartigeS Verfahren in ben ©atjungen 
nid)t oorgefehen n>ar. ©in f a d) l i d) e § Bebenfen ftet)t einer 
auf folgern B3eg erfolgenben Befanntmadjung nid)t entgegen : 
im ©egenteil mürben bie ©enoffen hmöurd) auf bie £>aupt= 
oerfammtung in nacbbrücflidjerer SBeife tjingeroiefen al§ burd) 
ein .geitungSinferat. 

©§ fann tjmiad) baf)ingeftellt bleiben, ob bie uorn Äl. 
gegen biefe fyortn ber Befanntmachung erhobenen ©inmänbe 
fd)on au§ bem@runb feine Beachtung finben fönnten, meil 
er jebenfallS burd) bie in bem Sölatt „Slus bem SBalbe" ©nbe 
^uli erfolgte Beröffentlidjung bie 'Berufung ber .£>auptoer= 
fammlung erfahren h‘dte, unb fornit in ber Sage geroefeu 
märe, auf ihr ju erfcfjeinen ’)• 

V. Berfefjft finb bie Singriffe, bie ber Sl. gegen bie 
gehörige Berufung ber fpauptuerfammlung baraus herleiten 
mill, bah her Sluffid)tsrat ber SluSgabc ber „Mitteilungen" 
uid)t im oorauS fdjriftlich jugeftimmt h at - ®ie in ben 
©a^ungen oorgefdjriebene „©enehmigung" be§ 9luffid)tSrat§ 
ju ber SBahl eine§ anbern Blattes an ©teile be§ BereinS* 
bfattS burd) ben Borftanb ift — menn nicht eine blofje £>rb= 
nungSuorfdjrift, fo bod) jebenfallS — fein formelles 
©rforberniS ber ©iiltigfeit be§ BorgehenS be§ BorftanbS, 

1) Bgl. Staub, 2lnm. 8 ju § 271 Jp.@.S8.; anbererfeitS Bari* 
fiu§*Strüger a. a. D. 2lnm. II, 1 unb 3 ju § 49 (jetjt 51) bes ©e* 
noffenfdjaftsgefetjeS. 


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A. in Gioitfadjen. 


335 


fo bnfj eine in anberer 2Beife al§ burcf) ba§ 93erein§blatt 
erfolgenbe 33efanntmad)ung be3 33orftanb§ red)tlid) unroitf» 
fain rocire, wenn itjr nicfjt bie fcfjriftlidje ^uftimmung be§ 
2 Iuffid)t§rat§ oorauägegattgen unb, baf? bie§ gefd)ef)en, au§ 
ber 23efanntmad)ung erfid)tlicf) ift; bie einfcfjlägige 33eftim= 
nnmg ber Satzungen nötigt in feiner 3öeife, bie fragliche 
©enef)tnigung al§ ein folcf)e§ gormerforberniS auf juf affen, 
unb innere ©riinbe fpredjen gegen eine folcfje 2 luffaffung. 
©§ muff »ietmef)r al§ geniigenb gelten, roettn ber 2 luffid)t§» 
rat — au§brücflicf) ober ftillfdjmeigenb — ba§ 5ßorgef)en 
be§ 93orftanb§ oorfjer ober nad)trägtid) gutheijjt: bie ,,©e» 
nefjmigung" fdjtiefjt eine nachträgliche .guftimmung 
minbeften§ nid)t au§ (»gl. jetjt §§ 183, 184 33. ©.93.). ©ine 
berartige ©enefjtnigung ber 2 tu€gabe ber Flugblätter burd) 
ben SSorftanb ift aber ohne $rage erfolgt, iuie bies aud) ber 
RI. nid)t in Slbrebe 511 jiefyen fdjeint; fie ergibt fid) barau§, 
baff fein 2 Iuffid)ts>rat§mitglieb gegen bie 21 u§gabe ber $lug» 
blätter nnb bagegen, bafj barin bie Berufung ber |jaupt= 
oerfammlung befannt gemad)t roorben ift, eine Seanftanbung 
erhoben f)at; ba§ ^Berufungsgericht t)at aber aud) au§ ben 
norgelegten Schreiben ber 2luffid)t§rat§mitglieber bie Ueber= 
jeugung geroonnen, bafj bie fämtlirijen 2 lufficf)t§rat§mitglieber 
nor 2 lu§gabe ber 9Jlitteilnng I oon ber einfdjtägigen 2 lbfid)t 
be§ 23orftanb§ unb be§ 2Iuffid)t§rat§präfibenten in RenntniS 
gefegt iuorben finb unb fid) ftittfrfpoeigenb bamit einoerftan» 
ben erflärt l)aben. 

VI. Safj bie 33eröffentlid)ung ber 33efanntmad)ungen 
ber befl. Raffe im 9teicf)3anseiger burd) ben 2luffid)t§rat gut» 
gefjcifjen roorben ift, unterliegt oollenbS feinem 3n>eifel. ®er 
93orfcf)rift ber ©efchäftSanroeifung, roonad) bie fpejielle SageS» 
orbnung ber -fpauptoerfammlung minbeftenS 14 Sage oorljer 
(im 23erein§blatt) ju erfolgen l)at, ift batjer burd) bie in ge» 
höriger ^ornt gefdjeljene 33efanntmad)ung im 9teid)Sanjeiger 
oom 10. 2luguft genügt; ebenfo aber auch nad) bem oben 
in 3iffev III— V 2lu§gefül)rten burcf) bie 2Iu§gabe ber „9Jlit= 
teilmtg II", bie nach bem ©rgebniS ber im lanbgerid)t(id)en 


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336 


©ntfctjeibungen be§ Dbertaubeggeridjtä. 


Bevfahren ftattgefjabten Beweisaufnahme am 10. unb 11. 2lu= 
guft jur «ßoft gegeben roorben ift, roie 511. aud) nid)t mehr 
ju beftreiten fdjeint. @S tarnt fomit bahingeftellt bleiben, ob 
ein Berftofj gegen 33orfd>viften bev ©efdjäftSanroeifung über* 
haupt eine 2lnfed)tung »on s öefd)lüffett bev $auptoerfamm= 
Inng begvünben tonnte. 

YII. SetjtereS gilt aud) bezüglich beS »out 511. geltenb 
gemadjten DlnfechtungSgrunbS in betreff beS bie @införpe= 
rung beS bat)erifd)en SterbefaffenoereinS auSfprechettben 
£auptoerfamtnlungsbe)d)(uffe§. 2)enn bev einfd)lägige ißuntt V 
bev SageSorbnung ift in t)inveid)enber Bollftänbigfeit betamtt 
gemacht movben 1 ). $ie betveffenbe Befanntmad)ung ent* 
fpvidjt jebenfallS bent § 38 2lbf. 2 bev Satzungen unb roettn 
§ 5 bev ©efchäftSanrocifung oon einer „fpejiellen" $ageS= 
ovbnmtg fpvidjt, fo ift bantit nur bev ©egeufat) jur Befannt= 
ntad)ung beS „^mect§" bev .^auptoevfammlung gemeint, alfo 
eine Dluffübrung bev einzelnen BerhanblungSgegenftänbe, aber 
nidjt eine ausführliche 'Bezeichnung. 

Urteil be§ I. ©iuilfenatS uom 4. Quli 1902 i. S. ,3äger 

g. gprftpevfonalfterbefaffe. 


42. 

3|t rin Unfprurij aus einem llnfalluerftihernngsuertrag 
mtt* begrünbet, meint unb fameit ber Unfall einen Uer= 
mögensrdjaben für ben |ler ftthrririt jnr jFalge gehabt hat ? 

511. roav bei bev beflagteti ©cfellfcfjaft gegen bie folgen 
fövperlichcr Unfälle oerfidjert. DBegen einer buvch einen Un= 
fall oevurfad)ten Befd)äbigung beS linfeit SlugeS »erlangte 
er eine nach SJlafjgabe ber BerficherungSbebingungen bered)= 
nete ©ntfdjäbigung in §orm einer jährlichen Diente. Befl. 
hat gegen bie 51lage u. a. eingeroenbet, bie ©rroevbSfähigfeit 
beS SIS. fei bitrd) bie Berlehung nicht — roie zur Begrün* 

1) %I. ©taub, 2lnm. 8 511 § 256 ,£>.@.33. ; 5Hecf|tfpr. t>. €.2.(8. 
«b. 3, 9tro. 109 b. 


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A. in d,i»ilfad)en. 


337 


bung eines 2lnfprucf)§ auS bem BerficheruttgSoedrag nad) 
ben BerficherungSbebingungen erforbedid) ift — bauevnb be- 
einträchtigt. hierüber fagen bie 

© r ü n b e : 

beS BerufutigSudeilS: 

söcCI. beftreitet nunmehr ihre @ntfd)äbigungSpflid)t aud) 
beSßalb, tocil ber Unfall beS $IS. eine „oorauSftd)tlich 
lebenslängliche Beeinträchtigung ber ©rroerbSfähigfeit" (§ 5 
ber Berf.*Beb.) nicht jur golge gehabt habe. 2)aS ift aber 
nicht ber fyall. 3)er Sadperftänbige Dr. ft'. hat [ich baljin 
auSgefprocßen : baS Bedangen beS ftlS. auf Bezahlung einer 
lebenslänglichen Bente »on 12 ’/a 0 /» (ber Dollen für betten 5 
»alibüätSfall »erficßerten Summe) fei überaus mäßig ; hie» 
auS erhellt, baß biefer Sadjuerftänbige eine „oorauSfkhtlid) 
lebenslängliche Beeinträchtigung ber (SrroerbSfätjigteit" beim 
ftl. als gegeben anfieht. $iegegen ift nichts triftiges »or* 
gebracht. QnSbefotibere »erträgt eS fid) mit ber 2lnnaf)me 
beS Sachoerftänbigen ganj roohl, baß ftl. tatfädjlid) nad) 
bem Unfall feine »olle tägliche SlrbeitSjeit eingehalten, ben* 
felben ©efjalt mie junor bezogen unb beffen — oertragS* 
mäßig jugefagte — ©rhöhung »erlangt hat: eS hanbelt fid) 
bei bem ülnfprud) auf bie BerficherungSfumme uid)t uni einen 
Slnfprudj auf SdjabenSerfat) in bem Sinn, baß nur ber tat* 
fachlich eingetretene Schaben ju »ergüten ift 1 ); »ielmeßr ift 
für ben erhobenen Slnfprud) nur ber objeftioe Sad)»erhalt 
maßgebenb, mie er ficß bei ber ärjtlidjen Unterfucßung er* 
gibt: mer 5 . B. einen fyinger »ediert, erhält nad) ben Ber* 
fid)erungSbebingungen eine beftimmte ©ntfdjäbigung, einerlei 
ob er burd) ben Berluft nach Blaßgabe feines Berufs »iel 
ober menig ober überhaupt nicht in feinem ©rroerb beeilt* 
trächtigt roirb. 

Urteil beS I. ©ioilfenatS oom 14. 9loo. 1902 i. S. 

Bßithelma g. Bocf. 


1) ®ie in bem jjntl 3B.S.5B. ®b. 6 @. 220 ff. 


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338 


(Sntfcfjeibungen öe§ Obcr(anbcägcrid)t§. 


43. 

UnffrijtUnvIteit ber Jtatjluug tiou jErbejtsurrftrljrrnngs= 
prämiert mu> § 32 Jtff. 2. üottk.(Drb.* 

$ur -JlachtahfonfurSmaffe beS oerftorbenen ©hemaunS 
ber Beft. t) at ber Ä'oufurSoerroalter uon ber Beft. bie 9iiicf= 
geroäfir ber in beti festen 2 fahren oor ber ÄonfutSeröff* 
nung oon ihrem ©bemann an bie beiben 2ebcn§oerfid)erungS= 
gefeltfd)aften: ©ermania in Stettin nnb 9iero=9)orf in 9tero= 
5)orf entrichteten Verfid)erungSprämien non SJtarf 339 nnb 
251,40, jufammen SRarE 590,40 geforbert mittelft ber 3ln= 
fecfjtungSflage au§ § 32 $iff. 2 51.0., roeil non bem ©emein= 
fchutbner ju ©unften feiner ©hefrau oorgenommene unent= 
gelttiche Verfügungen oortiegen. 

Sie Klage ift abgeroiefen roorben, oom Berufungsgericht 
aus folgenben 

© r ü n b e n : 

Sarin, bah ber ©bemann ber Bett, uon ber Verfid)e= 
rungSgefettfchaft ©ermania gegen ein Verfpredjen fährticher 
Brämienjahlung bie 2lu§jaf)tung einer BerfidjerungSfumme 
oon 5000 9Jif. an feine ©hefrau für ben fyatt, bah ec uor 
bem 10. September 1906 fterben follte, fid) h fl t oerfpredjen 
taffen, fanti man eine unentgeltliche Verfügung beSfetben ju 
©unften feiner ©hefrau atlerbingS finben, fofern er ihr t)ie-- 
mit, ohne red)ttid)e Vötigung unb ohne ein ©ntgett ju er* 
hatten, einen, roenn aud) btoh bebingten unb für ihn frei 
roiberruflidjen 2tnfprud) auf bie VerfidjeruugSfunune oer= 
fdjafft unb burd) .3 UIüe,, buug biefeS 2tnfprud)S baS Vermö= 
gen ber fyrau oermehrt hat. 2tber unter bie burd) § 32 
51.0. für anfechtbar erftärten unentgeltlichen Verfügungen 
tann biefe ^uroenbung beShatb nicht geregnet ioerben, meit 
burd) fie ben ©täubigern beS VtannS fein BefriebigungS= 
mittet entjogen, überhaupt auS feinem Vermögen nichts roeg* 
gegeben roorben ift, fofern nach &er Stuffaffung beS heutigen 


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A. in Gimlfadjen. 


339 


gemeinen 9iedjt§ (mie auch nad) ber be§ 23. ©.23. § 330 unb 
331) ber ber bell, ©fjefrau jugeroenbete 2lnfptudj unmittelbar 
auf ba§ oon ber ©efellfdjaft im 93erfidjerung§o ertrag bem 
©Ijemann abgegebene 23erfpredjen ber fieiftung an ben ihr 
bejeidjneten dritten fid) grünbet , unb nidjt erft oom 9Ser= 
fidjerunggnefjmer auf fie übertragen ober überroiefen, oiet= 
mehr nicht in§ Vermögen be§ leiteten gelangt ift. 2 lnbe= 
rerfeit§ fönnen aber auch bie oom STtann au§ ©tritngen« 
fdjaft§mitteln geleifteten ißrämienjafjlungen nicht ©egenftanb 
ber 2 Infed)tung fein, obroofjl burd) fie feinen ©laubigem 
23efriebigung§mittet entjogen finb, roeil biefe Zahlungen au 
bie ©efellfdjaft unb nidjt an bie 33efl. geleiftet unb audj 
nidjt mittelbar an bie 23efl. gelangt finb. $Die Slnnafjme, 
bafj burdj biefe Zahlungen bie 23efl. mittelbar, nämtidj in 
bem itjr Ijieburd) oerfdjafften Slnfprudj auf bie SSerftdje* 
rungSfumme, bereichert fei, ift im oorliegenben fyall fdjon 
be§ljatb redjtlidj nidjt tjaltbar, roeil biefer 2(nfprudj ber 93efl. 
nidjt erft burdj bie 3 aljtung ber Prämie, fonbern fdjon 
(gegen beren burdj ben 2lbfdjlufj be§ 93erfidjerung§= 

oertragS oerfdjafft roorben ift, fofern nadj § 2—4 ber 2$er= 
fidjerungäbebingungeu bie Zahlung ber Jßrämie nidjt 23orbe= 
bingung für bie ©ntfteljung ber be^eidjneten 3Serpflidjtung 
ber ©efellfdjaft ift, unb bie ©efellfdjaft bejüglicfj ber 2 ln= 
natjme ber ^riiiniensablung audj nidjt al§ SSertreterin ber 
23eflagten, ober al§ „@mpfang§perfon" für biefelbe gelten 
bann, ba fie bie jßrämien in eigenem 9tanien unb für eigene 
Rechnung erroerbett rcill. 2 lber audj nur roirtfdjaftlidj be= 
tradjtet, ift e§ nidjt richtig, bafj bie ißrämienjahtungen burdj 
bie 2 lu§$ahtung ber 33erfidjerung§fumme (ober burdfj ben 2 ln= 
fpvudj auf biefe) ihrem SBert nadj an bie 23eflagte gelangen 
unb beren Vermögen au§ be§ 23erfidjerung§nefjmer§ ÜJtitteln 
bereichern. ®enn ber Ülnfprudj auf bie 23erfidjerung§fumme 
unb beren 2 lu§jaljfung ift, roie gejeigt, oon ber Zahlung 
einer Prämie überhaupt roie auch oon 3 afjl unb ©rüfje ber 
^Srämienleiftungen unabhängig, ba -jroifdjen ber jßrämie unb 
ber 23erfidjerung§fumme ba§ ©röjjeuocrljältuis 51 t beftimmen 

ber SBürttembevg. 9lcd>t3pf(egc. XV. 3. 23 


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340 ©ntfd)eibungen be§ 0berlanbe§gerid)t§. 

ber 3Sitlfür ber ^Beteiligten übertaffen bteibt 1 ), 

6§ fattn bcäfjalb bev in ber ©ntfdjeibung be§ oberften 
£anbe§gerid)t§ für Sägern turnt 13. fJfonember 1885 2 ) bin» 
fidjttict) ber ^rämienteiftung entroicfelten 2lnficf)t nicht beige» 
treten inerben, roic fie benti and) non ber ffcoftrin abgetebnt 
roorben ift *). 

Sind) roenn man baoon aulgebt, bafs bie bei ber ©e= 
feüfdjaft in 9lero»$orf $u ©unften ber beft. C£l)efvau, eoentt. 
bei gemeinfamen St’inbl, non ber Sefl. mit .ßuftimmung ifjre§ 
Stannl — atfo auf ©runb übereinftimmenbeu ffiillenl bei» 
ber ©atten — genommene Sebenlnerfidjerung fein non ber 
@rrungenfd)aft§gemeinfd)aft für ©rrungenfcbaftljroecfe nor» 
genommene! entgeltlidjel 9ied)t§gefcf)üft geroefen unb be§f)aLb 
ber ©rtnerb aul biefem ©efdjäft (ber Stnfprud) auf bie Ser» 
fid)erung§fumme) nicht in bie ©rrungenfd)aftlgefellfd)aft ge» 
fallen fei, nietmehr bie aul beut non ber besagten C£t)efvau 
allein abgefdjtoffenen Serfidjerunglnertrag ihr allein enuad)» 
fene Serpflid)tung jut ißrämienjahlung eine 'oonberfdjulb 
ber grau gebilbet habe, fo märe bod) barin, baff ber ©h e = 
mann biefer @onberfchulb ber ffrau aul gemeinfchaftlidjen 
Mitteln bejahtt h at / eine ber ($h e f rau gemachte unentgelt» 
lid)e 3amenbung aud) bejüglid) ber |>älfte bei Setragl nur 
bann ju finbeit, tnenn feftftiinbe, baf) er hiebei ton ber 21b» 
ficht geleitet geroefen fei, bie ©befrau ju bereidiern, b. 1). 
für biefe 3 a hturtg einen ©rfat) non ihr tüdjt ju forbern; 
bas fann aber, ba ffreigebigfeiten aud) unter ©begatten nicf)t 
ju nermuten ftnb, nicht ohne roeiterel angenommen inerben, 

1) ©eichlger. (Sntfd). ©b. 3, S. 106 unb bort angeführte. 

2) ©ei ©euffertS 9lrcf)i», ©b. 41 STlvo . 138 3. 213. 

3) öeIIiuig, ©ertrage auf Seiftung an dritte, 3. 338 ff., 
3. 366 ff.; Säger, Som. jut Sonf.»Drbg. 3. 264, 3lnm. 27/28 ju 
§ 32 ; ©eterfen=SHein feiler, fiont.=Drbg. , 4. 2lufl., 3. 181 
unten. Xas Urteil bei 0berlanbe§gericf)to Treiben oom 12. ®ejbr. 
1894 — ülnnalen non D. St I e in m, ©b. 16 3. 176 ff. — beruht auf 
ber befonbereit ©eftimmung t>e§ fachfifdjen ©.©.©. § 853 ff. unb hat 
bie hier norliegcnbe «frage ber ©nfechtbarfeit ber ©rämi e n jahtung 
nicht entfchieben. 


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A. in (SiuUfacfyen. 


341 


oielmefyr erfdjeint eS al§ ba§ s Jläf)erliegenbe anjunei)men, 
ba§ ber ©bemann tninbeften§ für beu galt, bajj bie $rau 
fiel) öorbef) alten haben follte, über bert SSerficberungSanfprud} 
ober über bie an fie jur 2lu8jat)lung gelattgenbe 5ßerfid)e= 
runggfumme ju ihren ©onberatoeden ju oerfügen, feinerfeit§ 
firf) oorbef)iett, für ben an beit geilten ißräntiengelbern ifjn 
felber treffenben Sinteit oon ber ©fjefran au§ it>rem ©on= 
bergut ©rfatj ju oerlangen, besio. bei einer 21u§einanber= 
fetjung ber ©emeinfd)aft ihr biefen Slnteil aufäuredjnen. @tel)t 
aber fjienad) jebenfall§ nicht feft, baff bei ber Gablung ber 
fraglidjen Prämie ber oerftorbene (Seemann bie 21bfid)t funk* 
gegeben habe, für biefe 3 Q blung ©rfatj nid)t ju oerlangen, 
fo faitn bie Seiftung biefer Gablung nidjt at§ eine ju ©un= 
ften ber Jrau gemachte unentgeltliche Verfügung im ©inne 
be§ § 32 $onf.=Orb. gelten, uitb ift be§t)alb ber auf biefen 
©runb geftü^te Stnfprud) be§ SHägerS auf 9}üdgemäl)r biefer 
^a^luitg nid)t begrünbet. 

Urteil be§ I. ©ioilfenat§ oont 16. 9Jiai 1902 i. <S. 

©ffer’fdje ftonhtr§maffe g. ©ff er. 


44. 

J. JTnpt brr jrarrluieljljaltmuT als rittr mit rittrm |trnl= 
grmrinbrrrrijt nerknitpftr aber als rittr mtirr bns 
lftatuplrrla|lrnigrrrfe fallende fall ? 

2. $Uann i|t bttrdj rittr lUngünbrrnng bir Prrtribignug 
brs Ürkl. „rotfrntlidj rrfrltmeri“? 

21uf bent aus beftinunten ©üterftiiden im ©efamtmefj* 
geljalt oon 13 4 / 8 SJlorgen fid) jufammenfebenben, ju ber 
Sliarfung ber bef'l. ©emeinbe gehörigen fog. SBibbumgute, 
roeld)e§ im ungeteilten Sftiteigentum ber beiben Ätr. fleht, 
ruht bie Saft ber gafeloiebbaltung für bie betl. ©emeinbe. 

3)iefe§ SBibbumgut batte 1t. Sagerbud) oon 1711, toie 
unter ben Parteien nid)t beftritten ift, einft ber ißfarrei SB. 

23* 


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342 ©ntfcfjeibungen bes? Dber[anbe§gcricf)t§. 

ober ber geiftlicben SSertoaltung ©., gehört, unb war „ge= 
mcinigticf) einem ^nroofjner beS gled'enS SB. auf brei 3al)r 
lang, mit angebingter öeffcrung, bie britte ober oierte ©arbe 
auf bem fyetb barauS ju geben" unb gegen bie SSerpflictjtung 
„ben $lecfen SB. mit bem ^afeloieb, nämlich einem Darren 
unb einem ©ber nach alter Stotburft ju empfaben", oerlieben 
rooröen. St. SieoerSbrief oon 1580 mürbe baS ©nt an St. 
$b- in SB. um 190 fl. oerfaitft unb oon bem Käufer für 
fid>, „feine ©rben unb 9!ad)fommen ober Inhabern ber ®ü= 
ter" bie SSerpflicfjtung übernommen, „fürobin ju eroigen $ei= 
ten" neben ©ntridjtung ber gemöbnlidjen ©teuer unb S3eetb 
unb ben orbentlidjen Ahnten „baS *yafeloieb ohne Ätag ju 
erbalten unb 31 t oerfeben“. — 

®ie Kläger haben bei bem Sanbgcridjt $. Silage auf 
^eftftellung babin erhoben, ba£ bie bejeidbnete gafetoieblaft 
realgemeinbered)tlid)er Statur fei unb ber Slblöfitng gernäfi 
bem ©efeße oom 27. Stoobr. 1900 unterliege; in ber münb= 
lieben 2 $erbanblung haben fte ben eoentueUen Eintrag beige= 
fügt, bie genannte Saft als nad) bem ©efeße oom 19. Slpril 
1865 ablösbar 31 t erflären. ®ie Parteien maren jmar einig 
barüber, bafj bie Saft eine Steallaft fei; oon ber S3efl. mürbe 
jeboef) Slbroeifung beiber ©efuebe, gegen beren letzteres ju^ 
nädbft bie ©inrebe ber Stlageänberung erhoben morben mar, 
beantragt, inbent ba§ oon ben Äln. behauptete gutreffen ber 
SSorauSfetjungen be§ einen ober beS anbern ber beiben be= 
jeiebneteu ©efeße beftritten mürbe. 

$aS Sanbgeridjt bat ba§ in evfter Sinie geftellte ©e= 
fud) für unbegrünbet erachtet, in bem eoentueU geftellten ©e- 
fudje eine Älagänberung gefutiben unb biefe gemäß § 264 
©.'fS.D. nicht jugelaffen, bemgemäfj bie Stlage abgeroiefen. 

Sluf bie Berufung ber Stlr. ift nach ihrem in jroeiter 
Sinie geftellten Slntrag erfannt morben aus folgenben 
© r ün b e n : 

2)ie ftreitigen 2lnfprüd)e fmb gemäfj 3lrt. 113. 164 ©.©. 
3 . S3.©.S5. ttad) SanbeSredjt 3 U beurteilen. ®ie 3 u ftänbigfeit 
ber bürgerlichen ©eridjte ergibt fid) aus 2lrt. 45 ©ef. oom 


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A. in Giüiifadjen. 


343 


28. 9too. 1900 betr. bie 2lf>löfung her Stealgemeinberecfjte 
unb ähnlicher Diecfjte unb aui 2lrt. 12 ©ef. oom 19. 2tpvil 
1865 betr. bie 2lblöfung »on Seiftungen für öffentlidje 
3n>ede. 

1. 9tad) 9lrt. 1 Stbf. 1 ©ef. u. 28. ffton. 1900 unterliegen 
ber Slblöfung bie mit 9tealgemeinbered)ten ober ähnlichen 
Siebten ali bleibenbe Saft oerfnüpften prioatredjtlidjen 93er= 
binblidjfeiten ju Seiftungen für öffentliche .ßroede. 

llnftreitig ruht auf ben, unter bem 9tamen „SBibbum* 
gut" jufammengefajjten gegenroärtig im ©igentum ber Kit. 
ftefjenbeu Siegenfd)aften bie Saft ber fjafeloiefjtialtnng, bie 
Verpflichtung, bie befl. ©emeinbe mit einem ffarren unb einem 
©ber $u oerfeljen. 3lud) barüber finb bie Parteien mit 9ted)t 
einig, bafj biefe SJerbinblidjfeit ali auf unroiberruflid) mie= 
berfetjrenbe, bem jeroeiligen Inhaber ber Siegenfchaften ob= 
liegenben Seiftungen geridftet, eine ju ©unftett ber ©emeinbe 
beftetjenbe 9teallaft barfteUt, m. a. SB. bafj jene Seiftungen 
nic^t blofj 2luifluf? einei noch fortbauernben, roedjfelfeitigen 
obligatorifchen SSerh ä ttniff e§ finb, wai fie oorbem, jur 3eit 
ber Verpadjtung bei in Siebe ftehenben SSibbumgutei ber 
Pfarrei SK. geroefen fein mögen. @i tann ferner einem 
3n>eifel nidjt unterliegen, bafs ei ftd) h^bei um auf einer 
prioatrechttidjen Verpflichtung beruhenbe, einem öffentlichen 
^mede, nämtid) ber ©rhaltung unb fförberung ber Viehzucht, 
bienenbe Seiftungen haubelt 1 ). 

dagegen ift nid)t ber entferntefte Slnhattipunft bafür 
üorhanben, bafj biefe Saft mit einem 9tealgemeinbered)t ober 
einem ähnlichen 9iecf)t oerfniipft roäre. @i ift unter ben 
Parteien bie aui bem in Slbfcfjrift oorliegcnben „Steoeri" 
unb Sluijug aui bem Sagerbudf oon 1711 ju entnehmenbe 

1) 2. fiommiffumäberidjt junt ©ntu>. b. ©ef. com 19. 2lpril 1865 
im 1. Seil =S3anb, 3 21bt„ ber Serf). b. Ä. b. 2lbg. 1862/65, ©. 2059 ; 
2J(ot. bei ©ef. oom 28. 'Jiou. 1900 im 2. SeiGSanb ber Sleri). b. St. 
ö. 21b g. 1899, ®. 56. 58; Stom.=Ser. im 3. 23eil.= Sanb 1899/1900, 
<$. 694; SH ö m er, ÜHanusfr. bei SBürtt. 'fkibatrechti § 113, I 2; 
C5 t e i n () e i (, Si'omptej:Iaften521blöf.=®ef. ©. 41. 


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344 ©ntfdjeibungen be§ Cberlanbeigeridjte. 

Satfadje aufjer (Streit, baff ba§ gegenmärtig im Eigentum 
bev Ätr. fteJjenbe „SBibbumgut" einft ber Pfarrei 3B. ge= 
t)örte unb non biefer je auf einige $ahre gegen bie 93er= 
pflidjtung, gemiffe Zehnten p geben unb ba§ ,3ud)toieh fü* 
ben fyletfen 2S. ju unterhalten, oerliehen mürbe, bi§ e§ im 
$at)re 1580 an ft. $h- unter 21nbebingung ber gafeloiehlaft 
oertauft roorben ift. Unter „SSibbumgütera" „bona dotalia“ 
finb (Sitter p oerfteljen, meldje „ben ftlöftern, Stiften, Äir= 
cf)en ic. pr $rautgabe, dos getoibmet nnb übergeben mur= 
ben". „Siefelben mnrben hernachmalä teils al§ eigene ©ii= 
ter beibehalten unb entmeber ben ©etftlidjen unb (Beamten 
p iöefotbungggüteru überlaffen ober felbft oenoaltet ober 
oertiehen, teils aber aud) halb al§ ©rb= halb al3 Jyallleben 
— unb jtoar regelmäßig mit ber (Verpflichtung be§ $ud)t= 
oieh§ p halten — hingegeben: teils oerfauft unb nur ein ge= 
miffer _3in§ barauf gelegt“'). @3 mar alfo ftirdfengut, roeU 
d)e§ an ft. Sh- oerfauft mürbe unb bei beffett (Veräußerung 
bie Saft, ba§ ^afeloief) p halten, al§ (Reallaft oorbehalten 
mürbe 2 ). |)iernad) hanbelt e§ fich um eine Saft, melche auf 
einem ©ute ruht, ba§ einft einem f'ird)Iidjen Subjeft geroib= 
met unb fpäter au§ beffen ©igentum in baS ©igentum eine§ (ßri= 
oatmanns übertragen morben ift, auf einem ©ute hinfid)tlich 
beffen irgenb melche (Begehungen p einem tealgemeinberecf)tli= 
dien (Verbanb überall nicht p erfehen finb. ©benforoettig lägt 
fiel) ba§ belaftete ©igentum al§ ein ben iHealgemeinberect)ten 
ähntidjeS 9tecf)t im Sinn be§ 3lrt. 1 ©ef. oom 25. 9too. 
1900 betrachten; bettu, roie ben SHotioen p biefem ©efetp 
unb bem mit benfelbeit übereinftimmenben ftomntiffion§be= 
ridite 4 ) p entnehmen, finb unter „9iealgemeinbered)ten äf)u= 
lid)en (Hechten" realgemeinbered)tlid)e, jeboef) nicht au§ ber 
alten 9Harfgenoffenfd)aft heroorgegangenc 9tutpng§red)te unb 


1) § o d) ft et ter, Sßefdjreibung oon öcm geifttidjeu Wut im 
§erjogtum Württemberg. SDlanuSfr. II. Seil, 4 &ap. § 2 S. 192. 

2) 9lei)fd)er, Württ. 'ßrit>atred)t I. § 256. 

3> 91. a. D. S. 57. 

4) 91. a. D. S. 695. 


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A. in ßiüilfncfjcu. 


345 


fouftige, einzelnen OrtSeinwohnern eingeräumte befonbere 
9tecf)te auf eine höhere SEeilnalpne an ben ©emeinbenußutigen, 
fog. ©emeinberedhte 511 oerftehen. 

$ällt fomit bie in fRebe ftefjenbe Haft nicht unter bie 
ber Slblöfung nad) bent oben genannten ©efeße unterliegen- 
ben Seiftungen, fo erfcfjeint bagegen nicht jmeifethaft, baß 
fie ju benjenigen Saften gehört, auf weldje fid) baS Kompler» 
iaftengefeß beliebt. 9tad) 2lrt. 1 9tbf. 1 biefeS ©efe^es: um 
terliegen ber Ülblöfung Seiftungen für öffentliche ßroecfe, 
weldje mit bem Vefiße einjelner ober oerbunbener 93ermö= 
genSgegenftänbe als bleibenbe Saft oerfuüpft unb nicht in 
ben heutigen ftaatSrechtlichen Vert)ältniffen begrünbet finb; 
bie in 2lbf. 2 beftimmten 2lu§nahmen fommett nicht mehr in 
grage. 9)ad) bem oben bemerkten liegt hier eine auf bem 
Söibbumgut ruhenbe iJieallaft oor, welche als foldje unter 
baS ©efeß fällt 1 ); baß fie, wie feiteitS ber 23efl. behauptet 
roirb, auf einem „Vermögensinbegriff ober bem Vrudjteil 
eines folchen" ruhen muffe, forbert baS ©efeß nad) feinem 
flaren äßortlaut nicht; übrigens ift ja im oorliegenben jyall 
biefclbe auf ben ju bem SEBibbumgut »erbunbenett ®üter= 
fomplej gelegt, ©ie enthält ferner, roie ebenfalls fd)on ge- 
fügt, bie Verpflichtung ju Seiftungen für einen öffentlichen 
$wecf, woran natürlich nicht, wie Vefl. geltenb macht, ber 
Umftanb etwas änbert, baß mit ben Seiftungen einer prioat* 
rechtlichen Verbinblicf)feit ©enüge getan wirb, ©üblich h an; 
beit eS fid) um Seiftungen, bie nicht in ben heutigen ftaatS* 
rechtlichen Verhältniffen begrünbet finb. Qnbent bie fttr. 
oermöge ihres ©igentumS an bem SBibbumgute als eine bei 
beffeit Grwerbung burch ihren VedjtSoorgänger auf baSfelbe 
gelegte Saft baS fyafelotef) für bie befl. ©emeinbe ju halten 
unb ju unterhalten hüben, liegt ihnen eine Seiftung öffentlich 5 
rechtlicher 2lrt ob, für welche nad) ©ntwidlung ber öffentlich 5 
rechtlichen Verhältniffen in ber ©egenwart bie ©emeinbe als 
foldje ju forgen h°t ; in ben heutigen ftaatSred)tlicf)en Ver 5 
hältniffen ift ein VecfjtSgrunb nicht ju finben, auS weldjem 
1 ) Steinbeil, «. a. D. <5. 66 VTI. 3tbf. 2. 


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346 ©ntfcfjeibuitgen be§ Dberlanbe§gerid)t§. 

bie bev ©emeinbe obliegettbe gürforge für bie 9Siet)jud)t in 
ber f)ier in Siebe ftetjenben Sitdjtung einem fßrioatmann über» 
haupt unb iitSbefonbere ben ftltt. aufgebürbet werben fönnte r ). 
hiernach ftnb fänttlidje 93orau§fehungen ber 3tblö§barfeit ber 
i?aft nad) bem ©efeße com 19. Slpril 1865 gegeben; uner» 
beblict) ift, baff, wie für bie 53efl. geltenb gentadjt ift, bie 
ft'lr. fid) geroeigert haben, auf bem SBege be§ 9lrt. 19 be§ 
©efc^eS burd) Abtretung ber belüfteten ©runbftüde fid) ihrer 
Sßerbinblidjfeiten ju entlebigen. 

®ie 93efl. bat nun allerbingS in I. Önftanj fdjon oor 
ber ©intaffung auf ba§ erft in ber münbltcben 93erl)anblung 
in ^weiter Sinte geftetlte ©efud), bie Saft als nad) bem eben 
bejeicbneten ©efetje ablösbar ju ertlären, geltenb gemacht, 
baff btefeS ©efud) eine Sflageänberuttg enthalte. Sillein wenn 
biefer ©inmanb aud) rid)tig fein mag, fo lag unb liegt bod) 
nach § 264 fein ©runb oor, bie Mageättberung nicht 

jujulaffett. @S fann nid)t pgegeben werben, bah burd) 
biefelbe bie SSerteibigung ber 93efl. wefentlid) erfd)wert werbe. 
3-ür bie 3*age, ob bieS jutrifft, fann nicht entfd)eibenb fein, 
bah bie ursprüngliche Ätage unbegrünbet, bie geänberte 
begrünbet, bie SSerteibigung gegen let)tere auSficf)tSlo§ 
ift; beim eine SBerbefferung ber Söegrünbung beS erf)o= 
betten 'llnfprudjS ober bie ©rfeßung beS ursprünglichen burd) 
einen beffer begrünbeten 2lnfprud) wirb bie f^lageänberung 
wohl ftetS in ftd) fchliehett. ©ie wirb regelmäßig aud) eine 
ocränberte Skrteibiguug erforbern. ^m oorliegenben galt 
ift bie letztere aber ttid)t einmal in eine gattj attbere Stich» 
tung gebrängt worben, fofern beibe Slagattfprüd)e unter ftd) 
nahe uevwanbten Sied)tSgebieten angel)örett. 2>aju fommt, 
bah bie ihnen ju ©rttttbe gelegten Satfadjen ibentifcf) unb 
burd)auS unbeftritten ftnb. 2)ie 93efl. h Q t ftd) tton oorn» 

1) 3 U »ergt. ©ef. betr. bie ffarrenljaltung oom 16. ^uni 1882 
nebft ©tot. in 1. Seil.»39anb ber S8erf>. b. St. b. 9(bg. 1880/82, S. 435 ff. 
u. ©ef. beSfelben betreffs uom 24. ©tai 1897 nebft ©tot. in 5. Seit.» 
Sanb ber Sert)- ber JÜ. b. 2(t>g. 1895/97, ®. 129 ff. unb ® teinbeit, 
a. a. D. @. 69 ff. 


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A. in Giuilfndjcti. 


347 


herein barauf befdjränft, bie 3lnwenbbarfeit beS einen ober 
anbern 2lbiöfnng§gefe^e§ in 2lbrebe ju jiefjett, unb aud) ge* 
geniiber bent abgeänberten Klaganfprud) bie 2lbfid)t, weiteres 
tatfäcfjlidjeS 2Jiaterial beijubringen, niemals ju erfennen ge* 
geben. 2>aS 3utreffen bev BorauSfehungen beS Kompler* 
laftenablöfungSgefeljeS ju prüfen, fann, roenn eS je nid)t 
fdjon oon oorntjerein gefd)el)en fein follte, al§ eine unbillige 
ober fcfjwierige Zumutung an bie Befl. um fo weniger be* 
trad)tet werben, als Ijiefür bem Borbringen ber Partei ma^ 
gebenbe Bebeutnng nicht jufommt, fonbem bie Beurteilung 
oon ©eiten beS 9ficf)terS entfefjeibet. ®en Berluft einer Qn* 
ftanj, welchen bie Bell, geltenb ntad)t, l>at fie ihrem eigenen 
Bertolten jujufdjreiben. .jpienad) war fein Bebenfen ju tra* 
gen, bie in jweiter Sinie erhobene Klage ^ujulaffen unb fo= 
fort über biefelbe ju entfdjeiben. 

Urteil beS jweiten ©ioitfenatS oont 10. 2(pril 1902 
i. S. Sägler g. ©emeinbe SBeiter. 


45. 

Jmit Ergriff brr mtjuläfftgett filagäubrrnng. 

Sie auf Bejablung oon getauften Kleibern gerichtete 
Klage war urfprünglid) auf bie Behauptung geftütd, ber 
Bater ber jur 3eit beS Kaufs niinberjätirigen Befl. , einer 
©djaufpielerin, höbe bie Käufe genehmigt; im BerufungSuer* 
fahren niadjte fobann Klin. weiter geltenb: Befl. fetbft habe 
nad) erlangter Bolljährigfeit bie Käufe genehmigt, lieber 
bie §rage, ob bie hiegegen oorgefchühte ©inrebe ber Klag* 
änberung begrünbet fei, fagen bie 
© r ü n b e : 

@S hönbelt fid) um bie grage ber Slenberung beS Klage* 
grunbS. ©ine foldje liegt oor, wenn bie tatfäd)lid)en ©runb* 
lagen beS mit ber Klage — unb jwar für bie BerufungS* 
inftanj, wie fie fid) am ©d)luffe ber ntünblichen Berhanblung 
I. $nftan$ geftaltet hatte — geltenb gemad)ten BerijtSoer* 


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348 ©ntfdjeibungen be§ OberlanbeSgevidjtg. 

t)ältniffe§ in wefentlid)en fünften oeränbert werben. Grunb* 
läge ber Klage finb einmal bie mit ber Vefl. gefctjloffenen 
Kaufoerträge. 3)a fie aber roegcti ber SUinberjätirigfeit ber 
SBetl. jur bes 2 lbfcf)luffe§ für fiel) allein ben Anfprud) 
auf Erfüllung gegen bie Vefl. nidjt erzeugten, fo bilbete bie 
bie SOSirff amfeit ber gefd)loffenen Verträge gefet)lid) bebingenbe 
£atfad)e eine weitere für bie Vegrüttbung ber Klage not* 
roenbige Vefjauptung; bie Genehmigung burd) ben gefetj* 
Iid)en Vertreter unb biejenige burd) bie oolljäbrig geworbene 
SBefl. finb aber jmei oerfdjiebene, in feinem ßu)ammenbang 
mit einattber ftefjenbe $atfad)en. 3lnbererfeit§ fommt jcbocf) 
in Vetradjt: bie Genehmigung ber Verträge hatte nur ein* 
mal 311 erfolgen: währenb ber -jJlinberjährigfeit burd) ben 
gefef)lid)en Vertreter, mit Gintritt ber oollen Gefchäft§fäf)ig= 
feit burd) ben Kontrahenten felbft, ber nun gemiffenermaffen 
an bie Stelle feines* ehemaligen gefehlten Vertreter» ge* 
treten ift. So wirb nunmehr oon bem Klr. im Grunbe 
nid)t§ anberes? geltenb gemadjt, als* ein anberer 3 e itpunt't 
be§ Vecf)t§afte§, weldjer ben Verträgen SBirffamfeit oerliehen 
hat, unb infofern ift bcjüglid) be§ wesentlichen 3lfte§ ber 
Genehmigung nur eine unwefentlidje Vlobififation ber Klage* 
begrünbung eingetreten — uuwefentlid) aud) infofern, al§ 
bie $nbioibualität be§ Klagaufprud)3 unberührt geblieben 
ift. 3Bentx besljalb ba§ Vorliegen einer Klagänberung oer* 
neint unb eine innerhalb ber Grenzen be§ § 268 2lbf. 1 
9fro. 1 G.V-O. fid) haltenbe Abweichung oon ber urfprüng* 
lid)en Klagebegrünbung angenommen wirb, fo erfcheint ba§ 
bei biefer fyrage int Qntereffe ber Vermeibung einer unnöti* 
gen Vermehrung ber VfSrojeffe bem iKid)ter juftehenbe Gr* 
meffen nicht al§ über) dritten. 

Urteil be§ 11. Gioilfenat§ 00 m 29. SDejember 1902 i. S. 

Vre§lauer g. Gerebovf. 


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A. in Gimtfacßen. 


349 


46. 

Ihm« mwnm btt J.lrnjefiliolh'n mit ber Urgrünbung 
«erlangt werben, bie unterlegene |3nriei Ijabe in frijlnf 5 
ftger greife tnträdjlidj auf (Einlegung eines geißts* 
mittels uerjirijteH 

$ie fyrage ift Derneint worben anS folgenben 
© r ü ti b e n : 

3) er 2lnfprud) auf ©rftattung bei - ißrojeßfoften t'ann 
nacf) § 104 ber ©.'p.O. nur auf ©runb eines jur AwattgS* 
oollftrecfung geeigneten Titels geltenb gemad)t werben. $oll= 
ftredungStitel bilbett ©nburteile, weldje rectjtsträftig ober für 
oorläußg Dollftrectbar erflärt fitib (§ 704 ber ©.iß.O.). Sie 
Dtecfjtsfraft tritt für Urteile ber CberlanbeSgericßte nidjt oor 
bem 2lblauf ber SteoifionSfrift ein, aud) wenn fie 93ermögenS= 
rechte jum ©egenftanb tjaben uttb bie SieoifionSfumme feßlt, 
weit bie Sieoifion and) gegen biefe Urteile ftattfjaft ift, wenn 
bie SBorauSfeßungen beS § 547 ber ©.$.0. »orliegen, bar= 
über aber, ob biefe jutreffen, auSfdjlicßlid) baS INeniftonS* 
geridjt unb nid)t baS ©erid)t erfter ober jweiter Anftanj 
entfeßeiben barf. Solange aber bie ©inlegung beS 91ed)tS= 
mittels ftatttjaft ift, wirb fdjon burd) bie ©rßebung ber 9te= 
oifton bie 9ied)tStraft beS Urteils gehemmt, bis über bie $u= 
läffigfeit entfd)ieben ift. Siefe fd)on oor ©rlaß ber 3tooelle 
oom 17. SOtai 1898 in ber 9ied)tfpred)ung oorßerrfeßenbe 
2lnfid)t ift burd) bie Einfügung beS § 711 ber ©.ip.0. als 
bem SBiHett beS ©efeßgeberS entfprecßenb außer Aweifel 
geftellt. 

Sem 2lblauf ber 9iotfrift fteßt in ber SBirtung gleid) 
ber nad) ber S3erfünbung ertlärte Sßerjicßt auf baS 9ied)tS= 
mittel, aber nur ber 'Sersicßt, welcher auSbrütflicß, nad) ber 
Storni projeßredjtlicßer ^anblungen, fei eS in ber münblidjcn 
Slerßattblung, fei eS burd) Aufteilung eines ©cßriftfaßeS, bem 
©egtter gegenüber erflärt ift. ©in bloß aus ben Uniftänben 


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350 


(Sntfcfjeibungen bes Dberlanbe§gerid)t#. 


gu folgernber, ftillfd)roeigenb ober burd) fdjlüffige .Jpanblungen 
funbgegebener 93erjicf)t fann nidjt beachtet roerbeit. 2)a§ folgt 
au# ber @ntftel)ung#gefd)id)te be§ § 514 (ug{. mit § 566) 
ber Güß.0.: ber in bie (Entroürfe aufgenommene $8eifat>: 
„bie 93erjicf)tleiftung fann burd) ßanblungen erfolgen, au# 
benen bie 2lbfid)t folgt, ba§ Urteil nid)t anfecfiten ju roollen", 
mürbe in ber Quftijfommiffion geftridjen, „ba anbernfatl# 
über bie ft-tage, ob auf bie Berufung burd) fonflubente 
$anblungen oergid)tet roorben fei, ein neuer (Streit entfielen 
fönnte." 

(Einen in ber begegneten gorm erflärten 93ergicf)t f)at 
bie Slin. nid)t bargetan, unb e# bebarf be#f)alb feiner ißrü* 
fung, ob ba§ oon ber Slin. behauptete 3Serl)alten be§ $8efl. 
für bie 3fnnaf)me eines 23ergid)t# fdjlüffig erfdjeinen mürbe. 

®a fjienad) bie 3ted)t§fraft be§ Urteils feiten# ber Slin. 
tüd)t nadjgemiefen roorben ift, fo f)at bie (Eioilfammer mit 
diedjt ben beantragten Softenfeftfet)nng#befd)lufj abgelehnt. 

93efd)tufj be# I. (Eioilfenat# oom 30. Januar 1903 i. ©. 

Sinbenberger g. ^litfcf). 


47. 

3ulüf]igkfit bes i^edjtsmfgs. 

Slin. h fl t nm 31. 9Jlai 1891 oon 3- ei' 1 /puu# in ber 
Saiferftraffe in Feudingen getauft. 3iff- 4 be# Saufoertrag# 
lautet: „Ser Käuferin roirb ba# binglidje 9ied)t eingeräumt, 
ben 21b= unb Zugang unb bie 2lb= unb Anfahrt über ben* 
jenigen Seil be# |)ofraum§ be§ 93erfäufer§" (ber $arg. 855/1) 
„gu neunten, roeld)er feiner 3eit gur ^erftellung ber Saifer* 
ftrafje gu oermenben ift. (Sine (Entfdjäbigung hiefür an ben 
Üöerfäufer ift nid)t ju befahlen unb ift berfelbe nod) oer= 
pflichtet, biefe# ©trafjenftüd in ftet# gutem unb fahrbarem 
3uftanbe auf feine Soften gu unterhalten." lieber biefen 
Vertrag ift gerichtlich erfannt unb bie Sienftbarfeit ift im 
©eroitutenbud) eingetragen roorben. 3)1 it Saufoertrag oom 


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A. in Gü>ilfadf)en. 


351 


28. Hftärj 1899 fjat bie bettagte ©tabtgemeinbe bie betaftete 
Parjelle 855/1 oon 3. erworben; bie Slaiferftrafje würbe in 
ber ^otge auf ber ©trecfe, an ber fid) ba§ -£>au§ ber Sllä* 
gerin befinbet, ort§bauplamnäf)ig angetegt unb ^ie^u aud) 
ber in ber ©traffenfludjt faltenbe £eil ber parjelle 855/1 
oerwenbet. Seit, beanfprudft nun non ber Silin. einen 
©trafjenbaubeitrag non 345 9Jt., fei e§ — wie Vefl. be= 
Rauptet — lebigtid) al§ ©rfah be§ 2tufroanb§ für @rwer= 
bung ber jur ©trafje nötigen ©runbflädje ober — wie Silin, 
behauptet — aud) al§ ©rfatj beS 91ufwanb§ für bie planie* 
rung; ber 2lnfprucf) ftütjt fidE) auf 21rt. 15 2Ibf. 1 ber s Jieuen 
2lllgem. Vauorbnung nom 6. Oftober 1872 unb § 3 be§ 
SReuttinger Ort3bauftatut§, beffen erfter ©at) lautet: „Vei 
ber Anlegung einer neuen ober bei ber Verlängerung einer 
beftefienben Vauftrafje ift ber Slufwanb für bie (Erwerbung 
ber jur ©trafje notwenbigen ©runbflädje unb für bie pia= 
nierung oon ben angrenjenben ©igentümern ju tragen ober 
ju erfetjen, fobalb auf ifjren ©vunbftücfen ©ebäube errichtet 
werben", unb jwar nad) einem in ben folgenben ©ät)en an= 
gegebenen Verteilung§mafjftab. 

Klägerin tjält fid) nicfjt für oerpflidjtet, ben geforberten 
Veitrag ju bejahten unb £)at beantragt, feftjuftetlen, bafj 
Vefl. nid)t berechtigt fei, bie it)r burd) ben Slnfauf be§ 
©runbftücfä Parj. 855/1 unb burd) beffen Planierung al§ 
©trajje erwatfjfenen 3lu§lagen oon ber Min. erfetjt ju oer= 
langen. ®ie Silage ift wegen Unjuläffigfeit be§ 9tecf)t3weg§ 
abgewiefeit worben, »om Verufung§gerid)t au§ folgenben 
© r ii n b e n : 

3)er Sllagantrag geljt auf bie ffeftftellung , baff Veit. 
nid)t berechtigt fei, bie if)r burd) ben Slnfauf be§ ®runbftücf§ 
parj. 855/1 unb burd) beffen planierung al? ©trafje er= 
wadjfenen 3lu§tagen (bi§ jum Vetrag non 345 S M.) oon ber 
Silin. erfetjt ju oerlangen, ©treitgegenftanb ift alfo biefer 
©rfatjanfprud) ber Vet'l., nid)t etwa ba§ (priuat=)9{ecf)t ber 
Silin., jufolge beffen fte biefen ©rfatjanfprucf) für uubegrütibet 
hält. $enn für bie ftrage ber ^uläffigfeit be§ 91ed)t§meg§ 


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352 (Sntfcfjeibungett be§ Dbertanbe§gerid)t§. 

ift e§ gleichgültig, ob ber fraglidje ©rfatjanfprucf) im 3Beg 
ber Silage oon bent angeblich berechtigten geltenb gemacht 
wirb, ober ob ber angeblich Verpflichtete im 3Seg ber nega* 
tioen 5eftfteHung§flage ben 2lu§fprucf) «erlangt, ber (Srfalf* 
anfprud) fei nnbegrünbet; oon ber ,3ufälligfeit, melcher bie= 
fer 9Bege eingefdflageu roirb, fann bie @ntfcf)eibung über 
bie buläffigfeit be§ Ve<ht§roeg§ nid)t abl)ängen, für bie in 
beiben fällen gatij bie gleichen Satfadjen unb rechtlichen 
©efid)t§pnnfte mafjgebenb finb *). 

2)er auf 2lrt. 15 2lbf. 1 ber Slllgem. bauorbnung unb 
ba§ £)rt§bauftatut frei) ftütjenbe Gcrfatjanfprud) ber befl. tour* 
jclt aber ohne Jfrage im öffentlichen s Jted)t unb ju feiner 
©ntfeheibung finb bie Vermaltung§gerid)te berufen; f. Slrt. 10 
3iff. 7 be§ bermaltung§recht§pflegegefehe§ oom 16. ^ejember 
1876, monad) uor bie Verroaltung§gerid)te gehören Streitig* 
feiten, bie betreffen „bie beijichung ju Abgaben, ju beiträ* 
gen ober fonftigen Seiftungen für öffentliche .gtöecfe bet ©e= 
meinbe — , fomeit nidjt eine prioatredftlidje Verbinblicfffeit 
in f^rage fleht" 2 ). 

SBentt Min. eine ©inrebe gegen biefen ohne 5 ra 9 e ber 
3uftänbigfeit ber Verroaltung3gerid)te unterroorfenen Gcrfat}* 
anfpruch barauf ftütjen roill, baff befl. jufolge prioatrecht--- 
liefjer Verpflichtung ihr gegenüber ohnehin oerbunben geroefen 
fei, bie ^arj. 855/1 in ben jetzigen $ u ftanb ju oerfet}en ober 
barin ju erhalten, fo oerntag biefe (Sintebe an ber Statur 
be§ ben ©treitgegenftanb bilbettbeu @rfahanfptud)§ ber befl. 
unb be^hfttb aud) au ber 3 u ftänbigfeit ber Verroaltung§ge* 
richte jur (Sntfcheibung über biefen (Srfahanfprud) nid)t§ ju 
änbern. ®enn nid)t bie ®ienftbarfeit§berechtigung ber Mä* 
gerin, traft beren fic ben ©rfahanfprud) ber befl. abjulehnen 
fid) für berechtigt hält, bilbet ben ©treitgegenftanb : roürbe 
feftgeftellt (roa§ ja gar nicht beftritten ift), baf? biefe§ ®ienft* 
barfeit§red)t gegenüber ber befl. befte()t, fo märe bamit bie 

1) $8gl. SBürtt. Qatjrb. Söb. 8, ©.317 Slbf. 3 «. arg. @aupp=@tcin 
4. Stuft. 9lmn. IV, 2 a u. 5 ju § 256 (S.'fS.O. 

2) ®gt. I)ic 3 it V '-8- SBürtt. 3at)rb. Söb.3, ©.355 ff. 


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A. in (Sioitfadjeu. 


353 


im gegenwärtigen Sßroäefj ftreitige $rage nod) in feiner ©Seife 
entfd)ieben, nämlid) bie $rage, welchen ©inflttji bic beftehenbe 
$ienftbarfeitgpflid)t ber ©eff. auf beven im öffentlichen Red)t 
begrünbeten Slnfprud) auf einen ©trafjenfoftenb eitrag ber 
ft'lin. hot ! hierüber f)ftt aber ber ©erwaltungg ricfjter 
in gleicher ©Seife ju entfcfjeiben roie über fonftige ©intoen* 
bungen, bie einem ©ttfprud) auf Seiftung eineg berartigen 
©traffenfoftenbeitragg entgegengefetjt roerben ’). 

©Sie fd)on bemerft, ift bie ©erbinblidjfeit gut Seiftung 
folcfjer ©eiträge feine prioatrecf)tlid)e; bie 9tu§nahme ber 
angeführten ^iff- 7 beg 2lrt. 10 beg ©efetjeg uom 16. ®e= 
gember 1876 („foweit nicht eine priuatrecf)tlid)e ©erbittblid)* 
feit in $rage fteht'') greift fomit nicht ffSlat). ©fit Unrecht 
nimmt bie ©ioilfamnter an, biefe Sfugnahme fei „nicf)t ep* 
flufiu" aufgufaffen, eg fei nicht auggefd)toffen, baff „ber ©treit 
über bie ©eijiehung gu Abgaben u. f. w. auch nod) aug an* 
bern ©riinben öen ©harafter eineg s }Srioatred)tgftreitg an* 
nehmen fönne". Siefe 2lnfid)t fteht mit beut ©Sortlaut unb 
©inn ber einfd)fägigen ©efehegbeftimmung nicht im ©inffang. 
©Senn ber angeführte Ulrt. 10 gunächft aud) nur bie ©er* 
toaltunggftreitfadjen uon ben ©erwaltungg* (unb Redjtg* 
befcf)werbe*)©ad)en abfd)eiben roilf, fo fpridjt er bamit bod) 
gugleid) aug, bafj bie in 3frt. 10 aufgeführten Streitigfeiten 
nid)t — begw. nur in ben bort angeführten gälten — gur 
3uftänbigfeit ber bürgerlichen ©erid)te gehören 2 ). 

Urteil beg I. ©ioilfenatg uom 6. ^uni 1902 i. ©. ©Salter 
g. Reutlingen. 

48. 

3«m I3rgrtff ber iüagimrütktuxbmc (§ 271 €.$.©.). 

$1. fjatte in einer gern. ©efl. gitgeftellten Silage ben 2ln= 
trag angefünbigt, 51t ernennen, ber ©efl. fei nicht berechtigt, 

1) Sariuet), öffentliches SHed)t ©. 334, 335 unten. 

2) 93gl. Jlommtffionäberidjt her Kammer ber 2lbgeorbneten ju 
3lrt. 10 bei 0 I) l , 3Sern.iaItung§rect)tgpflegegefeb S. 127 2tbf. 2 uon 
unten. 


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354 (Sntfdjeibungen be§ DberranbeSgeri^tS. 

einen gewiffen, oom' 0. an if)n oerfauftett Slpparat weiter 
ju oerfaufen. Später tjatte er feinen Eintrag öafyin einge- 
fdjränft, 93efl. folle in bic Soften be§ 9ied)t3ftreit§ oerfällt 
werben, inbem er bemerfte: ber fpauptanfprucf) fei baburcl) 
gegenftanb§(o§ geworben, baff ein dritter (mit 3uftimmung 
be§ M.) ben fraglichen Apparat oom 93efl. übernommen 
habe. ®ie Soften be§ 9ted)t§ftreit§ finb bem M. auferlegt 
roorben. 

■3fn ben 

© r ü n b e n 

be§ 93efd)luffe§ be§ 33efcf)roerbegerid)t§ ift u. a. gefagt: 

®er ftagenb geltenb gemachte .jpauptanfprutf) ift nicht 
etwa baburd) gegenftanb§lo§ geworben, baff ber 93efl. ihn 
anerfannt ober erfüllt hat, nnb ebenfowenig infolge einer 
fonftigen oom Sßillen be§ M. unabhängigen £atfad}e. ®er 
Umftanb für ftd) allein, baff Söefl. ben SHöftapparat — ent- 
gegen bem in ber Mage angefünbigten Verlangen be§ M§. 
— oerfauft hatte, Ijinberte ben M. nicht, ben 9?ecf)t§ftreit in 
betreff ber fpauptfache fortjufetjen; er tonnte feinen Eintrag 
nunmehr barauf richten, baff $8ett. ben oerfauften Apparat 
äuriidjuerwerben unb beffen abermaligen SBerlauf ju unter» 
laffen l)abe, ober barauf, baff il)m ber $8efl. ba§ Qntereffe 
erfepe, ba§ er baratt gehabt habe, baff ber 2tpparat nicht 
oertauft werbe. ‘Der 9tedjt§ftreit ift oielmeljr in betreff be§ 
£>auptanfprucf)§ b a b u r d) gegenftanb§lo§ geworben, baf; M. 
bie llebernabme be§ 2lpparat§ burd) bie ^irma 91. gutge» 
heilen hat unb infolge fjieoon feine 3lnfprüdje mehr an ben 
33etl. ju ergeben in ber Sage war. M. hat alfo burd) eine 
eigene fpanblung, bie oorjuneljmen ober ju untevlaffen in 
feinem freien belieben ftanb, ben 9tecf)t§ftreit l)infid)tlid) be§ 
|jauptanfprucf)3 gegenftanb§los gemacht. 2Benn er infolge t)ie= 
ooit ben fpauptanfprud) für gegenftanb£lo§ geworben erflärt 
hat, fo hat er bie Mage in betreff ber ^auptfad)e jurücf» 
genommen; baf? er nicht ben 9tu§brucf gebraucht fiat, er 
nehme bie Mage jurüct, fonbern feinen Slntrag auf ben M>* 
ftenpunft befdjränft hat, mit ber '-öegrüubung, bie Mage fei 


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A. in ßioilfadjen. 


355 


betreff? beS $auptanfprud)§ gegenftanbSloS geworben, ift 
ohne 93ebeutung: wie ber § 271 Slbf. 3 ©.Sß.O. nicht an= 
wenbbar ift, wenn ein SU. beShalb „bie Silage jurüduimmt", 
weil ber $8efl. auf bie Silage t)in ben Sllaganfprud) aner= 
tannt unb befriebigt l)at 1 )/ fo finbet anbererieitS ber § 271 
s llbf. 3 (LSß.O. 2lnwenbung, wenn — wie im gegenwärtigen 
galt — ein SU. tatfäd)lid) bie Silage jurüdnimmt, inbent 
er ben ^auptanfprud) als infolge einer eigenen, freimütigen 
ßanbtung beS SU. gegenftanbSloS ober ertebigt erftärt -). 
93efd)luf} beS erften ©ioilfeuatS oom 11. 3Jtärj 1903 
i. ©. 33artf) g. Äutjn. 


49. 

®in Urteil harnt nidjt glririijettig als 3u*irdjeiuirt*<l 
i. *ji. lies § 304 nttb als llorbehaltsurteil i. 5*. bes 
§ 302 ©.$!.©. evlafleu werben. 

Sine ©ioilfammer batte ein Urteil bat)in oerftinbet : 
„SS wirb feftgeftettt, bafj ber oom SU. erhobene Slnfprud) 
bern ©runbe nach beftetjt. ®ie ©ntfcheibung über ben 93e= 
trag unb über bie oom Seit, erhobene SlufrechnungSeitirebe, 
fotoie über bie Sloften beS OiechtSftreitS wirb oorbehatten". 
2>iefeS Urteil ift im ©erufungSoerfahren aufgehoben toorben 
auS fotgenben 

© r ii n b e n. 

2)aS mit ber Berufung beS 33efl. augefochtene Urteil 
leibet an inneren Sßiberfprüdjen unb für beit Inhalt beS 
Urteils laufalen, nicht burd) 35er$icf)t ber Parteien heilbaren 
gehlem. 2)ie ©ntfdjeibung, bafj ber oon bem Sllr. erhobene 
Slnfprud) bem ©runbe nach befiele, ift als Urteil jugleirfj 
auS § 304 unb anS § 302 ©.^ß.O. gewollt unb erlaffen. 

1) @aupp=@teiu, 2lnm. V ju § 271 fö.ip.O. 

2) Waupp = Stein, in unb bei 'Jiote 2ju § 271 (i.'p.O. ; 'K.0. 15, 
'Jlro. 122 3. 426. 

.'Jaijrt’licfjcr bet 'ibürttembev^. iHec^tSpfleje. XV. 3. 24 


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356 ©ntfdjeibungen be§ DberlanbeSgericfitS. 

9tad) § 304 ift fie ein (in betreff ber ^Rechtsmittel als ©nb= 
urteil anjufel)enbeS) 3roifcf)emu'teil, ioetcf)e§ nicfjt über ben 
Anfprucf) felbft, fonbent nur über einen ber mehreren in 53e= 
jietjung auf ben Anfprud) beftet)enben, felbftänbigen ©treit= 
punfte entfdjeibet. SÜefelbe ©ntfdjeibung fann nicht ein Ur= 
teil auS § 302 fein; benn ein foldjes ift ein ©nburteit über 
ben Älaganfprudj felbft (allerbingS unter 33orbet)alt ber C£nt- 
fd)eibung über bie nidjt ertebigte ©egenforberung unb beS= 
f)alb auflöfetib bebingt) 1 ). AuS ber »etfdjiebenen rechtlichen 
Statur ber beiben 3lrten non Urteilen folgt auch, baff in 
einem 3roifd)enurteil gemäfj § 304 über bie Soften nid)t er* 
fannt roerben barf 2 ), roährenb in bent 33orbet)alt§urteil gemäfj 
§ 302 über bie Äoften erfannt merbett muff 3 ). S3ei richtiger 
projeffualifdjer Seljanblung fjätte nad) 2age beS Falles ein Ur= 
teil roeber nacf) § 302 noch nad) § 304 erlaffen roerben 
bürfen. ©rftereS Urteil fann nur ergeben, roenn bie 93er= 
hanblung über bie SUagforberung jur ©ntfdjeibung reif ift. 
©ntfcfjeibungSreife liegt nur oor, „roenn bie Stlagforberung 
an fid) begrünbet unb aufjer ber geltenb gemachten Aufrech 5 
nung alle anberen ©inroenbungen gegen biefelbe erlebigt finb"; 
fte ift alfo nicht gegeben, loenit nur erft über einen ber 
mehreren in Sejiehung auf bie SUagforberung uorfyanbenen 
©treitpunfte, über ben ©runb beS Anfprud)S, entfdjieben 
roerben fann. ©in 3roifd)enurteil aus § 304 ift erft jutäffig, 
roenn nicfjt nur über ben gefamten ftlaggrunb, fonbern 
aud) über fämtlid)e gegen ben Stlaganfprud) felbft ge= 
richtete ©inrebeti enfdjieben roerben fann, fo baff tebiglid) bie 
©ntfdjeibung über ben betrag beS Anfprucf)S oorbel)alten 
bleibt. 3)eSf)alb muff mit einem foldjen 3tt>ifd)enurteit aucf) 
über eine jur Aufrechnung geltenb gemad)te fforberung ent= 
fcf)ieben fein; benn bie Aufrechnung berührt nicht nur bie 
fpöhe beS $Uaganfprud)S, fonbern beroirft beffen ©rlöfchen. 

1 ) S. Somrn. äur D. oon ©aupp, 4. AufI ; SHeinele 
4. AufI.; Seuffert, 8 . AufI. bei § 802. 

2) ©aupp, 4. AufI. bei unb in Aote 15 ju § 91 unb bie bort cit. 

3) ©aupp a. a. D. Söein. 4, Abf. 1 31 t § 302, '-Bern. 3, Ab). 1. 


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A. in (Sioilf achen. 


357 


Unumgänglich ift bie gleichseitige ©ntfcheibung über bie 2luf* 
red)nung§forberung jumal bann, rnenn fte, rcie im oorliegen* 
ben $all, bett Älaganfpruch überfteigen foll 1 ). 

91ad) bem 2lu§gefüt)rten ift ba§ Urteil I. $nftan$ oöllig 
ungeeignet, eine gefehlte ©runblage für ba§ weitere Ser* 
fahren ju bilben. 2>aher fönnte non ber Aufhebung be§fel= 
ben unb ber 3urücfweifung ber Sache in bie porige Qnftanj 
getnäfj § 539 S.ip.O. nur abgefehen werben, wenn ba§ Se* 
rufung§gerid)t unabhängig oon bem mangelhaften Urteil ju 
einer projeffualifct) forreften materiellen ©ntfdjeibung ju ge* 
langen, b. h- bie SUage absuweifeit oermöchte. ®aju ift aber 
bie Sachlage nicht angetan. 

Urteil be§ jweiten ©ioilfenatS oont 1. SJlai 1902 i. S. 

Seifner g. Srottner. 


50. 

ühfitte ^nlantmenrethmtug bes Urteilsbetrags unb bes 
Betrags ber feltgefebten ftojien im JraU bes § 866 
Hbf. 3 

®ie © r ü n b e eines» im Sefchwerbeoerfahren ergattge* 
nett Sefchluffes befagen: 

3utreffenb gehen bie Sorinftanjen batwn au§, e§ fei 
au§ ber in § 866 2lbf. 3 ber ©.iß.D. enthaltenen Sejug* 
nähme auf § 4 ber ©.^ß.O. ju folgern, bah bann wenn — 
wie im oorliegenben $all — bie ©intragung einer Siehe* 
rungShgpothef gleichseitig für eine laut be§ Urteils gefdjul* 
bete ^auptfumme unb für bie nach bem .^oftenfeftfetjungS* 
befehlt© bem ©läubiger oon bem Schulbner ju erfetjenben 
Soften beantragt wirb, behuf§ (Erreichung be§ für bie Siche* 
rung§hppt>thef oorgefchriebettett gefehlicheit SUlinbeftbetvagS 
nidjt eine .ßufammenrechnung jener Seträge ftattfinben foll, 

1) Sur. 28ocf)eufd)rift 1895 294, 379, 1896 S. 690, 1898 S. 69 ; 

OS a u p p, 4. 2lufl , 23ent. 1, 2191. 2 ju § 304 ; 8 1 r u cf nt a n n * ft o cf), 
8. 2lufl., 2lntn. 1, 2lbf. 2 ju § 304 ; 2B i l nt o in ä f i = S e t> t, 7. 2luff., 
2tnnt. 2 ju § 276 a. S- 

24 * 


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358 ©ntfdjeibungen be§ Ober(anbc§gcrirf)ts. 

uielmefjr bie $auptfumtne allein ntajjgebenb ift '). 

2)er non betn Vefcfjwerbefüljrer in Vejug genommenen 
©ntfdjeibung be§ Rammergerid)t§ Berlin oom lT.Qnni 1901 2 ) 
liegt nid)t ein ^all ber oorliegenben 2lrt, fonbern bie Jrage 
ju ©runbe, ob nad) (Eintragung einer <Sid)erung§l)i)potf)cf 
für bie .£>auptfad)e wegen ber auf weniger al§ 300 2R. feft* 
gefegten Roften eine neue (Eintragung einer ©id)erung§t)ppo= 
tfjet juläffig ift. 

Vefdjlufj be§ erften (£ioilfenat§ uom 27. Januar 1903 
i. S. SBurfter g. Silber. 


51. 

Sännen itojfcn eines iweiteu itedjtsamualts besljnlb 
erregt uerlungt werben, weil bitrdj iljre Unfwcnbnug 
nngeblirij J.lnrteiko|len erfpnrt worben Jhtb * 

®ie g-rage würbe uerneint au§ folgenbett 
© r ft oben: 

$ie ©ioilfammer tjat ben Slbftrid) oou 65 s J$f. an ber 
Roftenredjnung be§ RI. bamit begrftnbet: bie betreffenben 
Roften feien baburd) entftanben, bafi ber — in wot)iu 
fjafte — s JSro$e 3 bcoollmäd)tigte bc§ Ri. bie Vertretung be§ 
RI. für bie mftnblidje Verljanblung einem anbern 2inwalt 
übertragen fjabe, unb ber Vet'l. Ijabe biefe Roften niefjt ju 
erftatten. ^piegegen mad)t bie Vefdjwerbe geltcnb: wenn RI. 
einem in <3t. wohnhaften Slnwalt ^rojefjootlmacht erteilt 
hätte, hätten bie — uom Veil, ju erfe^enben — Roften einer 
Steife be§ Rl§. nach ©t. jur llebertragung ber Vollmacht 
minbeftenS 3 2R. betragen; Veil, fei bafyer in feiner Söeife 
baburd) befd)wcrt, bafi RI. einen in ©. wohnhaften ginwalt 
al§ )ßrojcfibeuollmäd)tigten aufgeftellt unb biefer bie Ver= 

1) «gl. ®aupu = Stein, (S.'ß.O., 4. 2tuft., «b. 2 § 866, IV, b 
bet unb in 9tote 8 unb bie bafelbft angeführte Literatur. 9( über er 
Slnfidjt Scfjeerer in ber Qurift. 2Bod)enfd)rift 1901 $. 300. 

2) ;)ietf)tipmi)ung ber DberUöer. «b. 3 3. 15. 


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A. in Gtmtffldjen. 


359 


trctung beS Sl. für bie münblidje Verflanblung einem ©t.er 
2lnroalt übertragen tjabe. 

Slllein nad) Dem ©djlußfatj beS § 91 ®.iß.D. finb bie 
Soften mehrerer 9iecf)tSanmätte nur inforoeit $u erftatten, als 
fie bie Soften eines 9ied)tSanrcaItS überfteigen ober als in 
ber fßerfon beS 9ted)tSanroaltS ein Üöedjfel eintreten mußte. 
2tngeficf)tS biefer ©efe^eSbeftimmung fommt, foroeit eS fid) 
um bie ©rftattung oon Stoften mehrerer 9tecf)tSanmälte t)an= 
beit, barauf nichts au, ob bie Partei bei Sluffteltung beS 
Srojeßbeoollmächtigten in einer SBeife hätte oorgeflen fönnen, 
baß (oont ©egtier ju erftattenbe) Partei foften in höherem 
betrag entftanben mären, als ber burd) 3lufftellung eines 
jmeiten SlnroaltS oerurfachte Mehrbetrag ber 3lnmaltSfoften 
auSmad)t; bie @ntfd)eibung l)ängt oielmehr in einem JJalle, 
mo — roie hier — ein 3Bed)fel in ber ißerfon beS SlnmaltS 
nid)t eintreten mußte, einjig unb allein baoon ab, ob unb 
in roelchem Setrag burd) bie SluffteHung eines sroeiten 2ln= 
malts Soften entftanben finb, bie nid)t entftanben mären, 
menn ber juerft aufgeftellte 9lnroalt allein bie ißartei roäh= 
renb beS ganjen Verfahrens oertreten hätte. ®ie in 9{ebe 
ftehenben Soften mären nun aber nicht entftanben, roenu ber 
jum S^ojeßbeoollmädjtigten beS St. beftellte Slnmalt fetbft 
ben Sl. in ber münblicflen Verhanblutig oertreten hätte. $em* 
gemäß ift Seil, biefe Soften ju erftatten nicht oerpflicßtet. 

Sefdfluß beS erften SioilfenatS ooin 30. Januar 1903 

i. ©. ©dpoarj g. £>ailer. 


52. 

pereiirnnng bes ptreitmerts bei einer auf einen Prm 
gleirij über bie Unterhaltspflicht geflöhten plage. 

3>er ©ad)oerf)alt ergibt fid) auS ben 
Srünben: 

®ie Sefdpoerbe richtet ficß bagegen, baß baS £anbge= 
rieht ben ©treitmert nad) ber Vorfdjrift beS 9a beS @.S.®. 
beregnet hat, obroohl bie Slage nicht auf bie gefetflidje Um 


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360 (Sntfcfjeibungen be§ Dberlanbe?geritf)t§. 

tertjaltSpflic^t bc§ 23efl., foubent auf ben bie gefeblidfje Uro 
ter^att§pflicf)t feftfebenben SSergleid) geflößt war. ®iefe 9iüge 
erfcbeint nicfjt begrünbet. 

5)er § 9a be§ ©.$.©. beruht, roie bie @ntftet)ung§ge= 
frf)icf)te erfeben tä^t *), auf ber ©rroägung, baji, roenn bie 
©ebübr für 2tnfprüd)e auf gefeblidje 2tlimente, iti§befonbere 
für 93erpflegung§gelber ber im aufjerebeticben Söeifdjlaf er= 
jeugten ft'inber, nach § 9 ber <£.fß.0. berechnet roirb, eine 
lleberlaftung ber meift unoermögtid)en Partei eintritt, roeld)e 
aud) für bie aUimcntationäberedjtigte felbft nachteilig roirft. 
$e§f)atb rourbe für gölte biefer 2lrt baburd) Slbtjilfe ge= 
fdjaffen, baff bie 3at)l ber einjurecbnenben gabre t)erabge= 
fet*t mürbe. 2)iefer gefet>geberifd)e ©runb trifft nun aber in 
gleichem SRafje ju, ob ber eingeflagte 2llimentenanfprud) uro 
mittelbar auf ba§ ©efej} geftütjt roirb ober ob er burd) 2lro 
ertenntui§ ober 93ergleidh feftgelegt unb baburd) rechtlich auf 
einen anbern ©runb geftellt roorbeit ift. 2Iud) ber äBortlaut 
beS ©efetjeä oerbietet e§ nicht, bie gälle ber letzteren 2lrt 
unter bie 23orfd)rift be§ § 9a ju ftellen. 3)ie „auf gefet) 1 
licfjer 93orfdjrift berubeuben" Sllimentenforberungen ftnb nicht 
bloß biejenigen, roeld)e ihren unmittelbaren ft'tagegrunb im 
©efetj b fl l )e H/ fonbern alle biejenigen, beren ^Berechtigung ba§ 
©efeb anerfannt unb gefeblid) feftgeftellt bnt, roeil bie 93er= 
bältniffe ben UnterbaltungSanfprucb als gerechtfertigt erfd)ei= 
neu taffen, gb 1 ' ©b ain ft er «13 Sllimentenforberung roirb 
baburcb uid)t berührt, bafj bie ©rfüllung§pftidjt burd) 2tro 
erfenntnis> ober SSergleid) geregelt roorben ift. gür ben ©e= 
biibrenanfab trifft ber etroa für bie guftäubigteitSfrage mafj* 
gebenbe ©efid)t§punft nicht ju, nadjbem ber ©efebgeber ben 
§ 9a abfid)tlid) aufjer gufammenbang mit ber guftänbig* 
feitSfrage in§ ®erid)t§foftengefeb unb nicht in bie ©ioilpro= 
jefjorbnung eingeftellt b«t. 

93efd;luh be§ I. ©ioilfenat§ oont 14. 9)tai 1903 i. ©. 

©djittenbelm g. 93übter. 

1) ®gl. bieSegrünbuitg jum urfprüngtidjen (Sntrourf Steirfjetags.-- 
uerf). Seffiou 1887 9tr. 64; ferner § a l) n=9)t u g b a n, 2Jiat. 23b. 8, 3. 284. 


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A. in (SioilfadEjcn. 


361 


53. 

Jitr $HsI*gumt brs § 13 Jtff. 4 $.$.©.©. 

Sine Befdjwerbe wegen 2lbftrid)S einet Beweisgebühr 
ift jurüctgewiefen worben 

„in ©rwägung 

1. baff bet Slnfprud) beS SlnwaltS auf BeweiSgebitht, 
wenn aud) nidjt burd) beffen Slnwefenheit in ben Beweis* 
aufnaljmeterminen fo bocf) burd) eine Sätigfeit int Beweis* 
aufnahnteoetfahren felbft bebingt ift, welche eine Bertretung 
bet Partei barftetlt, f. §9 9ir. 4 9t.SI.©.0.; 

2. baff aber bie oon bem Befd)werbefüf)ret bejeichneten 
Sitte: 

a) (Entgegennahme beS BeweiSbefd)luffeS unb Sorrefpott* 
benj mit bet Partei, 

b) Verlegung oon Uttnnben in bet (bet BeweiSauf* 
nähme nachfolgenben) miinblidjen Berhanblung, 

c) @infid)tnaf)me bet BeweiSaufnahmeprotofolle 

fid) teil§ — ju a — nur als BorbereitungSt)anblungen jur 
Beweisaufnahme unb feineSwegS als BertretungSf)anblungen 
im BeweiSaufnahmeoetfahten felbft barftellen, teils — ju b — 
jum allgemeinen, burd) bie Brojefigebübr oergüteten ©efdjäftS* 
betrieb im Sinne beS § 13 Dir. 1 bet 9l.Sl.@.0. gehören, 
teils enblich — ju c — eine bet Beweisaufnahme erft ttad)* 
folgenbe Jätigfeit betreffen, weldje gemäfj § 17 bet B.2l.©.D. 
belohnt wirb 1 ). 

Befchlufi beS 11. ©ioilfenats oom 29. 35ejembet 1902 

i. S. Siegle g. 9Jtüt)leifen. 


1) s. Sur. 3Bocf).Scf)r. 1889 S. 69; 1892 ©. 421; 1894 ©. 18; 
1898 ©. 201. SB i 1 1 e n b ü cb e v ®.0. 5. Stuft. ©. 115. Qiff. 10 lit. b.; 
2Ö a 1 1 e r ®.D. 3. Stuft. 232; $ f a f f e n r o t ®.D. S. Stuft. @. 100 
oben; SBürtt. Safjrb. söb. 5 @. 43; «8b. 9 ©. 358; 93b. 13 S. 201. 


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362 


©ntfdjeibungen bei Dbertanbelgeridjtl. 


54. 

£mtn ein Uejirksmitar für Iteifen, bie er als lioitkurs- 
nermalter gcntadjt Ijat, bie ©ebiiijren beredjnen, bie er 
für Heilen iit mnilidjcr ©igenfiijaft ?u bemtfprudjcn 

Ijnt? 

$>ie fyrage ift oerneint roorben. 

©r ü n b e : 

$ie S 8 efc£>roerbe bei Konfurloermatter! ftütjt fid) auf bie 
Setjauptung, er tjabe bie fvagtid)e Steife in a nt 1 1 i cf) e r 
©igenfdjaft, b. I). in bet ©igenfdjaft atl 33ejirflnotar ge= 
madjt, meit bev Koniurloerroalter all fotcfjer aud) jugteid) 
in feiner ©igenfdjaft all ©ejirflnotar tätig fei. 

®iefe Stuffaffung ift irrig: bie Stellung einel Koniurl= 
oermatterl f)at an ftd) mit bent 2 lmt einel SBejirflnotarl 
nidjtl ju tun, mie fdjon baraul f»eroorget)t, baf; ebenfo rnie 
ein ©ejirflnotar ober 9led)t!anroalt aud) ein Kaufmann ober 
©ercerbetreibeitber ober ein fonftiger ißrioatmann Koniuri» 
oermatter fein fann; fotoenig all ein 23e$irilnotar ober ein 
tRedjtlanmatt, ber SSormunb ober Pfleger ift, fReifen, bie er 
jrcecil öeforgung oormunbfd)afttid)er ober pftegfdjaftlidjer 
33erroattunglgefd)äfte madjt, in feiner ©igenfdjaft all 33e= 
jirflnotar ober IRedjtlanroatt aulfütjrt, foroenig trifft biel 
bei tReifen ju, bie ein 23esirf!notar in feiner jufältigen ©igen= 
fdjaft atl Konfurloermatter 511 machen oeranlafjt ift. ©0 l>at 
audj bie jur Beratung ber 1R.21.©.0. eingefetjte 9ieid)ltagl= 
fommiffion unter 3 uftimmung ber tRegierunglfommiffäre 511 m 
^3rotofoft 00 m 12 . 2Rärj 1879 feftgeftettt, baft ber bie ©e= 
bütjren in Konturlfacfjen betjanbelnbe 3. Slbfdjnitt ber 
SR.2l.©.0. feinertei ©inftuf) auf bie oom Koniurlgeridjt nad) 
§ 77 (jet)t § 85) K.0. für ben Koniurloermatter feftjufetjenbe 
©ntfcfjäbigung fjat, — eine geftfteltung, ber augenfdjeinlid) 
bie Stuffaffung ju ©runb liegt, bafj ein fRedjtlamoatt atl 
Koniurioermatter nidjt iu feiner ©igenfctjaft atl 
tRedjtlanmalt tätig ift J ). 

1) ®g[. aud) bej. bev ©eridjtl» unb atmtlnotare: S3ofd)er'l 
3eitfd)rift Sb. 27 ©. 300 ff.; 38 ®. 359/60. 


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A. in Gmlfadjett- 


363 


2)arau§, bafj bie ScjirfSnotare (unter geroiffen 93orau§* 
fetjungen) oerpflidjtet finb, bie (Ernennung jum $onfur§oer= 
roatter anjunefjmen, folgt nidjt, bafj fie in ber Steßung eine§ 
®onfur§oerroatter§ in amtlicher ©genfdjaft tätig finb. ffmr 
93ejirf§notare, bie jum $onfur§oerroalter nicht burcf) ba§ 
oorgefetjte 2lmt§gericf)t ernannt roerben, befielt jene 93er= 
pflidjtung nidjt, bejüglidj ihrer tage alfo ber oon ber 33e= 
fdjroerbe bafür, bafj bie 93ejirf§notare al§ Ä’onfurSoerroalter 
in amtlicher ©genfdjaft tätig finb, angeführte ©runb nidjt 
oor; e§ ift aber nidjt benfbar, bafj berfetbe Beamte in ber= 
felben (Stellung ba§ einemal in amtlidjer Geigenf djaft, ba§ 
anberemal nicht in foldjer ©genfdjaft tätig ift. SBenn fo= 
bann bie 93efdjroerbe barauf hinroeift, bafj bie ®ejirfSnotare 
auf ÜJiebengefdjäfte unb einen geroiffen 9tebenoerbienft ange= 
roiefen feien, fo fanu bie§ für 93eantroortung ber grage, ob 
fie in ber Stellung oon S?onfur§oerroaltern in amtlidjer ©gen* 
fdjaft tätig finb, uinforoeniger in ‘öetradjt t'oinmen, at§ fie 
ja für ihre ©efdjäft§führung at§ Äonfur§o er ro alter unter aßen 
Umftänben eine Vergütung ju beanfprudjen haßen. 

93efcf)lufj be§ I. ©oifenat§ oom 4. Slpril in ber 93e* 
fdjroerbefadje ber äBoljIfahrt’fdjen Äontursmaffe. 


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864 


B. in ©traffadjen. 


13. 

UJns tfi unter „Jnut ilcrltnnf bringen" im .Sinn ber 
Plinift.=Perfiignng nntn 21. ^rbr. 1896 jn uerjirljrn? 

Ser 58iet)t)änbler 29. l)at am 3. 9touentber 1902 ju @. 
ein in feinem .jpanbelSftaU ftefjenbeS 9tinb an beit dauern 
£y. 3). oertauft, ot)ne im 93efit$ eines ©efunbfjeitSjeugniffeS 
über baffelbe ju fein; er fjat jebod) bem Käufer non te^te= 
rem Umftanb 9Jlitteilung gemadjt unb iljm oerabrebetermafjen 
baS 9iinb erft jugefctjicft, nad)bent er in ben 93efijj eines ©e- 
funbtieitSäeugniffeS gelangt mar. Siefelbe ffeftftetlung ift 
gegenüber bem 93icl)l)ünbler £. in einem gleichartigen galt 
getroffen morben. ©egen beibe Slngeflagte ftttb f)iemegen 
burd) polijeilidje ©trafoerfiigung beS Oberamts O. auf ©runb 
beS 2lrt. 25 3iff. 4 SDBürtt. $ßol.©tr.©ef. ©elbftrafen auS= 
gefprodjen morben, meil fie je ein in ihrem ©tall aufge= 
ftellteS 9iinb junt 93 erlauf gebracht tjaben, ofyne bafj baS 
ttad) § 3 2)lin.93erf. oom 21. Februar 1896 oorgefdjriebene 
©efuubbeitSjeugniS uorgelegett habe. 2luf 2lttrufen gerid)t= 
lieber ©ntfdjeibung finb bie 2lngeflagten in beibett 93orin- 
ftanjen freigefprodjen, auf Dteoifioit beS ©taatSanroaltS je= 
bocl) unter 2lufl)ebung beS freifpredjenbeit 93erufungSurteilS 
im ©inn ber 2lnflage je megeit llebertretung im ©iitn beS 
2lrt. 25 $iff. beS ißolij.©t.@. oerurteilt morben. 

9luS ben 

© r ü n b e n : 

Sie oon ber ©taatSaumaltfdjaft $u Itngunften ber 3ln= 


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B. in ©traffadfjeit. 


365 


gefl. eingelegte Steoifion rügt unrid)tige Auslegung unö 83er» 
let^ung bei cit. § 3 9Jtin.93erf. in 93erbinbung mit § 66 

$iff. 4 bei Sieicfjlgefejjel uont 2! j' betreffenb bie 

2lbmef)r unb Unterbrfidung non 93ief)f eueren ober 91rt. 25 
3iff. 4 SBürtt. ißol.Strafgef. 2)er Gcrfolg fonnte if>r nidjt 
oerfagt merben. 

®ie ÜDiinifterialoerfügung uom 21. Februar 1896 orbnet 
unter .fpinmeifung auf bie ©trafbeftimmung bei § 66 giff. 4 
bei gen. 9teid)lgefe^el fomie 2lrt. 25 3iff. 4 SGBürtt. ißol.* 
©trafgef. uerfdjiebene 9)laf?regeln jur 93efämpfung ber SJiaul* 
unb Älauenfeucfje an. Sie »erfolgt babei ben befonberen 
3med, ben ©efdjäftlbetrieb ber 83ief>l)änbler fdjarfer Äon» 
trolle ju unterftellen, roeil, toie el in itjrem ©ingattg fyeifft, 
bie SHaitl* unb Älauenfeudje eine befonberl aulgebefjnte 93er= 
breitung erlangt Ijabe unb bie SSerbreitung ber Seuche in 
einer Dieifye uon fällen auf iljre 33erfd)leppung burd) £>an* 
betSuiet) jurürfjufüfjren fei. s Jtad)bem fyienad) in § 2 be» 
ftimmt roorben ift, bafj 93ief)f)änbler, meldje tHinboief) im 
Umljerjietjen feilbieten ober auf SUärften auftreiben, oor 93e* 
ginn bei Stranlportl mit einem tierärjtlidjen 3 eu 9 u i§ über 
bie ©eudjenfreiljeit ber STiere «erfefyen fein müffen, merben 
in § 3 ber SSÄinifterialoerfügung 

„bie oon £>änblern junt ,3roede bei 83erfaufl aufge* 
ftellten Diinboieljbeftänbe einer oerf durften »eterinärpolijei* 
iidjen Äontrolle in ber SBeife unterftellt, baff bie Stiere, in* 
foroeit nicl)t ein ©efunbfjeitljeugnil oorliegt, erft bann juni 
Verlauf gebradjt merben bi'trfen, menn bie oon bem beamte* 
ten Stierarjt oorjunet)menbe Unterfudjung ber Stiere ergeben 
l)at, baff fie frei oon SÄaul» unb Älauenfeudje fmb". 

SJ)al 93erufunglurteil nimmt nun an, bajj bie Singe* 
flagten fid) gegen biefe Sßorfdjrift nidjt oerfeljlt fyaben, meil 
unter bem Slulbrud „$um Ulerfaufbringen" itidjt fcfjon ber 
2lbfd)luff bei Äaufoertragl, fonbern erft bie Söeggabe bei 
»erfaitften Stierei aus bem ^anbellftall nerftanben fein fönne. 


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366 


(gntfdjeibunflen be§ Dberlanbe§gerid)t§. 


ltnb e? t)ienacf) genüge, menn, ma? feiten? bcr SIngeflagten 
gefdjeben, in letzterem 3 ^itpunft ein ©efunbbeit?jeugni? bei* 
gebracht fei. 

Siefe 2 lu?tegung ber al? 9iedjt?norm geltenben 93or= 
fdjrift ift eine irrtümliche, fie fetjt fiel) in SBiberfprudj mit 
SBortlaut unb gnbalt berfelben unb entfpridjt auct) nic£)t bem 
©inn unb 3roecf bev SÖiinifteriatoerfügung überhaupt. Ser 
2 lu?brucf „jurn Sßerfauf bringen" fann 51 t 2 lnlajj 

geben. 9lact) allgemeinem ©praebgebraudj bejeicfjnet man 
batnit fdjon bie SSorbereitungen ju einem $auf?abfdjlu{ 3 , 
geilbieten unb 93orjeigen bev SSare, furj bie Umleitung ber 
Kauf?oerbanblungen. @? fann jeboef) für ben novliegenben 
galt baljingeftellt bleiben, ob bie Verfügung ben 2 lu?brucf 
in biefem ©inn gemeint t)at, nadjbem feftgeftellt ift, bafj ba? 
3Sief) ohne ©efunbbeit?jeugni? oerfauft mürbe. Senn mit 
bem 2 lbfcf)luf 3 eine? ftaufuertrag? ftnb bie Siere jebenfall? 
junt 23erfauf gebradjt rcorben. (£? lafjt fid) mit SEBortlaut 
unb ©pvadjgebraudj fdjledjtbin nidjt oereinigen, ju fagett, 
ber Slbfdjlufj eine? Sfaufoertrag? fei nodj fein jum SSerfauf* 
bringen. 

Sie roiberfpredjeube 2lu?lcguttg be? 2fevufung?urteil? 
legt au? 3 roecfmäjjigfeit?vücffid)ten, bie übrigen? nidjt ein* 
mal al? jutreffenb anerfannt merben fönnen, in jenen 2 (u§= 
bruef einen ©inn fjinein, ben er eben nidjt b«t/ unb ber 
ficfjerlidj oon ber Verfügung jum 2 lu?brucf gebradjt morben, 
roenit er gemollt gemefen märe. Safj leitete? nidjt ber gall 
ift, erljellt übrigen? mit aller Scutlidjfeit au? bem ferneren 
gnljalt be? citierten § 3; bort fjeijjt e? meiter: 

„SEBirb ber SJerfauf nidjt innerhalb ber @ü(tigfeit?bauer 
be? uorliegenben @efunbfjeit?jeugniffe? jum 2 lbfdjlufj ge* 
bradjt, fo bat eine erneute Untevfudjung ber Siere bureb ben 
beamteten Sierarjt ftattjnfinben." 

Sie SJliuifterialoevfügung ftellt alfo „jutn 2 lbfdjlu£s= 
bringen" be? 23erfauf? unb „jum SBerfaufbringen" einanber 
gegenüber unb orbnet für ben erftgenannten 3 eitpunft unter 
bev gegebenen ÜJorau?febung eine erneute Unterfudjung an. 


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B. in ©troff adjeit. 


367 


2)a nun unter 511 m 'Jlbfcfjlufj bringen be§ 23erfauf§ feine§meg§ 
ein fpäterer Vorgang »erftanben fein fann, al§ bie 9Beg= 
bringung be§ oerfauften Eiere§ au§ bem £)änblerftall, fo ift 
flar, baff festerer Vorgang nicfjt mit bem „jum 2 Serfauf= 
bringen" gleicfjbebeutenb fein fann, benn fonft fönnte nid)t 
»ott einer erneuten Unterfudjung be§ SEiereS bie Siebe fein 
unb e3 fönnte nicfft ber gefegt merben, baff ba§ »or 
bem „jum 93erf auf bringen" au§geftellte geugiti§ beim Slb* 
fdjlufj fdjott abgetaufen fei. 

Qft f)ienad) bie Hinnahme be§ Berufungsgerichts, baf? mit 
bem HluSbrucf „jum Berfaufbringen" erft bie 2Begfüt)rung beS 
»erfauften Biel)S auS bem.fpanbelSftall gemeint fei, mitHöortlaut 
unb Qnl)alt ber ÜDiinifterialuerfügung unoereinbar, fo fann fie 
ebettfotoenig als burd) Sinn unb gtoecf ber festeren geboten 
erachtet merben. SS mag äugegeben rnerben, baff bie gröfjte ©e= 
fahr ber Slnftecfung in ber Ueberführutig franfer ober »er» 
bärtiger Eiere in anbere Stallungen liegt. Eamit ift aber, toie 
aud) baS Berufungsurteil nid)t »ertennt, bie 9Jiöglid)feit ber 
Uebertragung beS HlnftecfungSftoffS feiiteStuegS erfdjöpft unb 
eS fann inSbefonbere burd) bie, bei beit BerfaufS»ert)anb= 
lungen befanntlid) in ber Siegel mit bett Eieren in nahe Be= 
rütjrung fomntenbett Käufer u. f. ro. bie Seud)e leidjt »er* 
fcf)teppt merben. SlllerbingS fötxtten aud) nod) anbere ißer= 
fonett, außerhalb »on KaufS»erhanblungen, an baS 33icf) t)er= 
attfomnten unb bie ©efafyr ber Seucf)enübertragung burd) 
SJiettfdjen mürbe mofjl nur bann befeitigt, mettn ein Stall, 
in raelrijem unfontrollierteS Biel) ftef)t, gegen bett gutritt Don 
SJienfdjett überhaupt abgefperrt mürbe. Mein bantit, bafi 
letjtere s Dlaf)tegel nid)t getroffen mürbe, ift natürlich ttidjl 
auSgefdjloffett, bafi nicht roetiigftenS Käufer unb ifjre Be* 
gleituttg »on ber Berührung mit bem SBief) ferngehalten unb 
bantit jebettfallS infomeit ein tunlicher Scfjut) gegen bie 
Uebertragung ber Seudje burd) ^ßerfonen bejtuecft mttrbe. 
UeberbieS mirb aud) ber ©efafjr beS in BerfehrbritigeitS unfott 
trollierten Biet»§ offenbar mirffamer begegnet, rnenn »on »oru= 
herein unterfagt ift, über folcheS Biel) einen Berfauf 511 fdjlieffen. 


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368 ©ntfcfyeibungen be§ Dberlanbesqeticfjtä. 

$ie norftetjenben ©rroägungen führen ju ber Ülnnabme, 
baff ba§ in § 3 bev ÜJlinifterialoerfügung uorgefdjriebene ©e» 
funbt)eit§äeugm§ jebenfatl§ im ^eitpuntt be§ Ü3ertrag§ab» 
fdf)luffe§, nnb barauf fommt e§ uortiegenben 5alte§ allein 
an, uortiegen muff. ©§ ift nidjt ju oerfennen, bafj bie Ülor» 
fdjrift, in bem hier angenommenen Sinn oerftanben, eine 
für ben betrieb be§ 93ief)hßnbel3 fetjr einfd)neibenbe 9Jlajj» 
reget bebeutet. Mein beffen ift fiel) bie 9)linifterialoerfügung 
ioot)t bemufjt, fie roitt bie ütinboiehbeftänbe ber 9Siet)f)änbter 
wegen ber barau§ bem eintieimifdjen Sßietjftanb fortgefetjt 
brotjenben ©euefjengefahr einer oerfdjärften Kontrolle unter» 
ftelten. 

®ie eine Überfettung gegen § 3 ber 9Jtinifterialoerfügung 
oerneinenbe ©ntfdjeibung be§ Ü3erufung§gerid)t§ beruht t)ie= 
nach auf unrichtiger üluSlegung biefer Üborfd)rift unb ift ba» 
f)er nict)t haltbar. Stuf ©runb besi feftgeftettten ©ach»erhalt§ 
mar »ietmehr gegen bie beibeit Ütngeftagten ber ©chtufj be» 
grünbet, bafj fie je non ihrem Üiinboiehbeftanb ein 9?inb 
ohne ba§ in § 3 ber 9Jlinifteriat»erfügung »orgefchriebene ©e» 
funbheitsjeugniS jum Ü3erfauf gebradjt unb bamit gegen biefe 
Ü3orfd)rift oerftofjen hcif>en. darnach mar bie in ben ober» 
amttidjen ©trafoerfügungen angeführte ©trafoorfchrift be§ 
S 25 3iff- 4 üBiirtt. ißol.=©tr.=©ef. gegen bie MgeElagten 
jur Ülnmenbung ju bringen unb ba§ Ü3erufung§urteil bem» 
jufolge aufjuheben. 

Urteil bell ©traffenat§ uom 15. ^uni 1903 gegen bie 

Übiehhiinbler 3)aoib 2. unb ©amuet 9)1. 


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369 


II. 

<&ntfrijci&imgen üps llfrtbrtltnngsgmdjtsjjbfs. 

11. 

Ju Jini. 15 Hbf. 2 brr Umtorbmmg mtb ?u §§ 6 n. 10 
brs Sjtattgartrr Ortöbnnltatuts 
(in ber Raffung bi cf et §§ oom 1. 2Iprit 1898). 
Uebergang bet 58erpflid)tung jur (Erftattung bet Soften ber 
Dtanbfteine an ben ©efyroegen auf ben fpäteren ©ebäubebefiger. 

2>er 93ef(agte (E. 91. ift feit 2lpri( 1902 bi§ Oftober 
beleihen ^yaf)re§ (Eigentümer be§ £aufe§ s Jho. 82 ber 3B.= 
Straffe in Stuttgart gemefen. 91ad)bem er burcf) Söefc^ln^ 
be§ ©emeinberats» Stuttgart oom 30. SJlai 1902 gentäff §§6 
unb 10 be3 Stuttgarter Ort§bauftatut§ uerpflidjtet roorben 
roar, ben ©etpoeg oor feinem ^aufe berjuftetten, fam er biefer 
Auflage nacf), bagegen uerroeigerte er ben (Etfag ber Soften 
ber Stanbfteine, rceldje bie Stabt fcfjon am 16. Cftober 1901 
mit einem Stufmanb oon 127 Ü)lf. 12 fßfg. ^atte fegen (affen 
mit bem Ülnfitgen, baff biefer (Erfatj nicf)t ifjn, fonberu feinen 
9led)t3Dorgänger angele, ber aud) fd)on am 26. Oft. 1901 
bie 'Auflage $ur ^erfteUung be§ ©ef)ioeg§ erhalten f}abe. 2lm 
26. Oftober 1902 (jat bie Stabtgemeinbe Stuttgart gegen 
ben (E. 91. bei ber SreiSregietung in Subroigsburg oenoal= 
tung§gerid)t(id)e Stage auf Gablung oon 127 9Jlf. 12 f)3fg. 
nebft 4% fßrojeffjinfen eingereidjt; bie Srei§regierung f)at 


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370 ©ntfdjeibungen be§ 33enoaltun0igerid)ts£)of§. 

biefem Anträge mit Urteil oom 29. SJejember 1902 entfpro= 
djen. ©egen biefeS Urteil f)at ber ©ellagte bie ^Berufung 
an ben 33erroaltungSgerid)tSf)of eingelegt unb beantragt, unter 
Slbänberung beS angefod)tenen Urteils bie Silage foftenfällig 
abjutoeifen. 

3)ie Berufung mürbe jurücfgeroiefen. 

© r ü n b e : 

Qm norliegenben 9ted)tSftreit oerlangt bie Klägerin oon 
bem ©eflagten riicfjt bie foerftellung eines ©efjroegS, fonbern 
ben ©rfat) eines SlufmanbS, ben bie Klägerin betjufS ©rntög= 
licfjung ber §erftellung beS ©eljroegS gemalt t)at ; bie 3u= 
ftänbigfeit ber ©erroaltungSgericl)te erfcfyeint baljer in ©e- 
inäfjfjeit beS 2trt. 10 3iff- 7 beS ©efetjeS über bie 33ermal= 
tungSrecf)t§pfIege oom 16. 2)ejember 1876 begrünbet. 

®er Berufung fattn jebod) im roefentlidjen auS ben oon 
ber Ä. ft'reiSregierung auSgefüfjrten ©rünben eine Qolge uicfjt 
gegeben roetben. 

1. 2)a ju ber 3*it, als ber Setlagte baS ^iauS 9tro. 82 
ber SB.=<5traf3e in Stuttgart ermarb, ber bafetbft oorgefeffene 
©efjroeg nod) nicfjt erftellt mar, ift ber SBeflagtc mit ©runb 
burd) ©efcfjtufj beS ©emeinberatS oom 30. 90?ai 1902 ge= 
mäfj §§ 6 unb 10 beS OrtSbauftatutS jur fperftellung biefeS 
©el)toegS oerpf!id)tet loorben; bie frühere erfolglofe 3Iuffor= 
berung an ben ©efitjoorgänger 'S. ftanb ber burcf) ben ©e= 
jitjroedjfel oeranlafften neuen 2luflage an ben ©etlagten redjt* 
lief) niefjt entgegen. 9Jtit biefer recfjtmä^ig ergangenen 3tuf= 
läge ift für ben ©eltagten nad) ber ©eftimmung beS £>rt§= 
bauftatutS aud) bie ©erpflidjtung jum ©rfat) ber oon ber 
SUägerin aufgemenbeteu Dianbfteinfoften erroadjfen. ®iefer 
©erpflidjtung, melcfje in ber oom Söeflagten anerkannten unb 
tatfäd)lid) erfüllten ©erpflidjtung jur ^erftellung beS ©el)= 
roegS mit eingefctjloffen ift, fonntc fid) ber ©eitagte baburd) 
nid)t entlebigen, baf) er baS $>auS nad) ©rftellung beS ©et)= 
roegS am 2. Dftober 1902 meiter ueräufjert Ijat. 

2. 35er ©inmenburtg beS ©etlagten, bie Klägerin tjätte 
itjren Grfatjanfprud) in bem 3n>angSoerfteigerungSoerfaf)ren 


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£u 3trt- 15 3lbf. 2 ber SSauorbnung :c. 371 

geflen 33. cmmetben nab fo ifjre Söefriebigung f)erbeifüt)ren 
füllen, fann eine 33ebeutung nidjt beigemeffen roerben. Ei 
fann batiingeftellt bleiben, ob biefer 3lnfprud| im fyalle feiner 
Ülnmelbung im 3roangiüerfteigerungioerfaf)rcn jur 33efriebi= 
gung gefommett märe; jebenfatli mar bie Klägerin bem 33e= 
f'lagten gegenüber nicf)t oerpflidjtet, ben Slnfprucf) auf Erfah 
ber Staubfteinfoften abgefonbert gegen 33. geltenb ju macfjen. 
Ei ftanb oielmet)r in ihrem Ermeffen, nacfjbem ber 33etlagte 
Eigentümer bei fraglichen 0aufe§ gemorben unb bamit and) 
an ber Erftellung bei ©ehroegi intereffiert mar, ibrn, mie 
biei gefdje^en ift, bie entfpredjenbe Auflage ju machen, unb 
bamit aud) feine 33erpflid)tung jum Erfah ber Stanbftein» 
toften ju begrünben. 

2)ie prioatrechtlidjen 33ert)ältniffc jmifdjen bem 33ef(ag= 
ten unb feinem 33efit$üorgänger 33. merben burcf) bie uer= 
maltungigeridjtlidje Entfdjeibung nidjt berührt. 

Urteil oom 14./21. Ottober 1903 in ber 33erufmtgi= 

fad)e Stennemüller gegen Stabtgemeiube «Stuttgart. 

12 . 

3u $ri. 11 ilbf. 3 nnb 4 bei* fSauarfcnmtg. 

llebergang ber Verpflichtung jur 33ejat)tung einei 3)of)len= 
beitrage auf ben fpäteren ©ebäubebefitjer traft ortibauftatu* 
tarifdjer 33orfd)vift. 

2>er 33eflagte 2. SR. ift feit bem Sahre 1900 Eigen» 
tiimer ber ©ebäube Sir. 6 b, e, f, k, n, q ber SR.ftrafje in 
^eilbronn. 2>ai 3Ibroaffer biefer ©ebäube mirb mittels einer 
oon bem 33orbefi^er fyabritant 3B. 33. tjergeftellten Slnfdjlufj» 
^jauileitung in bie oon ber Stabtgemeinbe ^eilbronn in ber 
SJt.ftrafje crftellte öffentlidje $of)le abgeleitet. 2>er auf ©runb 
bei 3Irt. 11 2lbf. 3 unb 4 ber 33auorbnung unb ber 33e» 
ftimmungen in §§ 2 — 6 bei reuibierten Ortibauftatuti ber 
©tabt ^eilbronn berechnete Sohlenbeitrag für bie genannten 
©ebäube beträgt 530 SR. 56 Vf-/ mooon nad) Slbredjnung 
einer im Ijahrc 1884/85 oon bem 33orbefiger geleifteteu Qafy 

3<>$rb&$er ber üBürttcmbcrg. SRettytäljflege. XV. 3. 25 


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872 ©ntfcfjeibunßcn be§ ®ern)Qltun0§geric^t§f)of§. 

tung oon 150 9Ji. 72 ißf. itocf) 379 9Jt. 84 ©f. im 9iücf= 
ftanb finb. 3)em Klageantrag ber ©tabtgemeinbe |>eilbronn 
entfpredjenb l)at bie Kreisregierung in SubmigSburg ben 
©eflagten mit Urteil oom 10. $uni 1903 jur ©ejatjlung 
biefeS 93etrag§ oerpflidjtet. 

2>ie Berufung be§ ©eflagten mürbe non bem ©erroal* 
tung§gerid)tSl)of jurüdgeroiefen. 

3luS ben 

©rünb en: 

3n ber ©ad)e fyanbelt e§ fid) um bie ©ntfcfyeibung ber 
grage, ob ber $ol)lenbeitrag nur oon bemjenigen ^auSbe= 
fitjer geforbert rcerben faun, ber ben Ülnfcfjlujj an bie ftäbti= 
fcfje ®ol)le berbeigefütirt t)at, ober ob bie ©erpflid)tung jur 
©ntridjtung be§ $ol)lenbeitrag§ auf jeben .fpauSbefitier über* 
gefjt, ber ba§ f>au§ mit bem 2lnfcf)luf} an bie ftäbtifdfe 35oble 
übernimmt, $ür bie leitete SUternatioe fprid)t ber SBort* 
laut ber mafsgebenben ©orfdjriften. Slacf) Ülrt. 11 31bf. 3 
ber ©auorbnung fönnen „bie ©ebäubebefit^er oet* 
pflichtet roerben, ber ©emeinbe für i e b e Senü^ung 
itjrer unter irbifdjen SöafferabteitungSfa* 
n ä l e einen Beitrag ju leiften", unb in ben SKotioen t)ieju 
ift bemerlt, ba§ eine fold)e Verpflichtung „i^re oollfommene 
Segrünbung in bem geroöljnlid) mit ber fjerftellung, Unter* 
fjaltung unb Steinigung unterirbifdjer SBafferableitungSfanäte 
oerbunbenen größeren Koftenaufroanb, unb in bem erfyebticfjen 
©orteil, ben bie ©efi^erber längs f o l d) e r K a= 
nctle ftef)enbenf)äufer oorpgSroeife baoon f)«ben", 
finbet (ogl. ©itjer, Steue allgemeine ©auorbnung ©. 150). 
2>er § 6 be§ ^»eilbronner OrtSbaufiatutS fd)teibtoor: „ffiir 
bie ©eniitpng ber ftäbtifdjen Kanäle pr ©infiiljrung non 
fpauSfanälen Ipben bie ©igentümer ber le^teren 
einen einmaligen .... ©eitrag p entridjten" ; pgleicf) ift 
allerbingS beftimmt, baff beffett ©ejaf)tung ber tatfäd)ticf)en 
©infüfjrung be§ ßauSfanalS in ben ftäbtifdjen Kanal 
»orau§pgef)en f>at, unb bamit, infomeit bie ©tabt auf ber 
©intpltung bicfeS 3at)(ung§termin§ befielt, bie ©erpflid)tung 


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3u 3lrt. 11 'Hbf. 8 u. 4 ber 33auorbnung. 373 

be§ ben ßaitalanfchlufj ijerbeifiifjtenben |>au§befiher§ jur 9ie= 
gel gemacht; allein bie Verpflichtung jur Entrichtung be3 
Sohlenbeitrag§ ift, foroenig inte im 2trt. 11 2lbf. 3 ber Sau» 
orbttung, auf bett ben 2tnfd)luf} erftellenben ßauäbefi^er be» 
fdjränft, fonbern allgemein ben Eigentümern ber £>au§f anale 
ober ben Eigentümern ber angefdjloffenen 
@ e b ä u b e für bie Senütjung ber ftäbtifd>en Sfanäle aufer» 
legt. Sie t>om Seflagten behauptete Einfdjränfung t'ann 
aucf) nicht barau§ abgeleitet roerben, ba| im § 6 Eingang 
be3 Ort§bauftatut§ nur oon ber Senütjung ber ftäbtifdjen 
Kanäle § u r Einführung non ^auSfanälen bie 
9tebe ift; benn bie oon ben bürgerlichen Kollegien mit @e» 
nehmigung be§ 9Ttinifterium§ be§ Innern noni 11. ^anr. 
1881 befchloffenen näheren Seftimmungen bejüglid) ber Sei» 
äiehung ber ©ebäubebefiher ju ben Soften ber ftäbtifdjen ft'a» 
näle auf ©runb be§ § 6 be§ Ort§bauftatut§ halten an biefer 
Raffung nicht burd)au§ feft, unb legen beifpielSroeife ben Eigen» 
tümern ber .gjintergebäube, foroie ber felbftänbigen 31 ügel= 
anbauten ben Beitrag auf „für bie Senü^ung ber ftäbtifchen 
Kanäle 3 u r Einführung b e § Slbroaffer §". 

9tad) bern 2lu§gcfüf)rten ift auf ©runb be§ 2lrt. 11 
2lbf. 3 ber Sauorbnung an ber rechtlichen guläffigfeit ber 
Auflage non Sohlenbeiträgen an bie jerociligen bie öffcnt» 
tidjen Kanäle benütsenben ©ebäubebefitjer nid)t §u jroeifeln; 
be§ roeiteren geht ber 9Serroaltnng§gericht§hof, roenn aud) in 
biefer .£>inficht bie Raffung ber SBefdjIüffe ber ©enteinbefol» 
legien 2tnlafj ju ^roeifel unb Sebenfen gibt, baoon au§, 
baff bie bürgerlichen Kollegien in .jpeilbronn mit ben Vor» 
fchriften be§ Ort§bauftatut§ unb ber 2lu§führung§beftimmun= 
gen baju ben barin oorgefetjenen einmaligen Sohlenbeitrag 
iti feiner SEBirffamfeit nicht auf ben Erfteller be§ |jaus>fanal§ 
befchränfen, fonbern and) auf ben s Jted)t§nachfolger, melier 
oon betn Slnfcfjlufj an bie ftäbtifdje Sohle ben gleichen Vor» 
teil hat erftreden wollten. 

Stuf ben 2lrt. 15 be§ '’ßfanbentmidlungSgefeheS oom 21. 
2Jlai 1828 besm. auf ben § 892 be§ S.@.S. ift nicht roeiter ein» 

25 * 


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374 ©ntfdjetbungen bei ^entiattungigericljtibofi. 

jugehen, nad)bem ber ®ewoUmädt)tigte beS Söeflagten felbft 
in ber münblidjen SSertjanblung bie Unftatthaftigfeit ber @in= 
tragung bet ®ol)lenbeiträge in ba§ ©üterbucf) bcgro. ba§ 
©runbbudj anerfannt t>at. 

$ie prioatrect)tticf)en SSerhältniffe be§ 33eflagten, in§be= 
fonbere ein etwaiger (Srfahanfprud) be§felben gegen ben 33e* 
ft^norgänger, werben burd) biefe Sntfdjeibung nicht berührt. 

S)er Sachlage entfpredjenb erachtet e§ ber 33erwaltung^‘ 
geridjtshof» bafj bie Klägerin gegen 3«h)Iung be§ eingeflag= 
ten ®etrag§ burch ben Seflagten ihre 3lnfprüche an ben 
iflechtSnorgänger be§ Söeflagten letzterem abtritt. 

Urteil oorn 14./21. Oftober 1903 in ber 93erufung§f adje 

SJianbel gegen Stabtgemeinbe ^eilbronn. 


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375 


III. 

^btjtmiilmtg. 

#erfügnngsntadjt bes ®b£mmtna mti» JurnttgsuolU 
Jlrethnng gegen tljtt bet Inubredjtlirfjet: (f rnmgenfdjflfts- 
, grlelirdjttft. 

9l.=2l. Dr. (S cf> e f o t b , Ulm. 

@3 ift ()mid)enbe Meinung in $t) eo ri e unb fßrayiS, 
bafj bet ber lanbred)ttichen ©rrungenfchaft^gefellfchaft ber 
SRamt bie 33efugni§ hat, über bie ©egenftänbe ber @rrungen= 
fdjaft, bewegliche Sachen unb ©runbftfide, ju oerfügen, itnb 
bafj {)ieoon nur bie eine 2lu§naf)me beftef)t, bafj bent SRann 
uerfagt ift, ©runbftücfe für feine (eigene) ©onberfchulb 511 
nerpfänben. Siefer *2Xnfid)t ift neuftenS roieber in einem 
Urteil be§ 0bertanbe§gerid)t§ 00m 14. Februar 1901, gal)r= 
bücfjer !öb. 14, <5. 53 2lu§brutf gegeben morben , unb ben 
bet'annten ^eugniffen au§ ber Siteratur, uor allem SBcidjter 
mag nod) beigefügt roerbett, ma§ Mömer unb SJtanbri) in 
il)ten 3Sorlefungen gelehrt haben; mir lefen l)ier bei Mömer 
§ 158: „Ser Mtann ift ganj unbefd)räntt in ber SiSpofition 
über bie ©rrungenfd)aft unb bebarf namentlich aud) jur 93er= 
äufjerung ber Siegenfdjaft nicht ber ©inmilligung ber grau 
(^Sfbgef. 2lrt. 24); er fanti bie ®rrungenfd)aft§ftütfe fogar oer* 
fdjenfen." $um 23eleg beruft fiel) Monier aufjer auf conc. 
Tub. IX, 68 unb SBächter auch nod) auf ein ©utad)ten ber 
Süb. guriftenfafultät oont 7. guli 1864. Unb SManbrt) 


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376 


Slbbanblung. 


fagt § 1 , 70 c: „Ser ©bemann ift f)iev (nämlid) bei ber @r= 
rungenfcbaft§gefellfcbaft) fogar berechtigt, bie Siegenfdjaft ju 
oeräufjern, nur barf er bie ber grau gehörige Raffte ber 
Immobilien nur mit ßuftimmung ber grau für feine Son= 
berfdjulb oerpfänben ^Jfbgef. 2 lrt. 24." 

fpinju fonunt nun itod) : Manbrt) , ba§ roürtt. 5ßrioat= 
red)t, S. 225 unten: |ner bemerft M v bafj ber Mann ber 
3uftimmung ber grau nur bei 93eräufjerung ber sunt Son= 
bergut getjörcnben ©runbftficfe ( — nlfo nicht bei ber 9Ser= 
Äußerung ber errungenfdjaftlidjen — ) bebürfe. 

©o ftütjt fid) alfo bie fyerrfdjenbe Meinung auf bie foti* 
ftante 9ied)tfpred)ung be§ £)berlanbe§gerid)t§, auf 2 öäd)ter, 
Stönter, Manbrt) unb bie Sübinger gatultät. 

©leidpuobl roirb e§ neuften§ roieber Qatjrbüdjer 58b. 15, 
<3. 118 ff.) unternommen, bie abroeid)enbe 2lnfid)t, baf) näm= 
lieh ber Mann bie jur ©rrungenfdjaft gehörige ßiegenfdjaft 
nur ju fojialen .Sineden ju oeräufjern befugt fei, jur 
©eltung ju bringen. — @§ fdjeint un§ aber ber £>auptge= 
fidjtspunft, and roeldjem biefer ißerfud) gemadjt roirb, nicht 
jujutreffen: e§ roirb geltenb gemadjt, bafj e§ ber „redjtlidjen 
Sonfequenj" unb ber „natürlichen roirtfdjaftlidjen 2 lnfd)au= 
ung" roiberfpredje , bent ©bemann auf ber einen Seite bie 
SBerpfänbung ber ßiegenfdjaft 311 Sonbersroecten ju oerbieten, 
unb i£>m auf ber attbern ben Ü5ertauf su jebem beliebigen 
3roed su geftatten. — Sief er Miberfprud) beftebt aber nicht, 
benu bie Sßerpfänbung oon ©efamtgut sn Sonbersroed'en ift 
ein offenfidjtlidjer Mißbrauch be§ 33erroaltung§red)t§ , ber 
SSerfauf ber ßiegenfdjaft ift bie§ nicht; bei einem folgen ift 
ber britte ftoutrabent nicht oerpflidjtet, ba§ ©runbbudjamt 
nidjt berechtigt , ben ^roerf be§ 33erfauf§, ob er ein fo* 
Siater fei ober nicht , su prüfen unb bi etna< h für bie 33e= 
bauptung bes Mantte§, bafj er su einem fosialen 3rcecf oer= 
taufe, $kroei§ su forbern (f. Sinnt.). — Man roirb bteu auf 
eine cibnlid)» Streitfrage be§ neuen SJecbtS b'ugeroiefen : 9iacb 
§ 1445 bebarf ber Mann ber ©inroilligung ber grau su* 
©ingebung ber SSerpflidjtung su einer Verfügung über ein 


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Scfjefolb: EerfügungSmadjt beä ®f)emann§ :c. 377 

©efamtgutSgrunbftücf. 3ur 21ufnal)me eines SDarlepenS, 
beffen .jobbe ben Söert ber ganjen ©efamtgutsliegenfdjaft 
roeit überfteigt, bebarf er ber ©inroiEigung nictjt. — 9lu§ 
biefer (fcpeinbaren) Anomalie folgert ©euerer (3nmilienred)t ?c. 
604, ©. 158) bie 3lnnof)me, bap ber ©pentann auch ntcfjt 
befugt fei, „grope" ®artet)en opne ,3uftimmung ber ffrau 
aufjunefimen. 2>a§ 9teid)§gerid)t tjat aber biefe 21nfid)t mit 
)Hed)t oerroorfen. iE.©. $b. 54, 9tro. 75. 

ber angeführten Ebbanbluitg Oaprbüd)er $8b. 15, 
<3. 118) roirb fobann (oon ©. 128 ab) bie roeitere f^rage 
erörtert, roa§ nach lanbrecptlidjem ©rrungenfd)aft§gefeEfd)aft§= 
red)t bei ber SSoEftrecfung eines gegen ben SEann ergangenen 
Urteils ©egenftanb ber ^roangsooEftrectung fei. — 2)ie 9lb= 
panblung fommt ju bent ©rgebniS , bap ©egenftanb biefer 
3mangS»oEftrecfung fei baS ©onbergut beS SEannes unb nur 
beffen hälftiger Enteil an ber ©rrungcnfdjaft. — 2Bir meinen, 
bap aud) hier bie 9ted)t3fpred)ung be§ OberlanbeSgericptS unb 
bie neuefte ©ntmirfetung oon SEpeorie unb ©efepgebung auf 
bem gegenteiligen ©tanbpunft ftepen, nämücp auf bem, bap 
fdjon nach roürtt. SanbeSrecpt bei ber lanbrecptlid)en ©rrungen* 
fcpaft§gefeEfd)aft ©egenftanb ber .ßroangSooEftrecfung gegen 
ben 3Eann bie ungeteilte ©rrungenfepaft mar unb ift. — 
Unfer 2anbred)t ftept jroar befanntlicp auf bem ©tanbpunft, 
bap bie ©rrungenfepaft im condom. pro indiv. ber ©pegatten 
fiep befiitbe; f. nam. III, 7, § 2. 'Eber ganj im ©egen* 
fap hieju roirb ber SEann, roie oben auSgefüprt, aEgemeiti 
für befugt erad)tet, über bie ganje ©rrungenfepaft, alfo aud) 
über ba§ 9EiteigentumSred)t ber Jrau aEein frei ju oerfügen, 
©iltig fiub piernad) aud) alle Ekrpfticptungen, bie ber 9Eann 
jur Verfügung über bie ©rrungenfepaft eingeht. ©S ift nur 
ein Heiner ©epritt roeiter, ju fagen, bap aud) aEe 93erpflicp= 
tungen be§ SEattneS opne llnterfchieb bie $olge paben, bap 
bie ganje ©rrungenfepaft für beren ©rfüEung haftet. — So= 
roeit geht ba§ Urteil be§ CberlanbeSgericpt oorn 8. SEärj 
1888 ^abrb. 23b. 3, ©. 196 noep nicht; pier roirb einerfeitS 
bie Unterwerfung ber ©rrungenfepaft unter bie 3roang3ooE= 


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378 


'llbljanbltmg. 


ftredung gegen ben 3Jlonn nidjt nur auf beffeit unbefdjränlte 
VerfügungSmatfjt, fonbern audj auf beffen Verpflidjtung ge= 
grünbet, bie ©rrungenfcfjaft jur $edung ber ©ojialfdjulben 
ju oerroenbett, unb anbererfeitS roirb biefe Unterroerfung nur 
ju ©unften oon ©ojialgläubigern auSgefprodjen. Qebocfj 
fc^eint mir tjier baS maßgebenbe ißringip nocfj nidjt in notier 
Älartjeit entroictett ju fein: “Jtidjt auf bie Verpflidjtung be§ 
VlanneS einerseits fornmt eS an, fonbern auf feine 9Jlad)tbe= 
fugniS, bie ©rrungenfdjaft jur ^Decfung oon ©djulben ju 
oerroenben, unb eben biefe VerfügnngSmadjt anbererfeitS ift 
oom fojiaten 3ioed ber Verfügung unabhängig. ®anj llar 
unb beftimmt fpridjt ficf) bann aber baS Ijödjfte 2anbeSge= 
ritfjt in bem Urteil oom 4. Vlärj 1895, Qatjrbiidjer, Sb. 8, 
©.331 auS; bie inaßgebenben ©äßefinb: „2>er Stnteit jebeS 
©atten an ber ©rrungenfcfjaft — bie ibeale fpälfte — roirb 
bem ©begatten erft bei ber Sluftöfung ber ©emeinfdjaft (enb- 
gültig) sugefdjieben; bis batjin ftetlt baS gemeinfdjaftlidje 
Vermögen, nad) außen jebenfallS, eine ungetrennte SJtaffe 
bar, metcbe für bie Veräußerung unb 3 roan 9 §t > oll = 
ft re düng als Vermögen beS ©IjemannS bebanbelt toirb. 
Qnsbefonbere tritt oor 2luffjebung ber ©emeinfcbaft ein ibeeller 
Stnteil an ber ©rrungenfcfjaft nnb ben einjelnen Veftanb* 
teilen berfelben nicfjt tjeroor, ifjr VtiteigentumSredjt ift ein 
rufjenbeS, latentes. 2)aS Verhältnis ift in biefer Vejieljung 
baS gleidje, mie bei ber allg. ©.=©." — |jier ift tlar auS= 
gefprodjen: ©egenftanb ber gioangSoollftredung ift bie ge= 
famte, durante matrimonio unteilbare ©rrungenfdjaft, fie ift 
eS entfpredjenb ber VeräußerungSmadjt beS VlanneS, hängt 
alfo fo roenig mie biefe oom fojialen gioed ber Sdjulb ab. 
3>ie Untenocrfung ber ©ramgenfdjaft unter bie 3toang§üo[l* 
ftredung finbet alfo nidjt nur gegenüber oon ©ojial= fonbern 
audj gegenüber oon s f3rioatio--©läubigern beS SDtanneS ftatt. 
— $nbem baS ©eridjt ©aupp, fRorman :c. ©. 53 zitiert, 
eignet eS fidj beffen 0cfjlußfät3e an, bie alfo lauten: ,,©S 
gilt alfo fdjon jetjt (1893) in Württemberg für bie ©rrungem 
fdjaftSgefellfdjaft im roefentlidjen ganj baSfelbe, maS ber 


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©djefotb: S3erfügung§mad)t be§ ©IjemannS ic. 379 

I. ©ntamrf be§ 93. ©.93. für bie attg. ©.=©. in § 1360 2lbf. 1 
unb für bie ©rrungenfd)aft§gemeinfcbaft § 1424 21bf. 1 , jeßt 
®.iß.D. § 740 ftatuiert, fo baß alfo ber ©befrau, wenn bei 
einer nur gegen ben ©bemann geridjteten 3n>ang§r>ollftrecfung 
®egenftänbe be§ in feiner Verwaltung befinblidjen ©rrungem 
fcbaftsoermögenS gepfänbet werben, ein bie Veräußerung unb 
folgeweife ,3wang§üollftrecfung l)inbernbe§ iHecfjt nidjt juftebt, 
oietmebr ber VollftredungStitel gegen ben ©bemann aud) bie 
Vollftrecfung in biefe ®egenftänbe becft" (f. auch Jahrbücher 
93b. 8 , ©. 158 , '43b. 9, ©. 267 ) 1 ). — Stuf beut gleichen 
©tanbpunEt ftebt für befftfcßeS Vecßt ba§ Urteil be§ D.=2.= 
®erirf;t§ Sarmftabt in ©euff. 21rd). 93b. 39 , < 3 . 308/309 
unb für ba§ roürtt. Ved)t nimmt bei ©euff. Streß. 93b. 46 , 
9lro. 296 ba§ oberfte bapr. SanbeSgericßt benfelben ©tanb= 
punft ein. ©. aud) ÜDtotioe ju § 1423 be§ I. ©ntwurfS, 
93b. 4 , ©. 523 , erfter 2tbfatj am Sdjluß. ®erber, beutfcßeS 
ißrioatrecbt § 234 ju Vote 8 . 

2>ie Slnnabme, baß bei ©cßulben be§ 9Jtanne§ bie un= 
geteilte ®rrungenfcbaft ©egenftanb ber JwangSuollftrecfung 
fei, ßnbet eine ganj erßeblidje Seftätigung in ber ©ntwi<J= 
lung ber für bie felbftänbige ©rwerbSfrau geltcnben 5Kecf)t§= 
fäße: 91acb 2lrt. 8 be§ altern .£)anbel§gefet)bud)§ fann fid) 
bie ©befrau ohne ©inroitligung be§ VlanneS gültig uer= 
pflidjten; bas bebeutet, baß für ißre ©cßulben ißr Vermögen 
haftet, ohne baß hingegen ba§ 9lul3nießung§= unb Vermal* 
tung§red)t be§ 9Jlantte§ jur ©eltung fäme; ju ihrem Ver* 
mögen gehört swar nur ihr Stnteil an bem gütergemeinfcbaft* 
ließen Vermögen; aber weil „bie ©ubftanj be§ ebemeiblicben 
Vermögens mit ber beS ebemännlicßen ju einer untrennbaren 
Sftaffe oerbunben ift" (.öaßn , $ 4 jum frühem 2). £.©.93. 
21rt. 8), haftet gemäß 2lrt. 8 9lbf. 2 £.©.9). ba§ gemein* 
fdjaftlidje Vermögen ber allg. unb partiellen ©iitergemein* 
fcßaft ganj unb ungeteilt. — Jür bie ©emerbefrau ift in § 1 1 
©eroerbeorbnung ein ©leidjeS nid)t auSbritdlid) beftimmt, e§ 

1) © e ö t e r: bie roürtt. Üanöesgefetse (1902) ju §§ 739, 740 ©,'IJ.O. 
(©. 285—86). 


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380 


9lbf)anblung. 


nimmt aber 3. $8. ÜDianbri) , cioilrecfjtl. Qnfjatt , biefelbe 
Haftung be§ ©efamtgutS aucf) bet bett 23erbinblid)feiten ber 
©eroerbefrau an unb 3roar immer roieber au§ bem ©runb, 
roeil ba§ gemeinfdjaftlidje Vermögen dur. niatr. al§ ein ein* 
beitlicfjeS, nicfjt al§ ber £lomple;c jroeier getrennter 93ertnö* 
gen erfdjeine, f. 2Hanbrt)=©eib, cioitred)tl. Inhalt ec., 4. 2lufl., 
©. 24/25. — Unb aucf) bei Sang, ißerfoncnredjt § 53, 93b. 2, 
2, c merben bie ©djulben ber § rau / bie mit 3uftimntung 
if)re§ 9Jtanne§ |)anbef ober ©enterbe treibt, al§ ©03ialfd)ul= 
ben bejeidjuet. ©ie finb e§ aber geroifj nid)t be§t)atb, ineit 
fte ftet§ ben ehelichen, foäiaten 3roecfen bienen, beim e§ fann 
ja bie 3/rau ein ®rmerb§gefd)äft (ebiglid) unb au§fd)liefilid) 
3utn 9h©en if>re§ 93orbefiatt§gut§, affo jo, bajj bie ©rträg* 
niffe nur biefern jufomnten, betreiben, fottbern be§t)alb, roeif 
für bie ©djulbett ber ©rmerb§frau bei 3 u fü mmun 3 be§ 
9Jlamte3 bas> ganje 23ermögen ber 3 vau / Q If° auc ^ ® e= 
famtgut, biefes aber in feiner über bie Sauer ber ©rrungen- 
f d) a f ts g ef e tt f cf) af t unteilbaren ©efamtljeit haftet. — ©anj ein 
unb berfelbe ©runb ift e§ fjiernacf) , ber bei ben ©djulben 
be§ 9Jtanne§ unb benett ber ®rroerb§frau für bie Haftung 
be§ ungeteilten ©efamtgut^ al§ entfcfjeibenb gilt: bie Un* 
teilbarfeit be§ ©efamtgut§ roät)renb beftefjeuber ©ütergemein* 
fd)aft. 

9>on ber Jrage, rca§ ©egenftanb ber 3roang§uollftrec£iutg 
fei, mot)l 311 unterfdjeiben ift bie 3:rage, gegen men bie3i»angs= 
oollftrecfung beginnen barf, roer ber @£equenbu§ ift. 93eim 
Urteil gegen ben SJtann ift ©egenftanb ber ©jefution ba§ 
©efamtgut, aber roentt fo(d)e§ im ©emafjrfam ber f^rau ober 
auf fic im ©runbbud) eingetragen ift, ftetjt bem beginn ber 
3roang3oollftrecfung gegen bie fjrau ber Jj 740, 808 ©.fß.0., 
be3m. § 17 ©.0. entgegen. 23eim Urteil gegen bie @r= 
merbesfrau ift ßroangSoollftrecfung nad) ben gleichen gefet)= 
lidjen 93eftimmungen nidjt §ugelaffeu gegen ben SJtann, ber 
©efamtgut in feinem ©eroaljrfam l)at, besrn. auf ben e§ ein= 
getragen ift. ©egenftanb ber 3roang§oollftrecfung ift ba§ 
©efamtgut, aber @jequenbu§ ift beim Urteil gegen ben 9Jtann 


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Sd)cfoIb: 23erfügung§mad)t beS ©bemann* :c. 381 

nur biefer, bei bem gegen bie ©rroetbSfrau nur fte; bet ©e= 
genftanb ber gioangSootlftrectung fann feine @infd)ränfung 
barin finbett, baff fid) berfetbe in ber föanb eines dritten, 
bort ber grau, t)ier be§ fDtanneS befinbet. — groar tjat ftd) 
baS oberfte £anbeSgerid)t für Baqern in feinem Urteil »om 
12. 9tooember 1890 (Oeuff. 2lrcf). 33b. 46, 9lro. 296) in 
91nroenbung rcürttembergifdjen 9ied)tS b ab in au§gefprod)en, 
baff ein gegen beit Sttann ergangenes Urteil aud) gegen bie 
grau unb in ihr beroeglicheS ©onbergut ootlftrecfbar fei. 
2)iefeS Urteil fdjeint mir aber naef) jmei ^Richtungen »er* 
fehlt ju fein. ©inntal f'ann ©egenftanb ber gtoangSoolU 
ftreefung auS bem Urteil gegen bett fUtamt niemals baS ©on= 
bergut ber grau fein, fobann folgt auS ber Unteilbarfeit beS 
gütergemeinfcfjaftlidjen Vermögens nur, baff biefeS Vermögen 
ungeteilt ©egenftanb bergroangSoollftrecfung gegen ben fOtaun 
ift, nid)t aud), bafj baS Urteil nicht nur gegen ben SRann, 
fonbern aud) gegen bie grau uollftrecft roerbeit f'önnte; eS 
fdjeint mir in bem Urteil beS bat)r. ®erid)tS eben jener Uit* 
terfd)ieb jtoifdjen ©egenftanb ber groangSoollftrecfung unb 
fßerfon beS ©requenbuS nid)t genügenb beachtet ju fein. — 
SRun beftintmt aber bie neue ©.iß.O. in §§ 740, 741 auS* 
brüdlid), bafj ein gegen ben 9Rann, bejio. gegen bie @r= 
roerbSfran ergangenes Urteil jur 3roangSoollftrecfung in baS 
©efanttgut genügenb fei, unb eS herrfd)t jetjt ein lebhafter 
«Streit über bie Sragroeite biefer 93orfd)riften. ®ie $enf= 
fdjrift jum ©ntrourf ber neuen ©.fß.O. bemerlt ju § 670 f., 
jept § 740, baff in Slnfehung ber Sachen, bie ftd) im Befip 
ber grau befinben, unb ber 9fecf)te, bie im ©runbbud) auS= 
fd)lie^lidj auf ben tarnen ber grau eingetragen feien, baS 
gegen ben SRanti ergangene Urteil nicht gegen bie grau ooll= 
ftreeft roerben fönne, baff oielmehr ber ©laubiger beS 9Jfan= 
neS erft gegen bie grau Mage auf Verausgabe ber Sachen 
ober auf Berichtigung beS ©runbbud)S erheben ntüffe. 2)ie= 
felbc 2lnfid)t oertritt bann fßlanf in ber guriftenjeitung 1900 
S. 77 ff. 2tud) er nimmt alfo an, bafj mit bem § 740 nur 
gefagt fei, baff bei einem Urteil gegen ben 9Jtann ©egen= 


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382 


3lbf>anblurtg. 


ftanb bei* groangSoollftrecfung ba§ (ganje) ©efamtgut fei, 
baff aber für bie grage, roer ©jequenbuS fei, nad) roie nor 
©.$. 0 . § 750 mafjgebenb fein muffe. — demgegenüber 
roeift galfmann, guriftenäeitung 1900 S. 175 ff. barauf hin, 
bafj ja aucf) in § 746 (£.'$.0. ein galt gegeben fei, roo ein 
gegen beti 23. lautenbeS Urteil (trot) S.iß.O. § 750 ) gegen ©. 
oollftretfbar fei, nämlicl) ba§ gegen bie Hinber ergangene 
gegen bie nuhniefjungSberechtigten ©ttern; angefid)t§ biefeS 
55 750 ftefje nichts im SBeg, aud) beim Urteil gegen ben 
SJtann bie ßroangSoollftrechmg gegen bie grau al§ Inhaberin 
rrorn ©efamtgut beginnen ju taffen, galfmann fchliefjt fid) 
an: |>irfd), 23ofd)er§ geitfcfyrift, 43 . gahrgang, ©. 310 ff. 
Unb nun h«t fid) in gleichem Sinn aud) ba§ &'ammergeritf)t 
Berlin auSgefprochen : Seuff. 21rcf). 33b. 58 , 9h*o. 125 . — 
gn eben biefem Urteil tianbelt e§ fid) um ein gegen eine 
©rroerbSfrau ergangenes Urteil; unb eS ift l)ier in ®onfe= 
quens ber $u § 740 entmicfelten galfmannfchen 2Infid)t auS= 
gefprocfjen, baff aud) im galt beS § 741 baS gegen bie ©r= 
roerbSfrau ergangene Urteil gegen ben Stiann, ber ©efamt= 
gut befit)t, nollftredt raerben fönne. — 2111 bieS gilt aber 
nur für allg. ©.=©. unb ©rrungenfchaftSgemeinfdjaft neuen 
9ted)tS; nur für biefe finb bie (urfprüngtid) im I. ©ntrourf 
beS 23. ©.'S. enthaltenen) 33orfcf)riften ber §§ 740 , 741 ge= 
geben. 9lad) roürtt. s Jted)t roirb alfo aud) fortan, um ein 
gegen ben SJtann ergangenes Urteil gegen bie grau, ein 
gegen bie ©rroerbSfrau ergangenes gegen ben -Dlamt ju ooll= 
ftreden, ein aud) gegen ben ©jequenbuS — bort ©hefrau, 
hier ©bemann — erroirfteS Urteil erforberlid) fein. 

2Bir gelangen für baS roürtt. ©rruugenfcl)aftSred)t ju 
folgenbem ©rgebniS : 

1. der 9Jtann ift ju jeber 93erfügung über bie jur ©r= 
rungenfchaft gehörigen ©runbftüdfe befugt mit ber einen 21u§= 
nähme, baff er foldje nictjt für eine eigene Sonberfchulb oer* 
pfänben barf. 

2. ©egenftanb ber groangSoollftrecfung gegen ben fölann 
ift immer nebft feinem Sonbergutbie ungeteilte ©rrungenfd)aft. 


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S cf) e f o t b : S3erfügung§macf)t beS (Seemanns ic. 383 

3. Sie groangSootlftrecfung in bie ©rrungenfcfyaft fantt 
gegen bie grau, rueldje ©rrungeufd)aftSfad)en im ©emal)r= 
fam Ijat, ober auf bie folclje iHecfyte im ©runbbud) eingetra= 
gen finb , nid)t ofme ein and) gegen bie grau auf fperauS» 
gäbe bev Sachen ober auf 33ericf)tigung beS ©runbbucfjS er= 
mirfteS Urteil begonnen roerben. — 

21nm. SRacf) üanbrecf)t ift baS ©rrungeufcfjaftSgefetl-- 
fcfjaftSoermögen im ungeteilten Miteigentum ber ©Regatten: 
römifd) red)tlid)e communio pro indiviso. 33etrad)tet man 
aber bie einzelne DtedjtSfätje ber ©rrungenfdjaftSgefellfdiaft, 
fo finbet man, baff fie fid) faft alle nid)t auS bem 9ted)tS* 
begriff be§ Miteigentums entroicfeln, fonbern aus ber red)t= 
lidjen Stellung beS ManneS als gamilienfjauptS. gn biefer 
Stellung ift er befugt, baS errungene Vermögen ju befreit 
unb ju oermalten. gn biefer $Red)tSftellung mögen ifjm burd) 
baS pofitioe 9ted)t geroiffe Sextanten gefegt fein, fo im neuen 
9?ed)t bie 33efd)tänfungen ber §§ 1444 — 1446 33.©.®. 
©egen biefe Sd)ranfen mu§ aber aud) roieber ber Mann 
feinen Sdjut) fjaben, fo im neuen 3ied)t baburd), baf? er ben 
(unbered)tigten) ÜBiberfprucf) ber grau burd) Anrufen beS 
$8ormunbfd)aftSgericf)tS ju bredjen oerntag. 33.©. s 3. § 1447. 
— Sie oon unS befämpfte 2lnfid)t finbet bie erforberlidje 
33efd)rcinfung beS ManneS barin, baf? er ©rrungenfd)aftS= 
grunbftücfe nur ju ©rrungenfcfyaftSjtoecfen oeräufjern bürfe; 
nur in biefem galt foll ber Mann ber ^uftiimnung ^er grau 
nid)t bebürfen. Söenn nun aber ber Mann irgenb ein 
©runbftiicf oerfauft unb behauptet, baf? er bieS tue ju 
3mecfen ber Grrungenfdjaft, f)at er, loeun bie grau roiber- 
fprid)t, ben SöeroeiS feiner guten 2lbfid)t ju flirren, ober 
liegt ber gegenteilige SemeiS ber grau ob? Unb maS ift 
3mecf ber ® tr ungenf djaft? Söenn ber Mann in feinem Son» 
bergut eine gabrif befitjt, bie mit Sd)aben betrieben roirb, 
unb er roill gegen biefe gabrif eine anbere günftige eintau= 
fd)en unb fjiebei baS erforberlidje 2lufgelb baburd) geroinneii/ 
baf? er einen ©rrungenfefjaftSader oerfauft, bebarf er l)ier 
ber 3uftimmung ber grau? Menu er foldjer bebarf, unb 


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384 


'älbfycniMung. 


bie grau in augenfcfjeinlicfyem SBiberfpcudt) gegen ba§ ©efamt* 
tntereffe ber ©Regatten bie 3uftimmung oerfagt, fönnett hier 
nic£)t Unjuträglid)feiten entfielen, fo grofj, at§ roenn bei - Wann 
feine ihm non ber i)errfcf)enben Wetnung geroäEjvte SBeräufje* 
rung§befugni§ mifjbraucfjt? — 

Sang forbert nicht einen „fojialen 3n>ed:", fonbern eine 
fojiate ©djulb ; nur jur Tilgung einer foldjen foü ber Wann 
@rrungcnfcf)aft§grunbftücfe oeräufjetn bürfen. ©et)en mir 
nun ben fyatl , bafj ein ©ijemann, ber beut 21. au§ 33itrg= 
fcfjaft 1000 Wf. , bent 53. au§ einem jum Stufen ber ®r= 
rungenfdjaft abgefdjloffenen Sfaufnertrag 1100 fdjulbet, eine 
jur (Srrungenfdjaft gehörige Wiefe »erlaufen roitt: mentt tjier 
ber Wann bie 2lbfid)t funbgibt, ben @r(ö§ aus ber SBiefe 
jur 93ejahlung be§ 2lcfer§ ju nerroenben, fann bie fyrau 
einen 9ied)t§ftreit gegen itjn ergeben mit ber 53ef)auptung, 
bafj er in ber Jat bejroecfe, feine 33ürgfd)aft ju (Öfen? — 
Wan fieht, bafj bie 53efd)ränfung be§ Wanne§ in ^infidjt 
auf ben 3iuecf (ober ®rfo(g) ber 53eräufjerung ju unlö§* 
licken Jt'onffiften führt. fann fict> nur barum fjattbeln, 
ob ber Wann überhaupt jur 33eräufjerung oon Siegcnfcfjaften 
ber ©rrungenfchaft ber ^uftimmung ber tftau bebarf ober 
nid)t, unb tjier haben mir eben nur bie eine 23orfd)rift, bafj 
er ber 3uftimmung bann (unb nur bann) bebarf, roenn er 
folcfje Siegenfdjaften für feine ©onberfdjutb oerpfänbett roill. 
— ©. aud) Wotioe jutn 3.©.33. IV, <3. 358 ff., roo auch 
nur fo unterfdjicben roirb, ob ber Wann ber 3uftimmung 
jur 53eräufjerung überhaupt bebarf ober nid)t. — 

s Jteuften3 f)at aud) ba§ ©runbbucfjamt Stuttgart ben 
©runbfat) aus>gefprod)en, e§ fei ju prüfen, ob ber fojiale 
3roecf bargetan fei, eoent. bie f^rau ju hören 1 )- Wenn nun aber 
überhaupt bie 3 u ftintmung ber $tau unter geroiffen Unu 
ftänben erforberlid) ift, fo barf bod) baS ©runbbudjamt nicht 
(über ein 9ted)t ber $rau) nerfügen, ohne fie gehört ju haben, 
unb roenn bie grau in einem $aKe Wiberfprud) erhebt, in 


1) 58ojct)cr§ 3 c dfd)rift, 18b. 43, S. 316. 


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©cfyefolb: SBerfugungimacfjt be§ ß^emannä :c. 385 

roetdjem ber fojiale 3roed bem ©runbbucfjamte offenfid)tlicf) 
ift, fann e§ gegen bie grau cntfcfjeiben unb tjiernacf) eintra* 
gen, ober muff e§ nid)t gIeirf)roof)t ben SRonn auf ben iKed)t§= 
toeg oertoeifen; tut e§ teueres, roelcfjeS 9tecf)tSmitte( ftet)t 
bem 9Jtann nad) Sanbrecfjt ju? — deines. — Unb auf 
jebeni 9Beg beftätigt fict) bie Sfadjtigfeit ber 2tnnat)me, bafj 
nad) roürtt. ($rrungenfd)aft§red)t bet 9Jtann befugt fein muff, 
ausgenommen ben galt bcS ißfbgef. 2lrt. 24 über ©efamt= 
gut jeber 2trt frei ju oerfügen. — 


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386 


giitcnirifrijc Jln?eigen. 

2 er fiontmctttar jur (Mcrocrbeorbming tion Sanbmann ift, ucm 
Dr. SR of) m er bearbeitet, in vierter Auflage erfcfjienen (SRürtcfjen, 
Sed, 2 Sänbe non 744 unb 94B Seiten, geb. 30 9Jit.). ®ie ein* 
geijetibe, grünblidjc, bie neuefte Literatur unb 9{ecf)t|prerf)ung forg= 
faltig berücffidjtigenbe 2lrbeit erreid)t baS geftedte 3^ „bas Sud) 
auf ber £>öh c eines ben ©egenftanb möglich)! erfcfjöpfenbeit, nerläffi* 
gen unb mit ber lebenbigen SRechtSentroidlung fortfchreitenben §anb» 
bud)S beS 9teid)3geioerbered)ts su erhalten". 2) er jiDeite Staub ent* 
l)ält al§ 2lnt)ang II. baS Sinberfchuhgcfet) oom 30. üJlärä 1903 mit 
eingefjenber ©rläuterung. ®cr (Sioilrichter, ber nicfjt ganj feiten mit 
fragen beS ©eroerberechtS ju tun bat, roirb über foldje fragen auS 
bent uorliegenben SB er! unb ber hier nacbgeroiefenen Literatur gutier* 
läffige üluSfunft ficb ju uerfdjaffen in ber Sage fein: uergl. j. S. über 
Kartelle Sb. 1 S. 89, über bie Koalitionsfreiheit beS § 152 2lbf. 2 
Sb. 2, 495—502. 

$ie 3eitfd)rift für StrBcitcröerfubcrung (f. 3af)tb. Sb. 13 S. 388) 
roirb nuntnebr uont .ft. niürtt. SanbeS*Serfid)erung3amt jur regel* 
müßigen Seröffentticbung feiner ©ntfdfeibungen benüt}t. 

Son bent Staubingerfchcn Kommentar $utit S ©.S. (f. 3al)t'b. 
Sb. 15 S. 134, 272) finb injtoifcben gmei weitere Sieferuttgen ber 
jroeiten Sluflagc erfdjienen, bie bie §§ 1 — 110 beS 'llUgenteinen SeilS 
bebanbeln unter Slnfübrung unb SBürbigttng ber neueften Siteratur 
unb ißrapiS. 

Segler: 2>aS biirgerl. '.Recht cttifchltcftltcfj beS §a«belS= unb 
'ÄlctbfclrcrfjtS mtb beS württ- SanbeSrcdjtS. I. Sanb. $te allgemeinen 
Scljrcit (Stuttgart, ftofjltjainmer, ißreiS geb. 4 3Jtf. 30 Sfg.). (Eicfe 
für ben UnterricfjtSfurS ber Stotariatsfanbibaten beftitnmte Searbei* 
tung beS bürgert. DiedjtS mirb namentlich mit SRütffidjt auf bie auS 
bent Stitel fid) ergebeitbe Sollftänbigfeit unb auf bie überfid)tlicf)e 
unb tlare Sehanblung beS Stoffs aud) bent Sraftifer in gleicher 
StBeife Sienfte leifteu fönneit mie für baS frühere 3ted)t bie Siegler* 
fdjen Sehrbücher. 


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£iterarifcf)e Stnjeigen. 


387 


Dr. jur. @. © e f I e r bebanbelt in einer etngeljenben ©djrift 
bic £ef)re Bon bcr ©orinerfung nad) bem neuen SReicbSredjt (SJJüncfjen, 
©ecf, 312 ©., SßreiS 7 9Rf.) unter '-öerücfficfjtigung ber neueften tuie 
ber auf baS frühere preußifcbe Siecht bezüglichen Siteratur unb SRed)t= 
fprecfjung; bie Stlrbeit, bie ittSbefonbere aud) auf bie ©ormerfung im 
SonturS unb im 3'öangS»otIftrecfungS»erfabren eingebt, gemährt eine 
roittfommene Iritifcfje Ueberficfjt ber tnannigfacben 3n>eifel§fragen biefer 
£ebre. 

3«r Sctbni! bcS ©.©.©. ©on D.8.©.SRat SR o nt e i cf in ©tutt= 
gart, ©eft III. : SRcd)töttad)foI(jc. (©eilbronn, Stielmann, ©reis 2 2Rf.) 
^n biefer ©bbanbtung, bie in äufjerft anregenbcr, grünblidjer unb 
fdbarffinniger SBeife fich namentlich mit ben 3IuffteQungen ©elltoigS 
auSeinanberfebt , ftetlt SR o m e i cf in ben §§ 2, 5, 6 unb 7 fotgenbe 
©übe auf: ®ie ©eräufjerungSperfügung eines 9ücf)tberecf)tigten ift 
ftetS nichtig (@. 10-28); ber SRecbtäenuerb beS gutgläubigen ©rt»er= 
berS , ber fein SRedjt »on einem SRichtberechtigten ©erleitet, ift origi= 
närer (Srtuerb (S. 36 — 39); ber tiicf)tberecf)tigte ©erfäufer einer frem= 
ben ©acbe bat feine SaufpreiSforberung gegen ben (gutgläubigen) 
Säufer, bagegen bat ber Säufer baS SRecht, non einem folchen ©er= 
fäufer ©cbabenSerfatj megen SRicbterfiiUung ju »erlangen unb ber 
frühere ©igentümer gegen ben Säufer (ber nicht bezahlt bat) Stlnfprud) 
auf ben SaufpreiS (©. 39—58). 

SEiefe Sähe finb nicht unbebenftid) unb eS mögen bie bagcgctt 
SU erbcbcnben ©ebettfen im folgenben fürs angebeutet roerbeu. 

SBer eine Sache in gutem ©tauben »oit einem SRicfjtberecbtigten 
lauft, ermirbt mit ber Uebergabe bst». Sluftaffung nebft ©intragung 
im ©runbbuch bas ©igentuni baran (§§ 892, 932 ff. ©.©.SB.), ©r 
„leitet" nach bem Sprachgebrauch beS ©.©.©. (.»gl. s- © § 135 9lbf. 2) 
„fein SRecht »ott bent SRichtberechtigten her": baS fott nach SRomeicf 
befagett: er leite allerbingS — irriger SSeife — fein SRecht »on 
bem Serfäufer, einem in Slöirflichfeit SRid)tbered)tigten her, i tt 43 a b r= 
beit fei er aber nietnanbS SRedjtSnachfolger, fottbern er enoerbe fein 
SRecht „nur bttrch fein eigenes gutgläubiges Sun", atfo originär, 
©efüjt atfo jemanb eine frentbe bewegliche Sadje, an ber ein SRiefj= 
brauch (etma einer juriftifcfjen Sßerfon) beftebt, unb uerfauft er fte 
unberechtigter Slßeife an einen gutgläubigen dritten, fo fott biefetn 
bie »ietteicbt bis auf eitt paar StRonate abgelaufenc ©erjäbrungSseit bcr 
früheren ©efitjer gegen ben SRiejtbraucber nicht sugut fonttnen, »ielntebr 
beginnt in feiner 'ßcrfott bie(30jäbrige)©erjäbrung aufS neue: beim er ift 
ja nicht „SRedjtSnacbfotger" eitteS früheren ©efitjerS (§ 221 ©.©.©.). SEaS 
toürbe bod) toobl bent SBitten be§ ©cfetjeS nicht entfpredjen; bem 
»on SRonteicf fetbft (S. 72) betonten ©ah, baß Sonftruftion unb ©pfte» 
uiatifierung „baS ©efeh ber SEecfuitg beS pofitioen Stoffs" nidjt »er= 
?|a§rf>iic$i:r bev SSürttembcra. SHcc^tapflege. XV. 3. 26 


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388 


Süerarifdje Hlnjeigen- 


letjen biirfen, fcfjeint es ^tettacf) toie nacf) bern Sprachgebrauch beS 
93®.®., baS ttad) § 932 ,,b u r <h eine tt ad) § 929 erfolgenbe ® e r= 
äu jjcrung" feitenS eines 91icf)tbered)tigten Eigentum entfteljen läßt 
unb non „Eperleitung 1 ' eines Stedjtes non einem 9fid)tbered)tigten 
fpridjt 1 ), ju entfprecfjeit , ruenn ein berartiger gutgläubiger ©rtuerb 
mit ber fjcrrfdjenben SUcittung (®ernbtirg, Krönte, ©icrfe u. a.) at§ 
abgeleiteter angefefjett toirb , mag bie§ aucf) ber ftrengen Öogif j$u 
roiberfpredjen fdjeüten (toie j. 93. and) ba§ Qnftitut ber Eigentümer* 
hppothef). ©anj entfcfjieben bürfte jenem ,,©efet) ber $ecfuttg be§ 
pojitioen Stoffs" burd) bie Sonftruftion ber Sat) toiberfprecfjen, bafs 
ber frühere Eigentümer einer non einem ÜRidjtberedjtigten uerfauften 
Sache (unter Umftänben) gegen ben gutgläubigen Säufer einen 2lh= 
fprucf) auf ben SaufpreiS biabc, näntlicf) als 9lnfprud) au§ ungerecht* 
fertigtet 93ercid)erung gentäft § 812 93.©.®.: baS ©egenteil ergibt 
fdjott ber § 816 9lbf. 1 Sat) 2 ®.@.®.; fobann gibt 9tomeicf felbft 
natürlid) ju, bafi ber frühere Eigentümer feinen Slnfprud) auf Jper* 
auSgabe ber S a dj e f e l b ft hat, an ber ja ber gutgläubige ©rnter* 
ber baS Eigentum erlangt hat; ®rfat 3 bcS SBertS gemäß § 818 
91bf. 2 93.@.93. fann ebenfalls nicht in (frage fomnten ; ben S a u f= 
preis aber, ben ber gutgläubige Stäufer, tuie SRonteitf annimmt, an 
ben 93erfäufer nicht ju 30 h len h<*t, alS (auf Soften beS früheren 
©igentümerS) uom Säufer ohne rechtlichen ©runb erlangt 
attjufeljen, bürfte hoch fatitn mit betn ©efet) uereittbar fein. 

Unhaltbar erfdjeint ferner bie Hinnahme : bie 93 e r f ü g u n g, 
rooburcf) fich ber nicht berechtigte Söefitjer unb ®crfäufer treulofer 
ÜBeife mit bent gutgläubigen Stäufer über ben Uebergang beS Eigen* 
tumS an ber fremben Sad)e einigt, fei nichtig: biefe Verfügung hübet 
ja bod) bie notiocnbige ®orauSfet 3 ung für ben ©igentumSerroerb beS 
gutgläubigen SäuferS unb biefen fann ber treulofe Hlerfäufer nicht 
anfedjten ; bieSaufpreiSforberung aber erlangt ber 93erfäufer — iu eun 
er fie erlangt — nicht burdj jene Verfügung, foitbern burd) ben 
S a u f d e r t r a g, ber — toie iHonteicf felbft S. 12 anerfennt — nicht 
nichtig ift (§ 433 ®.©.®.). $ie §§ 134, 138 ®.©.®. treffen aber 
überhaupt nicht ju : bie n i cfj t j u tu 91 u S b r u cf g e l a n g e tt b e 
bem anbern £eil unbefannte „Dertoerfliche ©efittnung" einer ®er* 
tragSpariei macht ein feinem Inhalt nach an fich erlaubtes fRedjtS* 
gefdjäft nicht ju einem foldjen, baS gegen ein gefehlidjcS Verbot ober 
gegen bie guten Sitten oerftöpt; bie Uebereigttung einer uerfauften 
Sache ift aber ohne ffrage an fich ein erlaubtes 5Ked)tSgcfd)äft ; eS 
toäre bod) and) foitberbar, wenn ber 58 er f auf einer uitterfchlagenen 

11 ®ie HluSlegung, baft biefeS 9Bort nur „fonftatiert, tote fief) bie 
Sache im Sopf beS gutgläubigen ©rtuerbeS fpiegelt", bürfte bod) ber 
„Sed)nif beS ®.©.®." jutoiberlaufen. 


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2iterarifd)e Sinnigen. 


389 


Sache g i 1 1 i g, bereit auf ©runb bei Verlaufs erfolgenbe Weberei g= 
n u tt g aber n i cf) t i g märe , jebod) biefe Uebereignung bie fjolge 
tjätte, ba& ber Gnoerber ©igentum an ber Sache erlangt ! ©in ber* 
artiger 9fnf)alt beS V.S.V. ift bod) toof)t „ohne ftrengfte Veioeife" 
nicht „annehmbar" (9tomeitf S. 27). 2Benn nun 9lonteid (S. 42) 
auSfüßrt : falls ber nicfitbererfitigte (inSbefonbere ber treulofe) Ver* 
täufer bie frembe (beioegliche) Sache als feine eigene bent Staufer 
übergebe, fei bie i£)tn obliegenbe 3.!erpflid)tung, bent Käufer ©igentum 
an ber Gactje jit oerfdjaffen, unmöglich getoorben, toeü ber Käufer 
nunmehr traft feines guten ©laubenS, alfo an b er to ei t (§ 440 
(Hbf. 3 33. ©23.), ©igentum erlangt fjabe . fo bürftc aud) bent nicht 
jujuftimmen fein: nacf) ber natürlichen (Huffaffung, ber bie Veftint* 
ntungen beS V.©.V. minbeftenS nicht entgegenftehen, enoirbt in einem 
folgen 3-aU ber ©rmerber eben burd) bieUebereigtiuttg baS 
©igentum unb nicht „anberroeit": ogt. baS oben gegen bie (Hnnahme 
eiiteS originären ©rtoerbS be§ gutgläubigen Käufers ©efagte unb 
§ 877 G.V@.V. („burd) ben" — binglichen — „Vertrag"), foioie 
§ 932 33.©.®. („burd) eine it ad) § 929 erfolgte Veräußerung") : ein 
SdjabenSerfatjanfprud), roie ifjn bie (Mbfäpe 2 unb 3 beS § 440 33.©.®. 
gewähren, fe^t „b a S 9t e cf) t eines (Britten" oorauS, „baS jum 
Vefit)e ber Sache berechtigt": ein foIcf)e§ SRecJjt beS ©igentümerS be= 
fteijt aber oon bent Vugenblid an nicht mehr , ba ber gutgläubige 
Käufer mit ber Itebergabe ber erfauften Sache an ihn baS ©igentum 
baran enoirbt; fd)on auS biefent ©runb ift ein (nachträglicher) „an* 
berroeiter" ©rtoerb eines foldfen 9techtS nicfjt möglich; 2lbf. 2 unb 3 
beS § 440 fepen ein n a cf) berUebergabe fortbeftehenbeS 
9ted)t eines (Britten, baS jutn Vejiß bereditigt, oorauS. (Bamit fällt 
beim aud) ber oon 9tomeid auf § 440 (Hbf. 2 unb 3 geftüfcte 3d)a= 
benSerfaßanfprud) beS gutgläubigen Käufers gegen ben (nid)tbered)= 
tigten) Vierläufer. 

(Ber Käufer fatin oon bent hier oertretenen Stanbpunlt auS 
gegen bie KaufpreiSforberung beS (nichtberedjtigten, treutofeni Ver= 
täuferS nicht eimoenbeit, er beja()Ie nicht, toeil ihm ber 'Verläufer 
nidjt baS ©igentum an ber Sache oerfdjafft (fonbern er biefeS „an* 
berroeit erroorben") habe; oielniehr fleht bein Verläufer auf ©runb 
beS Kaufoertragö , jufolge beffen ber Käufer mit ber Uebereignung 
ber Sadje baS ©igentum baran erlangt fjat, an fich ein (Mnfprud) auf 
Vcjahlung beS KaufpreifeS gegen ben Käufer ,;u. ©S lanix fid) nur 
fragen, ob ber gutgläubige Käufer eine ©intoenbung barauf ftütjen 
tann, baß ber Verläufer äiir Veräußerung unb Uebereignung ber iß nt 
nid)t gehörigen Sache nicht beredjtigt mar. (BaS ift ju oerneitien, 
loeil biefe ©imoenbung auS bent 9ted)t eines (Britten entnommen 
toäre. (Ber frühere ©igentiimcr laitn fich nur an ben fjaltcn , betit 

26 * 


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390 


Siterarifdje 2Injeigen. 


er feine Sache anoertraut tjnt („rao man feinen ©tauben getaffen 
f)at, muß man ihn roieber holen"). ^rattifcf) roirb fid) bie Sache 
nic£)t fo fdjlimm machen , roie fie au§fief)t , roenn man ffäüe fon= 
ftruiert, mie ben, bap ein Skrfäufer, „um bie 9Uc()tigfeit ber ßetlroig» 
fcfjen 2f)eorie ju erproben", in ber Stage auf ben Kaufpreis anfüfjrt, 
er tjabe bie uerfaufte Sache unterfcfjtagen; ber frühere ©igentiimer 
roirb auch teidjt gegen ben ungetreuen '-Beräuperer einen Ulrreft er= 
roirfen unb fobann beffen KaufpreiSforberung pfänben taffen tonnen 
unb ber gutgläubige Käufer roirb, roenn er ben roahren Sachoerhalt 
erfährt, ben früheren ©igentiimer ju foldhem Vorgehen oerantaffen. 

Pf. 


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391 


^UpJfatotifrijfs §adjrrgt|tcr. 

($it galten bebeutcit feie Stitm.) 


Slnfechtung Don 9ted)tShanblungen. 
3ft es äuläffig, auf ®runb ber 
Beftimmungen ber StonfurSorb» 
nung über bie 21. D. 3t. eine ein» 
seine Bertragsbeftimmung ansu» 
fechten? 50. 

Slnfcblufeberufung in BertoaltungS» 
recptSiacbeu. 3 U 2lrt- 50 21bf. 1 
bes ©efefceS uom 16. 2 e 3 ember 
1876 über bie BerioaltuugSrechts» 
pflege (Hemmung ber ÜtedjtS» 
traft) 114. 

21 mualt. 3 ft ein „für bie S 8 eroeia= 
aufna^me" fubftituierter 21 . 3 um 
2lbfd)IttB eine? BergleicpS er» 
mädnigt? 292. 

2 lpothetenuaren , BerfaufSberedjti» 
gung 86 fg. 

2lrgliftige8 Berfcpioeigeit eines Silan» 
gelS (§ 443 B @. 8 .) 298. 

Slrglifttge Sfäufdjung betreffs beS 
BietDerbrauchS in einer ucrfauf» 
ten 2ßirtfchaft unb äiigleid) ®a= 
rantie? 300. 

2 (rjneien, Sßefdnänhing bes Ipati» 
bels mit 2t. 195. 

Sinneimittel unb ©etjeimmittel, 5öcr= 
tetjr mit 21. unb ©. 78 ff. 

2trsneimittelBerfef)r. 2er '-Begriff 
bes „UebcrlaffenS an anbere" im 
Sinn bes § 367 3 . 3 @t.©.0. 
betr. ben 2t. 194. 

2lu8lanb. Staun ©nah ber Stoffen 
eines im 21 . geführten SßrosefjeS 
uertangt »oerben, »nenn bie BoH» 
ftrecfbnrfeit Don Urteilen bes be= 
treffenben Raubes in 2 eutfd)Ianb 
ausgefdjloffeit ift unb ber Stlager 


im 3nlanb ein mit bem auSlän» 
bifdjen Urteil fadjlid) überein» 
ftimmenbeS Urteil erioirtt? 160. 

0 . 

Baufontrolleur. 2Ba8 fällt unter 
ben Begriff : Stmtshanblung eines 
8.? 3um Xatbeftanb beS §114 
St.@.B. 89. 

Bauorbnung. 3« 21rt. 15 21bf. 2 
ber 8. unb 3 » §§6 unb 10 beS 
Stuttgarter Drtsbauftatuts (iit 
ber Raffung biefer §§ D. 1. 21pril 
1898) 369. 

— 3u 2lrt. 11 21bf. 3 u. 4 ber 0. 
Uebergattg ber Berpftidjtung jur 
Bezahlung eines 2ohlenbeitragS 
auf ben fpäteren ©ebäubebefifccr 
traft ortsbauftatutarifdher Bor» 
fdjrift. 371. 

Beleibigung. 2 eu Beleibigtcit fteljt 
bas 3tedjt, fid» ber öffentlichen 
Silage als Dtebenfläger ansu» 
fcpließeu, and) bann ju, roenu baS 
$auptuerfabren nur toegen fal» 
fdjer 21 nfdjulbiguug unb nicht 
»uegen ber in berfelbet» $anbluug 
3 U fitibenben 8 . eröffnet iit. lieber 
bie 3ulaffmifl beS 2tnfd)IuffeS ift 
balbtuulid) nod» Dor ber ijaupt» 
Derbanblung in berateitberSihung 
3 u entfdjeiben 61. 

BctrugöDergeheu. 2ie BermögenSbe» 
fdiäbigung beim B. in ihrem Ber» 
hältnis ju einem ©arantieoer» 
fpredjctt unb 3 »tr SrrtumSerre» 
gung 208. 

BicrabnahuieDertrag. 1. £ört bie 
Berpjlidf)tung 3111 - 21bnabme auf ( 


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392 


21Iphabetifd)e8 ©adjregifter. 


wenn ber Sübnefjmer feine 2öirt= 
fcfjaft nerpachtet? 2. ©oraus» 
fefcungen einer SdiabenSerfahflage 
wegen Nichterfüllung 6. 
©ierabnabnteoertrag. ilngültigfeit 
einer ©ertragsbeftimmung, wo» 
bnrd) einem SBirt für fid) unb 
feine 9ied)iän«d)foIger bie ©er= 
pftidjtung auferlegt wirb , fein 
©ier aus einer beftimniten ©raue= 
rei gu begiefjeu 290. 

©iirge. 3ft ber ©laubiger Berpffidj» 
tet, ben 99. non ber 3roang80er= 
fteigerung beS ©runbftücfS gu 
beuadjrichtigen, auf bem bie gor» 
berung, für beren ©egaljlung fid) 
ber ©iirge nerbürgt hat, hhpo» 
tpefarifd) fidjergefteüt ift? 16. 

G. 

Gfjofolabemüitjen. Snwiefern lann 
bie Nachbilbung non ©elbmfingen 
in ©hofolabemaffe ftrafbar fein? 
201 . 

». 

Tohlenbeitrag. 3n 2lrt. 11 9lbf. 3 
unb 4 ber 99auorbnung. lieber» 
gatig ber ©erpfücfjtung gur ©e» 
galjlung eines T. auf ben fpäte» 
reit ©ebäubebefiljcr fraft ortsbau» 
ftatutarifdjer Sorfcfjrift 371. 
Trogen , $anbel mit T. unb gu 
. öeilgwecfeu bienenben chemifdjcn 
Präparaten 86. 

e. 

©bemann. ©erfiigungSmadit bes @. 
unb 3>i>nngguolIftrecfnug gegen 
ihn bei lanbreditlidier ©rrungen» 
fdjaftSgefeUfchaft 118. 375. 
©ibeSgufchiebuug über bie öebaup» 
tnng, eine Urfunbe ungelefeu un= 
terfdjrieben gu haben? 1. 

©iitfturg eines ©ebäitbes tc. 3 li r 
Auslegung bes § 836 ©.©.©. 305. 
©ingiebnng. Tie Tatbeftaubsmerf» 
male bes § 360 3iff. 5 9l-®t.®.©. 
unb bie 3uläffigfeit einer bc= 
fdiränfteit ©ingiebnng im Sinne 
beS 2lbf. 2 biefee §. 201. 
©Icftronoltafreug als ?lrgneimittel 
83 fg. 


©rfütlung. Sfnredjnung auf mehrere 
©chulbpoften. 3u §366©.®.©. 289. 
©rrnngcnfchaftsgefcltfchaftbegwürtt. 
ßanbredjts. ©erffigungSrecbt be3 
©hemannS über bie ©rrungen» 
fchaftsgrunbftücfe bei bem lanb» 
rechtlichen ©üterftanb 118. 375. 

fr 

gälligfeit. ©treitmertfeftfefcung bei 
Streit Icbiglidj über bie g. ber 
cingeflagten gorberutig? 54. 
3-ärbeu. Tie Strafbarfeit beS gär» 
benS non ©ierteigtnaren itn Sinn 
ber 3iff. 1 u. 2 bes § 10 beS 
fR.öef. betr. ben ©erfehr mit 
Nahrungsmitteln 73. 
gafeloieljbaltuug. ßaft ber g. als 
eine mit einem 9lealgemeinbered)t 
nerfnüpfte ober als eine unter 
bas Stomp[e{Iaftengefeh faKenbe 
ßaft? 341. 

girnia, unbefugter ©ebrauch. 3‘> 
§ 37 21 bf. 2 §.©.©. 311. 
gornten, unbefugter 9lbbrucf. 201. 

©. 

©arautic. @. unb gugleid) arg» 
liftige Täufdjung betreffs beS 
©iernerbrauchS in einer oerfauf» 
ten ÜBirtfchaft ? 300. 
©arantienerfpredjeit. Tie ©ermö» 
genSbefchäbigung beim ©etrugS» 
oergehen in ihrem ©erljältniS gu 
einem @. unb gur SrrtumSerre» 
gnng 208. 

©cbäube, ©infturg. 3 lIr Auslegung 
bcs § 836 ©.©.©. 305. 

©efal)t für ßeben unb ©efuubheit 
non SDtenfdjen. Unter ben non 
ben Poligeibchörben gur ©erf)ü= 
tung non @. f. ß. u. ®. u. If. 
erlaffenen Einordnungen beS 91rt. 32 
3- 5 poI.St.©. finb nicht nur 
allgemeine, fonbern audi foldje 
2lnorbnungen gu uerftcheu , bie 
für einen eingelnen beftimniten 
galt erlaffeit werben 66. 
©eheimmittel. Tie 9ted)tsgiiltigfeit 
beS ©erbots ber Elntünbigung 
non @. unb biefeit gleichgefteltten 
Stoffen. TaS fubjettine ©erfdjul» 


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SllphabetifdjeS 


ben int ©imi be« 21rt. 28 a be« 
$ol.@t.@. 78. 

©ehmege. Uebergang ber SJcrpflid)= 
iimg pr ©rftattung ber Soften 
ber Staubfteine au ben @ehme= 
gen auf ben fpäteren ©ebäube» 
befißer 369. 

©elbmünjeu. Snroiefern tarnt bie 
'JJadjbilbung non @. in ©hofo» 
labentaffe ftrafbav fein ? SDie SEat» 
beftanbSmerfmale beS § 360 3- 5 
91 6t.®.23. ttttb bie 3uläffigfeit 
einer befdjränfteu ©insiehung int 
Sinn be§ 9(bf. 2 biefeS §. 201. 

©enoffenfdiaft. 21nfiM)tutig non 23 e= 
fdjlüffen ber ©eneraloerfammlung 
einer ©. (ÜRcchtseitigfeit u. {form» 
ridftigfcit ber sScrufuitg ber ®e= 
neralöerfamntlmtg unb ber 2ln= 
fünbigung ber ©egcuftänbe ber 
SSefcblußfafiung) 325. 

©erid)t3ftanb ber SRieberlaffung. 
3ur ÜlitSlegung bcS§21 ©.ip.O. 
163. 

©efellfdjaft. Slbfiitbung beS aus» 
gefdjiebenen ©efellfchafter». 3«* 
•ÜluSlegung ber §§273,738 23.©.S3. 
135. 

©efetifchaftsteitung in betreff eine? 
SeitungSunternehmenS (§ 752, 
753 23.@.23.) 10. 

©runbftiicf. fsiimiefent ift ber ©igelt» 
tiimer eines ©. üerpflicbtet, baS 
@. in einem bie ©efäbrbung ber 
Umwohner auSfdiliefjeiibeti 3 m= 
ftaub 51t erhalten? 167. 

Hanbeluber im SRameit ber ©efell» 
fdsaft. 213 er ift unter beitt „Han» 
belnben" i. 6. bes § 200 Slbf. 1 
§.©.23. 311 oerfteijen ? 318. 

§anblung. IDer SScgriff „§anb!ung" 
int Sinne best § 61 St.@.!S. 
lieber bas SSerhältniS non Straf» 
antrag unb SfkiDatflagc 184. 

§au«tiere. lieber bie 3ulnffigfeit 
ber 91nfcchtuttg gemäß § 119 
Sö.@.fö. beim SBorfjanbenfein uoit 
Sölängelit au getauften .^ansttie- 
ren ber in § 481 23. ©.23. ermähn» 
teit 9(rteit. 3 um 23egriff ber ,,me» 
fentlichett ©igenfdjaft" 253. 


©achregifter. 393 


Hehlerei. 3 llm begriff beb Stnfidj» 
bringen«, 311111 SflfattbnebntenS unb 
S8erheiinlid)en« im Sinne beS 
§ 259 @t.®.23. 188. 

§oiuöopaibifd)e SDlittel. Ser 50e= 
griff beS ..UeberlaffenS an ait» 
bere" im Sinn be« § 367 3- 3 
©t.@.S9. betr. ben Slrsueimittel» 
öertehr 194. 

S- 

Srrtum, SS. @ 50. § 119. ©ibeSsu» 
fdfiebung über bie SSehauptuug, 
eine llrfunbe uitgelefen unter» 
fchrieben 311 haben ? 1. 

— Heber bie 3uläffigfeit ber 2tit= 
fechtung gemäß § 119 23.©. SS. 
beim SSorljanbenfein pon SUtängeln 
au getauften Haustieren ber in 
§ 481 S3.Ö.23. ermähnten Sttrten. 
3«m Söegriff ber „mefentlichen 
©igenfdtaft" 253. 

ft. 

ftinb. Snmiefcrii ift nach ©djei» 
buitg ber ©he für ben Slnfpruch 
eine« ©IterntcilS gegen ben an» 
bent auf (jeitmeife) Ueberlaffung 
eine« ftinbeS ber 9ied)tSmeg 3U» 
läffig ? 39. 

ftlagänberung. Sann ift burdj eine 
ftl. bie SScrteibigung be« SSetl. 
„mefentlidj erfdjmert" ? 341. 

— ftitm Söegriff ber imsuläffigen 
ftl. 347. 

ftlagsurüdtuahme. 3'tni Söegriff ber 
ftl. 353. 

ftnöterid) als 2lr3iieimittel 80 ff. 

ftommanbitgefeUfchaft. 3 ft bie 23er» 
manbliing eine« SSereinS itt eine 
ft. ober ber ©intritt eines ftoin» 
manbitiften als perfönlich haf» 
tenber ©efeUfdjafter oon ©inftufe 
auf ein 23ertragSoerhältuiS 3tui= 
fdjen bent Sßercin 1111b bem be» 
treffenbett ©eiellfcpafter ? 157. 

ftomplejlafteugefeß 341. 

ftonturrcnsDerbot. 3 ur 21uSleguitg 
beS § 75 9lbf. 1 Saß 1 §.@.5B. 
155. 

ftonfurSuermalter. ftann ein 93e= 
Sirfsnotar für SReifen, bie er als 
ft. gemacht hat, bie ©ebüfjreit 


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394 


2llpf)abetif(f)e8 Sadjregifter. 


beredinen, bie er für Steifen in 
amtlidier (Sigenjdjaft 31t beanfpru* 
djen Ijat? 362. 

StraufenoerfidjerungSgeieS. 3u ®rt. 
24 2lbf. 2 bes ©ef. p. 16. SDe.v 
1876 u nb §u § 58 2lbf. 1 beSSt. 
(fllage) 244. 

— 3u § 58 Slbf. 1 be$ Sb. 247. 


S. 

Slaubreditlidje ©rrungeuidiaftsgefelO 
idjaft. 23erfügungsmad)t bes (£I>e= 
ntannS utib 3>D<H'8buo(lftrecfung 
gegen iffn bei lanbrcditl. (5.118. 375. 
£eben8üerfid)erung8prämien. 21 n= 

fed)tbarfeit ber 3 a *)l l,n 0 0011 & 
ans § 32 3iff- 2 sronf.Drb.? 338. 


Siterarifdje älnjeigen. 

23 c B I e r : baS bürgerl. Stcdit ein- 
fdiließlirf) be8 §attbcl3= unb 2ßed)= 
felrcrf)t§ unb bes roürtt. £aitbeS= 
redits. I. 23aub. ®ie allgemeinen 
£el)ren 386. 

3) ü r i n g e r utib § o d) enb urg, 
Kommentar juni §.©.23. 272. 

§ e g I e r, 23eiträge sur £ebre Born 
projeffualen SlnerfenntniS unb 
23ersid)t 272. 

Sf ö t) I e r , baS ©efattgenentranS= 
portmcfen in SBfirttemberg 273. 

£anbmann = 9tof)nier, Sbom= 
mentar jur ©emerbcorbnung 386. 

2R a u b r l) , toürtt. Ißrioatr. , öer= 
nusgegeben ooit 0.2®. 9t. Dr. 
§ a i b I e u 134. 

9t o m e i cf, snr Xecbnif beä S3.@.23. 
§eft III. 9ieditsnad)foIge 387. 

Seiler, bie £el»re non ber 2ior= 
ntevfung nad) bem neuen 9teid)8= 
red)t 387. 

3. v. StaubiugerS Stemmen* 
tar sunt 23.©-®. 134. 272. 386. 

3 e i t f d) r i f t für 2lrbeiteroerfid)e= 
rung 386. 


m. 

iltangel im 9tedit. 2ßa§ ift unter 
einem „9Jt. i. 9t." ju uerfteljen? 
295. 

— 3um 23egviff bcc- „argliftigen 
23erfd)ioeigens" eines lltangels 
!.§ 443 ».©.93.; 298. 


SDtotormagenfabrteu. 3 um begriff 
beS übermäßig fdmellen f?at)ren8 
im Sinn bes § 366 3- 2 St.®.®, 
in ber Slntnenbung auf 3Jt. 71. 

9t. 

fftaljrungSinittel. 2>ie ©trafbarfeit 
beS gärbenS bau ©ierteigmaren 
im Sinn ber 3*ff- 1 u. 2 be§ 
§ 10 bes 9t. ©ef. betr. ben ®er= 
lehr mit 9t. 73. 

9tamcn. 9ted)t auf ben 9t. einer 
®rucffd)rift 284. 

9tieberlaffung. 3t> r Slusleguug beS 
§ 21 ©.®.D. 163. 

Nötigung 511 einer 'Kmtsbanblung 
burd) ©etualt ober £rof)Uitg. 
3um Satbeftanb beS § 114 
St.©.®. 2öaä fällt unter ben 
23cgriff 2lmtsf)aiiblung eines ®att= 
fontroIIeurS ? 89. 

% 

Sßatent. ®ebeutuug ber ©inleguttg 
eines iß. in eine ©efellfdiaft ; 
reditlicbe 2ßirfung ber ©intragung 
beS fpatentin£)aberö in bie £itel= 
rolle 135. 

ißflictitteilSanfprud). Sfann bie Un= 
gültigfeit eines £eftamcuts unb 
ein ®f. nur allen 2eftamentS= 
erben gegenüber einheitlich feft= 
gefteUt toerben ? 38. 

glatten, unbefugter Ülbbnuf 201. 

tßoftroagenfafirten. ®eftel)t ein 23er= 
tragsocrhältuis smifdjen einem 
(roürtt.) ®oftf)alter unb ben 9tei= 
ienben, bie in bem uon ifjnt laut 
Vertrag mit ber IßoftDerroaltiing 
gefreuten ®oftroagen beförbert 
werben? 302. 

fßrefjbelifte. Heber bas ®erfaf)ren 
bei ißreßbelifteit 270. 

ißreffe. 3 ft ber fliegeube ©eridits* 
ftanb ber ®r. aud) für bie 2lb= 
urteilung bon 23erfef)Iungeu gegen 
laubeSreditlidie Strafuorfdjrifteu 
aufgehoben? 116. 

ffjroäefefofteu. Staun (5riaß ber Sto= 
freu eines int 'Jluslaitb geführten 
Ißro.teffeB oerlangt werben, wenn 
bie ®oIlftrcrfbarfeit 001t Urteilen 
ber ©cridjtc beS betreffenbeu £an* 


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2UpbabetifcbeS ©adjregifter. 


395 


beS in $eutfcf)Iflnb auSgeidjloffen 
ift uiib ber Stläger im 3 »Ianb 
ein mit bem aiislänbiidjeit Urteil 
fachlich übereinftimmenbeS Urteil 
erroirft? 160, 

SBroseßfoften. 3u § 31 2lbf. 1 ©.SB-D- : 
eine ©ntfd)äbigung f. 3 eitoerfäum» 
tttS einer Sßartei ift nur *uiäffig, 
foroeit et fid) um 3 eitt>erfäutnni$ 
burd) notmenbige Steifen ober not» 
roenbige SBabrnebmung Bott £er= 
minen banbeit lfiiL 

— Sann ffeftfetjung ber SB- mit ber 
SBegriinbung oerlangt merben, bie 
unterlegene Partei habe infdilüf» 
figer iZöeife tatfädjUd) auf ©in» 
legung eines 9}ed)tSmitteIS oer= 
äidjtet? .1411 

SBrojefjootlmacbt. Sft ein „für bie 
SBemeiSaufuabme" fubftituierter 
2lnmalt jum 2 tbfd)Inf 3 eines SBer» 
gleidjS ermädjtigt ? 292. 


SH. 

Dtanbfteiue. Uebergang ber 9Ser= 
pfüdjtitng sur ©rftattiing ber £ 0 = 
ften ber 9t. an ben ©ebmegen 
auf ben fpätereu ©ebäubebefiger 

36£L 

9tealgemeinbered)t 341. 

9ted)tsamoaIt. ftöuneit Soften eines 
ätoeiten 9t. b e S b a I b erlebt Per» 
langt merben, loeil bnrd) ihre 
2lufmetibung angeblid) SBarteifo» 
ften erfpart morbeit finb ? 358. 

9ted)tSanmaItS » ©ebiibren. ©in 
SHcdttsanloalt tann eine ©cbübr 
gentäfs § 38 3iff- 3 ber 91.21. ©.O. 
Pom ©egner nur erfe^t perlangen, 
iuenn.es gur Stellung eines ®e= 
fitdjs um ©rlaffung bes 2 ioll» 
ftrecfungSbefeblS gcfommen ift 53. 

— 3ur 2luSleguitg beS § 13 3*ff- ^ 
9t.2I.©.D. 361. 

Stecbtsmeg. 3 u iäffigfeit bes 9t. 350. 

SKcifcfoften ber Sßarteiett. ©inb 9t. 
erftattiingsfäbig, bie babnrdi ent» 
ftanben finb, bafi eine Sßartei ftatt 
eines an ihrem SBobufib mobilen» 
ben Steditsaiimalts einen am ©e» 
riditefib mobneuben SBrojeßbeooH» 
mäcbtigten aufgeftellt bat? 58. 


©. 

©djabcnSerfab. SBeredjnung bes ©d). 
im gab eines burd) falfdje SBor» 
fpiegelung über ben SBieroerbmud) 
oerübten SBetrugs ? 300. 
©cbanfioirtfcbaft. Unanfecf)tbarfeit 
beS auf ©runb ber ©emerbeorb» 
nung ergangenen Stetursbefdjeibs 
ber StreiSregieruug , loobiircb bie 
©rlaubnis 311111 betrieb ber ©d). 
oerfagt mürbe 23. 

— ©ine ©dj. tann nid)t bunb 23er» 
legung beS ShiSfdjanfS einzelner 
©etränfe in ein anbereS ©ebäube 
in mehrere '-Berechtigungen gum 
2luSfd)anf einzelner ©etränfe ge» 
teilt merben. 238. 

©djeingeicbäft. S3erftofs gegen bie 
guten Sitten. 3 U §§ H 6 - 117, 
817, 826 93.®.S8. 281. 
©idjerungSbbPothef. 3toang8Polt= 
ftredung burd) ©intragung einer 
©. Steine 3ufammenred)mmg 
beS Urteilsbetrags unb beS SBe» 
trags ber feftgefefeten Stoffen im 
5aU bes § 866 2lbf. 3 ©.Sß.D. 352. 
©ortimentsbucbbanbluiig. 2BaS ift 
unter bem „SBetrieb einer @." 311 
oerfteben ? 152. 

Stempel, unbefugter Slbbrucf. 201. 
©tidie, unbefugter SIbbrucf 201 . 
(Stoffe, meld)c außerfialb ber Sipo» 
tbefeit nid)t feilgebaltcn ober ber» 
tauft merben bürfen 81 fg. 
©trafautragsredjt beS SBaterS als 
gefeblidjen SlevtreterS feines min» 
berjäbrigen ©obiteS 181. 

— lieber baS 'BerbälttiiS oon ©traf» 
antrag unb Sßriuatflage 184. 

©treitmertfeftfeBiiug bei ©treit Ie= 
biglid) über bie tJaUififcit ber ein» 
gef tagten gorberung? 54, 
©ubftitution. 3ft ein ,,fiir bie SBe» 
meiSaufnabme" fubftituierter 2ln= 
malt jum 2Ibfd)lufj eines SBer» 
gleicbs ermächtigt? 292. 
©ucceffiolieferimgsoerträge 8 . 

I. 

Steftament. Staun bie Ungültigfeit 
eines %. unb ein SJ3fIid)ttcilsan» 
fpruef) nur allen STeftamentSerben 
gegenüber einbeitlid) feftgeftellt 
merben? 38. 


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396 


2llphabetifd)e® Sadjregifter. 


3Tievc. Haftung für beit burch 
üerurfadjteu Schaben. 3uv 2lu®= 
leguitg be® § 833 ©.©.23. 22. 302. 

SobcSerfläruttg. $ur SluSlegung be® 
2lrt. 161 21bf. 3 ©.©. jum 23.®. 23. 
43. 

— (JcftfteUung be® Sobestag® auf 
einen Sag oorbetn 1. 3an. 1900 
275. 

lt. 

UufallüerfichcrungSOertrag. Sft ein 
Slttfprud) au® einem 11. nur be- 
grünbet, meint unb fomeit ber 
Unfall einen 23crmögen®fd)aben 
für ben 2icrficherten jur {folge 
gehabt hat? 336. 

UnterhaltSpjtttht- Beredjnung beb 
Streitwert® bei einer auf einen 
23ergteid) über bie II. geftü^ten 
Stlage 359. 

Urteil- @iu U. fann nidtt gleicbsei- 
tig al® 3 ro *f<J)*nnrteil i- S. be® 
§ 304 unb al® 23orbehaltsurtcil 
i. S. beb | 302 6-23.0. erlaffen 
werben 355. 

23. 

äSerein. Sftbie 23ern)aublung eine® 
23. in eine Sfomntanbitgeieüfcbaft 
ober ber ©iutritt eine® Stomman- 
bitiften al® perfönlid) baftcnber 
©cfeüfchafter Pon ©infinit auf 
ein 23ertrag®oerf)ältuiä xmifdicn 
bem 23. unb bem betreffenden @e= 
fellfdfjaftev 157. 

Sßergleid). 23erftoö gegen bie guten 
Sitten. 3n §§ 116, 117, 817, 
826 23.0J3. 281. 

— 3 ft ein „für bie 23ewei®auf* 
nähme" fubftituicrter 2lnmalt jutn 
yibfctjlufs eine® 23. ermächtigt? 292. 

— 23cred)nung be® Streitmert® bei 
einer auf einen 23. über bie litt* 
terhaltspflicht geftütjteu Silage 359. 

23ergleid)®gebiihr. 2Jcred)uung ber 
23. , lueun ber SBergleidt 1. iid) 
auf nicht eingeflagtc 2lufprüd)e 
critrecft, 2. aufjergcridttlicb abge- 
fchloffen, aber jum gerichtlichen 
23rototoII feftgefteüt ift ? 146. 

23erfauf. 213a® ift unter „jtttu 23. 
bringen" im Sinn ber tDliuift.- 
23erfiiguug ootii 21. 3ebr. 1896 
311 oerfteljen? 364. 


23ertrag®ftrafe. 3 ft bie 23eftimmuitg 
be® § 343 23.®.23. (rid)terlid)e 
©rmaßigung ber 23.) amuenbbar 
auf 23ertrag®ftrafen, bie »or bem 
1. Sanuar 1900 pereiubart mor- 
ben finb? 144. 

23crmaltuug§behörbe, Verfahren. 3u 
21rt. 60 2lbf. 1 be® ©efefce® Pont 
16. Se3br. 1876 (©röffnung ber 
©ntfeheibung ober 23erfiiguttg ber 
23.) 249. 

23eräug. ©elienbmad)uitg ber 
gett be® 23. in Sieferung einer 
21iare, bie nach ihrer l'iatnr nur 
innerhalb beftimmter ffrift gelie- 
fert toerben fann. 294. 

23oltafreii3, 23oItaftern al® Sfrjnei* 
mittel. 83 fg. 

23orbchalt®urtcil i. ©. be® § 302 
e.sp.o. 355. 

2B. 

SBaffernuhunggrechte. Streit nteh- 
rerer SBerfbefifjer über bie 9lnt- 
3ung®rechte an einem öffentlichen 
©eroäffer. 23eniit}ung be® 213affer= 
tuerf® einer Sägmühle 3U111 9JlahI- 
betrieb 212. 

2Bnffevoerforgung3aitIage. 23rioat= 
rechtlicher ober öffentlich-rechtlicher 
23etricb einer al® ©emeinbeanftalt 
beftehenben 233afferuerforgung ? 
225. 

213egelaft. Streit über bas illichtbe- 
ftehen einer öffentlichen 2B. (9licf)t- 
beftehen eines ©änfeiibertrieb®- 
reeftts) 94. 

SSettbemerb. 3 11 § 1 unb 13 be® 
©efeßc® 3ur 2)efämpfnng be® un- 
lauteren 2B. unb § 37 91bf. 2 
£>.©.23. 311. 

2Biberfprud)®tlnge. Sntttiefern fattit 
eine 213. au® § 771 6.SJ3.D. auf 
beit 23efih an bent ©egenftanb 
ber 3iuangsPoIlftrecfuttg geftügt 
luerbeu ? 175. 

2Biefemuäffcrung. SfoujeffionSpflich' 
tigfeit einer Anlage, burdt tueldte 
ba® jur 2ö. beäugte 2Baffer, fo= 
tocit es bei biefev 23erroenbung 
itidjt oerbraucht wirb, bem öffent- 
lidjen ©etoäffer, bem e® ent- 
flammt, für einen anbertt 3> üe( f 
entjogcu toirb 221. 


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SllpbabetifdicS ©adjregifter. 


397 


SBirtfcbaft. öaftung beS Gigeutii* 
merS einer SB. für bie non feinem 
angeblichen SBirtfcbaftSfübrer, p e r 
aber in SBirflicbfeit bie SB. für 
eigene ^Rechnung betreibt, bezöge* 
neu Siefernngcn? 148. 

2Birtfd)aftsfübrungS0ertrag. Unter 
melcben »orausfebungeu ift an* 
gunebmen, baft ein „2Birtfd)afts* 
fiibruugsoertrag" ein 31 er lim* 
gebungber »eftimmung bes§33 
©em.JÖrb. bienenbeS SffedjtSge* 
fcfjäft barftdlt ? 3. 

SBitmen* unb' SBaifenpenfiouSfaffe, 
tuürtt-, für bie GiöilftaatSbiener. 
Unter rocldicit 25orausfebungen 
bat ein Staatsbeamter, ber auf 
ItebenSgeit mit fßenfionsberediti* 
gnng ernannt ift, aber feine Stelle 
nid)t aitgetreten Ijat, bie gefet;* 
lidjeit »eiträge gur ftaatlidjen SB.* 
unb SB. *93. für bie 6 . 3 U ent* 
entrichten? 26. 


o- 

3ahlung. Slnrechnung auf mehrere 
Sdjulbpoften. 3 U 8 366 33.65.23. 
289. 

3ahIungSuerfprechen. SÜidjtigfeit me* 
gen SSerftofies gegen bie guten 
Sitten. 3u §§ 116, 117, 817, 826 
».65.18. 281. 

3 eitungSunternebmen. ©efellfcbafts* 
teilung inbetreff eines 3 ' 10 . 

3urüdbehaItungSred)t. 3ur SluSle* 
gung ber §§273, 73893.65.25. 135. 

3mangSbollftrecfung. 3 U 9lrt. 10 ff. 
beS ©efefees oom 18. 2lug. 1879 
über bie 3 - '»egen öffentlid)=recbt= 
lieber Slnfprüdje (»eitreibung ftaat* 
Iidjer ©emerbefteuer) 114. 

— Sumieferu Canti eine 2Biber= 
fpruchSflage aus § 771 6.930. 
auf ben »efi(j an bem ©egen* 
ftanb ber 3- fleftü^t merbeti ? 175. 

3mifchennrtcil i. ©■ beS § 304 
6-93.0. 355. 


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Die neueste Nummer der Zeitschrift 

DAS RECHT 

Rundschau für den deutschen Juristenstand 

wird hei Bezug auf diese Anzeige mit direkter Post als 

Probenummer 

jedem Interessenten übersandt. 

Man verlange dieselbe durch Postkarte 

ar unentgeltlich und postfrei "ÄS 

vom Verlag von „Das Recht“, Hannover, Schlägerstrasse 55. 

(Gegr. vor 1606.) 


'•DerCag non 

p umher & Jtumhlot, Jl. (Smttentmj, ©. nt. 6. 

Ccijvjta. ______ öertin. 

Soeben mirb oolfftänbig : 

innililopiiöif iirr JiedjtsiuilTfttfdiaft 

in fy|temafi{d?er 33earßeifimg 

begrünbet oon 

Dr. Jratt? tum Holijenborff. 

©edjfte, ber Neubearbeitung, er ft e Süuflage, 
fjerauSgegeben non 

Dr. Änljler, 

tßrofeffor an ber Uniuerfität Scrlin. 

3roet SJanbe. 2ej. 8°. 'Preis BO in jioei §albfranjbänben BB 9JH. 


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©rrlag ddu 1 . CG. B. B)oI)r (J9aul ^iebetfe) in SUibingrn unb Eripjig. 


In Kürze erscheint: 

PflS 

§faaferedjf 5c$ Äonigreidte 3$iirffem£er$. 

2luf ber ©runblage be§ £anbbud)§ oon C. (Sattpp 
bargejtellt oon 

Dr. ^tarf <£ 03 , 

Geheimer 9lat. 

(Dritte Suftage be* (Sanf^’jc^cn ^anMmc^e*). 

2ej. 8. ca. 3Jt. 11.—. ©ebunben ca. SR. 12.—. 

(3tua „.frattbfmdj bc8 CeffentiidKn 91erJ)t8'‘.) 

Früher erschienen: 

W\£ 

13erwatfung6rccßt$pfre<jc in ^ürtfemfcerg. 

. 93on 

Dr. pari @ä?, 

Söirflidjer StaatSrat unb 3Jlitglieb beö hrilrttemb. 33crh)ftltimg§flen<$t$l?of3. 

Klein 8. 1902. SR. 11.—. ©ebunben SR. 12. — . 

Pas 

iDiirllemßfrjifdjc -fitilioiiiiitciiflfiifrncfrti 

uom 8. Hugufl 1908. 

Krläutert oon 
Dr. pari G5äj, 

SHat unb SHtglieb beä tuitrttemb. 5)ert»attungSgeri$tä()Of3. 

a 1903 . an. 6.—. ©eb. an. 7.—. 

Sammlung 6er fan6e$red?ffid?en (£imf-3?ro?c£j-3Iormen 

(jugleid) als Slnljang ju ©aupp=Stein’§ Kommentar jur (£^D). 

in 

Die umrttembergifc^en Conbesgcictjc ut*b Derorbttungen }»r 
fluifiüjrmtrt unb £(jän}»n$ ber SivUprejegerbnnng unb 
bc* ^wanjbvcrjtciecruitgijcjetjcb. 3 u f ammct, öeite[lt uitb im 
2lnfdjlufj an bie K'CD erläutert oon iWciuftolb ©cjjtcr, 8anbgerid)t§' 
rat in Stuttgart. 3ioeite umgearbeitete Sluflage ber „Stormen t>e3 
joürttembergifdjen Sanbesredjtä" oon 8. ©au p p. Krfter Seil 1900. 
ßiociter Set! 1902. Komplet SR. 5.40 ©eb. SR. 6 40. 


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Bering non 3. £. B. R)pI)e (]3>aul girbrrh) in Cübiitgen ttnb Iripjig. 


Das wiirtternbergiscbe privatrecbt. 

Uon Staatsrat Dr. Gustav fflandry. 

erster Band: Das WÜrttcmbergiSCbe PriDatKCbt auf grund des 
Württemberg, flustübrungsgesetzes vom 2$. Juli 1899 und der neben 
dem fl0 für die Zukunft geltenden Recbtsquellen. Cex. 8. 1901. TW. 7.— 
gebunden ttl- 8.25. 

Zweiter Band (in drei teilen): Die Quellen des wiirttem» 
Derwischen PriDatrecDtS. Uon Bogen 21 des zweiten Ceiles ab 
berausgegeben von Oberlandesgericbtsrat Dr. O. I^aidlen in Stutt- 
gart. Cex. 8. 1902/03. tn. 19.— gebunden nt. 22.75. 

Jeder Band ist einzeln käuflich. 


(&rnnöim$n>efett in ISiirtfemforcj. 

5! ou 

©. utw IKanbrtj. 

«Erweiterter 2ibbrttd aus Den „Festgaben für Ulbert Schaffte'' 4 '. 

Sej. 8. 1901. 3«. l.-. 


'5®xtrfffemßergifd?c 

«SeridjtbDerfaffttttg — Straf- itttb 
6i»Uprojefi.) 

Cextausgaie mit Hmntriumgtn 
uon 

Dr. Öcrnji $clhtg, 

Sßtofeffor in Tübingen. 

IG. 1903. ©ebuitbcn 9Jt. 1.50. 


^nürttcmßcrgifcßc 

IHrafgefeij gebung. 

CexIauBgabc mit Anmerkungen 
hon 

Dr. (grttji geling, 

^rofeffor in Tübingen. 

16. 1903. ©ebunben 3Jt. 1.20. 


.§mtbHd)c, gufammenfaffeube 3tuSgaben ber tuidjtigften miirttcmbcr-- 
gifchett Strafgcfcijc 

H*olisctftrnfgcfc<», 3t© jum 'fkcjjgcfctt, Strafredjttidjc Seftimmungcit 
beb 'IBaffergcfcücö, fyorftftrafgcfcU, fyorftuofigeigefe« 

»titb ber roürttcntbcrgifdtcn SJnnbeSgcfcfje v r 05c^rect)tlidtcit (fnljaltb 

31© Sunt (ficriri|toucrfamiugsgcfcfi, 91© jur Strafitrogefiorbmtng, 
StrafbcrfügiuiflOgeicttf ^iöfatftrnf^roäcßgcfeö, 9t® gut tsfßD., Slont» 
bctcnsfoufltftSflcfctf 

biirften niefjt blos in ben Greifen ber 'fknftifcr, fonberit nnmenttid) au cf) 
im atabcmtfd)en Itutcrriritt ein 3febürfni§ fein. 

Qin 2ln£)ang gu beut S8äitbd)en „SBürttembergifcbe 'fkogejigefetsge* 
bung" ift bas '.'(bmiitiftrrttiuuoUftrcrfitngsgriel! ttrtb bas 3t® gur Sonfnrd* 
orbmntg abgebrueft, ba fie in naher sBcjiebung gunt ©imlprogeft ftefjen. 


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Verlag der H. Laupp’sches Buchhandlung in Tübingen. 


Schwäbisches 

W örterbuc h. 

Auf Grand der von Adelbert v. Keller begonnenen Samm- 
lungen und mit Unterstützung des württembergischeu Staates 

bearbeitet von 

Hermann Fischer 

4. Ca. 30 Lieferungen. Subscriptionspreis M. 3. — pro Lieferung. 

Die Lieferungen 1 bis 8 sind erschienen. 

„. . . . Schon die ersten sechs Lieferungen lassen erkennen, dass 
das schwäbisch-nationale Werk in den besten Händen sich befindet 
an Reichhaltigkeit des Stoffs, Klarheit der Darstellung, Umsicht der 
spracligeschichtlichen Erörterung vollständig auf der Höhe der Wissen- 
schaft steht und mit Recht die Unterstützung des Staats, nicht minder 
aber auch die des Publikums und zwar nicht etwa bloss des offiziellen, 
sondern auch der weiteren Volkskreise in Schwaben durch Anschaf- 
fung vollauf verdient. Die Verarbeitung des massenhaften Materials 
— ausschliesslich Fischers Werk — ist geradezu meisterhaft. Be- 
sonders wohltuend berührt bei derselben die fast durchgängige Berück- 
sichtigung und Hereinziehung des kulturgeschichtlichen Elements, wo- 
durch nicht bloss reiche Belehrung und Unterhaltung über heimische 
Anschauung, Art und Sitte geboten , sondern auch eine gewisse bei 
Lexikas sonst fast unvermeidliche Monotonie glücklich vermieden wird. 
Ein weiterer Vorzug des Werkes ist namentlich gegenüber von ähn- 
lichen Unternehmungen die möglichst genaue Bezeichnung der V e r- 
breitungs bezirke der nicht durch das ganze Sprachgebiet hin- 
durch gebräuchlichen Wörter. Ebenso ist die äussere Ausstattung des 
Wörterbuchs eine vorzügliche, der Druck schön und korrekt und fast 

gänzlich fehlerfrei, das Papier stark, hell und gut möge so das 

schön begonnene Unternehmen, freilich eine für den Verfasser mit un- 
zähligen Mühen verknüpfte Riesenarbeit, rüstig und unaufhaltsam vor- 
wärts schreiten und dereinst zu einem schwäbischen Monumentalwerke, 
einer Zierde für die einheimische Literatur werden!“ 

Diözesanarchiv ron Schwaben. 1903. Nr. 11—12. 

„Das Schwäbische Wörterbuch wird sich dem bayrischen von 
Sehmeller und dem Schweizerischen Idiotikon würdig an die Seite stel- 
len. Es wird nicht nur für den Germanisten unentbehrlich sein; jeder, 
der für schwäbisches Volksleben, für Fühlen und Denken, wie es in 
der Sprache sich offenbart, für Kultur und Geschichte des schwäbischen 
Stamms Sinn hat, wird an dem Buch seine helle Freude haben. Unser 
Volk kann auf dasselbe stolz sein Möge der Mühe und Auf- 

opferung von Herausgeber und Verleger dadurch wenigstens einige 
Anerkennung gezollt werden , dass das Buch zahlreiche Abonnenten 
findet ! Es sollte in keiner wohlhabenden Familie Schwabens, bei kei- 
nem Sprachforscher und in keiner öffentlichen Anstalt auf dem Bücher- 
brett fehlen!“ 

Neues Korrespondenzblatt für die Gelehrten- und Realschulen 
Württembergs. 1903. Heft 6. 


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Unrverwty o